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ARCHIV
FÜR
OHKENHEILKUNDE
f
IM VEREIN MIT
Prof. A. BÖTTCHER in Dorpat, Prof. AD. FICK in Wübzbürg,
Prof. V. HENSEN in Kiel, Prof. C. E. E. HÖFFMANN in Basel,
Prof. M. KOPPE in Halle, Prof. A. LÜCAE in Berlin, Prof.
E. MACH IN Prag, Dr. A. MAGNUS in Königsberg, Prof.
A. PRUSSAK in St. Petersburg, Prof..E. ZAÜFAL in Prag.
HEBAUSGEGEBEN VON
Prof. v. TROLTSCH Prof. ADAM POLITZER
IN WÜEZBURG. IN WIEN.
DND
Prof. H. SCHWARTZE
IN HALLE.
ELFTES BAND.
Mit 10 Holzschnitten und 4 Tafeln.
LEIPZIG,
VERLAG VON F. C. W. VOGEL.
1876.
Z$HI
■ _ 4 • • • « «•
Inhalt des elften Bandes. '
..w_^ ♦-•■
Erstes Heft
(ausgegeben am 21. April 1876).
Seite
I. Zur Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen. Von Dr. Victor
ürbantschitsch in Wien 1
IL Zur pathologischen Histologie der Mittelohrauskleidung. Von Prof.
Adam Politzer in Wien (Tafel I) .^ 11
IIL Sectionsbefiinde. Von Dr. Küpper in Elberfeld 16
IV. Nekrolog. Wilhelm Krämer. Von Dr. A. Magnus .... 24
V. Kleinere Mittheilungen.
' 1. Plastische Darstellung der Continuitätsstörungen und Wöl-
bungsanomalien des Trommelfells • Von Prof. A. Politzer
in Wien 31
2. Zum diagnostischen und therapeutischen Gebrauch des Dop-
pelballons. Von A. Lucae 3:5
3. Ein neuer Zerstäuber für den Nasenrachenraum und vielleicht
auch für andere Höhlen. Von Prof. v. Tr ölt seh . . 36
4. Notizen zur Behandlung der chronischen Mittelohreiterung.
Von Prof. Adam Politzer in Wien 40
5. Die Auscultation des Warzenfortsatzes. Von Dr. J. Michael,
Assistent an der allgemeinen Poliklinik in Wien ... 46
YI. Wissenschaftliche Bundschau.
1. Zur Function der Tuba Eustachii und des Gaumensegels.
Von Prof. Dr. August Lucae (Zaufal) &2
2. Neue Beobachtungen über das Verhalten der Rachenmündung
der Tuba und über die Thätigkeit der Muskulatur des
Schlundkopfes. Von Dr. Carl Michel in Cöln a. Eh.
(Zaufal) 60
n
IV Inhalt des elften Bandes.
Softe
3. Zar Anatomie und Physiologie des Phyllodactylus Europaeus
mit besonderer Berücksichtigung des Aquaeductus vesti-
buli der Ascalaboten im Allgemeinen. Von Dr. B. Wie-
dersheim. (Trautmann) 63
4. Die Temperatur des äusseren Gehörganges unter physiolo-
gischen und pathologischen Verhältnissen. Von Dr. E.
Mendel, (v. Tröltsch) 68
5. Ueber die Anwendung des Paukenröhrchens. Von Prof. Po-
litzer. (Trautmanif) 69
6. Chronische Mittelohreiterung in ihrer Beziehung zum Gehirn.
Von Dr. Spencer. (Jacoby) 72
7. Die Salicylsäure in der Ohrenheilkunde. Von Dr. Bezold.
(Jacoby) 74
8. Beiträge zur Prophylaxe und Therapie der Gehörkrankheiten.
Von Dr. A. Burckhardt-Merian. (Jacoby) ... 76
9. Zweiter Bericht aus der Heilanstalt fCLr Augen- und Ohren-
kranke in München von Dr, Bezold. (Jacoby) ... 77
10. Ein Fall von alternirender Schwerhörigkeit. Von Dr. V. Ur-
bantschitsch. (Jacoby) 77
11. Ein Fall von Perforation des Warzenfortsatzes nebst Be-
merkungen Über die bisherigen Besultate der Operation.
Von Dr. P. Bupprecht. (Jacoby) ^ 79
12. Die Ohrenprobe, als Ersatz ^er Lungenprobe in Fällen, wo
der vom Bumpf getrennte Kopf eines Neugeborenen allein
der gerichtsärztlichen Untersuchung vorliegt. Von Dr. R.
Wreden. (Jacoby) 79
13. Ueber vorzeitige Athembewegungen in forensischer Beziehung.
Von Prof. Eduard Hofmann. (Jacoby) 81
14. Untersuchungen über die Physiologie der halbzirkelförmigen
Kanäle. Von Dr. A. Stefan!, (de Rossi) 85
15. Ueber einige angeborene Missbildungen des Gehörorgans. Von
Dr. G. Mori. (de Rossi) 87
16. Zur Diagnostik der Krankheiten der Paukenhöhle. Von R.
Voltolini. (Schwartze) 88
17. Vo anno di insegnamento della otojatria dato dal Prof. E.
de Rossi. (Morpurgo) 89
YU. Bemerkungen zu den Referaten des Herrn Dr. Trautmann über
meine Aufsätze: I. Ueber Entfernung beweglicher Exsudate aus
der Trommelhöhle. H. Zur Anatomie des Gehörorgans. Von
Prof. Dr. A. Politzer 93
Mittheilung, betre£fend den medicinischen internationalen Congress in
Philadelphia am 4. bis 9. September 1876 .' 96
Literatur 97
Vorläufige Mittheilung. Von Dr. A. Magnus 98
/.
Inhalt des elften Bandes.
Zweites Heft
(ausgegeben. am 21. Juli 1876).
Seite
YIII. Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. Von Dr. £.
.Trautmann in Berlin (Taf. IL III) 99
IX. Zwei Fälle von Exostose im äusseren Gehörgang die zum Ab-
scbluss desselben und zur Taubheit fährte; Heilung durch
Operation mit dem Hohlmeissel. Mitgetheilt von Dr. Al-
dinger in Fürth 113
X. Zweite Notiz zur caustischen Behandlung der chronischen Mittel-
ohreiterung. Von H. Schwartze 121
XI. Zur Tenotomie des Tensor tympani. Von H. Schwartze . . 124
XII. lieber die Operationsmethoden der l'enotomie des Tensor tym-
pani Von Dr. Arthur Hartmann in Berlin 127
XIII. Nekrolog. Prof. Dr. Hermann W e n d t. Von Dr. Trautmann,
Oberstabs- und Begimentsarzt in Berlin 132
XIY. Casuistik zur chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes.
