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Full text of "Archiv für Ohrenheilkunde"

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ARCHIV 

FÜR 

OHRENHEILKUNDE 

BEGRÜNDET 1864 

VON 

Dr. A. V. TROLTSCH Dr. ADAM POLITZER 

WBILAND PbOF. IN WÜRZBURO. IN WiKN. 

UND 

Db. HERMANN SCHWARTZE 

IN Halle ▲. S. 
IM VEREIN MIT 

Pbop. C. hasse in Breslau, Prof. V. HENSEN in Kiel, Prof. A. LÜCAE 
IN Berlin, Prof. E. MACH in Wien, S.R. Dr. A. MAGNUS in Königsberg i/Pr., 
Prof. E. ZAUFAL in Prag, Prof. J. KESSEL in Jena, Prof. F. TRAÜT- 
MANN IN Berlin, Prof. V. ÜRBANTSCHITSCH in Wien, Prof. F. BEZOLD 
IN München, Prof. K. BÜRKNER in Göttingbn, Dr. E. MORPÜRGO im 
Triest, Dr. L. BLAU in Berlin, Prof. J.BÖKE in Budapest, G. S.R. Dr. H. 
DENNERT in Berlin, Prof. G. GRADENIGO in Turin, Prof. J. ORNE 
GREEN in Boston, Prof. J. HABERMANN in Graz, Privatdoobnt und 
Prof. Dr. H. HESSLER in Halle, Privatdooent und Professor Db. L. 
JACOBSON IN Berlin, Prof. G. J. WAGENHAÜSER in Tübtogen, Prof. H. 
WALB in Bonn, Privatdooent und Professor Dr. C. GRÜNERT in Halle. 
Privatdooent Dr. A. JANSEN in Berlin, Privatdooent Dr. L. KATZ in 
Berlin, Prof. P. OSTMANN in Marburg, Db. L. STACKE, Prof. in Erfurt, 
Dr. 0. WOLF in Frankfurt a. M., Prof. A. BARTH in Lbgpzig, Prof. 
V. COZZOLINO in Neapel, Prof. L. HAÜG in München, Dr. F. 
KRETSCHMANN in Magdeburg, Prof. E. LEÜTERT in Giessen, Privat- 
dooent Dr. V. HAMMERSCHLAG in Wien, S. R. Dr. F. LüDEWIG in Ham- 
burg, Dr. f. matte in Köln, Dr. HOLGER MYGiND, Prof. in Kopen- 
hagen, Dr.W. ZERONI in Karlsruhe. 

herausgegeben von 

Prof. ADAM POLITZER und Prof. H. SCHWARTZE 

IN WIEN IN halle A. S. 

Unter yerantwobtucheb Redaktion 

VON H. SCHWARTZE seit i878. 



FÜNFÜNDFÜNFZiaSTER BAND. 

Mit 5 AbbOdungen im Text und 4 Tafeln. 




LEIPZIG, 
VERLAG VON F. C.W. VOGEL 

1902. 




^Ski 



JAN SS 1905 

^- H. B. 



Inhalt des fünfandfunMgsten Bandes. 



Erstes und zweites (Doppel-) Heß 

(ausgegeben am 20. März 1902). 

8«ite 
I. Ueber die Exenteratio cavi tympani za akustischeD Zwecken. 
Von Prof. 6. Gradenigo (Turin). (Mit 4 Abbildungen.) (Scblnss 
aus Bd. LIV. S. 264 ) 1 

IL Ueber Diplacusis monauralis. Vortrag, gehalten auf der 73. Ver- 
sammlung der Naturforscher und Aerzte in Hamburg in der 
Section für Ohrenheilkunde. Von Prof. £. Berthold in Kö- 
nigsberg i. Pr 17 

III. Aus der Ohrenabtheilung der Kgl. Universit&tspoliklinik zu 

München. Arrosion des Gehirns in Folge von Cholesteatom, 
Durchbruch cholesteatomatöser Massen in den Seitenventrikel. 
Von Prof. R. Hang in München . . . ; 26 

IV. Zu Prof. 6runert*s Aufsatz: Beitrag zur operativen Behand- 

lung der otogenen Sinusthrombose, insbesondere zur operativen 
FreileguDg des Bulbus venae jugularis. (Dieses Archiv Bd. LIIl.) 
Von Prof. E. Za Ufa 1 30 

V. Aus der Abtheilung für Ohrenkranke in der Königl. Charit^ in 
Berlin (dirigirender Arzt: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Traut- 
mann). Eine fötale Erkrankung des Labyrinths im Anschluss 
an eine Encephalitis haemorrhagica. Von Dr. H. Haike, 
Assistenten der Klinik. (Mit Tafel I. II.) 36 

VI. Aus der kgl. Universitäts-Ohrenpoliklinik zu München. Ueber 
die Verwendung local an&sthetisch wirkender Mittel bei Ein- 
griffen am Trommelfell und Gehörgang. Von Prof. Dr. Hang 
(München) 49 

VII. Aus dem I. anatomischen Institut in Wien. Ueber atypische Ge- 

websformationen im häutigen Labyrinth. Von Dr. G. Ale- 
xander, Assistent der Universitätsohrenklinik in Wien. (Mit 
Tafel III.) 54 

VIII. Unzulängliche Stützen von Zimmermann 's Theorie der Mecha- 

nik des Hörens und ihrer Störungen. Vo% Privatdocent Dr. 
Eschweiler-Bonn 59 

IX. Jahresbericht über die im Jahr 1900 auf der Ohrenabtheilung der 
kgl. Universitätspoliklinik in München zur Behandlung ge- 
langten Ohrenkrankheiten. Erstattet von Prof. Dr. Hang und 
Dr. H. Laubinger 67 

X. Ueber die durch Tuberculose der nächsten Blutsverwandten ge- 
schaffene Disposition zu Ohrerkrankungen bei Kindern. (Auf 
Grund meiner Schuluntersuchungen im Kreise Marburg.) Von 
Prof. Ostmann, Marburg a. L 72 



lY Inhalt des fünfandfOnfzigsten Bandes. 

Seite 
XI. Beitrag zur pathologischen Anatomie der Gehörknöchelchenkette. 
Von Dr. Victor Hammer schlag, PriYatdocenten für Ohren- 
heilkunde (Wien). (Mit Tafel IV.) 82 

XII. Ein Fall von Garotisblutung. Von Dr. Heermann, Essen- Ruhr 86 

XIII. Bericht tlber die Verhandlungen der Berliner otologischen Ge- 
sellschaft. Von Dr. Haike in Berlin 90 

XIV. Besprechungen. 

1. J. Hegen er. Theoretische n. experimentelle Untersuchungen 

der Massagewirkung auf den Schallleitungsapparat (Ost- 
mann) 96 

2. Prof. Dr. W. Okada in Tokio, Diagnose und Chirurgie des 

otogenen Kleinhimabscesses (Braunstein) 113 

3. Dr. C. Chauyeau, Histoire des maladies du pharynx 

(Schulze) 115 

4. Dr. G. Schmorl, Die pathologisch - histologischen Unter- 

suchungsmethoden (Schulze) 117 

5. International Directory of Laryngologists and Otologists. 

Compiled by Richard Lake (Schulze) 117 

6. G. Alexander, Ueber Entwicklung und Bau der Pars in- 

ferior labyrinthi der höheren S&ugethiere. Ein Beitrag zur 
Morphologie des Ohrlab^^rinths (Peter) 118 

7. Hasslauer- Würzburg, Die Bakteriologie der acuten Mittel- 

ohrentzündung (Schulze) 121 

XV. Wissenschaftliche Rundschau. 

1. Urbantschitsch, Ueber methodische Hörübungen. 1 22 . — 

2. A. Jansen, Die Entzündungen des Mittelohrs und ihre Be- 
handlung. 123. — 3. Hinsberg, Ueber Labyrintheiterungen. 
124. — 4. E reib ig, Die fünf Sinne des Menschen. 125. — 
5. Spira, Ueber Erschütterung des Ohrlabyrinths (Commotio 
labyrinthi). 125. — 6. Piffl, Ein Fall von durch Operation 
geheiltem otitischen Himabscess. 126. — 7. Hecht, Die Heiss- 
luftbehandlung bei chronischen Mittelohreiterungen. 126. — 

8. Denker, Hühnereigrosser otogener Hirnabscess, extraduraler 
und subperiostaler Abscess in der Schläfengegend, durch Ope- 
ration geheilt. 126. — 9. Eitelberg, Glossen zur operativen 
Behandlung der eitrigen Mittelohrentzündung. — 10. Eitel - 
berg. Die psychische Beeinflussung als unterstützendes Moment 
bei der Behandlung Ohrkranker. 127. — 11. Peltesohn, 
Ueber die Angina lacunaris des Nasenrachenraums. 127. — 
12. Treitel, Ueber functionelle Herabsetzung der Hörf&higkeit. 
127. — 13. Dench, The Advisability of Early Operative Inter- 
vention in Acute Mastoiditis. 128. — 14. Dench, The Result 
of the Surgical Treatement of Inflammation of the Mastoid Pro- 
cess. 128. — 15. Fink, Die Behandlung der Ohreiterungen 
durch den praktischen Arzt 128. — 16. Dench, The Dia- 
gnosis and Treatement of Mastoiditis. — 17. Dench, Report 
of Three Gases of Ligation of The Internal Jugular for Septic 
Thrombosis, Following Purulent Otitis Media. — Recovery. 
129. — 18. Dench, The Importance of the early Recognition 
of an Inflammation of the Middle Ear by the General Prac- 
titioner. 129. -^ 19. 0. R. Holmes and H. S. Garlick, Ac- 
cidents attending Adenoid Operations. 129. — 20. Bulletin de 
la Sociöt^ Beige d'Otologie, oie Laryngologie et de Rhinologie. 
129. — 21. £. Amberg, A normal acoumeter. 130. — 22. 
A. Wiebe, Ueber hysterische Taubheit. 131. — 23. Hins- 
berg, Ueber den Infectionsmechanismus bei Meningitis nach 
Stirnhöhleneiterung. 131. — 24. Haläsz, Zur Lehre von der 
Labyrinthverletzung. 132. — 25. J. William Watson, Re- 
port of a series of cases of mastoiditis with Operations. 132. — 
26. Hunter Tod, Atresia auris congenita. 132. — 27. Dench, 



Inhalt des fanfundfOnfoigsten Bandes. V 

Seite 
Reflex aural Symptoms dependent upon dental caries. 133. — 
28. F. Rohr er, üeber die entzandliche Reizung der Kiefer- 
gegenden bei Erkrankungen des äusseren Ohres, besonders des 
GrSiörganges. 133. — 29. J. Kühn lein, Zur Aetiologie der 
acuten Mittelohrentzandung. 133. — 30, 31. Perez, Reeher- 
ches sur la Bact^riologie de Toz^ne. 133. — Perez, L*oz§ne. 
Rhinosinusite atrophique f^tide. Bact6riologie, Ätiologie, pro- 
phylazie. 133. — 32. £tude anatomique des gronpes cellulaires 
post^rieures de la Mastoide. — Gellnles jnxtasinusales, par MM. 
Stancul^nu et Depontre 134. — 33. Stancul^anu und De- 
pontre, £tude anatomique et pathologique des groupes cellu- 
laires post^rieurs de la mastoide. Gellnles juztasinusales. 135. 

— 34. Charles, Menstruation compitoentaire de Toreille 
gauche. 136. — 35. Mangakis, Un cas de flux supplämentaire 
de menstrnation par les oreilles. 136. — 36. Brunei, De la 
Perforation du tympan comme moyen de diagnostic et de pro- 

fQOsdc dans les surdit^s. 136. — 37. Du bar, Thrombo-phl^- 
ite isol^e de la jugulaire interne ä forme septico-pyoh^mique 
d*origine otique sans participation du sinus laterale, sans mas- 
toidite. Gu^rison. 136. — 38. Dezon, Surdi-mutit^ temporaire 
chez une myxoed^mateuse ä type fruste. 137. — 39. Lafa- 
relle, Gurieuse anomalie du rocher. Diverticulum de la caisse 
du tympan. 137. — 40. Molinie, Utilisation en oto-rhinologie 
des propriätös d^collantes de l'eau oxyg^n^. 137. — 41. Bürge r, 
Ohrenerkrankungen und Lebensversicherung. 137. — 42. Eitel - 
berg, Chronische eiterige Mittelohrentzündung mit Garies des 
Felsenbeins bei einem Diabetiker. 138. — 43. Eitel berg, Oto- 
logie und Mastalgie bei Neurasthenikern , bezw. bei Hyste- 
rischen. 138. — 44. Alexander, Ueber die operative Eröff- 
nung des Warzenfortsatzes in Schleie bischer Localanästhesie. 
138. — 45. Zalewski, Beitrag zur Lehre über die postopera- 
tive Behandlung nach der Atticoantrotomie. 139. — 46. J. S^d- 
ziak, üeber Ulcus induratum syphiliticum in der Mund-, 
Nasen-, Rachenhöhle und in den Ohren. 140. — 47. Th. Hei- 
man, Ueber die Perlgeschwulst (Cholesteatom) des Obres. 140. 

— 48. Zalewski, Ueber die Behandlung der Ohrpolypen. 141. 

— 49. Sedziaky Ueber den günstigen Einfluss des Erysipels 
auf den Verlauf einer schweren acuten Mittelohrentzündung. 
141. — 50. Poli Camillo, I Progressi della Otologia nel Se- 
colo XIX. 141. — 51. Charles König, Sur un nouveau pro- 
c^d^ simple et pratique de rendre le massage direct de la chatne 
des osselets de Toreille au moyen de la sende a ressort de 
Lucae moins douloureux et partout plus efflcace. 142. — 52. 
H. HalÄsz, Ueber den Werth einiger neuerer Heilverfahren 
in der Ohrenheilkunde (Pneumomassage, Hydropneumomassage, 
Lucae 'sehe pneumatische Sonde). 142. — 53. Reimar, Ein 
Fall von Fremdkörperabscess in der Ohrgegend. 142. — 54. 
Löhnberg, Zwei Fälle von Fremdkörpern in den Nasen- 
nebenhöhlen. 143. — Hugo Frey, Experimentelle Studien über 
die Schallleitung im Sch&del. 143. 

Personal- und Fachnachrichten 144 



VI Inhalt des fünfundfünfzigsten Bandes. 

Drittes und viertes (Doppel-) Heft 

(ansgegeben am 6. Jani 1902). 

Seite 

XYI. Luft- und Knochenleitung. Von Dr. Leiser, Ohrenarzt in 

Hamburg 147 

XVIL Die Zahl der Ohrenkranken in den einzelnen Ortschaften des 
Kreises Marburg in ihrer Beziehung zu der örtlichen Lage 
dieser Orte. (Zweiter Nachtrag zu meinen Schuluntersuchungen 
im Kreise Marburg.) Von Professor Ost mann, Marburg. 
(Mit 1 Abbildung) 152 

XVIIL Aus der Königl. Uni versitäts- Ohrenklinik zu Halle a. S. (Geh. 
Med.-Rath Prof. Dr. Schwartze). Zur Frage des Vorkom- 
mens von Glykosurie in Folge von Otitis. Von Prof. Dr. 
Grunerty erstem Assistenten der Klinik 156 

XIX. Aus der Kgl. Universitäts-Ohrenklinik zu Halle a. S. (Geh. Med.- 
Rath Prof. Dr. Schwartze). Ueber extradurale otogene 
Abscesse. Von Dr. Iwan Braunstein, Hülfsassistenten der 
Künik 168 

XX. Besprechungen. 

S. Dr. T. Hei man, Krankheiten des Gehörorgans (Spira) . 258 
9. Carlo Secchi, La finestra rotonda S la sola via deisuoni 
dair aria al labirinto (Das runde Fenster ist der einzige 
Weg für die Schallwellen durch die Luft zum Labyrinth) 
(Morpurgo) 265 

10. Carlo Secchi^ La finestra rotunda h la sola via dei suoni 

dair aria al labirinto (Pause) 271 

11. Bernhard Kawitz, Neue Beobachtungen über das Ge- 

hörorgan der japanischen Taozmäuse und Dr. G. Ale- 
xander und Prof. A. Kreidl, Anatomisch-physiologische 
Studien über das Ohrlabyrinth der Tanzmaus (Pause) . 274 

12. Transactions of the American otological Society (Schulze) 275 

13. Körner, Die Veräaderungen au der Sehnervenscheibe bei 

den otogenen Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute und 
der Blutleiter (Hansen) 287 

XXI. Dr. Heiman, Erwiderung an Dr. Iwan Braunstein auf seine 

Besprechung meiner Arbeit: „Ueber letale Ohrerkrankungen'' 293 

XXII. Dr. Braunstein, Antwort auf vorstehende Erwiderung . . . 302 

Personal- und Fachnachrichten 306 







l 

üeber die Ezenteratio cavi tympani zn akustischen Zwecken. 

Von 

Prof. G. Gradenigro (Turin). 

(Mit 4 Abbildungen.) 
(Schluss aus Bd. LIV. S. 264.) 

I. Kategorie. 

Otosklerosen, 

I. Beobachtung. G. A., 16 Jahre altes Mädchen. (Privatklinik.) 
Progressive bilaterale ächwerh5ris:keit seit ungef&hr 4 Jahren. Von derselben 
Zeitdauer ist das Ohrensausen. Ein Bruder der Kranken ist schwerhörig, ein 
anderer litt an tuberculöser Gonarthritis, ein Onkel (väterlicher Seite) starb 
an Lungentuberculose. 

1. Juni 1900. Glanz und Krümmung beider Trommelfelle fast normal. 
Rechts : Hammergriff wenig beweglich ; das hintere Segment des Trommelfells 
Atrophisch und sehr beweglich bei Beobachtung mit dem Si egle 'sehen Spe- 
culnm. Links das Trommelfell und der Hammer fast unbeweglich. 

Die Untersuchung des Nasenrachenraumes ergiebt fast negative Resul- 
tfate. Offener Mund beim Schlafen. 

Functionelle Prüfung^). 

AD v«0 V « 0,50— prope. H = 0. 
AS v = prope V = 2— 0,50. H««c. 

Es werden intramuscul&re Injectionen von täglich 1—3 Centigr. Jod 
gemacht und locale Medication der Nasenrachenböhle, Massage des Trommel- 
fells mit dem elektrischen Motor u. s. w. 

3. Juni. Explorative Paracentese rechts. Gleich nach dieser Operation 
V= 0,50 für Worte des gewöhnlichen Sprachgebrauchs, auf der operirten Seite. 

13. Juni. Die künstliche Oeffnung im Trommelfelle geschlossen; rechts 
-v wieder = 0. 

20. Juni. Exenteratjo cavi tympani rechts in der Ghloroform- 
jiarkose, geringfügige Hämorrhagie; die Operation war trotz der Enge des 
-Gehörganges leicht auszuführen. Das Trommelfell war sehr verdünnt, atro- 



1) Ich werde hier die Abkürzungen gebrauchen, die ich in meiner Me- 
thode der Notirung der functionellen Prüfung vorgeschlagen habe. AD, AS 
s» auris dextra, auris sinistra, v »» Flüstersprache, F» Gonversationssprache. 
^ SS Ohr, Bc SB Uhr ad concham, JJi, Hm Uhr an der Schläfe, am Warzen- 
fortsatz (Ä = Rinne, S =« Schwabach, W = Weber). In der Angabe der Hör- 
weite für die Stimme bezieht sich die erste Zahl auf die Entfernung für die 
Zahlen von hoher Tonalität (im Italienischen sessanta, cinquanta), die zweite 
&uf die Entfernung für Worte des gewöhnlichen Sprachgebrauchs (auf Italie 
11 isch Lampada, Camera, Giardino, Strada, Finestra etc.). 

Archiv f. Ohrenheilkonde. LY. Bd. \ 



2 1. GRADENIGO 

phiscb. EDtfemung des HftmineTs und des AmboateB mitteUt Pincette ohne 
einen abnorcoen Wident&nd. Leicbte Curettage der Insertion det Trommel- 
fells riugB um den tjmpanaleD R&nd. Tamponade. 

21. Juni. Das Ohrensausen rechts ist gans geschvanden. EntferoODK 
des Tunpons (nach 24 St.); v für Zahlen V'^^^'"': gewöhnliche Worte = prope. 
V~2Vt m (Zahlen). GewObolicbe Worte—l'/i. 

22. Juni. AllgemeinzuitaDd sehr gut. Andauernd das Fehlen dea Obren- 
GauaeuB und die Besserung des GehOrs. Die Schleimhaut der Labjrintb- 
«and gerOthet, 

24. Juni. Reactife Schwellang in der Tiefe des GebQrgauges namentlich 
im hinteren unteren Abschnitte. 

25. Juni. Abnahme der Beaction. Geringgradige serOse Eisudatioo. 
V — 0,au T_S-4 m für Zahlen, 3,5U m fUr leicbte Worte. Du Gehör kuch 
links Bebesaert. t — U,5U V — 3 m. 

27. Juni Die Getöse in Begleitung des Nervus Jacobson!, auf der 
LabTriuthvaud injicirt. £b b^innt die Regeneration des Trommelfells au 
der Peripherie. 

29. Juni. » — 0,75 fUr leicbte Worte. V— 3,50. 
1. Jnli. Man hOrt auf mit der tiefen Tamponade und legt eine dOnne 
Gazesdiicbt in den äusseren Theil des QebOrganges. Essudation immer 
sehr gering. 

V — 0,75 für Worte, 4 m fUr hohe Zahlen. T ^ >4 m fQr hohe Zahlen, 
S'/s m fflr leicbte Worte. 

b. JuE Das ObrensaDsen rechts ist wieder erschienen, links ist es 

hingegen vermindert. Das Trommelfell ist blasser geworden und mehr als 

die Haltte desselben igt schon regenerirt. Fat. 

^ Juni Juli musste die Stadt verlassen. Gemäss einer brief- 

S 'i — äl — äü — ST liehen Mittheilung jedoch, die 14 Monate nach 

der Operation eintraf, besserte sich das GehOr 

auf der operirten Seite bedeutend, wahrend es 
auf der nicht operirten Seite stationär blieb. 

Epikrise. Wichtig Bind im voiliegen- 
den Falle folgende Umst&nde: a) Grosse 
PrädispoeitioDen zur Tuberoulose in der 
Familie mit hereditärer Otopathie. 

b) Die Besserung des Hörrermögens 
nach der Exenteratio war gleich der Bes- 
serung nach der einfachen Paraoentese. 
Dies ISsst vermuthen, dass die Besserung 
in beiden Fällen einzig nnd allein dem 
direeten Eindringen der Schallwellen ,in 
Fig. 2- die Trommelhöhle zuzugehreihen sei. 

Z,"! ^, c) Das Aufholen dea Ohrensausens 

V (ConveraBlj ^ ' 

gleich nach der Operation und das Wie- 
derauftreten desselben nach dem Schwunde der localen Re- 
actionserscheinungen , als die Ferforationsöffnung Jedoch noch 
nicht geschlossen war, was daran denken läast, dass das Auf- 
boren des Ohrensausens nicht durch die freie Communication 
der Trommelhöhle mit der äusseren Luft bedingt war, sondern 
einfach vor der Hyperämie der Gewebe in der Trommelhöhle ab- 



Ueber die Exeuteratio cavi tympani zu akustiscbeD Zwecken. 3^ 

hing, und dass diese wie eine eollaterale Ableitung der Hyperämie 
im inneren Ohre wirkte. 

d) Die Langsamkeit der Regeneration des Trommelfelles^ 
als deren Ursache die Atrophie der Theile und das Fehlen von 
intensiven ßeaetionserscheinungen angesehen werden muss. 

IL Beobachtung. 29. Mai 1900. E., Fräulein, 46 Jahr alt (Privat- 
klinik). Tuberculose ist in der Familie nicht nachweisbar. Die Mutter ist 
an einem Ohre taub, angeblich in Folge von Trauma. Bei einer Schwester 
ist eine wesentliche Abnahme des Uörvermögens vorhanden, wovon noch 
später die Rede sein wird. Im Ganzen sind in der Familie 4 Schwestern 
und zwei Brüder; bei den 2 älteren Schwestern ist das Hörvermögen normal, 
die zwei jüngeren sind schwerhörig; bei den zwei Brüdern, welche dann 
dem Alter nach folgen, ist das Uörvermögen ganz gut (bei dem einen ist 
jedoch chronische Rachenentzündung vorhanden). Es konnte nicht eruirt 
werden, was für schädliche Umstände auf die beiden schwerhörigen Schwestern 
eingewirkt haben, denn alle vier lebten unter denselben Verhältnissen, wurden 
in gleicher Weise erzogen und erlitten in der Kindheit dieselben Krankheiten 
(Keuchhusten). Beide schwerhörige Schwestern erinnern sich jedoch mit Be- 
stimmtheit, in den ersten Lebensjahren an beiden Ohren an starken Schmerzen 
gelitten zu haben, aber ohne dass äusserlich eine Suppuration vorhanden 
gewesen wäre. 

Bei der Schwester der Kranken, die den Gegenstand der nun zu be- 
schreibenden Beobachtung bildet, und die an Arthritis leidet, nimmt die 
Taubheit von Jahr zu Jahr progressiv zu. Links ist die Taubheit fast voll- 
ständig und ist sowohl auf das mittlere wie auf das innere Ohr zurückführ- 
bar. Conversationssprache prope, Uhr 0; Politzer *s Ilörn^sser 0; da& 
Trommelfell ist glanzlos, 64 Doppelschwingungen werden auf dem Luftwege 
nicht percipirt Rechts hingegen hängt die Taubheit fast ausschliesslich von 
einer Alteration des inneren Ohres ab; das Trommelfell ist hier glänzend, 
Rinne positiv, 64 Schwingungen werden fast auf die normale Dauer per- 
cipirt, dagegen hat die Perceptionsdauer für hohe Töne stark abgenommen; 
Ü » 0. Es handelt sich also hier auf einer Seite um eine gemischte Form, 
auf der anderen um einen Process im Labyrinthe. 

Bei unserer Kranken nun manit'estirte sich die Taubheit im 26. Jahre 
und nahm progressiv, trotz der gemachten Kuren, immer zu. In Folge einer 
vor Jahren vorgenommenen Paracentese des rechten Trommelfells stellte 
sich einseitige Otorrhoe ein. Ohrensausen beiderseits und gegenwärtig noch 
Ausgänge von hypertrophischer Rhinitis und Rhinopharyogitis. Das Trommel- 
fell ist weniger glänzend, ein wenig retrahirt und sehr beweglich; das rechts- 
seitige zeigt eine kleine Narbe vorn und unten (in Folge von vorausgegangener 
künstlicher Perforation). 

AD: V = 0; V = 0,25 (bohe Zahlen) H «= 

AS; V = ; V «= prope für hohe Zahlen (sessanta) ; 

1 m für tiefe Zahlen ; H »= 0. 

2. Juni. Fzplorative Paracentese links: Trommelfell atrophisch. Keine 
bemerkenswerthe Besserung des Hörvermögens. 

11. Juni. Die Perforationsöifnung im Trommelfell ist geschlossen. Nach 
der gewöhnlichen Localbehandlung nahm das Ohrensausen auf beiden Seiten 
bedeutend ab. 

26. Juni. Exenteratio cavi tymp. dextri. Die Entfernung des 
Ambosses gelang schwer. £s luxirte sich derselbe im oberen Abschnitte des 
Operationsfeldes, sodass die äussere Wand des epitympanalen Raumes zum 
Theile mit der Osteotom -Pincette von Faraci demolirt werden musste. 

Massige Hämorrhagie. Versuche zur Mobilisirung des Steigbügels. 

27. Juni. Das Ohrensausen hat rechts fast ganz aufgehört. Die Tam- 
pons werden entfernt (nach 24 Stunden), v = , V = V2 — Im für tiefe 
Zahlen, V^ ^ ^^^ gewöhnliche Worte und hohe Zahlen. 



4 I. GRADENIGO 

30. Jani. Das OhreDsaasen hat stark abgenommen; es Ist eine gering- 
fügige seröse Secretion vorhanden. 

1 . Juli. Man bemerkt eine geringgradige Eiterung der Wunde, und es 
werden antiseptische Waschungen gemacht. Es stellt sich Autophonie ein, 
die die Kranke mehr als das früher dagewesene Ohrensausen belästigt. Die 
Schleimhaut der Trommelhöhle ist geröthet und geschwollen. 

20. Juli. Die Secretion hat aufgehört. Das neugebildete Trommelfell 
lässt noch eine centrale Perforationsöffnung von ungefähr 2Vs mm Durch- 
messer mit verdünnten und narbigen Rändern erkennen. Das frühere Ohren- 
sausen ist rechts geschwunden, ebenso die Autophonie, und statt dessen ist 
ein Geräusch mit rhythmischer Verstärkung aufgetreten, das jedoch gleichfalls 
von Tag zu Tag sich vermindert. 

5. August. Die Perforationsöffnung rechts scheint sich eher vergrösser t 
als verkleinert zu haben. Auf dem oberen Saume derselben persistirt eine 
ungefähr 1 Va mm breite Zone, die geröthet ist. 

Die Ohrgeräusche (von verschiedener Tonhöhe) sind verschwunden. Es 
persistirt aber rechts ein tiefes Geräusch, das zuweilen spontan, zu- 
weilen bei Gompression der rechten Carotis, oder bei starker Beugung des 
Kopfes nach der rechten Seite verschwindet. Auch links sind die Geräusche 
vermindert und fehlen zuweilen längere Zeit hindurch. 

AD: y 3 m f ür tiefe Zahlen , prope für hohe. 1 m für gewöhnliche 
Worte mit Sicherheit. Untere Grenze 90, obere fast normal. 

AS: y 2 m für tiefe Zahlen, bis V^ ^ ^^^^ gewöhnliche Worte. Untere 
Grenze 100, obere fast normal. 

Tiefe Stimmgabeln werden ungefähr in gleicher Weise percipirt auf 
beiden Seiten; solche der 4. und 5. Octave rechts (operirte Seite) besser. 
Pat. empfindet Besserung an der operirten Seite und verlässt die Anstalt. 

Es sind 14 Monate nach der Operation verflossen. Pat. giebt an, mit 
dem Erfolge derselben sehr zufrieden zu sein. Das tiefe Geräusch, welches 
nach der Operation an die Stelle des gewöhnliqhen intensiven Ohrensausens 
trat, nahm allmählich ab und wird jetzt nur in intermittirender Weise und 
zwar namentlich dann vernommen, wenn Pat. im Bette liegt. Es moditicirt 
sich dasselbe gegenwärtig nicht wie früher bei Bewegungen des Kopfes oder 
bei Gompression der Carotis an der entsprechenden Seite. Auch links, wo 
keine Operation gemacht worden ist, ist das Ohrensausen fast ganz ge- 
schwunden, die Taubheit jedoch hat, wie gezeigt werden wird, zugenommen. 

Rechtes Ohr. Man sieht bei der otoskopischen Untersuchung, dass 
das Trommelfell sich nach dem yerlassen der Anstalt nicht nur in unvoll- 
ständiger Weise regenerirt habe, sondern im Gegentheil atrophisch geworden 
ist, sodass die Perforationsöffnung, weiche im vorigen Jahre, als Pat. die 
Anstalt verliess, central gelegen war und einen Durchmesser von ungefähr 
3 mm hatte, gegenwärtig wieder fast total ist ; von der narbigen Membran 
ist nur ein peripherischer, verdünnter, atrophischer, vollständig freier Saum 
übrig geblieben. 

An der mit dünner blasser Schleimhaut ausgekleideten Labyrinthwand 
ist das Promontorium und die Nische des runden Fensters, aber nicht der 
Steigbügel zu erkennen. 

Linkes Ohr. Trommelfell atrophisch, nicht glänzend, beweglich. Die 
functionelle Prüfung ergiebt: 

AD: y « 1 m, mit Sicherheit, für gewöhnliche Worte; 2 m für tiefe 
Zahlen. Die Ziffer sessanta wird wie settanta auf die Distanz von t m ver- 
nommen, Zahlen von tiefer Tonhöhe bis auf 3 m. Uhr und Politzer's 
Hörmesser «s o. Obere Grenze fast normal. Auf dem Luftwege werden 96 
Doppelschwingungen nicht percipirt. 

AS: y prope für leichte Worte und für einige Ziffern. Auch auf dieser 
Seite wird 6ü wie 70 vernommen, v, Politzer und Uhr = 0. Pat. ist mit 
dem Erfolge so sehr zufrieden, dass sie angiebt, nach der Operation wie zu 
neuem Leben erwacht zu sein; ihr Appetit ist wieder zurückgekehrt, sie hat 
an Körpergewicht zugenommen und wünscht auch auf der linken Seite 
operirt zu werden. 



Ueber die Ezesteratio cavi tympani zu akustischen Zwecken. 5 

Epikrise. Es ist diese Beobachtung ans verschiedenen 
Gründen instructiv, und deshalb habe ich in der Beschreibung 
einige Details hervorgehoben. Vor Allem ist das relativ sehr 
gute fiesultat der Operation bemerkenswerth : bei einer Kranken 
nämlich, die mehr als 30 Jahre an progressiver Taubheit litt, 
bei der die Affection des Gehörorgans schon in der frühesten 
Kindheit begann und bei welcher die Krankheit alle Charaktere 
einer hereditären Otosklerosis zeigte, konnte die Conversations- 
sprache, welche vor der Operation für gewisse Zahlen kaum auf 
die Distanz von 0,25 gehört wurde, nach derselben, und zwar 
für Worte im Allgemeinen, auf die Entfernung von 1 — 1^/2 m. 
vernommen werden« Dieses Resultat erhielt sich mehr als ein 
Jahr hindurch, während der Zustand des nicht operirten Ohres 
immer schlechter wurde. Bei Vergleichung der Charaktere, 
welche die Defecte im Gehör der beiden Schwestern darbieten, 
lassen sich einige Folgerungen über die Natur der Otosklerose 
machen. In den beiden Ohren der Operirten und auch im linken 
Ohre der Schwester derselben sind die Charaktere der typischen 
Otosklerose vorhanden: der hochgradige fnnctionelle Defect ist 
in diesen Fällen, gemäss unserer gegenseitigen Kenntnisse, 
hauptsächlich von dem Schallleitungsapparate und zum Theile 
auch von dem Perceptionsapparate abhängig. Im rechten Ohre 
der Schwester handelt es sich hingegen um eine typische 
echte Labyrintitis. Andererseits müssen wir die gegenwärtige 
trockene Form als die Folge eines Exsudationsvorganges in 
der Kindheit ansehen, während das dauernd gute Resultat 
der Exenteratio darauf hinweist, dass der Defect in der Lei- 
tung, wenigstens in einem Ohre diesseits der Labyrinthfenster 
seinen Sitz hatte. Alle diese Thatsachen sind schwer mit der 
Theorie zu vereinbaren, die heutzutage, auf Grund von patho- 
logisch-anatomischen Kenntnissen, über die Natur der Oto- 
sklerose herrscht. Nach dieser Theorie nämlich würde, wie be- 
kannt, die Sklerose einen eigenartigen Krankheitsprocess dar- 
stellen, welcher durch primitive Läsionen des Knochens der 
Labyrinthkapsel charakterisirt ist. Die typische Sklerose nähert 
sich dagegen hier innig der typischen Labyrinthentzündung und den 
Ausgängen einer exsudativen Otitis, sodass wir annehmen müssen, 
dass die functionellen Charaktere allein nicht das Wesen de& 
Krankheitsprocesses bilden können. Es wird immer mehr wahr- 
scheinlich, dass mit dem klinischen Namen „Sklerosis^ verschie- 
dene, ätiologisch ungleiche Processe bezeichnet werden und dass- 



€ I. QRADENIGO 

andererseits eine uad dieselbe Krankheitsnvsaohe klinische 
Formen mit verschiedenen functionellec Eigenschaften hervor- 
rufen könne. Bemerkenawerth ist bei unserer Kranken die 
Antophoaie, welche in der Keaetionsperiode der Wnnde auftrat 
und wahrsoheinlioh von der Sohwellnng der Sehleimhant der 
Trommelhöhle abhängig war, weil sie beim Anthöreii der ent- 
zündlichen ErBcheinnngen gesehwandea ist. Orössere Schwierig- 
keiten bietet die Erklärnog des Geräusches, welches einen 
vasculären Charakter hatte und nach der Operation an die Stelle 
des gewöhnlichen Ohreasansemi getreten^ist. 



11. Kategorie. 

Chronheke katarrkalacke MiUelohrentsünilung. 
III. Beobachtung. O. A, M&dchen 16 Jahre alt (Privatklinik). 
4. Juli. Die aDamneBtigcheD Daten sehr unsicher. Beiderseits bocb- 
eradige Schwerbörigkeit, angeblich erst seit einem Jahre bestehend, ohne 
Schmerzen und Otorrhoe. Es scheint, dass Pat. an Malaria gelitten habe. 
Es waren Affectioneo der Hornbaut vorhanden. Otopathische Heredität aus- 
geschlossen. Ohrensausen fehlt. Die Hornhaut ist beiderseits opak. Das 
Trommelfell beiderseits glanzlos, stark retrahirt, beweglich. 

AD 0,50 prope 2— 1 m 14- -}-prope 
S J«« A'B » V P HtHm H 

I i — 7~~1~^ i AS 0^0— prope 0,50 l -f + prope 

H '•■_J'; '■ "■ ■*■ 5, Juli 1901. Eienteratio cavi tymp. sin. 

Das Trommelfell nicht normal, sondern eher 
tfiO atropliisch. Der Steigbügel nicht sichtbar. 

6. Juli. 1. Medication. 

Betrftchtliche Beaaerung des UörrermOgeng auf 
,u der operirteo Seite; v bis auf ein Meter percipirt 

' , für Zahlen, auf D,3U fQr gewöhnliche Worte. V 

S ' 3 m für Zahlen, 1 ,50 für gewöhnliche Worte, P 3 m. 

7. Juli. Die Besserung ist noch evidenter. 
1^ V — 0,20 (Camera) 

- 0,30 (Finestral 

0,5U [gewühnlicbe leicht verst&ndliche 
iM Worte) 

0,6ü (Zahlen mit liefer Tonalität) 
1 >4 m {Zahlen mit hoher Tonalitftt) 

V — 2 (gewöhnliche Worte) 
m P>4m. 

12. Juli. Fat. war gezwungen, die Cur ambu- 
latoriscb fortzusetzen. Die Medicationen wurden 

^>K' 3. daher in uaregelrnftsaiger Weise ausgeführt: ea ent- 

V Convarsationaspr. Stand Suppuration am operirten Ohre und es traten 

T PlüBiBnprmhe — auch Schmerzen auf. 

P Foiibet's HOrm. - . - - 25. Juli. Die nach der Operation aufgetretene 

Besserung ist ganz geschwunden. Das Trommel- 
fell hat sich regenerirt, ist beweglich, aber noch getöthet. Secretion ganz auf- 
gehört. 

A 3 (operirte Seite) v bloss in der Nähe für hochtönende Zahlen, V un- 
gefähr Im. P. = 1 m. 

4. August. Trotz der elektrischen Massage ist das linke operirte Ohr 
wieder schlechter geworden als das rechte: 



lieber die Exenteratio cavi tympanl za akastischen Zwecken. 7 

Untere Grenze 45 

AD— ad concham -) — |- 1>^^ 

W? R H HmBt P 

A S-D ad concham -f -|- 1,25 

Untere Grenze 55 
AD Bloss hohe Worte und Zahlen 
prope 17« — 0,75 
V V 

AS. prope 1 72 — 0,75 
bloss hohe Worte und Zahlen. 

Epikrise. Trotz des brillanten unmittelbaren Erfolges war 
der definitive Effect der Operation ein negativer. Die einge- 
tretene Eiterung hat unzweifelhaft zur Versohlimmerung des 
fanetionellen Resultates beigetragen, hat auch die rasche Regene- 
ration des Trommelfelles befordert. 

Auch der Charakter des Processes ist in diesem Falle un- 
sicher. Wahrscheinlich handelt es sich um eine leichte Form 
von hereditärer Syphilis. 

IV. Beobachtung. C. £. Ingenieur, 40 Jahre alt (Privatklinik). 

17. October 1900. Keine otopathische Heredität. Vor einigen Jahren 
litt Fat. in Amerika an gelbem Fieber; viele Jahre hindurch befand er sich 
unter Verhältnissen, welche schwere rheumatische Processe begünstigten: er 
war auch malariakrank und machte Missbrauch vom Chinin. Seit einigen 
Jahren ist beiderseits progressive Aboahme des Hörvermögens mit Ohrensausen 
vorhanden, die eine Periode von ausserordentlicher Intensität hatten, sich 
aber in letzterer Zeit verminderten. Es wurden verschiedene Mittel aber 
ohne irgend ein Resultat, angewendet. 

Das Trommelfell ist opak, stark retrahirt, wenig beweglich. Es sind 
Ausgänge einer hypertrophischen Rhinitis und Nasen- RachenentzUndung 
vorhanden. 

v ssO beiderseits. 

Y«2 m, beiderseits, für Zahlen. 

U«0. 

22. October 1900. Exenteratio cavi tymp.' dextri. 

Gleich nach der Operation war keine Besserung des Hör Vermögens 
nachweisbar. In der Trommelhöhle bildete sich ein Blutgerinnsel bei der 
ersten Medication, das nicht entfernt werden konnte, Eiterung der Wunde und 
Schmerzen hervorrief, di^ 4 Tage lang andauerten. 

4. November. Das Ohrensausen ist an beiden Seiten geschwunden, auch 
die Exsudation hat fast aufgehört, das regenerirte Trommelfell zeigt eine 
runde Perforationsöffnung. 

AD V prope (Zahlen und leicht verständliche Worte) 
V bis 2Va m (tieftönende Zahlen und leichte Worte) 
bis 1 m (tieftönende leichte Worte) 
prope (hochtönende leichte Worte) 
AS (nicht operirte Seite) v prope 
V = 2— 1 m, niedere Zahlen. 
Es wird auf beiden Seiten die gewöhnliche Localbehaadluog vorgenommen. 
10. November 1900. Pat. verlässt die Anstalt. Es persistirt eine kleine 
Perforationsöffnung im Trommelfelle. Angeblich ist auf der operirten Seite 
(rechts) keine Besserung im Gehöre erfolgt, dagegen hat sich dasselbe, nach 
Angabe des Kranken, links gebessert. 

AD»v prope bloss far tieftönende Zahlen und für einige gewöhn- 
liehe ^^orte 
V =- 1- 72 m fttr Worte, fUr Zahlen 2-1. 
Wieder Ohrensausen wie vor der Operation. 



8 I. GRADENIGO 

Epikrise. Die katarrhalische Mittelohrentzündung ist in 
unserem Falle in einem weit vorgerückten Stadium gewesen 
und war, in Folge des Missbrauehs von Chinin, durch Altera- 
tionen des inneren Ohres, die eine in der Anamnese angeführte 
Periode von acuter Verschlimmerung mit sehr starkem Sausen 
hatten, complicirt. Bemerkenswerth ist auch in diesem Falle 
der günstige aber nur vorübergehende Einfluss der Operation 
auf das Ohrensausen. Trotz aller aseptischer Maassregeln konnte 
die Suppuration, welche durch das in der Trommelhöhle ge- 
bliebene Blutcoagulum veranlasst wurde, nicht verhindert werden» 

y. Beobachtung. C. L. 35 Jahre alte Frau, Weberin (Universit&tsklmik). 
4. Juni 1901. Keine otopathische hereditäre Anlage. Beiderseits pro- 
gressive Schwerhörigkeit seit nngef&hr 10 Jahren und Ohrensausen, intensiver 
auf der rechten Seite. Fat. lebte immer unter Verhältnissen, die Rheumatismen 
begünstigten. Die unteren Nasenmuscheln sind hypertrophisch, und es ist 
Nasen-BiachenentzQndung vorhanden. 

Die Trommelfelle sind ohne Glanz, mit atrophischen Abschnitten, retra- 
hirt, der Hammer rechts, mit Siegle, unbeweglich, links beweglich. 

A D : V -B 0,50 — prope P -» 0,40 H -» 0,15 
AS: V = 2 m — prope P — 1 Va m H « 0,20 
7. Juni. Exenteratio cavi tympani d. 

Massige Hämorrhagie. Die Entfernung des Hammers und des Ambosses 

war wegen ihrer Fizirung im epitympanalen Baume etwas schwierig. Der 

Hammer konnte nicht auf einmal extrahirt werden, weil der Griff desselben 

während der Extractionsversuche brach. Der Steigbügel war nicht sichtbar. 

10. Juni. Rechts wesentliche Besserung des Gehörs. 

VB=r4 m (tieftönende Zahlen, auch novanta) 
-» 1,50 (sessanta) 
— 1 (leichte Worte). 

15. Juni. Geringgradige Secretion. Das Trommelfell im Stadium der 
Regeneration an der Peripherie. Die Besserung des Hörvermögens, welche 
in den ersten Tagen constatirbar war, fast ganz geschwunden. 

A D V » 0,20 (Zahlen) — prope leichte Worte. 
y » 3,50 (tieftönende Zahlen) 
«"3 (sessanta) 
= 1 (leichte Worte) 
P ^ 0,30 H ad concham. 

AS (nicht operirte und auch nicht behandelte Seite) 

V=:l — 0,50 

V — 5 — 3 

P«3 m. 
21. Juni. Die geringe seröse Secretion ist geschwunden; das regenerirte 
Trommelfell zeigt noch eine centrale Perforation söffnung, durch welche hin- 
durch die glatte, rosenrothe Schleimhaut der Yestibularwand sichtbar ist. 
Durch Introduction eines Baumwollstückchens in das rechte Ohr, das wie 
ein künstliches Trommelfell wirkte und die Perforationsöfinung schloss, besserte 
sich das Gehör wesentlich; die Flüsterstimme statt V^ ^ (sessanta) prope 
(gewöhnliche Worte) stieg bis auf 5 m für Zahlen und auf 3 m f ür gewöhn- 
liche Worte. Ohr von ad concham bis auf 0,10. 

1. Juli. Die PerforationsöffnuDg punktförmig. Das Ohrensausen dauert 
fort; das Hörvennögen jedoch ist gebessert. 

A D : V » 1,50 (Zahlen). Gewisse hochtönende Zahlen auf 4 m hörbar. 
V == 5 — 2,50 m — P « 0,30 H = 0,10. 

16. Juli. Die Perforationsöffnung ist geschlossen, das Trommelfell re- 
generirt, beweglich. 



Ueber die Ezententio c&ri tjmp&Di zu akastischen Zwecken. 

AD: F = 0,so— prope 

V -c 5—2,60 
P = 0,25 

H — 0,10 

AS: V — 1 m— prope 

P — 3 m 

V = 5— 3 H — 0,10 
Untere Grenze beideraeits 40 DoppelBcbwinguDgen. 
25. Juli. Täglich Massage des rediteD Obres i 



Täglich Massage des rechteo Obres mit dem elektrischeo 
Motor, 2 Minuten lang- 

Das r^eneriite Trommelfell weiss, ohne Glanz, beweglich. Das Obren- 
sansen rechts dauert zwar fort, allein es ist geringer als vor der Operation. 
Links ist es angeblich geschwunden. 
S+ 
AD — 0,U2 + + 0,25 (Zahlen) prope Z—i'lt 
W?RflHmHtP V T 

AS — 0,05 4- 4- 1,50 Ö,50-prope 4,00 
untere Grenze 50 beiderseits. 
Obere Grenze fast normal. 

0. AuRust. Trotz der FortsetzuDg der Massage behauptet die Kranki^ 
eine Verscmimmernng auf der rechten Seite zn bemerken, und im G«(entbeil 
eine Besserung links, wo auch das Ohrensauseu Terschwuoden ist. Ich be- 
merke, dass am linken Ohre und auch in der Nasen- Kachen heble gar k«oe 
Bebandlnng vorgenommen worden ist. 

AD — ad conch. -1- 4- 0,tO prope 3—1 
W ? R H Hm Ht P V V 

A8 — 0,10 4- + 1,50 prope 4—1,50 
Untere Grenze rechts 60, links 50. 

Epikrise. Die soeben mitgetlieilte BeobachtDDg ist wich- 
tig wegen der beträchtlichen Differenzen, welche im Gehöre in 
verschiedenen Perioden nach der 
Operation eonstatirt worden sind. 
Unmittelbar nach derselben zeigte 
dasGebör eine bedeutende BesserODg 
und zwar vorwiegend för Worte von 
tiefer Tonhöhe. Nach nngefähr einer 
Woche iBt die Beeserang schon viel 
geringer gewesen ; die tiefen Töne 
wurden jedoch immer besser perei- 
pirt als die hoben. Nach dem kllnst- 
Jicbeo Verscblnsse der Perforations- 
öfTattng im Trommelfelle tritt neuer- 
dings Bessernng des HörvermOgens 
anf. Ungefähr 3 Wochen nach der 
Operation und zwar ehe noch das 
Trommelfell vollständig gesehlossen 
war, ist eine Andeutung einer neuer- 
lichen Bessernng bemerkbar gewesen, 
die jedoch hei Verschluss der PerforationsöfTnung verschwand, 



Fig. 4. 
V CoDveisitionsspraihB 

P Politiai'B Hörm. ■ - 



10 I. GRADENIGO 

um einer progressiven Versohlimmerang Platz zu machen. Zwei 
Monate naoh der Operation war das Gehör rechts etwas sohlech- 
ter als früher, während im Gegentheil eine namentlich sabjeotive 
Bessernng auf der linken Seite, welche keiner therapeutischen 
Behandlung unterlag, auftrat. ^ 

III. Kategorie. 

Chronische katarrhalische ^ secundar nach eitriger Mittelohr- 
entzündung entstandene Otitis, 

VI. BeobachtuDg. 2. März. B. F., Dienstmagd, 20 Jahr alt. (Uni- 
versitätsklioik.) Fat. kannte ihre Eltern nicht. Als Kind litt sie häufig an 
beiderseitiger Otorrhoe, an Schmerzen an den Obren und auch an Lymph- 
drüsenentzandungen am Halse, die in Eiterung übergingen. Das Gehör blieb 
jedoch bis zum 16. Jahre ziemlich gut; seit einigen Jahren jedoch hat es 
stark abgenommen, und es ist auch Ohrensausen vorhanden. Links scheint 
die Schwerhörigkeit jüngeren Datums zu sein. Es ist hochgradige chronische 
Nasenrachenentzündung mit reichlicher Secretion vorhanden. 
7. März. S + 

A D — ad c + + 0,05 prope 0,20 
W ? R H HmHt P v V 
AS — ad c + + 0,05 prope 0,20 
7ioo 14 33 40 49 48 ^ey^o^ 

Ut UtUt^Ut* Ut3 Ut* Ut5 

'o/ioo 50 45 60 58 60 ««/loo 

Das Trommelfell mässisr retrahirt, glanzlos, im Centrum verdünnt, beweglich, 
ohne Kalkflecken und Narben. 

20. März. Exenteratio rechts. Geringe Hämorrhagie. Da das 
Köpfchen des scheinbar beweglichen Steigbügels gut sichtbar war, so wurde 
auch die Extraction desselben versucht und zwar nach vorausgegangener 
Durchschneidung des M. stapedius. Die Operation gelang mit Ausnahme 
eines kleinen hinteren Stückchens der Platte und dem daran endigenden 
hinteren Schenkel. 

23. März. Es fehlen Reactionssymptome von irgend welcher Bedeutung. 
Die erste Medication wurde am dritten Tage gemacht. Die Schleimhaut der 
Labyrintbwand erschien geschwollen. Ein kleiner Gazetampon, der tief ein- 
geführt wurde, imprägnirte sich nach wenigen Minuten mit einer reichlichen 
serösen Secretion (perilymphatische Flüssigkeit?) Schwindelanfälle fehlen, 
allein das Stehen auf einem Fusse auch mit geöffneten Augen schwierig. 

Das Gehör scheint gebessert zu sein. 

S + 
C + + 0,30 0,50 2—1 
AD H Hm Ht P v V 

13. Mai. Das Trommelfell vollständig regenerirt. Die Besserung noch 
mehr ausgesprochen, v »= 4 m (Zahlen) ; 1 m (leichte Worte). 

Pat., sehr zufrieden mit dem auf der rechten Seite erhaltenen Resultate, 
wünschte mit lusistenz auch auf der linken Seite operirt zu werden. 

14. Mai. Exenteratio links. Bei den Extractionsversuchen brach 
der lange Fortsatz des Ambosses und dieser wurde dann mit der Pincette 
entfernt. Beim Anfassen des Steigbügels brachen die Schenkel desselben und 
die Platte blieb an Ort und Stelle. 

16. Mai. I. Medication. (Zweiter Tag.) Massige Reaction. Ohrensausen 
fortdauernd. Gehör sehr gebessert. 



1) Anmerkung bei der Correctur: üeber die Fortsetzung dieser Be- 
obachtung wird von mir später berichtet werden. 



üeber die Exenteratio cavi tympani zu akustischen Zwecken. 11 

y = bi8 4 m (niedere Zahlen); 3 m (tieftönende leichte Worte, z. B. 
Lampada) 

22. Mai. Secretion aufgehört Gehör links noch besser, v (Zahlen 
und gewöhnliche Worte 4 m); dagegen beginnt eine Abnahme desselben auf 
der rechten Seite, wo v = 3—4 m (Zahlen), 1—0,50 (leichte Worte). 

3. Juni. Das Trommelfell beiderseits regenerirt, rechts noch geröthet. 

Ohrensausen rechts aufgehört, lioks vermindert, das Gehör aber in Abnahme 

begriffen : 

AD » 0,50 (Zahlen und gewöhnliche Worte), 

A S *- 2 m (tieftönende Zahlen) — 1 m (leichte Worte). 

10. Juni. AD— 0,10 + + 0,25 2,50-0,50 5,00 

W ? R fl Hm Ht P V V 

AS— 0,15 + -f 0,40 1,00-0,35 5,00 
A D »V»oo 

ut» 
A S »Vi 00 
AD: V =^ 2Va m (niedere Zahlen: trenta quaranta) 
0,50 (hohe Zahlen: sessanta) 
1 m (gewöhnliche tieftönende Worte: Lampada 
Camera) 
AS: Y = 1 m (niedere Zahlen) 
0,50 (sessanta) 

0,35 (tieftöaende gewöhnliche Worte) 
Untere Grenze AD 34 AS 36 
Obere Grenze 4,5 4,6 (0,2 normal). 

21. Juni. In den vorangehenden Tagen wurde elektrische Massage 
gemacht 

S-- 
AD — 0,02 + -- 0,25 2-1 >5 
W?RHHmHtP v V 
AS — 0,05 + + 0,75 4— P/a >5 
Untere Grenze AD = 40 AS 32 

Obere Grenze (Edelmann) 3,5 2,5 

AD: V = 2 m (hohe und niedere Zahlen) 1 m (gewöhnliche 

Worte) 
AS: y ^= 4 m (niedere Zahlen) 3 m (60); 1 m 7s (gewöhnliche 

Worte) 

11. Juli. S + 

AD — 0,02 + -f 0,25 0,75 >5 
W?RHHmHtP v V 
AS — 0,02 + + 0,25 0,50 >5 
Untere Grenze AD 26 AS 30. 
30. Juli. 0,02 0,10 0,50 >5 

HP V V 

C 0,10 0,50 >5 
Untere Grenze AD = 34 AS = 55. 
Links noch Ohrensausen, rechts das Ohrensausen geschwunden. 

Epikrise. Obgleich die unmittelbar nach der Operation 
vorhanden gewesenen brillanten Erfolge sich nicht dauernd er- 
hielten, so ist doch functionell eine derartige Besserung erzielt 
worden, dass Patientin die Beschäftigung, die sie wegen des 
Gehörleidens hätte aufgeben müssen, wieder fortzusetzen im 
Stande war. Bemerk enswerth ist das Resultat namentlich be- 
zQglich der Gonversationssprache und speciell auf der rechten 
Seite (mehr als 5 Meter), wenn auch der Steigbügel entfernt 
wurde. 



12 I. GRADENIGO 

VII. Beobachtung C. P., Spezereihändler, 26 Jahre alt. (Privat- 
klinik). 26. April 190t. 

In der Kindheit war, l&ngere Zeit hindurch, beiderseits Otorrhoe vor- 
handen, die, wie es scheint, nicht behandelt worden ist, und in deren Folge 
im äusseren Gehörgange Ekzeme und Ulcerationen auftraten, von denen noch 
gegenwärtig, rechts, Residuen in Form von Synechieen im Meatus vorhanden 
sind. Seit 5 Jahren besteht eine progressive Abnahme des Hörvermögens auf 
beiden Seiten, die zur gegenwärtig constatirbaren starken Schwerhörigkeit 
führte. Beiderseits ist hochgradiges Ohrensausen vorhanden, ferner chro- 
nische Pharyngitis, Crista septi nasi nach links. Schwester etwas schwerhörig. 
Trommelfell ohne Glanz auf beiden Seiten und gut beweglich. Er vernimmt 
bloss die Couversationssprache und zwar nur beim Schreien in der Nähe ; Uhr,. 
p»iO; Schwabach positiv. Es wurden Quecksilber-Jodpräparate und lokale 
Behandluupen angewendet, die aber resultatlos blieben. Der Kranke wünschte 
die Operation, die ohne Aussicht auf Erfolg bloss zur Befriedigung des- 
Wunsches des Kranken vorgenommen wurde. 

2. Mai. Ezenteratio rechts. Trommelfell verdickt; beträchtliche Hämor- 
rhagie. Schleimhaut gelblich, verdickt, lässt die Details der Configuration der 
Labyrinthwand nicht erkennen. 

Gleich nach der Operation Y^ V» ^' ^^^ gewöhnliche Worte und 
niedere Zahlen. Pat. verlässt jedoch die Anstalt und kommt zur Nachbe- 
handlung nur in unregelmässiger Weise. Trotz aller Vorsicht stellt sich 
Eiterung der Wunde ein, die Schleimhaut der Trommelhöhle granulirt, und 
das Trommelfell regenerirt sich rasch. Resultat negativ. 

Links, wo nur Massage und Luftduche gemacht wurde ¥»0,4 0. 

Epikrise. Die schweren Alterationen des inneren Ohre» 
contraindicirten in diesem Falle die Operation. 



IV. Kategorie. 

Eifrige Otitis bei perjbrirlem Trommelfelle und ihre Ausgänge. 

Bekanntlich sind Fälle von eiteriger Otitis bei perforirtem 
Trommelfelle die günstigsten für Operationen in der Trommelhöhle 
sowohl zu chirurgischen wie aach zu akustischen Zwecken. 

Die Hörschärfe zeigt nach der Operation gewöhnlich eine 
mehr oder minder bedeutende Besserung je nach der Qualität 
und Ausdehnung der Läsionen, welche eventuell an den Labyrinth- 
fenstern und im inneren Ohre vorhanden sind. Die Entfernung des 
Ambosses, welche in chirurgischer Hinsicht, d. h. fttr die Sisti- 
rung der Otorrhoe von grosser Wichtigkeit sein kann, ist hin- 
gegen in akustischer Beziehung nur von geringer Bedeutung, 
weil ja ohnehin der lange Fortsatz desselben mehr oder weniger 
defect und ohne Verbindung mit dem Steigbügel ist. 

Ich halte es für überflüssig, hier einzelne Fälle anzufahren, 
in denen es, wie bekannt, häufig vorkommt, dass die Flüster- 
sprache, welche vor der Operation bloss in der Nähe percipirt 
wird, nach derselben in einer Entfernung von mehr als zwei 
Metern gehört werden kann. 



Ueber die £xeDteratio cavl tympani za akustischen Zwecken. 13 

Verschiedenartige Operationen. 
In einigen Fällen von chronischer katarrhalischer Otitis ver- 
suchte ich statt der Exenteratio andere operative Eingriffe, die 
im Folgenden kurz beschriehen werden sollen. 

Extraction des Ambosses. 

Es wurde an Stelle der Exenteratio die Entfernung des Am- 
bosses allein vorgeschlagen und zwar auf Grund der Erfahrung, 
4ass nach der Exenteratio sich gewöhnlich das Trommelfell 
regenerirt *) und dass die Unterbrechung der Kette der Gehör- 
knöchelchen und in Folge dessen die Befreiung des Steigbügels 
von einem abnormen Drucke auch bloss durch die Extraction 
jenes Knöchelchens allein bewirkt werden könne.' Die Ent- 
fernung des Ambosses allein hat den Vortheil, dass sie weniger 
-eingreifend ist als die Exenteratio und dass auch die Reaction 
nach derselben weniger intensiv ist. 

Selbstverständlich kann die in Rede stehende Operation nur 
<iann ausgeführt werden, wenn die anatomische Lage des Am- 
bosses eine derartige ist dass die Extremität des langen Fort- 
satzes derselben vom Gehörgange aus gesehen und gefasst werden 
kann. Im folgenden Falle von chronischer katarrhalischer Otitis 
v^aren die Resultate sehr zufriedenstellend. 

VIII. Beobachtung. 13. April 1901. P., Angela, 28 Jahr alt. (Privat- 
klinik.) Vater etwas schwerhörig. Bei der Pat. ist progressive Taubheit 
vorhanden mit beiderseitigem Ohrensausen seit mehr als 5 Jahren, und zwar 
trat das Leiden erst am rechten, dann am linken Ohr auf. £8 ist auch 
-chronische Nasen-Rachenentzündung vorhanden. Das Trommelfell ist retra- 
hirt und glanzlos. 

Das Ohrensausen modificirte sich durch die Behandlung gar nicht, das 
•Gehör jedoch besserte sich io geringem Grade. 

21. April. (Zahlen) 

AD-D prope + + 0,30 0,20 

W ? R H Hm Ht P v 

AS —30 0,10 + + 4m 1-0,30. 

22. April. £xtraction des Ambosses alleio, rechts, ohne Zwischenfälle 
in der Ghloroformnarkose. 

30. April. Rechts ist das Gehör bedeutend gebessert. Der Politzer- 
sche Hörmesser wird auf 2,40 m percipirt, Flüstersprache 0,30 (verschiedene 
Worte) — 5m (hochtönende Zahlen), im Mittel 1 m. (sessanta auf 5 m, 
-ottanta auf Va m« Giardino, Camera auf 0,75, Lampada auf 0,30). 

Das Ohrensausen ist, wenn auch nicht vollständig geschwunden, doch 
bedeutend geringer. Zwei Wochen später verliess Pat. die Anstalt, und diu 
Besserung hielt noch an. Es fehlen weitere Nachrichten über dieselbe. 

Foroirte Reduction des Hammers. 
In Fällen von starker Retraction des Trommelfells mit 
hochgradiger Taubheit in Folge von chronischer katarrhalischer 

1) £s sind auch Beobachtungen bekannt, welche beweisen, dass dies 
nicht immer der Fall ist (I. und II. Beobachtung). 



14 I. 6RADENI60 

Mittelohrentzündung yersachteioh den Hammer, nach vorausgehen- 
der Tenotomie, zu reponiren. Mit der einfachen Tenotomie nämlich 
erzielte ich nur transitorische Erfolge und auch die Operation 
nach Grüner t, d. h. die Luxation des Hammergriffes nach 
aussen ergab nach meinen Erfahrungen keine zufriedenstellenden 
Resultate. Ich verfahre in folgender Weise: 

Ich incidire in der Chloroformnarkose das Trommelfell un- 
mittelbar nach vorn und hinten des Griffes und zwar in der 
Höhe des mittleren Theiles desselben, und mache dazu mittelst 
eines zweckmässig gekrümmten Tenotoms die Durchschneidung 
der Sehne and der eventuellen Verwachsungen. Dies ist wegen 
der excessiven Neigung des Hammergriffes gewöhnlich schwer 
durchführbar. Sodann fasse ich mit einer starken Pincette, deren 
Enden in die Incisionsöffnung eingeführt werden, den Hammer- 
griff und fUhre an demselben einen progressiv steigenden Zug 
aus, bis der Griff die natürliche Lage einnimmt, bez. etwas 
mehr als normal nach aussen vorsteht. Gewöhnlich empfindet 
die Hand des Operateurs einen Ruck im Momente, wo der Hammer 
dem Zuge nachgibt. Schliesslich wird ein Verband angelegt. 
Gewöhnlich sind die Erfolge dieser Operation zufriedenstellend, 
aber nicht dauernd. Ich werde einen solchen Fall als Beispiel 
anführen: 

IX. Beobachtung. K. Domenico, 24 Jahre alt. (Universitätsklinik). 

20. October 1900. Keine otopathische hereditäre Anlage. Progressive 
Abnahme des Gehörs seit ungefähr 4 Jahren, chronischer Nasenrachenkatarrh. 
Hypertrophie der unteren Nasenmuscheln. Trommelfell beiderseits glanzlos, 
stark retrahirt, wenig beweglich. 

AD — 0,05 + + 0,80 — 0,30 3 

R H Hm Ht V P 

AS — 0,10 + + 1,20 — 0,z0 3 

22. October. Operation rechts : Forcirte Reduction des Hammers. Ope- 
ration wie oben ; bei der Einführung des Tenotoms wurde der vordere Ab- 
schnitt des Trommelfelles eingerissen. 

25. October. Gar keine bemerk enswerthe Keaction nach der Operation. 
Geringe blutig-seröse Secretion. 

V a= 1 m (gewöhnliche Worte). 

27. October. Die Sekretion hat vollständig aufgehört. 

29. October. v = 3 m (Zahlen), t m (gewöhnliche Worte). 

14. April 1901. Die durch die Operation erzielte Besserung hat sich 
nicht erhalten, das Gehör ist wieder wie früher. Der Pat. jedoch ist mit 
den in den ersten Monaten erzielten Erfolgen so zufrieden, dass er die 
Wiederholung der Operation wünscht. 



Alle diejenigen, welche heutzutage endotympanale Chirurgie 
zu akustischen Zwecken üben, sind darüber einig, dass nicht 
nur unsere klinischen und pathologisch-anatomischen, sondern 



Ueber. die £xenteratio cavi tympani zu akustischen Zwecken. 15 

sogar unsere physiologischen Kenntnisse rfloksiohtlich des Gehör- 
organs auf sehr unsicherem Boden stehen. Die gegen die 
Helmholtz'sche Theorie über Schallleitung mittelst der Gehör- 
knöchelchen erhobenen Einwände (Secchi, Zimmermann), 
scheinen in der That auch durch einige der Resultate der intra- 
tympanalen Chirurgie, welche in gewissen Beziehungen das 
Werth eines klinischen Experimentes haben, verstärkt zu sein. 

Ich selbst habe zu wiederholten Malen die Erfahrung ge- 
macht, dass der gute Effect auf das Hörvermögen, der durch 
die einfache Perforation des Trommelfells erzielt wird, durch 
gar keine Operation, welche die Mobilität der Gehörknöchelchen 
zu befordern vermag, übertroffen wird. Andererseits kann, wie 
ich in einem Falle beobachten konnte, das Hörvermögen sich 
sehr gut erhalten, d. h. mehr als 5 Meter fllr die Flüsterstimme 
betragen, wenn der Hammer entfernt wird, und zwar auch dann, 
wenn nur eine kleine Perforationsöffnung in Membrana flaccida 
zurückbleibt. Es kann ferner das Hörvermögen ziemlich gut 
erhalten bleiben nach Eztraction des Ambosses allein, d. h. also 
bei Unterbrechung der Kette der Gehörknöchelchen und Integrität 
des Trommelfelles. 

Diese Thatsachen nebst anderen, die angefahrt werden 
könnten, vermindern ganz bestimmt den functionellen Werth der 
Gehörknöchelchen. 



Schlussfolgerungen. 

Bei Beurtheilung der definitiven akustischen Erfolge der 
Exenteratio cavi tympani in unseren Fällen kommen wir zu 
folgenden Schlussfolgerungen : 

L Die Erfolge der chirurgischen Operationen in der Trommel- 
böhle sind um so besser, je vollständiger die Integrität des inneren 
Ohres ist. 

II. Die günstigsten Resultate bei der Exenteratio cavi tym- 
pani — d. h. bei Entfernung des Trommelfelles, des Hammers, 
des Ambosses und möglicherweise auch des Steigbügels — 
werden bei den Ausgängen der eiterigen Mittelohrentzündung, 
in denen eine partielle Zerstörung des Trommelfelles und der 
Gehörknöchelchen stattfindet, erzielt. Gute Resultate erhält man 
auch in einer nur wenig bekannten Kategorie von Fällen, in 
denen gleichfalls Ausgänge einer eiterigen Mittelohrentzündung 
bestehen, aber ohne charakteristische Alterationen des Trommel- 



16 I. GRADENIGOy Ueber die Exent. cavi tymp. zu akust. Zwecken. 

felis und der Gehörknöohelehen. Es scheint in solchen Fällen eine 
gewohnliche chronische katarrhalische Otitis vorhanden zu sein, 
und bloss die Anamnese lässt erkennen, dass es sich hingegen 
um eine vorausgegangene Otorrhoe handelt. 

IIL In den trockenen Formen der Mittelohrentzündung 
«ind die Erfolge gewöhnlich weniger zufriedenstellend, und auf- 
fallender Weise sind sie in der Sklerosis günstiger als bei der 
chronischen katarrhalischen Mittelohrentzündung. Dies wider- 
spricht allerdings der Thatsache, dass sich bei der Sklerosis das 
innere Ohr gewöhnlich häufiger und in intensiverer Weise als 
bei der katarrhalischen Otitis, an dem Erankheitsprocesse be- 
iheiligt. Es lässt sich jedoch diese Erscheinung dadurch er- 
klären, dass bei der Sklerosis eine Atrophie der Trommelfells 
statthat, dass in Folge dessen die Ausbildung einer narbigen 
Membran behindert wird und dass die Labyrinthwand folglich 
direct den Schallwellen zugänglich ist. Bei der katarrhali- 
schen Otitis hingegen pflegt sich das narbige Trommelfell neu 
zu bilden. 

IV. Einen sehr bedeutenden Einfluss auf den definitiven 
Ausgang hat die postoperative Behandlung. 

V. Wenn die Schwerhörigkeit vornehmlich den Charakter 
einer Labyrintherkrankung hat, dann sind die operativen Ein- 
griffe in der Trommelhöhle contraindicirt, weil die consecutive 
Reaction den Process im Labyrinthe verschlimmert. 

VL Die Erfahrungen der intratympanalen Chirurgie zei- 
gen, dass unsere Kenntnisse über die Physiologie und Patho- 
logie des Gehörorgans noch zum grossen Theile mangelhaft und 
oinsicher sind. 



II. 

lieber Diplacasis monaiiralis. 

Vortrag, gehalten auf der 73. Yersammlang der Naturforscher und Aerzte 

in Hamburg in der Section für Ohrenheilkunde. 

Von 
Prof. E. Berihold in Königsberg i. Pr. 

Doppelhören, Diplaousis nennen wir diejenige pathologisohe 
Erscheinung im Gehörorgan, bei welcher ein erregender objeo- 
tiver Ton zwei Gehörsempfindungen in verschiedener Höhe er- 
zengt, von welchen die eine zu der richtigen Wahrnehmang des 
objeotiven Tones führt, die andere dagegen zu einer Sinnes- 
täuschung Veranlassung giebt. Wir unterscheiden zwei Arten 
von Doppelhören, die Diplaousis binauralis, bei welcher das ge- 
sunde Ohr den objectiven Ton wahrnimmt, das kranke Ohr die- 
sen Ton aber falsch empfindet, und die Diplaousis monauralis, 
bei der beide Töne von ein und demselben Ohre empfunden wer- 
den. Die Diplaousis monauralis ist von beiden Arten die seltenere. 

Im Anschluss an einen Fall, den ich in diesem Sommer zu 
untersuchen Gelegenheit hatte, will ich die Diplaousis monauralis 
zu erklären versuchen. 

Der betreffende Kranke war ein Musiker von 47 Jahren aus 
Ostpreussen. Der Mann war von untersetzter Gestalt, guter Er- 
nährung und blühender Gesichtsfarbe. Am 18. März dieses Jahres 
kam er nach Königsberg, um hier einen Cursus im Orgelspiel 
durchzumachen. Er erkrankte hier am Abend des 6. April mit 
Fieber und Schmerzen im linken Ohr. Am Tage darauf hatten 
sich die Schmerzen vermehrt, Hessen jedoch auf Bähungen mit 
Kamillenthee etwas nach. In der Nacht vom 9. zum 10. April 
kam es nach vorausgegangenem empfindlichen Druck im linken 
Ohr zu Ausfluss aus demselben. 

Am 13. April trat Patient in meine Behandlung. Ich fand 
eine Otitis media exsudativa mit kleiner Perforation des Trommel- 
fells, die in ca. 3 Wochen ablief. Während dieser Zeit machte 

Aichiv f. OhienheUlnmde. LV. Bd. 2 



18 IL BERTHOLD 

der Patient die Beobaehtung, zuerst beim Pfeifen mit den Lippen, 
dann auch beim Hören von Musik und Gesang, dass er mit dem 
linken Ohr allein ausser dem objeetiven Ton noch einen zwei- 
ten, etwas schwächeren Ton hörte, dessen Höhe zwischen der 
höhern Secunde und der höhern Terz schwankte. Bei der Unter- 
suchung fand ich nun, dass Patient ein sehr gutes musikalisches 
Gehör besass, welches ihn befähigte jedes Intervall, auch in den 
höchsten Octaven mit Sicherheit anzugeben. Das war fbr die 
Untersuchung von grosser Wichtigkeit, denn nur die Angaben 
von Musikern, musikalischen Aerzten und Physikern lassen sich 
zur Beantwortung unserer Frage verwerthen. 

Bevor ich jedoch auf die Gehörsprüfung unseres Patienten 
genauer eingehe, möchte ich einige anamnestische Punkte über 
seinen Gesundheitszustand vorausschicken. Patient hat vom 
ISi. Lebensjahre an bis zu seiner Verheirathung im 32. Lebens- 
jahre Onanie getrieben. In der Ehe wurden ihm 3 Kinder ge- 
boren, um einer weiteren Vergrösserung seiner Familie vorzu- 
beugen, übte er von nun an den Coitus interruptus aus. Trotz 
dieser Schädigungen seines Nervensystems kennt Patient keine 
anderen nervösen Erscheinungen als Schlaflosigkeit. Sein Be- 
nehmen war allerdings etwas absonderlich. Er hatte stets eine 
verlegene Miene und lächelte, wenn er eine an ihn gerichtete 
Frage nicht gleich verstand. Ihm lachte wirklich die Dummheit 
aus den Augen. Sonst schien er aber [eine gesunde Natur zu 
haben. Er war nicht schreckhaft oder zitternd in seinen Be- 
wegungen geworden, auch hatte er nie über Herzklopfen ge- 
klagt. Sein Appetit war stets rege und seine Verdauung normal 
geblieben. 

Von seinen Angaben über die Doppeltöne seines linken Ohres 
war mir zuerst die Mittheilung aufl&llig, dass er sie am deutlich- 
sten beim Pfeifen mit dem^ Munde wahrnahm, und dass er den 
objeetiven Ton mit seinem kranken linken Ohre lauter als mit 
seinem gesunden rechten Ohre hörte. Diese Erscheinung lässt 
sich nur durch die Annahme erklären, dass gleichzeitig die linke 
Tuba Eustachii erkrankt war und offen stand. Hierzu stimmte 
auch die Angabe des Kranken, dass er den Ton seiner eigenen 
Sprache eigenthümlich näselnd fand. Es bestand also die patho- 
logische Besonanz der eigenen Stimme (Autophonie), diese machte 
sich weniger bemerkbar, wenn das kranke Ohr mit Watte fest 
verstopft wurde. 

Bei der Prüfung des Doppelhörens wurde selbstverständlich 



lieber Diplacusis monauralis. 19 

das gesunde rechte Ohr mit Watte verstopft, fest zugedrückt, 
und so vom Hören ansgesohlossen. Ich benutzte eine Violine und 
die Daltonpfeife zur Untersuchung. Der Kranke selbst stellte 
dieselbe in der Weise an, dass er sich die Tonleiter vorpfiff oder 
auf der Orgel vorspielte und zu jedem Ton den etwaigen Doppel- 
ton auf einem Stückchen Notenpapier aufsehrieb. Die Resultate 
seiner und meiner Untersuchung stimmten im Ganzen gut mit- 
einander überein. Anfangs traten die Doppeltöne im Gebiete der 
ein- bis viergestrichenen- Octave auf, in den nächsten Wochen 
wurden sie schwächer und nur in einem geringeren Umfange 
hörbar, und am 17. Juni hörte Patient nur noch einen einzigen 
Doppelton, nämlich die höhere Octave von dem eingestrichenen a. 
Kurze Zeit darauf war der Kranke von seinem Doppelhören 
befreit. 

Von den Untersuchungen will ich Ihnen nur eine anf&hren, 
als der Process noch auf der Höhe stand, gegen Ende April. 
Er hörte damals 

bei dem objectiven Ton a^ den Doppelton e^ 

dl a'2 

bei diesen beiden Tönen also die höhere Quinte, 

bei dem objectiven Ton fis^ den Doppelton g^ 

0*3 fl.3 

jf 71 ji 7, f* dagegen d^ 

also die kleine tiefere Terz, bei diesem Ton trat aber schon eine 
Unsicherheit in der Bestimmung des Doppeltones ein, ebenso 
sehwankte er bei g^ und glaubte bald die tiefere Quart d^ oder 
die höhere Secunde zu hören. 

Bei den anderen Tönen in diesen vier Octaven wurde ein 
Doppelton entweder nicht empfunden oder konnte nicht mit 
Sicherheit angegeben werden. 

Gehen wir jetzt zur Erklärung dieser Erscheinung über, so 
werden wir zuerst die Frage nach dem Sitz der Erkrankung zu 
beantworten haben. Anseheinend könnte wohl die Paukenhöhle 
ia diesem wie in manchen anderen Fällen der Locus morbi sein, 
da ja dem Doppelhören eine Entzündung derselben voranging. 
Und in der That hat Gradenigo (Schwartze's Handbuch, 
Bd. II. S. 551) neben anderen Erklärungen der Diplacusis mon- 
auralis auch gemeint, sie könnte in einer doppelten Schwin- 
gungsweise des Trommelfells wegen Spannungsdifferenzen der 
einzelnen Segmente desselben gesucht werden. Diese Erklärung 

2* 



20 IL BERTHOLD 

ist aber sohon von Jacobson zurückgewiesen und tbatsächlicb 
nicht sticbbaltig, weil ein elastiscber Körper, der durch 
«inen Ton in Mitschwingung versetzt wird, immer in der Schwin- 
gungszahl des erregenden Tones mitschwingt. 

In der Sehwingungszahl seines eigenen Tones schwingt ein 
elastischer Körper erst dann, wenn der erregende Ton zu klingen 
aufgehört hat. Beide Töne treten also nicht gleichzeitig, son- 
dern unmittelbar nach einander auf. Solche Fälle können also 
zur Diplacusis eigentlich nicht gerechnet werden. In der Regel 
wird die Ursache des Doppelhörens im Labyrinth oder im Cen- 
tralorgan zu suchen sein. Unter der Voraussetzung, dass bei 
einer Entzündung in der Paukenhöhle das benachbarte Labyrinth 
gewöhnlich nicht ganz unbetheiligt bleiben wird, ist bei der 
Kleinheit der Gebilde im Corti'schen Organ es eigentlich wun- 
derbar, dass bei der grossen Zahl von Mittelohrentzündungen es 
80 selten zu Ausfällen von Tonlücken und Doppelhören kommt, 
da doch ein ganz geringes Exsudat im Labyrinth immer gleich- 
zeitig auf mehreren Sinnesepithelien lasten wird. Seit circa 
40 Jahren sind wir daran gewöhnt, die H e Im holtz'sche Theorie, 
welche auf die einfachste Weise die Vorgänge der peripherischen 
Oehörleitung erklärt, auch in pathologischen Fällen zu verwen- 
•den. Wenn dieselbe heute Dank der Fortschritte in der mikro- 
skopischen Anatomie auch einiger Modificationen bedarf, so ist 
-es doch zweckmässig, die Erklärung der Diplacusis zuerst auf 
Orund der Helmholt zischen Theorie zu versuchen. 

Helmhol tz sagt in seinen Tonempfindungen vom Jahre 
1863, S. 198: „Könnten wir nun jede Saite eines Klaviers mit 
«iner Nervenfaser so verbinden, dass die Nervenfaser erregt würde 
und empfilnde, so oft die Saite in Bewegung geriethe, so würde 
in der That genau so, wie es im Ohre wirklich der Fall ist, 
jeder Klang, der das Instrument trifft, eine Reihe von Empfin- 
dungen erregen, ganz genau entsprechend den pendelartigen 
Schwingungen, in welche die ursprüngliche Luftbewegung zu 
zerlegen wäre....*' Hieran knüpft nun Helmholtz folgende 
Bemerkung: „Nun lassen in der That die neueren Entdeckungen 
4er Mikroskopiker über den inneren Bau des Ohres die Annahme 
zu, dass im Ohre ähnliche Einrichtungen vorhanden sind, wie 
wir sie uns eben erdacht haben. Es findet sich nämlich das Ende 
jeder Nervenfaser des Gehörnerven verbunden mit kleinen ela- 
stischen Theilen, von denen wir annehmen müssen, dass sie durch 
Schallwellen in Mitschwingung versetzt werden." 



Ueber Diplacusis monauralis. 21 

Nehmen wir nun an, dass bei unserem Kranken durch eine 
exsudative Trübung der LabyrinthflQssigkeit oder durch eine 
leichte Schwellung der Basilarmembran eine Verstimmung der 
Cortrschen Fasern derart stattgefunden hat, dass z. B. bei dem 
Ton c auch die Faser mitschwingt, die für den Ton e bestimmt 
ist, so muss nach dem Gesetz der speoifischen Sinnesenergie nicht 
nur der Ton o, sondern auch der Ton e zur Empfindung gelan- 
gen, eine Erscheinung, die wir eben mit dem Ausdruck „Dipla- 
cusis monauralis^ bezeichnen. So einfach ist nun aber der Vor- 
gang nicht, weil die Verbindung der Endigungen der Aousticus- 
fasern mit dem Corti'schen Organ in anderer Weise stattfindet, 
als es Helmholtz damals annehmen musste. Hans Held hat in 
seiner Arbeit: „Zur Kenntniss der peripheren Gehörleitung** die 
Resultate der Untersuchung anderer Forscher, wie His, Retzius, 
van Gebuchten, Ramon y Cajal, Ayers kritisch be- 
leuchtet und durch eigene Arbeiten vervollständigt. Hiernaob 
wird „die periphere Gehörleitung, welche das in der Schnecke 
gelegene Gorti'sche Organ mit dem Hirnstamm verbindet, von 
den aus dem Ganglion cochleare hervorgehenden Sinnesleitungen 
gebildet**. „Die hier vorhandenen bipolaren Nervenzellen sind 
es, welche, wie His zuerst gezeigt hat, periphere Fortsätze in& 
Cortfsche Organ und centrale Nervenfasern in graue Endkerne 
des Hirnstammes hineintreiben.^ Das Ende dieser im Ganglion 
cochleare entsprungenen Fasern verzweigt sich und umfasst 
den Leib der Haarzellen. Die Beschreibung der Nervenzellen 
des Ganglion spirale und des Ringplexus des Ganglion cochleare^ 
so interessant sie auch ist, müssen wir hier übergehen. 

Uns interessirte ja zur Erklärung der Diplacusis hauptsäch- 
lich die Schlussfolgerung, welche aus den mikroskopischen Be- 
funden gezogen werden muss. Diese können wir mit wenigen 
Worten so formuliren: „Es können verschieden hohe Töne 
dieselbe e i ne Nervenfaser erregen**, da eine Nervenfaser, der 
periphere Fortsatz der bipolaren Cochleariszellen, durch vielsei- 
tige Verzweigung mit mehreren im Umfange des Sinnesepithels 
vertheilten Haarzellen, die also je nach ihrer Entfernung 'auf ver- 
schieden langen Corti'schen Saiten der Basilarmembran stehen 
zusammenhängt. 

Es fragt sich nun, wie sich bei diesem Modus der Erregung 
unsere Fähigkeit, sehr kleine Tondifferenzen zu unterscheiden, 
erklären lässt? Die Schwierigkeit dieser Frage ist nur eine 
scheinbare. Wir dürfen nur annehmen, dass eine Combination. 



22 II. BERTHOLD 

von verschiedenen Nervenverzweigun^en dieselbe Function 
ausübt, wie die einzelne Nervenfaser, welche nach der Helm- 
holtz'schen Theorie an ein Gorti'sches Fäserchen treten sollte, 
dann kann nach der Lehre von den specifischen Sinnesenergien 
die Sehallübertragung ebenso genau stattfinden, wie wir es bis- 
her angenommen haben. Selbstverständlich müssen ebenso viele 
verschiedene Nervencombinationen wie Sinnesepithelien vorhan- 
den sein. 

Die geschilderte Nervenverzweigung hat flQr die Oekonomie 
der Schnecke noch besondere Vortheile, die denen entsprechen, 
welche Bethe (Archiv f. mikroskop. Anatomie. 1895. XLIV. Bd.) 
an den Nervenhügeln der Froschzunge nachgewiesen hat. 

Mit den Combinationen der vielfach verzweigten Nerven- 
fasern ist nämlich eine grosse Ersparniss an Nervenfasern und 
Centralganglienzellen verbunden, worüber uns die Formel der 
Combinationen ohne Wiederholungen jeden gewünschten Auf- 
schluss giebt. 

Bezeichne ich mit G die Combinationen, mit n die Anzahl 
der Elemente, mit k die Klasse der Combinationen, so ist be- 
kanntlich : 

^^ ^ n(n — l)(n — 2) (n— k + D 

(n) 1.2 . 3 k 

Durch die Einsetzung der uns hier interessirenden Zahlen 
in diese Formel lassen sich alle Fragen über die etwaige An- 
zahl von Nervenfasern und deren Verzweigungen, über die Zahl 
der Centralganglienzellen und die Innervationsverhältnisse der 
Corti'schen Fasern mit Leichtigkeit beantworten. 

Nennen wir x die Anzahl der Nervenfasern des Acusticus, 
t, die Anzahl von Theilen, in die sich jede einzelne Nerven- 
faser verzweigt, so wird die Summe sämmtlicher Verzweigungen 
S = t . X sein. 

Mit diesen t . x -Verzweigungen sollen a Cort^sche Fasern in 
der Weise versorgt werden, dass jede derselben v Verzweigun- 
gen erhalt, jedoch so, dass erstens nicht zwei oder mehr Ver- 
zweigungen von derselben Nervenfaser an ein und dieselbe Corti- 
sohe Faser treten dürfen, und zweitens, dass nicht zwei oder 
mehr Corti'sche Fasern mit denselben Nervenverzweigungen in 
Beziehung treten. Es muss demnach auch die Summe aller Ver- 
zweigungen S = a . V sein. Aus den 

beiden Gleichungen S = t . x und 



Ueber Diplaeosis moBauralis. 23 

S = a . V folgt, 
dass t . X «=» a . V ist (Gleichung 1), 

also ist X = —7— 

X 

In dieser Gleiehnng ist a eine bekannte Grösse, denn nach 
Kölliker beträgt die Anzahl sämmtlicher Cortf sehen Fasern 
circa 3000. 

In der Gleichung x =« 3000 • -r- hängt also der Werth von x 

V V 

von dem Bruch -p ab. Es kann nun v «« t sein, dann ist —- ™ 1 

und X =» 3000. In diesem Falle ist von einer Ersparniss von 
Nervenfasern nicht die Rede. Es werden ebenso viele Nerven- 

fasern wie Corti'sche Fasern gebraucht. Ist — dagegen ein ech- 

ter Bruch , dann mnss x < 3000 werden. Nehme ich z. B. an, 

4 
dass V = 4 und t = 1 1 ist, so ist x «- 3000 —r = circa 1 090, 

d. h. ich kann jedes der 3000 Gortrschen Fasern 4 mal mit 1090 
Nervenendigungen auf verschiedene Art innerviren, und das be- 
deutet doch schon eine erhebliche Ersparniss an Nervenfasern 
und Centralganglien Zellen. 

Wollen wir nun die Frage beantworten, wie gross die 
kleinste Zahl von Nervenfasern bei einer vierfachen Innervation 
der Gorti'schen Fasern ist, jedoch so, dass den oben aufgestell- 
ten Bedingungen genUgt wird, so müssen wir in die obige For- 
mel fbr die Gombinationen ohne Wiederholungen 

^^ _n(n — l)(n-2) (a— k + 1) 



(n) 1.2.3 k 

unsere Bezeichnungen setzen, also statt n = x, statt k = v, dann 
erhalten wir 

/jj 1.2.3.... <x> 

(Gleichung 2). 
Nehmen wir nun wieder an, dass v =» 4 ist, so erhalten 
wir die Gleichung 

qnan - x(x-l)(x-2)(x-3) 
^^^ - 1 .2 . 3 .. 4 • 
Die Auflösung dieser Gleichung giebt für x den Annäherungs- 
werth 18, denn 



24 II. BBKTBOLD 

18 . 17 . 16 . 15 ,__- 

1.2.3.4 "" ^^^^^ 
d. h. die kleinste Zahl von Nervenfasern, mit denen ich eine 

yierfaohe Innervation von 3060 Gorti'schen Fasern herstellen kann^ 
ist 18. — Diese 18 Fasern können aber ihre Aufgabe nur er- 
fhllen, wenn jede derselben sich in eine grössere Zahl von Ver- 
zweigungen theilt. Es fragt sich nun, wie oft muss sich hierzu 
jede Nervenfaser theilen? oder mit anderen Worten, wie gros» 
ist unter den angenommenen Bedingungen die Zahl t? Dieselbe 
lässt sieh nun aus den obigen Gleichungen 1 und 2 berechnen. 

1. av =- xt, also a = — 

' V 
^ ^ _ x(x— l)(x— 2) (x-v + 1) 

^- * ~ 1.2.3 V 

Hieraus folgt 

xt ^ x(x — l)(x — 2) (X— v + 1) , 

v"^1.2 . 3 V 

Dividire ich nun beide Theile der Gleichung mit — ? so er- 
halte ich 

^^ (x— 1)(x-2) (X— v+i) 

1 .2.3 (v — 1) 

Für X haben wir die Zahl 1 8 gefunden, für v die Zahl 4 an- 
genommen, es ist also 

_ 17.16. 15 _ 

d. h. bei einer vierfachen Innervation müsste sich jede der 1& 
Nervenfasern 680 Mal theilen, um sämmtliche Cortrsche Fasern 
nuf verschiedene Art zu umspinnen. 

Eine so grosse Verzweigung der Nervenfasern würde aber 
keine Ersparniss bedeuten, denn wie Bethe bereits für die 
Froschzunge ausgeführt hat, würde das, was an der Masse der 
Nervenfasern erspart bliebe, zum grossen Theil an den Nerven- 
verzweigungen wieder zugesetzt werden. Diese Beispiele zeigen 
aber, dass bei einer passenden Theilung der Nervenfasern die 
Natur wie überall auch hier ihren Zweck erreicht und mit den 
kleinsten Mitteln die grössten Aufgaben zu lösen vermag. 

Bei der geringen Zahl von genauen Beobachtungen über die 
hier in Rede stehende pathologische Gehörsempfindung will iob 
nicht unterlassen zu bemerken, dass einige Autoren, unter ihnen 
mein Freund Professor Barth in Leipzig, dem Vorkommen der 
Diplacusis monanralis skeptisch gegenüberstehen. Diese Gollegen 
möchte ich an die analoge Erscheinung am Auge an die Diplopia 



Ueber Diplacasis monaaralis. 25 

monoeularis erinnern, deren Vorkommen eine feBtstehende That- 
Sache ist, die nach den Principien des So he in er 'sehen Yersuches 
erklärt werden kann . (Siehe Helmholtz, physiologische Optik, 
1867. S. 93.) 

Die Bedingungen zam Zastandekommen dieses Symptom» 
sind bekanntlich eine ungenaue optische Einstellung des Auge» 
auf den fixirten Punkt, und das Vorhandensein von Unregel- 
mässigkeiten in der Structur der brechenden Medien in der 
Art, dass von einem objectiven Lichtpunkte 2 oder mehrere ver- 
schiedene Stellen der Netzhaut erregt werden. Es scheint mir 
darum der Skepticismus, selbst die Wahrscheinlichkeit zu be- 
zweifeln, dass im Ohre ein analoger Process vorkommen, dass 
also durch einen objectiven Ton zwei verschiedene Sinnesepithelien 
gleichzeitig erregt und daher doppelt empfunden werden könnte, 
zu weit gehend zu sein, wenn wir auch tlber den Vorgang des 
Proeesses noch nicht volle Klarheit besitzen und uns daher vor- 
läufig noch mit Hypothesen, die aber doch grosse Wahrschein- 
lichkeit für sich haben, begnügen müssen. 

Wie aber im Gentralorgan aus den verschiedenen vorhin 
geschilderten Nervencombinationen das Bewusstsein der kleinsten 
Tonintervalle zu Stande kommt, das lehrt unsere heutige Auf- 
fassung von der peripheren Gehörleitung ebenso wenig wie die 
frühere Vorstellung von Helmholtz. 

Es muss daher auch der Phantasie jedes Einzelnen Spiel- 
raum gelassen werden, die Vorgänge, welche bei etwaigen 
Störungen der Gehirnfunction Diplacusis zur Folge haben, nach 
seinem Belieben zu erklären. Darum enthalte ich mich aucli 
jedes Einwandes gegen die Erklärung der Diplacusis von 
Gradenigo, der sie in einem Excess des physiologischen Factums 
sucht, wonach die Reizung der percipirenden Elemente, welche 
einem Fundamentalklang entsprechen, sich der Beizung einer 
andern Gruppe von Elementen zugesellt, welche mit den ersten 
in irgend einer Beziehung stehen (z. B. Gonsonanz- Gewohnheit). 
Eine derartige Ausbreitung der Reizung könnte auch, wie 
Gradenigo annimmt, in den Gehirncentren Platz haben. Einen 
Beweis für dergleichen Hypothesen werden wir aber nie liefern 
können. — Die von mir versuchte Erklärung der Diplacusis 
monauralis zeigt von Neuem, wie jede Erklärung einer patho- 
logischen Erscheinung abhängig ist von dem Fortschritt in der 
Erkenntniss der betreffenden anatomischen und physiologischen 
Verhältnisse. 



III. 

Ans der Ohrenabtheilnug der Kgl. Universitätspoliklinik zu 

München. 

Arrosion des Gehirns in Folge von Cholesteatom, Dnrch- 
brnch cholesteatomatSser Hassen in den Seitenventrikel. 

Von 

Prof. B. Hang* in Manchen. 

Knabe von 8Vs Jahren, leidet seit über 4 Jahren an linksseitigem Ohren- 
flass. Vor 10 Tagen fing, nach Aussage des behandelnden Arztes, der Patient 
an über heftige Kopfschmerzen auf der linken Seite zu klagen an, verbunden 
mit Schmerzen im Ohre und in der Umgebung desselben. Trotzdem musste 
er zur Schule gehen, jedoch steigerten sich die Schmerzen und die Allgemein- 
erscheinungen derart, dass er vom nächsten Tage ab zu Bette liegen musste. 
Hohes Fieber, Schüttelfröste, Erbrechen, Benommenheit des Sensoriums, 
Gonstipation waren die Erscheinungen, die der behandelnde Arzt w&hrend 
dieser Zeit wahrgenommen hatte. Eine besondere Behandlung des Ohren- 
leidens scheint bisher nicht stattgefunden zu haben. Die in der letzten Zeit 
angewandte Therapie — von Seiten des Arztes — bestand in Eisbeutel und 
Verabreichung von Salzsäure innerlich nebst localen Ausspritzungen mit Bor- 
wasser. Gegen die in der letzten Zeit sehr hochgradig gewesenen Schmerzen 
war nichts weiter gethan worden, da keine Röthung und Schwellung vor- 
handen gewesen sei. 

Am 11. Tage nach Beginn der stürmischen Erscheinungen konnte ich, 
zum ersten Male zugerufen, folgenden Befund erheben: Stark abgemagerter 
Junge wälzt sich unter fortwährendem unarticulirten Stöhnen hin und her, 
bleibt jedoch oft in der Rückenlage. Puls 62, klein, nicht intermittirend. 
Temperatur 40,2 ^ Haut glühend heiss. Patient erscheint comatös und ist 
kaum durch bis 4— 5 maliges lautes Anrufen zum Versuche, seinen Namen zu 
nennen, zu bringen. Die Sprache ist ein undeutliches, langsam schleppendes 
Lallen, unarticulirt, unverständlich. Vorgezeigte Gegenstände wurden nicht 
mehr erkannt. Kniee angezogen und gebeugt, Abdomen weich. An den 
Thorax- und Bauchorganen inchts nachzuweisen, mit Ausnahme einer Dämpfung 
des rechten Unterlappens der Lunge. Bewegungen des rechten Armes scheinen 
aufgehoben. Linke Pupille enger als rechts. Beide Pupillen reagiren sehr 
träge auf scharfen Lichteinfall. Der Gornealglanz ist verstärkt, und linker- 
seits scheint an der Gorneoscleralgrenze eine leichtere hyperämische Röthung. 
Augenmuskellähmung scheint nicht vorhanden, bis auf den Levator palpebr. 
sup., der linke Augendeckel hängt herab; auch ist durch eine deutliche Vor- 
ziehung der Gesichtszüge die Facialislähmung schon documentirt. 

Aus dem Ohre rinnt gelblich-grüne stinkende Jauche, nach deren Ent- 
fernung nichts zu sehen ist, als eine ganz kolossale Senkung der hinteren 
Gebörgangswandung , so dass von den tieferen Partien kaum Einsicht ge- 
nommen werden kann. Aus der Tiefe lässt sich mit Sonde und Watte blutig 
tingirter Eiter von demselben Fötor wie vorher entfernen. 

Warzenfortsatzgegend in keiner Weise geschwollen und geröthet, aber 
gegen jeden Druck, sowohl an den typischen Stellen als im Ganzen offenbar 
ausserordentlich empfindlich, da sofort das immerwährende Stöhnen in 
einen deutlichen, typischen, unwillkürlichen Schmerzensschrei sich umwandelt. 



Arrosion des Gehirns in Folge von Cholesteatom u. s. w. 27 

Die Percassion ergibt eine ganz ausgesprochene Abd&mpfnng der Pars 
mastoidea. Ganz besonderen Schmerz scheint das Klopfen direct aber der 
Basis des Warzenfortsatzes, über der Linea temporalis zu venirsachen, 

Die Region unterhalb des Warzenfortsatzes im Warzenwinkel, offenbar 
ebenfalls ziemlich empfindlich, obschon sich an der Jngalaris keine deutlich 
vermehrte Resistenz nachweisen l&sst, ebenso wie keine DrQsen gefanden 
werden können. Schwellung oder Oedem ist weder hier noch in der Tempore- 
Frontalgegend vorhanden. 

Die eigentliche Nackenregion scheint nicht so sehr der Sitz der Schmerzen 
zu sein, da Patient hier in seiner stöhnenden Indolenz verharrt; auch ist 
keine Steifigkeit im Nacken da. Die ophthalmoskopische Untersuchung des 
Angenhintergnindes ergiebt: die linke Pupille tief ounkelroth mit vollständig 
verwaschenen Rändern nach oben zu, der untere Rand scharf; nach unter- 
halb des oberen Randes eine streifenförmige Blutung; Venen stark geschlängelt 
und pulsirend. 

Rechts ist die Pupille ebenfalls dunkelroth mit allseits verwaschenen 
Rändern, jedoch sind die Venen nicht so prall gefallt und geschlängelt wie 
anderseits und Pulsation kann an der Venatemporalis inferior wahrgenommen 
werden. 

Da es nach dem vorliegenden Symptomenbilde absolut keinem 
Zweifel unterliegen konnte, dass hier eine schwerste intraeranielle 
Gomplication — es wurde die Diagnose gestellt auf otitische Sinus- 
thrombose mit perisinuösem Äbscesse neben Eiterretention in 
der Pauke, Empyem des Warzenfortsatzes und wahrscheinlich 
auch intracerebrale Eiterung — so wurde den Eltern eröffnet, 
dass eine Rettung, wenn sie überhaupt noch möglich sei, nur 
durch schleunigsten operativen Eingriff zu erreichen sei, bei der 
Sachlage jedoch eine Rettung sehr zweifelhaft und eher ein un- 
günstiger Ausgang zu erwarten stehe. 

Operation. Patient fast moribund. Hautschnitt wie bei Radical- 
operation, Blutung ziemlich stark. Weichtheile nicht im Mindesten iafiltrirt. 
Periost nicht sehr fest adhärent 

Die Knochen der Pars mastoidea äusserlich völlig intact, fest gelbweiss. 
Die Corticalis erweist sich beim Abtragen mit dem grossen Meissel hart. 
Nach Abmeiseluog der ganzen vorderen Warzenfläche kommt in der Tiefe 
das gut bohnengrosse erweiterte Antrum zum Vorschein, in dem stinkender 
Eiter mit Cholesteotomfetzen vermischt sichtbar wird. In der Umgebung 
des Antrums findet sich ein sehr eigenthüroliches Verhalten des Eiters zum 
Knochen, wie wir es von da ab nun weiter bis zur Dura verfolgen können: 
stinkender, käsiger Eiter ist allseits in den Knochen, in die Knochenräume 
bineiogepresst, so dass wir ein Bild bekommen, sehr ähnlich dem der fou- 
droyanten Osteomyelitis. 

Es wird nun successive die hintere Gehörgangswand abgetragen, wobei 
sich herausstellt, dass die klinisch vorhanden gewesene Senkung der hinteren 
Wand nicht nur von der Schwellung und dem Herabtreten der Weichtheile 
derselben herrührte, sondern dass der Knochen selbst zu einem grossen 
Theile an der Verwölbung in das Gehörgangslumen hinein betheiligt war, es 
war hier offenbar eine hyperostotische Knochenwucherung eingetreten. 

Es folgt weiter die Wegnahme der lateralen Wand des Recessus epitym- 
panicus, und man kann jetzt beim Beginne der Exenteration der Trommel- 
höhle, die von Eiter, Granulationsmassen und Cholesteatom ausgefüllt ist, 
— von den Gehörknöchelchen lässt sich keines mehr finden — wahrnehmen, 
dass die ganze Paukenhöhle und das vorher schon eröffnete Antrum maatoideum 
durch das Cholesteatom ohne jede Kunsthülfe in eine grosse Höhle umge- 
wandelt ist. 



i 



28 III. HAU6 

Direct nach hinten and etwas nach oben zu — vom ehemaligen Antrum 
— ist die ganze hintere Knochenwand morsch, während die noch etwas 
festeren Knochenpartien wieder mit demselben stinkenden Eiter und theiU 
weise mit krQmeligen Gholesteatommassen geradezu imprftgnirt sind. 

Wegnahme der Knochenwand, bis Dura und Sinus freiliegen. Eiteran- 
sammlung zwischen Dura und Knochen nicht yorhanden, aber die Dura er* 
weist sich, soweit freigelegt, graugran verfärbt. Sinus als gut bleistiftdicker 
Strang derb fest, ohne Pulsation. Incision ergiebt denselben gefallt mit con- 
sistenten gelbgrauen, sehr abel riechenden Massen. Hart am Sinus war die 
Dura in Pfennigstückgrösse perforirt brandig, in der Umgebung weiter grau- 
grün Ter färbt. Es wurde deshalb noch weiter Knochen abgetragen, wobei 
immer noch nicht im gesunden Knochen gearbeitet werden konnte, und dann 
das Stück Sinus sammt Dura ezcidirt, wobei sich dann Pia und Arachnoides 
innig yerklebt erwiesen mit der Dura. Blutung trat nicht ein. 

Nun lag das Gehirn selbst vor, ebenfalls an der Oberfläche bereits 
graulich grün verfärbt und in einer ausgehöhlten ca. 20 pfennigstückgrossen 
Mulde tief ausgefressen von durchgebrochenen Gholesteatommassen. 

Ich wollte eigentlich jetzt noch weiter gehen — eine Probepunction und 
-incision hatten zwar absolut kein Resultat ergeben, aber das Allgemeinbefinden 
war derartig beängstigend geworden, dass der Patient bei längerer Dauer nur 
noch als Leiche den Operationstisch verlassen hätte. Es ergab übrigens die 
Section, dass jedes weitere Vorgehen auch nichts mehr hätte nützen können. 
Es war zu spät gewesen, wie es dem Collegen vorausgesagt worden war. 

Auszug aus dem Seotionsprotokoll. 

(Bloss Schädelsection gestattet.) 

Schädeldach von normaler Dicke, Gefässfurchen stark ausgeprägt, 
Knochen hyperämisch. 

An Stelle des Warzenfortsatzes findet sich eine durch Wegmeisselung 
desselben und der hinteren Gehörgangswand entstandene grosse Höhle arti- 
ficieller Natur. 

Die Paukenhöhle zeigt sich völlig ausgeräumt und stark erweitert ; keine 
Gehörknöchelchen mehr. Am Promontorium und der Labyrinthwand keinerlei 
Zerstörungen, mit Ausnahme der einen Stelle an der Deckwand des Facialis; 
hier ist der Knochen durchbrochen. — Ebenso findet sich weder in der 
Schnecke noch im Utriculus, noch in den Bogengängen etwas, was makro- 
skopisch auf eine Mitbetheiligung des Labyrinthes schliessen Hesse. (Felsen- 
bein ist durch zwei Sägeschnitte auseinandergelegt). 

Neben dem Defect im Suicus sigmoideus zeigt sich die Dura mater, von 
hier beginnend über die Felsenbeinkante und das Jugum petrosum hinüber 
bis zur Gegend des Aquaeductns vestibuli in der Breite von 2 cm innen und 
aussen stark verdickt, mit einer ziemlich derb adhärenten gelblichen schmierigen 
Auflagerung bedeckt, ausserdem Yerlöthungen zwischen Dura und Pia. 

Der Sinus sigmoideus zeigt nur noch auf kurze Strecken wenig derb 
adhärente thrombotische Massen von der ausgeräumten Stelle aus; in seinem 
sonstigen Verlauf ist er leer. 

Am Gehirn ist zunächst die gut 20 pfennigstückgrösse ausgefressene 
Mulde, etwa 1 cm tief, zu constatiren. Es setzen sich dann weiterhin breiige, 
mit Blutungen stellenweise vermischte Gholesteatommassen, umgeben von in 
Erweichung begriffener Hirnsubstanz fort in die linke Hemissphäre des Gross- 
hirns zwischen Gyrus fusiformis, hyppocampi, Gyrus lingualis entlang den 
Gefässinterstitien, mit anderen Worten zwischen Temporal- und Occipital- 
lappen in das Unter- und Hinterhirn. Dabei ist zu constatiren, dass in d e m 
Ventric. lateral, selbst Gholesteatommassen als Fremdkörper sieb 
nachweisen lassen. 

Anatomische Diagnose: Otitis media chronica perf. purul. chron. 
mit Gholesteatom. Excavation der Trommelhöhle durch Gholesteatom. Sinus- 
thrombose. Uiceröse Zerstörung der Gehirnoberfläche durch Gholesteatom. 
Gircumscripte Meningitis. Durchbruch von Gholesteatommassen in den Seiten- 
ventrikel. 



Arrosion des Gehirns in Folge von Cholesteatom u s. w. 29 

Epikrise. 

Wenn ich diesen Fall hier anführe, so geschieht es selbst- 
verständlich nicht wegen der Sinusthrombose und ihrer Begleit- 
erscheinungen an und für sich. Vielmehr sind es zwei Neben- 
erscheinungen, die unsere Aufmerksamkeit erregen. Einmal die 
eigenthttmliche Anordnung des Eiters im Knochen, das Hinein- 
gesprengtsein desselben in die Knochenzwischenräume und dann 
zweitens die Art und Weise der Verbreitung des Cholesteatoms. 

Während wir ja Arrosionen von Knochen und Weichtheilen 
durch Cholesteatom zur Gentige kennen, ist, soweit ich mich 
erinnern kann, ein Vordringen von Cholesteatommassen bis in 
die Binnenräume der Ventrikel hinein noch nicht beschrieben 
worden. Wir lernen damit eine neue, wenn ja auch gewiss 
sehr seltene, aber jedenfalls auch sehr unerfreuliche Eigenschaft 
des mit Recht gefbrchteten Cholesteatoms kennen. 



IV. 

Zq Prof. Grunert's Aufsatz: Beitrag zur operativen Behand- 
lung der otogenen Sinusthrombose, insbesondere znr ope- 
rativen Freilegnng des Bnlbns venae jngnlaris. 

(Dieses Archiv Bd. LIIL) 

Von 

Prof. E. Zanfal. 

Prof. Grunert schreibt in diesem Aufsatze S. 287^): 
„Die Unterbindung der Vena jugularis interna 
ist indicirty nicht in dem Zaufarschen Sinne, um 
den Hauptweg, auf welchem die Metastasirung er- 
folgen kann, auszuschalten, sondern um die Haupt- 
gefahr der Sinustamponade zu beseitigen, als Vor- 
operation des Eingriffes am Sinus und zwar dann, 
wenn er bei seiner Freilegung äusserlich unver- 
ändert ist.*^ 

Dieser Ausspruch Grunert's könnte zu der Annahme ver- 
leiten, dass ich den Nutzen der Unterbindung der Vena 
jugularis int. nur in dem von Grunert angedeuteten Sinne ge- 
funden hätte. Das wäre irrig und widerspräche meiner in dieser 
Frage seit 1880 über den Werth der Unterbindung der lugularis 
in meinen Pnblicationen ausgesprochenen Ueberzeugung. Ich 
empfahl die Unterbindung vor dem operativen Eingriff am Sinus 
zu machen und zwar einmal, um den Hauptweg, auf welchem 
die Metastasirung erfolgt, auszuschalten, aber auch, und das war 
für mich ein nicht minder schwerwiegender Grund, als Vor- 
operation für die directen Eingriffe am und im Sinus selbst 
z. B. bei der Eröffnung und Ausräumung des Sinus mit 
dem scharfen Löffel, bei Desinfection mit desinficirenden In- 
jectionen u. s. w. 



1) Nach seinem Aufsatz, Münchnermed. Wochenschrift 1897. Nr. 49 u. 50. 



Beitrag zur operatiTen Behandlong der otogenen SinuBtfaromboBe n. s. w. 31 

Ich empfahl sie aber auch zu dem Zwecke, um, falls durch 
die Erschütterungen beim Aufmeissein grössere Partikel vom 
Thrombus sich loslösen sollten, deren Fortschwemmung in die 
Blutbahn zu verhüten. Der von Grunert gewählte Ausdruck 
„ Voroperation '^ findet sich auch schon in meiner 1896 erfolgten 
Mittheilung, auf die ich noch ausführlicher zurückkommen 
werde. 

Schon in meiner Arbeit: Zur Geschichte der operativen 
Behandlung der Sinusthrombose in Folge von Otitis media — 
Prager med. Wochenschrift 1891 Nr. 3 — sind diese zwei Hauptauf- 
gaben der Unterbindung der Jugularis int. bei der otogenen 
septischen Sinusthrombose streng auseinandergehalten und heisst 
es dort wörtlich: 

„Die Unterbindung der Jugularis empfahl ich aus zwei 
Gründen, einmal um der Ueberwanderung infectiöser Keime in 
die Blutbahn überhaupt die Hauptstrasse zu verlegen, anderer- 
seits aber auch, um dadurch zu verhindern, dass bei Eingriffen 
ia den thrombosirten Sinus z. B. bei Injectionen grössere Elümp- 
chen oder die Injectionsflüssigkeit in das Herz und in den Kreis- 
lauf gelangen.^ 

Als Fussnote heisst es dann: „Die Benützung des scharfen 
Löffels schliesst diese Gefahr nicht aus, daher es gewiss zweck- 
mässig sein wird, auch vor der Ausräumung des Sinus die Ju- 
gularis zu unterbinden.^ 

Scharf und entschieden kommen meine Grundsätze in der 
Frage der Unterbindung der Vena jugularis in meiner Mittheilung : 
Ein durch Operation geheilter Fall septischer Sinusthrombose 
zum Ausdrucke. Der Fall wurde von mir im Vereine der deutschen 
Aerzte in Prag vorgestellt uud ist publicirt in der Prager med. 
Wochenschrift XXI, Nr. 40, 1896 als Eigenbericht über die 
Demonstration, welche in der Sitzung des Vereins deutscher 
Aerzte in Prag 13. November 1896 abgehalten wurde. 

Ich erlaube mir hier wörtlich die epikritischen Bemerkungen 
und die kurze Geschichte des Falles mitzutheilen : 

„Der Vortragende hat bereits seine Ansicht in den Jahren 
1880 und 1884 in dieser Frage in unserem Vereine publicirt. 
Er empfahl damals|[schon die Unterbindung in allen jenen Fällen 
zu machen, wo der jauchige Thrombus noch nicht centralwärts 
(gegen das Herz zu) durch einen organisirten Thrombus, der ge- 
wöhnlich im Foramen jugulare sitzt, abgeschlossen ist. Von der 
Nothwendigkeit der Jugularisunterbindung war Z. damals schon 



32 IV. ZAUFAL 

durchdrungen, und zwar durch die vielfache Erfahrung des Ver- 
laufs in jenen Fällen von Sinusthrombose, wo er die Trepanation 
des Warzenfortsatzes damals nach Schwartze gemacht hatte. Da 
konnte er nun fast regelmässig die Beobachtung machen, dass 
die Fälle rapid dem letalen Ende zugingen, es erfolgte nach der 
Operation Schlag auf Schlag Schüttelfrost auf Schüttelfrost der 
schwersten Form, und bei der Section konnten in den Lungen 
ausgebreitete Metastasen nachgewiesen werden. Diese Be- 
obachtung war es, die ihn nöthigte, die Unterbindung der Jugu- 
laris int. in Vorschlag zu bringen, da es ihm unbestreitbar er- 
schien, dass in derartigen Fällen durch die Erschütterungen des 
Knochens bei der Aufmeisselung infectiöse Partikel losgerissen 
und auf dem Wege der Jugularis in den Kreislauf geschwemmt 
werden. Er glaubte daher auch das Auftreten der Metastasen 
vor der Operation nur durch das Losgelöstwerden von solchen 
infectiösen Partikeln, sei es durch die Bewegungen des Kopfes, 
oder durch die Bewegung des noch freien Blutstroms, oder durch 
ein zufälliges Trauma u. s. w. erklären zu müssen, und deswegen 
machte er schon damals den Vorschlag, die Hauptheerstrasse, 
die Jugularis durch Unterbinden zu versperren. 

Das Eigenthümliche des vorgestellten Falles bestand nun 
darin, dass bei der Aufnahme weder anamnestisch noch objectiv 
Symptome, die für eine septische Sinusthrombose gesprochen 
hätten, erhoben werden konnten. Es fand sich eine acute eitrige 
Mittelohrentzündung rechts , und eine Reihe schwerer Symptome, 
die aber eine bestimmte Localisation nicht ermöglichten : Fieber^ 
keine Schüttelfröste, halbseitige Kopfschmerzen, allgemeine Pro- 
ßtration der Kräfte, leichte Unbesinnlichkeit, Nackensteifheit, 
träge Reaction der erweiterten Pupillen, Paralyse der Blase, 
negativer Befund im Augenhintergrund; Pulsverlangsamung bis 
46 und 52, Schmerzen in der rechten unteren Extremität ohne 
bestimmte Localisation. Für eine septische Sinusthrombose sprach 
nichts, am ehesten sprachen die Symptome noch fbr die Annahme 
einer Pachymeningitis suppurativa externa. Bei der Aufmeisse- 
lung des Warzenfortsatzes fand sich neben einem perisinuösen 
Abscess eine jauchige Thrombose des Sinus sigmoideus von der 
Umbiegungsstelle des Sinus sigmoideus in den transversus an bis 
ins Foramen jugulare. Bei der Blosslegung des Uebergangs des 
Sinus sigmoideus in die Vena jugularis int. konnte die Gegen- 
wart eines obturirenden festen organisirten Thrombus nicht con- 
statirt werden, es musste also angenommen werden, dass die 



Beitrag zur operaÜTen Behandlung der otogenen Sümsthrombose u. s. w. 33 

jaaohige Phlebitis bis über das Foramen jugnlare hinaus in den 
Anfangstheil der Vena jugnlaris fortgeschritten ist. Deswegen 
nahm der Vortragende die Unterbindung der Vena jugnlaris vor, 
und zwar in der Höhe der Gartilago thyroidea unter der Ein- 
mündung der Vena facialis communis. 

Die ersten 3 Tage nach der Operation stellte sich nun eine 
Beihe von Metastasen ein: Schmerzen in dem linken Sterno- 
claviculargelenke, in der linken Schulterblattgegend, im linken 
Hüftgelenke und in der Glutäalgegend, Schmerzen in der rechten 
Brustgegend, und es kam zur Bildung eines grossen inter- 
museulären Glutäalabscesses und zur rechtsseitigen eitrigen 
Pleuritis. 

Die Thatsache nun, dass vor der Aufmeisselung des Warzen- 
fortsatzes und der Ausräumung des Sinus jede Metastase fehlte, 
und nach der Operation es rasch zur Entwicklung von Metastasen 
kam, seheint Z. mit der Beweiskraft eines Experimentes fhr die 
Abhängigkeit dieser Metastasenausbildung von der Operation, 
und zwar durch Loslösung infectiöser Partikel durch die Schädel- 
erschütterungen und durch die Ausräumung des Sinus u. s. w. mit 
Fortsohwemmung der Infectionsträger durch die Vena jugnlaris 
in die Blutbahn zu sprechen. 

Es kam auch nur zur Ausbildung jener Metastasen, die direct 
durch den Einfluss der Operation erzeugt worden waren. Neue 
traten nicht mehr dazu, ein Beweis, dass durch die Unterbindung 
der Jugnlaris die Aufnahme neuer infectiöser Partikel verhütet 
worden war. 

Es lässt sich aber weiter mit ziemlicher Sicherheit behaupten, 
dass die Metastasen in diesem Falle verhütet worden wären 
wenn die Unterbindung der Vena jugnlaris schon vor der Bios- 
legung und Ausräumung des Sinus gemacht worden wäre. 

Dieser Fall giebt Z. Veranlassung, seine Stellung in der 
Frage der Jugularisunterbindnng dahin zu präcisiren: 

Es solle in den Fällen, wo v o r der Operation die Diagnose 
septische Sinusthrombose gemacht wird, immer die Vena jugnlaris 
unterbunden werden, bevor noch der Sinus blossgelegt und aus- 
geräumt wird. Trifft man erst während der Blosslegung des 
Sinus eine septische Sinusthrombose, so soll, sobald man einen 
sicheren Anhalt zur Diagnose : septische Thrombose hat, sogleich 
die Jugnlaris unterbunden und dann erst die weitere Blosslegung 
und Ausräumung des Sinus vorgenommen werden. 

Es ist ja richtig, dass in dem Falle, wo ein fester organi- 

AxohiTf. Ohrenheilkmide. LV. Bd. 3 



84 lY. ZAUFAL 

sirter ThrombiiB im Foramen jngulare existirt, die Unterbindung 
der Jugnlaris entfallen kann, wie Z. dies schon im Jahre 1884 
verlangt hat. Aber es kann die Diagnose, ob ein solcher Schlnss- 
thrombns hier ist, erst dnreh Blosslegnng des Sinns bis in das 
Foramen jngnlare hinein gemacht werden, und findet man einen 
solchen nicht, so liegt die Gefahr vor, dnreh die Ersehtttternngen 
bei der Operation schon lebensgeffthrliohe Metastasen erzengt 
zn haben, und dann könnte die Unterbindung der Jugnlaris 
leicht zu spät kommen. 

