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ARCHIV
FÜR
NATURGESCHICHTE.
GEGRÜNDET VON A. F. A. WIEGMANN,
FORTGESETZT VON W. F. ERICHS ON.
IN VERBINDUNG MIT
PROF. DR. LE UCK ART IN LEIPZIG
HERAUSGEGEBEN
Dr. f. H. TROSCBEI.,
professor an der friedrich-wilhelms-universität zu bonn.
VIEBZiaSTER JAHBGANa.
Erster Band.
Mit 9 Tafeln.
Berlin
Nicolaische Verlagsbiichliandlung.
(Stricker.)
1874.
Hoiin, Druck von f'ail Georgi.
Inhalt des ersten Randes.
Seite.
Beitrag zur Kenntniss einiger Insectenlarven. Von Dr. W.
Rolph aus Berlin. Hierzu Tafel 1 1
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis sy-
stematica et synonymica. Auetore A. Gerstaecker 41
lieber Kaumuskeln und Kauraechanismus bei den Wirbelthieren
Von Dr. Ernst von Teut leben. Dazu Tafel II
Zur Ornithologie Chiles. Von L. Landbeck
lieber eine neue Art Trachypterus aus dem Chilenischen Meere
Von Dr. R. A. Philip pi. Hierzu Tafel III.
lieber Ichthyonema sanguineum (Filaria sanguinea Rud.). Von
Dr. vonLinstow in Ratzeburg. Hierzu Tafel IV
Fig. 1—9
78
112
117
122
lieber die Muskulatur, Haut and Seitenfelder von Filaroides
Mustelarum van Ben. Von Dr. von Li n stow. Hierzu
Tafel IV. Fig. 10-12 . ^ 135
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. Von Dr. W.
Säle nsky, Prof. in Kasan. Hierzu Tafel V. . . 137
Neue Spatangiden des Hamburger Museums. Von Dr. Hein-
rich Bolau in Hamburg. Hierzu Tafel VI. . . 175
Ueber die Molluskenfauna der Sudeten. Von Dr. 0. Rein-
hardt in Berlin 179
ä^O^f
IV Inhalt.
lieber einen neuen Ringelwurm des Rheins. Von Dr. F. C
Noll in Frankfurt a. M. Hierzu Tafel VII. .
Beobachtungen an Trichodes crassicauda Bell. (Trichosoma
crassicauda Aut.) Von Dr. v. L instow in Ratzeburg
Hierzu Tafel VIII
Eine Sammlung Lurche und Kriechthiere von Westafrika. Von
Dr. Ant. Reichenow. Hierzu Tafel IX.
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis sy
stematica et synonymica. Auetore A.^Ger st aecker,
Fortsetzung
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. Die Kopffüssler
Von M. Ussow
Seite.
260
271
287
299
329
Beitrag zur Kenntniss eiuiger lusekteularTen.
Von
Dr. W. Rolph
aus Berlin.
(Hierzu Taf. I.)
Die Kenntniss der Insektenlarven, wenngleich in
den letzten Jahren durch viele schätzbare Arbeiten be-
deutend erweitert, ist noch immer weit davon entfernt,
auch nur annähernd den Erwartungen zu entsprechen,
welche man in Anbetracht ihrer Wichtigkeit für die all-
gemeine und spezielle Entomologie an sie stellen könnte.
Während jedes Jahr uns mit einer Fülle neuer „Species^
beschenkt, suchen wir vergebens nach einer entsprechen-
den Vermehrung unserer Kenntniss von den Verwand-
lungsständen, welche doch sicher nicht weniger Aufmerk-
samkeit beanspruchen, als das reife Insekt. Diese Ver-
nachlässigung ist um so mehr zu verwundern, als gerade
die Larven durch die Eigenthümlichkeiten der äusseren
Verhältnisse und Bedingungen ihres Lebens, sowie durch
ihre vielfach an andere Thierordnungen und Klassen er-
innernde Form und Organisation -unser Interesse heraus-
fordern.
Letzterer Umstand kommt in hervorragendem Grade
den Larven von Psephenus, einer zu der Familie der
Parnidae zu stellenden Coleopterengaltung zu Gute,
welche den Anstoss zu dieser Arbeit gegeben hat, und
auf welche ich durch Herrn Professor Leuckart auf-
merksam gemacht worden bin. Ich fühle mich ge-
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 1
2 Rolph:
drungen meinem hochverehrten Lehrer für seine hülfreiche
Anleitung und das Interesse, mit welchem derselbe meine
Untersuchung fortdauernd begleitet hat, meinen wärmsten
Dank auszusprechen. —
Bei der Vergleichung der mir vorliegenden Larven
mit den vorhandenen wenigen Beschreibungen verwandter
Formen, nämlich von Elmis, ^lacronychus und Potamo-
philus, stellte sich bald das Bedürfniss nach einer Revision
und Erweiterung jener Beobachtungen heraus. Es war
daher meine erste Sorge, in den Besitz einer Zahl gut
konservirter Larven von Elmis zu gelangen. Dass mir
dieses gelungen ist, verdanke ich nur der Güte des Herrn
Geh. Reg.-Rath. von Kiesenwetter in Dresden, dem
ich für seine freundlichen Bemühungen höchlichst ver-
pflichtet bin. Zu gleicher Zeit jedoch richtete sich meine
Aufmerksamkeit auf einige andere Insektenlarven, welche
allerdings dem eigentlichen Zweck dieser Arbeit ferner
lagen, deren Berücksichtigung aber vielleicht diesem
oder jenem meiner Fachgenossen nicht überflüssig er-
scheinen dürfte.
Im Interesse der leichteren Vergleichung, sowie
thunlichster Vollständigkeit scheint es nöthig, zuvörderst
eine detaillirte Beschreibung der Larve von Elmis zu
geben, wobei ich manches Bekannte wiederholen muss,
aber auch Gelegenheit haben werde, eine Reihe von An-
gaben zu berichtigen und Einiges genauer darzustellen.
Später lasse ich, gleichfalls zum Zwecke der Ver-
gleichung, eine Darstellung der Larven von Helodes und
Cyphon, eine kurze Beschreibung des ausgebildeten Pse-
phenus, und schliesslich noch ein Paar Worte über eine
mehrfach ähnliche, jedoch in eine ganz andere Tnsekten-
gruppe gehörige Larve folgen.
Die Lanen von Elmis aeneus uud E. Yolkmari.
Literatur.
Die erste Notiz über die Larven der Gattung Elmis
verdanken wir Müller (lUig. Magaz. V. p. 194) , wäh-
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 3
rend wir die erste Abbildung derselben, von einer ober-
flächlichen Beschreibung begleitet, in Westwood (Introd.
to modern. Classif. of Ins. p. 118. Fig. 7 Nr. 16 u. 17)
finden. Die Aehnlichkeit mit der Larve einer Silpha tritt
bei dieser nur im Umriss gegebenen Zeichnung deut-
licher hervor, als sie in Wirklichkeit besteht. Eine ge-
nauere Beschreibung erhielten wir erst durch Erichson
(Wiegm. Arch. VII. 1841. I. p. 106), der jedoch unrich-
tig neun ventrale Stigmenpaare angiebt, von denen das
erste am Mesothorax, die übrigen an den acht ersten Ab-
dominalringen gelegen seien. Er glaubt, dass die Thiere
die Fähigkeit haben, unter ihrer konkaven von zierlichen
Börstchen eingefassten Bauchdecke eine Quantität Luft
abzuschliessen, welche sie unter Wasser mit dem nöthi-
gen Sauerstoff versorgt.
Auf derselben Beschreibung, welche Erichson in
„die Käfer Deutschlands" (III. p. 524 f.) wiederholt und
erweitert, basiren auch die Angaben Stur m's (Deutschl.
Fauna. Käfer. XXIII. p. 4). Im Jahre 1860 giebt Ko-
lon ati (Wiener Entom. Monat. VI. p. 88) eine kurze und
sehr mangelhafte Beschreibung, begleitet von einer eben-
so unvollkommenen Abbildung der Larve von E. Man-
geti, welche er am Altvater bis zu einer Höhe von
9040' häufig fand. Er hält die schon erwähnten Fieder-
haare für Kiemen. Die wahren Kiemen sah zuerst La-
boulbene (Ann. soc. ent. Fr. 4. s6rie. X. 1870. p. 405.
Tab. 9), der uns eine detaillirte Beschreibung von E. ae-
neus im Larvenstadium gibt, die bis auf wenige Irrthümer
korrekt ist. Der Vollständigkeit halber sei noch der Er-
wähnung der Elmidenlarven im Catal. d. larves d. Co-
leopt. (Chapuis et Candeze» Mem. soc. roy. d. Liege VIII.
p. 450) gedacht. Besonders zu. erwähnen sind aber die
ausführlichen und genauen Arbeiten von Dufour über
Potamophilus (Ann. sc. nat. Zool. 4. Serie. XVII. 1862.
p. 64) und Perez über Macronychus (Ann. soc. ent. Fr.
1863. p. 621). Erstere ist hervorzuheben als die einzige,
welche auch die inneren Organe berücksichtigt, letztere,
weil sie uns eine Beschreibung der Puppe giebt.
4 Holph:
Die von mir untersuchten Larven gehören zwei ver-
schiedenen Arten an, unterscheiden sich jedoch nur sehr
unwesentlich von einander: einmal durch ihre Grösse,
dann durch ihre Färbung, die jedoch auch in derselben
Art nach ihrem Alter varirrt. Die jüngeren sind gelb bis
hellbraun, die älteren dunkelbraun, fast schwarz gefärbt.
Die grössere Art variirt in der Länge von 27^ bis
3V4 Mm., in der Breite von ^4 bis IY4 Mm. Sie ist lang-
oval, nach hinten allmählich zugespitzt; die Färbung der
beiden ersten Abdominalsegmente weicht nicht von der
der übrigen Segmente ab. Sie ist auf E. Volkmari
öder auch möglicherweise Germari zu beziehen. Da die
entwickelten Formen beider Arten sich nur durch äus-
serst feine Merkmale unterscheiden, so dürfen wir dem
über die sichere Artangehörigkeit herrschenden Zweifel
jede Bedeutung absprechen.
Die* andere Art ist als die Larve von E. aeneus zu
deuten; sie ist kürzer und von gedrungenerer Form, 1^4
bis 2^4 Mm. lang, 2/3 bis IV3 Mm. breit. Der Kopf ist
tiefer in den Prothorax eingesenkt, die Abdominalseg-
mente sind schneller verschmälert, die Seitenfortsätze
spitzer ausgezogen und stärker gekrümmt; der Rücken
der beiden ersten Segmente ist einen Ton heller gefärbt,
als der der übrigen Körperringe. Andere Unterschiede
bin ich nicht zu entdecken im Stande gewesen, vielmehr
treffen alle im Folgenden von mir angegebenen Ver-
hältnisse für beide Arten zu.
Beschreibung.
(E. aeneus tab. I. fig. 14, E. Volkmari fig. 1.)
Körper länglich oval, nach hinten allmählich zuge-
spitzt, der Rücken hoch gewölbt und in massive Fort-
sätze ausgezogen, welche, direkte Fortsetzungen der
Rückenwölbung, die flache Unterseite weit überragen und
am Rande mit zahlreich zierlichen gefiederten Börstchen
besetzt sind. Abbildungen dieser Börstchen hat L aboul-
b^ne auf Tafel IX Fig. 8—10 gegeben, doch finde ich,
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 5
dass dieselben nicht ganz zutreffend sind. Nack den
Hinterecken des Segmentes zu verlieren nämlich die
Härchen ihre gleichmässige Form, indem sich die Fiede-
rung immer mehr auf den nach hinten gerichteten Rand
beschränkt, bis sie, wie es namentlich an den Abdominal-
ringen hervortritt, völh'g einseitig wird (Fig. 2). Die
Seitenfortsätze nehmen an den Thorakalsegmenten den
ganzen Seitenrand ein, während sie an den Abdominal-
ringen nur einem Abschnitte derselben aufsitzen, sich
mehr und mehr nach hinten richten und verkleinern; zu
gleicher Zeit nähern sie sich dem Hinterrande des Seg-
mentes, ohne denselben jedoch zu erreichen. Das vor-
letzte Segment trägt daher nur noch einen kleinen
scharfen Zahn, während das letzte eines solchen Fort-
satzes gänzlich entbehrt.
In der Mittellinie des Rückens verläuft eine im
vorletzten Segment verlöschende , feine aber scharfe
Rinne, Der sehr harte Rückenpanzer ist durch eine grosse
Zahl dunkler, runder oder ovaler, eingelagerter Chitin-
körner, die höckerartig hervorspringen und zuweilen
von einem halbmondförmigen Wall umgeben sind, aus-
gezeichnet. Diese tragen in einer punkt- oder .linieri-
förmigen Einsenkung ein plattes am Ende gefranztes
Härchen und bilden nur am Hinterrande des Segmentes
eine gleichmässige Reihe grösserer über die scharfe Kante
übergreifender Höcker. Der Rücken erhält durch diese
Gebilde das eigenthümliche Aussehen, welches Perez
auch bei der Larve von Macronychus beobachtet und ab-
gebildet hat. Sie finden sich zahlreicher am Thorax als
am Abdomen. Auf den durchsichtigen Seitenfortsätzen
sind sie viel heller, eben und ohne Haar, während die
Bauchdecke derselben gänzlich entbehrt. Doch ist auch
sie, wenn schon spärlicher, mit ähnlichen Haaren besetzt.
Kopf in einen tiefen Ausschnitt des Prothorax ein-
gesenkt, so lang als breit," seine Seiten fast parallel, die
Augen wenig hervorragend. Von der inneren Wurzel
der Antennen bis etwas hinter die Mitte des Kopfes zieht
eine helle Nath, sich dort V-förmig mit der der anderen
Seite verbindend. Die Antennen sind vor den Augen
6 Rolph:
eingefügt, kürzer als der Kopf, dreigliedrig. Das erste
Glied kurz und breit, das zweite halb so breit und etwa
dreimal so lang als jenes. Auf diesem sitzen zwei sehr
feine und gleichgrosse Gliedchen, von denen das innere an
seiner Spitze ein äusserst zartes und kurzes Härchen trägt.
Augen (Fig. 12 a) zusammengesetzt, von einer ein-
zigen stark konvexen Cornea überdeckt, unter welcher
sechs Krystallkegel (Fig. 12 b) sichtbar sind. Diese mit
ihrer Spitze in Pigment eingebettet, welches bis zum An-
satz der Cornea reicht, liegen in zwei etwas nach innen
gerichteten Längsreihen zu drei zusammen. Man könnte
dieselben, da sie viereckig sind, eher als Pyramiden mit
konvexer Basis bezeichnen. Dufour giebt für Pota-
mophilus nur fünf Kegel an, ebenso auch irrthümlich
Laboulbene für Elmis.
Oberlippe (Fig. 4) breit und kurz, vorne schwach
eingebuchtet und auf der Oberfläche mit einer Reihe ge-
fiederter Haare versehen; die Seiten stärker chitinisirt
und von dem mittleren Theii abgesetzt. Letzteres Merk-
mal vermisse ich bei Laboulbene, welcher auch die
Fiederhaare zu auffallend wiedergegeben hat.
Oberkiefer (Fig. 5) denen von Macronychus äusserst
ähnlich, dreieckig, sehr kräftig, an der Spitze einge-
schnitten, so dass sie zweizähnig erscheinen; der innere
Zahn weniger verhornt als der äussere. Nahe der Basis
der Kiefer sitzt ein bewegliches, allseitig behaartes Börst-
clien. Laboulbene giebt eine ganz verfehlte Zeichnung
der Mandibeln ; vermuthlich hat er das Objekt einem un-
vorsichtigen Druck ausgesetzt, durch welchen eine Spal-
tung bewirkt wurde.
Unterkiefer (Fig. 6) aus zwei Laden zusammengesetzt,
einen dreigliedrigen Palpus tragend, auf dessen Spitze noch
zwei winzige von einander abstehende Knöpfchen sitzen.
Die innere Lade ist mit dem Stipes verwachsen und trägt
auf einer Längsfirste eine Reihe kräftiger nach innen gebo-
gener Borsten. Der äussere Lobus scheint kaum beweglich
und ist nur an seiner Spitze behaart. Unterlippe quer, sehr
breit und kurz, vorn flach eingebuchtet, sehr fein be-
haart. Bei jüngeren Individuen ist die Einbuchtung
Beitrag zur Kenntniss einigei* Insektenlarven. 7
stärker, während sie bei älteren fast^ wenn auch nicht
ganz, verschwindet. Ein gleichfalls erwähnenswerther
Altersunterschied spricht sich in den zweigliedrigen La-
bialtastern ans. Während bei jüngeren Exemplaren das
zweite Glied kugelig und so gross als das erste, auch
rings von Borsten umstellt ist, und über den Vorder-
rand der Lippen hinausragt, finden wir dasselbe bei älte-
ren Individuen sehr reduzirt, knopfförmig und viel klei-
ner als das Basalglied, den Lippenrand nicht erreichend.
Zugleich verschwinden die Borsten.
Prothorax so lang als Meso- und Metathorax zusam-
men und hinten ebenso breit als diese, nach vorn stark
verschmälert, an den Seiten abgerundet. Der Vorder-
rand zur Aufnahme des Kopfes trapezförmig ausge-
schnitten, der Hinterrand gerade. Vorder- und Hinter-
ecken scharf, erstere spitz, letztere fast rechtwinklig.
Meso- und Metathorax von gleicher Grösse und Gestalt,
quer viereckig mit abgerundeten Vorder- und scharfen
Hinterecken.
Abdomen aus neun Ringen bestehend, welche all-
mählich an Breite abnehmen. Die sieben ersten quer-
viereckig, der achte fast so lang als breit, der letzte noch
einmal so lang als jener, bis zur Mitte gleichbreit, dann ver-
schmälert und in zwei gerade nach hinten gerichtete Spitzen
ausgezogen. Die Unterseite des letzten Segmentes zeigt
einen tiefen Ausschnitt, in welchem eine dreieckige Platte
artikulirt, an deren abgerundeter Spitze zwei divergirende
scharf nach unten gekrümmte Haken befestigt sind, die
offenbar als Haftapparate dienen. Zwischen den Seiten-
rändern dieser Platte und denen des sie überdeckenden
Rückenschildes ist eine feine Membran ausgespannt,
welche durch je einen der Rückenplatte anliegenden
Chitinstab gestützt wird, und. die Bestimmung hat, den
eingeschlossenen zarten Kiemenstämmen mechanischen
Schutz zu gewähren.
Die kurzen aber kräftigen Beine (Fig. 3) stehen
gleichweit von einander ab. Ihre Coxa ist kegelförmig,
der Trochanter kurz und dreieckig. Diesem folgt ein
nach der Spitze verbreitetes Femur und eine ebenso all-
8 Rolph:
mählich verschmälerte Tibia. Die sehr kräftige Klaue,
scharf gebogen und an ihrer Basis eine starke Borste
tragend, vervollständigt das Bild eines kräftigen Klammer-
apparates, wohl geeignet den leichten Körper auch in
reissendem Wasser fest an Holz oder Steine zu heften.
Die Stigmen, sämmtlich dorsal gelegen, finden sich
bei den erwachsenen Larven in zehn Paaren am Meso-
und Metathorax sowie den acht ersten Abdominalseg-
menten, an deren Seiten sie sich auf der Spitze kleiner
Höcker Öifnen (Fig. 2, 8, 14.) Am deutlichsten ist das
des Mesothorax, während das des Metathorax in der
Grösse am meisten zurückbleibt und nicht leicht von
aussen zu erkennen ist. Erst die Anatomie hat mich von
der Existenz derselben überzeugt. Den ganz jungen
Individuen gehen die Stigmen überhaupt ab, sie besitzen
ein geschlossenes Tracheensystem, während etwas ältere
schon die Mesothorax und die Abdominalstigmen zeigen.
Die Thorakalstigmen liegen der Mediane sowie dem
Vorderrande des betrefienden Segmentes viel näher als
die Abdomiualstigmen, welche letztere, je mehr sie sich
vom Thorax entfernen, um so näher an den Seitenrand
treten. Sie halten sich stets in gleicher Höhe mit dem
oberen Ansatz der Seitenfortsätze.
Wenn Erichson die Stigmen als bauchständig be-
schreibt, so beruht dies auf einem Irrthum, dessen Ur-
sache ich allerdings nicht zu erklären im Stande bin.
Laboulbene hat das Stigma des Mesothorax übersehen,
obgleich er durch die Angaben von Dufour und Perez
auf die Wahrscheinlichkeit der Existenz eines solchen
hätte aufmerksam werden müssen.
Schon Dufour hat in der oft erwähnten Arbeit über
Potamophilus auf die Seltenheit eines Stigma an Meso-
thorax von Coleopterenlarven aufmerksam gemacht. Wir
kennen solche jedoch schon bei einer ganzen Reihe von
Käferlarven und dürfen erwarten, dass genauere Unter-
suchungen die Zahl noch veruiehren werden. Stigmen
am Mesothorax finden sich bei Carabus, Potamophilus,
Elmis, Macronychus, Buprestis, Elater, Lampyris, Lycus,
Triphyllus, Eucinetus, Dascillus, ferner auch bei Psephe-
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 9
nus. Stigmen am Metathorax erscheinen noch seltener,
und sind bis jetzt nur bei gleichzeitigem Auftreten der
Mesothorakalstigmen bekannt. Es ist dies der Fall bei
einer von Perty ^) (Observat. nonn. in Col. Ind. or. Mo-
nach 1831. p. 43. fig. 8 u. 9) und von West wo od (Introd.
p. 254. fig. 27 Nr. 1) beschriebenen, vermuthlich auf
Lycus zu beziehenden Larve aus Java, sowie einer an-
deren ebenfalls aus Java stammenden und von West-
wood beschriebenen (Lycus? 1. c. p. 255. fig. 28. Nr. 1),
und endlich bei Elmis. Die von Gegenbaur (Grund-
züge. 2te Aufl. p. 441) gemachte Angabe, dass bei keiner
Insektenlarve an den Segmenten, welche später Körper-
anhänge d. h. Flügel tragen, Stigmen vorkämen, ist da-
her zu berichtigen.
Das Nervensystem, welches in toto zu erhalten
mir leider nie hat gelingen wollen, indem stets die
Schlundkommissuren zerrissen, ist von grosser Zartheit.
Es besteht, wie bei Potamophilus, aus einem oberen zwei-
theiligen und einem einfachen unteren Schlundganglion,
drei Thorakalganglien und einer Reihe von fünf Abdo-
minalganglien, weiche durch kurze Längskomissuren mit
einander verbunden sind. Von den Thorakalganglien ist
das erste das kleinste, das dritte das grösste; von den
AbdominaJganglien jedoch ist das erste von auffallender
Grösse, grösser als das letzte Ganglion des Thorax. Die
letzten vier sind von ziemlich gleicher Gestalt und Grösse.
Die Figur 10 stellt unter a die drei Brust- und das erste
Bauchganglion, unter b das letzte Bauchganglion dar.
Der Respirationsapparat ist einer eingehenderen Be-
trachtung werth, da er sich mit dem Wachsthum der
Thiere nicht unbedeutend verändert. Während nämlich
das Tracheensystem anfänglich als ein geschlossenes be-
zeichnet werden muss, bildet les sich später zu einem
oft'enen um, eine Einrichtung, welche den Thieren auch
ein längeres Verweilen in der Luft gestattet. Dennoch
behalten unstreitig die schön entfalteten Kiemen (Fig. 9)
1) P e r t y giebt irrthümlich eilf Stigmenpaare an, während
seine Abbildimg richtig nur zehn zeigt.
10 Rolph:
die bedeutendste Wichtigkeit für den Gasaustausch. Diese
gleichen vollkommen jenen bei Potamophilus und Macro-
nychus beschriebenen^ und liegen hier wie dort in dem
letzten Abdorainalsegment, aus dessen oben beschriebener
Oeffnung sie nach Belieben hervorgestülpt werden. Sie
bestehen bei Elmis aus drei Büscheln, welche aus einem
oberhalb des Rektum liegenden gemeinsamen Stamm ent-
springen und von denen zwei seitlich, eines in der Mitte
zwischen den beiden Spitzen des Analsegmentes hervor-
treten. Die Zahl der die einzelnen Büschel zusammen-
setzenden Filamente ist verschieden; sie betrug selten
unter zehn und über zwölf. Der gemeinsame Stamm der
Kiemen ist von einer zarten Chitinhülle umschlossen,
welche durch zwei für den Mechanismus des Hervor-
stülpens und Einziehens wichtige Stäbe gestützt wird.
Während sich nämlich an der besagten Membran die
Retraktoren des Kiemenapparates, welche von der inneren
Wand des Skeletes ihren Ursprung nehmen, inseriren,
finden die Antagonisten derselben ihre Insertion an den
erwähnten Stäben. Man kann demnach nicht eigentlich
von einer Einstülpung der Kiemen reden. Nur der Stamm
derselben wird eingestülpt, während die Kiemen selbst
eingezogen werden.
Erst nach vieler Mühe ist es mir gelungen, befrie-
digenden Aufschluss darüber zu erlangen, wie die late-
ralen Tracheenstämme sich in die Kiemen vertheilen, in
deren mittlerem Zweig ich stets zwei Tracheen liegen sah,
während ich in den beiden seitlichen drei bemerkte.
Dieses Verhalten wird in der That sehr einfach auf die
Weise hervorgerufen, dass von den Lateralstämmen sich
im letzten Segment je ein nach innen verlaufender Ast
abzweigt (Fig. 9). Diese beiden übernehmen die mittlem
Kiemen, während die seitlichen durch die direkten Fort-
setzungen der Hauptstämme, welche sich jedoch zuvör-
derst in drei Zw^eige spalten, versorgt werden. Nur bei
Anwendung einer sehr starken Vergrösserung ist es
möglich, an den feinsten, in den einzelnen Kiemenfäden
verlaufenden Tracheenzweigen eine Andeutung des Spi-
ralfadens zu erkennen.
Beitrag zur Kenntniss einiger Insecktenlarven. 11
Die lateralen Tracheenstämme ziehen, viele feine
Zweige an die inneren Organe entsendend, gleichmässig
divergirend nach vorn; im ersten Abdoaiinalsegment bie-
gen sie sich nach innen, um sich nun innerhalb der
Hüften, und allmählich enger werdend, bis in den Kopf
fortzusetzen.
Während dieses Verhalten die Jüngern Larven aus-
zeichnet, sieht man bei etwas älteren in allen Segmenten
mit Ausnahme des Pro- und Metathorax sowie des Anal-
segmentes einen feinen massiven Faden von der Stelle
der Körperwand, wo sich später das Stigma öffnet, an
die Hauptstämme treten. Bei noch etwas älteren Indivi-
duen sieht man nun zuerst das nach dem Hauptstamme
zu liegende Ende des Fadens sich aushöhlen , während
zugleich eine Verdickung an der inneren Wand des
Körpers die Bildung des Stigmenhöckers bekundet.
Endlich, vermuthlich nach einer neuen Häutung, erscheint
der ganze Faden hohl und das Stigma geöffnet. Am
schnellsten schreitet die Bildung der Stigmentracheen
am Mesothorax vor, wo sie auch den bedeutendsten Quer-
schnitt erlangt; am Metathorax findet das Gegentheil statt.
Derartige Veränderungen des Tracheen- und Stig-
menapparates kommen auch bei anderen Inseckten im Lar-
venzustand vor. So beobachtete Weissmann bei Musca
die Bildung neuer Stigmen am zweiten Körpersegment
bei der ersten Häutung, während zu gleicher Zeit das
Abdominalstigma eine zweite Oeffnung und bei der fol-
genden Häutung eine dritte erhielt.
Im Verhältniss zu den eben geschilderten Entwick-
lungsvorgängen sehen wir nun auch an den die inneren
Organe versorgenden Tracheenästen Veränderungen auf-
treten, welche sich mehr und mehr kompliziren. Diese
entsprangen bis dahin theils mit einzelnen, theils mit ge-
meinsamen Wurzeln aus den Longitudinalstämmen. Mit
der Entwicklung des Stigmenstammes verändern sie je-
doch ihre Ursprungsstelle in der Weise, dass sie auf
diesen übergehep, und daher eine Abzweigung desselben
vor seiner Mündung in den Lateralstaram zu sein scheinen
(Fig. 8). Unmittelbar nach seinem Ursprung theilt sich
12 Rolph:
dieser Ast in vier Zweige, von denen jeder eine beson-
dere Bestimmung zu haben scheint. Die zwei äusseren,
d. h. der oberste und der unterste, bilden eine Verbin-
dung mit dem vorhergehenden und dem folgenden Stig-
menstamm, so dass sie in ihrer Fortsetzung ein den primi-
tiven Längsstämmen paralleles Röhrensystem bilden. Von
ihnen gehen zahlreiche feine Tracheen an die Muskulatur.
Der zweite der gedachten vier Zweige dagegen
zieht unverästelt weit nach vorn und erweitert sich neben
dem Magen plötzlich in eine ^ sehr umfangreiche Blase,
welche besonders durch den äusserst deutlichen Spiral-
faden auffällt. Gegenüber der Eintrittsstelle setzt sich
die Trachee in einen ganz kurzen Zweig fort, welcher
in die Muskelschicht des Magens eintritt, um sich hier
plötzlich in sehr feine Zweige aufzulösen.
Der dritte Zweig bildet die Querkommissur und
scheint erst in der Mitte seines Verlaufes feine Ausläufer
abzugeben, welche, wie ich vermuthe, an das Nervensy-
stem treten, analog dem später zu schildernden Verhalten
bei Psephenus.
Betreffs der Tracheenblasen ist zu bemerken, dass
solche sich nicht in allen Segmenten finden, auch variirt
die Zahl derselben je nach dem Alter des Individuums.
Ich fand deren überhaupt nur bei älteren Larven, und
zwar zu drei bis fünf Paaren, welche dem zweiten bis
vierten resp. bis sechsten Segment zugehörten, obgleich
sie in der That viel weiter vorn liegen, indem die ersten
schon auf der Grenze zwischen Meso- und Metathorax
ihre Stellung finden. Der entsprechende Tracheenzweig
verläuft übrigens in den übrigen Segmenten in ganz der-
selben Weise unverästelt an den Darmtractus, und unter-
scheidet sich überhaupt nur durch den Mangel der bla-
sigen Erweiterung.
Der Durchmesser der Ballons (Fig. 15), welche von
ziemlich gleicher Grösse sind, beträgt etwa 0,15 Mm.
Sie dürften vorzugsweise eine hydrostatische Bedeutung
haben und den nur in heftig strömendem Wasser leben-
den Thieren von ebenso grosser Wichtigkeit sein, wie den
Fischen die Schwimmblase. Die Larve gewinnt dadurch
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 13
die Fähigkeit nach Belieben im Wasser aufzusteigen und
hinabzutauchen, was von um so grösserer Bedeutung für
sie ist als ihre Beine ja nicht Schwimm- sondern Klam-
merapparate sind.
Diese so eben geschilderten Verhältnisse schliessen
sich eng dem an, was Dufour bei Potamophilus beobach-
tet hat. Auch bei dieser Eimis so nahe verwandten
Form finden sich von den Stigoienstämmen ausgehende
Tracheen, die sich in Tracheenblasen erweitern, um sich
nachher an dem Darm zu verzweigen. Auch hier stehen
dieselben nicht in direkter Beziehung zu den Längsstäm-
men, kommen nur dem Abdomen zu, und senden ihre
feinsten Zweige nur zum Darm. Doch zeigen sich auf
der anderen Seite auch bemerkenswerthe Unterschiede.
So korrespondirt bei Potamophilus ein Stigmenstamm
stets mit vier Ballons, die ausserdem eine cylindrische
Form haben. Sehr auffallend ist mir endlich die Angabe,
dass die Stigmenstämme im Abdomen ganz ausser Ver-
bindung mit den Längsstämmen stehen sollen, dass die
letzteren nur mit dem Stigmenstamm des Mesothorax
kommuniziren. Ich möchte fast glauben, dass hier ein
Irrthum des sonst so genauen Beobachters vorliegt. Auch
ich bin, getäuscht durch die Abzweigung des betreffenden
Tracheenastes von dem Stigmenstamm, zuerst einer ähn-
lichen Ansicht gewesen, bis es mir gelang, die Verbin-^
düng, welche in der That sehr kurz und leicht zu über-
sehen ist, aufzufinden.
Das Darmrohr (Fig. 7) zieht in gerader Richtung
durch die Leibeshöhle unseres Thieres. Es zerfällt wie
gewöhnlich in drei Abschnitte: den Vorderdarm, beste-
hend aus Oesophagus und Proventriculus, den Chylus-
Magen und den Enddarm.
Der Oesophagus erweitert sich schon im Kopfe er-
heblich und geht so in den Kaumagen (Fig. 13) über, der
von ihm nicht deutlich geschieden ist. Letzterer ist im
Inneren mit einer grossen Zahl chitinisirter Hervorra-
gungen ausgestattet, bestimmt die aufgenommenen Nah-
rungsstoffe zu zerkleinern.
Es lassen sich deren besonders drei Formen unter-
14 Rolph:
scheiden, welchen es indess an Uebergängen nicht fehlt.
Zuerst treten scharfe nach hinten zugespitzte sägezahn-
förmige Messer auf (Fig. 11 a), dann kurze nach vorn
gerichtete Kolben (Fig. Hb), welche dicht mit erhabe-
nen Knöpfen besetzt sind, endlich scharf gezähnte, nach
innen gebogene Raspeln (Fig. 11 c). Gegen den Chylus-
magen schliesst sich der Kaumagen durch eindringende
Wülste ab, welche mit Hülfe eines darüberliegenden
Zapfens das Lumen gänzlich zu sperren im Stande sind.
(Fig. 13.)
Der Chylus- Magen, anfänglich von der Weite des
Proventriculus, verschmälert sich allmählich und nimmt
an seinem Ende die vier langen Vasa Malpighi auf. Das
sehr kurze Rectum, anfänglich eng^ erweitert sich ziem-
lich erheblich und mündet unterhalb der Kiemen , di-
rekt auf der Analplatte nach aussen.
Speicheldrüsen, welche Dufour bei Potamophilus
beschreibt, habe ich nicht gefunden.
Der ganze Leibesraum ist bei älteren Individuen
vom Fettkörper erfüllt, welcher sich besonders dicht um
die Tracheenblasen gruppirt.
Die Larren tou Psephenus Hald. (Eurypalpus Leconte.)
Literatur.
In seinem Versuch einer systematischen Eintheilung
der Käferlarven giebt uns Erichson (Wiegm. Arch. VII.
1841. p. 107) die erste Nachricht über eine von Zimmer-
mann aus Pensylvanien gesendete Larve, welche unver-
kennbar mit der von Psephenus identisch ist, und in
welcher der scharfe Blick dieses ausgezeichneten Ento-
mologen sofort eine nahe Verwandtschaft zu Elmis er-
kannte. Er hielt sie daher für die Larve der Elmis
(Helichus) lithophila, eines in Pensylvanien nicht seltenen
Parniden.
Weniger glücklich in seinem Urtheil war De Kay
(Nat. Hist. of New- York. Zool. 1844. V. p. 53) , welcher
unter dem Namen Fluvicola Herricki und tuberculata
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 15
zwei vermeintliche Krebse beschrieb, von denen der er-
stere sicher mit unserer Larve identisch, der andere ihr
wenigstens nahe verwandt ist. Es bleibt unerklärlich, wie
De Kay dieses mit drei Beinpaaren und einem vom
Thorax getrennten Kopf ausgestattete Thier für einen
Krebs halten konnte; wie er im Stande war, den Pro-
thorax als „head or anterior segment^ anzusehen, da
aus seiner Besehreibung hervorgeht, dass der wirkliche
Kopf ihm nicht entgangen war, ja da er ihn in der Ab-
bildung zwar roh aber erkennbar wiedergiebt. Da das
umfangreiche Kupferwerk nicht leicht zu erhalten ist,
lasse ich eine Uebersetzung der bezüglichen Stelle fol-
gen. Einen mir unverständlichen Passus gebe ich im Text
wieder.
Genus Fluvicola.
Körper elliptisch oder oval, nach hinten verengt.
Vier unter dem Schilde verborgene Antennen, deren
äusseres längeres Paar gebogen ist und aus drei Gliedern
besteht, während das innere grade ist und kaum halb so
lang als jenes. Die Körpersegmente in drei Abschnitte
getbeilt (trilobate). Drei Fusspaare. Im Flusswasser lebend.
F. Herricki.
Körper breit elliptisch, häutig und biegsam, aus
zwölf Segmenten bestehend, die in der Mitte gewölbt
sind und an den Seiten dünn und durchsichtig werden.
Der ganze Körperrand ist mit ziemlich gleichlangen,
aneinanderliegenden Haaren umsäumt. Der Kopf, oder
das erste Segment, durch schwache Näthe in drei Stücke
getheilt, trägt nahe der Verbindung mit dem ersten
Körpersegment einen dunkelgefärbten Fleck, welcher
unter der Linse ein höckeriges Aussehen hat. Die beiden
nächsten Segmente sind breiter .als die acht folgenden,
und alle sind mit Ausnahme des letzten durch zwei
Längsnäthe in drei Reihen von Platten getheilt, die dem
Thiere eine auffallende Aehnlichkeit mit den Trilobiten
geben. Die Ränder der Mittelschilde sind, wo sie ein-
ander berühren, erheblich erhöht, die Seitenplatten je-
doch frei und im Stande sich übereinander zu schieben;
die gesammte Oberfläche ist unregelmässig von Schlangen-
16 Rolph:
linien durchzogen und mit kleinen runden Flecken be-
setzt. Beneath a short sac or tube with a transverse ope-
ning; and on each side two dark processes apparently the
rudiments of jaws. Vier Antennen. Die vorderen länger,
gebogen, den äusseren Rand des Schildes nicht erreichend,
die hinteren gerade. Gleich hinter dem Munde entsprin-
gen drei Paar krallentragende Beine, deren letztes Paar
das kürzeste ist, und welche mit starren Haaren und
einer einfachen dunkelen Klaue ausgestattet sind. Hinter
diesen Beinen folgen fünf Paare kiemenfussartige An-
hänge, Kiemen aus weissen häutigen Filamenten ähnlich
sehend. Unter einer starken Linse kann man auf jeder
Seite ein dorsales Gefäss erkennen, welches mit jeder
Kieme kommunizirt. Jede dieser letzteren scheint zwei-
reihig, und jede Reihe aus sieben oder acht einzelnen
Schläuchen zu bestehen. Farbe graubraun. Länge 0,2 —
0,3". Westcanada. Dieses merkwürdige krebsartige Thier
findet man in und nahe den Gewässern von Westcanada
creek an Steinen sitzend. Nur mit erheblicher Mühe
löst man es ab, worauf es sich unvollkommen zusammen-
kugelt. Es scheint ein bemerkenswerther Umstand, dass
Geschöpfe von so grosser Aehnlicbkeit mit den Trilobiten,
gerade an der durch diese untergegangenen Thiere be-
sonders ausgezeichneten Lokalität der Vereinigten Staa-
ten gefunden werden. Dass sie zu dieser Gruppe, wel-
cher sie sich allerdings durch ihre Form anschliessen,
wirklich gehören, vermuthe ich nicht; abev die Form
ihres Mundes bewog mich sie unter die Branchipoden
oder Crustacees suceurs der neueren Autoren zu stellen.
F. tuberculata.
Körper länglich abgerundet, fast linear, in der
Mittellinie gewölbt. Erstes Segment nach vorn gerundet,
die Hinterecken jederseits in eine ausgezogene Spitze
endend. Zweites und drittes Segment breiter als die
folgenden, welche allmählich schmäler werden. Die
Seitenschilde länglich viereckig. Der ganze Körperrand
mit dichten Haaren, wie beim vorigen, bekleidet. Jeder-
seits des Rückenkiels und nahe an ihn gedrängt läuft
eine Longitudinal reihe von abgekürzten länglichen Er-
Beitrag zur Kenntniss einiger Insectenlarven. 17
hebungeü, welche auf den drei ersten Segmenten höher
sind und daher an Stelle eines Kiels eine Rinne zwischen
sich lassen. Nahe dieser Reihe und parallel zu derselben
läuft eine zweite Reihe mehr querer Höcker, und eine
dritte, weiter abstehende, welche die Grenze gegen die
Lateralplatten bezeichnet. An getrockneten Exemplaren
theilen diese Höckerreihen, indem sie die erhabenen
Ränder der Segmente kreuzen, die Oberfläche derselben
in eine Reihe viereckiger Felder. In sonstiger Beziehung
dem vorigen ähnlich. Farbe rothbraun. Länge 0,2 — 0,5".
Westchestercounty. In Bächen ari Steine angeklammert.
In der Versammlung der Naturforscher in Cambridge
gab Le Conte eine kurze Notitz über diese Thiere, in-
dem er die Meinung aussprach, dass man dieselben als
Neuropterenlarven anzusehen habe. Bei einer genaueren
Untersuchung jedoch, welche er in der Folge anstellte,
und bei welcher ihm auch die Puppen zu Gebote standen,
erkannte er in ihnen die Larven eines Käfers, und zwar
der Psephenus Lecontei aus der Familie der Parnidae. Die
Beschreibung, enthalten in dem ,jLake superior'^ von Agas-
siz (p. 241 ff.) ^), ist jedoch bei weitem nicht erschöpfend.
Sie bezieht sich wie Laboulbene's Abhandlung über Elmis
nur auf das Aeusserliche. Da eine Uebersetzung des
Aufsatzes von Ohapuis und Cand^ze (Mem. de Liege. VIII.
p. 495) gegeben ist, so verzichte ich hier auf die Wieder-
gabe desselben. Es sei nur erwähnt, dass statt des
Namens Harris in der Uebersetzung überall De Kay
zu lesen ist. Eodlich sei noch der ganz kurzen Angabe
Le Conte's in seinem „Beitrag zur Kenntniss der Par-
niden von New York (Proc. of the Acad. of natural sc.
ofPhilad. VI. 1852. p. 41) und einer gleichen in den Proc.
of the Acad. of natural history of London (new series VI.
1853. January. p. 65) gedacht.
1) In dieser Beschreibung wird eines Thieres mit Namen Scutel-
leria Ammerlandia Erwähnung gethan.
Scutelligera Ammerlandia lautet der Name richtig, unter
welchem v. Spix eine Dipterenlarve (Microdon) als Landschnecke
beschrieb. (Denkschr. d. König!. Acad. d. Wissensch. Math, phys,
Cl. Bd. 9. p. 14. 1823/24' München).
Archiv f. Naturg. XXXX, Jahrg. 1 Bd. 2
18 Rolph:
Die von mir untersuchten Larven stammen aus Flo-
rida und gehören der Sammlung des hiesigen zoologischen
Mu&eums an.
Beschreibung.
(Fig. 16 und 22.)
Körper völlig elliptisch aus zwölf Segmenten und
dem unter dem Prothorax verborgenen, frei beweglichen
Kopf bestehend. Auf dem Rücken stark gewölbt, die
Unterseite konkav, da die Bauchdecke von den herabge-
bogenen Seitentheilen der Rückendecke weit überragt
wird. Der Rand des Körpers in seinem ganzen Um-
fange mit engschiiessenden Haaren bekleidet. Fünf Paar
Tracheenkiemen, an dem zweiten bis sechsten Abdomi-
nalsegment. Zwei Paar Stigmen, das eine auf dem Meso-
thorax, das andere auf dem vorletzten Abdominalsegment,
beide dorsal gelegen. Long. 4 — 8 Mm. Lat. 3—5,5 Mm.
Die zwölf Körpersegmente haben grosse Aehnlich-
keit miteinander, da sie alle, mit einziger Ausnahme der
beiden letzten, die sowohl von De Kay als Le Conte
erwähnte auffallende Theilung in drei Abschnitte zeigen,
auf welcher die von ihnen so sehr in den Vordergrund
gestellte Aehnlichkeit mit den Trilobiten beruht. Eine
solche Theilung in Pleurae und Rhachis finden wir mehr
oder weniger deutlich bei vielen Crustaceen und In-
sekten ausgesprochen, welche in grösserem oder gerin-
gerem Grade die Fähigkeit besitzen sich zusammenzu-
kugeln, oder welche sehr flach gebaut sind. Wenn ich
diese Bezeichnungen hier brauche, so geschieht dies nur,
weil ich glaube, dass die Beschreibung dadurch einfacher
und leichter verständlich wird. Sämmtliche inneren Or-
gane haben ihre Lage unter der Rhachis, nur einige
wenige Muskeln, welche zur Bewegung der Pleurae die-
nen, reichen in diese hinein oder liegen ganz in ihnen.
Die Beweglichkeit der letzteren, welche im Abdomen
durch ein falsches Gelenk vermehrt wird, bedingt auch
eine besondere Anschlussvorrichtung untereinander. Die
aufeinanderfolgenden Pleurae sind daher bis nahe zu.
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 19
ihrer Mitte durch eingeschaltete Membranen mit einander
verbunden, welche die Ränder nicht weit auseinander-
weichen lassen. Der Rückenpanzer ist durch kugelige
dunkle Einlagerungen, ähnlich wie bei Elmis und Macro-
nychus, doch hier in unregelmässfg gewundenen Reihen
angeordnet, ausgezeichnet (Fig. 16 und 17), und erhält
durch fein granulirte Scheiben, welche der inneren Wand
anliegen und oft mit Kanälchen, denen ein Haar aufsitzt,
kominuniziren, ein noch auffallenderes Aussehen. Die
Bauch decke ist von bedeutend gringerer Resistenz als
die Rlickendecke, und nur dort, wo die Insertion der
Körperanhänge eine stärkere Muskulatur und daher auch
grössere Festigkeit verlangt, durch Chitinleisten gestützt.
Während wir daher in den die Beine tragenden Seg-
menten ein System solcher Stützen auftreten sehen, be-
merken wir an den Abdominalsegmenten nur jederseits
einen von der Basis der Kiemen unter einem sehr spitzen
Winkel nach innen ziehenden Stab, welcher zur Insertion
der die Kiemen bewegenden Muskulatur dient.
Die den Rand des Körpers einfassenden Borsten
schliessen sehr eng aufeinander. Sie haben die Form
zweischneidiger Messer mit dachziegelförmig übergreifen-
den Rändern. Ungefähr in der Mitte ihrer 0,7 bis 0,8 Mm.
betragenden Länge isoliren sie sich und verlieren ihre
Starrheit. Zwischen ihnen und von ihnen verdeckt, so
dass sie erst nach der Ablösung sichtbar werden, findet
man viel kleinere schuppenförmige Haare, welche sich
bei starker Vergrösserung als gezähnelt erweisen. Durch
ihre Vermittelung wird der sehr geringe Zwischenraum
zwischen den Wurzeln der langen Haare ausgefüllt, so
dass ein völlig dichter Schluss des Körperrandes auf der
Unterlage ermöglicht wird. Während diese Haarformen
den Seitenrand der Pleurac einfassen, findet sich eine
noch auffallendere, welche sich jedoch durch Uebergänge
als nur eine Modifikation der ersteren bekundet, an dem
freien Hinterrande derselben. Die Form dieser Schüpp-
chen lässt sich am besten mit einem geöffneten Fächer
vergleichen, dessen Fläche sich eng auf das folgende
Segment auflegt, und der zugleich auf seinen Nachbar
20 Rolph:
SO eng aufschliesst, dass er denselben bis zur Mitte deckt.
Fig. 17.)
Kopf abgerundet viereckig, frei beweglich in den
Prothorax eingelenkt, und von diesem weit überragt.
Die wenig hervortretenden Augen bestehen, wie bei
Elmis, aus gemeinsamer Cornea, unter welcher sechs in
Pigment eingebettete Krystallkegel liegen.
Die Antennen sind schmal, länger als der Kopf,
vor den Augen eingefügt, und erreichen wenn ausge-
streckt gerade den vorderen Rand des Prothorax.
Das erste Glied ist um den dritten Theil länger
als das zweite, und nur unbedeutend stärker. Letzteres
trägt, genau dem bei Elmis gefundenen Verhalten ent-
sprechend, zwei sehr kleine dicht an einander schlies-
sende Glieder, deren einem ein feines Tastbörstchen
aufsitzt.
Labium keilförmig in die Stirn eingesenkt, breit,
vorn schwach ausgebuchiet ; die Ecken tragen zwei oder
drei nach innen gebogene und eine grössere Zahl gerader
kräftiger Borsten, während der Vorderrand sowie die
innere Fläche dicht mit feinen Haaren bekleidet ist,
welche nur die Mittellinie frei lassen. (Fig. 18.)
Mandibeln dreieckig; ihre an der Basis mit einem
Haarbüschel ausgestattete Schneide scharf, ihre Spitze
sehr kräftig, mit einer feinen Rinne versehen. (Fig. 19.)
Die schmalen und langen Maxillen (Fig. 20) zeigen
eine mit dem stipes verwachsene innere Lade, während
die weichhäutigere äussere, die kaum beweglich sein
dürfte, nur als ein Anhang jener erscheint. Beide sind
an ihrer gerade abgestutzten, in gleicher Höhe gelegenen
Spitze mit Borsten versehen. Die äussere Lade ist
ausserdem noch durch sehr lange und biegsame, band-
förmig getheilte Haare ausgestattet, deren lange Zweige
sich verworren in einander schlingen. Aehnliche Haare
finden sich auch an der Wurzel des Tasters, welcher
aus drei gleichmässig an Länge und Stärke abnehmenden
Gliedern besteht. — Nach Le Conte's Angabe sind die
Maxillartaster halb so lang als die Antennen, bei jünge-
ren Thieren jedoch viel kürzer. Zu den letzteren ge-
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 21
hören daher die von mir untersuchten Exemplare, bei
denen dieselben nur halb so lang als das erste Antennen-
glied waren. Auch giebt derselbe Autor alle drei Glie-
der als gleichlang an, ein Verhalten welches ich nie ge-
funden habe und wohl auch nur älteren Individuen zu-
kommen mag. Labium (Fig. 21) so breit als die Ober-
lippe, vorn in eine abgerundete Spitze ausgezogen und
beiderseits leicht ausgebuchtet. Die abgerundeten Ecken
wie der Vorderrand dicht, aber länger behaart. Einige
der oben beschriebenen bandförmige Haare finden sich
auch hier an der Basis der Taster. Letztere selbst sind
zweigliedrig und überragen kaum die Ecken des Labium.
Das zweite knopfförmige Glied ist viel kürzer als das^
erste.
Die Füsse (cf. Fig. 22) sind denen von Elmis so
ähnlich, dass eine besondere Beschreibung überflüssig
scheint. Doch ist die coxa länger und nach ihrer Spitze
etwas verdickt.
Die Thorakalsegmente bilden die eine Hälfte des
elliptischen Thieres, und ihr Umriss entspricht genau dem
der Abdominalsegmente zusammen. Der fast gerade Hin-
terrand des Metathorax bezeichnet daher annähernd die
Mitte des Thieres. Von hier aus erhalten die Pleurae
des Thorax eine zunehmende Richtung nach vorn, die
der Abdominalsegmente nach hinten. — Es bleibt hiernach
für die Form der einzelnen Segmente nur wenig zu sagen
übrig.
Am Prothorax erlangen die Pleurae eine bei weitem
bedeutendere Entwicklung als an den übrigen Abschnitten,
indem dieselben hier über dem Kopf, den sie überwölben,
zusammenstossen. Eine in der Mediane bis zum Ansatz
des Kopfes verlaufende Nath bezeichnet die Verwach-
sungslinie. Ausserdem kann man noch zwei paarige
Näthe unterscheiden, von denen das vordere Paar von den
Hinterecken der den Kopf aufnehmenden Höhlung nach
vorn gerichtet ist und kurz vor dem Rande mit dem
zweiten Paare, welches von den Hinterecken der Brust
ausgeht, zusammenstösst. Meso- und Metathorax unter-
scheiden sich nur durch die Gestalt der Pleurae, die bei
22 Rolph:
dem ersteren nach dem Bande zu bedeutend verbreitert
sind, bei dem letzteren gleicbbreit bleiben, und durch
das dem Mesothorax zukommende Stigmenpaar, welches
dorsal am Vorderrande, nahe dem Ansatz der Pleurae
gelegen ist (Fig. 22). Zu erwähnen ist noch ein in den
Pleurae liegendes Nathpaar, welches vom Mesothorax an
auftritt. Es entspringt an der Längsnath und durchzieht,
dem Vorderrande mehr oder weniger parallel, den ganzen
Seitenfortsatz.
Die ersten sieben Abdominalsegmente, von denen
das zweite bis sechste je ein Kiemenpaar tragen, unter-
scheiden sich ebenfalls nur unwesentlich, besonders durch
die Form der Pleurae, welche sich der elliptischen Kör-
perform entsprechend immer mehr nach hinten richten,
bis sie im siebenten Segment fast einen rechten Winkel
gegen den Mittelkörper bilden. Die Näthe zwischen
diesem und jenen werden sehr deutlich und behalten
ihre Longitudinalrichtung, bilden aber in Folge der Ver-
schmälerung des Körpers zusammen eine gezähnte Linie.
Nur die Nath des siebenten Segmentes zeigt eine starke
Convergenz nach hinten. Die Quernäthe der Pleurae, im
ersten Segment des Abdomens noch parallel dem Vorder-
rand; convergiren gegen diesen immer mehr, indem ihr
Ursprung nach den Hinterecken der Rhachis rückt, ohne
dieselben jedoch zu erreichen. Das achte Segment, wie
das neunte der Pleurae entbehrend, trägt in seinen
Hinterecken das zweite Stigmenpaar und an seinem Hinter-
rande die Analöffnung, während jenes als solide Schuppe
den Ausschnitt zwischen den Seitentheilen des drittletz-
ten Körperringes ausfüllt.
Das Nervensystem (Fig. 22) besteht aus dem oberen
und unteren Schlundganglion, sowie drei Thorakal- und
sieben Abdominalganglien. Das Ganglion supraoesopha-
geum ist zweitheilig und bildet durch Vcrmittelung der
Längskommissuren mit dem Ganglion infraoesophageum
den Schlundring. Hierauf folgen in etwa gleichen Abständen
die ziemlich gleichgrossen Thorakalganglien, deren letztem
sich die dicht an einander gedrängten sieben Abdominal-
ganglien eng anschliessen. Es bilden daher diese mit dem
Beitrag zur Keiintniss einiger Insektenlarven. 23
Ganglion des Metatliorax eine zussmmcnhängende Gruppe^
welcher die sonst üblichen Läng'skommissuren fehlen, ohne
dass jedoch eine Verschmelzung eintritt. Ans dem letzten,
welches im Gegensatz zu den ersten sechs queren Ab-
dominalganglien eine längliche Gestalt hat, entspringen
zahlreiche Nerven, welche eine sogenannte cauda equina
bilden. Was das Lagerungsverhältniss der Ganglien zu
den Körpersegmenten betrifft, so finden wir die beiden
grsten Ganglien des Thorax ganz an den Hinterrand der
betreffenden Segmente gerückt, während das dritte et-
was hinter der Mitte des Metathorax liegt, und die Ab-
dominalganglien mit Ausnahme der letzten zwei oder drei
noch in demselben Segmente Platz finden. Die cauda
equina erreicht daher eine beträchtliche Länge.
Die Respirationsorgane ermöglichen, indem die Larve
sowohl Stigmen als Kiemen besitzt, eine Athmung so-
wohl im Wasser als auf dem Lande. Die Lage der
Stigmen ist schon beschrieben, es sei nur noch bemerkt,
dass das des achten Abdominalsegmentes das grössere
ist. Die fünf Paare Tracheenkiemen, die an der Bauch-
seite des zweiten bis sechsten Abdominalringes gelegen
sind und den vorderen Rand, nahe den Vorderecken des
eigentlichen Körpers einnehmen, haben die Gestalt einer
ungleichmässig zweireihigen Franse. Ihr Stamm nimmt
eine beim Eintritt sich mehrfach spaltende Trachee auf,
welche ihre der spiraligen Verdickungen entbehrenden
Zweige in die einzelnen Fäden entsendet. (Fig. 23.)
Von einer Analkieme, welche Le Conte erwähnt,
habe ich nichts gefunden, und dieser Umstand würde
mich fast an der Identität unserer Larve mit der von
jenem Autor beschriebenen zweifeln machen, wenn nicht
alle übrigen Merkmale genau übereinstimmten. Da die
Analkiemen einziehbar sein sx)llen, so mögen sie mir,
der ich nur Exemplare vor mir hatte, welche lange Jahre
hindurch in Spiritus gelegen, entgangen sein ; andrerseits
scheint mir die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass
hier ein Irrthum Le Conte's vorliegt, zumal weder
Erich so n noch De Kay derselben Erwähnung thut.
Die Kiementrachee entspringt aus dem Längsstamm,
24 Rolph:
welcher wie gewöhnlich als paariges Organ den ganzen
Körper durchzieht. Ausgehend von dem Abdominalstig-
ma, wo sein Lumen am bedeutendsten ist, und die Längs-
näthe begleitend, wendet er sich im ersten Bauchseg-
ment nach innen, um sich innerhalb der Hüften in gera-
der Linie bis in den Kopf fortzusetzen.
Die in jedem Segment die Längsstämme verbinden-
den Querkommissuren, deren erste schon im Kopfe liegt,
bleiben in ihrem mehr oder minder gebogenen Verlauf^
bis zur Mitte ungetheilt. Hier jedoch senden sie zwei
Aeste ab, welche in das der Lage der Querkommissur
entsprechende Ganglion treten. Diese Zweige sind im
Abdomen schwer zu verfolgen, da, wegen der Bauch-
ganglien erheblicher Entfernung von den ihnen ent-
sprechenden Segmenten, diese Tracheen in grösserer
Zahl untereinander, und den die cauda equina bildenden
Nerven parallel verlaufen. Doch habe ich mich über-
zeugen können, dass auch hier das Verhalten dasselbe
als im Thorax ist. Im achten Segment, welchem kein
Ganglion zukommt, verläuft die Kommissur ungetheilt.
Die die Eingeweide und die Muskeln versorgenden
Tracheen entspringen zum Theil aus derselben Wurzel
mit den Kiementracheen oder den Querkommissuren, zum
Theil selbstständig ; es scheint hierin keine Regel vorzu-
walten.
Der Darmtraktus, bis zum fünften Abdominalseg-
ment gerade verlaufend, bildet hier abweichend von El-
mis eine sich bis in das zweite Segment des Abdomens
hineinerstreckende Schlinge, die den Mittel oder Chylus-
Darm rcpräsentirt, während die übrigen Darmabschnitte
gerade bleiben. Vier vasa Malpighi lassen sich auch hier
erkennen, mit ihren Windungen dem Darm eng anlie-
gend. Der Proventriculus setzt sich nicht so deutlich
wie bei Elmis vom Magen ab, indem eine Einschnürung
fehlt. Doch wird er deutlich genug durch charakteristi-
sche Chitinvorsprünge bezeichnet, welche hier zuerst in
Form von langen Nadeln, dann von mosaikartig anein-
ander gelegten Platten, dann als gezähnelte Schuppen
auftreten, Bildungen, die denen bei Elmis ähnlich sind.
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 25
Der dem Magen folgende Abschnitt des Chylus- Darmes,
an Länge etwa dem Magen gleich, besitzt ein weit
geringeres Lumen als jener oder der Mastdarm.
Die LaiTen Ton Uelodes und Cyphon.
Da von einigen Autoren Psephenus zu den Dascil-
liden, in nahe Verwandtschaft zu Helodes und Cyphon
gestellt wird, so war es mir wünschenswerth, auch die
Larven dieser Gattungen mit denen der ersteren zu ver-
gleichen. Nachdem ich zuerst nur in der Lage gewesen
war, einige in Spiritus konservirte Exemplare von He-
lodes zu untersuchen, bin ich unlängst in den Besitz
lebender Thiere gelangt, deren Untersuchung meine
früheren, erheblich von denen des Verfassers der Mono-
graphie der Dascilliden abweichenden, Beobachtungen be-
stätigte und mir erlaubte dieselben zu vervollständigen.
Was wir bis jetzt über die früheren Stände der
Dascilliden wissen, ist von Tournier in der eben ge-
nannten Schrift (Descr. des Dascillides du lac Leman.
Bale et Genöve 1868) zusammengestellt worden, doch
ohne genaue Quellenangabe. Die bezüglichen Arbeiten
sind von Erichson (Dascillus cervinus und Cyphon spec.
Wiegm. Arch. 1841. L p. 88 und 1847 I. p. 281.), Perris
(Eucinetus meridionalis. Ann. soc. ent. Fr. IX. 2. serie. 1851
p. 48), Chapuis et Cand^zc. Helodes pallidus F. Mem. soc.
roy. Liege VIII. 1853 p. 495), Frauenfeld (Cyphon varia-
bilis. Zool. bot. Ver. Wien. XVI. 1866. p. 969). Diesen
fügt Tournier die Beschreibung der Larve von Helodes
marginata (1. c. p. 13) und Hydrocyphon deflexcicollis (1. c.
p. 14) hinzu. Leider beziehen sich alle Angaben Tour-
nier's sowohl als seiner Vorgänger nur auf das Exte-
rieur, ohne selbst dieses zu erschöpfen. Denn gerade die
Eigenschaften der Larven, welche vor allem unsere Be-
achtung verdienen sind übersehen oder falsch dargestellt
worden.
Zur Untersuchung dienten mir einige wenige todte
Exemplare von Helodes marginata und zahlreiche lebende
von Cyphon, vermuthlich variabilis. Da meine Beobach-
26 Rolph:
tungen an der ersteren Art weniger vollständig sind, so
werde ich raich vorzüglicli an die Larven von Cyphon
halten. Ich bemerke dabei, dass die Aehnlichkeit beider
eine so grosse ist, dass die Beschreibung fast überall auf
beiden Formen passt. Wo dieses nicht der Fall ist, oder
wo ich mich von der üebereinstimmung nicht habe durch
direkte Beobachtung überzeugen können, findet sich eine
Beschreibung der Abweichungen oder eine bezügliche
Angabe.
Die Larven von Cyphon leben in stehenden oder
träge strömenden Gewässern nahe der Oberfläche, wo
sie an Pflanzen und Holz lebhaft herumkriechen.
Diejenigen von Helodes dagegen leben nach Tour-
nier in rasch strömendem Wasser, halten sich bei Tage
mit Vorliebe am Boden desselben und pflegen erst gegen
Abend an die Oberfläche zu steigen. Beide nähren sich
von vegetabilischen Stoffen, besonders von Holzmulm,
welcher feinzerrieben ihren Darm in Masse anfüllt.
Körper länglich, zugespitzt, aus dem Kopf und
zwölf Segmenten bestehend, welche vom Thorax ab all-
mählich an Breite abnehmen. Der Rücken hart und stark
gewölbt, die Bauchdecke w^eniger resistent und schwächer
gewölbt, fast platt. Drei Beinpaare. Ein Stigmenpaar am
vorletzten Abdominalring. Analkiemen. Farbe heilgelb
bis, braun. Helodes margiiiata, long. 6 — 7 Mm., lat 2,5 —
3 Mm. Cyphon, long. 4—6 Mm. lat. 2—2,5 Mm.
Die Körperhülle entbehrt, abgesehen von ihrem
Borstenbesatz, bei Cyphon jeder besonderen Auszeich-
nung ; bei eben gehäuteten Thieren ganz weich und
schneeweiss, nimmt sie bald grössere Resistenz und dunk-
lere Farbe an. Bei Helodes jedoch finden sich an ver-
schiedenen Stellen des Körpers, so auf der Unterlippe
zwei, und auf jedem Segment etwa drei seitliche, ver-
schwommene, dunklere Flecken.
Kopf (cf. Tournier 1. c. PL L Fig. 1 a) breit vier-
eckig, tief in den Prothorax eingesenkt, nach hinten deut-
lich verschmälert, zwischen den Augen, die in den her-
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 27
vortretenden Vorderecken liegen, am breitesten und hier
quer abgestutzt. Antennen dicht neben den Augen nach
innen eingefügt, vielgliedrig. Das erste Glied etwa drei-
viertel so lang als das zweite, aber viel länger als die
folgenden, deren Zahl sehr verschieden ist. Ich fand bei
Cyphon in einem Falle 22, in einem anderen 71 Glieder,
gewöhnlich, "wie bei Helodes, zwischen 20 und 50. Augen
gehäuft und in verschiedener Anordnung an den Vorder-
ecken des Kopfes gelegen.
Oberlippe (Fig. 26) so lang als breit, viel schmaler
als der Kopfschild, vorn tief eingebuchtet, so dass durch
Abrundung des Seitenrandes zwei scharfe seitliche Spit-
zen entstehen, welche je mit einer starken, etwas nach
innen gebogenen und an der Aussenseite schwach gezah-
nelten Borste bewehrt sind. Die weichhäutigere Innen-
fläche der Oberlippe zeigt zwei quere kurze Spangen, in
deren Zwischenraum eine Reihe von sechs kleinen Zäh-
nen steht. An die untere Spange schliesst sich eine mit
härteren Einlagerungen und starren resp. buschigen Haar-
gruppen ausgestattete Membran, welche die obere Mund-
decke bildet, direkt in den Oesophagus überführt, und
welche ich in Gemeinschaft mit jenen Spangen als Epi-
pharynx bezeichne. Bei Helodes (Fig. 25) ist die Ober-
lippe breiter als lang, es fehlen ihr, wie auch Tour ni er
angiebt, die beiden Borsten. Das Organ hat hier einen
grösseren Querschnitt, indem Innen- und Aussenfläche
nicht so eng aufeinander liegen. Der Seitenrand bildet
daher nicht wie bei Cyphon eine scharfe, sondern eine ab-
gerundete Kante. Dagegen zeigt der ausgeschnittene
Vorderrand, der bei Cyphon gleichfalls scharf ist, bei
Helodes eine concave Abplattung.
Mandibeln (Fig. 28 und 29) dreieckig, ihre Spitze
bei jüngeren Thieren stumpf abgerundet, bei älteren ge-
zähnelt. Ihr gebogener Aussenrand mit starren Borsten,
ihr Innenrand mit sehr feinen gefiederten Haaren besetzt,
welche in zwei Büscheln gruppirt sind. Das kleinere ist
an der Spitze befestigt, das grössere, durch eine geringe
bei älteren Individuen fast verschwindende Lücke von
jenem getrennt, bekleidet die ganze Schneide. '.^Die Basis
28 Rolph:
der Mandibsln ist ferner noch durch einen dreieckigen
scharfen Vorsprung ausgezeichnet (Fig. 28 a), welcher in
einer schrägen Rinne eine Reihe von etwa acht bis zehn
sensenförmigen Zähnen trägt. Besondere Wichtigkeit
für das Zerreiben der Nahrung gewinnt die unterste
Spitze der Mandibel, welche einen feilenartig gekerbten,
sehr stark verhornten Fortsatz bildet. Derselbe wirkt bei
der Aktion des Kauens gegen die gleichfalls stark chiti-
nisirte Basis des Epi- und Hypopharjnx. Die Oberkiefer
von Helodes (Fig. 27) sind denen von Cyphon äusseret
ähnlich; weichen jedoch dadurch ab, dass ihre Schneide
weniger ausgeschweift ist, und ihre stumpfe Spitze bei
älteren Thieren durch einen sehr grossen, scharf geboge-
nen Zahn ersetzt wird, wie Tournier abgebildet hat,
und ich durch die punktirte Linie angegeben habe.
Die Maxillen (Fig. 30) tragen auf einem dreieckigen
stipes die mit diesem und untereinander fest verbundenen
Laden. Die äussere und grössere ist in ihrer oberen
Parthie äusserst dicht mit zarten Haaren bekleidet, welche
theils einfach, theils kammförmig sind. Letztere Form
(Fig. 30 a) kommt besonders der inneren Parthie und
den oberflächlichen Lagen zu, und geht allmählich durch
Verschwinden der Zähne in die einfache über. Die
innere Lade hat die Gestalt eines Dreiecks mit scharfer
nach vorn gerichteter freier Spitze, welche wie eine
Säge mit kleinen Zähnen besetzt ist. Der Taster ist
dreigliedrig.
Tournier' s Zeichnung beruht auf einer falschen
Deutung der einzelnen Theile, welche ganz analog seiner
für Hydrocyphon gegebenen Abbildung zu sondern sind.
Bei der Betrachtung dieses Organes, welches an seiner
Basis mit sehr kräftiger Muskulatur ausgestattet ist, fällt
von vornherein seine bedeutende Längen- und Flächenent-
wicklung auf, eine Bildung, deren Wichtigkeit bei der
Beobachtung des lebenden Thieres deutlich wird. Die
Maxillen werden nämlich weit hervorgestreckt und bür-
sten, auf der Oberfläche eines Blattes oder Holzstückes
hingeführt, den hier abgesetzten Detritus in die Mund-
höhle. Am schönsten lässt sich diese Manipulation beob-
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 29
achten, wenn die Larven, wie oft gesehieKt, gleich den
Schnecken und Strudelwürmern an der Oberfläche des
Wassers hinkriechen und die hier massenhaft flottirenden
Nahrungsstoffe abbürsten.
Das Labium (Fig. 31) ist von bedeutender Grösse
und verhüllt von unten die Mundtheile, woraus das üeber-
sehen des dünnhäutigen Hypopharynx zu erklären ist,
dessen die späteren Autoren gar nicht erwähnen, obgleich
sie durch die Angaben Erich son's darauf hätten auf-
merksam werden müssen. Dieses zarte Organ, eine der
zierlichsten Arabesken, ist in seinen einzelnen Theilen,
namentlich den zwei seitlichen Lappen, frei beweglich
und liegt dicht der Unterlippe auf, mit deren Rändern es
sich durch eine dünne Haut in Verbindung setzt. Eine
Beschreibung desselben lässt sich bei seiner Komplikation
schwer geben, und ich beschränke mich daher auf sorg-
fältige Abbildungen, für Cyphon (Fig. 32) und Helodes
(Fig. 31), mit dem Bemerken, dass die Basis des Hypo-
pharynx, sich mit der des Epipharynx verbindend, die
Mundhöhle seitlich abschliesst und in den Oesophagus
überführt.
Was das Verhältniss dieses Organes gegenüber der
Unterlippe betrifft, so glaube ich, dass man es nur als
ein durch Ausstülpung oder Verdickung aus der sehr
dünnhäutigen Innenwand des Labium hervorgegangenes
Gebilde anzusehen hat. Auf ersterem Wege werden sich
die beweglichen Lappen, auf letzterem die festen Borsten,
Zähne, Leisten und Höcker gebildet haben.
Der Rand des Labium ist behaart, die Taster sind
zweigliedrig.
Die Thorakalringe (cf. Fig 24) sind quer, ihr Seiten-
rand abgerundet und abgeflacht; der Prothorax ist nach
hinten stark verbreitert und fast so lang als Meso- und
Metathorax zusammen, welche weniger deutlich nach
hinten erweitert sind, aber an Breite den ersteren über-
treffen. Zahlreiche kräftige Borsten, von denen die
grössten an den Hinterecken sitzen, bekleiden den Seiten-
rand dieser, sowie der Abdominalringe. Von letzteren
nehmen die vorderen sieben an Breite allmählich ab, so-
30 Rolph:
dass der siebente nur doppelt so breit ist als lang, wäh-
rend im ersten die Breite wohl um das sechsfache die
Länge übertrifft. Das achte Segment, von der Gestalt
eines konischen Zapfens (Fig. 33), ist an seiner Basis so
breit als lang, und trägt unter seinen spitzen Hinterecken
die Stigmen, welche, wenn auch nur wenig, hervorgestülpt
werden können. Dieselben liegen also eigentlich in der
Verbindungshaut der beiden letzten Segmente, eine Stel-
lung, die uns nicht erstaunen darf, da sie bei vielen In-
sekten, namentlich am Thorax, gefunden wird. Die ven-
trale Platte dieses Segmentes ist kurz und quer; sie bil-
det so, indem sie den grösseren Theil der Unterseite un-
bedeckt lässt, einen Ausschnitt, in welchen sich das letzte,
neunte Segment einfügt, welches bis auf seine äusserste
Spitze von der dorsalen Platte des vorhergehenden über-
deckt wird.
Rücken und Bauchseite sind in diesem Segment
umgestaltet, doch nähern sie sich in ihrer Form dem vor-
letzten, indem auch hier die ventrale Decke von der
dorsalen weit überragt wird. Die letztere tritt uns in
einer Form entgegen, die man am besten mit einem
flachen Pantoffel vergleichen kann, dessen Oeffnung von
einem halbkreisförmigen beweglichen Deckel, der Bauch-
platte, verschlossen wird. (Fig. 34 und 35.) Der bei dem
Abheben dieses Deckels entstehende sichelförmige Schlitz
bildet die Afteröffnung, aus welcher auch die Kiemen
hervorgestülpt werden.
Die Köpersegmente von Helodes sind den eben ge-
schilderten äusserst ähnlich, auch die Lage der Stigmen
und die Umformung der letzten Abdominalsegmente ist
übereinstimmend, doch zeichnet sich das letzte Segment
durch eine verhältnissmässig bedeutendere Breite aus.
(Fig. 36.) Die Beine, vom ersten bis dritten Paare an
Grösse zunehmend, sind gleichförmig gebildete Schreit-
beine und mit zahlreichen Borsten besetzt. Die Coxa ist
kegelförmig; der Trochanter kurz und schief abgestutzt,
das Femur so lang und nur wenig breiter als die tibia.
Die platte Klaue trägt nahe ihrer Spitze jederseits eine
kräftige Borste.
Beitrag zur Kenntniss einiger Inecktenlarven. 31
Das Nervensystem (Fig. 39) besteht aus den beiden
Schlundganglien und zehn Körperganglien, Das zwei-
theilige Ganglion supraoesophageum wird durch sehr
kurze den Oesophagus umfassende Komissuren mit dem
von ihm zum grossen Theil verdeckten unteren Schlund-
ganglion verbunden. Diesem folgen in gleichen Abstän-
den die drei et^vas queren Thorakalganglien, und end-
lich in näherer Folge sieben längliche Abdominalgang-
lien. Von diesen ist das letzte das grösste und dem
kleinen vorhergehenden eng angedrängt Bei Helodes
ist es mir leider nicht gelungen das obere Schlundgang-
lion zu präpariren^ doch glaube ich, dass dieses ebenso-
wenig als die übrigen von dem bei Cyphon geschilder-
ten Verhalten abweichen wird.
Als Respirationsorgane dienen Stigmen und Kiemen.
T 0 u r n i e r schreibt den Larven von Helodes und Hydro-
cyphon neun Stigmenpaare zu, während er diesen Ver-
hältnissen bei Cyphon nicht nachgeforscht zu habo'h
scheint. Die Kiemen hat er bei Flydrocyphon zwar ab-
gebildet, scheint jedoch ihre Natur nicht erkannt zu
haben; bei Helodes und Cyphon hat er dieselben über-
sehen. Da Erichson (1. c. p. 282) die Kiemen von
Cyphon, wenn er auch über ihre Stellung nicht gut
unterrichtet ist, erwähnt und dazu ausdrücklich bemerkt,
dass er keine Stigmen gefunden habe, so scheint die
Ausserachtlassung dieser Frage auffallend. Nach sorg-
fältiger Untersuchung aller von Tournier als Stigmen
angesehenen dunklen Stellen des Integumentes kommt
man bald zu der Ueberzeugung, dass dieselben eben
nichts anderes als dunkle Flecke sind.
Wie schon bemerkt und beschrieben kommt sowohl
Cyphon als Helodes nur ein Stigmenpaar zu, welches unter
den Hinterecken des vorletzten Segmentes gelegen ist.
Sehr auffallend sind die Umwandlungen des Tracheen-
systems. Der vom Stigma ausgehende seitliche Längs-
stamm zeigt nur bis zu dem Verschlussapparat, einer
kräftigen, jener von Landois bei Musca beschriebenen
sehr ähnlichen Klammer, unregelmässige spiralige Ver-
dickungen, welche noch mit kleinen in das Lumfen hin-
32 Rolph:
einragenden Spitzen besetzt sind. Die so entstandene
Röhre, von grosser Festigkeit und in geringem Grade
hervorstreckbar, erweitert sich plötzlich und unvermittelt
in einen sehr^umfangrcichen, des Spiralfadens entbehren-
den Schlauch, welcher die ganze Seite einnimmt und
sich im Metathorax mit dem der anderen Seite zu einem
grossen Luftraum vereinigt. (Fig. 24.) Diese beiden
Schläuche, die modifizirten Längsstämme, nehmen einen
sehr beträchtlichen Theil der Leibeshöhle ein und liegen
dicht unter der Rückendecke. In gefülltem Zustand
zeigen sie in den Abdominalsegmenten je eine äussere
und eine innere Einschnürung, hervorgerufen durch
kräftige Dorsoventralmuskeln. Im Thorax fallen die
inneren Muskelpaare fort, während die äusseren einen
grösseren Querschnitt gewinnen und, wenigstens in Meso-
und Metathorax, den Luftraum zu durchbohren scheinen;
ein Anschein der dadurch entsteht, dass dieselben von
Aussackungen jenes umfasst w^erden. Im Prothorax schnürt
sich der Luftraum plötzlich ein und sendet einen media-
nen Blindschlauch bis an den Ansatz des Kopfes. Ne-
ben der Basis dieses Blindsackes entspringen die verhält-
nissmässig starken in den Kopf tretenden Tracheen,
welche einen deutlichen Spiralfaden zeigen, und die man
als die Enden der Längsstämme aufzufassen hat.
Von den gewaltigen Luftreservoiren, die unzweifel-
haft eine hervorragend hydrostatische Bedeutung haben,
geht nun eine grosse Zahl feiner und feinster Tracheen-
äste ab, von denen nur die ersteren einen Spiralfaden
tragen. Querkommissuren kommen jedem Segment zu,
und von diesen gehen auch hier nahe der Mediane die
kürzeren oder längeren Zweige ab, welche die entspre-
chenden Ganglien versorgen. Die an den Darm und
die Kiemen, sowie an das Herz tretenden Aeste scheinen
mit den Querkommissuren aus derselben Wurzel zu ent-
springen, während andrerseits der Fettkörper durch über-
all austretende, jedoch verhältnissmässig spärliehe und
kurze Zweige versorgt wird.
Durch die Auffindung dieser Luftreservoire, sowie
der in derselben Höhe mit dem After gelegenen Stigmen,
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 33
findet auch eine Notiz von Tonrnier (I.e. p. 8) ihre
Erklärung, welcher angiebt, dass die Larven von Helo-
des, die Hinterleibsspitze an die Oberfläche des Wassers
hebend, durch Pumpbewegungen sich mit Luft versehen,
und dann untertauchend eine Luftblase aus der Hinter-
leibsspitze austreten lassen. Nach der vorherigen Aus-
einandersetzung ist es klar, dass die Luft in die Tracheen-
schläuche eingepumpt wird, und nicht, wie Tournier
glaubt, in das Rectum. Es ist dieses im Grunde dieselbe
Erscheinung, die wir auch bei den Wasserkäfern kennen,
nur dass dort die Luft unter den Flügeldecken, wo auch
die Stigmen liegen, abgeschlossen wird. Dass Tournier
dieselbe Art der Luftversorgung bei Hydrocyphon nicht
hat beobachten können, erklärt sich vielleicht durch die
Annahme, dass mit der bedeutenderen Entfaltung der
Kiemen dieser Thiere wohl auch eine mehr normale
Bildung des Tracheensystems verbunden sein dürfte.
Die Kiemen (Fig. 38) sind sehr klein und von
grosser Feinheit; sie erreichen nur die Länge von
0,15 Mm. und stehen im Halbkreise am Ende des Rec-
tum, wo sie zu drei oder vier Paaren als zarte Blättchen
die ventrale Wand einnehmen. Die feinen Tracheen,
welche sich in ihnen verästeln, durchbohren die musku-
löse Wand des Rectum und entspringen dicht vor dem
Verschlussapparat der Stigmen aus den Längsstämmen.
Die respiratorische Bedeutung der Kiemen tritt,
wie schon die geringe Zahl und der unbedeutende Quer-
schnitt der Kiementracheen bezeugt, jedenfalls gegen-
über der Stigmen - Athmuag sehr zurück , und scheint
nur in den Fällen eine Wichtigkeit für unsere Thiere
zu erlangen, wenn die in den Längsschläuchen ent-
haltene Luft erschöpft ist und nicht unmittelbar durch
Hilfe der Stigmen ersetzt werden kann. Ich bemerkte,
dass die Kiemen nur dann hervorgestülpt wurden, wenn
die Luftreservoire stark koUabirt waren und den Thie-
ren die Möglichkeit sich mit frischer Luft zu verse-
hen genommen war , z. B. durch Druck unter dem
Deckgläschen, wodurch eine Thätigkeit der dorsoven-
tralen Muskeln verhindert wurde, oder durch längeren
Archiv für Naturg; XXXX. Jahrg. 1. Bd. 3
34 Rolph:
völligen Abschluss von der Luft. Die Kiemen werden
daher nur dann zur Tiiätigkeit kommen, wenn die Larven
genöthigt sind länger unter Wasser zu verweilen, ein
Umstand, der nur in sehr seltenen Fällen eintreten wird,
da dieselben vermöge ihrer Leichtigkeit nach Verlust
eines Anhaltes wie ein Kork an die Oberfläche steigen.
Sie sind gar nicht im Stande sich freiwillig in die Tiefe
zu versenken, nur an einer festen Unterlage hinkletternd
ist es ihnen möglich tiefer hinal^zusteigen. Ein solcher
hydrostatischer Apparat bietet unseren Thieren mannig-
fache Vortheile. Sie werden dadurch in den Stand ge-
setzt, wenn an der Oberfläche des Wassers Mangel an
Nahrung eintreten sollte, solche aus der Tiefe heraufzu-
schaffen; und während andere in der Luft lebende und
langsam bewegliche Insekten ihren Feinden dadurch zu
entgehen wissen, dass sie den Zweig oder das Blatt los-
lassen und sofort zu Boden stürzen, wo sie, wie jeder
Sammler zu seinem Verdruss schon oft erfahren hat, so-
fort dem Auge entschwinden, werden diese jählings em-
porsteigen, und durch die an der Oberfläche sich aus-
breitenden und treibenden Wasserpflanzen dem Blick
ihrer Feinde entzogen werden.
Der Darmtraktus ist von ansehnlicher Länge, wohl
um die Hälfte länger als der Körper. Der kurze und
enge Oesophagus öffnet sich plötzlich in den umfang-
reichen Magen, welcher mit ziemlich gleichbleibendem
Durchmesser fast den ganzen Leibesraum durchzieht.
Sein vorderer Abschnitt ist mit äusserst kräftiger Ring-
muskulatur ausgestattet, deren Stärke jedoch nach hinten
zu rasch abnimmt, so dass die Mitte und das Ende keine
stärkere Muskulatur zeigen als der Enddarm. Dieser,
durch die Insertion der vier langen vasa Malpighi be-
zeichnet, bildet mit seinem vorderen Abschnitte, dem
Dünndarm, eine Schlinge, welche bis in den ersten Bauch-
ring hinaufreicht. Ein eigentlicher Kaumagen, welcher
so vielen Insekten zukommt, fehlt in diesem Falle; die
Zerreibung des an sich schon feinen Nahrungsmaterials
wird bei unseren Thieren durch die Mundorgane, die
Kiefer und Pharyngealgebilde übernommen , welche
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 35
durch Entwicklung von festen Mahlplatten dieser Funk-
tion besonders angepasst erscheinen.
Der Fettkörper gruppirt sich besonders dicht im
Umkreise des Darmes und der Tracheenschläuche.
Das Herz, welches äusserst lebhaft pulsirt, scheint
drei paarige Spaltöffnungen zu besitzen, welche alle auf
den im Abdomen liegenden Theil entfallen, wo dasselbe
ziemlich dicht von Pericardialzellen eingehült wird. Der
im Thorax liegende arterielle Abschnitt zeigt weder seit-
liche Oeffnungen noch eine Verzweigung und erstreckt
sich, unter dem Luftraum hinziehend, bis an die Basis
des Kopfes.
Sehr bemerkenswerth ist endlich die Existenz einer
paarigen Speicheldrüse, welche auf der Unterlippe,
zwischen dieser und dem Hypopharynx liegt, in dessen
Basis sie mündet. Der unverästelte, aus der äusseren
Stützleiste des Hypopharynx (Fig. 32) aufsteigende Stamm
ist verhältnissmässig kurz und beugt sich bald nach unten,
um sich dann in zwei absteigende Aeste, einen äusseren
und einen inneren, zu theiien, von denen der erstere
stets eine bedeutendere Ausbildung erlangt und im Sub-
mentum endigt. Auf dem ganzen Verlaufe derselben
zweigen sich überall kleinere oder grössere gebogene
Seitenzweige ab. Das durch eine chitinige Intima deut-
lich markirte Lumen schwillt am Ende der Zweige ge-
wöhnlich zu einem Bläschen an, und die Struktur des
ganzen Organes entspricht völlig der von Leydig^) für
das grösste Speicheldrüsenpaar der Bienen gegebenen
Beschreibung.
Psepheous Lecontei^ Lee.
(Eurypalpus Lee.) Hald. Mels. Can. 1853. p. 34. Lee Proc. of the
Acad. of nat. sc. Philad. VI. 1852. p. 41.
Diagnose von Lecönte:
Subdepressus, ater, subtiliter punctatus et pubescens,
thorace antice fortiter angustato, basi bisinuata, angulis
1) Leydig, Zur Anat. der Ins. Berlin 1859. p. 28 f.
36 Rolph:
posticis acutis; elytris marginatis, lineis elevatis minus
distinctis, pedibus rufis. Long. 2 lin.
Körper mit feinen Härchen dicht bekleidet, läng-
lich oval, flach. Halsschild kaum halb so lang als breit,
halbmondförmig, mit abgerundeten Hinterecken. Sein
Hinterrand beiderseits leicht gebuchtet, seine Scheibe
nahe der Mittellinie mit jederseits zwei schwachen Ein-
drücken versehen, deren erstes Paar ebenso nahe dem
Vorderrand, als das zweite dem Hinterrande steht.
Flügeldecken um die Hälfte länger als zusammen, breit,
ihr Seitenrand schwach gerundet.
Kopf in den Prothorax tief eingesenkt, viereckig.
Fühler eilfgliedrig, das erste Glied so lang als das letzte,
dieses spitz eiförmig. Die übrigen nur wenig kürzer,
umgekehrt kegelförmig. (Fig. 41.) — Oberlippe quer, vorn
schwach gebuchtet. Mandibeln (Fig. 42) klein, mit ge-
rader pfriemförmiger Spitze. Maxillen (Fig. 43, 43 a)
ebenfalls von unbedeutender Grösse ; ihre innere Lade
etwas nach aussen gekrümmt und dort in eine Spitze ver-
längert, die äussere Lade, jene kaum überragend, abge-
rundet und an ihrer Spitze mit zwei feinen Stiftchen ver-
sehen, zwischen denen eine längere Borste sitzt. Maxillar-
taster sehr gross, fast so lang als die Antennen, fünf-
gliedrig;; das dritte Glied das längste, das zweite das
kürzeste, das letzte beilförmig, quer abgestutzt. Eine in
dieses eingesenkte Platte dient als Tastorgan und ist am
Rande mit dichten äusserst kleinen Tasthärchen einge-
fasst. Unterlippe trapezförmig, nach aussen erweitert,
der Vorderrand in der Mitte scharf eingeschnitten. Tas-
ter viergliedrig, das erste und dritte Glied gleichlang,
das letzte knopfförmig. (Fig. 44 und 44 a.)
Beine (Fig. 45) kräftig, die Schenkel verdickt, "so
lang als die schlanke Tibia. Der Tarsus, fünfgliedrig, das
letzte Glied mit zwei einfachen Klauen bewehrt.
An den Mundtheilen lässt sich trotz mancher Ab-
weichungen die Aehnlichkeit mit den Parniden nicht ver-
kennen, auch die Unterflügel (Fig. 46) gleichen völh'g
Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven. 37
denen dieser Familie, namentlich denen von Potamophi-
lus, mit welcher Gattung Psephenus noch die meiste
Aehnlichkeit zu haben scheint, und in deren Nähe wohl
auch der passendste Platz für diese Form wäre.
Binociihis heniispbaericus Geoffr.
(Prosopistoma punctifrons Latr.)
Im Verlaufe meiner Arbeit wurde ich auf ein Thier
aufmerksam, welches, ähnlich wie die Larve von Psephe-
nus, das Schicksal gehabt hat als Krebs angesehen zu
werden.
Geoffroy beschreibt in seiner „Histoire abregöe des
Insectes des environs de Paris" ^) als Binoculus hemis-
phaericus, le binocle ä queue en plumet, ein Insekt,
welches, obgleich viel kleiner, oberflächlich an Apus er-
innert, und das er deshalb auch für einen diesem ver-
wandten Krebs ansieht. Die von G eo f froy hinzugefügte
Synonyraie jedoch bezieht sich auf Argulus, so dass der
erste Entdecker selbst den Grund gelegt hat zu der Ver-
wirrung, welche bis zum Jahre 1833 über dieses Thier
geherrscht hat. Es ist während dieser Zeit stets als
Synonym zu Caligus, Cyclops, selbst Daphnia, am häufig-
sten aber zu Argulus gestellt worden. Endlich erhält
Latreille aus Madagaskar ein Thier, welches mit jenem
von G e 0 ff r o y beschriebenen die grösste Aehnlichkeit hat,
und beschreibt dasselbe (Nouv. annales du Mus. d'hist.
nat. II p. 23. Paris. 1833) unter dem Namen Prosopistoma
variegatum als eine neue Branchiopoden-Gattung, während
er die aus Frankreich stammende Art Geoffroy's als
P. punctifrons derselben Gattung anfügt. Der vermeint-
liche Mangel eines getrennten Prothorax, sowie die Exi-
stenz von fünf Paaren Abdominalkiemen, die er als Kie-
menfüsse in Anspruch nimmt, sind die Hauptmomente,
welche ihn bewogen die Thiere unter die Crustaceen zu
stellen.
Erst die Wiederentdeckung des Binoculus hemis-
1) Paris 1762. II. p. 660. Tab. 21. fig. 3.
38 Rolph:
pliaericus Geoffroy führt zu einer richtigeren Beur-
theilung der interessanten Form. Noil beobachtete die
Larven im Rhein und berichtete über dieselben bei der
Frankfurter Naturforscherversammkmg im Jahre 1867.
Endlich erhalten wir nach einer kurzen Notiz in den
M^moires de Cherbourg (XVI. 1871) von Joly eine ge-
nauere durch Abbildungen illustrirte Beschreibung (An-
nales des sc. nat. Fr. 5. Serie. Zool. XVI. 1872), Vielehe
beide Arten der Gattung Prosopistoma Latr. als Larven
von Pseudoneuropteren anspricht.
Leider ist auch diese Arbeit durchaus noch nicht
im Stande uns ein klares Bild des Thieres zu geben,
trotz der beigefügten Abbildungen, welche äusserst man-
gelhaft sind. Es sei in Bezug hierauf nur erwähnt, dass,
von Labialtastern, obgleich sie gezeichet sind, gar nicht
gesprochen wird, dass während für die Antennen fünf
Glieder angegeben werden, die Zeichnung in Fig. 14 vier,
in Fig. 2 auf der einen Seite fünf, auf der anderen sechs
Glieder giebt.
Soviel jedoch scheint aus der Beschreibung hervor-
zugehen, dass wir es hier in der That mit Pseudoneurop-
teren Larven zu thun haben, vermuthlich aus der Fami-
lie der Ephemeriden, eine xlnsicht, welche besonders
durch die Gestalt der Mundtheile und der Kiemen be-
gründet wird.
Hoffentlich bleibt die Arbeit von Joly nicht die
letzte, welche sich die Untersuchung dieser bemerkens-
werthen Thiere zur Aufgabe macht, deren anatomische
Charaktere und Verwandlungsgeschichte noch völlig un-
bekannt sind.
Erklärung der Abbildungeu.
Fig. 1. Elmis Volkmari von unten. Vergr. 30.
» 2. Dieselbe. Seite des dritten Abdominalsegraentes mit dem
Stigma; von innen. Vergr. 250.
» 3. Bein des ersten Paares. Vergr. 120.
» 4. Oberlippe. Vergr. 60.
Beitrag zur Kenntniss einiger lusektenlarven. . 39
Fig. 5. Oberkiefer. Vergr. 120.
j> 6. Unterkiefer ; etwas stärker vergr.
» 7. Darmtraktus. Yergr. 45.
B 8. Sechstes Abdominalsegment mit Eintragung des Tracheen-
veriaufes. Vergr. 150.
)> 9. Letztes Abdominalsegraent mit den Kiemen sowie den
Endigungen der Tracheenstämme. Vergr. 90.
B 10. a Ganglien des Thorax und das erste des Abdomen,
» 10. b Das letzte Abdominalganglion.
» 11. Zerkleinerungs Werkzeuge des Proventriculus. a. Zähne,
b. Kolben, c. Raspeln. Vergr. 750.
» 12. a Auge.
B 12. b Isolirter Crystallkegel desselben. Vergr, 750.
»13. Proventriculus.
j> 14, Larve von E. aeneus. Vergr. etwa 18.
»15. Tracheenblase. Vergr. 150,
»16. Larve von Psephenus Hold. Vergr, 10.
'» 17. Dieselbe. Integument der Pleurae mit den fächerförmigen
Haaren. Vergr, 150,
» 18, Oberlippe. Vergr. 60.
» 19. Oberkiefer. Vergr. 40.
» 20. Unterkiefer. Vergr. 40.
»21. Unterlippe, Vergr. 60.
» 22, Larve v. Psephenus, grösseres Exemplar, mit Eintragung
des Nervensystems und des Tracheenverlaufes. Vergr. 15.
» 23, Eine isolirte Kieme derselben. Vergr. 60.
» 24. Larve von Oyphon, Vergr. 15, mit Eintragung der Tracheen-
schläuche, br. Kiemen.
» 25. Oberlippe und Epipharynx von Helodes. Vergr, 60.
» 26, Dasselbe von Cyphon. Vergr. 60.
» 27, Oberkiefer von Helodes. Dies. Vergr.
» 28 u. 29. Derselbe von Cyphon. Dies. Vergr.
» 28. a Der Fortsatz an der Basis der Mandibel mit den seiisen-
förmigen Zähnen. Stark vergrössert.
» 80. Unterkiefer. Vergr. 60.
» 30. a Ein kammförmiges Haar. Stark vergrössert.
» 31. Unterlippe und Hypopharynx v. Helodes. Vergr. 60.
» 32. Hypopharynx von Cyphon. Dies. Vergr.
» 33. Vorletztes Abdominalsegment von unten gesehen mit den
Stigmen. (Cyphon.) Vergr. 40.
» 34. Letztes Abdominalsegment v. Cyphon von unten gesehen.
Dies. Vergr.
40 Rolpb: Beitrag zur Kenntniss einiger Insektenlarven.
Fig. 35. Ventrale Platte desselben.
B 36. Letztes Abdominalsegment von Helodes von unten gesehen.
Vergr. 40.
» 37. Schematischer Sagittalschnitt durch die letzten beiden Ab-
domiualsegmente von Cyphon. Dies. Vergr.
a und a' Rücken und Bauchdecke des vorletzten Segmentes.
b und b' Rücken und Bauchdecke des letzten Segmentes.
» 38. Die inneren zwei Kiemenpaare des Rectum.
» 39. Nervensystem von Cyphon.
» 40. Speicheldrüse. Vergr. etwa 150.
» 41. Antenne von Psephemis Lecontei. Lee.
» 42, Oberkiefer.
» 43. Unterkiefer.
» 43. a Derselbe mit Fortiassung des Palpus, stärker vergr.
» 44. Unterlippe von unten gesehen.
» 44. a Dieselbe mit Fortlassung des Palpus.
3) 45. Bein des zweiten Paares.
» 46. ünterflügel.
(41—46. Vergr. 20.)
ffliitillariim Americae meridionalis indigenarum Synopsis
systematica et syuouymica.
Auetore
A. Gerstaecker.
Während die Mutillen der alten Welt (Europa,
Asien und Afrika) durchweg flache und deutlich facettirte,
beim Weibchen ovale, beim Männchen mehr oder weni-
ger tief ausgerandete Augen besitzen, treten in Amerika
und Australien neben solchen auch Arten mit stark ge-
wölbten, glänzenden, in beiden Geschlechtern nahezu oder
völlig kreisrunden Augen auf, welche nach diesem Merk-
male eine unverkennbare Annäherung an die Gattung
Apterogyna Klug bekunden. Diese sich von den Arten
der alten Welt auffällig genug unterscheidenden Arten
sind, was besonders hervorgehoben zu werden verdient,
in Australien ebensowohl wie in Süd-Amerika (mit Ein-
schluss Central- Amerika' s und Mexiko's) an Zahl die bei
weitem überwiegenden, während sie in Nord-Amerika
mit Mut. nigripes Fab., occidentalis Lin. (coccinea Fab.)
u. A. eine ebenso entschiedene Minorität einhalten. Es
haben daher diese spezifisch Australischen und Süd-
Amerikanischen Mutillen im Grossen und Ganzen eine
sehr übereinstimmende geographische Verbreitung wie
die Thynniden, welche, in der alten Welt bekanntlich
nur durch sehr vereinzelte Formen repräsentirt, sich der
Hauptmasse nach auf Australien und Süd- Amerika con-
centriren, in dieser Beziehung ihrerseits aber wieder an
42 Gerstaecker:
die Marsupialien erinnern, und auch darin mit diesen über-
einstimmen, dass sie im Gegensatz zu den Mutillen,
welche in Süd-Amerika an Artenzahi dominiren, sich in
zahlreicheren, grösseren und auffallenderen Formen in
Australien vorfinden. Beiläufig mag bemerkt sein, dass
die zwischen den Australischen und Süd-Amerikanischen
Mutillen bestehenden Analogieen sich noch über jene
mit hemisphärischen Augen versehene Arten hinaus er-
strecken, indem z. B. metallisch gefärbte Arten, wie sie
bis jetzt nur aus Australien (Mut. blanda Er., concinna
Westw., metallica Smith u. A.) vorlagen, nach einer diesen
sehr ähnlichen Chilenischen Art auch Süd-Amerika nicht
ganz fehlen. Ob andererseits auch in Australien Arten
mit flachen, beim Männchen aber nicht ausgerandeten
Augen, wie sie Süd-x\merika (Gruppe der Mut. cephalo-
tes Swed.) besitzt, vorkommen, mag vorläufig dahin ge-
stellt bleiben.
Ergiebt sich nun aus einem Vergleich jener mit hemi-
sphärischen Augen versehenen Australischen und Süd-
Amerikanischen Mutillen, besonders z. B. aus demjenigen
der Mut. rugicollis Westw. (^ abdominalis Westw.) mit
den Süd- Amerikanischen Arten aus der Gruppe der
Mut. spinosa Swed. unschwer, dass dieselben auch in der
Bildung des Kopfes, Thorax u. s. w. einander viel näher
verwandt sind, als jede derselben mit den Arten der
alten Welt, so weichen sie andererseits doch in dem, be-
sonders bei den Amerikanischen Arten sehr charakteristi-
schen und gleichsam typischen Colorit, zum Theil auch
in der Bildung des ersten Hinterleibssegmentes so wesent-
lich von einander ab, dass sie bei einem Versuch, die
Mutillen nach ihren natürlichen Merkmalen zu gliedern,
jedenfalls besonderen Gruppen zugewiesen zu werden
verdienen. Es erscheint dies um so mehr geboten, als
die Australischen Arten, trotz ihrer mit den Süd-Ameri-
kanischen übereinstimmenden Augenbildung, sich den-
jenigen der alten Welt durch eine weniger auffallende
Färbungsdifterenz der beiden Geschlechter entschieden
näher anschliessen als den Brasilianischen und Columbi-
schen, für welche letztere bereits von Burmeister die bis
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. "^43
zur völligen Unkenntlichkeit gesteigerte GeschlechtsdiiFe-
renz mit Recht als charakteristisch geltend gemacht wor-
den ist.
Die im Folgenden nach ihrer natürlichen Verwandt-
schaft zu gruppirenden und aufzuführenden Süd- Ameri-
kanischen Mutillen sind ungleich artenreicher als man es
bisher gemuthmasst und als es aus den bisher über die-
selben existirenden Verzeichnissen den Anschein hat.
Wenn von Smith im Catal, Hymenopt. Ins. of the British
Museum v. J. 1855 im Ganzen nur 96 Süd- Amerikani-
sche (incl. Mexiko) Arten verzeichnet werden und diese
Zahl durch die seitdem von ihm selbst und von de Saus-
sure bekannt gemachten keine ansehnliche Steigerung
erfahren hat, so liegen mir gegenwärtig schon allein in der
hiesigen und der Flalenser Universitäts-Sammlung gegen
200 aus Süd-Amerika in weiterer Ausdehnung stammende
Arten vor, welche allerdings nach Vereinigung der — in
gleicher Weise wie bei Smith — besonders aufgeführ-
ten Männchen mit ihren Weibchen nicht unbeträchtlich
reducirt werden dürften. Während B u r m e is t e r i. J. 1854
auf Grund der von Klug bekannt gemachten und später
von ihm selbst gesammelten Arten die Zahl der Brasilia-
nischen Mutillen auf 50 veranschlagte, diese Zahl aber
rücksichtlich der einzeln beschriebenen Männchen und
Weibchen noch als zu hoch gegriffen ansah, lassen sich
die in den beiden genannten Sammlungen gegenwärtig
vorhandenen, spcciell Brasilianischen Mutillen bei allei-
niger Berücksichtigung der weiblichen Formen als nahe
an 90 verschiedene Arten repräsentirend feststellen.
Dass aber auch diese Artenzahlen gegen den wirklichen
Bestand noch weit zurückstehen, ist ebenso unzweifelhaft,
als dass kein anderer Erdtheil sich in seinem Reichthum
an Mutillen auch nur entfernt mit Süd-Amerika messen
kann.
Bei der Existenz einer so grossen Anzahl, zum
Theil einander überdies sehr ähnlicher Arten schien dem
Verf. die Kenntlichmachung der neuen nur in der Weise
thunlich, dass sie im Verein mit den bereits bekannten
aufgeführt, auf eine grössere Reihe natürlicher Gruppen
44 Gerstaecker:
vertheilt und innerhalb dieser so angeordnet wurden, dass
aus ihrer Stellung sofort auf ihre näheren verwandtschaft-
lichen Beziehungen geschlossen werden könne. Es wird
dies für die Zukunft der einzige Weg sein, in den über-
grossen Reichthum der 8üd- Amerikanischen Mutillen eine
üebersicht hineinzubringen und die Bestimmung der-
selben zu ermöglichen. Eine Mitaufnahme der bereits
bekannten Arten, so weit sie dem Verf. aus eigener An-
schauung bekannt oder nach den Beschreibungen früherer
Autoren zu ermitteln waren, erschien ausserdem auch
deshalb erforderlich, weil bei vielen derselben die Syno-
nymie festzustellen und die Nomenklatur zu berichtigen
war. Vor Allem ist dies hier durch den besonders wün-
schenswerthen Vergleich der typischen Exemplare Klug's
und Bur meiste r's, von denen letztere dem Verf. durch
Hrn. Prof. Dr. Giebel mit dankenswerther Bereitwillig-
keit zugleich mit den sonst in der Halenser Sammlung
befindlichen Süd-Amerikanischen Mutillen zur Ansicht
und Bearbeitung anvertraut wurden, ermöglicht worden,
während die von Smith (a.a.O.) aus dem British Mu-
seum in buntester Reihenfolge und ohne Eingehen auf ihre
wesentlichen Merkmale beschriebenen, weil ihre Stellung
nicht zu ermitteln war, der Mehrzahl nach unberück-
sichtigt bleiben musste. Vielleicht sieht sich Hr. Smith
durch die folgende Üebersicht veranlasst, den von ihm
aufgestellten Arten noch nachträglich ihren Platz neben
den ihnen zunächst verwandten anzuweisen.
Für einige der hier behandelten Gruppen, unter
denen sich die bei weitem artenreichsten der Mut. spi-
nosa Swed. und Indica Lin. (diadema Fab.) befinden, er-
schien eine besondere Charakteristik in sofern nicht er-
forderlich, als die wesentlichen Merkmale derselben sich
aus den zahlreichen bereits bekannten Arten dem Kenner
von selbst ergeben, sie überdies aber wenigstens der
Hauptsache nach mit den von Bur me ister aufgestell-
ten Sektionen, resp. Ünter-Abtheilungen zusammenfallen.
Fehlen in denselben einzelne ihnen von ßurmeister
zugewiesene Arten, so sind eben ihre Grenzen enger ge-
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 45
zogen und die betreffenden Arten dann aus besonderen
Gründen anderweitig placirt oder zu eigenen Gruppen
abgegrenzt worden.
Die völlige Verschiedenheit der beiden Geschlechter
bei der grossen Mehrzahl der Süd-Amerikanischen Mu-
tillen lässt es zur Zeit als eine Unmöglichkeit erscheinen,
die in den Samminngen vorhandenen Männchen und
Weibchen als zusammengehörig nachzuweisen; sind doch
noch nicht einmal für alle auf weibliche Individuen ba-
sirte Gruppen die Männchen nach ihren plastischen
Merkmalen überhaupt zu ermitteln. Unter solchen Um-
ständen bleibt, wenn man sich nicht auf die Bekanntma-
chung der Arten nach weiblichen Individuen, als der sehr
viel charakteristischeren, beschränken will, kein anderer
Ausweg, als nach dem Vorgange von Klug und Smith
die Männchen vorläufig unter besonderen Namen zu be-
schreiben, um sie dann später, auf Grund direkt beob-
achteter Copulation, den Weibchen zuzuweisen. Der hierin
liegende Uebelstand ist gewiss nicht zu verkennen,
offenbar aber ein geringfügigerer, als Männchen und
Weibchen auf blosse Vermuthungen hin als zusammen-
gehörig zu betrachten. Abweichend von ßurmeister,
welcher bekanntlich auf Grund ihres gemeinsam beob-
achteten Vorkommens wiederholt männliche und weib-
liche Mutillen als einer und derselben Art angehörig hin-
gestellt hat, habe ich im Folgenden den entgegengesetz-
ten Weg einzuschlagen für zweckmässig gehalten und
mit Ausnahme der Gruppe der Mut. cephalotes Swed.
vorläufig überhaupt nur weibliche Individuen charakteri-
sirt, um die Männchen später besonders folgen zu lassen.