Von H. Schwartze (Fortsetzung) 136
XV. Zur Frage über die Innervation des Muse, tensor tympani. Von
Prof. Dr. Adam Politzer in Wien 159
XVI. Kleinere Mittheilungen.
1. Ueber eine neue Form des künstlichen Trommelfells. Von
Dr. Arthur Hartmann in Berlin 167
2. Bemerkungen zu dem Referate des Herrn Zaufal über
meine Arbeit: Zur Function der Tuba Eustachii und
des Gkiumensegels. Von A. Lucae 169
XVII. Wissenschaftliche Rundschau.
1 . üeber die Grenzen der Tonwahrnehmung. Von W. P r e y e r.
(A. Fick) 170
2. Ueber histologische Veränderungen des Labyrinths bei
gewissen Infectionskrankheiten. Von Professor Moos.
(Schwartze) 172
3. üeber den diagnostischen und therapeutischen Werth des
neuen Verfahrens zur Wegsammachung der Eustachi-
schen Ohrtrompete und zur Ventilation der Trommel-
höhle. Von Prof. Dr. Josef Grub er. — üeber zwei an-
geblich „neue Verfahren'' zur Wegsammachung der Ohr-
trompete. Von Prof. Dr. Adam Politzer. (Zaufal) . 173
4. Bhinoscopie par le Dr. Erishaber. (Kuhn) .... 176
5. Ladreit deLacharri^re, De quelques affections her-
p^tiques de Toreille^ qui provoquent le plus souvent la
surditö. (Kuhn) 177
6. Bondot, Sur le cancer de l'apophyse masto'ide. (Kuhn) 178
VI Inhalt des elften Bandes. ^
Seite
7. Luys, Gontributions ä T^tude des l^sions intrac^rebrales
de la surdi-mutit6. (Kuhn) 179
8. Levi, Des divers moyens propos6s pour maintenir ouverte
une Perforation chimrgicale de la membrane du tympan.
(Kuhn) 180
9. Ladreit de Lacharri^re, Du retard dans le devellop-
pement du langage et du mutisme chez Tenfant qui
entend. (Kuhn) 181
10. Pierreson, Essai du traitement m^dical de Thyper-
trophie des amygdales. (Kuhn) 182
11. Tinnitus aurium. Betrachtung der ursächlichen Verhält-
nisse und Versuch, die Entstehung nach physicalischen
Principien zu erklären. Von Dr. S.Theobald. (Jacob y) 183
12. Transactions of the american otological Society, eight an-
nual meeting. (Jacoby) 185
13. Eine verbesserte Applicationsmethode des künstlichen
Blutegels. Von Dr. S. Theo bald. (Jacoby) .... 190
14. Ueber Ohrkrankheit«n als Folge und Ursache von AUge-
meinkrankheiten. Von J. Heydloff. (Jacoby) ... 191
15. Myringitis. Von Prof. Jos. 6 ruber. (Jacoby) . . . 192
16. Die acute Zellhautentztlndung der supra- und postauricular-
Gegend. Von R Voltolini. (Jacoby) 193
17. Statistische und casuistische Beiträge zur Ohrenheilkunde.
Von Carl Friedrich. (Jacoby) 193
18. Ueber Anomalien in der Bildung der Nasenmuscheln. Von
Prof. E. Zaufal. (Jacoby) 194
19. Ueber eine Eigenthümlichkeit der Schallempfindungen ge-
ringster Intensität. Von Dr. Victor Urbantschitsch.
(Jacoby) 195
20. Beschreibung einer einfachen Methode, mittelst deren zwei
Beobachter gleichzeitig den Augengrund, das Trommel-
fell oder den Kehlkopf untersuchen können. Von Dr.
Emil Berthold. (Jacoby) 196
Literatur , . 197
Mittheilung des Dr. A. Magnus 198
v^
Inhalt des elften Bandes VII
Drittes und viertes Heft
(ausgegeben am 17. November 1876).
Seite
XVIII. üeber die Durchschneidung des Steigbügehnuskels beim Men-
schen und über die Extraction des Steigbügels, resp. der
Coiumella bei Thieren. Von Dr J. Kessel, Privatdocent an
der Universität Graz 1^9
XIX. Ueber den Katheterismus des Ohrhalskanales durch den Mund*
und über ein Ersatz verfahren desselben. Von Dr. J.Kessel,
Privatdocent an der Universität Graz . . . ' 218
XX. Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte des mensch-
lichen Gehöroigans. Von Dr. Moldenhauer in Leipzig . 225
XXI. Studien über die Paracusis loci. Von Prof. Dr. Adam Po-
litzer in Wien 2.^1
XXn. Ueber Anastomosen zwischen den Gef&ssbezirken des Mittel-
ohres und des Labyrinths. Von Prof. Dr. Adam Politzer
in Wien '(Tafel IV) 237
XXni. Ueber Verlauf imd Sectionsbefund eines Falles von hochgradiger
und eigenthümlicher Gehörstörung. Von Dr. A. Magnus in
Königsberg i. Pr 244
XXIV. Wissenschaftliche Rundschau.
1 . Beitrag«ur Histologie der häutigen Bogengänge des mensch-
lichen Labyrinthes. Von G Utz. (Kessel) 250
2. Ein Beitrag zur Lehre über den Bau des Tubenknorpels
beim Menschen. Von V. Urbantschitsch. (Kessel) 253
3. Garies der Mastoidzellen, Entfernung eines Sequesters,
Facialisparalyse, Heilung. Von Dr. 0. H. Burnett.
(Jacoby) 253
4. Jahresbericht der Direction und des Medicinalamtes des
St. Michaers Hospital Newark. (Jacoby) 254
5. Die Operation der adenoiden Neubildungen im Nasen-
rachenräume mittelst des biegsamen scharfen Löffels. Von
Dr. Justi. (Jacoby) 255
6. Des Corps ^trangers de Toreille. Par le Dr. Oo Iladon
(Jacoby) 255
7. Zur operativen Behandlung der Ohreiterung. Von Dr. Oscar
Wolff. (Jacoby) 255
8. Zur Physiologie der halbzirkelförmigen Kanäle und des
Nerv, acusticus. Von E. Cyon. (Kuhn) 257
9. Hardy, Otite avec vertige. Maladie de Meniöre. (Kuhn) 258
10. Championnifere, Oblit^ration compl^te du pharynx ä
sa partie sup^rieure. (Kuhn) 258
11. Guerder, Angine, Catarrhe de Toreille moyenne. N^vrite
de la corde du tympan. (Kuhn) 260
Yin Inhalt des elften Bandes.
Seite
12. Ladrei^de Lacharri^re, De^ Temploi des pr^para-
tions jod^es dans le traitement des maladies de Foreille.
(Kuhn) 260
13. Sapolini, Nouvel instrument pour Feztraction des corps
toangers du conduit auditif ext. (Kuhn) 261
14. üeber den Nervus vestibuli. Von J. Horbaczewsky.
