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Full text of "Archiv für Naturgeschichte"

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ARCHIV 

FÜR 

NATURGESCHICHTE. 


GEGRÜNDET  VON  A.  F.  A.  WIEGMANN, 
FORTGESETZT  VON  W.  F.  ERICHS ON. 


IN   VERBINDUNG  MIT 

PROF.  DR.  LE  UCK  ART  IN  LEIPZIG 

HERAUSGEGEBEN 


Dr.  f.   H.    TROSCBEI., 

professor  an  der  friedrich-wilhelms-universität  zu  bonn. 


VIEBZiaSTER  JAHBGANa. 

Erster  Band. 

Mit  9  Tafeln. 


Berlin 


Nicolaische    Verlagsbiichliandlung. 

(Stricker.) 

1874. 


Hoiin,  Druck  von  f'ail  Georgi. 


Inhalt  des  ersten   Randes. 


Seite. 
Beitrag    zur  Kenntniss   einiger  Insectenlarven.     Von    Dr.  W. 

Rolph  aus  Berlin.     Hierzu  Tafel  1 1 

Mutillarum  Americae  meridionalis    indigenarum   Synopsis   sy- 

stematica  et   synonymica.     Auetore    A.  Gerstaecker         41 


lieber  Kaumuskeln  und  Kauraechanismus  bei  den  Wirbelthieren 
Von    Dr.   Ernst    von    Teut leben.       Dazu    Tafel  II 

Zur  Ornithologie  Chiles.      Von    L.    Landbeck 

lieber  eine  neue  Art  Trachypterus  aus  dem  Chilenischen  Meere 
Von  Dr.  R.  A.  Philip  pi.     Hierzu  Tafel  III. 

lieber  Ichthyonema  sanguineum  (Filaria  sanguinea  Rud.).  Von 
Dr.  vonLinstow  in  Ratzeburg.  Hierzu  Tafel  IV 
Fig.  1—9 


78 
112 

117 
122 


lieber  die  Muskulatur,  Haut  and  Seitenfelder  von  Filaroides 
Mustelarum  van  Ben.  Von  Dr.  von  Li n stow.  Hierzu 
Tafel  IV.  Fig.  10-12        .       ^ 135 

Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.    Von  Dr.  W. 

Säle  nsky,  Prof.  in  Kasan.     Hierzu  Tafel  V.         .         .       137 

Neue  Spatangiden  des  Hamburger  Museums.  Von  Dr.  Hein- 
rich Bolau  in  Hamburg.    Hierzu  Tafel  VI.         .         .       175 

Ueber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  Von  Dr.  0.  Rein- 
hardt in  Berlin 179 


ä^O^f 


IV  Inhalt. 


lieber  einen  neuen  Ringelwurm  des  Rheins.  Von  Dr.  F.  C 
Noll  in  Frankfurt  a.  M.     Hierzu  Tafel  VII.   . 

Beobachtungen  an  Trichodes  crassicauda  Bell.  (Trichosoma 
crassicauda  Aut.)  Von  Dr.  v.  L instow  in  Ratzeburg 
Hierzu  Tafel  VIII 


Eine  Sammlung  Lurche  und  Kriechthiere  von  Westafrika.  Von 
Dr.  Ant.  Reichenow.     Hierzu  Tafel  IX. 

Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  sy 
stematica  et  synonymica.  Auetore  A.^Ger st aecker, 
Fortsetzung 

Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  Die  Kopffüssler 
Von  M.  Ussow 


Seite. 
260 

271 

287 

299 

329 


Beitrag  zur  Kenntniss  eiuiger  lusekteularTen. 

Von 

Dr.  W.  Rolph 

aus  Berlin. 

(Hierzu  Taf.  I.) 


Die  Kenntniss  der  Insektenlarven,  wenngleich  in 
den  letzten  Jahren  durch  viele  schätzbare  Arbeiten  be- 
deutend erweitert,  ist  noch  immer  weit  davon  entfernt, 
auch  nur  annähernd  den  Erwartungen  zu  entsprechen, 
welche  man  in  Anbetracht  ihrer  Wichtigkeit  für  die  all- 
gemeine und  spezielle  Entomologie  an  sie  stellen  könnte. 
Während  jedes  Jahr  uns  mit  einer  Fülle  neuer  „Species^ 
beschenkt,  suchen  wir  vergebens  nach  einer  entsprechen- 
den Vermehrung  unserer  Kenntniss  von  den  Verwand- 
lungsständen, welche  doch  sicher  nicht  weniger  Aufmerk- 
samkeit beanspruchen,  als  das  reife  Insekt.  Diese  Ver- 
nachlässigung ist  um  so  mehr  zu  verwundern,  als  gerade 
die  Larven  durch  die  Eigenthümlichkeiten  der  äusseren 
Verhältnisse  und  Bedingungen  ihres  Lebens,  sowie  durch 
ihre  vielfach  an  andere  Thierordnungen  und  Klassen  er- 
innernde Form  und  Organisation  -unser  Interesse  heraus- 
fordern. 

Letzterer  Umstand  kommt  in  hervorragendem  Grade 
den  Larven  von  Psephenus,  einer  zu  der  Familie  der 
Parnidae  zu  stellenden  Coleopterengaltung  zu  Gute, 
welche  den  Anstoss  zu  dieser  Arbeit  gegeben  hat,  und 
auf  welche  ich  durch  Herrn  Professor  Leuckart  auf- 
merksam gemacht  worden  bin.  Ich  fühle  mich  ge- 
Archiv f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  1 


2  Rolph: 

drungen  meinem  hochverehrten  Lehrer  für  seine  hülfreiche 
Anleitung  und  das  Interesse,  mit  welchem  derselbe  meine 
Untersuchung  fortdauernd  begleitet  hat,  meinen  wärmsten 
Dank  auszusprechen.  — 

Bei  der  Vergleichung  der  mir  vorliegenden  Larven 
mit  den  vorhandenen  wenigen  Beschreibungen  verwandter 
Formen,  nämlich  von  Elmis,  ^lacronychus  und  Potamo- 
philus,  stellte  sich  bald  das  Bedürfniss  nach  einer  Revision 
und  Erweiterung  jener  Beobachtungen  heraus.  Es  war 
daher  meine  erste  Sorge,  in  den  Besitz  einer  Zahl  gut 
konservirter  Larven  von  Elmis  zu  gelangen.  Dass  mir 
dieses  gelungen  ist,  verdanke  ich  nur  der  Güte  des  Herrn 
Geh.  Reg.-Rath.  von  Kiesenwetter  in  Dresden,  dem 
ich  für  seine  freundlichen  Bemühungen  höchlichst  ver- 
pflichtet bin.  Zu  gleicher  Zeit  jedoch  richtete  sich  meine 
Aufmerksamkeit  auf  einige  andere  Insektenlarven,  welche 
allerdings  dem  eigentlichen  Zweck  dieser  Arbeit  ferner 
lagen,  deren  Berücksichtigung  aber  vielleicht  diesem 
oder  jenem  meiner  Fachgenossen  nicht  überflüssig  er- 
scheinen dürfte. 

Im  Interesse  der  leichteren  Vergleichung,  sowie 
thunlichster  Vollständigkeit  scheint  es  nöthig,  zuvörderst 
eine  detaillirte  Beschreibung  der  Larve  von  Elmis  zu 
geben,  wobei  ich  manches  Bekannte  wiederholen  muss, 
aber  auch  Gelegenheit  haben  werde,  eine  Reihe  von  An- 
gaben zu   berichtigen  und  Einiges  genauer  darzustellen. 

Später  lasse  ich,  gleichfalls  zum  Zwecke  der  Ver- 
gleichung, eine  Darstellung  der  Larven  von  Helodes  und 
Cyphon,  eine  kurze  Beschreibung  des  ausgebildeten  Pse- 
phenus,  und  schliesslich  noch  ein  Paar  Worte  über  eine 
mehrfach  ähnliche,  jedoch  in  eine  ganz  andere  Tnsekten- 
gruppe  gehörige  Larve  folgen. 


Die  Lanen  von  Elmis  aeneus  uud  E.  Yolkmari. 

Literatur. 

Die  erste  Notiz  über  die  Larven  der  Gattung  Elmis 
verdanken    wir  Müller   (lUig.    Magaz.  V.  p.  194) ,    wäh- 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  3 

rend  wir  die  erste  Abbildung  derselben,  von  einer  ober- 
flächlichen Beschreibung  begleitet,  in  Westwood  (Introd. 
to  modern.  Classif.  of  Ins.  p.  118.  Fig.  7  Nr.  16  u.  17) 
finden.  Die  Aehnlichkeit  mit  der  Larve  einer  Silpha  tritt 
bei  dieser  nur  im  Umriss  gegebenen  Zeichnung  deut- 
licher hervor,  als  sie  in  Wirklichkeit  besteht.  Eine  ge- 
nauere Beschreibung  erhielten  wir  erst  durch  Erichson 
(Wiegm.  Arch.  VII.  1841.  I.  p.  106),  der  jedoch  unrich- 
tig neun  ventrale  Stigmenpaare  angiebt,  von  denen  das 
erste  am  Mesothorax,  die  übrigen  an  den  acht  ersten  Ab- 
dominalringen gelegen  seien.  Er  glaubt,  dass  die  Thiere 
die  Fähigkeit  haben,  unter  ihrer  konkaven  von  zierlichen 
Börstchen  eingefassten  Bauchdecke  eine  Quantität  Luft 
abzuschliessen,  welche  sie  unter  Wasser  mit  dem  nöthi- 
gen  Sauerstoff  versorgt. 

Auf  derselben  Beschreibung,  welche  Erichson  in 
„die  Käfer  Deutschlands"  (III.  p.  524  f.)  wiederholt  und 
erweitert,  basiren  auch  die  Angaben  Stur m's  (Deutschl. 
Fauna.  Käfer.  XXIII.  p.  4).  Im  Jahre  1860  giebt  Ko- 
lon ati  (Wiener  Entom.  Monat.  VI.  p.  88)  eine  kurze  und 
sehr  mangelhafte  Beschreibung,  begleitet  von  einer  eben- 
so unvollkommenen  Abbildung  der  Larve  von  E.  Man- 
geti,  welche  er  am  Altvater  bis  zu  einer  Höhe  von 
9040'  häufig  fand.  Er  hält  die  schon  erwähnten  Fieder- 
haare für  Kiemen.  Die  wahren  Kiemen  sah  zuerst  La- 
boulbene  (Ann.  soc.  ent.  Fr.  4.  s6rie.  X.  1870.  p.  405. 
Tab.  9),  der  uns  eine  detaillirte  Beschreibung  von  E.  ae- 
neus  im  Larvenstadium  gibt,  die  bis  auf  wenige  Irrthümer 
korrekt  ist.  Der  Vollständigkeit  halber  sei  noch  der  Er- 
wähnung der  Elmidenlarven  im  Catal.  d.  larves  d.  Co- 
leopt.  (Chapuis  et  Candeze»  Mem.  soc.  roy.  d.  Liege  VIII. 
p.  450)  gedacht.  Besonders  zu.  erwähnen  sind  aber  die 
ausführlichen  und  genauen  Arbeiten  von  Dufour  über 
Potamophilus  (Ann.  sc.  nat.  Zool.  4.  Serie.  XVII.  1862. 
p.  64)  und  Perez  über  Macronychus  (Ann.  soc.  ent.  Fr. 
1863.  p.  621).  Erstere  ist  hervorzuheben  als  die  einzige, 
welche  auch  die  inneren  Organe  berücksichtigt,  letztere, 
weil  sie  uns  eine  Beschreibung  der  Puppe  giebt. 


4  Holph: 

Die  von  mir  untersuchten  Larven  gehören  zwei  ver- 
schiedenen Arten  an,  unterscheiden  sich  jedoch  nur  sehr 
unwesentlich  von  einander:  einmal  durch  ihre  Grösse, 
dann  durch  ihre  Färbung,  die  jedoch  auch  in  derselben 
Art  nach  ihrem  Alter  varirrt.  Die  jüngeren  sind  gelb  bis 
hellbraun,  die  älteren  dunkelbraun,  fast  schwarz  gefärbt. 

Die  grössere  Art  variirt  in  der  Länge  von  27^  bis 
3V4  Mm.,  in  der  Breite  von  ^4  bis  IY4  Mm.  Sie  ist  lang- 
oval, nach  hinten  allmählich  zugespitzt;  die  Färbung  der 
beiden  ersten  Abdominalsegmente  weicht  nicht  von  der 
der  übrigen  Segmente  ab.  Sie  ist  auf  E.  Volkmari 
öder  auch  möglicherweise  Germari  zu  beziehen.  Da  die 
entwickelten  Formen  beider  Arten  sich  nur  durch  äus- 
serst feine  Merkmale  unterscheiden,  so  dürfen  wir  dem 
über  die  sichere  Artangehörigkeit  herrschenden  Zweifel 
jede  Bedeutung  absprechen. 

Die*  andere  Art  ist  als  die  Larve  von  E.  aeneus  zu 
deuten;  sie  ist  kürzer  und  von  gedrungenerer  Form,  1^4 
bis  2^4  Mm.  lang,  2/3  bis  IV3  Mm.  breit.  Der  Kopf  ist 
tiefer  in  den  Prothorax  eingesenkt,  die  Abdominalseg- 
mente sind  schneller  verschmälert,  die  Seitenfortsätze 
spitzer  ausgezogen  und  stärker  gekrümmt;  der  Rücken 
der  beiden  ersten  Segmente  ist  einen  Ton  heller  gefärbt, 
als  der  der  übrigen  Körperringe.  Andere  Unterschiede 
bin  ich  nicht  zu  entdecken  im  Stande  gewesen,  vielmehr 
treffen  alle  im  Folgenden  von  mir  angegebenen  Ver- 
hältnisse für  beide  Arten  zu. 

Beschreibung. 
(E.  aeneus  tab.  I.  fig.  14,  E.  Volkmari  fig.  1.) 

Körper  länglich  oval,  nach  hinten  allmählich  zuge- 
spitzt, der  Rücken  hoch  gewölbt  und  in  massive  Fort- 
sätze ausgezogen,  welche,  direkte  Fortsetzungen  der 
Rückenwölbung,  die  flache  Unterseite  weit  überragen  und 
am  Rande  mit  zahlreich  zierlichen  gefiederten  Börstchen 
besetzt  sind.  Abbildungen  dieser  Börstchen  hat  L  aboul- 
b^ne  auf  Tafel  IX  Fig.  8—10  gegeben,    doch  finde  ich, 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  5 

dass  dieselben  nicht  ganz  zutreffend  sind.  Nack  den 
Hinterecken  des  Segmentes  zu  verlieren  nämlich  die 
Härchen  ihre  gleichmässige  Form,  indem  sich  die  Fiede- 
rung  immer  mehr  auf  den  nach  hinten  gerichteten  Rand 
beschränkt,  bis  sie,  wie  es  namentlich  an  den  Abdominal- 
ringen hervortritt,  völh'g  einseitig  wird  (Fig.  2).  Die 
Seitenfortsätze  nehmen  an  den  Thorakalsegmenten  den 
ganzen  Seitenrand  ein,  während  sie  an  den  Abdominal- 
ringen nur  einem  Abschnitte  derselben  aufsitzen,  sich 
mehr  und  mehr  nach  hinten  richten  und  verkleinern;  zu 
gleicher  Zeit  nähern  sie  sich  dem  Hinterrande  des  Seg- 
mentes, ohne  denselben  jedoch  zu  erreichen.  Das  vor- 
letzte Segment  trägt  daher  nur  noch  einen  kleinen 
scharfen  Zahn,  während  das  letzte  eines  solchen  Fort- 
satzes gänzlich  entbehrt. 

In  der  Mittellinie  des  Rückens  verläuft  eine  im 
vorletzten  Segment  verlöschende ,  feine  aber  scharfe 
Rinne,  Der  sehr  harte  Rückenpanzer  ist  durch  eine  grosse 
Zahl  dunkler,  runder  oder  ovaler,  eingelagerter  Chitin- 
körner, die  höckerartig  hervorspringen  und  zuweilen 
von  einem  halbmondförmigen  Wall  umgeben  sind,  aus- 
gezeichnet. Diese  tragen  in  einer  punkt-  oder  .linieri- 
förmigen  Einsenkung  ein  plattes  am  Ende  gefranztes 
Härchen  und  bilden  nur  am  Hinterrande  des  Segmentes 
eine  gleichmässige  Reihe  grösserer  über  die  scharfe  Kante 
übergreifender  Höcker.  Der  Rücken  erhält  durch  diese 
Gebilde  das  eigenthümliche  Aussehen,  welches  Perez 
auch  bei  der  Larve  von  Macronychus  beobachtet  und  ab- 
gebildet hat.  Sie  finden  sich  zahlreicher  am  Thorax  als 
am  Abdomen.  Auf  den  durchsichtigen  Seitenfortsätzen 
sind  sie  viel  heller,  eben  und  ohne  Haar,  während  die 
Bauchdecke  derselben  gänzlich  entbehrt.  Doch  ist  auch 
sie,  wenn  schon  spärlicher,  mit  ähnlichen  Haaren  besetzt. 
Kopf  in  einen  tiefen  Ausschnitt  des  Prothorax  ein- 
gesenkt, so  lang  als  breit,"  seine  Seiten  fast  parallel,  die 
Augen  wenig  hervorragend.  Von  der  inneren  Wurzel 
der  Antennen  bis  etwas  hinter  die  Mitte  des  Kopfes  zieht 
eine  helle  Nath,  sich  dort  V-förmig  mit  der  der  anderen 
Seite    verbindend.     Die  Antennen   sind    vor    den  Augen 


6  Rolph: 

eingefügt,  kürzer  als  der  Kopf,  dreigliedrig.  Das  erste 
Glied  kurz  und  breit,  das  zweite  halb  so  breit  und  etwa 
dreimal  so  lang  als  jenes.  Auf  diesem  sitzen  zwei  sehr 
feine  und  gleichgrosse  Gliedchen,  von  denen  das  innere  an 
seiner  Spitze  ein  äusserst  zartes  und  kurzes  Härchen  trägt. 

Augen  (Fig.  12  a)  zusammengesetzt,  von  einer  ein- 
zigen stark  konvexen  Cornea  überdeckt,  unter  welcher 
sechs  Krystallkegel  (Fig.  12  b)  sichtbar  sind.  Diese  mit 
ihrer  Spitze  in  Pigment  eingebettet,  welches  bis  zum  An- 
satz der  Cornea  reicht,  liegen  in  zwei  etwas  nach  innen 
gerichteten  Längsreihen  zu  drei  zusammen.  Man  könnte 
dieselben,  da  sie  viereckig  sind,  eher  als  Pyramiden  mit 
konvexer  Basis  bezeichnen.  Dufour  giebt  für  Pota- 
mophilus  nur  fünf  Kegel  an,  ebenso  auch  irrthümlich 
Laboulbene  für  Elmis. 

Oberlippe  (Fig.  4)  breit  und  kurz,  vorne  schwach 
eingebuchtet  und  auf  der  Oberfläche  mit  einer  Reihe  ge- 
fiederter Haare  versehen;  die  Seiten  stärker  chitinisirt 
und  von  dem  mittleren  Theii  abgesetzt.  Letzteres  Merk- 
mal vermisse  ich  bei  Laboulbene,  welcher  auch  die 
Fiederhaare  zu  auffallend  wiedergegeben  hat. 

Oberkiefer  (Fig.  5)  denen  von  Macronychus  äusserst 
ähnlich,  dreieckig,  sehr  kräftig,  an  der  Spitze  einge- 
schnitten, so  dass  sie  zweizähnig  erscheinen;  der  innere 
Zahn  weniger  verhornt  als  der  äussere.  Nahe  der  Basis 
der  Kiefer  sitzt  ein  bewegliches,  allseitig  behaartes  Börst- 
clien.  Laboulbene  giebt  eine  ganz  verfehlte  Zeichnung 
der  Mandibeln ;  vermuthlich  hat  er  das  Objekt  einem  un- 
vorsichtigen Druck  ausgesetzt,  durch  welchen  eine  Spal- 
tung bewirkt  wurde. 

Unterkiefer  (Fig.  6)  aus  zwei  Laden  zusammengesetzt, 
einen  dreigliedrigen  Palpus  tragend,  auf  dessen  Spitze  noch 
zwei  winzige  von  einander  abstehende  Knöpfchen  sitzen. 
Die  innere  Lade  ist  mit  dem  Stipes  verwachsen  und  trägt 
auf  einer  Längsfirste  eine  Reihe  kräftiger  nach  innen  gebo- 
gener Borsten.  Der  äussere  Lobus  scheint  kaum  beweglich 
und  ist  nur  an  seiner  Spitze  behaart.  Unterlippe  quer,  sehr 
breit  und  kurz,  vorn  flach  eingebuchtet,  sehr  fein  be- 
haart.     Bei  jüngeren    Individuen    ist     die    Einbuchtung 


Beitrag  zur  Kenntniss  einigei*  Insektenlarven.  7 

stärker,  während  sie  bei  älteren  fast^  wenn  auch  nicht 
ganz,  verschwindet.  Ein  gleichfalls  erwähnenswerther 
Altersunterschied  spricht  sich  in  den  zweigliedrigen  La- 
bialtastern ans.  Während  bei  jüngeren  Exemplaren  das 
zweite  Glied  kugelig  und  so  gross  als  das  erste,  auch 
rings  von  Borsten  umstellt  ist,  und  über  den  Vorder- 
rand der  Lippen  hinausragt,  finden  wir  dasselbe  bei  älte- 
ren Individuen  sehr  reduzirt,  knopfförmig  und  viel  klei- 
ner als  das  Basalglied,  den  Lippenrand  nicht  erreichend. 
Zugleich  verschwinden  die  Borsten. 

Prothorax  so  lang  als  Meso-  und  Metathorax  zusam- 
men und  hinten  ebenso  breit  als  diese,  nach  vorn  stark 
verschmälert,  an  den  Seiten  abgerundet.  Der  Vorder- 
rand zur  Aufnahme  des  Kopfes  trapezförmig  ausge- 
schnitten, der  Hinterrand  gerade.  Vorder-  und  Hinter- 
ecken scharf,  erstere  spitz,  letztere  fast  rechtwinklig. 
Meso-  und  Metathorax  von  gleicher  Grösse  und  Gestalt, 
quer  viereckig  mit  abgerundeten  Vorder-  und  scharfen 
Hinterecken. 

Abdomen  aus  neun  Ringen  bestehend,  welche  all- 
mählich an  Breite  abnehmen.  Die  sieben  ersten  quer- 
viereckig, der  achte  fast  so  lang  als  breit,  der  letzte  noch 
einmal  so  lang  als  jener,  bis  zur  Mitte  gleichbreit,  dann  ver- 
schmälert und  in  zwei  gerade  nach  hinten  gerichtete  Spitzen 
ausgezogen.  Die  Unterseite  des  letzten  Segmentes  zeigt 
einen  tiefen  Ausschnitt,  in  welchem  eine  dreieckige  Platte 
artikulirt,  an  deren  abgerundeter  Spitze  zwei  divergirende 
scharf  nach  unten  gekrümmte  Haken  befestigt  sind,  die 
offenbar  als  Haftapparate  dienen.  Zwischen  den  Seiten- 
rändern dieser  Platte  und  denen  des  sie  überdeckenden 
Rückenschildes  ist  eine  feine  Membran  ausgespannt, 
welche  durch  je  einen  der  Rückenplatte  anliegenden 
Chitinstab  gestützt  wird,  und.  die  Bestimmung  hat,  den 
eingeschlossenen  zarten  Kiemenstämmen  mechanischen 
Schutz  zu  gewähren. 

Die  kurzen  aber  kräftigen  Beine  (Fig.  3)  stehen 
gleichweit  von  einander  ab.  Ihre  Coxa  ist  kegelförmig, 
der  Trochanter  kurz  und  dreieckig.  Diesem  folgt  ein 
nach  der  Spitze  verbreitetes  Femur  und  eine  ebenso  all- 


8  Rolph: 

mählich  verschmälerte  Tibia.  Die  sehr  kräftige  Klaue, 
scharf  gebogen  und  an  ihrer  Basis  eine  starke  Borste 
tragend,  vervollständigt  das  Bild  eines  kräftigen  Klammer- 
apparates, wohl  geeignet  den  leichten  Körper  auch  in 
reissendem  Wasser  fest    an  Holz  oder  Steine    zu  heften. 

Die  Stigmen,  sämmtlich  dorsal  gelegen,  finden  sich 
bei  den  erwachsenen  Larven  in  zehn  Paaren  am  Meso- 
und  Metathorax  sowie  den  acht  ersten  Abdominalseg- 
menten, an  deren  Seiten  sie  sich  auf  der  Spitze  kleiner 
Höcker  Öifnen  (Fig.  2,  8,  14.)  Am  deutlichsten  ist  das 
des  Mesothorax,  während  das  des  Metathorax  in  der 
Grösse  am  meisten  zurückbleibt  und  nicht  leicht  von 
aussen  zu  erkennen  ist.  Erst  die  Anatomie  hat  mich  von 
der  Existenz  derselben  überzeugt.  Den  ganz  jungen 
Individuen  gehen  die  Stigmen  überhaupt  ab,  sie  besitzen 
ein  geschlossenes  Tracheensystem,  während  etwas  ältere 
schon  die  Mesothorax  und  die  Abdominalstigmen  zeigen. 
Die  Thorakalstigmen  liegen  der  Mediane  sowie  dem 
Vorderrande  des  betrefienden  Segmentes  viel  näher  als 
die  Abdomiualstigmen,  welche  letztere,  je  mehr  sie  sich 
vom  Thorax  entfernen,  um  so  näher  an  den  Seitenrand 
treten.  Sie  halten  sich  stets  in  gleicher  Höhe  mit  dem 
oberen  Ansatz  der  Seitenfortsätze. 

Wenn  Erichson  die  Stigmen  als  bauchständig  be- 
schreibt, so  beruht  dies  auf  einem  Irrthum,  dessen  Ur- 
sache ich  allerdings  nicht  zu  erklären  im  Stande  bin. 
Laboulbene  hat  das  Stigma  des  Mesothorax  übersehen, 
obgleich  er  durch  die  Angaben  von  Dufour  und  Perez 
auf  die  Wahrscheinlichkeit  der  Existenz  eines  solchen 
hätte  aufmerksam  werden  müssen. 

Schon  Dufour  hat  in  der  oft  erwähnten  Arbeit  über 
Potamophilus  auf  die  Seltenheit  eines  Stigma  an  Meso- 
thorax von  Coleopterenlarven  aufmerksam  gemacht.  Wir 
kennen  solche  jedoch  schon  bei  einer  ganzen  Reihe  von 
Käferlarven  und  dürfen  erwarten,  dass  genauere  Unter- 
suchungen die  Zahl  noch  veruiehren  werden.  Stigmen 
am  Mesothorax  finden  sich  bei  Carabus,  Potamophilus, 
Elmis,  Macronychus,  Buprestis,  Elater,  Lampyris,  Lycus, 
Triphyllus,  Eucinetus,  Dascillus,  ferner  auch  bei  Psephe- 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  9 

nus.  Stigmen  am  Metathorax  erscheinen  noch  seltener, 
und  sind  bis  jetzt  nur  bei  gleichzeitigem  Auftreten  der 
Mesothorakalstigmen  bekannt.  Es  ist  dies  der  Fall  bei 
einer  von  Perty  ^)  (Observat.  nonn.  in  Col.  Ind.  or.  Mo- 
nach  1831.  p.  43.  fig.  8  u.  9)  und  von  West  wo  od  (Introd. 
p.  254.  fig.  27  Nr.  1)  beschriebenen,  vermuthlich  auf 
Lycus  zu  beziehenden  Larve  aus  Java,  sowie  einer  an- 
deren ebenfalls  aus  Java  stammenden  und  von  West- 
wood beschriebenen  (Lycus?  1.  c.  p.  255.  fig.  28.  Nr.  1), 
und  endlich  bei  Elmis.  Die  von  Gegenbaur  (Grund- 
züge. 2te  Aufl.  p.  441)  gemachte  Angabe,  dass  bei  keiner 
Insektenlarve  an  den  Segmenten,  welche  später  Körper- 
anhänge d.  h.  Flügel  tragen,  Stigmen  vorkämen,  ist  da- 
her zu  berichtigen. 

Das  Nervensystem,  welches  in  toto  zu  erhalten 
mir  leider  nie  hat  gelingen  wollen,  indem  stets  die 
Schlundkommissuren  zerrissen,  ist  von  grosser  Zartheit. 
Es  besteht,  wie  bei  Potamophilus,  aus  einem  oberen  zwei- 
theiligen und  einem  einfachen  unteren  Schlundganglion, 
drei  Thorakalganglien  und  einer  Reihe  von  fünf  Abdo- 
minalganglien, weiche  durch  kurze  Längskomissuren  mit 
einander  verbunden  sind.  Von  den  Thorakalganglien  ist 
das  erste  das  kleinste,  das  dritte  das  grösste;  von  den 
AbdominaJganglien  jedoch  ist  das  erste  von  auffallender 
Grösse,  grösser  als  das  letzte  Ganglion  des  Thorax.  Die 
letzten  vier  sind  von  ziemlich  gleicher  Gestalt  und  Grösse. 
Die  Figur  10  stellt  unter  a  die  drei  Brust-  und  das  erste 
Bauchganglion,  unter  b  das  letzte  Bauchganglion  dar. 

Der  Respirationsapparat  ist  einer  eingehenderen  Be- 
trachtung werth,  da  er  sich  mit  dem  Wachsthum  der 
Thiere  nicht  unbedeutend  verändert.  Während  nämlich 
das  Tracheensystem  anfänglich  als  ein  geschlossenes  be- 
zeichnet werden  muss,  bildet  les  sich  später  zu  einem 
oft'enen  um,  eine  Einrichtung,  welche  den  Thieren  auch 
ein  längeres  Verweilen  in  der  Luft  gestattet.  Dennoch 
behalten  unstreitig  die  schön  entfalteten  Kiemen  (Fig.  9) 


1)  P  e  r  t  y    giebt    irrthümlich    eilf  Stigmenpaare    an,    während 
seine  Abbildimg  richtig  nur  zehn  zeigt. 


10  Rolph: 

die  bedeutendste  Wichtigkeit  für  den  Gasaustausch.  Diese 
gleichen  vollkommen  jenen  bei  Potamophilus  und  Macro- 
nychus  beschriebenen^  und  liegen  hier  wie  dort  in  dem 
letzten  Abdorainalsegment,  aus  dessen  oben  beschriebener 
Oeffnung  sie  nach  Belieben  hervorgestülpt  werden.  Sie 
bestehen  bei  Elmis  aus  drei  Büscheln,  welche  aus  einem 
oberhalb  des  Rektum  liegenden  gemeinsamen  Stamm  ent- 
springen und  von  denen  zwei  seitlich,  eines  in  der  Mitte 
zwischen  den  beiden  Spitzen  des  Analsegmentes  hervor- 
treten. Die  Zahl  der  die  einzelnen  Büschel  zusammen- 
setzenden Filamente  ist  verschieden;  sie  betrug  selten 
unter  zehn  und  über  zwölf.  Der  gemeinsame  Stamm  der 
Kiemen  ist  von  einer  zarten  Chitinhülle  umschlossen, 
welche  durch  zwei  für  den  Mechanismus  des  Hervor- 
stülpens  und  Einziehens  wichtige  Stäbe  gestützt  wird. 

Während  sich  nämlich  an  der  besagten  Membran  die 
Retraktoren  des  Kiemenapparates,  welche  von  der  inneren 
Wand  des  Skeletes  ihren  Ursprung  nehmen,  inseriren, 
finden  die  Antagonisten  derselben  ihre  Insertion  an  den 
erwähnten  Stäben.  Man  kann  demnach  nicht  eigentlich 
von  einer  Einstülpung  der  Kiemen  reden.  Nur  der  Stamm 
derselben  wird  eingestülpt,  während  die  Kiemen  selbst 
eingezogen  werden. 

Erst  nach  vieler  Mühe  ist  es  mir  gelungen,  befrie- 
digenden Aufschluss  darüber  zu  erlangen,  wie  die  late- 
ralen Tracheenstämme  sich  in  die  Kiemen  vertheilen,  in 
deren  mittlerem  Zweig  ich  stets  zwei  Tracheen  liegen  sah, 
während  ich  in  den  beiden  seitlichen  drei  bemerkte. 
Dieses  Verhalten  wird  in  der  That  sehr  einfach  auf  die 
Weise  hervorgerufen,  dass  von  den  Lateralstämmen  sich 
im  letzten  Segment  je  ein  nach  innen  verlaufender  Ast 
abzweigt  (Fig.  9).  Diese  beiden  übernehmen  die  mittlem 
Kiemen,  während  die  seitlichen  durch  die  direkten  Fort- 
setzungen der  Hauptstämme,  welche  sich  jedoch  zuvör- 
derst in  drei  Zw^eige  spalten,  versorgt  werden.  Nur  bei 
Anwendung  einer  sehr  starken  Vergrösserung  ist  es 
möglich,  an  den  feinsten,  in  den  einzelnen  Kiemenfäden 
verlaufenden  Tracheenzweigen  eine  Andeutung  des  Spi- 
ralfadens zu  erkennen. 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insecktenlarven.  11 

Die  lateralen  Tracheenstämme  ziehen,  viele  feine 
Zweige  an  die  inneren  Organe  entsendend,  gleichmässig 
divergirend  nach  vorn;  im  ersten  Abdoaiinalsegment  bie- 
gen sie  sich  nach  innen,  um  sich  nun  innerhalb  der 
Hüften,  und  allmählich  enger  werdend,  bis  in  den  Kopf 
fortzusetzen. 

Während  dieses  Verhalten  die  Jüngern  Larven  aus- 
zeichnet, sieht  man  bei  etwas  älteren  in  allen  Segmenten 
mit  Ausnahme  des  Pro-  und  Metathorax  sowie  des  Anal- 
segmentes einen  feinen  massiven  Faden  von  der  Stelle 
der  Körperwand,  wo  sich  später  das  Stigma  öffnet,  an 
die  Hauptstämme  treten.  Bei  noch  etwas  älteren  Indivi- 
duen sieht  man  nun  zuerst  das  nach  dem  Hauptstamme 
zu  liegende  Ende  des  Fadens  sich  aushöhlen  ,  während 
zugleich  eine  Verdickung  an  der  inneren  Wand  des 
Körpers  die  Bildung  des  Stigmenhöckers  bekundet. 
Endlich,  vermuthlich  nach  einer  neuen  Häutung,  erscheint 
der  ganze  Faden  hohl  und  das  Stigma  geöffnet.  Am 
schnellsten  schreitet  die  Bildung  der  Stigmentracheen 
am  Mesothorax  vor,  wo  sie  auch  den  bedeutendsten  Quer- 
schnitt erlangt;  am  Metathorax  findet  das  Gegentheil  statt. 

Derartige  Veränderungen  des  Tracheen-  und  Stig- 
menapparates kommen  auch  bei  anderen  Inseckten  im  Lar- 
venzustand  vor.  So  beobachtete  Weissmann  bei  Musca 
die  Bildung  neuer  Stigmen  am  zweiten  Körpersegment 
bei  der  ersten  Häutung,  während  zu  gleicher  Zeit  das 
Abdominalstigma  eine  zweite  Oeffnung  und  bei  der  fol- 
genden Häutung  eine  dritte  erhielt. 

Im  Verhältniss  zu  den  eben  geschilderten  Entwick- 
lungsvorgängen sehen  wir  nun  auch  an  den  die  inneren 
Organe  versorgenden  Tracheenästen  Veränderungen  auf- 
treten, welche  sich  mehr  und  mehr  kompliziren.  Diese 
entsprangen  bis  dahin  theils  mit  einzelnen,  theils  mit  ge- 
meinsamen Wurzeln  aus  den  Longitudinalstämmen.  Mit 
der  Entwicklung  des  Stigmenstammes  verändern  sie  je- 
doch ihre  Ursprungsstelle  in  der  Weise,  dass  sie  auf 
diesen  übergehep,  und  daher  eine  Abzweigung  desselben 
vor  seiner  Mündung  in  den  Lateralstaram  zu  sein  scheinen 
(Fig.  8).     Unmittelbar  nach   seinem  Ursprung  theilt  sich 


12  Rolph: 

dieser  Ast  in  vier  Zweige,  von  denen  jeder  eine  beson- 
dere Bestimmung  zu  haben  scheint.  Die  zwei  äusseren, 
d.  h.  der  oberste  und  der  unterste,  bilden  eine  Verbin- 
dung mit  dem  vorhergehenden  und  dem  folgenden  Stig- 
menstamm, so  dass  sie  in  ihrer  Fortsetzung  ein  den  primi- 
tiven Längsstämmen  paralleles  Röhrensystem  bilden.  Von 
ihnen  gehen  zahlreiche  feine  Tracheen  an  die  Muskulatur. 

Der  zweite  der  gedachten  vier  Zweige  dagegen 
zieht  unverästelt  weit  nach  vorn  und  erweitert  sich  neben 
dem  Magen  plötzlich  in  eine  ^  sehr  umfangreiche  Blase, 
welche  besonders  durch  den  äusserst  deutlichen  Spiral- 
faden auffällt.  Gegenüber  der  Eintrittsstelle  setzt  sich 
die  Trachee  in  einen  ganz  kurzen  Zweig  fort,  welcher 
in  die  Muskelschicht  des  Magens  eintritt,  um  sich  hier 
plötzlich  in  sehr  feine  Zweige  aufzulösen. 

Der  dritte  Zweig  bildet  die  Querkommissur  und 
scheint  erst  in  der  Mitte  seines  Verlaufes  feine  Ausläufer 
abzugeben,  welche,  wie  ich  vermuthe,  an  das  Nervensy- 
stem treten,  analog  dem  später  zu  schildernden  Verhalten 
bei  Psephenus. 

Betreffs  der  Tracheenblasen  ist  zu  bemerken,  dass 
solche  sich  nicht  in  allen  Segmenten  finden,  auch  variirt 
die  Zahl  derselben  je  nach  dem  Alter  des  Individuums. 
Ich  fand  deren  überhaupt  nur  bei  älteren  Larven,  und 
zwar  zu  drei  bis  fünf  Paaren,  welche  dem  zweiten  bis 
vierten  resp.  bis  sechsten  Segment  zugehörten,  obgleich 
sie  in  der  That  viel  weiter  vorn  liegen,  indem  die  ersten 
schon  auf  der  Grenze  zwischen  Meso-  und  Metathorax 
ihre  Stellung  finden.  Der  entsprechende  Tracheenzweig 
verläuft  übrigens  in  den  übrigen  Segmenten  in  ganz  der- 
selben Weise  unverästelt  an  den  Darmtractus,  und  unter- 
scheidet sich  überhaupt  nur  durch  den  Mangel  der  bla- 
sigen Erweiterung. 

Der  Durchmesser  der  Ballons  (Fig.  15),  welche  von 
ziemlich  gleicher  Grösse  sind,  beträgt  etwa  0,15  Mm. 
Sie  dürften  vorzugsweise  eine  hydrostatische  Bedeutung 
haben  und  den  nur  in  heftig  strömendem  Wasser  leben- 
den Thieren  von  ebenso  grosser  Wichtigkeit  sein,  wie  den 
Fischen  die  Schwimmblase.     Die  Larve  gewinnt  dadurch 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  13 

die  Fähigkeit  nach  Belieben  im  Wasser  aufzusteigen  und 
hinabzutauchen,  was  von  um  so  grösserer  Bedeutung  für 
sie  ist  als  ihre  Beine  ja  nicht  Schwimm-  sondern  Klam- 
merapparate sind. 

Diese  so  eben  geschilderten  Verhältnisse  schliessen 
sich  eng  dem  an,  was  Dufour  bei  Potamophilus  beobach- 
tet hat.  Auch  bei  dieser  Eimis  so  nahe  verwandten 
Form  finden  sich  von  den  Stigoienstämmen  ausgehende 
Tracheen,  die  sich  in  Tracheenblasen  erweitern,  um  sich 
nachher  an  dem  Darm  zu  verzweigen.  Auch  hier  stehen 
dieselben  nicht  in  direkter  Beziehung  zu  den  Längsstäm- 
men, kommen  nur  dem  Abdomen  zu,  und  senden  ihre 
feinsten  Zweige  nur  zum  Darm.  Doch  zeigen  sich  auf 
der  anderen  Seite  auch  bemerkenswerthe  Unterschiede. 
So  korrespondirt  bei  Potamophilus  ein  Stigmenstamm 
stets  mit  vier  Ballons,  die  ausserdem  eine  cylindrische 
Form  haben.  Sehr  auffallend  ist  mir  endlich  die  Angabe, 
dass  die  Stigmenstämme  im  Abdomen  ganz  ausser  Ver- 
bindung mit  den  Längsstämmen  stehen  sollen,  dass  die 
letzteren  nur  mit  dem  Stigmenstamm  des  Mesothorax 
kommuniziren.  Ich  möchte  fast  glauben,  dass  hier  ein 
Irrthum  des  sonst  so  genauen  Beobachters  vorliegt.  Auch 
ich  bin,  getäuscht  durch  die  Abzweigung  des  betreffenden 
Tracheenastes  von  dem  Stigmenstamm,  zuerst  einer  ähn- 
lichen Ansicht  gewesen,  bis  es  mir  gelang,  die  Verbin-^ 
düng,  welche  in  der  That  sehr  kurz  und  leicht  zu  über- 
sehen ist,  aufzufinden. 

Das  Darmrohr  (Fig.  7)  zieht  in  gerader  Richtung 
durch  die  Leibeshöhle  unseres  Thieres.  Es  zerfällt  wie 
gewöhnlich  in  drei  Abschnitte:  den  Vorderdarm,  beste- 
hend aus  Oesophagus  und  Proventriculus,  den  Chylus- 
Magen  und  den  Enddarm. 

Der  Oesophagus  erweitert  sich  schon  im  Kopfe  er- 
heblich und  geht  so  in  den  Kaumagen  (Fig.  13)  über,  der 
von  ihm  nicht  deutlich  geschieden  ist.  Letzterer  ist  im 
Inneren  mit  einer  grossen  Zahl  chitinisirter  Hervorra- 
gungen ausgestattet,  bestimmt  die  aufgenommenen  Nah- 
rungsstoffe zu  zerkleinern. 

Es  lassen  sich  deren  besonders   drei  Formen  unter- 


14  Rolph: 

scheiden,  welchen  es  indess  an  Uebergängen  nicht  fehlt. 
Zuerst  treten  scharfe  nach  hinten  zugespitzte  sägezahn- 
förmige  Messer  auf  (Fig.  11  a),  dann  kurze  nach  vorn 
gerichtete  Kolben  (Fig.  Hb),  welche  dicht  mit  erhabe- 
nen Knöpfen  besetzt  sind,  endlich  scharf  gezähnte,  nach 
innen  gebogene  Raspeln  (Fig.  11  c).  Gegen  den  Chylus- 
magen  schliesst  sich  der  Kaumagen  durch  eindringende 
Wülste  ab,  welche  mit  Hülfe  eines  darüberliegenden 
Zapfens  das  Lumen  gänzlich  zu  sperren  im  Stande  sind. 
(Fig.  13.) 

Der  Chylus- Magen,  anfänglich  von  der  Weite  des 
Proventriculus,  verschmälert  sich  allmählich  und  nimmt 
an  seinem  Ende  die  vier  langen  Vasa  Malpighi  auf.  Das 
sehr  kurze  Rectum,  anfänglich  eng^  erweitert  sich  ziem- 
lich erheblich  und  mündet  unterhalb  der  Kiemen ,  di- 
rekt auf  der  Analplatte  nach  aussen. 

Speicheldrüsen,  welche  Dufour  bei  Potamophilus 
beschreibt,  habe  ich  nicht  gefunden. 

Der  ganze  Leibesraum  ist  bei  älteren  Individuen 
vom  Fettkörper  erfüllt,  welcher  sich  besonders  dicht  um 
die  Tracheenblasen  gruppirt. 


Die  Larren  tou  Psephenus  Hald.  (Eurypalpus  Leconte.) 

Literatur. 

In  seinem  Versuch  einer  systematischen  Eintheilung 
der  Käferlarven  giebt  uns  Erichson  (Wiegm.  Arch.  VII. 
1841.  p.  107)  die  erste  Nachricht  über  eine  von  Zimmer- 
mann aus  Pensylvanien  gesendete  Larve,  welche  unver- 
kennbar mit  der  von  Psephenus  identisch  ist,  und  in 
welcher  der  scharfe  Blick  dieses  ausgezeichneten  Ento- 
mologen sofort  eine  nahe  Verwandtschaft  zu  Elmis  er- 
kannte. Er  hielt  sie  daher  für  die  Larve  der  Elmis 
(Helichus)  lithophila,  eines  in  Pensylvanien  nicht  seltenen 
Parniden. 

Weniger  glücklich  in  seinem  Urtheil  war  De  Kay 
(Nat.  Hist.  of  New- York.  Zool.  1844.  V.  p.  53) ,  welcher 
unter    dem  Namen    Fluvicola  Herricki    und    tuberculata 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  15 

zwei  vermeintliche  Krebse  beschrieb,  von  denen  der  er- 
stere  sicher  mit  unserer  Larve  identisch,  der  andere  ihr 
wenigstens  nahe  verwandt  ist.  Es  bleibt  unerklärlich,  wie 
De  Kay  dieses  mit  drei  Beinpaaren  und  einem  vom 
Thorax  getrennten  Kopf  ausgestattete  Thier  für  einen 
Krebs  halten  konnte;  wie  er  im  Stande  war,  den  Pro- 
thorax als  „head  or  anterior  segment^  anzusehen,  da 
aus  seiner  Besehreibung  hervorgeht,  dass  der  wirkliche 
Kopf  ihm  nicht  entgangen  war,  ja  da  er  ihn  in  der  Ab- 
bildung zwar  roh  aber  erkennbar  wiedergiebt.  Da  das 
umfangreiche  Kupferwerk  nicht  leicht  zu  erhalten  ist, 
lasse  ich  eine  Uebersetzung  der  bezüglichen  Stelle  fol- 
gen. Einen  mir  unverständlichen  Passus  gebe  ich  im  Text 
wieder. 

Genus  Fluvicola. 

Körper  elliptisch  oder  oval,  nach  hinten  verengt. 
Vier  unter  dem  Schilde  verborgene  Antennen,  deren 
äusseres  längeres  Paar  gebogen  ist  und  aus  drei  Gliedern 
besteht,  während  das  innere  grade  ist  und  kaum  halb  so 
lang  als  jenes.  Die  Körpersegmente  in  drei  Abschnitte 
getbeilt  (trilobate).  Drei  Fusspaare.  Im  Flusswasser  lebend. 
F.  Herricki. 

Körper  breit  elliptisch,  häutig  und  biegsam,  aus 
zwölf  Segmenten  bestehend,  die  in  der  Mitte  gewölbt 
sind  und  an  den  Seiten  dünn  und  durchsichtig  werden. 
Der  ganze  Körperrand  ist  mit  ziemlich  gleichlangen, 
aneinanderliegenden  Haaren  umsäumt.  Der  Kopf,  oder 
das  erste  Segment,  durch  schwache  Näthe  in  drei  Stücke 
getheilt,  trägt  nahe  der  Verbindung  mit  dem  ersten 
Körpersegment  einen  dunkelgefärbten  Fleck,  welcher 
unter  der  Linse  ein  höckeriges  Aussehen  hat.  Die  beiden 
nächsten  Segmente  sind  breiter  .als  die  acht  folgenden, 
und  alle  sind  mit  Ausnahme  des  letzten  durch  zwei 
Längsnäthe  in  drei  Reihen  von  Platten  getheilt,  die  dem 
Thiere  eine  auffallende  Aehnlichkeit  mit  den  Trilobiten 
geben.  Die  Ränder  der  Mittelschilde  sind,  wo  sie  ein- 
ander berühren,  erheblich  erhöht,  die  Seitenplatten  je- 
doch frei  und  im  Stande  sich  übereinander  zu  schieben; 
die  gesammte  Oberfläche  ist  unregelmässig  von  Schlangen- 


16  Rolph: 

linien  durchzogen  und  mit  kleinen  runden  Flecken  be- 
setzt. Beneath  a  short  sac  or  tube  with  a  transverse  ope- 
ning;  and  on  each  side  two  dark  processes  apparently  the 
rudiments  of  jaws.  Vier  Antennen.  Die  vorderen  länger, 
gebogen,  den  äusseren  Rand  des  Schildes  nicht  erreichend, 
die  hinteren  gerade.  Gleich  hinter  dem  Munde  entsprin- 
gen drei  Paar  krallentragende  Beine,  deren  letztes  Paar 
das  kürzeste  ist,  und  welche  mit  starren  Haaren  und 
einer  einfachen  dunkelen  Klaue  ausgestattet  sind.  Hinter 
diesen  Beinen  folgen  fünf  Paare  kiemenfussartige  An- 
hänge, Kiemen  aus  weissen  häutigen  Filamenten  ähnlich 
sehend.  Unter  einer  starken  Linse  kann  man  auf  jeder 
Seite  ein  dorsales  Gefäss  erkennen,  welches  mit  jeder 
Kieme  kommunizirt.  Jede  dieser  letzteren  scheint  zwei- 
reihig, und  jede  Reihe  aus  sieben  oder  acht  einzelnen 
Schläuchen  zu  bestehen.  Farbe  graubraun.  Länge  0,2 — 
0,3".  Westcanada.  Dieses  merkwürdige  krebsartige  Thier 
findet  man  in  und  nahe  den  Gewässern  von  Westcanada 
creek  an  Steinen  sitzend.  Nur  mit  erheblicher  Mühe 
löst  man  es  ab,  worauf  es  sich  unvollkommen  zusammen- 
kugelt. Es  scheint  ein  bemerkenswerther  Umstand,  dass 
Geschöpfe  von  so  grosser  Aehnlicbkeit  mit  den  Trilobiten, 
gerade  an  der  durch  diese  untergegangenen  Thiere  be- 
sonders ausgezeichneten  Lokalität  der  Vereinigten  Staa- 
ten gefunden  werden.  Dass  sie  zu  dieser  Gruppe,  wel- 
cher sie  sich  allerdings  durch  ihre  Form  anschliessen, 
wirklich  gehören,  vermuthe  ich  nicht;  abev  die  Form 
ihres  Mundes  bewog  mich  sie  unter  die  Branchipoden 
oder  Crustacees  suceurs  der  neueren  Autoren  zu  stellen. 
F.  tuberculata. 
Körper  länglich  abgerundet,  fast  linear,  in  der 
Mittellinie  gewölbt.  Erstes  Segment  nach  vorn  gerundet, 
die  Hinterecken  jederseits  in  eine  ausgezogene  Spitze 
endend.  Zweites  und  drittes  Segment  breiter  als  die 
folgenden,  welche  allmählich  schmäler  werden.  Die 
Seitenschilde  länglich  viereckig.  Der  ganze  Körperrand 
mit  dichten  Haaren,  wie  beim  vorigen,  bekleidet.  Jeder- 
seits des  Rückenkiels  und  nahe  an  ihn  gedrängt  läuft 
eine  Longitudinal reihe    von    abgekürzten   länglichen    Er- 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insectenlarven.  17 

hebungeü,  welche  auf  den  drei  ersten  Segmenten  höher 
sind  und  daher  an  Stelle  eines  Kiels  eine  Rinne  zwischen 
sich  lassen.  Nahe  dieser  Reihe  und  parallel  zu  derselben 
läuft  eine  zweite  Reihe  mehr  querer  Höcker,  und  eine 
dritte,  weiter  abstehende,  welche  die  Grenze  gegen  die 
Lateralplatten  bezeichnet.  An  getrockneten  Exemplaren 
theilen  diese  Höckerreihen,  indem  sie  die  erhabenen 
Ränder  der  Segmente  kreuzen,  die  Oberfläche  derselben 
in  eine  Reihe  viereckiger  Felder.  In  sonstiger  Beziehung 
dem  vorigen  ähnlich.  Farbe  rothbraun.  Länge  0,2 — 0,5". 
Westchestercounty.  In  Bächen  ari  Steine  angeklammert. 
In  der  Versammlung  der  Naturforscher  in  Cambridge 
gab  Le  Conte  eine  kurze  Notitz  über  diese  Thiere,  in- 
dem er  die  Meinung  aussprach,  dass  man  dieselben  als 
Neuropterenlarven  anzusehen  habe.  Bei  einer  genaueren 
Untersuchung  jedoch,  welche  er  in  der  Folge  anstellte, 
und  bei  welcher  ihm  auch  die  Puppen  zu  Gebote  standen, 
erkannte  er  in  ihnen  die  Larven  eines  Käfers,  und  zwar 
der  Psephenus  Lecontei  aus  der  Familie  der  Parnidae.  Die 
Beschreibung,  enthalten  in  dem  ,jLake  superior'^  von  Agas- 
siz  (p.  241  ff.)  ^),  ist  jedoch  bei  weitem  nicht  erschöpfend. 
Sie  bezieht  sich  wie  Laboulbene's  Abhandlung  über  Elmis 
nur  auf  das  Aeusserliche.  Da  eine  Uebersetzung  des 
Aufsatzes  von  Ohapuis  und  Cand^ze  (Mem.  de  Liege.  VIII. 
p.  495)  gegeben  ist,  so  verzichte  ich  hier  auf  die  Wieder- 
gabe desselben.  Es  sei  nur  erwähnt,  dass  statt  des 
Namens  Harris  in  der  Uebersetzung  überall  De  Kay 
zu  lesen  ist.  Eodlich  sei  noch  der  ganz  kurzen  Angabe 
Le  Conte's  in  seinem  „Beitrag  zur  Kenntniss  der  Par- 
niden  von  New  York  (Proc.  of  the  Acad.  of  natural  sc. 
ofPhilad.  VI.  1852.  p.  41)  und  einer  gleichen  in  den  Proc. 
of  the  Acad.  of  natural  history  of  London  (new  series  VI. 
1853.  January.  p.  65)  gedacht. 

1)  In  dieser  Beschreibung  wird  eines  Thieres  mit  Namen  Scutel- 
leria  Ammerlandia  Erwähnung  gethan. 

Scutelligera  Ammerlandia  lautet  der  Name  richtig,  unter 
welchem  v.  Spix  eine  Dipterenlarve  (Microdon)  als  Landschnecke 
beschrieb.  (Denkschr.  d.  König!.  Acad.  d.  Wissensch.  Math,  phys, 
Cl.  Bd.  9.  p.  14.  1823/24' München). 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX,  Jahrg.  1  Bd.  2 


18  Rolph: 

Die  von  mir  untersuchten  Larven  stammen  aus  Flo- 
rida und  gehören  der  Sammlung  des  hiesigen  zoologischen 
Mu&eums  an. 

Beschreibung. 

(Fig.  16  und  22.) 

Körper  völlig  elliptisch  aus  zwölf  Segmenten  und 
dem  unter  dem  Prothorax  verborgenen,  frei  beweglichen 
Kopf  bestehend.  Auf  dem  Rücken  stark  gewölbt,  die 
Unterseite  konkav,  da  die  Bauchdecke  von  den  herabge- 
bogenen  Seitentheilen  der  Rückendecke  weit  überragt 
wird.  Der  Rand  des  Körpers  in  seinem  ganzen  Um- 
fange mit  engschiiessenden  Haaren  bekleidet.  Fünf  Paar 
Tracheenkiemen,  an  dem  zweiten  bis  sechsten  Abdomi- 
nalsegment. Zwei  Paar  Stigmen,  das  eine  auf  dem  Meso- 
thorax,  das  andere  auf  dem  vorletzten  Abdominalsegment, 
beide  dorsal  gelegen.     Long.  4 — 8  Mm.  Lat.  3—5,5  Mm. 

Die  zwölf  Körpersegmente  haben  grosse  Aehnlich- 
keit  miteinander,  da  sie  alle,  mit  einziger  Ausnahme  der 
beiden  letzten,  die  sowohl  von  De  Kay  als  Le  Conte 
erwähnte  auffallende  Theilung  in  drei  Abschnitte  zeigen, 
auf  welcher  die  von  ihnen  so  sehr  in  den  Vordergrund 
gestellte  Aehnlichkeit  mit  den  Trilobiten  beruht.  Eine 
solche  Theilung  in  Pleurae  und  Rhachis  finden  wir  mehr 
oder  weniger  deutlich  bei  vielen  Crustaceen  und  In- 
sekten ausgesprochen,  welche  in  grösserem  oder  gerin- 
gerem  Grade  die  Fähigkeit  besitzen  sich  zusammenzu- 
kugeln,  oder  welche  sehr  flach  gebaut  sind.  Wenn  ich 
diese  Bezeichnungen  hier  brauche,  so  geschieht  dies  nur, 
weil  ich  glaube,  dass  die  Beschreibung  dadurch  einfacher 
und  leichter  verständlich  wird.  Sämmtliche  inneren  Or- 
gane haben  ihre  Lage  unter  der  Rhachis,  nur  einige 
wenige  Muskeln,  welche  zur  Bewegung  der  Pleurae  die- 
nen, reichen  in  diese  hinein  oder  liegen  ganz  in  ihnen. 
Die  Beweglichkeit  der  letzteren,  welche  im  Abdomen 
durch  ein  falsches  Gelenk  vermehrt  wird,  bedingt  auch 
eine  besondere  Anschlussvorrichtung  untereinander.  Die 
aufeinanderfolgenden    Pleurae    sind    daher    bis    nahe   zu. 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  19 

ihrer  Mitte  durch  eingeschaltete  Membranen  mit  einander 
verbunden,  welche  die  Ränder  nicht  weit  auseinander- 
weichen lassen.  Der  Rückenpanzer  ist  durch  kugelige 
dunkle  Einlagerungen,  ähnlich  wie  bei  Elmis  und  Macro- 
nychus,  doch  hier  in  unregelmässfg  gewundenen  Reihen 
angeordnet,  ausgezeichnet  (Fig.  16  und  17),  und  erhält 
durch  fein  granulirte  Scheiben,  welche  der  inneren  Wand 
anliegen  und  oft  mit  Kanälchen,  denen  ein  Haar  aufsitzt, 
kominuniziren,  ein  noch  auffallenderes  Aussehen.  Die 
Bauch  decke  ist  von  bedeutend  gringerer  Resistenz  als 
die  Rlickendecke,  und  nur  dort,  wo  die  Insertion  der 
Körperanhänge  eine  stärkere  Muskulatur  und  daher  auch 
grössere  Festigkeit  verlangt,  durch  Chitinleisten  gestützt. 
Während  wir  daher  in  den  die  Beine  tragenden  Seg- 
menten ein  System  solcher  Stützen  auftreten  sehen,  be- 
merken wir  an  den  Abdominalsegmenten  nur  jederseits 
einen  von  der  Basis  der  Kiemen  unter  einem  sehr  spitzen 
Winkel  nach  innen  ziehenden  Stab,  welcher  zur  Insertion 
der  die  Kiemen  bewegenden  Muskulatur  dient. 

Die  den  Rand  des  Körpers  einfassenden  Borsten 
schliessen  sehr  eng  aufeinander.  Sie  haben  die  Form 
zweischneidiger  Messer  mit  dachziegelförmig  übergreifen- 
den Rändern.  Ungefähr  in  der  Mitte  ihrer  0,7  bis  0,8  Mm. 
betragenden  Länge  isoliren  sie  sich  und  verlieren  ihre 
Starrheit.  Zwischen  ihnen  und  von  ihnen  verdeckt,  so 
dass  sie  erst  nach  der  Ablösung  sichtbar  werden,  findet 
man  viel  kleinere  schuppenförmige  Haare,  welche  sich 
bei  starker  Vergrösserung  als  gezähnelt  erweisen.  Durch 
ihre  Vermittelung  wird  der  sehr  geringe  Zwischenraum 
zwischen  den  Wurzeln  der  langen  Haare  ausgefüllt,  so 
dass  ein  völlig  dichter  Schluss  des  Körperrandes  auf  der 
Unterlage  ermöglicht  wird.  Während  diese  Haarformen 
den  Seitenrand  der  Pleurac  einfassen,  findet  sich  eine 
noch  auffallendere,  welche  sich  jedoch  durch  Uebergänge 
als  nur  eine  Modifikation  der  ersteren  bekundet,  an  dem 
freien  Hinterrande  derselben.  Die  Form  dieser  Schüpp- 
chen lässt  sich  am  besten  mit  einem  geöffneten  Fächer 
vergleichen,  dessen  Fläche  sich  eng  auf  das  folgende 
Segment  auflegt,    und  der   zugleich    auf  seinen  Nachbar 


20  Rolph: 

SO  eng  aufschliesst,  dass  er  denselben  bis  zur  Mitte  deckt. 
Fig.  17.) 

Kopf  abgerundet  viereckig,  frei  beweglich  in  den 
Prothorax  eingelenkt,  und  von  diesem  weit  überragt. 
Die  wenig  hervortretenden  Augen  bestehen,  wie  bei 
Elmis,  aus  gemeinsamer  Cornea,  unter  welcher  sechs  in 
Pigment  eingebettete  Krystallkegel  liegen. 

Die  Antennen  sind  schmal,  länger  als  der  Kopf, 
vor  den  Augen  eingefügt,  und  erreichen  wenn  ausge- 
streckt gerade  den  vorderen  Rand  des  Prothorax. 

Das  erste  Glied  ist  um  den  dritten  Theil  länger 
als  das  zweite,  und  nur  unbedeutend  stärker.  Letzteres 
trägt,  genau  dem  bei  Elmis  gefundenen  Verhalten  ent- 
sprechend, zwei  sehr  kleine  dicht  an  einander  schlies- 
sende  Glieder,  deren  einem  ein  feines  Tastbörstchen 
aufsitzt. 

Labium  keilförmig  in  die  Stirn  eingesenkt,  breit, 
vorn  schwach  ausgebuchiet ;  die  Ecken  tragen  zwei  oder 
drei  nach  innen  gebogene  und  eine  grössere  Zahl  gerader 
kräftiger  Borsten,  während  der  Vorderrand  sowie  die 
innere  Fläche  dicht  mit  feinen  Haaren  bekleidet  ist, 
welche  nur  die  Mittellinie  frei  lassen.     (Fig.  18.) 

Mandibeln  dreieckig;  ihre  an  der  Basis  mit  einem 
Haarbüschel  ausgestattete  Schneide  scharf,  ihre  Spitze 
sehr  kräftig,  mit  einer  feinen  Rinne  versehen.     (Fig.  19.) 

Die  schmalen  und  langen  Maxillen  (Fig.  20)  zeigen 
eine  mit  dem  stipes  verwachsene  innere  Lade,  während 
die  weichhäutigere  äussere,  die  kaum  beweglich  sein 
dürfte,  nur  als  ein  Anhang  jener  erscheint.  Beide  sind 
an  ihrer  gerade  abgestutzten,  in  gleicher  Höhe  gelegenen 
Spitze  mit  Borsten  versehen.  Die  äussere  Lade  ist 
ausserdem  noch  durch  sehr  lange  und  biegsame,  band- 
förmig getheilte  Haare  ausgestattet,  deren  lange  Zweige 
sich  verworren  in  einander  schlingen.  Aehnliche  Haare 
finden  sich  auch  an  der  Wurzel  des  Tasters,  welcher 
aus  drei  gleichmässig  an  Länge  und  Stärke  abnehmenden 
Gliedern  besteht. —  Nach  Le  Conte's  Angabe  sind  die 
Maxillartaster  halb  so  lang  als  die  Antennen,  bei  jünge- 
ren Thieren  jedoch  viel  kürzer.    Zu   den  letzteren    ge- 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  21 

hören  daher  die  von  mir  untersuchten  Exemplare,  bei 
denen  dieselben  nur  halb  so  lang  als  das  erste  Antennen- 
glied waren.  Auch  giebt  derselbe  Autor  alle  drei  Glie- 
der als  gleichlang  an,  ein  Verhalten  welches  ich  nie  ge- 
funden habe  und  wohl  auch  nur  älteren  Individuen  zu- 
kommen mag.  Labium  (Fig.  21)  so  breit  als  die  Ober- 
lippe, vorn  in  eine  abgerundete  Spitze  ausgezogen  und 
beiderseits  leicht  ausgebuchtet.  Die  abgerundeten  Ecken 
wie  der  Vorderrand  dicht,  aber  länger  behaart.  Einige 
der  oben  beschriebenen  bandförmige  Haare  finden  sich 
auch  hier  an  der  Basis  der  Taster.  Letztere  selbst  sind 
zweigliedrig  und  überragen  kaum  die  Ecken  des  Labium. 
Das  zweite  knopfförmige  Glied  ist  viel  kürzer  als  das^ 
erste. 

Die  Füsse  (cf.  Fig.  22)  sind  denen  von  Elmis  so 
ähnlich,  dass  eine  besondere  Beschreibung  überflüssig 
scheint.  Doch  ist  die  coxa  länger  und  nach  ihrer  Spitze 
etwas  verdickt. 

Die  Thorakalsegmente  bilden  die  eine  Hälfte  des 
elliptischen  Thieres,  und  ihr  Umriss  entspricht  genau  dem 
der  Abdominalsegmente  zusammen.  Der  fast  gerade  Hin- 
terrand des  Metathorax  bezeichnet  daher  annähernd  die 
Mitte  des  Thieres.  Von  hier  aus  erhalten  die  Pleurae 
des  Thorax  eine  zunehmende  Richtung  nach  vorn,  die 
der  Abdominalsegmente  nach  hinten.  —  Es  bleibt  hiernach 
für  die  Form  der  einzelnen  Segmente  nur  wenig  zu  sagen 
übrig. 

Am  Prothorax  erlangen  die  Pleurae  eine  bei  weitem 
bedeutendere  Entwicklung  als  an  den  übrigen  Abschnitten, 
indem  dieselben  hier  über  dem  Kopf,  den  sie  überwölben, 
zusammenstossen.  Eine  in  der  Mediane  bis  zum  Ansatz 
des  Kopfes  verlaufende  Nath  bezeichnet  die  Verwach- 
sungslinie. Ausserdem  kann  man  noch  zwei  paarige 
Näthe  unterscheiden,  von  denen  das  vordere  Paar  von  den 
Hinterecken  der  den  Kopf  aufnehmenden  Höhlung  nach 
vorn  gerichtet  ist  und  kurz  vor  dem  Rande  mit  dem 
zweiten  Paare,  welches  von  den  Hinterecken  der  Brust 
ausgeht,  zusammenstösst.  Meso-  und  Metathorax  unter- 
scheiden sich  nur  durch  die  Gestalt  der  Pleurae,  die  bei 


22  Rolph: 

dem  ersteren  nach  dem  Bande  zu  bedeutend  verbreitert 
sind,  bei  dem  letzteren  gleicbbreit  bleiben,  und  durch 
das  dem  Mesothorax  zukommende  Stigmenpaar,  welches 
dorsal  am  Vorderrande,  nahe  dem  Ansatz  der  Pleurae 
gelegen  ist  (Fig.  22).  Zu  erwähnen  ist  noch  ein  in  den 
Pleurae  liegendes  Nathpaar,  welches  vom  Mesothorax  an 
auftritt.  Es  entspringt  an  der  Längsnath  und  durchzieht, 
dem  Vorderrande  mehr  oder  weniger  parallel,  den  ganzen 
Seitenfortsatz. 

Die  ersten  sieben  Abdominalsegmente,  von  denen 
das  zweite  bis  sechste  je  ein  Kiemenpaar  tragen,  unter- 
scheiden sich  ebenfalls  nur  unwesentlich,  besonders  durch 
die  Form  der  Pleurae,  welche  sich  der  elliptischen  Kör- 
perform entsprechend  immer  mehr  nach  hinten  richten, 
bis  sie  im  siebenten  Segment  fast  einen  rechten  Winkel 
gegen  den  Mittelkörper  bilden.  Die  Näthe  zwischen 
diesem  und  jenen  werden  sehr  deutlich  und  behalten 
ihre  Longitudinalrichtung,  bilden  aber  in  Folge  der  Ver- 
schmälerung  des  Körpers  zusammen  eine  gezähnte  Linie. 
Nur  die  Nath  des  siebenten  Segmentes  zeigt  eine  starke 
Convergenz  nach  hinten.  Die  Quernäthe  der  Pleurae,  im 
ersten  Segment  des  Abdomens  noch  parallel  dem  Vorder- 
rand;  convergiren  gegen  diesen  immer  mehr,  indem  ihr 
Ursprung  nach  den  Hinterecken  der  Rhachis  rückt,  ohne 
dieselben  jedoch  zu  erreichen.  Das  achte  Segment,  wie 
das  neunte  der  Pleurae  entbehrend,  trägt  in  seinen 
Hinterecken  das  zweite  Stigmenpaar  und  an  seinem  Hinter- 
rande die  Analöffnung,  während  jenes  als  solide  Schuppe 
den  Ausschnitt  zwischen  den  Seitentheilen  des  drittletz- 
ten Körperringes  ausfüllt. 

Das  Nervensystem  (Fig.  22)  besteht  aus  dem  oberen 
und  unteren  Schlundganglion,  sowie  drei  Thorakal-  und 
sieben  Abdominalganglien.  Das  Ganglion  supraoesopha- 
geum  ist  zweitheilig  und  bildet  durch  Vcrmittelung  der 
Längskommissuren  mit  dem  Ganglion  infraoesophageum 
den  Schlundring.  Hierauf  folgen  in  etwa  gleichen  Abständen 
die  ziemlich  gleichgrossen  Thorakalganglien,  deren  letztem 
sich  die  dicht  an  einander  gedrängten  sieben  Abdominal- 
ganglien eng  anschliessen.  Es  bilden  daher  diese  mit  dem 


Beitrag  zur  Keiintniss  einiger  Insektenlarven.  23 

Ganglion  des  Metatliorax  eine  zussmmcnhängende  Gruppe^ 
welcher  die  sonst  üblichen  Läng'skommissuren  fehlen,  ohne 
dass  jedoch  eine  Verschmelzung  eintritt.  Ans  dem  letzten, 
welches  im  Gegensatz  zu  den  ersten  sechs  queren  Ab- 
dominalganglien eine  längliche  Gestalt  hat,  entspringen 
zahlreiche  Nerven,  welche  eine  sogenannte  cauda  equina 
bilden.  Was  das  Lagerungsverhältniss  der  Ganglien  zu 
den  Körpersegmenten  betrifft,  so  finden  wir  die  beiden 
grsten  Ganglien  des  Thorax  ganz  an  den  Hinterrand  der 
betreffenden  Segmente  gerückt,  während  das  dritte  et- 
was hinter  der  Mitte  des  Metathorax  liegt,  und  die  Ab- 
dominalganglien mit  Ausnahme  der  letzten  zwei  oder  drei 
noch  in  demselben  Segmente  Platz  finden.  Die  cauda 
equina  erreicht  daher  eine  beträchtliche  Länge. 

Die  Respirationsorgane  ermöglichen,  indem  die  Larve 
sowohl  Stigmen  als  Kiemen  besitzt,  eine  Athmung  so- 
wohl im  Wasser  als  auf  dem  Lande.  Die  Lage  der 
Stigmen  ist  schon  beschrieben,  es  sei  nur  noch  bemerkt, 
dass  das  des  achten  Abdominalsegmentes  das  grössere 
ist.  Die  fünf  Paare  Tracheenkiemen,  die  an  der  Bauch- 
seite des  zweiten  bis  sechsten  Abdominalringes  gelegen 
sind  und  den  vorderen  Rand,  nahe  den  Vorderecken  des 
eigentlichen  Körpers  einnehmen,  haben  die  Gestalt  einer 
ungleichmässig  zweireihigen  Franse.  Ihr  Stamm  nimmt 
eine  beim  Eintritt  sich  mehrfach  spaltende  Trachee  auf, 
welche  ihre  der  spiraligen  Verdickungen  entbehrenden 
Zweige  in  die  einzelnen  Fäden  entsendet.     (Fig.  23.) 

Von  einer  Analkieme,  welche  Le  Conte  erwähnt, 
habe  ich  nichts  gefunden,  und  dieser  Umstand  würde 
mich  fast  an  der  Identität  unserer  Larve  mit  der  von 
jenem  Autor  beschriebenen  zweifeln  machen,  wenn  nicht 
alle  übrigen  Merkmale  genau  übereinstimmten.  Da  die 
Analkiemen  einziehbar  sein  sx)llen,  so  mögen  sie  mir, 
der  ich  nur  Exemplare  vor  mir  hatte,  welche  lange  Jahre 
hindurch  in  Spiritus  gelegen,  entgangen  sein ;  andrerseits 
scheint  mir  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass 
hier  ein  Irrthum  Le  Conte's  vorliegt,  zumal  weder 
Erich  so  n  noch  De  Kay  derselben  Erwähnung  thut. 

Die  Kiementrachee  entspringt  aus  dem  Längsstamm, 


24  Rolph: 

welcher  wie  gewöhnlich  als  paariges  Organ  den  ganzen 
Körper  durchzieht.  Ausgehend  von  dem  Abdominalstig- 
ma, wo  sein  Lumen  am  bedeutendsten  ist,  und  die  Längs- 
näthe  begleitend,  wendet  er  sich  im  ersten  Bauchseg- 
ment nach  innen,  um  sich  innerhalb  der  Hüften  in  gera- 
der Linie  bis  in  den  Kopf  fortzusetzen. 

Die  in  jedem  Segment  die  Längsstämme  verbinden- 
den Querkommissuren,  deren  erste  schon  im  Kopfe  liegt, 
bleiben  in  ihrem  mehr  oder  minder  gebogenen  Verlauf^ 
bis  zur  Mitte  ungetheilt.  Hier  jedoch  senden  sie  zwei 
Aeste  ab,  welche  in  das  der  Lage  der  Querkommissur 
entsprechende  Ganglion  treten.  Diese  Zweige  sind  im 
Abdomen  schwer  zu  verfolgen,  da,  wegen  der  Bauch- 
ganglien erheblicher  Entfernung  von  den  ihnen  ent- 
sprechenden Segmenten,  diese  Tracheen  in  grösserer 
Zahl  untereinander,  und  den  die  cauda  equina  bildenden 
Nerven  parallel  verlaufen.  Doch  habe  ich  mich  über- 
zeugen können,  dass  auch  hier  das  Verhalten  dasselbe 
als  im  Thorax  ist.  Im  achten  Segment,  welchem  kein 
Ganglion   zukommt,   verläuft    die  Kommissur   ungetheilt. 

Die  die  Eingeweide  und  die  Muskeln  versorgenden 
Tracheen  entspringen  zum  Theil  aus  derselben  Wurzel 
mit  den  Kiementracheen  oder  den  Querkommissuren,  zum 
Theil  selbstständig ;  es  scheint  hierin  keine  Regel  vorzu- 
walten. 

Der  Darmtraktus,  bis  zum  fünften  Abdominalseg- 
ment gerade  verlaufend,  bildet  hier  abweichend  von  El- 
mis  eine  sich  bis  in  das  zweite  Segment  des  Abdomens 
hineinerstreckende  Schlinge,  die  den  Mittel  oder  Chylus- 
Darm  rcpräsentirt,  während  die  übrigen  Darmabschnitte 
gerade  bleiben.  Vier  vasa  Malpighi  lassen  sich  auch  hier 
erkennen,  mit  ihren  Windungen  dem  Darm  eng  anlie- 
gend. Der  Proventriculus  setzt  sich  nicht  so  deutlich 
wie  bei  Elmis  vom  Magen  ab,  indem  eine  Einschnürung 
fehlt.  Doch  wird  er  deutlich  genug  durch  charakteristi- 
sche Chitinvorsprünge  bezeichnet,  welche  hier  zuerst  in 
Form  von  langen  Nadeln,  dann  von  mosaikartig  anein- 
ander gelegten  Platten,  dann  als  gezähnelte  Schuppen 
auftreten,  Bildungen,  die  denen    bei  Elmis    ähnlich  sind. 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  25 

Der  dem  Magen  folgende  Abschnitt  des  Chylus-  Darmes, 
an  Länge  etwa  dem  Magen  gleich,  besitzt  ein  weit 
geringeres  Lumen  als  jener  oder  der  Mastdarm. 


Die  LaiTen  Ton  Uelodes  und  Cyphon. 

Da  von  einigen  Autoren  Psephenus  zu  den  Dascil- 
liden,  in  nahe  Verwandtschaft  zu  Helodes  und  Cyphon 
gestellt  wird,  so  war  es  mir  wünschenswerth,  auch  die 
Larven  dieser  Gattungen  mit  denen  der  ersteren  zu  ver- 
gleichen. Nachdem  ich  zuerst  nur  in  der  Lage  gewesen 
war,  einige  in  Spiritus  konservirte  Exemplare  von  He- 
lodes zu  untersuchen,  bin  ich  unlängst  in  den  Besitz 
lebender  Thiere  gelangt,  deren  Untersuchung  meine 
früheren,  erheblich  von  denen  des  Verfassers  der  Mono- 
graphie der  Dascilliden  abweichenden,  Beobachtungen  be- 
stätigte und  mir  erlaubte    dieselben   zu   vervollständigen. 

Was  wir  bis  jetzt  über  die  früheren  Stände  der 
Dascilliden  wissen,  ist  von  Tournier  in  der  eben  ge- 
nannten Schrift  (Descr.  des  Dascillides  du  lac  Leman. 
Bale  et  Genöve  1868)  zusammengestellt  worden,  doch 
ohne  genaue  Quellenangabe.  Die  bezüglichen  Arbeiten 
sind  von  Erichson  (Dascillus  cervinus  und  Cyphon  spec. 
Wiegm.  Arch.  1841.  L  p.  88  und  1847  I.  p.  281.),  Perris 
(Eucinetus  meridionalis.  Ann.  soc.  ent.  Fr.  IX.  2.  serie.  1851 
p.  48),  Chapuis  et  Cand^zc.  Helodes  pallidus  F.  Mem.  soc. 
roy.  Liege  VIII.  1853  p.  495),  Frauenfeld  (Cyphon  varia- 
bilis.  Zool.  bot.  Ver.  Wien.  XVI.  1866.  p.  969).  Diesen 
fügt  Tournier  die  Beschreibung  der  Larve  von  Helodes 
marginata  (1.  c.  p.  13)  und  Hydrocyphon  deflexcicollis  (1.  c. 
p.  14)  hinzu.  Leider  beziehen  sich  alle  Angaben  Tour- 
nier's  sowohl  als  seiner  Vorgänger  nur  auf  das  Exte- 
rieur, ohne  selbst  dieses  zu  erschöpfen.  Denn  gerade  die 
Eigenschaften  der  Larven,  welche  vor  allem  unsere  Be- 
achtung verdienen  sind  übersehen  oder  falsch  dargestellt 
worden. 

Zur  Untersuchung  dienten  mir  einige  wenige  todte 
Exemplare  von  Helodes  marginata  und  zahlreiche  lebende 
von  Cyphon,  vermuthlich  variabilis.     Da  meine  Beobach- 


26  Rolph: 

tungen  an  der  ersteren  Art  weniger  vollständig  sind,  so 
werde  ich  raich  vorzüglicli  an  die  Larven  von  Cyphon 
halten.  Ich  bemerke  dabei,  dass  die  Aehnlichkeit  beider 
eine  so  grosse  ist,  dass  die  Beschreibung  fast  überall  auf 
beiden  Formen  passt.  Wo  dieses  nicht  der  Fall  ist,  oder 
wo  ich  mich  von  der  üebereinstimmung  nicht  habe  durch 
direkte  Beobachtung  überzeugen  können,  findet  sich  eine 
Beschreibung  der  Abweichungen  oder  eine  bezügliche 
Angabe. 

Die  Larven  von  Cyphon  leben  in  stehenden  oder 
träge  strömenden  Gewässern  nahe  der  Oberfläche,  wo 
sie  an  Pflanzen  und  Holz  lebhaft  herumkriechen. 

Diejenigen  von  Helodes  dagegen  leben  nach  Tour- 
nier  in  rasch  strömendem  Wasser,  halten  sich  bei  Tage 
mit  Vorliebe  am  Boden  desselben  und  pflegen  erst  gegen 
Abend  an  die  Oberfläche  zu  steigen.  Beide  nähren  sich 
von  vegetabilischen  Stoffen,  besonders  von  Holzmulm, 
welcher  feinzerrieben  ihren  Darm  in  Masse  anfüllt. 


Körper  länglich,  zugespitzt,  aus  dem  Kopf  und 
zwölf  Segmenten  bestehend,  welche  vom  Thorax  ab  all- 
mählich an  Breite  abnehmen.  Der  Rücken  hart  und  stark 
gewölbt,  die  Bauchdecke  w^eniger  resistent  und  schwächer 
gewölbt,  fast  platt.  Drei  Beinpaare.  Ein  Stigmenpaar  am 
vorletzten  Abdominalring.  Analkiemen.  Farbe  heilgelb 
bis,  braun.  Helodes  margiiiata,  long.  6 — 7  Mm.,  lat  2,5 — 
3  Mm.  Cyphon,  long.  4—6  Mm.  lat.  2—2,5  Mm. 

Die  Körperhülle  entbehrt,  abgesehen  von  ihrem 
Borstenbesatz,  bei  Cyphon  jeder  besonderen  Auszeich- 
nung ;  bei  eben  gehäuteten  Thieren  ganz  weich  und 
schneeweiss,  nimmt  sie  bald  grössere  Resistenz  und  dunk- 
lere Farbe  an.  Bei  Helodes  jedoch  finden  sich  an  ver- 
schiedenen Stellen  des  Körpers,  so  auf  der  Unterlippe 
zwei,  und  auf  jedem  Segment  etwa  drei  seitliche,  ver- 
schwommene, dunklere  Flecken. 

Kopf  (cf.  Tournier  1.  c.  PL  L  Fig.  1  a)  breit  vier- 
eckig, tief  in  den  Prothorax  eingesenkt,  nach  hinten  deut- 
lich verschmälert,  zwischen  den  Augen,   die  in  den  her- 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  27 

vortretenden  Vorderecken  liegen,  am  breitesten  und  hier 
quer  abgestutzt.  Antennen  dicht  neben  den  Augen  nach 
innen  eingefügt,  vielgliedrig.  Das  erste  Glied  etwa  drei- 
viertel so  lang  als  das  zweite,  aber  viel  länger  als  die 
folgenden,  deren  Zahl  sehr  verschieden  ist.  Ich  fand  bei 
Cyphon  in  einem  Falle  22,  in  einem  anderen  71  Glieder, 
gewöhnlich,  "wie  bei  Helodes,  zwischen  20  und  50.  Augen 
gehäuft  und  in  verschiedener  Anordnung  an  den  Vorder- 
ecken des  Kopfes  gelegen. 

Oberlippe  (Fig.  26)  so  lang  als  breit,  viel  schmaler 
als  der  Kopfschild,  vorn  tief  eingebuchtet,  so  dass  durch 
Abrundung  des  Seitenrandes  zwei  scharfe  seitliche  Spit- 
zen entstehen,  welche  je  mit  einer  starken,  etwas  nach 
innen  gebogenen  und  an  der  Aussenseite  schwach  gezah- 
nelten  Borste  bewehrt  sind.  Die  weichhäutigere  Innen- 
fläche der  Oberlippe  zeigt  zwei  quere  kurze  Spangen,  in 
deren  Zwischenraum  eine  Reihe  von  sechs  kleinen  Zäh- 
nen steht.  An  die  untere  Spange  schliesst  sich  eine  mit 
härteren  Einlagerungen  und  starren  resp.  buschigen  Haar- 
gruppen ausgestattete  Membran,  welche  die  obere  Mund- 
decke bildet,  direkt  in  den  Oesophagus  überführt,  und 
welche  ich  in  Gemeinschaft  mit  jenen  Spangen  als  Epi- 
pharynx  bezeichne.  Bei  Helodes  (Fig.  25)  ist  die  Ober- 
lippe breiter  als  lang,  es  fehlen  ihr,  wie  auch  Tour  ni  er 
angiebt,  die  beiden  Borsten.  Das  Organ  hat  hier  einen 
grösseren  Querschnitt,  indem  Innen-  und  Aussenfläche 
nicht  so  eng  aufeinander  liegen.  Der  Seitenrand  bildet 
daher  nicht  wie  bei  Cyphon  eine  scharfe,  sondern  eine  ab- 
gerundete Kante.  Dagegen  zeigt  der  ausgeschnittene 
Vorderrand,  der  bei  Cyphon  gleichfalls  scharf  ist,  bei 
Helodes  eine  concave  Abplattung. 

Mandibeln  (Fig.  28  und  29)  dreieckig,  ihre  Spitze 
bei  jüngeren  Thieren  stumpf  abgerundet,  bei  älteren  ge- 
zähnelt.  Ihr  gebogener  Aussenrand  mit  starren  Borsten, 
ihr  Innenrand  mit  sehr  feinen  gefiederten  Haaren  besetzt, 
welche  in  zwei  Büscheln  gruppirt  sind.  Das  kleinere  ist 
an  der  Spitze  befestigt,  das  grössere,  durch  eine  geringe 
bei  älteren  Individuen  fast  verschwindende  Lücke  von 
jenem  getrennt,  bekleidet  die  ganze  Schneide. '.^Die  Basis 


28  Rolph: 

der  Mandibsln  ist  ferner  noch  durch  einen  dreieckigen 
scharfen  Vorsprung  ausgezeichnet  (Fig.  28  a),  welcher  in 
einer  schrägen  Rinne  eine  Reihe  von  etwa  acht  bis  zehn 
sensenförmigen  Zähnen  trägt.  Besondere  Wichtigkeit 
für  das  Zerreiben  der  Nahrung  gewinnt  die  unterste 
Spitze  der  Mandibel,  welche  einen  feilenartig  gekerbten, 
sehr  stark  verhornten  Fortsatz  bildet.  Derselbe  wirkt  bei 
der  Aktion  des  Kauens  gegen  die  gleichfalls  stark  chiti- 
nisirte  Basis  des  Epi-  und  Hypopharjnx.  Die  Oberkiefer 
von  Helodes  (Fig.  27)  sind  denen  von  Cyphon  äusseret 
ähnlich;  weichen  jedoch  dadurch  ab,  dass  ihre  Schneide 
weniger  ausgeschweift  ist,  und  ihre  stumpfe  Spitze  bei 
älteren  Thieren  durch  einen  sehr  grossen,  scharf  geboge- 
nen Zahn  ersetzt  wird,  wie  Tournier  abgebildet  hat, 
und  ich  durch  die  punktirte  Linie  angegeben  habe. 

Die  Maxillen  (Fig.  30)  tragen  auf  einem  dreieckigen 
stipes  die  mit  diesem  und  untereinander  fest  verbundenen 
Laden.  Die  äussere  und  grössere  ist  in  ihrer  oberen 
Parthie  äusserst  dicht  mit  zarten  Haaren  bekleidet,  welche 
theils  einfach,  theils  kammförmig  sind.  Letztere  Form 
(Fig.  30  a)  kommt  besonders  der  inneren  Parthie  und 
den  oberflächlichen  Lagen  zu,  und  geht  allmählich  durch 
Verschwinden  der  Zähne  in  die  einfache  über.  Die 
innere  Lade  hat  die  Gestalt  eines  Dreiecks  mit  scharfer 
nach  vorn  gerichteter  freier  Spitze,  welche  wie  eine 
Säge  mit  kleinen  Zähnen  besetzt  ist.  Der  Taster  ist 
dreigliedrig. 

Tournier' s  Zeichnung  beruht  auf  einer  falschen 
Deutung  der  einzelnen  Theile,  welche  ganz  analog  seiner 
für  Hydrocyphon  gegebenen  Abbildung  zu  sondern  sind. 
Bei  der  Betrachtung  dieses  Organes,  welches  an  seiner 
Basis  mit  sehr  kräftiger  Muskulatur  ausgestattet  ist,  fällt 
von  vornherein  seine  bedeutende  Längen-  und  Flächenent- 
wicklung auf,  eine  Bildung,  deren  Wichtigkeit  bei  der 
Beobachtung  des  lebenden  Thieres  deutlich  wird.  Die 
Maxillen  werden  nämlich  weit  hervorgestreckt  und  bür- 
sten, auf  der  Oberfläche  eines  Blattes  oder  Holzstückes 
hingeführt,  den  hier  abgesetzten  Detritus  in  die  Mund- 
höhle. Am  schönsten  lässt   sich  diese  Manipulation  beob- 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  29 

achten,  wenn  die  Larven,  wie  oft  gesehieKt,  gleich  den 
Schnecken  und  Strudelwürmern  an  der  Oberfläche  des 
Wassers  hinkriechen  und  die  hier  massenhaft  flottirenden 
Nahrungsstoffe  abbürsten. 

Das  Labium  (Fig.  31)  ist  von  bedeutender  Grösse 
und  verhüllt  von  unten  die  Mundtheile,  woraus  das  üeber- 
sehen  des  dünnhäutigen  Hypopharynx  zu  erklären  ist, 
dessen  die  späteren  Autoren  gar  nicht  erwähnen,  obgleich 
sie  durch  die  Angaben  Erich  son's  darauf  hätten  auf- 
merksam werden  müssen.  Dieses  zarte  Organ,  eine  der 
zierlichsten  Arabesken,  ist  in  seinen  einzelnen  Theilen, 
namentlich  den  zwei  seitlichen  Lappen,  frei  beweglich 
und  liegt  dicht  der  Unterlippe  auf,  mit  deren  Rändern  es 
sich  durch  eine  dünne  Haut  in  Verbindung  setzt.  Eine 
Beschreibung  desselben  lässt  sich  bei  seiner  Komplikation 
schwer  geben,  und  ich  beschränke  mich  daher  auf  sorg- 
fältige Abbildungen,  für  Cyphon  (Fig.  32)  und  Helodes 
(Fig.  31),  mit  dem  Bemerken,  dass  die  Basis  des  Hypo- 
pharynx, sich  mit  der  des  Epipharynx  verbindend,  die 
Mundhöhle  seitlich  abschliesst  und  in  den  Oesophagus 
überführt. 

Was  das  Verhältniss  dieses  Organes  gegenüber  der 
Unterlippe  betrifft,  so  glaube  ich,  dass  man  es  nur  als 
ein  durch  Ausstülpung  oder  Verdickung  aus  der  sehr 
dünnhäutigen  Innenwand  des  Labium  hervorgegangenes 
Gebilde  anzusehen  hat.  Auf  ersterem  Wege  werden  sich 
die  beweglichen  Lappen,  auf  letzterem  die  festen  Borsten, 
Zähne,  Leisten  und  Höcker  gebildet  haben. 

Der  Rand  des  Labium  ist  behaart,  die  Taster  sind 
zweigliedrig. 

Die  Thorakalringe  (cf.  Fig  24)  sind  quer,  ihr  Seiten- 
rand abgerundet  und  abgeflacht;  der  Prothorax  ist  nach 
hinten  stark  verbreitert  und  fast  so  lang  als  Meso-  und 
Metathorax  zusammen,  welche  weniger  deutlich  nach 
hinten  erweitert  sind,  aber  an  Breite  den  ersteren  über- 
treffen. Zahlreiche  kräftige  Borsten,  von  denen  die 
grössten  an  den  Hinterecken  sitzen,  bekleiden  den  Seiten- 
rand dieser,  sowie  der  Abdominalringe.  Von  letzteren 
nehmen  die  vorderen  sieben  an  Breite  allmählich  ab,  so- 


30  Rolph: 

dass  der  siebente  nur  doppelt  so  breit  ist  als  lang,  wäh- 
rend im  ersten  die  Breite  wohl  um  das  sechsfache  die 
Länge  übertrifft.  Das  achte  Segment,  von  der  Gestalt 
eines  konischen  Zapfens  (Fig.  33),  ist  an  seiner  Basis  so 
breit  als  lang,  und  trägt  unter  seinen  spitzen  Hinterecken 
die  Stigmen,  welche,  wenn  auch  nur  wenig,  hervorgestülpt 
werden  können.  Dieselben  liegen  also  eigentlich  in  der 
Verbindungshaut  der  beiden  letzten  Segmente,  eine  Stel- 
lung, die  uns  nicht  erstaunen  darf,  da  sie  bei  vielen  In- 
sekten, namentlich  am  Thorax,  gefunden  wird.  Die  ven- 
trale Platte  dieses  Segmentes  ist  kurz  und  quer;  sie  bil- 
det so,  indem  sie  den  grösseren  Theil  der  Unterseite  un- 
bedeckt lässt,  einen  Ausschnitt,  in  welchen  sich  das  letzte, 
neunte  Segment  einfügt,  welches  bis  auf  seine  äusserste 
Spitze  von  der  dorsalen  Platte  des  vorhergehenden  über- 
deckt wird. 

Rücken  und  Bauchseite  sind  in  diesem  Segment 
umgestaltet,  doch  nähern  sie  sich  in  ihrer  Form  dem  vor- 
letzten, indem  auch  hier  die  ventrale  Decke  von  der 
dorsalen  weit  überragt  wird.  Die  letztere  tritt  uns  in 
einer  Form  entgegen,  die  man  am  besten  mit  einem 
flachen  Pantoffel  vergleichen  kann,  dessen  Oeffnung  von 
einem  halbkreisförmigen  beweglichen  Deckel,  der  Bauch- 
platte, verschlossen  wird.  (Fig.  34  und  35.)  Der  bei  dem 
Abheben  dieses  Deckels  entstehende  sichelförmige  Schlitz 
bildet  die  Afteröffnung,  aus  welcher  auch  die  Kiemen 
hervorgestülpt  werden. 

Die  Köpersegmente  von  Helodes  sind  den  eben  ge- 
schilderten äusserst  ähnlich,  auch  die  Lage  der  Stigmen 
und  die  Umformung  der  letzten  Abdominalsegmente  ist 
übereinstimmend,  doch  zeichnet  sich  das  letzte  Segment 
durch  eine  verhältnissmässig  bedeutendere  Breite  aus. 
(Fig.  36.)  Die  Beine,  vom  ersten  bis  dritten  Paare  an 
Grösse  zunehmend,  sind  gleichförmig  gebildete  Schreit- 
beine und  mit  zahlreichen  Borsten  besetzt.  Die  Coxa  ist 
kegelförmig;  der  Trochanter  kurz  und  schief  abgestutzt, 
das  Femur  so  lang  und  nur  wenig  breiter  als  die  tibia. 
Die  platte  Klaue  trägt  nahe  ihrer  Spitze  jederseits  eine 
kräftige  Borste. 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Inecktenlarven.  31 

Das  Nervensystem  (Fig.  39)  besteht  aus  den  beiden 
Schlundganglien  und  zehn  Körperganglien,  Das  zwei- 
theilige Ganglion  supraoesophageum  wird  durch  sehr 
kurze  den  Oesophagus  umfassende  Komissuren  mit  dem 
von  ihm  zum  grossen  Theil  verdeckten  unteren  Schlund- 
ganglion verbunden.  Diesem  folgen  in  gleichen  Abstän- 
den die  drei  et^vas  queren  Thorakalganglien,  und  end- 
lich in  näherer  Folge  sieben  längliche  Abdominalgang- 
lien. Von  diesen  ist  das  letzte  das  grösste  und  dem 
kleinen  vorhergehenden  eng  angedrängt  Bei  Helodes 
ist  es  mir  leider  nicht  gelungen  das  obere  Schlundgang- 
lion zu  präpariren^  doch  glaube  ich,  dass  dieses  ebenso- 
wenig als  die  übrigen  von  dem  bei  Cyphon  geschilder- 
ten Verhalten  abweichen  wird. 

Als  Respirationsorgane  dienen  Stigmen  und  Kiemen. 
T  0  u  r  n  i  e  r  schreibt  den  Larven  von  Helodes  und  Hydro- 
cyphon  neun  Stigmenpaare  zu,  während  er  diesen  Ver- 
hältnissen bei  Cyphon  nicht  nachgeforscht  zu  habo'h 
scheint.  Die  Kiemen  hat  er  bei  Flydrocyphon  zwar  ab- 
gebildet, scheint  jedoch  ihre  Natur  nicht  erkannt  zu 
haben;  bei  Helodes  und  Cyphon  hat  er  dieselben  über- 
sehen.  Da  Erichson  (1.  c.  p.  282)  die  Kiemen  von 
Cyphon,  wenn  er  auch  über  ihre  Stellung  nicht  gut 
unterrichtet  ist,  erwähnt  und  dazu  ausdrücklich  bemerkt, 
dass  er  keine  Stigmen  gefunden  habe,  so  scheint  die 
Ausserachtlassung  dieser  Frage  auffallend.  Nach  sorg- 
fältiger Untersuchung  aller  von  Tournier  als  Stigmen 
angesehenen  dunklen  Stellen  des  Integumentes  kommt 
man  bald  zu  der  Ueberzeugung,  dass  dieselben  eben 
nichts  anderes  als  dunkle  Flecke  sind. 

Wie  schon  bemerkt  und  beschrieben  kommt  sowohl 
Cyphon  als  Helodes  nur  ein  Stigmenpaar  zu,  welches  unter 
den  Hinterecken  des  vorletzten  Segmentes  gelegen  ist. 
Sehr  auffallend  sind  die  Umwandlungen  des  Tracheen- 
systems. Der  vom  Stigma  ausgehende  seitliche  Längs- 
stamm zeigt  nur  bis  zu  dem  Verschlussapparat,  einer 
kräftigen,  jener  von  Landois  bei  Musca  beschriebenen 
sehr  ähnlichen  Klammer,  unregelmässige  spiralige  Ver- 
dickungen,  welche  noch  mit  kleinen  in  das  Lumfen  hin- 


32  Rolph: 

einragenden  Spitzen  besetzt  sind.  Die  so  entstandene 
Röhre,  von  grosser  Festigkeit  und  in  geringem  Grade 
hervorstreckbar,  erweitert  sich  plötzlich  und  unvermittelt 
in  einen  sehr^umfangrcichen,  des  Spiralfadens  entbehren- 
den Schlauch,  welcher  die  ganze  Seite  einnimmt  und 
sich  im  Metathorax  mit  dem  der  anderen  Seite  zu  einem 
grossen  Luftraum  vereinigt.  (Fig.  24.)  Diese  beiden 
Schläuche,  die  modifizirten  Längsstämme,  nehmen  einen 
sehr  beträchtlichen  Theil  der  Leibeshöhle  ein  und  liegen 
dicht  unter  der  Rückendecke.  In  gefülltem  Zustand 
zeigen  sie  in  den  Abdominalsegmenten  je  eine  äussere 
und  eine  innere  Einschnürung,  hervorgerufen  durch 
kräftige  Dorsoventralmuskeln.  Im  Thorax  fallen  die 
inneren  Muskelpaare  fort,  während  die  äusseren  einen 
grösseren  Querschnitt  gewinnen  und,  wenigstens  in  Meso- 
und  Metathorax,  den  Luftraum  zu  durchbohren  scheinen; 
ein  Anschein  der  dadurch  entsteht,  dass  dieselben  von 
Aussackungen  jenes  umfasst  w^erden.  Im  Prothorax  schnürt 
sich  der  Luftraum  plötzlich  ein  und  sendet  einen  media- 
nen Blindschlauch  bis  an  den  Ansatz  des  Kopfes.  Ne- 
ben der  Basis  dieses  Blindsackes  entspringen  die  verhält- 
nissmässig  starken  in  den  Kopf  tretenden  Tracheen, 
welche  einen  deutlichen  Spiralfaden  zeigen,  und  die  man 
als  die  Enden  der  Längsstämme  aufzufassen  hat. 

Von  den  gewaltigen  Luftreservoiren,  die  unzweifel- 
haft eine  hervorragend  hydrostatische  Bedeutung  haben, 
geht  nun  eine  grosse  Zahl  feiner  und  feinster  Tracheen- 
äste ab,  von  denen  nur  die  ersteren  einen  Spiralfaden 
tragen.  Querkommissuren  kommen  jedem  Segment  zu, 
und  von  diesen  gehen  auch  hier  nahe  der  Mediane  die 
kürzeren  oder  längeren  Zweige  ab,  welche  die  entspre- 
chenden Ganglien  versorgen.  Die  an  den  Darm  und 
die  Kiemen,  sowie  an  das  Herz  tretenden  Aeste  scheinen 
mit  den  Querkommissuren  aus  derselben  Wurzel  zu  ent- 
springen, während  andrerseits  der  Fettkörper  durch  über- 
all austretende,  jedoch  verhältnissmässig  spärliehe  und 
kurze  Zweige  versorgt  wird. 

Durch  die  Auffindung  dieser  Luftreservoire,  sowie 
der  in  derselben  Höhe  mit  dem  After  gelegenen  Stigmen, 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  33 

findet  auch  eine  Notiz  von  Tonrnier  (I.e.  p.  8)  ihre 
Erklärung,  welcher  angiebt,  dass  die  Larven  von  Helo- 
des,  die  Hinterleibsspitze  an  die  Oberfläche  des  Wassers 
hebend,  durch  Pumpbewegungen  sich  mit  Luft  versehen, 
und  dann  untertauchend  eine  Luftblase  aus  der  Hinter- 
leibsspitze austreten  lassen.  Nach  der  vorherigen  Aus- 
einandersetzung ist  es  klar,  dass  die  Luft  in  die  Tracheen- 
schläuche eingepumpt  wird,  und  nicht,  wie  Tournier 
glaubt,  in  das  Rectum.  Es  ist  dieses  im  Grunde  dieselbe 
Erscheinung,  die  wir  auch  bei  den  Wasserkäfern  kennen, 
nur  dass  dort  die  Luft  unter  den  Flügeldecken,  wo  auch 
die  Stigmen  liegen,  abgeschlossen  wird.  Dass  Tournier 
dieselbe  Art  der  Luftversorgung  bei  Hydrocyphon  nicht 
hat  beobachten  können,  erklärt  sich  vielleicht  durch  die 
Annahme,  dass  mit  der  bedeutenderen  Entfaltung  der 
Kiemen  dieser  Thiere  wohl  auch  eine  mehr  normale 
Bildung  des  Tracheensystems  verbunden  sein  dürfte. 

Die  Kiemen  (Fig.  38)  sind  sehr  klein  und  von 
grosser  Feinheit;  sie  erreichen  nur  die  Länge  von 
0,15  Mm.  und  stehen  im  Halbkreise  am  Ende  des  Rec- 
tum, wo  sie  zu  drei  oder  vier  Paaren  als  zarte  Blättchen 
die  ventrale  Wand  einnehmen.  Die  feinen  Tracheen, 
welche  sich  in  ihnen  verästeln,  durchbohren  die  musku- 
löse Wand  des  Rectum  und  entspringen  dicht  vor  dem 
Verschlussapparat  der  Stigmen  aus  den  Längsstämmen. 

Die  respiratorische  Bedeutung  der  Kiemen  tritt, 
wie  schon  die  geringe  Zahl  und  der  unbedeutende  Quer- 
schnitt der  Kiementracheen  bezeugt,  jedenfalls  gegen- 
über der  Stigmen  -  Athmuag  sehr  zurück  ,  und  scheint 
nur  in  den  Fällen  eine  Wichtigkeit  für  unsere  Thiere 
zu  erlangen,  wenn  die  in  den  Längsschläuchen  ent- 
haltene Luft  erschöpft  ist  und  nicht  unmittelbar  durch 
Hilfe  der  Stigmen  ersetzt  werden  kann.  Ich  bemerkte, 
dass  die  Kiemen  nur  dann  hervorgestülpt  wurden,  wenn 
die  Luftreservoire  stark  koUabirt  waren  und  den  Thie- 
ren  die  Möglichkeit  sich  mit  frischer  Luft  zu  verse- 
hen genommen  war ,  z.  B.  durch  Druck  unter  dem 
Deckgläschen,  wodurch  eine  Thätigkeit  der  dorsoven- 
tralen  Muskeln    verhindert    wurde,    oder    durch  längeren 

Archiv  für  Naturg;  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  3 


34  Rolph: 

völligen  Abschluss  von  der  Luft.  Die  Kiemen  werden 
daher  nur  dann  zur  Tiiätigkeit  kommen,  wenn  die  Larven 
genöthigt  sind  länger  unter  Wasser  zu  verweilen,  ein 
Umstand,  der  nur  in  sehr  seltenen  Fällen  eintreten  wird, 
da  dieselben  vermöge  ihrer  Leichtigkeit  nach  Verlust 
eines  Anhaltes  wie  ein  Kork  an  die  Oberfläche  steigen. 
Sie  sind  gar  nicht  im  Stande  sich  freiwillig  in  die  Tiefe 
zu  versenken,  nur  an  einer  festen  Unterlage  hinkletternd 
ist  es  ihnen  möglich  tiefer  hinal^zusteigen.  Ein  solcher 
hydrostatischer  Apparat  bietet  unseren  Thieren  mannig- 
fache Vortheile.  Sie  werden  dadurch  in  den  Stand  ge- 
setzt, wenn  an  der  Oberfläche  des  Wassers  Mangel  an 
Nahrung  eintreten  sollte,  solche  aus  der  Tiefe  heraufzu- 
schaffen;  und  während  andere  in  der  Luft  lebende  und 
langsam  bewegliche  Insekten  ihren  Feinden  dadurch  zu 
entgehen  wissen,  dass  sie  den  Zweig  oder  das  Blatt  los- 
lassen und  sofort  zu  Boden  stürzen,  wo  sie,  wie  jeder 
Sammler  zu  seinem  Verdruss  schon  oft  erfahren  hat,  so- 
fort dem  Auge  entschwinden,  werden  diese  jählings  em- 
porsteigen, und  durch  die  an  der  Oberfläche  sich  aus- 
breitenden und  treibenden  Wasserpflanzen  dem  Blick 
ihrer  Feinde    entzogen  werden. 

Der  Darmtraktus  ist  von  ansehnlicher  Länge,  wohl 
um  die  Hälfte  länger  als  der  Körper.  Der  kurze  und 
enge  Oesophagus  öffnet  sich  plötzlich  in  den  umfang- 
reichen Magen,  welcher  mit  ziemlich  gleichbleibendem 
Durchmesser  fast  den  ganzen  Leibesraum  durchzieht. 
Sein  vorderer  Abschnitt  ist  mit  äusserst  kräftiger  Ring- 
muskulatur ausgestattet,  deren  Stärke  jedoch  nach  hinten 
zu  rasch  abnimmt,  so  dass  die  Mitte  und  das  Ende  keine 
stärkere  Muskulatur  zeigen  als  der  Enddarm.  Dieser, 
durch  die  Insertion  der  vier  langen  vasa  Malpighi  be- 
zeichnet, bildet  mit  seinem  vorderen  Abschnitte,  dem 
Dünndarm,  eine  Schlinge,  welche  bis  in  den  ersten  Bauch- 
ring hinaufreicht.  Ein  eigentlicher  Kaumagen,  welcher 
so  vielen  Insekten  zukommt,  fehlt  in  diesem  Falle;  die 
Zerreibung  des  an  sich  schon  feinen  Nahrungsmaterials 
wird  bei  unseren  Thieren  durch  die  Mundorgane,  die 
Kiefer    und     Pharyngealgebilde     übernommen ,     welche 


Beitrag  zur  Kenntniss   einiger  Insektenlarven.  35 

durch  Entwicklung  von  festen  Mahlplatten  dieser  Funk- 
tion besonders  angepasst  erscheinen. 

Der  Fettkörper  gruppirt  sich  besonders  dicht  im 
Umkreise  des  Darmes  und  der  Tracheenschläuche. 

Das  Herz,  welches  äusserst  lebhaft  pulsirt,  scheint 
drei  paarige  Spaltöffnungen  zu  besitzen,  welche  alle  auf 
den  im  Abdomen  liegenden  Theil  entfallen,  wo  dasselbe 
ziemlich  dicht  von  Pericardialzellen  eingehült  wird.  Der 
im  Thorax  liegende  arterielle  Abschnitt  zeigt  weder  seit- 
liche Oeffnungen  noch  eine  Verzweigung  und  erstreckt 
sich,  unter  dem  Luftraum  hinziehend,  bis  an  die  Basis 
des  Kopfes. 

Sehr  bemerkenswerth  ist  endlich  die  Existenz  einer 
paarigen  Speicheldrüse,  welche  auf  der  Unterlippe, 
zwischen  dieser  und  dem  Hypopharynx  liegt,  in  dessen 
Basis  sie  mündet.  Der  unverästelte,  aus  der  äusseren 
Stützleiste  des  Hypopharynx  (Fig.  32)  aufsteigende  Stamm 
ist  verhältnissmässig  kurz  und  beugt  sich  bald  nach  unten, 
um  sich  dann  in  zwei  absteigende  Aeste,  einen  äusseren 
und  einen  inneren,  zu  theiien,  von  denen  der  erstere 
stets  eine  bedeutendere  Ausbildung  erlangt  und  im  Sub- 
mentum  endigt.  Auf  dem  ganzen  Verlaufe  derselben 
zweigen  sich  überall  kleinere  oder  grössere  gebogene 
Seitenzweige  ab.  Das  durch  eine  chitinige  Intima  deut- 
lich markirte  Lumen  schwillt  am  Ende  der  Zweige  ge- 
wöhnlich zu  einem  Bläschen  an,  und  die  Struktur  des 
ganzen  Organes  entspricht  völlig  der  von  Leydig^)  für 
das  grösste  Speicheldrüsenpaar  der  Bienen  gegebenen 
Beschreibung. 


Psepheous  Lecontei^  Lee. 

(Eurypalpus  Lee.)  Hald.    Mels.    Can.  1853.  p.  34.     Lee  Proc.   of  the 
Acad.  of  nat.    sc.  Philad.  VI.  1852.  p.  41. 

Diagnose  von  Lecönte: 
Subdepressus,  ater,  subtiliter  punctatus  et  pubescens, 
thorace    antice    fortiter  angustato,  basi  bisinuata,   angulis 


1)  Leydig,  Zur  Anat.  der  Ins.  Berlin  1859.  p.  28  f. 


36  Rolph: 

posticis    acutis;    elytris  marginatis,    lineis    elevatis    minus 
distinctis,  pedibus  rufis.     Long.  2  lin. 


Körper  mit  feinen  Härchen  dicht  bekleidet,  läng- 
lich oval,  flach.  Halsschild  kaum  halb  so  lang  als  breit, 
halbmondförmig,  mit  abgerundeten  Hinterecken.  Sein 
Hinterrand  beiderseits  leicht  gebuchtet,  seine  Scheibe 
nahe  der  Mittellinie  mit  jederseits  zwei  schwachen  Ein- 
drücken versehen,  deren  erstes  Paar  ebenso  nahe  dem 
Vorderrand,  als  das  zweite  dem  Hinterrande  steht. 
Flügeldecken  um  die  Hälfte  länger  als  zusammen,  breit, 
ihr  Seitenrand  schwach  gerundet. 

Kopf  in  den  Prothorax  tief  eingesenkt,  viereckig. 
Fühler  eilfgliedrig,  das  erste  Glied  so  lang  als  das  letzte, 
dieses  spitz  eiförmig.  Die  übrigen  nur  wenig  kürzer, 
umgekehrt  kegelförmig.  (Fig.  41.)  —  Oberlippe  quer,  vorn 
schwach  gebuchtet.  Mandibeln  (Fig.  42)  klein,  mit  ge- 
rader pfriemförmiger  Spitze.  Maxillen  (Fig.  43,  43  a) 
ebenfalls  von  unbedeutender  Grösse ;  ihre  innere  Lade 
etwas  nach  aussen  gekrümmt  und  dort  in  eine  Spitze  ver- 
längert, die  äussere  Lade,  jene  kaum  überragend,  abge- 
rundet und  an  ihrer  Spitze  mit  zwei  feinen  Stiftchen  ver- 
sehen, zwischen  denen  eine  längere  Borste  sitzt.  Maxillar- 
taster  sehr  gross,  fast  so  lang  als  die  Antennen,  fünf- 
gliedrig;;  das  dritte  Glied  das  längste,  das  zweite  das 
kürzeste,  das  letzte  beilförmig,  quer  abgestutzt.  Eine  in 
dieses  eingesenkte  Platte  dient  als  Tastorgan  und  ist  am 
Rande  mit  dichten  äusserst  kleinen  Tasthärchen  einge- 
fasst.  Unterlippe  trapezförmig,  nach  aussen  erweitert, 
der  Vorderrand  in  der  Mitte  scharf  eingeschnitten.  Tas- 
ter viergliedrig,  das  erste  und  dritte  Glied  gleichlang, 
das  letzte  knopfförmig.  (Fig.  44  und  44  a.) 

Beine  (Fig.  45)  kräftig,  die  Schenkel  verdickt,  "so 
lang  als  die  schlanke  Tibia.  Der  Tarsus, fünfgliedrig,  das 
letzte  Glied  mit  zwei  einfachen  Klauen  bewehrt. 

An  den  Mundtheilen  lässt  sich  trotz  mancher  Ab- 
weichungen die  Aehnlichkeit  mit  den  Parniden  nicht  ver- 
kennen,   auch   die  Unterflügel    (Fig.  46)    gleichen    völh'g 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven.  37 

denen  dieser  Familie,  namentlich  denen  von  Potamophi- 
lus,  mit  welcher  Gattung  Psephenus  noch  die  meiste 
Aehnlichkeit  zu  haben  scheint,  und  in  deren  Nähe  wohl 
auch  der  passendste  Platz  für  diese  Form  wäre. 

Binociihis  heniispbaericus  Geoffr. 

(Prosopistoma  punctifrons  Latr.) 

Im  Verlaufe  meiner  Arbeit  wurde  ich  auf  ein  Thier 
aufmerksam,  welches,  ähnlich  wie  die  Larve  von  Psephe- 
nus, das  Schicksal  gehabt  hat  als  Krebs  angesehen  zu 
werden. 

Geoffroy  beschreibt  in  seiner  „Histoire  abregöe  des 
Insectes  des  environs  de  Paris"  ^)  als  Binoculus  hemis- 
phaericus,  le  binocle  ä  queue  en  plumet,  ein  Insekt, 
welches,  obgleich  viel  kleiner,  oberflächlich  an  Apus  er- 
innert, und  das  er  deshalb  auch  für  einen  diesem  ver- 
wandten Krebs  ansieht.  Die  von  G  eo  f  froy  hinzugefügte 
Synonyraie  jedoch  bezieht  sich  auf  Argulus,  so  dass  der 
erste  Entdecker  selbst  den  Grund  gelegt  hat  zu  der  Ver- 
wirrung, welche  bis  zum  Jahre  1833  über  dieses  Thier 
geherrscht  hat.  Es  ist  während  dieser  Zeit  stets  als 
Synonym  zu  Caligus,  Cyclops,  selbst  Daphnia,  am  häufig- 
sten aber  zu  Argulus  gestellt  worden.  Endlich  erhält 
Latreille  aus  Madagaskar  ein  Thier,  welches  mit  jenem 
von  G  e  0  ff  r  o  y  beschriebenen  die  grösste  Aehnlichkeit  hat, 
und  beschreibt  dasselbe  (Nouv.  annales  du  Mus.  d'hist. 
nat.  II  p.  23.  Paris.  1833)  unter  dem  Namen  Prosopistoma 
variegatum  als  eine  neue  Branchiopoden-Gattung,  während 
er  die  aus  Frankreich  stammende  Art  Geoffroy's  als 
P.  punctifrons  derselben  Gattung  anfügt.  Der  vermeint- 
liche Mangel  eines  getrennten  Prothorax,  sowie  die  Exi- 
stenz von  fünf  Paaren  Abdominalkiemen,  die  er  als  Kie- 
menfüsse  in  Anspruch  nimmt,  sind  die  Hauptmomente, 
welche  ihn  bewogen  die  Thiere  unter  die  Crustaceen  zu 
stellen. 

Erst    die    Wiederentdeckung   des    Binoculus    hemis- 


1)  Paris  1762.  II.  p.  660.  Tab.  21.  fig.  3. 


38  Rolph: 

pliaericus  Geoffroy  führt  zu  einer  richtigeren  Beur- 
theilung  der  interessanten  Form.  Noil  beobachtete  die 
Larven  im  Rhein  und  berichtete  über  dieselben  bei  der 
Frankfurter  Naturforscherversammkmg  im  Jahre  1867. 
Endlich  erhalten  wir  nach  einer  kurzen  Notiz  in  den 
M^moires  de  Cherbourg  (XVI.  1871)  von  Joly  eine  ge- 
nauere durch  Abbildungen  illustrirte  Beschreibung  (An- 
nales des  sc.  nat.  Fr.  5.  Serie.  Zool.  XVI.  1872),  Vielehe 
beide  Arten  der  Gattung  Prosopistoma  Latr.  als  Larven 
von  Pseudoneuropteren  anspricht. 

Leider  ist  auch  diese  Arbeit  durchaus  noch  nicht 
im  Stande  uns  ein  klares  Bild  des  Thieres  zu  geben, 
trotz  der  beigefügten  Abbildungen,  welche  äusserst  man- 
gelhaft sind.  Es  sei  in  Bezug  hierauf  nur  erwähnt,  dass, 
von  Labialtastern,  obgleich  sie  gezeichet  sind,  gar  nicht 
gesprochen  wird,  dass  während  für  die  Antennen  fünf 
Glieder  angegeben  werden,  die  Zeichnung  in  Fig.  14  vier, 
in  Fig.  2  auf  der  einen  Seite  fünf,  auf  der  anderen  sechs 
Glieder  giebt. 

Soviel  jedoch  scheint  aus  der  Beschreibung  hervor- 
zugehen, dass  wir  es  hier  in  der  That  mit  Pseudoneurop- 
teren Larven  zu  thun  haben,  vermuthlich  aus  der  Fami- 
lie der  Ephemeriden,  eine  xlnsicht,  welche  besonders 
durch  die  Gestalt  der  Mundtheile  und  der  Kiemen  be- 
gründet wird. 

Hoffentlich  bleibt  die  Arbeit  von  Joly  nicht  die 
letzte,  welche  sich  die  Untersuchung  dieser  bemerkens- 
werthen  Thiere  zur  Aufgabe  macht,  deren  anatomische 
Charaktere  und  Verwandlungsgeschichte  noch  völlig  un- 
bekannt sind. 


Erklärung  der  Abbildungeu. 

Fig.    1.     Elmis  Volkmari  von  unten.     Vergr.  30. 

»     2.     Dieselbe.     Seite  des  dritten  Abdominalsegraentes  mit  dem 

Stigma;  von  innen.     Vergr.  250. 
»     3.    Bein  des  ersten  Paares.    Vergr.  120. 
»     4.     Oberlippe.     Vergr.  60. 


Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  lusektenlarven.  .  39 

Fig.    5.     Oberkiefer.     Vergr.  120. 

j>     6.     Unterkiefer ;  etwas  stärker  vergr. 

»     7.    Darmtraktus.     Yergr.  45. 

B     8.     Sechstes  Abdominalsegment  mit  Eintragung  des  Tracheen- 

veriaufes.     Vergr.  150. 
)>     9.     Letztes    Abdominalsegraent    mit    den    Kiemen    sowie    den 

Endigungen  der  Tracheenstämme.     Vergr.  90. 
B   10.  a  Ganglien  des  Thorax  und  das  erste  des  Abdomen, 
»  10.  b  Das  letzte  Abdominalganglion. 
»   11.     Zerkleinerungs Werkzeuge    des    Proventriculus.       a.  Zähne, 

b.  Kolben,  c.  Raspeln.     Vergr.  750. 
»   12.  a  Auge. 

B  12.  b  Isolirter  Crystallkegel  desselben.     Vergr,  750. 
»13.     Proventriculus. 

j>   14,    Larve  von  E.  aeneus.     Vergr.  etwa  18. 
»15.     Tracheenblase.     Vergr.  150, 

»16.     Larve  von  Psephenus  Hold.  Vergr,  10. 

'»  17.     Dieselbe.     Integument  der  Pleurae  mit  den  fächerförmigen 

Haaren.    Vergr,  150, 
»  18,     Oberlippe.     Vergr.  60. 
»  19.     Oberkiefer.     Vergr.  40. 
»  20.     Unterkiefer.     Vergr.  40. 
»21.     Unterlippe,     Vergr.  60. 
»  22,     Larve   v.  Psephenus,    grösseres  Exemplar,   mit  Eintragung 

des  Nervensystems  und  des  Tracheenverlaufes.     Vergr.  15. 
»  23,     Eine  isolirte  Kieme  derselben.     Vergr.  60. 

»  24.  Larve  von  Oyphon,  Vergr.  15,  mit  Eintragung  der  Tracheen- 
schläuche, br.  Kiemen. 

»  25.     Oberlippe  und  Epipharynx  von  Helodes.     Vergr,  60. 

»  26,     Dasselbe  von  Cyphon.     Vergr.  60. 

»  27,     Oberkiefer  von  Helodes.     Dies.  Vergr. 

»  28  u.  29.     Derselbe  von  Cyphon.     Dies.  Vergr. 

»  28.  a  Der  Fortsatz  an  der  Basis  der  Mandibel  mit  den  seiisen- 
förmigen  Zähnen.     Stark  vergrössert. 

»  80.     Unterkiefer.  Vergr.  60. 

»  30.  a  Ein  kammförmiges  Haar.     Stark  vergrössert. 

»  31.     Unterlippe  und  Hypopharynx  v.  Helodes.     Vergr.  60. 

»  32.     Hypopharynx  von  Cyphon.     Dies.  Vergr. 

»  33.  Vorletztes  Abdominalsegment  von  unten  gesehen  mit  den 
Stigmen.     (Cyphon.)    Vergr.  40. 

»  34.  Letztes  Abdominalsegment  v.  Cyphon  von  unten  gesehen. 
Dies.  Vergr. 


40         Rolpb:   Beitrag  zur  Kenntniss  einiger  Insektenlarven. 

Fig.  35.    Ventrale  Platte  desselben. 

B  36.     Letztes  Abdominalsegment  von  Helodes  von  unten  gesehen. 

Vergr.  40. 
»  37.     Schematischer  Sagittalschnitt  durch  die  letzten  beiden  Ab- 

domiualsegmente  von  Cyphon.     Dies.  Vergr. 

a  und  a'  Rücken  und  Bauchdecke  des  vorletzten  Segmentes. 

b  und  b'  Rücken    und  Bauchdecke  des  letzten  Segmentes. 
»  38.     Die  inneren  zwei  Kiemenpaare  des  Rectum. 
»  39.    Nervensystem  von  Cyphon. 
»  40.    Speicheldrüse.     Vergr.  etwa  150. 

»  41.     Antenne  von  Psephemis  Lecontei.  Lee. 

»  42,     Oberkiefer. 

»  43.     Unterkiefer. 

»  43.  a  Derselbe  mit  Fortiassung  des  Palpus,  stärker  vergr. 

»  44.    Unterlippe  von  unten  gesehen. 

»  44.  a  Dieselbe  mit  Fortlassung  des  Palpus. 

3)  45.    Bein  des  zweiten  Paares. 

»  46.     ünterflügel. 

(41—46.  Vergr.  20.) 


ffliitillariim  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis 
systematica  et  syuouymica. 

Auetore 

A.  Gerstaecker. 


Während  die  Mutillen  der  alten  Welt  (Europa, 
Asien  und  Afrika)  durchweg  flache  und  deutlich  facettirte, 
beim  Weibchen  ovale,  beim  Männchen  mehr  oder  weni- 
ger tief  ausgerandete  Augen  besitzen,  treten  in  Amerika 
und  Australien  neben  solchen  auch  Arten  mit  stark  ge- 
wölbten, glänzenden,  in  beiden  Geschlechtern  nahezu  oder 
völlig  kreisrunden  Augen  auf,  welche  nach  diesem  Merk- 
male eine  unverkennbare  Annäherung  an  die  Gattung 
Apterogyna  Klug  bekunden.  Diese  sich  von  den  Arten 
der  alten  Welt  auffällig  genug  unterscheidenden  Arten 
sind,  was  besonders  hervorgehoben  zu  werden  verdient, 
in  Australien  ebensowohl  wie  in  Süd-Amerika  (mit  Ein- 
schluss  Central- Amerika' s  und  Mexiko's)  an  Zahl  die  bei 
weitem  überwiegenden,  während  sie  in  Nord-Amerika 
mit  Mut.  nigripes  Fab.,  occidentalis  Lin.  (coccinea  Fab.) 
u.  A.  eine  ebenso  entschiedene  Minorität  einhalten.  Es 
haben  daher  diese  spezifisch  Australischen  und  Süd- 
Amerikanischen  Mutillen  im  Grossen  und  Ganzen  eine 
sehr  übereinstimmende  geographische  Verbreitung  wie 
die  Thynniden,  welche,  in  der  alten  Welt  bekanntlich 
nur  durch  sehr  vereinzelte  Formen  repräsentirt,  sich  der 
Hauptmasse  nach  auf  Australien  und  Süd- Amerika  con- 
centriren,  in  dieser  Beziehung   ihrerseits  aber  wieder  an 


42  Gerstaecker: 

die  Marsupialien  erinnern,  und  auch  darin  mit  diesen  über- 
einstimmen, dass  sie  im  Gegensatz  zu  den  Mutillen, 
welche  in  Süd-Amerika  an  Artenzahi  dominiren,  sich  in 
zahlreicheren,  grösseren  und  auffallenderen  Formen  in 
Australien  vorfinden.  Beiläufig  mag  bemerkt  sein,  dass 
die  zwischen  den  Australischen  und  Süd-Amerikanischen 
Mutillen  bestehenden  Analogieen  sich  noch  über  jene 
mit  hemisphärischen  Augen  versehene  Arten  hinaus  er- 
strecken, indem  z.  B.  metallisch  gefärbte  Arten,  wie  sie 
bis  jetzt  nur  aus  Australien  (Mut.  blanda  Er.,  concinna 
Westw.,  metallica  Smith  u.  A.)  vorlagen,  nach  einer  diesen 
sehr  ähnlichen  Chilenischen  Art  auch  Süd-Amerika  nicht 
ganz  fehlen.  Ob  andererseits  auch  in  Australien  Arten 
mit  flachen,  beim  Männchen  aber  nicht  ausgerandeten 
Augen,  wie  sie  Süd-x\merika  (Gruppe  der  Mut.  cephalo- 
tes  Swed.)  besitzt,  vorkommen,  mag  vorläufig  dahin  ge- 
stellt bleiben. 

Ergiebt  sich  nun  aus  einem  Vergleich  jener  mit  hemi- 
sphärischen Augen  versehenen  Australischen  und  Süd- 
Amerikanischen  Mutillen,  besonders  z.  B.  aus  demjenigen 
der  Mut.  rugicollis  Westw.  (^  abdominalis  Westw.)  mit 
den  Süd- Amerikanischen  Arten  aus  der  Gruppe  der 
Mut.  spinosa  Swed.  unschwer,  dass  dieselben  auch  in  der 
Bildung  des  Kopfes,  Thorax  u.  s.  w.  einander  viel  näher 
verwandt  sind,  als  jede  derselben  mit  den  Arten  der 
alten  Welt,  so  weichen  sie  andererseits  doch  in  dem,  be- 
sonders bei  den  Amerikanischen  Arten  sehr  charakteristi- 
schen und  gleichsam  typischen  Colorit,  zum  Theil  auch 
in  der  Bildung  des  ersten  Hinterleibssegmentes  so  wesent- 
lich von  einander  ab,  dass  sie  bei  einem  Versuch,  die 
Mutillen  nach  ihren  natürlichen  Merkmalen  zu  gliedern, 
jedenfalls  besonderen  Gruppen  zugewiesen  zu  werden 
verdienen.  Es  erscheint  dies  um  so  mehr  geboten,  als 
die  Australischen  Arten,  trotz  ihrer  mit  den  Süd-Ameri- 
kanischen übereinstimmenden  Augenbildung,  sich  den- 
jenigen der  alten  Welt  durch  eine  weniger  auffallende 
Färbungsdifterenz  der  beiden  Geschlechter  entschieden 
näher  anschliessen  als  den  Brasilianischen  und  Columbi- 
schen,  für  welche  letztere  bereits  von  Burmeister  die  bis 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.     "^43 

zur  völligen  Unkenntlichkeit  gesteigerte  GeschlechtsdiiFe- 
renz  mit  Recht  als  charakteristisch  geltend  gemacht  wor- 
den ist. 

Die  im  Folgenden  nach  ihrer  natürlichen  Verwandt- 
schaft zu  gruppirenden  und  aufzuführenden  Süd-  Ameri- 
kanischen Mutillen  sind  ungleich  artenreicher  als  man  es 
bisher  gemuthmasst  und  als  es  aus  den  bisher  über  die- 
selben existirenden  Verzeichnissen  den  Anschein  hat. 
Wenn  von  Smith  im  Catal,  Hymenopt.  Ins.  of  the  British 
Museum  v.  J.  1855  im  Ganzen  nur  96  Süd- Amerikani- 
sche (incl.  Mexiko)  Arten  verzeichnet  werden  und  diese 
Zahl  durch  die  seitdem  von  ihm  selbst  und  von  de  Saus- 
sure bekannt  gemachten  keine  ansehnliche  Steigerung 
erfahren  hat,  so  liegen  mir  gegenwärtig  schon  allein  in  der 
hiesigen  und  der  Flalenser  Universitäts-Sammlung  gegen 
200  aus  Süd-Amerika  in  weiterer  Ausdehnung  stammende 
Arten  vor,  welche  allerdings  nach  Vereinigung  der  —  in 
gleicher  Weise  wie  bei  Smith  —  besonders  aufgeführ- 
ten Männchen  mit  ihren  Weibchen  nicht  unbeträchtlich 
reducirt  werden  dürften.  Während  B  u r m e is  t e r  i.  J.  1854 
auf  Grund  der  von  Klug  bekannt  gemachten  und  später 
von  ihm  selbst  gesammelten  Arten  die  Zahl  der  Brasilia- 
nischen Mutillen  auf  50  veranschlagte,  diese  Zahl  aber 
rücksichtlich  der  einzeln  beschriebenen  Männchen  und 
Weibchen  noch  als  zu  hoch  gegriffen  ansah,  lassen  sich 
die  in  den  beiden  genannten  Sammlungen  gegenwärtig 
vorhandenen,  spcciell  Brasilianischen  Mutillen  bei  allei- 
niger Berücksichtigung  der  weiblichen  Formen  als  nahe 
an  90  verschiedene  Arten  repräsentirend  feststellen. 
Dass  aber  auch  diese  Artenzahlen  gegen  den  wirklichen 
Bestand  noch  weit  zurückstehen,  ist  ebenso  unzweifelhaft, 
als  dass  kein  anderer  Erdtheil  sich  in  seinem  Reichthum 
an  Mutillen  auch  nur  entfernt  mit  Süd-Amerika  messen 
kann. 

Bei  der  Existenz  einer  so  grossen  Anzahl,  zum 
Theil  einander  überdies  sehr  ähnlicher  Arten  schien  dem 
Verf.  die  Kenntlichmachung  der  neuen  nur  in  der  Weise 
thunlich,  dass  sie  im  Verein  mit  den  bereits  bekannten 
aufgeführt,  auf  eine  grössere  Reihe  natürlicher  Gruppen 


44  Gerstaecker: 

vertheilt  und  innerhalb  dieser  so  angeordnet  wurden,  dass 
aus  ihrer  Stellung  sofort  auf  ihre  näheren  verwandtschaft- 
lichen Beziehungen  geschlossen  werden  könne.  Es  wird 
dies  für  die  Zukunft  der  einzige  Weg  sein,  in  den  über- 
grossen Reichthum  der  8üd- Amerikanischen  Mutillen  eine 
üebersicht  hineinzubringen  und  die  Bestimmung  der- 
selben zu  ermöglichen.  Eine  Mitaufnahme  der  bereits 
bekannten  Arten,  so  weit  sie  dem  Verf.  aus  eigener  An- 
schauung bekannt  oder  nach  den  Beschreibungen  früherer 
Autoren  zu  ermitteln  waren,  erschien  ausserdem  auch 
deshalb  erforderlich,  weil  bei  vielen  derselben  die  Syno- 
nymie  festzustellen  und  die  Nomenklatur  zu  berichtigen 
war.  Vor  Allem  ist  dies  hier  durch  den  besonders  wün- 
schenswerthen  Vergleich  der  typischen  Exemplare  Klug's 
und  Bur  meiste  r's,  von  denen  letztere  dem  Verf.  durch 
Hrn.  Prof.  Dr.  Giebel  mit  dankenswerther  Bereitwillig- 
keit zugleich  mit  den  sonst  in  der  Halenser  Sammlung 
befindlichen  Süd-Amerikanischen  Mutillen  zur  Ansicht 
und  Bearbeitung  anvertraut  wurden,  ermöglicht  worden, 
während  die  von  Smith  (a.a.O.)  aus  dem  British  Mu- 
seum in  buntester  Reihenfolge  und  ohne  Eingehen  auf  ihre 
wesentlichen  Merkmale  beschriebenen,  weil  ihre  Stellung 
nicht  zu  ermitteln  war,  der  Mehrzahl  nach  unberück- 
sichtigt bleiben  musste.  Vielleicht  sieht  sich  Hr.  Smith 
durch  die  folgende  Üebersicht  veranlasst,  den  von  ihm 
aufgestellten  Arten  noch  nachträglich  ihren  Platz  neben 
den  ihnen  zunächst  verwandten  anzuweisen. 

Für  einige  der  hier  behandelten  Gruppen,  unter 
denen  sich  die  bei  weitem  artenreichsten  der  Mut.  spi- 
nosa  Swed.  und  Indica  Lin.  (diadema  Fab.)  befinden,  er- 
schien eine  besondere  Charakteristik  in  sofern  nicht  er- 
forderlich, als  die  wesentlichen  Merkmale  derselben  sich 
aus  den  zahlreichen  bereits  bekannten  Arten  dem  Kenner 
von  selbst  ergeben,  sie  überdies  aber  wenigstens  der 
Hauptsache  nach  mit  den  von  Bur  me  ister  aufgestell- 
ten Sektionen,  resp.  Ünter-Abtheilungen  zusammenfallen. 
Fehlen  in  denselben  einzelne  ihnen  von  ßurmeister 
zugewiesene  Arten,  so  sind  eben  ihre  Grenzen  enger  ge- 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.    45 

zogen  und  die  betreffenden  Arten  dann  aus  besonderen 
Gründen  anderweitig  placirt  oder  zu  eigenen  Gruppen 
abgegrenzt  worden. 