Es ist auch gar nicht einzusehen, was die Unterbindung 
der Jugnlaris, falls ja einmal ein organisirter Schlussthrombns 
im Foramen jugulare da ist, schaden soll, da dem Vortragenden 
diese Operation nicht nur leicht auszuführen, sondern unter den 
gegebenen Verhältnissen auch unschädlich zu sein scheint und 
es unsere Pflicht ist, bevor wir die Blosslegnng und Ausräumung 
des Sinus, also eine Operation vornehmen, die, wie der vorge- 
stellte Fall lehrte, lebensgefährliche Metastasen hervorruft, eine 
Voroperation der eigentlichen Operation vorauszuschicken, 
die bei gehöriger Vorsicht nicht schadet, wie es die Chirurgen 
ja sonst auch zu thun pflegen. 

Der vorgestellte Fall betrifft den 17 Jahre alten Kerker- 
sträfling J. S., welcher nach Abbttssung einer neunmonatlichen 
Kerkerhaft direct an die Klinik Z. gebracht wurde, 22. April 
1896. Seit 8 Wochen starke rechtsseitige Ohren- und Kopf- 
schmerzen, seit 4 Wochen eitriger Ausfluss aus dem rechten 
Ohre. Die wichtigsten Symptome, die er bei der Aufnahme 
bot, sind bereits früher angeführt worden. Die Temperatur 
schwankte die ersten 4 Tage zwischen 39 u. 36,4 ^ Schlaflose 
Nächte wegen rechtsseitiger Kopfschmerzen. Schmerzhaftigkeit 
des rechten äusserlich unveränderten Proc. mast. bei Percussion» 
Dicker gelber eitriger Ausfluss aus dem rechten Ohre, Perforation 
im vorderen unteren Quadranten. Den 27. Operation. Es findet 
sich Eiter in den tieferen hinteren Zellen des Warzenfortsatzes. 
Beim Abmeisseln des Sulcus sig. wird ein perisinuoser Abscess 
aufgedeckt. Die Zitze des Warzenfortsatzes wird mit einem 
Meisselschlag entfernt und der Sinus von der Umbiegung des 
Sinus transversus in den Sinus sigmoid. blossgelegt, der Sinus 
mit der Schere geöffnet, die laterale Wand ausgeschnitten, und 
die jauchigen Massen an seinen Wänden entfernt. Da ein ob- 
turirender Schlussthrombus sieh nicht vorfand, Unterbindung der 
Vena jugul. in der Höhe des Schildknorpels. 



Beitrag zar operativen Behandlung der otogenen Sinasthrombose u. b. w. 35 

Mehrere Stunden naoh der Operation Temperaturanstieg auf 
40,7^. Die folgende Zeit unter wechselnden hohen Temperaturen 
Ausbildung der Metastase zwischen den linken Olutäen. Spaltung 
dieses fast kindskopfgrossen Abscesses am 4. Mai. Erste Function 
des rechten Thorax 8. Mai mit negativem Erfolge. Die zweite 
Function an der Wolf 1er' sehen Klinik 8. Juli, es werden 
300 g Eiter entleert, darnach normale Temperatur. Die Operations- 
wunde der Jugularisunterbindung heilte in 8 Tagen, die der 
Trepanation in 6 Wochen. Die Secretion aus dem Ohre hörte 
auf — gegenwärtig befindet sich Fatient ganz wohl; die 
Trepanationsstelle zeigt eine feste Narbe, an einer kreuzergrossen 
Stelle ftlhlt man das Gehirn pulsiren. Die Ferforation ist ver- 
heilt; Hörfähigkeit fbr Flttsterstimme 10 m. Auch der Glutaeus- 
abscess sowie der Fyothorax vollständig geheilt. 

Schliesslich möchte ich noch betonen, dass auch in jenen 
Fällen hoher Temperatur von 38,5 o bis über 39,5 o ohne voraus- 
gehende Schüttelfröste und Metastasen, wenn durch Ausschliessung 
die hohe Temperatur nur auf eine Erkrankung des Sinus be- 
zogen werden muss, die Unterbindung der Jugularis int. aus- 
geführt werden soll, bevor noch der erste Meisselschlag 
fällt. 

An meiner Klinik wurden 2 Fälle nach dieser Indication 
mit Erfolg operirt. 



3* 



V. 

Ans der Abtheilnng ftlr Ohrenkranke in der Königl. Charit^ in 
Berlin (dirigirender Arzt: Geh. Med.-Bath Prof. Dr. Trantmann). 

Eine fötale Erkrankung des Labyrinths im Anschlnss an 

eine Encephalitis haemorrhagica. 

Von 

Dr. H. Haike, Assistenten der Klinik. 
(Biit Tafel I. II.) 

Die entzündlioben Erkrankungen des Hirns und seiner Häute, 
welche eine wesentliche Betheilignng des Gehörorgans zn ihren 
häufigen Begleit- oder Folgeerscheinungen zählen, haben uns 
einen grossen Theil der pathologischen Prooesse am Labyrinth 
kennen gelehrt, welche die schwersten Schädigungen der Functionen 
des Ohres herbeiführen. Einerseits gaben diese das Leben schwer 
gefährdenden Grundleiden häufig Gelegenheit, derartige frische 
Processe am Labyrinth zu untersuchen, andrerseits lehrten uns 
die späteren Sectionen der von jenen Erkrankungen unter völligem 
oder theilweisem Verlust des Hörvermögens Genesenen, welehen 
Ausgang die Betheiligung des Ohres an der primären Erkrankung 
des Gerebrum zu nehmen pflegte. 

Diese pathologischen Veränderungen am Gehörorgan wurden 
der Gegenstand besonders eingehenden Studiums nicht nur wegen 
des hohen wissenschaftlichen Interesses, sondern auch weil die 
betroffenen Individuen, mit seltenen Ausnahmen auf beiden 
Seiten befallen, taub oder, soweit es sich um Kinder in den 
ersten Lebensjahren handelt, taubstumm werden. Somit bilden 
diese Processe den wesentlichsten Theil der Pathologie resp. 
pathologischen Anatomie der erworbenen Taubstummheit. 

Seitdem das Studium der pathologischen Veränderungen des 
Labyrinths durch die vervollkommneten Untersuchnngsmethoden 
sich vertieft hat, und durch eine erhöhte sociale Würdigung der 
Taubstummheit auch die Aufmerksamkeit der Aerzte mehr auf 



Fötale £ikrankuDg des Labyristbs im Anschluss an Encepb. haem. M 

die DurchforschiiDg ihrer Ursaehen gelenkt worden ist, haben 
wir reichere Ergebnisse auf diesem Gebiete erhalten. 

Grade die Seetionen Taubstummer sind eine reiche Fund- 
grube pathologischer Labyrinthveränderungen geworden und 
' haben uns die Mannigfaltigkeit der Endausgänge labyrinthärer 
Erkrankungen kennen gelehrt. 

Ein weiterer Schritt in der Erkenntniss dieser Frocesse be- 
seitigte die Annahme, dass gewisse Veränderungen am Labyrinthe 
Taubstummer angeborene Bildungsfehler sein ipüssten, wie Fehlen 
des Lumens von Sohnecke und Bogengängen oder eines Theiles 
Yon ihnen durch Ausfallung mit knöcherner oder kalkartiger 
Substanz, ferner Höhlenbildung oder Defect eines Labyrinththeiles 
dadurch dass die Seetionen solcher Taubstummer die gleichen 
Befunde ergaben, von denen eine zuverlässige Anamnese Datum 
und Verlauf der Krankheit, die zur Ertaubung geführt habe, 
mittheilte, deren Taubheit also keiner Entwicklungsstörung zu- 
geschrieben werden konnte. Aus diesen Beobachtungen musste 
geschlossen werden, dass entweder bei anscheinend Taubge- 
borenen primäre oder secundäre Labyrintherkrankungen im 
frühesten Eindesalter sich abgespielt haben und der Beobaehtung 
entgangen sind, oder dass die gleichen Erkrankungsprocesse 
intrauterin am Labyrinth spielen können mit denselben Aus- 
gängen, wie sie im postfotalen Leben beobachtet werden. 
Wollte man bei der Häufigkeit solcher Befunde an den Gehör- 
organen „Taubgeborener^ nicht ein gleich häufiges Uebersehen 
einer doch meist sehr heftig das Allgemeinbefinden alterirenden 
primären Erkrankung des Labyrinths annehmen, oder der schweren 
cerebralen Leiden, die jenes secundär in Mitleidenschaft ziehen, 
so musste man auf die Wahrscheinlichkeit schliessen, dass sich 
die Processe auch intrauterin abspielen können. 

Doch hat es bisher an einer anatomischen Be- 
stätigung dieser Annahme gefehlt. Diese Lücke auszu- 
füllen, sollen die nachstehenden üntersuchungsergebnisse dienen-, 
Sie sind an den Gehörorganen eines Kindes gemacht worden, 
das am vierten Lebenstage verstorben war und dessen Section 
eine ausgedehnte Erkrankung der Cerebrums ergab. ^) 

1) Wegen dieser in solcher Ausdehnung zuvor noch nicht beobachteten 
cerebralen Erkrankung, einer Encephalitis haemorrhagica foetalis, wurde der 
Schädel mit seinem Inhalte in der Berliner medicinischen Gesellschaft (Sitzung 
vom 1. November tS99) von Herrn Prof. 0. Israel demonstrirt. In der An- 
nahme, dass der Acusticus auch in seinen Endigungen im Labyrinth mög- 



S8 V. HAIKE 

Seotionabefuad (Prof. Israel): Out genährtes m&nnliches 
53 cm langes Kind mit regulärem aber sehr schlaffem Schädel. 
Hantfarbe stark ikterisch. Euoohenknorpelgrenze zeigt ein wenig 
verbreiterte provisorische Verkalkung. Nabelschnur vertrocknet. 

Herz von regulärer Grösse mit intacten Klappen und Häuten. 

Musculatur ikterisch. Lungen blutreich, durchweg lufthaltig. 
Unter der Pleura einzelne Gruppen punktförmiger und etwas 
grössere Blutungen. 

Thymus unge^wöhnlich gross, hellroth von gewöhnlicher 
Consistenz. 

Schädelknochen bieten keine Abweichungen. 

Die Dura zeigt neben dem sin longitudinalis ebenso auf der 
Falx zahlreiche feinste Venen. 

In den mittleren Schädelgruben ganz kleine feine linsen- 
grosse, zarte rothe Auflagerungen, lose anhaftend, ebensolche 
an der Falx an vereinzelten Stellen. Die Schädelhöhle enthält 
sehr viele klare Flüssigkeit und ist auf beiden Seiten der Falx 
durchzogen von sehr zarten vascularisirten durchscheinenden 
Strängen, die beiderseits an der Dura dem Parietalbein anhaften. 
Diese Stränge sind dicht besetzt mit zahllosen kleinsten, bis 
knapp hirsekorngrossen Knötchen von dunkelgraugelblicher Farbe. 
Dem Grosshirn fehlen die Hemisphären gänzlich; beider- 
seits den Clivus überragend an die Sella turcica anstossend 
nur ein paar scheinbar den grossen Ganglien entsprechende 
Körper, an die jederseits nach hinten ein schmaler länglicher 
Wulst anstösst, von dem die vorhin geschilderten Stränge strahlen- 
förmig ausgehen. 

Milz: 5:3,4:7,9, derb, dunkelroth; glatte Pulpa, zarte 
Trabekel. 

Nieren blutreich, besonders die Markhügel. — üratstreifen. 
Leber ein wenig gross, massig derb. 

Hydrocephalus. Defeotus hemisphaereum cere- 
bralium. Hepatitis interstitialis. Induratio lienis. 
Infarctus urici renum. 

Mikroskopischer Befund am Gehirn: 

1. Bei der frischen Untersuchung fanden sich in den 



lieber Weise wie in analogen postfötalen Processen in Mitleidenschaft ge- 
zogen sei, erbat icb mir die Schläfenbeine zur Untersuchung, die mir von 
Herrn Prof. Israel zugleich mit dem Gehirnbefunde, den ich der Vollständig- 
keit wegen hier auch mittheile, bereitwillig überlassen wurden, wof&r ich ihm 
auch an dieser Stelle meinen Dank ausspreche. 



Fötale Erkrankung des Labyrinths im Anschlass an £nceph. haem. 39 

erweichten Theilea neben zerfallener Oehirnsubstanz Lenkooyten 
und sehr zahlreiche Fettkörnchenkngeln sowie fettig meta* 
morphosirte Gefässe und emulgirtes Fett Ueberall in dem 
stark gelblieh gefleckten Erweichungsbrei hämatogenes Pigment. 

2. Die Untersuchung des gehärteten Präparates ergab: die 
erweichten Hirntheile zeigen neben vollständiger Undentlichkelt 
der nervösen Einrichtungen herdweise Anhäufungen von Leuko- 
cyten und überall — stellenweise sehr dicht liegende — Pigment- 
schollen und -körner. 

Die Schläfenbeine waren im Zusammenhang mit dem 
Schädel und dessen Inhalt in Müller 'scher Flüssigkeit fixirt worden 
behufs Untersuchung des Gehirns, ohne dass die besondere Be- 
handlung, welche die genaue Untersuchung des Gehörorgans 
notfawendig macht, berücksichtigt worden war, weil die Absicht 
einer Untersuchung der Gehörorgan^ ursprünglich nicht be- 
standen hatte. Deshalb sind manche Veränderungen besonders 
an der Sehnecke nicht ganz eindeutig in Hinsicht auf ihren 
etwaigen pathologischen Ursprung, worauf ich an entsprechender 
Stelle zurückkommen werde. Ich erhielt die Schläfenbeine 
mehrere Wochen nach dieser Fixirung und behandelte sie nach 
Entfernung alles lateral vor der Labyrinthwand gelegenen in der 
üblichen Weise bis zur Einbettung in Gelloidin. 

Die Zerlegung in Serienschnitte erfolgte senkrecht zur 
Längsaxe der Pyramide. Die Färbung habe ich theils mit 
Hämatoxylin-Eosin vorgenommen theils nach Weigert (Mark- 
seheidenfärbung). 

Rechter Nervus acusticus. 
Vor der Zerlegung des Schläfenbeins an den Nerven ge- 
machte Querschnitte ergaben grosse Lücken in den Faserbündeln 
und zum Theil eine mangelhafte Färbung der Markscheide. Auf 
den Serienschnitten des Schläfenbeins sehen wir einen grossen 
Theil der Nerven besonders im Fundus des Meat. au dito r. 
int. durch Blutungen vollständig z er trümmert(Taf. I. II, 
Fig. 2, S. 2), ausserdem sind Blutungen an den verschiedensten 
Stellen zwischen den Bündeln (Taf. I. II, Fig. 2, S.) ; einzelne 
Strecken des Nerven fehlen ganz, an andern sind dünne Bündel- 
reste. Es blieben nur wenige Fasern, die bis in die Cochlea ein- 
treten. Das Blut ist theils frisch, die Contouren der Blutkörperchen 
gut erkennbar, an andern Stellen sieht das Blut schlecht gefärbt 
(mit Eosin) aus, und vielfach ist scholliges Pigment von hellgelb 



40 V. HAIKE 

bis brannroth zwischen denNervenbündeln, an Stelle desganz fehlen- 
den Nerven im Fnndns, wie anch besonders an den Wänden des 
Meatns aud. int. siehtbar, nahe dem Periost, auch zwischen 
diesem nnd dem Knochen. 

Das Ganglion vestibuläre ist gnt erhalten, die einzelnen 
Ganglienzellen haben sieh mit Weigert gnt geftrbt nnd zeigen 
deutliche Kerne. Die zum Ganglion führenden Nervenfasern sind 
zum Theil zerstört; der erhaltene Theil hat sich nach Weigert 
gut geflirbt, die peripher von ihm abgehenden Fasern sind im 
Wesentlichen erhalten. Sie sind nach Weigert gut gefärbt 
und lassen sich bis zu den Nervenendstellen verfolgen. 

Rechte Schnecke. 

In allen Windungen finden wir kleine Blutungen, deren 
grösste in der Basalwindung und zwar in der Scala tympani. 
Sie liegen hier in den meisten Schnitten im Winkel zwischen 
Ligam. Spirale undAussenwand, und zwischen Lamina spiralis ossea 
und modiolus (Taf. I. II, Fig. 2, S3), in anderen Schnitten liegt 
eine dünne Schicht Blut rings an der ganzen innern Peripherie 
der scala tympani. Ganz minimale Blutungen finden sich in 
der zweiten und dritten Windung in beiden Scalen. 

Das Periost des vestibulären Blattes der Lamina spiralis 
ossea ist stellenweise breiter als normal und aufgelockert (Taf. I. II, 
Fig. 3, P.). 

Die Scala tympani der zweiten Windung hat eine 
Formveränderung und Verkleinerung erfahren durch eine con- 
vexe Ausbiegung der membranösen wie auch eines Theiles der 
knöchernen Scheidewand der beiden Scalen (Taf. I. II, Fig. 2, 
Lsp. u. St.), die in manchen Schnitten auch die Grista basilaris 
mitbetheiligt, auch in der Spitzenwindung sehen wir diese Ver- 
änderung (Taf. I. II, Fig. 2, Lgsp. 3.) 

Der Ductus cochlearis ist nirgends normal erhalten; 
alle seine Wände sind pathologisch verändert. 

Die Membrana vestibularis ist aufgelockert und sieht 
bandartig verbreitert aus (Taf. I. II, Fig. 2, Mv. P. Fig. 3, W.), 
einzelne Zellen sind daran nicht zu erkennen. Sie ist an einzelnen 
Stellen an ihrem Ansatz am Ligam. spirale abgerissen und liegt 
der Basilarmembran so dicht auf, dass sie mit ihr einen Wulst 
bildet, an welchem Gewebselemente nicht zu erkennen sind 
(Taf. I. II, Fig. 3 W.). An anderen Stellen ist das centrale An- 
satzende losgerissen, in weiteren Schnitten ist ein Einriss in 



Fötale Erkrankung des Labyrinths im- Anschlass an Enceph. baem. 41 

der Mitte der Membran, in der Spitzenwindung erscheint sie 
am centralen Ansatz aufgerollt. 

Wo sie noch erhalten ist, liegt sie nach dem Ductus cochlearis 
zu unregelmässig bogenförmig hineingedrängt (Taf. I. II, Fig. 2, 

MV2). 

Die Grista spiralis ist als solche kaum noch zu erkennen, 
ihr Labium vestibuläre und Labiüm tympanicum sind entweder 
fiberhaupt nicht einzeln zu erkennen oder liegen so dicht an 
einander, dass nur ein Spältchen zwischen ihnen bleibt (Taf. I. II, 
Fig. 3, Csp.). 

Die Membrana basilaris bildet einen undifferenzirten 
Strang, an welchen Zellen oder auch nur grobe Conturen des 
Sinnesepithels nicht vorhanden sind. 

Das Ligamentum spirale ist in seiner Form und seinen 
Einzelheiten noch am besten erhalten ; nur an einzelnen Schnitten 
ist es ganz oder theilweise von der knöchernen Unterlage los- 
gelöst, an andern Stellen zu einem schmalen Strang zusammen- 
gerollt (Taf. I. II, Fig. 2, Lgsp2). 

Das Ganglion spirale weist nur vereinzelte Ganglien- 
zellen auf, an einzelnen Stellen sind vollständige Lücken 
(Taf. I, II, Fig. 2, Gsp.), an anderen ist der Kanal mit Binde- 
gewebe ausgefällt. 

Die Nervenendigungen zwischen den Blättern der Lamina 
spiralis ossea haben sich nach Weigert nur in sehr spärlichen 
Fädchen, in den meisten Schnitten gar nicht gefärbt. 

Yestibulum und Bogengänge. 

Blutungen sind weder im Yestibulum noch in den Bogen- 
gängen zu sehen. 

Das Epithel an den Gristae und Maculae acusticae ist auf- 
gelockert und zerfallen. 

Die Nervenendstellen in Sacculus, ütriculus und den 
Ampullen sind erhalten und nach Weigert gut gefärbt. 

Linke Schnecke. 

Im linken Schläfenbein sind die Veränderungen nicht viel 
von denen des rechten verschieden: Im Meatus auditor. int. 
sind neben frischen Blutungen grosse Mengen Pigmentschollen 
von braungelber bis brauner Färbung. 

Ganglien und Nervenendigungen sind in demselben Um- 
fange wie rechts zerstört. 

Die Blutungen sind sowohl im Meatus wie in der Schnecke 



42 y. HAIKE 

kleiner als rechts, doch auch hier so gross, dass sie im Fandns 
den Nervus oochlearis fast in seiner ganze Dicke unterbrochen haben. 

Nur in der mittleren nnd oberen Windung sind minimale 
Blutungen. 

Eine Ausbuchtung der Scheidewand der beiden Scalen ist 
nb^pends zu sehen. 

Der Ductus cochlearis ist in seiner äusseren Configuration 
im Ganzen erhalten: Die Membrana vestibularis weist wenigstens 
in der zweiten Windung — in der Basalwindung und in der 
Spitzenwindnng fehlt sie an manehen Schnitten — keine patho- 
logischen Veränderungen auf und ist in ihrer gewöhnlichen Lage 
d. h. in der meist in Präparaten angetroffenen,^ mit einer Con- 
Ycxität nach dem Lumen des Ductus ausgebuchtet, erhalten ; an 
vielen Schnitten eingerissen (Taf. L £1, Fig. 1, Mv.), auch ihre 
Gewebebestandtheile, selbst das Epithel, sind gut sichtbar. 

Ebenso weist das Ligamentum spirale in dem den Ductus 
cochlearis begrenzenden Theil keine Veränderungen auf, ist 
aber fast überall von der knöchernen Wand in grösserer oder 
geringerer Ausdehnung losgelöst (Taf. L II, Fig. 2, Lgsp.). 

Die tympanale Wand zeigt die Crista spiralis gut erhalten 
(Taf. I. II, Fig. 1, Csp.) 

Das Corti'sche Organ fehlt, an seinem Standort finden wir 
einen kleinen in Zerfall begriffenen Zellhaufen (Taf. I. II, Fig. 1, Z.), 
dem ein Gewebsstrang aufliegt, der zum Labium vestibuläre der 
Crista spiralis hinzieht nnd mit dieser ein etwa stumpfwinklig- 
dreieckiges Lumen bildet. Eine Structur dieses Streifens ist 
nicht zu erkennen (Taf. I. II, Fig. 1, Mc). 

Bevor wir die oben beschriebenen Veränderungen im Laby- 
rinth zusammenfassend betrachten, sei vorweg bemerkt, dass ein 
Theil derselben als Leichenveränderungen oder durch die Prä- 
paration bedingt bei der Bewerthung des pathologischen Pro- 
cesses ausscheiden muss, ein anderer Theil jedenfalls mit Bttck- 
sicht auf die Möglichkeit des postmortalen Zerfalls anzusehen 
ist, was wir bei der Besprechung der einzelnen Erscheinungen 
thun wollen, unter Würdigung der begleitenden Verhältnisse, da 
wir noch immer nicht mit aller Sicherheit die rein postmortalen 
Gewebsveränderungen am Labyrinth kennen, und deshalb die 
Grenze zwischen ihnen und den pathologischen Erscheinungen 
nicht immer ohne Weiteres zu ziehen möglich ist. Doch bleiben 
ftlr die Beurtheilung des Processes uns noch die zweifellos pa- 
thologischen Veränderungen. 



Fötale Erkrankung des Labyrinths im Anschluss an Enceph. haem. 43 

Die Gesammtheit der in den beiden Qehörorganen erhobenen 
Befunde zerfällt in zwei Hanptgmppen : 

1. Blutungen, 

2. Degenerationserseheinungen. 

Die Blutung ist am umfangreichsten im Meat auditor. int. 
beiderseits und hat besonders im Fundus den Nervus oochlearis 
bis auf geringe Reste, rechts noch mehr als links, fast in seiner 
ganzen Continuität zerstört, sodass nur wenige Nervenbündel in 
die Cochlea eintreten. Die Blutmassen fbUen an Stelle des Nerven 
auf grosse Strecken den Meatus fast völlig aus, und von dem 
zertrflmmerten Nerven ist nichts mehr zu sehen, sodass man an- 
nehmen muss, er ist nach seinem Zerfall resorbirt worden. Denn 
dass ausser den vorhandenen Blutmassen, welche ihrem Aussehen 
nach noch nicht lange liegen können, auch filtere Blutungen 
stattgefunden haben, davon zeugen die zahlreichen Pigment- 
schollen und Pigmen&ömer, die wir an verschiedenen Stellen 
des Meatus gefunden haben. 

Entsprechend diesen Veränderungen am Nervenstamme ver- 
hält sich das Ganglion spirale. Es weist stellenweise grosse 
Lttcken auf, in denen sich weder mit Hämatoxylin-Eosin, noch 
mit der Weigert'schen Färbung Gewebselemente haben nach- 
weisen lassen, in dem ttbrigen mit Bindegewebe erf&Uten Baum 
sehen wir ganz vereinzelt nur Ganglienzellen, und zwar am 
wenigsten in der unteren Windung, etwas mehr in der mittleren. 
Darum sind auch die Nervenenden der Gochlearis nirgends nor- 
mal erhalten. Die Weigert'sehe Markscheidenfärbung zeigt 
zwischen den Blättern der Lamina spiralis ossea nur spärliche 
Fädchen. 

Dies gilt für beide Schläfenbeine. 

In weit geringerem Umfange ist der Nervus vestibularis durch 
die Blutung zerstört worden. So ist das ganze Ganglion vesti- 
buläre unversehrt geblieben und ein grosser Theil der zu ihm 
fährenden und von ihm abgehenden Fasern, sodass die Maculae 
und Cristae acusticae bis auf das wahrscheinlich durch postmor- 
talen Zerfall zerstörte Epithel in ihren nervösen Bestandtheilen 
vollkommen normal erscheinen. Die schwersten Veränderungen 
zeigt die häutige Schnecke. Ein deutliches Lumen des Ductus 
cochlearis besteht in der rechten Schnecke überhaupt nicht mehr. 
Die Membrana vestibularis ist, aufgelockert zu bandartiger Breite, 
bald an ihrem centralen, bald am peripheren Ansatz losgerissen 
und liegt der Basilarmembran dicht auf; eine Grista spiralis ist 



44 Y. HAIKE 

kaum zu erkennen, und von dem Corti'sohen Organ ist nichts er- 
halten geblieben. An seiner Stelle liegt ein Wulst, der aus der 
Basilarmembran und der ihr aufliegenden Membrana vestibularis 
besteht, in welchem einzelne Bestandtheile nicht zu erkennen 
sind. Für dieses Tollständige Fehlen des Sinnesepithels in bei- 
den Schneeken ist wohl vor Allem die Degeneration der zu ihm 
fahrenden Nerven als Ursache anzusehen. Auch Böttcher i) hat 
bei Zerstörung des Nervus acusticus durch Druckatrophie Schwund 
in den Nervenfasern und Ganglienzellen im Endapparat des La- 
byrinths und völlige Degeneration der inneren und äusseren 
Hörzellen beobachtet. In unserem Falle hat mit grosser Wahr- 
scheinlichkeit die nach sicheren Anzeichen, auf die ich unten 
noch zurückkomme, wirksam gewesene aussergewöhnliche Druck- 
steigerung im Labyrinth zn dieser Degeneration im Endorgan 
beigetragen, eine Annahme, welche durch die von Schwartze^) 
ausgesprochene Anschauung noch gestützt wird, dass es „in hohem 
Grade wahrscheinlich ist, dass durch andauernde intralabyrin- 
thäre Drucksteigerung Ernährungsstörungen im Nervenendapparat 
involvirt werden*. 

Auf diese Ernährungsstörung darf auch die Auflockerung der 
Membrana vestibularis zurückgeführt werden. Dass sie nicht etwa 
eine Leichenerscheinung ist, erhellt daraus, dass die Membran 
im linken Labyrinth in ihren Gewebstheilen völlig normal ge- 
funden worden ist und beide Schläfenbeine unter vollständig 
gleichen Bedingungen bei der Fixirung und der weiteren Be- 
handlung gestanden haben. 

Die Lageveränderung der Membrana vestibularis 
erfordert eine besondere Erörterung, weil das Abreissen der Mem- 
bran wie einEinreissen oder eine Einbuchtung nach dem Lumen des 
Ductus cochlearis gewöhnlich als Leichenerscheinung oder durch die 
Behandlung mit Reagentien entstanden, im Allgemeinen mit gutem 
Grunde angesehen wird (Steinbrügge, Z. f. 0. Bd. XIL S. 178). 

Der gleiche von uns oben beschriebene Befund an der Mem- 
bran ist aber nach meiner Ansicht hier ein Theil des pathologischen 
Processes. Er ist die Folge einer Drucksteigerung im perilym- 
phatischen Saum. Dafbr spricht das Verhalten der Lamina ba- 
silaris der mittleren Windung. Diese ist nämlich bogenförmig 
mit ihrer Convexität nach der Scala tympani ausgebuchtet, so- 
dass sie deren Lumen beträchtlich verkleinert (Taf. I. II, Fig. 2 St). 

1) Citirt bei Schwartze, Pathologische Anatomie des Ohres. S. 129. 

2) 1. c. S. 122. 



Fötale Erkrankung des Labyrinths im Anschluss an Enceph. haem. 45 

Das ist nur durch die Annahme einer aussergewöhnliohen 
Druckerhöhung im periljmphatisehen Baum zu erklären, der 
natürlich die sehr viel zartere Membrana vestibularis erst recht 
durch Abreissen oder Einreissen nachgeben musste. Dieser hohe 
Druck innerhalb des Labyrinths entstand wahrscheinlich durch 
eine intracranielle Druckerhöhung während des Verlaufes der 
Encephalitis, wobei jedoch auffllllig erscheint, dass er sich so 
intensiv nur in einer Windung und nur in der Schnecke der 
einen Seite bemerkbar gemacht hat. 

Die Blutungen in der Schnecke haben keine nennenswerthe 
Ausdehnung erlangt und irgend eine directe Zerstörung nicht 
angerichtet. 

Yestibulum und Bogengänge zeigen weder Blutungen noch 
sonst Pathologisches. Ihre Nervenendstellen sind normal bis auf 
den Zerfall des Epithels, den wir als Leichenerscheinung anzu- 
sehen haben. 

Die pathologischen Veränderungen am linken Schläfenbein 
sind im Wesen dieselben wie rechts und nur graduell verschieden. 

Erwähnt sei nur, dass der bandartige Gewebsstreifen, wel- 
cher das Labium vestibuläre der Grista spiralis mit einem Zell- 
häufchen auf der Lamina spiralis membranacea verbindet, seiner 
Lage nach vielleicht die pathologisch veränderte, verdickte Mem- 
brana tectoria sein könnte; doch ist eine Structur an ihm nicht 
zu erkennen. Die Ablösung des Ligamentum spirale von der 
knöchernen Wand ist wohl als Leichenerscheinung oder durch 
die Präparation entstanden anzusehen (Taf. I, II, Fig. 1 Lgsp). 

Für die Aetiologie der primären Erkrankung des Gere- 
brum hat der Sectionsbefund keinerlei Anhalt gegeben. Für 
die Möglichkeit einer Lues war weder in der Anamnese der 
Mutter, noch in der Beschaffenheit der kindlichen Organe ein 
Verdachtsmoment zu finden. 

Die Entwickelung der Encephalitis hat jedenfalls erst nach 
völliger Ausbildung der Schädelkapsel stattgefunden, da diese 
gut entwickelt und normal erscheint. 

Die Miterkrankung der Gehörorgane war eine secundäre, 
deren Entstehung und Fortschreiten sich an der Hand des mikro- 
skopischen Untersuchungsbefundes ziemlich genau verfolgen lässt. 

Im Meatus auditorius internus haben mehrfache starke Blu- 
tungen stattgefunden zu verschiedenen Zeiten, wie die 
ziemlich frischen iBlutmassen und andererjseits das an vielen 
Stellen vorhandene Pigment -beweisen. Durch diese Blutungen 



46 y. HAIKE 

ist der Nerrns aeustions nnd besonders sein nnterster Theil, der 
Nerms eoehlearis, in weitem Umfange zerstört worden. Eine 
rüeklftnfige Degeneration hat nieht stattgefunden, denn wir sehen 
den centralen Theil der Nerven gut nach Weigert geftrbt 

Der Nerms vestibnlaris hat nicht wesentlich dnrch die Blu- 
tung gelitten; sein Ganglion ist gat erhalten, nnd die von ihm 
ausgehenden peripheren Fasern nnd Nervenendstellen zeigen keine 
pathologischen Yerändernngen. Doch ist durch die Zerstörung des 
Gochlearis das Ganglion spirale fast vollkommen degenerirt und 
naturgemftss auch die von ihm peripherwftrts ziehenden Fasern. 
Wahrscheinlich hierdurch veranlasst, vielleicht unter Mitwirkung 
einer durch den Entzündungsprocess des Cerebrum bestehenden 
Drucksteigerung im ganzen Schädelraum und auch innerhalb des 
Labyrinths ist das Sinnesepithel der Schnecke dem vollkommenen 
Schwunde anheimgefallen ; es sind auch nicht einmal Spuren des 
Organen spirale mehr vorhanden. 

Die kleinen Blutungen in der Schnecke sind wohl als Folgen 
von Stauung aufzufassen, woftr die strotzende Blutf&lle in den 
Gefässen der Schnecke spricht und der Umstand, dass die einzig 
wesentliche Blutung in dem Gebiet der hinteren Spiral vene 
stattgefunden hat, welche die innere Peripherie der Scala tym- 
pani der Basalwindung umkreist. 

Sichere Zeichen einer Entzündung sind im Bereiche der 
Schnecke nicht vorhanden; ihre pathologischen Veränderungen 
sind durch die fortschreitende Degeneration im Wesentlichen er- 
klärt. 

Ein vollkommenes Analogen aus dem postfotalen Leben 
finden wir weder fllr die primäre Cerebralerkrankung, wenig- 
stens insofern nicht, als' so ausgedehnte Zerstörungen — der De- 
fect beider Hemisphären — niemals beobachtet worden sind, noch 
Gut die secundäre Labyrintherkrankung. Doch finden wir in den 
entzündlichen Erkrankungen des Hirns und seiner Häute im 
Wesen gleichartige Afi^ectionen, und die sie begleitenden Mit- 
erkrankungen des Labyrinths weisen manche Aehnlichkeiten mit 
unserem Befunde auf. So fand Lucae^) in einer von verschie- 
denen Gesichtspunkten aus wichtigen Untersuchung einer Laby- 
rintherkrankuug nach Meningitis cerebrospinalis, die mit völliger 
Taubheit beiderseits endete, in Vorhof und Bogengängen beider- 



1) üeber H&morrhagie und hämorrhagische Entzündang des kindlichen 
Ohrlabyrinthes. Virchow's Archiv Bd. LXXXYIII. 1882. S. 556. 



Fötale ErkrankuDg des Labyrinths im AnBchlnss an Eneeph. haem. 47 

seits hämorrhagiBohe Entzündung, grosse Blutungen in den Bogen- 
gängen, sehr viel geringere in der Schnecke. Sein Befund hat 
mit dem unserigen gemeinsam die Blutungen und eine, sonst 
nirgends erwähnte, Verdickung der Corti'sohen Membran (Taf. I. II, 
Fig. 1 Mc). 

Ein andrer hierher gehöriger Fall ist vonMoos^) berichtet 
über Veränderungen des Labyrinths bei der hämorrhagischen 
Pachymeningitis : Blutungen, die theils dem Verlauf der venösen 
Gef&sse, theils den Nervenfaserbündeln folgten, besonders ausge- 
prägt auf der Auskleidung desMeatus auditorius internus — soweit 
ein dem unsrigen recht ähnlicher Befund — ferner an der Aussen- 
wand des utriculus, zwischen den Blättern der Lamina spiralis 
und in einer Ampulle Pigment ; die Veränderungen betrafen mehr 
den Vestibularapparat als die Schnecke. Nur in einem Labyrinth 
nachweisbar zellige Infiltration, im andern mehr Atrophie 
undDegeneration; dieser letztere Befund gleicht dem unsrigen . 

Ein anderes sehr ausführliches üntersuchungsergebniss von 
einer durch Gerebrospinalmeningitis verursachten Labyrinther- 
krankung theilt Schwab ach 2) mit: Die eitrige Entzündung 
hatte sich längs des Acusticus und aller seiner Zweige ausge- 
breitet und neben Infiltration und Granulationsbildung Blutungen, 
Zerstörung des Knochens und Atrophie der Nervenfasern gesetzt; 
im Ductus cochlearis waren ausser Leichenveränderungen keine 
Zerstörungen. 

Durch diesen wie die beiden vorher angeführten Befunde 
dürften die wesentlichen pathologischen Veränderungen am Laby- 
rinth bei Mitbetheiligung an entzündlichen Processen des Hirns und 
seiner Häute charakterisirt sein. Sie unterscheiden sich alle 
von dem unsrigen dadurch, dass der Entzündungsprocess als 
solcher auf das Gehörorgan übergegangen ist und also entzündliche 
Veränderungen gesetzt hat, die wir in unserem Falle nicht nach- 
weisen konnten; nur an dem einen Labyrinth in dem Falle von 
Moos waren auch nur Degeneration und Atrophie ohne eigent- 
liche Entzündungserscheinungen vorhanden. 

Jedenfalls ist der pathologisch-anatomische und functionelle 
Effect am Ende gleich in jenen postfotalen Processen; wie bei 



1) Ueber die histologischen Veränderungen des Labyrinthes bei der 
hämorrhagischen Pachymeningitis. Z. f. 0. Bd. IX. 1880. S. 97. 

2) Ueber Gehörstörnngen bei Meningitis cerebrospinalis und ihre ana- 
tomische Begründung. Zeitschr. f. klinische Medicin. 1891. S. 273. 



48 V. HAIKE, Fötale Erkrankung des Labyrinths u. s. w. 

dem unsrigen : die fnnctionswiohtigen Theile sind zerstört durch 
Blutungen und Degeneration. 

Wenn wir uns nun ferner unseren fötalen Proeess extrauterin 
naeb den allgemeinen pathologischen Gesetzen und ihrer er- 
fahrungsgemässen Einwirkung am Labyrinth weiter wirkend 
Yorstellen, so hätten wir ein Fortsohreiten der Degeneration 
eventuell auf den Knochen und durch die Blutung wahrschein- 
lich eine Entzündung zu erwarten. 

Je nach dem Vorwiegen jener degenerativen oder eines 
entzündlich productiven Processes könnte es zu einer Höhlen- 
bildung oder Bindegewebs- und Enochenneubildung im Labyrinth 
kommen. 

Soloher Art sind aber die häufig erhobenen Befunde an den 
Gehörorganen Taubgeborener, wie sie besonders Mygind^) 
' in seinem Buche über die angeborene Taubheit zusammengestellt 
hat: sie sind also die Endausgänge von Processen am 
Labyrinth, deren intrauterines Anfangsstadium die 
in dieser Arbeit mitgetheilten Untersuchungen uns 
kennen gelehrt haben, und deren Analogie mit ex- 
trauterinen secundären Labyrintherkrankungen und 
ihren primären Grundkrankheiten am Hirn dadurch 
erwiesen ist. 

Zeichenerklärung. 
Gsp Crista spiralis. 

Gsp Ganglion spirale (Lücken in demselben). 
Lgsp Ligamentum spirale. 
Lgspa Ligamentum spirale der zweiten Windung. 
Lgsps Ligamentum spirale der Spitzenwindung. 
Lsp Lamina spiralis ossea. 
Mc Membrana tectoria. 
Mv Membrana vestibularis 

Mvi Membrana vestibularis der zweiten Windung, in ihrer Gontinuit&t erhalten. 
Na Nervns acusticus. 
P Periost 

S Blutungen zwischen den Nervenbündeln des Acusticus. 
Ss Blutungen im Meatus auditorius internus. 
Ss Blutungen der Scala tympani der Basalwindung. 
St Scala tymi)ani. 
W Undifferenzirter Wulst, bestehend aus der Lamina spiralis membranacea 

und der Membrana vestibularis. 
Z Häufchen von Zerfallsproducten von Zellen. 

Erklärung der Abbildungen auf Tafel L IL 

Fig. 1 Abschnitt der zweiten Schnecken windung; linkes Schläfenbein. Zeiss. 

Oc. 2, Obj. D. Tub. 16 cm. 
Fig. 2 Längsdurchschnitt der rechten Schnecke. Zeiss. Oc. 2, Obj. A. Tub. 

16 cm. 
Fig. 3 Peripherer Abschnitt der Basalwindung der rechten Schnecke (s. Fig. 2) 

in stärkerer Yergrösserung. Zeiss. Oc. 2, Obj. D. Tub. 16 cm. 

1) Die angeborene Taubheit. Beitrag zur Aetiologie und Pathogenese 
der Taubstummheit. Berlin tS90. 



Archiv f. Ohrenhrilkunde Bd. DT. 



Plg-.2. 






'ViTogeJm Leipzig: 



LiinlnswtAFunfe:«^ 



Tl. 

Aus dex kgL Umveraitäts-ObrenpolikUnik zu Mttaoheo. 

Heber die Verwendug loeal sn&fitlietiBcli wirkeBderVittel 9 
bei Eingriffen am Trommelfell nnd €eb5rgang« 

Von 

Prof. Dr. Hanir (Manchen). 

Die am Troiamelfell uad im Gehörgauge oder in der Paukeu- 
hohle yojß vorne her vorzunehmenden Eingriffe aind, wenn wir 
Yon dex Extraotion der Gehorknöehelehen absehen, zumeist ope- 
rative Vornahmen, die nnr relativ sehr kurze Zeit in Anspruch 
nehmen. Aber alle diese Operationen, Paracentese, Furunkel- 
ineision, Polypen- nnd Granulationaentfernung sind gewöhnlieh 
aasserardentlich schmerzhaft. Es lag daher natttrlioh sehr nahe, 
aneh unseren Patienten die Wohlthat der Scho^rzlosigkeit zu 
erweisen bei Vor^uthme der Edngriffe. 

Die allgemeine Narkose duüch Chloroform oder Aether eignet 
sieh in Ansehung der kurzen Zeitdauer nicht oder nur sehr selten 
zu diesen durchschnittlieb kurz dauernden Operationen. Nur fbr 
l&nger dauernde Operationen, wie die Extraotion der Gehör- 
knöehelehen vom Gehörgange her, kommt diese in Frage. Ausser- 
dem standen noch zur Verfügung die zu den zahnärztlichen Ver- 
richtungen gebr&uchUehen Lachgas- und Bromäthylnarkosen. 

Am einfachsten und zweckmässigsten ßXr unsere Zwecke 
wäre nun zweifellos die looale Anästhesirung, wenn sie die 
zwei Cardinalpunkte : 1. eine wirkliche Unempfindlieb- 
keii während der Operation, und 2. keine irgendwie 
unangenehmen oder schädlichen Neben- oder Folge- 
erseheinnngen garantirt, sodass der Verlauf der Erkrankung 
dureh ihre Anwendung in keiner Weise nach der schlechten Seite 
hin beeinflusst wird. 

Nach diesen Gesichtspunkten haben wir die Anwendung der 
localen Anästhetica flir den Gehörgang, Trommelfell und Pauken- 
höhle zu prüfen. Es muss aber auseinander gehalten werden, 
ob das Anästheticum auf die Schleimhaut — bei Perforationen, 

1) Nach einem in der München. Laryngo-Otologischen Gesellschaft ge- 
haltenen Vortrage. 

Azehir f. Ohreaheilknnde. LV. Bd. 4 



50 VI. HAUG 

Granulationen — oder auf die bisher noch nndnrehbrochene Epi- 
dermislage des Gehörgangs nnd Trommelfells wirken soll. 

Zunächst ist es natflrlich [das verbreitetste Loealanästheti- 
cum, das Cocain, das seine Verwendung zu solchen Zwecken 
fand und findet. 

Es werden hier in Anwendung gezogen Cocainlosungen von 
5 — 20 Proc. ; zur Erhöhung der Wirkung wird auch eine Mischung 
Ton 5 proc. Cocain- mit 5 proc. Morphiumlösung genommen. 

Thatsächlich lässt sich durch die Einträufelung solcher So- 
lutionen bei perforirtem Trommelfell und bei der Entfernung von 
Granulationen eine recht erhebliche Schmerzlinderung erreichen, 
so dass der Eingriff wenig;..«fiipfhndaM^ Auch bei der nach 
der Badicaloperation iiil^nmnge' voT2ti|ie^enden Drucktämpo- 
nade der ausgeräum|ei^l^aukenhöhle ist oftj^ine vorausgehende 
Cocainisirung von 

Anders aber steUli^sich die Sache, wqj^eA wir bei imperfo- 
rirtem Trommelfell und^^haliener Cntis^ di» Cocain anwenden; 
hier ist seine Wirkung emc^dSu^^^Mematische , labile nach 
meinen Erfahrungen. Es kommt gar nicht selten vor, dass trotz 
genügend langer Einwirkung starker Lösung entweder gar keine 
oder ungenügende Anästhesie auftritt, so dass die Patienten den 
Eingriff nahezu oder wirklich so empfinden wie ohne Anästhesie. 
Dieses häufige Fehlschlagen der Wirkung ist ja durchaus nicht 
zu vermeiden, wenn wir uns vor Augen halten, dass wir eben 
zur Zeit keine dem Arzneimittel freigelegte Schleimhaut fläche 
vor uns haben, sondern die resistenteren Oberhautgebilde. 

Um ein leichteres Eindringen der wässerigen Lösung zu er- 
möglichen und zugleich der mit der Einführung der wässerigen 
Lösung verbundenen Quellung der Oberhaut wenigstens etwas 
vorzubeugen, habe ich Versuche gemacht mit Cocain, gelöst in 
Wasser und dann vermengt mit Alkohol und Glycerin zu gleichen 

Theilen. 

Also z. B. Cocain muriatic. 

1,5 — 3,0 
Aq. destillat. 
Glycer. ää 10,0 
Steril, 
adde Alkoh. 10,0. 

Aber auch diese Lösung war in ihrer Wirksamkeit nicht 
viel, wenn auch etwas verlässlicher. Offenbar ist auch von An- 
deren dieser üebelstand empfunden worden, undBonain^) em- 

1) Kevue hebdomad. de Laryog. 2. Juli 1898. 



Yerwendg. local anästhet. wirkend. Mittel b. Eingr. am Trommelfell u. s. w. 61 

pfahl deshalb ein Gemenge von reiner Carbolsäare und Menthol 
mit Cocain. 

Er sehlug vor: 

Acid. carbolie. pur. liquef. 2,0 

Menthol pur. 

Cocain hydrochlorio. Sä 0,5. 

Diese pastenartige Mixtur wird auf Wattebäuschchen auf 

das Trommelfell aufgelegt, und nun soll schon nach 1 Minute 

vollkommene Anästhesie ohne unangenehme Nebenerscheinungen 

vorhanden sein. Hierauf wird mit einem in gekochtes Wasser 

getauchtes Wattebäuschchen ausgewischt. 

Eine weitere Modifieation der Cocainmethode wurde von dem 

Engländer Albert GrayO veröflfentlicht: 

Cocain muriatic. 0,5 

Ol. anilin. 

Alkohol, absolut, ää 5,0. 

Auf einem Wattebäuschchen durch 5 — 10 Minuten auf das 
Trommelfell aufzulagern; dann vollkommene Anästhesie ohne 
üble Nachwirkung. 

Ich habe diese verschiedenen Modificationen von Cocain- 
anästhesie zur Paracentese hintereinander eingeftlhrt, um sie an 
der Hand der von mir in der Privatpraxis und Poliklinik ange- 
stellten Versuche vergleichsweise beurtheilen zu können. 

Was die erste von mir angewandte Cocainsolution anbelangt, 
so habe ich schon erwähnt, dass sie weit davon entfernt ist, ein 
sicheres Anästheticum ftir das Trommelfell und den Meatus zu sein. 

Und wenn auch die Quellung der Oberhautlager durch den 
Alkohol- Glycerinzusatz sehr beschränkt war, so war sie doch 
nicht ganz aufgehoben. Dazu kommt noch die Gefahr einer In- 
toxication, sowie man mit stärkeren Lösungen bei disponirten 
Individuen arbeitet; übrigens genügen oft auch hier schon merk- 
würdig kleine Dosen, um Intoxicationen herbeizuführen. 

Aber auch die anderen Compositionen können nicht Anspruch 
auf absolute Sicherheit der Anästhesie machen. Die Wirkung 
der Carbol-Menthol-Cocainpaste ist wohl eine ziemlich, aber auch 
nicht immer, anästhesirende, wenn auch der Zeitpunkt der An- 
ästhesirung häufig etwas länger dauert als eine Minute. Aber 
diese Zusammensetzung ist durchaus nicht so unschädlich und 
frei von Nebeneinwirkungen, wie sie Bonain schilderte. Es 
treten in Folge des starken Carbolgehaltes directe Anätzungen 

1) British medic. Journ. 1901. 



52 VI. HAUG 

und Verbrennungen des Trommelfells nnd der znnftehst liegen- 
den Oehörgangspartien auf, die zu sehr unerwUnsohten FlSfChen- 
und Tiefeneiterungen fbliren können. Das kann sehen beim Ver- 
weilen während 1 Minute der Fall sein, und selbstverständlich 
bei dem so wenig als möglich anzuwendenden längeren Ver- 
bleiben im Meatus. Auch ist die weisse Verfärbung nicht von 
Vortheil und hindert sehr bei den Eingriffen. 

Bessere Resultate hat mir die Gray 'sehe Cocain- Anilinöl- 
Alkoholmischung gegeben. Sie anästhesirt nach 5, 10—15 Mi- 
nuten — es ist das sehr verschieden — ziemlich prompt, so dass 
man Incisionen im Trommelfell und Gehörgang recht ordentlich 
ausführen kann. 

Auch hier tritt eine Verfärbung der berührten Partien ein, 
die das Bild beeinträchtigen kann. Die Nachwirkung ist zweifel- 
los keine so schädliche wie bei der Garbolmixtur, aber immerhin 
treten auch hier consecutive Beizungserscheinungen auf. Und 
absolut verlässlieh ist auch diese Lösung nicht. 

In Anbetracht dieser Begleit- und Folgeerscheinungen aller 
dieser Cocainoompositionen , in Ansehung ihrer nicht abso- 
luten Sicherheit der Wirkung habe ich mich entschlossen, wo 
irgend es durch den Patienten zugelassen wird, von jeder loealen 
Anästhesie völlig Abstand zu nehmen und speciell die Paracen- 
tese immer ohne sie auszufahren. Der ja momentan starke 
Schmerz wird bald geringer, um dann meist ganz aufzuhören, 
und es fehlt bei diesem Verfahren jede, auch nur geiingste con- 
secutive Beizwirkung ; die Heilung geht viel prompter von stat- 
ten, als bei jeder loealen Anästhesie. 

Es gilt das Gleiche auch für die Eingriffe, die bei schon 
offener Paukenhöhle, also bei Polypen u. s. w. vorgenommen wer- 
den sollen, bezüglich der Beizwirkung und Heilung, jedoch wer- 
den wir hier in Ansehung des Umstandes, dass derartige Ein- 
griffe oft etwas längere Zeit in Anspruch nehmen, doch zu einem 
loealen Anästheticum die Zuflucht nehmen müssen. 

Ausser den schon oben genannten Gocainzusammensetzungen 
— mit Ausnahme der Carbol-Menthol-Cocainpaste, die bloss für 
Parazentese gilt — lassen sich zu diesen Zwecke verwenden das 
A c oi n 1) in wässeriger Lösung zu 2 Proc. ; es kommt einer 5proc. Co- 
cainlösung annähernd gleich, soll aber angeblich weniger giftig sein. 

Von nicht ungünstiger Einwirkung ist das Orthoform, das 
einige Zeit vor der Operation auf die Partie aufgeblasen wor- 

1) Gomperz, Monat, f. Ohr. 1899. Nr. 6. 



Yerwendg. local aD&sthet wirkend. Mittel b. EiDgr. am Trommelfell u. 8. w. 53 

den war; jedenfalls ist die Wirkung, wie das auch Urban- 
tsohitsoh constatirt, eine viel nachhaltigere, sodass die durch 
die Operation selbst hervorgerufenen Schmerzen auf ziemlich 
lange Zeit gedämmt werden. Auch sind üble Nachwirkungen 
mir nicht bekannt geworden; bloss ist es unangenehm, dass man 
kein freies Gesichtsfeld hat und sich das erst wieder schaffen 
muss. Als sehr günstig wirkend und schmerzstillend habe ich die 
Orthoformeinblasungen bei einer Anzahl von Ohrfurunkeln gefun- 
den — nicht immer — , bei welchen entweder durch einen unge- 
nügenden Spontandurchbruch oder durch eine Incision eine bessere 
Resorptionsfähigkeit heryorgernfen worden war. 

Wir haben zum Schluss noch der Infiltrationsmethoden und 
des Aethers und Chloräthyls betreffiei ihrer Anwendung, wenig- 
stens im Gehörgang, zu gedenken. 

Gewöhnlich wird schon der erste Nadelstich bei der 
Schleich'schen Infiltration im geschwollenen Meatus so schmerz- 
haft empfunden, dass die Patienten lieber darauf verzichten und 
sieh die Incision ohne diese Vorbereitung machen lassen. Ein 
weiterer Uebelstand ist die durch die Infiltration selbst herbei- 
geführte Quaddelbildung, die das Gesichts- und Operationsfeld 
ausserordentlich einengt. 

Mit Nirvanin verhält es sich genau ebenso. 

Auch erweist sich die Anwendung des Chlor äthylsprays 
und Aethers als ausserordentlich schmerzhaft im Meatus. Die 
Reaction ist bei allen eine oft nicht unerhebliche. Wir dürfen 
also die Infiltrationsmethoden als für den Gehorgang völlig un- 
brauchbar bezeichnen. Anders verhält es sich mit der Brauch- 
barkeit derselben für die Operationen eventuell an der Ohrmuschel 
und speciell an der Regio mastoidea, wo deren Verwendbarkeit 
durch mancherlei Beispiele erhärtet ist. 



Nachtrag: Neuerdings hat Gray (TheLancet9.Märzl90t) 
noch eine weitere Modification zur Anästhesirung angegeben: 
Man hält sich zwei Stammlösungen: 

I. 20^/0 Cocain muriatic. in Alkoh. absolut. 

II. 15 — 20^/0 Eucain in Anilinöl. — Vor dem Gebrauche 
werden je 20 Tropfen der beiden Lösungen miteinander ver- 
mischt. Ausreichende Erfahrungen über dieses Verfahren habe 
ich noch nicht bisher gesammelt, es scheint jedoch der Sicherheit 
der Wirkung nach den anderen etwas überlegen zu sein. 



VII. 

Aus dem I. anatomisohen Institut in Wien. 

üeber atypische Gewebsformationen im häutigen Labyrinth. 

Von 

Dr. O« Alexander, 

Assistent der üniTersitätsohrenklinil in Wien. 

(Mit Taf. III.) 

Die im Folgenden zu sohildernden Befunde beireffen eigen- 
thümliohe bisher nur theilweise bekannte Bildungen im Vesti- 
bularabschnitt des häutigen Labyrinthes. Bei genauer Durchsieht 
meines Serienmateriales durch Labyrinthe embryonaler und er- 
wachsener Säuger fielen mir nicht selten von der Norm ab- 
weichende und in ihrem Aufbau von ihrer Umgebung wesent- 
lich verschiedene Epithelregionen auf, welche zweifellos als 
normale Bildungen gedeutet werden müssen. 

Später habe ich auch Labyrinthserien vom Menschen ver- 
schiedenen Alters auf das Vorkommen solcher atypischer For- 
mationen geprüft. Dabei ergab sich, dass manche dieser 
Bildungen nicht allzuselten vorkommen, und dass manche Ob- 
jecte an derartigen abweichenden Gewebsstellen reicher sind als 
andere. 



Wenn ich meine Befunde topographisch ordne, so ergiebt 
sich Folgendes: 

1. Befunde an den epithelialen Wänden. 

Die rein epitheliale (im Gegensatz zur neuroepithelialen) 
Wand des häutigen Labyrinths besteht bekanntlich aus einem 
platten bis cubischen Epithel, unter welchem sich in meist ein- 
facher Zelllage ein bindegewebiges, perilymphatisches Stratum 
ausbreitet, welches ich als subepitheliale, perilymphatisohe 



Ueber atypische Gewebsformationen im h&atigen Labyrinth. 55 

Sohieht bezeichnet habe, i) Aa maachen Stellen schiebt sich 
zwischen beide eine homogene, stractarlose, eosinrothe Zone ein. 

In diesem Abschnitt findet sich manchmal dadurch ein vom 
Gewöhnlichen abweichendes Verhalten, dass umschriebene 
Epithelstellen knötchenförmig (im Längsschnitt spindel- 
förmig) verdickt, agglomerirt erscheinen. Die Verdickung 
fand sich nur ein einziges Mal durch die Epithelzellen selbst in 
Form eines mehrschichtigen Epithelhügels erzeugt, sonst gehörte 
die verdickte Stelle stets dem perilymphatischen Gewebe an. Es 
ergiebt sich dann im Schnitt ein oblonger Zellhaufen, der nach 
dem endolymphatischen Baum hin von Epithel, nach dem peri- 
lymphatischen von der subepithelialen Zone des perilymphatischen 
Gewebes begrenzt erscheint. 

Die Flächenausdehnung dieser Knötchen beträgt im Durch- 
messer 20 — 40 f4^ ihre Höhe 15—20 ^. 

Im Ductus endolymphaticus finden sich besonders an 
Embryonen umschriebene, in den endolymphatischen Baum vor- 
ragende Epithelzellhaufen, die dadurch zu Stande kommen, dass 
daselbst die Epithelzellen in mehrfacher Schichte übereinander ge- 
lagert sind. Gewinnen diese Zonen, was nicht selten der Fall ist, 
grössere Ausdehnung, so entstehen hierdurch in das Lumen des 
Ductus endolymphaticus vorspringende Falten (Boettcher) der 
membranösen Wand, die dadurch charakterisirt sind, dass sie 
nur aus Epithel bestehen, die Bindegewebsschicht der mem- 
branösen Wand dagegen an der Faltung nicht theilnimmt und 
gestreckt darunter hinwegzieht. An Meersohweinembyronen von 
20 mm SS-Länge an habe ich diese Falten und Vorsprünge stets 
nachweisen können. 

Einen besonders interessanten, hierher gehörigen Befand ver- 
danke ich Herrn Doc. H. Joseph: An der Serie eines 80 mm 
langen Meerschweinembryo ergiebt sich ein im Epithel 
selbst gelegener cystenähnlicher, röhrenförmiger Hohlraum 
(Taf. in., Fig. 1) von ungefähr 30 ^ Länge und 10 fx Liohtungs- 
weite. Er ist in der Ampullenwand des hinteren Bogenganges 
gelegen, allseits geschlossen und erstreckt sich, im Epithel selbst 
entspringend, nach aussen bis in die intermediäre perilymphatische 
Zone, Seine Wand besteht aus einer einfachen Lage cubischer 
Epithelzellen, die in ihrer Gestalt mit den Epithelzellen der 
Ampullenwand vollständig übereinstimmen. 

1) Ueber Labyrintbpigment nebst ßemerkungen über den Bau des peri- 
lymphatischen Gewebes. Archiv f. mikrosk. Anatomie. 1901. 



56 TU. ALEXANDER 

In der Nahe seines bmalen, blinden Endes lie^ ein allteits 
isolirter kugeliger Zellhavfen, dessen Wand, ein geringes, een- 
trales Lamen umfassend, gleiehfalls ans enbise&en Epiiiliekellen 
aufgebaut ist (Taf. III, Fig. 1, e, e). Ein besonderer Inhalt kommt 
naeb der vorliegenden Färbung (Eisenhämatosylin) den beiden 
Bftumlichkeiten nicht zu. 

2. Befunde an den Nervenendstellen (Macula utriculu 

saeouli, Cristae ampullares). 

Einen xumal beim Menseben nicht sehr seltenen Befund 
stellen Neuroepithellücken dar: Im Neuroepithel ist dann 
ohne Aenderung der Epithelhohe ein vaeuolenähnlieber, rnndlicber 
Bohlraum sichtbar, der die ganze Höhe des Neuroepitbels durch* 
setzend einen Durchmesser von 30 — 50 fi zeigt. 

Das betreffende Gebiet erscheint bei H&natoxylin-Eosin- 
Färbung zumeist hell, nicht tingirt ; die Sttttzzellen der unmittel- 
baa*en Umgebung lassen die gewöhnliche oder eine leiterförmige 
Anordnung erkennen. Manchmal findet sich der Hohlraum vou 
einem linearen Saum begrenzt, der den ZelUeibem der an- 
grenzenden StOtzzellen angehört; in manchen Fällen besitzt er 
endlich einen schwach eosinrothen Inhalt. 

Ist die Epithellücke klein, so zeigt sich in der betreffenden 
Segion keine Störung oder Veränderung in der Anordnung der 
Haarzellen, der Haarfortsfttze, der Otolithenmembran oder der 
Otolithen, eine Thatsache, welche den Schluss zulässt, dass die 
Zwischenschiebung von Epithellücken den regelmässigen Bau 
des Neuroepitbels nicht nothwendig stören muss; es erscheinen 
dann nur die Stützzellen durch die Epithellücken verdrängt. 
Sind die letzteren jedoch gross, so fehlen über ihnen die Haar- 
fortsätze, und die Haarzellen erscheinen durch die Etablirung 
des Hohlraumes seitlich verdrängt oder sind zu Grunde gegangen. 

Seltener scheint im Neuroepithel das Auftreten von Epithel- 
zellen zu sein, die einen hohlen, nach der Basis des 
Neuroepitbels gerichteten Fortsatz formirend nach Art 
der Embryonalanlage eines Drüsenalveolus angeordnet sind. 

Ich verftge über zwei hierher gehörige Befunde: 

So fand ich an einem Meerschweinembryo von 38,5 mm 
Länge einen hohlen Epithelzapfen (Taf. III, Fig. 2), der das Neuro- 
epithel nach seiner ganzen Dicke durchsetzt und an der Basis 
desselben sogar ein wenig in das perilymphatische Gewebe vor- 
ragt. Er zeigt 30 ^i Flächendurchmesser, besteht aus einer ein- 
fachen Lage oylindrischer Zellen und besitzt einen centralen 



Ueber atypiaefae Gewebsfonnatioiieii im häutigen Labyrinth. 57 

HoUraum. Eine Commfinicatioii diefles letzteren mit dem endo* 
lymphaftisehen Raum des Saeenlns konnte ich niefat mit Sieher- 
heit naebweisen. Der Zapfen grenzt »ich vom Nenroepitfael 
seiner Umgebung sefaarf ab. Das Protoplasma seiner Zellen ist 
auffallend hell gef&rbt, desgleichen erseheinen die kugeligen 
Kerne daselbst nieht so stark tingirt, wie die Kerne der Um- 
gebang. Der centrale Hohlraum des Fortsatzes lässt keinen 
färbbaren Inhalt erkennen. 

Die Nenroepithelzellen (Stfttzzellen), welche an die Wand 
dei^ Epithelzapfens grenzen, erseheinen nach dem Schnittbild 
durch den Zapfen seitlich yerdr&ngt und comprimirt, die Kerne 
stehen daselbst dicht und die Zellen zeigen ein Geflige, das man 
als leiterformige Anordnung der Epithelzellen bezeichnet. 

Die Haarf(Hrt8&tze des ganzen Gebietes sind in Gestalt nnd 
Lage nieht verändert. 

Einen ftbnlichen Befnnd ergiebt ein 57 mm langerMeer- 
sebweinembryo. Hier fand sieh im Nenroepithel des Sacculns 
eine Epithelkagel (Taf. III, Fig. 3) mit centralem Hohlraum. Ihr 
Durchmesser beträgt 3/4 der Neuroepitiielhöhe. Nach dem 
Lumen des Saceulus hin ist das Kttgelchen von Nenroepithelzellen 
überlagert und reicht nach abwärts bis an den Basalrand des 
Sinnesepitbels. Die Wand des Kügelchens wird (wie im obigen 
Fall) von Gylinderzellen gebildet, die helles Protoplasma und 
kugelige Kerne besitzen und schwächer gefärbt erscheinen als 
die Stfltzzellen der Umgebung. Der centrale, allseits geschlossene 
Hohlraum der Epithelkugel ist von einem homogenen, blauroth 
(Hämalaun-Eosin) gefärbten Inhalt erfüllt. 

Bei Durchsicht der einschlägigen Literatur scheinen mir die 
oben beschriebenen Bildungen mit den zuerst von Rttdinger 
in den membranösen Bogengängen älterer Personen gefundenen 
Höckern verwandt zu sein. Diese Höcker springen zumeist 
halbkugelig in das Bogenganglumen vor und bestehen in einer 
ciroumscripten Vermehrung der subepithelialen, homogenen Zone. 
In jüngster Zeit habe ich an einer Labyrinthserie eines 65 jährigen 
Mannes neben den Büdinger'schen Höckern mächtige, halb- 
kugelige Vorragungen in der Wand des Ductus endolymphaticus 
getroffen, die gleichfalls eine proliferirte, perilymphatische 
Zwischenschicht erkennen lassen. 

Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen den oben mitge- 
th eilten Befunden und den Büdinger'schen Höckern ist aber 
dadurch gegeben, dass sich die letzteren nur am Menschen und 



58 VII. ALEXANDER, Ueber atypische Gewebsformationen n. s. w. 

nur an älteren Individuen finden, während die ersteren an ver- 
schiedenen Sängern und aneh an Sängerembryonen nachweisbar 
sind. Ueber die Genese dieser eigenthfimlichen Bildungen ver- 
mag das mikroskopische Präparat kaum einen Anfsohluss zu 
geben. Was besonders die alveolaren Epitheleinsenkungen in- 
mitten des Neuroepithels anlangt, möchte ich an einen Befund 
Schaffer'sO an den Vasa efferentia des menschlichen Hodens 
erinnern. Allerdings handelt es sieh bei Schaffer nicht um 
Neuroepithel, sondern um Drüsenepithel; immerhin ist aber die 
Aehnlichkeit beider Befunde eine so grosse, dass ich die Arbeit 
Schaffer's nicht unerwähnt lassen möchte. Schaffer fand im 
cylindrischen Flimmerepithel der Vasa efferentia „beeren- oder kurz- 
schlau chformige, allseitig begrenzteRäume, die bei günstiger Schnitt- 
richtung im Flächenschnittt an das Bild der Dickdarmdrüsen erin- 
nern*'. Die Fig. 3 seiner Abhandlung zeigt fast vollständige üeber- 
einstimmung mit den Verhältnissen meiner Fig. 2, wenn man davon 
absieht, dass bei S c h a f f e r in der Umgebung des DrüschensNeben- 
hodenepithel, in meinen Fällen dagegen Sinnesepithel vorhanden 
ist. Schaffer konnte auch das Vorhandensein der in das 
Lumen des Vas efferens f&hrenden Grübchenmündung überall 
constatiren, während mir das Analoge bei meinen Beobachtungen 
am Gehörorgan nicht gelungen ist. Zieht man in Betracht, dass 
die Schnittdicke meiner Serien 20 /u, der Durchmesser der 
Bläschen 30 — 50 // beträgt, so ist es möglich, dass eine vor- 
handene kleine Mündnngsöffnung, in die Mitte der Schnittdicke 
fallend, ihre mikroskopische Erweisbarkeit eingebüsst hat. 

Ich möchte endlich nochmals darauf hinweisen, dass sich 
die beschriebenen abweichenden Bildungen von erwachsenen 
Thieren abgesehen, auch an Embryonen gefunden haben. Dies 
erscheint mir aus dem Grunde wichtig, weil hierdurch ihre 
intraembryonale Entstehung gesichert ist, und weil sie danach 
als Ergebniss eines atypischen Wachsthumsvorganges nicht aber 
als pathologische Bildungen angesehen werden müssen. 

Figuren- und Zeichenerklärung auf Tafel III. 

Fig. 1. Meerschwelnembryo von 80 mm SS-Länge, ap. »» Membranöse 
Wand der hinteren Ampulle, f «= Epithelfortsatz. e « Wand, c =* Lumen des 
Epithelkörperchens. 0«==KnöcherneAmpullenwand. Eisenhämatoxylin.Vergr. 400. 

Fig. 2. Meerschweinembryo von 38,5 mm SS- Länge. Ms « Neuro- 
epithel der Macula sacculi. per BS perilymphatisches Gewebe (subepitheiialeZone). 
e=»Wand, c»« Lumen des Epithelkörperchens. Hämalaun- Eosin. Yergr. 400. 

Fig. 3. Meerschweinembryo von 57 mm SS-Länge. Bezeichnungen 
wie in Fig. 2. Hämalann-Eosin. Yergr. 350. 

1) Schaff er, Ueber Drüsen im Epithel der Vasa efferentia testis beim 
Menschen. Anatom. Anzeiger. Bd. VII, 1892. 



Archiv f. Ohrenheilkunde. Bd. LV. 




VIII. 

Unznlängliche Stntzen von Zimmer mann 's Theorie der 
Hecbanik des Hörens nnd ihrer Stömngen. 

Von 

Privatdocent Dr. Esehweiler-Bonn. 

Zimmermann hat in seinem Baohe ^Die Mechanik des 
Hörens und ihre Störungen, Wiesbaden J. F. Bergmann 1900'^ 
aus der von ihm an Helmholtz und Bezold geübten Kritik 
das Facit gezogen und eine eigene Theorie der Schallübertragung 
aufgestellt. Von der Fachpresse ist das Werk theils zustimmend 
begrtisst *) theils mit kurzen Worten abgelehnt worden ; eine ein- 
gehende Kritik ist nicht erschienen. So könnte es den Anschein 
gewinnen, als ob sich weite Kreise der Otologen Zimmermann 
angeschlossen hätten, zumal da noch Alt auf einer Otologenver- 
sammlung 1901 sich in zustimmendem Sinne geäussert hat. 

Zimmermann 's Buch zerfällt gewissermaassen in einen 
negativen und einen positiven Abschnitt. In ersterem sucht er 
nachzuweisen, dass der sogenannte schallleitende Apparat diese 
Function gar nicht ausübt ; im zweiten begründet er die Theorie 
von der accomodativen Thätigkeit der Gehörknöchelchenkette. 

Wenn auch beim Leser dieser Zeilen das Zimmermann- 
sehe Buch als bekannt vorausgesetzt werden muss, so ist doch 
wohl eine kurze Zusammenfassung der neuen Theorie hier am 
Platze: Nach Z. erleidet der von der Schallquelle zum Gehör- 
organ gelangende Schall beim Passiren des äussern Gehörgangs 
eine Abschwächung. Unter weiterem Energieverlust durchsetzen 
die Wellen das Trommelfell, welches in toto unbewegt bleibt 
und nur in longitudinalen Molecularschwingungen kleinster Am- 
plitude schwingt. Am Promontorium angelangt, gehen die Schall- 
wellen auf den hier besonders gut leitenden Knochen über und ver- 
setzen die am Knochen angehefteten Resonanzfasern der Mem- 
brana basilaris im Gorti'sehen Organ in stehende Schwingungen. 
Durch die Schwingungen der Saiten geräth das Labyrinthwasser 



1) Vor Allem in der „Zeitschrift far Ohrenheilkuode'^ von Asher, der den 
Ausführungen Zimmermannes das Prädicat ^^ausserordentlich klar" giebt. 



60 VUl. ESCHWEILER 

in Wellenbewegung, yoransgesetzt, dass ein intactes Schneeken- 
fenster als Ausweichstelle dient Wenn keine Wasserwellen 
entstehen können, so können anch keine Schwingungen der 
Saiten entstehen. Der Druck, unter welchem das Labyrinth- 
wasser steht, beeinflusst die Leichtigkeit der Wellenbewegung 
und damit die Schwingbarkeit der Fasern der Basilarmembran. 
Yor Allen bedürfen die tief gestimmten Fasern eines regulirbaren 
Drucks behufe Dftmpfnng. Diese Druckanpassong, die Ein- 
stellung der Schwingungsweite der Labjrinthfasern auf den je- 
weils besten Grad der Perception besorgt der sogenannte schall- 
leitende Apparat auf zweierlei Weise: 

Erstens wird durch Schallwellen von grosser Amplitude und 
Wellenlänge eine Massensehwingung des Trommelfells und damit 
eine Bewegung nach Innen veranlasst; dadurch wird der Stapes 
ins Yorhoffenster gedrückt, noch ehe die betreffende Welle das 
Promontorium erreicht hat. Zweitens wird reflectorisch eine 
Action des Tensor tympani und des Stapedius hervorgerufen, 
welche die Accomodation des intralabyrinthären Drucks auf den 
besten Grad der Perception besorgen. Die erste Art der Accomo- 
dation ist eine Schutzvorrichtung, die zweite mehr eine Präcisions- 
Vorrichtung, welche auch das Lauschen ermöglicht. Soweit Z. 

Es soll an dieser Stelle nicht geprtLft werden, inwieweit 
eine Kritik an den Helmholtz 'sehen Anschauungen über die 
Schallzuleitung berechtigt ist; es soll nur darauf hingewiesen 
werden, dass die Zimmermann'sche Theorie nicht triftig be- 
gründet ist und keine bessere Erkl&rung für die normale und 
pathologische Physiologie des schallleitenden Apparated^ giebt 

Anatomisch legt Z. grossen Werth darauf, dass das Promon- 
torium den einfallenden Schallwellen gerade gegenüber liegt 
(S. 12). Die vergleichende Anatomie aber lehrt, dass eine derartige 
Stellung keine Beziehungen zur Gehörsschärfe haben muss, weil 
bei gut hörenden Thieren, z. B. Pferd, Sehwein, Rind, durchaus 
keine Gegenüberstellung vom Promontorium zur Einfallsrichtung 
der Schallstrahlen vorhanden ist. 

Dass der Gehörgang schallschwächend wirkt (S. 48), dürfte 
unrichtig sein. Seine Biegung und verschieden grosse Weite 
hebt nicht das gute Leitungsvermögen auf, welches dem Grehör- 
gang als Bohre eigen ist. Allerdings würde er noch besser 
leiten, wenn er einem graden glattwandigen Cylinder gliche. 

Grösseren Raum verwendet Zimmermann auf den Nach- 
weis, dass das Trommelfell und die Ossioula nicht in einer 



Zimmermann's Theorie der Mechanik des Hörens und ihrer Störungen. 61 

Phase sehwingen könnten (S. 50 ff.)* Durch theoretische £r- 
w&gangeiL Ifisst Bicfa aher unseres Eraehtens nieht die Beweis- 
krafi der bekannten Politzer 'sehen Experimente anfechten. 
Der Einwand, dass nur bei starkem Sehallreis eine Phasen- 
«ehwingnng nachzuweisen war, beweist nicht, dass bei schwächeren 
Schalleinwirkungen eine solche fehlt. Die angewandten Methoden 
sind doch im Verhältniss zu den hier in Betracht konsmenden 
minimalen Erftften viel zu grob, als dass man sie bei negativem 
Untersnchungsresultat ftr beweisend halten könnte. 

Auf S. 63 ff. bemüht sich Z. den Nachweis zu f&hren, dass 
es zur Empfindung von Sehall weniger Jiuf ein intactes ovales, 
als auf ein gesimdes rundes Fenster ankomme. Die stehenden 
Schwingungen der Basilarfasern seien nur möglich, wenn ^n 
bewegliches Sohneckenfenster ein Ausweichen des Labjrinth- 
wassers ermögliehe. 

Diese Ausführungen enthalten einen unlösbaren Widerspruch. 
Nach der Helmholtz'schen Schallleitungstheorie ist eine Aus- 
weichstelle für die im Labjrinthwasser erzeugte Pulsionswelle 
nöthig« Wenn wir aber mit Zimmermann annähmen, dass 
die Schallwellen sich an der Anheftungsstelle der Basilarfasern 
auf diese ttbertragen und sie direct in stehende Schwingungen 
versetzen, so bedarf es zum Zustandekommen dieser 
Schwingungen gar keiner Ausweichstelle für etwa 
entstehende Flüssigkeitswellen. Die Schwingungen der 
Faser machen keine Yolumvermehrung, denn was eine Saite im 
Maximum der Elongation an Länge gewinnt, bttsst sie an Dicke 
ein, abgesehen von einem minimalen aber bei den Dimensionen 
der Basilarfasern wohl zu vernachlässigenden Yolumzuwachs 
durch mdeculare Elasticität. Es nimmt daher die nach Zimmer- 
mann's Theorie schwingende Basilarfaser eine Ortsver- 
Underung vor, ohne das Labyrinthwasser in Wellen versetzen zu 
müssen. Auf S. 68 sucht Zimmermann den Eintritt Ton 
Labjrinthwasserwellen dadurch verständlich zu machen, dass 
er sagt: „Verursacht man in einer Flüssigkeit auf- und ab- 
gehende Bewegungen irgend eines hineingetauchten Körpers, 
z. B. Transversalschwingungen einer Feder, so sieht man an der 
Oberfläche leichte wellenförmige Kräuselungen entstehen.^ Die 
Siehtigkeit dieses Satzes ist nur fUr gewisse Fälle an- 
zuerkennen. Sobald der im Wasser sich bewegende Gegen- 
stand in eine gewisse Entfernung von der Oberfläche 
kommt, gleichen sich die entstehenden Bewegungen der 



62 VIU. ESCHWEILER 

umgebenden WasBermasse ans, ohne Oberfl&ehenyeränderungen 
zn machen, und zwar ist in diesem Falle keine grössere Kraft- 
anfwendnng nöthig, als wenn der Ausgleich durch Oberflächen- 
yerftnderung des Wassers geschieht; man denke nur an die 
Flossenbewegung der in verschiedenen Tiefenzonen des Meeres 
lebenden Fische. 

Mit der Annahme oder Verwerfung der secundären Wellen- 
bewegung des Labyrinthwassers, hervorgerufen durch die primäre 
Schwingung der Basilarfaser steht und fällt die Zimmermann- 
sehe Theorie. 

Aber selbst bei Einräumung dieser Möglichkeit verwickelt 
sich Zimmermann im weiteren Ausbau seiner Theorie in 
Widersprüche. Er sagt: (S. 68) es „ist für ein möglichst feines 
Spiel resonirender Schwingungen eine Ausweichstelle ein unbe- 
dingtes Erforderniss, und diese Forderung erftillt allein durch 
Einführung des zarten Häutchens der Schneckenfenster membran/ 
und vorher (S. 67): „Und die Membran des Schneckenfensters 
bewegt sich ganz selbstständig wie ein zartes Häutchen, welches 
die Flüssigkeit in einem Gefässe abschliesst. Auch dieses be- 
antwortet die Plätscherbewegungen, die in der Flüssigkeit irgend- 
wie hervorgerufen werden, für sich durch leichte wellenförmige 
Kräuselungen seiner Oberfläche^. 

Also das wesentliche Erforderniss ist nach Zimmermann 
eine den allerfeinsten Wasserwellen nachgebende Beweglichkeit 
des Schneckenfensters.. 

Zunächst ist hier zu bemerken, dass schon anatomisch ein 
Widerspruch besteht zwischen der Wellengrösse, erzeugt durch 
die Schwingung einer 0,04 bis 0,4 mm langen Faser und den 
correspondirenden „Kräuselbewegungen" einer sehnigen, relativ 
dicken Membran, welche durchaus kein „zartes Häutchen^ ist. 

Vor allem aber passt zu dieser Function nicht die von 
Zimmermann dem Schneckenfenster zugewiesene Aufgabe bei 
der Regulation des Labyrinthdrucks. Er sagt S. 77: „Rückt die 
Steigbügelplatte maximal nach innen, so wächst der intra- 
labyrinthäre Druck so stark, dass die Membrana secundaria des 
Schneckenfensters übermässig belastet, ihre Federkraft paralysirt 
wird und sie dem Druck nicht mehr ausweichen kann. Damit 
ist die Grundbedingung für das Zustandekommen stehender 
Schwingungen aufgehoben.*' und ferner S. 78: „Rückt nun die 
Steigbügelplatte nicht maximal, sondern abstufbar veränderlich 
nach innen, so werden die Schwingungen der gleichstimmigen 



Zimmermann's Theorie der Mechanik des Hörens und ihrer Störungen. 63 

Fasern nieht völlig unmöglich gemaoht, sie werden in ihren 
Schwingungen nnr beschränkt.^ Änf diese Weise soll dann der 
Mnskelzug der Mittelohrmuskeln oder die Versohiebnng des 
ganzen Trommelfells durch starke Schallwellen den Labyrinth- 
druck accomodiren. 

Wie ersichtlich, soll also nach Zimmermann die Membran 
des Schneckenfensters zweierlei besorgen. Sie soll erstens auf 
die allerfeinsten Wellenbewegungen des Labyrinthwassers mit 
entsprechenden Ausweichbewegungen antworten. Sie soll zweitens 
die Abstufung des intralabyrinthftren Drucks dadurch ermöglichen, 
dass sie dem vom Stapes nach Innen gedrückten Labyrinthwasser 
einen elastischen Widerstand bietet. Beide Functionen 
können unseres Erachtens nicht von derselben Mem- 
bran ausgeübt werden. Denn beim Einpressen des Stapes 
ins ovale Fenster wird -^ abgesehen von der Wirkung der nach 
Zimmermann nur langsam wirkenden Aquäducte — solange 
das Labyrinthwasser nicht unter erhöhtem Druck stehen, als 
eben die Schneckenfenstermembran ausweichen kann. Erst wenn 
sie über ein gewisses Maass und unter Ausnutzung ihrer Elastici- 
tät nach Aussen vorgebaucht ist, wird thatsächlich auf der 
Perilymphe ein erhöhter Druck lasten. Wenn das eintritt, so 
ist aber die Schneckenfenstermembran in ihrer Schwingbarkeit 
so geschädigt, dass sie keinesfalls mehr als eine passende Aus- 
weichstelle für die äusserst feinen von Zimmermann ange- 
nommenen Wasserwellen dienen kann. Man denke sich nur, 
dass ein sehr lauter tiefer Schall und ein hoher Ton aus dem 
Orchester heraus gleichzeitig das Ohr treflfen. Von diesen Tönen 
ist der erste nach Zimmermann besonders geeignet, die 
Aecomodation auszulösen. Es wird also — nach Zimmermann 
— der Stapes einwärts gedrückt und die Schneckenfenstermembran 
gespannt. Wie soll nun aber der hohe Ton percipirt werden, 
dessen entsprechende Basilarfaser — nach Zimmermann ■— 
nur schwingen kann, wenn die Schneckenfenstermembran durch 
Kräuselung ihrer Oberfläche der entstehenden Labyrinthwasser- 
welle Spielraum giebt? 

Der Einfluss des Valsalv ansehen und Gellö'schen Ver- 
suches oder der willkürlichen Action des Tensor tympani darf 
hier nicht zum Beweise herangezogen werden, weil dabei der 
schallzuleitende Apparat unter ganz besondere, mit der physio- 
logischen Thätigkeit nicht übereinstimmende Bedingungen ge- 
bracht wird. 



64 ?m. £BCHW£IL£R 

Als Beiq[U6l für die Wirkung des BohalUeitenden Apparstes 
als Aottommodatur fuhrt Z. den PbomogTaphen an und sagt S. 81 : 
^Im Phonographen werden von einer möglidist genäherten Bohall- 
qnelle Sehalbtrahlen in grosser Menge darcAi den mächtigen 
Sehalltrichter aufgefangen und alle durch Reflexion Ton d^ 
WimdeiL geg«n das verjüngte innere Ende susammengebracht. 
Dnreh die Baperposition der gleichen Wellen eitsteht hier eine 
erhebliehe Yergrösaerung ihrer Amplituden, so dass die ßchall- 
weUen, mit jedem molecnlaren Ausschlag die Sehallplatte durch- 
setaend, den angelagerten Hebel gegen die rotirende Walze an- 
drücken und mit grosster Treue sich hier eingraben. Trotsdem 
ist die Anaahl der Schwingungen, welche das Hebelwerk aus- 
lösen, eine nur geringe, weil alle aus weiter Eittfemung kom- 
menden, oder von vornherein sehr schwachen, durch den Scfaall- 
trichta: doch nicht auf die genllgende* Stärke gebracht werden 
können, um den Hebel zu bewegen. Noch geringer ist natür- 
lich die Zahl, welche den Mittelohrapparat in Thätigkeit ver- 
setsst.^ 

Auch hier dürfte Z. von unrtcfat^n Voraussetzungen aus- 
gehen; die Schwingungen, welche das Hebelwerk des Phono- 
graphen auslösen, sind nicht gering an Zahl, d. h. eine Auswahl 
von denen, welche in den Schalltrichter gelangen, sondern alle 
Wellen partioipiren an der Bildung derjenigen Wellenform, 
welche den Stift des Phonographen in die Walze drückt; eben 
daher reproducirt der Phonograph auch wieder alle ihm über- 
gebenen Wellen, eben daher lässt er sogar die Stimme dessen 
wieder erkennen, der in den Aufnahmetrichter gesprochen hat. 
Gerade der Umstand, dass die anscheinend roh in das Wachs 
eingedrückte Furche die Membran des Phonographen zur Wieder- 
gabe einer so complicirten Tonmasse nöthigt, wie die mensch- 
liche Sprache ist, dient zum Beweis dafür, dass wir es bei der 
Schallübertragung mit unmessbar kleinen Grössen und äusserst 
complicirten Formen zu thun haben, die wir in ihren Einzelheiten 
nicht sehen, obschon sie sicher vorhanden sind. 

Ebensowenig wie die Theorie an sich, befriedigt ihre An- 
wendung zur Erklärung pathologischer Zustände des Ohres. Z. 
beginnt das entsprechende Oapitel mit den Worten: „Reine Schall- 
leitungshindemisse im Ohr machen bei der hohen Empfindlichkeit 
des Endorgans keine oder nur geringe Störungen der Hörfthig- 
keit.^ Hat sich denn Z. nie davon überzeugt, wie viel man noch 
mit fest verschlossenen Ohren hört? 



Zimmermann's Theorie der Mechanik dei Hörens und ihrer Störungen. G5 

Ebensowenig darf man den Satz gelten lassen (S. 88) : ^Es 
ist bekannt, dass langsam entstandene grosse Cernminalpfrople, 

die das Lumen verstopfen, keine ihrem Träger aoffidlende 

Oehörsversdilecbterang verarsaehen; erst mit dem Moment, wo 

die cernminösen Massen das Trommelfell fixiren, werden 

sie l&stig dnreh Anssohaltnng der Aeoommodationsmögliohkeit.^ 
Es tritt bekanntlich eine bedeutende Gehörsstomng dann schou 
ein, wenn das (Lumen des Gehörgangs völlig verlegt wird. 
Ein Druek auf das Trommelfell ist hierfhr nicht nöthig. 

Subjeetive Geräusche entstehen nach Z. dadurch, dass das 
erkrankte Ohr in seiner Aocommodationsfähigkeit beeinträchtigt 
ist, so dass hier die Schneckenfasern in Folge objectiver Ge- 
räusche viel ausgedehnter, in weiteren Amplituden schwingen 
und nachschwingen können. Wenn in der Nacht eine Ab- 
schwächung der Geräusche nicht erfolgt, so erklärt Z. dies aus 
der Yerharrung im „Reizzustand^. 

Wenn Z. Secht hätte, so mttssten ftr den Sklerotiker die 
subjectiven Geräusche in gewisser Abhängigkeit von den in sei- 
ner Umgebung herrschenden objectiven Oeräuschen stehen, was 
bekanntlich durchaus nicht immer der Fall ist Häufig fllhlen 
sich diese Patienten in geräuschvoller Umgebung sogar erleich- 
tert, weil ihnen die subjectiven Geräusche weniger zu Bewusst- 
sein kommen. 

Wie sollen wir uns femer das Beharren im Beizzustahd in 
der Nacht bei einer Faser denken? 

Wenn wir uns, wie Z., den Höract als einen physikalischen 
Vorgang — Schwingen einer Saite — vorstellen, so kann Ver- 
harren im Reizzustand nichts anderes heissen als: Verharren in 
der Schwingung. Dass aber eine schwingende Faser von den 
Dimensionen und der lebendigen Kraft einer Basilarfaser auch 
nur Minuten lang in der Schwingung beharren soll, wird nicht 
anzunehmen sein. 

Die Theorie vom Nachschwingen der nicht acoommodirten 
Faser gipfelt in der Behauptung (S. 105): „Die verlängerte Hör- 
daner des Stimmgabelstiels vom Knochen ist nur der gleiche 
Ausdruck und für den Arzt gewissermaassen die mehr objective 
Bestätigung der subjectiven Geräusohempfindungen, über welche 
der Kranke klagt,*' (!) 

Hiernach sollte man annehmen, dass jeder Patient mit ver- 
längerter Knoehenleitung, resp. einer Störung am schallleitenden 
(acoommodirenden) Apparat subjeetive Geräusche habe. Z. scheint 

Archiv f. OhronheUkande. LV. Bd. 5 



66 Till. £SGHW£IL£R 

auf diesem Standpunkte zu stehen, denn er sagt S. 102: ^Ist 
die Aecommodation durch Unterbrechung oder Unbeweglichkeit 
ausgeschaltet , so ist allemal ein Ausfall in der exaoten Wahr- 
nehmung der tiefen Tone zu constatiren und das Auftreten von 
subjectiven Geräuschen/ Diese Behauptung widerspricht direet 
der Erfahrung bei Patienten, denen Hammer und Amboss oder 
gar der Steigbtlgel fehlt. Diese haben keinen ,, Aooommodations- 
apparat'^ mehr und trotzdem nur selten subjective Geräusche. 

Am ehesten könnte Zimmermann 's Theorie zur Erklärung 
des Umstandes dienlich scheinen, dass bei Sklerotikern vielfach die 
Sprache zwar gehört, abär nicht verstanden wird. Wenn indess 
Z. Secht hätte, so mttssten diese Patienten die Sprache successive 
schlechter percipiren im Verlauf ihrer Krankheit, gleichgültig, 
ob laut oder gedämpft gesprochen wird; es müsste nämlich — 
nach Z. — die laute Sprache die nicht accommodirten Fasern 
zu überstarken Schwingungen bringen, welche die Perception 
der akustischen Wortbilder besonders leicht zudecken würden. 
Dem entgegen zeigt die Erfahrung, dass ein Sklerotiker zwar 
geschrieene Worte nicht besser hört, als laut gesprochene, dass 
aber bis zu einer gewissen Grenze die Hörfähigkeit um so besser 
ist, je lauter gesprochen wird. 

Die Bemühungen, gewisse Schwierigkeiten im Yerständniss 
der Gehörswahrnehmung, welche die Helmholtz'sche Theorie 
nicht hebt, durch Aufstellung neuer Hypothesen aus der Welt 
zu schaffen, sind gerechtfertigt und dankenswerth. Wenn aber 
eine neue Theorie die alte ablösen soll, so muss sie die dort 
herrschenden Unklarheiten beseitigen, ohne dafür neue und 
grössere heraufzubeschwören. Zimmermannes Theorie be- 
deutet keinen Fortschritt in der Erkenntniss des Höracts. 



s. 



IX. 

Jahresbericht fiber die im Jahr 1900 anf der Ohrenabtheilnng 
der kgl. Universit&tspoliklinik in Hflnchen zur Behandlung 

gelangten Ohrenkrankheiten. 

Erstattet 7011 

Prof. Dr. Hangr und Dr. H. Lanbingr^r. 

In der Ohrenabtheilang der Egl. Univeraitätspoliklinik ge- 
langten, wie in den Vorjahren, nur Ohrenkranke znr Behand- 
lung. Von Nasen -Kaehenaffectionen wurden lediglieh die mit 
den Ohraffeotionen im innigsten Gonnex stehenden, wie aden. 
Yeg. und Tonsillarhypertrophie einer operativen Behandlung 
unterzogen. Alle sonstigen Nasen-Baehen-Eehlkopferkranknngen 
wurden an die Nasenabtheilung verwiesen. 

Auf der Abtheilung waren während des Berichtsjahres fol- 
gende Herren als Assistenten, Yolontaire und Goassistenten thätig: 
DDr. Laubinger, I. Assistent, Gmeinder und Rensch, Assi- 
stenten; Dr. Linder, Dr. v. Sohönebeek, Dr. v. Poschinger, 
Dr. Obermeyer, Dr. Herrlen, Dr. Mayer, Dr. Sepulveda, 
Dr. Hörn, Dr. Hirt; ferner die Herren Gand. med. Scherer, 
Seifhardt, Schmechel, Albreeht, Frauendorfer, Hil- 
ler, Heitz, Nidhammer, Pitsch. Allen diesen Herren sei 
an dieser Stelle gedankt fßr ihre arbeitsfreudige Thätigkeit. 

Die 12 Arbeitsplätze waren, wie immer, so auch im Be- 
richtsjahr jederzeit besetzt, so dass bloss sehr frühzeitig erfolgte 
Anmeldungen Berücksichtigung finden konnten. 

Während die grösseren Operationen (Radicaloperationen 
u. s. w.) entweder — zumeist — von mir selbst oder den Herren 
Assistenten ausgeführt wurden, wurden alle kleineren Operationen 
(Paraeentesen, Polypenextractionen, aden. Vegetationen — , Ton- 
sillotomien u. s. w.) ausnahmslos von den verschiedenen Herren der 
Abtheilung, auch von Gursisten vorgenommen, so dass jeder län- 
gere Zeit auf der Abtheilung arbeitende Herr in die Lage kam, 
die einzelnen Operationen genügend oft selbstständig zu wieder- 
holen. Auch sonst war an dem sehr reichen Material Gelegen- 
heit zur Ausbildung in jeder Beziehung gegeben. 

5* 



68 



IX. HAUG und LAUBINGER 



OhrmuBoheL 

Eczema aurionUe 

Phlegmone 

Absoen am Lobolas 

Erysipel 

Herpes 

Congelatio* 

Othaematom 

Periohondritis aenta 

„ ohrosica 

Impet^^ contagiosa aurioolae 

Lupus Tulgaris 

Scropholuderma 

Atheroma aaricvlae 

„ postaurioalar 

Ghondroma 

Congenitale Missbildnngen 

Fiatala anris congenita 

Verletzungen 

Meatns. 

Geramen obtnrans 

Eozeme 

YerbrennuDgen des Meatns 

Verletzungen 

Fissur des Meatus bei Schädelbasisfraotur 

Otitis externa diffusa 

„ „ luetioa (Papel) 

„ „ mycotica 

„ „ haemorrhagioa 

„ „ granulosa 

„ „ circumscripta « . 

Coipora aliena 

Pruritus 

Impetigo 

Exostosen 

Atresia congenita 

„ meatus acquisit 

„ cum otitide med. perf. chronica 

Papilloma 

Trommelfell. 

Myringitis acuta 

„ haemorrhagioa 

„ chronica 

Ruptura traumatica . . * • 

Sonstige Traumata 

Verbrennungen 

Paukenhohle. 

Otitis media oatarrhalii acuta 

„ „ „ subacuta 

„ „ „ chronica: 

1. Simplex 

2. mit Trübungen und Verdickungen . 

3. mit Atrophie . . . . 

4. mit Verkalkung 

Acuter Tubenkatarrh 




Beider- 
seitig 



24 
1 
l 



5 
2 

2 

1 



98 

14 

1 

4 

1 

56 

1 

3 

1 

5 

50 

23 

2 

2 

2 

1 
1 
1 



9 
l 
12 
5 
6 
1 



74 
24 



21 
l 
1 
1 
l 
1 
1 
1 
2 
4 

l 



1 
1 



143 

12 

2 

l 

47 
1 

2 
3 
48 
25 
2 
2 

1 
2 



8 
9 
4 
11 
4 
1 



65 
34 



16 



Summa 



2 



2 
3 



1 
1 



172 
11 



26 



6 
4 

1 
2 



39 


47 


6 


11 


18 


22 


21 


18 


22 


33 



2 
4 

1 



50 
19 

114 

12 

12 

6 

19 



61 
2 
2 
1 
l 
3 
2 
1 
4 

12 
2 
1 
2 
1 
1 
2 
1 
3 



413 

37 

3 

5 

1 

129 

2 

10 

3 

8 

104 
52 
4 
5 
4 
1 
3 
1 
2 



19 
10 
20 
16 
11 
2 

189 
177 

200 
29 
52 
45 
74 



Jahresbericht d. Ohrenabtheiliuig d. kg). UniTersit&tspolikUnik München. 69 




Summa 



Chronischer Tnbenkatarrh 

Antophonie 

Sklerosen (reine) 

Otitis media aonta exsudativa 

„ „ t» cum perforatione 

„ „ „ haemorrhagica 

„ „ „ haemorrhagica cum perforatione 

„ „ „ perforat. blenorrhoioa 

Haematotympanum träum 

Acuter Tubentrommelhöhlenkatarrh 

Subaouter „ 

Chronischer „ 

mit secundärer Retraotion 

Residuen von Otitis media perfprat 

Otitis media perforat, chronica purulenta 

„ ,, „ „ granulosa . . . 

„ „ „ „ poljposa . . . 

yj j, ,f „ tubercolosa . . 

„ „ „ „ mit Perforation 

der Membrana flacc. 

H „ „ „ mit Senkung der 

hinteren und oberen Wand (zum.Theil mit 

Cholesteatom) 

Mastoiditis acuta 

„ chronica 

„ fistulosa 

„ ausgeheilte 

Snbperiostaler Abscess 

Cholesteatom (von vom zu erkennende) 

Labyrinth (InclusiTe nervOse Krankheiten). 

Labyrinthtrauma 

Labyrinthlues % 

Lues hereditaria tarda 

Sonstige Labyrintherkrankungen 

Surditas 

Surdomutitas 

Simulatio surditatis 

Nervöse Schwerhörigkeit 

» « e typho 

„ ,y ex inflnenza 

„ „ e graviditate 

Bynkusis nerrosa (hysterica) 

Snbjeotiye Geräusche (ohne objectiren Befund) . 

Meni^re'scher Symptomencomplex 

Traumatische Neurose 

Neuralgia tympanica 

„ mastoidea . 

Facialisparese (ex Otitide purulenta) 

Otalgia e carie dentium 

Berufsschwerhörigkeit 

Nasenerkrankungen. 

Corpora aliena 

Mnsehelhypertrophien 

Nasenpolypen 

Sonstige Nasenerkrankungen 

Adenoide Vegetationen .... 



50 
l 
6 

79 
149 

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142 



70 



IX. HAU6 und LAUBINGER 




Summa 



Rachenerkrankungen. 

Raohenlues — — 1 1 

Pharyngitis granulosa — — 4 4 

Tonsillitis — — 16 16 

Tonsillarhjpertrophie * 6 4 58 68 

Congenitale Missbildung — — 1 1 

Varia. 

Senile Involution — 3 6 9 

Lymphadenitis der Pars mastoidea 8 8 2 18 

Vereiterte Lymphdrüse der Pars mastoidea .... 1 3 — 4 

Parotitis 1 — — 1 

Osteosarkom Ton der rechten Highmorshöhle aus- 
gehend 1 — — 1 

GeBammtsamme der £[rankheiten 4189. 



Operationen. 

Furunkelincisionen 

Paracentese 

Polypeneztraction 

Operationen an der Ohrmuschel 

Incision einer yereiterten Lymphdrüse unterh.d.Ohrs 

Extraction eines Sequesters des Meatus 

,y Yon Gehörknöchelchen ......... 

Wilde'sohe Incision 

Radicaloperation*) 

Sohwartze*s Operation*) : . . . . 

Herausnahme der adenoiden Vegetationen . . . . 
Tonsillotomien 



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39 



Altersklassen 


Kranke 
Männliche Weibliche 


« 

Summa 


0—1 Jahren 
2-10 „ 
11-20 „ 
21-30 „ 
31-40 „ 
41—50 „ 
51-60 „ 
61—70 „ 
über 70 „ 


77 

254 

256 

444 

299 

142 

95 

60 

25 


51 

288 

232 

256 

154 

91 

63 

31 

13 


128 
542 
488 
700 
453 
233 
158 
91 
38 


Summa 


1652 


1179 


2831 



Handwerker u. Gewerbetreibende . 

Arbeiter und Tagelöhner 

Hausirer und Colporteure 

Städtbohe u. staatliche Angestellte 
Kinder, Schüler und Studirende . 



841 
218 
4 
142 
447 



Handwerker und Arbeitersfrauen . 217 

Fabrikarbeiterinn. u. Tagelöhnerinn. 7 5 

Dienstmädchen, Ladnerinnen u. s« w. 167 

Frauen von Angestellten 102 

Kinder, Schülerinn., weibl. Angest 618 



*) Inclasiye der Operation intracrameller Gomplicationen. 



Jahresbericht d. Ohrenabtheilang d. kgl. üniTersit&tspoliklinik Manchen. 71 



fMünchen 1079 

Ober-Bayern 625 

Nieder-Bayern 331 

Pfalz 25 

Ober-Pfalz 166 

Mittel-Franken 70 

Ober-Franken 39 

Unter-Franken 35 

^Schwaben . 141 

Deutschland ausser Bayern 175 

Nicht-Deutsche . 145 






Summa 2831 
244 Patienten waren nicht wohnhaft in Manchen. 

Corpora aliena. 

Bleistif tepitze 2, Blatta germanica 4, Cimex lectularius 1, Erbse 
1, Filzstück 1, Fliege 1, Grassamen 1, Glasperle 1, Gerstengranne 1, 
Haferkorn 1, Haare 1, Johannisbrotkern 2, Enoblaaoh 7, E^ee- 
bohne 1, Kohle 1, Kieselsteinohen 8, Motte 1, Modellirwaohs 1, 
Naehtfalter 1, Fapierpfropf 2, Badirgummi 1, Blilthe von Salix 
oaprea 3, Stoffstück 1, Zündholztheil 1, Wattepfropf 7, cariöse 
Zahnkrone 1. 

Zwei Corpora aliena mussten in Narkose entfernt werden 
(Kaffeebohne und Blüthe von Salix eaprea). 



X. 

Ueber die durch Tnbercnlose der nächsten Blntsverwandten 
geschaffene DisiMsition zn Ohrerkranknngen bei Kindern. 

(Auf Grund meiner SchulnnterBUchungen im Kreise Marburg.) 

Von 

Prof. Ostmann, Marburg a. L. 

Im Verlanfe meiner Sebnlnnt^saelinngen im Kreise Mar- 
bnrgi) gewann ich mehr und mehr den Eindruck, dass nicht 
wenige von den ausserordentlich zahlreichen Ohrenkrankhehen 
unter den Volkssohulkindern in einem gewissen Zusammenhang 
mit der in Oberhessen gleichfalls ungewöhnlich verbreiteten 
Tuberculose stehen dürften. 

Ich habe deshalb diesem Funkte meine besondere Aufinerk- 
samkeit zugewandt und zunächst flir 1679 schwerhörige Yolks- 
schulkinder des Kreises festgestellt, ob bezw. wie viele von ihnen 
Familien entstammen, in denen unter den nächsten Blutsver- 
wandten der Kinder Todesfälle an Tuberculose vorgekommen 
sind. Als nächste Blutsverwandte wurden bezeichnet: Gross- 
eltern, Eltern, Onkel, Tanten, Geschwister. 

Meine Yermuthung wurde durch das Ergebniss der Sammel- 
forschung, bei der ich in dankenswerthester Weise von den Leh- 
rern des Kreises unterstützt worden bin, in hohem Maasse ver- 
stärkt; denn die Zahl der aus tuberculös belasteten Familien 2) 
stammenden schwerhörigen Kinder war eine überraschend grosse, 
wenn auch für die einzelnen Ortschaften procentuarisch erheblich 
wechselnde. 

um nun aber mehr als eine Yermuthung hinsichtlich des 
inneren Zusammenhanges zwischen der Tuberculose der nächsten 
Blutsverwandten und den Ohrerkrankungen der zugehörigen 



1) Dieses Archiv, Bd. 54. 

2) Ich hezeichne in dieser Arbeit als tuberculOs belastete Familien 
solche, in denen Todesfälle an Tuberculose bei £ltern, Grosseltern, Onkel, 
Tanten oder Geschwistern vorgekommen sind. 



Die durch Tabercnlose d. Blntsvenrandten geschaffene Disposition a. s. w. 73 

Kinder aussprechen zu können^ mnsste die Gegenprobe gemacht 
werden, indem festgestellt wurde, wie viele von den normal 
hörenden Kindern tuberculös belasteten Familien angehörten. i) 

Bei der sehr grossen Zahl dieser — 5395 — musste ich auf 
eine Beantwortung dieser Frage f&r alle verzichten; schon aus 
dem Grunde^ weil ich nicht erwarten konnte, dass diese erneute, 
sehr bedeutende Arbeit von allen Lehrern würde übernommen 
werden. Ich habe mich deshalb nur an die Lehrer gewandt, 
von denen ich wusste, dass sie ein lebhaftes Interesse an diesen 
Untersuchungen gewonnen hatten und zumeist, Dank ihrer lang- 
jährigen Thätigkeit in der Ortschaft, mit den persönlichen Ver- 
hältnissen der Kinder gut vertraut wären. 

Die Erhebungen sind somit auf nachstehende acht, räumlich 
zum Theil weit auseinander liegende Landgemeinden: WoUmar, 
Weitershausen , Michelbach , Amönau , Bürgein , Niederwetter, 
Wenkbach und Roth beschränkt worden ; doch ist meines Erach- 
tens trotz dieser nothwendigen Beschränkung eine noch hin- 
reichend umfangreiche und dabei möglichst sichere Unterlage ftir 
die nachstehenden Ausftlhrungen gewonnen worden. 

Die Tabelle I fasst das Ergebniss der Untersuchungen und 
Erhebungen ftlr jedes der 8 Dörfer zusammen. (S. Tabelle I S. 74 f.) 

In den 8 Landgemeinden wurden 676 Kinder vom 5. bis 
13. Lebensjahr untersucht; 162 "= 23,9 Proc. derselben waren 
schwerhörig, d. h. hörten auf einem oder beiden Ohren nur auf 
etwa ein Drittel der normalen Entfernung oder weniger. 

Diese 676 Kinder gehörten 375 Familien an, von denen 
251 Familien (Gruppe a)^) nur normalhörende (404) Kinder, 
70 « (Gruppe b)^) normalhörende (110) und schwerhörige (82) Kinder, 
64 « (Gruppe c)') nur schwerhörige (80) Kinder hatten. 

Unter den Familien der einzelnen Gruppen waren tuberculös 
belastet : 

Ton Gruppe a 69 ^ 25,8 Proc. mit 1 19 normalhörenden Kindern, 
« t^ b 33 = 49,5 Proc. mit 54 normalhörenden und 37 schwer« 

hörigen Kindern, 
« « c 41 -B 73,4 Proc. mit 52 schwerhörigen Kindern. 

1) Als weitere Ergänzung habe ich die Fragestellung darauf ausgedehnt, 
wie viele schwerhörige Kinder nicht tuberculös belasteten Familien ent- 
stammen. Ueber das Ergebniss dieser Untersuchungen wird unter Erweiterung 
der hier mitgetheilten an anderer Stelle berichtet werden. 

2) Die Bezeichnung als Gruppe a, b, c für die wie oben charakterisirten 
Familiengruppen werde ich der Vereinfachung halber im weiteren Verlauf 
der Arbeit stets anwenden. 



74 



X. OSTMANN 



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Die durch Tuberculose d. Blutsverwandten geschaffene Disposition n. s. w. 75 



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7a X. OSTMANN 

Der Zusammenstellang entnehmen wir als erstes Ergebniss : 

Unter denjenigen Familien, welche die relativ 
meisten schwerhörigen Kinder haben, findet sich 
auch relativ am häufigsten tnberoulöse Belastung 
der Kinder. 

Diese Thatsache machte es an sieh sehr wahrscheinlich, dass 
zwischen der Tuberculose der nächsten Blutsverwandten in auf- 
steigender Linie und den Ohrerkrankungen der diesen tuberculös 
belasteten Familien angehörenden Kinder ein, wenn auch nur 
indirecter ursächlicher Zusammenhang besteht. Ist dies that- 
sächlich der Fall, so muss angenommen werden, dass dieser Zu- 
sammenhang um so schärfer hervortritt, je näher die an Tuber- 
culose verstorbenen Familienmitglieder dem obrenkranken Kinde 
verwandtschaftlich standen, d. h. mit andern Worten: es muss 
erwartet werden, dass bei Tuberculose der Eltern und Gross- 
eltern eine stärkere Disposition der Kinder zu Ohrerkrankungen 
im Allgemeinen hervortritt, als bei Tuberculose von Onkel, Tanten 
und Geschwistern. 

In Tabelle II (S. 77) habe ich nach dieser Richtung hin die Er- 
gebnisse der Erhebungen über die tuberculös belasteten Familien 
der 8 Ortschaften zusammengestellt, und zwar enthält die Ta- 
belle einerseits die 33 tuberculös belasteten Familien der Gruppe b, 
andererseits die 41 tuberculös belasteten Familien der Gruppe o. 

Zur Erläuterung der Tabelle bemerke ich, dass, sofern meh- 
rere Todesfälle an Tuberculose in einer Familie vorgekommen 
waren, stets der dem Kinde nächststehende Blutsverwandte fUr 
die Einreihung in die Rubriken maassgebend war, so dass z. B. 
beim Tode des Vaters und eines Onkels an Tuberculose nur der 
Vater in Betracht gezogen wurde u. s. w. (S. Tab. II S. 77.) 

Die Tabelle ergiebt: 

Todesfälle an Tuberculose in directer, aufsteigender Linie 
(Eltern und Grosseltern) waren vorgekommen unter den tuber- 
culös belasteten Familien der: 

Gruppe b bei 20 -= 60,5 Proc. der 33 Familieo, 
c - 30 o« 73,1 - - 41 - . 

Die schwerhörigen Kinder der tuberculös belasteten Fami- 
lien der Gruppe c sind somit relativ schwerer tuberculös belastet, als 
die Kinder der tuberculös belasteten Familien der Gruppe b. 

Der relativ schwereren tuberculösen Belastung entspricht 
also auch hier wiederum das relativ häufigere Auftreten von Ohren- 
krankheiten bei den belasteten Kindern. 



Die darch Tuberculose d. Blutsverwandten geschafifene Disposition u. s. ▼. 77 






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78 X. OSTMANN 

Die Sohlussfolgerung , die wir ans der Annahme eines in- 
neren Zusammenhanges zwischen der Tnberculose der nächsten 
Blutsverwandten und den Ohrerkranknngen der ihnen zuge- 
hörigen Kinder ziehen mussten, hat sich somit durch die That- 
Sachen als richtig herausgestellt, wodurch umgekehrt die Rich- 
tigkeit der Annahme selbst wesentlich gestützt wird. 

Wir können demnach als weiteres Ergebniss feststellen: 

Unter den tuberculös belasteten Familien findet 
sich bei denjenigen, welche die relativ grösste Zahl 
schwerhöriger Kinder haben, auch relativ am häu- 
figsten die schwerste Form der tuberculösen Be- 
lastung des Kindes. 

Wir können den geheimnissvollen Faden zwischen tuber- 
culöser Belastung des Kindes und Entstehung von Ohrenkrank- 
heiten noch weiter spinnen. 

Bei den 89 schwerhörigen Kindern aus tuberculös belasteten 
Familien der 8 Ortschaften waren 118 Gehörorgane erkrankt, 
und zwar wurde bei: 

6 Erkrankung des äusseren Ohres; 

49 Einziehung des Trommelfells mit und ohne Verkalkung und Trübung; 

19 Trübung, Glanzlosigkeit zumeist mit geringer Einziehung; 

1 acute Entzündung; 

9 chronische Eiterung; 

15 kein krankhafter Trommelfellbefund; 

19 Narbe oder umschriebene Atrophie des Trommelfells 

festgestellt. 

Die Hörprüfung ergab ftr: 

39 Gehörorgane eine Hörschärfe v. — 4 m für zugeflüsterte Zahlen v. 1—100 
79 - - - - 4— 8 m - - - - 1—100 

Stellt man das Frgebniss der Hörprüfung dieser Gehörorgane 
dem Gesammtergebniss der Hörprüfungen bei den Schulunter- 
suchungen gegenüber, so ergiebt sich: 

Bei den Schuluntersuchungen wurden von den insgesammt 
untersuchten 15074 Gehörorganen 2922 schwerhörig befunden. 

Von diesen 2922 Gehörorganen hörten: 
770 = 26,4 Proc. 0—4 m; 2152 — 73,6 Proc. 4-8 m, 
Von den IIS Gehörorganen hörten: 
39 = 33,0 Proc. 0—4 m; 79 = 67,0 Proc. 4—8 m. 

Wenn die Zahlen auch sehr verschieden gross sind, so dürfte 
doch auch hier die ungünstigere Stellung der belasteten Kinder 
gegenüber dem Durchschnitt aller schwerhörigen Volksschul- 
kinder des Kreises nicht auf reiner Zufälligkeit beruhen, um so 
mehr als sich des Weiteren zeigen lässt, dass unter den belaste- 



Die durch Tabercalose d. Blutsverwandten gescbaffeDe Disposition n. s. ▼. 79 



ten Kindern wieder die am schwersten belasteten prooentuarisch 
die meisten erheblich schwerhörigen stellen. 

Zur Führung dieses Nachweises habe ich ans den 8 Dörfern 
die schwerhörigen Kinder aus den tuberculös belasteten Fami- 
lien einerseits der Gruppe b, andererseits der Gruppe c nach 
dem Orade der Schwerhörigkeit der bei ihnen erkrankten Ge- 
hörorgane zusanmiengestellt. Tabelle in bringt die auf die ein- 
zelnen Dörfer entfallenden Zahlen. 

Tabelle III. 



u 

o 

C3 

d 

CS 


Ort 


Zahl der schwer- 
hörigen Kinder aus 

den tuberculös be- 
lasteten Familien der 
Gruppe b 


Es hörten Ton 
den erkrank- 
ten Gehör- 
organen 


Zahl der sohwer- 
hörigen Kinder aus 
den tuberculös be- 
lasteten Familien 
der Gruppe o 


Et hörten Ton 
den erkrank- 
ten Gehör- 
organen 


A 


0— 4in 


4— 8 m 


0-4 m 


4r-8in 


1 
2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 


Wollmar . . . 
Weitershausen . 
Micbelbaoh . . 
Amönaa 

Bürgein . . . 
Niederwetter 
Wenkbach , . 
Roth .... 


9 
2 
4 

7 
3 

l 
3 
9 


2 

1 
2 

l 
6 


10 
2 
5 
6 
4 
1 
2 
5 


8 
2 
2 
5 

14 
2 

14 
4 


5 

4 
5 
4 

l 
8 


5 
2 

4 
12 

2 
13 

6 




Sui 


fnma 38 


12 35 


öl 


27 44 



47 — 61,8o/o 
der 76 Gehörorgane 



71 — 69,6^0 
der 102 Gehörorgane 



Das Ergebniss der Zusammenstellung ist: 

die 38 Kinder der Gruppe b hatten 47 erkrankte Gehörorgane — 61,8 Proc. 
der 76 unters. Gehörorgane, 

die 51 Kinder der Gruppe c hatten 71 erkrankte Gehörorgane — 69,6 Proc. 
der 102 unters. Geliörorgane. 

Somit weisen die Kinder, welche den erwiesenermaassen durch- 
schnittlich stärker tuberculös belasteten Familien der Gruppe c an- 
gehören, procentuarisch auch die grössere Zahl von erkrankten Ge- 
hörorganen auf; und nicht allein dies, die erkrankten Gehörorgane 

zeigen auch relativ häufiger eine erhebliche Hörstörung, denn 

▼on 47 erkrankt. Gehörorganen d. Gruppe b hörten 12 b» 25,5 Proc. O— 4 m; 

35 =.74,5 Proc. 4— 8m; 

-71- - --c- 27 -=38,0 Proc. 0—4 m; 

44 — 62,0 Proc. 4—8 m. 

Das heisst nichts anderes als: 

Die tuberculöse Belastung fördert die Entstehung 
und übt einen ungünstigen Einfluss auf den Ablauf 
der entstandenen Ohrenkrankheit aus und zwar um 
so mehr, je schwerer die Belastung ist« 



80 X. OSTMANN 

Wenn man bedenkt, dass die Ohrerkranknngen der tnb«- 
cnlös belasteten Kinder nicht tuberenlös waren i), und weiter, 
dasB aneh die Kinder keine sichtbaren Zeichen von Tnbercalose 
boten, so mnss die deutlich zu Tage getretene enge Beziehung 
zwischen tuberculöser Belastung und dem gehäuften Auftreten 
von Ohrenkrankheiten durch ein von der Tuberculose der näch- 
sten Blutsverwandten ausgehendes und bei dem Kinde die Ent- 
stehung von Ohrenkrankheiten forderndes Bindeglied erklärt 
werden. 

Ich finde dieses Bindeglied in der erhöhten Vulnerabilität 
der Schleimhäute der oberen Luftwege sowie in der geringeren 
Widerstandskraft des Organismus dieser Kinder gegenüber schädi- 
genden Einflössen. 

Bei den aus tuberoulSs belasteten Familien stammenden Kin- 
dern zeigen die Schleimhäute der oberen Luftwege, der Nase, 
des Rachens, des Kehlkopfes und der Bronchien sehr häufig 
eine auffallende Beizbarkeit, so dass sie einerseits leicht katarr- 
halisch erkranken, andererseits, einmal erkrankt, schwerer ab- 
heilen. Insbesondere scheint das adenoide Gewebe der Baohen- 
schleimhaut zur Hypertrophie und Hyperplasie bei diesen Kindern 
geneigt. 

Auch bei der Abheilung kleiner operativer Eingriffe in der 
Nase — wie galvanokaustische Aetzung der Schleimhaut und 
Abtragung störender Schwellungen — ist es mir zu wiederholten 
Malen aufgefallen, wie ungleich bezüglich der nachfolgenden Be- 
action und Schnelligkeit der endgültigen Abheilung anscheinend 
ganz gleichartige Fälle verlaufen, und wenn man dem Grunde 
dieser anseheinend unerklärlichen Ungleichheit nachging, zeigte 
sich sehr häufig, dass die Kinder mit übermässig starker Beaction 
und langsamer Abheilung belastet, und zwar yomehmlich tuber- 
eulös belastet waren. 

Unter den 89 schwerhörigen Kindern aus tuberenlös belas- 
teten Familien unserer 8 Dorfgemeinden waren 22, also V^ aus- 
gesprochene Mundathmer und hatten sehr starke Katarrhe der 
Nase und des Rachens mit Schwellung des adenoiden Gewebes. 

Eine grössere Zahl der übrigen hatte gleichfalls selbst in 
den ausnahmsweise schönen Sommermonaten Katarrhe der Nase 
und des Rachens, und bei Vielen wurde mir bestätigt, dass sie 
zu Zeiten der Steigerung der Katarrhe Mundathmer seien. 

1) Nur für die eine oder andere der 9 chronischen Eiterungen könnte 
ein Zweifel bestehen. 