(Kessel) 262
15. Ladreit de Laracharriere, Consid^rations practiques
sur les polypes de Toreille. (Kuhn) 263
16. Gauderon, Otite moyenne suppur^e. — Phläbite du sinus
lateral. MSningite c^r^belleuse purul. Abscäs du cer-
velet. (Kuhn) 264
17. Die Myrkigotomie, Beitrag zur Therapie der Ohrkrankheiten.
Von Dr. A. Ravogli (de Rossi) ........ 265
XXIV. . SitzuDgs-ProtocoU der Section für Ohrenheilkunde auf der 49.
Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Hamburg
(1876) 272
Anzeige. Von Prof. Luc ae in Berlin 278
Literatur 279
GeneralrQgister ftlr das. Archiv für Ohrenheilkunde. Bd. I— X.
\vf
•l
I.
Zur Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen
TOn
Dr. Yictor Urliaiitschitseh
in Wien.
Eine Vergleiclmng der Gehörknöchelchen, welche 50 Pauken-
höhlen des Menschen entnommen wurden, ergab sowohl bezüglich
der Grösse, als auch der Gestalt folgende individuelle Verschie-
denheiten :
Hammer. Die Länge des Hammers schwankt zwischen 7,0
und 9,2 Mm. und zeigt durchschnittlich 8,5 Mm. — Das Wachs-
thum des Hammers sowohl, wie der übrigen Gehörknöchelchen
scheint bereits im frühesten Kindesalter abgeschlossen zu sein
und bei der Mannigfaltigkeit, welche die Grösse der Gehör-
knöchelchen im Allgemeinen aufweist, kommt es nicht selten vor,
dass die Ossicula bei den Erwachsenen sogar kleiner sind, als
bei Neugeborenen (s. Tabelle).
Der kurze Fortsatz des Hammers schwankt zwischen
1,2 und 2,6 Mm. und besitzt im Durchschnitt eine Länge von
1,6 Mm. — Der Proc. brevis ist in allen 50 Fällen bei auf-
rechter Stellung des Hammers etwas nach oben gewendet und
dabei nach vom verschieden stark convex ; zuweilen biegt er an
seinem äussersten Theile plötzlich scharf nach hinten um, so
dass in solchen Fällen auch ein kleiner Abschnitt von der vor-
deren Fläche des kurzen Fortsatzes dem Trommelfelle anliegt.
Sein freies Ende läuft entweder in eine mehr weniger deutliche
Spitze aus, oder der kurze Fortsatz endet stumpf und zeigt dabei
nicht selten an seinem äussersten Ende eine kleine kraterf örmige
Vertiefung.
Der lange Fortsatz, welcher bei Erwachsenen bekannt-
lich meistens nur angedeutet ist oder durch einen kleinen
Knochenstachel vertreten Wird, zeigt ausnahmsweise bei einem
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Rd. (Neue Folge. Y. Bd.) 1
Zur Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen. 3
gleichung von 60 Präparaten wesentliche Verschiedenheiten auf.
Die Sehne inserirt in 19 Fällen an der vorderen Fläche des
Hammiergriffes , unmittelbar vor der inneren Kante; in 20 Prä-
paraten an der nach oben sich verbreiternden inneren Kante ^
und an der vorderen Fläche*); 7 mal an der inneren Kante
allein. In 2 Fällen begibt sich die Sehne zur inneren Kante
und zur hinteren Fläche *), an anderen 2 Präparaten zur hinteren
Fläche allein; in 10 Fällen umgreift die Sehne die innere Kante*)
und setzt sich mit einem Theile der Fasern an die vordere
Fläche und mit einem anderen Theile an die hintere Fläche des
Hammergriffes an. Wie sich schpn aus dem soeben Mitgetheilten
erkennen lässt, findet die Insertion der Sehne nicht immer parallel
mit der Längsaxe des Hammergriffes statt, sondern erfolgt häufig
in schräger Richtung*)? und zwar meistens in der Weise, dass
sich der untere Theil der Sehne nach rückwärts zur inneren
Kante oder selbst zur hinteren Fläche begibt, indess der obere
'Theil nach vorne zur vorderen Fläche verläuft.
Zuweilen erscheint die Fläche des Trommelfellspanners un-
mittelbar vor ihrer Insertion am Hammergriffe deutlich in zwei
übereinander gelagerte Bündel gespalten.*) — Zu erwähnen wäre
noch die zuweilen vorkommende Verbindung des Ligament, mallei
anter. oder des Proc. longus mit der die Sehne des Muse. tens.
tymp. umkleidenden Scheide, welche nicht selten ein kleines Faser-
btindel nach vom und aussen zu den genannten Gebilden- ab-
sendet.'')
Ambos, Der Abstand des oberen Endes der Ambosgelenk-
fläche bis zum freien Ende des horizontalen Schenkels beträgt
4,8 — 6,3 Mm., im Durchschnitte 5,3 Mm.; das untere Gelenk-
ende ist vom Ambos - Stapes - Gelenk 3,0 — 5,2 Mm., im Durch-
schnitt 4,6 Mm. entfernt.
Der horizontale Schenkel zeigt einige Mm. vor seiner
Spitze am unteren Rande häufig eine Einkerbung'), welche sich
zuweilen als eine nach vorn convexe Rinne über die innere Fläche
erstreckt. Ein andermal ist wieder anstatt des Einschnittes ein
1) Politzer, Arch. f. Ohrenheilkunde. IV. Bd. S. 21. 1869.
2) Gruber, Anatom, phys. Studien über das Trommelfell und die
Gehörknöchelchen. Wien 1867.
3) Nach Gasse bohm, Tractatus quatuor de aure humana. Halae
1734. S. 64, bereits von Casserius und Veslingius angeführt.
4) Gassebohm, S. 64.
5) Hyrtl, Vergleichend anatom. Ünteri^ch. über d. innere Gehörorgan
des Menschen u. d. Säogethiere. Prag 1845. S. 69.
( 1*
"C
Zar Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen. 5
geneigt ist. Die Verbindung des Stieles mit dem verticalen
Schenkel ist ebenfalls eine verschiedene; entweder entspricHt
die Breite des Knochenstieles vollkommen oder nahezu der
l^reite^ welche das untere Ende des verticalen Schenkels besitzt ;
an anderen Präparaten dagegen geht der Stiel nur von dem
hinteren Abschnitte des unteren Ambosendes ab oder blos von
der hinteren Kante allein (in 14 Fällen), wobei der frei bleibende
Theil des Schenkels zuweilen noch etwas unterhalb der Abgangs-
stelle des Stieles nach abwärts reicht/)
Der Körper desAmboses zeigt an seiner inneren Fläche
häufig eine kleine Delle oder selbst ein deutlich entwickeltes Grflb-
chen, aus dessen Mitte zuweilen ein knopfförmiges Knöchelchen
hervorspringt. In einzelnen Fällen sitzt der inneren Fläche ein
Conglomerat kleiner, rundlicher Exostosen auf.