Die  völlige  Verschiedenheit  der  beiden  Geschlechter 
bei  der  grossen  Mehrzahl  der  Süd-Amerikanischen  Mu- 
tillen  lässt  es  zur  Zeit  als  eine  Unmöglichkeit  erscheinen, 
die  in  den  Samminngen  vorhandenen  Männchen  und 
Weibchen  als  zusammengehörig  nachzuweisen;  sind  doch 
noch  nicht  einmal  für  alle  auf  weibliche  Individuen  ba- 
sirte  Gruppen  die  Männchen  nach  ihren  plastischen 
Merkmalen  überhaupt  zu  ermitteln.  Unter  solchen  Um- 
ständen bleibt,  wenn  man  sich  nicht  auf  die  Bekanntma- 
chung der  Arten  nach  weiblichen  Individuen,  als  der  sehr 
viel  charakteristischeren,  beschränken  will,  kein  anderer 
Ausweg,  als  nach  dem  Vorgange  von  Klug  und  Smith 
die  Männchen  vorläufig  unter  besonderen  Namen  zu  be- 
schreiben, um  sie  dann  später,  auf  Grund  direkt  beob- 
achteter Copulation,  den  Weibchen  zuzuweisen.  Der  hierin 
liegende  Uebelstand  ist  gewiss  nicht  zu  verkennen, 
offenbar  aber  ein  geringfügigerer,  als  Männchen  und 
Weibchen  auf  blosse  Vermuthungen  hin  als  zusammen- 
gehörig zu  betrachten.  Abweichend  von  ßurmeister, 
welcher  bekanntlich  auf  Grund  ihres  gemeinsam  beob- 
achteten Vorkommens  wiederholt  männliche  und  weib- 
liche Mutillen  als  einer  und  derselben  Art  angehörig  hin- 
gestellt hat,  habe  ich  im  Folgenden  den  entgegengesetz- 
ten Weg  einzuschlagen  für  zweckmässig  gehalten  und 
mit  Ausnahme  der  Gruppe  der  Mut.  cephalotes  Swed. 
vorläufig  überhaupt  nur  weibliche  Individuen  charakteri- 
sirt,  um  die  Männchen  später  besonders  folgen  zu  lassen. 
In  Betreff  der  von  Bur  meist  er  vorgenommenen  Ver- 
einigungen, welche  in  keinem  einzigem  Fall  auf  direkt 
beobachteter  Copulation  beruhen,  ist  nach  Ansicht  der 
von  ihm  beschriebenen  Exemplare  zu  bemerken,  dass 
sie  bei  einigen  Arten  möglicher  Weise  richtig  sind  und 
selbst  viele  Wahrscheinlichkeit  für  sich  haben^  bei  ande- 
ren dagegen,  nach  der  Analogie  zu  urtheilen,  entschieden 
zu  beanstanden  sind.  Ersteres  ist  der  Fall  bei  M.  myops 
(No.  5),  affinis  (No.  9),  furonina  (No.  36)  und  lineola  (No.  39), 


46  öerstaecker: 

vielleicht  auch  bei  M.  megacephala  (No.25),  obschon  hier  die 
Zugehörigkeit  des  Männchens  zu  einer  zweiten,  nahe  ver- 
wandten Art  keineswegs  ausgeschlossen  ist.  In  allen  diesen 
Fällen  gehören  zum  mindesten  Männchen  und  Weibchen 
einer  und  derselben  engeren  Artengruppe  an^  was  da- 
gegen bei  M.  felina  (No.  27)  und  concinna  (No.  34)  kaum 
glaublich  ist.  Die  Weibchen  dieser  beiden  Arten  sowohl 
wie  von  M.  ichneumonea,  deren  richtige  Stellung  von 
Burme ister  verkannt  worden  ist,  verbinden  mit  einem 
nicht  abgeschnürten  ersten  Hinterleibssegment  stark  ge- 
wölbte und  sehr  fein  facettirte,  daher  fast  glatt  erschei- 
nende Augen  und  würden  hiernach  zur  Gruppe  der  Mut. 
spinosa  Swed.  ^)  gehören,  deren  Männchen  in  der  Bildung 
des  Hinterleibs  und  der  Augen  mit  den  Weibchen  stets 
übereinstimmen.  Die  von  Bur  m  eister  zu  beiden  Arten 
gestellten  Männchen  haben  dagegen  einerseits  einen 
lang  und  dünn  gestielten  Hinterleib,  andererseits  flache, 
grob  facettirte  und  nierenförmige  Augen,  so  dass  sie  nur 
zu  Weibchen  mit  analog  gebildeten  Augen  gehören 
können.  Während  sie  selbst  in  der  dritten  Burmei- 
ster'sehen  Gruppe  ihre  Stelle  finden,  sind  die  ihnen  zu 
getheilten  Weibchen  von  derselben  auszuschliessen. 

1.  Gruppe  der  Mut.  cephalotes  Swed.  und  ar- 
mata  Klug. 

A.  Weibchen. 
Sekt.  I.  Hinterhauptswinkel  oberhalb  abgestumpft,  unterhalb 
zahnartig  ausgezogen ;  Backen  unbewehrt. 

1.  Mut.  cephalotes  Sweder  (Vetensk.  Acad.  nja 
Handling.  VÜI.  p.  284,  No.  40  —  *Klug,  Entom.  Brasil, 
spec.  p.  46,  No.  26.  tab.  23,  fig.  11.  —  Lepeletier,  Hyme- 
nopt.  in.  p.  611,  No.  26.  =  Mut.  megacephala  *  Burmeister, 


1)  Ob  Mut.  angulosa  und  fronticornis  Burm.  (No.  29  und  30) 
gleichfalls  zur  Gruppe  der  Mut.  spinosa  Swed.  gehören,  ist  zwar  zu 
vermuthen,  aber  nicht  festzustellen,  da  das  typische  Exemplar  der 
ersteren  sich  in  der  Halenser  Sammlung  nicht  mehr  vorgefunden 
hat,  dasjenige  der  letzteren  des  Kopfes  leider  beraubt  ist.  Es  sind 
daher  diese  beiden  Arten  in  die  folgende  üebersicht  nicht  mit  auf- 
genommen worden. 


Mutillarum  America e  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.    47 

Brasil.  Mutill.  p.  9,  No.  25).     Patria:  Bahia  (Mus.  Berol.), 
Novo  Friburgo  (Burm.). 

2.  Mut.  miles  *  Burmeister ,  (a.  a.  0.  p.  9, 
No.  24).  Patria:  Brasil,  merid.  (Mus.  Berol.),  Lagoa  santa 
(Burm.) 

3.  Mut.  specularis  (=^  Mut,  cephalotes  *B  u  r- 
meister,  a.  a.  O.  p.  9,  No.  26).  Mut.  millti  *ßurm.  simil- 
lima,  differt  capite  unicolori,  occipitis  dente  inferiore  recto, 
fronte  brevius  corniculata,  mesonoto  angustiore,  acutan- 
gulo ,  supra  bimaculatim  flavescenti  -  sericeo  ,  segmenti 
abdominalis  secundi  macula  purpureo-  sericea  multo  ma- 
iore,  rhomboidea. —  Patria:  Salto  grande  Brasiliae  (Mus. 
Berol.),  Bahia,  Rio  de  Janeiro  (Bnrm.). 

Sekt.  II.  Hinterhauptswinkel  stark  seitlich  comprimirt,  dorn- 
artig ausgezogen;  Backen  bewehrt, 
a)  Backen   zweizähnig,  Kehle  unbewehrt. 

4.  Mut.  armata  *Klug  (a.  a.  O.  p.  47,  Nr.  27. 
tab.  23,  fig.  12.  —  Burmeister,  a.  a.  0.  p.  8,  No.  23).  Pa- 
tria: Para,  Caraccas  (Mus.  Berol.). 

5.  Mut.  monacha.  Mut.  armatae  *Klug  ut  ovum 
ovo  sirailis,  differt  vero  clypei  processu  angusto,  lingui- 
formi,  horizontali,  fronte  supra  antennas  obsoletius  bicor- 
nuta,  verticis  maculis  duabus  argenteo-serieeis  angustiori- 
bus,  genarum  dente  posteriore  longiore,  hamato,  thorace 
perspicue  angustiore,  anterius  vix  dilatato,  segmenti  ab- 
dominalis secundi  macula  central!  argenteo  -  sericea  bre- 
viore.  Long.  17  V2  mill.  Patria:  Salto  grande  Brasiliae  (Mus. 
Berol.). 

6.  Mut.  voluptuosa.  Clypeo  refiexo,  fronte  su- 
pra antennas  brevissime  corniculata,  genarum  dente  po- 
steriore hamato,  anteriore  conico,  capite  abdomineque  ut  in 
Mut.  armata  et  monacha  pictis:  ab.his  differt  maculis  dua- 
bus verticis  aurichalceo-sericeis  maioribus,  magis  approxi- 
matis  et  genas  versus  descendentibus,  thoracis  disco  cin- 
nabarino,  rufo-piloso,  mesonoto  acutangulo.  Long.  15V2mill. 
Patria:  Bogota  (Mus.  Berol.). 

b)  Backen   mit  einem,  Kehle  mit  zwei  Zähnen  bewehrt. 

7.  Mut.  moneta.  Cl jpeo  reflexo,  bidentato.  fronte 
supra  antennas  breviter  corniculata,  genarum  dente  valido, 


48  Gerstaecker: 

angusto,  obtusinsculo :  atra,  mandibiilis,  antennarum  basi, 
ventre  pedibusque  griseo-pilosis,  verticis  fascia  amplissima, 
continua  vel  vix  interrupta,  mesonoti  dimidio  posteriore-, 
segmenti  abdominalis  secundi  macula  dorsali  basali  ovata, 
1. — 3.  marginibus  aurichalceo-sericeis:  antennarum  funi- 
culo  infra,  genubus  tarsisque  rufo-piceis.  Long.  14 — 
171/2  mill.  Patria:  Bogota  (Mus.  Berol.). 
B.  Männchen. 

8.  Mut.  erythraspis.  Occipitis  anguh's  inferiori- 
bus  obtuse  vel  vix  dentatis,  genis  inermibus :  atra,  scu- 
tello  postscutelloque  miniaceis,  pleuris,  metanoti  segmenti- 
que  abdominalis  secundi  basi  utrinque  griseo-pilosis,  pri- 
mi  margine  aurichalceo-sericeo:  alis  totis  saturate  fuscis. 
Long.  13 — 16  mill.  —  Variat  segmenti  abdominalis  secundi 
margine  supra,  3.  et  4.  utrinque  plus  minusve  griseo-ci- 
liato.  Patria:  Salto  grande  Brasiliae  (Mus.  Berol.),  Novo 
Friburgo  (Burm.). 

Anmerkung.  Vielleicht  zieht  Burmeister  (Brasil. 
Mutill.  p.  9,  No.  25)  diese  Art  nicht  mit  Unrecht  als  Männ- 
chen zu  Mut.  cephalotes  Sv^ed.  (— megacephala  *Burm.), 
mit  welcher  er  sie  bei  Neu-Freiburg  zusammen  antraf. 
Da  sie  mir  zugleich  mit  Mut.  specularis  (=  cephalotes 
*Burm.)  von  Salto  grande  vorliegt,  so  könnte  sie  eben- 
sowohl letzterer  angehören  und  es  möchte  dieses  sogar 
das  Wahrscheinlichere  sein.  Jedenfalls  muss  sie  vorläu- 
fig, bis  ihr  Weibchen  durch  direkte  Beobachtung  sicher 
gestellt  ist,  unter  einem  besonderen  Namen  aufgeführt 
werden. 

9.  Mut.  mystica.  Occipitis  angulis  inferioribus 
acute  dentatis,  genis  inermibus :  atra,  scutelio  miniaceo, 
ore,  pleuris,  metanoto  pedibusque  dense  cano-pilosis,  seg- 
menti abdominalis  primi  dimidio  postico,  secundi  basi 
utrinque  aurichalceo-sericeis  :  alis  saturate  fuscis,  anticarum 
cellula  basali  et  cubitali  prima,  posticarum  basi  hyalinis. 
Long.  IIV2— 141/2  mill.  Patria:  Brasilia  (Mus.  Berol.). 

10.  Mut.  dulcis.  Occipitis  angulis  inferioribus 
rotundatis,  genis  dente  anteriore  parvo,  acuto  armatis: 
atra,  mesonoti  disco  scutelloque  pilis  decumbentibus  coc- 
cineis    vestitis,    fronte,     ore,    segmenti  abdominalis   primi 


Mutillarura  Americae  meridionalis  indigenarum  syiiopsis  etc.    49 

margine,  secundi  et  quinti  lateribus,  tertio  et  quarto  su- 
pra  totis  dense  cano-,  pleuris,  metanoti  lateribus  pedibus- 
que  parcius  griseo-pilosis :  alis  fuscis,  basin  versus  dilutio- 
ribus.  Long.  11  mill.  Patria:  Porto  Allegre  Brasiliae  (Mus. 
Berol.)  —  Forsan  mas  Mut.  sumptuosae,  a  praecedentibus 
duobus  abdominis  basi  vix  constricta  discedens. 


2.  Gruppe  der  Mut.  bucepbala  Perty.  (Weibchen  mit 
denen  der  vorstehenden  Gruppe  in  der  Kopf-  und 
Augenbilduug  ganz  übereinstimmend ,  aber  durch 
den  zwischen  1.  und  2.  Segment  nicht  eingeschnür- 
ten, sondern  regulär  eiförmigen  Hinterleib  abwei- 
chend. 

1.  Mut.  bucephala  *Perty  (Delect.  anim.  arti- 
cul.  Brasil,  p.  137.  tab.  27,  Fig.  8).  Patria:  Minas  Geraes. 
(Mus.  Monac.) 

2.  Mut.  sumptuosa.  Capite  lato,  transverso, 
retrorsum  subangustato,  cum  thoracc  fortiter  punctato, 
occipitis  angulis  rotundatis,  genis  dente  anteriore  oblique, 
fronte  supra  antennas  corniculis  duobus  triquetris,  re- 
curvis,  apice  nodosis  armatis:  atra,  infra  et  lateribus 
cano-hirta,  verticis  vittis  duabus  latis,  obliquis  postocula- 
ribus,  metanoti  totidem  angustis ,  rectis  ,  in  abdominis 
basin  continuatis,  tribus  denique  segmentorum  abdomina- 
lium  posticorum  submacularibus  flavescenti-  vel  albido-pi- 
losis:  mesonoti  plaga  magna,  oblonga  discali,  segmenti 
abdominalis  primi  macula  minore  secundique  altera  multo 
maiore  rhombica,  apicali  coccineis,  i.  e.  pilis  decumbenti- 
bus  laete  rußs  formatis.  —  Variat  maculis  duabus  coc- 
cineis abdominalibus  in  basi  segmenti  secundi  confluenti- 
bus.  Long.  9 — 13  mill.  Patria:  Allegrette  Brasiliae,  Paranä 
(Mus.  Berol.). 


3.  Gruppe  der  Mut.  empyrea  (Weibchen).  Hinterleib 
von  gleicher  Bildung  wie  bei  Mut.  sumptuosa,  auch 
mit  entsprechender  Zeichnung  und  Farbenverthei- 
luDg.     Kopf  klein,  schmaler  als  der  Thorax;  Augen 

rcMv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  *  4 


50  Gerstaecker: 

gross,  flach  gewölbt,  deutlich  facettirt.  Thorax 
kurz,  trapezoidal,  mit  tiefer,  die  Metathoraxstigmen 
verbindender  oberer  Querfurche,  auf  welche  eine 
erhabene  Leiste  folgt.  Hinterer  Absturz  des  Brust- 
kastens fast  senkrecht,  die  Metapleuren  ausgehöhlt, 
glatt  und  glänzend. 

1.  Mut.  empyrea.  Atra,  infra  cum  pedibus  al- 
bido-hirta,  mandibularum  basi  antennisque  (aut  totis  aut 
scapo  piceo  excepto)  rufis,  capite  thoraceque  supra  nigro- 
setosis,  illius  fascia  verticali,  in  oculorum  margine  interno 
magis  ampliata,  huius  vittis  duabus  marginalibus  po- 
stice  fasciatim  coniunctis  dense  flavescenti-pilosis:  abdomi- 
nis  vitta  dorsali  segmenta  tria  anteriora  occupante  et  in 
margine  secundi  dilatata  aureo-  vel  coccineo-sericea,  seg- 
mentis  1. — 3.  utrinque,  5.  toto  supra  argenteo-sericeis.  — 
Varipi  capite  inferiore,  pleuris,  ventre  toto  anoque  rufis. 
Long.  5V2 — 9  milL  Patria:  AllegretteBrasiliae  (Mus.  BeroL). 

2.  Mut.  pretiosa.  Praecedenti  simillima,  differt 
capite  supra  toto  ad  antennarum  usque  ortum  aequaliter 
sed  subtilius  flavescenti-sericeo,  thorace  minus  lato  et  re- 
trorsum  fortius  angustato,  macula  magna  anteriore  trian- 
gulari  excepta  supra  ubique  pallide  sericeo,  abdominis 
vitta  media  rufo-aurea  in  basi  segmenti  secundi  late  inter- 
rupta  et  in  margine  eiusdem  haud  dilatata.  —  Forsan 
varietas  Mut.  empyreae.  Long.  5 — 7V2  mill.  Patria:  Alle- 
grette  ßrasiliae  (Mus.  Berol.).  Catamarca  (Burm.),  Mus. 
Halens, 


4.  Gruppe  der  Mut.  chrysodora  Perty,  pachycne- 
mis  (subtilis)  Burm.  und  tene IIa  Burra.  (Weib- 
chen.) Hinterleib  mit  deutlich  abgeschnürtem, 
schmalem  Basalsegment.  Pleuren  leicht  gewölbt 
oder  wenigstens  nicht  ausgehöhlt,  gleich  dem  Tho- 
raxrücken dicht  und  gleichmässig  punktirt.  Augen 
flach  gewölbt,  deutlich  facettirt. 

a)  Augen  gross,  abgerundet  dreieckig  oder  stumpf  oval. 
1.     Mut    pachycnemis    *Burmcister    (Brasil. 
Mutill.  p.  11,  No.  40.  =var.  Mut.  subtilis  *Burm.,  ebenda 
p.  11,  No.  41).     Variat    longit.  5V2— 9  mill.,   pedibus   ple- 


Mutillarum  Americae  raeridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.    51 

rumque  totis  rufis,  rarius  genubus,  tibiis  tarsisque  nigro- 
piceis.  —  Patria:  Minas  Geraes  (Mus.  BeroL),  Novo  Frl- 
burgo,  Rio  de  Janeiro  (Burm.). 

2.  Mut.  tenella  *Burmeister  (a.  a.  0.  p.  11, 
No.  42).     Patria:  Novo  Friburgo  (Burm.),  Mus.  Halens. 

3.  Mut.  leptothorax.  Clypeo  obsolete  quadri- 
dentato,  genis  anticii  dentato-dilatatis,  thorace  angusto, 
latitudine  plus  duplo  longiore,  retrorsum  fortiter  attenuato, 
confertim  granoso  -  punctato,  subtilissiine  albo-setuloso, 
supra  pilis  longioribus  nigris  parce  obsito,  cum  pedibus 
abdominisque  segmento  primo  laete  rufo :  capite  abdomi- 
nisque  segmento  secundo  atro,  opaco,  huius  lateribus  fascia- 
que  marginali  flavescenti-tonientosis,  segmentis  3.  —  6.  rufo- 
brunneis,  supra  nigro-,  utrinque  albido-pilosis:  antennis 
piceis,  articulis  quatuor  basalibus  rufis.  Long.  7  mill. 
Patria:  Cayenna  (Mus.  Berol.). 

4.  Mut.  subula.  Clypeo  quadridentato,  genis  an- 
ticis  dentato-dilatatis,  tborace  oblongo-ovato,  retrorsum 
fortius  attenuato,  confertim  granoso-punctato,  subtilissirae 
albo-setuloso  pilisque  erectis  fuscis  supra  parce  obsito, 
cum  pedibus,  capite,  antennarum  basi  abdominisque  seg- 
mento primo  rufo:  huius  secundo  atro,  opaco,  confertim 
et  profunde  punctato,  sequentibus  nigro-piceis,  nitidulis: 
secundi  lateribus  fasciaque  marginali,  reliquorum  vitta 
maculari  media  flavescenti-tomentosis.  Long.  5  mill.  Pa- 
tria: Bogota  (Mus.  Berol.). 

5.  Mut.  statua.  Thorace  oblongo-ovato,  retror- 
sum fortius  angustato^  supra  cum  capite  abdominisque 
segmento  secundo  fusco-setoso  et  confertim  profunde 
punctato :  picea,  antennis  pedibusque  ferrugineis,  fronte 
aureo-sericea  nee  non  thoracis  abdominisque  segmenti 
secundi  disco  rufo-brunneo,  huius  segmento  primo  et  qua- 
tuor ultimis  rufo-ferrugineis,  cum  secundi  maculis  dua- 
bus  dorsalibus,  ante  medium  sitis  fasciaque  marginali  dense 
aurichalceo-sericeis.  Long.  Ö'/s  mill.  Patria:  La  Guayra 
(Mus.  Berol.). 

6.  Mut.  tricondyloides.  Antennarum  funiculo 
brevi,  basin  versub  incrassato,  oculis  maximis,  capite  re- 
trorsum   fortiter    angustato ,  genis    anticis    dentatim  pro- 


52  Gerstaecker: 

ductis,  clypeo  reflexo,  fisso,  utrinque  quadridentato,  tho- 
race  longissimo,  angusto,  subparallelo ,  abdominis  seg- 
mento  primo  cubico,  latitudine  paullo  longiore ;  nigra, 
parum  nitida,  capite,  thorace  abdominisque  segmentis 
duobus  primis  confertim  et  profunde  punctatis,  supra  ca- 
no-  nigroque  setosis,  vertice,  segmenti  abdominalis  primi 
apice,  secundi  maculis  duabus  basalibus  fasciaque  lata 
marginali  nee  non  reliquis  (subtiliter  punctatis)  totis  au- 
richalceo-sericeis.  Long.  10 V2  oaill.  Patria:  Bogotd  (Mus. 
Berol.).  —  Species  capitis  forma  singulari,  fronte  inter 
oculos  amplissimos  angustata,  supra  antennas  fortiter 
binodosa,  spiraculis  metatkoracicis  rotundis,  prominenti- 
bus  maxime  insignis. 

7.  Mut.  scenica.  Antennarum  funiculo  brevius- 
culo,  capite  transverso,  retrorsum  sat  angustato,  genis 
anticis  dentato-productis,  clypeo  quadridentato,  thorace 
oblongo-ovato,  retrorsum  fortius  attenuato,  cum  abdominis 
segmentis  duobus  primis  laete  rufo,  confertim  punctato 
nigroque  setoso:  antennis  pedibusque  rufo-piceis,  capitis 
nigri  macula  verticali  magna  aurichalceo-,  segmenti  abdo- 
minalis secundi  maculis  duabus  obliquis  marginalibus, 
spatio  nigro  separatis  limboque  laterali  argenteo-sericeis, 
segmentis  reliquis  piceis,  nitidulis,  tertio  nigro-,  ultimis 
supra  albido-pilosis.  Long.  71/3  mill.  Patria:  Brasil,  merid. 
(Mus.  Berol.). 

8.  Mut.  chrysodora  *Perty  (Delect.  anim.  artic. 
Brasil,  p.  137.  tab.  XXVIL  fig.  7.  =  Mut.  furonina  *Bur- 
me  ister,  Brasil.  MutilL  p.  10,  No.  36).  Patria:  Minas  Ge- 
raes  (Perty,  Mus.  Monac),  Novo  Friburgo  (Burm.)  Mus. 
Halens. 

9.  Mut.  hepatica.  Capite  brevi,  transverso,  re- 
trorsum parum  angustato,  clypeo  quadrilobo,  thorace  ovato, 
cum  segmento  abdominali  secundo  confertim  granoso- 
punctato,  supra  cano-  nigroque  setoso :  rufo-brunnea,  opaca, 
mandibulis,  antennarum  basi  pedibusque  rufo-ferrugineis, 
antennarum  flagello  supra,  thoracis  vittis  duabus  margi- 
nalibus segmentique  abdominalis  secundi  parte  posteriore 
nigro-piceis :  capite  supra  (ad  antennarum  ortum  usque), 
segmenti  abdominalis   secundi    punctis   duobus    basalibus. 


Mutillarum  Americae  raeridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.    53 

ante  medium  sitis  vittaque  segmentorum  3. — 6.  maculari 
gemina  aureo-sericeis,  genis,  metanoti  lateribus,  segmento 
abdorainali  primo  toto,  secimdi  lateribus  fasciaque  lata 
marginali  interruptaflavescenti-tomentosis.  Long.  10V2niill. 
Patria:  Rio  de  Janeiro  (Mus.  Halens.). 

10.  Mut.  u  ra  b  r  a  t  i  c  a.  Capite  brevi,  transverso, 
retrorsum  parum  angustato,  clypeo  sexdentato,  thorace 
oblongo,  fere  rectangulo,  abdomen  versus  sat  fortiter 
attenuato,  cum  segmento  abdominali  secundo  confertim 
et  subrugose  punctato:  nigro-picea,  opaca,  raandibulis, 
antennis,  pedibus ,  ventre  segmentique  abdominalis  se- 
cundi  disco  rufo-brunneis,  verticis  plaga  magna  transverse 
quadrata  aureo-sericea,  pleurarum  macula  anteriore,  meta- 
noti vittis  tribus,  segmenti  abdominalis  primi  margine,  se- 
cundi  punctis  duobus  dorsalibus,  ante  medium  sitis  fas- 
ciaque marginali  interrupta,  3.-5.  punctis  quaternis  ano- 
que  albido-  vel  aurichalceo-tomentosis.  Long.  10 — ISmill. 
Patria:  Brasil,  merid.  (Mus.  Berol.). 

11.  Mut.  clirysocephala  Smith  (Catal.  Hyme- 
nopt.  p,  45,  No.  223) ,  für  welche  die  Bildung  der  Au- 
gen und  des  ersten  Hinterleibsringes  nicht  erwähnt  wird, 
scheint  den  beiden  vorhergehenden  Arten  nahe  verwandt 
zu  sein. 

b)  Augen  klein,  rundlich. 

12.  Mut.  versatilis  *Burmeister  (Brasil.  Mu- 
till.  p.  11,  No.  38).  Patria:  Lagoa  santa  (Burm.). 

13.  Mut.  leucogramma.  Capite  parvo,  trans- 
verse ovato,  genis  clypeoque  edentatis,  thorace  breviter 
ovato,  cum  pleuris  confertim  granoso-punctato,  abdominis 
segmento  primo  magno,  trapezoideo,  convexo,  secundo 
campanulato:  atra,  opaca,  infra  cum  pedibus  albo-hirta, 
supra  parce  fusco-setosa,  capite  albo-squamuloso  cum  an- 
tennis,  tibiis  tarsisque  anticis  laete  rufo-ferrugineo :  meta- 
noti strigis  duabus  postice  arcuatim  coniunctis,  segmenti 
abdominalis  primi  secundique  fascia  marginali,  huius  in- 
super  vitta  media  angusta  cano-tomentosis,  ano  rufescenti- 
piloso.    Long.  6V3  mill.  Patria:  Bogota  (Mus.  Berol.). 


54  Gerstaecker: 

5.  Gruppe  der  Mut.  spinosa  Swed.,  perspicil- 
laris  und  larvata  Klug.     (Weibchen.) 

Sekt.  I.  Erstes  Hinterleibssegment  mit  gezähnelter  Querleiste 
vor  dem  Hinterrande,   durch  diese  in  einen  aufsteigenden 
vorderen  und  horizontalen  hinteren  Theil  zerfallend. 
A.  Zweites  Hinterleibssegment  durch  scharfe,   glatte  Längs- 
kiele feilenartig  erscheinend, 
a)  dasselbe  mit  zwei  rundlichen  oder  queren  Flecken  von 

lichter  Färbung, 
t)  Scheitel    in  Form  einer    (kaum  unterbrochenen)   Quer- 
binde hell  befilzt. 

1.  Mut.  pardalis.  Capite  minore,  transverso, 
mesonoti  angulis  lateralibus  obtusis:  atra,  or«,  antennarum 
basi,  fascia  verticis  ampla,  meso-  et  metanoti  angustiore 
segmentisque  abdominis  3. — 6.  cinereo-pilosis:  prirai  apice 
utrinque  albo-sericeo,  secundi  maoulis  duabus  suborbicula- 
ribus  vel  rotundato-quadratis  aurantiacis.  Long.  12 — 
15mill.  Patria:  Nov.  Granada,  Bogota,  Columbia  (Mus» 
Berol.). 

2.  Mut.  patricialis.  Capite  minore,  transverso, 
mesonoto  acutangulo:  atra,  ore,  antennarum  basi,  fronte, 
fascia  verticis  vix  interrupta,  mesonoti  postica  ferc  recta, 
metanoti  vittis  duabus  lateralibus,  segmento  abdominali 
primo  utrinque  maculatim,  3. — 6.  linea  media  excepta  to- 
tis  aurichalceo-sericeis :  secundi  maculis  duabus  suborbi- 
cularibus  minoribus,  aurantiacis.  (Tibiae  posteriores  bre- 
vius  rufescenti-spinosae.)  Long.  18 — 20  mill.  Patria  :  Nov. 
Granada,  Bogota   (Mus.  Berol.). 

ff)  Scheitel  in  Form  zweier  Querflecke  licht  befilzt. 

3.  Mut.  superba.  Capite  maiore,  transverse  qua- 
drato,  mesonoto  acutangulo :  atra,  ore,  antennarum  basi, 
verticis  maculis  duabus  magnis,  mesonoti  fascia  postica 
arcuata,  metanoti  vittis  duabus  aibdominisque  segmentis 
1.  et  3. — 6.  utrinque  aurichalceo-sericeis  :  secundi  maculis 
duabus  post  medium  sitis  minoribus,  suborbicularibus,  au- 
rantiacis. (Tibiae  posteriores  longius  nigro-spinosae.) 
Long.  17 — 19  mill.  Patria :  Nova  Granada,  Bogota  (Mus. 
Berol.). 

var.  Gracilior,  mesonoti  fascia  aurichalcea  interrupta. 
Patria:  Columbia,  Caraccas  (Mus.  Berol.). 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigcnarum  Synopsis  etc.    55 

4.  Mut.  larvata  *Klug  (Entora.  Brasil,  spcc. 
p.  34;  No.  19.  tab.  22,  Fig.  6.  —  Biir  meis  ter,  Brasil. 
Miitill.  p.  5,  No.  1.  —  Mut.  lanata  Lepeletier,  Hym^nopt. 
III.  p.  644,  No.  77).      Patria:  Parä,  Guyana  (Mns.   BeroL). 

5.  Mut.  pe  rspi  ci  llaris  *Klug  (a.  a.  0.  p.  33, 
No.  8.  tab.  22,  Fig.  5.  —  Lepeleti  er  p.  643,  No.  75.  *Bu  r- 
nie  ist  er  p.  6,  No.  4.)  Patria:  Cayenna,  Guyana  (Mus. 
BeroL). 

6.  Mut.  myops  *  Burmeister  (a.  a.  O.  p.  6, 
No.  5).  Patria:  Lagoa  santa  (ßurm.),  Salto  grande  Bra- 
siliae  (Mus.  Berol.). 

tff)  Scheitel  ohne  helle  Befilzung. 

7.  Mut.  spinosa  Sweder  (Vetensk.  Academ.  nya 
Handling.  VlII.  1787.  p.  283,  No.  39.  --*Klug  p.  35, 
No.  7.  tab.  22,  Fig.  4.  —  Lepeletier  p.  621,  No.  40.— 
*  Burm.  p.  6,  No.  3. —  Mut.  derasa  Fabricius,  Syst. 
Piezat.  p.  429,  No.  2.).     Patria:   Babia  (Mus.  Berol.). 

8.  Mut.  obliquata  *Klug  (a.  a.  O.  p.  35,  No.  10. 
tab.  22,  Fig.  7).     Patria:   Par^  (Mus.  Berol.). 

9.  Mu  t.  ser  ena.  (=  Mutilla  derasa  *  Burm  eiste r, 
a.a.O.  p.  6,  No.  2.  —  ?  Mut.  sabulosa  Smith,  Catal. 
Hymenopt.  Brit.  Mus.  III.  p.  49,  No.  234.)  Capite  thora- 
cisque  dorso  immaculatis,  atra,  pleuris,  metanoti  vittis 
duabus  angustis  abdominisque  segmentis  1.  et  3. — 6.  utrin- 
que  aurichalceo-sericeis,  secundi  maculis  duabus  suborbi- 
cularibus  minoribus,  rubicundis.  Long.  15 — 20  mill.  Patria: 
Congonhas  (Burm.),  San  Paolo  Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

Anmerkung.  Die  von  Burmeister  auf  vor- 
stehende Art  bezogene  Mut,  derasa  Fab.  gehört  zu  Mut. 
spinosa  Swed.,  bei  welcher  sie  schon  von  Klug  mit 
Recht  citirt  wird.  Die  IVIut.  sabulosa  Smith  soll  zwei 
silberhaarige  Flecke  an  den  Hintei'winkeln  des  Meso- 
thorax  haben;  sonst  würde  ihre  Beschreibung  sehr  wohl 
auf  Mut.  serena  anzuwenden  sein,  nicht  aber  ihr  Name, 
welcher  bereits  von  Klug  (1835)  an  eine  Spanische 
Art  vergeben  worden  ist. 

10.  Mut.  fenestr  ata*  Klug  (a.  a.  O.  p.  35,  No.  11 
tab.  22,  Fig.  8).  —Patria:  Parä  (Mus.  Berol.). 

11.  Mut.  stygia  Smith    (Catal.    Hymenopt.  III. 


56  Gerstaecker: 

p.  47,  No.  229.)   von  Santarem,    scheint  der  vorhergehen- 
den Art  sehr  nahe  verv^andt  zu  sein. 

12.  Mut.  valida  Smith  (a.a.  O.p.47,  No.  230) 
von  TapajoS;  mir  unbekannt,  gehört  nach  der  Beschrei- 
bung gleichfalls  der  Abtheilung  A,  a  an. 

b)    Zweites    Hinterleibssegment    mit    zwei    licht    befilzten, 
beiderseits  abgekürzten  Längsstriemen. 

13.  Mut,  gigantea  *Perty  (Delect.  anim.  artic. 
Brasil,  p.  138.  tab.  27,  Fig.  9).  Patria:  Brasil,  intcr.  (Mus. 
Berol.  et  Monac.). 

B,  Zweites  Hinterleibssegment  ohne  glatte  Längskiele,    nur 
punktirt. 
a)  Dasselbe  mit  zwei   lichten,  seidig  behaarten  Flecken, 

14.  Mut.  xanthocerata  Smith  (Transact.  entom. 
soc.  of  London  3.  ser.  I.  p.  35).  Patria:  Costarica,  Vera- 
gua  (Mus.  Berol.). 

15.  Mut.  insignis  Smith  (Catal.  Hymenopt.  Brit. 
Mus.  III.  p.  56,  No.  277).     Patria:   Bogota  (Mus.  Berol.). 

16.  Mut.  rotifera.  Atra,  fascia  verticis  ampla, 
intra  oculos  utrinque  frontem  versus  descendente,  mesonoti 
fascia  posteriore,  pleuris  totis,  metanoto"  linea  media  ex- 
cepta,  pedibus  abdominisque  segmentis  1.  et  3. — 6.  dense 
cano-sericeis:  secundi  maculis  duabus  suborbicularibus,  sat 
magnis  aurantiacis.  Long.  13  mill.  Patria:  Bogota  (Mus. 
Berol). 

Species  admodum  insignis,  praecedentibus  duabus 
multo  minor,  difFert  occipite  haud  inflato,  fere  semicircu- 
lari^  thorace  inermi,  debili,  compresso,  apicem  versus  sen- 
sim  angustato,  metanoto  deplanato  et  anteriore  thoracis 
parte  haud  breviore,  abdomine  inter  segmenta  1.  et  2.  sat 
fortiter  constricto,  segmenti  primi  parte  horizontali  ele- 
vato-naarginato  denticulisque  octo  erectis  supra  armato. 

b)  Zweites  Hinterleibssegment  mit  drei  grossen,  grob  pimk- 
tirten  hellen  Flecken. 

17.  Mut.  prionophora  *Burmeister  (Brasil. 
Mutill.  p.  10,  No.  37).  Patria :  Novo  Friburgo  (Burm.)  — 
Species  segmenti  abdominalis  secundi  cristis  duabus  longi- 
tudinalibus,  fortiter  dentatis  admodum  insignis  et  distinc- 
tissima. 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.    57 

Sekt.  II.    Erstes  Hinterleibssegment   ohne   gezähnelte  Quer- 
leiste vor  dem  Hinterrande. 

A.  Zweites   Hinterleibssegment    mit    vier    licht    gefärbten 
Flecken. 

18.  Mut.  verticalis  Smith  (Catal.  Hymenopt. 
p.  63,  No.  311).  -—  Patria:  Mexico  (Smith),  Costarica 
(Mus.  Berol.). 

19.  Mut.  Hecate.  A  praecedente,  cui  simillima, 
differt  statura  graciliore,  capite  magis  transverso,  minus 
inflato,  post  oculos  haud  tumido,  thorace  debiliore,  meso- 
noto  utriuque  dentato,  fronte  atra,  verticis  macula  media 
rufo-tomentosa  multo  minore,  segmenti  abdominalis  se- 
cundi  maculis  miniaceis  posterioribus  duabus  minus  am- 
ph's,  ovatis,  obliquis.  Long.  13  mill.  Patria:  Costarica 
(Mus.  Berol.). 

20.  Mut.  hilaris.  (=  Mut.  laeta  Smith,  Catal. 
Hymenopt.  III.  p.  57,  No.  278).  Atra,  ore,  genis,  verticis 
macula  magna  media,  mesonoti  et  metanoti  binis,  pedibus 
abdominisque  segmentis  1.  et  3. — 6.  utrinque  argenteo-seri- 
ceis,  secundi  maculis  quatuor  rubris.  Long.  11 — 15  mill. 
Patria  :  Nov.  Granada,  Bogota  (Mus.  Berol.). 

Anmerkung.  Der  S  m  i  t  h's  c  h  e  Name  kann  dies  er 
Art  nicht  verbleiben,  weil  er  von  demselben  Autor  einige 
Seiten  vorher  (p.  46,  No.  225)  schon  einer  Brasilianischen 
beigelegt  worden  ist. 

21.  Mut.  tetraspilota.  Capite  minore,  transverso: 
atra,  confertim  punctata,  thorace  abdominisque  basi  sca- 
briusculis:  ore,  fronte,  genis,  mesonoti  parte  posteriore, 
metanoto,  segmenti  abdominalis  primi  lateribus,  3. — 6.  to- 
tis  aurichaiceo-pilosis,  secundi  maculis  quatuor  aurantiacis, 
anterioribus  minutis,  admodum  inter  se  remotis,  posteri- 
oribus approximatis,  magnis,  transverse  quadratis,  latera 
versus  subattenuatis.  Long.  11  mill.  Patria:  Bogota  (Mus. 
Berol.). 

B,  Zweites  Hinterleibssegment  nur  mit  zwei  licht  gefärbten 
Flecken. 

22.  Mut.  Crocsus.  Capite  maximo,  transverso, 
quam  thorax  fere  duplo  latiore,  occipitis  marginati  angu- 
lis    inferioribus    dentatim    productis,  genis    anticis   dente 


58  Gerstaecker: 

validisslmo,  acuto,  perpendiculariter  descendente  armatis, 
fronte  supra  antennas  siilcata,  clypei  lateribus  reciirvis  et 
dentatim  acuminatis,  mandibulis  processu  basali  lamelH- 
formi^  laüceolato,  retrorsum  verso  instructis,  antennarum 
scapo  elongato,  tenui,  apicem  versus  fortiter  arcuato,  funi- 
ciili  acuminati  articiilo  secundo  elongato:  atra,  verticis 
mucula  transversa  amplissima,  mesonoti  fascia  posteriore 
arcuata,  metanoti  vittis  dnabus  segmentique  abdominalis 
seciindi  maculis  duabus  magnis  suborbicnlaribus  croceis 
aureo-sericeis:  ore  pedibusque  griseo-hirtis,  pleuris  argen- 
teo-  pruinosis,  genis  cinereo-^  abdominis  segmento  primo 
utrinque,  8.-6.  totis  aurichalceo-sericeis.  Long.  15 — 
Ißmill.  Patria:  Xalappa  (Mus.  ßerol.). 

23.  Mut.  nodifrons.  Capite  maximo,  transverso, 
occipitis  profunde  emarginati  angulis  inferioribus  den- 
tatim productis,  genis  anticis  dente  validissimo,  late  trun- 
cato,  perpendiculari  armatis,  vertice  longitudinaliter  sul- 
cato,  fronte  supra  antennas  fortiter  bituberculata  ,  cly- 
pei lateribus  in  dentem  latum,  obtuse  triquetrum,  apice 
leviter  recurvum  productis,  mandibulis  processu  basali 
lamclliformi  lato,  triangulari,  retrorsum  verso  instructis, 
antennarum  scapo  elongato,  tenui,  apicem  versus  fortiter 
arcuato,  funiculi  articulo  secundo  elongato,  basin  versus 
styliformi:  atra.  verticis  macula  ampla,  obtuse  triangulari, 
in  frontis  latera  descendente,  occipitis  angulis  posticis, 
mesonoti  fascia  posteriore,  antice  emarginata,  metanoti 
vittis  duabus  abdominisque  segmentis  1.  et  3. — 6.  linea 
media  excepta  aureo-sericeis,  segmenti  secundi  maculis 
duabus  suborbicnlaribus  croceis,  ore,  genis,  antennarum 
basi,  pedibus  ventreque  pilis  flavescenti-griseis  vestitis. 
Long.  16  mill.  Patria:  Bogota  (Mus.  BeroL). 

24.  Mut.  capitata  Smith  (Catal.  Hymenopt. 
IlL  p.  58,  No.  284)  aus  Mexico,  scheint  den  beiden  vor- 
hergehenden Arten  zunächst  verwandt  zu  sein.  Der  Name, 
bereits  von  Lucas  (1849)  an  eine  Algerische  Art  ver- 
geben, ist  zu  ändern. 

25.  Mut.  felina  *Burmeister  (Brasil.  Mutill. 
p.  9,  No.  27).  Species  insignis,  thorace  graciliore,  utrin- 
quo  acute  dentato,    mesonoto  atro,   segmenti  abdominalis 


Mutillarum  Americae  meridioualis  indigenarum  Synopsis  etc.     59 

secundi  maculis  aiirantiacis  maximis,  tomentosis,  reliquo- 
riim  fasciis  aiireo- serieeis  haiid  interriiptis  a  sequenti 
discedens.  Variat  femoribus  ad  genua  usque  rufo-fer- 
rugineis.  —  Patria:  Novo  Friburgo  Brasiliae  (Burm.). 

26.  Mut.  macropis.  Capite  mediocri,  transverso^ 
mandibulis  genisque  inermibus,  his  acute  carinatis,  thorace 
latitudine  parum  longiore,  modice  constricto,  lateribus 
inermi:  atra^  mesonoti  dimidio  posteriore,  metanoti  vittis 
duabus  latis  segmentisque  abdominalibus  1.  et  3. — 6.  vitta 
media  excepta  aureo- serieeis,  secundi  maculis  duabus 
magnis,  rotundato-quadratis,  confertim  punctatis  subtiliter- 
que  setulosis  laete  aurantiacis:  ore,  antennarum  basi  pedi- 
busque  eano-birtis.  Long.  IOV2— 13  mill.  Patria:  Brasilia 
(Mus.  Berol.). 

27.  Mut.  argyrospila.  Capitis  transversi  angulis 
posticis  acntiusciilis,  genis  carinatis,  thorace  latitudine  pa- 
rum longiore,  ante  stricturam  denticulato :  atra,  vittis  dua- 
bus verticis  lateralibus,  meso-et  metanoti  latioribus,  for- 
titer  abbreviatis  abdominisque  segmentis  1.  et  3.-6.  utrin- 
que  argenteo-sericeis,  secundi  maculis  duabus  minoribus, 
ovatis,  distantibus  sanguineis,  confertim  punctatis.  Long. 
11  mill.  Patria:  Minas  Geraes  (Mus.  Berol.). 

28.  Mut.  confinis.  Capitis  transversi  angulis 
posticis  obtusiusculis,  genis  carinatis,  thorace  breviusculo, 
ante  stricturam  denticulato:  atra,  metanoti  vittis  duabus 
abbreviatis  abdominisque  segmentis  1.  et  3. — 6.  utrinque 
auriclialceo-sericeis,  secundi  maculis  duabus  suborbiculari- 
bus  vel  breviter  ovatis  rufis,  confertim  punctatis.  Long. 
8V2— 9  mill.  Patria:  Brasilia  merid.  (Mus.  Berol.). 

Anmerkung.  Mut.  vaga  Smith  (Catal.  Hymenopt. 
IIL  p.  44,  No.  220)  scheint  mit  den  vorhergehenden 
Arten  nahe  verwandt  zu  sein  und  besonders  zwischen 
Mut.  macropis  und  argyrospila  die  Mitte  zu  halten.  Die 
Flecken  des  zweiten  Hinterleibssegments  sind  goldig,  die 
folgenden  silberweiss  behaart,  der  Thorax,  wie  es  scheint, 
ganz  schwarz. 

29.  Mut.  ce r a si n a.  Capite  transverso,  fronte  tumi- 
dula,  oecipite  rectangulo,  thorace  latitudine  parum  longi- 
ore, ante  stricturam  denticulato,    sanguineo,    in  dorso  an- 


60  Gerstaecker: 

teriore  setis  decumbentibus  nigris  vestito :  ceterum  atra, 
griseo-hirta,  vittis  duabus  verticis  postocularibus,  retror- 
sum  leviter  conniventibus,  thoracis  totidem  abbreviatis  ab- 
dominisque  segmentis  1.  et  3. — 6.  utrinque  aurichalceo-se- 
riceis,  secundi  maculis  duabus  suborbicularibus  aurantiacis, 
confertim  punctatis  breviterque  setulosis.  Long.  9V2  miH. 
Patria :  Parana  (Buim.)  Mus.  Halens. 

30.  Mut.  cruenta.  Capite  transverso,  genis  cari- 
natis,  occipitis  angulis  rotundatis,  thorace  ante  stricturam 
fortiter  unidentato,  metanoti  lateribus  serratis :  atra,  griseo- 
hirta,  mesonoti  maculis  duabus  magnis  lateralibus,  seg-' 
menti  abdominalis  secundi  totidem  dorsalibus  maximis 
biramosis,  i.  e.  basin  versus  profunde  excisis  dilute  san- 
guineis:  segmentis  abdominalibus  3. — 6.  linea  media  ex* 
cepta  argenteo-  vel  aurichalceo-sericeis.  Long.  11  mill. 
Patria:  Brasil,  merid.  (Mus.  BeroL). 

31.  Mut.  debilis.  Capite  minore,  transverso,  re- 
trörsum  leviter  angustato,  fronte  distincte  sulcata,  thorace 
oblongiusculo,  ante  stricturam  denticulato,  sanguineo,  an- 
tennarum  basi,  trocbanteribus,  tibiarum  basi  tarsisque  ru- 
fis :  ceterum  nigra,  genis,  verticis  fascia  subarcuata,  seg- 
menti  abdominalis  secundi  maculis  duabus,  pone  medium 
sitis,  suborbicularibus,  3,-5.  supra  totis  aurichalceo-seri- 
ceis. Variat  segmentis  abdominalibus  l.et2.  supra  rubris, 
nigro-limbatis.  Long.  7V2  mül.  Patria:  Allegrette  Bra- 
siliae  (Mus.  BeroL). 

32.  Mut.  succincta  Smith  (Catal.  Hymenopt. 
III.  p.  44,  No.  218)  von  Parä  scheint  der  vorhergehenden 
Art  nahe  zu  stehen. 

33.  Mut.  cu()iceps.  Capite  maiore,  transverso, 
crassiusculo,  occipitis  angulis  rotundatis,  mesonoto  utrln- 
que  acute  dentato:  mandibulis,  antennarum  basi  pedibus- 
que  rufis,  genubus  piceis,  occipite  thoraceque  —  hoc  margine 
antico  sat  lato  cxcepto  —  sanguineis :  ceterum  nigra,  verticis 
fascia  semilunari  abdominisque  segmenti  secundi  maculis 
duabus,  pone  medium  sitis,  transversis  flavescentibus, 
aureo-sericeis,  3. — 5.  linea  media  excepta  aurichalceo-pilo- 
sis.  Long.  7 V2  mill.  Patria:  Allegrette  Brasiliae  (Mus. 
BeroL). 


Mutillarum  Americae  meridionalis  iudigen  ariim  Synopsis  etc.    61 

34.  M  u  t.  c  0  m  e  ta.  Capite  crassiusculo,  transverso, 
occipitis  angulis  rotundatis,  mesonoto  utrinque  obsolete 
dentato:  rufa^  antennarum  femorumque  apice,  tibiis  tarsis- 
que  piceis,  abdominis  segraentis  2. — 6.  supra  nigris,  3. — 5. 
linea  media  excepta  aurichalceo-sericeis,  secundi  maculis 
duabus  distantibuS;  transverse  ovatis  aurantiacis  strigisque 
duabus  cum  Ulis  connexis  et  basin  versus  percurrentibus 
aureo-tomentosis :  fronte  thoracisque  dorso  atro-setulosis, 
verticis  fascia  semilunari  ampla  aurichalceo-sericea.     Long. 

6  mill.     Patria  :  Paranä  (Burm.)  Mus.  Halens. 

35.  Mut.  fissiceps  Smith  (Catal.  Hymenopt. 
III.  p.  48,  No.  232)  von  Tapajos  scheint  den  beiden  vor- 
hergehenden Arten  nahe  zu  stehen. 

36.  Mut.  pythagorea.  Capite  transverso,  fere 
rectangulo,  thoracis  cordati  fortiterque  constricti  lateribus 
bidenticulatis,  metanoti  serrulatis:  cum  antennis  pedibus- 
que  totis  rufa,  verticis  fascia  semilunari  aurichalceo-tomen- 
tosa,  abdominis  segmentis  2. — 6.  supra  nigris  vel  nigro- 
fuscis,  1.  et  2.  in  margine  postico,  sequentibus  totis  auri- 
chalceo-sericeis, secundi  maculis  duabus  distantibus  et  pone 
medium  sitis,  triangularibus  aurantiacis.  Variat  capite 
cum  antennis,  thorace  pedibusque  nigro-piceis.     Long.  6 — 

7  mill.  Patria:  Paranä  (Burm.)  Mus.  Halens. 

37.  Mut.  ichneumonea  '^'Bur  meiste  r  (Brasil. 
Mutill.  p.  9  No.  28).     Patria:  Lagoa  santa  (Burm.). 

38.  Mut.  melanocephala^Perty  (Delect.  anim. 
artic.  Brasil,  p.  137.  tab.  27,  Fig.  6  =  Mut.  bilunata  *Bur- 
meister,  Brasil.  Mutill.  p.  10,  No.  33).  Patria:  Novo 
Friburgo  (Burm.),  Rio  de  Janeiro  (Mus.  Berol.). 

39.  Mut.  pumila  *Burmeister  (a.a.O.  p.  10, 
No.  35).  Patria:  Minas  Geraes  (Mus.  Berol.),  Novo  Fri- 
burgo (Burm.). 

40.  Mut.  multicolor.  Capite  minore,  transverso, 
genis  carinatis,  ocuiis  sat  magnis,  thorace  breviusculo, 
constricto,  ante  stricturam  obsolete  denticulato:  nigra, 
antennarum  dimidio  basali,  fronte,  vertice,  thoracis  fascia 
lata  anteapicali,  pedibus  totis,  segmenti  abdominalis  se- 
cundi maculis  duabus  posterioribus  sat  magnis,  transverse 
quadratis,  3.-6.  dorso  medio  rufis,  aureo-sericeis.     (Pleu- 


62  Gerstaecker: 

rae  laeves,  nitidae,  infra  griseo-pubescentes.  Vertex  tho- 
racisque  dorsum  parcius,  segmenti  abdominalis  seeundi 
maculae  fasciaque  apicalis  utrinque  abbreviata,  reliquorum 
dorsum  totum  dense  aureo-sericea.  Venter  cum  pedibus 
cano-hirtus.)  Long.  8  mili.  Patria :  Venezuela  (Mus.  Halens.). 

C,  Zweites  Hinterleibssegment  ohne  scharf  abgegrenzte 
Scheibenflecke,  entweder  im  Bereich  der  hinteren  Hälfte 
oder  überhaupt  (wenigstens  vorwiegend)  licht  gefärbt. 

41.  Mut.  brevis  *Burmeister  (a.a.O.  p.  10, 
No.  33).  Patria:  Novo  Friburgo  (ßurm.),  Brasilia  (Mus. 
Berol.). 

42.  M  u  t.  c  h  r  y  s  o  m  a  1 1  a.  Capite  crassiusculo,  trans- 
verso,  occipitls  angulis  late  rotundatis,  pro-  et  mesonoto 
aQutangulis,  metanoti  lateribus  argute  dentato-serratis: 
laete  rufa,  antennarum  funiculo  basi  excepta  piceo,  man- 
dibulis,  capite,  thoracis  limbo  antico  sat  lato  abdominisque 
segmentis  2. — 6.  supra,  3. — 6.  infra  atris,  nigro-setosis:  se- 
eundi maculis  duabus  posterioribus  transverse  ovatis,  sat 
distantibus  aurantiacis  ornati  linea  media  dimidioque  po- 
steriore tenuiter  aureo-setulosis,  margine  postico  segmentis- 
que  sequentibus  vitta  media  excepta  dense  auricbalceo- 
sericeis.  —  Variat  vertice  rufo-vario,  thoracis  limbo  nigro 
angustiore,  segmenti  abdominalis  seeundi  maculis  auran- 
tiacis confluentibus.  Long.  6 — 10  mill.  Patria:  Brasilia 
(Mus.  Berol.). 

43.  Mut.  pectoralis  (=  Mut.  concinna  *Bur- 
m  eist  er,  Brasil.  Mutill.  p.  10^  No.  34).  Patria:  Bahia 
(Mus.  Berol.),  Novo  Friburgo  (Burm.)  —  Der  Burm ei- 
st er's  che  Name  ist  als  schon  von  West  wo  od  (1843)  an 
eine  Australische  Art  vergeben,  zu  ändern. 

44.  M  u  t.  s  t  a  p  h  yl 0 m  a.  Oculis  exsertis,  admodum 
convexis,  capite  retrorsum  rotundato-angustato,  pro-  et 
mesonoto  acutangulis,  metanoti  lateribus  argute  dentato- 
serratis:  laete  rufa,  antennis  basi  excepta  piceis,  capite, 
pronoti  angulis  lateraübus  abdominisque  segmenti  seeundi 
dimidio  anteriore  maiore  atris,  huius  linea  media  dimidio- 
que posteriore  (rufo)  tenuiter  auricbalceo-setulosis,  primi 
margine  postico,    3. — 6.  vitta  media  excepta  ubique    auri- 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.    63 

chalceo  -  serieeis.      Long.    9  raill.    Patria:    Brasil,    merid. 
(Mus.  Berol.). 

45.  Mut.  argyr ocephala.  Capite  crassiusculo, 
transverso,  occipitis  angulis  rotundatis,  tliorace  latitudine 
parum  longiore,  mutico,  metanoti  fortiter  declivis  lateri- 
bus  supra  tantum  denticulatis:  rufo-ferruginea,  thorace 
toto  abdominisque  maculis  duabus  dorsalibus  —  anteriore 
biloba  basin,  posteriore  transverse  ovata  apicem  segmenti 
secundi  occupante  — -  piceis,  capite  toto  candido-sericeo, 
segmento  abdominali  secundo  inter  maculas  setulis  aureis 
consperso,  sequentibus  denae  aurichalceo-villosis.  Long. 
6  mill.  Patria:  Lisula  8t.  Jean  (Mus,  Berol.). 

46.  Mut.  nummularis.  Capite  magno,  transverso, 
tumidulo,  occipitis  emarginati  angulis  genisque  acute  cari- 
natis,  bis  dente  valido.  retrorsum  verso  armatis,  thorace 
angulato,  supra  obsolete  punctato,  metanoto  fortiter  con- 
stricto,  inermi :  rufo-brunnea,  supra  sat  dense  nigro-,  infra 
cano-birta,  antennarum  funiculo,  fronte,  mesonoto  anteriore 
abdomineque  —  plaga  magna  segmenti  secundi  biloba, 
media  excepta  —  piceis:  verticis  maculis  duabus  amplis 
obliquis,  thoracis  vittis  totidem  marginalibus,  segmento- 
rum  abdominalium  1. — 3.  macula  media  apicali,  ceterorum 
dorso  toto  aureo-sericeis.  Long.  TVeniill.  Patria:  Porto 
Allegre  Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

47.  Mut.  a m a b i  1  i s.  Capitis  transversi  angulis 
posticis  rectis,  genis  carinatis,  inermibus,  thorace  latitu- 
dine fere  dimidio  longiore,  ante  stricturam  obsolete  den- 
ticulato :  atra,  infra  cum  pedibus  cano-hirta,  verticis  ma- 
cula permagna,  transversa  aureo-sericea,  thoracis  supra 
interdum  picei  vittis  duabus,  in  mesonoti  dimidio  anteri- 
ore abbreviatis  maculaque  dorsali  media  segmentorum  ab- 
dominalium 3. — 5.  argenteo-sericeis  :  segmentis  L  et  2.  ru- 
fis,  margine  apicali  setis  atris  deeumbentibus  vestito. 
—  Varlat  segmenti  abdominalis  secundi  linea  media  nigri- 
canti.  Long.  7 — 8  mill.  Patria:  Paranä  (Burm.),  Alle- 
grette  Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

48.  Mut.  haematodes.  Capite  valido,  transverso, 
pone  oculos  perspicue  ampliato,  occipitis  angulis  rotun- 
datis,    thorace  subcordato,    antice    fere  rectangulo,    abdo- 


64  Gerstaecker: 

mine  inter  segmenta  1.  et  2.  fortiter  constricto:  nigra,  in- 
fra  cum  pedibus  albo-hirta,  supra  cano-fuscoque  setosa, 
capite  segmentoque  abdominali  secimdo  —  Imius  macula 
magna  media  basaii  subtriangiüari,  apice  triloba  fasciaqne 
raarginali,  pilis  decumbentibus  atris  vestitis,  exceptis  — 
sanguineis,  grosse  et  minus  confertim  punctatis,  subnitidis, 
thoracis  strigis  duabus  dorsalibus  cano-  vel  aurichalceo-, 
pleuris  anterioribus  segmentorumque  abdominalium  3. — 5. 
vittis  tribus  macularibus  argenteo-sericeis,  ano  fusco-pi- 
loso.  Long.  IOV2 — ISmill.  Patria;  Montevideo  (Mus.  Berol.), 
Paranä  (Burm.).  —  Species  capitis  oculorumque  confor- 
matione  cum  praecedentibus  congruens,  at  abdomine  pe- 
tioiato  divergens. 

49.  Mut.  polyspila.  Capite  mcdiocri,  transverso, 
occipitis  truncati  angulis  rotundatis,  genis  carinatis,  iner- 
raibus,  oculis  sat  magnis,  tliorace  subangulato,  cum  ca- 
pite confertim  punctato,  subnitido:  rufa,  infra  parce  aibo- 
setosa,  antennarum  apice  segmentorumque  abdominalium 
margine  utrinque  piceo,  verticis  plagis  duabus  postocu- 
laribus  parce,  segmenti  abdominalis  primi  et  secundi  ma- 
cula media  apicali,  secundi  insuper  duabus  oblongis  late- 
ralibus,  3. — 5.  fascia  utrinque  marginali  dense  argenteo- 
sericeis,  ano  rufescenti-piloso.  Long.  7^/3  mill.  Patria: 
AUegrette  Brasiliae  (Mus.  BeroL). 

50.  Mut.  micr  oph  thalma.  Capite  transverso, 
fronte  tumidula,  occipitis  angulis  cum  genis  acute  carina- 
tis, oculis  sat  parvis,  thorace  oblongo-cordato,  inermi:  rufa, 
unicolor,  fronte  verticeque  sat  dense  aurichalceo  -  villo- 
sis,  thoracis  abdominisque  lateribus  albo-hirtis,  huius  seg- 
menti secundi  fascia  pone  medium  sita,  arcuata  strigisque 
duabus  ex  illa  basin  versus  prodeuntibus,  segmentisque 
3. — 5.  supra  totis  argenteo-sei?iceis,  secundi  margine  po- 
stico  setis  decumbentibus  nigro-fuscis  vestito.  Long.  9mill. 
Patria;  Mexico  (Mus.  ßeroL). 

51.  Mut.  cardinalis.  Capite  valido,  transverso, 
retrorsum  perspicue  arapliato,  fronte  utrinque  supra  an- 
tennas  carinata,  occipitis  profunde  emarginati  angulis 
acute  carinatis,  carina  genas  versus  arcuatim  descendente 
ibique  in  dentem    acutum   excurrcnte;    thorace  subpenta- 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.      65 

gono,  latltudine  parum  longiore,  mntico,  supra  deplanato, 
metanoto  decllvi :  coccinea,  mandibulis^  antennis  pedibus- 
que  picels,  segmenti  abdominalis  secnndl  basi  apiceque 
late  atris,  hnins  disco  cum  capite  tlioracisque  dorso  aureo- 
sericeis,  ore,  occipite,  metanoto  abdominisque  basi,  lateri- 
bus  et  segmentis  apicalibus  griseo-birtis.  Long.  10  mill. 
Patria  :  Mexico  (Mus.  Berol.). 

52.  Mut.  satrapa.  Capite  valido,  transverso,  re- 
trorsum  perspicue  ampliato,  occipitis  angulis  posticis  ge- 
nisque  acute  carlnatis  et  in  dentem  communem  productis, 
thorace  transverso,  antice  recte  truncato,  postice  fortiter 
trapezoideo-angustato,  utrinque  acute  marginato  et  denta- 
tim  inciso,  metanoto  brevissimo,  perpendiculari:  coccinea, 
mandibularum  apice,  antennis  pedibusque  nigro-piceis, 
pleuris  posterioribus,  metanoto  abdominisque  segmentis  1. 
et  3. — 6.  nigris:  capite  thoracisque  dorso  rufo-birtis  et 
cum  segmento  abdominali  secundo  aureo-  vel  coccineo-se- 
riceis,  metanoto  et  abdominis  basi  nigro-hirtis,  huius  seg- 
mentis 3. — 6.  fusco-hirsutis  griseoque  ciliatis.  Long.  11  — 
14  mill.  Patria:  Mexico  (Mus.  Berol.). 

D.  Zweites  Hinterleibssegment  auf  dunkelem  Grunde  in 
Form  eines  Kreuzes  oder  wenigstens  einer  mittleren 
Längsstrieme  licht  befilzt. 

53.  Mut.  barpyia.  Capite  maximo,  transverso, 
thoracis  latitudinem  plus  dimidio  superante,  occipitis  an- 
gulis genisque  acute  carinatis,  bis  fortiter  inflatis  oculos- 
que  lateraliter  excedentibus,  fronte  profunde  sulcata  et 
supra  antennas  fortiter  bicornuta,  antennarum  scapo  arcuato, 
thorace  debili,  parallelo,  inermi,  metanoto  fere  perpendi- 
culari :  atra,  mandibulis  ante  apicem  femorumque  basi  rufo- 
piceis,  verticis  vittis  duabus  postocularibus  thoracisque 
totidem  latioribus  aureo-sericeis,  genis,  segmenti  abdomi- 
nalis primi  maculis  tribus  marginalibus,  secundi  linea 
media,  ante  apicem  abbreviata  et  cum  fascia  pone  medium 
sita,  latiore  coniuncta,  quarti  quintique  fascia  utrinque  ab- 
breviata aurichalceo-tomentosis :  ventre  pedibusque  cano- 
hirtis.     Long.  16  mill.  Patria :  Brasil,  inter.  (Mus.  Berol.). 

54.  Mut.  plag  lata.  Capite  minore,  transverso, 
fronte  tumidula,  subsulcata,  genis  leviter  carinatis,  thorace 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  5 


6G  Gerstaecker: 

latitudine  parum  longiore,  ante  stricturam  angulato  et 
denticulato,  metanoti  lateribus  rotundatis:  atra,  mandibuia- 
rum  antennarumque  basi  nifo-bnmnea,  fronte  tota^  verticis 
parte  anteriore  thoraceque  —  huius  mesopleuris  exceptis 

—  laete  miniaceis,  aureo-setulosis,  abdominis  strigis  tri- 
bus  dorsalibus  percurrentibus  fasciaque  seeundi  segmenti 
pone  medium  sita,  angusta  argenteo-  vel  aurichalceo-seri- 
ceis:  segmentis  ventralibus  medio  rufescentibus  dense  al- 
bido-fimbriatis.  Long.  8  milL  Patria :  Aragua  Columbiae 
(Mus.  BeroL). 

55.  Mut.  dissoluta.  Capite  thoraceque  ut  in 
praecedente  formatis :  atra,  fronte,  genis  anticis,  mandibu- 
larum  basi,  antennarum  articulis  tribus  primis,  thorace 
toto  pedibusque  laete  rufis,  verticis  vittis  duabus  intra- 
ocularibus,  abdominis  vitta  dorsali  maculari,  in  segmento 
secundo  late  interrupta,  fascia  eiusdem  segmenti  et  ipsa 
interrupta  et  utrinque  abbreviata,  pone  medium  sita  seg- 
mentorumque  2. — 5.  maculis    lateralibus  argenteo-sericeis. 

—  Variat  vertice  quoque  vel  etiam  capite  toto  rufescente. 
Long.  7 — 9  mill.  Patria  :  Carthagena,  Bogota  (Mus.  Berol.). 

56.  Mut.  crucigera  *Burmeister  (a.  a.  O.  p.  10; 
No.  31.)  Species  capite  subquadrato,  occipitis  emarginati 
angulis  alte  carinatis  et  retrorsum  productis  admodum  in- 
signis.     Patria:  Novo  Friburgo  (Burm.)  Mus.  Halens. 

57.  Mut.  temporalis.  Capite  magno,  cubico, 
occipitis  profunde  emarginati  angulis  retrorsum  productis 
et  cum  genis  alte  carinatis,  bis  fortiter  descendentibus, 
infra  angulatis  et  lamellatim  appendiculatis,  thorace  an- 
gustulo,  subcompresso,  ante  stricturam  denticulato  :  rufo- 
brunnea,  fronte,  genis  inferioribus,  antennis,  pcdibus,  tho- 
racis  limbo  antico  abdomineque  piceis,  huius  segmenti 
primi  puncto  medio  marginali,  seeundi  maculis  tribus 
(media  marginali,  lateralibus  pone  medium  sitis),  3. — 5. 
gutta  media  et  lateribus  argenteo-  vel  aurichalceo-sericeis  : 
fronte  aureo-  vel  cano-pilosa,  genis  pleurisque  albo-prui- 
nosis.  Long.  6V2— 9  mill.  Patria:  S.  Joäo  del  Key  Brasiliae 
(Mus.  Berol.). 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.     67 

6.  Gruppe  der  Mut.  Indio  a  Lin.  (diadema  Fab.), 
parallela  und  quadrinotata  Klug  (Weibchen). 

Sekt.  I.     Zweites  Hinterleibssegment   nur  mit  zwei  lichten 
Flecken. 

1.  Mut.  diopbthalma  *Klug  (Entom.  Brasil, 
spec.  p.  42,  No.  21.  tab.  23,  fig.  6).  Patria:  Bahia  (Mus. 
Berol.). 

2.  Mut.  ocellaris  *Klug  (ebenda  p.  45,  No.  24. 
tab.  23,  fig.  9).  Patria:  Cametä  (Mus.  Berol.). 

3.  Mut.  trochanterata  (=  Mut.  diophthalma 
*Burm.,  Brasil.  Mutlll.  p.  6,  No.  6).  Trochanteribus,  femo- 
rum  basi  segmentique  abdominalis  secundi  maculis  dua- 
bus  sanguineis,  vertice  fronteque  totis,  thoracis  vittis  dua- 
bus,  segmenti  abdominalis  primi  macula  media,  secundi 
punctis  tribus  apicalibus  margineque  lateralis  aurichalceo- 
sericeis.  Long.  8V2  luill.  Patria:  Lagoa  santa  (Burm.) 
Mus.  Halens. 

4.  Mut.  virginalis.  Segmenti  abdominalis  secundi 
maculis  duabus  truncato-ovatis,  laete  rufis,  albo-setulosis, 
vertice  tboracisque  vitta  media  parcius,  pleuris,  segmento 
abdominali  primo  supra  toto,  sequentium  trium  lateribus, 
nee  non  3. — 5.  vitta  dorsali  maculari  dense  aurichalceo- 
sericeis,  antennarum  funiculo  infra  ventreque  rufo-piceis. 
Long.  12V2mill.  Patria:  Brasilia  (Mus.  Berol.). 

5.  Mut.  lusca  *Klug  (a.a.O.  p.  45,  No.  25. 
tab.  23,  fig.  10).     Patria :  Cametä  (Mus.  Berol.). 

6.  Mut.  auriculata.  Capitis  transversi  vertice 
carinato,  supra  oculos  utrinque  calloso-elevato,  thorace  ob- 
tuse  ovato,  retrorsura  vix  compresso,  dorso  inter  Stigmata 
metathoracica  anguste  carinato:  atra,  opaca,  infra  cum 
pedibus  flavescenti-hirta,  fronte,  thoracis  dimidio  postico 
segmentorumque  abdominalium  omnium  fascia  marginali 
(1. — 5.  in  medio  interrupta)  dense  auriclialceo-pilosis,  se- 
cundi maculis  duabus  magnis  basalibus,  truncato-ovatis,  e 
setis  crassis,  decumbentibus  formatis,  laete  aurantiacis.  — 
Species,  Mut.  felinae  Burm.  coloribus  haud  dissimilis, 
capitis,  thoracis  segmentique  abdominalis  primi  confor- 
matione  distinctissima. —  Long.  14  mill.  Patria:  Brasilia 
(Mus.  Berol.). 


G8  Gerstaecker: 

7.  M 11 1.  a r a n  e oi d  e  s  Smith  (Transact.  entom.  soc. 
of  London  3.  ser.  I.  p.  35).  Patiia:  Costarica  (Mus.  Berol.). 

Sekt.  II.  Zweites  Hinterleib ssegment  mit  vier  lichten  Flecken. 
A.  Diese    vier  Flecken  in  der  Weise  mit    einander   ver- 
bunden, dass  einerseits  die  beiden  hinteren,  andererseits 
die  (getrennten)  vorderen  je  mit  den  hinteren   zusam- 
menfliessen. 

8.  Mut.  trinacria.  Thorace  ovato :  atra,  infra 
cum  pedibus  albo-hirta,  tibiarum  calcaribus  albidis,  anten- 
narum  scapo,  capite,  thoracis  vittis  duabus  marginalibus, 
antice  abbreviatis,  pleuris  inferioribus,  segmentorum  ab- 
dominalium  1. — 5.  maculis  lateralibus  ,  3. — 5.  insuper 
vitta  maculari  media  argenteo-sericeis:  segmenti  secundi 
maculis  quatuor  confluentibus  laete  rufis,  nitidis,  disperse 
punctatis.  Long.  10  mill.  Patria:  Paranä  (Burm.),  Mus. 
Halens. 

9.  Mut.  calycina.  Thorace  cuneiformi,  compresso: 
atra,  infra  cum  pedibus  albo-hirta,  tibiarum  calcaribus 
nigris  vel  piceis,  antennarum  scapo,  capite,  thoracis  vitta 
percurrente  media,  pleuris  inferioribus,  segmenti  abdo- 
minalis primi  sat  angusti  disco,  secundi  et  tertii  maculis 
marginalibus  Jateralibus,  quarti  et  quinti  macula  dorsali 
dense  flavescenti-  vel  albo-tomentosis,  secundi  maculis  qua- 
tuor  confluentibus  laete  rufis,  nitidis,  grosse  punctatis  al- 
boque  setosis.  Long.  10  mill.  Patria :  Allegrette  et  Porto 
AUegre  Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

B.  Die  vier  lichten  Flecke  des    zweiten  Hinterleibssegmen- 
tes getrennt. 

a)   Die  hintere  Thoraxhälfte   fast   ganz  oder   wenigstens 
vorwiegend  licht  (gelblich)  seidenhaarig. 

10.  Mut.  q  ua drin ot ata  *Klug  (Entom.  Brasil, 
specim.  p.  40,  No.  18.  tab.  23,  fig.  3.  —  *Burmeister, 
Brasil.  Mutill.  p.  7,  No.  10.  —  Mut.  micans  et  Americana 
Lepeletier,  Hist.  nat.  d.  Hymenopt.  III.  p.  622.  flg.,  No.  42 
und  43.  —  Mut.  micans  Burm.,  a.  a.  0.  p.  7,  No.  11).  Patria: 
Bahia  (Mus.  Berol.),  Novo  Friburgo  (Burm.). 

11.  Mut.  inermis  *Klug  (a.a.O.  p.  41,  No.  19. 
tab.  23,  fig.  4.  —  Lepeletier,  a.  a.  0.  III.  p.  642,  No.  74. 
—  Mut.  affinis  Burmeister,  a.a.O.  p.  7,  No.  9).  Patria: 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.      69 

Bahia,    Rio    de   Janeiro    (Mus.    Berol.),    Novo    Friburgo 
(Biirm.). 

b)   Die   hintere  Thoraxhälfte    auf   schwarzem   Grunde    nur 
striemenförmig  licht  behaart. 

*)  Scheitel  mit  lichter,  meist  binden-  oder  fleckenförmiger 
Behaarung. 

12.  Mut.  t  et  rastigm  a.  Atra,  infra  cum  pedibus 
albo-hirta,  antennarum  scapo,  vertice  toto,  mesonoti  fascia 
postica,  metanoti  vittis  duabus,  pleuris  inferioribus,  seg- 
menti  abdominalis  primi  lateribus,  2.  et  3.  maculis  tribus 
marginalibus,  4.  et  5.  dorso  toto  auricbalceo-sericeis :  seg- 
menti  secundi  maculis  quatuor  rubris,  grosse  punctatis, 
nitidis,  anticis  suborbicularibus,  posticis  fere  duplo  ma- 
ioribus  transversis,  postice  truncatis.  Variat  fascia  meso- 
noti interrupta,  segmento  abdominali  quarto  et  ipso  au- 
richalceo-trimaculato.  Long.  13 — 15  mill.  Patria:  Monte- 
video (Mus.  BeroL). 

13.  Mut.  trivirgata.  Atra,  infra  cum  pedibus 
albo-hirta,  antennarum  scapo,  vertice,  mesonoti  plagis  dua- 
bus  posticis,  metanoti  vittis  totidem  abbreviatis,  pleuris 
inferioribus,  segmenti  abdominab's  primi  lateribus,  2.  —  4. 
maculis  tribus  marginalibus,  quinti  unica  media  anoque 
auricbalceo-sericeis:  segmenti  secundi  maculis  quatuor 
rufis,  nitidis,  parce  punctatis,  anticis  oblongo-,  posticis 
maioribus  transverse  quadratis.  (A  specie  praecedente 
i.  a.  differt  thorace  breviore,  metanoto  latiore,  rotundato- 
triquetro.)     Long.  13  mill.    Patria:  Bogota   (Mus.  Berol.). 

14.  Mut.  lunigera.  Atra,  infra  cum  pedibus  flave- 
scenti-hirta,  antennarum  scapo,  fascia  verticis  postica,  tho- 
racis  vittis  duabus  lateralibus  antice  abbreviatis,  pleuris 
inferioribus  segmentorumque  abdominalium  1. — 3.  lateri- 
bus,  quarti  maculis  tribus,  quinti  unica  media  auricbalceo- 
sericeis  :  segmenti  secundi  maculis  quatuor  rubris,  nitidis, 
disperse  punctatis,  anticis  breviter  ovatis,  posticis  maiori- 
bus transverse  triquetris.  Long.  10 — 13  mill.  Patria:  Allc- 
grette  Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

15.  Mut.  gemina.  A  praecedente  differt  capite  supra 
toto  auricbalceo-sericeo,  antennarum  funiculo  dilutius  rufo- 
piceo,  mesonoto  latiore,  distinctius  angulato,  thoracis  vit- 


70  Gerstaecker: 

tis  amplioribus,  segmenti  abdominalis  secundi  maculis  ru- 
bris  posticis  maioribus,  approximatis,  fere  contigiiis.  Long. 
8 — llV2miIl.  Patria:  Allegrette  et  Porto  Allegre  Brasi- 
liae  (Mus.  Berol.). 

16.  Mut.  obsoleta  *Klug  (Entom.  Brasil,  spec. 
p.  43,  No.  22.  tab.  23,  fig.  7).    Patria:  Para  (Mus.  Berol.). 

17.  Mut.  hybrida  *Burmeister  (Brasil.  Mutill. 
p.  8,  No.  17).  Patria:  Brasil,  merid.  (Mus.  Berol),  Ouro- 
preto  (Burm.). 

18.  Mut.  quadrum  *Klug  (a.  a.  0.  p.  44,  No.  23. 
tab.  23,  fig.  8).  Patria :  Bahia  (Mus.  Berol.). 

19.  Mut.  vi  Vax  (=  Mut.  quadrum  *Burmeister, 
Brasil.  Mutill.  p.  7^  No.  16).  A  praecedente  differt  capite 
multo  breviore  et  latiore,  oculis  convexioribus,  vertice 
medio  tantum  aurichalceo-sericeo,  thorace  debiliore,  ma- 
gis  compresso,  fere  cuneiformi,  segmentp  abdorainali  primo 
utrinque  albido-tomentoso,  secundi  maculis  quatuor  rubris 
vel  fulvis  multo  minoribus  latiusque  distantibus,  sequen- 
tium  vittis  tribus  macularibus  aurichalceo-sericeis.  Long. 
9  mill.  Patria :  Salto  grande  ßrasiliae  (Mus.  Berol.),  Lagoa 
Santa  (Burm.). 

20.  Mut.  au  st  CT  a.  Atra,  opaca,  infra  cum  pedi- 
bus  cano-hirta,  capitis  parvuli  macula  verticali  media  tri- 
quetra,  mesonoti  duabus  lateralibus  posticis,  metanoti 
pleurarumque  vittis  binis,  segmenti  abdominalis  primi 
angulis  posticis,  2.  et  3.  fascia  apicali  laterali,  2. — 5.  puncto 
dorsali  medio  (secundi  minimo)  aurichalceo-sericeis,  ano 
fusco'piloso :  segmenti  secundi  maculis  quatuor  rubris  mi- 
noribus, late  distantibus,  anticis  longitudinaliter,  posticis 
transverse  ovatis.  Long.  13 — I4V2  mill.  Patria;  Salto 
grande  Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

21.  Mut.  sigillata.  Atra,  opaca,  infra  cum  pedi- 
bus  fusco-hirta,  capitis  parvuli  macula  verticali  transversa 
maiore,  oculos  fere  attingente,  mesonoti  fascia  postica 
angulatim  excisa,  pleurarum  posteriorum  vitta  inferiore, 
segraentorum  abdominalium  2.  et  3.  macula  apicali  late- 
rali, secundi  puncto  medio  minuto,  4.  et  5.  maiore  macu- 
lari  aurichalceo-sericeis,  ano  nigro-fuscoque  piloso:  seg- 
menti secundi  maculis  quatuor  rubris  ut  in   specie  prae- 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.    71 

cedente  formatis.     Long.   16  mill.  Patria:  Cassapava  Bra- 
siliae  (Mus.  Berol.). 

22.  Mut  abrupt  a.  Capite  parvtllo,  vertice  ele- 
vato  carinaque  longitudinali  abbreviata  instructo:  atra, 
opaca,  infra  cum  pedibus  cano-hirta,  fascia  verticali  ar- 
cuata,  mesonoti  maculis  duabus  posticis  distantibus,  meta- 
noti  pleurarumque  iiiferiorum  vittis  binis  percurrentibus 
segmentique  abdominalis  primi  lateribus  cano-tomentosis: 
segmentorum  2.  et  3.  fascia  ventrali  marginali^  in  dorsi 
latera  continuata,  2.-6.  vitta  maculari  communi,  in  ul- 
timis  tribus  multo  iatiore^  dense  flavescenti-pilosis :  seg- 
menti  secundi  maculis  quatuor  laete  sanguineis,  disperse 
et  grosse  punctatis ,  anticis  suborbicularibus  ,  posticis 
maioribus  transverse  quadratis.  Long.  15Y2  niilL  Patria: 
Allegrette  Brasiliae    (Mus.  Berol.) 

23.  Mut.  hemicycla.  Atra,  infra  cum  pedibus 
cano-lrirta,  vertice  toto,  thoracis  vittis  duabus  antice  abbre- 
viatis  et  in  dorso  postico  confluentibus,  pleuris  inferiori- 
bus,  segmenti  abdominalis  primi  disco,  secundi  tertiique 
lateribus,  quarti  quintique  dorso  toto  aurichalceo-sericeis, 
ano  rnfescenti-piloso:  segmenti  secundi  maculis  quatuor 
laete  sanguineis,  multipunctatis,  anticis  rotundato-trique- 
tris,  obliquis,  posticis  maioribus  sat  approximatis,  intus  et 
postice  truncatis.  Long.  11  mill.  Patria:  Sta.  Cruz  Bra- 
siliae (Mus.  Berol.). 

24.  Mut.  vitelligera.  Atra,  opaca,  sat  longo 
nigro-setosa,  vertice  toto,  pedibus,  pleuris  metanoti  lateri- 
bus, segmenti  abdominalis  primi  dorso,  2. — 4.  lateribus 
ventreque  dense  cano-pilosis,  quinti  macula  magna  media 
dorsali  nee  non  ani  circuitu  antico  aurichalceo-sericeis: 
segmenti  secundi  maculis  quatuor  minoribus,  late  distanti- 
bus  vitellinis,  disperse  punctatis,  anticis  breviter,  posticis 
transverse  ovatis.  (Anus  maxima  pro  parte  nudus,  con- 
fertim  coriaceo-rugosus.)  Long.  16  mill.  Patria:  Peru 
(Mus.  Berol.). 

25.  Mut.  simul ans  Smith  (Catal.  Hymenopt,  in. 
p.  57,  No.  279).     Patria:  Aragua  Columbiae  (Mus.  Berol.). 

26.  Mut.  aequinoctialis.  Atra,  opaca,  infra 
cum  pedibus  albido-setosa,  verticis  fascia  arcuata,   meso- 


72  Gerstaecker: 

noti  maculis  duabus  posticis,  metanoti  vittis  totidem  for- 
titer  abbreviatis,  pleuris  inferioribus,  segmentorum  abdo- 
mlnalium  2. — 4.  lateribus  fasciaque  apicali  ventrali,  2. — 6. 
vitta  dorsali  maculari  argenteo-sericeis :  segraenti  secundi 
maculis  quatuor  minoribus,  late  distantibus  vitellinis^  fere 
impunctatis,  anticis  basalibus,  oblonge-,  posticis  transverse 
et  obtuse  ovatis.  Long.  ISYa — 17  mill.  Patria:  Aragua 
Columbiae,  Orinoco  (Mus.  ßerol.). 

27.  Mut.  Indica  Linne  (Syst.  nat.  ed.  X.  p.  583, 
No.  3.  —  Mus.  Ludov.  Ulric.  p.  419,  No.  1.  —  Mut.  dia- 
demaFabricius,  Entom.  syst.  II.  p.  367,  No.  4.  — Syst. 
Piezat.  p.  429,  No.  5.  —  *Klug,  Entom.  Brasil,  spec. 
p.  38,  No.  15.  tab.  22,  fig.  12.  —  Lepeletier,  Hist.  nat. 
d.  Hymenopt.  III.  p.  619,  No.  39.  —  Burmeister,  Brasil. 
Mutill.  p.  8,  No.  20.)  Patria :  Bahia,  Para,  Cayenna,  Ori- 
noco, Bolivia,  Bogota  (Mus.  Berol.). 

28.  Mut.  puella.  Atra,  opaca,  infra  cum  pedibus 
albido-setosa,  verticis  fascia  subtriangulari,  thoracis  vittis 
duabus  latiusculis,  ante  marginem  anticum  abbreviatis  sed 
in  latera  segmenti  abdominalis  primi  continuatis,  pleuris 
inferioribus,  segmentorum  abdominalium  2.  et.  3.  lateribus 
fasciaque  apicali  ventrali,  2. — 6.  vitta  communi  maculari 
dorsali  argenteo-sericeis :  segmenti  secundi  maculis  qua- 
tuor angustis,  late  distantibus  fulvis,  parum  punctatis,  ba- 
salibus oblongis,  posticis  transversis.  Long.  10  mill.  Pa- 
tria: Brasil,  inter.  (Mus.  Berol.). 

29.  Mut.  bivittata.  (=  Mut.  obsoleta  *  Bur- 
meister, Brasil.  Mutill.  p.  7,  No.  14.)  Atra,  opaca,  infra 
cum  pedibus  cano-hirta,  capitis  vittis  duabus  supra  anten- 
nas  conniventibus,  thoracis  totidem  antice  abbreviatis,  sed 
in  segmenti  abdominalis  primi  latera  continuatis,  pleura» 
rum  posticarum  macula  inferiore,  segmentorum  abdomi- 
nalium 2. — 4.  lateribus  fasciaque  apicali  ventrali,  3. — 5, 
vitta  communi  dorsali  maculari  argenteo-sericeis :  segraenti 
secundi  maculis  quatuor  late  distantibus  vitellinis,  disperse 
punctatis,  anticis  obliquis,  ovatis,  posticis  maioribus  trans- 
verse quadratis.  Long.  15  mill.  Patria:  Lagoa  santa  (Mus. 
Berol.  et  Halens.)." 

30.  Mut.  duplicata.     (=  Mut.  Americana  *Bur- 


Mutillarum  Amcricae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.      73 

meist  er,  Brasil.  Mutiil.  p.  7,  No.  13.)  Atra,  opaca,  in- 
fra  cum  pedibus  albo-hirta,  capitis  vittis  duabus  antice 
abbreviatis^  mesonoti  maculis  totidem  obliquis  posticis, 
metanoti  strigis  duabus  lateralibus,  pleurarum  posticarum 
parte  inferiore,  segmenti  abdominalis  primi  angulis  posticis, 
2. — 4.  lateribus  fasciaque  apicali  ventrali,  3. — 5.  vitta  dor- 
sali  communi  maculari  argenteo-sericeis:  segmenti  secundi 
maculis  quatuor  rubris  sat  magnisj  grosse  et  parce  pun- 
ctatis,  anticis  suborbicularibus,  posticis  transversis,  rotun- 
dato-quadratis.  Long.  14 — 17  mill.  Patria:  Allegrette 
Brasiliae  (Mus.  BeroL),  Novo  Friburgo  (Burm.). 

Adnotatio.  Mut.  Americana  Lin.  secundum  descri- 
ptionem  capite  unicolori,  immaculato  differt. 

31.  Mut.  gross a.  Atra,  opaca,  infra  cum  pedi- 
bus cano-pilosa,  verticis  fascia  semilunari,  subdivisa,  meso- 
noti plagis  duabus  obliquis,  subovatis  posticis,  metanoti 
vittis  totidem  abbreviatis,  pleuris  inferioribus,  segmenti 
abdominalis  primi  macula  laterali,  2. — 4.  lateribus  fascia- 
que  apicali  ventrali,  2. — 6.  vitta  dorsali  communi  macu- 
lari aurichalceo-sericeis:  segmenti  secundi  maculis  qua- 
tuor rubris,  disperse  punctatis  late  distantibus,  anticis  sub- 
orbicularibus, posticis  paullo  maioribus  transverse  ovatis. 
Long.  18 — 20  mill.  Patria:  Cassapava  et  Porto  Allegre 
Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

32.  Mut.  spilota.  Atra,  opaca,  infra  cum  pedibus 
nigro-hirta,  vertice  toto,  mesonoti  plagis  duabus  subova- 
tis posticis  obliquis,  metanoti  vittis  totidem  sat  latis  et  in 
segmenti  abdominalis  primi  latera  continuatis,  pleuris  in- 
ferioribus, segmentorum  abdominalium  2. — 6.  lateribus, 
fascia  apicali  ventrali  vittaque  dorsali  communi  maculari 
aurichalceo-sericeis:  segmenti  secundi  maculis  quatuor 
sat  magnis  rufescente-fulvis,  multipunctatis,  anticis  bre- 
viter  ovatis,  obliquis,  posticis  transversis.  Long.  11 — 
I2V2  rnill.  Patria:  Surinam  (Mus.  Berol.). 

33.  Mut.  spcctabilis  (=  Mut.  tristis  *Bur- 
meister,  Brasil.  Mutill.  p.  7,  No.  12).  A  Mutilla  tristi 
*Klug  differt  statura  maiore,  fascia  verticis  semilunari 
cano-  vel  ochraceo-tomentosa,  thoracis  vittis  obsoletioribus, 
segmenti  abdominalis  quarti    quoque  macula  laterali  auri- 


74  Gerstaecker: 

chalceo-sericea,  secundi  maculis  rubris  posticis  brevioribus, 
transversis.  Long.  14 — 18  mill.  Patria:  San  Paolo  Brasi- 
liae  (Mus.  BeroL),  Lagoa  santa  (Burm.). 

**)  Scheitel  einfarbig  schwarz,  ohne  helle  Fleckung. 

34.  Mut.  zebrata.  Atra,  opaca,  infra  cum  pedi- 
bus  flavescenti-hirta,  pleuris,  metanoti  strigis  duabus,  seg- 
mentorum  abdominalium  1. — 4.  lateribus^  2. — 5.  vitta  dor- 
sali  communi  maculari  margineque  ventrali  aurichalceo- 
sericeis,  segmenti  secundi  maculis  quatuor  rubris  pluri- 
punctatis,  distantibus,  anticis  ovatis,  posticis  maioribus 
transverse  quadratis.  —  Variat  interdum  puncto  verticis 
intraoculari  aurichalceo-sericeo,  metanoti  strigis  latioribus 
et  in  mesonoti  partem  posteriorem  continuatis.  Long. 
13 — 14  mill.  Patria:  San  Paolo  ßrasiliae  (Mus.  Berol.). 

35.  Mut.  scripta  (?  =  Mut.  Americana  Lin.,  Syst. 
nat.  ed.  XII.  p.  966/ No.  2.  — de  Geer,  Memoires  IIL 
p.  591;  pl.  30,  fig,  10.)  Atra,  opaca,  infra  cum  pedibus 
cano-birta,  genis  griseo-sericeis,  mesonoti  strigis  duabus 
rectis,  utrinque  fortiter  abbreviatis,  metanoti  vittis  totidem, 
pleuris  inferioribus  totis,  segmentorum  abdominalium  1. — 4. 
lateribus,  2.  et  3.  fascia  apicali  ventrali,  2.-6.  vitta  dor- 
sali  communi  maculari  argenteo-  vel  aurichalceo-sericeis : 
segmenti  secundi  maculis  quatuor  laete  rufis  parumpun- 
ctatis,  nitidissimis,  anticis  elongato-ovatis,  leviter  obliquis, 
posticis  magnis,  transversis,  parum  distantibus.  Long.  18 — 
20  naill.  Patria:  Allegrette  et  Porto  Allegre  Brasiliae 
(Mus.  Berol.). 

3G.  Mut,  graphica.  A  Mut.  scripta,  cui  admo- 
dum  aflPinis,  differt  segmenti  abdominalis  secundi  maculis 
quatuor  duplo  minoribus  ideoque  late  distantibus,  fuivis 
vel  aurantiacis,  posticis  imprimis  multo  brevioribus.  Long. 
16— 18  mill.  Patria:  Rio  de  Janeiro  (Mus.  Berol.). 

37.  Mut.  tristis  ^^Klug  (Entom.  Brasil,  spec. 
p.42,  No.  20.  tab.  23,  fig,  5).     Patria:  Parä  (Mus.  Berol.). 

38.  Mut.  u r s i n a.  Atra,  opaca,  infra  cum  pedibus 
fusco-birta,  capite  thoracisque  dorso  densissime  nigro- 
hirsutis,  abdominis  segmeniis  3.-5.  utrinque  longo  seto- 
sis:  pleurarum  posticarum  vitta  inferiore,  tboracis  duabus 
dorsalibus  antice  abbreviatis,   segmentorum  abdominalium 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigeaarura  Synopsis  etc.    75 

1. — 4.  lateribus^  2.  et  3.  fascia  apicali  ventrali,  2. — 5.  vitta 
dorsali  communi  maculari  aurlchalceo-lanuginosis:  seg- 
menti  secimdi  maculis  quatuor  linearibus,  impunctatis 
vitellinis,  posticis  transversis,  brevissimis,  spatio  pleuraJi 
inter  maculam  anteriorem  et  marginem  lateralem  sito 
glabro,  laevissimo,  lucido.  Long.  18 V2  miH.  Patria:  Bra- 
silia (Mus.  BeroL). 

39.  Mut.  parallela  *Klug  (Entom.  Brasil,  spec. 
p.39,  No.  16.  tab.23,  fig.  1.  —  *Burmeister,  Brasil. 
Mutill.  p.  7,  No.  15).  Variat  vittis  thoracicis  anterius 
longius  productis,  segmenti  abdominalis  secundi  maculis 
flavis  posticis  (sicut  in  Mut.  Indica  Lin.)  fasciam  vix  in- 
terruptam  formantibus.  —  Patria:  Parä,  Rio  de  Janeiro, 
Orinoco  (Mus.  BeroL). 

40.  Mut.  juvenilis.  A  Mut.  parallela  *  Klug, 
cui  simillima,  difFert  statura  minore,  fronte  supra  anten- 
nas  genisque  cano-  (nee  atro-)  pilosis,  abdominis  seg- 
mento  secundo  apice  haud  argenteo-maculato,  segmento 
quinto  (cum  2. — 4.)  utrinque  et  infra  albo-sericeo.  Long. 
12  mill.  Patria:  Salto  grande  Brasiliae  (Mus.  BeroL). 

41.  Mut.  funebris.  Thorace  ante  stricturam 
utrinque  conico-angulato :  atra,  opaca,  infra  cum  pedibus 
flavescenti-hirta,  capite  thoracisque  dimidio  anteriore  uni- 
coloribus,  ubique  nigro-setosis,  pleuris  posticis,  metanoti 
strigis  duabus,  segmentorum  abdominalium  2. — 4.  lateri- 
bus  fasciaque  apicali  ventrali,  4. — 6.  vitta  dorsali  communi 
maculari  secundique  puncto  apicali  medio  aurichalceo- 
sericeis :  huius  maculis  quatuor  maioribus,  grosse  et  dis- 
perse punctatis,  nitidis  rubris,  anticis  rotundato-,  posticis 
transverse  quadratis.  Long.  17  mill.  Patria:  Minas  Ge- 
raes  (Mus.  BeroL). 

42.  Mut.  mini  ata.  Capite  angustiore,  cum  genis 
nigro-piloso,  thorace  anteriore  utrinque  dentatim  angu- 
lato  :  atra,  opaca,  infra  cum  pedibus  cinereo-hirta,  metanoti 
vittis  duabus,  segmento  abdominali  primo  plaga  media 
excepta,  segmentorum  2. — 4.  lateribus  fasciaque  apicali 
ventrali,  2. —  5.  vitta  dorsali  communi  maculari  cretaceo- 
villosis :  segmenti  secundi  maculis  quatuor  miniaceis  mag- 
nis,    approximatis,    grosse    et   disperse    punctatis,    anticis 


76  Gerstaecker: 

rhomboideis,  posticis  triquetris,  intus  rectangulis,  extus 
rotundafis.  Long.  15mill.  Patria:  Catamarca  (Burm.), 
Mus.  Halens. 

43.  Mut.  diabolica.  Capite  latiore,  supra  nigro-, 
in  genis  griseo-piloso,  thorace  anteriore  inerrai:  atra, 
opaca,  infra  cum  pedibus  cinereo-hirta,  segmentorum  ab- 
dominalium  1. — 3.  lateribus,  2.  et  4.  fascia  apicali  ventrali 
vittaque  dorsali  communi  (in  segm.  4.-5.  latiore)  albido- 
villosis:  segmenti  secundi  maculis  quatuor  laete  rufis, 
multipunctatis  sat  magnis,  approximatis,  anticis  obtuse 
ovatis,  posticis  rotundato-quadratis.  Long.  I2V2  niill.  Pa- 
tria: Rozario  (Burm.),  Mus.  Halens. 

44.  Mut.  moesta.  Oculis  sat  magnis,  nigra,  infra 
cum  pedibus  parce  cano-pilosa,  capite  tboraceque  subnu- 
dis,  unicoloribus,  illo  confertim  granoso-,  hoc  rüde  areo- 
lato-punctato,  segmentis  abdomiiialibus  2.~ 5.  utrinque 
argenteo-sericeis,  secundi  maculis  quatuor  fulvis  minori- 
bus,  suborbicularibus,  late  distantibus,  ano  vittaque  macu- 
iari  dorsali  ad  marginem  segmenti  secundi  usque  conti- 
nuata  aurichalceo-pilosis.  Long.  9  mill.  Patria:  Bahia 
(Mus.  Berol.). 

45.  Mut.  lug u bris  *Burm  eiste  r  (Brasil.  Mutill. 
p.  8,  No.  19).  Patria:  San  Paolo  Brasiliae  (Mus.  Berol.), 
Lagoa  Santa,  Ouropreto  (Burm.). 

46.  Mut.  quadripustulata  *  Klug  (Entotn.  Bra- 
sil, spec.  p.  40,  No.  17.  tab.  23,  Fig.  2.  —  ?  Mut.  atripes 
Smith,  Catal.  Hjmenopt.  IIL  p.  45,  No.  222.)  Patria: 
Parä  (Mus.  Berol.). 


7.  Gruppe  der  Mut.  paradoxa.  (Weibchen).  Augen 
gross,^rund,  stark  gewölbt,  glatt.  Thorax  langstreckig, 
mit  ganz  allmählig  nach  hinten  abfallendem  und 
sich  verscb  malerndem  Rücken.  Erster  Hinterleibs- 
ring kubisch,  von  den  zusammen  kurz  eiförmigen 
übrigen  scharf  abgesetzt.  Backen  ihrer  ganzen 
Länge  nach  scharf  gekielt. 

Mut.  paradoxa.     Ponerae  speciebus   quibusdam 

haud  dissimilis.      Atra,    opaca,  infra    cum  pedibus  flava- 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.    77 

scenti-,  supra  pro  parte  nigro-setosa.  Antennarum  funicu- 
lus  dilute  ferruglneus.  Capitis  transversi  vertex  totus, 
tlioracis  pars  anterior,  pleurae  segmentorumque  abdomi- 
nalium  2. — 5.  margo  apicalis  supra  et  infra  aurichalceo- 
villosi.  Metanotum  abdominisque  segmenta  dua  anteriora 
supra  scabro-punctata,  parce  flavescenti-setulosa,  secundi 
linea  media  nee  non  fasciola  subbasalis  auriclialceo-seri- 
ceae:  huius  maculae  quatuor  sat  magnae  fulvae,  anticae 
basales,  transverse  ovatae,  nitidissimae,  sublaeves,  posticae 
maiores,  fere  fasciatim  confluentes,  fortiter  punetatae. 
Long.  ISmill.  Patria:  Bogota  (Mus.  Berol.). 
1.  August  1873. 

(Fortsetzung  folgt.) 


Veber  Kaumuskeln  und  Kaumechanismus 
bei  den  Wirbelthieren. 

Von 
Dr.  Ernst  vou  Teutleben. 

(Dazu  Tafel  II.) 


Im  November  vorigen  Jahres  theilte  mir  Herr  Dr. 
N.itsche  die  auffallende  Beobachtung  mit,  dass  das  Mur- 
melthier  und  Eichhorn  im  Stande  seien  ihre  Unterkiefer- 
hälften seitlich  von  einander  zu  entfernen.  Er  schlug  mir 
vor  mit  ihm  gemeinschaftlich  einige  Untersuchungen  über 
die  einschlägigen  Verhältnisse  anzustellen,  und  dieselben 
dann  zu  veröffentlichen.  Da  sich  im  Laufe  der  ver- 
gleichenden Untersuchungen  manche  interessante  Ver- 
hältnisse herausstellten,  auch  einige  bisher  gültige  An- 
schauungen zu  berichtigen  erschienen,  so  beschloss  ich 
die  angefangene  Untersuchung  über  die  Kaumuskeln  der 
Hauptgruppen  der  Wirbelthiere  auszudehnen,  und  zum 
Gegenstande  meiner  Dissertation  zu  machen.  Ich  bat 
Hrn.  Dr.  Nitsche  von  einer  vorläufigen  Veröffentlichung 
über  die  Verhältnisse  bei  den  oben  erwähnten  Nagern 
abzustehen,  um  deren  Darstellung  in  meiner  Arbeit  mit 
geben  zu  können,  natürlich  unter  Wahrung  der  Priorität 
der  ersten  Angabe  seinerseits.  Ich  erfülle  hiermit  die 
angenehme  Pflicht  ihm  für  die  Bereitwilligkeit,  mit  der 
er  meinem  Wunsch  entgegen  kam,  meinen  besten  Dank 
abzustatten. 

Ebenso  sage  ich  meinem  hochverehrten  Lehrer, 
Herrn  Professor  Leuckart  für  die  Theilnahme,  die  er 
meiner  Arbeit  gewidmet  hat,  meinen  verbindlichsten 
Dank. 


V.  Teutleben:  üeb.    Kaumuskeln  u.  Kaumechanism.  u.  s.  w.     79 

Zur  Ausführung  der  zum  Ergreifen  oder  Zerkleinern 
der  Nahrung  nöthigen  Bewegungen  dienen  bei  denWir- 
belthiercn  im  Allgemeinen  zwei  Knochenbogen,  zwischen 
denen  Lageverschiebungen  stattfinden.  Bei  den  niederen 
Wirbelthieren  sind  gewöhnlich  beide  Bogenstücke  be- 
weglich, bei  den  höhern  ist  der  obere  Bogen  in  der 
Regel  mehr  weniger  fest  mit  dem  Schädel  verbunden, 
und  nur  der  untere  führt  Bewegungen  nach  oben  aus. 
Den  obern  Bogen  bezeichnet  man  als  Oberkiefer,  den 
untern  als  Unterkiefer;  beide  sind  gewöhnlich  mit  Zäh- 
nen besetzt.  Bei  den  höheren  Wirbelthieren  artikulirt 
der  Unterkiefer  direkt  mit  dem  Schädel,  bei  den  nie- 
deren schiebt  sich  zwischen  beide  noch  ein  besonderes 
gelenkendes  Zwischenstück.  Zur  Ausführung  der  Bewe- 
gungen des  Unterkiefers  dienen  verschiedene  Muskeln, 
von  denen  der  eine  die  Bewegung  desselben  nach  unten 
vermittelt  und  den  Mund  öjffnet,  während  die  andern  den 
Unterkiefer  an  den  Oberkiefer  anpressen  und  den  Mund 
schliessen.  Den  Muskel,  der  die  zuerst  genannte  Funk- 
tion ausübt^  nennt  man  allgemein  Herabzieher  des  Unter- 
kiefers oder  digastricus ;  die  Muskeln,  die  die  zweite  Bewe- 
gung vermitteln,  bezeichnet  man  als  Kaumuskeln  im  Allge- 
meinen, oder,  je  nach  ihrer  Lage  verschieden  als  temporalis, 
masseter  und  pterygoideus.  Beide  Muskeln  rcsp.  Muskelbün- 
del gehen  bei  den  höhern  Wirbelthieren  von  dem  Schädel 
zum  Unterkiefer,  während  bei  den  niederen  der  Herabzieher 
resp.  ein  Thcil  desselben  sehr  oft  an  andere  Nebentheile 
z.  B.  am  Brustbein  oder  an  Dornfortsätzen  der  Halswirbel 
sich  inserirt.  Der  Unterkiefer  wird  dadurch  in  einen 
Hebel  verwandelt.  Da  die  Grösse  der  Muskelkraft  von 
dem  Querschnitte,  die  Ausgiebigkeit  der  Zusammenziehung 
von  der  Länge  des  Muskels  abhängt,  und  da  es  sich  hier 
weniger  um  eine  ausgiebige  Bewegung,  als  um  Leistung 
einer  bedeutenden  Kraft  handelt,  so  finden  wir  unter 
den  Kaumuskeln  vorherrschend  gedrungene  Muskelbündel. 
Der  Herabzieher  des  Unterkiefers,  der  eine  nur  geringe 
Leistung  zu  vollziehen  hat,  da  der  Unterkiefer  schon 
durch  seine  eigne  Schwere  nach  unten  gezogen  wird,  ist 
der  bei  weitem  schwächere  Muskel,  die  eigentlichen  Kau- 


80  V.  Teutleben: 

muskeln,  die  eine  beträchtliche  Kraft  zu  entwickeln  haben, 
sind  Muskeln  von  bedeutendem  Querschnitt.  Die  Wir- 
kung, die  ein  Muskel  an  einem  Gelenkhebel  ausübt,  ist 
ausser  von  der  Grösse  der  aufgewendeten  Muskelkraft  bei 
der  zu  bewegenden  Last  von  der  Richtung  abhängig,  in 
welcher  der  Zug  des  Muskels  auf  den  Hebel  stattfindet. 
Je  spitzer  der  Winkel  ist,  in  dem  ein  Muskel  an  ein  zu 
bewegendes  Knochenstück  sich  inserirt,  und  je  näher 
dem  Drehpunkte,  resp.  dem  Gelenke  diese  Insertion  statt- 
findet, um  so  ausgiebigere  Excursionen  wird  das  betref- 
fende Knochenstück  auszuführen  im  Stande  sein;  wir 
haben  es  in  diesem  Falle  mit  einem  Geschwindigkeits- 
hebel zu  thun.  Je  senkrechter  ein  Muskel  an  einem  Ge- 
lenkhebel sich  inserirt,  und  je  weiter  von  dem  Gelenk 
entfernt,  desto  grösser  wird  die  Kraftleistung  sein,  die 
der  betreffende  Muskel  auszuführen  vermag;  wir  haben 
in'  diesem  Falle  einen  Krafthebel  vor  uns.  Nach  dieser 
Art  sind  die  Kaumuskeln  angeordnet;  sie  inseriren  sich 
an  einer  ziemlich  weit  vom  Drehpunkte  entfernten  Stelle 
und  ziemlich  senkrecht  am  Unterkiefer;  sie  sind  also  im 
Stande  bedeutende  Kraftleistung  zu  entwickeln. 

Die  Anordnung  dieser  Muskeln,  wie  überhaupt  der 
ganze  Kaumechanismus  ist  natürlich  bei  den  verschie- 
denen Gruppen  der  Wirbelthiere  selTr  verschieden,  und 
es  wird  Gegenstand  der  folgenden  Darstellung  sein,  et- 
was genauer  auf  die  interessanteren  Verhältnisse  einzu- 
gehen. Es  liegt  dies  um  so  näher,  als  das  hier  behan- 
delte Thema  bis  jetzt  erst  wenig  ventilirt,  nur  im  Zu- 
sammenhange vielleicht  von  Nusser  (Mechanismus  der 
Kinnladen.  Verhandlungen  der  naturforschenden  Gesell- 
schaft zu  Basel  VI,  1844  S.  73  ff.)  wenn  auch  in  einer 
die  Art  des  Mechanismus  wenig  berührenden  Weise  be- 
handelt worden  ist.  Da  besonders  die  höheren  Gruppen 
in  den  Kreis  der  Untersuchung  gezogen  wurden,  während 
die  Verhältnisse  bei  den  niedern  nur  einer  mehr  kurso- 
rischen Behandlung  unterworfen  werden  konnten,  so  er- 
scheint es  zweckmässig,  mit  der  Darstellung  der  Verhält- 
nisse bei  den  erstgenannten  zu  beginnen.  Wir  wenden 
uns  zunächst  zu    den  Fleischfressern,    die   die    einfachste 


lieber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  bei  d.  Wirbelthieren.     81 

Anordnung  darbieten,  und  beginnen  mit  der  Beschrei- 
bung der  Anordnung  der  hierher  gehörigen  Muskeln. 

Hund.  M.  masseter.  Starker,  kräftiger  Muskel, 
von  glänzender  Sehnenhaut  bedeckt.  Er  besteht  aus 
zwei  Portionen.  Die  äussere  stärkere  entspringt  von 
dem  untern  Rande  des  Jochbogens,  und  inscrirt  sich  an 
der  äusseren  Fläche  des  Fortsatzes,  in  den  das  Ende  des 
Unterkiefers  ausläuft;  ihre  Fasern  verlaufen  schräg  von 
oben  und  vorn  nach  unten  und  hinten.  Die  zweite  Por- 
tion entspringt  unter  der  ersten  vom  untern  Rande  des 
Jochbogens,  und  inserirt  sich  an  der  äussern  Seite  des 
aufsteigenden  Astes  des  Unterkiefers;  ihre  Fasern  ver- 
laufen gerade  von  oben  nach  unten. 

M.  temporalis.  Sehr  mächtig  entwickelter  Mus- 
kel, ebenfalls  von  glänzender  Schneehaut  bedeckt.  Er 
entspringt  vom  Hinterhauptsbein,  von  der  Seite  des 
Scheitelbeines  und  Stirnbeines,  füllt  den  hintern  äussern 
Theil  der  orbita  aus,  und  zerfällt  in  zwei  Portionen;  die 
oberflächliche,  dünnere  inserirt  sich  an  der  äussern,  die 
innere  weit  stärkere  an  der  innern  Seite  des  Kronenfort- 
satzes des  Unterkiefers. 

M.  digastricus.  Ein  rundlicher  Muskel,  der  vom 
Processus  styloideus  entspringt,  und  sich  am  hintern 
Rande  des  Unterkiefers  in  der  Gegend  der  letzen  Back- 
zähne inserirt. 

M.  ptery goideus.  Er  besteht  aus  zwei  Por- 
tionen. Die  innere  stärkere  entspringt  an  der  untern  und 
äussern  Fläche  des  Flügelbeines,  und  inserirt  sich  an  der 
innern  Fläche  des  hintern  Theiles  des  Unterkieferastes; 
ihre  Fasern  verlaufen  schräg  von  vorn  und  innen  nach 
hinten  und  aussen.  Die  zweite,  nach  aussen  von  der 
ersten  gelegene  Portion  entspringt  von  der  äussern  seit- 
lichen Fläche  des  Flügelbeines,  und  inserirt  sich  an  der 
innern  Seite  des  Gelenkfortsatzes  des  Unterkiefers;  ihre 
Fasern  verlaufen  schräg  von  vorn  nach  hinten. 

Der  Unterkiefer  der  Fleischfresser  artikulirt  mit- 
telst einer  Knorpelscheibe  auf  der  glatten  untern  Fläche 
des    porcessus  zygoraaticus    ossis  temporum,    w^elcher    an 

Archiv  für  Naturg.  XXXX,  Jahrg.  1.  Bd.  Q 


82  .  V.  Teutleben: 

seinem  hinteren  Ende  neben  und  vor  der  bnlla  ossea 
einen  nach  vorn  nach  dem  processus  condyloideus  des 
Unterkiefers  übergebogenen  Fortsatz  besitzt.  Bei  Lutra 
findet  sich  eine  stark  von  vorn  nach  hinten  komprimirte, 
nach  den  Seiten  ausgedehnte  fossa  glenoidalis;  die  ausser 
dem  hintern,  innern,  nach  vorn  gekrümmten  Fortsatz  noch 
einen  äussern  nach  hinten  gekrümmten  besitzt,  so  dass 
auf  der  untern  Fläche  des  processus  zygomaticus  ossis 
temporum  sich  eine  mit  gegen  einander  gebogenen  Rän- 
dern versehene  Rinne  findet,  von  der  der  Unterkiefer  in 
seinem  Gelenktheil  so  fest  umschlossen  wird,  dass  er  am 
macerirten  Schädel  frei  herabhängt,  ohne  herauszufallen, 
und  erst  nach  starkem  seitlichen  Druck  herausgezogen 
werden  kann.  Das  Unterkiefergelenk  ist  hier  ein  rei- 
nes Scharniergelenk.  Der  Kaumechanisraus  bei  den 
Fleischfressern  ist  ein  sehr  einfacher.  Die  Bewegungen 
des  Unterkiefers  geschehen  um  eine  durch  beide  Kiefer- 
gelenke gelegte  Axe  von  unten  nach  oben  und  umge- 
kehrt. M.  digastricus  zieht  den  Unterkiefer  herab,  m.  m. 
temporalis,  masseter  und  pterygoideus  drücken  denselben 
an  den  Oberkiefer  an.  Bewegungen  des  Unterkiefers  nach 
den  Seiten  sind  gar  nicht,  oder  nur  in  sehr  geringem 
Grade  möglich,  solche  von  vorn  nach  hinten  sind  unmög- 
lich; ebenso  sind  mahlende,  oder  vorwärts  und  rückwärts 
gleitende  Bewegungen  der  Zähne  auf  einander  ausge- 
schlossen. 

Pferd.  Das  Pferd  schliesst  sich,  was  die  Anord- 
nung und  Art  der  Wirkung  seiner  Kaumuskeln  betrilBPt, 
eng  an  die  Wiederkäuer  an;  bei  den  letztern  sind  die 
seitlichen  Bewegungen  des  Unterkiefers  nur  in  grösserem 
Maasse  ausgeprägt.  Es  mag  desshalb  die  Beschreibung 
der  betreffenden  Muskeln  des  Pferdes  der  Darstellung 
der  Verhältnisse  bei  den  W^iederkäuern  vorausgeschickt 
werden. 

M.  masseter.  Er  besteht  aus  drei  Portionen. 
Die  innerste  und  hinterste  geht  vom  hintern  Ende  des 
Jochbeins  an  den  ramus  des  Unterkiefers;  ihre  Fasern 
verlaufen  von  oben  gerade  nach  unten;  nach  innen  zu 
treffen  sie  auf  die  des  m.  temporalis.     Die  mittlere  Por- 


lieber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  l3ei  d.  Wirbelthieren.      83 

tion  entspringt  vom  Jochbein  in  dessen  ganzer  Länge, 
und  setzt  sich  an  den  untern  Theil  des  ramus  des  Unter- 
kiefers; ihre  Fasern  verlaufen  etwas  von  vorn  nach  hin- 
ten. Die  dritte  äusserste  Portion  inserirt  sich  an  einem 
Vorsprunge  des  Unterkieferbeins,  und  am  Jochbein  in 
dessen  ganzer  Ausdehnung,  und  heftet  sich  an  den  äussern 
Rand  der  Firste  des  Unterkiefers;  ihre  Fasern  verlaufen 
von  vorn  schräg  nach  hinten;  nach  vorn  zu  verschmelzen 
sie  theilweise  mit  denen  der  mittleren  Portion. 

M.  p t e r y g 0  i d  cu s.  Ein  sehr  kräftiger^  von  star- 
ken Sehnen  durchsetzter  Muskel,  bei  dem  man  drei 
Portionen  unterscheiden  kann.  Die  innerste  entspringt 
aus  der  fossa  pterygoidea,  und  von  dem  processus  ptery- 
goideus,  und  inserirt  sich  am  Innern  Rande  der  Firste 
des  Unterkiefers;  ihre  Fasern  verlaufen  von  oben  nach 
unten.  Zvv^ischen  der  Insertionsstelle  dieser  Portion,  und 
derjenigen  der  äussersten  Portion  des  m.  masseter  bleibt 
ein  ansehnlicher  Theil  der  Firste  des  Unterkiefers  ganz 
frei.  Die  äussere  Portion  geht  vom  hintersten  Theil 
des  ramus  des  Unterkiefers  nach  der  fossa  pterygoi- 
dea;  ihre  Fasern  verlaufen  horizontal  in  der  Richtung  der 
Schädelbasis  von  hinten  etwas  schräg  nach  vorn  und 
innen. 

M.  t  e  m  p  0  r  a  1  i  s.  Er  entspringt  vom  Hinterhaupts- 
bein, vom  oberen  Rande  der  innern  Fläche  des  Jochfort- 
satzes des  Schläfenbeines,  und  vom  Keilbein,  ist  von  einer 
kräftigen  Sehne  durchsetzt,  und  inserirt  sich  am  proces- 
sus coronoideus  des  Unterkiefers,  besonders  an  dessen 
innerer  Fläche. 

M.  digastric  US.  (Nach  Gurlt  i).  Er  ist  verbunden 
mit  dem  Griffelzungenbeinmuskel  ^m.  masto-styloideus. 
(Gurlt).  Er  entspringt  von  dem  processus  styloideus  des 
Hinterhauptsbeines,  und  läuft  nach  vorn  und  aussen  an 
den  Unterkieferast  seiner  Seite.  Er  theilt  sich  in  zwei 
verschiedene    Muskeln.     Die    hintere    Abtheilung,   in  der 


1)  Anatomie  der  Haussäugethiere  von    Gurlt,   Leisenring    und 
Müller. 


84  V.  Teilt  leben: 

speziellen  Anatomie  des  Pferdes  GrifFelkinnbackenmuskel, 
m.  stylo-maxillaris,  oder  jngo-maxillaris  genannt,  ein  Mus- 
kel, der  dem  Pferde  eigenthümlieh  ist,  geht  als  ein  star- 
ker, runder,  dunkelrother  Muskel  von  dem  processus  ju- 
gularis  an  den  angulus  der  Unterkieferbälfte  seiner  Seite. 
Von  der  inneren  Fläche  desselben  geht  ein  besonderer 
Muskel  ab,  der  als  oberer  Bauch  des  eigentlichen  diga- 
stricus  bezeichnet  wird,  er  geht  in  zwei  rundliche  Sehnen 
aus,  die  unter  einander  durch  einen  sehnigen  Bogen  ver- 
bunden sind;  die  untere  hintere  Sehne  heftet  sich  an  den 
angulus  des  Unterkiefers  an,  die  obere  vordere  geht 
zwischen  den  inneren  Flügelmuskeln  und  dem  Schlund- 
kopf nach  vorn  und  unten,  durchbohrt  die  Sehne  des 
langen  Zungenbeinmuskels,  und  bildet  einen  zweiten 
stärkern  Muskelbauch,  der  als  unterer  Bauch  des  digasti- 
cus  bezeichnet  wird,  und  sich  am  untern  Rande  des  Un- 
terkiefers bis  gegen  den  Vereinigungswinkel  der  beiden 
Kieferhälften  inserirt. 

Der  Processus  condyloideus  des  Unterkiefers  ist 
schwach  konvex,  und  artikulirt  mit  bikonkavem  Zwischen- 
knorpel in  einer  konkaven  Grube  des  processus  zygo- 
maticus  ossis  temporum. 

Wiederkäuer.  Schaf.  M.  masseter.  Er  be- 
steht aus  drei  Portionen.  Die  innerste  geht  vom  Joch- 
bein nach  dem  ramus  des  Unterkiefers;  ihre  Fasern  ver- 
laufen in  dem  vordem  grösseren  Theile  von  oben  nach 
unten,  im  hintersten  Theile  etwas  schräg  nach  vorne. 
Die  mittlere  Portion  bedeckt  die  vorige  vollständig  bis 
auf  den  hintersten  Theil;  sie  geht  ebenfalls  von  dem 
Jochbein  nach  dem  ramus  des  Unterkiefers,  ihre  Fasern 
verlaufen  von  oben  nach  unten.  Die  dritte  äusserste 
Portion  entspringt  mit  starker  glänzender  Sehne  von 
einer  ziemlich  stark  prominirenden  spina  des  Oberkiefers, 
und  inserirt  sich  auf  der  Mitte  der  Firste  des  ramus  des 
Unterkiefers.  Ihre  Fasern  verlaufen  von  vorn  und  oben 
nach  hinten  und  unten. 

M.  pterygoideus.  Er  besteht  aus  zwei  Portionen. 
Die  innere  entspringt  mit  starker  Sehne  vom  hintersten 
Ende    des  Gaumenbeines,    da,    wo  der    processus    ptery- 


Ueber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  bei  d.  Wirbelthieren.     85 

goideiis  anfängt,  und  geht  mit  schräg  von  vorn  und  oben 
nach  hinten  und  unten  gerichteten  EVisern  nach  der 
Mitte  der  Firste  des  Unterkiefers,  wo  sie  sich  dicht  neben 
der  äussersten  Portion  des  raasseter  inserirt. 

M.  temporalis.  Er  entspringt  vom  Hinterhaupts- 
bein und  von  der  Seite  des  Scheitelbeines,  ist  von  einer 
Sehne  durchsetzt,  und  inserirt  sich  am  processus  coro- 
noideus  des  Unterkiefers. 

M.  digastricus.  Er  geht  vom  processus  styloi- 
deus  nach  dem  untern  Rande  des  Unterkieferastes  seiner 
Seite. 

Die  Anatomie  der  Wiederkäuer,  mehr  noch  die  des 
Pferdes  ist  in  neuerer  Zeit  sorgfältig  bearbeitet  wor- 
den ;  die  Art  der  Wirkung  der  Kaumuskeln  ist  aber  bis 
jetzt  noch  nicht  genau  dargelegt. 

Gurlt  sagt^):  „Der  äussere  Kaumuskel  ist  nur  auf 
einer  Seite  thätig;  der  thätige  Muskel,  das  heisst  der- 
jenige, welcher  das  Futter  unter  den  Backenzahnreihen 
seiner  Seite  zermalmt,  zieht  den  Unterkiefer  nach  oben  und 
führt  ihn  gleichzeitig  von  innen  nach  aussen  unter  die 
obere  ßackenzahnreihe.  Die  innern  Kaumuskeln  sind, 
da  sie  bei  gemeinschaftlicher  Wirkung  den  Unterkiefer 
nach  der  entgegengesetzten  Seite  führen,  Gehülfen  des 
äusseren  Kaumuskels   der  anderen  Seite.^ 

Diese  Auffassung  scheint  mir  die  richtige  nicht 
zu  sein.  Zuerst  ist  festzuhalten,  dass,  wie  auch  schon 
Gurlt  bemerkt,  wegen  der  in  verschiedener  Richtung 
schief  gestellten  Reibfläche  der  Backenzähne,  und  der 
Einrichtung ,  dass  der  äussere  Rand  der  oberen  und 
der  innere  Rand  der  unteren  Backzähne  der  höhere 
ist,  ein  Zermalmen  des  Futters  nur  in  der  Richtung 
von  innen  nach  aussen  stattfinden  kann.  Dasselbe  lässt 
sich  aus  der  eigenthümlichen  Stellung  der  sogenann- 
ten Schmelzleisten  der  Backenzähne  schliossen.  Pferd 
und  W^iederkäuer  besitzen  sehmelzfaltige  Zähne ,  das 
heisst  Zähne,  bei  denen  sich  während  der  Entwicklung 
die  den  Schmelz  bildenden  Epidermiszellen^  bald   in  ein- 


1)  In  dem  oben  erwähnten  Werke. 


86  V.  Teutleben: 

facher,  bald  in  mehr  weniger  kompliairter  Art  in  das 
Innere  der  durch  ihre  Vei^knöcherung  das  Dentin  bilden- 
den Zahn-Pulpa  hineingeschlagen  haben,  so  dass  dann 
auf  der  Kauüäche  des  ausgebildeten  Zahnes  die  für  jede 
Art  charakteristischen  Schmelzleisten  zu  Tage  treten. 
Diese  bilden  bei  dem  Pferde  ziemlich  komplizirte  Linien, 
die  eine  Figur  darstellen,  als  deren  Typus  sich  halb- 
mondförmige oder  rundliche  Zeichnungen  erkennen  lassen. 
Bei  den  Wiederkäuern  stellen  diese  Schmelzleisten  ein- 
fache, halbmondförmige^  nach  der  einen  Seite  konvexe, 
nach  der  andern  konkave  Bogen  dar,  die  auf  den  Zähnen 
des  Oberkiefers  die  Convexität  nach  innen,  auf  denen 
des  Unterkiefers  nach  aussen  haben.  Da  die  Kaubewe- 
gungen stets  in  der  Richtung  geschehn,  die  zu  den 
Schmelzleisten  der  Zähne  in  einem  rechten  Winkel  steht, 
so  wird  bei  der  Bewegung  des  Unterkiefers  von  innen 
nach  aussen  der  Futterbrei  mit  einer  möglichst  grossen 
Oberfläche  der  harten  Schmelzschicht  in  Berührung  ge- 
bracht, und  dadurch  eine  vollkommene  Zerkleinerung 
desselben  ermöglicht. 

Die  Verschiedenheit  in  der  Höhe  des  innern  und 
äusseren  Randes  der  Backenzähne,  die  sich  bei  dem 
Pferde  durch  eine  allmählich  aufsteigende,  resp.  abfal- 
lende Fläche  der  gesammten  Zahnoberfläche  zu  erkennen 
giebt,  spricht  sich  bei  den  Wiederkäuern  besonders  deut- 
lich aus  in  einem  scharf  abgesetzten  Absätze,  von  dem 
aus  der  aufsteigende  Rand  des  Zahnes  schroff  empor- 
springt.    xAm  ausgeprägtesten  Ist  dies  bei  der  Gemse. 

Was  nun  die  Art  der  Wirkung  der  Kaumuskeln 
betrifft,  so  muss  zunächst  darauf  hingewiesen  werden, 
dass  bei  der  sehr  kompllzirten  Anordnung  der  betreffen- 
den Muskeln,  bei  der  Art,  wie  die  Fasern  der  einzelnen 
Muskelportionen  In  einander  übergehen,  und  dem  Um- 
stände, dass  fast  alle  hierher  gehörigen  Muskeln  mit 
Sehnen  in  der  verschiedensten  Weise  durchsetzt  sind, 
eine  erschöpfende  Einsicht  in  die  Wirkungswelse  jeder 
einzelnen  Muskelpartie  wohl  schwerlich  zu  erreichen 
sein  dürfte.  Am  einfachsten  ist  die  Anordnung  der  be- 
treffenden   Muskeln    noch    bei    dem    Schaf.      Es    wurde 


lieber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  bei  d.  Wirbelthieren.      87 

schon  oben  erwähnt,  dass  die  x\rtikulation  des  Unter- 
kiefers mit  dem  Oberkiefer  nicht  in  einer  fossa  glenoida- 
lis  statt  hat,  sondern  dass  der  schwach  konkave  Proces- 
sus condyloideus  des  Unterkiefers  auf  dem  konvexen  Pro- 
cessus zvgomaticus  ossis  temporum  artikulirt:  ein  Um- 
stand, der  die  sehr  freien  und  ausgiebigen  Bewegungen 
des  Unterkiefers  nach  den  Seiten    ermöglicht. 

Die  innerste  Portion  des  Flügelmuskels,  die  von  der 
Firste  des  Unterkieferastes  nach  dem  processus  ptery- 
goideus  geht,  treibt  bei  ihrer  Contraktion  in  Folge  der 
eigenthümlichen  Articulation  zwischen  Unter-  und  Ober- 
kiefer ihre  Unterkieferhälfte,  d.h.  diejenige,  an  der  sie  sich 
inserirt  von  innen  nach  aussen,  sie  kann  ihre  Unterkiefer- 
hälfte nie  nach  innen  ziehen,  wie  Gurlt  angiebt;  ihr  kom- 
plementärer Muskel  ist  der  hinterste  Theil  der  innersten 
Portion  des  m.  masseter  ihrer  Seite,  und  die  äusserste  Por- 
tion des  masseter  der  anderen  Seite;  ihr  Antagonist  ist  die 
äusserste  Portion  des  masseter  ihrer  Seite.  Die  innerste  Por- 
tion des  masseter  drückt  in  ihrem  grössern  vordem  Theile 
den  Unterkiefer  an  den  Oberkiefer;  die  gleiche  Funktion 
haben  die  mittlere  Portion  des  masseter,  der  m.  temporalis, 
und  die  äussere  Portion  des  Flügelmuskels.  Die  äusserste 
Portion  des  masseter,  die  sich  mit  glänzender,  starker 
Sehne  an  die  Spina  des  Oberkiefers  ansetzt,  und  sich  an 
der  Firste  des  Unterkieferastes  inserirt,  treibt  bei  ihrer 
Contraktion  den  Unterkiefer  in  Folge  der  erwähnten 
Artikulationseigenthümlichkeit  desselben  nach  aussen, 
aber  nicht  die  Kieferhälfte,  an  der  sie  sich  inserirt,  also 
ihre  Kieferhälfte,  wie  Gurlt  annimmt,  sondern  die  ent- 
gegengesetzte. Wenn  das  Thier  z.  B.  auf  der  linken 
Seite  wiederkaut,  so  führen  die  innere  Portion  des  Flü- 
gelmuskels, der  linken  Seite,  und  die  äusserste  Portion 
des  masseter  der  rechten  Seite  den  Unterkiefer  von 
rechts  nach  links.  Diese  beiden  Muskeln  sind  also  kom- 
plementär ;  die  äussere  Portion  des  Flügelmuskels,  und  die 
inneren  Portionen  des  masseter  der  linken  Seite  drücken 
den  Unterkiefer  an  den  Oberkiefer;  sie  sind  ebenfalls 
komplementär.  Die  gleiche  Funktion  besitzt  der  m.  tem- 
poralis.    Auf  der  Seite,   auf  welcher    das  Thier   wieder- 


88  V.   Teilt  leben: 

kaut,  also  in  dem  hier  angeuommenen  Falle  auf  der  lin- 
ken wird  der  Unterkiefer  nur  venig  über  den  Oberkiefer 
seitlich  hinausgeführt,  weil  es  hier  nur  darauf  ankommt, 
das  Futter  zw^ischen  den  Zähnen  zu  zerquetschen;  be- 
deutend ist  dagegen  die  Exkursion  des  Unterkiefers 
nach  der  andern  Seite,  hier  also  nach  der  rechten  hin- 
aus. Diese  Bewegung  vermitteln  die  äusserste  Portion 
des  masseter  der  linken,  und  die  innere  Portion  des 
Flügelmu^kels  der  rechten  Seite.  Es  wird  hierdurch 
'Raum  gew^onnen,  den  Bissen  mit  der  Zunge  in  die  rechte 
Lage  zu  bringen,  resp.  die  fein  gedrückte  Portion  des- 
selben durch  eine  gröbere  zu  ersetzen,  und  die  Möglich- 
keit gegeben,  dass  auch  die  hinteren  Zähne  mit  wirksam 
agiren  können. 

^enn  beide  Flügelmuskeln  gleichzeitig  wirken, 
können  sie  den  Unterkiefer  etwas  nach  vorne  ziehen, 
doch  wird  diese  Bewegung  eine  nur  wenig  ausgiebige  sein. 

Ganz  auf  dieselbe  Weise,  wie  bei  den  Wieder- 
käuern funktioniren  die  einzelnen  Muskeln  auch  bei  dem 
Pferde.  Die  äusserste  Portion  des  masseter,  die  sich 
ebenfalls  mit  einer  starken  Sehne  an  der  Spina  des 
Oberkiefers  ansetzt,  inserirt  sich  hier  nicht  auf  der 
Spitze  der  Firste  des  Unterkieferastes,  wie  bei  den 
Wiederkäuern,  sondern  an  der  Seite  desselben,  so  dass, 
wie  bereits  erwähnt,  zwischen  ihrer  Insertion,  und  der- 
jenigen der  innersten  Portion  des  Flügelmuskels  ein  Zoll 
breiter  Zwischenraum  bleibt.  Dieser  Muskel  muss  bei 
seiner  Contraktion,  vermöge  dieser  Eigenthümlichkeit,  den 
Unterkiefer  nach  der  entgegengesetzten  Seite  hinaus- 
treiben, er  kann  nie  seine  Unter kieferhälfte  von  innen, 
nach  aussen  führen,  ganz  abgesehen  davon,  dass  die  nach 
innen  zu  aufsteigende  Kaufläche  der  Zahnreihen  des 
Unterkiefers  eine  derartige  Wirkungsweise  auf  den  ersten 
Blick  schon  für  mehr  als  unwahrscheinlich  erscheinen 
lassen  müssen;  sein  komplementärer  Muskel  ist  ebenfalls 
die  innere  Portion  des  Flügelmuskels  auf  der  entgegen- 
gesetzten Seite.  M.  temporalis,  die  mittlere  Portion  des 
masseter,  und  die  mittlere  des  Flügelmuskels  drücken 
einfach  den  Unterkiefer  an  den  Oberkiefer.     Die  hinter- 


üeber  Kaumuskeln    u.  Kaumechaiiismus  bei  d.  Wirbelthieren.     89 

ste  Portion  des  Flügelmnskels,  welche  von  dem  inneren 
Theile  des  Gelenkkopfes  des  Unterkiefers  entspringt  und 
sich  am  proccssus  pterygoideus  inserirt,  kann  den  Unter- 
kiefer etwas  nach  innen  ziehen;  bei  gleichzeitiger  Wir- 
kung ziehen  die  Flügelmuskeln  den  Unterkiefer  nach 
vorn,  doch  wird  auch  diese  Bewegung  eine  nur  wenig 
ausgiebige  sein. 

Zwischen  den  Kaubewegungen  des  Pferdes  und 
denen  des  Wiederkäuers  findet  sich  der  Unterschied,  dass 
ersteres  mehr  mahlende,  letzterer  mehr  quetschende  Be- 
wegungen ausübt.  Ueberwicgend  mahlende  Bewegungen 
wird  das  Thier  ausführen,  dessen  breite  Zähne  eine 
grosse  ,  wenn  auch  abfallende,  resp.  aufsteigende,  so 
doch  kontinuirliche  Kauääche  darbieten,  wie  dies  das 
Pferd,  wenn  auch  nicht  in  so  ausgezeichneter  Weise  wie 
z.  B.  der  Elcphant  zeigt.  Bei  dem  Wiederkäuer,  dessen 
seitlich  koraprimirte  Zähne  einen  scharf  aufsteigenden 
Absatz  besitzen^  tritt  zu  der  mahlenden  eine  überwie- 
gend quetschende  Bewegung.  Zwischen  dem  äussern 
höhern  Rande  der  obern  und  dem  innern  höhern  Rande 
der  untern  Backenzähne  wird  der  Futterbrei  gewisser- 
massen  angehäuft  oder  angesammelt,  und  dann  durch 
eine  nur  geringe  Bewegung  des  Unterkiefers  nach  aussen, 
und  durch  einen  sehr  energischen  Druck  desselben  nach 
oben  zerquetscht.  Aus  diesem  Grunde  wird,  wie  schon 
oben  bemerkt,  der  Unterkiefer  auf  der  Seite,  auf  der 
das  Thier  wiederkaut,  nur  sehr  wenig,  bei  manchen  In- 
dividuen kaum  merkbar  über  den  Oberkiefer  seitlich  hin- 
aus geführt. 

Die  Nagethiere.  Als  Typus  kann  das  Kaninchen 
gelten. 

M.  masseter.  Krause  (Anatomie  des  Kaninchens) 
unterscheidet  an  demselben  nur  zwei  Portionen,  eine  me- 
diale, und  eine  laterale.  Meiner  Ansicht  nach  kann  man 
deren  vier  unterscheiden. 

Die  äusserste,  von  Krause  die  laterale  genannt 
(Taf.  II  Fig.  6,  a)  entspringt  an  der  äussern,  unteren  Fläche 
des  Jochbogens,  aber  nicht  in  dessen  ganzer  Ausdeh- 
nung, sondern   nur   von    den    vorderen   zwei  Dritttheiien 


90  V.  Teut leben: 

desselben,  während  das  hinterste  Drittel  einer  besondern 
Portion  zur  Insertion  dient,  und  inserirt  sich  am  äussern 
Rande  des  ünterkieferastes;  ihre  Fasern  verlaufen  von 
oben  schräg  nach  unten  und  hinten.  Die  mittlere,  von 
Krause  mediale  Portion  genannt,  entspringt  unter  der 
vorigen  von  dem  Jochbogen  in  derselben  Ausdehnung, 
und  inserirt  sich  auf  der  Fläche  des  Unterkieferastes. 
Die  dritte  Portion  (Fig.  6,  b).  ist  ein  kurzes, ziemlich  dickes 
Muskelbündel,  welches  vom  hintern  Drittel  des  Jochbeins 
entspringt,  schräg  nach  vorne  und  unten  verläuft,  und 
sich  am  äussern  oberen  Theile  der  ünterkieferastes,  et- 
was bedeckt  von  der  äusseren  Portion  inserirt.  Die 
vierte  Portion  (Fig.  6,  c),  endlich  repräsentirt  ein  schmales 
längliches  Muskelband,  welches  an  der  Firste  des  angu- 
lus  des  Unterkiefers,  und  etwas  nach  innen  umschlagend 
am  innern  Rande  desselben  sich  inserirt,  und  nach  vorne 
in  die  äusserste  Portion  des  masseter  übergeht. 

M.  temporalis.  Er  entspringt  mit  seinem  oberen 
Theile  von  der  pars  squamosa  ossis  temporum,  mit  einer 
tiefer  liegenden  Portion  vom  hintern  äussern  Rande  der 
orbita,  und  inserirt  sich  an  dem  processus  coronoideus 
des  Unterkiefers. 