Die durch Taberculose d. Blutsverwandten geschaffene Disposition u. s. ▼. 81 

Wir wissen, dass diese chronischen Katarrhe der Schleim- 
häute der oberen Luftwege der Tuberculoseinfection den Boden 
bereiten, und da bei den sehr beengten Wohnnngsrerhältnissen 
auf dem Lande, dem Schmutz in und ausser dem Hause, dem 
oh völlig unhygienischen Verhalten tuberculös erkrankter 
Familienmitglieder die Gelegenheit zur Infection für das Kind in 
ausgiebigstem Maasse gegeben ist, so kann es nicht Wunder 
nehmen, dass die Tuberculose sieh in so erschreckender Weise 
von Generation auf Generation fortpflanzt. 

Nun sehen wir, dass die Taberculose der nächsten Bluts- 
verwandten für das Kind noch andere Folgen hat, die anscheinend 
weit vom Gebiet der Taberculose als solchem abliegen. 

Das Bindeglied zwischen der Taberculose d^ nftehsten Bluts* 
verwandten und der Neigung der tuberculös belasteten Kinder 
2Q Erkrankungen des Schallleitungsapparates muss in der er- 
höhten Reizbarkeit der Schleimhäute der oberen Luftwege , ins* 
besondere der Nase und des Rachens, gesucht werden, und die 
weitere Thatsache, dass bei ihnen die Ohrerkrankungen durch- 
sehnittlich zu einer erheblicheren Hörstömng führen, als dies 
im Allgemeinen bei gleichartigen Erkrankungen der Fall ist, dürfte 
sieh nur dadurch erklären lassen, dass ihr Organismus eine 
geringere Widerstandskraft gegen schädigende Einflüsse besitzt. 

Diese Thatsachen zeigen den richtigen Weg ftlr die Behand- 
lung dieser Kinder. Neben der localen Behandlung der Ohr- 
erkrankung ist Gesundung und Verminderung der Vulnerabilität 
der Schleimhaut der oberen Luftwege neben allgemeiner 
Kräftigung des Organismus durch zweckentsprechende Er- 
nährung, körperliche Uebung, Land- und Seeaufenthalt wie 
andere zweckentsprechende Maassnahmen, unter denen eine 
milde Hydrotherapie wohl in Betracht zu ziehen sein würde, 
anzustreben. Die Kinder für längere Zeit dem elterlichen Hause 
and damit der unmittelbaren Gefahr der Tuberculoseinfection 
2u entziehen, wird wohl für die Meisten ein unerf&Ubarer 
Wunsch bleiben. 



Archiv f. Ohrenheilkimde. LV. Bd. 



X!. 

Beitrag zur pathologischen Anatomie der GehSrknSchelchen- 

kette. 

Von 

Dr. TIctor Hammerschlaur^ 

myatdocenten ffir OhrenheUknnde (Wien). 

(Mit Tafel lY.) 

I. Synostose des Hammer-Ambossgelenkes. 

Den pathologisehen Befhnd, über den ich hier berichten will, 
habe ieh gelegentlieh meiner Operationsübnngen gemacht ; dem- 
selben entspricht demgemäss anch kein intra vitam aufge- 
nommener Fnnetionsbefiind. Es handelte sich um die Leiche 
eines etwa 35 Jahre alten Mannes, dessen linkes Mittelohr voll- 
ständig intact war. Bei der Untersnchnng des rechten Ohres 
ging bei der Entfernung des Hammers der Amboss mit und 
erwies sich mit dem ersteren fest verbunden. Die Schleimhaut 
des Mittelohres war sonst allenthalben vollkommen normal. Das 
Amboss- Stapesgelenk löste sich leicht, und auch der Stapes liess 
sich mühelos und vollkommen intact aus dem ovalen Fenster 
auslösen. Bei der mikroskopischen Untersuchung des Hammer- 
Ambosses zeigte es sich, dass das Hammer- Ambossgelenk an 
einer Stelle aufgehoben war (Fig. 1). An dieser Stelle sieht 
man eine Enochenbrücke, die an verschiedenen Präparaten der 
Serie verschieden breit ist und stellenweise deutliche Havers'sche 
Kanäle zeigt, welche Knochenbrttcke die beiden Gehörknöchel- 
chen mit einander verbindet. Im Uebrigen ist die Gelenkhöhle 
an einzelnen Stellen noch vollkommen erhalten und der Gelenk- 
knorpel grösstentheils deutlich wahrnehmbar. 

Eine derartige knöcherne Ankylose des Hammer-Amboss- 
gelenkes gehört nach Pause (Die Schwerhörigkeit durch Starr- 
heit der Paukenfenster, Jena 1897, und Encyklopädie der Ohren- 
heilkunde, Leipzig 1900, Capitel Gehörknöohelchen-Erkrankun- 
gen, I. Ankylose, S. 141) zu den selteneren Vorkommnissen. Unter 
174 Fällen von Starrheit der Paukenhöhlenfenster konnte Pause 
nur neun Mal Steifigkeit des Hammer-Ambossgelenkes notirt 
finden, und auch in diesen 9 Fällen ist es ziemlich zweifelhaft^ 
ob es sich wirklich um Synostosen oder nur um syndesmotische 
Ankylosen gehandelt haben mag. 

Zwei dieser Fälle rühren von Toynbee her und betrefifen 



Beitrag zar pathologischen Anatomie der GehörknOchelchenkette. 83 

die Nummern 575 und 591/92 des Toynbee'schen Eataloges. 
Diesen beiden Fällen entspricht kein mikroskopischer Befund. 

Zwei Fälle wurden von Lucae beschrieben (Virchow's 
Archiv, XXIX, 1864). Hier scheint der Autor selbst nur eine 
Syndesmose des Gelenkes angenommen zu haben, da er glaubt, 
„dass die Steifigkeit durch chronische Entzündung und all- 
mähliche Verdichtung der Schleimhaut der Trommelhöhle be- 
wirkt war**. 

Ein Fall wird von Politzer (Archiv für Ohrenheilkunde, 
L, S. 351) kurz erwähnt, und zwar spricht der Autor an dieser 
Stelle einfach von Ankylose sämmtlicher Knöchelchen, ohne 
genauere Angaben beizuftigen. 

Die weiteren Fälle beziehen sich auf: einen Fall von 
Sohwartze (Archiv fftr Ohrenheilkunde, V. S. 261) und drei 
Fälle von Moos (Zeitschrift fllr OhrenheilkuDde, VIL, 1878, 
S. 245 und Zeitschrift für Ohrenheilkunde, IIL S. 92). 

In einem 10. Falle, der von Pause selbst herrührt, ergab 
die histologische Untersuchung nur bindegewebige Verwachsungen 
zwischen Hammer und Amboss und eine theilweise erhaltene 
Gelenkhöhle. 1) 

Die Frage nach der vermuthlichen Hörstörung, die durch 
eine isolirte Ankylose des Hammer- Ambossgelenkes gesetzt wird, 
lässt sieh vermuthungsweise dahin beantworten (Pause), dass eine 
auf das Hammer-Ambossgelenk beschränkte Rigidität wohl nur 
eine geringfügige Herabsetzung des Hörvermögens bedingen mag. 
Denn wir wissen aus der Physiologie des Schallleitungsapparates, 
dass die beiden grossen Gehörknöchelchen bei der Scballfort- 
leitnng immer nur als Ganzes schwingen. 

Ob in unserem Falle der geschilderte Befund als Residuum 
einer vorausgegangenen Entzündung aufzufassen ist, lässt sich 
nicht mit Sicherheit entscheiden. Die Schleimhaut der Trom- 



1) Hinsichtlich der Häufigkeit der Hammer-Ambossankylose müssen 
wir, besonders nach den Erfahrungen der letzten Jahre, *^die Angabe Panse's 
corrigiren, insofern die Synostose der Ossicula sich als eine relaliv häufige 
Folgeerscheinung der Garles der beiden äusseren Gehörknöchelchen darstellt. 
Schwartze (A. f. 0. Bd. 41, S. 205) hebt die „relative Häufigkeit 
knöcherner Ankylose des Hammer- Ambossgelenkes bei sonst oft 
weit Torgeschrittener cariöser Zerstörung an beiden Knochen^* 
heiTor, und Ferreri (Annal. des maladies de Toreille, du larynx. etc. 1899. 
Ref. dieses Archiv Bd. 50, S. 138) macht die Garies der Qelenkflächen für die 
sp&tere Entwicklung von Ankylosen verantwortlich. 

6* 



84 XI. HAMMERSCHLAG 

melhoble war, wie erwähnt, überall frei von Entz&ndangspro- 
doeten. Man rnttaete also annehmen, dasB in unserem Falle 
irgend einmal eine isolirte Erkrankung des betreffenden Ge- 
lenkes stattgefunden hätte, oder eine Entzündung, welche bloss 
in dem erwähnten Gelenke Residuen zurüokliess. 

m 

IL Bildungsanomalie des Steigbügels. 

Auoh in diesem Falle handelt es sich um einen zuf&lligen 
Leichenbefund. Er betraf ein zwerghaft gewachsenes, etwa 20 
Jahre altes Mädchen, das, wie ich nachträglich aus der zuge- 
hörigen Krankengeschichte ersah, an einer internen Abtheilung 
des allgemeinen Krankenhauses mit multipler tuberculöser Garies 
in Behandlung gestanden und an Erschöpfung zu Grunde ge- 
gangen war. Die Leiche bot deutliche Anzeichen der cretinoiden 
Degeneration dar, und auch zu Lebzeiten hatte die Patientin in 
mancher Hinsicht den Eindruck eines Cretins gemacht. Es war 
schwierig, sich mit ihr zu verständigen; denn einerseits war 
ihr Sprachverständniss sehr mangelhaft, andererseits ihre eigene 
Sprache sehr arm und undeutlich gewesen. Die Patientin hatte 
den Anschein einer, wenn auch nicht tauben, so doch schwer- 
hörigen Person gehabt: eine dahin gerichtete Untersuchung der 
Gehörorgane intra vitam hatte allerdings nicht stattgefanden. 

Das rechte Mittelohr der betreffenden Leiche war vollständig 
normal. Auf der linken Seite war die Trommelhöhle und ebenso 
der Attic und das Antrum in sämmtlichen Dimensionen ver- 
kleinert. Die Dura d6s Schläfenlappens stand abnorm tief, und 
dementsprechend war die obere knöcherne Gehörgangswand viel 
dünner als normal. Das ovale Fenster war durch den horizon- 
talen Abschnitt des Nervus facialis vollständig überdeckt. Bei 
der Entfernung des Hammers löste sich der Stapes leicht aus 
dem ovalen Fenster und blieb mit dem Hammer fest verbunden. 
Diese Verbindung war, wie ich gleich bemerken will, nicht 
knöchern, sondern nur starr bindegewebig. Der Amboss und 
der Hammer waren nach Form und Grösse normal. Der Stapes 
zeigte nun, wie aus Fig. 2 und 3 ersichtlich, eine Missbildung. 
Die beiden Stapesschenkel bilden grösstentheils nur eine einzige, 
ziemlich dicke, knöcherne Spange; dieselbe ist in Fig. 2 im 
Profil, in Fig. 3 en face dargestellt. Erst von dem der Stapes- 
platte zugewendeten Dritttheile an zeigt sich eine mangelhafte 
Difierenzirung in zwei Schenkel, welche aber miteinander durch 
ein ganz dünnes Knochenblatt verbunden sind, so dass ein freier 



Archiv f. Ohrenheilkunde LV. Bd. 




Beitrag zar pathologischen Anatomie der GehörknOchelchenkette. 85 

Zwischenraum zwischen den beiden Schenkeln nicht existirt. 
Die Stapesplatte selbst ist auf etwa den dritten Theil der nor- 
malen Grösse reducirt, nnd entsprechend ist auch das ovale 
Fenster in allen Dimensionen kleiner als in der Norm. Im 
Uebrigen ist das Mittelohr intact und speciell frei von ßesidnen 
einer etwaigen vorausgegangenen Entzündung. Die mikrosko- 
pische Untersuchung des linken, der erkrankten Seite ange- 
hörigen Felsenbeines ergab keinen verwerthbaren Befund. Der 
Zeitraum vom Tode der Patientin bis zur Entnahme des Präpa- 
rates war ein zu langer gewesen, so dass sich die Schnitte zur Fest- 
stellung etwaiger histologisch-pathologisoher Details nicht eigneten. 

Bildungsanomalien des Steigbügels gehören gerade nicht zu 
den Seltenheiten. So hat Bürkner (Bericht über die Y. Ver- 
sammlung der deutschen otologischen Gesellschaft, Archiv für' 
Ohrenheilkunde, XLL, 1896) einen derartigen Fall besehrieben, 
in dem der Steigbügel missgebildet und fest im ovalen Fenster 
haftend gefunden wurde. Tomka (Areh. fQr Ohrenheilkunde, 
XXXVIIL, 1895) berichtet über zwei Fälle von Entwieklungs- 
störungen am Steigbügel und bringt an dieser Stelle auch einen 
Theil der einschlägigen Literatur. Missbildungen des Stapes 
worden neben Bildungshemmungen des Labyrinthes bei con- 
genitaler Taubstummheit beschrieben von Maokeprang 
und Ibsen, Hyrtl, Mansfeld und Römer (citirt bei 
H. Mygind, Die angeborene Taubstummheit, Berlin 1890). 

Ich möchte meine Ausftlhrungen mit dem Hinweise darauf 
sehliessen, dass eine systematische, pathologisch- anatomische 
üntersnehung der Gehörorgane cretinoid entarteter Individuen 
wohl häufig Bildungshemmungen am Schallleitungsapparat, sowie 
am Labyrinthe zu Tage fördern würde. Es wäre daran zu er- 
innern, dass die endemische Taubstummheit einen integrirenden 
Bestandtheil der cretinoiden Degeneration bildet (Bi reher: 
Der endemische Kropf und seine Beziehungen zur Taubstumm- 
heit und zum Cretinismus, Basel 1883), und dass die meisten 
Cretinen mehr oder minder hochgradige Hörstörungen aufweisen, 
die aller Wahrscheinlichkeit nach auf Bildungshemmungen des 
Gehörorgans zurückzuführen sind. 

Eine genaue Kenntniss des Gehörorgans der Cretinen wäre 
sonach geeignet, auch unsere Kenntnisse über die pathologische 
Anatomie der sogenannten congenitalen Taubstummheit zu be- 
reichern. 



Xll. 
Ein Fall von Carotisblntnng. 

Von 

Dr. Heermutn, Essen-Ruhr. 

Der folgende Fall dürfte dadarch einiges Interesse bean- 
spruchen, weil bei ihm zum ersten Male der Versuch gemacht 
wurde, durch die Totalauftneisselung der Blutung beizukommen. 

Christine Neu, 3Vs Jahre alt, wurde mir von ihrer Mutter am 
28. Januar 1901 zugeführt. Anamnese ergiebt, dass die Patientin bis zu ihrer 
vor 8 Wochen begonnenen Scharlacherkrankung stets sesund gewesen ist. In 
den ersten Tagen der Erkrankung stellte sich eine linksseitige Mittelohreite- 
rung und einige Tage später eine L&hmung der linken Gesichtshälfte ein. 
Die Absonderung aus dem linken Ohr war sehr reichlich ; seit einigen Tagen 
wiederholte heftige Blutung. 

Status: Sehr an&misches Mädchen, fieberfrei; vollständige Lähmung 
der linken Gesichtshälfte. Rechtes Ohr zeigt normalen Befund. Linker Ge- 
hörgang enthält schmutzig-graue, fötide Massen. Nach Ausspritzen des Ge- 
hörganges profuse, arterielle Blutung, die auf feste Gehörgangstamponade 
stand. Denselben Abend nahm ich im Krupp'schen Krankenbaus nach Unter- 
bindung der Carotis communis die Freilegung der Mittelohrräume vor, mit 
Fortnahme der oberen .und hinteren Gehörgangswand; Caries der inneren 
Faukenhöhlenwand : am Boden der Paukenhöhle ein dreieckiger, sehr scharf- 
kantiger Sequester, der sich mit Pincette entfernen lässt. Der knöcherne 
Boden der Paukenhöhle fehlt; hier Granulationen und Eiter. Während nun 
ein assistirender College mit Tampon zur sofortigen Blutstillung sich bereit 
hält, kratze ich mit dem scharfen Löffel den Boden der Paukenhöhle gründ- 
lich aus. Starke arterielle Blutung, die auf Tamponade steht. Verband. 

29. Januar 1901. Patientin ist fast taub — in Folge Labyrinthanämie 
des bisher gesunden rechten Ohres. Die sichtbaren Schleimhäute blutleer; 
ohne Fieber. In den folgenden Tagen stellt sich sehr grosser Appetit ein: 
Kind erholt sich rasch; am dritten Tag nach der Operation ist es munter, 
spricht, lacht und spielt in seinem Bettchen. Das Gehör rechts bessert sich 
täglich, und am sechsten Tag ist keine Schwerhörigkeit mehr wahrzunehmen. 

4. Februar. Erster Verbandwechsel der Paukenhöhle ; keine Blutung. Die 
Verbände werden alle in leichter Narkose gewechselt, damit nicht durch 
Schreien eine Blutung erregt wird. Verbandwechsel jeden zweiten Tag ; trotz- 
dem schwindet der Foetor nicht. Patientin bleibt fieberfrei bis zum 23. Fe- 
bruar. Am 12. Februar stellt sich plötzlich Benommenheit, Erbrechen und 
Lähmung der rechten oberen und unteren Extremität ein. Des Nachmittags 
ist Patientin wieder munter, sitzt in ihrem Bettchen, spielt und spricht. Arm- 
ünd Beinlähmung besteht weiter. 

16. Februar. Geringe Bewegung im linken Facialisgebiet ; rechtes Bein 
wieder gebrauchsfähig. 

18. Februar. Entfernung der schwammigen Granulationen aus der Pau- 
kenhöhle, keine Blutung. 



Ein Fall von Carotisblatang. 87 

'20. Febraar. Patientin bewehrt den rechten Arm, vermag mit der Hand 
zu greifen; Facialisl&hmung fast beseitigt; Iceiae Kopfschmerzen. 

23. Febraar. Abends erste Temperatarsteigerung, 38,2^. 

24. Febraar. Morgens Erbrechen. 25. Febraar. Erneutes Erbrechen h&It 
den ganzen Tag mit kleinen Unterbrechungen an. Somnolenz. Dieser Zustand 
bleibt bis zum Exitus am 1. März nnver&ndert. 

KopfsectioD. 

Eitrige, nicht fStide Flüssigkeit in der linken hinteren 
Sehädelgrnbe. Oonvexität des Gehirns zeigt keine entzündlichen 
Veränderungen; an der Gehirnbasis, in der Umgebung der mit 
einem missfarbigen Thrombus erfüllten Carotis interna einiger 
Belag der Pia, des Pons und des Cerebellum. Der Carotisthrom- 
bns erstreckt sich bis zum Oirculus WillisiL Der linke Ventrikel 
mit grünlich verfilrbtem, äusserst fStidem Eiter erfüllt ; das linke 
Corpus striatum vorgewölbt. Ineision in dieses fährt auf einen 
fast wallniissgrosten, mit grünlich verfärbtem, f5tidem Eiter er- 
ftlhea, abgekapselten Absoess. 

Linkes Felsenbein: Caries der Promontorial wand; Vorhof mit 
Granulationen und Eiter erfbUt; Boden der Paukenhöhle fehlt; 
hier liegt die Carotis, von schwammigen Granulationen umgeben. 
An der der Paukenhöhle zugekehrten Seite eine kleine, fbr eine 
Hohlsonde durchgängige Perforation. Carotis im Verlaufe ihres 
Kanals von eitrigen Massen umgeben. Die Ca^otiswand verfärbt, 
leicht zerreisslich; das Lumen der Carotis von einem eitrig 
durchsetzten Thrombus erfüllt. 



Die Blutung bei der ersten Untersuchung war eine derartige, 
dass ich über die Herkunft nicht in Zweifel sein konnte. Da im 
vorliegenden Falle nicht, wie bei den bisher beobachteten, 
Tuberculose, sondern die längst abgelaufene Scharlacherkrankung 
Ursache der Mittelohreiterung und durch diese die Ursache der 
Carotisblutung war, so machte ich noch denselben Abend den 
Versuch, durch die Totalaufmeisselung der Mittelohrräume dem 
Krankheitsherde beizukommen. Jedoch zeigte der weitere Ver- 
lauf, dass es nicht allein genügt, Herr der Blutung zu werden, 
sondern dass wir auch die Bedingungen fbr eine solide, nicht 
eitrige Thrombosirung der Carotis schaffen müssen. Denn hier 
führte der inficirte Carotisthrombus den letalen Ausgang herbei. 
Zur Erreichung einer gesunden Thrombosirung hätte man nach 
denselben Grundsätzen vorzugehen, wie bei der Erkrankung des 
Sinus: Freilegung des erkrankten Blutgefässes. Das ist natür- 
lich hier mit kaum überwindbaren Schwierigkeiten verbunden, 



88 XIL H££RMANN 

da die mit der theilweisen oder ganzen Entfernung des Felsen- 
beines nothw endiger Weise verbundene Zerrung der CarotiB leioht 
eine erneute Blutung erregen i/vflrde. Immerbin wäre in einem 
geeigneten Fall ein vorsiebtiger Versuch zu machen, da eine 
eyentuelle Blutung sofort durch Tamponade gestillt werden kann. 
Eignen würden sieh natflrlieh nur Fälle mit prognostisch gtln- 
stiger Grundkrankheit, bei denen also eine im UelM*igen gesunde 
OefiLsiwand anzunehmen ist Es ist nieht einzusehen, was mit 
dieser weiteren Freilegung zu erreichen ist in solchen Fällen, 
wo eine tubereulöse E«rkrankung der Garotiswand zu Ruptur der- 
selben fllhrte. 

In allen Fällen von üarotisblutung aber möchte ich die Total- 
aufmeisselung empfehlen, und zwar nach voraufgegangener Ca- 
rotisunterbindung. 

Die Nothwendigkeit dürfte sich ergeben aus der Betrachtung, 
dass bei allen Carotisblutungen , so auch bei der yorliegenden, 
die Perforation immer an der Umlnegungsstelle des aufsteigen- 
den in den horizontalen Garotistheil gelegen ist. Unterbleibt die 
Unterbindung, so findet also bei jedem Pulssehlag ein kräftiger 
Anprall der Blutwelle gerade gegen diese defecte Stelle statt. Eine 
Wiederkehr der Blutung muss also das Natürlichere sein. So 
war es denn aueh jn den beiden zuletzt beobachteten Fällen aus 
der Ohrenklinik in Halle und Berlin^ trotzdem die OarotisperfO" 
ration der directen Tamponade zugänglich war, — die erste Blu- 
tung war in beiden Fällen einige Zeit nach Freilegung der 
Mittelohrräume aufgetreten. Freilieh erhält der perforirte Ca- 
rotisabschnitt, auch nach der Unterbindung, dnrdi ihre Anasto- 
mosen mit der Carotis der anderen Seite und der Yertebralis noeh 
Blut zugeführt; jedoch wird die Blutsäule jetzt unter einem be- 
deutend niedrigeren Druck stehen, so dass eine erfolgreiche Tam- 
ponade eher zu erwarten ist Der Billroth 'sehe Fall ist meines 
Erachtens nicht gegen eine Carotisunterbindung zu verwerthen, 
weil bei ihm das zweite Postulat, die directe Tamponade, fehlte. 
Beides muss aber zusammenwirken: Unterbindung und direete 
Tamponade. 

Der weitere Yerlairf bot nichts Auffallendes. In Folge der 
bei der Operation aufgetretenen Blutung musste der Verband 
einige Tage liegen bleiben; das war der Bildung eines gesun- 
den Thrombus in der Carotis auch nicht förderlich. 

Die Embolie am 12. Februar konnte nach der stattgefundenen 
Unterbindung überraschen, fand aber bei derSection durch den 



Ein Fall ¥on Garotisblatuiig. 89 

bis zum Girculns Willisii reichenden Thrombus seine Erklärung. 
Da der Embolus als infeetiös anzunehmen war, so war der Abs- 
oess die natürliche Folge. Er machte allerdings während des 
Lebens keine Erscheinungen. Die plötzliche Verschlimmerung 
am 24. Februar ist wohl durch den Durchbrach des Abscesses 
in den linken Ventrikel verursacht ; nachdem dieser sich gefüllt 
und die Spannungsverhältnisse sieh ausgeglichen hatten, konnte 
sieh die Durchbruohsstelle wieder sohliessen, so dass bei der 
Seetion eine solche nicht zu finden war. 

Die Garotisperforation ist im vorliegenden Fall wohl dadurch 
zu Stande gekommen, dass sich ihre Wandung an dem scharf- 
kantigen Sequester durchgerieben hat. Dieser Umstand berech- 
tigt zu der Annahme, dass eine frühzeitig vorgenommene Total- 
aofmeisselung die Blutung verhütet hätte. Die seit 6 — 7 Wochen 
bestandene Facialislähmung hätte Veranlassung genug bieten 
können, zeitiger ohrenärztliche Hilfe aufzusuchen. 



XIII. 

Bericht Aber die Verhandlnngen der Beriiner otologischen 

Gesellschaft. 

Von 

Dr. Haike in Berlin. 
Sitzung vom 12. November 1901. 

Vorsitzeader: Herr Luoae. 
Sohriftftlbrer : Herr Sohwabach. 

1. Herr Schwabaeb berichtet unter Vorftfaning von Prft- 
paraten mittels des Epidiaskops über die üntersnebungen 
eines Soblftfenbeines von einem an Miliartnbercalose ver- 
storbenen Taubstummen. Die Präparate zeigen als wesent- 
liebste patbologisohe Veränderung eine hauptsäcblieh die Basal- 
windung der Scbneoke einnehmende Knochen- resp. Bindege- 
websneubildung, welche ihre grösste Ausdehnung in der mittleren 
Partie der Basalwindung findet. Hier füllt sie den peri- und 
endolymphatischen Hohlraum so vollständig aus, dass von den 
häutigen Gebilden keine Spur mehr zu erkennen ist. In ge- 
ringerer Ausdehnung ist die hintere Partie entsprechend der 
Gegend des runden Fensters, wenigstens soweit es sich um 
Enochenneubildung handelt, afficirt ; die von der letzteren freien 
Stellen sind von neugebildetem Bindegewebe erftillt. Gegen die 
vordere Partie der Basalwindung hin nehmen sowohl Enochen- 
wie Bindegewebsneubildung an Ausdehnung ab, sind in der 
Mittelwindung nur noch spärlich vorhanden und fehlen in der 
Spitzenwindung ganz. Hier sind die häutigen Gebilde: Mem- 
brana Beissneri, Lamina spiralis membranacea, Ligament, spirale 
noch wohl erhalten, während das Gortrsche Organ grobe Ver- 
änderungen zeigt, von denen nicht mit Sicherheit zu sagen ist, 
ob sie pathologischen Processen oder postmortalen Veränderungen 
ihre Entstehung verdanken. 

Die Veränderungen am Nervus acusticus und seinen End- 
ausbreitungen entsprechen dem obigen Befunde: sie sind am 



Bericht über die Yerhandlungen der Berliner otologischen Oesellschaft. 91 

stärksten in der Basalwindnng ausgeprägt, während sie in Mittel- 
und Spitzenwindung unbedeutend erscheinen resp. ganz fehlen. 
Die auffallendsten Veränderungen am Nerven sind: Verringe- 
rung resp. Fehlen der Ganglienzellen des Gangl. spirale in den 
eoncentrisch verengten, zum Theil mit neugebildetem Binde- 
gewebe erfUllten, zum Theil ganz leeren Canalis ganglionaris, 
seeundäre Degeneration zahlreicher Nervenfasern im Nervus coch- 
learis. Im fi&mus vestibuli dagegen ist nur geringfügige Degene- 
ration an Nervenfssern nachzuweisen. Im Vorhof und den halb- 
cirkelfDrmigen Kanälen sind die knöchernen Theile normal, die 
häutigen zeigen Veränderungen, die d>enso Leichenerscheinungen 
wie pathologisch sein können. 

Die pathologischen Veränderungen an der Selinecke sind 
offenbar Residuen einer Otitis intima, die mit hoher Wahrschein- 
liehkeit postfötal, und zwar im Ansehluss an eine Gerebrospinal- 
meningitis entstanden sein dürften. Für diese Annahme spricht, 
dass gerade in der dem Aquaeductus Cochleae entsprechenden 
Partie der Basalwindung die Enochenneubildung sich am meisten 
ausgeprägt fand, durch welchen der Process von den Meningen 
sich erfahrungsgemäss häufig auf die Schnecke fortsetzt. 

Der Nebenbefund einer seit Langem abgelaufenen Mittel- 
rohreiterung (Überhäutetes defectes Trommelfell) war ebensowenig 
wie die durch recente Tuberculose des Mittelrohres bedingten 
Veränderungen mit dem in der Schnecke zum Ablauf gekom- 
menen Process in Zusammenhang zu bringen. 

Herr Haike bemerkt zu den Ausführungen des Vortragen- 
den, dass die erwähnte Annahme von der Möglichkeit einer 
intrauterinen Entstehung solcher pathologischen Veränderungen 
der Schnecke bisher eines directen Beweises entbehrt habe. 
Haike hat einen solchen durch eine soeben beendete Unter- 
Buehung erbracht von den Gehörorganen eines Kindes, das im 
vierten Lebensjahre verstarb, und dessen Section eine ausge- 
dehnte Encephalitis haemorrhagica ergab. Die Vermuthung, dass 
durch diese das Gehörorgan in Mitleidenschaft gezogen sein 
könnte, veranlasste ihn zu der Untersuchung, welche Blutungen 
und Degenerationserscheinungen ergab. Diese könnten nach 
Haike 's Ansicht im weiteren Verlauf zu ähnlichen Verände- 
rungen, wie sie Schwabach demonstrirt hat, führen, und sie 
sind sehr ähnlich den Befunden, die wir bei frischen Erkran- 
kungen des Labyrinths, die durch Meningitis oder Encephalitis 
hervorgerufen werden, antreffen. 



92 XIU. HAIKE 

Herr Eats hat die SeUäfenbeine von 6 meist erwachsenen 
Personen mit angeblieh angebomer Taubstummheit nntersueht» 
Bei diesen fand er theils leichtere, theils schwerere atrophische 
Veränderungen des N. Cochleae mit entsprechender Verdünnung 
bezw. VerschmUerung der Lamina spiral. ossea, die nach ihm 
ftr Congenitalit&t des Processes spricht. In einigen F&Uen fand 
er die Paukenköhle, besonders das Ligament, annulare ganz in- 
taet bei yorhandenen pathologisch*atrophischen Zuständen am 
häutigen Labyrinth. In einem Falle fehlten dabei die Bogen- 
gänge, in anderen waren sie von neugebildeter poröser Knochen- 
masse erfüllt u. s. w. Katz glaubt, dass es sieh in seinen Fällen 
um laugst abgelaufene intrauterine, theils vom Gehirn fortgeleitete 
entzflndliche Processe, theils um angeborne Bildungsanomalien 
handle. Seine klinischen und anatomischen Beobachtungen fbhren 
ihn £U der Ansicht, dass die angeborne Taubstummheit wesent- 
lich häufiger ist, als die in den ersten Lebensjahren durch Menin- 
gitis resp. Otit. interna oder Paukenhöhlenproeesse erworbene* 

Herr Schwab ach (Schlusswort) kann für die Vermuthnng 
des Herrn Haike, dass in seinem (Schwabach's) Falle eine 
Blutung die Veränderung verursacht haben könnte, keine ge- 
nügenden Anhaltspunkte finden. — Bezüglich der von Herrn Eatz 
erwähnten Verdünnung der Lamina spiralis ossea betont Schwa- 
bach, dass in seinen Präparaten eine solche nicht vorhanden 
sei, vielmehr sich als breiter dunkler Streifen erkennen lasse, 
der eher auf eine Verdickung derselben schliessen lasse. 

2. Herr Haike: Zur Anatomie des Sinus caroticus 
und seinen Beziehungen zu Erkrankungen des Ohres. 
(Dieser Vortrag erscheint unter den Originalien dieses Archivs.) 

Herr Heine schlägt zur Vermeidung einer falschen An- 
schauung über die Grösse und Ausdehnung der die Carotis in- 
terna umgebenden Venenräume vor, die Bezeichnung Sinus caro- 
ticus ganz zu vermeiden und dafür statt Plexus venosus caroticus 
ganz kurz Plexus caroticus zu sagen. Denn es handelt sich ja 
in Wahrheit nicht um einen Sinus, einen mit Blut gefällten 
Hohlraum, der die Carotis umgibt, sondern um ein Geflecht von 
einzelnen Venen, von denen jedenfalls nur ausnahmsweise die 
eine oder die andere ein etwas grösseres Kaliber hat. 

Herr Trautmann berichtet über die von ihm geübte Me- 
thode der Injection der Kopfgefässe. Die Leiche wird mehrere 
Stunden lang erwärmt. Danach wird die Jugularis interna frei- 
gelegt und nach Zerstörung der Venenklappen zur Entfernung^ 



Bericht über die Verhandlangen der Berliner otologischen Gesellschaft. 93 

der Blntcoagula dnrehgespritzt , darauf werden die Oeffnangen 
mit Kork yersehlossen. Unterhalb dieser wird der Hahi mit 
festem Bindfaden abgesehnürt und nach festem Aasstopfen 
des Wirbelkanals mit Wollwatte der Kopf unterhalb der Um* 
schnüning abgetrennt. Danach wird noeh einmal mit Salewasser 
dnrehgespritzt und die in gew&rmten Spritzen bereit gehaltene 
Masse injieirt. 

Sitzung vom 10. Deeember 1901. 

Vorsitzender: Herr Lucae. 
Schriftführer: Herr Jacobson. 

1. Herr Sonntag zeigt Schläfenbeine, deren interessante 
anatomische Verhältnisse zufällig bei der Präparation entdeckt 
wurden. Das erste zeigt bei bis zur Höhe des Meat. acust. int. 
heraufreichender Fossa jugularis eine wohl die HäUie der medialen' 
Paukenhöhlenwand einnehmende Dehiscenz, sodass die Jugularis, 
nur von Pankenhöhlensehleimhaut überzogen, dem Trommelfelle 
direet anlag. Bei Druck auf den Bulbus wölbte sich das Trom- 
melfell in seinem hinteren Theile deutlieh vor. Bei einer even- 
tuellen Paracentese wäre wohl höchst wahrscheinlich eine Ver- 
letzung der Vene zu Stande gekommen. Das zweite Präparat 
zeigt ähnliche Verhältnisse. 

Bei der Präparation des dritten wurde statt des Trommel- 
felles eine von einer kleinen Oeffnung durchbohrte knöcherne 
Platte gefunden, von welcher EnochenbrUcken zur medialen 
Paakenhöhlenwand zogen. Schnecke, Bogengänge und die luft- 
haltigen Bäume des Mittelohres zeigten keine Verknöoherung. 

Herr Trautmann erinnert daran, dass ähnliche Schläfen- 
beine, wie das zuerst von Herrn Sonntag demonstrirte, von seiner 
Klinik aus durch Herrn St eng er in der Gesellschaft der Charitö- 
Arzte vor einiger Zeit demonstrirt worden sind. Er theilt einen 
Fall mit, bei dem gelegentlich einer Paracentese eine starke 
Blutung aus dem in die Paukenhöhle hineinragenden Bulbus 
der Vena jugularis eintrat, aber durch schnelle Tamponade stand 
und so nur geringen Blutverlust — etwa 200 Gramm — verur- 
sachte, da die Ursache zur Blutung sogleich erkannt worden 
war, während früher von Anderen berichtete Fälle zu sehr schlim- 
mem Blutverlust geführt hatten. Trautmann betont, dass die 
in vivo am Trommelfell gesehenen Erscheinungen nicht immer 
mit Sicherheit die Diagnose auf einen durch Dehiscenz in die 
Paukenhöhle hineinragenden Bulbus stellen lassen. Ein solcher 



94 XIII. HAIKE 

seltener mit Sioherheit geführter Beweis ist bei dem oben er- 
wähnten M&dohen, das in seinem siebenten Lebensjahr inoidirt 
worden, nnd seit damals in dauernder Beobachtnng geblieben 
ist, nur dnrob die gelegentliche Paraoentese nnd ihre Folgen 
erbracht worden. 

Herr Heine theilt die Beobachtung einer Patientin mit, deren 
beide Trommelfelle symmetrisch einen nach oben convexen dunkel- 
blauen, vom unteren Eande aufsteigenden Schatten zeigen, den 
er f&r den durchschimmernden Bulbus halten möchte; allerdings 
fällt das Experiment der Gompression der Jugularis negativ aus. 

Herr Jacobson weist darauf hin, dass die von Sonntag 
demonstrirten Pr&parate doch recht selten seien, da bisher wohl 
erst etwa 6 F&Ue in der Literatur mitgetheilt sind, in welchen 
bei der Paracentese der Bulbus venae jugularis verletzt wurde. 

2. Herr Tr eitel hielt einen Vortrag über zwei Fälle von 
Yerbrtthung des Ohres. Er betonte den Unterschied in der Ent- 
stehung und im Verlauf der traumatischen Verletzungen und 
der Verbrühung oder Verbrennung. Bei letzterer bewirkte die 
Hitze Nekrose des Trommelfelles, welche in den meisten Fällen 
zu Eiterung führen; häufig komme es zur Zerstörung des ganzen 
Trommelfelles bis auf den Limbus, doch könne die Regeneration 
in wenigen Wochen erfolgen. In einigen Fällen von Bezold 
ist eine Wiedervergrösserung des Defectes oder ein Wiederauf- 
brechen der Narbe erfolgt. Charakteristisch ist ferner die Her- 
absetzung des Gehörs in den ersten Tagen nach der Verletzung^ 
welche bis zu vollkommener Taubheit f&r Sprache führen kann» 
Die Hörfähigkeit kann auch nach der Ausheilung herabgesetzt 
bleiben. In dem einen Falle des Vortragenden erfolgte die Ver- 
brennung durch flüssiges Eisen von etwa 700^. Nach Analogie 
des Leidenfrost 'sehen Phänomens nimmt Vortragender eine 
Verbrühung durch Dampf an, da nur dieser ins Ohr gelangt 
sein kann, kein Metall. Im zweiten Falle entstand die Ver- 
brühung durch überhitzten Dampf bei einem Heizer. Im ersten 
Fall war das Trommelfell total zerstört und verheilte in zwei 
Monaten, im zweiten gesellte sich eine Eiterung im Warzen- 
fortsatz hinzu. 

Herr Trautmann erinnert an einen von Deutsch publi- 
cirten Fall von schwerer Zerstörung des Ohres durch Lange 
und theilt selbst einen Fall von Verbrennung des Ohres mit 
aussergewöhnlichem Verlaufe mit. Dem Patienten war heisser 
Theer über Kopf, Nacken und Arme geflossen und dabei in beide 



Bericht über die Yerbandlungen der Berliner otologischen Gesellschaft. 95 

Ohren gekommen. Ein Kopfverband, der mehrere Wochen an- 
gelegt wurde, liess ihn erst naoh dessen Ablegnng wahrnehmen, 
dass beide Ohren eiterten. Während das rechte bald heilte, 
nahm auf dem linken die Hörfähigkeit unter Weiterbestehen 
der Eiterung ab, und es stellten sich subjeotive Geräusche, an- 
dauernde Kopfschmerzen und zeitweilig Schwindelgef&hl ein. In 
der Tiefe des Gehörganges war eine granulirende Wundfläche 
sichtbar, an deren Stelle bei späterer Vorstellung des Patienten in 
der Tiefe von 3 Gentimeter eine zum Theil durchscheinende Mem- 
bran entstanden war, die sich bei Eatheterisiren vorwölbt. Da 
Kopfschmerzen, Schwindel und subjective Geräusche dauernd 
zunahmen, wird die Operation vorgenommen, welche folgendes 
ergiebt: Die hintere Gehörgangswand ist durch Caries im oberen 
Drittel zerstört. Der Labyrinth wand lag ein dickes, mit der 
Pincette abhebbares Polster auf, das sich als eine- Membran, der 
Granulationen aufgelagert sind, ergab und sich mikroskopisch 
als Cholesteatom erwies. Auf der darunter liegenden Labyrinth- 
wand ist die Schleimhaut erhalten. Die Wundheilung ging gut 
von statten, das Hörvermögen wurde sehr erheblich gebessert. 

Herr Heine* hat eine Verbrennung des Ohres durch Ein- 
fliessen von heissem Letternmetall bei einem Buchdrucker be- 
obachtet, die zu Mittelohreiterung und Erkrankung des Warzen- 
fortsatzes gefbhrt hat, nachdem zuvor zur Entfernung eines Me- 
tallstfickes, das zum Theil im Gehörgange, zum Theil in der 
Pauke gelegen hatte, Ablösung der Ohrmuschel und theilweise 
Freilegung des Kuppelraumes hat vorgenommen werden müssen. 

Herr Schwabach hat vor mehreren Jahren einen Fall ge- 
sehen, bei dem eine Verbrennung des Trommelfelles durch den 
elektrischen Funken, und zwar in Folge von Eurzschluss zu 
Stande gekommen war. Sohwabach sah den Kranken erst 
mehrere Tage nach dem Unfall und constatirte einen nahezu 
vollständigen Defect des Trommelfelles. Nur der vordere obere 
Theil desselben mit dem Hammergriff war erhalten. In der 
Paukenhöhle geringe Mengen eitrigen Secrets. Patient gab an, 
dass er unmittelbar nach dem Unfall neben intensivem Schmerz 
Sausen im Ohr bekommen habe; später habe er gemerkt, dass 
er schlecht hörte. Die Eiterung wurde durch die Behandlung 
beseitigt, eine Regeneration des Trommelfells trat nicht ein. 
Genaue Angaben über den Grad der Hörstörnng kann S c h w a- 
baeh aus der Erinnerung nicht machen. 



XIV. 
Besprechungen. 



1. 

J. Hegener; Theoretisohe und experimentelle Unter- 

«nohnngen der Massagewirkung auf den Schalllei- 

tnngsapparat. Habilitationsschrift 1901. 58 Seiten. 

Besproohea von 

Prof. Ostmann, Marburg. 

Motto: „ünier Lebensnerv ist die voraoBietziuigs- 
iose FonBhimff, diejenige Fonehnng, die 
nioht das findet, was sie naoh Zweek- 
enrlgimna und BüokiiohtBatoeii fiadsn 
soll nnd finden m&chte, was andwen ansser- 
halb der Wlssensohaft liegenden praktfsohisn 
Zielen dient , eondem was lonsch. und hi- 
■totlsöh dem gewissoihaften J'oraeh.er als 
das Richtige erscheint, in ein Wort zn- 
satninengelint: die Wahrhaftigheit" 

Mom msen. 

Wenn man die Arbeit von Hege ner zum ersten Male über- 
liest, so ist man frappirt von der Sicherheit, mit der He gen er 
«eine Ansichten vorträgt und die anderer Untersucher ver- 
dammt; wenn man sie zum zweiten Male aufmerksam liest und 
durch Nachlesen einiger angezogener Stellen der Berechtigung 
seiner Behauptungen auf den Grund geht, so ist man betroffen 
von der Leichtfertigkeit vieler seiner Behauptungen; wenn 
man sich dann Zeit und Mühe nicht verdriessen lässt, der Ar- 
1)eit ein noch längeres Studium zu widmen, so legt man die Ar- 
beit mit Bedauern aus der Hand. 

So ist es mir gegangen, und so dürfte es Jedem gehen, der 
ein gleich sorgfältiges Studium auf dieselbe verwendet. 

Wie kommt es nun, dass man, je tiefer man in diese Arbeit 
eindringt, zu einer immer geringeren Werthschätzung derselben 
gelangt, ja zu einem Missvergnügen, welches eine tagelange Be- 
schäftigung mit derselben in hohem Maasse erschwert? 

Das Missvergnügen entspringt aus dem immer klarer her- 
vortretenden Widerspruch zwischen der Werthschätzung, die He- 
gen er sich selbst und seiner Arbeit angedeihen lässt, und der- 
jenigen gegenüber den Arbeiten Anderer, die er in flüchtigster 
Weise liest; dadurch dann zu falschen Annahmen und falschen 



XIY. Besprechungen. 97 

Schlussfolgerungen geftthrt wird, welche er mit der ihm eigenea 
Sicherheit widerlegt, nnd so zu einer ebenso nngaehgemässen 
wie unbedingten Verurtheilung dieser Arbeiten geführt wird. 

Die Werthschätzung wird weiter dadurch immer mehr her- 
abgedrückt, je klarer man den Widerspruch zwischen der „un- 
bedingten*' und „enormen" Sicherheit der Vortragsweise Hege- 
ner's und der bisher von ihm erworbenen, thatsächliehen 
Befähigung zur saehgemässen Beurtheilung und Abwägung ohren- 
ärztlicher Fragen erkennt ; und die Werthschätzung wird weiter 
sehliesslich dadurch beschränkt, dass man bei eingehendem Stu- 
dium der Arbeit erkennt, wie wenig er noch im Sinne des der 
Arbeit vorangestellten Sprüchleins geistig frei ist. Opportunis- 
mus soll und darf man in der reinen Wissenschaft nicht kennen. 

Das, was die Arbeit beim ersten Ueberlesen weit über ihren 
wahren Werth schätzen lässt, ist, dass sie, wie nicht verkannt 
werden soll, gute physikalische Kenntnisse und auch eine nicht 
unerhebliche Geschicklichkeit in der Anstellung physikalisch- 
physiologischer Experimente verräth. 

Im Grunde bedaure ich es, nochmals in Sachen der Vibra- 
tionsmassage auf dem Kampfplatz erscheinen zu müssen; denn 
nach den in den letzten 2V2 Jahren gesammelten Erfahrungen 
hatte ich beschlossen, aus Selbstachtung vor der Hand von einer 
weiteren Bearbeitung einschlägiger Fragen Abstand zu nehmen. 
Ich habe deshalb auch auf die höchst anfechtbaren Arbeiten von 
Lueae im „Laryngoskope" und in diesem Archiv nichts er- 
widert. 

Nun wirft aber die Habilitationsschrift von Hegener der- 
artig mit Steinen des Anstosses um sich, dass man die gröbsten 
Irrthflmer mit alF ihren irrthümlichen Schlussfolgerungen mit dem 
Schein der Berechtigung in die Welt ziehen lassen würde, wenn 
man nicht die Steine des Anstosses zu etwas näherer Besichtigung 
aufheben und untersuchen würde. Dabei wird es ihnen ergehen 
wie dem Stein, den der Geologe zur Prüfung seines Inhaltes und 
Gefbges mit dem Hammer zerschlägt; er wirft die meisten Bröckel 
fort, nachdem er ihre Werthlosigkeit erkannt hat. 

Ich darf mich der kritischen Besprechung und Sichtung ge- 
rade dieser Arbeit aber um so weniger entziehen, als dieselbe 
in hohem Maasse geeignet ist, durch die verblüffende Sicherheit, 
mit der unrichtige Anschauungen vorgetragen werden, Unheil zu 
stiften, indem die durchi meine Arbeiten erreichten, praktisch von mir 
und Schwabach als brauchbar erprobten Anhaltspunkte für eine 

Arebir f. Ohrenhefllnmde. LV. Bd. 7 



98 XIV. Besprechanges. 

zweekmftssige und ungefährliche Art und Weise der Anwendung 
and saehgemässen Umgrenzung der Indieationen der Vibrations- 
massage in nnzweckm&asiger, ja gefährlicher Weise zu erweitern 
versueht und angerathen wird. 

Ich will zunächst den Inhalt der Arbeit, soweit dies im 
Rahmen einer Besprechung möglieh ist, kurz wiedergeben, um 
dann einzelne Hauptpunkte näher zu sichten. 

Abgesehen von einer kurzen Einleitung, gliedert sich die 
Arbeit in drei Theile: einen theoretischen, experimentellen und 
einen der Wirkung der Drucksonde auf den SchallleitangB- 
apparat gewidmeten Theil. 

In der Einleitung bezeichnet He gen er als Zweck seiner 
Untersuchungen, „die Wirkungsweise der die Luftdrucksohwan- 
kungen erzeugenden Instrumente klarzulegen, und dann die Ar- 
beitsleistungen derselben am Schallleitungsapparate, untef Weg- 
lassung von Fehlerquellen schaffenden Zwischengliedern, durch 
directe Beobachtung und Messung festzustellen. Auch die Wir- 
kung der unmittelbaren Bewegung der Kette durch die Druck- 
sonde wurde auf directem Wege bestimmt*^. 

Diesem Programm wird He gen er insoweit nicht gerecht, 
als er, abgesehen von theoretischer Berechnung dreier Instru- 
mente, allein den Hirschmann'schen Apparat benutzt (S. 19). 
Die mit demselben gewonnenen Untersuchungsresultate sind aber 
nach Hegener's Anschauung nicht einmal vergleichbar mit 
denen, welche man bei Benutzung des sehr gleichartigen Appa- 
rates von Reiniger, Gebbert und Schall erhält, wie er 
S. 6 in dem an sich unlogisch gefassten dritten Absatz ausfuhrt. 
Diese Behauptung ist wieder nur mit Bezug auf die Messung 
und Yergleichung der entstehenden Druckschwankungen zutref- 
fend. Hinsichtlich dieses Punktes kann aber eine Yergleichung 
meiner und Lucae's Arbeiten, deren ünvergleiohbarkeit He- 
gener an derselben Stelle eben aus der Benutzung dieser ver- 
schiedenen Apparate folgert, gar nicht erfolgen, weil Lucae 
überhaupt keine Druokuntersuohungen angestellt hat. 

Der Absatz 3 auf S. 6 der Einleitung giebt uns ein weiteres 
Beispiel, wie Hegen er durch die ganze Arbeit hindurch die 
Arbeiten Anderer in einer Weise benutzt, die an Leichtfertigkeit 
nicht leicht übertroffen werden kann, wobei allerdings die ver- 
sehiedenen Persönlichkeiten verschieden gut oder schlecht weg- 
kommen. 

Er behauptet, dass man „in den Abhandlungen Ost mann 's 



XIV. Besprechungen. 99 

sowohl, wie Lncae's, vollkommen eine genauere Darlegung 
der Mechanik der Druokseh wankungen vermisst: die Factoren, 
welche die Bewegung erzeugen, sind unbeachtet gelassen, da- 
gegen werden ihre Wirkungen auf den Schallleitungsapparat 
genau beschrieben^^ 

Für die Lucae'schen Arbeiten trifft dieses Urtheil zu: Der 
ganze 1. Tbeil meiner experimentellen Untersuchungen zur Mas- 
sage des Ohres (dieses Archiv. Bd. XLIV. S. 201—237) handelt 
von dem, was Hegen er vollkommen in meinen Arbeiten ver- 
misst! „Prüfung der zur Massage dienenden Instrumente^ ist seine 
üeberschrift. 

Wie hat denn Hegen er meine Arbeiten gelesen? Solche 
Einblicke sollte er nicht gewähren. 

In dem theoretischen Theil, welcher die zu seinem In- 
halte nicht passende üeberschrift „Die Bewegung des SchalUei- 
tungsapparates durch Luftdruckschwankungen vor dem Trommel- 
fell" führt, und von dem man weiter nicht recht weiss, weshalb 
er im Gegensatz zu dem experimentellen Theil gerade der theo- 
retische heisst, weil in ihm auch experimentirt wird (S. 14), und 
von dem es, so gut einzelne Ausführungen sein mögen, doch 
schliesslich heisst: „Grau, alter Freund, ist alle Theorie!"; in 
diesem theoretischen Theil werden zunächst die bisher gebrauch- 
ten Massageapparate nach ihrer Leistungsfähigkeit in 4 Stufen 
gegliedert, d. h. es wird ein ganz kurzer geschichtlicher Abriss 
der Entwicklung dieser Heilmethode gegeben, wie er ausführ- 
licher in meiner Arbeit (1. Theil) zu lesen ist. 

Es folgt dann die Besprechung „der Theorie des Entstehens 
der Luftdruckschwankungen, wobei die Annahme Hegener's 
dass der äussere Gehörgang dem Druck der massirenden Wellen 
gegenüber als starrer Theil zu gelten habe, nur für den knö- 
ehernen Abschnitt, aber nicht ftlr den knorplig-membranösen zu- 
trifft, wie man sich vielfach überzeugen kann. 

Es wird dann im Einzelnen die Arbeitsleistung des Kolbens 
besprochen und hier des Näheren auf die Bewegungsform des 
Kolbens, auf den Einfluss seiner Anfangsstellung, auf die Volum- 
änderung des Gesammthohlraums, auf die Bedeutung der Un- 
dichtigkeit des Hohlraumes auf die Arbeitsleistung des Kolbens 
sowie auf diejenige der Ausdehnung des Gummischlauches auf 
die erzielte Druckhöhe, sowie endlich auf die der Stellung (I) der 
Hubhöhe auf die Arbeitsleistung des Kolbens eingegangen. Es 



100 Xiy. BesprechuDgen. 

folgen Auseinandersetzungen ttber die Bestimmung der Grösse 
der Drucksehwankungen, Begulirung ihrer Höhe durch Verände- 
rung des Hohlraumvolumens , ttber die Arbeitsleistung der Luft- 
drucksehwankungen am Trommelfell und schliesslich über dea 
Einflnss der Trommelfellbewegungen auf die Ossicula. 

Diese theoretischen Erörterungen sind an sich gewiss daii- 
kenswerth; aber sie gehen, wie dies He gen er mit Recht selbst 
hervorhebt, von Annahmen aus — völlige Luftdichtigkeit der 
Massageapparate -^^ welche bei den dem praktischen Gebrauch 
dienenden Apparaten nicht zutreffen; sie sind deshalb auch in 
praktischer Hinsicht belanglos. Praktisch wichtig ist allein, dass 
^bei irgend welcher Undichtigkeit des Hohlraums, auch wenn 
sie noch so klein ist, es nicht möglich ist, einen bestimmten 
Typus der Druckschwankungen durch bestimmte Anfangsstellung 
der Kurbel zu erzielen, vielmehr müssen über kurz oder lang 
positive und negative Phase gleich werden^. Und weiter ist 
praktisch wichtig die von mir experimentell gefundene und von 
He gen er ursächlich erklärte Thatsache, dass ebenfalls in Folge 
der unvermeidbaren Undichtigkeit der Apparate, bei gleichblei- 
bender Hubhöhe der Druck mit wachsender Zahl der Luftstösse 
in der Zeiteinheit wächst; denn mit diesem Factum haben wir 
bei der praktischen Anwendung zu rechnen. 

Hinsichtlich der bei verschiedenen Hubhöhen des Kolbens 
ausgelösten Druckhöhen kommt He gen er zu dem Schlass, dass 
sich „theoretisch eine genaue Bestimmung der thatsächlich er- 
reichten Druckhöhen nicht geben lässt*' (S. 20). Wir sind auf 
die Messung angewiesen; die thatsächlich gemessenen Werthe, 
die zudem in He gener 's Curve offenbar nicht richtig eingetra- 
gen sind, weil die Druck werthe bei Steigerung der Hubhöhe 
nicht gleichmässig, sondern sprungweise wachsen, wie dies auch 
meine Messungen zeigen, diese thatsächlich gemessenen Werthe 
bleiben namentlich bezüglich der positiven Schwankung erheb- 
lich hinter den berechneten zurück. Eine praktische Bedeutung 
kommt aber auch diesen von Heg euer gemessenen Werthen 
nicht zu, weil sie unter Verhältnissen gemessen wurden, wie sie 
bei Anwendung der Massage nicht bestehen. Bei so unsicheren 
Werthen dürfte es sich für den praktischen Gebrauch des Mas- 
sageapparates gewiss nicht empfehlen, wie He gen er dazu ge- 
neigt ist, zu schliessen: das menschliche Trommelfell kann so 
und so viel aushalten, darum können wir bis zu dieser oder 
jener thatsächlich beim praktischen Gebrauch iganz unzulässigen 



XIV. BesprechuDgen. 101 

Hubhöhe vorgehen; sondern bei der Verschiedenartigkeit der 
zum praktischen Gebrauch bestimmten Instrumente und unter 
Berücksichtigung der Thatsache, dass die auch durch Messung 
geAindenen Druckwerthe nur Annäherungswerthe sind, muss für 
den praktischen Gebrauch die praktische Erfahrung in erster 
Linie entscheiden, und diese hat bisher jedem Einsichtigen ge- 
zeigt, dass es sich nicht empfiehlt, über Druckhöhen hinaus zu 
gehen, wie sie durch eine Verschiebung \ des Kolbens von 2 mm 
bei circa 600 — 1 000 Umdrehungen in der Minute erzeugt werden. 

Der von He gen er selbst auf Grund seiner theoretischen 
Ausführungen gegebene praktische Rath zeigt deutlich, wie wenig 
bedeutsam diese Ausführungen praktisch sind. Er beschränkt 
sieh auf die Empfehlung, „zur Massage sich stets eines Schlauches 
von gleichem Volumen, Elasticität und Länge zu bedienen, wenn 
man annähernd dieselben Druckhöhen unter sonst gleichen Um- 
ständen erreichen will^ ; ein _Rath , den aus sehr einfachen 
Gründen wohl Jeder befolgt; nur ändert sich leider die Elasti- 
cität der Schläuche sehr bald. 

Ob dem Regulator, welchen Hegen er in die Schlauchlei- 
tung einschalten will, um bei gleichbleibender Hubhöhe des 
Kolbens „durch willkürliche bestimmte Aenderung des Ge- 
sammthohlraumvolumens eine Regulirung der Höhe der Druck- 
schwankungen herbeizuführen*', sich praktisch brauchbar erweist, 
muss die Erfahrung lehren. Man dürfte vor den gefährlichsten 
Zwischenfällen nicht gesichert sein, wenn man z. B., wie Heg euer 
seiner Darlegung zu Grunde legt, mit 12, bezw. 14 mm Hub- 
höhe massirt und nun versuchen wollte, durch allmähliches Ein- 
oder Ausziehen des Regulatorkolbens den Gesammthohlraum so 
zu vermindern, dass die für den therapeutischen Erfolg wün- 
sehenswerthe Druckhöhe herauskommt. 

Es wäre noch mancherlei im Anschluss an die Erörterungen 

des 1. Theiles zu erwähnen; indess muss ich bei der Fülle von 

Erörterungen, die der 2, Theil herausfordert, darauf verzichten. 

Dieser 2., experimentelle Theil zerfällt in 2 Unterabthei- 
lungen: 

1. Messung der entstehenden Druckschwankungen; 

2. Untersuchung der Wirkung der Luftdruckschwankungen 
auf den Schallleitungsapparat. 

In dem ersten Abschnitt werden zunächst meine Messungen 
der Druckschwankungen einer Kritik unterzogen, die von völlig 
missverstandener Versuchsanordnung ausgehend, so unsachgemäss 



102 XIY. BetprechuDgen. 

wie nur möglich ist. loh werde anf diese Punkte später zu- 
rttckkommen. 

Sodann wird die Zuverlftssigkeit der Angaben des Knndt- 
schen Manometers geprüft und in dem Capitel über Messung der 
UmdrehungsEahl der Motoraehse auch das Ergebniss der Druek- 
messungen mitgetheilt. Es folgt die Darlegung, wie Hegener 
eine ausschliesslieh negative Drncksehwankung erzielt. 

In dem 2. Unterabschnitt beschreibt Hegener seine völlig 
untrüglichen Beobachtungen, die er bei der Massage mittelst 
des Mikroskops an den Gehörknöchelchen angestellt hat; ver- 
dammt die graphische Methode in Grund und Boden und bringt 
seines Erachtens den Beweis, „dass die Sonde vollkommen andere 
Bewegungen aufzeichnet, als sie der Hammerkopf, auf dem sie 
befestigt ist, ausführt^. 

„Sie ist daher unbedingt zu verwerfen; die von Ost mann 
auf (!) der Form der Curven gezogenen Schlüsse haben keine 
Gültigkeit, und die von Lueae gegebene Erklärung, dass es 
sich um Nachschwingungen handle, ist durch die directe Be- 
obachtung bewiesen.^ Punctum; nun wissen wir wenigstens, 
woran wir sind; aber ich darf vielleicht in bescheidenster Weise 
anfragen, wo Hegener denn gelesen hat, das Lucae die Eigen- 
art meiner Curven mit Nachschwingungen erklärt? Die unregel- 
mässigen Schwingungen am unteren Ende einiger seiner Curven 
erklärt er damit, und ich will Hegener auch verrathen, wes- 
halb mit Recht; Lucae benützt eine aus einer Nähnadel, einer 
Glasröhre und einer Feder zusammengesetzte Schreibfeder (!) 
und steckt sie, um die Bewegungen des Hammerkopfes zu be- 
stimmen, in das Hammer- Ambossgelenk (!). Meine solide und relativ 
kurze Glassonde sitzt unverrückbar auf dem Hammerkopf. Ich darf 
vielleicht weiter Hegener fragen, wo er denn den directen Beweis 
erbracht hat, dass meine solide Glassonde ganz wo anders herum- 
spaziert ist als der Hammerkopf, auf den sie festgekittet war? 
Sie hat sehr langsam geschwungen, und dabei beschreibt sie, 
wie er selbst beweist, ruhige Pendelbewegungen. Er sa^: 
durch meine negative Beobachtung bei der stroboskopischen Be- 
trachtung des schwingenden Hammerkopfes. 

Ist denn aber eine negative Beobachtung seinerseits, zumal 
wenn diese negative Beobachtung durch eine offenbar falsche 
Vorstellung von der Schwingungsphase des Hammerkopfes bei 
Ueberdehnung der Trommelfellfasern bei den an und fllr sich 



XIV. BeiprechttDgen. 103 

sehon bestehenden, ansserordentliehen Schwierigkeiten direoter 
Beobachtung fast mit zwingender Nothwendigkeit herbeigef&hrt 
werden muss, vielleicht ein directer Beweis gegen die Auslegung 
der Bedeutung einer meiner Curven, wenn diese Auslegung durch 
eine Zahl gewichtiger Gründe gestützt wird? Ich glaube^ 
He gen er wird mit einer derartigen Beweisführung bei Ein- 
sichtigen nicht viel Vertrauen einflössen. 

Ich komme auf diese Punkte bei Besprechung einzelner 
Sonderfragen, die ihm gewiss besonders interessant sein werden, 
noch zurück. 

Es wird dann im weiteren Verlauf der Arbeit die Exour- 
sionsgrösse des Hammerkopfes, die Messung derStapesexcursionen, 
die stroboskopische Beobachtung der Bewegungserscheinungen 
besprochen und unter letzterer Rubrik werden auch die Ergeb- 
nisse der Arbeit nochmals kurz zusammengefasst. 

Die Arbeit beschliessen Ausführungen über die Wirkung der 
Drucksonde auf den Schallleitungsapparat. 

Ich reihe dieser Inhaltsangabe die Besprechung einzelner 
wichtiger, in der Arbeit discutirter Fragen an, weil wir hier- 
durch am besten die praktischen Ergebnisse der Arbeit und den 
G^eist, in dem sie geschrieben ist, kennen lernen werden. 

1. Welche praktischen Vorschläge machtHegener 
bezüglich der Anwendung der Vibrationsmassage 
auf Grund seiner Untersuchungen? 

2. Was ist von dem von Hegener angeblich ge- 
brachten directen Beweis, dass eine Ueberdehnung 
der Trommelfellfasern bei der Vibrationsmassage 
nicht zu Stande komme, zu halten? 

3. Wie benützt Hegener die Arbeiten Anderer? 

1. Welche praktischen Vorschläge machtHegener 
bezüglich der Anwendung der Vibrationsmassage 
auf Grund seiner Untersuchungen? 

Hegener theilt in der Einleitung mit, dass er durch zahl- 
reiche Beobachtungen, die er an dem poliklinischen Material 
der Heidelberger Ohrenklinik machte, zu seinen Untersuchungen 
veranlasst worden sei. „Es fand sich nämlich, dass, obschon 
mit demselben Apparat, wie Ostmann ihn benützte, gearbeitet 
wurde, ich ohne Schaden viel höhere Druckschwankungen bei 
intactem (!) Schallleitungsapparat anwenden konnte, als dies 
Ost mann physiologisch für zulässig erklärt hatte. Dies liess 
sich eigentlich nur dadurch erklären, dass die Versuchsanordnung 



104 Xiy. Besprechungen. 

Ostmann 's keine exaoten Besnltate geliefert hatte, nnd daBS 
in Folge dessen die auf diesem unsicheren Fundament aufge- 
bauten theoretisohen Schlüsse nicht richtig waren/ 

Was Hegen er unter den Worten „ohne Schaden*' ver- 
steht, erfahren wir aus No. 8 seiner Schlussfolgerungen. Es 
heisst da: ,,Da bei nur negativer Druckphase die Gefahr für 
das Gehörorgan nur in dem Entstehen von kleinen Blutergüssen 
in Trommelfell und Paukenschleimhaut liegt und diese, nach 
den in der Literatur vorliegenden Beobachtungen relativ sehr 
selten sind (mir ist bei vielen Hunderten von Fällen nie etwas 
derartiges vorgekommen) und keinen grösseren Schaden anrichten, 
so wird man unter fortwährendem Beobachten des Trommelfells 
während der Massage stärkere Druckschwankungen auf das 
Trommelfell wirken lassen können. Die Ostmann'schen Thier- 
versuche brauchen uns nicht abzuschrecken, sie sind bis auf 
einen bei Hunden angestellt. Hunde scheinen aber ein leicht 
lädirbares Gehörorgan zu haben. Schmiedekam und Hensen 
haben wenigstens gefunden, dass ein Hundetrommelfell bei 68 om 
Hg zerreisst, ein menschliches Trommelfell jedoch 143 cm Hg 
aushält. Die von Ost mann benutzte Katze kam dagegen ohne 
schwerere Schädigungen davon.^ 

Auch in die therapeutischen Ziele, die Heg euer mit der 
Vibrationsmassage verfolgt, lässt er uns einen dankenswerthen 
Einblick thun, wenn er schreibt: 

;, Will man den therapeutischen Werth der Massage aus- 
nutzen, so muss man ev. auch zu grösseren Druckschwankungen 
greifen. Ein retrahirter Tensor tympani bedarf zu seiner Mobi- 
lisirung erheblicher Zugkräfte, und die störende Wirkung von 
Bindegewebssträngen kann nur durch Ueberdehnung derselben 
über ihre Elasticitätsgrenze hinaus beseitigt werden. Schliess- 
lich wird das Entstehen energischer intratympanaler Druok- 
schwankungen nur durch die Anwendung stärkerer Druckschwan- 
kungen vor dem Trommelfell zu erzielen sein." He gener fügt 
hinzu, „dass jedoch die Anwendung derartig energischer Mittel 
nur dem vollkommen mit den Krankheiten des Gehörorgans ver- 
trauten Arzt gestattet ist." Ich meinerseits glaube, dass ein 
mit den Krankheiten des Gehörorgans vollkommen vertrauter 
Arzt weder bei intactem Schallleitungsapparat massirt, noch 
ernstlich auf den Gedanken kommen wird, einen retrahirten 
Hammer mit der Vibrationsmassage herunterziehen zu. wollen, 
noch der Ansicht sich wird anschliessen können, dass eine massen- 



XIV. Besprechungen. 105 

hafte Durchsetzung, insbesondere der Pankensohleimhaut, nnr 
mit Blutextravasaten — siehe meine Sectionsberiehte — nicht 
weiter zu beachten ist, weil sie keinen grösseren Schaden an- 
richten. 

Dies ist das praktische Ergebniss der Arbeit, welches sich 
dem erfahrenen Leser gegenüber von selbst richtet. Ich brauchte 
deshalb auch kaum noch Gründe für dieses ürtheil anzugeben, 
wenn es nicht auch zahlreiche Leser gäbe, welchen der Ueber- 
blick zur eigenen sachgemässen Beurtheilung der Unrichtigkeit, 
ja Oefährlichkeit der Heg euer 'sehen Vorschläge fehlte. Für 
diese sei Folgendes hinzugefllgt. 

He gen er hat „durch zahlreiche Beobachtungen^ festge- 
stellt, dass er „ohne Schaden viel höhere Drucksoh wankungen 
bei intactem ScbalUeitungsapparat anwenden konnte^, als ich 
f&r zulässig erklärt habe. 

Ich habe erklärt, dass bei der therapeutischen Anwendung 
der Yibrationsmassage die Excursion des Kolbens nicht mehr als 
2 mm betragen darf, weil sonst ganz unzulässige Druckhöhen 
erreicht werden. Bei meinen Untersuchungen an Kranken habe 
ich, wie dies im 3. Theil meiner Arbeit erwähnt ist, auch ver- 
einzelt bei langsamem Gang des Apparates Hubhöhen bis 4 mm 
angewandt; eine derartige Massage aber wieder verlassen, weil 
sie unzweckmässig erscheint. Ein Jeder, der den Kitzel ver- 
spüren sollte, weiter im Sinne Hegener's zu probiren, der 
massire mit den „viel höheren Druckschwankungen^ als 2 und 
4 mm Hubhöhe seinen eigenen „ intacten SchalUeitungsapparat^. 
Er dürfte dann jeden derartigen Versuch, insbesondere an Kranken, 
bei denen die Vibrationsmassage ihrem Wesen nach durchaus 
eontraindicirt ist, unterlassen, und anders über Hegener's 
„ohne Schaden" denken. Therapeutisch verwendet Hegener 
die viel höheren Druckschwankungen, um den retrahirten Tensor 
tympani, also doch den retrahirten Hammergriff, zu mobilisiren 
und die störende Wirkung von Bindegewebssträngen zu be- 
seitigen. 

Um sinngemäss zu handeln, müsste man bei einem solchen 
Beginnen zuvor wissen, welche Bedeutung der Retraction des 
Tensor, welche wir doch allein durch die Verlagerung — Ein- 
ziehung — des Hammergriffs diagnosticiren, für die Schädigung 
der Eörfunction im Einzelfall zukommt. Ich selbst, wie alle 
sachgemäss Urtheilenden vermögen dies nicht zu bestimmen, 
weil genau das gleiche Trommelfellbild der pathologischen Ein- 



106 XIV. Besprechangen. 

Ziehung sich in Hunderten von Fällen, insbesondere bei Kindern, 
mit einer kaum nach weisbaren Hörstörung verknüpft, in anderea 
hundert F&llen wieder bei hochgradiger Hörstömng besteht. 

Man hat deshalb im Einzelfall keinen sicheren Anhaltspunkt, 
zu entscheiden, ob bezw. in wie weit die Hörstörung durch die 
Betraotion des Tensor bezw. Hammers bedingt ist, und vermag 
deshalb auch nicht abzuschätzen, welchen Nutzen man durch 
eine ev. Reposition erzielen wQrde. Alle Ueberlegungen lassen 
es aber höchst wahrscheinlich erscheinen, dass, wenn eine solche 
dauernde Reposition des Hammers überhaupt möglich wäre, man 
dadurch keine Besserung, sondern eher Verschlechterung der 
Hörschärfe erzielen würde; das Hammer- Ambossgelenk würde 
gewaltsam gelockert, nnd der Amboss in Folge der eigenartigen 
Einrichtung des Hammer-Ambossgelenkes den) Hammer nicht 
nachfolgen. 

Den retrahirten Tensor tympani, dessen Retraction, um es 
behufs Vermeidung von Missverständnissen nochmals hervorza- 
heben, wir doch allein durch die Verlagerung — Einziehung — 
des Hammergriffs diagnosticiren, durch die Vibrationsmassage 
mobilisiren zu wollen, ist aber auf Grund noch anderer 
Ueberlegung unzweckmässig. Vor Anstellung dieser Ueber- 
legung muss man zunächst fragen, was Heg euer darunter ver- 
steht, einen Muskel zu „mobilisiren^. Man kann ein Grelenk 
mobilisiren, d. h. beweglich machen; einen retrahirten Tensor 
beweglich zu machen, ist ein unklarer Ausdruck, der offenbar 
einer unklaren Vorstellung entspringt. Ich kann mir nur denken, 
dass der Sinn des Ausdruckes sein soll, den Tensor zu dehnen, 
was man unter der wohl kaum zutreffenden Annahme, dass die 
Einziehung des Hammers allein auf der Retraction des Tensor 
beruht, also erkennen würde an der Verminderung der patholo- 
gischen Wölbung des Trommelfells. 

Nun stelle man sich vor, welch' eine Gewalt man mittelst 
der Vibrationsmassage auf die Trommelfellfasern ausüben mflsste, 
um einen so überaus kräftigen Muskel wie den Tensor, dessen 
Sehnenscheide durch entzündliche Veränderungen wohl zumeist 
noch verdickt ist, dauernd zu dehnen. Dabei ist das Trommel- 
fell bei länger bestehender Einziehung zumeist noch verdünnt. 
Der Erfolg einer solchen mit abnorm hohen Druckschwankungen 
ausgeführten Vibrationsmassage würde allein der sein, dass der 
Hammer liegen bleibt, wo er liegt, die Hörschärfe aber durch 
eine übermässige Dehnung der Fasern des Trommelfells höchst 



Xiy. Besprechungen. 107 

wahrscheinlich verschlechtert wird, und der Patient zahlreiche 
höchst unerquickliche und keineswegs ungefährliche Stunden 
erlebt hat. 

Ich gebe He gen er den wohlgemeinten Bath, in Zukunft 
seine zahlreichen Beobachtungen an Privatpatienten vornehmen 
zu wollen; er wird dann mit Recht bald weniger Beobachtungen 
zu machen Gelegenheit haben. 

Mit dieser Art der Vibrationsmassage ist es also nichts, und 
68 sei an dieser Stelle davor gewarnt, derartigen Bathschlftgen 
zu folgen. 

Meine und Schwabach 's Untersuchungen an Kranken, 
welcher die von mir empfohlene Methode der Yibrationsmassage 
anwandte, haben den Beweis erbracht, dass diese Methode den- 
jenigen Nutzen zeitigt, welcher von der Yibrationsmassage über^ 
haupt zu erwarten ist. 

2. Was ist von dem von Hegener angeblich ge- 
brachten directen Beweis, dass eine Ueberdehnung 
der Trommelfellfasern bei der Vibrationsmassage 
nicht zu Stande kommt, zu halten? 

Hegener sagt: Alle hervorragenden Beobachter haben „fbr 
ihre fundamentalen Untersuchungen über die Bewegung des Schall- 
leitungsapparates bei Erregung durch Schallwellen von grossen 
Amplituden die Sonde vollkommen verworfen^. Selbstverständ- 
lich ich auch. Lucae hat zwar auch die Sonde benutzt; aber 
er hat auch erkannt, dass sie Nachschwingungen macht; ich, 
Hegener, habe ausserdem nicht gesehen, dass der Hammerkopf 
sich so bewegt, wie Ostmann 's Sonde geschrieben hat; ergo 
sind Ost man n's Curven total falsch, alle aus ihnen gezogenen 
Schlussfolgerungen durchaus zu verwerfen; denn ich, Hegener, 
habe bewiesen, dass Ostmann 's „Sonde vollkommen andere 
Bewegungen aufzeichnet, als sie der Hammerkopf, auf dem sie 
befestigt ist, ausführt^. 

Von dieser FtLlle der Argumente ist man zunächst ganz be- 
täubt; sehen wir sie uns ein wenig näher an. 

Mit grossen Herren „zu spazieren, ist ehrenvoll und bringt 
Grewinn^ ; doch muss man nicht mit ihnen gehen, wenn man einen 
anderen Weg gehen kann. 

Sie haben die Bewegung des Schallleitungsapparats bei Ein- 
wirkung von Schallwellen untersucht, also unter Bedingungen, 
die ungleich viel schnellere und kleinere Bewegungen der Knö- 
chelchen bedingten, als die bei meinen Versuchen durch Vibra- 



108 Xiy. BesprechaDgen. 

tionsmasBEge hervorgerufenen (4 — 5 Schwingungen in der Se- 
eunde) waren. Bei sehr schnellen Bewegungen bildet die Sonde 
Knoten, wie He gen er gesehen hat; bei langsamen dagegen 
nicht; sondern sie fahrt gleich massige, hebelartige Bewegungen 
aus. Deshalb kann man das verwerfende ürtheil nicht ohne 
Weiteres auf meine Untersuchungen ausdehnen. 

Noch viel weniger aber lassen die Untersuchungsergebnisse 
Lucae's und seine Erklärung einen Rückschluss auf meine 
Untersuchungen zu. 

Sein Prachtstück von SchreibhebeP), mit welchem die 
Bewegungen aufgeschrieben wurden, war circa 9 cm lang und 
setzte sich zusammen aus einer „ganz fein ausgezogenen Glas- 
röhre**, einer daran befestigten „feinen Spitze einer Gänsefeder- 
fahne** und einer „in die Glasrohre eingeschobenen feinen Näh- 
nadel**, und diese Mustersonde wurde dann, um die Bewegungen 
der Knöchelchen aufzuschreiben, in das Hammer- Ambossgelenk (!) 
gesteckt. In anderen Versuchen wurde der noch zweitheilige 
Schreibhebel unter Fortlassung der Nadel auf den Amboss auf- 
gekittet. 

Wenn nun He gen er sich die Curven auf S. 5, Fig. 1 und 2 
der Lucae 'sehen Arbeit vergleichsweise angesehen hätte, so 
hätte er sofort erkannt, worauf Lucae überdies noch hinweist, 
dass die Nachschwingungen sich wesentlich bei den Curven be- 
merklich machen, welche mit dem dreitheiligen Schreibhebel 
vom Hammer- Ambossgelenk geschrieben sind ; sehr viel weniger 
schon, an einzelnen Stellen kaum merklich, beim Schreiben mit 
der zweitheiligen, circa 9 cm langen Sonde direct vom Amboss. 

Ich habe nun mit einer 5 cm langen, soliden, eintheiligen 
Glassonde gearbeitet und habe sie unter allen Cautelen den 
Knöchelchen aufgekittet. 

Hat Heg euer unter diesen Verhältnissen irgend ein Recht, 
zu behaupten, die Lucae 'sehen Curven mit ihren Erklärungen 
könnten irgend einen Beweis erbringen, dass meine Curven nicht 
im Geringsten die eigentlichen Bewegungen des Hammerkopfes 
anzeigten, und jede an ihre Bewegungsform anknüpfende Er- 
klärung total verkehrt sei. 

Es wäre gewiss sehr erfreulich und fÜrHegener auch er- 
spriesslich gewesen, wenn er sich vor Niederschrift seiner ful- 



1) Kritisches und Neues zur Vibrationsmassage des Gehörorgans. Dieses 
Archiv Bd. LI, Seite 2. 



XIV. Besprechungen. 109 

minanten Beweise solche Unterschiede mit ihren Consequenzen 
klar gemacht hätte. 

Soweit die angeblichen Beweise, die er aus den Unter- 
suchungen Anderer gegen die Beweiskraft meiner Untersuohun* 
gen herleitet. 

Nnn sein eigener negativer Beweis; ein negativer Beweis 
hat an sich schon eine sehr geringe Beweiskraft, besonders aber 
in diesem Falle gar keine. 

He gener beobachtete die Schwingungen des Hammerkopfes 
während der Vibrationsmassage stroboskopisch. ,,Die strobosko- 
pische Beobachtung des Hammerkopfes während der Daner der 
Schreibarbeit der Sonde ergab auch bei grösseren Kolbenhüben 
keinerlei Anhalt für die Annahme, dass der Hammerkopf nach 
Erreichung der weitesten Aussenstellung in Folge von Ueber- 
dehnnng der Radiusfasern wieder kurz einwärts ging und erst 
beim Nachlass der zu hohen Spannung wieder die 
Endlage nach aussen hin erreichte.^ 

Ich bin in berechtigtem Zweifel, ob Hegener überhaupt 
eine richtige Vorstellung von der Schwingungsphase des Hammer- 
kopfes bei Ueberdehnung der Trommelfellfasern hat; aber ganz 
klar ist, dass er nach ihr unter Bedingungen — nämlich bei 
grösseren Kolbenhüben — gesucht hat, wo eine Ueber- 
dehnung überhaupt nicht vorkommt. Wodurch dies ge- 
schieht, darüber kann sich Hegener ja ,noch nachträglich in 
meinen Arbeiten in diesem Archiv ,und auch in meiner Arbeit 
im Archiv für Anatomie und Physiologie orientiren. 

Schon bei 3 mm Kolbenhub verschwindet sie fast vollstän- 
dig, wie dies Hegener ebenfalls aus meinen Arbeiten hätte 
lernen können. 

Nehme ich nun aber selbst an, er hätte auch mit 2 mm 
Kolbenverschiebung massirt; was will dann sein negativer Be- 
weis besagen? 

Die durch Ueberdehnung der Fasern dem Hammerkopf mit- 
getheilte Bewegung ist nach innen gerichtet; an sie schliesst 
sich, durch einen unmessbar kurzen Zeitraum getrennt, fast un- 
mittelbar die gleich gerichtete Bewegung des medianwärts 
schwingenden Hammerkopfes an. Zwischen diesen beiden gleich 
gerichteten Bewegungen, die in unmessbar kurzer Zeit aufein- 
ander folgen, schwingt der medianwärts gedrängte Hammerkopf 
in die der Streckung der Trommelfellfasern entsprechende Aussen- 
stellung zurück ; aber diese Bewegung ist, wie auch meine Cur- 



110 XIV. Betpreebmigeii. 

Ten zeigen, noeh sehr viel kleiner als die dnreh Deberdehnnng 
der Fasern medianwftrts geriehtete Bewegung; nnd zwar ist sie 
deshalb kleiner, weil die Stosswirknng nnd Gesohwindigkeit der 
Lnftwelle in letzterem Falle fehlt oder kleiner ist Es wird 
also niemals ein Znrfloksehwingen des Hammerkopfcs 
aber den Anfangspunkt der medianwftrts geriohteteii 
Bewegung, sondern im günstigsten Falle ein nnend- 
lieh knrzes Anhalten oder anseheinendes Erzittern 
des Hammerkopfes zn sehen sein. 

Hegener hat eine ganz falsehe Yorstellnng von der Be- 
wegnngsphase nnd den Bedingungen, unter denen die üeberdeh- 
nnng auftritt, und deshalb hat er nichts gesehen, wenn fiberhanpt 
etwas zu sehen ist 

Der angebliehe negative Beweis von Hegener ist 
demnach kein Beweis, nnd deshalb bleibt bis auf 
Weiteres die Erkl&rung meiner Gnrven mit der dar- 
aus gezogenen Sehlnssfolgerung von der Ueberdeh- 
nung der Trommelfellfasern zu Recht bestehen. 

Nun noch ein Wort von den angeblichen Naohschwingnngen 
meiner Gnrven. 

Nachschwingnngen eines Sehreibhebels werden um so schär- 
fer nnd ausgiebiger hervortreten, je grösser die Kraft ist, mit 
der derselbe bewegt wird. 

Wenn nun Hegener meine Gnrven vergleichsweise ansieht 
(Gurve 1 A, S. 44, nnd Gnrven 3 bis 7 auf S. 51 nnd 52 Bd. XLV 
dieses Archivs), so wird er zu seinem Erstannen wahrnehmen, 
dass die angeblichen Eigenschwingungen der Sonde bei relativ 
schwach bewegtem Hammer fehlen, dann bei 2 mm Eolben- 
verschiebnng auftreten und nun, je grösser die Hubhöhe wird, 
immer mehr und schliesslich ganz verschwinden. 

Dieses Verhalten der Gnrven zeigt mit voller Deut- 
lichkeit, dass es sich nicht um Nachschwingnngen, 
sondern um veränderte Scbwingungsphasen des Ham- 
merkopfes handelt; wie sie zn erklären sind, kann Hegener 
in meiner Arbeit in diesem Archiv und in der im Archiv f&r 
Anatomie und Physiologie nachlesen. 

Aber es wäre ihm sehr anzurathen, dass er sich mit den 
Arbeiten Anderer in Zukunft nicht mehr in so leichtfertiger 
Weise beschäftigt, wie dies in seiner Habilitationsschrift leider 
geschehen ist. In welchem Maasse dies der Fall ist, soll uns 
nun der 3. Abschnitt noch besonders zeigen. 



XIY. Besprechungen. 111 

3. Wie benutzt Hegener die Arbeiten Anderer? 

Einige bedauerliche Einblicke haben wir ja schon gethan. 
Ich kann aber mit Leichtigkeit mehr erbringen. 

Einzelne Sätze meiner Arbeiten, mit denen Hegener sieh 
ja besonders eingehend beschäftigt, werden ans dem Znsammen- 
hange herausgerissen; ihnen durch Zusammenstellung mit an- 
deren Gedankengängen ein falscher Sinn untergelegt; andere 
Sätze wieder als meine Behauptungen mir untergeschoben und 
durch Citiren von Seiten noch der Anschein der Berechtigung 
solcher unwahren Behauptungen verstärkt, die ich. nie geschrie- 
ben habe; trotz klarster Darlegung in meinen Arbeiten werden 
Versnchsanordnungen falsch gedeutet, auf diese falsche Deutung 
hin dann Schlussfolgerungen gezogen und auf Grund dieser 
Schlnssfolgerungen das 'Ergehniss meiner Untersuchungen ad ab- 
surdum geführt. 

Ich mttsste Bogen fUlen und wichtigeren Dingen Zeit und 
Arbeitskraft entziehen, wenn ich durch die ganze Arbeit hin- 
durch dies fast an Methode grenzende Verfahren Hegener 's 
verfolgen wollte. 

Hier nur einzelne krasse Beispiele. 

1. Hegener schreibt S. 28 unter Anftihrung von 7 Seiten 
meiner Arbeiten: „Es wirkt aber durchaus nicht ein Druck von 
0,4 Atm. auf das Trommelfell ein, wie dies Ost mann überall 
annimmt.^ 

Ich fordere Jeden auf, durch Nachlesen der 7 Seiten sich 
von der YöUigen Unwahrheit einer solchen Behauptung selbst zu 
überzeugen. 

2. Hegener untersucht lediglich den Hirse hmann'schen 
Apparat ; um meine Druckmessungen mit diesem zu discreditiren, 
reisst er unter Anderem Theile eines Satzes meiner Arbeiten her- 
aus „unter der allerdings wohl nicht ganz zutreffenden Annahme, 
dass die saugende Wirkung stets der Druckwirkung entsprach^, 
welcher von der stossenden und saugenden Wirkung des Mundes 
etwas aussagt. 

3. Hegener behauptet weiter, dass ich „den Druck bei 
gleichem Kolbenhübe in einem ganz anderen Hohlraum gemessen 
habe, als in dem, womit ich experimentirte^. 

Bei einer solchen Behauptung zeigt er aber nur, dass er 
sich nicht darüber klar geworden ist, dass die Verbindung des 
zweiten Abflnssrohres in gar keiner inneren Beziehung zur Druck- 
messung, also zu dem vorzunehmenden Experimente, stand. Die 



112 XIV. Besprechungen. 

Draekmessangen sind znnftehst ohne jede Beziehnag znr Einwir- 
knng der Lnftwellen anf den SohalUeitnngsapparat lediglich nm 
ihrer selbst nnd für sieh angestellt, nm eine* Vorstellung zn be- 
kommen, womit man denn eigentlich arbeitet. 

Es h&tte ihm dies aber sofort klar werden müssen, wenn er 
die Arbeit nnr mit einiger Aufmerksamkeit gelesen hätte. 

4. Hinsichtlich der Wirkung der Drucksonde auf den Steig- 
bflgel behauptet Hegener — S. 57 — weiter: „die von Lucae 
mitgetheilten Curven, die bei jedesmaligem Auf- und Absetzen 
der Sonde auf den Processus brevis erhalten wurden, geben ein 
klares Bild der Ausgiebigkeit der Steigbttgelbewegungen^. 

Diese Behauptung ist unwahr; Lucae ^) hat gar keine Gnr- 
ven vom Steigbügel aufschreiben lassen, sondern „durch den am 
Ambosskörper befestigten Schreibhebel ^. 

Die Curve 4 von Lucae giebt aber zudem ein völlig falsches 
Bild von der beim praktischen Gebrauch der Drucksonde that- 
sftchlich obwaltenden Bewegung des Ambosses, weil kein Mensch 
— auch Lucae thut das nicht nach alF seinen Schilderungen, 
wie er die Drucksonde am Kranken gebraucht — weil kein Mensch, 
sage ich, einen Kranken absatzweise mit 200 gr. Stosswirkung 
auf den Proc. brevis massiren wird. Deshalb gelten allein die 
unter Fig. 5, den meinigen sehr ähnlichen Curven hinsichtlich 
der 2nr Geltung kommenden Wirkung. 

Richtig ist allein das, dass bei der Drucksonde die Anfangs- 
belastung und die während der Massage fortbestehende Belastung 
durch Bänderspannung ganz, die während der Massage auftre- 
tende Druckverminderung und Verstärkung dagegen zum Theil 
durch weitere Bänderspannung aufgehoben, zum Theil auch zur 
Bewegung der Kette benutzt wird, und zwar je nach der Stoss- 
richtung der Sonde in wechselndem Yerhältniss, wie ich dies in 
meinen Arbeiten dargelegt habe. 

Die Leser des Archivs sind nunmehr über den eigentlichen 
Werth der Arbeit von Hegener im Allgemeinen orientirt. 

Bedauerlich bleibt es, wenn Jemand in seiner Habilitations- 
schrift neben gutem Können auf dem einen Gebiet so erhebliche 
Lücken auf anderen Gebieten der wissenschaftlichen {Arbeit 

1) Dieses Archiv Bd. LI, S. 10 und Bd. XLIV, S. 245 u. f. Bei seinen 
«rsten Versuchen, über die Lucae auf meine Anregung nach langen Jahren 
aus der Erinnerung berichtet hat, wurde die Bewegung des in das Steigbflgel- 
köpfchen gesteckten Fühlhebels nicht aufgeschrieben, sondern direet be- 
obachtet. 



XIV. Besprechangen. 113 

teigt, und namentlieh diejenige Sorgfalt in der Arbeit vermissen 
lässt, welche erforderlich ist, um auch der Arbeit Anderer gleich- 
massig gerecht zu werden. 

2. 
Prof. Dr. W. Okada in Tokio: Diagnose und Chirur- 
gie des otogenen Eleinhirnabscesses. Klinische Vor- 
trftge aus dem Gebiete der Otologie und Pharyngo-Bhinologie. 
Herausgegeben von Prof. Dr. Haug-München. Bd. III, Heft 1 0. 

BMproohoit yon. 

Dr. Iwan Braunstein, Halle. 

Die sehr fleissige und für einen Ausländer in klarem Deutsch 
geschriebene Abhandlung umfasst folgende Abschnitte: I. Ent- 
wicklung der Lehre des otogenen Kleinhimabscesses, II. Kranken- 
geschichten, IIL Ursächliche Momente^ welche zur Diagnosestel- 
lung einigermaassen nöthig sind, IV. Symptomatologie, V. Diffe- 
rentialdiagnose , VI. Zur operativen Behandlung des Kleinhim- 
abscesses. 

Die Entwicklung der Lehre des otogenen Kleinhimabscesses 
theilt Verfasser in drei Perioden ein: Vom 15. Jahrhundert bis 
zur Mitte des 19. Jahrhunderts, von der Mitte des 19. Jahr- 
hunderts bis zum Ende der achtziger Jahre und von 1890 bis 
zur Gegenwart. Diese Eintheilung ist keine gekünstelte, sondern 
eine wohlbegrflndete, indem sie sich auf die wichtigsten Fort- 
sehritte in der Erkenntniss und Behandlung des Kleinhim- 
abscesses gründet. 

Die Krankengeschichten betreffen 5 in der Ohrenabtheilung 
der Berliner Charitö (Prof. Trautmann) operirte Fälle von 
Eleinhirnabscess, von denen zwei geheilt wurden. Im III. Ab- 
schnitte bespricht Verf. die statistischen Verhältnisse der Klein* 
hirn- und Grosshimabscesse und des Lebensalters der Kranken 
mit Kleinhirnabscessen. Er findet, dass Kleinhirnabscesse ebenso 
häufig vorkommen wie Grosshimabscesse, und bestreitet die An- 
sicht Körner's, wonach die Seltenheit der Kleinhirnabscesse 
bei kleinen Kindern typisch sein soll. Bezüglich der Beziehungen 
zwischen otitischen Kleinhirnabscessen und dem Gesohlecht der 
Kranken kommt der Verf. zu dem Resultat, dass auf 3 männ- 
liche Kranke eine weibliche Kranke kommt. Hinsichtlich der 
Beziehungen zwischen den Kleinhirnabscessen und den ursäch- 
lichen Ohrerkrankungen weicht die Berechnung von den An- 
gaben Grunert's, Jansen's, Alport's und Koch 's insofern 

Aichiy f. Ohrenheilkande. LV. Bd. 8 



114 XIY. Besprecbangen. 

ab, als die Statistik des Verfassers 17 <>/o Eleinbirnabscesse naeh 
acuter ObrentzUndnng aufweist. In dem Unterabschnitt ,,018- 
Position für Kleinhirnabsoesse je nach der Seite des Kleinhirns'^ 
findet Verf. entgegen der Ansicht Körn er 's den Abscess in der 
linken Eleinhirnhemisphftre häufiger als in der ]:eohten, und 
er schliesst sich der Annahme Koch 's an, dass die Siehtigkeit 
der Körn er' sehen Angaben bezweifelt werden müsse, da 
thatsftcblieh Kleinhirnabsoesse nicht nnr auf dem Wege über den 
Sinus, sondern auch sehr oft vom Labyrinth aus entstehen. 

Den grössten Baum der Arbeit nimmt die Besprechung der 
Symptomatologie in Anspruch, und hier verwirft Verf. die 
bisherige Eintheilung der Symptome nach v. Bergmann 
in 3 oder 4 Gruppen, und empfiehlt folgende Eintheilung: 
1. allgemeine Symptome, 2. Symptome am und im Kopfe, 
3. Symptome an und in den Augen, 4. Symptome am Gehör- 
organ, 5. Symptome an Nerven und Muskeln, 6. Symptome an 
den Verdauungsorganen, 7. Symptome an den Bespirations- 
Organen, 8. Symptome an den Urogenitalorganen. 

Es folgt nun eine sehr grundliche Würdigung des dia- 
gnostischen Werthes der einzelnen Symptome, ohne dass sieh 
dabei neue Gesichtspunkte ergeben. Wenn (S. 54) Yerf der 
Ansicht zu sein scheint, dass kleine Abscesse keine intracra- 
niellen Druckerscheinungen verursachen können, so ist dem- 
gegenüber zu bemerken, dass diese Eigenschaft doch ebenso sehr 
von dem Sitze des Abscesses wie von der Grosse desselben ab- 
hängt. (Bef) 

Verf. hält es ftir erwiesen, dass in mehr als V» der Klein- 
hirnabscesfifälle Veränderungen am Augenhintergrunde vorkom- 
men. Unter den von ihm gesammelten 160 Fällen von Klein- 
hirnabscessen sind 46, in denen der Augenhintergrund unter- 
sucht worden war, und Verf. meint, „wenn man bei den 160 
Fällen nicht nur bei der ersten Untersuchung, sondern auch im 
ganzen Verlauf von Zeit zu Zeit den Augenhintergrund unter- 
sucht hättet, so würde man sicher positive Fälle von Neuritis 
optica noch bedeutend mehr gefunden und durch das Vorbanden- 
sein derselben einen diagnostisch wichtigen Anhaltspunkt ge- 
wonnen haben^. 

Hierzu glaubt Bef. aber bemerken zu müssen, dass die An- 
gaben über den Augenhintergrund nicht von einem Beobachter, 
sondern von vielen herrühren und daher keine grosse Zuver- 
lässigkeit besitzen. Daher sind auch die Fälle von Kleinhirn- 



Xiy. Begprechangen. 115 

abseegsen mit Verftnderungen des Angenhintergrundes nach den 
Erfahrungen in der EgL Universitäts-Ohrenklinik zu Halle a. S. 
weit weniger zahlreich (». dies. Arohiv Bd. LIII. S. 196 ff.). 

In dem 1. Falle von Eleinhirnabseess , dessen Krankenge- 
sebichte mitgetheilt wird, wurde wegen Kreuzsehmerzen und 
IsehiaB die Lumbalpunction drei Mal ausgeführt, weil man die 
Symptome f&r Spinalmeningitis charakteristisch hielt und an- 
nahm, dass der Kleinhirnabscess mit Spinalmeningitis complicirt 
sei. Es wurde jedesmal 40—50 g klare FltUsigkeit entleert, 
die viel Leukocyten, nach den Angaben der Krankenge- 
sohiohte sogar mikroskopisch Eiterkörperehen enthielt Der 
therapeutische Erfolg war nur ein vorübergehender. Leider ent- 
hält der Sectionsberioht keine Angabe, ob eine Spinalmeningitis 
tbatsftchlich vorhanden war. 

Differentialdiagnostisch ist die Lumbalpunction in keinem 
Falle angewandt worden, und der Satz (S. 98) „dass man, um 
im Sinne v. Bergmannes den operirten Kranken nicht auf den 
Seetionstisch zu bringen, sondern ihn zu retten, möglichst früh- 
zeitig stets, selbst in verdächtigen F&Uen, zur Operation schreiten 
soll, so lange man noch die allgemeine Leptomeningitis und die 
loeale Meningitis mit oder ohne Hirn- resp. Kleinhirnabscess 
nicht mit aller Sicherheit klinisch unterscheiden kann^, Iftsst 
darauf schliessen, dass Verf. von dem Werthe und der Bedeutung 
der Lumbalpunction als diagnostisches Hilfsmittel bei intra- 
craniellen Erkrankungen noch keine Kenntniss hatte. (Bef.) 

Im VIL Abschnitte werden sämmtliche bisher bekannten 
Operationsmethoden mitgetheilt und die topographisch-anato- 
mischen Verhältnisse des Operationsfeldes durch drei Zeichnungen 
klar gelegt. 

Den Schluss der Arbeit bilden vier Tabellen mit den vom 
Verf. gesammelten Fällen von Kleinhirnabscessen, in denen mit 
oder ohne Erfolg operirt oder der Abscess nicht gefunden wurde. 
Jedoch sind die Tabellen unvollständig. 



3. 
Dr. C. Chauveau: Histoire des maladies du pharynx. 
T. I. Paris. J. B. Bailli^re et fils. 1901. 

Besprochen von 
Dr. Walther Schulze, HaUe. 

Der bisher erschienene erste Band des vorwiegend histo- 
risches Interesse bietenden Werkes, dessen Autor uns schon durch 

8* 



116 XIY. Besprechungen. 

einen Theil seines umfangreiohen Handbuches über den Pharynx 
bekannt ist; umfasst die grieohisoh-römisohe , die byzantinische 
und die arabische Periode. 

Aus der vorzüglichen Darstellung Ghauveau's geht hervor, 
dass die medieinische Wissenschaft des hier behandelten Zeit- 
raums über recht mangelhafte Vorstellungen bezüglich der patho- 
logisch-anatomischen Vorgänge verfügte, und dass für die oft 
sehr dürftigen anatomischen Kenntnisse durch einen nicht zu 
leugnenden Beichthum an Phantasie Ersatz geboten wurde. Das 
z&he Festhalten an humoralpathologischen Grundsätzen, der 
krasseste Aberglaube, gepaart mit speculativer Unwissenheit, 
machen sich sowohl durch die falschen pathogenetischen An- 
schauungen als auch durch den Wust therapeutischer Thätigkeit 
geltend. Glaubt man sich doch beinahe in des Teufels Hexen- 
küche versetzt, wenn man liest, dass von den angesehensten 
Aerzten allen Ernstes Schwalben-, Hunde- und Einderkoth als 
Mittel gegen Angina empfohlen worden sind. Aus der grossen 
Anzahl der gegen Ohrgeräusche und Schwerhörigkeit angeführten 
Mittel , z. B. Lauch mit Ziegengalle y Zwiebel mit Frauenmiloh 
u. s. w. lässt sich wohl sohliessen, dass jene Leiden schon da- 
mals eine Crux der Aerzte gebildet haben mögen. Doch haben 
einzelne Aerzte in jener Zeit sowohl in der Diagnostik als aueh 
auf therapeutischem Gebiete recht Bemerkenswerthes geleistet. 
So hat z. B. Celsus zur Eenntniss der Mandelhypertrophie bei- 
getragen ; er rieth, die hypertrophischen Tonsillen mit dem Scal- 
pell oder mit dem Finger zu entfernen. Galen verdient des- 
halb eine besondere Erwähnung, weil er die bis dahin vielfach 
zusammengeworfenen Erkrankungen von Kehlkopf und Bachen 
trennte und nachwies, dass der Larynx speciell der Phonation 
dient. Um die schon seit Hippocrates geübte Behandlung der 
Angina mit Gurgelungen hat sich namentlich die Alexandrinische 
Schule — dieAegypter waren gute Chemiker — verdient gemacht. 

Die Medicin der Araber steht, ohne selbst ganz frei zu sein 
von Originalität], doch im Grossen und Ganzen auf dem Boden 
der griechisch-römischen und byzantinischen Schulen. Beieh 
ausgestattete Bibliotheken, Universitäten und Krankenhäuser 
erleichterten die wissenschaftliche Forschukig und den medici- 
nischen Unterricht. Der chirurgischen Bichtung in der Behand- 
lung der Baohenaflfeotionen scheinen die Araber im Allgemeinen 
wenig hold gewesen zu sein. 

Von besonderem Werthe sind eine ganze Eeihe ausführlicher 



XIV. Besprccbujigen. 117 

Citate ans der einßchlägigen Literatur theils in französischer 
üebersetzuDg, theils — die Araber betreflFend — in lateinischer 
Sprache. Das Werk bietet einen nennenswerthen Beitrag zur 
Geschichte der Medicin ; es kann Jedem, der für die historische 
Entwickelnng der medicinischen Wissenschaft Interesse hat, zum 
Studium empfohlen werden. 

4. 
Dr.G.Scbmorl: Die pathologisch-histologischen Unter- 
such ungsmethoden. Zweite, neu bearbeitete Auflage. Leipzig, 
F. C. W. Vogel. 1901. 263 Seiten. Preis 6 Mark. 

Besprochen von 

Dr. Walther Schulze, Halle a. S. 

Die anfänglich als Anhang zu Birch - Hirschfeld's 
Lehrbuch der Pathologischen Anatomie verfassten „ünter- 
suchungsmethoden^ sind jetzt von Schmorl in Gestalt eines 
stattlichen Bandes gesondert herausgegeben worden. Kleine 
äussere Mängel, z. B. nicht durchweg richtige Angaben der 
Seiten im Register, sind bei einer Neuauflage leicht zu ver- 
bessern und können den Werth des Buches keineswegs beein- 
trächtigen. Die Darstellung ist präcis und doch in jeder Hin- 
sieht klar und übersichtlich. Auch die neuesten Verbesserungen 
der Technik haben Berücksichtigung gefunden. Es verdient be- 
sonders hervorgehoben zu werden, dass bei der Beschreibung 
der einzelnen Technicismen äusserst exacte Vorschriften gegeben 
werden, welche auch dem weniger Geübten die Ausführung 
anatomischer Arbeiten ermöglichen. Jedem Abschnitt ist ein 
vollständiges Literaturverzeichniss beigefügt. 

Wenn auch die anatomische Untersuchung speciell des Ge- 
hörorgans keine besonders eingehende Bearbeitung erfahren hat, 
so dürfte doch Jeder, der nach den klaren Anleitungen SohmorTs 
arbeitet, auch hierbei zum gewünschten Ziele kommen. 



5. 
International Directory of Laryngologists and Oto- 
logists. Compiled by Richard Lake. London, Rebman 

limited. 1901. 

Besprochen von 

Dr. Walther Schulze, Halle a. S. 

Wenn der Herausgeber im Vorwort sagt: The list is still 
far from complete, so müssen wir ihm in diesem Punkte leider 
beistimmen. Die Angabe der Namen und Adressen ist theil- 



118 XIV. fiespreehungen. 

weise recht Iflekenhaft und, soweit controUirbar, keineswegs 
immer richtig. Druck and sonstige Ansstattang des handliohea 
Bttohelohens sind gut. 

6. 
G. Alexander: Ueber Entwicklung und Bau der pars 
inferior labyrinthi der höheren Sftugethiere. Bin 
Beitrag zur Morphologie des Ohrlabyrinths. Denksohr. 
d. math.-phys. Klasse d. Kais. Akad. d. Wiss. Bd. LXX. Wien 1900. 

BefpitMlien von 
Dr. K* Peter, Breslau. 

Der Verfasser benutzt fllr seine Untersuchungen ein reich- 
haltiges Material von Meerschweinchenembryonen und verfolgt 
die Entwicklung vom Embryo von 2,75 mm Länge bis zum Er- 
wachsenen. An einer grossen Zahl (19) von Wachsplattenmodel- 
len erläutert er den Werdegang der Pars inferior labyrinthi, be- 
schränkt sich indes nicht auf dieses Gebiet, sondern berücksichtigt 
zugleich die Entstehung des oberen Theils des inneren Ohrs. Er 
behandelt sowohl die Formgestaltung, als auch die Gewebsent- 
wicklung der einzelnen Theile. 

Die inhaltsreiche Arbeit gliedert sich in einen speciellea 
Abschnitt, welche die einzelnen Embryonen auf den Bau ihres 
Gehörorgans untersucht, und einen vergleichenden Theil, der sach- 
gemäss geordnet ist. 

Die Formentwieklung der Pars inferior kann in 3 Pe- 
rioden geschieden werden. 

Die erste reicht bis zum Beginn des Auftretens definitiver 
Formen (2,75 mm bis 11 mm Länge). 

Zuerst wird die Absehnürung des Ohrgrttbohens zum Ohr- 
bläsehen geschildert, welches erst noch durch dlinnen Stiel mit 
der Epidermis zusammenhängt. Dieser Stiel lässt, wie Alexan- 
der in Uebereinstimmung mit K ei bei betont, den Ductus endo- 
lymphaticus hervorgehen. Dies bestätigte später Krause (Auat. 
Anz. XIX. 1901) ftlr das Kaninchen; bei Reptilien legt sich da- 
gegen der Ductus unabhängig von der Sohlussstelle an. 

Der ventrale Pol des Bläschens ist spitzer als der obere, von 
welchem der endolymphatische Gang ausgeht, und trennt sich 
beim 7,5 mm langen Embryo durch eine seichte Furche als Pars 
inferior von der Pars superior ab. Während diese Abgrenzung 
schärfer wird, zerfällt der untere Abschnitt (10 mm) in einen 
proximalen und einen distalen Theil. Letzterer wächst in die Länge, 



XIV. BeBprechuDgeii^. 119 

krfimmt sich und bald (11 mm) ist die definitive Gliederung der 
Pars inferior in ihre 3 Absehnitte kenntlich: proximal soheidet 
sieh durch eine Furche der erweiterte Saeculns ab, eine stumpf- 
winkelige Knickung lägst die distale Partie in die Anlage des 
Ductus reuniens und den blind endigenden Schneckenkanal 
zerfallen. Diese 3 Theile bezeichnet Alexander als Abschnitte 
erster Ordnung, welchen als eben solche der Pars superior lab. 
die beiden Bogengangsfalten und der Recessus utriculi gegen- 
überstehen. 

Am Ende der zweiten Periode (Embryonen von 11,5 bis 
16,5 mm Länge) sind alle diejenigen Abschnitte in charakteristi- 
scher Form erkennbar, die am erwachsenen Labyrinth daselbst 
unterschieden werden. 

Der Ductus reuniens, die mittlere Portion, wächst in die 
Länge und geht in stumpfem, später rechtem Winkel in den 
Schneckenkanal ein, an welchem sich jetzt eine Spaltung voll- 
zieht in einen distalen sich weiter windenden Körper und einen 
stumpfwinkelig gegen denselben abgeknickten Vorhofttheil. In 
letzteren mündet der Ductus reuniens. Abschnitte zweiter Ord- 
nung der Pars inferior ist allein die Pars vestibularis Cochleae, 
während sich gleichzeitig am oberen Theil die drei Bogengänge 
mit ihren Ampullen, die Sinus utriculi und der Saccus endolym- 
phaticus das erweiterte Ende des Ductus, differenziren. 

In der dritten, letzten Entwicklungsperiode verlängern und 
krümmen sich Ductus reuniens und Pars vestibularis Cochleae. 
Am proximalen Ende der letzteren, jenseits der Einmündung des 
Ductus reuniens, legt sich selbständig ein Anfangs scharf be- 
grenzter Yorhofsblindsack an (21 mm), der später (34,5 mm) an 
Selbständigkeit verliert und nur ein „über die Mündungsstelle 
des Ductus renn, hinaus nach hinten innen verlängertes Ende^ 
des Vorhofstheils der Schnecke darstellt. Dies Caecum vestibu- 
läre ist mit dem Caecum cupulare die einzige Neubildung drit- 
ter Ordnung. 

AI ex an de r's Hauptbefunde sind also: 1. dass an der Pars 
inferior labyrinthi drei gleichwerthige Abschnitte unter- 
schieden werden müssen: Sacculus, Ductus reuniens und 
Canalis Cochleae — der Ductus renn, ist demnach nicht als 
ein Theil der Schnecke aufzufassen — , und 2. dass der Yorhofs- 
blindsack der Schnecke sich ebenfalls selbständig anlegt, wenn 
auch bedeutend stärker. 

Fttr die Pars superior labyrinthi betont Alexander, dass 



120 XIV. BespreclrangeD. 

die gemeinsame Tasche des oberen und hinteren Bogengangs sich 
bereits beim Embryo von 10 mm Länge in ihre beiden Theile 
abknickt, welche Krause erst beim Sohweinsembryo von 30 mm 
Länge getrennt finden konnte. 

Genau wird sodann die Gewebsentwieklung in den ein- 
zelnen Abschnitten der Pars inferior besprochen. Alexander 
hebt auf Grund genauer Messungen hervor, dass das spätere 
Sinnesepithel nicht durch Verdickung des noch indifferenten ent- 
steht; letzteres behält seine anfängliche Höhe von 27 f^ im Be- 
reiche der Maculae durchaus bei, während das niedrige Elpithel 
sich durch Verdünnung des indifferenten h;erau8bildet. „Die Ab* 
grenzung undFormirung der Nervenendstelletigebiete ist das Er- 
gebniss des Auftretens der rein epithelialen dünnen Wandab- 
schnitte als Umgebung der dicken.^ Aehnliches konnte Referent 
fßr die Entwicklung des Geruehsorgans nachweisen. 

Wichtig ist der Befund einer Macula duetus reunientis. 
Alexander beschreibt, dass Sacculus und Duct. renn. Anfangs 
eine zusammenhängende Macula besitzen, die sich bereits beim 
34,5 mm langen Embryo in ihre beiden Theile spaltet. Doch geht 
der Sinnesbezirk des Duct. renn, bereits während der Embryonal- 
zeit zu Grunde. Der Bau desselben stimmt mit dem der Macula 
sacculi ganz überein. 

Dagegen entwickelt sich der Vorhofsblindsack rein epithelial 
ohne Nervenendstellen. Die Elemente des Corti'schen Organs hören 
im ßadiärschnitt der Einmündung des Duct. renn, in den Canalis 
Cochleae auf (das Gaeoum vestibuläre ist ja später äusserlich nicht 
mehr deutlich abzugrenzen); dort schwinden die Härchen- und 
Pfeilerzellen, dort hört auch die Scala tympani auf und wird die 
Membrana basilaris durch Fixation auf knöcherner Basis schwin- 
gungsunfähig. 

In einem kurzen Endabschnitt vergleichend -anatomischer 
Natur findet Alexander das Homologon der von ihm aufge- 
fundenen Macula duct. renn, in der Papilla lagenae der Fische 
und Amphibien, welche sich in gleicher Weise von der Papilla 
sacculi sondert, wie es das rudimentäre Gebilde des Meer- 
schweinchenohrs thut. Somit ist der Ductus reuniens der Säuger 
der Lagena sacculi der Amphibien gleichzusetzen. 

An die Papilla lagenae schliesst sich bei letzteren die Pa- 
pilla basilaris an. Da sich aber bei Sauropsiden die Lagena 
distal von der Papilla basilaris findet, so betrachtet er diese als 
ein Gebilde, welches von dem gleiohbenannten der Anamnier 



XIY. Besprechungen. 121 

yersehiedea ist;' jedenfalls fordern seine Befunde zu einer Nen- 
nntersnchnng dieser interessanten Verhältnisse heraus. 

Das Caecum vestibuläre dagegen ist nicht als Rest eines 
Sinneselemente tragenden Abschnitts anzusehen. 

Alexander fand also die Pars inferior labyr. aus drei 
gleiehwerthigen Abschnitten aufgebaut (Saoculus, Ductus 
reuniens, Canalis Cochleae), welche alle drei wenigstens embryonal 
Sinnesbezirke aufweisen. 



7. 

Hasslauer (Würzburg): Die Bakteriologie der acuten 
Mittelohrentzündung (Klinische Vorträge aus dem Gebiete 

der Otologie etc. von Hang). 

Besprochen von 

Dr. Walther Schulze, Halle a. S. 

Hasslauer hat die bisher veröffentlichten Untersuchungs- 
ergebnisse auf dem Gebiete der Bakteriologie der Otitis media 
acuta zusammengestellt und durch eigene Untersuchungen zur 
Klärung der Aetiologie jener Erkrankung beizutragen versucht. 
Die Leutert'sche Arbeit ist wenigstens, was die Eintheilung 
des Stoffes anbelangt, vorbildlich gewesen. Der erste Theil der 
Arbeit enthält eine Statistik und Kritik dessen, was bisher über 
die Bakteriologie der Mittelohrentzündung bekannt ist. Der 
zweite Theil bringt die Resultate der bakteriologischen Unter- 
suchungen, welche von Hasslauer selbst angestellt sind. Es 
folgt dann ein Abschnitt über den Bakteriengehalt der norma- 
len Paukenhöhle des Menschen. Den Schluss bildet ein Lite- 
raturverzeichniss. 

Wenn Hasslauer auf Grund seiner statistischen Uebersicht 
sich zu dem Schlüsse berechtigt glaubt, dass dem Staphylococcus 
die Fähigkeit; selbständig eine acute Mittelohreiterung hervorzu- 
rufen, nicht abgesprochen werden könne, so sei nur darauf hin- 
gewiesen, dass diese Möglichkeit an sich wohl nie in Zweifel 
gezogen worden ist. Ferner erscheinen die vom Verfasser an- 
gefahrten Gründe keineswegs beweiskräftig, um die L e u t e r t 'sehe 
Annahme, „dass es die Secundärinfection mit Staphylokokken ist, 
welche die Chronicität einer Ohreiterung bedingt", zu widerlegen. 

Die Hasslauer'schen Untersuchungen Hessen zunächst auf- 
fallend häufig Diplokokken erkennen, während das Gulturverfah- 
ren, bezw. der Thierversuch nur in einem Theil der Fälle die mikro- 
skopische Diagnose bestätigte, meist aber nur Staphylokokken 
oder Streptokokken gezüchtet wurden. Die Erklärung für diese 
eigenthümliche Beobachtung liegt vielleicht in der bisher noch 
mangelhaften Differenzirung des Diplococcus, der auch nach 
Anderen zu Streptokokkenarten Beziehungen zu haben scheint. 

Was den Bakteriengehalt der normalen Paukenhohle anbe- 
trifft, so kommt Hasslauer auf Grund seiner Untersuchungen 
zu demselben Resultat wie Zaufal. 



XV. 
WissenschaftliGhe Rmdschan. 



1. 

ürbantschiisch , Ueber methodische Hörübd^gen (in „Die deutsche 
Klinik am Eingange des zwanzigsten Jahrhunderts in akademischen Yor- 
lesungen'S herausg. von v. Leyden u. Klemperer); bei Urban u.Schwar- 
zenberg; Berlin and Wien 1901. 

Den UrbantBchitsch'schen HörAbungen ist von vieler Seite mit einem 

f rossen Skepticismus entgegengetreten. Diesen Skeptikern empfehlen wir die 
lectüre dieses Vortrags; sie werden sich überzeugen, dass jenen humanitären 
Bestrebungen des Verfassers mehr wie ein Körnchen Wahrheit innewohnt. 
In der Einleitung geht Verfasser von der Thatsache aus, dass bei sonst glei- 
cher Hörf&higkeit das Hören von der Pflege und Ausbildung abh&ngig ist, 
die wir auf die Üörempfindnngen verwenden, „und so ist das Hören gewisser- 
maassen als eine Fertigkeit zu betrachten, die durch Uebung und Aufmerk- 
samkeit weiter gefördert werden kann. Ein gut hörendes Ohr erhält gewöhn- 
lich starke Schalleindrücke und damit reichliche akustische Anregung, die 
seine Ausbildung leicht ermöglichen. Bei aboehmender Hörfähigkeit findet 
dagegen theils ein von dem Grade der Schwerhörigkeit abhängiges, erschwer- 
tes Hörverständnlss statt, theils ein Entfall verschiedener, bei einem gut 
hörenden Ohr sonst auftretender Gehörsemptindungen und damit eine einge- 
schränkte akustische Uebung. Dazu tritt häufig noch die zunehmende Gleich- 
gültigkeit der Schwerhörigen gegen die verschiedenen Gehörseindrücke, da 
diese der früher gewohnten Sicherheit entbehren, und ihr Erkennen besondere 
Mühe erheischt. So wird die Hörschwäche durch Mangel an akustischer An- 
regung und Aufmerksamkeit, sowie durch Theilnahmlosigkeit noch weiter 
verschlimmert, und immer mehr und mehr umfängt den Schwerhörigen eine 
lähmende Stille'*. Als Aufgabe der Hörübungen bezeichnet es Verfasser: »Sie 
sollen den Schwerhörigen aus seinem akustischen Stumpfsinn aufrütteln, die 
damiederliegeude Aufmerksamkeit auf Höreindrücke beleben, das bestehende 
Gehör ausbilden und verfeinern und ein geschwächtes Gehör wieder stärken.*" 
Die Erfolge, über welche Verfasser an der Hand einer Reihe von Kranken- 
geschichten berichtet, sind dadurch zu verstehen, dass in vielen Fällen das 
klinische Bild der Schwerhörigkeit, resp. Taubheit viel weniger bedingt ist 
durch eine Schädigung des physischen als psychischen Hörens (sensorielle 
Störungen beim Verstehen von Sätzen und Wörtern, verzögertes Eintreten 
von Gedächtnissbildern u. a.) , und dass jene Schädigungen durch die Hör- 
übungen bis zu einem gewissen Grade ausgeglichen werden können. Wir 
sehen mithin, dass des Verfassers Bestreben nicht illusorisch ist, son- 
dern dass derselbe durchaus auf dem festen Boden des wissenschaftlich Er- 
wiesenen stehen bleibt. Freilich theilen wir, und zwar auf Grund der Kranken- 
geschichten des Verfassers selbst, nicht seinen Optimismus, dass die Hör- 
übungen von wirklich praktisch bedeutungsvollem Erfolge b^leitet sein 
werden, glauben vielmehr, dass die erzielten Erfolge sich immer in beschei- 
denen Grenzen halten werden. Grüne rt. 



XV. Wissenschaftliche Rundschau. 123 

2. 

A. Jansen, Die Entzündungen des Mittelohrs und ihre Behand- 
lang (in „Die deutsche Klinik am Eingänge des zwanzigsten Jahrhunderts 
in akademischen Vorlesungen''« herausg. von v. Leyden und Klemperer); 
bei Ürban und Schwarzenberg, Berlin und Wien 190 1. 