In Betreff der von Bur meist er vorgenommenen Ver-
einigungen, welche in keinem einzigem Fall auf direkt
beobachteter Copulation beruhen, ist nach Ansicht der
von ihm beschriebenen Exemplare zu bemerken, dass
sie bei einigen Arten möglicher Weise richtig sind und
selbst viele Wahrscheinlichkeit für sich haben^ bei ande-
ren dagegen, nach der Analogie zu urtheilen, entschieden
zu beanstanden sind. Ersteres ist der Fall bei M. myops
(No. 5), affinis (No. 9), furonina (No. 36) und lineola (No. 39),
46 öerstaecker:
vielleicht auch bei M. megacephala (No.25), obschon hier die
Zugehörigkeit des Männchens zu einer zweiten, nahe ver-
wandten Art keineswegs ausgeschlossen ist. In allen diesen
Fällen gehören zum mindesten Männchen und Weibchen
einer und derselben engeren Artengruppe an^ was da-
gegen bei M. felina (No. 27) und concinna (No. 34) kaum
glaublich ist. Die Weibchen dieser beiden Arten sowohl
wie von M. ichneumonea, deren richtige Stellung von
Burme ister verkannt worden ist, verbinden mit einem
nicht abgeschnürten ersten Hinterleibssegment stark ge-
wölbte und sehr fein facettirte, daher fast glatt erschei-
nende Augen und würden hiernach zur Gruppe der Mut.
spinosa Swed. ^) gehören, deren Männchen in der Bildung
des Hinterleibs und der Augen mit den Weibchen stets
übereinstimmen. Die von Bur m eister zu beiden Arten
gestellten Männchen haben dagegen einerseits einen
lang und dünn gestielten Hinterleib, andererseits flache,
grob facettirte und nierenförmige Augen, so dass sie nur
zu Weibchen mit analog gebildeten Augen gehören
können. Während sie selbst in der dritten Burmei-
ster'sehen Gruppe ihre Stelle finden, sind die ihnen zu
getheilten Weibchen von derselben auszuschliessen.
1. Gruppe der Mut. cephalotes Swed. und ar-
mata Klug.
A. Weibchen.
Sekt. I. Hinterhauptswinkel oberhalb abgestumpft, unterhalb
zahnartig ausgezogen ; Backen unbewehrt.
1. Mut. cephalotes Sweder (Vetensk. Acad. nja
Handling. VÜI. p. 284, No. 40 — *Klug, Entom. Brasil,
spec. p. 46, No. 26. tab. 23, fig. 11. — Lepeletier, Hyme-
nopt. in. p. 611, No. 26. = Mut. megacephala * Burmeister,
1) Ob Mut. angulosa und fronticornis Burm. (No. 29 und 30)
gleichfalls zur Gruppe der Mut. spinosa Swed. gehören, ist zwar zu
vermuthen, aber nicht festzustellen, da das typische Exemplar der
ersteren sich in der Halenser Sammlung nicht mehr vorgefunden
hat, dasjenige der letzteren des Kopfes leider beraubt ist. Es sind
daher diese beiden Arten in die folgende üebersicht nicht mit auf-
genommen worden.
Mutillarum America e meridionalis indigenarum Synopsis etc. 47
Brasil. Mutill. p. 9, No. 25). Patria: Bahia (Mus. Berol.),
Novo Friburgo (Burm.).
2. Mut. miles * Burmeister , (a. a. 0. p. 9,
No. 24). Patria: Brasil, merid. (Mus. Berol.), Lagoa santa
(Burm.)
3. Mut. specularis (=^ Mut, cephalotes *B u r-
meister, a. a. O. p. 9, No. 26). Mut. millti *ßurm. simil-
lima, differt capite unicolori, occipitis dente inferiore recto,
fronte brevius corniculata, mesonoto angustiore, acutan-
gulo , supra bimaculatim flavescenti - sericeo , segmenti
abdominalis secundi macula purpureo- sericea multo ma-
iore, rhomboidea. — Patria: Salto grande Brasiliae (Mus.
Berol.), Bahia, Rio de Janeiro (Bnrm.).
Sekt. II. Hinterhauptswinkel stark seitlich comprimirt, dorn-
artig ausgezogen; Backen bewehrt,
a) Backen zweizähnig, Kehle unbewehrt.
4. Mut. armata *Klug (a. a. O. p. 47, Nr. 27.
tab. 23, fig. 12. — Burmeister, a. a. 0. p. 8, No. 23). Pa-
tria: Para, Caraccas (Mus. Berol.).
5. Mut. monacha. Mut. armatae *Klug ut ovum
ovo sirailis, differt vero clypei processu angusto, lingui-
formi, horizontali, fronte supra antennas obsoletius bicor-
nuta, verticis maculis duabus argenteo-serieeis angustiori-
bus, genarum dente posteriore longiore, hamato, thorace
perspicue angustiore, anterius vix dilatato, segmenti ab-
dominalis secundi macula central! argenteo - sericea bre-
viore. Long. 17 V2 mill. Patria: Salto grande Brasiliae (Mus.
Berol.).
6. Mut. voluptuosa. Clypeo refiexo, fronte su-
pra antennas brevissime corniculata, genarum dente po-
steriore hamato, anteriore conico, capite abdomineque ut in
Mut. armata et monacha pictis: ab.his differt maculis dua-
bus verticis aurichalceo-sericeis maioribus, magis approxi-
matis et genas versus descendentibus, thoracis disco cin-
nabarino, rufo-piloso, mesonoto acutangulo. Long. 15V2mill.
Patria: Bogota (Mus. Berol.).
b) Backen mit einem, Kehle mit zwei Zähnen bewehrt.
7. Mut. moneta. Cl jpeo reflexo, bidentato. fronte
supra antennas breviter corniculata, genarum dente valido,
48 Gerstaecker:
angusto, obtusinsculo : atra, mandibiilis, antennarum basi,
ventre pedibusque griseo-pilosis, verticis fascia amplissima,
continua vel vix interrupta, mesonoti dimidio posteriore-,
segmenti abdominalis secundi macula dorsali basali ovata,
1. — 3. marginibus aurichalceo-sericeis: antennarum funi-
culo infra, genubus tarsisque rufo-piceis. Long. 14 —
171/2 mill. Patria: Bogota (Mus. Berol.).
B. Männchen.
8. Mut. erythraspis. Occipitis anguh's inferiori-
bus obtuse vel vix dentatis, genis inermibus : atra, scu-
tello postscutelloque miniaceis, pleuris, metanoti segmenti-
que abdominalis secundi basi utrinque griseo-pilosis, pri-
mi margine aurichalceo-sericeo: alis totis saturate fuscis.
Long. 13 — 16 mill. — Variat segmenti abdominalis secundi
margine supra, 3. et 4. utrinque plus minusve griseo-ci-
liato. Patria: Salto grande Brasiliae (Mus. Berol.), Novo
Friburgo (Burm.).
Anmerkung. Vielleicht zieht Burmeister (Brasil.
Mutill. p. 9, No. 25) diese Art nicht mit Unrecht als Männ-
chen zu Mut. cephalotes Sv^ed. (— megacephala *Burm.),
mit welcher er sie bei Neu-Freiburg zusammen antraf.
Da sie mir zugleich mit Mut. specularis (= cephalotes
*Burm.) von Salto grande vorliegt, so könnte sie eben-
sowohl letzterer angehören und es möchte dieses sogar
das Wahrscheinlichere sein. Jedenfalls muss sie vorläu-
fig, bis ihr Weibchen durch direkte Beobachtung sicher
gestellt ist, unter einem besonderen Namen aufgeführt
werden.
9. Mut. mystica. Occipitis angulis inferioribus
acute dentatis, genis inermibus : atra, scutelio miniaceo,
ore, pleuris, metanoto pedibusque dense cano-pilosis, seg-
menti abdominalis primi dimidio postico, secundi basi
utrinque aurichalceo-sericeis : alis saturate fuscis, anticarum
cellula basali et cubitali prima, posticarum basi hyalinis.
Long. IIV2— 141/2 mill. Patria: Brasilia (Mus. Berol.).
10. Mut. dulcis. Occipitis angulis inferioribus
rotundatis, genis dente anteriore parvo, acuto armatis:
atra, mesonoti disco scutelloque pilis decumbentibus coc-
cineis vestitis, fronte, ore, segmenti abdominalis primi
Mutillarura Americae meridionalis indigenarum syiiopsis etc. 49
margine, secundi et quinti lateribus, tertio et quarto su-
pra totis dense cano-, pleuris, metanoti lateribus pedibus-
que parcius griseo-pilosis : alis fuscis, basin versus dilutio-
ribus. Long. 11 mill. Patria: Porto Allegre Brasiliae (Mus.
Berol.) — Forsan mas Mut. sumptuosae, a praecedentibus
duobus abdominis basi vix constricta discedens.
2. Gruppe der Mut. bucepbala Perty. (Weibchen mit
denen der vorstehenden Gruppe in der Kopf- und
Augenbilduug ganz übereinstimmend , aber durch
den zwischen 1. und 2. Segment nicht eingeschnür-
ten, sondern regulär eiförmigen Hinterleib abwei-
chend.
1. Mut. bucephala *Perty (Delect. anim. arti-
cul. Brasil, p. 137. tab. 27, Fig. 8). Patria: Minas Geraes.
(Mus. Monac.)
2. Mut. sumptuosa. Capite lato, transverso,
retrorsum subangustato, cum thoracc fortiter punctato,
occipitis angulis rotundatis, genis dente anteriore oblique,
fronte supra antennas corniculis duobus triquetris, re-
curvis, apice nodosis armatis: atra, infra et lateribus
cano-hirta, verticis vittis duabus latis, obliquis postocula-
ribus, metanoti totidem angustis , rectis , in abdominis
basin continuatis, tribus denique segmentorum abdomina-
lium posticorum submacularibus flavescenti- vel albido-pi-
losis: mesonoti plaga magna, oblonga discali, segmenti
abdominalis primi macula minore secundique altera multo
maiore rhombica, apicali coccineis, i. e. pilis decumbenti-
bus laete rußs formatis. — Variat maculis duabus coc-
cineis abdominalibus in basi segmenti secundi confluenti-
bus. Long. 9 — 13 mill. Patria: Allegrette Brasiliae, Paranä
(Mus. Berol.).
3. Gruppe der Mut. empyrea (Weibchen). Hinterleib
von gleicher Bildung wie bei Mut. sumptuosa, auch
mit entsprechender Zeichnung und Farbenverthei-
luDg. Kopf klein, schmaler als der Thorax; Augen
rcMv f. Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. * 4
50 Gerstaecker:
gross, flach gewölbt, deutlich facettirt. Thorax
kurz, trapezoidal, mit tiefer, die Metathoraxstigmen
verbindender oberer Querfurche, auf welche eine
erhabene Leiste folgt. Hinterer Absturz des Brust-
kastens fast senkrecht, die Metapleuren ausgehöhlt,
glatt und glänzend.
1. Mut. empyrea. Atra, infra cum pedibus al-
bido-hirta, mandibularum basi antennisque (aut totis aut
scapo piceo excepto) rufis, capite thoraceque supra nigro-
setosis, illius fascia verticali, in oculorum margine interno
magis ampliata, huius vittis duabus marginalibus po-
stice fasciatim coniunctis dense flavescenti-pilosis: abdomi-
nis vitta dorsali segmenta tria anteriora occupante et in
margine secundi dilatata aureo- vel coccineo-sericea, seg-
mentis 1. — 3. utrinque, 5. toto supra argenteo-sericeis. —
Varipi capite inferiore, pleuris, ventre toto anoque rufis.
Long. 5V2 — 9 milL Patria: AllegretteBrasiliae (Mus. BeroL).
2. Mut. pretiosa. Praecedenti simillima, differt
capite supra toto ad antennarum usque ortum aequaliter
sed subtilius flavescenti-sericeo, thorace minus lato et re-
trorsum fortius angustato, macula magna anteriore trian-
gulari excepta supra ubique pallide sericeo, abdominis
vitta media rufo-aurea in basi segmenti secundi late inter-
rupta et in margine eiusdem haud dilatata. — Forsan
varietas Mut. empyreae. Long. 5 — 7V2 mill. Patria: Alle-
grette ßrasiliae (Mus. Berol.). Catamarca (Burm.), Mus.
Halens,
4. Gruppe der Mut. chrysodora Perty, pachycne-
mis (subtilis) Burm. und tene IIa Burra. (Weib-
chen.) Hinterleib mit deutlich abgeschnürtem,
schmalem Basalsegment. Pleuren leicht gewölbt
oder wenigstens nicht ausgehöhlt, gleich dem Tho-
raxrücken dicht und gleichmässig punktirt. Augen
flach gewölbt, deutlich facettirt.
a) Augen gross, abgerundet dreieckig oder stumpf oval.
1. Mut pachycnemis *Burmcister (Brasil.
Mutill. p. 11, No. 40. =var. Mut. subtilis *Burm., ebenda
p. 11, No. 41). Variat longit. 5V2— 9 mill., pedibus ple-
Mutillarum Americae raeridionalis indigenarum Synopsis etc. 51
rumque totis rufis, rarius genubus, tibiis tarsisque nigro-
piceis. — Patria: Minas Geraes (Mus. BeroL), Novo Frl-
burgo, Rio de Janeiro (Burm.).
2. Mut. tenella *Burmeister (a. a. 0. p. 11,
No. 42). Patria: Novo Friburgo (Burm.), Mus. Halens.
3. Mut. leptothorax. Clypeo obsolete quadri-
dentato, genis anticii dentato-dilatatis, thorace angusto,
latitudine plus duplo longiore, retrorsum fortiter attenuato,
confertim granoso - punctato, subtilissiine albo-setuloso,
supra pilis longioribus nigris parce obsito, cum pedibus
abdominisque segmento primo laete rufo : capite abdomi-
nisque segmento secundo atro, opaco, huius lateribus fascia-
que marginali flavescenti-tonientosis, segmentis 3. — 6. rufo-
brunneis, supra nigro-, utrinque albido-pilosis: antennis
piceis, articulis quatuor basalibus rufis. Long. 7 mill.
Patria: Cayenna (Mus. Berol.).
4. Mut. subula. Clypeo quadridentato, genis an-
ticis dentato-dilatatis, tborace oblongo-ovato, retrorsum
fortius attenuato, confertim granoso-punctato, subtilissirae
albo-setuloso pilisque erectis fuscis supra parce obsito,
cum pedibus, capite, antennarum basi abdominisque seg-
mento primo rufo: huius secundo atro, opaco, confertim
et profunde punctato, sequentibus nigro-piceis, nitidulis:
secundi lateribus fasciaque marginali, reliquorum vitta
maculari media flavescenti-tomentosis. Long. 5 mill. Pa-
tria: Bogota (Mus. Berol.).
5. Mut. statua. Thorace oblongo-ovato, retror-
sum fortius angustato^ supra cum capite abdominisque
segmento secundo fusco-setoso et confertim profunde
punctato : picea, antennis pedibusque ferrugineis, fronte
aureo-sericea nee non thoracis abdominisque segmenti
secundi disco rufo-brunneo, huius segmento primo et qua-
tuor ultimis rufo-ferrugineis, cum secundi maculis dua-
bus dorsalibus, ante medium sitis fasciaque marginali dense
aurichalceo-sericeis. Long. Ö'/s mill. Patria: La Guayra
(Mus. Berol.).
6. Mut. tricondyloides. Antennarum funiculo
brevi, basin versub incrassato, oculis maximis, capite re-
trorsum fortiter angustato , genis anticis dentatim pro-
52 Gerstaecker:
ductis, clypeo reflexo, fisso, utrinque quadridentato, tho-
race longissimo, angusto, subparallelo , abdominis seg-
mento primo cubico, latitudine paullo longiore ; nigra,
parum nitida, capite, thorace abdominisque segmentis
duobus primis confertim et profunde punctatis, supra ca-
no- nigroque setosis, vertice, segmenti abdominalis primi
apice, secundi maculis duabus basalibus fasciaque lata
marginali nee non reliquis (subtiliter punctatis) totis au-
richalceo-sericeis. Long. 10 V2 oaill. Patria: Bogotd (Mus.
Berol.). — Species capitis forma singulari, fronte inter
oculos amplissimos angustata, supra antennas fortiter
binodosa, spiraculis metatkoracicis rotundis, prominenti-
bus maxime insignis.
7. Mut. scenica. Antennarum funiculo brevius-
culo, capite transverso, retrorsum sat angustato, genis
anticis dentato-productis, clypeo quadridentato, thorace
oblongo-ovato, retrorsum fortius attenuato, cum abdominis
segmentis duobus primis laete rufo, confertim punctato
nigroque setoso: antennis pedibusque rufo-piceis, capitis
nigri macula verticali magna aurichalceo-, segmenti abdo-
minalis secundi maculis duabus obliquis marginalibus,
spatio nigro separatis limboque laterali argenteo-sericeis,
segmentis reliquis piceis, nitidulis, tertio nigro-, ultimis
supra albido-pilosis. Long. 71/3 mill. Patria: Brasil, merid.
(Mus. Berol.).
8. Mut. chrysodora *Perty (Delect. anim. artic.
Brasil, p. 137. tab. XXVIL fig. 7. = Mut. furonina *Bur-
me ister, Brasil. MutilL p. 10, No. 36). Patria: Minas Ge-
raes (Perty, Mus. Monac), Novo Friburgo (Burm.) Mus.
Halens.
9. Mut. hepatica. Capite brevi, transverso, re-
trorsum parum angustato, clypeo quadrilobo, thorace ovato,
cum segmento abdominali secundo confertim granoso-
punctato, supra cano- nigroque setoso : rufo-brunnea, opaca,
mandibulis, antennarum basi pedibusque rufo-ferrugineis,
antennarum flagello supra, thoracis vittis duabus margi-
nalibus segmentique abdominalis secundi parte posteriore
nigro-piceis : capite supra (ad antennarum ortum usque),
segmenti abdominalis secundi punctis duobus basalibus.
Mutillarum Americae raeridionalis indigenarum Synopsis etc. 53
ante medium sitis vittaque segmentorum 3. — 6. maculari
gemina aureo-sericeis, genis, metanoti lateribus, segmento
abdorainali primo toto, secimdi lateribus fasciaque lata
marginali interruptaflavescenti-tomentosis. Long. 10V2niill.
Patria: Rio de Janeiro (Mus. Halens.).
10. Mut. u ra b r a t i c a. Capite brevi, transverso,
retrorsum parum angustato, clypeo sexdentato, thorace
oblongo, fere rectangulo, abdomen versus sat fortiter
attenuato, cum segmento abdominali secundo confertim
et subrugose punctato: nigro-picea, opaca, raandibulis,
antennis, pedibus , ventre segmentique abdominalis se-
cundi disco rufo-brunneis, verticis plaga magna transverse
quadrata aureo-sericea, pleurarum macula anteriore, meta-
noti vittis tribus, segmenti abdominalis primi margine, se-
cundi punctis duobus dorsalibus, ante medium sitis fas-
ciaque marginali interrupta, 3.-5. punctis quaternis ano-
que albido- vel aurichalceo-tomentosis. Long. 10 — ISmill.
Patria: Brasil, merid. (Mus. Berol.).
11. Mut. clirysocephala Smith (Catal. Hyme-
nopt. p, 45, No. 223) , für welche die Bildung der Au-
gen und des ersten Hinterleibsringes nicht erwähnt wird,
scheint den beiden vorhergehenden Arten nahe verwandt
zu sein.
b) Augen klein, rundlich.
12. Mut. versatilis *Burmeister (Brasil. Mu-
till. p. 11, No. 38). Patria: Lagoa santa (Burm.).
13. Mut. leucogramma. Capite parvo, trans-
verse ovato, genis clypeoque edentatis, thorace breviter
ovato, cum pleuris confertim granoso-punctato, abdominis
segmento primo magno, trapezoideo, convexo, secundo
campanulato: atra, opaca, infra cum pedibus albo-hirta,
supra parce fusco-setosa, capite albo-squamuloso cum an-
tennis, tibiis tarsisque anticis laete rufo-ferrugineo : meta-
noti strigis duabus postice arcuatim coniunctis, segmenti
abdominalis primi secundique fascia marginali, huius in-
super vitta media angusta cano-tomentosis, ano rufescenti-
piloso. Long. 6V3 mill. Patria: Bogota (Mus. Berol.).
54 Gerstaecker:
5. Gruppe der Mut. spinosa Swed., perspicil-
laris und larvata Klug. (Weibchen.)
Sekt. I. Erstes Hinterleibssegment mit gezähnelter Querleiste
vor dem Hinterrande, durch diese in einen aufsteigenden
vorderen und horizontalen hinteren Theil zerfallend.
A. Zweites Hinterleibssegment durch scharfe, glatte Längs-
kiele feilenartig erscheinend,
a) dasselbe mit zwei rundlichen oder queren Flecken von
lichter Färbung,
t) Scheitel in Form einer (kaum unterbrochenen) Quer-
binde hell befilzt.
1. Mut. pardalis. Capite minore, transverso,
mesonoti angulis lateralibus obtusis: atra, or«, antennarum
basi, fascia verticis ampla, meso- et metanoti angustiore
segmentisque abdominis 3. — 6. cinereo-pilosis: prirai apice
utrinque albo-sericeo, secundi maoulis duabus suborbicula-
ribus vel rotundato-quadratis aurantiacis. Long. 12 —
15mill. Patria: Nov. Granada, Bogota, Columbia (Mus»
Berol.).
2. Mut. patricialis. Capite minore, transverso,
mesonoto acutangulo: atra, ore, antennarum basi, fronte,
fascia verticis vix interrupta, mesonoti postica ferc recta,
metanoti vittis duabus lateralibus, segmento abdominali
primo utrinque maculatim, 3. — 6. linea media excepta to-
tis aurichalceo-sericeis : secundi maculis duabus suborbi-
cularibus minoribus, aurantiacis. (Tibiae posteriores bre-
vius rufescenti-spinosae.) Long. 18 — 20 mill. Patria : Nov.
Granada, Bogota (Mus. Berol.).
ff) Scheitel in Form zweier Querflecke licht befilzt.
3. Mut. superba. Capite maiore, transverse qua-
drato, mesonoto acutangulo : atra, ore, antennarum basi,
verticis maculis duabus magnis, mesonoti fascia postica
arcuata, metanoti vittis duabus aibdominisque segmentis
1. et 3. — 6. utrinque aurichalceo-sericeis : secundi maculis
duabus post medium sitis minoribus, suborbicularibus, au-
rantiacis. (Tibiae posteriores longius nigro-spinosae.)
Long. 17 — 19 mill. Patria : Nova Granada, Bogota (Mus.
Berol.).
var. Gracilior, mesonoti fascia aurichalcea interrupta.
Patria: Columbia, Caraccas (Mus. Berol.).
Mutillarum Americae meridionalis indigcnarum Synopsis etc. 55
4. Mut. larvata *Klug (Entora. Brasil, spcc.
p. 34; No. 19. tab. 22, Fig. 6. — Biir meis ter, Brasil.
Miitill. p. 5, No. 1. — Mut. lanata Lepeletier, Hym^nopt.
III. p. 644, No. 77). Patria: Parä, Guyana (Mns. BeroL).
5. Mut. pe rspi ci llaris *Klug (a. a. 0. p. 33,
No. 8. tab. 22, Fig. 5. — Lepeleti er p. 643, No. 75. *Bu r-
nie ist er p. 6, No. 4.) Patria: Cayenna, Guyana (Mus.
BeroL).
6. Mut. myops * Burmeister (a. a. O. p. 6,
No. 5). Patria: Lagoa santa (ßurm.), Salto grande Bra-
siliae (Mus. Berol.).
tff) Scheitel ohne helle Befilzung.
7. Mut. spinosa Sweder (Vetensk. Academ. nya
Handling. VlII. 1787. p. 283, No. 39. --*Klug p. 35,
No. 7. tab. 22, Fig. 4. — Lepeletier p. 621, No. 40.—
* Burm. p. 6, No. 3. — Mut. derasa Fabricius, Syst.
Piezat. p. 429, No. 2.). Patria: Babia (Mus. Berol.).
8. Mut. obliquata *Klug (a. a. O. p. 35, No. 10.
tab. 22, Fig. 7). Patria: Par^ (Mus. Berol.).
9. Mu t. ser ena. (= Mutilla derasa * Burm eiste r,
a.a.O. p. 6, No. 2. — ? Mut. sabulosa Smith, Catal.
Hymenopt. Brit. Mus. III. p. 49, No. 234.) Capite thora-
cisque dorso immaculatis, atra, pleuris, metanoti vittis
duabus angustis abdominisque segmentis 1. et 3. — 6. utrin-
que aurichalceo-sericeis, secundi maculis duabus suborbi-
cularibus minoribus, rubicundis. Long. 15 — 20 mill. Patria:
Congonhas (Burm.), San Paolo Brasiliae (Mus. Berol.).
Anmerkung. Die von Burmeister auf vor-
stehende Art bezogene Mut, derasa Fab. gehört zu Mut.
spinosa Swed., bei welcher sie schon von Klug mit
Recht citirt wird. Die IVIut. sabulosa Smith soll zwei
silberhaarige Flecke an den Hintei'winkeln des Meso-
thorax haben; sonst würde ihre Beschreibung sehr wohl
auf Mut. serena anzuwenden sein, nicht aber ihr Name,
welcher bereits von Klug (1835) an eine Spanische
Art vergeben worden ist.
10. Mut. fenestr ata* Klug (a. a. O. p. 35, No. 11
tab. 22, Fig. 8). —Patria: Parä (Mus. Berol.).
11. Mut. stygia Smith (Catal. Hymenopt. III.
56 Gerstaecker:
p. 47, No. 229.) von Santarem, scheint der vorhergehen-
den Art sehr nahe verv^andt zu sein.
12. Mut. valida Smith (a.a. O.p.47, No. 230)
von TapajoS; mir unbekannt, gehört nach der Beschrei-
bung gleichfalls der Abtheilung A, a an.
b) Zweites Hinterleibssegment mit zwei licht befilzten,
beiderseits abgekürzten Längsstriemen.
13. Mut, gigantea *Perty (Delect. anim. artic.
Brasil, p. 138. tab. 27, Fig. 9). Patria: Brasil, intcr. (Mus.
Berol. et Monac.).
B, Zweites Hinterleibssegment ohne glatte Längskiele, nur
punktirt.
a) Dasselbe mit zwei lichten, seidig behaarten Flecken,
14. Mut. xanthocerata Smith (Transact. entom.
soc. of London 3. ser. I. p. 35). Patria: Costarica, Vera-
gua (Mus. Berol.).
15. Mut. insignis Smith (Catal. Hymenopt. Brit.
Mus. III. p. 56, No. 277). Patria: Bogota (Mus. Berol.).
16. Mut. rotifera. Atra, fascia verticis ampla,
intra oculos utrinque frontem versus descendente, mesonoti
fascia posteriore, pleuris totis, metanoto" linea media ex-
cepta, pedibus abdominisque segmentis 1. et 3. — 6. dense
cano-sericeis: secundi maculis duabus suborbicularibus, sat
magnis aurantiacis. Long. 13 mill. Patria: Bogota (Mus.
Berol).
Species admodum insignis, praecedentibus duabus
multo minor, difFert occipite haud inflato, fere semicircu-
lari^ thorace inermi, debili, compresso, apicem versus sen-
sim angustato, metanoto deplanato et anteriore thoracis
parte haud breviore, abdomine inter segmenta 1. et 2. sat
fortiter constricto, segmenti primi parte horizontali ele-
vato-naarginato denticulisque octo erectis supra armato.
b) Zweites Hinterleibssegment mit drei grossen, grob pimk-
tirten hellen Flecken.
17. Mut. prionophora *Burmeister (Brasil.
Mutill. p. 10, No. 37). Patria : Novo Friburgo (Burm.) —
Species segmenti abdominalis secundi cristis duabus longi-
tudinalibus, fortiter dentatis admodum insignis et distinc-
tissima.
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 57
Sekt. II. Erstes Hinterleibssegment ohne gezähnelte Quer-
leiste vor dem Hinterrande.
A. Zweites Hinterleibssegment mit vier licht gefärbten
Flecken.
18. Mut. verticalis Smith (Catal. Hymenopt.
p. 63, No. 311). -— Patria: Mexico (Smith), Costarica
(Mus. Berol.).
19. Mut. Hecate. A praecedente, cui simillima,
differt statura graciliore, capite magis transverso, minus
inflato, post oculos haud tumido, thorace debiliore, meso-
noto utriuque dentato, fronte atra, verticis macula media
rufo-tomentosa multo minore, segmenti abdominalis se-
cundi maculis miniaceis posterioribus duabus minus am-
ph's, ovatis, obliquis. Long. 13 mill. Patria: Costarica
(Mus. Berol.).
20. Mut. hilaris. (= Mut. laeta Smith, Catal.
Hymenopt. III. p. 57, No. 278). Atra, ore, genis, verticis
macula magna media, mesonoti et metanoti binis, pedibus
abdominisque segmentis 1. et 3. — 6. utrinque argenteo-seri-
ceis, secundi maculis quatuor rubris. Long. 11 — 15 mill.
Patria : Nov. Granada, Bogota (Mus. Berol.).
Anmerkung. Der S m i t h's c h e Name kann dies er
Art nicht verbleiben, weil er von demselben Autor einige
Seiten vorher (p. 46, No. 225) schon einer Brasilianischen
beigelegt worden ist.
21. Mut. tetraspilota. Capite minore, transverso:
atra, confertim punctata, thorace abdominisque basi sca-
briusculis: ore, fronte, genis, mesonoti parte posteriore,
metanoto, segmenti abdominalis primi lateribus, 3. — 6. to-
tis aurichaiceo-pilosis, secundi maculis quatuor aurantiacis,
anterioribus minutis, admodum inter se remotis, posteri-
oribus approximatis, magnis, transverse quadratis, latera
versus subattenuatis. Long. 11 mill. Patria: Bogota (Mus.
Berol.).
B, Zweites Hinterleibssegment nur mit zwei licht gefärbten
Flecken.
22. Mut. Crocsus. Capite maximo, transverso,
quam thorax fere duplo latiore, occipitis marginati angu-
lis inferioribus dentatim productis, genis anticis dente
58 Gerstaecker:
validisslmo, acuto, perpendiculariter descendente armatis,
fronte supra antennas siilcata, clypei lateribus reciirvis et
dentatim acuminatis, mandibulis processu basali lamelH-
formi^ laüceolato, retrorsum verso instructis, antennarum
scapo elongato, tenui, apicem versus fortiter arcuato, funi-
ciili acuminati articiilo secundo elongato: atra, verticis
mucula transversa amplissima, mesonoti fascia posteriore
arcuata, metanoti vittis dnabus segmentique abdominalis
seciindi maculis duabus magnis suborbicnlaribus croceis
aureo-sericeis: ore pedibusque griseo-hirtis, pleuris argen-
teo- pruinosis, genis cinereo-^ abdominis segmento primo
utrinque, 8.-6. totis aurichalceo-sericeis. Long. 15 —
Ißmill. Patria: Xalappa (Mus. ßerol.).
23. Mut. nodifrons. Capite maximo, transverso,
occipitis profunde emarginati angulis inferioribus den-
tatim productis, genis anticis dente validissimo, late trun-
cato, perpendiculari armatis, vertice longitudinaliter sul-
cato, fronte supra antennas fortiter bituberculata , cly-
pei lateribus in dentem latum, obtuse triquetrum, apice
leviter recurvum productis, mandibulis processu basali
lamclliformi lato, triangulari, retrorsum verso instructis,
antennarum scapo elongato, tenui, apicem versus fortiter
arcuato, funiculi articulo secundo elongato, basin versus
styliformi: atra. verticis macula ampla, obtuse triangulari,
in frontis latera descendente, occipitis angulis posticis,
mesonoti fascia posteriore, antice emarginata, metanoti
vittis duabus abdominisque segmentis 1. et 3. — 6. linea
media excepta aureo-sericeis, segmenti secundi maculis
duabus suborbicnlaribus croceis, ore, genis, antennarum
basi, pedibus ventreque pilis flavescenti-griseis vestitis.
Long. 16 mill. Patria: Bogota (Mus. BeroL).
24. Mut. capitata Smith (Catal. Hymenopt.
IlL p. 58, No. 284) aus Mexico, scheint den beiden vor-
hergehenden Arten zunächst verwandt zu sein. Der Name,
bereits von Lucas (1849) an eine Algerische Art ver-
geben, ist zu ändern.
25. Mut. felina *Burmeister (Brasil. Mutill.
p. 9, No. 27). Species insignis, thorace graciliore, utrin-
quo acute dentato, mesonoto atro, segmenti abdominalis
Mutillarum Americae meridioualis indigenarum Synopsis etc. 59
secundi maculis aiirantiacis maximis, tomentosis, reliquo-
riim fasciis aiireo- serieeis haiid interriiptis a sequenti
discedens. Variat femoribus ad genua usque rufo-fer-
rugineis. — Patria: Novo Friburgo Brasiliae (Burm.).
26. Mut. macropis. Capite mediocri, transverso^
mandibulis genisque inermibus, his acute carinatis, thorace
latitudine parum longiore, modice constricto, lateribus
inermi: atra^ mesonoti dimidio posteriore, metanoti vittis
duabus latis segmentisque abdominalibus 1. et 3. — 6. vitta
media excepta aureo- serieeis, secundi maculis duabus
magnis, rotundato-quadratis, confertim punctatis subtiliter-
que setulosis laete aurantiacis: ore, antennarum basi pedi-
busque eano-birtis. Long. IOV2— 13 mill. Patria: Brasilia
(Mus. Berol.).
27. Mut. argyrospila. Capitis transversi angulis
posticis acntiusciilis, genis carinatis, thorace latitudine pa-
rum longiore, ante stricturam denticulato : atra, vittis dua-
bus verticis lateralibus, meso-et metanoti latioribus, for-
titer abbreviatis abdominisque segmentis 1. et 3.-6. utrin-
que argenteo-sericeis, secundi maculis duabus minoribus,
ovatis, distantibus sanguineis, confertim punctatis. Long.
11 mill. Patria: Minas Geraes (Mus. Berol.).
28. Mut. confinis. Capitis transversi angulis
posticis obtusiusculis, genis carinatis, thorace breviusculo,
ante stricturam denticulato: atra, metanoti vittis duabus
abbreviatis abdominisque segmentis 1. et 3. — 6. utrinque
auriclialceo-sericeis, secundi maculis duabus suborbiculari-
bus vel breviter ovatis rufis, confertim punctatis. Long.
8V2— 9 mill. Patria: Brasilia merid. (Mus. Berol.).
Anmerkung. Mut. vaga Smith (Catal. Hymenopt.
IIL p. 44, No. 220) scheint mit den vorhergehenden
Arten nahe verwandt zu sein und besonders zwischen
Mut. macropis und argyrospila die Mitte zu halten. Die
Flecken des zweiten Hinterleibssegments sind goldig, die
folgenden silberweiss behaart, der Thorax, wie es scheint,
ganz schwarz.
29. Mut. ce r a si n a. Capite transverso, fronte tumi-
dula, oecipite rectangulo, thorace latitudine parum longi-
ore, ante stricturam denticulato, sanguineo, in dorso an-
60 Gerstaecker:
teriore setis decumbentibus nigris vestito : ceterum atra,
griseo-hirta, vittis duabus verticis postocularibus, retror-
sum leviter conniventibus, thoracis totidem abbreviatis ab-
dominisque segmentis 1. et 3. — 6. utrinque aurichalceo-se-
riceis, secundi maculis duabus suborbicularibus aurantiacis,
confertim punctatis breviterque setulosis. Long. 9V2 miH.
Patria : Parana (Buim.) Mus. Halens.
30. Mut. cruenta. Capite transverso, genis cari-
natis, occipitis angulis rotundatis, thorace ante stricturam
fortiter unidentato, metanoti lateribus serratis : atra, griseo-
hirta, mesonoti maculis duabus magnis lateralibus, seg-'
menti abdominalis secundi totidem dorsalibus maximis
biramosis, i. e. basin versus profunde excisis dilute san-
guineis: segmentis abdominalibus 3. — 6. linea media ex*
cepta argenteo- vel aurichalceo-sericeis. Long. 11 mill.
Patria: Brasil, merid. (Mus. BeroL).
31. Mut. debilis. Capite minore, transverso, re-
trörsum leviter angustato, fronte distincte sulcata, thorace
oblongiusculo, ante stricturam denticulato, sanguineo, an-
tennarum basi, trocbanteribus, tibiarum basi tarsisque ru-
fis : ceterum nigra, genis, verticis fascia subarcuata, seg-
menti abdominalis secundi maculis duabus, pone medium
sitis, suborbicularibus, 3,-5. supra totis aurichalceo-seri-
ceis. Variat segmentis abdominalibus l.et2. supra rubris,
nigro-limbatis. Long. 7V2 mül. Patria: Allegrette Bra-
siliae (Mus. BeroL).
32. Mut. succincta Smith (Catal. Hymenopt.
III. p. 44, No. 218) von Parä scheint der vorhergehenden
Art nahe zu stehen.
33. Mut. cu()iceps. Capite maiore, transverso,
crassiusculo, occipitis angulis rotundatis, mesonoto utrln-
que acute dentato: mandibulis, antennarum basi pedibus-
que rufis, genubus piceis, occipite thoraceque — hoc margine
antico sat lato cxcepto — sanguineis : ceterum nigra, verticis
fascia semilunari abdominisque segmenti secundi maculis
duabus, pone medium sitis, transversis flavescentibus,
aureo-sericeis, 3. — 5. linea media excepta aurichalceo-pilo-
sis. Long. 7 V2 mill. Patria: Allegrette Brasiliae (Mus.
BeroL).
Mutillarum Americae meridionalis iudigen ariim Synopsis etc. 61
34. M u t. c 0 m e ta. Capite crassiusculo, transverso,
occipitis angulis rotundatis, mesonoto utrinque obsolete
dentato: rufa^ antennarum femorumque apice, tibiis tarsis-
que piceis, abdominis segraentis 2. — 6. supra nigris, 3. — 5.
linea media excepta aurichalceo-sericeis, secundi maculis
duabus distantibuS; transverse ovatis aurantiacis strigisque
duabus cum Ulis connexis et basin versus percurrentibus
aureo-tomentosis : fronte thoracisque dorso atro-setulosis,
verticis fascia semilunari ampla aurichalceo-sericea. Long.
6 mill. Patria : Paranä (Burm.) Mus. Halens.
35. Mut. fissiceps Smith (Catal. Hymenopt.
III. p. 48, No. 232) von Tapajos scheint den beiden vor-
hergehenden Arten nahe zu stehen.
36. Mut. pythagorea. Capite transverso, fere
rectangulo, thoracis cordati fortiterque constricti lateribus
bidenticulatis, metanoti serrulatis: cum antennis pedibus-
que totis rufa, verticis fascia semilunari aurichalceo-tomen-
tosa, abdominis segmentis 2. — 6. supra nigris vel nigro-
fuscis, 1. et 2. in margine postico, sequentibus totis auri-
chalceo-sericeis, secundi maculis duabus distantibus et pone
medium sitis, triangularibus aurantiacis. Variat capite
cum antennis, thorace pedibusque nigro-piceis. Long. 6 —
7 mill. Patria: Paranä (Burm.) Mus. Halens.
37. Mut. ichneumonea '^'Bur meiste r (Brasil.
Mutill. p. 9 No. 28). Patria: Lagoa santa (Burm.).
38. Mut. melanocephala^Perty (Delect. anim.
artic. Brasil, p. 137. tab. 27, Fig. 6 = Mut. bilunata *Bur-
meister, Brasil. Mutill. p. 10, No. 33). Patria: Novo
Friburgo (Burm.), Rio de Janeiro (Mus. Berol.).
39. Mut. pumila *Burmeister (a.a.O. p. 10,
No. 35). Patria: Minas Geraes (Mus. Berol.), Novo Fri-
burgo (Burm.).
40. Mut. multicolor. Capite minore, transverso,
genis carinatis, ocuiis sat magnis, thorace breviusculo,
constricto, ante stricturam obsolete denticulato: nigra,
antennarum dimidio basali, fronte, vertice, thoracis fascia
lata anteapicali, pedibus totis, segmenti abdominalis se-
cundi maculis duabus posterioribus sat magnis, transverse
quadratis, 3.-6. dorso medio rufis, aureo-sericeis. (Pleu-
62 Gerstaecker:
rae laeves, nitidae, infra griseo-pubescentes. Vertex tho-
racisque dorsum parcius, segmenti abdominalis seeundi
maculae fasciaque apicalis utrinque abbreviata, reliquorum
dorsum totum dense aureo-sericea. Venter cum pedibus
cano-hirtus.) Long. 8 mili. Patria : Venezuela (Mus. Halens.).
C, Zweites Hinterleibssegment ohne scharf abgegrenzte
Scheibenflecke, entweder im Bereich der hinteren Hälfte
oder überhaupt (wenigstens vorwiegend) licht gefärbt.
41. Mut. brevis *Burmeister (a.a.O. p. 10,
No. 33). Patria: Novo Friburgo (ßurm.), Brasilia (Mus.
Berol.).
42. M u t. c h r y s o m a 1 1 a. Capite crassiusculo, trans-
verso, occipitls angulis late rotundatis, pro- et mesonoto
aQutangulis, metanoti lateribus argute dentato-serratis:
laete rufa, antennarum funiculo basi excepta piceo, man-
dibulis, capite, thoracis limbo antico sat lato abdominisque
segmentis 2. — 6. supra, 3. — 6. infra atris, nigro-setosis: se-
eundi maculis duabus posterioribus transverse ovatis, sat
distantibus aurantiacis ornati linea media dimidioque po-
steriore tenuiter aureo-setulosis, margine postico segmentis-
que sequentibus vitta media excepta dense auricbalceo-
sericeis. — Variat vertice rufo-vario, thoracis limbo nigro
angustiore, segmenti abdominalis seeundi maculis auran-
tiacis confluentibus. Long. 6 — 10 mill. Patria: Brasilia
(Mus. Berol.).
43. Mut. pectoralis (= Mut. concinna *Bur-
m eist er, Brasil. Mutill. p. 10^ No. 34). Patria: Bahia
(Mus. Berol.), Novo Friburgo (Burm.) — Der Burm ei-
st er's che Name ist als schon von West wo od (1843) an
eine Australische Art vergeben, zu ändern.
44. M u t. s t a p h yl 0 m a. Oculis exsertis, admodum
convexis, capite retrorsum rotundato-angustato, pro- et
mesonoto acutangulis, metanoti lateribus argute dentato-
serratis: laete rufa, antennis basi excepta piceis, capite,
pronoti angulis lateraübus abdominisque segmenti seeundi
dimidio anteriore maiore atris, huius linea media dimidio-
que posteriore (rufo) tenuiter auricbalceo-setulosis, primi
margine postico, 3. — 6. vitta media excepta ubique auri-
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 63
chalceo - serieeis. Long. 9 raill. Patria: Brasil, merid.
(Mus. Berol.).
45. Mut. argyr ocephala. Capite crassiusculo,
transverso, occipitis angulis rotundatis, tliorace latitudine
parum longiore, mutico, metanoti fortiter declivis lateri-
bus supra tantum denticulatis: rufo-ferruginea, thorace
toto abdominisque maculis duabus dorsalibus — anteriore
biloba basin, posteriore transverse ovata apicem segmenti
secundi occupante — - piceis, capite toto candido-sericeo,
segmento abdominali secundo inter maculas setulis aureis
consperso, sequentibus denae aurichalceo-villosis. Long.
6 mill. Patria: Lisula 8t. Jean (Mus, Berol.).
46. Mut. nummularis. Capite magno, transverso,
tumidulo, occipitis emarginati angulis genisque acute cari-
natis, bis dente valido. retrorsum verso armatis, thorace
angulato, supra obsolete punctato, metanoto fortiter con-
stricto, inermi : rufo-brunnea, supra sat dense nigro-, infra
cano-birta, antennarum funiculo, fronte, mesonoto anteriore
abdomineque — plaga magna segmenti secundi biloba,
media excepta — piceis: verticis maculis duabus amplis
obliquis, thoracis vittis totidem marginalibus, segmento-
rum abdominalium 1. — 3. macula media apicali, ceterorum
dorso toto aureo-sericeis. Long. TVeniill. Patria: Porto
Allegre Brasiliae (Mus. Berol.).
47. Mut. a m a b i 1 i s. Capitis transversi angulis
posticis rectis, genis carinatis, inermibus, thorace latitu-
dine fere dimidio longiore, ante stricturam obsolete den-
ticulato : atra, infra cum pedibus cano-hirta, verticis ma-
cula permagna, transversa aureo-sericea, thoracis supra
interdum picei vittis duabus, in mesonoti dimidio anteri-
ore abbreviatis maculaque dorsali media segmentorum ab-
dominalium 3. — 5. argenteo-sericeis : segmentis L et 2. ru-
fis, margine apicali setis atris deeumbentibus vestito.
— Varlat segmenti abdominalis secundi linea media nigri-
canti. Long. 7 — 8 mill. Patria: Paranä (Burm.), Alle-
grette Brasiliae (Mus. Berol.).
48. Mut. haematodes. Capite valido, transverso,
pone oculos perspicue ampliato, occipitis angulis rotun-
datis, thorace subcordato, antice fere rectangulo, abdo-
64 Gerstaecker:
mine inter segmenta 1. et 2. fortiter constricto: nigra, in-
fra cum pedibus albo-hirta, supra cano-fuscoque setosa,
capite segmentoque abdominali secimdo — Imius macula
magna media basaii subtriangiüari, apice triloba fasciaqne
raarginali, pilis decumbentibus atris vestitis, exceptis —
sanguineis, grosse et minus confertim punctatis, subnitidis,
thoracis strigis duabus dorsalibus cano- vel aurichalceo-,
pleuris anterioribus segmentorumque abdominalium 3. — 5.
vittis tribus macularibus argenteo-sericeis, ano fusco-pi-
loso. Long. IOV2 — ISmill. Patria; Montevideo (Mus. Berol.),
Paranä (Burm.). — Species capitis oculorumque confor-
matione cum praecedentibus congruens, at abdomine pe-
tioiato divergens.
49. Mut. polyspila. Capite mcdiocri, transverso,
occipitis truncati angulis rotundatis, genis carinatis, iner-
raibus, oculis sat magnis, tliorace subangulato, cum ca-
pite confertim punctato, subnitido: rufa, infra parce aibo-
setosa, antennarum apice segmentorumque abdominalium
margine utrinque piceo, verticis plagis duabus postocu-
laribus parce, segmenti abdominalis primi et secundi ma-
cula media apicali, secundi insuper duabus oblongis late-
ralibus, 3. — 5. fascia utrinque marginali dense argenteo-
sericeis, ano rufescenti-piloso. Long. 7^/3 mill. Patria:
AUegrette Brasiliae (Mus. BeroL).
50. Mut. micr oph thalma. Capite transverso,
fronte tumidula, occipitis angulis cum genis acute carina-
tis, oculis sat parvis, thorace oblongo-cordato, inermi: rufa,
unicolor, fronte verticeque sat dense aurichalceo - villo-
sis, thoracis abdominisque lateribus albo-hirtis, huius seg-
menti secundi fascia pone medium sita, arcuata strigisque
duabus ex illa basin versus prodeuntibus, segmentisque
3. — 5. supra totis argenteo-sei?iceis, secundi margine po-
stico setis decumbentibus nigro-fuscis vestito. Long. 9mill.
Patria; Mexico (Mus. ßeroL).
51. Mut. cardinalis. Capite valido, transverso,
retrorsum perspicue arapliato, fronte utrinque supra an-
tennas carinata, occipitis profunde emarginati angulis
acute carinatis, carina genas versus arcuatim descendente
ibique in dentem acutum excurrcnte; thorace subpenta-
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 65
gono, latltudine parum longiore, mntico, supra deplanato,
metanoto decllvi : coccinea, mandibulis^ antennis pedibus-
que picels, segmenti abdominalis secnndl basi apiceque
late atris, hnins disco cum capite tlioracisque dorso aureo-
sericeis, ore, occipite, metanoto abdominisque basi, lateri-
bus et segmentis apicalibus griseo-birtis. Long. 10 mill.
Patria : Mexico (Mus. Berol.).
52. Mut. satrapa. Capite valido, transverso, re-
trorsum perspicue ampliato, occipitis angulis posticis ge-
nisque acute carlnatis et in dentem communem productis,
thorace transverso, antice recte truncato, postice fortiter
trapezoideo-angustato, utrinque acute marginato et denta-
tim inciso, metanoto brevissimo, perpendiculari: coccinea,
mandibularum apice, antennis pedibusque nigro-piceis,
pleuris posterioribus, metanoto abdominisque segmentis 1.
et 3. — 6. nigris: capite thoracisque dorso rufo-birtis et
cum segmento abdominali secundo aureo- vel coccineo-se-
riceis, metanoto et abdominis basi nigro-hirtis, huius seg-
mentis 3. — 6. fusco-hirsutis griseoque ciliatis. Long. 11 —
14 mill. Patria: Mexico (Mus. Berol.).
D. Zweites Hinterleibssegment auf dunkelem Grunde in
Form eines Kreuzes oder wenigstens einer mittleren
Längsstrieme licht befilzt.
53. Mut. barpyia. Capite maximo, transverso,
thoracis latitudinem plus dimidio superante, occipitis an-
gulis genisque acute carinatis, bis fortiter inflatis oculos-
que lateraliter excedentibus, fronte profunde sulcata et
supra antennas fortiter bicornuta, antennarum scapo arcuato,
thorace debili, parallelo, inermi, metanoto fere perpendi-
culari : atra, mandibulis ante apicem femorumque basi rufo-
piceis, verticis vittis duabus postocularibus thoracisque
totidem latioribus aureo-sericeis, genis, segmenti abdomi-
nalis primi maculis tribus marginalibus, secundi linea
media, ante apicem abbreviata et cum fascia pone medium
sita, latiore coniuncta, quarti quintique fascia utrinque ab-
breviata aurichalceo-tomentosis : ventre pedibusque cano-
hirtis. Long. 16 mill. Patria : Brasil, inter. (Mus. Berol.).
54. Mut. plag lata. Capite minore, transverso,
fronte tumidula, subsulcata, genis leviter carinatis, thorace
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 5
6G Gerstaecker:
latitudine parum longiore, ante stricturam angulato et
denticulato, metanoti lateribus rotundatis: atra, mandibuia-
rum antennarumque basi nifo-bnmnea, fronte tota^ verticis
parte anteriore thoraceque — huius mesopleuris exceptis
— laete miniaceis, aureo-setulosis, abdominis strigis tri-
bus dorsalibus percurrentibus fasciaque seeundi segmenti
pone medium sita, angusta argenteo- vel aurichalceo-seri-
ceis: segmentis ventralibus medio rufescentibus dense al-
bido-fimbriatis. Long. 8 milL Patria : Aragua Columbiae
(Mus. BeroL).
55. Mut. dissoluta. Capite thoraceque ut in
praecedente formatis : atra, fronte, genis anticis, mandibu-
larum basi, antennarum articulis tribus primis, thorace
toto pedibusque laete rufis, verticis vittis duabus intra-
ocularibus, abdominis vitta dorsali maculari, in segmento
secundo late interrupta, fascia eiusdem segmenti et ipsa
interrupta et utrinque abbreviata, pone medium sita seg-
mentorumque 2. — 5. maculis lateralibus argenteo-sericeis.
— Variat vertice quoque vel etiam capite toto rufescente.
Long. 7 — 9 mill. Patria : Carthagena, Bogota (Mus. Berol.).
56. Mut. crucigera *Burmeister (a. a. O. p. 10;
No. 31.) Species capite subquadrato, occipitis emarginati
angulis alte carinatis et retrorsum productis admodum in-
signis. Patria: Novo Friburgo (Burm.) Mus. Halens.
57. Mut. temporalis. Capite magno, cubico,
occipitis profunde emarginati angulis retrorsum productis
et cum genis alte carinatis, bis fortiter descendentibus,
infra angulatis et lamellatim appendiculatis, thorace an-
gustulo, subcompresso, ante stricturam denticulato : rufo-
brunnea, fronte, genis inferioribus, antennis, pcdibus, tho-
racis limbo antico abdomineque piceis, huius segmenti
primi puncto medio marginali, seeundi maculis tribus
(media marginali, lateralibus pone medium sitis), 3. — 5.
gutta media et lateribus argenteo- vel aurichalceo-sericeis :
fronte aureo- vel cano-pilosa, genis pleurisque albo-prui-
nosis. Long. 6V2— 9 mill. Patria: S. Joäo del Key Brasiliae
(Mus. Berol.).
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 67
6. Gruppe der Mut. Indio a Lin. (diadema Fab.),
parallela und quadrinotata Klug (Weibchen).
Sekt. I. Zweites Hinterleibssegment nur mit zwei lichten
Flecken.
1. Mut. diopbthalma *Klug (Entom. Brasil,
spec. p. 42, No. 21. tab. 23, fig. 6). Patria: Bahia (Mus.
Berol.).
2. Mut. ocellaris *Klug (ebenda p. 45, No. 24.
tab. 23, fig. 9). Patria: Cametä (Mus. Berol.).
3. Mut. trochanterata (= Mut. diophthalma
*Burm., Brasil. Mutlll. p. 6, No. 6). Trochanteribus, femo-
rum basi segmentique abdominalis secundi maculis dua-
bus sanguineis, vertice fronteque totis, thoracis vittis dua-
bus, segmenti abdominalis primi macula media, secundi
punctis tribus apicalibus margineque lateralis aurichalceo-
sericeis. Long. 8V2 luill. Patria: Lagoa santa (Burm.)
Mus. Halens.
4. Mut. virginalis. Segmenti abdominalis secundi
maculis duabus truncato-ovatis, laete rufis, albo-setulosis,
vertice tboracisque vitta media parcius, pleuris, segmento
abdominali primo supra toto, sequentium trium lateribus,
nee non 3. — 5. vitta dorsali maculari dense aurichalceo-
sericeis, antennarum funiculo infra ventreque rufo-piceis.
Long. 12V2mill. Patria: Brasilia (Mus. Berol.).
5. Mut. lusca *Klug (a.a.O. p. 45, No. 25.
tab. 23, fig. 10). Patria : Cametä (Mus. Berol.).
6. Mut. auriculata. Capitis transversi vertice
carinato, supra oculos utrinque calloso-elevato, thorace ob-
tuse ovato, retrorsura vix compresso, dorso inter Stigmata
metathoracica anguste carinato: atra, opaca, infra cum
pedibus flavescenti-hirta, fronte, thoracis dimidio postico
segmentorumque abdominalium omnium fascia marginali
(1. — 5. in medio interrupta) dense auriclialceo-pilosis, se-
cundi maculis duabus magnis basalibus, truncato-ovatis, e
setis crassis, decumbentibus formatis, laete aurantiacis. —
Species, Mut. felinae Burm. coloribus haud dissimilis,
capitis, thoracis segmentique abdominalis primi confor-
matione distinctissima. — Long. 14 mill. Patria: Brasilia
(Mus. Berol.).
G8 Gerstaecker:
7. M 11 1. a r a n e oi d e s Smith (Transact. entom. soc.
of London 3. ser. I. p. 35). Patiia: Costarica (Mus. Berol.).
Sekt. II. Zweites Hinterleib ssegment mit vier lichten Flecken.
A. Diese vier Flecken in der Weise mit einander ver-
bunden, dass einerseits die beiden hinteren, andererseits
die (getrennten) vorderen je mit den hinteren zusam-
menfliessen.
8. Mut. trinacria. Thorace ovato : atra, infra
cum pedibus albo-hirta, tibiarum calcaribus albidis, anten-
narum scapo, capite, thoracis vittis duabus marginalibus,
antice abbreviatis, pleuris inferioribus, segmentorum ab-
dominalium 1. — 5. maculis lateralibus , 3. — 5. insuper
vitta maculari media argenteo-sericeis: segmenti secundi
maculis quatuor confluentibus laete rufis, nitidis, disperse
punctatis. Long. 10 mill. Patria: Paranä (Burm.), Mus.
Halens.
9. Mut. calycina. Thorace cuneiformi, compresso:
atra, infra cum pedibus albo-hirta, tibiarum calcaribus
nigris vel piceis, antennarum scapo, capite, thoracis vitta
percurrente media, pleuris inferioribus, segmenti abdo-
minalis primi sat angusti disco, secundi et tertii maculis
marginalibus Jateralibus, quarti et quinti macula dorsali
dense flavescenti- vel albo-tomentosis, secundi maculis qua-
tuor confluentibus laete rufis, nitidis, grosse punctatis al-
boque setosis. Long. 10 mill. Patria : Allegrette et Porto
AUegre Brasiliae (Mus. Berol.).
B. Die vier lichten Flecke des zweiten Hinterleibssegmen-
tes getrennt.
a) Die hintere Thoraxhälfte fast ganz oder wenigstens
vorwiegend licht (gelblich) seidenhaarig.
10. Mut. q ua drin ot ata *Klug (Entom. Brasil,
specim. p. 40, No. 18. tab. 23, fig. 3. — *Burmeister,
Brasil. Mutill. p. 7, No. 10. — Mut. micans et Americana
Lepeletier, Hist. nat. d. Hymenopt. III. p. 622. flg., No. 42
und 43. — Mut. micans Burm., a. a. 0. p. 7, No. 11). Patria:
Bahia (Mus. Berol.), Novo Friburgo (Burm.).
11. Mut. inermis *Klug (a.a.O. p. 41, No. 19.
tab. 23, fig. 4. — Lepeletier, a. a. 0. III. p. 642, No. 74.
— Mut. affinis Burmeister, a.a.O. p. 7, No. 9). Patria:
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 69
Bahia, Rio de Janeiro (Mus. Berol.), Novo Friburgo
(Biirm.).
b) Die hintere Thoraxhälfte auf schwarzem Grunde nur
striemenförmig licht behaart.
*) Scheitel mit lichter, meist binden- oder fleckenförmiger
Behaarung.
12. Mut. t et rastigm a. Atra, infra cum pedibus
albo-hirta, antennarum scapo, vertice toto, mesonoti fascia
postica, metanoti vittis duabus, pleuris inferioribus, seg-
menti abdominalis primi lateribus, 2. et 3. maculis tribus
marginalibus, 4. et 5. dorso toto auricbalceo-sericeis : seg-
menti secundi maculis quatuor rubris, grosse punctatis,
nitidis, anticis suborbicularibus, posticis fere duplo ma-
ioribus transversis, postice truncatis. Variat fascia meso-
noti interrupta, segmento abdominali quarto et ipso au-
richalceo-trimaculato. Long. 13 — 15 mill. Patria: Monte-
video (Mus. BeroL).
13. Mut. trivirgata. Atra, infra cum pedibus
albo-hirta, antennarum scapo, vertice, mesonoti plagis dua-
bus posticis, metanoti vittis totidem abbreviatis, pleuris
inferioribus, segmenti abdominab's primi lateribus, 2. — 4.
maculis tribus marginalibus, quinti unica media anoque
auricbalceo-sericeis: segmenti secundi maculis quatuor
rufis, nitidis, parce punctatis, anticis oblongo-, posticis
maioribus transverse quadratis. (A specie praecedente
i. a. differt thorace breviore, metanoto latiore, rotundato-
triquetro.) Long. 13 mill. Patria: Bogota (Mus. Berol.).
14. Mut. lunigera. Atra, infra cum pedibus flave-
scenti-hirta, antennarum scapo, fascia verticis postica, tho-
racis vittis duabus lateralibus antice abbreviatis, pleuris
inferioribus segmentorumque abdominalium 1. — 3. lateri-
bus, quarti maculis tribus, quinti unica media auricbalceo-
sericeis : segmenti secundi maculis quatuor rubris, nitidis,
disperse punctatis, anticis breviter ovatis, posticis maiori-
bus transverse triquetris. Long. 10 — 13 mill. Patria: Allc-
grette Brasiliae (Mus. Berol.).
15. Mut. gemina. A praecedente differt capite supra
toto auricbalceo-sericeo, antennarum funiculo dilutius rufo-
piceo, mesonoto latiore, distinctius angulato, thoracis vit-
70 Gerstaecker:
tis amplioribus, segmenti abdominalis secundi maculis ru-
bris posticis maioribus, approximatis, fere contigiiis. Long.
8 — llV2miIl. Patria: Allegrette et Porto Allegre Brasi-
liae (Mus. Berol.).
16. Mut. obsoleta *Klug (Entom. Brasil, spec.
p. 43, No. 22. tab. 23, fig. 7). Patria: Para (Mus. Berol.).
17. Mut. hybrida *Burmeister (Brasil. Mutill.
p. 8, No. 17). Patria: Brasil, merid. (Mus. Berol), Ouro-
preto (Burm.).
18. Mut. quadrum *Klug (a. a. 0. p. 44, No. 23.
tab. 23, fig. 8). Patria : Bahia (Mus. Berol.).
19. Mut. vi Vax (= Mut. quadrum *Burmeister,
Brasil. Mutill. p. 7^ No. 16). A praecedente differt capite
multo breviore et latiore, oculis convexioribus, vertice
medio tantum aurichalceo-sericeo, thorace debiliore, ma-
gis compresso, fere cuneiformi, segmentp abdorainali primo
utrinque albido-tomentoso, secundi maculis quatuor rubris
vel fulvis multo minoribus latiusque distantibus, sequen-
tium vittis tribus macularibus aurichalceo-sericeis. Long.
9 mill. Patria : Salto grande ßrasiliae (Mus. Berol.), Lagoa
Santa (Burm.).
20. Mut. au st CT a. Atra, opaca, infra cum pedi-
bus cano-hirta, capitis parvuli macula verticali media tri-
quetra, mesonoti duabus lateralibus posticis, metanoti
pleurarumque vittis binis, segmenti abdominalis primi
angulis posticis, 2. et 3. fascia apicali laterali, 2. — 5. puncto
dorsali medio (secundi minimo) aurichalceo-sericeis, ano
fusco'piloso : segmenti secundi maculis quatuor rubris mi-
noribus, late distantibus, anticis longitudinaliter, posticis
transverse ovatis. Long. 13 — I4V2 mill. Patria; Salto
grande Brasiliae (Mus. Berol.).
21. Mut. sigillata. Atra, opaca, infra cum pedi-
bus fusco-hirta, capitis parvuli macula verticali transversa
maiore, oculos fere attingente, mesonoti fascia postica
angulatim excisa, pleurarum posteriorum vitta inferiore,
segraentorum abdominalium 2. et 3. macula apicali late-
rali, secundi puncto medio minuto, 4. et 5. maiore macu-
lari aurichalceo-sericeis, ano nigro-fuscoque piloso: seg-
menti secundi maculis quatuor rubris ut in specie prae-
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 71
cedente formatis. Long. 16 mill. Patria: Cassapava Bra-
siliae (Mus. Berol.).
22. Mut abrupt a. Capite parvtllo, vertice ele-
vato carinaque longitudinali abbreviata instructo: atra,
opaca, infra cum pedibus cano-hirta, fascia verticali ar-
cuata, mesonoti maculis duabus posticis distantibus, meta-
noti pleurarumque iiiferiorum vittis binis percurrentibus
segmentique abdominalis primi lateribus cano-tomentosis:
segmentorum 2. et 3. fascia ventrali marginali^ in dorsi
latera continuata, 2.-6. vitta maculari communi, in ul-
timis tribus multo iatiore^ dense flavescenti-pilosis : seg-
menti secundi maculis quatuor laete sanguineis, disperse
et grosse punctatis , anticis suborbicularibus , posticis
maioribus transverse quadratis. Long. 15Y2 niilL Patria:
Allegrette Brasiliae (Mus. Berol.)
23. Mut. hemicycla. Atra, infra cum pedibus
cano-lrirta, vertice toto, thoracis vittis duabus antice abbre-
viatis et in dorso postico confluentibus, pleuris inferiori-
bus, segmenti abdominalis primi disco, secundi tertiique
lateribus, quarti quintique dorso toto aurichalceo-sericeis,
ano rnfescenti-piloso: segmenti secundi maculis quatuor
laete sanguineis, multipunctatis, anticis rotundato-trique-
tris, obliquis, posticis maioribus sat approximatis, intus et
postice truncatis. Long. 11 mill. Patria: Sta. Cruz Bra-
siliae (Mus. Berol.).
24. Mut. vitelligera. Atra, opaca, sat longo
nigro-setosa, vertice toto, pedibus, pleuris metanoti lateri-
bus, segmenti abdominalis primi dorso, 2. — 4. lateribus
ventreque dense cano-pilosis, quinti macula magna media
dorsali nee non ani circuitu antico aurichalceo-sericeis:
segmenti secundi maculis quatuor minoribus, late distanti-
bus vitellinis, disperse punctatis, anticis breviter, posticis
transverse ovatis. (Anus maxima pro parte nudus, con-
fertim coriaceo-rugosus.) Long. 16 mill. Patria: Peru
(Mus. Berol.).
25. Mut. simul ans Smith (Catal. Hymenopt, in.
p. 57, No. 279). Patria: Aragua Columbiae (Mus. Berol.).
26. Mut. aequinoctialis. Atra, opaca, infra
cum pedibus albido-setosa, verticis fascia arcuata, meso-
72 Gerstaecker:
noti maculis duabus posticis, metanoti vittis totidem for-
titer abbreviatis, pleuris inferioribus, segmentorum abdo-
mlnalium 2. — 4. lateribus fasciaque apicali ventrali, 2. — 6.
vitta dorsali maculari argenteo-sericeis : segraenti secundi
maculis quatuor minoribus, late distantibus vitellinis^ fere
impunctatis, anticis basalibus, oblonge-, posticis transverse
et obtuse ovatis. Long. ISYa — 17 mill. Patria: Aragua
Columbiae, Orinoco (Mus. ßerol.).
27. Mut. Indica Linne (Syst. nat. ed. X. p. 583,
No. 3. — Mus. Ludov. Ulric. p. 419, No. 1. — Mut. dia-
demaFabricius, Entom. syst. II. p. 367, No. 4. — Syst.
Piezat. p. 429, No. 5. — *Klug, Entom. Brasil, spec.
p. 38, No. 15. tab. 22, fig. 12. — Lepeletier, Hist. nat.
d. Hymenopt. III. p. 619, No. 39. — Burmeister, Brasil.
Mutill. p. 8, No. 20.) Patria : Bahia, Para, Cayenna, Ori-
noco, Bolivia, Bogota (Mus. Berol.).
28. Mut. puella. Atra, opaca, infra cum pedibus
albido-setosa, verticis fascia subtriangulari, thoracis vittis
duabus latiusculis, ante marginem anticum abbreviatis sed
in latera segmenti abdominalis primi continuatis, pleuris
inferioribus, segmentorum abdominalium 2. et. 3. lateribus
fasciaque apicali ventrali, 2. — 6. vitta communi maculari
dorsali argenteo-sericeis : segmenti secundi maculis qua-
tuor angustis, late distantibus fulvis, parum punctatis, ba-
salibus oblongis, posticis transversis. Long. 10 mill. Pa-
tria: Brasil, inter. (Mus. Berol.).
29. Mut. bivittata. (= Mut. obsoleta * Bur-
meister, Brasil. Mutill. p. 7, No. 14.) Atra, opaca, infra
cum pedibus cano-hirta, capitis vittis duabus supra anten-
nas conniventibus, thoracis totidem antice abbreviatis, sed
in segmenti abdominalis primi latera continuatis, pleura»
rum posticarum macula inferiore, segmentorum abdomi-
nalium 2. — 4. lateribus fasciaque apicali ventrali, 3. — 5,
vitta communi dorsali maculari argenteo-sericeis : segraenti
secundi maculis quatuor late distantibus vitellinis, disperse
punctatis, anticis obliquis, ovatis, posticis maioribus trans-
verse quadratis. Long. 15 mill. Patria: Lagoa santa (Mus.
Berol. et Halens.)."
30. Mut. duplicata. (= Mut. Americana *Bur-
Mutillarum Amcricae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 73
meist er, Brasil. Mutiil. p. 7, No. 13.) Atra, opaca, in-
fra cum pedibus albo-hirta, capitis vittis duabus antice
abbreviatis^ mesonoti maculis totidem obliquis posticis,
metanoti strigis duabus lateralibus, pleurarum posticarum
parte inferiore, segmenti abdominalis primi angulis posticis,
2. — 4. lateribus fasciaque apicali ventrali, 3. — 5. vitta dor-
sali communi maculari argenteo-sericeis: segmenti secundi
maculis quatuor rubris sat magnisj grosse et parce pun-
ctatis, anticis suborbicularibus, posticis transversis, rotun-
dato-quadratis. Long. 14 — 17 mill. Patria: Allegrette
Brasiliae (Mus. BeroL), Novo Friburgo (Burm.).
Adnotatio. Mut. Americana Lin. secundum descri-
ptionem capite unicolori, immaculato differt.
31. Mut. gross a. Atra, opaca, infra cum pedi-
bus cano-pilosa, verticis fascia semilunari, subdivisa, meso-
noti plagis duabus obliquis, subovatis posticis, metanoti
vittis totidem abbreviatis, pleuris inferioribus, segmenti
abdominalis primi macula laterali, 2. — 4. lateribus fascia-
que apicali ventrali, 2. — 6. vitta dorsali communi macu-
lari aurichalceo-sericeis: segmenti secundi maculis qua-
tuor rubris, disperse punctatis late distantibus, anticis sub-
orbicularibus, posticis paullo maioribus transverse ovatis.
Long. 18 — 20 mill. Patria: Cassapava et Porto Allegre
Brasiliae (Mus. Berol.).
32. Mut. spilota. Atra, opaca, infra cum pedibus
nigro-hirta, vertice toto, mesonoti plagis duabus subova-
tis posticis obliquis, metanoti vittis totidem sat latis et in
segmenti abdominalis primi latera continuatis, pleuris in-
ferioribus, segmentorum abdominalium 2. — 6. lateribus,
fascia apicali ventrali vittaque dorsali communi maculari
aurichalceo-sericeis: segmenti secundi maculis quatuor
sat magnis rufescente-fulvis, multipunctatis, anticis bre-
viter ovatis, obliquis, posticis transversis. Long. 11 —
I2V2 rnill. Patria: Surinam (Mus. Berol.).
33. Mut. spcctabilis (= Mut. tristis *Bur-
meister, Brasil. Mutill. p. 7, No. 12). A Mutilla tristi
*Klug differt statura maiore, fascia verticis semilunari
cano- vel ochraceo-tomentosa, thoracis vittis obsoletioribus,
segmenti abdominalis quarti quoque macula laterali auri-
74 Gerstaecker:
chalceo-sericea, secundi maculis rubris posticis brevioribus,
transversis. Long. 14 — 18 mill. Patria: San Paolo Brasi-
liae (Mus. BeroL), Lagoa santa (Burm.).
**) Scheitel einfarbig schwarz, ohne helle Fleckung.
34. Mut. zebrata. Atra, opaca, infra cum pedi-
bus flavescenti-hirta, pleuris, metanoti strigis duabus, seg-
mentorum abdominalium 1. — 4. lateribus^ 2. — 5. vitta dor-
sali communi maculari margineque ventrali aurichalceo-
sericeis, segmenti secundi maculis quatuor rubris pluri-
punctatis, distantibus, anticis ovatis, posticis maioribus
transverse quadratis. — Variat interdum puncto verticis
intraoculari aurichalceo-sericeo, metanoti strigis latioribus
et in mesonoti partem posteriorem continuatis. Long.
13 — 14 mill. Patria: San Paolo ßrasiliae (Mus. Berol.).
35. Mut. scripta (? = Mut. Americana Lin., Syst.
nat. ed. XII. p. 966/ No. 2. — de Geer, Memoires IIL
p. 591; pl. 30, fig, 10.) Atra, opaca, infra cum pedibus
cano-birta, genis griseo-sericeis, mesonoti strigis duabus
rectis, utrinque fortiter abbreviatis, metanoti vittis totidem,
pleuris inferioribus totis, segmentorum abdominalium 1. — 4.
lateribus, 2. et 3. fascia apicali ventrali, 2.-6. vitta dor-
sali communi maculari argenteo- vel aurichalceo-sericeis :
segmenti secundi maculis quatuor laete rufis parumpun-
ctatis, nitidissimis, anticis elongato-ovatis, leviter obliquis,
posticis magnis, transversis, parum distantibus. Long. 18 —
20 naill. Patria: Allegrette et Porto Allegre Brasiliae
(Mus. Berol.).
3G. Mut, graphica. A Mut. scripta, cui admo-
dum aflPinis, differt segmenti abdominalis secundi maculis
quatuor duplo minoribus ideoque late distantibus, fuivis
vel aurantiacis, posticis imprimis multo brevioribus. Long.
16— 18 mill. Patria: Rio de Janeiro (Mus. Berol.).
37. Mut. tristis ^^Klug (Entom. Brasil, spec.
p.42, No. 20. tab. 23, fig, 5). Patria: Parä (Mus. Berol.).
38. Mut. u r s i n a. Atra, opaca, infra cum pedibus
fusco-birta, capite thoracisque dorso densissime nigro-
hirsutis, abdominis segmeniis 3.-5. utrinque longo seto-
sis: pleurarum posticarum vitta inferiore, tboracis duabus
dorsalibus antice abbreviatis, segmentorum abdominalium
Mutillarum Americae meridionalis indigeaarura Synopsis etc. 75
1. — 4. lateribus^ 2. et 3. fascia apicali ventrali, 2. — 5. vitta
dorsali communi maculari aurlchalceo-lanuginosis: seg-
menti secimdi maculis quatuor linearibus, impunctatis
vitellinis, posticis transversis, brevissimis, spatio pleuraJi
inter maculam anteriorem et marginem lateralem sito
glabro, laevissimo, lucido. Long. 18 V2 miH. Patria: Bra-
silia (Mus. BeroL).
39. Mut. parallela *Klug (Entom. Brasil, spec.
p.39, No. 16. tab.23, fig. 1. — *Burmeister, Brasil.
Mutill. p. 7, No. 15). Variat vittis thoracicis anterius
longius productis, segmenti abdominalis secundi maculis
flavis posticis (sicut in Mut. Indica Lin.) fasciam vix in-
terruptam formantibus. — Patria: Parä, Rio de Janeiro,
Orinoco (Mus. BeroL).
40. Mut. juvenilis. A Mut. parallela * Klug,
cui simillima, difFert statura minore, fronte supra anten-
nas genisque cano- (nee atro-) pilosis, abdominis seg-
mento secundo apice haud argenteo-maculato, segmento
quinto (cum 2. — 4.) utrinque et infra albo-sericeo. Long.
12 mill. Patria: Salto grande Brasiliae (Mus. BeroL).
41. Mut. funebris. Thorace ante stricturam
utrinque conico-angulato : atra, opaca, infra cum pedibus
flavescenti-hirta, capite thoracisque dimidio anteriore uni-
coloribus, ubique nigro-setosis, pleuris posticis, metanoti
strigis duabus, segmentorum abdominalium 2. — 4. lateri-
bus fasciaque apicali ventrali, 4. — 6. vitta dorsali communi
maculari secundique puncto apicali medio aurichalceo-
sericeis : huius maculis quatuor maioribus, grosse et dis-
perse punctatis, nitidis rubris, anticis rotundato-, posticis
transverse quadratis. Long. 17 mill. Patria: Minas Ge-
raes (Mus. BeroL).
42. Mut. mini ata. Capite angustiore, cum genis
nigro-piloso, thorace anteriore utrinque dentatim angu-
lato : atra, opaca, infra cum pedibus cinereo-hirta, metanoti
vittis duabus, segmento abdominali primo plaga media
excepta, segmentorum 2. — 4. lateribus fasciaque apicali
ventrali, 2. — 5. vitta dorsali communi maculari cretaceo-
villosis : segmenti secundi maculis quatuor miniaceis mag-
nis, approximatis, grosse et disperse punctatis, anticis
76 Gerstaecker:
rhomboideis, posticis triquetris, intus rectangulis, extus
rotundafis. Long. 15mill. Patria: Catamarca (Burm.),
Mus. Halens.
43. Mut. diabolica. Capite latiore, supra nigro-,
in genis griseo-piloso, thorace anteriore inerrai: atra,
opaca, infra cum pedibus cinereo-hirta, segmentorum ab-
dominalium 1. — 3. lateribus, 2. et 4. fascia apicali ventrali
vittaque dorsali communi (in segm. 4.-5. latiore) albido-
villosis: segmenti secundi maculis quatuor laete rufis,
multipunctatis sat magnis, approximatis, anticis obtuse
ovatis, posticis rotundato-quadratis. Long. I2V2 niill. Pa-
tria: Rozario (Burm.), Mus. Halens.
44. Mut. moesta. Oculis sat magnis, nigra, infra
cum pedibus parce cano-pilosa, capite tboraceque subnu-
dis, unicoloribus, illo confertim granoso-, hoc rüde areo-
lato-punctato, segmentis abdomiiialibus 2.~ 5. utrinque
argenteo-sericeis, secundi maculis quatuor fulvis minori-
bus, suborbicularibus, late distantibus, ano vittaque macu-
iari dorsali ad marginem segmenti secundi usque conti-
nuata aurichalceo-pilosis. Long. 9 mill. Patria: Bahia
(Mus. Berol.).
45. Mut. lug u bris *Burm eiste r (Brasil. Mutill.
p. 8, No. 19). Patria: San Paolo Brasiliae (Mus. Berol.),
Lagoa Santa, Ouropreto (Burm.).
46. Mut. quadripustulata * Klug (Entotn. Bra-
sil, spec. p. 40, No. 17. tab. 23, Fig. 2. — ? Mut. atripes
Smith, Catal. Hjmenopt. IIL p. 45, No. 222.) Patria:
Parä (Mus. Berol.).
7. Gruppe der Mut. paradoxa. (Weibchen). Augen
gross,^rund, stark gewölbt, glatt. Thorax langstreckig,
mit ganz allmählig nach hinten abfallendem und
sich verscb malerndem Rücken. Erster Hinterleibs-
ring kubisch, von den zusammen kurz eiförmigen
übrigen scharf abgesetzt. Backen ihrer ganzen
Länge nach scharf gekielt.
Mut. paradoxa. Ponerae speciebus quibusdam
haud dissimilis. Atra, opaca, infra cum pedibus flava-
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 77
scenti-, supra pro parte nigro-setosa. Antennarum funicu-
lus dilute ferruglneus. Capitis transversi vertex totus,
tlioracis pars anterior, pleurae segmentorumque abdomi-
nalium 2. — 5. margo apicalis supra et infra aurichalceo-
villosi. Metanotum abdominisque segmenta dua anteriora
supra scabro-punctata, parce flavescenti-setulosa, secundi
linea media nee non fasciola subbasalis auriclialceo-seri-
ceae: huius maculae quatuor sat magnae fulvae, anticae
basales, transverse ovatae, nitidissimae, sublaeves, posticae
maiores, fere fasciatim confluentes, fortiter punetatae.
Long. ISmill. Patria: Bogota (Mus. Berol.).
1. August 1873.
(Fortsetzung folgt.)
Veber Kaumuskeln und Kaumechanismus
bei den Wirbelthieren.
Von
Dr. Ernst vou Teutleben.
(Dazu Tafel II.)
Im November vorigen Jahres theilte mir Herr Dr.
N.itsche die auffallende Beobachtung mit, dass das Mur-
melthier und Eichhorn im Stande seien ihre Unterkiefer-
hälften seitlich von einander zu entfernen. Er schlug mir
vor mit ihm gemeinschaftlich einige Untersuchungen über
die einschlägigen Verhältnisse anzustellen, und dieselben
dann zu veröffentlichen. Da sich im Laufe der ver-
gleichenden Untersuchungen manche interessante Ver-
hältnisse herausstellten, auch einige bisher gültige An-
schauungen zu berichtigen erschienen, so beschloss ich
die angefangene Untersuchung über die Kaumuskeln der
Hauptgruppen der Wirbelthiere auszudehnen, und zum
Gegenstande meiner Dissertation zu machen. Ich bat
Hrn. Dr. Nitsche von einer vorläufigen Veröffentlichung
über die Verhältnisse bei den oben erwähnten Nagern
abzustehen, um deren Darstellung in meiner Arbeit mit
geben zu können, natürlich unter Wahrung der Priorität
der ersten Angabe seinerseits. Ich erfülle hiermit die
angenehme Pflicht ihm für die Bereitwilligkeit, mit der
er meinem Wunsch entgegen kam, meinen besten Dank
abzustatten.
Ebenso sage ich meinem hochverehrten Lehrer,
Herrn Professor Leuckart für die Theilnahme, die er
meiner Arbeit gewidmet hat, meinen verbindlichsten
Dank.
V. Teutleben: üeb. Kaumuskeln u. Kaumechanism. u. s. w. 79
Zur Ausführung der zum Ergreifen oder Zerkleinern
der Nahrung nöthigen Bewegungen dienen bei denWir-
belthiercn im Allgemeinen zwei Knochenbogen, zwischen
denen Lageverschiebungen stattfinden. Bei den niederen
Wirbelthieren sind gewöhnlich beide Bogenstücke be-
weglich, bei den höhern ist der obere Bogen in der
Regel mehr weniger fest mit dem Schädel verbunden,
und nur der untere führt Bewegungen nach oben aus.
Den obern Bogen bezeichnet man als Oberkiefer, den
untern als Unterkiefer; beide sind gewöhnlich mit Zäh-
nen besetzt. Bei den höheren Wirbelthieren artikulirt
der Unterkiefer direkt mit dem Schädel, bei den nie-
deren schiebt sich zwischen beide noch ein besonderes
gelenkendes Zwischenstück. Zur Ausführung der Bewe-
gungen des Unterkiefers dienen verschiedene Muskeln,
von denen der eine die Bewegung desselben nach unten
vermittelt und den Mund öjffnet, während die andern den
Unterkiefer an den Oberkiefer anpressen und den Mund
schliessen. Den Muskel, der die zuerst genannte Funk-
tion ausübt^ nennt man allgemein Herabzieher des Unter-
kiefers oder digastricus ; die Muskeln, die die zweite Bewe-
gung vermitteln, bezeichnet man als Kaumuskeln im Allge-
meinen, oder, je nach ihrer Lage verschieden als temporalis,
masseter und pterygoideus. Beide Muskeln rcsp. Muskelbün-
del gehen bei den höhern Wirbelthieren von dem Schädel
zum Unterkiefer, während bei den niederen der Herabzieher
resp. ein Thcil desselben sehr oft an andere Nebentheile
z. B. am Brustbein oder an Dornfortsätzen der Halswirbel
sich inserirt. Der Unterkiefer wird dadurch in einen
Hebel verwandelt. Da die Grösse der Muskelkraft von
dem Querschnitte, die Ausgiebigkeit der Zusammenziehung
von der Länge des Muskels abhängt, und da es sich hier
weniger um eine ausgiebige Bewegung, als um Leistung
einer bedeutenden Kraft handelt, so finden wir unter
den Kaumuskeln vorherrschend gedrungene Muskelbündel.
Der Herabzieher des Unterkiefers, der eine nur geringe
Leistung zu vollziehen hat, da der Unterkiefer schon
durch seine eigne Schwere nach unten gezogen wird, ist
der bei weitem schwächere Muskel, die eigentlichen Kau-
80 V. Teutleben:
muskeln, die eine beträchtliche Kraft zu entwickeln haben,
sind Muskeln von bedeutendem Querschnitt. Die Wir-
kung, die ein Muskel an einem Gelenkhebel ausübt, ist
ausser von der Grösse der aufgewendeten Muskelkraft bei
der zu bewegenden Last von der Richtung abhängig, in
welcher der Zug des Muskels auf den Hebel stattfindet.
Je spitzer der Winkel ist, in dem ein Muskel an ein zu
bewegendes Knochenstück sich inserirt, und je näher
dem Drehpunkte, resp. dem Gelenke diese Insertion statt-
findet, um so ausgiebigere Excursionen wird das betref-
fende Knochenstück auszuführen im Stande sein; wir
haben es in diesem Falle mit einem Geschwindigkeits-
hebel zu thun. Je senkrechter ein Muskel an einem Ge-
lenkhebel sich inserirt, und je weiter von dem Gelenk
entfernt, desto grösser wird die Kraftleistung sein, die
der betreffende Muskel auszuführen vermag; wir haben
in' diesem Falle einen Krafthebel vor uns. Nach dieser
Art sind die Kaumuskeln angeordnet; sie inseriren sich
an einer ziemlich weit vom Drehpunkte entfernten Stelle
und ziemlich senkrecht am Unterkiefer; sie sind also im
Stande bedeutende Kraftleistung zu entwickeln.
Die Anordnung dieser Muskeln, wie überhaupt der
ganze Kaumechanismus ist natürlich bei den verschie-
denen Gruppen der Wirbelthiere selTr verschieden, und
es wird Gegenstand der folgenden Darstellung sein, et-
was genauer auf die interessanteren Verhältnisse einzu-
gehen. Es liegt dies um so näher, als das hier behan-
delte Thema bis jetzt erst wenig ventilirt, nur im Zu-
sammenhange vielleicht von Nusser (Mechanismus der
Kinnladen. Verhandlungen der naturforschenden Gesell-
schaft zu Basel VI, 1844 S. 73 ff.) wenn auch in einer
die Art des Mechanismus wenig berührenden Weise be-
handelt worden ist. Da besonders die höheren Gruppen
in den Kreis der Untersuchung gezogen wurden, während
die Verhältnisse bei den niedern nur einer mehr kurso-
rischen Behandlung unterworfen werden konnten, so er-
scheint es zweckmässig, mit der Darstellung der Verhält-
nisse bei den erstgenannten zu beginnen. Wir wenden
uns zunächst zu den Fleischfressern, die die einfachste
lieber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 81
Anordnung darbieten, und beginnen mit der Beschrei-
bung der Anordnung der hierher gehörigen Muskeln.
Hund. M. masseter. Starker, kräftiger Muskel,
von glänzender Sehnenhaut bedeckt. Er besteht aus
zwei Portionen. Die äussere stärkere entspringt von
dem untern Rande des Jochbogens, und inscrirt sich an
der äusseren Fläche des Fortsatzes, in den das Ende des
Unterkiefers ausläuft; ihre Fasern verlaufen schräg von
oben und vorn nach unten und hinten. Die zweite Por-
tion entspringt unter der ersten vom untern Rande des
Jochbogens, und inserirt sich an der äussern Seite des
aufsteigenden Astes des Unterkiefers; ihre Fasern ver-
laufen gerade von oben nach unten.
M. temporalis. Sehr mächtig entwickelter Mus-
kel, ebenfalls von glänzender Schneehaut bedeckt. Er
entspringt vom Hinterhauptsbein, von der Seite des
Scheitelbeines und Stirnbeines, füllt den hintern äussern
Theil der orbita aus, und zerfällt in zwei Portionen; die
oberflächliche, dünnere inserirt sich an der äussern, die
innere weit stärkere an der innern Seite des Kronenfort-
satzes des Unterkiefers.
M. digastricus. Ein rundlicher Muskel, der vom
Processus styloideus entspringt, und sich am hintern
Rande des Unterkiefers in der Gegend der letzen Back-
zähne inserirt.
M. ptery goideus. Er besteht aus zwei Por-
tionen. Die innere stärkere entspringt an der untern und
äussern Fläche des Flügelbeines, und inserirt sich an der
innern Fläche des hintern Theiles des Unterkieferastes;
ihre Fasern verlaufen schräg von vorn und innen nach
hinten und aussen. Die zweite, nach aussen von der
ersten gelegene Portion entspringt von der äussern seit-
lichen Fläche des Flügelbeines, und inserirt sich an der
innern Seite des Gelenkfortsatzes des Unterkiefers; ihre
Fasern verlaufen schräg von vorn nach hinten.
Der Unterkiefer der Fleischfresser artikulirt mit-
telst einer Knorpelscheibe auf der glatten untern Fläche
des porcessus zygoraaticus ossis temporum, w^elcher an
Archiv für Naturg. XXXX, Jahrg. 1. Bd. Q
82 . V. Teutleben:
seinem hinteren Ende neben und vor der bnlla ossea
einen nach vorn nach dem processus condyloideus des
Unterkiefers übergebogenen Fortsatz besitzt. Bei Lutra
findet sich eine stark von vorn nach hinten komprimirte,
nach den Seiten ausgedehnte fossa glenoidalis; die ausser
dem hintern, innern, nach vorn gekrümmten Fortsatz noch
einen äussern nach hinten gekrümmten besitzt, so dass
auf der untern Fläche des processus zygomaticus ossis
temporum sich eine mit gegen einander gebogenen Rän-
dern versehene Rinne findet, von der der Unterkiefer in
seinem Gelenktheil so fest umschlossen wird, dass er am
macerirten Schädel frei herabhängt, ohne herauszufallen,
und erst nach starkem seitlichen Druck herausgezogen
werden kann. Das Unterkiefergelenk ist hier ein rei-
nes Scharniergelenk. Der Kaumechanisraus bei den
Fleischfressern ist ein sehr einfacher. Die Bewegungen
des Unterkiefers geschehen um eine durch beide Kiefer-
gelenke gelegte Axe von unten nach oben und umge-
kehrt. M. digastricus zieht den Unterkiefer herab, m. m.
temporalis, masseter und pterygoideus drücken denselben
an den Oberkiefer an. Bewegungen des Unterkiefers nach
den Seiten sind gar nicht, oder nur in sehr geringem
Grade möglich, solche von vorn nach hinten sind unmög-
lich; ebenso sind mahlende, oder vorwärts und rückwärts
gleitende Bewegungen der Zähne auf einander ausge-
schlossen.
Pferd. Das Pferd schliesst sich, was die Anord-
nung und Art der Wirkung seiner Kaumuskeln betrilBPt,
eng an die Wiederkäuer an; bei den letztern sind die
seitlichen Bewegungen des Unterkiefers nur in grösserem
Maasse ausgeprägt. Es mag desshalb die Beschreibung
der betreffenden Muskeln des Pferdes der Darstellung
der Verhältnisse bei den W^iederkäuern vorausgeschickt
werden.
M. masseter. Er besteht aus drei Portionen.
Die innerste und hinterste geht vom hintern Ende des
Jochbeins an den ramus des Unterkiefers; ihre Fasern
verlaufen von oben gerade nach unten; nach innen zu
treffen sie auf die des m. temporalis. Die mittlere Por-
lieber Kaumuskeln u. Kaumechanismus l3ei d. Wirbelthieren. 83
tion entspringt vom Jochbein in dessen ganzer Länge,
und setzt sich an den untern Theil des ramus des Unter-
kiefers; ihre Fasern verlaufen etwas von vorn nach hin-
ten. Die dritte äusserste Portion inserirt sich an einem
Vorsprunge des Unterkieferbeins, und am Jochbein in
dessen ganzer Ausdehnung, und heftet sich an den äussern
Rand der Firste des Unterkiefers; ihre Fasern verlaufen
von vorn schräg nach hinten; nach vorn zu verschmelzen
sie theilweise mit denen der mittleren Portion.
M. p t e r y g 0 i d cu s. Ein sehr kräftiger^ von star-
ken Sehnen durchsetzter Muskel, bei dem man drei
Portionen unterscheiden kann. Die innerste entspringt
aus der fossa pterygoidea, und von dem processus ptery-
goideus, und inserirt sich am Innern Rande der Firste
des Unterkiefers; ihre Fasern verlaufen von oben nach
unten. Zvv^ischen der Insertionsstelle dieser Portion, und
derjenigen der äussersten Portion des m. masseter bleibt
ein ansehnlicher Theil der Firste des Unterkiefers ganz
frei. Die äussere Portion geht vom hintersten Theil
des ramus des Unterkiefers nach der fossa pterygoi-
dea; ihre Fasern verlaufen horizontal in der Richtung der
Schädelbasis von hinten etwas schräg nach vorn und
innen.
M. t e m p 0 r a 1 i s. Er entspringt vom Hinterhaupts-
bein, vom oberen Rande der innern Fläche des Jochfort-
satzes des Schläfenbeines, und vom Keilbein, ist von einer
kräftigen Sehne durchsetzt, und inserirt sich am proces-
sus coronoideus des Unterkiefers, besonders an dessen
innerer Fläche.
M. digastric US. (Nach Gurlt i). Er ist verbunden
mit dem Griffelzungenbeinmuskel ^m. masto-styloideus.
(Gurlt). Er entspringt von dem processus styloideus des
Hinterhauptsbeines, und läuft nach vorn und aussen an
den Unterkieferast seiner Seite. Er theilt sich in zwei
verschiedene Muskeln. Die hintere Abtheilung, in der
1) Anatomie der Haussäugethiere von Gurlt, Leisenring und
Müller.
84 V. Teilt leben:
speziellen Anatomie des Pferdes GrifFelkinnbackenmuskel,
m. stylo-maxillaris, oder jngo-maxillaris genannt, ein Mus-
kel, der dem Pferde eigenthümlieh ist, geht als ein star-
ker, runder, dunkelrother Muskel von dem processus ju-
gularis an den angulus der Unterkieferbälfte seiner Seite.
Von der inneren Fläche desselben geht ein besonderer
Muskel ab, der als oberer Bauch des eigentlichen diga-
stricus bezeichnet wird, er geht in zwei rundliche Sehnen
aus, die unter einander durch einen sehnigen Bogen ver-
bunden sind; die untere hintere Sehne heftet sich an den
angulus des Unterkiefers an, die obere vordere geht
zwischen den inneren Flügelmuskeln und dem Schlund-
kopf nach vorn und unten, durchbohrt die Sehne des
langen Zungenbeinmuskels, und bildet einen zweiten
stärkern Muskelbauch, der als unterer Bauch des digasti-
cus bezeichnet wird, und sich am untern Rande des Un-
terkiefers bis gegen den Vereinigungswinkel der beiden
Kieferhälften inserirt.
Der Processus condyloideus des Unterkiefers ist
schwach konvex, und artikulirt mit bikonkavem Zwischen-
knorpel in einer konkaven Grube des processus zygo-
maticus ossis temporum.
Wiederkäuer. Schaf. M. masseter. Er be-
steht aus drei Portionen. Die innerste geht vom Joch-
bein nach dem ramus des Unterkiefers; ihre Fasern ver-
laufen in dem vordem grösseren Theile von oben nach
unten, im hintersten Theile etwas schräg nach vorne.
Die mittlere Portion bedeckt die vorige vollständig bis
auf den hintersten Theil; sie geht ebenfalls von dem
Jochbein nach dem ramus des Unterkiefers, ihre Fasern
verlaufen von oben nach unten. Die dritte äusserste
Portion entspringt mit starker glänzender Sehne von
einer ziemlich stark prominirenden spina des Oberkiefers,
und inserirt sich auf der Mitte der Firste des ramus des
Unterkiefers. Ihre Fasern verlaufen von vorn und oben
nach hinten und unten.
M. pterygoideus. Er besteht aus zwei Portionen.
Die innere entspringt mit starker Sehne vom hintersten
Ende des Gaumenbeines, da, wo der processus ptery-
Ueber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 85
goideiis anfängt, und geht mit schräg von vorn und oben
nach hinten und unten gerichteten EVisern nach der
Mitte der Firste des Unterkiefers, wo sie sich dicht neben
der äussersten Portion des raasseter inserirt.
M. temporalis. Er entspringt vom Hinterhaupts-
bein und von der Seite des Scheitelbeines, ist von einer
Sehne durchsetzt, und inserirt sich am processus coro-
noideus des Unterkiefers.
M. digastricus. Er geht vom processus styloi-
deus nach dem untern Rande des Unterkieferastes seiner
Seite.
Die Anatomie der Wiederkäuer, mehr noch die des
Pferdes ist in neuerer Zeit sorgfältig bearbeitet wor-
den ; die Art der Wirkung der Kaumuskeln ist aber bis
jetzt noch nicht genau dargelegt.
Gurlt sagt^): „Der äussere Kaumuskel ist nur auf
einer Seite thätig; der thätige Muskel, das heisst der-
jenige, welcher das Futter unter den Backenzahnreihen
seiner Seite zermalmt, zieht den Unterkiefer nach oben und
führt ihn gleichzeitig von innen nach aussen unter die
obere ßackenzahnreihe. Die innern Kaumuskeln sind,
da sie bei gemeinschaftlicher Wirkung den Unterkiefer
nach der entgegengesetzten Seite führen, Gehülfen des
äusseren Kaumuskels der anderen Seite.^
Diese Auffassung scheint mir die richtige nicht
zu sein. Zuerst ist festzuhalten, dass, wie auch schon
Gurlt bemerkt, wegen der in verschiedener Richtung
schief gestellten Reibfläche der Backenzähne, und der
Einrichtung , dass der äussere Rand der oberen und
der innere Rand der unteren Backzähne der höhere
ist, ein Zermalmen des Futters nur in der Richtung
von innen nach aussen stattfinden kann. Dasselbe lässt
sich aus der eigenthümlichen Stellung der sogenann-
ten Schmelzleisten der Backenzähne schliossen. Pferd
und W^iederkäuer besitzen sehmelzfaltige Zähne , das
heisst Zähne, bei denen sich während der Entwicklung
die den Schmelz bildenden Epidermiszellen^ bald in ein-
1) In dem oben erwähnten Werke.
86 V. Teutleben:
facher, bald in mehr weniger kompliairter Art in das
Innere der durch ihre Vei^knöcherung das Dentin bilden-
den Zahn-Pulpa hineingeschlagen haben, so dass dann
auf der Kauüäche des ausgebildeten Zahnes die für jede
Art charakteristischen Schmelzleisten zu Tage treten.
Diese bilden bei dem Pferde ziemlich komplizirte Linien,
die eine Figur darstellen, als deren Typus sich halb-
mondförmige oder rundliche Zeichnungen erkennen lassen.
Bei den Wiederkäuern stellen diese Schmelzleisten ein-
fache, halbmondförmige^ nach der einen Seite konvexe,
nach der andern konkave Bogen dar, die auf den Zähnen
des Oberkiefers die Convexität nach innen, auf denen
des Unterkiefers nach aussen haben. Da die Kaubewe-
gungen stets in der Richtung geschehn, die zu den
Schmelzleisten der Zähne in einem rechten Winkel steht,
so wird bei der Bewegung des Unterkiefers von innen
nach aussen der Futterbrei mit einer möglichst grossen
Oberfläche der harten Schmelzschicht in Berührung ge-
bracht, und dadurch eine vollkommene Zerkleinerung
desselben ermöglicht.
Die Verschiedenheit in der Höhe des innern und
äusseren Randes der Backenzähne, die sich bei dem
Pferde durch eine allmählich aufsteigende, resp. abfal-
lende Fläche der gesammten Zahnoberfläche zu erkennen
giebt, spricht sich bei den Wiederkäuern besonders deut-
lich aus in einem scharf abgesetzten Absätze, von dem
aus der aufsteigende Rand des Zahnes schroff empor-
springt. xAm ausgeprägtesten Ist dies bei der Gemse.
Was nun die Art der Wirkung der Kaumuskeln
betrifft, so muss zunächst darauf hingewiesen werden,
dass bei der sehr kompllzirten Anordnung der betreffen-
den Muskeln, bei der Art, wie die Fasern der einzelnen
Muskelportionen In einander übergehen, und dem Um-
stände, dass fast alle hierher gehörigen Muskeln mit
Sehnen in der verschiedensten Weise durchsetzt sind,
eine erschöpfende Einsicht in die Wirkungswelse jeder
einzelnen Muskelpartie wohl schwerlich zu erreichen
sein dürfte. Am einfachsten ist die Anordnung der be-
treffenden Muskeln noch bei dem Schaf. Es wurde
lieber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 87
schon oben erwähnt, dass die x\rtikulation des Unter-
kiefers mit dem Oberkiefer nicht in einer fossa glenoida-
lis statt hat, sondern dass der schwach konkave Proces-
sus condyloideus des Unterkiefers auf dem konvexen Pro-
cessus zvgomaticus ossis temporum artikulirt: ein Um-
stand, der die sehr freien und ausgiebigen Bewegungen
des Unterkiefers nach den Seiten ermöglicht.
Die innerste Portion des Flügelmuskels, die von der
Firste des Unterkieferastes nach dem processus ptery-
goideus geht, treibt bei ihrer Contraktion in Folge der
eigenthümlichen Articulation zwischen Unter- und Ober-
kiefer ihre Unterkieferhälfte, d.h. diejenige, an der sie sich
inserirt von innen nach aussen, sie kann ihre Unterkiefer-
hälfte nie nach innen ziehen, wie Gurlt angiebt; ihr kom-
plementärer Muskel ist der hinterste Theil der innersten
Portion des m. masseter ihrer Seite, und die äusserste Por-
tion des masseter der anderen Seite; ihr Antagonist ist die
äusserste Portion des masseter ihrer Seite. Die innerste Por-
tion des masseter drückt in ihrem grössern vordem Theile
den Unterkiefer an den Oberkiefer; die gleiche Funktion
haben die mittlere Portion des masseter, der m. temporalis,
und die äussere Portion des Flügelmuskels. Die äusserste
Portion des masseter, die sich mit glänzender, starker
Sehne an die Spina des Oberkiefers ansetzt, und sich an
der Firste des Unterkieferastes inserirt, treibt bei ihrer
Contraktion den Unterkiefer in Folge der erwähnten
Artikulationseigenthümlichkeit desselben nach aussen,
aber nicht die Kieferhälfte, an der sie sich inserirt, also
ihre Kieferhälfte, wie Gurlt annimmt, sondern die ent-
gegengesetzte. Wenn das Thier z. B. auf der linken
Seite wiederkaut, so führen die innere Portion des Flü-
gelmuskels, der linken Seite, und die äusserste Portion
des masseter der rechten Seite den Unterkiefer von
rechts nach links. Diese beiden Muskeln sind also kom-
plementär ; die äussere Portion des Flügelmuskels, und die
inneren Portionen des masseter der linken Seite drücken
den Unterkiefer an den Oberkiefer; sie sind ebenfalls
komplementär. Die gleiche Funktion besitzt der m. tem-
poralis. Auf der Seite, auf welcher das Thier wieder-
88 V. Teilt leben:
kaut, also in dem hier angeuommenen Falle auf der lin-
ken wird der Unterkiefer nur venig über den Oberkiefer
seitlich hinausgeführt, weil es hier nur darauf ankommt,
das Futter zw^ischen den Zähnen zu zerquetschen; be-
deutend ist dagegen die Exkursion des Unterkiefers
nach der andern Seite, hier also nach der rechten hin-
aus. Diese Bewegung vermitteln die äusserste Portion
des masseter der linken, und die innere Portion des
Flügelmu^kels der rechten Seite. Es wird hierdurch
'Raum gew^onnen, den Bissen mit der Zunge in die rechte
Lage zu bringen, resp. die fein gedrückte Portion des-
selben durch eine gröbere zu ersetzen, und die Möglich-
keit gegeben, dass auch die hinteren Zähne mit wirksam
agiren können.
^enn beide Flügelmuskeln gleichzeitig wirken,
können sie den Unterkiefer etwas nach vorne ziehen,
doch wird diese Bewegung eine nur wenig ausgiebige sein.
Ganz auf dieselbe Weise, wie bei den Wieder-
käuern funktioniren die einzelnen Muskeln auch bei dem
Pferde. Die äusserste Portion des masseter, die sich
ebenfalls mit einer starken Sehne an der Spina des
Oberkiefers ansetzt, inserirt sich hier nicht auf der
Spitze der Firste des Unterkieferastes, wie bei den
Wiederkäuern, sondern an der Seite desselben, so dass,
wie bereits erwähnt, zwischen ihrer Insertion, und der-
jenigen der innersten Portion des Flügelmuskels ein Zoll
breiter Zwischenraum bleibt. Dieser Muskel muss bei
seiner Contraktion, vermöge dieser Eigenthümlichkeit, den
Unterkiefer nach der entgegengesetzten Seite hinaus-
treiben, er kann nie seine Unter kieferhälfte von innen,
nach aussen führen, ganz abgesehen davon, dass die nach
innen zu aufsteigende Kaufläche der Zahnreihen des
Unterkiefers eine derartige Wirkungsweise auf den ersten
Blick schon für mehr als unwahrscheinlich erscheinen
lassen müssen; sein komplementärer Muskel ist ebenfalls
die innere Portion des Flügelmuskels auf der entgegen-
gesetzten Seite. M. temporalis, die mittlere Portion des
masseter, und die mittlere des Flügelmuskels drücken
einfach den Unterkiefer an den Oberkiefer. Die hinter-
üeber Kaumuskeln u. Kaumechaiiismus bei d. Wirbelthieren. 89
ste Portion des Flügelmnskels, welche von dem inneren
Theile des Gelenkkopfes des Unterkiefers entspringt und
sich am proccssus pterygoideus inserirt, kann den Unter-
kiefer etwas nach innen ziehen; bei gleichzeitiger Wir-
kung ziehen die Flügelmuskeln den Unterkiefer nach
vorn, doch wird auch diese Bewegung eine nur wenig
ausgiebige sein.
Zwischen den Kaubewegungen des Pferdes und
denen des Wiederkäuers findet sich der Unterschied, dass
ersteres mehr mahlende, letzterer mehr quetschende Be-
wegungen ausübt. Ueberwicgend mahlende Bewegungen
wird das Thier ausführen, dessen breite Zähne eine
grosse , wenn auch abfallende, resp. aufsteigende, so
doch kontinuirliche Kauääche darbieten, wie dies das
Pferd, wenn auch nicht in so ausgezeichneter Weise wie
z. B. der Elcphant zeigt. Bei dem Wiederkäuer, dessen
seitlich koraprimirte Zähne einen scharf aufsteigenden
Absatz besitzen^ tritt zu der mahlenden eine überwie-
gend quetschende Bewegung. Zwischen dem äussern
höhern Rande der obern und dem innern höhern Rande
der untern Backenzähne wird der Futterbrei gewisser-
massen angehäuft oder angesammelt, und dann durch
eine nur geringe Bewegung des Unterkiefers nach aussen,
und durch einen sehr energischen Druck desselben nach
oben zerquetscht. Aus diesem Grunde wird, wie schon
oben bemerkt, der Unterkiefer auf der Seite, auf der
das Thier wiederkaut, nur sehr wenig, bei manchen In-
dividuen kaum merkbar über den Oberkiefer seitlich hin-
aus geführt.
Die Nagethiere. Als Typus kann das Kaninchen
gelten.
M. masseter. Krause (Anatomie des Kaninchens)
unterscheidet an demselben nur zwei Portionen, eine me-
diale, und eine laterale. Meiner Ansicht nach kann man
deren vier unterscheiden.