Unter den 3 Gehörknöchelchen ist die Oberfläche des Am-
boses auffallig häufig von Lücken durchsetzt, und zwar finde ich
an 3 Präparaten die innere Fläche des Amboskörpers porös*),
in 2 Fällen die innere Fläche des horizontalen Schenkels und
8 mal die des verticalen Schenkels'); in einem Falle zeigt sich
an der inneren Fläche des verticalen Schenkels, ein andermal
an der vorderen Seite ein bis 1,5 Mm. langer Sulcus.
Der Steigbügel Die Länge des Stapes beträgt 3,2 — 4,5 Mm.,
im Durchschnitt 3,7 Mm.; seine Breite, von der Mitte beider
Schenkel aus gemessen, 1,8 — 3,5 Mm., im Durchschnitt 2,3 Mm.
Der Kopf des Steigbügels ist entweder vollkommen gerade
(29 mal), oder gegen den vorderen^) (18 mal), seltener gegen
den hinteren Schenkel (3 mal) geneigt ; an einem Präparate zeigt
sich das Gapitulum nach aufwärts gerichtet, dem oberen Kande
der Stapesplatte zugewendet.
Der Kopf sitzt entweder dem Vereinigungsbogen beider
Stapesschenkel unmittelbar auf oder steht mit demselben ver-
mittelst eines Halses in Verbindung; die letztere Form ist die
häufigere.
Das Verhältniss des Stapeskopfes zum -Halse ist ein verschie-
denes ; zuweilen geht der Hals unmerklich in das Gapitulum über
und beide gemeinschaftlich bilden einen gegen das Os lenticulare
sich verjüngenden Conus, an welchem sich eine kleine Grube
als Gelenkpfanne befindet. Gewöhnlich jedoch springt der Kopf
l)ßüdinger's Atlas des Gehörorganes. Lief. I. Taf. IL Fig, 9.
2) Ca3sebohm, S. 62.
3) Sömmering, Tab. IL
Zar Anatomie der Gehörknöchelchen des Mensel
gekrümmt, als der vordere und bildet zuweilen na
einen deutlieh ausgeprägten Höcker. Der vordere
erscheint meistens nur schwach gekrümmt und kan]
kommen gerade sein (10 mal); nur an einem einzig
übertriflFt seine Krümmung die des hinteren Sehe
einem Stapes zeigt der vordere Schenkel, in der N
Satzes an die Platte, eine plötzliche Einknickung,
cavität nach vom sieht. Wiederholt bemerkte ich i
Schenkel eine schwache Spiraldrehung und zwar in
dass die nach vom sehende Fläche unmittelbar voi
etwas nach aufwärts gewendet erscheint.
Der Ansatz beider Schenkel an die Platte findet
den unteren Rand der Stapesplatte statt, so dass die
unteren Rande beider Schenkel ungefähr in derselben
ebene liegt, während der obere Rand der Platte zs :
Schenkelenden bogenförmig mit nach aufwärts geric i
vexität ausgespannt ist.
Wie schon aus den früheren Angaben hervorgeht
die Breite des hinteren Schenkels in der Regel die d ^
Schenkels'^); nur in 6 Fällen besitzen beide Sehen!
Breite.
An einem Präparate findet am vorderen Schenke I
bar vor der Platte, eine kleine Verdünnung von ungef i i
statt und an einem anderen Steigbügel versehmäleii
1,0 Mm. breite hintere Schenkel, nahe der Platte, ai
— Nach aussen gegen das Capitulum erfolgt eine bo;
Vereinigung beider Schenkel und zwar tritt diesell
oberen Seite des Stapes in Form eines Spitzbogeni
unteren Seite dagegen in Form eines Rundbogens
ausnahmsweise bestehen beiderseits Rundbogen (4 I
Spitzbogen (3 Fälle). Gewöhnlich reicht der Spitzbc
an das Stapesköpfchen, als der Rundbogen, welcher j;
Grunde, beim Anblicke von oben her, unterhalb des S
coulissenartig vorspringt, in einer Breite, welche bi
beträgt. An einem Präparate bemerke ich an der un
1) Hagenbach (Die Paukenhöhle der Säugethiere. L
S. 28. Anmerk.) fand „die Schenkel bald sehr stark, bald nur i
krümmt, fast gerade verlaufend, bald den einen stärker gekrün
anderen**.
2) Huschke, S. 842.
3) Huschke, S. 843.
t'
ir
Zur Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen. 9
förmig eingefügt sind und ausser Verbindung mit den Bändern
derselben bleiben.
Der obere ßand beider Schenkel setzt sieh mitunter in eine
Crista fort, welche die Crura stapedis mit einander verbindet
(in 3 Fällen) und die Platte in eine kleinere obere und in eine
grössere untere Abtheilung scheidet*), oder diese Crista ist nur
an der Basis beider Schenkel vorhanden und verliert sich all-
mählich gegen die Mitte der Platte (an 5 Präparaten).
Nachträglich möchte ich noch, bezüglich der Gehörknöchel- <^f
chen, einige auffällige Abnormitäten anftlhren, welche sich unter
den, dieser Arbeit zu Grunde gelegten Präparaten befinden:
Paukenhöhle eines Erwachsenen.
Von der vorderen oberen Peripherie des Trommelfelles zieht
eine 3,0 Mm. lange und 1,8 Mm. breite Knochenlamelle zur
vorderen Fläche und zur inneren Kante des Hammergriffes und
steht mit derselben scheinbar in knöcherner Verbindung. Eine
nähere Untersuchung ergibt jedoch , dass diese Knocherilamelle
dem Griffe nur innig anliegt, ohne mit ihm zu verschmelzen,
weshalb auch dem Hammer noch eine, wenngleich minimale Be-
wegung gestattet ist. Das Trommelfell, welches an der betref-
fenden Partie im oberen vorderen Quadranten von der Knochen-
lamelle nicht abhebbar ist, zeigt, gleich dem Hammer selbst,
keine weitere Veränderung.
Missbildung des Amboses.
Paukenhöhle eines Erwachsenen; rechte Seite:
Hammer normal; der horizontale Ambosschenkel ist plump und
besonders an seinem hinteren Ende stark verbreitert; der ver-
ticäle Schenkel des Amboses läuft nicht parallel mit dem Hammer-
griff direct nach abwärts, sondern begibt sich von demselben,
unter einem Winkel von ungefähr 60 ö, nach hinten und innen,
wobei er eine nach ^ vom und innen gerichtete starke Concavität
bildet. Der untere Theil des verticalen Schenkels liegt mit
einer breiten Fläche der hinteren Paukenwand an und ist mit
ihr durch straffes Bindegewebe verbunden; der verticale Schenkel
endet mit einer scheibenförmigen Verbreiterung von 2,5 Mm. im
Durchmesser, also ungefähr um 1,5 Mm. über die durchschnittliche
1) Nach Hnschke, S. 843, bereits enyähot von Fischer, Tractat.
anat. pbys. de auditu hominis, Mosq. 1825. § 12. S. 101. Tab. I. Fig. 12 h.
II.
Zar pathologischen Histologie der Hittelohranskleidnng
von
Prot Adam Politzer
in Wien.