M.  pterygoideus.  Er  besteht  aus  zwei  Portionen. 
Pterygoideus  internus  entspringt  aus  der  fossa  pterygoi- 
dea,  und  inserirt  sich  am  untern  Theile  der  innern  Fläche 
des  ramus  des  Unterkiefers;  pterygoideus  externus  ist 
kräftiger,  liegt  unter  der  vorigen,  entspringt  von  der 
lamina  lateralis  processus  pterygoidei,  und  inserirt  sich 
an  der  innern  Fläche  des  ramus  des  Unterkiefers;  der 
Faserverlauf  beider  Portionen  ist  von  oben  nach  unten 
gerichtet. 

M.  digastricus  entspringt  vom  processus  styloi- 
deus,  und  inserirt  sich  an  der  innern  Seite  des  Unter- 
kiefers nach  vorne  hin  bis  zur  Vereinigungssteile  beider 
Unterkieferhälften. 

Der  Unterkiefer  artikulirt  mit  dem  processus  con- 
dyloideus  in  einer  fossa  glenoidalis,  die  durch  den  pro- 
cessus zygomaticus  ossis  temporum  gebildet  wird.  Die 
Aestc  des  Unterkiefers    liegen  dicht   an  den  Seiten   des 


lieber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  bei  d.  Wirbelthieren.     91 

Schläfenbeines  an,  so  dass  eine  seitliche  Verschiebung 
nicht,  oder  doch  nur  in  sehr  geringem  Grade  stattfinden 
kann.  Die  bei  dem  Kauen  wirksamen  Bewegungen  sind 
reine  Schlittcnbewegungen,  sie  geschehen  von  vorn  nach 
hinten,  und  umgekehrt,  wie  auch  schon  die  quer  ge- 
stellten Schmelzleisten  auf  den  Backzähnen  schliessen 
lassen. 

M.  t  e  m  p  0  r  a  l  i  s,  und  die  dritte  Portion  des  masseter 
vermittelt  die  Rückwiirtsbewegung,  die  erste  und  vierte 
Portion  des  masseter,  und  vielleicht  auch  noch  etwas  der 
buccinator,  der  mit  schief  von  oben  nach  unten  verlau- 
fenden Fasern  zwischen  Ober-  und  Unterkiefer  ausge- 
spannt ist,  ziehen  den  Unterkiefer  nach  vorne.  Die 
Flügelmuskeln,  die  innere  Portion  des  masseter,  und 
theilweise  auch  die  innere  Schicht  des  temporalis  drücken 
Unterkiefer  an  Oberkiefer. 

Das  Meerschweinchen.  Das  Meerschweinchen 
zeigt  eine  ziemlich  komplizirte  Anordnung  der  Kau- 
muskeln, und  ausserdem  noch  manche  Eigenthümlich- 
keiten,  die  es  gerechtfertigt  erscheinen  lassen,  etwas 
näher  darauf  einzugehen. 

M.  masseter.  Sehr  kräftiger,  in  seiner  hintern 
Portion  von  einer  schwachen  Sehne  durchsetzter  Muskel. 
Er  entspringt  von  dem  unteren  Rande  des  Jochbogens, 
und  mit  einer  starken  glänzenden  Sehne  von  einer 
kleinen,  dicht  über  dem  Arm  des  Jochbogens  gelegenen 
Spina  des  Oberkiefers,  und  schlägt  sieh  mit  von  vorn 
•  und  oben  nach  hinten  und  unten  gerichtetem  Faserver- 
lauf um  den  unteren  Theil  des  angulus  des  Unterkiefers 
weit  nach  innen  herum,  ganz  in  derselben  Weise,  wie 
wir  dies  später  bei  dem  Eichhorn  wieder  finden  werden ; 
er  besitzt  an  der  Stelle,  wo  die^  Sehne  in  den  Muskel- 
bauch übergeht  eine  runde  kleine  Knorpelscheibe,  welche 
unter  einem  Vorsprunge  des  Unterkiefers  diesem  ver- 
schiebar  aufliegt.  Nach  innen  zu  trifft  er  auf  einen 
Muskel,  der  dem  Meerschweinchen  eigenthümlich  ist. 
Dieser,  von  Cuvier  mandibulo-maxillaris  (Fig.  5,  d)  ge- 
nannt, entspringt  als  ziemlich  starker  Muskelbauch  aus 
einer  vor  der  orbita  im  Oberkieferbein  gelegenen  Grube 


92  •  V.  Teiitleben: 

und  am  Oberkiefer  selbst,  geht  durch  das  foramen,  wel- 
ches durch  das  Auseinanderweichen  des  processus  zygo- 
maticus  maxillae  superioris  in  zwei  Arme  gebildet  wird, 
und  inserirt  sich  in  dem  breiten  sulcus  des  Unterkiefers, 
der  an  der  äussern  Seite  der  Backzähne  von  dem  Grunde 
des  Processus  condjloideus  nach  vorne  bis  ungefähr  zum 
zweiten  Backzahn  verläuft,  in  dessen  ganzer  Ausdehnung, 
und  zwar  an  dem  vorderen  Ende  mit  einer  glänzenden 
Sehne,  die  ebenfalls  an  der  Stelle,  wo  sie  in  den  Mus- 
kel übergeht,  ein  Knorpelscheibchen  besitzt.  Die  Fasern 
dieses  Muskels  verlaufen  von  vorn  nach  hinten.  Nach 
innen  trifft  er  auf  den  m.  temporalis,  der  vom  Hinter- 
hauptsbein und  Scheitelbein  entspringt,  und  sich  mit 
glänzender  Sehne  an  dem  innern  scharfen  Rande  des 
sulcus  des  Unterkiefers,  von  den  Backenzähnen  durch 
den  weit  nach  hinten  gehenden  buccinator  getrennt,  in- 
serirt; seine  Fasern  verlaufen  von  hinten  und  oben  nach 
vorne  und  unten- 

M.  pterygoidcus.  Er  besteht  aus  zwei  Portionen, 
die  aus  der  fossa  pterygoidea  entspringen,  und  sich  an 
der  innern  Fläche  des  angulus  des  Unterkiefers  inse- 
riren;  ihre  Fasern  verlaufen  von  oben  nach  unten. 

M.  digastricus.  Er  entspringt  vom  processus 
styloideus,  und  inserirt  sich  am  hinteren  unteren  Rande 
des  Unterkiefers;  er  ist  deutlich  zweibäuchig. 

Der  schwache  walzenförmige  processus  condyloi- 
deus,  des  Unterkiefers  artikulirt  in  der  langen,  seitlich 
komprimirten  Grube  des  processus  zygomaticus  ossis  tem- 
porum  mit  einfacher  Knorpelscheibe.  Er  wird  von  der 
Gelenkgrube  so  vollständig  umschlossen,  dass  Bewe- 
gungen nach  den  Seiten  hin  unmöglich  sind. 

Bei  den  Meerschweinchen  tritt  unter  den  Nagern 
wohl  mit  am  deutlichsten  die  für  diese  Gruppe  charak- 
teristische schlittenförmige  Bewegung  des  Unterkiefers 
von  vorne  nach  hinten  und  umgekehrt  hervor,  wobei 
vorzugsweise  der.  m.  mandibulo- maxillaris  den  Unter- 
kiefer nach  vorne,  der  temporalis  nach  hinten  zieht, 
während  der  masseter  den  Unterkiefer  ebensowohl  nach 


lieber  Kaumuskeln  u.  Kanmecbanismus  bei  d.  Wirbelthieren.     93 

vorn  als  auch  nach  oben  führt,  und  die  Flügelmuskeln 
den  Unterkiefer  an  den  Oberkiefer  andrücken. 

Die  Zähne  des  Meerschweinchens  zeigen  nun  noch 
eine  besondere  Eigenthümlichkeit.  Die  beiden  Zahn- 
reihen des  Oberkiefers  (Fig.  4,  a.)  konvergiren  nach  vorne 
sehr  stark,  so  dass  die  beiden  vordersten  Zähne  nur 
durch  eine  dünne  Knochenleiste  des  Gaumenbeines  von 
einander  getrennt  sind.  Ihre  Kaufläche  ist  nicht  gerade 
nach  unten,  wie  bei  den  meisten  übrigen  Nagern^  sondern 
schief  nach  aussen  gerichtet,  während  diejenige  der 
Zähne  des  Unterkiefers  (Fig.  4,  b)  deren  'beide  Reihen 
ebenfalls  nach  vorne  konvergiren,  schief  nach  innen  ge- 
richtet ist,  so  dass  eine  durch  die  Kauflächen  der  obern 
und  untern  ßackzahnreihe  von  oben  nach  unten  gelegte 
Ebene  nicht  gerade  von  oben  nach  unten,  sondern  ziem- 
lich schief  von  innen  nach  aussen  gerichtet  sein  würde. 
Diese  auffallende  Stellung  der  Zähne,  und  die  ebenso 
auffällige  Richtung  ihrer  Kaufiächen  findet  sich  noch  bei 
Lagidium,  Coelogenys,  Rhyzomys,  Dasyprocta,  stark  aus- 
geprägt bei  Castor  Fiber,  und  am  ausgeprägtesten  bei 
Hydrochoerus  Capybara,  mit  dem  das  Meerschweinchen 
überhaupt  grosse  xlehnlichkeit  zu  haben  scheint. 

Durch  diese  Eigenthümlichkeit  in  der  Richtung  der 
Kaufläche  der  Zähne  ist  auch  die  abw^eichende  Art  der 
Insertion  des  m.  masseter  bedingt.  Bei  den  Kaninchen, 
überhaupt  bei  allen  Nagern,  deren  Zähne  eine  wage- 
rechte Kaufläche  besitzen,  inserirt  sich  der  masseter  an 
der  äusseren  Seite  des  Astes  des  Unterkiefers  bis  zur 
Firste  desselben  hinab;  er  drückt  bei  seiner  Contraktion 
den  Unterkiefer  einfach  von  unten  nach  oben  an  den 
Oberkiefer;  bei  dem  Meerschweinchen,  bei  dem  die  durch 
die  Kaufläche  der  Zähne  gelegte  Ebene  schief  von  innen 
nach  aussen  gerichtet  ist,  wirkt  der  masseter,  der  sich 
um  den  angulus  des  Unterkiefers  weit  nach  innen  her- 
umschlägt, auch  in  der  Richtung  derselben  schiefen  Ebene  ; 
d.  h.  er  drückt  den  Unterkiefer  von  aussen  und  unten 
nach  innen  und  oben. 

Einige  Gruppen  der  Nager  zeigen  nun  die  in  der 
Einleitung     erwähnte     merkwürdige    Eigenthümlichkeit. 


94  V.  Teutleben: 

Während  bisher  die  feste  Verwachsung  der  beiden  Hälf- 
ten des  Unterkiefers  als  charakteristisch  für  die  Säuge- 
thiere  galt,  sind  die  betreffenden  Thiere  im  Stande,  die 
beiden  Unterkieferhälften  nach  den  Seiten  hin  von  ein- 
ander zu  entfernen,  und  wieder  fest  auf  einander  zu 
drücken.  Diese  Eigenthümlichkeit  wird  bedingt  durch 
den  Umstand,  dass  die  beiden  Kieferhälften  nur  durch 
nachgiebige,  federnde  Knorpel-  und  Bindegewebsmasse 
mit  einander  verbunden  sind,  urfd  durch  die  Anwesen- 
heit eines  besondern  Muskels,  der  quer  von  einer  ünter- 
kieferhälfte  zur  andern  gehend,  in  dem  Winkel,  den 
beide  Kieferhälften  mit  einander  bilden,  dicht  hinter  dem 
Vereirfigungspunkte  derselben  gefunden  wird.  Die  Exis- 
tenz dieses  Muskels  war  bereits  M eck  cl  ^)  bekannt,  doch 
scheint  seine  W^irkungsweise  bis  jetzt  übersehen  worden 
zu  sein  2).  Meckel  sagt:  „Bei  mehreren  Nagern,  nament- 
lich besonders  x\rctomys,  Bathyergus  scheint  der  Kiefer- 
beinmuskel auf  ähnliche  Weise  wie  bei  mehrern  Amphi- 
bien in  zwei  ganz  getrennte  Hälften  zerfallen,  von  denen 
die  vordere,  kürzere,  aber  weit  stärkere,  ganz  quere  von 
einer  Unterkieferhälfte  zur  andern  geht,  die  hintere, 
weit  längere,  aber  dünnere  mehr  schief  von  vorn  und 
aussen  nach  unten  und  hinten  gerichtete  sich  von  dem 
Unterkiefer  zu  dem  Zungenbein  begiebt/^ 

Bei  den  Nagern,  die  diesen  Muskel  besitzen,  findet 
sich  eine  konstante  Eigenthümlichkeit  in  Bezug  auf  die 
Anordnung  der  beiden  Portionen  des  masseter.  Die 
übrigen  Muskeln  bieten  nichts  Besonderes  dar.  Die  m. 
pterygoidei  bestehen  aus  zwei  Portionen,  die  von  der 
fossa  pterygoidea,  resp.  dem  processus  pterygoideus  nach 
der  inneren  Seite  des  ramus  des  Unterkiefers  gehen; 
ihre  Fasern  verlaufen  von  oben  nach  unten.  Der  m. 
temporalis,  wie  bei  allen  Nagern  stark  entwickelt,  ent- 
springt von   dem  Schläfenbein,    Scheitelbein  und  Hinter- 


1)  System  der  vergleichenden  Anatomie  IV,  628. 

2)  Auch  in  dem  neuen  Werke  über:  Die  Osteologie  und  Myo- 
logie  von  Sciurus  vulgaris  von  Dr.  Hoffmann  und  Weyenbergh 
(Haarlem  1870)  wird  dieser  Muskel  nicht  erwähnt. 


Ueber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  bei  d.    Wirbelthieren.     95 

hanptsbein,  und  i'nserirt  sich  oben  an  den  Unterkiefer,  be- 
sonders an  dessen  innerer  Seite. 

Der  masseter  besteht  aus  zwei  Portionen;  die  innere 
weit  stärkere,  besonders  mächtig  bei  Sciuriis  entwickelte 
entspringt  ans  der  Vertiefimg  zwischen  Jochbogen  und 
Oberkiefer,  und  von  dem  Jochbogen  selbst  in  dessen 
ganzer  Länge,  zugleich  von  dem  äussern  und  innern 
Rande,  und  inserirt  sich  auf  der  ganzen  äussern  Fläche 
des  ramus  des  Unterkiefers;  ihre  Fasern  verlaufen  von 
oben  nach  unten;  nach  innen  zu  stösst  sie  auf  den  m. 
temporalis.  Die  äussere,  viel  schwächere,  dünnere  Por- 
tion entspringt  mit  einer  Sehne  vom  Oberkieferbein, 
bei  manchen,  so  bei  Arctomys  an  einer  starken  spina 
desselben,  und  inserirt  sich  mit  schräg  von  vorn  und 
oben  nach  hinten  und  unten  gerichteten  Fasern  entweder 
an  die  Firste  des  angulus  des  Unterkiefers,  wie  z.  ß. 
bei  Arctomys  ludovicana,  und  Hypudacus,  oder  sie  schlägt 
sich  weit  um  den  angulus  des  Unterkiefers  nach  innen 
herum,  um  sich  an  dessen  innere  Fläche  zu  inseriren,  wie 
z.  B.  bei  Arctomys  Marnota,  und  Sciurus,  ganz  in  ähn- 
licher Weise  wie  wir  dies  auch  bei  dem  Meerschweinchen 
gesehen  haben.  Der  Muskel,  der  die  beiden  Unterkiefer- 
hälften von  einander  entfernt,  den  man  passend  als  m. 
transversus  ma?^c/^6?^Zae  bezeichnen  kann  (Fig.l  t.  m.),  geht, 
wie  schon  bemerkt  in  dem  Winkel,  den  die  beiden  Kie- 
feräste mit  einander  bilden,  quer  von  dem  einen  zum 
andern.  Vor  demselben,  da,  wo  die  beiden  Schneide- 
zähne aus  ihren  Alveolen  treten,  liegt  auf  der  Innen- 
seite der  beiden  Kieferäste  der  durch  eine  geringe,  mit 
Faserknorpel  bedeckte  Verdickung  der  knöchernen  Innen- 
fläche derselben  bedingte  Drehpunkt,  um  welchen  die 
Kieferhälften  von  einander  entfernt,  resp.  wieder  ein- 
ander genähert  werden.  Bei  Contraction  des  transver- 
sus  mandibulae  werden  die  Unterkieferäste  hinter  dem 
Drehpunkte  einander  genähert,  die  vor  dem&elben  be- 
findlichen Zähne  folglich  von  einander  entfernt,  so  dass 
zwischen  ihnen  ein  ziemlich  bedeutender  Zwischenraum 
entsteht  (Fig.  2);  bei  Contraktion  der  obersten  Portion 
des  masseter,  des  „Zusammendrückers"  der  Kieferhälften, 


96  V.  Teutleben: 

werden  die  Kieferäste  hinter  dem  Drehpunkte  von  ein- 
ander entfernt,  die  vor  demselben  befindlichen  Schneide- 
zähne mithin  einander  genähert,  resp.  fest  auf  einander 
gedrückt  (Fig.  3).  Ein  solcher  transversus  mandibulae 
findet  sich  bei  Arctomys  ludoviciana  und  Marmota,  bei 
echten  Mäusen,  so  bei  Mus  musculus,  und  Mus  decuma- 
nus,  bei  Wühlmäusen  z.  B.  Hypudaeus  amphibius,  nnd 
arvicola  arvalis,  ferner  bei  Hesperomys,  bei  Sciurus,  Cri- 
cetus,  auch  bei  Lemmus,  wenn  auch  hier  nicht  sehr  aus- 
gebildet, wahrscheinlich  wird  er  sich,  nach  dem  Gcbiss 
an  ausgestopften  Exemplaren  zu  schliessen,  ebenfalls  bei 
Chthonergus,  Ondatra  und  Georhychus  finden. 

Was  die  Bedeutung  der  Beweglichkeit  der  Unter- 
kieferhälften betrifft,  so  lässt  sich  etwas  Bestimmtes  dar- 
über wohl  kaum  sagen.  Da  dieser  Mechanismus  sich  bei 
Thieren  findet;  wie  Cricetus,  so  dürfte  die  Annahme,  dass 
dieselben  mit  den  zusammengedrückten  unteren  Schneide- 
zähnen vorzugsweise  Baustoffe,  oder  Nahrung  nach  dem 
Neste  trügen,  wenigstens  nicht  allgemein  gültig  sein ; 
möglich  ist  indess  immerhin,  dass  das  Eichhorn  einen 
ähnlichen  Gebrauch  davon  macht.  Ob  der  Mechanismus 
für  den  Akt  der  Nahrungsaufnahme  Bedeutung  hat,  steht 
auch  noch  dahin.  Das  Eichhörnchen  knackt  zuweilen 
die  Nüsse  so  auf,  dass  die  Schale  in  zwei  gleich  grosse 
Theile  zerspringt ;  dies  geschieht  in  der  Regel  sehr 
schnell,  und  an  der  Spitze  der  wieder  zusammengelegten 
Schale  findet  sich  nur  eine  kleine  Oeffnung.  Es  ist 
nicht  unmöglich,  dass  das  Thier  in  diese  die  untern 
Schneidezähne  einführt,  diese  mit  einem  plötzlichen  Ruck 
von  einander  drängt,  und  so  die  obere  Hälfte  der  Schale 
abhebt,  oder  absprengt,  in  ähnlicher  Weise,  wie  es  der 
Kreuzschnabel  mit  den  Tannenzapfen  macht;  in  andern 
Fällen  aber  bricht  das  Thier  von  der  Schale  einzelne 
unregelmässige  Stücke  los  in  derselben  Weise,  wie  man 
mit  der  Zange  einzelne  Knochenstücke  abbricht,  so  dass 
auch  hier  etwas  übereinstimmendes  nicht  gefunden  wird. 
Dagegen  scheint  dieser  Mechanismus  sich  konstant  bei 
den  Nagern  zu  finden,  die  lange  und  verhältnissmässig 
schwache  untere  Schneidezähne  besitzen,   und   dabei  eine 


lieber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  bei  d.  Wirbelthieren.      97 

ausgiebige  Bewegung  mit  denselben  während  des  Nagens 
ausführen.  Diese  Merkmale  finden  sich  bis  jetzt  wenig- 
stens bei  denThieren,  bei  denen  auch  dieser  Mechanismus 
vorkommt,  und  es  lässt  sich  für  diese  wenigstens  die  Be- 
deutung des  .^Zusammendrückers^  der  Kieferhiilften  er- 
kennen. Dieser  wird  bei  jeder  einzelnen  Nagebewegung 
die  langen,  schwachen  Zähne  fest  an  einander  drücken, 
so  dass  sie  hierdurch  eine  kräftigere  Bewegung  ausführen 
können,  als  sie  es  vermöchten,  wenn  sie  durch  einen 
Zwischenraum  von  einander  getrennt  blieben,  besonders 
da  ihre  Alveolen  nach  der  Mittellinie  hin  sehr  sehwache 
Wände  besitzen,  ein  Durchbrechen  also  leicht  möglich 
wäre. 

Die  Bedeutung  des  transversus  mandibulae  lässt 
sich  aber  auch  hier  noch  nicht  erkennen. 

Bei  Coelogenys,  Aulacodus,  Capybara,  Castor  Fiber, 
diesen  ausgezeichnetsten  Nagern,  bei  denen  die  Unterkie- 
ferhälften fest  mit  einander  verwachsen  sind,  findet  sich 
dieser  Mechanismus  natürlich  nicht. 

Nach  einer  Mittheilung  vonSclater  soll  das  Kän- 
guruh ebenfalls  die  unteren  Schneidezähne  gegen  einander 
bewegen  können,  und  auf  diese  Weise  z.  B,  das  Gras  ab- 
schneiden; diese  Bewegung  soll  vermittelt  werden  durch 
Contraktion  des  m.  orbicularis  oris.  Die  untern  Schneide- 
zähne des  Känguruh  sind  durch  einen  bedeutenden 
Zwischenraum  von  einander  getrennt,  sie  sind  fast  hori- 
zontal, vorne  ein  wenig  aufsteigend  von  hinten  nach 
vorne  gerichtet,  und  ihre  innern  einander  zugekehrten 
Seiten  laufen  in  eine  scharfe  Kante  aus.  Eine  ganz 
ähnliche  Stellung  der  unteren  Schneidzähne  findet  sich 
bei  manchen  unserer  Insektivoren,  so  bei  Sorex  und 
Erinaceus,  bei  letzterem  besonders  ausgeprägt;  doch  fehlt 
hier  die  der  Mitte  zugekehrte  scharfe  Kante. 

Bis   jetzt  habe    ich  noch   keine  Gelegenheit  gehabt, 
ein  Känguruh    zu    untersuchen;    vielleicht   kann  ich  spä-, 
ter  noch   einmal    einige   darauf  bezügliche  Mittheilungen 
machen.  Cf.  Nachtrag. 

Die  Vögel.  Wahrend  bei  den  Säugern  der  Unter- 
kiefer direkt  mit    dem  Oberkiefer  articulirt,   schiebt  sich 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  l.Bd.  7 


98  V.  Teutleben: 

bei  den  Vögeln,  Reptilien,  Amphibien  und  Fischen  noch 
ein  besonderes,  gelenkendes  Stück  zwischen  beide  ein,  das 
sogenannte  Quadratbein.  Die  Vögel  zeigen  nun  die  Ei- 
genthümlichkeit,  dass  der  Oberkiefer  beweglich  mit  dem 
Stirnbein  verbunden  ist.  Der  Papagei  besitzt  an  dieser 
Stelle  sogar  ein  echtes  Gelenk,  andere  Vögel  w^ie  P]nte, 
Gans,  Grauammer  ein  falsches.  Bei  den  Raubvögeln  ist 
diese  Beweglichkeit  nur  wenig  ausgebildet,  bei  andern, 
so  bei  den  zuletzt  genannten  sehr  bedeutend  entwickelt. 
Flügel-  und  Gaumenbein  sind  nämlich  mit  dem  die  orbita 
als  eine  senkrechte  Knochenlamelle  von  oben  nach  unten 
durchziehenden  vorderen  Keilbeinflügel  beweglich  verbun- 
den, so  dass  sie  an  dessen  unterer  und  seitlicher  Fläche 
mit  Leichtigkeit  hingleitend  sich  ziemlich  weit  nach  vorne 
verschieben  lassen.  Wenn  nun  der  m.  digastricus  den 
Unterkiefer  herabzieht,  drückt  dessen  hinteres  Ende  auf 
die  untere  Fläche  des  Quadratbeines;  dieses  schiebt,  dem 
Drucke  ausweichend,  das  mit  ihm  verbundene  Jochbein, 
so  wie  das  ebenfalls  mit  ihm  verwachsene  Flügel-Gau- 
menbein nach  vorn  und  oben;  dadurch  wird  der  mit 
diesen  Knochenstücken  verbundene  Oberkiefer,  resp.  der 
Schnabel  nach  oben  gedrückt  und  aufgerichtet.  Unter 
unseren  einheimischen  Vögeln  zeigt  diesen  Mechanismus 
sehr  hübsch  der  allbekannte  Grauammer. 

Da  die  Vögel  ihre  Nahrung  nicht  kauen,  so  bietet 
die  Anordnung  der  Kaumuskeln  auch  sehr  wenig  Be- 
merkens werthes. 

M.  masseter  fehlt. 

M.  temporalis  besteht  aus  mehreren  Portionen. 
Die  äusserste  entspringt  von  dem  Scheitelbein  und  der  äus- 
sern hintern  Wand  der  orbita,  geht  unter  dem  Jochbein 
hinweg,  und  inserirt  sich  an  dem  untern  Rande  des  Unter- 
kiefers; die  innere  Portion  kommt  aus  dem  hintern 
innern  Winkel  der  orbita,  und  zerfällt  in  einen  hintern 
und  vordem  Theil^  von  denen  der  hintere  an  das  obere 
Ende  des  Quadratb  eines  sich  inserirt,  während  der  vor- 
dere unmittelbar  an  diesen  sich  anschliessd  von  dem 
oberen  Ende  des  Quadratbeines  entspringt,  und  sich  an 
die  innere  Seite  des  Unterkiefers,  besonders  an  den  nach 


Üeber  Kaumuskelu  u.  Kaumechanismus   bei   d.  Wirbeithieren.     99 

innen  gerichteten  Fortsatz  desselben  inserirt.  Durch 
diese  beiden  Miiskelpartieen  wird  das  Quadratbein  fester 
in  seiner  bestimmten  Lage  fixirt.  Bisweilen  findet  sich 
über  diese  beiden  Muskeln  noch  eine  dünne  Muskel- 
schiclit^  die  von  dem  inneren  Winkel  der  orbita  direkt 
nach  der  inneren  Seite  des  Unterkiefers  geht. 

Der  digastricus  entspringt  von  den  bei  manchen 
Vögeln  etwas  hervorragenden  Seitentheilen  des  Hinter- 
hauptsbeines, und  inserirt  sich  am  hinteren  Ende  des 
Unterkiefers.  Es  mag  hier  bemerkt  werden,  dass  bei 
allen  Thieren,  die  ein  Quadratbein  besitzen,  und  einen 
Herabzieher,  der  von  den  Seitentheilen  des  Schädels 
nach  dem  Unterkiefer  geht,  dieser  Muskel  sich  hinter 
dem  Drehpunkte  des  letzteren  an  denselben  inserirt;  so 
ist  es  bei  allen  Wirbclthieren  mit  Ausnahme  der  Säuger, 
bei  denen  der  digastricus  stets  vor  dem  Drehpunkte  des 
Unterkiefers  seine  Insertion  an  denselben  findet. 

Bei  Gans,  Ente,  Grauamm'er  findet  sich  noch  ein 
besonderer  Muskel,  der  vom  oberen  Rande  des  Flügel- 
beines entspringt,  schräg  nach  oben  und  vorn  verläuft, 
und  sich  an  die  Seite  der  die  orbita  durchsetzenden 
Keilbeinplatte  inserirt.  Er  wird  bei  seiner  Contraktion 
Flügel-  und  Gaumenbein,  und  damit  den  Oberkiefer  nach 
vorn  und  oben  drücken,  und  so  den  Schnabel  aufrichten, 
doch  wird  diese  Wirkung  nicht  so  ausgiebig  sein,  wie 
diejenige,  welche  durch  den  Druck  des  herabgezogenen 
Unterkiefers  durch  Vermittlung  des  Quadratbeines  auf 
Flügel-  und  Gaumenbein  ausgeübt  wird.  Wahrscheinlich 
wird  dieser  Muskel  sich  bei  allen  Vögeln  finden,  bei 
denen  die  Beweglichkeit  des  Schnabels  am  Stirnbein 
sehr  ausgebildet  ist;  bei  den  Raubvögeln  fehlt  er. 

Die  Schlangen.  Bei  den  Schlangen  findet  sich 
eine  sehr  komplizirte  Anordnung  der  Kaumuskeln.  Die- 
selbe ist  bedingt  durch  die  Verschiebbarkeit  der  Schädel- 
knochen unter  einander,  durch  die  Beweglichkeit  der 
Unterkieferhälften  nach  der  Seite,  und  jeder  einzelnen 
Hälfte  unabhängig  von  der  andern  nach  vorne,  durch 
die  stark  nach  hinten  gerichtete  Krümmung  der  Zähne, 
wodurch    die  Thiere   nicht    im  Stande    sind    eine    einmal 


100  V.  Teutlebent 

erfasste  Beute,  die  den  Rachen  vollständig  ausfüllt,  wieder 
fahren  zu  lassen,  und  durch  den  Umstand  endlich,  dass 
das  Quadratbein  in  der  x\rt  mit  dem  os  squamosum  ver- 
bunden ist,  dass  dasselbe  Excursionen  nach  der  Seite,  also 
von  innen  nach  aussen,    und  umgekehrt  ausführen  kann. 

Durch  die  Anwesenheit  einer  Giftdrüsse  wird  die 
Anordnung  der  betreffenden  Muskeln  bei  den  Giftschlan- 
gen noch  komplizirter.  Zur  besseren  Orientirung  ist  es 
zweckmässig,  einiges  über  die  Lage  derselben  voraus  zu 
schicken. 

Untersucht  wurde  Crotalus  durissus. 

Die  Giftdrüse  ist  eine  grosse,  hell  gefärbte  Drüse 
von  der  Gestalt  eines  Dreiecks,  dessen  Grundfläche  nach 
unten,  dessen  Spitze  nach  oben  gerichtet  ist,  welche  in 
der  Schlafgrube  dicht  hinter  der  orbita  liegt.  Sie  ist 
befestigt  mit  einer  oberen  stärkeren  Sehne  am  Seitentheile 
des  Hinterhauptsbeines,  mit  einer  hintern,  dünnern  Sehne 
an  der  Verbindungsstelle  des  Unterkiefers  mit  dem 
Quadratbein,  und  mit  einer  vordem  Sehne  an  dem  Ober- 
kiefer. Dieser  letzteren  dicht  angelagert,  und  durch 
Bindegewebe  verbunden  läuft  der  Ausfühningsgang  der 
Giftdrüse  von  der  vordem  untern  Spitze  derselben  nach 
dem  Oberkiefer,  wo  er  sich  um  die  durchbohrte  Wurzel 
des  Giftzahnes  fest  anlegt. 

Die  Giftdrüse  liegt  auf  dem  m.  pterygoideus  exter- 
nus,  der  an  ihre  untere  Fläche  ein  Faserbündel  abgiebt, 
so  dass  dieselbe  dadurch  fest  auf  ihn  zu  liegen  kommt, 
auf  dem  m.  temporalis,  und  dem  oberen  Theile  des 
grossen  Hebers  des  Unterkiefers,  welcher  nach  hinten 
sich  um  dieselbe  herumschlagend  sie  auch  noch  von  oben 
hör  in  ihrem  hinteren  Theile  bedeckt. 

Die   Anordnung   der  Kaumuskeln   ist   nun  folgende. 

M.  temporalis.  Er  entspringt  aus  der  Schläfen- 
grube dicht  hinter  der  orbita,  und  yerläuft  von  oben  nach 
unten,  bis  seine  Fasern  in  die  des  grossen  Hebers  des 
Unterkiefers  übergehen.  Dieser,  dem  man  wohl  kaum 
den  Namen  masseter  geben  kann,  obwohl  er  dieselbe 
Funktion  besitzt,  entspringt  von  dem  oberen  Rande  des 
Unterkiefers   in    dessen    ganzer  Ausdehnung,    und    theilt 


üeber  Kaumuskeln  u.    Kaumechanismus  bei  d.  Wirbelthiereu.     101 

sich  nach  hinten  in  zwei  Portionen.  Die  oberste  (mas- 
seter^  Owen  ^)  schlägt  sich  nach  vorne  um  die  Giftdrüse 
herum,  wie  schon  bemerkt  wairde;  ihre  vordere  Sehne 
geht  in  die  Sehne  über,  welche  die  Giftdrüse  an  dem 
Oberkiefer  befestigt.  Bei  Contraktion  dieses  Muskels 
wird  ein  Druck  auf  die  Giftdrüse  ausgeübt,  in  Folge 
dessen  das  Gift  in  den  Ausführungsgang  hinein  gepresst 
wird.  Die  hinterste  Portion  des  grossen  Hebers  (post- 
tempoi'aiis.  Owen)  liegt  dicht  unter  der  vorigen,  mit  der 
sie  in  der  vorderen  Hälfte  des  Unterkiefers  verschmilzt, 
und  inserirt  sich  an  der  vorderen  Fläche  des  Quadrat- 
beines. Unmittelbar  hinter  dieser  verläuft  längs  der 
Aussenseite  des  Quadratbeincs,  von  diesem,  und  in  geringer 
Ausdehnung  vom  Hinterhauptsbeine  entspringend  zum 
hinteren  Ende  des  Unterkiefers  herab  ein  länglicher 
Muskel,  von  Owen  tympano-mandibularis  genannt;  er 
verläuft  ziemlich  schräg  von  vorn  und  innen  nach  hinten 
und  aussen.  Er  zieht  den  Unterkiefer  nach  unten,  ent- 
spricht also  dem  digastricus.  Unterstützt  wird  er  in 
dieser  Wirkung  durch  einen  langen,  dünnen  Muskel,  der 
jederseits  in  d- r  ISackengegcnd  von  den  langen  Hals- 
muskeln entspringt,  schief  nach  vorn  verläuft,  und  sich 
an  dem  unteren  vorderen  Theile  des  Unterkiefers  inse- 
rirt. Owen  bezeichnet  seine  beiden  parallel  neben  ein- 
ander her  laufenden  Portionen  als  neuromandibularis  und 
costomandibularis.  Vor  diesem  findet  sich  ein  glatter, 
dünner,  nicht  sehr  kräftiger  Muskel  vor,  der  sich  nicht 
bei  allen  Schlangen  findet,  bei  denjenigen  aber,  bei  denen 
eine  sehr  ausgiebige  Beweglichkeit  der  Unterkieferhälf- 
ten nach  den  Seiten  hin  statt  hat,  konstant  zu  sein 
scheint  ^j.  Dieser,  von  Cuvier  cervicomandibularis  genannt 
(Fig.  7,  a),  entspringt  von  den  Dornfortsätzen  einiger  Hals- 
wirbel, und  von  den  langen  Halsmuskeln,  und  inserirt 
sich  jederseits  an  dem  hinteren  Ende  des  Unterkiefers. 
Jeder  dieser  beiden  Muskeln,  einzeln  wirkend,  zieht  seine 
Unterkieferhälfte   in  ihrem    vorderen  Theile  nach  aussen, 


1)  Owen:  On  the  Anathomy  of  Vertebrates  1,  S.  227  ff. 

2)  Owen  besclu'eibt  diesen  Muskel  nicht. 


102  V.  Teiitieben: 

bei  gleichzeitiger  Wirkung  beider  werden  die  nur  durch 
nachgiebiges  Bindegewebe  unter  einander  verbundenen 
Unterkieferliälften  bedeutend   von  einander  entfernt. 

Pterygoideus  extern us.  Kräftiger  Muskel.  Er 
entspringt  von  dem  Oberkiefer  und  dem  oberen  und 
äusseren  Rande  des  os  transversum,  welches  das  Flügel- 
Gaumenbein  mit  dem  Oberkiefer  verbindet,  verläuft  nach 
hinten,  schlägt  sich  um  den  hinteren  Theil  des  Unter- 
kiefers nach  oben  herum,  und  inserirt  sich  an  dessen 
äusserer  und  hinterer  Fläche.  Bei  fixirtem  Oberkiefer 
zieht  er  seine  Unterkieferhälfte  nach  vorne  und  aussen; 
bei  fixirtem  Unterkiefer  zieht  er  den  Oberkiefer,  und  mit 
diesem  den  Giftzahn  nach    unten  und  hinten. 

Pterygoideus  internus.  Er  liegt  unter  dem 
temporalis,  entspringt  vom  hinteren  Rande  der  orbita  und 
der  Seite  des  Scheitelbeines,  und  inserirt  sich  am  oberen 
Rande  des  hintern  grössern  Theiles  des  Flügelbeines, 
welcher  nach  aufwärts  gekrümmt  ist.  Von  dem  vorderen 
Theile  des  Flügelbeincs,  der  ebenfalls  nach  oben  gebogen 
erscheint,  entspringt  ein  platter  Muskel,  der  nach  dem 
Scheitelbein  verläuft;  seine  Fasern  verlaufen  entgegen- 
gesetzt denen  des  pterygoideus  internus  von  vorn  und 
unten  nach  hinten  und  oben ;  er  hebt  den  vorderen  auf- 
wärts steigenden  Theil  des  Flügelbcines,  und  zieht  die 
diesem  aufsitzenden  Zähne  nach  oben,  resp.  aus  der  Beute 
heraus.  Zwischen  den  beiden  Flügelbeinen  verläuft  noch 
jederseits  ein  Muskel,  von  Owen  prespheno-pterygoideus 
genannt;  er  entspringt  von  der  untern  Fläche  des  Keil- 
beins, und  verläuft  nach  hinten,  um  sich  an  der  inneren 
hinteren  Hälfte  des  Flügelbeines  zu  inseriren. 

Der  Schlingakt  bei  den  Schlangen  ist  sehr  ver- 
wickelter Natur  1).  Die  Nahrung  wird  nicht  gekaut, 
sondern  unzerkleinert  hinunter  geschluckt.  Ist  der  Bissen 
klein,  so  verschwindet  er  schnell  durch  das  weit  aufge- 
rissene Maul.  Allein  sehr  oft  würgen  die  Schlangen  eine 
unverhältnissmässig  grosse  Beute  hinunter.     Dabei  ist  die 


1)  Cf.  Duges:   Recherches  anatomiques   et  physiologiques  sur 
deglutition  dans  les  Reptiles.  Annales  des  sciences  nat.  12.  p.  337  ff. 


Uebe  r  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  bei  d.   Wirbelthiercn.     103 

Mundhöhle  von  dem  gewaltigen  Bissen  oft  ganz  kolos- 
sal ausgedehnt,  das  Thier  ist  nicht  im  Stande  die  Beute 
einfach  hinunter  zu  schlingen;  es  muss  gewissermafsen 
langsam  um  seine  Beute  herumkriechen,  indem  es  ab- 
wechselnd Ober-  und  Unterkiefer  nach  vorwärts  schiebt, 
und  dicöelbe  so  in  den  Schlund  hinabdrängen.  Da  die 
Rachenhöhle  von  dem  Bissen  vollständig  ausgefüllt  ist,  so 
ist  die  Möglichkeit  gegeben,  die  Kiefer  und  Flügel- 
Gaumenbeine  bei  dem  Vorwärtsschieben  derselben  in  allen 
möglichen  Punkten  zu  fixiren;  aus  diesem  Grunde  ist 
auch  ersichtlich,  wie  die  einzelnen  Muskeln  verschieden 
funktioniren  können,  je  nachdem  sie  an  ihrem  vorderen, 
oder  hinteren  Ende  fixirt  sind.  Die  einzelnen  Muskeln 
wirken  während  des  Schlingens  in  folgender  Weise. 
M.  m.  digastricus,  costo-  und  neuromandibularis  ziehen 
die  Unterkiefer  herab  und  nach  hinten,  m.  cervicomandi- 
bularis  zieht  seine  Unterkieferhälfte  nach  aussen,  m. 
pterjgoideus  externus  zieht  bei  fixirtem  Oberkiefer  seine 
ünterkieferhäifte  nach  vorn  und  oben,  m.  m.  temporalis 
und  posttcmporalis  drücken  den  Unterkiefer  an  den  Ober- 
kiefer, die  Zähne  schlagen  sich  ein,  und  der  Unterkiefer  ist 
jetzt  fixirt.  M.  m.  pterygoideus  internus  und  presphenop- 
terygoideus  ziehen  das  Flügelbein,  und  mit  diesem  das 
OS  transversum^  und  den  mit  demselben,  verbundenen 
Oberkiefer  nach  oben,  und  heben  dadurch  Zähne  und 
Giftzäline  empor;  gleichzeitig  ziehen  dieselben  Muskeln 
die  Kiefer  und  Flügel-Gaumenbeine,  und  mit  diesen  na- 
türlich die  Zähne  nach  vorne,  so  dass  der  ganze  obere 
Kieferapparat  um  eine  bestimmte  Länge  vor  den  fixirten 
Unterkiefer  rückt;  m.  pterygoideus  externus  zieht  jetzt 
den  Oberkiefer,  und  mit  diesem  die  Giftzähne  nach  un- 
ten und  hinten,  eine  Bewegung,  der  sich  auch  die 
Flügel-  und  Gaumenbeine  anschliessen  müssen,  die  Zähne 
schlagen  sich  ein,  der  Oberkieferapparat  ist  jeszt  fixirt,  und 
es  muss  nun  der  Unterkiefer  ein  Stück  wiederum  nach 
vorne  geschoben  werden.  Bei  diesem  Vorwärtsschieben 
der  einzelnen  Theile  des  oberen  Kieferapparates  ist  na- 
türlich die  eigentliche  Schädelkapsel  durch  die  langen 
rialsmuskeln  genügend  fixirt. 


104  V.  Teutleben: 

Auf  diese  Weise  wird  die  Beute  langsam  ver- 
schlungen. 

Die  Saurier.  Bei  den  einzelnen  Gruppen  der 
Saurier  konimen  zwar  verschiedene  unterscheidende  Merk- 
male vor,  doch  ist  im  Grossen  die  Anordnung  der  Kau- 
muskeln sehr  einfach,  und  bietet  wenig  Bemerkenswerthes. 
Die  Krokodile,  gewaltige  Beisser,  besitzen  ähnlich  wie 
die  Säugcthiere  einen  sehr  starken  Oberkieferapparat, 
der  fest  mit  dem  Schädel  verbunden  ist.  Bei  den  Ei- 
dechsen ist  dieser  Apparat  viel  leichter  gebaut,  die  Seiten- 
theile  des  Stirn-  und  Scheitelbeines  sind  durch  falsche 
Gelenke  verbunden,  so  dass  sich  bei  Verschiebung  des 
Quadratbeines  die  ganze  Schädeldecke  auf  den  Keilbein- 
flügeln verschiebt.  Von  den  Kaumuskeln  ist  der  Flügel- 
muskel bei  weitem  am  stärksten  entwickelt. 

Alligator.  M.  mnsseter  fehlt.  M.  temporalis 
entspringt  aus  der  Schläfengrube,  geht  unter  dem  Joch- 
bogen hinweg,  und  inserirt  sich  an  der  inneren  und 
äusseren  Seite  des  Unterkiefers. 

M.  p  terygoi  deus.  Sehr  starker  Muskel.  Er  be- 
steht aus  zwei  Portionen ;  die  äussere  schwächere  ent- 
springt von  dem  processus  pterygoideus,  die  innere  stär- 
kere aus  der  fossa  pterygoidea,  und  mit  einer  Sehne  vom 
Processus  pterygoideus;  beide  schlagen  sich  vereint  um 
den  angulus  des  Unterkiefers  weit  nach  aussen  herum, 
wo  sie  als  dicker  bauchiger  Wulst  hervortreten.  Sie 
sind  die  Hauptkaumuskeln,  da  ein  masseter  fehlt,  und 
der  m.  temporalis  nur  schwach  entwickelt  ist.  Da  diese 
Flügel muskeln  sich  in  einem  sehr  spitzen  Winkel  an  dem 
Unterkiefer  inseriren,  so  wurde  durch  die  Masse  ersetzt, 
was  durch  die  ungünstige  Insertion  an  Hebelkraft  ver- 
loren ging  ^). 

M.  digastricus  entspringt  vom  hinteren  Rande 
des  Hinterhauptsbeines,  und  inserirt  sich  am  hinteren 
Ende  des  Unterkiefers,  er  verläuft  etwas  schräge  von 
vorne   nach   hinten.     Bei    fixirtem  Schädel    zieht   er    den 


1)  Cf.  Nusser  a.  a.  0. 


Üeber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus    bei  d.  Wirbelthieren.     105 

Unterkiefer  herab,  bei  fixirtem  Unterkiefer  hebt  er  den 
ISchädel  empor;  eine  Eigenthümlichkeit,  die  man  früher 
dem  Krokodile  allein  vindicirte,  die  aber  allen  Sauriern 
zukommt.  Unterstützt  wird  er  bei  dem  Herabziehen 
des  Unterkiefers  durch  zwei  Muskeln,  die  am  sternum, 
einer  dicht  neben  dem  andern  entspringen,  und  sich  an 
der  untern,  mittlem  Fläche  des  Unterkiefers  inseriren ; 
ein  jeder  dieser  Muskeln  ist  deutlich  zweibäuchig. 

Der  Kaumechanismus  ist  bei  diesen  Thieren  ein 
sehr  einfacher,  da  die  Beute  ohne  gekaut  zu  werden 
verschlungen  wird;  m.  digastricus  zieht  den  Unterkiefer 
herab,  und  öffnet  den  Rachen,  temporalis  und  pterygoideus 
schlicssen  denselben,  und  drücken  Unterkiefer  an  Ober- 
kiefer. Bei  einigen  Sauriern,  z.  B.  Monitor  Tcgu  und 
Lacerta  inserirt  sich  der  Herabzicher  des  Unterkiefers 
als  ein  dreieckiger  platter  Muskel  nur  in  seinem  vorderen 
Theile  an  dem  hinteren  Ende  des  Hinterhauptsbeines; 
mit  der  bei  weitem  grösseren  Portion,  welche  dem  m. 
cervicomandibularis  der  Schlangen  entspricht,  entspringt 
er  von  der  oberen,  und  seitlichen  Fläche  der  langen 
Halsmuskeln,  mit  denen  er  durch  Bindegewebe  verbunden 
ist.  Beide  Portionen  setzen  sich  vereinigt  an  das  hintere 
Ende  des  Unterkiefers.  Nach  hinten  und  unten  zu  ver- 
einigt er  sich  mit  einem  platten  dünnen  Muskel,  der  in 
der  Gegend  des  Brustbeines  und  etwas  oberhalb  des- 
selben von  den  tiefen  Halsmuskeln  entspringt,  und  sich 
am  untern  Rande  des  Unterkiefers  inserirt;  beide  Mus- 
keln treffen  in  der  Mitte  zusammen;  sie  wirken  eben- 
falls, wenn  auch  in  geringerem  Grade  als  Flerabzieher 
des  Unterkiefers. 

Die  Amphibien.  Der  Frosch.  Die  Anordnung 
der  Kaumuskeln  bei  dem  Frosch  bietet  nichts  Bemerkens- 
werthes  dar;  sie  ist  bereits  vielfach  sehr  sorgfältig  be- 
schrieben worden,  und  würde  hier  ganz  übergangen 
worden  sein,  hätte  ich  nicht  den  m.  submentalis  erwäh- 
nen müssen.  Hierdurch  wurde  eine,  wenn  auch  nur  sehr 
kurze  Beschreibung  auch  der  übrigen  nöthig.  Der  mas- 
seter  geht  von  dem  Jochbein  nach  der  äusseren  Seite 
des    Unterkiefers;    der    temporalis    entspringt    von    der 


106  V.  Teutleben: 

oberen  Fläche  des  os  petrosum,  und  inserirt  sich  mit  einer 
breiten  glatten  Sehne  an  der  Innern  Seite  des  Unter- 
kiefers an  dem  processus  coronoideus.  Der  m.  ptery- 
goidens  liegt  unter  dem  temporalis,  entspringt  vom  Keil- 
bein im  hinteren  Theile  der  orbita,  und  setzt  sich  mit 
dünner  Sehne  hinter  dem  m.  temporalis  an  die  innere 
Fläche  des  Unterkiefers  dicht  vor  dem  Gelenke;  m.  di- 
gastricus  ist  ein  dreieckiger,  oben  breiter,  nach  unten 
sich  zuspitzender  Muskel,  der  aus  zwei  Portionen  be- 
steht, von  denen  die  grössere  von  der  fascia  dorsalls,  die 
andere  vom  hintern  und  oberen  Theile  des  os  tympani- 
cum  entspringt;  beide  setzen  sich  vereinigt  an  den  hin- 
teren Winkel  des  Unterkiefers  an.  Nur  die  vordere 
entspricht,  wie  schon  Cuvier  bemerkt,  dem  eigentlichen 
digastricus,  die  hintere  ist  analog  dem  cervicomandibu- 
laris  der  Schlangen. 

M.  s üb  mentalis  (Ecker.).  Dies  ist  ein  kleiner, 
den  schwanzlosen  Lurchen,  wie  es  scheint  eigenthümlicher 
Muskel,  der,  nach  unten  bedeckt  von  dem  vordersten 
Theile  des  m.  submaxillaris  in  dem  Winkel,  den  die  Un- 
terkieferäste mit  einander  bilden,  sich  vorfindet,  ungefähr 
an  der  Stelle,  an  welcher  der  oben  beschriebene  eigen- 
thümliche  Muskel  mancher  Nagethiere  sich  findet.  Er 
besteht  aus  queren  Fasern  ,  die  von  einem  Kieferaste 
zum  anderen  verlaufen.  Er  nähert  die  beweglichen 
Unterkieferäste  einander.  Nach  Duges  soll  er  mittelbar 
auf  die  Schliessung  der  Nasenlöcher  dadurch  einwirken, 
dass  er  den  unteren  Rand  der  ossa  dentalia  nähert,  und 
deren  mediales  Ende,  und  damit  die  ossa  intermaxiilaria 
hebt.     (Ecker,  Anatomie  des  Frosches.) 

Die  Art  der  Wirkung  der  Kaumuskeln  bei  dem 
Frosch  ist  sehr  einfach  um  so  mehr,  da  er  die  Nahrung 
nicht  kaut;  der  m.  digastricus  zieht  den  Unterkiefer  her- 
ab, die  übrigen  drücken  Unterkiefer  an  Oberkiefer  und 
schliessen  das  Maul. 

Die  Fische  ^),   Die  Fische  sind  im  Stande  ihre  Mund- 


1)  Es  sind  nur  die  Verhältnisse  bei   den  Knochenfischen    be- 
rücksichtigt. <* 


lieber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  bei  d.  Wirbelthieren.     107 

höhle  sehr  bedeutend  zu  erweitern.  Es  hängt  dies  von 
mehreren  anatomischen  Eigenthümlichkeiten  ab.  Der  Unter- 
kiefer ist  mittelst  eines  Zwischenstückes,  oder  Suspen- 
soriums mit  dem  Oberkiefer  beweglich  verbunden.  Dieses 
Suspensorium  ist  aus  mehreren  Knochen  zusammenge- 
setzt, von  denen  der  oberste  mit  dem  Schädel  artikulirende 
als  hyomandibulare  bezeichnete  dem  temporale  von  Cu  vi  er 
entspricht,  während  das  praeoperculum  den  mittleren, 
und  das  quadratum,  oder  quadrato-jugale  den  unteren, 
an  das  ünterkiefergelenk  sich  ansetzenden  Abschnitt  des 
Suspensoriums  bilden,  welches  funktionell  dem  Quadrat- 
bein bei  Amphibien,  Reptilien  und  Vögeln  entspricht. 
Dieses  platte  Knochenstück  bildet  nach  hinten,  wo  es 
mit  dem  operculum  zusammentrifft,  einen  prominirenden 
Wulst,  sein  vorderer  Theil  stellt  eine  dünne  Knochen- 
platte dar,  die  sich  mit  dem  Flügel- Gaumenbein  ver- 
bindet. Das  hyomandibulare  kann  nur  seitlich  am  Schädel 
artikulireu.  Bewegungen  von  hinten  nach  vorn,  wie 
solche  das  Qudratbein  der  Vögel  ausführt,  sind  nicht 
möglich.  Das  Zungenbein,  welches  durch  einen  läng- 
lichen, platten  Knochen,  der  als  copula  bezeichnet  wird  ^), 
mit  dem  Schultergürtel  in  Verbindung  steht,  besitzt  zwei 
grosse  seitliche,  nach  hinten  stark  divergirende  Hörner, 
deren  Enden  durch  Gelenke  in  Verbindung  mit  der 
inncrn  Fläche  des  Quadratum  stehen.  Ober-  und  Zwischen- 
kiefer sind  bald  sehr  bedeutend  entwickelt,  wie  bei  den 
Cyprinoiden,  bald  sehr  rudimentär,  wie  bei  dem  Hecht. 
Die  langen  Bauchmuskeln  inserircn  sich  am  hinteren 
Ende  und  an  den  Seiten  des  als  copula  bezeichneten  Kno- 
chenstückes. 

Hecht.  Der  Hecht  lässt  als  Raubfisch  schon  von 
vorn  herein  auf  eine  gewisse  Ausbildung  der  Kau-  resp. 
ßeissmuskeln  schliessen. 

M.  temporalis.  Als  solchen  kann  man  einen  Mus- 
kel bezeichnen,  der  an  der  Seite  des  Schädels  dicht 
hinter  und  unter  der  orbita  gelegen  bei  dem  Andrücken 
des  Unterkiefers  an   den  Oberkiefer  am    meisten   in  Be- 


1)  Stannius,  Handbuch  der  Zootomie  II,  83. 


108  V.  Teutlebeii: 

tracht  kommt.  Er  besteht  aus  zwei  Portionen.  Die 
äussere  entspringt  von  dem  vorderen  Rande  des  hintern, 
vorspringenden  Theiles  des  Kiefersuspensoriums,  uud 
dem  seitlichen  Thcile  des  Hinterhauptsbeines,  und  inse- 
rirt  sich  an  der  innern  Seite  des  Unterkiefers;  sie  er- 
streckt sichi  sehr  weit  nach  vorne,  fast  bis  zu  den  ersten 
Zähnen.  Die  innere  Portion  entspringt  von  demselben 
Knochenstück  dicht  unter  der  vorigen,  und  inserirt  sich 
mit  einer  breiten  Sehne  an  dem  oberen  Theile  des  auf- 
steigenden hintern  Astes  des  Unterkiefers,  und  mit  einer 
langen  dünnen  Sehne  an  einer  kleinen  spina  des  untern 
innern  Theiles  desselben.  Dieser  Muskel  drückt  den 
Unterkiefer  an  den  Oberkiefer.  Sein  Antagonist  ist  der 
Kieferzungenbeiamuskel,  m.  geniohyoideus.  Beide  genio- 
hyoidei  entspringen  dicht  neben  einander  an  der  Ver- 
einigungsstelle  beider  Unterkieferhälften,  und  verlaufen 
vereinigt  bis  zum  Zungenbein,  an  dessen,  vorderem  und 
unterem  Theile  sie  sich  inseriren.  Unmittelbar  darauf 
trennen  sie  sieh  in  zwei  Muskeln,  von  denen  jeder  an 
der  äussern  Seite  dos  Zungenbeinhornes  seiner  Seite 
sich  inserirt.  Die  Wirkungsweise  dieser  Muskeln  hängt 
zum  Theil  mit  ab  von  derjenigen  der  langen  Bauchmuskeln, 
welche,  wie  wir  gesehen  haben  an  dem,  copnla  genannten 
Knochenstücke  sich  inseriren.  Diese  Bauchmuskeln  ziehen 
das  Zungenbein,  und  den  mit  demselben  verbundenen 
gesammten  visceralen  Apparat  nach  unten  und  hinten, 
und  bewirken  dadurch  eine  Erweiterung  der  Mundhöhle. 
Bei  dieser  Bewegung  drücken  gleichzeitig  die  Scitenhör- 
ner  des  Zungenbeins  die  mit  ihnen  verbundenen  Quadrat- 
beine nach  aussen,  so  dass  dadurch  das  lumen  der  Ra- 
chenhöhle an  Breite  zunimmt.  Bei  Contraktion  der 
Kieferzungenbeinmuskeln  Avird,  wenn  das  Zungenbein 
durch  die  langen  Bauchmuskeln  bereits  fixirt,  oder  mit  dem 
gesammten  visceralen  Apparat  schon  nach  unten  gezogen 
ist,  der  Unterkiefer  herabgezogen.  Bei  nicht  fixirtem 
Zungenbein  werden  die  Seitenhörner  desselben  mit  den 
radii  branchiostegi  und  der  Kiemenhaut  nach  aussen 
und  oben  gehoben,  und  dadurch  die  Kiemenöffnung  er- 
weitert.    Da  die  Fische  ihre  Nahrung  unzerkleinert  ver- 


üeber  Kaumuskem  u.  Kaumechanismus  bei  d.  Wirbelthieren.     109 

schlucken,  so  ist  auch  die  Wirkungsweise  der  Kaumus- 
keln eine  sehr  einfache;  sie  beschränkt  sich  auf  Oeffnen 
und  Schliessen  der  Rachenhöhle. 

Weissfisch.  Die  Cyprinoiden  besitzen  einen 
wohl  entwickelten  Ober-  und  Zwischenkiefer,  und  da- 
durcl)  mit  bedingt  eine,  von  vielen  anderen  Fischen  sie 
unterscheidende  Beweglichkeit  des  vorderen  oberen  Mund- 
abschnittes. Der  Oberkiefer  bildet  eine  länglich  runde 
Knochenspange,  und  ist  mit  dem  vor  ihm  liegenden, 
fast  gleich  grossen  Zwischenkiefer  durch  eine  derbe 
ßindegevv^ebshaut  verbunden.  Der  Oberkiefer  ist  mit 
dem  oberen  Ende  des  ziemlich  hohen  aufsteigenden  Astes 
des  Unterkiefers  beweglich  verbunden.  Zwischen  O ber- 
und Zwischenkiefer  einerseits,  und  Unterkiefer  anderer- 
seits ist  eine  derbe  faserige  Lamelle  ausgespannt,  so  dass 
zwischen  ihnen  eine  ununterbrochene  Verbindung  besteht. 
Der  Unterkiefer  ist  kurz. 

M.  temporalis.  Er  besteht  aus  drei  Portionen. 
Die  äusserste  entspringt  von  der  unteren  und  vorderen 
Fläche  des  Kiefersuspensoriums,  und  inserirt  sich  an  dem 
Oberkiefer.  Die  mittlere  entspringt  unter  der  vorigen, 
läuft  unter  derselben  hinweg  nach  vorne,  und  inserirt 
sich  am  oberen  Ende  des  ramus  des  Unterkiefers.  Die 
dritte,  innerste  Portion  entspringt  von  der  oberen  und 
inneren  Fläche  desselben  Knochenstückes,  und  inserirt 
sich  mit  einer  Sehne  am  untern  und  inneren  Theile 
des  ramus  des  Unterkiefers. 

Die  äusserste  Portion  des  m.  temporalis  zieht  den 
Oberkiefer  nach  unten  und  hinten.  Bei  dieser  Bewegung 
wird  der  ramus,  so  wie  der  hintere  Theil  des  Unter- 
kiefers in  Folge  der  erwähnten  Verbindung  mit  dem 
Oberkiefer  nach  unten  und  hinten  gezogen,  der  vordere 
Theil  des  Unterkiefers  also  nach  oben  emporgehoben, 
und  dem  Ober-  und  Zwischenkiefer  genähert.  Die  mitt- 
lere und  innerste  Portion  des  masseter  bewirken  dann 
den  vollkommenen  Verschluss  der  Mundhöhle.  Wird 
der  Unterkiefer  herabgezogen,  so  rückt  der  ramus  des 
Unterkiefers  nach  vorne,  und  treibt  den  mit  ihm  verbun- 
denen Oberkiefer  gleichfalls  nach  vorwärts;  die  Zwischen- 


110  V.  Teutleben: 

und  Oberkiefer  mit  dem  Unterkiefer  verbindende  ßinde- 
gewebslamelie  wird  stark  ausgedehnt,  und  zieht  die 
oberen  Kieferstücke  nach  vorn,  so  dass,  wenn  der  Unter- 
kiefer auf  seinem  tiefsten  Punkte  angekommen  ist,  Ober- 
und  Zwischenkiefer  fast  vollständig  senkrecht  herab- 
hängen; gleichzeitig  sind  dieselben  um  ein  mehr  weniger 
grosses  Stück  nach  vorn  gerückt.  Den  Mechanismus  bei 
den  Labroi'dfischen,  welche  im  Stande  sind  Ober-  und 
Zwischenkiefer,  die  mittelst  stielförmiger  Fortsätze  auf 
dem  Nasenbein  einhergleiten,  weit  nach  vorn  zu  proji- 
ciren,  habe  ich  nicht  Gelegenheit  gehabt  näher  unter- 
suchen zu  können. 

Nachtrag.  Kurz  bevor  ich  die  Correkturbogen  er- 
hielt, habe  ich  gefunden,  dass  ein,  und  zwar  sehr  stark 
entwickelter  m.  transversus  mandibulae  sich  auch  bei  dem 
Igel  findet,  für  dessen  untere  Schneidezähne  die  als  für 
die  Nager  möglicherweise  giltig  hingestellte  Ansicht 
natürlich  keinen  Anspruch  auf  Anwendbarkeit  machen 
kann.  Bei  den  dem  Igel  im  Systeme  ziemlich  nahe 
stehenden  Spitzmäusen  fehlt  ein  transversus  mandibulae; 
die  beiden  ünterkieferhälften  sind  aber  auch  bei  diesen 
nur  locker  mit  einander  verbunden,  so  dass  bei  geringem 
Drucke  auf  die  Unterkieferäste  die  unteren  Schneide- 
zähne, wenn  auch  nicht  bedeutend,  aus  einander  weichen. 
Sollten  diese  Thiere  im  Leben  eine  solche  Bewegung 
ausführen,  so  würden  als  die  dieselbe  vermittelnden 
Muskeln  die  inneren  Flügelmuskeln  angesehen  werden 
müssen. 

Nach  Analogie  in  der  Anordnung  der  unteren 
Schneidezähne  zu  schliessen,  wird  sich  ein  m.  transversus 
mandibulae  auch  bei  Petaurus,  Phalangista,  Phascolarctos  (?) 
und  Hypsiprimnus  finden. 


Ueber  Kaumuskeln  u.  Kaumechanismus  bei  d.  Wirbelthieren.     111 

Erklärung  der  Abbildungen. 

Tafel  II. 

Fig.  1 — 3.     Arctomys  Marmota, 

»   1.     Kopf  mit  präparirter  Muskulatur  von  unten. 

»  2.     Untere  Schneidzähne  auseinander  gespreizt. 

»  3.     Untere  Schneidzähne  zusammen  gedrückt. 

Figur  2  und  3  verdanke  ich  der  Freundlichkeit  des  Herrn 
Dr.  Nitsche. 
Fig.  4 — 5.     Cavia  Cobaya. 

»4  a.  Zähne  des  Oberkiefers. 

»  4  b.  Zähne  des  Unterkiefers. 

»   5  d.  m.  mandibulo-maxillaris. 
Fig.  6.     Lepus  cuniculus. 

»6  a.     äusserste  Portion  des  masseter. 

»6b.     dritte  Portion  desselben. 

»6  c.     vierte  Portion  desselben. 
Fig.  7.     Crotalus  durissus. 

»7  a.     m.  cervicomandibularis. 


Zur  Ornithologie  Chiles. 

Von 
L.  Landbeck. 


In  der  sonst  sehr  verdienstlichen  Arbeit  der  Herrn 
Sclater  und  Salvin  „\  revised  List  of  the  Neotropical 
Laridae,"  welche  in  den  Proceedings  of  the  Zoological 
Society  of  London  1871  Seite  564  u.  f.  abgedruckt  ist, 
ward  eine  von  Dr.  Philippi  und  mir  in  Wiegmanns  Ar- 
chiv von  1863  S.  125  als  neue  Art  beschriebene  See- 
schwalbe, die  Sterna  Frobenii,  durch  Auiführung  dieses 
Namens  als  Synonym  der  Sterna  Trudeaui  Aud.  aus  der 
Reihe  der  selbstständigen  Arten  gestrichen,  und  mit  der 
letzteren  vereinigt.  Da  unser  Museum  von  beiden  frag- 
lichen Arten  eine  zur  Feststellung  der  unterscheidenden 
Merkmale  hinlängliche  Anzahl  von  Exemplaren,  sowohl 
im  Sommer-  wie  im  Winterkleid  besitzt,  so  kann  ich  die 
bestimmte  Versicherung  geben,  dass  die  Herrn  Sclater 
und  Salvin  sich  im  Irrthum  befanden,  als  sie  beide 
leicht  zu  unterscheidende  Arten  vereinigten.  Dieser 
Irrthum  kann  nur  dadurch  entstanden  sein,  dass  diesen 
erfahrenen  Ornithologen  keine  Exemplare  der  Sterna 
Frobenii  zur  Vergleichung  zu  Gebote  standen,  und  unsere 
Beschreibung  zu  wenig  beachtet  wurde.  In  Grösse  und 
Gestalt  sind  beide  Arten  einander  ziemlich  ähnlich,  nur 
ist  bei  Sterna  Trudeaui  der  Tarsus  um  etwa  zwei  Linien 
länger  als  bei  unserer  Art.  Auch  die  Färbung  beider  hat 
grosse  Aehnlichkeit,  so  dass  bei  oberflächlicher  Ansicht  die 


Zur  Ornithologie  Chiles.  llS 

Meinung  sich  aufdrängen  kann,  die  beiden  möchten  nur 
verschiedene  Trachten  repräsentiren.  Bei  näherer  und 
genauer  Besichtigung  verschwindet  jedoch  die  schein- 
bare Gleichartigkeit. 

Bei  St.  Trudeani  ist  der  Schnabel  an  der  Basis  bis 
über  die  Nasengruben  hinaus  gelb,  dann  folgt  ein  breites^ 
nach  der  Spitze  zu  scharf  begrenztes  schwarzes  Band,  wo- 
rauf der  Schnabel  in  eine  hornweissige,  durchsichtige, 
vier  Linien  lange  Spitze  endigt.  Bei  St.  Frobenii  ist  der 
Schnabel  einfarbig,  tief  purpurschwarz^  und  nur  ein 
schmaler  Streif  vom  Nagel  bis  zur  hornfarbigen  Spitze 
blutroth.  Bei  St.  Trudeaui  ist  die  Stirn,  der  Scheitel 
bis  zum  Plinterkopf  und  ein  Fleck  unter  dem  Auge  rein 
weiss,  im  Winter  sieht  man  einen  bleigrauen  Fleck  vor 
dem  Auge,  und  einen  licht  bleigrauen  verwaschenen 
schmalen  Streifen  vom  Auge  bis  hinter  das  Ohr  hinab, 
im  Sommer  dagegen  ein  schwarzes  Band,  welches  durch 
das  Auge  geht  und  sich  über  dem  Ohr  hinweg  bis  zum 
Genick  hinab  zieht;  der  ganze  übrige  Körper  ist  schön 
silber-  oder  perlgrau.  Bei  St.  Frobenii  ist  Gesicht,  Hals 
und  die  ganze  Unterseite  schneeweiss,  vor  dem  Auge  be- 
findet sich  ein  schwarzgrauer  Fleck,  dessen  Farbe  sich 
auch  über  Genick  und  Oberhals  ausdehnt,  und  theils  ganz 
schwarz  theils  mehr  oder  weniger  schwarz  gefleckt  ist. 
Das  Grau  der  Oberseite  des  Körpers  und  der  Flügel  ist 
dunkler  und  mehr  ein  reines  Aschgrau  als  bei  der 
vorigen  Art.  Der  stark  ausgeschnittene  Gabelschwanz 
ist  bei  St.  Trudeaui  einfarbig  weiss  mit  graulichem 
Schimmer;  bei  St.  Frobenii  ebenfalls  weiss,  aber  die 
drei  äusseren  Schwanzfedern  jeder  Seite  sind  auf  der 
Aussenfahne  bleigrau,  auf  der  äussersten  ist  die  Farbe 
am  dunkelsten,  nach  der  Spitze  zu  fast  schwarz. 

Wenn  die  geschilderten  Verschiedenheiten  nur 
einigermassen  berücksichtigt  werden,  so  ist  für  künftig 
eine  Verwechselung  oder  Vereinigung  beider  Arten  nicht 
mehr  möglich.  Nebenbei  bemerken  wir,  dass  St.  Fro- 
benii, von  der  wir  bei  der  ersten  Beschreibung  nur  ein 
peruanisches  Exemplar  besassen,  an  verschiedenen  Punk- 
Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  8 


114  Landbeck: 

ten  Chiles,   und  namentlich  im  März    1864  mehrfach  im 
Hafen  vom  Corral  erlegt  ist. 

lieber  Sterna  galericulata  Licht.,  welche  auf  Seite 
569  der  Proceedings  für  einerlei  mit  St.  comata  Ph.  und 
Ldbk.  erklärt  wird,  bemerken  wir,  dass  wir  noch  kein 
Exemplar  unserer  Art  gesehen  haben,  welches  eine 
schwarze  Stirn  gehabt  hätte,  wie  die  Abbildung  im  oben 
citirten  Werke.  Wir  besitzen  Exemplare,  welche  im 
Januar,  Februar,  November  und  December  erlegt  sind, 
aber  alle  mit  weisser  Stirn,  was  also  jedenfalls  die  Farbe 
des  Sommerkleides  ist.  Da  bekanntlich  alle  schwarz- 
kappigen  mövenartigen  Vögel  im  Winter  weisse  Köpfe  mit 
einem  verwaschenen  schwarzen  Fleck  in  der  Augen- 
und  Ohrengegend  haben,  niemals  aber  in  dieser  Jahres- 
zeit eine  schwarze  Kappe  besitzen,  so  müssen  wir  an- 
nehmen, dass  entweder  der  Maler  sich  geirrt  hat,  oder 
zwei  Arten  Vögel  vereinigt  wurden,  die  beide  selbst- 
ständig sind.  Uebrigens  ist  diese  Seeschwalbe  im  Hafen 
von  Corral  häufig  genug,  und  daher  leicht  in  grösserer 
Anzahl  zu  erlegen.  —  In  Beziehung  auf  den  Schnabel 
dieser  schönen  Seeschwalbe  bemerken  wir,  dass  die  Farbe 
desselben  ein  schönes  Roth  ist,  und  dass  derselbe  hin- 
sichtlich der  Form  bedeutende  Abweichung  zeigt,  indem 
er  bald  länger,  bald  kürzer,  bald  gerade,  bald  gebogen  ist. 

Ueber  Conurus  cyanolyscos  und  Conurus  patagonus. 

Verchiedene  Ornithologen,  darunter  Herr  Bur- 
meister, halten  diese  beiden  von  Molina  und  Vieillot 
aufgestellten  Arten  für  identisch,  und  vereinigen  die- 
selben einfach  in  der  Synonymie.  Da  wir  jedoch  in 
Folge  genauer  Vergleichung  vieler  Exemplare  beider 
Arten  anderer  Ansicht  sind,  so  theilen  wir  in  Folgendem 
das  Resultat  unserer  Untersuchung  mit. 


Zur  Ornithologie  Chiles.  115 

Was  die  Dimensionen  betrifft,  so  misst 

bei  C.  cyanolyseos.    bei  C.  patagonus. 
die  ganze  Länge  ....     1'     7''    4"'       1'     6"     — 
der  Schnabel  mit  der  Schnur 


gemessen  ist  lang  .     . 

.  — 

1 

6 

— 

1 

— 

breit .     . 

.  — , 

— 

10 

— 

— 

8 

hoch  .     . 

.  — 

1 

8 

— 

1 

4 

der  Tarsus 

.  — 

— 

10 

— 

— 

8 

die  vordere  Aussenzehe 

.   — 

1 

3 

— 

1 

3 

^         „           Innenzehe  . 

.  — 

— 

10 

— 

— 

7V2 

y,     hintere  Aussenzehe 

.  — 

1 

1 

— 

— 

IIV2 

„         „           Innenzehe  . 

,  — 

— 

9 

— 

— 

7 

der  Flügel  vom  Bug  bis 

zur 

Spitze 



10 
10 

2 

7 

— 

9 
9 

der  Schwanz     .     .     .     . 



1 

Der  C.  cyanolyseos  zeigt  im  obern  Drittel  des 
Oberschnabels  eine  schwach  erhabene  Längsleiste,  welche 
dem  C.  patagonus  fehlt,  auch  ist  der  Haken  des  Ober- 
schnabels beim  ersten  verhältnissmässig  länger  als  beim 
zweiten.  Die  Färbung  ist  im  Allgemeinen  bei  beiden 
Arten  dieselbe,  weicht  aber  doch  in  so  fern  ab,  als  dem 
C.  patagonus  der  weisse  Halbmond,  welcher  die  Brust 
des  C.  cyanolyseos  ziert,  gänzlich  fehlt,  und  nur  durch 
einige  fahle  Federn  an  den  Brustseiten  angedeutet  wird. 
Unter  dem  weissen  Halbmond  folgt  bei  C.  cyanolyseos 
ein  breites,  dunkelgrünes,  scharf  abgeschnittenes  Quer- 
band, worauf  der  übrige  Theil  des  Unterleibes  lebhaft 
gelb  und  in  der  Mitte  roth  gefärbt  ist.  Bei  C.  patago- 
nus verläuft  die  erdgrüne  Brust  allnjählich  in  die  gelb- 
grüne Färbung  des  Unterleibes,  in  dessen  Mitte  ebenfalls 
ein  rother  Fleck  sich  befindet. 

Ob  diese  Verschiedenheiten  in  den  Grössenverhält- 
nissen  und  die  abweichende  Zeichnung  von  Brust  und 
Bauch  —  Verschiedenheiten,  welche  wir  constant  an  einer 
grossen  Anzahl  von  Exemplaren  beider  Formen  beobach- 
tet haben  — ,  zur  Aufstellung  zweier  Arten  berechtigen, 
muss  ich  dahin  gestellt  sein  lassen,  da  die  meisten  Orni- 
thologen  der  gegentheiligen  Meinung  sind. 


il6  Landbeck; 

Wir  haben  übrigens  Analogien,  dass  chilenische  Vögel 
andere  Grössenverhältnisse  zeigen  als  die  argentinischen 
derselben  Art.  So  ist  z.  B.  Ageloius  Thilius  Mol.  in  den 
La  Plata-Staaten  weit  kleiner  als  in  Chile,  weshalb  Ca- 
banis  den  ersteren  bei  seinem  Namen  belassen,  den 
zweiten  aber  A.  chrysopterus  taufen  will.  Wenn  solche 
Grössenunterschiede  beständig  und  immer  mit  andern, 
wenn  auch  nicht  gerade  sehr  auffallenden  Merkmalen 
verbunden  sind,  wie  dies  bei  C.  cyanolyseos  und  C.  pata- 
gonus  der  Fall  ist,  so  glaube  ich,  dass  diese  Verschieden- 
heiten berechtigen,  zwei  selbständige  Arten  aufzustellen, 
wenn  man  nicht  auf  den  bisherigen  Begriff  von  Art  ver- 
zichten will. 


lieber  eine  neue  Art  Trachypterus  aus  dem 
Chilenischen  lUeere. 

Von 

Dr.  R.  A.  Philipp!. 

Hierzu  Tafel  III. 

Bis  jetzt  ist  meines  Wissens  noch  kein  Bandfisch 
aus  dem  chilenischen  Meere  bekannt  gewesen,  und  so 
sei  es  mir  erlaubt  hier  die  Beschreibung  eines  solchen 
aus  dem  Geschlecht  Trachypterus  zu  geben,  wenn  sie 
auch  unvollständig  und  nur  nach  einer  Photographie  ge- 
macht ist. 

Herr  Carl  Weychardt  in  Valparaiso  hatte  diesen 
eben  so  seltenen  wie  schönen  Fisch  erhalten,  und  dem 
Santiaginer  Museum  zugedacht.  Im  Sommer  d.  J.  habe 
ich  denselben  bei  ihm  gesehn;  er  war  sehr  wohl  in 
Spiritus  erhalten.  Ein  junger  angehender  Apotheker, 
der  von  Valparaiso  nach  Santiago  reiste,  übernahm  es 
mir  den  Fisch  zu  überbringen,  allein  das  Gefäss,  in 
welchem  dieser  enthalten  war,  zerbrach  ihm  unterweges, 
worauf  er  den  Fisch  wegwarf,  indem  er  wegen  seiner 
Weichheit  glaubte,  er  sei  ja  doch  verdorben.  Glück- 
licherweise hatte  Herr  Weychardt  eine  Photographie 
dieses  merkwürdigen  Geschöpfes  machen  lassen,  und 
einige  Notizen  aufgeschrieben,  die  er  mir  freundlich  mit- 
getheilt  hat,  daher  ich  mir  erlaube  demselben  seinen 
Namen  beizulegen.' 

Der    Trachypterus   Weychardti    ist    wie    seine  Ge- 


118  Philippi: 

schleclitsgenosscn  bandartig  zusammengedrückt  und  sil- 
berweiss  mit  einigen  runden  schwärzlichen  Flecken. 
Nach  einer  Skizze  des  Herrn  Weychardt  liegt  einer 
dieser  Flecke  dicht  über  den  Brustflossen,  ein  zweiter 
in  der  Mitte  der  Länge  hart  an  der  Seitenlinie,  ein 
dritter  zwischen  dem  zweiten  und  dem  Schwänze,  aber 
unterhalb  der  Seitenlienie.  Nach  der  Photographie  wären 
aber  vier  Flecke  vorhanden,  drei  oberhalb  der  Seiten- 
linie, und  zwar  der  vorderste  im  dritten  Theil  der  Kör- 
perlänge, und  dem  Rückenrand  näher  als  der  Seiten- 
linie, der  zweite  und  grösste  von  allen  etwas  weniges 
hinter  dem  zweiten  Drittel,  der  dritte  in  der  Mitte  zwischen 
dem  zweiten  und  dem  Beginn  der  Schwanzflosse;  diese 
beiden  liegen  gleichweit  von  der  Rücken-  wie  von  der 
Seitenlinie.  Der  vierte  Fleck  befindet  sich  unterhalb 
der  Seitenlinie  nahe  dem  Bauchrande  und  etwas  vor  dem 
dritten  Fleck.  Die  Flossen  sind  tief  fleischroth  mit  etwas 
höher  gefärbten  Strahlen.  —  Was  die  Gestalt  anbetrifft, 
so  ist  die  Höhe  knapp  viermal  in  der  Länge  enthalten, 
und  befindet  sich  die  grösste  Höhe  in  der  Gegend  des 
hinteren  Winkels  des  Kiemendeckels;  die  Rückenlinie 
verläuft  vollkommen  gradlinigt  bis  zum  letzten  Viertel 
der  Länge,  um  sich  dann  allmählich  nach  dem  Schwänze 
hin  zu  senken.  Die  Bauchiinie  bildet  vom  Kinn  an  bis 
zur  Schwanzflosse  einen  sanften  Bogen,  dessen  Krüm- 
mung im  Anfang  am  stärksten  ist.  Der  Kopf  (vom  Kinn 
bis  zum  hintern  Winkel  des  Kiemendeckels  gemessen) 
nimmt  kaum  mehr  als  den  sechsten  Theil  der  gesammten 
Körperlänge  ein ;  die  Linie  von  der  Stirngegend,  die 
allmählich  in  die  Rückenlinie  übergeht,  bis  zum  Kinn  ist 
schwach  concav;  die  Mundöffnung  liegt  in  gleicher  Plöhe 
mit  dem  Centrum  des  Auges,  und  der  Mundwinkel  liegt 
in  der  halben  Höhe  zwischen  der  Mundöffnung  und  der 
Linie  der  Kehlgegend.  Das  Kinn  ist  weit  vorspringend, 
hoch  und  abgerundet.  Das  Auge  nimmt  den  dritten 
Theil  der  Kopflänge  ein.  Der  hintere  Winkel  des  Kie- 
mendeckels ist  wohl  abgerundet,  und  der  Vorderdeckel 
verläuft  mit  seinem  Rande  beinahe  dem  Rand  der  Kie- 
menspalte   parallel;    die    Trennungslinien    zwischen    den 


Ueber  eine  neue  Art  Trachypterus.  119 

drei  übrigen  Knochen  des  Kiemendeckels  sind  nicht  zu 
sehen.  Die  Seitenlinie  verläuft  vollkommen  geradlinig, 
und  scheint  sich  vorn,  von  der  Gegend  der  Brustflossen 
an  aufsteigend  bis  über  das  Auge  fortzusetzen.  Es  hat 
in  der  Photographie  den  Anschein,  als  ob  sie  von  stark 
höckerartig  vorstehenden  Schuppen  gebildet  sei.  Nach 
Valenciennes  sind  die  Schuppen  der  Seitenlinie  jede 
mit  einem  spitzen  Höcker  versehen,  und  dieser  Bildung 
widerspricht  wenigstens  die  Seitenlinie  in  der  Photogra- 
phie nicht. 

Was  nun  die  Flossen  anbetrifft,  so  ist  die  Brust- 
flosse klein,  nicht  länger  als  der  Durchmesser  des 
Auges,  wie  u.  a.  bei  Trachypterus  Spinolae  Val.  bist, 
nat.  des  poissons.  X.  p.  330.  t.  296,  entspringt  aber 
sicherlich  hoher  als  sie  auf  dieser  Tafel  gezeichnet  ist. 
Die  Photographie  lässt  die  Zahl  der  Strahlen  nicht  er- 
kennen, und  ist  überhaupt  unter  dem  Auge,  dicht  hinter 
demselben,  zwischen  der  Seitenlinie  und  den  Bauchflossen 
bis  zur  Mitte  des  Leibes  fleckig  und  undeutlich.  Desto 
grösser  sind  die  Bauchflossen,  welche  kaum  ein  Ge- 
ringes weiter  nach  hinten  als  die  Brustflossen  entspringen, 
denn  sie  messen  fast  zwei  Drittel  der  Körperlänge.  Die 
Photographie  zeigt  sie  von  der  Seite  gesehen,  fast  wie 
einen  Faden,  Herr  Weychardt  hat  aber  14  Strahlen 
in  derselben  gezählt,  und  in  der  Zeichnung  habe  ich  mir 
erlaubt,  sie  ausgebreitet  darzustellen.  —  Die  erste  Rük- 
ken flösse  beginnt  über  dem  hintern  Augenrand,  und 
ihr  vorderer  Strahl  erreicht  zwei  Siebentel  der  Körper- 
länge  und  ist  bogenförmig  gekrümmt.  Herr  Weychardt 
hat  12  Strahlen  in  derselben  gezählt,  und  die  Photogra- 
phie zeigt  ganz  deutlich,  dass  die  8  letzten  Strahlen 
kurz  gewesen  sind.  —  Die  zweite  Rückenflosse  be- 
ginnt in  einer  Entfernung  von  der  ersten  Rückenflosse, 
welche  der  halben  Länge  dieser  geichkommt;  die  Ent- 
fernung zwischen  ihrem  hintern  Ende  und  der  Schwanz- 
flosse ist  beinahe  doppelt  so  gross  wie  der  Durchmesser 
des  Auges ;  ihre  grösste  Höhe  erreicht  sie  im  hintern 
Drittheil  der  Körperlänge,  von  wo  sie  fast  in  gerader 
Linie  nach  hinten  abfällt,  nach  vorn  wird  sie  sehr  allmäh- 


120  Philippi: 

lieh  schmäler,  um  erst  dicht  bei  dem  vorderen  Endpunkt 
rasch  abzufallen.  Die  grösste  Höhe  der  Strahlen  beträgt 
eine  Kleinigkeit  mehr  als  die  Entfernung  der  Rücken- 
linie von  der  Seitenlinie.  Ich  habe  97  Strahlen  gerzählt, 
es  mögen  aber  ein  paar  mehr  sein.  —  Die  Schwanz- 
flosse ist  gabelförmig,  und  die  beiden  Hälften  sehr  un- 
gleich; die  obere  Hälfte  misst  die  halbe  Körperlänge, 
die  untere  ist  nur  zwei  Mal  so  lang  wie  der  Durch- 
messer des  Auges.  Herr  Weychardt  gibt  ihr  9  Strahlen, 
und  habe  ich  in  meiner  Zeichnung  der  oberen  Hälfte  5, 
der  unteren  4  zugetheilt,  denn  wenn  die  Photographie 
auch  nicht  die  Zahl  der  Strahlen  erkennen  lässt,  so  zeigt 
sie  doch  deutlich,  dass  die  beiden  Hälften  am  Grunde 
beinah  ganz  gleich  sind.  Es  ist  ganz  entschieden  nicht  der 
Fall,  dass  die  obere  Hälfte  der  Flosse  senkrecht  gegen 
die  untere  Hälfte  steht,  wie  das  Valenciennes  in  der 
oben  citirten  Figur  von  Trachypterus  Spinolae,  so  wie 
ähnlich  in  der  von  Tr.  Iris  tab,  297  bei  p.  342  abbildet, 
was  er  für  ein  Kennzeichen  des  Genus  zu  halten  scheint, 
denn  er  sagt  p.  314:  „II  nous  a  paru  que  les  premiers 
(les  Trachypteres)  avaient  tous  une  caudale  singuliöre- 
ment  situee,  non  pas  au  bout  de  la  queue,  mais  au  dessus 
de  son  extremite,  et  dirigee  vers  le  haut."  Bei  unserer 
Art  ist  die  Stellung  der  Schwanzflosse  vollkommen  nor- 
mal. Denn  wenn  auch  die  Photographie  die  obere  Hälfte 
derselben  aufgerichtet  zeigt,  so  lehrt  die  genauere  Be- 
trachtung sogleich,  dass  die  untere  Hälfte  dieselbe  Rich- 
.tung  hat,  und  dass  nicht  die  Flosse  allein,  sondern  die 
Extremität  des  Rumpfes  selbst  nach  oben  umgebogen  ist, 
höchst  wahrscheinlich  weil  der  Fisch  im  Spiritus  auf 
dem  Schwanzende  gestanden  hat. 

Aus  obiger  Beschreibung  geht  hervor,  dass  das  von 
Herrn  Weichardt  erhaltene  Exemplar  so  vollständig 
wohl  erhalten  war,  wie  kaum  eines  der  sechs  von  V  a- 
lenciennes  beschriebenen  Arten,  und  es  ist  daher  dop- 
pelt zu  beklagen,  dass  es  auf  eine  solche  Weise  verloren 
gegangen  ist. 

Nach  der  Mittheilung  des  Herrn  Weychardt  war 
der  Fisch  125  Mill.  lang;    meine  Zeichnung  ist  IV2   iiia  1 


lieber  eine  neue  Art  Trachypterus.  121 

so  gross  wie  die  Photographie.     In  meiner  Beschreibung 
habe  ich  genau  angegeben,  wo  und  weshalb  meine  Zeich- 
nung von    der  Photographie    abweicht,    damit   jeder   den 
Grad  von  Zuverlässigkeit  derselben  beurtheilen  kann. 
Santiago,  den  24.  August  1873, 

Aus  einem  später  von  Herrn  Weychardt  erhalte- 
nen Brief  kann  ich  nachtragen,  dass  derselbe  den  Fisch 
ungefähr  zwei  Stunden  lebendig  hatte.  Er  schien  vom 
Angreifen  etwas  verletzt  zu  sein,  «nd  zwar  hinter  dem 
Kiemendeckel;  trotzdem  schwamm  er  Anfangs  noch  ziem- 
lich munter  im  Becken  umher.  Es  sah  wunderhübsch 
aus,  wenn  das  Thierchen  eine  Wendung  machte ;  es  blitzte 
dann,  als  ob  es  mit  Silber  und  Purpur  übergössen 
wäre.  Die  Schwanzflosse  trug  es  auf  den  Rücken  zu- 
rückgeschlagen und  ausgebreitet ,  etwa  wie  es  in  der 
Figur  die  rothen  Linien  angeben.  Das  Thierchen  war 
so  zart  wie  ein  Spinngewebe  und  gar  nicht  anzufassen, 
(wie  dies  auch  von  andern  Bandfischen  bekannt  ist.  Ph.). 


lieber  Ichthyonema  sanguineum  (Filaria 
sanguinea  Rud.). 

Von 

Dr.  TOD  Liostow 

in  Ratzeburg. 

Hierzu  Tafel  IV.  Fig.  1—9. 

In  den  letzten  Jabren  fand  ich  in  der  Leibeshöhle 
von  Abramis  brama  und  Leuciscus  rutilus  öfter  einen 
Nematoden,  den  Rudolphi  unter  dem  Namen  Filaria 
sanguinea  beschrieben  hat,  der  aber  offenbar  keine  Fila- 
rie war,  und  eher  an  Gordius  und  Mermis  in  seinem 
Habitus  erinnerte.  Die  gefundenen  Exemplare  waren 
lediglich  erwachsene  Weibchen,  die  indessen  augenschein- 
lich unbefruchtet  waren,  da  die  Entwicklung  der  Eier 
noch  nicht  begonnen  hatte:  übrigens  fiel  mir  nur  auf, 
dass  die  Thiere  sofort  platzten,  sobald  sie  in's  Wasser 
kamen,  und  war  mir  ihre  Unterbringung  im  System 
völlig  räthselhaft,  bis  ich  durch  die  Kenntniss  von  von 
Willemoes-S  uhm's  Arbelt  „Ueber  Ichthyonema  glo- 
biceps  Rud.  ^y  auf  die  ungemeine  Aehnlichkeit  dieses 
Nematoden  mit  meiner  ,,Filaria  sanguinea*^  aufmerksam 
wurde,  und  es  mir,  geleitet  von  der  erwähnten  Arbeit, 
durch  unausgesetztes  Suchen  endlich  gelungen  ist,  Männ- 
chen und  befruchtete  Weibchen  dieser   früher  als  Filarie 


1)  üeber  einige  Treraatoden  und  Nemathelminthen,  pag.  16 
26,  tab.  XIII. 


V.  Linstow:  Ueber  Ichthyonema  aangiimeum.  123 

bezeichneten  Art  zu  finden,  die  mit  Ichthyonema  globi- 
ceps  auf  das  Engste  verwandt  ist,  "wie  die  nachfolgende 
Beschreibung  zeigen  wird,  und  also  in  Zukunft  als  Ich- 
thyonema sanguineum  bezeichnet  werden  muss. 

Wenn  dieser  Wurm  nicht  zu  den  sehr  seltnen  ge- 
hört, so  haben  wenigstens  nur  drei  Forscher  über  den 
Fund  desselben  berichtet,  von  denen  einer  vielleicht  nicht 
den  hier  besprochenen  Nematoden  vor  sich  hatte,  näm- 
lich Baird,  welcher  ^)  berichtet,  fünf  Exemplare  von  Fila- 
ria  sanguinea  in  einer  Abscesshöhle  neben  der  linken 
Brusthöhle  von  Galaxias  scriba,  die  mit  der  Leibeshöhle 
communicirte  und  offenbar  den  Tod  des  Fisches  zur 
Folge  gehabt  hatte,  gefunden  zu  haben,  eine  Angabe, 
welche  ich  nur  aus  Leuckart's  bekannten  Jahresberichten 
(pro  1861—62,  pag.  60)  kenne,  und  aus  dem  Grunde 
anzweifle,  weil  Filaria  sanguinea  bisher  nur  einzeln  und 
in  deutschen  Süsswasserfischen  gefunden  ist,  und  daher 
vielleicht  eine  andere  Art  beobachtet  ist,  was  um  so  eher 
möglich  ist,  als  die  bisherige  Beschreibung  von  „Filaria 
sanguinea*'  so  unvollkommen  ist,  dass  Verwechslungen  nur 
zu  leicht  möglich  sind. 

Die  beiden  übrigen  Beobachter  sindRudolphi  und 
Crepiin. 

Rudolphi^)  machte  folgende  Angaben  über  unse- 
ren Helminthen: 

„F.  crassiuscula,  sanguinea,  utrinque  obtusa,  cauda 
feminae  tenuiore.  Cyprinus  Gibelio,  digitum  longus, 
Martii  d.  XIV.  1818  allatus  est,  cujus  pinnae  caudali 
Filaria  incrat  viva,  coloris  sanguinei,  contorta,  cujusque 
motus  praeseitim  in  utraque  extremitate  recta  observaba- 
tur.  Color  saepe  hac  illave  parte  subito  magis  intensus 
redditus  est,  ac  si  sanguis  subito  stagnaret,  dein  propel- 
leretur. 

Die  XXIX.  ejusdem  mensis  pisce  adhuc  vivo  Fila- 
riam    utroque    fine    tunicas    pinnae    egressam,    mortuam, 


1)  Proc.  zool.    Soc.  1861.  pag.  207.  Ann.  and    Mag.  nat.  bist. 
T.  VIIL  pag.  269. 

2)  Synops.  pag.  5  und  211,  tab.  I.  Fig.  1. 


124  V.  Linstow: 

partesque  propendentes  albas  reperi,  ut  integram  extri- 
care  non  concederetur.  Microscopio  subjectam  praeter 
intestinum  fuscum  totam  quantam  foetubus  vivis  repletam 
observavi.  Hi  uti  et  reliquarum  Filariarum  majores  ac 
illi  Cucullanorum,  neque  undique  pellucidi  sunt,  sed 
partem  posteriorem  (ante  caudam  longuisculam)  opacam 
exhibent,  quo  sc  magis  evolutos  esse,  forsan  diutius  ge- 
stari,  testantur.  Caudis  facile  invicem  adhaerent,  et  ma- 
teriam  tantum  grumosam  (placentulas)  neque  ova  ulla 
vidi,  quibus  adnecterentur.^ 

Creplin's  Beschreibung  ^)  lautet   folgendermassen : 

„Filaria  Cyprini  rutili. 

In  abdomine  piscis  dicti  Octobri  et  Novembri  1823 
saepius  una  cum  Ligula  simplicissima  Filariam  liberam 
inveni  ad  octo  lineas  longam,  colore  brunneo  gaudentem, 
exceptis  extremitatibus,  quae  erant  subalbidae,  interdum 
etiam  sanguineae.  Corpus  mediocris  crassitiei,  utrinque, 
retrorsum  autem  magis,  attenuatum,  utraque  fine  subin- 
crassato,  obtuso.  Os  orbiculare,  parvum,  nudum.  Anus 
non  conspicuus.  Canab's  alimentarius  recte  descendens 
ad  finem  caudae.  Praeter  hunc  in  vermibus  nimls  opacis 
alia  Organa  interna  discernibilia  non  erant. 

Cutis  eorum  tenerrima  est,  ut  aquae  vivi  immissi,  in 
qua  agilissime  primum  se  movebant,  aliquot  horae  minutis 
secundis  elapsis,  jam  diruperint  et  intestina  effuderint, 
quod  evitabatur,  si  statim  spiritui  frumenti  immittebantur. 

Ab  ill.  Rudolphi  (in  Mantissa  Synopsis  p.  213.  n.  12) 
eadem  forsan  Filaria  e  Cyprino  Gibelione,  a  cl.  Gaede 
sibi  allata,  mox  autem  disrupta,  sub  Filaria  ovata  adducta 
est.  Corpus  eins  descripsit  antrorsum  attenuatum,  et 
caudam  emarginatam;  sed  in  animalculo  rupto,  corrugato 
et  collapso  error  circa  finem  anteriorem  et  posteriorem  lo- 
cum  facile  habere  potuit.  Quo  minus  autem  Filariam  meam 
ad  ovatam  Zederi  referam,  nie  impediunt  huius,  a  Goezio 
(Naturgeschichte  der  Eingeweidewürmer  p.  126)  descriptae 
color  albus,  et  magnitudo,  qua  meam  ter  vel  quater  superat. 
Caeterum  Goeze  caput  etiam  pro  cauda  sumsisse  potest,  os 


1)  Observat.  de  Entozois.  pag.  5—6. 


lieber  Ichthyonema  saiiguineum.  125 

cnim  non  descripsit,  ut  haec  species,  ab  illo  detecta,  inter 
dubias  tantum  ponenda  sit.  Magis,  quam  cum  Filaria  ovata 
cum  Filaria  sanguinea  in  pinna  caudali  Cyprini  Gibelionis 
ab  ill.  Rudolphi  (vid.  eius  Synops.  p.  5  et  211.  No.  9.  tab.  I. 
fig.  1)  semel  reperta  mea  foisan  convenit.  Magnitudine  qui- 
dem  etiam  a  mea  discrepat,  verum  attenuatioretrorsum  magis 
quam  antrorsum,  colorque  quodammodo  conveniens  maio- 
rem  utriusque  similitudinem  arguere  videtur.  Filaria  san- 
guinea interlm,  quam  clarissimus  detector  inter  membranas 
pinnae  caudalis  dicti  piscis  sanam  quidem  et  integram, 
et  Lac  autem  egressam  mortuam  tantum  et  ruptam  vidit, 
ulteriore  examine  indiget,  quo  melius  hac  de  re  judican- 
dum  sit." 

Desselben  Angabe  im  Artikel  „Filaria*^  i)  ist  sehr 
kurz. 

„Filaria  sanguinea  Rud.  (Synops.  pag.  5  Nr.  9). 
Rudolphi  fand  ein  Weibchen  in  der  Schwanzflosse 
von  Cyprinus  Gibelio  (das.  Taf.  I,  Fig.  1).  Nach  der 
Zeichnung  etwa  IV2"  lang,  bei  nicht  geringer  Dicke. 
Farbe  blutroth.  Vielleicht  ist  die  von  mir  (Obss.  de 
Entoz.  pag.  5  und  6)  beschriebene  Filarie  aus  Cyprinus 
rutilus,  welche  ich  später  auch  im  Blei  gefunden  habe, 
dieselbe  Art.  Bei  beiden  Fischen  kam  sie  indessen  frei 
im  ßauche  vor.*^ 

Alle  anderen  Autoren  schweigen  entweder  über 
unseren  Nematoden  ganz  oder  wiederholen  nur  die  Be- 
schreibung von  Rudolphi  und  Creplin,  und  haben 
daher  höchst  wahrscheinlich  denselben  nicht  in  natura 
gesehen.  — 

Dujardin^)  referirt  nur  in  folgenden  Worten 
über  die  Beobachtung  Rudolphi's: 

„Rudolphi  a  trouve  un  ou  deux  fois,  dans  le  nageoire 
caudale  du  Cyprinus  gibelio,  une  filaire  rouge  logee  entre 
les  töguments.  Cette  filaire,  egalement  obtuse  aux  deux 
extremites,  est  vivipare." 

1)  Er  seh  und  Grub  er,  Allgem.  Encyclop.  d.  Wissensch. 
1846.  1.  Sect.  XLIV.  Theil,  pag.  173. 

2)  Hist.  nat.  des  Helm.  pag.  61. 


126  V.  Linstow: 

Die  sing  *)  berichtet  ebenfalls  nur  über  die  Be- 
schreibung von  Rudolphi  und  Creplin  mit  den 
Worten: 

„Corpus  feminae  crassiusculum,  utrinque  obtusura, 
sanguineo-rubrum.  Yivipara.  Longit.  ad  IV2".  Habita- 
cnlum.  Carassius  gibelio:  in  pinna  candali,  Martio,  Be- 
rolini.  Leuciscus  rutilus:  in,  cavo  abdominis,  Octobri  et 
Novembri,  Gryphiae.^ 

Molin  2)  wiederholt  wörtlich  die  Angaben  Diesing's. 
Der  Vollständigkeit    wegen    habe   ich  Obiges  in  ex- 
tenso wiedergegeben,  denn  damit  ist,  soweit  mir  bekannt, 
die  ganze  Litteratur    über    diese  Nematoden-Species    er- 
schöpft. 


Das  W  eibchen 

ist  bis  zu  40  Mm.  lang  und  1  Mm.  breit;  die  beiden 
Körperenden  sind  etwas  kuglig  angeschwollen  und  rund 
abgestumpft  und  ist  das  Schwanzende  etwas  dünner  als 
das  Kopfende.  Die  Mundöffnung  ist  dreieckig  und  führt 
in  einen  1,56  Mm.  langen  Oesophagus  (dieses  Mass  und 
die  folgenden  sind  von  einem  17  Mm.  langen  und  0,084  Mm. 
dicken  Exemplar  genommen),  der  sich  nach  dem  Munde 
zu  trichterförmig  erweitert,  und  sich  in  den  sehr  stark- 
wandigen  Darm  fortsetzt,  dessen  braunpigmentirte  Wand 
übrigens  nur  aus  Zellen  besteht  und  keine  Muskeln  zeigt. 
Das  Mundende  ist  durch  vier  um  die  Mundöffnung  her- 
umstehende flache,  kreisrunde  Erhabenheiten  ausgezeich- 
net, die  schwer  zu  sehen  sind,  weil  sie  im  Umkreis 
schwach  markirt  sind,  und  zeigen  sie  sich  am  besten  an 
frischen  Exemplaren  bei  auffallendem  Licht.  Der  Oeso- 
phagus, welcher  bulbusartig  angeschwollen  sich  in  diese 
vier  Erhabenheiten  hineinerstreckt,  besteht  aus  drei  in  ein- 
ander geschobenen  Röhren,  von  denen  die  äussere  mus- 
kulös ist,    und  an  der  Grenze    des    zweiten   und    dritten 


1)  Syst  Helm.  II,  pag.  285. 

2)  Versuch  einer  Monographie  der  Filarien,  pag.  71. 


üeber  Ichthyonema  sanguineum.  127 

Diittheils  eine  ovale  Blase  einscliHesst,  die  mittlere  die 
Mundöffnun^  bildet  und  die  innere  die  Wandung  des 
Lumens  darstellt.  Der  Darm  endet  nicht  weit  vom 
Schwanzende  blind  und  sendet  eine  strangartige  Ver- 
längerung an  die  Muskulatur  resp.  die  Seitenfelder.  Am 
Schwanzende  zeigen  sich  zwei  rundliche  Vorragungen, 
wie  aus  der  Abbildung  ersichtlich  ist.  Die  äusseren  Be- 
deckungen bestehen  aus  einer  structurlosen  Cuticula  und 
einer  sehr  viel  mächtigeren,  rechtwinklig  zur  Längsaxe 
höchst  fein  gestreiften  Cutis.  Was  die  von  der  Haut 
zunächst  bedeckten  Organe  betrifft,  so  finden  sich  zwei 
breite  Seitenfelder,  die  von  in  Längsreihen  hinter  ein- 
ander liegenden  Zellen  gebildet  werden,  und  ein  Seiten- 
gefäss  in  ihrer  Mitte  führen,  das  auf  Querschnitten  schlitz- 
förmig erscheint.  Zwischen  diesen  Seitenfeldern  ver- 
laufen parallel  mit  ihnen  oben  und  unten  je  zwei  Längs- 
muskelbündel,  welche  nach  Art  der  Holomyraier  Schnei- 
der's  aus  ungethellten,  parallel  neben  einander  verlau- 
fenden Muskelfasern  bestehen,  und  nach  Innen  zu  in  eine 
fein  gekörnelte  Marksubstanz  übergehen;  die  die  beiden 
an  einander  grenzenden  Muskelfelder  trennende  Median- 
linie ist  verhältnissmässig  schmal.  Auf  Querschnitten 
zeigen  die  einz -inen  platten  Muskelfasern  eine  eigen- 
thümliche,  wellige  Structur.  Der  Querdurchmesser  eines 
Seitenfeldes  verhält  sich  zu  dem  eines  Muskelfeldes  wie 
14  :  9.  Uebrigens  wird  die  Leibeshöhle  ausser  dem  Ver- 
dauungskanal von  dem  voluminösen,  dünnwandigen  Ute- 
rus ausgefüllt,  welcher  Eizellen  resp.  Embryonen  ent- 
hält und  keine  Oeffnung  nach  aussen  besitzt;  oben  und 
unten  an  den  beiden  Endpolcn  treten  weit  dünnere,  cy- 
lindrische  Gebilde  von  3,6  Mm.  Länge  an  denselben  her- 
an, welche  die  Ovarien  darstellen,  und  eine  feine,  struc- 
turlose  Hüllmembran,  sowie  eine  sich  an  diese  legende  keim- 
bereitende Schicht  zeigen.  0,26  Mm.  vom  Kopfende  ent- 
fernt umgiebt  den  Oesophagus  ein  deutlicher  Nervenring, 
der  seine  Ausläufer  an  die  Muskulatur  schickt.  Die 
innere  Auskleidung  der  Leibeshöhle  besteht  aus  einer 
fein  granulirten,  in  der  queren  Richtung  punktirten,  hyali- 
nen Membran,  die  grosse  ovale  Zellen,  welche  einen  Kern 


128«'  V.  Linstowl 

mit  grossem,  glänzenden  Kernkörperchen  enthalten,  so- 
wie ausser  den  Zellen  eine  Menge  glänzender  Kerne 
führt;  diese  Membran,  die  so  dünn  ist,  dass  ich  sie  auf 
Querschnitten  nicht  zur  Anschauung  bringen  konnte,  hat 
ausserdem  in  querer  Richtung  verlaufende  bandartige 
Verstärkungen,  die  spindelförmige  Zellen  mit  Kern  und 
Kernkörperchen  enthalten. 

Die  Weibchen,  blutroth  von  Farbe,  bewegen  sich 
sehr  lebhaft;  ich  fand  sie  nirgend  anders,  als  in  der 
Leibeshöhle  von  Leuciscus  rutilus  und  Abramis  brama, 
und  platzen  sie,  in  Wasser  gelegt,  sofort,  den  Darm  und 
Uterus  sowie  dessen  Inhalt  in's  Freie  ergiessend. 

Auffallend  war  es  mir,  viele  abgestorbene  Weibchen, 
meistens  an  der  Aussenseite  des  Darms  von  Leuciscus 
rutilus  zn  finden;  die  Structur  war  meistens  noch  gut' 
erhalten,  und  besonders  deutlich  waren  mitunter  die  Em- 
bryonen, welche,  durch  längeres  Liegen  in  Glycerin  auf- 
geklärt und  gequollen,  noch  völlig  deutliche  Bilder  gaben. 
Nicht  selten  waren  diese  abgestorbenen  Weibchen  mit 
dem  Kopfende  in  die  Darmwandung  eingebohrt  und  in 
dieser  Stellung  fest  eingewachsen.  Dasselbe  erwähnt 
V.,  W  illemoes-Suhm  von  Ichthyonema  globiceps. 
Das  Männchen 

ist  bisher  ganz  unbekannt  gewesen;  es  ist  winzig  klein 
im  Verhältniss  zum  Weibchen,  bis  2,3  Mm.  lang,  aber 
nur  0,036  Mm.  breit,  so  dass  es  isolirt  mit  unbewaffnetem 
Auge  kaum  zu  bemerken,  von  andern  Körpern  umgeben 
aber  völlig  unsichtbar  ist.  Das  Kopfende  ist  abgerundet, 
etwas  knopfförmig  verdickt  und  zeigt  keine  Pigmentab- 
lagerung. Das  Schwanzende  schliesst  mit  zwei  rund- 
liehen  Lappen  ab,  zwischen  denen  die  Spicula  heraus- 
treten. Diese  letzteren  sind  braun  von  Farbe,  ungleich 
lang  und  in  zweifacher  Zahl  vorhanden,  die  mit  unge- 
mein fein  zugespitzten  Enden,  welche  neben  einander 
liegen,  nach  aussen  treten;  die  Längenverhältnisse  sind 
0,^4  und  0,197  Mm.  An  die  Girren  legt  sich  ein  kurzer, 
scheinbar  chitinöser  Körper  mit  doppelten  Contouren, 
der  nicht   die    braune  Farbe    der  ersteren  trägt,   sondern 


lieber  Ichthyonema  sanguineum.  129 

farblos  ist,  und  ein  Stützapparat  oder  eine  Verstärkung 
derselben  zu  sein  scheint;  wenigstens  hat  er  keine  freie 
Spitze  und  kann  daher  nicht  als  dritter  Cirrus  aufgefasst 
werden.  Der  Oesophagus,  der  Darm,  der  Hoden  nebst 
Ausmündungsgan^  sind  deutlich  in  dem  farblosem  Thiere 
zu  bemerken.  Die  Muskulatur  ist  relativ  sehr  mächtig. 
Ich  fand  das  Männchen  eingekapselt  in  der  Leibes- 
höhle von  Leuciscus  rutilus.  Es  lebt  in  einer  2  Mm.  im 
Durchmesser  haltenden,  kugelförmigen  Cyste,  die  im 
Vergleich  zum  Insassen  sehr  geräumig  ist,  welcher  in 
Folge  dessen  bei  seiner  grossen  Zartheit  und  Dünnheit 
ungemein  schwer  aufzufinden  ist.  Die  Kapsel  ist  übrigens 
von  denen  aller  bekannten  Nematodenlarven  dadurch 
verschieden,  dass  sie  aus  einer  sehr  feinen,  hyalinen, 
dicht  mit  glänzenden  Kernen  besetzten  Membran  besteht, 
die  eine  körnige  bröcklige  Masse  einschliesst,  und  bleibt 
der  Wurm  in  dieser  so  lange  unsichtbar,  bis  die  Hüll- 
membran gesprengt  und  er  frei  herausgetreten  ist.  Nach 
Analogie  von  Ichthyonema  globiceps  erwartete  ich  ein 
feines,  zwerghaftes  Männchen,  habe  aber  eine  gewaltige 
Menge  von  Rothaugen,  wie  hier  Leuciscus  rutilus  genannt 
wird,  auf's  sorgfältigste  untersuchen  müssen,  bis  ich  den 
gehofften  Fund  wirklich  machte. 

Entwicklungs-  und  Lebensgeschichte. 

Die  Eizellen,  ihre  Veränderungen  bis  zur  Embryo- 
nalbildung und  die  Embryonen  entsprechen  so  voll- 
ständig denen  von  Ichthyonema  globiceps,  wie  v.  Wille- 
moes-Suhm  angiebt,  dass  ich  auf  dessen  Beschreibung 
verweisen  kann.  Die  Eizellen,  kuglig  von  Gestalt,  haben 
0,028  Mm.  im  Durchmesser,  der  Kern  0,015  und  das 
stark  lichtbrechendc  Kernkörperchen  0,005  Mm.  Der 
Kern  entspricht  dem  Bildungsdotter  und  er  allein  geht 
die  Furchung  ein.  Die  Embryonen  erinnern  an  die  von 
CucuUanus  elegans  und  „Filaria^  medinensis;  sie  sind 
vorn  abgerundet,  haben  einen  langen,  allmählich  fein  zu- 
gespitzten Schwanz  und  sind  am  Kopfende  0,026  Mm. 
dick,  die  Länge  beträgt  0,5  Mm.  Die  sie  umhüllende 
Cutis    ist    derbe.       Sie    können    frei    im    Wasser    leben. 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jalirg.  1.  Bd.  9 


ISO  V.  Liiistow: 

Diese  letztere  Eigenschaft,  sowie  der  Umstand,  dass  sich 
die  Embryonen  häufig  mit  den  langen,  pfriemenförmigen 
Schwänzen  .  gegenseitig  in  einander  verwickeln,  findet 
sich  ebenfalls  bei  Cucullanus  elegans  wieder,  die  Lebens- 
fähigkeit im  Wasser  auch  bei  „Filaria"   medinensis. 

Bei  weitem  die  grösste  Mehrzahl  der  Weibchen 
ist  unbefruchtet,  was  auf  eine  grosse  Seltenheit  der 
Männchen  schliessen  lässt;  in  diesen  Exemplaren  ist  der 
Uterus  prall  mit  den  beschriebenen  Eizellen  gefüllt. 

Da  eine  Vulva  fehlt,  so  scheint  mir  die  Befruchtung 
nur  in  der  Weise  möglich  zu  sein,  dass  das  Männchen 
sich  mit  seinen  Endlappen  an  eine  beliebige  Stelle  des 
weiblichen  Körpers  legt,  und  die  nadelspitzen  Spicula 
in  den  letzteren  einbohrend,  den  Samen  einfliessen  lässt. 
Die  Befruchtung  der  Eizelle  kann  nur  im  Uterus  erfolgen, 
und  dieser  füllt  den  Leibesraum  so  aus,  dass  er  jedesmal 
getroffen  wird,  man  mag  den  Körper  anstechen,  wo  man 
will. 

Ueber  die  weitere  Entwicklung  habe  ich  folgende 
Vermuthungen.  Die  Embryonen  können  nicht  von  selbst 
den  mütterlichen  Körper  verlassen,  einmal,  weil  die 
natürliche  Oeffnung  fehlt  und  ferner  habe  ich,  wie  be- 
reits erwähnt,  abgestorbene  Weibchen  mit  ebenfalls  ab- 
gestorbenen, völlig  entwickelten  Embryonen  strotzend 
gefüllt,  gefunden.  Die  weitere  Entwicklung  dürfte  daher 
durch  ein  Auswandern  des  Weibchens  vermittelt  werden. 
Der  natürlichste  Weg  scheint  der  zu  sein,  dass  ein  be- 
fruchtetes Weibchen  die  W^and  des  Darms  durchbohrend 
in  diesen  hinein  und  von  da  mit  den  Excrcmenten  in's 
Wasser  gelangt,  wo  es  dann  sofort  platzt  und  das  Heer 
der  Embryonen,  die  im  Wasser  leben  können,  in  Frei- 
heit setzt.  Die  abgestorbenen,  mit  dem  Kopfende  in 
der  Darmwand  verwachsenen  Weibchen  werden  auf 
diesem  Wege  begriffen,  aber  vor  der  Vollendung  ge- 
storben sein ;  vielleicht  setzen  sich  dem  völligen  Durch- 
bohren zu  grosse  Hindernisse  in  den  Weg.  Die  beiden 
von  Rudolphi  gefundenen  Exemplare  sind  auch  ohne 
Zweifel  auf  dem  Wege  der  Auswanderung  begriffen; 
das  eine    fand    sich    in    der  Schwanzflosse    von  Carassius 


lieber  Ichthyonema  sanguineum.  131 

vulgaris  eingeschlossen,  während  das  andere  aus  der- 
selben mit  beiden  Enden  hervorragte,  die  im  Wasser 
geplatzt  waren  und  die  inneren  Theile  sowie  zahlreiche 
lebende  Embryonen  in's  Wasser  gelangen  Hessen. 

Ein  Zwischenwirth  wird  nun  von  den  im  Wasser 
fortschwimmenden  Embryonen  ohne  Zweifel  aufgesucht, 
und  will  ich  an  dieser  Stelle  nicht  unerwähnt  lassen, 
dass  ich  eine  Nematodenlarve  mit  einer  den  Embryonen 
von  Ichthyonema  sanguineum  gleichenden  Körperform 
uneingekapselt  in  der  Leibeshöhle  von  Asellus  aqiiaticus 
gefunden  habe.  Das  Thier  ist  0,6  Mm.  lang  und  0,033  Mm. 
breit.  Das  rund  abgestutzte  Mundende  scheint  einen 
kleinen  seitlich  stehenden  Bohrzahn  zu  tragen,  nur  ist 
das  Schwanzende  verhältnissmässig  viel  kürzer  als  bei 
den  genannten  Embryonen,  und  kann  ich  übrigens  mit 
Gewissheit  nur  das  constatiren,  dass  das  Thier  seiner 
Muskulatur  nach  zu  den  Holomyariern  gehört. 

Uneingekapselt  leben  bekanntlich  die  Larven  von 
Mermis  und  Gordius  auch,  sowie  von  Cucullanus  elegans 
und  „Filaria*'  medinensis.  Diesen  genannten  Geschlechtern 
und  Arten  sowie  Sphaerularie  fehlt  bekanntlich,  mit 
Ausnahme  von  Cucullanus,  auch  der  After,  was  für  Ich- 
thyonema sanguineum  bei  dem  Aufenthalt  in  der  Leibes- 
höhle der  Fische  nur  als  eine  zweckmässige  Einrichtung 
angesehen  werden  kann,  denn  wohin  sollten  die  Excre- 
mente  auch  gelangen  ohne  das  Peritoneum  des  Wohn- 
thiers  zu  reizen !  —  Durch  den  Aufenthalt  in  der  Leibes- 
höhle ist  auch  das  häufige  Vorkommen  von  abgestorbenen 
Exemplaren  erklärt,  bei  Darmbewohnern  wird  man 
solche  kaum  finden,  da  sie  mit  den  Excrementen  nach 
aussen  befördert  werden. 

lieber  die  Girren  des  Männchens  von  Ichthyonema 
globiceps  herrscht  bei  den  Autoren  keine  üeberein- 
stimmung.  Wagener,  der  erste  Beobachter,  sagt  ^) : 
„Der  Penis  ist  einfach;  sein  im  Leibe  des  Thieres  be- 
findliches   Ende    ist   in    drei    Muskelfortsätze    gespalten, 


1)  Natuurkundige  Verhandelingen  XIII,    pag.  4,  tab.   XXXVI, 
Fig.  14. 


132  V.  Linstow: 

welche  nicht  in  einer  Ebene  liegen,  vielmehr  würden  sie 
in  ihrer  Lage  zu  einander  den  Kanten  eines  Tetraeders 
entsprechen.^  Aus  seiner  Abbildung  indessen  entnehme 
ich  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit,  dass  es  sich  hier 
um  zwei  gleichlange  Girren  handelt,  die  zufällig  mit  der 
Spitze  an  einander  liegen;  der  dritte  „Muskelfortsatz" 
aber  dürfte  meinem  Stützapparat  entsprechen.  Schnei- 
der giebt  ^)  als  Gattungsmerkmal  für  Ichthyonema  an: 
„Holomyarier,  Seitenfelder,  Hauptmedianlinien,  kein  After, 
zwei  ungleiche  Spicula,  Schwanzende  des  Männchens 
abgestumpft";  dagegen  steht  2)  in  der  Artbeschreibung 
für  Ichthyonema  globiceps ;  „Ein  Spiculum."  Die  Ab- 
bildung zeigt  auch  zwei  Spicula  von  derselben  Formation 
wie  die  von  Wagner  abgebildeten,  und  den  Stützappa- 
rat. V.  Willemoes-Suhm  ^)  endlich  erkennt  die  drei 
Muskelgebilde  Wagener's  als  Ghitinkörper,  und  be- 
merkt, dass  das  Spiculum  sich  an  der  Spitze  gabiig 
theilt;  seine  Abbildung  stimmt  übrigens  genau  bis  auf 
den  letzteren  Punkt  mit  der  der  beiden  erstgenannten 
Forscher. 

Bei  Ichthyonema  sanguineum  glaubte  ich  auch  erst 
ein  Spiculum  mit  drei  ungleich  langen  Wurzeln  vor 
mir  zu  haben,  sah  aber  bald,  dass  die  Spitze  zweitheilig 
war,  und  wenn  ich  nun  das  Deckglas  etwas  verschob, 
so  dass  sich  der  Schwanztheil  etwas  um  seine  Längsachse 
drehte,  sah  ich,  dass  die  zwei  Spicula  vollständig  getrennt 
waren,  und  sich  oft  in  der  Lage  _kreuzten ;  somit  glaube 
ich,  dass  auch  Ichthyonema  globiceps  zwei  Spicula  be- 
sitzt wegen  der  sonstigen  auffallenden  Aehnlichkeiten 
der  beiden  hier  besprochenen  Arten,  und  widersprechen 
die  drei  citirten  Abbildungen  dieser  Annahme  nicht. 


Gattungsmerkmalc  von  Ichthyonema. 
Holomyarier;    Seitenfelder,   Hauptmedianlinien;   im 


i)  Monographie  der  Nematoden,  pag.  30. 

2)  ibid.  pag.  176,  tab.  XII,  Fig.  11. 

3)  1.  c.  pag.  23.  tab.  XIV,  Fig.  5. 


Ueber  Ichthyonema  sanguineum.  138 

hinteren  Drittel  des  Oesophagus  eine  Blase;  Darm  ohne 
Muskulatur,  kein  After;  MundöfPnung  dreieckig,  Oeso- 
phaguslumen  oben  trichterförmig  erweitert ;  um  die  Mund- 
öffnung herum  vier  flache,  kreisförmige  Erhabenheiten. 
Beim  Weibchen  füllt  der  Uterus  fast  die  ganze  Leibes- 
höhle aus;  oben  und  unten  setzt  sich  an  ihn  je  ein  weit 
dünneres  Ovarium ;  keine  Vulva.  Die  reifen  Eier  stellen 
Zellen  mit  Kern  und  Kernkörperchen  dar;  der  Kern 
geht  eine  Furchung  ein  und  entspricht  dem  Bildungs- 
dotter der  Trematoden  ;  die  Embryonen  sind  vorn  rund- 
lich und  hinten  lang  und  fein  zugespitzt;  sie  können  im 
Wasser  leben,  während  die  erwachsenen  Weibchen  im  Was- 
ser platzen  ;  letztere  sind  roth  von  Farbe  und  haben  ein  ab- 
gerundetes Schwänzende.  Das  Männchen  ist  V33 — V20  so 
lang  als  das  Weibchen ;  der  Schwanz  endet  mit  zwei 
rundlichen  Lappen;  Girren  doppelt  mit  einem  Stütz- 
apparat.    Sie  bewohnen  Fische. 

Sehr  naturgemäss  hat  Schneider  Ichthyonema 
zwischen  Gordius,  Mermis  und  Sphaerularia  einerseits 
und  die  Trichotrachelidcn  andererseits  gestellt;  die 
Aehnlichkeit  mit  den  ersteren  Gattungen  liegt  besonders 
im  Fehlen  des  Afters,  die  beiden  runden  Lappen  am 
Schwanzende  des  Männchens  erinnern  sehr  an  die  ana- 
logen Bildungen  am  Schwanzende  vieler  männlicher 
Trichosomen-A  rten. 

Die  Gattung  Ichthyonema  schliesst  sich  übrigens 
hinsichtlich  der  Formation  des  Uterus,  der  Ovarien,  der 
Eier,  der  Embryonen,  des  Fehlens  der  Vulva  und  des 
Anus  genau  an  „Filaria"  medinensis  an. 

Artunterschiede  zwischen 
Ichthyonema  globiceps       und     Ichthyonema  sanguineum. 

Weibchen  200  Mm., Mann-  Weibchen  40  Mm.,  Männ- 
chen 6  Mm.  lang.  chen  2  Mm.  lang. 

Männchen    am    Kopfende  Männchen  ohne  Pigment 

pigmentirt.  am  Kopfende. 

Männchen  mit  zwei  gleich-  Männchen    mit    zwei  ge- 


134  V.  Linstow:    lieber  Ichthyonema  sanguinea. 

langen    Girren    (?  getrennt  trennten  ungleichlangenCir- 

oder  in  der  Mitte  verwach-  ren. 

sen.) 

Medianlinien  breit.  Medianlinien  schmal. 

Der    Biidungsdotter    hat  Der    Bildungsdotter    hat 

den     vierten     bis     fünften  mehr    als    die    Hälfte     des 

Theil     des      Durchmessers  Durchmessers    der    Eizelle, 
der  Eizelle. 

Wohnt    in     Uranoscopus  Wohnt  in  Carassius    vul- 

scaber:      Ovarium,     Darm-  garis  (— Leuciscus  gibelio), 

canal;  Gallenblase.  Leuciscus    rutilus,    Abramis 

brama,  ?     Galaxias     scriba: 
Leibeshöhle,  Flossen. 


Erklärung  der  Abbildungen  auf  Taf.  IV,  Fig.  1-9. 

(Eine  Darstellung  der  Eientwicklung,  der  Embryonen,  des 
Uterus,  der  Ovarien,  des  Nervenringes  habe  ich  unterlassen,  da  die 
genannten  Organe  so  vollständig  mit  Ichthyonema  globiceps  über- 
einstimmen, dass  meine  Zeichnungen  nur  den  Werth  von  Copieen 
von  denen  v.  Willemoes-Suhm's  haben  würden.) 
Fig.  1.      Durchschnitt  durch  ein  unbefruchtetes  Weibchen. 

a.  Cuticula,  f.  Seitenfeld. 

b.  Cutis.  g.  Seitengefäss. 

c.  Medianlinie.  h.  Uterus  mit  Eizellen. 

d.  Muskel.  i.  Darm. 

e.  dessen  Marksubstanz. 

Fig.  2.     Kopf  mit  Mundöffnung  und  vier  Papillen. 

Fig.  3.      Schv^ranzende  des  Weibchens. 

Fig.  4.      Schwanzende  des  Männchens. 

a.  die  beiden  Spicula.  b.  Stützapparat. 

B'ig.  5.  Die  hyaline  Membran  zwischen  Marksubstanz  der  Muskeln 
und  Seitenfelder  einerseits  und  Darm  und  Uterus  anderer- 
seits,    a.  Verstärkungsband. 

Fig.  6.  Unbefruchtete  Eizelle,  a.  Kern  (Bildungs-  oder  Furchungs- 
dotter),  b.  Kernkörperchen. 

Fig.  7.      Muskel  im  Querschnitt. 

a.  Cuticula.  c.  Muskel. 

b.  Cutis.  d.  Marksubstanz. 
Fig.  8.      Theil  eines  Ovariums. 

a.  Hüllmembran,  b.  keimbereitende  Schicht,     c.  Eikeime. 
Fig.  9.      Muskel   und    Haut,    ersterer    ohne  Marksubstanz,    von  der 
Fläche  und  zwar  von  der  Innenseite  gesehen,    nach  rechts 
hin  abgeschärft,     a.  Muskeln,  b.  Cutis,  c  Cuticula. 


[leber  die  Miiskuiatar^  Haut  nnd  Seitenfelder  von 
Filaroides  Nustelarum  van  Ben. 

Von 

Dr.  TOD  Linstow 

in  Ratzeburg. 

Hierzu  Taf.  IV,  Fig.  10—12. 


In  meiner  Beschreibung  dieses  Nematoden  habe  ich 
irrthümlich  angegeben,  dass  die  Gattung  Filaroides  zu 
den  Merorayarieen  im  Seh  nei  der'schen  Sinne  gehöre, 
während  die  Muskulatur  völlig  mit  den  Polvmyariern 
übereinstimmt.  Man  findet  bei  Durchschnitten  schmale 
Medianlinien  und  sehr  breite  Seitenfelder,  welche  ein  ge- 
schlängelt verlaufendes  Gefäss  in  sich  einschliessen.  Der 
Querdurchmesser  eines  Seitenfeldes  verhält  sich  zu  dem 
eines  Muskelfeldes  wie  11  :  10. 

Die  Muskclstränge,  die  nicht  von  dem  einen  Ende  des 
Thieres  zu  dem  andern  ununterbrochen  verlaufen,  sondern 
von  nicht  grosser  Länge  sind  und  spitzwinklig  enden, 
also  von  spindelförmigem  Längsschnitt  sind,  zeigen  einen 
eigenthümlichen  Querschnitt,  der  aus  der  Abbildung  er- 
sichtlich ist,  und  sehr  an  dem  Muskehjuerschnitt  von 
Filaria  radula  (Schneider,  Monographie  der  Nematoden 
Tab.  XVII,  Fig.  6)  erinnert. 

Auffallend  dick  ist  die  Cutis;  sie  besteht  aus  einer 
inneren,  mächtigen,  fein  punktirten  und  zwei  äusseren, 
dünneren  hyalinen  Schichten.  Eine  feine  Cuticula  um- 
kleidet sie  von  aussen. 


136     V.  Linstow:  Ueb.  d.Muskul.,  Haut  u.  Seitenfelder  v.  Filaroides. 

Trotz  dieser  mächtigen  Cutis  und  obgleich  das 
Thier  in  lufthaltigen  Organen  seines  Wirthes  lebt,  ist  es 
doch  nicht  luftbeständig,  sondern  trocknet  an  der  Luft 
bald  ein. 

Die  Bewegung  ist  entsprechend  der  winzigen  Mus- 
kulatur fast  null. 


Erklärung  der  Abbildungen  auf  Taf.  IV.  Fig.  10—12. 

Fig.  10.    a.  Theil  des  Seitenfeldes. 

b.  Seitenlinie. 

c.  Gefäss. 
Fig.  11.   Durchschnitt. 

a.  Cnticula. 

b.  Cutis. 

c.  Medianlinie* 

d.  Muskelstrang. 

e.  Marksubstanz. 

f.  Seitenfeld. 

g.  Gefäss. 
h.  Darm. 

Fig.  12.   Einzelne,  stärker  vergrösserte  Muskelstränge. 


Beiuerkungen  aber  HaeckeFs  Gastraea-Theorie. 

Von 

Dr.  W.  Salensky^ 

Prof.  in  Kasan. 

Hierzu  Tafel  V. 


Haeckel's  Untersuchungen  über  die  Kalkschwäm- 
me,  welche  in  seiner  vortrefflichen  Monographie  zu- 
sammengestellt sind,  haben  ihn  zu  einer  Theorie  geführt, 
welcher  er  eine  grosse  Bedeutung  für  die  Auffassung 
der  phylogenetischen  Verhältnisse  der  Thier-Typen  zu- 
schreibt und  als  Gastraea-Theorie  bezeichnet.  Zuerst 
wurde  diese  Theorie  in  dem  entwiekelungsgeschichtiichen 
Theile  der  Monographie  in  ihren  Hauptzügen  dargestellt, 
später  hat  aber  Ha e ekel  einen  besondern  Aufsatz  dar- 
über publicirt  und  sie  viel  ausführlicher  und  in  Beziehung 
zu  der  Keimblättertheorie  auseinandergesetzt  i). 

In  ihren  Hauptzügen  kann  diese  Theorie  kurz  zu- 
sammengefasst  werden.  Sie  besteht  nämlich  hauptsäch- 
lich darin,  dass  in  der  ontogenetischen  Entwickelung 
aller  Repräsentanten  der  verschiedenen  Thierstämme 
eine  Embryonalform  vorkommt,  die  eine  länglich  ovale 
Gestalt  besitzt,  aus  zwei  Schichten  (Exoderm  und  Ento- 
derm)  besteht  und  eine  Höhle,  die  Magenhöhle,  einschliesst. 


1)  Haeckel,  die  Gastraea-Theorie,  die  phylogenetische  Classi- 
fication und  die  Homologie  der  Keimblätter. 


138  Salensky: 

Eine    so   gebaute    Larve    hat  Haeckel   bei    den    Kalk- 
schwämmen entdeckt  und  dieselbe  „Gastrula^  genannt. 

^Aus  der  Identität  der  Gastrula  bei  Repräsentanten 
der  verschiedensten  Thierstämme,  von  den  Spongien  bis 
zu  den  Vertebraten^,  schliesst  Haeckel  „nach  dem  bio- 
genetischen Grundgesetze  auf  eine  gemeinsame  Descen- 
denz  der  animalen  Phylen  von  einer  einzigen  unbekann- 
ten Stammform,  welche  im  Wesentlichen  der  Gastrula 
gleichgebildet  war:  Gastrea  ^)". 

In  der  Monographie  der  Kalkschwämme  führt 
Haeckel  indessen  nur  wenige  Thatsachen  als  Beweis 
für  seine  Theorie  an.  Er  bezeichnet  nur  einige  Thiere, 
bei  welchen  nach  seiner  Meinung  diese  Form  im  Cyclus 
der  embryonalen  Formen  eintritt.  Man  dürfte  natürlich 
erwarten,  dass  in  dem  dieser  Theorie  speciell  gewidme- 
ten und  später  erschienenen  Aufsatze  solche  Thatsachen 
genau  aufgeführt  werden.  Aber  das  ist  durchaus  nicht 
der  Fall.  Das  einzige,  was  für  die  thatsächliche  Be- 
gründung der  Gastraea-Theorie  von  Seite  Haeckel's 
gethan  wurde,  ist,  dass  er  acht  zum  Theil  schematische 
Abbildungen  giebt  und  bei  einigen  Typen  noch  einige 
Thiere  erwähnt,  bei  welchen  das  Gastrulastadium  auch 
vorkommen  soll  (vergl.  „Die  Kalkschwämme*'  Bd.  I.  S.  467 
und  „Die  Gastraea  Theorie"  etc.  S.  18).  Solche  neuen 
Beiträge  zu  den  in  der  Monographie  der  Kalkschwämme 
bezeichneten  Thatsachen  beziehen  sich  auf  verschiedene 
Thiertypen.  Ich  erlaube  mir  diese  Beiträge  mit  den  Ci- 
taten  für  die  leichtere  Orientirung  anzuführen.  Unter 
den  Würmern  soll  das  Gastrulastadium  nach  der  Mono- 
graphie: bei  Phoronis,  Sagitta,  Euaxes,  Ascidia  etc.,  nach 
der  Gastraea-Theorie:  bei  den  Plattwürmern  (Turbellarien 
und  Trematoden),  Rundwürmern  (Nematoden,  Sagitten), 
bei  den  Bryozoen  und  Tunicaten,  bei  den  Gephyreen 
und  Anneliden  (Phoronis,  Euaxes,  Lumbricus,  Chaeto- 
poden)  vorkommen.  Unter  den  Echinodermen  führt 
Ha  eck  el  in  der  „Gastraea-Theorie'^  ausser  den  Ästenden 
die  Holothurien  an.     Ueber  die  Arthropoden   sagt    er  in 

1)  Haeckel,  die  Kalkschwämme  Bd.  I.  S.  467. 


BemerkuDgen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  139 

der  Monographie;  „Embryonal formen,  welche  aus  der 
Gastrula  ohne  Schwierigkeiten  abzuleiten  sind,  finden 
sich  auch  bei  den  Arthropoden"  (Crustaceen  sowohl  als 
Tracheaten).  In  der  „Gastraea-Theorie"  gibt  er  die  Ab- 
bildung von  einer,  aus  der  frühesten  Entwickelungsform 
des  Nauplius  reducirten,  Gastrula.  Bei  den  Mollusken 
beschränkt  sich  in  der  Monographie  die  Gastrula  nur 
auf  die  Entwickelung  des  Limnaeus,  in  der  „Gastraea- 
Theorie"  scheint  „die  Gastrula  in  den  Classen  der 
Muscheln  und  Schnecken  sehr  verbreitet  zu  sein."  Bei 
den  Vertebraten  führt  Haeckel  in  beiden  Werken  nur 
den  Amphioxus  an,  obgleich  er  bemerkt,  dass  „die  Con- 
tinuität,  welche  zwischen  der  Ontogenie  des  Amphioxus 
und  der  übrigen  Wirbelthiere  existirt,  keinen  Zweifel 
darüber  bestehen  lasse,  dass  auch  die  Vorfahren  der 
letzteren  in  früheren  Zeiten  der  Erdgeschichte  im  Be- 
ginne ihrer  Ontogenese  die  Gastrula  durchlaufen  haben." 
Das  lässt  sich  natürlich  durch  die  Thatsachen  nicht  be- 
weisen. 