Die äusserste, von Krause die laterale genannt
(Taf. II Fig. 6, a) entspringt an der äussern, unteren Fläche
des Jochbogens, aber nicht in dessen ganzer Ausdeh-
nung, sondern nur von den vorderen zwei Dritttheiien
90 V. Teut leben:
desselben, während das hinterste Drittel einer besondern
Portion zur Insertion dient, und inserirt sich am äussern
Rande des ünterkieferastes; ihre Fasern verlaufen von
oben schräg nach unten und hinten. Die mittlere, von
Krause mediale Portion genannt, entspringt unter der
vorigen von dem Jochbogen in derselben Ausdehnung,
und inserirt sich auf der Fläche des Unterkieferastes.
Die dritte Portion (Fig. 6, b). ist ein kurzes, ziemlich dickes
Muskelbündel, welches vom hintern Drittel des Jochbeins
entspringt, schräg nach vorne und unten verläuft, und
sich am äussern oberen Theile der ünterkieferastes, et-
was bedeckt von der äusseren Portion inserirt. Die
vierte Portion (Fig. 6, c), endlich repräsentirt ein schmales
längliches Muskelband, welches an der Firste des angu-
lus des Unterkiefers, und etwas nach innen umschlagend
am innern Rande desselben sich inserirt, und nach vorne
in die äusserste Portion des masseter übergeht.
M. temporalis. Er entspringt mit seinem oberen
Theile von der pars squamosa ossis temporum, mit einer
tiefer liegenden Portion vom hintern äussern Rande der
orbita, und inserirt sich an dem processus coronoideus
des Unterkiefers.
M. pterygoideus. Er besteht aus zwei Portionen.
Pterygoideus internus entspringt aus der fossa pterygoi-
dea, und inserirt sich am untern Theile der innern Fläche
des ramus des Unterkiefers; pterygoideus externus ist
kräftiger, liegt unter der vorigen, entspringt von der
lamina lateralis processus pterygoidei, und inserirt sich
an der innern Fläche des ramus des Unterkiefers; der
Faserverlauf beider Portionen ist von oben nach unten
gerichtet.
M. digastricus entspringt vom processus styloi-
deus, und inserirt sich an der innern Seite des Unter-
kiefers nach vorne hin bis zur Vereinigungssteile beider
Unterkieferhälften.
Der Unterkiefer artikulirt mit dem processus con-
dyloideus in einer fossa glenoidalis, die durch den pro-
cessus zygomaticus ossis temporum gebildet wird. Die
Aestc des Unterkiefers liegen dicht an den Seiten des
lieber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 91
Schläfenbeines an, so dass eine seitliche Verschiebung
nicht, oder doch nur in sehr geringem Grade stattfinden
kann. Die bei dem Kauen wirksamen Bewegungen sind
reine Schlittcnbewegungen, sie geschehen von vorn nach
hinten, und umgekehrt, wie auch schon die quer ge-
stellten Schmelzleisten auf den Backzähnen schliessen
lassen.
M. t e m p 0 r a l i s, und die dritte Portion des masseter
vermittelt die Rückwiirtsbewegung, die erste und vierte
Portion des masseter, und vielleicht auch noch etwas der
buccinator, der mit schief von oben nach unten verlau-
fenden Fasern zwischen Ober- und Unterkiefer ausge-
spannt ist, ziehen den Unterkiefer nach vorne. Die
Flügelmuskeln, die innere Portion des masseter, und
theilweise auch die innere Schicht des temporalis drücken
Unterkiefer an Oberkiefer.
Das Meerschweinchen. Das Meerschweinchen
zeigt eine ziemlich komplizirte Anordnung der Kau-
muskeln, und ausserdem noch manche Eigenthümlich-
keiten, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, etwas
näher darauf einzugehen.
M. masseter. Sehr kräftiger, in seiner hintern
Portion von einer schwachen Sehne durchsetzter Muskel.
Er entspringt von dem unteren Rande des Jochbogens,
und mit einer starken glänzenden Sehne von einer
kleinen, dicht über dem Arm des Jochbogens gelegenen
Spina des Oberkiefers, und schlägt sieh mit von vorn
• und oben nach hinten und unten gerichtetem Faserver-
lauf um den unteren Theil des angulus des Unterkiefers
weit nach innen herum, ganz in derselben Weise, wie
wir dies später bei dem Eichhorn wieder finden werden ;
er besitzt an der Stelle, wo die^ Sehne in den Muskel-
bauch übergeht eine runde kleine Knorpelscheibe, welche
unter einem Vorsprunge des Unterkiefers diesem ver-
schiebar aufliegt. Nach innen zu trifft er auf einen
Muskel, der dem Meerschweinchen eigenthümlich ist.
Dieser, von Cuvier mandibulo-maxillaris (Fig. 5, d) ge-
nannt, entspringt als ziemlich starker Muskelbauch aus
einer vor der orbita im Oberkieferbein gelegenen Grube
92 • V. Teiitleben:
und am Oberkiefer selbst, geht durch das foramen, wel-
ches durch das Auseinanderweichen des processus zygo-
maticus maxillae superioris in zwei Arme gebildet wird,
und inserirt sich in dem breiten sulcus des Unterkiefers,
der an der äussern Seite der Backzähne von dem Grunde
des Processus condjloideus nach vorne bis ungefähr zum
zweiten Backzahn verläuft, in dessen ganzer Ausdehnung,
und zwar an dem vorderen Ende mit einer glänzenden
Sehne, die ebenfalls an der Stelle, wo sie in den Mus-
kel übergeht, ein Knorpelscheibchen besitzt. Die Fasern
dieses Muskels verlaufen von vorn nach hinten. Nach
innen trifft er auf den m. temporalis, der vom Hinter-
hauptsbein und Scheitelbein entspringt, und sich mit
glänzender Sehne an dem innern scharfen Rande des
sulcus des Unterkiefers, von den Backenzähnen durch
den weit nach hinten gehenden buccinator getrennt, in-
serirt; seine Fasern verlaufen von hinten und oben nach
vorne und unten-
M. pterygoidcus. Er besteht aus zwei Portionen,
die aus der fossa pterygoidea entspringen, und sich an
der innern Fläche des angulus des Unterkiefers inse-
riren; ihre Fasern verlaufen von oben nach unten.
M. digastricus. Er entspringt vom processus
styloideus, und inserirt sich am hinteren unteren Rande
des Unterkiefers; er ist deutlich zweibäuchig.
Der schwache walzenförmige processus condyloi-
deus, des Unterkiefers artikulirt in der langen, seitlich
komprimirten Grube des processus zygomaticus ossis tem-
porum mit einfacher Knorpelscheibe. Er wird von der
Gelenkgrube so vollständig umschlossen, dass Bewe-
gungen nach den Seiten hin unmöglich sind.
Bei den Meerschweinchen tritt unter den Nagern
wohl mit am deutlichsten die für diese Gruppe charak-
teristische schlittenförmige Bewegung des Unterkiefers
von vorne nach hinten und umgekehrt hervor, wobei
vorzugsweise der. m. mandibulo- maxillaris den Unter-
kiefer nach vorne, der temporalis nach hinten zieht,
während der masseter den Unterkiefer ebensowohl nach
lieber Kaumuskeln u. Kanmecbanismus bei d. Wirbelthieren. 93
vorn als auch nach oben führt, und die Flügelmuskeln
den Unterkiefer an den Oberkiefer andrücken.
Die Zähne des Meerschweinchens zeigen nun noch
eine besondere Eigenthümlichkeit. Die beiden Zahn-
reihen des Oberkiefers (Fig. 4, a.) konvergiren nach vorne
sehr stark, so dass die beiden vordersten Zähne nur
durch eine dünne Knochenleiste des Gaumenbeines von
einander getrennt sind. Ihre Kaufläche ist nicht gerade
nach unten, wie bei den meisten übrigen Nagern^ sondern
schief nach aussen gerichtet, während diejenige der
Zähne des Unterkiefers (Fig. 4, b) deren 'beide Reihen
ebenfalls nach vorne konvergiren, schief nach innen ge-
richtet ist, so dass eine durch die Kauflächen der obern
und untern ßackzahnreihe von oben nach unten gelegte
Ebene nicht gerade von oben nach unten, sondern ziem-
lich schief von innen nach aussen gerichtet sein würde.
Diese auffallende Stellung der Zähne, und die ebenso
auffällige Richtung ihrer Kaufiächen findet sich noch bei
Lagidium, Coelogenys, Rhyzomys, Dasyprocta, stark aus-
geprägt bei Castor Fiber, und am ausgeprägtesten bei
Hydrochoerus Capybara, mit dem das Meerschweinchen
überhaupt grosse xlehnlichkeit zu haben scheint.
Durch diese Eigenthümlichkeit in der Richtung der
Kaufläche der Zähne ist auch die abw^eichende Art der
Insertion des m. masseter bedingt. Bei den Kaninchen,
überhaupt bei allen Nagern, deren Zähne eine wage-
rechte Kaufläche besitzen, inserirt sich der masseter an
der äusseren Seite des Astes des Unterkiefers bis zur
Firste desselben hinab; er drückt bei seiner Contraktion
den Unterkiefer einfach von unten nach oben an den
Oberkiefer; bei dem Meerschweinchen, bei dem die durch
die Kaufläche der Zähne gelegte Ebene schief von innen
nach aussen gerichtet ist, wirkt der masseter, der sich
um den angulus des Unterkiefers weit nach innen her-
umschlägt, auch in der Richtung derselben schiefen Ebene ;
d. h. er drückt den Unterkiefer von aussen und unten
nach innen und oben.
Einige Gruppen der Nager zeigen nun die in der
Einleitung erwähnte merkwürdige Eigenthümlichkeit.
94 V. Teutleben:
Während bisher die feste Verwachsung der beiden Hälf-
ten des Unterkiefers als charakteristisch für die Säuge-
thiere galt, sind die betreffenden Thiere im Stande, die
beiden Unterkieferhälften nach den Seiten hin von ein-
ander zu entfernen, und wieder fest auf einander zu
drücken. Diese Eigenthümlichkeit wird bedingt durch
den Umstand, dass die beiden Kieferhälften nur durch
nachgiebige, federnde Knorpel- und Bindegewebsmasse
mit einander verbunden sind, urfd durch die Anwesen-
heit eines besondern Muskels, der quer von einer ünter-
kieferhälfte zur andern gehend, in dem Winkel, den
beide Kieferhälften mit einander bilden, dicht hinter dem
Vereirfigungspunkte derselben gefunden wird. Die Exis-
tenz dieses Muskels war bereits M eck cl ^) bekannt, doch
scheint seine W^irkungsweise bis jetzt übersehen worden
zu sein 2). Meckel sagt: „Bei mehreren Nagern, nament-
lich besonders x\rctomys, Bathyergus scheint der Kiefer-
beinmuskel auf ähnliche Weise wie bei mehrern Amphi-
bien in zwei ganz getrennte Hälften zerfallen, von denen
die vordere, kürzere, aber weit stärkere, ganz quere von
einer Unterkieferhälfte zur andern geht, die hintere,
weit längere, aber dünnere mehr schief von vorn und
aussen nach unten und hinten gerichtete sich von dem
Unterkiefer zu dem Zungenbein begiebt/^
Bei den Nagern, die diesen Muskel besitzen, findet
sich eine konstante Eigenthümlichkeit in Bezug auf die
Anordnung der beiden Portionen des masseter. Die
übrigen Muskeln bieten nichts Besonderes dar. Die m.
pterygoidei bestehen aus zwei Portionen, die von der
fossa pterygoidea, resp. dem processus pterygoideus nach
der inneren Seite des ramus des Unterkiefers gehen;
ihre Fasern verlaufen von oben nach unten. Der m.
temporalis, wie bei allen Nagern stark entwickelt, ent-
springt von dem Schläfenbein, Scheitelbein und Hinter-
1) System der vergleichenden Anatomie IV, 628.
2) Auch in dem neuen Werke über: Die Osteologie und Myo-
logie von Sciurus vulgaris von Dr. Hoffmann und Weyenbergh
(Haarlem 1870) wird dieser Muskel nicht erwähnt.
Ueber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 95
hanptsbein, und i'nserirt sich oben an den Unterkiefer, be-
sonders an dessen innerer Seite.
Der masseter besteht aus zwei Portionen; die innere
weit stärkere, besonders mächtig bei Sciuriis entwickelte
entspringt ans der Vertiefimg zwischen Jochbogen und
Oberkiefer, und von dem Jochbogen selbst in dessen
ganzer Länge, zugleich von dem äussern und innern
Rande, und inserirt sich auf der ganzen äussern Fläche
des ramus des Unterkiefers; ihre Fasern verlaufen von
oben nach unten; nach innen zu stösst sie auf den m.
temporalis. Die äussere, viel schwächere, dünnere Por-
tion entspringt mit einer Sehne vom Oberkieferbein,
bei manchen, so bei Arctomys an einer starken spina
desselben, und inserirt sich mit schräg von vorn und
oben nach hinten und unten gerichteten Fasern entweder
an die Firste des angulus des Unterkiefers, wie z. ß.
bei Arctomys ludovicana, und Hypudacus, oder sie schlägt
sich weit um den angulus des Unterkiefers nach innen
herum, um sich an dessen innere Fläche zu inseriren, wie
z. B. bei Arctomys Marnota, und Sciurus, ganz in ähn-
licher Weise wie wir dies auch bei dem Meerschweinchen
gesehen haben. Der Muskel, der die beiden Unterkiefer-
hälften von einander entfernt, den man passend als m.
transversus ma?^c/^6?^Zae bezeichnen kann (Fig.l t. m.), geht,
wie schon bemerkt in dem Winkel, den die beiden Kie-
feräste mit einander bilden, quer von dem einen zum
andern. Vor demselben, da, wo die beiden Schneide-
zähne aus ihren Alveolen treten, liegt auf der Innen-
seite der beiden Kieferäste der durch eine geringe, mit
Faserknorpel bedeckte Verdickung der knöchernen Innen-
fläche derselben bedingte Drehpunkt, um welchen die
Kieferhälften von einander entfernt, resp. wieder ein-
ander genähert werden. Bei Contraction des transver-
sus mandibulae werden die Unterkieferäste hinter dem
Drehpunkte einander genähert, die vor dem&elben be-
findlichen Zähne folglich von einander entfernt, so dass
zwischen ihnen ein ziemlich bedeutender Zwischenraum
entsteht (Fig. 2); bei Contraktion der obersten Portion
des masseter, des „Zusammendrückers" der Kieferhälften,
96 V. Teutleben:
werden die Kieferäste hinter dem Drehpunkte von ein-
ander entfernt, die vor demselben befindlichen Schneide-
zähne mithin einander genähert, resp. fest auf einander
gedrückt (Fig. 3). Ein solcher transversus mandibulae
findet sich bei Arctomys ludoviciana und Marmota, bei
echten Mäusen, so bei Mus musculus, und Mus decuma-
nus, bei Wühlmäusen z. B. Hypudaeus amphibius, nnd
arvicola arvalis, ferner bei Hesperomys, bei Sciurus, Cri-
cetus, auch bei Lemmus, wenn auch hier nicht sehr aus-
gebildet, wahrscheinlich wird er sich, nach dem Gcbiss
an ausgestopften Exemplaren zu schliessen, ebenfalls bei
Chthonergus, Ondatra und Georhychus finden.
Was die Bedeutung der Beweglichkeit der Unter-
kieferhälften betrifft, so lässt sich etwas Bestimmtes dar-
über wohl kaum sagen. Da dieser Mechanismus sich bei
Thieren findet; wie Cricetus, so dürfte die Annahme, dass
dieselben mit den zusammengedrückten unteren Schneide-
zähnen vorzugsweise Baustoffe, oder Nahrung nach dem
Neste trügen, wenigstens nicht allgemein gültig sein ;
möglich ist indess immerhin, dass das Eichhorn einen
ähnlichen Gebrauch davon macht. Ob der Mechanismus
für den Akt der Nahrungsaufnahme Bedeutung hat, steht
auch noch dahin. Das Eichhörnchen knackt zuweilen
die Nüsse so auf, dass die Schale in zwei gleich grosse
Theile zerspringt ; dies geschieht in der Regel sehr
schnell, und an der Spitze der wieder zusammengelegten
Schale findet sich nur eine kleine Oeffnung. Es ist
nicht unmöglich, dass das Thier in diese die untern
Schneidezähne einführt, diese mit einem plötzlichen Ruck
von einander drängt, und so die obere Hälfte der Schale
abhebt, oder absprengt, in ähnlicher Weise, wie es der
Kreuzschnabel mit den Tannenzapfen macht; in andern
Fällen aber bricht das Thier von der Schale einzelne
unregelmässige Stücke los in derselben Weise, wie man
mit der Zange einzelne Knochenstücke abbricht, so dass
auch hier etwas übereinstimmendes nicht gefunden wird.
Dagegen scheint dieser Mechanismus sich konstant bei
den Nagern zu finden, die lange und verhältnissmässig
schwache untere Schneidezähne besitzen, und dabei eine
lieber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 97
ausgiebige Bewegung mit denselben während des Nagens
ausführen. Diese Merkmale finden sich bis jetzt wenig-
stens bei denThieren, bei denen auch dieser Mechanismus
vorkommt, und es lässt sich für diese wenigstens die Be-
deutung des .^Zusammendrückers^ der Kieferhiilften er-
kennen. Dieser wird bei jeder einzelnen Nagebewegung
die langen, schwachen Zähne fest an einander drücken,
so dass sie hierdurch eine kräftigere Bewegung ausführen
können, als sie es vermöchten, wenn sie durch einen
Zwischenraum von einander getrennt blieben, besonders
da ihre Alveolen nach der Mittellinie hin sehr sehwache
Wände besitzen, ein Durchbrechen also leicht möglich
wäre.
Die Bedeutung des transversus mandibulae lässt
sich aber auch hier noch nicht erkennen.
Bei Coelogenys, Aulacodus, Capybara, Castor Fiber,
diesen ausgezeichnetsten Nagern, bei denen die Unterkie-
ferhälften fest mit einander verwachsen sind, findet sich
dieser Mechanismus natürlich nicht.
Nach einer Mittheilung vonSclater soll das Kän-
guruh ebenfalls die unteren Schneidezähne gegen einander
bewegen können, und auf diese Weise z. B, das Gras ab-
schneiden; diese Bewegung soll vermittelt werden durch
Contraktion des m. orbicularis oris. Die untern Schneide-
zähne des Känguruh sind durch einen bedeutenden
Zwischenraum von einander getrennt, sie sind fast hori-
zontal, vorne ein wenig aufsteigend von hinten nach
vorne gerichtet, und ihre innern einander zugekehrten
Seiten laufen in eine scharfe Kante aus. Eine ganz
ähnliche Stellung der unteren Schneidzähne findet sich
bei manchen unserer Insektivoren, so bei Sorex und
Erinaceus, bei letzterem besonders ausgeprägt; doch fehlt
hier die der Mitte zugekehrte scharfe Kante.
Bis jetzt habe ich noch keine Gelegenheit gehabt,
ein Känguruh zu untersuchen; vielleicht kann ich spä-,
ter noch einmal einige darauf bezügliche Mittheilungen
machen. Cf. Nachtrag.
Die Vögel. Wahrend bei den Säugern der Unter-
kiefer direkt mit dem Oberkiefer articulirt, schiebt sich
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. l.Bd. 7
98 V. Teutleben:
bei den Vögeln, Reptilien, Amphibien und Fischen noch
ein besonderes, gelenkendes Stück zwischen beide ein, das
sogenannte Quadratbein. Die Vögel zeigen nun die Ei-
genthümlichkeit, dass der Oberkiefer beweglich mit dem
Stirnbein verbunden ist. Der Papagei besitzt an dieser
Stelle sogar ein echtes Gelenk, andere Vögel w^ie P]nte,
Gans, Grauammer ein falsches. Bei den Raubvögeln ist
diese Beweglichkeit nur wenig ausgebildet, bei andern,
so bei den zuletzt genannten sehr bedeutend entwickelt.
Flügel- und Gaumenbein sind nämlich mit dem die orbita
als eine senkrechte Knochenlamelle von oben nach unten
durchziehenden vorderen Keilbeinflügel beweglich verbun-
den, so dass sie an dessen unterer und seitlicher Fläche
mit Leichtigkeit hingleitend sich ziemlich weit nach vorne
verschieben lassen. Wenn nun der m. digastricus den
Unterkiefer herabzieht, drückt dessen hinteres Ende auf
die untere Fläche des Quadratbeines; dieses schiebt, dem
Drucke ausweichend, das mit ihm verbundene Jochbein,
so wie das ebenfalls mit ihm verwachsene Flügel-Gau-
menbein nach vorn und oben; dadurch wird der mit
diesen Knochenstücken verbundene Oberkiefer, resp. der
Schnabel nach oben gedrückt und aufgerichtet. Unter
unseren einheimischen Vögeln zeigt diesen Mechanismus
sehr hübsch der allbekannte Grauammer.
Da die Vögel ihre Nahrung nicht kauen, so bietet
die Anordnung der Kaumuskeln auch sehr wenig Be-
merkens werthes.
M. masseter fehlt.
M. temporalis besteht aus mehreren Portionen.
Die äusserste entspringt von dem Scheitelbein und der äus-
sern hintern Wand der orbita, geht unter dem Jochbein
hinweg, und inserirt sich an dem untern Rande des Unter-
kiefers; die innere Portion kommt aus dem hintern
innern Winkel der orbita, und zerfällt in einen hintern
und vordem Theil^ von denen der hintere an das obere
Ende des Quadratb eines sich inserirt, während der vor-
dere unmittelbar an diesen sich anschliessd von dem
oberen Ende des Quadratbeines entspringt, und sich an
die innere Seite des Unterkiefers, besonders an den nach
Üeber Kaumuskelu u. Kaumechanismus bei d. Wirbeithieren. 99
innen gerichteten Fortsatz desselben inserirt. Durch
diese beiden Miiskelpartieen wird das Quadratbein fester
in seiner bestimmten Lage fixirt. Bisweilen findet sich
über diese beiden Muskeln noch eine dünne Muskel-
schiclit^ die von dem inneren Winkel der orbita direkt
nach der inneren Seite des Unterkiefers geht.
Der digastricus entspringt von den bei manchen
Vögeln etwas hervorragenden Seitentheilen des Hinter-
hauptsbeines, und inserirt sich am hinteren Ende des
Unterkiefers. Es mag hier bemerkt werden, dass bei
allen Thieren, die ein Quadratbein besitzen, und einen
Herabzieher, der von den Seitentheilen des Schädels
nach dem Unterkiefer geht, dieser Muskel sich hinter
dem Drehpunkte des letzteren an denselben inserirt; so
ist es bei allen Wirbclthieren mit Ausnahme der Säuger,
bei denen der digastricus stets vor dem Drehpunkte des
Unterkiefers seine Insertion an denselben findet.
Bei Gans, Ente, Grauamm'er findet sich noch ein
besonderer Muskel, der vom oberen Rande des Flügel-
beines entspringt, schräg nach oben und vorn verläuft,
und sich an die Seite der die orbita durchsetzenden
Keilbeinplatte inserirt. Er wird bei seiner Contraktion
Flügel- und Gaumenbein, und damit den Oberkiefer nach
vorn und oben drücken, und so den Schnabel aufrichten,
doch wird diese Wirkung nicht so ausgiebig sein, wie
diejenige, welche durch den Druck des herabgezogenen
Unterkiefers durch Vermittlung des Quadratbeines auf
Flügel- und Gaumenbein ausgeübt wird. Wahrscheinlich
wird dieser Muskel sich bei allen Vögeln finden, bei
denen die Beweglichkeit des Schnabels am Stirnbein
sehr ausgebildet ist; bei den Raubvögeln fehlt er.
Die Schlangen. Bei den Schlangen findet sich
eine sehr komplizirte Anordnung der Kaumuskeln. Die-
selbe ist bedingt durch die Verschiebbarkeit der Schädel-
knochen unter einander, durch die Beweglichkeit der
Unterkieferhälften nach der Seite, und jeder einzelnen
Hälfte unabhängig von der andern nach vorne, durch
die stark nach hinten gerichtete Krümmung der Zähne,
wodurch die Thiere nicht im Stande sind eine einmal
100 V. Teutlebent
erfasste Beute, die den Rachen vollständig ausfüllt, wieder
fahren zu lassen, und durch den Umstand endlich, dass
das Quadratbein in der x\rt mit dem os squamosum ver-
bunden ist, dass dasselbe Excursionen nach der Seite, also
von innen nach aussen, und umgekehrt ausführen kann.
Durch die Anwesenheit einer Giftdrüsse wird die
Anordnung der betreffenden Muskeln bei den Giftschlan-
gen noch komplizirter. Zur besseren Orientirung ist es
zweckmässig, einiges über die Lage derselben voraus zu
schicken.
Untersucht wurde Crotalus durissus.
Die Giftdrüse ist eine grosse, hell gefärbte Drüse
von der Gestalt eines Dreiecks, dessen Grundfläche nach
unten, dessen Spitze nach oben gerichtet ist, welche in
der Schlafgrube dicht hinter der orbita liegt. Sie ist
befestigt mit einer oberen stärkeren Sehne am Seitentheile
des Hinterhauptsbeines, mit einer hintern, dünnern Sehne
an der Verbindungsstelle des Unterkiefers mit dem
Quadratbein, und mit einer vordem Sehne an dem Ober-
kiefer. Dieser letzteren dicht angelagert, und durch
Bindegewebe verbunden läuft der Ausfühningsgang der
Giftdrüse von der vordem untern Spitze derselben nach
dem Oberkiefer, wo er sich um die durchbohrte Wurzel
des Giftzahnes fest anlegt.
Die Giftdrüse liegt auf dem m. pterygoideus exter-
nus, der an ihre untere Fläche ein Faserbündel abgiebt,
so dass dieselbe dadurch fest auf ihn zu liegen kommt,
auf dem m. temporalis, und dem oberen Theile des
grossen Hebers des Unterkiefers, welcher nach hinten
sich um dieselbe herumschlagend sie auch noch von oben
hör in ihrem hinteren Theile bedeckt.
Die Anordnung der Kaumuskeln ist nun folgende.
M. temporalis. Er entspringt aus der Schläfen-
grube dicht hinter der orbita, und yerläuft von oben nach
unten, bis seine Fasern in die des grossen Hebers des
Unterkiefers übergehen. Dieser, dem man wohl kaum
den Namen masseter geben kann, obwohl er dieselbe
Funktion besitzt, entspringt von dem oberen Rande des
Unterkiefers in dessen ganzer Ausdehnung, und theilt
üeber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthiereu. 101
sich nach hinten in zwei Portionen. Die oberste (mas-
seter^ Owen ^) schlägt sich nach vorne um die Giftdrüse
herum, wie schon bemerkt wairde; ihre vordere Sehne
geht in die Sehne über, welche die Giftdrüse an dem
Oberkiefer befestigt. Bei Contraktion dieses Muskels
wird ein Druck auf die Giftdrüse ausgeübt, in Folge
dessen das Gift in den Ausführungsgang hinein gepresst
wird. Die hinterste Portion des grossen Hebers (post-
tempoi'aiis. Owen) liegt dicht unter der vorigen, mit der
sie in der vorderen Hälfte des Unterkiefers verschmilzt,
und inserirt sich an der vorderen Fläche des Quadrat-
beines. Unmittelbar hinter dieser verläuft längs der
Aussenseite des Quadratbeincs, von diesem, und in geringer
Ausdehnung vom Hinterhauptsbeine entspringend zum
hinteren Ende des Unterkiefers herab ein länglicher
Muskel, von Owen tympano-mandibularis genannt; er
verläuft ziemlich schräg von vorn und innen nach hinten
und aussen. Er zieht den Unterkiefer nach unten, ent-
spricht also dem digastricus. Unterstützt wird er in
dieser Wirkung durch einen langen, dünnen Muskel, der
jederseits in d- r ISackengegcnd von den langen Hals-
muskeln entspringt, schief nach vorn verläuft, und sich
an dem unteren vorderen Theile des Unterkiefers inse-
rirt. Owen bezeichnet seine beiden parallel neben ein-
ander her laufenden Portionen als neuromandibularis und
costomandibularis. Vor diesem findet sich ein glatter,
dünner, nicht sehr kräftiger Muskel vor, der sich nicht
bei allen Schlangen findet, bei denjenigen aber, bei denen
eine sehr ausgiebige Beweglichkeit der Unterkieferhälf-
ten nach den Seiten hin statt hat, konstant zu sein
scheint ^j. Dieser, von Cuvier cervicomandibularis genannt
(Fig. 7, a), entspringt von den Dornfortsätzen einiger Hals-
wirbel, und von den langen Halsmuskeln, und inserirt
sich jederseits an dem hinteren Ende des Unterkiefers.
Jeder dieser beiden Muskeln, einzeln wirkend, zieht seine
Unterkieferhälfte in ihrem vorderen Theile nach aussen,
1) Owen: On the Anathomy of Vertebrates 1, S. 227 ff.
2) Owen besclu'eibt diesen Muskel nicht.
102 V. Teiitieben:
bei gleichzeitiger Wirkung beider werden die nur durch
nachgiebiges Bindegewebe unter einander verbundenen
Unterkieferliälften bedeutend von einander entfernt.
Pterygoideus extern us. Kräftiger Muskel. Er
entspringt von dem Oberkiefer und dem oberen und
äusseren Rande des os transversum, welches das Flügel-
Gaumenbein mit dem Oberkiefer verbindet, verläuft nach
hinten, schlägt sich um den hinteren Theil des Unter-
kiefers nach oben herum, und inserirt sich an dessen
äusserer und hinterer Fläche. Bei fixirtem Oberkiefer
zieht er seine Unterkieferhälfte nach vorne und aussen;
bei fixirtem Unterkiefer zieht er den Oberkiefer, und mit
diesem den Giftzahn nach unten und hinten.
Pterygoideus internus. Er liegt unter dem
temporalis, entspringt vom hinteren Rande der orbita und
der Seite des Scheitelbeines, und inserirt sich am oberen
Rande des hintern grössern Theiles des Flügelbeines,
welcher nach aufwärts gekrümmt ist. Von dem vorderen
Theile des Flügelbeincs, der ebenfalls nach oben gebogen
erscheint, entspringt ein platter Muskel, der nach dem
Scheitelbein verläuft; seine Fasern verlaufen entgegen-
gesetzt denen des pterygoideus internus von vorn und
unten nach hinten und oben ; er hebt den vorderen auf-
wärts steigenden Theil des Flügelbcines, und zieht die
diesem aufsitzenden Zähne nach oben, resp. aus der Beute
heraus. Zwischen den beiden Flügelbeinen verläuft noch
jederseits ein Muskel, von Owen prespheno-pterygoideus
genannt; er entspringt von der untern Fläche des Keil-
beins, und verläuft nach hinten, um sich an der inneren
hinteren Hälfte des Flügelbeines zu inseriren.
Der Schlingakt bei den Schlangen ist sehr ver-
wickelter Natur 1). Die Nahrung wird nicht gekaut,
sondern unzerkleinert hinunter geschluckt. Ist der Bissen
klein, so verschwindet er schnell durch das weit aufge-
rissene Maul. Allein sehr oft würgen die Schlangen eine
unverhältnissmässig grosse Beute hinunter. Dabei ist die
1) Cf. Duges: Recherches anatomiques et physiologiques sur
deglutition dans les Reptiles. Annales des sciences nat. 12. p. 337 ff.
Uebe r Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthiercn. 103
Mundhöhle von dem gewaltigen Bissen oft ganz kolos-
sal ausgedehnt, das Thier ist nicht im Stande die Beute
einfach hinunter zu schlingen; es muss gewissermafsen
langsam um seine Beute herumkriechen, indem es ab-
wechselnd Ober- und Unterkiefer nach vorwärts schiebt,
und dicöelbe so in den Schlund hinabdrängen. Da die
Rachenhöhle von dem Bissen vollständig ausgefüllt ist, so
ist die Möglichkeit gegeben, die Kiefer und Flügel-
Gaumenbeine bei dem Vorwärtsschieben derselben in allen
möglichen Punkten zu fixiren; aus diesem Grunde ist
auch ersichtlich, wie die einzelnen Muskeln verschieden
funktioniren können, je nachdem sie an ihrem vorderen,
oder hinteren Ende fixirt sind. Die einzelnen Muskeln
wirken während des Schlingens in folgender Weise.
M. m. digastricus, costo- und neuromandibularis ziehen
die Unterkiefer herab und nach hinten, m. cervicomandi-
bularis zieht seine Unterkieferhälfte nach aussen, m.
pterjgoideus externus zieht bei fixirtem Oberkiefer seine
ünterkieferhäifte nach vorn und oben, m. m. temporalis
und posttcmporalis drücken den Unterkiefer an den Ober-
kiefer, die Zähne schlagen sich ein, und der Unterkiefer ist
jetzt fixirt. M. m. pterygoideus internus und presphenop-
terygoideus ziehen das Flügelbein, und mit diesem das
OS transversum^ und den mit demselben, verbundenen
Oberkiefer nach oben, und heben dadurch Zähne und
Giftzäline empor; gleichzeitig ziehen dieselben Muskeln
die Kiefer und Flügel-Gaumenbeine, und mit diesen na-
türlich die Zähne nach vorne, so dass der ganze obere
Kieferapparat um eine bestimmte Länge vor den fixirten
Unterkiefer rückt; m. pterygoideus externus zieht jetzt
den Oberkiefer, und mit diesem die Giftzähne nach un-
ten und hinten, eine Bewegung, der sich auch die
Flügel- und Gaumenbeine anschliessen müssen, die Zähne
schlagen sich ein, der Oberkieferapparat ist jeszt fixirt, und
es muss nun der Unterkiefer ein Stück wiederum nach
vorne geschoben werden. Bei diesem Vorwärtsschieben
der einzelnen Theile des oberen Kieferapparates ist na-
türlich die eigentliche Schädelkapsel durch die langen
rialsmuskeln genügend fixirt.
104 V. Teutleben:
Auf diese Weise wird die Beute langsam ver-
schlungen.
Die Saurier. Bei den einzelnen Gruppen der
Saurier konimen zwar verschiedene unterscheidende Merk-
male vor, doch ist im Grossen die Anordnung der Kau-
muskeln sehr einfach, und bietet wenig Bemerkenswerthes.
Die Krokodile, gewaltige Beisser, besitzen ähnlich wie
die Säugcthiere einen sehr starken Oberkieferapparat,
der fest mit dem Schädel verbunden ist. Bei den Ei-
dechsen ist dieser Apparat viel leichter gebaut, die Seiten-
theile des Stirn- und Scheitelbeines sind durch falsche
Gelenke verbunden, so dass sich bei Verschiebung des
Quadratbeines die ganze Schädeldecke auf den Keilbein-
flügeln verschiebt. Von den Kaumuskeln ist der Flügel-
muskel bei weitem am stärksten entwickelt.
Alligator. M. mnsseter fehlt. M. temporalis
entspringt aus der Schläfengrube, geht unter dem Joch-
bogen hinweg, und inserirt sich an der inneren und
äusseren Seite des Unterkiefers.
M. p terygoi deus. Sehr starker Muskel. Er be-
steht aus zwei Portionen ; die äussere schwächere ent-
springt von dem processus pterygoideus, die innere stär-
kere aus der fossa pterygoidea, und mit einer Sehne vom
Processus pterygoideus; beide schlagen sich vereint um
den angulus des Unterkiefers weit nach aussen herum,
wo sie als dicker bauchiger Wulst hervortreten. Sie
sind die Hauptkaumuskeln, da ein masseter fehlt, und
der m. temporalis nur schwach entwickelt ist. Da diese
Flügel muskeln sich in einem sehr spitzen Winkel an dem
Unterkiefer inseriren, so wurde durch die Masse ersetzt,
was durch die ungünstige Insertion an Hebelkraft ver-
loren ging ^).
M. digastricus entspringt vom hinteren Rande
des Hinterhauptsbeines, und inserirt sich am hinteren
Ende des Unterkiefers, er verläuft etwas schräge von
vorne nach hinten. Bei fixirtem Schädel zieht er den
1) Cf. Nusser a. a. 0.
Üeber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 105
Unterkiefer herab, bei fixirtem Unterkiefer hebt er den
ISchädel empor; eine Eigenthümlichkeit, die man früher
dem Krokodile allein vindicirte, die aber allen Sauriern
zukommt. Unterstützt wird er bei dem Herabziehen
des Unterkiefers durch zwei Muskeln, die am sternum,
einer dicht neben dem andern entspringen, und sich an
der untern, mittlem Fläche des Unterkiefers inseriren ;
ein jeder dieser Muskeln ist deutlich zweibäuchig.
Der Kaumechanismus ist bei diesen Thieren ein
sehr einfacher, da die Beute ohne gekaut zu werden
verschlungen wird; m. digastricus zieht den Unterkiefer
herab, und öffnet den Rachen, temporalis und pterygoideus
schlicssen denselben, und drücken Unterkiefer an Ober-
kiefer. Bei einigen Sauriern, z. B. Monitor Tcgu und
Lacerta inserirt sich der Herabzicher des Unterkiefers
als ein dreieckiger platter Muskel nur in seinem vorderen
Theile an dem hinteren Ende des Hinterhauptsbeines;
mit der bei weitem grösseren Portion, welche dem m.
cervicomandibularis der Schlangen entspricht, entspringt
er von der oberen, und seitlichen Fläche der langen
Halsmuskeln, mit denen er durch Bindegewebe verbunden
ist. Beide Portionen setzen sich vereinigt an das hintere
Ende des Unterkiefers. Nach hinten und unten zu ver-
einigt er sich mit einem platten dünnen Muskel, der in
der Gegend des Brustbeines und etwas oberhalb des-
selben von den tiefen Halsmuskeln entspringt, und sich
am untern Rande des Unterkiefers inserirt; beide Mus-
keln treffen in der Mitte zusammen; sie wirken eben-
falls, wenn auch in geringerem Grade als Flerabzieher
des Unterkiefers.
Die Amphibien. Der Frosch. Die Anordnung
der Kaumuskeln bei dem Frosch bietet nichts Bemerkens-
werthes dar; sie ist bereits vielfach sehr sorgfältig be-
schrieben worden, und würde hier ganz übergangen
worden sein, hätte ich nicht den m. submentalis erwäh-
nen müssen. Hierdurch wurde eine, wenn auch nur sehr
kurze Beschreibung auch der übrigen nöthig. Der mas-
seter geht von dem Jochbein nach der äusseren Seite
des Unterkiefers; der temporalis entspringt von der
106 V. Teutleben:
oberen Fläche des os petrosum, und inserirt sich mit einer
breiten glatten Sehne an der Innern Seite des Unter-
kiefers an dem processus coronoideus. Der m. ptery-
goidens liegt unter dem temporalis, entspringt vom Keil-
bein im hinteren Theile der orbita, und setzt sich mit
dünner Sehne hinter dem m. temporalis an die innere
Fläche des Unterkiefers dicht vor dem Gelenke; m. di-
gastricus ist ein dreieckiger, oben breiter, nach unten
sich zuspitzender Muskel, der aus zwei Portionen be-
steht, von denen die grössere von der fascia dorsalls, die
andere vom hintern und oberen Theile des os tympani-
cum entspringt; beide setzen sich vereinigt an den hin-
teren Winkel des Unterkiefers an. Nur die vordere
entspricht, wie schon Cuvier bemerkt, dem eigentlichen
digastricus, die hintere ist analog dem cervicomandibu-
laris der Schlangen.
M. s üb mentalis (Ecker.). Dies ist ein kleiner,
den schwanzlosen Lurchen, wie es scheint eigenthümlicher
Muskel, der, nach unten bedeckt von dem vordersten
Theile des m. submaxillaris in dem Winkel, den die Un-
terkieferäste mit einander bilden, sich vorfindet, ungefähr
an der Stelle, an welcher der oben beschriebene eigen-
thümliche Muskel mancher Nagethiere sich findet. Er
besteht aus queren Fasern , die von einem Kieferaste
zum anderen verlaufen. Er nähert die beweglichen
Unterkieferäste einander. Nach Duges soll er mittelbar
auf die Schliessung der Nasenlöcher dadurch einwirken,
dass er den unteren Rand der ossa dentalia nähert, und
deren mediales Ende, und damit die ossa intermaxiilaria
hebt. (Ecker, Anatomie des Frosches.)
Die Art der Wirkung der Kaumuskeln bei dem
Frosch ist sehr einfach um so mehr, da er die Nahrung
nicht kaut; der m. digastricus zieht den Unterkiefer her-
ab, die übrigen drücken Unterkiefer an Oberkiefer und
schliessen das Maul.
Die Fische ^), Die Fische sind im Stande ihre Mund-
1) Es sind nur die Verhältnisse bei den Knochenfischen be-
rücksichtigt. <*
lieber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 107
höhle sehr bedeutend zu erweitern. Es hängt dies von
mehreren anatomischen Eigenthümlichkeiten ab. Der Unter-
kiefer ist mittelst eines Zwischenstückes, oder Suspen-
soriums mit dem Oberkiefer beweglich verbunden. Dieses
Suspensorium ist aus mehreren Knochen zusammenge-
setzt, von denen der oberste mit dem Schädel artikulirende
als hyomandibulare bezeichnete dem temporale von Cu vi er
entspricht, während das praeoperculum den mittleren,
und das quadratum, oder quadrato-jugale den unteren,
an das ünterkiefergelenk sich ansetzenden Abschnitt des
Suspensoriums bilden, welches funktionell dem Quadrat-
bein bei Amphibien, Reptilien und Vögeln entspricht.
Dieses platte Knochenstück bildet nach hinten, wo es
mit dem operculum zusammentrifft, einen prominirenden
Wulst, sein vorderer Theil stellt eine dünne Knochen-
platte dar, die sich mit dem Flügel- Gaumenbein ver-
bindet. Das hyomandibulare kann nur seitlich am Schädel
artikulireu. Bewegungen von hinten nach vorn, wie
solche das Qudratbein der Vögel ausführt, sind nicht
möglich. Das Zungenbein, welches durch einen läng-
lichen, platten Knochen, der als copula bezeichnet wird ^),
mit dem Schultergürtel in Verbindung steht, besitzt zwei
grosse seitliche, nach hinten stark divergirende Hörner,
deren Enden durch Gelenke in Verbindung mit der
inncrn Fläche des Quadratum stehen. Ober- und Zwischen-
kiefer sind bald sehr bedeutend entwickelt, wie bei den
Cyprinoiden, bald sehr rudimentär, wie bei dem Hecht.
Die langen Bauchmuskeln inserircn sich am hinteren
Ende und an den Seiten des als copula bezeichneten Kno-
chenstückes.
Hecht. Der Hecht lässt als Raubfisch schon von
vorn herein auf eine gewisse Ausbildung der Kau- resp.
ßeissmuskeln schliessen.
M. temporalis. Als solchen kann man einen Mus-
kel bezeichnen, der an der Seite des Schädels dicht
hinter und unter der orbita gelegen bei dem Andrücken
des Unterkiefers an den Oberkiefer am meisten in Be-
1) Stannius, Handbuch der Zootomie II, 83.
108 V. Teutlebeii:
tracht kommt. Er besteht aus zwei Portionen. Die
äussere entspringt von dem vorderen Rande des hintern,
vorspringenden Theiles des Kiefersuspensoriums, uud
dem seitlichen Thcile des Hinterhauptsbeines, und inse-
rirt sich an der innern Seite des Unterkiefers; sie er-
streckt sichi sehr weit nach vorne, fast bis zu den ersten
Zähnen. Die innere Portion entspringt von demselben
Knochenstück dicht unter der vorigen, und inserirt sich
mit einer breiten Sehne an dem oberen Theile des auf-
steigenden hintern Astes des Unterkiefers, und mit einer
langen dünnen Sehne an einer kleinen spina des untern
innern Theiles desselben. Dieser Muskel drückt den
Unterkiefer an den Oberkiefer. Sein Antagonist ist der
Kieferzungenbeiamuskel, m. geniohyoideus. Beide genio-
hyoidei entspringen dicht neben einander an der Ver-
einigungsstelle beider Unterkieferhälften, und verlaufen
vereinigt bis zum Zungenbein, an dessen, vorderem und
unterem Theile sie sich inseriren. Unmittelbar darauf
trennen sie sieh in zwei Muskeln, von denen jeder an
der äussern Seite dos Zungenbeinhornes seiner Seite
sich inserirt. Die Wirkungsweise dieser Muskeln hängt
zum Theil mit ab von derjenigen der langen Bauchmuskeln,
welche, wie wir gesehen haben an dem, copnla genannten
Knochenstücke sich inseriren. Diese Bauchmuskeln ziehen
das Zungenbein, und den mit demselben verbundenen
gesammten visceralen Apparat nach unten und hinten,
und bewirken dadurch eine Erweiterung der Mundhöhle.
Bei dieser Bewegung drücken gleichzeitig die Scitenhör-
ner des Zungenbeins die mit ihnen verbundenen Quadrat-
beine nach aussen, so dass dadurch das lumen der Ra-
chenhöhle an Breite zunimmt. Bei Contraktion der
Kieferzungenbeinmuskeln Avird, wenn das Zungenbein
durch die langen Bauchmuskeln bereits fixirt, oder mit dem
gesammten visceralen Apparat schon nach unten gezogen
ist, der Unterkiefer herabgezogen. Bei nicht fixirtem
Zungenbein werden die Seitenhörner desselben mit den
radii branchiostegi und der Kiemenhaut nach aussen
und oben gehoben, und dadurch die Kiemenöffnung er-
weitert. Da die Fische ihre Nahrung unzerkleinert ver-
üeber Kaumuskem u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 109
schlucken, so ist auch die Wirkungsweise der Kaumus-
keln eine sehr einfache; sie beschränkt sich auf Oeffnen
und Schliessen der Rachenhöhle.
Weissfisch. Die Cyprinoiden besitzen einen
wohl entwickelten Ober- und Zwischenkiefer, und da-
durcl) mit bedingt eine, von vielen anderen Fischen sie
unterscheidende Beweglichkeit des vorderen oberen Mund-
abschnittes. Der Oberkiefer bildet eine länglich runde
Knochenspange, und ist mit dem vor ihm liegenden,
fast gleich grossen Zwischenkiefer durch eine derbe
ßindegevv^ebshaut verbunden. Der Oberkiefer ist mit
dem oberen Ende des ziemlich hohen aufsteigenden Astes
des Unterkiefers beweglich verbunden. Zwischen O ber-
und Zwischenkiefer einerseits, und Unterkiefer anderer-
seits ist eine derbe faserige Lamelle ausgespannt, so dass
zwischen ihnen eine ununterbrochene Verbindung besteht.
Der Unterkiefer ist kurz.
M. temporalis. Er besteht aus drei Portionen.
Die äusserste entspringt von der unteren und vorderen
Fläche des Kiefersuspensoriums, und inserirt sich an dem
Oberkiefer. Die mittlere entspringt unter der vorigen,
läuft unter derselben hinweg nach vorne, und inserirt
sich am oberen Ende des ramus des Unterkiefers. Die
dritte, innerste Portion entspringt von der oberen und
inneren Fläche desselben Knochenstückes, und inserirt
sich mit einer Sehne am untern und inneren Theile
des ramus des Unterkiefers.
Die äusserste Portion des m. temporalis zieht den
Oberkiefer nach unten und hinten. Bei dieser Bewegung
wird der ramus, so wie der hintere Theil des Unter-
kiefers in Folge der erwähnten Verbindung mit dem
Oberkiefer nach unten und hinten gezogen, der vordere
Theil des Unterkiefers also nach oben emporgehoben,
und dem Ober- und Zwischenkiefer genähert. Die mitt-
lere und innerste Portion des masseter bewirken dann
den vollkommenen Verschluss der Mundhöhle. Wird
der Unterkiefer herabgezogen, so rückt der ramus des
Unterkiefers nach vorne, und treibt den mit ihm verbun-
denen Oberkiefer gleichfalls nach vorwärts; die Zwischen-
110 V. Teutleben:
und Oberkiefer mit dem Unterkiefer verbindende ßinde-
gewebslamelie wird stark ausgedehnt, und zieht die
oberen Kieferstücke nach vorn, so dass, wenn der Unter-
kiefer auf seinem tiefsten Punkte angekommen ist, Ober-
und Zwischenkiefer fast vollständig senkrecht herab-
hängen; gleichzeitig sind dieselben um ein mehr weniger
grosses Stück nach vorn gerückt. Den Mechanismus bei
den Labroi'dfischen, welche im Stande sind Ober- und
Zwischenkiefer, die mittelst stielförmiger Fortsätze auf
dem Nasenbein einhergleiten, weit nach vorn zu proji-
ciren, habe ich nicht Gelegenheit gehabt näher unter-
suchen zu können.
Nachtrag. Kurz bevor ich die Correkturbogen er-
hielt, habe ich gefunden, dass ein, und zwar sehr stark
entwickelter m. transversus mandibulae sich auch bei dem
Igel findet, für dessen untere Schneidezähne die als für
die Nager möglicherweise giltig hingestellte Ansicht
natürlich keinen Anspruch auf Anwendbarkeit machen
kann. Bei den dem Igel im Systeme ziemlich nahe
stehenden Spitzmäusen fehlt ein transversus mandibulae;
die beiden ünterkieferhälften sind aber auch bei diesen
nur locker mit einander verbunden, so dass bei geringem
Drucke auf die Unterkieferäste die unteren Schneide-
zähne, wenn auch nicht bedeutend, aus einander weichen.
Sollten diese Thiere im Leben eine solche Bewegung
ausführen, so würden als die dieselbe vermittelnden
Muskeln die inneren Flügelmuskeln angesehen werden
müssen.
Nach Analogie in der Anordnung der unteren
Schneidezähne zu schliessen, wird sich ein m. transversus
mandibulae auch bei Petaurus, Phalangista, Phascolarctos (?)
und Hypsiprimnus finden.
Ueber Kaumuskeln u. Kaumechanismus bei d. Wirbelthieren. 111
Erklärung der Abbildungen.
Tafel II.
Fig. 1 — 3. Arctomys Marmota,
» 1. Kopf mit präparirter Muskulatur von unten.
» 2. Untere Schneidzähne auseinander gespreizt.
» 3. Untere Schneidzähne zusammen gedrückt.
Figur 2 und 3 verdanke ich der Freundlichkeit des Herrn
Dr. Nitsche.
Fig. 4 — 5. Cavia Cobaya.
»4 a. Zähne des Oberkiefers.
» 4 b. Zähne des Unterkiefers.
» 5 d. m. mandibulo-maxillaris.
Fig. 6. Lepus cuniculus.
»6 a. äusserste Portion des masseter.
»6b. dritte Portion desselben.
»6 c. vierte Portion desselben.
Fig. 7. Crotalus durissus.
»7 a. m. cervicomandibularis.
Zur Ornithologie Chiles.
Von
L. Landbeck.
In der sonst sehr verdienstlichen Arbeit der Herrn
Sclater und Salvin „\ revised List of the Neotropical
Laridae," welche in den Proceedings of the Zoological
Society of London 1871 Seite 564 u. f. abgedruckt ist,
ward eine von Dr. Philippi und mir in Wiegmanns Ar-
chiv von 1863 S. 125 als neue Art beschriebene See-
schwalbe, die Sterna Frobenii, durch Auiführung dieses
Namens als Synonym der Sterna Trudeaui Aud. aus der
Reihe der selbstständigen Arten gestrichen, und mit der
letzteren vereinigt. Da unser Museum von beiden frag-
lichen Arten eine zur Feststellung der unterscheidenden
Merkmale hinlängliche Anzahl von Exemplaren, sowohl
im Sommer- wie im Winterkleid besitzt, so kann ich die
bestimmte Versicherung geben, dass die Herrn Sclater
und Salvin sich im Irrthum befanden, als sie beide
leicht zu unterscheidende Arten vereinigten. Dieser
Irrthum kann nur dadurch entstanden sein, dass diesen
erfahrenen Ornithologen keine Exemplare der Sterna
Frobenii zur Vergleichung zu Gebote standen, und unsere
Beschreibung zu wenig beachtet wurde. In Grösse und
Gestalt sind beide Arten einander ziemlich ähnlich, nur
ist bei Sterna Trudeaui der Tarsus um etwa zwei Linien
länger als bei unserer Art. Auch die Färbung beider hat
grosse Aehnlichkeit, so dass bei oberflächlicher Ansicht die
Zur Ornithologie Chiles. llS
Meinung sich aufdrängen kann, die beiden möchten nur
verschiedene Trachten repräsentiren. Bei näherer und
genauer Besichtigung verschwindet jedoch die schein-
bare Gleichartigkeit.
Bei St. Trudeani ist der Schnabel an der Basis bis
über die Nasengruben hinaus gelb, dann folgt ein breites^
nach der Spitze zu scharf begrenztes schwarzes Band, wo-
rauf der Schnabel in eine hornweissige, durchsichtige,
vier Linien lange Spitze endigt. Bei St. Frobenii ist der
Schnabel einfarbig, tief purpurschwarz^ und nur ein
schmaler Streif vom Nagel bis zur hornfarbigen Spitze
blutroth. Bei St. Trudeaui ist die Stirn, der Scheitel
bis zum Plinterkopf und ein Fleck unter dem Auge rein
weiss, im Winter sieht man einen bleigrauen Fleck vor
dem Auge, und einen licht bleigrauen verwaschenen
schmalen Streifen vom Auge bis hinter das Ohr hinab,
im Sommer dagegen ein schwarzes Band, welches durch
das Auge geht und sich über dem Ohr hinweg bis zum
Genick hinab zieht; der ganze übrige Körper ist schön
silber- oder perlgrau. Bei St. Frobenii ist Gesicht, Hals
und die ganze Unterseite schneeweiss, vor dem Auge be-
findet sich ein schwarzgrauer Fleck, dessen Farbe sich
auch über Genick und Oberhals ausdehnt, und theils ganz
schwarz theils mehr oder weniger schwarz gefleckt ist.
Das Grau der Oberseite des Körpers und der Flügel ist
dunkler und mehr ein reines Aschgrau als bei der
vorigen Art. Der stark ausgeschnittene Gabelschwanz
ist bei St. Trudeaui einfarbig weiss mit graulichem
Schimmer; bei St. Frobenii ebenfalls weiss, aber die
drei äusseren Schwanzfedern jeder Seite sind auf der
Aussenfahne bleigrau, auf der äussersten ist die Farbe
am dunkelsten, nach der Spitze zu fast schwarz.
Wenn die geschilderten Verschiedenheiten nur
einigermassen berücksichtigt werden, so ist für künftig
eine Verwechselung oder Vereinigung beider Arten nicht
mehr möglich. Nebenbei bemerken wir, dass St. Fro-
benii, von der wir bei der ersten Beschreibung nur ein
peruanisches Exemplar besassen, an verschiedenen Punk-
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 8
114 Landbeck:
ten Chiles, und namentlich im März 1864 mehrfach im
Hafen vom Corral erlegt ist.
lieber Sterna galericulata Licht., welche auf Seite
569 der Proceedings für einerlei mit St. comata Ph. und
Ldbk. erklärt wird, bemerken wir, dass wir noch kein
Exemplar unserer Art gesehen haben, welches eine
schwarze Stirn gehabt hätte, wie die Abbildung im oben
citirten Werke. Wir besitzen Exemplare, welche im
Januar, Februar, November und December erlegt sind,
aber alle mit weisser Stirn, was also jedenfalls die Farbe
des Sommerkleides ist. Da bekanntlich alle schwarz-
kappigen mövenartigen Vögel im Winter weisse Köpfe mit
einem verwaschenen schwarzen Fleck in der Augen-
und Ohrengegend haben, niemals aber in dieser Jahres-
zeit eine schwarze Kappe besitzen, so müssen wir an-
nehmen, dass entweder der Maler sich geirrt hat, oder
zwei Arten Vögel vereinigt wurden, die beide selbst-
ständig sind. Uebrigens ist diese Seeschwalbe im Hafen
von Corral häufig genug, und daher leicht in grösserer
Anzahl zu erlegen. — In Beziehung auf den Schnabel
dieser schönen Seeschwalbe bemerken wir, dass die Farbe
desselben ein schönes Roth ist, und dass derselbe hin-
sichtlich der Form bedeutende Abweichung zeigt, indem
er bald länger, bald kürzer, bald gerade, bald gebogen ist.
Ueber Conurus cyanolyscos und Conurus patagonus.
Verchiedene Ornithologen, darunter Herr Bur-
meister, halten diese beiden von Molina und Vieillot
aufgestellten Arten für identisch, und vereinigen die-
selben einfach in der Synonymie. Da wir jedoch in
Folge genauer Vergleichung vieler Exemplare beider
Arten anderer Ansicht sind, so theilen wir in Folgendem
das Resultat unserer Untersuchung mit.
Zur Ornithologie Chiles. 115
Was die Dimensionen betrifft, so misst
bei C. cyanolyseos. bei C. patagonus.
die ganze Länge .... 1' 7'' 4"' 1' 6" —
der Schnabel mit der Schnur
gemessen ist lang . .
. —
1
6
—
1
—
breit . .
. — ,
—
10
—
—
8
hoch . .
. —
1
8
—
1
4
der Tarsus
. —
—
10
—
—
8
die vordere Aussenzehe
. —
1
3
—
1
3
^ „ Innenzehe .
. —
—
10
—
—
7V2
y, hintere Aussenzehe
. —
1
1
—
—
IIV2
„ „ Innenzehe .
, —
—
9
—
—
7
der Flügel vom Bug bis
zur
Spitze
10
10
2
7
—
9
9
der Schwanz . . . .
1
Der C. cyanolyseos zeigt im obern Drittel des
Oberschnabels eine schwach erhabene Längsleiste, welche
dem C. patagonus fehlt, auch ist der Haken des Ober-
schnabels beim ersten verhältnissmässig länger als beim
zweiten. Die Färbung ist im Allgemeinen bei beiden
Arten dieselbe, weicht aber doch in so fern ab, als dem
C. patagonus der weisse Halbmond, welcher die Brust
des C. cyanolyseos ziert, gänzlich fehlt, und nur durch
einige fahle Federn an den Brustseiten angedeutet wird.
Unter dem weissen Halbmond folgt bei C. cyanolyseos
ein breites, dunkelgrünes, scharf abgeschnittenes Quer-
band, worauf der übrige Theil des Unterleibes lebhaft
gelb und in der Mitte roth gefärbt ist. Bei C. patago-
nus verläuft die erdgrüne Brust allnjählich in die gelb-
grüne Färbung des Unterleibes, in dessen Mitte ebenfalls
ein rother Fleck sich befindet.
Ob diese Verschiedenheiten in den Grössenverhält-
nissen und die abweichende Zeichnung von Brust und
Bauch — Verschiedenheiten, welche wir constant an einer
grossen Anzahl von Exemplaren beider Formen beobach-
tet haben — , zur Aufstellung zweier Arten berechtigen,
muss ich dahin gestellt sein lassen, da die meisten Orni-
thologen der gegentheiligen Meinung sind.
il6 Landbeck;
Wir haben übrigens Analogien, dass chilenische Vögel
andere Grössenverhältnisse zeigen als die argentinischen
derselben Art. So ist z. B. Ageloius Thilius Mol. in den
La Plata-Staaten weit kleiner als in Chile, weshalb Ca-
banis den ersteren bei seinem Namen belassen, den
zweiten aber A. chrysopterus taufen will. Wenn solche
Grössenunterschiede beständig und immer mit andern,
wenn auch nicht gerade sehr auffallenden Merkmalen
verbunden sind, wie dies bei C. cyanolyseos und C. pata-
gonus der Fall ist, so glaube ich, dass diese Verschieden-
heiten berechtigen, zwei selbständige Arten aufzustellen,
wenn man nicht auf den bisherigen Begriff von Art ver-
zichten will.
lieber eine neue Art Trachypterus aus dem
Chilenischen lUeere.
Von
Dr. R. A. Philipp!.
Hierzu Tafel III.
Bis jetzt ist meines Wissens noch kein Bandfisch
aus dem chilenischen Meere bekannt gewesen, und so
sei es mir erlaubt hier die Beschreibung eines solchen
aus dem Geschlecht Trachypterus zu geben, wenn sie
auch unvollständig und nur nach einer Photographie ge-
macht ist.
Herr Carl Weychardt in Valparaiso hatte diesen
eben so seltenen wie schönen Fisch erhalten, und dem
Santiaginer Museum zugedacht. Im Sommer d. J. habe
ich denselben bei ihm gesehn; er war sehr wohl in
Spiritus erhalten. Ein junger angehender Apotheker,
der von Valparaiso nach Santiago reiste, übernahm es
mir den Fisch zu überbringen, allein das Gefäss, in
welchem dieser enthalten war, zerbrach ihm unterweges,
worauf er den Fisch wegwarf, indem er wegen seiner
Weichheit glaubte, er sei ja doch verdorben. Glück-
licherweise hatte Herr Weychardt eine Photographie
dieses merkwürdigen Geschöpfes machen lassen, und
einige Notizen aufgeschrieben, die er mir freundlich mit-
getheilt hat, daher ich mir erlaube demselben seinen
Namen beizulegen.'
Der Trachypterus Weychardti ist wie seine Ge-
118 Philippi:
schleclitsgenosscn bandartig zusammengedrückt und sil-
berweiss mit einigen runden schwärzlichen Flecken.
Nach einer Skizze des Herrn Weychardt liegt einer
dieser Flecke dicht über den Brustflossen, ein zweiter
in der Mitte der Länge hart an der Seitenlinie, ein
dritter zwischen dem zweiten und dem Schwänze, aber
unterhalb der Seitenlienie. Nach der Photographie wären
aber vier Flecke vorhanden, drei oberhalb der Seiten-
linie, und zwar der vorderste im dritten Theil der Kör-
perlänge, und dem Rückenrand näher als der Seiten-
linie, der zweite und grösste von allen etwas weniges
hinter dem zweiten Drittel, der dritte in der Mitte zwischen
dem zweiten und dem Beginn der Schwanzflosse; diese
beiden liegen gleichweit von der Rücken- wie von der
Seitenlinie. Der vierte Fleck befindet sich unterhalb
der Seitenlinie nahe dem Bauchrande und etwas vor dem
dritten Fleck. Die Flossen sind tief fleischroth mit etwas
höher gefärbten Strahlen. — Was die Gestalt anbetrifft,
so ist die Höhe knapp viermal in der Länge enthalten,
und befindet sich die grösste Höhe in der Gegend des
hinteren Winkels des Kiemendeckels; die Rückenlinie
verläuft vollkommen gradlinigt bis zum letzten Viertel
der Länge, um sich dann allmählich nach dem Schwänze
hin zu senken. Die Bauchiinie bildet vom Kinn an bis
zur Schwanzflosse einen sanften Bogen, dessen Krüm-
mung im Anfang am stärksten ist. Der Kopf (vom Kinn
bis zum hintern Winkel des Kiemendeckels gemessen)
nimmt kaum mehr als den sechsten Theil der gesammten
Körperlänge ein ; die Linie von der Stirngegend, die
allmählich in die Rückenlinie übergeht, bis zum Kinn ist
schwach concav; die Mundöffnung liegt in gleicher Plöhe
mit dem Centrum des Auges, und der Mundwinkel liegt
in der halben Höhe zwischen der Mundöffnung und der
Linie der Kehlgegend. Das Kinn ist weit vorspringend,
hoch und abgerundet. Das Auge nimmt den dritten
Theil der Kopflänge ein. Der hintere Winkel des Kie-
mendeckels ist wohl abgerundet, und der Vorderdeckel
verläuft mit seinem Rande beinahe dem Rand der Kie-
menspalte parallel; die Trennungslinien zwischen den
Ueber eine neue Art Trachypterus. 119
drei übrigen Knochen des Kiemendeckels sind nicht zu
sehen. Die Seitenlinie verläuft vollkommen geradlinig,
und scheint sich vorn, von der Gegend der Brustflossen
an aufsteigend bis über das Auge fortzusetzen. Es hat
in der Photographie den Anschein, als ob sie von stark
höckerartig vorstehenden Schuppen gebildet sei. Nach
Valenciennes sind die Schuppen der Seitenlinie jede
mit einem spitzen Höcker versehen, und dieser Bildung
widerspricht wenigstens die Seitenlinie in der Photogra-
phie nicht.
Was nun die Flossen anbetrifft, so ist die Brust-
flosse klein, nicht länger als der Durchmesser des
Auges, wie u. a. bei Trachypterus Spinolae Val. bist,
nat. des poissons. X. p. 330. t. 296, entspringt aber
sicherlich hoher als sie auf dieser Tafel gezeichnet ist.
Die Photographie lässt die Zahl der Strahlen nicht er-
kennen, und ist überhaupt unter dem Auge, dicht hinter
demselben, zwischen der Seitenlinie und den Bauchflossen
bis zur Mitte des Leibes fleckig und undeutlich. Desto
grösser sind die Bauchflossen, welche kaum ein Ge-
ringes weiter nach hinten als die Brustflossen entspringen,
denn sie messen fast zwei Drittel der Körperlänge. Die
Photographie zeigt sie von der Seite gesehen, fast wie
einen Faden, Herr Weychardt hat aber 14 Strahlen
in derselben gezählt, und in der Zeichnung habe ich mir
erlaubt, sie ausgebreitet darzustellen. — Die erste Rük-
ken flösse beginnt über dem hintern Augenrand, und
ihr vorderer Strahl erreicht zwei Siebentel der Körper-
länge und ist bogenförmig gekrümmt. Herr Weychardt
hat 12 Strahlen in derselben gezählt, und die Photogra-
phie zeigt ganz deutlich, dass die 8 letzten Strahlen
kurz gewesen sind. — Die zweite Rückenflosse be-
ginnt in einer Entfernung von der ersten Rückenflosse,
welche der halben Länge dieser geichkommt; die Ent-
fernung zwischen ihrem hintern Ende und der Schwanz-
flosse ist beinahe doppelt so gross wie der Durchmesser
des Auges ; ihre grösste Höhe erreicht sie im hintern
Drittheil der Körperlänge, von wo sie fast in gerader
Linie nach hinten abfällt, nach vorn wird sie sehr allmäh-
120 Philippi:
lieh schmäler, um erst dicht bei dem vorderen Endpunkt
rasch abzufallen. Die grösste Höhe der Strahlen beträgt
eine Kleinigkeit mehr als die Entfernung der Rücken-
linie von der Seitenlinie. Ich habe 97 Strahlen gerzählt,
es mögen aber ein paar mehr sein. — Die Schwanz-
flosse ist gabelförmig, und die beiden Hälften sehr un-
gleich; die obere Hälfte misst die halbe Körperlänge,
die untere ist nur zwei Mal so lang wie der Durch-
messer des Auges. Herr Weychardt gibt ihr 9 Strahlen,
und habe ich in meiner Zeichnung der oberen Hälfte 5,
der unteren 4 zugetheilt, denn wenn die Photographie
auch nicht die Zahl der Strahlen erkennen lässt, so zeigt
sie doch deutlich, dass die beiden Hälften am Grunde
beinah ganz gleich sind. Es ist ganz entschieden nicht der
Fall, dass die obere Hälfte der Flosse senkrecht gegen
die untere Hälfte steht, wie das Valenciennes in der
oben citirten Figur von Trachypterus Spinolae, so wie
ähnlich in der von Tr. Iris tab, 297 bei p. 342 abbildet,
was er für ein Kennzeichen des Genus zu halten scheint,
denn er sagt p. 314: „II nous a paru que les premiers
(les Trachypteres) avaient tous une caudale singuliöre-
ment situee, non pas au bout de la queue, mais au dessus
de son extremite, et dirigee vers le haut." Bei unserer
Art ist die Stellung der Schwanzflosse vollkommen nor-
mal. Denn wenn auch die Photographie die obere Hälfte
derselben aufgerichtet zeigt, so lehrt die genauere Be-
trachtung sogleich, dass die untere Hälfte dieselbe Rich-
.tung hat, und dass nicht die Flosse allein, sondern die
Extremität des Rumpfes selbst nach oben umgebogen ist,
höchst wahrscheinlich weil der Fisch im Spiritus auf
dem Schwanzende gestanden hat.
Aus obiger Beschreibung geht hervor, dass das von
Herrn Weichardt erhaltene Exemplar so vollständig
wohl erhalten war, wie kaum eines der sechs von V a-
lenciennes beschriebenen Arten, und es ist daher dop-
pelt zu beklagen, dass es auf eine solche Weise verloren
gegangen ist.
Nach der Mittheilung des Herrn Weychardt war
der Fisch 125 Mill. lang; meine Zeichnung ist IV2 iiia 1
lieber eine neue Art Trachypterus. 121
so gross wie die Photographie. In meiner Beschreibung
habe ich genau angegeben, wo und weshalb meine Zeich-
nung von der Photographie abweicht, damit jeder den
Grad von Zuverlässigkeit derselben beurtheilen kann.
Santiago, den 24. August 1873,
Aus einem später von Herrn Weychardt erhalte-
nen Brief kann ich nachtragen, dass derselbe den Fisch
ungefähr zwei Stunden lebendig hatte. Er schien vom
Angreifen etwas verletzt zu sein, «nd zwar hinter dem
Kiemendeckel; trotzdem schwamm er Anfangs noch ziem-
lich munter im Becken umher. Es sah wunderhübsch
aus, wenn das Thierchen eine Wendung machte ; es blitzte
dann, als ob es mit Silber und Purpur übergössen
wäre. Die Schwanzflosse trug es auf den Rücken zu-
rückgeschlagen und ausgebreitet , etwa wie es in der
Figur die rothen Linien angeben. Das Thierchen war
so zart wie ein Spinngewebe und gar nicht anzufassen,
(wie dies auch von andern Bandfischen bekannt ist. Ph.).
lieber Ichthyonema sanguineum (Filaria
sanguinea Rud.).
Von
Dr. TOD Liostow
in Ratzeburg.
Hierzu Tafel IV. Fig. 1—9.
In den letzten Jabren fand ich in der Leibeshöhle
von Abramis brama und Leuciscus rutilus öfter einen
Nematoden, den Rudolphi unter dem Namen Filaria
sanguinea beschrieben hat, der aber offenbar keine Fila-
rie war, und eher an Gordius und Mermis in seinem
Habitus erinnerte. Die gefundenen Exemplare waren
lediglich erwachsene Weibchen, die indessen augenschein-
lich unbefruchtet waren, da die Entwicklung der Eier
noch nicht begonnen hatte: übrigens fiel mir nur auf,
dass die Thiere sofort platzten, sobald sie in's Wasser
kamen, und war mir ihre Unterbringung im System
völlig räthselhaft, bis ich durch die Kenntniss von von
Willemoes-S uhm's Arbelt „Ueber Ichthyonema glo-
biceps Rud. ^y auf die ungemeine Aehnlichkeit dieses
Nematoden mit meiner ,,Filaria sanguinea*^ aufmerksam
wurde, und es mir, geleitet von der erwähnten Arbeit,
durch unausgesetztes Suchen endlich gelungen ist, Männ-
chen und befruchtete Weibchen dieser früher als Filarie
1) üeber einige Treraatoden und Nemathelminthen, pag. 16
26, tab. XIII.
V. Linstow: Ueber Ichthyonema aangiimeum. 123
bezeichneten Art zu finden, die mit Ichthyonema globi-
ceps auf das Engste verwandt ist, "wie die nachfolgende
Beschreibung zeigen wird, und also in Zukunft als Ich-
thyonema sanguineum bezeichnet werden muss.
Wenn dieser Wurm nicht zu den sehr seltnen ge-
hört, so haben wenigstens nur drei Forscher über den
Fund desselben berichtet, von denen einer vielleicht nicht
den hier besprochenen Nematoden vor sich hatte, näm-
lich Baird, welcher ^) berichtet, fünf Exemplare von Fila-
ria sanguinea in einer Abscesshöhle neben der linken
Brusthöhle von Galaxias scriba, die mit der Leibeshöhle
communicirte und offenbar den Tod des Fisches zur
Folge gehabt hatte, gefunden zu haben, eine Angabe,
welche ich nur aus Leuckart's bekannten Jahresberichten
(pro 1861—62, pag. 60) kenne, und aus dem Grunde
anzweifle, weil Filaria sanguinea bisher nur einzeln und
in deutschen Süsswasserfischen gefunden ist, und daher
vielleicht eine andere Art beobachtet ist, was um so eher
möglich ist, als die bisherige Beschreibung von „Filaria
sanguinea*' so unvollkommen ist, dass Verwechslungen nur
zu leicht möglich sind.
Die beiden übrigen Beobachter sindRudolphi und
Crepiin.
Rudolphi^) machte folgende Angaben über unse-
ren Helminthen:
„F. crassiuscula, sanguinea, utrinque obtusa, cauda
feminae tenuiore. Cyprinus Gibelio, digitum longus,
Martii d. XIV. 1818 allatus est, cujus pinnae caudali
Filaria incrat viva, coloris sanguinei, contorta, cujusque
motus praeseitim in utraque extremitate recta observaba-
tur. Color saepe hac illave parte subito magis intensus
redditus est, ac si sanguis subito stagnaret, dein propel-
leretur.
Die XXIX. ejusdem mensis pisce adhuc vivo Fila-
riam utroque fine tunicas pinnae egressam, mortuam,
1) Proc. zool. Soc. 1861. pag. 207. Ann. and Mag. nat. bist.
T. VIIL pag. 269.
2) Synops. pag. 5 und 211, tab. I. Fig. 1.
124 V. Linstow:
partesque propendentes albas reperi, ut integram extri-
care non concederetur. Microscopio subjectam praeter
intestinum fuscum totam quantam foetubus vivis repletam
observavi. Hi uti et reliquarum Filariarum majores ac
illi Cucullanorum, neque undique pellucidi sunt, sed
partem posteriorem (ante caudam longuisculam) opacam
exhibent, quo sc magis evolutos esse, forsan diutius ge-
stari, testantur. Caudis facile invicem adhaerent, et ma-
teriam tantum grumosam (placentulas) neque ova ulla
vidi, quibus adnecterentur.^
Creplin's Beschreibung ^) lautet folgendermassen :
„Filaria Cyprini rutili.
In abdomine piscis dicti Octobri et Novembri 1823
saepius una cum Ligula simplicissima Filariam liberam
inveni ad octo lineas longam, colore brunneo gaudentem,
exceptis extremitatibus, quae erant subalbidae, interdum
etiam sanguineae. Corpus mediocris crassitiei, utrinque,
retrorsum autem magis, attenuatum, utraque fine subin-
crassato, obtuso. Os orbiculare, parvum, nudum. Anus
non conspicuus. Canab's alimentarius recte descendens
ad finem caudae. Praeter hunc in vermibus nimls opacis
alia Organa interna discernibilia non erant.
Cutis eorum tenerrima est, ut aquae vivi immissi, in
qua agilissime primum se movebant, aliquot horae minutis
secundis elapsis, jam diruperint et intestina effuderint,
quod evitabatur, si statim spiritui frumenti immittebantur.
Ab ill. Rudolphi (in Mantissa Synopsis p. 213. n. 12)
eadem forsan Filaria e Cyprino Gibelione, a cl. Gaede
sibi allata, mox autem disrupta, sub Filaria ovata adducta
est. Corpus eins descripsit antrorsum attenuatum, et
caudam emarginatam; sed in animalculo rupto, corrugato
et collapso error circa finem anteriorem et posteriorem lo-
cum facile habere potuit. Quo minus autem Filariam meam
ad ovatam Zederi referam, nie impediunt huius, a Goezio
(Naturgeschichte der Eingeweidewürmer p. 126) descriptae
color albus, et magnitudo, qua meam ter vel quater superat.
Caeterum Goeze caput etiam pro cauda sumsisse potest, os
1) Observat. de Entozois. pag. 5—6.
lieber Ichthyonema saiiguineum. 125
cnim non descripsit, ut haec species, ab illo detecta, inter
dubias tantum ponenda sit. Magis, quam cum Filaria ovata
cum Filaria sanguinea in pinna caudali Cyprini Gibelionis
ab ill. Rudolphi (vid. eius Synops. p. 5 et 211. No. 9. tab. I.
fig. 1) semel reperta mea foisan convenit. Magnitudine qui-
dem etiam a mea discrepat, verum attenuatioretrorsum magis
quam antrorsum, colorque quodammodo conveniens maio-
rem utriusque similitudinem arguere videtur. Filaria san-
guinea interlm, quam clarissimus detector inter membranas
pinnae caudalis dicti piscis sanam quidem et integram,
et Lac autem egressam mortuam tantum et ruptam vidit,
ulteriore examine indiget, quo melius hac de re judican-
dum sit."
Desselben Angabe im Artikel „Filaria*^ i) ist sehr
kurz.
„Filaria sanguinea Rud. (Synops. pag. 5 Nr. 9).
Rudolphi fand ein Weibchen in der Schwanzflosse
von Cyprinus Gibelio (das. Taf. I, Fig. 1). Nach der
Zeichnung etwa IV2" lang, bei nicht geringer Dicke.
Farbe blutroth. Vielleicht ist die von mir (Obss. de
Entoz. pag. 5 und 6) beschriebene Filarie aus Cyprinus
rutilus, welche ich später auch im Blei gefunden habe,
dieselbe Art. Bei beiden Fischen kam sie indessen frei
im ßauche vor.*^
Alle anderen Autoren schweigen entweder über
unseren Nematoden ganz oder wiederholen nur die Be-
schreibung von Rudolphi und Creplin, und haben
daher höchst wahrscheinlich denselben nicht in natura
gesehen. —
Dujardin^) referirt nur in folgenden Worten
über die Beobachtung Rudolphi's:
„Rudolphi a trouve un ou deux fois, dans le nageoire
caudale du Cyprinus gibelio, une filaire rouge logee entre
les töguments. Cette filaire, egalement obtuse aux deux
extremites, est vivipare."
1) Er seh und Grub er, Allgem. Encyclop. d. Wissensch.
1846. 1. Sect. XLIV. Theil, pag. 173.
2) Hist. nat. des Helm. pag. 61.
126 V. Linstow:
Die sing *) berichtet ebenfalls nur über die Be-
schreibung von Rudolphi und Creplin mit den
Worten:
„Corpus feminae crassiusculum, utrinque obtusura,
sanguineo-rubrum. Yivipara. Longit. ad IV2". Habita-
cnlum. Carassius gibelio: in pinna candali, Martio, Be-
rolini. Leuciscus rutilus: in, cavo abdominis, Octobri et
Novembri, Gryphiae.^
Molin 2) wiederholt wörtlich die Angaben Diesing's.
Der Vollständigkeit wegen habe ich Obiges in ex-
tenso wiedergegeben, denn damit ist, soweit mir bekannt,
die ganze Litteratur über diese Nematoden-Species er-
schöpft.
Das W eibchen
ist bis zu 40 Mm. lang und 1 Mm. breit; die beiden
Körperenden sind etwas kuglig angeschwollen und rund
abgestumpft und ist das Schwanzende etwas dünner als
das Kopfende. Die Mundöffnung ist dreieckig und führt
in einen 1,56 Mm. langen Oesophagus (dieses Mass und
die folgenden sind von einem 17 Mm. langen und 0,084 Mm.
dicken Exemplar genommen), der sich nach dem Munde
zu trichterförmig erweitert, und sich in den sehr stark-
wandigen Darm fortsetzt, dessen braunpigmentirte Wand
übrigens nur aus Zellen besteht und keine Muskeln zeigt.
Das Mundende ist durch vier um die Mundöffnung her-
umstehende flache, kreisrunde Erhabenheiten ausgezeich-
net, die schwer zu sehen sind, weil sie im Umkreis
schwach markirt sind, und zeigen sie sich am besten an
frischen Exemplaren bei auffallendem Licht. Der Oeso-
phagus, welcher bulbusartig angeschwollen sich in diese
vier Erhabenheiten hineinerstreckt, besteht aus drei in ein-
ander geschobenen Röhren, von denen die äussere mus-
kulös ist, und an der Grenze des zweiten und dritten
1) Syst Helm. II, pag. 285.
2) Versuch einer Monographie der Filarien, pag. 71.
üeber Ichthyonema sanguineum. 127
Diittheils eine ovale Blase einscliHesst, die mittlere die
Mundöffnun^ bildet und die innere die Wandung des
Lumens darstellt. Der Darm endet nicht weit vom
Schwanzende blind und sendet eine strangartige Ver-
längerung an die Muskulatur resp. die Seitenfelder. Am
Schwanzende zeigen sich zwei rundliche Vorragungen,
wie aus der Abbildung ersichtlich ist. Die äusseren Be-
deckungen bestehen aus einer structurlosen Cuticula und
einer sehr viel mächtigeren, rechtwinklig zur Längsaxe
höchst fein gestreiften Cutis. Was die von der Haut
zunächst bedeckten Organe betrifft, so finden sich zwei
breite Seitenfelder, die von in Längsreihen hinter ein-
ander liegenden Zellen gebildet werden, und ein Seiten-
gefäss in ihrer Mitte führen, das auf Querschnitten schlitz-
förmig erscheint. Zwischen diesen Seitenfeldern ver-
laufen parallel mit ihnen oben und unten je zwei Längs-
muskelbündel, welche nach Art der Holomyraier Schnei-
der's aus ungethellten, parallel neben einander verlau-
fenden Muskelfasern bestehen, und nach Innen zu in eine
fein gekörnelte Marksubstanz übergehen; die die beiden
an einander grenzenden Muskelfelder trennende Median-
linie ist verhältnissmässig schmal. Auf Querschnitten
zeigen die einz -inen platten Muskelfasern eine eigen-
thümliche, wellige Structur. Der Querdurchmesser eines
Seitenfeldes verhält sich zu dem eines Muskelfeldes wie
14 : 9. Uebrigens wird die Leibeshöhle ausser dem Ver-
dauungskanal von dem voluminösen, dünnwandigen Ute-
rus ausgefüllt, welcher Eizellen resp. Embryonen ent-
hält und keine Oeffnung nach aussen besitzt; oben und
unten an den beiden Endpolcn treten weit dünnere, cy-
lindrische Gebilde von 3,6 Mm. Länge an denselben her-
an, welche die Ovarien darstellen, und eine feine, struc-
turlose Hüllmembran, sowie eine sich an diese legende keim-
bereitende Schicht zeigen. 0,26 Mm. vom Kopfende ent-
fernt umgiebt den Oesophagus ein deutlicher Nervenring,
der seine Ausläufer an die Muskulatur schickt. Die
innere Auskleidung der Leibeshöhle besteht aus einer
fein granulirten, in der queren Richtung punktirten, hyali-
nen Membran, die grosse ovale Zellen, welche einen Kern
128«' V. Linstowl
mit grossem, glänzenden Kernkörperchen enthalten, so-
wie ausser den Zellen eine Menge glänzender Kerne
führt; diese Membran, die so dünn ist, dass ich sie auf
Querschnitten nicht zur Anschauung bringen konnte, hat
ausserdem in querer Richtung verlaufende bandartige
Verstärkungen, die spindelförmige Zellen mit Kern und
Kernkörperchen enthalten.
Die Weibchen, blutroth von Farbe, bewegen sich
sehr lebhaft; ich fand sie nirgend anders, als in der
Leibeshöhle von Leuciscus rutilus und Abramis brama,
und platzen sie, in Wasser gelegt, sofort, den Darm und
Uterus sowie dessen Inhalt in's Freie ergiessend.
Auffallend war es mir, viele abgestorbene Weibchen,
meistens an der Aussenseite des Darms von Leuciscus
rutilus zn finden; die Structur war meistens noch gut'
erhalten, und besonders deutlich waren mitunter die Em-
bryonen, welche, durch längeres Liegen in Glycerin auf-
geklärt und gequollen, noch völlig deutliche Bilder gaben.
Nicht selten waren diese abgestorbenen Weibchen mit
dem Kopfende in die Darmwandung eingebohrt und in
dieser Stellung fest eingewachsen. Dasselbe erwähnt
V., W illemoes-Suhm von Ichthyonema globiceps.
Das Männchen
ist bisher ganz unbekannt gewesen; es ist winzig klein
im Verhältniss zum Weibchen, bis 2,3 Mm. lang, aber
nur 0,036 Mm. breit, so dass es isolirt mit unbewaffnetem
Auge kaum zu bemerken, von andern Körpern umgeben
aber völlig unsichtbar ist. Das Kopfende ist abgerundet,
etwas knopfförmig verdickt und zeigt keine Pigmentab-
lagerung. Das Schwanzende schliesst mit zwei rund-
liehen Lappen ab, zwischen denen die Spicula heraus-
treten. Diese letzteren sind braun von Farbe, ungleich
lang und in zweifacher Zahl vorhanden, die mit unge-
mein fein zugespitzten Enden, welche neben einander
liegen, nach aussen treten; die Längenverhältnisse sind
0,^4 und 0,197 Mm. An die Girren legt sich ein kurzer,
scheinbar chitinöser Körper mit doppelten Contouren,
der nicht die braune Farbe der ersteren trägt, sondern
lieber Ichthyonema sanguineum. 129
farblos ist, und ein Stützapparat oder eine Verstärkung
derselben zu sein scheint; wenigstens hat er keine freie
Spitze und kann daher nicht als dritter Cirrus aufgefasst
werden. Der Oesophagus, der Darm, der Hoden nebst
Ausmündungsgan^ sind deutlich in dem farblosem Thiere
zu bemerken. Die Muskulatur ist relativ sehr mächtig.
Ich fand das Männchen eingekapselt in der Leibes-
höhle von Leuciscus rutilus. Es lebt in einer 2 Mm. im
Durchmesser haltenden, kugelförmigen Cyste, die im
Vergleich zum Insassen sehr geräumig ist, welcher in
Folge dessen bei seiner grossen Zartheit und Dünnheit
ungemein schwer aufzufinden ist. Die Kapsel ist übrigens
von denen aller bekannten Nematodenlarven dadurch
verschieden, dass sie aus einer sehr feinen, hyalinen,
dicht mit glänzenden Kernen besetzten Membran besteht,
die eine körnige bröcklige Masse einschliesst, und bleibt
der Wurm in dieser so lange unsichtbar, bis die Hüll-
membran gesprengt und er frei herausgetreten ist. Nach
Analogie von Ichthyonema globiceps erwartete ich ein
feines, zwerghaftes Männchen, habe aber eine gewaltige
Menge von Rothaugen, wie hier Leuciscus rutilus genannt
wird, auf's sorgfältigste untersuchen müssen, bis ich den
gehofften Fund wirklich machte.
Entwicklungs- und Lebensgeschichte.
Die Eizellen, ihre Veränderungen bis zur Embryo-
nalbildung und die Embryonen entsprechen so voll-
ständig denen von Ichthyonema globiceps, wie v. Wille-
moes-Suhm angiebt, dass ich auf dessen Beschreibung
verweisen kann. Die Eizellen, kuglig von Gestalt, haben
0,028 Mm. im Durchmesser, der Kern 0,015 und das
stark lichtbrechendc Kernkörperchen 0,005 Mm. Der
Kern entspricht dem Bildungsdotter und er allein geht
die Furchung ein. Die Embryonen erinnern an die von
CucuUanus elegans und „Filaria^ medinensis; sie sind
vorn abgerundet, haben einen langen, allmählich fein zu-
gespitzten Schwanz und sind am Kopfende 0,026 Mm.
dick, die Länge beträgt 0,5 Mm. Die sie umhüllende
Cutis ist derbe. Sie können frei im Wasser leben.
Archiv f. Naturg. XXXX. Jalirg. 1. Bd. 9
ISO V. Liiistow:
Diese letztere Eigenschaft, sowie der Umstand, dass sich
die Embryonen häufig mit den langen, pfriemenförmigen
Schwänzen . gegenseitig in einander verwickeln, findet
sich ebenfalls bei Cucullanus elegans wieder, die Lebens-
fähigkeit im Wasser auch bei „Filaria" medinensis.
Bei weitem die grösste Mehrzahl der Weibchen
ist unbefruchtet, was auf eine grosse Seltenheit der
Männchen schliessen lässt; in diesen Exemplaren ist der
Uterus prall mit den beschriebenen Eizellen gefüllt.
Da eine Vulva fehlt, so scheint mir die Befruchtung
nur in der Weise möglich zu sein, dass das Männchen
sich mit seinen Endlappen an eine beliebige Stelle des
weiblichen Körpers legt, und die nadelspitzen Spicula
in den letzteren einbohrend, den Samen einfliessen lässt.
Die Befruchtung der Eizelle kann nur im Uterus erfolgen,
und dieser füllt den Leibesraum so aus, dass er jedesmal
getroffen wird, man mag den Körper anstechen, wo man
will.
Ueber die weitere Entwicklung habe ich folgende
Vermuthungen. Die Embryonen können nicht von selbst
den mütterlichen Körper verlassen, einmal, weil die
natürliche Oeffnung fehlt und ferner habe ich, wie be-
reits erwähnt, abgestorbene Weibchen mit ebenfalls ab-
gestorbenen, völlig entwickelten Embryonen strotzend
gefüllt, gefunden. Die weitere Entwicklung dürfte daher
durch ein Auswandern des Weibchens vermittelt werden.
Der natürlichste Weg scheint der zu sein, dass ein be-
fruchtetes Weibchen die W^and des Darms durchbohrend
in diesen hinein und von da mit den Excrcmenten in's
Wasser gelangt, wo es dann sofort platzt und das Heer
der Embryonen, die im Wasser leben können, in Frei-
heit setzt. Die abgestorbenen, mit dem Kopfende in
der Darmwand verwachsenen Weibchen werden auf
diesem Wege begriffen, aber vor der Vollendung ge-
storben sein ; vielleicht setzen sich dem völligen Durch-
bohren zu grosse Hindernisse in den Weg. Die beiden
von Rudolphi gefundenen Exemplare sind auch ohne
Zweifel auf dem Wege der Auswanderung begriffen;
das eine fand sich in der Schwanzflosse von Carassius
lieber Ichthyonema sanguineum. 131
vulgaris eingeschlossen, während das andere aus der-
selben mit beiden Enden hervorragte, die im Wasser
geplatzt waren und die inneren Theile sowie zahlreiche
lebende Embryonen in's Wasser gelangen Hessen.
Ein Zwischenwirth wird nun von den im Wasser
fortschwimmenden Embryonen ohne Zweifel aufgesucht,
und will ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen,
dass ich eine Nematodenlarve mit einer den Embryonen
von Ichthyonema sanguineum gleichenden Körperform
uneingekapselt in der Leibeshöhle von Asellus aqiiaticus
gefunden habe. Das Thier ist 0,6 Mm. lang und 0,033 Mm.
breit. Das rund abgestutzte Mundende scheint einen
kleinen seitlich stehenden Bohrzahn zu tragen, nur ist
das Schwanzende verhältnissmässig viel kürzer als bei
den genannten Embryonen, und kann ich übrigens mit
Gewissheit nur das constatiren, dass das Thier seiner
Muskulatur nach zu den Holomyariern gehört.
Uneingekapselt leben bekanntlich die Larven von
Mermis und Gordius auch, sowie von Cucullanus elegans
und „Filaria*' medinensis. Diesen genannten Geschlechtern
und Arten sowie Sphaerularie fehlt bekanntlich, mit
Ausnahme von Cucullanus, auch der After, was für Ich-
thyonema sanguineum bei dem Aufenthalt in der Leibes-
höhle der Fische nur als eine zweckmässige Einrichtung
angesehen werden kann, denn wohin sollten die Excre-
mente auch gelangen ohne das Peritoneum des Wohn-
thiers zu reizen ! — Durch den Aufenthalt in der Leibes-
höhle ist auch das häufige Vorkommen von abgestorbenen
Exemplaren erklärt, bei Darmbewohnern wird man
solche kaum finden, da sie mit den Excrementen nach
aussen befördert werden.
lieber die Girren des Männchens von Ichthyonema
globiceps herrscht bei den Autoren keine üeberein-
stimmung. Wagener, der erste Beobachter, sagt ^) :
„Der Penis ist einfach; sein im Leibe des Thieres be-
findliches Ende ist in drei Muskelfortsätze gespalten,
1) Natuurkundige Verhandelingen XIII, pag. 4, tab. XXXVI,
Fig. 14.
132 V. Linstow:
welche nicht in einer Ebene liegen, vielmehr würden sie
in ihrer Lage zu einander den Kanten eines Tetraeders
entsprechen.^ Aus seiner Abbildung indessen entnehme
ich mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass es sich hier
um zwei gleichlange Girren handelt, die zufällig mit der
Spitze an einander liegen; der dritte „Muskelfortsatz"
aber dürfte meinem Stützapparat entsprechen. Schnei-
der giebt ^) als Gattungsmerkmal für Ichthyonema an:
„Holomyarier, Seitenfelder, Hauptmedianlinien, kein After,
zwei ungleiche Spicula, Schwanzende des Männchens
abgestumpft"; dagegen steht 2) in der Artbeschreibung
für Ichthyonema globiceps ; „Ein Spiculum." Die Ab-
bildung zeigt auch zwei Spicula von derselben Formation
wie die von Wagner abgebildeten, und den Stützappa-
rat. V. Willemoes-Suhm ^) endlich erkennt die drei
Muskelgebilde Wagener's als Ghitinkörper, und be-
merkt, dass das Spiculum sich an der Spitze gabiig
theilt; seine Abbildung stimmt übrigens genau bis auf
den letzteren Punkt mit der der beiden erstgenannten
Forscher.
Bei Ichthyonema sanguineum glaubte ich auch erst
ein Spiculum mit drei ungleich langen Wurzeln vor
mir zu haben, sah aber bald, dass die Spitze zweitheilig
war, und wenn ich nun das Deckglas etwas verschob,
so dass sich der Schwanztheil etwas um seine Längsachse
drehte, sah ich, dass die zwei Spicula vollständig getrennt
waren, und sich oft in der Lage _kreuzten ; somit glaube
ich, dass auch Ichthyonema globiceps zwei Spicula be-
sitzt wegen der sonstigen auffallenden Aehnlichkeiten
der beiden hier besprochenen Arten, und widersprechen
die drei citirten Abbildungen dieser Annahme nicht.
Gattungsmerkmalc von Ichthyonema.
Holomyarier; Seitenfelder, Hauptmedianlinien; im
i) Monographie der Nematoden, pag. 30.
2) ibid. pag. 176, tab. XII, Fig. 11.
3) 1. c. pag. 23. tab. XIV, Fig. 5.
Ueber Ichthyonema sanguineum. 138
hinteren Drittel des Oesophagus eine Blase; Darm ohne
Muskulatur, kein After; MundöfPnung dreieckig, Oeso-
phaguslumen oben trichterförmig erweitert ; um die Mund-
öffnung herum vier flache, kreisförmige Erhabenheiten.
Beim Weibchen füllt der Uterus fast die ganze Leibes-
höhle aus; oben und unten setzt sich an ihn je ein weit
dünneres Ovarium ; keine Vulva. Die reifen Eier stellen
Zellen mit Kern und Kernkörperchen dar; der Kern
geht eine Furchung ein und entspricht dem Bildungs-
dotter der Trematoden ; die Embryonen sind vorn rund-
lich und hinten lang und fein zugespitzt; sie können im
Wasser leben, während die erwachsenen Weibchen im Was-
ser platzen ; letztere sind roth von Farbe und haben ein ab-
gerundetes Schwänzende. Das Männchen ist V33 — V20 so
lang als das Weibchen ; der Schwanz endet mit zwei
rundlichen Lappen; Girren doppelt mit einem Stütz-
apparat. Sie bewohnen Fische.
Sehr naturgemäss hat Schneider Ichthyonema
zwischen Gordius, Mermis und Sphaerularia einerseits
und die Trichotrachelidcn andererseits gestellt; die
Aehnlichkeit mit den ersteren Gattungen liegt besonders
im Fehlen des Afters, die beiden runden Lappen am
Schwanzende des Männchens erinnern sehr an die ana-
logen Bildungen am Schwanzende vieler männlicher
Trichosomen-A rten.
Die Gattung Ichthyonema schliesst sich übrigens
hinsichtlich der Formation des Uterus, der Ovarien, der
Eier, der Embryonen, des Fehlens der Vulva und des
Anus genau an „Filaria" medinensis an.
Artunterschiede zwischen
Ichthyonema globiceps und Ichthyonema sanguineum.
Weibchen 200 Mm., Mann- Weibchen 40 Mm., Männ-
chen 6 Mm. lang. chen 2 Mm. lang.
Männchen am Kopfende Männchen ohne Pigment
pigmentirt. am Kopfende.
Männchen mit zwei gleich- Männchen mit zwei ge-
134 V. Linstow: lieber Ichthyonema sanguinea.
langen Girren (? getrennt trennten ungleichlangenCir-
oder in der Mitte verwach- ren.
sen.)
Medianlinien breit. Medianlinien schmal.
Der Biidungsdotter hat Der Bildungsdotter hat
den vierten bis fünften mehr als die Hälfte des
Theil des Durchmessers Durchmessers der Eizelle,
der Eizelle.
Wohnt in Uranoscopus Wohnt in Carassius vul-
scaber: Ovarium, Darm- garis (— Leuciscus gibelio),
canal; Gallenblase. Leuciscus rutilus, Abramis
brama, ? Galaxias scriba:
Leibeshöhle, Flossen.
Erklärung der Abbildungen auf Taf. IV, Fig. 1-9.
(Eine Darstellung der Eientwicklung, der Embryonen, des
Uterus, der Ovarien, des Nervenringes habe ich unterlassen, da die
genannten Organe so vollständig mit Ichthyonema globiceps über-
einstimmen, dass meine Zeichnungen nur den Werth von Copieen
von denen v. Willemoes-Suhm's haben würden.)
Fig. 1. Durchschnitt durch ein unbefruchtetes Weibchen.
a. Cuticula, f. Seitenfeld.
b. Cutis. g. Seitengefäss.
c. Medianlinie. h. Uterus mit Eizellen.
d. Muskel. i. Darm.
e. dessen Marksubstanz.
Fig. 2. Kopf mit Mundöffnung und vier Papillen.
Fig. 3. Schv^ranzende des Weibchens.
Fig. 4. Schwanzende des Männchens.
a. die beiden Spicula. b. Stützapparat.
B'ig. 5. Die hyaline Membran zwischen Marksubstanz der Muskeln
und Seitenfelder einerseits und Darm und Uterus anderer-
seits, a. Verstärkungsband.
Fig. 6. Unbefruchtete Eizelle, a. Kern (Bildungs- oder Furchungs-
dotter), b. Kernkörperchen.
Fig. 7. Muskel im Querschnitt.
a. Cuticula. c. Muskel.
b. Cutis. d. Marksubstanz.
Fig. 8. Theil eines Ovariums.
a. Hüllmembran, b. keimbereitende Schicht, c. Eikeime.
Fig. 9. Muskel und Haut, ersterer ohne Marksubstanz, von der
Fläche und zwar von der Innenseite gesehen, nach rechts
hin abgeschärft, a. Muskeln, b. Cutis, c Cuticula.
[leber die Miiskuiatar^ Haut nnd Seitenfelder von
Filaroides Nustelarum van Ben.
Von
Dr. TOD Linstow
in Ratzeburg.
Hierzu Taf. IV, Fig. 10—12.
In meiner Beschreibung dieses Nematoden habe ich
irrthümlich angegeben, dass die Gattung Filaroides zu
den Merorayarieen im Seh nei der'schen Sinne gehöre,
während die Muskulatur völlig mit den Polvmyariern
übereinstimmt. Man findet bei Durchschnitten schmale
Medianlinien und sehr breite Seitenfelder, welche ein ge-
schlängelt verlaufendes Gefäss in sich einschliessen. Der
Querdurchmesser eines Seitenfeldes verhält sich zu dem
eines Muskelfeldes wie 11 : 10.
Die Muskclstränge, die nicht von dem einen Ende des
Thieres zu dem andern ununterbrochen verlaufen, sondern
von nicht grosser Länge sind und spitzwinklig enden,
also von spindelförmigem Längsschnitt sind, zeigen einen
eigenthümlichen Querschnitt, der aus der Abbildung er-
sichtlich ist, und sehr an dem Muskehjuerschnitt von
Filaria radula (Schneider, Monographie der Nematoden
Tab. XVII, Fig. 6) erinnert.
Auffallend dick ist die Cutis; sie besteht aus einer
inneren, mächtigen, fein punktirten und zwei äusseren,
dünneren hyalinen Schichten. Eine feine Cuticula um-
kleidet sie von aussen.
136 V. Linstow: Ueb. d.Muskul., Haut u. Seitenfelder v. Filaroides.
Trotz dieser mächtigen Cutis und obgleich das
Thier in lufthaltigen Organen seines Wirthes lebt, ist es
doch nicht luftbeständig, sondern trocknet an der Luft
bald ein.
Die Bewegung ist entsprechend der winzigen Mus-
kulatur fast null.
Erklärung der Abbildungen auf Taf. IV. Fig. 10—12.
Fig. 10. a. Theil des Seitenfeldes.
b. Seitenlinie.
c. Gefäss.
Fig. 11. Durchschnitt.
a. Cnticula.
b. Cutis.
c. Medianlinie*
d. Muskelstrang.
e. Marksubstanz.
f. Seitenfeld.
g. Gefäss.
h. Darm.
Fig. 12. Einzelne, stärker vergrösserte Muskelstränge.
Beiuerkungen aber HaeckeFs Gastraea-Theorie.
Von
Dr. W. Salensky^
Prof. in Kasan.
Hierzu Tafel V.
Haeckel's Untersuchungen über die Kalkschwäm-
me, welche in seiner vortrefflichen Monographie zu-
sammengestellt sind, haben ihn zu einer Theorie geführt,
welcher er eine grosse Bedeutung für die Auffassung
der phylogenetischen Verhältnisse der Thier-Typen zu-
schreibt und als Gastraea-Theorie bezeichnet. Zuerst
wurde diese Theorie in dem entwiekelungsgeschichtiichen
Theile der Monographie in ihren Hauptzügen dargestellt,
später hat aber Ha e ekel einen besondern Aufsatz dar-
über publicirt und sie viel ausführlicher und in Beziehung
zu der Keimblättertheorie auseinandergesetzt i).
In ihren Hauptzügen kann diese Theorie kurz zu-
sammengefasst werden. Sie besteht nämlich hauptsäch-
lich darin, dass in der ontogenetischen Entwickelung
aller Repräsentanten der verschiedenen Thierstämme
eine Embryonalform vorkommt, die eine länglich ovale
Gestalt besitzt, aus zwei Schichten (Exoderm und Ento-
derm) besteht und eine Höhle, die Magenhöhle, einschliesst.
1) Haeckel, die Gastraea-Theorie, die phylogenetische Classi-
fication und die Homologie der Keimblätter.
138 Salensky:
Eine so gebaute Larve hat Haeckel bei den Kalk-
schwämmen entdeckt und dieselbe „Gastrula^ genannt.
^Aus der Identität der Gastrula bei Repräsentanten
der verschiedensten Thierstämme, von den Spongien bis
zu den Vertebraten^, schliesst Haeckel „nach dem bio-
genetischen Grundgesetze auf eine gemeinsame Descen-
denz der animalen Phylen von einer einzigen unbekann-
ten Stammform, welche im Wesentlichen der Gastrula
gleichgebildet war: Gastrea ^)".
In der Monographie der Kalkschwämme führt
Haeckel indessen nur wenige Thatsachen als Beweis
für seine Theorie an. Er bezeichnet nur einige Thiere,
bei welchen nach seiner Meinung diese Form im Cyclus
der embryonalen Formen eintritt. Man dürfte natürlich
erwarten, dass in dem dieser Theorie speciell gewidme-
ten und später erschienenen Aufsatze solche Thatsachen
genau aufgeführt werden. Aber das ist durchaus nicht
der Fall. Das einzige, was für die thatsächliche Be-
gründung der Gastraea-Theorie von Seite Haeckel's
gethan wurde, ist, dass er acht zum Theil schematische
Abbildungen giebt und bei einigen Typen noch einige
Thiere erwähnt, bei welchen das Gastrulastadium auch
vorkommen soll (vergl. „Die Kalkschwämme*' Bd. I. S. 467
und „Die Gastraea Theorie" etc. S. 18). Solche neuen
Beiträge zu den in der Monographie der Kalkschwämme
bezeichneten Thatsachen beziehen sich auf verschiedene
Thiertypen. Ich erlaube mir diese Beiträge mit den Ci-
taten für die leichtere Orientirung anzuführen. Unter
den Würmern soll das Gastrulastadium nach der Mono-
graphie: bei Phoronis, Sagitta, Euaxes, Ascidia etc., nach
der Gastraea-Theorie: bei den Plattwürmern (Turbellarien
und Trematoden), Rundwürmern (Nematoden, Sagitten),
bei den Bryozoen und Tunicaten, bei den Gephyreen
und Anneliden (Phoronis, Euaxes, Lumbricus, Chaeto-
poden) vorkommen. Unter den Echinodermen führt
Ha eck el in der „Gastraea-Theorie'^ ausser den Ästenden
die Holothurien an. Ueber die Arthropoden sagt er in
1) Haeckel, die Kalkschwämme Bd. I. S. 467.
BemerkuDgen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 139
der Monographie; „Embryonal formen, welche aus der
Gastrula ohne Schwierigkeiten abzuleiten sind, finden
sich auch bei den Arthropoden" (Crustaceen sowohl als
Tracheaten). In der „Gastraea-Theorie" gibt er die Ab-
bildung von einer, aus der frühesten Entwickelungsform
des Nauplius reducirten, Gastrula. Bei den Mollusken
beschränkt sich in der Monographie die Gastrula nur
auf die Entwickelung des Limnaeus, in der „Gastraea-
Theorie" scheint „die Gastrula in den Classen der
Muscheln und Schnecken sehr verbreitet zu sein." Bei
den Vertebraten führt Haeckel in beiden Werken nur
den Amphioxus an, obgleich er bemerkt, dass „die Con-
tinuität, welche zwischen der Ontogenie des Amphioxus
und der übrigen Wirbelthiere existirt, keinen Zweifel
darüber bestehen lasse, dass auch die Vorfahren der
letzteren in früheren Zeiten der Erdgeschichte im Be-
ginne ihrer Ontogenese die Gastrula durchlaufen haben."
Das lässt sich natürlich durch die Thatsachen nicht be-
weisen.
Wenn die Theorie richtig ist, so muss sie mit den
Thatsachen im Einklänge stehen und dieselben erklären.