(Hierzu Tafel I.)
In einem vor zwei Jahren in diesem Archiv erschienenen
Aufsatze ^ habe ich zuerst auf einen bis dahin nicht beschriebenen
mikroskopischen Befund in der erkrankten Trommelhöhlenschleim-
haut aufmerksam gemacht, welchen ich an der Promontorium-
schleimhaut einer an Phthisis pulmonum verstorbenen Frau, die
seit 5 Jahren, an einer rechtsseitigen Otorrhoe litt, beobachtet
habe. Es handelte sich in jenem Falle um das Vorkommen
enorm erweiterter Lymphgefässe in den] tiefen Schichten des
Promontoriumüberzuges. — Bei meinen seit jener Zeit fortge-
setzten mikroskopischen Untersuchungen der erkrankten Mittel-
ohrauskleidung habe ich das öftere Vorkommen ähnlicher Lymph-
gefässbildungen constatirt und zwar vorzugsweise in Fällen von
chronischer, mit Perforation des Trommelfelles einhergehender
Mittelohrentzündung. — Die erwähnten Lymphgefässerweiterun-
gen kommen nicht nur am üeberzuge des Promontorium, son-
dern auch an anderen Stellen der Trommelhöhle vor und zwar
an der äusseren Trommelhöhlenwand in der Nähe des Ambos-
körpers, femer an jener Gegend der inneren Trommelhöhlenwand,
welche sich über der Erhabenheit des horizontalen Halbcirkel-
ganges befindet und endlich in der hinteren Wand des Cavum
tympani bis zur üebergangsstelle zum Antrum mastoideum. —
An der letzterwähnten Stelle fand ich in einem Falle, wo in
Folge chronischer Eiterung das Trommelfell bis auf einen kleinen
Best zerstört und die Mittelohrauskleidung blass und massig
1) Stadien über Gefässveränderangen in der erkrankten Mittelobr-
auskleidung. (A. f. 0. N. F. I. Bd.)
Zar pathologischen Histologie der Mittelohrauskleidnng. 13
änderten präexistenten Gefässbildnngen oder mit neugebildeten
Lymphgefässen und eystenartigen Hohlräumen zu thun haben.
Was den Befund in den tieferen Schichten der Mittelohraus-
kleidung anlangt, so ist es wahrscheinlich, dass es sich hierbei
um präexistente (Kessel), pathologisch veränderte Lymphgefässe
handelt, welche nicht nur excessiv erweitert, sondern auch in
ihrer Formation verändert erscheinen. *
Anders verhält es sich mit den Gystenbildungen und den
Eeftmden in der sog. wuchernden Schleimhaut des Mittelohres.
Die hier auftretenden Gefässbildungen sind als neugebildete
Lymphgefässe oder Lymphgänge aufzufassen, wie dies aus dem
hier* zu schildernden Beftmde hervorgeht.
Bei einem an Phthisis pulmonum verstorbenen jungen Manne,
der in früheren Jahren an chronischer Otorrhoe litt und nach
deren Aufhören sich eine hochgradige Schwerhörigkeit ent-
wickelte; fand ich das Trommelfell saturirt, trüb, knochengelb,
lederartig verdickt, starr, wenig nachgiebig und den centralen
Theil der Membran auffallend eingezogen. Nach Entfernung des
Tegmentum tympani fand ich den Trommelhöhlenraum und die
Zellen des Warzenfortsatzes von einer lockeren Bindegewebs-
wucherung vollständig ausgeftillt und dieselbe sowohl mit der
inneren Trommelhöhlen wand , als auch mit der ganzen inneren
Fläche des Trommelfelles verwachsen.
Die mikroskopische Untersuchung eines kleinen Stückes
dieser Bindegewebswucherung aus dem oberen Trommelhöhlen-
raum zeigt am sorgfältig zerzupften Präparate das Vorhandensein
mehrerer variköser, mit fingerförmigen und kolbigen seitlichen
Ausläufern versehener, 'den oben beschriebenen analoger Gefäss-
bildungen und neben diesen mehrere geschlossene, unregel-
mässige, ovale und rundliche Cysten von verschiedener Grösse
(Taf. L Fig. 3). Um das Verhalten der Bindegewebswucherung zur
inneren Fläche des Trommelfelles einerseits , und der inneren
Trommelhöhlenwand andererseits kennen zu lernen, wurde das
Präparat behufs Entkalkung der Knocbentheile durch einige
Wochen in verdünnte Salzsäure gelegt, hierauf in Alkohol ge-
härtet und eine Anzahl durch das Trommelfell, Trommelhöhle
und innere Trommelhöhlenwand gehender Querschnitte (Frontal-
schnitte) geftihrt. Die mikroskopische Untersuchung dieser
Schnitte (Taf. L Fig. 2) ergab nun Folgendes : Die ursprüngliche
Textur des Trommelfelles {t, t'\ welche sich an einzelnen Präpara-
ten von der mit demselben verwachsenen Bindegewebswucherung
Zur pathologischen Histologie der Mittelohrauskleidang. 15
Beobachtung an die bisherigen Beobachtungen von Lymphgef äss-
neubildung in anderen Organen an, wie sie von "Schröder
V. d. Kolk und Teichmann in Pseudomembranen, von E. Wag-
ner an der Pulmonalpleura beschrieben wurden. Was die neu-
gebildeten Cystenräume anlangt, so lässt sich über die Ent-
stehung solcher Cysten, welche man vereinzelt in der erkrankten
Schleimhaut ohne Spur einer Lymphgefässbildung findet, nichts
Bestimmtes sagen, von jenen C^stenräumen aber, welche man
in unmittelbarer Nähe neugebildeter oder erweiterter Lymph-
gefässe vorfindet, halten wir es nach den Mittheilungen Prof.
HeschTs über ein von ihm beobachtetes Lymphangiom der
Achselhöhle für wahrscheinlich, dass die Cysten durch Abschnü-
rung im Laufe eines erweiterten Lymphgefässes oder durch
variköse Ausbauchung und endliche Abschnürung eines Lymph-
gefässstammes entstehen.
Erklärung der Abbildungen.
(Tafel I.)
Figur 1. Erweiterte Lymphgefässe in den tieferen Schichten der
Mittelohranskleidnng von der hinteren Trommelhöhlenwand; die Mittelohr-
auskleidang in Folge chronischer Mitteloh reiterung massig aufgelockert.
«, a' = Kreuzungsstellen der erweiterten Lymphgefässe. — ft = Netzförmige
Anastomosen derselben. — c, c', c" *=* blind endigende kolbige Erweite-
rungen der Lymphgefässe. — d, d\ d" =« grössere und kleinere cysten-
artige Hohlräume. — Vergrösserung 60 L.