Verfasser beschreibt im t. Gapitel die acute Mittelohrentzandung und 
-Eiterung, im 2. den Tubenkatarrh und exsudativen Paukenhöhlenkatarrh, 
im 3. die chronische Mittelohreiterung. Die Beschreibung ist fliessend and 
erschöpfend und trägt überall den Stempel reicher persönlicher Erfahrung des 
Autors. Auf einzelne Punkte sei besonders hingewiesen. Zunächst seine 
Stellungnahme zur Paracentese, welche wir deshalb hervorheben, weil der 
Werth derselben neuerdings in einer mit dem chirurgischen Denken nicht in 
Einklang zu bringenden Weise wiederholt herabgesetzt worden ist. »Wenn 
man, sagt Verfasser, vielfach Zeuge gewesen ist der grossen Erleichterung, 
welche die Kranken sofort nach dem Durchbruch des Trommelfells erfahren 
haben, so kaun man seine Aufgabe nicht darin suchen, den Spontandurch- 
brach zu verhüten und die künstliche Perforation nach Möglichkeit einsu- 
schr&nken» ja womöglich ganz zu vermeiden.'' Seinen Standpunkt zu der 
so modern gewordenen sogenannten trockenen Reinigung des Ohres in Fällen 
von Ohreiterung kennzeichnet er folgendermaassen: »Ich kann mich nicht 
denea beigesellen, welche die Spülungen auf die Proscriptionsliste gesetzt 
haben, erblicke vielmehr in dieser Methode der Reinigung die schonendste, 
die schonend auch für den Kranken insofern ist, als er nicht täglich vom 
Arzte besucht zu werden oder zum Arzt zu gehen braucht, und bei einer 
profusen Eiterung wohlthuender, als wenn er die ganze Menge Eiters während 
24 Stunden im Gehörgaagstampon und in dem nur ungenügend aufsaugenden 
Verbände mit sich herumtragen muss.** Die Bluten tziehnngen und Eisbeutel 
will Verfasser im schmerzhaften Stadium des acuten Katarrhs durch heisse 
Umschläge ersetzt haben: „Von Leiosamenmehl wird ein Brei gekocht, der 
Brei in ein kleines Tuch eingeschlagen, um dieses kleine Päckchen kommt 
eine Hülle von Billroth battist oder Wachstaffet. Je nach dem Sitze der 
Schmerzhaftigkeit wird der Umschlag auf oder hinter die Ohrmuschel gelegt. 
Die Ohrmuschel schützt man vor dem Verbrennen durch Bedecken mit Watte. 
Der Umschlag bleibt 20 — 30 Minuten warm, wird dann durch einen frischen 
ersetzt.** In der Nacht soll der Umschlag ersetzt werden durch einen Priess- 
nitzumschlag von 3 — bproc. essigsaurer Thonerde. Zur localen Anästhesie 
zwecks Ausführung der Paracentese empfiehlt Jansen, einen in 10 proc. Co- 
cainlösung (Spiritus und Anilinöl zu gleichen Theilen) getränkten Wattebausch 
für die Dauer einer Viertelstunde gegen das Trommelfell zu drücken. Voo 
grossem Interesse ist folgender Passus: „Auch wenn wir durch die Lumbal- 
punction Eiter nachgewiesen haben, so sollen wir nicht alle Hoffnung auf- 
geben. Ich verfüge über eine Reihe von Fällen (etwa 6), bei denen nach 
Entfernung des Eiterherdes im Mittelohr und im Warzenfortsatze, nach Aus- 
schaltung einer Sinusthrombose oder einer Labyrintheiterung eine eitrige 
Cerebrospinalmeningitis (durch Lumbalpunction nachgewiesen) zur Ausheilung 
gekommen ist**. In unverständlichem Widerspruche zu dieser Auffassung 
schreibt er sonderbarer Weise einige Zeilen weiter: „Nur die sicher nach- 
gewiesene diffuse eitrige Meningitis giebt eine absolute Contraindication ab*", 
d. h. gegen die Vornahme der Mastoidoperation. Was die semiotische Be- 
deutung der Perforationen der Membrana Shrapnelli bei chronischen Eite- 
rungen anbetrifft, so steht Verfasser auf dem Boden der Anschauung der 
Halle*schen Ohrenklinik. An dieser Stelle mag hervorgehoben werden, dass 
aus Verfassers Darstellung über die Beziehung jener Perforationen zur Ge- 
hörknöchelchen caries hervorgeht, dass er seine früher ausgesprochene Mei- 
nung, die als charakteristisch für Hammer-, resp. Ambosscaries bezeichnete 
Lage der Perforation am oberen Pol werde „häufig bei gesunden Gehör- 
knöchelchen gefunden** (vgl. dieses Arch. Bd. XLIII. S. 159 und Zeitsch. f. 0. 
Bd. XXXV. S. 162), corrigirt hat. 

Bemerkungen des Referenten: 

Wenn auch die Schrift des Verfassers für unsere Leser nichts wesent- 
lich Neues bringt, so ist dieselbe doch von Interesse, weil der Verfasser an 



124 XV. Wissenschaftliche Rundschau. 

die herrschenden theoretischen wie praktischen Anschauungen über die ein- 
schlägige Materie den Maassstab seiner eigenen Erfahrung angelegt hat. Hier- 
durch hat die Darstellung naturgemäss eine gewisse subjective Färbung er- 
halten, welche indessen den Reiz der Leetüre eher erhöht als beeinträchtigt. 
Rühmend muss hervorgehoben werden, dass sich Verfasser nirgends durch 
modern gewordene Schi agworte blenden lässt, dass er niemals auf Grund theo- 
retischer Speculation andere von ihm selbst bewährt gefundene Behandlungs- 
methoden aufgiebt. Das zeigt er z. B. in seiner oben skizzirten Stellungnahme 
zur Frage der Paracentese sowie auch zur Frage der ^ trockenen* Reinigung 
des eiternden Ohres. Wir theilen im Allgemeinen seine Anschauungen sowohl 
nach der Seite der Theorie wie des praktischen Handelns, weichen aber in 
folgenden Punkten von seiner Auffassung ah: 1. in Hinsicht auf die geringe 
Werthschätznng, welche er Blutentziehungen und der Anwendung der Eisblase 
bei der Therapie des acuten Katarrhs entgi^enbringt, welche er ja, wie oben 
beschrieben, durch heisse Umschläge ersetzt 'haben will; diesem Vorschlage 
in seiner Verallgemeinerung müssen wir durchaus opponiren. Ks 
kommt gerade hier auf den einzelnen Fall an; in dem einen Falle ist die An- 
wendung des Eisbeutels das zweckmässigste Mittel, die Anwendung der heissen 
Umschläge dagegen contraindicirt, in anderen Fällen wieder wird den heissen 
Umschlagen vor dem Eisbeutel der Vorzug zu geben sein; 2. in Hinsicht auf 
seine ablehnende Haltung den Durchspülungen durch den Katheter gegenüber; 
3. hinsichtlich seiner Meinung von der Entbehrlichkeit der kaustischen Lapis- 
behandlnng in der Therapie der chronischen Mittelohreiterung. Wir sind der 
Meinung, dass die scheinbare Nutzlosigkeit der letzteren, von Seh war tze in 
die Therapie eingeführten Behandlungsmethode besonders darauf zurückzu- 
führen ist, dass äre Anwendung oft über den Rahmen der von Schwärt ze 
genau präcisirten Indicationen hinaus ausgedehnt worden ist. Grunert. 



3. 

Hinsher g, Ueber Labyrinth ei terungen. Breslauer Habilitationsschrift, 
bei J. F. Bergmann. Wiesbaden 1901. (Separatabdruck aus Z. f. O., 
Bd. XL, S. 117—203.) 

Verfasser hat es unternommen, auf Grund der ziemlich reichhaltigen, 
aber sehr zerstreuten Literatur sowie einer Anzahl interessanter Beobachtun- 
gen aus der Breslauer Ohrenklinik den jetzigen Stand der Lehre von den 
Labyrinth eiterungen zu skizziren. Wenn das gewonnene Bild uns auch noch 
viele Lücken unseres Wissens und Könnens zeigt, so wird doch der Hinweis 
auf die Probleme, welche der Lösung noch harren, insofern fördernd sein für 
den wissenschaftlichen Ausbau der in Rede stehenden Lehre, als er dazu 
anregen wird, in Zukunft etwas systematischer auf diesem Gebiete zu arbei; 
ten, als es bisher geschehen ist. Im 1. Kapitel wird in erschöpfender Weise 
die Aetiologie der Labyrintheiterungen besprochen. Das zweite, der patho- 
logischen Anatomie gewidmete Gapitel, zeigt uns, wie lückenhaft im Allge- 
meinen unser Wissen noch in der Hinsicht ist, unter welchen Bedingungen 
es zur isolirten Erkrankung einzelner Labyrinthabschnitte bei völligem In- 
tactsein des übrigen Labyrinthes kommt. Der vom Verfasser aas der Bres- 
lauer Klinik mitgetheilte diesbezügliche Fall bedeutet ebenfalls nur eine quan- 
titative Bereicherung der Casuistik. Der 3. Abschnitt umfasst die Symptoma- 
tologie. Im 4. Abschnitt werden Verlauf und Ausgänge der Labyrintheiterungen 
beschrieben. Verfasser kommt bei der Besprechung der von den Labyrinth- 
eiterungen aus inducirten intracraniellen Eiterungen zu dem Resultat, dass 
die FortleituDg entlang den Nervenbahnen viel häutiger zu erfolgen scheint, 
als die Infection auf den anderen Wegen zusammengenommen. Aus dem der 
Diagnose gewidmeten 5. Gapitel sei der Hinweis des Verfassers hervorgehoben, 
dass Bogengangfisteln leicht durch kleine pneumatische Zellen in der Gegend 
des Bogengangwulstes vorgetäuscht werden können, sowie auch, dass oft mit 
Sicherheit nicht leicht entschieden werden kann, ob eine Fistel in den Bogen- 
gang oder in den Facialiskanal führt. (Diese Thatsachen kann Referent auf 
Grund seiner Erfahrungen in der Schwartze'schen Klinik vollauf bestä- 
tigen.) Das 6. Capitel handelt von der Therapie und Prognose. Wir theilen 



XV. Wissenschaftliehe Rundschau. 125 

den Standpunkt des Verfassers, dass wir die gutartigen Formen von Laby- 
rintheiterung nicht von den bösartigen zu unterscheiden vermögen, und dass 
man daher jede Labyrintheiterung als sehr gefährlich betrachten muss. £ine 
Anzahl beigefügter Krankengeschichten, Labyrinthoperationen betreffend, 
können, so bemerkenswerth einzelne sind, hier im Einzelnen nicht referirt 
werden. Verfasser erörtert schliesslich an der Hand der bisherigen in der 
Literatur niedergelegten Erfahrungen den therapeutischen Werth der opera- 
tiven Eingriffe am Labyrinth, dabei die bisher gewonnenen Erfolge in kriti- 
scher Weise gegenüber den auf Conto der Operation selbst zu setzenden Ge- 
fahren (Lösung von schützenden Adhäsionen, Mobilisirung von im Labyrinth 
deponirten virulenten Keimen u. A.) abwägend. Obwohl er sich von jedem 
Optimismus in der Beurtbeilung der einzelnen einschlägigen Fälle fernhält, 
kommt er doch zu dem Resultat, dass die Eröffnung des Labyrinthes einen 
durchaus berechtigten Eingriff darstellt, und dass die bisherigen Erfolge zu 
weiteren Versuchen ermuntern**. Was die Operationstechnik anbetrifft, welche 
durch instructive Skizzen erläutert wird, so wird der Fraise dem Meissel 
gegenüber der Vorzug gegeben. Die Technik selbst ist die folgende: 

1. Radicaloperation. Dabei ist der mediale Theil des Facialissporns 
soweit als irgend möglich zu entfernen; durch möglichst ausgiebige Abtragung 
seines lateralen Theiles wird die Gegend der Fenestra ovalis bedeutend über- 
sichtlicher gemacht. In zweiter Linie ist die Freilegung des Recessus epi- 
tympanicus von Wichtigkeit. Dieselbe wird erreicht durch theilweise Abtra- 
gung der oberen Gehörgangs wand und eventuell durch möglichste Verdünnung 
des Tegmen tympani. 

2. Freilegung der Fenestra ovalis und eventuell, wenn Eröffnung der 
Schnecke beabsichtigt ist, Abtragung des Promontoriums. Dabei ist an die 
von Grub er und Körner beschriebene Abnormität im Verlauf des Garotis- 
canals zu denken. 

3. Unter Leitung einer von der Fenestra ovalis eingeführten Sonde Er- 
öffnung des Vestibulums vom horizontalen Bogengang aus und zwar, wenn es 
die räumlichen Verhältnisse gestatten, von vorne oben her, sonst von hin- 
ten her. Grunert. 



4. 

Kreibig, Die fünf Sinne des Menschen. (Aus Natur und Geisteswelt. 
Sammlung wissenschaftl.-gemeinverständlicher Darstellungen aus allen Ge- 
bieten des Wissens. 27. Bändchen.) Leipzig 190L Bei B. G. Teubner. 

Der Hörsinn ist in populärwissenschaftlicher Weise von S. 52 bis 79 
dargestellt. Wir weisen auf die Darstellung hin, weil die Lehre von der Aku- 
stik in einer so klaren Weise dargestellt ist, wie sie manchem Lehrbuch der 
Physik und Sinnesphysiologie zur Ehre gereichen würde. Grunert. 



5. 

Spira, lieber Erschütterung des Ohrlabyrinthes (Commotio laby- 
rinthi). Klinische Vorträge aus dem Gebiete der Otologie und Pharyngo- 
Rhinologie, herausg. von Prof. Dr. Haug- München. 5. Band, fleft 1. 
Jena 1901, bei G. Fischer. 

Verf. hat die reichhaltige Literatur eingehend verwerthet und ein Bild 
von der Lehre der Ohrlabyrintherschütterung skizzirt, welches wir als ein 
gelungenes bezeichnen können, auch wenn wir nicht mit allen Meinungs- 
äusserungen des Verf. einverstanden sind; hervorheben wollen wir, dass er 
der Erklärung der Erschütterungsphänomene die Neuronenlehre zu Grunde 
zu legen versucht hat. Grunert. 



136 XY. WissenBchafiliche Randschau. 

6. 

Piffl^ Ein Fall Yon durch Operation geheiltem otitischen Hirn- 
abscess. Wiener klin. Wochenschr. 1901. Nr. 16. 

Linkss. Schl&fenlappenabscess bei einem 6jährigen M&dchen, dessen 
Symptome sich in der zweiten Woche nach der Totalaufmeisselung entwickel- 
ten. Der Fall ist, was die Entwicklung der allgemeinen und Herdsymptome 
anbetrifft, als Schulfall zu bezeichnen. Ausgang in Heilung. Bemerkens- 
werth ist^ dass der Verf. den Abscess nur ?on der Schädelbasis aus eröffnet 
hatte, weil ein starker Gollaps weitere operative Maassnahmen unmöglich 
machte Er hat übrigens solche Schwierigkeiten bei der Nachbehandlung ge- 
habt, dass er auf Grund dieser Erfahrung für die Anlegung einer Gegenöffnung 
in der Schläfenbeinschuppe plaidirt. Grunert. 



7. 

Heeht, Die Heissluftbehandlung bei chronischen Mittelohreite- 
rungen. MOnch. med. Wochenschrift. 

Ausc[ehend von der einschlägigen Literatur beschreibt Verf. seine eigenen 
diesbezüglichen Versuche. £r hat zu denselben das Holländer'sche, zum 
Zweck der Lupusbehandlung construirte, Heissluftgebl&se in der Weise modi- 
ficirt, dass er durch eine Metallcanüle die Luft direct in die Paukenhöhle 
bringt. Den Nutzen dieser Therapie erblickt Verf. darin, dass t) durch die 
möglichst beste Austrocknung der Paukenhöhle der Nährboden für die Ent- 
wicklung der Bakterien verschlechtert wird, 2) dass durch das Einströmen 
heisser Luft in die Paukenhöhle eine wenn auch nur transitorische, active 
Hyperämie mit ihren sanitären Folgezuständen hervorgerufen wird. Verf. 
ist mit der Beurtheilung des therapeutischen Werthes dieser Methode auf 
Grund seiner bisherigen Erfahrungen sehr zurückhaltend und verfolgt nur den 
Zweck, diese Methode den CoUegen zur Prüfung zu empfehlen. Grunert. 

8. 

Denker^ Hühnereigrosser otogener Hirnabscess, extraduraler 
und s üb periostaler Abscess in der Schläfengegend, durch Ope- 
ration geheilt. Deutsche med. Wochenschr. 1901. Nr. 2. 

7 jähriges Mädchen mit acutem Recidiv einer chronischen rechtsseitigen 
Mittelohreiterung. Starke, nicht genau localisirte Kopfschmerzen, locale 
Schmerzempfindlichkeit in der Schläfengegend, Erbrechen, Pulsverlang- 
samung kurz vor der Operation. Schwankender Gang, Herabsetzung der 
geistigen Regsamkeit, die später in Theilnahmlosigkeit und Somnolenz über- 
ging. Neuritis optica auf der kranken bei normaler Papilla n. optici auf der 
gesunden Seite. An Herdsymptomen war nur eine partielle Oculomotorius- 
lähmung vorhanden — rechtsseitige Mydriasis ohne Ptosis. — Ausserdem 
bestand unwillkürliche Urinentleemng. Die Operation stellte ein zerfallenes 
Cholesteatom fest mit Osteosklerose des das Antrum umgebenden Knochens. 
Eine Communication mit der Schädelhöble bestand nicht. Die mittlere Schädel- 
grube wurde von der Schuppe aus sowie durch Fortnahme des Tegmen adi- 
tus et antri freigelegt. Zwischen Knochen und der schmutzig verfärbten mit 
Granulationen leicht bedeckten Dura quoll etwa ein Theelöffel stinkenden 
Eiters hervor. Weiterhin wurde ein etwa 70—80 ccm fötiden Eiters enthal- 
tender, mit einer dünnen Membran ausgekleideter, Schläfenlappenabscess ent- 
leert. Ausgang in Heilung mit vollständigem Zurückgehen aller durch die 
intracranielle Complication bedingt gewesenen Symptome. Auch das ursäch- 
liche Ohrenleiden wurde geheilt. Grunert. 

9. 

Eitetberg, Glossen zur operativen Behandlung der eitrigen Mittel- 
ohrentzündung. Wiener medicinische Blätter. 190t. Nr. 29. 

„Ich selbst habe vor mehreren Jahren ein tragisches Ereigniss miterlebt, 
das sich unauslöschlich in mein Gedächtniss eingegraben hat. Das Opfer 



XY. Wiasenschaftliche Bondschftu. 127 

war ein tSijftbriges, blühend schönes Mädchen. Wegen einer acuten eitrigen 
Mittelohrentzündung, welche ihm im Uebrigen keine Beschwerden verursachte, 
wurde es ambulatorisch behandelt Nun war im weiteren Verlaufe eine un- 
bedeutende Granulation aufgeschossen. Ein junger, noch unerfahrener Col- 
lege beeilte sich, dieselbe mit an das Köpfchen einer Silbersonde angeschmol- 
zener Chroms&ure „energisch** au fttzen. Sofort stellten sich Gehirnreizerschei- 
Dungen ein, und 8 Tage sp&ter weinten die bedauernswerthen Eltern an der 
Bahre ihres Jiieblings*^ Piese und ähnliche lebenswarme Schilderungen, 
welche uns Verf. giebt, werden aar Folge haben, dass sein empfundener „Ehr- 
geiz'*, durchwegs gelesen zu werden, befriedigt werden wird. Mit voller Ueber- 
leugung stimmen wir mit der Ansicht des Yerf. überein, dass Göttinnen 
nicht im Contor, sondern auf dem Olymp zu thronen haben. Grün er t. 



10. 

Eitelberg, Die psychische Beeinflussung als unterstützendes Mo- 
ment bei der Behandlung Ohrkranker. Wiener med. Presse. 1901. 
Nr. 29. 

„Dass der Gegenstand, an den ich mich jetzt heranwage, besonders 
heikler Natur ist, bin ich mir vollkommen bewusst. Man bewegt sich da 
fortwährend knapp am Bande eines gefährlichen Abgrundes. Ein kleiner 
Fehltritt, und stracks liegt man mit zerschmettertem Verstände in der unheil- 
grinsenden Schlucht des Mysticismus. Glücklicherweise mangelt mir jedwede 
Fälligkeit zur Lösung von Problemen der vierten Dimension.*' Diese Ein- 
leitung erregte in uns die Lust, nachzusehen, ob Verf. mit zerschmettertem 
Verstände in die unheilgrinsende Schlucht des Mysticismus gestürzt seh wir 
konnten aber mit Freude constatiren, dass er sich nicht „vom Dämon Eitel- 
keit hat in*8 metaphysische Dickicht locken lassen**. Wie weit er indess 
dieses Dickicht gestreift, das zu entscheiden, mag dem Scharfblick unseres 
Lesers überlassen bleiben. Grün er t. 



11. 

Peltesohn, Ueber die Angina lacunaris des Nasenrachenraums. 
Sammlung zwangloser Abhandlungen aus dem Gebiete der Nasen-, Ohren-i 
Mund- und Baiskrankheiten. Herausg. von Bresgen. V. Bd. Heft 5. 

Ausgehend von der Anatomie des Nasenrachenraums beschreibt Verf. 
Pathologie und Klinik der Angina lacunaris der Bachenmandel, immer die 
entsprechende Erkrankungsform der Gaumenmandeln in Parallele ziehend. 
Wenn er auch die sichere Diagnose der in Bede stehenden Krankheit nur 
mit Hilfe der Postrhinoskopie für möglich hält, so betont er jedoch die wich- 
tige diagnostische Bedeutung der ohne Einführung des Rachenspiegels sicht- 
baren mit geschwollenen Follikeln besetzten, entzündlich gerötheten und ge- 
schwollenen Seitenstränge. Im Gegensatz zu der relativen Häufigkeit der 
sich an die lacunäre Entzündung der Gaumenmandeln anschliessenden periton- 
sillitischen Abscesse hält er die Bildung von Abscessen in dem Bindegewebe 
der Umgebung der BaohenmaDdel nur für wahrscheinlich vorkommend. Verf. 
giebt an, nur einen einzigen Fall dieser Art bei einem Erwachsenen gesehen 
zu haben. „Derselbe verlief sehr merkwürdig und führte zu einer äusserst 
schmerzhaften Entzündung der zwei ersten Wirbel und des Atlanto-occipital- 
Gdenks**. Grün er t. 

12. 

Treitel, Ueber functionelle Herabsetzung der Hörfähigkeit. Neu- 
rologisches Centralblatt. 1901. Nr. 15. 

Ausgehend von der Differenz der subjectiven Hörfäbigkeit und der ob- 
jectiv festgestellten Hörweite, deren Ursache bei Kindern zuweilen auf unge- 
nügender Aufmerksamkeit beruht, welche indess bei Erwachsenen auch trotz 
vorhandener Aufmerksamkeit nicht selten bei den verschiedensten Ohrer- 
kraÄkungen vorkommt, bespricht Verf. unter Berücksichtigung der ein- 



128 XY. WiBsenschaftlicbe Rundschau. 

schl&gigen Literatur die Eigentbamlichkeiten der hysterischen Hörstörnngen and 
kommt im Gegensatz zu anderen Autoren wie z. B. Gradenigo, welche 
meinten, ans dem Ausfall der qnalitati?en Hörprüfung bestimmte Scblasse 
auf die hysterische Natur derselben ziehen zu können, zu dem Resultat, dass 
man sich 'bei der Beurtheilung einer Hörstörung mehr an allgemeine die 
Hysterie kennzeichnende Erscheinungen halten masse. Nur den auffallen- 
den spontanen Schwankungen im Gehör von grösserem Umfange misst er 
eine wichtige diagnostische Bedeutung bei. Er erwähnt ein interessantes Ex- 
periment, welches er an einer hypnotisirten Dame gemacht hat, und welches 
uns das Yerst&ndniss der hysterischen, ieder Hörprüfung sich entziehenden 
und den Gesetzen derselben spottenden Hörstömug n&her bringt. Verf. giebt 
uns ausserdem in seiner kurzen aber sehr lesenswerthen Abhandlung zwei 
eigene Beobachtungen, denen ein kurzes Referat nicht gerecht zu werden 
vermag und welche daher besser nachgelesen werden. Grunert. 



13. 

Deneh, The Advisability of Early Operative Intervention in 
Acute Mastoiditis. Report of a Gase. Ifew York Medical Journal for 
Octobre 19, 1901. 

Yerf. moUvirt seine Mittheilung mit der „Einzigartigkeit'' des von ihm 
beobachteten Falles. FQr unsern deutschen Leserkreis sind derartige F&Ue, 
in welchen nach einem l&ngeren Latenzstadium und nach Abheilung des 
acut entzündlichen Processes in der Paukenhöhle sich ausgedehnte Zerstörung 
im Warzenfortsatz findet, aus der Literatur wohl bekannt. Schon vor Jahren 
ist darauf hingewiesen worden, dass diese Eigenthümlichkeit des Verlaufes 
besonders h&ufig bei Pneumokokkenenotitiden angetroffen wird. Grunert. 



14. 

Deneh^ The Result of the 8urgical Treatement of Inflammation 
of the Mastoid Process. Journ. Americ. Med. Association. March2, 
1901. 

,,Unter 273 operirten Fällen konnte nicht in einem einzigen der Tod 
auf die Operation bezogen werden. F&Ue, welche schon vor der Operation 
an intracraniellen Gomplicationen litten, sind natürlich von dieser Liste ans- 
geschlossen/' Den Beweis, dass die F&lle schon vor der Operation an Er- 
krankungen des Sch&delinhalts litten, bleibt uns Verf. schuldig ; nicht einmal 
die Zahl dieser als tödtiich verlaufenen F&lle nennt er uns. Grunert. 



15. 

Finkj Die Behandlung der Ohreiterungen durch den praktischen 
Arzt. Berlin-Sadeade und Leipzig, bei Vogel u. Kreienbrück. 

Die kleine fliessend und prägnant geschriebene, für unsern Leserkreis 
nichts Neues bietende Schrift ist der löblichen Absicht entsprungen, „dem 
praktischen Arzt ein Wegweiser bei der Behandlung der Ohreiterungen sein 
zu wollen**; uns jedoch fehlt der Glaube an den erhofften Erfolg, werden doch 
in der Schrift zu viel Kenntnisse in der Otoskopie beim allgemein prakti- 
cirenden CoUegen vorausgesetzt. Glaubt denn der Herr Verf., dass der prak- 
tische Arzt an der Hand der Indicationen für die „Radicaloperation, wie sie 
der Altmeister Politzer in dem letzten internationalen Otologencongress 
begründet*^ wirklich in der Lage ist, zu entscheiden, ob diese Indicationen 
vorliegen? ^ Grunert. 

16. 

Dench, The Diagnosis and Treatment of Mastoiditis. Journ. of 
the American Medical Association. July 27. 1901. 

Der kurze Artikel des Verf. enthält nur Bekanntes. Von Interesse ist 
für unseren Leserkreis höchstens die Angabe, dass Verf. unter 316 Mastoid- 



XV. Wissenschaftliche Raadschau. 129 

Operationen 14 Todesfälle gehabt hat. Davon starben t an Gesichtserysipel, 
1 an septischer Pneumonie, t an acuter Nephritis, 1 an Diabetes, 1 an Ma- 
rasmus. In allen anderen Fällen waren intracranielle Gomplicationen die Todes- 
ursache, welche eintraten „before the mastoid Operation was done''. 

Grunert. 

n. 

Dench, Report of Three Cases of Ligation of The Internal 
Jugular for Septic Thrombosis, Foliowing Puruient Otitis 
Media. — Recovery. Archives of Otol. Vol. XXIX. Nr. 6. 1900. 

Im ersten der drei F&lle ist bemerkenswerth, dass die py&mischen Sym- 
ptome 4 Tage nach der Gehörknöchel chenentfernang und dem Gebrauch des 
scharfen Löffels in der Paukenhöhle, wobei eine breite Dehiscenz am Boden 
der Paukenhöhle mit Prolaps des Bulbus venae jugularis entdeckt wurde, auf- 
traten. Die beiden anderen Fälle bieten nichts Bemerkenswerthes dar. Nicht 
Bailance war der Erste, welcher die Jugularisunterbindung aasgefahrt 
hat, diese Ehre gebührt vielmehr Zaufal. Grunert. 



18. 

Detich, The Importance of the Early Recognition of an Inflam- 
mation of the Middle Ear by the General Practitioner. Transact. 
of the Med. Soc. of the State of New York. 1900. 

Enthält nur allgemein Bekanntes. Grnnert. 



19. 

€. R, Holmes and ff. S, GarUck, Accidents Attending Adenoid Ope- 
rations. The Laryngoscope. St. Louis. May 1901. 

Bericht über zwei Fälle, bei denen bei der Adenoidoperation der Ring 
des Gottstein 'sehen Messers zum Theil abbrach. In dem einen Falle 
wurde das im Schlund festsitzende Stück mittelst des Fingers und Zange mit 
Mühe und Noth entfernt, im anderen wurde es verschluckt und entleerte sich 
nach 3 Tagen per vias naturales. Grunert. 



20. 

Bulletin de la Society Beige d'Otologie, de Laryngologie et de 
Rhino logie. Sixiöme Ann^e. Bruxelles 1901. 

Der Bericht giebt zunächst eine Anzahl von Gedächtnissreden auf 
C. Delstanche, welche anlässlich der Aufstellung der Büste desselben, im 
Hospital St. Jean in Brüssel, von verschiedenen Aerzten gehalten worden 
sind. Aus allen diesen Ansprachen geht deutlich hervor, welcher Werth- 
schätzung als Mensch und als Arzt sich der Verstorbene erfreut hat. — Was 
die wissenschaftlichen Gegenstände anbetrifft, welche in den einzelnen Sitz- 
ungen verhandelt worden sind, so beschränken wir uns bei der Wiedergabe 
auf das Referat des otologischen und rhinologischen Theiles. 

M. Capart (fils): Quelques cas de Chirurgie de l'oreille 
Ein Fall von ausgedehntem Cholesteatom, welcher indess nichts Bemerkens- 
werthes enthält, wird ausführlicher mitgetheilt. 

M. H. Huybreghs; Pseudomastoidite suppur^e. Nichts Be- 
merkenswerthes darbietender Fall von Cholesteatom. 

M. Labarre: Thrombo-phlöbite du sinus lateral reconnue 
^ Tautopsie. Das demonstrirte Präparat entstammt einer 30jährigen Frau, 
welche an einem „schweren typhoiden Fieber'' gelitten hatte, und bei welcher 
erst durch die Autopsie als Ursache jenes Fiebers ein infectiöser Thrombus 
im Sinus lateralis aufgedeckt wurde. 

Delsaux: Seringue aseptique pour Toreilie. Delsaux 
spricht sich gegen die sogenannte trockne Behandlung der Ohreiterungen aus. 
Nach verschiedenen mehr oder weniger fehlgeschlagenen Versuchen, eine 

Aichiy f. Ohrenheilkunde. LV. Bd. 9 



130 XV. WisseDSchaftliche Rundscbau. 

ObreDspritze za eoDstrnireD, welche dnrcb das Aoskocbeo nicht undicht wird, 
bat er BcbliessUch eine modificirte Spritze von Delstanche ais zweckmässig 
schätzen gelernt. Dieselbe besteht nur aus zwei Stücken, einem Metall cy linder 
und einem Metallkolben. Durch das Auskochen würden die reciproken Durch- 
messer des Kolbens und des Cylinders nicht mehr geändert, als bei der Sterili- 
sation im Trockenraum. 

M. Broeckaert: Accideuts rhumatismaux h la suite de 
Top^ration des v^g^tations adenoides. Dass der acute Gelenk- 
rheumatismus in vielen Fällen durch eine infectiöse Angina eingeleitet wird, 
and dass daher der Gedanke nahe liegt, in dem Hals die Eingangspforte für 
die rheumatische Infection für viele Fälle zu suchen, ist längst bekannt. 
Aus der fieobachtung, welche uns Br. mittheilt, scheint hervorzugehen, dass 
die zum acuten Gelenkrheumatismus führende Infection auch vermittelt werden 
kann durch Verletzungen der Schleimhaut, wie sie bei der Adenoidoperation 
unvermeidlich sind. Dass die in diesem Falle im Anschluss an die Adenoid- 
entfemung aufgetretene Erkrankung wirklich echter Gelenkrheumatismus 
und nicht etwa eine metastatische Pyämie gewesen ist, geht aus der Schilde- 
rung des Falles mit Sicherheit hervor. 

M. Gaudier (Lille): Notes zur l'emploi du gaz ozyg^ne 
dans le traitement de certaines otites moyennes chroniques 
suppur^es. Verf. will das Sauerstoffgas nur angewandt wissen in frischen 
wie alten Ohreiternngen mit grosser Perforation, bei denen keine Knochen- 
erkrankung der Paukenhöhlenwände vorhanden ist und die Nebenhöhlen der 
Paukenhöhle an der Eiterung nicht betheiligt sind. Das Gas wird sowohl 
durch den Gehörgang als auch durch den Katheter in die Paukenhöhle ge- 
bracht. Die Einwirkung des Gases dauert 5 Minuten. Der für das Ein- 
strömenlassen des Gases durch den Gehörgang nothwendige Apparat ist ein- 
gehend geschildert. 

M. Buys: Absc^s c^r^bral otique. Chronische linksseitige Eiterung 
bei einem 11jährigen Patienten. Doppelseitige Stauungspapille, rechts aus- 
gesprochener als links. Keine LäbmungserBcbeinungen, Puls 60, unregel- 
mässig. Zunächst Totalaufmeissluug und Eröffnung eines perisinuösen Ab- 
scesses. Nur vorübergehende Besserung des Allgemeinzustandes. Mit Rück- 
sicht auf die bei der Totalauf meisseluog gefundene Eiterung in der hinteren 
Schädelgrube wurde auf einen Kleinhirnabscess gefahndet, indessen aber dasKlein* 
hirn erfolglos punctirt. Als 3 Tage später sich eine rechtsseitige leichte Facialis- 
parese bemerkbar machte, wurde V(in der Squama aus auf den linken Schläfen- 
lappen trepanirt und ein 150 g fötiden Eiters enthaltender Schläfenlappen- 
abscess entleert. Zur Zeit der Mittheiluog lebte das Kind, indessen l&sst 
dieser Umstand noch keinen Schluss in Bezug auf das Endresultat zu, da 
B. bereits vier Tage nach der Abscessoperation über den Fall berichtet bat. 

Wenn wir aus dem Verhältniss der das Gebiet der Laryngologie be- 
treffenden Mittheilungen zu den otologischen, wie es uns in obigem Bericht 
entgegentritt, eine Scblussfolgerung auf das Interesse zu ziehen berechtigt 
sind, welches man in Belgien beiden Disciplinen entgegenbringt, so scheint 
der Schwerpunkt dieses Interesses nicht auf Seite der Otologie, sondern auf 
Seite der Laryngologie zu liegen. Grün er t. 



21. 

E, Amberg, A normal acoumeter. The Journal of the american medicäl 
association. Vol. XXXVI. Nr. 1. 

Der nach des Verfassers Angaben von Heele in Berlin hergestellte 
Apparat ist so constrnirt, dass eine Stahlkugel von einem bestimmten Ge- 
wicht aus einer bestimmten Höhe auf einen Metallklotz fällt. Die Hörprüfung 
findet in der Weise statt, dass entweder der Apparat in verschiedenen Ent- 
fernungen vom Ohr aufgestellt wird, bei gleichbleibender Fallhöhe der Kugel, 
oder dass an dem in einer bestimmten Entfernung vom Ohr stehenden In- 
strument die Fallhöhe der Kugel verändert wird. Ais besonderen Vorzug 
rühmt der Erfinder selbst, dass das Instrument nach Construction und Ma- 



Xy. WiBsenschaftliche Rnodschau. 131 

terial überall einheitlich hergestellt werden kann und in Folge dessen in der 
Hand der yerschiedensten Untersucher gleichmässige Resultate ermöglichen 
soll. Walther Schulze, Halle. 

22. 

A. Wiebe (Dresden), Ueber hysterische Taubheit. Deutsches Archiv 
für klin. Medicin. LXXI. 

Bringt die Beschreibung von drei Fällen von Hysterie des Gehörorgans, 
von denen der eine Fall eine rein hysterische Taubheit darstellt, während die 
beiden anderen mit Mittelohraffectionen combinirt sind. 

Nach der Ansicht des Referenten sollte man mit der Diagnose Hysterie 
gerade in denjenigen Fällen recht vorsichtig sein, wo Zeichen einer vorauf- 
gegangenen oder noch bestehenden organischen Erkrankung vorhanden sind. 
80 wird hier ein Fall als Hysterie bezeichnet bei einem Manne, welcher 
3 Monate vor der Untersuchung ein schweres Trauma (Verbrennung des Ge- 
sichts, Fall von der Treppe) erlitten hatte. £s blieben danach Schmerzen 
tief im Kopf. Vier Wochen nach dem Unfall plötzlich Stechen tief im Kopf 
und hochgradige Schwerhörigkeit. Schwitzcur. Elektrische Behandlung. Da- 
nach Besserung des Gehörs. Bald darauf völlige Taubheit auf beiden Ohren. 
3 Wochen lang fortgesetzte elektrische Behandlung ohne £rfolg. Unter- 
suchungsbefund: Beide Trommelfelle zeigen in der vorderen Hälfte eine Narbe. 
Es wird weder durch Luft, noch durch Knochenleitung gehört. Nystagmus 
und Blepharospasmus. Tod nach einem Jahre an einer „intercurrenten'' 
Krankheit. Keine Section. Ob nicht Folge des Traumas? 

Walther Schulze, Halle. 

23. 

Binsberffy U eb er den Inf ectionsmechanismus bei Meningitis nach 
Stirnhöhleneiterung. Verhandlungen der deutschen otologischen Ge- 
sellschaft, X. Versammlung, Breslau, 24. u. 25. Mai t901. 

Bei einem an doppelseitiger chronischer Stirn- und Kieferhöhleneiterung 
leidenden 26 jährigen Manne wurde wegen heftiger Schmerzen über dem rech- 
ten Auge die Eröffnung der rechten Stirnhöhle vorgenommen. Dieselbe ent- 
hielt Kiter und geschwollene Schleimhaut; cerebrale Wand anscheinend in- 
tact. 36 Stunden nach der Operation Tod an Meningitis. Bei der Section 
fand sich viel Eiter im Subduralraum der rechten vorderen und mittleren 
Schädelgrube, während die hintere Schädelgrube beiderseits und die linke 
vordere und mittlere Schädelgrube vollkommen frei waren. Die Dura der 
rechten vorderen Schädelgrube war von einer dicken eitrigen Fibrinschicht 
bedeckt. Das knöcherne Stirnhöhlendach sowie die Dura über demselben 
waren sehr hyperämisch. Die mikroskopische Untersuchung liess im Knochen 
zahlreiche Gefässe erkennen, die zum Theil die Stirnhöhlenschleimhaut mit 
der Dura Yerbanden; einzelne derselben waren thrombosirt. An der dem 
Stimhöhlendach entsprechenden Stelle der Dura fanden sich zwei kokkenhal- 
tige Herde, von denen der eine mit dem Subduralraum frei communicirte. 

Die Entstehung der Meningitis erklärt der Verfasser in der Weise, dass 
die Infection durch die erkrankten Khochengefässe auf die Dura fortgeleitet 
wurde, in welcher es zur Bildung kleiner Entzündungsherde kam. „ Der eine 
Herd blieb gegen den Subduralraum abgekapselt, der andere, wahrscheinlich 
ältere, dagegen durchsetzte die ganze Dura, anscheinend kam es zunächst zu 
Verklebungen zwischen Dura und Arachnoidea, die eine Infection des Sub- 
doralraums verhüteten. In diesem Zeitpunkt erfolgte die Operation, durch 
die bei derselben kaum vermeidlichen Erschütterungen wurden die Verkle- 
bangen zerrissen, und nun gelangten die Eitererreger frei in den Subdural* 
raom.** Demgegenüber verdient hervorgehoben zu werden, dass laut Sectious- 
bericht überhaupt keine Zeichen von Verklebungen zwischen Dura und 
Arachnoidea erkennbar waren. Wenn der Verfasser der durch den Meissel 
hervorgerufenen Erschütterung die Hauptschuld an dem ungünstigen Ausgang 
bdmisst, so möchte Referent doch bezweifeln, dass die Erschütterung bei 
▼orsichtigem Gebrauch des Meisseis derartig ist, dass dadurch „schützende 



132 XY. Wissenschaftliche Rundschau. 

Adbteionen'* gesprengt werden können. Hingegen möchte viel mehr als diese 
problematische und durch den angeführten Fall keineswegs bewiesene Meissel- 
erschtttterung die Gefahr einer Duraver letzung durch die Fraise zu 
farchten sein, welch* letzterer der Verfasser freilieh nur den Vorwurf zu 
machen scheint, dass dieselbe «in hartem Knochen zu langsam arbeitet ''. 

Gegenüber der Forderung, welche Hinsberg aus dem angefahrten Falle 
zieht, „dass wir in allen FMlen, in denen wir das Vorhandensein eines In- 
fectionsherdes in den Hirnhäuten auch nur yermuthen können, diesen direct 
ai:^snchen, auch wenn der Knochen zwischen prim&rem Eiterherd und Dura 
makroskopisch gesund erscheint**, sei nur auf die diagnostische Bedeutung 
der Lumbalpunction hingewiesen, welche im vorliegenden Falle trotz des Ver- 
dachtes einer intracranieUen Gompllcation leider nicht in Anwendung gekommen 
zu sein scheint. Walther Schulze, Halle. 



24. 

Haldsz (Hödmezö-V4särhely), Zur Lehre von der Labyrinthverletz- 
ung. Wiener medicinische Wochenschrift 19Ü1. Nr. 33. 

Ein Fall von directer Labyrinthverletzung durch Schuss ins rechte Ohr. 
Die Erscheinungen bestanden in Erbrechen und Schwindel, subjectiven Ge- 
räuschen, Empfindlichkeit gegen das leiseste Ger&usch in der Nähe; ins Ohr 
gesprochene Worte wurden nicht gehört, Binne negativ, Weber ergab 
starke Lateralisation nach der beschädigten Seite. Das Projectil lag in der 
Paukenhöhle. Nach Entfernung desselben Eiterung, welche nach 20 Tagen 
geheilt war. Patientin blieb taub für Stimmgabeln und Taschenuhr (Sprache 
leider nicht angegeben. Ref.), Rinne — , Weber -{-; Empfindlichkeit gegen 
lautes Sprechen in der Nähe dauerte fort, Ohrgeräusche verschwunden, 
Schwindel im Liegen bei Bewegungen des Kopfes. 

Der Ausfall der Hörprüfung veranlasst den Verfasser zu der Annahme, 
„dass die Weber*schen uDdRiiine*schen Versuche nicht als sichere Grund- 
lage dienen, um mit unbedingter Gewissheit entscheiden zu können, ob irgend 
ein Leiden im schallleitenden oder schallempfindenden Theile des Gehörappa- 
rates seinen Sitz hat*". Walther Schulze, Halle. 

25. 

/. William Watson (Baltimore), Report of a series of cases of mas- 
tolditis with Operations. Journal of eye, ear and throat diseases. 
Baltimore 1901. Nr. 3. 

Enthält eine Anzahl recht allgemein gehaltener Krankengeschichten, 
aas welchen über die angewandten Operationsmethoden und die Art der Nach- 
behandlung nicht viel zu ersehen ist. Die Resultate sind überraschend ganstig 
und beneidenswerth ausser in einem Falle von Sinusthrombose, in welchem 
die Unterbindung der Vena jugularis leider nicht ausgeführt worden ist. 

Walther Schulze, Halle. 

26. 

Hunier Tod, Atresia auris congenita. Journal of Laryngology, Rhino- 
logy and Otology. March 1901. 

Tod beschreibt in seiner fleissigen Arbeit drei von ihm selbst beob- 
achtete Fälle von Atresia auris congenita. In zwei Fällen war die Erkran- 
kung doppelseitig, das Labyriuth war in allen Fällen intact. Im Anschluss 
hieran bespricht der Verfasser die Anatomie und Entwicklungsgeschichte 
dieses BilUungsfehlers, ferner das Verhalten des Hörvermögens und schliess- 
lich die Therapie. Es folgt dann noch eine Statistik über 57 zum Theil 
schon in der Literatur veröffentlichte Fälle. Tod kommt zu folgendem 
Schluss: 

1. Die Deformität ist nicht erblich, die Ursache derselben ist unbekannt. 

2. Dieselbe findet sich viel häufiger bei weiblichen Individuen und ist 
öfter einseitig als doppelseitig. 



XV. WisseDschaftliche Randschan. 133 

3. Man findet dabei Deformit&teD, welche besonders auf Entwickeluogs- 
fehler der mit dem ersten und zweiten Kiemenbogeu in Verbindung stehen- 
den Partieen zurückzuführen sind. 

4. Das Labyrinth ist selten betheiligt. 

5. Embryologiscbe« pathologische und klinische Beobachtungen zeigen, 
dass eine operative Behandlung nützlos ist. Walther Schulze, Halle. 



27. 

Dench, Reflex aural Symptoms dependent upon dental caries. 
Read before the New- York Odontological society and reprinted from the 
Dental Cosmos. June 1901. 

In der vor einem zahnärztlichen Forum gehaltenen Rede betont Dench 
die Wichtigkeit einer gründlichen Untersuchung der Zähne nicht nur in allen 
Fällen von Ohrenschmerzen, welche ihre Ursache nicht in acuten Entzün- 
dungen des äusseren oder des mittleren Ohres haben, sondern auch in allen 
Fällen von Ohrgeräuschen oder progressiver Schwerhörigkeit ohne sonst er- 
kennbare Ursache. Walther Schulze, Halle. 

28. 

F. RohreTy Ueber die entzündliche Reizung der Kiefergegenden 
bei Erkrankungen des äusseren Obres, besonders desOehör- 
ganges. Schweizerische Viertel jahrsschrift für Zahnheilkunde 1901 , Bd. X I, 
Heft 111. 

Kach kurzer Darlegung der Entwickelungsgeschichte der hierbei in 
Betracht kommenden Theile des Gehörorgans, wobei sich Verfasser theilweise 
wörtücli an frühere Autoren hält, wird das Verhältnlss der vorderen Gehörgangs- 
wand zum Gelenkkopf des Unterkiefers erörtert. iSodann folgt ein Hinweis auf die 
Wichtigkeit der Eenntniss der Santorini'schen Spalten, auf die Anordnung 
des Lymphgefässsystems und auf die' Vertheilung der Venen und Arterien 
des äusseren Ohres und seiner Umgebung. Im Schlusspassus der für Zahn- 
ärzte bestimmten Arbeit betont der Verfasser, dass nicht nur die Kiefer in 
hohem JMaasse durch Affectionen des äusseren Ohres in Mitleidenschaft ge- 
zogen werden können, sondern dass auch im Gefolge von Zahnerkrankungen 
Störungen am Ohr beobachtet werden, welche nicht selten zu verkehrten, 
manchmal nicht ungefährlichen therapeutischen Maassnabmen Veranlassung 
geben. Walther Schulze, Halle. 

29. 

Johannes Kühnlein, Cand. med., Zur Aetiologie der acuten Mittel- 
ohrentzündung. Monatsschrift für Ohrenheilkunde, November 1901. 

Die M. f. 0. füllt ihre Spalten mit einer aus dem Gerber*schen Am- 
bulatorium stammenden Arbeit, in welcher es sich „sicherlich um eine Frage 
von eminent praktischer Bedeutung'* handelt, keineswegs „um die Entschei- 
dong einer academischen Doctorfrage", wie Herr Cand. med. Kühnlein sehr 
richtig betont. Zur Ergründung der Aetiologie der Otitis media acuta ist 
ausser dem bisher Bekannten nichts wesentlich Neues beigebracht. 

Walther Schulze, Halle. 

30. 31. 

Pa-ez (Buenos-Aires), Recherches sur la Bact^riologie de Toz^ne. 
Annales de Tinstitut Pasteur. December 1899. 

Perez, L'ozäne. Rhinosinusite atrophique fötide. Bact^rio- 
logie, Ätiologie, prophylaxie. Buenos-Aires 1901. 

Die erste Arbeit berichtet von der Entdeckung eines noch nicht be- 
schriebenen, bei Ozaena vorkommenden Bacillus, den Verf. bei zahlreichen 
Untersuchungen des menschlichen Nasensecretes aufgefunden hat und den er, 
wenn auch nicht als alleinigen Erreger der Ozaena, so doch als wahrschein- 
lich häufigste Ursache der dabei auftretenden Muschelatrophie und des Fötors 



134 XY. Wissenschaftliche Rundschau. 

ansieht. Er fand den neuen Bacillus unter 22 Ozaenaf allen zwar nur acht 
mal, doch waren von diesen 22 Fällen 11 ohne Gestank. Unter letzteren 
fand sich nur einmal der neue Bacillus, dagegen unter den mit Gestank ein- 
hergehenden 1t Fällen 7 mal. Der Loewenberg*sche Bacillus wurde unter 
diesen 22 Ozaenafällen 17 mal gefunden, 7 mal unter H2 Fällen von gewöhn- 
licher chronischer Rhinitis und einmal in gesunder Nasenschleimbaut. Der 
Bacillus, der den Namen Coccobacillns foetidus Ozaenae erhielt, färbt sich 
nicht nach Gram, aber gut mit Anilinfarben. Er ist polymorph und er- 
scheint bald als Goccus von verschiedener Grösse, bald als langes oder kurzes 
Stäbchen. Er wächst gut auf verschiedenen Nährböden. Am bemerkens- 
werthesten ist. dass die Culturen, besonders die in Bouillon-Serum in ver- 
schlossenen Tuben einen starken, an Ozaenasecret erinnernden Fötor ent- 
wickeln. Die Malignität des betreffenden Bacillus wurde durch Impfuas; ver- 
schiedener Thiere festgestellt, die bald nach der subcutan oder intraperitoneal 
vorgenommenen Injection starben. Ein Kaninchen, das eine Injection in die 
Ohrvene erhalten hatte, bekam am dritten Tage Nasenausfluss. Nach dem 
Tode fand sich im Nasensecret der Coccobacillns vor. Ein anderes Kanin- 
chen, das die Injection überstand, hatte Anfangs Nasenausfluss, und es ent- 
wickelte sich nach etwa 4 Wochen ein Abscess über der Nase. Nach 6 Mo- 
naten wurde es getödtet, und es fand sich Atrophie der Nasenmuscheln vor. 

In der zweiten Arbeit beschäftigt sich der Verf. weiter mit der Beweis- 
führung, dass der Coccobacillns thatsächlich als Erreger der Ozaena, meist 
vereint mit dem Loewenberg*8chen Bacillus zu betrachten sei. Einerseits 
berichtet er über weitere Thierversuche, und es gelang ihm bei Thieren, die 
die Injection überstanden und nach Verlauf längerer Zeit (ca. 16 Monate) nach 
der Injection getötet wurden, ausgesprochenste Atrophie der Muscheln zu 
finden. Andererseits legte die Mittheilung seiner Lehrers Ligni^res, der 
den Coccobacillns in der Lunge eines an anderer Krankheit gestorbenen 
Hundes vorfand, dem Verf. nahe, über das Vorkommen des Coccobacillus 
bei Thieren Untersuchungen anzustellen. Diese hatten das Ergebniss, dass 
im Speichel und im Nasensecret der verschiedensten Thiere sich eine Menge 
von Mikroorganismenarten nachweisen Hessen, jedoch der Coccobacillus sich 
nur bei Hunden fand. Eine Befragung von 50 Ozaenakranken, betreffend 
ihre Umgebung, ergab, dass 19 davon grosse Hundeliebhaber waren, bei 20 
konnte die gleiche Erkrankung von Familienmitgliedern oder Personen ihres 
Umganges festgestellt werden. Hieraus folgert Verf. die Contagiosität der 
Ozaena. Als analog der schweren allgemeinen Reaction, die Kaninchen im 
Anschluss an die Impfung zeigen, fasst Verf. auch bei einem wahrscheinlich 
durch seine ozaenakranke Amme inücirten Säugling die auftretenden fort- 
dauernden Krankheitserscheinungen als Zeichen einer Allgemeininfection durch 
den Coccobacillus auf. Die Häufigkeit der Erkrankungen der Nebenhöhlen 
bei Ozaena leugnet Verf. nicht, glaubt aber, dass sie weniger die Ursache, 
als die Folge des im Cavum vorhandenen Krankheitsprocesses sind. 

Zeroni. 

32. 

£tude anatomique des groupes cellulaires post^rieures de la 
Mastoide. — Cellules juxtasinusales, par MM. Stanculeanu et 
Depoutre. (Bulletins et mömoires de la Societö anatomique de Paris, 
LXXVIe annöe. — 6me S6rie, Tome III, Nr. 5. Mai 1901.) 

Die Autoren haben an 100 Schläfenbeinen von Individuen jeden Alters 
Lage und Art der hinteren Mastoidzellen studirt, die bisher nicht genügend 
classificirt worden seien. 

Es wurden Schnitte parallel dem absteigenden Teil des Sinus lateralis 
2—3 mm von diesem entfernt augelegt. Eine zweite Schnittserie, parallel mit 
der ersten, wurde hinter dem Sinus ausgeführt, um die retrosinusalen Zellen, 
die sich nach dem Os occip. hin erstrecken, zu studiren. Beim Kind wurden 
fast nur diploetische Warzenfortsätze gefunden. Deutlich ausgeprägte hintere 
Zellen sah man erst am Schläfenbein eines 9 jährigen Kindes. 

Es lassen sich 3 Gruppen unterscheiden: 



XY. Wisseaschaftliche Rundschau. 135 

1. Die Gruppe der hiaterea oberen Zellen. 

Sie ezistirt h&ufig ohne die beiden anderen Gruppen, selbst bei sonst 
diploStischen Warsenfortsätzen. Sie liegt im oberen, hinteren Winkel des 
Warzenfortsatzes nahe dem Scheitelbein und steht bezüglich des Sch&del- 
innero in Beziehung zu den Meningen und dem Sinuswinkel. In deren Niveau 
ist ihre Bedeckung häufig papierdUnn. Die oberen Zeilen sind Cellulae 
squamosae. die unteren Gell, mastoideae. 

2. Die Gruppe der eigentlichen hintern Mastoidzellen. 

Sie liegen ungefähr im Niveau des Antrums und erstrecken sich nach 
hinten bis zur Sinus rinne, ja in gewissen Fällen bis hinter den Sinus hinaus. 
(Cellules rötro-sinusales). 

Die schönsten derartigen Fälle fanden sich an Schläfenbeinen, bei denen 
die Sinusrinne sehr tief und der Sinus selbst der hinteren Gehörgangs wand 
sehr nahe lag. Hie und da gehen diese Zellen bis zur Sutura occip., aber 
niemals bis zum Os occip. selbst. (Auch die erste Gruppe gebt nahe an das 
Scheitelbein, aber nicht in dasselbe hinein.) Sie stehen in innigem Zusam- 
menhang mit dem Sinus, von dem sie häufig nur eine dünne Enochenlanelie trennt. 

3. Die Gruppe der hinteren unteren Mastoidzellen. 

Sie liegen über und längs derlncisura digastrica, folgen dem untern Theil 
der Sinusrinne und gehen hie und da bis zum Bulb. ven. jugul. £s handelt 
sich dann um Geil, petrosae. 

40 mal wurden ausgesprochene hintere Zellengruppen gefunden; 
12 mal fanden sich die 3 Arten zusammen vor, meistens ezistirte aber 
nur eine allein. 
27 mal fanden sich die hinteren oberen Zellen, 
13 „ „ „ „ hinteren „ 

12 „ ,, „ ,, hinteren unteren „ 
8 „ „ „ ,, Retrosinusalzellen 
6 „ waren die Zellen durch eine 1—3 mm dicke Knochen- 
lamelle von der hinteren Antrumswand getrennt. 

Die Autoren schreiben den hinteren Zellen einen grossen Einfluss auf 
das Entstehen der Sinusthrombose zu. Der Gedanke sei sehr natürlieh, dass sie 
die Vermittler einer Eiterung seien, die vom Antrum auf den Sinus übergehe. 
Die erste Gruppe ferner steht, wie schon oben angedeutet, in einer ge- 
wissen Beziehung zu den Meningen und hat sonach wohl auch eine gewisse 
pathologische Bedeutung. 

Was die Entfernung der hinteren Zellen von der Spina Healei oder 
dem hinteren Gehörgangsrand (bord) angeht, so können sie sich nach 
oben bis zum Angulus suturae parietalis erstrecken, d. h. 2 — 2V2 cm von der 
Spina entfernt liegen; sie können nach hinten und unten bis zum Occiput 
reichen, also in dieser Richtung ungefähr 3 cm weit von der Spina unoi 2 
bis 272 cm hinter dem Antrum liegen. Stern-Metz. 



33. 

Stancule'anu und Depontre, Etüde anatomique et pathologique des 
groupes cellulaires post^rieurs de la mastoide. Gellules 
jaxtasinusales. Annales des maladies de Toreille etc. 1901. Nr. 10. 

Die umfangreiche Arbeit (61 Seiten) wiederholt zunächst die Beschrei- 
bnng von 100 Schläfenbeinen verschiedener Altersstufen, wie sie im vor- 
stehenden Referat Nr. 32 enthalten sind. Zehn Schläfenbeine sind zur De- 
monstration von pneumatischen Räumen, welche weit entfernt vom Antrum 
mastoideum liegen, abgebildet. 

Von klinischen Beobachtungen bei Empyem solcher Warzenfortsätze 
geben die Verfasser drei neue Fälle. (Auch der in Band LH dieses Archivs 
Nr. 29 der wissenschaftlichen Rundschau referirte Fall wird erwähnt.) 

1. 27 jähriger Patient wird somuolent ins Krankenhaus gebracht. Acute 
Ohreiterung rechts. Meningitische Symptome. Paracentcse des Trommelfells 
und Lumbalpunction zwischen dem zweiten und dritten Lendenwirbel. Aus 
dem trüben Liquor cerebrospin. werden Pneumokokken in Reincultur 
gezüchtet. Tod nach 2 Tagen. Bei der Section fand sich „im oberen Theil 



136 XY. WisBeDScbaftliche Buodschan. 

des Warzenfortsatzes oahe der Satar zwischen Schl&fen- und Scheitelbein, 
zwischen der Wand des Sinus lateralis und der äusseren Corticalis eine grosse 
eitererfflllte Zelle. Diese etwa erbsengrosse Zelie ist vom Antmm durch eine 
ungefähr 12 mm dicke Schicht diploetischen Knochens getrennf*. DasAntrum 
mastoideum und das MitteJohr enthielten £iter. Die sonstigen unter der 
äusseren Corticalis liegenden Zellen waren dagegen frei von £iter. 

2. 42 jährige Patientin. Acute Mastoiditis. Breite Eröffnung desAntrums 
schafft trotz reichlichen Eiterabflusses keine Besserung. Sechs Tage nach der 
Operation legt man den Warzenfortsatz weiter nach hinten hin frei und findet 
eine «eitererfüllte, halbnussgrosse Zelle. Diese Zelle liegt höher als der Aditus 
und das Tegmen antri". fieiluog. 

3. 13jährige Patientin. Acute Influenza-Mastoiditis. Bei der Operation 
findet sich ein Herd eitriger Ein Schmelzung in der Spitze des Warzenfort- 
satzes; ein zweiter nach hinten oben vom ersteren und durch völlig gesunden 
Knochen von ihm getrennt. Von beiden unabhängig war das kleine tief in ge- 
sunder Umgebung liegende und wenig Eiter enthaltende Antrum. E schwelle r. 



34. 

Charles (Grenoble), Menstruation complementaire de l'oreille 
gauche. Bevue bebdomadaire de laryngologie etc. 1901. Nr. 37. 

Der Aufsatz enthält im Wesentlichen nur die Angaben einer hysterischen 
Patientin. Im Augenblick der Blutung hat Charles die Kranke nicht beob- 
achtet. Eschweiler. 



35. 

Mangakis (Athen), Un cas de'flux suppl^mentaire de menstruation 
par les oreilles. Ibidem Nr. 43. 

Mangakis beobachtete bei einer 18jähri(!en Patientin zweimal Anfälle 
von Ohrschmerz, verbunden mit tropfenweiser Entleerung von Blut aus dem 
Gehörgang oder aus der Nase. Bei normalem Gehör war otoskopisch keine 
Anomalie am Trommelfell und Gehörgangswand festzustellen. Die Quelle der 
Blutung wurde nicht entdeckt. Eschweiler. 



36. 

Brunei (Paris), De la Perforation du tympan comme moyen de dia- 
gnostic et de prognostic dans les su^rdit^s. Ibidem Nr. 43. 

Um die Schwerhörigkeit bei Paukenfensterstarre und Otitis interna von 
derjenigen bei Fixation der schallleitenden Kette durch Adhäsionen u. s. w. 
zu unterscheiden, räth Brunei eine grosse Trommelfellin cision zu macfaeo. 
Wenn danach das Gehör sich bessert, so ist der Fall prognostisch günstig 
und erfordert die Entfernung der Gehörknöchelchen, des Trommelfells oder 
sogar noch der lateralen Wand des Kupjpelraums. Mit drei unvollständigen 
Krankengeschichten glaubt Brunei seine Behauptungen beweisen zu können. 

Eschweiler. 

37. 

Dubar (Paris), Thrombo-phUbite isol^e de la jugulaire interne k 
forme septico-pyoh^miqued^origine otique sans participation 
du Sinus laterale, sans mastoidite. Gu^rison. Ibidem Nr. 45. 

Der Titel zeigt den Inhalt an. Weil nach Paracentese und conservativer 
Behandlung der Mittelohreiterung Heilung erfolgte, glaubt Dubar, dass der 
Warzenfortsatz und der Sinus nicht betheiligt gewesen sei. Er nimmt Infec- 
tion des Bulbus durch den Paukenboden hindurch an. Eschw eiler. 



XV. Wissenschaftliche Rundschau. 137 

38. 

Dezon (P^rigueux), Snrdi-mutit^ temporaire chez une myxoed^- 
mateuse ä type fruste. Ibidem. 

Die achtjährige Patientin entwickelte sich bis zum 3. Jahre fast normal, 
dann trat ein Stillstand in der körperlichen und geistigen Entwicklung ein.. 
Das Kind schien taub zu sein und stumm zu werden. Eine energische robo- 
rirende Behandlung, verbunden mit Hör- und Sprachunterricht, führte Heilung 
herbei, indessen blieb eine gewisse Hörschwäche zurück (Uhr auf 10 cm Ent- 
fernung). Es ch weil er. 

39. 

Lafarelle (Bordeaux), Curieuse anomalie du roch er. Diver ticulum 
de la caisse du tympan. Ibidem Nr. 48. 

Aus der Beschreibung und Abbildung des betreifenden Schläfenbeins 
geht hervor, dass es sich um einen ausnahmsweise grossen Recessus hypo- 
tympanicus gehandelt hat. Lafarelle spricht diese Varietät als Missbil- 
dung an. Eschweiler. 

40. 

Molinie (Marseille), Utilisation en oto-rhinologie des propri^t^s 
d^coliantes de Teau oxyg^n^e. Ibidem. 

Malini^ räth, den Tampon beim ersten Verbandwechsel nach der Total- 
aufmeisselung unter Bespülung mit Wasserstoffsuperoxyd herauszuziehen, da 
dann keine Schmerzen und keine Blutung entständen. Auch in mehreren an- 
deren, weniger wichtigen Fällen braucht Verfasser dasselbe Mittel mit gutem 
Erfolge. Eschweiler. 

41. 

Burger, Ohrenerkrankungen und Lebensversicherung. Klinische 
Vorti^e aus dem Gebiete der Otologie und Pharyngo-Rhinol., herausg. 
von Prof. Haug-München. V. Bd. 4. Heft. Jena, bei G. Fischer. 1901. 

Ausgehend von einer kurzen Historie der in Rede stehenden Frage be- 
spricht Verf. die Bedeutung der einzelnen Erkrankungsformen des Ohres für 
die Frage der Aufnahme Ohrenkranker in Lebensversicherungen. Besonders 
eingehend erörtert er das Unzweckmässige und übertrieben Rigorose des 
jetzigen Verhaltens vieler Lebensversicherungen, jeden Fall von chronischer 
Ohreiterung principiell abzulehnen. Er erklärt, wie die Lebensversicherungen 
in dieses Extrem gefallen sind von ihrem früheren Standpunkte vollkommener 
Gleichgültigkeit Obrenleidenden gegenüber. Seine Ansichten hat Verf. nieder- 
gelegt in folgenden Sätzen : 

• 1. Es liegt im Interesse der Lebensversicherungsgesellschaften, dass mehr, 
als es bis jetzt geschieht, der Zustand der Ohren der Versicherungskandidaten 
berücksichtigt wird. 

2. Bei acuten Entzündungen des äusseren und des mittleren Ohres wird 
man erst den Ablauf der Krankheit abwarten, bevor man zur Abschliessung 
der Versicherung schreiten wird. 

3. Auch in einigen besonders schweren Fällen von Otitis externa chro- 
nica ist es rathsam, die Versicherung zeitweise zurückzustellen. 

4. Die verschiedenen Formen von Otitis media chronica simplex s. car 
tanhalis können ohne Anstand angenommen werden. 

5. Die Otitis media chronica suppurativa soll unbedingt zurückgewiesen 
werden, wenn mit Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit eine der folgenden Er- 
scheinungen festgestellt wird: 

a) eine Entzündung im Kuppelraum oder im Warzenfortsatz, 
h) Tuberculose oder Cholesteatom, 

c) eine Enochenaffection, 

d) eine Facialislähmung, oder wenn 



138 XV. WisseoBchaftliche Rundschau. 

e) die Otitis von Schwindel oder halbseitigem Kopfschmerz begleitet 
ist oder eine erhebliche Verengerung des Gehörganges den freien Abflass des 
Secretes hemmt 

6. Andere F&lle chronischer, eiteriger Mittelohrentzündung brauchen 
nicht immer zurückgewiesen zu werden. 

7. üeber die Möglichkeit der Annahme derselben unter erschwerendeQ 
Bedingungen soll in jedem Falle für sich, nach einer Untersuchung durch 
einen competenten Sachkundigen, entschieden werden. 

8. Folgezustände g&nzlich geheilter Obreiterungen (miss verstand lieh 
D. Ref.!) können ohne Bedenken zugelassen werden. Nur die persistente 
Trommelfellperforation motivirt eine geringe Pr&mienerhöhung. 

9. Durch die „Radicaloperation** geheilte chronische Eiterungen können 
ungeachtet grösserer Knochendefecte resp. retroauriculärer Oeffnnng in Folge 
der Operation, unter Prämienerhöhung angenommen werden. 

10. Doppelseitige hochgradige Taubheit und schwere Fälle von Ohr- 
schwindel können erschwerende Aufnahmebedingungen motiviren. 

Anmerkung des Referenten. Die 11. Schlussfolgerung haben wir 
wegen ihres zu lockeren Zusammenhanges mit der einschläsrigen Materie nicht 
wiedergegeben. Wenn wir uns auch mit obigen Schlussfolgerungen einver- 
standen erklären, so leuchtet uns nicht ein, wodurch bei durch die Total- 
aufmeisselung mit Epidermisation der ganzen Operationshöhle wirklich 
geheilten Fällen die geringe Prämienerhöhung (cf. Schlussfolgerung 9) mo- 
tivirt ist. Grunert. 



42. 

Eiielberff, Chronische eiterige Mittelohrentzündung mit Garies 
des Felsenbeins bei einem Diabetiker. Wien. med. Presse 1901. 
Nr. 51 u. 52. 

Die im feuilletonistischen Style geschriebene Arbeit, welche auch, wenn 
sie anonym erschienen wäre, sofort ihren Verf. erkennen Hesse, hat für den 
Leser das Gute, ihn nach des Tages Müh* und Last ein wenig zu zerstreuen. 
Aus der Welt des Ernstes, an die ihn sein Beruf fesselt, wird er in eine 
Welt freiwilligen und unfreiwilligen Humors geführt. G runer t. 



43. 

Eiielberg , Otologie und Mastalgie bei Neurasthenikern, bezw. 
bei Hysterischen. Wiener med. Blätter 1901. Nr. 50. 

Die mitgetheilte Casuistik bietet für den Leserkreis dieses Archivs nichts 
Neues dar. Grunert. 

44. 

Alexander, Ueber die operative Eröffnung des Warzenfortsatzes 
in Schleich'scher Localanästhesie. (Aus der Univ.-Ohrenklinik 
in Wien.) Wien. klin. Wochenschr. 1901. Nr. 33. 

Aus der spärlichen bisherigen Literatur über obigen Gegenstand wagt 
Ref. eher den Schluss zu ziehen, dass die von den einzelnen Gollegen an- 
gestellten diesbezüglichen Versuche wenig befriedigend ausgefallen sind, als 
dass überhaupt so gut wie keine Versuche, die Schleich* sehe Localanästhesie 
für die Mastoidoperation zu verwenden, gemacht worden sind. Um so er- 
freulicher ist es, dass hier eine grössere Versuchsreihe — 11 Fälle — vorliegt. 

Fall 1. 25 jährig, weiblich; acuter Fall; Dauer der Operation 1 Stunde; 
70 ccm der starken Schi eich -Lösung verwandt. „Im Beginn des Meisseins 
wird das Hämmern am Schädel unangenehm empfunden, sonst vollkommene 
Analgesie.*" 

Fall 2. 33 jährig, weiblich ; acuter Fall; Dauer der Operation ^4 Stunden; 
40 ccm der Schleich -Lösung L „Die ersten Meisselschläge werden un- 
angenehm empfunden, im Uebrigen vollkommene Analgesie.*' 

Fall 3. 67 jährig, weiblich; einfache Aufmeisselung; Dauer der Operation 



Xy. Wissenschaftliche Bundschaa. 139 

^/4 Stunden; 40 com der starken Schleich -Lösung. „Die Patientin verh&lt 
sich während der Dauer der ganzen Operation ruhig, die ersten Meisselschläge 
werden als unangenehme Erschütterung empfunden. Sonst ist die Analgesie 
durchaus zufriedenstellend.* 

Fall 4. 17 jährig, weiblich; acuter Fall; Dauer der Operation ^4 Stunden; 
70 ccm starker Schi eich- Lösung. „Die Patientin, die eine Viertelstunde 
Yor der Operation 0,01 Morph, hydrochl. subcutan erhalten hat, reagirt nur 
ungern auf an sie während der Operation gerichtete Fragen, verhält sich 
ruMg und giebt nur vorübergehende Schmerzempfindung an, welche jeweilig 
durch Infiltration rasch beseitigt wird; die Hammerschläge werden unangenehm 
empfanden.*' 

Die übrigen Fälle zeigten das entsprechende Verhalten. 

Hervorzuheben ist, dass sämmtliche Fälle, in einem Alter von 17 bis 
67 Jahren, weibliche Personen betrafen, und dass in keinem Falle die Total- 
aofmeisselung gemacht worden ist Verf. empfiehlt die Anwendung der 
Sc hl eich -Lösung I (Cocain, hydrochl. 0,2, Morph, hydrochl. 0,02, Natr. 
chlorat. 0,2, Aq. dest. ad 100,0). Besonderen Werth legt er auf die sorg- 
fältige Infiltration' der membranösen hinteren Gehörgangswand, des sehnigen 
Ansatzes des M. sternocleidomastoideus, sowie des Antrum. Das Innere des 
Warzenfortsatzes infiltrirt er von der ersten Meissellücke aus mittelst einer 
Canüle, die tangential zur Corticalis auf 2—4 mm eingeführt wird. „Nach 
Bedarf werden während der Operation die tieferen Knochenpartien wieder 
mit Schi eich* scher Lösung infiltrirt, wobei es sich lediglich um Analgesirung 
der vorhandenen Granulationen und des geschwollenen und verdickten £n- 
dosts, bei diploetischem Warzenfortsatz um die Infiltration des Markgewebes 
handelt. ** 

Anmerkung des Referenten. Die Erfahrungen des Verf. fordern 
zur Nachprüfung auf. Es wäre von unschiU;zbarem Gewinp, wenn das Ver- 
fahren es uns ermöglichte, in solchen Fällen, in denen man sich nur ungern 
zü einer allgemeinen Narkose entschiiesst, die letztere zu umgehen. Nicht 
einverstanden sind wir aber mit dem Vorschlag des Verf., den Patienten 
durch ein Gespräch, welches eventuell eine Wärterin mit ihm führen kann, 
abzulenken von dem Opera tionsact. Durch dieses Gespräch könnte auch 
leicht der Operateur abgelenkt werden, der doch bei den ganz unberechen- 
baren Verhältnissen, welche ihm in jedem Stadium der Operation entgegen- 
treten können, in jedem Moment all seine Gedanken auf das, was er thut, 
zu concentriren hat. Auffallend ist uns, dass nach Verf. 's Mittheilungen 
grade das Meissein am Knochen „ unangenehm'' empfunden ist, was nach 
unseren diesbezüglichen Erfahrungen schmerzlos ist. Grüne rt. 



45. 

ZcUewski, Beitrag zur Lehre über die postoperative Behandlung 
nach der Atticoantrotomie (Preglad Lekarski 44, 45. 1901). 

Unrichtig ist die Ansicht des Verf., dass der Steigbügel, insofern er 
nicht im Zusammenhange mit den anderen Gehörknöchelchen ist, für*s Gehör 
gleichgültig, ja hinderlich sei, und deshalb bei der Radicaloperation zugleich 
mit der Schleimhaut der Paukenhöhle entfernt werden könne, ohne befürchten 
zu müssen, dadurch eine Verschlimmerung des Gehörs herbeizuführen; ferner 
unrichtig, dass das gewöhnliche Loos der mit permanenter retroauriculärer 
Oeffnung ausgeheilten Patienten das sei, dass die in der Operationshöhle sich 
anhäufenden Schuppen durch Zerfall zur Entzündung der Weichtheile und 
des angrenzenden Knochens und schliesslich zu derselben oder zu noch 
schwererer Krankheit führen, als die, wegen welcher die Operation ausge- 
führt worden war. Nicht originell ist der Vorschlag, die Ausfüllung des 
hinteren Theiles der Operationsböhle und den Verschluss der retroauriculären 
Oeffnung anzustreben durch festere Tamponade nur vom Gehörgange aus und 
durch rechtzeitiges Einstellen der hinteren Tamponade in der Nachbehandlung. 
Das Ausbleiben von Recidiven nach dieser Methode ist jedenfalls zweifelhaft. 

Spira. 



140 XY. WisBenBchafUiche Rundschau. 

46. 

J.Seäziak (Warschau), lieber Ulcus induratum syphiliticum in der 
Mund-, Nasen-, Rachenhöhle und in den Ohren. (Gazeta Le- 
karsha 23. 1901.) 

S^dzlak stellte aus der Literatur 3767 Fälle von hartem Schanker der 
oberen Luft- und Speisewege zusammen. 1. Davon entfallen die meisten 
(2471 F&lle) auf die Mundhöhle. Die «rösste Zahl lieferte Frankreich (1151 
F&lle), dann kommt Russland mit 443 Fällen. Frauen waren häufiger afficirt 
als Männer. Am meisten betroffen waren die Lippen (2189 Fälle), dann kom- 
men Zunge (204 Fälle), Zahnfleisch, Mundwinkel, Wangen, harter Gaumen und 
Zungentonsille. Die häufigsten Ursachen waren Kuss, Speise-, Trink- und 
Rauchgeräthe, dentistische Instrumente, Zahnbürste, inficirte Ammen, Tele- 
phon, Papiermesser, Sacktücher, Servietten, seltener Speichel, Zahnstocher, 
rfadel, Zerstäuber, Lippenfarbe, Banknoten. 2. Auf den Pharynx entfallen 
790 Fälle, davon lieferte die grösste Zahl Russland (288 Fälle). Am häufig- 
sten ergriffen waren die Gaumenmandeln (599 Fälle), seltener der weiche Gau- 
men, die Gaumenbögen und die hintere Rachenwand. Als häufigste Ursachen sind 
angegeben Löffel, Kuss, Ohrkatheter, Gläser, seltener Coitus praeternaturalis, 
Glasbläser, unreine Finger, Gigaretten, Cigarren, Zahnbürsten, Pinsel, Blei- 
feder u. a. 3. Für die Nase entfallen 118 Fälle. Die grösste Zahl liefert& 
wieder Frankreich. Am häufigsten afficirt waren: Nasenflügel, -rücken, 
-spitze,— Septum und der Naseneingang, 1 mal war die untere Nasenmuschel Sitz 
der Helkose. Als Ursachen sind angegeben: Bohren in der Nase mit den 
Fingern, Biss, Sacktuch, Schnupftabak, Kuss a. a. 4. Auf die Nasenrachen- 
höhle entfallen 88 Fälle. Auch hier wird das grösste Contingent von Frank- 
reich gestellt. Sitz der Affection waren: Tubenmündung, hintere Pharynx* 
wand und die L u sc hk ansehe Tonsille. Fast in allen Fällen ist Katheteri- 
siren der Tuba als Ursache angegeben. 5. Auf das Ohr entfallen nur 28 fälle. 
Die meisten Fälle stammen wieder aus Frankreich. Am öftesten waren affi- 
cirt die Ohrmuschel, viel seltener der äussere Gehörgang und der Warzen- 
fortsatz. Als Ursachen sind am häufigsten notirt: Biss, Katheterismus, Kuss, 
Stochern in den Ohren. 6. Syphilitische Primäraffectionen im Larynx fanden 
sich am seltensten, nämlich nur in 2 Fällen, angeblich in Folge eines 
Kusses. Zum Schlüsse giebt der Verfasser ein klinisches Bild des Ulcus durum 
an den genannten Stellen. Die RückschiOsse auf die nothwendigen hygieni- 
schen und prophylaktischen Yorsichtsmaassregeln ergeben sich aus den an- 
geführten Daten von selbst. Spira. 



47. 

Th. Heimann (Warschau), Ueber die Perlgeschwulst (Cholesteatom) 
des Obres. Vortrag, gehalten in der Warschauer ärztlichen Gesellschaft 
am 5. März 1901 (Medycyna 21, 22, 23. 1901). 

Kritische Besprechung der über die Genese des Cholesteatom im Schlä- 
fenbeine herrschenden Ansichten. Obgleich sämmtliche von Hei mann beob- 
achteten Fälle von Cholesteatom als Folge von Mittelohrentzündung aufgetreten 
sind, schliesst er dennoch die Möglichkeit einer primären Entstehung dessel- 
ben als heteroplastisches Neoplasma im Sinne Virchow*s nicht aas, und 
weist darauf hin, dass keine der bekannten Ansichten die Frage der Ent- 
stehung des Cholesteatoms in befriedigender Weise zu lösen geeignet ist. 
Auch die Frage, warum manche Fälle von chronischer Mittelohreiterung zur 
Cholesteatombildung führen, andere nicht, harrt noch einer plausiblen Be- 
antwortung. 

Da einerseits Heilung ohne chirurgische Eingriffe, andererseits Recidiv 
trotz sogenannter radicaler operativer Behandlung vorkommt, kann man nach 
Hei mann versuchen, auf conservativem Wege zum Ziele zu kommen, wenn 
der Gehörgang hinreichend weit ist, durch Einspritzungen Cholesteatommassen 
mit Leichtigkeit herausbefördert werden und der Patient einer systematischen 
ärztlichen Controlle untersteht. Hingegen ist auf die Operation zu drängen, 
wo diese Bedingungen nicht vorhanden sind, und besonders bei cerebralen 



XY. Wissenschaftliche Rundschau. 141 

and meningealen Reizerscheinungen, wie halbseitigen Kopfschmerzen, Schwin- 
delu. 8. w. Spira. 

48. 

Zalewski (Lemberg), Ueber die Behandlung der Ohrpolypen (6a- 
' zeta Lekarska 28, 29, 30, 31. 1901). 

Verfasser giebt eine ausgedehnte Darstellung der gebräuchlichen Mittel 
und Methoden zur Behandlung der Obrpolypen, ohne Neues zu bringen. 
Zur Beseitigung kleiner Polypen, Polypenreste und der diffusen Schleimhaut- 
hypertrophie der Paukenhöhle empfiehlt er ein eigenes Instrument, welches 
nichts Anderes als die von Schrötter angegebene, von Pieni^zek modi- 
ficirte Kehlkopfpolypenzange darstellt, nach Form und Grösse den räumlichen 
Verhältnissen des Ohres angepasst. Spira. 

49. 

Sedziak (Warschau), Uebcr den günstigen Einfluss des Erysipels 
'auf den Verlauf einer schweren acuten Mittelohrentzündung 
(Kronika Lekarska 22. 1901). 

In einem Falle von Otitis acuta med. sin. und Rhinopharyngitis acuta 
trat einige Zeit nach der Paracentese des Trommelfelles Verschlimmerung 
der Krankheit ein. Hochgradige Schmerzen in der Gegend des sehr druck- 
empfindlichen Warzenfortsatzes, heftige Kopfschmerzen, unruhiger Schlaf, 
copiöse Eiterung. Die Eröffnung des Warzenfortsatzes wurde dem Patienten 
vorgeschlagen, aber von ihm verweigert. Etwa 5 Wochen nach Beginn der 
Ohrenkrankheit trat auf der entsprechenden Gesichtshälfte ein Erysipel hinzu. 
Eine Woche später stellte sich der Patient geheilt vom Erysipel und mit voll- 
ständig normalem linken Gehörorgan vor. 

Nach Ansicht des Verfassers unterliegt es keinem Zweifel, dass die Hei- 
lung der Ohrenkrankheit, die zuvor progressiv war und sogar einen chirur- 
gischen Eingriff indicirt erscheinen liess, nach dem Hinzutreten des Erysipels 
im Verlaufe einer Woche vollständig zurückging. Verfasser meint, dass liier 
durch eine neue Invasion derselben Parasitengattuna; (Streptokokken) frische 
Kräfte des Organismus zum Vorschein gebracht wurden, denen die alten im 
Kampfe mit dem Organismus bereits abgeschwächten Mikroorganismen nicht 
mehr Stand halten konnten. Spira. 

50. 

PoÜ Camillo, I Progressi della Otologia nel Secolo XIX. Genova 
1901. Massuno. 

Zum Verständniss der heutigen wissenschaftlichen Otologie ist die Kennt- 
niss ihrer historischen Eutwickelung nöthig. Eine lange Periode des krassen 
Empirismus ohne anatomisch - pathologische Basis ging ihr voraus und erst 
spät erstand sie, obwohl schon zu Zeiten des Hipp ok rate s gewisse Krank- 
heiten des Ohres bekannt waren. Bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts be- 
herrschen die Errungenschaften der Anatomie das Gebiet der Ohrenheil- 
kunde: Fallopia, Eustachius, Vesal, Ingrassia (Steigbügelentdecker), 
Fabricius ab Aquapendente, dann später Morgagni (Scbleimpolster 
der Pauke der Neonaten). Im 17. Säculum Valsalva; im 19. Jahrh. Mor- 
gagni stellt die Bedeutung der Eiterung für die intracraniellen Complicationen 
fest; Cotugno entdeckte das Labyrinth wasser, Scarpa die Endolymphe, die 
Macul. cribr. anterior und die Membr. tymp. secund. Daher ist die wis- 
senschaftliche Otologie in Italien geboren. Im 17. Jahrhundert 
baut de Verney auf anatomisch-pathologischer Basis ein rationelles thera- 
peutisches System auf. Im 18. erkannte Losch e vi n zuerst den Infections- 
weg vom Rachen zum Ohre, Guyot schlug den Katheterismus vor, J. L. 
Petit die Eröffnung des Warzenfortsatzes, die aber dann durch Jasser sehr 
eingeschränkt wurde und durch den Tod des Dr. v. B e r g e r völlig in Miss- 
eredit kam. Sims und Gunningham Saunders bereiteten wissenschaft- 
lich das 19. Jahrhundert vor. 1800 macht Astley Cooper die erste Per- 



142 XV. Wissenschaftliche Rundschau. 

foration des Trommelfells, und zwar zum Zwecke der HörTerbesserung, und erst 
1803 schlägt AI ard das diBcreditirte Verfahren neuerdings bei £iterretention 
vor. In Deutschland geringer Fortschritt am Ende des 18. Jahrhunderts mit Aus- 
nahme von Lentin, Löffler. Obwohl schon im 15. Jahrhundert Pietro 
de la Gertata vorschlug, das Ohr bei Sonnenlicht mit einem Speculum zu 
untersuchen, und obschon FabricinsHildanusim 16. Jahrhundert ein zwei- 
klappiges Speculum vorschlug, erstand doch erst im tO.dieÜDtersuchuDgsmethode 
mit Spiegel und Trichter (Itard- Kramer). In Frankreich wurde die neue 
Zeit eingeleitet durch Itard, durch die Arbeiten von Deleau, Meni^re, 
Bonnafont. In England basirt die Wissenschaft auf Sims. Saunders, 
Buchanan, Swann, die Praxis auf Wilde, Toynbee, dessen patholo- 
gisch-anatomische Studien zu vergleichen sind mit den Leistungen von Yal- 
saiva und Morgagni. Toynbee erkennt die Wichtigkeit des Mittelohres 
für die Schwerhörigkeit, die Bedeutung des Cholesteatoms, Wilde betont die 
klinische Wichtigkeit des Mittelohrs sds Propagationsweg nach der Schädel- 
höhle. Erfindung der Polypenschlinge. In Deutschland stand man unter 
Itard*s Einfluss (Linke, Schmalz, Frank, Beck); auch Kramer hielt 
eigensinnig an der Idee der vorzugsweise nervösen Ohrerkrankungen fest. 
Sein Lebenslauf zeigt, dass Genie und Arbeitskraft ohne Selbstkritik und 
eifrige Beobachtung nicht zum Ziele führen. In der 2. Hälfte wirkt v. Tröltsch, 
Schwartze und Politzer. 1864 Gründung des Archivs für Ohrenheilkunde. 
Seit V. Tröltsch basirt die Otologie 1. auf pathologischer Anatomie, 2. auf 
physiologischer Analyse, 3. auf gründlicher und einfacher Untersuchangs- 
methode. — Erst im letzten Drittel tritt Italien wieder mit in den Strom 
wissenschaftlicher Bewegung auf diesem Gebiete. Gründung der italienischen 
Fachzeitschriften u. s. w. Hau g. 

51. 

Charles König , Sur un nouveau proc^dö simple et pratique de 

rendre la massage direct de la chaine des osselets deroreille 

au moyen de la sonde a ressort de Lucae moins douloureux 

et partout plus efficace. Archives internationales de Laryngologie, 

d*Otologie et Bhinologie Septembre-Octobre 1901. 

Der Verfasser verwendet, um die Anwendung der Lucae'schen Druck- 
sonde möglichst schmerzlos zu gestalten, flüssiges erwärmtes Paraffin, in wel- 
ches die kleine Pelotte für den Proc. brevis eingetaucht wird, so dass also 
die Höhlung mit Paraffin ausgefüllt ist, das nach dem Erkalten ein völlig 
freies und schmerzloses und in Folge dessen viel wirksameres Manipulireo mit 
der Sonde gestatten soll. Haug. 

52. 

H. Baldsz, Ueber den Werth einiger neuerer Heilverfahren in 
der Ohrenheilkunde (Pneumomassage, Hydropneumomas- 
sage, Lucae'sche pneumatische Sonde). Centralblatt für die ge- 
sammte Therapie u. s. w. Heft YIII u. IX. 

Haldsz verficht ausserordentlich energisch die von Stetter aufgestellte 
Theorie der Myringitis chronica sicca und sucht sie an der Hand seiner eigenen 
Erfahrungen von Neuem zu erhärten. Bezüglich der Erfolge der Behandlang 
sowohl dieser Myringitis chronica sicca, als auch der anderen chronischen 
Formen der Beweglichkeitsstörung des Schallleitungsapparates kommt der Ver- 
fasser zu dem Schlüsse, dass die Pneumomassage ein ausserordentlich zu em- 
pfehlendes Verfahren sei. Insbesondere die Lucae'sche Hydropneumomas- 
sage und die federnde Drucksonde erzielen oftmals geradezu frappante Er- 
folge. Haug. 

53. 

Beimar, Ein Fall von Fremdkörperabscess in der Ohrgegend. 
Berliner klin. Wochenschr. 190t. Nr. 46. 

Es handelt sich in diesem Falle um einen durch das Eindringen eines 
Fremdkörpers in eine Wunde der Stirnscheitelgegend vor geraumer Zeit ent- 



XV. Wissenschaftliche Rundschaa. 14S 

standenen Abscess der rechten Schl&fengegend ; vor 11 Jahren war dem Pa* 
tienten gelegentlich eines Unfalles ein Steinstückchen (Quarz) unter der ver- 
letsten Haut zurückgeblieben. Zwei Mal traten in der Zwischenzeit schwerere^ 
drei- oder vier Hdal leichtere Eotzündungserscheinungen auf, während in den 
langen Pausen dazwischen der unter der Haut befindliche Stein sich durch 
keinerlei Beschwerden bemerkbar machte. Bei dem ersten Anfalle hatte sich 
ein ausgedehnter subcutaner Abscess gebildet, der scheinbar völlig ausheilte,, 
nachdem durch Einschnitt unter den Proc. mastoid., ziemlich weit weg vom 
Ursprnngsorte, der Eiter entleert worden war. Die anderen Male gingen die 
Entzündungserscheinungen bald spontan zurück. Erst mit Entfernung der Ur- 
sache trat definitive Heilung ein. Hang. 

54. 

Löhnherg, Zwei Fälle von Fremdkörpern in den Nasenneben- 
höhlen. Manch, med. Wochenschr. 1901. Nr. 45. 

Fall I. Bei einem mit enormer Entwicklung von Nasenpolypen behaf- 
teten Patienten faod sich nach Extraction derselben in der Gegend der vor- 
deren Siebbeinzellen rechts ein harter Körper, der sich als ein 2 qcm grosses 
und 2 mm dickes Eisenstück erwies. Es war dies ein Stück eines Gewebr- 
laufes, der dem Patienten vor 20 Jahren geplatzt war; das Stück Eisen hatte 
das Auge durchschlagen — Patient trug ein Glasauge — und war durch die 
Lamina papyracea eingedrungen. 

Fall 11. Bei einem 7 Wochen vorher gelegentlich einer Rauferei mit 
einem Schraubenschlüssel vorn auf den Kopf geschlagenen Patienten (Stirn- 
wunde mit Blutung durch die Nase) fand sich gelegentlich der Operation dea 
traumatischen rechtsseitigen Stirn böhlenempyenis ein 1,9 cm langes, 0,9 cm 
breites und 0,3 cm dickes Stück Filz. Das Filzstfick stammte vom Hute des 
Patienten und war mit der Verletzung in den Sinus frontalis hineingerathen. 

Haug. 

55. 

Hugo Frey, Experimentelle Studien über die Schallleitung im 
Schädel. Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane. 
Bd. XXVIII, Heft 1. 

Durch interessante experimentelle Untersuchungen hat es Verfasser unter- 
nommen, das Phänomen der »Knochenleitung" auf eine solide physikalische 
Basis zu bringen. An der Hand eines historischen Ueberblickes giebt er dem 
Leser ein Bild vom bisherigen Stand der Frage, schildert dann die im Original 
Dachzulesende Methode der Untersuchung, wobei er das den wesentlichsten 
Theil des Untersuchungsapparates bildende Mikrophon genau beschreibt, und 
schildert schliesslich eingehend seine zahlreichen Versuche und ihre Anord- 
nung. Zuerst hat er die Fragen zu beantworten gesucht: 1. In welcher Weise 
wird der Schall überhaupt im menschlichen Knochen fortgeleitet, und welchen 
Einfluss nimmt die Structur des Knochengewebes auf den Leitungsvorgang? 
und 2. Wie verhält sich in dieser Beziehung der macerirte Knochen zum 
frischen? Seine diesbezüglichen Versuche hat Verfasser am Femur des Men- 
schen vorgenommen, und zwar sowohl am macerirten Oberschenkelknochen^ 
als auch am frischen, seiner Weichtheile beraubten. Das Gesammtergebniss 
seiner Experimente ist bezüglich obiger beider Fragen das folgende: I. Der 
Femur leitet einen auf ihn direct übertragenen und in der Längsrichtung ein- 
tretenden Schallwellenzug hauptsächlich in der compacten Substanz fort; diese 
Fortleitung geschieht vorwiegend in der ursprünglichen Richtung, demnach 
bei den gegebenen Bedingungen in der Längsaxe des Knochens. II. Die Schall- 
äbertragung auf das Mikrophon als Maass für die in Betracht kommende 
lebende Kraft genommen, geschieht je nach der wechselnden Structur des 
Knochens bald besser von der Gompacta, bald von der Spongiosa. Sie ist in 
der Compacta gegenüber der Spongiosa um so besser, je mächtiger jene 
dieser gegenüber entwickelt ist. III. Dieser Satz gilt gleichmässig für den 
macerirten, trockenen, wie für den die Weichtheile enthaltenden feuchten 
Knochen; er wird voraussichtlich auch für den lebenden Knochen zutreffen. 



144 XY. WigseaschafUiche Rundschau. 

Weiterhin hat sich Verfasser an die Lösung folgender beider Fragen 
herangemacht: 3. In welcher Weise werden den Sch&delknochen zugeführte 
Schallwellen in diesen fortgeleitet; in welchem Ausmaasse geschieht dies und 
aof welchem Wege? und 4. Wie verh&lt es sich diesbezüglich a) beim mace- 
rirten Schftdel, b) bei einem nicht macerirten Kopfe? Wir müssen die Schil- 
derung der Schwierigkeiten übergehen, welche Verfasser zu überwinden hatte, 
bia er eine geeignete Versuchsanordnung gefunden, und beschränken uns auf 
die Mittheilung seiner diesbezüglichen Versuchsresultate : 1. Die Richtung, 
welche auf den Kopf übertragene Schallwellen in dem knöchernen Theile des- 
sdben einschlagen, ist wesentlich abh&ngig von der Knochensubstanz in Be- 
zug auf ihre Dichte. 2. Wenn daher von dem Gehörgang der einen Seite 
Schallwellen ausgehen, so verbreiten sich dieselben wohl im ganzen Schädel, 
sie werden aber vorzugsweise nach den symmetrischen Punkten der anderen 
Schädelhälfte, also zur gegenüberliegenden Pyramide geleitet. 3. £s besteht 
demnach eine Schallübertragung von Ohr zu Ohr auf dem Wege der Knochen- 
leitung. Diese wird durch den knöchernen Schädel allein vermittelt, ohne 
dass die sogenannte Schallleitungskette hierbei eine wesentliche Rolle spielen 
mflsste. 4. Diese Verhältnisse finden sich schon am macerirten Schädel, sie 
werden durch die Weichtheile des frischen Schädels in ihrer Wesenheit 
nicht alterirt und bestehen voraussichtlich in gleicher Weise am leben- 
den Kopf. 

Zum SchluBS macht Verfasser noch auf die Bedeutung seiner Versuchs- 
ergebnisse für die Physiologie des Gehörorgans aufmerksam, insbesondere aaf 
den neuen Gesichtspunkt, den sie für die Lösung des Problems der soge- 
nannten Schwebungen erbringen. Was die Nutzanwendung seiner Versuchs- 
ergebnisse für die Frage der Schallleitung von Ohr zu Ohr anbetrifft, so 
spricht sich Verfasser darüber folgendermaassen aus: „Der Umstand, dass ge- 
rade die Pyramiden es sind, welche die härtesten Knochenmassen aufweisen, 
die wir am Körper finden, zeigt, dass hier eine Vorrichtung geschaffen ist, 
welche die auf den Schädel irgendwie auftreffenden Schallwellen vor Allem zu 
den Gehörorganen leitet und diese selbst in eine zweckdienliche Verbindung 
unter einander setzt. "^ Granert. 



Personal- und Faehnaehriehten« 

Im ki^l. Central-Taubstummeninstitut zu München, Goethestrasse 70, wird 
vom 21. Mai bis 3. Juni ein Cursus für Ohrenärzte und Taubstummenlehrer 
abgehalten werden, in welchem Berr Hofrath Professor Dr. Bezold die 
Kinführuog in die Untersuchung des Taubstummenohres, Herr Dr. Wann er 
die Einführung in die Anatomie und Physiologie der Sprechwerkzeuge und 
Herr Director Koller die Einführung in den Sprechunterricht für die par- 
tiell hörenden Taubstummen übernehmen wird. 

Beginn des Gurses Mittwoch den 21. Mai Morgens 8 Uhr. 



In der Versammlung „Westdeutscher Hals- und Ohrenärzte in Köln*" 
(Sitzung vom 29. April 19UÜ) nahmen ausser den Mitgliedern eine Anzahl 
von Taubstummenlebrern und ein Vertreter der Regierung theil. Auf der 
Tagesordnung stand in erster Linie die Frage des Taubstummenunterrichtes. 
Als Hauptredner sprachen Keller- Köln über die Untersuchungsmethode 
mittelst der Bezold* sehen Tonreihe, und Denker- Hagen über die Unter- 
suchungsresultate in Taubstummenanstalten. Letzterer plädirte für getrenn- 
ten Unterricht der vollständig Tauben und derjenigen mit Gehörresten. An 
der folgenden Discussion betheiligten sich auch Taubstummenlehrer. Die- 
selben betonten, dass auf vorhandene Gehörreste bisher beim Unterricht immer 
geachtet und dieselben auch benutzt worden seien. Ob eine Trennung der 
Schüler in dem von den Ohrenärzten geforderten Sinne möglich sei, schien 
einem Redner zweifelhaft. Auch wurde auf die finanziellen Schwierigkeiten 
hingewiesen, die eine solche Neuorganisation im Gefolge haben würde. Im 
Allgemeinen trat eine erfreuliche Uebereinstimmung in den Ansichten der 
Ohrenärzte und Taubstummenlehrer zu Tage. 



Personal- und Facbnachrichten. 145 

30. Januar 1902. Als Nachfolger des am 16. September 1900 Terstorbenen 
Prof. Abraham Kuhn in der Direction der Ohrenklinik in Strassborg im 
Elsass ist der Privatdocent Dr. Paul Manasse daselbst (approblrt als Arzt 
1S91), unter gleichzeitiger Beförderung zum Extraordinarius in der medicini- 
schen Facultät ernannt worden. Die interimistische Vertretung in der Direc- 
tion der Klinik, mit welcher Manasse bisher betraut war, dauerte unge- 
wöhnlich lange (lys Jahre), weil die Verbandlungen mit den zur Nachfolge 
Euhn*s zunächst in Aussicht genommenen Klinikern sehr lange Zeit in An- 
sprach genommen und die definitive Erledigung derVacanz verzögert haben. 

Der 14. internationale medicinische Gongress wird in Madrid vom 23. 
bis 30. April stattfinden. Far die Otologie ist eine besondere Abtheilung 
in Aussicht genommen unter dem Präsidium von Dr. Juan Gisneros. 



Dem Dr. Piffl in Prag ist die Venia legendi als Privatdocent für 
Ohrenheilkunde an der Universität ertheilt. 



Prof. Adam Politzer in V^Tien wurde zum k. k. Hofrath ernannt. 



Aus einem BegrOssungstelegramm vom 2t. Januar d. J. an mich aus 
Moskau, unterzeichnet von den Geschäftsführern B e 1 a j e f f und Stepanpw 
geht hervor, dass auf dem lachten Pirog off* sehen Gongresse russischer 
Aerzte eine oto-laryngologiscbe Section in mehreren Sitzungen getagt 
hat. Den Bericht über die Sectionsverhandlungen werden wir demnächst 
unsem Lesern zu bringen nicht verabsäumen. Schwartze. 



ArehiT f. Ohrenheilkunde. LV. Bd. 10 



«• 



ENCYKLOPADIE 



DER 



OHRENHEILKUNDE 



Heransgegeben 
von 

Dr. Louis Blau in Berlin 

Bearbeitet von 

Doc. Dr. alt, Wien. Privatdocent Dr. ASRER, Bern. Prof. Dr. B. BAGINSKY, Berlin. Dr. BARNICK, 
Graz. Prof. Dr. BBRTHOLD, Köniosrbro i. P. Doc. Dr. BING, Wien. Dr. BLAO, Berlin. Primärarzt 
Dr. BRIBQBR, Breslau. Prof. Dr. bOrkner, Göttingen. Dr. DENKER^ Hagen i. W. Privatdocent Dr. 
DREYFU8S, Strassboro i. E. Dr. EITELBERO, Wien. Dr. EULBNSTEIN, Frankfurt a. N. Dr. FREY, 
Wien. Prof. Dr. FRIEDRICH, Kiel. Dr. gOrkb, Breslau. Prof. Dr. GRADENIGÖ, Turin. Privatdocent 
Dr. GRDNERT. Halle a. 8. Dr. GXJTZMANN. Berlin. Prof. Dr. HABBBMANN, Graz. Dr. HAMMER- 
SCHLAG, Wien. Dr. HANSBERO. Dortmund. Privatdocent Dr. HAUO, München. Prof. Dr. HESSLER, 
Halle a. S. Prof. Dr. JACOBSON, Berlin. Dr. JANKAU, München. Privatdocent Dr. JANSEN, Berlin. 
Dr. J0£L, Gotha. Privatdocent De. KATZ, Berlin. Dr. KAYSER, Breslau. Dr. KELLER, Köln. Prof. 
Dr. KIESSELBACH, Erlangen. Privatdocent Dr. KRAUSE, Berlin. Dr. KRETSCHMANN, Magdeburg. 
Prof. Dr; KÜMMEL, Breslau. Privatdocent Dr. LEUTERT, Königsberg i. p. Sanitätsrath Dr. LUDEWIG, 
Hamburg. Dr. MYOIND, Kopenhagen. Dr. NOLTENIUS, Bremen. Prof. Dr. OSTMANN, Marburg. Dr. 
PANSE, Dresden. Prof. Dr PASSOW, Heidelberg. Prof. Dr. POLITZER, Wien. Doc. Dr. POLLAK, 
Wien. Dr. REINHARD, Duisburo. Sanitätsrath Dr. ROLLER, Trier. Dr. SCHUBERT. Nürnberg. 
Sanitätsrath Dr. SCHWABACH, Beruh. Dr. SCHWIDOP, Kari.sruhe. Dr. SEUQMANN, Frankfurt a. M. 
DR,r SPIRA, Krakau. Prof. Dr. STEINBRÜGOE, Giessen. Db. STERN, Hetz. Prof. Dr. STETTER, Königs« 
8EEG X. P. Prof. Dr. URBANTSCHITSCH, Wien. Dr. VOHSEN, Frankfurt a. M. Dr. VULFIUS, Weimar. 
Prof. Dr. WAGENHÄUSER, Tübingen. Prof. Dr. WALB, Bonn. Dr. WEIL, Stuttgart. Dr. WOLF, 
Frankfurt a. M. Dr. ZERONI. Halle a. S. Prof. Dr. ZUCKERKANDL, Wien. 




LEIPZIG 

VERLAG VON F. C.W.VOGEL 

1900. 



Gr. Lex% 8^ Preis: broschiert Jk 20 — ; gebunden Jk 23. — . 



XVI. 
Lnft- nnd Knochenleitnng. 

Von 

Dr. Leiser, Ohrenarzt in Hamburg. 

Es ist eine bekannte phyBikalisohe Thatsache, dass feste 
Gegenstände die Sohallwellen besser leiten, als die Luft. Immer- 
hin ist es vielleicht nicht überflüssig, einige Versuche, die mit 
ganz einfachen Mitteln herzustellen sind, zum Beweise des 
obigen Gesetzes anzuführen. 

Man nehme die tiefe Stimmgabel a oder o und stelle 
zunächst fest, in welcher Entfernung man diese bei stärkstem 
Anschlage durch die Luftleitung hört. Es werden etwa 20 —25 cm 
sein. Nun nehme man einen Holzstab von 1 oder mehr Metern 
Länge, halte das eine Ende an die Ohrmuschel, während man 
den Stiel der stark angeschlagenen Stimmgabel an das andere 
Ende des Holzstabes halten lässt. Man wird den Ton deutlich 
hören. Statt des Stabes kann man auch einen mehrere Meter 
langen Bindfaden nehmen, dessen eines Ende man um den 
Stimmgabelstiel schlingen lässt, dessen anderes Ende man um eine 
Fingerspitze gewickelt fest in den Gehörgang presst, wobei man 
den Faden straff anspannt. Wird jetzt die Stimmgabel ange- 
sehlagen, so hört man den Ton auf viele Meter weit. In dieselbe 
Kategorie gehört die Erfahrung, dass wir das Geräusch der im 
Winde schwirrenden Telegraphendrähte oft nicht mit blossem 
Ohre vernehmen, dagegen es stark hören, wenn wir das Ohr 
an den Telegraphenpfahl legen. Hierher gehört auch das be- 
sonders von wilden Völkern ausgeführte Experiment, das Ohr 
auf den Boden zu legen, um mit Hilfe der Erdleitung Geräusche 
wahrzunehmen, die man mit blossem Ohre nicht hören würde. 
Auch Shakespeare kennt diese Naturerscheinung. In Romeo 
und Julia, letzter Act 3. Scene, sagt Paris zu seinem Pagen: 

Archir f. Ohreaheilkunde. LV. Bd. 1 1 



148 XTI. LEIS£R 

^Dort unter jenen Ulmen streck' dich hin, 
Und leg dein Ohr dicht an den hohlen Grund: 
So kann kein Fnss auf diesen Kirchhof treten, 
Der locker anfgewfihlt von vielen Gräbern, 
Dass dn's nicht hörest; pfeife dann mir zu, 
Znm Zeichen, dass da etwas nahen hörst. 
Wenn man nun von der Enochenleitnng bei dem mensch- 
lichen Ohre noch nichts wissen würde, so mflsste man auf Gmnd 
des oben erwähnten, bekannten Naturgesetzes a priori annehmen, 
dass der feste Knochen den Ton der Stimmgabel besser zum 
Labyrinth leitet, als die Luft. Und thatsächlich ist anch, wie 
die nachfolgenden einfachen Yersnche klar beweisen werden, die 
Knochenleitnng der Luftleitung weit überlegen und nicht umge- 
kehrt, wie man es in den Lehrbüchern liest. 

Wenn ich nach starkem Anschlage die tiefe Stimmgabel 
senkrecht und dicht fiber dem Scheitel halte, ohne ihn jedoch 
zu bertthren, so werde ich den Ton durch die Luftleitung nur 
kurze Zeit yernehmen. Die Tonquelle, das offene, schwingende 
Ende der Stimmgabel, befindet sich dabei in einer Entfernung 
von ca. 35 cm von der Ohrmuschel entfernt. Setze ich nuii 
das Stielende auf den Scheitel, nachdem der Ton durch die 
Luftleitung verklungen ist, so höre ich den Ton verstärkt 
wieder. Die Schallwellen machen den Weg vom offnen Stimm- 
gabelende durch Sti'mmgabelstiel und Schädelknochen zur Laby- 
rinthkapsel. 

Wenn ich die Stimmgabel, noch bevor der Ton vom Scheitel 
aus verklungen ist, vor die Ohrmuschel in eine Entfernung 
von 35 cm bringe, so höre ich den Ton nicht mehr. Wenn 
wir, wie Weber es vorschreibt, nach Verklingen des durch die 
Kopfknochenleitung vernommenen Tones die Zinken der Stimm- 
gabel dicht vor die Ohrmuschel bringen, um den Ton wieder 
zu vernehmen, so haben wir die Tonquelle, die sich vorher 
35 cm von der Ohrmuschel entfernt befunden hatte, um diese 
Strecke dem Ohre genähert. Wir haben somit einen Fehler 
begangen, indem wir für einen Vergleich zwischen Knoohen- 
und Luftleitung ganz verschiedene Bedingungen zu Grunde gelegt 
haben. Wollen wir gleiche Bedingungen schaffen, so müssen 

1) Dass der stählerne Stimmgabelstiel auch ein vorzüglicher Leiter ist, 
beweist die Thatsache, dass man c vom Scheitel fast ebenso deutlich hört, 
wenn man zwischen Stimmgabelstiel und Schädel eine andere Stimmgabel 
zwischenschaltet, z. B. das hohe c. 



Luft- and Enochenleitung. 149 

wir nach dem Verklingen des vom Scheitel peroipirten Tones 
die Stimmgabel, wie oben erwähnt, 35 om von der Ohrmnsohel- 
entfernt halten; dann aber hören wir nichts mehr. 

Ebenso geht aitch ans dem Rinne 'sehen Versuche die 
Ueberlegenheit der Enochenleitung über die Luftleitung hervor, 
sobald wir auch hier [gleiche Bedingungen zu Grunde legen. 
Halten wir nach starkem Anschlage den Stiel der tiefen Stimm- 
gabel dicht vor den Warzenfortsatz, ohne jedoch ihn oder die 
Ohrmuschel zu berühren, so hören wir den Ton durch die Luft- 
leitung in einer Entfernung von ca. 20 cm, soviel wie die Länge 
der Stimmgabel beträgt. Setzen wir nach Verklingen des Tones 
den Stiel der Stimmgabel auf den Warzenfortsatz, so hören wir den 
Ton[noeh lange durch die Knochenleitung, oder genau genommen. 
Stiel- und Enochenleitung. Wenn ich nach Verklingen desselben 
die Stimmgabel nach Rinne dicht vor die Ohrmuschel halte, 
so habe ich wiederum einen Fehler begangen, indem ich die 
Tonquelle um die ganze Länge der Stimmgabel dem Ohre ge- 
nähert habe. Bleibe ich dagegen, um gleiche Bedingungen für 
den Vergleich der Knochen- und Luftleitung zu schaffen, um 
ca. 20 cm von der Ohrmuschel entfernt, so höre ich nichts mehr. 
gWir wissen, [dass bei acuter Otitis media, bei chro- 
nischen einseitigen Processen im Mittelohr, so lange das Corti- 
sehe Organ noch intact ist, bei Cerumen obturans C vom 
Scheitel im erkrankten Ohre verstärkt gehört wird. Ich habe 
nun die Erfahrung gemacht, um dies gleich voran zu schicken, 
dass dieses Phänomen auch eintritt, wenn man den Stiel der 
tiefen Stimmgabel auf andere Knochenpunkte des menschlichen 
Körpers setzt, wie z. B. Dornfortsätze der ganzen Wirbelsäule, 
Kreuzbein, Brustbein, äusseren Patellarrand, bei gebeugtem Knie, 
Malleolen^ Olecranon, überhaupt von allen Knochenpunkten aus, 
wo der Knochen nur eine dünne Bedeckung hat. Es ist sehr 
frappant, wenn der Patient, der z. B. an einer linksseitigen 
Mittelohrentzündung leidet, auf der kranken Seite den Ton der 
tiefen Stimmgabel vernimmt, sobald man den Stiel auf den 
Malleolus externus der entgegengesetzten Seite fest aufsetzt. 

Ehe wir in die Erklärung dieser Erscheinung eintreten, 
halte ich es flir richtig, an das physikalische Gesetz der Resonanz 
zu erinnern. Wenn ich nämlich den Stimmgabelstiel auf einen 
leicht mitschwingenden Körper, wie z. B. Tisch und Stuhl auf- 
setze, wird der Ton objectiv ganz bedeutend verstärkt. Diese 
Resonanz tritt nicht oder nur in schwachem Maassstabe ein, 



150 XVI. LEISER 

wenn es sieh um einen schwingnngsunf&higen Körper handelt 
z. B. eine Steinmauer. Folgender einfacher Versuch macht die 
Sache klar. Man setze den Stiromgabelstiel bei einem Normal- 
hörenden auf den äusseren Patellarrand bei rechtwinklig ge- 
beugtem Knie, und man wird sofort die Stimmgabel laut ertönen 
hören. Dagegen tritt diese Verstärkung des Tones nicht ein, 
wenn ich die Stimmgabel auf die Muskelmasse des Quad'riceps 
setze. Aber der, bei dem ich die Stimmgabel aufgesetzt habe, 
vernimmt den Ton nicht nur durch die Luftleitung, sondern 
auch durch die Knochenleitung und zwar verstärkt, wenn er 
sich die Ohren zuhält. 

Der hohe diagnostische Werth des Web er 'sehen und Rinne, 
sehen Versuches wird durch meine Versuche nicht berührt. Nur 
glaube ich nicht, dass die Tonverstärkung auf der erkrankten 
Seite nur „durch den verhinderten Abfluss der Schallwellen aus 
dem kranken Ohre** hervorgerufen wird. Die Ursachen hierfür 
sind jeweilig verschiedene. Bei Mittelohrentzündungen handelt 
es sich nach meiner Ansicht um eine Beizung des Gorti'schen 
Organs. Ebenso wie bei gewissen Augenerkrankungen die Be- 
tina, ohne selbst erkrankt zu sein, lichtempfiadlicher wird-, so 
wird auch bei Entzündungen im Mittelohr das Labyrinth hyper- 
ämisch und sensibler werden. Nur so ist es erklärlich, dass so- 
gar vom Malleolus aus der tiefe Stimmgabelton im erkrankten 
Ohre mit grosser Deutlichkeit vernommen wird, während ihn ein 
normal Hörender von diesem Paukte aus nach meinen Versuchen 
nicht vernimmt. Dass diese Hypersensibilität nicht auch durch 
die Luftleitung zur Erscheinung gelangt, dafür geben die Hinder- 
nisse im Mittelohr, verdicktes Trommelfell, Exsudat, gequollene 
Schleimhaut, eine genügende Erklärung. — Die Verstärkung des 
vom Scheitel percipirten Tones nach derjenigen Seite, auf der 
ich den Meatns mit dem Finger schliesse, kann bei dem normal 
Hörenden ebenfalls nicht auf behindertem Sohallabfluss beruhen, 
sondern beruht darauf, dass ich durch das Schliessen des Gre- 
hörgangs diesen zu einer allseitig geschlossenen, resonanzfähigen 
zweiten „Trommelhöhle*' umgestalte. Man setze z. B. den Stiel 
der Stimmgabel auf denjenigen Punkt, von wo aus man den Ton 
durch die Knochenleitung am stärksten vernimmt, das ist dicht 
vor und etwas über den Tragus, ohne jedoch zunächst den Tra- 
gus in den Meatus hineinzudrücken. Sobald der Ton hier am 
Verklingen ist, versohliesse man durch einen kleinen Druck nach 
hinten mit dem Tragus und Stielende die Ohröflfnung. Man höre 



Luft- und Enochenleitung. 151 

den Ton jetzt in bedeutend verstärktem Maasse, so wie man 
ihn durch die Enochenleitung überhaupt nicht mehr hören würde. 
Auf demselben Gesetze der Besonanz geschlossener Höhlen be- 
ruht es auch, wenn der Patient bei Cerumen obturans C vom 
Scheitel nach der erkrankten Seite lateralisirt. 

Ich glaube durch meine Versuche bewiesen zu haben, 

1. dass die Knochenleitung der Luftleitung überlegen ist; 

2. dass die Lateralisation bei dem Webe raschen Versuche 
nicht auf behindertem Abflüsse der Schallwellen beruht, sondern 
einerseits auf erhöhter Sensibilität, andererseits auf erhöhter Re- 
sonanz;] 

3. dass bei dem Binne'schen Versuche die verlängerte 
Enochenleitung in derselben Weise zu erklären ist. 



XVII. 

Die Zahl der Ohrenkranken in den einzelnen Ortschaften 
des Kreises Harburg in ihrer Beziehung zn der örtlichen 

Lage dieser Orte. 

(Zweiter Nachtrag zu meineii Schalantersaohangea im Kreise 

Marburg.) 

Von 

Professor Ostmann, Marburg. 
(Mit 1 Abbildaog.) 1 ! 

In meiaer Arbeit über die Krankheiten des Gehörorgans 
unter den Volksschulkindern des Kreises Marburg habe ich zur 
Erklärung der sehr verschieden hohen Frocentzahlen von schwer- 
hörigen Kindern in den verschiedenen Schulorten des Kreises 
wesentlich zwei Momente herangezogen : die Verschiedenheit der 
socialen und localen Verhältnisse der einzelnen Ortschaften. 

Es hatte sich gezeigt, dass sich vier Gruppen von Ortschaf- 
len mit hohen und höchsten Procentzahlen (von den übrigen 
Landgemeinden absondern Hessen; eine centrale, eine südöst- 
liche, südwestliche und nordwestliche; erstere gebildet von den 
Ortschaften in unmittelbarer N&he Marburgs, die übrigen drei 
in den entferntesten Ecken des Kreises. 

Wenn fttr die erste, centrale Gruppe vornehmlich |die un- 
günstigen socialen Verhältnisse dieser vorwiegend von Arbeitern 
bewohnten Dörfer zur Erklärung für die besonders hohe Zahl der 
ohrenkranken Schulkinder herangezogen werden mussten, so 
schien bei den weiteren 3 Gruppen die ungünstige örtliche Lage 
der Ortschaften nicht ohne wesentlichen Einfluss auf die Höhe der 
Erkrankungsziffer zu sein; denn diese Landgemeinden, welche 
durch billige und schnelle Verkehrsmittel mit Marburg nicht ver- 
bunden sind, befinden sich in besonders ungünstiger Lage hin- 
sichtlich der Ausnutzung der in Marburg gebotenen, freien spe- 
oialärztlichen Behandlung. So bleiben in diesen Dörfern von 



Die Zahl der Ohrenkranken in den Ortschaften des Kreises Marburg. 153 



BetheQigung der einzelnen Ortschaften des Kreises Marburg am poliklinischen 

Krankenzagang während der ersten 10 Jahre des Bestehens der Poliklinik, 

1890—1900, in Proc. zum Durchschnitt der Einwohnerzahl. 




154 XVn. OSTMANN 

den einmal am Ohr erkrankten Kindern eine besonders grosse 
Zahl nnbehandelt nnd nngeheilt. 

Diesen 4 Gruppen von Ortschaften mit hohen nnd höchsten 
Procentzahlen stand die grosse Zahl der Dörfer mit mittleren, 
selbst relativ niedrigen Erkranknngsziffern gegenüber, welche in 
den Flnssthftlern des Kreises Marburg gelegen sind, nnd ich hatte 
darauf hingewiesen, dass ftlr dieses eigenartige Verhftltniss wohl 
die örtliche Lage dieser Landgemeinden von erheblicherer Be- 
deutung sein dürfte, da die leichte und schnelle Yerbindnng 
dieser Orte mit Marburg den Bewohnern es gestattet, einen re- 
lativ ausgiebigen Gebrauch von der freien, ärztlichen Hilfe in 
Marburg zu machen. 

Es war mir indess bis zur Drucklegung meiner Schulunter- 
suchungen nicht möglich gewesen, selbst oder durch einen An- 
deren zahlenmässig fflr die ersten 10 Jahre — 1890 bis 1900 — des 
Bestehens der Poliklinik fflr Ohren-, Nasen- und Halskranke zu 
Marburg nachweisen zu lassen, in welcher Weise die einzelnen 
Dörfer des Kreises Marburg dieselbe in Anspruch nehmen. loh 
hole das Versäumte nach, indem ich in dieser Arbeit die zahlen- 
mässigen Unterlagen bringe. 