Wenn  die  Theorie  richtig  ist,  so  muss  sie  mit  den 
Thatsachen  im  Einklänge  stehen  und  dieselben  erklären. 
Wenn  sie  eine  so  grosse  Bedeutung  für  die  Erklärung 
des  phylogenetischen  Zusammenhanges  der  Thiere  hat; 
so  muss  Folgendes  erwartet  werden:  1.  dass  das  Ga- 
strula-Stadium  in  der  ontogenetischen  Entwickelung  der 
Thiere  wirklich  sehr  oft  auftritt;  oder  wenn  es  nicht 
so  allgemein  verbreitet  ist,  wenn  es  z.  ß.  in  der  Onto- 
genie einiger  Thiere  übersprungen  wäre,  so  müssten  doch 
einige  darauf  folgende  Erscheinungen  und  die  Analogien 
in  der  Entwickelung  verschiedener  Thiere  uns  schon 
zeigen,  dass  dieses  Stadium  mit  Gewissheit  einst  existirte 
und  nur  übersprungen  worden  ist.  2.  Wenn  die  Theorie 
eine  solche  Bedeutung  für  die  Erklärung  der  wahren 
Deutung  der  ontogenetischen  Sinne  hat,  so  muss  die 
Entwickelung  derjenigen  Thiere,  bei  denen  das  Gastrula- 
stadium  als  solches  nicht  vorkommt,  von  diesem  abge- 
leitet und  erklärt  werden,  denn  die  Bedeutung  der  Ga- 
straea-Theorie wird  durchaus  nicht  nur  dadurch  bewiesen, 
dass  wir   bei    einigen  Repräsentanten    der    verschiedenen 


140  Salensky: 

Tliier-Typen  das  Gastrulastadium  auffinden.  Die  Forde- 
rungen an  die  Gastraea-Theorie  müssen  also  bestehen: 
1)  in  der  thatsächlichen  Begründung  des  Vorkommens 
des  Gaslrulastadiums  in  der  Ontogenie  verschiedener 
Thiere ;  2)  in  dem  thatsächlichen  Beweise  der  Bedeutung 
desselben  für  die  Erklärung  der  ontogenetischen  Erschei- 
nungen. Wäre  das  der  Fall^  so  müssten  alle  complicirten 
Erscheinungen,  welche  wir  durch  die  Beobachtungen 
kennen  lernen,  viel  bessere  Erklärung  in  dieser  Theorie 
finden,  als  in  der  früherer  Anschauungen. 

Zuerst  wenden  wir  uns  zu  den  Thatsachen,  welche 
nach  Ha  e ekel  das  Vorkommen  des  Gastrulastadiums  in 
verschiedenen  Thierstämmen  beweisen  sollen. 


I.  Thatsächliche  Begründung  der 
Gastraea-Theorie. 

Die  Gastraea  ist  von  Haeckel  mit  folgenden 
Worten  definirt;  „die  Gastraea  ist  ein  kugeliger  oder 
länglichrunder  Körper  mit  Magenhöhl  e  und  Mund- 
öffnung, dessen  Magenwand  aus  zwei  differenten 
Zellen  schichten  gebildet  wird,  aus  dem  inneren  nicht 
flimmernden  Gastral-Blatt  oder  Entoderm  und  aus  dem 
äusseren  flimmernden  Dermalblatt  oder  Exoderm.^  Diese 
Definition  ist  so  klar  und  deutlich,  dass  wir  gleich  das 
Gastrulastadium  ,  wenn  solches  in  der  Ontogenie  eines 
Thieres  existirt,  erkennen  können. 

Beginnen  wir  nun  unsere  üebersicht  der  embryo- 
logischen Thatsachen  mit  der  Ontogenie  der  Co el en- 
ter aten.  Dass  hier  das  Gastrulastadium  ein  ungemein 
verbreitetes  Vorkommen  hat  und  eine  sehr  wichtige  Rolle 
spielt,  geht  schon  daraus  hervor,  dass  die  Coelenteraten 
(Hydroidpoljpen,  Schwämme)  sogar  in  ihrem  ausgebilde- 
ten Zustande  sehr  wenig  von  der  Gastraeaform  abweichen. 
Es  zeichnen  sich  aber  schon  in  diesem  Thier-Typus  die 
Ctenophoren  von  den  übrigen  Coelenteraten  durch  einige 
sehr  wichtige  embryologische  Erscheinungen  aus,  indem 
bei  diesen  nach  den  bekannten  Untersuchungen  von  K  o- 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  141 

walevskv^)  das  Gastrovascularsystem  zuerst  in  Form 
eines  soliden  Zellenstranges  oder  eines  Cjlinders  aus  dem 
Exoderm  entsteht,  welcher  erst  später,  wenn  die  Meridio- 
nalreifen  schon  angelegt  sind,  eine  Höhlung  bekommt. 
Die  sehr  wichtige  Störung,  weiche  dieser  Fall  der  Ga- 
straea-Theorie entgegenstellt,  besteht  darin,  dass  er  sich 
nicht  auf  einen  der  beiden  von  Ha e  ekel  berührten  Ent- 
stehungsmodus der  Gastrula  zurückführen  lässt  und  dass 
hier  ein  Gastrulastadium  nicht  existirt. 

Würmer.  „Im  Stamme  der  Würmer  findet  sich 
die  Gastrula  (der  sogenannte  „infusorien-artige  Embryo*^) 
bald  in  ganz  derselben,  bald  in  mehr  oder  minder  modi- 
ficirter  Form  bei  den  Plattwürmern  (Turbellaria  und 
Trematoden),  bei  den  Rundwürmern  (Nematoden,  Sagitta), 
bei  den  Bryozoen,  Gephyreen  und  Anneliden  (Phoronis, 
Euaxes,  Lumbricus,  Chaetopoden).*^ 

Schon  daraus,  dass  man  unter  den  sogenannten  „in- 
fusorienartigen Embryonen^  Embryonen  mit  sehr  ver- 
schiedener Organisation  versteht,  kann  man  von  vorn 
herein  vermuthen,  dass  in  einigen  Fällen  diese  Em- 
bryonen der  Gastrula  ähnlich,  in  anderen  unähnlich  sind. 
Solche  Verschiedenheiten  ergeben  sich  oft  zwischen  den 
Embryonen  einer  und  derselben  Classe  der  Würmer 
z.  B.  zwischen  den  verschiedenen  Trematoden.  Bei 
einigen  der  digeneen  Trematoden  hat  man  im  embryo- 
nalen Zustande  den  Mund  und  Darmkanal  nachgewiesen, 
bei  den  anderen  (den  meisten)  nicht.  In  den  späteren 
Stadien  der  Entwickelung  unterscheidet  man  bekanntlich 
nach  diesen  Kennzeichen  die  Redien  von  den  Sporocysten. 
Die  Entwickelung  der  monogenen  Trematoden  ist  so 
wenig  bekannt,  dass  wir  bis  jetzt  .nicht  im  Stande  sind, 
nach  den  ermittelten  Thatsachen  zu  sagen,  ob  bei  diesen 
Thieren  ein  Stadium  existirt,  welches  der  Gastraea  ähn- 
lich ist,  oder  nicht.     Die  ausführlichsten  Untersuchungen 


1)  Meraoires  de  l'Acad.  Imp.  de  St.  Petersbourg  T.  X. 

2)  Leuckart,  die  menschlichen  Parasiten  Bd.  I.  S.  491. 


142  Salensky: 

in  dieser  Beziehung,  welche  von  E.  van  Beneden  *), 
Zeller  2)  und  Willemoes-Suhm  3)  herrühren,  geben 
so  wenig  über  die  embryonale  Entwiekelungsgeschichte 
dieser  Tremaioden  an,  dass  wir  aus  denselben  nur  die 
Thatsache  erfahren,  dass  die  Thiere  beim  Auskriechen 
aus  der  Eihülle  alle  Organe  (ausser  den  Geschlechtsor- 
ganen) bereits  besitzen. 

Von  der  embryonalen  Entwickelung  der  Turbel- 
larien  wissen  wir  auch  sehr  wenig,  und  was  in  dieser 
Beziehung  bekannt  ist  beweist  nicht,  dass  diese  Thiere 
ein  Gastrulastadium  durchlaufen.  Es  sind  bis  jetzt  meines 
Wissens  nur  zwei  Untersuchungen  vorhanden,  welche 
eingehend  und  ausführlich  die  Embryologie  und  nament- 
lich die  Entstehung  der  Organe  der  Turbellarien  dar- 
stellen. In  den  Untersuchungen  von  E.  v.  Beneden 
(Recherches  etc.)  ist  hauptsächlich  der  Furchungsprocess 
berücksichtigt.  Die  beiden  anderen  Untersuchungen 
rühren  von  Kef  er  st  ein  ^)  und  Knapp  er  t  ^)  her.  Nach 
diesen  letztern  durchläuft  die  Dottermasse  die  Furchung 
und  schichtet  sich  sodann  in  eine  centrale  und  periphe- 
rische Lage,  von  denen  die  letztere  durch  abermah'ge 
Spaltung  ein  animalisches  Blatt  liefert,  das  sich  in  die 
Leibeswand  mit  Muskelschicht  und  Epithelien  verwandelt 
und  ein  vegetatives,  das  sich  zur  Darmhaut  entwickelt. 
Von  der  Entstehung  der  Mundöffnung  und  Darmhöhle 
findet  sich  in  dieser  Schrift  wenig.  Die  Untersuchungen 
von  Kefer stein  stimmen  mit  den  Knapper t'schen 
ziemlich  überein,  indem  der  erste  auch  die  Körperwand 
und  die  Darmwand  durch  Spaltung    einer  Schichte,    der 


1)  E.  V.  Beneden,  Recherches  sur  la  comp,  et  la  signif.  de 
l'oeuf  in  Mem.  couronnees  publ.  var.  PAcad.  royale  de  Belgique 
T.  XXXIV. 

2)  1.  c. 

3)  Zeitschr.  für  wiss.  Zoologie  Bd.  XXII. 

4)  Keferstein,  Beiträge  zur  Anatomie  und  Entwiekelungsge- 
schichte einiger  Seeplanarien  von  S.  Malo  1868. 

5)  Knappert  Embryogenie  des  Planaires  d'eau  douce,  in 
Archiv  es  neerlandaises  de  Sc.  exact.  etc.  Diese  Arbeit  ist  mir  nur 
aus  den  Berichten  von  Keferstein  und  Leuckart  bekannt. 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  143 

oberen  Schichte,  entstehen  lässt.  Es  scheint  mir  aber, 
dass  bei  den  Turbellarien  mit  grosser  Gewissheit  das 
Gastrulastadium  deswegen  vermuthet  werden  kann,  weil 
sie  im  ungeschlechtsreifen  Zustande  sehr  wenig  in  ihrer 
Organisation  von  dem  Gastriilatypus  abweichen. 

Anders  ist  es  bei  den  Nemertinen,  bei  welchen,  durch 
ausgezeichnete  Untersuchungen  von  Mecznik  off  i),  die 
frühesten  Entwickelungsvorgänge  aufgeklärt  sind.  Wir 
erfahren  aus  diesen  interessanten  Untersuchungen  ausser- 
dem die  wichtige  Thatsache,  dass  die  Larve  in  Form 
einer  einschichtigen  Blase  ausschlüpft  und  ein  freies 
Leben  führt.  Nach  ihm  entsteht  aus  dem  Eie  der  Ne- 
mertine  zuerst  eine  einschichtige  Blase,  die  sich  mit  Ci- 
lien  bedeckt  und  dann  aus  dem  Eie  ausschlüpft.  An 
dieser  einschichtigen  Blase  entsteht  dann  eine  Einstülpung, 
welche  später  in  zwei  Theile:  den  Vorderdarm  und  den 
Magen  sich  differenzirt.  Wir  haben  hier  also  einen  Ga- 
strulazustand.  Die  Nemertinen  müssen  aber  von  den 
übrigen  Turbellarien  abgetrennt  werden,  da  sie  zu  den 
Coelomati,  jene  aber  zu  den  Acoelomi  gerechnet  werden 
müssen. 

Ob  bei  den  Nematoden  eine  Gastrulaform  in  der 
Ontogenie  cxistire,  das  ist  nicht  bewiesen.  Aus  den 
Untersuchungen  von  Leuckart^)  kann  man  ein  solches 
Stadium  bei  Strongylus  filaria  und  Cucullanus  vermuthen. 
Bei  allen  Nematoden  bildet  sich  nach  dem  Abschluss 
des  Furchungsprocesses  ein  aus  zwei  Schichten  bestehen- 
der Embryo.  Aus  der  äusseren  Schichte  bildet  sich  die 
Körperwand,  aus  der  inneren  der  Darm.  Die  Entstehung 
der  Darrahöhle  fällt  in  die  Zeit  der  Ausbildung  der 
Leibeshöhle. 

Die  Untersuchungen    von  Kowalevsky    über    die 


1)  Memoires  de  l'Academie  Imp.  de  S.  Petersbourg  T.  XIII. 

2)  Leuckart,  die  menschlichen  Parasiten  Bd.  II.  Lief.  I. 
S.  93.  E.  V.  Ben e den  (Recherches  etc.  S.  102)  nimmt  die  innere 
opake  Masse  des  Embryos  als  Nahrungsdotter  an;  dies  scheint  mir 
durchaus  nicht  bewiesen  zu  sein. 


144  Salensky: 

Embryologie  der  Sagltta  ^)  stellen  ohne  Zweifel  fest, 
dass  bei  diesena  Wurme  ein  üastrulastadium  in  der  Em- 
bryologie angenommen   werden  kann. 

Die  Angabe  Haeckel's  es  komme  bei  den  Bryo- 
zoen  ein  Gastrulastadium  vor,  stimmen  mit  den  be- 
kannten Untersuchungen  nicht  überein.  Aus  den  Unter- 
suchungen von  Nitsche  2),  Claparedc  3)  und  Mecz- 
nikoff  ist  bekannt  geworden,  dass  wenigstens  bei  den 
Bicellarien,  Bugula,  keine  Magenhöhle  in  der  Larve  ge- 
bildet wird.  Ueber  die  embryonale  Entwicklung  der 
Cyphonautesähnlichen  Larven,  welche  bekanntlich  einen 
Darmkanal  besitzen,  haben  wir  keine  Angaben.  In  der 
postembryonalen  Entwickelungsgeschichte  der  Bryozoen, 
welche  überhaupt  besser  erforscht  ist,  als  die  embryonale, 
findet  man  auch  keinen  Zustand,  welcher  mit  dem  Ga- 
strulazustand  irgend  eine  Aehnlichkeit  hätte.  Bekannt- 
lich bildet  sich  hier  der  Darmkanal  (Polypid)  in  einer 
von  den  übrigen  Thieren  sehr  abweichenden  Weise    aus. 

Aus  der  Classe  der  Gephyreen,  wenn  man  Pho- 
ronis  zu  denselben  rechnet,  ist  bei  diesem  Wurme  ein 
Gastrulastadium  vorhanden. 

Die  Angabe  Haeckel's,  dass  auch  Euaxes  in 
seiner  Ontogenie  eie  Gastrulastadium  durchlaufe,  ist  ent- 
schieden nicht  richtig.  Die  ausgezeichneten  Unter- 
suchungen von  Kowalevsky,  auf  welche  Haeckel  sich 
bezieht,  beweisen  es  am  besten.  Aus  der  Embryologie 
der  Oligochaeten  erfährt  man  auch,  dass  Fälle  vorkommen 
können,  wo  in  einer  ^nd  derselben  Thiergruppe  ein 
Thier  ein  entschiedenes  Gastrulastadium  in  seiner  Onto- 
genie durchläuft,  ein  anderes  nicht.  Diese  Thatsache 
beweist  schon  zu  Genüge,  dass  man  bei  der  Begründung 
der  Gastraea-Theorie  durchaus  nicht  nur  mit  einigen  Re- 
präsentanten der  Thiertypen  sich  begnügen  konnte.  Die 
beiden  Oligochaeten,  welche  Kowalevsky  zum  Gegen- 


1)  Embryologische  Stadien    an  Würmern  und  Arthropoden  in 
Mem.  de  l'Aead.  Imp.  de  St.  Petersb.  T.  XYI. 

2)  Zeitschr.  f.  wiss.  zool.  Bd.  XX. 

3)  ebendas.  Bd.  XXI. 


Bermerkuiigen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  145 

stand  seiner  Untersuchungen  gewählt  hat,  Euaxes  und 
Lurabricus  (die  Ontogenie  des  Tubifcx  ist  gleich  der 
des  Euaxes)  zeigen  sehr  wesentliche  Unterschiede  in 
ihren  ersten  embryonalen  Stadien.  Bei  Euaxes  geschieht 
die  Furchung  in  der  Weise,  wie  es  für  einige  Würmer 
und  Mollusken  sehr  characteristisch  ist.  Nach  der  ersten 
Zelltheilung  bilden  sich  4  grosse  Furchungskugeln,  auf 
denen  bald  ein  Haufen  von  kleineren  zum  Vorschein 
kommt.  Die  ersteren  bilden  später  den  Darmdrüsen- 
keim (Entoderm),  die  letzteren  das  Hautblatt.  Zwischen 
diesen  beiden  Anlagen  der  Keimblätter  entsteht  sogleich 
eine  dritte  Zellenlage,  welche  das  mittlere  Keimblatt 
bildet.  Daraus  ergiebt  sich,  dass  beim  Euaxes  kein  Sta- 
dium vorkommt,  welches  mit  der  Gastraea  irgend  eine 
Aehnlichkeit  hätte  und  dass  dasselbe  sogar  nicht  vor- 
kommen kann,  weil  die  Gastrula  nur  aus  zwei  Schichten 
bestehen  soll.  Hier  aber  sind  schon  vor  dem  Ende  des 
Furchungsprocesses  alle  drei  Keimblätter  angelegt.  Beim 
Lumbricus  aber,  der  dem  Euaxes  systematisch  sehr  nahe 
steht,  kommt  ein  Gastrulastadium  vor. 

In  der  Ontogenie  der  Chaetopoden  scheint  ein 
Gastrulastadium  gar  nicht  aufzutreten.  Aus  den  Unter- 
suchungen von  Claparede  und  Meczniko.ff  ^)  ergiebt 
sich,  dass  nach  der  Furchung  des  Chaetopodeneies  sich 
ein,  aus  zwei  Keimblättern  bestehender,  Embryo  bildet, 
welcher  bald  die  Wirapergürtel,  oder  Wimperbüschel 
etc.  bekommt  und  dann,  ohne  die  Magenhöhle  zu  be- 
sitzen,- das  Ei  verlässt.  Darauf  bilden  sich  am  Embryo 
die  Augen,  difierenziien  sich  die  Körpersegmente  und 
schliesslich  entsteht  die  Magenhöhle  mit  der  Mund-  und 
AfteröfFnung.  Das  letztere  geschieht  also  nach  der  Zeit, 
wenn  schon  der  Embryo  seine  Larvenorgane  längst  be- 
sitzt. (Spio  fuliginosus,  Lumbriconereis  sp.  ?  Dasychone 
lucullana.) 

Ich  brauche  kaum  zu  erwähnen,   dass  Ascidien  in 


1)  Claparede  und  Mecznikoff,  Beiträge  zur  Erkenntniss 
der  Entwickelungsgeschiehte  der  Chaetopoden  in  Zeitschr.  f.  wiss. 
Zool.  Bd.  XIX.  S.  169,  182  und  197. 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  l.Bd.  10 


146  Salensky: 

ihrer  Ontogenie  ein  Gastrulastadmm  durchlaufen.  Es  ist 
durch  wohlbekannte  Untersuchungen  von  Kowalevsky 
vollständig  bewiesen.  Nach  dieser  Betrachtung  des 
Stammes  der  Würmer  können  wir  das  Gastrulastadium 
mit  Gewissheit  nur  bei  8agitta,  Phoronis,  Lumbricus, 
Ascidia  und  Nemertinen  auffinden.  Bei  den  anderen 
Würmern  ist  die  Existenz  des  Gastrulastadiums  durch 
embryologische  LFntersuchungen  durchaus  nicht  bewiesen. 
Wir  haben  gesehen,  dass  in  der  Ontogenie  der  meisten 
Tiematoden,  wahrscheinlich  der  meisten  Nematoden, 
ßryozoen,  des  Euaxes  und  der  Chaetopoden  es  nicht  auf- 
tritt. Vielleicht  könnte  man  zu  den  Würmern,  welche 
das  Gastrulastadium  durchlaufen  noch  den  Blutegel  zählen 
(Leuckart,  Die  menschlichen  Parasiten,  Bd.  T.  S.  689). 
Bevor  wir  zu  den  anderen  Thier-Typen  übergehen, 
müssen  wir  zuerst  eine  wichtige  Erscheinung  berück- 
sichtigen, welche  für  die  richtige  Beurtheilung  der  fac- 
tischen  Beweismittel  eine  grosse  Bedeutung  hat.  Es 
ist  nämlich  der  Entstehungsweise  der  Mundöffnung  und 
des  Vorderdarms  zu  erwähnen,  bei  welcher  Erscheinungen 
hervortreten,  welche  zu  der  Annahme  eines  Gastrula- 
stadiums in  solchen  Fällen  führen  könnten,  in  welchen 
dasselbe  in  der  That  nicht  existirt.  In  der  Ontogenie 
aller  Thiere  (ausgenommen  der  Spongien,  einiger  Coe- 
lenteraten  und  Würmer)  entsteht  die  Mundöffnung  als 
eine  Einstülpung  des  oberen  Keimblattes  und  zwar  zu- 
erst in  Form  eines  hinten  geschlossenen  Röhrchens, 
welches  sich  nur  sehr  spät  (in  manchen  wenn  nicht  in 
allen  Fällen  nach  der  Bildung  des  Afters)  in  die  später 
sich  bildende  Darmhöhle  öffnet.  Ich  erwähne  dies  nur 
darum,  weil  diese  Mundeinstülpung  in  einigen  Fällen 
mit  der  Einstülpung  des  oberen  Keimblattes  des  Am- 
phioxus,  der  Ascidien  und  anderer  Thiere  verwechselt 
werden  kann,  welche  zur  Bildung  der  Magenhöhle  führt. 
Beide  Vorgänge  sind  aber  wesentlich  verschieden.  Die 
Einstülpung  bei  dem  Amphioxus  und  anderen  ist  ein 
Vorgang,  mit  dem  beide  Keimblätter  eine  bestimmte 
Form  und  Lage  bekommen  und  die  Darmhöhle  gebildet 
wird;    zur  Zeit  derjenigen  Einstülpung  dagegen,    welche 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  147 

zur  Bildung  des  Vorderdarms  und  der  Mundöffnung 
führt,  haben  die  beiden  Keimblätter  ihre  Form  und  Lage 
schon  längst  bekommen;  durch  diese  letztere  Einstülpung 
bildet  sich  nur  der  Vorderdarm,  resp.  Oesophagus,  Kau- 
magen etc.  Allerdings  hat  Ha  eck  ei  diesen  Umstand  be- 
rücksichtigt, indem  er  sagt,  dass  die  Mundöffnungen  der 
Vertebraten,  der  Arthropoden,  der  Echinodermen  (man 
kann  dazu  auch  die  Mollusken  zählen)  eigenthümliche 
Neubildungen  und  sicher  nicht  dem  ürmund  homolog 
seien.  Die  Verwechselung  scheint  mir  aber  von  Ray 
Lancaster  ^)  gemacht,  indem  er  bei  Gelegenheit  der 
Besprechung  der  Entwickelungsgeschichte  der  Nudi- 
branchiaten  sagt:  „and  ils  (the  invagination  or  in  pushing 
of  cells  at  one  pole,  just  as  Kowalevsky  has  drawn  it 
in  Amphioxus  and  Phalusia)  occurence  in  a  similar  stage 
in  certain  marine  Lamellibranchs  is  char  from  Loven's 
admiralle  figures,  though  he  has  mistaken  its  significance.^' 
Nach  den  Angaben  von  Loven  und  nach  den  Abbil- 
dungen zu  seinen  Untersuchungen  sieht  man  gleich,  dass 
bei  den  von  ihm  untersuchten  Lameilibranchiaten  durch 
Einstülpung  die  Mundöffnung  und  der  Vorderdarm  sich 
bilden,  und  also  diese  Einstülpungen  mit  jenen,  welche 
von  Kowalevsky  beschrieben  wurden,  nicht  verglichen 
werden  können.  Um  die  Verhältnisse  klar  zu  machen, 
gebe  ich  Fig.  1,  2  und  3  (Taf.  V)  die  Abbildungen  von  drei  in 
dieser  Beziehung  characteristischen  Entwickelungsstadien 
der  Auster. 

Was  die  Echinodermen  anbetrifft,  so  muss  man 
aus  den  schönen  Untersuchungen  von  A  gassiz  2),  Mecz- 
nikoff 3)  und  Kowalevsky  ^)  den  Schluss  ziehen, 
dass  das  Gastrulastadium  in  der  Entwickelungsgeschichte 
dieser  Thiere  sehr  verbreitet  ist. 

„Im  Stamme  der  xYrthropoden  ist  die  Gastrula 
zwar  nirgends  in  der  ursprünglichen   reinen  Form  mehr 


1)  Annais  and  Magaz.  of  nat.  Hist.  Febr.  1873. 

2)  Contributions  to  the  nat.  Hist.  etc.  Bd.  V. 

3)  Memoires  de  l'Acad.  Imp.  de  St.  Petersb.  T.  XIII. 

4)  ebendas.  T.  XI. 


148  Salensky: 

vollständig  conservirt;  allein  es  ist  sehr  leicht,  die  frühe- 
sten Entwickelungsformen  des  Nauplius  (als  der  geraein- 
samen Crustaceen-Stamraform)  und  vieler  anderen  Tra- 
cheaten  auf  die  Gastrula  zu  reduciren.^  ^)  In  dieser  Be- 
ziehung verweist  Haeckel  auf  die  ontogenetischen  Ar- 
beiten von  E.  van  Beneden  und  Bessels  und  auf 
die  Arbeiten  von  Weissmann.  Die  Vergleichung 
der  früheren  Entwickelungsstadien  des  Nauplius  mit  den 
Annelidenlarven  ist  von  E.  van  Beneden  in  seinen 
Untersuchungen  über  die  Entwickelung  der  Anchorella, 
Lernaeopoda,  Branchiella  und  Hessia  ausgeführt.  Leider 
konnte  ich  mir  diese  Arbeit  nicht  verschaffen;  sie  ist  mir 
nur  aus  den  Berichten  von  Nitsche  bekannt.  Aus  den 
cmbrjologischen  Thatsachen,  welche  in  Bezug  auf  die 
Entwickelungsgeschichte  der  Arthropoden  mir  bekannt 
sind  und  mit  diesen  auch  die  Angaben  von  E.  van  Be- 
neden über  die  Entwickelung  der  oben  genannten 
Krebse,  zeigen  die  Existenz  des  Gastrulastadiums  in  der 
Ontogenie  dieser  Thiere  nicht  an.  Die  Entwickelungs- 
vorgänge  der  niederen  Crustaceen,  so  wie  überhaupt 
der  Arthropoden  stimmen  mit  derjenigen  der  Aneliden 
darin  überein,  dass  das  erste  Stadium  nach  dem  Ende 
des  Furchungsprocess  bei  den  Repräsentanten  dieser  beiden 
Thiertjpen  einen  Körper  darstellt,  welcher  aus  zwei 
Schichten  besteht,  aber  im  Innern  keine  Höhle  besitzt. 
Die  darauf  folgenden  Erscheinungen  bestehen  darin,  dass 
bei  den  Anneliden  so  wie  bei  den  Crustaceen  auf  der 
Oberfläche  eines  so  gebauten  Embryo  die  Bewegungsor- 
gane auftreten;  bei  den  ersteren  die  Wimperreifen,  bei 
den  letzteren  die  Gliedmassen.  Dann  stülpt  sich  der 
Mund  und  After  ein  und  schliesslich  bildet  sich  die 
Darmhöhle.  Wir  haben  dieselbe  Reihe  der  Entwicke- 
lungserscheinungen  bei  den  Chaetopoden  gesehen.  Genau 
dieselbe  Reihe  ist  bei  den  verschiedenen  Arthropoden 
constatirt,  was  namentlich  durch  die  Untersuchungen 
bewiesen  werden  kann,  welche  auf  die  Bildungsgeschichte 
der    inneren  Organe   etwas   näher   eingehen.      In   Bezug 


1)  Haeckel  loc,  cit. 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  149 

auf  den  Naupllus  ist  es  aus  den  Untersuchungen  von  E. 
van  Beneden  und  Bessels  ^)  und  namentlich  aus  den 
Abbildungen  zu  der  Entwickelungsgeschichte  der  Ancho- 
rella  uncinata  und  Clivella  hypoglossi,  auch  aus  meinen  -) 
Untersuchungen  über  die  Entwickelung  der  Sphaeronella 
Leuckarti  bevriesen.  In  Bezug  auf  die  höheren  Krebse 
kann  es  ebenfalls  durch  die  Untersuchungen  von  E.  van 
Beneden  und  Bessels  (ebendas.  Gammarus  locusta, 
wo  ein  Stadium  auf  Taf.  IL  Fig.  6  im  Beginne  der  Bil- 
dung des  Schwanzes  abgebildet  ist),  von  A.  Dohrn  ^) 
(Asellus  aquaticus)  von  Mecznikoff  ^)  (Nebalia);  von  B  o- 
bretzky  ^)  (Astacus  fluviatilis,  Palaemon)  als  bewiesen  an- 
gesehen werden. 

„Im  Stamme  der  Mollusken  scheint  die  Gastrula 
namentlich  in  den  Classcn  der  Muscheln  und  Schnecken 
sehr  verbreitet  zu  sein,  wahrscheinlich  auch  bei  den 
Spirobranchien;  unter  den  Schnecken  ist  sie  zuerst  bei 
Limnaeus  beobachtet  worden. ^^)  Als  Beweis  dieses  Satzes 
beruft  sich  Haeckel  auf  die  Abhandlung  von  E.  Ray 
Lankaster  (Annais  and  Mag.  nat.  bist.  February  1873, 
S.  86  und  87).  Was  die  Beobachtungen  von  Ray  Lan- 
kaster an  Aplysia  betrifft,  welche  am  ausführlichsten 
beschrieben  sind,  so  kann  man  dort  nicht  ein  Gastrula- 
stadium  sehen,  indem  nach  den  Angaben  dieses  Forschers 
dort  sehr  früh  die  äusseren  Organe  auftreten  (Mantel, 
u.  s.  w.)  und  es  ist  nicht  angedeutet,  wann  die  Magenhöhle 
auftritt.  Was  aber  die  anderen  Mollusken:  Doris,  Tethys, 
Pleurobranchus,  Polycera  quadrilineata  und  Eolis  exigua 
anbetrifft,  welche  von  Ray  Lankaster  auch  mit  einigen 
Worten  berührt  sind,  so  muss  man  gestehen,  dass  diese 
wenigen  Worte;  „l  was  able  to  determine  in  these  that 
the  first  step    in  developpment   of  the    mass  of    embryo- 

1)  Momoires  couronnees  de  l'Acad.  royale  de  Belgique  T.  XXYI. 

2)  Archiv  für  Naturgeschichte   1869. 

3j  Zeitschr.  für  wiss.  Zoologie.  Bd.  XVII. 

4)  Zanucku  Hunepamopckon  Akademin  Hayky  1869. 

5)  Zanucku  Kiebckaro  Oduzecmba  Ecmecni  boucu  bimame  ceu 


1873. 


6)  Haeckel  Gastraea-Theorie. 


150  Salensky: 

cells  or  ^polyblast"  is  the  invaglnation  or  in-pushing  of 
these  cells  at  one  pole,  just  as  Kowalevskj  Las  drawn  it 
in  Amphioxus  and  Phallusla,  and  as  seen  also  in  the 
Heteropod  mollusk  Atlanta^  sehr  wenig  beweiskräftig  sind. 
Diese  Angaben  sind  weder  durch  Abbildungen,  noch 
durch  eine  ausführliche  Beschreibung  des  Beobachteten 
bestätigt.  Ich  bin  sehr  weit  davon  entfernt,  die  Richtig- 
keit der  Ray  Lankaster'schen  Angaben  zu  bezweifeln ; 
ich  kann  es  schon  deshalb  nicht,  weil  wir  jetzt  mehrere 
Fälle  kennen,  wo  bei  systematisch  nahe  stehenden  Thieren 
bei  einigen  die  Einstülpung  (auch  das  Gastrulastadium) 
vorkommt,  bei  anderen  nicht  (z.  B.  Euaxes  und  Lumbricus). 
Aber  sie  sind  für  mich  zu  wenig  beweiskräftig,  als  dass 
man  darauf  die  Anwesenheit  des  Gastrulazustandes  bei 
den  Mollusken  stützen  könnte.  Es  ist  um  so  nothwendiger, 
solche  Beobachtungen  ausführlicher  auseinander  zu  setzen, 
als  in  Bezug  auf  die  Entwickelungsgeschichte  der  Mol- 
lusken eine  Masse  von  Angaben  existirt,  die  einander 
sehr  widersprechend  sind.  In  Bezug  auf  die  Lamelli- 
branchiaten  sind  die  Angaben  von  verschiedenen  For- 
schern ziemlich  übereinstimmend.  Den  grössten  Theil 
der  Beobachtungen  verdanken  wir  den  ausgezeichneten, 
obgleich  schon  alten,  Untersuchungen  Loven's,  welche 
das  ausführlichste  Bild  der  Entwickelung  mehrer  See- 
muscheln darstellen.  Aus  diesen  Beobachtungen  und 
aus  den  beigefügten  Abbildungen  sehen  wir,  dass  das 
erste  Stadium  der  Entwickelung  ein  Embryo  ist,  welcher 
aus  zwei  Schichten  besteht  und  im  Inneren  keine  Höhle 
trägt ;  dass  sich  dann  verschiedene  äussere  Organe  und 
eine  Mundeinstülpung  bilden  und  schliesslich  im  Inneren 
des  Entoderms  eine  Darmhöhle  entsteht.  Die  Erschei- 
nungen sind  sehr  übereinstimmend  mit  dem,  was  wir 
schon  mehrmals  bei  anderen  Thieren  zu  erwähnen  Ge- 
legenheit hatten.  Sie  sind  durch  die  drei  vorne  gegebenen 
Holzschnitte,  welche  drei  characteristische  Entwickelungs- 
momente  der  Auster  darstellen,  erläutert. 

Was  aber  die  Cephalophoren  anbetrifft,  so  stimmt 
der  grösste  Theil  der  Beobachtungen  über  diese  Ciasso 
der  Mollusken    darin    überein,    dass    nach    der    Klüftung 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  151 

sich  das  Ei  dieser  Tbicre  in  einen  Körper  verwandelt, 
der  aus  zwei  differenten  Elementen  besteht,  nämlich  aus 
grobkörnigen,  welche  im  Inneren  des  Embryos  liegen, 
und  aus  blasseren,  welche  die  ersteren  umgeben.  Solche 
Entwickelungsstadien  sind  durch  die  ausführlichsten  und 
ausgezeichneten  Beobachtungen  von  Gegenbaur^)  bei 
den  Pteropoden  (Tiedemannia  und  Cavolinia)  und  Hetero- 
poden  (Pterotracbea  coronata)  nachgewiesen;  dieselben 
Verhältnisse  stellt  die  Entoconcha  mirabilis  nach  J.  Mül- 
ler 2)  dar  und  ähnlich  ist  aucb  die  Entwickelung  des 
Dentalium  nach  Lacaze-D  u thiers  ^).  Ich  ^)  selbst 
habe  denselben  zuerst  nach  der  Furchung  auftretenden 
Planulazustand  bei  den  Prosobrachiern  (Caljptraea,  Nassa 
und  Trochus)  beschrieben.  Bei  allen  genannten  Thieren 
gehen  auch  die  darauf  folgenden  Erscheinungen  in  einer 
ziemlich  übereinstimmenden  Weise  vor  sich.  Zuerst  bilden 
sich  die  Bewegungsorgane,  dann  bildet  sich  der  Fuss, 
stülpt  sich  der  Mund  und  Oesophagus  ein,  und  scbliess- 
lich  bildet  sich  der  Darm. 

Etwas  abweichend  von  diesen  Mollusken  entwickeln 
sich:  Ampullaria  (nach  Semp  er),  Ancylus  (nachStepa- 
noff),  Limnaeus  (nach  Lerebouillet).  Wenn  man 
die  Angaben  dieser  letztgenannten  Forscher  vergleicht, 
so  kommt  man  zu  der  Ueberzeugung,  dass  der  Gastrula- 
zustand  nur  in  der  Ontogenie  von  Limnaeus  nach  der 
Beobachtungen  von  Lerebouille  t  ^)  vorkommt.  Diesen 
Beobachtungen  stehen  aber  aus  der  neuesten  Zeit  die 
schönen  (leider  aber  ohne  Abbildungen  mitgetlieilten) 
Beobachtungen     von    Ganin*^)    gegenüber.      Aus   diesen 


1)  Untersuchungen  über  die  Pteropoden  und  Heteropoden. 

2)  Ueber  Synapter  digitata  und  über  die  Erzeug,  der  Schneik. 
in  Holothurien. 

3)  Eine  Reihe   von  Abhandlungen  in  Ann.  des  sc.  nat.  1854— 
1857. 

4)  Zeitschr.  für  wiss.  Zoologie  Bd.  XXII. 

5)  Recberches  sur  le  developpement  de  la  traite,  du  lezard  et 
de  la  limnee. 

6)  Warschauer  Universitäts-Nachrichten;   auch  Nitsche's  Be- 
richte 1872. 


152  Salensky: 

letzteren  folgt,  dass  die  Einstülpung  des  Limnacns  nicht 
derjenigen  des  Ampliioxns,  Ascidien  etc.  entspricht,  son- 
dern vielmehr  der  Einstülpung  von  Calyptraea-Embryonen, 
welche  bei  Calyptraea  die  Anlagen  der  Vela,  des  Fusses 
und  der  Kopfblase  von  einander  trennt,  homolog  ist. 
Am  Boden  dieser  Einstülpung  bildet  sich  hier,  ebenfalls 
wie  bei  Colyptraea  die  Oesophagealeinstülpung. 

Bei  den  Cephalopoden  kann  gewiss  keine  Rede 
von  einem  Gastrulazustand  sein. 

Im  Stamme  der  Vertebraten  kommt  ein  Gastrulazu- 
stand nur  beim  Amphioxus  lanceoiatus  vor. 

Aus  diesem  kurzen  Ueberbllcke  lässt  sich  schliessen, 
dass  die  Verbreitung  des  Gastrulazustandes  in  der  Onto- 
genie  der  Thiere  sich  beschränkt  auf  folgende  Thiere; 
auf  die  Coelenteraten  (ausgenommen  die  Ctenophoren), 
Echinoderracn,  wahrscheinlich  einige  Nemertinen,  Lum- 
bricus,  Öagitta,  Ascidien,  vielleicht  einige  Mollusken  (?) 
und  Amphioxus  lanceoiatus. 

2.  Die    Bedeutung  des  Gast rulastadi ums. 

Nachdem  wir  im  vorhergehenden  Abschnitte  gezeigt 
haben,  dass  das  Gastrulastadlum  in  der  Ontogenie  der 
Thiere  nicht  so  allgemein  verbreitet  ist,  wie  es  Haeckel 
behauptet,  haben  wir  schon  zum  Theil  den  Beweis  ge- 
liefert, dass  seine  Bedeutung  in  der  Ontogenie  nicht  so 
gross  ist,  wie  das  Haeckel  anglebt.  Doch  kann  gegen 
diese  x\ufFassung  der  an  sich  ganz  richtige  Einwurf  ge- 
macht werden,  dass,  obgleich  die  Gastrula  nicht  so  all- 
gemeine Verbreitung  zeigt,  sie  dennoch  eine  bedeutende 
Rolle  als  Stammform  für  die  Erklärung  der  phylogene- 
tischen Verhältnisse  der  Thiere  spielen  kann.  Das  Ga- 
strulastadlum könnte  bei  einigen  Thiören  übersprungen 
sein,  oder  durch  einige  secundäre  ontogenetische  Er- 
scheinungen verdunkelt  sein.  Wir  müssteu  dann  dies 
Ueberspringen  des  Gastrula-Stadium  aus  irgend  einer 
weiteren  embryonalen  Erscheinung  ersehen.  Das  Nau- 
pliusstadium,  welches  als  Stammform  der  Crustaceen  mit 
vollem  Rechte    angenommen    werden    kann,    können   wir 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  153 

bei  den  verschiedensten  Ordnungen  dieser  Classe  sehen, 
wir  können  bei  den  verschiedensten  Repräsentanten  dieser 
Ordnungen  die  weiteren  Veränderungen,  die  Fortschritte 
und  Rückschritte  der  Entwickelung  mit  grösster  Bestimmt- 
heit aus  diesem  Stadium  ableiten.  Solche  Forderungen 
müssen  wir  auch  an  das  Gastrulastadium  stellen,  wenn 
wir  die  Gastraea  als  Stammform  der  Metazoen  annehmen 
wollen.  Wir  müssten  also  sein  Vorkommen  bei  mehreren 
Thieren  finden  und  in  der  Entwickelung  der  Thiere  die 
Geschichte  von  stufenmässigcn  Veränderungen  aus  dieser 
Stammform  lesen  können.  Jedoch  können  wir  dies  in 
Wirklichkeit  nicht.  Wir  kennen  keinen  einzigen  Fall, 
wo  bei  der  Abwesenheit  des  Gastrulastadiums  doch  die 
späteren  embryonalen  Erscheinungen  durch  dieses  er- 
klärt werden  können;  wir  kennen  auch  keine  Fälle,  wo 
der  primitive  Darm  (ürdarm)  durch  einen  spätem  er- 
setzt würde.  Im  Gegentheil,  wir  sehen  immer  dass  in 
denjenigen  Fällen,  wo  das  Gastrulastadium  vorkommt, 
dieser  Urdarm  in  den  bleibenden  Darm  übergeht  und 
der  Urmund  als  beständiger  Mund  bei  diesen  Formen 
(ausser  der  Sagitta)  bleibt.  Warum  sollen  wir  diese 
Darmhöhle  als  primitiven  Darm,  oder  ürdarm  bezeichnen, 
wenn  wir  in  keinem  Falle  einen  secundärcn  Darm  sehen 
können?  In  den  Fällen  aber  wo  wir  kein  Gastrulasta- 
dium auffinden  können,  z.  ß.  bei  den  Arthropoden,  Mol- 
lusken, den  meisten  Würmern  etc.,  sehen  wir  die  Ent- 
stehung des  Darmes  in  einem  viel  späteren  Stadium,  wo 
bereits  mehrere  Keimblätter  existiren,  wo  der  Embryo 
schon  die  für  seinen  Typus  charakteristischen  Organe 
oder  die  Anlagen  für  dieselben  besitzt.  Warum  sollen 
wir  in  diesen  letzteren  Fällen  das  Gastrulastadium  an- 
nehmen, wenn  wir  keine  Spuren  von  einem  solchen  ent- 
decken können?  Das  könnte  unserem  Verständnisse  der 
Entw^ickelungsvorgänge  nur  dann  helfen,  wenn  wir  diese 
Fälle  von  späterer  Darmhöhlenbildung  durch  eine  Reihe 
von  Uebergängen  aus  dem  Stadium  ableiten  könnten, 
welches  einen  Urdarm  besässe  und  zwei  Keimblätter 
hätte,  resp.  von  der  Gastrula.  Wir  können  aber  diese 
stufenweise    Differenzirung    nur    bei    den  Thieren    vor- 


154  Salensky: 

folgen,  welche  einen  wirklichen  Gastrulazustand  durch- 
laufen (z.  B.  Amphioxus,  Ascidien  etc.).  Bei  den  meisten 
anderen  können  wir  nicht  die  embryonalen  Vorgänge  mit 
der  Gastrula  in  Zusammenhang  bringen,  wir  können 
sie  nicht  als  abhängig  von  der  Gastraea  betrachten  (bei 
mehreren  Würmern,  Mollusken,  Arthropoden  und  den 
meisten  Vertebraten).  Das  zeigt  schon,  dass  das  Gastrula- 
stadium  nur  einigen  Thiercn  eigen  ist,  bei  den  anderen 
gar  nicht  vorkommt;  und  diese  anderen  Thiere  durch- 
laufen ihre  embryonale  Entwicklung,  ihre  spätere  Diffe- 
renzirung  des  Darmes  in  etwas  anderer  Weise,  als  jene. 
Kann  eine  solche  Form  als  Stammform  aller  Metazoen 
betrachtet  werden?  Wenigstens  haben  wir  für  den  Be- 
weis dieser  Behauptung  keine  Thatsachen. 

Aus  theoretischen  Gründen  können  wir  das  Gastrula- 
stadium  als  allgemein  verbreitet  nicht  erwarten;  erstens 
darum,  weil  die  Darmhöhle  bei  verschiedenen  Thieren 
in  verschiedener  Zeit  ihrer  Entwickelung  zur  Ausbildung 
kommt;  dieser  Darm  ist  aber  derselbe,  wie  der  Darm 
derjenigen  Thiere,  welche  ein  Gastrulastadium  haben, 
und  der  ist  doch  nicht  an  ein  bestimmtes  Stadium  resp. 
an  bestimmte  zeitweilige  Organisationsverhältnisse  des 
Embryos  (wie  z.  B.  die  Existenz  zweier  primären  Keim- 
blätter) geknüpft.  Zweitens  können  wir  das  Gastrula- 
stadium deshalb  nicht  als  allgemein  verbreitet  erwarten, 
weil  es  Thiere  giebt,  welche  niemals  zur  Ausbildung  der 
Darmhöhle  kommen.  Ich  meine  nicht  die  Parasiten, 
welche  in  Folge  der  regressiven  Metamorphose  ihren 
Darm  verloren  haben,  obgleich  dieser  Verlust  auch  nicht 
bei  allen  Parasiten  als  ontogenetisch  bewiesen  betrachtet 
werden  darf,  z.  B.  bei  den  Cestoden.  Ich  meine  die 
darmlosen  Turbellarien,  welche  unter  denselben  äusseren 
Bedingungen  leben,  wie  die  Rhabdocoelen  und  Dendro- 
coelen,  welche  sich  in  derselben  Weise  bewegen,  wie 
jene  und  keinen  Darm  besitzen.  Uli  an  in  hat  sie  mit 
vollem  Rechte  als  Acoela  von  den  anderen  abgetrennt  ^). 


1)  Convoluta,    Schizoprora,   Nadina   u.  a.  Siehe:  0.  Schmidt 
Untersuchungen  über  Turbellarien  von  Corfu  und  Cephalonia  (Zeit- 


BemerkuDgen  über  Hatckers  Gastraea-Theorie.  155 

Anstatt  des  Darmes  haben  diese  Turbellarien  eine  Sar- 
codenähnliche  Körpermasse,  in  welche  verschiedene  kleine 
Organismen  als  Nahrung  gelangen  und  in  derselben 
Weise  wie  bei  den  Infusorien  verdaut  werden.  Sie  haben 
also  eine  Mundöffnung  und  die  Darmanlage,  entbehren 
aber  die  Magenhöhle.  Wir  haben  keine  Gründe  die  Ab- 
wesenheit der  Darmhöhle  bei  diesen  Thieren  für  eine 
Folge  der  regressiven  Metamorphose  zu  erklären  ^). 
Diese  beiden  Umstände:  1.  die  Organisationsverschieden- 
heit der  Embryonen  verschiedener  Thiere  zur  Zeit  der 
Bildung  der  Darmhöhle  und  2.  die  Darmlosigkeit  einiger 
Turbellarien  zeigen  schon  zu  Genüge,  dass  wir  nicht  im 
Stande  sind,  von  der  Gastrula  die  embryonalen  Vorgänge 
abzuleiten  und  folglich  die  Gastraea  als  Stammform  für 
die  phylogenetische  Entwickelung  der  Metazoen  anzu- 
nehmen. Sie  zeigen,  dass  die  Thiere  die  Darmanlage 
besitzen  können,  ohne  zur  Bildung  der  Darm-  und  Magen- 
höhle zu  gelangen.  Daraus  folgt,  dass  wir  überhaupt 
kaum  einen  Grund  haben,  in  der  Stammform  aller  Meta- 
zoen die  Magenhöhle  zu  vermuthen. 


sehr.  f.  wiss.  Zoologie  Bd.  XI);  Claparede,  Beobachtungen  über 
Anatomie  und  Entw.  wirbelloser  Thiere,  und  besonders  Ulianin, 
Turbellarien  des  Schwarzen  Meeres  (russisch). 

2)  Man  könnte  mir  den  Einwurf  machen,  dass  die  regressive 
Metamorphose  durchaus  nicht  immer  vom  Parasitismus  abhängt, 
dass  es  Thiere  giebt,  welche  ein  freies  Leben  führen  und  doch  eine 
regreosive  Metamorphose  durchlaufen,  z.  B.  die  Männchen  der  Ro- 
tatorien.  Die  gewöhnlich  als  rückschreitend  angenommene  Meta- 
morphose der  Rotatorienmännchen  ist  aber  nur  die  Verhinderung 
der  Entwickelung  und  besteht  darin,  dass  die  Entwickelung  dieser 
Thiere  auf  einem  gewissen  Stadium  zurückbleibt,  auf  dem  nämlich, 
wo  sie  keine  Darmhöhle,  sondern  nur  die  Anlagen  für  den  Darm 
besitzen.  Bei  den  Weibchen  bildet  sich  in  dieser  Anlage  eine  Höhle, 
die  Darmhöhle,  bei  den  Männchen  nicht.  Diese  Art  der  Entwicke- 
lung bietet  wesentliche  Unterschiede  gegen  die  rückschreitende  Me- 
tamorphose dar,  bei  welcher  letzteren  die  Thiere  zuerst  eine  höhere 
Organisation  zeigen  und  später  sie  verlieren.  (Yergl.  meine  Bei- 
träge zur  Entwickelung  des  Brachionus  urceolaris  in  Zeitschr.  für 
wiss.  Zoologie  Bd.  XXII.) 


156  Salensky: 

Dasselbe  gilt  auch  in  Bezug  auf  die  beiden  primären 
Keimblätter,  welche  das  zweite  wichtige  Merkmal  des 
Gastrulastadiums  darstellen.  Soll  das  mittlere  Keimblatt 
nur  sich  erst  dann  entwickeln,  wenn  die  beiden  primären 
Keimblätter:  Exoderm  und  Entoderm,  wenn  nicht  eine 
Gastrulaform  zusammen  bilden,  so  doch  wenigstens  schon 
vollkommen  gebildet  sind?  Durchaus  nicht.  Man  könnte 
nur  sagen,  dass  das  Mitteiblatt  etwas  später  entsteht,  als 
die  beiden  anderen  Keimblätter,  aber  es  entsteht  in  der 
Mehrzahl  der  Fälle  viel  früher  als  die  Magenhöhle  ge- 
bildet wird,  es  kann  sogar  entstehen  zu  der  Zeit,  wo  der 
Furchungsprocess  noch  nicht  vollkommen  beendigt  ist. 
Die  Furchung  kann  nach  dieser  Differenzirung  der  ersten 
Furchungszellen  in  allen  drei  Zellenlagen  weiter  gehen. 
Solche  Fälle  kennen  wir  mit  grösster  Gewissheit  aus 
solchen  Untersuchungen,  die  mit  voller  Exacthcit  ausge- 
führt sind.  Einen  solchen  Fall  kennen  wir  beim  Euaxes 
nach  den  Untersuchungen  von  Kowalevsky  ^).  Aehn- 
lich  verhält  sich  auch  der  Scorpion  nach  den  Unter- 
suchungen von  Meczniko  ff  2). 

Wollen  wir  die  verschiedenen  ontogenetischen  Er- 
scheinungen zusammenfassen,  aus  den  Beobachtungen  die 
Folgerungen  über  die  Entwickelungsprocesse  ziehen  und 
dieselben  als  Basis  für  unsere  folgenden  Beobachtungen 
hinstellen,  so  müssen  wir  zuerst  die  wichtigsten,  allen 
Thieren  in  der  Entwickelungsgeschichte  ihrer  Organisa- 
tion gemeinsamen  Erscheinungen  auswählen  und  sie  von 
den  secundären,  später  und  in  verschiedener  Weise  auf- 
tretenden Erscheinungen  unterscheiden.  Die  Entwicke- 
lungsprocesse aller  Thiere  stellen  eine  stufenweise  Diffe- 
renzirung der  zuerst  sich  bildenden  Zellen  dar,  welche 
in  mehreren  Fällen  schon  zur  Zeit  der  Furchung  beginnt. 
Durch  den  Furchungsprocess  bilden  sich  entweder  gleiche, 
oder  verschiedene  Zellen.  Die  Unterschiede  zwischen 
den  Furchungszellen  können  bei  einigen  Thieren  schon 
zur    Zeit    der    Zweitheilung    der    Eizelle    auftreten,    bei 


1)  Memoires  de  l'Acad.  Imp.  de  St.  Petersbourg.  T.  XVI. 

2)  Zeitschr.  für  wiss.  Zoologie  Bd.  XXI. 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  157 

anderen  Thieren  erst  viel  später.  Dies  zeigt,  dass  der 
Beginn  der  Differenzinmg,  zu  verschiedener  Zeit  der 
Entwickelnng  bei  verschiedenen  Thieren  auftritt.  Die 
darauf  folgenden  Erscheinungen  halten  aber  bei  ver- 
schiedenen Thieren  eine  bestimmte  gleiche  Richtung  ein, 
welche  darin  besteht,  dass  die  heterogenen  Zellen  sich 
in  zwei  oder  drei  Schichten  zusammenlagern.  In  diesen 
Schichten  sind  die  Zellen  einander  gleich.  Am  Ende 
dieser  ersten  DIfFerenzIrung  kann  eine  bestimmte  Körper- 
form des  Embryo  entstehen;  aus  der  Vergleichung  dieser 
Formen  bei  verschiedenen  Thieren  ziehen  wir  den  Schluss, 
ob  diese  Form  allen  Thieren  gemein  ist  oder  nicht.  Ist 
sie  gemein,  so  hat  es  ein  grosses  Gewicht  für  unsere 
allgemeinen  Anschauungen.  Können  wir  aus  dieser  all- 
gemeinen Form  die  späteren  Differenzirungserschcinungen 
bei  den  verschiedenen  Thieren  ableiten,  so  hat  diese  Form 
einen  grossen  phylogenetischen  Werth,  weil  diese  Ver- 
schiedenheit uns  den  Weg  der  verschiedenen  Abwei- 
chungen von  einer  gemeinsamen  Grundform  zeigt.  Wollen 
wir  in  der  Betrachtung  der  ontogenetischen  Erscheinungen 
ganz  consequent  sein,  so  müssen  wir  diese  wichtigsten 
Erscheinungen  allein  in  Betracht  ziehen,  ohne  ihnen 
andere  später  vorkommende  Organe  beizumischen.  We- 
sentlich für  alle  Organismen  sind  die  DlÖerenzirungen 
der  Keimblätter  darum,  weil  sie  bei  allen  Thieren  zuerst 
erscheinen  und  einen  Grund  für  weitere  Organisations- 
entwickelung  legen. 

Allgemeine  Ucbersicht    der     ersten    embryo- 
logischen   Vorgänge    der   Thiere. 

Um  sich  über  die  allgemeinen  embryologischen  Vor- 
gänge zu  Orientiren,  müssen  wir  von  den  ersten  Vor- 
gängen des  Furchungsprocesses  anfangen.  Leider  ist 
dies  schwierig.  Die  Embryologie  der  Thiere  und  be- 
sonders die  Embryologie  der  Wirbellosen  ist  erst  seit 
kurzer  Zeit  Gegenstand  der  eifrigsten  Forschung  gewor- 
den. Seit  zehn  Jahren  haben  wir  in  diesem  Gebiete  der 
Wissenschaft  ein  so  grosses  Material  von  Thatsachen 
kennen   gelernt,    und    dieses  Material   ist  so  zerstreut  in 


158  Salensky: 

verschiedenen  naturwissenschaftlichen  Zeitschriften,  dass 
ein  genügendes  Zusammenbringen  Alles  dessen,  was  über 
die  Entwickelungsgeschichte  seit  dieser  Zeit  pnblicirt 
worden  ist,  mit  grossen  Schwierigkeiten  verbunden  ist. 
Und  selbst  wenn  man  diese  Schwierigkeiten  überwältigt, 
hat  man  mit  widersprechenden  Angaben  von  verschiede- 
nen Forschern  zu  thun,  so  dass  es  beinahe  unmöglich 
ist,  die  allgemeinen  Schlussfolgerungen  aus  dem  vorhan- 
denen Materiale  zu  ziehen. 

Fangen  wir  zuerst  unsere  Betrachtung  des  Fur- 
chungsprocesses  und  der  Bildung  der  Keimblätter  mit 
solchen  Formen  an,  in  welchen  der  Differenzirungspro- 
cess  am  frühesten  eintritt.  Solche  Fälle  kommen  bei  den 
Rotatorien  vor,  wo  nach  der  ersten  Zweitheilung  der  Ei- 
zelle schon  die  DifFerenzirung  der  beiden  Keimblätter; 
des  animalen  und  vegetativen,  angedeutet  ist.  An  diesen 
ersten  zwei  Furchungszellen  geht  die  Furchung  bei  jedem 
in  sehr  verschiedener  Weise  vor  sich.  Die  kleinere 
Zelle  theilt  sich  immerwährend  weiter  fort  und  über- 
zieht schliesslich  mit  ihren  Abkömmlingen  die  grössere 
Zelle,  welche  später  auch  in  mehrere  Zellen  zerfällt. 
Wir  bekommen  die  Endfoim  der  Differenzirung  in  zwei 
Keimblätter,  welche  Form  mit  der  Planula  eine  voll- 
kommene Aehnlichkeit  hat.  Die  Fälle  der  DifFerenzirung 
in  einem  etwas  späteren  Stadium,  nachdem  die  Furchung 
in  vier  gleichartige  Furchungszellen  fortgeschritten  ist, 
kennen  wir  in  viel  grösserer  Zahl.  Dieselben  kommen 
vor,  wie  es  scheint  ziemlich  gewöhnlich.  Bei  den  Mol- 
lusken (bei  den  Opisthobranchien ,  Prosobranchien,  La- 
mellibranchien  u.  s.  w.),  bei  den  Würmern:  Turbellarien 
(Kef  erst  ein.  Knapp  ert),  bei  einigen  Anneliden  (Eu- 
axes  und  mehreren  von  Claparede  und  Mecznikoff 
beobachteten  Anneliden),  bei  mehreren  Krebsen,  wo  aber 
zwischen  den  verschiedenen  Gattungen  und  selbst  Arten 
sehr  verschiedene  Furchungsarten  beobachtet  werden 
können.  (Mecznikoff  Embr.  Studien  an  Insecten,  Ent- 
wickel.  der  Nebalia  (russisch),  vanBeneden  und  B  e  s  s  e  l  s 
loc.  cit).  Diese  spätere  Differenzirung  hat  dasselbe  Re- 
sultat wie  bei   den  Rotatorien;   die  kleineren  Zellen  um- 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  159 

wachsen  die  grösseren  fettreicheren.  Es  entsteht  als  Re- 
sultat der  Eifurchung  ein  zwei-  oder  dreischichtiger  (wie 
bei  Euaxes)  solider,  meistens  ovoider  oder  kugelförmiger 
Körper,  der  ebenfalls  als  Planula  bezeichnet  werden  kann, 
obgleich  er  von  der  echten  zweischichtigen  Planula  der 
Coelenteraten  durch  die  Anwesenheit  der  drei  Keimes- 
blätter in  manchen  Fällen  sich  unterscheidet. 

Dieser  Process  der  DifFerenzirung  der  Keimsblätter 
kann  in  mehreren  Fällen  in  viel  späterer  Zeit  eintreten, 
nach  Beendigung  der  Furchung.  Die  Furchungszellen 
bilden  sich  in  den  meisten  solchen  Fällen  regelmässig 
aus ;  es  kommen  2,  4,  8,  16  u.  s.  w.  Zellen,  die  in  solcher 
Regelmässigkeit  sich  weiter  theilen;  es  geht  mit  einem 
Worte  eine  regelmässige  Furchung  voraus,  nach  welcher 
eine  solide,  aus  gleichartigen  Zellen  bestehende  Kugel 
entsteht.  Für  dieses  Stadium  können  wir  den  Ausdruck 
„Morula"  behalten,  mit  welchem  Haeckel  das  sogenannte 
Maulbeerstadium  der  Furchung  bezeichnet.  Die  Morula 
kann  sich  v/eiterhin  in  verschiedener  Weise  difFerenziren. 
Sie  kann  schon  den  Embryo  selbst  bilden,  indem  sie  mit 
einer  cuticularen  Haut  und  Wimpern  sich  bedeckt  und 
als  Larve  ausschlüpft,  wie  es  z.  B.  bei  den  digeneen  Tre- 
matoden  ^)  (Amphistomum  subclavatum  und  and.)  nach  den 
Beobachtungen  von  E.  van  Beneden  der  Fall  ist.  Die 
Larve  dieser  Thiere  besteht  aus  gleichartigen  Zellen  und 
ist  nach  Aussen  von  einer  Wimperhaut  bedeckt.  Die 
Larve  der  Trematoden  kann  wahrscheinlich  sich  weiter 
differenziren  und  sogar  eine  Magenhöhle  bekommen. 
Die  Cestoden  durchlaufen  das  Morula-Stadium  im  Ei. 
Bevor  der  Embryo  aus  dem  Eie  ausschlüpft,  tritt  an  dem- 
selben die  DifFerenzirung  seiner  Zellen  ein.  Diese  Dif- 
ferenzirung  unterscheidet  sich  durch  ihre  Folgen  von 
der  DiflPerenzirung    der    Keimblätter,    obgleich    die    Vor- 


1)  Eigentlich  ist  schon  hier  eine  Differenzirung  eingetreten, 
indem  die  peripherischen  Zellen  die  Cilien  haben,  die  centralen  nicht. 
Doch  ist  diese  Differenziriing  von  der  der  Cestoden  und  anderer 
Thiere  wesentlich  verschieden  und  führt  nicht  zur  Bildung  der 
Keimblätter.  * 


160  Salenskj^: 

gänge  in  beiden  Fällen  gleich  sind.  In  Folge  der  Diflfe- 
renzirung  entsteht  ein  ans  zwei  Schichten  (einer  centralen 
und  peripherischen)  bestehender  Körper.  Diese  beide 
Schichten  durchlaufen  aber  ihre  weitere  Ausbildung  in 
etwas  anderer  Weise,  als  bei  den  analogen  Differenzi- 
rungsprocessen  der  anderen  Thiere.  Die  peripherische 
Schicht  verwandelt  sich  bei  den  Cestoden  in  eine  Wim- 
perhülle (oder  deren  Homologon),  die  centrale  in  einen 
sechshakigen  Embryo.  Durch  die  Untersuchungen  von 
E.  van  Beneden  gewinnt  man  den  Anhaltspunkt  für 
die  Vergleichuug  der  Entwickelangsgeschichte  der  Tae- 
nien  mit  derjenigen  der  Bothriocephaliden.  Dieser 
Forscher  hat  gezeigt,  dass  nachdem  das  Ei  der  Cestoden 
(Taenien  so  wie  Bothriocephalen)  einen  Morulazustand 
(Manlbeerform)  durchlaufen  hat,  es  sich  in  zwei  Schichten 
differenzirt  :  eine  peripherische  und  eine  centrale  ^). 
(Solche  Vorgänge  bei  den  Bothriocephaliden  wurden 
schon  früher  beobachtet  von  Kö  11  ick  er,  Mecznikoff 
und  Knoch.)  Diese  beiden  Schichten  bilden  sich  darauf 
in  verschiedener  W^eise  aus:  aus  der  äusseren  wird  bei 
Bothriocephaliden  die  Embryonalhülle  gebildet  (bei  den 
Taenien  verschwindet  sie  gänzlich),  die  innere  bildet 
sich  in  einen  sogen,  sechshakigen  Embryo  aus,  welcher 
nur  aus  homogenen  Zellen   bestehen   soll. 

Wir  können  gewiss  den  Zustand  der  Taenien  und 
der  Bothriocephaliden-Embryonen,  in  welchem  sie  einen 
zweischichtigen  Körper  darstellen  (also  vor  der  Ausbil- 
dung des  Embryos  und  der  Embryonalhaut)  mit  einer 
Planula  vergleichen. 

Bei  den  anderen  Thieren,  welche  den  Morulazustand 
durchlaufen,  geht  die  Differenzirung  der  Keimblätter  in 
ganz  analoger  Weise,  wie  in  den  oben  erwähnten  Fällen 
vor  sich  (einige  Copepoden,  einige  (jrammariden,  wahr- 
scheinlich die  Ctenophoren,  die  Coelenteraten  (Hydroid- 
polypen  und  Schwämme).  Nach  der  Furchung  theilen 
sich  die  gleichartigen  Zellen  in    zwei  Schichten,    welche 


1)  Recherches  etc.  in  Memoires  conronnes  de  l'Academie  Im- 


periale de  Belgique.  T.  XXVI. 


Bemerkungen  über  HaeckeFs  Gastraea-Theorie.  161 

zwei  Keimblätter  darstellen  und  weiter  sich  zu  den  Or- 
ganen ausbilden.  Leider  ist  bei  den  Untersuchungen  über 
die  Entwickelung  mancher  von  diesen  Thiereh  die  Frage 
über  die  Bildung  der  Keimblätter  sehr  wenig  berück- 
sichtigt. Es  scheint  mir,  dass  in  manchen  Fällen  das 
Entoderra  für  den  Nahrungsdotter  erklärt  worden  ist. 
Bevor  aber  die  Bildung  des  Darmepithels  bei  den  niede- 
ren Crustaceen  nicht  weiter  erforscht  ist,  kann  man  mit 
vollem  Rechte,  nach  der  Analogie  mit  den  Entwickelungs- 
vorgängen  bei  den  besser  untersuchten  Thieren,  vermuthen, 
dass  die  centralen  fettreichen  Kugeln  der  Crustaceen-Em- 
bryonen  wirklich  das  Entoderm  und  nicht  den  Nahrungsdot- 
ter bilden.  Dass  man  in  manchen  Fällen  in  diesem  Theile 
keine  Zellen  sieht,  kommt  von  dessen  Undurchsichtigkeit. 
Beim  Astacus  fluviatilis  sind  die  peripherischen  Theile 
der  Entodermzcllen,  aus  denen  das  Darmepithel  gebildet 
wird,  auch  sehr  schwer  zu  beobachten,  und  werden  nur 
dann  ganz  deutlich,  wenn  man  sie  mit  Carmin  oder  einem 
anderen  Tinctionsmittel  färbt.  Jedenfalls  bekommen  wir 
als  Resultat  der  Diffcrenzirung  auch  in  diesem  Falle  die- 
selbe zeitweilige  Körperform,  welche  aus  zwei  Schichten 
besteht  und  im  Inneren  keine  Hohle  beträgt,  das  ist : 
die  Planula. 

In  einigen  Fällen,  wo  wir  entschieden  denselben 
Process  vor  Augen  haben,  kann  derselbe  durch  einige 
Nebenerscheinungen  etwas  verdunkelt  werden.  In  den 
meisten  Fällen  ist  diese  Fälschung  durch  das  Vorkommen 
des  Nahruugsdotters  bedingt,  welcher  im  Eie  in  grösserer 
oder  geringerer  Menge  angehäuft  wird.  Solche  Fälle 
sind  z.  B.  bei  den  Cephalopoden,  bei  den  Reptilien  und 
Vögeln  und  auch  bei  den  Fischen  vorhanden.  Dort 
liegt  an  einem  Pole  des  Eies  diö  Eizelle,  welche  sich 
furcht.  Die  Furchung  kann  mit  der  regelmässigen  Fur- 
chung verglichen  werden,  indem  die  Zellen,  welche 
durch  die  Furchung  entstanden  sind,  zuerst  gleichartig 
sind  und  später  von  einander  differiren.  Erst  in  späterer 
Zeit  tritt  in  diesem  Zellenhaufen  die  Diffcrenzirung  der 
Keimblätter  ein,  welche  letzteren  in  einer  von  echter 
Planulaform    abweichenden  Weise   zu  einander    gelagert 

Archiv  für  Naturg-.  XXXX.  Jahrg.   1.  Bd.  11 


16Ö  Salensky: 

sind,  aber  den  Keimblättern  der  Planula  vollkommen 
homolog  bleiben.  In  ähnlicher  Weise  scheinen  diese 
Vorgänge  auch  beim  Scorpion  vorzukommen. 

Es  können  aber  die  Fälle  vorkommen,  wo  nach  der 
Furchung  nicht  gleich  eine  Planulaform  entsteht.  Die  mei- 
sten von  diesen  Fällen  sind  seit  kurzer  Zeit  durch  die  Unter- 
suchungen von  Kowalevsky  und  Mecznikoff  bei 
den  Ascidien,  Amphioxus,  Nemertinen  etc.  bekannt  ge- 
worden. Bei  diesen  Thieren  durchläuft  das  Ei  eine  sog. 
regelmässige  Furchung  und  bildet  sich  zum  Schluss  der- 
selben in  eine  von  gleichartigen  Zellen  umschlossene 
Blase  aus,  welche  wir  zum  Unterschiede  von  der  Planula 
als  Blastula  bezeichnen  können.  Die  Unterschiede 
zwischen  Planula  und  Blastula  bestehen  darin,  dass  die 
erstere  schon  zwei  Keimblätter  besitzt,  die  letztere  die- 
selben noch  bilden  muss.  Wie  die  Planulaform  bei  den 
Coelenteraten  aus  dem  Ei  herauskommt  und  ins  freie 
Leben  sich  begiebt,  so  kann  auch  die  Blastula  ins  Freie 
kommen  und  als  Larve  im  Wasser  frei  umherschwimmen, 
wie  es  z.  B.  bei  den  Nemertinen  der  Fall  ist  (Meczni- 
koff, Memoires  de  l'Acad.  Imp.  de  St.  Petersbourg 
T.  XIII.)  In  solchem  Larven-  oder  Entwickelungsstadium 
kann  weder  vom  Exoderm,  noch  vom  Entoderm  die  Rede 
sein.  Die  beiden  Blätter  sind  noch  gar  nicht  differen- 
zirt;  diese  Difi'erenzirung  tritt  etwas  später  auf,  und  führt 
zu  einer  Form,  die  von  der  Planulaform  etwas  verschie- 
den ist.  Diese  Blastulaform  kann  in  einigen  Fällen  vor 
der  Diiferenzirung  in  beide  Keimblätter  eine  Verdickung 
an  einer  Stelle  ihrer  Oberfläche  bilden,  auf  der  sich  die 
darauf  auftretende  Differenzirung  beschränkt,  wie  es  z.  ß. 
bei  den  Säugethieren  der  Fall  zu  sein  scheint.  Gewöhn- 
lich tritt  die  Differenzirung  in  der  Blastula  dadurch  auf, 
dass  einige  ihrer  Zellen  von  den  anderen  durch  irgend 
ein  Kennzeichen  sich  zu  unterscheiden  beginnen. 

Beginnen  wir  unsere  Betrachtung  mit  den  Vor- 
gängen, welche  bei  der  Ascidienblastula  die  Differen- 
zirung andeuten;  dieselben  sind  am  besten  untersucht. 
Die    erste   Veränderung     in    der  Blastula    besteht    darin, 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  163 

dass  dieselbe  sich  auf  einer  Seite  abflacht  ^).  Aus  den 
Abbildungen  von  Kowalevsky  ersieht  man,  dass  die 
beiden  Keimblätter  auf  diesem  Stadium  (s.  Kowalevsky 
loc.  cit.  Fig.  5,  auch  Täf.  V.  Fig.  4)  schon  differen- 
zirt  sind.  In  derselben  Weise  tritt  die  Differenzirung 
beim  Lumbricus  auf,  wo  auch  dieselbe  Abilachung  der 
Blastula  zuerst  zum  Vorschein  kommt.  Ich  muss  diese 
erste  Form  der  Differenzirung  der  Keimblätter  darum 
besonders  hervorheben,  weil  man  in  den  meisten  Fällen 
die  Differenzirung  der  Keimblätter  bei  den  genannten 
Thieren  mit  der  darauf  folgenden  Einstülpung  verwech- 
selt; die  letztere  ist  aber  eine  secundäre  Erscheinung,  wie 
wir  es  weiter  sehen  werden.  Das  Stadium,  in  welchem 
die  erste  Differenzirung  der  Keimblätter  auftritt,  ist  des- 
wegen von  grosser  Wichtigkeit,  weil  dasselbe  zur  Ver- 
gleichung  mit  den  entsprechenden  Stadien  anderer  Thiere 
dienen  kann,  welche  auch  einen  Blastulazustand  in  ihrer 
Ontogenie  durchlaufen.  Durch  die  aufgetretene  Differen- 
zirung wird  die  Blastula  der  Planula  gleichwerthig  sein. 
Um  diesen  Zustand  von  der  eigentlichen  Blastula,  welche 
nur  aus  gleichartigen  Zellen  besteht,  zu  unterscheiden, 
kann  man  ihn  Diblastula  (s.  Taf.  V.  Fig.  4)  nennen. 
Derselbe  Differenzirungsprocess  scheint  auch  bei 
den  Insecten  sehr  gemein  zu  sein ;  nur  ist  er  hier  durch 
die  Anwesenheit  des  Nahrungsdotters  etwas  gefälscht. 
W^enn  man  aber  an  die  Hauptmerkmale  des  jetzt  ausein- 
andergesetzten Falles,  nämlich  1)  an  das  Vorkommen 
einer  einschichtigen  Blase  und  2)  an  die  Differenzirungs- 
art  der  Keimblätter  sich  hält,  so  könnten  auch  die  ersten 
Vorgänge  der  Insectenentwickelung  in  analoger  Weise 
erklärt  werden.  Die  letzteren  sind  seit  Zaddach, 
Weissmann  und  Mecznikow  bekannt  geworden.  Die 
Differenzirung  der  Keimblätter  bei  den  Insecten  ist  genau 
von  Kowalevsky  untersucht.  Kowalevsky  ist  aber 
in  seinen  Untersuchungen  zu  der  Ueberzeugung  gekommen, 
dass  das  untere  Keimblatt   der  Insecten  eine   eigenthüm- 


1)  Kowalevsky,     Weitere    Studien   über    die  Entwickelung 
der  einfachen  Ascidien  in  Arch.  f.  mikrosk.  Anat.  Bd.  7  S.  105. 


164  Salensky: 

liehe  Bildung  darstellt  und  nicht  mit  demselben  der 
*  Wirbelthiere  verglichen  werden  kann.  Er  vergleicht  das 
später  sich  bildende  Rückenrohr  des  Hvdrophilus  und 
der  Phryganiden  mit  dem  Darmdrüscnblatte  der  Wirbel- 
thiere. Ich  kann  diese  Ansicht  durchaus  nicht  theilen. 
Mir  scheinen  die  Vorgänge  der  Keimblätterbildung  bei 
den  Ascidien  mit  denen  des  Hydrophilus  so  überein- 
stimmend zu  sein,  dass  ich  wenigstens  kein  Hinderniss 
finden  kann,  um  das  untere  Keimblatt  des  Hydrophilus 
mit  dem  der  Ascidien  (und  also  auch  des  Amphioxus)  für 
homolog  zu  halten.  Wir  haben  gesehen,  dass  bei  den 
Ascidien  die  Difierenzirung  des  unteren  Keimblattes  da- 
durch zu  Stande  kommt,  dass  einige  Zellen  der  Blastula 
(die  Zellen  des  Entoderms)  von  den  anderen  (den  Zellen 
des  Exoderms)  sich  zu  unterscheiden  beginnen.  Nach  den 
Untersuchungen  von  Kowalevsky  beginnt  diese  Diffe- 
renzirung  beim  Hydrophylus  in  vollkommen  gleicher 
Weise.  Um  sich  in  der  Homologie  dieser  beiden  Bil- 
dungen leichter  zu  orientiren,  füge  ich  zwei  Abbildungen 
aus  den  Abhandlungen  von  Kowalevsky  bei  (Fig.  4  u.  5) 

Bei  den  Ascidien  entsteht  zuerst  aus  den  Furchungs- 
zellen  eine  Blase,  welche  aus  gleichartigen  Zellen  be- 
steht; bei  den  Insecten  entsteht  ebenfalls  dieselbe  Blase> 
die  nur  dadurch  von  der  ersten  sich  unterscheidet,  dass 
sie  mit  dem  Dotter  erfüllt  ist.  Bei  den  Ascidien  kommt 
die  Differenzirung  der  Keimblätter  dadurch  ^ju  Stande, 
dass  einige  Zellen  dieser  Blase  von  den  anderen  sich  zu 
unterscheiden  beginnen  und  somit  die  Anlage  des  unteren 
Keimblattes  darstellen ;  beim  Hydrophilus  tritt  genau  der- 
selbe Vorgang  bei  der  Bildung  der  Keimblätter  auf. 
Bei  den  Ascidien  bildet  sich  aus  dem  unteren  Keimblatte 
das  Darmdrüsenblatt  und  das  mittlere  Keimblatt;  bei 
dem  Hydrophilus  tritt  dieselbe  Differenzirung  im  unteren 
Keimblatte  auf. 

Die  beiden  Formen,  in  denen  der  Differenzirungs- 
process  der  Keimblätter  eintritt:  1)  die  Planula,  wo  die 
beiden  Keimblätter  bereits  differenzirt  sind,  und  2)  die 
Blastula,  wo  sich  eine  indifferente,  später  sich  differen- 
zirende  Zellenlage    bildet,    scheinen    eine    in    die   andere 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  165 

überzugehen.  Solche  Uebergänge  werden  hoffentlich  spä- 
ter in  grösserer  Zahl  bekannt;  als  Beispiel  könnte  jetzt  die 
Entwickelung  der  Campanularien  (aus  den  Eiern  von  Eu- 
cope  polystjla)  ^)  dienen.  Die  Eier  dieser  Meduse  durch- 
laufen einen  regelmässigen  Furchungsprocess,  welcher 
zur  Ausbildung  eines  Blastulastadiums  führt.  Diese  letz- 
tere Form  geht  dann  später  in  die  Planula  über  in  der 
Weise,  dass  im  Inneren  der  Blastula  sich  die  Zellen  des 
unteren  Keimblattes  (Entoderms)  bilden,  welche  sich 
immer  mehr  und  mehr  anhäufen,  bis  sie  endlich  die  Höhle 
der  Blastula  vollkommen  ausfüllen.  Durch  diese  Ent- 
wickeluugsart  entsteht  aus  der  Blastula  eine  Form,  die 
aus  zwei  Keimblättern  besteht  und  im  Inneren  keine  Höhle, 
besitzt  d.  h.  eine  Planulaform.  Einen  solchen  Ueber- 
gang  in  die  Planulaform  zeigt  auch  während  seiner  Ent- 
wickelung Palaemon;  bei  diesem  bildet  sich  jedoch  eine 
Einstülpung,  bevor  die  Umwandlung  geschieht.  Das  Sta- 
dium mit  der  Einstülpung  kann  grosse  Aehulichkeit  mit 
dem  Gastrulastadium  haben;  es  unterscheidet  sich  aber 
von  diesem  letzteren  sehr  wesentlich  dadurch,  dass  der 
eingestülpte  Theil  bei  Palaemon  nicht  das  Entoderm 
bildet,  wie  es  bei  anderen  echten  Gastrulaformen  der 
Fall  ist,  sondern  immer  Exoderm  bleibt. 

Diese  eben  hervorgehobenen  Uebergänge  können  die 
Wechselbeziehung  der  Planula  und  der  Blastula  gewisser- 
massen  erklären.  Am  häufigsten  tritt  in  der  Ontogenie 
der  Thiere  die  Planulaform  auf  und  deswegen  kann  sie 
als  Grundform  betrachtet  werden.  Die  Fälle,  wo  die 
Blastula  in  die  Planula  übergeht,  scheinen  diese  Behaup- 
tung nochmals  zu  bestärken.  Die  anderen  Fälle,  wo,  wie 
z.  B.  bei  Amphioxus,  Ascidia  etc.,  eine  Gastrula  aus  Blas- 
tula entsteht,  sind  schon  durch  das  Blastulastadium  mit 
dem  Fall  der  Eucope  verbunden  und  unterscheiden  sich 
von  dem  letzteren  Fall  dadurch,  dass  sie  sehr  bald  zur 
Entwickelung  des  Darmes  führen;  hier  wird  also  die 
Planulaform,    welche    bekanntlich    keinen   Darm    besitzt, 


1)  Kowalewsky   Beobachtungen  über   die  Entwickelungsge- 
schichte  der  Coelenteraten  (russisch). 


166  Salensky: 

überschlagen.  Die  Entstehung  der  Gastrula  aus  der  Blas- 
tulaform  kann  als  eine  Verkürzung  der  Entwickelung  be- 
trachtet werden.  — 

Wir  haben  bis  jetzt  die  Differenzirungsvorgänge  der 
Keimblätter  betrachtet  und  haben  gesehen,  dass  diese 
auf  zwei  Formen  zurückgeführt  werden  können,  auf  die 
Planula  und  Diblastula.  Von  nun  an  treten  bei  den  ver- 
schiedenen Thieren  weitere  Vorgänge  in  verschiedener 
Weise  auf,  deren  Betrachtung  uns  helfen  kann,  um  in 
Bezug  auf  die  Bedeutung  des  Gastrulastadiums  in  der 
Ontogenie  der  Thiere  eine  Vorstellung  zu  gewinnen. 

Fangen  wir  unsere  Betrachtung  mit  den  Thieren 
an,  welche  in  ihrer  Entwickelungsgeschichte  ein  Planula- 
Stadium  in  reiner  Form  durchlaufen  resp.  in  früherer 
Zeit  ihrer  Entwickelung  einen  Körper  darstellen,  welcher 
aus  zwei  oder  drei  Keimblättern  besteht  und  im  Inneren 
keine  Höhle  trägt.  In  solcher  Form  verlassen  die  Em- 
bryonen der  Coelenteraten  ihre  Elhüllen  und  sind  in 
diesem  Zustande  unter  diesem  Namen  schon  längst  be- 
kannt. 

Die  Entwickelung  der  Gastrula  aus  der  Planula  ist 
bei  den  Schwämmen  vonHaeckel  am  genauesten  unter- 
sucht und  in  seiner  Monographie  ausführlich  beschrieben. 
Die  Erscheinungen  bei  diesem  Processe  bestehen  darin, 
dass  im  Entoderm  der  Planula  sich  zuerst  eine  Höhle 
bildet;  diesen  Zustand  hat  Haeckel  mit  dem  Namen 
„Planogastrula^^  bezeichnet.  In  dieser  Höhle  bricht  dann 
der  Mund  von  aussen  hinein,  womit  die  Verwandlung 
der  Planogastrula  in  die  Gastrula  vermittelt  wird.  Bei 
den  Hydroidpolypen  ist  diese  Umwandlung  schon  längst 
bekannt.  Durch  die  Umwandlung  der  Planula  in  die 
Gastrula  sind  schon  die  hauptsächlichsten  Vorgänge  der 
Bildung  des  Körpers  der  Coelenteraten  geschehen.  Der 
Leib  dieser  Thiere  (Hydroidpolypen,  Schwämme  u.  s.  w.) 
besteht  während  des  ganzen  Lebens  aus  diesen  beiden 
Schichten,  welche  die  Höhle  umschliessen;  nur  bilden  sich 
später  die  Organe,  welche  die  verschiedenen  Gruppen 
der  Coelenteraten  von  einander  unterscheiden:  Tentakel, 
Poren,  Skelettheile  u=  s.  w.  aus. 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  167 

Vermuthlich  werden  auch  bei  den  Turbellarien 
solche  einfache  Vorgänge  bei  der  Bildung  der  Magen- 
höhle vor  sich  gehen;  indessen  da  über  ihre  Entwicke- 
lung  sehr  wenig  bekannt  ist,  können  wir  dies  nicht  be- 
haupten. Nach  den  Angaben  von  Kef  erst  ein  soll  die 
Magenwand  dieser  Thiere  durch  die  Differenzirung  der 
oberen  Zellenlage  (Exoderm)  entstehen.  Leider  ist  uns 
die  Entwickelungsgeschichte  der  darmlosen  Turbellarien 
(Oonvoluta,  Schizoprora  etc.)  nicht  bekannt.  Ihrer  Organi- 
sation nach  unterscheiden  sich  diese  letzteren  von  der 
Planula  nur  durch  das  Vorhandensein  des  Mundes.  Man 
kön-nte  daraus  vermuthen,  dass  die  Umwandlung  dieser 
Thiere  aus  der  Planula  nur  in  dem  Durchbrechen  der 
Mundöffnung  bestehe. 

Bei  allen  übrigen  Thiercn,  welche  die  Planulaform 
in  ihrer  Entwickelungsgeschichte  durchlaufen,  folgen  die 
Entwickelungserscheinungen  etwa  in  folgender  Ordnung: 
nach  dem  Pianulastadium  bilden  sich  die  Anlagen  von 
verschiedenen  äusseren  und  inneren  Organen,  welche  bei 
diesen  Thieren  als  typische  bleibende  oder  Larvenorgane 
erscheinen,  z.  B.  die  Gliedmassen,  die  Schale,  Velum,  u. 
s.  w. ;  dann  stülpt  sich  der  Vorderdarm  und  Anus  ein^ 
und  schliesslich  bildet  sich  im  Innern  des  vegetativen 
Blattes  die  Darmhöhle  aus.  Diese  Reihe  habe  ich  durch 
die  oben  angeführten  drei  Stadien  der  Entwickelung  der 
Auster  darzustellen  versucht.  In  Bezug  auf  die  Vorder- 
darmeinstülpung habe  ich  oben  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, dass  es  eine  secundäre  Erscheinung  ist,  welche 
mit  der  sogen.  Einstülpung  des  äusseren  Blattes  der  As- 
cidien,  Amphioxus  etc.,  also  mit  dem  Gastrulazustand 
dieser  Thiere  nicht  verglichen  werden  kann.  Der  Mittel- 
darm, welcher  der  Magenhöhle  der  Gastrula  (der  Coe- 
lenteraten)  entspricht,  bildet  sich  in  unseren  Fällen  nur 
dann  aus,  wenn  schon  die  typischen  Organe  gebildet  sind 
und  das  Mittelblatt  differenzirt  ist.  lieber  das  Vorhan- 
densein dieses  letzteren  kann  man  aus  den  Angaben 
schliessen,  welche  durch  sehr  gründliche  Untersuchungen 
erhalten  sind  (Euaxes,  Tubifex  etc.).  Es  bildet  sich  also 
in  diesen  Fällen  kein  Gastrulastadium. 


168  Salensky: 

Wenn  wir  die  Würmer  zuerst  in  Betracht  ziehen, 
so  haben  wir  das  Beispiel  dafür  in  dem  schon  mehrmals 
erwähnten  Euaxes.  Da  über  die  Bildung  der  Darrahöhle 
bei  diesem  Thiere  schon  oben  die  Rede  war,  so  werde 
ich  hier  nur  erwähnen,  dass  die  Einstülpvmgen  für  den 
Mund  und  After  (Vorderdarm  und  Hinterdarm)  hier  ziem- 
lich früh  entstehen.  Von  den  Chaetopoden  war  auch 
oben  die  Rede.  Wir  haben  gesehen,  dass  hier  ebenfalls 
am  frühesten  sich  die  Wimperreifen,  Wimperbüschel  etc. 
bilden,  dann  stülpt  sich  wahrscheinlich  der  Mund  ein  und 
schliesslich  entsteht  im  Inneren  eine  Magenhöhle  (s.  Cla- 
parede    et    Mecznikow    loc.    cit.). 

üeber  die  Mollusken  haben  wir  auch  oben  die.  An- 
gaben von  Loven,  Lacaze-Duthiers,  Gegenbaur 
und  die  meinigen  erwähnt.  Obgleich  wir  dort  gesehen 
haben,  dass  die  Angaben  von  verschiedenen  Beobachtern 
in  Bezug  auf  diesen  Thiertypus  von  einander  etwas  ab- 
weichen, und  dass  nach  einigen  der  Darm  aus  dem  En- 
toderm,  nach  den  anderen  aus  dem  Exoderm  entstehen 
soll ,  so  ist  doch  wahrscheinlich,  dass  für  die  meisten 
Thiere  dieses  Thiertypus  die  Reihenfolge  der  Entwicke- 
lungserscheinungen  übereinstimmt.  Wenn  die  Entwik- 
kelung  in  solcher  Weise  vor  sich  geht,  wie  ,bei  der 
Ostrea,  so  erscheint  zuerst  die  Schale,  Velum  und 
Mundeinstülpung,  dann  tiitt  erst  die  Darmhöhle  auf.  In 
derselben  Weise  geht  die  Entwiekelung  der  Pteropoden, 
Heteropoden  und  Prosobranchien  (Calyptraea,  Trochus, 
Vermetus,   Entoconcha  etc.)  vor  sich. 

Die  weiteren  Entwickelungserscheinungcn  der  Thiere, 
welche  das  Blastulastadium  im  Gange  ihrer  Onto- 
genie  durchlaufen,  können  auf  verschiedene  Weise  vor 
sich  gehen.  Wenn  wir  mit  dem  Embryonalzustande  der 
Ascidien  anfangen,  welcher  eine  abgeflachte  Blase  dar- 
stellt (Taf.  V.  Fig.  4)  und  in  welcher  die  Differenzirung  in 
zwei  Keimblätter  schon  geschehen  ist,  so  sehen  wir,  dass 
die  darauffolgenden  Erscheinungen  darin  bestehen,  dass 
der  ganze  Embryo  eine  tassenförmige  Gestalt  annimmt 
(Figur  5).  Diese  aus  zwei  Schichten  bestehende  Schale 
geht  später  in  das  Gastrulastadium    über  (wie  es  für  die 


Bemerkuugen  über  Haeckcrs  Gastraea-Theorie.  169 

Ascidien,  Amphloxus,  Lumbricus  etc.  bekannt  ist).  In 
Folge  dieser  Veränderungen  (der  Einstülpung)  entsteht 
die  Magenhöhle  der  Gastrula;  die  Magenwand  ist  aber 
früher,  bei    der  Abflachung,  diiFerenzirt  worden. 

Indem  in  den  letzt  besprochenen  Fällen  der  Em- 
bryo (Diblastiila)  in  die  Gastrulafoim  verwandelt  ist,  er- 
leidet die  entsprechende  Diblastulaform  der  Insekten  ganz 
andere  Veränderungen.  Bei  diesen  sinkt  das  Entoderm 
in  den  Nahrungsdotter  hinein  und  wird  allmählich  durch 
das  Exoderm  von  aussen  bedeckt.  Die  Divergenz  der  bei- 
den entsprechenden  Entwickelungsstadien :  der  Ascidien 
und  des  Hvdrophilus,  welche  beide  aus  einer  gemein- 
samen Diblastulaform  sich  ableiten  lassen,  wird  durch  die 
beiden  Figuren  6  und  7  auf  Taf.  V.  erläutet  ^). 

Diese  Unterschiede  in  der  Entwickeliing  führen 
schliesslich  zu  den  ganz  abweichenden  Verhältnissen  der 
späteren  embryonalen  Erscheinungen  dieser  beiden  Thicre. 
Indem  bei  der  Gastrula  (Ascidien)  die  Darmhöhle  schon 
angelegt  ist,  wird  sie  bei  den  Insecten  erst  später  sich 
bilden  und  zwar  in  ganz  verschiedener  Weise  als  in  der 
Gastrula. 

Es  ist  daraus  ersichtHch,  dass  die  Bildung  der  Ma- 
genhöhle in  diesen  beiden  Fällen  eine  secundäre  Erschei- 
nung ist,  welche  von  verschiedenem  späteren  Verhalten 
der  Exoderm-  und  Entodermschichtcn  bedingt  wird.  Die 
hauptsächlichste  Erscheinung  in  beiden  Fällen  ist  die 
Differenzirung  der  Keimblätter  aus  einer  indifferenten  Zel- 
lenlage, also  das  Stadium  der  Entwickelung,  welche  auf 
den  Fig.  4  u.  5  Taf.  V.  abgebildet  sind.  Sie  sind  hauptsäch- 
lich darum  von  grosser  Wichtigkeit,  weil  sie  die  ersten 
Vorgänge    darstellen,   welche   den  beiden  Formen  (Asci- 


1)  Die  Entwickelungstadien,  welche  zur  Zeit  der  Schliessung 
der  Rinne  beim  Hydrophilus  vorkommen  (s.  Kowalevsky  loc.  cit. 
Taf.  IX.  Fig.  21—25)  können  als  Gelegenheit  zur  Annahme  des  Ga- 
strulazustandes  bei  diesem  Thiere  dienen.  Mir  scheint  aber  diese 
Annahme  kaum  gerechtfertigt  zu  sein,  weil  derselbe  Process  bei 
Gastropacha  pini  (s.  Kowalevsky  Taf.  XII.  Fig.  1-6)  ohne  solchen 
Formenzustand  vor  sich  geht. 


170  Salensky: 

dien  etc.  und  Insecten)  gemein  sind,  und  von  welchen 
die  Divergenz  der  weiteren  Entwickelungsformen  auftritt. 
Wenn  wir  die  DifFerenzirung  der  Keimblätter  als 
Haupterscheinung  betrachten,  und  die  Bildung  der  Darm- 
höhle für  eine  secundäre  halten,  so  wird  es  klar,  dass 
die  Gastrulaform  mit  der  Magenhöhle  auch  in  diesen 
Fällen  rcsp.  bei  der  Entwickelung  aus  der  Blastula  als 
Grundform  nicht  angenommen  werden  kann. 


Aus  dieser  kurzen  Uebersicht  der  ersten  embryo- 
nalen Erscheinungen  bei  den  Thieren  folgt:. dass  das  Ga- 
strulastadium  aus  der  Planula  oder  Blastula  in  Folge  se- 
cundärer,  später  auftretender  Veränderungen  derselben 
entstehen  kann;  in  den  meisten  Fällen  entsteht  es  nicht. 
Nach  diesen  Bemerkungen  brauche  ich  kaum  zu  fragen: 
kann  eine  solche  nur  einigen  Thieren  eigene  Form  die 
Stammform  aller  Metazoen  darstellen,  vorausgesetzt  dass 
wir  bei  den  anderen  Thieren  die  Entwickelung  ganz  un- 
abhängig von  dieser  Form  vor  sich  gehen  sehen?  Der 
Grund  der  Unrichtigkeit  der  Gastraea-Theorie  besteht 
darin,  dass  in  der  Stammform  der  Gastraea  eine  secun- 
däre embryonale  Erscheinung  (die  Bildung  der  Magen- 
höhle) mit  den  primären  und  wichtigsten  (der  Bildung 
der  Keimblätter)  zusammengestellt  ist.  Die  Unrichtigkeit 
liegt  in  der  Voraussetzung,  dass  die  Gastrula  derjenige 
frühzeitige  Entwickelungszustand  ist,  „in  welchem  der 
embryonale  Thierkörper  die  denkbar  einfachste  Form 
der  Person  darstellt^  (S.  17  Gastraea-Theorie  etc.).  Wa- 
rum sollen  wir  als  einfachstes  Wesen  uns  ein  Thier  vor- 
stellen, welches  mit  einer  Magenhöhle  schon  versehen 
ist,  wenn  wir  doch  Metazoen  kennen,  welche  (die  darm- 
losen Turbellarien)  keine  Magenhöhle  besitzen?  Solche 
darmlosen  Metazoen  stellt  auch  die  Gastrula  dar,  bevor 
sie  die  Magenhöhle  bekommt  und  als  Planulaform  (bei 
den  Coelenteraten)  umherschwimmt.  Diese  Planula  hat 
Haeckel  zwischen  die  Thiere  gestellt,  welche  keine 
Keimblätter  haben,  zwischen  die  Protozoen  (s.  die  synop- 
tische Tabelle  in  der  ^Gastraea-Theorie").  Solche  Zu- 
sammenstellung kommt  mir  ganz  unverständlich  vor,  denn 


Bemerkungen  über  HaeckeFs  Gastraea-Theorie.  171 

Haeckel  selbst  sagt  in  seiner  Monographie  der  Kalk- 
schwämme, dass  in  diesem  Stadium  die  DifFerenzirung 
der  Keimblätter  schon  auftritt.  Das  beweist  die  Künst- 
lichkeit des  Begriffes  der  ,,Gastriila,"  dass  sie  als  „schei- 
dende Grenzmarke''  zwischen  den  Protozoen  und  Meta- 
zoen  stehen  soll.  Wenn  die  Plannia  der  Coelenteraten 
eine  Magenhöhle  und  einen  Mund  erhält,  so  verwandelt 
sie  sich  in  eine  Coelenterate  (Metazoon);  warum  sollte 
sie  doch  als  Planula  einen  Protozoon  darstellen,  wenn 
sie  die  beiden  Keimblätter  besitzt,  welche  die  Protozoen 
nicht  haben  und  die  erst  durch  den  Furchungsprocess 
entstanden  sind,  welchen  die  Infusorieneier  oder  Keime 
nicht  durchlaufen? 

In  der  oben  dargestellten  kurzen  Uebersicht  der 
ersten  embryonalen  Vorgänge  bei  den  Thieren  haben  wir 
gesehen,  dass  in  den  meisten  Fällen  die  beiden  Keim- 
blätter eine  Form  zusammenstellen,  welche  der  Planula- 
form  der  Coelenteraten  ähnlich  ist  und  nur  bei  einigen 
Thieren  von  dieser  Form  durch  weitergehende  Ditferen- 
zirung  des  mittleren  Keimblattes  sich  unterscheidet.  Die 
andere  Form,  von  welcher  die  Differenzirung  erst  beginnt 
und  welche  deswegen  nicht  mit  der  Planula  zu  ver- 
gleichen ist,  habe  ich  Blastula  genannt,  um  nur  mit 
diesem  Namen  denjenigen  Entwickelungszüstand  einiger 
Thiere  zu  bezeichnen,  von  welchem  ausgehend  die  Diffe- 
renzirung der  Keimblätter  in  etwas  abweichender  Form 
als  in  der  Planula  auftritt.  Wir  haben  diese  Form  bei 
verschiedenen  Thieren  getroffen  und  ihren  weiteren  Dif- 
ferenzirungsprocess  kurz  auseinandergesetzt.  Die  ein- 
fachste Differenzirung  besteht  darin,  dass  einige  Zellen 
der  Blastula  von  den  anderen  sich  zu  unterscheiden  be- 
ginnen. Damit  sind  schon  zwei  Keimblätter  angedeutet 
und  die  Organisationsstufe  erreicht,  welche  jener  der 
Planula  gleich  ist.  Die  beiden  Keimblätter  können 
weiter  in  verschiedener  Weise  sich  entwickeln:  entweder 
einen  Körper  darstellen,  welcher  die  Gastrula  ist  (wie 
bei  Amphioxus,  Ascidien  etc.),  oder  es  kann  das  innere 
Keimblatt  durch  das  äussere  bedeckt  werden,  wodurch 
keine  Gastrulaform  entsteht  {wie  bei  den  Insecten). 


172  Salensky: 

In  diesen  kurzen  Bemerkungen  über  die  Gastraea- 
Theorle  wollte  ich  nur  die  Thatsachen  zusammenstellen, 
mit  welchen  ich  für  mich  selbst  mir  die  Bedeutung  der 
Gastraea-Theorie  klar  zu  machen  versuchte.  Das  nega- 
tive Resultat,  zu  dem  ich  gelangte,  beruht  auf  den  That- 
sachen, nämlich  auf  jenen,  dass  die  Gastrula  nicht  all- 
gemein verbreitet  ist  und  dass  die  embryologischen  Er- 
scheinungen mit  dieser  Grundform  nicht  in  einen  causalen 
Zusammenhang  gebracht  werden  können.  Wäre  die 
Gastrula  selbst  so  allgemein  verbreitet,  wie  es  Ha  e  ekel 
angiebt,  so  wäre  damit  durchaus  noch  nicht  bewiesen, 
dass  sie  wirklich  eine  ontogenetische  Grundform  ist;  denn 
was  gewinnen  wir  mit  der  Annahme,  dass  die  Gastrula 
eine  Grundform  der  Entwickelung  aller  Metazoen  ist,  wenn 
wir  mit  dieser  Form  die  Unterschiede  in  der  Entwicke- 
lung nahe  stehender  Thiere  (z.  B.  Amphloxus  und  an- 
derer Vertebraten,  Ctenobranchlen  und  der  übrigen 
Prosobranchien  etc.)  nicht  erklären  können  ?  Wir  können 
nicht  mit  der  Gastraeatheorle  die  Verschiedenheit  in  der 
Entwickelung  des  Lumbricus  und  Euaxes  erklären. 
Solche  Beispiele  existiren  aber  sehr  viele  und  sie  zeigen 
dass  zwischen  den  systematisch  nahe  stehenden  Thieren 
wesentliche  Verschiedenheiten  In  der  Anlage  ihrer  Or- 
gane vorkommen  können.  Diese  Thatsache  sieht  aber 
so  paradox  nur  darum  aus,  weil  wir  jetzt  gewöhnt  sind, 
die  Verwandtschaft  der  Thiere  nur  aus  anatomischen 
Thatsachen  abzuleiten  und  aus  der  Aehnlichkeit  der  Or- 
ganisation schon  auf  die  Aehnlichkeit  der  Entwickelungs- 
proccsse  schliessen.  Um  aber  die  Wechselbeziehung 
der  organisirten  Formen  zu  finden  sollen  wir  alle  Disci- 
plinen  der  Naturwissenschaft  herbeiziehen ;  wir  müssen 
den  Bau  der  ausgebildeten  organischen  Formen  als  Re- 
sultat der  ontogenetischen  Vorgänge  betrachten  und 
nicht  nach  der  nur  aus  den  anatomischen  Thatsachen  ge- 
wonnenen Meinung  die  ontogenetischen  Thatsachen  beur- 
theilen.  Wenn  wir  objeetiv  sein  wollen,  können  wir 
nicht  sagen,  dass  wenn  zwei  verschiedene  Weisen  der 
Entwickelung  i,bei  sehr  nahe  verwandten  Formen  vor- 
kommen''^   so    sind  sie  wegen   ihrer  Verwandtschaft    für 


Bemerkungen  über  Haeckel's  Gastraea-Theorie.  173 

uns  ganz  unwesentlich  ^).  Wenn  das  phylogenetische 
Grundgesetz  richtig  ist,  so  muss  die  Verwandtschaft  der 
Thiere  erst  aus  der  Ontogenie  aufgefunden  werden; 
sonst  ist  der  Begriff  der  Verwandtschaft,  welchen  wir  nur 
aus  tectologischen  Thatsachen  entnehmen,  eine  vorge- 
fasste  Meinung. 

Wenn  ich  jetzt  meine  Bemerkungen  schliesse,  so 
hoffe  ich  in  diesen  wenigen  Worten  den  thatsächlichen 
Beweis  geliefert  zu  haben,  dass: 

1.  das  wichtigste  Moment  in  der  Ontogenie  der 
Thiere  die  erste  Differenzirung  der  Keimblätter  ist; 

2.  dass  diese  Differenzirung  bei  verschiedenen  Thieren 
zu  verschiedener  Zeit  ihrer  Entwickelung  beginnt  und  in 
den  meisten  Fällen  zur  Planulaform  führt,  welche  entweder 
in  reinem  (bei  den  meisten  Thieren),  oder  in  modificirtem 
(Vertebrata  und  einige  wirbellose  Thiere)  Zustande  bei 
allen  Thieren  vorkommt  und  selbst  als  freilebende  Thier- 
formen  existirt.  In  manchen  Fällen  kann  die  Planula- 
form übersprungen  und  durch  Diblastula  ersetzt  werden. 

3.  dass  die  Ausbildung  der  Magenhöhle  eine  spätere, 
secundäre  Entwickelungserscheinung  ist,  welche  bei  den 
verschiedenen  Thieren  in  verschiedenen  Entwickelungs- 
zuständen  auftritt  und  im  Begriffe  der  Grundform  der 
Entwickelung  nicht  einen  Platz  einnehmen  kann,  dass  also 

4.  die  Gastrulaform  nicht  als  Grundform  in  der 
Entwickelungsgeschichte  aller  Metazoen,  und  folglich 

5.  die  problematische  Form  „Gastraea^  nicht  als 
„Stammform*^  für  die  höheren  Thierstämme  angenommen 
werden  kann. 

Graz,  24.  Januar  1874. 


1)  II ae ekel,  die  Kalkschwämme  Bd.  I.  S.  467. 


174  Salensky: 

Erkläruug  der  Abbilduugeu. 

Tafel  V. 

Fig.  1,  2,  und  3.  Drei  Entwickelimgszustände  der  Auster  (Original) 
Ex  Exoderm,  En  Entoderm,  V  Yelum,  S  Schale,  M  Ein- 
stülpung des  Vorderdarms,  D  Darm. 

Fig.  4.  Diblastula  von  einer  Aseidie  (nach  Kowalevsky :  Weitere 
Studien  ct.  in  Archiv  f.  mikrosk.  Anat.  Bd.  VII.  Taf  X. 
Fig.  5)  Ex  Exoderm,  En  Entoderm. 

Fig.  5.  Diblastula  des  Hydrophilus  (nach  Kowalevsky:  Embr. 
Studien  ct.  in  Mem.  de  l'Acad.  Imp,  de  St.  Peter sbourg 
Taf.  IX.  Fig.  20)  Ex  Exoderm,  En  Entoderm. 

Fig.  6.  Gastrula  einer  Aseidie  (nach  Kowalevsky  1.  c.  Taf.  X. 
Fig.  6)  Ex  Exoderm,  En  Entoderm. 

Fig.  7.  Querschnitt  durch  den  Embryo  von  Hydrophilus  (nach  Ko- 
walevsky I.e.  Taf.  IX.  Fig.  26)  Ex  Exoderm,  En  Ento- 
derm. 


Neue  Spataiigiden  des  Hamburger  iHuseiims. 

Von 

Dr.  Heinrich  Bolau 

in  Hamburg. 

Hierzu  Tafel  YI. 


Wenige  Wochen  nach  Beendigung  meiner  kleinen 
Arbeit  über  die  Spatangiden  des  Hamburger  Museums 
(erschienen  in  den  Abhandlungen  des  naturwissenschaft- 
lichen Vereins  zu  Hamburg-Altona  V.  Band  4.  Abthlg. 
und  im  Osterprogramm  der  Realschule  des  Johanneums 
zu  Hamburg  1873)  hatte  unser  Museum  Gelegenheit, 
einige  neue  interessante  Stücke  dieser  schönen  Seeigel- 
gruppe zu  erwerben,  darunter  zwei  ganz  neue  Arten, 
von  denen  im  folgenden  die  Beschreibung  gegeben  werden 
soll. 

1.     Maretia  ellipttca  n.  sp.   (Fig.  1  u.  2.) 

Die  Schale  ist  sehr  regelmässig  länglichrund  und 
hat  in  der  Mitte  ihre  grösste  Breite.  Die  vier  paarigen 
Ambulacren  sind  an  ihrem  Ende  nicht  geschlossen  und 
bis  nahe  an  den  Scheitel  wohl  entwickelt;  im  äussern 
Viertel  ihres  Verlaufes  gehen  die  Porenreihen  fast  paral- 
lel neben  einander  her.  Das  fünfte  vordere  Ambulacrum 
scheint  auf  den  ersten  Blick  zu  fehlen ;  von  innen  sieht 
man  aber  bei  durchfallendem  Licht  sehr  deutlich  auf  den 
Ambulacralplatten  statt  der  Poren  durchscheinende  Punkte 
in  zwei  einfachen,  also  nicht  doppelten  Reihen 
verlaufen.      Von  aussen    ist  von  dieser  Bildung   nur  mit 


176  Bolau: 

der  Lupe  In  der  Nähe  des  Scheitels  eine  schwache  Spur 
zu  entdecken  in  der  Form  von  kaum  bemerkbaren  Ein- 
drücken. Die  Unterseite  der  Schale  zei^t  die  bei  Mare- 
tia  gewöhnliche  Bildung:  ein  Sternalfeld  ohne  Stacheln, 
umgeben  von  grösseren  durchbohrten  Stachelwarzen,  deren 
jede  von  einem  schwach  angedeuteten  kleinen,  glatten, 
polygonalen  Felde  umgeben  ist;  dazwischen  zerstreut 
sehr  kleine  Stachelwarzen.  Von  dem  Sternum  nimmt 
die  Grösse  der  Stacheln  nach  dem  Rande  der  Schale  hin 
ab.  Von  der  subanalen  Semita  ist  nur  die  obere  Hälfte 
deutlich  vorhanden;  sie  umschliesst  den  obern  Rand  des 
wohlentwickelten  in  einem  kleinen  Höcker  vorspringen- 
den Subanalfeldes.  Die  Genitalporen  liegen  wie  gewöhn- 
lich, die  vorderen  einander  etwas  mehr  genähert,  als  die 
hinteren.  Augenporen  fünf,  kaum  bemerkbar.  Von  der 
Madreporenplatte  geht  eine  kurze  Röhre  im  Innern  der 
Schale  nach  hinten. 

Die  Länge  der  ganzen  Schale  beträgt  78  Mm.,  ihre 
Breite  56,5  Mm.,  ihre  hinten  über  dem  Höcker  des  Subanal- 
feldes gelegene  grösste  Höhe  25  Mm.,  ihre  Höhe  im  Schei- 
tel 24  Mm.  Abstand  des  Scheitels  vom  Hinterrand  der 
Schale  45,5  Mm.  vom  Vorderrand  32,5  Mm.,  Das  vordere 
Ambulacrum  enthält  in  der  vordem  Porenreihe  17,  in 
der  hintern  18 — 19,  das  hintere  Ambulacrum  in  der  vor- 
deren Reihe  27,  in  der  hinteren  ebenfalls  27  Porenpaare. 
Die  grösste  Breite  des  vorderen  Ambulacrums  ist  5,5  Mm. 
(in  der  Fig.  1  etwas  zu  breit),  seine  Länge  20  Mm.,  die 
grösste  Breite  des  hintern  5,5  Mm.,    seine  Länge    32  Mm. 

Die  neue  Art  ist  von  Maretia  planulata  Lam.  und 
meiner  M.  carinata  mit  Leichtigkeit  zu  unterscheiden: 
von  einem  Kiel  zwischen  den  beiden  hinteren  Ambula- 
cren  zeigt  sich  keine  Spur;  das  anale  Feld,  das  bei  den 
beiden  anderen  Arten  schräge  nach  unten  geneigt  ist,  ist 
hier  fast  senkrecht.  Die  grossen  Stachelwarzen  sind  bei 
der  neuen  Art  sehr  zahlreich  und  liegen  oben  auf  der 
Schale,  also  nicht  in  Vertiefungen  oder  doch  in  kaum 
bemerkbaren. 

Unser  Stück  kam  durch  Kauf  von  Herrn  C.  W  es  sei 
an  unser  Museum    und  stammt  von  der  Maldon-Insel, 


Neue  Spatangiden  des  Hamburger  Museums.  17? 

die  in    der  Südsee    ungefähr  unter  4«  S.  B.  und  136^  W. 
L.  von  Ferro  liegt. 

Es  mag  sein,  dass  man  bei  späterer  genauerer  Kennt- 
niss  der  Gattung  Maretia  Gray  diese  Art  als  Typus  einer 
neuen  Gattung  von  Maretia  abzweigen  wird:  vorläufig 
halte  ich  es  für  richtig,  sie  zu  Maretia,  die  ihre  Ver- 
breitung' im  Indischen  und  Grossen  Ocean  hat,  zu  stellen. 

2.     Brissiis  sternaloides  n.  sp.  (Fig.  3.) 

Bei  der  Betrachtung  von  oben  hat  die-  Schale  einen 
regelmässigen  länglichrunden  Umriss,  von  der  Seite  ge- 
sehen springt  die  sehr  bedeutende  Höhe  des  hintern 
Theils  besonders  in  die  Augen.  Sie  hat  ihre  Ursache 
darin,  dass  das  Sternum  sich  etwas  wölbt  und  nament- 
lich, dass  das  subanale  Schild  sehr  stark  hervortritt,  so 
stark,  dass  das  Hinterende  der  Schale  dadurch  schief  ge- 
stutzt erscheint  und  zwar  mit  Hervortreten  der  untern 
Hälfte.  Die  Oberfläche  ist  schwach,  aber  gleichmässig 
gewölbt.  Die  vordem  Ambulacren  sind  grade  und  unter 
einem  Winkel  von  etwa  45^  ^^^^^  einander  geneigt,  die 
hintern  bilden  einen  solchen  von  etwa  135^  miteinander 
und  nehmen  ebenfalls  einen  graden  Verlauf,  so  dass  also 
die  hintern  und  vordem  Ambulacren  unter  einem  Winkel 
von  etwa  90^  zusammenstossen.  Die  hintern  Ambulacren 
sind  etwa  Ya  länger,  als  die  vordem.  Genitalöffnungen 
und  Augenporen,  wie  bei  Brissus  gewöhnlich. 

Länge  der  ganzen  Schale  51  Mm.,  grösste  Breite 
(in  der  Mitte)  45  Mm.,  grösste  Höhe  V3  ^^^  Hinterende 
entfernt  31  Mm.,  Höhe  Va  vom  Vorderende  entfernt 
25,5  Mm.,  Länge  der  hintern  Ambulacren  20,5  Mm.,  der 
vorderen  15  Mm. 

Unsere  Art  ist  am  leichtesten  an  der  bedeutenden 
Höhe  im  hintern  Theil  der  Schale  und  dem  stark  vorge- 
zogenen Subanalscbild  zu  erkennen;  sie  ist  am  nächsten 
mit  Br.  sternalis  verwandt,  von  dem  sie  sich  jedoch  durch 
die  eben  wiederholten  Charaktere  leicht  und  sicher  unter- 
scheiden lässt. 

Wir  erhielten  unser  Spiritusexemplar  aus  der  Bai 
von  Siam  durch  Kauf  von  Herrn  Salmin. 


Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jatirg.  1.  Bd. 


12 


178        Bolau:  Neue    Spatangiden  des  Hamburger  Museums. 

3.     Agassizia  scrohiculata  Valenc. 

Von  dieser  schönen  Art  besitzet  wir  jetzt  ausser 
dem,  schon  vorhandenen  noch  8  neue  Stücke  in  ver- 
schiedenen Grössen.  Sie  kamen  durch  Herrn  H.  Stre- 
bel  an  unser  Museum  und  wurden  in  La  Paz  in  Mexico 
gesammelt.  Die  Grösse  der  Stücke  schwankt  in  der 
Länge  zwischen  18  und  48  Mm.,  in  der  Breite  zwischen 
16  und  44  Mm. 


Erklärung  der  Figuren. 

Tafel  VL 

1.  Maretia  elliptica  n.  sp.  Obere  Ansicht. 

2.  Dieselbe.     After  und  Umgebung,  schräge  von  unten  gesehen. 

3.  ümriss  von  Brissus  sternaloides  n.  sp.  von  der  Seite. 

a.  Mund. 

b.  Scheitel. 


Heber  die  Nolluskenfauna  der  Sudeten. 

Von 
Dr.  0.  Reinharilt 

in  Berlin. 


Mit  dem  Namen  Sudeten  (im  weiteren  Sinne)  be- 
zeichnet man  das  Gebirgsländ,  welches  sich  von  den 
Quellen  der  Oder  bis  zu  denen  der  Iser  in  einer  Länge 
von  beinahe  40  Meilen  erstreckt  und  Schlesien  auf  der 
nordöstlichen  von  Mähren  und  Böhmen  auf  der  südwest- 
lichen Seite  scheidet.  Dieser  ausgedehnte  Gebirgszug 
ist  indessen  kein  gleichmässig  und  ununterbrochen  fort- 
laufendes Ganzes,  sondern  zerfällt  in  eine  Anzahl  von 
Gebirgsgruppen,  als  deren  Hauptglieder  folgende  ange- 
sehen werden  können: 

I.  Das  Mährische  Gesenke  (oder  die  Sudeten 
im  engeren  Sinne)  nimmt  den  südöstlichen  Theil  des 
ganzen  Zuges  von  den  Quellen  der  Oder  bis  zur  Glatzer 
Neisse  ein  und  bildet  die  Wasserscheide  zwischen  der 
Oder  und  der  Donau  (während  die  folgenden  Glieder 
die  Flussgebiete  der  Oder  und  der  Elbe  scheiden).  Das 
Glatzer  Schneegebirge  mit  den  Quellen  der  March  ist 
als  der  nordwestliche  Flügel   dieses  Gebirges  anzusehen. 

IL  An  den  Schneeberg  reihen  sich  die  Glatzer 
Gebirge,  welche  auf  der  westlichen  Seite  der  Graf- 
schaft Glatz  unter  dem  Namen  des  Habelschwerdter,  des 
Mense-  und  des  Heuscheuergebirges  hinziehen,  während 

IIL  auf  der  östlichen  Seite  der  Glatzer  Kessel  durch 


180  Reinhardt: 

den  Kamm  des  .Eulengebirges  begrenzt  wird,  das 
sich  in  gleicher  (nordwestlicher)  Richtung,  wie  die  vor- 
hergehenden Glieder,  zwischen  der  Neisse  und  der  Wei- 
stritz  erstreckt.  Oestlich  vom  Nordende  dieses  Gebirges 
liegt 

IV.  die  kleine,  abgesonderte  Gebirgsmasse  des 
Zobten. 

V.  Nördlich  schliesst  sich  an  das  Eulengebirge  ein 
Bergland  ohne  Kammbildung,  welches  sich  westlich  bis 
zu  den  Ausläufern  des  Glatzer  Gebirges  hinüberstreckt, 
das  VV  aldenburger  (oder  Waldenburg-Landeshuter) 
Gebirge.     x\n  dies  reiht  sich 

VI.  weiter  nördlich  und  nordwestlich,  vom  Bober 
und  der  Katzbach  eingeschlossen,  das  Bober-Katzbach- 
Gebirge,  ebenfalls  ein  niedriges  Bergland  mit  wenigen 
Gipfeln  über  2000'  Höhe.  Durch  das  Hirschberger  Thal 
wird  von  demselben  getrennt 

VIL  das  Riese ngebirge ,  das,  an  das  Landeshuter 
Gebirge  sich  anschliessend,  in  fast  westlicher  Richtung 
verläuft,  bis  endlich 

VIII.  das  Isergebirge  als  letztes  Glied  nach 
Nordwesten   den  Abschluss  des  ganzen  Zuges  bildet. 

Von  diesen  Theilen  sind  nur  das  Mährische  Gesenke 
und  das  Riesengebirge  (und  allenfalls  das  Isergebirge) 
Kochgebirge;  die  übrigen  Glieder  haben  nur  einzelne 
wenige  Spitzen  über  3000'  Höhe  aufzuweisen. 

Was  über  die  Molluskenfauna  dieses  Gebietes  bekannt 
ist,  findet  sich  zusammengetragen  in  dem  vortrefflichen 
Werke:  Schlesiens  Land-  und  Wassermollusken,  syste- 
matisch geordnet  und  beschrieben  von  Dr.  IL  Scholtz. 
Breslau  1843;  Supplement  1853.  Sucht  man  sich  nach 
diesem  Buche  durch  Zusammenstellung  der  Fundorte  aus 
den  einzelnen  Abtheilungen  des  Gebirges  ein  Bild  der 
gesammten  Sudetenfauna  zu  entwerfen,  so  findet  man 
bald,  dass  dasselbe  noch  ein  recht  mangelhaftes  ist. 
Einige  der  oben  angeführten  Gebirgsgruppen  sind  in 
malakologischer  Hinsicht  noch  gänzlich  unbekannt,  wie 
z.  B.  das  Isergebirge  und  die  böhmische  Seite  des  Riesen- 
gebirges (welche   natürlich    bei  Scholtz   keine  Berück- 


Ueber  die  Molluskenfauiia  der  Sudeten.  "       181 

sichtignng  finden  konnte);  von  anderen  Theilen,  wie  von 
dem  Mährischen  Gesenke,  den  Glatzer  Gebirgen,  der 
Eule,  liegen  nur  sehr  spärliche  Angaben  vor;  am  besten 
bekannt  sind  die  schlesische  Seite  des  Riesengebirges 
sammt  dem  Hirschberger  Thal  und  die  sich  der  Ebene 
zuwendenden  Partieon  der  Vorgebirge,  also  das  Walden- 
burger  und  das  Bobcr-Katzbach- Gebirge.  Es  ist  mithin  nur 
ein  kleiner  Theil  des  Gesammtgebirges  soweit  erforscht, 
dass  man  über  seine  Fauna  ein  einigermassen  zutreffen- 
des ürtheil  sich  erlauben  könnte.  Und  doch  erscheinen 
gerade  die  Sudeten  vor  allen  andern  mitteldeutschen  Ge- 
birgen der  Beachtung  werth,  nicht  allein  deshalb,  weil 
kein  anderes  derselben  sich  zu  so  bedeutender  Höhe  er- 
hebt, und  schon  aus  diesem  Grunde  eine  grössere  Man- 
nichfaltigkeit  im  Vorkommen  der  Mollusken  zu  erwarten 
ist,  sondern  auch  ihrer  geographischen  Lage  wegen,  in- 
dem sie  als  nordöstlicher  Grenzwall  dieses  Berglandes 
gei:^en  die  Ebene  und  als  Nachbar  der  mächtigen  Kar- 
pathenkette  mit  ihrer  zum  Theil  cigenthümlichen  Fauna 
interessante  Verhältnisse  hinsichtlich  der  Verbreitung 
einzelner  Arten  darzubieten  versprechen.  Es  erschien 
somit  der  Mühe  werth,  eine  eingehendere  Durchforschung 
dieses  Gebirgs  vorzunehmen,  als  es  bisher  geschehen; 
ich  habe  inich  bestrebt,  mir  auf  vielfachen  Reisen  von 
der  Molluskenfauna  der  Sudeten  so  genau  als  möglich 
Kenntniss  zu  verschaffen,  und  stelle  nun  die  Ergebnisse 
dieser  Forschungen  in  Nachstehendem  zusammen.  Aller- 
dings machte  es  die  bedeutende  Ausdehnung  des  Gebie- 
tes, die  Entfernung  desselben  von  Berlin  und  die  mir 
knapp  zugemessene  Zeit  unmöglich,  allen  Theilen  des 
Gebirges  gleiche  Aufmerksamkeit  zu  schenken,  und 
mancher  Punkt,  au  dem  vielleicht  interessante  Fragen 
zu  lösen  gewesen  wären,  musste  zu  meinem  lebhaften 
Bedauern  unbesucht  bleiben.  Bei  der  Beschränkung,  die 
ich  mir  nothgedrungen  auferlegen  musste,  habe  ich  zu- 
nächst die  beiden  Hauptglieder  der  Sudeten,  das  Mäh- 
rische Gesenke  und  das  Riesengebirge  gründlicher  kennen 
zu  lernen  gesucht,  ferner  das  ganz  unbekannte  Iserge- 
birge  und    einzelne  Theilc    der  Vorgebirge  durchforscht. 


182  Reinhardt: 

Von  denjenigen  Theilen,  die  ich  selbst  nicht  besuchen 
konnte,  habe  ich  die  Fundortsangaben  unter  Benutzung 
des  oben  citirten  Werkes  von  Scholtz  und  einiger 
anderer  Arbeiten,  die  später  Erwähnung  finden  werden, 
zusammengestellt,  um  so  ein  Bild  ihrer  Fauna  zu  ge- 
winnen. 

In  den  folgenden,  nach  den  oben  namhaft  gemachten 
Gebirgsgruppen  geordneten  Listen  habe  ich  bei  jeder  Art 
sämmtliche  Fundorte  angeführt,  die  mir  bekannt  gewurden 
sind.  Dadurch  erhält  man  am  besten  einen  Ueberblick 
über  die  Verbreitung  der  Art  in  dem  betreffenden  Gebiet, 
sowie  über  ihre  Häufigkeit  in  demselben,  die  ja  durch 
die  grössere  oder  geringere  x\nzahl  der  Fundorte  be- 
stimmt wird.  Etwas  anderes  ist  es  mit  dem  mehr  oder 
minder  zahlreichen  Auftreten  der  Individuen  an  einem 
Orte;  das  Verhalten  der  Arten  in  dieser  Hinsicht  ist 
durch  die  Ausdrücke:  zahlreich,  gesellig,  vereinzelt —  an- 
gedeutet. Dem  Namen  der  Fundorte,  an  welchen  ich 
selbst  nicht  sammelte,  ist  der  Name  des  Sammlers,  als 
des  Bürgen  für  die  Angabe  beigefügt;  doch  sind  der 
Einfachheit  wegen  sämmtliche  aus  dem  Werke  von 
Scholtz  entlehnte  Fundorte  unter  dem  Namen  Scholtz 
aufgenommen  worden,  auch  wenn  dieser  selbst  nicht  der 
Sammler  war.  Haben  mehrere  dieselbe  Art  am  gleichen 
Orte  gefunden,  so  ist  nur  der  letzte  Beobachter  namhaft 
gemacht. 

1.  Das  mährische  (leseuke. 

Von  dem  höchsten  Punkte  dieses  Gebirges,  dem 
zweithöchsten  der  gesammten  Sudeten,  dem  Altvater 
(c.  4600')  zieht  sich  in  nordwestlicher  Richtung  der  Haupt- 
kamm in  einer  durchschnittlichen  Höhe  von  etwa  4000' 
bis  zum  Hockschar  (4110').  Ueber  die  tiefste  Stelle 
dieses  Kammes,  den  Pass  am  Rothenbcrge  (3232'),  führt 
eine  Verbindungsstrasse  zwischen  Schlesien  und  Mähren; 
zwischen  dem  Passe  und  dem  Ilockschar  erhebt  sich  der 
Kamm  zu  den  Kuppen  der  Brünnelhaide  (4200'),  des  Fuhr- 
mannssteines (4318')  und  des  Kepernicks  (4462').  Nach- 
dem nördlich  vom  Hockschar  sich  das  Gebirge    plötzlich 


Ueber  die  Molluskeufauna  der  Sudeten.     *  183 

zum  Ramsauer  Passe  (c.  2500',  Verbindungsstrasse  zwischen 
Freiwaldau  in  Schlesien  und  Goldenstein  in  Mähren)  her- 
abgesenkt hat,  streicht  ein  Theil  desselben  weiter  in  nord- 
westlicher Richtung  bei  Lindewiese  und  Setzdorf  vorbei 
bis  nach  Reichenstein  und  Wartha,  wo  ihm  durch  die 
Neisse  eine  Grenze  gesetzt  wird,  während  ein  anderer 
Theil  in  westlichem  Streichen  sich  zum  Glatzer  (Spieg- 
h'tzer)  Schneeberg  (4400')  erhebt,  der  seine  westlichen 
und  nordwestlichen  Ausläufer  ebenfalls  bis  an  die  hier 
entspringende  Neisse  sendet.  —  Nach  Süden  vom  Alt- 
vater setzt  sich  der  Kamm  fort  über  den  Petersstein 
(4402')  und  die  nach  S.  W.  streichende  Hohe  oder  Jano- 
witzer  Haide,  ein  Hochplateau,  das  nach  Süden  plötzlich 
steil  abfällt  zu  dem  sogenannten  Kessel,  in  welchem  aus 
zahlreichen  Qnellbächen  die  Mohra,  ein  Nebenfluss  der 
Oppa,  ihren  Ursprung  nimmt.  Vom  Altvater  und  seinen 
Ausläufern  entspringen  die  Biele,  die  weisse  Oppa  und 
die  Tess ;  erstere,  deren  einer  Zufluss  vom  Leiterberge 
her  den  Hohen  Fall  oder  Hufall  bildet,  fliesst,  dem  Zuge 
des  Haiiptkammes  folgend,  nördlich  über  Waidenburg, 
Thomasdorf,  Buchelsdorf  und  Preiwaldau,  um  sich  dann 
nordwestlich  zu  wenden  und  endlich  in  die  Neisse  zu 
fallen.  Ihr  rechtes  Ufer  wird  von  einem  Höhenzuge  be- 
gleitet, auf  welchem  in  der  Nähe  von  Freiwaldau  die 
Goldkoppe'  emporsteigt,  von  dem  ferner  östlich  von  Bu- 
chelsdorf ein  Bach  entspringt,  der  den  Zeiskengrund 
durchfliesst,  und  auf  dem  endlich  bei  Reiwiesen,  östlich 
von  Freiwaldau,  2379'  hoch  ein  Hochmoor  liegt,  welches 
durch  das  Vorkommen  der  Pinus  obliqua  Sauter  aus- 
gezeichnet ist,  und  in  welchem  aus  einem  nach  dem 
Glauben  der  Eingeborenen  unergründlichen  Teiche  die 
schwärze  Oppa  entspringt.  Diese  fliesst  iuerst  eine 
kurze  Strecke  östlich,  sodann  südlich  bei  dem  Dorfe 
Einsiedel  vorbei,  um  bei  Würbenthai  den  zweiten  der 
vom  Altvater  herabkommenden  Flüsse,  die  weisse  Oppa, 
aufzunehmen,  die  bald  nach  ihrem  Ursprünge  den  Oppa- 
fall  gebildet  und  sodann  den  kleinen  Badeort  Karlsbrunn 
durchströmt  hat.  Die  Tess  endlich,  deren  Quellen  an 
den  westlichen  Lehnen  des  Altvaters  liegen,  fliesst  zuerst 


184  Reinhardt: 

westlich,  dann  südwestlich  und  ergiesst  sich  in  die  March, 
welche  auf  der  südlichen  Seite  des  Glatzer  Schneebergs 
entspringt  und  das  Wasser  sämmtlicher  auf  der  mähri- 
schen Seite  des  Gebirges  herabtiiessenden  Gewässer  der 
Donau  zuführt.  —  Von  weiteren  Bergzügen  sei  noch  er- 
wähnt der  nördlich  von  Freiwaldau  und  der  ßiele  ge- 
legene Hirschbadkamm  (3000');  an  dessen  Gehängen  der 
bekannte  Badeort  Gräfenberg  liegt,  so  wie  die  südlich 
von  der  Biele  und  östlich  von  der  Oppaquelle  steil  sich 
erhebende  Bischofskoppe  bei  Zuckmantel  (2750');  an  der 
Grenze  von  preussisch  und  österreichisch  Schlesien. 

Die  geognostischen  Verhältnisse  des  Mährischen  Ge- 
senkes sind  sehr  einfach.  Als  Hauptgestein  tritt  Glim- 
merschiefer auf,  nächstdem  Gneis  (z.  B.  am  Hockschar, 
bei  Goldenstein);  die  Bischofskoppe  zeigt  Thonschiefer. 
In  dem  Glimmerschiefer  finden  sich  an  verschiedenen 
Stellen  Lager  von  ürkalk,  mitunter  von  bedeutender 
Ausdehnung,  wie  dasjenige  von  Setzdorf  bis  Lindewiese; 
andere  Stellen,  wo  Kalk  auftritt,  sind  der  Spitzstein  bei 
Saubsdorf  östlich  von  Freiwaldau,  Einsiedel  bei  Würben- 
thal  und  Endersdorf  bei  Zuckmantel;  meistentheils  zeich- 
nen sie  sich  durch  eine  reiche  Molluskenfauna  aus,  na- 
mentlich wo  sie  mit  Laubholz  bewaldet  sind.  Vulka- 
nische Gesteine  finden  sich  in  diesem  Theile  der  Sudeten 
selten;  nur  der  Köhlerberg  bei  Freudenthal  stellt  sich 
als  ein  ehemaliger  Vulkan  dar. 

Fast  nirgends  im  Gesenke  liegt  das  Gestein  blos,  so 
dass  gewaltige  Fels-  und  Trümmerraassen,  wie  sie  im 
Riesengebirge  so  häufig  angetrofi'en  werden,  hier  fast 
ganz  fehlen.  Die  Bergkuppen  bilden  meist  sanftgewölbte, 
oft  lang  dahin  gestreckte,  begraste  Rücken  mit  üppiger 
Krautvegetation,  höchstens  dass  an  einer  einzelnen  Stelle 
des  Gipfels  kahle  Felspartieen,  sogenannte  „Steine",  auf- 
treten, wie  die  Altvatersteine,  der  Petersstein,  der  Keper- 
nik-  und  Fuhrmannsstein  u.  a. 

Die  Berge  des  Mährischen  Gesenkes  sind  durch- 
weg bewaldet,  und  wenn  auch  wohl  die  Fichte  vor- 
herrscht, so  ist  doch  die  Buche  ebenfalls  recht  häufig ; 
vielfach  findet    sich    auch   der  Bergahorn    (Acer  Fseudo- 


üeber  die  Molluskenfaima  der  Sudeten.  ,       185 

plataiius  L.)  Die  Bewaldung  geht  bis  ziemlich  weit 
hinauf;  bis  c.  3500'  findet  sich  noch  Hochwald,  von  da  an 
nimmt  das  Längenwachsthiim  der  Bäume  ab,  dieselben 
werden  strauchartig,  nm  endlich  zwischen  3800' — 4000' 
ganz  zu  verschwinden.  In  der  oberen  Waldregion  ge- 
sellt sich  der  Fichte  sehr  häufig  die  Eberesche  zu  und 
bildet  dort  einen  förmlichen  Gürtel.  Charakteristisch  für 
das  Gesenke  —  und  hierin  besteht  einer  der  auffallendsten 
Unterschiede  vom  Kiesengebirge  —  ist  der  gänzliche 
Mangel  an  Knieholz,  das  doch  im  Riesengebirge  bei 
4000'  Höhe  ganz  allgemein  auftritt.  An  Stelle  der  Knie- 
holzregion findet  sich  hier  eine  baumlose  Zone,  die  nur 
Kräuter  und  Stauden  in  üppigster  Fülle  und  von  Holz- 
gewächsen höchstens  einige  Weiden  (unter  ihnen  Salix 
{herbaceaL.  und    Vaccmium-AYten  aufzuweisen  hat.   — 

Uebcr  die  Schneckenfauna  des  Mährischen  Gesenkes 
finden  sich  in  der  Litteratur  nur  wenige  und  vereinzelte 
Angaben,  die  meisten  noch  bei  Scholtz,  der  nach  den 
Mittheilungen  der  Herren  Schneider  und  D  i  1 1  r i  c  h 
etwa  12  Arten  von  dorther  namentlich  aufführt.  Ausser- 
dem ist  mir,  abgesehen  von  einigen  Angaben  über  das 
Vorkommen  von  Clausilien  in  A.  Schmidt's  kritischen 
Gruppen  der  europäischen  Clausilien,  nur  noch  ein  „Ver- 
zeichniss  der  Mollusken  des  Altvaters  von  3700' — 4680' 
Höhe'^  von  dem  unermüdlichen  Erforscher  dieses  Ge- 
birges, Prof.  Kolenati,  bekannt  geworden,  das  einen 
Theil  einer  „Fauna  des  Altvalers  (hohen  Gesenkes  der 
Sudeten)"  bildet,  abgedruckt  im  Jahresheft  der  natur- 
wissensch.  Sect.  der  k.  k.  Mähr.  Schles.  Gesellsch.  zur 
Beförderung  des  Ackerbaues,  der  Natur-  und  Landes- 
kunde für  das  Jahr  1858  (auch  als  Seperatabdruck  er- 
schienen). In  diesem,  wie  es  scheint,  wenig  bekannten 
Verzeichnisse  (v.  Martens  erwähnt  es  in  seinem  Litte- 
raturnachweis  im  Nachrichtsblatt  d.  deutschen  malakol. 
Gesellsch.  nicht)  werden  nur  7  Arten  aufgeführt,  näm- 
lich Helix  arhustorum,  hortensis,  rotundala,  Succmea  oh- 
longa  var.  sudeiica  Kolen.,  Viirina  dia)/hana,  Clausula 
hidens  und  dubia  var.  trivia  Parr.  Wie  weit  die  Rich- 
tigkeit der  Bestimmungen  Vertrauen    verdient,    ist     ohne 


186  Reinhardt:  '^ 

Ansicht  der  Exemplare  natürlich  schwer  zu  beurtheilen ; 
bemerken  will  ich  jedoch,  dass  ich  in  dem  bezeichneten 
Höhengürtel  Helix  hortensiü  nnd  H.  rotundato.  nicht  ge- 
sehen habe.  Letztere  wird  hier  durch  Helix  rtiderata 
vertreten,  nnd  fast  scheint  mir  die  beigefügte  Beschrei- 
bung Kolenatis  (;, braun  (ohne  Erwähnung  der  Flecke), 
sehr  dicht  scharf  querriefig  etc.  —  sehr  häufig  unter 
Rinden  abgestorbener,  morscher  Bäume  bis  nahe  an  die 
Kuppen")  —  auf  11.  ruderata  zu  deuten.  Viirina  diaphonaj, 
die  sehr  häufig  unter  Steinen  und  faulem  Holz  bis  an 
die  Kuppen  des  Altvaters  sein  soll,  habe  ich  im  ganzen 
Gesenke  nicht  gefunden,  sondern  nur  Vitrina  elongatOy 
diese  auch  noch  auf  dem  Altvater.  Clausüia  dubia  end- 
lich (die  var.  trivia  ist  mir  gänzlich  unbekannt)  ist  im  Mäh- 
rischen Gesenke  überhaupt  nicht  zu  häufig  und  nament- 
lich in  dem  angegebenen  Höhcngürtel  von  mir  nirgends 
beobachtet;  sollte  damit  vielleicht  GL  oruciata  gemeint  sein, 
die  mit  GL  plicatula  bis  zu  den  höchsten  Spitzen  hinauf- 
steigt? 