Figur 2. Durchschnitt durch Trommelfell, Trommelhöhle und innere
Trommelhöhlenwand von einem Präparate, an welchem die Trommelhöhle
von einer wuchernden Bindegewebsmasse vollkommen ausgefüllt war. In
der Zeichnung ist der mittlere und untere Abschnitt der Trommelhöhle dar-
gestellt, w = untere Trommelhöhlenwand. — i, i", i" = innere Trommel-
höhlenwand. — ^, r a=s Durchschnitt der mit der Bindegewebswucherung
verwachsenen Trommelfellreste. — g, g' =z Grenze der früheren Perfo-
rationsöffnung. — ^ =:= die die frühere Perforationsöffnung aasfüllende, mit
einer mehrfachen Epitheliallage bekleidete Bindegewebswucherung. — e,e' =^
erweiterte Lymphgefässe in der Bindegewebswucherung; bei e' die Durch-
schnittsöffnung eines erweiterten Lymphgefässes. — /", /", f" == cysten-
artige Hohlräume in der Bindegewebsmasse im unteren und mittleren Ab-
schnitt der Trommelhöhle. — Vergrösserung 60 L. Die Zeichnung ist auf
Va verkleinert.
Figur 3. Zupfpräparat eines Stückes der neugebildeten Bindegewebs-
masse aus dem oberen Trommelhöhlenraume von demselben Objecto. —
c = Cyste mit doppelt contourirter Wand und zelligem Inhalte. — f\ /*'
Fettkugeln in der Bindegewebsmasse. — Vergrösserung 250 L.
III.
Sectionsbefnnde
Dr. KKpper
in ElbBtfeld.
1.
Eitriger Katarrh des rechten- Mittelohres; geheilte
Trommelfell-Perforation; Verwachsung des Trom-
melfelles mit der inneren Paukenhöhlenwand.
Dr. B., 35 Jahre alt, aue Marburg, Chemiker, stammt aus ge-
Bimder Familie; zog eich dnrch anhaltendes Experimentiren mit
chloriger Säure häufige Bronchialkatarrhe zu, welche gründlich zu
beBeitigen äUBsere Verhältnisse nicht gestatteten. Im Jahre 1873
trat rechtseiÜge LnngenentzltDduag ein Terbunden mit Otitis media
und Perforation des Trommelfelles; die Reeonvalescenz war eine
überraschend schnelle, anch die Eiterung Hess allmählich nach, linker-
seits war das Gehör normal, rechts schwächer. Der Tod trat uner-
wartet schnell unter Gehirn eracbeinungen ein, so dass das Gehör-
vermögen nicht genau festgestellt werden konnte.
Section 30 h. p. m. zeigte in beiden Lungen kleine Cavernen,
chronischen Bronchialkatarrh und zahlreiche Tuberkel; einzelne Tu-
berkel auch auf dem Ueberzug der Leber. Das Gehirn selbst und
seine Häute überaus blutreich, alle Venen strotzend mit Blut gefüllt ; .
nirgendwo sind Tuberkel zu finden. Das Gehörorgan bietet folgende
Verhältnisse dar:
Linker Gehörgang enthält wenig Cerumen; das Trommelfell
sehr dttnn, zeigt im hinteren-unteren Quadranten eine leichte, weiss-
liehe Trttbung, übrigens in Bezug auf Wölbung und Lichtkegel
normal; tegmen tympani so dttnn, dass es bei leichter Berührung
mit einer Sonde bricht; in Tuba, Paukenhöhle und Labyrinth keine
Abnormitäten nachweisbar. Knochen überaus blutreich.
Rechter Gehörgang ist frei von Cerumen; das Trommelfell
zeigt eine ganz unregelmässige Wölbung, eine starke Einziehung
besonders nach unten und hinten vom Umbo. Der hintere Theil
des Trommelfelles, mit Ausnahme der Peripherie, besteht fast nur
aus Narbengewebe ; vorn und unten ist eine grosse weiasliche Trübung ;
Sectionsbefande. 17
vom Processus brevis yerläuft ein stark injicirtes Geföss nach oben
und innen. Beim Einschneiden zeigt sich das ganze Trommelfell
stark verdickt; an der beschriebenen eingezogenen Stelle besteht
eine directe Verwachsung des Trommelfelles mit der inneren Wand
der Paukenhöhle. Tuba E. und Paukenhöhle mit dünnem Eiter ganz
angefüllt; Gehörknöchelchen sämmtlich leicht beweglich. Im Laby-
rinth keine Veränderungen. Knochen sehr blutreich.
2.
Eitriger Katarrh des Mittelohres nach Scharlach,
Taubstummheit.
Paula D. aus Elberfeld erkrankte im Winter 1S70 an Scharlach,
Diphtheritis des Halses und doppelseitigem eiterigen Katarrh des
Mittelohres. Am 4. November 1871 trat dieselbe in meine Behand-
lung. Das vierjährige, geistig sehr gut begabte Kind spricht nur
wenige Worte, ist körperlich kräftig, zeigt an den Lippen und auf
der Schleimhaut des Rachens zahlreiche ü^arben, von diphtheritischen
Geschwüren herrührend, starken Ohrenfluss. Die Taubheit ist absolut.
Vom Trommelfell ist beiderseits nichts zu sehen; die Tuben sind
durchgängig. Die Behandlung beschränkte sich auf grösste Rein-
lichkeit und adstringirende Einträufelnngen. Es gelang nicht, die
Absonderung dauernd zu beschränken. In den nächsten Monaten
verlor sich die Sprache vollständig; im Jahre 1872 bildete sich eine
eitrige Kniegelenksentzündung aus und im folgenden Jahre
Caries der Lendenwirbelsäule, verbunden mit einem grossen Senkungs-
abscess nach der linken Leiste. Im Juni 1875 trat der Tod durch
Erschöpfung ein.
Die Section ergab:
Der linke Gehörgang, verhältnissmässig sehr weit, enthält viel
Eiter und einen kleinen schwarzgefärbten, gebogenen, ca. ^Ja Zoll
langen und ca. 2 Linien breiten Gegenstand, der bei genauerer
Untersuchung sich als ein Stückchen Holz zu erkennen gibt; vom
Trommelfell und Gehörknöchelchen ist keine Spur vorhanden, das
Lumen der Tuba ist frei, durch Schwellung der Schleimhaut ver-
engt; Tuba, Paukenhöhle und Zellen des Warzenfortsatzes voll von
Eiter, welcher besonders in letzterem sehr eingedickt ist. Nirgends
Caries. Der Sinus transversus durch ein festes Gerinnsel verstopft,
das bis in die Vena jugularis hinabreicht.
Der rechte Gehörgang ebenfalls sehr weit, enthält viel Eiter
und eine Fliege; Trommelfell und Gehörknöchelchen fehlen voll-
ständig; im Uebrigen ist der Befund wie links, namentlich keine
Caries nachzuweisen. (Die fremden Körper waren in der letzten
Zeit durch irgend einen Zufall in die äusseren Gehörgänge gerathen,
als bei dem sehr schlechten Allgemeinbefinden die frühere Sorgfalt
in Bezug auf das Ohr hintenangesetzt wurde.)