Wenn sie eine so grosse Bedeutung für die Erklärung
des phylogenetischen Zusammenhanges der Thiere hat;
so muss Folgendes erwartet werden: 1. dass das Ga-
strula-Stadium in der ontogenetischen Entwickelung der
Thiere wirklich sehr oft auftritt; oder wenn es nicht
so allgemein verbreitet ist, wenn es z. ß. in der Onto-
genie einiger Thiere übersprungen wäre, so müssten doch
einige darauf folgende Erscheinungen und die Analogien
in der Entwickelung verschiedener Thiere uns schon
zeigen, dass dieses Stadium mit Gewissheit einst existirte
und nur übersprungen worden ist. 2. Wenn die Theorie
eine solche Bedeutung für die Erklärung der wahren
Deutung der ontogenetischen Sinne hat, so muss die
Entwickelung derjenigen Thiere, bei denen das Gastrula-
stadium als solches nicht vorkommt, von diesem abge-
leitet und erklärt werden, denn die Bedeutung der Ga-
straea-Theorie wird durchaus nicht nur dadurch bewiesen,
dass wir bei einigen Repräsentanten der verschiedenen
140 Salensky:
Tliier-Typen das Gastrulastadium auffinden. Die Forde-
rungen an die Gastraea-Theorie müssen also bestehen:
1) in der thatsächlichen Begründung des Vorkommens
des Gaslrulastadiums in der Ontogenie verschiedener
Thiere ; 2) in dem thatsächlichen Beweise der Bedeutung
desselben für die Erklärung der ontogenetischen Erschei-
nungen. Wäre das der Fall^ so müssten alle complicirten
Erscheinungen, welche wir durch die Beobachtungen
kennen lernen, viel bessere Erklärung in dieser Theorie
finden, als in der früherer Anschauungen.
Zuerst wenden wir uns zu den Thatsachen, welche
nach Ha e ekel das Vorkommen des Gastrulastadiums in
verschiedenen Thierstämmen beweisen sollen.
I. Thatsächliche Begründung der
Gastraea-Theorie.
Die Gastraea ist von Haeckel mit folgenden
Worten definirt; „die Gastraea ist ein kugeliger oder
länglichrunder Körper mit Magenhöhl e und Mund-
öffnung, dessen Magenwand aus zwei differenten
Zellen schichten gebildet wird, aus dem inneren nicht
flimmernden Gastral-Blatt oder Entoderm und aus dem
äusseren flimmernden Dermalblatt oder Exoderm.^ Diese
Definition ist so klar und deutlich, dass wir gleich das
Gastrulastadium , wenn solches in der Ontogenie eines
Thieres existirt, erkennen können.
Beginnen wir nun unsere üebersicht der embryo-
logischen Thatsachen mit der Ontogenie der Co el en-
ter aten. Dass hier das Gastrulastadium ein ungemein
verbreitetes Vorkommen hat und eine sehr wichtige Rolle
spielt, geht schon daraus hervor, dass die Coelenteraten
(Hydroidpoljpen, Schwämme) sogar in ihrem ausgebilde-
ten Zustande sehr wenig von der Gastraeaform abweichen.
Es zeichnen sich aber schon in diesem Thier-Typus die
Ctenophoren von den übrigen Coelenteraten durch einige
sehr wichtige embryologische Erscheinungen aus, indem
bei diesen nach den bekannten Untersuchungen von K o-
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 141
walevskv^) das Gastrovascularsystem zuerst in Form
eines soliden Zellenstranges oder eines Cjlinders aus dem
Exoderm entsteht, welcher erst später, wenn die Meridio-
nalreifen schon angelegt sind, eine Höhlung bekommt.
Die sehr wichtige Störung, weiche dieser Fall der Ga-
straea-Theorie entgegenstellt, besteht darin, dass er sich
nicht auf einen der beiden von Ha e ekel berührten Ent-
stehungsmodus der Gastrula zurückführen lässt und dass
hier ein Gastrulastadium nicht existirt.
Würmer. „Im Stamme der Würmer findet sich
die Gastrula (der sogenannte „infusorien-artige Embryo*^)
bald in ganz derselben, bald in mehr oder minder modi-
ficirter Form bei den Plattwürmern (Turbellaria und
Trematoden), bei den Rundwürmern (Nematoden, Sagitta),
bei den Bryozoen, Gephyreen und Anneliden (Phoronis,
Euaxes, Lumbricus, Chaetopoden).*^
Schon daraus, dass man unter den sogenannten „in-
fusorienartigen Embryonen^ Embryonen mit sehr ver-
schiedener Organisation versteht, kann man von vorn
herein vermuthen, dass in einigen Fällen diese Em-
bryonen der Gastrula ähnlich, in anderen unähnlich sind.
Solche Verschiedenheiten ergeben sich oft zwischen den
Embryonen einer und derselben Classe der Würmer
z. B. zwischen den verschiedenen Trematoden. Bei
einigen der digeneen Trematoden hat man im embryo-
nalen Zustande den Mund und Darmkanal nachgewiesen,
bei den anderen (den meisten) nicht. In den späteren
Stadien der Entwickelung unterscheidet man bekanntlich
nach diesen Kennzeichen die Redien von den Sporocysten.
Die Entwickelung der monogenen Trematoden ist so
wenig bekannt, dass wir bis jetzt .nicht im Stande sind,
nach den ermittelten Thatsachen zu sagen, ob bei diesen
Thieren ein Stadium existirt, welches der Gastraea ähn-
lich ist, oder nicht. Die ausführlichsten Untersuchungen
1) Meraoires de l'Acad. Imp. de St. Petersbourg T. X.
2) Leuckart, die menschlichen Parasiten Bd. I. S. 491.
142 Salensky:
in dieser Beziehung, welche von E. van Beneden *),
Zeller 2) und Willemoes-Suhm 3) herrühren, geben
so wenig über die embryonale Entwiekelungsgeschichte
dieser Tremaioden an, dass wir aus denselben nur die
Thatsache erfahren, dass die Thiere beim Auskriechen
aus der Eihülle alle Organe (ausser den Geschlechtsor-
ganen) bereits besitzen.
Von der embryonalen Entwickelung der Turbel-
larien wissen wir auch sehr wenig, und was in dieser
Beziehung bekannt ist beweist nicht, dass diese Thiere
ein Gastrulastadium durchlaufen. Es sind bis jetzt meines
Wissens nur zwei Untersuchungen vorhanden, welche
eingehend und ausführlich die Embryologie und nament-
lich die Entstehung der Organe der Turbellarien dar-
stellen. In den Untersuchungen von E. v. Beneden
(Recherches etc.) ist hauptsächlich der Furchungsprocess
berücksichtigt. Die beiden anderen Untersuchungen
rühren von Kef er st ein ^) und Knapp er t ^) her. Nach
diesen letztern durchläuft die Dottermasse die Furchung
und schichtet sich sodann in eine centrale und periphe-
rische Lage, von denen die letztere durch abermah'ge
Spaltung ein animalisches Blatt liefert, das sich in die
Leibeswand mit Muskelschicht und Epithelien verwandelt
und ein vegetatives, das sich zur Darmhaut entwickelt.
Von der Entstehung der Mundöffnung und Darmhöhle
findet sich in dieser Schrift wenig. Die Untersuchungen
von Kefer stein stimmen mit den Knapper t'schen
ziemlich überein, indem der erste auch die Körperwand
und die Darmwand durch Spaltung einer Schichte, der
1) E. V. Beneden, Recherches sur la comp, et la signif. de
l'oeuf in Mem. couronnees publ. var. PAcad. royale de Belgique
T. XXXIV.
2) 1. c.
3) Zeitschr. für wiss. Zoologie Bd. XXII.
4) Keferstein, Beiträge zur Anatomie und Entwiekelungsge-
schichte einiger Seeplanarien von S. Malo 1868.
5) Knappert Embryogenie des Planaires d'eau douce, in
Archiv es neerlandaises de Sc. exact. etc. Diese Arbeit ist mir nur
aus den Berichten von Keferstein und Leuckart bekannt.
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 143
oberen Schichte, entstehen lässt. Es scheint mir aber,
dass bei den Turbellarien mit grosser Gewissheit das
Gastrulastadium deswegen vermuthet werden kann, weil
sie im ungeschlechtsreifen Zustande sehr wenig in ihrer
Organisation von dem Gastriilatypus abweichen.
Anders ist es bei den Nemertinen, bei welchen, durch
ausgezeichnete Untersuchungen von Mecznik off i), die
frühesten Entwickelungsvorgänge aufgeklärt sind. Wir
erfahren aus diesen interessanten Untersuchungen ausser-
dem die wichtige Thatsache, dass die Larve in Form
einer einschichtigen Blase ausschlüpft und ein freies
Leben führt. Nach ihm entsteht aus dem Eie der Ne-
mertine zuerst eine einschichtige Blase, die sich mit Ci-
lien bedeckt und dann aus dem Eie ausschlüpft. An
dieser einschichtigen Blase entsteht dann eine Einstülpung,
welche später in zwei Theile: den Vorderdarm und den
Magen sich differenzirt. Wir haben hier also einen Ga-
strulazustand. Die Nemertinen müssen aber von den
übrigen Turbellarien abgetrennt werden, da sie zu den
Coelomati, jene aber zu den Acoelomi gerechnet werden
müssen.
Ob bei den Nematoden eine Gastrulaform in der
Ontogenie cxistire, das ist nicht bewiesen. Aus den
Untersuchungen von Leuckart^) kann man ein solches
Stadium bei Strongylus filaria und Cucullanus vermuthen.
Bei allen Nematoden bildet sich nach dem Abschluss
des Furchungsprocesses ein aus zwei Schichten bestehen-
der Embryo. Aus der äusseren Schichte bildet sich die
Körperwand, aus der inneren der Darm. Die Entstehung
der Darrahöhle fällt in die Zeit der Ausbildung der
Leibeshöhle.
Die Untersuchungen von Kowalevsky über die
1) Memoires de l'Academie Imp. de S. Petersbourg T. XIII.
2) Leuckart, die menschlichen Parasiten Bd. II. Lief. I.
S. 93. E. V. Ben e den (Recherches etc. S. 102) nimmt die innere
opake Masse des Embryos als Nahrungsdotter an; dies scheint mir
durchaus nicht bewiesen zu sein.
144 Salensky:
Embryologie der Sagltta ^) stellen ohne Zweifel fest,
dass bei diesena Wurme ein üastrulastadium in der Em-
bryologie angenommen werden kann.
Die Angabe Haeckel's es komme bei den Bryo-
zoen ein Gastrulastadium vor, stimmen mit den be-
kannten Untersuchungen nicht überein. Aus den Unter-
suchungen von Nitsche 2), Claparedc 3) und Mecz-
nikoff ist bekannt geworden, dass wenigstens bei den
Bicellarien, Bugula, keine Magenhöhle in der Larve ge-
bildet wird. Ueber die embryonale Entwicklung der
Cyphonautesähnlichen Larven, welche bekanntlich einen
Darmkanal besitzen, haben wir keine Angaben. In der
postembryonalen Entwickelungsgeschichte der Bryozoen,
welche überhaupt besser erforscht ist, als die embryonale,
findet man auch keinen Zustand, welcher mit dem Ga-
strulazustand irgend eine Aehnlichkeit hätte. Bekannt-
lich bildet sich hier der Darmkanal (Polypid) in einer
von den übrigen Thieren sehr abweichenden Weise aus.
Aus der Classe der Gephyreen, wenn man Pho-
ronis zu denselben rechnet, ist bei diesem Wurme ein
Gastrulastadium vorhanden.
Die Angabe Haeckel's, dass auch Euaxes in
seiner Ontogenie eie Gastrulastadium durchlaufe, ist ent-
schieden nicht richtig. Die ausgezeichneten Unter-
suchungen von Kowalevsky, auf welche Haeckel sich
bezieht, beweisen es am besten. Aus der Embryologie
der Oligochaeten erfährt man auch, dass Fälle vorkommen
können, wo in einer ^nd derselben Thiergruppe ein
Thier ein entschiedenes Gastrulastadium in seiner Onto-
genie durchläuft, ein anderes nicht. Diese Thatsache
beweist schon zu Genüge, dass man bei der Begründung
der Gastraea-Theorie durchaus nicht nur mit einigen Re-
präsentanten der Thiertypen sich begnügen konnte. Die
beiden Oligochaeten, welche Kowalevsky zum Gegen-
1) Embryologische Stadien an Würmern und Arthropoden in
Mem. de l'Aead. Imp. de St. Petersb. T. XYI.
2) Zeitschr. f. wiss. zool. Bd. XX.
3) ebendas. Bd. XXI.
Bermerkuiigen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 145
stand seiner Untersuchungen gewählt hat, Euaxes und
Lurabricus (die Ontogenie des Tubifcx ist gleich der
des Euaxes) zeigen sehr wesentliche Unterschiede in
ihren ersten embryonalen Stadien. Bei Euaxes geschieht
die Furchung in der Weise, wie es für einige Würmer
und Mollusken sehr characteristisch ist. Nach der ersten
Zelltheilung bilden sich 4 grosse Furchungskugeln, auf
denen bald ein Haufen von kleineren zum Vorschein
kommt. Die ersteren bilden später den Darmdrüsen-
keim (Entoderm), die letzteren das Hautblatt. Zwischen
diesen beiden Anlagen der Keimblätter entsteht sogleich
eine dritte Zellenlage, welche das mittlere Keimblatt
bildet. Daraus ergiebt sich, dass beim Euaxes kein Sta-
dium vorkommt, welches mit der Gastraea irgend eine
Aehnlichkeit hätte und dass dasselbe sogar nicht vor-
kommen kann, weil die Gastrula nur aus zwei Schichten
bestehen soll. Hier aber sind schon vor dem Ende des
Furchungsprocesses alle drei Keimblätter angelegt. Beim
Lumbricus aber, der dem Euaxes systematisch sehr nahe
steht, kommt ein Gastrulastadium vor.
In der Ontogenie der Chaetopoden scheint ein
Gastrulastadium gar nicht aufzutreten. Aus den Unter-
suchungen von Claparede und Meczniko.ff ^) ergiebt
sich, dass nach der Furchung des Chaetopodeneies sich
ein, aus zwei Keimblättern bestehender, Embryo bildet,
welcher bald die Wirapergürtel, oder Wimperbüschel
etc. bekommt und dann, ohne die Magenhöhle zu be-
sitzen,- das Ei verlässt. Darauf bilden sich am Embryo
die Augen, difierenziien sich die Körpersegmente und
schliesslich entsteht die Magenhöhle mit der Mund- und
AfteröfFnung. Das letztere geschieht also nach der Zeit,
wenn schon der Embryo seine Larvenorgane längst be-
sitzt. (Spio fuliginosus, Lumbriconereis sp. ? Dasychone
lucullana.)
Ich brauche kaum zu erwähnen, dass Ascidien in
1) Claparede und Mecznikoff, Beiträge zur Erkenntniss
der Entwickelungsgeschiehte der Chaetopoden in Zeitschr. f. wiss.
Zool. Bd. XIX. S. 169, 182 und 197.
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. l.Bd. 10
146 Salensky:
ihrer Ontogenie ein Gastrulastadmm durchlaufen. Es ist
durch wohlbekannte Untersuchungen von Kowalevsky
vollständig bewiesen. Nach dieser Betrachtung des
Stammes der Würmer können wir das Gastrulastadium
mit Gewissheit nur bei 8agitta, Phoronis, Lumbricus,
Ascidia und Nemertinen auffinden. Bei den anderen
Würmern ist die Existenz des Gastrulastadiums durch
embryologische LFntersuchungen durchaus nicht bewiesen.
Wir haben gesehen, dass in der Ontogenie der meisten
Tiematoden, wahrscheinlich der meisten Nematoden,
ßryozoen, des Euaxes und der Chaetopoden es nicht auf-
tritt. Vielleicht könnte man zu den Würmern, welche
das Gastrulastadium durchlaufen noch den Blutegel zählen
(Leuckart, Die menschlichen Parasiten, Bd. T. S. 689).
Bevor wir zu den anderen Thier-Typen übergehen,
müssen wir zuerst eine wichtige Erscheinung berück-
sichtigen, welche für die richtige Beurtheilung der fac-
tischen Beweismittel eine grosse Bedeutung hat. Es
ist nämlich der Entstehungsweise der Mundöffnung und
des Vorderdarms zu erwähnen, bei welcher Erscheinungen
hervortreten, welche zu der Annahme eines Gastrula-
stadiums in solchen Fällen führen könnten, in welchen
dasselbe in der That nicht existirt. In der Ontogenie
aller Thiere (ausgenommen der Spongien, einiger Coe-
lenteraten und Würmer) entsteht die Mundöffnung als
eine Einstülpung des oberen Keimblattes und zwar zu-
erst in Form eines hinten geschlossenen Röhrchens,
welches sich nur sehr spät (in manchen wenn nicht in
allen Fällen nach der Bildung des Afters) in die später
sich bildende Darmhöhle öffnet. Ich erwähne dies nur
darum, weil diese Mundeinstülpung in einigen Fällen
mit der Einstülpung des oberen Keimblattes des Am-
phioxus, der Ascidien und anderer Thiere verwechselt
werden kann, welche zur Bildung der Magenhöhle führt.
Beide Vorgänge sind aber wesentlich verschieden. Die
Einstülpung bei dem Amphioxus und anderen ist ein
Vorgang, mit dem beide Keimblätter eine bestimmte
Form und Lage bekommen und die Darmhöhle gebildet
wird; zur Zeit derjenigen Einstülpung dagegen, welche
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 147
zur Bildung des Vorderdarms und der Mundöffnung
führt, haben die beiden Keimblätter ihre Form und Lage
schon längst bekommen; durch diese letztere Einstülpung
bildet sich nur der Vorderdarm, resp. Oesophagus, Kau-
magen etc. Allerdings hat Ha eck ei diesen Umstand be-
rücksichtigt, indem er sagt, dass die Mundöffnungen der
Vertebraten, der Arthropoden, der Echinodermen (man
kann dazu auch die Mollusken zählen) eigenthümliche
Neubildungen und sicher nicht dem ürmund homolog
seien. Die Verwechselung scheint mir aber von Ray
Lancaster ^) gemacht, indem er bei Gelegenheit der
Besprechung der Entwickelungsgeschichte der Nudi-
branchiaten sagt: „and ils (the invagination or in pushing
of cells at one pole, just as Kowalevsky has drawn it
in Amphioxus and Phalusia) occurence in a similar stage
in certain marine Lamellibranchs is char from Loven's
admiralle figures, though he has mistaken its significance.^'
Nach den Angaben von Loven und nach den Abbil-
dungen zu seinen Untersuchungen sieht man gleich, dass
bei den von ihm untersuchten Lameilibranchiaten durch
Einstülpung die Mundöffnung und der Vorderdarm sich
bilden, und also diese Einstülpungen mit jenen, welche
von Kowalevsky beschrieben wurden, nicht verglichen
werden können. Um die Verhältnisse klar zu machen,
gebe ich Fig. 1, 2 und 3 (Taf. V) die Abbildungen von drei in
dieser Beziehung characteristischen Entwickelungsstadien
der Auster.
Was die Echinodermen anbetrifft, so muss man
aus den schönen Untersuchungen von A gassiz 2), Mecz-
nikoff 3) und Kowalevsky ^) den Schluss ziehen,
dass das Gastrulastadium in der Entwickelungsgeschichte
dieser Thiere sehr verbreitet ist.
„Im Stamme der xYrthropoden ist die Gastrula
zwar nirgends in der ursprünglichen reinen Form mehr
1) Annais and Magaz. of nat. Hist. Febr. 1873.
2) Contributions to the nat. Hist. etc. Bd. V.
3) Memoires de l'Acad. Imp. de St. Petersb. T. XIII.
4) ebendas. T. XI.
148 Salensky:
vollständig conservirt; allein es ist sehr leicht, die frühe-
sten Entwickelungsformen des Nauplius (als der geraein-
samen Crustaceen-Stamraform) und vieler anderen Tra-
cheaten auf die Gastrula zu reduciren.^ ^) In dieser Be-
ziehung verweist Haeckel auf die ontogenetischen Ar-
beiten von E. van Beneden und Bessels und auf
die Arbeiten von Weissmann. Die Vergleichung
der früheren Entwickelungsstadien des Nauplius mit den
Annelidenlarven ist von E. van Beneden in seinen
Untersuchungen über die Entwickelung der Anchorella,
Lernaeopoda, Branchiella und Hessia ausgeführt. Leider
konnte ich mir diese Arbeit nicht verschaffen; sie ist mir
nur aus den Berichten von Nitsche bekannt. Aus den
cmbrjologischen Thatsachen, welche in Bezug auf die
Entwickelungsgeschichte der Arthropoden mir bekannt
sind und mit diesen auch die Angaben von E. van Be-
neden über die Entwickelung der oben genannten
Krebse, zeigen die Existenz des Gastrulastadiums in der
Ontogenie dieser Thiere nicht an. Die Entwickelungs-
vorgänge der niederen Crustaceen, so wie überhaupt
der Arthropoden stimmen mit derjenigen der Aneliden
darin überein, dass das erste Stadium nach dem Ende
des Furchungsprocess bei den Repräsentanten dieser beiden
Thiertjpen einen Körper darstellt, welcher aus zwei
Schichten besteht, aber im Innern keine Höhle besitzt.
Die darauf folgenden Erscheinungen bestehen darin, dass
bei den Anneliden so wie bei den Crustaceen auf der
Oberfläche eines so gebauten Embryo die Bewegungsor-
gane auftreten; bei den ersteren die Wimperreifen, bei
den letzteren die Gliedmassen. Dann stülpt sich der
Mund und After ein und schliesslich bildet sich die
Darmhöhle. Wir haben dieselbe Reihe der Entwicke-
lungserscheinungen bei den Chaetopoden gesehen. Genau
dieselbe Reihe ist bei den verschiedenen Arthropoden
constatirt, was namentlich durch die Untersuchungen
bewiesen werden kann, welche auf die Bildungsgeschichte
der inneren Organe etwas näher eingehen. In Bezug
1) Haeckel loc, cit.
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 149
auf den Naupllus ist es aus den Untersuchungen von E.
van Beneden und Bessels ^) und namentlich aus den
Abbildungen zu der Entwickelungsgeschichte der Ancho-
rella uncinata und Clivella hypoglossi, auch aus meinen -)
Untersuchungen über die Entwickelung der Sphaeronella
Leuckarti bevriesen. In Bezug auf die höheren Krebse
kann es ebenfalls durch die Untersuchungen von E. van
Beneden und Bessels (ebendas. Gammarus locusta,
wo ein Stadium auf Taf. IL Fig. 6 im Beginne der Bil-
dung des Schwanzes abgebildet ist), von A. Dohrn ^)
(Asellus aquaticus) von Mecznikoff ^) (Nebalia); von B o-
bretzky ^) (Astacus fluviatilis, Palaemon) als bewiesen an-
gesehen werden.
„Im Stamme der Mollusken scheint die Gastrula
namentlich in den Classcn der Muscheln und Schnecken
sehr verbreitet zu sein, wahrscheinlich auch bei den
Spirobranchien; unter den Schnecken ist sie zuerst bei
Limnaeus beobachtet worden. ^^) Als Beweis dieses Satzes
beruft sich Haeckel auf die Abhandlung von E. Ray
Lankaster (Annais and Mag. nat. bist. February 1873,
S. 86 und 87). Was die Beobachtungen von Ray Lan-
kaster an Aplysia betrifft, welche am ausführlichsten
beschrieben sind, so kann man dort nicht ein Gastrula-
stadium sehen, indem nach den Angaben dieses Forschers
dort sehr früh die äusseren Organe auftreten (Mantel,
u. s. w.) und es ist nicht angedeutet, wann die Magenhöhle
auftritt. Was aber die anderen Mollusken: Doris, Tethys,
Pleurobranchus, Polycera quadrilineata und Eolis exigua
anbetrifft, welche von Ray Lankaster auch mit einigen
Worten berührt sind, so muss man gestehen, dass diese
wenigen Worte; „l was able to determine in these that
the first step in developpment of the mass of embryo-
1) Momoires couronnees de l'Acad. royale de Belgique T. XXYI.
2) Archiv für Naturgeschichte 1869.
3j Zeitschr. für wiss. Zoologie. Bd. XVII.
4) Zanucku Hunepamopckon Akademin Hayky 1869.
5) Zanucku Kiebckaro Oduzecmba Ecmecni boucu bimame ceu
1873.
6) Haeckel Gastraea-Theorie.
150 Salensky:
cells or ^polyblast" is the invaglnation or in-pushing of
these cells at one pole, just as Kowalevskj Las drawn it
in Amphioxus and Phallusla, and as seen also in the
Heteropod mollusk Atlanta^ sehr wenig beweiskräftig sind.
Diese Angaben sind weder durch Abbildungen, noch
durch eine ausführliche Beschreibung des Beobachteten
bestätigt. Ich bin sehr weit davon entfernt, die Richtig-
keit der Ray Lankaster'schen Angaben zu bezweifeln ;
ich kann es schon deshalb nicht, weil wir jetzt mehrere
Fälle kennen, wo bei systematisch nahe stehenden Thieren
bei einigen die Einstülpung (auch das Gastrulastadium)
vorkommt, bei anderen nicht (z. B. Euaxes und Lumbricus).
Aber sie sind für mich zu wenig beweiskräftig, als dass
man darauf die Anwesenheit des Gastrulazustandes bei
den Mollusken stützen könnte. Es ist um so nothwendiger,
solche Beobachtungen ausführlicher auseinander zu setzen,
als in Bezug auf die Entwickelungsgeschichte der Mol-
lusken eine Masse von Angaben existirt, die einander
sehr widersprechend sind. In Bezug auf die Lamelli-
branchiaten sind die Angaben von verschiedenen For-
schern ziemlich übereinstimmend. Den grössten Theil
der Beobachtungen verdanken wir den ausgezeichneten,
obgleich schon alten, Untersuchungen Loven's, welche
das ausführlichste Bild der Entwickelung mehrer See-
muscheln darstellen. Aus diesen Beobachtungen und
aus den beigefügten Abbildungen sehen wir, dass das
erste Stadium der Entwickelung ein Embryo ist, welcher
aus zwei Schichten besteht und im Inneren keine Höhle
trägt ; dass sich dann verschiedene äussere Organe und
eine Mundeinstülpung bilden und schliesslich im Inneren
des Entoderms eine Darmhöhle entsteht. Die Erschei-
nungen sind sehr übereinstimmend mit dem, was wir
schon mehrmals bei anderen Thieren zu erwähnen Ge-
legenheit hatten. Sie sind durch die drei vorne gegebenen
Holzschnitte, welche drei characteristische Entwickelungs-
momente der Auster darstellen, erläutert.
Was aber die Cephalophoren anbetrifft, so stimmt
der grösste Theil der Beobachtungen über diese Ciasso
der Mollusken darin überein, dass nach der Klüftung
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 151
sich das Ei dieser Tbicre in einen Körper verwandelt,
der aus zwei differenten Elementen besteht, nämlich aus
grobkörnigen, welche im Inneren des Embryos liegen,
und aus blasseren, welche die ersteren umgeben. Solche
Entwickelungsstadien sind durch die ausführlichsten und
ausgezeichneten Beobachtungen von Gegenbaur^) bei
den Pteropoden (Tiedemannia und Cavolinia) und Hetero-
poden (Pterotracbea coronata) nachgewiesen; dieselben
Verhältnisse stellt die Entoconcha mirabilis nach J. Mül-
ler 2) dar und ähnlich ist aucb die Entwickelung des
Dentalium nach Lacaze-D u thiers ^). Ich ^) selbst
habe denselben zuerst nach der Furchung auftretenden
Planulazustand bei den Prosobrachiern (Caljptraea, Nassa
und Trochus) beschrieben. Bei allen genannten Thieren
gehen auch die darauf folgenden Erscheinungen in einer
ziemlich übereinstimmenden Weise vor sich. Zuerst bilden
sich die Bewegungsorgane, dann bildet sich der Fuss,
stülpt sich der Mund und Oesophagus ein, und scbliess-
lich bildet sich der Darm.
Etwas abweichend von diesen Mollusken entwickeln
sich: Ampullaria (nach Semp er), Ancylus (nachStepa-
noff), Limnaeus (nach Lerebouillet). Wenn man
die Angaben dieser letztgenannten Forscher vergleicht,
so kommt man zu der Ueberzeugung, dass der Gastrula-
zustand nur in der Ontogenie von Limnaeus nach der
Beobachtungen von Lerebouille t ^) vorkommt. Diesen
Beobachtungen stehen aber aus der neuesten Zeit die
schönen (leider aber ohne Abbildungen mitgetlieilten)
Beobachtungen von Ganin*^) gegenüber. Aus diesen
1) Untersuchungen über die Pteropoden und Heteropoden.
2) Ueber Synapter digitata und über die Erzeug, der Schneik.
in Holothurien.
3) Eine Reihe von Abhandlungen in Ann. des sc. nat. 1854—
1857.
4) Zeitschr. für wiss. Zoologie Bd. XXII.
5) Recberches sur le developpement de la traite, du lezard et
de la limnee.
6) Warschauer Universitäts-Nachrichten; auch Nitsche's Be-
richte 1872.
152 Salensky:
letzteren folgt, dass die Einstülpung des Limnacns nicht
derjenigen des Ampliioxns, Ascidien etc. entspricht, son-
dern vielmehr der Einstülpung von Calyptraea-Embryonen,
welche bei Calyptraea die Anlagen der Vela, des Fusses
und der Kopfblase von einander trennt, homolog ist.
Am Boden dieser Einstülpung bildet sich hier, ebenfalls
wie bei Colyptraea die Oesophagealeinstülpung.
Bei den Cephalopoden kann gewiss keine Rede
von einem Gastrulazustand sein.
Im Stamme der Vertebraten kommt ein Gastrulazu-
stand nur beim Amphioxus lanceoiatus vor.
Aus diesem kurzen Ueberbllcke lässt sich schliessen,
dass die Verbreitung des Gastrulazustandes in der Onto-
genie der Thiere sich beschränkt auf folgende Thiere;
auf die Coelenteraten (ausgenommen die Ctenophoren),
Echinoderracn, wahrscheinlich einige Nemertinen, Lum-
bricus, Öagitta, Ascidien, vielleicht einige Mollusken (?)
und Amphioxus lanceoiatus.
2. Die Bedeutung des Gast rulastadi ums.
Nachdem wir im vorhergehenden Abschnitte gezeigt
haben, dass das Gastrulastadlum in der Ontogenie der
Thiere nicht so allgemein verbreitet ist, wie es Haeckel
behauptet, haben wir schon zum Theil den Beweis ge-
liefert, dass seine Bedeutung in der Ontogenie nicht so
gross ist, wie das Haeckel anglebt. Doch kann gegen
diese x\ufFassung der an sich ganz richtige Einwurf ge-
macht werden, dass, obgleich die Gastrula nicht so all-
gemeine Verbreitung zeigt, sie dennoch eine bedeutende
Rolle als Stammform für die Erklärung der phylogene-
tischen Verhältnisse der Thiere spielen kann. Das Ga-
strulastadlum könnte bei einigen Thiören übersprungen
sein, oder durch einige secundäre ontogenetische Er-
scheinungen verdunkelt sein. Wir müssteu dann dies
Ueberspringen des Gastrula-Stadium aus irgend einer
weiteren embryonalen Erscheinung ersehen. Das Nau-
pliusstadium, welches als Stammform der Crustaceen mit
vollem Rechte angenommen werden kann, können wir
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 153
bei den verschiedensten Ordnungen dieser Classe sehen,
wir können bei den verschiedensten Repräsentanten dieser
Ordnungen die weiteren Veränderungen, die Fortschritte
und Rückschritte der Entwickelung mit grösster Bestimmt-
heit aus diesem Stadium ableiten. Solche Forderungen
müssen wir auch an das Gastrulastadium stellen, wenn
wir die Gastraea als Stammform der Metazoen annehmen
wollen. Wir müssten also sein Vorkommen bei mehreren
Thieren finden und in der Entwickelung der Thiere die
Geschichte von stufenmässigcn Veränderungen aus dieser
Stammform lesen können. Jedoch können wir dies in
Wirklichkeit nicht. Wir kennen keinen einzigen Fall,
wo bei der Abwesenheit des Gastrulastadiums doch die
späteren embryonalen Erscheinungen durch dieses er-
klärt werden können; wir kennen auch keine Fälle, wo
der primitive Darm (ürdarm) durch einen spätem er-
setzt würde. Im Gegentheil, wir sehen immer dass in
denjenigen Fällen, wo das Gastrulastadium vorkommt,
dieser Urdarm in den bleibenden Darm übergeht und
der Urmund als beständiger Mund bei diesen Formen
(ausser der Sagitta) bleibt. Warum sollen wir diese
Darmhöhle als primitiven Darm, oder ürdarm bezeichnen,
wenn wir in keinem Falle einen secundärcn Darm sehen
können? In den Fällen aber wo wir kein Gastrulasta-
dium auffinden können, z. ß. bei den Arthropoden, Mol-
lusken, den meisten Würmern etc., sehen wir die Ent-
stehung des Darmes in einem viel späteren Stadium, wo
bereits mehrere Keimblätter existiren, wo der Embryo
schon die für seinen Typus charakteristischen Organe
oder die Anlagen für dieselben besitzt. Warum sollen
wir in diesen letzteren Fällen das Gastrulastadium an-
nehmen, wenn wir keine Spuren von einem solchen ent-
decken können? Das könnte unserem Verständnisse der
Entw^ickelungsvorgänge nur dann helfen, wenn wir diese
Fälle von späterer Darmhöhlenbildung durch eine Reihe
von Uebergängen aus dem Stadium ableiten könnten,
welches einen Urdarm besässe und zwei Keimblätter
hätte, resp. von der Gastrula. Wir können aber diese
stufenweise Differenzirung nur bei den Thieren vor-
154 Salensky:
folgen, welche einen wirklichen Gastrulazustand durch-
laufen (z. B. Amphioxus, Ascidien etc.). Bei den meisten
anderen können wir nicht die embryonalen Vorgänge mit
der Gastrula in Zusammenhang bringen, wir können
sie nicht als abhängig von der Gastraea betrachten (bei
mehreren Würmern, Mollusken, Arthropoden und den
meisten Vertebraten). Das zeigt schon, dass das Gastrula-
stadium nur einigen Thiercn eigen ist, bei den anderen
gar nicht vorkommt; und diese anderen Thiere durch-
laufen ihre embryonale Entwicklung, ihre spätere Diffe-
renzirung des Darmes in etwas anderer Weise, als jene.
Kann eine solche Form als Stammform aller Metazoen
betrachtet werden? Wenigstens haben wir für den Be-
weis dieser Behauptung keine Thatsachen.
Aus theoretischen Gründen können wir das Gastrula-
stadium als allgemein verbreitet nicht erwarten; erstens
darum, weil die Darmhöhle bei verschiedenen Thieren
in verschiedener Zeit ihrer Entwickelung zur Ausbildung
kommt; dieser Darm ist aber derselbe, wie der Darm
derjenigen Thiere, welche ein Gastrulastadium haben,
und der ist doch nicht an ein bestimmtes Stadium resp.
an bestimmte zeitweilige Organisationsverhältnisse des
Embryos (wie z. B. die Existenz zweier primären Keim-
blätter) geknüpft. Zweitens können wir das Gastrula-
stadium deshalb nicht als allgemein verbreitet erwarten,
weil es Thiere giebt, welche niemals zur Ausbildung der
Darmhöhle kommen. Ich meine nicht die Parasiten,
welche in Folge der regressiven Metamorphose ihren
Darm verloren haben, obgleich dieser Verlust auch nicht
bei allen Parasiten als ontogenetisch bewiesen betrachtet
werden darf, z. B. bei den Cestoden. Ich meine die
darmlosen Turbellarien, welche unter denselben äusseren
Bedingungen leben, wie die Rhabdocoelen und Dendro-
coelen, welche sich in derselben Weise bewegen, wie
jene und keinen Darm besitzen. Uli an in hat sie mit
vollem Rechte als Acoela von den anderen abgetrennt ^).
1) Convoluta, Schizoprora, Nadina u. a. Siehe: 0. Schmidt
Untersuchungen über Turbellarien von Corfu und Cephalonia (Zeit-
BemerkuDgen über Hatckers Gastraea-Theorie. 155
Anstatt des Darmes haben diese Turbellarien eine Sar-
codenähnliche Körpermasse, in welche verschiedene kleine
Organismen als Nahrung gelangen und in derselben
Weise wie bei den Infusorien verdaut werden. Sie haben
also eine Mundöffnung und die Darmanlage, entbehren
aber die Magenhöhle. Wir haben keine Gründe die Ab-
wesenheit der Darmhöhle bei diesen Thieren für eine
Folge der regressiven Metamorphose zu erklären ^).
Diese beiden Umstände: 1. die Organisationsverschieden-
heit der Embryonen verschiedener Thiere zur Zeit der
Bildung der Darmhöhle und 2. die Darmlosigkeit einiger
Turbellarien zeigen schon zu Genüge, dass wir nicht im
Stande sind, von der Gastrula die embryonalen Vorgänge
abzuleiten und folglich die Gastraea als Stammform für
die phylogenetische Entwickelung der Metazoen anzu-
nehmen. Sie zeigen, dass die Thiere die Darmanlage
besitzen können, ohne zur Bildung der Darm- und Magen-
höhle zu gelangen. Daraus folgt, dass wir überhaupt
kaum einen Grund haben, in der Stammform aller Meta-
zoen die Magenhöhle zu vermuthen.
sehr. f. wiss. Zoologie Bd. XI); Claparede, Beobachtungen über
Anatomie und Entw. wirbelloser Thiere, und besonders Ulianin,
Turbellarien des Schwarzen Meeres (russisch).
2) Man könnte mir den Einwurf machen, dass die regressive
Metamorphose durchaus nicht immer vom Parasitismus abhängt,
dass es Thiere giebt, welche ein freies Leben führen und doch eine
regreosive Metamorphose durchlaufen, z. B. die Männchen der Ro-
tatorien. Die gewöhnlich als rückschreitend angenommene Meta-
morphose der Rotatorienmännchen ist aber nur die Verhinderung
der Entwickelung und besteht darin, dass die Entwickelung dieser
Thiere auf einem gewissen Stadium zurückbleibt, auf dem nämlich,
wo sie keine Darmhöhle, sondern nur die Anlagen für den Darm
besitzen. Bei den Weibchen bildet sich in dieser Anlage eine Höhle,
die Darmhöhle, bei den Männchen nicht. Diese Art der Entwicke-
lung bietet wesentliche Unterschiede gegen die rückschreitende Me-
tamorphose dar, bei welcher letzteren die Thiere zuerst eine höhere
Organisation zeigen und später sie verlieren. (Yergl. meine Bei-
träge zur Entwickelung des Brachionus urceolaris in Zeitschr. für
wiss. Zoologie Bd. XXII.)
156 Salensky:
Dasselbe gilt auch in Bezug auf die beiden primären
Keimblätter, welche das zweite wichtige Merkmal des
Gastrulastadiums darstellen. Soll das mittlere Keimblatt
nur sich erst dann entwickeln, wenn die beiden primären
Keimblätter: Exoderm und Entoderm, wenn nicht eine
Gastrulaform zusammen bilden, so doch wenigstens schon
vollkommen gebildet sind? Durchaus nicht. Man könnte
nur sagen, dass das Mitteiblatt etwas später entsteht, als
die beiden anderen Keimblätter, aber es entsteht in der
Mehrzahl der Fälle viel früher als die Magenhöhle ge-
bildet wird, es kann sogar entstehen zu der Zeit, wo der
Furchungsprocess noch nicht vollkommen beendigt ist.
Die Furchung kann nach dieser Differenzirung der ersten
Furchungszellen in allen drei Zellenlagen weiter gehen.
Solche Fälle kennen wir mit grösster Gewissheit aus
solchen Untersuchungen, die mit voller Exacthcit ausge-
führt sind. Einen solchen Fall kennen wir beim Euaxes
nach den Untersuchungen von Kowalevsky ^). Aehn-
lich verhält sich auch der Scorpion nach den Unter-
suchungen von Meczniko ff 2).
Wollen wir die verschiedenen ontogenetischen Er-
scheinungen zusammenfassen, aus den Beobachtungen die
Folgerungen über die Entwickelungsprocesse ziehen und
dieselben als Basis für unsere folgenden Beobachtungen
hinstellen, so müssen wir zuerst die wichtigsten, allen
Thieren in der Entwickelungsgeschichte ihrer Organisa-
tion gemeinsamen Erscheinungen auswählen und sie von
den secundären, später und in verschiedener Weise auf-
tretenden Erscheinungen unterscheiden. Die Entwicke-
lungsprocesse aller Thiere stellen eine stufenweise Diffe-
renzirung der zuerst sich bildenden Zellen dar, welche
in mehreren Fällen schon zur Zeit der Furchung beginnt.
Durch den Furchungsprocess bilden sich entweder gleiche,
oder verschiedene Zellen. Die Unterschiede zwischen
den Furchungszellen können bei einigen Thieren schon
zur Zeit der Zweitheilung der Eizelle auftreten, bei
1) Memoires de l'Acad. Imp. de St. Petersbourg. T. XVI.
2) Zeitschr. für wiss. Zoologie Bd. XXI.
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 157
anderen Thieren erst viel später. Dies zeigt, dass der
Beginn der Differenzinmg, zu verschiedener Zeit der
Entwickelnng bei verschiedenen Thieren auftritt. Die
darauf folgenden Erscheinungen halten aber bei ver-
schiedenen Thieren eine bestimmte gleiche Richtung ein,
welche darin besteht, dass die heterogenen Zellen sich
in zwei oder drei Schichten zusammenlagern. In diesen
Schichten sind die Zellen einander gleich. Am Ende
dieser ersten DIfFerenzIrung kann eine bestimmte Körper-
form des Embryo entstehen; aus der Vergleichung dieser
Formen bei verschiedenen Thieren ziehen wir den Schluss,
ob diese Form allen Thieren gemein ist oder nicht. Ist
sie gemein, so hat es ein grosses Gewicht für unsere
allgemeinen Anschauungen. Können wir aus dieser all-
gemeinen Form die späteren Differenzirungserschcinungen
bei den verschiedenen Thieren ableiten, so hat diese Form
einen grossen phylogenetischen Werth, weil diese Ver-
schiedenheit uns den Weg der verschiedenen Abwei-
chungen von einer gemeinsamen Grundform zeigt. Wollen
wir in der Betrachtung der ontogenetischen Erscheinungen
ganz consequent sein, so müssen wir diese wichtigsten
Erscheinungen allein in Betracht ziehen, ohne ihnen
andere später vorkommende Organe beizumischen. We-
sentlich für alle Organismen sind die DlÖerenzirungen
der Keimblätter darum, weil sie bei allen Thieren zuerst
erscheinen und einen Grund für weitere Organisations-
entwickelung legen.
Allgemeine Ucbersicht der ersten embryo-
logischen Vorgänge der Thiere.
Um sich über die allgemeinen embryologischen Vor-
gänge zu Orientiren, müssen wir von den ersten Vor-
gängen des Furchungsprocesses anfangen. Leider ist
dies schwierig. Die Embryologie der Thiere und be-
sonders die Embryologie der Wirbellosen ist erst seit
kurzer Zeit Gegenstand der eifrigsten Forschung gewor-
den. Seit zehn Jahren haben wir in diesem Gebiete der
Wissenschaft ein so grosses Material von Thatsachen
kennen gelernt, und dieses Material ist so zerstreut in
158 Salensky:
verschiedenen naturwissenschaftlichen Zeitschriften, dass
ein genügendes Zusammenbringen Alles dessen, was über
die Entwickelungsgeschichte seit dieser Zeit pnblicirt
worden ist, mit grossen Schwierigkeiten verbunden ist.
Und selbst wenn man diese Schwierigkeiten überwältigt,
hat man mit widersprechenden Angaben von verschiede-
nen Forschern zu thun, so dass es beinahe unmöglich
ist, die allgemeinen Schlussfolgerungen aus dem vorhan-
denen Materiale zu ziehen.
Fangen wir zuerst unsere Betrachtung des Fur-
chungsprocesses und der Bildung der Keimblätter mit
solchen Formen an, in welchen der Differenzirungspro-
cess am frühesten eintritt. Solche Fälle kommen bei den
Rotatorien vor, wo nach der ersten Zweitheilung der Ei-
zelle schon die DifFerenzirung der beiden Keimblätter;
des animalen und vegetativen, angedeutet ist. An diesen
ersten zwei Furchungszellen geht die Furchung bei jedem
in sehr verschiedener Weise vor sich. Die kleinere
Zelle theilt sich immerwährend weiter fort und über-
zieht schliesslich mit ihren Abkömmlingen die grössere
Zelle, welche später auch in mehrere Zellen zerfällt.
Wir bekommen die Endfoim der Differenzirung in zwei
Keimblätter, welche Form mit der Planula eine voll-
kommene Aehnlichkeit hat. Die Fälle der DifFerenzirung
in einem etwas späteren Stadium, nachdem die Furchung
in vier gleichartige Furchungszellen fortgeschritten ist,
kennen wir in viel grösserer Zahl. Dieselben kommen
vor, wie es scheint ziemlich gewöhnlich. Bei den Mol-
lusken (bei den Opisthobranchien , Prosobranchien, La-
mellibranchien u. s. w.), bei den Würmern: Turbellarien
(Kef erst ein. Knapp ert), bei einigen Anneliden (Eu-
axes und mehreren von Claparede und Mecznikoff
beobachteten Anneliden), bei mehreren Krebsen, wo aber
zwischen den verschiedenen Gattungen und selbst Arten
sehr verschiedene Furchungsarten beobachtet werden
können. (Mecznikoff Embr. Studien an Insecten, Ent-
wickel. der Nebalia (russisch), vanBeneden und B e s s e l s
loc. cit). Diese spätere Differenzirung hat dasselbe Re-
sultat wie bei den Rotatorien; die kleineren Zellen um-
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 159
wachsen die grösseren fettreicheren. Es entsteht als Re-
sultat der Eifurchung ein zwei- oder dreischichtiger (wie
bei Euaxes) solider, meistens ovoider oder kugelförmiger
Körper, der ebenfalls als Planula bezeichnet werden kann,
obgleich er von der echten zweischichtigen Planula der
Coelenteraten durch die Anwesenheit der drei Keimes-
blätter in manchen Fällen sich unterscheidet.
Dieser Process der DifFerenzirung der Keimsblätter
kann in mehreren Fällen in viel späterer Zeit eintreten,
nach Beendigung der Furchung. Die Furchungszellen
bilden sich in den meisten solchen Fällen regelmässig
aus ; es kommen 2, 4, 8, 16 u. s. w. Zellen, die in solcher
Regelmässigkeit sich weiter theilen; es geht mit einem
Worte eine regelmässige Furchung voraus, nach welcher
eine solide, aus gleichartigen Zellen bestehende Kugel
entsteht. Für dieses Stadium können wir den Ausdruck
„Morula" behalten, mit welchem Haeckel das sogenannte
Maulbeerstadium der Furchung bezeichnet. Die Morula
kann sich v/eiterhin in verschiedener Weise difFerenziren.
Sie kann schon den Embryo selbst bilden, indem sie mit
einer cuticularen Haut und Wimpern sich bedeckt und
als Larve ausschlüpft, wie es z. B. bei den digeneen Tre-
matoden ^) (Amphistomum subclavatum und and.) nach den
Beobachtungen von E. van Beneden der Fall ist. Die
Larve dieser Thiere besteht aus gleichartigen Zellen und
ist nach Aussen von einer Wimperhaut bedeckt. Die
Larve der Trematoden kann wahrscheinlich sich weiter
differenziren und sogar eine Magenhöhle bekommen.
Die Cestoden durchlaufen das Morula-Stadium im Ei.
Bevor der Embryo aus dem Eie ausschlüpft, tritt an dem-
selben die DifFerenzirung seiner Zellen ein. Diese Dif-
ferenzirung unterscheidet sich durch ihre Folgen von
der DiflPerenzirung der Keimblätter, obgleich die Vor-
1) Eigentlich ist schon hier eine Differenzirung eingetreten,
indem die peripherischen Zellen die Cilien haben, die centralen nicht.
Doch ist diese Differenziriing von der der Cestoden und anderer
Thiere wesentlich verschieden und führt nicht zur Bildung der
Keimblätter. *
160 Salenskj^:
gänge in beiden Fällen gleich sind. In Folge der Diflfe-
renzirung entsteht ein ans zwei Schichten (einer centralen
und peripherischen) bestehender Körper. Diese beide
Schichten durchlaufen aber ihre weitere Ausbildung in
etwas anderer Weise, als bei den analogen Differenzi-
rungsprocessen der anderen Thiere. Die peripherische
Schicht verwandelt sich bei den Cestoden in eine Wim-
perhülle (oder deren Homologon), die centrale in einen
sechshakigen Embryo. Durch die Untersuchungen von
E. van Beneden gewinnt man den Anhaltspunkt für
die Vergleichuug der Entwickelangsgeschichte der Tae-
nien mit derjenigen der Bothriocephaliden. Dieser
Forscher hat gezeigt, dass nachdem das Ei der Cestoden
(Taenien so wie Bothriocephalen) einen Morulazustand
(Manlbeerform) durchlaufen hat, es sich in zwei Schichten
differenzirt : eine peripherische und eine centrale ^).
(Solche Vorgänge bei den Bothriocephaliden wurden
schon früher beobachtet von Kö 11 ick er, Mecznikoff
und Knoch.) Diese beiden Schichten bilden sich darauf
in verschiedener W^eise aus: aus der äusseren wird bei
Bothriocephaliden die Embryonalhülle gebildet (bei den
Taenien verschwindet sie gänzlich), die innere bildet
sich in einen sogen, sechshakigen Embryo aus, welcher
nur aus homogenen Zellen bestehen soll.
Wir können gewiss den Zustand der Taenien und
der Bothriocephaliden-Embryonen, in welchem sie einen
zweischichtigen Körper darstellen (also vor der Ausbil-
dung des Embryos und der Embryonalhaut) mit einer
Planula vergleichen.
Bei den anderen Thieren, welche den Morulazustand
durchlaufen, geht die Differenzirung der Keimblätter in
ganz analoger Weise, wie in den oben erwähnten Fällen
vor sich (einige Copepoden, einige (jrammariden, wahr-
scheinlich die Ctenophoren, die Coelenteraten (Hydroid-
polypen und Schwämme). Nach der Furchung theilen
sich die gleichartigen Zellen in zwei Schichten, welche
1) Recherches etc. in Memoires conronnes de l'Academie Im-
periale de Belgique. T. XXVI.
Bemerkungen über HaeckeFs Gastraea-Theorie. 161
zwei Keimblätter darstellen und weiter sich zu den Or-
ganen ausbilden. Leider ist bei den Untersuchungen über
die Entwickelung mancher von diesen Thiereh die Frage
über die Bildung der Keimblätter sehr wenig berück-
sichtigt. Es scheint mir, dass in manchen Fällen das
Entoderra für den Nahrungsdotter erklärt worden ist.
Bevor aber die Bildung des Darmepithels bei den niede-
ren Crustaceen nicht weiter erforscht ist, kann man mit
vollem Rechte, nach der Analogie mit den Entwickelungs-
vorgängen bei den besser untersuchten Thieren, vermuthen,
dass die centralen fettreichen Kugeln der Crustaceen-Em-
bryonen wirklich das Entoderm und nicht den Nahrungsdot-
ter bilden. Dass man in manchen Fällen in diesem Theile
keine Zellen sieht, kommt von dessen Undurchsichtigkeit.
Beim Astacus fluviatilis sind die peripherischen Theile
der Entodermzcllen, aus denen das Darmepithel gebildet
wird, auch sehr schwer zu beobachten, und werden nur
dann ganz deutlich, wenn man sie mit Carmin oder einem
anderen Tinctionsmittel färbt. Jedenfalls bekommen wir
als Resultat der Diffcrenzirung auch in diesem Falle die-
selbe zeitweilige Körperform, welche aus zwei Schichten
besteht und im Inneren keine Hohle beträgt, das ist :
die Planula.
In einigen Fällen, wo wir entschieden denselben
Process vor Augen haben, kann derselbe durch einige
Nebenerscheinungen etwas verdunkelt werden. In den
meisten Fällen ist diese Fälschung durch das Vorkommen
des Nahruugsdotters bedingt, welcher im Eie in grösserer
oder geringerer Menge angehäuft wird. Solche Fälle
sind z. B. bei den Cephalopoden, bei den Reptilien und
Vögeln und auch bei den Fischen vorhanden. Dort
liegt an einem Pole des Eies diö Eizelle, welche sich
furcht. Die Furchung kann mit der regelmässigen Fur-
chung verglichen werden, indem die Zellen, welche
durch die Furchung entstanden sind, zuerst gleichartig
sind und später von einander differiren. Erst in späterer
Zeit tritt in diesem Zellenhaufen die Diffcrenzirung der
Keimblätter ein, welche letzteren in einer von echter
Planulaform abweichenden Weise zu einander gelagert
Archiv für Naturg-. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 11
16Ö Salensky:
sind, aber den Keimblättern der Planula vollkommen
homolog bleiben. In ähnlicher Weise scheinen diese
Vorgänge auch beim Scorpion vorzukommen.
Es können aber die Fälle vorkommen, wo nach der
Furchung nicht gleich eine Planulaform entsteht. Die mei-
sten von diesen Fällen sind seit kurzer Zeit durch die Unter-
suchungen von Kowalevsky und Mecznikoff bei
den Ascidien, Amphioxus, Nemertinen etc. bekannt ge-
worden. Bei diesen Thieren durchläuft das Ei eine sog.
regelmässige Furchung und bildet sich zum Schluss der-
selben in eine von gleichartigen Zellen umschlossene
Blase aus, welche wir zum Unterschiede von der Planula
als Blastula bezeichnen können. Die Unterschiede
zwischen Planula und Blastula bestehen darin, dass die
erstere schon zwei Keimblätter besitzt, die letztere die-
selben noch bilden muss. Wie die Planulaform bei den
Coelenteraten aus dem Ei herauskommt und ins freie
Leben sich begiebt, so kann auch die Blastula ins Freie
kommen und als Larve im Wasser frei umherschwimmen,
wie es z. B. bei den Nemertinen der Fall ist (Meczni-
koff, Memoires de l'Acad. Imp. de St. Petersbourg
T. XIII.) In solchem Larven- oder Entwickelungsstadium
kann weder vom Exoderm, noch vom Entoderm die Rede
sein. Die beiden Blätter sind noch gar nicht differen-
zirt; diese Difi'erenzirung tritt etwas später auf, und führt
zu einer Form, die von der Planulaform etwas verschie-
den ist. Diese Blastulaform kann in einigen Fällen vor
der Diiferenzirung in beide Keimblätter eine Verdickung
an einer Stelle ihrer Oberfläche bilden, auf der sich die
darauf auftretende Differenzirung beschränkt, wie es z. ß.
bei den Säugethieren der Fall zu sein scheint. Gewöhn-
lich tritt die Differenzirung in der Blastula dadurch auf,
dass einige ihrer Zellen von den anderen durch irgend
ein Kennzeichen sich zu unterscheiden beginnen.
Beginnen wir unsere Betrachtung mit den Vor-
gängen, welche bei der Ascidienblastula die Differen-
zirung andeuten; dieselben sind am besten untersucht.
Die erste Veränderung in der Blastula besteht darin,
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 163
dass dieselbe sich auf einer Seite abflacht ^). Aus den
Abbildungen von Kowalevsky ersieht man, dass die
beiden Keimblätter auf diesem Stadium (s. Kowalevsky
loc. cit. Fig. 5, auch Täf. V. Fig. 4) schon differen-
zirt sind. In derselben Weise tritt die Differenzirung
beim Lumbricus auf, wo auch dieselbe Abilachung der
Blastula zuerst zum Vorschein kommt. Ich muss diese
erste Form der Differenzirung der Keimblätter darum
besonders hervorheben, weil man in den meisten Fällen
die Differenzirung der Keimblätter bei den genannten
Thieren mit der darauf folgenden Einstülpung verwech-
selt; die letztere ist aber eine secundäre Erscheinung, wie
wir es weiter sehen werden. Das Stadium, in welchem
die erste Differenzirung der Keimblätter auftritt, ist des-
wegen von grosser Wichtigkeit, weil dasselbe zur Ver-
gleichung mit den entsprechenden Stadien anderer Thiere
dienen kann, welche auch einen Blastulazustand in ihrer
Ontogenie durchlaufen. Durch die aufgetretene Differen-
zirung wird die Blastula der Planula gleichwerthig sein.
Um diesen Zustand von der eigentlichen Blastula, welche
nur aus gleichartigen Zellen besteht, zu unterscheiden,
kann man ihn Diblastula (s. Taf. V. Fig. 4) nennen.
Derselbe Differenzirungsprocess scheint auch bei
den Insecten sehr gemein zu sein ; nur ist er hier durch
die Anwesenheit des Nahrungsdotters etwas gefälscht.
W^enn man aber an die Hauptmerkmale des jetzt ausein-
andergesetzten Falles, nämlich 1) an das Vorkommen
einer einschichtigen Blase und 2) an die Differenzirungs-
art der Keimblätter sich hält, so könnten auch die ersten
Vorgänge der Insectenentwickelung in analoger Weise
erklärt werden. Die letzteren sind seit Zaddach,
Weissmann und Mecznikow bekannt geworden. Die
Differenzirung der Keimblätter bei den Insecten ist genau
von Kowalevsky untersucht. Kowalevsky ist aber
in seinen Untersuchungen zu der Ueberzeugung gekommen,
dass das untere Keimblatt der Insecten eine eigenthüm-
1) Kowalevsky, Weitere Studien über die Entwickelung
der einfachen Ascidien in Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 7 S. 105.
164 Salensky:
liehe Bildung darstellt und nicht mit demselben der
* Wirbelthiere verglichen werden kann. Er vergleicht das
später sich bildende Rückenrohr des Hvdrophilus und
der Phryganiden mit dem Darmdrüscnblatte der Wirbel-
thiere. Ich kann diese Ansicht durchaus nicht theilen.
Mir scheinen die Vorgänge der Keimblätterbildung bei
den Ascidien mit denen des Hydrophilus so überein-
stimmend zu sein, dass ich wenigstens kein Hinderniss
finden kann, um das untere Keimblatt des Hydrophilus
mit dem der Ascidien (und also auch des Amphioxus) für
homolog zu halten. Wir haben gesehen, dass bei den
Ascidien die Difierenzirung des unteren Keimblattes da-
durch zu Stande kommt, dass einige Zellen der Blastula
(die Zellen des Entoderms) von den anderen (den Zellen
des Exoderms) sich zu unterscheiden beginnen. Nach den
Untersuchungen von Kowalevsky beginnt diese Diffe-
renzirung beim Hydrophylus in vollkommen gleicher
Weise. Um sich in der Homologie dieser beiden Bil-
dungen leichter zu orientiren, füge ich zwei Abbildungen
aus den Abhandlungen von Kowalevsky bei (Fig. 4 u. 5)
Bei den Ascidien entsteht zuerst aus den Furchungs-
zellen eine Blase, welche aus gleichartigen Zellen be-
steht; bei den Insecten entsteht ebenfalls dieselbe Blase>
die nur dadurch von der ersten sich unterscheidet, dass
sie mit dem Dotter erfüllt ist. Bei den Ascidien kommt
die Differenzirung der Keimblätter dadurch ^ju Stande,
dass einige Zellen dieser Blase von den anderen sich zu
unterscheiden beginnen und somit die Anlage des unteren
Keimblattes darstellen ; beim Hydrophilus tritt genau der-
selbe Vorgang bei der Bildung der Keimblätter auf.
Bei den Ascidien bildet sich aus dem unteren Keimblatte
das Darmdrüsenblatt und das mittlere Keimblatt; bei
dem Hydrophilus tritt dieselbe Differenzirung im unteren
Keimblatte auf.
Die beiden Formen, in denen der Differenzirungs-
process der Keimblätter eintritt: 1) die Planula, wo die
beiden Keimblätter bereits differenzirt sind, und 2) die
Blastula, wo sich eine indifferente, später sich differen-
zirende Zellenlage bildet, scheinen eine in die andere
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 165
überzugehen. Solche Uebergänge werden hoffentlich spä-
ter in grösserer Zahl bekannt; als Beispiel könnte jetzt die
Entwickelung der Campanularien (aus den Eiern von Eu-
cope polystjla) ^) dienen. Die Eier dieser Meduse durch-
laufen einen regelmässigen Furchungsprocess, welcher
zur Ausbildung eines Blastulastadiums führt. Diese letz-
tere Form geht dann später in die Planula über in der
Weise, dass im Inneren der Blastula sich die Zellen des
unteren Keimblattes (Entoderms) bilden, welche sich
immer mehr und mehr anhäufen, bis sie endlich die Höhle
der Blastula vollkommen ausfüllen. Durch diese Ent-
wickeluugsart entsteht aus der Blastula eine Form, die
aus zwei Keimblättern besteht und im Inneren keine Höhle,
besitzt d. h. eine Planulaform. Einen solchen Ueber-
gang in die Planulaform zeigt auch während seiner Ent-
wickelung Palaemon; bei diesem bildet sich jedoch eine
Einstülpung, bevor die Umwandlung geschieht. Das Sta-
dium mit der Einstülpung kann grosse Aehulichkeit mit
dem Gastrulastadium haben; es unterscheidet sich aber
von diesem letzteren sehr wesentlich dadurch, dass der
eingestülpte Theil bei Palaemon nicht das Entoderm
bildet, wie es bei anderen echten Gastrulaformen der
Fall ist, sondern immer Exoderm bleibt.
Diese eben hervorgehobenen Uebergänge können die
Wechselbeziehung der Planula und der Blastula gewisser-
massen erklären. Am häufigsten tritt in der Ontogenie
der Thiere die Planulaform auf und deswegen kann sie
als Grundform betrachtet werden. Die Fälle, wo die
Blastula in die Planula übergeht, scheinen diese Behaup-
tung nochmals zu bestärken. Die anderen Fälle, wo, wie
z. B. bei Amphioxus, Ascidia etc., eine Gastrula aus Blas-
tula entsteht, sind schon durch das Blastulastadium mit
dem Fall der Eucope verbunden und unterscheiden sich
von dem letzteren Fall dadurch, dass sie sehr bald zur
Entwickelung des Darmes führen; hier wird also die
Planulaform, welche bekanntlich keinen Darm besitzt,
1) Kowalewsky Beobachtungen über die Entwickelungsge-
schichte der Coelenteraten (russisch).
166 Salensky:
überschlagen. Die Entstehung der Gastrula aus der Blas-
tulaform kann als eine Verkürzung der Entwickelung be-
trachtet werden. —
Wir haben bis jetzt die Differenzirungsvorgänge der
Keimblätter betrachtet und haben gesehen, dass diese
auf zwei Formen zurückgeführt werden können, auf die
Planula und Diblastula. Von nun an treten bei den ver-
schiedenen Thieren weitere Vorgänge in verschiedener
Weise auf, deren Betrachtung uns helfen kann, um in
Bezug auf die Bedeutung des Gastrulastadiums in der
Ontogenie der Thiere eine Vorstellung zu gewinnen.
Fangen wir unsere Betrachtung mit den Thieren
an, welche in ihrer Entwickelungsgeschichte ein Planula-
Stadium in reiner Form durchlaufen resp. in früherer
Zeit ihrer Entwickelung einen Körper darstellen, welcher
aus zwei oder drei Keimblättern besteht und im Inneren
keine Höhle trägt. In solcher Form verlassen die Em-
bryonen der Coelenteraten ihre Elhüllen und sind in
diesem Zustande unter diesem Namen schon längst be-
kannt.
Die Entwickelung der Gastrula aus der Planula ist
bei den Schwämmen vonHaeckel am genauesten unter-
sucht und in seiner Monographie ausführlich beschrieben.
Die Erscheinungen bei diesem Processe bestehen darin,
dass im Entoderm der Planula sich zuerst eine Höhle
bildet; diesen Zustand hat Haeckel mit dem Namen
„Planogastrula^^ bezeichnet. In dieser Höhle bricht dann
der Mund von aussen hinein, womit die Verwandlung
der Planogastrula in die Gastrula vermittelt wird. Bei
den Hydroidpolypen ist diese Umwandlung schon längst
bekannt. Durch die Umwandlung der Planula in die
Gastrula sind schon die hauptsächlichsten Vorgänge der
Bildung des Körpers der Coelenteraten geschehen. Der
Leib dieser Thiere (Hydroidpolypen, Schwämme u. s. w.)
besteht während des ganzen Lebens aus diesen beiden
Schichten, welche die Höhle umschliessen; nur bilden sich
später die Organe, welche die verschiedenen Gruppen
der Coelenteraten von einander unterscheiden: Tentakel,
Poren, Skelettheile u= s. w. aus.
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 167
Vermuthlich werden auch bei den Turbellarien
solche einfache Vorgänge bei der Bildung der Magen-
höhle vor sich gehen; indessen da über ihre Entwicke-
lung sehr wenig bekannt ist, können wir dies nicht be-
haupten. Nach den Angaben von Kef erst ein soll die
Magenwand dieser Thiere durch die Differenzirung der
oberen Zellenlage (Exoderm) entstehen. Leider ist uns
die Entwickelungsgeschichte der darmlosen Turbellarien
(Oonvoluta, Schizoprora etc.) nicht bekannt. Ihrer Organi-
sation nach unterscheiden sich diese letzteren von der
Planula nur durch das Vorhandensein des Mundes. Man
kön-nte daraus vermuthen, dass die Umwandlung dieser
Thiere aus der Planula nur in dem Durchbrechen der
Mundöffnung bestehe.
Bei allen übrigen Thiercn, welche die Planulaform
in ihrer Entwickelungsgeschichte durchlaufen, folgen die
Entwickelungserscheinungen etwa in folgender Ordnung:
nach dem Pianulastadium bilden sich die Anlagen von
verschiedenen äusseren und inneren Organen, welche bei
diesen Thieren als typische bleibende oder Larvenorgane
erscheinen, z. B. die Gliedmassen, die Schale, Velum, u.
s. w. ; dann stülpt sich der Vorderdarm und Anus ein^
und schliesslich bildet sich im Innern des vegetativen
Blattes die Darmhöhle aus. Diese Reihe habe ich durch
die oben angeführten drei Stadien der Entwickelung der
Auster darzustellen versucht. In Bezug auf die Vorder-
darmeinstülpung habe ich oben darauf aufmerksam ge-
macht, dass es eine secundäre Erscheinung ist, welche
mit der sogen. Einstülpung des äusseren Blattes der As-
cidien, Amphioxus etc., also mit dem Gastrulazustand
dieser Thiere nicht verglichen werden kann. Der Mittel-
darm, welcher der Magenhöhle der Gastrula (der Coe-
lenteraten) entspricht, bildet sich in unseren Fällen nur
dann aus, wenn schon die typischen Organe gebildet sind
und das Mittelblatt differenzirt ist. lieber das Vorhan-
densein dieses letzteren kann man aus den Angaben
schliessen, welche durch sehr gründliche Untersuchungen
erhalten sind (Euaxes, Tubifex etc.). Es bildet sich also
in diesen Fällen kein Gastrulastadium.
168 Salensky:
Wenn wir die Würmer zuerst in Betracht ziehen,
so haben wir das Beispiel dafür in dem schon mehrmals
erwähnten Euaxes. Da über die Bildung der Darrahöhle
bei diesem Thiere schon oben die Rede war, so werde
ich hier nur erwähnen, dass die Einstülpvmgen für den
Mund und After (Vorderdarm und Hinterdarm) hier ziem-
lich früh entstehen. Von den Chaetopoden war auch
oben die Rede. Wir haben gesehen, dass hier ebenfalls
am frühesten sich die Wimperreifen, Wimperbüschel etc.
bilden, dann stülpt sich wahrscheinlich der Mund ein und
schliesslich entsteht im Inneren eine Magenhöhle (s. Cla-
parede et Mecznikow loc. cit.).
üeber die Mollusken haben wir auch oben die. An-
gaben von Loven, Lacaze-Duthiers, Gegenbaur
und die meinigen erwähnt. Obgleich wir dort gesehen
haben, dass die Angaben von verschiedenen Beobachtern
in Bezug auf diesen Thiertypus von einander etwas ab-
weichen, und dass nach einigen der Darm aus dem En-
toderm, nach den anderen aus dem Exoderm entstehen
soll , so ist doch wahrscheinlich, dass für die meisten
Thiere dieses Thiertypus die Reihenfolge der Entwicke-
lungserscheinungen übereinstimmt. Wenn die Entwik-
kelung in solcher Weise vor sich geht, wie ,bei der
Ostrea, so erscheint zuerst die Schale, Velum und
Mundeinstülpung, dann tiitt erst die Darmhöhle auf. In
derselben Weise geht die Entwiekelung der Pteropoden,
Heteropoden und Prosobranchien (Calyptraea, Trochus,
Vermetus, Entoconcha etc.) vor sich.
Die weiteren Entwickelungserscheinungcn der Thiere,
welche das Blastulastadium im Gange ihrer Onto-
genie durchlaufen, können auf verschiedene Weise vor
sich gehen. Wenn wir mit dem Embryonalzustande der
Ascidien anfangen, welcher eine abgeflachte Blase dar-
stellt (Taf. V. Fig. 4) und in welcher die Differenzirung in
zwei Keimblätter schon geschehen ist, so sehen wir, dass
die darauffolgenden Erscheinungen darin bestehen, dass
der ganze Embryo eine tassenförmige Gestalt annimmt
(Figur 5). Diese aus zwei Schichten bestehende Schale
geht später in das Gastrulastadium über (wie es für die
Bemerkuugen über Haeckcrs Gastraea-Theorie. 169
Ascidien, Amphloxus, Lumbricus etc. bekannt ist). In
Folge dieser Veränderungen (der Einstülpung) entsteht
die Magenhöhle der Gastrula; die Magenwand ist aber
früher, bei der Abflachung, diiFerenzirt worden.
Indem in den letzt besprochenen Fällen der Em-
bryo (Diblastiila) in die Gastrulafoim verwandelt ist, er-
leidet die entsprechende Diblastulaform der Insekten ganz
andere Veränderungen. Bei diesen sinkt das Entoderm
in den Nahrungsdotter hinein und wird allmählich durch
das Exoderm von aussen bedeckt. Die Divergenz der bei-
den entsprechenden Entwickelungsstadien : der Ascidien
und des Hvdrophilus, welche beide aus einer gemein-
samen Diblastulaform sich ableiten lassen, wird durch die
beiden Figuren 6 und 7 auf Taf. V. erläutet ^).
Diese Unterschiede in der Entwickeliing führen
schliesslich zu den ganz abweichenden Verhältnissen der
späteren embryonalen Erscheinungen dieser beiden Thicre.
Indem bei der Gastrula (Ascidien) die Darmhöhle schon
angelegt ist, wird sie bei den Insecten erst später sich
bilden und zwar in ganz verschiedener Weise als in der
Gastrula.
Es ist daraus ersichtHch, dass die Bildung der Ma-
genhöhle in diesen beiden Fällen eine secundäre Erschei-
nung ist, welche von verschiedenem späteren Verhalten
der Exoderm- und Entodermschichtcn bedingt wird. Die
hauptsächlichste Erscheinung in beiden Fällen ist die
Differenzirung der Keimblätter aus einer indifferenten Zel-
lenlage, also das Stadium der Entwickelung, welche auf
den Fig. 4 u. 5 Taf. V. abgebildet sind. Sie sind hauptsäch-
lich darum von grosser Wichtigkeit, weil sie die ersten
Vorgänge darstellen, welche den beiden Formen (Asci-
1) Die Entwickelungstadien, welche zur Zeit der Schliessung
der Rinne beim Hydrophilus vorkommen (s. Kowalevsky loc. cit.
Taf. IX. Fig. 21—25) können als Gelegenheit zur Annahme des Ga-
strulazustandes bei diesem Thiere dienen. Mir scheint aber diese
Annahme kaum gerechtfertigt zu sein, weil derselbe Process bei
Gastropacha pini (s. Kowalevsky Taf. XII. Fig. 1-6) ohne solchen
Formenzustand vor sich geht.
170 Salensky:
dien etc. und Insecten) gemein sind, und von welchen
die Divergenz der weiteren Entwickelungsformen auftritt.
Wenn wir die DifFerenzirung der Keimblätter als
Haupterscheinung betrachten, und die Bildung der Darm-
höhle für eine secundäre halten, so wird es klar, dass
die Gastrulaform mit der Magenhöhle auch in diesen
Fällen rcsp. bei der Entwickelung aus der Blastula als
Grundform nicht angenommen werden kann.
Aus dieser kurzen Uebersicht der ersten embryo-
nalen Erscheinungen bei den Thieren folgt:. dass das Ga-
strulastadium aus der Planula oder Blastula in Folge se-
cundärer, später auftretender Veränderungen derselben
entstehen kann; in den meisten Fällen entsteht es nicht.
Nach diesen Bemerkungen brauche ich kaum zu fragen:
kann eine solche nur einigen Thieren eigene Form die
Stammform aller Metazoen darstellen, vorausgesetzt dass
wir bei den anderen Thieren die Entwickelung ganz un-
abhängig von dieser Form vor sich gehen sehen? Der
Grund der Unrichtigkeit der Gastraea-Theorie besteht
darin, dass in der Stammform der Gastraea eine secun-
däre embryonale Erscheinung (die Bildung der Magen-
höhle) mit den primären und wichtigsten (der Bildung
der Keimblätter) zusammengestellt ist. Die Unrichtigkeit
liegt in der Voraussetzung, dass die Gastrula derjenige
frühzeitige Entwickelungszustand ist, „in welchem der
embryonale Thierkörper die denkbar einfachste Form
der Person darstellt^ (S. 17 Gastraea-Theorie etc.). Wa-
rum sollen wir als einfachstes Wesen uns ein Thier vor-
stellen, welches mit einer Magenhöhle schon versehen
ist, wenn wir doch Metazoen kennen, welche (die darm-
losen Turbellarien) keine Magenhöhle besitzen? Solche
darmlosen Metazoen stellt auch die Gastrula dar, bevor
sie die Magenhöhle bekommt und als Planulaform (bei
den Coelenteraten) umherschwimmt. Diese Planula hat
Haeckel zwischen die Thiere gestellt, welche keine
Keimblätter haben, zwischen die Protozoen (s. die synop-
tische Tabelle in der ^Gastraea-Theorie"). Solche Zu-
sammenstellung kommt mir ganz unverständlich vor, denn
Bemerkungen über HaeckeFs Gastraea-Theorie. 171
Haeckel selbst sagt in seiner Monographie der Kalk-
schwämme, dass in diesem Stadium die DifFerenzirung
der Keimblätter schon auftritt. Das beweist die Künst-
lichkeit des Begriffes der ,,Gastriila," dass sie als „schei-
dende Grenzmarke'' zwischen den Protozoen und Meta-
zoen stehen soll. Wenn die Plannia der Coelenteraten
eine Magenhöhle und einen Mund erhält, so verwandelt
sie sich in eine Coelenterate (Metazoon); warum sollte
sie doch als Planula einen Protozoon darstellen, wenn
sie die beiden Keimblätter besitzt, welche die Protozoen
nicht haben und die erst durch den Furchungsprocess
entstanden sind, welchen die Infusorieneier oder Keime
nicht durchlaufen?
In der oben dargestellten kurzen Uebersicht der
ersten embryonalen Vorgänge bei den Thieren haben wir
gesehen, dass in den meisten Fällen die beiden Keim-
blätter eine Form zusammenstellen, welche der Planula-
form der Coelenteraten ähnlich ist und nur bei einigen
Thieren von dieser Form durch weitergehende Ditferen-
zirung des mittleren Keimblattes sich unterscheidet. Die
andere Form, von welcher die Differenzirung erst beginnt
und welche deswegen nicht mit der Planula zu ver-
gleichen ist, habe ich Blastula genannt, um nur mit
diesem Namen denjenigen Entwickelungszüstand einiger
Thiere zu bezeichnen, von welchem ausgehend die Diffe-
renzirung der Keimblätter in etwas abweichender Form
als in der Planula auftritt. Wir haben diese Form bei
verschiedenen Thieren getroffen und ihren weiteren Dif-
ferenzirungsprocess kurz auseinandergesetzt. Die ein-
fachste Differenzirung besteht darin, dass einige Zellen
der Blastula von den anderen sich zu unterscheiden be-
ginnen. Damit sind schon zwei Keimblätter angedeutet
und die Organisationsstufe erreicht, welche jener der
Planula gleich ist. Die beiden Keimblätter können
weiter in verschiedener Weise sich entwickeln: entweder
einen Körper darstellen, welcher die Gastrula ist (wie
bei Amphioxus, Ascidien etc.), oder es kann das innere
Keimblatt durch das äussere bedeckt werden, wodurch
keine Gastrulaform entsteht {wie bei den Insecten).
172 Salensky:
In diesen kurzen Bemerkungen über die Gastraea-
Theorle wollte ich nur die Thatsachen zusammenstellen,
mit welchen ich für mich selbst mir die Bedeutung der
Gastraea-Theorie klar zu machen versuchte. Das nega-
tive Resultat, zu dem ich gelangte, beruht auf den That-
sachen, nämlich auf jenen, dass die Gastrula nicht all-
gemein verbreitet ist und dass die embryologischen Er-
scheinungen mit dieser Grundform nicht in einen causalen
Zusammenhang gebracht werden können. Wäre die
Gastrula selbst so allgemein verbreitet, wie es Ha e ekel
angiebt, so wäre damit durchaus noch nicht bewiesen,
dass sie wirklich eine ontogenetische Grundform ist; denn
was gewinnen wir mit der Annahme, dass die Gastrula
eine Grundform der Entwickelung aller Metazoen ist, wenn
wir mit dieser Form die Unterschiede in der Entwicke-
lung nahe stehender Thiere (z. B. Amphloxus und an-
derer Vertebraten, Ctenobranchlen und der übrigen
Prosobranchien etc.) nicht erklären können ? Wir können
nicht mit der Gastraeatheorle die Verschiedenheit in der
Entwickelung des Lumbricus und Euaxes erklären.
Solche Beispiele existiren aber sehr viele und sie zeigen
dass zwischen den systematisch nahe stehenden Thieren
wesentliche Verschiedenheiten In der Anlage ihrer Or-
gane vorkommen können. Diese Thatsache sieht aber
so paradox nur darum aus, weil wir jetzt gewöhnt sind,
die Verwandtschaft der Thiere nur aus anatomischen
Thatsachen abzuleiten und aus der Aehnlichkeit der Or-
ganisation schon auf die Aehnlichkeit der Entwickelungs-
proccsse schliessen. Um aber die Wechselbeziehung
der organisirten Formen zu finden sollen wir alle Disci-
plinen der Naturwissenschaft herbeiziehen ; wir müssen
den Bau der ausgebildeten organischen Formen als Re-
sultat der ontogenetischen Vorgänge betrachten und
nicht nach der nur aus den anatomischen Thatsachen ge-
wonnenen Meinung die ontogenetischen Thatsachen beur-
theilen. Wenn wir objeetiv sein wollen, können wir
nicht sagen, dass wenn zwei verschiedene Weisen der
Entwickelung i,bei sehr nahe verwandten Formen vor-
kommen''^ so sind sie wegen ihrer Verwandtschaft für
Bemerkungen über Haeckel's Gastraea-Theorie. 173
uns ganz unwesentlich ^). Wenn das phylogenetische
Grundgesetz richtig ist, so muss die Verwandtschaft der
Thiere erst aus der Ontogenie aufgefunden werden;
sonst ist der Begriff der Verwandtschaft, welchen wir nur
aus tectologischen Thatsachen entnehmen, eine vorge-
fasste Meinung.
Wenn ich jetzt meine Bemerkungen schliesse, so
hoffe ich in diesen wenigen Worten den thatsächlichen
Beweis geliefert zu haben, dass:
1. das wichtigste Moment in der Ontogenie der
Thiere die erste Differenzirung der Keimblätter ist;
2. dass diese Differenzirung bei verschiedenen Thieren
zu verschiedener Zeit ihrer Entwickelung beginnt und in
den meisten Fällen zur Planulaform führt, welche entweder
in reinem (bei den meisten Thieren), oder in modificirtem
(Vertebrata und einige wirbellose Thiere) Zustande bei
allen Thieren vorkommt und selbst als freilebende Thier-
formen existirt. In manchen Fällen kann die Planula-
form übersprungen und durch Diblastula ersetzt werden.
3. dass die Ausbildung der Magenhöhle eine spätere,
secundäre Entwickelungserscheinung ist, welche bei den
verschiedenen Thieren in verschiedenen Entwickelungs-
zuständen auftritt und im Begriffe der Grundform der
Entwickelung nicht einen Platz einnehmen kann, dass also
4. die Gastrulaform nicht als Grundform in der
Entwickelungsgeschichte aller Metazoen, und folglich
5. die problematische Form „Gastraea^ nicht als
„Stammform*^ für die höheren Thierstämme angenommen
werden kann.
Graz, 24. Januar 1874.
1) II ae ekel, die Kalkschwämme Bd. I. S. 467.
174 Salensky:
Erkläruug der Abbilduugeu.
Tafel V.
Fig. 1, 2, und 3. Drei Entwickelimgszustände der Auster (Original)
Ex Exoderm, En Entoderm, V Yelum, S Schale, M Ein-
stülpung des Vorderdarms, D Darm.
Fig. 4. Diblastula von einer Aseidie (nach Kowalevsky : Weitere
Studien ct. in Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. VII. Taf X.
Fig. 5) Ex Exoderm, En Entoderm.
Fig. 5. Diblastula des Hydrophilus (nach Kowalevsky: Embr.
Studien ct. in Mem. de l'Acad. Imp, de St. Peter sbourg
Taf. IX. Fig. 20) Ex Exoderm, En Entoderm.
Fig. 6. Gastrula einer Aseidie (nach Kowalevsky 1. c. Taf. X.
Fig. 6) Ex Exoderm, En Entoderm.
Fig. 7. Querschnitt durch den Embryo von Hydrophilus (nach Ko-
walevsky I.e. Taf. IX. Fig. 26) Ex Exoderm, En Ento-
derm.
Neue Spataiigiden des Hamburger iHuseiims.
Von
Dr. Heinrich Bolau
in Hamburg.
Hierzu Tafel YI.
Wenige Wochen nach Beendigung meiner kleinen
Arbeit über die Spatangiden des Hamburger Museums
(erschienen in den Abhandlungen des naturwissenschaft-
lichen Vereins zu Hamburg-Altona V. Band 4. Abthlg.
und im Osterprogramm der Realschule des Johanneums
zu Hamburg 1873) hatte unser Museum Gelegenheit,
einige neue interessante Stücke dieser schönen Seeigel-
gruppe zu erwerben, darunter zwei ganz neue Arten,
von denen im folgenden die Beschreibung gegeben werden
soll.
1. Maretia ellipttca n. sp. (Fig. 1 u. 2.)
Die Schale ist sehr regelmässig länglichrund und
hat in der Mitte ihre grösste Breite. Die vier paarigen
Ambulacren sind an ihrem Ende nicht geschlossen und
bis nahe an den Scheitel wohl entwickelt; im äussern
Viertel ihres Verlaufes gehen die Porenreihen fast paral-
lel neben einander her. Das fünfte vordere Ambulacrum
scheint auf den ersten Blick zu fehlen ; von innen sieht
man aber bei durchfallendem Licht sehr deutlich auf den
Ambulacralplatten statt der Poren durchscheinende Punkte
in zwei einfachen, also nicht doppelten Reihen
verlaufen. Von aussen ist von dieser Bildung nur mit
176 Bolau:
der Lupe In der Nähe des Scheitels eine schwache Spur
zu entdecken in der Form von kaum bemerkbaren Ein-
drücken. Die Unterseite der Schale zei^t die bei Mare-
tia gewöhnliche Bildung: ein Sternalfeld ohne Stacheln,
umgeben von grösseren durchbohrten Stachelwarzen, deren
jede von einem schwach angedeuteten kleinen, glatten,
polygonalen Felde umgeben ist; dazwischen zerstreut
sehr kleine Stachelwarzen. Von dem Sternum nimmt
die Grösse der Stacheln nach dem Rande der Schale hin
ab. Von der subanalen Semita ist nur die obere Hälfte
deutlich vorhanden; sie umschliesst den obern Rand des
wohlentwickelten in einem kleinen Höcker vorspringen-
den Subanalfeldes. Die Genitalporen liegen wie gewöhn-
lich, die vorderen einander etwas mehr genähert, als die
hinteren. Augenporen fünf, kaum bemerkbar. Von der
Madreporenplatte geht eine kurze Röhre im Innern der
Schale nach hinten.
Die Länge der ganzen Schale beträgt 78 Mm., ihre
Breite 56,5 Mm., ihre hinten über dem Höcker des Subanal-
feldes gelegene grösste Höhe 25 Mm., ihre Höhe im Schei-
tel 24 Mm. Abstand des Scheitels vom Hinterrand der
Schale 45,5 Mm. vom Vorderrand 32,5 Mm., Das vordere
Ambulacrum enthält in der vordem Porenreihe 17, in
der hintern 18 — 19, das hintere Ambulacrum in der vor-
deren Reihe 27, in der hinteren ebenfalls 27 Porenpaare.
Die grösste Breite des vorderen Ambulacrums ist 5,5 Mm.
(in der Fig. 1 etwas zu breit), seine Länge 20 Mm., die
grösste Breite des hintern 5,5 Mm., seine Länge 32 Mm.
Die neue Art ist von Maretia planulata Lam. und
meiner M. carinata mit Leichtigkeit zu unterscheiden:
von einem Kiel zwischen den beiden hinteren Ambula-
cren zeigt sich keine Spur; das anale Feld, das bei den
beiden anderen Arten schräge nach unten geneigt ist, ist
hier fast senkrecht. Die grossen Stachelwarzen sind bei
der neuen Art sehr zahlreich und liegen oben auf der
Schale, also nicht in Vertiefungen oder doch in kaum
bemerkbaren.
Unser Stück kam durch Kauf von Herrn C. W es sei
an unser Museum und stammt von der Maldon-Insel,
Neue Spatangiden des Hamburger Museums. 17?
die in der Südsee ungefähr unter 4« S. B. und 136^ W.
L. von Ferro liegt.
Es mag sein, dass man bei späterer genauerer Kennt-
niss der Gattung Maretia Gray diese Art als Typus einer
neuen Gattung von Maretia abzweigen wird: vorläufig
halte ich es für richtig, sie zu Maretia, die ihre Ver-
breitung' im Indischen und Grossen Ocean hat, zu stellen.
2. Brissiis sternaloides n. sp. (Fig. 3.)
Bei der Betrachtung von oben hat die- Schale einen
regelmässigen länglichrunden Umriss, von der Seite ge-
sehen springt die sehr bedeutende Höhe des hintern
Theils besonders in die Augen. Sie hat ihre Ursache
darin, dass das Sternum sich etwas wölbt und nament-
lich, dass das subanale Schild sehr stark hervortritt, so
stark, dass das Hinterende der Schale dadurch schief ge-
stutzt erscheint und zwar mit Hervortreten der untern
Hälfte. Die Oberfläche ist schwach, aber gleichmässig
gewölbt. Die vordem Ambulacren sind grade und unter
einem Winkel von etwa 45^ ^^^^^ einander geneigt, die
hintern bilden einen solchen von etwa 135^ miteinander
und nehmen ebenfalls einen graden Verlauf, so dass also
die hintern und vordem Ambulacren unter einem Winkel
von etwa 90^ zusammenstossen. Die hintern Ambulacren
sind etwa Ya länger, als die vordem. Genitalöffnungen
und Augenporen, wie bei Brissus gewöhnlich.
Länge der ganzen Schale 51 Mm., grösste Breite
(in der Mitte) 45 Mm., grösste Höhe V3 ^^^ Hinterende
entfernt 31 Mm., Höhe Va vom Vorderende entfernt
25,5 Mm., Länge der hintern Ambulacren 20,5 Mm., der
vorderen 15 Mm.
Unsere Art ist am leichtesten an der bedeutenden
Höhe im hintern Theil der Schale und dem stark vorge-
zogenen Subanalscbild zu erkennen; sie ist am nächsten
mit Br. sternalis verwandt, von dem sie sich jedoch durch
die eben wiederholten Charaktere leicht und sicher unter-
scheiden lässt.
Wir erhielten unser Spiritusexemplar aus der Bai
von Siam durch Kauf von Herrn Salmin.
Archiv f. Naturg. XXXX. Jatirg. 1. Bd.
12
178 Bolau: Neue Spatangiden des Hamburger Museums.
3. Agassizia scrohiculata Valenc.
Von dieser schönen Art besitzet wir jetzt ausser
dem, schon vorhandenen noch 8 neue Stücke in ver-
schiedenen Grössen. Sie kamen durch Herrn H. Stre-
bel an unser Museum und wurden in La Paz in Mexico
gesammelt. Die Grösse der Stücke schwankt in der
Länge zwischen 18 und 48 Mm., in der Breite zwischen
16 und 44 Mm.
Erklärung der Figuren.
Tafel VL
1. Maretia elliptica n. sp. Obere Ansicht.
2. Dieselbe. After und Umgebung, schräge von unten gesehen.
3. ümriss von Brissus sternaloides n. sp. von der Seite.
a. Mund.
b. Scheitel.
Heber die Nolluskenfauna der Sudeten.
Von
Dr. 0. Reinharilt
in Berlin.
Mit dem Namen Sudeten (im weiteren Sinne) be-
zeichnet man das Gebirgsländ, welches sich von den
Quellen der Oder bis zu denen der Iser in einer Länge
von beinahe 40 Meilen erstreckt und Schlesien auf der
nordöstlichen von Mähren und Böhmen auf der südwest-
lichen Seite scheidet. Dieser ausgedehnte Gebirgszug
ist indessen kein gleichmässig und ununterbrochen fort-
laufendes Ganzes, sondern zerfällt in eine Anzahl von
Gebirgsgruppen, als deren Hauptglieder folgende ange-
sehen werden können:
I. Das Mährische Gesenke (oder die Sudeten
im engeren Sinne) nimmt den südöstlichen Theil des
ganzen Zuges von den Quellen der Oder bis zur Glatzer
Neisse ein und bildet die Wasserscheide zwischen der
Oder und der Donau (während die folgenden Glieder
die Flussgebiete der Oder und der Elbe scheiden). Das
Glatzer Schneegebirge mit den Quellen der March ist
als der nordwestliche Flügel dieses Gebirges anzusehen.
IL An den Schneeberg reihen sich die Glatzer
Gebirge, welche auf der westlichen Seite der Graf-
schaft Glatz unter dem Namen des Habelschwerdter, des
Mense- und des Heuscheuergebirges hinziehen, während
IIL auf der östlichen Seite der Glatzer Kessel durch
180 Reinhardt:
den Kamm des .Eulengebirges begrenzt wird, das
sich in gleicher (nordwestlicher) Richtung, wie die vor-
hergehenden Glieder, zwischen der Neisse und der Wei-
stritz erstreckt. Oestlich vom Nordende dieses Gebirges
liegt
IV. die kleine, abgesonderte Gebirgsmasse des
Zobten.
V. Nördlich schliesst sich an das Eulengebirge ein
Bergland ohne Kammbildung, welches sich westlich bis
zu den Ausläufern des Glatzer Gebirges hinüberstreckt,
das VV aldenburger (oder Waldenburg-Landeshuter)
Gebirge. x\n dies reiht sich
VI. weiter nördlich und nordwestlich, vom Bober
und der Katzbach eingeschlossen, das Bober-Katzbach-
Gebirge, ebenfalls ein niedriges Bergland mit wenigen
Gipfeln über 2000' Höhe. Durch das Hirschberger Thal
wird von demselben getrennt
VIL das Riese ngebirge , das, an das Landeshuter
Gebirge sich anschliessend, in fast westlicher Richtung
verläuft, bis endlich
VIII. das Isergebirge als letztes Glied nach
Nordwesten den Abschluss des ganzen Zuges bildet.
Von diesen Theilen sind nur das Mährische Gesenke
und das Riesengebirge (und allenfalls das Isergebirge)
Kochgebirge; die übrigen Glieder haben nur einzelne
wenige Spitzen über 3000' Höhe aufzuweisen.
Was über die Molluskenfauna dieses Gebietes bekannt
ist, findet sich zusammengetragen in dem vortrefflichen
Werke: Schlesiens Land- und Wassermollusken, syste-
matisch geordnet und beschrieben von Dr. IL Scholtz.
Breslau 1843; Supplement 1853. Sucht man sich nach
diesem Buche durch Zusammenstellung der Fundorte aus
den einzelnen Abtheilungen des Gebirges ein Bild der
gesammten Sudetenfauna zu entwerfen, so findet man
bald, dass dasselbe noch ein recht mangelhaftes ist.
Einige der oben angeführten Gebirgsgruppen sind in
malakologischer Hinsicht noch gänzlich unbekannt, wie
z. B. das Isergebirge und die böhmische Seite des Riesen-
gebirges (welche natürlich bei Scholtz keine Berück-
Ueber die Molluskenfauiia der Sudeten. " 181
sichtignng finden konnte); von anderen Theilen, wie von
dem Mährischen Gesenke, den Glatzer Gebirgen, der
Eule, liegen nur sehr spärliche Angaben vor; am besten
bekannt sind die schlesische Seite des Riesengebirges
sammt dem Hirschberger Thal und die sich der Ebene
zuwendenden Partieon der Vorgebirge, also das Walden-
burger und das Bobcr-Katzbach- Gebirge. Es ist mithin nur
ein kleiner Theil des Gesammtgebirges soweit erforscht,
dass man über seine Fauna ein einigermassen zutreffen-
des ürtheil sich erlauben könnte. Und doch erscheinen
gerade die Sudeten vor allen andern mitteldeutschen Ge-
birgen der Beachtung werth, nicht allein deshalb, weil
kein anderes derselben sich zu so bedeutender Höhe er-
hebt, und schon aus diesem Grunde eine grössere Man-
nichfaltigkeit im Vorkommen der Mollusken zu erwarten
ist, sondern auch ihrer geographischen Lage wegen, in-
dem sie als nordöstlicher Grenzwall dieses Berglandes
gei:^en die Ebene und als Nachbar der mächtigen Kar-
pathenkette mit ihrer zum Theil cigenthümlichen Fauna
interessante Verhältnisse hinsichtlich der Verbreitung
einzelner Arten darzubieten versprechen. Es erschien
somit der Mühe werth, eine eingehendere Durchforschung
dieses Gebirgs vorzunehmen, als es bisher geschehen;
ich habe inich bestrebt, mir auf vielfachen Reisen von
der Molluskenfauna der Sudeten so genau als möglich
Kenntniss zu verschaffen, und stelle nun die Ergebnisse
dieser Forschungen in Nachstehendem zusammen. Aller-
dings machte es die bedeutende Ausdehnung des Gebie-
tes, die Entfernung desselben von Berlin und die mir
knapp zugemessene Zeit unmöglich, allen Theilen des
Gebirges gleiche Aufmerksamkeit zu schenken, und
mancher Punkt, au dem vielleicht interessante Fragen
zu lösen gewesen wären, musste zu meinem lebhaften
Bedauern unbesucht bleiben. Bei der Beschränkung, die
ich mir nothgedrungen auferlegen musste, habe ich zu-
nächst die beiden Hauptglieder der Sudeten, das Mäh-
rische Gesenke und das Riesengebirge gründlicher kennen
zu lernen gesucht, ferner das ganz unbekannte Iserge-
birge und einzelne Theilc der Vorgebirge durchforscht.
182 Reinhardt:
Von denjenigen Theilen, die ich selbst nicht besuchen
konnte, habe ich die Fundortsangaben unter Benutzung
des oben citirten Werkes von Scholtz und einiger
anderer Arbeiten, die später Erwähnung finden werden,
zusammengestellt, um so ein Bild ihrer Fauna zu ge-
winnen.
In den folgenden, nach den oben namhaft gemachten
Gebirgsgruppen geordneten Listen habe ich bei jeder Art
sämmtliche Fundorte angeführt, die mir bekannt gewurden
sind. Dadurch erhält man am besten einen Ueberblick
über die Verbreitung der Art in dem betreffenden Gebiet,
sowie über ihre Häufigkeit in demselben, die ja durch
die grössere oder geringere x\nzahl der Fundorte be-
stimmt wird. Etwas anderes ist es mit dem mehr oder
minder zahlreichen Auftreten der Individuen an einem
Orte; das Verhalten der Arten in dieser Hinsicht ist
durch die Ausdrücke: zahlreich, gesellig, vereinzelt — an-
gedeutet. Dem Namen der Fundorte, an welchen ich
selbst nicht sammelte, ist der Name des Sammlers, als
des Bürgen für die Angabe beigefügt; doch sind der
Einfachheit wegen sämmtliche aus dem Werke von
Scholtz entlehnte Fundorte unter dem Namen Scholtz
aufgenommen worden, auch wenn dieser selbst nicht der
Sammler war. Haben mehrere dieselbe Art am gleichen
Orte gefunden, so ist nur der letzte Beobachter namhaft
gemacht.
1. Das mährische (leseuke.
Von dem höchsten Punkte dieses Gebirges, dem
zweithöchsten der gesammten Sudeten, dem Altvater
(c. 4600') zieht sich in nordwestlicher Richtung der Haupt-
kamm in einer durchschnittlichen Höhe von etwa 4000'
bis zum Hockschar (4110'). Ueber die tiefste Stelle
dieses Kammes, den Pass am Rothenbcrge (3232'), führt
eine Verbindungsstrasse zwischen Schlesien und Mähren;
zwischen dem Passe und dem Ilockschar erhebt sich der
Kamm zu den Kuppen der Brünnelhaide (4200'), des Fuhr-
mannssteines (4318') und des Kepernicks (4462'). Nach-
dem nördlich vom Hockschar sich das Gebirge plötzlich
Ueber die Molluskeufauna der Sudeten. * 183
zum Ramsauer Passe (c. 2500', Verbindungsstrasse zwischen
Freiwaldau in Schlesien und Goldenstein in Mähren) her-
abgesenkt hat, streicht ein Theil desselben weiter in nord-
westlicher Richtung bei Lindewiese und Setzdorf vorbei
bis nach Reichenstein und Wartha, wo ihm durch die
Neisse eine Grenze gesetzt wird, während ein anderer
Theil in westlichem Streichen sich zum Glatzer (Spieg-
h'tzer) Schneeberg (4400') erhebt, der seine westlichen
und nordwestlichen Ausläufer ebenfalls bis an die hier
entspringende Neisse sendet. — Nach Süden vom Alt-
vater setzt sich der Kamm fort über den Petersstein
(4402') und die nach S. W. streichende Hohe oder Jano-
witzer Haide, ein Hochplateau, das nach Süden plötzlich
steil abfällt zu dem sogenannten Kessel, in welchem aus
zahlreichen Qnellbächen die Mohra, ein Nebenfluss der
Oppa, ihren Ursprung nimmt. Vom Altvater und seinen
Ausläufern entspringen die Biele, die weisse Oppa und
die Tess ; erstere, deren einer Zufluss vom Leiterberge
her den Hohen Fall oder Hufall bildet, fliesst, dem Zuge
des Haiiptkammes folgend, nördlich über Waidenburg,
Thomasdorf, Buchelsdorf und Preiwaldau, um sich dann
nordwestlich zu wenden und endlich in die Neisse zu
fallen. Ihr rechtes Ufer wird von einem Höhenzuge be-
gleitet, auf welchem in der Nähe von Freiwaldau die
Goldkoppe' emporsteigt, von dem ferner östlich von Bu-
chelsdorf ein Bach entspringt, der den Zeiskengrund
durchfliesst, und auf dem endlich bei Reiwiesen, östlich
von Freiwaldau, 2379' hoch ein Hochmoor liegt, welches
durch das Vorkommen der Pinus obliqua Sauter aus-
gezeichnet ist, und in welchem aus einem nach dem
Glauben der Eingeborenen unergründlichen Teiche die
schwärze Oppa entspringt. Diese fliesst iuerst eine
kurze Strecke östlich, sodann südlich bei dem Dorfe
Einsiedel vorbei, um bei Würbenthai den zweiten der
vom Altvater herabkommenden Flüsse, die weisse Oppa,
aufzunehmen, die bald nach ihrem Ursprünge den Oppa-
fall gebildet und sodann den kleinen Badeort Karlsbrunn
durchströmt hat. Die Tess endlich, deren Quellen an
den westlichen Lehnen des Altvaters liegen, fliesst zuerst
184 Reinhardt:
westlich, dann südwestlich und ergiesst sich in die March,
welche auf der südlichen Seite des Glatzer Schneebergs
entspringt und das Wasser sämmtlicher auf der mähri-
schen Seite des Gebirges herabtiiessenden Gewässer der
Donau zuführt. — Von weiteren Bergzügen sei noch er-
wähnt der nördlich von Freiwaldau und der ßiele ge-
legene Hirschbadkamm (3000'); an dessen Gehängen der
bekannte Badeort Gräfenberg liegt, so wie die südlich
von der Biele und östlich von der Oppaquelle steil sich
erhebende Bischofskoppe bei Zuckmantel (2750'); an der
Grenze von preussisch und österreichisch Schlesien.
Die geognostischen Verhältnisse des Mährischen Ge-
senkes sind sehr einfach. Als Hauptgestein tritt Glim-
merschiefer auf, nächstdem Gneis (z. B. am Hockschar,
bei Goldenstein); die Bischofskoppe zeigt Thonschiefer.
In dem Glimmerschiefer finden sich an verschiedenen
Stellen Lager von ürkalk, mitunter von bedeutender
Ausdehnung, wie dasjenige von Setzdorf bis Lindewiese;
andere Stellen, wo Kalk auftritt, sind der Spitzstein bei
Saubsdorf östlich von Freiwaldau, Einsiedel bei Würben-
thal und Endersdorf bei Zuckmantel; meistentheils zeich-
nen sie sich durch eine reiche Molluskenfauna aus, na-
mentlich wo sie mit Laubholz bewaldet sind. Vulka-
nische Gesteine finden sich in diesem Theile der Sudeten
selten; nur der Köhlerberg bei Freudenthal stellt sich
als ein ehemaliger Vulkan dar.
Fast nirgends im Gesenke liegt das Gestein blos, so
dass gewaltige Fels- und Trümmerraassen, wie sie im
Riesengebirge so häufig angetrofi'en werden, hier fast
ganz fehlen. Die Bergkuppen bilden meist sanftgewölbte,
oft lang dahin gestreckte, begraste Rücken mit üppiger
Krautvegetation, höchstens dass an einer einzelnen Stelle
des Gipfels kahle Felspartieen, sogenannte „Steine", auf-
treten, wie die Altvatersteine, der Petersstein, der Keper-
nik- und Fuhrmannsstein u. a.
Die Berge des Mährischen Gesenkes sind durch-
weg bewaldet, und wenn auch wohl die Fichte vor-
herrscht, so ist doch die Buche ebenfalls recht häufig ;
vielfach findet sich auch der Bergahorn (Acer Fseudo-
üeber die Molluskenfaima der Sudeten. , 185
plataiius L.) Die Bewaldung geht bis ziemlich weit
hinauf; bis c. 3500' findet sich noch Hochwald, von da an
nimmt das Längenwachsthiim der Bäume ab, dieselben
werden strauchartig, nm endlich zwischen 3800' — 4000'
ganz zu verschwinden. In der oberen Waldregion ge-
sellt sich der Fichte sehr häufig die Eberesche zu und
bildet dort einen förmlichen Gürtel. Charakteristisch für
das Gesenke — und hierin besteht einer der auffallendsten
Unterschiede vom Kiesengebirge — ist der gänzliche
Mangel an Knieholz, das doch im Riesengebirge bei
4000' Höhe ganz allgemein auftritt. An Stelle der Knie-
holzregion findet sich hier eine baumlose Zone, die nur
Kräuter und Stauden in üppigster Fülle und von Holz-
gewächsen höchstens einige Weiden (unter ihnen Salix
{herbaceaL. und Vaccmium-AYten aufzuweisen hat. —
Uebcr die Schneckenfauna des Mährischen Gesenkes
finden sich in der Litteratur nur wenige und vereinzelte
Angaben, die meisten noch bei Scholtz, der nach den
Mittheilungen der Herren Schneider und D i 1 1 r i c h
etwa 12 Arten von dorther namentlich aufführt. Ausser-
dem ist mir, abgesehen von einigen Angaben über das
Vorkommen von Clausilien in A. Schmidt's kritischen
Gruppen der europäischen Clausilien, nur noch ein „Ver-
zeichniss der Mollusken des Altvaters von 3700' — 4680'
Höhe'^ von dem unermüdlichen Erforscher dieses Ge-
birges, Prof. Kolenati, bekannt geworden, das einen
Theil einer „Fauna des Altvalers (hohen Gesenkes der
Sudeten)" bildet, abgedruckt im Jahresheft der natur-
wissensch. Sect. der k. k. Mähr. Schles. Gesellsch. zur
Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landes-
kunde für das Jahr 1858 (auch als Seperatabdruck er-
schienen). In diesem, wie es scheint, wenig bekannten
Verzeichnisse (v. Martens erwähnt es in seinem Litte-
raturnachweis im Nachrichtsblatt d. deutschen malakol.
Gesellsch. nicht) werden nur 7 Arten aufgeführt, näm-
lich Helix arhustorum, hortensis, rotundala, Succmea oh-
longa var. sudeiica Kolen., Viirina dia)/hana, Clausula
hidens und dubia var. trivia Parr. Wie weit die Rich-
tigkeit der Bestimmungen Vertrauen verdient, ist ohne
186 Reinhardt: '^
Ansicht der Exemplare natürlich schwer zu beurtheilen ;
bemerken will ich jedoch, dass ich in dem bezeichneten
Höhengürtel Helix hortensiü nnd H. rotundato. nicht ge-
sehen habe. Letztere wird hier durch Helix rtiderata
vertreten, nnd fast scheint mir die beigefügte Beschrei-
bung Kolenatis (;, braun (ohne Erwähnung der Flecke),
sehr dicht scharf querriefig etc. — sehr häufig unter
Rinden abgestorbener, morscher Bäume bis nahe an die
Kuppen") — auf 11. ruderata zu deuten. Viirina diaphonaj,
die sehr häufig unter Steinen und faulem Holz bis an
die Kuppen des Altvaters sein soll, habe ich im ganzen
Gesenke nicht gefunden, sondern nur Vitrina elongatOy
diese auch noch auf dem Altvater. Clausüia dubia end-
lich (die var. trivia ist mir gänzlich unbekannt) ist im Mäh-
rischen Gesenke überhaupt nicht zu häufig und nament-
lich in dem angegebenen Höhcngürtel von mir nirgends
beobachtet; sollte damit vielleicht GL oruciata gemeint sein,
die mit GL plicatula bis zu den höchsten Spitzen hinauf-
steigt?
Folgende Mollusken sind bis jetzt im Mährischen
Gesenke beobachtet worden:
I. Arion Fer.
1. A. empiricoruwt Fer., meist die var. rufu8\ bis hinauf
an die obere Grenze der Bergregion. Freiwaldau,
Reymanns Anlagen. Am Stechgraben bei VValden-
burg. An morschen Baumstümpfen zwischen der
Schäferei am Petersstein und dem Vatergraben.