Die beigegebene Karte (S. 153), in welche gemäss der beige- 
f&gten Zeichenerklärung das procentuarische Yerhältniss des Zu- 
ganges an Ohrenkranken aus den einzelnen Ortschaften einge- 
zeichnet ist, ist in folgender Weise entstanden. 

Es wurde aus den Journalen der Poliklinik fflr eine jede 
Ortschaft des Kreises Marburg fflr die 10 Jahre (1890—1900) die 
Zahl der neuzugegangenen Ohrenkranken ermittelt und fflr diese 
das procentuarische Yerhältniss zur durchschnittlichen Bevölke- 
rungsziffer dieser Ortschaften berechnet. Die durchschnittliche 
Einwohnerzahl wurde gefunden, indem das Ergebniss der Volks- 
zählung von 1895 und 1900 addirt und durch 2 dividirt wurde. So- 
fern mehrere Ortschaften zu ein und demselben Sohulort gehörten, 
wurden diese gemeinsam in Rechnung gezogen, um so wieder 
auf die 70 Schulorte des Kreises zu kommen. 

Wenn man in Betracht zieht, dass die örtliche Lage eines 
Dorfes nur ein Moment ist, welches fflr die Erklärung des Vor- 
kommens von Ohrenkrankheiten unter der Bevölkerung von Be- 
deutung ist, ein Moment, neben welchem eine Beihe anderer 
von mehr oder weniger grossem Belange stehen, so muss die 
Gleichartigkeit der Gruppenvertheilung auf dieser und der mei- 



Die Zahl der Obrenkracken in den Ortschaften des Kreises Marburg. 155 

nen Schulnntersuchuogen beigegeben en Karte bemerkenswerth in's 
Auge fallen. 

Aus denjenigen Ortsebaften, welebe die boben und höchsten 
Procentzablen an schwerhörigen Schulkindern aufwiesen, sind 
die relativ wenigsten Einwohner zur Behandlung in der Poliklinik 
erschienen, ohne indess die Ausnahmen dieses allgemein ausge- 
sprochenen Satzes tibersehen zu wollen. 

Insbesondere bildet eine solche Ausnahme die centrale Gruppe 
hoher und höchster Erkrankungsziffern, die von den in nächster 
Umgebung Marburgs gelegenen Dörfern gebildet war. 

Ich hatte bei der Erklärung der Zahlen dieser Gruppe schon 
in meiner Schuluntersuchung mich dahin geäussert: „Ich möchte 
glauben, dass die Procentzahlen der Schwerhörigen in den Mar- 
burg umgebenden Arbeiterdörfern [noch höher sein würden, als 
sie es thatsächlich sind, wenn nicht die besonders gflnstige Ge- 
legenheit, die sich den Bewohnern 'zu einer freien, sachgemässen 
Behandlung in Marburg bietet, doch von einer ganzen Zahl aus- 
genutzt würde. So wird wenigstens ein Tb eil der Erkrankten 
mit guter Hörschärfe geheilt.** 

Unsere Karte bringt einen zahlenmässigen Beleg für die 
Bichtigkeit dieser Worte. 

Während sich die in den äussersten Ecken des Kreises ge- 
legenen 3 Gruppen mit hohen und höchsten Erkrankungsziffern 
in unserer Karte wiedererkennen lassen als Gruppen niedriger 
und niedrigster Zugangsziffer, ist die centrale Gruppe verschwun- 
den ; denn aus den Dorfgemeinden dieser Gruppe ist eine relativ 
grosse Zahl von Erkrankten zugegangen« 

Wenn diese Ortschaften mit ihren besonders ungünstigen 
socialen Verhältnissen somit nicht durch die örtliche Lage beson- 
ders bevorzugt wären hinsichtlich freier, ärztlicher Hilfe, so ist 
mit Becht anzunehmen, dass die Erkrankungsziffer unter den 
Schulkindern eine noch erheblich höhere gewesen wäre, als sie 
es thatsächlich war. 

Aus diesen Verhältnissen erhellt die Bedeutung einerseits 
der örtlichen Lage eines Ortes, soweit von dieser die Erlangung 
freier ärztlicher Hilfe abhängig ist, andererseits der socialen Lage 
seiner Bewohner für die Häufigkeit der Ohrenkrankheiten in die- 
sen Ortschaften. 

Die Ortschaften des Lahnthaies mit relativ niedrigen oder mitt- 
leren Erkrankungsziffern unter den Schulkindern weisen fast aus- 
schliesslich mittlere oder hohe Zugangsziffern von Kranken auf. 



XVIII. 

Ans der Eönigl. Universitäts - Ohrenklinik zu Halle a. S. (Greh. 

Med.-Ratli Prof. Dn Schwartze). 

Zur Frage des Vorkommens von Glykosnrie in Folge von 

Otitis. 

Vonl 

Prof. Dr. E. Crrunert, erstem Assistenten der Klinik. 

So bekannt der Einfiass des Diabetes mellitus auf den Ver- 
lauf entzündlicher Ohrerkrankungen ist, so wenig Sicheres weiss 
man bisher darüber, ob durch entzündliche Erkrankungen des 
Gehörorgans, bezw. ihre intracraniellen Folgezustände eine pa- 
thologische Zuckeraussoheidung im Harn bedingt sein kann ; sei 
es, dass es sich um eine vorübergehende Glykosurie handelt, sei 
es, dass jene tiefgreifende chronische Stoffwechselanomalie, für 
welche allein von Mering (1)*) die Bezeichnung Diabetes gelten 
lässt, als Folge der Otitis auftritt. 

Nach den spärlichen Notizen, welche bisher über diesen 
Gegenstand in der Literatur zu finden sind, ist 'die genannte 
Frage zur Zeit eine offene; die wenigen, im Sinne ihrer Bejahung 
bisher mitgetheilten Fälle sind keineswegs beweiskräftig. 

So sei es gestattet, zwei Beobachtungen aus unserer Klinik 
mitzutheilen, welche Einiges zur Klärung der hier schwebenden 
Frage beizutragen im Stande sind. Es handelt sich in beiden 
Fällen um intracranielle Folgezustände von Otitis, in deren Ver- 
lauf eine vorübergehende Glykosurie auftrat, deren ursächlicher 
Zusammenhang mit jenen otogenen Hirncomplicationen nicht gut 
in Abrede gestellt werden kann.} 

Bei der bekannten „bunten^ Aetiologie der durch Insnlte 
und Erkrankungen des Nervensystems bedingten Glykosurieen 
sollte man von vornherein annehmen, dass auch öfters bei den 
intracraniellen Folgezuständen der Otitis Glykosurieen vorkom- 
men müssten, und zwar um so mehr, als gerade bei dieseaEr- 

*) Die in Klammern beigefügten Zahlen beziehen sich auf den Litera- 
turnachweis am Schlüsse der Arbeit. 



Zur Frage des YorkommenB von Glykosurie in Folge yon Otitis. 157 

krankungsformen das Gehirn in der yerschiedenartigsten Weise 
und an den verschiedensten Stellen Schädigungen erleidet. In- 
dessen erbrachte uns eine Durchsicht der einschlägigen Literatur 
keine Bestätigung dieser Annahme. 

Indessen ist aus dem Fehlen diesbezüglicher Literaturanga- 
ben noch nicht der Schluss gerechtfertigt, dass Glykosurie in 
Folge von otogenen Hirnaflfectionen ein so enorm seltenes Ereig- 
niss sei, wie es erscheint. Vielmehr neigen wir der Annahme 
zu, dass die transitorische Zuckerausscheidung im Harn bei die- 
sen Erkrankungen öfter Mangels genügender Urinuntersuchung 
übersehen worden ist. Viele der mitgetheilten Krankengeschich- 
ten lassen überhaupt eine Urinuntersuchung vermissen, andere 
wiederum lassen deutlich erkennen, dass die Urinuntersuchung 
eine unzulängliche war, weil nur einmal eine solche stattgefun- 
den hatte, beim Eintritt des betreffenden Kranken in die klinische 
Behandlung. 

Und was speciell die wenigen bisher publioirten Fälle intra- 
cranieller Gomplication der Otitis anbetrifft, bei denen Zucker im 
Harn beobachtet worden ist, so starben die Kranken so schnell 
an der Gehirnerkrankung, dass die dadurch bedingte Unzuläng- 
lichkeit der Beobachtung die Frage offen lassen musste, ob die 
festgestellte Zuckerausscheidung in ursächlichem Zusammenhange 
stand mit dem otogenen Hirnleiden, oder ob es sich um einen 
rein zufällig neben dem Hirnleiden einherlaufenden Diabetes 
handelte. 

Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Hirnerkrankung 
und Zuckerausscheidung können wir nur für diejenigen Fälle an- 
nehmen, welche folgende zwei Bedingungen erfüllen: erstens den 
Nachweis, dass vor der Himerkrankung kein^ Zuckerausschei- 
dung bestand, zweitens die Beweisftlhrung, dass die während der 
Hirnerkrankung aufgetretene Zuckerausscheidung nach der Hei- 
tung der Hirnaffection vollständig verschwunden ist. Der Nach- 
weis des zweiten Postulates berechtigt uns im Einklang mit der 
Anschauung des bekannten Diabetesforschers v. Mering (1. c.) 
von der Unheilbarkeit des Diabetes zu der Annahme, dass die 
Kranken, bei denen eine Zuckerausscheidung vollständig ver- 
sehwindet, nicht an schon länger bestehenden, vielleicht latent 
gewesenen diabetischen Störungen gelitten haben. Den Nach- 
weis, dass die Zuckerausscheidung „vollständig^ verschwunden 
ist, halten wir dann für erbracht, wenn bei mehreren Unter 
Buchungen (v.Mering,Naun7n[ll>]) nach dem Einfahren grösserer 



168 XVm. GRÜNERT 

Mengen Traubenzuckers neben der gewohnlioben gemischten Nab- 
rang im Urin keine Spur von Zucker nachzuweisen ist. 

Wenn wir uns nun der bisher vorliegenden einschlägigen 
Literatur zuwenden, so erheben unsere aus der Literatur zu- 
sammengesuchten Angaben keineswegs den Anspruch auf Voll- 
ständigkeit; indessen ist schon aus dem Umstände, dass in den 
Monographieen von v. Mering (1. c.) und Naunyn (1^), in dem 
Schwartze'schen Handbuche der Ohrenheilkunde (2), in dem 
bekannten Buche von v. Bergmann (3), in den das Verhältniss 
von Ohr und AUgemeinmedicin behandelnden Monographieen von 
Hang (4) und von Friedrich (5), sowie auch in den Artikeln 
„Diabetes^, ^Gehirnabscess^ und „Meningitis purulenta^ in der 
Blau'schen Encyklopädie der Ohrenheilkunde (6) kein Wort zu 
finden ist über die uns hier interessirende Beziehung zwischen 
Ohr und Zuckerausscheidung, der Schluss berechtigt, dass man 
bisher auf diese Beziehung keinen Werth gelegt hat. Und dazu 
hatten die Autoren ein volles Recht, weniger wegen der abnor- 
men Seltenheit diesbezflglicher Beobachtungen, als wegen des 
Umstandes, dass die bisher mitgetheilten Fälle eine mehrdeutige 
Auffassung zuliessen. Nur in den Büchern von Körner (7) so- 
wie Macewen (8) finden wir kurze diesbezügliche Notizen. 
Körner (1. c.) erwähnt das Vorkommen der Glykosurie bei Auf- 
zählung der Symptome der otogenen eitrigen Leptomeningitis, 
Macewen (1. c.) berfthrt kurz das Auftreten von Glykosurie unter 
den Symptomen des otogenen Hirnabscesses. 

Aus der Literatur haben wir über folgende zwei einschlägige 
Fälle zu berichten: 

1. Fall, von Ulrich (9) mitgetheilt. 

Bei einem 25 jährigen Patienten, welcher seit früher Jagend an chro- 
nischer linksseitiger Ohreiterung litt, entwickelten sich, acute pyämische Er- 
scheinungen mit Hirndrucksymptomen (Pulsverlangsamuiag); am 13. Tage nach 
Beginn der acuten Symptome fing Fat. plötzlich an, laut zu schreien, warf 
sich unruhig im Bette hin und her, ward bald nachher völlig bewusstlos mit 
dilatirten, nicht gegen das Licht reagirenden Pupillen ; der Puls wurde klein, 
am Abend erfolgte der Tod in tiefem Sopor. 

Sectionsbefund: Die Sinus der Dura mater sind stark gefüllt, ebenso 
die Gefässe der Pia; die untere Fläche des hinteren Lappens der linken 
grossen Hemisphäre ist von dünnflüssigem, übelriechendem Eiter umspült; 
am unteren Rande desselben findet sich eine linsengrosse Oeffnang, welche 
in eine weit ausgedehnte, vielfach zerklüftete, am hinteren £nde^ des Corpus 
callosum mit dem linken Seitenventrikel communicirende Abscesshöhle führt. 
Beide Ventrikel enthalten dünnflüssigen Eiter, die innere Fläche des linken 
zeigt eine gelblicbgrüne Färbung; die Wandungen des Abscesses sind mit 
schwärzlichen Blutpunkten besetzt, die umgebende Hirnmasse ist erweicht. 
In der Marksubstanz der linken Hemisphäre des kleinen Gehirns findet sich 
ein haselnussgrosser Abscess, welcher bis zum mittleren Theil des kleinen 
Gehirns sich erstreckt und mit dem 4. Ventrikel communicirt. Am linken 



Zur Fra$(e des Vorkommens von Glykosurie ia Folge von Otitis. 159 

Felsenbein ist die Dura mater verfärbt und abgelöst, die Oberfl&che des 
Knochens rauh, der Sinus transv. sinist. bis zum Bulbus venae jugul. durch 
ein festes, von dünnflüssigem Eiter umspültes Faserstoffgerinnsel ausgestopft. 
Ton dem übrigen Befunde ist ausser einer bedeutenden Yergrösserung und 
Erweichung der Milz nichts zu erwähnen. Der nach dem Tode aus der 
Blase gelassene Urin wurde in Bezug darauf, dass möglicher 
Weise durch den in den 4. Ventrikel eingedrungenen Eiter 
eine Reizung ähnlich wie bei dem bekannten Experiment be- 
wirkt worden sei, auf Zucker untersucht und das Vorhanden- 
sein desselben sowohl durch die Trommer'sche Probe wie durch 
Gährung auf das Deutlichste constatirt. 

Nach unseren obigen Ausführungen betrachten wir die An- 
nahme des Autors, dass in diesem Falle das Vorhandensein 
von Zucker im Urin in ursächlichem Zusammenhang steht mit 
dem in den vierten Ventrikel eingedrungenen Eiter, als vollkommen 
in der Luft schwebend. 

Ein zweiter Fall, von Truckenbrod (10) mitgetheilt, Hesse 
sich schon eher in dem Sinne deuten, dass die während einer 
otogenen eitrigen Leptomeningitis in vita beobachtete, rasch 
zunehmende Glykosurie (1 V4 Proc. bis 2 Proc.) auf ein in autopsia 
ausser der diffusen Meningitis im erweiterten vierten Ventrikel 
gefundenes serös-eitriges Exsudat zu beziehen sei. Wenn auch 
der Autor, der sich im Uebrigen recht zurückhaltend über diesen 
Zusammenhang ausspricht, immerhin für die Annahme eines solchen 
ursächlichen Zusammenhanges den Umstand in die Wagschale 
legt, dass eine zwei Jahre zuvor zwecks Aufnahme in eine Lebens- 
versicherung ausgeführte Untersuchung des Urins ein negatives 
Resultat ergeben habe, sowie ferner den Umstand, dass vor der 
letalen Ohrfolgeerkrankung alle anderen Symptome des Diabetes 
(Polydipsie, Polyurie u. s. w.) vollständig fehlten, so vermögen wir 
doch beide Argumente nicht als stichhaltig zu betrachten. 

Zu diesen beiden Fällen, bei denen die Kritik nur zum 
Resultat des non liquet kommen kann, gehört auch ein weiterer, 
welcher nur als Auszug aus der Krankengeschichte bereits 
aus unserer Klinik mitgetheilt worden ist (11). Freilich sind die 
Notizen der Krankengeschichte, welche die Zuckerausscheidung 
betreffen, in dem kurzen Krankenbericht nicht vermerkt. Es 
handelt sieh hier um ein fÜnQähriges Mädchen, welches an einer 
eitrigen otogenen Basilarmeningitis zu Grunde ging; dieselbe 
war von einem Schläfenlappenabscess induciert worden. Daneben 
stellte die Kopfsection fest: Oedem des Gehirns, Hydrocephalus 
internus und die Anwesenheit gelblicher dickflüssiger 
Eitermassen im 4. Ventrikel. Während dieses Kind bei 
seiner Aufnahme in die Klinik zuckerfreien Urin hatte, wurde 



160 XVIII. GRÜNERT 

einige Tage vor dem Tode Zucker im Urin nachgewiesen, dessen 
Menge von der medioinisohen Klinik auf 2 bis 3 Proc. be- 
stimmt wurde. 

In diesem Falle sind wir schon eher berechtigt, einen 
nrs&chlichen Zusammenhang der festgestellten Znckeransscheidnng 
mit einer der in antopsia festgestellten Gehirnläsionen — welche, 
mag dahingestellt bleiben — anzunehmen, weil die Urinunter- 
suchung etwa 14 Tage vor dem Nachweis von Zucker ein bezüglich 
der Anwesenheit von Zucker negatives Besultat ergeben hatte. 
Dem Einwände, dass eine einmalige Urinuntersuchung oft nicht 
gentigt, um einen bereits vorhandenen Diabetes festzustellen, 
können wir damit begegnen, dass das zur Zeit der Aufnahme 
fieberfreie und wohlgenährte Kind noch keine Appetitstörung 
zeigte und die gewöhnlichen Mengen gemischter amylaceenreicher 
Kost zu sich genommen hatte, weiterhin mit dem Hinweis der 
relativen Seltenheit des Diabetes im früheren Kindesalter. Schon 
die Notiz der Krankengeschichte, dass es sich um ein „gut- 
genährtes, kräftig entwickeltes*' Kind handelte, entkräftigt den 
Verdacht, dass dieses Kind bereits zur Zeit des Eintritts in die 
klinische Behandlung an einem Diabetes gelitten habe. 

Immerhin genügt auch dieser Fall noch keineswegs unsern 
oben an diejenigen Fälle gestellten Anforderungen, bei welchen 
wir den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen 
einem otogenen Gehirnleiden und einer auftretenden trans- 
storischen Glykosurie för erbracht halten. 

Um so einwandsfreier erscheinen uns folgende beide 

Beobachtungen aus unserer Klinik: 

Albert Becker, 19 Jahre alt, Schiffer aus Aken a. d. £lbe. Aufgenom- 
men am 25. September 1901 wegen chronischer linksseitiger Mittelohreiterung. 

Anamnese: Ohreiterung links seit Kindheit; jedoch stets beschwerde- 
frei gewesen. Am 18. dies. Mts. .bekam Patient Morgens beim Aufstehen 
einen so heftigen Schwindelanfall, dass er gegen den Ofen fiel. Es stellten 
sich zugleich sehr heftige Kopfschmerzen ein im ganzen Kopfe, aber stärker 
in der linken Kopfseite, die bis zum Aufnahmetage anhielten. Wiederholte 
Schwindelanfälle und im Anschlnss an dieselben oft Erbrechen, auch bei 
nüchternem Magen. Verstopfung, kein Frost, angeblich kein Fieber dage- 
wesen. 

Status praesens: Kräftiger Mann. Patient ist so schwindlig, dass 
er geftlhrt werden muss. Pupillen gleichweit, reagiren prompt auf Lichtein- 
fall. Geringe Abducenslähmung rechts. Zunge belegt, Foetor ex ore, Lippen 
trocken. Kopf nach hinten gehalten, Nackenmuskeln gespannt. Sensibilität, 
Motilität und Beüexe normal. Dynamometer rechts 120, links 124. Keine 
Sprachstörung. Papulae n. optici beiderseits stark geröthet, Grenzen undeut- 
lich, starke Gefässfüllung. Die Neuritis ist links stärker ausgeprägt als rechts. 

Urin ohne Zucker und Eiweiss. 

Umgebung des Ohres: Links: Geringe Druckempfindlichkeit der 
Spitze. Kein Oedem der Haut, keine Infiltration. 



Zor Frage des Vorkommens von Oljkosurie in Folge von Otitis. 161 

Gehörgang- und Trommelf ellbefund: Links: Schlitzförmige Ste- 
nose des Gehörgangs, die Tiefe nicht zu beurtheilen. Fötide Eiterung. Rechts: 
Trübung des Trommelfells. 

Hörprüfung: Flüstersprache links nicht unmittelbar am Ohre, rechts 
in der Entfernung von mehreren Metern verstanden. 

Temp. 38,1^ (Rectalmessung), Puls 66, von mittlerer Spannung. 

Aus diesem Symptomenbild schlössen wir auf das Vorhanden- 
sein eines von dem kranken Ohre ausgehenden intracraniellen 
Leidens, und zwar in erster Linie auf einen Hirnabscess. Um 
uns aber davor zu sichern, die vorzunehmende Operation nicht 
bei schon bestehender diffuser eitriger Leptomeningitis auszu- 
führen, schritten wir zur Lumbalpunction, deren Ergebniss — 
Liquor unter hohem Druck stehend, getrübt, sehr viele, auch 
mehrkernige Leukocyten enthaltend — uns auf die Vornahme 
eines operativen Eingriffes verzichten Hess, weil es nach unseren 
bisherigen Erfahrungen uns das Bestehen einer diffusen eitrigen 
Meningitis, jwelcbe jeden operativen Eingriff contraindicirt, zur 
Gewissheit machte. Der weitere Verlauf war der folgende: 

26. September. Temp. 37,7- 38,9 <>. Morgens 10 Uhr heftige Schmerzen 
im Kopf; Patient schreit laut auf, Morph, subcutan. 

27. September. Temp. 37,9 — 38,7 <^. Yiel Schlaf, aber Sensorium klar. 
Abends Klage Ober unerträgliche Kopfschmerzen (Morph.). Sensibilität des 
rechten Armes scheint etwas herabgesetzt; leichtes Frösteln; Nahrungsauf- 
nahme geringer. 

28. September. Temp. 37,6—38,8^. Reichliche Eiterung aus dem linken 
Ohre. Massige Infiltration unter der Spitze. Polyurie. 

29. September. Temp. 37,9—39,7 <*. Polyurie, Urinmenge 3— 4 Liter. 
Im Urin Zucker. Anhaltende Verstopfung, Appetit gut. Klage über ab 
und zu exacerbirende Kopfschmerzen in der Stirn und linken Kopfseite. 

30. September. Temp. 37,7— 39,3 ^ Heftige Kopfschmerzen in der Stirn, 
so dass wiederholt Morphium- Injectionen nothwendig sind. Zucker im Urin 
(1 Proc). Reine Fleischfettdiät. 

1. October. Temp. 37,2—39,1®. Reichliche Eiterung aus dem Ohre; Ge- 
hörgangstenose geringer. In der Tiefe des Gehörganges eine Granulation 
sichtbar. Rechtsseitige Abducenslähmung. Keine Sprachstörung. Puls an- 
dauernd sehr gespannt und dikrot. Urinmenge ca. 4 Liter, Urin zuckerhaltig. 

2. October. Temp. 36,6— 39,4 <>. 

™v Es gehört nicht in den Rahmen dieser Abhandlung, ausein- 
anderzusetzen, weshalb wir uns in Folge des bisherigen Krank- 
heitsverlaufes jetzt doch noch zu einem operativen Vorgehen ent- 
schlossen. Vor demselben wurde noch einmal die Lumbalpunction 
vorgenommen, bei welcher es indess nicht gelang, Liquor zu be- 
kommen. Bei der nun folgenden Totalaufmeisselung fand sich 
bei normalen Weichtheilen die hintere knöcherne Gehörgangs- 
wand fistulös durchbrochen, der Knochen war an der Durch-^ 
bruchssteile [schwarz verfärbt. Im Warzenfortsatz bestand aus- 
gedehnte Caries. Antrum und Paukenhöhle waren mit Granu-> 
lationsmassen erfüllt, von Gehörknöchelchenresten war nichts 
mehr vorhanden. Eine Wegleitung der Eiterung nach der Schä- 



162 XVIII. GRÜNERT 

delhöhle (Fistel) wurde nicht anfgefanden. Es wurde nun auf 
den linken Sohläfenlappen trepanirt in der Annahme, daselbst 
auf einen Abscess zu stossen. Horizontaler Schnitt 1 V2 Finger 
breit oberhalb des Ansatzes der Ohrmuschel; Ausmeisselung eines 
Knoohenparallelogramms aus der Squama ossis temporum ia 
5 : 3 cm Ausdehnung. Dura stark gespannt, pulsirend. Bei 
der breiten Spaltung derselben entleert sich eine reichliehe 
Menge klaren Liquors. Geftsse an der Himoberfläche stark 
gefüllt Beim Einstechen in das Gehirn eine ungewöhnlich 
starke Blutung. Dilatation der Einstichstelle mittelst der ge- 
spreizten Eornzange, ohne dass pus sichtbar wird. Einführen 
mehrerer Gazestreifen. 

Wir unterlassen einen Erklärungsversuch des auffälligen 
Widerspruches zwischen der trttben Beschaffenheit des etwa eine 
Woche vor der Trepanation durch die Lumbalpunction gewon- 
nenen Liquors und der klaren serösen Flüssigkeit, welche sich 
bei der Hirnoperation entleerte, gehen auch nicht auf die Er- 
örterung der Frage ein, ob die Gehirnaffection den Namen Me- 
ningitis serosa in dem Quinoke'schen Sinne verdient oder 
nicht, nicht weil wir diese Erörterung fbr die hier in Rede 
Rede stehende Frage der Beziehung von otogenen Hirnaffectionen 
zur Glykosurie für belanglos halten, sondern weil uns Mangels 
einer bakteriellen Untersuchung der entleerten Hirnflüssigkeit jede 
Unterlage für die Entscheidung der Frage der Meningitis serosa 
ex otitide fehlt. 

Uns interessirt nur die Thatsache, dass nach dieser Opera- 
tion die cerebralen Erscheinungen sofort zurückgingen, dass die 
Urinmenge sofort wieder in die Norm überging und der Urin bis 
zum heutigen Tage, d. h. 4^/4 Monate nach der Operation, dauernd 
bei der gemischten amylaceenreichen Nahrung der L Diätform 
zuckerfrei geblieben ist. Auch bei der Hinzufügung reichlicher Dex- 
trosemengen (200 gr pro Tag) zu dieser gemischten Kost konnte 
bei mehreren diesbezüglichen ControUversuchen niemals eine Spur 
von Zucker im Urin nachgewiesen werden, 

Recapituliren wir diesen Fall nach der Seite der 
uns hier interessirenden Frage noch einmal kurz, so 
•liegen hier folgende Thatsachen vor: Bei einem 
Kranken wird am Aufnahmetage der Urin bei ge- 
mischter Kost zuckerfrei gefunden. Während der Zu- 
nahme der schon bei der Aufnahme bestehenden Ce- 
rebralsymptome in den nächsten Tagen entwickelt 



Zur Frage des Yorkommens Yon Glykosurie in Folge von Otitis. 163 

sieh Polyurie und eine durohEntziehung der Kohlen- 
hydrate nicht unterdrückbare Glykosurie. Die letz- 
tere Tersohwindet gänzlich, nachdem operativ aus der 
Schftdelhöhle eine reichliche Menge eines serösen Er- 
gusses entleert ist. 

Welches Moment die Ursache der Glykosurie in diesem Falle 
gewesen ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die patholo- 
gische Anatomie lehrt uns, dass ein derartiger Hydrocephalus 
externus mit einer Vermehrung der Yentrikelflflssigkeit, einem 
Hydrocephalus internus, verbunden ist. Ob die mit letzterem 
verbundene Druoksteigerung in den Ventrikeln, speciell auch im 
4. Ventrikel, als dasjenige Moment anzusehen ist, welches die 
Glykosurie ausgelöst hat, mag dahingestellt bleiben. Diese An- 
nahme basirt auf der Erfahrung der „Piqüre^ GL Bernard's; 
indessen macht schon Naunyn (1&) darauf aufmerksam, dass 
für den Menschen die grössere Bedeutung der Gegend des 4. Ven- 
trikels für das Zustandekommen von Glykosurie nicht ganz sicher 
ist. Es „scheint auf die besondere Stelle, an der die Erkrankung 
im Hirne sitzt, wenig anzukommen, und es giebt Fälle, in denen 
zwar die Abhängigkeit der Glykosurie oder des Diabetes von 
der Hirnerkrankung klar scheint, aber keinerlei Anhaltspunkt 
ftlr eine Herderkrankung vorliegt oder bei der Section gefunden 
wird^. Jedenfalls ist soviel sicher, dass diese supponirte Druck- 
steigerung nicht die alleinige Ursache der Zuckerausscheidung 
sein kann, da nicht in jedem Falle solcher intraventriculären 
Drucksteigerung Glykosurie beobachtet wird. Vielleicht vermag 
man auf dem Wege des Thierexperimentes der Entscheidung 
dieser Frage näher zu kommen. 

Die zweite Beobachtung aus unserer Klinik ist die folgende : 

Ferdinand Boost, 47 Jahre alt, landwirthschaftlicher Arbeiter aus 
Pouch. Aufgenommen am 29. October 1901 wegen rechtsseitiger acuter Mittel- 
ohreiterung. 

Anamnese: Vor 2 Monaten Schmerzen in dem bis dahin stets gesun- 
den rechten Ohr und Yerschwellung des Gehörgangs. Unter der Anwendung 
▼on Eataplasmen sei nach einiger Zeit das „GeschwClr'* aufgegangen unter 
Nachlass der Schmerzen; 14 T&%e lang eiterte das Ohr, dann hörte die Eiterung 
aufy es stellten sich heftige Schmerzen im Hinterkopfe ein unter Fieber- 
erscheinungen (Fröste). Zugleich trat eine Anschwellung hinter dem rechten 
Ohre auf, welche draussen incidirt wurde. Seit Beginn der Erkrankung Klage 
aber Sausen im Ohr. Patient wird wegen der Schmerzen aufgenommen. 

Status praesens: Massig kräftiger Mann ; innere Organe ohne nach- 
weisbare Veränderungen; keine Oerebralerscheinungen; Augenhintergrund nor- 
mal. Urin ohne Zucker und Eiweiss. 

Umgebung des rechten Ohres: Ohrmuschel in Folge retroauricu- 
lärer ödematöser Schwellung abstehend vom Schädel. Hinter dem Ohr, etwa 
der Mitte des Warzenfortsatzes entsprechend, eine circa 2 cm lange Narbe, 

AxehiTf. Ohienheilkimde. LY. Bd. 12 



164 XVnL 6RUN£RT 

in deren Mitte sich eine Fistel befindet. Auf Druck wird aus der Fistel etwas 
dünner blutiger £iter entleert. Warzenfortsatz nicht druckempfindlich. 

GehOrgang- und Trommelfellbefund: Der rechte Gehörgang 
etwas entzfindlich verengt; kein Eiter sichtbar. Das Trommelfell, soweit es 
sichtbar ist, erscheint etwas getrübt. 

Das linke Ohr otoskopisch normal. 

Hörprüfung: Flüstersprache rechts V« Meter, links 5 Meter, 
C Yom Scheitel nach rechts, 
Fi84 rechts wenig herabgesetzt. 

Beim Katheterismus tnbae rechts z&hes Rasseln. 

Am 31. October vor der Operation wurde Zucker im Urin nachgewiesen 
(über V« Proc). 

Temperatur normal. 

31. October. Operation (AufmeisseluDg w^en Mastoiditis und extra- 
sinuösen Abscesses). 

Schnitt durch die alte Incisionsnarbe, Weichtheile speckig infiltrirt, Cor- 
ticalis des Warzenfortsatzes auf dem Planum mastoideum von kleiner Fistel 
durchbrochen. Im Antrum kein Eiter, wohl aber in der Spitze des Warzen- 
fortsatzes. Eine Wegleitung — Enochenfistel mit Granulationen darin — führt 
in die hintere Schädelgrube auf einen kirschgrossen abgekapselten extra- 
sinuösen Abscess. Der Sinus sigmoideus, hier mit schmutzigen Granulationen 
bedeckt, wird weiter nach unten freigelegt nach Resection der Spitze. Eiter 
zwischen Knochen und dem theils entzündlich gerötheten, theils mit lappiger 
Schwarte bedeckten Sinus. Nach oben reichte der pachymeningitische Herd 
bis zum Sinusknie. 

Der weitere HeilnngSTerlanf bot keine Störungen dar ; nach 
ea. 4 Wochen wurde Patient mit vollkommen geheiltem Ohr 
und fast normalem Gehör entlassen. 

Was die vor der Operation constatirte Zaekeransscheidang 
anbetrifft, so war dieselbe schon am 3 Tage nach der Operation 
Tersohwunden. Dass dieses Verschwinden ein Tollkommnes war, 
wurde dadurch erwiesen, dass Patient in den nächsten Wochen 
bei mehreren diesbezüglichen Versuchen jedesmal vollkommen 
zuckerfreien Urin entleerte, auch wenn ihm zu seiner reichlich 
stärkehaltigen gemischten Kost pro die noch 100 — 200 g Trauben- 
zucker zugeführt wurden. 

Kecapituliren wir kurz noch einmal das That- 
sächliche dieses Falles in Bezug auf die Zuckeraus- 
soheidung: 

Bei einem an einem otogenen Extraduralabseess 
erkrankten 47jährigen Manne wird bei der Aufnahme 
in die Klinik bei gemischter Kost zuckerfreier Urin 
festgestellt. Zwei Tage später zeigt derselbe Kranke 
bei derselben Kost vor der operativen Entleerung des 
intracraniellen Eiterherdes Zucker im Urin. Nach 
d erE n tl eeru ng d es A bs cessesvers oh windet dieZucker- 
ausscheidung vollkommen. 

Die Deutung des ursächlichen Znsammenhanges zwischen 
der Glykosurie und dem Ohrleiden resp. der intracraniellen 



Zur Frage des Yorkommens von GlykoBorie in Folge von Otitis. 165 

Complioation desselben stösst in diesem Falle auf noch grössere 
Sehwierigkeiten wie in dem vorigen. Liess in jenem die bei 
der Operation eonstatirte, durch einen starken Hydrocephalns 
bedingte Dmckerhöhung in der Schftdelhöhle immerhin die Mög- 
lichkeit der Erklärung der Znckerausscheidung durch die An- 
nahme einer auch im 4. Ventrikel vorhanden gewesenen ver- 
mehrten Flttssigkeitsansammlung zu, so ist der hier gefundene 
extradurale Eiterherd so klein gewesen — kirsehgross — , dass 
man von einer dadurch bedingten nennenswerthen Drucksteige- 
rang im Schftdelinnern nicht gut reden kann. Es fehlt uns 
mithin in diesem Falle jede Möglichkeit einer Deutung der Glu- 
kosurie. Wenn wir trotzdem per exclusionem an dem ursäch- 
lichen Znsammenhange zwischen der vorübergehenden Zucker- 
ausscheidung und dem Eiterherde in der Schädelhöhle festhalten 
und annehmen, dass vielleicht gewisse toxische, von der Eiter- 
ansammlung ausgehende Einflüsse die vorübergehende Stoff- 
weehselstörung verursacht haben, so stützt uns in dieser An- 
nahme die ebenfalls gemachte Erfahrung, dass hin und wieder 
im Verlauf acuter eitriger Otitiden vorübergehende Zuckeraus- 
Scheidungen auftreten, als deren Ursache wir auch toxische 
Wirkungen des Eiterungsprocesses so lange anzunehmen bereit 
sind, bis uns eine plausiblere Erklärung dafELr erbracht wird. Dass 
phlegmonöse und septische Processe auf ihrer Acme transitorische 
Glykosurie hervorrufen können, ist den Chirurgen längst bekannt. 
Auf diese Thatsache hat Redard (12) bereits im Jahre 1S86 
hingewiesen. Und auch bis in die Neuzeit ist diese Thatsache 
anerkannt; im Artikel „Diabetische Phlegmone^ in der Ency- 
klopädie der gesammten Chirurgie von Kocher und Quer- 
vain (13) findet sich der Passus, „dass Glykosurie und Al- 
buminurie gelegentlich auch ohne das Bestehen von Diabetes in 
der Acme acut entzündlicher Vorgänge auftreten können^. Was 
unsere bisherige Kenntniss über die Möglichkeit der Auslösung 
einer Glykosurie von entzündlichen, auf der Acme befindlichen 
Ohrerkrankungen anbetrifft, so sind unsere Erfahrungen nicht 
neu, ist uns doch aus der Literatur ein (allerdings einziger) Fall 
bekannt, in welchem ein derartiger Zusammenhang behauptet 
worden ist. In diesem von Gorham Bacon (14) mitgetheilten 
Falle handelte es sich um eine 25 jährige Patientin, bei welcher 
während einer schweren linksseitigen acuten Otitis mit Masto- 
iditis — bei der Operation wurde im Warzenfortsatz eine grosse 
von erweichtem Knochen und Granulationen erfüllte Höhle frei- 

12* 



166 XYIII. OBUNERT 

gelegt — eine vorttbergehende Glykosarie auftrat. Dieselbe 
war sohon vor der Operation constatirt worden, war mithin keine 
von der Narkose herrührende Intoxioationsgljkosnrie ; sie heilte 
nach der Operation vollkommen und dauernd. 

Wenn wir die auf der Höhe aeut entzündlioher Ohrprocesse 
zuweilen beobachtete Glykosnrie als durch toxische Einflüsse 
hervorgerufen betrachteten, so müssen wir auch die Möglich- 
keit offen lassen, dass vom Ohr aus auf reflectorischem Wege 
Gljkosurien entstehen können. Für diese Möglichkeiten spre- 
chen, wenn auch nur in sehr eingeschränktem Sinne, die experi- 
mentellen Untersuchungen Masini's und Tolimanti's (15), 
welche bei Hunden durch Verletzung der Bogengänge eine 
Veränderung des Stoffwechsels hervorrufen konnten, wenn auch 
aus ihren Mittheilungen nicht hervorgeht, dass sie die uns hier 
interessirende Stoffwechselanomalie hervorzurufen vermochten. 

Wenn die hier aus unserer Klinik mitgeth eilten Thatsachen 
keinen andern Zweck verfolgen, als den, das Augenmerk der 
Fachgenossen auf diesen Gegenstand zu richten, wenn es ins- 
besondere der Zukunft überlassen bleibt, eine einwandfreie 
Deutung dieser Verhältnisse zu erbringen, so beanspruchen die- 
selben doch ein allgemeineres Interesse schon insofern, als sie 
eine neue Wechselbeziehung der Ohrenheilkunde zur Gesammt- 
medicin kund thun. Sie lehren , dass eine Specialdisciplin auf 
Erscheinungen stossen kann, deren Deutung nur in engster 
Fühlung mit der AUgemeinmedicin zu erwarten ist, und dass 
anderseits der AUgemeinmedicin von einem Specialfaohe aas 
Fragen zufliessen können, die auf ihre Aufgaben vielleicht be- 
fruchtend einzuwirken vermögen. 



Literatur. 

1. von Mering, Die Behandlang des Diabetes mellitus. Handbuch der 
Therapie inaerer Krankheiten von Penzold und Stintzing. Jena, 
bei Gr. Fischer, 1902. 

la. Naunyn, Der Diabetes mellitus. Wien, bei Alfred Holder, t89S. 

2. Schwartze, Handbuch der Ohrenheilkunde. Leipzig, bei F. G. W. Yogel, 
1892. 

3. V.Bergmann, Die chirurgische Behandlung von Hirnkrankheiten. Berlin, 
bei August Hirschwald, 1899. 

4. Hang, Die Krankheiten des Ohres in ihrer Beziehung zu den AUgemein- 
erkrankungen. Wien u. Leipzig 1893. 

5. Friedrich, Rhioologie, Laryngologie und Otolof^ie in ihrer Bedeutung 
zur allgemeinen Medicin. Leipzig, bei F. C. W. Vogel, 1899. 

6. Blau, Encyklop&die der Ohrenheilkunde. Leipzig, bei F. G. W. Vogel, 
1900. 

7. Körner, Die otitischen Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute and 
der Bluüeiter. 2. Aufl. 1896. 



Zur Frage des Vorkommens von Glykosurie in Folge von Otitis. 167 

8. Macewen, Die infectiOs eitrigen Erkrankungen des Gehirns und Rücken- 
marks. Antorisirte deutsche Ausgabe von Rudi off. Wiesbaden, bei 
J. F. Bergmann, 1898. 

9. Ulrich, Aerztlicher Bericht aus dem St. Hedwigs-Erankenhause zu 
Berlin über die Jahre 1854—1858. Deutsche Klinik, Bd. XI, S. 35t. 

10. Truckenbrod, Zeitschr. f. Ohrenheilkunde, Bd. XXI, 91. 

11. Grunert u. Zeroni, Jahresbericht über die Th&tigkeit der Egl. üni- 
versit&ts-Ohrenklinik zu Halle a. S. vom 1. April 1899 bis 31. M&rz 1900 
(8. Fall Lina Pech). Arch. f. Ohrenheilk., Bd. XLIX^ S. 209. 

12. Redard, De la glycosurie 6phtoäre dans les affections chirurgicales. 
Revue de Chirurgie 1886, Nr. 8 u. 9. 

13. Kocher u. Quervain, Encyklopädie der gesammten Chirurgie. Leipzig, 
bei F. C.W. Vogel, 1901. 

14. Gorham Bacon, Cas d*otite moyenne suppurative aigue et d'affection 
mastoidienne compliqu6 de glycosurie etc. Rev. de laryng., d*otol. et de 
rhinol. 1895, Nr. 8. 

15. Masini, Ueber Verletzungen des Gehörorganes und ihre Beziehungen 
zum allgemeinen Stoffwechsel; in Szenes* Bericht über den 5. internatio- 
nalen Otologencongress zu Florenz. Archiv f. Ohrenheilkunde, Bd. XLIII, 
S. 228. 



XIX. 

Ans der Egl. UniTersitäts-Ohrenklinik zu Halle a. S. 
(Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Sehwartze). 

Ueber eztradnrale otogene Abscesse. 

Von 

Dr. Iwan Braunstein, 

Hfllfsaaaisttntoa der Klinik. 

Seitdem Grnnert (1)*) aus der Halle'schen Ohrenklinik seine 
Arbeit über extradurale otogene Absoesse und Eiterungen im 
XLIII. Bande dieses Archivs und die sich hierauf stützende Be- 
schreibung beider intracraniellen Erankheitsformen in der Enoy- 
klopädie der Ohrenheilkunde veröffentlicht hat, ist keine zusam- 
menfassende Darstellung dieser sich an Otitis media anschliessen- 
den Erkrankungen weiter erschienen. Casuistisehe Mittheilungen 
über diesen Gegenstand sind zwar von einer Reihe von Beob- 
achtern gebracht und in vereinzelten Fällen auch epikritische 
Betrachtungen daran angeknüpft worden, aber bisher ist in kei- 
ner Arbeit, ausser in der von Grunert (1), eine aus einem grossen, 
einheitlich beobachteten Material kritisch gewonnene Ge- 
sammtdarstellung der Erscheinungen versucht worden, welche 
durch eine Eiteransammlung zwischen Schläfenbein und Dura 
mater herbeigeführt werden. Während Grunert (l) aus den Be- 
obachtungen von nur 20 Fällen von uncomplicirten Extradnral- 
abscessen seine Schlüsse ziehen musste, dienen der vorliegenden 
Arbeit die Erfahrungen zur Unterlage, die an weiteren 88 Fällen 
von echtem Extraduralabscess in der hiesigen Klinik gemacht 
wurden. 

Unter echtem, uncomplicirtem Extraduralabscess verstehen 
wir eine Eiteransammlung zwischen Dura und Schläfen-, resp. 
Felsenbein, die für sich gänzlich abgeschlossen ist und weder 
mit dem intraduralen Räume, noch mit den Mittelohrräumen in 
Verbindung steht oder mit letzteren höchstens durch eine feine 
Fistel communicirt. Diese Definition wird deshalb hier festge- 

*) Die in Klammern beigefügten Zahlen beziehen sich auf das Litera- 
torverzeichniss am Schlüsse der Arbeit. 



üeber extradarale otogene Abscesse. 169 

legtj weil in der Literatur mehrfaoh Fälle unter der Bezeichnung 
^Extraduralabscess^ mitgetheilt worden sind, die unserer Auffag* 
8ung nach nicht diesem Begriff entsprechen. Ja, selbst intra- 
durale Abscesse sind mit extraduralen verwechselt worden (2). 

Die 88 Fälle von reinen, uncomplicirten Extraduralabsces- 
sen, welche die oasuistische Grundlage fttr diese Arbeit bilden, 
theilen sich in 43 chronische und 45 acute. 

Unter diesen 88 Fällen von Eiteransammlung zwischen Dura 
und Schläfenbein sind keine Fälle von extraduralen Eite- 
rungen enthalten, deren scharfe Trennung wir bei der Ver- 
schiedenheit der pathologisch -anatomischen Grundlage beider 
Krankheitsformen aufrecht erhalten müssen. 

Diese 88 Extraduralabscesse fanden ;sich bei 87 Patienten. 
Bei dem Kranken 27 der Tabelle A wurden durch die Operation 
zwei Extraduralabscesse, ein extrasinuöser und ein tiefer an der 
hinteren Seite der Felsenbeinpyramide aufgedeckt. 

Die betreffenden Krankengeschichten sollen am Schluss im 
Auszuge mitgetheilt werden. 

Vorliegende Arbeit theilt sich in folgende Abschnitte: 

1. Allgemeines. 

2. Pathogenese. 

3. Pathologische Anatomie. 

4. Symptome. 

5. Diagnose. 

6. Prognose. 

7. Behandlung. 

8. Krankengeschichten. 

Allgemeines. 

Unter den Erkrankungen der Schädelknochen, die einen 
Extraduralabscess zur Folge haben, stehen die eitrigen Processe 
des Warzenfortsatzes, der Paukenhöhle und des Labyrinths in 
erster Reihe. Dass der extradurale Abscess sich an eine Er- 
krankung dieser Theile des Schläfenbeins anschliessen kann, ist 
seit Anfang des 19. Jahrhunderts bekannt. Eine grössere Auf- 
merksamkeit schenkten die Otologen dieser Gomplication der 
Otitis erst, seitdem Hoff mann (Greifs wald) (6) im Jahre 1888 
eine ausführliche Beschreibung dieser vom Ohr ausgehenden 
intracraniellen Erkrankung veröffentlicht hatte, wo aber keine 
scharfe Trennung zwischen dem uncomplicirten Extraduralabscess 
und seiner Verbindung mit Complicationen gemacht wird. An 



L. 



170 XIX. BRAUNSTEIN 

diese Publioation schlössen sich späterhin ausser kleineren Mit- 
theilnngen meist easnistischen Inhalts (Hess 1er [7], Hecke [8], 
Jansen [9] n. A.) die Arbeiten von Körner (3)^), Grrnnert 
G. e.) und von Bergmann (4). 

Das Vorkommen des echten, nncomplieirten, in sieh abge- 
schlossenen Extradnralabscesses ist keineswegs so hänfig, wie 
es nach den auf die Mittheilnngen Jansen's (11) gestützten 
Angaben Körn er' s erscheinen muss. Die in den zehn Jahren 
1891—1901 in der Halle'schen Ohrenklinik operirten Extradnral- 
abscesse bilden 8,2 ^/o der gesammten in diesem Zeitranm vorge- 
nommenen Mastoidoperationen. Die a c n t e n Fälle betragen 4,2 ^o. 
die chronischen 4,0 <^/o. Wenn Körner anf Grund der Jans en'sohen 
Mittheilungen das Vorkommen des acuten Extradnralabscesses auf 
32,90/0 und das des chronischen auf 15,5^/0 berechnet, so sind 
diese hohen Zahlen nur dadurch erklärlich, dass Jansen in 
seine Fälle von Extraduralabscessen die extraduralen Eiterun- 
gen und Entzündungen sowie die Gomplicationen der- 
selben mit eingerechnet hat, was bei unserer Berechnung ver- 
mieden worden ist. 

Unter den acuten Fällen von Otitis media purulenta mit 
Entzündung des Warzenfortsatzes wurden in dem genannten 
Zeitabschnitt 1,8^/0 Extraduralabscesse gefunden, während l^/o 
der entsprechenden chronischen Fälle eine Gomplication mit 
Extraduralabscess aufwies. Bei beiden Erkrankungen des 
Mittelohrs mit Entzündung des Warzenfortsatzes zusammen ge- 
nommen betrug das Vorkommen des Extradnralabscesses 1,3^0* 
Die bedeutend grössere Disposition der acuten Mittelohrentzün- 
dung zur Bildung eines Extradnralabscesses wird noch klarer, 
wenn man bedenkt, dass in den angeführten Jahren in der hie- 
sigen Klinik ca. 3 mal soviel Mastoidoperationen in chronischen 
Fällen ausgeführt als in acuten, und dass ca. 40<>/o mehr chro- 
nische als acute Fälle im Allgemeinen behandelt wurden. 

Bezüglich der Häufigkeit der Erkrankung der beiden Ge- 
schlechter an otogenem Extraduralabscess ergeben die in 
dieser Arbeit aufgestellten Tabellen ein anderes Verhältniss als 
das von Hessler (1. c.) berechnete. Von den 43 chronischen 
Fällen sind 32 Patienten männlich (ein Patient hatte 2 Ab- 



1) Alle hier citirten Angaben Körner' s sind der zweiten Auflage 
seines Buches : „Die otitischen Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute und 
der Blutleiter'' entnommen. Vorliegende Arbeit befand sich bereits im Druck, 
als die dritte Auflage des Körn er 'sehen Werkes erschien. 



Ueber extradarale otogene AbsceBse. 171 

scesse) und 10 weiblich; Ton den 45 aenten F&llen gehören 
34 Erkrankte dem männlichen und 11 dem weibliehen 
Glesohlechte an. Im Glänzen fand sich der extradurale Abseess 
67mal (76 ^/o) beim männlichen und 2t mal (24 o/o) beim weib- 
lichen Geschlechte. Indessen wurde bei den weiblichen 
Patienten, an denen überhaupt die Mastoidoperation in der hie- 
sigen Ohrenklinik vorgenommen wurde, im Ganzen das Vor- 
kommen des Extraduralabscesses in 5,4^/0, bei den männlichen 
Kranken unter denselben Verhältnissen in 9,5 <^/o bemerkt. Diese 
Beobachtung wurde an dem Erankenmaterial der Jahre 1891 
bis 1901 gemacht. Von der Gesammtsumme aller Patienten, bei 
denen eine Aufineisselung des Warzenfortsatzes vorgenommen 
wurde, bilden die Weiber mit Extraduralabscess ca. 2^/0, die 
Männer mit derselben intracraniellen Complication ca. 6,2^0. 
Jedenfalls ist auch nach allen anderen Veröffentlichungen das 
männliche Geschlecht vom Extraduralabscess bei Weitem häufiger 
befallen als das weibliche. 

Auf die verschiedenen Lebensalter vertheilen sich nach un- 
seren Tabellen die Patienten folgendermaassen : 

a) chronische Fälle. 

0—1 I—IO 10—20 20-30 30—40 40—50 50—60 60-70 J. 
Kranke: — 8 15 9 64 — 1 

b) acute Fälle. 

Kranke: 1 4 7 6 10 12 3 2 

Sa. 1 12 22 15 16 16 3 3 

Nach dieser Zusammenstellung wird demnach in chronischen 
Fällen das zweite Decennium, in acuten das fünfte, im All- 
gemeinen aber wiederum das zweite Decennium von Extra- 
duralabscessen am meisten befallen. 

Von den 43 chronischen Extraduralabscessen sassen 20 
auf der rechten und 23 auf der linken Seite, von den 45 acuten 
Fällen 24 rechts und 21 links. Im Ganzen kamen demnach die 
Extraduralabscesse 44 mal rechts und 44 mal links vor. Hier- 
durch wird die Körner' sehe Angabe (1. c.) nicht bestätigt, dass 
der extradurale Abseess „wie alle durch Krankheiten des 
Sehläfebeins inducirte intracranielle Eiterungen^ öfters auf der 
rechten als auf der linken Seite gefunden wird, sondern der 
Beweis geliefert, dass der Extraduralabscess auf beiden Seiten 
gleichmässig oft vorkommt. Nach den Berechnungen 
Körner' s fanden sich unter den 79 Fällen von Jansen 47 
rechts- und 32 linksseitige Extraduralabscesse. Aber abgesehen 
davon, dass von den 32 chronischen Extraduralabscessen in 



172 XIX. BRAUNSTEIN 

Jansen's (11) Mittheilnngen 17 links und 15 reohts sassen, 
worüber Körner keine Mittbeilung macht, halte ich ans oben 
angeführten Gründen das Jansen 'sehe Material nicht fbr ein- 
wandsfrei. 

Für dieLocalisation des Extradnralabscesses im An- 
schlnss an eine Erkrankung innerhalb des Sehlftfenbeins kommen 
nnr die mittlere und hintere Sehädelgmbe in Betracht. Die 
letztere ist in unseren FftUen die bevorzugtere. Bei den Pa- 
tienten mit chronischer Otitis sass der Abscess 30 mal Inder 
hinteren, 12 mal in der mittleren Sehädelgmbe, und in 1 
Falle waren beide Sohädelgruben betheiligt Unter den acuten 
Fällen wurde der Extradnralabscess 33 Mal in der hinteren 
und 10 Mal in der mittleren Schädelgrube gefunden, während 
er sich in 2 Fällen in beide Schädelgruben erstreckte. Der 
Unterschied zwischen chronischen und acuten Fällen mit 
Rücksicht auf ihre Vertheilung auf die beiden Schädelgmben 
ist demnach nur gering und in Procenten ausgedrückt: 
Der chronische Extraduralabscess beschränkte sich in ca. 
70^0 auf die hintere, in ca. 28% auf die mittlere 
Schädelgrube, der acute in ca. 73% auf die hintere, in oa. 
22 % auf die mittlere Schädelgrube. 6runert(l) hat bereits 
aus diesem Verhalten der Extradnralabscesse die Schlussfolgerung 
gezogen, dass Atticuseiternngen, welche in der Regel extradurale 
Abscesse über dem Tegmen tympani, also in der mittleren 
Schädelgrube Tcrursachen, überhaupt keine autfallende Dis- 
position zur Bildung extraduraler Abscesse zeigen. Unsere Auf- 
stellung bestätigt die Richtigkeit dieser Annahme, und zur Er- 
klärung des selteneren Vorkommens von Extraduralabscessen in 
der mittleren Schädelgrube sei es gestattet, auf den leichteren 
Eiterabfiuss aus dem offenen Atticus hinzuweisen gegenüber der 
in Folge des meist sehr erschwerten Austritts unter hohem Druck 
stehenden Eiterung im Innern des Warzenfortsatzes. In einem 
der gesammelten Fälle (Tabelle B 29) sass der Abscess am 
Sinus-sigmoideus-transversus-Enie, während in Fall 32 der- 
selben Tabelle der Abscess sich auf den Bereich des Oceipnt 
beschränkte. Obschon er der hinteren Sehädelgmbe angehörte, 
war der Sulous sigmoideus frei, der Abscess lag weiter zurück. 

Bei dem Patienten 27 der Tabelle A fanden sich zwei 
Extradnralabscesse in der hinteren Schädelgrube, der eine sass 
extrasinuös, der andere an der hinteren Seite der Felsenbein- 
Pyramide. 



Ueber eztradarale otogene Abscesse. 173 

Pathogenese. 

Der otogene ExtradnralabBeess entsteht fast nnr dann, wenn 
der die harte Hirnhaut im Bereich des Sehläfenbeins bedeckende 
Enoohen pathologisch verändert ist. Der Abscess selbst ist die 
Folge einer eitrigen Entzündung der Dura mater an ihrer Aussen- 
fläche, die ihrerseits wiederum durch Fortleitnng einer Ent- 
zündung der Mittelohrräume oder des Labyrinths in das Schädel- 
innere verarsacht wird (Pachymeningitis purulenta externa). 

Die Verschiedenheit der Pathogenese in chronischen und in 
acuten Fällen macht eine gesonderte Besprechung derselben 
nöthig. 

A. In den chronischen Fällen war fast stets schon oto- 
skopisch ein schweres Ohrenleiden festzustellen. Eb fanden sich 
reichliche, fotide Eiterung, Verengerung des Gehörgangs, Defect 
des Trommelfells, Granulationswucherungen, Gholesteatommassen, 
Caries der Gehörknöchelchen und meistens eine mehr oder minder 
ausgedehnte, meist schmerzhafte, oft fluctuirende Anschwellung 
über dem Warzenfortsatz. Eine tiefergreifende Erkrankung des 
Schläfenbeinknochens war in allen Fällen vorhanden, oft eine 
völlige Zerstörung der ganzen Mittelohrwandungen meistens 
durch eitrig verjauchte Cholesteatome oder cariöse Prooesse, in 
einem Falle auch durch Tuberculose (Fall 29). 

In der Mehrzahl der Fälle war eine Wegleitung zu dem 
extraduralen Abscesse nachzuweisen, besonders oft Fistelgänge. 
Solche eiternden Wegleitungen führten auch durch das Labyrinth 
in die m it tl er e Schädelgrube (Fall 6). In diesem Falle wurde durch 
Verfolgung der Fisteln ein tiefer extraduraler Abscess aufgedeckt, 
der sich durch seine Lage an der vorderen Seite der Pyra- 
mide auszeichnete, während die von Jansen (9) beschriebenen 
tiefen extraduralen Abscesse alle an der hinteren Seite der Py- 
ramide sassen. Uncomplicirte tiefe extradurale Abscesse 
scheinen sehr selten zu sein. Nur drei Beispiele befinden sich 
unter den in der hiesigen Klinik beobachteten Extraduralabscessen, 
und nur in einem der angefahrten Fälle wurde die Ver- 
breitung des Eiters auf dem Wege durch das Labyrinth und den 
Aquaeductus vestibuli zur hinteren Felsenbeinwand beobachtet 
(Tabelle A Nr. 27). 

Es muss dahingestellt bleiben, ob diese Wegleitungen stets 
den Hinweg darstellen, auf dem die Entzündung ins Schädel- 
innere gedrungen ist, oder den Rückweg, durch den die Eiter- 
ansammlung zwischen der harten Hirnhaut und dem Knochen 



174 XIX. BRAUNSTEIN 

naoh Aussen entweichen will In Nr. 1 der tabellarisch ver- 
zeichneten chronischen Fälle (Pohl) wurde bei der ersten Auf- 
meisselung des Antrnms keine Wegleitnng nach der Schädelhöhle 
entdeckt. Erst 6 Wochen später wurde eine eiternde Fistel in 
der Aufmeisselungswunde bemerkt, und ihre Verfolgung fbhrte 
zur Freilegung eines Extraduralabscesses. 

In anderen Fällen dienten einzelne, kleine pneumatische 
Zellen, die mit eitrig infiltrirter Schleimhaut ausgekleidet waren, 
als Führer, seltener graugefärbte Oranulationen von einer pneu- 
matischen Zelle zur andern reichend oder cariöse Defecte am 
Tegmen tympani und antri. 

In den meisten Fällen reichte die Erkrankung des Knochens, 
wenn auch nur in Gestalt einer Fistel bis an die harte Hirn- 
haut hinan, und nur in wenigen Fällen schien der den Ab- 
scess nach Aussen abschliessende Knochen makroskopisch gesund 
zu sein. Wenn trotz sorgfältigster Untersuchung ein erkrankter 
Herd oder eine Fistel nicht gefunden wird, so ist die Annahme 
wohl berechtigt, dass entweder der vor Entstehung des Extradural- 
abscesses erkrankte Knochen wieder ausgeheilt ist (L entert [13]), 
oder dass die vielleicht noch bestehende Wegleitung nur bei mi- 
kroskopischer Untersuchung wahrzunehmen gewesen wäre. In 
allen angeführten Fällen von Cholesteatom war eine Verbindung 
zwischen dem Extraduralabscess und den erkrankten Räumen des 
Schläfenbeins vorhanden, sie fehlte nur in einigen Fällen von Garies. 

Die Entstehung eines Extraduralabscesses durch Infection der 
Dura von der erkrankten Schleimhaut der Paukenhöhle und der 
Warzenräume allein aus, d. h. ohne Erkrankung des Knochens, 
ist bei den hier mitgetheilteu Fällen nicht beobachtet worden. ' 

Von den aufgezählten chronischen Extraduralabscessen 
Sassen 20 in der Fossa sigmoidea, 22 ausserhalb derselben, 
d. h. 12 in der mittleren Sohädelgrube und 10 zwar in der 
hinteren Schädelgrube aber ausserhalb des Sulous sigmoidens 
und 1 theils innerhalb, theils ausserhalb derselben, d. h. sich 
über beide Sehädelgruben erstreckend. Zu den in der Fossa 
sigmoidea sitzenden Abscessen fbhrten nicht in allen Fällen 
Fisteln, sondern auch andere Wegleitungen und die Verfolgung 
der bei den operativen EingriflFen gefundenen Fisteln liess ebenso 
oft einen ausserhalb des Sulcus sigmoideus sitzenden Extra- 
duralabscess wie einen innerhalb desselben entstandenen ent- 
decken. Hieraus darf daher wohl geschlossen werden, dass nur 
ein Theil dieser Fistelgänge periphlebitisch erkrankte Gefäss- 



Ueber extradarale otogene Abscesse. 175 

kanälchen darstellen und dass die Ansicht Ton Grün er t (1) 
eher berechtigt ist, wonach ^ diese Fistelgänge in der Weise zn 
Stande kommen, dass die einzelnen Enochensepta der mit eitrig 
infiltrirter Sehleimhaut ausgekleideten und perlschnurartig an- 
einander gereihten kleinen Zellen einschmelzen*^. 

B. In den acuten Fällen stand im Allgemeinen der Ohr- 
befund im Gegensatz zu der Grösse des intracraniellen Befundes. 
In mehr als einem Drittel der Fälle war otoskopisch 
keine Eiterung aus dem Ohr nachzuweisen. In 11 Ton 
diesen Fällen hatte zwar kurze Zeit eine Ohreiterung bestanden, 
aber zur Zeit als die Patienten meistens wegen heftiger Schmer- 
zen hinter oder in dem Ohr zur klinischen Behandlung kamen, 
war die Eiterung ausgeheilt. Die Ohreiterung hatte in meh- 
reren Fällen nur 4 — 5 Tage, in anderen 14 Tage angehalten. 
Die Spuren der vorübergegangenen Ohreiterung waren wohl in 
allen Fällen noch zu entdecken: Röthung des Trommelfells und 
leichtes Rasseln beim Eatheterisiren. Aber dass eine Eiteransamm- 
Inng in der Paukenhöhle nicht zurückgehalten wurde in Folge 
eines Perforationsverschlusses im Trommelfell, bewies das nega- 
tive Ergebniss der in mehreren Fällen probatorisch ausgeführten 
Paracentese. In 5 Fällen hatte überhaupt keine Eiterung be- 
standen. Eine Erklärung für die oft über Erwarten schnelle 
Ausheilung einer acuten Mittelohreiterung und das bald darauf 
folgende Auftreten eines Extraduralabscesses ist nach den bis- 
herigen Beobachtungen und Erfahrungen in den Eigenschaften 
und dem Verhalten eines bestimmten specifiscben Erregers der 
Otitis media acuta zu finden, des Diplococcus pneumoniae 
Fränkel-Weichselbaum. In Folge seiner Gutartigkeit und 
seiner geringen Virulenz heilen die von ihm hervorgerufenen 
Entzündungen leichter spontan aus als die von andern patho- 
genen Mikroorganismen verursachten Otitiden. Bereits Zaufal 
(12) beobachtete, dass der Diplococcus sich nach Ausheilung 
der Paukenhöhlenentzündung im Antrum einkapseln und dort 
latent bleiben kann, bis er plötzlich eine Mastoiditis verursacht. 
Diese Angaben ZaufaTs wurden von Leutert (13) bestätigt, 
und Leutert nimmt an, dass der Diplococcus eben wegen 
dieser Eigenschaften der Erreger der Extraduralabscesse sei. Die 
Virulenz des Diplococcus ist meist nicht gross genug, um die Zellen 
und Zellwände^des Warzenfortsatzes zum Einschmelzen zu bringen, 
wie es z. B. der Streptococcus vermag, aber er kann in ihnen 
einen Entzündungszustand hervorrufen und so kann eine Eiterung 



176 XIX. BRAUNSTEIN 

in den peripheren Warzenfortsatzzellen naeh Ausheilung der 
zuerst verursachten Erkrankung der Paukenhöhle und des 
Antrums fortbestehen ohne irgend eine Verbindung mit den 
letzteren (Leutert [13]). Auch Barniek (44) beschrieb einen 
derartigen Fall aus der Ohrenklinik in Graz (Ha her mann). 
Unter den mitgetheilten Fällen wurde der Diplococcus pneumo- 
niae von Leutert bei den Patienten Jantke (11), Eiehr 
(15), Eskan (16), Schneider (30), Ehring (31) und Hensel 
(44) gefunden. In den meisten Fällen wurde keine bakterio- 
logische Untersuchung des Eiters vorgenommen. Wenn in ein- 
zelnen Fällen neben dem Diplococcus der Streptococcus und 
Staphylococcus oder diese allein gefunden wurden, so beweist 
dies nichts gegen die Ansicht^ dass der Diplococcus der Erreger 
der Extraduralabscesse nach acuter Otitis media sei; denn der 
Diplococcus pneumoniae kommt bei der Züchtung auf unseren 
Nährböden schwerer fort als die beiden anderen Mikroorganis- 
men. Er wird daher von diesen leicht überwuchert und verdrängt 
(Hasslauer [14]). 

Eine solche Beobachtung wurde auch schon von Zaufal 
(15) gemacht in einem Falle, bei dessen bakteriologischer Unter- 
suchung sich nach 8 Wochen keine Mikroorganismen mehr 
fanden. Vier Tage später erkrankte der Patient wieder mit 
heftigen Schmerzen im Warzenfortsatz. Bei der nunmehrigen 
mikroskopischen Untersuchung des Ohrsecrets wurden Diplo- 
kokken und Staphylokokken entdeckt, während auf den Gulturen, 
die mit demselben Secret angelegt wurden, nur der Staphy- 
lococcus pyog. albus aufging. Der Bacillus pyocyaneus, der 
nach Eossei (48) und Gradenigo-Pes (49) eine Otitis media 
acuta hervorrufen kann, wurde bei unseren Patienten im Eiter 
der Extraduralabscesse nicht gefunden. 

Neuerdings ist mehrfach behauptet worden (Hasslauer [l.c.]^ 
Fridenberg[55]), dass in vielfachen Angaben eine Verwechse- 
lung der Diplokokken und Streptokokken vorgekommen sei. 

In wenigen Fällen fand sieh bei der Ohruntersuchung eine 
reichlichere Eiterung. In einem Falle (37 Haipaus) war die- 
selbe so stark, dass sofort angenommen wurde, sie stamme nioht 
lediglich aus der Paukenhöhle. 

Während der otoskopische Befund in den bei weitem meisten 
von den acuten Fällen nicht der Bedeutung der intracraniellen 
Complication entsprach, zeigte sich die Umgebung des Ohres 
fast in allen Fällen krankhaft verändert. In 40 Fällen war 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 177 

Sobwellnng, Röthung, Oedem und Druckempfindliohkeit über dem 
Warzenfortsatz deutlich ausgeprägt, in 3 Fällen schien die Um- 
gebung des Ohres unverändert, in einem Falle wurde bei Druck 
auf den Proc. mast. über „innerlichen** Schmerz geklagt, wäh- 
rend bei einem Patienten die Angaben fehlen. Die grösste 
Mehrzahl der Fälle litt nach dem Operationsbefunde an einer 
theilweisen cariösen Zerstörung des Schläfenbeins, in drei Fällen 
(22, 42, 43) war nicht nur der Warzenfortsatz durch Caries 
krankhaft verändert, sondern die Zerstörung war bis tief in die 
Pyramide gedrungen. Bei den meisten Patienten waren die 
Hohlräume des Warzenfortsatzes im Gegensatz zu den Angaben 
Grün er t 's (1) in Höhlen umgewandelt mit viel Eiter und Gra- 
nulationen. In einer Reihe von Fällen wurden im Antrum eben- 
falls Eiter und Granulationen gefunden. Dagegen bildete eine 
Fistel nur bei 11 Patienten die Wegleitung zu dem Extradural- 
abseess. Von diesen Abscessen sassen 6 im Sulcus sigmoideus, 
während die 5 andern mit der Sinuswand nicht in Bertlhrung 
standen. Demnach findet auch fbr die acuten Extradural- 
abseesse die Körner 'sehe (3) Ansicht keine Bestätigung, dass 
die meisten Extraduralabscesse dort gefunden werden, wo die 
meisten Gefässe aus dem Warzenfortsatze austreten, d. i. in der 
Fossa sigmoidea des Sulcus transversus. Ebenso oft wie Fistel- 
gänge wurden andere Wegleitungen gefunden analog denen bei 
chronischen Extraduralabsoessen. In mehreren Fällen führten 
mit Eiter gefällte Becesse in's Schädelinnere. 

Unter den zusammengestellten Beispielen von acuten Extra- 
daralabseessen findet sich ein tiefer Abscess, der in der Gegend 
des Foramen lacerum sinistrum seinen Sitz hatte. Zwischen der 
Paukenhöhle und dem carotischen Kanal wurde eine feine Fistel 
durch Sondirung festgestellt. An der Spitze der linken Felsen- 
beinpyramide fand sich eine olivengrosse, mit rahmigem Eiter 
erftUte Höhle mit glatten Wänden. Die Knochenpartie der Py- 
ramidenspitze, welche die hintere Wand des Canalis oarotic. ho- 
rizont. bildet, fehlte. An dieser Stelle fand sich noch ein kleiner 
Sequester (Fall 11). Der Abscess brach in den Subarachnoideal- 
ranm durch und f&hrte zu einer tödtlichen Leptomeningitis pu- 
rolenta. Dieser Fall ist von Grunert (I.e.) ausführlich mit- 
getheilt. 

Die Angabe Körn er 's (I.e.), dass extradurale Abscesse 
aaeh dadurch entstehen können, dass bei otitischer Phle- 
bitis und Thrombose eines Sinus die Entzündung auf die 



178 XDC. BRAUNSTEIN 

AuflseoBeite der Sinnswand fibergeht, ist ftir nnoomplioirte 
Eztradnralabfloesse nicht gflltig. 

Pathologische Anatomie. 

Nachdem die Localisation des Extradnralabscesses bereits 
besprochen ist, erübrigt noch. Einiges fiber die Grösse desselben 
nnd das Verhalten der harten Hirnhaut bei dieser intracraniellen 
Erkrankung zu bemerken. 

Uncomplicirte Extradnralabsesse werden sehr selten bei 
Obductionen gefunden. Unter den in dieser Arbeit aufgezählten 
kam es nur im Falle Jantke (Tabelle B, Fall 11) zur Entdeckung 
eines tiefen Extradnralabscesses durch die Section. 

Obschon Jantke circa 4 Wochen nach der Aufnahme einer 
Meningitis purulenta diffusa erlag, wurde derselbe doch 
unter die in dieser Arbeit behandelten Fälle von uncomplicirten 
Extraduralabscessen aufgenommen, weil zur Zeit, als die Ma- 
stoidoperation vorgenommen und nach einer intracraniellen Com- 
plication gesucht wurde, noch keine Meningitis, sondern nur der 
tiefe Extraduralabscess bestand. Die Entzündung der weichen 
Hirnhäute trat erst ca. 8 Tage vor dem Tode des Patienten ein. 

Weil demnach die meisten dieser circumsoripten Eiteransamm- 
lungen operativ freigelegt werden, so ist es sehr schwierig, die 
Grösse derselben auch nur annähernd richtig zu bestimmen. Da 
die Dura sich nach Entleerung des Abscesses wieder vorwölbt, 
so giebt auch die Ausdehnung der Granulationen auf der harten 
Hirnhaut oder ihrer sonstigen Veränderungen kein genaues Bild 
von der Grösse des entleerten Abscesses. Bei unseren Patienten 
war die Eiteransammlung in den chronischen Fällen im All- 
gemeinen grösser als in den acuten; die Angaben fbr die 
grössten der ersteren lauten „walnussgross^, .„so gross, dass 
kleiner Finger in die Höhle versenkt werden konnte^, „dass die 
Dura in Handtellergrösse frei lag^, oder „der Abscess enthielt 
50 g Eiter^. Nach den Angaben enthielt der grösste acute Extra- 
duralabscess zwei Esslöffel Eiter. In den meisten Fällen bilden 
die Granulationswuohernngen der harten Hirnhaut, die Paohy- 
meningitis externa circumscripta, einen Wall fbr die Ausdehnung 
der Eiterung zwischen Dura und Knochen und schliessen die- 
selbe auf einen engen Bezirk ein. Aber trotzdem kommen Ex- 
traduralabscesse von grösserer Ausdehnung vor, so dass die Behaup- 
tung von Bergmannes (4), „die abgeschlossenen, epiduralen Eiters 
ansammlungen sind niemals bedeutend, meist wenig voluminös, in 



Ueber ezliftdarftlo otogen« Abscesse. 179 

engem Besirke^ aieht als zittreffesä anerkannt werden kann. 
Ein Absoes» mit 50 g Inhalt innerhalb des Sehftdels ist 
sidierliek e]ne bedeutende Eit^raniamnälnng (Tabelle A^ Fall 1 6X 
Ebensa wurde im Fall 23 derselben Tabelle eine Yolns&intee 
Eiteransammlnng aufgedeckt, die sieb ans der hinteren Seb£del- 
gmbe weit tber das Oebiet der Fossa mgmoidea ausgebreitet 
hatte. Wegen der Ausdehnung des Abaeesaes mnsste die Dura 
mater in Handtellergrosse naeh hinten und oben vom Warzen- 
fortsatze ans freigelegt werden. Erst dann konnte die ausgebrei- 
tete Anaammlnng Ton Janebe zwischen Dnra undEnoehen ToUig 
entleert werden. Hieran sebliessen sieh noeh in der Tabelle A 
die FUle 3 und 22. Aehnliehe Fälle haben bereits frtther Zaufal 
(L e) u. A. beschrieben. Körner Q. c), der auch y. Bergmann 
citirty sehreibt: ^ Die Eiterungen gehen aus der Kleinhirn- in die 
Sohlftfengrube über und umgekehrt, sie wandern an d^ Schilfen- 
sobuppe hinauf unter dem Seitenwandbein hin bis sur Sagittal- 
und Kur Coronarnaht, und yerbreiten sieh in der Kleinhimgrnbe 
bis unter die Hinterhauptschuppe, namentlich aber längs des 
Sinus transversus bis gegen das Torcular Herophili oder zum 
Foramen jugulare.'^ Aehnlieh drückt sich Jansen (I.e.) aus: 
„Sowohl bei den acuten wie bei den chronischen Extradnral- 
abaoessen dehnte sich die Eiteransammlung oft ttber grosse 
Fl&ehen aus, bis tief in das Sch&delinnere hinein, bis zum For. 
jugul. oder llber die Eminentia arcuata hinaus, so dass bei der 
Operation die untere Fläche vom Scbläfenlappen oder die vor- 
dere, laterale Fläche des Kleinhirns weit freigelegt werden 
musste.^ — Grunert (1) hat in seiner Arbeit noch den Fall 
Heiter ausführlich veröffentlicht, in dem sieh ebenfalls bei der 
Operation ein voluminöser Extraduralabscess fand. „Bei Frei* 
legnng des Herdes zeigt sich eine ausgedehnte eitrige Pachj- 
meningitis ext. Die Dura ist nach vorn bis über die Wurzel des 
Jochbogens hinaus, nach oben etwa 2 Finger breit auf der seit- 
lichen Hirnfiäehe mit eitrig fibrinösem Exsudat bedeckt.^ Dann 
tbeilte Lernt er t (1. c.) den Operationsbefund im Fall 71 (Albert 
Slogsnat) mit: „Beim weiteren Wegnehmen der Corticalis in der 
Richtung nach hinten und oben überfluthet plötzlich ein Schuss 
Eiter das ganze Operationsfeld, nach dessen Entfernung Pulsation 
siebtbar wird. Die Dura ist mit einem dichten Granulationspol- 
ster bedeckt; der Knochen granulirt an der dem Abscess zuge<* 
wandten Innenseite ebenfalls stark und muss in fast Handteller- 
grosse — naeh unten zu bis an die Basis der Spitze, naeh hinten 

Archiv f. OhienheUkiinde. LV. Bd. ^3 



180 XIX. BRAUNSTEIN 

oben bis oa. 10 om vom Ansatz der Ohrmnsehel entfernt — weg- 
genommen werden.^ In letzter Zeit hat Bertelsmann (16) 
einen ausgedehnten otogenen Extradnralabseess beschrieben, der 
sich an der Schläfenschnppe hinanf unter dem Seitenwandbein 
hin bis zur Sagittalnaht ausgebreitet hatte. 

In seltenen Fftllen bilden die circumsoripten Eiteransamm- 
lungen zwischen Dura und Knochen einen Senkungsabsoess, 
besonders wenn sie in der Nähe des Torcular Herophili oder des 
Foramen jugulare sitzen. Solche Fälle sind von Bossi (17) und 
Kessel (18) mitgetheilt worden. Unsere Tabelle B enthält den 
Fall 1 1 ( Jantke), in dem der tiefe Extraduralabscess in der Nähe 
des Foramen lacerum sinist. sass und einen retropharyngealen 
Senkungsabsoess verursacht hatte. ,,Die Carotis war an dieser 
Stelle ganz nach vorn gedrängt und zu einem dünnen Bohr mit 
stecknadelkopfgrossem Lumen zusammengeschrumpft. Die Sonde 
gelangte nach unten in einen von dem ursprünglichen Herd an 
der Pyramidenspitze ausgehenden retropharyngealen Senkungs- 
absoess.^ Ein ähnlicher Fall ist meines Wissens bisher aus kei- 
ner anderen Klinik veröffentlicht worden. — 

Bezüglich des Verhaltens der Dura geht aus den An- 
gaben der beiden Tabellen hervor, dass die Veränderungen der 
harten Hirnhaut in den chronischen Fällen oft sehr bedeutend 
sind. Sie war bedeckt in mehr als der Hälfte von unseren 
Fällen mit schmutzigen, schwammigen, matschigen, zottigen, 
eitrig infiltrirten oder nekrotischen Granulationen. In anderen 
Fällen wird die Dura „schwartig verdickt" oder „mit dunkel- 
rothem Exsudat von Gallertsubstanz überzogen" bezeichnet. In 
einem Falle war die Sinuswand so erweicht, dass sie beim Be- 
tupfen einriss ; in einem anderen war die Dura mit plastischem, 
grau aussehendem, fibrinösem Exsudat bedeckt, nach dessen Ab- 
ziehung eine rothe, frische, leicht granulirende Fläch^ freilag. 
Einmal wurde auf der Dura eine Abscessmembran gefunden. Bei 
mehreren Patienten war die harte Hirnhaut verfärbt oder mit 
plastischem Exsudat besetzt. Mit Ausnahme eines Falles, f&r 
welchen Angaben über den Befund der Dura bei der Operation 
fehlen, war dieselbe bei allen anderen Kranken mit chronischem 
Extraduralabscess pathologisch verändert. Nach diesen Befunden 
kann die Angabe Körner's (1. c), dass „bei den chronischen 
Ostitiden die Dura vom kranken Knochen selten durch üppig 
wuchernde Granulationen, sondern meist durch mehr oder weniger 
reichlichen Eiter abgehoben ist", nicht bestätigt werden. 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 181 

Auch bei den extraduralen Abseessen nach acuter Otitis 
media war die harte Hirnhaut in den meisten Fällen pathologisch 
verändert. Regel ist auch hier, dass Granulationen den Abscess be- 
grenzen. Nur in wenigen Befunden zeigten sich die Granulationen 
als schmierige, schlaffe, nekrotische Wucherungen oder als ent- 
zündliehe lappige Schwarten. Sie hatten meistens ein frisches 
Aussehen, bildeten in wenigen Fällen ein dickes rothes Polster 
und waren öfters eitrig infiltrirt. Bei mehreren Patienten war 
die Dura mit plastischem Exsudat bedeckt oder verfärbt, in einem 
Falle war sie verdickt und in einem anderen nekrotisch. Einmal 
wurde ein nicht pulsirender Sinus gefunden. Fall 26 der Tabelle B 
zeigt, dass die Dura, auch wenn ihr einExtraduralabscess auflagert, 
makroskopisch wenigstens unverändert aussehen kann. Der Be- 
fand lautet in diesem Falle: „Der Sinus pulsirt, zeigt auffallend 
deutliche Bespirationsbewegungen. Sinuswand nicht verändert.'^ 

Der Inhalt der Extraduralabscesse birgt in acuten Fällen, 
wie schon früher bemerkt wurde, meistens den Diplococcus pneu- 
moniae Fränkel-Weichselbaum, der bisher für den ursprüng- 
lichen Erreger der acuten Mittelohrentzündung gehalten wird, 
wenn die Untersuchungen auch noch nicht zu einer abschliessenden 
Feststellung gediehen sind. Der Eiter war hier gewöhnlich geruchlos, 
sehleimig oder rahmig, aber niemals übelriechend oder jauchig. 

Bei der bakteriologischen Untersuchung der chronischen 
Eiteransammlungen zwischen Dura und Schläfenbein wurde der 
Diplococcus pneumoniae in keinem Falle gefunden, sondern der 
Staphylococcus oder Streptococcus, und in einem Falle Tuberkel- 
bacillen. Die Veröffentlichungen von Zaufal (15), Moos (19), 
Netter (20), Leutert (1. c.) und Hasslauer (1. c.) lehren uns, 
dass der Streptococcus am häufigsten Complicationen bei Otitis 
chronica hervorruft, weil er unter den Entzündungserregern die ge- 
fährlichsten pathogenen Eigenschaften besitzt, mehr schleichende 
Erkrankungen verursacht und leicht Nekrosen herbeiftihrt. Daher 
kommen mehr Warzenfortsatzerkrankungen zur Operation, die durch 
den Streptococcus hervorgerufen worden sind, als solche durch an- 
dere Eokkenarten entstandene, weil dieser Mikroorganismus die er- 
^ffenenWarzenfortsatzpartieen leicht zumEinschmelzen bringt. Der 
Inhalt der vom Streptococcus verursachten Extraduralabscesse be- 
findet sich deshalb auch meist in einem weit fortgeschrittenen Zer- 
setzungsprocess. Der Eiter ist gewöhnlich missfarben, fotide, dünn- 
jauchig oder durch Beimischung von Blut bräunlich oder schmutzig- 
grau verfärbt. 

13* 



182 XIX. BRADN8T£IN 

In Beltenen Fällen, wenn eine Wegleitnng zwisoben dem 
ExtradnnilabgeeM und dem nrsprflngliehen EriEntnkiiDssherd in 
den Mittelohrräumen niebt mebr Yorhanden igt, kiuin der Inbalt 
des Abseeises Yon dem Obreiter Teraehieden sein und andere 
Mikroorganiunen enthalten. -*-« 

Obsobon bei den hier snsammengestellten Eztradnralabeees- 
aeni mit alleiniger Ausnahme des Falles 11 der Tabelle B, der 
operative Eingriff den natürlichen spontanen Ausgang der Er- 
krankung EU Gunsten des Patienten YerbindertOf so lässt sieb 
doeh im Hinbliek auf das ansgesproebene Streben des Extra- 
duralabseessesy sieh einen Weg naeh Aussen zu babnen, und an- 
derersdts anf seine Neigung zu Complieationen ein Scbluss auf 
den anatomischen Ausgang der Eiteransammlnng zwisoben 
Knochen und harter Hirnhaut ziehen. Bei fast der Hälfte von 
unseren Patienten erfolgte eine spontane Entleerung des Absoess- 
eiters durch die Mittelohrräume oder durch Fisteln in der Schlä- 
fenschnppe. In diesen Fällen war der Knochen bis zur Dura 
cariös oder nekrotisch erkrankt, es fanden sich Defecte im Teg- 
men antri oder tympani, Fisteln im Promontorium oder in den 
Bogengängen, oder der Eiter hatte die Corticalis des Warzenfort- 
satzes durchbrochen oder sich einen Weg durch die hintere Ge- 
hörgangswand nach Aussen gesucht. Wenn hiernach auch eine 
relative Gutartigkeit dieser intraeraniellen Gomplication und eine 
bedeutende Widerstandsfähigkeit der harten Hirnhaut gegenttber 
der Neigung des Eiters, nach Innen durchzubrechen, angenom- 
men werden kann, so besteht doch bis zur vollständigen Ent- 
leerung des Extraduralabscesses stets die Gefahr einer weiteren 
Gomplication, besonders einer Affection des Sinus» Von den intra- 
eraniellen Complieationen, die im Anschlüsse an einen Extra- 
dnralabsoess entstehen können, sind nach den Erfahrungen in 
der hiesigen Klinik die Sinusphlebitiden die häufigsten. Die 
spontane, immer nur geringfügige Entleerung des Abscesseiters 
erfolgte ausser bei den Fällen, in denen er seinen Weg durch 
das Ohr nahm, meistens durch eine Fistel hinter dem Planum 
mastoideum oder in der Nähe der Spina supra meatum. Bei 
einer in der letzten Zeit wegen eines grossen extrasinuösen Abs- 
cesses operirten Patientin, die in die Tabellen nicht aufgenom- 
men wurde, beobachteten wir die spontane Entleerung des Eiters 
durch die Sutura mastoidea-ocoipitalis, wie dies auch schon von 
Charles A. Thigpen (22) gesehen wurde. Die Behauptung 
Körner's (1. c): „Liegt der Absoess in der hinteren Schädel- 



Ueber eztraduralB otogene Abscesse. 183 

grobe, wo er fqq diekeren Ksioofaen uoigeben ist, so kann er 
nickt darohbreehen, wohl aber findet der Eiter bisweilen einen 
Ausweg dnreh das Emissarium mastoidenm^, wird darch diese 
Beobachta&gen kinftllig. 

Symptome. 

Die bei misem Patieoien am känfigsten beobachteten Sym- 
ptome sind die loealen Vertnderangen des Ohres nnd 
seiner Umgebung. In fast allen FUlen war die Warzen- 
forteatzgegend krankhaft Terftndert, und bei den meisten Pa- 
tienten zeigte der Warzenfortsatz dae dentliehe Druekenpfeid- 
liefakeit, seine Bedeckung ein oft ausgebreitetes Oedem od^ 
ULFerkeBaibare Abseessbildung. Aber keines dieser Symptome 
kann als diagnostisches Merkmal für eine intraerimielle 
CoBpUcatikm Jtngeseben werden, seodera sie müssen in der Begel 
als Folge^Bcheinang der nrsprllngliehen nnd nrsäohli^en Erkran- 
kongdes Ohres anfge&sst werden. Aneh t. B e r g m a n n (1. e.) ist von 
adner früheren nniichtigen Ansicht, ,;dass bei den Eiteransamm- 
lu^en zwischen Knochen nnd Ehira mehr die drtliehenVer&ndenin- 
gen über der afficirten Knoehenpartie Handhaben lier Diagnose ge- 
wesen sind^, in der neneren Aaflage seines angeführten Werkes 
zniltokgekommen. Bei unseren Patienten wur^n in Fällen von 
extrasinnösem oder Abscess der hinteren Sofaädeigrnbe viel 
häufige Ver&Eulernngen des Ohres gefanden, als bei Abseessen 
der mittleren Sehädelgrnbe. Und für erstere kann sichtlich 
in ^elen Fällen die intracranielle Erkrankung als Ursadie an- 
^seben werden, wenn die Eiterang oder Entzündung aus dem 
Sehädelinnern nach Aussen durchbricht und Oedeme oder Ab- 
scesse hinter dem Processus mastoideus hervorruft, die in der 
Gegend 4es Emissarium mastoideum gelegen sind. Jansen (1. c.) 
hat wohl zuerst diese Symptome zusammengefasst als: 

1. Knochenauftreibung, subperiostaler Abscess und Phleg- 
mone hinter dem Warzenfortsatze am angrenzenden Theile des 
Occiput und am hinteren Abschnitt des Warzenfertsatzes selbst. 

2. Schmerz bei Druck und Pereussion an derselben Stelle 
auch ohne Schwellung, Infiltration oder Auftreibung.^ 

Indessen bringen unsere Tabellen auch Angaben, die mit 
diesen Beobachtungen nicht übereinstimmen, z. B. Fall 1 1 der 
chronischen Extraduralabscesse, in dem hinter dem kranken Ohr 
geringes Oedem bestand, dabei Druokempfindliehkeit besonders 
auf dem Planum und hinter dem Processus mastoideus, wäh- 



184 XIX. BRAUNSTEIN 

rendderExtraduralabseess nicht extrasinnSs, sondern in der mitt- 
leren Sohädelgrnbe sass. Ebenso finden wir im Fall 14 der 
Tabelle B die Gegend des Warzenfortsatzes frei, nach hinten 
davon, dem Ooeipnt zu, Oedem, aber den Abscess in der 
mittleren Schädelgrnbe: In mehreren Fällen von extrasinuösem 
Absoess zeigte die Umgebung des erkrankten Ohres keine Ver- 
änderungen. Auch bezüglich der Druckempfindliohkeit 
hinter dem Warzenfortsatze am angrenzenden Theile 
des Oeciput muss bemerkt werden, dass dieses Symptom in 
der hiesigen Klinik nur in vereinzelten Fällen von extrasinuösen 
Abscessen beobachtet worden ist. ^) In den allermeisten An- 
gaben ist die Druckempfindlichkeit auf den Warzenfortsatz be- 
schränkt und in einer Reihe von Fällen sogar auf die Spitze 
desselben, während bei fast ebensovielen Beobachtungen von 
Druckempfindlichkeit über dem Planum und nach dem Oeciput 
zu der Abscess der mittleren Schädelgrube angehörte. 

Unter den tabellarisch angeführten Symptomen findet sich 
bei zwei Patienten (Tabelle A 3 und B 29) die Klopfem- 
pfindlichkeit Im ersten Falle wird angegeben: „Weich- 
theile hinter dem rechten Ohr geröthet« Starke Druckempfind- 
lichkeit auf dem Planum und hinter demselben, Schmerz und 
Klopfempfindlichkeit in der rechten Stirn- und Schläfen- 
gegend.^ DerExtraduralabscess beschränkte sich auf die mittler e 
Schädelgrube. Im zweiten Falle berichtet die Krankengeschichte: 
,,Keine Anschwellung, kein Oedem hinter dem Ohr, Klopf- 
empfindlichkeit über dem grössten Theilder linken Schädel- 
hälfte bis zum Tuber parietale besonders in der vorderen Schläfen- 
gegend und am hinteren unteren Parietalbeinwinkel.^ DerExtra- 
duralabscess fand sich in der hinteren Sohädelgrube über dem 
Sinus-sigmoideus-transversus-Knie. Hier bezeichnete demnach 
der Bezirk der Klopfempfindlichkeit die Gegend der intra- 
craniellen Complication. 

Da nur in diesen beiden Fällen Beobachtungen über die 
Klopfempfindlichkeit notirt wurden, so sind wir nicht in der 
Lage, über den Werth dieses Symptoms für die Diagnose eines 
extrasinuösen Abscesses ein Urtheil abzugeben. 

Im Falle 39 Tabelle A war Caput obstipum vorhanden bei 
extrasinuösem Abscess. 

Auch der Extraduralabscess der mittleren Schädelgrube 

1) Es kann also nicht als charakteristisch für Extraduralabscesse 
der hinteren Schädelgrube angesehen werden. 



üeber extradarale otogene Abscesse. 185 

kann seine Anwesenheit durch einen fistulösen Durchbruoh 
an die Sehädeloberfläche verrathen. Diese Fisteln münden 
meistens in der Nähe der Spina supra meatum an der linea 
temporalis oder im knöchernen Gehörgang. In einem Falle 
(Nr. 10 der Tabelle A) befand sich die Fistel oberhalb der Linea 
temporalis und fährte direct in die Schädelhöhle. Indessen sind 
auch derartige Vorkommnisse selten, und im Allgemeinen muss 
daran festgehalten werden, dass selbst bedeutende Eiteransamm- 
lungen zwischen Knochen und harter Hirnhaut längere Zeit be- 
stehen können, ohne durch locale Veränderungen des Ohrs und 
seiner Umgebung diagnostisch sichere Symptome eines Extra- 
duralabscesses heryorzurufen. 

Nächst vorstehenden Symptomen kehrt am meisten bei un- 
seren Patienten mit Extraduralabscessen die Klage über 
Schmerzen im Ohr und Kopfschmerz wieder. Der- 
selbe scheint in allen möglichen Stärkegraden aufzutreten, be- 
sonders als „heftiger Schmerz^, „schwerer Kopf, „Reissen**, 
„Stechen*' und „Bohren**. In allen unseren Fällen war die 
Seite des kranken Ohres auch der Sitz der Kopfschmerzen. 
Nur wenige Kranke konnten den Kopfschmerz genauer locali- 
siren, dem Sitze des intracraniellen Leidens entsprechend, in 
anderen Fällen ergab der Operationsbefund, das den anamnesti- 
schen Angaben zufolge der Kopfschmerz ein irradiirter war, z. B. 
beim Patienten 34 der Tabelle B, der als Sitz der Kopfschmerzen 
Mittelkopf und Stirngegend bezeichnete, während der Extra- 
duralabscess der hinteren Schädelgrube angehörte. Die grössere 
Hälfte unserer Kranken klagte nicht über Kopfschmerz, sondern 
nur über Schmerzen im Ohr, und von 8 Patienten wurde jede 
Schmerzempfindung verneint, obschon z. B. in den Fällen 12, 
39, 40 der Tabelle A sowie 8 und 9 der Tabelle B die Eiter- 
ansammlung zwischen Dura und Schläfenbein keine unbe- 
deutende war. 

Für die Diagnose einer intracraniellen Erkrankung kann 
der Kopfschmerz ein wichtiges Symptom sein unter der Vor- 
aussetzung, dass jede andere Ursache für denselben mit Sicherheit 
ausgeschlossen werden kann. Diese Anforderung wird bei Pa- 
tienten mit otogenem Extraduralabscess sich nur äusserst selten 
erfüllen lassen. Bei der Durchsicht unserer Tabellen findet sich 
unter den acuten Fällen nur Nr. 29, bei dem die Heftigkeit der 
Kopfschmerzen und die Schwere anderer allgemeiner Krank- 
heitserscheinungen mit der geringfügigen pathologischen Ver- 



166 XDL BftAUmTfilK 

isdeniBg d«t Ohres aieht im Sinidaiig m bringen war. EiAe 
Eiteitetention Im Ohre fehlte, die Unigdbiinf des Ohres zeigte 
kein« Spnr toq Oedem, PeriostitiB oder subpenoftuleBi Abeeem, 
wodurch das Auftreten der sobon tagelang anhaltenden inten«- 
fliven Schmerteii in der gannen linken Kopfhftlfte eine genügende 
Erklinng finden konnte. Es bestand nur noch ein leidrter 
Mittelohrkatarrh, der nach seinen «nbedentenden Ersoheinnngen 
zn nrtheik»,, iai Abheilen zn sein sehien. Indessen wurde amoh 
hier irots der heftigen subjeetiven Besohweiden and obseiion 
die Aanahiae einer Simulation nnbegrttndet war, zmnftofaat 
nioht die Diagnose anf ein intraeninielles Leiden gestellt. 

Nach den hiesigen Erfahrungen ist der Eof^hmerz bei 
Kindern öfters Torhanden als bei Erwachsenen^ besonders in 
chronischen Fällen. 

Fieber fehlte in '^/i aller FiUe. Bei der Beweithung des 
Fieb^s als Sympt^n der hier behandelten intracranidlen Oom- 
plieation der Otitis media nt zunftehst die Frage zu bertteksioh- 
tigen, ob die krankhafte Umgebung des Ohres als Fieb^- 
qu^le aasgeschlossen werden kann. Bei den f i e b^e r n d e n Patienten 
wurden Temperaturen bis 4(\5<^ beobachtet. Es handelte sieh 
bei den acuten Erkrankungen mit T^ip^ntumteigeningen um 
extrasinudse Absoesse mit Ausnahme des Falles 13, bei d^n ein 
extraduraler Abseess der mittleren Schftdelgrube anigedeekt 
wurde, der die Sinuswand nicht berührte. In diesem Faüe war 
die höchste Temperatur 3S,7o. Unter den Patienten mit chro- 
nischer Otitis media fanden «ich vier, Nr. 1, 6, 33 und 87, 
bei denen das Fieber nicht auf den extrasinudsen Sitz des Ab- 
seesses znrückgeftlhrt werden konnte. In diesen Fällen von 
extraduraler Eiteransammlung in der mittleren Sehidelgrube 
stieg die Körpertemperatur bis 39,8 \ Aber dieses seltene Vor- 
kommen v<m Temperaturerhöhung bei Extraduralabsoessen der 
mittleren Schädelgrube, deren Inhalt also die Wand des Siaw 
nicht umspült, beweist, dass wir es nur mit Ausnahmefällen zu 
thun haben, und der Befund des Ohres und seiner Umgebung 
macht es höchst wahrscheinlich, dass das Fieb^ durch die dort 
vorhandenen Entzttndungs- und Eiterungsprooesse verarsaelit 
worden war. Ebenso wonig ist es Regel, dass der extra- 
sinn Öse Abseess Fieber yerarsacht, wenn seine Nmgung daea 
auch grösser erseheint. In solchen Fällen wird die Temperatur- 
steigening dadurch hervorgerufen, dass durch Einwirkung des 
Abscesses die Sinuswand entzündlich erweicht und Bak- 



Ueber estradnxttte «togeoe Abscesse. 187 

teiiea oder ihren f/yogenen. ProdnoteiL den Eintritt in die Blnt- 
leiter gestattet. Hierauf wurde bereits Ton L entert (21) hin- 
gewiesen. Es darf wohl angenommen werden, dass dieser 
Vorgang von dem Dmek abhängig ist, unter dem der Inhalt des 
Abseesses steht, und von d<er Daner der Einwirkung desselben 
Ulf die Sinmswand (Leutisrt 21). Bei unsem Patienten mit 
chronisch emExtradntalabseess wurde h&ufiger Fieber beobaefatet 
als in den acvten F&Uen. 

Bei der Patientin 7 d«r Tabelle B ist wohl die wahrsehein- 
lieh fichon Tor der Operati<in bestehende Pytaiie filr die erhöhte 
EdrpertempersaAnr Tenuitw(Milich sn machen. 

Von unseren Erkrankten gaben 25 an, Schwindelanf&lle 
gehabt zu haben oder noch darunter zu leiden, und unter diesen 
konnten bei 8 objectiy Gleiehgewiehtsstörnngten beobachtet wer- 
det» Abgesehen davon, dass die subjectiT^n Angaben in Folge 
der meist mangeUMifteai Ffthigkeit der Patienten, sieh selbst za 
beobaehten, oft reoht unzuverlissig sind^ ist nach den mi^- 
theilten Tabellen das Vorkommen des objeetiv festgesMlten 
S<Awindels so selten, dass er nicht als vom otogenen Extradnral- 
absoesse abhftngig angesehen werden kann, sondern von der ir- 
säehliohen Otitis, durch welche ein inadäquate Reiz auf den 
Ramas vestibnlaris Nervi aeu stiel ausgelost werden kann« 

£s darf wohl angenomoien werden, dass die Entzttndang 
des Mittelohrs, auch wenn die knödierne UmhfiUmng der Bogen- 
gänge und des Vestibulnms intaet erscheint, eine pathologisohe 
Beeinflussung des Vestibalarapparates herbeiführen kann. Die 
Wahrnehmung dieses Vorganges hängt einmal von der Sensibi- 
lität der fk'krsunkten, dann aber aueh ven der Plötzlichkeit der 
Einwirknng auf das statische Organ ab. Nach vielen Beobaeh- 
tungen tritt zmweilen sowohl allmählich ein Ausgleieh auch An- 
fimgs stttrmischer Erscheinungen von Oleiehgewichtsstörungeai, ^h 
audi andererseits die Schädigung des Vestibularapparates so wenig 
belästigend ein, dass die Patienten trotz tiefgehender Zerstörungen in 
demselben nur vorübergehend oder nie überSchwindelanfäUe klagen . 

In «nseren Fällen nun von objeetiv sicher beobachtetem 
Schwindel ergab entweder der Operationsbefund oder die Hör- 
prttfang den Beweis, dass die normale Function des Labyrinths 
gestört war, sodass nach obigen Ausführungen wohl nur die 
Annahme statthaft ist, dass unsere Patienten an labyrinthärem 
Sehwindel litten. Diese Auffassung wird bestärkt durch die 
Angaben mehrerer Erkrankten über das vorübergehende 



188 XIX. BRAUNSTEIK 

Auftreten von Gleiehgewichtsstörangen^ welches bei Schädigung 
des Yestibularapparates öfter beobachtet worden ist, wie oben 
schon bemerkt wurde. 

Pathologische Veränderungen an den Augen wur- 
den nur bei wenigen von unseren Patienten mit uncomplicirten 
Extraduralabscessen beobachtet. Die Untersuchung der Augen 
wurde bei allen Patienten nach denselben Grundsätzen ausgeführt 
und das Ergebniss in zweifelhaften Fällen von Aerzten der hiesigen 
Universitäts- Augenklinik nachgeprüft. Das hier mitgetheilte Resul- 
tat er Augenuntersuchung ist daher stets ein völlig zuverlässiges. 
Eine unzweifelhafte Erkrankung des Augenhintergrundes, eine 
Neuritis optica liess sich nur in drei chronischen Fällen ent- 
decken (3, 6, 10), während bei den Kranken mit acuter 
Eiteransammlung zwischen Knochen und Dura sich zweimal 
eine geringe Hyperämie des Augenhintergrundes, aber niemals 
eine Undeutlichkeit oder ein Verwaschensein der Grenzen der Pa- 
pilla nervi optici nachweisen liess. Nach Hansen (26) kommt 
Neuritis optica bei uncomplicirtem Extraduralabscess in 9 ^/o der 
Fälle vor. Nach dem vorliegenden, bei weitem grösseren Ma- 
terial beschränkt sich das Auftreten der Erkrankung des Seh- 
nerven auf ca. 5,50/0, das einer leichteren Hyperämie des 
Augenhintergrundes auf ca. 7,4 ^jo , bei acuten und chronischen 
Extraduralabscessen zusammengenommen, wobei das Vorkommen 
einer Veränderung des Augenhintergrundes in chronischen Fällen 
überwiegt. Bei dem Patienten 30 der Tabelle A fand sich 
das rechte Auge bei rechtsseitigem Sitz des extraduralen Ab- 
scesses in Convergenzstellung und beim Patienten 42 derselben 
Kategorie wurde Nystagmus rotatorius beim Fixiren und beim 
Sehen nach oben, nach links und nach unten beobachtet, wäh- 
rend der Abscess den rechten Sinus sigmoid. umspülte. Unter 
den Erkrankten der Tabelle B zeigte Nr. 8 hervortretende Bnlbi, 
Strabismus divergens, die linke Pupille weiter als die rechte — 
beide reagirten aber richtig — und normalen Augenhintergrund, 
während der Extraduralabscess der hinteren Schädelgrube an- 
gehörte, und die Patienten 27 und 40 geringe Hyperämie des 
Augenhintergrundes resp. der Papille links bei einer Eiteran- 
sammlung zwischen Warzenfortsatz und Sinus, die durch eine 
rechtsseitige Mittelohreiterung verursacht war. Es wurden also 
bei unseren Erkrankten mit Extraduralabscessen im Ganzen ia 
ca. 18,50/0 der Fälle pathologische Veränderungen an dea 
Augen beobachtet. Hieraus ergiebt sich, dass dieses Symptom, 



Ueber eztradurale otogene Abscesse. 189 

wean es überhaupt als ein solches des Extraduralabscesses be- 
zeichnet werden kann, ein seltenes ist. 

In den drei chronischen Fällen mit Neuritis optica sass der 
fixtrad aralabscess in der mittleren Schädelgrube. Es handelte 
sich im Fall 6 um einen tiefen Extraduralabscess, und in den 
beiden anderen Fällen war die Eiteransammlnng zwischen 
Knochen und Dura eine bedeutende, oder die pathologische Ver- 
änderung der harten Hirnhaut eine weit ausgedehnte. Bei den 
Patienten 3 und 6 bestand noch nebenbei eine Facialisparese, 
bei dem letzteren der Seite des Abscesses entsprechend, bei dem 
ersteren umgekehrt. Bei dem Patienten 3 mit rechtsseitigem 
Extraduralabscess waren am Tage der Aufnahme die Papillen- 
grenzen beiderseits nicht ganz scharf; links die nach oben 
gehende Vene geschlängelt und etwas erweitert; am folgenden 
Tage die Papillengrenzen rechts im umgekehrten Bilde oben 
eine Strecke weit undeutlich, links die Papillengrenzen scharf, 
eine nach unten gehende Vene etwas mehr geschlängelt als 
tags zuvor. Bei dem Falle 6 mit ebenfalls einem Abscesse in der 
rechten mittleren Schädelgrube zeigte sich links ein voll- 
ständiges Verwasehensein der Papilla nervi optici bei vollstän- 
dig normalem Augenhintergrund rechts, während tags zuvor 
noch beiderseits auf dem Augenhintergrund die « Papillen- 
grenzen deutlich erkannt worden waren. Am folgenden Tage 
wurde beiderseits ausgesprochene Neuritis optica festgestellt 
mit Schlängelung der Gef&sse bis in die Peripherie. Vom 
nächsten Tage an besserte sich der Befund des Augenhinter- 
grundes rechts, während die linke Papille unverändert blieb. 
Erst mehrere Tage nach der Operation konnte der normale 
Befund des Augenhintergrundes beiderseits wieder festgestellt 
werden. Bei dem 3. Erkrankten Nr. 10 derselben Tabelle waren 
bei linksseitigem Sitze des Extraduralabscesses die Papillen- 
grenzen beiderseits nasalwärts verwaschen. In allen unseren 
Fällen von pathologischen Veränderungen am Augenhintergrunde 
auch bei den leichten Hyperämieen waren stets beide Augen be- 
theiligt, wenn die Veränderungen auch nicht immer auf beiden 
Augen gleichzeitig auftraten. Der Fall 40 der Tabelle B wider- 
spricht dieser Angabe nur scheinbar, da das rechte Auge ein 
grosses Staphyloma posticum und viele weisse atrophische 
Stellen der Netzhaut aufwies. 

Für die Lösung der noch schwebenden Fragen über das 
Entstehen der Neuritis optica bei intracraniellen Erkrankungen 



190 XIX. BRAUNSTEIN 

bietea oiMere F&Ue keine Anbahi^imkie, da aveli der SeetioaB- 
bericht der beiden zur Obduetion gekommeiifen Pjitieiiteii 3 der 
Tabelle B und 11 der Tabelle A, keinen Aaftefaloss giebt über 
den Weg, auf dem die Yer&ndernng des AagenbiniergrnndeB vbl 
Stande gekomoiea war. Dt^gen eprieht der Fall von Njstag- 
nuHi rotatoriiM für die Aoffastiimg, dass es sieh hierbei nm eine 
Felge von oortiealer SeUdignng handelt Weil hier coiyngirte 
und aseoeürte Angenmuskelbewegangen in IVage kommen, s» 
mofls eine Beizung oder Hemmung von Seiten des optiseh- 
molorisohen Rindeneentrnins im Oeoijutalla{)pea verliegen. Da 
es sieh in unserem Falle um eine ironische Mittelohreiterung 
mit Extraduralabseess der hinteren Seh&delgrnbe reehts ha&deH;^ 
so könnte eine Wirkung auf das Assooiationseentrum für die 
Angenmuskelbewegangen stattgefunden haben entweder direet 
durch Druck auf den Oooipitallappen oder ia Folge von BeAez- 
Wirkung duroh Vermittlung des Labyrinths dnreh Druek auf die 
Blut- und Lymphbaliaen des Aquaeduct. vestib. und daduroh be- 
dingte Stauung im Labyrinth. Naeh dem Opemtionabe&nd 
befand sich dicht neben dem Facialis eine nach unten reichende 
Zelle, die mit Eiter gefüllt war und zum Extraduralabseess 
führte. Da aber auch nach dem übrigen Befund (Schwindel, 
Hörprüfung) eine Läsion des Labyrinths angenommen werden 
darf, so ist mit der Möglichkeit zu rechnen, dass das Ursprung- 
liehe Ohrenlddea durch Beflex Wirkung vom Labyrinth her den 
Nystagmus rotat^ius verursacht hat, während der Exttmdural- 
abscess daran unschuldig oder erst secundär betheiligt ist. Die 
Krankengeschichte enthält weder Zeitangaben über das Ent- 
stehen der osdllatorischen Augenbewegungen noch Mittfaeilungen 
ftber die Wirkung der AbscessenÜeerung auf dieselben. 

Wilbrand (36) nimmt an, dass der Nystagmus zu Stande 
komme, wenn die Thätigkeit der willkürlieh-motorischeo 
Augencentren der Grosshirnrinde gegenüber der refleetorisefa- 
motorischen Thätigkeit des Mittel- und Kleinhirns beeinträieb- 
tigt sei bei intacter eeatrifugaler Leitungsbahn von hier eu den 
Augenmuskeln. Das Kleinhirn und Mittelhirn (Yierhügel) darch 
die sensiblen Reize vom Auge, von der Haut sammt Korper- 
musculatur und vom Gehör (halbzirkelformige Bogengänge) be- 
ständig angeregt, bewirke durch Bttckwirkung auf die Be- 
wegungen an Kopf, Augen und Extremitäten die Erhaltung 
des Gleichgewichts des Körpers. Die rechte Kleinhimhälfte 
hindere Gleichgewichtsstörungen nach links, bewirke Drehung 



Ueber extfadux«!« otogena Abscesse. 191 

an Kopf und Äugen naeb reehts — nnd omgekebit. Auch 
Ober-* und Unterwurm stehen in antagonistiaeheiii Yerhältniss. 

Ebenso darf in den beiden Fällen Ton Strabisnuts, 30 der 
Tabelle A und 8 der Tabelle B, eine Befiexwirknng seitens des 
Labyrinths auf die Augenmuskelkeme nicht a priori abgewiesen 
werden, i) 



1) Nach Edinger (27) ist der Haubentheii der Brücke daa Hirugebietr 
in welcheg der Acusticua eindringt, und aus welchem der Facialis und Ab- 
ducens entspringen. Der Nervus cochlearis tritt in den ventralen Acusticus- 
kem ein, zweigt sich um die mächtigen Zellen dieses Kernes zu feinen £nd- 
b&aa^chen auf und begiebt sich zum kleineren Theüe in ein Gangtion, das 
zwischen Kleinhirn und BrUeke dorso-laleral vom Gochleariskera gelagert ist« 
das Tuberculum acusticum. Aus den beiden prim&ren £ndst&tten, dem ven» 
tralen Acusticuskern und dem Tuberculum acusticum, entspringt ein neuer 
Faserzug, der in secundärer und tertiärer Verlängerung die laterale Schleife 
hauptsächlich bildet. Die Zellen der Nucleus ventrahs senden ihren Azen- 
cyhiider medialwarts und bilden das Corpus trapezoidenm, direct dorsal von 
der Brückenfaserung, welcher die Nuclei trapezoidei (KöUiker) enthält. 
Beide ziehen mit ihrer Fazermasae zum Nucleus olivaris superior und zwar 
sowohl aaf der gleichen, wie auch zu demjenig^i der gekreuzten Seite. In 
die obere Olive tauchen mit massenhaften Endverzweigungen die Fasern der 
huteralea Schleife, und durch diese ist eine Verbindung des Acusticus mit 
den hinteren und wahrscheinlich auch den vorderen Vierhügeln hergestellt. — 
Der grössere Thell des im Tuberculum acusticum endenden Cochlearis 
tritt direct in die secundäre Aensticusbahn ein^ in die gekreuzte Schleife, und 
diese Fasern bilden die Striae acusticae, den Klangstab (Bergmann). Es ent- 
sendet also der Nervus cochlearis, nachdem er einmal im Cochleariskeme und 
im Tuberculum acusticttm geendet hat, seine höheren Bahnen weiter zu den 
hinteren Hügeln. Sie verlaufen auf dem Wege der Schleifenfaserung. Doch 
geht nnr ein Theil direct via Striae in die Schleife, ein zweiter, recht be- 
trächtlicher todet zunächst in den oberen Oliven. Die oberen Oliven, welche 
so in die centrale Hömervenfaserong eingeschaltet sind, müssen wichtige 
Centren darstellen. Ihre Constanz durch die ganze Säugerreihe, ihre oft 
mächtige Entwicklung und vor Allem die zahlreichen Fasern, welche zu ihnen 
in Beziehung treten, sprechen daftkr. £& sind darunter Züge aus dem Cere- 
beUum, die noch wenig bekannt sind, und ein mächtiger Zug zu dem 
Kerne des Nervus abducens. Da in ebendiesem Kerne aber Fasern 
enden, welche durch das hintere Längsbündel zu den anderen Augenmuskel- 
kemen und in den Thalamus gelangen, so besteht hier offenbar ein zu- 
sammengehöriger, wohl organisirter Apparat, der wohl einmal experimentelle 
Durcharbeitung verlangte. 

Weniger bekannt als der Nervus cochlearis ist der Nervus vestibularis. 
Aber auch der Nucleus n. vestibularis ist durch eine Bahn mit der oberen 
Olive und durch lateral von ihm abgehende Züge mit dem Cerebellum ver- 
bunden. Lateral vom Nucleus nervi vestibularis liegt das Feld der directen 
sensoriaehen Kleinhirnbahn. Die Bahn wendet sich in dieser Höhe als innere 
Abtheilang des Corpus restiforme kleinhirnwärts. Hier liegt der Deiters* sehe 



192 XIX. BRAUNSTEIN 

Habermanu (50) beriohtet über einen Fall von rechts- 
seitiger Entzündung des Pars petrosa mit Lähmnng einzelner 
Zweige des linken Oonlomotorius, die von den Augenärzten als 
eine Eernl&hmung anfgefasst wurde. Die Lähmung ver- 
schlimmerte sich mit Verschlimmerung der Ohrsymptome, und 
mit der Besserung derselben schien sie sich zu bessern. Da die 
Lähmung nicht das der Ohrerkrankung gleichseitige Auge be- 
traf, so glaubt Habermann, eine KefiexstSrung vom Ohre 
aus nicht annehmen zu können, sondern hält es fbr wahrschein- 
licher, dass diese Lähmung mit dem Leiden des rechten Ohres 
in keinem directen Zusammenhang steht. Nach Kessel. (53) 
kommt es vor, dass ein Extraduralabscess auf die andere Seite 
übergreift und dort eine Oculomotorius- und Abducenslähmung 
hervorruft, während die der kranken Ohrseite entsprechenden 
Nerven frei bleiben. 

Preysing (45) theilt einen Fall mit, in dem nach Ent- 

Kem in sie eingebettet. ZahUose Gollateralen aus der Vestibalarwurzel um- 
spinnen die mächtigen ZeUen dieses Kernes. Der Deiters*sche Kern ver- 
bindet Theile der Wurmrinde und Eleinhirnkerne mit Centren für den 
statischen Nerven und mit solchen, welche der Augenstellnng 
dienen. Letztere sind die Bahnen des dorsalen Längsbündels, welche die 
Augenmuskelkerne untereinander und mit dem Rückenmark verknüpfen. Man 
darf desshalb wohl annehmen, dass der Deiters *sche Kern für die Körper- 
haltung und die Znsammenordnung der statischen Functionen von besonderer 
Wichtigkeit ist 

In den Schnittebenen, welche den ventralen Acusticuskern enthalten, ist 
auch der motorische Kern des Nervus facialis bereits sichtbar. Die 
aus demselben dorsalwärts entströmenden Fasern sammeln sich allmählich zu 
einem kräftigen Bündel, das, unter dem Boden des Ventrikels angelangt, 
plötzlich eine scharfe Wendung in frontaler Bichtung macht, um dann ebenso 
scharf abbiegend sich ventralwärts nach der Aussenseite der Oblongata zu 
wenden. Die Facialiswurzel macht also ein doppeltes Knie. In dieses Knie 
ist der Kern des Abducens eingelagert. 

Die Wurzeln des Abducens gelangen in mehreren Bündelchen, 
welche die Haube und Brücke durchsetzen, an der Brückenbasis nach aussen. 
Der Kern steht medial durch Fasern mit dem hinteren Längsbündel in Ver- 
bindung. Ob diese Fasern oben in den gekreuzten Oculomotorius eintreten, 
steht noch nicht fest. Ganz sicher bewiesen ist aber eine merkwürdige Ver- 
bindung des Abducenskernes mit der oberen Olive. Dieser Zag, 
der parallel der Facialiswurzel dahinzieht, muss den Acusticus in Ver- 
bindung mit den Augenbewegungsnerven setzen und ist daher 
vielleicht wichtig für die Aufrechterhaltung unserer Orien- 
tirung im Räume. 

Bei einem der hier in Frage kommenden Patienten bestand eine Facialis- 
parese, bei dem andern ergab die Hörprüfung eine Störung im Labyrinth. 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 193 

leerung eines reohtsseitigen Extradaralabsoesses eine rechtsseitige 
Abducenslähmung auftrat, die vor der Operation nicht bestanden 
hatte. Wie lange die Lähmung dauerte, ist nicht angegeben. 
Bei der Entlassung, 37 Tage nach der Operation, war sie nicht 
mehr nachweisbar, dagegen bestand damals noch beiderseits 
eine Stauungspapille, über deren Beginn keine Angaben gemacht 
werden. Auch in dem von Muck (46) beschriebenen Falle 
bestand die mit einem tiefen Extraduralabscess gleichseitige Ab- 
ducensparese noch ca. 3 Wochen nach der Entleerung des Ab- 
seesses, aber bei normalem Augenhintergrunde, während bei dem 
Patienten, dessen Krankengeschichte Witte und Sturm (47) 
veröffentlicht haben, erst nach der Operation eines acuten extra- 
sinuösen Abscesses eine Neuritis nervorum opticorum sich aus- 
bildete, die 5 Tage zunahm und sich dann in ca. 20 Tagen 
zurüokbildete. In diesen Fällen können die Veränderungen am 
Auge wohl nicht auf eine durch den Extraduralabscess hervor- 
gerufene intracranielle Druckerhöhung zurückgefdhrt werden. 