Folgende    Mollusken    sind    bis    jetzt    im  Mährischen 
Gesenke  beobachtet  worden: 
I.  Arion  Fer. 

1.  A.  empiricoruwt  Fer.,  meist  die  var.  rufu8\  bis  hinauf 
an  die  obere  Grenze  der  Bergregion.  Freiwaldau, 
Reymanns  Anlagen.  Am  Stechgraben  bei  VValden- 
burg.  An  morschen  Baumstümpfen  zwischen  der 
Schäferei  am  Petersstein  und  dem  Vatergraben. 

2.  J..  fuscus  Müll.  In  Wäldern,  unter  Steinen  und  Moos; 
bis  über  die  ßauraregion  hinaus.  Am  Spitzstein 
bei  Saubsdorf  unweit  Freiwaldau.  Oberhalb  Waiden- 
burg am  Stechgraben.  Bei  der  Schäferei  unterhalb 
des  Peterssteines  und  an  diesem  selbst. 

3.  A.  hortensis  Fer.  (var.  alpicola  Fer.)  Wie  vor.  Frei- 
waldau, Reymanns  Aulagen.  Unterhalb  der  Schäfe- 
rei am  Petersstein  in  der  Nähe  des  Vatergrabens.     ^ 

4. /l.  melanocephalus  Faure  -  Biguet.  An  feuchten 
Stellen  zwischen  Laub.  Am  Stechgraben  oberhalb 
Waidenburg. 


üeber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  187 

IL  Lima  X  L. 

5.  L.  chiereo-niger  Wolff.  In  den  Waldungen  ver- 
breitet, meist  jedocli  einzeln  vorkommend.  Die  Fär- 
bung variirt 

a)  schwarz,  höchstens  mit  hellfarbenem  Rücken- 
kiel :  Hirschbadkamm  oberhalb  Gräfenberg.  Fichten- 
stein bei  Nieder-Lindewicse.  Endersdorf  bei  Zuck- 
mantel.    Bischofskoppe.     Frankenhau   b.  Freiwaldau. 

b)  dunkie  Grundfarbe  mit  hellen  Längsstreifen:  Spitz- 
stein bei  Saubsdorf.  Goldkoppe  b.  Freiwaldau.  Rey- 
manns   Anlagen  (hellbraun). 

c)  ganz  hellfarbig  oder  rein  weiss:  Oberhalb  Wai- 
denburg, beim  Hinaufsteigen  nach  dem  Altvater. 
Karlsbrunn,  hier  ein  sehr  grosses,  ganz  weisses  Exem- 
plar, nur  die  Fühler  zeigen  einen   Anflug  von  Grau. 

6.  L.  cinereus  List.  Seltener  als  vor.  Am  Hirschbad- 
kamm oberhalb  Gräfenberg.  Im  Buchenwalde  am 
Stechgraben  oberhalb  Waidenburg. 

7.  L.  marginatus  Müll,  (arborum  Bouch.)  An  Buchen- 
stämmen, Mauern  und  Felsen  bis  über  die  Baum- 
grenze hinauf;  meist  gesellig.  Freiwaldau,  Reymanns 
Anlagen.  Spitzstein  bei  Saubsdorf.  Setzdorf  bei 
Friedberg.  Hirschbadkamm  und  Goldkoppe  bei  Frei- 
waldau. Am  Stechgraben  bei  Waidenburg.  Am 
Vatergraben  unterhalb  der  Schäferei.  Am  Petersstein. 

8.  L.  agrestis  L.  In  Gärten  etc.,  meist  sehr  gesellig. 
Freiwaldau,  im  Telegraphenamtsgarten;  im  Schloss- 
garten. Hutberg  bei  Buchelsdorf  und  Zeiskengrund 
bei  Freiwaldau. 

9.  L.  teyielluö  Nilss.  Für  diese  Art  halte  ich  mehrere 
Stücke  eines  bis  c.  3  Ctm.  langen  Limax  von  hell- 
gelber Farbe,  etwas  dunklerem  Schilde,  mit  dunklem 
Kopf  und  Fühlern,  sehr  langem  spitzen  und  scharf 
gekielten  Schwanzende,  die  ich  oberhalb  Waidenburg 
im  feuchten  Buchenwalde  am  Wege  nach  dem  Stech- 
graben sammelte. 

10.  L.  laevis  Müll,  (brunneus  Drap.)  Auf  einer  feuchten 
Wiese  im  Zeiskengrunde  bei  Freiwaldau,  am  Rande 
eines  Baches. 


188  Reinhardt: 

III.  I)au  debardia  Hartm. 

11.  D.  hrevipes  Drap.  Im  abgefallenen  Laube  bei  8etz- 
dorf  und  am  Fichtenstein  b.ei  Nieder-Lind ewiese 
einzeln;  an  beiden  Lokalitäten  auf  Kalk. 

12.  P.  riifa  Drap.  Lebt  wie  vor.;  am  Spitzstein  bei  Saubs- 
dorf  (Kalk)  und  im  Walde  zwischen  der  Goldkoppe 
und  Kaltseifen. 

IV.  Vitrina  Drap. 

13.  V.  elofigata  Drap.  An  feuchten  Stellen  in  Wäldern, 
unter  Steinen,  an  feuchten  Holzstückchen,  bis  auf  die 
höchsten  Spitzen  hinauf;  meist  vereinzelt  gefunden; 
Goldkoppe  bei  Freiwaldau,  und  zwischen  derselben 
und  Kaltseifen  mit  12.  Am  Stechgraben  oberhalb 
Waidenburg,  ßrünnelhaide.  Petersstein.  Gipfel  des 
Altvaters. 

lieber  V.  diapliana  Drap.,  welche  von  Kolenati 
sehr  häufig  bis  an  die  Kuppen  des  Aitvaters  ange- 
geben wird,  s.  die  Bemerkung  oben  p.  187. 

14.  F.  ])ellucida  Müll.  Grasige  und  moosige  Stellen,  bis 
an  die  obere  Grenze  der  Baumvegetation.  Gesellig. 
Freiwaldau,  Schlossgarten.  Spitzstein  b.  Saubsdorf. 
Fichtenstein  b.  Nieder-Liadewiese.  Setzdorf  (Kalk). 
Hutberg  b.  Buchelsdorf.  Endersdorf  bei  Zuckmantel 
(Kalk).  Auf  dem  Köhlerberge  b.  Freudenthal  (Ba- 
salt). Schlossruine  in  Goldenstein.  Im  oberen  Theil 
des  Kessels. 

V.  Hyalina  Gray. 

15.  H.  cellaria  Müll.  Unter  Steinen,  meist  einzeln.  Frei- 
waldau, Schlossgarten ;  Wesselenigarten.  Saubsdorf. 
Goldenstein,  altes  Schioss. 

10.  H.  glahra  Stud.  Unter  Hecken  und  Steinen,  eben- 
falls meist  einzeln,  oft  an  ziemlich  trockenen  Orten. 
Hutberg  bei  Buchelsdorf.  Goldkoppe  b.  Freiwaldau. 
Zeiskengrund,  oben  bei  der  Kapelle.  Fichtenstein 
bei  Nieder- Lindewiese.  Setzdorf.  Einsiedel  bei 
Würbenthai.  Häufig,  doch  nicht  ausschliesslich  auf 
Kalk. 

17.  H,  radiatula  Alder.,  (striatula  Gray,  nitidosa  Fer. 
Rossm.)  Unter  Laub  und  Steinen,  in  Hecken,  gewöhnlich 


Ueber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  189 

gesellig.  Freiwaldau,  Schlossgarten.  Zwischen  Nieder- 
Lindewiese  und  Setzdorf.  Am  Stechgraben  bei 
Waidenburg.  Zwischen  der  Schäferei  am  Peters- 
stein und  dem  Vatergraben.  Im  Kessel,  bis  zum 
oberen  Rande,  ßrünnelhaide.  Einsattlung  zwischen 
dem  Kepernikstcin  und  dem  Hockschar.  Ammichstein, 
var.  alhina.     Am  Wölfelsfall  (Grafsch.  Glatz). 

18.  H.  pura  Alder.  Wie  vorige,  häufig  mit  ihr  zusammen, 
und  wie  diese  bis  zu  den  Kämmen  hinaufsteigend. 
Spitzstein  bei  Saubsdorf.  Goldkoppe  b.  Freiwaldau. 
Zeiskengrund  bei  der  Kapelle.  Am  Stechgraben  bei 
Waidenburg.  Bischofskoppe  bei  Zuckmantel,  bis 
zum  Gipfel  hinauf.  Zwischen  dem  Kepernikstcin 
und  dem  Hockschar.     Wölfelsfall  (Grafsch.  Glatz). 

19.  H.  7iite?is  ^Uch.  Im  Laub  und  unter  Steinen,  gesellig; 
nur  in  der  Vorgebirgsregion  gefunden.  Spitzstein 
bei  Saubsdorf.  Hutberg  bei  Buchelsdorf.  Fichten- 
stein b.  Nieder-Lindewiese.  Setzdorf.  Endersdorf  bei 
Zuckmantel.  Bischofskoppe.  Goldenstein  am  alten 
Schloss. 

20.  H.  nitidula  Drap.  Im  abgefallenen  Laube,  scheint 
höher  als  vor.  aufzusteigen.  Goldkoppe  bei  Freiwal- 
dau ;  zwischen  dieser  und  Kaltseifen.  Köhlerberg  b. 
Freudenthal,  in  Hecken  unter  ßasalttrümmern.  Im 
Kessel  im  untern  Theil. 

var.  albtna.     Im  Kessel  einige  Stücke. 

21.  H.  diaphana  Stud.  Nur  am  Wölfelsfall  in  der  Graf- 
schaft Glatz  gefunden. 

{H.  crystallina  Müll,  ist  von  mir  im  Mährischen  Ge- 
senke gar  nicht  beobachtet  worden.) 

22.  H.  suhrimaia  Reinh.  Ueber  diese  neue  Art  habe  ich 
in  der  Sitzung  der  Gesellsch.  naturf.  Freunde  zu 
Berlin  vom  16.  Mai  1871  berichtet  und  daselbst  die 
Diagnose  und  Verbreitung  mitgetheilt.  Ich  habe 
seitdem  Gelegenheit  gehabt,  eine  grosse  Anzahl  Ex- 
emplare von  weiteren  Fundorten  zu  prüfen  und  mich 
von  der  Selbstständigkeit  dieser  Art  immer  mehr  zu 
überzeugen.  Sie  sieht  am  meisten  der  H.  diaphana 
ähnlich  (ist  auch  stets  mit  dieser  verwechselt  worden), 


190  Reinhardt: 

namentlich  durch  den  scheinbaren  Mangel  des  Na- 
bels; eine  genauere  Untersuchung  zeigt  jedoch,  dass 
bei  H,  suhrimata  stets  ein  deutlicher  Nabelritz  vor- 
handen ist,  während  bei  H.  dia^hana  der  Nabel, 
auch  bei  ganz  jungen  Stücken  bereits,  gänzlich  fehlt. 
(Bemerkt  sei  hier,  dass  die  Kärnthner  Exemplare, 
welche  Dr.  Lehmann  in  seinem  letzten  Aufsatze 
„Hyat.  crystallina  und  H.  suhterranea"  im  Nach- 
richtsbl.  1871  p.  76  erwähnt  und  die  er  für  junge  H. 
diaphana  hält,  bei  denen  der  Nabel  noch  nabelritzig 
bestand,  zu  H.  suhrimata  gehören,  wie  ich  itiich 
durch  Ansicht  der  Exemplare  selbst  überzeugte.) 
Dazu  kommen  noch  fernere  Unterschiede  in  der  Form, 
Grösse  und  Farbe.  H.  stcbrimata  ist  stets  kleiner  als 
H.  diaphana;  sie  ist  auf  der  Ober-  wie  auf  der  Unter- 
seite convexer,  als  die  namentlich  oberseits  fast  flache 
H.  diaphana.  Die  Windungen  nehmen  bei  ihr 
schneller  an  Breite  zu,  als  bei  dieser,  so  dass  gleich 
grosse  Exemplare  der  H.  diaphana  mehr  Windungen 
zeigen,  als  die  der  H.  suhrimata.  Die  Farbe  endlich, 
bei  H.  diaphana  rein  weiss,  zeigt  bei  H.  suhrimata 
einen  Stich  ins  Grünliche,  gerade  so  wie  die  Schalen 
des  H.  suhterranea^  der  unsere  Schnecke  überhaupt 
sehr  nahe  steht.  Wollte  man  die  4  deutschen  Hya- 
lina-Arten  aus  der  Crystallina-Gruppe  naturgemäss 
gruppiren,  so  würde  man  2  Reihen  aufstellen  können, 
nämlich : 

1)  Schalen  mit  flachem  Gewinde,  enger  Windung, 
von  weisser  P^arbe: 

a)  deutlich  genabelt:  H.  crystallina, 

b)  ungenabelt:  H.  diaphana. 

2)  Schalen  mit  convcxem  Gewinde,  schnell  zu- 
nehmenden Windungen,  von  grünlich  weisser 
Farbe : 

a)  mit  deutlich  offenem  Nabel :  H.  suhterranea, 

b)  mit  Nabelritz:     H.  suhrimata. 
Interessant    und    wichtig    ist,    dass    auch    durch    die 
Zungenbewaffnung    sich  die   beiden  Reihen    deutlich 
und  wesentlich  unterscheiden,  indem  hei  der    ersten 


Ueber  die  Molliiskenfauna  der  Sudeten.  191 

Reihe  die  Znngenzähne  verschwommene,  abgerundete 
Contouren  zeigen,  während  sie  bei  der  zweiten 
Reihe  sehr  markirt  hervortreten;  auch  in  der  Form 
des  Mittelzahnes  finden  sich  Abweichungen,  so  dass 
auch  in  dieser  Hinsicht  H,  subrimata  sich  auf  das 
deutlichste  von  H.  diaphana  scheidet  und  sich  der 
H.  suhterranea  nähert.  Was  den  Aufenthalt  dieser 
Schnecke  anbetrifft,  so  lebt  sie  in  nicht  zu  feuchten 
Laubwäldern  der  montanen  Region,  bis  ziemlich  zur 
obern  Waldgrenze  hin,  zwischen  dem  abgefallenen, 
verwesenden  Laube  in  Gesellschaft  anderer  Hyalinen 
{radiatula,  -pura,  fulva),  kleiner  Helices  pygmaea, 
aculeata  etc.),  Piipen  und  öfters  auch  Carychium ; 
dass  sie  irgend  einer  Gesteinsart  den  Vorzug  gebe, 
habe  ich  nicht  bemerkt,  da  ich  sie  ebensowohl  auf 
Kalk,  wie  auf  Glimmerschiefer,  Granit  und  Basalt  an- 
traf. Unter  den  ihr  verwandten  Arten  ist  H.  subri- 
mata nicht  allein  im  Mährischen  Gesenke,  sondern 
in  der  ganzen  Sudetenkette  die  verbreitetste;  sonst 
findet  sie  sich  noch  in  den  Karpathen,  Siebenbürgen, 
Bosnien  und  den  Alpen  (namentlich  in  dem  östlichen 
Theile  derselben) ;  auch  in  den  Apenninen  scheint  sie 
aufzutreten,  doch  hatte  ich  von  hier  nicht  genügen- 
des Material  zu  einer  gründlichen  Prüfung  zur  Hand, 
die  um  so  nothwendiger  erscheint,  als  in  Italien, 
namentlich  dem  südlichen  Theile  und  Sicilien,  nahe 
verwandte  Arten  von  etwas  grösseren  Dimensionen 
aufzutreten  scheinen.  Folgende  Fundorte  kenne  ich 
im  Mährischen  Gesenke:  Fichtenstein  bei  Nieder- 
Lindewiese.  S'etzdorf.  Goldkoppe  bei  Freiwaldau ; 
zwischen  dieser  und  Kaltseifen.  Zeiskengrund  bei 
Freiwaldau.  Westseite  der  Bischofskoppe  bei  Zuck- 
mantel. Waidenburg,  im  Walde  nach  dem  Stech- 
graben zu;  zwischen  der  Petersbaude  und  dem 
Vatergraben,  im  Kessel.  Einsattlung  zw.  dem  Keper- 
nik  und  dem  Hockschar.  Fast  an  allen  Fundorten 
kommt  sie  gesellig  vor. 
23.  H,  subterranea  Bourg.  An  feuchten  Stellen  in  Laub- 
wäldern ;  ziemlich  gesellig  am  Stechgraben  bei  Waiden- 


192  Reinhardt: 

bürg.  Unterer  Theil  des  Kessels.  Ziemlich  zahlreich 
und  gross  noch  auf  der  ßrünnelhaide  an  der  äussersten 
Grenze  der  Waldregion. 

24.  H.  fulva  Drap.  Meist  gesellig  unter  Laub  und 
Steinen  bis  hinauf  über  die  Waldregion.  Spitzstein 
bei  Saubsdorf.  Goldkoppe  bei  Freiwaldau.  Zwischen 
Nieder-Lindewiese  und  Setzdorf;  Fichtenstein.  Am 
Stechgraben  bei  Waidenburg.  Unterhalb  der  Schafe-, 
rei  am  Vatergraben.  Unterer  Theil  des  Kessels. 
Am  Petersstein ;  auf  der  ßrünnelhaide.  Wölfelsfall 
(Grafsch.  Glatz). 

25.  H.  nitida  Müll.  Nur  im  Schlossgarten  bei  Freiwal- 
dau am  Rande  des  Schlossgrabens  von  mir  gefunden, 

VI.  Helix  L. 

26.  H.  pygmaea  Drap.  Ueberall  zwischen  Laub  und 
unter  Steinen;  sehr  gesellig;  geht  bis  hinauf  auf  die 
Kämme.  Spitzstein  bei  Saubsdorf.  Fichtenstein 
zwischen  Nieder-Lindewiese  und  Setzdorf.  Setz- 
dorf. Goldkoppe  bei  Freiwaldau;  zwischen  der 
Goldkoppe  und  Kaltseifen.  Hutberg  bei  ßuchelsdorf. 
Zeiskengrund,  bei  der  Kapelle.  Bischofskoppe. 
Köhlerberg  bei  Freudenthal.  Am  Stechgraben  ober- 
halb Waidenburg.  Unterer  Theil  des  Kessels  Peters- 
stein, ßrünnelhaide.  Zwischen  dem  Kepernikstein 
und  dem  Plockschar.  —   Wölfelsfall  (Grafsch.  Glatz). 

27.  H.  ruderata  Stud.  Gern  unter  der  Rinde  und  im 
Mulm  faulender  ßaumstümpfe;  geht  bis  an  die  obere 
Grenze  der  Waldregion.  Fichtenstein  bei  Nieder- 
Lindewiese.  Am  Stechgraben  bei  Waidenburg. 
Unterhalb  der  Schäferei  am  Petersstein  am  Wege 
nach  dem  Vatergraben.  Im  Kessel.  Ammichsteine 
(am  Hockschar). 

28.  H.  rotundata  Müll.  Unter  ßaumrinde,  Laub,  Steinen, 
an  alten  Gemäuern  und  dergl.  Geht  nach  meinen 
ßeobachtungen  nicht  so  hoch  als  vor,,  mit  welcher  sie 
mitunter  vergesellschaftet  vorkommt.  Meist  sehr  zahl- 
reich Spitzstein  bei  Saubsdorf.  Freiwaldau  im  Schloss- 
garten; Rejmanns  Anlagen.  Goldkoppe.  Zeisken- 
grund.     Gräfenberg.     Fichtenstein  bei  Nieder-Linde- 


üeber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  193 

wiese;  Setzdorf.  Am  Stechgraben  bei  Waldenbnrg. 
Einsiedel  bei  Wiirbenthal.  Gipfel  der  Bischofskoppe 
bei  Ziickmantel.     Goldenstein  am  alten  Schloss. 

In  Betreff  der  Angabe  Kolenati's^  dass  diese 
Art  am  Altvater  vorkomme,  s.  die  Bemerkung  oben 
S.  186. 

29.  H.  holosericea  Stnd.  In  Laub-  und  Nadelwäldern, 
meist  unter  Steinen;  vereinzelt.  I'is  an  die  Grenze 
der  Waldregion  hinaufgehend.  Spitzstein  bei  Saubs- 
dorf.  Goidkoppe  bei  Freiwaldau.  Ilutberg  bei  Bu- 
chelsdorF.     Zeiskengrund,  bei  der  Kapelle.      Grafen- 

'  berg,  an  der  Priessnitzquelle.  Fichtenstein  bei  Nicder- 
Lindewiese;  Setzdorf.  Endersdorf  bei  Zuckmantel. 
Ammichsteine.  Hoekschar.  Zwischen  dem  Keper- 
nikstein  und  Hoekschar.  —  Am  Wölfelsfall  (Grafsch. 
Glatz). 

30.  U.  per  Sonata  Lam.  Vorkommen  wie  vor.,  sehr  einzeln  ; 
nur  in  der  untern  Bergregion.  Spitzstein  bei  Saubs- 
dorf.  Fichtenstein  bei  Nieder -Lindewiese.  Setz- 
dorf.    Am  Stechgraben  bei   Waidenburg. 

31.  jET.  aculeata  Müll.  Unter  abgefallenem  Laub,  doch 
fast  nie  so  zahlreich  beisammen,  wie  in  den  Laub- 
wäldern der  Ebene.  Zwischen  der  Goldkoppe  und 
Kaltseifen.  Fichtenstein  bei  Nieder-Lindewiese  und 
zwischen  hier  und  Setzdorf.  Am  Stech  graben  ober- 
halb Waidenburg.  Bischofskoppe  (westliche  Seite). 
Im  Kessel.  An  der  letztgenannten  sehr  hoch  ge- 
legenen Lokalität  findet  sich  mit  der  Flauptart  und 
ungefähr  in  gleichem  Zahlenverhältnisse  mit  ihr  ein 
Blendling  von  bleichgrüulicher  Färbung,  muf.  viri- 
dida. 

32.  H.  Gostata  Müll.  An  trockenen,  grasigen  Stellen, 
häufig  auf  Kalk;  gesellig.  Nur  in  der  Hügelregion. 
Freiw^aldau,  im  Schlossgarten.  Spitzstein  bei  Saubs- 
dorf.  Fichtenstein  zwischen  Nieder- Lindewiese  und 
Setzdorf.     Goldenstein. 

33.  //.  ijulcitella  Müll.  Weniger  häufig  als  vor.,  mit 
der  sie  zusammen  vorkommt.  Setzdorf.  Zwischen 
Setzdorf   und    Nieder-Lindewiese    an    einem    Bache 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  18 


194  Reinhardt: 

Fichten  stein.     Zeiskengrund  bei  Freiwaldau,  an  einer 
kahlen  Berglehne. 

34.  H.  fruticum  Müll.  Gebüsche,  schattige  Waldstellen; 
vereinzelt  auftretend.  Ist  bis  an  die  obere  Wald- 
grenze verbreitet.  Spitzstein  bei  Saubsdorf.  Fich- 
tenstein bei  Nieder-Lindewiese.  Setzdorf.  Enders- 
dorf  bei  Zuckmantel.     Im  Kessel. 

36,  H.  granulata  Alder.  Diese  auch  von  H.  Rohrmann 
in  der  schlesischen  Ebene  gefundene  Art  (s.  Nach- 
richtsbl.  1871  p.  77)  fand  ich  bei  Einsiedel  unweit 
Würbenthai  an  einem  mit  Trümmern  von  Kalkstein 
und  mit  spärlicher  Vegetation  bedeckten  Abhänge 
in  wenigen  Stücken,  so  wie  ein  weiteres  Exemplar 
im  Schlossgarten  zu  Freiwaldau.  Die  Schnecke 
stimmt  ganz  mit  H.  sericea  Drap,  überein,  nur  dass 
sie  der  Haarbekleidung  entbehrt. 
{U.  hispida  L.  wurde  nicht  beobachtet.) 

36.  H.  Cobresiana  Alten.  In  Laubwäldern  am  Boden 
zwischen  dem  Laube;  vereinzelt  lebend.  Spitzstein 
bei  Saubsdorf.  Fichtenstein  bei  Nieder-Lindewiese. 
Setzdorf.  Rei wiesen  (nach  Seh oltz).  Bischofskoppe, 
östl.  Seite.  Brünnelhaide,  hier  bis  an  die  Grenze 
der  Baumvegetation  aufsteigend. 

37.  /f.  incarnata  Müll.  In  Wäldern,  unter  Steinen,  an 
Mauern.  In  Saubsdorf.  Spitzstein  bei  Saubsdorf. 
Freiwaldau,  Reymanns  Anlagen.  Gräfenberg,  bei  der 
Priessnitzquelle.  Zeiskengrund  b.  Freiwaldau.  Hut- 
berg bei  Buchelsdorf.  Fichtenstein  b.  Nieder-Linde- 
wiese. Setzdorf.  Endersdorf  b.  Zuckmantel,  ßischofs- 
koppe.  Am  Stechgraben  bei  Waidenburg.  Unterer 
Theil  des  Kessels.  (Zwischen  der  Schäferei  am  Pe- 
tersstein und  dem  Vatergraben?)  Brünnelhaide,  beim 
Herabsteigen  nach  der  rauschenden  Tess  (höchster 
beobachteter  Fundort).  Goldenstein,  am  alten  Schloss. 
—  Am   Wölfeisfall  (Grafsch.  Glatz.) 

38.  H.  carpatica  Friv.  {vicina  Rossm.,  iecia  Zgl.)  Im 
feuchten  Laube,  vereinzelt.  Nur  in  der  Vorgebirgs- 
region.     Spitzstein  bei  Saubsdorf.     Setzdorf. 


üeber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  195 

39.  H.  ohvia  Ziegl.  Nur  in  der  Nähe  der  Kalkbrüche 
bei  Setzdorf,  hier  aber  in  grosser  Menge. 

40.  H.  faustina  Ziegl.  *)  An  Felsen  und  Mauern,  auf 
Pflanzen  und  feuchtem  Laube,  sehr  geseHig.  Nur 
in  der  Vorgebirgsregion.  Spitzstein  bei  Saubsdorf. 
Fichtenstein  bei  Nieder-Lindewiese.  Setzdorf.  En- 
dersdorf  bei  Zuckrnantel.  Einsicdel  bei  Würbenthai. 
Am  alten  Schloss  zu  Goldenstein.  —  Wölfeisfall  in 
der  Grafsch.  Glatz. 

Diese  Art  findet  sich  zwar  meistentheils,  jedoch 
nicht  ausschliesslich  auf  Kalk  (z.  B.  nicht  an  den 
beiden  zuletzt  genannten  Fundorten). 

41.  H.  la^icida  L.  An  Baumstämmen,  Mauern,  Felsen, 
meist  ziemlich  gesellig.  Ist  in  der  obern  montanen 
Region  nicht  mehr  zu  finden.  Spitzstein  b.  Saubs- 
dorf. Gräfenberg,  an  mehreren  Stellen.  Hutberg 
bei  Buchelsdorf.  Fichtenstein  bei  Nieder-Lindewiese. 
Setzdorf.  Endersdorf  bei  Zuckmantel.  Einsiedel  bei 
Würbenthai.  Goldenstein.  —  Am  Wölfelsfall  (Grafsch. 
Glatz). 

42.  Ä  arhustorum  L.  Zwischen  abgefallenem  Laube, 
auf  Pflanzenblättern,  feuchtem  Moos,  an  Felsen. 
Unter  den  grösseren  Helices'  steigt  sie  am  höchsten, 
wird  jedoch  oben  vereinzelter  gefunden,  als  in  den 
tieferen  Regionen.  Spitzstein  bei  Saubsdorf.  Zeis- 
kengrund  bei  Freiwaldau,  auf  Pef«si/es-Blättern. 
Fichtenstein  bei  Nieder-Lindewiese.  Bischofskoppe 
bei  Zuckmantel.  Stechgraben  bei  Waidenburg.  Bei 
der  Schweizerei  am  Altvater  und  der  Schäferei  am 
Petersstein.  Auf  dem  Bärenkamp.  An  den  Ur- 
sprungsquellen der  Tess,  besonders  an  Adenostylium 


1)  Diese  schöne  Schnecke  sah  ich  in  Einsiedel  zusammen  mit 
Hei.  hortensis  als  Verzierung  an  Consolen  angewendet,  die  aus 
grossen  Baurapilzen  {Polyp orus- Arien)  hergestellt  waren.  In  der 
Nähe  von  Einsiedel  findet  sich  H.  faustina  nicht;  man  sagte  mir, 
dass  die  Exemplare  aus  dem  Zeiskengrunde  bei  Freiwaldau  stammen 
sollten,  doch  habe  ich  daselbst  die  Art  nicht  finden  können. 


196  Reinhardt: 

• 

alhtfr ons  (Kolenatl).  Briinnelhaide.  Kepernikstem. 
Hockschar.  Goldenstein,  im  Schlossgarten.  —  Am 
Wölfeisfall  (Grafsch.  Glatz). 

var.  albina,  von  durchscheinend  gelber  Farbe,   am 
obern  Rande  des  Kessels, 

43.  R.  hortensis  Müll.  In  Laubwäldern,  an  Felsen  und 
Mauern,  ziemlich  gesellig.  Spitzstein  bei  Saubsdorf. 
Fichtenstein  bei  Nieder-Lindewiese.  Setzdorf.  Gra- 
fenberg,  bei  der  Priessnitzquelle.  Endersdorf  bei 
Zuckmantel.  Am  Stechgraben  bei  Waidenburg. 
Goldenstein.  Selten  an  den  Ursprungsqucllen  der 
Tess,  nachKolenati.  Mit  Ausnahme  eines  zerbroche- 
nen Schalenrestes,  den  ich  auf  der  Briinnelhaide 
fand,  habe  ich  diese  Art  in  dem  oberen  Theil  der 
Bergregion  nicht  beobachtet.   * 

var.    mit   hyalinen  Binden:    1    Stück  bei  Setzdorf. 
(H.  nemoralis  L.  wnirde   nirgends  angetroffen.} 

44.  H.  pomatia  L.  Grasige,  schattige  Plätze,  gewöhnlich 
sehr  gesellig.  Bischofskoppe.  Endersdorf  bei  Zuck- 
mantel. Zwischen  Nieder-Lindewiese  und  Setzdorf 
und  bei  letzterem  Orte  sehr  viel.  Goldenstein,  im 
Schlossgarten.     Am  Wölfelsfall. 

VII.  Buliminus  Ehrenb. 

45.  jB.  montanus  Drap.  An  Baumstämmen,  Felsen  und 
unter  Steinen;  in  nicht  zu  grosser  Anzahl  beisammen; 
wurde  nur  in  der  Vorgebirgsregion  gesammelt. 
Spitzstein  bei  Saubsdorf,  Fichtenstein  bei  Nieder- 
Lindewiese.  Setzdorf.  Bischofskoppe,  Ostseitc.  En- 
dersdorf bei  Zuckmantel.     Einsiedel  bei  Würbenthai. 

VIIL  Cionella  Jeffr. 

46.  C.  Luhrica  Müll.  Bald  an  begrasten,  trockneren 
Stellen,  bald  auf  feuchteren  Wiesen  oder  zwischen 
feuchtem  Laub;  ziemlich  gesellig;  vorzugsweise  in 
der  unteren  Berg-  und  Hügelregion.  Freiwaldau, 
im  Schlossgarten.  In  Saubsdorf.  Spitzstein  bei 
Saubsdorf.  Nieder-Lindewiese;  Fichtenstein  bis 
Setzdorf.  Zeiskengrund  bei  Freiwaldau.  Köhler- 
berg bei  Freudenthal.      Goldenstein.     Ammichsteine 


üeber  die  Molluske ufauna  der  Sudeten.  197 

am  Hockschar.     Brnnnelliaide    (höchster  Fundort  an 
der  oberen  Grenze  der  ßaumvegetation). 

IX.  Piipa  Drap. 

Von  Torquülcn  wurde  im  ganzen  Gebiete  keine 
beobachtet;  ebenso  scheint  auffallender  Weise  P.  mu- 
scorum  zu  fehlen,  die  ich  trotz  eifrigen  Suchens  auch 
an  geeignet  scheinenden  Stellen  niigends  gefunden 
habe. 
47.  P.  minutissima  Hartm.  An  trockenen,  grasigen 
Plätzen,  sehr  gesellig.  Nur  in  der  Hügelregion. 
Spitzstein  bei  Saubsdorf.  Setzdorf.  Köhlerberg  bei 
Freudenthal.     Goldenstein. 

48i  P.  edentula  Drap.  Zwischen  abgefallenem  Laube 
und  unter  Steinen,  ziemlich  gesellig.  Durch  die 
ganze  montane  Region  bis  hinauf  zu  den  höchsten 
Spitzen.  Am  Stechgraben  bei  Waidenburg.  Fich- 
tenstein bei  Nieder-Lindewiese.  Unterer  Theil  des 
Kessels.  Petersstein.  Brünnelhaide.  Kepernikstein. 
Einsattlung  zwischen  Kepernik  und  Hockschar. 

49.  P.  aiitivertigo  Drap.  Auf  feuchten  Wiesen,  an  Bach- 
rändern; nur  in  der  Hügelregion.  Im  Zeiskengrund 
bei  Freiwaldau.  An  einem  Bachrande  zwischen  Nie- 
der-Lindewiese und  Setzdorf. 

50.  P.  pygniaea  Drap.  Wie  vorige  und  mit  ihr  zu- 
sammen. Zeiskengrund  bei  Freiwaldau ;  zwischen 
Nieder-Lindewiese  und  Setzdorf.  Hutberg  bei  Bu- 
chelsdorf, an  diesem  Fundorte  an  ziemlich  trockenen 
Stellen,  wie  diese  Art  sich  auch  in  der  Ebene  öfters 
an  trockenen,  begrasten  Abhängen  vorfindet. 

51.  P.  aljjestris  Aid.  Zwischen  abgefallenem  Laub,  unter 
Steinen,  meist  in  zahlreichen  Exemplaren;  von  der 
Hügelregion  bis  hinauf  auf  die  Kämme.  Spitzstein 
bei  Saubsdorf.  Setzdorf.  Zeiskengrund  bei  Frei- 
waldau. Petersstein.  Brünnelhaide.  —  Am  Wölfels- 
fall  (Grafsch.   Glatz). 

52.  P.  suhstriata  Jeffr.  Zwischen  vermoderndem  Laube 
in  der  montanen  Region ;  nur  in  vereinzelten  Stücken 
gefunden.  Zeiskengrund  bei  Freiwaldau.  Unterer 
Theil  des  Kessels. 


198  Reinhardt: 

r 

53.  l\  jpiinlla  Müll.  An  trockneren  Stellen  zwischen 
Laub,  in  der  Hügelregion;  lebt  gesellig.  Spitz- 
stein bei  Saubsdorf.  Goldkoppe  bei  Freiwaldau. 
Zeiskengrund  bei  der  Kapelle.  Hutberg  bei  Buchels- 
dorf.    Setzdorf.     Wölfelsfall  (Grafsch.  Glatz.) 

54.  P.  doiiohim  Brug.  An  trockenen,  grasigen  Stellen 
der  Hügelregion,  sehr  gesellig.  Setzdorf.  Golden- 
stein  bei  der  alten  Burg. 

X.  C 1  a  u  s  11  i  a  Drap. 

55.  C.  laminata  Mont.  An  Baumstämmen  und  Felsen 
durch  die  ganze  montane  Region  bis  an  die  obere 
Grenze  der  Baumvegetation;  gesellig.  Spitzstein  bei 
Saubsdorf.  Hirschbadkamm  oberhalb  Gräfenberg. 
Zwischen  der  Goldkoppe  und  Kaltseifen.  Fichten- 
stein bei  Nieder-Lindewiese.  Setzdorf.  Im  Kessel 
bis  ziemlich  weit  hinauf.  Häufig  unter  Steinen  und 
Moos  am  Altvater  und  Petersstein  (Kolenati). 
Zwischen    dem   Kepernikstein    und    dem    Hockschar. 

'  Ammichsteine.    —   Am   Wölfelsfall  (Grafsch.  Glatz). 

56.  C.  orthostoma  Menke.  An  Felsen,  seltener  an  Baum- 
stämmen, durch  die  montane  Region ;  gesellig.  Spitz- 
stein bei  Saubsdorf.  Fichtenstein  bei  JSieder-Linde- 
wiese,  Setzdorf.  Am  Stechgraben  bei  Waidenburg 
(kurze,  etwas  plumpe  Form).  Brünnelhaide  (höchster 
Fundort;  die  Exemplare  zeigen  ziemlich  starke  Strei- 
fung). 

57.  Cl.  biplicata  Mont.  An  Felsen,  Mauern  und  unter 
Steinen,  nur  in  der  untern  Berg-  und  der  Hügel- 
region; sehr  gesellig.  Spitzstein  bei  Saubsdorf. 
Freiwaldau,  Schlossgarten.  Hirschbadkamm  oberhalb 
Gräfenberg.  Fichtenstein.  Setzdorf.  Reiwiesen 
(nach  Scholtz).  Endersdorf  bei  Zuckmantel.  Ein- 
siedel  bei  Würbenthai.  Köhlerberg  bei  Freuden- 
thal. Stechgraben  bei  W^aldenburg.  Goldenstein 
am  alten  Schloss.     Am   Wölfelsfall  (Grafsch.  Glatz). 

58.  CL  plicata  Drap.  An  Felsen  der  Vorgebirgsregion, 
sehr  gesellig.  Fichtenstein  bei  Nieder-Lindewiese. 
Setzdorf.     Am  langen  Berge  bei  Setzdorf. 

59.  CL  ventricosa  Drap.      An  feuchten  Stellen  zwischen 


lieber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  199 

Laub  und  Moos.  Reiwiesen  (ucach  Scholtz).  Im 
Kessel.  Wölfeisgrund  (nach  A.  Schmidt,  krit. 
Gruppen  p.  12). 

60.  Cl.  tiimida  Ziegl.  var.  mmor  findet  sich  nach  A. 
Schmidt  (krit.  Gruppen  p.  14)  am  Wölfeisfall  in 
der  Grafsch.  Glatz  mit  voriger. 

61.  0/.  plicatula  Drap.  An  Felsen  und  Baumstämmen 
durch  die  ganze  montane  Region,  bis  über  die  Baum- 
grenze hinaus;  meist  gesellig.  Sie  ist  diejenige  Clausilia, 
welche  am  höchsten  aufsteigt.  Wie  schon  A.  Schmidt 
(krit.  Gruppen  p.  26)  bemerkt,  tritt  diese  Art  hier  in  einer 
eigenthümlichen  Modification,  von  gedrungenem,  bau- 
chigen Wüchse,  mit  feineren  Rippen  und  stärkerem 
Glanz  als  gewöhnlich  auf,  eine  Form,  die  in  den 
Karpathen  die  herrschende  ist.  Spitzstein  bei  Saubs- 
dorf.  Fichtenstein  bei  Nieder-Lindewiese,  Hirsch- 
badkamm oberhalb  Gräfenberg.  Bischofskoppe  bei 
Zuckmantel.  Am  Stechgraben  oberhalb  Waiden- 
burg. Im  Kessel.  Zwischen  der  Schäferei  und  dem 
Vatergraben.  Petersstein.  Brünnelhaide.  Zwischen 
Kepernikstcin  und  dem  Hockschar.  Ammichsteine.  — 
Am  Wölfelsfalle  und  höher  hinauf  im  Wölfeisgrunde. 

62.  CL  dubia  Drap.  An  schattigen  Felsen,  nur  in  der 
Vorgebirgsregion  gesammelt.  Am  Spitzstein  bei 
Saubsdorf  ziemlich  zahlreich.    Wölfelsfall,  vereinzelt. 

63.  Gl.  nigricans  Pult.  Wie  vorige  und  mit  ihr  an  den 
gleichen  Fundorten. 

64.  CL  cruciata  Stud.  {CL  pusüla  Ziegl.)  An  Baum- 
stämmen, bemoosten  Felsen,  unter  Steinen;  von  mir 
fast  immer  vereinzelt  gefunden  (wogegen  sie  Scholtz 
in  grossen  Massen  angetroffen  haben  will).  Sie 
scheint  die  obere  Bergregion?  vorzuziehen  und  steigt 
mit  Cl.  plicatula  bis  auf  die  höchsten  Kämme. 
Reiwiesen  (nach  Scholtz).  Hirsch badkamm  ober- 
halb Gräfenberg.  Karlsbrunn  (nach  S  choltz.)  Am 
Stechgraben  oberhalb  Waidenburg.  Im  Kessel.  Am 
Petersstein.  Auf  der  Brünnelhaide.  —  Im  höher 
gelegenen  Theile  des  Wölfeisgrundes  beim  Herab- 
steigen  vom  Glatzer  Schneeberg. 


200  Reinhardt: 

65.  CL  parmäa  Stud.      Nur  an    Kalkfelscn  bei  Setzdorf 
sehr  zahlreich. 

66.  GL  filograna  Ziegl.  Nur  an  g-rasigcn  Stellen  des 
Kessels  in  einigen  Exemplaren  gefunden. 

XI.  S  u  c  c  i  n  e  a  Drap.  ^ 

67.  S.  putris  L.  Nur  einmal  an  Steinen  im  Wasser  bei 
Dittershof  unweit  Freiwaldau   gefunden. 

68.  Ä'.  ohlonga  Drap.  An  grasigen  Abhängen  unter 
Hecken    am     Hutberg     bei     ßuchelsdorf    vereinzelt. 

Kolenati  charakterisirt  in  seiner  oben  citirten 
Fauna  des  Altvaters  eine  Varietät  dieser  Art  unter 
dem  Namen  var.  sudetica  Kolen.  folgendermassen: 
Gehäus  läüglich-eiförmig,  zugespitzt,  grünlieh-braun 
oder  braungelb;  wenig  glänzend,  sehr  fein  unter- 
brochen-querstreifig,  mit  4  Umgängen,  von  denen 
der  erste  äusserst  klein,  der  letzte  sehr  bauchig  ist; 
Mündung  schief  gerundet-eiförmig.  Länge  I-/3'"; 
grösste  Breite  V".  Häufig  im  Knoblauchbrünndel 
an  den  Ursprungsquelien  der  Mitteloppa,  zwischen 
Sinter  und  Schlamm,  am  Altvater. 

XII.  Gary  Chi  um  Müll. 

69.  C.  minimum  Müll.  An  feuchten  Stellen  zwischen 
Laub  und  Moos,  gewöhnlich  sehr  zahlreich  beisammen; 
geht  bis  in  die  montane  Region.  Im  Zeiskcngrund 
bei  Freiwaldau.  Zwischen  Nieder-Liudewiese  und 
Setzdorf  an  einem  Bachrande.  Am  Stechgraben  bei 
Waldenbnrg.  Im  unteren  Theil  des  Kessels.  Am 
Wölfeisfall  ^(Grafsch.  Glatz). 

XIII.  Pupula  Agassiz. 

70.  P.  polita  Hartm.  In  wenigen  Exemplaren  im  Buchen- 
walde oberhalb  Waidenburg  am  Stechgraben.  Am 
Wölfelsfall  (Grafsch.   Glatz). 

XIY.  Limnaca  Lam. 

71.  L.  sta(j)ialia  L.  Nur  in  einem  Tümpel  bei  Kunzcn- 
dorf  gegen  die  Ebene  hin  gefunden. 

72.  L.  mimcta  Drap.  Nasse  W^iesen  im  Zeiskcngrund 
bei  Freiwaldau.  Dittershof  bei  Freiwaldau.  Im  und 
am  Bache  an  der  Strasse  zwischen  Nieder^Linde- 
wiese  und  Setzdorf. 


üeber  die  Molliiskenfauiia  der  Sudeten.  201 

73.  L.  peregra  Drap.  Freiwaidaii,  im  Schlossgartcn. 
Im  Bache  zwischen  Niedei-Lindewiese  und  Setzdorf. 

var.  thcrniaiis  Boube.  Landecker  Thermen  (Grafsch. 
Ghatz,  S  choltz). 

74.  L.  ovata  Drap.  An  Steinen  in  der  Biele  bei  Freiwaldau. 

XV.  Phvsa  Drap. 

75.  F.  fohtinalis  Drap.  In  einer  mit  zahlreichen  Con- 
fervenfädcn  angefüllten  Quelle  bei  Landeck  (Grafsch. 
Glatz,  S choltz). 

XVI.  Planorbis  Müll. 

76.  PL  albus  Müll.  Zahlreich  im  Schlossgraben  bei 
Freiwaldau. 

77.  PL  leucostoma  Mich.  Mit  vor.  im  Schlossgraben  zu 
Freiwaldau.  Im  Graben  an  der  Strasse  zwischen 
Nieder- Linde  wiese  und  Setzdorf,  z.  Th.  an  Phryga- 
ncen-Gehäusen. 

XVII  Ancylus  Geoffr. 

78.  Ä.  fliwiatilis  L.  An  Steinen  in  der  Biele  bei  Frei- 
waldau; im  Zeiskengrunde  und  im  Bache  zwischen 
Buchelsdorf  und  Dittershof.  In  der  Biele  bei 
Schreckendorf  (Grafsch.  Glatz,  Scholtz). 

XVIll.  Hydrobia  Hartm. 

79.  //.  spec.  novl  Eine  kleine,  wahrscheinlich  neue 
Hydrobia  fand  ich  in  zwei  Exemplaren  im  Zeisken- 
grunde bei  Freiwaldau.  Die  Schalen  haben  ein 
kurzes  Gewinde  und  einen  sehr  grossen  letzten  Um- 
gang, der  dem  Gewinde  an  Grösse  gleichkommt,  wo- 
durch die  Form  derselben  kugelig-bauchig  wird  und 
an  die  einer  Valvata  erinnert.  Umgänge  sind  3  vor- 
handen ;  die  Nath  ist  tief,  der  Nabel  ziemlich  gross  und 
offen,  die  Mündung  fast  rund,  etwas  höher  als  breit;  der 
Mundsaum  geradeaus;  der  Deckel  sehr  dünn,  papier- 
artig. Höhe  kaum  P^Mm.,  Breite  1  Mm.  Ueberhaupt 
gleicht  die  Hydrobia,  abgesehen  von  der  geringeren 
Grösse,  auffallend  der  von  v.  Möllendorf  in  seinen 
Beiträgen  zur  Fauna  Bosniens  p.  59  beschriebenen 
H.  valvaiaeformls.  Da  ich  nur  zwei  Stücke  fand 
und  nicht  ganz  sicher  bin,  ob  dieselben  ausgewachsen 
sind,    so    unterlasse    ich    es    vorläufig,    ihnen    einen 


'2W.  ttiHiili.i  I dl.: 

N/iMM'ii    AM   ^'(ilxw),     hin   iiicli    (  jcIc^c.iiImuI     liiMlrl,    ciiio 
^rilHHoio   An/.iilil   von    Mx(mii|>1/umwi   am  pillftin. 
\l\.  l'iHidinin   l'IcilV. 

HO.  /'.    ftuili/HiJc    ri'oill.       I'V<'iv\'ul<hin,    im    S('IiI<»hh|,i;'i;iI)(mj. 
ZwiMrlicii  Nicdcir-LiiulcwIoMO  niul  Hol/(l<n  i  im  H/uIi  an 

|)i(^  v(>rHt(^lMMi(in  LiHl<^  (\vv  MolhiHkoii  drs  MHIhIhcIiom 
(loN(MiK<'M  woihI.  oino  voi  liIllliilMMmi(,NHi^  ^',(M'in;.';<^  Znl»!  vom 
WnHMonnolliiMkdii  »ml',  miioi'  HO  Ail.(^ii  imr  10.  DicMcu* 
OmhlniKi  iM.  ItMolil  <M'KlUrli('.li  (Inrc.li  drii  Mfio^rl  at\  shdioii- 
(l(Mi  ( )rw}(HH(>i  II,  (Irin  lil(^Minf;'M)tll^olll.lt(ll^  «l(-r  m(UHt(Mi 
WuMMinnrliiHicivcii.  I  )/i.H  (JcNdiilid  InI,  mcIh  K'irhlicli  1)0- 
w)Uh(^rl ;  mIm^i-  nlln  IüIcIk^  iimiihmiIIIcI)  in  ilircm  olx^roi) 
lidiilV,  hIiiiI  iniHMomI  und  ^'CHhiitc^n  (IohIwiH)  dnn  M(>IIiihI((mi 
koiiHMi  AufiMitiuilt.  So  lindoit  Hicli  WaNNiMMiHdliiiduMi  riHl, 
d(i,  wo  dio  (i(^w)lHH(M'  «MMiMi  111  li i/i^tnciü  Liiuf  nn/^'cnomnicii) 
h/d»on,  d.  li.  in  dnn  nicjjcirn  llrr^i(>^';ion<ni.  Der  woitoi'o 
IVI/m^(d  i\M  lomdiliMi  Wii^Hon  HtdilioNNl,  (li(\j(ini;;(Mi  Ait(Mi 
H«iN  oder  iniM'hi  mh^  wiMii^HlrtiH  /n  S^dliuiliritcn,  v\(dcli(^ 
anl  ditvMMi  iliio  Liiddin^Hplilixo  lialtrn.  S(»  f'iddt  /.  lt. 
^}(n/li(di  Ih'fi.r  ruhii/i/nmti  und  t>i((U)in<ui  rjt'ijlrri;  mmv 
Nvcni^o  l''nndoil<^  ImiImmi  Arh'ii,  wir  iSff.fuu'ticd  fUflnn,  llya- 
litut  nilida,  /*///'rr  <t/ihrcrl it/o  niul  />if</ni<i<<(  /uiC/n W(MH(^n. 
II)tnli;><M'  Html  dio  AiI(mi,  \v(d(lio  ilirrn  AiiriMiilwill  an 
hocKnoKMi  ()il<Mi,  an  ^►••'"''•^^"•'  jjrluum,  ^lnl<^^  llcckon, 
/in  nllrm  ( JoinlInfM'  n.  H.  Nv.  ihIiiihmi,  \vi<^  l'itriim  /c/iNniih.f 
Ihlitl.  <'i-//<tn'n,  llr/iiV  rvluiidadt,  (uinhihi,  intU^hrlldj  tihfu'a^ 
hortrutiia,  junnttiia,  (^iont^lht  /((hrioit,  Ptf/xt  ininKtit<t*iiHitt 
i/o/io/unt,  (!laitnHiti  Ji/o(/r(wn,  Sitoointui.  i>h/<>/n/<i;  dotdi 
wiM'diMi  /iiicli  aiiH  di<'M(^r  Ornppo  olni^i^  AiltMi  voiiniMHl, 
HO  nainonllicli  llr/.  hin/n'iitt  und  rt(/Ki  iin/fn'orfnn,  di(^ 
noiinI  f^crado  /n  di^n  ;,'(nvJ)lmli(ihNlon  liowcduM  rn  .stdchof 
Orlr  ;';<diiinMi;  violl<Mrlil  hat  dlrn  HJMni^n  ( i rnnd  mit  daiin, 
daMM  al<(^  llnr/^rnimMi  im  (  {<»m<miKo  imcIiI  Hidlonnind;  iidi  IwiIm^ 
nur  t^in«'  1mm  ( ioldciiHU^in  an^c^lrolVon.  Am  /aldriMcIiHlon 
Mind  die  Laiil)  nnd  l^'rlNHcluM'olvon  v(Mli(>ltMi,  und  sio 
Itildt^n  denn  nnrli  diiN  (ipoh  dct-  ;.!:<\samm(('n  l'anna ;  idt^r- 
hcr    Hind    /m    roohnrn     dio    moiaU>n     NacktHtdinoidvOn,     dio 


Ifnl.cr    dir    Moll.lMKriir.Mnil.    .Irr    Sudrl.Ml.  208 

I lya/üftn^  vij^lo  i/r/inrH^  HhIiiuuh  inmilit uuti,  dio.  I  rrli(jO- 
Arh'ii  imhI  die  (!/nuni/ini.  Iliir  VciIh  ••ilijii«^  durch  <ln,H 
(h^Ih"(iI  IhI  riiHi  /icinlicli  ^InicIniuiHHi^''")  <l<'<'l»  werden  <li« 
lüillvdlHlil(l(^  von  iliiKni  lM'V(H/,ii^t.  Ilicir  liiiu^<'n  (lio 
Claunt/tm  in  virici»  Aifcn  und  /alilloHon  liHlivi<ln<n  nn 
<lrn  l'VlHwHndrn;  Ihl.  /a.i>i.ci.J(i,  /nt/oHrrixwa, J nnatinUy  uHuir- 
tmia  /^('Hcllrn  Hich  \\\\\v\\  zu,  willncml  //.  /fcrHonala  hIcI» 
lirlx'i-  unirr  dir.  Siriiic  /ui  ii<kzi(  !il.  und  //.  (Utr/fatioa  und 
CohrtHKiiKt  jiuC  dem  /ili^j^rrnllcncn,  rcu«dil<'n  I^iiuIm^  utulior-^ 
kii<'(rli<'n  ndcr  nirli  dn/wiailirn  vciHtr.cluwi.  Wenn  nun 
,'iu<li  dicHC  y\i((Mi  vni /Uf'H\v(UH(i  niif  luilk  vnikdiurnrn,  ho 
nind  sir  dorli  nir.hl  miish(  lilIi'MHlicIi  /m  liin  ^(diundcn  ;  virl- 
inrlii'  will  icli  Jiusdi  iicklicdi  licrvoilirlieu,  duHs  i<di  /..  B. 
II.  fdUHluKi  Hiicli  ;iur()ln<'iH  (( {(ddcnsfcin,  WüirclHlnll), 
//<•/.  (!<>hrfsi,(fn(t  n\H'\\  auf  'riion.siliicTrf  ( I  )iHcliorMlco|i|>(i) 
.in^cli  oUru  linl)(\  Dir  ( IcHfcinsnil.  Iiaf,  »luf  dnn  Voikoininrn 
(In  MolluHlum  IjJicIiHtcuM  rinrn  inill(II»;ii cn  Min(luHM,  inuo- 
Irin  hIt  uKrulicIi  di<i  Vc/i^rlMlion  hrcinlluHnt, ;  nur  liiwAx 
dic^Hcr  ri(d»h',n  niid»  dld  McdluHkcn  und  (in^i'.u  woni^  nacdi 
(ior  |)ot,i'o^rft|)hiH(  ln'n    lic  HcliaJlVnlM'il   <I('m   r.o<l<iiH. 

n«d)(',r  dio  VcrllM'ihin;^  der  Mollu.-tk<Mi  niMdi  <I<mi 
IIüIkmi  JHt  fol^<*nd<'M  /AI  l»(in<'ikcn.  Am  Ihm  linlrn  H<dicin(. 
Vürina  rlinKja.hi  Muf/UHtoi^cn ;  h\{\  ihI,  von  tnir  no<li  .'lul 
d(!r  IiImIihIcu  KupjM',  d(!H  AllvjihuH  /^(d"und(^n  woidrn. 
Sonnl,  linden  siel»  in  der  h/i.undoHen  I(i'|;Ion  von  v.  lOOO' 
aulw/iilH  nocli  folgende  y\i(en;  Arimi  Hf/.hj UHCifn,  Lvmax 
ni,(i.r(jui(il K,H^  Ih/dliiifi  Vitd ialit.ldy  iiiluluJd  v/if.  tillnna^  fuliHlf 
lli'li..r,  pyiiuuit'dy  (irhHHiorinn j  l^ufni.  tul/'/ituhtf  fz//>'HlriHf  (Unil- 
Hi.lut  jdioaluJftj   orn.i'.uihi.. 

y\lle  dIcHe  Allen  kommen  aueli  in  der»  llrjerei»  lt<i- 
/^ione.n  vol.,  .40  dan.M  die,  l»/iumloH(5  (Muhal|»ine)  Ke^'ion  düH 
<iOH(Uik(m    Keine    eif_';(',nt  liiinilicli«',    All.   .'1.111/11  weiH<',n    li.if. 

Mit  <lem  He;.',inn  d(M  iJniimre^ion,  /unH<li.Ml  nller- 
din^M   Str/iu(  ljn|j;ion,  Hiellen    niidi    lol/^n-nde,    Arien   ein: 

Arüni  riifuHf  lidrlrnHiH^  hiinnx  (u./irrci/n^  iuncrro- 
niij<r,  VilriiKi  prUncüldj  Hydlina.  jtuvdf  Huhrirndld,,  nuhlrr- 
rantfiy  II  r/ix  riidf'.rdlftj  lioloHirtCrd^  anuh  at(i  <;.  var.  nirldiilof 
( lohrrsidnd^  J rHlümm^  dioiirlld  lithrir.n^  rttjxi  Hithniriahi, 
OiaUöiiia      /aitmidfd,       or-l/iotifrmKt,       nmfricoHay     Ji/.0(/ra/ni, 


204 


Reinhardt: 


Carychiitm  minimum.  Dieser  oberen  Bergregion,  etwa 
zwischen  3000' — 4000',  ist  nur  Hei.  aculeaia  var.  viridula 
eigenthtimlich;  alle  übrigen  Arten  finden  sich  in  der  fol- 
genden Region  wieder.  In  dieser  untern  Bergregion, 
von  3000 — 2000'y  treten  zu  den  obigen  Arten  nur  w^enige 
hinzu,  hauptsächlich  Arion  melanocejphalus,  himax  tenel- 
lusy  Hei.  rotmidata  (H,  ruderaia  wird  selten),  ])ersonata, 
lapiciday  incarnata,  Clausilia  hiplicataj  Fupula  ficsca.  Von 
2000'  abwärts^  in  der  Vorgebirgs-  oder  Hügolregion, 
treten  endlich  hinzu:  Limax  acfrestia^  laevis,  Hyaliiia  cel- 
lariaj  glahra,  nitens,  nitida^  Helix  costata,  ptdchella,  gra- 
niilata,  carpatica,  obvta,  faustina,  pomatia,  Bulimus  mon- 
tamts,  Fupa  minutissima,  antivertigo,  pygmaea,  piisilla,  do- 
liolunty  Clausilia  plicata j  tumidaj  dubia,  nigricans ^  farvtßAa, 
die  SuGcineen  und  die  Wasserschnecken. 

Die  nachstehende  Tabelle  soll  die  Uebersicht  über 
die  in  den  einzelnen  Regionen  vorkommenden  Arten  er- 
leichtern. 

I. 

Tabelle  der  Mollusken  des  Mährischen  Gesenkes, 

mit  Angabe  der  Höhenzonen,  in  denen  sie  vorkommen. 


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Namen, 


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1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 

18 

14 

15 


Ar/on  ruf  US 

»       suhfuscus 

»       hortensis 

»  melanocephalus 
Limax  cinereo-niger  . . 

y>       cinereus  ...... 

»       marginatus . . . . 

»       agrestis 

»       tenellus 

i       laevis  ........ 

Daudehardia  brevipes 

»  rufa  . . . 

Vitrina  elongata 

»  pellucida  . . . . 
Hyalina  cellaria  . . . . . 


Ueber  die  Molluskenfauua  der  Sudeten. 


205 


Namen. 


üfllose  (subal- 
e)   Region, 
ber  4000' 

Obere 

Bergregion,  zw. 

3000—4000'. 

Untere 
gregion,  zw. 
ÖO— 3000'. 

■äs 

es   o, 

O    Ö 

1. 

2. 

3. 

4. 

4 

2 

3 

4 

2 

3 

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3 

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4 

2 

3 

4 

2 

3 

4 

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. , 

3 

4 

, . 

4 

Hyalina  gldbra 

T>        radiätula 

»        piira 

»        jiitens 

B         nüidula 

»  var.  älbina 

»         diaphana 

»         subrimata 

>        subterranea 

»        /"wZtJa 

»         nitida 

iZeZiOJ  pygmaea 

»      rüder  ata 

»       rotundata 

»       holoserica 

»      personata 

>  aculeata 

1)  B       var.  viridula 

B       costata  

»      pulcJiella 

»      fruticum 

»      granulata 

»       Cobresiana 

»       incarnata  

»       carpatica 

»       o&V2a 

B      faustina 

9       lapicida 

>  arbustorum 

»       hortensis 

B      pomatia 

BuUminus  montanus 

Cionella  liibrica 

Pupa  minutissima 

B       edentula 

B       antiVertigo 

B      pygmaea 

»       alpestris 

»       substriata 

B      pusilla 

B       doliolum 

Clausilia  laminata 

j>         orthostoma 

»         hiplicata 

»        plicata 


206 


Reinhardt: 


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Namen. 


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61 
62 
63 
64 
65 
66 
67 
68 
69 
70 
71 
72 
73 
74 
75 
76 
77 
78 
79 
80 
81 
82 
83 


Clausula  ventricosa. 

»  tumida  . . . 

»  plicatula . . 

»  dubia  . . . . 


»         nigricans  . . . 

»         cruciata  .... 

B        parvula 

»  ßograna. . . . 
Succinea  putris 

D         oblonga 

»  var.  sudetica 
Carychium  minimum  . . 

Pupula  poUta 

Limnaea  stagnalis 

>         minuta 

»        peregra    

»         ovaia 

Planorhis  leucostoma  . . 

T>        albus 

Physa  fontinalis 

Äncylus  fluviatiUs  .... 

Hydrobia  sp 

Pisidium  fontinale .... 


Summa 


13  34 


34 


74 


Die  Tabelle  zeigt  den  auffallenden  Reichthiim  der 
Hügelregion  gegenüber  den  andern  Regionen.  Von  den 
74  Arten,  die  in  der  Hügelregion  gefunden  sind,  gehen 
nur  29  in  die  untere,  ebensoviel  (29)  in  die  obere  Berg- 
region und  nur  10  in  die  subalpine.  Eigenthümlich 
sind  der  Hügelregion  von  den  74  Arten  39,  die  zum 
grössten  Theil  bereits  oben  aufgezählt  wurden.  Zu  den 
29  Species,  die  aus  der  Hügelregion  in  die  untere  mon- 
tane Region  übergehen,  treten  in  dieser  nur  5  hinzu, 
Arion  melanocepkalus,  Limax  cinereusy  tenellus,  Hyalina 
subterranea,  Clausula  cruciata.  Da  die  4  ersten  an  andern 
Orten  auch  in  der  Ebene  gefunden  werden,  so  ist  cha- 
rakteristisch nur  das  Hinzutreten  der  Clausula  cruciata, 
welche  auch  durch  alle  folgenden  Regionen  zu  finden  ist. 


Ueber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  207 

In  der  oberen  montanen  Region  treten  nur  Hei.  aculeata 
var.  viridula  und  Olausilia  fitograna  als  neu  hinzu  (letz- 
tere an  andern  Orten  auch  bis  zur  Ebene  hinab  gefunden), 
-während  Arion  melaiioce'plialuSj  Lijuax  tenellus  und  He- 
Ux  rotundata  wieder  verschwinden.  In  der  obersten  Re- 
gion endlich,  in  welcher  alle  Arten  des  vorhergehenden 
Gürtels  bis  auf  11  verschwinden,  treten  nur  2  Varietäten 
früher  schon  vorhanden  gewesener  Art  auf,  nämlich 
Hyalina  nitidula  var.  alhina  und  Succinea  oblongaYar.  sude- 
tioa. 

II.  Die  Glatzer  Gebirge. 

Diesen  Theil  der  Sudeten  kenne  ich  aus  eigener 
Anschauung  nicht.  Angaben  über  die  Molluskenfauna 
desselben  liegen  nur  sehr  spärlich  vor;  ich  beschränke 
mich  darauf,  dieselben  nach  Scholtz  hier  zusammenzu- 
stellen : 

1.  Arion  rufus  L.  „in  der   Grafschaf  Glatz.*' 

2.  Vitrina  elongata  Drap.  Heuscheuer,  Fern  ssac,  vergl. 

Nachrichtsbl.  1870  p.  66. 

3.  —       c?^V^p//a7^a  Drap.  Grunewalder  Thal  bei  Reinerz. 

4.  Helix  incarnatu  Müll.  Grafschaft  Glatz. 

5.  —    faustina  Ziegl.  bei  Habelschwcrdt  auf  Nesseln 

und  Tussüago    Petasites  L. 

6.  —     lapicida  L.  am  Fusse  eines  Kalkgebirges  bei 

Erbersdorf. 

7.  BuUmitius  detritus  Müll,  am  Fusse  der  hohen  Mense. 

8.  Pupa  frumeniwm  Drap,  „im  Glätzischen.*' 

9.  —    minutissima   Hartm.  an    den    Kalkbrüchen    der 

Wiedekuppe  zwischen  Mölling  und  Eisersdorf 
unfern  Habelschwerdt. 

10.  Clausula  ornata  Ziegl.  an  Kaljvfelsen  am  Hausberge 

bei  Mölling  unfern  Habelschwerdt. 

11.  —        bipUcata  Mont.  um  Reinerz. 

12.  —        plicatula  Drap.  Grafschaft  Glatz. 

13.  —        cruciata  Stud.  Grafsch.  Glatz. 

So  gering  die  Anzahl  der  hier  gesammelten  Arten 
auch  ist,  so  sind  diese  doch  geeignet,  ein  hohes  Interesse 
in  Anspruch    zu  nehmen,    indem  einzelne,    wie  Clausula 


208  Reinhardt: 

ornata,  in  dem  ganzen  Sudetenzuge  nur  hier  vorkommen, 
andere,  wie  B21L  detritus  und  Pupa  frumentum,  fast  nur 
in  diesem  Theile  gefunden  wurden.  Jedenfalls  verspricht 
die  genauere  Durchforschung  dieses  Gebietes  noch  inter- 
essante Aufschlüsse  über  Vorkommen  und  Verbreitung 
gewisser  Arten.  

111.  Das  Euleugebirge 

ist  ein  von    S.  O.    nach    N.   W.    streichender  Gebirgszug 
mit  entschiedener  Kammbildung,  der  am  südlichen  Ende 
von  den  Ausläufern  des  Mährischen  Gesenkes  durch  den 
Neissedurchbruch  bei  Wartha  abgegrenzt  wird,  im  Norden 
aber  an  das  Waldcnburger  Gebirge  stösst,   von  welchem 
ihn   die    Weistritz    trennt.      Seine    höchste  Erhebung    ist 
die  hohe  Eule  (3160').     Das  Hauptgestein  in  diesem  Ge- 
birge ist  Gneis;  die  Bewaldung,  welche  bis  zu  den  höch- 
sten   Punkten    aufsteigt,    besteht    zumeist    in    Nadelholz 
(über  die  Vegetationsverhältnisse  s.  Sadebeck  in  d.  Ver- 
handl.  d.  bot.  Vereins  f.  d.  Prov.  Brandenburg  VT.  p.  138  ff). 
Malakologisch    ist    das    Gebirge    so    gut    wie  unbekannt; 
nur  von    3  Punkten,    die    noch    dazu    an    den    äussersten 
Grenzen  liegen,  sind  Fundortsangaben  bekannt  geworden: 
von    Wartha   an   der  Südgrenze   und    von  Gnadonfrei    im 
Osten    (c.   950'   hoch,    also   fast  schon  in  der  Ebene),    an 
welchen  beiden  Punkten  v.  0  h  a  r  p  e n  t  i  e  r  beobachtete,  end- 
lich von  der  Kyhnsburg  und  dem  Schlesierthal  im  Norden, 
wo    das  Eulengebirge    mit    dem    Waldcnburger   Gebirge 
grenzt.      Letztere    Angaben,     von  Scholtz    herrührend, 
sind  in   neuerer   Zeit    von  Rohrmann    (Eine    Excursion 
ins  Riesengebirge,    im    Nachrichtsbl.    d.    deutsch,    malak, 
Ges.  II,  1870  p.  172  ff.)    bestätigt    und  durch  einige  neue 
ergänzt  worden.      Rohrmann's  Funde    sind    durch    ein 
beigesetztes  R.   in  dem    folgenden    Verzeichnisse    kennt- 
lich gemacht. 

1.  Arion  empiriconim  Fer.  var.  ater.  Schlesierthal;  Kyhns- 

burg. 

2.  Daudebardia  brevipes   Drap.  Schlesierthal. 

3.  Vitrina  diaphana  Drap.  Schlesierthal ;  Kyhnsburg  R. 

4.  —      pelluGida    Müll.  Kyhnsburg    R,    Gnadenfrei. 


Üeber  die  Molluskenfaima  der  Sudeten.  209 

5.  Uyalina  cellaria  Müll.  Kyhnsburg  R. 

6.  —  glabra  Stud.  Kyhnsburg  R. 

7.  —  radiatula  Aid.  Schlesierthal  R. 

8.  —  pura  Aid.  Scblesierthal  R. 

9.  —  nitidula  Drap.  Schobergrund  bei  Gnadenfrei. 

10.  —       crystallina  Müll?  Gnadenfrei. 

11.  —       diaphana  Stud.?  Kyhnsburg. 

Ich  führe  die  beiden  vorhergehenden  Species  mit 
Fragezeichen  an,  weil  zu  der  Zeit,  als  Scholtz  schrieb, 
weder  H.  subterranea  noch  H.  subrimata  unterschieden 
waren. 

12.  Hyalina  subterranea  Bourg.  Schlesierthal  R. 

13.  —       fulva  Drap.  Kyhnsburg  R. 

14.  Helix  rotundata  Müll.  Kyhnsburg  R.  Gnadenfrei. 

15.  —  obvoluia  Müll.  Kyhnsburg. 

16.  —  personata  Lam.  Kyhnsburg. 

17.  —  strigella  Müll.  Kyhnsburg  R. 

18.  —  hispida  L.  ura  Gnadenfrei  unter  Erlen. 

19.  —  incarnaia  Müll.  Kyhnsburg  R. 

20.  —  carpatica  Friv.   Kyhnsburg  R. 

21.  —  carthusianella  Drap,  in  der  Gegend  von  Gna- 

denfrei. 

22.  —      obvia  Ziegl.    Kyhnsburg.        Scholtz     nennt 

diese  Art  Li.  ericetorum;  ich  glaube  jedoch 
nicht  zu  irren,  wenn  ich  in  Anbetracht  der 
Verbreitungsbezirke  dieser  beiden  Arten  an- 
nehme, dass  hier  von  Scholtz  eine  Ver- 
wechselung beider  begangen  ist.  Auch  im 
Mährischen  Gesenke  und  im  östlichen  Böhmen 
findet  sich  nur  H.  obvia. 

23.  —     faustina  Ziegl.  Wartha. 

24.  —      lapicida  L.  Kyhnsburg^  R.  Wartha. 

25.  —      hortetiais  Müll.  Kyhnsburg  R. 

26.  Buliminus  montanus  Drap.  Kyhnsburg  R.  Gnadenfrei. 

27.  —  detritus  Müll.  Kyhnsburg. 

28.  Cionella  lubrica  Müll.  Kyhnsburg. 

29.  Clausilia  laminata  Mont.    Kyhnsburg    R.      Im  tiefen 

Grunde  bei  Gnadenfrei. 

30.  —         orthostoma  Menke.  Kyhnsburg  R. 

Archv  für  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1    Bd.  14 


210  Reinhardt: 

31.  Clausula  hiplicata  Mont.  Kyhnsburg  R. 

32.  —        plicata  Drap.  Wartha. 

33.  —        ventricosa    Drap.     Gnadenfrei^    im    tiefen 

Grunde. 

34.  —        plicatula  Drap.  Kyhnsburg. 

35.  —         duhia  Drap.  Kyhnsburg. 

36.  —         parvuld  Stud.  Kyhnsburg  R.      Bei  Wartha. 

37.  —        filograna  Ziegl.  Kyhnsburg. 

38.  Succinea  ohlonga  Drap.  Unter  Weiden  an  der  Feld- 

bach bei  Rothenhof  bei  Gnadenfrei. 

39.  Limnaea  mtnuta  Drap.    Im   Graben  am  Wege    nach 

dem  Lukashofe  bei  Gnadenfrei. 

40.  —         peregra  Drap.    Schlesierthal  R.  In  der  Wei- 

stritz  bei  Kyhnau.  Dittmannsdorf  zw.  Kyhnau 
und  Fürstenstein. 

41.  —        ovata  Drap.  Mühlenteich  unterhalb  Haunold 

bei  Gnadenfrei. 

42.  Tlanorhis  nitidus  Müll.  Oberster  Teich  in  Peilau  bei 

Gnadenfrei. 

43.  Physa  fontinalis    Drap.     Bei  Gnadenfrei  im  Gi'aben 

am  Wege  nach  dem  Lukashofe. 

44.  —      hypnorum  Drap,   mit  der  vor. 

45.  Pisidium   fontinale    Pfeiff.     Schlesierthal,     in     einer 

Quelle  R. 

46.  Ä7iodonta.  cygnea  L.  bei  Gnadenfrei. 

Die  interessanteste  Schnecke  dieses  Gebietes  ist 
jedenfalls  Helix  carthusianella,  die  an  keinem  andern 
Punkte  der  Sudeten  wieder  auftritt  und  auch  in  den  un- 
mittelbar an  die  Sudeten  grenzenden  Ländern  (Schlesien, 
Galizlcn,  Mähren,  Böhmen)  nirgends  gefunden  ist.  Mit 
dem  Mährischen  Gesenke  hat  die  Eule  ausser  andern 
gewöhnlicheren  Arten  Daudebardia  brevipes,  Hyalina 
glahrtty  Heiix  carpatica,  faustina  und  ohina  gemeinsam, 
mit  dem  Glatzer  Gebirge  Buliminus  detritus.  Der  ver- 
hältnissmässige  Reichthum  an  WassermoUuskcn  (8  unter 
46),  die  fast  alle  bei  Gnadenfrei  gesammelt  sind,  hängt 
wohl  mit  der  Nähe  der  Ebene  und  dem  dadurch  be- 
günstigten Auftreten  stehender  oder  wenigstens  ruhigerer 
Gewässer  zusammen. 


Ueher  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  211 

lY.  Das  Zobtengebirge. 

Die  Molluskenfauna  des  Zobten  habe  ich  in  einem 
früheren  Aufsatze  im  Nachrichtsblatt  d.  deutschen  malak. 
Gesellsch.  II.  1870  p.  185  ff.  ausführlich  geschildert.  Da 
mir  seitdem  neue  Beobachtungen  über  diesen  Theil  der 
Sudeten  nicht  bekannt  geworden  sind^  so  verweise  ich 
auf  diese  Abhandlung.  Bemerken  will  ich  nur  noch,  dass 
das  von  mir  p.  188  erwähnte  Pisidium  in  der  That  mit 
P.  roseum  Scholtz,  namentlich  mit  den  grösseren  Formen, 
die  ich  bei  der  Wiesenbaude  sammelte,  übereinstimmt. 
Die  Liste  der  auf  dem  Zobten  vorkommenden  Mollusken 
findet  man  weiter  unten  in  der  Uebeisichtstabelle  IV. 

V.  Das  Waldenburger  Gebirge. 

Von  diesem,  einem  Berglande  ohne  Kammbildung, 
dessen  höchste  Spitzen  kaum  3000'  erreichen,  ist  nur  der 
östliche  Theil,  namentlich  die  Umgebung  von  Salzbriinn 
bekannt;  vorzugsweise  ist  der  viel  besuchte  Fürstensteiner 
Grund,  ein  schmales,  tief  in  die  Grauwackenfelsen  einge- 
schnittenes Thal,  dessen  Sohle  der  Hellebach  durch- 
rauscht, auch  malakologisch  sehr  ergiebig,  was  ich  aus 
eigener  Anschauung  bestätigen  kann.  Ausser  von  diesem 
und  einigen  anderen  Punkten  in  der  Nähe  von  Salzbrunn 
existiren  noch  Angaben  über  V^orkommnisse  bei  Char- 
lottenbrunn (Scholtz)  und  von  Burg  Neuhaus  (Melaphyr) 
in  der  Nähe  von  Dittersbach  (Rohrmann  1.  c.)  Alles 
zusammengestellt,  ergiebt  sich  für  das  Waldenburger 
Gebirge  folgende  Liste  von  Mollusken: 

1.  Arion    empiricorum     Fer.    var.  ater.    Burg    Neuhaus 

(Rohr  mann). 

2.  Limax    einer eo-nig er    Wolff.    Fürstensteiner   Grund. 

3.  —       marginatus  Müll,  ebenda. 

4.  DcQidehardia    rufa     Drap.      Fürstensteiner      Grund 

(Scholtz). 

5.  Vitrina  elongata  Drap.  Fürstenst.  Grund  (Sc  hol tz). 

6.  —       jjellucida  Müll,  ebenda. 

7.  Ryalina  cellariaM.Vi\\,  Fürstenst. ;  Zeisburg  (Scholtz). 

8.  —        glahra    Stud.    An    Mauern    der   alten    Burg 


212  Reinhardt: 

zu    Fürstenstefn  (Scholtz,    Rohrmann). 
Zeisburg  (S  c  h  o  1 1  z). 
9.   Hyalina    radiatula      Aid.     Fürstenstein.      Zeisburg 
(Scholtz). 

10.  —        pura  Aid.  Fürstensteiner  Grund. 

11.  —         mWc/w/a  Drap,  ebenda.  Zeisburg  (S  c  holt z). 

12.  —         diaphana   Stud.    (!)  Fürstensteiner    Grund. 

13.  Helix  pygmaea   Drap.    Bei    Salzbrunn     (Scholtz). 

Fürstensteiner  Grund. 

14.  —      rotundata  Müll.  Fürstensteiner  Grund.     Zeis- 

burg (Scholtz). 

15.  —      ohvoluta    Müll.    Fürstensteiner   Grund    (nach 

Rohrmann).    Zeisburg  (S  c ho  Itz). 

16.  —      holoserica  Stud.   Fürstensteiner  Grund. 

17.  — -      personata  Lam.    Fürstensteiner  Grund;    Zeis- 

burg    (Scholtz).      Burg    Neuhaus    (Rohr- 
mann). 

18.  —      aouleata    Müll.    Fürstensteiner    Grund.      Auf 

dem    langen  Berge    zwischen  Donnerau    und 
demHornschlossbeiCharlottenbrunn(Scholtz). 

19.  —      fruticum    Müll.    var.    fasciata.     Fürstenstein 

(Scholtz). 

20.  —      incarnata  Müll.  Fürstensteiner  Grund.      Salz- 

grund  (Rohrmann).      Zeisburg    (Scholtz). 
Burg  Neuhaus  (Rohr mann). 

21.  —      car^aficaFriv.FürstensteinerGrund  (Scholtz). 

Salzgrund  (Rohr mann). 

22.  —      lapicida  L.  Fürstensteiner  Grund.     Salzgrund 

(Rohrmann).     Zeisburg    (Scholtz).     Burg 
Neuhaus  (Rohr mann). 

23.  —      arhustorum  L.  Fürstensteiner    Grund.      Salz- 

grund (Rohr  mann). 

24.  Buliminus   montanus     Drap.    Fürstensteiner    Grund 

(Scholtz).     Zeisburg  (Scholtz).     Burg 
Neuhaus  (Rohr mann). 

25.  —  ohsGurus  Müll.  Fürstensteiner  Grund. 

26.  —  detritus  Müll.  Fürstenstein  (Scholtz). 

27.  Cionella  luhrioa  Müll.  Fürstensteiiver  Grund. 


Ueber  die  Molluskenfauua  der  Sudeten.  213 

28.  Pupa  edenUda  Drap.    Fürstensteiner  Grund.      Ober- 

Salzbrunn  (Scholtz). 

29.  —     suhstriata  Jeffr.  Fürstensteiner  Grund. 

30.  —    pusüla   Müll.  Fürstensteiner    Grund.      Höllen- 

grund zwischen  Ober-Öalzbrunn  und  Altwasser. 

31.  Balea  fragiUs  Drap,  var.  minor.  FürstensteinerGrund 

(Scboltz). 

32.  Glausüia  laminata  Mont.  Fürstensteiner  Grund.    Zeis- 

burg  (Scholtz).  Burg  Neuhaus  (Rohr- 
mann). 

33.  —        orf/i osioma  Menke.  Fürstensteiner  Grund  an 

bemoosten  Felswänden.  Salzgrund  (Rohr- 
mann). Zeisburg,  ungemein  häufig(S  c  h  o  1 1  z). 
Am  Hornschloss  bei  Charlottenbrunn  an 
Basaltitfelsen  eine  kleinere,  mehr  gedrungene, 
mit  einer  tiefern  Nath  versehene  Form,  die 
der  GL  Moussoni  gleicht  (Scholtz). 

34.  —        hiplicata  Mont.  Fürstensteiner  Grund.»  Salz- 

grund (Rohr mann).  Zeisburg  (Scholtz). 
Burg  Neuhaus  (Rohr mann). 

35.  —        plicata  Drap.  Fürstenstein  (Scholtz). 

36.  —        plicatula  Drap.  Fürstensteiner  Grund.    Salz- 

grund (Rohr  mann). 

37.  —        duhiaDraip.     Im  Fürstensteiner  und  im  Salz- 

grunde (Rohr  mann). 

38.  —        pumila  Ziegl.  Charlottenbrunn  und  Freuden- 

schloss  (A.  Schmidt,  krit.  Gruppen  p.  52). 

39.  —        parvula    Stud.    Fürstensteiner    Grund,    an 

Felswänden. 

40.  Sucoinea    Ffeifferi    Rossm.     Am    Rande    des    Liska- 

teiches  im  Zeisgrunde  (Scholtz). 

41.  —        putris  L.  Am  Rande  etc.  (wie  oben.) 

42.  Fupula   polita    Hartm.     Auf     dem     langen     Berge 

zwischen  Charlottenbrunn   und  dem   Horn- 
schloss (Scholtz). 
Diesem  Gebirgstheile    eigenthümlich,    d.  h.    in    den 
ganzen  Sudeten    bisher  nur  hier   gefunden,    ist  Glausilia 
pumilä,    eine    Schnecke    von    zwar    weiter    Verbreitung, 
aber    von    sehr    zerstreutem  Vorkommen^    und    Succinea 


214  Reinhardt: 

Fferfferi.  Von  dem  Mährischen  (icscnke  verbreitet  sich 
bis  in  dieses  Gebiet  Hyalina  glahra  und  Helix  carpatica, 
aber  nicht  mehr  Helix  fausima.  Bemerkenswerth  ist 
hier  ferner  das  Zusammenvorkommen  von  Arten  an  einem 
Fundorte,  die  sich  sonst  in  den  Sudeten  immer  getrennt 
finden;  so  Helix  holoserica  und  H.  obvoluia,  ferner  Buli- 
minus  montanus  und  obscuv^us-^  letzterer  gehört  im  ganzen 
Sudetengebiete  zu  den  Seltenlieiten. 

VI.  Das  Bober-Katzbach-Ciobirge 
nordwärts  von  der  Linie  Hohenfriedberg-Kupferberg- 
Hirschberg,  wird  südwestlich  und  westlich  vom  Bober 
eingeschlossen  und  von  der  Katzbach,  die  in  diesem 
Theile  entspringt,  durchflössen.  Es  ist  ein  niedriges 
Hügelland,  dessen  höchste  Erhebungen  (die  Hohgulge 
südl.  von  Schönau)  2000'  nicht  viel  überschreiten.  Von 
den  mannichfach  auftretenden  Gesteinsarten  intcressirt  den 
Malakologen  am  meisten  das  Kalkinger  bei  Kaufungen, 
wo  Sc'holtz  mehrere  interessante  Arten,  unter  andern 
die  nur  hier  gefundene  Helix  rupestris  sammelte.  Ausser 
dem  eben  genannten  Punkte  sind  noch  durchsucht  die 
Umgebungen  der  Buig  Schweinhaus,  der  Bolkoburg  und 
Nimmersatt,  alle  von  Scholtz;  an  letzterem  Orte  sam- 
melte auch  Rohr  mann  (s.  Eine  Excursion  ins  Riesen- 
gebirge etc.) 

Folgende  Species  wurden  beobachtet: 

1.  Ario7t  fuscus  Müll.  Bolkoburg. 

2.  Vitrina  pellucida  Müll.  Nimmersatt. 

3.  Hyalina  cellar-ia  Müll.  Nimmersatt  (Rohr mann). 

4.  —        radiatula  Aid.    Kitzelberg    und     Mühlberg 

bei  Ober-Kaufungen.     Nimmersatt. 

5.  —        nitens    Mich.  Kitzelberg   und  Mühlberg   bei 

Ober-Kaufungen. 

6.  —        nitidula    Drap.    Kitzelberg     und    Mühlberg 

bei  Ober-Kaufungen.  Nimmersatt.  Schwein- 
haus. 

7.  —        diaphaiia  Stud.  (?)  Nimmersatt. 

8.  Helix  rupeatris  Drap.  Kalkfelsen  des  Marmorbruchs 

am  Kitzelberg  bei  Ober-Kaufungen. 

9.  —      rotundata  Müll.  Nimmersatt.     Bolkoburg. 


Ueber  die  Molluskenfauiia  der  Sudeten.  215 

10.  Helix  fruticum  Müll.  Nimmersatt. 

11.  —      strigella  Müll.  Bolkoburg. 

12.  —      hispida  L.  Nimmersatt  (Rohr mann). 

13.  —      incarnata  Müll.  Kitzelberg  und  Mühlberg   bei 

Ober-Kaufungen.     Nimmersatt.     Schweiuhaus. 

14.  —      lapicida  L.  Nimmersatt  (Rohr mann).  Bolko- 

burg.     Schweinhaus. 

15.  —      arbustorum  L.  Nimmersatt  (R ohrmann)  mit 

den  var.  depressa  und  alhina. 

16.  —      pomatia  L.  Nimmersatt  (Rohr mann). 

17.  Buliininus  montanus     Drap,     Im   Marmorbruch    des 

Kitzelberges  bei  Ober-Kaufungen.     Nim- 
mersatt (R  ohr  mann).     Bolkoburg. 

18.  —  obscurus  Müll.    An  der  Lehne  des  Mühl- 

bergs bei  Ober-Kaufungen  an  Kalkfelsen. 
Ruinen  der  Bolkoburg.     Schweinhaus. 

19.  Cionella   lubrica    Müll.     Nimmersatt   (Rohr mann). 

Bolkoburg.     Schweinhaus. 

20.  Pupa  frumentum    Drap.      In     den    Katzbachthälern 

(Scholtz). 

21.  —      doliolum    Brug.    An    den    Lehnen    des  Mühl- 

berges bei  Ober-Kaufungen,  an  Wurzeln  der 
Gräser,  die  aus  den  Kalkfelsen  hervorsprossen. 
Ruinen  der  Burg  Schweinbaus. 

22.  Claicsilia  laminata  Mont.   var.  granatina.  Nimmersatt. 

23.  —         »üesiaca    A.  Schmidt    (67.  laminata  var. 

oylindrica).  Kalkfelsen  des  Marmorbruches 
am  Kitzelberg  bei  Ober-Kaufungen. 
var.  minor j  Nimmersatt  (A.  Schmidt,   System 
der  Clausilien  p.  33). 

24.  —         ortkostoma  Menke.  Nimmersatt. 

25.  —         biplicata    Mont.  Mühlberg   und  Kitzelberg 

bei  Ober-Kaufungen.     Nimmersatt  (Rohr- 
mann).    Bolkoburg.     Schweinhaus. 

26.  — '       plicata  Drap.  Nimmersatt  (Rohr mann). 

27.  —         plioatula  Drap.  Nimmersatt  (A.  Schmidt, 

krit.   Gruppen  p.  26.) 

28.  —         dubia   Drap.     Nimmersatt     (Rohr mann). 

Schweinhaus. 


216  Reinhardt: 

29.  Glausilia  parvuia    Stud.    Kitzelberg    und    Mühlberg 

bei  Ober-Kaufungen. 

30.  —        filograna  Ziegl.  Nimmersatt,  an  der  Nord- 

lehne in  grosser  Menge. 

31.  Sucoinea  ohlofiga  Drap.  Nimmersatt. 

32.  Limnaea  minuta  Drap.  Nimmersatt,    am  Wege  nach 

Nieder- Würgsdorf  im  Strassengraben. 

33.  —       'peregra  Drap.    Bolkenhain    am    Wege    nach 

Baumgarten. 

34.  Ancylus  fluviatüis  L.  In  der  Katzbach. 

Ausser  Helix  rupestris,  die,  wie  oben  bereits  an- 
geführt wurde,  nur  in  diesem  Gebiete  vorkommt,  interes- 
sirt  besonders  noch  Glausilia  silesiaca  A.  Schmidt, 
die  hier  einen  der  wenigen  Fundorte  hat,  die  überhaupt 
von  ihr  bekannt  sind.  In  den  Sudeten  ist  sie  noch  auf 
dem  Zobten  und  im  Riesengebige  gefunden,  anderweitig 
nur  in  Krain  und  Kärnthen.  Die  dem  Gesenke  eigen- 
thümlichen  Helioes,  H.  faustina  und  H,  carpaticay  treten 
hier  nicht  mehr  auf,  dagegen  findet  sich  Pupa  doliolum 
aus  dem  Gesenke  wieder,  und  Tupa  frwmentum,  die  ein- 
zige Torq?iilla,  die  überhaupt  in  den  Sudeten  vorkommt, 
hat  das  Bober  Katzbach-Gebirge  mit  dem  Glatzer  Gebirge 
gemeinsam. 

YU.  Das  Riesengebirge 

ist  der  bekannteste  Theil  der  Sudeten,  und'  es  werden 
daher  wenige  Worte  zur  Orientirung  genügen.  Von 
der  Schneekoppe,  dem  höchsten  deutschen  Berge  dies- 
scit  der  Donau,  4960',  zieht  sich  der  Kamm  in  einer  durch- 
schnittlichen Höhe  von  4200'  in  nordwestlicher  Rich- 
tung, sich  bald  hebend,  bald  senkend,  bis  zum  Reif- 
träger. Auf  der  nördlichen  (schlesischcn)  Seite  fällt  er 
steil  ab  und  bildet  hier  unterhalb  des  hohen  Rades  die 
beiden  Schneegruben,  weiter  östlich  ausser  verschiedenen 
anderen  „Gründen^  die  Abstürze,  auf  deren  ^ohle  die 
beiden  Teiche,  der  grosse  und  der  kleine,  liegen.  Oest- 
lich  schliesst  sich  an  die  Schneekoppe  zunächst  der 
Schmiedeberger,  dann  der  niedrigere  Landshuter  Kamm, 
der  in  der  Gegend    von  Kupferberg  den  Bober  erreicht. 


Ueoer  die  Molluskenfauna  der  Sudeten  217 

Zwischen  dem  Kaniro,  dem  Bober  und  dem  am  Reif- 
träger  entspringenden  Zacken  dehnt  sich  das  Hirsch- 
berger  Thal  aus  mit  seinen  zahlreichen  Yorbergen,  die 
2000'  nicht  überragen,  meistentheils  aber  durch  ihre 
prachtvolle  Aussicht  berühmt  sind,  wie  der  Kynast, 
die  Bismarkshöhe  u.  a.  Auf  der  südlichen  Seite  der 
Schneekoppe  befindet  sich  eine  tiefe,  jäh  abfallende  Ein- 
senkung,  der  Riesengrund,  eingeschlossen  von  der  Koppe 
und  dem  Rosenberge  auf  der  östlichen  und  dem  Brunnen- 
berge auf  der  westlichen  Seite;  an  den  Lehnen  des 
letzteren  liegt  am  oberen  Rande  und  schwer  zugänglich 
das  durch  seinen  Pfianzenreichthum  berühmte  Teufels- 
gärtchen.  Im  Riesengrunde  entspringt  die  Aupa  und 
fliesst  in  südlicher  Richtung  in  dem  nach  ihr  benannten 
Thale  durch  Gr.  Aupa  und  Marschendorf  in  der  Nähe  von 
dem  Badeorte  Johannisbad  vorüber,  um  bei  Freiheit  das 
Gebirge  zu  verlassen.  —  Der  Koppenplan  senkt  sich  nach 
Westen  zu  allmählich  zur  Weissen  Wiese  ab,  auf  der 
die  Wiesenbaude  und  die  Quellen  des  Weisswassers 
liegen;  dies  letztere  fliesst  in  einem  wilden,  schmalen 
Grunde  zwischen  dem  Hauptkamm  und  dem  Ziegen- 
rücken nach  Westen,  bis  es  auf  den  Eibseifen  trifft, 
welcher,  auf  der  Eibwiese  an  den  südlichen  Gehängen 
des  Hohen  Rades  entspringend  und  den  bekannten  Elb- 
fall  bildend,  von  Westen  her  in  einer  ebenso  wilden 
Schlucht  zwischen  dem  Hauptkamm  und  dem  Krokonosch 
ihm  entgegen  kommt.  Nach  der  Vereinigung  des  Elb- 
seifens  und  des  Weissw^assers  fliesst  die  Elbe  in  süd- 
licher Richtung  bei  Spindelmühl  (St.  Peter)  und  Hakels- 
dorf  vorüber  in  einem  engen,  felsigen  Thale,  das  sich 
bei  Hohenclbe  in  die  Ebene  öffnet.  Der  Raum  zwischen 
den  beiden  Querthälern  der  Aupa  und  Elbe  ist  von 
ziemlich  hohen  Bergen  eingenommen,  die  jedoch  meist 
ausserhalb  der  Knieholzregion  liegen. 

Das  A-uftreten  des  Knieholzes  (Ptmts  Pumilio  Haenke) 
ist  eine  der  charakteristischen  Eigenthümlichkeiten  des 
Riesengebirges.  Von  c.  4000'  aufwärts  bedeckt  es  aus- 
gedehnte Flächen  der  feuchten  Wiesen  auf  den  Kämmen 
und  schon    von    der  Ebene  aus  zeichnen    sich  die  Knie- 


218  Reinhardt: 

holzgruppen  durch  ihre  dunkle,  fast  schwarze  Farbe 
auf  dem  helleren  Wiesengrün  scharf  ab.  An  besonders 
geeigneten  Stellen,  zumal  der  Nordseite,  wie  in  den 
Schneegruben  und  an  den  Teichen,  geht  es  bedeutend 
unter  4000'  herab,  und  die  Sohle  der  kleinen  Schnee- 
grube (c.  3450')  ist  dicht  damit  überkleidet.  Unterhalb 
der  Knieholzregion  trifft  man  auf  die  Fichte,  zunächst 
in  Strauchform,  der  sich,  wie  im  Gesenke,  gern  die 
Eberesche  zugesellt;  die  tieferen  Theile  des  Gebirges 
sind  fast  ausschliesslich  mit  einem  Hochwalde  von  Fichten 
bedeckt,  und  nur  selten  tritt,  wenigstens  auf  der  schlcsi- 
schen  Seite,  die  Buche  auf;  der  Granit,  der  hier  vorherrscht, 
ist  ihrem  Gedeihen  nicht  günstig.  Doch  finden  sich  im 
Zackenthaie  und  oberhalb  Seidorf  bei  der  Annakapelle 
Buchen  so  zahlreich  mit  den  Fichten  vermischt,  dass  sich 
eine  Laubwaldfauna  zu  entwickeln  vermag ;  indessen 
werden  sich  solche  Stellen  nicht  viel  über  2000'  hinaus 
finden  lassen.  Anders  verhält  sich  die  Sache  auf  der 
böhmischen  Seite.  Hier  tritt  als  vorherrschendes  Ge- 
stein Glimmerschiefer  auf,  der  in  Folge  leichterer  Ver- 
witterung das  Gedeihen  der  Buche  sehr  begünstigt.  Man 
trifft  hier  die  Buche  nicht  allein  häufiger  und  in  reineren 
Beständen,  sondern  sie  geht  auch  höher  hinauf  als  auf  der 
nördlichen  Seite;  z.  B.  begegnet  man  ihr  schon  im  obern 
Elb-  und  Weisswassergrund,  sowie  unterhalb  der  Bchüssel- 
bauden  am  Wege  nach  St.  Peter.  Dieses  häufigere 
und  höhere  Vorkommen  der  Buche  trägt  wohl  dazu  bei, 
der  böhmischen  Seite  des  Riesengebirges  eine  gewisse 
x\ehnlichkeit  mit  dem  Mährischen  Gesenke  zu  geben, 
die  noch  dadurch  erhöht  wird,  dass  auch  hier,  wie  dort, 
im  Glimmerschiefer  Lager  von  Urkalk  auftreten,  z.  B. 
bei  Schwarzenthai  zwischen  Hohenelbe  und  Johannisbad. 
Diese  Verschiedenheit  der  beiden  Seiten  des  Gebirges 
hat  mich  veranlasst,  in  dem  folgenden  Verzeichnisse  die 
schlesischen  Fundorte  von  den  böhmischen  zu  trennen; 
jene  sind  durch  S,  diese  durch  B  bezeichnet. 

Im  Riesengebirge  kommen  nach  den  bisherigen  Beob- 
achtungen folgende  Arten  vor: 


lieber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  219 

I.  Arion  Fer. 

1.  A.  empiriGorum  Fer. 

a)  ater  S.  Hartenberg  in  Gärten,  häufig.  Nur  in 
der  Hügelregion. 

b)  rufus.  Bis  in  die  Knieholzregion.  S.  A\xi  dem 
Wege  von  den  Korallensteinen  oberhalb  Agne- 
tendorf  bis  zur  kleinen  Schneegrube. 

B.  Im  Weisswassergrunde.  An  Felsen  im  Aupa- 
thale  beim  Zusammenfluss  der  grossen  und 
kleinen  Aupa. 

2.  A.  albus  Fer.  findet  sich  nach  8choltz  in  Bier- 
und  Milchkellern  in  Haselbach  bei  Schmiedeberg  und 
an  Felsen  am  Wege  von  dem  Schreiberhauer  Vi- 
triolwerke nach  dem  Kochelfall  (ganz  weiss). 

3.  A.  fuso?ts  Müll.  Durch  die  montane  Region.  S.  Am 
Kynast.     ß.  Im  Weisswassergrunde  an  Felsen. 

L  A.  horten sis  Fer.  var.  alpicolaFer.  Auf  dem  Gipfel 
der  Schneekoppe  unter  Steinen.  B.  Im  Riesengrunde 
unter  Steinen  in  der  Nähe  des  Aupafalles.  Am 
Elbfall. 

5.  A.  melanoGeplalus  Faurc-Biguet.  S.  Zwischen  feuch- 
tem Bucheulaube  am  Buchhübel  unweit  des  Vitriol- 
werks bei  Schreiberhau. 

II.  Lima X  L. 

6.  L.  cinereo-niger  Wolfi".  S.  Zwischen  Petersdorf  und 
dem  Vitriolwerk  an  Baumstämmen  (gross,  grau  und 
rothbraun).  Kirche  Wang  (hellfarbig  mit  dunkelen 
Streifen).  ^  Am  Wege  von  den  Korallensteinen  nach 
der  kleinen  Schneegrube. 

7.  Z.  einer eiis  L.  Bis  in  die  Knieholzregion.  S.  Am  Kyn- 
ast nach  Scholtz.  Bei  der  neuen  schlesischen 
Baude  an  der  untern  Grenze  der  Knieholzregion 
(hell  mit  dunklen  Längsstreifen).  Am  kleinen  Teich 
(ebenfalls  bunt  durch  Längsstreifung).  Schwarze 
Koppe  oberhalb  Schmiedeberg. 

B.  Am  Elbfall.  Im  Elbthal  zwischen  St.  Peter 
und  Hohenelbe  (unterhalb  Hakeisdorf). 

8.  L.  marginatus  Müll.  An  Felsen  und  Baumstämmen, 
bis  in  die  Knieholzregion.    S.  Am  Kynast.    Schreiber- 


220  Reinhardt: 

bau  beim  Vitriolwerk.  Neue  scblesiscbe  Baude. 
Am  kleinen  Teicb.  Scbwarze  Koppe  oberbalb 
Scbmiedeberg. 

B.  Am  Elbfall.       Zwischen  8t.  Peter  und  Hohen- 

elbe.      Im  Aupatbal  bei  der  Kreuzscbenke   (am 

Zusammenfluss  der  grossen  und  kleinen  Aupa.) 

9.  L.  agrestis  L.  S.  Schreiberhau.     B.  Im  Aupatbal  bei 

der  Kreuzschenke. 

III.  Vitrina  Drap. 

10.  F.  elongata  Drap.  Von  der  Hügelregion  bis  hinauf 
auf  die  höchsten  Spitzen.  Ist  fast  die  einzige  Ge- 
häusschnecke,  welche  zwischen  dem  Knieholz  zu 
finden  ist.  S.  Auf  dem  Kynast.  Schreiberhau  beim 
Vitriolwerk.  Am  Buchhübel.  Kochelfall.  Neue 
scblesiscbe  Baude.  In  der  kleinen  Schneegrube. 
Am  kleinen  Teich  (Scholtz.)  Auf  dem  Gipfel  der 
Schneekoppe  dicht  beim  Koppenhause. 

B.  Oberes  Elbthal  bis  hinauf  zum  Elbfall.  Im 
Weisswassergrunde  und  an  den  Abhängen  des 
Ziegenrückens.  Im  Buchenwalde  zwischen 
den  Schüsselbauden  und  St.  Peter.  Zwischen 
St.  Peter  und  Hohenelbe.  Johannisbad.  Im 
Aupathal  bei  der  Kreuzschenke. 

11.  F.  ijellucida  Müll.  Hauptsächlich  in  den  niedren  Re- 
gionen. S.  Kynast.  Schreiberhau  beim  Vitriolwerk. 
Am  Kochelfall.  Kiesewald.  Prudelberg  bei  Stohns- 
dorf.  Zwischen  Stohnsdorf  und  Erdmannsdorf.  Fisch- 
bach.  Park  von  Buchwald.  Buschvorwerk  bei 
Schmiedeberg.  Annakapelle  oberhalb  Seidorf.  In 
der  kleinen  Schneegrube  (höchster  beobachteter 
Fundort). 

B.  Schwarzenthai  bei  Johannisbad.  Im  Aupathal 
bei  der  Kreuzschenke. 

IV.  Hyalina  Gray. 

12.  H.  cellaria  Müll.  Nur  in  tiefer  gelegenen  Gegenden, 
einzeln.  S.  Kynast.  Schreiberhau  in  der  Nähe  des  Vi- 
triolwerks. 

?  H.  glahra.  Eine  junge  Hyalina,  die  ich  bei  der 
Annakapelle  bei  Seidorf  fand,  scheint  hierher  zu  ge- 


Ueber  die  Mollußkenfauna  der  Sudeten.  221 

hören;  doch  wage  ich,  da  die  Schale  nur  2  Win- 
dungen zeigt  und  H.  glabra  sonst  im  Riesengebirge 
nirgends  beobachtet  ist,  keine  definitive  Bestimmung. 

13.  U.  radiatula  Aid.  Von  der  Vorgebirgs-  bis  in  die 
Knieholzregion.  S.  Kynast  (öcholtz).  Am  Kochel- 
fall, ßuchhübel  unweit  des  Vitriolwerks.  Zwischen 
Kiesewald  und  der  Bismarkshöhe.  Zwischen  Erd- 
mannsdorf  und  Stohnsdorf.  Park  von  Buchwald. 
Buschvorwerk  bei  Schmiedeberg.  Bei  der  Annaka- 
pelle oberhalb  Seidorf. 

B.  Im   oberen   Elbthal.      Zwischen    den  Schüssel- 
bauden und  St.  Peter.     Johannisbad. 
var.  alhina    {viridula  Menke).     S.    Zwischen    Kiese- 
wald   und    der    Bismarkshöhe.       In    der    kleinen 
Schneegrube. 
B.  Am  Elbfall. 

14.  H.  pura  Aid.  Von  der  Ebene  bis  in  Knieholzregion. 
S.  Kynast.  Schreiberhau  beim  Vitriolwerk;  Buch- 
hiibel.  Kochelfall.  Zwischen  Erdmannsdorf  und 
Stohnsdorf  (var.  alhina).  Annakapelle  bei  Seidorf.  Zwi- 
schen den  Korallensteinen  oberhalb  Agnetendorf 
und  der  kleinen  Schneegrube,    und    in  dieser  selbst. 

B.  im  Weisswassergrunde   und    an   den  Abhängen 
des  Ziegenrückens.      Oberes  Elbthal  bis  hinauf 
zum    Elbfall.       Zwischen    den    Schüsselbauden 
und  St.  Peter.     Zwischen  St.  Peter  und  Hohen- 
elbe  (bei  Hakelsdorf).   Schwarzenthai  bei  Johan- 
nisbad.     Johannisbad.       Im    Aupathal    bei    der 
Kreuzschenke.  '     Im     Riesengrunde     unterhalb 
des  Teufelsgärtchens. 
16,  H.  nitidula  Drap.  Am  Kynast  (Sc holt z).     Zwischen 
Kiesewald  und  der  Bismarkshöhe.     Auf  dem  Prudel- 
berge  bei  Stohnsdorf.    Fischbach,  Luisenberg.    Busch- 
vorwerk   bei  Schmiedeberg.      Annakapelle    bei   Sei- 
dorf. 
16.  H.  diafhana  Stud.  Nur  S.  Buschvorwerk  bei  Schmie- 
deberg.      B.    Im    Elbthal    zwischen     St.    Peter    und 
Hohenelbe  unterhalb  Hakelsdorf,  an  einem  mit  Laub- 
holzgestrüpp bedeckten  Abhänge. 


222  Reinhardt: 

17.  H.  suhrimata  Reinh.  Durch  die  ganze  Bergregion. 
S.  Am  Biichhübel  unweit  des  Vitriolwerks.  Am 
Kochelfall.  Zwischen  Kiesewald  und  der  Bismarks- 
höhe. 

B.  Im  Weisswassergrunde  und  im  oberen  Eib- 
grunde. Im  Buchwalde  zwischen  den  Schüssel- 
bauden und  St.  Peter.  Johannisbad.  Im  Aupa- 
thal  bei  der  Kreuzschenke. 

18.  H.  subterranea  Bourg.  Nur  S.  Im  Park  von  Buch- 
wald gefunden. 

19.^.  fulva  Drap.  Von  der  Hügel-  bis  In  die  Knieholz- 
region. S.  Buchhübel  unweit  des  Vitriolwerks.  Am 
Kochelfall.  Zwischen  Kiesewald  und  der  Bismarks- 
höhe. Annakapelle  bei  Seidorf.  In  der  kleinen 
Schneegrube. 

B.  Im    Weisswassergrunde     und    im    oberen    Eib- 
grunde.     Zwischen     den    Schüsselbauden    und 
St.  Peter.     Johannisbad. 
var.  pallescens.       S.    In    der    kleinen     Schneegrube 
(Scholtz). 
B,  Oberer  Theil  des  Elbgrundes. 
V.  Helix  L. 
20.  H.  pygmaea   Drap.    Die  verbreitetste    und   häufigste 
Schnecke  des  Gebirges.      S.  Schreiberhau  beim  Vi- 
triolwerk.     Buchhübel.      Am    Kochelfall.     Zwischen 
Kiesewald  und  Bismarkshöhe,    Prudelberg  bei  Stohns- 
dorf.    Zwischen  Stohnsdorf  und  Erdmannsdorf.    Fisch- 
bach, beim  Wartthurm.     Park  von  Buchwald.     Busch- 
vorwerk   bei  Schmiedeberg.      Annakapelle    bei    Sei- 
dorf.    In  der  kleinen  Schneegrube. 

B.  Im  Weisswassergrunde  und  im  Eibgrunde. 
Zwischen  den  Schüsselbauden  und  St.  Peter.  Schwar- 
zenthai zwischen  Johannisbad  und  Hohenelbe.  Jo- 
hannisbad. 

var.  alhina.     Nur  in  der  subalpinen  Region  an  einigen 

Stellen    mit    der    Hauptart.     S.  In    der    kleinen 

Schneegrube     (zahlreicher     als     die     Hauptart). 

B.  Im  Weisswassergrunde  an  den  Abhängen    des 


üeber  die  Molluskenfaima  der  Sudeten.  223 

Ziegenrückens    und    am     Elbfall    in    vereinzelten 
Stücken. 

21.  H.  ruderata  Stud.  8.  Kleine  Schneegrube  zahlreich. 
B.  In  den  oberen  Partieen  des  Eibthals  spärlich. 

22.  H,  rotundata  Müll.  Bis  in  die  obere  Bergregion. 
S.Kynast  (Scholtz).  Schreiberhau,  beim  Vitriolwerk. 
Beim  Kochelfall.  Kiesewald.  Fischbach.  Annaka- 
pelle bei  Seidorf. 

B.  Im  Weisswassergrund.  Oberes  Eibthal.  Zwi- 
schen den  Schüsselbauden  und  St.  Peter.  Zwi- 
schen St  Peter  und  Hohenelbe.  Schwarzen- 
thal  zwischen  Johannisbad  und  Hohenelbe. 
Johannisbad.  Im  Aupathal  bei  der  Kreuz- 
schenke. Im  Riesengrunde  unterhalb  des 
Teufelsgärtchens. 

23.  H,  holoserica  Stud.  S.Kynast  (Scholtz).  Am  Kochel- 
fall. In  der  kleinen  Schneegrube;  am  kleinen 
Teich  (Scholtz),  an  letzteren  beiden  Orten  eine 
kleinere  Form,  var.  minor  Scholtz. 

24.  H,  aculeata  Müll.  Durch  die  Vorgebirgs-  und  Berg- 
region, vereinzelt.  S.  Schreiberhau,  beim  Vitriol- 
werk. Am  Buchhübel.  Beim  Kochelfall.  Zwischen 
Kiesewald  und  der  Bismarkshöhe.  Buschvorwerk 
bei  Schmiedeberg.     Annakapelle  bei  Seidorf. 

B.  Im  Weisswassergrunde  bei  der  Vereinigung 
mit  der  Elbe.  Zwischen  den  Schüsselbauden  und 
St.  Peter. 

25.  H.  costata  Müll.  Nur  in  der  Hügelregion.  S.  Kyn- 
ast.     Buschvorwerk  bei  Schmiedeberg. 

26.  H.  pulchella  Müll.  S.  Auf  dem  Kynast.  Hirschberg. 
Von  H.  fruilcum  habe  ich  keinen  Fundort  notirt. 
Es  ist  indessen  wohl  kaum  zu  bezweifeln,  dass  diese 
Art  vorkommen  wird.  Ebensowenig  ist  H.  his-pida 
von  mir  beobachtet  worden. 

27.  H.  incarnata  Müll.  Nur  in  der  unteren  montanen  Re^^ion. 
S.Kynast.  Schreiberhau  beim  Vitriol  werk.  Buchhübel. 
Beim  Kochelfall.  Zwischen  Kiesewald  und  Bis- 
markshöhe.     Prudelberg    bei  Stohnsdorf  (Scholtz). 


224  Reinhardt: 

Annakapelle  bei  Sci'dorf.     Buschvorwerk  bei  Schmie- 
deberg. 

B.  Zwischen  den  Schüsselbauden  und  St.  Peter. 
Zwischen  St.  Peter  und  Hohenelbe.  Schwar- 
zentbai zwischen  Johannisbad  und  Hohenelbe. 
Johannisbad.  Im  Aupathal  bei  der  Kreuz- 
schenke. 

28.  H.  lapicida  L.  S.  Kynast.  Prudelberg  bei  Stohns- 
dorf.     Gräbersteine  bei  Seidorf. 

29.  E.  arhustorum  L.  Von  der  Ebene  bis  in  die  subal- 
pine Region,  S.  Vitriolwerk  bei  Schreiberhau.  In 
der  kleinen  Schneegrube ;  am  kleinen  Teich  (S  ch  o  1  tz), 
an  beiden  letztern  Stellen  die  var.  subalpina. 

B.  Im  Weisswassergrunde.  Am  Elbfalle.  An 
den  Abhängen  des  Krokonosch.  Zwischen  den 
Schüsselbauden  und  St.  Peter.  Zwischen  St. 
Peter  und  Hohenelbe.  Johannisbad.  Im  Aupa- 
thal bei  der  Kreuzschenke.  Im  Riesengrunde 
bei  der  Bergschmiede, 

30.  H.  hortensis  Müll.  In  der  Hügel-  und  Bergregion. 
S.  Am  Kynast.  Beim  Kochelfall.  Schreiberhau 
beim  Vitriolwerk.     Hartenberg.     Kiesewald. 

B.  Zwischen  St.  Peter  und  Hohenelbe.    Schwarzen- 

thal    bei     Johannisbad     (hier     auch     1    Stück 

mit    hyalinen  Binden).     Im    Aupathal    bei    der 

Kreuzschenke. 

var.  hyhrida    (braun  mit   violettem  Mundsaum.)      An 

begrasten  Wegabhäugen  bei  Hirschberg. 

31.  H.  iiemoralis  L.  S.  Warmbrunn.  Petersdorf.  Schrei- 
berhau beim  Vitriolwerk. 

32.  H.  pomatia  L.  S.  Kynast.  Vitriolwerk  bei  Schrei- 
berhau. Kiesewald.  Im  Park  von  Fischbach.  Busch- 
vorwerk bei  Schmiedeberg. 

B.  Schwarzenthai  bei  Johannisbad. 
Herr  Pohl,  Director  der  Josephinenhütte,  theilte 
mir  mit,  dass  er  versucht  hätte,  auf  seinen  Besitzungen 
H.  pomatia  einzubürgern  und  zu  cultiviren,  jedoch  mit 
ungünstigem  Erfolge,  da  vielleicht  das  Klima  dort  schon 
zu  rauh  sei  (?).  —  In  dem  benachbarten  Kiesewald  lebt  die 


(Jeher  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  206 

Schnecke  in  gleicher  Höhe  zahlreich).     Auch  sollen  nach 
den  Beobachtungen  des  genannten  Herrn  die  Maulwürfe 
den  Eiern  dieser  Art  nachstellen. 
VI.   Buliminus  Ehrenb. 

33.  B.  montariiis  Drap.  Nur  auf  der  Böhmischen  Seite 
bei  Johannisbad  und  im  Aupathale  unweit  der  Kreuz- 
schenke gefunden. 

VH.  Cionella  Jeffr. 

34.  C.  htbrica  Müll.  S.  Hirschberg.  Kynast.  Schreiber- 
hau, beim  Vitriolwerk.  Kicsewald.  Zwischen  Erd- 
mannsdorf  und  Stohnsdorf.  Annakapellc  bei  Seidorf. 
In  der  kleinen  Schneegrube  (höchster  beobachteter 
Fundort). 

B.   Schwarzenthai  bei  Johannisbad. 
VIII.  Pupa  Drap. 

35.  F.  mirmiüsima  Hartm.  Nur  auf  dem  Kynast  an  den 
Ruinen  der  Burg  beobachtet. 

36.  P.  edentula  Drap.  Steigt  bis  in  die  Knieholzregion 
auf  S.  Am  Buchhübel  unweit  des  Vitriolwerks. 
Beim  Kochelfall.  Zwischen  Kiesewald  und  der 
Bismarkshöhe.  Annakapelle  bei  Seidorf.  In  der 
kleinen  Schneegrube. 

B.  Im    Weisswassergrunde.      Im    oberen    Elbthale 
bis  hinauf  zum  Eibfall.     Johannisbad. 
var.  alhina:  In  der  kleinen  Schneegrube;  am  Elbfall, 
einzeln. 

37.  P.  pygmaea  Drap.  Zwischen  Erdmannsdorf  und 
Stohnsdorf  an   Wegabhängen  einzeln. 

38.  P.  alpestris  Aid.  S.  Annakapelle  bei  Seidorf.  In 
der  kleinen  Schneegrube. 

B.  Im  Aupathale   bei  der  Kreuzschenke. 

39.  P.  arctica  Wallenb.  Nur  in  der  kleinen  Schnee- 
grube mit  der  var.  alhiiia,  diese  sogar  vorherrschend. 

Ueber  das  Vorkommen  dieser  zuerst  von  Herrn 
Hieronymus  in  Görlitz  aufgefundenen  Schnecke  habe 
ich  in  der  Sitzung  der  Ges.  naturf.  Freunde  vom  21. 
April  1868  bereits  berichtet.  Die  Schnecke  lebt,  wie 
ich  mich  später  selbst  überzeugt  habe,  namentlich  zwi- 
schen den  Basalttrümmern,  welche  die  Sohle  der  kleinen 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  15 


226  Reinhardt: 

Schneegnibe  unterhalb  des  Basaltganges  bedecken  und 
zwischen  denen  die  reiche,  üppige  Vegetation  manns- 
hoher Kräuter  und  Stauden  aufschiesst,  welche  die  Schnee- 
grube bei  den  Botanikern  in  so  hohen  Ruf  gebracht  hat. 
Die  Exemplare  sitzen  gewöhnlich  an  der  Unterseite  der 
Steine  oder  zwischen  dem  Mulm,  der  von  den  vermoder- 
ten Blättern  der  Pflanzen  herrührt,  in  der  Gesellschaft 
von  P.  alpestris  und  edentula,  Clausilia  pHcatula)  Hei. 
pygmaea,  ruderata  und  holoserica.  Sie  sind  nicht  zahl- 
reich und  namentlich  sind  braune  Exemplare  äusserst 
selten.  Uebrigens  stimmen  die  Stücke  ganz  mit  Wallen- 
berg's  Beschreibung  und  den  im  Berliner  Museum  auf- 
bewahrten Originalexemplaren  des  Autors  überein. 

40.  P.  substriata  Jeffr.  Nur  vereinzelt  gefunden.  S. 
Zwischen  Kiesewald  und  der  Bismarkshöhe.  Im 
Park  von  Buchwald. 

B.  Im  Elbthale  zwischen  St.  Peter  und  Hohenelbe 
(bei  Hakeisdorf). 

41.  P.  pusiila  Müll.  Meist  einzeln.  S.  Kynast.  Schrei- 
berhau beim  Vitriolwerk.  Buchhübel.  Beim  Kochel- 
fall. Park  von  Buchwald.  Zwischen  Erdmannsdorf 
und  Stohnsdorf.  Annakapelle  bei  Seidorf.  In  der 
kleinen  Schneegrube. 

IX.  Balea  Prid. 

42.  B.  fragilis  Drap.  An  Felsen  und  altem  Gemäuer. 
Nur  S.  Ruinen  des  Kynast.  Moosige  Granitfelsen 
der  Gräbersteine;  nicht  zahlreich. 

X.  Clausilia   Drap. 

43.6V.  laminata  Mont.  S.  Kynast  (Scholtz). 
B.  Johannisbad. 

44.  Cl.  silesiaca  A.  Schmidt  var.  minor.  An  Urkalkfelsen 
um  das  alte  Bergwerk  im  Riesengrunde  (nach  A. 
Schmidt  System  d.  europ.  Claus,  p.  33). 

45.  CL  biph'oata  Mont.  Nirgends  zahlreich.  S.  Kynast. 
Agnetendorf  (Scholtz).  Gräbersteine  oberhalb  Sei- 
dorf. 

B.  Schwarzenthai  bei  Johannisbad. 

46.  Cl.  plicata  Drap.  Nur  S.  Kynast  in  wenigen  Stücken. 

47.  Cl.  plicatula  Drap.  S.    In  der    kleinen  Schneegrube 


üeber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  227 

sehr    zahlreich    in    einer    etwas    gedrungenen   Form 

(var.  nana  bei  Scholtz). 

R.  Oberes  Elbthal  und  am  Elbfall  einzeln.  Im 
Welsswassergrnndc.  Zwischen  St.  Peter  nnd 
Hohenelbe  unterhalb  Hakeisdorf.  Im  Aupathal 
bei     der    Kreuzschenke.      Ueberall     vereinzelt. 

48.  67.  dubia  Drap.  Nicht  zahlreich.  S.  Am  Pvynast. 
Zwischen  Kiesewald  und  der  Bismarkshöhe. 

B.  Im  Aupathal  bei  der  Kreuzschenke. 

49.  GL  cruciata  Stud.  8.  In  der  kleinen  Schneegrube 
(nach  A.  Schmidt). 

B.  Im  Aupathale  in  der  Nähe  der  Kreuzschenke;  einzeln. 

50.  C/.  parvula  Stvii].  v.  Möllendorf  sandte  mir  Exem- 
plare, -die  aus  der  kleinen  Schneegrube  stammen. 
Ich  selbst  habe  diese  Art  im  Riesengebirge  nirgends 
gefunden. 

XI.  Succinea  Drap. 

61.  S.  putris  L.  Warmbrunn  (Scholtz).  Dorf  Quirl 
bei  Schmiedeberg,  wenige  Stücke. 

XII.  Carychium  Müll. 

52.(7.  minim.um  Müll.  S.  Schreiberhau/ beim  Vitriol  werk; 
Buchhübel.  Beim  KochelfalL  Zwischen  Kiesewald 
und  der  Bismarkshöhe.  Im  Park  von  Buchwald  ; 
hier  überall  meist  vereinzelt. 

B.  Zwischen  St.  Peter  und  Hohenelbe  (bei  Hakels- 
dorf).     Johannisbad,  zahlreich. 

XIII.  Pupula  Agass. 

53.  F.  polita  Hartm.  In  wenigen  Stücken  am  Buchhübel 
in  der  Nähe  des  Vitriol werks.     Beim  Kochelfall. 

B.  W  a  s  s  e r  m  0  1 1  u  s  k  c  n. 

XIV.  Limnaea  Lam. 

54.  L.  stagnalis  L.      S.  In  einem  Teich    bei  Stohnsdorf. 

55.  L.  minuta  Dr.  S.  Wiesengräben  bei  Warmbrunn 
(Sc  holtz). 

56.  L.  peregra  Dr.  S.  In  Gräben,  Lachen  und  Tümpeln 
um  Warmbrunn,  z.  B.  am  Kynast,  am  Weihrichs- 
berg,  am  Fusswegc  von  Giersdorf  nach  W^armbrunn 
u.  a.  O.  (Scholtz).     In  einem   Bacac  bei  Seidorf. 


228  Reinhardt: 

B.  In    einer   Lache    an    der  Strasse    zwischen    St. 
Peter  und  Hohenelbe. 

57.  L.  ozjaia  Drap.  S.  In  Teichen  bei  Giersdorf  (Sc  holt  z). 
Im  Teiche  bei  Stohnsdorf. 

XV.  Planorbis  Müll. 

58.  iV.  corneus  L.  S.      Um   Warmbriinn  nach  Scholtz. 

59.  PZ.  spirorhü  Müll.?  findet  sich  nach  Scholtz  in 
einem  kleinen  Teiche  zwischen  Warmbrunn,  Giers- 
dorf und  Hermsdorf.  Sollte  nicht  vielleicht  der  von 
Scholtz  gar  nicht  aufgeführte  und  doch  häufigere 
TL   leucostoma  gemeint  sein? 

60.  PL  albus  Müll.  S.  In  Gräben  und  Teichen  bei  Warm- 
brunn  und  Giersdorf  (Scholtz). 

61.  FL  nitidus  Müll.  In  einem  kleinen  Teiche  zwischen 
Hermsdorf  und  Giersdorf  (Scholtz).  Im  Teiche 
bei  Stohnsdorf. 

XYI.  Ancylus  Geofi-r. 

62.  A,  fluviatiiis  L.  S.  Im  grossen  Zacken  unweit  des 
Vitriolwerks.  Im  Bache  beim  Dorf  Quirl  bei  Schmie- 
deberg. 

XVII.  Cyclas  Brug. 

63.  G.  calyoulata  Drap.  S.  In  einem  kleinen  Teiche  zwi- 
schen Hermsdorf  und  Giersdorf  (Scholtz). 

XVIII.  Pisidium  Pfeifi^. 

64.  F.  fontinale  Pfeiff.  S,  Im  Teiche  zwischen  Herms- 
dorf und  Giersdorf  (Scholtz).  Oberhalb  Seidorf 
in   einem   Bache. 

65.  P.  roseum  Scholtz.  S.  Im  Kochelteiche  in  der 
kleinen  Schneegrubc.  B.  In  Moorlöchern  bei  der 
Wiesenbaude  (c.  4360')  in  einer  grösseren  Form,  als 
in  der  Schneegrube. 


Das  Riesengebirge  zeigt  sich  an  Wassermollusken 
reicher  als  das  Mährische  Gesenke,  indem  hier  auf  nur 
65  Arten  überhaupt  12  im  Wasser  lebende  kommen. 
Der  Grund  ist  wohl  darin  zu  suchen,  dass  das  Hirsch- 
berger  Thal  eine  grosse  Menge  kleiner  Teiche  aufzu- 
weisen hat,  welche  die  Hauptfundstätten  für  solche  Arten 


lieber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  229 

bilden.  Alle  Wassermollusken  finden  sich  auch  hier 
wieder  in  den  niederen  Regionen  ;  nur  JPisiditmi  roaeum 
steigt  bis  in  die  subalpine  Region  hinauf.  An  Land- 
schnecken ist  das  Riesengebirge  gerade  nicht  sehr  reich, 
und  es  rnuss  auffallen,  wie  wenig  Fundorte  manche  sonst 
verbreitete  Arten  haben,  und  in  wie  geringer  Individuen- 
zahl dieselben  auftreten.  So  fehlt  beispielsweise  Helix 
fruticum\  die  anderwärts  so  häufige  Hei.  hortensis  findet 
sich  meist  einzeln,  ebenso  //.  lapicidaj  sonst  die  ver- 
breitetste  Gebirgsschnecke.  Auffallend  ist  weiter  das 
Zurücktreten  der  Clausilien;  in  den  Wäldern  wird  man 
fast  immer  vergeblich  nach  ihnen  suchen,  an  den  Felsen 
sie  nur  spärlich  entdecken.  Die  häufigste  Art  ist  noch 
GL  plicatula,  die  sich  z.  B.  in  der  kleinen  Schneegrube 
auch  recht  zahlreich  bei  einander  findet;  von  allen  übri- 
gen kann  man  sicher  behaupten,  dass  sie  zu  den  Sel- 
tenheiten gehören.  Wie  häufig  pflegt  sonst  Cl.  laminata 
zu  sein,  und  sie  ist  nur  von  2  Fundorten  bekannt;  wie 
gesellig  leben  anderwärts  CL  plicata  und  biplicatOy  und 
sie  wurden  nur  in  wenigen  Stücken  beobachtet.  Am 
verbreitetsten  sind  noch,  was  man  kaum  erwarten  sollte,  die 
kleinen  Laub-  oder  besser  Mulmschnecken,  und  zwar  sow  ohl 
auf  der  schlesischen  Seite,  in  den  Laubgebüschen  des  Hirsch- 
berger  Thals,  als  auch  auf  der  böhmischen  Seite.  Helix 
pyrjmaca  darf  als  die  gemeinste  Schnecke  des  Riesen- 
gebirges angesehen  werden,  die  man  auf  Schritt  und 
Tritt,  häufig  zu  Hunderten  beisammen,  findet.  Auch  die 
zwischen  dem  modernden  Laube  lebenden  Hyalinen  sind 
häufig,  am  meisten  Hyal.  radiatulüfpura  und  fulva,  sodann 
wieder  H  suhrimata.  H.  diaphana  ist  selten  und  nur 
einzeln;  am  seltensten  H.  auhterranea.  H.  crystallina 
fehlt;  sie  scheint  vorzugsweise  der  Ebene  anzugehören. 
Helix  aculeata  tritt  an  mehreren  Stellen  auf,  doch  mei- 
stentheils  einzeln  und  niemals  in  der  Anzahl,  wie  in  den 
Buchenwäldern  der  Ebene.  Von  den  Pupen,  die  sich  den 
oben  besprochenen  Arten  so  gern  zugesellen,  ist  nur  P. 
edentula  häufig,  alle  andern,  namentlich  auch  P.  suhstriata 
und  pusillay  selten  und  vereinzelt.  Vergleicht  man  die 
beiden  Seiten  des  Gebirges  in  Bezug  auf  ihre  Fauna,   so 


230 


Reinhardt: 


ergeben  sich  einige  Verschiedenheiten;  die  mir  der  Er- 
wähnung werth  scheinen.  Eine  Anzahl  Schnecken  hat 
sich  bis  jetzt  nur  auf  der  nördlichen  (häufiger  und  besser 
durchsuchten)  Seite  gefunden;  unter  diesen  mochte  ich 
namentlich  hervorheben  Arion  albus,  Pupa  arctica  und  Ba- 
lea  fragilis,  die  als  vorzugsweise  nordische  Species  be- 
sondere Beachtung  verdienen.  Nur  auf  der  südlichen 
Seite  sind  bis  jetzt  gefunden  Bulmms  UbO ntaiius  (und  auch 
dieser  nur  selten)  und  Glausilia  silesiaGa,  von  denen  der 
erste  im  Mährischen  Gesenke  sehr  häufig  ist;  letztere 
eine  südliche  Art  ist.  Aber  auch  die  beiden  Seiten  ge- 
meinsamen Species  zeigen  eio  verschiedenes  Verhalten, 
das  jedenfalls  mit  der  oben  angedeuteten  Verschieden- 
heit der  Vegetation  zusammenhängt.  Da  auf  der  südlichen 
Seite  die  Buche  weit  höher  hinaufsteigt,  als  auf  der 
nördlichen,  so  folgen  ihr  auch  die  Laubschnecken  und 
wir  finden  diese  in  Böhmen  bereits  in  der  oberen  Berg- 
region, während  sie  in  Schlesien  gewöhnlich  erst  in 
der  Hügel-,  höchstens  in  der  untern  f^ergregion  auftreten. 
Um  die  Vertheilung  der  Mollusken  nach  den  Höhen- 
zonen übersichtlich  zu  machen,  möge  die  folgende  Tabelle 
dienen. 

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Tabelle  der  Mollusken  des  Riesengebirges,  mit  Angabe 

der  Höhenzonen,  die  sie  bewohnen. 


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»       albus 

»       fuscus 

»       hortensis 

»       melanocephalus 
Limax  cinereo-niger  . . 

»       einer  eus 

»       marginatus. . . . 

»       agrestis 


Ueber  die  MolluskeDfauna  der  Sudeten. 


231 


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Vitrina  elongata   

j)        pellucicla 

Hyalina  cellaria 

»        radiatula 

B  var.  albina 

»         'pura 

»  var.  albina 

D        niiidula 

D        diaphana 

»         subrimata 

»         subterranea 

B        fulva 

»  var.  pallescens . . 

Helix  pygmaea. 

D  var,    albina 

»       rüder  ata 

j       rotundata 

B      holoserica 

B       acideata 

»       costata 

B      pulchella 

»       incarnata  

5       lapicida 

»       arbustorum 

»       hortensis 

B       nemoralis 

B      pomatia 

Biüiminus  montanus 

Cionella  lubrica 

Pupa   minutissima 

»       edentula 

B  var.   albina 


B      pygmaea 

B       alpestris 

B       arctica 

B       substriata 

B       pusilla 

Balea  fragilis 

Clausilia  laminata. .  . . 

B         silesiaca  .... 

»        bipUcata. . . . 

B        plicata 

»        plicatula .... 

B         dubia 

B        cniciata  .... 


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60 
61 
62 
63 
64 
65 
66 
67 
68 
69 
70 
71 


Glausilia  parvula . . . , 

Succinea   piitris 

Carychium  minimum  . 

Pupula  polita 

Limnaea  stagnalis  . . . 

*         minuta 

»        peregra  . . . . 

»         ovata 

Planorbis  corneus . . . . 

B         spirorbis  {?) 

»         albus 

B  nitidus  . . . . 
Ancylus  fluviatiUs  . . . 

Cyclas  calyculata 

Pisidium  fontinale . . . 

i        roseum  . . . . 


Summa : 


24 


18 


28 


59 


Die  Knieholzregion  (subalpine  Region,  Analogen 
der  baumlosen  Region  im  Mährischen  Gesenke)  zeigt 
einen  verhältnissmässigen  Keichthum  an  Arten  (und  Va- 
rietäten)^ nämlich  18  von  71 ;  ihr  eigenthümlich,  d.  h.  in 
den  folgenden  Regionen  nicht  wieder  auftretend,  sind 
nur:  Hyalina  fulva  var.  paUescens^  Helix  pyyrnaea  var.  al- 
hinaj  Pupa  ede7ificlayi\r.  alhina,  Fupa  arciica  (cvar.  alhina)^ 
Clausula  parvidaj  Pisidium  roseum.  Es  muss  hier  sofort 
der  Umstand  in  die  Augen  fallen,  dass  es  zum  grossen 
Theil  albine  Varietäten  gewöhnlicher  Arten  sind,  die 
dieser  Region  im  Riesengebirge  ihren  CharacteV  auf- 
drücken, und  zwar  treten  dieselben  entweder  allein  ohne 
die  Hauptform  [Hyal.  radiatula  albina  —H.  viridula)  oder  mit 
dieser  zusammen,  aber  häufiger  als  dieselbe  auf.  So  ver- 
halten sich  die  Albinos  von  Hei  pygmaea  zur  Hauptart 
etwa  wie  3  :  2  (unter  63  gesammelten  Stücken  waren  39 
albin),  Pupa  artica  findet  sich  fast  nur  albin.  Bei  Uyal. 
fulva  und  Pupa  edentula  überwiegt  die  gewöhnliche 
Färbung,  und  die  albinen  Stücke  finden  sich  nur  einzeln. 