Archiv ftir Ohrenheilkunde. XL Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 2
Sectionsbefunde. 19
innen nnd nnten, sieht man eine etwas hervorragende Stelle, von
schmutzig graulicher Farbe ^ bei leisester Berührung mit der Sonde
fällt ein kleines Elümpchen ab, welches ungefähr rund ist und
1 Vi Mm. im Durchmesser zeigt ; auf der Seite, welche dem Trommel-
fell zugekehrt war, ist seine Farbe perlgrau und zeigt einen schwachen
Schimmer; das Trommelfell lässt an der Stelle, wo die kleine Ge-
schwulst gesessen, eine entsprechende, kleine Vertiefung sehen. Bei
dem Versuche, mit einer Nadel über die Oberfläche der Geschwulst
zu fahren, zeigt sich, dass ihre Structur derjenigen einer Zwiebel
gleicht: eine Reihe von becherförmigen zarten Häutchen lassen sich
ohne jede Gewalt von einander trennen , sie sind ebenfalls perlgrau
und schwach glänzend; die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass
dieselben aus geschichtetem Plattenepithel und einigen Cholestearin-
Krystallen bestehen.
Die übrige Untersuchung des Gehörorganes ergibt keine weiteren
Abnormitäten ; an dem ausgeschnittenen Trommelfell ist deutlich nach-
zuweisen, dass dort, wo die Geschwulst gesessen hat, eine Verdün-
nung des äusseren Ueberzuges stattgefunden hat.
Auf diesen Befund gestützt, sei es erlaubt, die Vermuthung *)
auszusprechen, dass die Cholesteatonie, die nicht selten in der
Paukenhöhle und dem Warzenfortsatz gefunden werden, auch
ihre Entstehung am Trommelfelle finden können und nach Zer-
störung desselben innerhalb der tieferen Theile weiter wuchern.
Toynbee spricht bekanntlich die Ansicht aus, dass dieselben,
vom äusseren Gehörgang ausgehend, diesen auszudehnen und
nach innen zu wachsen im Stande seien. In unserem Falle wäre
es leicht denkbar gewesen, dass die Geschwulst, wenn das Leben
ihres Trägers länger gedauert hätte, das Trommelfell durch-
brochen und so in den tieferen T heilen hätte weiter wuchern
können. Es liegt uns ferne, jede Perlgeschwulst der Pauken-
höhle so erklären zu wollen, da bekanntlich auch das Vorkommen
derartiger Geschwülste im Mittelohre bei ganz unversehrtem
Trommelfell sicher constatirt ist. (Lucae.)
5.
Croupöse Entzündung der Schleimhaut der Pauken-
höhle und der Ohrtrompete.
Marie S., 4 Jahre alt, aus Elberfeld, starb an Diphtheritis. Die
Gehörschärfe hatte während der Krankheit nicht merkbar abgenom-
1) Die Thatsache, dass das Cholesteatom im Trommelfell seinen Ur-
sprung nehmen kann, steht bereits zweifellos fest durch eine ältere, auch
in histologischer Beziehung genauere Beobachtung von Wen'dt, der eine
ähnliche Geschwulst, von der Paukenfläche eines perforirten Trommelfelles
ausgehend, beschreibt. (A. f. 0. IX, 281.) Red.
Sectionsbefunde. 21
häute sehr blutreich. Als ich das Gehirn ans dem Schädel entfernen
woUft, zeigte sich, dass eine Verwachsung einer Stelle des mittleren
Lappens der linken Seite mit der oberen Fläche des Felsenbeines
bestand, aus welcher Stelle sich beim Versuche, die Verwachsung
zu lösen, eine grosse Eitermasse aus dem Gehirne ergoss. Die nähere
Untersuchung zeigte, dass der mittlere Lappen des Gehirns fast voll-
ständig in eine Abscesshöhle verwandelt und nur eine dünne Schicht
von Gehirnsubstanz an der Peripherie erhalten war, welche den
Eiter blasenartig umgab; Tuberkel waren nicht nachzuweisen. Nur
das rechte Schläfenbein konnte aus der Leiche genommen werden.
An der oberen Fläche des Felsenbeines bemerkte man ein ungefähr
IV2 Cm. langes und ungefähr 1 Cm. breites Loch, welches nach
dem Knochen zu in eine grosse Höhle führte; nach vorsichtigem
Abpräpariren der Hirnhäute zeigte es sich, dass an der oberen und
hinteren Fläche, und zwar an jener in einer Länge von 3^'2 Cm.
und einer Breite von 2 Cm., und an dieser in einer Länge von
4 Cm. und einer Breite von 2 Cm. der Knochen ganz fehlt und
an diesen Stellen das Gehirn nur durch die verdickten Häute von
der erwähnten Höhle im Knochen geschieden war. Der knöcherne
äussere Gehörgang, die Paukenhöhe, die Zellen des Warzenfortsatzes
waren in diese Höhle aufgegangen, die Schnecke war erhalten,
ebenso war der obere Bogengang zu erkennen; die anderen Bogen-
gänge waren in dem morschen Gewebe mit Sicherheit nicht aufzu-
finden. In dieser Höhle befand sich, abgesehen von Blut, Eiter und
einer Masse kleiner Knochenbröckchen , ein Sequester von 2,5 Cm.
Länge, 1,5 Cm. Breite und ebensolcher Höhe. Bestimmte Theile
des Gehörorganes Hessen sich nicht daran erkennen. Die Quelle
der Blutung blieb unklar.
7.
Eindringen von Blut in die Pankenhöhle bei
Hämoptoe*.
Friedrich W., 24 Jahre alt, Schreinergeselle aus Ronsdorf, er-
krankte im October 1875 an rechtsseitiger exsudativer Pleuritis; es
gelang durch Bäder in Verbindung mit roborirender Diät, kalten
Abwaschungen u. s. w. in kurzer Zeit das Anfangs grosse Exsudat
zum Schwinden zu bringen. Der Tag der Entlassung aus dem
Krankenhause war bereits festgesetzt, als zugleich mit einer Hämoptoe
Gehirnerscheinungen (Erbrechen , Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle)
eintraten, welchen der Tod nach drei Tagen folgte. Das Hörver-
mögen war stets ein normales gewesen; die Trommelfelle hatten
keine Veränderung dargeboten, bis kurz vor seinem Tode die Unter-
suchung zeigte, dass an der inneren Fläche des sehr durchsichtigen
rechten Trommelfelles sich Blut befand.
Bei der Section konnte nur die Kopf höhle geö&et werden.
Die Knochen, das Gehirn und die Häute ergaben einen sehr starken
Blatreichihurm. Am linken Gehörorgane keine Abnormitäten; rechts
Sectionsbefunde. 23
ekopisch bestehen die geschichteten Massen aus geschichteten Platten-
epithelien und einzelnen Cholestearinkrystallen ; Nasenschleimhaut
normal, Racl\enschleimhaut zeigt chronischen Katarrh. Die Tuba
ist durchgängig, beim Einblasen von Luft in den Katheter hört man
ein brodelndes Geräusch.