Habermann (51) beobachtete folgenden Fall: Bei einem 
Knaben mit Otitis media purulenta, Oedem des Warzenfort- 
satzes und Neuritis optica führte er die Mastoidoperation aus. 
Hierauf trat keine Besserung ein, sondern 3 Tage später eine 
Abducenslähmung. Den folgenden Tag wurde der schon theil- 
weise freiliegende Sinus weiter aufgedeckt und die hyperämi- 
sche Dura in grösserem Umfange blossgelegt. Da die Granu- 
lationen sich weit in die Pars petrosa zwischen die Bogengänge 
erstreckten, wurde mit einem feinen Meissel bis gegen den in> 
nerwi Gehörgang vorgedrungen, wobei eine stärkere Blutung 
eintrat. Habermann ftihrte die Abducenslähmung auf eine 
krankhafte Veränderung der Hirnhäute zurück. Jansen theilte 
in der Discussion mit, dass er ähnliche Krankheitsbilder mit 
Abducenslähmung bei Arachnitis serosa oder serofibrinosa ge- 
sehen habe. Der Nachweis der Arachnitis gelang meist durch 
Dural- oder Lumbalpunction. Besonders bei Labjrinthbetheili- 
gung und perisinuösem Abscess hat Jansen diese Complication 
beobachtet. Jürgensmeyer theilte einen entsprechenden Fall 
mit. Auch Brieger (52) hält eine Augenmuskellähmung ohne 
vermittelnde Meningitis ftlr unwahrscheinlich. 

Mehr und häufiger als unter den pathologischen Verände- 
rungen an den Augen hatten unsere Patienten mit Extradural- 
abscess durch gastrische Erscheinungen zu leiden. Die- 
selben traten als Appetitlosigkeit, Stuhlverstopfiing, Uebelkeit, 



IM XIX. BRAUNSTBIN 

£rbre«lien vnd danui tAA BeUiessende Mattierkeit auf. Diese 
Eraakheitssjmptonie leigtea sieh stetg ebne naekweiabare Ur- 
saehey Uebelkttt und Erhreehen iseitt msammeB mit 8ehwiDdel-> 
anfiUleB. Eine Ausnahme bildet Fall 10 der Tabelle A^ bei dem 
das Erbreeben rielleieht auf eine dnreb Fall T^rorsaehte Cem- 
motia ea-ebri sartcknfllhTen ist. Bei diesem und einem zweiten 
Patienten, der an Erbreehen litt, sass der Extradnralabseess in 
der mittleren, bei den fbnf anderen in der binteren Sehidel- 
grobe. 

Unter unseren Erkrankten litten drei an Naekensteifig- 
keit. Bei ibnen war der Sits des Extradnralabseesses die hin- 
tere Sohädelgmbe. Diese drei F&Ue beweisM, dass entgegen 
der Ansieht ren Lane (28) Nackensteifigkeit aaeb vorkommen 
kann bei Abwesenheit von Araehnitis. 

Bei 7 von unseren Erkrankten mit Extraduralabsoessen 
wnrdoi Faeialisparesen beobaehtet Während bei 6 die 
Lähmung des Gemebtsnerren der Seite des kranken Ohres und 
des Sitzes der intraeraniellen Complioation entspraeh, fand sieh 
im Falle 3 der Tabelle A die Fonetionsstömng des Facialis auf 
der Seite des gesunden Ohres, und der Nerr der Gesiehts- 
musculatur, den das kranke Schläfenbein beherbergte, fnne- 
tionirte völlig normal. Unmittelbar nach der Entleerung der 
extraduralen Eiterung ging die Lähmung des Gesiehtsnerven 
zurtlek, und den folgenden Tag war sie gänzlieh versohwunden. 
Eine gekreuzte Faeialislähmung durch Druck des nur haselnuss- 
grossen Abseesses auf das motorisohe Oentrum des Gesiehts- 
nerven anzunehmen, ist, da die Parese vollständig zurückging, 
den physiologischen Anschauungen widersprechend, nnd eine 
directe Beeinflussung des linken Nervenstammes durch die 
Eiteransammlung war in Folge ihres Sitzes an der rechten 
Kopfseite unmöglich. Eine intraoranielle Drucksteigerung musste 
aber« angenommen werden, und als ihr klinisches Symptom gab 
sieh der bald nach der Trepanation auf den Sehläfenlappen ein« 
tretende Hirnprolaps zu erkennen. Jedoch liess sieh nicht be- 
stimmen, welcher Art der intraoranielle Process war, und eine 
Complioation des Extradnralabseesses mit einer Paehymeningitis 
interna oder einem Yentrikelhydrops konnte nioht nachgewiesen 
werden. Bei der Trepanation floss kein Liquor ab. Jedenfalls 
ist der Extraduralabsoess nioht die Ursache der gekreuzten Fa- 
eialisparese gewesen. 

Grunert (29) hat den Fall ausführlich veröffentlicht. In 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 195 

dem Fall 30 der Tabelle B theilt die Erankengeschichte über 
den Einflass der Operation auf die Faeialisparese keine Be- 
obaehtungen mit, während die Patientin 7 derselben Tabelle B 
am Tage nach der Operation wahrscheinlich an den Folgen 
einer Diphtherieinfeetion starb. Bei den Übrigen 4 Patienten 6, 
37) 42 der Tabelle A nnd 8 der Tabelle B hatte die Operation 
keinen so günstigen Einflass auf die Rückbildnng der Lähmung 
des Gesichtsnerven wie in dem oben mitgetheilten Falle. Bei 
dem Kranken 6 bestand die Faeialisparese nach der Operation 
unverändert fort und zeigte auch ca. 1 Jahr, nachdem der Pa- 
tient im Uebrigen als geheilt entlassen war, nicht die ge-» 
ringste Rückbildung. In den anderen Fällen vollzog sich die 
Besserung der Lähmung des Gesichtsnerven nach der Operation 
langsam, unterstützt durch die Anwendung des elektrischen In^ 
dnctionsstromes. Der Patient 42 der Tabelle A litt bei seiner 
Entlassung nach 106 Behandlungstagen noch an einer Lähmung 
des rechten Mundastes des Facialis. Bei den beiden andern 
war die Function des Gesichtsnerven am Tage der Entlassung 
wieder normal. Es darf wohl angenommen werden, dass in 
keinem dieser Fälle, auch nicht in dem oben zuerst besprochenen 
Falle 3 der Tabelle A die Lähmung des Facialis durch den 
Extraduralabscess verursacht worden ist, dass die Eiteransamm- 
lung zwischen Dura und Knochen in keinem Falle durch Raum- 
verengerung des Schädelinnern auf mechanischem Wege eine 
gekreuzte oder gleichseitige Faeialisparese bewirkt hat. Obsohon 
Patient 3 der Tabelle A zeitweise auch an psychischer Un- 
klarheit, Pulsverlangsamung und Veränderung des Augenhinter- 
grundes litt, so können dennoch weder diese Erscheinungen noch 
die Faeialisparese aus oben angeführten Gründen als Folge 
des Extraduralabscesses betrachtet werden. 

Nach Kocher (35) ist allerdings der Hirndruck entgegen der 
Lehre von Bergmann und Griesinger im Anfang stets nur 
local; erst später treten durch Verbreiterung des Drucks auf die 
Naehbargegend allgemeine Hirndrucksymptome auf. Jedoch 
wird auch hierdurch der obige Fall nicht aufgeklärt. In den anderen 
Fällen können wohl für die Paresen nur Entzündungs- resp. chemisch- 
toxische Vorgänge innerhalb des Nerven selbst verantwortlich ge- 
macht werden, die wiederum als eine Fortleitnng der Entzüadungs- 
nnd Zersetzungsvorgänge in der Paukenhöhle anzusehen sind. Wir 
haben demnach pathogenetisch zwei Arten von Faoialisparesen zu 
niiter8cheiden,die mechanische und die entzündliche. EineBedeutung 

AtcMv f. Ohrenheilktuide. LV. Bd. ]^4 



196 XIX. BRAUNSTEIN 

bat diese Unterscbeidnng wenigsteoB für die Prognose, da die durch 
einen Extradaralabscess verursaehte Lähmung des Gesichtsnerven 
wohl sehr selten auf einer tiefgreifenden Druckatrophie im Nerven 
beruht und daher nach Entleerung des Abscesses gewöhnlich zur 
Norm zurückkehrt, während die durch Entztlndungsvorgänge her- 
vorgerufene Parese meist die Folge einer Degeneration von Nerven- 
fasern bedeutet, so dass öfter die Functionsfähigkeit einzelner 
Aeste oder des ganzen Nervenstammes vernichtet ist. 

Ein Beispiel von gekreuzter Parese, wie sie ein Extradural- 
abscess der mittleren Schädelgrube besonders bei Kindern verur- 
Sachen soll, wurde unter unsern Fällen nicht beobachtet. 

Eine Pulsverlangsamung fand sich in 4 Fällen, 3 der 
Tabelle A und 11, 15 und 29 der Tabelle B. Bei keinem dieser 
Patienten, mit Ausnahme von 29 der Tabelle B wurde eine Eiter- 
ansammlung gefunden von einer Grösse, dass sie als Ursache 
dieses Hirndrucksymptoms erklärt werden könnte. Auch fehlten 
bei diesen Kranken andere Hirndrucksymptome; nur Patient 3 
der Tabelle A litt an Veränderung des Augenhintergrundes und 
Facialisparese. Im Falle 29 der Tabelle B stieg während 
eines Fieberanfalles (39,5 ^) die Pulszahl auf 90 Schläge, wäh- 
rend in den anderen Fällen überhaupt nie Fieber beobachtet 
wurde. Unregelmässigkeit des Pulses fand sich in 4 Fällen von 
Extraduralabscessen der hinteren Schädelgrube. 

Sensibilitäts- und Sprechstörungen wurden in kei- 
nem Falle beobachtet, ebensowenig melaneholiscbe Wahnideen als 
Folge des otitischen Extraduralabscesses, wie sie Biehl (54) be- 
schreibt; Störungen des Sensoriums und derPsyche nur 
einmal (Fall 3 der Tabelle A). 

Diagnrose. 

Bei der Besprechung der Symptome, die ein uncomplicirter, 
in sieh abgeschlossener Extraduralabscess machen kann, hat sieb 
bereits ergeben, dass von den aufgezählten Erscheinungen keine 
als charakteristisch ftir die hier bebandelte Complication der 
Otitis media angesehen werden kann. 

Die localen Veränderungen des Ohres und seiner 
Umgebung sind in bei weitem den meisten Fällen kein diagno- 
stisches Merkmal für die intracranielle Erkrankung, sondern 
unabhängig von dieser eine Folge der zerstörenden Wirkung des 
ursprünglichen Ohrenleidens. Nach den Aufzeichnungen unserer 
Tabellen machen sich bei extrasinuösen Abscessen und bei Abs- 
cessen der hinteren Schädelgrube Veränderungen in der Um- 



Ueber extradarale otogene AbscesBe. 197 

gebung des Ohres viel häufiger bemerkbar, als beim Sitz derselben 
Erkrankung in der mittleren Sohädelgrnbe, und der Verdacht auf 
das Vorhandensein eines Extraduralabscesses ist sicherlich be- 
rechtigt, wenn sich Oedeme oder Abscesse hinter dem Processus 
mastoideus in der Gegend des Emissarium mastoidenm oder der 
Sutura mastoideo-occipitalis finden. Dasselbe gilt f&r Extradural- 
abseesse der mittleren Schädelgrube, wenn dieselben in der Nähe 
der Spina supra meatum, an der Linea temporalis oder in den knö- 
chernen Gehörgang durchbrechen. Ausser diesen Symptomen lässt 
noch ein sehr reichlicher Eiterfluss, dessen Menge nicht aus den 
Mittelohrräumen allein stammen kann, den Schluss auf eine intra- 
cranielle Eiteransammlung zu (Fall 37 der Tabelle B). Differential- 
diagnostisch muss dann aber das, wenn auch seltene, Vorkommen 
eines Schläfenlappenabscesses berücksichtigt werden, der sich durch 
eine Fistel in der Schuppe des Schläfenbeins nach Aussen ent- 
leeren kann. 

Die Druckempfindlichkeit ist in der Regel eine Be- 
gleiterscheinung der localen Veränderungen des Ohres und seiner 
Umgebung und auf ihren Bezirk beschränkt. Bei ihrer Aus- 
nutzung als Handhabe f&r die Diagnose eines Extraduralabscesses 
ist daher grosse Vorsicht geboten. 

Unter welchen Umständen der Kopfschmerz das Bestehen 
eines Extraduralabscesses wahrscheinlich machen kann, ist be- 
reits bei der Besprechung dieses Symptoms erwähnt. Die genaue 
Localisation der Kopfschmerzen, deren Heftigkeit in keinem 
Verhältniss zur Geringfügigkeit der objectiven Erscheinungen 
steht, kann ein Wegweiser fär die Diagnose sein (Fall 12 u. 29 
der Tabelle B). Im letzteren Falle wurde der anfänglich diffuse 
Kopfschmerz allmählich auf eine handtellergrosse Stelle hinter 
dem Planum mastoideum, welche genau dem Sitz des Extradural- 
abscesses entsprach, eingeschränkt. Diese Fälle lehren aber, 
dass Kopfschmerz das einzige oder doch am deutlichsten her- 
vortretende Symptom eines Extraduralabscesses sein kann, einer 
intracraniellen Erkrankung, die ohne operativen Eingriff wohl 
stets zum Tode fbhrt. Bei Patienten, die keinen Verdacht auf 
Simulation erregen und keine Krankheitserscheinungen bieten, 
durch welche die Herkunft heftiger Kopfschmerzen erklärt wird, 
muss daher die Untersuchung des Ohres eine überaus gewissenhafte 
sein und bei dem geringsten auch nur anamnestischen Befunde 
mnss die weitere Beobachtung mit dem Bestehen eines Extra- 
duralabscesses rechnen. Die Erklärung fQr das latente Vor- 

14* 



198 XIX. BRAUNSTEIN 

kommen dieser intraeraniellen Erkrankung auch naoh völliger 
Ansheilang der ursftchlioben Mittelohrentzündung wurde bei Be- 
spreebuDg der Patbogenese der extraduralen Eiteransammlung 
mitgetheilt. — Wichtig ist es also, zu wissen, dass bei Patienten 
mit otogenen Extraduralabsoessen zwischen dem objectiven 
Obrbefunde und den subjectiven Klagen über Kopfschmerz ein 
auffallender Widerspruch bestehen kann. 

Auch die Facialisparese bildet kein Symptom, worauf 
sich die Diagnose eines Extraduralabscesses mit Wahrscheinlich- 
keit stützen kann. In den meisten Fällen lässt sich die Läh- 
mung des Gesichtsnerven auf Entzündungsvorgänge zurückfuhren, 
die nch aus der Paukenhohle durch Dehiscenzen oder cariöse 
Lücken der Wand des Fallopischen Kanals in die Nervenscheide 
fortgepflanzt haben. Eine durch Druck hervorgerufene mecha- 
nische Parese des Nervus facialis scheint sehr selten bei Extra- 
duralabsoessen vorzukommen. Unter unseren Fällen findet sich 
keine. Ist dieselbe jedoch gegebenen Falles eine gekreuzte, so ist 
die Diagnose auf eine intracranielle Gomplication begründet, aber 
auch dann kommt diflferentialdiagnostisch der Hirnabsoess in Be- 
tracht. Auch bei unserem Patienten 3 der Tabelle A wurde die 
Diagnose auf einen Sohläfenlappenabscess gestellt, aber weder 
durch die Operation, noch durch die Section wurde die An- 
nahme bestätigt. Die Ursache für die gekreuzte Facialisparese 
wurde in diesem Falle nicht festgestellt; jedenfalls war aber der 
Extraduralabscess daran unschuldig. 

Ebenso wenig Werth für die Entscheidung der Frage, ob 
eine Mittelohrentzündung mit einem Extraduralabscess complicirt 
ist oder nicht, haben die pathologischen Veränderungen 
am Auge. In einer sehr geringen Anzahl von Fällen wurden 
solche beobachtet. Aber abgesehen davon, dass dies verein- 
zelte Vorkommen von Neuritis optica, Hyperämien der Netzhaut 
und Augenmuskellähmungen verschwindet gegenüber der grossen 
Anzahl der Kranken, deren Augenhintergrund völlig normal war 
und deren Augenbewegungen keine Störungen zeigten, muss bei 
der Diagnose stets erwogen werden, dass sowohl einHirnabscess wie 
eine Meningitis pathologische Veränderungen am Augenhinterg^^nd 
hervorrufen und eine Functionsstörung der motorischen Angen- 
nerven auch vom Labyrinth aus reflectorisch ausgelöst werden kann. 
Immerhin deuten aber die krankhaften Veränderungen des Augen- 
hintergrundes auf eine Vermehrung des intraeraniellen Druckes. 

Kocher (35) hält die Pupillensymptome für wichtige Anhalts- 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 199 

paukte bei der Diagnose des Hirndrucks. Wenn der Himdmck 
noch keine gefährliche Höhe erreicht hat, macht sich derselbe 
dnroh Verengerung der Papillen bemerkbar, auf dem Hohen- 
stadinm aber, wenn es sich dem Lähmungsstadinm nähert, tritt 
eine Erweiterung derselben ein. Die Verengerung entspricht 
der regelrechten Innervation seitens der Centren im Hirnstamme, 
wenn die wechselnden Erregnngseinflttsse von anderer Seite weg- 
gefallen sind ; die Erweiterung mit Pupillenstarre entspricht der 
Lähmung. Man beobachtet daher bei intracraniellen Leiden ge- 
wöhnlich zuerst Verengerung, dann Erweiterung der Pupillen 
dem Druck entsprechend einseitig. Wenn in frühen Stadien der 
Erkrankung eine Erweiterung der Pupillen eintritt, so deutet dies 
auf reflectorische Erregung. Bei einseitiger Fupillenerweiterung 
muss aber bedacht werden, dass dieselbe nicht selten Folge einer 
direeten Läsion des Oculomotoriusstammes an der Schädelbasis 
ist. Auch diese Erweiterungen entsprechen in der Kegel der 
Seite der Verletzung, resp. des Druckes im Schädel und sind 
eharakterisirt durch Betheiligung aller Oculomotoriusfasern, zu- 
weilen auch des Abducens. In unseren Fällen mit Pupillenver- 
änderung bestand einmal (Nr. 8 der Tabelle B) Erweiterung auf 
der dem Druck entgegengesetzten Seite und im anderen Falle 11 
derselben Tabelle muss die der Druckseite entsprechende Erwei- 
terung auf die beginnende Meningitis bezogen werden. 

Dieselbe Bedeutung haben die Erscheinungen der Pulsver- 
langsamung und der Nackensteifigkeit, deren Vorkommen bei 
Patienten mit Extraduralabsces^ noch seltener zu sein scheint, als 
die eben besprochenen Symptome. 

Während die bisher angeführten Symptome in, wenn auch 
seltenen Fällen einen Extraduralabscess als Ursache haben und 
daher zuweilen diagnostisch von Werth sein können, giebt es 
eine Anzahl von Erscheinungen, die zwar vielfach als abhängig 
von dem Bestehen einer extraduralen Eiterung gehalten worden 
sind, aber nach den Erfahrungen in der hiesigen Klinik in kei- 
nem ursächlichen Zusammenhang mit der intracraniellen Erkran- 
kung stehen, sondern nur Begleiterscheinungen derselben 
sind. Hierher gehören die Schwindelanfälle, die gastri- 
schen Erscheinungen und das Fieber. 

Wenn man den Entwicklungsgang des otogenen Extradural- 
abscesses berücksichtigt und dazu die Befunde der Hörprüfung 
und der Operation bei denjenigen Patienten, die objectiven, und 
bei manchen, die subjectiven Schwindel zeigten, in Betracht zieht, 



200 XIX. BRAUNSTEIN 

80 liegt auf Grand der oben mitgetheilten und jetzt wohl allge- 
mein gttltigen Theorie ttber das statische Organ die Annahme 
nahe, dass es sich bei unseren Patienten lediglich um labyrin- 
thären Schwindel gehandelt hat, und nicht um die Erscheinungen 
der cerebellaren Ataxie, wie sie ein Kleinhirnabscess hervorrufen 
kann. Hierbei soll nicht verkannt werden, dass das Kleinhirn 
als Goordinationscentrum für die Muskelbewegung anzusehen ist, 
und dass durch Affectionen dieses Centralorgans ebensowohl wie 
durch nicht adäquate Beizung der peripheren Endorgane und 
der zuleitenden Bahnen, die sich in ihm vereinigen, Schwindel- 
erscheinungen hervorgebracht werden können. Solche Beobach- 
tungen wurden aber bisher nur gemacht bei Tumoren, die im 
Wurm oder hauptsächlich im Wurm des Kleinhirns sassen, bei 
Syphilis, multipler Sklerose, Blutungen und Erweichungen, ab- 
gesehen von dem Schwindel bei functionellen Gehirnkrankheiten, 
Vergiftungen und anderweitigen Veränderungen der Blutmisohung. 
Und es steht fest, dass das Centralorgan fElr die Coordination 
nicht in der Hirnrinde liegt, sondern dass es subcorti- 
cale Organe sind, die den coordinatorischen Functionen vor- 
stehen; der auf das Kleinhirn ausgeübte Druck müsste daher, 
um eine Störung dieser tiefliegenden Organe herbeizuführen, viel 
bedeutender sein, als die meist geringe Eiteransammlung zwi- 
schen Dura und Knochen erwarten lässt. Hitzig (1. c.) ist der 
Ansicht, dass Schwindel ebenfalls durch Affection des Grosshirns 
direct entstehen kann, und zwar, auch in soweit die das Klein- 
hirn durch den Bindearm passirenden Bahnen in Betracht kom- 
men, in gekreuzter Richtung. Unter unseren Fällen findet sich 
auch hierfür kein Beispiel. Oppenheim (33) bezeichnet den 
Schwindel als ein Symptom von geringem diagnostischen Werthe, 
und er lässt z. B. die Erscheinungen der cerebellaren Ataxie für die 
Diagnose eines Kleinhirnabscesses nur dann gelten, wenn keine 
Labyrinthaffection besteht, und an anderer Stelle (34) nennt er den 
Schwindel ein durchaus vages Symptom, das besonders bei otogenem 
Eiterherde kein zuverlässiges Merkmal der Hirnerkrankung bildet. 
Die gastrischen Erscheinungen können ebenfalls nur 
als Begleiterscheinungen des Extraduralabsoesses betrachtet wer- 
den, sie sind nicht charakteristisch für das intraoranielle Leiden, 
sondern nur Zeichen des krankhaften Allgemeinzustandes. Er- 
brechen oder Uebelkeit sind meist die Folge des Schwindels, 
wie sie die Ursache der Stuhlverstopfung und der Mattigkeit sind, 
und sie treten oft mit so grosser Heftigkeit bei der unoompUcir- 



Ueber extradarale otogene AbscesBe. 201 

ten eitrigen EatzUndang der Paukenhöhle auf, dass ihre Fort- 
daner fbr das Leben bedrohlich erscheinen kann. Ebenso tritt zu- 
weilen üebelkeit und Erbrechen ein, wenn der übelriechende 
Eiter der Paukenhöhle per tubam in den Bachen gelangt. — 

Fieber wurde nur bei einem Drittel der dieser Arbeit als 
easuistische Grundlage dienenden Krankheitsfälle beobachtet. 
Aber es zeigte sich, dass auch die Steigerung der Körpertempe- 
ratur bei dieser kleinen Zahl von Patienten mit Extraduralab- 
soess nicht diedntracranielle Erkrankung zur Ursache hatte. Bei 
allen unseren Erkrankten mit Fieber konnte letzteres auf die 
EntzündungSYorgänge im Ohr und in seiner Umgebung zurück- 
geführt werden, mit Ausnahme des Falles 29 der Tabelle B. Bei 
diesem Kranken handelte es sich um einen extrasinuösen Abscess, 
der, den heftigen Kopfschmerzen nach zu urtheilen, unter hohem 
Druck stand, so dass pjogene Stoffe durch die erweichte Sinus- 
wand gepresst wurden und das Anfangsstadium einer Pyämie 
erzeugten, deren erstes Alarmsignal die Temperaturerhöhung 
war. In allen Fällen von extrasinuösem Abscess mit febrilen 
Temperaturen, die nicht auf die krankhaften Veränderungen im 
Ohr oder in seiner Umgebung zurückgeführt werden können, 
haben wir ein pyämisches Fieber vor uns. Hierfür spricht auch 
der von Schenke (43) mitgetheilte Fall von tiefgelegenem, vom 
Saccus endolymphaticus ausgehendem Extraduralabsess. Streng 
genommen ist dann das Krankheitsbild nicht mehr der reine 
otogene Extraduralabscess, sondern dasselbe ist ein complicirtes 
geworden durch den Hinzutritt der beginnenden Pyämie. Auch 
in dem angezogenen Falle, der von Grün er t (1) ausführlicher 
mitgetheilt worden ist, wurde nach Eintritt der Temperaturstei- 
gerung (bis 39,5 <)) ein extrasinuöser Eiterherd, eine Erkrankung 
der Sinuswand oder eine Sinusphlebitis als Ursache des pyämi- 
sehen Fiebers angenommen.^ 

In einem solchen Falle, wenn bei auffälliger Incongruenz 
der subjectiven Beschwerden und des objectiven Befundes plötz- 
lich hohes Fieber eintritt, kommt differentialdiagnostisch noch 
beginnende Meningitis in Betracht, da aus früher mitgetheilten 
anatomischen und pathogenetischen (xründen die Annahme einer 
intracraniellenComplication am nächsten liegt. Einen otogenen 
nncomplicirten Hirnabscess können wir ausschliessen bei der 
Diagnose, weil er in der Regel kein Fieber verursacht. Um 
nun in einer derartigen Lage über die Zweckmässigkeit eines 
operativen Eingriffs sich Sicherheit zu verschaffen, wird in der 



202 XIX. BRAUNSTEIN 

hiesigen Obrenklinik mit Erfolg dieLumbalpunctioa angewandt wie 
dies von Lentert(37) und vom Verfasser (38) bereits veröffentliebt 
worden ist. Kann auf Grund des negativen Befundes der Gerebro* 
spinalfiüssigkeit das Vorhandensein einer Meningitis purulenta 
diffusa ausgesehlossen werden, so hesohränkt sich die Differential- 
diagnose auf eireumscripte Meningitis, Sinnsphlebitis oder extra- 
sinuösen Abscess, Erkrankungen, bei denen ein operativer 
Eingriff die aussiehtsvollste Therapie bildet, wenn auch meistens 
zwischen diesen Zuständen eine sichere Diagnose nicht möglich ist» 

Auf Grund vorstehender Darlegungen ist die ex- 
aeteDiagnose einesuneomplioirten, otogenen extra- 
duralen Absoesses unmöglich. Es kann stets nur eine 
Wahrscheinlichkeitsdiagnose gestellt werden. Von den oben an- 
gefahrten subjectiven und objectiven Erscheinungen besitzt keine 
an sich einen diagnostischen Werth für die Annahme eines 
Extraduralabscesses als Ursache, ja mehrere von ihnen können 
nicht mal als sicheres Merkzeichen fKr eine der bei der Diffe- 
rentialdiagnose concuiTirenden Erkrankungen des Schädelinnern 
angesehen werden, obschon sie in uns den Verdacht auf ein 
intracranielles Leiden erwecken können. Je mehr von diesen 
Symptomen sich nun in dem Erankheitsbilde vereinigen, um so 
grösser wird die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Ursache fbr 
diese Merkmale innerhalb der Schädelhöhle zu suchen haben. 
Aber hiermit sind wir auch an der Grenze unserer diagnosti- 
schen Leistungen angelangt. Fall 29 der Tabelle B zeigt, dass 
zu dieser Wahrscheinliohkeitsdiagnose zuweilen wenige Sym- 
ptome erforderlich sind: ein im Abheilen begriffener Mittelohr- 
katarrh, circumscripter Kopfschmerz und eine einmalige, plötz- 
liche Temperatursteigerung. 

Die sichere Diagnose wird erst durch die Operation ge- 
wonnen, die bei den meisten Patienten mit Extraduralabscess zur 
Beseitigung eines Mittelohrleidens angezeigt ist. Auch in den von 
Jansen (39) mitgetheilten Fällen von Extraduralabscess konnte v or 
der Operation keine sichere Diagnose gestellt werden, wie sich 
trotz der gegentheiligen Behauptung Jansen's aus den beigefügten 
Krankengeschichten ergiebt. In unseren Fällen wurde meistens 
vor der Operation ein Extraduralabscess überhaupt nicht ver- 
muthet, sondern es brachte während oder nach der Operation 
eine eiternde Fistel den Gedanken an eine solche Complication 
nahe, oder ein plötzlicher Eiterschwall offenbarte bei derVerfolgung 
des erkrankten Knochens die extradurale Erkrankung. Beson- 



Ueber eztradariüe otogene Abscesse. 203 

ders schwierig ist die Diagnose bei den tiefen Extradnral- 
abseessen wegen ihres versteckten Sitzes (wie im Falle 11 der 
Tabelle B), und dies ist um so bedauerlicher, weil ihre Neigung, 
eine diffuse eitrige Leptomeningitis herbeizuf&hren, besonders 
gross erscheint. 

Auch in den glücklich operirten Fällen von tiefem Extra- 
duralabscess, z, B. Fall 6 der Tabelle A, dienten äussere Weg- 
leitungen, hier Labyrinth -Mittelohrfisteln als Führer zur Eiter- 
ansammlung. 

Prognose. 

Theoretisch mag die Ansicht zu rechtfertigen sein, dass ein 
Extraduralabscess, der sich durch das Ohr oder durch eine 
Fistel nach Aussen entleeren kann, auch ohne operative Hülfe 
ausheilt. Aber ein solches Vorkommniss ist wohl niemals be- 
obachtet worden. Und da die aus einem Extraduralabscess sich 
erfahrungsgemäss entwickelnden Folgezustände im Schädelinnern 
letal sind, so ist, um die Gefahr weiterer Gomplicationen 
auszuschliessen, in jedem Falle von Verdacht auf eine Eiteran- 
sammlung zwischen Knochen und Dura die Freilegung der- 
selben durch Eröffnung der Sohädelkapsel angezeigt. Die recht- 
zeitig unternommene Operation verbürgt nach den Erfahrungen 
der hiesigen Klinik nnd nach anderen Berichten eine günstige 
Prognose. Von unseren Patienten der Tabelle A erlag Nr. 15 
einer Lungenphthise, und Nr. 25 einer Meningitis tuberculosa, 
nachdem sie bereits seit Wochen aus der Behandlung der Ohren- 
klinik entlassen waren. Nr. 3 starb ca. 5 Wochen nach der 
Operation eines Extraduralabscesses an Meningitis purulenta 
diffusa und Nr. 4 6 Monate nach der Operation, nachdem wäh- 
rend dieser Zeit sich ein Kleinhirnabscess gebildet hatte und 
durchgebrochen war, ebenfalls an Meningitis. Unter den Kranken 
der Tabelle B befinden sich drei, die nach der Operation eines 
Extraduralabscesses starben : Nr. 7 an Pyämie, die wahrscheinlich 
schon vor der tags zuvor ausgeführten Operation bestanden 
hatte, Nr. 11 in Folge von Meningitis, die sich an einen nicht 
diagnostioirten und daher nicht operirten tiefen Extraduralabscess 
angeschlossen hatte, und Nr. 26 ebenfalls an Meningitis purulenta 
diffusa. Als Folge der Abscessentleerung trat demnach niemals 
der Exitus letalis ein, auch kann fQr die drei Fälle, in denen 
sich eine tödtliche Entzündung der weichen Hirnhäute nach der 
operativen Aufdeckung der extraduralen Eiteransammlung aus- 
bildete, die von der Aufineisselung herrührende Erschütterung 



204 XIX. BRAUNSTEIN 

des Soh&dels nicht yerantwortlich gemacht werden, da die Me- 
ningitis erst lange Zeit nach der Operation eintrat, sodass wohl 
angenommen werden darf, dass es sieh hier entweder nm eine zweite 
Infection oder um das Wiederaufleben latenter Entzündungs- 
erreger gehandelt hat. Gegenüber der grossen Anzahl von Hei- 
lungen fallen diese drei allein in Betracht kommenden Todesfälle 
nicht in's Gewicht. 

Behandlung. 

Die Behandlung des Extraduralabscesses kann 
nur eine operative sein. Ebensowenig wie auf die Spontan- 
heilung eines Hirnabscesses durch Besorption oder Verkalkung 
seines Inhaltes oder in Folge Durchbruchs nach Aussen zu 
rechnen ist, ebensowenig tritt nach den bisherigen Erfahrungen 
ein solcher günstiger Ausgang bei einem Extraduralabsoess 
ein, und dies um so weniger, weil bei einer grossen Zahl 
der chronischen Eiteransammlungen zwischen Dura und Knochen 
die bei chronischen Hirnabscessen fast stets vorhandene Abs- 
cessmembran fehlt, der Propagation des extraduralen Eiters 
also keine Schranke gesetzt ist. Eine exspectative Behand- 
lung wird, wegen der grossen Neigung des Extradural- 
abscesses zu letalen Gomplicationen die Prognose daher ver- 
schlechtern. Indessen kann die Schwierigkeit der Diagnose 
einer extraduralen Eiteransammlung, wie wir gesehen haben, 
eine sehr grosse sein, sodass die Lösung der Frage, ob ein ope- 
rativer Eingriff angezeigt ist, längerer Beobachtung des Patienten 
bedarf. Dies tritt besonders dann ein, wenn die ursächliche 
Ohrerkrankung die Vornahme einer Operation nicht erfordert. 
Die meisten Fälle von Pneumokokkenotitiden, bei denen die 
Wahrscheinlichkeitsdiagnose auf eine Complication mit Extra- 
duralabscess gestellt wird, bieten diese Schwierigkeit der In- 
dicationsstellung zur Operation. Wenn die Entzündungs- und 
Zerstörungsvorgänge im Ohre und in seiner Umgebung in Folge 
des ursprünglichen Ohrenleidens derartige sind, dass sie eine 
Freilegung der Mittelohrräume verlangen, so ist der Entschluss 
zur Eröffnung der hinteren oder mittleren Schädelgrube er- 
leichtert, zumal wenn auf dem Operationsfeld eine Wegleitung 
zu Tage tritt, die das Bestehen eines Extraduralabscesses ver- 
räth. Bei vielen von unsern Patienten wurde auf diese Weise 
die extradurale Eiteransammlung aufgedeckt. Zeigt sich jedooh 
bei der Aufmeisselung des Warzenfortsatzes keine äussere Weg- 



Ueber eztradurale otogene Abscesse. 205 

leitung, 80 ist die explorative Eröffnung der hinteren und mitt- 
leren Sehädelgrabe aber trotzdem geboten, wenn die klinisehen 
Erscheinungen auf das Vorhandensein einer intraeraniellen Er- 
krankung hinweisen. 

Und auch bei den Kranken, deren Ohrenleiden die opera- 
tive Eröffnung der Mittelohrrftume nicht zu fordern scheint, ist 
die Mastoidoperation stets angezeigt, wenn die Wahrscheinlioh- 
keitsdiagnose auf Extraduralabscess gestellt ist. Ein grosser 
Theil der in der Tabelle B mitgetheilten Krankengeschichten 
ist ein Beweis ftlr die Richtigkeit dieser Erfahrung. Wenn dann 
auch der operative Befund des Warzenfortsatzes den chirurgi- 
schen Eingriff nicht immer rechtfertigt, so deckt er doch er- 
fahrungsgemäss häufig eine äussere Wegleitung auf, die zum 
Sitz des extraduralen Abscesses führt. Fehlt aber auch diese, 
so ist, selbst wenn keine pathologischen Veränderungen in den 
Zellen des Warzenfortsatzes und im Antrum vorhanden sind, 
trotzdem auf Grund der Wahrscheinlichkeitsdiagnose die Er- 
öffnung der Schädelhöhle vorzunehmen (Fall 13 der Tabelle B). 

Wenn dann, nach Freilegung der Mittelohrräume und Er- 
öffnung der Schädelhöhle in diesen kein Eiter gefunden wird, 
die Symptome, die als Stützen für die Wahrscheinlichkeits- 
diagnose eines intraeraniellen Leidens dienten, aber fortbestehen, 
so muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass ein tiefer 
Extraduralabscess die Ursache dieser Erscheinungen ist. Bisher 
sind drei Localisationen fbr die tiefen Eiteransammlungen 
zwischen Dura und Knochen bekannt geworden : an der hinteren 
Fläche der Pyramide (Jansen 9), an der Spitze derselben 
Fall 11 der Tabelle B (Grunert 1) und an der vorderen Py- 
ramidenfläche Fall 6 der Tabelle A (Grunert 40). Fehlt jeg- 
liche Wegleitung, so ist wohl die von v. Bergmann (4) an- 
gegebene Methode zu versuchen, die in der hinteren und mitt- 
leren Schädelgrube vergeblioh gesuchte Eiteransammlung durch 
Eröffnung der Schädelhöhle unmittelbar über dem knöchernen 
G^hörgang und Abhebung der Dura von der Felsenbeinpyramide 
zu entleeren. Sind Fisteln z. B. an der medialen Antrumwand 
oder im Promontorium oder im horizontalen Bogengang vor- 
handen, so sind dieselben als Wegleitungen zu benutzen (Jan- 
sen 9, Grunert 40) Fall 6 der Tabelle A. Bei dem Patienten 
11 der Tabelle B war nach der Mastoidoperation keine Besse- 
rung des Allgemeinbefindens zu beobachten, dagegen stellten 
sich deutliehe Merkzeichen einer intraeraniellen Gomplioation 



206 XIX. BRAUNSTEIN 

ein. Bei der dann vorgenommenen Eröffnung der Schädelhöhle 
wurde kein extraduraler Abscess gefunden und die Diagnose 
dann auf einen Schläfenlappenabseess gestellt. Die Trepanation 
ergab keinen Eiter. Als dann die Zeichen der Meningitis immer 
deutlicher hervortraten, wurde kein Operationsversuch mehr ge- 
macht. Die Section ergab dann einen tiefen an der Spitze derFelsen- 
beinpyramide sitzenden Extraduralabscess, der in den Subaraeh- 
noidealraum durchgebrochen war und die tödtliche Meningitis 
verursacht hatte. Ein Gehirnabsoess wurde nicht gefunden. 

Die von Jansen und Orunert veröffentlichten Fälle zeigen 
aber, dass die tiefgelegenen Extraduralabscesse durch geeignete 
Operationsmethoden freigelegt werden können. J. E. Shep- 
pard (41) hat einen Fall mit tödtlichem Ausgang mitgetheilt^ in 
dem der Extraduralabscess an der Spitze der Felsenbeinpyramide 
saas. Die Fropagation des Eiters war durch den Ganalis caro- 
ticns von der Paukenhöhle her erfolgt. Nach der Mastoidoperatlon 
wurde die Schädelhöhle nach der von Bergmännischen Methode 
eröffnet, aber die Dura, obgleich sie deutlich entzündet war^ nicht 
bis zur Pyramidenspitze abgehoben, daher auch kein Eiter 
gefunden. Die der Mittheilung beigefügte Bemerkung : „Heilung 
eines Epiduralabscesses in dieser Gegend, so nahe dem Mittelpunkt 
des Kopfes, scheint mir auf operativem Wege die Grenzen unserer 
gegenwärtigen Hülfsmittel zu übersteigen^ war wohl 1898, nach- 
dem die Veröffentlichungen von Jansen 1893 und Grüne rt 
1897 voraufgegangen waren, nicht mehr berechtigt. 

Ist der extradurale Abscess gefunden, so ist durch mög- 
lichst breite Eröffnung desselben für vollständigen Eiterabflnss 
zu sorgen. Soweit die Dura krank erscheint, ist dieselbe dureh 
Wegmeissein des überhängenden Knochens oder Wegbrechen 
desselben mit der Lüer'sehen Zange frei zu legen. In manchen 
Fällen deckt sich der Entzündungsbezirk der Dura nicht mit 
dem Ausbreitungsgebiet der Eiteransammlung, sondern der 
erstere überragt die Grenzen der letzteren. Der Knochen muss 
daher soweit entfernt werden, bis die harte Hirnhaut ihr nor- 
males Aussehen zeigt. 

Nach Freilegung der Dura ist ein aufmerksames Absuchen 
derselben nach Fisteln geboten, die sich zwischen den die harte 
Hirnhaut bedeckenden Granulationen hindurch in die Hirnmasse 
erstrecken. Hierbei sollen nach den Grundsätzen und Erfahrungen 
in der hiesigen Klinik die Granulationen möglichst wenig 
berührt werden, und vor einem Abschaben oder Abkratzen der 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 207 

Anflagernngen , auch wenn dieselben krankhaft, missfarben 
aussehen, ist ansdrttcklieh zu warnen. Macewen (42) giebt 
zwar die entgegengesetzte Anweisung, indem er die Entfernung 
der vorhandenen Granulationen anräth, aber dieser Rath steht 
im Widerspruch zu der wenige Zeilen später verlangten Vorsicht 
beim Abspritzen der harten Hirnhaut: „Spritzt man durch einen 
kleinen Defeet im Tegmen, ohne zuvor die freigelegte Dura 
untersucht zu haben, in forcirter Weise Flüssigkeit ein, so kann 
die erweichte Dura, soweit die Schuppe und die angrenzende 
Partie der Schädelbasis reicht, von der inneren Schädeloberfläche 
abgelöst und das ganze Gebiet inficirt werden. Ist aber die 
Dura an einer Stelle zerfallen, dann dringt die Irrigationsflüssig- 
keit in die weichen Hirnhäute und die Hirnsubstanz selbst ein 
und fährt dorthin entzündliche Producte mit sich fort.*' Viel 
grösser ist doclT jedenfalls die Gefahr, beim Abkratzen der die 
Dura bedeckenden Granulationen mit dem scharfen Löffel durch 
eine erweichte Stelle der harten Hirnhaut in die Meningen oder 
die Hirnsubstanz zu dringen, und die in der Granulationsmasse 
angehäuften Entzündungserreger dorthin zu verbreiten. Die Ent- 
fernung dieser Granulationen ist aber auch völlig überflüssig, da 
sich die Abscesshöhle erfahrungsgemäss schnell reinigt, wenn 
für genügend freien Abfluss des Secrets durch leichte Tamponade 
derselben gesorgt wird. Die harte Hirnhaut zeigt dann oft schon 
beim ersten Verbandwechsel dasAussehen einer frischen Wundfläche. 

Der Raum gestattet nicht, ausführlich darzulegen, wie diese 
Grundsätze, nach denen in der hiesigen Klinik operirt wird, in den 
einzelnen Fällen angewandt worden sind. Jedoch ist dies aus 
den Veröffentlichungen Grunert's (I.e.) deutlich zu ersehen. 

Die Nachbehandlung erfolgt nach allgemein chirurgi- 
schen Grundsätzen und ist in vielen, besonders chronischen Fällen 
lediglich ein Theil der Nachbehandlung des operirten Ohres. 

Die bei dieser Behandlung erzielten Erfolge sind durch- 
aus günstige und erläutern wohl am besten die Richtigkeit und 
Zweckmässigkeit der Anschauungen, von denen die Behandlung 
der Extraduralabscesse in der hiesigen Ohrenklinik geleitet 
wurde. Von den Patienten mit einer chronischen Eiteransamm- 
lung zwischen Dura und Knochen starben 2 an Meningitis puru- 
lenta diffusa, 1 an Lungenphthise und 1 an Meningitis tuber- 
culosa; 2 befinden sich noch in Behandlung. 32 Patienten wurden 
geheilt, während das definitive Resultat der Behandlung von 4 nicht 
bekannt ist. Heilung wurde also in ca. 76 Proc. der chronischen 



208 



XIX. BRAUNSTEIN 



FftUe erzielt, und die Bebandlungsdaner betrug im Dnrobsohnitt 
78 Tage, im Einzelfalle 30 bis 127 Tage. 

Von den aeuten F&llen erlagen 2 einer Meningitis purn- 
lenta di£fnsa, 1 einer Pjämie; 1 befindet sieh noeh in Behand- 
lung. Von den üebrigen ist in einem Falle der Heilungsausgang 
nieht bekannt, während 40 YöUig geheilt wurden. Von den Er- 
krankten mit acutem Extradnralabscess wurden demnach circa 
89 Proc. geheilt Im Einzelfalle beanspruchte die Behandlung 
26 bis 190 Tage, im Durchschnitt 59 Tage. 

Diese Erfolge lehren auch, dass die in der hiesigen Klinik 

Krankei 
A. ChroüisolH 



s 

B 



Name, 

Alter, 

Geschlecht 



SuhjectiTe 
Sjrniptome 



Otoskopiseher Befand, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls. 



Augenhinter- 
grund • 



Schwindel 



=^ 



3 



Pohl, 
August, 
20 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

12. Nov. 

1891. 



Hartmann, 
Auguste, 
16 Jahre. 

W. 

Aufgen. 

16. Nov. 

1897. 



Ludley, 

Richard, 

9^4 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

7. Oot. 

1897. 



Seit frühester 
Kindheit Eiterung 
links. Schwerhö- 
rigkeit, Schmer- 
zen und Sausen 
bestanden stets ; 
letsteres besonders 
beim Bücken. Kei- 
ne cerebralen Sym- 
ptome. Vor 5 J. 
Schwellung hinter 
demlink. Ohr. Da- 
mals bestand viel 
Schwindel. 14. No- 
vemb. Operation. 
16. Nov. Schwin- 
del auch bei ru- 
higer Lage. 

Schmersen. Un- 
wohlsein, Appetit- 
losigkeit, Schwer- 
hörigkeit. 



Heftige Schmer- 
zen, Kopfschmer- 
zen , Mattigkeit, 
Appetitlosigkeit, 
Verstopfung. Ein- 
mal Somnolenz v. 
Ys stUndig. Dauer. 



Hinter dem linken Ohr 
eine diffuse, schwappende 
Schwellung von Handteller- 
grOsse u. Oedem ttber den 
halben Kopf. Eine Narbe 
in der Insertion der Ohr- 
muschel, eine zweite, dem 
Knochen adhttrente 4 cm 
weiter zurück. 

Der linke GehOrgang ste^ 
noiirt. Aus demselben stin- 
kende profuse Eiterung. 



39,2» 

39,8«. 

Vom 
26/11. 

bis 
1./2.92 
36,5— 

37,3*». 



Vacat. 



Narbe mit wulstigen 
Rändern hinter dem linken 
Ohr. Unten fluctuirend, auf 
Druck stets zuweilen spon- 
tan schmerzhaft. Warzen- 
fortsatzgegend infiltrirt. 
Oedem nach dem Ocoiput zu. 
Dort auch Schmerzhafüg- 
keit. 

Weichtheile hinter dem 
rechten Ohr geröthet. 
Starke Druokempfindlichkeit 
auf dem Planum und hinter 
demselben. Schmerz und 
Klopfempfindlichkeit in der 
rechten Stirn- u. Schläfen- 



39,0» 
39,1« 
40,1«. 
128— 

120, 
zieml. 
klein, 
aber 
regel- 
mässig. 
37,6«. 
54—62 
nicht 

aus- 
setzend 



Pupillen gleich Vacat 
weit, reagirenj 
normal. 

Augenhinter- 
grund normal. 



7. Oct. Pa- 
pillengrenz. 
beiderseits 
nicht ganz 
scharf. Papil- 
len nicht ge- 
röthet. Links 



Vacat. 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 



209 



bei der Eröffnung der Schädelhöhle zur Entleerung eines Extra- 
duralabsoesses angewandte Technik eine durchaus zweckent- 
sprechende ist. Als Instrumente werden lediglich derMeisselund die 
Lttersche Knochenzange benutzt, aber niemals die Fraise. Und da 
unbeabsichtigte Verletzungen, von denen Mac e wen (42) meh- 
rere Seiten lang zu erzählen weiss, ja meist nur auf die Un- 
geschicklichkeit des Operateurs zurückzuführen sind und in der 
hiesigen Klinik bisher nicht beobachtet wurden, so scheint seine 
Furcht vor dem Gebrauch obiger Instrumente doch unbegründet 
zu sein. — 



beschichten. 
r»le. 



Loealisir- 
btreHini- 
fTinptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befand der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrräume 



Sitz des 
Abscesses 



Angaben über 
Grösse d. Absces- 
ses, Besohafifen- 
heit d. freiliegen- 
den Dnra eio. 



Heilung 



Tacant. 



FlUsterzahlen 
links 30 cm. 
Ci unbestimmt. 
Fi84 links kaum 
herabgesetzt. 



Vacant. 



Flttstersprache 
links 25 cm. 
Ci Tom ganzen 
Scbsdel nach 
links. Rinne 
links — . 

Fi84 links nor- 
mal. 



PrOfung nicht 



Chron. 
Eiterung 

links, 
Mastoidit. 



Von der früheren 
Aufmeisselungs- 
stelle ( An trumer- 
Öffnung am 20. De- 
cemb. 1891) Fistel 
nach dem extra- 
duralen Absceas 
(früher nicht vor- 
banden). 



Mittlere 

Sohädel- 

grube. 



Extraduraler 
Absoess ca. klein- 
fingerbreit und 
lang. Abscessmem- 
bran auf der Dura. 



Chron. 

Eiterung 

links. 



Ausge- 

Iproeh. 'möglich, 
'tcialis- 
ftrese 
^mtlich. 
Aeste 
ks. Un- 



^ 






Chron. 
Eiterung 

rechts. 
Mastoidit. 



Mittelohrräume 
mit Cholesteatom 
in Tumorform an- 
gefüllt. Knochen 
nach dem Sulcus 
gelbgrünlioh yer- 
färbt. Eiternde 
Fistel. 



Mittelohrräume 
von schmierigen, 
höchst fötid. Cho- 
lesteatommassen 
erfüllt. Eine Fistel 
führt in die Schä- 
delhöble. 



Extra- 
sinuös. 
Hintere 
Schädel- 
höhle. 



Hintere 

Schftdel- 

grube. 

Extra- 

dural. 



Geheilt 
nach 127 
Tagen, 47 
Tage nach 
der Ope- 
ration des 
Extra- 
dural- 
abscesses. 



Sinus verdickt, 
graugrünlich ver- 
färbt. 



Haselnussgross. 
Dura mit Granu- 
lationen bedeckt. 
Die Veränderung 
der Dura geht 
weit über das Ge- 
biet des extra- 



Geheilt 

nach 31 

Tagen. 



Exitus le- 
talis an 
Meningitis 
purul. dif- 
fusa am 
17. Nov. 



XIX. BRA.tINSTEIN 



umgekehrtsa Bilde oben eine Strecke weit nndtntlUb 
Hier BQob feii»treifige Trübung der Netibaat. Nacb anten neben einer Vene eiDi 
■triohfSmige Blntung. Linke PnpillengrenieD aohuf, eine nach anten gchoid 
Vene etwas mehr geuhlangelt alt gratern. 

Narben hinter dem i.|31,t*>. 1 Papillen gleich, Vwit. 
Obr. GehOrgHUgabant reebtsi 102, reagiren gatanf 



ärtbmann. 
Wilbelm, 
32 Iahte. 



Oft .aobwerer 
Kopf* nach Auf- 
boren der seit dei 
Eindbe Itbcetebe n- 
Ohreiterung 
reabta. Eiugenom' 
menbeit d. Eonfea 
in der letcten Zeit. 
SmalfrahSchwin- 
deUnfUle. NieEr- 

Sohmerzen im t. 
Ohr; abron. rhen- 
mauBeeohwerden. 
Sobmenen bin- 
ter dem link. Ohr. 
Allgemein. Debel- 
befinden. Appetit- 
losigkeit, leitweisc 
Kopfecbmerzen. 

Zeitweise Obren • 
84lueD.Seitl4Ta' 
gen Unwahleein, 
oft Flimmern vai 
d. Augen. Sebnere 
im Kopf. 



mscerirt. Gianulation inder|reg«lm.j Licbteiofall. 
Tiefe von oben kommend, 
HammeTBtnmmel oben noht- 



Ketroauricnlärer AUoesa. 
Wegea atarken Eiterflntiet 
der Tiefe de« O^bOrgangi 
niobte zu aeben. Sonde dringt 
laob hinten durch die Wand 
lea Snaceren GebOrganga. 



Rechter äuiaerer GebSr' 
gang mit Eiter gefUlIt. Ie 
der Tiefe Poljp. 

30. Sept. Die Seoretioi 
dea rechten Übrea nimmt in. 
Im Antrum «ine kleine Stelle, 
aoa der Eiter flieaat. 

1. üoL Eine weiter« 
Fietel BD der Labjrinthwand 
hinten unten. Sonde dringt 
hier auf rauben Kaoehen. 



kräftig. 
8./9. 
37,4" 



Elerat, 



reagiren 

ihne Beaonder- 

8./9. Jugtn 
hintwrgrund l. 
volUtänd. Fer- 
toatchtntein der 
PapilU. 

9-/9. Büideri 
aiugetpi: NeJt- 



Orieitii 
B. Kek 



Schlängelung der Gefaiia bii in die Peripherie, äti^' 
nii>geü nicht bemerkbar herabgeMdt. (Dr. Sandmani 

13./9. 0er Befund de> Augenhintergruadei recht« bea> 
BJcb vom lü./O. an, Link« noohatarke Neuritia optica. 

19,/9. Papille rechte etwas deullioher, linkt nocA i(a 
Neuritii. 

l./IO. Augenhintergrund tmverändert. 



Ueber eztradarale otogene Abscesse. 



211 



localisir- 
Ire Hirn- 
fmptome 



Hörprttfang 



Dia^^ose 



Befand der War- 
zen- refip. Mittel- 
ohrränme 



Sitz des 
Absoesses 



Angaben aber 
Grösse d. Absees- 
ses, Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dnra etc. 



Heilung 



nittelbar 
noh der 
)peration 
war die 
FaciaUs- 
parese 
idit mehr dentlich. 

8./ 10. Facialisparese ver- 
(hwanden. 

Tacant. 



Taeant. 



fMdaHs- 

hin rechts 
Bringer 
pi links. 
^i.i^, Fa- 
^ "ispar. 
iteht 

tjlO. Fa- 
iiliiläh- 
Nag be- 
^t noch. 



Leise Flttster- 
spraohe rechts 
handbreit. Ci 
▼. Seheitel nicht 
lateralisirt. Fi84 

rechts kaam 
herabgesetzt. 



Flttstersprache 
nicht zu prtlfen 
(Idiotie). Weber 
nach links, Fis4 
links b. starkem 

Fingerkuppen- 
anschlag. 

13./8. RechU 
nur liiute Fltts 
tersprache. 

Weber nicht 
deutlich nach 

rechts. Fi84 
rechts bei star- 
kem Fingeran 
schlag. 

I./IO. Weber 

unbestimmt. 

Fis4 wie oben. 

Flttsterworte 

rechts nicht 

durch Httr- 
schlauch gehört. 



Ohron. 

Eiterung 

rechts. 



Betroauri- 
cul. Absc, 
chron. £i- 
terg.m.Ca- 
ries u.Cho- 
lest. Extra- 
sin. Absc. 1. 

Chron. 
Eiterung. 

Polypen; 
rechts. Fa- 

cialispa- 
rese. 

I./IO. Ex- 
traduraler 
Abscess. 



duralen Abscesses 
hinaus. 



Mittelohrräume Mittlere 
mit einzelnen Jau- Schädel- 
che enthaltenden grübe. 
Zellen erfüllt. Im 
Antrum grosses, 
zerfallenes Chole- 
steatom. Carles d. 
ganzen Mittelohr - 
Wandungen. De- 
fect im Tegmen 
antri fahrt zum 

Extraduralabs- 
cess. 



Dura freiliegend. 



Extrasi- 
nuös. Hin- 
tere Sohä- 

delgrube. 



Warzenräume in 
eine grosse , mit 
Cholesteatommas - 
sen u. Granulatio- 
nen erfüllte Höhle 

umgewandelt. Sulouswana 
cariös. Im Sulcus freier Eiter 

2. Oct. Eiternde 
Fistel am Pro- 
montorium u. ho- 
rizontalen Bogen- 
gang. Labyrinth 
grosse, von Granu- 
lationen erfüllte 
Höhle mit 2 Seque- 
stern, Theile der 
Schnecke. Seque- 
ster an Spitze der 
Pyramide. 



Am 27./1. 
1899 ope- 
rative Ent- 
leerung ei- 
nes Klein - 
himabsc. 
Exitus le- 
taUs 28/1. 
1899. 



Sinus und Dura 
weithin mit Gra- 
nulationen 
bedeckt. 



Extra- 
dural. 
Mittlere 
Schädel- 
höhle. 



Dura der Yor- 
deren inneren Py- 
ramidenfläche ent- 
sprechend freige- 
legt, mit reichl. 
Granulationen be- 
deckt. 



GeheUt 

nach 95 

Tagen. 



Geheilt 

nach t27 

Tagen. 



ArchiT f. Ohrmheilkonde. LV. Bd. 



15 



212 



XIX. BRAUNSTEIN 



In 
« 

s 
s 



Name, 

Alter, 

Gesohleoht 



Sabjectiye 
Symptome 



Otoskopischer Befund, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Pols 



Aogenhinter- 
grund 



Schwind 



8 



9 



10 



Schreiber, 

Paul, 
19 Jahre. 

M. 

Anfgen. 

10. Mai 

1899. 



Schmidt, 
Oskar, 

21 Jahr. 
M. 

Aufgen. 

30. Aug. 
1898. 



Koch, 
Hans. 

13 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

4. Nov. 
1898. 



Richter, 
Wilhelm, 
26 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

18. Aug. 

1898. 



Angebl. Influen- 
za seit 10 Tagen. 
Gestörtes AÜge- 
meinbefinden,star- 
ke Kopfschmerzen. 
Heftifte, rechtssei- 
tige Kopfsohmer- 
zen nach d. Schläfe 
ausstrahlend; we- 
nig Appetit, wenig 
Schlaf. Obstipat., 
einmal Schwindel 
beim Aufstehen. 

Frostanfall mit 
folgend. Schweiss- 
ausbruch. Seit ge- 
stern Zunahme d. 
Schmerzen u. An- 
schwellung hinter 
dem rechten Ohre. 

Zeitweise gering- 
fügige Schmerzen. 
Taubheit auf dem 
linken Ohr. Kein 
Schwindel. 



Seit \ Va Woche 
wieder heftige 
Schmerzen hinter 
dem linken Ohr, 
auch Kopfschmer- 
zen. Dabei Fieber 
(38,5 <>). Kein Er- 
brechen , kein 
Schwindel. In letz- 
ter Zeit kein Aus- 
fluss. 

Am 1. Juli ge- 
fallen. Darnach 
Schwindel und 
Erbrechen. Vom 
nächsten Tag bett- 
lägerig. Starke 
Schmerzen, beson- 
ders Nachts. An- 
haltend Frösteln, Appetit mas- 
sig. Stuhl regelmässig, aber 
hart. Schluf immer schlecht. 
14 Tage nach dem Fall hoch- 
gradige Schwerhörigkeit. 



Unterhalb der rechten 
Ohrmuschel eine massige 
Anschwellung, die die Spitze 
des Proc. mast. bedeckt, 
Druekschmerzhaftigkeit auch 
unterhalb der Anschwellung 
in der nicht infiltrirten Ju- 
gularisg^gend. 

Profuse rechtsseitige fb- 
tide Eiterung. Verengerang 
des in seiner Tiefe geröthe- 
ten rechten Gehörganges. 

Tronunelfell fehlt. Von 
oben eine schmierige Gra- 
nulationswucherung. Da- 
runter dringt die Sonde 
nach oben in einen Krater. 

12. Mai Gehörgangsste- 
nose stärker. 

Unter dem linken Ohr 
an der Spitze d. Proc. mast. 
eine feine Fistel, aus der sich 
etwas Eiter drücken läset. 
In der Umgebung geringe An- 
schwellung der Haut. 

Links Granulationen aus 
dem lateralen Theil des 
äusseren Gehörgangs kom- 
mend. Hintere knöcherne 
Wand nicht zu fühlen. 

Gegend hinter dim lin- 
ken Ohr stark geschwollen, 
Hautdeckegeröthet-Sohmerz- 
haftigkeit. Fluctuation. 

Links kleine Perforation 
des Trommelfells unten. 
Hinten oben Schwellung. 
Lttcke im Knochenrand da- 
raus eine Spur Eiter b. 
Sondiren. Paukenschleim- 
haut,soweit sichtbar, hellroth. 

Hinter und ttber dem 
Ohr eine pralle, fluctuiren de 
Anschwellung, die druck- 
empfindlich ist. Nach hinten 
erstreckt sich dieselbe fast bis 
zur Mittellinie,nach Yorn über 
d. ganze Temporalgegend un 



39,3— 
39,5<> 
41,0». 
96, 

regelm. 
u. kräf- 
tig. 

12./5. 

40,40- 

104, 
kleiner 

fre- 
quent. 



37,1 0, 
regelm. 
Keine 
erhöh- 
te Fre- 
quenz. 



38,0». 

104, 

▼oll, 

regelm 

38,7«. 

108. 



Pupillen gleich 

weit, reagiren 

gut, keine Au- 

genmuskelstö- 

rungen. Augen- 

hintergrand 

normal. 



Vacat. 



Vacat 



Totale ange- 
borene Blind- 
heit. Bulbi atro- 
phisch. 



Keine Augen 
muskelstOr. Pu 
pill.gl.weit,reag. 
normal. PapilL- 
grenzen nasal- 

wärts nicht 
scharf. 



Vaci 



Taumf 
Gao 



ge^Üir im Bereich der Faaoia temporalis. Beiderseits pra 
stinkende Eiterung. Bechts Defect der Attikwand, Hat^ 
mit granulirender Labyrinthwand verwachsen. Aus 
Antrum oholesteatomatöse Massen. Links der äussere Gehöi) 
in der Tiefe durch Granulationen verlegt. Hintere G« 
gangswand im medialsten Theil offenbar fehlend. 



Ueber extradiirale otogene Abscesse. 



213 



UcaMi- 
Iveflirn- 
Ijmptome 



Hörprttfang 



Diagnose 



Befand der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohnäume 



Sitz des 
Abscesses 



Angaben ttber 
Grösse d. Absces- 
ses, Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura etc. 



Heilang 



> Yacant. 



taeant. 



k 



ttant. 



^nt. 



Leise Flüster- 
spraohe am Ohr 
rechts unsicher. 
Ci Yom Scheitel 
nach rechts. 
Hinne beider- 
seits negatiy. 
Fis4 rechts bei 
starkem Finger- 
knppenanschlag. 



Flttstern links -, 
Weber, Ci un- 
bestimmt. Fis4 
wahrscheinlich 
links — . Galton 
ebenso unsicher. 



Flüstern links 
ca. 10 cm. Binne 
links— .Fi84 bei 
leisem Finger- 

kuppenan- 

schlag, Ci vom 

Scheitel nicht 

localisirt. 



Laute Worte Ghron. 
beiders. unsich., Eiterung 

geschrieene links 

sicher , links (beiders.) 
schiechter als r. 
Laute Sprache 
beiders. durch 

fiörschlauoh 
Terstanden. Gi 1. 
nicht durch die Luft aber 
y. Xnochen. Fi84 b. stärkst. 
Metallanschl. Galton 1. 8. 



Ghron. 

Eiterung 

rechts. 



Ghron. 

Eiterung 

links. 



Ghron. 
Eiterung 

links. 
Retroauri- 

culärer 
Abscess. 



Garies der Mit- 
telohrräume. Im 
Antrum Gholeste- 
atom. Keine Weg- 
leitung zum Abs- 
cess gefunden. 



Diffuse Garies 
der Mittelohrräu- 
me. Knochen lässt 
sich leicht fort- 
kratzen. Eiternde 
Fistel , die zum 
Extraduralabsoess 
fuhrt. 



In den Mittel- 
ohrräumen zer- 
fallenes Gholeste- 
atom. Von der hin- 
ter. Antramwand 
führt eine Fistel 
in die Fossa sig- 
moidea. 



Hintere 
Sobädel- 

grube. 
Extrasi- 

nuOs. 



Mittlere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Mittelohrräume Mittlere 
von jauchig zer- Schädel- 
fallenem Gholeste- grübe, 
atom erfüllt. Fistel 
oberhalb d. Linea temporalis 
führt direct in die Sohädel- 
höhle. Der im Aditus freilieg. 
Theil des Gan. semicircul. 
horiz. zeigt ein. ca. 1 cm lang, 
schwärzlich verfärbten Spalt. 
Neben der eingeführt. Sonde 
quillt kein Eiter hervor. 



Sinuswand nach 
unten hin geröthet 
und theilweise mit 
plastischem Exsu- 
dat bedeckt. 



Dura liegt in 
1 0-Pfennigstück- 
grösse bloss mit 
schmutzigen Gra- 
nulationen be- 
deckt. 



Geheilt 
nach 90 
Tagen. 



Nach' XX2 
Tagen ge- 
bessert mit 
noch ge- 
ringer Ei- 
terung im 
Cav. hypo- 
tympan. 
entlassen. 



Nach 102 

Tagen 

geheilt. 



Geh. nach 
116 Tagen. 
Die Heiig. 

wurde d. 

Auftreten 
eines Ery- 
sipels Terz. 



Dura in 2- Mark- 
stUckgrösse frei- 
gelegt. Jauche 
zwischen Dura und 
Knochen. Dura 
theilweise mit ei- 
trig fibrinösem Ex- 
sudat, theilweise 
mit frischer rother 

Granulations- 
sohicht bedeckt. 

Grosser extra- 
dural. Abscess. Die in 2 - Mark- 
stückgrösse freigelegte Dura 
des Temporallappens ist mit 
schwärzl. verfärbt. Granulat., 
die d. Squama entsprech.Partie 
mit einem plastischen, grau 
aussehenden, fibrinösen Exsu- 
dat bedeckt, nach dessen Ab- 
ziehung eine rothe, frische, 
leicht granulirende Fläche 
freiliegt. 

15* 



214 



XIX. BRAUNSTEIN 



n 

a 



It 



12 



13 



14 



15 



Name, 

Alter, 

Geeohleeht 



Taioh- 
mann, 
Karl, 

62 Jahre. 
M. 

Aufgen 

16. Juni 
1898. 



Starowick, 

Karl, 

8 Jahre. 

M. 

Anfgen. 

3. März 

1897. 



Zejmer, 

Willy, 

12 Jahre. 

M. 

Aufj^en. 

10. Not. 

1898. 



Krämer, 
Albin, 

16 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

18. Oct. 
1896. 



Hellmuth, 

Karl, 
46 Jahre. 

M. 

Anfgen. 

20. Aug. 

1895. 



Subjectiye 
Symptome 



Seit 14 Ta^n 
Steoben im rech- 
ten Ohr. Sohlech- 
ter Schlaf. Appe- 
tit naehgelaaaen. 
Rechts pulsiren- 
des Geräu6ch. 



Eiterung angeb- 
lich erst seit 3 Wo- 
eben. Anschwel- 
lung hinter rech- 
tem Ohr. Kein 
Schmerz , kein 
Schwindel. Polyp 
entfernt. 



6. NoY. plötzlich 
heftige Schmerzen 
im Ohr und Kopf- 
schmerzen. Schlaf- 
losigkeit. Fieber. 
Appetitlosigkeit. 



Seit 10 Tagen 
wieder Schmerzen 
im linken Ohr und 
Anschwellg. hin- 
ter demselben. 



Otoskopiacher Befund, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls. 



Schwerhörigkeit 
seit 16 Jahren. Ei- 
terung angebl. seit 
74 Jahr. Seit 8 Ta- 
gen Schmerzen u. 
Anschwellung der 
ganzen linken Ge- 
sichtshälfte, d. Ge- 
gend hinter und 
unter d. Ohre. Seit 
8 Tag. Schwindel. 



Hinter dem rechten Ohr 
geringes Oedem. Druckem- 
pfindlichkeit, beaonders auf 
dem Planum und hinter dem 
Proc. mastoid. 

Gehürgang rechts weit. 
Trommelfell hochroth, ge- 
schwollen. Paracentesewunde 
im hinteren unteren Qua- 
dranten, aus der yiel Eiter 
fliesst. 

Oedem über dem ganzen 
Warzenfortiatze. starke 
Druckempfindlichkeit beson- 
ders an der Spitze des Proc. 
mast. Der medianste Theil 
der hinteren Gehörgangs- 
wand ist sackartig vorge- 
wölbt. Im Gehörgangsspalt 
7on oben kommender Po- 
lypenrest. Trommelfell 
scheint zu fehlen, Pauken- 
Bohleimhaut epidermisirt za 
sein. 

Starke Druckempfindlich- 
keit des rechten Warzen- 
fortsatzes. Spitzengegend 
auch infiltrirt. Im rechten 
Gehörgang Eiter, in d*er 
Tiefe Epithelmasscn. Hin- 
ten oben dringt Sonde in 
den Aditus. 

Druckempfindliche, fluc- 
tuirende Anschwellung hin- 
ter dem linken Ohr. Druck- 
empfindlichkeit hinter der 
Anschwellung bis lur Mittel- 
linie reichend. Der linke Ge- 
börgang ist schlitzförmig 
verscbwoUen. 

Oedem über dem ganzen 
Proc. mast. Starke An- 
schwellung unter u. vor der 
Spitze des Proc. mast. mit 
Fluctuation. Oedem der 
linken Gesichtshälfte. Links 
starke Senkung der hinteren 
oberen häutigen Gehörgangs- 
wand. Durchbrnch in dieser 
Wand dicht am Eingang des 
Meatus. Vom Trommelfell 
nichts zu sehen. 



37 ® 
norm. 



38,8« 

39,2« 

39,8«. 

120. 



38,7«. 
19./10. 
38,0«. 
96. 
39,0«. 



Augenhinter- 
grund 



Schwiu 



37,8— 
38,5«. 



Augenhinter- 
grund normal. 
Pupillen gleich 
weit , reagiren 
gut. 



Vacat. 



Vaeai 



Pupillen gleich 

weit, reagiren 

normal. Augen- 1 

hintergrund 

normal. 



Yacal 



Augenhinter- 
grund beider- 
seits normal. 



Kanal 

aaf ^ 



stell 
Geht 
rade 
gesell 

Ang 



Ueber eztradurale otogene Abscesse. 



215 



iocalisir- 
Ire Hirn- 
fmptome 



Hörprüfnng 



Diagnose 



Befand der War- 
zen- resp. Mittel- 
ol^rränme 



Sitz des 
Absoeases 



Angaben ttber 
Grösse d. Absces- 
ses, Bescbaffen- 
beit d. freiliegen- 
den Dura eto. 



Heilung 



facant. 



facant. 



heant. 



heant. 



iMant. 



Laute Flüster- 
spracbe rechts 
am Ohr. Rinne 
beideraeits — . 
Fis4 rechts bei 
starkem Finger- 
kuppenanschl. 
Ci rechts — . 



Flttsterspraohe 
rechts dicht am 
Ohr. Fi84 rechts 
sehr herabge- 
setzt. Gl vom 

Scheitel nach 
rechts. 



Rinne beider- 
seits — . Gl V. 
Scheitel nach r. 
FU4 rechts bei 
starkem Finger- 
kuppenanschl. 
Galton beider- 
seits normal. 

Flüstersprache 
links aufge- 
hoben , hohe 
Töne stark 
herabgesetzt. 



Pitts tersprache 
beiderseits nicht 
gehört. Stimm- 
gabeln 1. nicht 
gehört. Gl vom 

Scheitel nach 
rechts. 



Ghron. 
Eiterung 

rechts 
(beiders.). 



Ghron. 
Eiterung 

rechts. 
Mastoidit. 



Ghron. 

Eiterung 

rechts. 



Ghron. 

Eiterung 

links. 



Ghron. 

Eiterung 

links. 



Im Antrum kein 
Eiter, keine Gra- 
nulationen. Fistel 
ca. 1 cm hinter der 
gewöhnlich. Ope- 
rationsstelle des 
Proo. mast. nach 
hinten. 



Mittelohrräume 
von Gholesteatom 
u. Granulationen 
erfüllt. Vom hin- 
teren unter. Theil 
d. Höhle aus Weg- 
leitung nach der 
Schädelhöhle io 
Gestalt einer haar- 
feinen Fistel. 



Die ganzen Mit- 
telohrräume er- 
füllt von Ghole- 
steatom. Tiefer 
cariöser Recess am 
Boden d. Pauken- 
höhle. Fistelnach 
der Fossa sigmoi- 
dea. 

Mittelohrräume 
von Gholesteatom 
erfüllt. In der 
gelblich verfärb- 
ten Wand d. Sulc. 
sigm. zwei kleine 
Fistelöffnungen, 
aus denen Eiter 
hervorquillt. 

Der ganze War- 
zenfortsatz ist er- 
füllt von käsigen, 
fötiden Massen ; 
ausgedehnte Ga- 
ries der Mittelohr- 
wandungen. Zu 
dem Sinus führt 
ein Fistelgang. 



Mittlere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 

Schädel- 

grttbe. 



Aus der eröffne- 
ten Schädelhöhle 
kommt im Schwall 
pulsirend, reichl., 
dicker Schleim- 
eiter. Dura mit 
missfarbenen Gra- 
nulat, bedeckt, in 
lO-Pfennigstück- 
grösse freigelegt. 

Walnussgross; 

Sinus sigmoideus 
und Dura mit 

schmutzigen Gra- 
nulationen be- 
setzt. 



Sinus sigmoid. 
in 2-Mark8tück- 
grösse freiliegend. 
Dura mit dicken, 
theilw. schwärz- 
lich verfärbten 
Granulationen be- 
deckt. 

Den Fond der 
Abscesshöhle bil- 
dete die in 2 qcm 
freigelegte Wand 
des Sulc. sigm. Die 
Wand des vom Ei- 
ter oomprimirten 
Sinus ist verdickt. 

Sinus von Eiter 
umspült, aber an- 
scheinend nicht 
thrombosirt. Im 
Eiter Staphylo- 
coccus. 



Geheilt 

nach 32 

Tagen. 



Geheilt 
nach 
Tagen. 



Geheilt 
nach 97 
Tagen. 



Geheilt 

nach 115 

Tagen. 



Am2l./10. 
verlegt 
nach der 
medicin. 
Klinik 
wegen 
Lungen- 
phthise. 
Exitus le- 
talis. 



216 



XIX. BRAUNSTEIN 



e 

B 
J5 



16 



17 



18 



19 



Name, 

Alter, 

Gesohleoht 



SnbjeotiTe 
Symptome 



Sehnlze, 
Franz, 

38 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

17. Deo. 
1895. 



Brankau, 
Marie, 

22 Jahre. 
W. 

Aufgen. 

5. Febr. 
1896. 

Schuft, 
Hermann, 
14 Jahre. 

M. 
Aufgen. 
21. März 

1895. 



Hecht, 
Franz, 

9 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

20. Juli 
1898. 



Seit 14 Tagen 
heftige Schmerzen 
in und hinter dem 
linken Ohre. Seit 
14 Tagen schlaflos 
Tor Schmerz. 



Seit 2 Monaten 
Stechen im linken 
Ohr und Kopf- 
sohmerzen anfaUs- 

weise (Stirn). 

Schwindel beim 

Bücken. 

Seit 5 Tagen 
starke Schmerzen 
zugleich mit hef- 
tiger Anschwellg. 
der Gegend hin- 
ter dem Ohre. 



Otoskopischer Befund, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
grund 



Schwind 



Ohreiterg. links 
seit angebl. V^ J- 

Seit vorgestern 
Anschwellg. hin- 
ter dem Ohre. Ap- 
petit gut. Manch- 
mal Schmerzen. 
Kein Frost, kein 
Erbrechen. Keine 
Obstipation. 



Spur von Oedem hinter 
dem Ohr, enorme Druckem- 
pflndlichkeit des Warzen- 
fortsatzes gleichmäasig.Trom- 
melfell roth, Fistel über 
Proc. brev., an deren Band 
kleine Granulation; pulsi- 
rendes Secret in der Fistel. 



Umgebung des Ohres nor- 
mal. Hammer deutlich, vor- 
dere Trommelfellhälfte fehlt, 
hier Paukenschleimhaut epi- 
dermisirt. Hinten oben 
grosser Krater, aus dem 
Granulationswncherungen 
hervorkommen. 

Die retroauriculäre Ge- 
gend rechts leicht geschwol- 
len, fluctnirend. Insertions- 
linie der Muschel ödematös, 
in ihrem oberen Drittel eine 
narbige Einziehung, an de- 
ren tiefster Stelle sich eine 
feine Fistelöffnung findet. 

Senkung der oberen Ge- 
hörgangswand. Gehörgangs- 
lumen mit beweglichen Gra- 
nulationsmassen angefüllt. 



Linke Ohrmuschel ab 
stehend. Ueber dem Proc- 
mastoid. eine ziemlich pralle, 
fluctuirende Anschwellung; 
die verdünnteHaut lässt Eiter 
durchschimmern. Druck- 
empflndlichkeit am stärksten 
an der Spitze. 



Norm. 



Norm. 



Norm. 

78, 

regelm. 

krftft. 



Ophthalmosko- 
pischer Befund 
normal. 



Ophthalmosko 
pischer Befand 
normal. 



Ophthalmosko 
pischer Befund 
normal. 



36,4- 

37,0«. 

Norm. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Vacat. 



Vacat, 



Vacaf 



Vacs 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 



217 



iocaliflir- 
JKre Hirn- 
i^ptome 



HörprOfang 



Diagnose 



Beiand der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrräume 



Sitz des 
Abscesses 



Angaben ttber 
Grösse d. Absces- 
Besohaffen- 



ses. 



heit d. freiliegen- 
den Dura etc. 



Heilung 



Yaeant. 



iT&eant. 



Tioant. 



i Tacant. 



Flüstersprache 
links ansicher 
direct. Fis4 1. 
stark herabge- 
setzt. Ci vom 
Scheitel nach 
links. 



Flttstersprache 
links handbreit. 
Rinne — . Fi84 
bei leisestem An- 
schlag. Gl Yom 

Scheitel nach 
rechts. 

GrehOryermüg. r. 
sehr erheblich 
herabges. Diese 
Herabsetzung ist 
nach dem Ergeb- 
niss der Funo- 
tionsprüfungauf 
eine Läsion des 

schallpercipir. 
Apparats zu be- 
ziehen. 

Flnstemr. halb- 
laut direct am 
Ohr. FiB4 bei 
starkem Finger- 
kuppenanschlag, 
Ol bei stärkstem 
unsicher. Gi y. 
Scheitel nach 1. 

Flttstersprache 
direct ins Ohr. 
Ol vom Scheitel 
nach 1. Binne 
links — . Fis4 
normal. 



Ghron. 

Eiterung 

links. 



Ghron. 

Eiterung 

links. 



Ghron. 

Eiterung 

rechts. 



Ghron. 

Eiterung 

u. Ghole- 

steatom 1. 



Grosses, central 
zerfallenes Ghole- 
steatom. Kleine 
Fistel im Tegmen 
tympani. Dasselbe 
ist wie das Teg- 
men aditus, blau- 
schwarz verfärbt. 



In allen Mittel- 
ohrräumen zer- 
fallenes Gholeste- 
atom. Ein Fistel- 
gang führt zum 
Sinus sigmoid. 



Diffuse Garies 
des Schläfenbeins. 
Fistelgang nach 
der mittl. Schädel- 
grube fahrend. 



Mittlere u. 
hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Mittlere 
Schädel- 
grube. 



Abscess über dem 
blausohwarz ver- 
färbt. Tegm. antri 

sitzend enthält 
50 g Eiter. Dura 
mit zottigen, z. Th. 
eitrig infiltrirten 
Granulationen be- 
setzt. Sinus trans- 
vers. mit Granu- 
lationen u. Fibrin- 
auflagerungen be- 
deckt. Im Eiter 
Staphyloc. albus. 
Der Sinus trans- 

versus ist mit 
schwärzlich ver- 
färbt., nekrotisch 
zerfallen. Granu- 
lationen bedeckt 
und von Eiter um- 
spült. 

»Grosser Abs- 
cess. *" Im Fond 
des Abscesses die 
colossal verdickte 
Dura liegend. 



Geheilt 
nach 
Tagen. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Die ganzen Mit- 
telohrräume er- 
füllt von Eiter u. 
jauchig zerfalle- 
nem Cholesteatom. 
Hintere Wand des 
Antrums schwärz 
lieh verfärbt und erweicht. Fistel im horizon- 
talen Bogengang, in die sich mit der Tenotom 
sende tief eindringen lässt. Gariöse Ezcavation 
am Canal. Fallopiae. Fistulöser Durchbruch 
der hinteren knöchernen Gehörgangswand-. 



Sinus in Zehn- 
pfennigstück- 
grOsse freiliegend 
mit schmutzigen 
Granulationen be 
setzt. 



Geheilt 

nach 54 

Tagen. 



Hat sich 
der Be- 
handlung 
entzogen. 
1 9. Oct. ge- 
bessert, 
später ge- 
heilt. 



Geheilt 

nach 40 

Tagen. 



218 



XIX. BRAUNSTEIN 



u 

E 
S 



Name, 

Alter, 

Gesohlecht 



Subjeetive 
Symptome 



Otoskopisoher Befund, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 

Puls. 



Augenhin ter- 
grund 



Sohwindo 



20 



21 



22 



23 



Voigt, 

Emilie, 

37 Jahre. 

W. 

Aufgen. 

7. Juli 

1899. 



Hempel, 
Frans, 

13 Jahre. 
M. 

Aufgeo. 

17. Oct. 
1899. 



Schweng- 
1er, Wil- 
helm, 
26 Jahre. 

M. 

Anfgen. 

5. Dec. 

1895. 



Müller, 
Willi, 

6 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

26. Dec. 
1896. 



Seit 2. Mai im 
AnsohluBs an In- 
fluenza ohren- 
krank , Brausen, 
Schmerzen u. dann 
Eiterung. Nach 
3 Wochen hOtten 
d. Schmenen auf. 
Anschwellung seit 
Beginn d. Erkran- 
kung. Ami 6. Juli 
heftige Schmerlen 
in und hinter dem 
link. Ohre. Links 
Kopfschmerzen. 

Als Kind Schar- 
lach u. öfters Ohr- 
eiterg, rechts. Seit 
1. Oktober Kopf- 
schmerzen und 
Schmerzen im Ohr. 
Anschwellg. hin- 
ter dem Ohr inci- 
dirt, ohne dass sie 
zurückging. Ap- 
petit sohlecht. 
Stuhl angehalten. 
In den letzten 
Wochen viel 
Schmerzen in und 
hinter dem r. Ohr, 
im Genick und in 
der rechten Kopf- 
httlfte. Schlaflosig- 
keit. Viel Schwin- 
del seit 14 Tagen. 

Matrosengang. 
Kann auf einen 
Bein nicht stehen. 



In der letzten 
Zeit Ohrschmer- 
zen. Vor 2 Tagen 
Delirien. Appetit- 
los. Seit 1 Tag 
Anschwellg. hin- 
ter dem Ohr. 



Gegend hinter linkem 
Ohr stark Ödematös und ver- 
dickt. Spitzengegend druck- 
empfindlich. Weichtheile 
unterhalb der Spitze derb 
infiltrirt und druckempfind- 
lich. 

Links reichliche Eite- 
rung. Hintere Wand des 
häutigen , äusseren Gehör- 
gangs halbkugelig Torge- 
wölbt. Dahinter blasse Gra- 
nulationen. 



Hinter linkem Ohr aus- 
gedehnte Infiltration ' der 
Weichtheile bis zum Hals. 
Oedem der Umgebung be- 
sonders am Hinterkopf 
Ueber dem Processus eiternde 
Incisionswunde. 

Gehörgang weit. Auf 
Trommelfell macerirtes Epi- 
thel. Hammer nicht zu 
sehen. Vom unten kleine 
Perforation. 

Schmerzhafte Schwellung 
hinter dem Ohr, geringes 
Oedem, am empfindlichsten 
auf Druck ist die Spitze des 
Froc. mast. 

Schwellung der oberen 
Gehörgangswand, erbsen- 
grosser Polyp kommt von 
vorn oben und füllt fast 
das ganze Geljörgangslumen 
aus. 



Rechte Ohrmuschel steht 
vom Kopfe ab; hinter der- 
selben Röthung der Haut, 
fluctuirende Anschwellung 
an der infiltrirten Spitzen- 
gegend. Trommelfell in sei- 
ner hinteren Hälfte leicht 
geröthet; über dem Proc. 
breTis Krater mit herans- 
gewachsener Granulation. 



38,0». 

80, 

kräft., 

regelm. 



Pupillen gleich 
weit, reagiren 
normaL Augen- 
hintergrund 
normal. 



Vaeat. 



37,3«^. 
80— 
100, 
zeitw. 
aus- 
setzend 



37,4». 
Norm. 



37,6— 

39,2«. 

78- 

120, 

un- 
regelm. 



Augen- und Ge- 
sichtsmuskeln 
fnnctionireL 
normal. Augen- 
hintergrund 
normal. 



Augenhinter- 
grund normal 



Augenhinter- 
grund normal. 



Yacat. 



Vaeat. 



Vacat. 



Ueber extradarale otogene Absoesse. 



219 



Localisir- 
liK Hira- 
qmptome 



Hörprttfnng 



Diagnose 



Befand der War- 
fen- resp. Mittel- 
ohrränme 



Siti des 
Absoesses 



Angaben ttber 
Grosse d. Absoes- 
ses, Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura etc. 



Heilung 



YacsBt. 



Yacant. 



Vaeant. 



Links laute 
Worte durch 
HOrsohlauoh. 

Gl vom Scheitel 
Dach links. 

Rinne links — . 

Fi84 links bei 

stärkstem 
Fingerkuppen- 

ansohlag. 



Ghron. 
Eiterung. 
Empjemd. 

Spitze 1. 



FlQstersprache 
rechts 50 cm. 

Gl Tom Scheitel 
unbestimmt. 

Fis4 beiderseits 
normal. 



Rechts absolute 
Taubheit. 



Yacant. | Gehörprüfung 
.nleht ausfuhr- 
I bar. 



Chron. 

Eiterung 

rechts. 



Chron. 

Eiterung 

rechts. 



Chron. 

Eiterung 

rechts. 



Durchbruch auf 
dem Planum. We> 
gen Sinusblutung 
konnte d. Antrum 
nicht eröffnet wer- 
den. 



Hintere 

Schädel- 

grube. 



Spitze entzün- 
det, kein freier Ei- 
ter. Im Antrum 
nur geschwollene 
Schleimhaut. Fi- 
stel nach oben 
zum Extradural- 
abscess. 



Caries. Fistel- 
gang führt nach 
den Sinus. 



Grosses, zerfal 
len. Cholesteatom. 
Fistelöffnung in 
der grauTOrfUrb- 
ten Sulcuswand. 



Mittlere 

Sehädel- 

grube. 



Kleiner extra- 
sinuöser Abscessi 
Dura mit matschi- 
gen Granulatio- 
nen besetzt. Die 
erweichte Sinus- 
wand reisst beim 
Betupfen ein. 



Hintere 

Schädel- 
grnbe u. 

benachb., 
dem Os oc- 
cipitale u. 

parietale 
entsprech. 

Bezirk. 



Hintere 

Schädel- 
grube; sich 

ausdehn. 
nach oben 
in die Pa- 

rietalge- 
gend, nach 
hinten in 
die Occipi- 
talgegend. 



Dura in Thaler- 
grösse freiliegend 
mit z. Theil miss- 
farbigen Granula 
tionen bedeckt. 



Geheilt 



Geheilt 
nach 76 
Tagen. 



Der Abaoess ist 
so gross, dass man 
nach seiner brei- 
ten Eröffnung den 
kleinen Finger in 
die Absoesshöhle 
versenken kann. 
Dura mater und 
Sinus von Granu- 
lationen besetzt. 
Im Eiter Staphylo- 
coocus alb., Strep- 
tococcus und ein 
Fäulnissbacillus. 

Sehr grosser 
jauchiger Abscess. 
Sinus und Dura 
mater nach hinten 
und oben von der 
Spitze d. Warzen- 
fortsatzes iuHand- 
tellergrOsse theils 
mit eitrig fibrinö- 
sem, theils dunkel- 
rothem Exsudat 
V. Gallertsubstanz 
bedeckt. 



Gebessert 
entlassen 
8./1. 1896 
(35 Tage), 
später ge- 
heilt. 



In den fol- 
genden , 
Wochen 
Fieber 

pyämlsch. 
Charak- 
ters. 
GeheUt 

nach 
Tagen. 



220 



XIX. BRAUNSTEIN 



a 

e 



24 



25 



26 



27 



Name, 

Alter, 

Geschlecht 



Suhjectlve 
Symptome 



Otoskopisoher Befund, 
Umgebung des Ohres 




Augenhinter- 
grund 



Schwindel 



Schreck, 


Vor Weihnach- 


Emü; 


ten 1899 Beginn 


42 Jahre. 


mit stark. Schmer- 


M. 


zen. 3 Tage sptt- 


Aufgen. 


ter Ohrenlaufen 


26. Febr. 


rechts. Gleichzei- 


1900. 


tig Sohwellg. hin- 




ter rechtem Ohr. 




Während der er- 




sten Wochen auch 




Frost. Ohrensaus. 




Schwerhörigkeit. 


Franke, 


Ohreiterg. rechts 


Frida, 


seit mehreren Jah- 


5 Jahre. 


ren. Ursache un- 


W. 


bekannt. 


Anfgen. 




23. Jan. 




1900. 




Scheutzel, 


Ohreiterg. rechts 


Bertha, 


seit 4 Jahren. Seit 


11 Jahre. 


5 Tagen Schmer- 


W. 


zen im recht. Ohr, 


Aufgen. 


so dass Kind nicht 


7. April 


schlafen konnte. 


1900. 


Seit Yorgestern 




Kopfschmerzen. 




Allgemeinbefin- 




den nicht gestOrt. 


Barthel, 


Ohreiterg. rechts 


Christian, 


seit dem 6. Jahre. 


39 Jahre. 


Links früher an- 


M. 


gebl. stets gesund. 


Aufgen. 


Erst seit 3 Woch. 


3. Dec. 


Eiterg. links. Be- 


1900. 


ginn mit Fieber, 




Krankheitsgefühl. 




Einmal Erbre- 




chen. Kopfschmer- 


1 


zen. Schwindel. 



Hinter dem rechten Ohr 
Schwellung und starkes 
Oedem, die sich fast bis zur 
Mittellinie, nach unten bis 
unter die Spitze des Proc. 
matoid. erstrecken. Druck- 
schmerzpunkt unterhalb der 
Spitze und hinten oben. 

Senkung der oberen hin- 
terenGehörgangswand.Trom- 
melfell blauroth , Zapfen 
hinten oben,sonst plan.Grenie 
zwischen Gebörgang und 
Trommelfell TCrwaschen. 

Warzenfortsatz druck- 
empfindlich. Etwas Oedem 
der Haut. 

Rechts Gehörgang weit, 
reichliche ftttide Eiterung. 
In der Tiefe sind Granula- 
tionen SU sehen. 



37,50. 
76. 



Hinter dem rechten Ohre 
eine pralle, fluctuirende Ge- 
schwulst. Hautdecke ge- 
rOthet. 

Rechts Granulationen aus 
d. Gehörgang herausragend. 
Stinkende profuse Eiterung. 
Granulationen entspringen 
scheinbar an der hinteren 
knöchernen Gehörgangs- 
wand. 

GeringeDruckempfindlich- 
keit des Warzenfortsatzes 
und längs der Halsgefitasc 
links. Sonst Umgebung der 
Ohren beiderseits normal. 
Links Gebörgang normal. 
Oben Trommelfellrest mit 
Hammer. Von hinten oben 
und vorn unten eine Eiter- 
strasse. Hinten unten Gra- 
nulation auf der Labyrinth- 
wand. 



Pupillen gleich 
weit, reagiren. 
KeinNystagmus, 
keine Muskel- 
lähmungen. 



38,6^ 
39,70. 

160, 
regelm. 

kräft 



39,40. 
90. 



Augenhinter- 
grund normal 
Pupillen rea- 
giren normal. 



Kein Nystag- 
mus , keine 
Augenmuskel- 
lähmungen. Pu- 
pillen mittelw. 
u. gleich, rea- 
giren gut. 
Augenhinter- 
grund normal. 
Papillen etwas 
geröthet , aber 
scharfe Umrisse. 
Venen nicht ek- 
tat. 



Yaoat. 



Yaoat. 



Vscai 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 



221 



liocalisir- 
bareHirn- 
ijmptome 



Yaetot. 



Vseant. 



Ticant. 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befand der War 
zen- resp. Mittel- 
ohrräume 



Sitz des 
Abflcesses 



Angaben Über 
Grösse d. Absces- 
ses, Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura etc. 



Heilung 



Uhr bei Luft- 
leitung — , bei 
KDoohenleitung 
kaum gehört. 
Flttstenprache 
rechts 2 m. 



Keine Angaben. 



Flüsterspraehe 
rechts direct, 
Gl Tom Scheitel 

nach rechts. 
Fis4 rechts bei 
stärkst. Finger- 

kuppenansohl. 



Flttstersprache 
links — , ebenso 
laate Sprache. 
Gl links gar 
nicht durch 
Luft, T. Knoch. 
stark herabge- 
setzt Fis4 links 
wenig herabge- 
setzt. Ci vom 
Scheitel unbe- 
stimmt. 



Ohron. 
Mittelohr- 
eiterung. 
Mastoiditis 
reehta. 



Chron. 
Eiterung 
rechts. 
Mastoi- 
ditis. 



Chron. 
Eiterung 

rechts. 
B,etroauri- 

culärer 

Abscess. 



Chron. 

Eiterung 

links. 



Im Antrum eitrig 
infiltrirte Schleim- 
haut. Wegleitung; 
disseminirte, mit 
Eiter erfüllte Zel- 
len fuhren nach 
der hinteren Sehft- 
delgrube. 



Caries der Mit- 
telohrrftume. In 
der Paukenhöhle 
ausser Eiter auch 
blasse Granulatio- 
nen. Aus d. Sinus- 
gegend Eiterung. 



Diffuse Caries 
sämmtlich. Mittel- 
ohrwandungen. 
Fistulöser Durch 
bruoh der hinteren 
knöchernen und 
häutigen Gehör- 
gangswand. Der 
ganze Froc. mast. 
erfUUt von jauchi- 
gem , zerfallenem 
Cholesteatom. 

Mittelohrwan- 
dungen cariös er- 
weicht. Tegmen 
aditus fehlt. Kno- 
chen nach der 
mittleren Schädel- 
grube ausgedehnt 
erweicht, an einer 
Stelle quillt Eiter 
vor. Beim Auf- 
suchen des Sinus 
Eiter von hinten 
unten. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Auf dem ober- 
sten Theil des Sin. 
descendens ein 
kirschgrosser ex- 
trasinuöser Abs- 
cess. Sinus mit 
dickem blassroth. 
Granulationspol- 
ster bedeckt. 



Der in Bohnen- 
grösse freigelegte 
Sinus mit flachen 
Granulationen be- 
setzt. 



Hintere 

Sohädel- 

grube. 



Im Fond d. Ope- 
rationshöhle lag 
der mit dickem 
Granulationspol- 
ster bedeckte Sin. 
sigmoid. in Mark- 
stlickgrösse frei. 



Heilung 
nach 
Tagen. 



Nach 13 
Tagen zur 
ambulant. 
Behandig. 
entlassen. 
Fieberfrei. 

Wund- 
höhle ttber- 
häutetsich. 
13./4. Ex. 
letal, an 
Meningitis 
tubercul. 
Nach 26 
Tagen ent- 
lassen, 
später 
geheilt. 



Dura dem Teg 
men aditus und 
antri entsprechend 
mit schwärzlichen 
Granulationen bedeckt, frei- 
liegend. 1. Kirschgrosser, 
extrasinuöser Abscess. Sinus 
entsprech. entzündlich gerö- 
thet, theils mit schwammigen 
Granulat, besetzt. Knochen 
bis z. Dura erweicht. 2. Beim 
Abheben der Dura von der 
Felsenbeinwand flieset Eiter 
hervor. 



Noch in 
Behandig., 
Heilung in 
kurzer Zeit 
zu erwart. 



222 



XIX. BRAUNSTEIN 



^ 



a 
i 



28 



29 



30 



31 



Name, 

Alter, 

GflBohleoht 



Lehmftnn, 
Hermine, 
16 Jahre. 

W. 

Aafgen. 

8. Aug. 

1900. 



Brzinska, 

Marianne, 

5 Jahre. 

W. 

Aufgen. 

12. Jan. 

1894. 



findiger, 

Hermann, 

13 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

5. Juni 

1900. 



Prophet, 

Bertha, 

12 Jahre. 

W. 

Aufgen. 

16. Juni 

1900. 



Suhjeetive 
Symptome 



Otoekopisoher Befund, 
Umgehung des Ohres 



Temp. 
Pub. 



SeitMttrsOhren- 
laufen links. Sau- 
sen. £eineSohmer- 
sen im Ohr, aher 
anfallsweise auf- 
tretende Schmer- 
sen in heid. Sehlft- 
fen. Einige Male 
Schwindel heim 
Arbeiten. Kein 
Fieber oder Er- 
breehen. Sohwer- 
hOrigkeit. 

Seit 5 Monaten 
ohne bekannte ür- 
saehe Eiterung 
links. Nach 14 
Tagen Anschwel- 
lung hinter dem 
Ohre, vor 3 Mo- 
naten inddirt. 
Seitdem Eiterung 
hinter dem Ohr. 

Rechts Ohreitc- 
rung seit yielen 
Jahren. Vor 8 
Tagen Schmerzen 
hinter dem Ohr, 
bald darauf An- 
schwellung da- 
selbst, zugleich 
Fieber, Appetit- 
losigkeit, Kopf- 
sehmerzen. 

Im 8. Jahre 
Diphtherie und 

Influenza, 
seitdem Ohreite- 
rung rechts. 
Manchmal treten 

sehr heftige 
Sehmeizen auf im 
Ohr und im Kopf. 
Seit Weihnachten 

1899 andauernde 
Schmerzen, 

Schwindel, oft Er- 
brechen. 18. IV. 

1900 Hammer am- 
bossentfernung. 

Schmerzen bestan- 
den weiter. 



Umgebung des Ohres 
links ohne Befund. Rechts 
Narbe hinter dem Ohr. 

Im linken Oehttrgang ob- 
turirender PoWp von hinten 
oben kommend. ' 



Gegend hinter dem Ohr 
geschwollen. Daselbst eine 
eiternde FisteL 



Die Gegend hinter dem 
rechten Ohr über den Proc. 
mast. zeig^ eine starke 
Schwellung, aber welcher die 
Haut geröthet ist. Ohr- 
muschel abstehend. 

In der Tiefe des rechten 
Gehörgangs leicht beweg- 
liche Granulationen. Keine 
Fistel nachweisbar. 

Druckempfindlichkeit de» 
Warzenfortsatzes, besonders 
der Spitze. 

Rechts grosse Trommel- 
fellperforation fast Yollstän- 
dig epidermisirt; Ton hinten 
oben viel Eiter. 



36,3— 

36,7». 

80. 



36,2— 

37,0«. 

120. 



36,6— 

37.6«. 

112. 



37,0«. 

84. 



Augenhinter- 
grund 



Schwindel 



Pupillen gleich 

weit, reagiren 

normal. Keine 

Lähmung, kein 

Nystagmus. 



Yaeat. 



Pupillen gleich 

weit , reagiren 

normal auf 

Lichteinfall. 

Rechtes Auge 

befindet sich in 

Convergenz- 

stellung. 



Papillen rea- 
giren, kein Ny- 
stagmus, keine 
Lähmung. 



Schwinde] 



Ueber extradorale otogene Abscesse. 



223 



Localisir 

baieHiro- 

lymptoine 



Ytcant 



Taeant. 



Hörprüf ang 



Diagnose. 



Befand der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrräume 



Sitz des 



Angaben über 
Gxitaae d. Absces- 
ses, Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dnra etc. 



Flttstersprache 
links kanm 7a m. 
Ci Yom Scheitel 
meist nach 1. ; 
Gin. Fi84 beider- 
seits wenig her- 
abgesetzt. Rinne 
beiders. negativ. 



Flüsterspraohe 
rechts dicht am 
Ohr. Ci rechts 
bei sehr kräft. 
Anschlag. Fi84 
b. Nagelansohl. 
Ci vom Scheitel 

nach rechts. 
Rinne rechts — 



Flüstersprache 
rechts handbreit 
vom Ohr. Ci 

vom Scheitel 
nach links. Ci 
bei sehr starkem 
Anschlag, Fis4 

bei starkem 
Fingeranschlag 

rechts. Rinne 
rechts — . 



Ghron. 

Eiterung 

links. 



Chron. 
Eiterung 

links. 
Fistel auf 
Proo.mast. 



Ghron. 

Eiterung 

rechts. 



Chron. 

Eiterung 

rechts. 



In den Mittel- 
ohrränm. diffuse 

Caries. Dickes 
Orannlationepol-' 
ster u. wenig Eiter 
imAntrnm« Fistel 
in den hinteren 
Bogengang füh- 
rend. Fistel im 
Tegmen tjmpani. 



Käsige Ostitis 
des ganzen Proc. 
mast. Gegend des 
Antrums seque- 
strirt Knochen 
überallso erweicht, 
dass er mit dem 
scharfen LOffel 
entfernt werden 
kann. 

ImAntrum Cho- 
lesteatommassen . 
Im Proc. mast. 
Eiter. Weglei- 
tung zum Sinus 
sigmoid. 



Warzenfortsatz 
erfüllt von brauner 
Jauche. 

Knochen beson- 
ders an Spitze 
grünlich verfUrbt. 



Mittlere 

Scbädel- 

grube. 



Mittlere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 

Sohädel- 

grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Dura dem Teg- 
men tympani ent- 
sprechend gerO- 
thet, theilweisemit 
fibrinösen Belägen 
bedeckt. 



Heilung 



Naeh 53 
Tagen ge- 
bessert; in 
die chirur- 
gische Kli- 
nik verlegt. 



Dura in 3 cm 
Länge und 1 7s cm 
Breite frei gelegt, 
mit schmutziger 
Granulation be- 
setzt. Zwischen 
ihr und dem Kno- 
chen käsiger Eiter. 
ImEiterTuberkel- 
bacillen. 

Sinus liegt frei 
mit schlecht aus- 
sehenden Granu- 
lationen bedeckt. 



Sinus liegt in 
Fünfpfennigstück- 
grösse frei. Eiter 
geht bis zum Si- 
nus. 



Nach 20 
Tagen ge- 
bessert 
entlassen. 



Naoh 48 
Tagen un- 
geheilt ab- 
geholt. 



Geheilt 
nach 87 
Tagen. 



224 



XIX. BRAUNSTEIN 



T 



s 

s 



Name, 

Alter, 
Geschlecht 



Subjeotive 
Symptome 



Otoikopischer Befund, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
grund 



Schwindel! 



32 



33 



34 



Srech, 
Christian, 
16 Jahre. 

M. 
Aufgen. 
25. April 

1896. 



Beimann, 
Louis, 

23 Jahre. 
M. 

Aufgen. 
8. Oct. 
1894. 



Hoefer, 
Emil, 

14 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

17. Nov. 
1891. 



Seit 4 Jahren 
Ohrenfluss rechts; 
seit 1 Jahr auch 
links. 8. IV. Er- 
kttltung,8ofort hef- 
tige Schmerzen im 
linken Ohr. Seit 
3—4 Tagen Ge- 
gend hinter dem 
linken Ohre dick. 
Schwerhörigkeit 
seit Beginn der 
Eiterung. 

Objeotiye Un- 
sicherheit bei ge- 
schlossen en Augen 
gering, seit 6 Ta- 
^en Schmersen in 
der linken Eopf- 
hälfte. 



Eiterung links 
seit 2 Jahren, seit 
4 Wochen stärker 
geworden. Seit 
Donnerstag stär- 
kere Schmerzen 
im linken Ohr u. 
in der linkenKopf- 
seite.EeinSchwin- 
del, kein Erbre- 
chen, keine Schüt- 
telfröste. Kürz- 
lich poliklinisch 
obturirenden Po- 
lypen entfernt. 

Vor 4 Jahren 
Typhus, darnach 
Eiterung. Schwin- 
del. Seit einigen 
Tagen Zunahme 

Yon Sausen, 
Schmerzen und 
Schwindel, keine 
Schwerhörigkeit. 



Links Schwellung und 
Röthnng hinter und Über 
dem Ohr, fast Tom Orbital- 
rand bis fast 2ur Mittellinie. 
Ocdem in der Umgebung. 
Infiltration unter der Spitze. 
Druckempfindlichkeit auf 
dem Plan, und an der Spitze. 
Links: Senkung der oberen 
hinteren Gehörgangswand. 
Trommelfell geröthet, ver- 
dickt. Keine Perforation 
zu sehen. Vorn zapfenför- 
mige VorwOlbung des Trom- 
melfells. Eiter pulsirt von 
unten her, wo die geschwol- 
lene untere Gehörgangswand 
den Blick aufs Trommelfell 
hindert. 



38,3— 

38,4<>. 
104. 



Vacat. 



Links Druckempfindlich- 
keit hinter dem Ohre, keine 
Schwellung,keineInfiltration 
unter der Spitze. 

Links Gehörgang gleich- 
massig hochgradig stenosirt. 
In der Tiefe Polypenwurzel 
zu sehen. Perforation nicht 
zu sehen. 



Rechts Umgebung des 
Ohres geschwollen. Oedem 
and Druckempfind iichkeit. 

Gehörgang concentrisch 
entzündlich verengt. In der 
Tiefe schmieriges Secret und 
pulsirender Reflex. Trommel- 
fell nicht deutlich. 18. XI. 
Trommelfell sichtbar, per- 
forirt. 



39,6«. 



Pupillen gleich 
weit, reagiren 
gut auf Licht. 
Keine Muskel- 
lähmungen. 
Augenhinter- 
gründ normal. 



Vacak 



38,9°. 

1^/11. 

39,6— 

40,3«. 



Vacat 



Ueber extradarale otogene Abscesse. 



225 



LoealiBir- 
binflim- 
ijmptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befand der War- 
zen« resp. Mittel- 
obrräume 



Sitz des 
Abscesses 



Angaben Über 
Grosse d. Absces- 
ses , Bescba£fen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura etc. 



Heilung 



Yacant. 



Vacant. 



Ticant. 



FlOstersprache 
direct unsicber, 
Binne — . Ci v. 

Sobeitel nach 
links. Für tiefe 
Töne stark her- 
abgesetzt. Fi84 

bei starkem 

Fiugerknppen- 

anschlag. 



Flttstersprache 
links direkt. Ci 

vom Scheitel 
nach links. Fi84 
wenig herabge- 
setzt. 



Flttsterzahlen 
rechts 15 cm. 
Fis4 rechts nur 
bei starkem An- 
schlag. 



Chron. 
Eiterung 

links. 
Mastoidit. 



Ohron. 

Eiterung 

links mit 

Cholestea-: 

tom. 



Chron. 
Eiterung 
rechts. 
Mastoi- 
ditis. 



In der Spitze 
des Proc. mastoid. 
Zellen mit eitrig 

infiltrirter 
Schleimhaut und 
Granulationen an- 
gefüllt. Eiter- 
durchbruch durch 
Oorticalis und hin- 
tere Gehörgangs- 
wand. 



Jauche quillt so 
reichlich herror, 
dass sie unmög- 
lich aus dem Mit- 
telohr allein stam- 
men kann. Im 
Antrum käsig zer- 
fallene Choleste- 
atommassen und 
Granulationswu- 
cherungen, ebenso 
inAtticu. Pauken 
höhle. 



Deutliches An- 
trum nicht gefun- 
den. Knochen - 
Zellen von Eiter 



uDgefllUt. 



Hintere 

Schädel- 

höhle. 



Mittlere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 

Scbädel- 

grube. 



Sinus liegt frei 
mit Granulationen 
besetzt. 



Dura am Teg- 
men antri in 2 : 2 
cm AusdehnuDg 
frei liegend, weiss- 
lich verfUrbt und 
mit Eiter bedeckt 



Nach 32 
Tagen ge- 
bessert 
entlassen, 
später ge- 
heilt. 



Geheut 

nach 30 

Tagen. 



Sinus lag ab 
norm weit nach 
vorn. Zwischen 
derSinuswand und 

dem Knochen 
drang Eiter her- 
vor. Sinus stark 
verf^bt. 



Nach 58 
Tagen ge- 
bessert 
entlassen, 
später ge- 
heilt. 



226 



XIX. BRAUNSTEIN 



« 

B 

B 



Name, 

Alter, 

G^Bohleeht 



Subjeetive 
Symptome 



Otoskopieoher Befund, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
grund 



Sckwindc 



35 



36 



37 



Jungmann 
Friedrieh, 
43 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

29. Nov. 

1901. 



Römer, 
Antony , 
39 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

6. Aug. 

1897. 



Schmidt, 
Karl, 

7 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

11. Juli 
1896. 



AlsJuDgeOhren- 
schmersen. An- 
geblich niemals 
Eiterung. Vor 9 
Wochen plötzlich 

sehr heftige 
Schmerzen im lin- 
ken Ohr, schlaf- 
lose Nacht. Star- 
kerAusfluBs.Nach- 
lass der Schmer- 
zen. Vor 4 Wo- 
chen Frost und 
Hitze, auch Brech- 
reiz. Schmerzen in 
der linken Kopf- 
seite, besonders 
in der Schläfe und 
dem Auge; auch 
im Hinterkopf. 
Appetit und Stuhl- 
gang in Ordnung. 

SeitAugu8tl896 

Eiterung links 
nach Influenza. 
Paraoentese; zu- 
weilen Druokem- 
pfindlichkeit hin- 
ter dem Ohr. Hör- 
fähigkeit herab- 
gesetzt. In der 
letzten Zeit viel- 
fach Xopfsohmer- 
zen, links beson- 
ders heftig in der 
linken Stirn- und 

Hinterhauptge- 
gend, hartnäckige 
Verstopfung. 

Seit 2 Jahren 
Eiterung rechts 
nach Masern. Seit 

einigen Tagen 
Schmerzen in und 
hinter dem rech- 
ten Ohr. Kopf- 
schmerzen. 

SchwindelgefUhl 
seit 8 Tagen. 



Umgebung des linkes 
Ohres ohne Befund. Keine 
Klopfempfindliohkeit. Linker 
Gehörgang steht toU Eiter, 
der gleich naoh Abtupfen 
aus einer vom unten gele- 
legenen Perforation wieder 
nachquilli. Trommelfell stark 
geröthet. Sonde gelangt 
vorn unten auf rauhen 
Knochen. 



Augenhinter- 
grund normaL 



Vacat. 



Erscheinungen von Peri 
Ostitis hinter dem linken 
Ohr. 

Gehörgang nicht steno- 
sirt, aber entittndet. 



37,6<>. 



Hinter dem rechten Ohr 
massige Schwellung. Starke 
Druckempfindlichkeit des 
Proc. mastoid. und des 
Tragus. 

Bechts schlitzförmige 
Stenose des Gehörgangs durch 
Senkung der oberen hinteren 
Gehürgangswand. 

Senkungsabsoess am 
Halse. 



38,3- 
39,8». 
120, 
un- 
regel- 
mässig 
aus- 
setz- 
end. 



Ophthalmosko 

pischer Befund 

normal. 



Vacat. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Vacat. 



Ueber eztradurale otogene Abscesse. 



227 



Loealisir- 
■reHira- 
lymptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befund der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrräume 



Sitz des 
Absoesses 



Angaben ttber 
GrOase d. Absoes- 

seSf Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 

den Dura eto. 



Heilung 



Tacant. 



Fltteterspraohe 
links handbreit. 
Ci Yom Scheitel 
nach links. Ci 

u. Fis4 links 
herabgesetzt. 



Yacant. 



FlUsterspraohe 
direot am Ohr. 
Gl Tom Scheitel 
und ttber die 
Bdittellinie hin- 
aus nach links 
▼erstarkt. Hohe 
TOne gut. 



Ezacerbat. 

chronisch. 

Eiterung 

links 



Chron. 

Eiterung 

links. 



ImAntrumEiter. 
Eine grosse mit 
lappigen Granula- 
tionen erfüllte 
Zelle nach hinten 
oben dem Ocoipat 
zu, aus welcher 
Eiter hervorquillt 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Leichte 
iFacialis- 
Ureae des 
kiindwin- 
k«lastes r. 

13. Jali 
Faeialia- 

ipaamen 

rechts. 



Flttstersprache 
rechts direct. 
Ci vom Scheitel 
nach rechts (un- 
sicher). 

Fis4 u. Ci r. 
etwas herabge- 
setzt. 



Chron. 

Eiterung 

rechts mit 

Mastoi- 
ditis. 



ImAntr um Eiter 
und eitrig infil- 

trirte Schleim- 
haut. Einzelne 
mit eitrig infil- 

trirter Schleim- 
haut ausgekleidete 
Zellen lassen sich 
bis in die hintere 
Sohädelgrnbe ver- 
folgen. Die ganze 
Spitze voll Eiter. 



Cholesteatom in 
Paukenhöhlie, im 
Aditus u. Antrum. 
Tegmen tympani 
fehlt. Direct hin- 
ter Spina supra m. 
eiternde Fistel. 



Wallnussgrosser, 
extrasinuöser Abs- 
cess. 

Sinus mit 
schwärzUehen 
Granulationen be- 
setzt. 



Hintere 
Sohädel- 
grnbe. 



Koch in 
Behandig. 



Haselnussgrosser 
extrasinui^ser Abs- 
cess. Sinus mit 
schwartigen Gra- 
nulationen besetzt. 
Im Eiter Staphy- 
lokokken und ein 
polymorpherFäul- 
nissbacillus. 



Mittlere 
Schädel- 
grube. 



Nach 30 
Tagen ent- 
lassen zur 
ambulato- 
rischen Be- 
handlung. 

Geheilt. 



Dem tegmen an- 
tri entsprechend 
lag Dura in gros- 
ser Ausdehnung 
frei mit Granula- 
tionen bedeckt. 



Nach 17 
Tagen zur 
ambulato- 
rischenBe- 
handlung 
entlassen. 

Geheilt. 



Arehiv f. Ohienheflknnde. LV. Bd. 



16 



228 



XIX. BRAUNSTEIN 



s 
s 



Name, 

Alter, 

Oetohleeht 



Snbjective 
Symptome 



Otoskopisoher Befand, 
Umgebung dee Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
grnnd 



Schwindel 



38 



39 



40 



41 



Loohefeld, 

Minna, 

11 Jahre. 

W. 

Anfgen. 

17. Oot. 

1891. 



ZUlioh, 

Martin, 

11 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

28. Aug. 

1892. 



Beyer, 

Otto, 

23 Jahre. 

M. 

Anfgen. 

29. Nov. 

1892. 



Franke, 
Franz, 

26 Jahre. 
M. 

Anfgen. 

23. Nov. 
1892. 



Seit Vs Jalire 
links Ohrenlanfen 
ohne Schmerlen 
und Schwerhörig- 
keit. Später hörte 
das Laufen auf, 
und es traten 
Schmerlen im Ohr 
auf. Keine Kopf- 
schmenen, kein 
Erbrechen, kein 
Schwindel. 

Früher mehr- 
fach Ohreiterung 
links. Seit län- 
gerer Zeit Ohr 
trocken. Im An- 
schluss an Schar- 
lach vor oa. 4 
Wochen Recidiv. 
Vor 3 Tagen An- 
schwellung hinter 
dem Ohr. Abends 

Pulsbeschleuni- 
gpingy aber kein 
Schüttelfrost. Ob- 
stipation. 

Seit 10 Jahren 
Eiterung links. 
Keine SchmerzeD, 
keine Anschwel- 
lung hinter dem 
Ohr. Zeitweise 
Schwindel mit der 
Neigung nach 1. 
lu fallen, seit 2 
Jahren hiervon 
frei. Schwachhö- 
rigkeit. 

Seit 3 Monaten 
Ohrenlaufen links. 
Vor etwa 3 Wo- 
chen hörte nach 
Behandlung mit 
weissem Pulver die 
Eiterung auf. Vor 
5 Tagen schmerz- 
hafte Anschwel- 
lung hinter dem 
linken Ohr. 



Umgebung des Ohres o. B. 

Gehörgang links voll stin- 
kenden Eiters: nach hinten 
Gehörgang vorgewölbt und 
ein Durchbruch. 



Links: Caput obstipum. 
Der ganze Warzenfortsatz 
auf Druck sehr schmerzhaft, 
aber nicht geschwollen. Ju- 
gulariagegend auf Druck 
nicht schmenhaft. 

Links : Senkung der hin- 
teren, oberen Gehörgangs- 
wand massig. Trommelfell 
geröthet, vorgewölbt, Perfo 
ration nicht sichtbar. 



Gebörgang links obturirt 
durch eine Anzahl Polypen 



Hinter dem linken Ohr 
handbreite Anschwellung, 
geröthet; auf der Höhe Fluc- 
tuation. 

Links : Senkung und Rö- 
thung der oberen hinteren 
Gehörgangswand. AufTrom- 
melfell macerirte Epider- 
mis. Perforation nicht zu 
sehen. 



37,2<». 



38,3«. 

124, 

regelm. 



37,0». 
70. 



37,1». 



Pupillen gleich 
weit, kein Ny 
stagmus , keine 
Muskelläh- 
mungen. . 



Pupillen gleich 

weit, reagiren 

gut. Kein 

Doppelsehen, 

keine Neuritis, 

die fUr Menin- 
gitis spräche, 
und geringe 
Venendilatat. 

(D. Braunschw.) 



Pupillen gleich 
weit, reagiren 
prompt auf 
Lichteinfall. 
Kein Nystag- 
mus. 



Pupillen gleich 
weit. Kein Ny- 
stagmus , keine 
Muskelläh- 
mungen. 



Yacat. 



Ausgespr. 
Schwindel 
nach rechts 
b. Gehen 
mit geschl. 
Augen. 



Vacat. 



Yacat 



Ueber eztradurale otogene Abscesse. 



229 



Looalisir- 
bare Hirn- 
Symptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befund der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrräame 



Sitz des 
Abscesses 



Angaben über 
Grösse d. Absces- 
ses, Beschaffen-, 
heit d. freiliegen- 
den Dura etc. 



Heilung 



Vacant. 



Vacant. 



Vacant. 



Vacant. 



Flttsterspracbe 

links 30 cm. 

Fis4 deutlich, 

Ci unbestimmt, 



FlOsterzahlen 
links handbreit, 
rechts 1 m. Ci 
nach links Tom 
Scheitel. Fis4 

beiders. deutl. 



Flllstersprache 

links nicht di- 

rect. C] Tom 

Scheitel nach r. 

Fi84 links bei 

verstärktem 

Anschlage. 



Flllstersprache 

links 1 Ya m. 

Rechts 6 m. 

Ci vom Scheitel 

verstärkt nach 

links. 

Fis4 beiderseits 

deutlieh. 



Ghron. 

Eiterung 

rechts. 



ßecidiy. 

Ghron. 
Eiterung 

links. 
Mastoidit. 



Ghron. 

Eiterung 

links. 



Ghron. 

Eiterung 

links. 



Mittelohrräume 
Yoll Granulation 
und cariös er- 
weicht. Eine 
eiterhaltige Zelle 
führt zum extra- 
sinuösen Absoess. 



ImAntrumkein 
Eiter. In der 
Spitze pulsirender 
Eiter. 



ImAntrum käs. 
Massen u. blut- 
reiche Granulat. 
Ebenso in der 
Paukenhöhle. In 
der Spitze ein mit 
käsigen Massen er- 
füllter Recessus. 



Im Antrum kein 
Eiter. Nach hin- 
ten grosse mit 
Granulationen er 
füllte Höhle. 



Hintere 
Schadel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Zwischen Sinus 
und Knochen 
dringt Eiter her- 
vor. 



Geheilt 

nach 68 

Tagen. 