Ueber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  233 

Unwillkürlich  drängt  sich  die  Frage  nach  der  Ursache 
dieser  eigenthümlichen  Erscheinung  auf;  allein  es  ist 
nicht  leicht,  hier  eine  genügende  Erklärung  zu  geben. 
Wenn  Thiere,  die  für  gewöhnlich  dunkel  gefärbt  sind, 
ihre  Farbe  verlieren  und  albin  werden,  so  haben  wir 
den  Grund  davon  theils  in  ihnen  selbst,  theils  in  äusseren 
Umständen  zu  suchen.  Es  giebt  eine  Anzahl  Schnecken, 
die  ihre  Farbe  äusserst  leicht  und  häufig  ohne  erkenn- 
baren äusseren  Grund  ändern,  wie  z.  B.  Hyalina  ^ura, 
die  mindestens  ebenso  oft  weiss,  wie  braun  auftritt;  eben- 
so werden  Schnecken,  wie  Hyal.  radiatulaj  Hei.  rotun- 
data,  einige  Clausilien  (z.  B.  Gl.  ortkostoma)  leicht  albin. 
Bei  vielen  andern  x'^rten,  ja  bei  den  meisten,  sind  albine 
Stücke  die  grössten  Seltenheiten;  man  wird  daher  diesen 
nicht  eine  Neigung  zum  Albinismus,  wie  den  oben  ge- 
nannten, zuschreiben  können,  sondern,  wo  sich  einmal 
ausnahmsweise  Albinos  finden,  den  Grund  der  Farben- 
äk^derung  in  den  äusseren  Verhältnissen,  unter  denen 
solche  Exemplare  leben,  suchen  müssen.  Die  vorher  er- 
wähnten Arten  in  der  subalpinen  Region  des  Riesenge- 
birges gehören  in  diese  letztere  Kategorie;  von  ihnen 
sind  albine  Varietäten,  soweit  mir  bekannt  ist,  noch  nicht 
beschrieben  worden.  Die  Gesteinsart,  auf  welcher  sie 
vorkommen  (Basalt  in  der  kleinen  Schneegrube,  Granit 
am  Eibfall  und  im  V^^eisswassergrunde),  kann  nicht  als 
Ursache  angenommen  werden;  es  bleibt  nur  noch  das 
Klima  als  Erklärungsgrund  übrig,  das  in  dieser  Höhe, 
wo  die  mittlere  Jahrestemperatur  höchstens  0,5^  R.  (auf 
der  Koppe  0,2^  R.)  beträgt,  wo  kalte  Winde  ungehindert 
über  die  kahlen  Kämme  dahin  streichen,  wo  feuchte 
Nebel  den  Einfiuss  der  Sonnenstrahlen  vom  Boden  ab- 
halten und  der  Schnee  einen  grossen  Theil  des  Jahres 
alles  bedeckt,  gewiss  von  einem  mächtigen  Einfluss  auf 
das  organische  Leben  sein  muss.  Soll  man  nun  den 
Albinismus  als  einen  krankhaften  Zustand  auffassen,  her- 
vorgerufen durch  die  Härte  des  Klimas?  Dagegen 
spricht  die  normale,  kräftige  Ausbildung  der  Schalen, 
die  namentlich  bei  Hei.  pygmaea  oft  eine  Grösse  er- 
reichen, wie  kaum  in  der  Ebene.     Oder  sollte  nicht  viel- 


234  Reinhardt: 

mehr  die  weisse  Farbe  durch  eine  Reaction  gegen  das 
Klima  hervorgerufen  werden  und  als  Schutzmittel  gegen 
dasselbe  dienen,  indem,  namentlich  da,  wo  sich  der 
weissen  Farbe  noch  der  Glanz  zugesellt,  einerseits  die 
Wärmestrahlen  abgehalten  werden,  zu  dem  Thierc  ein- 
zudringen und  so  das  Austrocknen  verhütet  wird,  ander- 
seits aber  auch  die  Wärmeausstrahlung  verhindert  und 
so  dem  Erfrieren  vorgebeugt  wird?  In  dem  ersten  Falle 
belinden  sich,  wie  mir  scheint,  viele  südliche  Schnecken 
(z.  ß.  die  Leucoc]iroen)j  und  unsere  Vitrinen  im  Sommer; 
im  letzteren  Falle  unsere  Vitrinen  und  die  jungen  Helioes 
mit  ihrer  noch  ungefärbten,  glashellen  Schale  im  Herbste 
und  Winter;  und  als  Schutz  gegen  die  Unbilden  des 
Klimas  werden  vielleicht  auch  manche  von  den  in  der 
subalpinen  Region  des  Riesengebirges  vorkommenden 
Arten,  wie  viele  Bewohner  des  Nordens  und  der  Alpen 
aus  andern  Thierklassen,  ein  weisses  Kleid  angezogen 
haben.  Unter  den  17  in  der  Knieholzregion  gesammel- 
ten Arten  von  Gehäusschnecken  ti'eten  7  weissgcfärbte 
auf;  unter  278  in  der  kleinen  Schneegrube  gesammelten 
Individuen  (aller  Arten)  waren  107  weissgcfärbte. 

Kehren  wir  nach  dieser  Abschweifung  zu  den  übri- 
gen Bewohnern  der  Knieholzregion  zurück,  so  ist  es 
unter  den  selbstständigen  Arten  besonders  Pupa  ariica 
Wall.,  die  das  Interesse  in  Anspruch  nimmt.  Diese  Art 
findet  sich  sonst  nur  noch  in  den  nördlichen  Theilen 
Schwedens,  wo  sie  bei  Quickjok  in  Luleä-Lappland  von 
Wallenberg  entdeckt  wurde.  Es  ist  gewiss  ein  seltsames 
Zusammentreffen,  dass  gerade  au  demselben  Fundorte, 
an  dem  Basaltgange  der  kleinen  Schneegrube,  sich  Saxi- 
fraga  nivalis  L.  findet,  eine  Pflanze,  die  im  hohen  Nor- 
den verbreitet  ist,  in  Deutschland  aber  nur  hier  vor- 
kommt. Dabei  mag  gleich  des  weiteren  Umstandes  ge- 
dacht werden,  dass  ausser  der  Saxifraga  nivalis  noch 
eine  Reihe  anderer  Pflanzen,  wenn  auch  nicht  an  dem- 
selben Fundort,  so  doch  im  Riesengebirge  gefunden 
werden,  die  ebenfalls  einen  nordischen  Ursprung  ver- 
rathcn  (Rubus  Chamaemoms,  Fedicularis  sudetica,  Diche- 
lyma  falcatwm   und  viele  andere  Moose).      Indem    so  die 


lieber  die  MoUuskenfaima  der  Sudeten.  235 

Resultate  botanischer  und  conchyllologischer  Forschung 
sich  gegenseitig  ergänzen,  erhält  das  Vorkommen  der 
Fupa  arctica  eine  erhöhte  Bedeutung  und  die  Hypothese, 
dass  in  einer  früheren  Erdperiode  gleichartige  klimatische 
Bedingungen  im  Riesengebirge  eine  gleiche  Flora  und 
Fauna  wie  im  hohen  Norden  hervorgerufen  haben,  deren 
Reste  wir  jetzt  noch  vereinzelt  antreffen,  eine  wesent- 
liche Stütze.  Es  ist  vielleicht  nicht  uninteressant,  die 
Fauna  Quickjock's  (nach  Walle  nb er g  und  Wester- 
lund)  mit  derjenigen  der  subapinen  Region  des  Riesen- 
geWrges  in  Vergleich  zu  bringen.  Es  finden  sich  da- 
selbst (an  Landschnecken)  :  Vitrina  pellucida,  Hyalina 
viridula,  ficlva,  Helix  py^maea,  raderata,  harpa,  arhusto- 
rum,  Gionella  hcbrioa,  Fupa  edentula  (columella),  alpestris, 
arctica,  Succinea  putris. 

Alle  diese  Schnecken,  mit  Ausnahme  der  iSuccinea, 
für  welche  in  den  oberen  Regionen  des  Riesengebirges 
wohl  wenig  geeignete  Plätze  vorhanden  sind,  und  der 
Helix  harpa,  treten  im  Riesengebirge  wieder  auf.  Ich 
habe  mir  viele  Mühe  gegeben,  die  letztgenannte  Schnecke 
auch  im  Riesengebirge  aufzufinden,  allein  bis  jetzt  ohne 
Erfolg;  unmöglich  wäre  ihr  Vorkommen  nicht  (in  Ame- 
rika geht  sie  bis  in  die  Vereinigten  Staaten  hinab) ;  ihre 
Entdeckung  würde  von  hohem  Werthe  für  die  Wissen- 
schaft sein. 

Was  die  beiden  andern  in  der  Knieholzregion  noch 
vorkommenden  Species  betrifft,  so  ist  Glausilia  parvula 
nicht  als  characteristisch  für  dieselbe  aufzufassen,  da  in 
andern  Theilen  des  Gebiets  diese  Schnecke  bis  in  die 
Hügelregion  hinabgeht.  Fisidium  roseum  ist  ebenfalls 
nicht  auf  die  Knieholzregion  beschränkt,  da  ich  dieselbe 
Form,  die  ich  bei  der  Wiesenbaude^  antraf,  auch  im  Gor- 
kauer  Grunde  am  Zobten  früher  gefunden  habe. 

Steigt  man  aus  der  Knieholzregion  in  die  obere 
Bergregion  hinab,  so  treten  hier  nur  wenige  Arten  neu 
hinzu,  nämlich  Ärio7i  rufus,  Limax  cmereo-niger,  Hya- 
lina radiatula  (in  gewöhnlicher  Färbung),  suhr  imata, 
Helix  rotundata,  aculeat  a,  Glausilia  silesiaca. 
Da  ein  grosser  Theil  der  Arten  aus  der  subalpinen  Region  in 


236  Reinhardt: 

dieser  verschwindet,  so  tritt  hier  der  cigenthümliche 
Fall  ein,  dass  die  obere  montane  Region  sich  ärmer  an 
Arten  zeigt^  als  die  subalpine.  Diese  Armuth  zeigt  sich 
namentlich  auf  der  schlcsischen  Seite ;  die  durch  die 
Schrift  hervorgehobenen  Arten  finden  sich  in  dieser  Re- 
gion nur  in  Böhmen.  Nur  in  dieser  Region  ist  Clausilia 
sitesiaca  gefunden;  doch  geht  diese  Species  auf  dem 
Zobten  und  im  Bober-Katzbach -Gebirge  auch  tiefer  hinab. 

In  der  untern  montanen  Region  treten  folgende 
Arten  neu  hinzu:  Arion  fusciis,  Limax  agrestisy  Hyaliaa 
nitidula,  diap  Ji  a7ia,  Helix  in Garnaiay  hortensiSf  Bu- 
Itmus  monta^iuSj  Pwpa  substriata^  Clausilia  du- 
hiay  Carychiumminimumy  Limnaea  per egra.  Auch 
in  diesem  Gürtel  zeigt  sich  wieder  der  auffallende  Unter- 
schied der  schlesischen  und  böhmischen  Seite,  indem 
auch  hier  die  gesperrt  gedruckten  Arten  nur  auf  der 
letzteren  sich  finden,  in  Schlesien  aber  erst  in  der  fol- 
genden Region  vorkommen.  Eigenthümliche  Arten  hat 
diese  Region  keine  aufzuweisen. 

Die  Vorgebirgsregion  ist  auch  im  Riesengebirge  die 
artenreichste  und  hat  die  meisten  eigenthümlichen  Arten, 
nämlich  29;  Arion  ater,  albus,  melanocephaiub,  Hyalina  cel- 
laria,  pura  Ydiwalhina^  suhterranea.  Helix  costato,  pulchella^ 
lapicida,  nemoralis,  pomatia,  Pupa  minutissima,  pygmaea^ 
Balea  fragilis,  Clausilia  laminata,  biplicatay  plicata,  Suc- 
cinea  putris,  Pupula  poUia  und  die  Wassersebnecken. 
Bei  der  Vergleichung  beider  Seiten  des  Gebirges  neigt 
sich  diesmal  die  Wage  zu  Gunsten  der  schlesischen 
Seite,  die  in  dieser  Region  bei  weitem  die  böhmische 
an  Artenreichthum  übertriöt.  Die  meisten  der  eben 
aufgezählten  Species  finden  sich  nur  in  Schlesien.  Für 
die  Wassermollusken  ist  der  Grund  dieses  Ueberwiegens 
schon  angeführt  und  durch  das  reichliche  Vorhandensein 
geeigneter  Lokalitäten  erklärt.  Bei  den  Landmollusken 
kann  ich  nur  in  der  besseren  und  häufigeren  Durch- 
forschung des  schlesischen  Antheils  des  Riesengebirges 
eine  Erklärung  dieses  Umstandes  finden. 


Ueber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  237 

Vlll.  Das  Isergebirge. 

Das  Isergebirge  wird  von  dem  Riesengebirge  durch 
den  Hochstein  (2800')  getrennt,  der  in  der  Richtung  von 
0.  nach  W.  streicht,  um  dann  nach  NW.  in  den  hohen 
Iserkamm  überzugehen,  welcher  in  der  Tafelfichte  (3498'), 
dem  höchsten  Punkte  dieses  Gebirges,  endet.  Auf  der 
nördlichen  Seite  dieses  Zuges  liegen  am  Preisselbeer- 
berge  die  Quellen  des  kleinen  Zacken  und  des  Queis, 
von  denen  der  erstere  östlich,  der  letztere  nach  N.W. 
fliesst.  Durch  beide  Flüsse  wird  von  dem  Hauptkamm 
der  nordöstlich  sich  vorlagernde  Kemnitzkamm  geschie- 
den, dessen  östliche  Ausläufer  bis  in  die  Gegend  von 
Warmbrunn  reichen  (die  Bibersteine  z.  B.),  während  nördl. 
der  Queis  die  Grenze  bildet.  Als  Vorberg  zu  diesem 
Zuge  kann  der  Greifenstein  angesehen  werden,  ein  c. 
1300'  hoher  Basaltkegel,  mit  schöner  Ruine,  der  von 
weither  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  zieht.  —  Auf  der 
südlichen  Seite  des  hohen  Iserkammes  entspringt  die 
Iser,  deren  Lauf  dem  des  Queis  gerade  entgegengesetzt 
ist.  An  ihrer  Vereinigung  mit  der  kleinen  Iser,  von 
welcher  sie  durch  den  Mitteliserkamm  getrennt  ist,  er- 
hebt sich  ein  imposanter  Basaltkegel,  der  keulichte  Buch- 
berg (c.  3100'),  der  bei  seiner  Höhe  und  seiner  eigen- 
thümlichen  Gestalt  einen  trefflichen  Orientirungspunkt 
abgiebt.  In  der  Nähe  der  Quellen  der  kleinen  Iser 
liegen  die  Quellen  der  Wittig  (Wüthig),  welche  wieder, 
wie  der  Queis,  die  Richtung  nach  N.W.  hat,  also  ent- 
gegengesetzt der  Iser.  Das  Wittigthal,  auf  der  nörd- 
lichen Seite  von  der  Tafelfichte,  dem  Wohlischen  und 
Mitteliserkamm  begrenzt,  wird  auf  der  entgegengesetzten 
Seite  durch  eine  Kette  von  Bergen  eingeschlossen,  unter 
denen  einige,  wie  die  Vogelkoppe,  das  Taubenhaus  und 
vor  allem  der  Sieghübel  der  Tafelfichte  an  Höhe  nicht 
viel  nachgeben;  letzterer  erhebt  sich  zu  3457'.  Wo  die 
Wittig  aus  dem  Gebirge  austritt,  liegt  auf  einem  Basalt- 
felsen das  durch  Wallenstein  berühmt  gewordene  Schloss 
Frfedland.  —  Das  Gestein,  aus  welchem  dies  Gebirge 
gebildet  ist,  ist  Granit  und  Glimmerschiefer;  selten  treten. 


238  Reinhardt: 

wie  bei  Raspenau  im   Wittigthale,  Lager  von  Urkalk  auf, 
die    jedoch     conchyliologisch     höchst    Dnerg:iebig     sind, 
weil    ihnen    die  Laubwaldvegetation  fehlt.      Fast  überall 
im  Isergebirge  sind  die  Berge  bewaldet^    und  zwar  zum 
grössten  Theil  mit  Nadelholz  ;  doch  fehlt  auch  die  Buche 
nicht,  und  bildet  z.  B.  an  einzelnen   Partieen    der   Tafel- 
fichte,   sowie  namentlich   in   der  Bergreihe  südl.  von  der 
"Wittig,    geschlossene  Bestände.     Nirgends    erheben    sich 
die    Spitzen    über    die    Baumregion,    und   die    Tafelfichte 
trägt   auf   ihrem    Gipfel    einen    schönen    Hochwald    von 
Fichten.      Eigenthümlich  und  für  das  Isergebirge  charac- 
teristisch  ist  deshalb  das  tief  herabgedrückte  Vorkommen 
des  Knieholzes,  das  an  mehrern  Punkten,  namentlich  auf 
den    feuchten    Wiesen,    welche    die    grosse    und    kleine 
Iser    durchfliessen,  ausgedehnte  Strecken  überzieht;  auch 
in  der  Nähe   des  Sieghübel,   sowie   zwischen   der  Vogel- 
koppe   und    der    sogenannten  Nase    (einer  Felspartie   am 
Schwarzbachfall,  die  vom  Thal  aus  gesehen  einem  Kopfe 
mit  grosser  Nase  ähnlich  sieht)  habe  ich  Knieholzwiesen 
oder,  wie  die  Leute  sie  kürzer  nennen,  Kniewiesen  ange- 
troff'en.      An  Schnecken    sind    sie  arm ;  nur    Arion  rufus 
und    Viirina  elongata  habe   ich    beobachtet.   —  Das   Iser- 
gebirge ist  nie  von  einem  Conchyliologen  besucht  worden, 
wenigstens    ist    nie    etwas    über    dasselbe    veröfi'entlicht 
worden;    nur   vom  Greifenstein  führt  Scholtz  ein  paar 
Arten  an.      Meine  Excursionen  dehnten  sich    noch  etwas 
nordwärts  von  der  Tafelfichte  aus  bis  zu  dem  Queisdurch- 
bruch     zwischen    dem    Schloss  Tschocha    und    Marklissa, 
einer  höchst  romantischen  Partie,    wo  der  Queis  in  einer 
engen   Felsspalte    schäumend     und    tosend     dahin    braust 
und  stellenweise  die  ganze  Breite  derselben  einnimmt,  so 
dass    ein    Vordringen    unmöglich    wird.      Diese    Gegend 
grenzt  bereits  an  das  benachbarte  Lausitzer  Gebirgsland. 
Im   Isergebirge    habe    ich    folgende    Mollusken    ge- 
sammelt : 
I.  Arion  Fer. 

1.-4.  empiriGorum  Fer. 

a)  ater.      S.  Friedeberg  am  Queis.     B.  Raspenau,    in 
den  alten  Kalkbrüchcn. 


Ueber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  239 

b)  rufus.  S.  FHnsberg,  in  den  Anlagen  beim  Brunnen. 
B.  Auf   der  kleinen  Iserwiese    zwischen  Knieholz. 
In  der  Nähe  des  Taubenhauses. 

2.  A.  albus  F4r.  kommt  nach  Scholtz  auf  der  Ober- 
wiese bei  Greifenstein  vor. 

3.  A.  fuscus  Müll.  S.  Auf  dem  Greifenstein.  Geb- 
hardsdorfer  Büsche  bei  Friedebergam  Queis  (Scholtz). 
Schloss  Tschocha  am  Queis.  Wiegandsthal  im  Schloss- 
garten. Tafelfichte.  Auf  dem  Preisselbeerberg. 
B.  Schloss  Friedland  in  Böhmen.  Auf  dem  alten 
Kirchhof  zu  Haindorf  unter  Brettern  in  Menge. 

IL  Limax  L. 

4.  L,  einer eo-7iig er  Wolff.  S.  Tafelfichte,  ziemlich  auf 
dem  Gipfel  am  Ursprung  des  Schwarzbaches. 
B.  Raspenau  (dunkel  mit  hellem  Kiel,  daneben  mit 
dunklen  Streifen).  Bei  der  Nase  (ebenfalls  auf  dem 
Rücken  mit  hellen  und  dunklen  Längsstreifen). 

5.  L.  Giner eus  List.     S.  Auf  der  Tafelfichte  mit  vor. 

B.  Liebwerda. 

6.  L.  marginatus  Müll.     S.  An  den  Bibersteinen. 

B.  Weissbach  an  Mauern.  Oberhalb  Ferdinands- 
thal (bei  Haindorf)  in  der  Nähe  des  Erzlochs. 
Bei  der  Nase. 

7.  L.  agrestis  L.     S.  Greifenstein.     Bibersteine. 

B.  Auf  dem  alten  Kirchhofe  zu  Haindorf. 
III.  V  itrina  Drap. 

8.  V.  elongata  Drap.  S.  Gipfel  der  Tafelfichte  und 
am  Nordabhang  derselben  in  der  sogen,  alten  Kohl- 
statt. Flinsberg,  Abhänge  nach  dem  Queisthal. 
Preisselbeerberg.  B.  Riegelberg  oberhalb  Haindorf. 
Auf  dem  Sieghübel.  Kleine  Iserwiese  zwischen  dem 
Knieholz.     Buchberg  bei  Klein-Iser. 

9.  V.  diaphana  Drap.  S.  Einzeln  am  Queisufer  bei 
Schloss  Tschocha.  Am  nördl,  Abhang  der  Tafel- 
fichte beim  sogenannten  Prippspfeiferstein  (Glimmer- 
schiefer). 

10.  F.  pellucida   Müll.     S.    Greifenstein.      Am  Rietstein 
bei    Gebhardsdorf   (Basaltfelsen).      Tschocha.      Wie- 


240  Reinhardt: 

gandsthal,    im    Schlossgartcn.      Queisthal    bei    Flins- 
berg.     Bibersteine. 
B.  Schloss  Friedland. 

IV.  Hyalina  Gray. 

11.  H.  cellaria  Müll.  S.  Herrnsdorf  bei  Wiegandsthal 
einzeln. 

B.  Schloss  Friedland  einzeln.  Auf  dem  alten 
Kirchhof  zu  Haindorf  unter  Brettern,  zahlreich. 

12.  H.  radiatula  Aid.  S.  Rietstein  bei  Gebhardsdorf. 
Glimmerschieferfelsen  am  Dresslerberge  bei  Schwarz- 
bach. Gipfel  der  Tafelfichte.  Queisthal  bei  Flins- 
berg.     Preisselbeerberg.     Bibersteine. 

B.  Liebwerda.  Riegelberg  oberhalb  Haindorf.  Bei 
der  Nase. 

13.  H.  pura  Aid.  Meist  gesellig.  S.  Tafelfichte,  auf 
dem  Gipfel,  wie  an  den  nördlichen  Abhängen,  z.  ß. 
der  alten  Kohlstatt.  Queisthal  bei  Flinsberg.  Preis- 
selbeerberg.    Bibersteine. 

B.  Riegelberg  oberhalb  Haindorf.  Bei  der  Nase. 
Sieghübel.  iVuf  dem  keulichten  Buchberge  bei 
Klein-Iser. 

14.  jy.  niiens  Mich.  Einzeln.  S.  Greifenstein.  B.  Ras- 
penau. 

15.  H.  ^uhrtmata  Reinh.  B.  Nase  beim  Schwarzbach- 
fall. Keulichte  Buchberg  bei  Klein-Iser,  nicht  sehr 
zahlreich. 

16.  H.  subterranea  Bourg.  Vereinzelt.  S.  Am  Queis- 
ufer  beim  Schloss  Tschocha.  B.  Nase  beim  Schwarz- 
bachfall. 

17.  H.  fulva  Draip.  S.  Gipfel  der  Tafelfichte;  alte  Kohl- 
statt. Queisthal  bei  Flinsberg.  Preisselbeerberg. 
Bibersteine. 

B.  Riegelberg  oberhalb  Haindorf.  Nase.  Sieg- 
hübel. 

V.  Helix  L. 

18.  H,  pygmaea  Drap.  S.  Greifenstein.  Rietstein  bei 
Gebhardsdorf.  Schloss  Tschocha.  Tafelfichte  bis 
zum  Gipfel  (alte  Kohlstatt;  Prippspfeiferstein ). 
Queisthal  bei  Flinsberg.     Preisselbeerberg. 


lieber  die  Mollnskenfauna  der  Sudeten.  241 

B.  Raspenau.  Liebwerda.  Alter  Kirchhof  zn  Hain- 
dorf. Riegelberg  oberhalb  Haindorf.  Nase. 
Sieghübel.     Buchberg  bei  Klein-Iser. 

19.  ruderata  Stiid.     Einzeln.     S.  Preisselbeerberg. 

B.  Riegelberg  bei  Haindorf.  Sieghübel.  Buch- 
berg  bei  Klein-Iser. 

20.  H.  rotundata  Müll.  S.  Greifenstein,  in  ungeheurer 
Menge.  Rietstein  bei  Gebhardsdorf.  SchlossTschocha. 
Wiegandsthal  im  Schlossgarten.  Herrnsdorf  bei 
Wicgandsthal.  Tafelfichte,  Gipfel;  alte  Kohlstatt. 
Queisthal  bei  Flinsberg.  Preisselbeerberg.  Biber- 
steine. 

B.  Schloss  Friedland.  Raspenau.  Liebwerda.  Hain- 
dorf, hinter  der  Kirche  und  auf  dem  alten 
Kirchhof.  Riegelberg  oberhalb  Haindorf.  Nase. 
Sieghübel.     Buchberg  bei  Klein-Iser. 

21.  H.  holoserica  Stud.     S.  Preisselbeerberg. 

B.  Beim  Erzloch  oberhalb  Ferdinandsthal  bei  Hain- 
dorf.    Sieghübel.     Ueberall  vereinzelt. 

22.  ff.  personata  Lam.  soll  nach  Neu  mann  bei  Greifen - 
berg  vorkommen  (Scholtz  p.  22),  Ich  selbst  habe 
sie  nirgend  beobachtet. 

23.  H.  acideata  Müll.  Nicht  sehr  zahlreich.  S.  Tafel- 
fichte, alte  Kohlstatt ;  beim  sogen.  Prippspfeiferstein. 
Queisthal  bei  Flinsberg  in  Laubgebüschen.  Preissel- 
beerberg. 

B.  Riegelberg  oberhalb  Haindorf.     Nase. 

24.  H.  costata  Müll.     S.  Greifenstein. 

B.  Schloss  Friedland.  Haindorf,  an  der  Kloster- 
mauer und  auf  dem  alten  Kirchhof. 

25.  ff.  pulcJiella  Müll.  S.  Greifenstein.  Rietstein  bei 
Gebhardsdorf. 

26.  H.  fruticum  Müll.  Nur  beim  Schloss  Friedland  in 
einigen  Stücken  gefunden. 

27.  ff,  umbrosa  Partsch.  Ebenfalls  nur  bei  Schloss  Fried- 
land einzeln. 

28.  ff,  hispida  L.  S.  Greifenstein,  zahlreich.  Schloss 
Tschocha  am  Queis. 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  16 


242  Reinhardt: 

B.  Schloss   Friedland.      Auf  dem    alten   Kirchhof 
zu  Haindorf. 

29.  FT.  inoarnata  Müll.  Meist  gesellig.  S.  Greifenstein. 
Schloss  Tschocha.  Queisthal  bei  Flinsberg.  Preissel- 
beerberg.     Bibersteine. 

B.  Schloss  Friedland.    Raspenau.    Liebwerda.    Bei 
der  Nase.     Buchberg  bei  Klein-Iser. 

30.  H.  laficida  L.     S.  Greifenstein.      Schloss  Tschocha. 

B.  Schloss   Friedland.      Raspenau.       Haindorf,    an 
der  Klostermauer. 

31.  TJ.  arbustorum  L.  S.  Greifenstein.  Schloss  Tschocha. 
Gipfel  der  Tafelfichte.     Preisselbeerberg. 

B.    Raspenau.       Riegelberg   bei    Haindorf.      Nase. 
Sieghübel.     ßuchberg  bei  Klein-Iser. 

32.  H.  hortensis  Müll.    S.  Greifenstein.  Schloss  Tschocha. 

B.  Schloss  Friedland.       Haindorf  an    der  Kloster- 
mauer. 

33.  H.  nemoralis  L.  Nur  in  Gärten  bei  Friedeberg  am 
Queis. 

34.  H.  pomatia  L.      S.  Greifenstein.      Schloss  Tschocha. 

B.  Schloss    Friedland.      Auf  dem   alten    Kirchhof 
zu  Haindorf. 

VI.  Buli minus  Ehrenb. 

35.  B.  mo7itanus  Drap.     S.  Schloss  Tschocha. 

B.  Raspenau  in  den  alten  Kalkbrüchen,  sehr  einzeln. 

VII.  Cionella  Jeffr. 

36.  C.  luhrica  Müll.  S.  Greifenstein.  Rietstein  bei 
Gebhardsdorf.  Schloss  Tschocha.  Queisthal  bei 
Flinsberg.     Bibersteine. 

B.  Haindorf,    an   der  Klostermauer    und    auf    dem 
alten  Kirchhofe. 
VHI.  Pupa  Drap. 

37.  P.  muscorum  L.  Greifenstein,  zahlreich ;  auch  einige 
albine  Stücke  wurden  gefunden. 

38.  P.  minutissima  Hartm.  S.  Greifenstein,  sehr  zahl- 
reich.    B.  Schloss  Friedland,  einzeln. 

39.  P.  edentula  Drap.  S.  Schloss  Tschocha.  Tafelfichte, 
alte  Kohlstatt;  auch  auf  dem  Gipfel.  Queisthal  bei 
Flinsberg.     Preisselbeerberg.     Bibersteine. 


üeber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  243 

B.  Liebwerda.     Riegelberg  bei  Haindorf.     Bei  der 
Nase.     Sieghübel. 

40.  P.  pygmaea  Drap.  S.  Rietstein  bei  Gebhardsdorf. 
ß.  Haindorf,  feuchte  Stellen  hinter  der  Kirche;  ver- 
einzelt. 

41.  P.  alpestris  Aid.  Nur  auf  dem  keulichten  Buchberge 
bei  Klein-Iser,  an  Basalttrümmern  sitzend,  sehr  spar- 
sam gefunden. 

42.  P.  substriata  Jeffr.  S.  Queisthal  bei  Flinsberg  in 
Laubgebüschen,     ß.  Bei  der  Nase.     Immer  vereinzelt. 

4:3,  P.  pusilla  Müll.     S.  Greifenstein   (einzeln).      Schloss 
Tschocha.     Queisthal  bei  Flinsberg. 
B.  Bei  der  Nase. 

IX.  Clausilia  Drap. 

44.  Cl.  laminata  Mont.  Greifenstein.  Tschocha.  Preis- 
selbeerberg.     Ueberall  einzeln. 

45.  CL  hipUcata  Mont.  S.  Greifenstein  (vereinzelt). 
Schloss  Tschocha. 

B.  Friedland.     Haindorf,  an  der  Klostermauer  und 
auf   dem   alten  Kirchhof.      Nirgends   zahlreich. 

46.  CL  plicata  Drap.  S.  Greifenstein,  in  grosser  Menge. 
Schloss  Tschocha. 

B.  Schloss  Friedland. 

47.  CL  plicatula  Drap.  S .  Schloss  Tschocha.  Preissel- 
beerberg. 

B.  Riegclberg  bei  Haindorf.      Bei  der  Nase.      Auf 
dem  Buchberg  bei  Klein-Iser.    Vereinzelt. 
48.(7/.  duhia   Drap.      S.   Greifenstein    (nach  Scholtz). 
Schloss  Tschocha.     Preisselbeerberg. 

B.  Schloss  Friedland. 

49.  CL  filograna  Ziegl.  Einige  Exemplare  im  Park  von 
Tschocha  am  Fusse  alter  Mauern. 

X.  Succinea  Drap. 

50.  S.  putris  L.  Friedeberg  am  Queis.  In  der  Schwarz- 
bach bei  Gebhardsdorf  (an  Steinen  im  Wasser). 
Am  Queisufer  bei  Tschocha. 

51.  S.  ohlonga  Drap.  Nur  am  Rietstein  bei  Gebhards- 
dorf einzeln. 


244 


Reinhardt: 


XI.  Carychiura  Müll. 

52.  C.   minimum    Müll.      S.    Greifenstein    (1    Exemplar). 
Schloss  Tschocba,  am  Queisufer. 

B.  Liebwerda.     Auf  dem  alten  Kirchhof  zu  Ilain- 
dorf.     Bei  der  Nase. 

XII.  Limnaea  Lam. 

53.  L,  peregra  Drap.      Nur  in  einem  kleinen  Teiche  im 
Schlossgarten  von  Friedland. 

XIII.  Ancylus  Geoffr. 

54.  A.  fluviatüis  L.      In  einem  Bache  zwischen  Regens- 
berg und  Krobsdorf.     Im  kleinen  Zacken. 


Um  den  Ueberblick  über  die  Vertheilung  der  Arten 
nach  den  Höhen  zu  erleichtern,  lasse  ich  sogleich  die 
nachstehende  Tabelle  folgen;  die  subalpine  Region  fehlt 
hier;  allerdings  kommt,  wie  schon  erwähnt,  an  einzelnen 
Stellen  das  Knieholz  tief  herabgedrückt  vor,  aber  diese 
Kniewiesen  bilden  keinen  zusammenhängenden  Gürtel 
oberhalb  der  Baumvegetation;  ausserdem  ist  ihre  Schne- 
cken-Fauna fast  gleich  0,  da  ich  nur  2  auch  sonst  vor- 
kommende Arten  daselbst  sammelte,  nämlich  Arion  ru- 
fus  und   Vitrina  elongata. 

IIL 

Tabelle  der  im  Isergebirge  beobachteten  Mollusken, 
mit  Angabe  der  Höhenzonen,  welche  sie  bewohnen. 


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4. 

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Arion  ater 

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2 
2 

3 

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3 

4 

2 

»     rufus  

4 
4 

3 

»      albus 

4 

»      fuscus  

4 

5 

Limax  cinereo-niger 

4 

6 

»      cinereus 

4 

Ueber  die  Molluekenfauna  der  Sudeten. 


245 


Limax  marginatus 

»  agrestis  . . . 
Vitrina  elongata  . . 

y>       diaphana  . 

»  pelhicida  . 
Hyalina  cellaria  .  . 

»        radiatula . 


»       pura 

B       nitens 

»        subrimata .. 
»       subterranea 

»       fulva 

Helix  pygmaea 

»     ruderata 

»     rotundata 

»     holoserica .... 

»    personata  .... 

»     aculeata 

B     costata  

»    pidchella 

3)     fruticum 

T>     unibrosa  ..... 

»     hispida 

D     incarnata  . . . . 

»     lapicida 

»     arbustorum. . . 

»     hortensis 

»     nemoralis  .... 

j)     pomatia 

BiiUminus  montanus 
Gionella  lubrica  .... 
Pupa  miiscorum, . . . 

»     minutissima . . 

j>     edentula 

»    pygmaea 

»     alpestris 

B     substriata .... 

B    pusilla , 

Glausüia  laminata.. 
biplicata.  . 


plicata , 
plicatula 
dubia. . . 
filogräna 


246 


Reinhardt: 


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4. 


51 
52 
53 
54 
55 


Succinea  putris 

»       ohlonga 

Garychium  minimmn . 
Limnaea  'peregra ... 
Äncylus  fluviatiUs . . , 


Summa: 


16 


25 


51 


Vergleicht  man  die  vorstehende  Tabelle  mit  der 
sub.  II  über  das  Riesengebirge  gegebenen,  so  ergiebt 
sich  eine  fast  vollständige  Uebereinstimmung  beider  in 
den  Faunen  der  gesammten  Bergregion.  Nur  wenige 
Arten  hat  das  Riesengebirge  voraus,  und  so  stellt  sich 
die  Fauna  der  Bergregion  des  Isergebirges  als  eine  ab- 
geschwächte Riesengebirgsfauna  dar.  In  der  Hügelre- 
gion findet  im  Grossen  und  Ganzen  ebenfalls  Ueberein- 
stimmung statt,  doch  tritt  hier  schon  eine  grössere  Diffe- 
renz zu  Tage.  Einige  Arten  des  Riesengebirges  (z.  B. 
Balea)  fehlen  im  Isergebirge;  doch  finden  sich  hier 
wiederum  andere  Arten,  die  im  Riesengebirge  nicht  vor- 
kommen; so  Vitrina  diaphana,  Helix  fruticimij  personata  (?), 
umhrosa,  hispida,  Pupa  muscorum,  Claus  Uta  filograiiQj 
Succinea  ohlonga.  Die  meisten  dieser  Species  sind  im 
Vorgebirge  %^g^^  die  Ebene  zu  gesammelt.  Von  be- 
sonderem Interesse  ist  nur  das  Auftreten  der  Helix  um- 
hrosa bei  Friedland,  da  diese  Species  sonst  nirgends  in 
den  Sudeten  gesammelt  ist  und  auch  in  der  schlesischen 
Ebene  fehlt.  Helix  umhrosa  ist  von  den  Kärnthener  und 
Tiroler  Alpen  nordwärts  bis  Böhmen  und  Sachsen  ver- 
breitet; in  Böhmen  ist  sie  selten  gefunden,  häufiger  noch 
im  Eibsandstein-  und  im  Lausitzer  Gebirge,  wo  sie  (nach 
Peck)  im  Laubaner  Hochwalde  und  auf  der  Landskrone 
vorkommt.  An  diese  Fundorte  reiht  sich  der  im  Iser- 
gebirge an.  Der  Sudetenkamm  scheint  ihr  nach  NO. 
eine  Grenze    zu   setzen,    wie    sie  überhaupt   weiter    nach 


üeber  die  Molluskenfaima  der  Sudeten. 


247 


Osten  hin  zu  den  seltenen  Schnecken  zu  rechnen  ist. 
Jachno  fand  sie  noch  ziemlich  häufig  im  Krakauer  Ge- 
biet, Bielz  nur  an  einer  Stelle  in  Siebenbürgen,  v.  M ei- 
lend orf  um  Serajewo  in  Bosnien.  Neuerdings  lehrten 
die  Gebrüder  Krause  einen  weit  von  den  übrigen  ent- 
fernten Fundort  in  der  Ebene  um  Bromberg  (zusammen 
mit  He lix  austriaca  \)  kennen.  Im  Allgemeinen  darf  man 
die  Art  wohl  als  eine  vorwiegend  ostalpine  ansehen,  die 
sich  von  dort  aus,  wie  andere,  nach  Norden  verbreitet  hat. 


Nachdem  im  Vorhergehenden  die  Mollusken  der 
einzelnen  Theile  der  Sudeten  systematisch  verzeichnet 
sind,  bleibt  es  noch  übrig,  das  gegenseitige  Verhältniss 
dieser  Theile  in  Betracht  zu  ziehen.  Damit  eine  bes- 
sere üebersicht  erzielt  werde,  sind  in  der  folgenden 
Tabelle  sämmtliche  in  den  Sudeten  bisher  gefundenen 
Mollusken  zusammengestellt  mit  Angabe  der  Abtheilungen, 
in  denen  sie  bisher  beobachtet  wurden. 

IV. 

üebersichtstabelle 
der  in  den  Sudeten  beobachteten  Mollusken. 


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7. 


1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 

13 


Ärion  empiricorum  Fer 

D      albus  Fer 

B      fuscus  Müll o . . 

»      hortensis  Fer , 

»      melanocephdlus  F.  B. 
Limax  cinereo-niger  Wolff. 

B      cinereus  List 

»      marginatus  Müll.  . . 

»      agrestis  L 

»      tenelhts  Nilss 

»      laevis  Müll 

Baudebardia  brevipes  Drap. 
B  rufa  Drap. . . . 


248 


Reinhardt: 


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7. 

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8. 

14 
15 
16 
17 

Vitrina  elongata  Drap 

»       diaphana  Drap 

»       pelhicida  Müll | 

TJiiolinn,  ppllfiTid  Müll 

2 
2 

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3 
3 
3 
3 
8 

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4 
4 
4 
4 
4 
4 

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4 
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4 

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4 
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4 

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4 

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4 
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5 

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5 

5 

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5 
5 
5 

5 

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5 

'5 
5 

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5 
5 

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6 

6 

6 
6 

6 
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1    *6 

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7 

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7 

7 

7 

7 
7 
7 

7 

7 
7 

7 

'7 
7 
7 

7 

8 
8 
8 

8 

18 

»          nlfibvo,  Stud 

19 

»         rfidicituld  Aid •  . 

8 

«0 

»         riiiTCi  Aid 

8 

^1 

»        nitens  Mich 

8 

22 
23 
24 
25 
26 
27 
^8 

»        nitidula  Drap 

»         crystallina  Müll 

»        diaphana  Stud 

»        subrimata  Reinh 

»       subterranea  Bourg 

3>        /"itZva  Drap ,  . . .  . 

»        nitida  Müll 

2 

'2 

2 

2 

3 
3 
3 

'3 

3 

'3 
3 
3 

'3 

'3 

3 
3 
3 
3 
3 
3 

*3 
'3 
'3 

*8 
8 
8 

2Ö 
80 

fleZia;  rupestris  Drap 

B      pygmaea  Drap . 

*8 

31 

»      Tudpvata  Stud.  . . 

8 

82 

»      rotundata  Müll 

8 

33 
34 
35 

»      solaria  Menke 

B      obvoluta  Müll.  . . , 

»      lioloserica  Stud 

8 

36 

37 

B     personata  Lam 

»      aculeata  Müll 

8 

8 

88 

»      costata  Müll 

8 

89 

»      pulchella  Müll 

8 

40 

»      fruticum  Müll 

8 

41 
42 

48 

D      strigella  Müll 

»      umbrosa  Partsch 

»      granulata  Aid 

's 

44 

»       hdsnida  L 

8 

45 
46 

»      Cobresiana  Alten 

»      incarnata  Müll 

ii^: 

's 

47 

B      carpatica  Friv 

48 
40 

D      carthusianella  Drap 

»      obvia  Ziegl 

•• 

50 
51 

B      faustina  Ziegl 

B      lapicida  L 

's 

52 
53 
54 

B      arbustorum  L 

B      nemoralis  L 

B      hortensis  Müll 

8 
8 
8 

55 

B      potnatia  L 

8 

56 
57 

58 

Buliminus  montanus  Drap 

»          obscurns  Müll 

B         detritus  Müll 

8 

Ueber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten. 


249 


^ 

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59 

GioupllfL   liihvicci   Müll c  .  .  .  • 

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5 
5 

5 

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7 
7 

7 

7 

7i 
7 

8 

60 
61 
62 
63 

Ptipa  frumentum  Drap 

B      miiscorum  L 

»      minutissima  Hartm 

»      adßntiilo,  Drat) 

's 

8 
8 

64 
65 

»      antivertigo  Drap 

»      ni/üuineci  Drap 

8 

66 

I»      alpestris  Aid 

8 

67 

68 

»      arctica  Wallenb 

»      suhstricita  Jeffr 

*8 

69 

»     pusilla  Müll 

8 

70 

»      doUolum  Bru^ 

71 
72 

73 
74 
75 
76 

77 
78 
79 
80 
81 
82 
83 
84 
85 
86 
87 

Glausilia  laminata  Mont 

»         ortlwstoma  Menke. . . . 

j>         silesiaca    A.   Schmidt. 

»         ornata  Ziegl 

»         hiplicata  Mont 

»        plicata  Drap 

B         ventricosa  Drap 

»         tumida  Ziegl 

»        plicatula  Drap 

»         dubia  Drap 

B         nigricans  Pult 

»         cruciata  Stud 

»         pumila  Ziegl 

»        parvula  Stud 

»        filograna  Ziegl 

J5aZert  fragilis  Drap 

Succinea  putris  L 

8 

's 

8 

'8 
8 

*8 

*8 

88 
89 
90 
91 
92 

»         Pfeifferi  Rossra 

»         ohlonga  Drap,  ...-..,. 

Carycliium  minimum  Müll 

Pupula  polita  Hartm 

's 

8 

98 

»         minuta  Drap 

94 
95 

»        peregra  Drap 

B         ovata  Drap . 

96 
97 
98 
99 

Planorhis  corneiis  L 

B        spirorbis  Müll.   (?)... 

B         leucostoma  Mich 

»         aZ^?t6'  Müll 

, , 

100  i 

101  1 

B         nitidus  Müll..  . , 

Äncylus  flwüiatilis  L 

102    ' 

Physa  fontinalis  L-  . . 

103    i 

»     hypnorum  L 

250 


Reinhardt : 


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Namen. 

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1 

8. 

104 
105 
106 
107 
108 

Hydrohia  {suäeticd) 

Cyclas  calyculata  Drap 

Pisidium  fontinale  Pfeiff. 

»        roseum  Scholtz 

Änodonta  cygnea 

1 

i 

..is 

*4    !'. 

7 

7 

7 

, , 

Summa : 

1  80 

13 

|46|51|  42 

134 

65 

54 

Wir  vergleichen  zunächst  die  beiden  Hauptglieder 
der  Sudeten,  das  Mährische  Gesenke  und  das  Riesenge- 
birge (incl.  des  Isergebirges,  das  sich,  wie  oben  gezeigt, 
im  Wesentlichen  dem  Riesengebirge  ganz  gleich  verhält) 
mit  einander. 

I.  In  beiden  Gebirgen  kommen  folgende  Arten  ge- 
meinschaftlich vor: 

Arion  empir worum,  fusous,  hortensis,  melanocephalus, 

Limax  einer eo-nig er,    cinereus,  marginatusy  agrestis. 

Vitrina  elongata,  'pellucida. 

Hyalina  cellaria,  radiatulay  pura,  nitens  (Isergeb.), 
nitidula,  diaphana,  subrimataj  suhterranea,  fulva. 

Helix pygmaeaj  ruderata,  rotundatay  holoserica,  per- 
Sonata  (Isergeb.),  aculeata,  pulchella,  costata,  friitiGum 
(Isergeb.),  mcarnata,  lapicida,  arbustorum,  hortensts,  po- 
matia. 

Buliminus  montamis. 

Gionella  luhrica. 

Pupa  minutissimo,  edentula,  pygmaea,  alpestris,  sub- 
striata,  pusilla. 

Clausula  laminata,  biplicata,  plicata j  plicatula,  dubia, 
cruciata,  parvula,  filograna  (Isergeb.). 

Succinea  putris,  oblonga  (Isergeb.). 

Garychium  minimum. 

Pupula  polita. 

Limnaea  stagnalis,  minuta,  peregra,  ovata» 

Ancylus  fluviatilis. 


üeber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  251 

PlaJiorhis  albuSy  leiicostoma. 

Pisidium  fontxnale. 

In  Summa:  61  Arten. 

Die  meisten  dieser  Arten  finden  sich  auch  in  den 
andern  Theilen  der  Sudeten  wieder,  wir  dürfen  sie  daher 
als  die  allgemein  verbreiteten,  als  den  Stamm  der  ge- 
sammten  Sudetenfauna  ansehen.  Es  sind  dies  aber  auch 
mit  wenigen  Ausnahmen  diejenigen  Arten,  welche  die  Su- 
deten mit  den  x\lpen  und  sämmtlichcn  deutschen  Bergländern 
gemeinsam  haben,  also  der  Stamm  der  gesammten  mittel- 
europäischen Molluskenfauna.  Die  wenigen  unter  diesen 
Schnecken,  welche  nicht  allgemein  durch  alle  deutschen 
Bergländer  verbreitet  sind,  sind  nur  folgende :  Hyalina 
suhrimata^  lielix  holoserica,  Clausilia  cruciata  und  Gl. 
filograna.  Diese  4  Species  finden  sich  nur  in  dem  öst- 
lichen Theile  des  Gebiets,  sie  können  als  vorherrschend 
ostalpine  bezeichnet  werden. 

II.  Im  Riesengebirge  (incl.  Isergebirge),  nicht  aber 
im  Gesenke,  wurden  folgende  Arten  beobachtet. 

Arton  albus. 

Vitrina  diaphana. 

Helix  umbrosa,  iiispida,  nemoralis. 

Balea  fragil is. 

Clausilia  silesiaca. 

Pujpa  muscorumj  arctica. 

Planorbis  corneuSj  nitidus. 

Cyclas  Galyoulata. 

Pis  idiu m  ros eum . 

Unter  diesen  findet  sich  wiederum  eine  Anzahl  von 
Schnecken,  die  allgemein  in  den  deutschen  Bergländern 
verbreitet  sind,  und  deren  Fehlen  im  Gesenke  w^ohl  nur 
durch  den  Mangel  geeigneter  Lokalitäten  oder  durch  ein 
Uebersehen  derselben  motivirt  wird.  Als  solche  Arten 
sind  aufzufassen: 

Vitrina  diaphana,  in  den  Sudeten  sonst  noch  aus 
Glatz  und  der  Eule  bekannt; 

Helix  hispida,  sonst  noch  im  Bober-Katzbach-Ge- 
birge, auf  dem  Zobten  und  in  der  Eule  gefunden; 

Helix  nemoralis,  im  Riesengebirge  wohl  sicher  ein- 


252  Reinhardt: 

geschleppt,  da  sie  sich  nur  in  der  Nähe  menschlicher 
Wohnplätze  findet; 

Balea  fragilisy  noch  im  Waldenburger  Gebirge  und 
auf  dem  Zobten ; 

Fupa  musoorumj  noch  auf  dem  Zobten  gefunden; 
die  Wasserschnecken  mit  Ausnahme  von  Ptsidium  roseum. 
Es  sei  indessen  noch  erwähnt,  dass  Balea  fragilis 
nach  Osten  hin  nicht  weiter  vordringt;  sie  fehlt  in  Ga- 
lizien,  Russland;  Siebenbürgen,  Bosnien,  erreicht  also  in 
den  Sudeten  einen  ihrer  Grenzpunkte  nach  Osten.  Eben- 
so scheint  Helix  hispida  nach  Osten  zu  an  Häufigkeit 
abzunehmen.  Jachno  kennt  sie  zwar  noch  aus  dem 
westlichen,  nicht  aber  aus  dem  östlichen  Gah'zien;  aus 
Siebenbürgen  führt  Bielz  nur  einen  Fundort  an. 

Was  die  nach  Abzug  dieser  noch  übrig  bleibenden 
Species  anbetrifft,  so  ist  von  Hdix  umhrosa  schon  oben 
ausführlicher  die  Rede  gewiesen  und  zu  zeigen  versucht, 
dass  diese  Art  eine  ostalpine  ist,  sich  also  der  Gruppe 
der  4  vorher  genannten  {Hei.  holoserica  etc.)  anschliesst. 
Derselben  Kategorie  gehört  Clausula  silesiaca  an.  Diese, 
ausser  im  Riesengebirge  noch  auf  dem  Gipfel  des  Zobten 
und  im  ßober-Katzbach-Gebirge  gefunden,  kommt  sonst 
nur  noch  in  den  Ostalpenländern  (Krain,  Kärnthcn)  und 
in  Bosnien  (v.  Möllendorff)  vor,  und  zwar,  was  besonders 
hervorzuheben  ist,  ohne  dass  sich  zwischen  diesen  beiden 
Verbreitungsgebieten  bis  jetzt  Zwischenstationen  gefunden 
hätten.  Dabei  ist  allerdings  zu  berücksichtigen,  dass 
die  Molluskenfauna  der  dazwischen  liegenden  Länder, 
namentlich  Mährens  und  der  kleinen  Karpathen,  so  gut 
wie  unbekannt  ist. 

Von  den  3  weiteren  Arten  ist  Fisidium  roseum  bis 
jetzt  den  Sudeten  eigenthümlich;  es  ist  indessen  wohl 
anzunehmen,  dass  bei  genauerem  Studiuoi  der  Pisidie7i, 
das  erst  in  neuerer  Zeit  begonnen  hat,  diese  Art  sich 
auch  an  andern  Punkten  wird  auffinden  lassen.  —  Von 
Pupa  arctica  w^ar  schon  früher  die  Rede;  sie  ist  eine 
nordische  Art,  und  ihr  darf  man  wohl  Arion  albus  an 
die  Seite  stellen,  der  in  Skandinavien  häufiger  als  anders- 
wo auftritt.      Im  Riesengebirge  scheint  die  Art  ziemlich 


üeber  die  Molluskenfauiia  der  Sudeten.  253 

selten   zu  sein;    ich    selbst    hatte    nicht  Gelegenheit,    sie 
dort  zu  sammeln. 

Die  Molluskenfauna  des  Riesengebirges  setzt  sich 
nach  dem  Vorstehenden  zusammen: 

1)  aus  allgemein  verbreiteten  alpinen  Arten ; 

2)  aus  ostalpinen  Arten,  z.  Th.  mit  sprungweiser 
Verbreitung. 

3)  aus  nordischen  Arten: 

4)  aus  ihr  eigenthiimlichen  Arten. 

III.  Im  Mährischen  Gesenke,  nicht  aber  im  Riesen- 
gebirge, kommen  folgende  Arten  vor: 

Li7nax  tenellus,  hrunneus. 

Daudehardia  hrevisus,  rufa. 

Hyalina  glabra,  nitida. 

Ilelix  granulata,   Cohresianay  carpatica,  faustina. 

Clausilia  ortltostomoj  ventricosay  tumidaj  nigricans. 

Pupa  doliolum,  antivertigo. 

Physa  foyitinalis. 

Hydrohia  spec.  nov. 

Diese  Liste  weist  zunächst  wiederum  eine  Anzahl 
allgemein  verbreiteter  Arten  auf,  die  deshalb  nicht  als 
Eigenthümlichkeiten  des  Mährischen  Gesenkes  angesehen 
werden  dürfen,  und  von  denen  bei  fortgesetzter  Durch- 
forschung des  Riesengebirges  sich  wohl  noch  manche  dort 
werden  finden  lassen.  Dazu  gehören  die  Nacktschnecken, 
von  denen  Limax  hrunneus  auch  im  Zobtengebirge  vor- 
kommt, Daudehardia  brevipes,  auch  in  der  Eule,  D.  rufa, 
auch  im  Waldenburger  Gebirge  gefunden;  Hyalina  nitida^ 
eine  vorzugsweise  der  Ebene  angehörige  Species;  Clau- 
silia ventrioosa,  die  in  der  Enle,  CL  nigricans,  die  auf 
dem  Zobtcn  wieder  auftritt;  Pupa  doliolum,  im  Bober- 
Katzbach-Gebirge  wiederkehrend,^  und  P.  antivertigo, 
welche  mehr  die  Ebene  liebt;  endlich  Physa  fontinalis^ 
die  sich  in  der  Eule  wiederfindet.  —  Die  Daudebardien 
sind  zwar  überall  selten  gefunden,  da  sie  sehr  versteckt 
leben,  doch  durch  das  ganze  deutsche  Bergland  verbreitet; 
östlich  scheinen  sie  nicht  viel  weiter  vorzudringen,  da 
Daudebardia  brevijpes  zwar  noch  bei  Krakau  gesammelt 
wurde,   im    östlichen  Galizien    und   in  Siebenbürgen  da- 


254  Reinhardt: 

gegen  beide  Arten  fehlen.  Ancli  Pu]pa  doliolwn  ist  nicht 
gerade  von  vielen  Fundorten  bekannt,  dieselben  liegen 
jedoch  über  ganz  Deutschland  und  Mitteleuropa  zerstreut. 
Zu  den  allgemein  verbreiteten  Schnecken  darf  endlich 
wohl  auch  Helix  grayiiilata  gerechnet  werden,  die  nichts 
anderes  darstellt,  als  eine  unbehaarte  Form  der  Helix 
serioea  Drap.,  welche,  wie  die  vorige,  zwar  zerstreut- 
aber  doch  durch  das  ganze  gebirgige  Deutschland,  Frank- 
reich und  England  vorkommt.  Ich  vermuthe,  dass  die 
albinen  Exemplare  der  Helix  sericea,  welche  A.  Schmidt 
vom  Zobten  anführt,  ebenfalls  H.  granulata  sind. 

Die  Gruppe  der  vorzugsweise  ostalpinen  Schnecken 
ist  im  Mährischen  Gesenke  durch  Hyalina  glabra,  Helix 
obviaj  Cobresiana  und  durch  Clauailia  orthostoma  ver- 
treten. Erstere  beide  gehen  sehr  weit  nach  Osten  und 
gehören  z.  B.  noch  in  Siebenbürgen  zu  den  häufigen 
Schnecken.  Aehnlich  verhält  sich  Clausilia  orthostoma, 
die  in  Deutschland  hauptsächlich  in  den  östlichen  Ländern 
auftritt,  nach  Westen  aber  mehr  und  mehr  verschwindet. 
Helix  Cobresiana  hingegen  ist  von  beschränkterer  Ver- 
breitung. Sie  findet  sich  zwar  im  ganzen  Alpenzuge, 
doch  namentlich  häufig  im  östlichen  Theile,  fehlt  aber  in 
den  westdeutschen  Bergländern,  während  sie  in  den  öst- 
lichen, in  Böhmen,  in  den  sächsischen  Gebirgen  und  auch 
noch  in  der  Tatra  häufig  ist.  Hier  erreicht  sie  aber  auch 
ihre  Grenze  nach  Osten;  in  Siebenbürgen  und  Bosnien 
ist  sie  nicht  mehr  gefunden. 

Zu  diesen  beiden  Gruppen  alpiner  Schnecken  ge- 
sellt sich  nun  eine  dritte,  die  in  den  Alpen  vergebens 
gesucht  wird,  dagegen  in  den  Karpathen,  und  nur  in 
diesen,  sich  vorfindet.  Hierher  gehören  vor  allen  Helix 
fausti^ia  und  H.  carpatica^  und  vielleicht  auch  Ciaicsilia 
tumida.  Diese  letztere  Art  ist  wahrscheinlich  eine  öst- 
liche, da  sie  in  Siebenbürgen  und  der  Bukowina  ihre 
Hauptverbreitung  hat;  nach  A.  Schmidt  soll  sie  jedoch 
auch  westlich  bis  Baiern  und  Würtemberg  vordringen 
(A.  Schmidt  nennt  sie  den  östlichen  Pendant  zu  der 
westlicheren  Öl.  Rolphii.)  Es  ist  bei  solchen  Arten, 
die,  wie    diese,  nur    wenige  Fundorte    zeigen,     schwierig 


Ueber  die  MoUuskenfaima  der  Sudeten.  255 

zu  bestimmen,  wohin  der  Hanptbezirk  ihrer  Verbreitung 
fällt;  ich  kann  diese  Art  deshalb  auch  nur  fraglich  als 
eine  karpathische  bezeichnen.  Entschieden  karpatische 
Species  sind  dagegen  die  beiden  Helicesy  die  in  dem 
ganzen  Karpathenzuge  von  Siebenbürgen  bis  zur  Tatra 
häufig  sind  und  sich  über  denselben  hinaus  nur  wenig 
verbreiten.  Helix  faustina  ist  im  Mährischen  Gesenke 
nicht  selten,  geht  aber  nur  noch  in  die  zunächst  angren- 
zenden Gebirgsgruppcn  der  Eule  und  der  Glatzer  Ge- 
birge über;  weiter  westlich  in  Böhmen  findet  sie  sich 
auch  nur  in  nächster  Nähe  dieses  Gebirges,  nämlich  bei 
Brandeis  a.  d.  Adler  (Slavik).  Helix  carpatica  verbreitet 
sich  etwas  weiter;  sie  geht  in  den  Sudeten  über  die 
Eule  hinaus  bis  ins  Waldenburger  Gebirge  und  nach  dem 
Zobten;  in  Böhmen  findet  sie  sich  nur  an  dem  gleichen 
Fundorte  mit  Hei.  fausiina.  Wenn  man,  durch  diese 
Vorkommnisse  veranlasst,  eine  eingehendere  Vergleichung 
der  Fauna  des  Mährischen  Gesenkes  mit  jener  der  Kar- 
pathen  anstellt,  so  tritt  eine  frappante  Aehnlichkeit, 
man  könnte  fast  sagen,  Uebereinstimmung  beider,  nament- 
lich der  nächstgelegenen  Theile  der  Karpathen,  der 
hohen  Tatra,  hervor.  Mit  geringen  Ausnahmen  treten  sämmt- 
liche  im  Gesenke  gefundene  Arten  in  den  Karpathen  wie- 
der auf;  diese  haben  jedoch,  und  zwar  je  weiter  östlich,  desto 
mehr,  einen  immer  grösseren  Reichthum  an  Arten,  und 
namentlich  auch  an  eigenthümlichen,  aufzuweisen,  so  dass 
die  Fauna  des  Mährischen  Gesenkes  sich  als  eine  abge- 
schwächte Karpathenfauna  oder  als  deren  westlichster 
Ausläufer  darstellt.  —  Als  dem  Mährischen  Gesenke  bis 
jetzt  eigenthümlich  ist  nur  die  schon  früher  besprochene 
Hydrohia  zu  nennen,  die  ich  für  eine  neue,  noch  unbe- 
schriebene Art  halte;  es  ist  indessen  wohl  auch  von  dieser 
anzunehmen,  dass  sie  sich  anderwärts  ebenfalls  finden 
wird,  namentlich  wären  die  Fundorte  in  den  Karpathen 
zu  suchen.  Dass  sie  in  auffallender  Weise  an  eine  süd- 
östliche Species,  die  von  v.  Möllendorf  beschriebene 
Hydrohia  valvataeformis  erinnert,  ist  schon  erwähnt  worden. 
Die  Molluskenfauna  des  Mährischen  Gesenkes  setzt 
sich  demnach  zusammen: 


256  Reinhardt: 

1)  aus  alpinen  Arten  von    allgemeiner  Verbreitung, 

2)  aus  vorwiegend  ostalpinen  Arten, 

3)  aus  karpathischen  Arten  und 

4)  aus  ihr  eigenthümlichen  Arten. 
Riesengebirge  und  Mährisches  Gesenke  unterscheiden 

sich  in  ihrer  Molluskenfauna  hauptsächlich  dadurch,  dass 
zu  den  alpinen  Arten  im  ersteren  arktische,  im  letzteren 
karpathische  hinzutreten.  Man  kann  die  Fauna  des  Riesen- 
gebirges als  eine  arktisch-alpine,  die  des  Gesenkes 
als  eine  karpathisc h-a  1  p i n e  charakterisiren.  Dies  Resul- 
tat steht  in  genauester  üebereinstimmung  mit  den  Resultaten 
der  botanischen  Forschung,  welche  im  Riesengebirge  eine 
arktisch-alpine,  im  Mährischen  Gesenke  eine  karpathisch- 
alpine  Flora  nachgewiesen  hat.  Der  räumlichen  Aus- 
dehung  nach  hat  die  karpathischalpine  Fauna  in  den  Su- 
deten das  Uebergewicht  über  die  arktisch-alpine,  indem 
erstere  ihren  Einfluss  in  den  meisten  Gebirgsgruppen, 
nämlich  dem  Gesenke,  dem  Glatzer  Gebirge,  dem  Eulen- 
gebirge, dem  Zobten  und  dem  Waldenburger  Gebirge 
geltend  macht,  während  letztere  nur  im  Riesengebirge, 
und  zwar  auf  der  nördlichen  Seite  desselben  auftritt. 

IV.  Es  bleiben  zum  Schluss  noch  diejenigen  Arten  zu 
besprechen,  welche  nicht  in  den  beiden  Hauptgebirgen 
der  Sudeten,  sondern  nur  in  den  anderen  Gruppen  vor- 
kommen.    Es  sind  dies  folgende: 

Hyalina  crystallina. 

Helix  rwpestris,  solaria,  ohvolutaj  strigella,  cartku- 
sianella. 

Buliminus  ohscuruSy  detritus, 

Clausilia  or7iata,  pumila. 

Pupa  frumentum. 

Succinea  Ffeifferi. 

Physa  hypnorum. 

Ä7iodonta  cygnea. 

Diese  Liste  zeigt  zum  grössten  Theil  wiederum 
Arten,  die  durch  das  ganze  deutsche  Gebirgsland  ver- 
breitet sind,  von  denen  jedoch  viele  mit  Vorliebe  in  den 


lieber  die  Molluskenfäuna  der  Sudeten.  257 

niedrigeren  Regionen  auftreten;  einzelne,  wie  Hyal.  cry- 
stallina, Succinea  Pfeifferi  und  die  Wasserschnecken, 
ziehen  sogar  entschieden  die  Ebene  vor.  Ausser  den 
genannten  Schnecken  sind  als  hierher  gehörig  anzuführen : 

Helix  rupestrisy  die  hier  einen  ihrer  nördlichen 
Grenzpunkte  hat. 

Helix  ohvolutaj  welche  in  den  Sudeten  ihre  Ost- 
grenze zu  erreichen  scheint,  da  sie  in  Galizien  und  Sie- 
benbürgen nicht  mehr  auftritt. 

Helix  strigella. 

Helix  Garthusianellaj  eine  Art  von  weiter  Verbrei- 
tung, namentlich  im  Süden  von  Europa.  Ihr  Fundort 
in  den  Sudeten  ist  ein  isolirter,  da  die  Schnecke  in 
Galizien,  Mähren  und  Böhmen  nicht  gefunden  ist  und 
zunächst  erst  wieder  in  Siebenbürgen,  bei  Wien  und 
dann  am  Rhein  auftritt.  Sie  soll  auch  in  Sibirien  ge- 
funden sein  (?).     Endlich: 

Buliminus    ohscuruSy    detritus  und    Pupa  frumentum. 

Die  wenigen  noch  übrig  bleibenden  Species,  nämlich 
Helix  solaria,  Clausilia  ornata  und  fumila  sind  zu  der 
Gruppe  der  ostalpinen  Arten  zu  rechnen,  von  denen  sich 
namentlich  die  beiden  ersten.  Hei.  solaria  und  Clausilia 
ornata  in  ihrer  sprungweisen  Verbreitung  der  Clausilia 
silesiaca  und  der  Helix  carthusianella  anschliessen.  Clau- 
silia ornata,  in  Krain  und  Kärnthen  heimisch,  findet  sich 
im  Glatzer  Gebirge  bei  Habelschwerdt,  und  hat  in  der 
Nähe  desselben  in  Böhmen  noch  einen  zweiten  Fund- 
ort aufzuweisen,  bei  ßrandeis  a.  d.  Adler  (Slavik),  und 
zwar  hier  in  Gesellschaft  mit  dem  ebenfalls  ostalpinen  Zoni- 
tes  verticillus.  Gerade; diese  Arten,  welche  die  Sudeten  mit 
den  Ostalpen  allein  gemeinsam  haben,  ohne  dass  sie,  wie 
viele  andere  ostalpine,  auch  in  den  Earpathen  vorkommen, 
haben  eine  besondere  Wichtigkeit,  da  sie  eine  direkte 
Einwanderung  von  Süden  her  (ohne  den  Umweg  über 
Siebenbürgen  und  die  Karpathen)  bekunden.  Der  Weg 
ist  offenbar  über  den  Wiener  Wald  gegangen,  wo  sich 
die  meisten  der  Arten  noch  finden;  wie  von  dort  weiter 
bis  in  die  Sudeten,  ist  bei  unserer  Unbekanntschaft  mit 
den    Faunen   Mährens    und   der    Gebirge    zwischen    dem 

Archiv  für  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  17 


Ö58  Reinhardt: 

Wiener  Walde  und  den  Sudeten  bis  jetzt  noch  nicht 
festzustellen. 

Da,  wie  im  Vorhergehenden  gezeigt  worden,  bei 
der  Bildung  der  Sudetenfauna  Einwirkungen  von  Norden, 
Süden  und  Osten  her  stattgefunden  haben,  so  ist  es  wohl 
zu  erwarten,  dass  viele  der  eingewanderten  Arten  in  den 
Sudeten  ihrer  Wanderung  ein  Ziel  gesetzt  und  hier  die 
Grenzen  ihrer  Verbreitung  erreicht  haben.  Da  die  Haupt- 
einwanderung von  den  Alpen,  also  von  Süden  resp. 
Südwesten  her,  stattgefunden  hat,  so  sind  es  auch  haupt- 
sächlich südliche  Arten  (von  den  Sudeten  aus  gerechnet) 
die  hier  ihre  Grenze  nach  Norden  (NO,)  gegen  die 
Ebene  zu  finden,  nämlich  folgende,: 

Daudehardia  hrevipes  und  rufa;  Vitrina  elongata] 
Hyalina  glahr  a ,  diaphana,  eubr im ata^  Helix  rupestriSj 
solaria^  olyvoluta,  holoaerica,  personata^)y  um- 
hrosa*)j  Cobresiana^  cavpatica ,  carthusianella,  oh- 
vih*),  faustina;  Buliminus  detritus,  (monianus  tritt  erst 
in  Skandinavien  wieder  auf);  Pupa  doliolum*);  Clausula 
orthostoma  *)f  silesiaca,  ornata,  tumida"^),  cru- 
ciata*),  pumila*),  'parvula,  filo gr ana  ^). 

Unter  diesen  befinden  sich,  wie  man  sieht,  sämmt- 
liche  früher  als  ostalpine  bezeichneten  Arten,  sowie  die 
karpathischen;  sie  sind  durch  den  Druck  kenntlich  ge- 
macht. 

Nach  Osten  gehen  über  die  Sudeten  nicht  hinaus: 
Daudehardia  rufa;  Helix  obvoluta;  Balea  fragilis;  Glau- 
silia  silesiaca^  ornata. 

Nach  Westen  bilden  die  Sudeten  die  Grenze  von 
Helix  carpatica  und  faustina: 

Ihre  Südgrenze  endlich  erreichen  hier  Ärion  a^bus 
und  Pupa  arctica. 


*)  Abgesehen  von  einzelnen  sporadischen  Fundorten  in  der 
Ebene.  Es  ist  auffallend,  dass  fast  alle  diese  Fundorte  in  der  Pro- 
vinz Preussen  oder  in  ihrer  Nachbarschaft  (Posen,  Livland)  liegen. 
Wahrscheinlich  ist  die  Wanderung  hierher  von  den  Karpathen  aus, 
dem  Laufe  der  Weichsel  folgend  vor  sich  gegangen. 


tJeber  die  Molluskenfauna  der  Sudeten.  259 

Fassen  wir  die  Resultate  vorstehender  Unter- 
suchungen in  kurzen  Worten  zusammen,  so  ergiebt  sich 
folgendes : 

Die  Sudetenfauna  ist  keine  ursprüngliche  und  selbst- 
ständige, da  ihr  eigenthümliche  Arten  (fast)  gänzlich 
fehlen. 

Die  Sudeten  sind  colonisirt  worden  von  den  x\lpen 
(beziehungsweise  Ostalpen),  von  den  Karpathen  und  von 
Skandinavien  aus.  Die  alpinen  Arten  bilden  die  über- 
wiegende Mehrzahl  und  verbreiten  sich  annährend  gleich- 
massig  durch  die  ganzen  Sudeten.  Die  karpathischen 
Arten  bewohnen  den  südöstlichen  Theil  der  Sudeten, 
namentlich  das  Mährische  Gesenke;  die  arktischen  Arten 
sind  auf  den  nordwestlichen  Theil,  besonders  auf  die 
Nordseite  des  Riesengebirges  beschränkt. 


Heber  einen  neuen  Ringelwurm  des  Rheins.  *) 

Von 

Dr.  F.  C.  Noil 

in  Frankfurt  a.  M. 

(Mit  Taf.  VII.) 


Phreoryctes  Heydeni  N. 

In  den  Sammlungen  der  Scnckenbergischen  natur- 
forschenden Gesellschaft  befinden  sich  Exemplare  eines 
dünnen  Wurmes,  den  der  verstorbene  Senator  C.  von 
Hey  den  im  Jahre  1835  im  Sande  des  Rheines  bei  Rü- 
desheim sammelte  und  Lumbricogordius  Hartmanni  be- 
nannte. 

Denselben  Wurm  fand  ich  zuerst  im  April  1871  am 
Rheinufer  bei  St.  Goar,  als  das  fallende  Wasser  ein  Um- 
wenden der  tieferen  Steinlagen  gestattete.  An  dem- 
selben Platze,  bis  jetzt  aber  auch  nur  an  ihm,  erbeutete 
ich  den  Wurm  in  grösserer  Anzahl  im  October  1873, 
am  3.  Januar  und  Ostern  1874. 

Räumt  man  in  der  Nähe  des  Wasserspiegels  das 
Geschiebe,  das  hier  aus  kleineren  und  grösseren  Thon- 
schieferplatten  besteht,  weg  bis  zum  Niveau  des  Rheines, 


1)  Die  erste  Mittheilung  über  diesen  Gegenstand  wurde  in 
einer  Sitzung  der  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Aerzte 
zu  Wiesbaden  1873  gemacht.  Vergl.  das  Tageblatt  der  46.  Ver- 
ammlung  u.  s.  w.     Wiesbaden  1878.     S.  131. 


Noll:  üeber  einen  neuen  Ringelwurm  des  Rheins.  261 

SO  dass  das  Wasser  in  den  Vertiefungen  sich  zu  sammeln 
beginnt,  dann  findet  man  mehrfach  in  dem  feinen  thon- 
haltigen  Sande,  der  unter  den  Steinen  liegt,  das  hell- 
rothe  fadenförmige  Thier,  das  gewöhnlich  auf  der  von 
dem  Steine  bedeckten  Fläche  mit  dem  grösyten  Theile 
seines  Körpers  in  Krümmungen  ausgestreckt  liegt,  theil- 
weise  aber  im  Sande  steckt  und  langsam  seine  Rückzugs- 
bewegungen beginnt.  Unter  einem  Steine  fand  ich  fast 
stets  nur  ein  Exemplar,  seltener  zwei  zusammen.  Im 
October  sammelte  ich  in  einer  Stunde  etwa  ein  Dutzend 
Würmer  ein,  während  ich  im  Januar  binnen  einer  Vier- 
telstunde etwa  20  Stück  erbeutete.  Das  Thier  muss  den 
grösseren  Theil  des  Jahres  völlig  unter  Wasser  sein; 
die  Stelle  wenigstens,  an  der  ich  es  fand,  lässt  dies  ver- 
muthen.  Schräg  aus  dem  Flusse  steigende  Felsmassen, 
die  mehrere  Fuss  hoch  aus  dem  Geschiebe  hervorstehen, 
tragen  an  ihrem  Abhänge,  der  dem  Wasser  zugewendet 
ist,  die  Steinablagerungen,  in  denen  der  Wurm  vorkommt, 
und  verhindern  diesen,  dem  sinkenden  Wasser  von  fern- 
her nachzuwandern  oder  vor  dem  steigenden  sich  zurück- 
zuziehen. Sein  Vorhandensein  nur  an  dieser  Stelle 
spricht  deutlich  für  diese  Ansicht,  wie  auch  das  Verhalten 
des  Wurmes  im  Aquarium  den  Beweis  liefert  (s.  unten), 
dass  er  sich  im  Wasser  wohl  befindet  und  nicht  nur  zu- 
fällig dahin  geräth,  wie  Schlotthauber  dies  von  Phreo- 
ryctes  Menkeanus  und  seinem  Ph.  Lichtensteinii  an- 
nehmen zu  müssen  glaubt  ^).  Als  ich  Pfingsten  1874 
während  eines  höheren  Wasserstandes  an  die  Stelle  kam, 
w^o  der  Wurm  sonst  häufig  ist,  suchte  ich  vielfach  unter 
den  Steinen,  die  eben  erst  von  dem  wieder  fallenden 
Wasser  verlassen  waren,  wie  auch  unter  solchen,  die 
weiter  ab  liegend  nicht  von  der  Flut  betroffen  worden 
waren,  vergeblich.  Es  fand  sich  nicht  ein  einziges  Exem- 
plar, was  ebenfalls  wieder  dafür  spricht,  dass  sämmtliche 


1)  Amtlicher  Bericht  über  die  31.  Versammlung  deutscher  Natur- 
forscher und  Aerzte  zu  Göttingen.  Göttingen  1860.  S.  123.  Schlott- 
hauber's  Umwandlung  des  Namens  Phreoryctes  in  Georyctes  ist 
deshalb  überflüssig. 


262  Noll: 

Phreoryctes  auf  ihrem  jetzt  seit  Wochen  überschwemm- 
ten Platze  geblieben  sein  mussten  und  sich  nicht  vor 
dem  steigenden  Wasset  das  Ufer  herauf  gezogen  hatten. 
Die  langgestreckte  fadenförmige  Gestalt  des  Wurmes, 
die  rosenrothe  Färbung  der  prallen,  schwach  irisirenden 
Haut,  die  Neigung  sich  zusammenzurollen,  noch  mehr 
aber  die  Kopfbildung,  die  Segmentirung  und  die  vierzeilig 
gestellten,  hakenförmigen  Borsten  beweisen,  dass  wir  es  mit 
einemGliede  der  Gattung  Phreoryctes  zu  thun  haben,  und  ich 
sehe  mich  deshalb  veranlasst,  den  ohnehin  von  C.  von 
Hey  den  nicht  ganz  glücklich  gewählten  Namen  Lum- • 
bricogordius  aufzugeben  und  den  Wurm  seinem  ersten 
Entdecker  zu  Ehren  als  Phreoryctes  Heydeni  zu  be- 
zeichnen. 

Phreoryctes  Heydeni  hat  eine  Länge  von  13  Ctm. 
bei  einer  Dicke  von  nicht  ganz  einem  Millimeter.  Bis 
jetzt  habe  ich  noch  keine  stärkeren  Exemplare  gesehen, 
wie  auch  die  durch  v.  Hey  den  gesammelten  und  im 
Frankfurter  Museum  aufbewahrten  Stücke  (auf  der  Eti- 
quette  ist  nicht  angegeben,  in  welcher  Jahreszeit  sie  ge- 
sammelt wurden)  mit  diesen  Grössenangaben  überein- 
stimmen. Wie  die  Breite  des  Körpers,  so  ist  auch  die 
Länge  der  einzelnen  Segmente,  deren  ich  bei  grösseren 
Exemplaren  220—230  zählte,  eine  sehr  geringe;  sie  be- 
trägt bei  den  stärksten  Gliedern  etwa  0,6  bis  0,7  Mm. 

Das  Kopfende  des  Wurmes  ist  etwas  derber  als  das 
Hinterleibsende,  das  mit  schwachen,  wenig  entwickelten 
Gliedern  endigt.  Der  Kopflappen  bildet  eine  sich  all- 
mälig  zuspitzende  Verlängerung  und  enthält  das  Gehirn- 
ganglion nebst  den  zwei  vordersten  Gefässschlingen,  die 
das  Rückengefäss  mit  dem  Bauchgefässe  verbinden.  Der 
an  der  Bauchseite  am  Ende  des  Kopflappens  gelegene 
Mund  ist  eine  querverlaufende  Oeffnung  ohne  alle  Be- 
waffnung. 

Bei  Betrachtung  des  anatomischen  und  histologischen 
Baues  können  wir  uns  im  Ganzen  kurz  fassen,  da  Phreo- 
ryctes Heydeni  sich  in  dieser  Hinsicht  nahe  an  Phr. 
Menkeanusanschliesst,  dessen  Körperverhältnisse  uns  durch 


lieber  einen  neuen  Ringelwurm  des  Rheins.  263 

Fr.  V.  Leydig  in  einer  gründlichen  Arbeit  vortrefflich 
geschildert  worden  sind  *). 

Um  ein  für  die  Systematik  wichtiges  Merkmal  her- 
vorzuheben, erwähnen  wir  zuerst  der  Haken  borsten, 
die  in  vier  Reihen  über  den  Körper  sich  hinziehen.  An- 
fangs gleich  hinter  dem  Kopfe  sind  die  Zeilen  ausein- 
ander gerückt,  die  zwei  unteren  Reihen  stehen  in  Bauch- 
lage, während  die  oberen  Reihen,  in  denen  anfangs  weit 
schwächere  Borsten  als  unten  sind,  an  den  Seiten  des 
Rückens  sich  hinziehen,  später  aber  an  die  Seiten  der 
Segmente  herabrücken  und  dadurch  den  Bauchhaken 
näher  kommen.  Die  Borsten  stehen  einzeln  in  jeder 
Tasche;  doch  sieht  man  in  diesen  vielfach  Borsten  in  der 
Neubildung  begriffen,  derart,  dass  man  die  Entwicklung 
derselben  leicht  an  demselben  Wurme  verfolgen  kann 
(Fig.  2  u.  4).  Sie  unterscheiden  sich  sowohl  in  der 
Grösse  wie  auch  in  der  Form  von  den  Haken  des  Phr. 
Menkeanus,  denn  während  dessen  Haken  bei  ausge- 
wachsenen Exemplaren  eine  Grösse  von  3,0  bis  3,6  Mm. 
besitzen,  haben  sie  bei  Phr.  Heydeni  eine  Länge  von 
2  Mm.  und  nur  weniges  darüber;  die  Dicke  der  ersteren 
beträgt  0,2  Mm.,  die  der  letzteren  0,1  Mm.  Bei  beiden 
Würmern  zeigen  die  Haken  ein  ziemlich  gerade  gestreck- 
tes, nur  leise  gebogenes  Basalstück,  das  etwa  zwei  Dritt- 
theiie  von  der  ganzen  Länge  der  Borste  einnimmt  und, 
am  Grunde  spitz  beginnend,  mit  einer  kleinen  Anschwel- 
lung endet,  der  die  Spitze  aufgesetzt  ist.  Diese  ist  bei 
Phr.  Menkeanus  (Fig.  5)  nur  schwach  rückwärts  gebogen 
und  im  Ganzen  ziemlich  gerade,  während  die  Spitze  der 
Borste  von  Phr.  Heydeni  (Fig.  4)  an  ihrem  ersten  Drittel 
gerade  verläuft  und  dann  einen  flach  sichelförmigen 
Haken  bildet,  dessen  charakteristische  Form  sogleich  von 
der  des  Phr.  Menkeanus  zu  unterscheiden  ist. 

Die  äussere  Körperbedeckung  lässt  über  einer 
schwächer  entwickelten  Matrix  eine  derbe  Cuticula  er- 
kennen (Fig.  2  u.  3,  a).     Diese  hebt  sich  besonders  deut- 


1)  Fr.    Leydig,      Phreoryctes    Menkeanus    Hoffm.    in    Max 
Schultze's  Archiv  für  mikroskop.  Anatomie.     Band  I. 


264  Noll: 

lieh  ab,  wenn  man  einen  in  Weingeist  getödteten  Wurm 
in  einer  nicht  zu  stark  gefärbten  Lösung  von  Karmin  in 
Ammoniak  etwa  24  Stunden  liegen  lässt  und  ihn  dann 
in  Essigsäure  aufhellt.  Die  Cuticula  zeigt  sich  in  diesem 
Falle  wasserhell  und  hebt  sich  klar  von  ihrer  dunkel 
gefärbten  Matrix  (b)  ab.  Sie  ist  an  dem  Kopflappen 
dünner  als  auf  dem  ganzen  übrigen  Körper.  Üeber  den 
ganzen  Körper  zerstreut  finden  sich  die  Hautdrüsen, 
die  bei  unserem  Wurm  am  Kopflappen  weniger  ent- 
wickelt sind,  während  sie  v.  Leydig  bei  Phr.  Menkea- 
nus  gerade  da  als  sehr  zahlreich  auftretend  angegeben 
werden.  An  den  Segmenten  des  Körpers  bilden  sie,  wie 
auch  von  Phr.  Menkeanus  bemerkt,  deutlich  eine  oder 
zwei  Ringzonen,  indem  die  Drüsen  an  dem  vorderen  und 
oft  auch  an  dem  hinteren  Rande  des  Segmentes  quer- 
über in  Reihen  gestellt  sind,  während  die  Mitte  desselben 
nur  wenige  Drüsen  trägt.  Uebrigens  sind  diese  Haut- 
drüsen bei  verschiedenen  Exemplaren  sehr  ungleich  ent- 
wickelt, denn  während  sie  bei  dem  einen  Wurm  nur  in 
sehr  geringer  Zahl  auftreten,  sind  sie  bei  anderen  Thieren 
dieser  Art  so  häufig,  dass  sie  die  ganzen  Glieder,  be- 
sonders in  der  Mitte  des  Leibes,  bedecken.  Bei  Würmern, 
die  ich  in  Essigsäure  tödtete,  zeigten  die  Drüsen  ein 
eigenes  Verhalten;  sie  lassen  bei  stärkerer  Vergrösserung 
am  Rande  des  Körpers  eine  von  diesem  wie  eine  kleine 
Borste  abstehende  hyaline  Spitze  erkennen,  die  von 
dem  im  Tode  austretenden  und  in  der  Säure  gerinnenden 
Drüsensecret  gebildet  zu  sein  scheint. 

Die  Muskelschicht  zeigt  im  Vergleich  mit  Phr. 
Menkeanus  keine  Besonderheiten.  Sie  bildet  einen  ziem- 
lich derben  Schlauch  mit  besonders  stark  entwickelten 
Längsmuskein,  der  in  dem  Kopflappen  an  Dicke  abnimmt, 
in  welchem  sich  zwischen  die  Muskellage  und  die  Haut 
eine  zellig-schwammige  Masse  einlagert  (Fig.  2  u.  3). 

Auch  die  Verhältnisse  des  Nervensystems  sind 
denen  bei  Phr.  Menkeanus  ähnlich.  Das  starke  und 
leicht  in  das  Auge  fallende  „Gehirnganglion",  die  obere 
Partie  des  Nervenschlundringes  (Fig.  2  u.  3  d),  ist  etwas 
eiförmig,    von  oben   gesehen  fast  kugelig  und  zeigt  nie- 


lieber  einen  neuen  Ringelwurm  des  Rheins.  265 

mals  die  in  die  Breite  gezogene  Form,  wie  sie  Leydig 
von  Phr.  Menkeanus  zeichnet  (Taf.  XVI.  Fig.  5.  loc. 
cit.).  Die  von  diesem  Ganglion  ausgehenden  seitlichen 
Commissuren  bilden  einen  breiten  um  den  Schlund  herum 
führenden  Bogen.  Die  drei  ersten  Ganglien  des 
Bauchmarkes  (e,  e)  sind  etwas  näher  zusammengerückt 
als  die  darauf  folgenden  und  unterscheiden  sich  von  diesen 
noch  durch  ihre  grössere  Dicke  und  mehr  abgerundete 
Form;  sie  sind  durch  tiefe  Einschnürungen  deutlich  von 
einander  abgesetzt,  während  der  übrige  Theil  des  Bauch- 
markes nur  eine  schwache  Anschwellung  in  der  Mitte 
eines  jeden  Gliedes  zeigt  (e'). 

Der  Mund  auf  der  Unterseite  des  Körpers,  hinter  dem 
allmälich  sich  nach  vorn  zuspitzenden  Kopflappen  liegend, 
kann  kreisförmig  sehr  erweitert  werden  und  lässt  bei  geöff- 
neter Stellung  zahlreiche  zarte  Papillen  erkennen,  die 
den  Schlund  an  seinem  Anfange  auskleiden  (f.)  —  Die 
Speiseröhre  kann  weit  aus  dem  Munde  hervorge- 
stülpt werden.  Sie  erstreckt  sich  durch  die  ersten  fünf 
Leibesringe,  vom  Munde  an  gezählt,  und  ist  in  ihrem 
vorderen  Drittel  dünnwandig,  während  ihr  grösserer 
hinterer  Abschnitt  durch  die  stark  entwickelten  Ring- 
muskelfasern eine  sehr  starke  Wand  erhält  (g).  Mit  dem  6ten 
Leibesringe  beginnt  der  Darm  (Magendarm^  h)  der  in 
der  Regel  an  der  Verbindungsstelle  der  Glieder  eng  zu- 
sammengeschnürt ist,  so  dass  er  in  ebensoviele  für  sich 
abgeschlossene  Stücke  zerfällt,  als  der  Leib  Glieder  hat. 
Leydig  hat  bei  Phr.  Menkeanus  nachgewiesen,  dass 
die  Einschnürungen  des  Darmes  nicht  auf  Einschnürungen 
der  Muskeln  beruhen,  sondern  in  der  Anordnung  des 
Darmes  selber  liegen. 

Um  den  Verlauf  der  Blutgefässe  und  ihrer 
Schlingen  genauer  zu  verfolgen,  was  bei  frischen  Exem- 
plaren wegen  ihrer  geringen  Durchsichtigkeit  nicht  leicht 
möglich  ist,  empfiehlt  es  sich,  Würmer,  die  in  Wein- 
geist getödtet  wurden,  in  eine  nicht  zu  starke  Karmin- 
lösung zu  bringen  und  sie  nach  ihrer  Färbung  in  Essig- 
säure aufzuhellen.  Gerade  die  Blutgefässe  erscheinen 
dann  häufig  schön  roth  gefärbt,   als  ob  sie   mit  Blut  ge- 


266  Noll: 

füllt  seien,  und  besonders  im  Kopfende  lässt  sich  die  Ver- 
bindung des  Rückengefässes  mit  dem  Bauchgefässe  sehr 
schön  erkennen.  In  den  Bauchringen  sind  die  von  dem 
Bauchgefässe  entspringenden  Gefässschlingen^  die  in 
mehrfachen  Windungen  bis  nach  der  Mitte  des  Rückens 
gehen,  dort  aber  wieder  nach  dem  Bauchgefässe  umbiegen, 
jedesmal  auf  einen  einzelnen  Ring  beschränkt;  sie  treten 
nicht  durch  die  Einschnürungen  zwischen  zwei  Gliedern 
hindurch  in  ein  anderes  Glied.  Anders  aber  ist  die 
Sache  in  den  ersten  Körperringen  (Fig.  3).  Das  Rücken- 
gefäss  i  (die  Zeichnung  der  Fig.  3.  ist  von  der  Bauch- 
seite genommen;  Rückengefäss  und  Nervenstrang  sind 
nur  so  weit  wiedergegeben,  dass  sie  die  Darstellung  des 
Bauchgefässes  nicht  stören)  geht  bis  dicht  an  das  Hirn- 
ganglion heran,  vor  dem  es  sich  gabelig  theilt.  Seine 
beiden  Aeste  laufen  über  das  Ganglion  hin  bis  in  die 
Spitze  des  Kopfes,  wo  sie  in  ungleicher  Länge  umbiegen, 
um  in  zwei  langen  Schenkeln,  die  erst  unter  den  beiden 
Comraissuren  dann  nach  kurzer  Ausbiegung  seitlich  von 
denselben  verlaufen,  sich  zu  dem  Bauchgefässe  zu  ver- 
einigen, das  seinen  Anfang  zwischen  den  ersten,  nach 
dem  Munde  auftretenden  Borsten,  also  am  Ende  des 
ersten  Ringes  nach  dem  Munde  hat  (Fig.  3  k).  Auch 
die  nächsten  drei  Körperringe  lassen  noch  eine  directe 
Verbindung  durch  Queräste  zwischen  Rücken-  und  Bauch- 
gefäss  erkennen,  und  besonders  bei  einem  wohlgelunge- 
nen Präparate,  nach  welchem  Fig.  3  gezeichnet  ist, 
liessen  sich  bei  Umwenden  des  Präparates  die  Einmün- 
dungen der  Verbindungsäste  sowohl  in  das  Rücken-  wie 
in  das  Bauchgefäss  deutlich  erkennen.  Diese  Verbin- 
dungen unterscheiden  sich  von  den  Gefässschlingen  in 
den  übrigen  Segmenten  auch  dadurch,  dass  sie  nicht 
auf  Ein  Glied  beschränkt  sind,  sondern  von  dem  stärke- 
ren Bauchgefässe  (Fig.  3)  etwa  in  der  Mitte  des  Glie- 
des entspringen,  nach  vorn  durch  das  vorhergehende 
Segment  durch  und  zuweilen  sogar  noch  über  dasselbe 
etwas  hinaus  führen  und  dann  in  einem  absteigenden 
Bogen,  etwa  in  gleicher  Hohe  wie  ihr  Ursprung,  in  das 
Rückengefäss  einmünden.     Konnte  so  mit  Sicherheit  die 


lieber  einen  neuen  Ringelwurm  des  Rheins.  267 

vordere  Verbindung  des  schwächeren  Rückengefässes 
mit  dem  stärkeren  Bauchgefässe  nachgewiesen  werden, 
so  war  es  mir  dagegen  nicht  möglich,  die  sackartigen 
Organe,  die  in  der  Mittelh'nie  des  Körpers  am  Rücken 
beiPhr.  Menkeanus  liegen  und  mehrere  Blutgefässschlingen 
einschliessen  i),  aufzufinden. 

Die  ^schleifen  förmigen  Kanäle"  sind  am  stärk- 
sten in  den  mittleren  Körperringen  entwickelt;  sie  füllen 
die  Ringe  dort  so  an,  dass  diese  prall  rund  erscheinen 
und  ein  milchiges  Ansehen  gewinnen.  Im  Uebrigen 
zeigt  ihr  Verhalten  keine  Verschiedenheit  von  dem  der 
Schleifenkanäle  bei  Phr.  Menkeanus. 

Auffallend  war  es  mir,  dass  ich  bei  Phreoryctes  Hey- 
deni  nichts  von  Gcnerations  Organen  aufzufinden  ver- 
mochte. V.  Leydig  erwähnt  und  bildet  ab  2)  3  Paar 
kleiner  Blindsäcke,  im  6 — 8ten  Körperringe  an  der  Bauch- 
seite gelegen,  die  er  als  Samentaschen  bezeichnet.  Nur 
in  einem  einzigen  Falle,  wo  diese  Taschen  einen  krümm- 
ligen  Inhalt*  hatten,  glaubte  ich  solche  zu  erkennen;  es 
waren  aber  nur  2  Paare  im  5ten  und  fiten  Körperringe. 
Dagegen  vermochte  ich  weder  von  Hoden,  deren  v.  Ley- 
dig im  9 — Uten  Ringe  gesehen  hat,  noch  von  Eier- 
stöcken auch  nur  eine  Spur  aufzufinden  und  zwar  eben- 
sowenig in  dem  durch  v.  H  e  y  d  e  n  gesammelten  Material, 
wie  in  den  frisch  aufgefundenen  Thieren.  Auch  ein 
Gürtel,  wie  er  von  Schlotthauber  seinem  Ph.  Lich- 
tensteinii  zugeschrieben  wird,  war  niemals  vorhanden, 
wie  ein  solcher  mir  auch  von  Ph.  Menkeanus,  von  dem 
ich  mehrfach  lebende  und  Weingeistexemplare  in  Hän- 
den hatte,  nicht  bekannt  und  auch  von  Leydig  nicht  beo- 
bachtet ist. 

V.  Leydig,  der  ausser  den  erwähnten  Samenta- 
schen und  den  lappigen  Hoden  (in  denen  Zoospermien 
aber  nicht  vorhanden  waren)  auch  nichts  weiter  von  Ge- 
schlechtsorganen auffinden  konnte,  vermuthet,  „dass  die 
Geschlechtsreife   des  Phreoryctes   nicht  in  den  Frühling 


1)  Leydig  1.  c.  S.  277. 

2)  loa.  cit.  S.  289. 


268  NoU: 

und  Sommer,  sondern  in  den  Herbst  und  Winter  fällt.^ 
Ich  habe  darum  im  October  und  dann  wieder  im  Januar 
unseren  Wurm  auf  die  geschlechth'chen  Verhältnisse  hin 
untersucht,  aber  mit  ebensowenig  Erfolg  wie  im  Frühjahre. 
Doch  werde  ich,  so  oft  mir  Gelegenheit  dazu  gegeben 
ist,  die  ISache  weiter  zu  verfolgen  suchen.  Dass  deshalb, 
wie  etwa  vermuthet  werden  könnte,  Phreoryctes  Heydeni 
;ils  eine  unreife  Jugendform  angesehen  werden  müsste, 
scheint  mir  trotzdem  nicht  anzunehmen.  Einmal  waren 
die  von  Leydig  untersuchten  Exemplare  des  Phr.  Men- 
keanus  auch  noch  nicht  gesehlechtsreif  (von  einem  Eier- 
stocke konnte  keine  Spur  gefunden  werden),  und  dann 
zeigten  die  von  mir  gefundenen  Stücke  des  Phr.  Heydeni 
in  allen  Jahreszeiten  constant  dieselbe  Grösse,  wie  auch 
die  durch  von  Heyden  gesammelten  ganz  mit  den 
meinigen  übereinstimmten.  Immerhin  wäre  der  Fall  denk- 
bar, dass  gerade  nur  die  jugendlichen  Exemplare  des 
Phr.  Heydeni  sich  nahe  der  Oberfläche  des  Wasser- 
spiegels in  dem  feuchten  Grunde  aufhalten,  »während  die 
geschlechtsreifen  (und  wohl  auch  grösseren?)  Thiep  sich 
vielleicht  tiefer  in  den  Boden  oder  auch  in  das  Wasser 
hinab  begeben  und  dort  der  Beobachtung  entziehen. 
Doch  ist  zu  hoffen,  dass  nun,  nachdem  auf  den  Wurm 
einmal  aufmerksam  gemacht  ist,  es  an  dem  Rheine  woh- 
nenden Beobachtern  gelingen  möchte,  die  weitere  Lebens- 
geschichte des  kleinen  Phreoryctes  aufzuklären.  In  den 
im  Herbste  eingesammelten  Würmern  fanden  sich  mehr- 
fach Gregarinen,  die  in  der  Leibeshöhle  gegen  das  hintere 
Ende  des  Körpers  zu  eingekapselt  lagen  und  von  einer 
starken  Cyste  umgeben   waren. 

Noch  muss  ich  über  das  Verhalten  des  Phreoryctes 
Heydeni  im  Aquarium  Weniges  bemerken.  Am  6ten  Ja- 
nuar brachte  ich  einige  lebende  Würmer  in  ein  Aquarium, 
dessen  Boden  aus  einer  3  Cent,  hohen  Lehmschicht  be- 
steht, die  etwa  1  Ctm.  stark  von  einer  Schicht  Mainkies 
bedeckt  ist.  Die  eingesetzten  Würmer  streckten  sich 
auf  dem  Boden  aus  und  fingen  sogleich  an  mit  dem  Kopf- 
ende zu  bohren,  bis  sie  ganz  in  dem  Grunde  verschwunden 
waren.      Darin    wühlen    sie    nun    unter    der    Kiesschicht 


Ueber  einen  neuen  Ring^elwurm  des  Rheins.  269 

ihre  Gänge,  ohne  sicli  wieder  an  der  Oberfläche  blicken 
zu  lassen.  Dass  sie  munter  und  gesund  in  dem  Wasser 
leben,  sah  ich  an  einem  am  Morgen  des  14.  März  auf 
dem  Boden  des  (jcfässes  sich  bewegenden  Stücke  eines 
Wurmes,  der  wohl  in  der  Nacht  herausgekommen  und 
von  einer  Agrionlarve  zerbissen  worden  sein  mochte.  Es 
zeigte  durchaus  kein  von  den  gesunden  Würmern  ver- 
schiedenes Verhalten.  —  An  den  ersten  Tagen  nach  Ein- 
setzung des  Phreoryctes  in  das  Aquarium  hatte  ich  auch 
(Telegenheit  zu  bemerken,  wie  der  Wurm  kleinen  Fischen, 
die  ihn  zu  verzehren  suchen,  lästig  und  verderblich  zu 
werden  vermag.  Ein  Goldiisch  von  3  Cent.  Länge  er- 
griff ein  In  das  Wasser  geworfenes  vorderes  Ende  eines 
Phreoryctes  lleydeni,  um  es  zu  verschlucken.  Der  Wurm 
aber  wickelte  sich  auf  einen  Knäuel  zusammen,  legte  sich 
unter  den  einen  Klomendeckel  des  Fisches,  krümrate  sich 
hin  und  her,  wandt  sich  um  den  Kopf,  hing  bald  als 
langer  Faden  zur  Kiemenspalte  bald  zum  Mundo  heraus 
und  brachte,  als  er  sich  ganz  in  den  Rachen  des  Fisches 
zurückgezogen  hatte,  diesen  dem  Ersticken  nahe.  Dann 
hing  der  Wurm  matter  werdend  den  ganzen  zweiten 
Tag  dem  Fische  zum  Munde  heraus  und  konnte  erst  ara 
Abende  dieses  Tages,  nachdem  der  Fisch  sich  etwas  er- 
holt hatte,  völlig  verschluckt  werden.  Ein  zweiter  eben- 
sogrosser  Fisch  wurde  wirklich  von  einem  Stücke  Phreo- 
ryctes, das  zudem  noch  aus  der  Mitte  gerissen  war,  also 
keinen  Kopf  hatte,  erstickt,  während  ein  doppelt  so 
grosser  (ioldfisch  einen  ganzen  aber  kleinen  Phreoryctes 
ohne  Schaden  verschlang. 


Erkläriiug  «Icr  Abbilduiig(Mi. 

Tafel  VIL 

Fig.    1.     Phreoryctes  lleydeni.     Der  Wurm  in  natürl.  Grosso. 

Fig.    2.     Das  vordere  Endo  von  der  Seite  gesehen.     Von  dem  Bliit- 

getasssysteme  sind  nur  das  Rücken-  und^Iiauchgelass,  nicht 

aber  die  Gefässsohlingen  gezeichnet. 
Fig.    3.     Das  Kopfende    von    der  BauchHäche    gesehen,    um  die  das 

Rücken-    und    Bauchgefäss    verbindenden    Seitenäste    und 


270  Noll: 

ihren  Verlauf  zu  zeigen.     Die  Bedeutung   der  Buchstaben 
ist  bei  Fig.  2  u.  3  dieselbe: 

a.  Cuticula. 

b.  Matrix  derselben. 

c.  Muskellage. 

d.  Gehirnganglion. 

e.  e.    Die  3  ersten  Ganglien  des  Bauchmarkes, 
e'.  Bauchganglienkette. 

f.  Mund.     g.  Speiseröhre,     h.  Darm.     i.  Rückengefäss. 
k.  Bauchgefäss. 

Fig.    4.     Borsten   von   Phr.  Heydeni    in    verschiedener    Ausbildung. 
Fig.    5.    Borste  von  Phr.  Menkeanus  im  Grössenverhältniss  zu  vor. 


Beobachtungen  an  Trichodes  crassicauda  Bell. 

(Trichosoma  crassicauda  Aut.) 
Von 

Dr.  ?.  Linstow 

in  Ratzeburg. 

Hierzu  Tafel  VIII. 


Die  interessante  Thatsache,  dass  in  den  seit  längerer 
Zeit  bekannten  und  häufig  vorkommenden  Weibchen 
dieser  Art  vielfach  kleine  lebende  Nematoden  gefunden 
werden,  die  bald  für  Embryonen,  bald  für  geschlechts- 
reife  Männchen  gehalten  sind,  veranlasste  mich,  beson- 
ders da  ausserdem  grosse  männliche  Trichosomen  neben 
den  genannten  Weibchen  aufgefunden  sind,  die  mit  dieser 
Art  ebenfalls  vereinigt  wurden,  so  dass  zweierlei  Männ- 
chen auf  dieselbe  bezogen  werden,  diesen  Nematoden 
genauer  zu  untersuchen,  und  will  ich  zuerst  die  auf  den- 
selben bezügliche  nicht  umfangreiche  Litteratur  anführen. 

Der  erste,  welcher  diese  Art  benannt  und  beschrie- 
ben hat,  ist  Bellingham,  der  fx)lgendes  angiebt:  ^) 

This  species  of  Trichosoma  I  have  frequentlj  found 
in  the  urinary  bladder  of  the  common  Norwey  rat;  in 
some  cases  only  one  or  two  occurred,  in  the  other  six, 
eight  or  upwards.  Many  were  free  in  the  bladder; 
others  so   firmly  attached  by  their  anterior  extremity   to 


1)  The  annals  and  magazine  of  natural  history.     Vol.  XIV. 
London  1844,  pag.  476. 


272  V.  L  in  stow: 

the  mucous  membrane,  that  they  broke  across  when  pul- 
led ;  and  some  even  remained  adherent  after  having  been 
placed  in  spirits  of  wine.  They  are  the  largest  specics 
of  Trichosoma  which  I  have  scen,  the  posterior  division 
of  the  body  in  some  being  so  thick  as  in  a  certain  degree 
to  resembie  this  part  in  the  Trichocephalus,  from  which, 
however,  they  are  readily  distinguished,  the  increase 
in  diameter  being  gradual,  and  not  sudden.  They 
are  about  8  lines  in  length,  the  body  white  and  cylin- 
drical,  the  posterior  extremity  rounded;  in  the  thicker 
part  of  the  body  the  alimentary  canal  appears  to  be  some 
what  Spiral,  and  is  surrounded  by  the  convoluted  ovaries. 
All  the  specimens  -which  I  have  appear  to  be  females. 
This  species  has  not,  I  believe,  hitherto  been  described, 
although  it  is  very  common,  and  I  have  frequently  raet 
with  it.  It  occurs  in  the  urinary  bladder,  both  of  the 
male  and  female  rat,  and  is  quite  distinct  from  the  spe- 
cies which  inhabits  the  small  intestine  of  the  same  animal. 

From  the  thickness  of  the  posterior  part  of  the  body 
compared  with  other  species  of  Trichosoma,  1  would  ven- 
ture to  suggest  for  this  species  the  name  Trichosoma 
crassicauda. 

Ray  er  giebt  an  ^): 

Trichosoma  muris  deoumam. 

J'ai  rencontrö  fr^quemment  ces  vers,  pendant  les  mois 
de  novembre,  decembre  1842,  et  janvier  1843,  dans  la 
vessie  des  surmulots,  surtout  chez  ceux  qui  provenaient 
des  environs  des  clos  d'equarrissage,  On  trouve  aussi 
plus  frequemment  les  vers  chez  les  vieux  surmulots  que 
chez  les  jeunes-  Je  n'en  ai  point  observ^  chez  le  rat 
noir  (mus  rattus),  qui  est  beaucaup  plus  rare,  h  Paris,  et 
qu'il  est  plus  difficile  de  se  procurer.  Cependant,  j*ai 
disseque  ce  rat  un  nombre  de  fois  süffisant  pour  en  inf^rer 
que,  si  ces  vers  existent  quelquefois  dans  cette  esp^ce, 
ils  doivent  y  etre  rares.  Pour  donner  une  idöe  de  leur 
frequence  chez    le    surmulot,    il  me  suffira  de   dire,  qu'il 


1)  Archives    de  Medecine   comparee    I,  1843,   pag.  180—182, 
pl.  XII,  Fig.  12—19. 


Beobachtungen  an  Trichodes  crassickuda  Bell.  ä7S 

m'est  arriv6  d'en  trouver  dans  plus  des  deux  tiers  des 
vieux  surmulots.  Ces  vers,  enveloppes  de  mucus,  roules 
sur  eux-memes,  n'^talent  point  en  Suspension  dans  Purine; 
ils  sernblaient  colles  aux  parois  de  la  vessie,  et  on  les 
d^couvrit  en  detachant  le  raueus.  La  proportion  des  fe- 
melles  doit  etre  tres  considerablC;  car  sur  plus  de  cent 
trichosomes  de  surmulot,  examines  au  microscope,  je  n'ai- 
pas  rencontre  un  seul  male;  la  meme  chose  est  arrivee 
ä  Creplin,  pour  d'autres  trichosomes. 

On  trouve  ce  ver  dans  la  vessie  des  surmulots  ma- 
les  et  femelies,  et  meme  dans  les  calices  et  les  art6res, 
mais  plus  rarement  et  toujours  en  plus  petit  nombre  dans 
les  conduits  que  dans  la  vessie.  Dans  les  cas  nombreux 
que  j'ai  observes,  la  presence  de  ces  vers  n'avait  deter- 
min^  aucune  rougeur,  aucune  alteration  notable  de  la 
membrane  muqueuse  de  la  vessie,  seulement  cette  mem- 
brane  etait  enduite  de  plus  de  mucus  que  lorsqu'il  n*y 
avait  pas  de  vers.  Le  nombre  de  ces  vers  est  variable; 
quelquefois  on  les  trouve  seulement  deux  on  trois,  plus 
souveut  une  dizaine:  quelquefois  j'en  ai  rencontre  une 
vingtaine.  Soit  que  ces  vers  ne  soient  pas  tres-vivaces, 
soit  que  je  les  aie  extraits  de  la  vessie  des  surmulots 
trop  long-temps  apres  la  mort,  le  fait  est  que  je  ne  les 
ai  jamais  vus  se  mouvoir  dans  l'eau,  ni  sur  les  lames  de 
verre,  lorsque  je  les  plagais  sous  le  microscope. 

La  longueur  de  ces  vers  varie  de  12  ä  16  millime- 
tres.  Leur  corps  est  d'un  blanc  grisätre,  arrondi,  61asti- 
que,  tres-fin,  capillaire  k  sa  partie  anterieure.  II  s'accroit 
insensiblement  en  largueur  d'avant  en  arriere  et  se  ter- 
mine  par  une  extremite  obtuse  et  arrondie,  et  ä  l'exstre- 
mite  de  la  partie  anterieure  ou  capillaire  on  voit,  a  l'aide 
d'un  verre  grossissent,  une  petite  couverture  circulaire 
(ostium)  d'oii  le  canal  intestinal,  d'abord  presque  filiforme, 
part  et  s'etant  directement  sous  la  forme  d'un  petit  tuyau 
jusqu'ä  l'anus,  dont  l'ouverture  est  situee  ä  l'extremitö 
du  corps  du  ver. 

A  partir  de  la  reunion  du  cinquieme  avec  les  quatre 
cinquiömes  posterieurs  du  corps,  le  canal  intestinal  se 
trouve   couvert    par    la    masse    de    l'oviducte,    qui   forme 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  Bd.  1.  18 


2^4  V.  Linstow: 

inf^rieurement  autour  de  lui  une  sorte  de  spirale.  Les 
oeufs,  et  sp^cialement  ceux  qui  sc  trouvent  dans  la  portion 
de  l'oviducte  la  plus  voisine  de  la  vulve,  sont  ovales,  apla- 
tis  et  offrent  aux  extremites  de  leur  grand  diametre 
de  petits  saillies  spheroides.  Ces  oeufs  contiennent  le 
plus  souvent  de  petits  trichosomes  enroules  et  qu'on  di- 
stingne  h  travers  les  membranes  de  l'oeuf.  Ces  petits 
vers  ne  sont  pas  capillaires  dans  leur  partie  anterieure 
comme  les  individus  adultes. 

Dujardin  scheint  diesen  Helminthen  selber  nicht 
gefunden  zu  haben,  wenigstens  stützt  seine  Beschreibung  ^) 
sich  lediglich  auf  die  vorstehenden  Angaben  von  ßel- 
Hngham  und  Rayer. 

Dasselbe  gilt  von  Diesing's  Beschreibung  2). 

Der  nächste  Autor,  der  selbstständige  Beobachtungen 
über  diese  Art  gemacht  hat,  ist  Eberth,  der  Folgendes 
schreibt  ^) : 

Trichosomum  crassicauda  gehört  zu  den  Arten, 
vsrelche  Seiten-,  Bauch-  und  Rückenband  haben,  und  zwar 
sind  Bauch-  und  Rückenband  gleich  breit,  und  schmaler 
als  die  Seitenbänder.  Die  Verhältnisszahlen  in  Bezug  auf 
die  Eörperdurchmesser  sind  folgende: 

Seitenband.  Bauchband.  Rückenband. 

1:3  1:5  1:5 

Das  untere  und  obere  seitliche  Muskelfeld  sind 
gleich,  jedes  schwächer  als  die  Seitenlinie,  stärker  als 
Bauch-  oder  Rückenlinie. 

Die  weibliche  Geschlechtsöffnung  liegt  unter  dem 
Anfang  des  Darms. 

Die  Art  ist  vivipar. 

Nachstehende  i^rtbeschreibung  wird  gegeben: 


1)  Histoire  naturelle  des  Helminthes  pag.  11. 

2)  Systema  Helminthum  II,  pag.  259. 

3)  Untersuchungen  über  Nematoden,    pag.  48,  50,  53,  54,  61. 


Beobachtungen  an  Trichodes  crassicauda  Bell.  275 

Triohosomum  crassicauda. 
Tab.  VI,  Fig.  3,  Tab.  VII,  Fig.  9-11. 

Körper  am  Hinterende  stärker  angeschwollen,  letz- 
teres stumpf  geendigt.  Haut  glatt;  2  Seitenbänder,  deren 
Durchmesser  unter  der  Vagina  etwa  Vs  des  Körper- 
durchmessers beträgt.  Nach  abwärts  atrophiren  dieselben 
zu  schmalen  Strängen.  Sie  bestehen  aus  schönen  poly- 
gonalen mit  Kern  versehenen  stumpfkegelförmigen  Zellen, 
lieber  diesen  bildet  die  Haut,  aber  nur  im  vorderen 
Drittheil  des  Thieres,  mit  einem  centralen  Grübchen  ver- 
sehene kegelförmige  Erhebungen. 

Am  Hinterleibe  stellen  die  Seitenlinien  2  feinkörnige 
schmale  Stränge  dar,  die  aus  körniger  Substanz  und  in 
dieselbe  eingelagerten  Kernen  bestehen. 

Bauch-  und  Rückenlinien  sind  schmal,  gleichbreit 
und  scheinen  ähnlich  gebaut  wie  die  Seitenlinien  des 
Hinterkörpers. 

Verdauungsorgane.  Der  den  Oesophagus  umgebende 
Zellkörper  besteht  hier  nicht  aus  grösseren  in  kleine 
Säckchen  abgeschnürten  Zellen,  sondern  aus  einfachen 
rundlichen  in  die  Quere  verlängerten  und  mit  Kern  ver- 
sehenen Zellen,  die  den  Oesophagus  von  3  Seiten  um- 
geben. Die  birnförmigen  Drüsen  am  Eingange  in  den 
Oesophagus  sehr  klein.     Anus  terminal. 

Vaginalöffnung  auf  der  Bauchseite,  eine  Strecke 
unter  dem  Anfange  des  Darms,  quer  in  Gestalt  eines 
stumpfen  Conus  prominirend. 

Vivipar. 

Männchen  ? 

Fundort.     Harnblase  von  Mus  decumanus. 

Der  erste  Forscher,  welcher  die  Männchen  erwähnt, 
freilich  ohne  sie  als  solche  zu  erkennen,  ist  W^  alter; 
derselbe  giebt  an:  ^) 

Trichosomum  crassicauda  Bellingham  (tab.  I,  fig. 
4  A — B)  habe  ich  am  13.  Februar  in  der  Flarnblase  unserer 
jetzt  so  gewöhnlichen  W^anderratte,  Mus  decumanus,  iso- 


1)  VII .  Bericht   des  Ofifenbacher  Vereins  für  Naturkunde  1866, 
pag.  76—77. 


276  V.  Linstow: 

lirt  und  neben  einem  Conglomerate  gefunden.  Die  Ei- 
genthümlichkeit  des  letzteren  veranlasst  mich  zu  näherer 
Beschreibung  desselben.  Schon  bei  der  äusseren  Unter- 
suchung der  Harnblase  war  dasselbe  als  ein  härtlicher 
Körper  durch  die  Wandungen  durchzufühlen  und  er- 
innerte an  einen  Blasenstein.  Es  stellte,  herausgenommen, 
ein  eiuem  gekochten  Reiskorn  ähnliches,  weissgefärbtes 
Gebilde  dar,  das,  etwas  zerzupft  und  in  Wasser  gelegt 
mehrere  sehr  dünne  weisse  flottirende  Fäden  erkennen 
Hess.  Unter  dem  Microscope  zeigte  es  sich,  dass  diese 
Fäden  feine  Würmer  waren,  von  welchen  jedoch  nur  die 
Hintertheile  aufgefunden  werden  konnten.  Das  Innere 
derselben  war  erfüllt  mit  länglichen,  dünnschaligen  Eiern, 
die  in  langen  Schläuchen  sich  befanden,  aber  nichts  Cha- 
rakteristisches darboten.  Neben  diesen  sah  man  aber  in 
dem  freien  Räume  verhältnissmässig  ausserordentlich 
grosse  Junge.  Diese  mit  Brut  erfüllten  Bruchstücke 
waren  nicht  geeignet,  eine  genaue  Bestimmung  zuzu- 
lassen, und  auch  Herr  Prof.  Leuckart,  dem  ich  mein 
Präparat  sandte,  musste  es  zweifelhaft  lassen,  ob  die- 
selben Trichosomen  zugehörten.  Ich  habe  unterdessen 
diesen  Thieren  weiter  nachgespürt,  aber  erst  am  12.  Juni 
ist  es  mir  gelungen,  einen  Fund  zu  machen,  der  den 
früheren  aufzuklären  im  Stande  sein  möchte.  Ich  fand 
nämlich  an  diesem  Tage  in  der  Harnblase  einer  männ- 
lichen Ratte  eine  grosse  Anzahl  weiblicher  Trichosomen, 
welche  in  ihrem  hinteren  Theile  dicht  mit  ovalen,  durch- 
sichtigen Eiern  erfüllt  waren.  Nach  dem  Vordertheile 
zu,  das  im  Verhältniss  zum  dicker  werdenden  Hinter- 
theile fadenförmig  sich  zuspitzt,  nehmen  die  Eier  all- 
mählich den  Charakter  der  Trichosomeneier  an,  und 
werden  zuletzt  hartschalig  und  braun  gefärbt.  Neben 
diesen  Eiern  aber,  von  denen  letztere  ausgebildete  Em- 
bryonen enthielten,  sind  in  mehreren  meiner  Präparate 
auffallend  grosse  Junge,  mindestens  zehnmal  so  lang  und 
beträchtlich  breiter  als  die  Embryonen  der  Eier^  deutlich 
sichtbar,  über  deren  unzweifelhaftes  Vorhandensein  ich 
mich  diesmal  um  so  weniger  täuschen  konnte,  als  ich  die- 
selben  in  dem   noch  lebenden  Mutterthiere  sehr  lebhafte 


Beobachtungen  an  Trichodes  crassicanda  Bell.  277 

Bewegungen  längere  Zeit  hindurch  machen  sah.  Sie  lie- 
gen, wie  es  scheint,  im  freien  Räume  der  Leibeshöhle. 
Am  28.  Juni  konnte  ich  bei  einer  abermaligen  Auffindung 
sehr  zahlreicher  Trichosomen  in  der  Harnblase  der  Ratte 
alle  diese  Einzelheiten  bestätigen.  Möglich,  dass  bei 
unserem  Trichosomum  eine  zweifache  Generation  statt- 
findet. Einmal,  dass  grosse  Junge  entstehen,  welche 
vielleicht  am  Orte  ihrer  Ausbildung,  in  der  Harnblase, 
bleiben  und  sich  weiter  entwickeln,  und  zweitens  Eier, 
welche  mit  dem  Urin  nach  aussen  geführt,  vielleicht  erst 
auf  Umwegen  wiedei^  in  die  Harnblase  einer  anderen 
Ratte  gelangen.  Ich  habe  wenigstens  solche  Junge  bei 
dem  ersten  Funde  im  Schleime  der  Harnblase  frei  ange- 
troffen neben  Eiern,  welche  Embryonen  enthielten. 

Es  scheint,  dass  bisher  nur  weibliche  Exemplare 
des  Trichosomum  crassicauda  in  der  Harnblase  der  Ratte 
gefunden  worden  sind.  Nirgends  wenigstens  in  der  mir 
zugänglichen  Literatur  findet  sich  ein  männliches  Thier 
beschrieben  oder  auch  nur  erwähnt,  so  dass  sich  an- 
nehmen lässt,  dass  es  nicht  gekannt  ist.  Der  (jrund 
scheint  darin  zu  liegen,  dass  die  Männchen  ausserordent- 
lich selten  sind  und  sich  desshalb  neben  den  zahlreichen 
Weibchen,  welche  die  Harnblase  fast  aller  erwachsenen 
am  hiesigen  Orte  untersuchten  Ratten  erfüllten,  der  Beo- 
bachtung leicht  entziehen.  Ich  selbst  besitze  nur  e  i  n 
Exemplar  eines  männlichen  Trichosomum  crassicauda^ 
das  ich  Herrn  Dr.  A.  Schmidt  in  Frankfurt  a.  M.  ver- 
danke, das  unzweifelhaft  dieser  Species  angehört,  da  es 
in  der  Harnblase  neben  den  Weibchen  gefunden  wurde. 
Dasselbe  weicht  in  mancher  Hinsicht  von  den  Weibchen 
ab.  Es  besitzt  eine  colossale  Länge  bei  verhältniss- 
mässig  ausserordentlicher  Feinheit.  Es  trägt  im  Hinter- 
theile  eine  ziemlich  lange  dünne  Spicula,  welche  am- 
unterstenEnde  fein  zugespitzt  und  hakenförmig  gekrümmt 
erscheint  und  in  einer  besonderen  Scheide  ruht.  Das  hintere 
Ende,  aus  welchem  dieser  Haken  hervorragt,  ist  von  einer 
Gestalt,  wie  sie  auch  sonst  bei  Trichosomum  vorkommt, 
und  wie  sie  Dujardin  z.  B.  auf  PI.  1,  B.  5  von  der 
Trichosome  der  Wiesenlerche  abbildet.     Es  erscheint  mir 


278  V.  Linstow: 

auf  der  einen  Seite  wie  der  umgebogene  Rand  einer 
Trompete  gestaltet,  während  gegenüber  sich  zwei  zapfen- 
artige Gebilde  befinden. 

Am  20teu  September  1867  hielt  Leuckart  in  der 
2.  Sitzung  der  Section  B.  für  Zoologie  und  vergleichende 
Anatomie  der  41.  Versammlung  deutscher  Naturforscher 
und  Aerzte  in  Frankfurt  a.  M.  folgenden  Vortrag  ^): 
Ueber  Trichosoma  crassicaudatum  aus  der  Harnblase  der 
Wanderratte. 

Längst  kennt  man  im  Fruchtbehälter  dieses  Wurms 
neben  den  Eiern  kleine  Würmchen,  die  man  meistens 
für  ausgeschlüpfte  Embryonen  ansah.  Genauere  Beo- 
bachtungen haben  aber  dargethan,  dass  diese  Würmchen 
geschlechtsreife  Männchen  sind,  die  in  der  Vagina  des 
Weibchens  l6ben  und  die  in  den  Eileiter  eintretenden 
Eier  befruchten.  Diese  Männchen  sind  nicht  partheno- 
genetlsch  aus  den  unbefruchteten  Eiern  entstanden,  son- 
dern offenbar  eingewandert,  denn  man  fand  sie  1.  in 
noch  unentwickelten  Weibchen,  2.  in  einem  Falle  ein 
solches  Männchen  jioch  frei  neben  einem  jungen  Weib- 
chen in  der  Harnblase  der  Wanderratte.  Dr.  A.  Schmidt 
fand  in  wenigen  Fällen  und  in  geringer  Anzahl  frei 
neben  den  Weibchen  lebende  Männer,  die  von  den  in 
der  Vagina  lebenden  verschieden  sind,  woraus  auf  einen 
hier  vorliegenden  Dimorphismus  zu  schliessen  wäre. 

Hierzu  bemerkt  ferner  Leuckart  2):  Walter  beo- 
bachtet (1.  c.)  bei  dem  in  der  Harnblase  der  Wander- 
ratte so  häufigen  Trichosomum  crassicauda  im  Innern 
des  Körpers  (der  Leibeshöhle,  wie  Verf.  sagt)  einige 
kleinere  Würmer,  die  er  für  „grosse  Junge^  hält,  welche, 
von  den  in  harte  Eierschalen  eingeschlossenen  Embryo- 
nen verschieden,  vielleicht  dazu  dienten,  in  der  Harn- 
blase zu  verweilen  und  ohne  Wanderung  auszuwachsen. 
Ref.,   der  diese  Geschöpfe   näher   untersuchte   (Tagesbit. 


1)  Correspondenzblatt  des  zoolog.  mineralog.  Vereins  in  Regens- 
burg, 21.  Jahrgang  No,  12,  pag.  148. 

2)  Bericht  über   die    wissensch.   Leist.    in    d.    Naturgesch.    d. 
niederen  Thiere  während  der  Jahre  1866—67,  pag.  99. 


Beobachtungen  an  Trichodes  crassicauda  Bell.  279 

der  Fankfurter  Natnrforscherversammlung  1867,  pag.  55) 
gewann  dagegen  die  Ueberzeugiing,  dass  sie  keine  Em- 
bryonen, sondern  männliche  Thiere  seien,  die  in  ver- 
schiedener Anzahl  (1 — 5)  in  der  Vagina  der  Weibchen 
verweilen  und  trotz  der  Abwesenheit  besonderer  Begat- 
tungsapparate daselbst  ihren  Samen  deponiren.  Die  Ein- 
wanderung dieser  Zwergmännchen,  die  in  seltenen  Fällen 
auch  frei  in  der  Harnblase  gefunden  wurden,  geschieht, 
wenn  die  Weibchen  etwa  das  Dreifache  des  jungen 
Männchens  (8—9  Mm.)  messen  und  noch  keine  reifen 
Eier  enthalten.  Wo  keine  Einwanderung  stattfindet,  da 
bleiben  die  Eier  ohne  Schale  und  Embryonen.  Auffallen- 
der Weise  hat  übrigens,  wie  auch  Walter  erwähnt, 
Dr.  A.  S  ch  midt  neben  den  Weibchen  einmal  einige  freie 
Männchen  gefunden,  die  sich  von  den  parasitisch  leben- 
den Zwergmännchen  —  deren  anatomische  Structur  nach 
den  Beobachtungen  des  Ref.  gar  keinen  Zweifel  an 
ihrer  Natur  als  Männchen  aufkommen  lässt  —  durch 
eine  sehr  ansehnliche  Grösse  und  die  Anwesenheit  äusserer 
Begattungsorgane  unterscheidet.  Ref.  hat  diese  Männchen 
selbst  untersucht  und  muss  die  Möglichkeit  zugeben, 
dass  dieselben  zu  Trichosomum  crassicauda  gehören,  hat 
selbst  aber  niemals,  obgleich  er  einige  Hundert  Ratten 
secirte  und  mehr  als  Tausend  Weibchen  auffand,  ein  derar- 
tiges Thier  beobachtet.  Sollte  die  Vermuthung  S  c  h  m  i d  t's, 
der  die  Thiere  zu  Tr.  crassicauda  zählt,  gegründet  sein, 
dann  bliebe  nichts  übrig,  als  die  Annahme  eines  Dimor- 
phismus für  die   Männchen  unseres  Parasiten. 


Vorstehende  Angaben  habe  ich  wörtlich  wiederge- 
geben, da  nicht  jedem  Leser  die  Quellen  zur  Hand  sein 
dürften,  und  den  übrigen  die  Mühe  des  Nachschlagens 
somit  erspart  ist;  es  war  mein  Bestreben,  etwas  Voll- 
ständiges in  dieser  kleinen  Monographie  zu  geben,  und 
ist  es  gewiss  nicht  ohne  Interesse,  den  allmähligen  Fort- 
schritt in  der  Beschreibung  und  Kenntniss  dieser  Species 
zu  verfolgen. 


280  V.  L  i  n  8 1 0  w  : 

Die  erwachsenen  Weibchen 

finden  sich  häufig  in  der  Harnblase  der  Wanderratte; 
ihre  Länge  beträgt  durchschnittlich  10,5 — 11,5  Mm.,  wovon 
auf  den  Zellkörper  nur  1,3  Mm.  kommt ;  derjenige  Theil  des 
Körpers,  welcher  dem  unteren  Dritteides  Zellkörpers  ent- 
spricht, ist  knaulförmig  aufgewickelt;  das  Kopfende  ist  ab- 
gerundet, das  äusserste  Schwanzende  dagegen  pflegt  etwas 
spitzig  vorgezogen  zu  sein,  die  Seiten-  und  Medianlinien  sind 
von  Eberth  so  beschrieben,  dassich  diesen  Angaben  nichts 
hinzuzufügen  weiss,  doch  beginnen  diese  Linien  erst  von 
der  Vulva  an  abwärts;  vom  Kopfende  bis  zu  diesem 
Punkte  wird  die  Cutis  ringsherum  von  hyalinen,  halb- 
kugelförmigen, regelmässig  gestellten  kleinen  Erhaben- 
heiten bedeckt,  und  erst  dicht  hinter  der  Vulva  beginnen 
plötzlich  die  von  Eberth  geschilderten  und  abgebildeten 
napfartigen  Erhabenheiten,  die  von  der  Cutis  selbst  ge- 
bildet werden,  und  viel  grösser  sind  als  jene  kleinen  Er- 
habenheiten, die  der  Cuticula  angehören;  die  reifen  Eier 
sind  von  aufiPallend  veränderlicher  Gestalt,  indem  sie  bald 
mehr  kugel-  bald  mehr  cylinderförmig  sind.  Folgende 
Zahlen  mögen    die  Variationen  am  besten  kennzeichnen : 


igsduichmesser            Querdurchmeser, 

0,072  Mm. 

—             0,029  Mm. 

0,065     „ 

0,039     , 

0,075     , 

-            0,043     , 

0,072     , 

0,046     „ 

0,062     „ 

-            0,056     , 

Männchen. 

In  der  Vulva  derjenigen  Weibchen,  die  entwickelte 
Eier  enthalten,  trifi't  man  kleine  Würmer  an,  welche,  wie 
aus  der  vorstehenden  Litteratur  ersichtlich  ist,  bald  für 
Embryonen,  bald  für  Männchen  gehalten  werden.  Ihre 
Länge  beträgt  1,46— 1,7— 1,9— 2,4— 2,5  Mm.,  während  der 
Durchmesser  durchschnittlich  0,033  Mm.  beträgt  und  bald 
vorn  und  hinten  gleich  ist,  bald  vorn  etwas  geringer 
wird;    so  mass  ich  an  einem  Exemplar   in  der  Nähe  des 


Beobachtungen  an  Trichodes  crassicauda  Bell.  281 

Kopfes  0,013  Mui.;,  am  Schwaazende  0,023  Mm. ;  der  Zell- 
körper misst  die  Hälfte  der  ganzen  Körperlänge;  die 
Haut  ist  ohne  alle  Auszeichnung.  In  der  hinteren  Hälfte 
des  Körpers  bemerkt  man  nun  neben  dem  Darm,  dessen 
Wand  sich  durch  feine,  lichtbrechende  Kerne  auszeichnet, 
ein  langgestrecktes  Organ,  das  mit  Spermatozoen  ge- 
füllt ist,  und  erleidet  es  daher  keinen  Zweifel,  dass  diese 
Thiere  reife  Männehen  sind.  Die  Spermatozoen  sind 
klein  und  zeigen  einen  sehr  kleinen,  scharf  dunkeln,  ku- 
gelförmigen Kern.  Kopf-  sowohl  wie  Schwanzende  sind 
gerundet,  und  fehlen  an  letzterem  alle  äusseren  Copula- 
tionsorgane.  Der  Oesophagus  ist  in  einer  Länge  von 
0,16  Mm.  vom  Mundende  an  gerechnet  noch  ohne  Belag 
der  bekannten  Zellen  des  Zellkörpers;  seine  Wandung 
ist  Anfangs  sehr  dünn,  wird  aber  bald  allmählig  stärker. 
Eine  eigenthümliche  Beobachtung  machte  ich  an  den 
Zellen  des  Zellkörpers;  an  manchen  Stellen  desselben 
wechselten  dunklere,  von  grösseren  Kernen  erfüllte 
Zellen  mit  blasseren,  in  welchen  letzteren  sieh  ganz 
kleine,  punktförmige  Kernchen  zeigten,  die  in  einer 
überaus  lebhaften  Molekularbewegung  begriffen 
waren,  ihr  Inhalt  musste  also  noch  flüssig  sein.  Die  Cu- 
tis wird  von  einer  Cuticula  überzogen,  die  indessen  so 
fein  ist,  dass  sie  nicht  immer  zu  erkennen  ist;  die  bei 
den  Weibchen  beschriebenen  hyalinen,  halbkugelför- 
migen Erhabenheiten  sowie  die  Längslinien  mit  ihren 
napfartigen  Bildungen  fehlen,  wie  mir  scheint,  den 
Männchen  gänzlich. 

Um  diese  Männchen  genauer  zu  studiren  rauss  man 
nicht  die  Einwohner  der  Harnblase,  sondern  der  Nierenbec- 
ken und  Harnleiter  aufsuchen.  Hier  findet  man  ganz  junge, 
noch  geschlechtlich  unentwickelte  Exemplare  beider  Ge- 
schlechter, und  im  Ureter  wird  die  Copula  zuerst  voll- 
zogen. Hier  trifft  man  nämlich  Männchen  und  Weibchen, 
welche  ersteren  nur  wenig  kleiner  als  letztere  sind, 
und  wird  die  Copula  in  der  Weise  vollzogen,  dass  das 
Männchen  vollständig  in  den  Eileiter  des  Weibchens  hin- 
einkriecht. Ein  solches  Pärchen  traf  ich  z.  B.,  dessen 
Weibchen  4  Mm.  lang  und  0,08  Mm.  dick,  das    in    dem- 


282  V.  Linstow: 

selben  befindliche  Männchen  2,4  Mm.  lang  und  0,033  Mm. 
dick  war  (siehe  die  Abbildung).  Beim  Betrachten  unter 
dem  Microscop  schlüpfte  das  Männchen,  wahrscheinlich 
durch  den  Druck  des  I)cckglases  turbirt,  aus  der  Gc- 
schlcchtsruhrc  des  Weibchens  heraus,  und  hinter  ihm  her 
ergoss  sich  eine  Wolke,  aus  Öamen  bestehend,  üebrigens 
fand  ich  freie  Männchen  neben  den  grossen,  eierführen- 
den Weibchen  auch  in  der  Hainblase  der  Ratte. 

Die  jungen  Weibchen. 

Das  ganz  junge  Weibchen  zeigt  schon  deutliche 
Stachclbändcr,  sowie  die  oben  geschilderten  hyalinen 
Knöpfchen  an  dem  vordersten  Körpertheile  bis  zur  Vulva. 
Von  beginnender  Eibildung  ist  hier  noch  keine  Spur  zu 
bemerken.  Die  Vulva  hat  vorstehende,  aufgewulstete 
Ränder,  was  den  Männchen  das  Eindringen  wohl  erleich- 
tern mag;  der  Zellkörper  nimmt  ein  Dritttheil  der  ganzen 
Thicrlänge  ein  und  endet  genau  da,  wo  die  Vulva  liegt, 
im  Gegensatz  zu  den  erwachsenen  Weibchen,  bei  denen 
zwischen  dem  Endpunkte  des  Zellkörpors  und  der  Vulva 
ein  kleiner  Zwischenraum  ist.  Ebenso  wie  bei  den 
Männchen  ist  auch  hier  der  0,2  Mm.  lange  Anfangstheil 
des  Oesophagus  noch  nicht  von  Zellen  umkleidet,  und  an 
diesem,  dem  Mundende  zunächst  liegenden  Theile  be- 
merkt man  zarte  Fasern  als  Aufhängebänder  des  Oeso- 
phagus an  die  Musculatur  der  Körperwand  gehen. 

Die  befruchteten  Weibchen  steigen*  nun  in  die 
Harnblase  hinab,  um  bedeutend  auszuwachsen,  an  welchem 
Wachsthum  der  Zellkörper  einen  relativ  sehr  geringen 
Antheil  nimmt,  und  bildet  Eier  mit  Embryonen  aus,  die 
man  in  den  Eischalen  sich  bewegen  sieht;  dieselben 
werden  bis  0,4  Mm.  lang.  Das  Weibchen  ist  also  nur 
ovipar.  Wahrscheinlich  machen  die  Embryonen  keinen 
Zwischenwirth  durch,  sondern  die  Ratten  werden  wohl 
die  mit  lebenden  Embryonen  versehenen  Eier,  die  mit 
dem  Urin  zu  Tage  befördert  werden,  gelegentlich  ver- 
schlucken, deren  Schale  wahrscheinlich  im  Magen  ge- 
löst wird,  worauf  die  Embryonen  sich  in  die  Arterien 
durchbohren,   und,  in   den    Nierenarterien    angekommen, 


Beobachtung  über  Trichodes  crassicauda  Bell.  283 

in  die  Nierenbecken  gelangen ;  wenigstens  trifft  man  hier 
die  jüngsten  Individuen.  Wenn  die  Weibchen  grösser 
werden,  so  drängen  sich  noch  einige  Männchen  mehr  in 
die  Vulva  des  Weibchens,  in  der  Anfangs  nur  ein  Männ- 
chen Platz  findet,  und  habe  ich  bis  zu  6  Exemplaren  in 
einem  Weibchen  beisammen  gefunden.  Das  erste  Männ- 
chen, welches  in  ein  junges  Weibchen  eindringt,  muss 
sich  mühsam  in  dem  Eileiter  umwenden,  denn  während 
es  doch  ohne  Zweifel  mit  dem  Kopfe  voran  eindringt, 
findet  man  es  in  dem  Weibchen  so  liegen,  dass  der  Kopf 
nach  der  Kopfseite  des  Weibchens  liegt.  Diese  Art  der 
Begattung  ist  meines  Wissens  noch  bei  keinem  Helmin- 
then beobachtet. 