2. J.. fuscus Müll. In Wäldern, unter Steinen und Moos;
bis über die ßauraregion hinaus. Am Spitzstein
bei Saubsdorf unweit Freiwaldau. Oberhalb Waiden-
burg am Stechgraben. Bei der Schäferei unterhalb
des Peterssteines und an diesem selbst.
3. A. hortensis Fer. (var. alpicola Fer.) Wie vor. Frei-
waldau, Reymanns Aulagen. Unterhalb der Schäfe-
rei am Petersstein in der Nähe des Vatergrabens. ^
4. /l. melanocephalus Faure - Biguet. An feuchten
Stellen zwischen Laub. Am Stechgraben oberhalb
Waidenburg.
üeber die Molluskenfauna der Sudeten. 187
IL Lima X L.
5. L. chiereo-niger Wolff. In den Waldungen ver-
breitet, meist jedocli einzeln vorkommend. Die Fär-
bung variirt
a) schwarz, höchstens mit hellfarbenem Rücken-
kiel : Hirschbadkamm oberhalb Gräfenberg. Fichten-
stein bei Nieder-Lindewicse. Endersdorf bei Zuck-
mantel. Bischofskoppe. Frankenhau b. Freiwaldau.
b) dunkie Grundfarbe mit hellen Längsstreifen: Spitz-
stein bei Saubsdorf. Goldkoppe b. Freiwaldau. Rey-
manns Anlagen (hellbraun).
c) ganz hellfarbig oder rein weiss: Oberhalb Wai-
denburg, beim Hinaufsteigen nach dem Altvater.
Karlsbrunn, hier ein sehr grosses, ganz weisses Exem-
plar, nur die Fühler zeigen einen Anflug von Grau.
6. L. cinereus List. Seltener als vor. Am Hirschbad-
kamm oberhalb Gräfenberg. Im Buchenwalde am
Stechgraben oberhalb Waidenburg.
7. L. marginatus Müll, (arborum Bouch.) An Buchen-
stämmen, Mauern und Felsen bis über die Baum-
grenze hinauf; meist gesellig. Freiwaldau, Reymanns
Anlagen. Spitzstein bei Saubsdorf. Setzdorf bei
Friedberg. Hirschbadkamm und Goldkoppe bei Frei-
waldau. Am Stechgraben bei Waidenburg. Am
Vatergraben unterhalb der Schäferei. Am Petersstein.
8. L. agrestis L. In Gärten etc., meist sehr gesellig.
Freiwaldau, im Telegraphenamtsgarten; im Schloss-
garten. Hutberg bei Buchelsdorf und Zeiskengrund
bei Freiwaldau.
9. L. teyielluö Nilss. Für diese Art halte ich mehrere
Stücke eines bis c. 3 Ctm. langen Limax von hell-
gelber Farbe, etwas dunklerem Schilde, mit dunklem
Kopf und Fühlern, sehr langem spitzen und scharf
gekielten Schwanzende, die ich oberhalb Waidenburg
im feuchten Buchenwalde am Wege nach dem Stech-
graben sammelte.
10. L. laevis Müll, (brunneus Drap.) Auf einer feuchten
Wiese im Zeiskengrunde bei Freiwaldau, am Rande
eines Baches.
188 Reinhardt:
III. I)au debardia Hartm.
11. D. hrevipes Drap. Im abgefallenen Laube bei 8etz-
dorf und am Fichtenstein b.ei Nieder-Lind ewiese
einzeln; an beiden Lokalitäten auf Kalk.
12. P. riifa Drap. Lebt wie vor.; am Spitzstein bei Saubs-
dorf (Kalk) und im Walde zwischen der Goldkoppe
und Kaltseifen.
IV. Vitrina Drap.
13. V. elofigata Drap. An feuchten Stellen in Wäldern,
unter Steinen, an feuchten Holzstückchen, bis auf die
höchsten Spitzen hinauf; meist vereinzelt gefunden;
Goldkoppe bei Freiwaldau, und zwischen derselben
und Kaltseifen mit 12. Am Stechgraben oberhalb
Waidenburg, ßrünnelhaide. Petersstein. Gipfel des
Altvaters.
lieber V. diapliana Drap., welche von Kolenati
sehr häufig bis an die Kuppen des Aitvaters ange-
geben wird, s. die Bemerkung oben p. 187.
14. F. ])ellucida Müll. Grasige und moosige Stellen, bis
an die obere Grenze der Baumvegetation. Gesellig.
Freiwaldau, Schlossgarten. Spitzstein b. Saubsdorf.
Fichtenstein b. Nieder-Liadewiese. Setzdorf (Kalk).
Hutberg b. Buchelsdorf. Endersdorf bei Zuckmantel
(Kalk). Auf dem Köhlerberge b. Freudenthal (Ba-
salt). Schlossruine in Goldenstein. Im oberen Theil
des Kessels.
V. Hyalina Gray.
15. H. cellaria Müll. Unter Steinen, meist einzeln. Frei-
waldau, Schlossgarten ; Wesselenigarten. Saubsdorf.
Goldenstein, altes Schioss.
10. H. glahra Stud. Unter Hecken und Steinen, eben-
falls meist einzeln, oft an ziemlich trockenen Orten.
Hutberg bei Buchelsdorf. Goldkoppe b. Freiwaldau.
Zeiskengrund, oben bei der Kapelle. Fichtenstein
bei Nieder- Lindewiese. Setzdorf. Einsiedel bei
Würbenthai. Häufig, doch nicht ausschliesslich auf
Kalk.
17. H, radiatula Alder., (striatula Gray, nitidosa Fer.
Rossm.) Unter Laub und Steinen, in Hecken, gewöhnlich
Ueber die Molluskenfauna der Sudeten. 189
gesellig. Freiwaldau, Schlossgarten. Zwischen Nieder-
Lindewiese und Setzdorf. Am Stechgraben bei
Waidenburg. Zwischen der Schäferei am Peters-
stein und dem Vatergraben. Im Kessel, bis zum
oberen Rande, ßrünnelhaide. Einsattlung zwischen
dem Kepernikstcin und dem Hockschar. Ammichstein,
var. alhina. Am Wölfelsfall (Grafsch. Glatz).
18. H. pura Alder. Wie vorige, häufig mit ihr zusammen,
und wie diese bis zu den Kämmen hinaufsteigend.
Spitzstein bei Saubsdorf. Goldkoppe b. Freiwaldau.
Zeiskengrund bei der Kapelle. Am Stechgraben bei
Waidenburg. Bischofskoppe bei Zuckmantel, bis
zum Gipfel hinauf. Zwischen dem Kepernikstcin
und dem Hockschar. Wölfelsfall (Grafsch. Glatz).
19. H. 7iite?is ^Uch. Im Laub und unter Steinen, gesellig;
nur in der Vorgebirgsregion gefunden. Spitzstein
bei Saubsdorf. Hutberg bei Buchelsdorf. Fichten-
stein b. Nieder-Lindewiese. Setzdorf. Endersdorf bei
Zuckmantel. Bischofskoppe. Goldenstein am alten
Schloss.
20. H. nitidula Drap. Im abgefallenen Laube, scheint
höher als vor. aufzusteigen. Goldkoppe bei Freiwal-
dau ; zwischen dieser und Kaltseifen. Köhlerberg b.
Freudenthal, in Hecken unter ßasalttrümmern. Im
Kessel im untern Theil.
var. albtna. Im Kessel einige Stücke.
21. H. diaphana Stud. Nur am Wölfelsfall in der Graf-
schaft Glatz gefunden.
{H. crystallina Müll, ist von mir im Mährischen Ge-
senke gar nicht beobachtet worden.)
22. H. suhrimaia Reinh. Ueber diese neue Art habe ich
in der Sitzung der Gesellsch. naturf. Freunde zu
Berlin vom 16. Mai 1871 berichtet und daselbst die
Diagnose und Verbreitung mitgetheilt. Ich habe
seitdem Gelegenheit gehabt, eine grosse Anzahl Ex-
emplare von weiteren Fundorten zu prüfen und mich
von der Selbstständigkeit dieser Art immer mehr zu
überzeugen. Sie sieht am meisten der H. diaphana
ähnlich (ist auch stets mit dieser verwechselt worden),
190 Reinhardt:
namentlich durch den scheinbaren Mangel des Na-
bels; eine genauere Untersuchung zeigt jedoch, dass
bei H, suhrimata stets ein deutlicher Nabelritz vor-
handen ist, während bei H. dia^hana der Nabel,
auch bei ganz jungen Stücken bereits, gänzlich fehlt.
(Bemerkt sei hier, dass die Kärnthner Exemplare,
welche Dr. Lehmann in seinem letzten Aufsatze
„Hyat. crystallina und H. suhterranea" im Nach-
richtsbl. 1871 p. 76 erwähnt und die er für junge H.
diaphana hält, bei denen der Nabel noch nabelritzig
bestand, zu H. suhrimata gehören, wie ich itiich
durch Ansicht der Exemplare selbst überzeugte.)
Dazu kommen noch fernere Unterschiede in der Form,
Grösse und Farbe. H. stcbrimata ist stets kleiner als
H. diaphana; sie ist auf der Ober- wie auf der Unter-
seite convexer, als die namentlich oberseits fast flache
H. diaphana. Die Windungen nehmen bei ihr
schneller an Breite zu, als bei dieser, so dass gleich
grosse Exemplare der H. diaphana mehr Windungen
zeigen, als die der H. suhrimata. Die Farbe endlich,
bei H. diaphana rein weiss, zeigt bei H. suhrimata
einen Stich ins Grünliche, gerade so wie die Schalen
des H. suhterranea^ der unsere Schnecke überhaupt
sehr nahe steht. Wollte man die 4 deutschen Hya-
lina-Arten aus der Crystallina-Gruppe naturgemäss
gruppiren, so würde man 2 Reihen aufstellen können,
nämlich :
1) Schalen mit flachem Gewinde, enger Windung,
von weisser P^arbe:
a) deutlich genabelt: H. crystallina,
b) ungenabelt: H. diaphana.
2) Schalen mit convcxem Gewinde, schnell zu-
nehmenden Windungen, von grünlich weisser
Farbe :
a) mit deutlich offenem Nabel : H. suhterranea,
b) mit Nabelritz: H. suhrimata.
Interessant und wichtig ist, dass auch durch die
Zungenbewaffnung sich die beiden Reihen deutlich
und wesentlich unterscheiden, indem hei der ersten
Ueber die Molliiskenfauna der Sudeten. 191
Reihe die Znngenzähne verschwommene, abgerundete
Contouren zeigen, während sie bei der zweiten
Reihe sehr markirt hervortreten; auch in der Form
des Mittelzahnes finden sich Abweichungen, so dass
auch in dieser Hinsicht H, subrimata sich auf das
deutlichste von H. diaphana scheidet und sich der
H. suhterranea nähert. Was den Aufenthalt dieser
Schnecke anbetrifft, so lebt sie in nicht zu feuchten
Laubwäldern der montanen Region, bis ziemlich zur
obern Waldgrenze hin, zwischen dem abgefallenen,
verwesenden Laube in Gesellschaft anderer Hyalinen
{radiatula, -pura, fulva), kleiner Helices pygmaea,
aculeata etc.), Piipen und öfters auch Carychium ;
dass sie irgend einer Gesteinsart den Vorzug gebe,
habe ich nicht bemerkt, da ich sie ebensowohl auf
Kalk, wie auf Glimmerschiefer, Granit und Basalt an-
traf. Unter den ihr verwandten Arten ist H. subri-
mata nicht allein im Mährischen Gesenke, sondern
in der ganzen Sudetenkette die verbreitetste; sonst
findet sie sich noch in den Karpathen, Siebenbürgen,
Bosnien und den Alpen (namentlich in dem östlichen
Theile derselben) ; auch in den Apenninen scheint sie
aufzutreten, doch hatte ich von hier nicht genügen-
des Material zu einer gründlichen Prüfung zur Hand,
die um so nothwendiger erscheint, als in Italien,
namentlich dem südlichen Theile und Sicilien, nahe
verwandte Arten von etwas grösseren Dimensionen
aufzutreten scheinen. Folgende Fundorte kenne ich
im Mährischen Gesenke: Fichtenstein bei Nieder-
Lindewiese. S'etzdorf. Goldkoppe bei Freiwaldau ;
zwischen dieser und Kaltseifen. Zeiskengrund bei
Freiwaldau. Westseite der Bischofskoppe bei Zuck-
mantel. Waidenburg, im Walde nach dem Stech-
graben zu; zwischen der Petersbaude und dem
Vatergraben, im Kessel. Einsattlung zw. dem Keper-
nik und dem Hockschar. Fast an allen Fundorten
kommt sie gesellig vor.
23. H, subterranea Bourg. An feuchten Stellen in Laub-
wäldern ; ziemlich gesellig am Stechgraben bei Waiden-
192 Reinhardt:
bürg. Unterer Theil des Kessels. Ziemlich zahlreich
und gross noch auf der ßrünnelhaide an der äussersten
Grenze der Waldregion.
24. H. fulva Drap. Meist gesellig unter Laub und
Steinen bis hinauf über die Waldregion. Spitzstein
bei Saubsdorf. Goldkoppe bei Freiwaldau. Zwischen
Nieder-Lindewiese und Setzdorf; Fichtenstein. Am
Stechgraben bei Waidenburg. Unterhalb der Schafe-,
rei am Vatergraben. Unterer Theil des Kessels.
Am Petersstein ; auf der ßrünnelhaide. Wölfelsfall
(Grafsch. Glatz).
25. H. nitida Müll. Nur im Schlossgarten bei Freiwal-
dau am Rande des Schlossgrabens von mir gefunden,
VI. Helix L.
26. H. pygmaea Drap. Ueberall zwischen Laub und
unter Steinen; sehr gesellig; geht bis hinauf auf die
Kämme. Spitzstein bei Saubsdorf. Fichtenstein
zwischen Nieder-Lindewiese und Setzdorf. Setz-
dorf. Goldkoppe bei Freiwaldau; zwischen der
Goldkoppe und Kaltseifen. Hutberg bei ßuchelsdorf.
Zeiskengrund, bei der Kapelle. Bischofskoppe.
Köhlerberg bei Freudenthal. Am Stechgraben ober-
halb Waidenburg. Unterer Theil des Kessels Peters-
stein, ßrünnelhaide. Zwischen dem Kepernikstein
und dem Plockschar. — Wölfelsfall (Grafsch. Glatz).
27. H. ruderata Stud. Gern unter der Rinde und im
Mulm faulender ßaumstümpfe; geht bis an die obere
Grenze der Waldregion. Fichtenstein bei Nieder-
Lindewiese. Am Stechgraben bei Waidenburg.
Unterhalb der Schäferei am Petersstein am Wege
nach dem Vatergraben. Im Kessel. Ammichsteine
(am Hockschar).
28. H. rotundata Müll. Unter ßaumrinde, Laub, Steinen,
an alten Gemäuern und dergl. Geht nach meinen
ßeobachtungen nicht so hoch als vor,, mit welcher sie
mitunter vergesellschaftet vorkommt. Meist sehr zahl-
reich Spitzstein bei Saubsdorf. Freiwaldau im Schloss-
garten; Rejmanns Anlagen. Goldkoppe. Zeisken-
grund. Gräfenberg. Fichtenstein bei Nieder-Linde-
üeber die Molluskenfauna der Sudeten. 193
wiese; Setzdorf. Am Stechgraben bei Waldenbnrg.
Einsiedel bei Wiirbenthal. Gipfel der Bischofskoppe
bei Ziickmantel. Goldenstein am alten Schloss.
In Betreff der Angabe Kolenati's^ dass diese
Art am Altvater vorkomme, s. die Bemerkung oben
S. 186.
29. H. holosericea Stnd. In Laub- und Nadelwäldern,
meist unter Steinen; vereinzelt. I'is an die Grenze
der Waldregion hinaufgehend. Spitzstein bei Saubs-
dorf. Goidkoppe bei Freiwaldau. Ilutberg bei Bu-
chelsdorF. Zeiskengrund, bei der Kapelle. Grafen-
' berg, an der Priessnitzquelle. Fichtenstein bei Nicder-
Lindewiese; Setzdorf. Endersdorf bei Zuckmantel.
Ammichsteine. Hoekschar. Zwischen dem Keper-
nikstein und Hoekschar. — Am Wölfelsfall (Grafsch.
Glatz).
30. U. per Sonata Lam. Vorkommen wie vor., sehr einzeln ;
nur in der untern Bergregion. Spitzstein bei Saubs-
dorf. Fichtenstein bei Nieder -Lindewiese. Setz-
dorf. Am Stechgraben bei Waidenburg.
31. jET. aculeata Müll. Unter abgefallenem Laub, doch
fast nie so zahlreich beisammen, wie in den Laub-
wäldern der Ebene. Zwischen der Goldkoppe und
Kaltseifen. Fichtenstein bei Nieder-Lindewiese und
zwischen hier und Setzdorf. Am Stech graben ober-
halb Waidenburg. Bischofskoppe (westliche Seite).
Im Kessel. An der letztgenannten sehr hoch ge-
legenen Lokalität findet sich mit der Flauptart und
ungefähr in gleichem Zahlenverhältnisse mit ihr ein
Blendling von bleichgrüulicher Färbung, muf. viri-
dida.
32. H. Gostata Müll. An trockenen, grasigen Stellen,
häufig auf Kalk; gesellig. Nur in der Hügelregion.
Freiw^aldau, im Schlossgarten. Spitzstein bei Saubs-
dorf. Fichtenstein zwischen Nieder- Lindewiese und
Setzdorf. Goldenstein.
33. //. ijulcitella Müll. Weniger häufig als vor., mit
der sie zusammen vorkommt. Setzdorf. Zwischen
Setzdorf und Nieder-Lindewiese an einem Bache
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 18
194 Reinhardt:
Fichten stein. Zeiskengrund bei Freiwaldau, an einer
kahlen Berglehne.
34. H. fruticum Müll. Gebüsche, schattige Waldstellen;
vereinzelt auftretend. Ist bis an die obere Wald-
grenze verbreitet. Spitzstein bei Saubsdorf. Fich-
tenstein bei Nieder-Lindewiese. Setzdorf. Enders-
dorf bei Zuckmantel. Im Kessel.
36, H. granulata Alder. Diese auch von H. Rohrmann
in der schlesischen Ebene gefundene Art (s. Nach-
richtsbl. 1871 p. 77) fand ich bei Einsiedel unweit
Würbenthai an einem mit Trümmern von Kalkstein
und mit spärlicher Vegetation bedeckten Abhänge
in wenigen Stücken, so wie ein weiteres Exemplar
im Schlossgarten zu Freiwaldau. Die Schnecke
stimmt ganz mit H. sericea Drap, überein, nur dass
sie der Haarbekleidung entbehrt.
{U. hispida L. wurde nicht beobachtet.)
36. H. Cobresiana Alten. In Laubwäldern am Boden
zwischen dem Laube; vereinzelt lebend. Spitzstein
bei Saubsdorf. Fichtenstein bei Nieder-Lindewiese.
Setzdorf. Rei wiesen (nach Seh oltz). Bischofskoppe,
östl. Seite. Brünnelhaide, hier bis an die Grenze
der Baumvegetation aufsteigend.
37. /f. incarnata Müll. In Wäldern, unter Steinen, an
Mauern. In Saubsdorf. Spitzstein bei Saubsdorf.
Freiwaldau, Reymanns Anlagen. Gräfenberg, bei der
Priessnitzquelle. Zeiskengrund b. Freiwaldau. Hut-
berg bei Buchelsdorf. Fichtenstein b. Nieder-Linde-
wiese. Setzdorf. Endersdorf b. Zuckmantel, ßischofs-
koppe. Am Stechgraben bei Waidenburg. Unterer
Theil des Kessels. (Zwischen der Schäferei am Pe-
tersstein und dem Vatergraben?) Brünnelhaide, beim
Herabsteigen nach der rauschenden Tess (höchster
beobachteter Fundort). Goldenstein, am alten Schloss.
— Am Wölfeisfall (Grafsch. Glatz.)
38. H. carpatica Friv. {vicina Rossm., iecia Zgl.) Im
feuchten Laube, vereinzelt. Nur in der Vorgebirgs-
region. Spitzstein bei Saubsdorf. Setzdorf.
üeber die Molluskenfauna der Sudeten. 195
39. H. ohvia Ziegl. Nur in der Nähe der Kalkbrüche
bei Setzdorf, hier aber in grosser Menge.
40. H. faustina Ziegl. *) An Felsen und Mauern, auf
Pflanzen und feuchtem Laube, sehr geseHig. Nur
in der Vorgebirgsregion. Spitzstein bei Saubsdorf.
Fichtenstein bei Nieder-Lindewiese. Setzdorf. En-
dersdorf bei Zuckrnantel. Einsicdel bei Würbenthai.
Am alten Schloss zu Goldenstein. — Wölfeisfall in
der Grafsch. Glatz.
Diese Art findet sich zwar meistentheils, jedoch
nicht ausschliesslich auf Kalk (z. B. nicht an den
beiden zuletzt genannten Fundorten).
41. H. la^icida L. An Baumstämmen, Mauern, Felsen,
meist ziemlich gesellig. Ist in der obern montanen
Region nicht mehr zu finden. Spitzstein b. Saubs-
dorf. Gräfenberg, an mehreren Stellen. Hutberg
bei Buchelsdorf. Fichtenstein bei Nieder-Lindewiese.
Setzdorf. Endersdorf bei Zuckmantel. Einsiedel bei
Würbenthai. Goldenstein. — Am Wölfelsfall (Grafsch.
Glatz).
42. Ä arhustorum L. Zwischen abgefallenem Laube,
auf Pflanzenblättern, feuchtem Moos, an Felsen.
Unter den grösseren Helices' steigt sie am höchsten,
wird jedoch oben vereinzelter gefunden, als in den
tieferen Regionen. Spitzstein bei Saubsdorf. Zeis-
kengrund bei Freiwaldau, auf Pef«si/es-Blättern.
Fichtenstein bei Nieder-Lindewiese. Bischofskoppe
bei Zuckmantel. Stechgraben bei Waidenburg. Bei
der Schweizerei am Altvater und der Schäferei am
Petersstein. Auf dem Bärenkamp. An den Ur-
sprungsquellen der Tess, besonders an Adenostylium
1) Diese schöne Schnecke sah ich in Einsiedel zusammen mit
Hei. hortensis als Verzierung an Consolen angewendet, die aus
grossen Baurapilzen {Polyp orus- Arien) hergestellt waren. In der
Nähe von Einsiedel findet sich H. faustina nicht; man sagte mir,
dass die Exemplare aus dem Zeiskengrunde bei Freiwaldau stammen
sollten, doch habe ich daselbst die Art nicht finden können.
196 Reinhardt:
•
alhtfr ons (Kolenatl). Briinnelhaide. Kepernikstem.
Hockschar. Goldenstein, im Schlossgarten. — Am
Wölfeisfall (Grafsch. Glatz).
var. albina, von durchscheinend gelber Farbe, am
obern Rande des Kessels,
43. R. hortensis Müll. In Laubwäldern, an Felsen und
Mauern, ziemlich gesellig. Spitzstein bei Saubsdorf.
Fichtenstein bei Nieder-Lindewiese. Setzdorf. Gra-
fenberg, bei der Priessnitzquelle. Endersdorf bei
Zuckmantel. Am Stechgraben bei Waidenburg.
Goldenstein. Selten an den Ursprungsqucllen der
Tess, nachKolenati. Mit Ausnahme eines zerbroche-
nen Schalenrestes, den ich auf der Briinnelhaide
fand, habe ich diese Art in dem oberen Theil der
Bergregion nicht beobachtet. *
var. mit hyalinen Binden: 1 Stück bei Setzdorf.
(H. nemoralis L. wnirde nirgends angetroffen.}
44. H. pomatia L. Grasige, schattige Plätze, gewöhnlich
sehr gesellig. Bischofskoppe. Endersdorf bei Zuck-
mantel. Zwischen Nieder-Lindewiese und Setzdorf
und bei letzterem Orte sehr viel. Goldenstein, im
Schlossgarten. Am Wölfelsfall.
VII. Buliminus Ehrenb.
45. jB. montanus Drap. An Baumstämmen, Felsen und
unter Steinen; in nicht zu grosser Anzahl beisammen;
wurde nur in der Vorgebirgsregion gesammelt.
Spitzstein bei Saubsdorf, Fichtenstein bei Nieder-
Lindewiese. Setzdorf. Bischofskoppe, Ostseitc. En-
dersdorf bei Zuckmantel. Einsiedel bei Würbenthai.
VIIL Cionella Jeffr.
46. C. Luhrica Müll. Bald an begrasten, trockneren
Stellen, bald auf feuchteren Wiesen oder zwischen
feuchtem Laub; ziemlich gesellig; vorzugsweise in
der unteren Berg- und Hügelregion. Freiwaldau,
im Schlossgarten. In Saubsdorf. Spitzstein bei
Saubsdorf. Nieder-Lindewiese; Fichtenstein bis
Setzdorf. Zeiskengrund bei Freiwaldau. Köhler-
berg bei Freudenthal. Goldenstein. Ammichsteine
üeber die Molluske ufauna der Sudeten. 197
am Hockschar. Brnnnelliaide (höchster Fundort an
der oberen Grenze der ßaumvegetation).
IX. Piipa Drap.
Von Torquülcn wurde im ganzen Gebiete keine
beobachtet; ebenso scheint auffallender Weise P. mu-
scorum zu fehlen, die ich trotz eifrigen Suchens auch
an geeignet scheinenden Stellen niigends gefunden
habe.
47. P. minutissima Hartm. An trockenen, grasigen
Plätzen, sehr gesellig. Nur in der Hügelregion.
Spitzstein bei Saubsdorf. Setzdorf. Köhlerberg bei
Freudenthal. Goldenstein.
48i P. edentula Drap. Zwischen abgefallenem Laube
und unter Steinen, ziemlich gesellig. Durch die
ganze montane Region bis hinauf zu den höchsten
Spitzen. Am Stechgraben bei Waidenburg. Fich-
tenstein bei Nieder-Lindewiese. Unterer Theil des
Kessels. Petersstein. Brünnelhaide. Kepernikstein.
Einsattlung zwischen Kepernik und Hockschar.
49. P. aiitivertigo Drap. Auf feuchten Wiesen, an Bach-
rändern; nur in der Hügelregion. Im Zeiskengrund
bei Freiwaldau. An einem Bachrande zwischen Nie-
der-Lindewiese und Setzdorf.
50. P. pygniaea Drap. Wie vorige und mit ihr zu-
sammen. Zeiskengrund bei Freiwaldau ; zwischen
Nieder-Lindewiese und Setzdorf. Hutberg bei Bu-
chelsdorf, an diesem Fundorte an ziemlich trockenen
Stellen, wie diese Art sich auch in der Ebene öfters
an trockenen, begrasten Abhängen vorfindet.
51. P. aljjestris Aid. Zwischen abgefallenem Laub, unter
Steinen, meist in zahlreichen Exemplaren; von der
Hügelregion bis hinauf auf die Kämme. Spitzstein
bei Saubsdorf. Setzdorf. Zeiskengrund bei Frei-
waldau. Petersstein. Brünnelhaide. — Am Wölfels-
fall (Grafsch. Glatz).
52. P. suhstriata Jeffr. Zwischen vermoderndem Laube
in der montanen Region ; nur in vereinzelten Stücken
gefunden. Zeiskengrund bei Freiwaldau. Unterer
Theil des Kessels.
198 Reinhardt:
r
53. l\ jpiinlla Müll. An trockneren Stellen zwischen
Laub, in der Hügelregion; lebt gesellig. Spitz-
stein bei Saubsdorf. Goldkoppe bei Freiwaldau.
Zeiskengrund bei der Kapelle. Hutberg bei Buchels-
dorf. Setzdorf. Wölfelsfall (Grafsch. Glatz.)
54. P. doiiohim Brug. An trockenen, grasigen Stellen
der Hügelregion, sehr gesellig. Setzdorf. Golden-
stein bei der alten Burg.
X. C 1 a u s 11 i a Drap.
55. C. laminata Mont. An Baumstämmen und Felsen
durch die ganze montane Region bis an die obere
Grenze der Baumvegetation; gesellig. Spitzstein bei
Saubsdorf. Hirschbadkamm oberhalb Gräfenberg.
Zwischen der Goldkoppe und Kaltseifen. Fichten-
stein bei Nieder-Lindewiese. Setzdorf. Im Kessel
bis ziemlich weit hinauf. Häufig unter Steinen und
Moos am Altvater und Petersstein (Kolenati).
Zwischen dem Kepernikstein und dem Hockschar.
' Ammichsteine. — Am Wölfelsfall (Grafsch. Glatz).
56. C. orthostoma Menke. An Felsen, seltener an Baum-
stämmen, durch die montane Region ; gesellig. Spitz-
stein bei Saubsdorf. Fichtenstein bei JSieder-Linde-
wiese, Setzdorf. Am Stechgraben bei Waidenburg
(kurze, etwas plumpe Form). Brünnelhaide (höchster
Fundort; die Exemplare zeigen ziemlich starke Strei-
fung).
57. Cl. biplicata Mont. An Felsen, Mauern und unter
Steinen, nur in der untern Berg- und der Hügel-
region; sehr gesellig. Spitzstein bei Saubsdorf.
Freiwaldau, Schlossgarten. Hirschbadkamm oberhalb
Gräfenberg. Fichtenstein. Setzdorf. Reiwiesen
(nach Scholtz). Endersdorf bei Zuckmantel. Ein-
siedel bei Würbenthai. Köhlerberg bei Freuden-
thal. Stechgraben bei W^aldenburg. Goldenstein
am alten Schloss. Am Wölfelsfall (Grafsch. Glatz).
58. CL plicata Drap. An Felsen der Vorgebirgsregion,
sehr gesellig. Fichtenstein bei Nieder-Lindewiese.
Setzdorf. Am langen Berge bei Setzdorf.
59. CL ventricosa Drap. An feuchten Stellen zwischen
lieber die Molluskenfauna der Sudeten. 199
Laub und Moos. Reiwiesen (ucach Scholtz). Im
Kessel. Wölfeisgrund (nach A. Schmidt, krit.
Gruppen p. 12).
60. Cl. tiimida Ziegl. var. mmor findet sich nach A.
Schmidt (krit. Gruppen p. 14) am Wölfeisfall in
der Grafsch. Glatz mit voriger.
61. 0/. plicatula Drap. An Felsen und Baumstämmen
durch die ganze montane Region, bis über die Baum-
grenze hinaus; meist gesellig. Sie ist diejenige Clausilia,
welche am höchsten aufsteigt. Wie schon A. Schmidt
(krit. Gruppen p. 26) bemerkt, tritt diese Art hier in einer
eigenthümlichen Modification, von gedrungenem, bau-
chigen Wüchse, mit feineren Rippen und stärkerem
Glanz als gewöhnlich auf, eine Form, die in den
Karpathen die herrschende ist. Spitzstein bei Saubs-
dorf. Fichtenstein bei Nieder-Lindewiese, Hirsch-
badkamm oberhalb Gräfenberg. Bischofskoppe bei
Zuckmantel. Am Stechgraben oberhalb Waiden-
burg. Im Kessel. Zwischen der Schäferei und dem
Vatergraben. Petersstein. Brünnelhaide. Zwischen
Kepernikstcin und dem Hockschar. Ammichsteine. —
Am Wölfelsfalle und höher hinauf im Wölfeisgrunde.
62. CL dubia Drap. An schattigen Felsen, nur in der
Vorgebirgsregion gesammelt. Am Spitzstein bei
Saubsdorf ziemlich zahlreich. Wölfelsfall, vereinzelt.
63. Gl. nigricans Pult. Wie vorige und mit ihr an den
gleichen Fundorten.
64. CL cruciata Stud. {CL pusüla Ziegl.) An Baum-
stämmen, bemoosten Felsen, unter Steinen; von mir
fast immer vereinzelt gefunden (wogegen sie Scholtz
in grossen Massen angetroffen haben will). Sie
scheint die obere Bergregion? vorzuziehen und steigt
mit Cl. plicatula bis auf die höchsten Kämme.
Reiwiesen (nach Scholtz). Hirsch badkamm ober-
halb Gräfenberg. Karlsbrunn (nach S choltz.) Am
Stechgraben oberhalb Waidenburg. Im Kessel. Am
Petersstein. Auf der Brünnelhaide. — Im höher
gelegenen Theile des Wölfeisgrundes beim Herab-
steigen vom Glatzer Schneeberg.
200 Reinhardt:
65. CL parmäa Stud. Nur an Kalkfelscn bei Setzdorf
sehr zahlreich.
66. GL filograna Ziegl. Nur an g-rasigcn Stellen des
Kessels in einigen Exemplaren gefunden.
XI. S u c c i n e a Drap. ^
67. S. putris L. Nur einmal an Steinen im Wasser bei
Dittershof unweit Freiwaldau gefunden.
68. Ä'. ohlonga Drap. An grasigen Abhängen unter
Hecken am Hutberg bei ßuchelsdorf vereinzelt.
Kolenati charakterisirt in seiner oben citirten
Fauna des Altvaters eine Varietät dieser Art unter
dem Namen var. sudetica Kolen. folgendermassen:
Gehäus läüglich-eiförmig, zugespitzt, grünlieh-braun
oder braungelb; wenig glänzend, sehr fein unter-
brochen-querstreifig, mit 4 Umgängen, von denen
der erste äusserst klein, der letzte sehr bauchig ist;
Mündung schief gerundet-eiförmig. Länge I-/3'";
grösste Breite V". Häufig im Knoblauchbrünndel
an den Ursprungsquelien der Mitteloppa, zwischen
Sinter und Schlamm, am Altvater.
XII. Gary Chi um Müll.
69. C. minimum Müll. An feuchten Stellen zwischen
Laub und Moos, gewöhnlich sehr zahlreich beisammen;
geht bis in die montane Region. Im Zeiskcngrund
bei Freiwaldau. Zwischen Nieder-Liudewiese und
Setzdorf an einem Bachrande. Am Stechgraben bei
Waldenbnrg. Im unteren Theil des Kessels. Am
Wölfeisfall ^(Grafsch. Glatz).
XIII. Pupula Agassiz.
70. P. polita Hartm. In wenigen Exemplaren im Buchen-
walde oberhalb Waidenburg am Stechgraben. Am
Wölfelsfall (Grafsch. Glatz).
XIY. Limnaca Lam.
71. L. sta(j)ialia L. Nur in einem Tümpel bei Kunzcn-
dorf gegen die Ebene hin gefunden.
72. L. mimcta Drap. Nasse W^iesen im Zeiskcngrund
bei Freiwaldau. Dittershof bei Freiwaldau. Im und
am Bache an der Strasse zwischen Nieder^Linde-
wiese und Setzdorf.
üeber die Molliiskenfauiia der Sudeten. 201
73. L. peregra Drap. Freiwaidaii, im Schlossgartcn.
Im Bache zwischen Niedei-Lindewiese und Setzdorf.
var. thcrniaiis Boube. Landecker Thermen (Grafsch.
Ghatz, S choltz).
74. L. ovata Drap. An Steinen in der Biele bei Freiwaldau.
XV. Phvsa Drap.
75. F. fohtinalis Drap. In einer mit zahlreichen Con-
fervenfädcn angefüllten Quelle bei Landeck (Grafsch.
Glatz, S choltz).
XVI. Planorbis Müll.
76. PL albus Müll. Zahlreich im Schlossgraben bei
Freiwaldau.
77. PL leucostoma Mich. Mit vor. im Schlossgraben zu
Freiwaldau. Im Graben an der Strasse zwischen
Nieder- Linde wiese und Setzdorf, z. Th. an Phryga-
ncen-Gehäusen.
XVII Ancylus Geoffr.
78. Ä. fliwiatilis L. An Steinen in der Biele bei Frei-
waldau; im Zeiskengrunde und im Bache zwischen
Buchelsdorf und Dittershof. In der Biele bei
Schreckendorf (Grafsch. Glatz, Scholtz).
XVIll. Hydrobia Hartm.
79. //. spec. novl Eine kleine, wahrscheinlich neue
Hydrobia fand ich in zwei Exemplaren im Zeisken-
grunde bei Freiwaldau. Die Schalen haben ein
kurzes Gewinde und einen sehr grossen letzten Um-
gang, der dem Gewinde an Grösse gleichkommt, wo-
durch die Form derselben kugelig-bauchig wird und
an die einer Valvata erinnert. Umgänge sind 3 vor-
handen ; die Nath ist tief, der Nabel ziemlich gross und
offen, die Mündung fast rund, etwas höher als breit; der
Mundsaum geradeaus; der Deckel sehr dünn, papier-
artig. Höhe kaum P^Mm., Breite 1 Mm. Ueberhaupt
gleicht die Hydrobia, abgesehen von der geringeren
Grösse, auffallend der von v. Möllendorf in seinen
Beiträgen zur Fauna Bosniens p. 59 beschriebenen
H. valvaiaeformls. Da ich nur zwei Stücke fand
und nicht ganz sicher bin, ob dieselben ausgewachsen
sind, so unterlasse ich es vorläufig, ihnen einen
'2W. ttiHiili.i I dl.:
N/iMM'ii AM ^'(ilxw), hin iiicli ( jcIc^c.iiImuI liiMlrl, ciiio
^rilHHoio An/.iilil von Mx(mii|>1/umwi am pillftin.
\l\. l'iHidinin l'IcilV.
HO. /'. ftuili/HiJc ri'oill. I'V<'iv\'ul<hin, im S('IiI<»hh|,i;'i;iI)(mj.
ZwiMrlicii Nicdcir-LiiulcwIoMO niul Hol/(l<n i im H/uIi an
|)i(^ v(>rHt(^lMMi(in LiHl<^ (\vv MolhiHkoii drs MHIhIhcIiom
(loN(MiK<'M woihI. oino voi liIllliilMMmi(,NHi^ ^',(M'in;.';<^ Znl»! vom
WnHMonnolliiMkdii »ml', miioi' HO Ail.(^ii imr 10. DicMcu*
OmhlniKi iM. ItMolil <M'KlUrli('.li (Inrc.li drii Mfio^rl at\ shdioii-
(l(Mi ( )rw}(HH(>i II, (Irin lil(^Minf;'M)tll^olll.lt(ll^ «l(-r m(UHt(Mi
WuMMinnrliiHicivcii. I )/i.H (JcNdiilid InI, mcIh K'irhlicli 1)0-
w)Uh(^rl ; mIm^i- nlln IüIcIk^ iimiihmiIIIcI) in ilircm olx^roi)
lidiilV, hIiiiI iniHMomI und ^'CHhiitc^n (IohIwiH) dnn M(>IIiihI((mi
koiiHMi AufiMitiuilt. So lindoit Hicli WaNNiMMiHdliiiduMi riHl,
d(i, wo dio (i(^w)lHH(M' «MMiMi 111 li i/i^tnciü Liiuf nn/^'cnomnicii)
h/d»on, d. li. in dnn nicjjcirn llrr^i(>^';ion<ni. Der woitoi'o
IVI/m^(d i\M lomdiliMi Wii^Hon HtdilioNNl, (li(\j(ini;;(Mi Ait(Mi
H«iN oder iniM'hi mh^ wiMii^HlrtiH /n S^dliuiliritcn, v\(dcli(^
anl ditvMMi iliio Liiddin^Hplilixo lialtrn. S(» f'iddt /. lt.
^}(n/li(di Ih'fi.r ruhii/i/nmti und t>i((U)in<ui rjt'ijlrri; mmv
Nvcni^o l''nndoil<^ ImiImmi Arh'ii, wir iSff.fuu'ticd fUflnn, llya-
litut nilida, /*///'rr <t/ihrcrl it/o niul />if</ni<i<<( /uiC/n W(MH(^n.
II)tnli;><M' Html dio AiI(mi, \v(d(lio ilirrn AiiriMiilwill an
hocKnoKMi ()il<Mi, an ^►••'"''•^^"•' jjrluum, ^lnl<^^ llcckon,
/in nllrm ( JoinlInfM' n. H. Nv. ihIiiihmi, \vi<^ l'itriim /c/iNniih.f
Ihlitl. <'i-//<tn'n, llr/iiV rvluiidadt, (uinhihi, intU^hrlldj tihfu'a^
hortrutiia, junnttiia, (^iont^lht /((hrioit, Ptf/xt ininKtit<t*iiHitt
i/o/io/unt, (!laitnHiti Ji/o(/r(wn, Sitoointui. i>h/<>/n/<i; dotdi
wiM'diMi /iiicli aiiH di<'M(^r Ornppo olni^i^ AiltMi voiiniMHl,
HO nainonllicli llr/. hin/n'iitt und rt(/Ki iin/fn'orfnn, di(^
noiinI f^crado /n di^n ;,'(nvJ)lmli(ihNlon liowcduM rn .stdchof
Orlr ;';<diiinMi; violl<Mrlil hat dlrn HJMni^n ( i rnnd mit daiin,
daMM al<(^ llnr/^rnimMi im ( {<»m<miKo imcIiI Hidlonnind; iidi IwiIm^
nur t^in«' 1mm ( ioldciiHU^in an^c^lrolVon. Am /aldriMcIiHlon
Mind die Laiil) nnd l^'rlNHcluM'olvon v(Mli(>ltMi, und sio
Itildt^n denn nnrli diiN (ipoh dct- ;.!:<\samm(('n l'anna ; idt^r-
hcr Hind /m roohnrn dio moiaU>n NacktHtdinoidvOn, dio
Ifnl.cr dir Moll.lMKriir.Mnil. .Irr Sudrl.Ml. 208
I lya/üftn^ vij^lo i/r/inrH^ HhIiiuuh inmilit uuti, dio. I rrli(jO-
Arh'ii imhI die (!/nuni/ini. Iliir VciIh ••ilijii«^ durch <ln,H
(h^Ih"(iI IhI riiHi /icinlicli ^InicIniuiHHi^''") <l<'<'l» werden <li«
lüillvdlHlil(l(^ von iliiKni lM'V(H/,ii^t. Ilicir liiiu^<'n (lio
Claunt/tm in virici» Aifcn und /alilloHon liHlivi<ln<n nn
<lrn l'VlHwHndrn; Ihl. /a.i>i.ci.J(i, /nt/oHrrixwa, J nnatinUy uHuir-
tmia /^('Hcllrn Hich \\\\\v\\ zu, willncml //. /fcrHonala hIcI»
lirlx'i- unirr dir. Siriiic /ui ii<kzi( !il. und //. (Utr/fatioa und
CohrtHKiiKt jiuC dem /ili^j^rrnllcncn, rcu«dil<'n I^iiuIm^ utulior-^
kii<'(rli<'n ndcr nirli dn/wiailirn vciHtr.cluwi. Wenn nun
,'iu<li dicHC y\i((Mi vni /Uf'H\v(UH(i niif luilk vnikdiurnrn, ho
nind sir dorli nir.hl miish( lilIi'MHlicIi /m liin ^(diundcn ; virl-
inrlii' will icli Jiusdi iicklicdi licrvoilirlieu, duHs i<di /.. B.
II. fdUHluKi Hiicli ;iur()ln<'iH (( {(ddcnsfcin, WüirclHlnll),
//<•/. (!<>hrfsi,(fn(t n\H'\\ auf 'riion.siliicTrf ( I )iHcliorMlco|i|>(i)
.in^cli oUru linl)(\ Dir ( IcHfcinsnil. Iiaf, »luf dnn Voikoininrn
(In MolluHlum IjJicIiHtcuM rinrn inill(II»;ii cn Min(luHM, inuo-
Irin hIt uKrulicIi di<i Vc/i^rlMlion hrcinlluHnt, ; nur liiwAx
dic^Hcr ri(d»h',n niid» dld McdluHkcn und (in^i'.u woni^ nacdi
(ior |)ot,i'o^rft|)hiH( ln'n lic HcliaJlVnlM'il <I('m r.o<l<iiH.
n«d)(',r dio VcrllM'ihin;^ der Mollu.-tk<Mi niMdi <I<mi
IIüIkmi JHt fol^<*nd<'M /AI l»(in<'ikcn. Am Ihm linlrn H<dicin(.
Vürina rlinKja.hi Muf/UHtoi^cn ; h\{\ ihI, von tnir no<li .'lul
d(!r IiImIihIcu KupjM', d(!H AllvjihuH /^(d"und(^n woidrn.
Sonnl, linden siel» in der h/i.undoHen I(i'|;Ion von v. lOOO'
aulw/iilH nocli folgende y\i(en; Arimi Hf/.hj UHCifn, Lvmax
ni,(i.r(jui(il K,H^ Ih/dliiifi Vitd ialit.ldy iiiluluJd v/if. tillnna^ fuliHlf
lli'li..r, pyiiuuit'dy (irhHHiorinn j l^ufni. tul/'/ituhtf fz//>'HlriHf (Unil-
Hi.lut jdioaluJftj orn.i'.uihi..
y\lle dIcHe Allen kommen aueli in der» llrjerei» lt<i-
/^ione.n vol., .40 dan.M die, l»/iumloH(5 (Muhal|»ine) Ke^'ion düH
<iOH(Uik(m Keine eif_';(',nt liiinilicli«', All. .'1.111/11 weiH<',n li.if.
Mit <lem He;.',inn d(M iJniimre^ion, /unH<li.Ml nller-
din^M Str/iu( ljn|j;ion, Hiellen niidi lol/^n-nde, Arien ein:
Arüni riifuHf lidrlrnHiH^ hiinnx (u./irrci/n^ iuncrro-
niij<r, VilriiKi prUncüldj Hydlina. jtuvdf Huhrirndld,, nuhlrr-
rantfiy II r/ix riidf'.rdlftj lioloHirtCrd^ anuh at(i <;. var. nirldiilof
( lohrrsidnd^ J rHlümm^ dioiirlld lithrir.n^ rttjxi Hithniriahi,
OiaUöiiia /aitmidfd, or-l/iotifrmKt, nmfricoHay Ji/.0(/ra/ni,
204
Reinhardt:
Carychiitm minimum. Dieser oberen Bergregion, etwa
zwischen 3000' — 4000', ist nur Hei. aculeaia var. viridula
eigenthtimlich; alle übrigen Arten finden sich in der fol-
genden Region wieder. In dieser untern Bergregion,
von 3000 — 2000'y treten zu den obigen Arten nur w^enige
hinzu, hauptsächlich Arion melanocejphalus, himax tenel-
lusy Hei. rotmidata (H, ruderaia wird selten), ])ersonata,
lapiciday incarnata, Clausilia hiplicataj Fupula ficsca. Von
2000' abwärts^ in der Vorgebirgs- oder Hügolregion,
treten endlich hinzu: Limax acfrestia^ laevis, Hyaliiia cel-
lariaj glahra, nitens, nitida^ Helix costata, ptdchella, gra-
niilata, carpatica, obvta, faustina, pomatia, Bulimus mon-
tamts, Fupa minutissima, antivertigo, pygmaea, piisilla, do-
liolunty Clausilia plicata j tumidaj dubia, nigricans ^ farvtßAa,
die SuGcineen und die Wasserschnecken.
Die nachstehende Tabelle soll die Uebersicht über
die in den einzelnen Regionen vorkommenden Arten er-
leichtern.
I.
Tabelle der Mollusken des Mährischen Gesenkes,
mit Angabe der Höhenzonen, in denen sie vorkommen.
J>^
Namen,
bßO
4) O
P4
. o ^
o Sg
O CO
2.
<X) o
'^ -^
bß c3
O fl
t>.2
bo
4.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
18
14
15
Ar/on ruf US
» suhfuscus
» hortensis
» melanocephalus
Limax cinereo-niger . .
y> cinereus ......
» marginatus . . . .
» agrestis
» tenellus
i laevis ........
Daudehardia brevipes
» rufa . . .
Vitrina elongata
» pellucida . . . .
Hyalina cellaria . . . . .
Ueber die Molluskenfauua der Sudeten.
205
Namen.
üfllose (subal-
e) Region,
ber 4000'
Obere
Bergregion, zw.
3000—4000'.
Untere
gregion, zw.
ÖO— 3000'.
■äs
es o,
O Ö
1.
2.
3.
4.
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3
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3
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2
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3
4
, .
4
Hyalina gldbra
T> radiätula
» piira
» jiitens
B nüidula
» var. älbina
» diaphana
» subrimata
> subterranea
» /"wZtJa
» nitida
iZeZiOJ pygmaea
» rüder ata
» rotundata
» holoserica
» personata
> aculeata
1) B var. viridula
B costata
» pulcJiella
» fruticum
» granulata
» Cobresiana
» incarnata
» carpatica
» o&V2a
B faustina
9 lapicida
> arbustorum
» hortensis
B pomatia
BuUminus montanus
Cionella liibrica
Pupa minutissima
B edentula
B antiVertigo
B pygmaea
» alpestris
» substriata
B pusilla
B doliolum
Clausilia laminata
j> orthostoma
» hiplicata
» plicata
206
Reinhardt:
J)^
Namen.
«1.
Mg
5 CO
fl o
o -^
"So I
2.
O CO
'So I
cq
3.
« o
g o
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bß !3
>.2
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4.
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
Clausula ventricosa.
» tumida . . .
» plicatula . .
» dubia . . . .
» nigricans . . .
» cruciata ....
B parvula
» ßograna. . . .
Succinea putris
D oblonga
» var. sudetica
Carychium minimum . .
Pupula poUta
Limnaea stagnalis
> minuta
» peregra
» ovaia
Planorhis leucostoma . .
T> albus
Physa fontinalis
Äncylus fluviatiUs ....
Hydrobia sp
Pisidium fontinale ....
Summa
13 34
34
74
Die Tabelle zeigt den auffallenden Reichthiim der
Hügelregion gegenüber den andern Regionen. Von den
74 Arten, die in der Hügelregion gefunden sind, gehen
nur 29 in die untere, ebensoviel (29) in die obere Berg-
region und nur 10 in die subalpine. Eigenthümlich
sind der Hügelregion von den 74 Arten 39, die zum
grössten Theil bereits oben aufgezählt wurden. Zu den
29 Species, die aus der Hügelregion in die untere mon-
tane Region übergehen, treten in dieser nur 5 hinzu,
Arion melanocepkalus, Limax cinereusy tenellus, Hyalina
subterranea, Clausula cruciata. Da die 4 ersten an andern
Orten auch in der Ebene gefunden werden, so ist cha-
rakteristisch nur das Hinzutreten der Clausula cruciata,
welche auch durch alle folgenden Regionen zu finden ist.
Ueber die Molluskenfauna der Sudeten. 207
In der oberen montanen Region treten nur Hei. aculeata
var. viridula und Olausilia fitograna als neu hinzu (letz-
tere an andern Orten auch bis zur Ebene hinab gefunden),
-während Arion melaiioce'plialuSj Lijuax tenellus und He-
Ux rotundata wieder verschwinden. In der obersten Re-
gion endlich, in welcher alle Arten des vorhergehenden
Gürtels bis auf 11 verschwinden, treten nur 2 Varietäten
früher schon vorhanden gewesener Art auf, nämlich
Hyalina nitidula var. alhina und Succinea oblongaYar. sude-
tioa.
II. Die Glatzer Gebirge.
Diesen Theil der Sudeten kenne ich aus eigener
Anschauung nicht. Angaben über die Molluskenfauna
desselben liegen nur sehr spärlich vor; ich beschränke
mich darauf, dieselben nach Scholtz hier zusammenzu-
stellen :
1. Arion rufus L. „in der Grafschaf Glatz.*'
2. Vitrina elongata Drap. Heuscheuer, Fern ssac, vergl.
Nachrichtsbl. 1870 p. 66.
3. — c?^V^p//a7^a Drap. Grunewalder Thal bei Reinerz.
4. Helix incarnatu Müll. Grafschaft Glatz.
5. — faustina Ziegl. bei Habelschwcrdt auf Nesseln
und Tussüago Petasites L.
6. — lapicida L. am Fusse eines Kalkgebirges bei
Erbersdorf.
7. BuUmitius detritus Müll, am Fusse der hohen Mense.
8. Pupa frumeniwm Drap, „im Glätzischen.*'
9. — minutissima Hartm. an den Kalkbrüchen der
Wiedekuppe zwischen Mölling und Eisersdorf
unfern Habelschwerdt.
10. Clausula ornata Ziegl. an Kaljvfelsen am Hausberge
bei Mölling unfern Habelschwerdt.
11. — bipUcata Mont. um Reinerz.
12. — plicatula Drap. Grafschaft Glatz.
13. — cruciata Stud. Grafsch. Glatz.
So gering die Anzahl der hier gesammelten Arten
auch ist, so sind diese doch geeignet, ein hohes Interesse
in Anspruch zu nehmen, indem einzelne, wie Clausula
208 Reinhardt:
ornata, in dem ganzen Sudetenzuge nur hier vorkommen,
andere, wie B21L detritus und Pupa frumentum, fast nur
in diesem Theile gefunden wurden. Jedenfalls verspricht
die genauere Durchforschung dieses Gebietes noch inter-
essante Aufschlüsse über Vorkommen und Verbreitung
gewisser Arten.
111. Das Euleugebirge
ist ein von S. O. nach N. W. streichender Gebirgszug
mit entschiedener Kammbildung, der am südlichen Ende
von den Ausläufern des Mährischen Gesenkes durch den
Neissedurchbruch bei Wartha abgegrenzt wird, im Norden
aber an das Waldcnburger Gebirge stösst, von welchem
ihn die Weistritz trennt. Seine höchste Erhebung ist
die hohe Eule (3160'). Das Hauptgestein in diesem Ge-
birge ist Gneis; die Bewaldung, welche bis zu den höch-
sten Punkten aufsteigt, besteht zumeist in Nadelholz
(über die Vegetationsverhältnisse s. Sadebeck in d. Ver-
handl. d. bot. Vereins f. d. Prov. Brandenburg VT. p. 138 ff).
Malakologisch ist das Gebirge so gut wie unbekannt;
nur von 3 Punkten, die noch dazu an den äussersten
Grenzen liegen, sind Fundortsangaben bekannt geworden:
von Wartha an der Südgrenze und von Gnadonfrei im
Osten (c. 950' hoch, also fast schon in der Ebene), an
welchen beiden Punkten v. 0 h a r p e n t i e r beobachtete, end-
lich von der Kyhnsburg und dem Schlesierthal im Norden,
wo das Eulengebirge mit dem Waldcnburger Gebirge
grenzt. Letztere Angaben, von Scholtz herrührend,
sind in neuerer Zeit von Rohrmann (Eine Excursion
ins Riesengebirge, im Nachrichtsbl. d. deutsch, malak,
Ges. II, 1870 p. 172 ff.) bestätigt und durch einige neue
ergänzt worden. Rohrmann's Funde sind durch ein
beigesetztes R. in dem folgenden Verzeichnisse kennt-
lich gemacht.
1. Arion empiriconim Fer. var. ater. Schlesierthal; Kyhns-
burg.
2. Daudebardia brevipes Drap. Schlesierthal.
3. Vitrina diaphana Drap. Schlesierthal ; Kyhnsburg R.
4. — pelluGida Müll. Kyhnsburg R, Gnadenfrei.
Üeber die Molluskenfaima der Sudeten. 209
5. Uyalina cellaria Müll. Kyhnsburg R.
6. — glabra Stud. Kyhnsburg R.
7. — radiatula Aid. Schlesierthal R.
8. — pura Aid. Scblesierthal R.
9. — nitidula Drap. Schobergrund bei Gnadenfrei.
10. — crystallina Müll? Gnadenfrei.
11. — diaphana Stud.? Kyhnsburg.
Ich führe die beiden vorhergehenden Species mit
Fragezeichen an, weil zu der Zeit, als Scholtz schrieb,
weder H. subterranea noch H. subrimata unterschieden
waren.
12. Hyalina subterranea Bourg. Schlesierthal R.
13. — fulva Drap. Kyhnsburg R.
14. Helix rotundata Müll. Kyhnsburg R. Gnadenfrei.
15. — obvoluia Müll. Kyhnsburg.
16. — personata Lam. Kyhnsburg.
17. — strigella Müll. Kyhnsburg R.
18. — hispida L. ura Gnadenfrei unter Erlen.
19. — incarnaia Müll. Kyhnsburg R.
20. — carpatica Friv. Kyhnsburg R.
21. — carthusianella Drap, in der Gegend von Gna-
denfrei.
22. — obvia Ziegl. Kyhnsburg. Scholtz nennt
diese Art Li. ericetorum; ich glaube jedoch
nicht zu irren, wenn ich in Anbetracht der
Verbreitungsbezirke dieser beiden Arten an-
nehme, dass hier von Scholtz eine Ver-
wechselung beider begangen ist. Auch im
Mährischen Gesenke und im östlichen Böhmen
findet sich nur H. obvia.
23. — faustina Ziegl. Wartha.
24. — lapicida L. Kyhnsburg^ R. Wartha.
25. — hortetiais Müll. Kyhnsburg R.
26. Buliminus montanus Drap. Kyhnsburg R. Gnadenfrei.
27. — detritus Müll. Kyhnsburg.
28. Cionella lubrica Müll. Kyhnsburg.
29. Clausilia laminata Mont. Kyhnsburg R. Im tiefen
Grunde bei Gnadenfrei.
30. — orthostoma Menke. Kyhnsburg R.
Archv für Naturg. XXXX. Jahrg. 1 Bd. 14
210 Reinhardt:
31. Clausula hiplicata Mont. Kyhnsburg R.
32. — plicata Drap. Wartha.
33. — ventricosa Drap. Gnadenfrei^ im tiefen
Grunde.
34. — plicatula Drap. Kyhnsburg.
35. — duhia Drap. Kyhnsburg.
36. — parvuld Stud. Kyhnsburg R. Bei Wartha.
37. — filograna Ziegl. Kyhnsburg.
38. Succinea ohlonga Drap. Unter Weiden an der Feld-
bach bei Rothenhof bei Gnadenfrei.
39. Limnaea mtnuta Drap. Im Graben am Wege nach
dem Lukashofe bei Gnadenfrei.
40. — peregra Drap. Schlesierthal R. In der Wei-
stritz bei Kyhnau. Dittmannsdorf zw. Kyhnau
und Fürstenstein.
41. — ovata Drap. Mühlenteich unterhalb Haunold
bei Gnadenfrei.
42. Tlanorhis nitidus Müll. Oberster Teich in Peilau bei
Gnadenfrei.
43. Physa fontinalis Drap. Bei Gnadenfrei im Gi'aben
am Wege nach dem Lukashofe.
44. — hypnorum Drap, mit der vor.
45. Pisidium fontinale Pfeiff. Schlesierthal, in einer
Quelle R.
46. Ä7iodonta. cygnea L. bei Gnadenfrei.
Die interessanteste Schnecke dieses Gebietes ist
jedenfalls Helix carthusianella, die an keinem andern
Punkte der Sudeten wieder auftritt und auch in den un-
mittelbar an die Sudeten grenzenden Ländern (Schlesien,
Galizlcn, Mähren, Böhmen) nirgends gefunden ist. Mit
dem Mährischen Gesenke hat die Eule ausser andern
gewöhnlicheren Arten Daudebardia brevipes, Hyalina
glahrtty Heiix carpatica, faustina und ohina gemeinsam,
mit dem Glatzer Gebirge Buliminus detritus. Der ver-
hältnissmässige Reichthum an WassermoUuskcn (8 unter
46), die fast alle bei Gnadenfrei gesammelt sind, hängt
wohl mit der Nähe der Ebene und dem dadurch be-
günstigten Auftreten stehender oder wenigstens ruhigerer
Gewässer zusammen.
Ueher die Molluskenfauna der Sudeten. 211
lY. Das Zobtengebirge.
Die Molluskenfauna des Zobten habe ich in einem
früheren Aufsatze im Nachrichtsblatt d. deutschen malak.
Gesellsch. II. 1870 p. 185 ff. ausführlich geschildert. Da
mir seitdem neue Beobachtungen über diesen Theil der
Sudeten nicht bekannt geworden sind^ so verweise ich
auf diese Abhandlung. Bemerken will ich nur noch, dass
das von mir p. 188 erwähnte Pisidium in der That mit
P. roseum Scholtz, namentlich mit den grösseren Formen,
die ich bei der Wiesenbaude sammelte, übereinstimmt.
Die Liste der auf dem Zobten vorkommenden Mollusken
findet man weiter unten in der Uebeisichtstabelle IV.
V. Das Waldenburger Gebirge.
Von diesem, einem Berglande ohne Kammbildung,
dessen höchste Spitzen kaum 3000' erreichen, ist nur der
östliche Theil, namentlich die Umgebung von Salzbriinn
bekannt; vorzugsweise ist der viel besuchte Fürstensteiner
Grund, ein schmales, tief in die Grauwackenfelsen einge-
schnittenes Thal, dessen Sohle der Hellebach durch-
rauscht, auch malakologisch sehr ergiebig, was ich aus
eigener Anschauung bestätigen kann. Ausser von diesem
und einigen anderen Punkten in der Nähe von Salzbrunn
existiren noch Angaben über V^orkommnisse bei Char-
lottenbrunn (Scholtz) und von Burg Neuhaus (Melaphyr)
in der Nähe von Dittersbach (Rohrmann 1. c.) Alles
zusammengestellt, ergiebt sich für das Waldenburger
Gebirge folgende Liste von Mollusken:
1. Arion empiricorum Fer. var. ater. Burg Neuhaus
(Rohr mann).
2. Limax einer eo-nig er Wolff. Fürstensteiner Grund.
3. — marginatus Müll, ebenda.
4. DcQidehardia rufa Drap. Fürstensteiner Grund
(Scholtz).
5. Vitrina elongata Drap. Fürstenst. Grund (Sc hol tz).
6. — jjellucida Müll, ebenda.
7. Ryalina cellariaM.Vi\\, Fürstenst. ; Zeisburg (Scholtz).
8. — glahra Stud. An Mauern der alten Burg
212 Reinhardt:
zu Fürstenstefn (Scholtz, Rohrmann).
Zeisburg (S c h o 1 1 z).
9. Hyalina radiatula Aid. Fürstenstein. Zeisburg
(Scholtz).
10. — pura Aid. Fürstensteiner Grund.
11. — mWc/w/a Drap, ebenda. Zeisburg (S c holt z).
12. — diaphana Stud. (!) Fürstensteiner Grund.
13. Helix pygmaea Drap. Bei Salzbrunn (Scholtz).
Fürstensteiner Grund.
14. — rotundata Müll. Fürstensteiner Grund. Zeis-
burg (Scholtz).
15. — ohvoluta Müll. Fürstensteiner Grund (nach
Rohrmann). Zeisburg (S c ho Itz).
16. — holoserica Stud. Fürstensteiner Grund.
17. — - personata Lam. Fürstensteiner Grund; Zeis-
burg (Scholtz). Burg Neuhaus (Rohr-
mann).
18. — aouleata Müll. Fürstensteiner Grund. Auf
dem langen Berge zwischen Donnerau und
demHornschlossbeiCharlottenbrunn(Scholtz).
19. — fruticum Müll. var. fasciata. Fürstenstein
(Scholtz).
20. — incarnata Müll. Fürstensteiner Grund. Salz-
grund (Rohrmann). Zeisburg (Scholtz).
Burg Neuhaus (Rohr mann).
21. — car^aficaFriv.FürstensteinerGrund (Scholtz).
Salzgrund (Rohr mann).
22. — lapicida L. Fürstensteiner Grund. Salzgrund
(Rohrmann). Zeisburg (Scholtz). Burg
Neuhaus (Rohr mann).
23. — arhustorum L. Fürstensteiner Grund. Salz-
grund (Rohr mann).
24. Buliminus montanus Drap. Fürstensteiner Grund
(Scholtz). Zeisburg (Scholtz). Burg
Neuhaus (Rohr mann).
25. — ohsGurus Müll. Fürstensteiner Grund.
26. — detritus Müll. Fürstenstein (Scholtz).
27. Cionella luhrioa Müll. Fürstensteiiver Grund.
Ueber die Molluskenfauua der Sudeten. 213
28. Pupa edenUda Drap. Fürstensteiner Grund. Ober-
Salzbrunn (Scholtz).
29. — suhstriata Jeffr. Fürstensteiner Grund.
30. — pusüla Müll. Fürstensteiner Grund. Höllen-
grund zwischen Ober-Öalzbrunn und Altwasser.
31. Balea fragiUs Drap, var. minor. FürstensteinerGrund
(Scboltz).
32. Glausüia laminata Mont. Fürstensteiner Grund. Zeis-
burg (Scholtz). Burg Neuhaus (Rohr-
mann).
33. — orf/i osioma Menke. Fürstensteiner Grund an
bemoosten Felswänden. Salzgrund (Rohr-
mann). Zeisburg, ungemein häufig(S c h o 1 1 z).
Am Hornschloss bei Charlottenbrunn an
Basaltitfelsen eine kleinere, mehr gedrungene,
mit einer tiefern Nath versehene Form, die
der GL Moussoni gleicht (Scholtz).
34. — hiplicata Mont. Fürstensteiner Grund.» Salz-
grund (Rohr mann). Zeisburg (Scholtz).
Burg Neuhaus (Rohr mann).
35. — plicata Drap. Fürstenstein (Scholtz).
36. — plicatula Drap. Fürstensteiner Grund. Salz-
grund (Rohr mann).
37. — duhiaDraip. Im Fürstensteiner und im Salz-
grunde (Rohr mann).
38. — pumila Ziegl. Charlottenbrunn und Freuden-
schloss (A. Schmidt, krit. Gruppen p. 52).
39. — parvula Stud. Fürstensteiner Grund, an
Felswänden.
40. Sucoinea Ffeifferi Rossm. Am Rande des Liska-
teiches im Zeisgrunde (Scholtz).
41. — putris L. Am Rande etc. (wie oben.)
42. Fupula polita Hartm. Auf dem langen Berge
zwischen Charlottenbrunn und dem Horn-
schloss (Scholtz).
Diesem Gebirgstheile eigenthümlich, d. h. in den
ganzen Sudeten bisher nur hier gefunden, ist Glausilia
pumilä, eine Schnecke von zwar weiter Verbreitung,
aber von sehr zerstreutem Vorkommen^ und Succinea
214 Reinhardt:
Fferfferi. Von dem Mährischen (icscnke verbreitet sich
bis in dieses Gebiet Hyalina glahra und Helix carpatica,
aber nicht mehr Helix fausima. Bemerkenswerth ist
hier ferner das Zusammenvorkommen von Arten an einem
Fundorte, die sich sonst in den Sudeten immer getrennt
finden; so Helix holoserica und H. obvoluia, ferner Buli-
minus montanus und obscuv^us-^ letzterer gehört im ganzen
Sudetengebiete zu den Seltenlieiten.
VI. Das Bober-Katzbach-Ciobirge
nordwärts von der Linie Hohenfriedberg-Kupferberg-
Hirschberg, wird südwestlich und westlich vom Bober
eingeschlossen und von der Katzbach, die in diesem
Theile entspringt, durchflössen. Es ist ein niedriges
Hügelland, dessen höchste Erhebungen (die Hohgulge
südl. von Schönau) 2000' nicht viel überschreiten. Von
den mannichfach auftretenden Gesteinsarten intcressirt den
Malakologen am meisten das Kalkinger bei Kaufungen,
wo Sc'holtz mehrere interessante Arten, unter andern
die nur hier gefundene Helix rupestris sammelte. Ausser
dem eben genannten Punkte sind noch durchsucht die
Umgebungen der Buig Schweinhaus, der Bolkoburg und
Nimmersatt, alle von Scholtz; an letzterem Orte sam-
melte auch Rohr mann (s. Eine Excursion ins Riesen-
gebirge etc.)
Folgende Species wurden beobachtet:
1. Ario7t fuscus Müll. Bolkoburg.
2. Vitrina pellucida Müll. Nimmersatt.
3. Hyalina cellar-ia Müll. Nimmersatt (Rohr mann).
4. — radiatula Aid. Kitzelberg und Mühlberg
bei Ober-Kaufungen. Nimmersatt.
5. — nitens Mich. Kitzelberg und Mühlberg bei
Ober-Kaufungen.
6. — nitidula Drap. Kitzelberg und Mühlberg
bei Ober-Kaufungen. Nimmersatt. Schwein-
haus.
7. — diaphaiia Stud. (?) Nimmersatt.
8. Helix rupeatris Drap. Kalkfelsen des Marmorbruchs
am Kitzelberg bei Ober-Kaufungen.
9. — rotundata Müll. Nimmersatt. Bolkoburg.
Ueber die Molluskenfauiia der Sudeten. 215
10. Helix fruticum Müll. Nimmersatt.
11. — strigella Müll. Bolkoburg.
12. — hispida L. Nimmersatt (Rohr mann).
13. — incarnata Müll. Kitzelberg und Mühlberg bei
Ober-Kaufungen. Nimmersatt. Schweiuhaus.
14. — lapicida L. Nimmersatt (Rohr mann). Bolko-
burg. Schweinhaus.
15. — arbustorum L. Nimmersatt (R ohrmann) mit
den var. depressa und alhina.
16. — pomatia L. Nimmersatt (Rohr mann).
17. Buliininus montanus Drap, Im Marmorbruch des
Kitzelberges bei Ober-Kaufungen. Nim-
mersatt (R ohr mann). Bolkoburg.
18. — obscurus Müll. An der Lehne des Mühl-
bergs bei Ober-Kaufungen an Kalkfelsen.
Ruinen der Bolkoburg. Schweinhaus.
19. Cionella lubrica Müll. Nimmersatt (Rohr mann).
Bolkoburg. Schweinhaus.
20. Pupa frumentum Drap. In den Katzbachthälern
(Scholtz).
21. — doliolum Brug. An den Lehnen des Mühl-
berges bei Ober-Kaufungen, an Wurzeln der
Gräser, die aus den Kalkfelsen hervorsprossen.
Ruinen der Burg Schweinbaus.
22. Claicsilia laminata Mont. var. granatina. Nimmersatt.
23. — »üesiaca A. Schmidt (67. laminata var.
oylindrica). Kalkfelsen des Marmorbruches
am Kitzelberg bei Ober-Kaufungen.
var. minor j Nimmersatt (A. Schmidt, System
der Clausilien p. 33).
24. — ortkostoma Menke. Nimmersatt.
25. — biplicata Mont. Mühlberg und Kitzelberg
bei Ober-Kaufungen. Nimmersatt (Rohr-
mann). Bolkoburg. Schweinhaus.
26. — ' plicata Drap. Nimmersatt (Rohr mann).
27. — plioatula Drap. Nimmersatt (A. Schmidt,
krit. Gruppen p. 26.)
28. — dubia Drap. Nimmersatt (Rohr mann).
Schweinhaus.
216 Reinhardt:
29. Glausilia parvuia Stud. Kitzelberg und Mühlberg
bei Ober-Kaufungen.
30. — filograna Ziegl. Nimmersatt, an der Nord-
lehne in grosser Menge.
31. Sucoinea ohlofiga Drap. Nimmersatt.
32. Limnaea minuta Drap. Nimmersatt, am Wege nach
Nieder- Würgsdorf im Strassengraben.
33. — 'peregra Drap. Bolkenhain am Wege nach
Baumgarten.
34. Ancylus fluviatüis L. In der Katzbach.
Ausser Helix rupestris, die, wie oben bereits an-
geführt wurde, nur in diesem Gebiete vorkommt, interes-
sirt besonders noch Glausilia silesiaca A. Schmidt,
die hier einen der wenigen Fundorte hat, die überhaupt
von ihr bekannt sind. In den Sudeten ist sie noch auf
dem Zobten und im Riesengebige gefunden, anderweitig
nur in Krain und Kärnthen. Die dem Gesenke eigen-
thümlichen Helioes, H. faustina und H, carpaticay treten
hier nicht mehr auf, dagegen findet sich Pupa doliolum
aus dem Gesenke wieder, und Tupa frwmentum, die ein-
zige Torq?iilla, die überhaupt in den Sudeten vorkommt,
hat das Bober Katzbach-Gebirge mit dem Glatzer Gebirge
gemeinsam.
YU. Das Riesengebirge
ist der bekannteste Theil der Sudeten, und' es werden
daher wenige Worte zur Orientirung genügen. Von
der Schneekoppe, dem höchsten deutschen Berge dies-
scit der Donau, 4960', zieht sich der Kamm in einer durch-
schnittlichen Höhe von 4200' in nordwestlicher Rich-
tung, sich bald hebend, bald senkend, bis zum Reif-
träger. Auf der nördlichen (schlesischcn) Seite fällt er
steil ab und bildet hier unterhalb des hohen Rades die
beiden Schneegruben, weiter östlich ausser verschiedenen
anderen „Gründen^ die Abstürze, auf deren ^ohle die
beiden Teiche, der grosse und der kleine, liegen. Oest-
lich schliesst sich an die Schneekoppe zunächst der
Schmiedeberger, dann der niedrigere Landshuter Kamm,
der in der Gegend von Kupferberg den Bober erreicht.
Ueoer die Molluskenfauna der Sudeten 217
Zwischen dem Kaniro, dem Bober und dem am Reif-
träger entspringenden Zacken dehnt sich das Hirsch-
berger Thal aus mit seinen zahlreichen Yorbergen, die
2000' nicht überragen, meistentheils aber durch ihre
prachtvolle Aussicht berühmt sind, wie der Kynast,
die Bismarkshöhe u. a. Auf der südlichen Seite der
Schneekoppe befindet sich eine tiefe, jäh abfallende Ein-
senkung, der Riesengrund, eingeschlossen von der Koppe
und dem Rosenberge auf der östlichen und dem Brunnen-
berge auf der westlichen Seite; an den Lehnen des
letzteren liegt am oberen Rande und schwer zugänglich
das durch seinen Pfianzenreichthum berühmte Teufels-
gärtchen. Im Riesengrunde entspringt die Aupa und
fliesst in südlicher Richtung in dem nach ihr benannten
Thale durch Gr. Aupa und Marschendorf in der Nähe von
dem Badeorte Johannisbad vorüber, um bei Freiheit das
Gebirge zu verlassen. — Der Koppenplan senkt sich nach
Westen zu allmählich zur Weissen Wiese ab, auf der
die Wiesenbaude und die Quellen des Weisswassers
liegen; dies letztere fliesst in einem wilden, schmalen
Grunde zwischen dem Hauptkamm und dem Ziegen-
rücken nach Westen, bis es auf den Eibseifen trifft,
welcher, auf der Eibwiese an den südlichen Gehängen
des Hohen Rades entspringend und den bekannten Elb-
fall bildend, von Westen her in einer ebenso wilden
Schlucht zwischen dem Hauptkamm und dem Krokonosch
ihm entgegen kommt. Nach der Vereinigung des Elb-
seifens und des Weissw^assers fliesst die Elbe in süd-
licher Richtung bei Spindelmühl (St. Peter) und Hakels-
dorf vorüber in einem engen, felsigen Thale, das sich
bei Hohenclbe in die Ebene öffnet. Der Raum zwischen
den beiden Querthälern der Aupa und Elbe ist von
ziemlich hohen Bergen eingenommen, die jedoch meist
ausserhalb der Knieholzregion liegen.
Das A-uftreten des Knieholzes (Ptmts Pumilio Haenke)
ist eine der charakteristischen Eigenthümlichkeiten des
Riesengebirges. Von c. 4000' aufwärts bedeckt es aus-
gedehnte Flächen der feuchten Wiesen auf den Kämmen
und schon von der Ebene aus zeichnen sich die Knie-
218 Reinhardt:
holzgruppen durch ihre dunkle, fast schwarze Farbe
auf dem helleren Wiesengrün scharf ab. An besonders
geeigneten Stellen, zumal der Nordseite, wie in den
Schneegruben und an den Teichen, geht es bedeutend
unter 4000' herab, und die Sohle der kleinen Schnee-
grube (c. 3450') ist dicht damit überkleidet. Unterhalb
der Knieholzregion trifft man auf die Fichte, zunächst
in Strauchform, der sich, wie im Gesenke, gern die
Eberesche zugesellt; die tieferen Theile des Gebirges
sind fast ausschliesslich mit einem Hochwalde von Fichten
bedeckt, und nur selten tritt, wenigstens auf der schlcsi-
schen Seite, die Buche auf; der Granit, der hier vorherrscht,
ist ihrem Gedeihen nicht günstig. Doch finden sich im
Zackenthaie und oberhalb Seidorf bei der Annakapelle
Buchen so zahlreich mit den Fichten vermischt, dass sich
eine Laubwaldfauna zu entwickeln vermag ; indessen
werden sich solche Stellen nicht viel über 2000' hinaus
finden lassen. Anders verhält sich die Sache auf der
böhmischen Seite. Hier tritt als vorherrschendes Ge-
stein Glimmerschiefer auf, der in Folge leichterer Ver-
witterung das Gedeihen der Buche sehr begünstigt. Man
trifft hier die Buche nicht allein häufiger und in reineren
Beständen, sondern sie geht auch höher hinauf als auf der
nördlichen Seite; z. B. begegnet man ihr schon im obern
Elb- und Weisswassergrund, sowie unterhalb der Bchüssel-
bauden am Wege nach St. Peter. Dieses häufigere
und höhere Vorkommen der Buche trägt wohl dazu bei,
der böhmischen Seite des Riesengebirges eine gewisse
x\ehnlichkeit mit dem Mährischen Gesenke zu geben,
die noch dadurch erhöht wird, dass auch hier, wie dort,
im Glimmerschiefer Lager von Urkalk auftreten, z. B.
bei Schwarzenthai zwischen Hohenelbe und Johannisbad.
Diese Verschiedenheit der beiden Seiten des Gebirges
hat mich veranlasst, in dem folgenden Verzeichnisse die
schlesischen Fundorte von den böhmischen zu trennen;
jene sind durch S, diese durch B bezeichnet.
Im Riesengebirge kommen nach den bisherigen Beob-
achtungen folgende Arten vor:
lieber die Molluskenfauna der Sudeten. 219
I. Arion Fer.
1. A. empiriGorum Fer.
a) ater S. Hartenberg in Gärten, häufig. Nur in
der Hügelregion.
b) rufus. Bis in die Knieholzregion. S. A\xi dem
Wege von den Korallensteinen oberhalb Agne-
tendorf bis zur kleinen Schneegrube.
B. Im Weisswassergrunde. An Felsen im Aupa-
thale beim Zusammenfluss der grossen und
kleinen Aupa.
2. A. albus Fer. findet sich nach 8choltz in Bier-
und Milchkellern in Haselbach bei Schmiedeberg und
an Felsen am Wege von dem Schreiberhauer Vi-
triolwerke nach dem Kochelfall (ganz weiss).
3. A. fuso?ts Müll. Durch die montane Region. S. Am
Kynast. ß. Im Weisswassergrunde an Felsen.
L A. horten sis Fer. var. alpicolaFer. Auf dem Gipfel
der Schneekoppe unter Steinen. B. Im Riesengrunde
unter Steinen in der Nähe des Aupafalles. Am
Elbfall.
5. A. melanoGeplalus Faurc-Biguet. S. Zwischen feuch-
tem Bucheulaube am Buchhübel unweit des Vitriol-
werks bei Schreiberhau.
II. Lima X L.
6. L. cinereo-niger Wolfi". S. Zwischen Petersdorf und
dem Vitriolwerk an Baumstämmen (gross, grau und
rothbraun). Kirche Wang (hellfarbig mit dunkelen
Streifen). ^ Am Wege von den Korallensteinen nach
der kleinen Schneegrube.
7. Z. einer eiis L. Bis in die Knieholzregion. S. Am Kyn-
ast nach Scholtz. Bei der neuen schlesischen
Baude an der untern Grenze der Knieholzregion
(hell mit dunklen Längsstreifen). Am kleinen Teich
(ebenfalls bunt durch Längsstreifung). Schwarze
Koppe oberhalb Schmiedeberg.
B. Am Elbfall. Im Elbthal zwischen St. Peter
und Hohenelbe (unterhalb Hakeisdorf).
8. L. marginatus Müll. An Felsen und Baumstämmen,
bis in die Knieholzregion. S. Am Kynast. Schreiber-
220 Reinhardt:
bau beim Vitriolwerk. Neue scblesiscbe Baude.
Am kleinen Teicb. Scbwarze Koppe oberbalb
Scbmiedeberg.
B. Am Elbfall. Zwischen 8t. Peter und Hohen-
elbe. Im Aupatbal bei der Kreuzscbenke (am
Zusammenfluss der grossen und kleinen Aupa.)
9. L. agrestis L. S. Schreiberhau. B. Im Aupatbal bei
der Kreuzschenke.
III. Vitrina Drap.
10. F. elongata Drap. Von der Hügelregion bis hinauf
auf die höchsten Spitzen. Ist fast die einzige Ge-
häusschnecke, welche zwischen dem Knieholz zu
finden ist. S. Auf dem Kynast. Schreiberhau beim
Vitriolwerk. Am Buchhübel. Kochelfall. Neue
scblesiscbe Baude. In der kleinen Schneegrube.
Am kleinen Teich (Scholtz.) Auf dem Gipfel der
Schneekoppe dicht beim Koppenhause.
B. Oberes Elbthal bis hinauf zum Elbfall. Im
Weisswassergrunde und an den Abhängen des
Ziegenrückens. Im Buchenwalde zwischen
den Schüsselbauden und St. Peter. Zwischen
St. Peter und Hohenelbe. Johannisbad. Im
Aupathal bei der Kreuzschenke.
11. F. ijellucida Müll. Hauptsächlich in den niedren Re-
gionen. S. Kynast. Schreiberhau beim Vitriolwerk.
Am Kochelfall. Kiesewald. Prudelberg bei Stohns-
dorf. Zwischen Stohnsdorf und Erdmannsdorf. Fisch-
bach. Park von Buchwald. Buschvorwerk bei
Schmiedeberg. Annakapelle oberhalb Seidorf. In
der kleinen Schneegrube (höchster beobachteter
Fundort).
B. Schwarzenthai bei Johannisbad. Im Aupathal
bei der Kreuzschenke.
IV. Hyalina Gray.
12. H. cellaria Müll. Nur in tiefer gelegenen Gegenden,
einzeln. S. Kynast. Schreiberhau in der Nähe des Vi-
triolwerks.
? H. glahra. Eine junge Hyalina, die ich bei der
Annakapelle bei Seidorf fand, scheint hierher zu ge-
Ueber die Mollußkenfauna der Sudeten. 221
hören; doch wage ich, da die Schale nur 2 Win-
dungen zeigt und H. glabra sonst im Riesengebirge
nirgends beobachtet ist, keine definitive Bestimmung.
13. U. radiatula Aid. Von der Vorgebirgs- bis in die
Knieholzregion. S. Kynast (öcholtz). Am Kochel-
fall, ßuchhübel unweit des Vitriolwerks. Zwischen
Kiesewald und der Bismarkshöhe. Zwischen Erd-
mannsdorf und Stohnsdorf. Park von Buchwald.
Buschvorwerk bei Schmiedeberg. Bei der Annaka-
pelle oberhalb Seidorf.
B. Im oberen Elbthal. Zwischen den Schüssel-
bauden und St. Peter. Johannisbad.
var. alhina {viridula Menke). S. Zwischen Kiese-
wald und der Bismarkshöhe. In der kleinen
Schneegrube.
B. Am Elbfall.
14. H. pura Aid. Von der Ebene bis in Knieholzregion.
S. Kynast. Schreiberhau beim Vitriolwerk; Buch-
hiibel. Kochelfall. Zwischen Erdmannsdorf und
Stohnsdorf (var. alhina). Annakapelle bei Seidorf. Zwi-
schen den Korallensteinen oberhalb Agnetendorf
und der kleinen Schneegrube, und in dieser selbst.
B. im Weisswassergrunde und an den Abhängen
des Ziegenrückens. Oberes Elbthal bis hinauf
zum Elbfall. Zwischen den Schüsselbauden
und St. Peter. Zwischen St. Peter und Hohen-
elbe (bei Hakelsdorf). Schwarzenthai bei Johan-
nisbad. Johannisbad. Im Aupathal bei der
Kreuzschenke. ' Im Riesengrunde unterhalb
des Teufelsgärtchens.
16, H. nitidula Drap. Am Kynast (Sc holt z). Zwischen
Kiesewald und der Bismarkshöhe. Auf dem Prudel-
berge bei Stohnsdorf. Fischbach, Luisenberg. Busch-
vorwerk bei Schmiedeberg. Annakapelle bei Sei-
dorf.
16. H. diafhana Stud. Nur S. Buschvorwerk bei Schmie-
deberg. B. Im Elbthal zwischen St. Peter und
Hohenelbe unterhalb Hakelsdorf, an einem mit Laub-
holzgestrüpp bedeckten Abhänge.
222 Reinhardt:
17. H. suhrimata Reinh. Durch die ganze Bergregion.
S. Am Biichhübel unweit des Vitriolwerks. Am
Kochelfall. Zwischen Kiesewald und der Bismarks-
höhe.
B. Im Weisswassergrunde und im oberen Eib-
grunde. Im Buchwalde zwischen den Schüssel-
bauden und St. Peter. Johannisbad. Im Aupa-
thal bei der Kreuzschenke.
18. H. subterranea Bourg. Nur S. Im Park von Buch-
wald gefunden.
19.^. fulva Drap. Von der Hügel- bis In die Knieholz-
region. S. Buchhübel unweit des Vitriolwerks. Am
Kochelfall. Zwischen Kiesewald und der Bismarks-
höhe. Annakapelle bei Seidorf. In der kleinen
Schneegrube.
B. Im Weisswassergrunde und im oberen Eib-
grunde. Zwischen den Schüsselbauden und
St. Peter. Johannisbad.
var. pallescens. S. In der kleinen Schneegrube
(Scholtz).
B, Oberer Theil des Elbgrundes.
V. Helix L.
20. H. pygmaea Drap. Die verbreitetste und häufigste
Schnecke des Gebirges. S. Schreiberhau beim Vi-
triolwerk. Buchhübel. Am Kochelfall. Zwischen
Kiesewald und Bismarkshöhe, Prudelberg bei Stohns-
dorf. Zwischen Stohnsdorf und Erdmannsdorf. Fisch-
bach, beim Wartthurm. Park von Buchwald. Busch-
vorwerk bei Schmiedeberg. Annakapelle bei Sei-
dorf. In der kleinen Schneegrube.
B. Im Weisswassergrunde und im Eibgrunde.
Zwischen den Schüsselbauden und St. Peter. Schwar-
zenthai zwischen Johannisbad und Hohenelbe. Jo-
hannisbad.
var. alhina. Nur in der subalpinen Region an einigen
Stellen mit der Hauptart. S. In der kleinen
Schneegrube (zahlreicher als die Hauptart).
B. Im Weisswassergrunde an den Abhängen des
üeber die Molluskenfaima der Sudeten. 223
Ziegenrückens und am Elbfall in vereinzelten
Stücken.
21. H. ruderata Stud. 8. Kleine Schneegrube zahlreich.
B. In den oberen Partieen des Eibthals spärlich.
22. H, rotundata Müll. Bis in die obere Bergregion.
S.Kynast (Scholtz). Schreiberhau, beim Vitriolwerk.
Beim Kochelfall. Kiesewald. Fischbach. Annaka-
pelle bei Seidorf.
B. Im Weisswassergrund. Oberes Eibthal. Zwi-
schen den Schüsselbauden und St. Peter. Zwi-
schen St Peter und Hohenelbe. Schwarzen-
thal zwischen Johannisbad und Hohenelbe.
Johannisbad. Im Aupathal bei der Kreuz-
schenke. Im Riesengrunde unterhalb des
Teufelsgärtchens.
23. H, holoserica Stud. S.Kynast (Scholtz). Am Kochel-
fall. In der kleinen Schneegrube; am kleinen
Teich (Scholtz), an letzteren beiden Orten eine
kleinere Form, var. minor Scholtz.
24. H, aculeata Müll. Durch die Vorgebirgs- und Berg-
region, vereinzelt. S. Schreiberhau, beim Vitriol-
werk. Am Buchhübel. Beim Kochelfall. Zwischen
Kiesewald und der Bismarkshöhe. Buschvorwerk
bei Schmiedeberg. Annakapelle bei Seidorf.
B. Im Weisswassergrunde bei der Vereinigung
mit der Elbe. Zwischen den Schüsselbauden und
St. Peter.
25. H. costata Müll. Nur in der Hügelregion. S. Kyn-
ast. Buschvorwerk bei Schmiedeberg.
26. H. pulchella Müll. S. Auf dem Kynast. Hirschberg.
Von H. fruilcum habe ich keinen Fundort notirt.
Es ist indessen wohl kaum zu bezweifeln, dass diese
Art vorkommen wird. Ebensowenig ist H. his-pida
von mir beobachtet worden.
27. H. incarnata Müll. Nur in der unteren montanen Re^^ion.
S.Kynast. Schreiberhau beim Vitriol werk. Buchhübel.
Beim Kochelfall. Zwischen Kiesewald und Bis-
markshöhe. Prudelberg bei Stohnsdorf (Scholtz).
224 Reinhardt:
Annakapelle bei Sci'dorf. Buschvorwerk bei Schmie-
deberg.
B. Zwischen den Schüsselbauden und St. Peter.
Zwischen St. Peter und Hohenelbe. Schwar-
zentbai zwischen Johannisbad und Hohenelbe.
Johannisbad. Im Aupathal bei der Kreuz-
schenke.
28. H. lapicida L. S. Kynast. Prudelberg bei Stohns-
dorf. Gräbersteine bei Seidorf.
29. E. arhustorum L. Von der Ebene bis in die subal-
pine Region, S. Vitriolwerk bei Schreiberhau. In
der kleinen Schneegrube ; am kleinen Teich (S ch o 1 tz),
an beiden letztern Stellen die var. subalpina.
B. Im Weisswassergrunde. Am Elbfalle. An
den Abhängen des Krokonosch. Zwischen den
Schüsselbauden und St. Peter. Zwischen St.
Peter und Hohenelbe. Johannisbad. Im Aupa-
thal bei der Kreuzschenke. Im Riesengrunde
bei der Bergschmiede,
30. H. hortensis Müll. In der Hügel- und Bergregion.
S. Am Kynast. Beim Kochelfall. Schreiberhau
beim Vitriolwerk. Hartenberg. Kiesewald.
B. Zwischen St. Peter und Hohenelbe. Schwarzen-
thal bei Johannisbad (hier auch 1 Stück
mit hyalinen Binden). Im Aupathal bei der
Kreuzschenke.
var. hyhrida (braun mit violettem Mundsaum.) An
begrasten Wegabhäugen bei Hirschberg.
31. H. iiemoralis L. S. Warmbrunn. Petersdorf. Schrei-
berhau beim Vitriolwerk.
32. H. pomatia L. S. Kynast. Vitriolwerk bei Schrei-
berhau. Kiesewald. Im Park von Fischbach. Busch-
vorwerk bei Schmiedeberg.
B. Schwarzenthai bei Johannisbad.
Herr Pohl, Director der Josephinenhütte, theilte
mir mit, dass er versucht hätte, auf seinen Besitzungen
H. pomatia einzubürgern und zu cultiviren, jedoch mit
ungünstigem Erfolge, da vielleicht das Klima dort schon
zu rauh sei (?). — In dem benachbarten Kiesewald lebt die
(Jeher die Molluskenfauna der Sudeten. 206
Schnecke in gleicher Höhe zahlreich). Auch sollen nach
den Beobachtungen des genannten Herrn die Maulwürfe
den Eiern dieser Art nachstellen.
VI. Buliminus Ehrenb.
33. B. montariiis Drap. Nur auf der Böhmischen Seite
bei Johannisbad und im Aupathale unweit der Kreuz-
schenke gefunden.
VH. Cionella Jeffr.
34. C. htbrica Müll. S. Hirschberg. Kynast. Schreiber-
hau, beim Vitriolwerk. Kicsewald. Zwischen Erd-
mannsdorf und Stohnsdorf. Annakapellc bei Seidorf.
In der kleinen Schneegrube (höchster beobachteter
Fundort).
B. Schwarzenthai bei Johannisbad.
VIII. Pupa Drap.
35. F. mirmiüsima Hartm. Nur auf dem Kynast an den
Ruinen der Burg beobachtet.
36. P. edentula Drap. Steigt bis in die Knieholzregion
auf S. Am Buchhübel unweit des Vitriolwerks.
Beim Kochelfall. Zwischen Kiesewald und der
Bismarkshöhe. Annakapelle bei Seidorf. In der
kleinen Schneegrube.
B. Im Weisswassergrunde. Im oberen Elbthale
bis hinauf zum Eibfall. Johannisbad.
var. alhina: In der kleinen Schneegrube; am Elbfall,
einzeln.
37. P. pygmaea Drap. Zwischen Erdmannsdorf und
Stohnsdorf an Wegabhängen einzeln.
38. P. alpestris Aid. S. Annakapelle bei Seidorf. In
der kleinen Schneegrube.
B. Im Aupathale bei der Kreuzschenke.
39. P. arctica Wallenb. Nur in der kleinen Schnee-
grube mit der var. alhiiia, diese sogar vorherrschend.
Ueber das Vorkommen dieser zuerst von Herrn
Hieronymus in Görlitz aufgefundenen Schnecke habe
ich in der Sitzung der Ges. naturf. Freunde vom 21.
April 1868 bereits berichtet. Die Schnecke lebt, wie
ich mich später selbst überzeugt habe, namentlich zwi-
schen den Basalttrümmern, welche die Sohle der kleinen
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 15
226 Reinhardt:
Schneegnibe unterhalb des Basaltganges bedecken und
zwischen denen die reiche, üppige Vegetation manns-
hoher Kräuter und Stauden aufschiesst, welche die Schnee-
grube bei den Botanikern in so hohen Ruf gebracht hat.
Die Exemplare sitzen gewöhnlich an der Unterseite der
Steine oder zwischen dem Mulm, der von den vermoder-
ten Blättern der Pflanzen herrührt, in der Gesellschaft
von P. alpestris und edentula, Clausilia pHcatula) Hei.
pygmaea, ruderata und holoserica. Sie sind nicht zahl-
reich und namentlich sind braune Exemplare äusserst
selten. Uebrigens stimmen die Stücke ganz mit Wallen-
berg's Beschreibung und den im Berliner Museum auf-
bewahrten Originalexemplaren des Autors überein.
40. P. substriata Jeffr. Nur vereinzelt gefunden. S.
Zwischen Kiesewald und der Bismarkshöhe. Im
Park von Buchwald.
B. Im Elbthale zwischen St. Peter und Hohenelbe
(bei Hakeisdorf).
41. P. pusiila Müll. Meist einzeln. S. Kynast. Schrei-
berhau beim Vitriolwerk. Buchhübel. Beim Kochel-
fall. Park von Buchwald. Zwischen Erdmannsdorf
und Stohnsdorf. Annakapelle bei Seidorf. In der
kleinen Schneegrube.
IX. Balea Prid.
42. B. fragilis Drap. An Felsen und altem Gemäuer.
Nur S. Ruinen des Kynast. Moosige Granitfelsen
der Gräbersteine; nicht zahlreich.
X. Clausilia Drap.
43.6V. laminata Mont. S. Kynast (Scholtz).
B. Johannisbad.
44. Cl. silesiaca A. Schmidt var. minor. An Urkalkfelsen
um das alte Bergwerk im Riesengrunde (nach A.
Schmidt System d. europ. Claus, p. 33).
45. CL biph'oata Mont. Nirgends zahlreich. S. Kynast.
Agnetendorf (Scholtz). Gräbersteine oberhalb Sei-
dorf.
B. Schwarzenthai bei Johannisbad.
46. Cl. plicata Drap. Nur S. Kynast in wenigen Stücken.
47. Cl. plicatula Drap. S. In der kleinen Schneegrube
üeber die Molluskenfauna der Sudeten. 227
sehr zahlreich in einer etwas gedrungenen Form
(var. nana bei Scholtz).
R. Oberes Elbthal und am Elbfall einzeln. Im
Welsswassergrnndc. Zwischen St. Peter nnd
Hohenelbe unterhalb Hakeisdorf. Im Aupathal
bei der Kreuzschenke. Ueberall vereinzelt.
48. 67. dubia Drap. Nicht zahlreich. S. Am Pvynast.
Zwischen Kiesewald und der Bismarkshöhe.
B. Im Aupathal bei der Kreuzschenke.
49. GL cruciata Stud. 8. In der kleinen Schneegrube
(nach A. Schmidt).
B. Im Aupathale in der Nähe der Kreuzschenke; einzeln.
50. C/. parvula Stvii]. v. Möllendorf sandte mir Exem-
plare, -die aus der kleinen Schneegrube stammen.
Ich selbst habe diese Art im Riesengebirge nirgends
gefunden.
XI. Succinea Drap.
61. S. putris L. Warmbrunn (Scholtz). Dorf Quirl
bei Schmiedeberg, wenige Stücke.
XII. Carychium Müll.
52.(7. minim.um Müll. S. Schreiberhau/ beim Vitriol werk;
Buchhübel. Beim KochelfalL Zwischen Kiesewald
und der Bismarkshöhe. Im Park von Buchwald ;
hier überall meist vereinzelt.
B. Zwischen St. Peter und Hohenelbe (bei Hakels-
dorf). Johannisbad, zahlreich.
XIII. Pupula Agass.
53. F. polita Hartm. In wenigen Stücken am Buchhübel
in der Nähe des Vitriol werks. Beim Kochelfall.
B. W a s s e r m 0 1 1 u s k c n.
XIV. Limnaea Lam.
54. L. stagnalis L. S. In einem Teich bei Stohnsdorf.
55. L. minuta Dr. S. Wiesengräben bei Warmbrunn
(Sc holtz).
56. L. peregra Dr. S. In Gräben, Lachen und Tümpeln
um Warmbrunn, z. B. am Kynast, am Weihrichs-
berg, am Fusswegc von Giersdorf nach W^armbrunn
u. a. O. (Scholtz). In einem Bacac bei Seidorf.
228 Reinhardt:
B. In einer Lache an der Strasse zwischen St.
Peter und Hohenelbe.
57. L. ozjaia Drap. S. In Teichen bei Giersdorf (Sc holt z).
Im Teiche bei Stohnsdorf.
XV. Planorbis Müll.
58. iV. corneus L. S. Um Warmbriinn nach Scholtz.
59. PZ. spirorhü Müll.? findet sich nach Scholtz in
einem kleinen Teiche zwischen Warmbrunn, Giers-
dorf und Hermsdorf. Sollte nicht vielleicht der von
Scholtz gar nicht aufgeführte und doch häufigere
TL leucostoma gemeint sein?
60. PL albus Müll. S. In Gräben und Teichen bei Warm-
brunn und Giersdorf (Scholtz).
61. FL nitidus Müll. In einem kleinen Teiche zwischen
Hermsdorf und Giersdorf (Scholtz). Im Teiche
bei Stohnsdorf.
XYI. Ancylus Geofi-r.
62. A, fluviatiiis L. S. Im grossen Zacken unweit des
Vitriolwerks. Im Bache beim Dorf Quirl bei Schmie-
deberg.
XVII. Cyclas Brug.
63. G. calyoulata Drap. S. In einem kleinen Teiche zwi-
schen Hermsdorf und Giersdorf (Scholtz).
XVIII. Pisidium Pfeifi^.
64. F. fontinale Pfeiff. S, Im Teiche zwischen Herms-
dorf und Giersdorf (Scholtz). Oberhalb Seidorf
in einem Bache.
65. P. roseum Scholtz. S. Im Kochelteiche in der
kleinen Schneegrubc. B. In Moorlöchern bei der
Wiesenbaude (c. 4360') in einer grösseren Form, als
in der Schneegrube.
Das Riesengebirge zeigt sich an Wassermollusken
reicher als das Mährische Gesenke, indem hier auf nur
65 Arten überhaupt 12 im Wasser lebende kommen.
Der Grund ist wohl darin zu suchen, dass das Hirsch-
berger Thal eine grosse Menge kleiner Teiche aufzu-
weisen hat, welche die Hauptfundstätten für solche Arten
lieber die Molluskenfauna der Sudeten. 229
bilden. Alle Wassermollusken finden sich auch hier
wieder in den niederen Regionen ; nur JPisiditmi roaeum
steigt bis in die subalpine Region hinauf. An Land-
schnecken ist das Riesengebirge gerade nicht sehr reich,
und es rnuss auffallen, wie wenig Fundorte manche sonst
verbreitete Arten haben, und in wie geringer Individuen-
zahl dieselben auftreten. So fehlt beispielsweise Helix
fruticum\ die anderwärts so häufige Hei. hortensis findet
sich meist einzeln, ebenso //. lapicidaj sonst die ver-
breitetste Gebirgsschnecke. Auffallend ist weiter das
Zurücktreten der Clausilien; in den Wäldern wird man
fast immer vergeblich nach ihnen suchen, an den Felsen
sie nur spärlich entdecken. Die häufigste Art ist noch
GL plicatula, die sich z. B. in der kleinen Schneegrube
auch recht zahlreich bei einander findet; von allen übri-
gen kann man sicher behaupten, dass sie zu den Sel-
tenheiten gehören. Wie häufig pflegt sonst Cl. laminata
zu sein, und sie ist nur von 2 Fundorten bekannt; wie
gesellig leben anderwärts CL plicata und biplicatOy und
sie wurden nur in wenigen Stücken beobachtet. Am
verbreitetsten sind noch, was man kaum erwarten sollte, die
kleinen Laub- oder besser Mulmschnecken, und zwar sow ohl
auf der schlesischen Seite, in den Laubgebüschen des Hirsch-
berger Thals, als auch auf der böhmischen Seite. Helix
pyrjmaca darf als die gemeinste Schnecke des Riesen-
gebirges angesehen werden, die man auf Schritt und
Tritt, häufig zu Hunderten beisammen, findet. Auch die
zwischen dem modernden Laube lebenden Hyalinen sind
häufig, am meisten Hyal. radiatulüfpura und fulva, sodann
wieder H suhrimata. H. diaphana ist selten und nur
einzeln; am seltensten H. auhterranea. H. crystallina
fehlt; sie scheint vorzugsweise der Ebene anzugehören.
Helix aculeata tritt an mehreren Stellen auf, doch mei-
stentheils einzeln und niemals in der Anzahl, wie in den
Buchenwäldern der Ebene. Von den Pupen, die sich den
oben besprochenen Arten so gern zugesellen, ist nur P.
edentula häufig, alle andern, namentlich auch P. suhstriata
und pusillay selten und vereinzelt. Vergleicht man die
beiden Seiten des Gebirges in Bezug auf ihre Fauna, so
230
Reinhardt:
ergeben sich einige Verschiedenheiten; die mir der Er-
wähnung werth scheinen. Eine Anzahl Schnecken hat
sich bis jetzt nur auf der nördlichen (häufiger und besser
durchsuchten) Seite gefunden; unter diesen mochte ich
namentlich hervorheben Arion albus, Pupa arctica und Ba-
lea fragilis, die als vorzugsweise nordische Species be-
sondere Beachtung verdienen. Nur auf der südlichen
Seite sind bis jetzt gefunden Bulmms UbO ntaiius (und auch
dieser nur selten) und Glausilia silesiaGa, von denen der
erste im Mährischen Gesenke sehr häufig ist; letztere
eine südliche Art ist. Aber auch die beiden Seiten ge-
meinsamen Species zeigen eio verschiedenes Verhalten,
das jedenfalls mit der oben angedeuteten Verschieden-
heit der Vegetation zusammenhängt. Da auf der südlichen
Seite die Buche weit höher hinaufsteigt, als auf der
nördlichen, so folgen ihr auch die Laubschnecken und
wir finden diese in Böhmen bereits in der oberen Berg-
region, während sie in Schlesien gewöhnlich erst in
der Hügel-, höchstens in der untern f^ergregion auftreten.
Um die Vertheilung der Mollusken nach den Höhen-
zonen übersichtlich zu machen, möge die folgende Tabelle
dienen.
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Tabelle der Mollusken des Riesengebirges, mit Angabe
der Höhenzonen, die sie bewohnen.
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Ueber die MolluskeDfauna der Sudeten.
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Hyalina cellaria
» radiatula
B var. albina
» 'pura
» var. albina
D niiidula
D diaphana
» subrimata
» subterranea
B fulva
» var. pallescens . .
Helix pygmaea.
D var, albina
» rüder ata
j rotundata
B holoserica
B acideata
» costata
B pulchella
» incarnata
5 lapicida
» arbustorum
» hortensis
B nemoralis
B pomatia
Biüiminus montanus
Cionella lubrica
Pupa minutissima
» edentula
B var. albina
B pygmaea
B alpestris
B arctica
B substriata
B pusilla
Balea fragilis
Clausilia laminata. . . .
B silesiaca ....
» bipUcata. . . .
B plicata
» plicatula ....
B dubia
B cniciata ....
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62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
Glausilia parvula . . . ,
Succinea piitris
Carychium minimum .
Pupula polita
Limnaea stagnalis . . .
* minuta
» peregra . . . .
» ovata
Planorbis corneus . . . .
B spirorbis {?)
» albus
B nitidus . . . .
Ancylus fluviatiUs . . .
Cyclas calyculata
Pisidium fontinale . . .
i roseum . . . .
Summa :
24
18
28
59
Die Knieholzregion (subalpine Region, Analogen
der baumlosen Region im Mährischen Gesenke) zeigt
einen verhältnissmässigen Keichthum an Arten (und Va-
rietäten)^ nämlich 18 von 71 ; ihr eigenthümlich, d. h. in
den folgenden Regionen nicht wieder auftretend, sind
nur: Hyalina fulva var. paUescens^ Helix pyyrnaea var. al-
hinaj Pupa ede7ificlayi\r. alhina, Fupa arciica (cvar. alhina)^
Clausula parvidaj Pisidium roseum. Es muss hier sofort
der Umstand in die Augen fallen, dass es zum grossen
Theil albine Varietäten gewöhnlicher Arten sind, die
dieser Region im Riesengebirge ihren CharacteV auf-
drücken, und zwar treten dieselben entweder allein ohne
die Hauptform [Hyal. radiatula albina —H. viridula) oder mit
dieser zusammen, aber häufiger als dieselbe auf. So ver-
halten sich die Albinos von Hei pygmaea zur Hauptart
etwa wie 3 : 2 (unter 63 gesammelten Stücken waren 39
albin), Pupa artica findet sich fast nur albin. Bei Uyal.
fulva und Pupa edentula überwiegt die gewöhnliche
Färbung, und die albinen Stücke finden sich nur einzeln.
Ueber die Molluskenfauna der Sudeten. 233
Unwillkürlich drängt sich die Frage nach der Ursache
dieser eigenthümlichen Erscheinung auf; allein es ist
nicht leicht, hier eine genügende Erklärung zu geben.