Sinus lag in 
1 72 cm Länge 
bloss. Zwischen 
ihm und dem Kno- 
chen pulsirte 
reichlich Eiter 
hervor; er war 
mit gelblicheitrig 
infiltrirten Granu- 
lationen besetzt. 



Sinus lag in 2 
MarkstUckgrösse 
bloss. Zwischen 
ihm und Knochen 
freier Eiter. 



Eiter zwischen 
Dura und Kno- 
chen. Dura in 20 
MarkstUckgrösse 
frei. 



Geheilt 
nach 72 
Tagen. 



Nach 90 
Tagen ge- 
bessert 
entlassen, 
später ge- 
heilt. 



Geheilt 

nach 42 

Tagen. 



16* 



230 



XIX. BRAUNSTEIN 



»4 

8 
i 


Name, 

Alter, 

Geschlecht 


Subjective 
Symptome 


Otoskopischer Befund, 
Umgebung des Ohres 


Temp. 
Puls 


Augenhinter- 
grund 


Schwindel 


42 


Franke, 

Karl, 
23 Jahre. 

M. 
Aufgen. 
20. Mars 

1900. 


Ohreiterung 
rechts seit dem 
16. Jahre. Seit 
14 Tagen Schmer- 
zen im rechten 
Ohr. In letzter 
Zeit Schmerz sehr 
heftig. 

Schwindel, unsi- 
cherer Gang, Er- 
brechen. Schlaf- 
losigkeit. Appetit 
schlecht. 


Hinter dem rechten Ohr 
auf d. Planum mastoid. eine 
Narbe, Druckempfindlichkeit 
in der Narbe und besonders 
am vorderen Band der Spitze 
u. Occiput. Becht. GehOrgang 
Tollständig stenosirt durch 
kugelige Vorwölbung der 
hinteren häutigen Wand des 
knöchernen Gehörgangs. Im 
Spalt Granulationen und 
weisse schmierige Massen. 


37,6— 
39,7«. 

80, 
regelm. 
kräftig. 


Augenhinter- 
grund normal. 
Pupillen beide 
mittelweit, rea- 
giren gut auf 

Lichteinfall. 
Nystagmus ro- 
tatorius beim 
Fixiren u. beim 

Sehen nach 
oben, nach links 
u. nach unten. 


Gang un- 
8icher,fällt 
b. Gehen 
mit ge- 
schlossen. 
Augen 
nach 
rechts. 



Jung, 

Ernestine, 

63 Jahre. 

W. 

Aufgen. 

31. Jan. 

1899. 



Föllner, 

Anna, 

19 Jahre. 

W. 

Aufgen. 

29. März 

1899. 



Seit 17 Wochen 
Ohreiterung. Vor 
Weihnachten be- 
reits Anschwellg. 
hinter dem 1. Ohre 
und Eiterduroh- 
bruch. In letster 
Zeit öfters Kopf- 
schmerzen, Nacht- 
ruhe gestörtyHitze, 
Erbrechen, Stuhl- 
gang träge, 
Schwerhörigkeit. 

Seit 18. Febr. in 
poliklinischer Be- 
handlung wegen 
acuter Eiterung 
rechts. Dieselbe 
war schon geheilt. 
Donnerstag Yor 14 
Tag. Adenotomie. 
Sonntag vor 8 Tag. 
Schmerzen im r. 
Ohr u. hinter dem- 
selben. Nachts oft 
kein Schlaf, die 
Eiterung begann 
wieder. 



Umgebung des linken 
Ohres nach hinten und oben 
in weitem Umfange ödema- 
tös. Druckempfindlichkeit 
auf dem Planum und nach 
dem Occiput zu. Auf Pla- 
num ulcerirte Stellen, aus 
denen auf Druck Eiter quillt. 
Die Sonde dringt ti^ ein 
und stösst auf Knochen. 



Die Gegend des rechten 
Proc mastoid. etwas ge- 
schwollen. Massiges Oedem. 
Druckempfindlichkeit. 

Beohtes Trommelfell in- 
jicirt und geschwollen ; klei- 
ne runde Perforation hinten 
unten. 



37,0— 
37,30. 



37,60. 

96. 

30./3. 

36,9— 

39,1 — 

39,6«. 

124. 

31./3. 

39,4, 

39,2, 

39,3, 

38,5, 

38,70. 

86. 



Pupillen gleich 
weit, reagiren. 
KeinNystagmus, 
keine Lähmung. 



B. Acut! 

Vacat. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Vacat. 



Ueber extradarale otogene Abscesse. 



231 



Localisir- 
bare Hirn- 
symptome 



HOrprüfang 



Diagnose 



Befund der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrräume 



Sitz des 
Absoesses 



Angaben über 
Grösse d. Absoes- 
ses, Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura eto. 



Heilung 



Parese des 
r. Facialis. 
I Kann 
nicht pfeif. 

Rechtes 
Auge kann 
geschloss. 

werden, 
doch nicht 
so gut als 
1. Zunge 
wird ge- 
rade her- 
rausgeatr. 



Bechts : Laute 
Worte durch d. 
Hörschlauch. 
Gl vom Scheitel 
nach links. Fi84 
rechts b. stark. 
Nagelanschlag. 



Chron. 

Eiterung 

rechts. 



Warzenfortsatz 
mit Cholesteatom 
angefüllt. In der 
Paukenhöhle Gra- 
nulationen. Den 
horizontalen Bo- 
gengang heraus- 
präparirt; darun- 
ter liegt der Fa- 
cialis firei. 

Dicht neben dem 
Facialis eine nach 
unten reichende 
Zelle, die mit Eiter 
^'efallt ist und zum 
extraduralen Abs- 
cess fuhrt. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Dura und Sinus 
sigmoid.theilweise 
mit schmierigen 
dtlnnen Granula- 
tionen bedeckt. 



Geheilt 
nach 106 
Tagen. 
Mundast 
des Facia- 
lis noch 
gelähmt. 



fälle. 

Vacant. 



Yaoant. 



Links laute 
Worte direct. 
Gl Tom Scheitel 
nach 1. Rinne 
beiderseits — . 
Fi84 links bei 
Fingerkuppen- 
anschlag. 



Flüstern rechts 
am Ohr. Gi y. 
Scheitel nach r. 
Rinne reohts — . 
Fis4 normal. 



Acute 

Eiterung 

links. 



Acute 

Eiterung 

rechts. 



Durchbruch der 
Gorticalis am hin- 
teren Rande des 
Planum. Die Ver- 
folgung dieses 
Durchbruchs führt 
zu einem Extra- 
duralabscess. Eiter 
im Antrum u. den 
Zellen der Spitze. 



Im Antrum Ei- 
ter und granu- 
lirenda Schleim- 
haut. Warzenfort 
satzzellen mit gra- 
nulirend. Schleim- 
haut. In d. Spitze 
grosser Herd gra- 
nulärer Massen. 
Fistel an der me- 
dialen Seite der 
Spitze zu einem 
perisinuösen Abs- 
cess. 



Mittlere 

Schftdel- 

grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Dura liegt in 
Markstttckgrösse 
frei mit Granula- 
tionenbesetzt. Ex- 

traduralabscess 
reicht bis an den 
Sinus. 



Kleiner perisi- 
nuös. Abscess. Si- 
nuswand erscheint 
mit Granulationen 
besetzt. 



Nach 75 
Tagen ent- 
lassen. Es 

bestand 
nochGaries 
der Laby- 
rinthwand 
und des 
Pauken- 
höhlenbod. 
u. geringe 
Eit., später 
geheilt. 
Nach 67 
Tagen ge- 
heilt ent- 
lassen. 



232 



XIX. BBAUNSTEIN 



I 



Name, 

Alter, 

Gesohleoht 



Subjective 
Symptome 



Otoskopisoher Befand, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Angenhinter- 
grund 



Schwindel 



6 



Pnphal, 

Gustay, 

27 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

4. April 

1899. 



Gaudig, 
Hermann, 
29 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

23. März 

1899. 



Liebezeit, 
Friedrich, 
40 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

8. April 

1899. 



Frömmig, 
Hermann, 
29 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

1. Mai 

1899. 



Seit Mitte Fe- 
bruar Sehmerzen 
in der recht. Kopf- 
seite. Keine Ohr- 
dterung , aber 
Schwerhörigkeit. 
Sitz d. Schmerzen 
nach dem Hinter- 
kopf zu. Seit 8 T. 
Schwellung hinter 
dem Ohre. 



Seit kurzer Zeit 
Eiterung aus dem 
linken Ohr u. An- 
schwellung hinter 
demselb. Schmer- 
sen. Kein Schwin- 
del. 



Vor 12 Tag. Er- 
krankg. mit Frie- 
ren, Appetitlosig- 
keit. Aml.Oster- 
tag „Rucken* im 
r. Ohr, kurz dar- 
nach Ausfluss mit 
Nachlass der hef- 
tigen Schmerzen. 
Anschwellg. hint. 
dem rechten Ohr. 
Appetit schlecht, 
StuhWerhaltung. 
Mitunter etwas 
Schwindel u. Ge- 
fühl Y. tJebelkeit, 
aber kein Erbrech. 
3 Wooh. T.Ostern 
Influenza mit so- 
fortigen Schmer- 
zen im linken Ohr 
ohne Ausfluss; bis 
dahin stets 'ohrge- 
sund. Vor 3 Woch. 
Anschwellung u. 

Schmerzen hinter 

dem Ohr, das jetzt etwas ge- 
nässt haben soll. Seit 8 Tagen 
schlaflos vor Schmerzen. Kein 
Erbrechen, kein Frost, kein 
Schwindel. 



Hinter dem rechten Ohre 
eine massige, weiche fluctu- 
irende Schwellung. Druck- 
empfindliohkeit an der Spitze 
und unter derselben. 

Rechts: Paraoentesen- 
schnitt. Trommelfell matt, 
kein Eiter. 



Anschwellung hinter dem 
linken Ohr über dem Proc. 
mastoid. Druckempfindlich- 
keit. 

Hinten unten Perforation 
des Trommelfells. 



Geringe Infiltration am 
Ansatz des Sternocleidoma- 
stoideus. 

Spitze druckempfindlich, 
sonst unverändert. 

Rechts keine Stenose des 
Gehörgangs. Trommelfell 
hinten oben zapfenförmig 
vorgewölbt. Darunter dringt 
pulsirend Eiter hervor. 

1. V. Oedem und Druck- 
empfindliohkeit stärker. . 



Brettharte Infiltration 
hinter dem Ohr und am 
Halse herab. Flnctuation 
nicht nachweisbar. Leb- 
hafte Schmerzempflndung bei 
Berührung. 

3. Mai deutliche Flnctu- 
ation an der Infiltrations- 
stelle. 

Linker Gehörgang durch 
Schwellung der Wände 
gleichmässig verengt. In 
der Tiefe eine Spur von Se- 
cret, keine Perforation. 



37,1«, 
norm. 

5./4. 

37,40. 

76. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Yaeat. 



37,00, 
80. 



Pupillen gleich, 
reagiren. Kein 
Nystagmus, 
keine Läh- 
mungen. 



Vacat. 



37,00, 
norm. 



Ophthalmosko- 
pisch normaler 
Befund. 



Vacat. 



39,30. 
128. 



37,20, 
norm. 



Ophthalmosko- 
pisch keine Be- 
sonderheiten. 



Vacat. 



üeber extradurale otogene Abscesse. 



233 













Angaben über 




Localisir- 






Befund der War- 


Sitz des 
Abseesses 


Grösse d. Absees- 




bare Him- 


Hörprüfung 


Diagnose 


zen- resp. Mittel- 


ses, Beschaffen- 


Heilung 


svmptome 






ohrräume 


heit d. freiliegen* 




1 










den Dura ete. 




Yacant. 


Flttstem rechts 


Retroauri- 


Corticalisdirect 


Hintere 


Sinus in V/i cm 


Nach 45 




10 cm. Ci Tom 


culärerAb- 


aber Spina s. m. 


Schädel- 


Länge u. fast 2 cm 


Tagen ge- 




Scheitel nach 


scess. Ab- 


fistulös durchbro- 


grube. 


Breite freigelegt; 


heilt ent- 




rechts. Fis4 


gelaufene 


chen. Im Antrum 




war theilweise 


lassen. 




rechts b. starkem 


Mittelohr- 


nur geschwollene 




durch den extra- 






Anschlage. 


eiterung 
rechts. 


Schleimhaut, im 
hinteren Theil des 
Warzenfortsatzes 
ostltischer Herd, 
bei dessen Verfol- 
gung der extra- 
sinuöse Abscess 
aufgedeokt wird. 




sinuösen Eiter Tom 
Knochen abgeho- 
ben, mit missfar- 
benen Granulatio- 
nen bedeckt. 




Yaeant. 


Angaben fehlen. 


Acute 


Durahbruch di- 


Hintere 


Sinus in 3 zu 


Geheilt 






Biterung 


rect hinter d. Spina 


Schädel- 


l '/t cm Grösse frei- 


naoh 64 


1 




links. 


u. durch die Mitte 


grube. 


liegend, Yon pla- 


Tagen. 






Mastoidit. 


der hinteren, knö- 
chernen GehOr- 
gangswand. Der 
ganze Warzenfort- 
sati erfüllt Ton 
pulsirendem Eiter 
u. Granulationen. 




stischem Exsudat 
bedeckt. 




Yacant. 


Normale Yer- 


Acute 


Die ganze Spitze 


Hintere 


Sinus u. Dura 


Nach 81 




hältnisse. 


Eiterung. 


umgewandelt in 


Schädel- 


im Fond der Abs- 


Tagen ge- 








eine grosse mit 


grube. 


eesshöhle weit frei- 


heilt. 


, 






Eiter und blassen 




liegend. 










Granulation, aus- 






• 








xetmite Höhle, in 














deren Fond die 














Dura, resp. Sinus 








1 






weit frei liegt. 








1 
Yacant. 


Keine Angaben. 


Acute 


Proc. mastoid. in 


Hintere 


Dura in Mark- 


GeheUt. 






Mastoidi- 


eine grosse Höhle 


Schädel- 


stttokgrösse frei- 








tis mit 


umgewandelt, die 


grabe 


liegend, mit dun- 








Abscess 


bis in die Spitze 




kelrothen Granu- 








nach acut. 


reicht, aber nicht 




lationen bedeckt. 








EntzUndg. 


mit dem Antrum 












links. 


communicirt, mit 
eitrig infiltrirter 
Schleimhaut und 








1 
1 






Yiel Eiter. 









234 



XIX. BRAUNSTEIN 



E 
S 



10 



Name, 

Alter, 

Gescbleoht 



Subjective 
Symptome 



Otoskopisoher Befnnd, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
grund 



Rothe, 

Anna, 

5 Jahre. 

W. 

Aufgen. 
6. Juli 
1899. 



Kind, 

Hermann, 

13 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

6. Sept. 

1899. 



Wüllner, 
Klara, 

11 Jahre. 
W. 

Aufgen. 

23. März 
1900. 



Cyliaz, 
Friedrich, 
28 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

17. Aug. 

1897. 



Vor 6 Wochen 
Diphtherie, seit 
4 Wochen Ohrei- 
ternng rechts. An- 
schwellung hinter 
dem rechten Ohre. 



Seit 14 Tag. Süll 
das r. Ohr eitern, 
ohne dass Schmer- 
zen vorhergegan- 
gen seien. Als 
Kind will Fat. Ge- 
hirnhauten tzQn- 
dung gehabt ha- 
ben; sonst nie 
krank. Seit 14 Ta- 
gen Gesicht schief. 
Kein Schwindel, 
kein eKopfschmer- 
zen. 



Vor ca. 14 Ta- 
gen Ohreiterung 
plötzlich aufgetre- 
ten. Seit einigen 
Tagen Anschwel- 
lung hinter dem 
Ohre. 



Vor 5 Wochen 
Wasser beim Ba- 
den ins linke Ohr. 
Sofort Schmerzen, 
nach einigen Ta- 
gen heftige Otor- 
rhoe. Anhaltende 
heft. Kopfschmer- 
zen. Vor ca. 14 Ta- 
gen Anschwellung 
hinter d. Ohre. Jn- 
cision. Keine Er- 
leichterung. 



Hinter dem rechten Ohre 
ist die Haut schlaff. Ein 
Absoess daselbst entleert auf 
Druck den Rest seines In- 
halts durch den ttuaseren 
Gehörgang. Attikwand rechts 
fehlend. Steigbügel frei- 
liegend. Vollständiger De- 
feet des Trommelfells. An 
der medialen hinteren Gehör- 
gangswand stellenweise Kno- 
chen freiliegend. Pauken- 
schleimhaut roth und gra- 
nulirend. — 

. Leichte Druckempfind- 
lichkeit am Planum. 

Rechts hinten Trommel- 
fellhälfte vorgewölbt. Auf 
derKuppe granuläre Schleim- 
haut. 



40,5®. 



Hinter dem rechten Ohr 
Anschwellung und Fluctu- 
ation. Trommelfell geröthet, 
hinten vorgewölbt. Perfo 
ration vorn unten, Eiterung. 



Kleine Incisionswunde 
Ober Spitze des Proc mast. 
Starke Druckempfindlichkeit 
über der ganzen Warzen- 
fortsatzgegend. Massige 

Schwellung. Oedem weit 
nach hinten und oben über 
die linke Kopfhälfte sich er- 
streckend. 

Linkes Trommelfell stark 
geröthet und geschwollen. 
Centrale Perforation, aus der 
reichlich Eiter pulsirt. 



38,R 
17/9. 
38,0». 
1 8./9. 
37,2- 
38,6®. 
120. 



39,6«. 
108. 



38,3®. 
94. 



Keine Angaben. 



Vortretende 
Bulbi. Leichter 
Strabismus di- 
vergens. Augen- 
hintergrund 
normal. Linke 
Papille etwas 
weiter als die 
rechte. Beide 
reagiren g^t auf 
Lichteinfall. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Augenhinter- 
grund normal 
Pupillen gleich 
weit, reagiren 
prompt auf 
Lichteinfall. 
Keine Augen- 
muskelstörung. 



Schwindel 



Vaoat. 



Vacat. 



Vaoat. 



Vacat. 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 



235 



Localisir- 
bare Hirn- 
gymptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befand der War- 
zen- resp. Mittel 
ohrräume 



Sitz des 
Abscesses 



Angaben ttber 
Grösse d. Absces- 
ses, Besohafifen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura etc. 



Heilung 



Facialis- 
parese r. 
Mund- 
muskeln 
werden 
gar nicht 
bewegt. 
Das rechte 
Auge kann 
Dur halb 
geschloss. 
werden. 



Faoial.par. 

r. Auge 
kann nicht 

geschloss. 

werden. 

Mundbe- 
|weg. kaum 

wahrzun. 

Zunge 
.weicht b. 

Herausstr. 

pachl. ab. 

l2l./10.ra- 

leialislähm. 

linachElek- 

.{tris-gebess. 

;8./10. Fa- 

' Cialis 

normal. 

Yacant. 



Hörprüfung un- 
möglich wegen 
Benommenheit. 



Flüstern rechts 
direct am Ohr. 
Ci Tom Scheitel 
nach rechts. 
Rinne beider- 
seits — . Fis4 
rechts bei leich- 
tem Finger- 
kuppenanschl. 



Yacaift. 



Flttstersprache 
rechts ca. hand- 
breit. Ci vom 

Seheitel nach 
rechts. Fi64 

rechts normal. 



Leise Flttster- 
sprache links 
unsicher direct. 
Ci Tom Scheitel 

nach links. 
Rinne links ne- 
gatiy. Fis4 bei 
starkem Nagel- 
anschlag. 



Otitis me- 
dia acuta. 
Mastoiditis 
rechts. 



Acute 
Eiterung 

rechts 
Facialis- 
lähmung. 



Acute 
Eiterung 
rechts mit 
Mastoidi- 
tis. 



Acute 
Eiterung 
links mit 
Mastoidi- 
tis. 



Die ganze Ober- 
flftche d. Schläfen- 
beins nekrotisch. 
Der grOsste Theil 
des Proo. mastoid. 
und der Schuppe 
bereits sequestrirt, 
in mehrer.Stücken 
zu entfernen. Ope- 
ration musste we- 
gen schlechten 
Pulses abgebro- 
chen werden. 

Cortioalis ab- 
normblutreich. In 
der Spitze eine 
grosseEitermenge, 
im Antrum eitrig 
infiltr. geschwol- 
lene Schleimhaut. 



Knochen sehr 
hyperämisch. 



Gorticalis von 
einer Granulation 
durchwachsen. Ei- 
ter im Antrum. 
Die ganze Spitze 
an der medialen 
Wand cariOs und 
nahezu in toto se- 
questrirt. Nach 
Wegnahme d. Se- 
questersgrosse mit 
Granulation, aus- 
gekleidete Höhle. 



Mittlere 
und hin- 
tere Scha- 
delgrube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 

Schädel- 

grabe. 



Hintere 
Schädel- 
grube, 



Dura liegt in 
grosser Ausdeh- 
nung frei, naoh 
d. Sinus zu schmie- 
rig verfärbt und 
mit Granulationen 
bedeckt. 



Exitus le- 
talis 8. Juli 
anPyämie. 



In der Fossa 
sigmoid. ein eztra- 
sinuOser Abscess. 
Sinus sigmoid. in 
MarkstttckgrOsse 
freigelegt, mit 
dickem roth. Gra- 
nulationspolster 
bedeckt. 



Grosser, extra- 
sinuöser Abscess. 
Sinus sigmoid. u. 
transv. in 2-Mark- 
stttckgrösse frei- 
liegend, T. schmut- 
zigen Granulatio- 
nen und fibrinösen 
Belägen bedeckt. 

Der nicht pul- 
sirende Sinus lag 
mit schmutzigen 
Granulationen be- 
deckt in der Höhle 
frei. 



Geheilt 
naoh 32 
Tagen ent- 
lassen. 
Facialis 
normal. 



Gebessert 
nach 23 
Tagen, 
dann ge- 
heilt. 



Ohreiterg. 
nach 37 
Tagen ge- 
heilt. 



236 



XIX. BRAUNSTEIN 



a 

a 





11 



12 



13 



14 



Name, 

Alter, 
Geschlecht 



SubjectiTe 
Symptome 



Otoskopisoher Befand, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
grund 



Jantke, 

Ludwig, 

44 Jahre. 

M. 

Anfgen. 

24. Febr. 

1896. 



Hass, 

Gustav, 

41 Jabre. 

M. 

Aufgen. 

7. Juli 

1896. 



Köhler, 
Christian, 
54 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

17. Oot. 

1893. 



Walter, 
Franz, 

7 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

15. Jan. 
1895. 



Seit 8. Februar 
Schmerzen im 1. 
Ohr;seit10.Febr 
Otorrhoe; seit 
1 1 . Febr. linkssei- 
tig. Kopfsohmerz. 
Seit 8 T. Sobwin- 
delgefübl. Grosse 
Mattigkeit. 



Seit ca. 8 Woch. 
SchwerbOrigkeit 
n. Schmerzen des 
rechten Ohres und 
der Gegend des 
Proc. mastoid. Pa- 
raoentese entleert 
Eiter. Profuse Ei- 
terung, dabei stets 
Scbmerzen. 



Seit 8 Wocben 
heftige Schmerzen 
im I.Ohr. Oefters 
Ausfluss. Bei Si- 
stirung wieder 
Schmerzen. Viel 
Kopfschmerzen. 



Seit 8 Wochen 
ohrleidend. Be- 
ginn mit Schmer- 
zen. Keine Eite- 
rung. Schwerhö- 
rigkeit rechts. 
Kopfschmerzen 
rechts. 



Links geringe Schwel- 
lung hinter dem Obr. Druck- 
empfindlichkeit 3-^4 Quer- 
tinger breit hinter der Ohr- 
muschel. 

GehOrgang links normal. 
Trommelfell intensiv ge- 
röthet. Yorwölbung der hin- 
teren Trommelfellbälfte. 
ParacentesenOffnung, reich- 
liche Eiterung. 



Die Umgebung des rech- 
ten Ohres ohne jede Schwel 
lung und Druckempfindlich- 
keit. An einer circumscripten 
Stelle nach dem Occiput zu 
wird «innerlicher Schmerz** 
angegeben. 

Rechter Gehörgang ge- 
röthet, nicht stenosirt ; Trom- 
melfell geröthet, hinten unten 
blasig vorgewölbt, mehrere 
kleine Perforationen, reich 
lieh dttnnfltlssiger Eiter. 

Ueber und hinter aem|38,0 — 
Ohre starke ödematöse' 38,7^ 
Schwellung ohne ausgespro- 
chene Fluctuation. Schmer- 
zen spontan, bei Druck sehr 
zunehmend. Trommelfell 
sehr geröthet, leicht convex, 
kleine Perforation hinten 
unten. Eiterung. 



38,4«. 
60-90. 
29./2.- 
15./3. 
Temp. 
norm. 
PnU 
56-90. 



36,6«. 



Die Gegend des rechten 
Warzenfortsatzes frei: nach 
hinten davon zum Occiput 
Oedem; einen Zoll hinter 
Muschelinsertion deutliche 
Fluctuation. 

Rechter Gehörgang kaum 
verengt. Trommelfell in der 
hinteren Hälfte sichtbar, ge- 
röthet, vorgewölbt. Die 
Grenze zwischen Trommel- 
fell und Gehörgang hinten 
oben nicht markirt wegen 
leichter Schwellung. 



37,6«. 

90, 

klein. 



Augenhintergr. 

beiders. normal. 

15. März. Linke 

PupiUe weiter 

als die rechte 

u. trägere Re- 

actionaufLicht- 

einfalL. 

Augenhinter- 

grand itets 

normal. 

Augenhinter- 
grund beider- 
seits normal. 



Schwindel 



Ophthalmosko- 
pischer Befund 
normal. 



Ophthalmosko'' 

pischer Befund 

normal. 



Yacat. 



Vaoat. 



Yacat. 



Yaoat. 



Ueber extradorale otogene Abscease. 



237 



Localisir- 
bare Him- 
symptome 



1 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befand der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrränme 



Sitz des 
Abeceases 



Angaben Über 
Grösse d. Absoes- 
ses, Besobaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura eto. 



Heilung 



Yaeant. 



Yaoant. 



Vacani. 



Yaoant. 



Flttsterspraohe 
links eben noch 
diobt am Ohr. 
Ci vom Scheitel 
u. aueh Tom r. 

Wanenfortsatz 
aus nach links. 
Rinne — . Gi 1. 
b. mittl. Ansohl. 
FiB4 bei mittel- 
starkem Nagel- 
ansohlag. 

Flnsterspracbe 
rechts 4 --5 cm. 
Ci Tom Scheitel 

naoh rechts. 

PerceptionsTer- 
mögen für hohe 
Töne rechts er 
heblich herab- 
gesetzt. 



Acute 
Mittelohr- 
eiterung 
links. 



Acute 

Mittelohr- 

eiterung 

rechts. 



Flttsterspraohe 

links 0,25 m. 

Ci Tom Scheitel 

naoh links. 

Fis4 deutlioh 

links. 



Mastoiditis 

nach acut. 

Mittelohr- 

eitemng 

links. 



Flttsterspraohe 

rechts handbreit, 

Ct vom Scheitel 

nach rechts. 

FiB4 deutlich. 



Acuter 
Mittelohr- 
katarrh 
rechts. 



28. Febr. Die 
ganzen Warzen* 
Zellen erfttllt von 
Eiter. ImAntrum 
Eiter. Den kran- 
ken Knochen bis 
an die Dura frei- 
gelegt. 



Im Antram kein 
Eiter, nur ge- 
sohwoU. Schleim- 
haut, keine Weg- 
leitung nach der 
SohädelhOhle. 



Im Antrum und 
den Gellul. mast. 
Schleimhaut nor- 
nuil; keine Weg- 
leitnng nach der 
SohädelhOhle. 



In den Cellul. 
mast. eitrig infil- 
trirte Sohleim- 
haut; ein Tropfen 
oonfluirten Eiters. 
Keine Wegleitg. 



Mittlere 

Schädel- 

grnbe. 



Mittlere 

Sohädel- 

grube ttber 

dem Teg 

men tym 

pani. 



Mittlere 
Schädel- 
grube. 



Mittlere 

Schädel. 

grübe. 



Erst durch die 
Section gefunden. 
Extraduraler Abs- 
oess in der Gegend 
des Foram« lac. 
sin. Im Eiter Ba- 
cillus pneumoniae 
Fraenkel. 



Walnussgross; 
Dura mit Granu- 
lationen besetzt. 
Keine Gommuni- 
cation mit d. Mit- 
telohrräum., Kno- 
ohenwand zwisch. 
Abscess u. Antrum 
makroskop. ohne 
Yerttnderungen. 



AbscesshOhle Ton 
Eiter u. Granula- 
tionen erfüllt , der 

Dura in 5 cm 
liängsausdehnung 
aufsitzend. Nach 
dem Antrum zu, 
aber gegen das- 
selbe abgesohlos 
sen, führt ein mit 
eitrig infiltrirter 
Schleimhaut aus- 
gekl. Fistelgang. 

Basis des Abs- 
cesses ö-Pfennig- 
stttckgross, deuÜ. 
Abscessmembran. 
Im Eiter Strepto- 
kokken. 



Exitus le- 
talis in 
Folge von 
Menin^tis 

purul. 
23. März 

1896. 



Nach 28 
Tagen ge- 
bessert 
entlassen. 



Nach 75 
Tagen ge- 
heilt. 



Gehellt 

naoh 27 

Tagen. 



238 



XIX. BRAUNSTEIN 



u 

B 
B 



Name, 

Alter, 

Geflohleoht 



Subjeotive 
Symptome 



Otoskopischer Befund, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augen hinter« 
grund 



Schwindel 



15 



16 



17 



IS 



Kiehr, 
Karl, 

46 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

14. Jan. 
1895. 



Eskan, 
Hermann, 
46 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

26. Not. 

1895. 



Träger, 
Otto, 

48 Jahre. 
M. 

Anfgen. 

3. April 
1900. 



Lenz, 
Adolf, 

37 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

26. April 
1900. 



Vor 7 Wochen 
pl6tzlich reissende 
Schmerzen, Ohren- 
sausen u. Schwer- 
hörigkeit rechts. 
EeinAusflnss; zu- 
weilen Schwindel. 



Seitl2.Noy.Ge- 
fllhl von Versto- 
pfung des 1. Ohres 
nach Schnupfen. 
Am nächsten Tage 
Otorrhoe. Zeit- 
weise Stechen in 
1. Kopfhäute vom 
Ohr ausgehend. 
Seit 24. November 
schmerzh. Schwel- 
lung hint. d. Ohre. 
Seit 8 Tag. keine 
Eiterung mehr. 

Vor wenigen 
Wocheninfluenza. 
Im Anschluas da- 
ran Schmerzen im 
linken Ohr. Eite- 
rung. Fieber. 



Vor 4 Wochen 
plötzlich Sausen 
und Beissen im 
rechten Ohr. Da- 
bei Schwindel, 
Frost und Hitze. 
4 — 5 Tage später 
Ausfluss. Schmer- 
zen wurden all- 
mählich besonders 
Nachts stärker. 



Das rechte Plan, mastoid« 
nnd der angrenzende Theil 
der Warzenfortsatzgegend 
nach dem Oooiput druck- 
empfindlich. Leichtes Oedem. 

Stenose des rechten Ge- 
hörgangs durch Senkung der 
hinteren oberen Gehörgangs- 
wand. Trommelfell nur im 
hinteren unteren Quadran- 
ten sichtbar, geröthet, mit 
macerirter Epidermis be- 
deckt. 

Böthung und Schwellung 
der Umgebung des linken 
Ohres, sehr weit nach hinten. 
Flnctnation. 

Links Senkung der obe- 
ren Gehörgangswand. Trom- 
melfell nur zum Theil zu 
sehen. Am Tage nach der 
Aufnahme Gehörgang weiter. 
Trommelfell stumpfgrau, ab- 
geflacht. 



Die Gegend über und 
hinter d. linken Ohr entzünd- 
lich geschwollen. Gehörgang 
besonders von oben her ver- 
engt. 

Trommelfell nur im un- 
teren Theil sichtbar perfo- 
rirt. Eiterung. Am Beginn 
des knöchernen Gehörgangs 
eine Fistel. 



Oedem über dem Warzen- 
fortsatz. Starke Druckem- 
pflndlichkeit über. dem Pla- 
num. 

Die hintere obere Hälfte 
des 'Trommelfells stark ge- 
röthet und geschwollen. Ueber 
die unteren Quadranten 
verläuft ein Paracentesen 
schnitt. 



37,6«. 

56, 
kräft. 
21./1. 

50. 



36,7— 
37,2«. 
66. 
30./11. 
70-90. 
5./12. 
66-90. 



37,3°. 
86. 



37,4«. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Vacat. 



Augenhinter- 
g^und normal. 



Vacat. 



Augenhinter- 
grnnd normal. 



Vacat. 



Pupillen gleich 

weit, reagiren 

richtig. Kein 

Nystagmus, 

keine Lähmung. 



Vacat. 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 



239 



Looaliiir- 
bare Him- 
symptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befund der War- 
zen- resp. Mtttel- 
ohrräume 



Sit! des 
Abioesses 



Angaben ttber 
Grösse d. Absces- 
ses, Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura ete. 



Heilung 



Vacant. 



Yaoant. 



Vaeant. 



Yaoant. 



■I 



Flüstersprache 
rechts 5 cm. 

Ci Yom Scheitel 
nach rechts. 

Fis4 rechts her- 
abgesetzt. 



Flttstersprachc 
links 30 cm. 

Gl yom Scheitel 
nach links. 

Fi84 links wenig 
herabgesetzt. 



Links : Uhr vom 
Knochen herab- 
gesetzt , per 
Luft —. 

Flüstersprache 
links dicht am 
Ohr. Gl vom 
Scheitel nach 
links. Fi84 links 
bei Nagelan- 
schlag schwach. 

Massig leises 
Flüstern rechts 
74 m. Gl Tom 
Scheitel nach 
rechts. Gi bei 
kräftigem An- 
schlag. Fis4 
nicht gehört. 
Rinne rechts — . 



Acuter 
Mittelohr- 
katarrh 
rechts. 



Acute 
Mittelohr- 
eiterung 
links ab- 
gelaufen. 

Acuter 
Mittelohr- 

catarrh 

links. 



Otitis me- 
dia puru- 
lenta acuta 
post in- 
fluenxam 
links. 



Acute 

Fiterung 

rechts. 



Im Antrum eitrig 
infiltrirte Schleim - 
haut. In d. Spitze 
grosser Eiterherd, 
von dem aus ein 
stecknadeldünner 
Fistelkanal nach 
hinten oben in die 
hintere Schädel- 
grube führt. 



Schleimhaut des 
Antrums und der 
Gellul. mast. eitrig 
infiltrirt. Keine 
Begleitung. 



Hintere 
Schadel- 
grube. 
Extra- 
dural. 



Ausgedehntes 
Empyem des gan- 
zen Froc. mast. 
bis tief in die 
Spitze. Fistulöser 
Dürchbruch im 
Beginn des knö- 
chernen Gehör- 
gangs. Jochbogen 
nekrotisch. 



Im Antrum ge- 
schwollene u. eit- 
rig infiltrirte 
Schleimhaut. Aus 
einer haarfeinen 
nach der hinteren 
Schädelgrube füh- 
rendenFistelquillt 
viel Eiter hervor. 



Hintere 

Sohädel- 

grube. 



Mittlere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Zwei Theelöffel 
Eiter enthaltend. 
Dura Ton Granu- 
lationen bedeckt. 
Im Eiter lancett- 
förmige Diplo- 
kokken. 



Dura in 1 bis 
2 qcm freiliegend 
mit fibrinös. Auf- 
lagerungen u. Gra- 
nulation, bedeckt. 
Im Eiter Bacil- 
lus pneumoniae 
Fraenkel. 



Geheilt 

nach 51 

Tagen. 



Geheilt 

nach 32 

Tagen. 



Grosser Extra- 
duralabsoess .Dura 
mit dickem, theil- 
weise fibrinösem 
Polster bedeckt. 
Nekrotische Stelle 
in der Dura, da- 
selbst Dürchbruch 
derselben, aber 
keine Eiterung 
aus dem Dürch- 
bruch. 

Walnussgrosser, 
extraduraler und 
extrasinuöser 
Abscess. Dura 
mit dickem Gra- 
nulationspolster 
besetzt. 



Nach 100 
Tagen ge- 
heilt ent- 
lassen. 



Nach 47 
Tagen ge- 
bessert ent- 
lassen, 
später ge- 
heilt. 



240 



XIX. BRAUNSTEIN 



»4 

S 

s 



Name, 

Alter, 

Geschlecht 



Snbjective 
Symptome 



Otoekopiflcher Befund, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
grund 



Schwindel 



19 



20 



21 



22 



Ringleb, 

Minna, 

5 Jahre. 

W. 

Anfgen. 

4. April 

1900. 



Eule, 
Wilhelm, 
18 Jahre. 

M. 
Aufgen. 
23. Jan. 

1901. 



Gross, 
Andreas, 
29 Jahre. 

M. 
Aufgen. 
18. Juni 

1901. 



Am Montag vor 
Weihnachten Oh- 
renschmerzen und 
Schwerhörigkeit 
rechts ; bis je^t an- 
dauernd. Nie Aus- 
fluss. Anschwel- 
lung hinter dem 
Ohre. 



Kurz Tor Ostern 
Inflaenza. Acht 

Tage später 
Schwerhörigkeit, 
Sausen im rechten 
Ohr. Nach eini- 
gen Tagen wieder 
verschwunden. Am 
23. Mai plötzlich 
heftige Schmerzen 
im rechten Ohr, 
zugleich Mattig- 
keit in den Glie- 
dern, Frost. Seit 
14 Tagen Eiterung; seit 10 
Tagen Schmerzhaftigkeit im 
Proc. mast. Kopfschmerzen 
besonders im Hinterkopf. 

Früher angebl. 
stets ohrgesund. 
Mitte Juli a. c. 
Scharlach. Anfang 
August Ohrenlau- 
fen rechts. Nie- 
mals Schmerzen. 
Vor 8 Tagen An- 
schwellung hinter 
dem Ohr. Sonst 
Allgemeinbefin- 
den gut. Kein 

Frost, kein 
Schwindel. 



Renner, 

Hildegard, 

14 Jahre. 

W. 

Aufgen. 

26. Sept. 

1900. 



Rechts Warzenfortsats in 
ganzer Ausdehnung druck- 
empfindlich. Infiltration. 
Fluctuation. Oedem. Rechts 
keine Stenose. Trommelfell 
hinten vorgewölbt. 



38,7^ 
sehr 

frequ, 
und 

klein. 



Hinter dem rechten Ohr 
auf dem Planum Anschwel- 
lung. Der ganze Warzen- 
fortsati druckempfindlich. 
Haut OdematOs. Dicht hinter 
der Insertion slinie der Mu- 
schel Fluctuation. 

G^hOrgang weit, viel Eiter, 
TrommelfellgerOthet. Hinten 
oben Paracentesenschnitt. 

Rechts Warzenfortsatz 
auf Druck schmerzhaft. 
Leichtes Oedem der Haut. 

Rechter GehOrgang ver- 
engt durch Vorspringen der 
hinteren oberen Wand. Trom- 
melfell stark gerOthet, theil 
webe vorgewölbt, hinten 
unten pulsirender Reflex. 
Profuse blutig tingirte Eite 
rung. 



Hinter dem rechten Ohre 
eine von der Spitze des Proc. 
mastoid. nach oben bis zur 
Hohe des oberen Randes der 
Ohrmuschel reichende pralle 
Geschwulst, über der die 
Haut gerOthet ist. Fluctu- 
ation. Bei Druck auf An- 
schwellung entleert sich 
Eiter aus dem GehOrgang. 

Untere Hälfte des Trom- 
melfells durch polypöse Gra- 
nulation verdeckt, hinter der 
Eiter hervorquillt. Perfo- 
ration vorn unten. 



37,0— 

37,5^ 

92. 



Ophthalmosko- 
pisch normaler 
Befund. 



37,3«. 
80. 



38,0«. 



Vacat 



Ophthalmosko- 
pisch normaler 
Befund. 



Yacat. 



Pupillen gleich 

weit, reagiren 

normal. Kein 

Nystagmus, 

keine Ltiimung. 



Vacat 



üeber extradurale otogene Abicesse. 



241 



p 1 










Angaben über 




Localisir- 






Befund der War- 


Sitz des 
Abscesses 


Grösse d. Absces 




bare Him- 


Hörprüfung 


Diagnose 


zen- resp. Mittel- 


ses, Beschaffen- 


Heilung 


lymptome 






ohrräume 


heit d. freiliegen- 














den Dura etc. 




__ 


Angaben fehlen. 


Acute 


ImAntrumEiter 


Hintere 


Perisinuöser Ab- 


Geheilt 




^7 


Eiterung 


und geschwollene 


Schadel- 


scess. Sinuswand 


nach 80 






rechts. 


SchleimhautNach 

hinten Durch- 
brach. Grosse 
eiterhaltige Zelle 
unter der Linea 
temporalis. Spitze 
enthalt grosse Zel- 
len mit Schleim- 
eiter. 


grube. 


hell, vererbt. 


Tagen. 


Taoant. 


Finstersprache 


Acuter 


In Antrum und 


Hintere 


Kirschgrosser, 


Geheilt 




rechts hand- 


Mittelohr 


Warzenfortsatz 


Schädel- 


extrasinuöser Ab- 


. nach 60 




breit. 


katarrh 
recht^. 


nur eitrig infiltrir- 
te Schleimhaut. 
Fistel hinter dem 
Plan, mastoid. 


grnbe. 


scess. Hahnen- 
kammartig Sassen 
misafarbene Gra- 
nulationen auf d. 
Sin. sigmoid. 


Tagen. 


Vacant. 


Flttttersprache 


Acute 


Im Antrum we- 


Hintere 


Kirschgrosser, 


Geheilt 




rechts nicht ge- 


Eiterung 


nig Schleimeiter. 


Schädel- 


extrasinuöser Abs- 


nach 35 




hört. Ci vom 


rechts. 


In d. Spitze grosse 


grube, 


oess. Der rothe, 


Tagen. 




Scheitel nach r. 




Eifcer und polypös 




entzündete Sinus 






Ci u. Fi84 rechts 




entartete Schleim- 




sigm. mit schlaf- 






stark herab- 




haut enthaltende 




fen Granulationen 






gesetzt. 




Zelle. Fistel hin- 




besetzt. 










ter dem Planum 




i 








mastoid. 








Vacant. 


Finstersprache 


Acute 


Der Gegend der 


Hintere 


Kirschgrosser, 


Geheilt 




rechts ca. im. 


Eiterung 


Fosaa sigm. ent- 


Schädel- 


extrasinuöser Abs- 


nach 48 


1 
i 




rechts. 


sprechend eine Fi- 
stel in der Corti- 
oalis. Knochen 


grube. 


cess. Der Sinus 
sigmoid. theil weise 
mit Granulationen 


Tagen. 


* 

1 






sehr weich, eiter- 
durchsetzt. Aus 
dem aufgemeissel- 
ten Antrum reich- 
lich Eiter. Kno- 
chen oben bis an 
die Dura reichend. 




bedeckt. 










Entfernung der 












Spitze nöthig. 


1 







242 



XIX. BRAUNSTEIN 



E 
S 



23 



24 



25 



26 



Name, 

Alter, 

Geschlecht 



Subjective 
Symptome 



Otoskopidcher Befund, 
Umgebung des Ohres 



Schäfer, 
Gostay, 
19 Jahre. 

M. 

Anfgen. 

27. AprU 

1900. 



Vogt, 
Henriette, 
42 Jahre. 

W. 

Attfgen. 

7. Aug. 

1893. 



Batzlaff, 
Marie, 

36 Jahre. 
W. 

Anfgen. 

28. Oct. 
1893. 



Heiner, 
Friedrich, 
46 Jahre. 

M. 

Aufgea. 

28. Dec. 

1893. 



Vor 4-5 Wo- 
chen Influensa. 
Darauf Sohmenen 
im linken Ohr. 
Eiterung. 



Anfang April 
nach Schnupfen 
Eiterung aus dem 
rechten Ohr. 14 
Tage nach Beginn 
Anschwellg. hin- 
ter demOhr . Mehr- 
malige Unterbre- 
chung der Eite- 
rung. Vor ca. 8 
Tagen nach war- 
men Umschlilgen 
plötzlich Zunahme 
der Anschwellung. 

Hefiige Kopf- 
schmersen. Kein 
Schwindel, kein 
Erbrechen. 

In der Kindheit 
wiederholt Ohren- 
laufen.Vor5Woch. 
Influenza. Nach 

einigen Tagen 
Schmerzen i. rech- 
ten Ohr und Eite- 
rung. Spontan und 
bei Druck Schmer- 
zen hinter und 
über dem rechten 
Ohr. Schlaflosig- 
keit Starkes 
Pfeifen und Sau- 
sen im Kopf. Nie 
Schwindel od. Er- 
brechen. 

Vor 4 Wochen 
Influenza, darauf 
Stechen im linken 
Ohr. Seit 10 Ta- 
gen Eiterung. Vor 
etwa 3 Wochen 
mehrtägiges Er- 
brechen mit 
Schwindel und viel 
Kopfschmerzen. 



Ueber der Spitze des 
Proc. maatoid.Dmckempfind- 
iichkeit. 

Gehörgang weit. Vor- 
wölbung des Trommelfells. 



Gegend hinter dem rech- 
ten Ohr geschwollen und 
erysipelatös geröthet. Auf 
Druck sehr schmerzhaft. 
Ueber der Höhe des Warzen- 
fortsatzes Flnctuation. Bei 
Druck auf diese Stelle Eite 
rung aus dem Gehörgang. 
Eeohts profuse Eiterung. 
Starke Senkung der hinteren 
oberen Gehörgangswand. 



Temp. 
Puls 



Nor- 
mal. 



36,4— 

37,7«. 



Hinter und über dem 
rechten Ohre ödematöse An- 
schwellung. Druckempflnd 
lichkeit. Flnctuation nicht 
deutlich zu fühlen. 

Rechts : Senkung der 
oberen Gehörgangswand 
Haut geröthet. Oberer Theil 
des Trommelfells verdeckt. 
Hinten unten Perforation 
Profuse Eiterung. 



36,6— 

37,70. 



Umgebung des linken 
Ohres o. B. 

Trommelfell abgeflacht. 
Gehörgang geröthet, Ueber- 
gang auf Trommelfell ver- 
waschen. Centrale kleine 
Perforation. 



Augenhinter- 
grund 



36,7— 
38,8«. 



Pupillen gleich 
weit, reagiren 
richtig. Kein 
Nystagmus, 
keine Augen- 
muskellähmung. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Schwindel 



Pupillen gleich 
weit, reagiren 
prompt auf 
Lichteinfall. 
Keine Störung 
in den Augen- 
bewegungen. 
Augenhinter- 
grund normal. 



Strabismus oon- 

vergens seit 

Kindheit. 



Vacat. 



Vacat. 



Vacat. 



Vacat. 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 



243 



Localisir- 
bare Hirn- 
symptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befund der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrräume 



Sitz des 
Abscesses 



Angaben ttber 
Grösse d. Absoes- 
Bescbaffen- 



863, 



heit d. freiliegen- 
den Dura eto. 



Heilung 



Yacant. 



I ■ 



Vacant. 



Yacant. 



Yacant. 



Flttstersprache 
rechts 15 cm. 
Ci Yom Scheitel 
nach rechts. 
Fi84 etwas her- 
abgesetzt. 



FlUsterspraohe 
rechts 15 cm. 

Gl vom Scheitel 
nach rechts 

Fi84 rechts deut- 
lich. 



Flttstersprache 
links handbreit. 
Ci vom Scheitel 

meist nach 

rechts. Fi84 

beiderseits 

deutlich. 



Otitis me- 
dia pnru- 
lenta acuta 
sinistra. 



Acute 
Eiterung, 
Mastoidi- 
tis, Absoess 

rechts. 



Acute 
Eiterung 

rechts. 
Mastoidi- 
tis. 



Acute 

Eiterung 

links. 



Im Antrum eitrig 
infiltr.y stark pro- 
labirte Schleim - 
baut. In d. Spitze 
des Froc. mastoid. 
Empyem, Weglei- 
tung. Disseminirte 
kleine, mit Eiter 
erfüllte Zelle. 

Bei Eröffnung 
der Spitze gelangt 
man in eine grosse 
mit Eiter u. Gra- 
nulat, ausgefüllte 
Höhle; Wandun- 
gen deutl. cariös. 
Spitze communi- 
cirt mit dem mit 
Granulationen er 
füllten Antrum. 



Aus dem An- 
trum quillt eine 
Menge Eiter un- 
ter hohem Druck 
hervor. 



In den oberfläch- 
lichen Zellen des 
Proc. mast. Eiter. 
Aus Antrum pul- 
sirt bei der Eröffnung viel 
Eiter hervor. Antrum u. Zellen 
d. Proc. mast. strotzend m.Eiter 
und Granulationen an geftlUt. 
Mediale Seite der Sulouswand 
reichl. mit Granulat, besetzt. 



Hintere 

Schädel- 

gmbe. 



Hintere 
Schadel- 
grube. 



Mittlere 
Schadel- 
grube. 



Hintere 

Schädel- 

grnbe. 



Kirschgrosser, 
extrasinuöser Abs- 
cess. Sinus roth, 
mit Granulationen 
und plastischem 
Exsudat bedeckt. 



Der pulsirende 
Sinus mit Granu- 
lationen besetzt 
liegt hint. in Pfen- 
nigstttckgrösse in 
der Höhle frei. 



Dura liegt an 
zwei Stellen frei 
in weiter Ausdeh- 
nung und ist ver- 
dickt. Zwischen 
Dura und Kno- 
chen quillt Eiter 
hervor. 



Archiv f. Ohrenheüknnde. LY. Bd. 



Sinus pulsirt, 
zeigt auffallend 
deutliche Bespira- 
tionsbewegungen. 
Sinuswand nicht 
verändert. Zwi- 
schen Sinus- und 
S Ulcus wand reich 
lieber Eiter. 



17 



Geheilt 

nach 76 

Tagen. 



Nach 39 
Tagen ge- 
heilt. 



Geheilt. 



Exitus le- 
talis 5./3. 
1894 durch 
Meningitis 
purul. 



244 



XIX. BRAUNSTEIN 



a 

E 



Name, 

Alter, 

Geschlecht 



Sabjeotiye 
Symptome 



Otoskopischer Befand, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
grund 



Schwindel 



27 



2S 



29 



Poland, 

Friedrich, 

38 Jahre. 

M. 

Anfgcn. 

19. Juni 

1895. 



Acute reehtisei- 
tige Ohreiterung 
seit oa. 4 Wochen. 
Zuweilea Schwin- 
del. 25. VI. Er- 
brechen. 5. YII. 

Schnttelfrott. 
Schwindel beim 
Gehen. 



Thieme, 
Emil, 

32 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

6. JuU 
1897. 



Früher nie 
ohrenleidend. Im 
Februar plötzlich 
Schmerlen im lin- 
ken Ohr, die nach 
Eintritt von 
Ohrenflnss 
schwanden. Nach 
14 Tagen sistirte 
OhreiteruDg. Zeit- 
weise Schwer- 
hörigkeit und 
Ohrensausen. Vor 
8 Tagen Anschwel- 
lung hinter dem 
linkenOhr. Druck- 

gchmerzhaftig- 
keit. 

Stets ohrgesund. 
Nach Pneumonie 

Ohrschmerzen 
links, Ohrenlaufen 
ca. 1 4 Tage lang. 
Keine Schmerzen 
mehr. Vor 4 Wo- 
chen wieder 
Schmerzen. An- 
fang April sehr 
heftig. Blutegel 
vorübergehende 
Wirkung. Seit 
9. IV. intensive 
Schmerzen in lin- 
ker Kopfhttlfte, 
besonders in der 
vorderen Schläfen- 
gegend und im 
Hinterkopf. Seit 
3 Wochen Appe- 
titlosigkeit und 
Mattigkeit Stuhlgang seit 3— 
4 Tagen angehalten. Viel 
Schwindelgefühl u. Uebelkeit. 



Busch, 

Karl, 

35 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

14. Aprü 

1897. 



Infiltrirte Ljrmphdrttse 
auf der Spitze des Proc. 
mast. Oedem auf der Hohe 
desselben gegen das Oociput 
zu. Starke Druekempfind- 
liehkeit daselbst. 

Das rechte Trommelfell 
gerOthety die hintej e untere 
Partie desselben vorgewölbt. 
Auf der Spitze der Vor- 
wOlbung kleine Perforation. 
Hinter linkem Ohr eine 
kleinapfelgrosse, fluctnirende 
Schwellung. Oedem in der 
Umgebung der Anschwel- 
lung. 

Trommelfell in der hin- 
teren unteren Partie abge- 
flacht, lässt Exsudat durch- 
schimmern. Leichte Hyper- 
ämie. Keine GehOrgang- 
stenoae. 7./8. Juli Nachts 
spontane Schmerzen hinter 
dem linken Ohr. 



KeineAnschwellung, kein 
Oedem hinter dem Ohr. 
Klopfempfindlichkeit über 
dem grössten Theil der lin- 
ken Schädelhttlfte bis zum 
Tub. parietale, besonders in 
der vorderen Schläfengegend 
und am hinteren unteren 
Parietalbeinwinkel. 

GehOrgang links normal. 
Trommelfell in der hinteren 
Hälfte blassgrau-rOthl. ver- 
färbt, leicht abgeflacht ; Ham- 
mergefässe iojicirt, im vor- 
deren, unteren Quadranten 
einige radiäre Gefässe. 



36,6— 
37,2«. 
5. Juli 
39,6», 
in der 
Nacht 
Frost 



36,8». 
72. 



37,8«. 

64, 

ver- 

langs., 

etwas 

ge- 
spannt, 

zeitw. 

aus- 
setzd. 
16./4. 
39,5«. 

90. 



Augenhinter- 
gmnd gering 
hyperämisch, be- 
sonders links. 



5. Juli 

Schwindel 

beim 

Gehen. 



Vacat. 



Pupillen beider- 
seits gleich eng, 
reagiren prompt. 
Angenhinter- 
grund normal. 
(Dr. Sandmann.) 



Vacat. 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 



245 













Angaben über 




Localisir- 






Befund der War- 


Sitz des 
Abscesses 


Grösse d. Absces- 




bare HiTn- 


Hörprüfung 


Diagnose 


zen- resp. Mittel- 


ses, Beschaffen- 


Heilung 


sjmptome 






ohrräume 


heit d. freiliegen- 




1 










den Dura etc. 




. Yacant 


Flüstersprache 


Aeute 


Schleimhaut der 


Hintere 


Zwei Theelöffel 


Nach 92 




reohts direct. 


Ohreite- 


Cellul. mast. eitrig 


Schädel- 


Eiter enthaltend. 


Tagen 




Fi84 rechts er- 


rung 


infiltrirt. In der 


grube. 


Granulationen im 


geheilt. 




heblich herab- 


reohts. 


Spitze wenig freier 




extra sinuösen 






gesetzt. Ci vom 


Mastoidi- 


Eiter. Wegleitg.: 




Herde. Sinus nicht 




( 


Scheitel nach 


tis. 


einzelne sich an- 




verfärbt./ 






rechts. 




einanderreihende 
Zellen bis z. Schä- 
delhöhle mit eitrig 
infiltrirt. Schleim- 
haut ausgekleidet. 




j 




Vacant. 


Flttstersprache 


Mastoidi- 


Im Antrum eitrig 


Hintere 


Taubeneigross; 


Geheilt 


■ 


links 1,50— 2 m. 


tis nach 


infiltrirte Schleim- 


Schädel- 


Dura grau, mit 


nach 32 




Ci Yom Scheitel 


aouterOhr- 


haut; ebenso Cel- 


grube. 


Granulationen be- 


Tagen. 




nach links. Fis4 


eiterung 


lul. mast. bis zur 




deckt. 






links normal 


links. 


Sohädelhöhle hin 










Kinne links — . 




mit eitrig inflltrir- 
ter Schleimhaut 
ausgekleidet. 








Vacant. 


Flttsterworte 


Acuter 


Im Antrum nur 


Hintere 


Ca. 2 Esslöffel 


Geheilt 




links nahe am 


Mittelohr- 


geschwollene 


Schädel- 


Eiter entleert. 


nach 45 




Ohr. Ci vom 


katarrh 


Schleimhaut, kein 


grube über 


Dura in 2-Mark- 


Tagen. 




ganzen Schädel 


links. 


Eiter. Wegleitg.; 


dem Sinus 


stttckgrösse frei- 






nach links ver- 


Eztradu- 


grau verfärbte 


sigm. 


liegend, von Gra- 




, 


stärkt. Fi84 


ralabscess. 


Granulationen von 


transv. 


nulation, besetzt. 




i 


links beträohtl. 




Zelle zu Zelle bis 


Rinne. 






) 


herabgesetzt. 




zur Schädelhöhle 




• 




1 






verfolgbar. 









17» 



246 



XIX. BRAUNSTEIN 



» Name, I 
I I Alter, ' 
^ Gesebleeht. 



Subjective 
Symptome 



OtoskopiBoher Befand, 
Umgebung des Ohres 




Schwindel 



30 .' Schneider, ' Acute Eiterung 



31 



32 



I 



Ida, 
V» Jahr. 

W. 
Aufgen. 



Ehring, 
Karl, 

28 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

7. Nov. 
1898. 



Polzin, 
Martin, 
42 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

23. Oet. 

1S93, 

dann 

28. Febr. 

1894. 



nachScharlach seit 
4 Wochen. Seit 
dieser Zeit Fa- 

eialisläbmnng 
rechts. Anschwel- 
lung hinter dem 
rechten Ohre. 



Acute Eiterung 
nachScharlach seit 
September 1895. 

Linksseitiger 
Kopfschmerz, An- 
schwellung hinter 
dem linken Ohr, 
kein Schwindel. 



Subacuter Ka- 
tarrh mit Entzün- 
dung am Proc. 
mast. links. 

28. Febr. 1894 
Caries occipitalis 
Abscessus subdu- 
ralis. Linkes Ohr 
soll früher stets 
nur wenige Tage 
geeitert haben. Vor 
8 Wochen wiede- 
rum Eiterung, 
Schmerzen in und 
hinter dem Ohr, 

starke Kopf- 
schmerzen links, 
besonders im Hin- 
terkopf. Nach 8 
Tagen hörte Eite- 
rung auf, doch 
Kopf- und Ohr- 
schmerz blieben. 
28. IL 1894 in den 
letzten 5 Wochen 
Anschwellunghin- 
ter dem Ohr. In 
den letzten 14 Ta- 
gen hat Fat. nicht 
schlafen können. 



Hinter der Ohrmuschel, 3S,1® 
Oedem, Druckempfindlich- 
keit. 

Links Schwellung der 
oberen Gehörgangswand. 
Trommelfell stumpfgrau, miti 
Epidermisschuppen bedeckt ;j 
Vorwölbung des hinteren, 
oberen Quadranten, keine 
Perforation, kein Eiter. 

Druckschmerz auf der Norm. 
Spitze des Proc. mastoid. 

Links: Gehöigang weit, 
Trommelfell grauroth, ab- 
geflacht, in den oberen Par- 
tien hochroth, ohne deutliche 
Grenze gegen die obere 
Gehörgangswand. Verkal- 
kungen. 

i 28. IL 1894. Links keine 37,6— 
I Eiterung, keine Senkung 38,3®. 
lund Röthung im Gehörgang. 88. 
Trommelfell blass; vorn un- 
ten Narbe. 

Hinter dem linken Ohr 
breitbasige, sehr starke Infil- 
tration. 

5. III. Geschwulst ver- 
grössert; tiefe Fluctuation 
fühlbar. 



Ophthalmosko- I Yacat. 
pischer Befund 
nichtsAbnormes. ' 



Links Leukoma 
adhaerens. 

Pupillen prompt 
reagirend. 



Vacat. 



Ueber extradurale otogene Abscesse. 



247 



' Localisir- 

,bare Hirn- 

Symptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befand der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrräume 



Sitz des 
Abscesses 



Angaben Über 
Grösse d. Absces- 
ses, Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura etc. 



Heilung 



Facialis- 
parese 
reohtt. 



Yacant. 



Yacant. 



Acute 
Eiterung 

rechts. 
Mastoidi- 
tis. 



FlUstersprache 

links 1,25 m. 

Ci Tom Scheitel 

nach links. 



Acuter 
Mittelohr- 
katarrh 
links. 
Mastoidi- 
tis. 



Links FlUster- 
sprache 35 cm. 
Ci Yom Scheitel 
nach links. 
Fis4 deutlich. 
28. Febr. 1894. 
Flüstern links 
1 Va m. 



Links : 
Caries oc- 

cipitalis. 

Abscessus 
subduralis. 



Im Antrura we- 
nig Eiter; keine 
Wegleitung. 



Mastoidealräume 
nicht eröffnet. 



Mastoidealräume 
nicht eröffnet. 



Mittlere 
Schädel- 
grabe auf 
dem late- 
ralsten I 
Theile der| 
oberen Py-i 
ramiden- ! 
fläche. ' 

Hintere 
Schadel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube an 
der Schä- 
delbasis im 
Bereich d. 
Ocoipat. 



Nekrose d. Kno- 
chens zwisch. Abs- 
cess und Warzen- 
räumen. Dura in 
20-FfenDigstttck- 
grösse freiliegend 
mit Granulationen 
bedeckt. Im Eiter 
Bacillus pneumo- 
niae Fraenkel. 

Taubeneigross ; 
Dura in 10-Pfen- 
nigstttckgrösse mit 
Granulationen be- 
deckt. Im Eiter 
Bacillus pneamo- 
niae Fraenkel. 



Knocben in der 
Mitte zwischen 
Crista occipit. ext« 
und Margo mast. 
in 2-Markstttck- 
grösse zerstört. Die 

graublaurothe, 
leicht pulsir. Dura 
liegt vor. Ränder 
d. Enochendefects 
zackig. 



? 



Nach 23 

Tagen 

ambulant 

behandelt. 

Geheilt. 



Nach 74 
Tagen 
geheilt. 



N 



248 



XIX. BRAUNSTEIN 



s 
e 





Name, 

Alter, 

Geschlecht 



Subjective 
Symptome 



OtoskopUcher Befund, 
Umgebung dei Ohres 



Temp. 
Puls 



Angenhinter- 
grund 



Schwindel 



33 



34 



35 



Oettel, 
34 Jahre. 

M. 
Aufgen. 
24. Nov. 

1892. 



Zinke, 
Johann, 
38 Jahre. 

M. 
Anfgen. 
14. Aug. 

1896. 



VOldicke, 
Richard, 
51 Jahre. 

M. 
Anfgen. 

1895. 



Vor 15 Wochen 
starke Schmerzen 
im rechten Ohr. 
Eiterung. Naoh- 
lass.- Vor 10 Wo- 
chen hOrte Eiterg. 

nach Einblasen 
eines weissen Pul- 
Ters ganz auf. Vor 

8 Wochen An- 
schwellung hinter 
d. Ohr. Abschwel- 
lung nach warmen 
Umschlägen. Seit 
14 Tagen Recidiv. 

Vor 6 Wochen 
nach Erkältung 
plötzlich ReiBsen 
im linken Ohr, 
bettlägerig, schlaf- 
los. Schiittelfrost 

NachlasB der 
Schmerzen, aber 
zeitweise Schmer- 
zen in der Mittel- 
kopf- und Stirn- 
g^end. Ohren- 
sausen, kein 
Schwindel, keine 
Schwerhörigkeit. 
Seit 3 Tag. druck- 
schmerzhafte An- 
schwellung hinter 
dem linken Ohr. 

Eiterun^^ links 
seit 8. VI. mit 
heftigstenSchmer- 
zen begonnen. Ur- 
sache unbekannt. 
Zeitweise links 
Kopfschmerzen. 
Obstipationsnei- 
gung, Appetit- 
losigkeit, belegte 
Zunge. 



Rechts Anschwellung hin- 
ter dem Ohr. Druokempfind- 
lichkeit, keine Fluctuation. 
Schlitzförmige Stenose, Sen- 
kung der hinteren oberen 
Gehörgangswand. Trommel- 
fell nicht sichtbar. 



Haut vor dem linken 
Ohr bis zum Proc. zygom. 
ödematös, hinter und tlber 
dem Ohr deutliche Schwel- 
lung und Oedem. Quer- 
flngerbreit hinter dem Mu- 
sohelansatz Druokempfind- 
lichkeit und Fluktuation. 

Links: Hintere, obere 
und untere Gehörgangswand 
im medialen Theil geschwol- 
len. Trommelfell rosa, mit 
Epidermisschuppen bedeckt, 
hinten abgeflacht. 



Links Druckempflndlioh- 
keit und Oedem hinter dem 
Ohr, besonders an der Spitze. 

Links Stenose des Ge- 
hörgangs, in der Tiefe Blut. 



36,3— 
37,6». 



Ophthalmosko 

pischer Befand 

normal. 



Yacat. 



37,8«. 
100. 



37,60. 
118. 



Pupillen gleich, 
reagiren richtig. 
Kein Nystag- 
mus, keine Läh- 
mung. 



Yacat. 



An den Augen 
keine Besonder- 
heiten. 



Yacat 



üeber extradarale otogene Abscesse. 



249 













Angaben ttber 




Looalisir- 






Befand der War- 


Sitz des 

A hap ASAAfl 


Grösse d. Absces- 




bare Hirn- 


Hörprüfung 


Diagnose 


zen- resp. Mittel- 


ses, Beschaffenheit 


Heilung 


Symptome 






ohrräume 


A UBU VSOoB 


der freiliegenden 
Dura etc. 




Vacant. Fittsterspraehe 


Mastoidi- 


Im Antrum nur 


Hintere 


Haseln ussgrosser 


Geheilt 




rechts 30 cm. 


tis nach 


geschwollene 


Schädel- 


extrasinuöser Abs- 


nach 190 




Ci Tom Scheitel 


acuter 


Schleimhaut. In 


grube. 


cesB. 


Tagen. 




nach rechts. 


Eiterung 


der Spitze d. Proc. 










FiB4 b. starkem 


links. 


mast. Eiter. Von 










Fingerkappen- 




hier aus Fistel in 










ansohlag. 




die hintere Sehä- 
delgrube. 

* 




• 


■ 


Yacant. 


Tiinks Fittster- 


Acutes 


Im Antrum nur 


Hintere 


Dura liegt in 


Geheilt. 




spraehe 25 cm. 


Empyem 


eitrig infiltr. pro- 


Schädel- 


Markstttokgrösse 






Rinne — . Ci 


des Proo. 


labirte Schleim- 


grabe. 


in der Eiterhöhle 






vom Scheitel u. 


mastlinks. 


haut. Spitze des 




frei, ist mit Gra- 






der rechten 




Proc. mast. ganz 




nulationenbesetzt. 


• 


' 


Seite nach links. 




m. Eiter angefüllt. 








1 


Gehör für 




Grössere pneuma- 






/ 




hohe und tiefe 




tische Enoohen- 






f 




Töne nicht her- 




hohlräume nach 










abgesetzt. 




oben bis weit in 
die Schuppe und 
nach hinten bis 
weit in das Occi- 
put mit Eiter und 
eitrig infiltrirter 








• 






Schleimh. erfüllt. 








Vacant. 


Fittsterspraehe 


Acutes 


Die ganze Spitze 


Mittlere 


Dura resp. Sinus 


Geheilt. 




direct unsicher. 


Empyem 


voll Eiter u. Gra- 


u. hintere 


hinten freiliegend, 






Rechts normal. 


des linken 


nulation. Im An- 


Schädel- 


mit Granulationen 






Ci Yom Scheitel 


Proc. mast. 


trum ist Eiter, un- 


grube. 


bedeckt. Im Eiter 




nach links. Fi84 




ter seinem Boden 




Staphylococcus al- 






kaum herab- 




ein grosser , mit 




bus in zahlreichen 






gesetzt. 




Eiter erfüllter Re- 
cessus. Ausge- 
dehnte Osteoma- 
lacie. 




Colonien. 





250 



XIX. BRAUNSTEIN 



u 
o 

s 

s 



Name, 

Alter, 

Geschlecht 



Subjective 
Symptome 



Ototkopiscber Befand, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
grund 



Schwindel; 



36 



Boost, 

Ferdinand, 

47 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

29. Oot 

1901. 



Haipaus, 
32 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

19. Nov. 

1901. 



38 



Enkel- 
mann, 
Friedrich, 
30 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

30. Jan. 

1893. 



Vor 2 Monaten 
Schmerlen im 
rechten Ohr und 
Versehwellung des 
Gehörgangs. Nach 
UmschlKgen Eite- 
rung w&hrend 14 
Tagen. Darauf 
heltige Schmerzen 
im Hinterkopf u. 
Genick und An- 
schwellung hinter 
dem Ohr. Damals 
Freiste. 18. X. 
Incision. Nachlass 
der Schmerzen. 
Ohrensausen seit 
2 Monaten. 
Beständig eitriger 
Ausfluss aus der 
Nase. Im An- 
schluss an den 
Gebrauch der Na- 
sendouche vor 6 
Wochen heftige 
Schmerzen im 1. 
Ohr. Seit den 
letzten 9 Tagen 

schlaflos vor 
Schmerzen. Kein 

i^ohttttelfrost, 
keine cerebralen 
Erscheinungen, 
aber Appetitlosig- 
keit und Ver- 
stopfung. 

Niemals Ohrei- 
terung. Im Sep- 
tember 1S92 An- 
schwellung hinter 
dem linken Ohr, 
die nach kalten 
Umschlägen zu- 
rückging. Seit 3 
Wochen wieder 
eine Anschwel- 
lung hinter dem 

linken Ohr, 
Schmerzen,Sausen 
im Ohr. Schwer- 
hörigkeit. 



Rechte Ohrmuschel ab- 
stehend. Hinter dem Ohr, 
ungefähr auf der Mitte d(s 
Warzenfortsatzes eine ca. 
2 cm lange fistulöse Narbe, 
in deren Umgebung die 
Haut ödcmatOs ist. Auf 
Druck dünner blutiger Eiter. 
Warzenfortsatz nicht druok- 
empfindlich. 

Rechter Gehörgang et- 
was verengt. Trommelfell 
erscheint etwas getrübt. 
Kein Eiter im Gehörgang. 



Hinter dem linkt n Ohr 
enorme Druckschmerzhaftig 
keit, besonders auf der 
Spitze des Proc. mast., un- 
terhalb der Spitze leichte 
Infiltration. 

Gehörgang normal weit, 
macerirte Epidermis darin, 
Trommelfell blauroth, stark 
vorgewölbt. Perforation nicht 
sichtbar. Nach Paracentese 
enormer Eiterausfluss, der 
bei seiner Reichhaltigkeit 
nicht aus der Paukenhöhle 
allein stammen konnte. 

2 1 . XI. Schmerzen imOhr, 
ausstrahlend in die Schläfen- 
gegend. 

Hinter dem linken Ohr 
eine Anschwellung, die auf 
der Rttckfläche der Ohrmu- 
schel beginnt. Die Haut 
geröthet. Ueber der Spitze 
des Proc. mast. eine zweite 
fluctuirende Anschwellung. 

Links schlitzförmige Ste- 
nose durch Senkung der 
hinteren, oberen Gehürgangs- 
wand. 



37,0». 
82. 



37,50. 



37,Ö<>. 



Augenhinter- 
gruttd normal. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Vacat. 



Vacat. 



Vacat. 



üeber eztradorale otogene AbBcesse. 



251 



Localisir- 
bare Sim* 
Symptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befand der War- 
zen- resp. Mlttel- 
ohrräame 



Sitz des 
Abscesses 



Angaben Über 
Grösse d. Absoes- 
Beschaffen- 



ses. 



heit d. freiliegen- 
den Dura eto. 



Heilung 



Vacant. 



Vacant. 



Flnsterspraohe 

rechts 74 m. 

Ci vom Scheitel 

nach rechts. Ci 

u. FiB4 wenig 

herabgesetzt. 



Yaoant. 



Acute 

Eiterung 

rechts. 



Acute 
Mittelohr- 
eiterung 
links. 



Flttstersprache 

links handbreit. 

Ci vom ganzen 

Schädel nach 

links. FiB4 

deutlich. 



Acute 
Mastoidi- 
tis links. 



Im Antrum kein 
Eiter, wohl aber 
in d. Spitze Weg- 
leitung: Fistel mit 
Granulation, führt 
zum eztrasinuösen 
Abscess. 



Die ganze Spitze 
d. Wanenfortsatz. 
besteht aus einer 
einzigen grossen, 
mit Eiter erf tili ten 
Höhle. Beim Aus- 
räumen der Spitze 
Weglfcitung ent- 
deckt in Gestalt 
einer haarfeinen 
Fistel, aus d. Eiter 
hervorquillt. 



Antrum u.War- 
zenfortsatzhöhle 
bilden eine Höhle. 
Viel Granulation, 
aber wenig con- 
fluirter Fiter. 



Hintere 

Sohädel- 

grube. 



Hintere 

Schädel- 
grube. 



Hintere 

Sohädel- 

grube. 



Kirsohgrosser, 
extrasinuOser Abs- 
cess. Sinus liegt 
mit schmutzigen 
Granulationen be- 
deekt hier frei. 
Weiter unten Ei- 
ter zwisohen dem 
theils entzündlich 
gerötheten, theils 

mit lappiger 
Schwarte bedeck- 
ten Sinus und 
dem Knochen. 



Haselnussgroa- 
ser, mit Eiter und 
Granulationen er- 
füllter Abscess, in 
dessen Grund die 
Dura frei lag. 



Geheilt 

nach 30 

Tagen. 



Noch in 
Behandig. 



Der mit Granu- 
lationen bedeckte 
Sinus lag in 10- 

PfennigstUek- 
grösse frei. Zwi- 
schen ihm u. Kno- 
chen Eittr. 



Gebessert 

nach IS 

Tagen, 

später ge- 
heilt. 



252 



XIX. BRAUNSTEIN 



« 
6 

E 

p 



Name, 

Alter, 

Geschlecht 



SubjectiTe 
Symptome 



Otoikopischer Befand, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 
Puls 



Augenhinter- 
g^nd 



Schwindel 



39 



40 



41 



42 



Heike, 

Friede- 
rike, 

43 Jahre. 
W. 

Aofgen. 

22. Sept. 
1892. 



Dähne, 

Christian, 

65 Jahre. 

M. 

Anfgen. 
22. Sept. 

1898. 



ClauBs, 
Ernst, 

4 Jahre. 
M. 

Anfgen. 

18. Nov. 
1897. 



Rosahl, 

Lina, 
10 Jahre. 

W. 
Aufgen. 

8. Oot. 

1898. 



Linkes Ohr soll 
früher gelaufen 
haben. Jetst An- 
schwellung hinter 
dem seit langer 
Zeit trockenen 

Ohre. Kopf- 
schmerzen. 



Nach Erkältung 
vor 10 Wochen 
Schmerzen im 
rechten Ohr und 
Ohrensausen. Ei- 
terung, Nachlass 
der Schmerzen. 
Tor 14 Tagen 
wieder heftige 
Schmerzen , be- 
sonders Nachts. 
Mattigkeit. Seit 
gestern Anschwel- 
lung hinter dem 
rechten Obre. Ap- 
petitlosigkeit, 
Schwerhörigkeit. 
Stuhlgang immer 
gut. 

Vor 5 Wochen 
Scharlach und 
Diphtherie. Dar- 
nach Taubheit. 
Längs., fast vollst. 
Besserg. Seit 14 
Tagen Eiterung 
beiders. Seit Mon- 
tag stärk.Sohmerz. 
Anschwellg. hint. 
d. r. Ohr. Obstipat. 
Vor einem Jahr 
Masern. Seit 14 
Tagen Unlust z. 
Arbeiten. Seit 
Sonntag Ohr- 
schmerzen. Darauf 
Eiterg. 1. Appetit 
schlecht, Stuhl 
träge,wenigSchlaf, 
Kopfschmerz. Fat. 
sollseit2Tag.nioht 
mehr geschlaf. hab. 
Seit gest. Anschw. 
hinter dem Ohre. 



Hinter dem linken Ohre 
prall-elastische fluctnlrende 
Geschwulst. 

Linkes Trommelfell ab- 
geflacht, etwas getrttbt, 
schwach blaurother Schim 
mer. 



Starkes teigiges Oedem 
hinter dem rechten Ohr, das 
sich Ober den ganzen Hinter- 
kopf erstreckt. 

Druckempfindlichkeit über 
dem Proc. mastoid., beson- 
ders hinten. Direct am 
Muschelansatz geringe F luc- 
tuation. 

Bechts : Senkung der hin* 
teren6ehOrgangiwand.Trom- 
melfell nicht zu sehen. Beich- 
liche, schleimig-eitrige Se- 
cretion. 



Hinter dem rechten Ohre 
eine Anschwellung, Fluotu- 
ation. Druckempfindlich- 
keit besonders Ober der 
Spitze. 

Starke Schwellung der 
rechten,äusseren6ehörgangs- 
wand in der Tiefe. Trom- 
melfell nicht zu sehen. Viel 
pulsirender Eiter im Gehör- 
gang. 

Linke Ohrmuschel steht 
vom Kopf ab. Hinter dem 
Ohr starkes Oedem und 
Schwellung. 

Im linken äusseren Ge- 
hörgang Eiter. In der Tiefe 
fetzige Massen. Starke Em 
pfindlichkeit derGehörgangs 
Wandung. Senkung der obe- 
ren hinteren Gehörgangs- 
wand. Vordere Gehörgangs- 
wand geschwoll. Dazwischen 
Granulationen, die leicht 
bluten. 



37,0«. 
8Ö. 



37,5^ 

88. 

5./6. 

38,1«. 



37,0— 

37,50. 

120- 

140. 



38,8». 

120, 

regelm. 



Augenhinter- 
grund normal. 



Pupillen eng, 
reagiren auf 
Lichteinfall. 
Bechts grosses 
Staphyloma po- 
sticum. Viele 
weisse atrophi- 
sche Stellen der 
Netzhaut. Linke 
Papille etwas 
hyperämisoh, 
stark pigmen- 
tirt. Grenzen 
scharf. 



Pupillen gleich 
weit, kein Ny- 
stagmus , keine 
Muskellähmung. 



Pupillen gleich 
weit, reagiren 
normal. 

Augenhinter- 
grund normal. 



Vacat. 



Vacat. 



Vacat. 



Taumelt b. 
Gehen mit 
geschloss. 

Augen. 

Drehen m| 

geschloss. 

Augen 
ohne ob- 

jectiven 
Schwindel 



Ueber eztradurale otogene Abscesse. 



253 



Localisir- 
Bymptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befand der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrräume 



Sit! des 
Abscesses 



Angaben Über 
Grösse d. Absces- 
ses, Beschaffen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura etc. 



Heilung 



Yacant. 



Yacant. 



Yacant. 



Yaoant. 



Flttstersprache 
links handbreit. 
Cx vom Scheitel 
nach links. Fis4 
beiderseits deut- 
lich. 



Rechts laute 
Worte, Rinne 
beiderseits — . 
Ci vom Scheitel 

nach rechts. 
Fi84 bei starkem 
Fingerkuppen- 
anschlag rechts. 



Ci Tom gansen 
Schädel nach 
links. Rinne 
links — . Fis4 
links bei leisem 
Fingerkuppen- 
anschlag. 



Acutes 

Empyem 

des Proc. 

mast.links. 



Acute 
Eiterung 

rechts. 
Mastoidit. 



Acute 
Eiterung 

rechts. 
Mastoidit. 

(Schar- 
lachotitis.) 



Acute 
Eiterung 

links, 
Mastoidit. 



Spitze des Proc. 
mastoid. in eine 
grosse, mit Gra- 
nulationen erfüllte 
Höhle umgewan- 
delt. Im Antram 
kein Eiter. Reces- 
sus nach hinten, 
der zumExtradu- 
ralabsoess führt. 

Im Antr lim reich- 
licher schleimi- 
ger Eiter. In der 
Spitze wenig Ei- 
ter. Schleimhaut 
der Warzenzellen 
stark geschwollen. 
Bei Erweiterung 
d. Höhle nach' hin- 
ten dringt gelber 
Eiter hervor. 



Im Antrum so- 
wie in der Spitze 
nur eitrig infil- 
trirte Schleim- 
haut, kein freier 
Eiter. 



Ausgedehnte 
Osteomalacie und 
eitrige Infiltration 
des ganzen War- 
zenfortsatzes bis 
tief in die Pyra- 
mide herein. 



Hintere 

Schädel- 
grube. 



Hintere 

Schädel- 

grübe. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Der grau ver- 
färbte nicht pul- 
sire'nde Sinus liegt 
in 3 cm Länge frei. 
Zwischen ihm u. 
d. Knochen quillt 
pulsirend Eiter 
hervor. 



Auf der Dura 
sitzen dunkel ge- 
färbte Granula- 
tionen. 



Kleiner extra- 
duraler Abscess 
hinten oben. 



Extrasinuöser 
Abscess. Der Sinus 
mit eitrig fibrinö- 
sem Belag bedeckt, 
ebenso die umlie- 
gende Dura. 



Nach 62 

Tagen 

geheilt. 



Geheilt 

nach 56 

Tagen. 



GeheUt 

nach 60 

Tagen. 



Geheilt 

nach 75 

Tagen. 



254 



XIX. BRAUNSTEIN 



Kl 

s 

B 



Name, 

Alter, 

Geschlecht 



Subjectiye 
Symptome 



Otoskopisoher Befund, 
Umgebung des Ohres 



Temp. 

Puls 



Augenhinter- 
grund 



Schvind^ 



43 



44 



45 



Hildenha- 
gen, 
Theodor, 

35 Jahre. 

M. 

Aufgen: 

13. Febr. 

1901. 



Hensel, 
Ernst, 

41 Jahre. 
M. 

Aufgen. 

6. ^pril 
18%. 



Winde, 
August, 
51 Jahre. 

M. 

Aufgen. 

25. Aug. 

1897. 



Vor 3 Wochen 
nach starker Er- 
kältung Schwer- 
hörigkeit, Ohren- 
sausen rechts. 
Sohmenen beson- 
ders Nachts. Aus- 
fiuss seitdem in 
reichlicher Menge, 
ibtid. Angeblich 
Fieber,Sohwindel, 
Kopfsohmeri. Ap- 
petit gering. 
Schlaflosigkeit, 
kein Frost, kein 
Erbrechen. 

Früher beide 
Ohren gesund. 
Ende Januar 
Schmerzen im r. 
Ohr, Naohlass 
nach Eintritt der 
Eiterung Mitte 
Februar. Seit ca. 
10 Tagen An- 
schwellung hinter 
dem Ohr. Im Be- 
ginn der Erkran- 
kung Schwindel, 
jetzt nicht mehr. 
Im Frühjahr 
angeblich Ohreite- 
rung rechts nach 
Lungenentzttndg. 
Vor 3 Wochen 
Ohrenschmerzen 
und Ohrensausen 
rechts ; seitweise 
Schwerhörigkeit. 



Oedem der Haut und 
Infiltration auf dem Warzen- 
fortsatz. Spitze stark druck- 
empfindlich. 

Schlitzförmige Stenose 
des rechten Gehörgangs. In 
der Tiefe quillt reichlich 
pulsirender Eiter hervor. 



39,4°. 
92. 



RöthuDg und Schwellung 
hinter dem rechten Ohr. 
Deutliche Fluctuation ttber 
Plan. mastoid. Starke 
Druckempfindlichkeit an der 
Spitze. 

Rechts: Gehörgang weit, 
beginnende Senkung der 
hinteren oberen Wand. 
Trommelfell wenig geröthet, 
▼erdickt. Keine Perforation 
za sehen. 



25, VIIIj Hinter rechtem 
Ohr pralle, nicht fluctuiren- 
de Anschwellung. Vor dem 
Tragus ebenfalls eine harte 
SteUe. Druckempfindliehkeit 
nur an der Spitze des Proc. 
mast. Senkung der hinteren 
oberen Gehörgangswand. 
Spitze der Senkung offen, 
kleine Granulation auf der 
Kuppe. Trommelfell nur in 
seinem Yorderen Theile sicht- 
bar, grauweiss trttbe. Aus 
der Paukenhöhle keine Eite- 
rung. 

13. X. Trotz Aufmeisse- 
lung am 27. VIII. Secretion 
der Wunde unverändert. 
Geringe Anschwellung hin- 
ter dem Warzenfortsatz und 
Eiterung von hinten durch 
eine feine Fistel. 



Pupillen gleich, 
reagiren. Kein 

Nystagmus, 
keine Lähmung. 



Vaoat. 



37,4«. 
100. 



36,7— 

37,0^. 

78. 



Augenhinter- 
grund normal. 



VacatJ 



Ueber eztradurale otogene Abscesse. 



255 



/oealisir- 
ireHim- 
fmptome 



Hörprüfung 



Diagnose 



Befand der War- 
zen- resp. Mittel- 
ohrränme 



Sitz des 
Abseesses 



Angaben über 
Grösse d. Absees- 
ses, Besohafifen- 
heit d. freiliegen- 
den Dura eto. 



Heilun«: 



Taoant. 



Vacant. 



Flüsteraprache 
rechts — . Ci 
vom Scheitel 
nach rechts. Ci 
u. Fis4 rechts 
stark herabge- 
setzt. Rinne 
rechts — . 



Fllistersprache 
5 m rechts. 
Rinne -\-. Fis4 
normal. Ci Yom 
Scheitel gleich- 
massig. 



Flttstersprache 

rechts 10 cm, 

nach Katheter 

30 cm. Fis4 

rechts wenig 

herabgesetzt. 

Rinne rechts -|-. 

Weber nach r. 



Acute 

Eiterung 

rechts. 



Empyem 
des Proc. 

mast. r. 
nach acut. 
Ohreiterg. 



Acutes 
Empyem 
des War- 
zenfort- 
satzes r. 



Warzenfortsatz 
in eine grosse Ei- 
ter enthalt. Höhle 
umgewandelt, mit 
nekrotisch. Wan- 
dungen. Ein tiefer 
Eiter enthaltender 
Reoess. erstreckte 
sich nach innen 
der Schädelbasis 
entlang und tief 
in die Pyramide 
hinein. 



In der Spitze 
des Proc. mastoid. 
▼iel Eiter. Extra- 
duralabscess. 



IS.Oct. Warzen 
Zellen am oberen 
Rande des Proc. 
mastoid. mit Gra 
nulationen ange 
ftait. Fistelgang 
hinter der alten 
Narbe , die zum 
Extraduralabs oess 
führt. 



Mittlere 
Schadei- 
gruhe. 



Sinus sigm. lag 
frei mit schmutzi- 
gen Granulatio- 
nen bedeckt. 



Geheilt 

nach 39 

Tagen. 



Mittlere 
Schädel- 
grube. 



Dura und Sinus 
in 2-Markstück- 
grösse freiliegend, 
normal. Aussehen. 
Im Eiter Bacillus 
pneumon. Fraen- 
kel in Reincultur. 



Geheilt 

nach 26 

Tagen. 



Hintere 
Schädel- 
grube. 



Geheilt 

nach ö8 

Tagen. 



256 XIX. BRAUNST£m 



Literaturverzeichnis 8. 

1. Grün er t, Ueber eztradurale otogene Abscesse and Eiterungen. Arch. 
f. OhrenheUkande, Bd. XLIII, S. 81 ff. 

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3. Körner, Die otitischen Erkrankungen des Hirns, der Hirnh&ute und der 
Blutleiter. 2. Aufl. 

4. Yon Bergmann, Die Chirurg. Behandlung von Himkrankheiten. 3. Aufl. 

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6. Hoffmann, Deutsche Zeitschrift für Chirurgie, Bd. XXVIII, S. 458. 

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kunde, Bd. XXXIII, S. 137 ff. 

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ohrerkrankungen. Arch. f. Ohrenheilkunde, Bd. XXXIII, S. 137 ff. 

9. Jansen, Zur Kenntniss der durch Labyrintheiterung inducirten, tiefen, 
eztraduralen Abscesse in der hinteren Schädelgrube. Arch. f. Ohren- 
heilkunde, Bd. XXXV, S. 290 ff. 

10. Kümmel, Beiträge zur Pathologie der intracraniellen Complicationen yon 
OhrerkrankuDgen. ZeiUchrift f. Ohrenheilkunde, Bd. XXVIII, S. 254 ff. 
U. Jansen, Berliner klinische Wochenschrift 1891, Nr. 49. 

12. Zaufal, Die Mikroorganismen im Secret der Otitis med. acuta. Arch. 
f. Ohrenheilkunde, Bd. XXVIII, S. 227. 

13. Leutert, Bakteriol.-klin. Studien über Complicationen acuter u. chro- 
nischer Mittelohreitemngen. Arch. f. Ohrenheilkunde, Bd. XLVI, S. 190, 
Bd. XL VII, S. 1. 

14. Hasslauer, Die Bakteriologie der acuten Mittelohrentzündung. EUin. 
Vorträge, herausgegeben von Prof. Dr. Hang. V. Bd, 3. Heft. 

15. Zaufal, Centralblatt für Bakteriologie, Bd. V, S. 618. 

16. Bertelsmann, Ueber einen geheilten Fall von otogener Meningitis. 
Deutsche medicinische Wochenschrift 1901, Nr. 18. 

17. Bossi, Archiv für Ohrenheilkunde, Bd. XXVIII, S. 109, Referat. 

18. Kessel, Fälle von Otitis interna etc. Dissertation. Qiessen 1866. 

19. Moos, Ueber die Beziehungen der Mikroorganismen zu den Mittelohr- 
erkrankungen und deren Complicationen. Deutsche med. Wochenschrift 
1891 S. 392. 

20. Netter, Ref. Archiv f. Ohrenheilkunde, Bd. XXVIII, S. 143 u. Central- 
blatt für Bakteriologie, Bd V, 8. 615. 

21. Leutert, Ueber d. otit. Pvämie. Arch. f. Ohrenheilk., Bd. XLI, S. 279. 

22. Charles A. Thigpen, ZeiUchr. f. Ohrenheilk., Bd. XXXII, S. 168, Falll. 

23. Breuer, Ueber die Function der Otolithen-Apparate. Pflüger's Archiv 
1890, Bd. XLVin. 

24. Hitzig, Der Schwindel, specielle Pathologie u. Therapie, herausgegeben 
von Nothnagel, XIL Bd. 1898. 

25. Katz, Bericht der otologischen Gesellschaft. Dresden 1897. 

26. Hansen, Verhalten des Augenhintergrundes bei otitischen intracraniellen 
Erkrankungen. Archiv f. Ohrenheilkunde, Bd. LIU, S. 196. 

27. Edinger, Bau der nervösen Centralorgane, VI. Aufl. 

28. Lane, British med. Journal 1893, Sept. 9. 

29. Grunert und Zeroni, Jahresbericht der Kgl. Universitäts- Ohrenklinik 
zu Halle a. S. Arch. f. Ohrenheilkunde, XLVI. Bd., S. 169. 

30. Pause, Zur vergleichenden Anatomie und Physiologie des Gleich- 
gewichts- und Gehörorgans. Klinische Vorträge, herausgegeben von 
Dr. Hang. Bd. III, S. 183. 

31. V. Cyon, Bogengänge u. Raumsinn. Arch. f. Anatomie u. Physiol. 1897. 

32. Breuer, Ueber Bogengänge und Raumsinn. Pflüger's Archiv 1898, 
Bd. LXVIII. 

33. Oppenheim, Lehrbuch der Nervenkrankheiten. Berlin 1894.^ S. 431. 

34. Oppenheim, Encephalitis, Hirnabscess, Hirntumor in Nothnagers Handb. 

35. Kocher, Hirndruck etc. Nothnagers Handbuch. 

36. Wilbrand, Zehender's Monatsblatt für Augenheilkunde 1879. 



Ueber eztradurale otogene Abscesse. 257 

37. Leutert, Die BedeutuDg der Lumbalpunction für die Diagnose intra- 
cranieller Complicationen d. Otitis. Münch. med. Wochenscbr. 1897, Nr. 8 a. 9. 

38. Braunstein, Die Bedeutung der Lumbalpunction für die Diagnose intra- 
cranieller Gomplicationen der Otitis. Aren. f. Ohrenheilkunde, Bd. LIV. 

39. Jansen, Ueber Hirnsinusthrombose und Mittelohreiterungen. Archiv 
für Ohrenheilkunde, Bd. XXXVI. 

40. Grunert, Anatomische und klinische Beitr&ge zur Lehre von den intra- 
craniellen Gomplicationen d. Otitis. Mttnch. med. Wochen8chr.49u.50,1897. 

41. J. £. Sheppard, Drei Fälle von otitischer Hirnerkrankung mit un- 
ganstlgem Ausgange. Zeitschrift f. Ohrenheilkunde, Bd. XXXII, S. 365. 

42. Macewen, Die infectiös-eiterigen Erkrankungen des Gehirns u. Rücken- 
marks. Deutsche Ausgabe von Dr. Paul Rudioff. 1898. 

43. Schenke (Leutert), £ndocranielle Gomplicationen acuter und chro- 
nischer Mittelohreiterungen. Archiv f. Ohrenheilkunde, Bd. LIII, S. 152. 

44. Bar nick, Bericht aus Habermauu*s Klinik etc. Archiv für Ohren- 
heilkunde, Bd. XLV, S. 96. 

45. Preysing, Zwei Fälle von Pachymeningitis externa u. Extraduralabscess 
bei acuter Frkrankung des Warzenfortsatzes. Zeitschrift für Ohrenheil- 
kunde, Bd. XXXIII, S. 8. 

46. Muck, Acute Osteomyelitis der Felsenbeinpyramide mit retropharyngealem 
Senkungsabscess und Extraduralabscess auf der Felsenbeinpyramide. Zeit- 
schrift für Ohrenheilkunde, Bd. XXXYII, S. 191. 

47. Witte und Sturm, Perisinuöser Absccss durch acute Mastoiditis, Neu- 
ritis nervorum-opticorum etc. Zeitschr. f. Ohrenheilk., Bd. XXXIX, S. 68. 

48. Kossei, Ueber Mittelohreiterung beim Säugling. Baumgarten*s Jahres- 
bericht, Bd. IX, S. 626. 

49. Pes und Gradenigo, Beitrag zur Lehre der acuten Mittelohrentzün- 
dung in Folge des Bac. pyocyaneus. Zeitschr. f. Ohrenheilk., Bd.XXyi,S.137. 

50. Habermann, Ueber Erkrankungen des Felsentheils und des Ohrlaby- 
rinths u. B. w. Archiv für Ohrenheilkunde, Bd. XLII, S. 163 ff. 

51. Hab ermann, Ueber Augenmuskellähmung als Gomplication der eitrigen 
Mittelohrentzündung. Archiv für Ohrenheilkunde, Bd. XLY, S. 120. 

52. B rieger, Meningitis otitischen Ursprungs s. Blau*8 Encyklopädie, S.244ff. 

53. Kessel, Bürkner's* Bericht über die 7. Yersamml. d. Deutschen otolog. 
Gesellschaft 1898. Archiv f. Ohrenheilkunde, Bd. XLV, S. 121. 

54. Biehl, Ebenda: Melancholische Wahnideen als Folge eines otitischen 
Extraduralabscesses, S. 128. 

55. Fridenberg^ Transactions of the american otolog. society 1900, p. 400. 
Ausserdem: Müller im Archiv für Ohrenheilkunde, Bd. L, S. 19. 

Swain, Zeitschrift für Ohrenheilkunde, Bd. XXXI, S. 347. 

Heim an, Ebenda, Bd. XXXII, S. 13—21. 

Lehr, Ebenda, Bd. XXXY, S. 21. 

Muck, Ebenda, Bd. XXXY, S. 218. 

Sporleder, Ebenda, Bd. XXXYII, S. 37. 

Muck, Ebenda, Bd. XXXYII, S. 176-181. 

Monre, Revue de laryngologie etc. 1897, Nr. 43, p. 1268. 

Moure, Ebenda 1900, Nr. 1. 

Molinie, Ebenda 1900, Nr. 28. 

Broca, Gazette hebdomadaire etc. 1899, N. 59, p. 702. 

Depage, Ebenda 1900, Nr. 48, p. 568. 

Baker, Annales of otology 1897, Nr. 1, p. 46-48. 

Lewis, Transactions of the american otolog. society 1898, p. 87. 

Orne Green, Boston med. and surg. Journ. 1897, Nr. 25, p. 533. 

Milligan, Journal of laryngol. etc. 1899, Nr. 1, p. 25. 

Ogston, Brit. med. Journ. Jan. 22. 1898, p. 208. 

Gradenigo, Archive italian. di otologia, Bd. VIII, Heft 1-3, p. 156. 

Arslau, 11 policlinico lY, 11, p. 242-244. 1897. 

Röpke, Archiv für Ohrenheilkunde, Bd.XLIX, S. 283. 

Hammerschlag, Monatsschrift f. Ohrenheilkunde, Bd. XXXI Y, S. 126. 

Politzer, Ebenda S. 130. 



XX. 
Besprechungen. 



8. 

Dr. T. Heiman, Krankheiten des Gehörorgans (pol- 
nisch). Handbuch für Aerzte und Studirende. Mit 161 Zeich- 
nungen im Texte. 722 Seiten. Warschau 1902. Preis 3 Rubel. 

Besprochen von 

Dr. R. Spira in Erakau. 

Der Verfasser ist den Lesern dieses Archivs kein ^Homo 
novus^. In mehr als 60, in verschiedenen Sprachen publicirten 
Artikeln und Monographien hat er sich als äeissiger Arbeiter 
auf unserem Gebiete erwiesen. Als vieljähriger ordinirender 
Arzt an einem Militärspitale hatte Heiman Gelegenheit, eine 
grosse Erfahrung zu sammeln. Durch dieses erste polnische 
Lehrbuch der Otiatrie hat Verfasser eine empfindliche Lücke der 
polnischen Literatur ausgefüllt und sieh Anspruch auf den Dank 
der studirenden polnischen Jugend und der polnischen Aerzte 
erworben. Diesen jenes Maass von Kenntnissen zu verschaffen, 
welches fQr die allgemeine ärztliche Praxis nothwendig ist, ist 
des Buches Hauptzweck. Gleichzeitig aber giebt der Verfasser 
für den Fachmann ein Gesammtbild über den gegenwärtigen 
Zustand. Was in den letzten Jahren Neues auftauchte, ist ver- 
werthet. 

Nach einem kurzen historischen Ueberblick über die Ent- 
Wickelung der Lehre von den Ohrenkrankheiten, von den älte- 
sten Zeiten bis zur Gegenwart folgt ein Abschnitt über „Die 
Bedeutung und die Wichtigkeit der Ohrenkrankheiten*', in wel- 
chem auf die bestehende Lücke in der ärztlichen Ausbildung hin- 
gewiesen wird und die verderblichen Folgen, die daraus für 
das leidende Publikum resultiren, mit Nachdruck betont werden. 
Diese Ausführungen, welche wir ganz besonders der Aufmerk- 
samkeit des ärztlichen Publikums und noch mehr jener der maass- 
gebenden Schul- und Sanitätsbehörden empfehlen möchten, ver- 



XX. Besprechungen. 259 

dienen vor Allem Dank. — Der erste allgemeine Theil ent- 
hält aasführlieh die Anatomie, Physiologie, Statistik, üntersuchnng 
und Therapie. Bei der Anatomie der einzelnen Abschnitte des 
Oehörorganes finden sieh überall kurze Hinweise auf die Ent- 
wiokelungsgesehichte. — Heim an theilt nicht die Ansicht von 
V. Tröltsoh und Btlrkner über die Häufigkeit der Ohren- 
krankheiten. Er fand bei Soldaten nur 1 Proc. Ohrenkranke und 
meint, dass geringfügige, nicht progressive Beeinträchtigung des 
Gehöres oder Veränderungen am Trommelfell ohne Schädigung 
der Gehörschärfe vom klinischen Standpunkte nicht als Krank- 
heit anzusehen sind. Auf 8862 Ohrenkranke im Alter von 20 
bis 26 Jahren fand er Affectionen des äusseren Ohres bei 8,31 Proc, 
des mittleren bei 85,31 Proc, des inneren Ohres bei 6,37 Proc — 

Bei der operativen Behandlung empfiehlt er zwar scrupulöse 
Antiseptik, polemisirt jedoch gegen die modernen übertriebenen 
Auswüchse derselben, wie die Anwendung von Masken, Hand- 
schuhen u. dergl. (S. 150). — Der Lucae'sohen Drucksonden- 
massage werden zwar positive Eigenschaften zuerkannt, doch 
konnte He im an eine Gewöhnung der Patienten an den dabei 
verursachten Schmerz nicht bestätigen. Von der Massage nach 
der Methode Ostmann 's hat er keine günstige Wirkung ge- 
sehen. Seit 6 Jahren verwendet er den statischen Strom und 
erzielte damit manchmal Besserung der nervösen Schmerzen und 
des Ohrensausens, jedoch keine verbessernde Wirkung auf das 
Gehör (S. 1 78). 

Besondere Capitel sind der Hygiene des Ohres und der 
Sectionstechnik des Gehörorganes gewidmet. Diese in den son- 
stigen Lehrbüchern zumeist nur wenig berücksichtigten oder auch 
ganz übergangenen Gegenstände heben den Werth des Werkes 
und werden manchem Arzte sehr willkommen sein. Besonders 
der Abschnitt über die Hygiene des Ohres bildet seiner Wich- 
tigkeit wegen eine Zierde des Werkes und eine Bereicherung 
der auf diesem Gebiete noch ziemlich armen Literatur. 

Aus dem speciellen Theil wäre zu erwähnen, dass 90 Proc. 
der vom Verfasser beobachteten Stenosen und Atresien des äusse- 
ren Gehörganges von Verknöcherungen und Verätzungen des 
äusseren Gehörganges mit Mineralsäuren bei militärpflichtigen 
Personen herrührten. In der Behandlung derselben erhielt Hei- 
man die besten Resultate von der Anwendung der Galvanokau- 
stik und naehti-äglieher Application von Bleinägeln, während sich 
alle anderen Methoden unwirksam erwiesen (S. 251). — Sowohl 

Archiv f. Ohrenheilkimde. LV. Bd. lg 



260 XX. BesprechuDgen. 

gestielte als auch breit aafsitzende Exostosen entfernt H e i m a n 
mit Hohlmeissel und Hammer naeh Ansschneidnng der decken- 
den Haut in tiefer Chloroformnarkose. — Als Ursache einer Trom- 
melfellruptar hat er einmal das Anlegen des Ohres an das Te- 
lephon beobachtet. — Eine sehr ansf&hrliche Besprechung wird 
den Trommelfellperforationen nnd ihrer Behandlung zu theil. Als 
Prothese benutzt Verfasser Scheibchen aus elastischem Gummi 
oder das Miot'sche Häutchen. Bei der Wirkung derselben spielt 
nach ihm der Druck auf das Stapesköpfchen die Hauptrolle, selbst 
beim Fehlen des Hammers. 

Die entzündlichen Erkrankungen der Paukenhöhle werden 
eingetheilt in katarrhalische (acute, chronische und Sklerose) und 
entzündliche Formen (acute, acute eitrige und chronische eitrige). 
Hei man ist Anhänger des Carbolglycerins, das er bei verschie- 
denen acuten Affectionen des äusseren und mittleren Ohres em- 
pfiehlt. Aus seiner eigenen Beobachtung berichtet Verfasser einen 
Fall von acutem Mittelohrkatarrh mit letalem Ausgang in Folge 
von Meningitis (S. 314). Auffallen muss es, dass Heim an bei 
manchen acuten Processen der Tuba und der Paukenhöhle die 
Luftdouche empfiehlt. „Das beste Heilmittel bei acutem Pauken- 
höhlenkatarrh ist die Luftdouche^ (S. 320). Bei entzündlichen Pro- 
cessen in der Nasenrachenhöhle und nach der Paracentese des 
Trommelfelles soll die Luftdouche mit schwachem Drucke aus- 
geführt werden (?Ref.). Hingegen ist die Durchspülung der 
Paukenhöhle per tubam . hierbei nicht gestattet. — Bei chroni- 
schem Mittelohrkatarrh ist Hei man von der Anwendung des 
Zinc. oleinic. nach der Methode von Delstanche zufrieden. — 
Die echte primäre Sklerose betrachtet Verfasser als eine 
Krankheit sui generis, die mit Katarrhen nichts gemeinsam hat. 
Von dieser Form unterscheidet er die secundäre auf Grund 
von chronischen, katarrhalischen und eitrigen Processen in der 
Paukenhöhle sich entwickelnde Sklerose und die Alterssklerose. 
Von der Anwendung des Thyreoidins hat er unter 9 Fällen ein- 
mal Verminderung des Ohrenrauschens beobachtet. — In acuten 
Entzündungen des Mittelohres ist die Anwendung der Luftdouche 
erst nach Abnahme der entzündlichen Erscheinungen gestattet. 
Hei man bekämpft die Ansicht, dass die Luftdouche oder der 
Katheterismus eine Entzündung der gesunden Paukenhöhle 
durch Infection hervorrufen könnte (S. 364). — Im Verlaufe der 
acuten eitrigen Entzündung hat Verfasser 2 Mal Facialisparese 
gesehen, die einige Tage nach der Perforation zurückging. Die 



XX. BesprecbuBgen. 261 

bei der aonten eitrigen Otitis zur Beobachtung kommende Stau- 
ungspapille ist Heiman geneigt nicht als auf reflectorischem 
Wege zu Stande gekommen, sondern als Folge einer Hyperämie 
oder einer circumscriptem serösen Transsudation in die Meningen 
aufzufassen. Unter 812 Spitalpatienten hat Heiman 3,74 Proe. 
Mortalität bei dieser Krankheit gesehen. Auch bei der acuten 
eitrigen Entzündung räth Heiman, nach der Paraoentese die 
Luftdouche unter schwachem Drucke auszuftlhren. Im Uebrigen 
theilt er die Ansicht jener Autoren, die im Beginn dieser Krank- 
heit sich auf die trockene Reinigung des Ohres beschränken. 
Nur bei zähem und sehr copiösem Secrete kann der äussere Ge- 
hörgang, jedoch höchstens 2 Mal des Tages, und zwar nur durch 
den Arzt, ausgespritzt werden. Bei hartnäckigem Verlaufe und 
reichlicher Secretion ist die Durchsptllung per tubam zu em- 
pfehlen. Bleibt auch diese ohne Erfolg, dann ist die Eröffnung 
des Warzenfortsatzes indicirt. Bei massiger Eiterung und Fehlen 
von Schmerzen können adstringirende, antiseptisehe und ätzende 
Tropfen instillirt werden. Von Pulvern darf nur die Borsäure 
bei massiger Eiterung zur Anwendung kommen. 

Chronische Mittelohreiterung hat Heiman bei 40 Proc. unter 
9000 Spitalpatienten gehabt. Er hat zwar oft bei alten Leuten 
Jahrzehnte dauernde Otorrhoe, die im reifen Alter entstanden ist, 
gesehen, hingegen nicht solche, bei denen die Krankheit seit der 
Kindheit datirte, und ist der Ansicht, dass Patienten der letzteren 
Art frühzeitig an den Folgen der Eiterung zu Grunde gehen und 
daher kein höheres Alter erreichen (S. 391). Unter seinen Pa- 
tienten erlagen 3,29 Proc. dieser Krankheit. Verfasser spricht sich 
gegen die Ansicht Politzer 's aus, dass kleinere Perforationen 
eine günstigere Prognose gestatten als grosse, da er lebensge- 
fährliche Complicationen gerade öfters bei kleinen, das Zustande- 
kommen einer Retention begünstigenden TrommelfelUüoke be- 
obachtet hat. — 

Wenn Heiman auch die Ausspritzungen möglichst einge- 
schränkt wissen will, so ist er doch kein Anhänger der sogenannten 
Trookenbehandlung, die er als unzureichend betrachtet, um eine 
gehörige Reinigung der Paukenhöhle zu bewirken (S. 399). 

Als Folgekrankheiten der eitrigen Mittelohrentzündungen 
behandelt Heiman I. intratympanale (Otitis desquamativa, Cho- 
lesteatom, Caries und Nekrose des Schläfenbeines) ; IL allgemeine 
(Sepsis) und intracranielle. Unter den letzteren nimmt in der 
Statistik des Verfassers die erste Stelle in Bezug auf die Häufig- 

18* 



262 XX. Besprechungen. 

keit Meningitis, die nächste die Sinnsphlebitis ein. Seine auf 
ein Spitalmaterial von 2808 Ohrenkranken gestützte Statistik weist 
eine Mortalit&t von 39 «« 1,38 Proo. auf. Davon entfallen auf 
eitrige Processe überhaupt 2,09 Proc., auf acut eitrige 3,74 Proo., 
chroniseh eitrige 3,29 Proo., katarrhalisohe 1,43 Proc. (S. 443). 
He im an plaidirtfttr frühzeitige Eröffnung der Schädelhöhle bei 
bestehendem Verdacht auf intraoranielle Gomplicationen. Seröse 
Meningitis hat Verfasser 4 Mal beobachtet. Unter 5 von ihm 
operirten Fällen von Gehirnabscessen ist einer zur Ausheilung 
gelangt. — Auf Grund seiner Erfahrungen nimmt Hei man zwei 
Formen von otitischer Pyämie an; eine phlebitisohe und eine 
nicht phlebitische (S. 487). Die Probepunotion des Sinus ist un- 
schädlich, in entsprechenden Fällen angezeigt, und ihr Resultat 
fftr den weiteren Vorgang und für die Prognose maassgebend. 
Ohrenpolypen werden unter den Neubildungen des Mittelohres 
abgehandelt (S. 503). Nach Abtragung eines grossen Polypen 
hat er einmal den Ausbruch einer bis dahin latenten Lungen- 
tuberculose , 1 Mal Meningitis und 2 Mal unheilbare Facialispa- 
rese beobachtet. — 

Eine primäre Ostitis des Proc. mast. erkennt Heim an nicht 
an (S. 514), auch nicht bei Diabetes. Zur Eröffnung des Warzen- 
fortsatzes zieht er Trepan, Hand- oder mit elektrischem Motor 
betriebenen Bohrer vor Hammer und Meissel vor, besonders bei 
sklerotischem Knochen. Verfasser ist ein entschiedener Gegner 
der ambulatorischen Eröffnung des Warzenfortsatzes (S. 550) und 
operirt im Allgemeinen nach Schwartze und Zaufal und nur, 
wo eine Affection des Warzenfortsatzes ausgeschlossen werden 
kann, nach Stacke und die Plastik nach Pause. Auffallender- 
weise behält Hei man den Ausdruck „Radioaloperation^, der 
den neuesten Erfahrungen auf diesem Gebiete nicht mehr ent- 
spricht, beharrlich bei. Er hat diese Operation 47 Mal ausge- 
führt, davon 23 mit Eröffnung der Schädelhöhle. In 24 Fällen 
erfolgte Heilung, in 23 Fällen dauerte die Eiterung fort (das beste 
Argument gegen die Bezeichnung „Radicaloperation", Ref.). — 

Nach Darstellung der Krankheiten des Labyrinthes und des 
Aousticus wird die Taubstummheit besprochen. Von 303 zur 
Untersuchung gekommenen „taubstummen^ Recruten war die 
Krankheit in 18 Proo. congenital, in 62 Proc. acquirirt, in 20 Proc, 
gar nicht vorhanden, resp. simulirt (S. 604). Merkwürdig er- 
scheint folgender Fall. Hei man hat einen 9 jährigen, deutlich 
sprechenden, die Sprache auf 3 m hörenden Knaben beobachtet, 



XX. BesprechuDgen. 263 

den er 5 Jahre zuvor als vollkommen taubstumm gesehen hatte. 
Nach Ang«.be der Eltern lief dem Patienten vor 3 Jahren plötz- 
lich Eiter aus dem Ohre, und seitdem begann das Gehör zurück- 
zukehren. Leider giebt Verfasser keine näheren Daten über den 
Befund vom Ohre dieses Patienten. 

Von den Hörübungen hat Hei man in einigen Fällen posi- 
tive Erfolge gesehen, die aber nach Aussetzen der Uebungen zu- 
rückgingen. Doch erachtet er die Wiedererlangung des Gehöres 
bei vollständiger Taubstummheit für ausgeschlossen (S. 625). 

In einem besonderen Abschnitte ist das Verhältniss zwischen 
den Ohrenkrankheiten einerseits und den sonstigen AUgemein- 
und Organerkrankungen andererseits eingehend dargestellt. In- 
teressant und entscheidend fftr die Frage der primären Tuber- 
culose des Ohres ist die vom Verfasser angeführte Beobachtung 
einer durch ein Trauma entstandenen Otitis media, die zu einer 
allgemeinen Tuberculose geführt hat (S. 645). — H e i m a n bestä- 
tigt die Wirsamkeit der Pilocarpinbehandlung bei syphilitischen 
Ohrenkrankheiten. — In einem Falle ging die Labyrinthtaub- 
heit bei Diabetes nach einem 14 tägigen Gebrauch des Karlsbader 
Wassers ganz zurück (S. 657). — In 2 — 4 Proc. der croupösen 
Pneumonie bei Erwachsenen fand Heim an eitrige Mittelohr- 
entzündung (S. 667). 

Interessant und reich an praktisch wichtigen Bathschlägen 
und treflflichen Winken ist der Abschnitt XXII. Derselbe zer- 
föUt in 4 Theile unter dem Titel: Die Bedeutung der Erkran- 
kungen des Gehörorganes a) für den Militärdienst, b) in gerichts- 
ärztlicher Beziehung, c) fftr die Lebensversicherung und d) für 
den Eisenbahndienst. Hier vor Allem schöpfte der Verfasser aus 
dem reichen Borne eigener Erfahrung, und überall leuchtet der 
humane Standpunkt hervor, von dem er sich in seiner Hand- 
lungsweise und bei der Beurtheilung schwieriger Fragen leiten lässt. 

Eine kurze Pathologie und Therapie der Nasen- und Nasen- 
rachenkrankheiten mit besonderer Berücksichtigung ihres Ein- 
flusses auf die Entstehung und den Verlauf von Ohrenkrankhei- 
ten beschliesst das Werk. 

Die Bearbeitung des soeben skizzirten reichhaltigen Inhaltes 
zeichnet sich durch klare Darstellung und gute Disponirung aus. 
Der Stoff ist in leichtfasslicher und anregender Weise behandelt. 
Allenthalben fallen Streiflichter auf die verschiedensten Tages- 
fragen der einschlägigen Fachliteratur. Auf langjährige Er- 
fahrung sich stützend, der klinischen Betrachtungsweise treu und 



264 XX. Besprechangen. 

stets auf dem Boden der klinischen Thatsachen sieh bewegend, 
versteht es der Autor, das gesammte Material in einer solchen 
Naturwahrheit und Anschaulichkeit vorzulegen, dass das Buch 
bei der ihm eigenen Klarheit einen hervorragenden Platz in der 
polnischen Literatur behaupten wird. Die Erankheitsbilder sind 
plastisch und erschöpfend geschildert. Die manchmal schwierige 
Differentialdiagnose ist durch Hervorhebung der wichtigsten dia- 
gnostischen Merkmale erleichtert, wie z. B. zwischen otitischer 
und tuberculöser Meningitis, bei Oehirnabscess u. s. w. Trotzdem 
wird allenthalben der Bestimmung des Buches, dem Mediciner 
eine Einführung in das Studium derOtiatrie zu liefern, im voll- 
stem Maasse Rechnung getragen. Die Meisterhand zeigt sich 
nicht nur in der Darstellung der pathologisch-anatomischen Vor- 
gänge und der klinischen Erscheinungen, sondern auch in der 
Schilderung der operativen Behandlung, welche erkennen lässt, 
dass der Autor alles selbst geübt und die in der Literatur an- 
gegebenen verschiedenen Verfahren selbst erprobt hat. Die intra- 
tympanalen Operationen sind ebenso, wie die am Warzenfortsatz 
auszuf&hrenden ftlr den praktischen Arzt und den Studirenden 
gewiss viel zu ausführlich mitgetheilt. In noch höherem Grade 
gilt dieser Vorwurf der allzubreit und umfassend angelegten Darstel- 
lung der anatomischen Verhältnisse, besonders der „anatomischen 
Veränderungen^. Es muss aber zugestanden werden, dass auch der 
Specialist sich dieses Buches mit Nutzen bedienen und aus demselben 
Bath und Aufklärung schöpfen kann. Es gelang dem Verf, in allen 
Gapiteln den modernsten Standpunkt unserer Disciplin zu prä- 
cisiren. 

Wir haben also das Product eigener Erfahrung und guter 
Literaturkenntniss vor uns, und Referent steht nicht an^ das 
Buch als ein hervorragendes zu bezeichnen, welches unstreitig 
in der polnischen Literatur eine dominirende Stellung einnehmen 
wird. Er erblickt jedoch das Hauptverdienst des Verfassers 
darin, durch dieses Werk den modernen Lehren der Ohrenheil- 
kunde unter den praktischen Aerzten polnischer Zunge grössere 
Verbreitung gesichert zu haben. 



XX. Besprechangen. ^62 

9. 
Carlo Secchi, La finestra rotonda ö la sola via dei 
suoni dair aria al labirinto (Das runde Fenster ist 
der einzige Weg für die Schallwellen durch die Luft 
zum Labyrinth). Torino. Unione tipografiea editrice 1902. 

Besprochen von 

Dr. Eagrenio Morpnrj^o. 

Die Behauptung, dass der einzige Weg ftir die SohalUei- 
tung zum Labyrinth durch die Luft auf dem Wege des runden 
Fensters stattfinde, macht Secchi nicht zum ersten Male. 
Schon im Jahre 1 890, beim Berliner medicinischen Gongresse i), 
brachte er einige darauf bezügliche Thatsachen vor, nicht 
in der Absicht, um sich die Priorität zu sichern, als viel- 
mehr in der Hoffnung, eine Discussion anzuregen. Später, im 
Jahre 1894, beim internationalen medicinischen Gongress in Rom, 
konnte er neue Thatsachen bekannt geben; ebenso besprach er 
das Thema im Jahre 1895 bei Gelegenheit des internationalen 
ohrenärztlichen Gongresses in Florenz, wobei die vorgeführten 
Experimente auf die Anwesenden (Referent war auch unter die- 
sen) einen lebhaften Eindruck machten. Aber, meint der Autor: 
„Meine Hoffnungen blieben stets unerfüllt, d. h. die Discussion, 
welche zur Gontrolle meiner eigenen Ansichten hätte führen 
sollen, blieb aus.'' „So lange aber eine breite Discussion nicht 
zur Bestätigung meiner Ansichten führt, finde ich mich nicht be- 
rechtigt, selbige chirurgisch zur functionellen Besserung am Men- 
schen zu verwerthen.*' — Referent will mit dieser Besprechung 
dem Verfasser womöglich den Weg zur Erlangung der erwünsch- 
ten Nachprüfung seiner Experimente und Anschauungen ebnen, 
welche berücksichtigt zu werden gewiss verdienen. — Die vor- 
liegende Schrift fasst zusammen Alles, was Verfasser an Expe- 
rimenten, physiologischen und klinischen Beobachtungen im Ver- 
lauf von 15 Jahren, zur Bekräftigung seiner Anschauungen ge- 
sammelt, und zwar folgendermaassen gegliedert: 1. Physikalische 
Vorbegriffe; 2. Anatomie der Trommelhöhle; 3. Vergleichende 
Anatomie; 4. Physiologisches; 5. Thierexperimente ; 6. Experi- 
mentelle und klinische Beobachtungen am Menschen; 7. Kriti- 
sche Analyse der verschiedenen Theorien des Gehörsinnes; 
8. Physikalische Untersuchungen; 9. Schlüsse. 