Sehr  begierig  war  ich  nun,  zu  erfahren,  wie  jene 
grossen  Männchen  construirt  wären,  welche  von  Herrn 
Dr.  A.  »Schmidt  gefunden  waren.  Die  Gelegenheit 
der  Untersuchung  verdanke  ich  der  grossen  Liebens- 
würdigkeit des  Herrn  Dr.  Walter  in  Offenbach,  dem 
ich  hiemit  meinen  herzlichsten  Dank  ausspreche. 

Eins  der  gesendeten  Präparate  enthielt  neben  einigen 
Weibchen  von  Trich.  crassicauda  zwei  unvollständige 
Männchen  einer  Trichosoma-Art,  von  denen  eins  ohne 
Kopfende,  das  andere  ohne  Schwanz  war;  dass  die  beiden 
Bruchstücke  nicht  zu  einem  Individuum  gehören,  geht 
daraus  hervor,  dass  derjenige  Körpertheil,  in  welchem 
das  Ende  des  Zellkörpers  und  der  Anfang  des  Darms 
aneinander  stossen,  in  beiden  Bruchstücken  deutlich  ist. 

Der  Kopf  ist  gerade  abgeschnitten  und  zeigt  drei 
schwache  Vorragungen.  Der  langgestreckte  Körper  ist 
in  der  Mitte  am  dicksten,  0,03  Mm.  im  Durchmesser,  am 
Kopfende  0,01  Mm.,  am  Schwänzende  0,02  Mm.;  am 
Hinterende  zeigt  sich  ein  1,4  Mm.  langer,  am  Ende 
hakenförmig  gebogener  Cirrus  in  glatter  quergestreifter 
Scheide,  der  am  Ende  höchst  fein,  zugespitzt  ist,  und 
nach  oben  zu  dicker  wird,  bis  zu  0,006  Mm.  im  Durch- 
messer. Der  Körper  ohne  den  Zellkörper  ist  12,3  Mm. 
lang,  der  Zellkörper  des  anderen  Männchens  misst  4,8  Mm., 


284  V.  Linstow: 

und  wenn  man  die  Masse  dieser  beiden  Individuen  com- 
binirt^  was  darum  wohl  erlaubt  ist,  weil  die  Querdurch- 
messer dieselben  sind,  so  kommt  man  auf  eine  Gesammt- 
länge  von  17,1  Mm.  Am  Schwanzende  ist  eine  zwei- 
lappige Bursa. 

Ein  anderes  Präparat  enthält  ein  grösseres  Männchen, 
das  21  Mm.  lang  ist;  das  Kopfende  ist  0,016  Mm.,  das 
Mittelstück  0,052,  das  Schwänzende  0,033  Mm.  dick;  der 
Cirrus  ist  1,2  Mm.  lang  und  ist  hier  die  Scheide  0,9  Mm. 
lang  vorgestreckt.  Die  Länge  des  Zellkörpers  beträgt 
7,2  Mm.  Diese  Männchen  haben  keine  Längsbänder  da- 
gegen trägt  die  Haut  ringsherum,  besonders  deutlich 
nach  hinten  zu,  Querringel,  die  aus  kleinen,  paralle- 
len Längsstrichen  bestehen,  wie  ich  sie  ähnlich  bei  keinem 
Trichosoma  kenne;  die  Zellen  des  Zellkörpers  sind  un- 
gefähr achtmal  länger  als  breit. 

Es  ist  klar,  dass  diese  Männchen  in  Nichts  an  die 
Weibchen  von  Trichosoma  crassicauda  erinnern. 

Die  grösste  Dicke  findet  sich  in  der  Mitte  (bei 
Trieb,  crassicauda  am  Hinterende),  das  Kopfende  ist  gerade 
abgeschnitten  (bei  Trieb,  crass.  gerundet),  Längsbänder 
fehlen,  dafür  zeigen  sich  eigenthümliche  Querringel  (Trieb, 
crass.  hat  sehr  deutliche  Längsbänder  und  keine  Quer- 
ringel), die  Zellen  des  Zellkörpers  sind  langgestreckt  (bei 
Trieb,  crass.  sehr  kurz,  birnförmig,  den  Oesophagus  von 
3  Seiten  umgebend),  der  Körper  ist  17—21  Mm.  lang  (beim 
Weibchen  von  Trieb,  crass.  durchschnittlich  11  Mm.). 

Zur  Beleuchtung  des  letzten  Punktes  erlaube  ich 
mir,  die  Längenverhältnisse  einiger  Trichosoma-Arten  in 
beiden  Geschlechtern  anzuführen; 

Trichosoma  exiguum  Duj.  7,6 Mm.         15  Mm. 

„  contortum  Crepl. 

„  obtusum  Rud. 

„  inflexum  Rud. 

„  exile  Duj. 

„  rigidulum  Duj. 

„  curvicauda  Duj. 

„  angustum  Duj. 


13- 

-15 

n 

17- 

-36 

n 

13 

» 

18- 

-27 

71 

13- 

-18 

n 

22- 

-25 

n 

10,4 

■  n 

14/2 

n 

12 

n 

24 

n 

5 

r> 

6 

n 

11 

7) 

14,6 

n 

^ 

? 

11- 

-13  Mm 

.über  13,5  Mm 

12- 

-14 

n 

25- 

-31      , 

11- 

-13 

n 

21- 

-25      „ 

11- 

-13 

n 

24- 

-37      , 

15 

n 

30     , 

14 

T) 

21      , 

11 

n 

18      , 

10 

r) 

17      „ 

10 

fj 

13      „ 

24 

7J 

32      , 

10 

rt 

18     „ 

8 

n 

15      , 

15 

r> 

80      , 

3,a 

•  n 

7,8, 

8,9 

n 

9,5   „ 

6,24, 

9,5  , 

Beobachtungen  an   Trichodes  crassicauda  Bell.  285 

Trichosoma  resectum  Duj. 

„  obtnsiusculum  Rud. 

,,  brevicolle  Rud. 

„  splenaceum  Duj. 

„  plica  Rud. 

„  annulosum  Dies. 

„  ornatura  Duj. 

„  tenuissimum  Duj. 

„  incrassatum  Duj. 

„  aerophilum  Crepl. 

„  tenue  Dies. 

„  alatum  Molin. 

y,  annulatum  Molin. 

„  collare  m. 

„  brevispiculum  m. 

„  ovopunctatum  m. 

Es  sind  also  ausnahmslos  alle  männlichen  Tricho- 
somen  kleiner  als  die  dazugehörigen  Weibchen,  was 
wohl  für  alle  Nematoden  gilt,  bei  denen  übrigens  ein 
Dimorphismus  einer  geschlechtlich  entwickelten  Form 
etwas  bisher  Unerhörtes  ist,  und  scheint  es  mir  daher 
ausser  allem  Zweifel,  dass  diese  viel  längeren  Männchen, 
die  so  auffallend  von  den  Weibchen  von  Trich.  crassi- 
cauda abweichen,  und  Nichts  mit  ihnen  gemein  habeil 
als  den  gemeinsamen  Fundort,  zu  einem  bisher  noch 
nicht  aufgefundenen  Weibchen  gehören,  und  schlage  ich 
vor,  die  Art,  die  äusserst  selten  zu  sein  scheint, 

Trichosoma  Schmidtii 
zu  nennen.  Die  winzig  kleinen  Männchen  sind  ja  nicht 
ohne  Analogie  unter  den  Nematoden,  wie  das  von 
Wagener  ^)  gefundene  Männchen  von  Ichthyonema  glo- 
biccps,  sowie  das  von  mir  2)  gefundene  von  Ichthyonema 
sanguineum  ebenfalls  so  auffallend  klein  sind;  das  Gegen- 
theil  ist  mir  bei  den  parasitisch  lebenden  Nematoden  nicht 
bekannt. 


1)  Natuurkundige  Verhandelingen  XIII,  Haarlem,  pag.  4. 

2)  Troschel's  Archiv  für  Naturgesch.  1873,  tab.  IV. 


286  V.  Linst ow: 

Allein  die  Bildung  der  Haut  ist  übrigens  so  eigen- 
thümlich  und  charakteristisch,  dass  eine  Vereinigung 
mit  Trichos.  crassicauda  unthunlich  ist. 

In  dem  S  chn  ei  de  r'schen  System,  das  wohl  stets 
massgebend  bleiben  wird,  kann  nun  die  Art  crassicauda 
nicht  unter  Trichosoma  stehen  wegen  der  fehlenden  Be- 
gattungsorgane, und  schlage  ich  daher  vor,  für  dieselbe 
die  Gattung 

Trichodes 
zu  begründen  mit  der  Diagnose:  Seitenfelder  und  Haupt- 
medianlinie (bei  den  Männchen  nicht  zu  erkennen),  ohne 
Spiculum  und  Bursa,   zur  Copula   kriecht    das  Männchen 
in  den  Eileiter  des  Weibchens. 

Die  Gattung  wäre  zwischen  Trichina  und  Tricho- 
soma zu  stellen. 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Tafel  VHI. 

Fig.    1.     Männchen  und  Weibchen  von  Trichodes  crassicauda,  erste- 
es  im  Oviduct  des  letzteren  befindlich. 

a.  Kopf,    b.  Anus  des  Weibchens,    c.   dessen  Vulva,    d. 

dessen  Darm,  e.  Zellkörper, 
f.  Kopf-,  g.  Schwanzende  des  Männchens,  h.  dessen  Zell- 
körper, i.  dessen  Darm,  k.  dessen  Hoden. 
Fig.    2.     Theil  des  Zellkörpers  eines  jungen  Männchens  derselben  Art. 
a.  eine  Zelle,   deren  Inhalt  lebhafte  Molekularbewegung 
zeigt. 
Fig.    3.     a — n.    Eibildung    von   Trichodes  crassicauda;    die  Figuren 
erklären   sich    von  selbst;    m  und  n    verschiedene  Formen 
von  reifen  Eiern. 
Fig.  4—6.    Männchen  von  Trichosoma  Schmidtii. 
Fig.   4.     Kopfende. 
Fig.    5.     Schwanzende  mit  Oirrus,    Cirrusscheide   und    zweilappiger 

Bursa. 
Fig.    6.     Querstreifung  der  Haut. 


Eine  Sammlung  Lurche  und  Kriechthiere  von 
Westafrika. 

/        Von 

Dr.  Ant.  Reichenow. 

Hierzu  Tafel  IX. 


Meine  Reise  nach  Guinea  während  der  Jahre  72  und 
73,  auf  welcher  ich  in  Begleitung  meines  verstorbenen 
Gefährten,  Dr.  Lühder,  einen  grossen  Theil  der  Küsten- 
districte  Westafrikas  besuchte  und  an  verschiedenen 
Punkten  zoologische  Sammlungen  anstellte,  hat  an  Rep- 
tilien und  Lurchen  nur  geringe  Ausbeute  geh'efert. 
Wenn  ich  aber  mit  nachfolgenden  Zeilen,  in  welchen 
ich  die  gesammelten  Arten  mit  den  bezüglichen  Notizen 
meines  Tagebuches  aufführe,  auch  nicht  durch  zahlreiche 
neue  Formen  die  Wissenschaft  bereichern  kann,  so  dürf- 
ten doch  einzelne  Bemerkungen  von  Interesse,  die  An- 
gaben der  Fundorte  für  die  Kenntniss  der  geographischen 
Verbreitung  der  einzelnen  Arten  ein  willkommener  Bei- 
trag sein. 

Die  Naturverhältnisse  Westafrikas  erscheinen  für 
die  in  Rede  stehenden  Thiergruppen  als  vorzugsweise 
günstige.  Durch  die  starke  Verdunstung  der  zahlreichen 
grösseren  und  kleineren  Flüsse  ist  die  Luft  überall  und 
zu  allen  Zeiten  mit  Wasserdunst  geschwängert.  Die  ge- 
waltigen Niederschläge,  welche  nur  wenige  Wochen  im 
Jahre  aussetzen,  schaffen  vereint  mit  den  glühenden 
Strahlen    der  Sonne    ein  Pflanzenleben,    wie    es    üppiger 


28S  R  e  i  0  h  e  i\  o  w : 

nicht  gedacht  werden  kann.  Dichter  Ur\Yald.  von  Was- 
serstrassen häutig  durchsclinitten,  hin  und  wieder  freiere 
Steppengegend,  mit  mannshohem  Grase  und  zerstreuten 
Büschen  und  ßSumen  bedeckt,  Lagunen  oder  Binnen- 
teiche einschliessend.  bilden  im  Grossen  und  Ganzen 
den  landwirthschat'tliclien  Charakter  Westafrikas  ^).  Dürre 
Ebenen  fehlen  fast  vollstiindig;  überall  die  gleiche  Fülle 
der  Vegetation :  Verhältnisse,  welche  höchst  günstige 
Lebensbedingungen  für  die  Kriechthiere  und  Lurche  bieten. 
Die  Thatsächlichkeit  entspricht  jedoch  nicht  diesen  Voraus- 
setzungen. Nach  dem  gegenwärtigen  Stande  unserer  Kennt- 
niss  erscheint  der  kleine  Süden  Afrika's  artenreicher  als 
der  Westen,  obwohl  letzerer,  abgesehen  von  der  weite- 
ren Ausdehnung,  den  scheinbar  günstigeren  Naturver- 
hältnissen, durch  die  in  der  Regel  an  Mannigfaltigkeit 
der  Formen  reicheren  äquatorialen  Districte  jenem  be- 
vorzugt ist. 

Von  Batrachiern  sind  die  Laubfrösche  am  zahlreich- 
sten vertreten,  dürftig  die  Teichfrösche.  In  der  Frosch- 
musik entbehren  die  westafrikanisehen  Landschaften  einen 
der  schönsten  Reize.  Nur  selten  vernimmt  man  das  Ge- 
quak einzelner  Frösche  oder  dumpfe  Krötenlaute.  Nie- 
mals hörte  ich  die  so  einförmigen  und  doch  so  angenehm 
harmonischen  Concerte.  welche  in  unseren  Frühlings- 
abenden und  Nächten  den  Naturbeobachter  zu  entzücken 
vermögen.  Die  Kriechthiere  entziehen  sich  durch  ihre 
Lebensweise  sehr  den  Blicken  des  Reisenden.  Als  ge- 
wöhnliche Erscheinungen  fallen  in  den  Ortschaften  der 
Neger  die  an  einigen  Stellen  zahlreichen  Agamen  (colo- 
norum\  an  anderen  Euprepes- Arten  auf.  Auch  den  Gecko, 
öemidactvlus  guineensis,  tindet  man  hier  immer.  In  der 
Steppenlandschaft  begegnet  man  häutig  der  Brillenschlange. 
In  den  Flüssen  sind  Crokodile  zahlreich;  auch  Warans 
und  Lederschildkröten  sieht  man  häutig.     Die  Fortptlan- 


1)  In  einem  demnächst  im  Journal  für  Ornithologie  (Juli-Heft 
1874)  erscheinendem  Anfsat^ze  habe  ich  die  Xaturverhältnisse  West- 
afrikas.  soweit  sie  für  das  Thierlebeu  von  Bedeutung  sind,  ausführ- 
licher behandelt,  worauf  ich  verweise. 


Kine  SamiriluDg  Ltjrch<i  und  Kriechthiere  von    W^-iafrika.      289 

zung,  die  Paarung  der  Batrachier  und  Reptilien  fällt  in 
den  Beginn  der  Regen,  also  je  nach  der  Lage  der  be- 
treffenden Oertlichkeit  nördlich  oder  südlich  vom  Aerjaa- 
tor,  in  unsere  Sommer-  oder  Wintermonate,  doch  beo- 
bachtete ich  auch  mehrmals  Schlangen  in  der  Paarung: 
während  der  Trockenmonate. 

Zum  pVjlgenden  ist  noch  zu  bemerken,  dass  die 
Farbenangaben  sich  auf  lebende  Individuen  beziehen. 

Amphibia. 

Farn.  Aglossa. 

Dactylethra  Mülleri  Pet. 

Ooerseite  hellolivenbraun;  Unterseite  gelblichweiss; 
Krallen  schwarz.  Das  grosste  der  gesammelten  Exem- 
plare misst   10  Ctm.  vom  Kopf  bis  zur  Zehenspitze. 

Die  Thiere  sind  ungemein  beweglich  und  flink. 
Wir  erhielten  eine  Anzahl  derselben  aus  einem  kleinen 
Tümpel  am  Camerunfiusse.  Das  so  constatirte  Vor- 
kommen am  Camerun  dürfte  wohl  die  nördlichste  Ver- 
breitung dieses  Frosches  sein. 

Fam.  Bufones. 

ßufo  guineensis  Schi. 

Oberseite  halbgraubraun  mit  schwarzen  Flecken, 
Unterseite  schmutzigweiss.    Erreicht  17  bis  18  Ctm.  Länge. 

Die  gemeinste  und  verbreitetste  Kröte  in  West- 
afrika, vertritt  in  den  südlicheren  Districten  den  nur  in 
den  nördlichsten  vorkommenden  pantherinus.  Wir  fanden 
sie  häutig  an  der  Goldküste  und  am  Camerun,  in  Ge- 
bäuden und  in  der  Steppe  ah  Bewohner  alter  Termiten- 
bügel. 

Fam.  lianae. 

Ptana  Bibroni  Hall. 

Oben  hellgraubraun  mit  schwarzen  Flecken,  auf 
den  Schenkein  zwei  hellgrüne  Längsstreifen,  die  im  Al- 
kohol gelb  werden,  Unterseite  weiss. 

Am  Camerun  gefunden.  Die  gesammelten  Exem- 
plare messen  vom  Kopf  bis  zur  Zehenspitze  13  Ctm. 

Rana  occipitalis  Günth. 

Archiv  t  Naturg.  XiXX,  Jahrg.  1.  B<L  19 


290  Reichenow: 

Oberseite  erdbraun  mit  schwarzer  Marmorirung ;  Un- 
terseite weiss  mit  grauen  Flecken;  Seiten  des  Körpers 
und  der  Füsse  weissgelb  mit  grauen,  an  den  Schenkeln 
schwarzen  Flecken.  Erreicht  32  Ctm.  Länge.  Bei  Accra 
an  der  Goldküste  fanden  wir  diesen  Froscli  häufig  in 
einer  Lagune  und  in  kleinen  Binnenteichen.  Er  lebt 
nach  Art  unseres  grünen  Teichfrosches^  hält  sich  meistens 
im  Wasser  auf,  kommt  selten  und  nur  auf  kurze  Zeit 
ans  Land. 

Fam.  Hylae. 

Petropedetes  n.  gen. 

Zunge  länglich  herzförmig,  hinten  frei,  ausgekerbt; 
Gaumenzähne  hinter  den  Nasenlöchern,  den  hintern  Rand 
derselben  nicht  berührend  und  einander  mehr  genähert 
als  diese;  Zehenscheiben  flach,  aber  ausgeprägt;  Finger 
frei;  Zehen  durch  kurze  Schwimmhäute  verbunden;  Pau- 
kenfell deutlich. 

Hinsichtlich  der  Zungenbildung  und  der  Stellung 
der  Gaumenzähne  stimmt  diese  neue  Gattung  mit  der 
Gattung  Platymantis  (vergl.  Günther  Cat.  Batr.  Sal. 
pag.  93)  überein,  unterscheidet  sich  von  derselben  aber 
durch  die  ausgeprägteren  Zehen-  und  Fingerscheiben 
und  die  Schwimmhäute  zwischen  den  Zehen. 

Petropedetes  cameronensis  Rchw.  n.  sp.  Taf.  IX, 
Fig.  11  a.  b. 

Zehen  durch  kurze  Schwimmhäute  verbunden,  welche 
bei  den  beiden  ersten  Zehen  bis  an  das  Nagelglied  reichen; 
von  der  fünften  I72;  von  der  dritten  2,  von  der  vierten 
3  Glieder  frei;  dritte  Zehe  wenig  länger  als  fünfte,  vierte 
bedeutend  länger;  Finger  frei,  Folge  derselben:  1.  2.  4.  3; 
Haut  der  Oberseite  feinkörnig,  auf  dem  Rücken  wenige 
in  vier  undeutliche  Längsreihen  gestellte  Drüsen;  Haut 
der  Unterseite  glatt;  oben  rostbraun  mit  schwarzer  Zeich- 
nung, unten  weiss.  Länge  vom  Kopf  bis  zur  Zehen- 
spitze 12  Ctm. 

Wurde  an  einem  Gcbirgsbachc  bei  Bimbia,  in  den 
Vorbergen  des  Camerun  gefangen,  wo  die  Thiere  zahl- 
reich auf  den  Felsen  umherhüpften. 


Eine  Sammlung  Lurche  und  Kriechthiere  von  Westafrika.      291 

Leptopelis  rufus  Rchw,  n,  sp.  Taf.  IX.  Fig.  I  a.  b. 

Finger  durch  kurze  Schwimmhäute  verbunden, 
welche  zwei  Glieder  frei  lassen;  Folge  der  Finger:  1. 
2.  4.  3;  Zehen  bis  an  die  Nagelglieder  verbunden,  nur 
von  der  vierten  zwei  Glieder  frei ;  fünfte  Zehe  kaum 
länger  als  dritte,  vierte  bedeutend  länger:  Zunge  herz- 
förmig, hinten  frei  und  ausgekerbt ;  Gaumenzähne  zwischen 
den  beiden  Nasenlöehern,  dieselben  nicht  berührend ; 
Haut  der  Oberseite  sehr  fein  granulirt,  ebenso  die  Kehle 
und  Unterseite  der  Extremitäten;  Brust  und  Bauch 
stärker  gekörnt;  oben  einfarbig  rothbraun,  unten  weiss, 
auf  den  Körperseiten  und  Unterseiten  der  Schenkel 
dunkel  gefleckt,  unter  jeder  Achsel  ein  runder  dunkler 
Fleck.     Länge  12  Ctm. 

In  der  Zungenbildung,  der  Stellung  der  Gaumen- 
zähne wie  in  der  ganzen  Gestalt  ist  diese  Art  sehr  ähn- 
lich der  Aubryi  Schleg.,  unterscheidet  sich  von  der- 
selben aber  durch  die  stärkeren  Schwimmhäute  zwischen 
den  Fingern  und  durch  die  Färbung. 

Gefunden  wurde  die  Art  von  uns  im  Walde  bei 
Victoria,  am  Fusse  der  Camerunberge. 

Reptilia. 
Ophidia. 

Fam.  Typiilopidae. 

Onychocephalus  Kraussi  Jan. 

Ein  grosses  Exemplar  von  60  Ctm.  Länge  in  den 
Bergen  von  Äguapim  an  der  Goldküste  gesammelt. 

Unterseite  gelbbraun;  Oberseite  dunkelgoldbraun 
mit  zwölf  Längsreihen  gelbbrauner  Flecke.  Die  einzelnen 
Schuppen  haben  gelbbraunen  Saum  und  dunkelen  Mittel- 
fleck an  der  Basis.  Nach  anhaltendem  Regen  findet  man 
die  Blödaugen  nicht  selten  auf  den  Wegen  umherkriechen. 
Eingehenderes  über  die  Lebensweise  konnten  wir  auch 
durch  die  Eingeborenen  nicht  erfahren. 

Onychocephalus  liberiensis  Hallow. 

Gelbbraun,  auf  der  Oberseite  mit  unregelmässigen, 
dunkel  goldbraunen  Flecken. 


292  Heichenowt 

Wir  fanden  diese  Art  sehr  häufig  in  Aquapim.  Es 
möchte  dieselbe  wohl  nur  eine  Varietät  von  Kraussi  sein. 

Farn.  Dendrophidae, 

Hapsidrophis  smaragdinus  Boie. 

An  der  Goldküste  und  in  der  Camerungegend  an- 
getroffen. Oberkörper  grün ;  Oberkieferrand  und  Unter- 
körper weiss,  an  den  Seiten  eine  grüne  Längslinie;  ein 
Strich  durch  das  Auge  schwarz.  Im  ^Alkohol  wird  die 
grüne  Farbe  blau.  Länge  der  gesammelten  Exemplare 
90  Ctm. 

Ahaetulla  irregularis  Leach. 

An  der  Goldküste  und  in  der  Camerungegend  nicht 
selten.  In  Accra  fanden  wir  diese  Schlange  oft  in  den 
Gebäuden.  Oberseite  grün,  zuweilen  mit  schmutzig  gelb- 
grünen Flecken;  Unterseite  gelb.  Die  einzelnen  Rücken- 
schuppen haben  einen  weissen  Randfleck  am  unteren 
Saume,  der  bei  gewöhnlicher  Lage  der  Schuppen,  am 
lebenden  Thiere,  nicht  sichtbar  ist ;  die  Haut  zwischen 
den  Schuppen  ist  schwarz.  Im  Alkohol  verwandelt  sich 
die  grüne  Farbe  in  blau. 

Das  grösste  Exemplar,  welches  ich  mass,  hatte  eine 
Länge  von  90  Ctm. 

Farn.  Dryophidae, 

Cladophis  Kirtlandi  Dum. 

Am  Gabun  gesammelt,  wo  diese  schöne  Schlange 
oftmals  in  die  Gebäude  kommt. 

Oberkopf  und  Kopfseite  grün;  Kehle  und  Obcrkiefer- 
rand  weiss;  der  übrige  Körper  von  unbestimmt  grünlich- 
grauer Farbe,  braun  marmorirt.  Die  Brust  ist  blasser, 
der  Bauch  intensiver  braun  marmorirt.  Iris  goldgelb. 
Länge  1,1  Mtr. 

Fam.   Lycodontidae. 
Heterolepis  poensis  Smith. 
Am  Camerun  gefunden. 

Oben  schwarz,  unten  weiss,  mit  Perlmutterglanz. 
Länge  des  einen  gesammelten  Exemplares  1  Mtr. 
Boodon  unicolor  Boie. 


Eine  Sammlung  Lurche  und  Kriechthiere  von  Westafrika.       293 

An  der  Goldküste  und  am  Camerun  gesammelt. 
Lg.  60  Ctm. 

Boodon  nigrum  Fisch. 

Am  Camerun  gefunden.     Länge  70  Ctm. 

Fam.  Elapidae. 

Causus  rhombeatus  Wagl. 

Diese  weit  verbreitete  Schlange  sammelte  ich  in 
mehreren  jüngeren  Exemplaren  am  Gabun. 

Die  Färbung  ist  aschgrau  mit  schwarzen,  grösseren, 
V^-förmigen  und  kleineren  Flecken  auf  dem  Rücken; 
Unterseite  blasser. 

Naja  haje  L. 

Sehr  häufig  im  Galande  an  der  Goldküste  und  auch 
in  der  Camerungegend.  Ich  fand  mehrmals  Exemplare 
von  etwa  2  Meter  Länge,  alle  von  dunkler  Färbung : 
Oberseite  schwarz;  Schnauzenspitze  hornbraun;  Kopfseite, 
Kinn  und  Kehle  gelblich;  Brust  breit  schwarz  und  gelb 
quergebändert;  übrige  Unterseite  schwarz. 

Die  Brillenschlangen  bewohnen  die  gemischte  Steppe; 
im  dichten  Walde  kommen  sie  nicht  vor.  In  der  Mit- 
tagshitze kriechen  sie,  wie  die  Puffottern,  gern  auf  die 
Wege,  um  sich  zu  sonnen.  Stösst  man  dann  plötzlich 
auf  sie,  so  richten  sie  sich  steil  empor,  zischen,  blasen 
den  Flals  auf  und  speien  eine  Flüssigkeit  auf  die  Ent- 
fernung von  mehreren  Füssen  auf  den  Ruhestörer,  wobei 
sie  nach  den  Augen  zu  zielen  scheinen.  Die  Quantität 
dieser  Flüssigkeit,  wohl  Speichel  und  jedenfalls  mit  dem 
Gifte  der  Zahndrüsen  gemischt,  ist  ziemlich  bedeutend, 
da  die  Thiere  oft  dreimal  hintereinander  speien,  und  schliess- 
lich der  Saft  vom  Maule  herabtropft.  Nach  Angabe  der 
Missionäre  an  der  Goldküste,  sowie  der  Eingeborenen, 
erfolgt  Erblindung,  wenn  jener  Saft  in  das  Auge  kommt. 
Zufolge  analoger,  an  Klapperschlangen  gemachter  Er- 
fahrungen, welche  mir  die  Herren  Effeldt  und  Wagen- 
führ in  Berlin  mittheilten,  scheint  es  mir  indessen  zwei- 
felhaft, dass  solcher  Speichel,  bezüglich  Schlangengift, 
eine  andere  Wirkung  auf  die  Hornhaut  ausübe  als  irgend 
welche  ätzende  Flüssigkeit. 


294  Reichenow: 

Farn.    Viperidae. 

Atractaspis  ßibroni  Smith. 

Ein  Exeniplar  am  Camerun  gesammelt.     Lg.  65  Ctm. 

Echidua  aiietans  Merrem. 

Die  Puffoter,  diese  giftigste  der  afrikanischen  Schlan- 
gen, trafen  wir  vielfach  an  der  Goldküste.  Am  Camerun 
ist  sie  mir  nicht  vorgekommen. 

Wie  die  Brillenschlange  meidet  sie  den  Wald;  die 
gemischte  Steppe  sagt  ihr  zu.  Während  des  Tages  ruht 
sie  unter  dichtem  Gestrüppe;  nur  zur  Mittagszeit  kriecht 
sie  wohl  hervor  auf  eine  kahle  Stelle,  auf  die  schmalen 
durch  das  Gras  führenden  Fusssteige,  um  sich  an  den 
glühenden  Strahlen  der  Tropensonne  zu  erfreuen.  Wie 
wohlthuend  solche  Glühhitze  den  Schlangen  ist,  zeigt  die 
Munterkeit  dieser  bei  Tage  im  Allgemeinen  trägen  Nacht- 
thiere  in  solchen  Verhältnissen.  Ich  stiess  mehrmals  auf 
Puffottern,  welche  zusammengerollt  sich  behaglich  sonn- 
ten. Aber  kaum  dass  ich  sie  gesehen,  verschwanden  die 
gestörten  Thiere  pfeilschnell  im  Grase. 

Ein  von  Negern  erlegtes  und  uns  gebrachtes  Exem- 
plar mass  1,6  Mtr. 

Sauria. 

Fam.  Sci7ici. 

Euprepes  Reichenowi  Pet. 

Diese  von  mir  in  den  Camerunbergen  gesammelte 
Art  wurde  von  Herrn  Prof.  Peters  als  neu  erkannt  und 
in  den  Monatsberichten  der  Kgl.  Academio  der  Wissen- 
schaften zu  Berlin  (Jahrg.  1874  Februar)  unter  vorstehen- 
dem Namen  beschrieben.  Ich  fand  die  Art  nur  in  den 
Bergen,  während  ich  in  der  Ebene  an  der  gleichen  Lo- 
kalität die  nachfolgende  Art  ausschliesslich  antraf. 

Euprepes  breviceps  Pet. 

Oberseite  kupferbraun,  längs  des  Rückens  vier 
Reihen  kleiner  weisser  oder  gelblicher  Flecke,  die  mehr 
oder  weniger  deutlich  von  dunkelbraunen  Flecken  um- 
säumt sind;  Unterseite  weiss.  Die  Färbung  ändert  ab; 
die    beiden    äusseren    Fleckenreihen    des     Rückens    sind 


Eine  Sammlung  Lurche  und  Kriechthiere  von  Westafrika.       295 

oft  undeutlich.      Die    Länge'  der  ausgewachsenen  Indivi- 
duen beträgt  12  bis  15  Ctm. 

Diese  Art  ist  sehr  gemein  in  der  Camerungegend 
und  südlich  bis  zum  Gabun.  In  den  Ortschaften,  an  den 
Hütten  der  Eingeborenen,  in  den  Plantagen  und  Feldern 
sind  sie  anzutreffen  und  leben  ganz  nach  Art  der  Eidech- 
sen. Sie  halten  sich  ausschliesslich  auf  dem  Boden  auf 
und  klettern  nicht,  wie  die  Agamen,  auf  die  Dächer  der 
Hütten  oder  auf  Bäume. 

Farn.  Acjamae, 

Agama  colonorum  Daud. 

Sehr  häufig  an  der  Goldküste,  weniger  zahlreich 
in  den  südlicheren  Küstendistricten  bis  zum  Gabun. 

Ich  fand  diese  Agame  in  den  Ortschaften  oder  in 
den  Feldern  und  Plantagen  in  der  Nähe  derselben.  Im 
Walde  dagegen  traf  ich  die  nachstehend  beschriebene 
Varietät.  In  Accra  war  jede  Lehmmauer,  die  Wände  und 
Dächer  der  Negerhütten  und  die  Bäume  mit  diesen 
Thieren  geschmückt.  Ich  sage  geschmückt,  denn  die 
Männclicn  mit  ihren  feuerrothen  Köpfen  und  Schwanz- 
enden gewähren  in  der  That  einen  prächtigen  Anblick. 
Lauernd  sitzen  sie  in  der  Sonne,  mit  den  Köpfen  nickend, 
bei  jeder  auffallenden  Erscheinung  den  Oberkörper  auf 
und  abwärts  bewegend,  und  schiessen  pfeilschnell  auf  die 
erspähte  Beute,  wie  sie  überhaupt  ungemein  schnell  in 
ihren  Bewegungen  sind. 

Das  alte  (/  im  Prachtkleide  hat  feuerrothen  Kopf, 
Kehle  gelb  gesprenkelt;  Körper  und  Beine  glänzend 
dunkel  stahlblau,  über  dem  Kücken  ein  heller  Längsstrich, 
der  bisweilen  fehlt;  Unterseite  des  Schwanzes  vom  After 
bis  zur  Mitte  strohgelb,  die  entsprechende  Oberseite  an 
der  Basis  hellstahlblau,  dann  feuerroth,  die  zweite  Hälfte 
des  Schwanzes  dunkelstahlblau. 

Vorstehende  Beschreibung  nach  einem  Exemplare 
vom  Camerun.  Bei  solchen  von  der  Goldküste  fehlt  die 
strohgelbe  Färbung  an  der  Unterseite  des  Schwanzes. 
Der  letztere  ist  an  der  Basalhälfte  (oben  und  unten)  hell- 
stahlblau; darauf  folgt  das  feuerrothe  Band,  welches  nur 


296  Reichenow: 

eine  kurze  dunkelstahlblaiie  Spitze  übrig  lässt.  Sie  er- 
reichen eine  Länge  von  35  Ctm.  Das  Weibchen  ist  hell- 
braun mit  hellerer  Rückenlinie  und  dunkleren  Flecken 
auf  dem  Rücken;  Unterseite  blasser;  Kehle  weisslich, 
dunkel  marmorirt. 

Die  Jungen  gleichen  den  Weibchen,  haben  aber 
hellgelbe  Flecken  auf  Kopf  und  Nacken. 

In  den  Bergen  von  Aquapim  fand  ich  eine  schöne 
Varietät  dieser  Art,  welche  ich  immer  nur  in  Waldlich- 
tungen auf  Bäumen  antraf.  Bei  den  Männchen  derselben 
war  der  Kopf  und  das  sonst  rothe  Schwanzband  rein  weiss. 

Im  Alkohol  gehen  die  schönen  Farben  der  männ- 
lichen Exemplare  vollständig  verloren. 

Farn.   Qeckones. 
Hemidactylus  guineensis  Pet. 

Schmutzig  fleischfarben,  Oberseite  braun  marmorirt. 
Gemein  an  allen  von  mir  besuchten  Punkten  West- 
afrikas. 

Erreicht  eine  Ijänge  von  12  Ctm. 

Farn.   Monitoren. 

Varanus  niloticus  Dum.  ßib. 

Dieser  über  ganz  Afrika  verbreitete  Waram  war  ge- 
mein an  allen  von  mir  besuchten  Punkten,  in  Lagunen 
und  Flüssen.  Um  die  Mittagszeit  sieht  man  die  Thiere 
häufig  ausserhalb  des  Wassers  auf  den  Wurzeln  oder 
Aesten  der  Mangrove  sitzen  und  sich  sonnen.  Die  Nah- 
rung besteht  vorzugsweise  in  Fischen;  doch  fressen  sie 
auch  Säugethiere.  Gefangene  nahmen  Ratten  uud  Mäuse 
sehr  begierig. 

Die  Färbung  ändert  hinsichtlich  der  Zeichnung  viel- 
fach ab.  Im  Allgemeinen  ist  die  Oberseite  schwarz,  bei 
Alten  schwarzbraun,  mit  Querreiheu  oft  abgezirkelt  runder, 
gelber  Flecke;  auf  dem  Kopfe  feine  gelbe  Zeichnung; 
Unterseite  weissgelb  mit  schwarzen  oder  schwärzlichen 
Querbinden;  Schwanz  schwarz  mit  breiten,  gelben  Quer- 
binden oder  aus  einzelnen  Flecken  gebildeten  Querreihen. 
Ich  sah  Exemplare  von   1,5  Mtr.  Lg. 


Eine  Sammlung  Lurche  und  Kriechthiere  von  Westafrika.      297 

Farn.   Chamaeleorites. 

Chamaeleo  senegalensis  Cuv. 

Von  der  Goldküste. 

Die  Färbung  ist  im  gewöhnlichen  Zustande  grau 
braun  mit  schwarzer  Seitenbänderung. 

Chamaeleo  dilepis  Leach. 

Eine  sehr  häufige  Art  am  Gabun. 

In  der  Ruhe  ist  die  Farbe  der  Thiere  hellgrün 
mit  dunkleren  Streifen,  welche  über  die  Seiten  vom  Rücken 
auslaufen;  Brustkamm  weiss;   Iris  hellgelb  bis  rothbraun. 

Wird  das  Chamäleon  gereizt,  so  ändert  sich  die 
grüne  Farbe  in  grau;  später  erscheinen  schwarze  Punkte 
und  Streifen ;  der  Kehlsack  wird  gelbbraun  mit  schwarzen 
Punkten.  Im  Zustande  höchster  Erregung  des  jähzornigen 
Geschöpfes  ist  dasselbe  vollständig  schwarz;  zuweilen 
erscheinen  dann  auf  den  Körperseiten  noch  kleine  gelbe 
Flecken. 

Chamaeleo  cristatus  Stutch. 

Am  Camerun  und  Gabun  nicht  häufig. 

Chamaeleo  Owenii  Gray. 

Nur  einmal  in  Victoria  am  Fusse  der  Camerunberge 
erhalten. 

Fam.  Crocodüina 

Crocodilus  cataphractus  Cuv. 

Gemein  im  Camerundelta,  wie  im  oberen  Flusse,  sehr 
häufig  im  Wuri.    Im  Gabun  erhielt  ich  die  Art  ebenfalls. 

Vielfach  erhielt  ich  den  Beweis,  dass  die  Krokodile 
im  seichten  Wasser  den  Menschen  und  so  jedenfalls  auch 
grössere  Thiere  nicht  angreifen.  Eine  Fürth,  welche 
durch  eine  Lagune  bei  Accra  führte,  wurde  beständig 
von  den  Negern  benutzt,  obwohl  die  Krokodile  zahlreich 
in  dem  Wasser  waren,  und  niemals  war  ein  Unglücksfall 
vorgekommen.  Ebenso  sah  ich  die  Eingeborenen  im 
Wuri  an  seichten  Stellen  ohne  Furcht  vor  den  allenthalben 
sichtbaren  Krokodilen  baden.  Mehrfach  dagegen  kam  es 
daselbst  während  unserer  Anwesenheit  vor,  dass  Neger  an 
tiefen  Stellen  des  Flusses  sogar  aus  den  Canoes  von  Krokodi- 
len weggeschnappt  wurden,  indem  die  Thiere  plötzlich  aus 


298  Reichenow: 

dem  Wasser  hervorschossen,  den  Mann  beim  Arme  oder 
am  Beine  ergriffen  und  hinunterzogen.  Jedenfalls  greifen 
die  Thiere  deshalb  nicht  gern  im  seichten  Wasser  an, 
weil  das  Opfer  hier  W^iderstand  leisten  kann,  während 
sie  dasselbe  im  tiefen  Wasser  sofort  ertränken.  Das 
schmackhafte  Fleisch  der  Krokodile  wird  von  den  Ein- 
geborenen sehr  geschätzt. 

Chelonia. 

Fam.   Trionychidae. 
Trionyx  aegyptiacus  Geoffr. 

In   einer  Lagune   bei   Accra    gefangen    und    später, 
wahrscheinlich  diese  Art,  im  Camerundelta  bemerkt. 

Fam.  Chelydidae, 
Pentonyx  gabonensis  Dum. 
Vom  Camerun. 

Diese  Art  scheint  nur  geringe  Grösse  zu  erreichen. 
Lg.  des  Rückenschildes  7  Ctm. 

Fam.  Chersemydae. 
Cinixys  erosa  Gray. 

Nicht    selten    am    Camerun.       Wir    sammelten    nur 
jüngere  Exemplare. 


Erklärung  der  ibbüduDgen. 

Tafel  IX. 

Fig.  I.     Leptopelis  rufiis:  Geöffnetes  Maul,  zeigt  die  Zungenbildung 
und  Stellung  der  Gaumenzähne. 

a.  Hand.     b.  Fuss. 
Fig.  II.    Petropedetes  cameronensis : 

Ganze  Figur,     a.  Geöffnetes  Maul.     b.  Fuss. 


nntillariim  Americae  meridionalis  iudigeiiarum  Synopsis 
systematica  et  syuouymica. 

Auetore 
A.  CJerstaecker. 

(Fortsetzung  von  p.  77.) 


Gruppe  der  Mut.  lineola  Fab.,  bilineata  und 
phalerata  Klug  (Weibchen).  Augen  oval,  flach,  deut- 
lich facettirt.  Thorax  beim  Beginn  des  Metanötum  mit 
deutlicher  Scuteliar-Lamelle.  Hinterleib  zwischen  Segment 
1.  und  2.  nicht  eingeschnürt. 

A.  Kopf  (gleich  dem  Thorax)  roth. 

1.  Mut.  heterospila.  Lamina  scutellari  angusta, 
antennarum  articulis  quatuor  basalibus,  capite,  thorace 
pedibusque  laete  rufis,  genubus  antennarumque  flagello 
subtus  piceis ,  abdominis  atro-velutini  segmentis  duobus 
primis  apice  utrinque  niveo-fasciatis,  secundo  insuper 
mäculis  tribus  —  discoidalibus  ovatis  duabus,  tertia  rhom- 
boidea  apicali  media  —  sequentibus  tribus  maculis  binis 
marginalibus  et  ipsis  uiveis  signatis,  ventralibus  2. — 5.  pi- 
ceis, cano-fimbriatis.  (Thoracis  setae  longiores  apicem  "ver- 
sus nigricantes,  abdominis  tiorsales  omnes  atrae.)  Long. 
6V3  mill.  —   Patria:  Bogota  (Mus.  BeroL). 

2.  Mut.  suspensa.  Lamina  scutellari  latiore,  anten- 
narum articulis  tribus  basalibus,  capite,  thorace,  femoribus 
anticis  coxisque  Omnibus  rufis,  pedibus  ceternm  piceis: 
abdominis  atro-velutini  segmentis  duobus  primis  fascia 
marginali    continua,    2. — 5.  vittis    duabus  —  in  segmeuto 


300  Gerstaecker: 

secimdo  angustis,  dein  multo  latioribus  et  submacularibus 

—  argenteo-cinereis  ornatis,  ventralibus  piceis,  albo-fim- 
briatis,  ano  flavescenti-piloso,  (Capitis  thoracisque  se- 
tae  omnes  rufae.)     Long.  8  mill.  —  Patria:  Mexico.  (Mus. 

BeroL). 

B.  Kopf  (gleich  dem  Hinterleib)  schwarz. 

3.  Mut.  lineola  *Fab.  (Syst.  Piezat.  p.  437,  No.  42. 

—  *Klug,  Entom.  Brasil,  spec.  p.  31,  No.  4.  tab.  22, 
fig.  1.  —  *ßurm.,  Brasil.  Mutill.  p.  11,  No.  39.  —  Mut. 
zonata  Spinola,  Annal.  soc.  entom.  de  France  X.  p.  89, 
No.  53.)  —  Patria.  Cayenna,  Parä,  Minas  Geraes  (Mus. 
Berol.  et  Halens.).  —  Var,  Capite  fortius  punctato,  seg- 
menti  abdominalis  secundi  fascia  marginali  flavescenti 
latiore,  scquentium  maculis  lateralibus  semifasciatira  con- 
fluentibus.  —  Patria:   Bogota  (Mus.  Berol.). 

4.  Mut.  bilineata  *Klug  (a.  a.  O.  p.  31,  No.  5. 
tab.  22,  fig.  2).  —  Patria:  Cametä  (Mus.  Berol.). 

5.  Mut  bilineipunctata  Spinola  (Memor.  accad. 
d.  Torino  2.  ser.  Xlll.  p.  63.  No.  46).  —  Patria:  Parä. 

6.  Mut.  phalerata  *Klug  (a.  a.  O.  p.  32,  No.  6, 
tab.  22,  fig.  3).  —  Patria:  Camelä  (Mus.  BeroL). 

7.  Mut.  rectangulum  Spinola  (Annal.  soc.  en- 
tom. X.  p.  91,  No.  55).  — Patria:  Columbia,  Bogota  (Mus. 
Berol.). 

8.  Mut.  bitaeniata  Spinola  (ibid.  X.  p.  91,  No.  54). 

—  Patria:  Cayenna  (Mus.  Berol.).  —  Var.  Segmenti  ab- 
dominalis secundi  margine  apicali  aurichalceo-  vel  ar- 
genteo-fasciato.  Patria:  Nov.  Valencia,  Caracas  (Mus. 
Berol.). 


Gruppe  der  Mut.  spinosa  Swed.,  Weibchen  (p.  54fF.). 
Nachträge. 

58.  (31a).  Mut.  h o p  1  i  t e s.  Capite  transverso,  re- 
trorsum  leviter  angustato,  fronte  vix  sulcata,  thoracis  ca- 
pite parum  angustioris  lateribus  ante  et  post  stricturam 
subtiliter  denticulatis,  dorso  anteriore  confertim  punctato, 
posteriore  (i.  e.  in  metanoti  perpendicularis  basi)  spinulis 
5 — 7  horizontalibus  armato :  nigra,  opaca,  capite  plerum- 
que  piceo,   interdum  macula  frontali  rufa  signato,  mandi- 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigeuarum  Synopsis  etc.     301 

bulls,  thorace  abdominisque  basi  et  ventre  sat  laete  rufis, 
segmenti  abdominalis  secundi  vittulis  duabus  dorsalibus 
utrinque  abbreviatis,  subarcuatis,  3. — 5.  fascia  in  medio 
interruptaargenteo-velaurichalceo-sericeis.  Long.  6 — 7  mill. 
Patria:  Paranä^  Burm.  (Mus.  Halens.). 

59.  (31b).  Mut.  imbecilla.  Fronte  distincte  sul- 
cata,  capite  minore,  transverso,  retrorsum  rotundato-angu- 
stato,  ^um  thoracis  dorso  anteriore  confertim  punctato, 
metanoti  fortiter  reticulato-clathrati  lateribus  subserratis: 
rufa,  parce  flavescenti-setulosa  et  sericea,  abdominis 
dorso  —  petiolo  secundique  segmenti  maculis  duabus  ba- 
salibus  et  margine  apicali  aurichalceo-scriceis  exceptis  — 
atro,  opaco:  segmentis  3. —  5.  et  ipsis  supra  fasciatim  au- 
richalceo-sericeis,  infra  albido-fimbriatis.  Long.  6V2  mill. 
Patria:  AUegrette  Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

60.  (31c).  Mut.  denticeps  Spinola  (Memor.  acca- 
dem.  diTorino  2.  ser.  XIII.  p.  62.  No.  45).  Patria;  Parä. 
—  Species  mihi  ignota. 

61.  (56a).  Mut.  pulicaria.  Capite  sat  valido,  trans- 
verso,  retrorsum  trapezoideo-angustato,  cum  thoracis  dorso 
anteriore  confertim  punctato,  metanoti  areolati  lateribus 
obsolete  serrulatis,  mesonoti  margine  acuto  ante  strictu- 
ram  denticulato:  atra,  opaca,  antennarum  articulis  duobus 
primis,  mandibulis,  thorace  toto,  abdominis  petiolo  coxis- 
que  rufis,  antennarum  flagello,  pedibus  ventreque  piceis: 
fronte  umbrino-,  vertice  genisque  cinereo-sericeis,  se- 
gmenti abdominalis  secundi  fascia  dorsali  media,  sat  lata, 
continua  segmentisque  2. — 5.  supra  totis  argenteo-tomen- 
tosis.  Long.  4  mill.  Patria:  Aragua  Columbiae  (Mus. 
Berol.). 

Gruppe  der  Mut.  suavissima  (Weibchen).  Augen 
fast  kreisrund,  ziemlich  gewölbt,  deutlich  facettirt.  Kopf 
plump,  quer  viereckig,  fast  doppelt  so  breit  als  der  Thorax, 
nach  hinten  unter  stumpfer  Abrundung  leicht  verschmälert. 
Backen  geschwollen,  unbewehrt.  Mandibeln  sich  kreu- 
zend, mit  breit  dreieckigem  Zahnvorsprung  bei  der  Mitte 
des  Lmenrandes.  Thorax  schmächtig,  verkehrt  birnför- 
mig,  reichlieh  um  die  Hälfte  länger  als  vorn  breit;  Kücken 
gewölbt,    Metapieuren    ausgehöhlt,    glatt    und    glänzend. 


302  Gerstaecker: 

Metathoraxstigmerv  stark  nach  oben  hervorspringend.  Hin- 
terleib kurz  eiförmig,  zwischen  Segment  1.  und  2.  nicht 
eingeschnürt;  erstes  Segment  quer,  unterhalb  scharf  ge- 
kielt.    Beine  schlank.     Körperfärbung  metallisch. 

1.  Mut.  suavissima.  Cyanea,  parce  nigro-pilosa, 
mandibulis,  antennis,  pedibus  abdominisque  apice  piceis,  an- 
tennarum  flagello  subtus,  trochanteribus,  femorum  basi  tar- 
sorumque  apice  ferrugineis :  capite  thoracisque  dorsa  subti- 
liter  aciculatis  et  confertim  punctatis,  metanoti  postice 
reticulati  marginibus  serrulatis,  segmenti  abdominalis  primi 
dorso,  secundi  lateribus  nitidis,  disperse  punctatis,  huius 
fasciola  interrupta  et  utrinque  abbreviata,  subobliqua,  an- 
tice  sulco  profunde  terminata  dense  aurichalceo-sericea, 
segmentis  3. — 5.  supra  interrupte  et  parcius  aurichalceo- 
sericeis ,  ano  fulvo-,  ventre  cum  pedibus  cano-piloso. 
(Segmenti  abdominalis  secundi  dorsum  plerumque  nigro-, 
rarius  umbrino-pubescens).  Long.  7 — 8  mill.  Puerto  Montt, 
Chile  merid.  (Mus.  Berol.). 

Gruppe  der  Mut.  Indica  Lin.,  Weibchen  (p.  67  ff.). 
Nachträge. 

47.  (39a).  Mut.  geographica  (=  Mut.  parallela 
var.  *Gerst.,  Archiv  f.  Naturgesch.  XL.  p.  75,  No,  39).  A 
Mut.  parallela  Klug,  cui  simillima,  differt  tibiarum  calca- 
ribus  nigris  *),  antennarum  scapo,  libiis  tarsisque  nigro-pi- 
losis,  thoracis  vittis  duabus  dorsalibus  antrorsum  longius 
productis  et  flavescenti-sericeis,  segmenti  abdominalis  se- 
cundi maculis  duabus  basalibus  elongatis  posticis  fasciam 
angustam,  vix  interruptam  (ut  in  Mut.  Indica  Lin.)  for- 
mantibus,  striga  supramarginali  laterali  albo-sericea  nuUa, 


1)  Abweichend  von  den  meisten  Arten  der  Gruppe,  welche  weiss- 
liche  Schiensporen  haben,  besitzen  folgende  solche  von  schwärzlicher 
oder  pechbrauner,  mit  dem  Integument  übereinstimmender  Färbung : 
Mut.  calycina  Gerst.  (No.  9),  austera  Gerst.  (No.  20),  sigillata  Gerst. 
(No.  21),  ursina  Gerst.  (No.  38),  funebris  Gerst.  (No.  41)  und  lugu- 
bris  Burm.  (No.  45).  Diesen  reihen  sich  noch  die  beiden  oben  an- 
geführten Arten  an,  ohne  dass  die  durch  dieses  Merkmal  verbundenen 
in  näherer  verwandtschaftlicher  Beziehung  mit  einander  ständen. 
Bei  Mut.  quadripustulata  Klug  (No.  46)  sind  die  Schiensporen  licht 
gelbbraun. 


Mutillarura  Americae  meridionalis  indigenarnm  Synopsis  etc.    303 

venire    cano-bifasciato.       Long.    16  mill.     Patria:   Brasilia 
(Mus.  Berol.). 

48.  (39  b).  Mut.  sancta  (=  Mut.  parallela  *Burm., 
Brasil.  Mutill.  p.  7,  No.  15).  A.  Mut.  parailela  Klug,  cui 
ut  Ovum  ovo  similis,  difFert  tibiarum  calcaribus  nigris, 
antennarum  scapo,  tibiiö  tarsisque  fusco-pilosis,  segmenti 
abdominalis  primi  vittls  dorsalibus  serieeis  obsoletis,  sub- 
macularibus,  secundi  maculis  basalibus  vitellinis  latioribus, 
fere  ovatis,  fasciis  ventralibus  cano-sericeis  late  inter- 
ruptis.  Long.  15  mill.  —  Patria:  Lagoa  santa  Brasiliae 
(Mus.  Berol.  et  Halens.). 


Die  männlichen  Süd- A  m  erikaaische  n  Mu- 
tillen  auf  Grund  plastischer  Merkmale  in  Gruppen  zu 
vertheilen,  sind  bisher  nur  von  Klug  (Entomol.  Brasil, 
specimen  p.  29  ff.)  und  Burmeister  (üebersicht  der 
Brasil.  Mutillen  p.  5  ff.)  Versuche  und  zwar,  wie  es 
bei  dem  geringen,  ihnen  zu  Gebote  stehenden  Material 
kaum  anders  zu  erwarten  war,  mit  nur  theilweise  glück- 
lichem Erfolge  gemacht  worden.  In  eingehenderer  Weise 
hat  sich  mit  den  Form-Unterschieden  einiger  Arten  sonst 
nur  noch  Spinola  (Annales  soc.  entom.  de  France  X. 
p.  85  ff.)  beschäftigt,  während  Lepeletier  (Hist.  nat.  d. 
Hym^nopt.  in.)  und  F.  Smith  (Catal.  Hymenopt.  Ins. 
Brit.  Mus.  III.)  sich  in  ihren  Beschreibungen  fast  ganz 
auf  Färbungs-Angaben  beschränken  und  bei  manchen  Ar- 
ten (z.  B.Mut,  inaurata,  squamata  und andreniformis  Smith) 
nicht  einmal  der  Form  der  Augen  Erwähnung  thun.  In 
Betreff  der  von  Klug  einerseits  auf  dieses  letztere  Merk- 
mal, andererseits  auf  die  Bildung  des  Hinterleibes  ba- 
sirten  Eintheilung  ist  zu  bemerken,  dass  die  erste 
(a.  a.  O.  p.  29  ff.)  von  ihm  errichtete  Gruppe:  „Oculi 
emarginati,  abdomen  petiolo  nullo  distincto^  die  Charak- 
tere der  drei  darunter  vereinigten  Arten:  Mut.  argyrea, 
argentata  und  rufiventris  Klug  (letztere  =  Dorylus  me- 
diatus  Fab.)  gewissermassen  vergewaltigt ,  indem  Mut. 
argyrea  keine  ausgeschnittenen  Augen,  Mut.  argentata 
dagegen    einen  deutlich   g  estielten,  d,  h.  mit  einem 


304  Gerstaecker: 

scharf  abgeschnürten  Basalring  versehenen  Hinterleib  be- 
sitzt. Es  gehört  daher  erstere  Art  einer  von  den  beiden  an- 
deren ganz  und  gar  verschiedenen  Gruppe  an  und  hatte 
ihrer  Augenbildung  nach  mit  grösserem  Recht  der  zwei- 
ten Klug'schen  Sektion:  „Oculi  integri,  abdomen  pe- 
tiolo  brevi  distincto"  zugetheilt  werden  können.  Wie  sich 
aus  dem  Nachstehenden  ergeben  wird,  fallen  jedoch  diese 
vier  von  Klug  ausschliesslich  bekannt  gemachten  Männ- 
chen drei  Haupt-  und  sogar  vier  Untergruppen  zu,  welche 
sie  mit  zahlreichen  anderen,  seitdem  zur  Kenntniss  ge- 
kommenen Arten  constituiren.  —  Nach  Klug  hat  Bur- 
meister die  Augenbildung  der  männlichen  Mutillen  in 
sofern  richtiger  systematisch  verwerthet,  als  er  die  bei 
Klug  in  verschiedene  Sektionen  vertheilten  Mut.  vidua 
und  argyrea  in  nähere  Beziehung  zu  einander  setzte  und 
aus  denselben  seine  erste  Hauptgruppe  mit  kreisrunden, 
glatten  Augen  (a.  a.  0.  p.  5)  bildete,  eine  dritte  Gruppe 
ferner  mit  zwar  nicht  ausgeschnittenen,  aber  flachen  und 
deutlich  facettirten  Augen  aus  den  Männchen  der  Gruppe 
M.  cephalotes  Swed.  (a.  a.  0.  p.  8)  schuf.  Die  letzte 
B  urme  ister'sche  Gruppe,  welche  (p.  9  ff.)  der  ersten 
Klug'schen  mit  Ausschluss  der  Mut:  argyrea  J  entspricht, 
umfasst  sodann  Männchen  mit  ausgeschnittenen  Augen, 
enthält  aber  eine  Anzahl  weiblicher  Mutillen,  welche  we- 
der dieser  Gruppe,  noch  zum  Theil  (Mut.  felina  und  con- 
cinna  Burm.)  den  mit  ihnen  vereinigten  Männchen  an- 
gehören. 

Der  Vergleich  eines  reicheren  Materiales  an  Süd- 
Amerikanischen  Mutillen-Männchen  kann  es  nun  auch  in 
der  That  nicht  einen  Augenblick  zweifelhaft  lassen,  dass 
diesen  verschiedenen  Augenbildungen,  auf  welche  von 
Klug,  Spinola  und  Bur  m  eiste  r  ein  besonderes  Ge- 
wicht gelegt  wird,  eine  hervorragende  systematische  Be- 
deutung zuerkannt  werden  darf  und  dass  sie  sogar  in 
erster  Reihe  zur  Abgrenzung  natürlicher  Gruppen  zu  ver- 
werthen  sind.  Sie  ergeben  sich  als  ein  um  so  willkomm- 
neres  Eintheilungsmoment,  als  sie  sich  einerseits  einander 
scharf  getrennt  gegenüberstehen,  andererseits  sich  aber 
mit  Regelmässigkeit    an  Arten  binden,    welche  nebenher 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenaram  Synopsis  etc.     305 

auch  durch  andere,  zum  Theil  gleich  prägnante  Merk- 
male vereinigt  werden.  So  stimmt  z.  B.  eine  ganze  Reihe 
männlicher  Arten,  welche  der  Hauptgruppe  mit  ausge- 
randeten  Augen  angehört  und  zugleich  ein  scharf  abge- 
schnürtes erstes  Hinterleibssegment  besitzt,  in  sich  durch- 
aus gleich  bleibender  Weise  darin  überein,  dass  das  4te 
bis  7te  Hintcrleibssegment  mit  einem  scharfen  Längskiel 
in  der  Mitte  des  Rückens  i)  versehen  ist;  während  dage- 
gen bei  solchen  mit  ausgerandeten  Augen  versehenen 
Männchen,  deren  erstes  Hinterleibssegment  sich  von  den 
folgenden  nicht  scharf  absetzt,  jener  Rückenkiel  durchweg 
fehlt.  In  ähnlicher  Weise  gehen  forner  bei  den  Männ- 
chen aus  den  Gruppen  der  Mut.  cephalotes  Swed.  und 
sumptuosa  Gerst.  mit  einer  bestimmten  Augenbildung 
andere  in  der  Form  des  Kopfes  und  Hinterleibes  liegende 
Merkmale  Hand  in   Hand. 

So  hoch  indessen  hiernach  dieser  in  der  Augenbil- 
dung liegende  Charakter  für  die  Sonderung  der  Arten 
in  Gruppen  zu  schätzen  ist,  so  reicht  er  doch  zur  Auf- 
stellung der  letzteren  für  sich  allein  keineswegs  aus: 
durch  die  kreisrunden ,  stark  gewölbten  und  „glatten*' 
(d.  h,  schwach  facettirten  Augen)  würde  z.  B.  mehr  als 
die  Hälfte  der  bis  jetzt  überhaupt  bekannten  Süd- Ame- 
rikanischen Mutillen-Männchen  vereinigt  werden,  ohne 
dass  dieselben  einer  einzigen,  natürlich  in  sich  abge- 
schlossenen Gruppe  angehörten.     Zu  einer  weiteren  Ver- 


1)  Da  dieses  Merkmal  bei  siebenzehn  mir  bekannten,  auch 
sonst  nahe  mit  einander  verwandten  Arten  in  übereinstimmender 
Weise  vorhanden  ist,  bei  allen  übrigen  Süd-Amerikanischen  Mutillen- 
Männchen  aber  fehlt,  so  ist  es  als  ein  sehr  schätzenswerther  Grup- 
pencharakter, nicht,  wie  es  bisher  von  Burmeister  und  Smith 
geschehen  ist,  als  eine  Art-Eigenthümlichkeit  aufzufassen.  Smith 
erwähnt  es  für  seine  Mut.  simpiex  (No.  228)  und  inaurata  (No.  268), 
welche  durch  vierzig  der  heterogensten  Arten  von  einander  getrennt 
aufgeführt  werden,  Bur  meist  er  für  seine  Mut.  felina  (No.  27), 
während  er  es  für  seine  Mut.  concinna  (No.  34)  und  furonina  (No.  36) 
mit  Stillschweigen  übergeht.  Auch  für  Mut.  argentata  Klug  und 
singularis  Spin.,  welchen  dieser  Kiel  gleichfalls  eigen  ist,  geschieht 
desselben  von  Seiten  der  betreffenden  Autoren  keine  Erwähnung. 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  20 


Boß  Gerstaecker: 

theilung  solcher  in  diesem  Merkmal  übereinstimmender 
Arten  werden  mithin  noch  andere  Unterschiede,  an  denen 
es  den  männlichen  Mutillen  Süd-Amerika's  bei  genauerer 
Betrachtung  keineswegs  fehlt,  in  Anwendung  zu  bringen 
sein.  Auch  unter  diesen,  welche  in  der  Form  des  Ko- 
pfes, der  Bildung  des  Metanotum,  des  Schildchens,  der 
Tegulae,  der  Form  und  Kielung  des  ersten  Hinterleibs- 
ringes, eigenthümlicher  Höcker-  und  Grubenbildungen 
an  der  Bauchseite  des  zweiten  Abdominalsegmentes  u.  s.w. 
nachweisbar  sind,  erweisen  sich  manche  als  für  eine  ganze 
Reihe  von  Arten  bis  zu  einem  gewissen  Grade  constant 
und  daher  als  systematisch  verwerthbar.  So  unterschei- 
den sich  z.  B.  die  in  der  Augenbildung  sehr  übereinstim- 
menden Männchen  aus  den  Gruppen  der  Mut.  Indica  Lin. 
(diadema  Fab.)  und  der  Mut.  spinosa  Swed.  ausser  der 
verschiedenen  Bildung  des  Kopfes  und  der  Form  des 
ersten  Hinterleibsringes  (bei  ersteren  schmal  und  scharf 
von  dem  zweiten  abgesetzt,  bei  letzteren  breit  und  nicht 
abgeschnürt)  leicht  dadurch,  dass  bei  jenen  (Mut.  Indica) 
die  Bauchseite  des  ersten  Segmentes  (Petiolus)  mit  einem 
hohen,  oft  zahn-  oder  nasenförmigen  Kiel  versehen,  bei 
diesen  (Mut.  spinosa)  dagegen  entweder  nur  sehr  schwach 
oder  ganz  ungekielt  ist. 

Bei  der  systematischen  Verwerthung  aller  dieser  den 
männlichen  Mutillen  zukommenden  plastischen  Merkmale 
ist  begreiflicher  Weise  als  das  hauptsächlichste  Ziel  in's 
Auge  zu  fassen,  dass  dieselben  solche  natürlichen  Arten- 
Gruppen  ergeben,  welche  den  auf  die  weiblichen  Indi- 
viduen basirten  möglichst  genau  entsprechen  ;  denn  nur 
auf  diese  Weise  wird  es  mit  der  Zelt  möglich  werden, 
männliche  und  weibliche  Individuen  zu  Arten  zu  verei- 
nigen. So  wenig  wir  nun  bei  der  totalen  Verschieden- 
heit der  beiden  Geschlechter,  wie  sie  den  Süd-Amerika- 
nischen Mutillen  durchweg  eigen  -zu  sein  scheint,  gegen- 
wärtig im  Stande  sind,  Männchen  und  Weibchen  der 
Art  nach  aufeinander  zurückzuführen,  so  glaube  ich 
doch  durch  die  hier  versuchte  Sonderung  der  männlichen 
und  weiblichen  Formen  nach  ihrer  natürlichen  Verwandt- 
schaft vorläufig  wenigstens  dahin  gelangt  zu  sein,  die  bei- 


Mutillarum  Americae  meridioiialis  iiidigenarum  Synopsis  etc.    307 

derseitigen  Individuen  in  der  ^I ehrzahl  der  Fälle  grup- 
penweise vereinigen  ,  d.  h.  nachvreisen  zu  können,  dass 
Männehen  mit  diesen  und  jenen  plastischen  Merkmalen 
zu  einer  in  ähnlicher  Weise  festgestellten  Gruppe  weib- 
licher Mutillen  gehören  müssen.  Da  für  eine  solche  Ver- 
einigung Colorit  und  Sculptur  überhaupt  keinen  Anhalt 
bieten,  der  Gesammtbau  des  Körpers  bei  Männchen  und 
Weibchen  bis  auf  vereinzelte  Uebereinstimmungen  oder 
Analogieen  aber  gleichfalls  weit  auseinander  geht,  so 
wird  man  sich  zunächst  an  solche  Gruppen  zu  halten  ha- 
ben, bei  welchen  solche  Uebereistimmungen  überhaupt 
noch,  wie  z.  B.  in  gewissen  Fällen  an  den  Augen,  vor- 
handen sind.  Nach  letzterem  Merkmal  lässt  sich  zuvör- 
derst eine  grössere  Anzahl  männlicher  Mutillen  mit  Si- 
cherheit als  den  weiblichen  Gruppen  der  Mut.  Indica  Lin. 
und  spinosa  Swed.  angehörend  erkennen,  mit  welchen 
allein  sie  die  rundlichen,  stark  gewölbten  und  glatten 
Augen  gemein  haben.  Die  durch  dieses  Merkmal  verei- 
nigten Männchen  lassen  sich  dann  aber  wieder  mit  glei- 
cher Sicherheit  nach  der  Form  des  ersten  Hinterleibsrin- 
ges, welcher  bei  ihnen  ähnliche  Verschiedenheiten  wie 
bei  jenen  beiden  Weibchen  -  Gruppen  zeigt,  auf  diese 
vertheilen  ;  und  dafür,  dass  diese  Vertheilung  eine  correcte 
ist,  d.  h.  den  natürlichen  Beziehungen  entspricht,  bietet 
einerseits  das  numerische  Vcrhältniss  zwischen  Männchen 
und  Weibchen  innerhalb  jeder  dieser  Gruppen  eine  Ga- 
rantie da,  andererseits  aber  der  Umstand,  dass  in  der 
Gruppe  der  Mut.  Indica  Lin.  unter  den  Weibchen  sowohl 
wie  unter  den  Männchen  die  kleinere  Zahl  mit  schwärz- 
lichen, die  grössere  dagegen  mit  welsslichen  Schienspo- 
ren versehen  ist.  Es  lässt  sich. daher  selbst  innerhalb 
der  Gruppe  der  Mut.  Indica  Lin.  eine  nähere  Verwandt- 
schaft zwizchcn  gewissen  Männchen  und  gewissen  Weib- 
chen ermitteln  und  eine  Vereinigung  derselben  zu  Un- 
terabtheilungen zu  Wege  bringen,  ohne  dass  man  zu  be- 
fürchten hat,  damit  fehl  zu  greifen. 

Nach  Vorwegnahme  dieser  die  Majorität  bildenden 
„glattäuglgcn^  Männchen  und  Weibchen  bleiben  von 
beiden  Geschlechtern  noch   Arten    mit    flachen  und  deut- 


3Ö8  *  Gerstaeckeri 

lieh  facettirten  Augen  übrig.  Von  diesen  weichen  die 
Weibchen  untereinander  durch  den  Grössenumfang,  die 
Männchen  zugleich  durch  die  Form  dieser  Augen  kb, 
indem  unter  ihnen  solche  mjt  ausgerandeten  und  solche 
mit  ovalen  Augen  vorkommen.  Letztere  stehen  an  Ar- 
tenzahl gegen  erstere  sehr  beträchtlich  zurück  und  sind 
zum  Theil  schon  nach  ihrer  Kopfbildung  als  zwei  gleich- 
falls artenarmen  Gruppen  weiblicher  Mutillen  angehörig 
nachzuweisen,  welche  sich  gleich  den  Männchen  unter- 
einander hauptsächlich  durch  die  Form  des  ersten  Hin- 
terleibsringes unterscheiden.  Es  sind  dies  die  Gruppen 
der  Mut.  cephalotes  Swed.  (Mutill.  synops.  p.  46)  und  M. 
bucephala  (p.  49),  von  denen  erstere  Mut.  erythraspis  und 
mjstica,  letztere  dagegen  Mut.  dulcis  (p.  48)  als  männ- 
liche Form  für  sich  in  Anspruch  zu  nehmen  hat.  Von 
den  sonst  noch  zur  Zeit  bekannten,  mit  flachen  und  ova- 
len Augen  versehenen  Süd  -  Amerikanischen  Mutillen- 
Männchen  können  diejenigen,  welche  der  Gruppe  Mut. 
tenuiventris  Spin,  angehören  und  sich  durch  die  auffal- 
lende Grösse  der  Ocellen  hervorthuen,  vor  der  Hand 
keiner  Weibchen-Gruppe  mit  Sicherheit  zugewiesen  wer- 
den, vielleicht,  weil  ihre  Weibchen  überhaupt  noch  nicht 
zur  Kenntniss  gekommen  sind.  Diejenigen  der  Gruppe 
Mut.  tenebrosa  dagegen  sind  deshalb  mit  ziemlicher  Si- 
cherheit als  die  Männchen  der  Gruppe  Mut.  empyrea 
(p.  49)  in  Anspruch  zu  nehmen,  weil  sie  zu  der  Mut. 
dulcis  (cT)  in  demselben  Verhältniss  stehen  (d.  h.  sich 
durch  ähnliche  Merkmale  unterscheiden),  wie  die  Mut. 
empyrea  ($)  zu  der  Mut.  sumptuosa  (p.  49).  üeberdies 
spricht  aber  für  diese  Zugehörigkeit,  abgesehen  von  der 
den  Weibchen  recht  analogen  reichen  und  filzigen  Kör- 
perbehaarung, der  Umstand,  dass,  während  in  den  Grup- 
pen Mut.  cephalotes  und  bucephala  beide  Geschlechter 
stets  dunkle  (schwärzliche)  Schiensporen  besitzen,  diese 
in  der  Männchen  -  Gruppe  Mut.  tenebrosa  wie  bei  der 
Weibchen-Gruppe  Mut.  empyrea  durchgehends  weisslich 
gefärbt  sind. 

Sonach    blieben    von  männlichen  Mutillen  nur  noch 
diejenigen  übrig,  welche  an  der  Innenseite  ihrer  flachen 


Mutillarura  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.      309 

und  deutlich  facettirten  Augen  einen  Ausschnitt  zeigen 
und  durch  dieses  Merkmal  mit  den  Mutillen-Männchen  der 
alten  Welt  übereinstimmen;  von  weiblichen  (Süd-Arne- 
rika's)  aber  ausser  den  die  Gruppe  Mut.  chrysodora 
(p.  50  ff.)  bildenden  noch  diejenigen,  welche  sich  um  Mut. 
lineola  Fab.,  bilineata  und  phalerata  Klug,  bitaeniata,  zo- 
nata  (=  lineola  Fab.)  und  rectangulum  Spin,  gruppiren 
und  von  der  letztgenannten  Gruppe  sich  leicht  durch  das 
nicht  abgeschnürte  erste  Hinterleibssegment,  so  wie  durch 
die  Anwesenheit  einer  erhabenen  Querleiste  (Scutellar- 
Lamelle)  auf  der  vorderen  Grenze  des  Metanotum  unter- 
scheiden. Auf  diese  beiden  Weibchen-Gruppen  haben 
sich  nun,  falls  nicht  noch  weitere  entdeckt  werden,  jene 
mit  ausgeschnittenen  Augen  versehenen  Männchen  zu  ver- 
theilen ;  und  abgesehen  davon,  dass  sich  dies  auf  dem 
Wege  der  Exclusion  als  nothwendig  ergiebt,  spricht  hier- 
für die  leicht  zu  constatirende  Thatsache,  dass  auch  diese 
Männchen  zwei  durch  die  Hinterleibsbildung  scharf  ge- 
schiedene Gruppen,  welche  denjenigen  der  Weibchen 
genau  entsprechen,  bilden.  Es  zeigt  nämlich  auch  unter 
ihnen  die  kleinere  Zahl  ein  nicht  abgeschnürtes  erstes 
Hinterleibssegment  (Gruppe  der  Mut.  mediata  Fab.),  die 
grössere  dagegen,  welche  zugleich  auf  den  vier  letzten 
Hinterleibsringen  einen  scharfen  Rückenkiel  erkennen 
lässt ,  ein  von  dem  zweiten  scharf  abgesetztes  (Gruppe 
der  Mut.  argentata  Klug).  Letztere  würde  mithin  die 
Männchen  der  Gruppe  Mut.  chrysodora  Perty  (p.  50  ff.), 
erstere  (Mut.  mediata  Fab.),  wie  dies  schon  Burmeister 
richtig  erkannt  hat,  die  Männchen  der  Weibchen-Gruppe 
Mut.  lineola  Fab.  enthalten.  Das  einzige  Bedenken,  wel- 
ches dieser  Vereinigung  männlicher  und  weiblicher  For- 
men etwa  entgegenstehen  könnte,  wäre  in  dem  allerdings 
auffallenden  Umstand  zu  finden,  dass,  während  aus  den 
Gruppen  der  Mut.  Indica  Lin.  und  spinosa  Swed.  ungleich 
mehr  weibliche  als  männliche  Arten  vorliegen,  besonders 
in  der  Gruppe  der  Mut.  chrysodora  die  Männchen  (aus 
der  Verwandtschaft  der  Mut.  argentata  Klug)  numerisch 
überwiegen.  Es  kann  dies  jedoch  ebensowohl  rein  zu- 
fällig sein,    als   es    sich  möglicher  Weise  aus  einem  ver- 


310  Gerstaecker: 

schiedenen    Verhalten    der  betreffenden    Arten    während 
des  Lebens,  z.  B.  einem  mehr  verborgenen  Aufenthalt  der 

—  überdies  meist  kleinen  und  wenig  aiilTallend  gefärbten 

—  VV eibeheu  erklären  Hesse. 

1.  Gruppe  der  Mut.  argyrea  Klug.  Oculi  he- 
misphaerici,  laevigati.  Caput  transversuni.  Abdomen  in- 
ter  segmenta  1.  et  2.  haud  constrictum,  segmento  primo 
subtus  haud  vol  vix  carinato.  CcUulae  cubitales  comple- 
tae  tres. 

(Sie  gehören  als  Männchen  zu  den  Arten  der  Gruppe 
Mut.  spinosa  Swed.  p.  54 — 66). 

Sect.  I.  Scutellam  conico-  elevatum,    tuberciiio  laevi  instru- 
ctum.     (Tibiarum  calcaria  alba). 

1.  Mut.  acutangula.  Alis  hyalinis,  apice  Infu- 
scatis,  mesopleuris  supra  fortiter  dentatim  dilatatis  carina- 
que  laevi  instructis,  segmento  vcntrali  secundo  basi  rect- 
angulariter  truncato  et  tuberculatim  producto:  nigra,  sub- 
nitida,  confertim  rugoso-punctata,  clypeo  genisque  den- 
sissime  albo-viüosis,  fronte,  occipitis  lateribus,  pronoto, 
pleuris,  metanoto,  abdominis  fasciis  tribus  dorsalibus  —  an- 
teriore segmenti  primi  marginem  posticum  occupantc  et  in 
latera  secundi  maculatim  extensa,  posterioribus  duabus 
segmentorum  3.  et  4.  late  interruptis  —  lineaque  segmenti 
secundi  laterali  aurichalceo-sericeis.  (Segmenta  ventralia 
2. — 4.  densius,  soquentia  parcius  albo-limbriata :  abdomen 
supra  nigro-tomentosum ,  apice  utrinque  albo -pilosum. 
Long.  I3V2  niill.  —  Patria:  Aragua  Columbiae  (Mus- 
Berol.). 

2.  Mut.  argyrea  *Klug  (Entom.  Bras.  spec.  p.  29. 
No.  1.  tab.  2L  iig.  10).     Patria  :  Parä.  (Mus.   Berol). 

3.  Mut.  leucocycla.  Alis  saturate  fuscis,  summa 
basi  llturaque  discoidali  subhyalinis,  mesopleuris  tubcrculo 
superiorc  obtuso,  mastoidco  instructis,  segmento  ventrali 
secundo  basiu  versus  obsolete  carinato  et  utrimjue  leviter 
comprcsso :  nigra,  confertim  rugoso-punctata,  segmenti 
abdominalis  scciuidi  dimidio  anteriore  supra  et  infra  nitido^ 
disperse  punctato,  ore,  genis  pedibusque  cano-hirtis,  ver- 
tice  toto  fasciatim,  pro-et  metanoto  abdomiuisque  fasciis 
duabus  dorsalibus    —  anteriore    segmenti  primi  dimidium 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.     311 

posterius,  posterioribiis  scgmenta  4.  et  5.  occupantibus  — 
aurichalceo'sericeis.  (Segmeata  ventralia  2. — 4.  dense 
albo-fiiiibriata,  abdoniinis  scgmenta  apicalia  supra  et  infia 
nigro-setosa).  Long.  17  mill.  —  Patria:  Bogota  (Mus. 
Berol.). 

A  d  n  o  t  a  ti  0.  Forsan  mas  Mutillae  patricialis  Gei  st. 
(p.  54.  No.  2). 

4.  Mut.  callizona.  Alis  satuiate  fuscis,  basi  di- 
lutioribus,  anticarum  disco  limpide  liturato,  mesopleuris  tu- 
berculo  superiore  papillfformi  instructis,  segmento  ventiali 
primo  basin  versus  carinato,  secundo  subtruncato:  nigra, 
opaca,  coufertim  rugoso- punctata,  segmento  abdominali 
secundo  infra  nitido,  supra  dense  subtiliterque  granulato 
punctis(]ue  niaioribus  obsito:  togulis  rufo-castaneis,  ore, 
pectore  pedibusque  griseo-hirtis,  metanoti  maculis  duabus 
transversis  fasciaque  segmenti  abdominalis  primi  apicali 
interrupta,  in  basin  secundi  utrinque  extensa  auricbal- 
ceo-,  segmentis  3.  et  4.  supra  totis,  5.  ante  apicem 
fasciatini  laete  aurantiaco-sericeis.  (Scgmenta  ventralia 
2. — 4.  parcius  flavescenti -fimbriata,  apicalia  cum  dor- 
salibus  atro-setosa).  Long.  14  mill.  — Patria:  San  Paolo 
Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

5.  M  u  t.  c  o  rpülcn  ta  (—  Mut.  spinosa  Swed.  mas 
*ßurm.,  Brasil.  Mutill.  p.  6.  No.  3).  Alis  saturate  fuscis, 
basi  latc  hyalinis,  anticarum  disco  limpide  liturato,  meso- 
pleuris protuberantia  superiore  crassa,  mastoidca  instructis, 
segmento  vontrali  primo  subcarinato,  secundo  obtusc  tu- 
berculatO;,  basin  versus  declivi:  nigra,  opaca,  confertim 
gianoso-punctata,  segmento  abdominali  secundo  infra  toto, 
supra  ultra  medium  usque  nitido,  disperse  punctato:  ore, 
pectore,  pedibus,  scutelli  apice  .(longissime)  ventrequc 
cano-birtls,  pleuris,  mctanoto,  segmenti  abdominalis  prioji 
margine  postico,  secundi  macula  utrinque  basali  tiigona 
flavesccnti-sericeis.  (Abdominis  dorsum  atro-velutinum). 
Long.  16 — 17 V2  fßill-  —  Patria:  Rio  de  Janeiro  (Mus. 
Berol.). 

Adnotatio.  Forsan,  ut  Burmeister  opinatur,  mas 
Mutillae  spinosae  Swed.  (p.  55.   No.  7). 

6.  Mut.    anthracina.      Alis  saturate  fuscis,    anti- 


312  Gerstaecker: 

carum  disco  limpidc  liturato,  mesopleuris  protuberantia 
superiore  obtusa  instructis,  segmento  ventrali  seciuido 
parum  inflato,  basin  versus  declivi:  atra,  opaca,  confertim 
granoso-punctata,  segmento  abdominali  secundo  ultra  me- 
dium usque  nitido :  ore,  metanoto,  ventre  tarsisque  cano-, 
pectore,  femoribus  tibiisque  fusco-hirtis,  segmenti  abdo- 
minalis primi  fascia  interrupta,  secundi  linea  laterali  fla- 
vescenti-sericeis.  (Abdomen  supra  atro-vclutinum  et  pilo- 
sum,  segmentum  ventrale  secundura  densius  cano-fimbria- 
tum).  Long.  12  — 15  mill.  —  Patria  :  Brasilia  merid.  (Mus. 
Berol.). 

7.  Mut.  melana  Spinola  (Annal.  d.  1.  soc.  entom. 
de  France X.  p.  87.  No.  52).  — Patria:  Cayenna.  —  Spe- 
cies  mihi  ignota. 

Sect.  IL  Scutellum  aequaliter  convexum,  haud  tuberculatum. 
a)  Segmentum  abdominale  primum   breve,  transversum. 

8.  Mut.  mucida.  Alis  dilute  fuscis,  anticarum 
cellulis  cubitallbus  limpide  signatis,  mesopleuris  simplici- 
bus,  abdominis  segmento  ventrali  secundo  tumidulo,  basin 
versus  declivi:  nigra,  subnitida,  cano-pilosa,  capite  thorace- 
que  confertim,  abdomine  parcius  punctato,  fronte  scutello- 
que  longius  flavescenti-hirtis,  metanoto  superiore  abdomi- 
nisque  fasciis  quatuor  dorsalibus  (in  segmenti  primi  mar- 
gine  continua,  in  3.  et  4.  pilis  nigris  interruptis)  flavescenti- 
sericeis.  (Segmenta  ventralia  2. — 5.  flavescenti-fimbriata  : 
tibiarum  calcaria  alba).  Long.  IOV2  mill.  —Patria:  Bra- 
silia merid.  (Mus.  ßerol.). 

9.  Mut.  semirubra.  Alis  dilute  fuscis,  perspicue 
pliosis,  anticarum  cellula  cubitali  tertia  subobsoleta,  meso- 
pleuris abdominisque  segmento  ventrali  secundo  simplici- 
bus;  nigra,  confertim  granoso-punctata,  opaca,  nlgro-hirta, 
abdominis  laxiiis  punctati,  nitiduli  segmento  secundo  laete 
rufo,  utrin<jue  nigro-lineato,  vertice  summo,  pro-  et  meso- 
noto  cum  scutello  longe  cano-pilosis,  abdominis  segmentis 
2. — 4.  dense  flavo-finibriatis.  (Abdominis  segmenta  1.  et 
2.  sicut  apicalia  supra  nigro  pilosa:  pedes  fusco-hirti,  tibia- 
rum calcaria  nigra).  Long.  10  mill.  —  Patria:  Mexico 
(Mus.  ßeroL). 

10.  Mut.  leporina.      Alis  dilute    fuscis,    perspicue 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.     313 

pilosis,  anticarum  cellula  cubitali  tertia  subobsoleta,  abdo- 
tiiinis  segmento  ventrali  basin  versus  subtubeiciilato:  nigra, 
confertim  granoso-punctata,  opaca^  cano-hirta,  abdomine 
laxius  punctato,  nitidulo,  fronte,  anteanarum  scapo,  plcuris 
segmentoriimque  abdominaliiim  1.  et  2.  disco  nigro-,  huius 
(2.)  lateribus  flavescenti-pilosis,  segmentis  2. — 5.  dense 
pallide  fimbriatis.  (Tibiariim  calcaria  nigra).  —  Variat 
segmento  abdominali  secundo:  a)  rufo-piceo.  b)  supra  laete 
rufe,  infra  piceo  vel  castaneo.  c)  llnea  laterali  nigra  ex- 
cepta,  toto  laete  rufe.  Long.  8 — 13  mill.  —  Patria:  Mexico 
(Mus.  BeroL), 

Adnotatio.  Mut.  semirubra  et  ieporina,  tibiarum 
calcaribus  nigris  praeditae,  cum  Mut.  satrapa  Gerst.  (p.  65. 
No.  62),  et  ipsa  Mexicana,  calcarium  colore  conveniunt. 
Marera  igitur  Mut.  satrapae  inter  species  duas  praece- 
dentes  quaerendum  esse  sat  verosimile  videtur. 

b)  Segmentum  abdominale  primum  aeque  latum  ac  longuni, 
trapezoideum.     (Tibiarum  calcaria  alba). 

11.  Mut.  subuliventris.  Alis  saturate  fuscis, 
laete  violaceo-micantibus,  anticarum  cellulis  cubitaiibus 
limpide  lituratis,  abdominis  segmento  ventrali  secundo 
convexo,  basin  versus  utrinque  depresso:  tota  nigra,  ca- 
pite  thoraceque  confertim  granoso-punctatis,  fere  opacis, 
supra  nigro-pilosis,  metanoto  areolato,  abdominis  nitidi 
segmento  primo  toto,  secundo  ultra  medium  usque  di- 
sperse punctato:  ore,  genis,  verticis  protlioracisque  lateri- 
bus^ pleuris,  metanoto,  pedibus  nee  non  abdominis  basi 
utrinque  albo-hirtis,  segmentis  abdominalibus  1.  et  3. — 6. 
cano-,  2.  supra  nigro-fimbriatis.  Long.  15  mill.  —  Patria: 
Bogota  (Mus.  BeroL). 

12.  Mut.  angustiventris..  A  praecedente,  cui 
simillima,  ditfert  statura  minore  et  paullo  graciiiore,  ver- 
tice  pronotoque  totis  nigro-pilosis,  segraentorum  abdomi- 
nalium  2.  et  3.  margine  apicali  toto  —  interdum  4.  quo- 
que  medio  —  nigro-fimbriato.  Long.  11 — 12  mill.  —  Pa- 
tria: Bogota  (Mus.  BeroL). 

13.  Mut.  dasypyga.  Alis  dilutc  fuscis,  anticis 
limpide  lituratis,  cellula  radiali  obscuriore :  antennis  gra- 
cilibus,    abdominis  segmento   ventrali   secundo  deplanato ; 


314  Gerstaecker: 

nigra,  confeitiiii  et  subtiliter  punctata,  subnitida,  rufo-hirta, 
antennarum  scapo  pedibusqiic  totis  laete  rufo-testaceis, 
illaruoi  articulo  secundo  obscure  rufo :  segnienti  abdomi- 
nalis secundl  margine  postico,  sequentibus  supra  totis 
dense  lanuginosis,  ventrali  septimo  longe  fasciculatim  pi- 
loso,  anteccdentibus  fimbriatis,  pilis  fimbriisque  omuibus 
rufis.  Long.  7V2  miW.  —  Patria:  Novo  Friburgo  (Mus. 
Haleus.). 


2.  Gruppe  der  Mut.  vidua  Klug.  Oculi  bemi- 
sphaerici,  laevigati*.  Caput  angustura.  Mesonotum  quadri- 
sulcatum,  in  utroquc  scutelli  latere  appendiculatum.  Ab- 
domen inter  segmenta  1.  et  2.  constrictum,  segmento 
primo  oblongo,  subtus  acute  carinato.  Cellulae  cubitales 
completae  tres. 

(Sie  gehören  als  Männchen  zu  den  Arten  der  Gruppe 
Mut.  Indica  Lin.  p.  67—76). 

Sect.  I.  Tibiarum  calcaria  nigra. 

1.  Mut.  pompiliformis.  Mesonoti  appendicibus 
magnis,  obtuse  conicis,  scuteilo  tumidulo,  fere  perpendi- 
culari,  segmenti  ventralis  primi  carina  ante  apicem  den- 
tatim  producta,  secuudi  ante  medium  abbreviata :  alis 
saturate  fuscis,  omniuni  basi,  anticaium  disco  dilutiore 
et  limpide  signato:  nigra,  atro-pilosa,  confertim  punctata, 
opaca,  abdominis  segmento  secundo  nitidulo,  parce  pun- 
ctato,  pedibus,  metanoto  areolato,  segmento  abdominali 
primo  toto,  secundi  basi  ventreque  nitido  (apice  excepto) 
albo-liirtis,  ore,  metanoti  lateribus  segmentique  abdomina- 
lis primi  dimidio  postico  insuper  dense  argeuteo-sericeis. 
Long.   19  niill.  —  Patria:   Brasilia  (Mus.  Berol.). 

2.  Mut.  floccosa.  Mesonoti  appendicibus  brevibus, 
scuteilo  carinato,  segmenti  ventralis  primi  carina  ante  api- 
cem dentatim  producta,  secundi  ante  medium  abbreviata, 
alis  saturate  fuscis,  basi  dilutioribus,  anticarum  disco  lim- 
pide liturato:  nigra,  atro-pilosa,  confertim  punctata,  opaca, 
segmenti  abdominalis  secundi  disco  nitidulo:  metanoti 
augulis  posticis,  segmento  abdominali  primo  toto,  secundi 
basi  extrema  fiavescenti-hirtis,  priuii  fascia  apicali  insuper 
aurichalceo-sericea,    secundi    tertiique    margine    utrinquc 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.     315 

flavescenti-fasciculato.     Long.   14  niill.  —  Patria:    Brasilia 
(Mus.  Berol.). 

3.  Mut.  cbrysozona.  Mesonoti  appendicibus  auri- 
culatis,  acute  marginatis,  scutello  carinato^  segmenti  ven- 
tralis  primi  carina  vix  dentatim  producta,  alis  saturate 
fuscis,  anticarum  disco  dilutiore,  limpide  signato:  nigra, 
atro-pilosa,  confertini  punctata,  opaca,  segmenti  abdomina- 
lis secundi  disco  nitidulo,  primi  sccundique  margine  po- 
stico,  tertio  quartoque  supra  totis  dense  croceo-toraentosis 
et  setosis,  ventralibus  2.  et  3.  utrinque  croceo-timbriatis. 
Long.  13—15  mill.  —  Patria:  8an  Paolo  Brasiliae  (Mus. 
Berol.). 

4.  Mut.  colorata.  Mesonoti  appendicibus  brevi- 
bus,  angulatis,  scutello  obsolete  carinato,  segmenti  ventra- 
lis  primi  carina  abbreviata,  angulatim  producta,  alis  fuscis, 
basin  versus  subhyalinis,  anticarum  disco  dilutiore  limpide 
signato:  nigra,  confertim  punctata,  antennarum  basi,  ca- 
pite,  prothorace,  scutello,  metanoto,  abdominis  basi,  pe- 
ctore  pedibusquc  dense  cano- aibidoque  hirtis,  segmenti  ab- 
dominalis secundi  plagis  duabus  dorsalibus  magnis,  rotun- 
datis,  postiee  truucatis  aurantiacis,  flavescenti-pilosis,  quarti 
quintiquc  fascia  dorsali  late  interrupta  niveo-tomentosa  et 
sctosa.  (Abdominis  segmenta  2.  apice,  3.,  6..,  7.  tota  atro- 
pilosa,  ventralia  2.-4.  albo-fimbriata.)  Long.  11 — 13 V2 
mill.   —   Patria:  Brasilia  (Mus,   Berol.). 

Sect.  II.  Tibiarum  calcaria  alba. 

a)  Segmeutum  abdominale  secundura  rubro-maculatum. 

5.  Mut.  vulnerata.  Mesonoti  appendicibus  angu- 
stis,  apice  truncatis,  segmenti  vcntralis  primi  carina  utrin- 
que dentatim  producta,  secundi  disco  fovea  oblonga,  albo- 
sericca  instructo,  alis  fuscis,  ba^sin  versus  dilutioribus, 
anticarum  disco  lim])ide  liturato:  nigra,  confertim  pun- 
ctata, atro-pilosa,  opaca,  segmento  abdominali  secundo  ni- 
tidulo, pedibus,  metanoto  abdominisque  basi  albo-birtis, 
segmenti  primi  fascia  lata  apicali  sccundique  basi  insuper 
argenteo-sericeis,  huius  disco  maculis  duabus  magnis,  ro- 
tuudato-quadratis  rufis  ornato :  segmentis  2.  et  3.  infra  et 
utrinque,  3.  etiam  supra  albo-ciliatis.  Long.  11 — 15  iwiH- 
—  Patria:  Sta.  Cruz  Brasiliae  et  Montevideo  (Mus.  Berol.). 


316  Gerstaecker: 

6.  Mut.  Burmelsteri  (=  Mut.  lugubris,  mas:  Bur- 
meister, Brasil.  Mutill.  p.  8.  No.  19)  —  Patria:  Ouropreto 
ßrasiliae.  (Species  mihi  ignota,  aut  praecedenti,  aut  Mu- 
tillae  coloratae  affinis  videtur:  quum  specimen  typicum 
in  Museo  Halensi  desit,  de  colore  calcarium  certius  fieri 
nihil  potuit.) 

b)  Segmenturn  abdominale  secundum  immaculatum. 
*)  Segmenta  abdominalia  3.  et  4.  atro-pilosa. 

7.  Mut.  vidua  *Klug  (Entom.  Brasil,  spec.  p.  37. 
ISo.  14.  tab.  22.  Fig.  11).  —  Patria:  Parä  (Mus.  Berol.). 
A  sequentibus  differt  segmentis  ventralibus  l.~3.  parce 
albo-setosis,  primi  carina  ante  apicem  fortiter  nasuto-pro- 
ducta,  secundi  in  foveam  discoidalem  sat  magnam,  ob- 
longam,  atro-velutinam  exeunte,  denique  segmenti  abdo- 
minalis secundi  linea  laterali  albo-sericea. 

8.  Mut.  melaleuca.  A  Mut.  vidua  Klug  differt 
statura  graciliore,  metanoti  basi  bimaculatim  albo-tomen- 
tosa,  segmenti  abdominalis  secundi  linea  laterali  concolori, 
ventralis  primi  carina  ante  apicem  acutius,  sed  minus 
longo  dentata,  secundi  fovea  discoidali  atro-velutiua  bre- 
viore,  ovata,  ventre  toto  dense  atro-setoso.  Long.  17  V2  niill. 
—  Patria:  Brasilia  (Mus.  Berol.). 

9.  Mut.  funesta  (=  Mut.  myops,  mas  *Burm., 
Brasil.  Mutill.  p.  6.  No.  5).  A  praecedentibus  differt  se- 
gmenti ventralis  primi  carina  utrinque  leviter  dentatim 
elevata,  secundi  ante  medium  abbreviata  et  in  foveam 
minutam  et  fere  obsoletam  exeunte :  secundi  et  tertii  mar- 
gine  apicali  toto  albo-fimbriato.  Long.  18  — 19  mill.  —  Pa- 
tria: Lagoa  Santa  Brasiliae  (Mus.  Halens.). 

Adnotatio.  Specimen  masculum  a  Burraeistero  cum 
Mut.  myope  $  (p.  6.  No,  5)  coniunctum,  a  femina  differt 
segmento  abdorainali  primo  distincte  constricto:  ideo  se- 
ctioni  Mutillae  Indicae  Lin.  attribuendum. 

10.  Mut.  foveiventris.  Alis  saturate  fuscis,  an- 
ticis  limpide  lituratis,  segmenti  ventralis  primi  carina  ante 
apicem  acute  dentata,  secundi  in  foveam  sat  magnam,  ova- 
tam,  albido-sericeam  exeunte:  atra,  confertim  punctata, 
opaca,  nigro-pilosa,  metanoto,  abdominis  basi  pedumque 
posticorum  femoribus  subtus,    tibiis  intus  albo-pilosis,   se- 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.    317 

gmenti  abdominalis  primi  apice,  secundibasiutrinqueinsuper 
cano-tomentosis,  segmentorum  ventralium  1.  et  2.  margine 
apicali  dense  albo-fimbriato.  Long.  17  mill.  —  Patria: 
Brasilia  (Mus.  Berol.). 

11.  Mut.  er  ist  ata.  Alis  saturate  fuscis,  anticis 
limpide  lituratis^  segmenti  ventralis  primi  carina  ante 
apicem  subdentata,  secundi  in  foveam  elongatam^  subuli- 
formem,  pilis  albis  cristatim  elevatis  rcpletam  exeunte : 
atra,  confertim  punctata,  opaca,  nigro-pilosa,  metanoto, 
abdominis  basi  tibiisque  posticis  intus  albido-hirtis,  se- 
gmenti abdominalis  primi  apice,  secundi  basi  utrinque  in- 
super  cano-tomentosis,  secundi  tcrtiique  margine  apicali 
utrinque  et  infra  albo-fimbriato,  ventralibua  1.  et  2.  ubique 
cano-setosis.  Long.  16  mill.  —  Patria:  Sta.  Cruz  Brasiliae 
(Mus.  Berol.). 

12.  Mut.  mesol  euca.  Alis  saturate  fuscis,  basin 
versus  dilutioribus,  anticis  limpide  lituratis,  segmenti  ven- 
tralis primi  carina  basin  et  apicem  versus  dentatim  ele- 
vata,  secundi  fere  obsoleta,  sed  in  foveam  angustulam, 
ultra  medium  sitam,  albo-tomentosam  exeunte:  atra,  con- 
fertim punctata,  opaca,  nigro-pilosa,  metanoto  areolato, 
supra  fusco-,  utrinque  et  apicem  versus  cano-hirto,  petioli 
nitidi,  foveato-punctati  dimidio  postico  segmentique  abdo- 
minalis secundi  basi  aurichalceo-sericeis  niveoque  pilosis, 
segmentorum  2. — 5.  margine  ventrali  et  laterali  cano-fim- 
briato.  (Coxae  et  femora  cano-pilosa).  Long.  10—15  mill. 
—  Patria:  Brasilia  (Mus.  Berol.). 

13.  Mut.  aethiops  (=  Mut.  affinis,  mas  *Burm., 
Brasil.  Mutill.  p..7.  No.  9).  A  praecedente,  cui  simillima, 
differt  metanoto  parcius,  sed  ubique  cano-hirto,  petioli 
ante  apicem  perspicue  inflati  carina  ventrali  vix  dentatim 
elevata,  segmenti  ventralis  secundi  fovea  maiore,  ovata, 
densius  albo-tomentosa,  secundi  tertiique  margine  apicali 
(sicut  sequentium)  nigro-fimbriato,  setis  vero  nonnullis 
longioribus  canis  obsito.  (Coxae  et  femora  albo-pilosa). 
Long.  15  mill.  —  Patria:  Novo  Friburgo  Brasiliae  (Mus. 
Halens.). 

Adnotatio.     Mutillam  affinem  (</),  quamquam  uni 


318  Oerstaecker: 

eidemque   sectioni    ac  $  pertlnentem,    cum    femina   recte 
conliinctam  esse,  adhuc  luillo  modo  demonstratum  est. 

14.  M u  t.  in f  e r  n a  1  i  s.  Alis  saturatc  fuscis,  anti- 
cis  limpide  litiiratis,  segmcnti  ventralis  primi  carina  basin 
et  apicem  versus  in  dentem  minutum  elevata,  seciindi  ante 
medium  abbreviata  foveaque  nulla  terminata:  atra,  confer- 
tim  punctata,  opaca,  cum  pedibus  nigro-pilosa,  metanoto 
areolato  supra  nigro-,  infra  cano-hirto,  petioli  dimidio  api- 
cali  segmentique  secundi  basi  aurichalceo-tomentosis  albi- 
doque  pilosis.  (8egmenta  ventralia  omnia  nlgro-fimbriata: 
latera  segmentorum  2.  et  3.  interdum  cano-fasciculata). 
Long.  12 — ISmill. —  Patria:  Brasilia  merid.  (Mus.  Berol.). 

15.  Mut.  protuberans.  Alis  nigro- fuscis,  violaceo- 
micantibus,  nnticis  limpide  lituratis,  segmenti  ventralis 
primi  carina  in  dentem  fortissimum,  acutum  elevata,  se- 
cundi sat  alta,  sed  ante  medium  in  foveam  oblongam,  ni~ 
gro-velutinam  exeunte:  atra,  confertim  punctata,  opaca, 
cum  pedibus  nigro-pilosa,  metanoti  areolati  lateribus  albo- 
fuscoque,  segmento  abdominali  primo  toto,  secundo  in 
baseos  lateribus  albo-hirtis,  tibiis  posticis  cum  metatarsi 
basi  intus  dense  viridescenti-pilosis,  segmentorum  abdomi- 
nalium  2.  et  3.  angulls  lateralibus  posticis  albido-setosis. 
Long.  17Y2  niill.  Patria:  Cataraarca  Argentinae  (Mus. 
Ilalens.). 

IG.  Mut.  aterrima.  Alis  saturate  fuscis,  violaceo- 
micantibus,  anticis  limpide  lituratis,  segmenti  ventralis 
primi  carina  basin  et  apicem  versus  subdentato-elevata, 
secundi  abbreviata  et  in  foveam  clongatam,  subuliformem, 
cristatira  nigro-pilosam  exeunte:  atra,  confertim  punctata, 
cum  pedibus  nigro-pilosa,  scutello  et  metanoto  areolato 
ubique  nigro-,  segmenti  abdominalis  primi  lateribus  tan- 
tum  cano-hirtis:  segmentorum  abdominalium  1. — 3.  ventre, 
2.  et  3.  angulis  lateralibus  fasciculatim  albido-setosis. 
Long.  19  mill.    Patria:  Salto  grande  Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

17.  Mut.  rorida.  Alis  fuscis,  basin  versus  dilu- 
tioribus,  segmenti  ventralis  primi  carina  ante  apicem  sub- 
dentato-elevata, secundi  obsoleta  et  in  depressionem  parum 
perspicuam  exeunte :  atra,  confertim  punctata,  opaca,  nigro- 
pilosa,  genis,  pedibus,  "metanoto  abdominisque  basi    albo- 


Mutillarum  Americae  meridioiialis  indigenarum  Synopsis  etc.     319 

hirtis,  metnnotl  aroolntl  fnscia  nioilia  lata,  scj^menti  abdo- 
minalis primi  diiiildio  postico,  secundi  basi  insuper  auri- 
chalceo-sericeis,  ventralimu  2.  et  3.  margine  apicali  parce 
cano-setoso.  Long.  8  mill.  —  Patria:  Salto  grandc  Bra» 
81*1  iae  (^Mus.  BeroL). 

**)  Segmeiita  abdominalia  3.  et  4.  caiio-  vel  albido-tomentosa. 

18.  Mut.  characterca.  Alis  snbhyalinis,  late 
fnsco-lin\batis,  segnienti  ventralis  primi  carina  basi  apice- 
(jue  subdentata,  secnndi  in  i'ovcam  sat  magnam,  elUpticam, 
cano-tomentosam  exeiinte:  nigra,  confertim  punctata,  opaca, 
nigro-pilosa,  vertice,  fronte  media,  antennarum  scapo, 
pronoti  margine  postico,  scutelli  apice,  metanoto,  abdomi- 
nis  basi,  pectore  pedibnsqne  cauo-birtis,  segmcnti  abdomi- 
nalis primi  margino,  secundi  niaculis  duabus  basalibus  sat 
amplis  margineque  apicali,  4. — G.  tascia  communi,  supra 
Interrupta  dense  flavescenti-sericcis  ot  sctosis.  (Segmen- 
tum  ventrale  primum  longe  albo-pilosum,  secundum  sat 
dense  cano-setosum).  Long.  20  mill.  —  Patria:  Porto 
Allegre  Brasiliae  (Mus.  BeroL). 

19.  Mut.  sphegeaFab.  (Syst.  Piezat.  p.  435.  No.  31 
=  Mut.  argyra  Spinola,  Annal.  soc.  ent.  de  France  X. 
p.  85.  No.  51.  =  Mut.  argentea  Lepelctier,  Flist.  d.  Hy- 
ra^nopt.  IIL  p.  636.  No.  62).  Patria:  Surinam,  Cayenna 
(Mus.  Berol.). 

Adnotatio.  Segmenti  ventralis  primi  carina  in  den- 
teni  fortissimum,  acute  triangulärem  producta,  secundi  in 
foveam  ellipticam,  cano-tomentosam  exiens. 

20.  Mut.  selligera.  Alis  saturate  fuscis,  basi 
liyalinis,  anticarum  disco  dilutiore  et  limpide  liturato,  se- 
gmenti ventralis  primi  carina  in  dentem  magnura,  acute  tri- 
quetrum  elevata,  secundi  fortiter  -abbreviata  et  a  Fovea 
minuta,  albo-tomcntosa,  ponc  medium  sita  longe  separata: 
atra,  confertim  punctata,  opaca,  nigro-pilosa,  regione  ocel- 
lari,  postscutello,  metanoto,  pedibus  abdominisque  basi 
albo-hirtis,  metauoti  fascia  anteriore,  petioli  dimidio  po- 
steriore, segmenti  abdominalis  secundi  maculis  duabus  mn- 
gnis  basalibus,  fere  confluentibus  margineque  apicali,  tertii 
quartique  fascia  communi  continua,  ncc  non  pedum  po- 
steriorum  tibiis    tarsisque    dense  albido-tomentosis.     (Se- 


320  Gerstaecker: 

gmentimi  dorsale  qnintum  utrinqne,  ventralla  2. — 4.  fascia- 
tim,  5.  et  6.  interrupte  albo-setosa.)  Long.  18  niill.  Pa- 
tria: Columbia  (Mns.  BeroL). 

21.  Mut.  musculus.  Alis  fuscis,  omnium  basi, 
anticarum  etiam  disco  subhyalino,  segmenti  ventralis  primi 
carina  basin  et  apicem  versus  subdentato-elevata,  secundi 
sat  acuta  et  in  foveam  centralem,  cano-tomentosam  exeunte: 
atra,  confertim  punctata,  opaca,  nigro-pilosa,  antennarum 
scapo,  fronte,  postscutello,  metanoto,  pedibus  abdominis- 
que  basi  cano-hirtis,  metanoti  fascia,  segmenti  abdominalis 
primi  diraidio  apicali,  secundi  basali  (hoc  retrorsum  angu- 
lariter  exciso)  margineque  postico,  quarti  fascia  continua, 
quinti  basi  cinereo-tomcntosis.  (Venter  nitidus,  nigro-se- 
tosus,  segmenta  3. —  5.  albo-fimbriata).  Long.  10  mill.  — 
Patria:  Rio  de  Janeiro  (Mus.  Halens.). 

22.  Mut.  soricina.  Alis  saturate  fuscis,  basin  ver- 
sus dilutioribus,  segmenti  ventralis  primi  carina  ante  apicem 
subdentato-elevata,  secundi  obsoleta  et  a  fovea,  pone  me- 
dium sita,  maiore,  cano-tomentosa  longe  separata:  atra, 
confertim  punctata,  opaca,  nigro-pilosa,  ore,  fronte,  scutelli 
apice,  metanoto,  pedibus  abdominisque  basi  cano  hirtis, 
metanoto  fere  toto,  segmenti  abdominalis  primi  dimidio 
apicali,  secundi  fascia  basali  sinuata  margineque  postico, 
tertii  quartique  fascia  communi  continua  cano-tomentosis. 
(Segmenta  abdominalia  2. — 4.  supra  et  infra  setis  albidis 
fimbriata,  ventrale  s.ecundum  cano-setosum.  Long.  11 V2  mill. 
—  Patria:  Brasilia  (Mus.  Berol.). 

23.  Mut.  pruinosa  Smith  (Catal.  Hymenopt.  Brit. 
Mus.  in.  p.  43.  No.  216).  —Patria:  Parä.  —  Species 
mihi  ignota,  huic  sectioni  adscribenda? 


3.  Gruppe  der  Mut.  erjthraspis  Gcrst.  ($  Gruppe 
der  Mut.  cephalotes  Swed.) 

1.  Mut.    erythraspis    Gerst.    (vide    supra    p.  48. 
No.  8). 

2.  Mut.  mystica  Gerst.  (ibid.  p.  48.  No,  9). 


4.     Gruppe  der  Mut.  dulcis  Gerst.  ($  Gruppe  der 
Mut.  bucephala  Perty). 


Mutillarum  Araericae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.     3Ö1 

1.  Mut.  dulcis  Gerst.  (vide  supra  p.  48.  No.  10). 
Hanc  speciem  marem  esse  Mut.  sumptuosae  Gerst.  (p.  49. 
No.  2),  vix  dubium. 


5.  Gruppe  der  Mut.  tenebrosa.  Oculi  ovales,  pa- 
rum  convexi,  perspicue  areolati.  Caput  angustulum^  sim- 
plex.  Metapleurae  excavatae,  laeves,  nitidae.  Abdomen 
inter  segmenta  1.  et  2.  subconstrictum,  segmeoto  primo 
transverso,  subtus  alte  carinato.  Alae  anticae  perspicue 
pilosae,  cellulis  cubitalibus  completis  duabus.  Tibiaruin 
calcaria  alba.  (Die  muthmassliclien  Männchen  der  $  Gruppe 
der  Mut.  empyrea  Gerst.,  p.  49  f.) 

1.  Mut.  tenebrosa.  Nigra,  confertim  subtiliter- 
que  punctata,  fere  opaca,  nigro-hirta,  tegulis  piceis,  alis 
saturate  fuscis,  anticis  limpide  lituratls:  fronte,  vertice, 
pronoto,  scutello,  metanoto,  abdominis  basi,  antennarum 
scapo  pedibusque  albido-hirtis,  segmento  abdominali  primo 
supra,  2.  et  3.  supra  et  infra,  quarti  lateribus  dense  albo- 
fimbriatis.  Long.  11  mill.  —  Patria;  Col.  del  Sacramento 
ßrasiliae  (Mus.  Berol.). 

2.  Mut.  disjuncta.  A  praecedente  differt  statura 
graciliore,  alis  basin  versus  subhyalinis,  regione  postocel- 
lari  laevi,  nitida,  genis  cum  fronte  cano-sericeis,  mesopleu- 
ris  albido-pilosis,  segmento  abdominali  primo  perspicue 
longiore,  2. — 4.  in  margine  apicali  supra  et  infra  albo- 
fimbriatis,  septimo  supra  flavescenti-setoso.  Long.  10  mill. 
—  Patria:  Parank  (Mus.  Halens.). 


6.  Gruppe  der  Mut.  tenuiventris  8pin.  Oculi 
magni,  rotundati,  convexi,  perspicue  areolati.  Ocelli  pcr- 
magni,  vesiculosi.  Antennae  palpique  graciles.  Corpus 
tenue,  pallidum,  abdominis  petiolus  elongatus,  infra  sub- 
carinatus.  Alae  anticae  hirtae,  cellulis.  cubitalibus  com- 
pletis duabus. 

1.  Mut.  tenuiventris  Spinola  (in  Gay,  Hist.  de 
Chile,  Zoologia  VI.  p.  280.  No.  9,  Hymenopt.  tab.  3. 
Fig.  4).  —  Patria:  Chile.  —  Species  mihi  ignota,  7  lin. 
longa,  tota  ferruginea,  macula  tantum  frontali  fusca  signata. 

2.  Mut.  aegrota.      Alis   vitreis,    testaceo-venosis, 

Archiv  f.  Natiirg.  XXXX.  Jahrg^.  1.3d.  21 


322  Gerstaecker: 

stigmate  rufo-brunneo :  ferruginea,  longe  albido-setosa, 
macula  ocellari,  abdomine  —  petioli  basi  anoque  exceptis 
—  femoribusque  posticis  apicem  versus  nigro-piceis,  anten- 
narum  basi,  palpis,  tibiis  tarsisque  testaceis:  mesonoto 
utrinque  bisulco,  ubique  profunde  punctato,  capite  et  pro- 
thorace  urabilicato-cicatricosis,  metanoto  areolato,  petiolo 
segmentique  abdominalis  scciindi  lateribus  grosse  reticu- 
lato-pnnctatis,  huius  disco  fere  laevi,  nitido.  (Abdominis 
hirsuties  supra  et  infra  sat  longa  et  copiosa).  Long. 
572  mill.  —  Patria:  Mendoza  (Mus.  Halens.). 


7.  Gruppe  der  Mut.  mediata  Fab.  (=  rufiventris 
Klug).  Oculi  emarginati,  parum  convexi,  perspicue  areo- 
lati.  Abdomen  inter  segmenta  1.  et  2.  haud  vel  vix  con- 
strictum,  segmento  septimo  callo  longitudinali,  subapicali 
laevi  instrueto.  Tegulae  breviter  ovatae,  apice  subtrun- 
catae.     Metanoti  basis  bicarinata.     (Tibiarum  calcaria  alba). 

(Sie  gehören  als  Männchen  zu  der  $  Gruppe  der 
Mut.  lineola  Fab.). 

1.  Mut.  scoparia.  Alis  leviter  infuscatis,  late 
fusco-limbatis,  scutello  callo  subbasali  laevi  instrueto: 
nigra,  confertim  punctata,  cano-pilosa,  tegulis  piceis,  ab- 
dominis segmentis  2.  et  3.  rufis,  nitidulis,  2. — 6.  flavo-fim- 
briatis,  ore,  fronte,  pronoto  densius  fulvo-pilosis,  pronoti 
margine  postico  insuper  aurichalceo-sericeo.  Long.  11  mill. 
—  Patria:  Salto  grande  Brasiliae  (Mus.  Berol.). 

2.  Mut.  gas  tri  ca.  A  praecedente,  sui  simillima, 
differt  statura  paullo  maiore,  alis  saturatius  fuscis,  meta- 
noti lateribus  distinctius  carinatis  et  dense  fulvescenti-pi- 
losis,  abdominis  segmento  secundo  subtilius  et  fere  aequa- 
liter  punctato,  tertio  fusco  marginato,  omnibus  apicc  nigro- 
fimbriatis.  Long.  12 V2  mill.  —  Patria:  Salto  grande  Bra- 
silei3i  (Mus.  Berol.). 

8.  Mut.  lucidiventris.  Alis  saturate  fuscis,  basin 
versus  dilutioribus,  scutello  basin  versus  calloso-elevato: 
nigra,  confertim  punctata,  cano-pilosa,  abdominis  segmento 
secundo  cum  primi  apice  tertiique  dimidio  basali  rubicundo, 
nitidissimo,    disperse   punctato,   tegulis  nigro-piceis:    ore. 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.     323 

fronte,  occipite,  pronoto  nee  non  scutelli  apice  densius 
fulvo-,  vertice,  mesonoto  margineque  segmentorum  abdo- 
minalium  2.~7.  nigro-pilosis.  Long.  12  mili.  —  Patria: 
Salto   grande  Brasiliae  (Mus.  BeroL). 

4.  Mut.  terminalis.  Alis  subhyalinis,  late  fusco- 
limbatis,  scutello  callo  subbasali  laevi  instructo :  atra,  con- 
fertim  punctata,  cano-pilosa,  tegulis  concoloribus,  abdomi- 
nis  segmentis  2. — 6.  cum  primi  marglne  apicali  laete  rufis, 
disperse  punctatis,  nitidis,  pilis  aureo-rufis  fimbriatis;  me- 
sonoto atro-,  capite,  pronoto,  pleuris,  scutello  et  metanoto 
longius  fulvo-pilosis.  Long.  8V2  miH.  —  Patria:  Santos 
et  Rio  de  Janeiro  (Mus.  Berol.  et  Halens.). 

5.  Mut.  mediata  Fab.  (=  Dorylus  mediatus  Fab., 
Syst.  Piezat.  p.  428,  No.  3).  Var.  Abdomine  toto  rufo  (Mut. 
rufiventris  *  Klug,  Entom.  Brasil,  spec.  p.  30,  No.  3.  tab.  21, 
fig.  12.  =  Mut.  lineola,  mas  *Burm.,  Brasil.  Mutill.  p.  11, 
No.  39).  —  Patria:  Cayenna,  Demerary,  Columbia,  Bahia, 
Novo  Friburgo  (Mus.  Berol.). 

6.  Mut.  ardens.  Alis  fuscis,  basin  versus  vix  di- 
lutioribus,  anticis  limpide  lituratis,  scutello  haud  calloso, 
cum  thorace  confertim  et  subaequaliter  punctato:  nigra, 
capite,  pronoto,  scutello,  pleuris  pedibusque  densius  flave- 
scenti-pilosis,  abdominis  segmentis  2. — 7.  laete  rufis,  sub- 
nitidis,  pilis  fulvo-aureis  hirtis.  Long.  U  mill.  —  Patria: 
Mexico  (Mus.  Berol.). 

7.  Mut.  fulvi ventris.  Alis  saturate  fuscis,  vio- 
laceo-micantibus,  anticis  limpide  lituratis,  scutello  convexo, 
vix  calloso:  atra,  confertim  punctata,  opaca,  nigro-pilosa, 
genis  mandibulisque  albido-sericeis,  antennarum  scapo 
apicem  versus  subdilatato  et  cano-fimbriato,  femorum  po- 
sticorum  apice  albido-hirto,  tibiis  posticis  totis  fulvo-cano- 
que  setosis,  tarsorum  posticorum  articulis  1. — 3.  intus 
dense  flavescenti-tomentosis,  abdominis  segmentis  2.-7. 
laete  rufis,  subnitidis,  dense  aureo-sericeis  et  fimbriatis. 
Long.  13  mill.  —  Patria:  Mexico  (Mus.  BeroL). 


8.     Gruppe     der    Mut.    argentata   Klug.        Oculi 
cmarginati,  parum  convexi,  perspicue  areolati.     Abdomen 


824  Gerstaecker: 

inter  segmenta  1.  et  2,  constrictum,  segmentis  4. — 7.  supra 
carina  longitudinali  media  instructis.  Tegulae  produetae, 
apice  rotiiudatae  vel  subacuminatae.  (Tibiarum  calcaria 
alba.) 

(Sie  gehören  als  Männchen  zu  der  $  Gruppe  der 
Mut.  chrysodora  Perty,  p.  50  ff.) 

Sect.  I.  Tegulae  longitudinaliter  carinatae. 

1.  Mut.  bembicina.  Alis  dilute  fuscis,  basin  ver- 
sus subhyalinis,  apice  obscurius  limbatis,  anticis  ümpide 
lituratis,  antennis  breviusculis,  validis,  capite  transverse 
quadrato,  clypeo  basin  versus  acute  bicarinato,  prothorace 
exciso-trapezoideO;  ante  tegulas  acuminato-producto,  meta- 
noti  Jateribus  subspinosis,  segmenti  ventralis  primi  carina 
acuta  et  basin  versus  dentatim  producta:  nigra,  profunde 
et  subrugose  punctata,  parum  nitida,  mesonoto  utrinque 
profunde  bisulco  carinaque  media,  in  scutellum  continuata, 
instructo,  fronte,  ore,  genis,  pronoto,  pleuris  et  metanoto 
dense  aurichalceo-sericeis,  occipitis  lateribus,  scutello,  pe- 
ctore  pedibusque  sat  longe  cano-pilosis,  abdominis  segmen- 
tis 2.  et  3.  rufis,  illo  confertim  punctato  et  rufescenti-se- 
tuloso,  2. — 6.  apice  flavescenti-,  utrinque  et  infra  albido- 
fimbriatis.     Long.  10 V2 — 16  niill.  —  Patria:  Brasilia  (Mus. 

BeroL). 

Sect.  II.  Tegulae  ecarinatae. 

2.  Mut.  cribrosa.  Antennis  validiusculis,  meso- 
noto obsolete  sulcato,  scutello  ecarinato,  metanoti  lateribus 
muticis,  alis  dilute  fuscis,  basi  hyalinis:  nigra,  profunde 
et  confertim  punctata,  antennarum  basi,  capite,  pro-  et 
metanoto,  pleuris  tibiisque  dense  argenteo-sericeis,  tegu- 
lis  scutellique  apice  cano-pilosis,  abdominis  segniento  se- 
cundo  rufe,  cribrato-punctato,  basi  et  utrinque  albo-hirto, 
huius  limbo  apicali  sat  lato  laevi,  testaceo,  aureo-sericeo: 
segmento  tertio  ferrugineo,  rufo-setoso,  reliquis  parce 
cano-fimbriatis,  ventre  ubique  albo-setuloso.  Long.  6  raill. 
—  Patria:  Sta.  Cruz  Brasiliae  (Mus.  BeroL). 

3.  Mut.  pygmaea.  A  praecedente  differt  statu ra 
minore,  capite  thoraceque  parcius  serieeis,  segmenti  abdo- 
minalis secundi  (rufi)  margine  apicali  sicut  segmentorum 
3.    et    4.    nigro-piceo,    dense   flavescenti-fimbriato,   carina 


Mutillarum  Americae  meridionalis  indigenarum  Synopsis  etc.     325 

abdominis  dorsali  in  segmeiitnra  tertium  continiiata. 
Long.  5  mill.  —  Patiia:  San  Joao  del  Rey  Brasiliae  (Mus. 
BeroL). 

4.  M u  t.  s  i  m  p  1  e  X  Smith  (Catal.  Hymenopt.  Brit.  Mus. 
II L  p.  47,  No.  228).  —  Patria:  Santarem  Brasiliae.  - 
Species  mihi  ignota,  praecedentibus  duabus  affinis  apparet. 

5.  Mut.  polydora.  Antennis  validiusculis,  meso- 
noto  profunde  sulcato  et  basin  versus  subcarinato,  meta- 
noti  lateribus  rotundätis,  inermibus,  alis  subhyalinis^  lato 
fusco-limbatis:  nigra,  confertim  cribroso-punctata,  infra 
cum  pcdibus  cano-pilosa,  fronte,  ore,  metanoto  segmentique 
abdominalis  primi  fascia  apicali  deuse  aurichalceo-,  pronoto, 
segmenti  abdominalis  secundi  limbo  apicali  lato,  sequentium 
dorso  toto  splendide  aureo-sericeis  et  setosis.  (Segmenta 
ventralia  2. — 4.  albo-fimbriata).  —  Variat  abdominis  colore: 
a)  nigro,  segmenti  secundi  tantum  dimidio  anteriore  et 
lateribus  cerasinis.  b)  rufo,  petiolo  tantum  nigro.  Long. 
10 — 14  mill.  —  Patria:  Buenos  Aires  (Mus.  BeroL),  Rio 
de  Janeiro  (Mus.  Halens.). 

6.  Mut.  fastuosa.  Antennis  validiusculis,  clypei 
basi  alte  bicarinata,  mesonoto  rüde  punctato  et  obsolete 
sulcato,  scutello  tumido,  metanoto  utrinque  dentato-angu- 
lato,  supra  pone  medium  tuberculo  laevi  instructo,  alis  in- 
fuscatis,  basin  versus  dilutioribus:  nigra,  subnitida,  ore, 
fronte,  metanoto,  pleuris  abdominisque  petiolo  argenteo-, 
segmenti  abdominalis  secundi  macula  magna,  gemina  ba- 
sal! fasciaque  lata  marginali,  tertii  dorso  toto,  quarti  fa- 
scia utrinque  abbreviata  aureo-sericeis,  segmenti  secundi 
disco  pilis  incumbentibus  rufis  vestito,  ultimis  tribus  atro- 
setulosis,  ventralibus  2.  et  3.  cano-limbriatis.  Long. 
13  mill.  —  Patria:    Salto  grande  Brasiliae    (Mus.  BeroL). 

7.  Mut.  fulvipennis  (=  Mut.  furonina,  mas 
*Burm.,  Brasil.  Mutill.  p.  10,  No.  36).  Antennis  breviu- 
sculis,  clypei  basi  alte  bicarinata,  mesonoto  rüde  punctato, 
longitudinaliter  septemcarinato,  scutello  tumido,  metanoto 
dcplanato,  supra  areolato  et  distincte  tricarinato,  utrinque 
acutangulo,  alis  dilute  fuscis  et  laete  fulvo-venosis :  nigra, 
opaca,  ore,  metanoto,  pleuris  abdominisque  petiolo  dense 
aurichalceo-sericeis,    segmenti    abdominalis    secundi    basi 


326  Gorstaecker: 

angulisqup  laioralibiis  posticis,  vontraliiini  '2. — 1.  laterlbiie 
auroo-tomeutosis,  scgnioiiti  scciindi  margiue  postico  siipra 
rufe-,  seqiiontium  nigro-sotoso,  ventraliiini  2. — 1>.  tiilvo- 
timbriato.  Long'.  10  niill.  —  Patria:  Novo  Fribingo  (Mus. 
Haie  118.). 

Adnotatio.  Forsan,  iit  Biirmeister  opinatur, 
iiias  Mutillae  chrysodorae  Porty  (fiironinac  Biirm.),  quam- 
quam  huic  spocici  marem  Äliit.  fastuosam  (No.  6)  attribucii- 
dam  esse  verosirailiiis  mihi  videtur. 

8.  Mut.  inauratti  Smith  (Catal.  Ilymenopt.  Brit. 
Mus.  111.  p.  54,  No.  268.  =  Mut.  feliiia,  mas  *Burm., 
Brasil.  Mutill.  p.  0,  No.  27).  —  Patria:  Rio  de  Janeiro  (Mus. 
Berol.),  Novo  Friburgo  (Mus.  Halens.). 

A  dnotatio.  Mut.  felina  Burm.  fem.,  oculis  scmiglobo- 
sis  segmentoque  abdominali  primo  haud  coustricto  prae- 
dita,  a  iuare,  quocum  coniuncta  est,  valde  diversa,  Mutil- 
lae spinosae  Svved.  magis  aflinls  et  sectioni  eins  attri- 
ll^ucnda. 

9.  Mut.  holoehrysa.  A  praccedente,  cui  simil- 
lima,  dittert  statura  graeiliore,  alls  obsouriorlbus,  fronte 
supra  antennas  cum  orc  aureo-sericea,  metanoto  utrinque 
obtusius  augulato,  supra  vix  tuberculato,  cum  abdominis 
potiolo  ubique  aurichaloeo-sericeo,  segmentorum  abdomi- 
naliuni  2. — 7.  dorso  toto  aureo-tomentoso,  secundi  basi 
liaud  denudata  et  latera  versus  coufertim  punctata,  ven- 
tralis  primi  carina  humiliore  et  apiconi  versus  vix  elevata, 
2. — ii.  margine  apicali  aureo-timbriato.  Long.  11  mill. 
Patria:  Lagoa  santa  Brasiliae  (Burm.). 

10.  Mut.  deaurata.  Alis  dilute  fuscis,  anticis 
limpido  lituratis,  mesonoti  disco  distincte  sulcato,  meta- 
noti  latoribus  subtuberculatis,  antennarum  nrticulis  quatuoi' 
basalibus,  mandibulis,  palpis  pedibusque  laeto  rutis:  nigra, 
rüde  punctata,  opaca,  capitc  toto,  pro-  et  metanoto,  pleuris, 
abdominis  petiolo,  segmonti  secundi  limbo  lato,  sequeutium 
dorso  toto  aureo-tomentosis,  ventralis  primi  carina  basin 
versus  dentatim  elevata,  secundi  et  sequentium  margine 
apicali  rufo-timbriato,  utrinque  insuper  aureo-sericeo. 
Long.  8  mill.  —  Patria :  Lagoa  santa  Brasiliae  (Burm.). 

11.  Mut.    dichrocera     (=    Mut.    concinna,     mas 


Mutillarura  Americac  mcridionaÜH  indigenanim  «ynopüiB  etc.     327 

*Burm.,  Brasil.  Mutill.  p.  10,  No.  34).  A  pracccdentc 
ditJ'crt  statura  paullo  minore,  antcnnarum  articulis  tribus 
tantum  primis  rufis,  mesonoto  obsoletius,  abdominis  seg- 
mciito  sccundo  parcius  et  subtilius  puiictato,  nitidulo,  pro- 
noto  plcurisque  tenuiter  aureo -scriceis,  scgmcntorum 
abdominalium  2. — 6.  margine  tantum  apicali  pilis  aurco- 
rufis  fimbriato.  Long.  GV2  mill.  —  Patria:  Novo  Friburgo 
(Mus.  Halens.j. 

Adnotatio.  Mut.  concinna  Burni.  fem.  et  ipaa 
(sicut  Mut.  felina)  oculorum  et  abdominis  conformationc 
nonnisi  sectioni  Mut.  spinosac  Swod.  attribui  potest  et  a 
maro,  quocum  coniuncta  est,  omnino  divcrsa. 

12.  Mut.  argen  tata  *Klug  (Entom.  Brasil,  spec. 
p.  29,  No.  2,  tab.  21,  Fig.  11).  —  Patria:  Bahia,  Rio  de 
Janeiro  (Mus.  BeroL). 

13.  Mut.  trifida.  Mesonoto  rüde  punetato,  longi- 
tudinalitcr  sexsulcato,  scutcllo  tumido,  metanoto  excavato, 
acute  trispinoso,  femoribus  posterioribus  apice  spinoso-di- 
latatis,  tibiarum  calcaribus  elongatis,  gracillimis,  alis  infu- 
scatis,  basin  versus  subhyalinis,  anticis  obscurius  limbatis 
et  limpide  lituratis:  nigra,  subnitida,  antennarum  basi, 
fronte,  occipite,  pronoto,  pleuris,  metanoto,  abdominis  pe- 
tiolo  secundique  segmenti  (confertim  punctati)  margine 
apicali  —  hoc  fasciatim  —  cinereo-tomentosis  et  pilosis, 
abdomiae  supra  parcius,  infra  densius  pcdibusque  albido- 
setosis.  Long.  9  mill.  —  Patria;  Surinam  (Mus.  Berol.), 
Venezuela  (Mus.  Halens.). 

14.  Mut.  singularis  Spinola  CAnnal.  soc.  entom. 
de  France  X.  p.  95,  No.  57.  pl,  3,  Fig.  1.  —  Lepeletier, 
Hist.  nat.  d.  Hym6nopt.  II L  p.  685,  No.  79).  —  Patria: 
Cayenna.  —  Species  mihi  ignota,  praecedentibus  duabus 
perspicue  aflinis. 

15.  Mut.  psilogastra.  Mesonoto  utrinque  bisulco 
carinaque  media  instructo,  scutello  convexo,  metanoti  ex- 
cavati  lateribus  fortiter  tuberculato-angulatis,  linca  media 
laevi  pone  medium  subtuberculata,  abdominis  petiolo  lati- 
tudine  duplo  longiore,  alis  saturate  fuscis,  violaceo-mican- 
tibus,  basin  versus  hyalinis :  nigra,  subnitida,  confertim 
et    subrugose    punctata,    albido-setosa,    antennarum    basi, 


328   Gerstaecker:  Mutillarum  Americae  meridionalis  indigen.  etc. 

fronte,  orc,  pro-  et  metanoto,  pleuris,  abdominis  petiolo 
scgmentique  sccundi  margine  apicali  latius  argenteo-to- 
mentosis;  segmentis  ventralibus  albido-fimbriatis.  Long. 
6V2— 10  mill.  —  Patria:  Bogota  (Mus.  BeroL). 

16.  Mut.  CO  ei  es  tis.  Mesonoto  utrinque  vix  sul- 
cato,  carina  antica  media  obsoleta  instructo,  scutello  con- 
vexo,  metanoto  deplanato  utrinque  vix  angulato,  area 
media  antica  laevi  excepta  aequalitcr  areolato,  abdominis 
petiolo  latitudine  apicali  plus  duplo  longiore,  apicem  ver- 
sus tumidulo :  alis  fusco-hyalinis,  anticarum  cellula  radiali 
margineque  apicali  late  infuscatis  cyaneoque  micantibus: 
gracillima/  laete  coerulea,  albo-pilosa,  tegulis  violaceis, 
segmento  ventrali  septimo  stramineo,  antennarum  funiculo 
tarsisque  nigris:  capite,  thorace  scutelloque  confertim  et 
granoso-,  segmento  abdominal!  secundo  supra  disperse 
punctato,  nitido,  huius  et  petiolo  margine  apicali  lateri- 
busque  densius  albo-sericeis.  Long.  9V2 — IIV2  niül.  — 
Patria:  Bogota  (Mus.  Berol.). 

17.  Mut.  signati ventris.  Mesonoto  utrinque 
profunde  bisulco,  scutello  convexo,  metanoto  brevi,  lateri- 
bus  obtuse  angulatis,  dorso  fere  piano  foveolisque  multi- 
fariam  impresso,  abdominis  petiolo  latitudine  parum  lon- 
giore,  subcubico,  ante  apicem  distincte  constricto :  alis  di- 
lute  infuscatis,  nigra,  confertim  punctata,  albo-griseoque 
pilosa,  segmento  ventrali  septimo  testaceo,  apice  piceo, 
antennarum  basi  mandibulisque  rufo-piceis,  ore,  fronte, 
pleuris,  metanoto,  petiolo  segmentique  abdominalis  securidi 
fortius  punctati  margine  apicali  densc  albo-sericeis.  Long. 
6V2  mill.  —  Patria:  Venezuela  (Mus.  Halens.). 

Juni   1874. 


Zoologisek-eiiibrjologische  lliitersiicliiiugeii. 

Von 
ffl,  Ussow. 

»■Die  Entwickehingsgesehichte  ist  der  wahre 
Lichtträger  für  Untersuchungen  iiber  or- 
ganische   Körper. -< 

C.  V.  Baer    (Üb.    d.  Entwickeliingsgesch. 
d.  Thiere.  1828.    Bd.  1.  pag.  231.) 


Während  meines  Aufenthalts  in  Neapel  und  Mes- 
sina (1871 — 73)  habe  ich  mein  Augenmerk  vorzüglich 
auf  die  genauere  Erforschung  der  Anatomie  und  der 
Entwickehingsgesehichte  zweier  höchst  interessanter  Klas- 
sen der  wirbellosen  Thiere,  nämlich  der  Kopffüssler 
(Cephalopoda y  Cuv.)  und  der  Mantelthiere  {Tunicata^ 
Lamk.)  gerichtet.  Bei  verschiedenen  Arten  der  Cephalo- 
poden  habe  ich  den  Bau  der  weiblichen  Geschlechtsor- 
gane und  die  Bildung  der  Eier  studirt  -^  und  dann  bei 
vier  Arten  derselben  die  Embryoualentwickelung,  von 
der  Befruchtung  des  Eies  an,  bis  zur  vollständigen  Aus- 
bildung des  Jungen  verfolgt. 

Bei  den  verschiedenen  Arten  der  Tunicaten  aber 
habe  ich  zu  erforschen  mich  bestrebt:  1)  die  Anatomie, 
den  feinen  Bau  uud  den  postembryonalen  ümbildungs- 
process  des  centralen  und  des  peripherischen  Nervensy- 
stems, 2)  den  Bau  und  zum  Theil  auch  die  Bildungsweise 
der  Sinnesorgane,  3)  die  Körperwand  (den  äusseren  und 
den  inneren  Mantel,  4)  das  Circulationssystem  und  end- 
lich 5)  den  Verdauungsapparat  mit  allen  seinen  drüsenar- 
tigen Anhängen. 