Wenn Thiere, die für gewöhnlich dunkel gefärbt sind,
ihre Farbe verlieren und albin werden, so haben wir
den Grund davon theils in ihnen selbst, theils in äusseren
Umständen zu suchen. Es giebt eine Anzahl Schnecken,
die ihre Farbe äusserst leicht und häufig ohne erkenn-
baren äusseren Grund ändern, wie z. B. Hyalina ^ura,
die mindestens ebenso oft weiss, wie braun auftritt; eben-
so werden Schnecken, wie Hyal. radiatulaj Hei. rotun-
data, einige Clausilien (z. B. Gl. ortkostoma) leicht albin.
Bei vielen andern x'^rten, ja bei den meisten, sind albine
Stücke die grössten Seltenheiten; man wird daher diesen
nicht eine Neigung zum Albinismus, wie den oben ge-
nannten, zuschreiben können, sondern, wo sich einmal
ausnahmsweise Albinos finden, den Grund der Farben-
äk^derung in den äusseren Verhältnissen, unter denen
solche Exemplare leben, suchen müssen. Die vorher er-
wähnten Arten in der subalpinen Region des Riesenge-
birges gehören in diese letztere Kategorie; von ihnen
sind albine Varietäten, soweit mir bekannt ist, noch nicht
beschrieben worden. Die Gesteinsart, auf welcher sie
vorkommen (Basalt in der kleinen Schneegrube, Granit
am Eibfall und im V^^eisswassergrunde), kann nicht als
Ursache angenommen werden; es bleibt nur noch das
Klima als Erklärungsgrund übrig, das in dieser Höhe,
wo die mittlere Jahrestemperatur höchstens 0,5^ R. (auf
der Koppe 0,2^ R.) beträgt, wo kalte Winde ungehindert
über die kahlen Kämme dahin streichen, wo feuchte
Nebel den Einfiuss der Sonnenstrahlen vom Boden ab-
halten und der Schnee einen grossen Theil des Jahres
alles bedeckt, gewiss von einem mächtigen Einfluss auf
das organische Leben sein muss. Soll man nun den
Albinismus als einen krankhaften Zustand auffassen, her-
vorgerufen durch die Härte des Klimas? Dagegen
spricht die normale, kräftige Ausbildung der Schalen,
die namentlich bei Hei. pygmaea oft eine Grösse er-
reichen, wie kaum in der Ebene. Oder sollte nicht viel-
234 Reinhardt:
mehr die weisse Farbe durch eine Reaction gegen das
Klima hervorgerufen werden und als Schutzmittel gegen
dasselbe dienen, indem, namentlich da, wo sich der
weissen Farbe noch der Glanz zugesellt, einerseits die
Wärmestrahlen abgehalten werden, zu dem Thierc ein-
zudringen und so das Austrocknen verhütet wird, ander-
seits aber auch die Wärmeausstrahlung verhindert und
so dem Erfrieren vorgebeugt wird? In dem ersten Falle
belinden sich, wie mir scheint, viele südliche Schnecken
(z. ß. die Leucoc]iroen)j und unsere Vitrinen im Sommer;
im letzteren Falle unsere Vitrinen und die jungen Helioes
mit ihrer noch ungefärbten, glashellen Schale im Herbste
und Winter; und als Schutz gegen die Unbilden des
Klimas werden vielleicht auch manche von den in der
subalpinen Region des Riesengebirges vorkommenden
Arten, wie viele Bewohner des Nordens und der Alpen
aus andern Thierklassen, ein weisses Kleid angezogen
haben. Unter den 17 in der Knieholzregion gesammel-
ten Arten von Gehäusschnecken ti'eten 7 weissgcfärbte
auf; unter 278 in der kleinen Schneegrube gesammelten
Individuen (aller Arten) waren 107 weissgcfärbte.
Kehren wir nach dieser Abschweifung zu den übri-
gen Bewohnern der Knieholzregion zurück, so ist es
unter den selbstständigen Arten besonders Pupa ariica
Wall., die das Interesse in Anspruch nimmt. Diese Art
findet sich sonst nur noch in den nördlichen Theilen
Schwedens, wo sie bei Quickjok in Luleä-Lappland von
Wallenberg entdeckt wurde. Es ist gewiss ein seltsames
Zusammentreffen, dass gerade au demselben Fundorte,
an dem Basaltgange der kleinen Schneegrube, sich Saxi-
fraga nivalis L. findet, eine Pflanze, die im hohen Nor-
den verbreitet ist, in Deutschland aber nur hier vor-
kommt. Dabei mag gleich des weiteren Umstandes ge-
dacht werden, dass ausser der Saxifraga nivalis noch
eine Reihe anderer Pflanzen, wenn auch nicht an dem-
selben Fundort, so doch im Riesengebirge gefunden
werden, die ebenfalls einen nordischen Ursprung ver-
rathcn (Rubus Chamaemoms, Fedicularis sudetica, Diche-
lyma falcatwm und viele andere Moose). Indem so die
lieber die MoUuskenfaima der Sudeten. 235
Resultate botanischer und conchyllologischer Forschung
sich gegenseitig ergänzen, erhält das Vorkommen der
Fupa arctica eine erhöhte Bedeutung und die Hypothese,
dass in einer früheren Erdperiode gleichartige klimatische
Bedingungen im Riesengebirge eine gleiche Flora und
Fauna wie im hohen Norden hervorgerufen haben, deren
Reste wir jetzt noch vereinzelt antreffen, eine wesent-
liche Stütze. Es ist vielleicht nicht uninteressant, die
Fauna Quickjock's (nach Walle nb er g und Wester-
lund) mit derjenigen der subapinen Region des Riesen-
geWrges in Vergleich zu bringen. Es finden sich da-
selbst (an Landschnecken) : Vitrina pellucida, Hyalina
viridula, ficlva, Helix py^maea, raderata, harpa, arhusto-
rum, Gionella hcbrioa, Fupa edentula (columella), alpestris,
arctica, Succinea putris.
Alle diese Schnecken, mit Ausnahme der iSuccinea,
für welche in den oberen Regionen des Riesengebirges
wohl wenig geeignete Plätze vorhanden sind, und der
Helix harpa, treten im Riesengebirge wieder auf. Ich
habe mir viele Mühe gegeben, die letztgenannte Schnecke
auch im Riesengebirge aufzufinden, allein bis jetzt ohne
Erfolg; unmöglich wäre ihr Vorkommen nicht (in Ame-
rika geht sie bis in die Vereinigten Staaten hinab) ; ihre
Entdeckung würde von hohem Werthe für die Wissen-
schaft sein.
Was die beiden andern in der Knieholzregion noch
vorkommenden Species betrifft, so ist Glausilia parvula
nicht als characteristisch für dieselbe aufzufassen, da in
andern Theilen des Gebiets diese Schnecke bis in die
Hügelregion hinabgeht. Fisidium roseum ist ebenfalls
nicht auf die Knieholzregion beschränkt, da ich dieselbe
Form, die ich bei der Wiesenbaude^ antraf, auch im Gor-
kauer Grunde am Zobten früher gefunden habe.
Steigt man aus der Knieholzregion in die obere
Bergregion hinab, so treten hier nur wenige Arten neu
hinzu, nämlich Ärio7i rufus, Limax cmereo-niger, Hya-
lina radiatula (in gewöhnlicher Färbung), suhr imata,
Helix rotundata, aculeat a, Glausilia silesiaca.
Da ein grosser Theil der Arten aus der subalpinen Region in
236 Reinhardt:
dieser verschwindet, so tritt hier der cigenthümliche
Fall ein, dass die obere montane Region sich ärmer an
Arten zeigt^ als die subalpine. Diese Armuth zeigt sich
namentlich auf der schlcsischen Seite ; die durch die
Schrift hervorgehobenen Arten finden sich in dieser Re-
gion nur in Böhmen. Nur in dieser Region ist Clausilia
sitesiaca gefunden; doch geht diese Species auf dem
Zobten und im Bober-Katzbach -Gebirge auch tiefer hinab.
In der untern montanen Region treten folgende
Arten neu hinzu: Arion fusciis, Limax agrestisy Hyaliaa
nitidula, diap Ji a7ia, Helix in Garnaiay hortensiSf Bu-
Itmus monta^iuSj Pwpa substriata^ Clausilia du-
hiay Carychiumminimumy Limnaea per egra. Auch
in diesem Gürtel zeigt sich wieder der auffallende Unter-
schied der schlesischen und böhmischen Seite, indem
auch hier die gesperrt gedruckten Arten nur auf der
letzteren sich finden, in Schlesien aber erst in der fol-
genden Region vorkommen. Eigenthümliche Arten hat
diese Region keine aufzuweisen.
Die Vorgebirgsregion ist auch im Riesengebirge die
artenreichste und hat die meisten eigenthümlichen Arten,
nämlich 29; Arion ater, albus, melanocephaiub, Hyalina cel-
laria, pura Ydiwalhina^ suhterranea. Helix costato, pulchella^
lapicida, nemoralis, pomatia, Pupa minutissima, pygmaea^
Balea fragilis, Clausilia laminata, biplicatay plicata, Suc-
cinea putris, Pupula poUia und die Wassersebnecken.
Bei der Vergleichung beider Seiten des Gebirges neigt
sich diesmal die Wage zu Gunsten der schlesischen
Seite, die in dieser Region bei weitem die böhmische
an Artenreichthum übertriöt. Die meisten der eben
aufgezählten Species finden sich nur in Schlesien. Für
die Wassermollusken ist der Grund dieses Ueberwiegens
schon angeführt und durch das reichliche Vorhandensein
geeigneter Lokalitäten erklärt. Bei den Landmollusken
kann ich nur in der besseren und häufigeren Durch-
forschung des schlesischen Antheils des Riesengebirges
eine Erklärung dieses Umstandes finden.
Ueber die Molluskenfauna der Sudeten. 237
Vlll. Das Isergebirge.
Das Isergebirge wird von dem Riesengebirge durch
den Hochstein (2800') getrennt, der in der Richtung von
0. nach W. streicht, um dann nach NW. in den hohen
Iserkamm überzugehen, welcher in der Tafelfichte (3498'),
dem höchsten Punkte dieses Gebirges, endet. Auf der
nördlichen Seite dieses Zuges liegen am Preisselbeer-
berge die Quellen des kleinen Zacken und des Queis,
von denen der erstere östlich, der letztere nach N.W.
fliesst. Durch beide Flüsse wird von dem Hauptkamm
der nordöstlich sich vorlagernde Kemnitzkamm geschie-
den, dessen östliche Ausläufer bis in die Gegend von
Warmbrunn reichen (die Bibersteine z. B.), während nördl.
der Queis die Grenze bildet. Als Vorberg zu diesem
Zuge kann der Greifenstein angesehen werden, ein c.
1300' hoher Basaltkegel, mit schöner Ruine, der von
weither die Aufmerksamkeit auf sich zieht. — Auf der
südlichen Seite des hohen Iserkammes entspringt die
Iser, deren Lauf dem des Queis gerade entgegengesetzt
ist. An ihrer Vereinigung mit der kleinen Iser, von
welcher sie durch den Mitteliserkamm getrennt ist, er-
hebt sich ein imposanter Basaltkegel, der keulichte Buch-
berg (c. 3100'), der bei seiner Höhe und seiner eigen-
thümlichen Gestalt einen trefflichen Orientirungspunkt
abgiebt. In der Nähe der Quellen der kleinen Iser
liegen die Quellen der Wittig (Wüthig), welche wieder,
wie der Queis, die Richtung nach N.W. hat, also ent-
gegengesetzt der Iser. Das Wittigthal, auf der nörd-
lichen Seite von der Tafelfichte, dem Wohlischen und
Mitteliserkamm begrenzt, wird auf der entgegengesetzten
Seite durch eine Kette von Bergen eingeschlossen, unter
denen einige, wie die Vogelkoppe, das Taubenhaus und
vor allem der Sieghübel der Tafelfichte an Höhe nicht
viel nachgeben; letzterer erhebt sich zu 3457'. Wo die
Wittig aus dem Gebirge austritt, liegt auf einem Basalt-
felsen das durch Wallenstein berühmt gewordene Schloss
Frfedland. — Das Gestein, aus welchem dies Gebirge
gebildet ist, ist Granit und Glimmerschiefer; selten treten.
238 Reinhardt:
wie bei Raspenau im Wittigthale, Lager von Urkalk auf,
die jedoch conchyliologisch höchst Dnerg:iebig sind,
weil ihnen die Laubwaldvegetation fehlt. Fast überall
im Isergebirge sind die Berge bewaldet^ und zwar zum
grössten Theil mit Nadelholz ; doch fehlt auch die Buche
nicht, und bildet z. B. an einzelnen Partieen der Tafel-
fichte, sowie namentlich in der Bergreihe südl. von der
"Wittig, geschlossene Bestände. Nirgends erheben sich
die Spitzen über die Baumregion, und die Tafelfichte
trägt auf ihrem Gipfel einen schönen Hochwald von
Fichten. Eigenthümlich und für das Isergebirge charac-
teristisch ist deshalb das tief herabgedrückte Vorkommen
des Knieholzes, das an mehrern Punkten, namentlich auf
den feuchten Wiesen, welche die grosse und kleine
Iser durchfliessen, ausgedehnte Strecken überzieht; auch
in der Nähe des Sieghübel, sowie zwischen der Vogel-
koppe und der sogenannten Nase (einer Felspartie am
Schwarzbachfall, die vom Thal aus gesehen einem Kopfe
mit grosser Nase ähnlich sieht) habe ich Knieholzwiesen
oder, wie die Leute sie kürzer nennen, Kniewiesen ange-
troff'en. An Schnecken sind sie arm ; nur Arion rufus
und Viirina elongata habe ich beobachtet. — Das Iser-
gebirge ist nie von einem Conchyliologen besucht worden,
wenigstens ist nie etwas über dasselbe veröfi'entlicht
worden; nur vom Greifenstein führt Scholtz ein paar
Arten an. Meine Excursionen dehnten sich noch etwas
nordwärts von der Tafelfichte aus bis zu dem Queisdurch-
bruch zwischen dem Schloss Tschocha und Marklissa,
einer höchst romantischen Partie, wo der Queis in einer
engen Felsspalte schäumend und tosend dahin braust
und stellenweise die ganze Breite derselben einnimmt, so
dass ein Vordringen unmöglich wird. Diese Gegend
grenzt bereits an das benachbarte Lausitzer Gebirgsland.
Im Isergebirge habe ich folgende Mollusken ge-
sammelt :
I. Arion Fer.
1.-4. empiriGorum Fer.
a) ater. S. Friedeberg am Queis. B. Raspenau, in
den alten Kalkbrüchcn.
Ueber die Molluskenfauna der Sudeten. 239
b) rufus. S. FHnsberg, in den Anlagen beim Brunnen.
B. Auf der kleinen Iserwiese zwischen Knieholz.
In der Nähe des Taubenhauses.
2. A. albus F4r. kommt nach Scholtz auf der Ober-
wiese bei Greifenstein vor.
3. A. fuscus Müll. S. Auf dem Greifenstein. Geb-
hardsdorfer Büsche bei Friedebergam Queis (Scholtz).
Schloss Tschocha am Queis. Wiegandsthal im Schloss-
garten. Tafelfichte. Auf dem Preisselbeerberg.
B. Schloss Friedland in Böhmen. Auf dem alten
Kirchhof zu Haindorf unter Brettern in Menge.
IL Limax L.
4. L, einer eo-7iig er Wolff. S. Tafelfichte, ziemlich auf
dem Gipfel am Ursprung des Schwarzbaches.
B. Raspenau (dunkel mit hellem Kiel, daneben mit
dunklen Streifen). Bei der Nase (ebenfalls auf dem
Rücken mit hellen und dunklen Längsstreifen).
5. L. Giner eus List. S. Auf der Tafelfichte mit vor.
B. Liebwerda.
6. L. marginatus Müll. S. An den Bibersteinen.
B. Weissbach an Mauern. Oberhalb Ferdinands-
thal (bei Haindorf) in der Nähe des Erzlochs.
Bei der Nase.
7. L. agrestis L. S. Greifenstein. Bibersteine.
B. Auf dem alten Kirchhofe zu Haindorf.
III. V itrina Drap.
8. V. elongata Drap. S. Gipfel der Tafelfichte und
am Nordabhang derselben in der sogen, alten Kohl-
statt. Flinsberg, Abhänge nach dem Queisthal.
Preisselbeerberg. B. Riegelberg oberhalb Haindorf.
Auf dem Sieghübel. Kleine Iserwiese zwischen dem
Knieholz. Buchberg bei Klein-Iser.
9. V. diaphana Drap. S. Einzeln am Queisufer bei
Schloss Tschocha. Am nördl, Abhang der Tafel-
fichte beim sogenannten Prippspfeiferstein (Glimmer-
schiefer).
10. F. pellucida Müll. S. Greifenstein. Am Rietstein
bei Gebhardsdorf (Basaltfelsen). Tschocha. Wie-
240 Reinhardt:
gandsthal, im Schlossgartcn. Queisthal bei Flins-
berg. Bibersteine.
B. Schloss Friedland.
IV. Hyalina Gray.
11. H. cellaria Müll. S. Herrnsdorf bei Wiegandsthal
einzeln.
B. Schloss Friedland einzeln. Auf dem alten
Kirchhof zu Haindorf unter Brettern, zahlreich.
12. H. radiatula Aid. S. Rietstein bei Gebhardsdorf.
Glimmerschieferfelsen am Dresslerberge bei Schwarz-
bach. Gipfel der Tafelfichte. Queisthal bei Flins-
berg. Preisselbeerberg. Bibersteine.
B. Liebwerda. Riegelberg oberhalb Haindorf. Bei
der Nase.
13. H. pura Aid. Meist gesellig. S. Tafelfichte, auf
dem Gipfel, wie an den nördlichen Abhängen, z. ß.
der alten Kohlstatt. Queisthal bei Flinsberg. Preis-
selbeerberg. Bibersteine.
B. Riegelberg oberhalb Haindorf. Bei der Nase.
Sieghübel. iVuf dem keulichten Buchberge bei
Klein-Iser.
14. jy. niiens Mich. Einzeln. S. Greifenstein. B. Ras-
penau.
15. H. ^uhrtmata Reinh. B. Nase beim Schwarzbach-
fall. Keulichte Buchberg bei Klein-Iser, nicht sehr
zahlreich.
16. H. subterranea Bourg. Vereinzelt. S. Am Queis-
ufer beim Schloss Tschocha. B. Nase beim Schwarz-
bachfall.
17. H. fulva Draip. S. Gipfel der Tafelfichte; alte Kohl-
statt. Queisthal bei Flinsberg. Preisselbeerberg.
Bibersteine.
B. Riegelberg oberhalb Haindorf. Nase. Sieg-
hübel.
V. Helix L.
18. H, pygmaea Drap. S. Greifenstein. Rietstein bei
Gebhardsdorf. Schloss Tschocha. Tafelfichte bis
zum Gipfel (alte Kohlstatt; Prippspfeiferstein ).
Queisthal bei Flinsberg. Preisselbeerberg.
lieber die Mollnskenfauna der Sudeten. 241
B. Raspenau. Liebwerda. Alter Kirchhof zn Hain-
dorf. Riegelberg oberhalb Haindorf. Nase.
Sieghübel. Buchberg bei Klein-Iser.
19. ruderata Stiid. Einzeln. S. Preisselbeerberg.
B. Riegelberg bei Haindorf. Sieghübel. Buch-
berg bei Klein-Iser.
20. H. rotundata Müll. S. Greifenstein, in ungeheurer
Menge. Rietstein bei Gebhardsdorf. SchlossTschocha.
Wiegandsthal im Schlossgarten. Herrnsdorf bei
Wicgandsthal. Tafelfichte, Gipfel; alte Kohlstatt.
Queisthal bei Flinsberg. Preisselbeerberg. Biber-
steine.
B. Schloss Friedland. Raspenau. Liebwerda. Hain-
dorf, hinter der Kirche und auf dem alten
Kirchhof. Riegelberg oberhalb Haindorf. Nase.
Sieghübel. Buchberg bei Klein-Iser.
21. H. holoserica Stud. S. Preisselbeerberg.
B. Beim Erzloch oberhalb Ferdinandsthal bei Hain-
dorf. Sieghübel. Ueberall vereinzelt.
22. ff. personata Lam. soll nach Neu mann bei Greifen -
berg vorkommen (Scholtz p. 22), Ich selbst habe
sie nirgend beobachtet.
23. H. acideata Müll. Nicht sehr zahlreich. S. Tafel-
fichte, alte Kohlstatt ; beim sogen. Prippspfeiferstein.
Queisthal bei Flinsberg in Laubgebüschen. Preissel-
beerberg.
B. Riegelberg oberhalb Haindorf. Nase.
24. H. costata Müll. S. Greifenstein.
B. Schloss Friedland. Haindorf, an der Kloster-
mauer und auf dem alten Kirchhof.
25. ff. pulcJiella Müll. S. Greifenstein. Rietstein bei
Gebhardsdorf.
26. H. fruticum Müll. Nur beim Schloss Friedland in
einigen Stücken gefunden.
27. ff, umbrosa Partsch. Ebenfalls nur bei Schloss Fried-
land einzeln.
28. ff, hispida L. S. Greifenstein, zahlreich. Schloss
Tschocha am Queis.
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 16
242 Reinhardt:
B. Schloss Friedland. Auf dem alten Kirchhof
zu Haindorf.
29. FT. inoarnata Müll. Meist gesellig. S. Greifenstein.
Schloss Tschocha. Queisthal bei Flinsberg. Preissel-
beerberg. Bibersteine.
B. Schloss Friedland. Raspenau. Liebwerda. Bei
der Nase. Buchberg bei Klein-Iser.
30. H. laficida L. S. Greifenstein. Schloss Tschocha.
B. Schloss Friedland. Raspenau. Haindorf, an
der Klostermauer.
31. TJ. arbustorum L. S. Greifenstein. Schloss Tschocha.
Gipfel der Tafelfichte. Preisselbeerberg.
B. Raspenau. Riegelberg bei Haindorf. Nase.
Sieghübel. ßuchberg bei Klein-Iser.
32. H. hortensis Müll. S. Greifenstein. Schloss Tschocha.
B. Schloss Friedland. Haindorf an der Kloster-
mauer.
33. H. nemoralis L. Nur in Gärten bei Friedeberg am
Queis.
34. H. pomatia L. S. Greifenstein. Schloss Tschocha.
B. Schloss Friedland. Auf dem alten Kirchhof
zu Haindorf.
VI. Buli minus Ehrenb.
35. B. mo7itanus Drap. S. Schloss Tschocha.
B. Raspenau in den alten Kalkbrüchen, sehr einzeln.
VII. Cionella Jeffr.
36. C. luhrica Müll. S. Greifenstein. Rietstein bei
Gebhardsdorf. Schloss Tschocha. Queisthal bei
Flinsberg. Bibersteine.
B. Haindorf, an der Klostermauer und auf dem
alten Kirchhofe.
VHI. Pupa Drap.
37. P. muscorum L. Greifenstein, zahlreich ; auch einige
albine Stücke wurden gefunden.
38. P. minutissima Hartm. S. Greifenstein, sehr zahl-
reich. B. Schloss Friedland, einzeln.
39. P. edentula Drap. S. Schloss Tschocha. Tafelfichte,
alte Kohlstatt; auch auf dem Gipfel. Queisthal bei
Flinsberg. Preisselbeerberg. Bibersteine.
üeber die Molluskenfauna der Sudeten. 243
B. Liebwerda. Riegelberg bei Haindorf. Bei der
Nase. Sieghübel.
40. P. pygmaea Drap. S. Rietstein bei Gebhardsdorf.
ß. Haindorf, feuchte Stellen hinter der Kirche; ver-
einzelt.
41. P. alpestris Aid. Nur auf dem keulichten Buchberge
bei Klein-Iser, an Basalttrümmern sitzend, sehr spar-
sam gefunden.
42. P. substriata Jeffr. S. Queisthal bei Flinsberg in
Laubgebüschen, ß. Bei der Nase. Immer vereinzelt.
4:3, P. pusilla Müll. S. Greifenstein (einzeln). Schloss
Tschocha. Queisthal bei Flinsberg.
B. Bei der Nase.
IX. Clausilia Drap.
44. Cl. laminata Mont. Greifenstein. Tschocha. Preis-
selbeerberg. Ueberall einzeln.
45. CL hipUcata Mont. S. Greifenstein (vereinzelt).
Schloss Tschocha.
B. Friedland. Haindorf, an der Klostermauer und
auf dem alten Kirchhof. Nirgends zahlreich.
46. CL plicata Drap. S. Greifenstein, in grosser Menge.
Schloss Tschocha.
B. Schloss Friedland.
47. CL plicatula Drap. S . Schloss Tschocha. Preissel-
beerberg.
B. Riegclberg bei Haindorf. Bei der Nase. Auf
dem Buchberg bei Klein-Iser. Vereinzelt.
48.(7/. duhia Drap. S. Greifenstein (nach Scholtz).
Schloss Tschocha. Preisselbeerberg.
B. Schloss Friedland.
49. CL filograna Ziegl. Einige Exemplare im Park von
Tschocha am Fusse alter Mauern.
X. Succinea Drap.
50. S. putris L. Friedeberg am Queis. In der Schwarz-
bach bei Gebhardsdorf (an Steinen im Wasser).
Am Queisufer bei Tschocha.
51. S. ohlonga Drap. Nur am Rietstein bei Gebhards-
dorf einzeln.
244
Reinhardt:
XI. Carychiura Müll.
52. C. minimum Müll. S. Greifenstein (1 Exemplar).
Schloss Tschocba, am Queisufer.
B. Liebwerda. Auf dem alten Kirchhof zu Ilain-
dorf. Bei der Nase.
XII. Limnaea Lam.
53. L, peregra Drap. Nur in einem kleinen Teiche im
Schlossgarten von Friedland.
XIII. Ancylus Geoffr.
54. A. fluviatüis L. In einem Bache zwischen Regens-
berg und Krobsdorf. Im kleinen Zacken.
Um den Ueberblick über die Vertheilung der Arten
nach den Höhen zu erleichtern, lasse ich sogleich die
nachstehende Tabelle folgen; die subalpine Region fehlt
hier; allerdings kommt, wie schon erwähnt, an einzelnen
Stellen das Knieholz tief herabgedrückt vor, aber diese
Kniewiesen bilden keinen zusammenhängenden Gürtel
oberhalb der Baumvegetation; ausserdem ist ihre Schne-
cken-Fauna fast gleich 0, da ich nur 2 auch sonst vor-
kommende Arten daselbst sammelte, nämlich Arion ru-
fus und Vitrina elongata.
IIL
Tabelle der im Isergebirge beobachteten Mollusken,
mit Angabe der Höhenzonen, welche sie bewohnen.
^ ^•
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II
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2.
3.
4.
1
Arion ater
*2
2
2
2
3
'3
3
4
2
» rufus
4
4
3
» albus
4
» fuscus
4
5
Limax cinereo-niger
4
6
» cinereus
4
Ueber die Molluekenfauna der Sudeten.
245
Limax marginatus
» agrestis . . .
Vitrina elongata . .
y> diaphana .
» pelhicida .
Hyalina cellaria . .
» radiatula .
» pura
B nitens
» subrimata ..
» subterranea
» fulva
Helix pygmaea
» ruderata
» rotundata
» holoserica ....
» personata ....
» aculeata
B costata
» pidchella
3) fruticum
T> unibrosa .....
» hispida
D incarnata . . . .
» lapicida
» arbustorum. . .
» hortensis
» nemoralis ....
j) pomatia
BiiUminus montanus
Gionella lubrica ....
Pupa miiscorum, . . .
» minutissima . .
j> edentula
» pygmaea
» alpestris
B substriata ....
B pusilla ,
Glausüia laminata..
biplicata. .
plicata ,
plicatula
dubia. . .
filogräna
246
Reinhardt:
M
Name
o fl o
%"^ I
S CO
W
2
^* .
g d o
• o
«3 O
U o
!U ^
-^ -s
>.2
4.
51
52
53
54
55
Succinea putris
» ohlonga
Garychium minimmn .
Limnaea 'peregra ...
Äncylus fluviatiUs . . ,
Summa:
16
25
51
Vergleicht man die vorstehende Tabelle mit der
sub. II über das Riesengebirge gegebenen, so ergiebt
sich eine fast vollständige Uebereinstimmung beider in
den Faunen der gesammten Bergregion. Nur wenige
Arten hat das Riesengebirge voraus, und so stellt sich
die Fauna der Bergregion des Isergebirges als eine ab-
geschwächte Riesengebirgsfauna dar. In der Hügelre-
gion findet im Grossen und Ganzen ebenfalls Ueberein-
stimmung statt, doch tritt hier schon eine grössere Diffe-
renz zu Tage. Einige Arten des Riesengebirges (z. B.
Balea) fehlen im Isergebirge; doch finden sich hier
wiederum andere Arten, die im Riesengebirge nicht vor-
kommen; so Vitrina diaphana, Helix fruticimij personata (?),
umhrosa, hispida, Pupa muscorum, Claus Uta filograiiQj
Succinea ohlonga. Die meisten dieser Species sind im
Vorgebirge %^g^^ die Ebene zu gesammelt. Von be-
sonderem Interesse ist nur das Auftreten der Helix um-
hrosa bei Friedland, da diese Species sonst nirgends in
den Sudeten gesammelt ist und auch in der schlesischen
Ebene fehlt. Helix umhrosa ist von den Kärnthener und
Tiroler Alpen nordwärts bis Böhmen und Sachsen ver-
breitet; in Böhmen ist sie selten gefunden, häufiger noch
im Eibsandstein- und im Lausitzer Gebirge, wo sie (nach
Peck) im Laubaner Hochwalde und auf der Landskrone
vorkommt. An diese Fundorte reiht sich der im Iser-
gebirge an. Der Sudetenkamm scheint ihr nach NO.
eine Grenze zu setzen, wie sie überhaupt weiter nach
üeber die Molluskenfaima der Sudeten.
247
Osten hin zu den seltenen Schnecken zu rechnen ist.
Jachno fand sie noch ziemlich häufig im Krakauer Ge-
biet, Bielz nur an einer Stelle in Siebenbürgen, v. M ei-
lend orf um Serajewo in Bosnien. Neuerdings lehrten
die Gebrüder Krause einen weit von den übrigen ent-
fernten Fundort in der Ebene um Bromberg (zusammen
mit He lix austriaca \) kennen. Im Allgemeinen darf man
die Art wohl als eine vorwiegend ostalpine ansehen, die
sich von dort aus, wie andere, nach Norden verbreitet hat.
Nachdem im Vorhergehenden die Mollusken der
einzelnen Theile der Sudeten systematisch verzeichnet
sind, bleibt es noch übrig, das gegenseitige Verhältniss
dieser Theile in Betracht zu ziehen. Damit eine bes-
sere üebersicht erzielt werde, sind in der folgenden
Tabelle sämmtliche in den Sudeten bisher gefundenen
Mollusken zusammengestellt mit Angabe der Abtheilungen,
in denen sie bisher beobachtet wurden.
IV.
üebersichtstabelle
der in den Sudeten beobachteten Mollusken.
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9
10
11
12
13
Ärion empiricorum Fer
D albus Fer
B fuscus Müll o . .
» hortensis Fer ,
» melanocephdlus F. B.
Limax cinereo-niger Wolff.
B cinereus List
» marginatus Müll. . .
» agrestis L
» tenelhts Nilss
» laevis Müll
Baudebardia brevipes Drap.
B rufa Drap. . . .
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» diaphana Drap
» pelhicida Müll |
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19
» rfidicituld Aid • .
8
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» riiiTCi Aid
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» nitens Mich
8
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23
24
25
26
27
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» nitidula Drap
» crystallina Müll
» diaphana Stud
» subrimata Reinh
» subterranea Bourg
3> /"itZva Drap , . . . .
» nitida Müll
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3
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3
3
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3
3
3
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3
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8
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B pygmaea Drap .
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» Tudpvata Stud. . .
8
82
» rotundata Müll
8
33
34
35
» solaria Menke
B obvoluta Müll. . . ,
» lioloserica Stud
8
36
37
B personata Lam
» aculeata Müll
8
8
88
» costata Müll
8
89
» pulchella Müll
8
40
» fruticum Müll
8
41
42
48
D strigella Müll
» umbrosa Partsch
» granulata Aid
's
44
» hdsnida L
8
45
46
» Cobresiana Alten
» incarnata Müll
ii^:
's
47
B carpatica Friv
48
40
D carthusianella Drap
» obvia Ziegl
••
50
51
B faustina Ziegl
B lapicida L
's
52
53
54
B arbustorum L
B nemoralis L
B hortensis Müll
8
8
8
55
B potnatia L
8
56
57
58
Buliminus montanus Drap
» obscurns Müll
B detritus Müll
8
Ueber die Molluskenfauna der Sudeten.
249
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61
62
63
Ptipa frumentum Drap
B miiscorum L
» minutissima Hartm
» adßntiilo, Drat)
's
8
8
64
65
» antivertigo Drap
» ni/üuineci Drap
8
66
I» alpestris Aid
8
67
68
» arctica Wallenb
» suhstricita Jeffr
*8
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» pusilla Müll
8
70
» doUolum Bru^
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
Glausilia laminata Mont
» ortlwstoma Menke. . . .
j> silesiaca A. Schmidt.
» ornata Ziegl
» hiplicata Mont
» plicata Drap
B ventricosa Drap
» tumida Ziegl
» plicatula Drap
» dubia Drap
B nigricans Pult
» cruciata Stud
» pumila Ziegl
» parvula Stud
» filograna Ziegl
J5aZert fragilis Drap
Succinea putris L
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8
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88
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90
91
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» Pfeifferi Rossra
» ohlonga Drap, ...-..,.
Carycliium minimum Müll
Pupula polita Hartm
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8
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» minuta Drap
94
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» peregra Drap
B ovata Drap .
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97
98
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B spirorbis Müll. (?)...
B leucostoma Mich
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, ,
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Cyclas calyculata Drap
Pisidium fontinale Pfeiff.
» roseum Scholtz
Änodonta cygnea
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7
7
7
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Summa :
1 80
13
|46|51| 42
134
65
54
Wir vergleichen zunächst die beiden Hauptglieder
der Sudeten, das Mährische Gesenke und das Riesenge-
birge (incl. des Isergebirges, das sich, wie oben gezeigt,
im Wesentlichen dem Riesengebirge ganz gleich verhält)
mit einander.
I. In beiden Gebirgen kommen folgende Arten ge-
meinschaftlich vor:
Arion empir worum, fusous, hortensis, melanocephalus,
Limax einer eo-nig er, cinereus, marginatusy agrestis.
Vitrina elongata, 'pellucida.
Hyalina cellaria, radiatulay pura, nitens (Isergeb.),
nitidula, diaphana, subrimataj suhterranea, fulva.
Helix pygmaeaj ruderata, rotundatay holoserica, per-
Sonata (Isergeb.), aculeata, pulchella, costata, friitiGum
(Isergeb.), mcarnata, lapicida, arbustorum, hortensts, po-
matia.
Buliminus montamis.
Gionella luhrica.
Pupa minutissimo, edentula, pygmaea, alpestris, sub-
striata, pusilla.
Clausula laminata, biplicata, plicata j plicatula, dubia,
cruciata, parvula, filograna (Isergeb.).
Succinea putris, oblonga (Isergeb.).
Garychium minimum.
Pupula polita.
Limnaea stagnalis, minuta, peregra, ovata»
Ancylus fluviatilis.
üeber die Molluskenfauna der Sudeten. 251
PlaJiorhis albuSy leiicostoma.
Pisidium fontxnale.
In Summa: 61 Arten.
Die meisten dieser Arten finden sich auch in den
andern Theilen der Sudeten wieder, wir dürfen sie daher
als die allgemein verbreiteten, als den Stamm der ge-
sammten Sudetenfauna ansehen. Es sind dies aber auch
mit wenigen Ausnahmen diejenigen Arten, welche die Su-
deten mit den x\lpen und sämmtlichcn deutschen Bergländern
gemeinsam haben, also der Stamm der gesammten mittel-
europäischen Molluskenfauna. Die wenigen unter diesen
Schnecken, welche nicht allgemein durch alle deutschen
Bergländer verbreitet sind, sind nur folgende : Hyalina
suhrimata^ lielix holoserica, Clausilia cruciata und Gl.
filograna. Diese 4 Species finden sich nur in dem öst-
lichen Theile des Gebiets, sie können als vorherrschend
ostalpine bezeichnet werden.
II. Im Riesengebirge (incl. Isergebirge), nicht aber
im Gesenke, wurden folgende Arten beobachtet.
Arton albus.
Vitrina diaphana.
Helix umbrosa, iiispida, nemoralis.
Balea fragil is.
Clausilia silesiaca.
Pujpa muscorumj arctica.
Planorbis corneuSj nitidus.
Cyclas Galyoulata.
Pis idiu m ros eum .
Unter diesen findet sich wiederum eine Anzahl von
Schnecken, die allgemein in den deutschen Bergländern
verbreitet sind, und deren Fehlen im Gesenke w^ohl nur
durch den Mangel geeigneter Lokalitäten oder durch ein
Uebersehen derselben motivirt wird. Als solche Arten
sind aufzufassen:
Vitrina diaphana, in den Sudeten sonst noch aus
Glatz und der Eule bekannt;
Helix hispida, sonst noch im Bober-Katzbach-Ge-
birge, auf dem Zobten und in der Eule gefunden;
Helix nemoralis, im Riesengebirge wohl sicher ein-
252 Reinhardt:
geschleppt, da sie sich nur in der Nähe menschlicher
Wohnplätze findet;
Balea fragilisy noch im Waldenburger Gebirge und
auf dem Zobten ;
Fupa musoorumj noch auf dem Zobten gefunden;
die Wasserschnecken mit Ausnahme von Ptsidium roseum.
Es sei indessen noch erwähnt, dass Balea fragilis
nach Osten hin nicht weiter vordringt; sie fehlt in Ga-
lizien, Russland; Siebenbürgen, Bosnien, erreicht also in
den Sudeten einen ihrer Grenzpunkte nach Osten. Eben-
so scheint Helix hispida nach Osten zu an Häufigkeit
abzunehmen. Jachno kennt sie zwar noch aus dem
westlichen, nicht aber aus dem östlichen Gah'zien; aus
Siebenbürgen führt Bielz nur einen Fundort an.
Was die nach Abzug dieser noch übrig bleibenden
Species anbetrifft, so ist von Hdix umhrosa schon oben
ausführlicher die Rede gewiesen und zu zeigen versucht,
dass diese Art eine ostalpine ist, sich also der Gruppe
der 4 vorher genannten {Hei. holoserica etc.) anschliesst.
Derselben Kategorie gehört Clausula silesiaca an. Diese,
ausser im Riesengebirge noch auf dem Gipfel des Zobten
und im ßober-Katzbach-Gebirge gefunden, kommt sonst
nur noch in den Ostalpenländern (Krain, Kärnthcn) und
in Bosnien (v. Möllendorff) vor, und zwar, was besonders
hervorzuheben ist, ohne dass sich zwischen diesen beiden
Verbreitungsgebieten bis jetzt Zwischenstationen gefunden
hätten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass
die Molluskenfauna der dazwischen liegenden Länder,
namentlich Mährens und der kleinen Karpathen, so gut
wie unbekannt ist.
Von den 3 weiteren Arten ist Fisidium roseum bis
jetzt den Sudeten eigenthümlich; es ist indessen wohl
anzunehmen, dass bei genauerem Studiuoi der Pisidie7i,
das erst in neuerer Zeit begonnen hat, diese Art sich
auch an andern Punkten wird auffinden lassen. — Von
Pupa arctica w^ar schon früher die Rede; sie ist eine
nordische Art, und ihr darf man wohl Arion albus an
die Seite stellen, der in Skandinavien häufiger als anders-
wo auftritt. Im Riesengebirge scheint die Art ziemlich
üeber die Molluskenfauiia der Sudeten. 253
selten zu sein; ich selbst hatte nicht Gelegenheit, sie
dort zu sammeln.
Die Molluskenfauna des Riesengebirges setzt sich
nach dem Vorstehenden zusammen:
1) aus allgemein verbreiteten alpinen Arten ;
2) aus ostalpinen Arten, z. Th. mit sprungweiser
Verbreitung.
3) aus nordischen Arten:
4) aus ihr eigenthiimlichen Arten.
III. Im Mährischen Gesenke, nicht aber im Riesen-
gebirge, kommen folgende Arten vor:
Li7nax tenellus, hrunneus.
Daudehardia hrevisus, rufa.
Hyalina glabra, nitida.
Ilelix granulata, Cohresianay carpatica, faustina.
Clausilia ortltostomoj ventricosay tumidaj nigricans.
Pupa doliolum, antivertigo.
Physa foyitinalis.
Hydrohia spec. nov.
Diese Liste weist zunächst wiederum eine Anzahl
allgemein verbreiteter Arten auf, die deshalb nicht als
Eigenthümlichkeiten des Mährischen Gesenkes angesehen
werden dürfen, und von denen bei fortgesetzter Durch-
forschung des Riesengebirges sich wohl noch manche dort
werden finden lassen. Dazu gehören die Nacktschnecken,
von denen Limax hrunneus auch im Zobtengebirge vor-
kommt, Daudehardia brevipes, auch in der Eule, D. rufa,
auch im Waldenburger Gebirge gefunden; Hyalina nitida^
eine vorzugsweise der Ebene angehörige Species; Clau-
silia ventrioosa, die in der Enle, CL nigricans, die auf
dem Zobtcn wieder auftritt; Pupa doliolum, im Bober-
Katzbach-Gebirge wiederkehrend,^ und P. antivertigo,
welche mehr die Ebene liebt; endlich Physa fontinalis^
die sich in der Eule wiederfindet. — Die Daudebardien
sind zwar überall selten gefunden, da sie sehr versteckt
leben, doch durch das ganze deutsche Bergland verbreitet;
östlich scheinen sie nicht viel weiter vorzudringen, da
Daudebardia brevijpes zwar noch bei Krakau gesammelt
wurde, im östlichen Galizien und in Siebenbürgen da-
254 Reinhardt:
gegen beide Arten fehlen. Ancli Pu]pa doliolwn ist nicht
gerade von vielen Fundorten bekannt, dieselben liegen
jedoch über ganz Deutschland und Mitteleuropa zerstreut.
Zu den allgemein verbreiteten Schnecken darf endlich
wohl auch Helix grayiiilata gerechnet werden, die nichts
anderes darstellt, als eine unbehaarte Form der Helix
serioea Drap., welche, wie die vorige, zwar zerstreut-
aber doch durch das ganze gebirgige Deutschland, Frank-
reich und England vorkommt. Ich vermuthe, dass die
albinen Exemplare der Helix sericea, welche A. Schmidt
vom Zobten anführt, ebenfalls H. granulata sind.
Die Gruppe der vorzugsweise ostalpinen Schnecken
ist im Mährischen Gesenke durch Hyalina glabra, Helix
obviaj Cobresiana und durch Clauailia orthostoma ver-
treten. Erstere beide gehen sehr weit nach Osten und
gehören z. B. noch in Siebenbürgen zu den häufigen
Schnecken. Aehnlich verhält sich Clausilia orthostoma,
die in Deutschland hauptsächlich in den östlichen Ländern
auftritt, nach Westen aber mehr und mehr verschwindet.
Helix Cobresiana hingegen ist von beschränkterer Ver-
breitung. Sie findet sich zwar im ganzen Alpenzuge,
doch namentlich häufig im östlichen Theile, fehlt aber in
den westdeutschen Bergländern, während sie in den öst-
lichen, in Böhmen, in den sächsischen Gebirgen und auch
noch in der Tatra häufig ist. Hier erreicht sie aber auch
ihre Grenze nach Osten; in Siebenbürgen und Bosnien
ist sie nicht mehr gefunden.
Zu diesen beiden Gruppen alpiner Schnecken ge-
sellt sich nun eine dritte, die in den Alpen vergebens
gesucht wird, dagegen in den Karpathen, und nur in
diesen, sich vorfindet. Hierher gehören vor allen Helix
fausti^ia und H. carpatica^ und vielleicht auch Ciaicsilia
tumida. Diese letztere Art ist wahrscheinlich eine öst-
liche, da sie in Siebenbürgen und der Bukowina ihre
Hauptverbreitung hat; nach A. Schmidt soll sie jedoch
auch westlich bis Baiern und Würtemberg vordringen
(A. Schmidt nennt sie den östlichen Pendant zu der
westlicheren Öl. Rolphii.) Es ist bei solchen Arten,
die, wie diese, nur wenige Fundorte zeigen, schwierig
Ueber die MoUuskenfaima der Sudeten. 255
zu bestimmen, wohin der Hanptbezirk ihrer Verbreitung
fällt; ich kann diese Art deshalb auch nur fraglich als
eine karpathische bezeichnen. Entschieden karpatische
Species sind dagegen die beiden Helicesy die in dem
ganzen Karpathenzuge von Siebenbürgen bis zur Tatra
häufig sind und sich über denselben hinaus nur wenig
verbreiten. Helix faustina ist im Mährischen Gesenke
nicht selten, geht aber nur noch in die zunächst angren-
zenden Gebirgsgruppcn der Eule und der Glatzer Ge-
birge über; weiter westlich in Böhmen findet sie sich
auch nur in nächster Nähe dieses Gebirges, nämlich bei
Brandeis a. d. Adler (Slavik). Helix carpatica verbreitet
sich etwas weiter; sie geht in den Sudeten über die
Eule hinaus bis ins Waldenburger Gebirge und nach dem
Zobten; in Böhmen findet sie sich nur an dem gleichen
Fundorte mit Hei. fausiina. Wenn man, durch diese
Vorkommnisse veranlasst, eine eingehendere Vergleichung
der Fauna des Mährischen Gesenkes mit jener der Kar-
pathen anstellt, so tritt eine frappante Aehnlichkeit,
man könnte fast sagen, Uebereinstimmung beider, nament-
lich der nächstgelegenen Theile der Karpathen, der
hohen Tatra, hervor. Mit geringen Ausnahmen treten sämmt-
liche im Gesenke gefundene Arten in den Karpathen wie-
der auf; diese haben jedoch, und zwar je weiter östlich, desto
mehr, einen immer grösseren Reichthum an Arten, und
namentlich auch an eigenthümlichen, aufzuweisen, so dass
die Fauna des Mährischen Gesenkes sich als eine abge-
schwächte Karpathenfauna oder als deren westlichster
Ausläufer darstellt. — Als dem Mährischen Gesenke bis
jetzt eigenthümlich ist nur die schon früher besprochene
Hydrohia zu nennen, die ich für eine neue, noch unbe-
schriebene Art halte; es ist indessen wohl auch von dieser
anzunehmen, dass sie sich anderwärts ebenfalls finden
wird, namentlich wären die Fundorte in den Karpathen
zu suchen. Dass sie in auffallender Weise an eine süd-
östliche Species, die von v. Möllendorf beschriebene
Hydrohia valvataeformis erinnert, ist schon erwähnt worden.
Die Molluskenfauna des Mährischen Gesenkes setzt
sich demnach zusammen:
256 Reinhardt:
1) aus alpinen Arten von allgemeiner Verbreitung,
2) aus vorwiegend ostalpinen Arten,
3) aus karpathischen Arten und
4) aus ihr eigenthümlichen Arten.
Riesengebirge und Mährisches Gesenke unterscheiden
sich in ihrer Molluskenfauna hauptsächlich dadurch, dass
zu den alpinen Arten im ersteren arktische, im letzteren
karpathische hinzutreten. Man kann die Fauna des Riesen-
gebirges als eine arktisch-alpine, die des Gesenkes
als eine karpathisc h-a 1 p i n e charakterisiren. Dies Resul-
tat steht in genauester üebereinstimmung mit den Resultaten
der botanischen Forschung, welche im Riesengebirge eine
arktisch-alpine, im Mährischen Gesenke eine karpathisch-
alpine Flora nachgewiesen hat. Der räumlichen Aus-
dehung nach hat die karpathischalpine Fauna in den Su-
deten das Uebergewicht über die arktisch-alpine, indem
erstere ihren Einfluss in den meisten Gebirgsgruppen,
nämlich dem Gesenke, dem Glatzer Gebirge, dem Eulen-
gebirge, dem Zobten und dem Waldenburger Gebirge
geltend macht, während letztere nur im Riesengebirge,
und zwar auf der nördlichen Seite desselben auftritt.
IV. Es bleiben zum Schluss noch diejenigen Arten zu
besprechen, welche nicht in den beiden Hauptgebirgen
der Sudeten, sondern nur in den anderen Gruppen vor-
kommen. Es sind dies folgende:
Hyalina crystallina.
Helix rwpestris, solaria, ohvolutaj strigella, cartku-
sianella.
Buliminus ohscuruSy detritus,
Clausilia or7iata, pumila.
Pupa frumentum.
Succinea Ffeifferi.
Physa hypnorum.
Ä7iodonta cygnea.
Diese Liste zeigt zum grössten Theil wiederum
Arten, die durch das ganze deutsche Gebirgsland ver-
breitet sind, von denen jedoch viele mit Vorliebe in den
lieber die Molluskenfäuna der Sudeten. 257
niedrigeren Regionen auftreten; einzelne, wie Hyal. cry-
stallina, Succinea Pfeifferi und die Wasserschnecken,
ziehen sogar entschieden die Ebene vor. Ausser den
genannten Schnecken sind als hierher gehörig anzuführen :
Helix rupestrisy die hier einen ihrer nördlichen
Grenzpunkte hat.
Helix ohvolutaj welche in den Sudeten ihre Ost-
grenze zu erreichen scheint, da sie in Galizien und Sie-
benbürgen nicht mehr auftritt.
Helix strigella.
Helix Garthusianellaj eine Art von weiter Verbrei-
tung, namentlich im Süden von Europa. Ihr Fundort
in den Sudeten ist ein isolirter, da die Schnecke in
Galizien, Mähren und Böhmen nicht gefunden ist und
zunächst erst wieder in Siebenbürgen, bei Wien und
dann am Rhein auftritt. Sie soll auch in Sibirien ge-
funden sein (?). Endlich:
Buliminus ohscuruSy detritus und Pupa frumentum.
Die wenigen noch übrig bleibenden Species, nämlich
Helix solaria, Clausilia ornata und fumila sind zu der
Gruppe der ostalpinen Arten zu rechnen, von denen sich
namentlich die beiden ersten. Hei. solaria und Clausilia
ornata in ihrer sprungweisen Verbreitung der Clausilia
silesiaca und der Helix carthusianella anschliessen. Clau-
silia ornata, in Krain und Kärnthen heimisch, findet sich
im Glatzer Gebirge bei Habelschwerdt, und hat in der
Nähe desselben in Böhmen noch einen zweiten Fund-
ort aufzuweisen, bei ßrandeis a. d. Adler (Slavik), und
zwar hier in Gesellschaft mit dem ebenfalls ostalpinen Zoni-
tes verticillus. Gerade; diese Arten, welche die Sudeten mit
den Ostalpen allein gemeinsam haben, ohne dass sie, wie
viele andere ostalpine, auch in den Earpathen vorkommen,
haben eine besondere Wichtigkeit, da sie eine direkte
Einwanderung von Süden her (ohne den Umweg über
Siebenbürgen und die Karpathen) bekunden. Der Weg
ist offenbar über den Wiener Wald gegangen, wo sich
die meisten der Arten noch finden; wie von dort weiter
bis in die Sudeten, ist bei unserer Unbekanntschaft mit
den Faunen Mährens und der Gebirge zwischen dem
Archiv für Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 17
Ö58 Reinhardt:
Wiener Walde und den Sudeten bis jetzt noch nicht
festzustellen.
Da, wie im Vorhergehenden gezeigt worden, bei
der Bildung der Sudetenfauna Einwirkungen von Norden,
Süden und Osten her stattgefunden haben, so ist es wohl
zu erwarten, dass viele der eingewanderten Arten in den
Sudeten ihrer Wanderung ein Ziel gesetzt und hier die
Grenzen ihrer Verbreitung erreicht haben. Da die Haupt-
einwanderung von den Alpen, also von Süden resp.
Südwesten her, stattgefunden hat, so sind es auch haupt-
sächlich südliche Arten (von den Sudeten aus gerechnet)
die hier ihre Grenze nach Norden (NO,) gegen die
Ebene zu finden, nämlich folgende,:
Daudehardia hrevipes und rufa; Vitrina elongata]
Hyalina glahr a , diaphana, eubr im ata^ Helix rupestriSj
solaria^ olyvoluta, holoaerica, personata^)y um-
hrosa*)j Cobresiana^ cavpatica , carthusianella, oh-
vih*), faustina; Buliminus detritus, (monianus tritt erst
in Skandinavien wieder auf); Pupa doliolum*); Clausula
orthostoma *)f silesiaca, ornata, tumida"^), cru-
ciata*), pumila*), 'parvula, filo gr ana ^).
Unter diesen befinden sich, wie man sieht, sämmt-
liche früher als ostalpine bezeichneten Arten, sowie die
karpathischen; sie sind durch den Druck kenntlich ge-
macht.
Nach Osten gehen über die Sudeten nicht hinaus:
Daudehardia rufa; Helix obvoluta; Balea fragilis; Glau-
silia silesiaca^ ornata.
Nach Westen bilden die Sudeten die Grenze von
Helix carpatica und faustina:
Ihre Südgrenze endlich erreichen hier Ärion a^bus
und Pupa arctica.
*) Abgesehen von einzelnen sporadischen Fundorten in der
Ebene. Es ist auffallend, dass fast alle diese Fundorte in der Pro-
vinz Preussen oder in ihrer Nachbarschaft (Posen, Livland) liegen.
Wahrscheinlich ist die Wanderung hierher von den Karpathen aus,
dem Laufe der Weichsel folgend vor sich gegangen.
tJeber die Molluskenfauna der Sudeten. 259
Fassen wir die Resultate vorstehender Unter-
suchungen in kurzen Worten zusammen, so ergiebt sich
folgendes :
Die Sudetenfauna ist keine ursprüngliche und selbst-
ständige, da ihr eigenthümliche Arten (fast) gänzlich
fehlen.
Die Sudeten sind colonisirt worden von den x\lpen
(beziehungsweise Ostalpen), von den Karpathen und von
Skandinavien aus. Die alpinen Arten bilden die über-
wiegende Mehrzahl und verbreiten sich annährend gleich-
massig durch die ganzen Sudeten. Die karpathischen
Arten bewohnen den südöstlichen Theil der Sudeten,
namentlich das Mährische Gesenke; die arktischen Arten
sind auf den nordwestlichen Theil, besonders auf die
Nordseite des Riesengebirges beschränkt.
Heber einen neuen Ringelwurm des Rheins. *)
Von
Dr. F. C. Noil
in Frankfurt a. M.
(Mit Taf. VII.)
Phreoryctes Heydeni N.
In den Sammlungen der Scnckenbergischen natur-
forschenden Gesellschaft befinden sich Exemplare eines
dünnen Wurmes, den der verstorbene Senator C. von
Hey den im Jahre 1835 im Sande des Rheines bei Rü-
desheim sammelte und Lumbricogordius Hartmanni be-
nannte.
Denselben Wurm fand ich zuerst im April 1871 am
Rheinufer bei St. Goar, als das fallende Wasser ein Um-
wenden der tieferen Steinlagen gestattete. An dem-
selben Platze, bis jetzt aber auch nur an ihm, erbeutete
ich den Wurm in grösserer Anzahl im October 1873,
am 3. Januar und Ostern 1874.
Räumt man in der Nähe des Wasserspiegels das
Geschiebe, das hier aus kleineren und grösseren Thon-
schieferplatten besteht, weg bis zum Niveau des Rheines,
1) Die erste Mittheilung über diesen Gegenstand wurde in
einer Sitzung der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte
zu Wiesbaden 1873 gemacht. Vergl. das Tageblatt der 46. Ver-
ammlung u. s. w. Wiesbaden 1878. S. 131.
Noll: üeber einen neuen Ringelwurm des Rheins. 261
SO dass das Wasser in den Vertiefungen sich zu sammeln
beginnt, dann findet man mehrfach in dem feinen thon-
haltigen Sande, der unter den Steinen liegt, das hell-
rothe fadenförmige Thier, das gewöhnlich auf der von
dem Steine bedeckten Fläche mit dem grösyten Theile
seines Körpers in Krümmungen ausgestreckt liegt, theil-
weise aber im Sande steckt und langsam seine Rückzugs-
bewegungen beginnt. Unter einem Steine fand ich fast
stets nur ein Exemplar, seltener zwei zusammen. Im
October sammelte ich in einer Stunde etwa ein Dutzend
Würmer ein, während ich im Januar binnen einer Vier-
telstunde etwa 20 Stück erbeutete. Das Thier muss den
grösseren Theil des Jahres völlig unter Wasser sein;
die Stelle wenigstens, an der ich es fand, lässt dies ver-
muthen. Schräg aus dem Flusse steigende Felsmassen,
die mehrere Fuss hoch aus dem Geschiebe hervorstehen,
tragen an ihrem Abhänge, der dem Wasser zugewendet
ist, die Steinablagerungen, in denen der Wurm vorkommt,
und verhindern diesen, dem sinkenden Wasser von fern-
her nachzuwandern oder vor dem steigenden sich zurück-
zuziehen. Sein Vorhandensein nur an dieser Stelle
spricht deutlich für diese Ansicht, wie auch das Verhalten
des Wurmes im Aquarium den Beweis liefert (s. unten),
dass er sich im Wasser wohl befindet und nicht nur zu-
fällig dahin geräth, wie Schlotthauber dies von Phreo-
ryctes Menkeanus und seinem Ph. Lichtensteinii an-
nehmen zu müssen glaubt ^). Als ich Pfingsten 1874
während eines höheren Wasserstandes an die Stelle kam,
w^o der Wurm sonst häufig ist, suchte ich vielfach unter
den Steinen, die eben erst von dem wieder fallenden
Wasser verlassen waren, wie auch unter solchen, die
weiter ab liegend nicht von der Flut betroffen worden
waren, vergeblich. Es fand sich nicht ein einziges Exem-
plar, was ebenfalls wieder dafür spricht, dass sämmtliche
1) Amtlicher Bericht über die 31. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Aerzte zu Göttingen. Göttingen 1860. S. 123. Schlott-
hauber's Umwandlung des Namens Phreoryctes in Georyctes ist
deshalb überflüssig.
262 Noll:
Phreoryctes auf ihrem jetzt seit Wochen überschwemm-
ten Platze geblieben sein mussten und sich nicht vor
dem steigenden Wasset das Ufer herauf gezogen hatten.
Die langgestreckte fadenförmige Gestalt des Wurmes,
die rosenrothe Färbung der prallen, schwach irisirenden
Haut, die Neigung sich zusammenzurollen, noch mehr
aber die Kopfbildung, die Segmentirung und die vierzeilig
gestellten, hakenförmigen Borsten beweisen, dass wir es mit
einemGliede der Gattung Phreoryctes zu thun haben, und ich
sehe mich deshalb veranlasst, den ohnehin von C. von
Hey den nicht ganz glücklich gewählten Namen Lum- •
bricogordius aufzugeben und den Wurm seinem ersten
Entdecker zu Ehren als Phreoryctes Heydeni zu be-
zeichnen.
Phreoryctes Heydeni hat eine Länge von 13 Ctm.
bei einer Dicke von nicht ganz einem Millimeter. Bis
jetzt habe ich noch keine stärkeren Exemplare gesehen,
wie auch die durch v. Hey den gesammelten und im
Frankfurter Museum aufbewahrten Stücke (auf der Eti-
quette ist nicht angegeben, in welcher Jahreszeit sie ge-
sammelt wurden) mit diesen Grössenangaben überein-
stimmen. Wie die Breite des Körpers, so ist auch die
Länge der einzelnen Segmente, deren ich bei grösseren
Exemplaren 220—230 zählte, eine sehr geringe; sie be-
trägt bei den stärksten Gliedern etwa 0,6 bis 0,7 Mm.
Das Kopfende des Wurmes ist etwas derber als das
Hinterleibsende, das mit schwachen, wenig entwickelten
Gliedern endigt. Der Kopflappen bildet eine sich all-
mälig zuspitzende Verlängerung und enthält das Gehirn-
ganglion nebst den zwei vordersten Gefässschlingen, die
das Rückengefäss mit dem Bauchgefässe verbinden. Der
an der Bauchseite am Ende des Kopflappens gelegene
Mund ist eine querverlaufende Oeffnung ohne alle Be-
waffnung.
Bei Betrachtung des anatomischen und histologischen
Baues können wir uns im Ganzen kurz fassen, da Phreo-
ryctes Heydeni sich in dieser Hinsicht nahe an Phr.
Menkeanusanschliesst, dessen Körperverhältnisse uns durch
lieber einen neuen Ringelwurm des Rheins. 263
Fr. V. Leydig in einer gründlichen Arbeit vortrefflich
geschildert worden sind *).
Um ein für die Systematik wichtiges Merkmal her-
vorzuheben, erwähnen wir zuerst der Haken borsten,
die in vier Reihen über den Körper sich hinziehen. An-
fangs gleich hinter dem Kopfe sind die Zeilen ausein-
ander gerückt, die zwei unteren Reihen stehen in Bauch-
lage, während die oberen Reihen, in denen anfangs weit
schwächere Borsten als unten sind, an den Seiten des
Rückens sich hinziehen, später aber an die Seiten der
Segmente herabrücken und dadurch den Bauchhaken
näher kommen. Die Borsten stehen einzeln in jeder
Tasche; doch sieht man in diesen vielfach Borsten in der
Neubildung begriffen, derart, dass man die Entwicklung
derselben leicht an demselben Wurme verfolgen kann
(Fig. 2 u. 4). Sie unterscheiden sich sowohl in der
Grösse wie auch in der Form von den Haken des Phr.
Menkeanus, denn während dessen Haken bei ausge-
wachsenen Exemplaren eine Grösse von 3,0 bis 3,6 Mm.
besitzen, haben sie bei Phr. Heydeni eine Länge von
2 Mm. und nur weniges darüber; die Dicke der ersteren
beträgt 0,2 Mm., die der letzteren 0,1 Mm. Bei beiden
Würmern zeigen die Haken ein ziemlich gerade gestreck-
tes, nur leise gebogenes Basalstück, das etwa zwei Dritt-
theiie von der ganzen Länge der Borste einnimmt und,
am Grunde spitz beginnend, mit einer kleinen Anschwel-
lung endet, der die Spitze aufgesetzt ist. Diese ist bei
Phr. Menkeanus (Fig. 5) nur schwach rückwärts gebogen
und im Ganzen ziemlich gerade, während die Spitze der
Borste von Phr. Heydeni (Fig. 4) an ihrem ersten Drittel
gerade verläuft und dann einen flach sichelförmigen
Haken bildet, dessen charakteristische Form sogleich von
der des Phr. Menkeanus zu unterscheiden ist.
Die äussere Körperbedeckung lässt über einer
schwächer entwickelten Matrix eine derbe Cuticula er-
kennen (Fig. 2 u. 3, a). Diese hebt sich besonders deut-
1) Fr. Leydig, Phreoryctes Menkeanus Hoffm. in Max
Schultze's Archiv für mikroskop. Anatomie. Band I.
264 Noll:
lieh ab, wenn man einen in Weingeist getödteten Wurm
in einer nicht zu stark gefärbten Lösung von Karmin in
Ammoniak etwa 24 Stunden liegen lässt und ihn dann
in Essigsäure aufhellt. Die Cuticula zeigt sich in diesem
Falle wasserhell und hebt sich klar von ihrer dunkel
gefärbten Matrix (b) ab. Sie ist an dem Kopflappen
dünner als auf dem ganzen übrigen Körper. Üeber den
ganzen Körper zerstreut finden sich die Hautdrüsen,
die bei unserem Wurm am Kopflappen weniger ent-
wickelt sind, während sie v. Leydig bei Phr. Menkea-
nus gerade da als sehr zahlreich auftretend angegeben
werden. An den Segmenten des Körpers bilden sie, wie
auch von Phr. Menkeanus bemerkt, deutlich eine oder
zwei Ringzonen, indem die Drüsen an dem vorderen und
oft auch an dem hinteren Rande des Segmentes quer-
über in Reihen gestellt sind, während die Mitte desselben
nur wenige Drüsen trägt. Uebrigens sind diese Haut-
drüsen bei verschiedenen Exemplaren sehr ungleich ent-
wickelt, denn während sie bei dem einen Wurm nur in
sehr geringer Zahl auftreten, sind sie bei anderen Thieren
dieser Art so häufig, dass sie die ganzen Glieder, be-
sonders in der Mitte des Leibes, bedecken. Bei Würmern,
die ich in Essigsäure tödtete, zeigten die Drüsen ein
eigenes Verhalten; sie lassen bei stärkerer Vergrösserung
am Rande des Körpers eine von diesem wie eine kleine
Borste abstehende hyaline Spitze erkennen, die von
dem im Tode austretenden und in der Säure gerinnenden
Drüsensecret gebildet zu sein scheint.
Die Muskelschicht zeigt im Vergleich mit Phr.
Menkeanus keine Besonderheiten. Sie bildet einen ziem-
lich derben Schlauch mit besonders stark entwickelten
Längsmuskein, der in dem Kopflappen an Dicke abnimmt,
in welchem sich zwischen die Muskellage und die Haut
eine zellig-schwammige Masse einlagert (Fig. 2 u. 3).
Auch die Verhältnisse des Nervensystems sind
denen bei Phr. Menkeanus ähnlich. Das starke und
leicht in das Auge fallende „Gehirnganglion", die obere
Partie des Nervenschlundringes (Fig. 2 u. 3 d), ist etwas
eiförmig, von oben gesehen fast kugelig und zeigt nie-
lieber einen neuen Ringelwurm des Rheins. 265
mals die in die Breite gezogene Form, wie sie Leydig
von Phr. Menkeanus zeichnet (Taf. XVI. Fig. 5. loc.
cit.). Die von diesem Ganglion ausgehenden seitlichen
Commissuren bilden einen breiten um den Schlund herum
führenden Bogen. Die drei ersten Ganglien des
Bauchmarkes (e, e) sind etwas näher zusammengerückt
als die darauf folgenden und unterscheiden sich von diesen
noch durch ihre grössere Dicke und mehr abgerundete
Form; sie sind durch tiefe Einschnürungen deutlich von
einander abgesetzt, während der übrige Theil des Bauch-
markes nur eine schwache Anschwellung in der Mitte
eines jeden Gliedes zeigt (e').
Der Mund auf der Unterseite des Körpers, hinter dem
allmälich sich nach vorn zuspitzenden Kopflappen liegend,
kann kreisförmig sehr erweitert werden und lässt bei geöff-
neter Stellung zahlreiche zarte Papillen erkennen, die
den Schlund an seinem Anfange auskleiden (f.) — Die
Speiseröhre kann weit aus dem Munde hervorge-
stülpt werden. Sie erstreckt sich durch die ersten fünf
Leibesringe, vom Munde an gezählt, und ist in ihrem
vorderen Drittel dünnwandig, während ihr grösserer
hinterer Abschnitt durch die stark entwickelten Ring-
muskelfasern eine sehr starke Wand erhält (g). Mit dem 6ten
Leibesringe beginnt der Darm (Magendarm^ h) der in
der Regel an der Verbindungsstelle der Glieder eng zu-
sammengeschnürt ist, so dass er in ebensoviele für sich
abgeschlossene Stücke zerfällt, als der Leib Glieder hat.
Leydig hat bei Phr. Menkeanus nachgewiesen, dass
die Einschnürungen des Darmes nicht auf Einschnürungen
der Muskeln beruhen, sondern in der Anordnung des
Darmes selber liegen.
Um den Verlauf der Blutgefässe und ihrer
Schlingen genauer zu verfolgen, was bei frischen Exem-
plaren wegen ihrer geringen Durchsichtigkeit nicht leicht
möglich ist, empfiehlt es sich, Würmer, die in Wein-
geist getödtet wurden, in eine nicht zu starke Karmin-
lösung zu bringen und sie nach ihrer Färbung in Essig-
säure aufzuhellen. Gerade die Blutgefässe erscheinen
dann häufig schön roth gefärbt, als ob sie mit Blut ge-
266 Noll:
füllt seien, und besonders im Kopfende lässt sich die Ver-
bindung des Rückengefässes mit dem Bauchgefässe sehr
schön erkennen. In den Bauchringen sind die von dem
Bauchgefässe entspringenden Gefässschlingen^ die in
mehrfachen Windungen bis nach der Mitte des Rückens
gehen, dort aber wieder nach dem Bauchgefässe umbiegen,
jedesmal auf einen einzelnen Ring beschränkt; sie treten
nicht durch die Einschnürungen zwischen zwei Gliedern
hindurch in ein anderes Glied. Anders aber ist die
Sache in den ersten Körperringen (Fig. 3). Das Rücken-
gefäss i (die Zeichnung der Fig. 3. ist von der Bauch-
seite genommen; Rückengefäss und Nervenstrang sind
nur so weit wiedergegeben, dass sie die Darstellung des
Bauchgefässes nicht stören) geht bis dicht an das Hirn-
ganglion heran, vor dem es sich gabelig theilt. Seine
beiden Aeste laufen über das Ganglion hin bis in die
Spitze des Kopfes, wo sie in ungleicher Länge umbiegen,
um in zwei langen Schenkeln, die erst unter den beiden
Comraissuren dann nach kurzer Ausbiegung seitlich von
denselben verlaufen, sich zu dem Bauchgefässe zu ver-
einigen, das seinen Anfang zwischen den ersten, nach
dem Munde auftretenden Borsten, also am Ende des
ersten Ringes nach dem Munde hat (Fig. 3 k). Auch
die nächsten drei Körperringe lassen noch eine directe
Verbindung durch Queräste zwischen Rücken- und Bauch-
gefäss erkennen, und besonders bei einem wohlgelunge-
nen Präparate, nach welchem Fig. 3 gezeichnet ist,
liessen sich bei Umwenden des Präparates die Einmün-
dungen der Verbindungsäste sowohl in das Rücken- wie
in das Bauchgefäss deutlich erkennen. Diese Verbin-
dungen unterscheiden sich von den Gefässschlingen in
den übrigen Segmenten auch dadurch, dass sie nicht
auf Ein Glied beschränkt sind, sondern von dem stärke-
ren Bauchgefässe (Fig. 3) etwa in der Mitte des Glie-
des entspringen, nach vorn durch das vorhergehende
Segment durch und zuweilen sogar noch über dasselbe
etwas hinaus führen und dann in einem absteigenden
Bogen, etwa in gleicher Hohe wie ihr Ursprung, in das
Rückengefäss einmünden. Konnte so mit Sicherheit die
lieber einen neuen Ringelwurm des Rheins. 267
vordere Verbindung des schwächeren Rückengefässes
mit dem stärkeren Bauchgefässe nachgewiesen werden,
so war es mir dagegen nicht möglich, die sackartigen
Organe, die in der Mittelh'nie des Körpers am Rücken
beiPhr. Menkeanus liegen und mehrere Blutgefässschlingen
einschliessen i), aufzufinden.
Die ^schleifen förmigen Kanäle" sind am stärk-
sten in den mittleren Körperringen entwickelt; sie füllen
die Ringe dort so an, dass diese prall rund erscheinen
und ein milchiges Ansehen gewinnen. Im Uebrigen
zeigt ihr Verhalten keine Verschiedenheit von dem der
Schleifenkanäle bei Phr. Menkeanus.
Auffallend war es mir, dass ich bei Phreoryctes Hey-
deni nichts von Gcnerations Organen aufzufinden ver-
mochte. V. Leydig erwähnt und bildet ab 2) 3 Paar
kleiner Blindsäcke, im 6 — 8ten Körperringe an der Bauch-
seite gelegen, die er als Samentaschen bezeichnet. Nur
in einem einzigen Falle, wo diese Taschen einen krümm-
ligen Inhalt* hatten, glaubte ich solche zu erkennen; es
waren aber nur 2 Paare im 5ten und fiten Körperringe.
Dagegen vermochte ich weder von Hoden, deren v. Ley-
dig im 9 — Uten Ringe gesehen hat, noch von Eier-
stöcken auch nur eine Spur aufzufinden und zwar eben-
sowenig in dem durch v. H e y d e n gesammelten Material,
wie in den frisch aufgefundenen Thieren. Auch ein
Gürtel, wie er von Schlotthauber seinem Ph. Lich-
tensteinii zugeschrieben wird, war niemals vorhanden,
wie ein solcher mir auch von Ph. Menkeanus, von dem
ich mehrfach lebende und Weingeistexemplare in Hän-
den hatte, nicht bekannt und auch von Leydig nicht beo-
bachtet ist.
V. Leydig, der ausser den erwähnten Samenta-
schen und den lappigen Hoden (in denen Zoospermien
aber nicht vorhanden waren) auch nichts weiter von Ge-
schlechtsorganen auffinden konnte, vermuthet, „dass die
Geschlechtsreife des Phreoryctes nicht in den Frühling
1) Leydig 1. c. S. 277.
2) loa. cit. S. 289.
268 NoU:
und Sommer, sondern in den Herbst und Winter fällt.^
Ich habe darum im October und dann wieder im Januar
unseren Wurm auf die geschlechth'chen Verhältnisse hin
untersucht, aber mit ebensowenig Erfolg wie im Frühjahre.
Doch werde ich, so oft mir Gelegenheit dazu gegeben
ist, die ISache weiter zu verfolgen suchen. Dass deshalb,
wie etwa vermuthet werden könnte, Phreoryctes Heydeni
;ils eine unreife Jugendform angesehen werden müsste,
scheint mir trotzdem nicht anzunehmen. Einmal waren
die von Leydig untersuchten Exemplare des Phr. Men-
keanus auch noch nicht gesehlechtsreif (von einem Eier-
stocke konnte keine Spur gefunden werden), und dann
zeigten die von mir gefundenen Stücke des Phr. Heydeni
in allen Jahreszeiten constant dieselbe Grösse, wie auch
die durch von Heyden gesammelten ganz mit den
meinigen übereinstimmten. Immerhin wäre der Fall denk-
bar, dass gerade nur die jugendlichen Exemplare des
Phr. Heydeni sich nahe der Oberfläche des Wasser-
spiegels in dem feuchten Grunde aufhalten, »während die
geschlechtsreifen (und wohl auch grösseren?) Thiep sich
vielleicht tiefer in den Boden oder auch in das Wasser
hinab begeben und dort der Beobachtung entziehen.
Doch ist zu hoffen, dass nun, nachdem auf den Wurm
einmal aufmerksam gemacht ist, es an dem Rheine woh-
nenden Beobachtern gelingen möchte, die weitere Lebens-
geschichte des kleinen Phreoryctes aufzuklären. In den
im Herbste eingesammelten Würmern fanden sich mehr-
fach Gregarinen, die in der Leibeshöhle gegen das hintere
Ende des Körpers zu eingekapselt lagen und von einer
starken Cyste umgeben waren.
Noch muss ich über das Verhalten des Phreoryctes
Heydeni im Aquarium Weniges bemerken. Am 6ten Ja-
nuar brachte ich einige lebende Würmer in ein Aquarium,
dessen Boden aus einer 3 Cent, hohen Lehmschicht be-
steht, die etwa 1 Ctm. stark von einer Schicht Mainkies
bedeckt ist. Die eingesetzten Würmer streckten sich
auf dem Boden aus und fingen sogleich an mit dem Kopf-
ende zu bohren, bis sie ganz in dem Grunde verschwunden
waren. Darin wühlen sie nun unter der Kiesschicht
Ueber einen neuen Ring^elwurm des Rheins. 269
ihre Gänge, ohne sicli wieder an der Oberfläche blicken
zu lassen. Dass sie munter und gesund in dem Wasser
leben, sah ich an einem am Morgen des 14. März auf
dem Boden des (jcfässes sich bewegenden Stücke eines
Wurmes, der wohl in der Nacht herausgekommen und
von einer Agrionlarve zerbissen worden sein mochte. Es
zeigte durchaus kein von den gesunden Würmern ver-
schiedenes Verhalten. — An den ersten Tagen nach Ein-
setzung des Phreoryctes in das Aquarium hatte ich auch
(Telegenheit zu bemerken, wie der Wurm kleinen Fischen,
die ihn zu verzehren suchen, lästig und verderblich zu
werden vermag. Ein Goldiisch von 3 Cent. Länge er-
griff ein In das Wasser geworfenes vorderes Ende eines
Phreoryctes lleydeni, um es zu verschlucken. Der Wurm
aber wickelte sich auf einen Knäuel zusammen, legte sich
unter den einen Klomendeckel des Fisches, krümrate sich
hin und her, wandt sich um den Kopf, hing bald als
langer Faden zur Kiemenspalte bald zum Mundo heraus
und brachte, als er sich ganz in den Rachen des Fisches
zurückgezogen hatte, diesen dem Ersticken nahe. Dann
hing der Wurm matter werdend den ganzen zweiten
Tag dem Fische zum Munde heraus und konnte erst ara
Abende dieses Tages, nachdem der Fisch sich etwas er-
holt hatte, völlig verschluckt werden. Ein zweiter eben-
sogrosser Fisch wurde wirklich von einem Stücke Phreo-
ryctes, das zudem noch aus der Mitte gerissen war, also
keinen Kopf hatte, erstickt, während ein doppelt so
grosser (ioldfisch einen ganzen aber kleinen Phreoryctes
ohne Schaden verschlang.
Erkläriiug «Icr Abbilduiig(Mi.
Tafel VIL
Fig. 1. Phreoryctes lleydeni. Der Wurm in natürl. Grosso.
Fig. 2. Das vordere Endo von der Seite gesehen. Von dem Bliit-
getasssysteme sind nur das Rücken- und^Iiauchgelass, nicht
aber die Gefässsohlingen gezeichnet.
Fig. 3. Das Kopfende von der BauchHäche gesehen, um die das
Rücken- und Bauchgefäss verbindenden Seitenäste und
270 Noll:
ihren Verlauf zu zeigen. Die Bedeutung der Buchstaben
ist bei Fig. 2 u. 3 dieselbe:
a. Cuticula.
b. Matrix derselben.
c. Muskellage.
d. Gehirnganglion.
e. e. Die 3 ersten Ganglien des Bauchmarkes,
e'. Bauchganglienkette.
f. Mund. g. Speiseröhre, h. Darm. i. Rückengefäss.
k. Bauchgefäss.
Fig. 4. Borsten von Phr. Heydeni in verschiedener Ausbildung.
Fig. 5. Borste von Phr. Menkeanus im Grössenverhältniss zu vor.
Beobachtungen an Trichodes crassicauda Bell.
(Trichosoma crassicauda Aut.)
Von
Dr. ?. Linstow
in Ratzeburg.
Hierzu Tafel VIII.
Die interessante Thatsache, dass in den seit längerer
Zeit bekannten und häufig vorkommenden Weibchen
dieser Art vielfach kleine lebende Nematoden gefunden
werden, die bald für Embryonen, bald für geschlechts-
reife Männchen gehalten sind, veranlasste mich, beson-
ders da ausserdem grosse männliche Trichosomen neben
den genannten Weibchen aufgefunden sind, die mit dieser
Art ebenfalls vereinigt wurden, so dass zweierlei Männ-
chen auf dieselbe bezogen werden, diesen Nematoden
genauer zu untersuchen, und will ich zuerst die auf den-
selben bezügliche nicht umfangreiche Litteratur anführen.
Der erste, welcher diese Art benannt und beschrie-
ben hat, ist Bellingham, der fx)lgendes angiebt: ^)
This species of Trichosoma I have frequentlj found
in the urinary bladder of the common Norwey rat; in
some cases only one or two occurred, in the other six,
eight or upwards. Many were free in the bladder;
others so firmly attached by their anterior extremity to
1) The annals and magazine of natural history. Vol. XIV.
London 1844, pag. 476.
272 V. L in stow:
the mucous membrane, that they broke across when pul-
led ; and some even remained adherent after having been
placed in spirits of wine. They are the largest specics
of Trichosoma which I have scen, the posterior division
of the body in some being so thick as in a certain degree
to resembie this part in the Trichocephalus, from which,
however, they are readily distinguished, the increase
in diameter being gradual, and not sudden. They
are about 8 lines in length, the body white and cylin-
drical, the posterior extremity rounded; in the thicker
part of the body the alimentary canal appears to be some
what Spiral, and is surrounded by the convoluted ovaries.
All the specimens -which I have appear to be females.
This species has not, I believe, hitherto been described,
although it is very common, and I have frequently raet
with it. It occurs in the urinary bladder, both of the
male and female rat, and is quite distinct from the spe-
cies which inhabits the small intestine of the same animal.
From the thickness of the posterior part of the body
compared with other species of Trichosoma, 1 would ven-
ture to suggest for this species the name Trichosoma
crassicauda.
Ray er giebt an ^):
Trichosoma muris deoumam.
J'ai rencontrö fr^quemment ces vers, pendant les mois
de novembre, decembre 1842, et janvier 1843, dans la
vessie des surmulots, surtout chez ceux qui provenaient
des environs des clos d'equarrissage, On trouve aussi
plus frequemment les vers chez les vieux surmulots que
chez les jeunes- Je n'en ai point observ^ chez le rat
noir (mus rattus), qui est beaucaup plus rare, h Paris, et
qu'il est plus difficile de se procurer. Cependant, j*ai
disseque ce rat un nombre de fois süffisant pour en inf^rer
que, si ces vers existent quelquefois dans cette esp^ce,
ils doivent y etre rares. Pour donner une idöe de leur
frequence chez le surmulot, il me suffira de dire, qu'il
1) Archives de Medecine comparee I, 1843, pag. 180—182,
pl. XII, Fig. 12—19.
Beobachtungen an Trichodes crassickuda Bell. ä7S
m'est arriv6 d'en trouver dans plus des deux tiers des
vieux surmulots. Ces vers, enveloppes de mucus, roules
sur eux-memes, n'^talent point en Suspension dans Purine;
ils sernblaient colles aux parois de la vessie, et on les
d^couvrit en detachant le raueus. La proportion des fe-
melles doit etre tres considerablC; car sur plus de cent
trichosomes de surmulot, examines au microscope, je n'ai-
pas rencontre un seul male; la meme chose est arrivee
ä Creplin, pour d'autres trichosomes.
On trouve ce ver dans la vessie des surmulots ma-
les et femelies, et meme dans les calices et les art6res,
mais plus rarement et toujours en plus petit nombre dans
les conduits que dans la vessie. Dans les cas nombreux
que j'ai observes, la presence de ces vers n'avait deter-
min^ aucune rougeur, aucune alteration notable de la
membrane muqueuse de la vessie, seulement cette mem-
brane etait enduite de plus de mucus que lorsqu'il n*y
avait pas de vers. Le nombre de ces vers est variable;
quelquefois on les trouve seulement deux on trois, plus
souveut une dizaine: quelquefois j'en ai rencontre une
vingtaine. Soit que ces vers ne soient pas tres-vivaces,
soit que je les aie extraits de la vessie des surmulots
trop long-temps apres la mort, le fait est que je ne les
ai jamais vus se mouvoir dans l'eau, ni sur les lames de
verre, lorsque je les plagais sous le microscope.
La longueur de ces vers varie de 12 ä 16 millime-
tres. Leur corps est d'un blanc grisätre, arrondi, 61asti-
que, tres-fin, capillaire k sa partie anterieure. II s'accroit
insensiblement en largueur d'avant en arriere et se ter-
mine par une extremite obtuse et arrondie, et ä l'exstre-
mite de la partie anterieure ou capillaire on voit, a l'aide
d'un verre grossissent, une petite couverture circulaire
(ostium) d'oii le canal intestinal, d'abord presque filiforme,
part et s'etant directement sous la forme d'un petit tuyau
jusqu'ä l'anus, dont l'ouverture est situee ä l'extremitö
du corps du ver.
A partir de la reunion du cinquieme avec les quatre
cinquiömes posterieurs du corps, le canal intestinal se
trouve couvert par la masse de l'oviducte, qui forme
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. Bd. 1. 18
2^4 V. Linstow:
inf^rieurement autour de lui une sorte de spirale. Les
oeufs, et sp^cialement ceux qui sc trouvent dans la portion
de l'oviducte la plus voisine de la vulve, sont ovales, apla-
tis et offrent aux extremites de leur grand diametre
de petits saillies spheroides. Ces oeufs contiennent le
plus souvent de petits trichosomes enroules et qu'on di-
stingne h travers les membranes de l'oeuf. Ces petits
vers ne sont pas capillaires dans leur partie anterieure
comme les individus adultes.
Dujardin scheint diesen Helminthen selber nicht
gefunden zu haben, wenigstens stützt seine Beschreibung ^)
sich lediglich auf die vorstehenden Angaben von ßel-
Hngham und Rayer.
Dasselbe gilt von Diesing's Beschreibung 2).
Der nächste Autor, der selbstständige Beobachtungen
über diese Art gemacht hat, ist Eberth, der Folgendes
schreibt ^) :
Trichosomum crassicauda gehört zu den Arten,
vsrelche Seiten-, Bauch- und Rückenband haben, und zwar
sind Bauch- und Rückenband gleich breit, und schmaler
als die Seitenbänder. Die Verhältnisszahlen in Bezug auf
die Eörperdurchmesser sind folgende:
Seitenband. Bauchband. Rückenband.
1:3 1:5 1:5
Das untere und obere seitliche Muskelfeld sind
gleich, jedes schwächer als die Seitenlinie, stärker als
Bauch- oder Rückenlinie.
Die weibliche Geschlechtsöffnung liegt unter dem
Anfang des Darms.
Die Art ist vivipar.
Nachstehende i^rtbeschreibung wird gegeben:
1) Histoire naturelle des Helminthes pag. 11.
2) Systema Helminthum II, pag. 259.
3) Untersuchungen über Nematoden, pag. 48, 50, 53, 54, 61.
Beobachtungen an Trichodes crassicauda Bell. 275
Triohosomum crassicauda.
Tab. VI, Fig. 3, Tab. VII, Fig. 9-11.
Körper am Hinterende stärker angeschwollen, letz-
teres stumpf geendigt. Haut glatt; 2 Seitenbänder, deren
Durchmesser unter der Vagina etwa Vs des Körper-
durchmessers beträgt. Nach abwärts atrophiren dieselben
zu schmalen Strängen. Sie bestehen aus schönen poly-
gonalen mit Kern versehenen stumpfkegelförmigen Zellen,
lieber diesen bildet die Haut, aber nur im vorderen
Drittheil des Thieres, mit einem centralen Grübchen ver-
sehene kegelförmige Erhebungen.
Am Hinterleibe stellen die Seitenlinien 2 feinkörnige
schmale Stränge dar, die aus körniger Substanz und in
dieselbe eingelagerten Kernen bestehen.
Bauch- und Rückenlinien sind schmal, gleichbreit
und scheinen ähnlich gebaut wie die Seitenlinien des
Hinterkörpers.
Verdauungsorgane. Der den Oesophagus umgebende
Zellkörper besteht hier nicht aus grösseren in kleine
Säckchen abgeschnürten Zellen, sondern aus einfachen
rundlichen in die Quere verlängerten und mit Kern ver-
sehenen Zellen, die den Oesophagus von 3 Seiten um-
geben. Die birnförmigen Drüsen am Eingange in den
Oesophagus sehr klein. Anus terminal.
Vaginalöffnung auf der Bauchseite, eine Strecke
unter dem Anfange des Darms, quer in Gestalt eines
stumpfen Conus prominirend.
Vivipar.
Männchen ?
Fundort. Harnblase von Mus decumanus.
Der erste Forscher, welcher die Männchen erwähnt,
freilich ohne sie als solche zu erkennen, ist W^ alter;
derselbe giebt an: ^)
Trichosomum crassicauda Bellingham (tab. I, fig.
4 A — B) habe ich am 13. Februar in der Flarnblase unserer
jetzt so gewöhnlichen W^anderratte, Mus decumanus, iso-
1) VII . Bericht des Ofifenbacher Vereins für Naturkunde 1866,
pag. 76—77.
276 V. Linstow:
lirt und neben einem Conglomerate gefunden. Die Ei-
genthümlichkeit des letzteren veranlasst mich zu näherer
Beschreibung desselben. Schon bei der äusseren Unter-
suchung der Harnblase war dasselbe als ein härtlicher
Körper durch die Wandungen durchzufühlen und er-
innerte an einen Blasenstein. Es stellte, herausgenommen,
ein eiuem gekochten Reiskorn ähnliches, weissgefärbtes
Gebilde dar, das, etwas zerzupft und in Wasser gelegt
mehrere sehr dünne weisse flottirende Fäden erkennen
Hess. Unter dem Microscope zeigte es sich, dass diese
Fäden feine Würmer waren, von welchen jedoch nur die
Hintertheile aufgefunden werden konnten. Das Innere
derselben war erfüllt mit länglichen, dünnschaligen Eiern,
die in langen Schläuchen sich befanden, aber nichts Cha-
rakteristisches darboten. Neben diesen sah man aber in
dem freien Räume verhältnissmässig ausserordentlich
grosse Junge. Diese mit Brut erfüllten Bruchstücke
waren nicht geeignet, eine genaue Bestimmung zuzu-
lassen, und auch Herr Prof. Leuckart, dem ich mein
Präparat sandte, musste es zweifelhaft lassen, ob die-
selben Trichosomen zugehörten. Ich habe unterdessen
diesen Thieren weiter nachgespürt, aber erst am 12. Juni
ist es mir gelungen, einen Fund zu machen, der den
früheren aufzuklären im Stande sein möchte. Ich fand
nämlich an diesem Tage in der Harnblase einer männ-
lichen Ratte eine grosse Anzahl weiblicher Trichosomen,
welche in ihrem hinteren Theile dicht mit ovalen, durch-
sichtigen Eiern erfüllt waren. Nach dem Vordertheile
zu, das im Verhältniss zum dicker werdenden Hinter-
theile fadenförmig sich zuspitzt, nehmen die Eier all-
mählich den Charakter der Trichosomeneier an, und
werden zuletzt hartschalig und braun gefärbt. Neben
diesen Eiern aber, von denen letztere ausgebildete Em-
bryonen enthielten, sind in mehreren meiner Präparate
auffallend grosse Junge, mindestens zehnmal so lang und
beträchtlich breiter als die Embryonen der Eier^ deutlich
sichtbar, über deren unzweifelhaftes Vorhandensein ich
mich diesmal um so weniger täuschen konnte, als ich die-
selben in dem noch lebenden Mutterthiere sehr lebhafte
Beobachtungen an Trichodes crassicanda Bell. 277
Bewegungen längere Zeit hindurch machen sah. Sie lie-
gen, wie es scheint, im freien Räume der Leibeshöhle.
Am 28. Juni konnte ich bei einer abermaligen Auffindung
sehr zahlreicher Trichosomen in der Harnblase der Ratte
alle diese Einzelheiten bestätigen. Möglich, dass bei
unserem Trichosomum eine zweifache Generation statt-
findet. Einmal, dass grosse Junge entstehen, welche
vielleicht am Orte ihrer Ausbildung, in der Harnblase,
bleiben und sich weiter entwickeln, und zweitens Eier,
welche mit dem Urin nach aussen geführt, vielleicht erst
auf Umwegen wiedei^ in die Harnblase einer anderen
Ratte gelangen. Ich habe wenigstens solche Junge bei
dem ersten Funde im Schleime der Harnblase frei ange-
troffen neben Eiern, welche Embryonen enthielten.
Es scheint, dass bisher nur weibliche Exemplare
des Trichosomum crassicauda in der Harnblase der Ratte
gefunden worden sind. Nirgends wenigstens in der mir
zugänglichen Literatur findet sich ein männliches Thier
beschrieben oder auch nur erwähnt, so dass sich an-
nehmen lässt, dass es nicht gekannt ist. Der (jrund
scheint darin zu liegen, dass die Männchen ausserordent-
lich selten sind und sich desshalb neben den zahlreichen
Weibchen, welche die Harnblase fast aller erwachsenen
am hiesigen Orte untersuchten Ratten erfüllten, der Beo-
bachtung leicht entziehen. Ich selbst besitze nur e i n
Exemplar eines männlichen Trichosomum crassicauda^
das ich Herrn Dr. A. Schmidt in Frankfurt a. M. ver-
danke, das unzweifelhaft dieser Species angehört, da es
in der Harnblase neben den Weibchen gefunden wurde.
Dasselbe weicht in mancher Hinsicht von den Weibchen
ab. Es besitzt eine colossale Länge bei verhältniss-
mässig ausserordentlicher Feinheit. Es trägt im Hinter-
theile eine ziemlich lange dünne Spicula, welche am-
unterstenEnde fein zugespitzt und hakenförmig gekrümmt
erscheint und in einer besonderen Scheide ruht. Das hintere
Ende, aus welchem dieser Haken hervorragt, ist von einer
Gestalt, wie sie auch sonst bei Trichosomum vorkommt,
und wie sie Dujardin z. B. auf PI. 1, B. 5 von der
Trichosome der Wiesenlerche abbildet. Es erscheint mir
278 V. Linstow:
auf der einen Seite wie der umgebogene Rand einer
Trompete gestaltet, während gegenüber sich zwei zapfen-
artige Gebilde befinden.
Am 20teu September 1867 hielt Leuckart in der
2. Sitzung der Section B. für Zoologie und vergleichende
Anatomie der 41. Versammlung deutscher Naturforscher
und Aerzte in Frankfurt a. M. folgenden Vortrag ^):
Ueber Trichosoma crassicaudatum aus der Harnblase der
Wanderratte.
Längst kennt man im Fruchtbehälter dieses Wurms
neben den Eiern kleine Würmchen, die man meistens
für ausgeschlüpfte Embryonen ansah. Genauere Beo-
bachtungen haben aber dargethan, dass diese Würmchen
geschlechtsreife Männchen sind, die in der Vagina des
Weibchens l6ben und die in den Eileiter eintretenden
Eier befruchten. Diese Männchen sind nicht partheno-
genetlsch aus den unbefruchteten Eiern entstanden, son-
dern offenbar eingewandert, denn man fand sie 1. in
noch unentwickelten Weibchen, 2. in einem Falle ein
solches Männchen jioch frei neben einem jungen Weib-
chen in der Harnblase der Wanderratte. Dr. A. Schmidt
fand in wenigen Fällen und in geringer Anzahl frei
neben den Weibchen lebende Männer, die von den in
der Vagina lebenden verschieden sind, woraus auf einen
hier vorliegenden Dimorphismus zu schliessen wäre.
Hierzu bemerkt ferner Leuckart 2): Walter beo-
bachtet (1. c.) bei dem in der Harnblase der Wander-
ratte so häufigen Trichosomum crassicauda im Innern
des Körpers (der Leibeshöhle, wie Verf. sagt) einige
kleinere Würmer, die er für „grosse Junge^ hält, welche,
von den in harte Eierschalen eingeschlossenen Embryo-
nen verschieden, vielleicht dazu dienten, in der Harn-
blase zu verweilen und ohne Wanderung auszuwachsen.
Ref., der diese Geschöpfe näher untersuchte (Tagesbit.
1) Correspondenzblatt des zoolog. mineralog. Vereins in Regens-
burg, 21. Jahrgang No, 12, pag. 148.
2) Bericht über die wissensch. Leist. in d. Naturgesch. d.
niederen Thiere während der Jahre 1866—67, pag. 99.
Beobachtungen an Trichodes crassicauda Bell. 279
der Fankfurter Natnrforscherversammlung 1867, pag. 55)
gewann dagegen die Ueberzeugiing, dass sie keine Em-
bryonen, sondern männliche Thiere seien, die in ver-
schiedener Anzahl (1 — 5) in der Vagina der Weibchen
verweilen und trotz der Abwesenheit besonderer Begat-
tungsapparate daselbst ihren Samen deponiren. Die Ein-
wanderung dieser Zwergmännchen, die in seltenen Fällen
auch frei in der Harnblase gefunden wurden, geschieht,
wenn die Weibchen etwa das Dreifache des jungen
Männchens (8—9 Mm.) messen und noch keine reifen
Eier enthalten. Wo keine Einwanderung stattfindet, da
bleiben die Eier ohne Schale und Embryonen. Auffallen-
der Weise hat übrigens, wie auch Walter erwähnt,
Dr. A. S ch midt neben den Weibchen einmal einige freie
Männchen gefunden, die sich von den parasitisch leben-
den Zwergmännchen — deren anatomische Structur nach
den Beobachtungen des Ref. gar keinen Zweifel an
ihrer Natur als Männchen aufkommen lässt — durch
eine sehr ansehnliche Grösse und die Anwesenheit äusserer
Begattungsorgane unterscheidet. Ref. hat diese Männchen
selbst untersucht und muss die Möglichkeit zugeben,
dass dieselben zu Trichosomum crassicauda gehören, hat
selbst aber niemals, obgleich er einige Hundert Ratten
secirte und mehr als Tausend Weibchen auffand, ein derar-
tiges Thier beobachtet. Sollte die Vermuthung S c h m i d t's,
der die Thiere zu Tr. crassicauda zählt, gegründet sein,
dann bliebe nichts übrig, als die Annahme eines Dimor-
phismus für die Männchen unseres Parasiten.
Vorstehende Angaben habe ich wörtlich wiederge-
geben, da nicht jedem Leser die Quellen zur Hand sein
dürften, und den übrigen die Mühe des Nachschlagens
somit erspart ist; es war mein Bestreben, etwas Voll-
ständiges in dieser kleinen Monographie zu geben, und
ist es gewiss nicht ohne Interesse, den allmähligen Fort-
schritt in der Beschreibung und Kenntniss dieser Species
zu verfolgen.
280 V. L i n 8 1 0 w :
Die erwachsenen Weibchen
finden sich häufig in der Harnblase der Wanderratte;
ihre Länge beträgt durchschnittlich 10,5 — 11,5 Mm., wovon
auf den Zellkörper nur 1,3 Mm. kommt ; derjenige Theil des
Körpers, welcher dem unteren Dritteides Zellkörpers ent-
spricht, ist knaulförmig aufgewickelt; das Kopfende ist ab-
gerundet, das äusserste Schwanzende dagegen pflegt etwas
spitzig vorgezogen zu sein, die Seiten- und Medianlinien sind
von Eberth so beschrieben, dassich diesen Angaben nichts
hinzuzufügen weiss, doch beginnen diese Linien erst von
der Vulva an abwärts; vom Kopfende bis zu diesem
Punkte wird die Cutis ringsherum von hyalinen, halb-
kugelförmigen, regelmässig gestellten kleinen Erhaben-
heiten bedeckt, und erst dicht hinter der Vulva beginnen
plötzlich die von Eberth geschilderten und abgebildeten
napfartigen Erhabenheiten, die von der Cutis selbst ge-
bildet werden, und viel grösser sind als jene kleinen Er-
habenheiten, die der Cuticula angehören; die reifen Eier
sind von aufiPallend veränderlicher Gestalt, indem sie bald
mehr kugel- bald mehr cylinderförmig sind. Folgende
Zahlen mögen die Variationen am besten kennzeichnen :
igsduichmesser Querdurchmeser,
0,072 Mm.
— 0,029 Mm.
0,065 „
0,039 ,
0,075 ,
- 0,043 ,
0,072 ,
0,046 „
0,062 „
- 0,056 ,
Männchen.
In der Vulva derjenigen Weibchen, die entwickelte
Eier enthalten, trifi't man kleine Würmer an, welche, wie
aus der vorstehenden Litteratur ersichtlich ist, bald für
Embryonen, bald für Männchen gehalten werden. Ihre
Länge beträgt 1,46— 1,7— 1,9— 2,4— 2,5 Mm., während der
Durchmesser durchschnittlich 0,033 Mm. beträgt und bald
vorn und hinten gleich ist, bald vorn etwas geringer
wird; so mass ich an einem Exemplar in der Nähe des
Beobachtungen an Trichodes crassicauda Bell. 281
Kopfes 0,013 Mui.;, am Schwaazende 0,023 Mm. ; der Zell-
körper misst die Hälfte der ganzen Körperlänge; die
Haut ist ohne alle Auszeichnung. In der hinteren Hälfte
des Körpers bemerkt man nun neben dem Darm, dessen
Wand sich durch feine, lichtbrechende Kerne auszeichnet,
ein langgestrecktes Organ, das mit Spermatozoen ge-
füllt ist, und erleidet es daher keinen Zweifel, dass diese
Thiere reife Männehen sind. Die Spermatozoen sind
klein und zeigen einen sehr kleinen, scharf dunkeln, ku-
gelförmigen Kern. Kopf- sowohl wie Schwanzende sind
gerundet, und fehlen an letzterem alle äusseren Copula-
tionsorgane. Der Oesophagus ist in einer Länge von
0,16 Mm. vom Mundende an gerechnet noch ohne Belag
der bekannten Zellen des Zellkörpers; seine Wandung
ist Anfangs sehr dünn, wird aber bald allmählig stärker.
Eine eigenthümliche Beobachtung machte ich an den
Zellen des Zellkörpers; an manchen Stellen desselben
wechselten dunklere, von grösseren Kernen erfüllte
Zellen mit blasseren, in welchen letzteren sieh ganz
kleine, punktförmige Kernchen zeigten, die in einer
überaus lebhaften Molekularbewegung begriffen
waren, ihr Inhalt musste also noch flüssig sein. Die Cu-
tis wird von einer Cuticula überzogen, die indessen so
fein ist, dass sie nicht immer zu erkennen ist; die bei
den Weibchen beschriebenen hyalinen, halbkugelför-
migen Erhabenheiten sowie die Längslinien mit ihren
napfartigen Bildungen fehlen, wie mir scheint, den
Männchen gänzlich.
Um diese Männchen genauer zu studiren rauss man
nicht die Einwohner der Harnblase, sondern der Nierenbec-
ken und Harnleiter aufsuchen. Hier findet man ganz junge,
noch geschlechtlich unentwickelte Exemplare beider Ge-
schlechter, und im Ureter wird die Copula zuerst voll-
zogen. Hier trifft man nämlich Männchen und Weibchen,
welche ersteren nur wenig kleiner als letztere sind,
und wird die Copula in der Weise vollzogen, dass das
Männchen vollständig in den Eileiter des Weibchens hin-
einkriecht. Ein solches Pärchen traf ich z. B., dessen
Weibchen 4 Mm. lang und 0,08 Mm. dick, das in dem-
282 V. Linstow:
selben befindliche Männchen 2,4 Mm. lang und 0,033 Mm.
dick war (siehe die Abbildung). Beim Betrachten unter
dem Microscop schlüpfte das Männchen, wahrscheinlich
durch den Druck des I)cckglases turbirt, aus der Gc-
schlcchtsruhrc des Weibchens heraus, und hinter ihm her
ergoss sich eine Wolke, aus Öamen bestehend, üebrigens
fand ich freie Männchen neben den grossen, eierführen-
den Weibchen auch in der Hainblase der Ratte.
Die jungen Weibchen.
Das ganz junge Weibchen zeigt schon deutliche
Stachclbändcr, sowie die oben geschilderten hyalinen
Knöpfchen an dem vordersten Körpertheile bis zur Vulva.
Von beginnender Eibildung ist hier noch keine Spur zu
bemerken. Die Vulva hat vorstehende, aufgewulstete
Ränder, was den Männchen das Eindringen wohl erleich-
tern mag; der Zellkörper nimmt ein Dritttheil der ganzen
Thicrlänge ein und endet genau da, wo die Vulva liegt,
im Gegensatz zu den erwachsenen Weibchen, bei denen
zwischen dem Endpunkte des Zellkörpors und der Vulva
ein kleiner Zwischenraum ist. Ebenso wie bei den
Männchen ist auch hier der 0,2 Mm. lange Anfangstheil
des Oesophagus noch nicht von Zellen umkleidet, und an
diesem, dem Mundende zunächst liegenden Theile be-
merkt man zarte Fasern als Aufhängebänder des Oeso-
phagus an die Musculatur der Körperwand gehen.
Die befruchteten Weibchen steigen* nun in die
Harnblase hinab, um bedeutend auszuwachsen, an welchem
Wachsthum der Zellkörper einen relativ sehr geringen
Antheil nimmt, und bildet Eier mit Embryonen aus, die
man in den Eischalen sich bewegen sieht; dieselben
werden bis 0,4 Mm. lang. Das Weibchen ist also nur
ovipar. Wahrscheinlich machen die Embryonen keinen
Zwischenwirth durch, sondern die Ratten werden wohl
die mit lebenden Embryonen versehenen Eier, die mit
dem Urin zu Tage befördert werden, gelegentlich ver-
schlucken, deren Schale wahrscheinlich im Magen ge-
löst wird, worauf die Embryonen sich in die Arterien
durchbohren, und, in den Nierenarterien angekommen,
Beobachtung über Trichodes crassicauda Bell. 283
in die Nierenbecken gelangen ; wenigstens trifft man hier
die jüngsten Individuen. Wenn die Weibchen grösser
werden, so drängen sich noch einige Männchen mehr in
die Vulva des Weibchens, in der Anfangs nur ein Männ-
chen Platz findet, und habe ich bis zu 6 Exemplaren in
einem Weibchen beisammen gefunden. Das erste Männ-
chen, welches in ein junges Weibchen eindringt, muss
sich mühsam in dem Eileiter umwenden, denn während
es doch ohne Zweifel mit dem Kopfe voran eindringt,
findet man es in dem Weibchen so liegen, dass der Kopf
nach der Kopfseite des Weibchens liegt. Diese Art der
Begattung ist meines Wissens noch bei keinem Helmin-
then beobachtet.
Sehr begierig war ich nun, zu erfahren, wie jene
grossen Männchen construirt wären, welche von Herrn
Dr. A. »Schmidt gefunden waren. Die Gelegenheit
der Untersuchung verdanke ich der grossen Liebens-
würdigkeit des Herrn Dr. Walter in Offenbach, dem
ich hiemit meinen herzlichsten Dank ausspreche.
Eins der gesendeten Präparate enthielt neben einigen
Weibchen von Trich. crassicauda zwei unvollständige
Männchen einer Trichosoma-Art, von denen eins ohne
Kopfende, das andere ohne Schwanz war; dass die beiden
Bruchstücke nicht zu einem Individuum gehören, geht
daraus hervor, dass derjenige Körpertheil, in welchem
das Ende des Zellkörpers und der Anfang des Darms
aneinander stossen, in beiden Bruchstücken deutlich ist.