In dem 1. Gapitel (Physikalische Vorbegriffe) bringt Ver- 

1) Bericht Bd. lY, 2. Theil, S. 122. Berlin 1892. 



266 XX. Besprechungen. 

fasser ans der Physik die wichtigsten Momente über den Schall; 
im Vergleich unseres Hörorganes mit physikalischen Apparaten 
spricht er die grössere Aehnliohkeit der Eönig'schen Kapsel 
und nicht dem Phonoantographen zu, da bei jener ein innerer 
Ueberdmck vorherrscht Er schliesst diesen Abschnitt mit dem 
Satze: ^In unserem Hörorgane muss grosse Gleichgewichtslabi- 
lität mit ausgesprochener Stabilität und Unveränderlichkeit in 
der Structur gepaart sein.^ — Aus dem 2. Abschnitt (Anatomie 
der Trommelhöhle) ist nichts Besonderes hervorzuheben. — Das 
4. Capitel (Physiologie) bildet eine abweisende Kritik der 
Helmholtz'schen Theorie. Verfasser drückt sieh folgender- 
maassen aus: „Es lohnt sich nicht, länger bei den von Helm- 
holtz, resp. Hensen, Bück, Burnett und Schmidekam 
vorgebrachten, experimentellen Beweisgründen zu verweilen, 
erstens weil alle nur an der Leiche, folglich unter Verhältnissen, 
die weit weg von dem Zustande während des Lebens abstehen, 
experimentirt und einige als Tonquellen gar zu energische un- 
natürliche Mittel angewendet haben. — Uebrigens habe Hensen 
selbst zugegeben, dass die gewonnenen Resultate nur einen re- 
lativen Werth besitzen, da bei allen Experimenten es sich um 
sehr intensive Schalleinwirkungen, um todte Organe oder um 
ungünstige Lage des lebenden Trommelfelles, bei eröffneter 
Labyrinth- oder Trommelhöhle, unter ungewöhnlichen Resonanz- 
bedingungen, hier und da bei Belastung der Theile mit Fühl- 
hebeln, gehandelt habe. — Zum Schlüsse dieser Betrachtungen 
citirt er einige Widersprüche von Helmholtz selbst, und an- 
dere von Bezold und Weber-Liel betonten der Helmholtz- 
schen Theorie widersprechenden Thatsachen. Das 5. Capitel 
(Thierexperimente) ist wohl das wichtigste. Secchi hat an Katzen 
und Hunden experimentirt: nach ausgeffthrter Tracheotomie 
wurde eine Canüle sowohl nach oben als nach unten eingeführt, 
um constatiren zu können, ob die Nasengänge frei wären ; dann 
wurde die Bulla ossea eröffnet und in dieselbe eine Röhre luft- 
dicht eingeschraubt, welche mit einem Alkoholmanometer ver- 
bunden war. Die Resultate, wie sie von Secchi auf obenge- 
nannten Congressen und in vorliegender Schrift kundgegeben, lau- 
ten: 1 . Die Luft der Paukenhöhle steht nicht im Gleichgewicht mit 
dem Drucke der äusseren Luft, sondern unter einem etwa 4 mm 
Alkohol höheren Druck. 2. Beim Schluckacte, wenn das 
Manometer auf steht, kommt es im ersten Momente zu einem 
negativen Druck von ungefähr 1 mm, der aber sofort und plötz- 



XX. BesprecbuDgen. 267 

lieh durch einen Ueberdruek, gewöhnlich von 4 mm, aasgegliehen 
wird. 3. Der Ueberdruek wird gewöhnlich durch den Schluck* 
act, kann aber unter Umständen auch durch die Thätigkeit der 
Paukenhöhlenmuskeln hervorgerufen werden. 4. Der Panken- 
höhlendruck erhöht sich bei jedem, auch dem leisesten Tone, 
welcher die Aufmerksamkeit des Thieres fesselt, während er un- 
verändert bleiben kann bei selbst lauteren, aber dem Thiere 
wohlbekannten Gehörseindrttoken. Die Druckerhöhung dauert 
beiläufig so lange an, wie der erregende Ton. 5. Der Pauken- 
höhlendruck steigt am höchsten, bis zu 7 — 8 mm, unter der Ein- 
wirkung acuter oder sehr intensiver, zumal unerwarteter Töne. 
6. Wenn gleichzeitig mit dem Ton, der die geschilderte Druck- 
steigerung hervorgerufen, in Intervallen andere intensivere und 
sich schneller folgende Töne hervorgebracht werden, so zeigt das 
Manometer ebensoviele entsprechende Erhebungen. 7. Der Taet- 
messer verursacht die nämliche Anzahl von Drucksteigerungen, 
als es Schläge waren; aber über 80 hinaus werden die Mano- 
meterschwankungen immer undeutlicher, bis sie in eine einzige 
zusammenschmelzen. 8. Die Drucksteigerung durch Töne findet 
auch statt, wenn der Druck in der Paukenhöhle ein negativer 
oder ein viel höherer als der normal positive ist, sie wird aber 
um so augenscheinlicher und bedeutender, wenn sie unter dem, 
dem Thiere eigenthümlichen positiven Druck stattfindet. 9. Der 
Druck erhöht sich auch durch die verschiedenen Vocale, und 
zwar mehr durch a, e, o als durch i und u, 10. Wird die Sehne 
des Tensor tymp. durchschnitten, so nimmt der Druck unter der 
Einwirkung hoher und intensiver Töne ab. 11. Das Eintreten 
des positiven Druckes wird gewöhnlich durch „ Automatismus^ der 
Tuba bedingt, kann aber auch durch die Paukenhöhlenmuskeln 
hervorgebracht werden. 12. Die Druckschwankungen bei Einwir- 
kung von Tönen erfolgt durch Reflexcontractionen der Binnen- 
muskeln des Ohres, wie ihr Ausbleiben nach Durchschneidung 
der Sehnen derselben beweist. 13. In tiefer Chloroformnar- 
kose sind diese Reactionen erhalten, wenn auch weniger aus- 
giebig; bei Ghloralnarkose nahmen dieselben entsprechend 
ab, ohne jedoch zu erlöschen; unter Gurareeinwirkung nimmt 
die Seaction immer mehr ab; bei Strychnin nahm sie zu. — 
14. Wurde die Varel sbrttcke durchschnitten, so erfolgte 
die Beaetion prompter, jedoch bei weniger ausgiebiger, mano- 
metrischer Schwankung. 

In dem 6. Gapitel bringt der Autor einige klinische Beob- 



268 XX. Besprechungen. 

achtangen, die für seine Ansiebt sprechen sollen. So z. B. meint 
er, dass TrommelfelUttcken, von den kleinsten bis zu den sebr 
grossen, das Gebor fttr tiefe Töne constant herabsetzen; für die 
anderen Töne bleibt die Beeinträchtigung aus, je mehr die Per- 
foration nach vorne gelegen ist, und je weniger der Hammer 
Ton seiner Normalstellung abweicht. Hingegen können grosse 
Narben bei gutem Gehör vorkommen, wenn sie nur beweglieh 
sind und so die Unbeweglichkeit der übrigen Membran ersetzen 
können; wenn aber unter diesen Umständen kleine Narben 
vorhanden sind, ist das Gehör schlecht. Aetzt man, behufs Ver- 
narbung, die Perforationsränder mit Trichloressigsäure, so tritt 
die Gehörsbesserung erst nach completer Schliessung der 
Lücke ein. An einem normalen Ohr bringt die künstliche Per- 
foration, selbst in der Pars flaccida, eine Herabsetzung des Ge- 
hörs flir die tieferen Töne hervor. — Bei Bestehen von gutem 
Gehör sind die Trommelfellnarben nach aussen ausgebaucht; 
sind diese eingezogen, so ist das Gehör schlecht. Betrachtet 
man eine bewegliche Narbe während des Schluckactes, so 
tritt im ersten Momente eine Einziehung derselben ein, und nach 
vollbrachter Schluckbewegung sofortige Ausbauchung derselben. 
— Was die Gehörknöchelchen betrifft, hebt der Autor her- 
vor, dass alle Autoren darüber einig sind, dass Fixation des 
einen oder des anderen derselben (wohl nicht des Steigbügels, 
Referent) oder deren Verlust mit sehr gutem Gehör einhergehen 
kann, so zwar, dass behauptet wird, selbige seien einzig da, um 
die Leitung der tiefen Töne zu übermitteln. Die Binnenmus- 
keln des Ohres lassen sich beim Menschen in ihrer Wirkung 
nicht so untersuchen, wie es dem Autor beim Thierexperiment 
gelungen ist. 

Liegen bei abgelaufenen eiterigen Mittelohrentzündungen 
die Fenster frei, so lässt sich das runde mehr oder weniger 
leicht tamponiren, wobei eine bedeutende Herabsetzung des 
Hörvermögens eintritt. Durch ein spitz zulaufendes Glasröhrchen 
übergeleitete Stimmgabeltöne (128 V.), so dass das spitze Ende 
bald dem runden, bald dem ovalen Fenster entgegengehalten 
wurde, brachten im ersteren Falle eine intensivere Perception 
hervor. — Secchi hält fest daran, dass die Tuba im Ruhe- 
zustand geschlossen sei, und referirt in vorliegender Schrift über 
eigene klinische Fälle zum Beweise, dass durch den „Tuben- 
automatismus^ der für die Hörfunotion nothwendige positive 
Druck hervorgebracht wird. — Im 7. Capitel werden die ver- 



XX. BeBprechungen. 269 

sehiedenen Theorien der Hörfanotion zusammengestellt und er- 
örtert. Seoehi zählt deren vier auf u. zw.: 1. die der mole- 
culären Schallfortpflanzung (Koyter, Mttller); 2. die 
mechanische Theorie (Valsalva, Helmholtz); 3. die 
Theorie^ welche nur die Transmission durch die Luft in der 
Trommelhöhle mit Ausschluss der Kette der Gehörknöchelchen 
annimmt (Schelhammer, Yieussens, Secchi, Sapolini 
U.A.); 4. die Theorie, die eine Schallfortpflauzung durch die 
Luft und die Gehörknöchelchen zulässt (Laurenti, Boer- 
have, Cotugno). — Secchi bekämpft die zwei ersten 
und die vierte und tritt, wie gesagt, fttr die dritte ein. Die 
neueste Theorie von Zimmermann und die allerletzte von 
Kleinschmidt werden kritisirt. Die erstere besagt, dass der 
Gehörgang den Schall nicht verstärkt, sondern abdämpft, dass 
das Trommelfell moleculär schwingt; dass die Schallwellen 
durch dieses und durch die Luft in der Trommelhöhle auf die 
Promontorialwand und so schliesslich aufs Labyrinth übergehen. 
Da Zimmermann diese Ansichten nicht experimeutell erhärtet, 
will Secchi sich nicht weiter damit beschäftigen. Mit Klein- 
schmidt stimmt er überein, aber mit Recht hält er ihm vor, 
die Theorie sei eigentlich seine eigene, da er schon auf dem 
intern, ohrenärztlichen Congress in Florenz genau dasselbe 
vorgetragen habe, ja auch den Vergleich mit der König'sehen 
Kapsel vorgebracht habe. Es widerspräche der Annahme, dass 
Kleinschmidt von Secchi nicht gewusst habe, nicht nur 
die Thatsache, dass letzterer wiederholt mit seinen Ansichten 
aufgetreten ist, sondern dass Kleinschmidt die Arbeit Zimmer- 
mannes bespricht, wo doch Secchi erwähnt ist. Kur mit 
einer Angabe Kleinsohmidt's kann Secchi sich nicht einver- 
standen erklären, nämlich mit der, dass die hohen Töne direct 
durch das Promontorium und die tiefen durch das runde Fenster 
sich fortpflanzen. Im 8. Capitel bringt er physikalische 
Experimente zum Beweise der Richtigkeit seiner Theorie. 
Daran festhaltend, dass das PascaTsche Princip der gleich- 
massigen Druckvertheilung in einer flüssigen oder Gasmasse, 
bei der Schallleitung im Ohre angenommen werden muss, und 
andererseits dass die Resultate der Thierexperimente, d. h. die 
so leicht sich einstellenden Veränderungen der Druckverhältnisse 
nur als Accommodationserscheinungen aufzufassen seien, da keine 
physikalische Erklärungsweise für ihr Eintreten herangezogen 
werden konnte, wollte Secchi doch noch die Sache auf dem 



270 XX. BesprechQDgen. 

Wege des physikalischen Experiments prüfen. Es wurde von 
maassgebender Seite behauptet, dass die manometrisehen Kapseln 
fbr alle Töne gleichmftssig empfindlich seien. Er nahm eine 
Eon ig 'sehe Kapsel, f&gte ein Alkoholmanometer, wie beim 
Thierexperiment, ein und liess eine Stimmgabelserie erklingen. 
Das Resultat war, dass die tiefen Töne bei niederem Dmeke 
gut geleitet wurden, w&hrend bei Druckzunahme die Fortleitung 
immer schlechter sich gestaltete und schliesslich versagte; das 
entgegengesetzte Verhalten zeigten die hohen Töne. 

Im letzten Capitel resflmirt Verf. die Ergebnisse seiner 
Untersuchungen in folgender Weise: 

„Aus den übereinstimmenden Resultaten des physikalischen 
und physiologischen Experiments und der klinischen Beobachtung 
habe ich die Ueberzeugung gewonnen, dass die Fortleitung der 
Schallwellen zum Labyrinth einzig und allein durch die in der 
Trommelhöhle eingeschlossene Luft erfolgt, wobei das Trommel- 
fell einerseits als Abschlnss dient, andererseits passiv als Regulator 
des Druckes wirkt. — Der Eingang zum Labyrinth liegt in der 
Fenesta rotunda, und der dabei wirkende Mechanismus 
entspricht dem schon erwähnten Pasoarschen Princip!^ • . . 
„Den Gellul. mastoid. kommt die Wirkung zu, die Resonanz- 
phänomene aufzuheben, gerade wie es die Logen in den Theatern 
bewirken. Die Gehörknöchelchenkette unter der Action der 
Binnenmuskeln> regelt den intratympanalen Druck beim bewussten 
aufmerksamen Höracte, weckt die Aufmerksamkeit beim unbe- 
wnssten und schützt so das Organ gegen Detonationen oder bei 
andauerndem Getöse. Auf diese Weise lässt sich der Nutzen, 
der unterbrochenen Kette begreifen, d.h. alsAccommodationsorgan, 
während jene Disposition für die Transmission hinderlich wäre. ** . . . 
Im Ruhezustande ist das Ohr fttr alle Töne accommodirt, da bei 
4 mm Druck, wie ihn die automatische Tubenwirknng hervor- 
bringt, alle Töne gleichmässig percipirt werden. Kommen jetzt 
aber specifische Reize (Schallwellen) zur Wirkung, so wendet 
sich die psychische Thätigkeit (Aufmerksamkeit) der Ursache 
zn und hat so einen bewussten Sinneseindruck, u. zw. einen 
bestimmten in Folge der Reizeinwirkung auf die Muskeln, die 
den Luftdruck regeln.** 

Ein Urtheil über Secchi's Theorie ist so lange nicht 
möglich, bis nicht andere Forscher den experimentellen Theil 
seiner Arbeit nachgeprüft und sich sowohl über diesen, als auch 
über die vom Autor gezogenen Schlüsse geäussert haben. Der 



XX. BeBprechungen. 271 

Eeferent hat es, wie schon gesagt, als seine Aufgabe angesehen, 
durch einen reichlichen Auszug aus dem Aufsatze und Veröffent- 
lichung desselben in einem verbreiteten Fachblatte dem Autor 
die bis jetzt ungerechter Weise ausgebliebene Berücksichtigung 
seiner langjährigen, fleissigen Arbeit zu verschaffen. Möge es 
gelungen sein — ! 

10. 

Carlo Secchi, La finestra rotunda ö la sola via dei 

suoni dair aria al labirinto. Turin 1902. 

BoBprochen von 

Dr. Rudolf Pause, Dresden. ^} 

Secchi setzt zunächst auseinander, dass ihm die übliche 
Anschauung über die Schallleitung durch die Gehörknöchelchen 
nicht zur Erklärung genügt habe bei einem Fall, wo durch Luft- 
eintreibung sich nur ein kleiner hinterer Theil einer Trommel- 
fellnarbe vorgewölbt habe und doch Hörverbesserung eingetreten 
sei. In solchen Fällen erfolge die Schallleitung durch das runde 
Fenster, da die Kette unbeweglich fest geblieben sei. — 

Ich 2) habe bereits früher darauf hingewiesen, dass in sol- 
chen Fällen die runde Fensterhaut durch die Besorption der 
Paukenluft nach aussen gesaugt und dadurch am weiteren Aus- 
weichen vor den Stössen des Steigbügels gehindert wird. — 

Das physikalische Beispiel für diesen Vorgang findet Secchi 
in der Eönig'schen Kapsel, die aus einer Aufnahmehaut — 
hier das Trommelfell — einer starren Kapsel — die Pauke — 
und einer nachgiebigen Stelle — der Fen. rot. besteht. Nach 
einem physikalischen und anatomischen Abschnitt setzt er in 
einem vergleichend anatomischen Theil auseinander, dass mit 
der ersten Anlage einer Schnecke ein Fenster in der Labyrinth- 
kapsel auftritt, das mit der Columella verbunden ist. — Aber schon 
dadurch ist dieses einzige Fenster als Vorhoffenster gekennzeich- 
net. Vom Frosch sagt Hasse^) ausdrücklich: „Ausser dem Fo- 
ramen ovale und der Durchtrittsstelle des Nervus acusticus ist 
es mir nicht gelungen, eine Oeffnung in dem Gehäuse zu ent- 

1) Um dem Yom Verf. ausdrücklich ansgesprocheDen Wunsche nach 
mehrseitiger kritischer Beurtheilung seiner Versuche nachzukommen, bringen 
wir unseren Lesern ausser der vorstehenden Besprechung ?on Morpurgo 
ausnahmsweise noch eine zweite Kritik der Secchi 'sehen Arbeit. Red. 

2) Rudolf Panse, Schwerhörigkeit durch Starrheit der Faukenfenster. 
Jena 1897. S. 39. 

3) Das Gehörorgan der Frösche. 6. 6. 



272 XX. Besprechungen. 

decken, und somit glaube ich auch fUr die Frösche den Mangel 
eines Foramen rotnndnm statniren zn mtlssen*', und weiter: ^Ich 
habe, wie gesagt, niemals Andeutungen eines Foramen rotundum 
bei unseren Fröschen zu finden vermocht." Retzius nennt ein 
nach dem Schftdelinnern f&hrendes Loch Foramen rotund. und 
giebt dadurch ebenso wie bei den früheren Thierklassen Anlass 
zu grossen Irrthümern. 

Auch der Mangel eines Trommelfells und einer Paukenhöhle 
bei den Schlangen, die gegen die Luftkapseltheorie sprechen 
würde, wird von Secchi wohl erwähnt, aber nicht gewürdigt. 

Bei den bisherigen physiologischen Versuchen tadelt Secchi 
mit Recht, dass sie mit zu starken Tönen angestellt sind, und 
weist auf Weber-Liers undBezold's Beschreibung der grossen 
Beweglichkeit des runden Fensters hin, das den leisesten Luft- 
druckschwankungen folgt, während der Stapes nur bei starkem 
Hineinsprechen beweglich ist. Im folgenden Abschnitt erörtert 
Secchi, dass das Trommelfell durch einen üeberdruck der 
Paukenluft zwar gespannt, aber nicht elastisch sei. Diesen Üeber- 
druck von 4 mm Alkohol in einer Glasröhre von 2 mm Lichtung 
wies er an Hunden nach, denen er einen Manometer in die Bulla 
eingesesetzt und die Paukenhöhle durchschnitten hatte. Der 
Druck kommt nach Secchi dadurch zu Stande, dass sich beim 
Schlucken erst die Tube öffnet, dann das Rachenende der Tube 
schliesst und dann die Luft durch den Salpingopharjngeus in die 
Pauke gepresst wird. Bei Angabe von Tönen konnte Secchi 
nachweisen, dass bis 70 Mal in der Minute die Flüssigkeit im 
Manometer emporzuckte, über 80 sich die Bewegungen zusam- 
menzogen. Diese Drucksteigerungen wurden niedriger nach 
Durchschneidung der Tensorsehne und blieben weg, nachdem 
auch der Stapedius durch trennt war. Die Reaction bestand fort 
nach Durchschneidung des Pons. 

Beiläufig fand Secchi bei diesen Versuchen, dass die Druck- 
schwankungen in der Pauke die Chorda gereizt und vermehrte 
Speichelabsonderung aus dem Ductus Wartonianus erzielt wurde. 
— Der reichliche Speichel würde so wieder zum Schlucken und 
zur Druckregelung in der Pauke führen. — Bei den klinischen 
Beobachtungen nimmt Secchi an, dass Trommelfelllöcher von 
beliebiger Grösse stets die tiefen Töne abschwächen. Accom- 
modationsmangel sieht Secchi darin, dass sich entfernende Töne 
nicht weiter gehört werden als sich nähernde. Ein, leider nur 
ein vorzüglicher Versuch : durch ein spitzes Glasrohr einen Ton (c) 



XX. BesprechuDgen. 273 

naeh dem ovalen, dem runden Fenster und dem Prom. zu rich- 
ten, bewies die längere Daner der Hörbarkeit durch das runde 
Fenster, Verschluss desselben durch flüssige Gelatine schwächte 
das Gehör bedeutend. Bei solchen Defecten habe auch ich 
die Schallleitung durch das runde und ovale Fenster ftlr gleich 
möglich erklärt 1), das beweist aber nichts für gesunde Ohren« 
Abheben einer Trommelfellnarbe über dem runden Fenster be- 
wirkte Hörverbesserung für die Uhr von auf 40 cm. Durch Ein- 
führen eines Böhrchens durch den Katheter bis in die Pauke 
und damit Aufhebung des Ueberdruckes konnte Seochi das Ge- 
hör schwächen. Ebenso soll Klaffen der Tube schwerhörig 
machen. Weiter betont See chi, dass die gleitenden Kettentheile 
zum Fortleiten der Töne ungeeignet sind, besonders da die End- 
glieder durch die Muskeln festgestellt werden. 

Demgegenüber möchte ich einen Versuch erwähnen: Ver- 
stopfte ich mir die Ohren und nahm eine schwingende Stimm- 
gabel c in die Hand, so war sie durch den ausgestreckten Arm 
deutlich zu hören, wenn die Faust fest den Griff umschloss und 
die Gelenke festgestellt waren. — Der Einwand Secchi's, dass 
der Steigbügel die Schallwellen auf den Gleichgewichts-, nicht 
den Hörtheil des innneren Ohres übertrage, ist entschieden zu 
beachten. 

Beim Gähnen ist das Trommelfell erst gespannt, das Gehör 
durch den Gehörgang vermindert, aber im Augenblick der Tuben- 
öffnung hört man durch die Nase, also durch das runde Fenster 
folgert Secchi. An den freiliegenden Hammergriff befestigte 
Secchi mit einer Gollodinmfadenschlinge 5 gr, das Gehör für 
Flüstern minderte sich nicht. Einmal führte Secchi einen Ka- 
theter so ein, dass der Betreffende gut durch ihn hörte. An 
diesen und in den Gehörgang legte er Schläuche, deren Längen 
bis zum Trommelfell gleich waren. Obwohl so die gleichen 
Schwingungsphasen auf die entgegengesetzten Trommelfellseiten 
trafen, trat keine Interferenz für c^ ein, sondern besseres Gehör; 
bei Schlauchlängen, die entgegengesetzte Phasen auf die beiden 
Trommelfellseiten brachten, trat Verschlechterung ein. Die 
Schwingung des Trommelfells sei demnach gleichgültig für das 
Gehör. Ferner berechnet Secchi mitzählen, dass die winzige 
Kraft, die zum Hören in der Entfernung genügt, unmöglich im 
Stande ist, die riesige Gewichtsmenge zu bewegen, die sich er- 



1) 1. c, S. 253. 



274 XX. Besprechungen 

giebt, wenn man sich in die Kngeloberflftoke von dem Halb- 
messer der Hörweite Trommelfelle mit Kette eingetragen denkt. 
Hier liesse sieh dooh an eine Hänfang der einzelnen Stösse den- 
ken, wie bei der Resonanz entfernter mitsehwingender Stimm- 
gabeln n. s. w. Aehnlieh klirrten neulich in meiner Klinik die 
auf einer etwa 5 mm dicken Glasplatte liegenden Instrumente 
im verschlossenen Instmmentenschrank beim Vorbeiziehen der 
Waohtparade mit Pauke trotz der Doppelfenster. — Auch dass 
das mit der Kopfhaltung wechselnde Gewicht der Kette ohne Ein- 
flnss wäre, sei unverständlich. 

Die Auffassung Kleinschmidt's in der Z. f. 0. XXXIX 
hält Secchi fftr völlig gleich mit der seinen, für die er die 
Priorität gesetzt wissen will. Mit Königes Kapsel wies Secchi 
nach, dass sich die tiefen Töne gut bei niederem Druck, schlecht 
bei hohem fortpflanzen; die hohen umgekehrt, die tiefen Töne 
von einer gespannten Haut mehr zurückgeworfen werden, ihre 
lebendige Kraft deshalb geringer sei, als die der mittleren und 
hohen. Eine Aenderung der Luftkapsel, die die Ebene des runden 
Fensters senkrecht zum Trommelfell stellte, verminderte die Em- 
pfindlichkeit nicht. 

Ausser vielem Persönlichen, spricht Secchi die Hoffnung 
auf eine Discussion aus; ich weise deshalb gern hiermit auf die 
fesselnde Arbeit hin, die für die alte Meinungsverschiedenheit 
über die Schallleitung in der Pauke eine Fülle neuer anregen- 
der Gesichtspunkte bietet. 



11. 
Bernhard Rawitz, Neue Beobachtungen über das Ge- 
hörorgan der japanischen Tanzmäuse. Archiv f. Ohren- 
heilkunde, Bd. LIV, Heft 3 u. 4 (S.-A. aus Pflügers Archiv 1901) 
und Dr. G. Alexander und Prof. A. Kreidl, Anatomisch- 
physiologische Studien über das Ohrlabyrinth der 
Tanzmaus. II. und III. Mittheilung. (S.-A. aus Archiv für 
die gesammte Physiologie, Bd. LXXXVIII.) 

Besproohen ron 
Dr. Rudolf Pause, Dresden. 

Es war mir eine Freude, in der liebenswürdigen Zusendung 
des Verfassers fast alle meine Einwände i) gegen die Arbeit von 
Bawitz bestätigt zu finden. Auch in Betreff der neuen ünter- 

1) Münchener med. Wochenschrift Nr. 13, 1901. 



XX. Bespreehnngen. 275 

Buchungen Rawitz', zu denen er wieder im Ganzen, also yüWig 
ungenügend, fixirte Tanzmausköpfe benutzte, und mit der er unsere 
Einwände als erledigt betrachtet, stimme ich mit den Verfassern 
überein. Sie hoffen, dass Rawitz, nachdem er in der zweiten 
Arbeit schon zwei normale Bogengänge gegen den einzigen der 
ersten Arbeit annimmt, später vielleicht auch den dritten Bogen- 
gang noch normal finden wird. 

Das ist um so mehr zu hoffen, als die neuen Beobachtungen 
Rawitz', dessen frühere Untersuchungen „mit Evidenz gegen 
die Annahme eines statischen Sinnes^ sprachen, seine 
Angaben und Polgerungen derart „ erweitern und stützen*', dass 
er jetzt behauptet: „Die Bogengänge sind, der Sitz des Orien- 
tirungsvermögens, sind die Organe des Raumsinnes**. 

Die Befunde in obigen Arbeiten Alexander's und Kreidrs 
sind folgende: Knöchernes Labyrinth der Tanzmaus völlig nor- 
mal, nur mikroskopisch erkennbar kleiner als das der GontroU- 
thiere. In den perilymphatischen Räumen Gerinnsel, welche 
Verfasser als pathologisch auffassen Häutiges Labyrinth und an 
der Macula utriculi statt 2, 4 — 5 Kernreihen. Sinneszellen, Haare 
der Otholithenmembrau und Otholithen durchaus normal, ebenso 
Bogengänge, Ampullen, Utriculus und Gristae acusticae der Am- 
pullen. Pars inferior. Die Höhe des Neuroepithels der Ma- 
cula sacculi ist in allen Fällen vermindert, 6— 10 ju gegen 
17 ^, die Menge der Sinneszellen bedeutend herabgesetzt, zum 
Theil fehlend, meist abgeplattet, Haarmenge herabgesetzt. 

Otolithen der Macula sacculi klein, bisweilen fehlend. Ein- 
mal waren die Otolithen von einer, an der Macula entspringen- 
den kernhaltigen Bindegewebshülle umgeben und schlössen ver- 
einzelte leukocytenähnliche Zellen ein. 

Papilla basilaris Cochleae. In 2 Schnecken eines Falles Er- 
satz der Pfeiler im Vorhofsabschnitt durch cubisches Epithel. 
Haarzellen fast ganz fehlend oder vermindert und unregelmässig. 
„Zwischen den Pfeilern und den Zellen des Sulcus spiralis int. 
und ext., manchmal sogar im Tunnelraum netzförmige Binde- 
gewebszüge oder cubische, ja spindelförmige, unregelmässig ge- 
lagerte Zellen. Epithel des Sulcus spiralis ext. und int. einige 
Male fehlend oder unregelmässig. Der Hensen'sche Bogen ist 
nirgends entwickelt, Gorti'sche Membran nirgends verwachsen 
(wie bei einer tauben Katze), selten aufgelockert. Stria vascu- 
laris ist öfters durch plattes, stellenweise cubisches Epithel er- 

Archiv f. Ohrenheilkunde. LV. Bd. 1 9 



276 XX. Besprechangen. 

setzt. In einem Ohr Schwund des Bindegewebspolsters des 
Ductus renniens.^ 

Bechter Himnerv zeigt flberall Verdünnung und „minder 
feste Faserbfindelung'^. N. cochlearis hat etwa Ve der normalen 
Dicke. Vestibularis undAeste etwa ^/s, beide Vestibularganglien 
verkleinert und zellärmer. Nervenzellen des Ganglion spirale 
sehr vermindert« An den Mednllarkernen des Octavus wurden 
keinerlei Abweichungen gefunden. 

Am Sohneckennerv ist die Atrophie eine so hochgradige, 
dass die functionelle wie die trophische Wirksamkeit des Gan- 
glion erloschen ist. Die beiden Vestibularganglien haben ihren 
functionellen, nicht aber ihren trophischen Einfluss auf die peri- 
pheren Nervenendzellen verloren. 

Abweichende Befände an meinen Präparaten sind: Ganglion 
spirale weist keine Verminderung der Zellen auf, die Corti'schen 
Pfeiler überall vorzüglich erhalten, Labyrinthe haben nur ^s der nor- 
malen Grösse, lieber die sonstigen Abweichungen gestatten mir 
meine zunächst fbr gröbere Untersuchungen angefertigten Schnitte 
kein Urtheil, doch möchte ich auf eine Fehlerquelle hinweisen, 
der die ungemein zarten Haarzellen möglicher Weise zum Opfer 
gefallen sein können. Von allen Untersuchera sind die Laby- 
rinthe uneröffnet fixirt und eingebettet. Ich habe bei vergleichend- 
anatomischen Arbeiten nur dann gute Haarzellen der Pars basi- 
laris gefunden, wenn ich die Hohlräume eröffnet, lebend frisch 
in Ueberosmiumsäure fixirte. Die Haarzellen der Ampullen und 
Säcke sind widerstandsfähiger und auch an menschlichen Prä- 
paraten oft gut erhalten. 

Im physiologischen Theil kommen die Verfasser zum Schluss^ 
dass wegen des Fehlens des Drehschwindels der Bogengangs- 
apparat bis auf die Faserarmuth der Nerven zwar histologisch 
unverändert, aber functionell untüchtig sein kann. Das mangel- 
hafte Balancirvermögen entspreche der Atrophie der Utriculus- 
und Sacculus-Nerven und der Vestibularganglien, die Verände- 
rungen in der Schnecke dem Nichtzeicbnen auf Töne. Ferner 
wenden sie sich gegen Cyon, der auf Grund von Rawitz* un- 
haltbaren anatomischen Untersuchungen die gewagtesten Hypo- 
thesen aufgebaut hat. 

Auf die Ursache des Drehens gehen die Verfasser in weiser 
Zurückhaltung nicht ein. Vielleicht giebt eine Beobachtung 
etwas Aufklärung, die Kämmerer in einem Hefte des „Zoo- 
logischen Garten^, Jahrgang 1900 veröffentlichte. Eine gefangene 



XX. fiesprechuDgen. 277 

normale Waldmaus war vergessen worden und wurde halbverhun- 
gert mit ganz ausgetrockneter Nase und röthlich unterlaufenen 
Füssen liegend gefunden. Naohdem sie sich erholt, benahm sie sich 
ganz wie Tanzmäuse. ,,Sie umkreiste jeden Gegenstand in ihrem 
Käfig, drehte sich auch in ihrem Schlafkästohen sofort um sich 
selbst und war, so lange sie nicht schlief, ununterbrochen in 
hastiger Bewegung. Versuchte sie einmal gerade aus zu gehen, 
so geschah dies langsam, unbeholfen und torkelnd, als ob sie 
betrunken wäre. Auch ihre Kletterfähigkeit war vollständig 
verloren gegangen, wie ebenfalls bei den echten Tanzmäusen, 
ferner auch ihr zahmes Verhalten, das mit Scheu und Bissigkeit 
abwechselte.^ Hier ist wohl ein centrales Leiden anzunehmen. 

Kämmerer beschreibt tlbrigens auch eine senkrecht dre- 
hende, radschlagende Tanzmaus. 

12. 

Transactions of the American otological Society. 

Thirty-third annual meeting. Vol. VII. Part. III. 1900. 

Besprochen von 

Dr. Walther Scbnlze, Halle a. S. 

I. Knapp (New-York), Ausgedehnte acute Garies des 
Warzenfortsatzes und der Pars petrosa des Schläfen- 
beins. Operation. Heilung mit Wiederherstellung 
des vollständigen Gehörs unter Erhaltung des äusse- 
ren Gehorgangs und der Paukenhöhle. 
30 jähriger Mann. Vor 4 Monaten Schmerzen im rechten Ohr, 
welche ungefähr einen Monat dauerten. Darauf Ohreiterung und 
Anschwellung hinter dem Ohr. Operation damals verweigert. 
Wegen heftiger Kopfschmerzen und Fortdauer ,der Anschwellung 
wurde Verfasser consultirt, welcher folgenden Befund feststellte: 
Keine Eiterung, Trommelfell nicht perforirt, Gehör gut; der 
ganze Warzenfortsatz und die Umgebung geschwollen, geröthet, 
bei Berührung schmerzhaft, ohne Fluctuation. Hinter dem äusse- 
ren Gehörgang war eine feine, dünnen Eiter entleerende Fistel. 
Die Sonde gelangte hier auf Granulationen und rauhen Knochen. 
Klage über Schmerzen hinter dem Ohr und im Kopf Operation. 
Nach Ablösung des Periostes zeigten sich zwei Fisteln im Kno- 
chen. Bei Verfolgung derselben mit dem Meissel fand sich der 
ganze Warzenfortsatz erfüllt mit Granulationen, morschem Kno- 
chen und Eiter. Besection der Spitze. Ausräumung des Warzen- 
fortsatzes, Dura der hinteren Schädelgrube und Sinus freigelegt, 

19* 



278 XX. Besprechungen. 

nicht verfärbt. Antrnm voll Granulationen. Die Wandungen des 
Antmm and Aditüs waren nicht cariös. Canalis Fallopiae in- 
tact, Knochen der Umgebung blutreich und nekrotisch. Horizon- 
taler Bogengang gesund, nach oben und innen von demselben 
bis zum oberen Bogengang reichend, erweichte Enochensubstanz. 
Entfernung des kranken Knochens mit dem scharfen Löffel. Nach 
4 Wochen Heilung mit normalem Gehör und erhaltenem Trom- 
melfell. In der Discussion wies Dench darauf hin, dass es in 
solchen Fällen nicht möglich ist, fbr die Art der vorzunehmen- 
den Operation ein- für allemal gültige Regeln aufzustellen. Es 
käme hauptsächlich darauf an, den kranken Knochen vollständig 
zu entfernen; zu dem Zwecke mtlsste aber der Operateur den 
kranken Knochen vom gesunden unterscheiden können. Darin 
liegt, wie er sich ausdrückte, das ganze Geheimniss der erfolg- 
reichen operativen Otologie. 

2. Hiram Woods (Baltimore). Ein tödtlicher Fall von 
septischer Sinusthrombose mit Metastasen. 

13jähriger Knabe. Rechtsseitige Ohreiterung nach Masern 
im 9. Lebensjahre. Vor 1 V2 Jahren wurde „eine kleine Opera- 
tion** vorgenommen. Die Ohreiterung bestand weiter mit kurzen 
Unterbrechungen. Anfälle von Kopfschmerzen. 4 Tage vor der 
Aufnahme Frost, seitdem täglich wiederholt mit Fieber. Bei der 
Aufnahme Temperatur 38,8 0, Puls 106. Der ganze Warzenfort- 
satz schmerzhaft bei Berührung. Kein Oedem, keine Infiltration, 
auch nicht längs der grossen Gefässe am Halse. Im Gehörgang 
^ein grosser Polyp, spärliche Eiterung. Innere Organe gesund. 
An den Augen nichts Pathologisches. Urin ohne Zucker und 
Eiweiss. Operation. Der Knochen sklerotisch. Auf dem Wege 
nach dem Antrum in der Tiefe von 6 — 8 mm stürzte plötzlich 
von hinten oben ein Strom fotiden Eiters hervor. Wegnahme der 
hinteren Gehörgangswand, woselbst der Knochen erweicht war, 
und von der der Polyp ausging. Von den Gehörknöchelchen nur 
ein Hammerrest vorhanden. Dura vor und hinter dem Sinus ge- 
sund, über dem Sinus nekrotisch. Sinus selbst gelb vei'ßlrbt, 
äussere Sinuswand ulcerirt, innere Wand intact. Das Lumen des 
Sinus war mit einem gelben Thrombus ausgefüllt. Beim Aus- 
löffeln der Massen kam Blut von oben und von unten. CoUaps, 
bekämpft mit subcutanen Strychnininjectionen und Kochsalzinfu- 
sionen ins Rectum. Tamponade des Sinus. Am Abend Temp. 
37,10, Puls 90. Am nächsten Tage Temp. 38,5 », darauf Abfall 



XX. BesprechaDgen. 279 

zum Normalem, während der Nacht Temp. 40,0^, Puls 112. Am 
anderen Tage Verbandwechsel, die Wunde sah gut aus. In den 
folgenden Tagen intermittirendes Fieber, keine Fröste, keine 
Seh weisse, Puls zwischen 80 und 90. Nach 3 Tagen wiederum 
Verbandwechsel, stärkere Secretion, beginnende Granulationsbil- 
dung. Am nächsten Tage Entfernung der Sinustampons ohne 
Blutung. In der folgenden Zeit Temperaturen zwischen 36,8 und 
37,5^. Klage über Schmerzen am Hals. Am 13. Tage nach der 
Operation bei normaler Temperatur und einem Puls zwischen 
80 und 90 Anschwellung am inneren Sande des Sternooleido. 
Bei Druck auf diese Partie entleerte sich Eiter aus der Gegend 
des Jugularisendes des Sinus. Eröffnung einer grossen, fast bis 
zur Clavicula reichenden Eiterhöhle; dabei wurde die Carotis 
freigelegt, die Jugularis wurde nicht gesehen. 24stttndige Sohluck- 
lähmung, bald vorübergehende rechtsseitige Gesichtslähmung. 
Am 18. Tage nach der ersten Operation wurde ein linksseitiges 
pleuritisches Exsudat nachgewiesen. Steile Curven mit Frösten 
und Schweissen. Multiple Abscesse. Tod 4 Wochen nach der 
Operation. Die Section ergab Pericarditis, Pleuritis, Abscesse in 
der Leber und in der Milz. Das untere Ende der Jugularis war 
durch einen septischen und theilweise organisirten Thrombus ab- 
geschlossen, der Kest der Vene stellte einen fibrösen Strang dar. 
Septischer Thrombus im Torcular Herophili. In der Umgebung 
des Sinus longitudinalis circumscripte Paehy- und Leptomeningitis. 

Die Diagnose Sinusthrombose wurde erst bei der Operation 
gestellt, wenn auch die Möglichkeit einer solchen schon vorher 
erwogen worden war. Das einzige ftr Thrombose verwerthbare 
Zeichen waren die Fröste, während locale Erscheinungen voll- 
ständig fehlten. Woods vertrat die Ansicht, dass die hier be- 
obachteten Temperatursteigerungen trotz ihrer zum Theil gerin- 
gen Höhe und trotzdem völlig fieberfreie Zeiten dazwischen lagen, 
doch von vornherein als ein septisches, durch die Thrombose 
bedingtes Fieber aufzufassen waren. (Nach neueren Beobach- 
tungen gehört das Vorkommen fieberfreier Intervalle bei schon 
bestehender Sinusthrombose keineswegs zu den Seltenheiten, Ref.) 

Bei der Erörterung der Frage, ob hier nicht die Jugulai*is 
hätte unterbunden werden sollen, führte Verfasser für die Untere 
lassung der Unterbindung folgende Gründe an: 1. Die lange 
Dauer der Operation bei der Schwäche des Patienten. 2. Das 
Fehlen äusserer Zeichen einer Erkrankung der Jugularis; 3. die 
Blutung bei der Entleerung der Thromben , erklärte ab^ 



280 XX. Besprechungen. 

schliesslich, dass die beiden letzteren Momente, wie dieser Fall 
lehrte, keine absolute Gontraindication für die Jngularisunter- 
bindnng abgeben könnten. Den Abscess in der Umgebung der 
Jngularis war Woods geneigt als einen Senkungsabscess viel- 
leicht von einer „nicht entfernten Nekrose^ ausgehend aufzufas- 
sen, der Eiter wäre lediglich auf mechanischem Wege in das 
Lumen der Vene abgelaufen. Von diesem Standpunkte aus hätte 
auch die Jugularisunterbindung in Frage kommen können, um 
die Aufnahme des Eiters in die Blutbahn zu verhüten. (Referent 
kann sich mit dieser naiven Ansicht nicht einverstanden erklä- 
ren. Es handelt sich bei der ausgebreiteten Jugularisthrombose 
doch offenbar um einen durch die Erkrankung des Yenenrohres 
selbst hervorgerufenen periphlebitischen Abscess, dessen Entstehung 
bei frühzeitiger, das Fortschreiten der Thrombose auf die Jugu- 
laris hemmender Unterbindung mit Wahrscheinlichkeit hätte ver- 
hütet werden können.) 

3. Dench (New- York). Ein Fall von Sinusthrombose, 
complicirt mit Kleinhirnabscess. 

In der Einleitung fuhrt Dench aus, dass beide Erkran- 
kungen zwar häufige Folgeerscheinungen von Mittelohreiterungen 
sind, dass aber das Zusammentreffen beider keineswegs häufig 
wäre. In den meisten Fällen würde die Diagnose erst bei der 
Autopsie gestellt. (Nach den Erfahrungen der Hallenser Klinik 
scheint das gleichzeitige Yorkommen von Sinusthrombose und 
Hirnabscess gar nicht so selten zu sein, wie Verfasser annimmt, 
^uch wurde hier die Diagnose meistentheils in vita gestellt, wenn 
leider auch mancher der Fälle durch die Autopsie Gelegenheit gab, 
die früher gestellte Diagnose zu bestätigen. Bef.) Es handelte sich 
im vorliegenden Falle um ein Sjähriges Kind mit Entzündungs- 
erscheinungen des Warzenfortsatzes nach Ohreiterung. Bei der Ope- 
ration fand sich eine ausgedehnte Zerstörung des Knochens bis 
zur Dura und bis zum Sinus. Freilegung des Sinus, Entfernung 
eines Thrombus, Blutung. Darauf zwei Tage lang Temperatur 
zwischen 38,9 und 41,1^. Keine Zeichen von Ausdehnung der 
Thrombose nach der Jugularis. Das Kind machte keinen septi- 
schen Eindruck. Nach 4 Tagen stellte sich continuirliches Fie- 
ber ein. Dench nahm an, dass es sich um einen acuten Hirn- 
abscess] oder wahrscheinlicher um das Einsetzen einer frischen 
Entzündung in einem bisher latent gewesenen Abscess handelte. 
Localisationserscheinungen fehlten. Trepanation der mittleren 



XX. Besprechungen. 281 

Sohädelgrnbe dieht über dem äusseren Gehörgang nach Ver- 
längerung des Hautschnittes über den Ansatz der Ohrmuschel 
hinaus. Wegnahme des Knochens nach hinten und unten, sodass 
mit der Ohroperationswunde eine einheitliche Höhle gebildet 
wurde. Hinter und unter dem Sinus lateralis war die Dura ver- 
dickt und verfärbt (also doch wohl die Dura des Kleinhirns. 
Ref.) Function mit Hülfe einer Aspirationsnadel in der Richtung 
nach oben vorn und innen ohne Resultat. Nach Einstechen der 
Nadel in die hintere Schädelgrube, und zwar in der Richtung 
nach unten, hinten und innen wurde eine geringe Menge „Flüs- 
sigkeit^ aspirirt. Es wurde mit einem Messer in der oben bezeich- 
neten Richtung in die Gehirnsubstanz des Kleinhirns einge- 
stochen. Beim Eingehen mit dem kleinen Finger wurde in ^k Zoll 
Tiefe eine mit nekrotischer Hirnsubstanz angefüllte Abscesshöhle 
gefunden. Tamponade der Höhle. Abfall der Temperatur für die 
nächsten 24 Stunden. Am Tage darauf schnelles Ansteigen der Tem- 
peratur. Tod 36 Stunden nach der Abscessoperation. Keine Section. 
D e n c h glaubte die Ursache für das nach der Sinusoperation 
noch weiter bestehende Fieber zunächst in der Ausbreitung der 
Thrombose suchen zu müssen; da aber die darauf hin gerichtete 
Untersuchung nichts Abnormes ergab, so nahm er an, dass der 
Hirnabseess allein die Fieberursache gewesen, und [zog daraus 
den Schluss, dass Hirnabscesse otitischen Ursprungs mit Fieber 
und erhöhter Pulsfrequenz einhergehen können. (Für die Frage 
des Fiebers beim uncomplicirten Hirnabseess lässt sich aus 
dem vorliegenden Falle gar nichts ableiten, da eine Heilung der 
den Abscess begleitenden Sinusthrombose durch die Section nicht 
constatirt ist, das Fehlen äusserer Zeichen aber nicht als bewei- 
send angesehen werden kann gegen das Vorhandensein, bezw. 
die Weiterausbreitung einer Thrombose. Ref.) Bei Gelegenheit 
der Discussion empfahl Bacon die Entscheidung der Frage, ob 
die Jugularis unterbunden werden solle oder nicht, vom Kräfte- 
zustand des Patienten abhängig zu machen. Ferner bezeichnete 
derselbe wegen der Gefahr einer Blutung die Benutzung eines Scal- 
pells zum Einstich in die Gehirnsubstanz für bedenklich. Im Anschluss 
hieran berichtete Gruening über folgende Fälle : 1. Acute Eite- 
rung nach Typhus, Temperatur über 41,0 o. Sinus ganz fest. 
Wegen der Schwäche des Patienten wurde weiter nichts gemacht, 
als die Aufmeisselung des Warzenfortsatzes mit Freilegung des 
Sinus. Am nächsten Tage war Patient fieberfrei. Schnelle Hei- 
lung. Gruening nahm einen nicht infectiösen Thrombus an. 



282 XX. BesprecboDgen. 

2. Kind mit chroDischer Eiterung, seit einigen Tagen FröBte. Im 
Sinns ein weit nach hinten reichender Thrombus. Ausräumung 
der Thromben, welche nach der bakteriologischen Untersuchung 
als nicht infectiös zu betrachten waren. Deshalb keine Jugu- 
larisunterbindung. Heilung. 3. 1 9 jähriges Mädchen mit chroni- 
scher Eiterung. Perisinuöser Abscess. Sinns anseheinend nicht 
thrombosirt, bei der Function Blut aspirirt. Hohes Fieber und 
Fröste. Bei der Incision des Sinns kam Blut von beiden Sei- 
ten. Jugularisnnterbindnng in der Annahme einer auf den Bulbus 
beschränkten Thrombose. Nach 2 Tagen fieberfrei. 4. 14 Tage 
nach der Aufineisselung bekam ein Patient Fieber bis 40,5 o, dar- 
auf wieder Abfall der Temperatur. Der freigelegte Sinus sah 
gesund aus, deshalb wurde eine Fyämie ohne Thrombose ange- 
nommen. Keine Unterbindung. Dann wieder intermittirendes Fie- 
ber, Anschwellung eines Eniees, Entzündung der Extensoren- 
sehnen an der Hand und am Fuss. Tod. 

Gruening fasste schliesslich seine Ansicht bezüglich der 
Jugularisnnterbindnng dahin zusammen: Es lässt sich ffir die Ju- 
gularisnnterbindnng keine für alle Fälle gültige Regel au&tellen. 
In jedem Falle zu unterbinden, ist ebenso falsch, wie die Unter- 
bindung principlell zu unterlassen. Die Indication ftir die Jugu- 
larisunterbindung muss für jeden einzelnen Fall besonders ent- 
schieden werden. Randall berichtete, dass von den mit Ligatur 
behandelten Fällen 57 Proc, von den ohne dieselbe behandelten 
Fällen 51 Proc. geheilt worden wären, was zu Gunsten der Unter- 
bindung spräche, betonte aber die nicht seltene Unsicherheit der 
Diagnose an der Hand eines Falles mit hohem Fieber, in wel- 
chem trotz gesund aussehender Sinuswand und trotz des Fehlens 
yon Frösten doch durch die Section ein obturirender Thrombus 
im Sinus nachgewiesen wurde. 

4. Fridenberg (New-York). Ein Fall von perisinuöser 
Pneumokokkeneiterung. 

4 jähriges Mädchen erkrankte vor einigen Tagen an rechts« 
seitiger acuter Otitis unter Fieber. Trommelfell blauroth, blasen- 
ähnliche Yorwölbung des hinteren oberen Quadranten. Warzen- 
fortsatz dicht über der Spitze etwas druckempfindlich. Paracen- 
tese, heisse Umschläge. Nachlass der Schmerzen. Geringer, 
serös- eitriger, später rein-eitriger Ausfluss. Nach einigen Tagen 
Klage über Kopfschmerzen, Druckempfindlichkeit des Warzen- 
fortsatzes ohne Röthe der Haut, ohne Oedem. Am 27. Tage der 



/ 



XX. BesprecfauDgeii. 283 

Erkrankung Anfmeisselung. Periost yerdiekt, Knochen weich 
nnd hyperäfflisoh. Nach Entfernung einer ungefähr 2 mm dicken 
Enocbengchicht zeigte sich etwas Eiter. Die Sonde gelangte in 
eine grosse Höhle und stiess nach der Spitze zu auf einen wei- 
chen elastischen Widerstand. Wegnahme des Knochens mit der 
Knochenzange nach unten bis zum Bulbus yenae jugularis, nach 
hinten auf ein Drittel der Entfernung bis zum Torcular. Der 
Sinus lag pulsirend frei, ganz bedeckt mit einer grau-gelben 
Membran, welche stückweise entfernt wurde. Nach Entfernung 
der Pseudomembranen zeigte sich die Sinuswand gesund, ausser 
an einer Stelle von der Grösse einer Kaffeebohne, wo Granulationen 
sassen. Die Palpation des Sinus ergab flüssigen Inhalt. Schnelle 
Heilung. Bei der bakteriologischen Untersuchung der Membranen 
wurde der Pneumococcus Fraenkel in Beincultur gefunden. 

In der Discussion stellte Gruening das yerhältnissmässig 
seltene Vorkommen der Pneumokokkenotitis fest, während Ba* 
con auf die Möglichkeit der Verwechselung einer centralen 
Pneumonie mit einer Sinusthrombose in Fällen, in denen die 
letztere keine localen Erscheinungen verursacht , aufinerksam 
machte. Schliesslich wies Fridenberg noch auf eine gewisse 
Aehnlichkeit zwischen Streptokokken und in Ketten angeord- 
neten Pneumokokken hin. 

5. GorhamBacon (New- York). Ein Fall van chronischer 
Alittelohreiterung, gefolgt von Abscessen im Tem- 
porosphenoidallappen und im Kleinhirn. 

32jährige Frau, hatte im Alter von 10 Jahren rechts- 
seitige Ohreiterung. Einen Monat vor der Aufnahme Sehmerzen 
in demselben Ohr, welche in die Schläfe, in den Scheitel und 
Hinterkopf ausstrahlten. Angeblich keine Ohreiterung bis 3 Tage 
vor der Aufnahme. Vor 14 Tagen Schwindel und allgemeine 
Schwäche. Vor 9 Tagen zwei Fröste verbunden mit Erbrechen. 
Bei der Aufnahme benommen und schläfrig (Pat. hatte viel 
Morphium seitens des Hausarztes erhalten). Temp. 38^6, Puls 80, 
Resp. 20. Bechts Trommelfell defect, Eiterung. Anfmeisselung, 
Entfernung von erweichtem Knochen, Granulationen und Eiter. 
Es Hess sich keine Wegleitung durch das Tegmen tympani finden. 
Wegen der Morphiumwirkung war die Diagnose einer intra- 
craniellen Complioation unmöglich. Nach 3 Tagen Abfall der 
Temperatur auf 37,3, Puls 72, Resp. 18. Am Abend desselben 
Tages wieder Anstieg auf 38,6, Puls 86. Klage über heftige 



284 XX. Besprechongen. 

Schmerzen im Ohr und im Kopf. Linksseitige Abdueenslähmnng, 
linksseitige Faoialisl&hmnng, linksseitige Hemiparese, massige 
linksseitige Hemianästhesie, linksseitige Hemianopsie, doppel- 
seitige Stauungspapille. Es wnrde ^e Diagnose auf rechts- 
seitigen Sehl&fenlappenabscess gestellt. Trepanation 5 Tage naeh 
der ersten Operation, Freilegnng der Dura der mittleren Schädel- 
grabe. Dura verdickt, vorgewölbt. Mit einer Sonde wurde eine 
kleine Oefifhnng in der Dura gefunden, ungefähr IV2 Zoll über 
dem äusseren Gehörgang, welche nach innen, oben und r&ckwärts 
führte und eine Abscesshöhle aufdeckte. Erweiterung der Oeffnung 
in der Dura und Entleerung von 3 — 4 Unzen fotiden Eiters und 
nekrotischer Hirnsubstanz. Tamponade der Höhle mit Jodoform- 
gaze. Nach 3 Tagen Muskelzuckungen im Gesicht und in den 
Beinen, Delirien, Fat. reisst am Verband. Muskelzuckungen im 
Bein von der Hüfte bis zum Knie, in der rechten Gesichtshälfte, im 
rechten Arm. Puls unregelmässig und schwach. Erbrechen, 
Goma. Fat. liess Stuhlgang und Urin unter sich. Lähmung 
der linken Eörperhälfte. Gheyne-Stokes'sches Athmen. 
Tod. Section : An den Meningen nichts Abnormes. Hirnprolaps. 
Dura mit dem Schläfenbein und der anliegenden Hirnsubstanz 
^verwachsen. Grosse Abscesshöhle im Schläfenlappen. Basis 
des Gehirns ohne Veränderung. In der rechten Kleinhirnhemisphäre 
fand sich ein Abscess, welcher eine halbe Unze fotiden Eiters 
enthielt. Zwischen den beiden Abscessen bestand keine Com- 
munication. Ventrikel ohne Veränderung. (Aus dem Sections- 
bericht ist nicht ersichtlich, ob es sich um alte oder um frische 
Frocesse im Gehirn handelte. Das Vorhandensein von Fieber 
und das Bestehen der schweren Erscheinungen erst seit 4 Wochen 
machen es wahrscheinlich, dass hier acut entstandene Abscesse 
vorlagen. Freilich es steht nirgends etwas von einer Unter- 
suchung des Sinus. Es liegt demnach die Möglichkeit vor, 
dass eine Sinusthrombose nebenbei bestand, durch welche das 
Fieber bedingt wurde.) 

6.Burnett(Fhiladelphia). ChronischerOhrschwindel, sein 
Mechanismus und seine chirurgische Behandlung. 

Nach B. wird der chronische Schwindel in den meisten 
Fällen hervorgerufen durch einen chronischen Katarrh des Mittel- 
ohrs, welch letzterer zur Sklerose der Schleimhaut; Bigiditdt 
der Membran des runden Fensters, Fixation der Gehörknöchelchen, 
Unbeweglichkeit des Steigbügels im ovalen Fenster führt. Die 



XX. Besprechungen. 285 

Compression der Endolymphe und der dadurch erzeugte Druck 
auf die Nervenendigungen in den Ampullen der Halbcirkelkanäle 
löst die Reflexerscheinung des Schwindels aus. In BetreflF der 
Mechanik der Entstehung des Schwindels setzte B. folgendes 
auseinander : Die Labyrinthflüssigkeit ist in zwei Systeme einge- 
theilt 1. die Endolymphe, welche das Innere des membranösen 
Labyrinths ausfüllt und 2. die Perilymphe, welche sich im Hohl- 
raum des knöchernen Labyrinthes befindet. Die Endolymphe 
kommt nach Hasse aus einem epicerebralen Lymphraum, und 
wird auf dem Wege des Aquaeductus vestibuli zugeleitet. Jede 
Vermehrung oder Verminderung des Druckes im Subarachnoideal- 
räum muss sich längs des Aquaeductus vestibuli auf das Innere des 
membranösen Labyrinths fortpflanzen. Die Perilymphe stammt 
aus dem Subarachnoidalraum, gelangt durch die Foramina aoustica 
in das Labyrinth und verlässt dasselbe durch den Aquaeductus 
Cochleae. Bei Steigerung des intralabyrinthären Druckes werden, 
wie B. durch eigene Versuche im Helm hol tz'schen Labora- 
torium beobachtet haben will, der Steigbügel und das runde 
Fenster fest nach aussen gedrängt. Da nun in den späteren 
Stadien des chronischen Katarrhs die Labyrinthfenster mehr oder 
weniger starr werden, wodurch eine Ausgleichung des intra- 
labyrinthären Drucks erschwert wird, so kommt es durch Com- 
pression der häutigen Halbcirkelkanäle zur Entstehung von 
Schwindel. Das Hörvermögen kann früher verloren gehen als 
die Gleichgewichtsfunction des inneren Ohres. Jedenfalls stellt 
der Schwindel die chronologisch letzte unter den durch den 
chronischen Mittelohrkatarrh hervorgerufenen Erscheinungen dar. 
Auf dem von Schwindel befallenen Ohr bestehen gewöhnlich 
hochgradige Schwerhörigkeit beziehungsweise Taubheit und Ohr- 
geräusche. Der erste Schwindelanfall ist in der Regel mit einer 
Zunahme der subjectiven Geräusche verbunden. Die Dauer des 
Anfalls schwankt zwischen einigen Minuten und einer halben 
Stunde. Nausea wird bei den ersten Anfällen, namentlich wenn 
dieselben von kurzer Dauer sind, nicht regelmässig beobachtet. 
Werden die Anfälle häufiger und heftiger, so tritt auch Nausea 
und Erbrechen ein, häufig verbunden mit Gollapszuständen, aber 
ohne Verlust des Bewusstseins. Der letztere Umstand dient in 
zweifelhaften Fällen zur differentiellen Diagnose zwischen Ohr- 
schwindel, Apoplexie und Epilepsie. Der Pat. hat die Neigung, 
bei dem Anfall nach dem kranken Ohr zu fallen, sind beide 
Ohren erkrankt, so besteht vollständige Unfähigkeit zu gehen. 



286 XX. Besprechaogen. 

Der erste Anfall wird vielfach in seinem Wesen nicht erkannt 
nnd anf Yerdaunngsstörnngen bezogen. Bei näherer Nachfrage 
lässt sich aber feststellen, dass der betreffende Patient schon 
l&ngere Zeit an Taubheit nnd Ohrgerftnsohen leidet. Das oto- 
skopische Bild lässt in den meisten Fällen Trübung, Verdickung 
und Einziehung des Trommelfells erkennen. Die Einziehung 
ist hier die mechanische Ursache ftlr die Entstehung des 
Schwindels; infolge der Retraction der Gehörknöchelchenkette 
wird der Steigbügel nach innen in das ovale Fenster gedrückt. 
Während nun unter normalen Verhältnissen bei stärkerem Ein- 
wärtsdrücken des Steigbügels in das ovale Fenster oder bei 
einer durch Lymphstauung bedingten intralabyrinthären Druck- 
steigerung eine Gompensation stattfindet durch Ausweichen 
des runden beziehungsweise des ovalen Fensters nach der 
Paukenhöhle zu, ist bei abnormer Fixation des Steig- 
bügels und bei Regidität des runden Fensters dieser Aus- 
gleich nicht möglich, die Compression der Endolymphe führt 
durch Reizung der Ampullennerven zur Entstehung von 
Schwindel. 

Das Zustandekommen des Schwindels bei chronischer Mittel- 
ohreiterung erklärte B. in derselben Weise wie beim chronischen 
Katarrh, durch mechanischen Druck auf das Labyrinth und 
dadurch hervorgerufene Reizung der Nervenenden in den halb- 
cirkelförmigen Kanälen. Hammer und Amboss sind oft mit 
geschwollener Schleimhaut und Granulationen bedeckt und durch 
Synechien unter einander und mit der inneren Paukenhöhlenwand 
verbunden. Die Blutgefässe der Paukenhöhlenschleimhaut sind 
bei chronischen Eiterungen stark gefüllt, und da diese (befasse 
mit den Blutgefässen des Labyrinths eng verbunden sind (? Ref.), 
so greift die Hyperämie auch auf die letzteren über und führt 
durch Steigerung des intralabyrinthären Drucks zur Entstehung 
von Schwindel. Reizung und Hyperämie des Labyrinths mit 
folgendem Schwindel und Nystagmus kann ferner auch bedingt 
sein durch Fortleitung der Entzündung aus der Paukenhöhle 
durch, cariöse Stellen im horizontalen Bogengang oder an der 
Labyrinthwand. 

In der Annahme, dass die Ursache des Schwindels eine 
rein mechanische wäre, entfernte Burnett den Amboss in der 
Absicht, dadurch eine Entlastung des Steigbügels zu erzielen, 
eine Operation, die er auch in Verbindung mit der Excision des 
Hammers und des Trommelfells in Fällen chronischer Eite- 



XX. Besprechungen. 287 

rung zur Verhütung und Heilung von Antrum- und Mastoid- 
erkrankungen empfahl. Die Operation selbst beschrieb Burnett 
in folgender Weise: Aethernarkose, Deslnfeotion des äusseren 
Gehörgangs. Wenn das Trommelfell nicht perforirt ist (beim 
chronischen Katarrh), beginnt der Einschnitt dicht hinter dem 
Processus breyis, führt längs der Peripherie nach hinten unten 
bis unterhalb einer horizontal durch den Umbo gezogenen Linie. 
Die Blutung fehlt gewöhnlich ganz oder ist gering. Der so ge- 
bildete Lappen wird mit Hülfe einer Sonde nach innen gegen das 
Promontorium geschlagen. Auf diese Weise wird das Amboss-Steig- 
btigelgelenk sichtbar gemacht. Nun folgt die Trennung der Grelenk- 
verbindung zwischen Amboss und Steigbügel. Die Entfernung des 
Amboss erfolgt in der Weise, dass der lange Ambossschenkel mit 
einer besonders dazu construirten Zange gefasst und vorsichtig 
nach unten und aussen gezogen wird. Bei chronischen Eiterungen 
sollte gleichfalls zuerst der Amboss entfernt und dann erst der 
Trommelfellrest mit dem Hammer excidirt werden. Burnett 
hat die Operation in 27 Fällen von Ohrschwindel ausgefllhrt, 
und zwar meist bei chronischem Katarrh; immer mit gutem 
Erfolg. Er habe nur bei hochgradigem und schon lange be- 
stehendem Schwindel operirt. Theobald war der Ansicht, 
dass der Fixation des Steigbügels im ovalen Fenster vielfach 
ein übertriebener Einflass auf das Zustandekommen von intra- 
labyrinthärem Druck und dadurch ausgelöstem Schwindel bei- 
gemessen würde. 

7. Bandall (Philadelphia). Klinische Anatomie der Tuba 
Eustachii. 

lieber das topographisch-anatomische Verhalten der Tube 
^sollen nach R. vielfach falsche Ansichten verbreitet sein. 
Manche hätten sogar eine variabele Lage des Tubenmundes 
Angenommen, ohne einen anatomischen Beweis dafür erbracht 
2U haben, ausgehend allein von der klinischen Erfahrung b^m 
Katheterisiren. Eine Erklärung hierfür erblickte Band all in 
den mannigia,ltigen Bildungsanomalieen gewisser als Richtschnur 
beim Katheterisiren benutzter Nasen- und Bachenpartieen. In 
Anbetracht der Thatsache, dass die die obere und seitliche 
Begrenzung des Bachens bildenden Theile der knöchernen 
Schädelbasis in ihrer Configuration grosse Gonstanz erkennen 
Hessen, glaubte Verf. etwaige Varietäten in der Lage des Tuben- 
mundes lediglich auf Anomalien in der Structur des Ostium 



288 XX. BesprecbuDgen. 

tubae selbst zurückfahren zu müssen, und v^ies in dieser Hinsicht 
auf die Verschiedenartigkeit des Tubenknorpels und der auch 
nach der Menge des eingelagerten Drüsengewebes individuelle 
und Altersunterschiede zeigenden Schleimhaut hin. Den Schluss- 
satz bildete die Behauptung, dass anatomische Varietäten der 
Tuba Eustachii relativ selten und klinisch unwichtig wären. 



13. 
Körner, Die Veränderungen an der Sehnervenscheibe 
bei den otogenen Erkrankungen des Hirns, der Hirn- 
häute und der Blutleiter. 73. Bd. des deutsehen Archivs 

f&r klinische Medicin. 

Besprochen von 

Dr. E. Hansen in Hamburg. 

Wie die Halle'sche Ohrenklinik im LIII. Band dieses Archivs 
ihr Material in Bezug auf das Verhalten des Augenhintergrun- 
des bei den otitischen endocraniellen Erkrankungen veröffent- 
licht hat, so sind nun auch von Eoerner an oben genannter 
Stelle seine diesbezüglichen Beobachtungen bekannt gegeben. 

Was die Nomenclatur betrifft, so spricht Eoerner nicht 
mehr wie in der II. Auflage seines bekannten Buches nur von 
Neuritis optica und Stauungspapille, sondern bedient sich im 
Allgemeinen des nichts präjudicirenden Ausdrucks „Verände- 
rungen'^ an der Sehnervenscheibe. Ob Eoerner neben Neu- 
ritis optica und Stauungspapille noch eine 3. Eategorie unter- 
scheidet, die wir als „leichte Papillenveränderung^ bezeich- 
nen möchten, ist uns nicht recht ersichtlich gewesen. Nach 
unseren Erfahrungen halten wir diese Unterscheidung fllr zweck- 
mässig, weil der begutachtende Augenarzt — wenigstens bei uns 
in Halle — oft deutliche ophthalmoskopische Veränderungen con- 
statirte, ohne dass er dieselben bereits als Neuritis optica hätte 
bei^ennen wollen, und weil diese leichten Papillenveränderungen 
eine grosse praktische Bedeutung besitzen. 

Die Eoerner 'sehe Casuistik umfasst 34 Fälle, von denen 
9 Fälle, also 26,5 Proc, abnormen Augenhintergrund zeigten, 
während unter den 97 Halle'schen Fällen 45, also 46,4 Proc, sol- 
chen aufwiesen. Es würde zu weit führen, die Resultate der 
beiden Untersuchungen hier im Einzelnen zu vergleichen, aber 
zwei Ansichten Eoerner 's, die er in der Einleitung seiner Ar- 
beit ausspricht, die eine betreffs der Dignität seines Materials, 



XX. Besprechungen. 289 

die andere betreffe der Methode der Gruppirung der Fälle, ver- 
langen, so seheint mir, eine eingehendere Besprechung. 

In Bezug auf die Dignität seines Materials sagt Eoerner 
S. 571 1. c. wörtlich: „Die hierzu brauchbaren Fälle sind nicht 
so zahlreich wie die der Schwartze'schen Klinik; ihre gerin- 
gere Zahl wird dadurch aufgewogen, dass die Augenunter- 
suchungen ausschliesslich von geübten und erfahrenen Augen- 
ärzten vorgenommen und in nicht wenigen Fällen bis zur völligen 
Heilung oder bis zum Tode regelmässig wiederholt worden sind.*' 
Dasselbe lässt sich ohne Einschränkung von dem Halle'schen Ma- 
terial sagen, und da Eoerner meine Arbeit gelesen hat, so ist 
mir die Entstehung seines Irrthums nicht verständlich. 

In Bezug auf die Mitwirkung der Augenärzte in der Halle- 
schen Ohrenklinik bei Erhebung der ophthalmoskopischen Be- 
funde habe ich in der Einleitung wie folgt geschrieben: „Die 
Notizen in den Erankengeschichten über den Augenhintergrunds- 
befund wird man vielfach recht spärlich finden, dafür sind die- 
selben , ich darf wohl sagen , ausnahmslos, von augenärzt- 
licher Seite controllirt und dürfen somit als besonders zuver- 
lässig gelten.^ Es ist mir nicht erinnerlich, ophthalmoskopische 
Notizen gebracht zu haben, bei denen nicht der Name des con- 
troUirenden Augenarztes verzeichnet gewesen wäre. Des Wei- 
teren habe ich Seite 278 auseinandergesetzt, welchen grossen 
Werth der Chef der Halle*schen Ohrenklinik der ophthalmosko- 
pischen Untersuchung zumisst, und welche Forderungen er in 
dieser Richtung an seine Assistenten stellt. 

Was nun die Fortführung der ophthalmoskopischen Unter- 
suchung betrifft, so, glaube ich, hält auch hier das Halle'sche 
Material den Vergleich mit dem Eoerner 'sehen aus. Das 
Halle'sche Material ist so publicirt, dass eine Nachprüfung Jedem 
überall leicht möglich ist« Die ophthalmoskopischen Notizen sind 
alle, wie ich sie in den Erankengeschichten fand, jede mit dem 
Datum der Erhebung des Befundes, in der Liste der Fälle leicht 
auffindbar, mitgetheilt, und überdies sorgen die überall im Text 
beigefügten Tabellen für die Erleichterung dieser Feststellungen. 
Ich darf mich deswegen hier der Aufzählung der nicht wenigen 
Fälle enthalten, in denen auch in Halle die Augenuntersuchun- 
gen „bis zur völligen Heilung oder bis zum Tode regelmässig 
wiederholt worden sind''. 

Wenn ich bei Abfassung meiner Arbeit die Spärlichkeit der 
ophthalmoskopischen Notizen bedauerte, so kann dies doch nicht 



290 XX. BesprechiiDgen. 

missverstanden werden. Die Erankengescbiohtea werden nirgends 
beständig im Hinblick anf eine später vielleicbt einmal vorzn- 
nehmende obliegende Untersnchang gesobrieben; jeder bält sieh 
an die Hauptsacbe und befleissigt sich der Eflrze, und manehe 
thatsächlieh erfolgte Feststellung, die nichts Besonderes bot, wird 
nicht gebucht. Die Lücken der Unterlagen werden sich bei dieser 
wie bei jeder anderen Untersnchnng immer dem o£fenbaren, der 
tiefer in den Gegenstand einzudringen sich bemüht, sie behin- 
dern ihn in seinen Schlussfolgernngen und werden darum sein 
Bedauern erregen. 

Wenn ich mir das Koerner'sche Material ansehe, soweit 
das bei der kurzen Zusammenfassung desselben möglich ist, so 
habe ich nicht den Eindruck, dass dasselbe höher einzuschätzen 
wäre. Eoerner selbst muss die Lücken seines Materials em- 
pfunden haben; wenn nicht, so würde ich mir dies nur durch 
die mehr summarische Bearbeitung desselben erklären können« 
In manchem Fall ist „oft^ ophthalmoskopirt, wo die Untersuchung 
meines Erachtens eher unterbleiben durfte, als in anderen Fällen, 
wo nur einmal untersucht worden ist. Im Fall 30 (uncompli- 
cirter Extraduralabscess) ist einmal, aber erst am Tage nach der 
Operation ophthalmoskopirt, im Fall 4 (uncomplicirter Extra* 
duralabscess) trotz der schon am Operationsiag bemerkten Ab- 
ducenslähmung gar erst am 37. Tage nach der Operation und 
nur einmal trotz des abnormen Befundes; im Fall 12 (Phlebitis 
und Thrombose des Sinus transversus mit Pyämie) ist nur ein- 
mal und zwar am 1. Tage nach der Operation untersucht, im 
Fall 31 (Phlebitis und Thrombose des Sinus transversus) nur ein- 
mal am Tage vor der Operation, obwohl bei der Operation der 
incidirte Sinus stark blutete und tamponirt wurde, und im Fall 2 
(Sinusphlebitis mit Extraduralabscess und Leptomeningitis) nur 
einmal am 5. Tage nach der Operation, 2 Tage vor dem Auf- 
treten der meningitischen Symptome trotz des vorhandenen ab- 
normen Befundes ; endlich ist im Fall 9 (uncomplicirter Schläfen- 
lappenabscess) zweimal untersucht und zwar beide Male erst 
nach der Entleerung des Abseesses. Am häufigsten und am 
regelmässigsten ist in den Fällen Nr. 21, 25 und 29 untersucht 
worden, nämlich 5, 7, bezw. 9 mal. 2 dieser Fälle gehören zu 
den räthselhaften Fällen unserer Gruppe Y, bei denen natürlich 
überall besonders oft ophthalmoskopirt wird. Ich bitte, diese 
Fälle unserer Liste anzusehen: in den Fällen 19, 23, 57, |46 ist 
4, 7, 5, bezw. 6 mal untersucht. 



XX. Besprechungen. 291 

Soviel hierüber — und nun noch einige Worte zur Frage, 
wie bei Bearbeitung des vorliegenden Themas das Material zu 
gmppiren ist. Diese methodologische Frage ist nicht unwichtig; 
denn von der Art ihrer Lösung hängt es meines Erachtens nicht 
am wenigsten ab, ob solche Untersuchungen zu brauchbaren Re- 
sultaten führen. Je grösser das Material, um so schwieriger ist die 
Gruppirung, aber auch um so nothwendiger. 

Ich bin bei der Gruppirung, wie ich Seite 252 auseinander- 
gesetzt habe^ so vorgegangen, dass ich nach der zur Zeit der 
Feststellung des ophthalmoskopischen Befundes vorhandenen und 
diesen also wohl bedingenden otitischen Hirnkrankheit den Fall 
in die entsprechende Krankheitsgruppe einreihte. Wo mehrere 
otitische Hirnkrankheiten vorlagen, habe ich diejenige Hirn- 
krankheit, die im Hinblick auf Verlauf und Ausgang die 
grössere Bedeutung besass, für die Wahl der Gruppe entschei- 
dend sein lassen, natürlich unter Aufstellung der erforderlichen 
Unterabtheilungen bei den verschiedenen Gruppen. Wenn nun 
Koerner bei Besprechung meines Vorgehens statt „Hirn- 
krankheit**, wie da deutlich zu lesen ist, „Krankheit" citirt, 
so lässt er mich etwas vertreten, was Niemand vertreten kann ; 
denn eine Lungenmetastase bei einem Fall otitischer Pyämie, 
die entscheidend für den Verlauf und Ausgang des Falles ge- 
wesen ist, kann natürlich nicht als Ursache von etwa vorhanden 
gewesenen Papillenveränderungen angesehen werden, wohl aber 
jede otitische Hirnerkrankung; bei dem derzeitigen Stande un- 
seres Wissens sind wir nicht berechtigt, irgend eine der otitischen 
endocraniellenOomplicationen in dieser Beziehung auszuschliessen. 

Wie verfährt nun Koerner? — Er sondert seine Fälle in 
2 Hauptgruppen, die der uncomplicirten und die der complicirten 
Fälle. Die uncomplicirten Fälle sondert er dann allerdings nach 
der vorhandenen Hirnkrankheit, dagegen werden die complicir- 
ten Fälle ohne jede Gruppirung — „die Reihenfolge in der Nen- 
nung der gleichzeitig vorhandenen Erkrankungen ist dabei", so 
sagt Koerner, „willkürlich" — in eine Liste gebracht. 

Bei einer kleinen Zahl von Fällen mag dabei die Ueber- 
sicht noch möglich bleiben, aber was, frage ich, will der Unter- 
suchende gegenüber einer solchen kunterbunt zusammengewür- 
felten Liste von 40 oder mehr complicirten Fällen beginnen? — 
Da kommt man nicht weiter ohne Classification; man hat zu 
unterscheiden und zusammenzustellen wie überall, wo man vor 
einer verwirrenden Fülle von Einzelerscheinungen nach Erkennt- 

Archiv f. OhrenheQknnde. LV. Bd. 20 



292 XX. BcsprechaBgen. 

niflg strebt. Jedes Eintheilangsprincip ist mehr oder minder will- 
ktlrlieh und fehlerhaft, aber es gilt aueh nur so lange, bis ein 
besseres gefunden ist. Dass das Koernen'sehe das bessere ist, 
das mnss ich bestreiten. Eoerner weieht auch selbst davon ab in 
Bezug auf die Leptomeningitis und den Himabsoess; denn dort er- 
scheinen aueh eoroplioirte FAlle, nicht aber bei der Sinnstbrombose. 

Auch sonst im Einzelnen ist in dieser Biehtnng Manches zu 
beanstanden. In Bezug auf Fall Nr. 4, 25 und 29 äussert er ja 
selbst Bedenken. Die Fälle Nr. 4 und 29, bei denen erst nach 
der Operation des Extraduralabseesses, im Fall 4 am 37. Tage 
nach der Operation, im Fall 29 am 13. Tage nach der Operation 
Papillenyerändemngen eonstatirt wurden, werden zu den uncom- 
plioirten Extraduralabscessen gezählt. Ebenso ist die Zugehörig- 
keit des Falles 25 zu dieser Gruppe zweifelhaft; denn die erste 
ophthalmoskopische Untersuchung scheint auch hier nach der 
Fassung der Notiz — es wird von der nicht operirten Seite ge- 
sprochen — wohl am Operationstage, aber erst nach der Opera- 
tion erfolgt zu sein, und die bei dieser ersten Untersuchung be- 
reits constatirten leichten Papillenveränderungen nehmen in den 
nächsten Tagen zu. Diese Fälle gehören doch wohl in eine be- 
sondere Gruppe; sie entsprechen unserer Gruppe V. 

Unter den eomplicirten Fällen von Leptomeningitis pnrn- 
lenta wird Nr. 2 — Sinusphlebitis mit Extraduralabscess in der 
hinteren Schädelgrube und Leptomeningitis — geführt, der nur 
einmal 5 Tage nach der Operation und 2 Tage vor dem Auf- 
treten der meningitischen Symptome ophthalmoskopirt wurde. 

In 4 Fällen (Seite 252) habe ich nicht anders verfahren zu 
können geglaubt, als dass ich dieselben in 2 Gruppen gefbhrt 
habe. Eoerner scheint das nicht zu billigen; denn er schreibt: 
„Von den eomplicirten Fällen wird in der Tabelle jeder nur ein- 
mal angeführt.^ Trotzdem hat Eoerner hernach seinen Fall 
Nr. 1 zweimal gef&hrt, einmal als complicirte Leptomeningitis, 
und einmal als eomplicirten Schläfenlappenabscess. Dies letzte 
Mal hätte er aber dann als uncomplicirter Schläfenlappen- 
abscess geführt werden müssen. 

Zum Schluss habe ich zusammenfassend zu sagen, dass E Ger- 
ne r's Ansicht von dem höheren Werth des Bostocker Materials im 
Vergleich mit dem Halle'schen gänzlich unbewiesen geblieben und 
darum unberechtigt ist. DieArt, inderEoerner sich Material grup- 
pirt hat, erscheint mir nicht glücklich gewählt und nicht nach- 
ahmenswertb. 



XXI. 

Erwiderung an Dr. Iwan Braunstein auf dessen Be- 
sprechung meiner Arbeit: „lieber letale Ohrerkran- 
kungen" (8. d. Arch. Bd. LIV. S. 307). 

Von Dr. Heiman. 

Eine sti'eng objective und auf wissenschaftliche Grundsätze 
gestützte Kritik, mag dieselbe den sie Betreffenden noch so un- 
angenehm berühren, verdient jede Achtung und Würdigung. 
Wenn aber Jemand fast ausschliesslich seinen subjeetiven Em- 
pfindungen freien Lauf giebt, wenn eine Besprechung in der Art 
und Weise durchgeführt wird und in dem Tone gehalten wird, 
wie es der Herr Braunstein bei der Besprechung meiner Ar- 
beit: „lieber letale Ohrerkrankungea" thut, in solchem Falle 
scheint jede Erwiderung tiberflüssig zu sein; eine solche Kritik 
verdient höchstens ein verächtliches Achselzucken. Wenn ich 
mich trotzdem zu einer Erwiderung entschlossen habe, so thue 
ich es hauptsächlich deshalb, um den Lesern dieses Archivs einige 
Proben von dem wissenschaftlichen und ethischen Werthe der 
Besprechung zu liefern. Gleichzeitig bitte ich die geehrten Leser 
um Entschuldigung, ihnen ihre Zeit mit bekannten Dingen zu 
rauben, die aber dem Kritiker meiner Arbeit fremd zu sein 
scheinen. — 

Sollte doch vor Allem der Kritiker wissen, dass Vorwürfe 
unrichtiger Anflichten, ohne entsprechende Begründung ihrer Un- 
richtigkeit überhaupt werthlos sind. Es genügt nicht dazu, ein- 
zelne, willkürlich aus dem Zusammenhange gerissene Sätze zu 
citiren und sie für unrichtig zu erklären. Solche apodiktische 
Aeusserungen sind noch bis zu einem gewissen Grade zu ent- 
schuldigen, wenn von allgemein bekannten wissenschaftlichen 
Ansichten die Rede ist und wenn solche Aeusserungen von For- 
schern und Gelehrten gemacht werden, welche die Wissenschaft 
gefördert haben. Aber in einem Abschnitte der Medicin, wie die 
letalen Ohrerkrankungen, der noch lange kein abgeschlossenes 
Capitel bilden wird, wo noch sehr verschiedene Meinungen herr- 

20* 



294 XXI. HEIMAN 

sehen und weitere Beweise nnd Ergänzungen in mehreren 
Pankten erforderlich sind, da reichen die leeren durch nichts 
bewiesenen Yersicheningen eines Arztes, der bis jetzt meines 
Wissens fast noch nichts] fiir die Wissenschaft gethan hat, in 
keinem Falle ans. — 

Als Beispiele ans der Menge vermeintlicher unrichtiger An- 
sichten, Behauptungen und Darstellungen giebt Kritiker Folgen- 
des an.i) 

Ist ein ganz gesundes Individuum mit chronischer 
Ohreiterung behaftet, so dringt der Erankheitspro- 
cess in die Tiefe, und wenn er sich dahin sogar ver- 
breitet, zeigt er mehr Tendenz zur schützenden, als 
zur zerstörenden Wirkung. 

Dieser Passus, der bei der Beschreibung der Ursachen der 
letalen Complicationen sich befindet, steht in unmittelbarer Ver- 
bindung mit dem von ihm citirten Satze, wo es heisst: „Ob- 
gleich die letalen Ohrerkrankungen entschieden bei ganz gesun- 
den Individuen sich entwickeln können und auch zur Entwicke- 
lung kommen, begegnen wir ihnen jedoch häufiger bei anämischen, 
kachektischen , tuberculösen, syphilitischen, scrophulösen Perso- 
nen, häufig auch bei Alkoholikern. — Wenn also in meiner Be- 
schreibung die Bede von ganz gesunden Individuen war, so ist 
es doch sehr begreiflich, dass darunter nur die mit den eben 
erwähnten krankhaften Zuständen nicht belasteten Personen ge- 
meint waren. 

Albert Robin (Des affections G6r6brales conseoutives aux 
läsions non traumatiques du rocher et de Fappareil auditif. 1883. 
p. 62) drückt sich in folgender Weise über diesen Punkt aus: 
En effet, chez un individu normal, une otite, mSme chronique, 
n'attaque le rocher que dans des cas relativement rares, si eile 
Tatteint, si mSme Tinflammation va plus haut toucher la dure- 
möre, le processus tendra, du cötö de Tos et de la meninge, a 
une Organisation presque defensive; si au contraire le malade 
est scrofuleux ou tuberouleux, Totite devient facilement ulc6reuse 
et näcrosique etc. 

Politzer (Handbuch der Ohrenheilkunde, 4. Ausgabe. 1901. 
S. 404) schreibt: „Dass trotz ausgedehnter, bis knapp an die 
harte Hirnhaut reichender Zerstörungen im Felsenbein, häufig 
keine letal endenden Complicationen eintreten, wird nur dadurch 

1) Jedem citirten Beispiele wird eine entsprechende Erwiderung beige- 
legt. Die Beispiele des Referenten sind gesperrt gedruckt. 



Erwiderung an Dr. Iwan Braunstein. 295 

möglieh < dass während des Andringens . der Knoehenulceration 
gegen die Dura mater, Bindegewebs Wucherungen um den Se- 
qnestrationsherd sieh entwickeln, welche einen Schutzwall 
^egen den Eiterungsprocess bilden .... Aehnliche Veränderun- 
gen: Neubildung von Bindegewebe, Hyperostose und Osteoskle- 
rose finden sich auch an anderen Stellen des Felsenbeins .... 

Steinbrügge (Gitat nach Jacobson 's Handbuch der Ohren- 
heilkunde, 2. Ausgabe. S. 340): In derselben Weise, wie der in 
der Nachbarschaft des cariösen Herdes gelegene Knochen, wer- 
den in Folge reactiver Entzündung auch die vom Durchbruch 
bedrohten Partien der Dura mater, der Gefässe . . . . , welche in 
der Nähe liegen und daher in den ulcerativen Process leicht 
hineingezogen werden können, verdichtet und hierdurch bis zn 
einem gewissen Grade geschützt u. s. w. 

Körner (Die otitischen Erkrankungen des Hirns u.s.w. 2. Auf- 
lage. 1896. S. 23): Die eburnisirende oder sklerosirende Otitis, 
welche man fast stets neben chronischen Eiterungen im Antrum 
und in der Paukenhöhle findet, kann ebenfalls ein Hinderniss 

ftir die Entleerung des Knocheneiters nach aussen finden 

In anderen, und wie es scheint, in viel häufigeren Fällen, 
gebietet sie jedoch dem Fortschreiten der Eiterung auch nach 
Innen Halt. 

Ist der extradurale Abscess in Folge Zerstörung 
der Knochenwände entstanden, oder zeigt sich der 
Knochen intact, die Dura ist imm'er alterirt, sie ist 
hyperämisch, trübe, schmutzig, grünlich, oder 
schmutziggrau, wie der ihr aufliegende Knochen. 

Politzer (1. c. S. 473): „Am häufigsten erfolgt die Infection 
des Schädelinhaltes direct durch die fistulös durchbrochenen 
Knochenwände des Schläfenbeins gegen die Dura und den Sinus 
transversus, seltener ohne nachweisbare Läsion des Kno- 
chens auf dem Wege der Blut- und Lymphbahnen ^ Dass 

bei intaetem oder wenig alterirtem Knochen, gewöhnlich auch 
die Veränderungen an der Dura mater schwach ausgesprochen 
sind, das ist ja selbstverständlich, und es ist wirklich schwer zu 
verstehen, um was es dem Referenten in diesem Satze geht. Er 
wird es mir doch wohl nicht zumuthen, dass ich der Meinung 
bin, dass bei intaetem Knochen die Dura mater grünlich oder 
schmutziggrau sei. — 

Und oft befindet sich diePia mater in unmittelbarer 
Berührung mit der Trommelhöhlenschleimhaut. — 



296 XXI. HEIMAN 

Albert Robin (I. c. p. 32): On a mgme vn la dure-mßre 
gangrenäe, decoll6e oa detroite dans nne grande ätendtte de sa 
Burfaee, et s'il n'j a pas de coileetion pnrnlente entre Tos et la 
dnre-mSre, Farachnoide viendra se mettre en eontaet direct avec. 
la maquense de roreille moyenne, eomme Fa va Toynbee. 

Körner (1. c. S. 107): Bei der anatomiseh festgestellten di- 
recten Commnnieation zwischen dem Hirnabscesse und der Panken- 
oder Warzenhöhle .... 

leh habe einige Mal bei nlcerös-nekrotischen Processen am 
Tegmen tympani und am Tegmen mastoidei gesehen, dass der 
Knochen und die Dura auf einer recht grossen Strecke zerstört 
sind, die Dura ist durch adh&sive Entzündung mit der Arach- 
noidea verklebt, und letztere communicirt unmittelbar mit der 
Trommelhöhle. 

Hirndxuckerscheinungen sind selten, kommen nur 
bei Kindern vor. Ich habe sie bei Erwachsenen in dem Sinne, 
dass man sie entschieden vom Extraduralabseess machen könnte, 
bisher nicht beobachtet. 

K ö r n e r (1. c. S. 34) : Auch Erscheinungen gesteigerten Hirn- 
drucks und localisirbare Hirnsymptome fehlen den extraduralen 
Abscessen am Schläfenbeine häufig. Bei Kindern sind sie öfters 

vorhanden oder stärker ausgebildet, als beim Erwachsenen , 

viel wichtiger, aber selten vorhanden, sind äussere locale Sym- 
ptome. — 

Grün er t (Encyklopädie der Ohrenheilkunde von Blau. 
S. 103): Wenn wir die an früherer Stelle aufgezählten Allgemein- 
symptome, sowie auch die beim Extraduralabseess beobachteten 
Gerebralerscheinungen Überblicken, so sehen wir, dass kein ein- 
ziges Symptom etwas Pathognostisches bot. — 

Der Hirnabschnitt, welcher mit dem Eiter in Be- 
rührung sich befindet, ist auf seiner Oberfläche 
dunkler als die nicht afficirten Theile und mit rothen 
Pünktchen besät; auch ist die Hirnsubstanz auf um- 
schriebener oder mehr diffuser Strecke erweicht. 

Jürgensen (Lehrbuch der speciellen Pathologie und The- 
rapie. S. 98, 99) : Entzündungen der weichen Hirnhäute beschrän- 
ken sich kaum je auf diese. Das Hirn selbst, in erster Linie 
seine Rinde zeigt sich mindestens functionell, gewöhnlich auch 
nachweisbar geweblieh betheiligt. Die Ursache liegt darin, dass 
die Bltttversorgung eine gemeinschaftliche ist, und die enge Nach- 
barschaft üebertragung entzündlicher Vorgänge ausserordentlich 



Erwiderang an Dr. Iwan Braanstein. 297 

begünstigt, ja kanm yermeidlieh macht. Ea ist daher im Grunde 

stets eine Meningoencephalitis Die Bindensnbstanz des Ge* 

hirns ist an den von der Entzündung betroffenen Theilen ent- 
weder serös durohfenehtet oder sie nimmt in höherem Grade 

an der Entzündung theil — Eneephalomeningitifi« Man findet 
dann Herde rother und weisser Erweichung in den yersehiedenen 
Stadien der Entwiokelung — vielleicht auch Abscesse. 

Maoewen (Die infeotiös- eitrigen Erkrankungen des Ge- 
hirns u. s. w. Deutsche Ausgabe) : Ferner treten im Gefolge der 
eitrigen Meningitis häufig Blutungen auf, und zwar kleinere in 
den periyasoul&ren Seheiden, grössere in der fiimsubstanz selbst, 
letztere sind gewöhnlich von einer Erweiohungszone umgeben 
(S. 89). 

Die Ausdehnung des Exsudats ist anfSElnglich auf das Ge- 
webe der Arachnoidea und auf die Spalten und Zwischenräume 
der Pia mater beschränkt. Weiter kann es die Hirnoberfiäche 

erreichen Die darunter liegende Hirnsubstanz ist dann teigig 

und weich (S. 88). 

Die auf Infection beruhende Leptomeningitis zieht die Hirn- 
substanz stets in Mitleidenschaft, besonders die Rinde, welche 
dadurch bedeutenden entzündlichen Veränderungen unterliegt .... 
Ferner treten im Gefolge der eitrigen Meningitis häufig Blutun- 
gen auf, und zwar kleinere in den perivasculären Scheiden, 
grössere in der Hirnsubstanz selbst (S. 89). — 

Brieger (Encyklopädie der Ohrenheilkunde. S. 245) : Häufig, 
mikroskopisch vielleicht immer findet sich bei eitrigen Meningi- 
tiden Oberflächenerweichung der Rinde .... Die PiagefiLsse sind 
bei der Meningitis meist stark gefüllt. 

Bei Leptomeningitis convexitatis kommen mono* 
und hemiplegische Lähmungen und Paresen zum Vor- 
schein. Fast ohne Ausnahme ist vor allen anderen 
Symptomen Nackenstarre vorhanden. In dem letzteren 
Satze ist wirklich ein Gorrecturfehler , und zwar sollte es statt 
vor, neben heissen. 

Jacobson (Handbuch der Ohrenheilkunde, 2. Aufl. S. 418): 
Ausser diesen allgemeinen Hirnsymptomen beobachtet man häufig 
mitunter bereits früh Lähmungs* und Reizungserscheinungen im 
Gebiete der Hirnnerven ferner als Ausdruck einer Erkran- 
kung des Gehirns, und zwar vorzugsweise der Gehirnrinde Zuck- 
ungen mono- oder hemiplegische Lähmungen Bei Ba* 

salmeningitis kommen halbseitige Lähmungen (Hemiparesen und 



298 XXI. HEIMAN 

Hemiplegien), wie sie bei der Meningitis der Convexität mitunter 
schon sehr früh auftreten, nicht vor. 

Politzer (1. c. S. 479, 480): Schliesslich kommt es zu Läh- 
mungen, und zwar entweder zur L&hmung einzelner Extremitäten 

oder zur Hemiplegie Die Ausbreitung der Meningitis auf 

die entgegengesetzte Hirnhemisphäre erklärt es, dass manchmal 
Lähmung der Extremitäten an der dem erkrankten Ohre ent- 
sprechenden Eörperhälfte auftreten. 

Körner (1. c. S. 45): Bei Betheiligung der Convexität kommt 
es oft zu gekreuzten Reizungs- und Lähmungserscheinungen. 

Was die Nackenstarre betrifft, sagt Körner (1. e. S. 44): Die 

übrigen Symptome .... Unruhe, Aufregung Nackenstarre, 

halbseitige Lähmungen 

Joil (Enoyklopädie der Ohrenheilkunde. S. 61): Zu unter- 
scheiden von dem Caput obstipum ist die Nackensteifigkeit, die 
wir bei den verschiedenen Erkrankungen des Hirns und seiner 
Häute, besonders gewöhnlich bei der Leptomeningitis puruL 
auftreten sehen. 

Ich persönlich habe die Nackenstarre in jedem Falle von 
Leptomeningitis neben anderen Symptomen beobachtet. 

Entsteht die diffuse Leptomeningitis in Folge 
von Berstung eines Hirnabscesses auf die Oberfläche 
oder in einen Seitenventrikel, so ist der Verlauf blitz- 
artig — die Kranken sterben in einigen Stunden; 
höchstens leben sie noch einen Tag. 

Körner (1. c. S. 124): Der Einbruch des Abscesseiters in den 
Arachnoidealraum erfolgt da, wo der Abscess der Hirnoberfläche 

gewöhnlich am nächsten kommt Der Durchbruch ftlhrt zur 

Leptomeningitis purulenta, die jedoch selten erhebliche Ausdeh- 
nung gewinnt, da der Tod meist bald nach dem Durchbruche 
eintritt. 

Maoewen (1. c. S. 146): Dieses Stadium kann innerhalb 6 bis 
12 Stunden von den ersten Anzeichen des Abscessdurchbruches 
an bis zum Exitus letalis verlaufen. 

Der acute oder chronische Eiterungsprocess im 
Ohre, der normale oder krankhafte Zustand des Schlä- 
fenbeins, ist ohne Bedeutung für die Entwickelung 
der Leptomeningitis diffusa. 

Körner (\. e. S. 46): Die Art der ursächlichen Knochen- 
krankheit hat für die Erkennung der Meningitis keine grosse 
Bedeutung, da acute wie chronische Eiterungen mit und ohne 



Erwiderung an Dr. Iwan Braunstein. 299 

Betheiligung des Knochens, ja Entzündungen der Paukenhöhle 
mit serösem Secrete zur Meningitis fähren können. 

Bei Eleinhirnabscessen wird ausserdem in man- 
chen Fällen plötzliche Zunahme der Schwerhörigkeit 
des Ohres der entgegengesetzten Seite, wie auch 
plötzliche Verbesserung des Gehörs auf der kranken 
Seite beobachtet (Lucae, Herpin). — 

Lucae (A. f. 0. Bd. II. S. 81): Herpin, Abc6s du cervelet 
consecutif a une lesion du rocher, Bulletin de la Soc. anat. de 
Paris 1875, Faso. I. — Referent hält diese Angaben fftr unrichtig, 
ich verweise ihn deshalb auf Okada's Diagnose und Chirurgie 
des otogenen Eleinhirnabscesses (Klinische Vorträge von Hang, 
3. Bd. 10, Heft. S. 65—67), wo noch ein Fall von Schwartze 
erwähnt wird. Ich habe nur wiederholt, was Okada in dieser 
Hinsicht angegeben hat. Derselbe sagt: Ferner sind noch zwei 
Punkte über eigenthümliche Gehörsalterationen bei Eleinhirn- 
abscessen zu erwähnen. Der erstere davon ist die plötzliche Zu- 
nahme der Schwerhörigkeit u. s. w. 

Nicht selten werden Sprachstörungen beobachtet. 

Okada (1. c. S. 49, 50): Bei Eleinhirnabscessen können auch 
Sprachstörungen vorkommen ..... Es kann auch ausserdem beim 
Eleinhirnabscess ein vorübergehender vollständiger Verlust der 
Sprache oder ausgeprägte Articulationsstörung vorkommen. — 

Der Hirnabscess unterscheidet sich vom extra- 
duralen Abscess bei Erwachsenen dadurch, dass letz- 
terer fast nie von allgemeinen oder localen Sympto- 
men eines erhöhten intracraniellen Druckes begleitet 
wird. Das ist derselbe Vorwurf, der schon beim Extradural- 
abscess gemacht wurde. 

üebBigens kann sich der Eritiker von der Unrichtigkeit 
seiner Vorwürfe aus jedem grösseren Handbuche der Ohrenheil- 
kunde tiberzeugen. — 

Nun macht mir der Eritiker den Vorwurf, dass ich die Vena 
'jugularis interna mit der externa verwechsle, und von einem 
Bulbus und der Unterbindung der letzteren spreche. 

Möchte der Eritiker meine Arbeit nicht mit einer gewissen 
Idea praeconcepta besprechen, würde er es doch sehr leicht be- 
merken, dass externa statt interna ein reiner Druckfehler ist« 
Im ganzen Eapitel tiber die Sinusthrombose, wie in meiner gan- 
zen Arbeit überhaupt, ist ja doch nur die Rede von der V. jugu- 
laris interna. Wie könnte der Eritiker so naiv sein und mir 



300 XXI. HEIMAN 

zumuthen, dass ich von einem Bulbus der V. jugularis externa 
und einer Unterbindung der letzteren sprechen werde I 

Den mir vom Kritiker gemachten Vorwurf lückenhafte Li- 
teraturkenntniss weise ich zurück. 

Der Kritiker hält es sogar für komisch , dass ich mir er- 
laube, meinen Namen neben Bergmann, Schwartze, Jan- 
sen u. A. zu stellen, er versch'^eigt es aber, bei welcher Ge- 
legenheit ich das thue. — Auf Seite 25 meiner Arbeit erwähne 
ich: in vereinzelten Fällen entsteht er (der Hirnabseess) bei in- 
taetem Trommelfell, und gebe die Autoren, die Aehnliches ge- 
sehen haben, an, unter denen auch ich einen Fall beobachtet 
habe. Auf S. 45 befindet sich der Satz: das Messer ist deshalb 
der Function vorzuziehen, denn beim Stich kommt es oft vor, 
dass der Abscess verfehlt wird Zwar können solche Miss- 
griffe auch beim Anwenden des Messers vorkommen (v. Berg- 
mann, Heiman). Unterricht in Bescheidenheit werde ich in 
keinem Falle beim Kritiker nehmen, der diese Tugend nicht zu 
kennen scheint. 

Mit derselben tendenziösen Subjectivität bespricht der Kri- 
tiker die von mir angegebenen Krankheitsgeschichten, indem er 
sagt, „dass ich bei 50 Eröffnungen des Warzenfortsatzes 8 Mal 
den Sinus transve^sus zufällig verletzt habe^. Würde der Kri- 
tiker meine Bemerkungen auf S. 103 gelesen haben, möchte er 
mir so etwas nicht zumuthen. — 

Zum Schluss will ich nur noch die sprachlichen Unrichtig- 
keiten und Fehler, die in meiner Arbeit vorkommen, erwähnen. 
Für mich, iils Ausländer, sind dieselben schwer oder fast un- 
möglich zu vermeiden. Um jedoch in dieser Hinsicht nicht zu 
Verstössen, pflege ich jedesmal, wenn ich eine Arbeit in deut- 
scher oder französischer Sprache veröffentliche, die entsprechende 
Redaction darauf aufmerksam zu machen, dass sprachliche Fehler 
in derselben vorkommen können, und bitte zugleich, etwaige Un- 
richtigkeiten in dieser Richtung verbessern zu lassen. Es ist 
deshalb mehr als wahrscheinlich, dass die sprachlichen Unrich- 
tigkeiten, die sich auf vereinzelte Worte beschränken, wie z. B. 
Hirnleiter, statt Hirnblutleiter, oder die zufallig ein einziges Mal 
gebraucht wurden, wie: hyperämirt (S. 18) und sensitive 
(S. 15), der Kritiker von seinem Standpunkte aus, so wie die 
übrigen Vorwürfe mit sehr starken Vergrösserungsgläsern betrachtet 
hat. Dass diese meine Annahme nicht unbegründet ist, beweist z.B. 
das Wort „perisinusal*', welches der Kritiker für fehlerhaft hält. 



Erwiderung an Dr. Iwan Braunstein. 301 

Ans all dem Gesagten komme ich zu der Ueberzeugung; dass 
der Kritiker meine Arbeit sehr oberflächlich gelesen hat. Ich 
glaube, dass Dr. Iwan Brannstein noch ein sehr junger, theo- 
retisch und praktisch wenig ausgebildeter, aber desto mehr ein- 
gebildeter Herr ist auf dem Gebiete der intracraniellen Compli- 
cationen der Ohrenkrankheiten. Derselbe scheint sich, weil er 
bei einer der tfichtigsten und bertlhmtesten Ohrenkliniken beschäf- 
tigt ist, schon dadurch selbst für sehr gelehrt zu halten. Das 
ist aber ein grundsätzlicher Fehler. Die Halle'sche Ohrenklinik 
hat eine Reihe tüchtiger und hervorragender Forscher und Spe- 
cialisten ausgebildet, aber Herr Braunstein muss noch Vieles 
sehen, entsprechend beobachten, literarisch sich ausbilden, um 
Andere belehren zu wollen und zu können. Seine bisherigen 
wissenschaftlichen Leistungen, wie auch seine Stellung, geben 
ihm einstweilen in keinem Falle ein Becht dazu. Die Rolle des 
Frosches aus der Fabel zu spielen, ist am wenigsten entsprechend 
für einen Arzt, der auf einer Klinik beschäftigt ist. — 

Damit schliesse ich meine Erwiderung. Etwaige neue Aus- 
fälle des Herrn Braunstein werden jetzt, wie in der Zukunft 
von mir vollständig unbeachtet gelassen werden. 

Dr. Theodor Hei man. 



XXH. 

Antwort auf vorstehende Erwiderung. 

Der seltsame Angriff des Herrn He im an in Warschau gegen 
meine Besprechung seiner Arbeit: ^Ueber letale Ohrerkrankungen ^ 
zwingt mich zu einer Antwort , die aber lediglich zu seiner 
Belehrung dienen soll, da für jeden sachkundigen und unpar- 
teiischen Beurtheiler obiger Arbeit, meiner Besprechung und des 
Hei manischen Versuchs, sich zu vertheidigen, die Sachlage 
klar ist. 

Zunächst will ich bemerken, dass die Halle'sche Ohrenklinik 
in keinem Zusammenhang mit der hier in Frage kommenden 
Besprechung steht, wie dies vielleicht nach dem Schlusspassus 
der Heim aussehen Erwiderung vermuthet werden könnte. 

Bezüglich der von Hei man angeführten Sätze, die seines 
Erachtens von mir grundlos und unrichtig kritisirt worden sind, 
muss ich vorab feststellen, dass der erste: „Ist ein ganz gesun- 
des Individuum u. s. w.*' in der Erwiderung anders lautet, als 
im Original und in meiner Besprechung, daher ein Beweis ist 
fftr die mangelhafte Correctheit meines Gegners. Dann aber ent- 
hält der Satz auch in Verbindung mit dem vorhergehenden Unrich- 
tigkeiten, die dadurch nicht entschuldigt werden können, dass 
irgend ein anderer Schriftsteller schon früher solche falsche An- 
schauungen vertreten hat. Indem aber Heiman diesen Ansich- 
ten Kobin's gefolgt ist, liefert er den Beweis von Kritiklosig- 
keit, die er auch durch die Heranziehung der nicht hierher ge- 
hörigen Sätze aus Politzer, Steinbrügge und Körner nicht 
verschleiern kann. 

Zu dem folgenden Satze: ^Ist der extradurale Abscess u. s. w.^ 
und der von Heiman dazu versuchten Vertheidigung bemerke 
ich, dass sich der Kritiker nur an die aus dem Text sich deut- 
lich und ungezwungen ergebende Ansicht halten kann, und weder 
ein Becht noch die Pflicht hat, Meinungen und Anschauungen 
zu errathen, denen der Autor keinen Ausdruck verliehen hat. 



Antwort auf yorstefaende Erwiderung. 303 

Die kritisirten Sätze enthalten Unrichtigkeiten und sind unlogisch 
construirt. 

Etirdie folgende Behauptung: „und oft befindet sich u. s. w.** 
führt Hei man wieder Robin als Helfer in der Noth an, der 
sich aber selbst nur auf Toynbee fttr seine Angaben berufen 
kann. Die Citation Körn er 's enthält kein Wort, das die An- 
gaben Heiman's auch nur wahrscheinlich machte. Also, von 
einem Vorkommniss, das einmal beobachtet worden sein soll, 
behauptet Heim an, dass es oft eintrete. Die zu dem bean- 
standeten Satze von Heiman aus seiner eigenen Praxis an- 
gefiihrten Beobachtungen aber beweisen, dass er „eine unmit- 
telbare Berührung der Pia mater mit der Trommel- 
höhlenschleimhaut^ nie gesehen hat. ' 

Auch bei der Vertheidigung der unrichtigen Behauptungen: 
„Hirndruckerscheinungen sind selten, kommen nur bei Kindern 
vor'', und „der Hirnabschnitt, welcher mit dem Eiter in Berüh- 
rung sich befindet, ist auf seiner Oberfläche dunkler als die nicht 
afficirten Theile u. s.w.**, beweisen die herangezogenen Gitate 
seiner Gewährsmänner das Gegentheil von dem, was er durch 
sie bewiesen wissen will. Sowohl Körner wie Grüner t wissen 
ganz genau, dass Hirndruckersoheinungen in Folge von Extra- 
duralabscess nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwach- 
senen vorkommen. Und weder Jürgensen noch Macewen 
behauptet, dass der Hirnabschnitt, welcher mit dem Eiter in Be- 
rührung sich befindet, auf seiner Oberfläche dunkler als die nicht 
afficirten Theile isf. Dass diese Veränderung der Hirnoberfläche 
vorkommen kann, soll nicht bestritten werden, sondern nur, dass 
es stets so ist, wie Heiman annimmt. 

Dass fast ohne Ausnahme bei Leptomeningitis convexitatis 
vor oder (wie Heiman corrigirt) neben allen anderen Sym- 
ptomen Nacken starre vorhanden ist, wie H^eiman in folgen- 
dem Satz behauptet, ist falsch und wird auch weder von Ja- 
cobson, noch von Politzer oder Körner gelehrt. Nacken- 
starre kommt bei Leptomeningitis convexitatis nicht mal in 
der Mehrzahl der Fälle vor und kann gerade bei otogener Me- 
ningitis vollständig fehlen(Brieger,Encyklopädie,S. 247). 

Die nun folgende Anschauung Heiman's: „Entsteht die 
diffuse Leptomeningitis in Folge von Berstung u. s.w.**, ist des- 
halb beanstandet worden, weil sie in ihrer Allgemein- 
heit falsch ist, wie ja auch die Citate von Körner und 
Macewen ergeben. 



304 XXU. BRAUNSTEIN 

Wahrscheinlieh wird auch He im an, wenn sieh seiner Ent- 
rüstung Sturm gelegt hat, nicht bestreiten wollen, dass der Satz: 
„Der acute oder chronische Eiterungsprocess im Ohr u.s.w.* von 
Anfang bis Ende sinnlos ist. 

He im an verweist mich nun wegen des von mir für unrichtig 
gehaltenen Abschnittes: „Bei Kleinhimabseessen wird ausserdem 
in ma neben FftUen u. s. w.^ auf Okada: „Diagnose und Ghir* 
urgie des otogenen Kleinhimabscesses^ mit der Begründung, dass 
er nur die Angaben k ada's wiedergegeben habe. (!) Zunächst ist 
diese Angabe nicht richtig. Okada schreibt allerdings S. 65 im 
Abschnitt über Symptome am Gehörorgan: „Ferner sind noch 
2 Punkte über eigenthümliche Gehörsalterationen bei Eleinhirn* 
absoessen zu erwähnen. Der erstere davon ist die plötzliche Zu- 
nahme der Schwerhörigkeit des Ohres der entgegengesetzten Seite, 
und der zweite ist die plötzliche Verbesserung des Gehörs auf der 
kranken Seite.^ Er führt dann die Beobachtungen Schwartze's 
und Lucae's an und h&lt die Ansicht Luoae's, wonach die 
plötzliche Zunahme der Schwerhörigkeit des Ohres der entgegen- 
gesetzten Seite auf Hyperämie des Labyrinths beruht, für 
die wahrscheinlichere Erklärung. Hiemach ist sie also 
nach Okada kein Symptom des Eleinhimabscesses. 

Dieser Versuch, sieh hinter einen fälschlich angeführten und im 
Original nicht einmal genannten Autor zu verkriechen, giebt Rechen- 
schaft über den wissenschaftlichen Standpunkt des Herrn H e i m a n. 

Ausserdem scheint Heim an nicht mehr zu wissen oder nicht 
mehr zu verstehen, was er selbst geschrieben hat. Denn in dem 
Abschnitt, dem obige unrichtige, angeblich nur nachgeschriebene 
Behauptung über den Eleinhimabscess entstammt, folgt später die 
echt Heim an'sche Erklärung: „Alle diese Erscheinungen finden 
statt, wenn derAbscess im linken Temporallappensich befindet, 
und im rechten bei denen, die ihre linke Hand gebrauchen.^ (!) 

Weiterhin sucht Herr Heim an Deckung hinter dem Druck- 
fehlerteufel. Solche Vertheidigungsmittelehen sind ja sehr be- 
quem, aber nicht berechtigt, wenn ein Druckfehler sich durch 
einen ganzen Abschnitt zieht, wie in der von mir beanstandeten 
Besprechung über die Entzündung der Vena jugularis externa 
statt interna. Solche sogenannten Druckfehler kommen auch 
in dem jetzt erschienenen, von Heim an in polnischer Sprache 
verfassten Lehrbuch der Ohrenheilkunde vor, in dem er z. B. zu 
schreiben pflegt : meati auditorii, statt meatus; Hydrargyrium 
statt Hydrargyrum. Wenn solche Fehler regelmässig gemacht 



Antwort auf Yorstehende Erwiderung. 305 

werden, so hat man das Recht, die Ursache derselben nicht bei 
dem Drncker zu suchen. 

Vollste Anerkennung aber gebührt dem Geständniss des Herrn 
Heiman, dass er die deutsche Sprache nicht beherrscht und 
wohl auch ^trotz aller Bemühungen nie lernen wird". In schreien- 
dem Widerspruch aber mit dieser bescheidenen Werthschätzung 
seiner Fähigkeiten steht die Anmaassung, mit der er den deut- 
schen Aerzten zumuthet, das von ihm verhunzte Deutsch zu ver- 
dauen. Und eine solche dreiste Aufdringlichkeit energisch zu- 
rückzuweisen, ist jedes Deutschen Becht. Möchte sich doch 
Heiman über eine correcte deutsche Ausdrucksweis^ von andern 
Ausländern, Spira, Sendziak, Okada, Gradenigo, Mor- 
purgo u. A. belehren lassen. 

Charakteristisch für den Autor scheint es mir auch zu sein, 
dass er mit der Schuld für die Veröffentlichung auch der sprach- 
lichen Unrichtigkeiten in seiner Arbeit die Redaction be- 
lasten will. Der Verfasser ist fftr seine Arbeit allein verant- 
wortlich, nicht die Redaction. Die Redaction hätte, um die Arbeit 
auch nur lesbar zu machen, eine vollständig neue Bearbeitung 
des Themas vornehmen müssen. 

Wenn ich in meiner Besprechung irrthümlicher Weise ange- 
nommen habe, dass der Autor bei 50 Mastoidoperationen 8 Mal 
den Sinus transversus zufällig verletzte, so trägt die Schuld hier- 
für die Angabe auf S. 71 (141) vierte Zeile von oben. Aus den 
unklaren Bemerkungen auf S. 103 (173) ist nichts zu ersehen. 
Aus den Krankengeschichten geht aber hervor, dass der Autor 
bei höchstens 50 Mastoidoperationen wenigstens 3 Mal den Sinus 
und 1 Mal die mittlere Schädelgrube zufällig eröffnet hat. 

Ich bin gern bereit, der Unkenntniss der deutschen Sprache 
und der darauf beruhenden mangelhaften Kenntniss der älteren 
und neueren Fachliteratur einen grossen Theil der Schuld an den 
unrichtigen Anschauungen zu geben, die Heiman in seiner Ar- 
beit und in seiner Replik niedergelegt hat; aber es erweckt seine 
Replik doch den Anschein, dass Heiman in letzterer durch die 
Heranziehung der in jedem Falle unpassenden Citate den 
Versuch unternommen hat, sich mit Waffen zu vertheidigen, welche 
in einem wissenschaftlichen Streite nicht üblich sind, t— 

Die gegen mich persönlich gerichteten Angriffe betrachte 
ich als den Ausbruch einer durch mangelhafte Objectivität ver- 
schuldeten und gänzlich unberechtigten Eitelkeit. — 

Dr. Braunstein. 



Personal- und Faehnaehriehten« 

Trautmann f ^^ ^* Mai 1902. 

Wiederam ist ein Veteran unserer 'Wissenschaft und ein treuer Mit- 
arbeiter dieses Archivs durch den Tod von seiner Arbeit abgerufen worden. 
Wir beklagen in ihm den Verlust eines langjährigen Freundes, der mit un- 
ermüdlichem Eifer seiner Lehrthätigkeit und ärztlichen Praxis obgelegen hat 
und specieli für den Unterricht der preussischen Militärärzte in der Ohren- 
heilkunde sich bleibende Verdienste erworben hat. 

Robert Ferdinand Trautmann, geb. 20. März 1833 in Wittenberg 
im Regierungsbezirk Merseburg, besuchte die Gymnasien in Wittenberg und 
Torgau, wurde 1853 Zögling der Akademie des Friedrich- Wilhelm-Instituts in 
Berlin und als solcher 1857 zum Doktor der Medicin promovirt. Seine mili- 
tärärztliche Lantbahn begann als Unterarzt in der Charit^ (1857). Etwa 
10 Jahre später wurde er als Bataillons- und Stabsarzt nach Halle a.S. ver- 
setzt und fasste hier zuerst den Entschluss, sich specieli mit dem Studium 
der Ohrkrankheiten zu beschäftigen. Er benutzte eifrigst die Gelegenheit zur 
Aneignung der Anfangsgründe in meiner Poliklinik, assistirte an derselben 
und ging später zu H. Wendt und A. Wagner nach Leipzig, wo er aus- 
schliesslich anatomischen und histologischen Studien oblag. Aus diesen 
Arbeiten und Plänen riss ihn der Krieg gegen Frankreich 1870/71, in welchem 
er ein Feldlazareth des 4. Armeecorps als Chefarzt zu führen hatte. Es war 
dies der 3. Krieg, welchen er als Militärarzt mitmachte. Nach seiner Heim- 
kehr nahm er seine specialärztlichen Studien wieder auf und begann seine 
ohrenärztliche Thätigkeit zuerst 1873 als Oberstabsarzt in Breslau. Nach 
seiner Versetzung zum Eisenbahnregiment nach Berlin habilitirte er sich 1876 
als Privatdocent für Ohrenheilkunde, schied 1887 aus seinem militärärzt- 
lichen Verhältnisse unter Verleihung des Charakters als Generalarzt 2. Klasse, 
wurde 1888 zum Extraordinarius Defördert und 1894 dirigirender Arzt einer 
neu eingerichteten Abtheilung für Ohrenkranke in der Charitä. Als solcher 
wurde ihm 1895 der Charakter als Geheimer Medicinalrath zu Theil. Im 
Jahre 1900 siedelte er mit seiner Abtheilung aus der alten Charit^ in den 
Neubau der 2. Ohrenklinik an der Luisenstrasse über und war dort bis zum 
Ende April 1902 mit ungebrochener Kraft in eifrigster Arbeit thätig. Seit 
1878 wurden von ihm durchschnittlich jährlich 50 Zöglinge der Kaiser 
Wilhelms-Akademie in der Ohrenheilkunde unterrichtet. Dadurch ist seine 
Lehrthätigkeit für unseren Staat von Bedeutung geworden und wird in ihren 
segensreichen Folgen in Zukunft noch mehr erkannt werden. Die seiner 
Person zu Theil gewordenen äusseren Anerkennungen und hohen Auszeich- 
nungen förderten die Schätzung unserer Disciplin in Kreisen, welche ihr 
bisher mit Indifferenz oder Missachtune gegenüberstanden. Die Bedeutsam- 
keit der literarischen Leistungen des Verstorbenen wird an anderer Stelle 
gewürdigt werden. 

Ehre seinem Andenken! Schwartze.