330  Ussow: 

Gegenwärtig  mit  der  ausführlichen  Beschreibung 
der  von  mir  beobachteten,  nicht  uninteressanten  That- 
sachen  beschäftigt,  glaube  ich,  dass  eine  kurze  Zusammen- 
stellung der  erhaltenen  Resultate,  wie  ich  sie  hier  zu 
geben  beabsichtige,  nicht  nutzlos  sein  wird. 

Die  Kopffüssler. 

Keine  Gruppe  der  wirbellosen  Thiere  bietet  uns  in 
Rücksicht  auf  den  complicirten  Körperbau  der  ihr  zuge- 
hörigen Formen  ein  so  hohes  Interesse  wie  die  der  Kopf- 
füssler. Und  in  der  That  werden  sie  seit  Cuvier^),  der 
die  genauen  Daten  der  vergleichenden  Anatomie  in  Be- 
tracht ziehend,  sie  zuerst  von  den  übrigen  Klassen  der 
Mollusken  getrennt  und  scharf  begränzt  hat,  von  den 
meisten  Zoologen  ^)  an  die  Spitze  aller  Invertebraten 
gestellt.  Einige  Forscher  ^),  die  die  zoologische  Klassi- 
fication  auf  embryologischen  (zu  jener  Zeit  noch  wenig 
bekannten,  und  oft  missverstandenen)  Thatsachen  be- 
gründet wissen  wollten,  glaubten,  dass  es  möglich  wäre 
die  Kopffüssler  aus  dem  Molluskentypus  ganz  auszuschei- 
den, und  aus  ihnen  einen  besonderen  Typus  zu  bilden. 
Noch  vor  dieser  eigenthüra liehen  Meinung  wurde,  wie 
bekannt,  für  die  Cephalopoden  und  einige  andere  Mol- 
lusken eine  besondere  Art  (Evolutio  radiata)  *)  der  s.  g. 
einseitigen  Entwickelung  aufgestellt.  Ohne  die  Verdienste 
dieser,  zu  ihrer  Zeit  sehr  schätzbaren  Anschauungen  über 
die  systematische  Stellung  der  KopiFüssler  im  Thierreiche 


1)  Mem.  p.  serv.  ä  l'hist.  de  l'Anat.  d.  Mollusques.  1817 
Mem.  I. 

2)  Lamarck,  Hist.  nat.  d.  anim.  sans  vert.  2de  edit.  V.  XI. 
p.  165.  —  R.  Leuckart,  Ueb.  d.  Morphol.  u.  d.  Verwandtschafts-, 
verhältn.  d,  wirbellosen  Thiere  1848.  Huxley,  Lect.  on  the  elem. 
of  comp.  Anat.  1864  p.  85.  —  Gegenbau r,  Vergl.  Anal  2.  Aufl. 
1870  p.  78,  —  Haeckel,  Gener.  Morphol.  Bd.  II.  p.  CXV,  408  u.  f. 
—  Claus,  Grundz.  d.  Zool.  2.  Aufl.  1873  p.  43,  44,  766  u.  f. 

3)  Vogt,  C.  Zool.  Briefe  1851  Bd.  I,  p.  298. 

4)  Baer,  Beitr.  z.  Kenntn.  d.  niederen  Thiere,  Nov.  Act.  Acad. 
nat.  cur.  V.  XIII.  p.  II.  1827.  Kölliker  Entwickelungsgesch.  d.  Ce- 
phalopodeii  1844  p.  175. 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  331 

zu  verneinen,  Ist  es  eulaubt  die  Frage  zu  stellen,  ob  wir 
die  wichtigsten  Entwickelungsweisen  des  Organismus  der 
Kopffüssler  genügend  kennen,  und  ob  wir  im  Stande  sind, 
uns  auf  embryologische  Thatsachen  stützend,  genau  die 
am  schärfsten  ausgeprägten  Züge  ihres  phylogenetischen 
Zusammenhanges,  nicht  schon  mit  allen  anderen  Typen 
des  Thierreichs,  sondern  nur  allein  mit  den  übrigen 
Klassen  der  Mollusken,  z.  B.  mit  den  ßauchfüsslern  und 
besonders  mit  den  Pteropoden  ^)  anzugeben?  Bei  ge- 
nauerem Einblick  in  diese  letztere  hochwichtige  wissen- 
schaftliche Frage  erweist  es  sich  aber,  dass  die  bis  jetzt 
uns  bekannten,  auf  die  Entwickelungsgeschichte  der  Kopf- 
füssler sich  beziehenden,  positiven  Thatsachen  lange  nicht 
genügen,  um  selbst  nur  annähernd  ihren  genealogischen 
Zusammenhang  aufzuklären.  Unerachtet  der  interessanten 
Aufschlüsse,  welche  von  der  Erforschung  der  Entwick- 
lungsgeschichte möglichst  vieler  Cephalopodenarten  zu 
erwarten  standen,  besitzen  wir  bis  jetzt  nur  drei,  mehr 
oder  weniger  ausführliche  und  genaue  Arbeiten,  welche 
hauptsächlich  der  Embryologie  der  Zehnfüssler  gewidmet 
sind. 

Noch  im  Jahre  1841  veröffentlichte  Van -Ben  e- 
den  ^)  seine  Untersuchungen  über  die  Sepiola  Ronde- 
letn.  Im  Jahre  1844  bereicherte  A.  Kölliker^)  die 
Wissenschaft  mit  seiner  bekannten  Arbeit  über  die  Ent- 
wickelung  verchiedener  Zehn-  und  Achtfüsslerarten.  Fast 
ein  Vierteljahrhundert  später  (1867)  machte  El.  Metsch- 
nikoff  *)    seine   Forschungen  über    die    Sepiola  bekannt 


1)  cf.  Leuckart,  loc.  cit.  p.  154.  —  Gegenbaur^  loc.  cit. 
p.  473,  —  Haeckel,  loc.  cit.  p.  CIV,  CXV.  Keferstein,  Klassen  und 
Ordn.  d.  Weichth.  p.  1472. 

2)  Rech.  s.  TErabryog.  d.  SepioL,  Mem.  d.  TAcad.  d.  Brux.  V. 
XIV.  1841. 

3)  Loc.  cit.  1844. 

4)  Gesch.  d.  embr.  Entw.  v.  Sepiola  (in  d.  russ.  Spr.),  1867 
—  Arch.  f.  Nat.-Gesch.  Bd.  2.  1868.  p.  130.  —  Arch.  d.  sc.  phys. 
et  nat.  V.  XXX.  p.  186.  1867.  In  den  folgenden  Citaten  halte  ich 
mich  an  die  ausführliche  russische  Arbeit. 


332  tJßsow: 

und  im  vorigen  Jahre  veröffentlichte  Ray  Lancester^) 
eine  kurze  Mittheiiung  über  dieEntvrickelung  von  Loligo 
Ich  finde  es  kaum  nöthig,  die  älteren  kuf  diesen  Gegen- 
stand sich  beziehenden  Beobachtungen  Cuvier's^)^  Du- 
ge's,  ^)  und  Delle  Chiaj  e's  *)  aufzuzählen,  da  dieselben 
in  den  meisten  Fällen  sehr  ungenügende  und  fehler- 
hafte ^)  Angaben  über  den  Embryonalprocess  enthalten. 
Da  es  mir  unmöglich  ist  in  dieser  kurzen  Uebersicht 
die  von  Van-Bene  den  und  von  A.  KöUiker  erlangten 
Resultate  einer  Kritik  zu  unterwerfen,  und  da  ich  über- 
dies in  dem  unten  folgenden  Berichte  über  meine  Unter- 
suchungen auf  die  wichtigsten  Irrthümer  dieser  Gelehrten 
hinweise,  werde  ich  nur  einen  Augenblick  bei  der  ge- 
nauesten aller  Arbeiten,  der  von  El.  Metschnikof f, 
verweilen. 

Als  eins  der  grössten  Verdienste  der  genannten 
wichtigen,  aber  einige  Lücken  enthaltenden  Arbeit,  die 
nur  eine  Art  der  Kopffüssler  berücksichtigt,  kann  die 
von  El.  Metschnikoff  zum  ersten  Mal  gemachte  Be- 
schreibung zweier  Keimblätter,  und  die  mehr  oder  weniger 
genaue  Hinweisung  auf  ihren  Antheil  an  der  darauffol- 
genden Bildung  der  verschiedenen  Organe,  angesehen 
werden.  Die  Entwickelung  der  Sepiola  und  die  Bil- 
dungsweise des  Centralnervensystems,  des  Darmkanales 
und  der  centralen  Kreislaufsorgane,  ausschliesslich  an 
lebenden  ^)  Embryonen,  ohne  Hilfe  von  Schnittpräparaten 
studirend,  musste  Met schniko  ff  noth wendiger  Weise, 
selbst  in  Bezug  auf  die  von  ihm  erforschte  Art  der  Deca- 
poden,    viele    w^ichtige  Thatsachen    sich  entgehen  lassen. 


1)  Ann.  and  Magaz.  of  nat.  bist.  1873.  No.  62  p.  81.  . 

2)  Ann.  d.  mus.  1832  V.  I.  p.  153. 

3)  Ann.  d.  sc.  nat.  V.  VIII  p.  107,  1837. 

4)  Memorie  2.  Aufl.  p.  39,  1829.  —  Notom.  degli  anim.  in- 
vertebr.  1841  V.  I.  p.  83  Tb.  XXIX  f.  4,  5. 

5)  Kölliker  loc.  cit.  p.  110,  111. 

6)  Wenigstens  erwähnt  Metschnikoff  in  seiner  Arbeit  nir- 
gends, dass  er  Schnitte,  ohne  welche  es  unmöglich  ist  die  Bildung 
der  Darmfaser  schiebt  zu  verfolgen  und  ein  klares  Bild  von  der  Ent- 
wickelung einiger  Organe  sich  vorzuführen,  studirt  habe. 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  333 

Da  es  ihm  weiter  wegen  Mangels  an  Material  unmöglich 
war,  die  Entwickelung  der  Eier  und  besonders  ihren 
Furchungsprocess  zu  verfolgen,  konnte  leider  dieser  aus- 
gezeichnete Forscher  weder  die  von  Kolli k er  erlangten 
Resultate  einer  eingehenden  Prüfung  unterwerfen,  noch 
die  Entstehung  des  zweiten  Keimblattes  (^parenchyma- 
töses Blatt'^)  ^)  etwas  genauer  beschreiben,  noch  endlich 
die  ßildungsweise  des  Darmdrüsenblattes  ergründen. 
Sehr  werthvoU  sind  unstreitig  Metschnik  off's  Beo- 
bachtungen über  die,  von  seinen  Vorgängern  so  ober- 
flächlich und  ungenau  beschriebene,  Bildungsweise  der 
Seh-  und  Gehörorgane. 

Bei  meinem  längeren  Aufenthalte  in  Neapel  und 
Messina,  hatte  ich  mir  als  eine  Hauptaufgabe  gestellt, 
möglichst  vollständig  die  Entwickelung  mehrerer  Kopf- 
füsslerarten  zu  erforschen,  oder  mit  andern  Worten  alle 
früheren,  auf  diesen  Gegenstand  sich  beziehenden  Beo- 
bachtungen einer  genauen  Prüfung  zu  unterwerfen,  um 
womöglich  unsere  höchst  mangelhaften  Kenntnisse  der 
Embryologie  dieser  interessanten  Thiere  zu  erweitern. 
Durch  unmittelbare  Beobachtung  verschiedener  Stadien 
lebender  Embryonen,  —  durch  Anwendung  der  verdienst- 
vollen Methode  der  vergleichenden  Untersuchung  ver- 
schiedener Schnitte,  —  und  endlich  durch  Erforschung 
eines,  auf  besondere  Weise  vom  Nahrungsdotter  herunter- 
genommenen -),    in    seinen    Theilen     fester    verbundenen 


1)  loc.  cit.  p.  67. 

2)  Im  Allgemeinen  besteht  diese  Methode  in  Folgendem:  zu- 
förderst wird  das  befruchtete  Ei  sammt  seiner  Kapsel  auf  5 — 10 
Minuten  in  eine  schwachprocentige  Chromsäurelösung  gelegt,  wo- 
selbst die  Kapsel  abgelöst  wird.  Sodann  wird  das  Ei  für  2 — 3  Mi- 
nuten in  süsses,  mit  2—3  Tropfen  Essigsäure  vermengtes  Wasser 
übertragen.  In  einer  neuen  Portion  süssen  Wassers  wird  das  Cho- 
rion abgelöst.  Der  zähe,  halbflüssige  Nahrungsdotter  fliesst  sofort 
aus,  und  steigt  zur  Oberfläche  hinauf,  während  der  bereits  etwas 
erhärtete  Keim  auf  den  Boden  des  ührgläschens  niederfällt.  Nach 
der  Entfernung  des  Wassers  wird  der  letztere  vorsichtig  auf  einem 
Objectträger  ausgebreitet  und  nach  seiner  Färbung  mit  Carmin  in 
Glycerin  eingefasst.     Diese  ganze  Bearbeitung  hat  zum  Zwecke,  dass 


334  Ussow: 

Bildungsdotters,  der  sich  später  in  die  s.  g.  Keimstelle 
(Fruchthof),  und  dann  in  den  Embryo  verwandelt,  habe 
ich  fast  Schritt  für  Schritt  den  vollen  Entwickelungscy- 
clus  einiger  KopfFüsslerformen  verfolgen  können.  Einige 
Schwierigkeiten,  welche  sich  mir  auf  diesem,  noch  wenig 
betretenen  Wege  der  Untersuchung  entgegengestellt 
haben,  werden  völlig  cOmpensirt  durch  eine  Reihe  neuer, 
interessanter,  vielfach  von  mir  bestätigter  Thatsachen,  die 
aufzudecken  und  zu  erklären  mir  gelungen  ist. 

Es  ist  mir  bereits  gelungen,  die  Entwickelung  des 
Embryos  bei  vier  Arten  der  Kopffüssler  ziemlich  genau 
zu  erforschen,  nämlich  bei  drei  Decapoden  (Sepia  offici- 
nalis  Lim.,  Sepiola  Uondeletii  Leach.,  und  Loligo  sa- 
gittata  Lamk.)  und  bei  einem  Octopoden  (Ärgonauta 
argo  Lin.). 

Der  bequemeren  Aufzählung  der  von  mir  gefunde- 
nen Thatsachen  halber,  werde  ich  diese  kurze  Mitthei- 
lung in  zwei  Hälften  eintheilen.  1)  Anatomisch-physio- 
logische Daten,  die  sich  auf  die  Kenntniss  des  Baues  der 
weiblichen  Geschlechtsorgane  und  auf  die  Biidungsweise 
der  Eier  beziehen  ^);  —  2)  die  Ergebnisseimeiner  embryolo- 
gischen Forschungen  über  a)  den  Segmentationsprocess,  — 
b)  die  Bildung  der  Keimhaut,  Blastoderma  und  die  Entste- 
hung der  Keimblätter  (erste  Entwickelungsperiode)  und  c) 
die  ursprüngliche  Anlage  der  Organe  bis  zum  Hervortreten 
der   typischen  Kopffüsslerform  ^)   (zweite  Entwickelungs- 


der  Keim  rascher  sich  erhärte  als  die  peripherische  Schicht  des 
Nahrungsdotters,  denn  nur  in  solchem  Falle  löst  sich  dieser  von 
allen  Einstülpungen  des  letzteren  ab.  Mit  Hilfe  derselben  ist  es  mir 
gelungen,  den  Bildungsdotter,  der  den  ganzen  Nahrungsdotter  um- 
schliesst,  von  dem  letzteren  zu  trennen  und  eine  ansehnliche  Samm- 
lung von  Präparaten  verschiedener  Entwickelungsstadien  der  Kopf- 
füssler anzufertigen. 

1)  Ausser  den  genannten  Arten  habe  ich  die  Bildungsweise 
der  Eier  und  einige  Entwickelungsstadien  bei  Ommastrephes  todarus, 
Bossia  macrosoma  und  Sepia  hisserialis  Montf.  erforscht. 

2)  Mit  dem  Studium  der  letzten  Entwickelungsperiode  der 
Kopffüssler,  nämlich  der  Entwickelung  des  Embryo,  beschäftige  ich 
mich  gegenwärtig,   was   mir  Dank  einem  grossen  Vorrath  von  aus- 


Zoologisch- embryologische  Untersuchungen.  335 

periode).  Da  die  Entwickelung  der  obengenannten  Kopf- 
füssler  in  den  wesentlichsten  Punkten  sehr  überein- 
stimmend ist,  so  werde  ich,  um  möglichst  bündig  zu  sein, 
nicht  die  Entwickelung  der  einzelnen,  sondern  den  Ent- 
wickelungsgang  bei  allen  vier  Arten  zugleich  beschreiben. 

1.     Der  Bau  der  Eierstöcke  und  die  ßilduDgsweise 
der  Cephalopodeneier. 

Bei  mehr  oder  weniger  jungen  weiblichen  Indivi- 
duen verschiedener  Kopffüsslerarten  besteht  ihr  unpaa- 
riger im  unteren,  engeren  Theile  des  Mantels  liegender, 
ziemlich  grosser,  vom  Peritonealsack  umschlossener  Eier- 
stock, aus  vielen  blinden,  sich  verzweigenden  Röhrchen, 
welche  sein  drüsiges  Parenchym  bilden,  üeberhaupt  ist 
der  Bau  des  Eierstockes  demjenigen  der  Eierstöcke  bei 
den  Wirbelthieren,  und  besonders  bei  den  Vögeln  und 
Schildkröten  ^)  ähnlich.  In  ihm  können  unterschieden 
werden:  a)  die  sehr  dünne,  aus  faserigem  Bindege- 
webe bestehende  Scheide  (Tkeca  folliculi)^  b)  die  in- 
nere einschichtige  EpithelialhüUe,  Membrana  grajiu- 
losa,  welche  ganz  gleichmässig  die  inneren  Flächen  ge- 
nannter röhren-  und  blasenförmiger  Eierstockräume  aus- 
kleidet. In  der  ersten  der  genannten  Hüllen  verzweigt 
sich  die  dünne  Arterie  (Genital-Arterie),  die  vom  unteren 
Theile  der  Herzkammer  ihren  Anfang  nimmt.  Die  Graaf- 
schen Follikel  bilden  sich  zu  verschiedenen  Zeiten  des 
Laichens  (wie  man  nach  der  grösseren  oder  kleineren 
Reife  der  in  ihnen  eingeschlossenen  Eier  urtheilen  kann), 
fortwährend  (da  sich  in  ihnen  stets  ganz  junge  Eier  fin- 
den), und  zwar  als  Ausstülpungen  der  EpithelialhüUe 
des  Eierstockes.  Die  primitive  Eizelle  oder  der  zukünf- 
tige s.  g.  Bildungsdotter  des  zusammengesetzten  Eies 

gezeichnet  gut  conservirtem  Material  möglich  geworden  ist.  Von 
besonderer  Wichtigkeit  für  die  vergleichende  Embryologie  ist  die 
Entstehung  der  Organe,  worauf  ich  denn  auch  mein  Augenmerk  vor- 
züglich gerichtet  habe. 

1)  Wie  es  bekannt  geworden  durch  Gegenbaur's  Forschungen 
(Arch.  f.  Anat.  p.  491,  1861). 

Hiss,  Erste  Anlage  der  Wirbelthiere  p.  19  u.  f.  Taf.  II.  und 
Waldeier's,  der  Eierstock,  p.  48,  69  Taf.  IV.  — 


336  Ussow: 

ist  nichts  weiter  als  eine  mehr  entwickelte  Zelle  der 
Epithelialhülie  des  Eierstockes,  welche  stets  wachsende 
Zelle  zugleich  mit  dem  sie  uraschliessenden  Epithel  sich 
immer  mehr  und  mehr  von  den  Eierstocksräumen  absondert, 
und  endlich  nur  vermittelst  eines  mehr  oder  minder  langen 
Stieles  mit  der  Centralmasse  des  Eierstockes  verbunden 
bleibt.  Bei  der  weiteren  Entwickelung  des  Eierstockes 
hängt  von  der  Zahl  solcher,  an  Stielen  befestigter  Gtaaf - 
sehen  Follikel  und  der  Zahl  der  in  ihnen  eingeschlosse- 
nen jungen  unreifen  Eier,  die  trauben-  oder  iappenför- 
mige  Gestalt  dieses  Organes  ab.  Die  Entwickelung  der 
Eier  beginnt  immer  im  Centraltheile  des  Eierstockes  und 
nimmt  ziemlich  regelmässig  gegen  die  Peripherie  des- 
selben zu,  wo  die  Graafschen  Follikel  und  die  Eier 
(1 — 6  Mm.  gross)  ihre  volle  Entwickelung  erreichen.  Das 
Vcrhältniss  des  Eingangs  in  den  unpaarigen  {Sepia 
Loligo,  Sepiola,  Rossia),  seltener  paarigen  (Omma- 
strephes ,  Argonauta)  Eileiter  (paarige  Eileiter  sind 
immer  gleich  entwickelt),  zum  Eierstock  ist  bei 
allen  von  mir  untersuchten  KopfFüsslern  immer  dasselbe, 
und  die  Art  des  Ausfallens  reifer  Eier  zuerst  in  die 
Bauchhöhle,  und  dann  ihr  allmählicher  Uebergang  in  den, 
peristaltisch  sich  verengernden  ^)  {Argonauta),  zuweilen 
vielfach  verschlungenen  und  gekrümmten  Eileitern  er- 
innern an  die  ähnlichen  Vorgänge  bei  manchen  Fleisch- 
fressern (Lutra).  Die  nackte  {Oymnocyta)  Eizelle  ^j  (mit 
dem  Kern  =  Keimbläschen  und  dem  Kernkörperchen  = 
Keimfleck)  wächst  gleichzeitig  mit  dem  Graafschen  Fol- 
likel, so  dass  im  Anfange  beide  in  ihrem  Grösserwerden 
ziemlich  gleichmässig  fortschreiten.  Bald  aber  schreitet 
das  Wachsthum  des  Graafschen  Follikels  durch  Ver- 
mehrung (Längstheilung)   der  Zellen  der  Membrana  gra- 


1)  Die  aug^  dem  Leibe  herausgenommenen  und  in's  Wasser  ge- 
legten Eileiter  dieses  Thieres  fahren  noch  lange  Zeit  fort  sich  zu- 
sammenzuziehen, wodurch  es  möglich  wird,  ganz  frische,  verschie- 
denen Segmentationsstadien  zugehörende  Eier  zu  bekommen.  Auf 
diese  Weise  erlangte,  ja  selbst  aus  ganz  reifen  Graafschen  Follikeln 
herausgenommene  Eier  entwickeln  sich  meistentheils  weiter. 

2)  Bei  LoUgo  und  Argonauta  zu  dieser  Zeit  0,008  Mm.  gross. 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  337 

?iulosa^  die  auf  der  inneren  Fläche  eine  Reihe  in  die 
Blase  eindringender  Längs-  und  Querfalten  i)  bildet, 
rascher  vorwärts.  Die  auf  der  Oberfläche  der  Epithelial- 
hüUe  liegenden  Blutgefässzweige  dringen  in  die  Zwi- 
schenräume der  genannten  Falten,  wodurch  sowohl  die 
beträchtlich  gewachsenen  Zellen  der  granulosa 'als  auch 
die  von  den  Falten  zum  oberen  Pol  des  anfangs  runden 
Graafschen  Follikels  verdrängte  Eizelle,  reichlich  mit 
Nahrungsstoff  versehen  werden.  Zu  dieser  Zeit  d.  h.  in 
der  Periode  der  „Faltungen*^  (A.  Kölliker)  fangen  die 
Zellen  der  Epithelialhülle  an  den  flüssigen,  fettartigen, 
durchsichtigen  Nahrungsdotter  auszuscheiden.  Folglich 
dient  die  Faltenbildung  der  granulosa  nur  zur  zeit- 
weiligen Vergrösserung  der  inneren,  den  Nahrungsdotter 
ausscheidenden  Fläche  des  Graafschen  Follikels.  In 
diesem  Zustande  kann  ein  jedes  Graafsches  Follikel 
als  eine  unabhängige  Drüse  betrachtet  werden.  Von  der 
Dotterhaut  (Chorion)  2)  findet  man  zu  dieser  Zeit  nicht 
die  leiseste  Spur,  so  dass  die  Beschreibung  der  Art  und 
Weise  des  s.  g.  „Faltungsprocesses,^  wie  sie  von 
andereu  ^)  Forschern  gemacht  worden  ist,  sich  als  eine 
sehr  oberflächliche  und  irrthümliche  (wovon  ich  mich 
völlig  überzeugt  habe)  erweist.  Das  Chorion  bildet  sich 
später,  wann  der  Nahrungsdotter  ganz  ausgeschieden  ist, 
und  das  Ei  die  Gränze  seiner  vollkommenen  Entwicke- 
lung  erreicht  hat.  Das  anfangs  flüssige  und  klebrige 
Chorion  ist  auch  nichts  Anderes  als  ein  ausgeschiedenes 

1)  Bei  Sepia  sind  diese  Falten  doppelt,  aber  nur  die  inneren 
bilden  die  unten  beschriebenen  Ausstülpungen ;  die  äusseren  dagegen 
lagern  sich  in  einer  gleichmässig  vertheilten  Schicht  zwischen  den 
inneren  und  der  dünnen  Theca  folliculr.  Zwischen  den  zweierlei 
Falten  verzweigen  sich  die  Blutgefässe  und  entstehen  neue  Eizellen. 

2)  Kölliker  (loc.  cit.  p.  15)  und  andere  Forscher  (Klassen 
u.  Ordn.  Bd.  IL  p.  1405)  nehmen  ganz  irrthümlich  die  äussere  viel- 
schichtige Kapsel  der  Kopffüsslereier  für  das  Chorion,  und  das 
wirkliche,  noch  im  Graafschen  Follikel  gebildete,  stets  mit  dem 
Micropyl  versehene  Chorion  für  die  Dotterhaut  an. 

3)  Kölliker  loc.  cit.  p.  2— 13,  —  Brandt,  Medic.  Zool. 
Bd.  II.  p.  300  Taf.  XXXII  f.  27,  -  Owen  Mem.  on  the  Pearli  Nau- 
tilus p.  42. 

Archiv  f.  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  22 


338  üssow: 

Product  der  grannlosa  des  Graafschen  Follikels, 
was  u.  a.  auch  dadurch  bewiesen  werden  kann,  dass  im 
Anfange  seiner  Bildung,  vorzüglich  am  oberen  etwas  zu- 
gespitzten Pole,  seine  Zusammensetzung  aus  einigen 
dünnen,  auf  einander  liegenden  Schichten  deutlich  be- 
merkt werden  kann.  Zugleich  bildet  sich  auf  dem  ge- 
nannten, verdickten  Theile  des  Chorion,  wie  ich  ge- 
stehen muss,  auf  eine  für  mich  ziemlich  dunkle  Weise  ^), 
sein  röhrenförmiges,  im  oberen  Theile  mehr  oder  minder 
breites,  trichterförmiges' Mi  er  opyl,  das  ich  bei  allen 
obengenannten  Arten  und  Sippen  der  Kopifüssier  ge- 
funden habe. 

Auf  einer  recht  frühen  Entwickelungsstufe  verändert 
das  Graafsche  Follikel  allmählich  seine  kugelige  Form 
und  nimmt  die  Gestalt  eines  am  oberen,  freien  Pole  zu- 
gespitzten Eies  an.  Das  eingeschlossene  Ei  folgt  in  seiner 
Form  derjenigen  des  Graafschen  Follikels,  Die  primi- 
tive Eizelle,  mit  dem  Kern  =:  Keimbläschen,  bewegt 
sich,  wie  gesagt,  zu  dem  oberen,  jetzt  ziemlich  spitzen 
{LoligOy  Sepiolaf  Ärgoiiauta)  Pole  des  Graafschen 
Follikels,  dessen  granulosa  an  dieser  Stelle  fast  keine 
Falten  hat  und  ganz  glatt  erscheint.  Hier  also  findet 
sich  das  feinkörnige  Protoplasma  der  primitiven  Eizelle, 
wobei  es  die  Form  einer  sehr  flachen,  conischen  Scheibe, 
in  deren  verdicktem  Centraltheüe  das  Keimbläschen 
liegt,  annimmt.  Die  oben  beschriebenen  Falten  der 
granulosa  ebnen  sich  mit  der  Vergrösserung  des  Eies 
allmählich  aus,  und  verschwinden  endlich  ganz,  so  dass 
sie  zuletzt  sowohl  von  innen  als  auch  von  aussen  ganz 
glatt  wird.  Das  ganze  reife  Ei  zerreisst  durch  sein  eige- 
nes Gewicht  den  am  oberen  Pole  sehr  dünnen  Theil  der 
Hülle  (s.  g.  Stigma),  und  wird  in  dem  Augenblicke,  wo 
es    in    die    Bauchhöhle    fällt,    befruchtet  ^j    (Argo7iauta), 

1)  Wo  das  Micro pyl  liegt,  finden  sich  keine  Falten  (»freier 
Raum«  Kölliker)  und  die  Membrana  granulosa  lagert  sich  dort 
in  einer  dünnen  Schicht. 

2)  Mit  Bestimmtheit  kann  ich  das  in  Bezug  auf  die  Befruch- 
tung der  Argonautaeier  behaupten.  Obgleich  ich  auch  bei  allen 
übrigen  Arten   in   den  Eierstöcken  ganz   reife  Spermatophoren   vor- 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  339 

Zur  Erklärung  der  obenerwähnten  Frage  über  die  fort- 
währende, zu  verschiedenen  Zeiten  beginnende  Entwicke- 
lung  der  Cephalopodeneier,  werde  ich  noch  hinzufügen, 
dass  es  mir  gelungen  ist  zu  beobachten,  dass  zur  Zeit 
der  stärksten  Faltenentwickeiung  sich  in  den  Graafschen 
Follikeln  neue  Eier  aus  beliebigen  Zellen  der  Epithe- 
lialhülle  entwickeln.  Ein  Theil  der  inneren  Oberfläche 
der  Falte  bedeckt  alimählich  das  neugebildete  Ei,  das 
bei  seiner  Vergrösserung  an  die  Oberfläche  hinaustritt, 
sich  vom  Graafschen  Follikel  abschnürt,  und  endlich 
nur  mit  der  Theca  Folliculi  vermittelst  eines  kurzen 
Stieles  verbunden  bleibt.  Es  können  also  in  Folge  einer 
mehr  oder  weniger  reichhaltigen  Nahrung  die  Granulosa- 
zellen  eines  Graafschen  Follikels  in  einem  kurzen  Zeit- 
räume die  primitive  Eizelle  zur  Ausbildung  bringen,  die 
ganze  Masse  des  Nahrungsdotters  und  endlich  das  durch- 
sichtige Chorion  ^)  absondern.  Dieses  ist  in  ihren  liaupt- 
ziigen  die  Bildungsweise  der  Graafschen  Follikel  und 
der  Eier  der  Kopffüssler,  von  deren  Richtigkeit  ich  nach 
aufmerksamem,  mehrfach  wiederholten  Studium  des  Vor- 
ganges völlig  überzeugt  bin.  Was  die  ursprüngliche 
Entwicklung  der  weiblichen  Geschlechtsorgane  der  Ce- 
phalopoden  anbetrifft,  so  konnte  ich  sie  nicht  verfolgen, 
da  es  sich  wie  es  scheint  als  richtig  erweist,  dass  der 
reife  Embryo  nach  seinem  Hervorkriechen  aus  dem  Ei, 
und  selbst  das  junge  Thier  am  1.— 3.  Tage  seines  Lebens 
noch  keine  Spur  ^)  von  diesen  Organen  besitzt.  Nach 
drei  Tagen  aber,  während  welcher  es  den  ganzen  äusseren 
und  einen  Theil  des  inneren  Nahrungsdotters  verbraucht 
hat,    kommt    das  Thier  um,    und    raubt   uns  folglich  alle 

fand,  so  geht  doch  die  Segmentation  stets  ausserhalb  des  Körpers 
vor  sich;  was  auf  eine  Pause  zwischen  der  Befruchtung  und  dem 
Beginn  der  Entwickelung  hindeutet. 

1)  Bei  Ärgonauta  auch  den  mehr  oder  weniger  langen  faden- 
förmigen Fortsatz. 

2)  Dieselben  Resultate  erlangten  auch  Kölliker  loc.  cit. 
p.  110  u.  Metschnikoff  1.  c.  p.  65.  Am  Ende  der  3.  Periode  habe 
ich  bei  Sepia  und  Loligo  unter  der  Herzkammer  ein  Zellenhäufchen 
beobachtet,  aus  dem  sich  möglicherweise  die  Geschlechtsorgane  ent- 
wickeln. 


340  üssow: 

Möglichkeit,  die  Entwickelung  der  Geschlechtsorgane  und 
die  Theilnahme  der  Keimblätter  an  ihrem  Bau  zu  er- 
forschen. Was  die  Laichzeit  ^),  die  Zahl  der  reifen  Eier, 
und  andere  Details  in  der  Bildung  und  Entwickelung  der 
Gi-raaf'schen  P^ollikel  und  anderer  accessorischen,  drüsen- 
artigen  Organe  (Eiweiss-  oder  Nidamentaldrüse  der  Kopf- 
füssler)  anbetrifft,  so  behalte  ich  mir  deren  Darlegung 
für  eine  ausführlichere  Arbeit  über  die  genannten 
Thiere  vor. 

II.  Furchung  der  Cephalopodeueier  und  Bildung  des 
einschichtigen  Keimes  (Blastodernia). 

Die  ganze  Zahl  der  reifen,  aus  den  Graafschen 
Follikeln  in  die  Bauchhöhle  herausfallenden  Eier  wird, 
wie  es  scheint,  ohne  Ausnahme  -)  befruchtet.  Das  reife, 
der  l^orm  nach  dem  Hühnereie  sehr  ähnliche  Kopffüss- 
lerei  enthält  folgende  Theile:  1)  eine  sehr  geringe  Masse 
des  s.  g.  ßildungsdotters,  welcher,  wie  wir  gesehen  haben, 
dem  feinkörnigen  Protoplasma  der  primitiven  Eizelle  mit 
ihrem  Kern  (Keimbläschen)  entspricht;  2)  eine  mehr 
oder  weniger  grosse  Menge  des  ziemlich  klebrigen,  fett- 
artigen Nahrungsdotters;  3)  eine  ganz  durchsichtige  Ei- 
v/eisssubstanz,  die  den  Raum  zwischen  dem  Dotter  und 
der  4)  mehrschichtigen  Dotterhaut  (Chorion)  mit  ihrem 
tubenförmigen  Micropyl  ausfüllt,  und  endlich  5)  eine 
mehr  oder  weniger  dicke,  vielschichtige  Eikapsel,  die 
bald  in  einen  elastischen,  zur  Befestigung  der  Eier  an 
verschiedene,  unter  dem  Wasser  liegende  Gegenstände 
dienenden  Faden  ausläuft  (Argonauta  ^),  Sepia)  —  bald 
einen  mehr  oder  weniger  Id^ugQUj  10 — 100  und  mehr  Eier 
enthaltenden  Sack  bildet  {ßepiolay  Loligo). 

1)  Bei  Ärgonauta  dauert  die  Laichzeit  vom  Mai  bis  zum  Au- 
gust, bei  Loligo,  Sepiola  und  OmmastrepJies  vom  März  bis  zum  Juni; 
reife  Sepiaeier  bekam  ich  aber  in  Neapel  fast  während  des  ganzen 
Jahres,  den  August  ausgenommen. 

2)  Unter  den  Tausenden  von  Kopffüsslereiern,  die  ich  unter- 
sucht habe,  fanden  sich  kaum  einige  unbefruchtete  vor. 

3)  Bei  der  Ärgonauta  auf  dem  Apex  ihrer  Schale,  so  dass 
das  Weibchen,  welches  in  der  Schale  sitzt,  mit  seinem  Hintertheile 
die  traubenförmigen,  in  der  Windung  liegenden  Eiergruppen  bedeckt. 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  341 

Im  Bcfruchtungsmomeiit  verschwindet  die  Keiniblase 
nicht  und  die  Fnrchung  des,  an  seiner  etwas  dunkleren 
Färbung  vom  Nahrungsdotter  leicht  zu  unterscheidenden, 
feinkörnigen  Protoplasma  der  primitiven  Eizelle^  oder  de« 
s.  g.  Biidungsdotters  beginnt  stets  mit  der  Theilung  des 
Keimbläschens.  Bei  der  Argonauta  geht  der  Furchungs- 
process  grösstentheils  im  Mutterleibe,  und  zwar  während 
der  Bewegung  der  Eier  in  den  schlingenförmigen  Ei- 
leitern *)^  vor  sich,  während  bei  allen  übrigen  von  mir 
beobachteten  Cephalopoden  die  Segmentation  immer 
ausserhalb  des  Mutterleibes  anzufangen  scheint.  Die 
Segmentation  des  Biidungsdotters  der  Kopffüssler  erinnert 
sehr,  was  ihre  Form  anbetriö't,  an  die  Öegmentation  der 
Vogel-  -)  und  Schildkröteneier  ^).  Bei  allen  vier  von  mir 
untersuchten  Kopffiisslerarten  ist  sie  unregelmässig. 
Die  Theilung  des  Protoplasmas  des  Biidungsdotters  fängt 
in  seinem  verdickten  Centraltheile  an,  und  setzt  sich  fort 
gegen  den  verdünnten  peripherischen  Theil,  der  gleich- 
massig  die  ganze  Oberfläche  des  Nahrungsdotters 
umschliesst.  Dieser  letztere  nimait  am  Segmentations- 
process  keinen  Antheil  („partielle  Furchung").  Eine  der 
Hauptursachen  der  Segmentation  des  Biidungsdotters 
scheinen  die  grosse  Beweglichkeit  seines  Protoplasmas 
und  die  Ortsveränderungen  von  dessen  schw^ersten  Thei- 
len^  den  am  dunkelsten  gefärbten  Körnchen,  auszumachen. 
Die  Theilung  beginnt  immer  in  der  Nähe  der  Kerne  der 
Furchungszellen  („Furchungskugeln"  Kölliker)  oder  der 
Segmente  und  der  Abschluss  der  völligen  Theilung 
(durch  Längs-  oder  später  Querth eilung,  was  sich  gleich 
bleibt)  fällt  mit  der  völligen  Absonderung  der  Kerne 
zusammen.  Anfangs  erscheinen  alle  Furchuugen  nur 
an    der    Oberfläche    des    Biidungsdotters,   .dringen    dann 


1)  Das  erste  Segmentationsstadium  beobachtete  ich  au  Eiern, 
die  aus  dem  Ein  gange  in  die  Eileiter  genommen  waren,  während 
an  den,  bei  der  Mündung  liegenden  Eiern  schon  acht,  ja  auch  sechs- 
zehn Segmente  vorhanden  sind. 

2)  Coste,  Hist.  part.  et  gener.  d.  corps  organ.  p.  287.  PI.  IJ. 

3)  Agassiz,  Coutrib.  to  tbe  nat.  hist.  of  the  Unit.  Stat.  V.  11. 


342  üssow: 

aber     allmählich     sich     vertiefend     bis    in    die    untersten 
Schichten  des  Protoplasma  ein. 

Die  ursprüngliche,  erste  Furche  i),  die  den  ganzen 
Bildungsdotter  in  zwei  gleiche,  einander  anliegende  Seg- 
mente theilt,  wird  bald  (annähernd  nach  zwei  Stunden) 
unter  einem  rechten  Winkel  von  einer  zweiten  Furche 
durchschnitten.  Als  Resultat  dieser  Theilung  entstehen 
vier  einander  gleiche  Segmente,  mit  vier,  von  ihnen 
eingeschlossenen,  hellen  Kernen  (die  Kernkörperchen 
fehlen  gänzlich).  Im  Mittelpunkte  entsteht  ein  sehr  un- 
bedeutender, heller  Zwischenraum,  der  in  der  Folge  bald 
verschwindet.  Die  weiter  nachfolgenden  Furchungen 
des  Bildungsdotters  sind  unregelmässig;  aus  4  Segmenten 
bilden  sich  (in  4  Stunden)  zuerst  sechs  und  dann  acht 
gleiche  Segmente.  In  der  Zeit  zwischen  der  Bildung 
der  6  und  der  8  Segmente  bilden  sich  im  Vereinigungs- 
centrum der  Furchen,  im  frühesten  Momente  des  Auf- 
tretens der  zwei  schmälsten  Segmente,  durch  Abschnü- 
rung ihrer  Spitzen,  zwei  primitive  Furchungszellen  oder 
-kugeln  (annähernd  zwischen  der  3.  und  der  4.  Stunde 
des  Segmentationsprocesses).  Von  den  beiden  der  8  Seg- 
mente, welche  den  eben  genannten,  schmalen  Segmenten 
gegenüber  liegen,  schnüren  sich  nun  noch  (während  der 
4.  Stunde)  zwei  recht  umfangreiche  Furchungskugeln 
ab,  welche  sich  den  beiden  primitiven  gerade  gegenüber- 
stellen. Auf  diese  Weise  entstehen  annähernd  in  4  Stun- 
den von  dem  Beginne  der  Segmentation  acht  Segmente 
und  vier  Furchungskugeln.  Aus  diesen  vier  und  zehn 
später  hinzutretenden  Furchungskugeln  entsteht  auf  dem 
Wege  der  fernem  selbstständigen  Theihmg  (Längsthei- 
lung) der  Centraltheil  der  Keimscheibe. 


1)  Bei  Loligo,  Sepiola  und  Argonauta  erscheint  diese  Furche 
gerade  unter  dem  Micropyl,  im  Centrum  des  Bildungsdotters;  bei  Se- 
pia  bisweilen  etwas  seitwärts,  was  ich  für  eine  anormale  Erschei- 
nung halte,  ebenso  wie  auch  das,  dass  ich  einmal  bei  Sepiola  die 
Segmentation  auf  dem  unteren,  stumpfen  Pole  des  Eies  fand.  Die 
folgenden  in  der  Beschreibung  des  Furchungsprocesses  genannten 
Stunden  beziehen  sich  auf  Sepiola  und  Loligo. 


Zoologisch-embryologiscbe  üntcTsuchurigen.  343 

In  den  darauf  foI,fi:cndcn  Stadien  bemerken  wir  fol- 
j^endes:  1)  eine  rasche  Vermehrung  der  Central  turchungs 
kugeln  a)  durch  selbstständige  Längstheilung  und  b)  durch 
das  ziemlich  rasch  fortschreitende  Abschnüren  der  Segment- 
spitzen,  und  2)  eine  Vermehrung  der  Segmente  durch  ihre 
langsamere  Längstheiking.  Auf  diese  Art  entstehen,jim  die  7. 
Stunde  des  Furchungsprocesses  10 — 12  strahlenförmige  Seg- 
mente, während  noch  immer  nur  4  Centralfurchungskugcln 
vorhanden  sind;  weiter  in  der  11.  Stunde  giebt  es  18  Seg- 
mente und  zugleich  schon  14  Furchungskugein  (8  durch 
Thcilung  der4genannten,  6  neu  abgeschnürte  Spitzen  der  2 
Längs  und  4  Seitensegmente).  In  der  nächsten  Stunde  (12) 
schnürt  sich  vermittelst  der  s.  g.  Meridianfurchung  von 
einem  jeden  Segmente  eine  Kugel  ab;  alle  diese  Kugeln 
lagern  sich  um  die  vorhergebildeten,  und  somit  beträgt 
auf  diesem  Stadium  die  Zahl  der  Segmente  18,  die  der 
Furchungskugein  32  Stück.  Auf  der  nächsten  Segmen- 
tationsstufe  wächst  die  Zahl  der  Segmente  bis  auf  32, 
welche  die  Keimscheibe  umgeben.  Diese  letztere  aber 
besteht  jetzt  aus  108 — HO  nach  der  Peripherie  hin  grös- 
seren, im  Centrum  kleineren  Zellen,  die  durch  zugenom- 
mene Theilung  sich  dergestalt  vermehrt  haben.  Die  Zahl 
der  Kerne  der  Furchungskugein  und  der  Segmente 
wächst  ebenfalls,  und  zwar  so,  dass  in  einer  jeden  Kugel 
und  in  einem  jeden  Segmente  je  ein  Kern  enthalten  ist. 
Beide  Arten  von  Zellen  haben  keine  Spur  von  Hüllen, 
—  ihr  feinkörniges  Protoplasma  wird  immer  dunkler, 
und  verwandelt  sich  aus  einem  durchsichtigen  in  ein 
durchscheinendes. 

Während  der  ganzen  Dauer  des  Segmentationspro- 
cesses  ist  die  nach  aussen  gewandte  Oberfläche  aller 
Segmente,  und  besonders  aller  Furchungskugein  recht 
erhaben,  wobei  im  Centrum  des  ßildungsdotters  die 
höchsten  gelegen  sind.  Am  Ende  des  ganzen  Processes, 
in  den  letzten  Stadien,  werden  ihre  Wölbungen  lange 
nicht  so  bemerkbar,  und  endlich  wird  die  hügelige  Ober- 
fläche des  Bildungsdotters  ganz  glatt.  Als  Endresultat 
aller  dieser  Theilungen  entsteht  die  einschichtige 
Keimscheibe    („Keimstelle,"   A.  Kölliker),    in  der,   was 


344  Ussow: 

die  Grösse  und  die  Form  der  sie  bildenden  Zellen,  und 
auch  ihre  Vertheilung  anbetrifft,  folgende  zwei  Abthei- 
lungen unterschieden  werden  können:  1)  Das  Centrum 
der  Keimscheibe,  welches  die  Gestalt  eines  convexen 
Kreises  darbietet,  und  sich  durch  die  Vermehrung  der 
hohen,  zylinderförmigen,  primitiven  Furchungszellen  (s. 
das  Stadium  der  8  Segmente)  gebildet  hat,  und  2)  der 
anfangs  sehr  schmale,  allmählich  breiter  werdende,  auf 
die  genannte  Scheibe  unmittelbar  folgende  Ring,  dessen 
etwas  breitere,  aber  mehr  fliache,  5-  oder  Geckige  Zellen 
sich  hauptsächlich  aus  den  durch  die  Meridianfurche  ab- 
geschnürten Segmentspitzen  gebildet  haben  (s.  das  Sta- 
dium der  Meridianfurche). 

Unmittelbar  mit  diesem  Ringe  verbindet  sich  der 
untere  Theil,  der  bis  zum  unteren  Pole  des  Nah- 
rungsdotters sich  hinzieht  und  ihn  umschiiesst  Dieser 
Theil  besteht  aus  in  ihrer  Theilung  langsam  fortfahrenden 
Segmentspitzen  ^),  und  aus  den  hier  (am  unteren  Pole) 
nicht  scharf  getrennten,  sogar  oft  in  einander  verfliessen- 
den  Segmenten  selbst.  Ihre  Zahl  bleibt  die  frühere  (32). 
Ihr  feinkörniges  Protoplasma  bedeckt  mit  einer  sehr 
dünnen  Schicht  die  ganze  Masse  des  Nahrungsdotters, 
der  auf  diese  Weise  schon  seit  dem  Anfange  der  Seg- 
mentation  in  dem  s.  g.  Bildungsdotter,  oder  um  genauer 
zu  sein  in  dem  auf  seiner  Oberfläche  mit  Ausnahme  des 
oberen  Pols,  wo  es  sich  merklich  verdickt,  gleichmässig 
aufliegenden  Protoplasma  der  primitiven  Eizelle, 
gleichsam  wie  in  einer  Hülle,  eingeschlossen  ist.  Das 
s.  g.  Schwinden  der  Segmente  findet  in  der  That  nie 
Statt.  Früher  oder  später  theilen  sie  sich  alle,  wie  wir 
es  sehen  werden  und  ergeben  eine  gew^isse  Anzahl  das 
einschichtige  Blastoderma  bildender  Zellen  2). 

Aus    dem    beschriebenen,    wirklichen   Verlaufe   des 


1)  In  dem  letzten  Furchungsstadium  theilt  sich  eine  jede  Seg- 
mentspitze in  Zellengruppen,  welche  in  parallelen  Eeihen  sich  auf 
dem  Aequator  lagern. 

2)  Bei  Se^pia  schliesst  sich  das  Blastoderma  am  unteren  Pole 
des  Nahrungsdotters  erst  in  der  zweiten  Periode  ab,  wie  es  auch 
Kölliker  beschrieben  hat. 


Zoologisch -embryologische  Untersuchungen.  345 

Furchun^sprocesses  der  Cephalopodeneier,  den  ich  in 
allen  seinen  Einzelnheiten  verfolgt  liabe^  kann  man  sich 
leicht  von  der  Ungenauigkeit  der  Kölliker'schen,  in 
Bezug  auf  diese  Frage  ausgesprochenen  Meinung  über- 
zeugen. Und  wirklich  habe  ich  mich  durch  eine  Reihe 
vielfach  von  mir  wiederholter  Untersuchungen  vollkommen 
überzeugt,  dass  der  genannte  Gelehrte  ganz  von  ein- 
ander unabhängige  Entwickelungsstadien  der  Sepeaeier 
beobachtet  ha!,  und  dass  dessen  Forschungen  bei  unnor- 
malen Bedingungen  vorgenommen  wurden,  wo  die  Ver- 
bindung der  Segmente  und  der  Segmentationsspitzen  be- 
reits stark  geschädigt  war.  So  z.  ß.  weist  Kölliker 
im  Vereinigungscentrum  der  Furchungskugeln  dermaassen 
unbestimmte  und  unregelmässige  Zwischenräume  auf,  wie 
ich  sie  bei  keiner  von  mir  erforschten  x^rt  gefunden  habe. 
Die  Art  und  Weise  der  Embryonalzellenbildung  ist  eben- 
falls, wie  sich  aus  dem  Vorhergehenden  ergiebt,  von  dem 
genannten  Gelehrten  irrthümlich  beschrieben  worden. 

111.  Bildung  der  Keimblätter. 

Das  obengenannte  Schlussstadium  des  '  Furchungs- 
processes,  d.  h.  das  Auftreten  der  Keimscheibe,  oder  des 
einschichtigen,  aus  dem  oberen  Keim  blatte  bestehen- 
den Keimes,  welcher  am  oberen  zugespitzten  Theile  des 
Nahrungsdotters  erscheint,  und  seinen  zwölften  Theii  be- 
deckt, findet  bei  den  meisten  von  mir  beobachteten  Kopf- 
füsslern  ^)  am  zweiten  Tage  seit  dem  Beginn  der  Ent- 
wicklung statt.  Das  wichtige  Moment  der  Erscheinung 
des  zweiten  Keimblattes  fällt  auf  den  Anfang  des  dritten 
Tages  {Sepia,  Loligo,  Oinmastrephes).  Die  ursprüng- 
liche x\bsonderung  des  zweiten  Keimblattes  geht  auf 
folgende  Weise  vor  sich:  im  mittleren  Theile 
des  obengenannten,  einschichtigen,  unmittelbar  unter  dem 
Ceutrum  des  Keimes  liegenden  Ringes  (jetzt  sehr  ähnlich 
der  Area  opaca)  beginnen  die  Zellen,  die  sich  in  der 
Längsrichtung  immer  weiter  theilen,  auch  in  der 
Querrichtung    sich    allmählich    zu    theilen,    —    wobei 


1)  Bei  Ärgonauta    bildet    sich   die  Keimscheibe  schon   in  der 
7.  oder  8.  Stunde  von  dem  Beginn  der  Segmentation. 


346  Ussow: 

diese  Theilung  (\n  der  unteren  Peripherie  den  Anfang 
nimmt,  und  sich  gegen  das  Centrum  fortsetzt.  Der  Kern 
einer  jeden  Zelle  des  oberen  einschichtigen  Keimblattes 
verlängert  sich,  und  zugleich  verlängert  sich  auch  tropfen- 
artig nach  unten  das  Protoplasma^  worauf  sich  dann  von 
der  Mutterzelle  eine  neue  Zelle  abschnürt.  Als  Ergeb- 
niss  dieser  Qnertheilung  entsteht  anfangs  nur  im  mittleren 
Ringe  der  Keimscheibe,  später  auch  in  dem  Centraltheile 
und  in  dem  Segmententheiie,  ein  zweites  Keimblatt. 
An  den  Stellen,  wo  dasselbe  entstanden  ist,  wird  die 
Keirascheibe  bald  ganz  undurchsichtig,  und  erscheint 
bei  auffallendem  Lichte  matt  weiss  und  milchfarbig. 

In  den  folgenden  (annähernd  bis  zum  4.  oder  5.) 
Tagen  setzt  sich  der  beschriebene  Wachsthumsprocess, 
und  zwar  in  allen  Theilen  der  Keimscheibe  fort,  wobei 
1)  der  Durchmesser  ihres  noch  immer  einschichtigen  Cen- 
traltheiles  sich  ziemlich  vergrössert,  2)  der  mittlere,  zwei- 
oder  mehrschichtige,  dicke  Theil  (Area  opaca)  sich 
immer  mehr  gegen  den  unteren  Pol  hin  verbreitet,  3)  die 
unmittelbar  auf  den  Ring  folgende  Region  der  in  Zellen- 
gruppen sich  theilenden  Segmente,  jetzt  am  Aequator 
des  Dotters  (also  viel  niedriger  als  früher)  beginnt.  Die 
verdickte,  innere  Schicht  der  Area  opaca,  die  aus 
runden;  zerstreut  liegenden,  sich  selbstständig  (heilen- 
den 1)  Zellen  (des  zweiten  Keimblattes)  besteht,  bildet  an 
der  Gränze  des  Centraltheiles  der  Keimscheibe  einen 
Wall,  der  mehr  oder  weniger  in  den  Nahrungsdotter  hin- 
eindringt. In  Folge  dieses  Druckes  dringt  der  Nahrungs- 
dotter seinerseits  in  den  sich  ein  wenig  hebenden  Cen- 
traltheil  der  Keimscheibe  (ähnlich  dem  „Dotterpfropfe" 
der  Froscheier).  Zu  derselben  Zeit  bildet  sich  aus  den 
von  den  Segmenten  abgeschnürten  Zellen  noch  ein  sehr 
schmaler  zweiter  Ring,  der  zwischen  dem  ersten  Ringe 
und  den  Segmenten  zu  liegen  kommt.  Am  6.  und  7. 
Tage    umlagert    dieser  neue  Ring   gerade    den  Aequator 


1)  Die  Zellen  theilen  sich,  sowohl  in  der  Längs-  als  auch 
Querrichtung,  wodurch  ihre  Schicht  dicker  und  zum  stumpfen  Pol 
hin  breiter  wird. 


Zoologisch-embi^ologische  UntersuchungeB.  347 

des  Dotters.  Seine  vier-  oder  fünfeckigen  Zellen^  die 
ziemlich  gross  sind,  liegen  in  aufeinander  folgenden 
Reihen.  Ueberhaiipt  ordnen  sich  alle  Zellen,  sowohl  des 
inneren  als  auch  des  äusseren  Keimblattes  in  solche  auf- 
einander folgende  Reihen,  wobei  die  letzteren  bei  ihrer 
Theilung,  z.  B.  iVbschnürung,  wenn  sie  für  eine  kurze 
Zeit  frei  werden,  vermittelst  ihres  contractilen  Protoplas- 
mas und  der  mehr  oder  weniger  kurzen  Pseudopodien 
auf  der  Oberfläche  des  Nahrungsdotters  sich  bewegen. 
Zu  Ende  des  7.  Tages  vermehren  sich  durch  Längs- 
theilung (Sepiola,  LoligOj  Argonauta)  die  Zellen  des  cen- 
tralen, conischen  Theiles  des  oberen  Keimblattes  sehr 
rasch.  Dadurch  entsteht  eine  Verdickung,  die  aber  lange 
nicht  den  ganzen  Centraltheil  der  Keimscheibe  einnimmt, 
sondern  nur  am  Rande  derselben  eine  ovale  Falte  bil- 
det, welche  in  der  Polarrichtung  sich  ausbreitend,  den 
Centraltheil  allmählich  zu  überdecken  anfängt.  Zugleich 
mit  der  Bildung  dieser  Falte  senkt  sich  der  von  der  Falte 
umschlossene  Theil  der  Keimscheibe  ein  wenig  und  bildet 
eine  in  der  Mitte  breitere  und  tiefere  Rinne,  die  die  Form 
eines  gedehnten  Rhomboids  hat.  In  dem  Rhomboid  be- 
steht die  Keimscheibe  aus  einer  einzigen  Schicht  von 
Zellen  des  oberen  Keimblattes.  Unter  der  ovalen  Falte 
aber  beginnt  die  Zellenschicht  des  dort  verdickten 
zweiten  Keimblattes  durch  Quertheilung  sich  zu  ver- 
doppeln und  bildet  so  zwei  Schichten:  die  obere  Haut- 
muskel- und  die  untere  Darmfaserschicht.  Am 
deutlichsten  lassen  sich  diese  beiden  Schichten  auf  der 
Gränze  der  früheren  Area  opaca  und  des  Centraltheiles 
der  Keimscheibe,  und  zwar  auf  der  zukünftigen  Bauch- 
seite des  Embryo  beobachten,  während  sie  anfangs  so- 
wohl nach  dem  Aequator  hin,  als  auch  dem  Pole  zu  all- 
mählich mit  einander  verschmelzen,  und  gar  nicht  unter- 
schieden werden  können.  Die  fernere  Spaltung  des 
zweiten  Keimblattes  in  zwei  auf  einander  liegende  Schich- 
ten geschieht  zu  der  Zeit,  wann  der  Nahrungsdotter  am 
unteren  Pole,  von  den  durch  endliche  Theilung  der  Seg- 
mente gebildeten  Zellen  des  oberen  Keimblattes,  und 
von  der  oberen  Schicht-  länglicher,  spindelförmiger  Zellen 


348  Ussow: 

des    zweiten    Keimblattes    ganz  umschlossen  ist  ^). 

Am  7.  und  8.  Tage  verändert  allmählich  der  den 
Nahrungsdotter  umschliessende  Keim  seine  ovale  Form 
zu  einer  vollkommen  kugelförmigen.  Bei  Lotigoy  ße- 
piolaj  Ommastrephes  bedeckt  sich  die  Oberfläche  der 
meisten  Zellen  (die  an  der  Stelle,  wo  die  Augenovale  sich 
bilden  werden,  liegenden  und  einige  andere  ausgenommen) 
des  oberen  Keimblattes  (kugelförmiger  Embryo)  mit 
Flimmerhaaren,  welche  durch  ihre  fortwährende  Bewe- 
gung die  Rotation  des  Embryo  bei  den  aufgezählten 
Arten  bedingen.  Bei  Sepia  und  Argoiiauta  rotirt  der 
Embryo  weder  auf  dieser^  noch  auf  der  folgenden  Ent- 
wickelungsstufe.  Die  Periode  der  Bildung  des  Blasto- 
derma  dauert  (den  Segmentationsprocess  eingerechnet)  4 
(Argonauia)  bis  9  {LoligOj  Sepiola),  und  mehr  Tage 
(?  Sepia). 

Es  bedeckt  also  zu  Anfange  der  Rotation,  mit  der 
die  zweite  Entwickelungsperiode,  die  der  Entstehung  der 
Organe,  beginnt,  der  Keim  den  ganzen  NahrungsHotter 
und  besteht  aus  zwei,  stellenweise  vielschichtigea  Keim- 
blättern: 1)  Aus  dem  Blastoderma  oder  dem  oberen  Keim- 
blatte (Hornblatte).  Die  Dicke  dieses  noch  immer  ein- 
schichtigen Keimblattes,  nimmt  mit  der  Annäherung  an 
den  oberen  Pol  des  Nahrungsdotters  etwas  zu  ^),  und 
zwar  da,  wo  die  ovale  den  rhomboidalen,  auf  der  Rücken- 
seite des  Embryo  liegenden  Theil  des  Keimes  bede- 
ckende Falte  sich  bildet.  Das  rhomboidale,  anfangs  runde 
Centrum  des  Keimes  und  die  ovale,  mehr  oder  weniger 
breite  ringförmige  Falte  entstehen  aus  dem,  an  die  s.  g. 
Area  opaca  gränzenden,  auf  dem  spitzen  Pole  liegenden, 
bedeutend    gewachsenen    Centraltheile    der  Keimscheibe: 


1)  Bei  Loligo,  Sepiola  und  Ar gonauta]  bei  Sepia  schliesst  sich 
das  Blastoderma,  wie  oben  bemerkt,  erst  in  der  zweiten  Entwicke- 
lungsperiode  ab. 

2)  Durch  Quertheilung  seiner  Zellen,  die  cylinderförmig  werden, 
und  meistentheils  zwei  scharf  markirte  Kerne  enthalten. 


Zoologisch- embryolögische  Untersuchungen.  349 

dieser  Tlieil  aber  ist  aus  den  rasch  an  Zahl  gewach-' 
senen,  zu  verschiedenen  Zeiten  erschienenen^  primitiven 
14  Furchungskugeln  entstanden.  Der  njittlere  Theil  des 
Keimes,  der  jetzt  fast  die  halbe  Oberfläche  des  Nahrungs- 
dotters (von  dem  Rande  der  oben  genannten  Falte  an 
bis  zum  Aequator)  bedeckt,  und  seine  grösste  Breite  auf 
der  Rückenseite  erreicht,  entspricht  dem  beträchtlich 
breiter  gewordenen  mittleren  Ringe  der  Keimscheibe, 
welcher  Ring  aus  der  Vermehrung  der  hauptsächlich 
durch  die  Meridianfurche  von  den  Segmenten  abgeschnür- 
ten Zellen  entstanden  ist.  Auch  hier  verdickt  sich  das 
erste  Keimblatt  —  vorzüglich  an  den  Seiten-  und  an  der 
Rückenfläche  —  dadurch,  dass  seine  Zellen  sich  rasch 
der  Länge  nach  theilen,  wobei  sie  höher  und  cylinder- 
förmig  werden. 

Unmittelbar  auf  diesen  Theil  folgt  der  ziemlich 
enge,  gürtelähnliche,  aus  den  von  allen  32  Segmenten 
gleichmässig  abgeschnürten  Furciiungskugeln  entstandene 
Theil,  welcher  den  Aequator  des  Dotters  einnimmt,  nach 
oben  von  dem  mittleren  Theil  (dem  zukünftigen  Rumpfe 
des  Thieres)  und  nach  unten  von  dem  überall  gleich- 
mässig dünnen,  zweischichtigen,  am  unteren  Pole  geschlos- 
senen Blastoderma  (Rudiment  des  Dottersackes)  begrenzt 
wird.  In  dem  genannten,  peripherischen,  gürtelähnlichen 
Theile  des  kugelförmigen  Keimes  sind  die  Zellen  recht 
breit,  aber  zugleich  flach,  so  dass  dieser  Theil  eben  so 
dünn  wie  das  Rudiment  des  Dottersackes  ist.  Alle  Zellen 
des  oberen  Keimblattes  unterscheiden  sich  zu  Ende  der 
ersten  Periode  nur  durch  ihre  Höhe  und  Breite,  was  da- 
gegen ihre  Form  anbetrifft,  so  giebt  es  keine  besondere, 
nur  gewissen  Theilen  des  genan^nten  Keimblattes  eigen- 
thümliche.  Zugleich  mit  3-  oder  4eckigen  finden  sich  5-, 
6-,  7-  ja  selbst  Seckige  Zellen.  —  2)  Aus  dem  zweiten 
oder  mittleren,  an  der  ovalen  Falte  die  grösste  Dicke 
erreichenden  Keimblatte,  welches  in.  zwei  Schichten,  die 
Hautmuskelschicht  und  die  Darmfaserschicht,  zerfällt.  Mit 
der  Entwickelung  des  Keimes  wächst  diese  Spaltung  des 
zweiten  Keimblattes  sowohl  durch  Quertheilung  seiner 
Zellen,  als  auch  durch  die  Verbreiterung  beider  Schich- 


350  Ussow: 

ten,  welche  in  der  Richtung  vom  rhomboidalen  Centrum 
zum  Dottersack  stattfindet. 

Die  beiden  Schichten  des  zweiten  Keimblattes  lagern 
sich  folgendermaassen:  a)  Die  Hautmuskelschicht  ver- 
dickt sich  etwas  im  Centraltheile  des  Keimes  und  in  dem 
gürteiähnlich  auf  dem  Aequator  des  Dotters  liegenden 
Ringe  desselben.  Durch  allmähliche  fortgesetzte  Theilung 
der  Biastodermazellen  (s.  den  Aufangsmoment  der  Bil- 
dung des  zweiten  Keimblattes)  und  durch  selbstständige 
Längstheiliing  ihrer  Zellen,  wächst  diese  Schicht  ziemlich 
schnell  unter  dem  oberen  Keimblatte,  und  schliesst  sich 
am  untern  Pole  des  ^ahrungsdotters  ab.  —  b)  Die  Darm- 
faserschicht findet  sich  mit  der  Entwickelung  des  Keimes 
nicht  nur  auf  der  Bauchseite  vor  (unter  der  ringförmigen, 
ovalen  Falte  des  rhomboidalen  Centrums),  sondern  ihre 
ziemlich  losen,  unmittelbar  auf  dem  Nahrungsdotter  auf- 
liegenden Zellenreihen,  vermehren  sich  im  mittleren 
Theile  des  Keimes  auöh  gegen  die  Rückenseite  hin. 
Verschiedene  Keimschnitte  aus  früheren  Stadien  (z.  B. 
des  10.  Tages)  zeigen,  dass  die  Zellen  der  Darmfaser- 
schicht sich  am  stärksten  an  den  Seiten  der  Längsaxe 
des  Keimes,  nämlich  dort,  wo  sich  später  der  Verdauungs- 
apparat entwickeln  wird,  häufen.  Nahe  an  der  Gränze 
des  mittleren  und  des  gürtelförmigen  Theiles  hört  diese 
Schicht  ganz  auf,  und  in  dem  gürtelähnlichen  Theile 
(Region  der  Bildung  der  Arme)  und  weiter  zum  Pole  des 
Nahrungsdotters  hin,  und  um  denselben  herum  werden 
nur  die  Zellen  der  Hautmuskelschicht,  wie  schon  oben 
bemerkt  worden  ist,  angetroffen.  P'olglich  entsteht  die 
untere  oder  Darmfaserschicht  des  zweiten  Keimblattes, 
wie  es  leicht  ersichtlich  ist,  durch  Querspaltung  des  an- 
fangs einschichtigen  zweiten  Keimblattes,  also  auf  die- 
selbe Weise  wie  dieses  Blatt  aus  den  Zellen  des  ein- 
schichtigen Blastoderma  oder  dem  oberen  Keimblatte  sich 
gebildet  hat.  Die  Zellen  beider  Schichten  des  mittleren 
Keimblattes  sind  stets  etwas  kleiner,  aber  zahlreicher  als 
die  des  oberen.  Der  Form  nach  sind  sie  meistentheils 
oval,  nicht  selten  gedehnt  (in  der  Wand  des  Dotter- 
sackes);   ihr  Protoplasma    ist    ziemlich    dunkel,    fettartig. 


Zoologisch-embryologische  üntersiichuDgeri.  351 

und  der  in  einer  jeden  Zelle  eingeschlossene  Kern  (oft 
zwei)  kann  ohne  Reagentien  fast  nicht  wahrgenommen 
werden.  Alle  Zellen,  sowohl  des  zweiten,  als  auch  des 
oberen  Keimblattes  enthalten  keine  Spur  von  Hüllen. 

JNicht  ohne  Absicht  habe  ich  so  lange  bei  der  Bil- 
dungsweise, der  Selbstständigkeit  und  der  Verbreitung 
der  beiden  ersten  Keimblätter  verweilt,  indem  die  einzige 
bis  jetzt  vorhandene,  diesen  Gegenstand  berührende,  von 
El.  Mets  chnikoff  ^)  gelieferte,  bekannte  Abhandlung 
nicht  ganz  befriedigend  ist.  Erstens  hat  dieser  Forscher 
das  zweite,  untere  ßlatt  („parenchymatöse")  nicht  als  das 
mittlere  erkannt,  und  zweitens  auf  seine  Spaltung  in  die 
zwei  oben  beschriebenen,  in  der  Bildung  des  Embryonal- 
organismus eine  so  wichtige  iiolie  spielenden  Schichten, 
nicht  hingewiesen,  ich  glaube  es  ist  unnütz  hinzuzu- 
fügen, dasö  meine  langwierigen  Forschungen  über  die 
Entwickelung  von  vier  verschiedenen  Kopltüsslerarten, 
die  von  Kolliker-j  aufgestellte  einsieht,  welche  den 
Kopliüsslern  beide  Keimblätter  abspricht,  vollständig  wi- 
derlegen. 

iV.  Aut'treteu  der  Orgaue. 

Gehen  wir  jetzt  zu  der  zweiten  Periode  ^),  derjenigen 
der  Entstehung  der  Organe  über.  Am  ersten  Tage  dieser 
Periode  (bei  LoLigo  und  tSepioia  dem  neunten  Tage  seit 
Beginn  des  Furchuugsprocesses;  wird  die  oben  beschrie- 
bene Khomboidalrinne  allmählich  tiefer  und  von  der  läng- 
lich ovalen,  stets  wachsenden,  die  Form  eines  Schildes 
annehmenden,  an  der  Bauchseite  sich  abschnürenden 
Falte  überdeckt.  Die  Ränder  der  Falte  fangen  gegen 
das  Ende  dieser  Periode  an  zusammenzuwachsen,  und  die 


1)  loc.  cit.  p.  19. 

2)  loc.  cit.  p.  167. 

3)  Bei  Loligo,  Sepiola  und  Argonauta  dauert  die  zweite  Ent- 
wickelungsperiode  5  Tage.  lu  dieser  Mittheilung  folge  ich  Met- 
schnikofis  Eintheilung  der  Kopffüsblerentwickelung  in  drei  fol- 
gende Perioden:  die  erste  —  Bildung  der  Keimblätter,  die  zweite 
—  Auftreten  der  Organe,  die  dritte  —  allmähliche  weitere  Ent- 
wickelung der  Organe. 


352  r  s  s  o  w : 

rhomboidale  Rinne  Terwandelt  sich  in  eine  flache,  im 
mittleren  Theile  etwas  breitere  (besonders  bei  Sepia) 
Röhre. 

Die  schildförmige  über  der  Röhre,  hauptsächlich 
auf  der  Rückenfläche  liegende  (aus  der  zusammenwach- 
senden Falte  entstandene )  hügelförmige  Erhebung,  die 
sich  aiimählich  abschnürt,  ist  das  Rudiment  des  Mantels, 
während  in  der  genannten,  an  beiden  Enden  geschlosse- 
nen, in  der  Mitte  breiteren  Röhre  sich  später  das  Os  se- 
piae  {Sepia,  Loligo,  Sepiola.  Ommastrephes,  liossia)  bilden 
wird.  Die  an  der  Bauchseite  sich  abschnürende  Erhebung 
wächst  sowohl  nach  oben  als  auch  nach  unten,  und  nimmt 
anfangs  die  Form  einer  Tasse,  später  die  eines  Cvlinders  an. 

Die  Wandungen  der  genannten  Primitivrinne  *),  die 
sich  auf  obenangegebene  Weise  in  eine  Röhre  umbildet, 
bestehen   aus  einer    einzigen  Zeilenschicht  -)    des  oberen 


1;  Die  Lage  dieser  rhomboidalen  YertiefaDg  auf  der  Rücken- 
seite,  ihr  frühzeitiges  Auftreten  (vor  allen  Organen),  ihre  fernere 
Entwickelungsweise,  alle  diese  Thatsachen.  weiche  an  die  Primitiv- 
rinne der  Wirbelthiere  erinnern,  in  Betracht  ziehend,  möchte  ich  sie 
ebenfalb  Primitivrinne  benennen,  wobei  jedoch  selbstverständlich  von 
einer  näheren  Yergleichung  derselben  mit  der  Primitivrinne  der  Wirbel- 
thiere nicht  die  Rede  sem  kann,  da  beide  Rudimente  grundverschiedene 
Organe  darstellen.  Obgleich  bei  den  Octopoden  {Ärgonauta)  sich  eben- 
falls anfangs  eine  Rinne  bildet,  so  schliesst  sich  dieselbe  doch  nicht 
(die  Gattung  Cirrhoteuthis  ausgenommen?),  sondern  glättet  sich  all- 
mählich aus  und  verschwindet  endlich  ganz.  In  Bezug  auf  Ärgo- 
nauta muss  ich  bemerken,  dass  Kölliker  die  Rinne  beschrieben 
(loc.  cit.  p.  163j  und  abgebildet  (Taf.  VI.  f.  71— 73)  hat,  als  »eine 
ziemlich  tiefe  trichterförmige  Grube,  < 

2)  Die  cylinderförmigen,  den  Boden  der  Rinne  auskleidenden 
Zellen  sind  ziemlich  hoch,  während  die  die  Rinne  überdeckende  und 
später  zusammenwachsende  Schicht  aus  kleinen  flachen  Zellen  be- 
steht. Einige  Uebereinstimmung  in  der  Entstehung  dieser  Rinne  und 
der  des  Darmdrüsen blattes  gewisser  Thiere  (z.  B.  der  Artbropoda) 
und  dann  die  grosse  Aehnlichkeit  ihrer  unter  dem  oberen  Keim- 
blatte liegenden  Zellen  mit  denen  des  genannten  Darmdrüsenblattes 
hat  mich  anfangs  irre  geleitet  und  mich  glauben  gemacht,  dass  viel- 
leicht auch  bei  den  Kopfiusslem  ein  Theil  des  Darmtractus,  ähnlich 
wie  z.  B.  bei  den  Krehisen  sich  bilde  (s.  die  ausgezeichnete,  in 
russischer   Sprache    erschienene    Arbeit   Bobrezky's:      »Ueber   die 


Zoologisch-embryologi^che  rntersnchungen.  3d3 

Keimblattes,  während  in  der  ovalen  Falte  i  Rudiment  des 
Mantelsi  ausser  den  verlängerten,  cvlinderförmigen,  auf 
ihrer  Obertiäche  liegenden  Zellen  noch  zwei  Zellen- 
schichten des  mittleren  Keimblattes  sich  tinden.  Die 
erste  dieser  Schichten  Hautmuskelschicht'  wird,  mit  der 
Entwickelung  der  Falte  sich  stets  vergrössernd,  unfer 
ihren  Rändern  mehrschichtig  ^\  also  auch  dicker,  und 
diese  Verdickung  ist  die  unmittelbare  Ursache  der  Aus- 
stülpung der  Falte  über  das  Blastoderraa  und  ihrer  Ab- 
schnürung an  der  Bauchseite. 

Ausser  den  genannten  Organen  treten  zu  dieser 
Zeit  auch  die  Rudimente  der  Augenövale  und  der 
Mund  Öffnung  auf.  Die  Mundöffnung.  die  von  aussen 
nur  mit  Mühe  wahrgenommen  werden  kann,  stellt  sich 
auf  den  Längsschnitten  dieses  Stadiums  als  eine  sehr  dache 
Vertiefung  des  oberen  Keimblattes  dar.  Die  Augenrudi- 
mente, die  symmetrisch  an  den  Seiten  der  Riickendäche 
Hegen,  entwickeln  sich  vorzüglich  aus  den  länglichen 
Zellen  des  oberen  Keimblattes,  deren  einzige  Reihe  eine 
liinglich-ovale    Wölbung  -)  über  dem    Blastoderma  bildet. 

Der  auf  die  angegebene  Weise  (s.  oben  S.  333  Anm.  2) 
vom  Xahrungsdottor  in  diesem  ersten  Stadium  der  Entste- 
hung der  Organe  abgehobene  Cephalopodenembryo  hat  die 
Form  einer  an  vielen  Stellen  mehr  oder  minder  ver- 
dickten, mehrschichtigen  convexen  Scheibe,  oder  genauer 
einer  hohlen  Halbkugel.      Die  früheste  und  bedeutendste 


Eutwick eluiig  des  Astacus  und  des  Palaemon«).  Krst  eine 
lange  Reihe  vielfach  wiederhoher  Beobachtungen  hat  mich  von 
meinem  anfänglichen  Irithum  überzeugt. 

1)  Der  Theil  der  llautmuskelschicht,  welcher  zwischen  der 
Rinne  und  der  Obertiäche  des  Mantels  liegt,  bildet  sich  ^iu  der 
dritten  Periodel  /u  der  Cutis  mit  ihrer  muskulöse«  und  faserigen 
Schicht  um. 

2)  Diese  Entwickelungsweise  der  primitiven  Augenovale,  die 
bald  von  einer  zweiten  Falte  des  obeivn  Rlattes  bedeckt  werden,  und 
dann  sich  allmählich  zu  senken  beginnen,  hat  Metschnikoff  g^nt 
richtig  bei  Sepiola  beobachtet  (loc.  cit.  p.  43  —  49).  Für  die  übrigen 
Tephalöpoden  bestätigen  dieselbe  meine  Untersuchungen  und  folg- 
lich erweisen  sich  die  Mein\mgen  Kölliker's  (loc.  cit.  p.  99)  u. 
Hensen's  (Z.  f.  wiss.  Z.  Rd.  XV.  p.  1S3)  als  irrthümlich 

Arohiv  f.  Naturg.  XXXX    Jahrg.  Bd.  l.  23 


354  TT  s  s  o  w : 

Verdickung  entspricht  dem  schildförmigen,  auf  der  Rü- 
ckenseite zugespitzten,  auf  der  Bauchseite  bogenförmig  be- 
gränzten  Mantelrudimente  mit  der  beschriebenen  Rhom- 
boidalrinne,  welche  auf  Querschnitten  in  der  Form  einer 
flachen  aber  breiten  Vertiefung  des  oberen  Keimblattes 
sich  darstellt.  Das  Mantelrudiment  liegt  zur  Zeit  seines 
Auftretens  in  der  Mitte  der  ursprünglichen  Keimscheibe 
(Centrum)  mit  seinem  bei  weitem  grösseren  Theile  auf 
der  Rückenseite,  während  der  etwas  gehobene  (sich  ab- 
schnürende) später  die  Bauchseite  umwachsende  Theil 
*nur  einen  sehr  unbedeutenden  Raum  auf  der  letzteren 
einnimmt. 

lieber  dem  Mantel  liegen  symmetrisch  zu  beiden 
Seiten  der  Rückenfläche  die  zwei  Augenovale  und  zwi- 
schen ihnen,  an  der  Gränze  der  Region  der  Arme  das 
oben  genannte  Rudiment  der  MundöfFnung.  Die  Seiten- 
flächen des  Embryo  entsprechen  den  später  auftretenden 
s.  g.  Kopflappen. 

Am  folgenden  Tage  traten  bei  allen  von  mir  unter- 
suchten Cephalopoden  die  Kiemen,  der  Trichter,  die 
Arme  und  der  Anal-  oder  Afterhügel  auf.  Zu  der 
Zeit,  wann  das  Mantelrudiment  sich  von  dem  Blastoderma 
an  der  Bauchseite  etwas  mehr  abgeschnürt  hat,  wird  die 
Zellenschicht  des  oberen  Keimblattes  an  den  Seiten  des 
Embryo  etwas  dicker  (anfangs  durch  Längstheilung,  wo- 
durch die  Zellen  höher  werden,  dann  auch  durch  Querthei- 
lung)  und  bildet  zwei  anfangs  unbedeutende,  allmählich 
wachsende  Erhöhungen,  die  die  Rudimente  der  beiden 
s.  g.  Kopflappen  sind. 

Was  die,  anfangs  an  der  Bauchseite  des  Embryo, 
unweit  von  dem  Rande  des  Mantels  liegenden  Kiemen- 
rudimente anbetrifft,  so  entwickeln  sich  dieselben  aus  der 
mehrschichtigen  Verdickung  ^)  der  Hautmuskelschicht  des 


1)  Am  Ende  der  zweiten  und  in  der  dritten  Periode  lockern 
sich  allmählich  die  Zellen  in  der  Mitte  der  soliden  Kiemenrudimente 
und  es  entstehen  netzartige  geschlängelte  Gänge,  in  welchen  die 
Kiemenarterien  und  -venen  mit  ihren  zahlreichen  Zweigen  sich  bilden, 
cf.  van  Beneden  loc.  cit.  p.  9.  —  Kölliker  loc.  cit.  p.  89.  — 
Metschnikoff  loc.  cit.  p,  61. 


Zooiogisch-embryologische  Üntersuchungeü.  355 

mittleren  Keimblattes,  die  von  den  Zellen  des  oberen 
Blattes  bedeckt  ist. 

Auf  der  Gränze  des  vorderen  Kopflappens  und  des 
Mantelrudiments  tritt  auf  jeder  Seite  des  Embryo  eine 
balbtoondförmige  Falte  auf,  die  aus  einer  Verdickung  der 
Hautmuskelscbiclit  entsteht,  und  wie  alle  genannten  Or- 
gane, von  Zellen  des  oberen  Blattes  bedeckt  ist.  Dieses 
ist  das  Rudiment  des  Trichters,  der  aus  zwei  Hälften, 
deren  Ränder  auf  der  Bauchseite  sehr  spät  und  zwar  am 
Anfange  der  dritten  Periode  zusammenwachsen  ^),  besteht. 

Fast  gleichzeitig  mit  dem  Auftreten  der  Kiemen 
bildet  sich  zwischen  ihren  birnförmigen  Rudimenten  in 
der  mittleren  Linie-)  des  Embryo  ein  ziemlich  unbe- 
deutender Hügel,  der  ebenso  wie  die  meisten  Auswüchse 
aus  dem  zweiten  Keimblatte  (in  diesem  Falle  vorzüglich 
aus  der  Darmfaserschicht)  hervorgeht  und  ebenfalls  von 
dem  oberen  bedeckt  ist.  Dieser  Hügel  bildet  die  erste 
Anlage  des  Afters.  Um  dieselbe  Zeit  treten  bei  allen 
von  mir  untersuchten  Kopffüsslern  die  vier  (Argonauta) 
oder  fünf  Paare  der  Armrudimente  sehr  rasch  (höchstens 
in  zwei  Tagen)  nacheinander,  bei  einigen  die  drei  ersten 
Paare  gleichzeitig  ^),  auf.  Dieses  scheint  die  von  K Ol- 
li ker^)  und  darauf  von  Metschnikoff^)  verworfene 
Beobachtung  van  B  eneden's  ^)  zu  bestätigen.  Die  Arm- 
rudimente entwickeln  sich  als  halbkugelige,  vorzüglich 
aus  der  Hautmuskelschicht  bestehende  und  von  Zellen 
des  Blastoderma  bedeckte  Auswüchse.  Sie  treten  alle  an 
dem   ringförmigen,    auf    dem  Aequator  liegenden  Theile 


1)  Auf  der  Rückenseite  nähern  sich  die  beiden  Trichterhälften 
schon  am  vierten  Tage  der  zweiten  Periode. 

2)  In  der  Längslinie  welche  durch  die  Mundöffnung  und  die 
Mitte  des  Mantels  geht,  und  den  Embryo  in  zwei  symmetrische 
Hälften  theilt. 

3)  Bei  Loligo,  Sepiola  und  Argonauta. 

4)  KöUiker  loc.  cit.  p.  60. 

5)  Metschnikoff  loc.  cit.  p.  35. 

6)  V  an  Beneden  loc.  cit.  p.  7  f.  9, 


B56  üssow: 

der  Keimscheibe  auf,  welcher  sich  aus  einigen  (3 — 4) 
concentrischen  Reihen  grosser,  aber  flacher,  von  den  Seg- 
menten nach  der  Meridianfurchung  abgeschnürten,  an- 
fangs in  isolirten  Gruppen  zerstreut  liegenden  Zellen  *), 
gebildet  hat. 

Am  dritten  Tage  der  zweiten  Periode  treten  zu  den 
aufgezählten,  sich  weiter  entwickelnden  Organen  die 
Rudimente  der  Gehörorgane,  des  Pharynx,  der 
Speicheldrüsen,  der  Afteröffnung  und  der  äusse- 
ren Falte  der  Augenovale  hinzu. 

Zwischen  dem  äusseren  Rande  des  Trichterrudiments 
(da  wo  seine  Knorpel,  wenn  auch  undeutlich,  zu  bilden 
sich  beginnen)  und  dem  Anfange  des  vorderen  Kopf- 
lappens, auf  beiden  Seiten  der  Bauchfläche  des  Embryo 
vertieft  sich  das  obere  Keimblatt  ein  wenig  und  bildet 
zwei,  anfangs  sehr  kleine  auf  Längs-  und  Querschnitten 
scharf  markirte  Grübchen,  welche  die  Rudimente  der 
Gehörorgane  darstellen,  und  erst  am  Ende  der  dritten 
Periode  sich  einander  nähern.  Ihre  tubenförmigen  Stiele, 
die  sich  am  Ende  der  zweiten  Periode  von  dem  oberen 
Blatte  ganz  abschnüren,  verwandeln  sich  in  Canäle,  die 
auf  den,  von  der  äusseren  Oberfläche  völlig  getrennten 
Gehörbläschen  zu  liegen  kommen.  Die  Wände  dieser 
letzteren  werden  bald  an  manchen  Stellen  dicker  ^). 

Die  grubenähnliche  Vertiefung    des  oberen  Blattes, 


1)  S.  Furchungsprocess. 

2)  Im  Anfange  der  dritten  Periode  bilden  sich  bei  allen  von 
mir  untersuchten  Kopffüsslern  in  der  Höhle  eines  jeden  Gehörbläs- 
chens (bei  Loligo  0,32  Mm.  gross)  an  deren  oberen  Wand  glän- 
zende, sich  unter  einander  bald  vereinigende,  aus  einer  kalkigen 
Aussonderung  der  cylinderförmigen  Epithelialzellen  (0,04  Mm.  gross), 
bestehende  Körnchen,  aus  welchen  die  beiden  Otolithen  (0,048  Mm. 
gross)  hervorgehen.  Die  Canäle,  die  auf  den  Gehörbläschen  liegen, 
krümmen  sich  (in  der  dritten  Periode)  und  ihre  inneren  Epithelial- 
wände  bedecken  sich  mit  Flimmerhärchen.  Ueberhaupt  stimmen 
meine  Beobachtungen  über  die  Entwickelung  der  Gehörorgane  mit 
den  von  Metschnikoff  für  Sepiola  erlangten  Resultaten  (loc.  cit. 
p.  49—53)  überein,  weichen  aber  bedeutend  von  denjenigen  Köl- 
liker's)  loc.  cit.  p.  168)  ab. 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  357 

welche  die  Mimdöffnuni^  bildet,  dringt  immer  tiefer 
(zwischen  die  zwei  sie  umringenden  Schichten  spindel- 
förmiger Zellen  der  Darmfaserschicht,  welche  zwischen 
dem  Nahrungsdotter  und  der  HautmUvskelschicht  liegt) 
vor,  und  auf  dem  Boden  dieser  flachen,  taschenförmigen 
Grube  bildet  sich  ein  kleiner,  aus  Zellen  des  mittleren 
Keimblattes  (Hautmuskelschicht)  bestehender  Hügel.  Dieser 
Hügel,  der  seitwärts,  an  der  hinteren  Wand  der  Grube 
liegt,  und  ebenso  wie  diese  von  Zellen  des  oberen  Keim- 
blattes bedeckt  ist,  stellt  den  hinteren  Theil  des  Pharynx 
dar,  und  bildet  sich  später  (in  der  dritten  Periode)  zu 
dem  s.  g.  Geschmacksorgan  mit  seinem  Muskelgewebe 
und  der  hakenförmigen  Radula  um.  Zwischen  der  hin- 
teren Wand  der  ursprünglichen  Mundhöhle  und  dem  ge- 
nannten Hügel  schliesst  sich  die  obere  Zellenschicht  des 
letzteren  zu  einer  dünnen  und  kurzen  blinden  Röhre  ab. 
Diese  Röhre  verlängert  sich  ziemlich  rasch,  theilt  sich 
dann  gabelförmig,  und  bildet  so  das  Rudiment  des  Aus- 
führungsganges der  Speicheldrüsen,  die  sich 
am  Ende  der  beiden  Zweige  der  genannten  Röhre  ent- 
wickeln (in  der  dritten  Periode).  Die  ursprüngliche,  im 
oberen  Theile  breitere,  trichterförmige  Grube  aber 
stellt  in  ihrem  oberen  Theile  das  Rudiment  der 
Mundhöhle,  im  unteren  das  der  Speiseröhre  oder 
des  Vorderdarmes  dar.  Was  die  übrigen  Theile  des 
Pharynx,  wie  den  Unter-  und  den  Oberkiefer  und 
den  dicken  Muskel  des  letzteren  anbetrifft,  so  entwickeln 
sich  dieselben  in  der  dritten  Periode  und  zwar  die  Kiefer 
als  eine  Chitinaussonderung  der  Epithelialhülle  der  Mund- 
höhle, und  der  Muskel  als  eine  Verdickung  der  Haut- 
muskelschicht, die  der  Vorderwand  der  ursprünglichen 
Mundgrube  anliegt. 

Die  Veränderung,  welche  an  diesem  (3.)  Tage  im 
Afterhügel  vorgeht,  besteht  darin,  dass  in  seinem  Centrura 
die  Zellen  des  oberen  Blattes  eine  sich  vergrössernde 
Vertiefung,  welche  das  Rudiment  der  Afteröffnung  ist, 
bilden. 

Ueber  einem  jeden  der  dickeiv  gewordenen,  die  ur- 
sprüngliche   Netzhaut     bildenden    Augenovale    erscheint 


358  ÜBSOw: 

eine  Falte  (aus  Zellen  des  oberen  Blattes),  die  schnell 
wächst,  am  Ende  dieser  zweiten  Periode  die  ganzen  Ovale 
bedeckt,  wobei  aber  im  Centrum  der  Falte  eine  kleine 
Oeffnung  übrig  bleibt;  gleichzeitig  entstehen  auf  der 
Oberfläche  der  Netzhaut  kleine  gelbe  Pigmentkörnchen  *). 

Die  beiden  beträchtlich  dicker  gewordenen  Kopf- 
lappen heben  sich  immer  mehr  über  den  Nahrungsdotter 
empor,  während  die  auf  dem  Acquator  liegende  Region 
der  Arme  sich  zusammenschnürt,  und  so  eine  engere 
Gränze  zwischen  dem  Embryo  und  dem  kugelförmigen 
Dottersack  bildet.  Der  von  der  Bauch-  oder  Rückenseite 
betrachtete  Embryo  hat  eine  leierförmige  Gestalt;  sein 
unterer  Theil  (Mantel)  ist  von  der  Bauchseite  bedeutend 
abgeschnürt,  der  mittlere  -)  ziemlich  breit,  und  die  Re- 
gion der  Arme  bildet  einen  recht  merklichen  Einschnitt 
zwischen  dem  Dottersack  und  dem  eigentlichen  Embryo. 
Der  in  dem  Embryo  eingeschlossene  Nahrungsdotter  hat 
die  Form  einer  Halbkugel  mit  einem  hügelförmigen  Fort- 
satz,   der   in    den  Mantel  auf  der  Rückenseite    eindringt. 

Der  vierte  Tag  der  zweiten  Entwickelungsperiodc 
wird  charakterisirt  durch  das  Auftreten  zweier  kugel- 
förmigen Zellenhaufen  der  Darmfaserschjcht  des  mittleren 
Blattes,    welche  Haufen  auf  der  Bauchseite  des  Embryo, 


1)  In  Bezug  auf  die  Entwickelung  der  Sehorgane  muss  ich  noch 
hinzufügen,  dass  die  Linse  am  Anfange  der  dritten  Periode  als  eine 
flüssige,  allmählich  erhärtende  Ausscheidung  des  aus  der  genannten 
Falte  entstehenden  Corpus  ciliare  sich  bildet.  Ihre  Gestalt'  ver- 
wandelt sich  ziemlich  rasch  aus  einer  cylindrischen  in  eine  ovale, 
und  wird  endlich  kugelförmig.  Auf  Längs-  und  Querschnitten  der 
Embryone  von  Argonauta,  Loligo  u.  a.  besteht  die  Linse  aus  con- 
centrischen  Schichten  einer  structurlosen,  durchsichtigen  Substanz. 
In  der  dritten  Periode  senkt  sich  allmählich  die  anfangs  convexe, 
aus  zwei  Schichten  cylinderförmiger  Zellen  bestehende  Netzhaut 
und  wird  halbmondförmig  concav;  das  dunkelbraune  Pigment  bleibt 
merkwürdiger  Weise  bis  an's  Ende  des  Embryonallebens  auf  der 
Oberfläche  der  Retina. 

2)  Aus  diesem  Theile  bilden  sich  allmählich:  der  Kopf,  alle 
in  ihm  eingeschlossenen  (Organe  und  einige  Organe  des  Rumpfes. 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  359 

nahe  an  den  »Seiten  der  Kiemen,  auf  deren  Spitzen  zu 
dieser  Zeit  zwei  Hügel  entstehen,  liegen.  Diese  soliden 
Zellenhäufchen  bilden  das  Rudiment  der  Vorhöfe  des 
Herzens,  die  später  von  einem  Pericardium  umgeben 
sind.  Dieses  letztere  besteht  aus  einer  Zellenschicht  des 
oberen  Blattes,  die  zwischen  den  Mantel  und  den  Trich- 
ter eindringt,  und  die  Häufchen  ganz  umkleidet  ^).  Das 
Rudiment  der  Herzkammer  liegt  zwischen  den  Rudi- 
menten der  Vorhöfe,  kann  nur  mit  Mühe  wahrgenommen 
w^erden  ^)  und  besteht  auch  aus  einem  soliden,  anfangs 
kugelförmigen,  dann  in  einen  Cylinder  sich  verwandeln- 
den Zellenhäufchen  der  Darmfaserschicht.  Allmählich 
lösen  sich  im  Centrum  eines  jeden  Häufchens  die  Zellen 
von  einander,  so  dass  daselbst  eine  sich  vergrösserndc 
Höhle  entsteht,  während  die  Zellen  sich  spindelförmig 
verlängern,  und  ziemlich  dicke,  muskulöse  Wände  um 
die  Höhle  bilden.  Erst  in  der  dritten  Periode  finden 
sich  z.  B.  bei  den  Sepiaembryonen,  welche  nur  3 — 4  Mal 
kleiner  als  ihr  Dottersack  sind,  ausser  den  bedeutend 
entwickelten,  schon  pulsirenden,  eben  erwähnten  centralen 
Kreislaufsorganen,  auch  zwei  s.  g.  Kiemenherzen,  die 
in  den  beiden  vielhügeligen  Kiemen,  an  deren  breiter 
Basis  gelegen  sind.  Die  Wandungen  der  Aorta  und 
alle  übrigen,  später  auftretenden  grossen  Arterien  (z. 
B.  der  Augenganglien),  Venen  und  deren  Ein- 
gänge (sog.  Nieren)  entwickeln  sich  aus  den  sich  ver- 
längernden und  aneinander  reihenden  Zellen  des  mittle- 
ren Blattes.  An  demselben  Tage  sondert  sich  hinter 
einem  jeden  der  Augenovale  ein  kugelförmiges  Zellen- 
häufchen des  mittleren  Keimblattes  ab,   welche  Häufchen 


1)  Die  recht  grosse  Pericardialhöhle  ist  recht  deutlich  be- 
merkbar   in    der    ersten  Hälfte  der  dritten  Periode. 

2)  Vorzüglich  deutlich  stellt  sie  sich  auf  den  Flächenschnitten 
aus  der  ersten  Hälfte  der  dritten  Periode  dar,  und  zwar  in  der  Form 
eines  ovalen  Zellenhäufchens.  Die  von  dünnen  Wänden  umschlos- 
sene Höhle  bildet  sich  sehr  langsam,  so  dass  die  Entwickelung  der 
Vorböfe  um  einen  bedeutenden  Zeitraum  derjenigen  der  Herzkammer 
vorausgeht. 


360  Ü880w: 

die  Rudimente  der  Gang  Ha  optica  darstellen.  Näher 
werde  ich  auf  dieselben  bei  der  Beschreibung  der  Bil- 
dung des  Nervensystems  eingehen. 

Am  Ende  des  vierten  Tages  nähern  sich  die  Kopf- 
lappen einander  bedeutend,  und  der  Embryo  erhebt  sich 
über  den  Nahrungsdotter,  dessen  Wände  nur  aus  einer 
Schicht  cylinderförmiger  Zellen  des  oberen  Keimblattes 
und  einer  mit  ersterer  mittelst  dünner,  contractiler,  pro- 
toplasmatischer  Fortsätze  verbundenen  Schicht  des  mitt- 
leien  Blattes  bestehen  und  sich  rhythmisch  zu  bewegen 
anfangen,  wodurch  die  Resorption  des  Nahrungsdotters 
beschleunigt  wird. 

Zu  derselben  Zeit  bilden  sich  die  Zellen  des  mitt- 
leren Keimblattes  (der  Hautmuskelschicht),  welche  den, 
vermittelst  ihrer  Stiele  mit  der  Ausscnwelt  in  Verbindung 
stehenden  Gehörbläschen  anliegen,    zu  deren  Hüllen  um. 

Am  fünften  und  letzten  Tage  der  zweiten  Periode 
wird  die  dünne  Speiseröhre  immer  tiefer  und  erstreckt 
sich  beinahe  bis  zum  Mantel,  der  zu  dieser  Zeit  auch 
auf  dem  Rücken  sich  etwas  emporhebt.  In  der,  etwas 
tiefer  gewordenen,  das  Aussehen  einer  blinden  Röhre 
annehmenden  Aftergrube  geht  eine  in  so  fern  wichtige 
Veränderung  vor  sich,  als  sie  nahe  am  Eingange  sich 
in  zwei  Röhren  theilt  ^):  in  eine  obere  —  das  Rudiment 
des  D  inten  beuteis,  der  anfangs  die  Form  einer 
dünnen,  kurzen,  an  ihrem  blinden  Ende  verdickten  Röhre 


1)  Diese  Theilung  geschieht  dadurch,  dass  unter  dem  Boden 
der  Aftergrube,  der  von  zwei  oder  drei  Schichten  der  Darmfaser- 
schicht bedeckt  ist,  ein  kleiner  Auswuchs  sich  bildet,  der  allmählich 
den  Boden  der  Grube  beinahe  bis  an  den  Eingang  emporhebt  und 
auf  diese  Weise  die  Grube  gleichsam  wie  durch  eine  Scheidewand 
in  zwei,  unter  einem  spitzen  Winkel  sich  verzweigende  Röhren 
scheidet.  Der  Boden  der  oberen  Röhre  wird  bald  breiter,  wobei 
die  Zellen  seiner  Wände  bedeutend  länger  und  dicker  werden.  So 
entsteht  ein  Sack,  der  mit  einem  kurzen  Ausführungsgange  versehen 
ist.  Die  Wände  der  Grube  werden  höher  und  bilden  den  s.  g.  Anal- 
lappen {Sepia,  Sepiola).  Die  einst  von  van  Beneden  (loc.  cit.  p.  10) 
beschriebene  Verbindung  des  Dintenbeutels  mit  der  Leber  existirt 
nicht. 


Zoologisch-embrj'ologische  Untersuchungen.  361 

hat,  lind  in  eine  untere  —  das  ganz  gerade,  am  Ende 
geschlossene  Rudiment  des  eigentlichen  Mastdarmes. 
Die  Wände  dieser  beiden  Röhren,  ebenso  wie  auch  die 
des  Oesophagus  bestehen  aus  einer  Schicht  mehr  oder 
weniger  hoher  cylinderförmiger  Zellen  des  eingestülpten 
oberen  Blattes,  welche  von  ein  oder  zwei  Schichten 
spindelförmiger  Zellen  der  Darmfaserschicht  des  mittleren 
Keimblattes  umgeben  sind. 

Die  fernere  Entwickelung  des  Darmcanals,  die  in 
der  dritten  Periode  vor  sich  geht,  besteht  im  fortwähren- 
den Wachsen  und  Tieferwerden  seiner  genannten  Theile. 
Der  Magen  bildet  sich  anfangs  als  eine  Erweiterung 
des  hinteren  Theiles  der  Speiseröhre,  welche,  nachdem 
sie  sich  parallel  dem  Riickentheile  des  Mantels,  bis  zur 
Hälfte  desselben  verlängert  hat,  sich  unter  einem  fast 
rechten  Winkel  nach  der  Bauchseite  hin  umbiegt  und 
mit  dem  ursprüni;  liehen,  länger  gewordenen  und  zum 
Rücken  emporgekrümmten  Mastdarme  zusammenwächst  '). 

An  der  Stelle,  wo  die  Magenverlängerung  mit  dem 
Mastdarme  zusammentrifft,  entsteht  eine  kleine  Erweite- 
rung, aus  der  sich  in  der  Folge  der  Blinddarm  bildet. 
Am  Schluss  der  ersten  Hälfte  der  dritten  Periode  liegen 
auf  Quer-  und  Längsschnitten  der  von  mir  erforschten 
Cephalopodcn,  hinter  dem  schon  bedeutend  entwickelten 
Dintensack,  anfangs  näher  der  Bauchseite  des  Embryo 
zwei  blinde,  keulenförmige,  mit  dicken  W^änden  versehene 
Röhrchen,  die  sich  aus  einer  Erweiterung  des  hinteren 
Theiles  des  Darmcanals  entwickelt  haben  und  das  Rudi- 
ment der  Leber  darstellen.     Erst  in  der  postembryonalen 


1)  Den  Moment  des  unmittelbaren  Zusammenwachsens  zu  be- 
obachten ist  mir  bis  jetzt  nicht  gelungen;  mich  aber  auf  Längs- 
schnitte sehr  naher  Stadien,  und  zwar  solcher  Embryone,  bei  denen 
der  lange,  am  Ende  verdickte  Vorderdarm  bis  zu  zwei  Dritteln  der 
Mantelhöhe  sich  erstreckt  (erste  Hälfte  der  dritten  Periode)  und 
der  Mastdarm  sich  bogenförmig  nach  der  Rückenseite  hinaufkrümmt, 
—  und  dann  auf  einige  Schnitte  (aus  der  zweiten  Hälfte  der  dritten 
Periode),  wo  der  wenig  verschlungene  Darmtractus  in  seiner  ganzen 
Länge  sichtbar  ist,  stützend,  glaube  ich  fest  behaupten  zu  dürfen, 
dass  dieses  Zusammenwachsen  in  der  That  stattfindet. 


362  üssow: 

Zeit,  nachdem  der  Nahrungsdotter  ganz  resorbirt  ist, 
vergrössern  sich  die  beiden  Leberhälften  sehr  rasch, 
nähern  sich  einander  und  nehmen  an  der  Rückenseite 
ihren  gewöhnlichen  Platz  ein. 

Was  den  Vormagen  oder  s.  g.  Kropf  anbetrifft, 
so  entwickelt  er  sich  bei  dem  Argonautaembryo  in  der 
ersten  Hälfte  der  dritten  Periode  auch  als  eine  unter  dem 
Cerebralganglion  liegende  Erweiterung  der  Speiseröhre. 
Die  Wände  aller  genannten,  zu  verschiedenen  Zeiten  ent- 
standenen Erweiterungen,  aus  denen  die  verschiedenen 
Haupt-  und  Nebentheile  des  Darmtractus  sich  bilden,  be- 
stehen aus  ein  oder  zwei  Reihen  spindelförmiger  Zellen 
der  Darmfaserschicht  und  aus  den  cylinderförmigen  Zellen 
des  nach  innen  eingebogenen  oberen  Keimblattes,  welches 
dann  die  Rolle  des  Darmdrüsenblattes  der  Embryone 
anderer  Thiere  zu  spielen  scheint  und,  wie  ich  glaube, 
dem  eingestülpten  Theile  des  oberen  Blattes,  aus  dem 
bei  Amphioxus  ^),  den  einfachen  Ascidien  2),  einigen  Coc- 
lenteraten  3),  ßrachiopoden  '*),  Würmern  ^)  u.  s.  w.  die 
Darmhöhle  sich  bildet,  entspricht. 

Auf  keinem  einzigen  Entwickelungsstadium  des  Kopf- 
füsslerembryo  steht  der  Nahrungsdotter  in  irgend  welcher 
unmittelbaren  Verbindung  mit  der  von  ihm  vollständig 
getrennten  Höhle  des  Darmtractus,  was  schon  von  K  ö  1- 
liker^)  und  Metschnikoff'^j  in  W^iderspruch  mit  den 
irrthümlichen  Behauptungen    älterer  Forscher  ^)  bemerkt 


1)  Mem.  d.  l'Acad.  d.  St.  Petersb.  T.  XL  Tf.  I.  f.  6,  —  Tf.  II.  f.  20. 

2)  Mem.  d.  l'Acad.  d.  St.  Petersb.  T.  X.  Tf.  I.  f.  10,  16. 

3)  Götting.  Nachr.  p.  154  11.  f.  1868.  —  Beobacht.  üb.  d.  Entw. 
d.  Coelent.  (in  russ.  Spr.)  Tf.  II,  III,  IV,  VI.  1873. 

4)  Beob.  üb.   d.  Entw.    d.  Brachiop.  (in  russ.  Spr.)   Tf.  I.  f.  3, 
10.     1874. 

5)  Mem.   d.   l'Acad.   d.    St.  Petersb.    T.  XVI,   Tf.  I,  VI.  —  S. 
auch  die  oben  citirte  Arbeit  Bobrezky's  Tf.  I.  f.  1 — 8. 

6)  loc.  cit.  p.  86. 

7)  loc.  cit.  p.  64. 

8)  van  Beneden   loc.  cit.    p.  8.   —   Chiaje  Mem.  2te  Auö. 
Bd.  I.  p.  40. 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  363 

worden  ist.  Arn  Ende  der  zweiteu  Periode  hat  der 
innere  Nahrung«dotter  die  Form  eines  Cylinders,  von 
welchem  drei  Fortsätze  auslaufen.  Der  untere,  spitz  zu- 
laufende Fortsatz  ist  wie  früher  im  Mantel  eingebettet, 
während  die  beiden  sichelähnlichen  Seitenfortsätze  in  die 
Kopflappen  hinter  den  Augen  unter  die  Ganglia  optica 
eindringen.  Aus  dem  Dottersack  in  den  Embryo  gelangt 
der  Nahrungsdotter  durch  einen  cylinderförmigen,  sich 
allmählich  verengernden,  durch  das  Zusammenwachsen 
der  Kopflappen  gebildeten  Canal,  der  zwischen  dem  Oe- 
sophagus, dem  Ganglion  pedale  und  dem  Ganglion  vi- 
scerale liegt.  Während  der  ganzen  Dauer  der  Entwickc- 
lung  wird  die  ganze  Masse  sow^ohl  des  inneren  als  auch 
des  fortwährend  in  den  Embryo  übergehenden  äusseren 
Nahrungsdotters  all  mählich  von  den  Zellen  verschiedener 
ihm  anliegender   Organe  und  Gewebe  resorbirt. 

Diese  kurze  Darlegung  der  Resultate  meiner  lang- 
wierigen Untersuchungen  (an  lebenden  Embryonen  und 
verschiedenartigen  Schnitten  derselben)  über  die  Ent- 
wickclung  des  Verdauungsapparates  der  Cephalopoden  wi- 
derspricht in  allen  ihren  Theilen  der  irrthümlichen  Mei- 
nung Kolli ker's  ^),  als  ob  der  ganze  Darmtractus  sich 
ursprünglich  als  ein  solider  Strang,  in  welchem  erst  nach- 
träglich Höhlungen  entstehen,  sich  bilde,  —  und  bestä- 
tigt die  genauen  A^ngaben  Metschnikoff  s  2)  über  die 
Entstehung  des  Darmtractus  bei  Sepiola  aus  zwei,  sich 
gegenüberliegenden  Einstülpungen  des  oberen  Keimblattes. 

Was  die  Leibeshöhle  anbelangt,  so  glaube  ich 
dass  es  am  richtigsten  ist,  so  den  ziemlich  engen  und 
unbedeutenden  Raum,  welcher  zwischen  der  peripherischen 
Schicht  der  Hautmuskelschicht  und  1 — 2  Reihen  der,  die 
muskulöse  Hülle  des  Darmtractus  bildenden  Darmfaser- 
schieht  sich  findet,  zu  nennen.  Diese  ganze,  vollständig 
abgeschlossene  Leibeshöhle  ist  von  länglichen,  das  s.  g. 
Bauchfell    oder    den    Peritonealsack    (in    welchem 


1)  loc.  cit.  p.  93. 

2)  loc.  cit.  p.  58,  67. 


364  Ussow: 

der  Verdauungsapparat,  die  Ceniralorgane  des  Blutsy- 
stems und  später  auch  die  Geschlechtsorgane  liegen)  bil- 
denden Zellen  der  Hautmuskelschicht  begränzt.  Der 
innere  Nahrungsdotter  ist  nie  von  einer  besonderen  ;,Ab- 
grenzungsschichte",  wie  es  Kölliker  meint  ^),  umschlos- 
seu;  sondern  liegt  frei  in  der  Leibeshöhle  und  der  seit 
dem  Beginn  der  Entwickelung  von  ihm  eingenommene 
Raum  entspricht  der  Segmentationshöhle  der  holopla- 
stischen  Eier  mit  totaler  Furchung  vieler  anderen  Thiere. 
Die  Athmungsorgane  —  beide  Kiemen  und  der  Trichter 
—  liegen  in  einer  besonderen,  offenen  Athemhöhle, 
die  nur  von  dem  Bauchtheile  des  Mantels  bedeckt  und 
von  innen  mit  einfachem,  dünnen,  die  Fortsetzung  des 
oberen  Keimblattes  bildenden,  auf  den  frühesten  Ent- 
wickelungsstadien  des  Mantels,  bei  seiner  Abschnürung 
von  der  Bauchseite  hier  eindringenden  Epithel  ausge- 
kleidet ist.  — 

Noch  bleibt  mir  jetzt  die  Zeit  des  Auftretens  des 
Nervensystems  und  seiner  Bildungsweise  bei  den  Kopf- 
füsslern  zu  erwähnen.  Nach  einer  langen  Reihe  viel- 
fach wiederholter  und  stets  dasselbe  Ergebniss  liefernder, 
auf  diese  Frage  sich  beziehender  Beobachtungen,  muss 
ich  wohl  für  immer  dem  Wunsche  entsagen,  in  der  Ent- 
wickelung des  Nervensystems  der  Cephalopoden  irgend 
eine  Aehnlichkeit  mit  der  Entwickelung  desselben  bei 
den  Wirbel-,  Mantel-,  Glieder-  und  Weichthieren  zu  fin- 
den. Während  sogar  bei  vielen  dem  Typus  der  Arthro- 
poden und  Mollusken  zugehörenden  Arten  wenigstens 
einige  Nervenknoten,  wie  das  bewiesen  ist  ^),  sich  zwei- 
felsohne aus  dem  oberen  Keimblatte  entwickeln,  ent- 
stehen alle  Nervenknoten  der  KopfFüssler  aus  mehr  oder 


1)  loc.  cit.  p.  61,  87,  167.  In  Bezug  auf  Sepiola  hat  Metsch- 
üikoff  diese  Ansicht  mit  Recht  verworfen. 

2)  S.  die  obengenannte,  ausgezeichnete  Arbeit  Kowalevsky's, 
Mem.  d.  l'Acad.  d.  St.  Petersb.  T.  XVI  p.  19  Tf.  V  p.  24  Tf.  VII  — 
auch  die  genannte  Arbeit  Bobrezky's  Tf.  III.  —  M.  Ganin  War- 
schauer Universitätsberichte  1873.  1.  —  S.  auch  Bericht  f.  Anat. 
u.  Phys.  1873  p.  360. 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  365 

weniger  compacten  Verdickungen  des  mittleren  Keim- 
blattes (Ilautmuskelschicht),  folglich  nach  der  Bildungs- 
weise der  peripherischen  Ganglien  bei  den  Wirbelthieren 
und  Wirbellosen,  worauf  auch  schon  Metschniko  f  f  0 
in  Bezug  auf  Sepiola  theilweise  hingewiesen  hat.  Nach 
dieser  Vorbemerkung  werde  ich  nun  in  wenigen  Worten 
die  Reihenfolge,  in  der  die  Nervenknoten  auftreten,  ihre 
anfängliche  Form  und  ihre  ursprüngliche  Lage  im  Kopf- 
füsslerembryo  besprechen. 

Oben  schon  habe  ich  der  Zeit  des  Auftretens  des 
paarigen  Augenganglion  erwähnt.  Die  anfangs 
wenigen,  sich  rasch  vermehrenden  Zellen  des  mittleren 
Blattes,  von  denen  sich  allmählich  die  zwei  ovalen  Häuf- 
chen (die  Rudimente  genannter  Ganglien)  iabsondern,  sind 
schon  beim  frühesten  Auftreten  der  Augenovale  bemerk- 
bar. Am  Ende  der  zweiten  Periode  haben  diese  recht 
umfangreichen,  an  den  Seiten  des  breiten  viereckineg 
Kopfes  des  Embryo  liegenden  Rudimentarganglien  die 
Form  zweier  unregelmässiger  Halbkugeln,  deren  gewölbte 
Oberfläche  an  die  zu  dieser  Zeit  schon  concav  werdende 
Netzhaut  angränzt,  während  die  flachen  Seiten  sich  den 
Rudimenten  des  Cerebral-  und  des  Visceraigan- 
glion  zuwenden.  Das  erste  von  diesen  beiden,  so  eben 
genannten  Ganglien  —  das  am  fünften  Tage  der  zweiten 
Periode  erscheinende  Cerebralganglion  —  entsteht 
ebenfalls  aus  zwei  compacten  Zellenhäufchen  der  Haut- 
muskelschicht, welche  durch  eine  breite  aber  kurze,  aus 
einigen  Schichten  ebensolcher  Zellen  bestehende  Commis- 
sur  verbunden  sind.  Das  Rudiment  des  anfangs  paarigen 
Cerebralganglion,  das  auf  der  Rückenseite,  zu  den  Seiten 
des  blinden  Oesophagusrudiments  liegt,  wird  mit  der  Ent- 
wickelung  des  Embryo  immer  breiter  und  dicker,  so  dass 
gegen  das  Ende  der  dritten  Periode  die  anfangs  scharf 
markirte  Commissur  der  beiden  Hälften  verschwindet  und 
der  Knoten  eine  ziemlich  umfangreiche,  compacte  Masse 
darstellt.  Zwei,  schon  am  vierten  Tage  der  zweiten  Pe- 
riode bemerkbare,  paarige,    compacte  Zellenhäufchen  des 


1)  loc.  cit.  p.  41,  67. 


366  Ussow: 

mittleren  Blattes,  die  hinter  den  von  einander  ziemlich 
entfernten  Rudimenten  der  Gehörorgane  liegen,  sondern 
sich  allmählich  in  der  ersten  Hälfte  der  dritten  Periode, 
zu  den  paarigen  Rudimenten  der  Pedal-  und  Visce- 
ralganglien.  Die  beiden  Hälften  des  ersteren  wachsen 
ziemlich  rasch,  und  in  der  zweiten  Hälfte  der  dritten 
Periode,  wann  die  Kopflappen  sich  einander  mehr  nähern, 
vereinigen  sie  sich  zu  einem  halbmondförmigen,  den 
grösseren  Theil  des  vorderen  Kopflappens  einnehmenden, 
über  den  Gehörorganen  liegenden  Nervenknoten.  Sein 
oberer  Theil  liegt  auf  gleicher  Höhe  mit  der  Mundöffnung, 
etwas  höher  als  das  ihm  gegenüberliegende  Cerebralgan- 
glion,  an  das  es  mit  seinen  Seiten  anstösst. 

Das  gleich  hinter  ihm  liegende,  anfangs  aus  zwei, 
später  zusammenwachsenden  Hälften  bestehende  Visce- 
ralganglion  entwickelt  sich  auf  dieselbe  Weise.  Alle 
drei  obengenannte,  anfangs  paarige  Ganglien  (Cerebral-, 
Pedal-  und  Visceralganglion)  nähern  sich  einander  all- 
mählich und  verbinden  sich  zu  einer  Schlundnervenmasse 
erst  gegen  das  Ende  des  Embryonallebens.  Ihre  Ver- 
bindung geht  sehr  langsam,  mit  der  Verminderung  des 
zwischen  ihnen,  im  Kopf  und  in  dem  sog.  Halse  liegen- 
den Nahrungsdotters  Schritt  haltend,  vor  sich.  In  der 
zweiten  Hälfte  der  dritten  Periode  erscheinen  die  paarigen 
aus  kleinen,  kugelförmigen,  compacten  Zellenhäufchen 
des  mittleren  Keimblattes  bestehenden,  an  beiden  Seiten 
des  Pharynx  liegenden  Rudimente  des  oberen  und  des 
unteren  Buccalganglion.  Gleichzeitig  und  auf  ähn- 
liche Weise  entstehen  die  paarigen  Ganglia  stellata 
an  denselben  Stellen,  wo  sie  bei  erwachsenen  Kopffüss- 
lern  gefunden  werden,  und  auch  das  recht  grosse,  kugel- 
förmige Ganglion  splanchnicum,  das  zwischen  dem 
Magen  und  den  beiden  Hälften  der  Leber  liegt. 

Der  innere  Bau  aller  genannten  Nervenknoten  fängt 
bald  nach  ihrem  Auftreten  sich  zu  differenziren  an.  Im 
Centraltheile  der,  anfangs  aus  rundlichen,  einförmigen 
Zellen  des  mittleren  Blattes  bestehenden  Ganglien  er- 
scheint eine  dunkle  feinkörnige  Masse  („Punktsubstanz^), 
die  aus  sehr  feinen,  verschieden  sich  kreuzenden  Fibrillar- 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  367 

fasern  —  feinen  Fortsätzen  der  sich  allmählich  zu  kleinen 
braunen  Nervenzellen  umbildenden  ursprünglichen  Zellen 
des  mittleren  Blattes  —  besteht.  Schon  am  Ende  der 
ersten  Hälfte  der  dritten  Periode  kann  man,  besonders 
im  peripherischen  Theile  der  Augenganglien,  an  ver- 
schiedenen Stell6n  der  Cerebralganglien  und  später  auch 
an  allen  übrigen  Knoten,  sowohl  das  Entstehen  der  inne- 
ren, als  Commissur  den  verschiedenen  Ganglientheilen  die- 
nenden, als  auch  das  der  nach  aussen  fortlaufenden  dünnen 
Nervenbündel  (z.  B.  der  breiten  aber  kurzen  Nervi  optici, 
die  den  peripherischen  Theil  der  Augenganglien  mit  der 
Netzhaut  vereinigen)  deutlich  beobachten.  Die  periphe- 
rischen Hautnerven  entwickeln  sich  gegen  das  Ende  des 
Embryonallebens  unabhängig  von  den  Ganglien,  an  den 
Stellen,  die  sie  auch  später  einnehmen,  aus  den  länglich 
gewordeneu,  unter  sich  sich  verbindenden  Zellen  der 
Hautmuskelschicht. 

Alle  diese  kurz  dargestellten  Ergebnisse  habe  ich 
hauptsächlich  auf  dem  Wege  des  vergleichenden  Studiums 
verschiedener,  verschiedenen  Entwickelungsstadien  zuge- 
höriger Schnitte  erlangt,  während  eine  mehr  oder  weni- 
ger genaue  Untersuchung  des  Nervensystems  an  lebenden 
Embryonen  ihrer  ündurchsichtigkeit  wegen  fast  unmög- 
lich ist.  Da  es  ziemlich  schwierig  ist,  ohne  Abbildungen 
die  verschiedenen  Veränderungen  in  der  Form  und  der 
Lage  aller  Theile  des  Nervensystems  zu  beschreiben, 
schliesse  ich  hier  meine  Darstellung  des  Nervensystems, 
alle  Details  für  eine  ausführlichere  mit  Tafeln  versehene 
Arbeit,  die  bald  erscheinen  wird,  aufsparend. 

An  der  Bildung  der  verschiedenen  Hautschichten 
nimmt  bei  allen  von  mir  untersu^chten  Kopffüsslern  nicht 
allein  das  obere  Keimblatt,  wie  es  Metschnikoff  ^) 
glaubt,  sondern  auch  und  zwar  vorzüglich  die  Hautmus- 
kelschicht des  mittleren  Blattes  Antheil.  Die  Haut  fängt 
an  sich  zu  differenziren  in  den  ersten  Tagen  der  dritten 
Periode  (bei  Loligo  und  Sepiola  annähernd  am  19ten,  bei 
Argonauta  am  14— I5ten  Entwickelungstage).     Das  obere 


1)  loc.  cit.  p.  37. 


368  TIssow: 

Keimblatt  bildet  nur  die  aus  cylindrischen,  überall  gleichen 
Zellen  bestehende,  bei  den  rotirenden  Embryonen  an 
vielen  Stellen  (vorzüglich  auf  dem  Mantel)  von  Flimmer- 
haaren bedeckte  Epidermis.  Die  äussere,  sehr  dünne 
Schicht  länglich  gev^rordener  Zellen  der  Hautmuskel- 
schicht bildet  die  s.  g.  faserige  Schicht,  während 
aus  den  unteren  Schichten  die  Chromatop  hören  und 
vorzüglich  die  Muskel-  und  Bindegew^eb  efasern,  die 
in  der  Lederhaut  (Cutis)  liegen,  sich  bilden.  Die 
Chromatophoren  entstehen  in  der  ersten  Hälfte  der 
dritten  Periode  aus  grossen  runden,  anfangs  Kerne  ent- 
haltenden Zellen  der  Hautmuskelschicht.  Das  gefärbte 
Protoplasma  dieser  Zellen  schrumpft  zu  der  Zeit,  wann 
auf  der  Zelle  eine  recht  dicke  Hülle  erscheint,  zusammen, 
wobei  der  Kern  unsichtbar  wird.  Solche  neu  gebildete, 
anfangs  auf  dem  Mantel,  später  auf  dem  Kopf  und  den 
Armen  erscheinende  Chromatophoren  fangen  sich  zu  con- 
trahiren  an,  wann  die  strahlenförmig  um  dieselben  ge- 
lagerten Zellen  sich  spindelförmig  ausdehnen,  und  so  ihre 
längst  von  Keferstein^)  und  Bohl  2)  beschriebenen, 
contractilen  Muskelfasern  bilden. 

Ich  erachte  es  hier  nicht  für  nothwendig,  die  Bil- 
dung der  Knorpel  in  ihren  Einzelnheiten  zu  beschreiben, 
da  alles  was  ich  in  Bezug  darauf  bei  Sepia,  Loligo  und 
Argonauta  beobachtet  habe,  vollkommen  mit  den  von 
Metschnikoff  ^)  für  Sepiola  erlangten  Resultaten  über- 
einstimmt. Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  alle  in 
der  dritten  Periode  sich  differenzirenden  Knorpel  (die 
napfförmigen,  die  Augendeck-,  die  Kopf-,  die 
Flossenknorpel  u.  a.j  sich  aus  bedeutenden  Ver- 
dickungen (z.  B.  im  vorderen  Kopflappen,  unweit  der 
Augen)  des  oberen  Keimblattes,  an  den  Stellen,  wo  sie 
auch  später  bei  den  erwachsenen  Thieren  gefunden  werden, 
entwickeln. 

Was  die  Entwickelungsweise  des  paarigen  G  eru  chs- 


1)  Bronn's  Klassen  u.  Ordn.  Bd.  III.  Abth.  II.  p.  1324 

2)  Beitr.  z.  vergl.  Histol.  p.  70  Tf.  III.  f.  40,  41. 

3)  loc.  cit.   p.  39  u.  f. 


Zoologisch-embryologische  Untersuchungen.  369 

Organs  der  Kopffüssler,  welches  auf  der  Baucböeite, 
hinter  den  Augen  liegt,  und  gegen  das  Ende  der  dritten 
Periode  (Sepia,  Loligo,  Septold)  ursprünglich  in  der  Form 
eines  Hügels  und  dann  einer  grubenähnlichen  Vertiefung 
des  oberen  Blattes  erscheint,  anbetrifft,  kann  ich  nur 
die  darauf  sich  beziehenden  Forschungen  Kölliker's  ^), 
Metschnikoffs -)  und  Tsch  er  nof  f's  ^)  bestätigen. 

Damit  schliesse  ich  die  Aufzählung  der  Resultate 
meiner  fast  zweijährigen,  ununterbrochenen  Untersu- 
chungen über  die  Entwickelung  der  vier  genannten  Kopf- 
füsslerarten  ab.  Gegenwärtig  diese  Studien  weiterführend 
und  ergänzend,  hoffe  ich  bald  eine  ausführlichere  Arbeit 
veröffentlichen  zu  können. 


Der  grösseren  Uebersichtlichkeit  aller  von  mir  be- 
sprochenen Vorgänge  halber,  glaube  ich  dass  es  nicht 
unnütz  sein  wird,  hier  nochmals  die  Hauptmomente  der 
Embryonalentwickelung  der  oben  genannten  Kopffüss- 
lerarten  in  ihrer  Aufeinanderfolge  aufzuzählen. 

Nachdem  der  grössere  Theil  des  Protoplasma  der 
primitiven  Eizelle  oder  des,  die  ganze  Masse  der  durch- 
sichtigen, fettartigen  Flüssigkeit  (Nahrungsdotter)  gleich- 
sam wie  mit  einer  Hülle  umgebenden  Bildungsdotters 
auf  die  oben  beschriebene  Weise  (s.  Furchungsprocess) 
in  eine  Schicht  flacher  oder  cylinderförmiger  (am  oberen, 
zugespitzten  Pole  des  Eies  höherer). das  Blastoderma  oder 
das  obere  Keimblatt  (Hornblatt,  Sinnesblatt)  bildenden 
Zellen  umgewandelt  hat,  entsteht  am  2ten  (Argonauta) 
oder  3ten  {Loligo,  Sepiola)  Entwickelungstage  in  dem 
mittleren  Theile  (Area  opaca)  dör  Keimscheibe  durch 
Quertheilung  des  oberen  Keimblattes  ein  zweites 
Blatt,  das  in  der  Periode  des  Auftretens  der  Organe  die 
Rolle  des  mittleren  Blattes  der  Wirbel-,  Glieder-,  Weich- 
thiere  u.  a.  spielt  und  ebenso  wie  jenes  Blatt  bei  einigen 


1)  loc.  cit.  p.  107  u.  f. 

2)  loc.  cit.  p.  53. 

3)  Bull,  de  la  soc.  d.  nat.  de  Moscou  p.  87  Tf.  I.     1869. 
Archiv  für  Naturg.  XXXX.  Jahrg.  1.  Bd.  24 


370  Ussow: 

der  geuannteu  Thierc  sich  bald  in  zwei  verschiedene 
Schichten,  die  llautmuskel-  und  die  Darmfaserschicht, 
spaltet. 

Aus  dem  sich  derait  spaltenden,  und  auch  aus  dem 
oberen  auf  den  zwei  entgegengesetzten  (der  Bauch-  und 
der  Rückenseite)  Seiten  des  Embryo  sich  einstülpenden 
ersten  Blatte  entwickelt  sich  auf  der  breiten,  bis  zum 
Aequator  des  Eies  sich  erstreckenden  halbkugeligen 
Keimstelle  oder  -scheibe  im  Zeiträume  von  25  {Argonauta) 
bis  40  {Loligo)  Tagen  das  Kopffüsslerjunge.  Der  untere, 
bei  den  meisten  der  genannten  Arten  auf  dem  stumpfen 
Eipole  am  Ende  der  ersten  Periode  sich  abschliessende 
Theil  des  Keimes  bildet  sich  zu  dem  aus  dem  oberen 
Keimblatte  und  der  Hautmuskelschicht  zusammengesetz- 
ten Dottersack  um. 

Die  Entwickelung  beginnt  imCentraltheile  der  Keim- 
scheibe und  zwar  durch  das  Auftreten  auf  der  zukünf- 
tigen Rückenseite  des  Thieres  der  anfangs  unbedeuten- 
den Furche,  weiche  ziemlich  rasch  die  Gestalt  einer 
Rinne  annimmt,  und  später  sich  in  eine  völlig  geschlos- 
sene Röhre  verwandelt. 

Gleichzeitig  mit  der  Primitivrinne  erscheint  das  sie 
umgebende,  allmählich  über  ihr  zusammenwachsende,  zu- 
erst von  der  Bauch-,  später  und  langsamer  auch  von  der 
Rückenseite  sich  abschnürende  Rudiment  des  Mantels. 

Dann  erscheinen  nach  einander  die  iVugenovale,  das 
Rudiment  des  vorderen  Theiles  des  Darmtractus,  die 
paarigen  Rudimente  der  Kiemen,  des  Trichters,  der  Arme, 
der  Gehörorgane,  und  in  dem  anfangs  soliden  Afterhügel 
die  grubenähnliche,  sich  später  in  den  Dintenboutel  und 
den  hinteren  Theil  des  Darmcanals  (Mastdarm,  Rectum) 
umbildende  Vertiefung. 

Später  als  die  genannten  Organe  treten  die  Cen- 
traltheile  des  Kreislaufs  (die  Vorhöfe,  die  Herzkammer 
u.  a.)  und  diejenigen  des  Nervensystems  (die  paarigen 
Ganglien:  optica,  cerebralia  pedalia,  visceralia,  buccalia, 
stellata  und  das  unpaarige  Ganglion  splanchnicum)  auf. 

Alle  in  der  aufgezählten  Reihenfolge  auftretenden 
Organe  entwickeln  sich   aus    drei    verschiedenen   Keim- 


Zoologisch-embryologische  Uutersuchungen. 


371 


blättern  auf  doppelte  Weise:  entweder  als  eine  Local- 
verdickung  (Auswüchse  und  innere  Verdickungen)  bald 
des  oberen  Keimblattes,  bald  der  einen  oder  der  anderen 
Schiebt  des  mittleren  Blattes,  oder  als  eine  Einstülpung 
des  oberen  Blattes.  Im  ersteren  Falle  spielt  das  obere 
Blatt  häufig  die  Rolle  einer  dünnen  äusseren  Hülle  des 
aus  der  Hautmuskel-  oder  der  Darmfaserschicht  bestehen- 
den Organrudiments,  oder  dasselbe  spaltet  sich  in  meh- 
rere Schichten;  von  welchen  die  unteren  das  eigentliche 
Or^an  bilden.  Im  zweiten  Falle  bildet  das  obere  Blatt 
an  verschiedenen  Theilen  der  Keimscheibe  verschiedene 
Vertiefungen  und  dringt  in  das  mittlere  Blatt  ein,  welches 
dann  die  Hülle  des  Organs  bildet. 

Die  folgende  Tabelle  giebt  eine  Uebcrsicht  der  Art 
und  Weise  des  Auftretens  eines  jeden  Organes. 


a 


I     Des  oberen  Keim- 
blattes. 


Die  Augenovale. 


der  Haut-  1  ^^^^  Mantel,  die  Flossen,  die 
muskel-  JKiemen,  der  Trichter,  die  Arme, 
Schicht.      das  Geschmacksorgan. 


der  Darm- 
faserschicht. 


Der  Afterhügel  (Anallappen). 


Des  oberen  Keim- 
blattes. 


Alle  Knorpeln. 


9  M 


:3  £  ^ 

^T    .pH       00 


der  Haut- 
muskel- 
schicht. 


:     Alle    centralen   und   periphe- 
'rischen  I^ ervenknoten. 


der  Darm- 
faserschicht. 


Die  Vorhöfe,  die  Herzkammer. 


Einstül- 
pung oder 
Vertie- 
fung. 


Des  oberen  Keim- 
blattes. 


I  Die  Primitivrinne,  die  Ge- 
ihörorgane,  die  Geruchsorgane, 
der  Vorder-  und  der  Hinter- 
theil  des  Darmtractus,  der  Din- 
Itenbeutel,  die  Ausführungsgänge 
j  der  Speicheldrüsen. 

W^as  den  Magen  (und  auch  den  s.  g.  Kropf),  den 
Blinddarm  und  die  Leber  anbetrifft^  so  sind  dies  secun- 
däre  Bildungen,  die  aus  Erweiterungen  der  ursprüng- 
lichen Darmröhre  entstanden  sind;  zu  den  secundären 
Organen  müssen  auch  die  Speicheldrüsen  und  die  sog. 
Kiemenherzen  hinzugerechnet  werden. 


372  üssow:  Zoologisch -embryologische  Untersuchungen. 


Zur  Uebersicht  des  Antheils,  den  die  verschiedenen 
Keimblätter  an  der  Bildung  der  einzelnen  Organe  nehmen, 
flige  ich  noch  folgende  Tabelle  bei: 


Das  obere  Keimblatt. 


Die  Wände  der  Röhre,  in  der  das  Os  se- 
piae  sich  bildet,  die  Epidermis  (die  obere 
Haut  des  ganzen  Körpers  und  die  äussere 
Bedeckung  des  Trichters  und  der  Kiemen) 
die  Seh-,  Gehör-  und  Geruchsorgane,  das 
Pericardium,  alle  Knorpel  (die  Kopf-,  Au- 
jgendeck-,  Trichterknorpel  u.  a.). 


Das  mittlere 
Keimblatt. 


Die  Haut- 

muskel- 
schicht. 


Die  Darm- 
faserschicht. 


Die  Kiemen,  die  Arme  mit  ihren  Saug- 
näpfen, alle  Muskeln,  die  Cutis  (faserige 
Schicht,  Chromatophoren,  Muskelfasern  u.a.), 
das  Bauchfell,  die  Kiemenherzen,  die  Nieren 
und  alle  Blutgefässe,  das  Geschmacksorgan, 
die  Hülle  der  Gehörorgane,  das  periphe- 
rische und  das  centrale  Nervensystem. 


Die    Wände    des    centralen   Kreislaufsys- 


tems, die  Vorhöfe,  die  Herzkammer, 
kulöse  Hülle  des  Darmtractus  und 
tenbeutels. 


die  mus- 
des  Din- 


T^  TW  j  ..  11^.1  Die  innere  Epithelialhülle  des  Darmtrac- 
Das  Darmdmsenblatt  L^^  ^^^  ^j^^^  ^^.^^^  Nebenorgane  (Blind- 
(das  emgest^ulpte  obere  ^^^m,  Leber),  der  Speicheldrüsen  und  des 
Dintenbeutels. 


Keimblatt). 


Die  Entwickelung  der  drei  von  mir  untersuchten 
Zehnfüssler,  mit  der  Entwickelung  des  einzigen  Acht- 
füsslers,  w^elcher  mir  zugänglich  war,  vergleichend,  finde 
ich  eine  grosse  Uebereinstimmmiing  in  derselben  mit 
der  Ausnahme  jedoch,  dass  die  Primitivrinne,  welche  ich 
oben  für  die  Zehnfüssler  beschrieben  habe,  sich  bei  Ar- 
gonauta  nicht  schliesst.  Was  die  Zeit  und  die  Art  und 
Weise  des  Auftretens  der  Hauptorgane  (Verdauuugsappa- 
rat,  Centralnervensjstem,  Kreislaufsorgane  u.  s.  w.)  bei 
den  Embryonen  der  beiden  Gruppen  anbetrifft,  so  ent- 
sprechen sie  einander  vollkommen. 

Die  keine  Wichtigkeit  habende  Thatsache  des  späten 
Auftretens  des  Dottersackes  bei  Sepia,  welche  schon  von 
Kölliker^)  bemerkt  worden  ist,  bildet  die  einzige,  bei 
den  übrigen  Zehnfüsslern  sich  nicht  wiederholende  Ei- 
genthümlichkeit  jener  Gattung.  — 

1)  loc.  cit.  p.  60. 

(Fortsetzung  im  nächsten  Jahrgange.) 


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