Der Kopf ist gerade abgeschnitten und zeigt drei
schwache Vorragungen. Der langgestreckte Körper ist
in der Mitte am dicksten, 0,03 Mm. im Durchmesser, am
Kopfende 0,01 Mm., am Schwänzende 0,02 Mm.; am
Hinterende zeigt sich ein 1,4 Mm. langer, am Ende
hakenförmig gebogener Cirrus in glatter quergestreifter
Scheide, der am Ende höchst fein, zugespitzt ist, und
nach oben zu dicker wird, bis zu 0,006 Mm. im Durch-
messer. Der Körper ohne den Zellkörper ist 12,3 Mm.
lang, der Zellkörper des anderen Männchens misst 4,8 Mm.,
284 V. Linstow:
und wenn man die Masse dieser beiden Individuen com-
binirt^ was darum wohl erlaubt ist, weil die Querdurch-
messer dieselben sind, so kommt man auf eine Gesammt-
länge von 17,1 Mm. Am Schwanzende ist eine zwei-
lappige Bursa.
Ein anderes Präparat enthält ein grösseres Männchen,
das 21 Mm. lang ist; das Kopfende ist 0,016 Mm., das
Mittelstück 0,052, das Schwänzende 0,033 Mm. dick; der
Cirrus ist 1,2 Mm. lang und ist hier die Scheide 0,9 Mm.
lang vorgestreckt. Die Länge des Zellkörpers beträgt
7,2 Mm. Diese Männchen haben keine Längsbänder da-
gegen trägt die Haut ringsherum, besonders deutlich
nach hinten zu, Querringel, die aus kleinen, paralle-
len Längsstrichen bestehen, wie ich sie ähnlich bei keinem
Trichosoma kenne; die Zellen des Zellkörpers sind un-
gefähr achtmal länger als breit.
Es ist klar, dass diese Männchen in Nichts an die
Weibchen von Trichosoma crassicauda erinnern.
Die grösste Dicke findet sich in der Mitte (bei
Trieb, crassicauda am Hinterende), das Kopfende ist gerade
abgeschnitten (bei Trieb, crass. gerundet), Längsbänder
fehlen, dafür zeigen sich eigenthümliche Querringel (Trieb,
crass. hat sehr deutliche Längsbänder und keine Quer-
ringel), die Zellen des Zellkörpers sind langgestreckt (bei
Trieb, crass. sehr kurz, birnförmig, den Oesophagus von
3 Seiten umgebend), der Körper ist 17—21 Mm. lang (beim
Weibchen von Trieb, crass. durchschnittlich 11 Mm.).
Zur Beleuchtung des letzten Punktes erlaube ich
mir, die Längenverhältnisse einiger Trichosoma-Arten in
beiden Geschlechtern anzuführen;
Trichosoma exiguum Duj. 7,6 Mm. 15 Mm.
„ contortum Crepl.
„ obtusum Rud.
„ inflexum Rud.
„ exile Duj.
„ rigidulum Duj.
„ curvicauda Duj.
„ angustum Duj.
13-
-15
n
17-
-36
n
13
»
18-
-27
71
13-
-18
n
22-
-25
n
10,4
■ n
14/2
n
12
n
24
n
5
r>
6
n
11
7)
14,6
n
^
?
11-
-13 Mm
.über 13,5 Mm
12-
-14
n
25-
-31 ,
11-
-13
n
21-
-25 „
11-
-13
n
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-37 ,
15
n
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14
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10
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18 „
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n
15 ,
15
r>
80 ,
3,a
• n
7,8,
8,9
n
9,5 „
6,24,
9,5 ,
Beobachtungen an Trichodes crassicauda Bell. 285
Trichosoma resectum Duj.
„ obtnsiusculum Rud.
,, brevicolle Rud.
„ splenaceum Duj.
„ plica Rud.
„ annulosum Dies.
„ ornatura Duj.
„ tenuissimum Duj.
„ incrassatum Duj.
„ aerophilum Crepl.
„ tenue Dies.
„ alatum Molin.
y, annulatum Molin.
„ collare m.
„ brevispiculum m.
„ ovopunctatum m.
Es sind also ausnahmslos alle männlichen Tricho-
somen kleiner als die dazugehörigen Weibchen, was
wohl für alle Nematoden gilt, bei denen übrigens ein
Dimorphismus einer geschlechtlich entwickelten Form
etwas bisher Unerhörtes ist, und scheint es mir daher
ausser allem Zweifel, dass diese viel längeren Männchen,
die so auffallend von den Weibchen von Trich. crassi-
cauda abweichen, und Nichts mit ihnen gemein habeil
als den gemeinsamen Fundort, zu einem bisher noch
nicht aufgefundenen Weibchen gehören, und schlage ich
vor, die Art, die äusserst selten zu sein scheint,
Trichosoma Schmidtii
zu nennen. Die winzig kleinen Männchen sind ja nicht
ohne Analogie unter den Nematoden, wie das von
Wagener ^) gefundene Männchen von Ichthyonema glo-
biccps, sowie das von mir 2) gefundene von Ichthyonema
sanguineum ebenfalls so auffallend klein sind; das Gegen-
theil ist mir bei den parasitisch lebenden Nematoden nicht
bekannt.
1) Natuurkundige Verhandelingen XIII, Haarlem, pag. 4.
2) Troschel's Archiv für Naturgesch. 1873, tab. IV.
286 V. Linst ow:
Allein die Bildung der Haut ist übrigens so eigen-
thümlich und charakteristisch, dass eine Vereinigung
mit Trichos. crassicauda unthunlich ist.
In dem S chn ei de r'schen System, das wohl stets
massgebend bleiben wird, kann nun die Art crassicauda
nicht unter Trichosoma stehen wegen der fehlenden Be-
gattungsorgane, und schlage ich daher vor, für dieselbe
die Gattung
Trichodes
zu begründen mit der Diagnose: Seitenfelder und Haupt-
medianlinie (bei den Männchen nicht zu erkennen), ohne
Spiculum und Bursa, zur Copula kriecht das Männchen
in den Eileiter des Weibchens.
Die Gattung wäre zwischen Trichina und Tricho-
soma zu stellen.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel VHI.
Fig. 1. Männchen und Weibchen von Trichodes crassicauda, erste-
es im Oviduct des letzteren befindlich.
a. Kopf, b. Anus des Weibchens, c. dessen Vulva, d.
dessen Darm, e. Zellkörper,
f. Kopf-, g. Schwanzende des Männchens, h. dessen Zell-
körper, i. dessen Darm, k. dessen Hoden.
Fig. 2. Theil des Zellkörpers eines jungen Männchens derselben Art.
a. eine Zelle, deren Inhalt lebhafte Molekularbewegung
zeigt.
Fig. 3. a — n. Eibildung von Trichodes crassicauda; die Figuren
erklären sich von selbst; m und n verschiedene Formen
von reifen Eiern.
Fig. 4—6. Männchen von Trichosoma Schmidtii.
Fig. 4. Kopfende.
Fig. 5. Schwanzende mit Oirrus, Cirrusscheide und zweilappiger
Bursa.
Fig. 6. Querstreifung der Haut.
Eine Sammlung Lurche und Kriechthiere von
Westafrika.
/ Von
Dr. Ant. Reichenow.
Hierzu Tafel IX.
Meine Reise nach Guinea während der Jahre 72 und
73, auf welcher ich in Begleitung meines verstorbenen
Gefährten, Dr. Lühder, einen grossen Theil der Küsten-
districte Westafrikas besuchte und an verschiedenen
Punkten zoologische Sammlungen anstellte, hat an Rep-
tilien und Lurchen nur geringe Ausbeute geh'efert.
Wenn ich aber mit nachfolgenden Zeilen, in welchen
ich die gesammelten Arten mit den bezüglichen Notizen
meines Tagebuches aufführe, auch nicht durch zahlreiche
neue Formen die Wissenschaft bereichern kann, so dürf-
ten doch einzelne Bemerkungen von Interesse, die An-
gaben der Fundorte für die Kenntniss der geographischen
Verbreitung der einzelnen Arten ein willkommener Bei-
trag sein.
Die Naturverhältnisse Westafrikas erscheinen für
die in Rede stehenden Thiergruppen als vorzugsweise
günstige. Durch die starke Verdunstung der zahlreichen
grösseren und kleineren Flüsse ist die Luft überall und
zu allen Zeiten mit Wasserdunst geschwängert. Die ge-
waltigen Niederschläge, welche nur wenige Wochen im
Jahre aussetzen, schaffen vereint mit den glühenden
Strahlen der Sonne ein Pflanzenleben, wie es üppiger
28S R e i 0 h e i\ o w :
nicht gedacht werden kann. Dichter Ur\Yald. von Was-
serstrassen häutig durchsclinitten, hin und wieder freiere
Steppengegend, mit mannshohem Grase und zerstreuten
Büschen und ßSumen bedeckt, Lagunen oder Binnen-
teiche einschliessend. bilden im Grossen und Ganzen
den landwirthschat'tliclien Charakter Westafrikas ^). Dürre
Ebenen fehlen fast vollstiindig; überall die gleiche Fülle
der Vegetation : Verhältnisse, welche höchst günstige
Lebensbedingungen für die Kriechthiere und Lurche bieten.
Die Thatsächlichkeit entspricht jedoch nicht diesen Voraus-
setzungen. Nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kennt-
niss erscheint der kleine Süden Afrika's artenreicher als
der Westen, obwohl letzerer, abgesehen von der weite-
ren Ausdehnung, den scheinbar günstigeren Naturver-
hältnissen, durch die in der Regel an Mannigfaltigkeit
der Formen reicheren äquatorialen Districte jenem be-
vorzugt ist.
Von Batrachiern sind die Laubfrösche am zahlreich-
sten vertreten, dürftig die Teichfrösche. In der Frosch-
musik entbehren die westafrikanisehen Landschaften einen
der schönsten Reize. Nur selten vernimmt man das Ge-
quak einzelner Frösche oder dumpfe Krötenlaute. Nie-
mals hörte ich die so einförmigen und doch so angenehm
harmonischen Concerte. welche in unseren Frühlings-
abenden und Nächten den Naturbeobachter zu entzücken
vermögen. Die Kriechthiere entziehen sich durch ihre
Lebensweise sehr den Blicken des Reisenden. Als ge-
wöhnliche Erscheinungen fallen in den Ortschaften der
Neger die an einigen Stellen zahlreichen Agamen (colo-
norum\ an anderen Euprepes- Arten auf. Auch den Gecko,
öemidactvlus guineensis, tindet man hier immer. In der
Steppenlandschaft begegnet man häutig der Brillenschlange.
In den Flüssen sind Crokodile zahlreich; auch Warans
und Lederschildkröten sieht man häutig. Die Fortptlan-
1) In einem demnächst im Journal für Ornithologie (Juli-Heft
1874) erscheinendem Anfsat^ze habe ich die Xaturverhältnisse West-
afrikas. soweit sie für das Thierlebeu von Bedeutung sind, ausführ-
licher behandelt, worauf ich verweise.
Kine SamiriluDg Ltjrch<i und Kriechthiere von W^-iafrika. 289
zung, die Paarung der Batrachier und Reptilien fällt in
den Beginn der Regen, also je nach der Lage der be-
treffenden Oertlichkeit nördlich oder südlich vom Aerjaa-
tor, in unsere Sommer- oder Wintermonate, doch beo-
bachtete ich auch mehrmals Schlangen in der Paarung:
während der Trockenmonate.
Zum pVjlgenden ist noch zu bemerken, dass die
Farbenangaben sich auf lebende Individuen beziehen.
Amphibia.
Farn. Aglossa.
Dactylethra Mülleri Pet.
Ooerseite hellolivenbraun; Unterseite gelblichweiss;
Krallen schwarz. Das grosste der gesammelten Exem-
plare misst 10 Ctm. vom Kopf bis zur Zehenspitze.
Die Thiere sind ungemein beweglich und flink.
Wir erhielten eine Anzahl derselben aus einem kleinen
Tümpel am Camerunfiusse. Das so constatirte Vor-
kommen am Camerun dürfte wohl die nördlichste Ver-
breitung dieses Frosches sein.
Fam. Bufones.
ßufo guineensis Schi.
Oberseite halbgraubraun mit schwarzen Flecken,
Unterseite schmutzigweiss. Erreicht 17 bis 18 Ctm. Länge.
Die gemeinste und verbreitetste Kröte in West-
afrika, vertritt in den südlicheren Districten den nur in
den nördlichsten vorkommenden pantherinus. Wir fanden
sie häutig an der Goldküste und am Camerun, in Ge-
bäuden und in der Steppe ah Bewohner alter Termiten-
bügel.
Fam. lianae.
Ptana Bibroni Hall.
Oben hellgraubraun mit schwarzen Flecken, auf
den Schenkein zwei hellgrüne Längsstreifen, die im Al-
kohol gelb werden, Unterseite weiss.
Am Camerun gefunden. Die gesammelten Exem-
plare messen vom Kopf bis zur Zehenspitze 13 Ctm.
Rana occipitalis Günth.
Archiv t Naturg. XiXX, Jahrg. 1. B<L 19
290 Reichenow:
Oberseite erdbraun mit schwarzer Marmorirung ; Un-
terseite weiss mit grauen Flecken; Seiten des Körpers
und der Füsse weissgelb mit grauen, an den Schenkeln
schwarzen Flecken. Erreicht 32 Ctm. Länge. Bei Accra
an der Goldküste fanden wir diesen Froscli häufig in
einer Lagune und in kleinen Binnenteichen. Er lebt
nach Art unseres grünen Teichfrosches^ hält sich meistens
im Wasser auf, kommt selten und nur auf kurze Zeit
ans Land.
Fam. Hylae.
Petropedetes n. gen.
Zunge länglich herzförmig, hinten frei, ausgekerbt;
Gaumenzähne hinter den Nasenlöchern, den hintern Rand
derselben nicht berührend und einander mehr genähert
als diese; Zehenscheiben flach, aber ausgeprägt; Finger
frei; Zehen durch kurze Schwimmhäute verbunden; Pau-
kenfell deutlich.
Hinsichtlich der Zungenbildung und der Stellung
der Gaumenzähne stimmt diese neue Gattung mit der
Gattung Platymantis (vergl. Günther Cat. Batr. Sal.
pag. 93) überein, unterscheidet sich von derselben aber
durch die ausgeprägteren Zehen- und Fingerscheiben
und die Schwimmhäute zwischen den Zehen.
Petropedetes cameronensis Rchw. n. sp. Taf. IX,
Fig. 11 a. b.
Zehen durch kurze Schwimmhäute verbunden, welche
bei den beiden ersten Zehen bis an das Nagelglied reichen;
von der fünften I72; von der dritten 2, von der vierten
3 Glieder frei; dritte Zehe wenig länger als fünfte, vierte
bedeutend länger; Finger frei, Folge derselben: 1. 2. 4. 3;
Haut der Oberseite feinkörnig, auf dem Rücken wenige
in vier undeutliche Längsreihen gestellte Drüsen; Haut
der Unterseite glatt; oben rostbraun mit schwarzer Zeich-
nung, unten weiss. Länge vom Kopf bis zur Zehen-
spitze 12 Ctm.
Wurde an einem Gcbirgsbachc bei Bimbia, in den
Vorbergen des Camerun gefangen, wo die Thiere zahl-
reich auf den Felsen umherhüpften.
Eine Sammlung Lurche und Kriechthiere von Westafrika. 291
Leptopelis rufus Rchw, n, sp. Taf. IX. Fig. I a. b.
Finger durch kurze Schwimmhäute verbunden,
welche zwei Glieder frei lassen; Folge der Finger: 1.
2. 4. 3; Zehen bis an die Nagelglieder verbunden, nur
von der vierten zwei Glieder frei ; fünfte Zehe kaum
länger als dritte, vierte bedeutend länger: Zunge herz-
förmig, hinten frei und ausgekerbt ; Gaumenzähne zwischen
den beiden Nasenlöehern, dieselben nicht berührend ;
Haut der Oberseite sehr fein granulirt, ebenso die Kehle
und Unterseite der Extremitäten; Brust und Bauch
stärker gekörnt; oben einfarbig rothbraun, unten weiss,
auf den Körperseiten und Unterseiten der Schenkel
dunkel gefleckt, unter jeder Achsel ein runder dunkler
Fleck. Länge 12 Ctm.
In der Zungenbildung, der Stellung der Gaumen-
zähne wie in der ganzen Gestalt ist diese Art sehr ähn-
lich der Aubryi Schleg., unterscheidet sich von der-
selben aber durch die stärkeren Schwimmhäute zwischen
den Fingern und durch die Färbung.
Gefunden wurde die Art von uns im Walde bei
Victoria, am Fusse der Camerunberge.
Reptilia.
Ophidia.
Fam. Typiilopidae.
Onychocephalus Kraussi Jan.
Ein grosses Exemplar von 60 Ctm. Länge in den
Bergen von Äguapim an der Goldküste gesammelt.
Unterseite gelbbraun; Oberseite dunkelgoldbraun
mit zwölf Längsreihen gelbbrauner Flecke. Die einzelnen
Schuppen haben gelbbraunen Saum und dunkelen Mittel-
fleck an der Basis. Nach anhaltendem Regen findet man
die Blödaugen nicht selten auf den Wegen umherkriechen.
Eingehenderes über die Lebensweise konnten wir auch
durch die Eingeborenen nicht erfahren.
Onychocephalus liberiensis Hallow.
Gelbbraun, auf der Oberseite mit unregelmässigen,
dunkel goldbraunen Flecken.
292 Heichenowt
Wir fanden diese Art sehr häufig in Aquapim. Es
möchte dieselbe wohl nur eine Varietät von Kraussi sein.
Farn. Dendrophidae,
Hapsidrophis smaragdinus Boie.
An der Goldküste und in der Camerungegend an-
getroffen. Oberkörper grün ; Oberkieferrand und Unter-
körper weiss, an den Seiten eine grüne Längslinie; ein
Strich durch das Auge schwarz. Im ^Alkohol wird die
grüne Farbe blau. Länge der gesammelten Exemplare
90 Ctm.
Ahaetulla irregularis Leach.
An der Goldküste und in der Camerungegend nicht
selten. In Accra fanden wir diese Schlange oft in den
Gebäuden. Oberseite grün, zuweilen mit schmutzig gelb-
grünen Flecken; Unterseite gelb. Die einzelnen Rücken-
schuppen haben einen weissen Randfleck am unteren
Saume, der bei gewöhnlicher Lage der Schuppen, am
lebenden Thiere, nicht sichtbar ist ; die Haut zwischen
den Schuppen ist schwarz. Im Alkohol verwandelt sich
die grüne Farbe in blau.
Das grösste Exemplar, welches ich mass, hatte eine
Länge von 90 Ctm.
Farn. Dryophidae,
Cladophis Kirtlandi Dum.
Am Gabun gesammelt, wo diese schöne Schlange
oftmals in die Gebäude kommt.
Oberkopf und Kopfseite grün; Kehle und Obcrkiefer-
rand weiss; der übrige Körper von unbestimmt grünlich-
grauer Farbe, braun marmorirt. Die Brust ist blasser,
der Bauch intensiver braun marmorirt. Iris goldgelb.
Länge 1,1 Mtr.
Fam. Lycodontidae.
Heterolepis poensis Smith.
Am Camerun gefunden.
Oben schwarz, unten weiss, mit Perlmutterglanz.
Länge des einen gesammelten Exemplares 1 Mtr.
Boodon unicolor Boie.
Eine Sammlung Lurche und Kriechthiere von Westafrika. 293
An der Goldküste und am Camerun gesammelt.
Lg. 60 Ctm.
Boodon nigrum Fisch.
Am Camerun gefunden. Länge 70 Ctm.
Fam. Elapidae.
Causus rhombeatus Wagl.
Diese weit verbreitete Schlange sammelte ich in
mehreren jüngeren Exemplaren am Gabun.
Die Färbung ist aschgrau mit schwarzen, grösseren,
V^-förmigen und kleineren Flecken auf dem Rücken;
Unterseite blasser.
Naja haje L.
Sehr häufig im Galande an der Goldküste und auch
in der Camerungegend. Ich fand mehrmals Exemplare
von etwa 2 Meter Länge, alle von dunkler Färbung :
Oberseite schwarz; Schnauzenspitze hornbraun; Kopfseite,
Kinn und Kehle gelblich; Brust breit schwarz und gelb
quergebändert; übrige Unterseite schwarz.
Die Brillenschlangen bewohnen die gemischte Steppe;
im dichten Walde kommen sie nicht vor. In der Mit-
tagshitze kriechen sie, wie die Puffottern, gern auf die
Wege, um sich zu sonnen. Stösst man dann plötzlich
auf sie, so richten sie sich steil empor, zischen, blasen
den Flals auf und speien eine Flüssigkeit auf die Ent-
fernung von mehreren Füssen auf den Ruhestörer, wobei
sie nach den Augen zu zielen scheinen. Die Quantität
dieser Flüssigkeit, wohl Speichel und jedenfalls mit dem
Gifte der Zahndrüsen gemischt, ist ziemlich bedeutend,
da die Thiere oft dreimal hintereinander speien, und schliess-
lich der Saft vom Maule herabtropft. Nach Angabe der
Missionäre an der Goldküste, sowie der Eingeborenen,
erfolgt Erblindung, wenn jener Saft in das Auge kommt.
Zufolge analoger, an Klapperschlangen gemachter Er-
fahrungen, welche mir die Herren Effeldt und Wagen-
führ in Berlin mittheilten, scheint es mir indessen zwei-
felhaft, dass solcher Speichel, bezüglich Schlangengift,
eine andere Wirkung auf die Hornhaut ausübe als irgend
welche ätzende Flüssigkeit.
294 Reichenow:
Farn. Viperidae.
Atractaspis ßibroni Smith.
Ein Exeniplar am Camerun gesammelt. Lg. 65 Ctm.
Echidua aiietans Merrem.
Die Puffoter, diese giftigste der afrikanischen Schlan-
gen, trafen wir vielfach an der Goldküste. Am Camerun
ist sie mir nicht vorgekommen.
Wie die Brillenschlange meidet sie den Wald; die
gemischte Steppe sagt ihr zu. Während des Tages ruht
sie unter dichtem Gestrüppe; nur zur Mittagszeit kriecht
sie wohl hervor auf eine kahle Stelle, auf die schmalen
durch das Gras führenden Fusssteige, um sich an den
glühenden Strahlen der Tropensonne zu erfreuen. Wie
wohlthuend solche Glühhitze den Schlangen ist, zeigt die
Munterkeit dieser bei Tage im Allgemeinen trägen Nacht-
thiere in solchen Verhältnissen. Ich stiess mehrmals auf
Puffottern, welche zusammengerollt sich behaglich sonn-
ten. Aber kaum dass ich sie gesehen, verschwanden die
gestörten Thiere pfeilschnell im Grase.
Ein von Negern erlegtes und uns gebrachtes Exem-
plar mass 1,6 Mtr.
Sauria.
Fam. Sci7ici.
Euprepes Reichenowi Pet.
Diese von mir in den Camerunbergen gesammelte
Art wurde von Herrn Prof. Peters als neu erkannt und
in den Monatsberichten der Kgl. Academio der Wissen-
schaften zu Berlin (Jahrg. 1874 Februar) unter vorstehen-
dem Namen beschrieben. Ich fand die Art nur in den
Bergen, während ich in der Ebene an der gleichen Lo-
kalität die nachfolgende Art ausschliesslich antraf.
Euprepes breviceps Pet.
Oberseite kupferbraun, längs des Rückens vier
Reihen kleiner weisser oder gelblicher Flecke, die mehr
oder weniger deutlich von dunkelbraunen Flecken um-
säumt sind; Unterseite weiss. Die Färbung ändert ab;
die beiden äusseren Fleckenreihen des Rückens sind
Eine Sammlung Lurche und Kriechthiere von Westafrika. 295
oft undeutlich. Die Länge' der ausgewachsenen Indivi-
duen beträgt 12 bis 15 Ctm.
Diese Art ist sehr gemein in der Camerungegend
und südlich bis zum Gabun. In den Ortschaften, an den
Hütten der Eingeborenen, in den Plantagen und Feldern
sind sie anzutreffen und leben ganz nach Art der Eidech-
sen. Sie halten sich ausschliesslich auf dem Boden auf
und klettern nicht, wie die Agamen, auf die Dächer der
Hütten oder auf Bäume.
Farn. Acjamae,
Agama colonorum Daud.
Sehr häufig an der Goldküste, weniger zahlreich
in den südlicheren Küstendistricten bis zum Gabun.
Ich fand diese Agame in den Ortschaften oder in
den Feldern und Plantagen in der Nähe derselben. Im
Walde dagegen traf ich die nachstehend beschriebene
Varietät. In Accra war jede Lehmmauer, die Wände und
Dächer der Negerhütten und die Bäume mit diesen
Thieren geschmückt. Ich sage geschmückt, denn die
Männclicn mit ihren feuerrothen Köpfen und Schwanz-
enden gewähren in der That einen prächtigen Anblick.
Lauernd sitzen sie in der Sonne, mit den Köpfen nickend,
bei jeder auffallenden Erscheinung den Oberkörper auf
und abwärts bewegend, und schiessen pfeilschnell auf die
erspähte Beute, wie sie überhaupt ungemein schnell in
ihren Bewegungen sind.
Das alte (/ im Prachtkleide hat feuerrothen Kopf,
Kehle gelb gesprenkelt; Körper und Beine glänzend
dunkel stahlblau, über dem Kücken ein heller Längsstrich,
der bisweilen fehlt; Unterseite des Schwanzes vom After
bis zur Mitte strohgelb, die entsprechende Oberseite an
der Basis hellstahlblau, dann feuerroth, die zweite Hälfte
des Schwanzes dunkelstahlblau.
Vorstehende Beschreibung nach einem Exemplare
vom Camerun. Bei solchen von der Goldküste fehlt die
strohgelbe Färbung an der Unterseite des Schwanzes.
Der letztere ist an der Basalhälfte (oben und unten) hell-
stahlblau; darauf folgt das feuerrothe Band, welches nur
296 Reichenow:
eine kurze dunkelstahlblaiie Spitze übrig lässt. Sie er-
reichen eine Länge von 35 Ctm. Das Weibchen ist hell-
braun mit hellerer Rückenlinie und dunkleren Flecken
auf dem Rücken; Unterseite blasser; Kehle weisslich,
dunkel marmorirt.
Die Jungen gleichen den Weibchen, haben aber
hellgelbe Flecken auf Kopf und Nacken.
In den Bergen von Aquapim fand ich eine schöne
Varietät dieser Art, welche ich immer nur in Waldlich-
tungen auf Bäumen antraf. Bei den Männchen derselben
war der Kopf und das sonst rothe Schwanzband rein weiss.
Im Alkohol gehen die schönen Farben der männ-
lichen Exemplare vollständig verloren.
Farn. Qeckones.
Hemidactylus guineensis Pet.
Schmutzig fleischfarben, Oberseite braun marmorirt.
Gemein an allen von mir besuchten Punkten West-
afrikas.
Erreicht eine Ijänge von 12 Ctm.
Farn. Monitoren.
Varanus niloticus Dum. ßib.
Dieser über ganz Afrika verbreitete Waram war ge-
mein an allen von mir besuchten Punkten, in Lagunen
und Flüssen. Um die Mittagszeit sieht man die Thiere
häufig ausserhalb des Wassers auf den Wurzeln oder
Aesten der Mangrove sitzen und sich sonnen. Die Nah-
rung besteht vorzugsweise in Fischen; doch fressen sie
auch Säugethiere. Gefangene nahmen Ratten uud Mäuse
sehr begierig.
Die Färbung ändert hinsichtlich der Zeichnung viel-
fach ab. Im Allgemeinen ist die Oberseite schwarz, bei
Alten schwarzbraun, mit Querreiheu oft abgezirkelt runder,
gelber Flecke; auf dem Kopfe feine gelbe Zeichnung;
Unterseite weissgelb mit schwarzen oder schwärzlichen
Querbinden; Schwanz schwarz mit breiten, gelben Quer-
binden oder aus einzelnen Flecken gebildeten Querreihen.
Ich sah Exemplare von 1,5 Mtr. Lg.
Eine Sammlung Lurche und Kriechthiere von Westafrika. 297
Farn. Chamaeleorites.
Chamaeleo senegalensis Cuv.
Von der Goldküste.
Die Färbung ist im gewöhnlichen Zustande grau
braun mit schwarzer Seitenbänderung.
Chamaeleo dilepis Leach.
Eine sehr häufige Art am Gabun.
In der Ruhe ist die Farbe der Thiere hellgrün
mit dunkleren Streifen, welche über die Seiten vom Rücken
auslaufen; Brustkamm weiss; Iris hellgelb bis rothbraun.
Wird das Chamäleon gereizt, so ändert sich die
grüne Farbe in grau; später erscheinen schwarze Punkte
und Streifen ; der Kehlsack wird gelbbraun mit schwarzen
Punkten. Im Zustande höchster Erregung des jähzornigen
Geschöpfes ist dasselbe vollständig schwarz; zuweilen
erscheinen dann auf den Körperseiten noch kleine gelbe
Flecken.
Chamaeleo cristatus Stutch.
Am Camerun und Gabun nicht häufig.
Chamaeleo Owenii Gray.
Nur einmal in Victoria am Fusse der Camerunberge
erhalten.
Fam. Crocodüina
Crocodilus cataphractus Cuv.
Gemein im Camerundelta, wie im oberen Flusse, sehr
häufig im Wuri. Im Gabun erhielt ich die Art ebenfalls.
Vielfach erhielt ich den Beweis, dass die Krokodile
im seichten Wasser den Menschen und so jedenfalls auch
grössere Thiere nicht angreifen. Eine Fürth, welche
durch eine Lagune bei Accra führte, wurde beständig
von den Negern benutzt, obwohl die Krokodile zahlreich
in dem Wasser waren, und niemals war ein Unglücksfall
vorgekommen. Ebenso sah ich die Eingeborenen im
Wuri an seichten Stellen ohne Furcht vor den allenthalben
sichtbaren Krokodilen baden. Mehrfach dagegen kam es
daselbst während unserer Anwesenheit vor, dass Neger an
tiefen Stellen des Flusses sogar aus den Canoes von Krokodi-
len weggeschnappt wurden, indem die Thiere plötzlich aus
298 Reichenow:
dem Wasser hervorschossen, den Mann beim Arme oder
am Beine ergriffen und hinunterzogen. Jedenfalls greifen
die Thiere deshalb nicht gern im seichten Wasser an,
weil das Opfer hier W^iderstand leisten kann, während
sie dasselbe im tiefen Wasser sofort ertränken. Das
schmackhafte Fleisch der Krokodile wird von den Ein-
geborenen sehr geschätzt.
Chelonia.
Fam. Trionychidae.
Trionyx aegyptiacus Geoffr.
In einer Lagune bei Accra gefangen und später,
wahrscheinlich diese Art, im Camerundelta bemerkt.
Fam. Chelydidae,
Pentonyx gabonensis Dum.
Vom Camerun.
Diese Art scheint nur geringe Grösse zu erreichen.
Lg. des Rückenschildes 7 Ctm.
Fam. Chersemydae.
Cinixys erosa Gray.
Nicht selten am Camerun. Wir sammelten nur
jüngere Exemplare.
Erklärung der ibbüduDgen.
Tafel IX.
Fig. I. Leptopelis rufiis: Geöffnetes Maul, zeigt die Zungenbildung
und Stellung der Gaumenzähne.
a. Hand. b. Fuss.
Fig. II. Petropedetes cameronensis :
Ganze Figur, a. Geöffnetes Maul. b. Fuss.
nntillariim Americae meridionalis iudigeiiarum Synopsis
systematica et syuouymica.
Auetore
A. CJerstaecker.
(Fortsetzung von p. 77.)
Gruppe der Mut. lineola Fab., bilineata und
phalerata Klug (Weibchen). Augen oval, flach, deut-
lich facettirt. Thorax beim Beginn des Metanötum mit
deutlicher Scuteliar-Lamelle. Hinterleib zwischen Segment
1. und 2. nicht eingeschnürt.
A. Kopf (gleich dem Thorax) roth.
1. Mut. heterospila. Lamina scutellari angusta,
antennarum articulis quatuor basalibus, capite, thorace
pedibusque laete rufis, genubus antennarumque flagello
subtus piceis , abdominis atro-velutini segmentis duobus
primis apice utrinque niveo-fasciatis, secundo insuper
mäculis tribus — discoidalibus ovatis duabus, tertia rhom-
boidea apicali media — sequentibus tribus maculis binis
marginalibus et ipsis uiveis signatis, ventralibus 2. — 5. pi-
ceis, cano-fimbriatis. (Thoracis setae longiores apicem "ver-
sus nigricantes, abdominis tiorsales omnes atrae.) Long.
6V3 mill. — Patria: Bogota (Mus. BeroL).
2. Mut. suspensa. Lamina scutellari latiore, anten-
narum articulis tribus basalibus, capite, thorace, femoribus
anticis coxisque Omnibus rufis, pedibus ceternm piceis:
abdominis atro-velutini segmentis duobus primis fascia
marginali continua, 2. — 5. vittis duabus — in segmeuto
300 Gerstaecker:
secimdo angustis, dein multo latioribus et submacularibus
— argenteo-cinereis ornatis, ventralibus piceis, albo-fim-
briatis, ano flavescenti-piloso, (Capitis thoracisque se-
tae omnes rufae.) Long. 8 mill. — Patria: Mexico. (Mus.
BeroL).
B. Kopf (gleich dem Hinterleib) schwarz.
3. Mut. lineola *Fab. (Syst. Piezat. p. 437, No. 42.
— *Klug, Entom. Brasil, spec. p. 31, No. 4. tab. 22,
fig. 1. — *ßurm., Brasil. Mutill. p. 11, No. 39. — Mut.
zonata Spinola, Annal. soc. entom. de France X. p. 89,
No. 53.) — Patria. Cayenna, Parä, Minas Geraes (Mus.
Berol. et Halens.). — Var, Capite fortius punctato, seg-
menti abdominalis secundi fascia marginali flavescenti
latiore, scquentium maculis lateralibus semifasciatira con-
fluentibus. — Patria: Bogota (Mus. Berol.).
4. Mut. bilineata *Klug (a. a. O. p. 31, No. 5.
tab. 22, fig. 2). — Patria: Cametä (Mus. Berol.).
5. Mut bilineipunctata Spinola (Memor. accad.
d. Torino 2. ser. Xlll. p. 63. No. 46). — Patria: Parä.
6. Mut. phalerata *Klug (a. a. O. p. 32, No. 6,
tab. 22, fig. 3). — Patria: Camelä (Mus. BeroL).
7. Mut. rectangulum Spinola (Annal. soc. en-
tom. X. p. 91, No. 55). — Patria: Columbia, Bogota (Mus.
Berol.).
8. Mut. bitaeniata Spinola (ibid. X. p. 91, No. 54).
— Patria: Cayenna (Mus. Berol.). — Var. Segmenti ab-
dominalis secundi margine apicali aurichalceo- vel ar-
genteo-fasciato. Patria: Nov. Valencia, Caracas (Mus.
Berol.).
Gruppe der Mut. spinosa Swed., Weibchen (p. 54fF.).
Nachträge.
58. (31a). Mut. h o p 1 i t e s. Capite transverso, re-
trorsum leviter angustato, fronte vix sulcata, thoracis ca-
pite parum angustioris lateribus ante et post stricturam
subtiliter denticulatis, dorso anteriore confertim punctato,
posteriore (i. e. in metanoti perpendicularis basi) spinulis
5 — 7 horizontalibus armato : nigra, opaca, capite plerum-
que piceo, interdum macula frontali rufa signato, mandi-
Mutillarum Americae meridionalis indigeuarum Synopsis etc. 301
bulls, thorace abdominisque basi et ventre sat laete rufis,
segmenti abdominalis secundi vittulis duabus dorsalibus
utrinque abbreviatis, subarcuatis, 3. — 5. fascia in medio
interruptaargenteo-velaurichalceo-sericeis. Long. 6 — 7 mill.
Patria: Paranä^ Burm. (Mus. Halens.).
59. (31b). Mut. imbecilla. Fronte distincte sul-
cata, capite minore, transverso, retrorsum rotundato-angu-
stato, ^um thoracis dorso anteriore confertim punctato,
metanoti fortiter reticulato-clathrati lateribus subserratis:
rufa, parce flavescenti-setulosa et sericea, abdominis
dorso — petiolo secundique segmenti maculis duabus ba-
salibus et margine apicali aurichalceo-scriceis exceptis —
atro, opaco: segmentis 3. — 5. et ipsis supra fasciatim au-
richalceo-sericeis, infra albido-fimbriatis. Long. 6V2 mill.
Patria: AUegrette Brasiliae (Mus. Berol.).
60. (31c). Mut. denticeps Spinola (Memor. acca-
dem. diTorino 2. ser. XIII. p. 62. No. 45). Patria; Parä.
— Species mihi ignota.
61. (56a). Mut. pulicaria. Capite sat valido, trans-
verso, retrorsum trapezoideo-angustato, cum thoracis dorso
anteriore confertim punctato, metanoti areolati lateribus
obsolete serrulatis, mesonoti margine acuto ante strictu-
ram denticulato: atra, opaca, antennarum articulis duobus
primis, mandibulis, thorace toto, abdominis petiolo coxis-
que rufis, antennarum flagello, pedibus ventreque piceis:
fronte umbrino-, vertice genisque cinereo-sericeis, se-
gmenti abdominalis secundi fascia dorsali media, sat lata,
continua segmentisque 2. — 5. supra totis argenteo-tomen-
tosis. Long. 4 mill. Patria: Aragua Columbiae (Mus.
Berol.).
Gruppe der Mut. suavissima (Weibchen). Augen
fast kreisrund, ziemlich gewölbt, deutlich facettirt. Kopf
plump, quer viereckig, fast doppelt so breit als der Thorax,
nach hinten unter stumpfer Abrundung leicht verschmälert.
Backen geschwollen, unbewehrt. Mandibeln sich kreu-
zend, mit breit dreieckigem Zahnvorsprung bei der Mitte
des Lmenrandes. Thorax schmächtig, verkehrt birnför-
mig, reichlieh um die Hälfte länger als vorn breit; Kücken
gewölbt, Metapieuren ausgehöhlt, glatt und glänzend.
302 Gerstaecker:
Metathoraxstigmerv stark nach oben hervorspringend. Hin-
terleib kurz eiförmig, zwischen Segment 1. und 2. nicht
eingeschnürt; erstes Segment quer, unterhalb scharf ge-
kielt. Beine schlank. Körperfärbung metallisch.
1. Mut. suavissima. Cyanea, parce nigro-pilosa,
mandibulis, antennis, pedibus abdominisque apice piceis, an-
tennarum flagello subtus, trochanteribus, femorum basi tar-
sorumque apice ferrugineis : capite thoracisque dorsa subti-
liter aciculatis et confertim punctatis, metanoti postice
reticulati marginibus serrulatis, segmenti abdominalis primi
dorso, secundi lateribus nitidis, disperse punctatis, huius
fasciola interrupta et utrinque abbreviata, subobliqua, an-
tice sulco profunde terminata dense aurichalceo-sericea,
segmentis 3. — 5. supra interrupte et parcius aurichalceo-
sericeis , ano fulvo-, ventre cum pedibus cano-piloso.
(Segmenti abdominalis secundi dorsum plerumque nigro-,
rarius umbrino-pubescens). Long. 7 — 8 mill. Puerto Montt,
Chile merid. (Mus. Berol.).
Gruppe der Mut. Indica Lin., Weibchen (p. 67 ff.).
Nachträge.
47. (39a). Mut. geographica (= Mut. parallela
var. *Gerst., Archiv f. Naturgesch. XL. p. 75, No, 39). A
Mut. parallela Klug, cui simillima, differt tibiarum calca-
ribus nigris *), antennarum scapo, libiis tarsisque nigro-pi-
losis, thoracis vittis duabus dorsalibus antrorsum longius
productis et flavescenti-sericeis, segmenti abdominalis se-
cundi maculis duabus basalibus elongatis posticis fasciam
angustam, vix interruptam (ut in Mut. Indica Lin.) for-
mantibus, striga supramarginali laterali albo-sericea nuUa,
1) Abweichend von den meisten Arten der Gruppe, welche weiss-
liche Schiensporen haben, besitzen folgende solche von schwärzlicher
oder pechbrauner, mit dem Integument übereinstimmender Färbung :
Mut. calycina Gerst. (No. 9), austera Gerst. (No. 20), sigillata Gerst.
(No. 21), ursina Gerst. (No. 38), funebris Gerst. (No. 41) und lugu-
bris Burm. (No. 45). Diesen reihen sich noch die beiden oben an-
geführten Arten an, ohne dass die durch dieses Merkmal verbundenen
in näherer verwandtschaftlicher Beziehung mit einander ständen.
Bei Mut. quadripustulata Klug (No. 46) sind die Schiensporen licht
gelbbraun.
Mutillarura Americae meridionalis indigenarnm Synopsis etc. 303
venire cano-bifasciato. Long. 16 mill. Patria: Brasilia
(Mus. Berol.).
48. (39 b). Mut. sancta (= Mut. parallela *Burm.,
Brasil. Mutill. p. 7, No. 15). A. Mut. parailela Klug, cui
ut Ovum ovo similis, difFert tibiarum calcaribus nigris,
antennarum scapo, tibiiö tarsisque fusco-pilosis, segmenti
abdominalis primi vittls dorsalibus serieeis obsoletis, sub-
macularibus, secundi maculis basalibus vitellinis latioribus,
fere ovatis, fasciis ventralibus cano-sericeis late inter-
ruptis. Long. 15 mill. — Patria: Lagoa santa Brasiliae
(Mus. Berol. et Halens.).
Die männlichen Süd- A m erikaaische n Mu-
tillen auf Grund plastischer Merkmale in Gruppen zu
vertheilen, sind bisher nur von Klug (Entomol. Brasil,
specimen p. 29 ff.) und Burmeister (üebersicht der
Brasil. Mutillen p. 5 ff.) Versuche und zwar, wie es
bei dem geringen, ihnen zu Gebote stehenden Material
kaum anders zu erwarten war, mit nur theilweise glück-
lichem Erfolge gemacht worden. In eingehenderer Weise
hat sich mit den Form-Unterschieden einiger Arten sonst
nur noch Spinola (Annales soc. entom. de France X.
p. 85 ff.) beschäftigt, während Lepeletier (Hist. nat. d.
Hym^nopt. in.) und F. Smith (Catal. Hymenopt. Ins.
Brit. Mus. III.) sich in ihren Beschreibungen fast ganz
auf Färbungs-Angaben beschränken und bei manchen Ar-
ten (z. B.Mut, inaurata, squamata und andreniformis Smith)
nicht einmal der Form der Augen Erwähnung thun. In
Betreff der von Klug einerseits auf dieses letztere Merk-
mal, andererseits auf die Bildung des Hinterleibes ba-
sirten Eintheilung ist zu bemerken, dass die erste
(a. a. O. p. 29 ff.) von ihm errichtete Gruppe: „Oculi
emarginati, abdomen petiolo nullo distincto^ die Charak-
tere der drei darunter vereinigten Arten: Mut. argyrea,
argentata und rufiventris Klug (letztere = Dorylus me-
diatus Fab.) gewissermassen vergewaltigt , indem Mut.
argyrea keine ausgeschnittenen Augen, Mut. argentata
dagegen einen deutlich g estielten, d, h. mit einem
304 Gerstaecker:
scharf abgeschnürten Basalring versehenen Hinterleib be-
sitzt. Es gehört daher erstere Art einer von den beiden an-
deren ganz und gar verschiedenen Gruppe an und hatte
ihrer Augenbildung nach mit grösserem Recht der zwei-
ten Klug'schen Sektion: „Oculi integri, abdomen pe-
tiolo brevi distincto" zugetheilt werden können. Wie sich
aus dem Nachstehenden ergeben wird, fallen jedoch diese
vier von Klug ausschliesslich bekannt gemachten Männ-
chen drei Haupt- und sogar vier Untergruppen zu, welche
sie mit zahlreichen anderen, seitdem zur Kenntniss ge-
kommenen Arten constituiren. — Nach Klug hat Bur-
meister die Augenbildung der männlichen Mutillen in
sofern richtiger systematisch verwerthet, als er die bei
Klug in verschiedene Sektionen vertheilten Mut. vidua
und argyrea in nähere Beziehung zu einander setzte und
aus denselben seine erste Hauptgruppe mit kreisrunden,
glatten Augen (a. a. 0. p. 5) bildete, eine dritte Gruppe
ferner mit zwar nicht ausgeschnittenen, aber flachen und
deutlich facettirten Augen aus den Männchen der Gruppe
M. cephalotes Swed. (a. a. 0. p. 8) schuf. Die letzte
B urme ister'sche Gruppe, welche (p. 9 ff.) der ersten
Klug'schen mit Ausschluss der Mut: argyrea J entspricht,
umfasst sodann Männchen mit ausgeschnittenen Augen,
enthält aber eine Anzahl weiblicher Mutillen, welche we-
der dieser Gruppe, noch zum Theil (Mut. felina und con-
cinna Burm.) den mit ihnen vereinigten Männchen an-
gehören.
Der Vergleich eines reicheren Materiales an Süd-
Amerikanischen Mutillen-Männchen kann es nun auch in
der That nicht einen Augenblick zweifelhaft lassen, dass
diesen verschiedenen Augenbildungen, auf welche von
Klug, Spinola und Bur m eiste r ein besonderes Ge-
wicht gelegt wird, eine hervorragende systematische Be-
deutung zuerkannt werden darf und dass sie sogar in
erster Reihe zur Abgrenzung natürlicher Gruppen zu ver-
werthen sind. Sie ergeben sich als ein um so willkomm-
neres Eintheilungsmoment, als sie sich einerseits einander
scharf getrennt gegenüberstehen, andererseits sich aber
mit Regelmässigkeit an Arten binden, welche nebenher
Mutillarum Americae meridionalis indigenaram Synopsis etc. 305
auch durch andere, zum Theil gleich prägnante Merk-
male vereinigt werden. So stimmt z. B. eine ganze Reihe
männlicher Arten, welche der Hauptgruppe mit ausge-
randeten Augen angehört und zugleich ein scharf abge-
schnürtes erstes Hinterleibssegment besitzt, in sich durch-
aus gleich bleibender Weise darin überein, dass das 4te
bis 7te Hintcrleibssegment mit einem scharfen Längskiel
in der Mitte des Rückens i) versehen ist; während dage-
gen bei solchen mit ausgerandeten Augen versehenen
Männchen, deren erstes Hinterleibssegment sich von den
folgenden nicht scharf absetzt, jener Rückenkiel durchweg
fehlt. In ähnlicher Weise gehen forner bei den Männ-
chen aus den Gruppen der Mut. cephalotes Swed. und
sumptuosa Gerst. mit einer bestimmten Augenbildung
andere in der Form des Kopfes und Hinterleibes liegende
Merkmale Hand in Hand.
So hoch indessen hiernach dieser in der Augenbil-
dung liegende Charakter für die Sonderung der Arten
in Gruppen zu schätzen ist, so reicht er doch zur Auf-
stellung der letzteren für sich allein keineswegs aus:
durch die kreisrunden , stark gewölbten und „glatten*'
(d. h, schwach facettirten Augen) würde z. B. mehr als
die Hälfte der bis jetzt überhaupt bekannten Süd- Ame-
rikanischen Mutillen-Männchen vereinigt werden, ohne
dass dieselben einer einzigen, natürlich in sich abge-
schlossenen Gruppe angehörten. Zu einer weiteren Ver-
1) Da dieses Merkmal bei siebenzehn mir bekannten, auch
sonst nahe mit einander verwandten Arten in übereinstimmender
Weise vorhanden ist, bei allen übrigen Süd-Amerikanischen Mutillen-
Männchen aber fehlt, so ist es als ein sehr schätzenswerther Grup-
pencharakter, nicht, wie es bisher von Burmeister und Smith
geschehen ist, als eine Art-Eigenthümlichkeit aufzufassen. Smith
erwähnt es für seine Mut. simpiex (No. 228) und inaurata (No. 268),
welche durch vierzig der heterogensten Arten von einander getrennt
aufgeführt werden, Bur meist er für seine Mut. felina (No. 27),
während er es für seine Mut. concinna (No. 34) und furonina (No. 36)
mit Stillschweigen übergeht. Auch für Mut. argentata Klug und
singularis Spin., welchen dieser Kiel gleichfalls eigen ist, geschieht
desselben von Seiten der betreffenden Autoren keine Erwähnung.
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 20
Boß Gerstaecker:
theilung solcher in diesem Merkmal übereinstimmender
Arten werden mithin noch andere Unterschiede, an denen
es den männlichen Mutillen Süd-Amerika's bei genauerer
Betrachtung keineswegs fehlt, in Anwendung zu bringen
sein. Auch unter diesen, welche in der Form des Ko-
pfes, der Bildung des Metanotum, des Schildchens, der
Tegulae, der Form und Kielung des ersten Hinterleibs-
ringes, eigenthümlicher Höcker- und Grubenbildungen
an der Bauchseite des zweiten Abdominalsegmentes u. s.w.
nachweisbar sind, erweisen sich manche als für eine ganze
Reihe von Arten bis zu einem gewissen Grade constant
und daher als systematisch verwerthbar. So unterschei-
den sich z. B. die in der Augenbildung sehr übereinstim-
menden Männchen aus den Gruppen der Mut. Indica Lin.
(diadema Fab.) und der Mut. spinosa Swed. ausser der
verschiedenen Bildung des Kopfes und der Form des
ersten Hinterleibsringes (bei ersteren schmal und scharf
von dem zweiten abgesetzt, bei letzteren breit und nicht
abgeschnürt) leicht dadurch, dass bei jenen (Mut. Indica)
die Bauchseite des ersten Segmentes (Petiolus) mit einem
hohen, oft zahn- oder nasenförmigen Kiel versehen, bei
diesen (Mut. spinosa) dagegen entweder nur sehr schwach
oder ganz ungekielt ist.
Bei der systematischen Verwerthung aller dieser den
männlichen Mutillen zukommenden plastischen Merkmale
ist begreiflicher Weise als das hauptsächlichste Ziel in's
Auge zu fassen, dass dieselben solche natürlichen Arten-
Gruppen ergeben, welche den auf die weiblichen Indi-
viduen basirten möglichst genau entsprechen ; denn nur
auf diese Weise wird es mit der Zelt möglich werden,
männliche und weibliche Individuen zu Arten zu verei-
nigen. So wenig wir nun bei der totalen Verschieden-
heit der beiden Geschlechter, wie sie den Süd-Amerika-
nischen Mutillen durchweg eigen -zu sein scheint, gegen-
wärtig im Stande sind, Männchen und Weibchen der
Art nach aufeinander zurückzuführen, so glaube ich
doch durch die hier versuchte Sonderung der männlichen
und weiblichen Formen nach ihrer natürlichen Verwandt-
schaft vorläufig wenigstens dahin gelangt zu sein, die bei-
Mutillarum Americae meridioiialis iiidigenarum Synopsis etc. 307
derseitigen Individuen in der ^I ehrzahl der Fälle grup-
penweise vereinigen , d. h. nachvreisen zu können, dass
Männehen mit diesen und jenen plastischen Merkmalen
zu einer in ähnlicher Weise festgestellten Gruppe weib-
licher Mutillen gehören müssen. Da für eine solche Ver-
einigung Colorit und Sculptur überhaupt keinen Anhalt
bieten, der Gesammtbau des Körpers bei Männchen und
Weibchen bis auf vereinzelte Uebereinstimmungen oder
Analogieen aber gleichfalls weit auseinander geht, so
wird man sich zunächst an solche Gruppen zu halten ha-
ben, bei welchen solche Uebereistimmungen überhaupt
noch, wie z. B. in gewissen Fällen an den Augen, vor-
handen sind. Nach letzterem Merkmal lässt sich zuvör-
derst eine grössere Anzahl männlicher Mutillen mit Si-
cherheit als den weiblichen Gruppen der Mut. Indica Lin.
und spinosa Swed. angehörend erkennen, mit welchen
allein sie die rundlichen, stark gewölbten und glatten
Augen gemein haben. Die durch dieses Merkmal verei-
nigten Männchen lassen sich dann aber wieder mit glei-
cher Sicherheit nach der Form des ersten Hinterleibsrin-
ges, welcher bei ihnen ähnliche Verschiedenheiten wie
bei jenen beiden Weibchen - Gruppen zeigt, auf diese
vertheilen ; und dafür, dass diese Vertheilung eine correcte
ist, d. h. den natürlichen Beziehungen entspricht, bietet
einerseits das numerische Vcrhältniss zwischen Männchen
und Weibchen innerhalb jeder dieser Gruppen eine Ga-
rantie da, andererseits aber der Umstand, dass in der
Gruppe der Mut. Indica Lin. unter den Weibchen sowohl
wie unter den Männchen die kleinere Zahl mit schwärz-
lichen, die grössere dagegen mit welsslichen Schienspo-
ren versehen ist. Es lässt sich. daher selbst innerhalb
der Gruppe der Mut. Indica Lin. eine nähere Verwandt-
schaft zwizchcn gewissen Männchen und gewissen Weib-
chen ermitteln und eine Vereinigung derselben zu Un-
terabtheilungen zu Wege bringen, ohne dass man zu be-
fürchten hat, damit fehl zu greifen.
Nach Vorwegnahme dieser die Majorität bildenden
„glattäuglgcn^ Männchen und Weibchen bleiben von
beiden Geschlechtern noch Arten mit flachen und deut-
3Ö8 * Gerstaeckeri
lieh facettirten Augen übrig. Von diesen weichen die
Weibchen untereinander durch den Grössenumfang, die
Männchen zugleich durch die Form dieser Augen kb,
indem unter ihnen solche mjt ausgerandeten und solche
mit ovalen Augen vorkommen. Letztere stehen an Ar-
tenzahl gegen erstere sehr beträchtlich zurück und sind
zum Theil schon nach ihrer Kopfbildung als zwei gleich-
falls artenarmen Gruppen weiblicher Mutillen angehörig
nachzuweisen, welche sich gleich den Männchen unter-
einander hauptsächlich durch die Form des ersten Hin-
terleibsringes unterscheiden. Es sind dies die Gruppen
der Mut. cephalotes Swed. (Mutill. synops. p. 46) und M.
bucephala (p. 49), von denen erstere Mut. erythraspis und
mjstica, letztere dagegen Mut. dulcis (p. 48) als männ-
liche Form für sich in Anspruch zu nehmen hat. Von
den sonst noch zur Zeit bekannten, mit flachen und ova-
len Augen versehenen Süd - Amerikanischen Mutillen-
Männchen können diejenigen, welche der Gruppe Mut.
tenuiventris Spin, angehören und sich durch die auffal-
lende Grösse der Ocellen hervorthuen, vor der Hand
keiner Weibchen-Gruppe mit Sicherheit zugewiesen wer-
den, vielleicht, weil ihre Weibchen überhaupt noch nicht
zur Kenntniss gekommen sind. Diejenigen der Gruppe
Mut. tenebrosa dagegen sind deshalb mit ziemlicher Si-
cherheit als die Männchen der Gruppe Mut. empyrea
(p. 49) in Anspruch zu nehmen, weil sie zu der Mut.
dulcis (cT) in demselben Verhältniss stehen (d. h. sich
durch ähnliche Merkmale unterscheiden), wie die Mut.
empyrea ($) zu der Mut. sumptuosa (p. 49). üeberdies
spricht aber für diese Zugehörigkeit, abgesehen von der
den Weibchen recht analogen reichen und filzigen Kör-
perbehaarung, der Umstand, dass, während in den Grup-
pen Mut. cephalotes und bucephala beide Geschlechter
stets dunkle (schwärzliche) Schiensporen besitzen, diese
in der Männchen - Gruppe Mut. tenebrosa wie bei der
Weibchen-Gruppe Mut. empyrea durchgehends weisslich
gefärbt sind.
Sonach blieben von männlichen Mutillen nur noch
diejenigen übrig, welche an der Innenseite ihrer flachen
Mutillarura Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 309
und deutlich facettirten Augen einen Ausschnitt zeigen
und durch dieses Merkmal mit den Mutillen-Männchen der
alten Welt übereinstimmen; von weiblichen (Süd-Arne-
rika's) aber ausser den die Gruppe Mut. chrysodora
(p. 50 ff.) bildenden noch diejenigen, welche sich um Mut.
lineola Fab., bilineata und phalerata Klug, bitaeniata, zo-
nata (= lineola Fab.) und rectangulum Spin, gruppiren
und von der letztgenannten Gruppe sich leicht durch das
nicht abgeschnürte erste Hinterleibssegment, so wie durch
die Anwesenheit einer erhabenen Querleiste (Scutellar-
Lamelle) auf der vorderen Grenze des Metanotum unter-
scheiden. Auf diese beiden Weibchen-Gruppen haben
sich nun, falls nicht noch weitere entdeckt werden, jene
mit ausgeschnittenen Augen versehenen Männchen zu ver-
theilen ; und abgesehen davon, dass sich dies auf dem
Wege der Exclusion als nothwendig ergiebt, spricht hier-
für die leicht zu constatirende Thatsache, dass auch diese
Männchen zwei durch die Hinterleibsbildung scharf ge-
schiedene Gruppen, welche denjenigen der Weibchen
genau entsprechen, bilden. Es zeigt nämlich auch unter
ihnen die kleinere Zahl ein nicht abgeschnürtes erstes
Hinterleibssegment (Gruppe der Mut. mediata Fab.), die
grössere dagegen, welche zugleich auf den vier letzten
Hinterleibsringen einen scharfen Rückenkiel erkennen
lässt , ein von dem zweiten scharf abgesetztes (Gruppe
der Mut. argentata Klug). Letztere würde mithin die
Männchen der Gruppe Mut. chrysodora Perty (p. 50 ff.),
erstere (Mut. mediata Fab.), wie dies schon Burmeister
richtig erkannt hat, die Männchen der Weibchen-Gruppe
Mut. lineola Fab. enthalten. Das einzige Bedenken, wel-
ches dieser Vereinigung männlicher und weiblicher For-
men etwa entgegenstehen könnte, wäre in dem allerdings
auffallenden Umstand zu finden, dass, während aus den
Gruppen der Mut. Indica Lin. und spinosa Swed. ungleich
mehr weibliche als männliche Arten vorliegen, besonders
in der Gruppe der Mut. chrysodora die Männchen (aus
der Verwandtschaft der Mut. argentata Klug) numerisch
überwiegen. Es kann dies jedoch ebensowohl rein zu-
fällig sein, als es sich möglicher Weise aus einem ver-
310 Gerstaecker:
schiedenen Verhalten der betreffenden Arten während
des Lebens, z. B. einem mehr verborgenen Aufenthalt der
— überdies meist kleinen und wenig aiilTallend gefärbten
— VV eibeheu erklären Hesse.
1. Gruppe der Mut. argyrea Klug. Oculi he-
misphaerici, laevigati. Caput transversuni. Abdomen in-
ter segmenta 1. et 2. haud constrictum, segmento primo
subtus haud vol vix carinato. CcUulae cubitales comple-
tae tres.
(Sie gehören als Männchen zu den Arten der Gruppe
Mut. spinosa Swed. p. 54 — 66).
Sect. I. Scutellam conico- elevatum, tuberciiio laevi instru-
ctum. (Tibiarum calcaria alba).
1. Mut. acutangula. Alis hyalinis, apice Infu-
scatis, mesopleuris supra fortiter dentatim dilatatis carina-
que laevi instructis, segmento vcntrali secundo basi rect-
angulariter truncato et tuberculatim producto: nigra, sub-
nitida, confertim rugoso-punctata, clypeo genisque den-
sissime albo-viüosis, fronte, occipitis lateribus, pronoto,
pleuris, metanoto, abdominis fasciis tribus dorsalibus — an-
teriore segmenti primi marginem posticum occupantc et in
latera secundi maculatim extensa, posterioribus duabus
segmentorum 3. et 4. late interruptis — lineaque segmenti
secundi laterali aurichalceo-sericeis. (Segmenta ventralia
2. — 4. densius, soquentia parcius albo-limbriata : abdomen
supra nigro-tomentosum , apice utrinque albo -pilosum.
Long. I3V2 niill. — Patria: Aragua Columbiae (Mus-
Berol.).
2. Mut. argyrea *Klug (Entom. Bras. spec. p. 29.
No. 1. tab. 2L iig. 10). Patria : Parä. (Mus. Berol).
3. Mut. leucocycla. Alis saturate fuscis, summa
basi llturaque discoidali subhyalinis, mesopleuris tubcrculo
superiorc obtuso, mastoidco instructis, segmento ventrali
secundo basiu versus obsolete carinato et utrimjue leviter
comprcsso : nigra, confertim rugoso-punctata, segmenti
abdominalis scciuidi dimidio anteriore supra et infra nitido^
disperse punctato, ore, genis pedibusque cano-hirtis, ver-
tice toto fasciatim, pro-et metanoto abdomiuisque fasciis
duabus dorsalibus — anteriore segmenti primi dimidium
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 311
posterius, posterioribiis scgmenta 4. et 5. occupantibus —
aurichalceo'sericeis. (Segmeata ventralia 2. — 4. dense
albo-fiiiibriata, abdoniinis scgmenta apicalia supra et infia
nigro-setosa). Long. 17 mill. — Patria: Bogota (Mus.
Berol.).
A d n o t a ti 0. Forsan mas Mutillae patricialis Gei st.
(p. 54. No. 2).
4. Mut. callizona. Alis satuiate fuscis, basi di-
lutioribus, anticarum disco limpide liturato, mesopleuris tu-
berculo superiore papillfformi instructis, segmento ventiali
primo basin versus carinato, secundo subtruncato: nigra,
opaca, coufertim rugoso- punctata, segmento abdominali
secundo infra nitido, supra dense subtiliterque granulato
punctis(]ue niaioribus obsito: togulis rufo-castaneis, ore,
pectore pedibusque griseo-hirtis, metanoti maculis duabus
transversis fasciaque segmenti abdominalis primi apicali
interrupta, in basin secundi utrinque extensa auricbal-
ceo-, segmentis 3. et 4. supra totis, 5. ante apicem
fasciatini laete aurantiaco-sericeis. (Scgmenta ventralia
2. — 4. parcius flavescenti -fimbriata, apicalia cum dor-
salibus atro-setosa). Long. 14 mill. — Patria: San Paolo
Brasiliae (Mus. Berol.).
5. M u t. c o rpülcn ta (— Mut. spinosa Swed. mas
*ßurm., Brasil. Mutill. p. 6. No. 3). Alis saturate fuscis,
basi latc hyalinis, anticarum disco limpide liturato, meso-
pleuris protuberantia superiore crassa, mastoidca instructis,
segmento vontrali primo subcarinato, secundo obtusc tu-
berculatO;, basin versus declivi: nigra, opaca, confertim
gianoso-punctata, segmento abdominali secundo infra toto,
supra ultra medium usque nitido, disperse punctato: ore,
pectore, pedibus, scutelli apice .(longissime) ventrequc
cano-birtls, pleuris, mctanoto, segmenti abdominalis prioji
margine postico, secundi macula utrinque basali tiigona
flavesccnti-sericeis. (Abdominis dorsum atro-velutinum).
Long. 16 — 17 V2 fßill- — Patria: Rio de Janeiro (Mus.
Berol.).
Adnotatio. Forsan, ut Burmeister opinatur, mas
Mutillae spinosae Swed. (p. 55. No. 7).
6. Mut. anthracina. Alis saturate fuscis, anti-
312 Gerstaecker:
carum disco limpidc liturato, mesopleuris protuberantia
superiore obtusa instructis, segmento ventrali seciuido
parum inflato, basin versus declivi: atra, opaca, confertim
granoso-punctata, segmento abdominali secundo ultra me-
dium usque nitido : ore, metanoto, ventre tarsisque cano-,
pectore, femoribus tibiisque fusco-hirtis, segmenti abdo-
minalis primi fascia interrupta, secundi linea laterali fla-
vescenti-sericeis. (Abdomen supra atro-vclutinum et pilo-
sum, segmentum ventrale secundura densius cano-fimbria-
tum). Long. 12 — 15 mill. — Patria : Brasilia merid. (Mus.
Berol.).
7. Mut. melana Spinola (Annal. d. 1. soc. entom.
de France X. p. 87. No. 52). — Patria: Cayenna. — Spe-
cies mihi ignota.
Sect. IL Scutellum aequaliter convexum, haud tuberculatum.
a) Segmentum abdominale primum breve, transversum.
8. Mut. mucida. Alis dilute fuscis, anticarum
cellulis cubitallbus limpide signatis, mesopleuris simplici-
bus, abdominis segmento ventrali secundo tumidulo, basin
versus declivi: nigra, subnitida, cano-pilosa, capite thorace-
que confertim, abdomine parcius punctato, fronte scutello-
que longius flavescenti-hirtis, metanoto superiore abdomi-
nisque fasciis quatuor dorsalibus (in segmenti primi mar-
gine continua, in 3. et 4. pilis nigris interruptis) flavescenti-
sericeis. (Segmenta ventralia 2. — 5. flavescenti-fimbriata :
tibiarum calcaria alba). Long. IOV2 mill. —Patria: Bra-
silia merid. (Mus. ßerol.).
9. Mut. semirubra. Alis dilute fuscis, perspicue
pliosis, anticarum cellula cubitali tertia subobsoleta, meso-
pleuris abdominisque segmento ventrali secundo simplici-
bus; nigra, confertim granoso-punctata, opaca, nlgro-hirta,
abdominis laxiiis punctati, nitiduli segmento secundo laete
rufo, utrin<jue nigro-lineato, vertice summo, pro- et meso-
noto cum scutello longe cano-pilosis, abdominis segmentis
2. — 4. dense flavo-finibriatis. (Abdominis segmenta 1. et
2. sicut apicalia supra nigro pilosa: pedes fusco-hirti, tibia-
rum calcaria nigra). Long. 10 mill. — Patria: Mexico
(Mus. ßeroL).
10. Mut. leporina. Alis dilute fuscis, perspicue
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 313
pilosis, anticarum cellula cubitali tertia subobsoleta, abdo-
tiiinis segmento ventrali basin versus subtubeiciilato: nigra,
confertim granoso-punctata, opaca^ cano-hirta, abdomine
laxius punctato, nitidulo, fronte, anteanarum scapo, plcuris
segmentoriimque abdominaliiim 1. et 2. disco nigro-, huius
(2.) lateribus flavescenti-pilosis, segmentis 2. — 5. dense
pallide fimbriatis. (Tibiariim calcaria nigra). — Variat
segmento abdominali secundo: a) rufo-piceo. b) supra laete
rufe, infra piceo vel castaneo. c) llnea laterali nigra ex-
cepta, toto laete rufe. Long. 8 — 13 mill. — Patria: Mexico
(Mus. BeroL),
Adnotatio. Mut. semirubra et ieporina, tibiarum
calcaribus nigris praeditae, cum Mut. satrapa Gerst. (p. 65.
No. 62), et ipsa Mexicana, calcarium colore conveniunt.
Marera igitur Mut. satrapae inter species duas praece-
dentes quaerendum esse sat verosimile videtur.
b) Segmentum abdominale primum aeque latum ac longuni,
trapezoideum. (Tibiarum calcaria alba).
11. Mut. subuliventris. Alis saturate fuscis,
laete violaceo-micantibus, anticarum cellulis cubitaiibus
limpide lituratis, abdominis segmento ventrali secundo
convexo, basin versus utrinque depresso: tota nigra, ca-
pite thoraceque confertim granoso-punctatis, fere opacis,
supra nigro-pilosis, metanoto areolato, abdominis nitidi
segmento primo toto, secundo ultra medium usque di-
sperse punctato: ore, genis, verticis protlioracisque lateri-
bus^ pleuris, metanoto, pedibus nee non abdominis basi
utrinque albo-hirtis, segmentis abdominalibus 1. et 3. — 6.
cano-, 2. supra nigro-fimbriatis. Long. 15 mill. — Patria:
Bogota (Mus. BeroL).
12. Mut. angustiventris.. A praecedente, cui
simillima, ditfert statura minore et paullo graciiiore, ver-
tice pronotoque totis nigro-pilosis, segraentorum abdomi-
nalium 2. et 3. margine apicali toto — interdum 4. quo-
que medio — nigro-fimbriato. Long. 11 — 12 mill. — Pa-
tria: Bogota (Mus. BeroL).
13. Mut. dasypyga. Alis dilutc fuscis, anticis
limpide lituratis, cellula radiali obscuriore : antennis gra-
cilibus, abdominis segmento ventrali secundo deplanato ;
314 Gerstaecker:
nigra, confeitiiii et subtiliter punctata, subnitida, rufo-hirta,
antennarum scapo pedibusqiic totis laete rufo-testaceis,
illaruoi articulo secundo obscure rufo : segnienti abdomi-
nalis secundl margine postico, sequentibus supra totis
dense lanuginosis, ventrali septimo longe fasciculatim pi-
loso, anteccdentibus fimbriatis, pilis fimbriisque omuibus
rufis. Long. 7V2 miW. — Patria: Novo Friburgo (Mus.
Haleus.).
2. Gruppe der Mut. vidua Klug. Oculi bemi-
sphaerici, laevigati*. Caput angustura. Mesonotum quadri-
sulcatum, in utroquc scutelli latere appendiculatum. Ab-
domen inter segmenta 1. et 2. constrictum, segmento
primo oblongo, subtus acute carinato. Cellulae cubitales
completae tres.
(Sie gehören als Männchen zu den Arten der Gruppe
Mut. Indica Lin. p. 67—76).
Sect. I. Tibiarum calcaria nigra.
1. Mut. pompiliformis. Mesonoti appendicibus
magnis, obtuse conicis, scuteilo tumidulo, fere perpendi-
culari, segmenti ventralis primi carina ante apicem den-
tatim producta, secuudi ante medium abbreviata : alis
saturate fuscis, omniuni basi, anticaium disco dilutiore
et limpide signato: nigra, atro-pilosa, confertim punctata,
opaca, abdominis segmento secundo nitidulo, parce pun-
ctato, pedibus, metanoto areolato, segmento abdominali
primo toto, secundi basi ventreque nitido (apice excepto)
albo-liirtis, ore, metanoti lateribus segmentique abdomina-
lis primi dimidio postico insuper dense argeuteo-sericeis.
Long. 19 niill. — Patria: Brasilia (Mus. Berol.).
2. Mut. floccosa. Mesonoti appendicibus brevibus,
scuteilo carinato, segmenti ventralis primi carina ante api-
cem dentatim producta, secundi ante medium abbreviata,
alis saturate fuscis, basi dilutioribus, anticarum disco lim-
pide liturato: nigra, atro-pilosa, confertim punctata, opaca,
segmenti abdominalis secundi disco nitidulo: metanoti
augulis posticis, segmento abdominali primo toto, secundi
basi extrema fiavescenti-hirtis, priuii fascia apicali insuper
aurichalceo-sericea, secundi tertiique margine utrinquc
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 315
flavescenti-fasciculato. Long. 14 niill. — Patria: Brasilia
(Mus. Berol.).
3. Mut. cbrysozona. Mesonoti appendicibus auri-
culatis, acute marginatis, scutello carinato^ segmenti ven-
tralis primi carina vix dentatim producta, alis saturate
fuscis, anticarum disco dilutiore, limpide signato: nigra,
atro-pilosa, confertini punctata, opaca, segmenti abdomina-
lis secundi disco nitidulo, primi sccundique margine po-
stico, tertio quartoque supra totis dense croceo-toraentosis
et setosis, ventralibus 2. et 3. utrinque croceo-timbriatis.
Long. 13—15 mill. — Patria: 8an Paolo Brasiliae (Mus.
Berol.).
4. Mut. colorata. Mesonoti appendicibus brevi-
bus, angulatis, scutello obsolete carinato, segmenti ventra-
lis primi carina abbreviata, angulatim producta, alis fuscis,
basin versus subhyalinis, anticarum disco dilutiore limpide
signato: nigra, confertim punctata, antennarum basi, ca-
pite, prothorace, scutello, metanoto, abdominis basi, pe-
ctore pedibusquc dense cano- aibidoque hirtis, segmenti ab-
dominalis secundi plagis duabus dorsalibus magnis, rotun-
datis, postiee truucatis aurantiacis, flavescenti-pilosis, quarti
quintiquc fascia dorsali late interrupta niveo-tomentosa et
sctosa. (Abdominis segmenta 2. apice, 3., 6.., 7. tota atro-
pilosa, ventralia 2.-4. albo-fimbriata.) Long. 11 — 13 V2
mill. — Patria: Brasilia (Mus, Berol.).
Sect. II. Tibiarum calcaria alba.
a) Segmeutum abdominale secundura rubro-maculatum.
5. Mut. vulnerata. Mesonoti appendicibus angu-
stis, apice truncatis, segmenti vcntralis primi carina utrin-
que dentatim producta, secundi disco fovea oblonga, albo-
sericca instructo, alis fuscis, ba^sin versus dilutioribus,
anticarum disco lim])ide liturato: nigra, confertim pun-
ctata, atro-pilosa, opaca, segmento abdominali secundo ni-
tidulo, pedibus, metanoto abdominisque basi albo-birtis,
segmenti primi fascia lata apicali sccundique basi insuper
argenteo-sericeis, huius disco maculis duabus magnis, ro-
tuudato-quadratis rufis ornato : segmentis 2. et 3. infra et
utrinque, 3. etiam supra albo-ciliatis. Long. 11 — 15 iwiH-
— Patria: Sta. Cruz Brasiliae et Montevideo (Mus. Berol.).
316 Gerstaecker:
6. Mut. Burmelsteri (= Mut. lugubris, mas: Bur-
meister, Brasil. Mutill. p. 8. No. 19) — Patria: Ouropreto
ßrasiliae. (Species mihi ignota, aut praecedenti, aut Mu-
tillae coloratae affinis videtur: quum specimen typicum
in Museo Halensi desit, de colore calcarium certius fieri
nihil potuit.)
b) Segmenturn abdominale secundum immaculatum.
*) Segmenta abdominalia 3. et 4. atro-pilosa.
7. Mut. vidua *Klug (Entom. Brasil, spec. p. 37.
ISo. 14. tab. 22. Fig. 11). — Patria: Parä (Mus. Berol.).
A sequentibus differt segmentis ventralibus l.~3. parce
albo-setosis, primi carina ante apicem fortiter nasuto-pro-
ducta, secundi in foveam discoidalem sat magnam, ob-
longam, atro-velutinam exeunte, denique segmenti abdo-
minalis secundi linea laterali albo-sericea.
8. Mut. melaleuca. A Mut. vidua Klug differt
statura graciliore, metanoti basi bimaculatim albo-tomen-
tosa, segmenti abdominalis secundi linea laterali concolori,
ventralis primi carina ante apicem acutius, sed minus
longo dentata, secundi fovea discoidali atro-velutiua bre-
viore, ovata, ventre toto dense atro-setoso. Long. 17 V2 niill.
— Patria: Brasilia (Mus. Berol.).
9. Mut. funesta (= Mut. myops, mas *Burm.,
Brasil. Mutill. p. 6. No. 5). A praecedentibus differt se-
gmenti ventralis primi carina utrinque leviter dentatim
elevata, secundi ante medium abbreviata et in foveam
minutam et fere obsoletam exeunte : secundi et tertii mar-
gine apicali toto albo-fimbriato. Long. 18 — 19 mill. — Pa-
tria: Lagoa Santa Brasiliae (Mus. Halens.).
Adnotatio. Specimen masculum a Burraeistero cum
Mut. myope $ (p. 6. No, 5) coniunctum, a femina differt
segmento abdorainali primo distincte constricto: ideo se-
ctioni Mutillae Indicae Lin. attribuendum.
10. Mut. foveiventris. Alis saturate fuscis, an-
ticis limpide lituratis, segmenti ventralis primi carina ante
apicem acute dentata, secundi in foveam sat magnam, ova-
tam, albido-sericeam exeunte: atra, confertim punctata,
opaca, nigro-pilosa, metanoto, abdominis basi pedumque
posticorum femoribus subtus, tibiis intus albo-pilosis, se-
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 317
gmenti abdominalis primi apice, secundibasiutrinqueinsuper
cano-tomentosis, segmentorum ventralium 1. et 2. margine
apicali dense albo-fimbriato. Long. 17 mill. — Patria:
Brasilia (Mus. Berol.).
11. Mut. er ist ata. Alis saturate fuscis, anticis
limpide lituratis^ segmenti ventralis primi carina ante
apicem subdentata, secundi in foveam elongatam^ subuli-
formem, pilis albis cristatim elevatis rcpletam exeunte :
atra, confertim punctata, opaca, nigro-pilosa, metanoto,
abdominis basi tibiisque posticis intus albido-hirtis, se-
gmenti abdominalis primi apice, secundi basi utrinque in-
super cano-tomentosis, secundi tcrtiique margine apicali
utrinque et infra albo-fimbriato, ventralibua 1. et 2. ubique
cano-setosis. Long. 16 mill. — Patria: Sta. Cruz Brasiliae
(Mus. Berol.).
12. Mut. mesol euca. Alis saturate fuscis, basin
versus dilutioribus, anticis limpide lituratis, segmenti ven-
tralis primi carina basin et apicem versus dentatim ele-
vata, secundi fere obsoleta, sed in foveam angustulam,
ultra medium sitam, albo-tomentosam exeunte: atra, con-
fertim punctata, opaca, nigro-pilosa, metanoto areolato,
supra fusco-, utrinque et apicem versus cano-hirto, petioli
nitidi, foveato-punctati dimidio postico segmentique abdo-
minalis secundi basi aurichalceo-sericeis niveoque pilosis,
segmentorum 2. — 5. margine ventrali et laterali cano-fim-
briato. (Coxae et femora cano-pilosa). Long. 10—15 mill.
— Patria: Brasilia (Mus. Berol.).
13. Mut. aethiops (= Mut. affinis, mas *Burm.,
Brasil. Mutill. p..7. No. 9). A praecedente, cui simillima,
differt metanoto parcius, sed ubique cano-hirto, petioli
ante apicem perspicue inflati carina ventrali vix dentatim
elevata, segmenti ventralis secundi fovea maiore, ovata,
densius albo-tomentosa, secundi tertiique margine apicali
(sicut sequentium) nigro-fimbriato, setis vero nonnullis
longioribus canis obsito. (Coxae et femora albo-pilosa).
Long. 15 mill. — Patria: Novo Friburgo Brasiliae (Mus.
Halens.).
Adnotatio. Mutillam affinem (</), quamquam uni
318 Oerstaecker:
eidemque sectioni ac $ pertlnentem, cum femina recte
conliinctam esse, adhuc luillo modo demonstratum est.
14. M u t. in f e r n a 1 i s. Alis saturatc fuscis, anti-
cis limpide litiiratis, segmcnti ventralis primi carina basin
et apicem versus in dentem minutum elevata, seciindi ante
medium abbreviata foveaque nulla terminata: atra, confer-
tim punctata, opaca, cum pedibus nigro-pilosa, metanoto
areolato supra nigro-, infra cano-hirto, petioli dimidio api-
cali segmentique secundi basi aurichalceo-tomentosis albi-
doque pilosis. (8egmenta ventralia omnia nlgro-fimbriata:
latera segmentorum 2. et 3. interdum cano-fasciculata).
Long. 12 — ISmill. — Patria: Brasilia merid. (Mus. Berol.).
15. Mut. protuberans. Alis nigro- fuscis, violaceo-
micantibus, nnticis limpide lituratis, segmenti ventralis
primi carina in dentem fortissimum, acutum elevata, se-
cundi sat alta, sed ante medium in foveam oblongam, ni~
gro-velutinam exeunte: atra, confertim punctata, opaca,
cum pedibus nigro-pilosa, metanoti areolati lateribus albo-
fuscoque, segmento abdominali primo toto, secundo in
baseos lateribus albo-hirtis, tibiis posticis cum metatarsi
basi intus dense viridescenti-pilosis, segmentorum abdomi-
nalium 2. et 3. angulls lateralibus posticis albido-setosis.
Long. 17Y2 niill. Patria: Cataraarca Argentinae (Mus.
Ilalens.).
IG. Mut. aterrima. Alis saturate fuscis, violaceo-
micantibus, anticis limpide lituratis, segmenti ventralis
primi carina basin et apicem versus subdentato-elevata,
secundi abbreviata et in foveam clongatam, subuliformem,
cristatira nigro-pilosam exeunte: atra, confertim punctata,
cum pedibus nigro-pilosa, scutello et metanoto areolato
ubique nigro-, segmenti abdominalis primi lateribus tan-
tum cano-hirtis: segmentorum abdominalium 1. — 3. ventre,
2. et 3. angulis lateralibus fasciculatim albido-setosis.
Long. 19 mill. Patria: Salto grande Brasiliae (Mus. Berol.).
17. Mut. rorida. Alis fuscis, basin versus dilu-
tioribus, segmenti ventralis primi carina ante apicem sub-
dentato-elevata, secundi obsoleta et in depressionem parum
perspicuam exeunte : atra, confertim punctata, opaca, nigro-
pilosa, genis, pedibus, "metanoto abdominisque basi albo-
Mutillarum Americae meridioiialis indigenarum Synopsis etc. 319
hirtis, metnnotl aroolntl fnscia nioilia lata, scj^menti abdo-
minalis primi diiiildio postico, secundi basi insuper auri-
chalceo-sericeis, ventralimu 2. et 3. margine apicali parce
cano-setoso. Long. 8 mill. — Patria: Salto grandc Bra»
81*1 iae (^Mus. BeroL).
**) Segmeiita abdominalia 3. et 4. caiio- vel albido-tomentosa.
18. Mut. characterca. Alis snbhyalinis, late
fnsco-lin\batis, segnienti ventralis primi carina basi apice-
(jue subdentata, secnndi in i'ovcam sat magnam, elUpticam,
cano-tomentosam exeiinte: nigra, confertim punctata, opaca,
nigro-pilosa, vertice, fronte media, antennarum scapo,
pronoti margine postico, scutelli apice, metanoto, abdomi-
nis basi, pectore pedibnsqne cauo-birtis, segmcnti abdomi-
nalis primi margino, secundi niaculis duabus basalibus sat
amplis margineque apicali, 4. — G. tascia communi, supra
Interrupta dense flavescenti-sericcis ot sctosis. (Segmen-
tum ventrale primum longe albo-pilosum, secundum sat
dense cano-setosum). Long. 20 mill. — Patria: Porto
Allegre Brasiliae (Mus. BeroL).
19. Mut. sphegeaFab. (Syst. Piezat. p. 435. No. 31
= Mut. argyra Spinola, Annal. soc. ent. de France X.
p. 85. No. 51. = Mut. argentea Lepelctier, Flist. d. Hy-
ra^nopt. IIL p. 636. No. 62). Patria: Surinam, Cayenna
(Mus. Berol.).
Adnotatio. Segmenti ventralis primi carina in den-
teni fortissimum, acute triangulärem producta, secundi in
foveam ellipticam, cano-tomentosam exiens.
20. Mut. selligera. Alis saturate fuscis, basi
liyalinis, anticarum disco dilutiore et limpide liturato, se-
gmenti ventralis primi carina in dentem magnura, acute tri-
quetrum elevata, secundi fortiter -abbreviata et a Fovea
minuta, albo-tomcntosa, ponc medium sita longe separata:
atra, confertim punctata, opaca, nigro-pilosa, regione ocel-
lari, postscutello, metanoto, pedibus abdominisque basi
albo-hirtis, metauoti fascia anteriore, petioli dimidio po-
steriore, segmenti abdominalis secundi maculis duabus mn-
gnis basalibus, fere confluentibus margineque apicali, tertii
quartique fascia communi continua, ncc non pedum po-
steriorum tibiis tarsisque dense albido-tomentosis. (Se-
320 Gerstaecker:
gmentimi dorsale qnintum utrinqne, ventralla 2. — 4. fascia-
tim, 5. et 6. interrupte albo-setosa.) Long. 18 niill. Pa-
tria: Columbia (Mns. BeroL).
21. Mut. musculus. Alis fuscis, omnium basi,
anticarum etiam disco subhyalino, segmenti ventralis primi
carina basin et apicem versus subdentato-elevata, secundi
sat acuta et in foveam centralem, cano-tomentosam exeunte:
atra, confertim punctata, opaca, nigro-pilosa, antennarum
scapo, fronte, postscutello, metanoto, pedibus abdominis-
que basi cano-hirtis, metanoti fascia, segmenti abdominalis
primi diraidio apicali, secundi basali (hoc retrorsum angu-
lariter exciso) margineque postico, quarti fascia continua,
quinti basi cinereo-tomcntosis. (Venter nitidus, nigro-se-
tosus, segmenta 3. — 5. albo-fimbriata). Long. 10 mill. —
Patria: Rio de Janeiro (Mus. Halens.).
22. Mut. soricina. Alis saturate fuscis, basin ver-
sus dilutioribus, segmenti ventralis primi carina ante apicem
subdentato-elevata, secundi obsoleta et a fovea, pone me-
dium sita, maiore, cano-tomentosa longe separata: atra,
confertim punctata, opaca, nigro-pilosa, ore, fronte, scutelli
apice, metanoto, pedibus abdominisque basi cano hirtis,
metanoto fere toto, segmenti abdominalis primi dimidio
apicali, secundi fascia basali sinuata margineque postico,
tertii quartique fascia communi continua cano-tomentosis.
(Segmenta abdominalia 2. — 4. supra et infra setis albidis
fimbriata, ventrale s.ecundum cano-setosum. Long. 11 V2 mill.
— Patria: Brasilia (Mus. Berol.).
23. Mut. pruinosa Smith (Catal. Hymenopt. Brit.
Mus. in. p. 43. No. 216). —Patria: Parä. — Species
mihi ignota, huic sectioni adscribenda?
3. Gruppe der Mut. erjthraspis Gcrst. ($ Gruppe
der Mut. cephalotes Swed.)
1. Mut. erythraspis Gerst. (vide supra p. 48.
No. 8).
2. Mut. mystica Gerst. (ibid. p. 48. No, 9).
4. Gruppe der Mut. dulcis Gerst. ($ Gruppe der
Mut. bucephala Perty).
Mutillarum Araericae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 3Ö1
1. Mut. dulcis Gerst. (vide supra p. 48. No. 10).
Hanc speciem marem esse Mut. sumptuosae Gerst. (p. 49.
No. 2), vix dubium.
5. Gruppe der Mut. tenebrosa. Oculi ovales, pa-
rum convexi, perspicue areolati. Caput angustulum^ sim-
plex. Metapleurae excavatae, laeves, nitidae. Abdomen
inter segmenta 1. et 2. subconstrictum, segmeoto primo
transverso, subtus alte carinato. Alae anticae perspicue
pilosae, cellulis cubitalibus completis duabus. Tibiaruin
calcaria alba. (Die muthmassliclien Männchen der $ Gruppe
der Mut. empyrea Gerst., p. 49 f.)
1. Mut. tenebrosa. Nigra, confertim subtiliter-
que punctata, fere opaca, nigro-hirta, tegulis piceis, alis
saturate fuscis, anticis limpide lituratls: fronte, vertice,
pronoto, scutello, metanoto, abdominis basi, antennarum
scapo pedibusque albido-hirtis, segmento abdominali primo
supra, 2. et 3. supra et infra, quarti lateribus dense albo-
fimbriatis. Long. 11 mill. — Patria; Col. del Sacramento
ßrasiliae (Mus. Berol.).
2. Mut. disjuncta. A praecedente differt statura
graciliore, alis basin versus subhyalinis, regione postocel-
lari laevi, nitida, genis cum fronte cano-sericeis, mesopleu-
ris albido-pilosis, segmento abdominali primo perspicue
longiore, 2. — 4. in margine apicali supra et infra albo-
fimbriatis, septimo supra flavescenti-setoso. Long. 10 mill.
— Patria: Parank (Mus. Halens.).
6. Gruppe der Mut. tenuiventris 8pin. Oculi
magni, rotundati, convexi, perspicue areolati. Ocelli pcr-
magni, vesiculosi. Antennae palpique graciles. Corpus
tenue, pallidum, abdominis petiolus elongatus, infra sub-
carinatus. Alae anticae hirtae, cellulis. cubitalibus com-
pletis duabus.
1. Mut. tenuiventris Spinola (in Gay, Hist. de
Chile, Zoologia VI. p. 280. No. 9, Hymenopt. tab. 3.
Fig. 4). — Patria: Chile. — Species mihi ignota, 7 lin.
longa, tota ferruginea, macula tantum frontali fusca signata.
2. Mut. aegrota. Alis vitreis, testaceo-venosis,
Archiv f. Natiirg. XXXX. Jahrg^. 1.3d. 21
322 Gerstaecker:
stigmate rufo-brunneo : ferruginea, longe albido-setosa,
macula ocellari, abdomine — petioli basi anoque exceptis
— femoribusque posticis apicem versus nigro-piceis, anten-
narum basi, palpis, tibiis tarsisque testaceis: mesonoto
utrinque bisulco, ubique profunde punctato, capite et pro-
thorace urabilicato-cicatricosis, metanoto areolato, petiolo
segmentique abdominalis scciindi lateribus grosse reticu-
lato-pnnctatis, huius disco fere laevi, nitido. (Abdominis
hirsuties supra et infra sat longa et copiosa). Long.
572 mill. — Patria: Mendoza (Mus. Halens.).
7. Gruppe der Mut. mediata Fab. (= rufiventris
Klug). Oculi emarginati, parum convexi, perspicue areo-
lati. Abdomen inter segmenta 1. et 2. haud vel vix con-
strictum, segmento septimo callo longitudinali, subapicali
laevi instrueto. Tegulae breviter ovatae, apice subtrun-
catae. Metanoti basis bicarinata. (Tibiarum calcaria alba).
(Sie gehören als Männchen zu der $ Gruppe der
Mut. lineola Fab.).
1. Mut. scoparia. Alis leviter infuscatis, late
fusco-limbatis, scutello callo subbasali laevi instrueto:
nigra, confertim punctata, cano-pilosa, tegulis piceis, ab-
dominis segmentis 2. et 3. rufis, nitidulis, 2. — 6. flavo-fim-
briatis, ore, fronte, pronoto densius fulvo-pilosis, pronoti
margine postico insuper aurichalceo-sericeo. Long. 11 mill.
— Patria: Salto grande Brasiliae (Mus. Berol.).
2. Mut. gas tri ca. A praecedente, sui simillima,
differt statura paullo maiore, alis saturatius fuscis, meta-
noti lateribus distinctius carinatis et dense fulvescenti-pi-
losis, abdominis segmento secundo subtilius et fere aequa-
liter punctato, tertio fusco marginato, omnibus apicc nigro-
fimbriatis. Long. 12 V2 mill. — Patria: Salto grande Bra-
silei3i (Mus. Berol.).
8. Mut. lucidiventris. Alis saturate fuscis, basin
versus dilutioribus, scutello basin versus calloso-elevato:
nigra, confertim punctata, cano-pilosa, abdominis segmento
secundo cum primi apice tertiique dimidio basali rubicundo,
nitidissimo, disperse punctato, tegulis nigro-piceis: ore.
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 323
fronte, occipite, pronoto nee non scutelli apice densius
fulvo-, vertice, mesonoto margineque segmentorum abdo-
minalium 2.~7. nigro-pilosis. Long. 12 mili. — Patria:
Salto grande Brasiliae (Mus. BeroL).
4. Mut. terminalis. Alis subhyalinis, late fusco-
limbatis, scutello callo subbasali laevi instructo : atra, con-
fertim punctata, cano-pilosa, tegulis concoloribus, abdomi-
nis segmentis 2. — 6. cum primi marglne apicali laete rufis,
disperse punctatis, nitidis, pilis aureo-rufis fimbriatis; me-
sonoto atro-, capite, pronoto, pleuris, scutello et metanoto
longius fulvo-pilosis. Long. 8V2 miH. — Patria: Santos
et Rio de Janeiro (Mus. Berol. et Halens.).
5. Mut. mediata Fab. (= Dorylus mediatus Fab.,
Syst. Piezat. p. 428, No. 3). Var. Abdomine toto rufo (Mut.
rufiventris * Klug, Entom. Brasil, spec. p. 30, No. 3. tab. 21,
fig. 12. = Mut. lineola, mas *Burm., Brasil. Mutill. p. 11,
No. 39). — Patria: Cayenna, Demerary, Columbia, Bahia,
Novo Friburgo (Mus. Berol.).
6. Mut. ardens. Alis fuscis, basin versus vix di-
lutioribus, anticis limpide lituratis, scutello haud calloso,
cum thorace confertim et subaequaliter punctato: nigra,
capite, pronoto, scutello, pleuris pedibusque densius flave-
scenti-pilosis, abdominis segmentis 2. — 7. laete rufis, sub-
nitidis, pilis fulvo-aureis hirtis. Long. U mill. — Patria:
Mexico (Mus. Berol.).
7. Mut. fulvi ventris. Alis saturate fuscis, vio-
laceo-micantibus, anticis limpide lituratis, scutello convexo,
vix calloso: atra, confertim punctata, opaca, nigro-pilosa,
genis mandibulisque albido-sericeis, antennarum scapo
apicem versus subdilatato et cano-fimbriato, femorum po-
sticorum apice albido-hirto, tibiis posticis totis fulvo-cano-
que setosis, tarsorum posticorum articulis 1. — 3. intus
dense flavescenti-tomentosis, abdominis segmentis 2.-7.
laete rufis, subnitidis, dense aureo-sericeis et fimbriatis.
Long. 13 mill. — Patria: Mexico (Mus. BeroL).
8. Gruppe der Mut. argentata Klug. Oculi
cmarginati, parum convexi, perspicue areolati. Abdomen
824 Gerstaecker:
inter segmenta 1. et 2, constrictum, segmentis 4. — 7. supra
carina longitudinali media instructis. Tegulae produetae,
apice rotiiudatae vel subacuminatae. (Tibiarum calcaria
alba.)
(Sie gehören als Männchen zu der $ Gruppe der
Mut. chrysodora Perty, p. 50 ff.)
Sect. I. Tegulae longitudinaliter carinatae.
1. Mut. bembicina. Alis dilute fuscis, basin ver-
sus subhyalinis, apice obscurius limbatis, anticis ümpide
lituratis, antennis breviusculis, validis, capite transverse
quadrato, clypeo basin versus acute bicarinato, prothorace
exciso-trapezoideO; ante tegulas acuminato-producto, meta-
noti Jateribus subspinosis, segmenti ventralis primi carina
acuta et basin versus dentatim producta: nigra, profunde
et subrugose punctata, parum nitida, mesonoto utrinque
profunde bisulco carinaque media, in scutellum continuata,
instructo, fronte, ore, genis, pronoto, pleuris et metanoto
dense aurichalceo-sericeis, occipitis lateribus, scutello, pe-
ctore pedibusque sat longe cano-pilosis, abdominis segmen-
tis 2. et 3. rufis, illo confertim punctato et rufescenti-se-
tuloso, 2. — 6. apice flavescenti-, utrinque et infra albido-
fimbriatis. Long. 10 V2 — 16 niill. — Patria: Brasilia (Mus.
BeroL).
Sect. II. Tegulae ecarinatae.
2. Mut. cribrosa. Antennis validiusculis, meso-
noto obsolete sulcato, scutello ecarinato, metanoti lateribus
muticis, alis dilute fuscis, basi hyalinis: nigra, profunde
et confertim punctata, antennarum basi, capite, pro- et
metanoto, pleuris tibiisque dense argenteo-sericeis, tegu-
lis scutellique apice cano-pilosis, abdominis segniento se-
cundo rufe, cribrato-punctato, basi et utrinque albo-hirto,
huius limbo apicali sat lato laevi, testaceo, aureo-sericeo:
segmento tertio ferrugineo, rufo-setoso, reliquis parce
cano-fimbriatis, ventre ubique albo-setuloso. Long. 6 raill.
— Patria: Sta. Cruz Brasiliae (Mus. BeroL).
3. Mut. pygmaea. A praecedente differt statu ra
minore, capite thoraceque parcius serieeis, segmenti abdo-
minalis secundi (rufi) margine apicali sicut segmentorum
3. et 4. nigro-piceo, dense flavescenti-fimbriato, carina
Mutillarum Americae meridionalis indigenarum Synopsis etc. 325
abdominis dorsali in segmeiitnra tertium continiiata.
Long. 5 mill. — Patiia: San Joao del Rey Brasiliae (Mus.
BeroL).
4. M u t. s i m p 1 e X Smith (Catal. Hymenopt. Brit. Mus.
II L p. 47, No. 228). — Patria: Santarem Brasiliae. -
Species mihi ignota, praecedentibus duabus affinis apparet.
5. Mut. polydora. Antennis validiusculis, meso-
noto profunde sulcato et basin versus subcarinato, meta-
noti lateribus rotundätis, inermibus, alis subhyalinis^ lato
fusco-limbatis: nigra, confertim cribroso-punctata, infra
cum pcdibus cano-pilosa, fronte, ore, metanoto segmentique
abdominalis primi fascia apicali deuse aurichalceo-, pronoto,
segmenti abdominalis secundi limbo apicali lato, sequentium
dorso toto splendide aureo-sericeis et setosis. (Segmenta
ventralia 2. — 4. albo-fimbriata). — Variat abdominis colore:
a) nigro, segmenti secundi tantum dimidio anteriore et
lateribus cerasinis. b) rufo, petiolo tantum nigro. Long.
10 — 14 mill. — Patria: Buenos Aires (Mus. BeroL), Rio
de Janeiro (Mus. Halens.).
6. Mut. fastuosa. Antennis validiusculis, clypei
basi alte bicarinata, mesonoto rüde punctato et obsolete
sulcato, scutello tumido, metanoto utrinque dentato-angu-
lato, supra pone medium tuberculo laevi instructo, alis in-
fuscatis, basin versus dilutioribus: nigra, subnitida, ore,
fronte, metanoto, pleuris abdominisque petiolo argenteo-,
segmenti abdominalis secundi macula magna, gemina ba-
sal! fasciaque lata marginali, tertii dorso toto, quarti fa-
scia utrinque abbreviata aureo-sericeis, segmenti secundi
disco pilis incumbentibus rufis vestito, ultimis tribus atro-
setulosis, ventralibus 2. et 3. cano-limbriatis. Long.
13 mill. — Patria: Salto grande Brasiliae (Mus. BeroL).
7. Mut. fulvipennis (= Mut. furonina, mas
*Burm., Brasil. Mutill. p. 10, No. 36). Antennis breviu-
sculis, clypei basi alte bicarinata, mesonoto rüde punctato,
longitudinaliter septemcarinato, scutello tumido, metanoto
dcplanato, supra areolato et distincte tricarinato, utrinque
acutangulo, alis dilute fuscis et laete fulvo-venosis : nigra,
opaca, ore, metanoto, pleuris abdominisque petiolo dense
aurichalceo-sericeis, segmenti abdominalis secundi basi
326 Gorstaecker:
angulisqup laioralibiis posticis, vontraliiini '2. — 1. laterlbiie
auroo-tomeutosis, scgnioiiti scciindi margiue postico siipra
rufe-, seqiiontium nigro-sotoso, ventraliiini 2. — 1>. tiilvo-
timbriato. Long'. 10 niill. — Patria: Novo Fribingo (Mus.
Haie 118.).
Adnotatio. Forsan, iit Biirmeister opinatur,
iiias Mutillae chrysodorae Porty (fiironinac Biirm.), quam-
quam huic spocici marem Äliit. fastuosam (No. 6) attribucii-
dam esse verosirailiiis mihi videtur.
8. Mut. inauratti Smith (Catal. Ilymenopt. Brit.
Mus. 111. p. 54, No. 268. = Mut. feliiia, mas *Burm.,
Brasil. Mutill. p. 0, No. 27). — Patria: Rio de Janeiro (Mus.
Berol.), Novo Friburgo (Mus. Halens.).
A dnotatio. Mut. felina Burm. fem., oculis scmiglobo-
sis segmentoque abdominali primo haud coustricto prae-
dita, a iuare, quocum coniuncta est, valde diversa, Mutil-
lae spinosae Svved. magis aflinls et sectioni eins attri-
ll^ucnda.
9. Mut. holoehrysa. A praccedente, cui simil-
lima, dittert statura graeiliore, alls obsouriorlbus, fronte
supra antennas cum orc aureo-sericea, metanoto utrinque
obtusius augulato, supra vix tuberculato, cum abdominis
potiolo ubique aurichaloeo-sericeo, segmentorum abdomi-
naliuni 2. — 7. dorso toto aureo-tomentoso, secundi basi
liaud denudata et latera versus coufertim punctata, ven-
tralis primi carina humiliore et apiconi versus vix elevata,
2. — ii. margine apicali aureo-timbriato. Long. 11 mill.
Patria: Lagoa santa Brasiliae (Burm.).
10. Mut. deaurata. Alis dilute fuscis, anticis
limpido lituratis, mesonoti disco distincte sulcato, meta-
noti latoribus subtuberculatis, antennarum nrticulis quatuoi'
basalibus, mandibulis, palpis pedibusque laeto rutis: nigra,
rüde punctata, opaca, capitc toto, pro- et metanoto, pleuris,
abdominis petiolo, segmonti secundi limbo lato, sequeutium
dorso toto aureo-tomentosis, ventralis primi carina basin
versus dentatim elevata, secundi et sequentium margine
apicali rufo-timbriato, utrinque insuper aureo-sericeo.
Long. 8 mill. — Patria : Lagoa santa Brasiliae (Burm.).
11. Mut. dichrocera (= Mut. concinna, mas
Mutillarura Americac mcridionaÜH indigenanim «ynopüiB etc. 327
*Burm., Brasil. Mutill. p. 10, No. 34). A pracccdentc
ditJ'crt statura paullo minore, antcnnarum articulis tribus
tantum primis rufis, mesonoto obsoletius, abdominis seg-
mciito sccundo parcius et subtilius puiictato, nitidulo, pro-
noto plcurisque tenuiter aureo -scriceis, scgmcntorum
abdominalium 2. — 6. margine tantum apicali pilis aurco-
rufis fimbriato. Long. GV2 mill. — Patria: Novo Friburgo
(Mus. Halens.j.
Adnotatio. Mut. concinna Burni. fem. et ipaa
(sicut Mut. felina) oculorum et abdominis conformationc
nonnisi sectioni Mut. spinosac Swod. attribui potest et a
maro, quocum coniuncta est, omnino divcrsa.
12. Mut. argen tata *Klug (Entom. Brasil, spec.
p. 29, No. 2, tab. 21, Fig. 11). — Patria: Bahia, Rio de
Janeiro (Mus. BeroL).
13. Mut. trifida. Mesonoto rüde punetato, longi-
tudinalitcr sexsulcato, scutcllo tumido, metanoto excavato,
acute trispinoso, femoribus posterioribus apice spinoso-di-
latatis, tibiarum calcaribus elongatis, gracillimis, alis infu-
scatis, basin versus subhyalinis, anticis obscurius limbatis
et limpide lituratis: nigra, subnitida, antennarum basi,
fronte, occipite, pronoto, pleuris, metanoto, abdominis pe-
tiolo secundique segmenti (confertim punctati) margine
apicali — hoc fasciatim — cinereo-tomentosis et pilosis,
abdomiae supra parcius, infra densius pcdibusque albido-
setosis. Long. 9 mill. — Patria; Surinam (Mus. Berol.),
Venezuela (Mus. Halens.).
14. Mut. singularis Spinola CAnnal. soc. entom.
de France X. p. 95, No. 57. pl, 3, Fig. 1. — Lepeletier,
Hist. nat. d. Hym6nopt. II L p. 685, No. 79). — Patria:
Cayenna. — Species mihi ignota, praecedentibus duabus
perspicue aflinis.
15. Mut. psilogastra. Mesonoto utrinque bisulco
carinaque media instructo, scutello convexo, metanoti ex-
cavati lateribus fortiter tuberculato-angulatis, linca media
laevi pone medium subtuberculata, abdominis petiolo lati-
tudine duplo longiore, alis saturate fuscis, violaceo-mican-
tibus, basin versus hyalinis : nigra, subnitida, confertim
et subrugose punctata, albido-setosa, antennarum basi,
328 Gerstaecker: Mutillarum Americae meridionalis indigen. etc.
fronte, orc, pro- et metanoto, pleuris, abdominis petiolo
scgmentique sccundi margine apicali latius argenteo-to-
mentosis; segmentis ventralibus albido-fimbriatis. Long.
6V2— 10 mill. — Patria: Bogota (Mus. BeroL).
16. Mut. CO ei es tis. Mesonoto utrinque vix sul-
cato, carina antica media obsoleta instructo, scutello con-
vexo, metanoto deplanato utrinque vix angulato, area
media antica laevi excepta aequalitcr areolato, abdominis
petiolo latitudine apicali plus duplo longiore, apicem ver-
sus tumidulo : alis fusco-hyalinis, anticarum cellula radiali
margineque apicali late infuscatis cyaneoque micantibus:
gracillima/ laete coerulea, albo-pilosa, tegulis violaceis,
segmento ventrali septimo stramineo, antennarum funiculo
tarsisque nigris: capite, thorace scutelloque confertim et
granoso-, segmento abdominal! secundo supra disperse
punctato, nitido, huius et petiolo margine apicali lateri-
busque densius albo-sericeis. Long. 9V2 — IIV2 niül. —
Patria: Bogota (Mus. Berol.).
17. Mut. signati ventris. Mesonoto utrinque
profunde bisulco, scutello convexo, metanoto brevi, lateri-
bus obtuse angulatis, dorso fere piano foveolisque multi-
fariam impresso, abdominis petiolo latitudine parum lon-
giore, subcubico, ante apicem distincte constricto : alis di-
lute infuscatis, nigra, confertim punctata, albo-griseoque
pilosa, segmento ventrali septimo testaceo, apice piceo,
antennarum basi mandibulisque rufo-piceis, ore, fronte,
pleuris, metanoto, petiolo segmentique abdominalis securidi
fortius punctati margine apicali densc albo-sericeis. Long.
6V2 mill. — Patria: Venezuela (Mus. Halens.).
Juni 1874.
Zoologisek-eiiibrjologische lliitersiicliiiugeii.
Von
ffl, Ussow.
»■Die Entwickehingsgesehichte ist der wahre
Lichtträger für Untersuchungen iiber or-
ganische Körper. -<
C. V. Baer (Üb. d. Entwickeliingsgesch.
d. Thiere. 1828. Bd. 1. pag. 231.)
Während meines Aufenthalts in Neapel und Mes-
sina (1871 — 73) habe ich mein Augenmerk vorzüglich
auf die genauere Erforschung der Anatomie und der
Entwickehingsgesehichte zweier höchst interessanter Klas-
sen der wirbellosen Thiere, nämlich der Kopffüssler
(Cephalopoda y Cuv.) und der Mantelthiere {Tunicata^
Lamk.) gerichtet. Bei verschiedenen Arten der Cephalo-
poden habe ich den Bau der weiblichen Geschlechtsor-
gane und die Bildung der Eier studirt -^ und dann bei
vier Arten derselben die Embryoualentwickelung, von
der Befruchtung des Eies an, bis zur vollständigen Aus-
bildung des Jungen verfolgt.
Bei den verschiedenen Arten der Tunicaten aber
habe ich zu erforschen mich bestrebt: 1) die Anatomie,
den feinen Bau uud den postembryonalen ümbildungs-
process des centralen und des peripherischen Nervensy-
stems, 2) den Bau und zum Theil auch die Bildungsweise
der Sinnesorgane, 3) die Körperwand (den äusseren und
den inneren Mantel, 4) das Circulationssystem und end-
lich 5) den Verdauungsapparat mit allen seinen drüsenar-
tigen Anhängen.
330 Ussow:
Gegenwärtig mit der ausführlichen Beschreibung
der von mir beobachteten, nicht uninteressanten That-
sachen beschäftigt, glaube ich, dass eine kurze Zusammen-
stellung der erhaltenen Resultate, wie ich sie hier zu
geben beabsichtige, nicht nutzlos sein wird.
Die Kopffüssler.
Keine Gruppe der wirbellosen Thiere bietet uns in
Rücksicht auf den complicirten Körperbau der ihr zuge-
hörigen Formen ein so hohes Interesse wie die der Kopf-
füssler. Und in der That werden sie seit Cuvier^), der
die genauen Daten der vergleichenden Anatomie in Be-
tracht ziehend, sie zuerst von den übrigen Klassen der
Mollusken getrennt und scharf begränzt hat, von den
meisten Zoologen ^) an die Spitze aller Invertebraten
gestellt. Einige Forscher ^), die die zoologische Klassi-
fication auf embryologischen (zu jener Zeit noch wenig
bekannten, und oft missverstandenen) Thatsachen be-
gründet wissen wollten, glaubten, dass es möglich wäre
die Kopffüssler aus dem Molluskentypus ganz auszuschei-
den, und aus ihnen einen besonderen Typus zu bilden.
Noch vor dieser eigenthüra liehen Meinung wurde, wie
bekannt, für die Cephalopoden und einige andere Mol-
lusken eine besondere Art (Evolutio radiata) *) der s. g.
einseitigen Entwickelung aufgestellt. Ohne die Verdienste
dieser, zu ihrer Zeit sehr schätzbaren Anschauungen über
die systematische Stellung der KopiFüssler im Thierreiche
1) Mem. p. serv. ä l'hist. de l'Anat. d. Mollusques. 1817
Mem. I.
2) Lamarck, Hist. nat. d. anim. sans vert. 2de edit. V. XI.
p. 165. — R. Leuckart, Ueb. d. Morphol. u. d. Verwandtschafts-,
verhältn. d, wirbellosen Thiere 1848. Huxley, Lect. on the elem.
of comp. Anat. 1864 p. 85. — Gegenbau r, Vergl. Anal 2. Aufl.
1870 p. 78, — Haeckel, Gener. Morphol. Bd. II. p. CXV, 408 u. f.
— Claus, Grundz. d. Zool. 2. Aufl. 1873 p. 43, 44, 766 u. f.
3) Vogt, C. Zool. Briefe 1851 Bd. I, p. 298.
4) Baer, Beitr. z. Kenntn. d. niederen Thiere, Nov. Act. Acad.
nat. cur. V. XIII. p. II. 1827. Kölliker Entwickelungsgesch. d. Ce-
phalopodeii 1844 p. 175.
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 331
zu verneinen, Ist es eulaubt die Frage zu stellen, ob wir
die wichtigsten Entwickelungsweisen des Organismus der
Kopffüssler genügend kennen, und ob wir im Stande sind,
uns auf embryologische Thatsachen stützend, genau die
am schärfsten ausgeprägten Züge ihres phylogenetischen
Zusammenhanges, nicht schon mit allen anderen Typen
des Thierreichs, sondern nur allein mit den übrigen
Klassen der Mollusken, z. B. mit den ßauchfüsslern und
besonders mit den Pteropoden ^) anzugeben? Bei ge-
nauerem Einblick in diese letztere hochwichtige wissen-
schaftliche Frage erweist es sich aber, dass die bis jetzt
uns bekannten, auf die Entwickelungsgeschichte der Kopf-
füssler sich beziehenden, positiven Thatsachen lange nicht
genügen, um selbst nur annähernd ihren genealogischen
Zusammenhang aufzuklären. Unerachtet der interessanten
Aufschlüsse, welche von der Erforschung der Entwick-
lungsgeschichte möglichst vieler Cephalopodenarten zu
erwarten standen, besitzen wir bis jetzt nur drei, mehr
oder weniger ausführliche und genaue Arbeiten, welche
hauptsächlich der Embryologie der Zehnfüssler gewidmet
sind.
Noch im Jahre 1841 veröffentlichte Van -Ben e-
den ^) seine Untersuchungen über die Sepiola Ronde-
letn. Im Jahre 1844 bereicherte A. Kölliker^) die
Wissenschaft mit seiner bekannten Arbeit über die Ent-
wickelung verchiedener Zehn- und Achtfüsslerarten. Fast
ein Vierteljahrhundert später (1867) machte El. Metsch-
nikoff *) seine Forschungen über die Sepiola bekannt
1) cf. Leuckart, loc. cit. p. 154. — Gegenbaur^ loc. cit.
p. 473, — Haeckel, loc. cit. p. CIV, CXV. Keferstein, Klassen und
Ordn. d. Weichth. p. 1472.
2) Rech. s. TErabryog. d. SepioL, Mem. d. TAcad. d. Brux. V.
XIV. 1841.
3) Loc. cit. 1844.
4) Gesch. d. embr. Entw. v. Sepiola (in d. russ. Spr.), 1867
— Arch. f. Nat.-Gesch. Bd. 2. 1868. p. 130. — Arch. d. sc. phys.
et nat. V. XXX. p. 186. 1867. In den folgenden Citaten halte ich
mich an die ausführliche russische Arbeit.
332 tJßsow:
und im vorigen Jahre veröffentlichte Ray Lancester^)
eine kurze Mittheiiung über dieEntvrickelung von Loligo
Ich finde es kaum nöthig, die älteren kuf diesen Gegen-
stand sich beziehenden Beobachtungen Cuvier's^)^ Du-
ge's, ^) und Delle Chiaj e's *) aufzuzählen, da dieselben
in den meisten Fällen sehr ungenügende und fehler-
hafte ^) Angaben über den Embryonalprocess enthalten.
Da es mir unmöglich ist in dieser kurzen Uebersicht
die von Van-Bene den und von A. KöUiker erlangten
Resultate einer Kritik zu unterwerfen, und da ich über-
dies in dem unten folgenden Berichte über meine Unter-
suchungen auf die wichtigsten Irrthümer dieser Gelehrten
hinweise, werde ich nur einen Augenblick bei der ge-
nauesten aller Arbeiten, der von El. Metschnikof f,
verweilen.
Als eins der grössten Verdienste der genannten
wichtigen, aber einige Lücken enthaltenden Arbeit, die
nur eine Art der Kopffüssler berücksichtigt, kann die
von El. Metschnikoff zum ersten Mal gemachte Be-
schreibung zweier Keimblätter, und die mehr oder weniger
genaue Hinweisung auf ihren Antheil an der darauffol-
genden Bildung der verschiedenen Organe, angesehen
werden. Die Entwickelung der Sepiola und die Bil-
dungsweise des Centralnervensystems, des Darmkanales
und der centralen Kreislaufsorgane, ausschliesslich an
lebenden ^) Embryonen, ohne Hilfe von Schnittpräparaten
studirend, musste Met schniko ff noth wendiger Weise,
selbst in Bezug auf die von ihm erforschte Art der Deca-
poden, viele w^ichtige Thatsachen sich entgehen lassen.
1) Ann. and Magaz. of nat. bist. 1873. No. 62 p. 81. .
2) Ann. d. mus. 1832 V. I. p. 153.
3) Ann. d. sc. nat. V. VIII p. 107, 1837.
4) Memorie 2. Aufl. p. 39, 1829. — Notom. degli anim. in-
vertebr. 1841 V. I. p. 83 Tb. XXIX f. 4, 5.
5) Kölliker loc. cit. p. 110, 111.
6) Wenigstens erwähnt Metschnikoff in seiner Arbeit nir-
gends, dass er Schnitte, ohne welche es unmöglich ist die Bildung
der Darmfaser schiebt zu verfolgen und ein klares Bild von der Ent-
wickelung einiger Organe sich vorzuführen, studirt habe.
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 333
Da es ihm weiter wegen Mangels an Material unmöglich
war, die Entwickelung der Eier und besonders ihren
Furchungsprocess zu verfolgen, konnte leider dieser aus-
gezeichnete Forscher weder die von Kolli k er erlangten
Resultate einer eingehenden Prüfung unterwerfen, noch
die Entstehung des zweiten Keimblattes (^parenchyma-
töses Blatt'^) ^) etwas genauer beschreiben, noch endlich
die ßildungsweise des Darmdrüsenblattes ergründen.
Sehr werthvoU sind unstreitig Metschnik off's Beo-
bachtungen über die, von seinen Vorgängern so ober-
flächlich und ungenau beschriebene, Bildungsweise der
Seh- und Gehörorgane.
Bei meinem längeren Aufenthalte in Neapel und
Messina, hatte ich mir als eine Hauptaufgabe gestellt,
möglichst vollständig die Entwickelung mehrerer Kopf-
füsslerarten zu erforschen, oder mit andern Worten alle
früheren, auf diesen Gegenstand sich beziehenden Beo-
bachtungen einer genauen Prüfung zu unterwerfen, um
womöglich unsere höchst mangelhaften Kenntnisse der
Embryologie dieser interessanten Thiere zu erweitern.
Durch unmittelbare Beobachtung verschiedener Stadien
lebender Embryonen, — durch Anwendung der verdienst-
vollen Methode der vergleichenden Untersuchung ver-
schiedener Schnitte, — und endlich durch Erforschung
eines, auf besondere Weise vom Nahrungsdotter herunter-
genommenen -), in seinen Theilen fester verbundenen
1) loc. cit. p. 67.
2) Im Allgemeinen besteht diese Methode in Folgendem: zu-
förderst wird das befruchtete Ei sammt seiner Kapsel auf 5 — 10
Minuten in eine schwachprocentige Chromsäurelösung gelegt, wo-
selbst die Kapsel abgelöst wird. Sodann wird das Ei für 2 — 3 Mi-
nuten in süsses, mit 2—3 Tropfen Essigsäure vermengtes Wasser
übertragen. In einer neuen Portion süssen Wassers wird das Cho-
rion abgelöst. Der zähe, halbflüssige Nahrungsdotter fliesst sofort
aus, und steigt zur Oberfläche hinauf, während der bereits etwas
erhärtete Keim auf den Boden des ührgläschens niederfällt. Nach
der Entfernung des Wassers wird der letztere vorsichtig auf einem
Objectträger ausgebreitet und nach seiner Färbung mit Carmin in
Glycerin eingefasst. Diese ganze Bearbeitung hat zum Zwecke, dass
334 Ussow:
Bildungsdotters, der sich später in die s. g. Keimstelle
(Fruchthof), und dann in den Embryo verwandelt, habe
ich fast Schritt für Schritt den vollen Entwickelungscy-
clus einiger KopfFüsslerformen verfolgen können. Einige
Schwierigkeiten, welche sich mir auf diesem, noch wenig
betretenen Wege der Untersuchung entgegengestellt
haben, werden völlig cOmpensirt durch eine Reihe neuer,
interessanter, vielfach von mir bestätigter Thatsachen, die
aufzudecken und zu erklären mir gelungen ist.
Es ist mir bereits gelungen, die Entwickelung des
Embryos bei vier Arten der Kopffüssler ziemlich genau
zu erforschen, nämlich bei drei Decapoden (Sepia offici-
nalis Lim., Sepiola Uondeletii Leach., und Loligo sa-
gittata Lamk.) und bei einem Octopoden (Ärgonauta
argo Lin.).
Der bequemeren Aufzählung der von mir gefunde-
nen Thatsachen halber, werde ich diese kurze Mitthei-
lung in zwei Hälften eintheilen. 1) Anatomisch-physio-
logische Daten, die sich auf die Kenntniss des Baues der
weiblichen Geschlechtsorgane und auf die Biidungsweise
der Eier beziehen ^); — 2) die Ergebnisseimeiner embryolo-
gischen Forschungen über a) den Segmentationsprocess, —
b) die Bildung der Keimhaut, Blastoderma und die Entste-
hung der Keimblätter (erste Entwickelungsperiode) und c)
die ursprüngliche Anlage der Organe bis zum Hervortreten
der typischen Kopffüsslerform ^) (zweite Entwickelungs-
der Keim rascher sich erhärte als die peripherische Schicht des
Nahrungsdotters, denn nur in solchem Falle löst sich dieser von
allen Einstülpungen des letzteren ab. Mit Hilfe derselben ist es mir
gelungen, den Bildungsdotter, der den ganzen Nahrungsdotter um-
schliesst, von dem letzteren zu trennen und eine ansehnliche Samm-
lung von Präparaten verschiedener Entwickelungsstadien der Kopf-
füssler anzufertigen.
1) Ausser den genannten Arten habe ich die Bildungsweise
der Eier und einige Entwickelungsstadien bei Ommastrephes todarus,
Bossia macrosoma und Sepia hisserialis Montf. erforscht.
2) Mit dem Studium der letzten Entwickelungsperiode der
Kopffüssler, nämlich der Entwickelung des Embryo, beschäftige ich
mich gegenwärtig, was mir Dank einem grossen Vorrath von aus-
Zoologisch- embryologische Untersuchungen. 335
periode). Da die Entwickelung der obengenannten Kopf-
füssler in den wesentlichsten Punkten sehr überein-
stimmend ist, so werde ich, um möglichst bündig zu sein,
nicht die Entwickelung der einzelnen, sondern den Ent-
wickelungsgang bei allen vier Arten zugleich beschreiben.
1. Der Bau der Eierstöcke und die ßilduDgsweise
der Cephalopodeneier.
Bei mehr oder weniger jungen weiblichen Indivi-
duen verschiedener Kopffüsslerarten besteht ihr unpaa-
riger im unteren, engeren Theile des Mantels liegender,
ziemlich grosser, vom Peritonealsack umschlossener Eier-
stock, aus vielen blinden, sich verzweigenden Röhrchen,
welche sein drüsiges Parenchym bilden, üeberhaupt ist
der Bau des Eierstockes demjenigen der Eierstöcke bei
den Wirbelthieren, und besonders bei den Vögeln und
Schildkröten ^) ähnlich. In ihm können unterschieden
werden: a) die sehr dünne, aus faserigem Bindege-
webe bestehende Scheide (Tkeca folliculi)^ b) die in-
nere einschichtige EpithelialhüUe, Membrana grajiu-
losa, welche ganz gleichmässig die inneren Flächen ge-
nannter röhren- und blasenförmiger Eierstockräume aus-
kleidet. In der ersten der genannten Hüllen verzweigt
sich die dünne Arterie (Genital-Arterie), die vom unteren
Theile der Herzkammer ihren Anfang nimmt. Die Graaf-
schen Follikel bilden sich zu verschiedenen Zeiten des
Laichens (wie man nach der grösseren oder kleineren
Reife der in ihnen eingeschlossenen Eier urtheilen kann),
fortwährend (da sich in ihnen stets ganz junge Eier fin-
den), und zwar als Ausstülpungen der EpithelialhüUe
des Eierstockes. Die primitive Eizelle oder der zukünf-
tige s. g. Bildungsdotter des zusammengesetzten Eies
gezeichnet gut conservirtem Material möglich geworden ist. Von
besonderer Wichtigkeit für die vergleichende Embryologie ist die
Entstehung der Organe, worauf ich denn auch mein Augenmerk vor-
züglich gerichtet habe.
1) Wie es bekannt geworden durch Gegenbaur's Forschungen
(Arch. f. Anat. p. 491, 1861).
Hiss, Erste Anlage der Wirbelthiere p. 19 u. f. Taf. II. und
Waldeier's, der Eierstock, p. 48, 69 Taf. IV. —
336 Ussow:
ist nichts weiter als eine mehr entwickelte Zelle der
Epithelialhülie des Eierstockes, welche stets wachsende
Zelle zugleich mit dem sie uraschliessenden Epithel sich
immer mehr und mehr von den Eierstocksräumen absondert,
und endlich nur vermittelst eines mehr oder minder langen
Stieles mit der Centralmasse des Eierstockes verbunden
bleibt. Bei der weiteren Entwickelung des Eierstockes
hängt von der Zahl solcher, an Stielen befestigter Gtaaf -
sehen Follikel und der Zahl der in ihnen eingeschlosse-
nen jungen unreifen Eier, die trauben- oder iappenför-
mige Gestalt dieses Organes ab. Die Entwickelung der
Eier beginnt immer im Centraltheile des Eierstockes und
nimmt ziemlich regelmässig gegen die Peripherie des-
selben zu, wo die Graafschen Follikel und die Eier
(1 — 6 Mm. gross) ihre volle Entwickelung erreichen. Das
Vcrhältniss des Eingangs in den unpaarigen {Sepia
Loligo, Sepiola, Rossia), seltener paarigen (Omma-
strephes , Argonauta) Eileiter (paarige Eileiter sind
immer gleich entwickelt), zum Eierstock ist bei
allen von mir untersuchten KopfFüsslern immer dasselbe,
und die Art des Ausfallens reifer Eier zuerst in die
Bauchhöhle, und dann ihr allmählicher Uebergang in den,
peristaltisch sich verengernden ^) {Argonauta), zuweilen
vielfach verschlungenen und gekrümmten Eileitern er-
innern an die ähnlichen Vorgänge bei manchen Fleisch-
fressern (Lutra). Die nackte {Oymnocyta) Eizelle ^j (mit
dem Kern = Keimbläschen und dem Kernkörperchen =
Keimfleck) wächst gleichzeitig mit dem Graafschen Fol-
likel, so dass im Anfange beide in ihrem Grösserwerden
ziemlich gleichmässig fortschreiten. Bald aber schreitet
das Wachsthum des Graafschen Follikels durch Ver-
mehrung (Längstheilung) der Zellen der Membrana gra-
1) Die aug^ dem Leibe herausgenommenen und in's Wasser ge-
legten Eileiter dieses Thieres fahren noch lange Zeit fort sich zu-
sammenzuziehen, wodurch es möglich wird, ganz frische, verschie-
denen Segmentationsstadien zugehörende Eier zu bekommen. Auf
diese Weise erlangte, ja selbst aus ganz reifen Graafschen Follikeln
herausgenommene Eier entwickeln sich meistentheils weiter.
2) Bei LoUgo und Argonauta zu dieser Zeit 0,008 Mm. gross.
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 337
?iulosa^ die auf der inneren Fläche eine Reihe in die
Blase eindringender Längs- und Querfalten i) bildet,
rascher vorwärts. Die auf der Oberfläche der Epithelial-
hüUe liegenden Blutgefässzweige dringen in die Zwi-
schenräume der genannten Falten, wodurch sowohl die
beträchtlich gewachsenen Zellen der granulosa 'als auch
die von den Falten zum oberen Pol des anfangs runden
Graafschen Follikels verdrängte Eizelle, reichlich mit
Nahrungsstoff versehen werden. Zu dieser Zeit d. h. in
der Periode der „Faltungen*^ (A. Kölliker) fangen die
Zellen der Epithelialhülle an den flüssigen, fettartigen,
durchsichtigen Nahrungsdotter auszuscheiden. Folglich
dient die Faltenbildung der granulosa nur zur zeit-
weiligen Vergrösserung der inneren, den Nahrungsdotter
ausscheidenden Fläche des Graafschen Follikels. In
diesem Zustande kann ein jedes Graafsches Follikel
als eine unabhängige Drüse betrachtet werden. Von der
Dotterhaut (Chorion) 2) findet man zu dieser Zeit nicht
die leiseste Spur, so dass die Beschreibung der Art und
Weise des s. g. „Faltungsprocesses,^ wie sie von
andereu ^) Forschern gemacht worden ist, sich als eine
sehr oberflächliche und irrthümliche (wovon ich mich
völlig überzeugt habe) erweist. Das Chorion bildet sich
später, wann der Nahrungsdotter ganz ausgeschieden ist,
und das Ei die Gränze seiner vollkommenen Entwicke-
lung erreicht hat. Das anfangs flüssige und klebrige
Chorion ist auch nichts Anderes als ein ausgeschiedenes
1) Bei Sepia sind diese Falten doppelt, aber nur die inneren
bilden die unten beschriebenen Ausstülpungen ; die äusseren dagegen
lagern sich in einer gleichmässig vertheilten Schicht zwischen den
inneren und der dünnen Theca folliculr. Zwischen den zweierlei
Falten verzweigen sich die Blutgefässe und entstehen neue Eizellen.
2) Kölliker (loc. cit. p. 15) und andere Forscher (Klassen
u. Ordn. Bd. IL p. 1405) nehmen ganz irrthümlich die äussere viel-
schichtige Kapsel der Kopffüsslereier für das Chorion, und das
wirkliche, noch im Graafschen Follikel gebildete, stets mit dem
Micropyl versehene Chorion für die Dotterhaut an.
3) Kölliker loc. cit. p. 2— 13, — Brandt, Medic. Zool.
Bd. II. p. 300 Taf. XXXII f. 27, - Owen Mem. on the Pearli Nau-
tilus p. 42.
Archiv f. Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 22
338 üssow:
Product der grannlosa des Graafschen Follikels,
was u. a. auch dadurch bewiesen werden kann, dass im
Anfange seiner Bildung, vorzüglich am oberen etwas zu-
gespitzten Pole, seine Zusammensetzung aus einigen
dünnen, auf einander liegenden Schichten deutlich be-
merkt werden kann. Zugleich bildet sich auf dem ge-
nannten, verdickten Theile des Chorion, wie ich ge-
stehen muss, auf eine für mich ziemlich dunkle Weise ^),
sein röhrenförmiges, im oberen Theile mehr oder minder
breites, trichterförmiges' Mi er opyl, das ich bei allen
obengenannten Arten und Sippen der Kopifüssier ge-
funden habe.
Auf einer recht frühen Entwickelungsstufe verändert
das Graafsche Follikel allmählich seine kugelige Form
und nimmt die Gestalt eines am oberen, freien Pole zu-
gespitzten Eies an. Das eingeschlossene Ei folgt in seiner
Form derjenigen des Graafschen Follikels, Die primi-
tive Eizelle, mit dem Kern =: Keimbläschen, bewegt
sich, wie gesagt, zu dem oberen, jetzt ziemlich spitzen
{LoligOy Sepiolaf Ärgoiiauta) Pole des Graafschen
Follikels, dessen granulosa an dieser Stelle fast keine
Falten hat und ganz glatt erscheint. Hier also findet
sich das feinkörnige Protoplasma der primitiven Eizelle,
wobei es die Form einer sehr flachen, conischen Scheibe,
in deren verdicktem Centraltheüe das Keimbläschen
liegt, annimmt. Die oben beschriebenen Falten der
granulosa ebnen sich mit der Vergrösserung des Eies
allmählich aus, und verschwinden endlich ganz, so dass
sie zuletzt sowohl von innen als auch von aussen ganz
glatt wird. Das ganze reife Ei zerreisst durch sein eige-
nes Gewicht den am oberen Pole sehr dünnen Theil der
Hülle (s. g. Stigma), und wird in dem Augenblicke, wo
es in die Bauchhöhle fällt, befruchtet ^j (Argo7iauta),
1) Wo das Micro pyl liegt, finden sich keine Falten (»freier
Raum« Kölliker) und die Membrana granulosa lagert sich dort
in einer dünnen Schicht.
2) Mit Bestimmtheit kann ich das in Bezug auf die Befruch-
tung der Argonautaeier behaupten. Obgleich ich auch bei allen
übrigen Arten in den Eierstöcken ganz reife Spermatophoren vor-
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 339
Zur Erklärung der obenerwähnten Frage über die fort-
währende, zu verschiedenen Zeiten beginnende Entwicke-
lung der Cephalopodeneier, werde ich noch hinzufügen,
dass es mir gelungen ist zu beobachten, dass zur Zeit
der stärksten Faltenentwickeiung sich in den Graafschen
Follikeln neue Eier aus beliebigen Zellen der Epithe-
lialhülle entwickeln. Ein Theil der inneren Oberfläche
der Falte bedeckt alimählich das neugebildete Ei, das
bei seiner Vergrösserung an die Oberfläche hinaustritt,
sich vom Graafschen Follikel abschnürt, und endlich
nur mit der Theca Folliculi vermittelst eines kurzen
Stieles verbunden bleibt. Es können also in Folge einer
mehr oder weniger reichhaltigen Nahrung die Granulosa-
zellen eines Graafschen Follikels in einem kurzen Zeit-
räume die primitive Eizelle zur Ausbildung bringen, die
ganze Masse des Nahrungsdotters und endlich das durch-
sichtige Chorion ^) absondern. Dieses ist in ihren liaupt-
ziigen die Bildungsweise der Graafschen Follikel und
der Eier der Kopffüssler, von deren Richtigkeit ich nach
aufmerksamem, mehrfach wiederholten Studium des Vor-
ganges völlig überzeugt bin. Was die ursprüngliche
Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane der Ce-
phalopoden anbetrifft, so konnte ich sie nicht verfolgen,
da es sich wie es scheint als richtig erweist, dass der
reife Embryo nach seinem Hervorkriechen aus dem Ei,
und selbst das junge Thier am 1.— 3. Tage seines Lebens
noch keine Spur ^) von diesen Organen besitzt. Nach
drei Tagen aber, während welcher es den ganzen äusseren
und einen Theil des inneren Nahrungsdotters verbraucht
hat, kommt das Thier um, und raubt uns folglich alle
fand, so geht doch die Segmentation stets ausserhalb des Körpers
vor sich; was auf eine Pause zwischen der Befruchtung und dem
Beginn der Entwickelung hindeutet.
1) Bei Ärgonauta auch den mehr oder weniger langen faden-
förmigen Fortsatz.
2) Dieselben Resultate erlangten auch Kölliker loc. cit.
p. 110 u. Metschnikoff 1. c. p. 65. Am Ende der 3. Periode habe
ich bei Sepia und Loligo unter der Herzkammer ein Zellenhäufchen
beobachtet, aus dem sich möglicherweise die Geschlechtsorgane ent-
wickeln.
340 üssow:
Möglichkeit, die Entwickelung der Geschlechtsorgane und
die Theilnahme der Keimblätter an ihrem Bau zu er-
forschen. Was die Laichzeit ^), die Zahl der reifen Eier,
und andere Details in der Bildung und Entwickelung der
Gi-raaf'schen P^ollikel und anderer accessorischen, drüsen-
artigen Organe (Eiweiss- oder Nidamentaldrüse der Kopf-
füssler) anbetrifft, so behalte ich mir deren Darlegung
für eine ausführlichere Arbeit über die genannten
Thiere vor.
II. Furchung der Cephalopodeueier und Bildung des
einschichtigen Keimes (Blastodernia).
Die ganze Zahl der reifen, aus den Graafschen
Follikeln in die Bauchhöhle herausfallenden Eier wird,
wie es scheint, ohne Ausnahme -) befruchtet. Das reife,
der l^orm nach dem Hühnereie sehr ähnliche Kopffüss-
lerei enthält folgende Theile: 1) eine sehr geringe Masse
des s. g. ßildungsdotters, welcher, wie wir gesehen haben,
dem feinkörnigen Protoplasma der primitiven Eizelle mit
ihrem Kern (Keimbläschen) entspricht; 2) eine mehr
oder weniger grosse Menge des ziemlich klebrigen, fett-
artigen Nahrungsdotters; 3) eine ganz durchsichtige Ei-
v/eisssubstanz, die den Raum zwischen dem Dotter und
der 4) mehrschichtigen Dotterhaut (Chorion) mit ihrem
tubenförmigen Micropyl ausfüllt, und endlich 5) eine
mehr oder weniger dicke, vielschichtige Eikapsel, die
bald in einen elastischen, zur Befestigung der Eier an
verschiedene, unter dem Wasser liegende Gegenstände
dienenden Faden ausläuft (Argonauta ^), Sepia) — bald
einen mehr oder weniger Id^ugQUj 10 — 100 und mehr Eier
enthaltenden Sack bildet {ßepiolay Loligo).
1) Bei Ärgonauta dauert die Laichzeit vom Mai bis zum Au-
gust, bei Loligo, Sepiola und OmmastrepJies vom März bis zum Juni;
reife Sepiaeier bekam ich aber in Neapel fast während des ganzen
Jahres, den August ausgenommen.
2) Unter den Tausenden von Kopffüsslereiern, die ich unter-
sucht habe, fanden sich kaum einige unbefruchtete vor.
3) Bei der Ärgonauta auf dem Apex ihrer Schale, so dass
das Weibchen, welches in der Schale sitzt, mit seinem Hintertheile
die traubenförmigen, in der Windung liegenden Eiergruppen bedeckt.
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 341
Im Bcfruchtungsmomeiit verschwindet die Keiniblase
nicht und die Fnrchung des, an seiner etwas dunkleren
Färbung vom Nahrungsdotter leicht zu unterscheidenden,
feinkörnigen Protoplasma der primitiven Eizelle^ oder de«
s. g. Biidungsdotters beginnt stets mit der Theilung des
Keimbläschens. Bei der Argonauta geht der Furchungs-
process grösstentheils im Mutterleibe, und zwar während
der Bewegung der Eier in den schlingenförmigen Ei-
leitern *)^ vor sich, während bei allen übrigen von mir
beobachteten Cephalopoden die Segmentation immer
ausserhalb des Mutterleibes anzufangen scheint. Die
Segmentation des Biidungsdotters der Kopffüssler erinnert
sehr, was ihre Form anbetriö't, an die Öegmentation der
Vogel- -) und Schildkröteneier ^). Bei allen vier von mir
untersuchten Kopffiisslerarten ist sie unregelmässig.
Die Theilung des Protoplasmas des Biidungsdotters fängt
in seinem verdickten Centraltheile an, und setzt sich fort
gegen den verdünnten peripherischen Theil, der gleich-
massig die ganze Oberfläche des Nahrungsdotters
umschliesst. Dieser letztere nimait am Segmentations-
process keinen Antheil („partielle Furchung"). Eine der
Hauptursachen der Segmentation des Biidungsdotters
scheinen die grosse Beweglichkeit seines Protoplasmas
und die Ortsveränderungen von dessen schw^ersten Thei-
len^ den am dunkelsten gefärbten Körnchen, auszumachen.
Die Theilung beginnt immer in der Nähe der Kerne der
Furchungszellen („Furchungskugeln" Kölliker) oder der
Segmente und der Abschluss der völligen Theilung
(durch Längs- oder später Querth eilung, was sich gleich
bleibt) fällt mit der völligen Absonderung der Kerne
zusammen. Anfangs erscheinen alle Furchuugen nur
an der Oberfläche des Biidungsdotters, .dringen dann
1) Das erste Segmentationsstadium beobachtete ich au Eiern,
die aus dem Ein gange in die Eileiter genommen waren, während
an den, bei der Mündung liegenden Eiern schon acht, ja auch sechs-
zehn Segmente vorhanden sind.
2) Coste, Hist. part. et gener. d. corps organ. p. 287. PI. IJ.
3) Agassiz, Coutrib. to tbe nat. hist. of the Unit. Stat. V. 11.
342 üssow:
aber allmählich sich vertiefend bis in die untersten
Schichten des Protoplasma ein.
Die ursprüngliche, erste Furche i), die den ganzen
Bildungsdotter in zwei gleiche, einander anliegende Seg-
mente theilt, wird bald (annähernd nach zwei Stunden)
unter einem rechten Winkel von einer zweiten Furche
durchschnitten. Als Resultat dieser Theilung entstehen
vier einander gleiche Segmente, mit vier, von ihnen
eingeschlossenen, hellen Kernen (die Kernkörperchen
fehlen gänzlich). Im Mittelpunkte entsteht ein sehr un-
bedeutender, heller Zwischenraum, der in der Folge bald
verschwindet. Die weiter nachfolgenden Furchungen
des Bildungsdotters sind unregelmässig; aus 4 Segmenten
bilden sich (in 4 Stunden) zuerst sechs und dann acht
gleiche Segmente. In der Zeit zwischen der Bildung
der 6 und der 8 Segmente bilden sich im Vereinigungs-
centrum der Furchen, im frühesten Momente des Auf-
tretens der zwei schmälsten Segmente, durch Abschnü-
rung ihrer Spitzen, zwei primitive Furchungszellen oder
-kugeln (annähernd zwischen der 3. und der 4. Stunde
des Segmentationsprocesses). Von den beiden der 8 Seg-
mente, welche den eben genannten, schmalen Segmenten
gegenüber liegen, schnüren sich nun noch (während der
4. Stunde) zwei recht umfangreiche Furchungskugeln
ab, welche sich den beiden primitiven gerade gegenüber-
stellen. Auf diese Weise entstehen annähernd in 4 Stun-
den von dem Beginne der Segmentation acht Segmente
und vier Furchungskugeln. Aus diesen vier und zehn
später hinzutretenden Furchungskugeln entsteht auf dem
Wege der fernem selbstständigen Theihmg (Längsthei-
lung) der Centraltheil der Keimscheibe.
1) Bei Loligo, Sepiola und Argonauta erscheint diese Furche
gerade unter dem Micropyl, im Centrum des Bildungsdotters; bei Se-
pia bisweilen etwas seitwärts, was ich für eine anormale Erschei-
nung halte, ebenso wie auch das, dass ich einmal bei Sepiola die
Segmentation auf dem unteren, stumpfen Pole des Eies fand. Die
folgenden in der Beschreibung des Furchungsprocesses genannten
Stunden beziehen sich auf Sepiola und Loligo.
Zoologisch-embryologiscbe üntcTsuchurigen. 343
In den darauf foI,fi:cndcn Stadien bemerken wir fol-
j^endes: 1) eine rasche Vermehrung der Central turchungs
kugeln a) durch selbstständige Längstheilung und b) durch
das ziemlich rasch fortschreitende Abschnüren der Segment-
spitzen, und 2) eine Vermehrung der Segmente durch ihre
langsamere Längstheiking. Auf diese Art entstehen,jim die 7.
Stunde des Furchungsprocesses 10 — 12 strahlenförmige Seg-
mente, während noch immer nur 4 Centralfurchungskugcln
vorhanden sind; weiter in der 11. Stunde giebt es 18 Seg-
mente und zugleich schon 14 Furchungskugein (8 durch
Thcilung der4genannten, 6 neu abgeschnürte Spitzen der 2
Längs und 4 Seitensegmente). In der nächsten Stunde (12)
schnürt sich vermittelst der s. g. Meridianfurchung von
einem jeden Segmente eine Kugel ab; alle diese Kugeln
lagern sich um die vorhergebildeten, und somit beträgt
auf diesem Stadium die Zahl der Segmente 18, die der
Furchungskugein 32 Stück. Auf der nächsten Segmen-
tationsstufe wächst die Zahl der Segmente bis auf 32,
welche die Keimscheibe umgeben. Diese letztere aber
besteht jetzt aus 108 — HO nach der Peripherie hin grös-
seren, im Centrum kleineren Zellen, die durch zugenom-
mene Theilung sich dergestalt vermehrt haben. Die Zahl
der Kerne der Furchungskugein und der Segmente
wächst ebenfalls, und zwar so, dass in einer jeden Kugel
und in einem jeden Segmente je ein Kern enthalten ist.
Beide Arten von Zellen haben keine Spur von Hüllen,
— ihr feinkörniges Protoplasma wird immer dunkler,
und verwandelt sich aus einem durchsichtigen in ein
durchscheinendes.
Während der ganzen Dauer des Segmentationspro-
cesses ist die nach aussen gewandte Oberfläche aller
Segmente, und besonders aller Furchungskugein recht
erhaben, wobei im Centrum des ßildungsdotters die
höchsten gelegen sind. Am Ende des ganzen Processes,
in den letzten Stadien, werden ihre Wölbungen lange
nicht so bemerkbar, und endlich wird die hügelige Ober-
fläche des Bildungsdotters ganz glatt. Als Endresultat
aller dieser Theilungen entsteht die einschichtige
Keimscheibe („Keimstelle," A. Kölliker), in der, was
344 Ussow:
die Grösse und die Form der sie bildenden Zellen, und
auch ihre Vertheilung anbetrifft, folgende zwei Abthei-
lungen unterschieden werden können: 1) Das Centrum
der Keimscheibe, welches die Gestalt eines convexen
Kreises darbietet, und sich durch die Vermehrung der
hohen, zylinderförmigen, primitiven Furchungszellen (s.
das Stadium der 8 Segmente) gebildet hat, und 2) der
anfangs sehr schmale, allmählich breiter werdende, auf
die genannte Scheibe unmittelbar folgende Ring, dessen
etwas breitere, aber mehr fliache, 5- oder Geckige Zellen
sich hauptsächlich aus den durch die Meridianfurche ab-
geschnürten Segmentspitzen gebildet haben (s. das Sta-
dium der Meridianfurche).
Unmittelbar mit diesem Ringe verbindet sich der
untere Theil, der bis zum unteren Pole des Nah-
rungsdotters sich hinzieht und ihn umschiiesst Dieser
Theil besteht aus in ihrer Theilung langsam fortfahrenden
Segmentspitzen ^), und aus den hier (am unteren Pole)
nicht scharf getrennten, sogar oft in einander verfliessen-
den Segmenten selbst. Ihre Zahl bleibt die frühere (32).
Ihr feinkörniges Protoplasma bedeckt mit einer sehr
dünnen Schicht die ganze Masse des Nahrungsdotters,
der auf diese Weise schon seit dem Anfange der Seg-
mentation in dem s. g. Bildungsdotter, oder um genauer
zu sein in dem auf seiner Oberfläche mit Ausnahme des
oberen Pols, wo es sich merklich verdickt, gleichmässig
aufliegenden Protoplasma der primitiven Eizelle,
gleichsam wie in einer Hülle, eingeschlossen ist. Das
s. g. Schwinden der Segmente findet in der That nie
Statt. Früher oder später theilen sie sich alle, wie wir
es sehen werden und ergeben eine gew^isse Anzahl das
einschichtige Blastoderma bildender Zellen 2).
Aus dem beschriebenen, wirklichen Verlaufe des
1) In dem letzten Furchungsstadium theilt sich eine jede Seg-
mentspitze in Zellengruppen, welche in parallelen Eeihen sich auf
dem Aequator lagern.
2) Bei Se^pia schliesst sich das Blastoderma am unteren Pole
des Nahrungsdotters erst in der zweiten Periode ab, wie es auch
Kölliker beschrieben hat.
Zoologisch -embryologische Untersuchungen. 345
Furchun^sprocesses der Cephalopodeneier, den ich in
allen seinen Einzelnheiten verfolgt liabe^ kann man sich
leicht von der Ungenauigkeit der Kölliker'schen, in
Bezug auf diese Frage ausgesprochenen Meinung über-
zeugen. Und wirklich habe ich mich durch eine Reihe
vielfach von mir wiederholter Untersuchungen vollkommen
überzeugt, dass der genannte Gelehrte ganz von ein-
ander unabhängige Entwickelungsstadien der Sepeaeier
beobachtet ha!, und dass dessen Forschungen bei unnor-
malen Bedingungen vorgenommen wurden, wo die Ver-
bindung der Segmente und der Segmentationsspitzen be-
reits stark geschädigt war. So z. ß. weist Kölliker
im Vereinigungscentrum der Furchungskugeln dermaassen
unbestimmte und unregelmässige Zwischenräume auf, wie
ich sie bei keiner von mir erforschten x^rt gefunden habe.
Die Art und Weise der Embryonalzellenbildung ist eben-
falls, wie sich aus dem Vorhergehenden ergiebt, von dem
genannten Gelehrten irrthümlich beschrieben worden.
111. Bildung der Keimblätter.
Das obengenannte Schlussstadium des ' Furchungs-
processes, d. h. das Auftreten der Keimscheibe, oder des
einschichtigen, aus dem oberen Keim blatte bestehen-
den Keimes, welcher am oberen zugespitzten Theile des
Nahrungsdotters erscheint, und seinen zwölften Theii be-
deckt, findet bei den meisten von mir beobachteten Kopf-
füsslern ^) am zweiten Tage seit dem Beginn der Ent-
wicklung statt. Das wichtige Moment der Erscheinung
des zweiten Keimblattes fällt auf den Anfang des dritten
Tages {Sepia, Loligo, Oinmastrephes). Die ursprüng-
liche x\bsonderung des zweiten Keimblattes geht auf
folgende Weise vor sich: im mittleren Theile
des obengenannten, einschichtigen, unmittelbar unter dem
Ceutrum des Keimes liegenden Ringes (jetzt sehr ähnlich
der Area opaca) beginnen die Zellen, die sich in der
Längsrichtung immer weiter theilen, auch in der
Querrichtung sich allmählich zu theilen, — wobei
1) Bei Ärgonauta bildet sich die Keimscheibe schon in der
7. oder 8. Stunde von dem Beginn der Segmentation.
346 Ussow:
diese Theilung (\n der unteren Peripherie den Anfang
nimmt, und sich gegen das Centrum fortsetzt. Der Kern
einer jeden Zelle des oberen einschichtigen Keimblattes
verlängert sich, und zugleich verlängert sich auch tropfen-
artig nach unten das Protoplasma^ worauf sich dann von
der Mutterzelle eine neue Zelle abschnürt. Als Ergeb-
niss dieser Qnertheilung entsteht anfangs nur im mittleren
Ringe der Keimscheibe, später auch in dem Centraltheile
und in dem Segmententheiie, ein zweites Keimblatt.
An den Stellen, wo dasselbe entstanden ist, wird die
Keirascheibe bald ganz undurchsichtig, und erscheint
bei auffallendem Lichte matt weiss und milchfarbig.
In den folgenden (annähernd bis zum 4. oder 5.)
Tagen setzt sich der beschriebene Wachsthumsprocess,
und zwar in allen Theilen der Keimscheibe fort, wobei
1) der Durchmesser ihres noch immer einschichtigen Cen-
traltheiles sich ziemlich vergrössert, 2) der mittlere, zwei-
oder mehrschichtige, dicke Theil (Area opaca) sich
immer mehr gegen den unteren Pol hin verbreitet, 3) die
unmittelbar auf den Ring folgende Region der in Zellen-
gruppen sich theilenden Segmente, jetzt am Aequator
des Dotters (also viel niedriger als früher) beginnt. Die
verdickte, innere Schicht der Area opaca, die aus
runden; zerstreut liegenden, sich selbstständig (heilen-
den 1) Zellen (des zweiten Keimblattes) besteht, bildet an
der Gränze des Centraltheiles der Keimscheibe einen
Wall, der mehr oder weniger in den Nahrungsdotter hin-
eindringt. In Folge dieses Druckes dringt der Nahrungs-
dotter seinerseits in den sich ein wenig hebenden Cen-
traltheil der Keimscheibe (ähnlich dem „Dotterpfropfe"
der Froscheier). Zu derselben Zeit bildet sich aus den
von den Segmenten abgeschnürten Zellen noch ein sehr
schmaler zweiter Ring, der zwischen dem ersten Ringe
und den Segmenten zu liegen kommt. Am 6. und 7.
Tage umlagert dieser neue Ring gerade den Aequator
1) Die Zellen theilen sich, sowohl in der Längs- als auch
Querrichtung, wodurch ihre Schicht dicker und zum stumpfen Pol
hin breiter wird.
Zoologisch-embi^ologische UntersuchungeB. 347
des Dotters. Seine vier- oder fünfeckigen Zellen^ die
ziemlich gross sind, liegen in aufeinander folgenden
Reihen. Ueberhaiipt ordnen sich alle Zellen, sowohl des
inneren als auch des äusseren Keimblattes in solche auf-
einander folgende Reihen, wobei die letzteren bei ihrer
Theilung, z. B. iVbschnürung, wenn sie für eine kurze
Zeit frei werden, vermittelst ihres contractilen Protoplas-
mas und der mehr oder weniger kurzen Pseudopodien
auf der Oberfläche des Nahrungsdotters sich bewegen.
Zu Ende des 7. Tages vermehren sich durch Längs-
theilung (Sepiola, LoligOj Argonauta) die Zellen des cen-
tralen, conischen Theiles des oberen Keimblattes sehr
rasch. Dadurch entsteht eine Verdickung, die aber lange
nicht den ganzen Centraltheil der Keimscheibe einnimmt,
sondern nur am Rande derselben eine ovale Falte bil-
det, welche in der Polarrichtung sich ausbreitend, den
Centraltheil allmählich zu überdecken anfängt. Zugleich
mit der Bildung dieser Falte senkt sich der von der Falte
umschlossene Theil der Keimscheibe ein wenig und bildet
eine in der Mitte breitere und tiefere Rinne, die die Form
eines gedehnten Rhomboids hat. In dem Rhomboid be-
steht die Keimscheibe aus einer einzigen Schicht von
Zellen des oberen Keimblattes. Unter der ovalen Falte
aber beginnt die Zellenschicht des dort verdickten
zweiten Keimblattes durch Quertheilung sich zu ver-
doppeln und bildet so zwei Schichten: die obere Haut-
muskel- und die untere Darmfaserschicht. Am
deutlichsten lassen sich diese beiden Schichten auf der
Gränze der früheren Area opaca und des Centraltheiles
der Keimscheibe, und zwar auf der zukünftigen Bauch-
seite des Embryo beobachten, während sie anfangs so-
wohl nach dem Aequator hin, als auch dem Pole zu all-
mählich mit einander verschmelzen, und gar nicht unter-
schieden werden können. Die fernere Spaltung des
zweiten Keimblattes in zwei auf einander liegende Schich-
ten geschieht zu der Zeit, wann der Nahrungsdotter am
unteren Pole, von den durch endliche Theilung der Seg-
mente gebildeten Zellen des oberen Keimblattes, und
von der oberen Schicht- länglicher, spindelförmiger Zellen
348 Ussow:
des zweiten Keimblattes ganz umschlossen ist ^).
Am 7. und 8. Tage verändert allmählich der den
Nahrungsdotter umschliessende Keim seine ovale Form
zu einer vollkommen kugelförmigen. Bei Lotigoy ße-
piolaj Ommastrephes bedeckt sich die Oberfläche der
meisten Zellen (die an der Stelle, wo die Augenovale sich
bilden werden, liegenden und einige andere ausgenommen)
des oberen Keimblattes (kugelförmiger Embryo) mit
Flimmerhaaren, welche durch ihre fortwährende Bewe-
gung die Rotation des Embryo bei den aufgezählten
Arten bedingen. Bei Sepia und Argoiiauta rotirt der
Embryo weder auf dieser^ noch auf der folgenden Ent-
wickelungsstufe. Die Periode der Bildung des Blasto-
derma dauert (den Segmentationsprocess eingerechnet) 4
(Argonauia) bis 9 {LoligOj Sepiola), und mehr Tage
(? Sepia).
Es bedeckt also zu Anfange der Rotation, mit der
die zweite Entwickelungsperiode, die der Entstehung der
Organe, beginnt, der Keim den ganzen NahrungsHotter
und besteht aus zwei, stellenweise vielschichtigea Keim-
blättern: 1) Aus dem Blastoderma oder dem oberen Keim-
blatte (Hornblatte). Die Dicke dieses noch immer ein-
schichtigen Keimblattes, nimmt mit der Annäherung an
den oberen Pol des Nahrungsdotters etwas zu ^), und
zwar da, wo die ovale den rhomboidalen, auf der Rücken-
seite des Embryo liegenden Theil des Keimes bede-
ckende Falte sich bildet. Das rhomboidale, anfangs runde
Centrum des Keimes und die ovale, mehr oder weniger
breite ringförmige Falte entstehen aus dem, an die s. g.
Area opaca gränzenden, auf dem spitzen Pole liegenden,
bedeutend gewachsenen Centraltheile der Keimscheibe:
1) Bei Loligo, Sepiola und Ar gonauta] bei Sepia schliesst sich
das Blastoderma, wie oben bemerkt, erst in der zweiten Entwicke-
lungsperiode ab.
2) Durch Quertheilung seiner Zellen, die cylinderförmig werden,
und meistentheils zwei scharf markirte Kerne enthalten.
Zoologisch- embryolögische Untersuchungen. 349
dieser Tlieil aber ist aus den rasch an Zahl gewach-'
senen, zu verschiedenen Zeiten erschienenen^ primitiven
14 Furchungskugeln entstanden. Der njittlere Theil des
Keimes, der jetzt fast die halbe Oberfläche des Nahrungs-
dotters (von dem Rande der oben genannten Falte an
bis zum Aequator) bedeckt, und seine grösste Breite auf
der Rückenseite erreicht, entspricht dem beträchtlich
breiter gewordenen mittleren Ringe der Keimscheibe,
welcher Ring aus der Vermehrung der hauptsächlich
durch die Meridianfurche von den Segmenten abgeschnür-
ten Zellen entstanden ist. Auch hier verdickt sich das
erste Keimblatt — vorzüglich an den Seiten- und an der
Rückenfläche — dadurch, dass seine Zellen sich rasch
der Länge nach theilen, wobei sie höher und cylinder-
förmig werden.
Unmittelbar auf diesen Theil folgt der ziemlich
enge, gürtelähnliche, aus den von allen 32 Segmenten
gleichmässig abgeschnürten Furciiungskugeln entstandene
Theil, welcher den Aequator des Dotters einnimmt, nach
oben von dem mittleren Theil (dem zukünftigen Rumpfe
des Thieres) und nach unten von dem überall gleich-
mässig dünnen, zweischichtigen, am unteren Pole geschlos-
senen Blastoderma (Rudiment des Dottersackes) begrenzt
wird. In dem genannten, peripherischen, gürtelähnlichen
Theile des kugelförmigen Keimes sind die Zellen recht
breit, aber zugleich flach, so dass dieser Theil eben so
dünn wie das Rudiment des Dottersackes ist. Alle Zellen
des oberen Keimblattes unterscheiden sich zu Ende der
ersten Periode nur durch ihre Höhe und Breite, was da-
gegen ihre Form anbetrifft, so giebt es keine besondere,
nur gewissen Theilen des genan^nten Keimblattes eigen-
thümliche. Zugleich mit 3- oder 4eckigen finden sich 5-,
6-, 7- ja selbst Seckige Zellen. — 2) Aus dem zweiten
oder mittleren, an der ovalen Falte die grösste Dicke
erreichenden Keimblatte, welches in. zwei Schichten, die
Hautmuskelschicht und die Darmfaserschicht, zerfällt. Mit
der Entwickelung des Keimes wächst diese Spaltung des
zweiten Keimblattes sowohl durch Quertheilung seiner
Zellen, als auch durch die Verbreiterung beider Schich-
350 Ussow:
ten, welche in der Richtung vom rhomboidalen Centrum
zum Dottersack stattfindet.
Die beiden Schichten des zweiten Keimblattes lagern
sich folgendermaassen: a) Die Hautmuskelschicht ver-
dickt sich etwas im Centraltheile des Keimes und in dem
gürteiähnlich auf dem Aequator des Dotters liegenden
Ringe desselben. Durch allmähliche fortgesetzte Theilung
der Biastodermazellen (s. den Aufangsmoment der Bil-
dung des zweiten Keimblattes) und durch selbstständige
Längstheiliing ihrer Zellen, wächst diese Schicht ziemlich
schnell unter dem oberen Keimblatte, und schliesst sich
am untern Pole des ^ahrungsdotters ab. — b) Die Darm-
faserschicht findet sich mit der Entwickelung des Keimes
nicht nur auf der Bauchseite vor (unter der ringförmigen,
ovalen Falte des rhomboidalen Centrums), sondern ihre
ziemlich losen, unmittelbar auf dem Nahrungsdotter auf-
liegenden Zellenreihen, vermehren sich im mittleren
Theile des Keimes auöh gegen die Rückenseite hin.
Verschiedene Keimschnitte aus früheren Stadien (z. B.
des 10. Tages) zeigen, dass die Zellen der Darmfaser-
schicht sich am stärksten an den Seiten der Längsaxe
des Keimes, nämlich dort, wo sich später der Verdauungs-
apparat entwickeln wird, häufen. Nahe an der Gränze
des mittleren und des gürtelförmigen Theiles hört diese
Schicht ganz auf, und in dem gürtelähnlichen Theile
(Region der Bildung der Arme) und weiter zum Pole des
Nahrungsdotters hin, und um denselben herum werden
nur die Zellen der Hautmuskelschicht, wie schon oben
bemerkt worden ist, angetroffen. P'olglich entsteht die
untere oder Darmfaserschicht des zweiten Keimblattes,
wie es leicht ersichtlich ist, durch Querspaltung des an-
fangs einschichtigen zweiten Keimblattes, also auf die-
selbe Weise wie dieses Blatt aus den Zellen des ein-
schichtigen Blastoderma oder dem oberen Keimblatte sich
gebildet hat. Die Zellen beider Schichten des mittleren
Keimblattes sind stets etwas kleiner, aber zahlreicher als
die des oberen. Der Form nach sind sie meistentheils
oval, nicht selten gedehnt (in der Wand des Dotter-
sackes); ihr Protoplasma ist ziemlich dunkel, fettartig.
Zoologisch-embryologische üntersiichuDgeri. 351
und der in einer jeden Zelle eingeschlossene Kern (oft
zwei) kann ohne Reagentien fast nicht wahrgenommen
werden. Alle Zellen, sowohl des zweiten, als auch des
oberen Keimblattes enthalten keine Spur von Hüllen.
JNicht ohne Absicht habe ich so lange bei der Bil-
dungsweise, der Selbstständigkeit und der Verbreitung
der beiden ersten Keimblätter verweilt, indem die einzige
bis jetzt vorhandene, diesen Gegenstand berührende, von
El. Mets chnikoff ^) gelieferte, bekannte Abhandlung
nicht ganz befriedigend ist. Erstens hat dieser Forscher
das zweite, untere ßlatt („parenchymatöse") nicht als das
mittlere erkannt, und zweitens auf seine Spaltung in die
zwei oben beschriebenen, in der Bildung des Embryonal-
organismus eine so wichtige iiolie spielenden Schichten,
nicht hingewiesen, ich glaube es ist unnütz hinzuzu-
fügen, dasö meine langwierigen Forschungen über die
Entwickelung von vier verschiedenen Kopltüsslerarten,
die von Kolliker-j aufgestellte einsieht, welche den
Kopliüsslern beide Keimblätter abspricht, vollständig wi-
derlegen.
iV. Aut'treteu der Orgaue.
Gehen wir jetzt zu der zweiten Periode ^), derjenigen
der Entstehung der Organe über. Am ersten Tage dieser
Periode (bei LoLigo und tSepioia dem neunten Tage seit
Beginn des Furchuugsprocesses; wird die oben beschrie-
bene Khomboidalrinne allmählich tiefer und von der läng-
lich ovalen, stets wachsenden, die Form eines Schildes
annehmenden, an der Bauchseite sich abschnürenden
Falte überdeckt. Die Ränder der Falte fangen gegen
das Ende dieser Periode an zusammenzuwachsen, und die
1) loc. cit. p. 19.
2) loc. cit. p. 167.
3) Bei Loligo, Sepiola und Argonauta dauert die zweite Ent-
wickelungsperiode 5 Tage. lu dieser Mittheilung folge ich Met-
schnikofis Eintheilung der Kopffüsblerentwickelung in drei fol-
gende Perioden: die erste — Bildung der Keimblätter, die zweite
— Auftreten der Organe, die dritte — allmähliche weitere Ent-
wickelung der Organe.
352 r s s o w :
rhomboidale Rinne Terwandelt sich in eine flache, im
mittleren Theile etwas breitere (besonders bei Sepia)
Röhre.
Die schildförmige über der Röhre, hauptsächlich
auf der Rückenfläche liegende (aus der zusammenwach-
senden Falte entstandene ) hügelförmige Erhebung, die
sich aiimählich abschnürt, ist das Rudiment des Mantels,
während in der genannten, an beiden Enden geschlosse-
nen, in der Mitte breiteren Röhre sich später das Os se-
piae {Sepia, Loligo, Sepiola. Ommastrephes, liossia) bilden
wird. Die an der Bauchseite sich abschnürende Erhebung
wächst sowohl nach oben als auch nach unten, und nimmt
anfangs die Form einer Tasse, später die eines Cvlinders an.
Die Wandungen der genannten Primitivrinne *), die
sich auf obenangegebene Weise in eine Röhre umbildet,
bestehen aus einer einzigen Zeilenschicht -) des oberen
1; Die Lage dieser rhomboidalen YertiefaDg auf der Rücken-
seite, ihr frühzeitiges Auftreten (vor allen Organen), ihre fernere
Entwickelungsweise, alle diese Thatsachen. weiche an die Primitiv-
rinne der Wirbelthiere erinnern, in Betracht ziehend, möchte ich sie
ebenfalb Primitivrinne benennen, wobei jedoch selbstverständlich von
einer näheren Yergleichung derselben mit der Primitivrinne der Wirbel-
thiere nicht die Rede sem kann, da beide Rudimente grundverschiedene
Organe darstellen. Obgleich bei den Octopoden {Ärgonauta) sich eben-
falls anfangs eine Rinne bildet, so schliesst sich dieselbe doch nicht
(die Gattung Cirrhoteuthis ausgenommen?), sondern glättet sich all-
mählich aus und verschwindet endlich ganz. In Bezug auf Ärgo-
nauta muss ich bemerken, dass Kölliker die Rinne beschrieben
(loc. cit. p. 163j und abgebildet (Taf. VI. f. 71— 73) hat, als »eine
ziemlich tiefe trichterförmige Grube, <
2) Die cylinderförmigen, den Boden der Rinne auskleidenden
Zellen sind ziemlich hoch, während die die Rinne überdeckende und
später zusammenwachsende Schicht aus kleinen flachen Zellen be-
steht. Einige Uebereinstimmung in der Entstehung dieser Rinne und
der des Darmdrüsen blattes gewisser Thiere (z. B. der Artbropoda)
und dann die grosse Aehnlichkeit ihrer unter dem oberen Keim-
blatte liegenden Zellen mit denen des genannten Darmdrüsenblattes
hat mich anfangs irre geleitet und mich glauben gemacht, dass viel-
leicht auch bei den Kopfiusslem ein Theil des Darmtractus, ähnlich
wie z. B. bei den Krehisen sich bilde (s. die ausgezeichnete, in
russischer Sprache erschienene Arbeit Bobrezky's: »Ueber die
Zoologisch-embryologi^che rntersnchungen. 3d3
Keimblattes, während in der ovalen Falte i Rudiment des
Mantelsi ausser den verlängerten, cvlinderförmigen, auf
ihrer Obertiäche liegenden Zellen noch zwei Zellen-
schichten des mittleren Keimblattes sich tinden. Die
erste dieser Schichten Hautmuskelschicht' wird, mit der
Entwickelung der Falte sich stets vergrössernd, unfer
ihren Rändern mehrschichtig ^\ also auch dicker, und
diese Verdickung ist die unmittelbare Ursache der Aus-
stülpung der Falte über das Blastoderraa und ihrer Ab-
schnürung an der Bauchseite.
Ausser den genannten Organen treten zu dieser
Zeit auch die Rudimente der Augenövale und der
Mund Öffnung auf. Die Mundöffnung. die von aussen
nur mit Mühe wahrgenommen werden kann, stellt sich
auf den Längsschnitten dieses Stadiums als eine sehr dache
Vertiefung des oberen Keimblattes dar. Die Augenrudi-
mente, die symmetrisch an den Seiten der Riickendäche
Hegen, entwickeln sich vorzüglich aus den länglichen
Zellen des oberen Keimblattes, deren einzige Reihe eine
liinglich-ovale Wölbung -) über dem Blastoderma bildet.
Der auf die angegebene Weise (s. oben S. 333 Anm. 2)
vom Xahrungsdottor in diesem ersten Stadium der Entste-
hung der Organe abgehobene Cephalopodenembryo hat die
Form einer an vielen Stellen mehr oder minder ver-
dickten, mehrschichtigen convexen Scheibe, oder genauer
einer hohlen Halbkugel. Die früheste und bedeutendste
Eutwick eluiig des Astacus und des Palaemon«). Krst eine
lange Reihe vielfach wiederhoher Beobachtungen hat mich von
meinem anfänglichen Irithum überzeugt.
1) Der Theil der llautmuskelschicht, welcher zwischen der
Rinne und der Obertiäche des Mantels liegt, bildet sich ^iu der
dritten Periodel /u der Cutis mit ihrer muskulöse« und faserigen
Schicht um.
2) Diese Entwickelungsweise der primitiven Augenovale, die
bald von einer zweiten Falte des obeivn Rlattes bedeckt werden, und
dann sich allmählich zu senken beginnen, hat Metschnikoff g^nt
richtig bei Sepiola beobachtet (loc. cit. p. 43 — 49). Für die übrigen
Tephalöpoden bestätigen dieselbe meine Untersuchungen und folg-
lich erweisen sich die Mein\mgen Kölliker's (loc. cit. p. 99) u.
Hensen's (Z. f. wiss. Z. Rd. XV. p. 1S3) als irrthümlich
Arohiv f. Naturg. XXXX Jahrg. Bd. l. 23
354 TT s s o w :
Verdickung entspricht dem schildförmigen, auf der Rü-
ckenseite zugespitzten, auf der Bauchseite bogenförmig be-
gränzten Mantelrudimente mit der beschriebenen Rhom-
boidalrinne, welche auf Querschnitten in der Form einer
flachen aber breiten Vertiefung des oberen Keimblattes
sich darstellt. Das Mantelrudiment liegt zur Zeit seines
Auftretens in der Mitte der ursprünglichen Keimscheibe
(Centrum) mit seinem bei weitem grösseren Theile auf
der Rückenseite, während der etwas gehobene (sich ab-
schnürende) später die Bauchseite umwachsende Theil
*nur einen sehr unbedeutenden Raum auf der letzteren
einnimmt.
lieber dem Mantel liegen symmetrisch zu beiden
Seiten der Rückenfläche die zwei Augenovale und zwi-
schen ihnen, an der Gränze der Region der Arme das
oben genannte Rudiment der MundöfFnung. Die Seiten-
flächen des Embryo entsprechen den später auftretenden
s. g. Kopflappen.
Am folgenden Tage traten bei allen von mir unter-
suchten Cephalopoden die Kiemen, der Trichter, die
Arme und der Anal- oder Afterhügel auf. Zu der
Zeit, wann das Mantelrudiment sich von dem Blastoderma
an der Bauchseite etwas mehr abgeschnürt hat, wird die
Zellenschicht des oberen Keimblattes an den Seiten des
Embryo etwas dicker (anfangs durch Längstheilung, wo-
durch die Zellen höher werden, dann auch durch Querthei-
lung) und bildet zwei anfangs unbedeutende, allmählich
wachsende Erhöhungen, die die Rudimente der beiden
s. g. Kopflappen sind.
Was die, anfangs an der Bauchseite des Embryo,
unweit von dem Rande des Mantels liegenden Kiemen-
rudimente anbetrifft, so entwickeln sich dieselben aus der
mehrschichtigen Verdickung ^) der Hautmuskelschicht des
1) Am Ende der zweiten und in der dritten Periode lockern
sich allmählich die Zellen in der Mitte der soliden Kiemenrudimente
und es entstehen netzartige geschlängelte Gänge, in welchen die
Kiemenarterien und -venen mit ihren zahlreichen Zweigen sich bilden,
cf. van Beneden loc. cit. p. 9. — Kölliker loc. cit. p. 89. —
Metschnikoff loc. cit. p, 61.
Zooiogisch-embryologische Üntersuchungeü. 355
mittleren Keimblattes, die von den Zellen des oberen
Blattes bedeckt ist.
Auf der Gränze des vorderen Kopflappens und des
Mantelrudiments tritt auf jeder Seite des Embryo eine
balbtoondförmige Falte auf, die aus einer Verdickung der
Hautmuskelscbiclit entsteht, und wie alle genannten Or-
gane, von Zellen des oberen Blattes bedeckt ist. Dieses
ist das Rudiment des Trichters, der aus zwei Hälften,
deren Ränder auf der Bauchseite sehr spät und zwar am
Anfange der dritten Periode zusammenwachsen ^), besteht.
Fast gleichzeitig mit dem Auftreten der Kiemen
bildet sich zwischen ihren birnförmigen Rudimenten in
der mittleren Linie-) des Embryo ein ziemlich unbe-
deutender Hügel, der ebenso wie die meisten Auswüchse
aus dem zweiten Keimblatte (in diesem Falle vorzüglich
aus der Darmfaserschicht) hervorgeht und ebenfalls von
dem oberen bedeckt ist. Dieser Hügel bildet die erste
Anlage des Afters. Um dieselbe Zeit treten bei allen
von mir untersuchten Kopffüsslern die vier (Argonauta)
oder fünf Paare der Armrudimente sehr rasch (höchstens
in zwei Tagen) nacheinander, bei einigen die drei ersten
Paare gleichzeitig ^), auf. Dieses scheint die von K Ol-
li ker^) und darauf von Metschnikoff^) verworfene
Beobachtung van B eneden's ^) zu bestätigen. Die Arm-
rudimente entwickeln sich als halbkugelige, vorzüglich
aus der Hautmuskelschicht bestehende und von Zellen
des Blastoderma bedeckte Auswüchse. Sie treten alle an
dem ringförmigen, auf dem Aequator liegenden Theile
1) Auf der Rückenseite nähern sich die beiden Trichterhälften
schon am vierten Tage der zweiten Periode.
2) In der Längslinie welche durch die Mundöffnung und die
Mitte des Mantels geht, und den Embryo in zwei symmetrische
Hälften theilt.
3) Bei Loligo, Sepiola und Argonauta.
4) KöUiker loc. cit. p. 60.
5) Metschnikoff loc. cit. p. 35.
6) V an Beneden loc. cit. p. 7 f. 9,
B56 üssow:
der Keimscheibe auf, welcher sich aus einigen (3 — 4)
concentrischen Reihen grosser, aber flacher, von den Seg-
menten nach der Meridianfurchung abgeschnürten, an-
fangs in isolirten Gruppen zerstreut liegenden Zellen *),
gebildet hat.
Am dritten Tage der zweiten Periode treten zu den
aufgezählten, sich weiter entwickelnden Organen die
Rudimente der Gehörorgane, des Pharynx, der
Speicheldrüsen, der Afteröffnung und der äusse-
ren Falte der Augenovale hinzu.
Zwischen dem äusseren Rande des Trichterrudiments
(da wo seine Knorpel, wenn auch undeutlich, zu bilden
sich beginnen) und dem Anfange des vorderen Kopf-
lappens, auf beiden Seiten der Bauchfläche des Embryo
vertieft sich das obere Keimblatt ein wenig und bildet
zwei, anfangs sehr kleine auf Längs- und Querschnitten
scharf markirte Grübchen, welche die Rudimente der
Gehörorgane darstellen, und erst am Ende der dritten
Periode sich einander nähern. Ihre tubenförmigen Stiele,
die sich am Ende der zweiten Periode von dem oberen
Blatte ganz abschnüren, verwandeln sich in Canäle, die
auf den, von der äusseren Oberfläche völlig getrennten
Gehörbläschen zu liegen kommen. Die Wände dieser
letzteren werden bald an manchen Stellen dicker ^).
Die grubenähnliche Vertiefung des oberen Blattes,
1) S. Furchungsprocess.
2) Im Anfange der dritten Periode bilden sich bei allen von
mir untersuchten Kopffüsslern in der Höhle eines jeden Gehörbläs-
chens (bei Loligo 0,32 Mm. gross) an deren oberen Wand glän-
zende, sich unter einander bald vereinigende, aus einer kalkigen
Aussonderung der cylinderförmigen Epithelialzellen (0,04 Mm. gross),
bestehende Körnchen, aus welchen die beiden Otolithen (0,048 Mm.
gross) hervorgehen. Die Canäle, die auf den Gehörbläschen liegen,
krümmen sich (in der dritten Periode) und ihre inneren Epithelial-
wände bedecken sich mit Flimmerhärchen. Ueberhaupt stimmen
meine Beobachtungen über die Entwickelung der Gehörorgane mit
den von Metschnikoff für Sepiola erlangten Resultaten (loc. cit.
p. 49—53) überein, weichen aber bedeutend von denjenigen Köl-
liker's) loc. cit. p. 168) ab.
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 357
welche die Mimdöffnuni^ bildet, dringt immer tiefer
(zwischen die zwei sie umringenden Schichten spindel-
förmiger Zellen der Darmfaserschicht, welche zwischen
dem Nahrungsdotter und der HautmUvskelschicht liegt)
vor, und auf dem Boden dieser flachen, taschenförmigen
Grube bildet sich ein kleiner, aus Zellen des mittleren
Keimblattes (Hautmuskelschicht) bestehender Hügel. Dieser
Hügel, der seitwärts, an der hinteren Wand der Grube
liegt, und ebenso wie diese von Zellen des oberen Keim-
blattes bedeckt ist, stellt den hinteren Theil des Pharynx
dar, und bildet sich später (in der dritten Periode) zu
dem s. g. Geschmacksorgan mit seinem Muskelgewebe
und der hakenförmigen Radula um. Zwischen der hin-
teren Wand der ursprünglichen Mundhöhle und dem ge-
nannten Hügel schliesst sich die obere Zellenschicht des
letzteren zu einer dünnen und kurzen blinden Röhre ab.
Diese Röhre verlängert sich ziemlich rasch, theilt sich
dann gabelförmig, und bildet so das Rudiment des Aus-
führungsganges der Speicheldrüsen, die sich
am Ende der beiden Zweige der genannten Röhre ent-
wickeln (in der dritten Periode). Die ursprüngliche, im
oberen Theile breitere, trichterförmige Grube aber
stellt in ihrem oberen Theile das Rudiment der
Mundhöhle, im unteren das der Speiseröhre oder
des Vorderdarmes dar. Was die übrigen Theile des
Pharynx, wie den Unter- und den Oberkiefer und
den dicken Muskel des letzteren anbetrifft, so entwickeln
sich dieselben in der dritten Periode und zwar die Kiefer
als eine Chitinaussonderung der Epithelialhülle der Mund-
höhle, und der Muskel als eine Verdickung der Haut-
muskelschicht, die der Vorderwand der ursprünglichen
Mundgrube anliegt.
Die Veränderung, welche an diesem (3.) Tage im
Afterhügel vorgeht, besteht darin, dass in seinem Centrura
die Zellen des oberen Blattes eine sich vergrössernde
Vertiefung, welche das Rudiment der Afteröffnung ist,
bilden.
Ueber einem jeden der dickeiv gewordenen, die ur-
sprüngliche Netzhaut bildenden Augenovale erscheint
358 ÜBSOw:
eine Falte (aus Zellen des oberen Blattes), die schnell
wächst, am Ende dieser zweiten Periode die ganzen Ovale
bedeckt, wobei aber im Centrum der Falte eine kleine
Oeffnung übrig bleibt; gleichzeitig entstehen auf der
Oberfläche der Netzhaut kleine gelbe Pigmentkörnchen *).
Die beiden beträchtlich dicker gewordenen Kopf-
lappen heben sich immer mehr über den Nahrungsdotter
empor, während die auf dem Acquator liegende Region
der Arme sich zusammenschnürt, und so eine engere
Gränze zwischen dem Embryo und dem kugelförmigen
Dottersack bildet. Der von der Bauch- oder Rückenseite
betrachtete Embryo hat eine leierförmige Gestalt; sein
unterer Theil (Mantel) ist von der Bauchseite bedeutend
abgeschnürt, der mittlere -) ziemlich breit, und die Re-
gion der Arme bildet einen recht merklichen Einschnitt
zwischen dem Dottersack und dem eigentlichen Embryo.
Der in dem Embryo eingeschlossene Nahrungsdotter hat
die Form einer Halbkugel mit einem hügelförmigen Fort-
satz, der in den Mantel auf der Rückenseite eindringt.
Der vierte Tag der zweiten Entwickelungsperiodc
wird charakterisirt durch das Auftreten zweier kugel-
förmigen Zellenhaufen der Darmfaserschjcht des mittleren
Blattes, welche Haufen auf der Bauchseite des Embryo,
1) In Bezug auf die Entwickelung der Sehorgane muss ich noch
hinzufügen, dass die Linse am Anfange der dritten Periode als eine
flüssige, allmählich erhärtende Ausscheidung des aus der genannten
Falte entstehenden Corpus ciliare sich bildet. Ihre Gestalt' ver-
wandelt sich ziemlich rasch aus einer cylindrischen in eine ovale,
und wird endlich kugelförmig. Auf Längs- und Querschnitten der
Embryone von Argonauta, Loligo u. a. besteht die Linse aus con-
centrischen Schichten einer structurlosen, durchsichtigen Substanz.
In der dritten Periode senkt sich allmählich die anfangs convexe,
aus zwei Schichten cylinderförmiger Zellen bestehende Netzhaut
und wird halbmondförmig concav; das dunkelbraune Pigment bleibt
merkwürdiger Weise bis an's Ende des Embryonallebens auf der
Oberfläche der Retina.
2) Aus diesem Theile bilden sich allmählich: der Kopf, alle
in ihm eingeschlossenen (Organe und einige Organe des Rumpfes.
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 359
nahe an den »Seiten der Kiemen, auf deren Spitzen zu
dieser Zeit zwei Hügel entstehen, liegen. Diese soliden
Zellenhäufchen bilden das Rudiment der Vorhöfe des
Herzens, die später von einem Pericardium umgeben
sind. Dieses letztere besteht aus einer Zellenschicht des
oberen Blattes, die zwischen den Mantel und den Trich-
ter eindringt, und die Häufchen ganz umkleidet ^). Das
Rudiment der Herzkammer liegt zwischen den Rudi-
menten der Vorhöfe, kann nur mit Mühe wahrgenommen
w^erden ^) und besteht auch aus einem soliden, anfangs
kugelförmigen, dann in einen Cylinder sich verwandeln-
den Zellenhäufchen der Darmfaserschicht. Allmählich
lösen sich im Centrum eines jeden Häufchens die Zellen
von einander, so dass daselbst eine sich vergrösserndc
Höhle entsteht, während die Zellen sich spindelförmig
verlängern, und ziemlich dicke, muskulöse Wände um
die Höhle bilden. Erst in der dritten Periode finden
sich z. B. bei den Sepiaembryonen, welche nur 3 — 4 Mal
kleiner als ihr Dottersack sind, ausser den bedeutend
entwickelten, schon pulsirenden, eben erwähnten centralen
Kreislaufsorganen, auch zwei s. g. Kiemenherzen, die
in den beiden vielhügeligen Kiemen, an deren breiter
Basis gelegen sind. Die Wandungen der Aorta und
alle übrigen, später auftretenden grossen Arterien (z.
B. der Augenganglien), Venen und deren Ein-
gänge (sog. Nieren) entwickeln sich aus den sich ver-
längernden und aneinander reihenden Zellen des mittle-
ren Blattes. An demselben Tage sondert sich hinter
einem jeden der Augenovale ein kugelförmiges Zellen-
häufchen des mittleren Keimblattes ab, welche Häufchen
1) Die recht grosse Pericardialhöhle ist recht deutlich be-
merkbar in der ersten Hälfte der dritten Periode.
2) Vorzüglich deutlich stellt sie sich auf den Flächenschnitten
aus der ersten Hälfte der dritten Periode dar, und zwar in der Form
eines ovalen Zellenhäufchens. Die von dünnen Wänden umschlos-
sene Höhle bildet sich sehr langsam, so dass die Entwickelung der
Vorböfe um einen bedeutenden Zeitraum derjenigen der Herzkammer
vorausgeht.
360 Ü880w:
die Rudimente der Gang Ha optica darstellen. Näher
werde ich auf dieselben bei der Beschreibung der Bil-
dung des Nervensystems eingehen.
Am Ende des vierten Tages nähern sich die Kopf-
lappen einander bedeutend, und der Embryo erhebt sich
über den Nahrungsdotter, dessen Wände nur aus einer
Schicht cylinderförmiger Zellen des oberen Keimblattes
und einer mit ersterer mittelst dünner, contractiler, pro-
toplasmatischer Fortsätze verbundenen Schicht des mitt-
leien Blattes bestehen und sich rhythmisch zu bewegen
anfangen, wodurch die Resorption des Nahrungsdotters
beschleunigt wird.
Zu derselben Zeit bilden sich die Zellen des mitt-
leren Keimblattes (der Hautmuskelschicht), welche den,
vermittelst ihrer Stiele mit der Ausscnwelt in Verbindung
stehenden Gehörbläschen anliegen, zu deren Hüllen um.
Am fünften und letzten Tage der zweiten Periode
wird die dünne Speiseröhre immer tiefer und erstreckt
sich beinahe bis zum Mantel, der zu dieser Zeit auch
auf dem Rücken sich etwas emporhebt. In der, etwas
tiefer gewordenen, das Aussehen einer blinden Röhre
annehmenden Aftergrube geht eine in so fern wichtige
Veränderung vor sich, als sie nahe am Eingange sich
in zwei Röhren theilt ^): in eine obere — das Rudiment
des D inten beuteis, der anfangs die Form einer
dünnen, kurzen, an ihrem blinden Ende verdickten Röhre
1) Diese Theilung geschieht dadurch, dass unter dem Boden
der Aftergrube, der von zwei oder drei Schichten der Darmfaser-
schicht bedeckt ist, ein kleiner Auswuchs sich bildet, der allmählich
den Boden der Grube beinahe bis an den Eingang emporhebt und
auf diese Weise die Grube gleichsam wie durch eine Scheidewand
in zwei, unter einem spitzen Winkel sich verzweigende Röhren
scheidet. Der Boden der oberen Röhre wird bald breiter, wobei
die Zellen seiner Wände bedeutend länger und dicker werden. So
entsteht ein Sack, der mit einem kurzen Ausführungsgange versehen
ist. Die Wände der Grube werden höher und bilden den s. g. Anal-
lappen {Sepia, Sepiola). Die einst von van Beneden (loc. cit. p. 10)
beschriebene Verbindung des Dintenbeutels mit der Leber existirt
nicht.
Zoologisch-embrj'ologische Untersuchungen. 361
hat, lind in eine untere — das ganz gerade, am Ende
geschlossene Rudiment des eigentlichen Mastdarmes.
Die Wände dieser beiden Röhren, ebenso wie auch die
des Oesophagus bestehen aus einer Schicht mehr oder
weniger hoher cylinderförmiger Zellen des eingestülpten
oberen Blattes, welche von ein oder zwei Schichten
spindelförmiger Zellen der Darmfaserschicht des mittleren
Keimblattes umgeben sind.
Die fernere Entwickelung des Darmcanals, die in
der dritten Periode vor sich geht, besteht im fortwähren-
den Wachsen und Tieferwerden seiner genannten Theile.
Der Magen bildet sich anfangs als eine Erweiterung
des hinteren Theiles der Speiseröhre, welche, nachdem
sie sich parallel dem Riickentheile des Mantels, bis zur
Hälfte desselben verlängert hat, sich unter einem fast
rechten Winkel nach der Bauchseite hin umbiegt und
mit dem ursprüni; liehen, länger gewordenen und zum
Rücken emporgekrümmten Mastdarme zusammenwächst ').
An der Stelle, wo die Magenverlängerung mit dem
Mastdarme zusammentrifft, entsteht eine kleine Erweite-
rung, aus der sich in der Folge der Blinddarm bildet.
Am Schluss der ersten Hälfte der dritten Periode liegen
auf Quer- und Längsschnitten der von mir erforschten
Cephalopodcn, hinter dem schon bedeutend entwickelten
Dintensack, anfangs näher der Bauchseite des Embryo
zwei blinde, keulenförmige, mit dicken W^änden versehene
Röhrchen, die sich aus einer Erweiterung des hinteren
Theiles des Darmcanals entwickelt haben und das Rudi-
ment der Leber darstellen. Erst in der postembryonalen
1) Den Moment des unmittelbaren Zusammenwachsens zu be-
obachten ist mir bis jetzt nicht gelungen; mich aber auf Längs-
schnitte sehr naher Stadien, und zwar solcher Embryone, bei denen
der lange, am Ende verdickte Vorderdarm bis zu zwei Dritteln der
Mantelhöhe sich erstreckt (erste Hälfte der dritten Periode) und
der Mastdarm sich bogenförmig nach der Rückenseite hinaufkrümmt,
— und dann auf einige Schnitte (aus der zweiten Hälfte der dritten
Periode), wo der wenig verschlungene Darmtractus in seiner ganzen
Länge sichtbar ist, stützend, glaube ich fest behaupten zu dürfen,
dass dieses Zusammenwachsen in der That stattfindet.
362 üssow:
Zeit, nachdem der Nahrungsdotter ganz resorbirt ist,
vergrössern sich die beiden Leberhälften sehr rasch,
nähern sich einander und nehmen an der Rückenseite
ihren gewöhnlichen Platz ein.
Was den Vormagen oder s. g. Kropf anbetrifft,
so entwickelt er sich bei dem Argonautaembryo in der
ersten Hälfte der dritten Periode auch als eine unter dem
Cerebralganglion liegende Erweiterung der Speiseröhre.
Die Wände aller genannten, zu verschiedenen Zeiten ent-
standenen Erweiterungen, aus denen die verschiedenen
Haupt- und Nebentheile des Darmtractus sich bilden, be-
stehen aus ein oder zwei Reihen spindelförmiger Zellen
der Darmfaserschicht und aus den cylinderförmigen Zellen
des nach innen eingebogenen oberen Keimblattes, welches
dann die Rolle des Darmdrüsenblattes der Embryone
anderer Thiere zu spielen scheint und, wie ich glaube,
dem eingestülpten Theile des oberen Blattes, aus dem
bei Amphioxus ^), den einfachen Ascidien 2), einigen Coc-
lenteraten 3), ßrachiopoden '*), Würmern ^) u. s. w. die
Darmhöhle sich bildet, entspricht.
Auf keinem einzigen Entwickelungsstadium des Kopf-
füsslerembryo steht der Nahrungsdotter in irgend welcher
unmittelbaren Verbindung mit der von ihm vollständig
getrennten Höhle des Darmtractus, was schon von K ö 1-
liker^) und Metschnikoff'^j in W^iderspruch mit den
irrthümlichen Behauptungen älterer Forscher ^) bemerkt
1) Mem. d. l'Acad. d. St. Petersb. T. XL Tf. I. f. 6, — Tf. II. f. 20.
2) Mem. d. l'Acad. d. St. Petersb. T. X. Tf. I. f. 10, 16.
3) Götting. Nachr. p. 154 11. f. 1868. — Beobacht. üb. d. Entw.
d. Coelent. (in russ. Spr.) Tf. II, III, IV, VI. 1873.
4) Beob. üb. d. Entw. d. Brachiop. (in russ. Spr.) Tf. I. f. 3,
10. 1874.
5) Mem. d. l'Acad. d. St. Petersb. T. XVI, Tf. I, VI. — S.
auch die oben citirte Arbeit Bobrezky's Tf. I. f. 1 — 8.
6) loc. cit. p. 86.
7) loc. cit. p. 64.
8) van Beneden loc. cit. p. 8. — Chiaje Mem. 2te Auö.
Bd. I. p. 40.
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 363
worden ist. Arn Ende der zweiteu Periode hat der
innere Nahrung«dotter die Form eines Cylinders, von
welchem drei Fortsätze auslaufen. Der untere, spitz zu-
laufende Fortsatz ist wie früher im Mantel eingebettet,
während die beiden sichelähnlichen Seitenfortsätze in die
Kopflappen hinter den Augen unter die Ganglia optica
eindringen. Aus dem Dottersack in den Embryo gelangt
der Nahrungsdotter durch einen cylinderförmigen, sich
allmählich verengernden, durch das Zusammenwachsen
der Kopflappen gebildeten Canal, der zwischen dem Oe-
sophagus, dem Ganglion pedale und dem Ganglion vi-
scerale liegt. Während der ganzen Dauer der Entwickc-
lung wird die ganze Masse sow^ohl des inneren als auch
des fortwährend in den Embryo übergehenden äusseren
Nahrungsdotters all mählich von den Zellen verschiedener
ihm anliegender Organe und Gewebe resorbirt.
Diese kurze Darlegung der Resultate meiner lang-
wierigen Untersuchungen (an lebenden Embryonen und
verschiedenartigen Schnitten derselben) über die Ent-
wickclung des Verdauungsapparates der Cephalopoden wi-
derspricht in allen ihren Theilen der irrthümlichen Mei-
nung Kolli ker's ^), als ob der ganze Darmtractus sich
ursprünglich als ein solider Strang, in welchem erst nach-
träglich Höhlungen entstehen, sich bilde, — und bestä-
tigt die genauen A^ngaben Metschnikoff s 2) über die
Entstehung des Darmtractus bei Sepiola aus zwei, sich
gegenüberliegenden Einstülpungen des oberen Keimblattes.
Was die Leibeshöhle anbelangt, so glaube ich
dass es am richtigsten ist, so den ziemlich engen und
unbedeutenden Raum, welcher zwischen der peripherischen
Schicht der Hautmuskelschicht und 1 — 2 Reihen der, die
muskulöse Hülle des Darmtractus bildenden Darmfaser-
schieht sich findet, zu nennen. Diese ganze, vollständig
abgeschlossene Leibeshöhle ist von länglichen, das s. g.
Bauchfell oder den Peritonealsack (in welchem
1) loc. cit. p. 93.
2) loc. cit. p. 58, 67.
364 Ussow:
der Verdauungsapparat, die Ceniralorgane des Blutsy-
stems und später auch die Geschlechtsorgane liegen) bil-
denden Zellen der Hautmuskelschicht begränzt. Der
innere Nahrungsdotter ist nie von einer besonderen ;,Ab-
grenzungsschichte", wie es Kölliker meint ^), umschlos-
seu; sondern liegt frei in der Leibeshöhle und der seit
dem Beginn der Entwickelung von ihm eingenommene
Raum entspricht der Segmentationshöhle der holopla-
stischen Eier mit totaler Furchung vieler anderen Thiere.
Die Athmungsorgane — beide Kiemen und der Trichter
— liegen in einer besonderen, offenen Athemhöhle,
die nur von dem Bauchtheile des Mantels bedeckt und
von innen mit einfachem, dünnen, die Fortsetzung des
oberen Keimblattes bildenden, auf den frühesten Ent-
wickelungsstadien des Mantels, bei seiner Abschnürung
von der Bauchseite hier eindringenden Epithel ausge-
kleidet ist. —
Noch bleibt mir jetzt die Zeit des Auftretens des
Nervensystems und seiner Bildungsweise bei den Kopf-
füsslern zu erwähnen. Nach einer langen Reihe viel-
fach wiederholter und stets dasselbe Ergebniss liefernder,
auf diese Frage sich beziehender Beobachtungen, muss
ich wohl für immer dem Wunsche entsagen, in der Ent-
wickelung des Nervensystems der Cephalopoden irgend
eine Aehnlichkeit mit der Entwickelung desselben bei
den Wirbel-, Mantel-, Glieder- und Weichthieren zu fin-
den. Während sogar bei vielen dem Typus der Arthro-
poden und Mollusken zugehörenden Arten wenigstens
einige Nervenknoten, wie das bewiesen ist ^), sich zwei-
felsohne aus dem oberen Keimblatte entwickeln, ent-
stehen alle Nervenknoten der KopfFüssler aus mehr oder
1) loc. cit. p. 61, 87, 167. In Bezug auf Sepiola hat Metsch-
üikoff diese Ansicht mit Recht verworfen.
2) S. die obengenannte, ausgezeichnete Arbeit Kowalevsky's,
Mem. d. l'Acad. d. St. Petersb. T. XVI p. 19 Tf. V p. 24 Tf. VII —
auch die genannte Arbeit Bobrezky's Tf. III. — M. Ganin War-
schauer Universitätsberichte 1873. 1. — S. auch Bericht f. Anat.
u. Phys. 1873 p. 360.
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 365
weniger compacten Verdickungen des mittleren Keim-
blattes (Ilautmuskelschicht), folglich nach der Bildungs-
weise der peripherischen Ganglien bei den Wirbelthieren
und Wirbellosen, worauf auch schon Metschniko f f 0
in Bezug auf Sepiola theilweise hingewiesen hat. Nach
dieser Vorbemerkung werde ich nun in wenigen Worten
die Reihenfolge, in der die Nervenknoten auftreten, ihre
anfängliche Form und ihre ursprüngliche Lage im Kopf-
füsslerembryo besprechen.
Oben schon habe ich der Zeit des Auftretens des
paarigen Augenganglion erwähnt. Die anfangs
wenigen, sich rasch vermehrenden Zellen des mittleren
Blattes, von denen sich allmählich die zwei ovalen Häuf-
chen (die Rudimente genannter Ganglien) iabsondern, sind
schon beim frühesten Auftreten der Augenovale bemerk-
bar. Am Ende der zweiten Periode haben diese recht
umfangreichen, an den Seiten des breiten viereckineg
Kopfes des Embryo liegenden Rudimentarganglien die
Form zweier unregelmässiger Halbkugeln, deren gewölbte
Oberfläche an die zu dieser Zeit schon concav werdende
Netzhaut angränzt, während die flachen Seiten sich den
Rudimenten des Cerebral- und des Visceraigan-
glion zuwenden. Das erste von diesen beiden, so eben
genannten Ganglien — das am fünften Tage der zweiten
Periode erscheinende Cerebralganglion — entsteht
ebenfalls aus zwei compacten Zellenhäufchen der Haut-
muskelschicht, welche durch eine breite aber kurze, aus
einigen Schichten ebensolcher Zellen bestehende Commis-
sur verbunden sind. Das Rudiment des anfangs paarigen
Cerebralganglion, das auf der Rückenseite, zu den Seiten
des blinden Oesophagusrudiments liegt, wird mit der Ent-
wickelung des Embryo immer breiter und dicker, so dass
gegen das Ende der dritten Periode die anfangs scharf
markirte Commissur der beiden Hälften verschwindet und
der Knoten eine ziemlich umfangreiche, compacte Masse
darstellt. Zwei, schon am vierten Tage der zweiten Pe-
riode bemerkbare, paarige, compacte Zellenhäufchen des
1) loc. cit. p. 41, 67.
366 Ussow:
mittleren Blattes, die hinter den von einander ziemlich
entfernten Rudimenten der Gehörorgane liegen, sondern
sich allmählich in der ersten Hälfte der dritten Periode,
zu den paarigen Rudimenten der Pedal- und Visce-
ralganglien. Die beiden Hälften des ersteren wachsen
ziemlich rasch, und in der zweiten Hälfte der dritten
Periode, wann die Kopflappen sich einander mehr nähern,
vereinigen sie sich zu einem halbmondförmigen, den
grösseren Theil des vorderen Kopflappens einnehmenden,
über den Gehörorganen liegenden Nervenknoten. Sein
oberer Theil liegt auf gleicher Höhe mit der Mundöffnung,
etwas höher als das ihm gegenüberliegende Cerebralgan-
glion, an das es mit seinen Seiten anstösst.
Das gleich hinter ihm liegende, anfangs aus zwei,
später zusammenwachsenden Hälften bestehende Visce-
ralganglion entwickelt sich auf dieselbe Weise. Alle
drei obengenannte, anfangs paarige Ganglien (Cerebral-,
Pedal- und Visceralganglion) nähern sich einander all-
mählich und verbinden sich zu einer Schlundnervenmasse
erst gegen das Ende des Embryonallebens. Ihre Ver-
bindung geht sehr langsam, mit der Verminderung des
zwischen ihnen, im Kopf und in dem sog. Halse liegen-
den Nahrungsdotters Schritt haltend, vor sich. In der
zweiten Hälfte der dritten Periode erscheinen die paarigen
aus kleinen, kugelförmigen, compacten Zellenhäufchen
des mittleren Keimblattes bestehenden, an beiden Seiten
des Pharynx liegenden Rudimente des oberen und des
unteren Buccalganglion. Gleichzeitig und auf ähn-
liche Weise entstehen die paarigen Ganglia stellata
an denselben Stellen, wo sie bei erwachsenen Kopffüss-
lern gefunden werden, und auch das recht grosse, kugel-
förmige Ganglion splanchnicum, das zwischen dem
Magen und den beiden Hälften der Leber liegt.
Der innere Bau aller genannten Nervenknoten fängt
bald nach ihrem Auftreten sich zu differenziren an. Im
Centraltheile der, anfangs aus rundlichen, einförmigen
Zellen des mittleren Blattes bestehenden Ganglien er-
scheint eine dunkle feinkörnige Masse („Punktsubstanz^),
die aus sehr feinen, verschieden sich kreuzenden Fibrillar-
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 367
fasern — feinen Fortsätzen der sich allmählich zu kleinen
braunen Nervenzellen umbildenden ursprünglichen Zellen
des mittleren Blattes — besteht. Schon am Ende der
ersten Hälfte der dritten Periode kann man, besonders
im peripherischen Theile der Augenganglien, an ver-
schiedenen Stell6n der Cerebralganglien und später auch
an allen übrigen Knoten, sowohl das Entstehen der inne-
ren, als Commissur den verschiedenen Ganglientheilen die-
nenden, als auch das der nach aussen fortlaufenden dünnen
Nervenbündel (z. B. der breiten aber kurzen Nervi optici,
die den peripherischen Theil der Augenganglien mit der
Netzhaut vereinigen) deutlich beobachten. Die periphe-
rischen Hautnerven entwickeln sich gegen das Ende des
Embryonallebens unabhängig von den Ganglien, an den
Stellen, die sie auch später einnehmen, aus den länglich
gewordeneu, unter sich sich verbindenden Zellen der
Hautmuskelschicht.
Alle diese kurz dargestellten Ergebnisse habe ich
hauptsächlich auf dem Wege des vergleichenden Studiums
verschiedener, verschiedenen Entwickelungsstadien zuge-
höriger Schnitte erlangt, während eine mehr oder weni-
ger genaue Untersuchung des Nervensystems an lebenden
Embryonen ihrer ündurchsichtigkeit wegen fast unmög-
lich ist. Da es ziemlich schwierig ist, ohne Abbildungen
die verschiedenen Veränderungen in der Form und der
Lage aller Theile des Nervensystems zu beschreiben,
schliesse ich hier meine Darstellung des Nervensystems,
alle Details für eine ausführlichere mit Tafeln versehene
Arbeit, die bald erscheinen wird, aufsparend.
An der Bildung der verschiedenen Hautschichten
nimmt bei allen von mir untersu^chten Kopffüsslern nicht
allein das obere Keimblatt, wie es Metschnikoff ^)
glaubt, sondern auch und zwar vorzüglich die Hautmus-
kelschicht des mittleren Blattes Antheil. Die Haut fängt
an sich zu differenziren in den ersten Tagen der dritten
Periode (bei Loligo und Sepiola annähernd am 19ten, bei
Argonauta am 14— I5ten Entwickelungstage). Das obere
1) loc. cit. p. 37.
368 TIssow:
Keimblatt bildet nur die aus cylindrischen, überall gleichen
Zellen bestehende, bei den rotirenden Embryonen an
vielen Stellen (vorzüglich auf dem Mantel) von Flimmer-
haaren bedeckte Epidermis. Die äussere, sehr dünne
Schicht länglich gev^rordener Zellen der Hautmuskel-
schicht bildet die s. g. faserige Schicht, während
aus den unteren Schichten die Chromatop hören und
vorzüglich die Muskel- und Bindegew^eb efasern, die
in der Lederhaut (Cutis) liegen, sich bilden. Die
Chromatophoren entstehen in der ersten Hälfte der
dritten Periode aus grossen runden, anfangs Kerne ent-
haltenden Zellen der Hautmuskelschicht. Das gefärbte
Protoplasma dieser Zellen schrumpft zu der Zeit, wann
auf der Zelle eine recht dicke Hülle erscheint, zusammen,
wobei der Kern unsichtbar wird. Solche neu gebildete,
anfangs auf dem Mantel, später auf dem Kopf und den
Armen erscheinende Chromatophoren fangen sich zu con-
trahiren an, wann die strahlenförmig um dieselben ge-
lagerten Zellen sich spindelförmig ausdehnen, und so ihre
längst von Keferstein^) und Bohl 2) beschriebenen,
contractilen Muskelfasern bilden.
Ich erachte es hier nicht für nothwendig, die Bil-
dung der Knorpel in ihren Einzelnheiten zu beschreiben,
da alles was ich in Bezug darauf bei Sepia, Loligo und
Argonauta beobachtet habe, vollkommen mit den von
Metschnikoff ^) für Sepiola erlangten Resultaten über-
einstimmt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass alle in
der dritten Periode sich differenzirenden Knorpel (die
napfförmigen, die Augendeck-, die Kopf-, die
Flossenknorpel u. a.j sich aus bedeutenden Ver-
dickungen (z. B. im vorderen Kopflappen, unweit der
Augen) des oberen Keimblattes, an den Stellen, wo sie
auch später bei den erwachsenen Thieren gefunden werden,
entwickeln.
Was die Entwickelungsweise des paarigen G eru chs-
1) Bronn's Klassen u. Ordn. Bd. III. Abth. II. p. 1324
2) Beitr. z. vergl. Histol. p. 70 Tf. III. f. 40, 41.
3) loc. cit. p. 39 u. f.
Zoologisch-embryologische Untersuchungen. 369
Organs der Kopffüssler, welches auf der Baucböeite,
hinter den Augen liegt, und gegen das Ende der dritten
Periode (Sepia, Loligo, Septold) ursprünglich in der Form
eines Hügels und dann einer grubenähnlichen Vertiefung
des oberen Blattes erscheint, anbetrifft, kann ich nur
die darauf sich beziehenden Forschungen Kölliker's ^),
Metschnikoffs -) und Tsch er nof f's ^) bestätigen.
Damit schliesse ich die Aufzählung der Resultate
meiner fast zweijährigen, ununterbrochenen Untersu-
chungen über die Entwickelung der vier genannten Kopf-
füsslerarten ab. Gegenwärtig diese Studien weiterführend
und ergänzend, hoffe ich bald eine ausführlichere Arbeit
veröffentlichen zu können.
Der grösseren Uebersichtlichkeit aller von mir be-
sprochenen Vorgänge halber, glaube ich dass es nicht
unnütz sein wird, hier nochmals die Hauptmomente der
Embryonalentwickelung der oben genannten Kopffüss-
lerarten in ihrer Aufeinanderfolge aufzuzählen.
Nachdem der grössere Theil des Protoplasma der
primitiven Eizelle oder des, die ganze Masse der durch-
sichtigen, fettartigen Flüssigkeit (Nahrungsdotter) gleich-
sam wie mit einer Hülle umgebenden Bildungsdotters
auf die oben beschriebene Weise (s. Furchungsprocess)
in eine Schicht flacher oder cylinderförmiger (am oberen,
zugespitzten Pole des Eies höherer). das Blastoderma oder
das obere Keimblatt (Hornblatt, Sinnesblatt) bildenden
Zellen umgewandelt hat, entsteht am 2ten (Argonauta)
oder 3ten {Loligo, Sepiola) Entwickelungstage in dem
mittleren Theile (Area opaca) dör Keimscheibe durch
Quertheilung des oberen Keimblattes ein zweites
Blatt, das in der Periode des Auftretens der Organe die
Rolle des mittleren Blattes der Wirbel-, Glieder-, Weich-
thiere u. a. spielt und ebenso wie jenes Blatt bei einigen
1) loc. cit. p. 107 u. f.
2) loc. cit. p. 53.
3) Bull, de la soc. d. nat. de Moscou p. 87 Tf. I. 1869.
Archiv für Naturg. XXXX. Jahrg. 1. Bd. 24
370 Ussow:
der geuannteu Thierc sich bald in zwei verschiedene
Schichten, die llautmuskel- und die Darmfaserschicht,
spaltet.
Aus dem sich derait spaltenden, und auch aus dem
oberen auf den zwei entgegengesetzten (der Bauch- und
der Rückenseite) Seiten des Embryo sich einstülpenden
ersten Blatte entwickelt sich auf der breiten, bis zum
Aequator des Eies sich erstreckenden halbkugeligen
Keimstelle oder -scheibe im Zeiträume von 25 {Argonauta)
bis 40 {Loligo) Tagen das Kopffüsslerjunge. Der untere,
bei den meisten der genannten Arten auf dem stumpfen
Eipole am Ende der ersten Periode sich abschliessende
Theil des Keimes bildet sich zu dem aus dem oberen
Keimblatte und der Hautmuskelschicht zusammengesetz-
ten Dottersack um.
Die Entwickelung beginnt imCentraltheile der Keim-
scheibe und zwar durch das Auftreten auf der zukünf-
tigen Rückenseite des Thieres der anfangs unbedeuten-
den Furche, weiche ziemlich rasch die Gestalt einer
Rinne annimmt, und später sich in eine völlig geschlos-
sene Röhre verwandelt.
Gleichzeitig mit der Primitivrinne erscheint das sie
umgebende, allmählich über ihr zusammenwachsende, zu-
erst von der Bauch-, später und langsamer auch von der
Rückenseite sich abschnürende Rudiment des Mantels.
Dann erscheinen nach einander die iVugenovale, das
Rudiment des vorderen Theiles des Darmtractus, die
paarigen Rudimente der Kiemen, des Trichters, der Arme,
der Gehörorgane, und in dem anfangs soliden Afterhügel
die grubenähnliche, sich später in den Dintenboutel und
den hinteren Theil des Darmcanals (Mastdarm, Rectum)
umbildende Vertiefung.
Später als die genannten Organe treten die Cen-
traltheile des Kreislaufs (die Vorhöfe, die Herzkammer
u. a.) und diejenigen des Nervensystems (die paarigen
Ganglien: optica, cerebralia pedalia, visceralia, buccalia,
stellata und das unpaarige Ganglion splanchnicum) auf.
Alle in der aufgezählten Reihenfolge auftretenden
Organe entwickeln sich aus drei verschiedenen Keim-
Zoologisch-embryologische Uutersuchungen.
371
blättern auf doppelte Weise: entweder als eine Local-
verdickung (Auswüchse und innere Verdickungen) bald
des oberen Keimblattes, bald der einen oder der anderen
Schiebt des mittleren Blattes, oder als eine Einstülpung
des oberen Blattes. Im ersteren Falle spielt das obere
Blatt häufig die Rolle einer dünnen äusseren Hülle des
aus der Hautmuskel- oder der Darmfaserschicht bestehen-
den Organrudiments, oder dasselbe spaltet sich in meh-
rere Schichten; von welchen die unteren das eigentliche
Or^an bilden. Im zweiten Falle bildet das obere Blatt
an verschiedenen Theilen der Keimscheibe verschiedene
Vertiefungen und dringt in das mittlere Blatt ein, welches
dann die Hülle des Organs bildet.
Die folgende Tabelle giebt eine Uebcrsicht der Art
und Weise des Auftretens eines jeden Organes.
a
I Des oberen Keim-
blattes.
Die Augenovale.
der Haut- 1 ^^^^ Mantel, die Flossen, die
muskel- JKiemen, der Trichter, die Arme,
Schicht. das Geschmacksorgan.
der Darm-
faserschicht.
Der Afterhügel (Anallappen).
Des oberen Keim-
blattes.
Alle Knorpeln.
9 M
:3 £ ^
^T .pH 00
der Haut-
muskel-
schicht.
: Alle centralen und periphe-
'rischen I^ ervenknoten.
der Darm-
faserschicht.
Die Vorhöfe, die Herzkammer.
Einstül-
pung oder
Vertie-
fung.
Des oberen Keim-
blattes.
I Die Primitivrinne, die Ge-
ihörorgane, die Geruchsorgane,
der Vorder- und der Hinter-
theil des Darmtractus, der Din-
Itenbeutel, die Ausführungsgänge
j der Speicheldrüsen.
W^as den Magen (und auch den s. g. Kropf), den
Blinddarm und die Leber anbetrifft^ so sind dies secun-
däre Bildungen, die aus Erweiterungen der ursprüng-
lichen Darmröhre entstanden sind; zu den secundären
Organen müssen auch die Speicheldrüsen und die sog.
Kiemenherzen hinzugerechnet werden.
372 üssow: Zoologisch -embryologische Untersuchungen.
Zur Uebersicht des Antheils, den die verschiedenen
Keimblätter an der Bildung der einzelnen Organe nehmen,
flige ich noch folgende Tabelle bei:
Das obere Keimblatt.
Die Wände der Röhre, in der das Os se-
piae sich bildet, die Epidermis (die obere
Haut des ganzen Körpers und die äussere
Bedeckung des Trichters und der Kiemen)
die Seh-, Gehör- und Geruchsorgane, das
Pericardium, alle Knorpel (die Kopf-, Au-
jgendeck-, Trichterknorpel u. a.).
Das mittlere
Keimblatt.
Die Haut-
muskel-
schicht.
Die Darm-
faserschicht.
Die Kiemen, die Arme mit ihren Saug-
näpfen, alle Muskeln, die Cutis (faserige
Schicht, Chromatophoren, Muskelfasern u.a.),
das Bauchfell, die Kiemenherzen, die Nieren
und alle Blutgefässe, das Geschmacksorgan,
die Hülle der Gehörorgane, das periphe-
rische und das centrale Nervensystem.
Die Wände des centralen Kreislaufsys-
tems, die Vorhöfe, die Herzkammer,
kulöse Hülle des Darmtractus und
tenbeutels.
die mus-
des Din-
T^ TW j .. 11^.1 Die innere Epithelialhülle des Darmtrac-
Das Darmdmsenblatt L^^ ^^^ ^j^^^ ^^.^^^ Nebenorgane (Blind-
(das emgest^ulpte obere ^^^m, Leber), der Speicheldrüsen und des
Dintenbeutels.
Keimblatt).
Die Entwickelung der drei von mir untersuchten
Zehnfüssler, mit der Entwickelung des einzigen Acht-
füsslers, w^elcher mir zugänglich war, vergleichend, finde
ich eine grosse Uebereinstimmmiing in derselben mit
der Ausnahme jedoch, dass die Primitivrinne, welche ich
oben für die Zehnfüssler beschrieben habe, sich bei Ar-
gonauta nicht schliesst. Was die Zeit und die Art und
Weise des Auftretens der Hauptorgane (Verdauuugsappa-
rat, Centralnervensjstem, Kreislaufsorgane u. s. w.) bei
den Embryonen der beiden Gruppen anbetrifft, so ent-
sprechen sie einander vollkommen.
Die keine Wichtigkeit habende Thatsache des späten
Auftretens des Dottersackes bei Sepia, welche schon von
Kölliker^) bemerkt worden ist, bildet die einzige, bei
den übrigen Zehnfüsslern sich nicht wiederholende Ei-
genthümlichkeit jener Gattung. —
1) loc. cit. p. 60.
(Fortsetzung im nächsten Jahrgange.)
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