Das rechte Ohr ist gesund. Links wird die Taschenuhr 5 Cm.
weit gehört, vom Knochen aus deutlich ; Percussion der Kopf knochen
ist nicht empfindlich. Alle übrigen Organe sind gesund. Behandlung:
Blutegel auf die schmerzhafte Stelle, dann Eis; innerlich Kalomel.
Am folgenden Morgen war Erleichterung eingetreten, welche
jedoch im Verlaufe desselben Tages wieder verschwand; Kälte war
unangenehm und wurde durch Kataplasmata von Leinsamenmehl
ersetzt, welche wohlthuend waren; nach vier Tagen bildete sich an
der schmerzhaften Stelle eine teigige Geschwulst; ein sofort gemachter
Einschnitt entleerte viel Blut, aber keinen Eiter. An demselben
Abende trat ein heftiger Schüttelfrost ein, dem in unregelmässigen
Zwischenräumen täglich 1 — 2 neue Frostan^Ue folgten. Zu gleicher
Zeit stellte sich Husten ein, verbunden mit Brustschmerzen und blutig
tingirtem Sputum. Die Behandlung bestand in der Verabreichung
von grossen Dosen Chinin, Abends Morphium, fleissigem Ausspritzen
des Ohres mit Carbolwasser, Wegsamhaltung der Tuba E. , Kata-
plasmen auf den Hinterkopf. Am 14. Tage trat der Tod ein.
Sectio n 24 h. p. m. Keilförmige Infarcte in den Lungen
und der Milz. Gehirn und seine Häute sehr blutreich; Weichtheile
der linken Nackengegend ödematös geschwollen und theilweise mit
Eiter infiltrirt ; linker äusserer Gehörgang weit, enthält wenig Eiter ;
in der Tiefe des Gehörganges zeigen einige elastische Fasern die
Stelle an, wo der Platz des Trommelfelles gewesen , der Ambos ist
nicht zu finden. Der Kopf des Hammers fehlt fast vollständig;
es ist von demselben nur ein kleiner Rest übrig geblieben, welcher
sich weich, wie angefressen anfühlt. Paukenhöhle und Zellen des
Warzenfortsatzes sind ganz mit cholesteatomatösen Massen ausgefüllt ;
Steigbügel leicht beweglich.
Der Sinus trans versus bis zum Bulbus venae jugularis enthält
einen eitrig zerfallenen Thrombus ; die Pars mastoidea des Schläfen-
beines, und die daran stossenden Theile des Hinterhauptbeines er-
scheinen, nachdem die sie bedeckenden Weichtheile entfernt sind, tief
blau gefärbt ; der Eiter, welcher durch die Incisionswunde nach aussen
getreten war, steht mit dem Sinus transversus durch das Foramen
mastoideum in Verbindung, die durch dasselbe verlaufende Vene ist
mit Eiter, die durch das Foramen condyloideum posterius tretende
mit einem festen Gerinnsel gefüllt.
In der Paukenhöhle zeigte sich dort, wo die Tuba einmündet,
eine kleine, ungefähr stecknadelkopfgrosse, rauhe Stelle. Trotz
möglichst sorgfältiger Präparation war es mir nicht möglich, im
Knochen eine directe Communication des Sulcus transv. mit dem Eiter-
herde im Ohr nachzuweisen, so dass wir wohl annehmen müssen,
dass durch irgend eine kleine Vene die* Fortleitung der Entzündung
erfolgt war.
a ^ .- -77 .'-» I^TV^/ V
IV.
Nekrolog.
Wir bringen in Nachstehendem einen Nekrolog, der die Ver-
dienste Kram er 's vor Allem hervorhebt und sonst seine Per-
sönlichkeit im mildesten Lichte beleuchtet. Wenn wir uns durch
diesen Nekrolog in Widerspruch zu setzen scheinen mit jener
scharfen Elritik*), die in diesem Archiv vor einigen Jahreü erschien,
so bemerken wir, dass wir uns damals im Interesse der Sache
berufen flihlten, auch einer solchen Persönlichkeit gegenüber
den Standpunkt der Wissenschaft rücksichtslos zu vertreten,
ebenso wie wir uns jetzt nicht nur berechtigt, sondern sogar
verpflichtet fühlen, zur Erklärung dieses anscheinenden Wider-
spruches von vornherein den Standpunkt zu erläutern, welchen
wir, um Kram er und der Sache gerecht zu werden, hier ein-
nehmen. Dieser Widerspruch zwischen dem heutigen Nekrologe
und der damaligen Kritik symbolisirt gewissermaassen denselben
Widerspruch, der in dem öflfentlichen, wissenschaftlichen Leben
Kram er 's selbst hervortritt.
Wir müssen im Leben Kram er 's zwei Perioden unter-
scheiden.
Unbestritten ist es als ein grosses und bleibendes Verdienst
Kr am er 's anzusehen, dass er zu einer Zeit, wo nur wenige
Theile des menschlichen Körpers einer physikalischen Unter-
suchungsmethode zugänglich gemacht waren, diese auf ein un-
scheinbares Organ anwandte und mit aller Gonsequenz durch-
führte, sowie dass er zur damaligen Zeit die Localbehandlung
des Ohres so sehr betonte; hierüber sprechen wir mit ebenso
warmer und ungetheilter Anerkennung wie Magnus. Alle Wider-
sprüche, die er von uns erfahren musste, concentriren sich gegen
den zweiten Theil seiner Thätigkeit, der mit dem zweiten
1) A. f. 0. VIII. S. 2S2.
IV. Nekrolog. 25
Theil seines Lebens zusammenfällt. In den Jahren, wo patho-
logische Anatomie , Physik, Chemie u. s. w. nicht zu den Htilfs-
wissenschaften, sondern zum integrirenden Theil der naturwissen-
schaftlichen Methode und der Heilkunst sich heranhoben, zu der
Zeit, wo der jüngeren Generation die Untersuchung aller Organe
eröffnet wurde, die allgemeine medicinische Logik auch die In-
angriffnahme der Specialitäten involvirte, machte es sich wohl
bei Kram er fühlbar, dass er seine medicinische Jugend in einer
älteren Schule verbracht. Jetzt, wo mit seiner productiven Kraft
die von ihm erschlossene Disciplin bei ihm zu einem gewissen
Abschluss gebracht war, als ihm die erweiterten Httlfsmittel
mindestens unbequem wurden, scheint es, als ob nur durchaus
subjective Beziehungen zu den jüngeren Persönlichkeiten ihn zu
einer Dialektik brachten , die ausschliesslich seine Grenzen zu
wahren suchte. Es ist dies der unvermittelte, psychologische
Zusammenhang zwischen dem durchaus berechtigten und von
uns ausdrücklich anerkannten Selbstgefühl des Verewigten und
der nicht ganz zugegebenen Erkenntniss, dass es noch anderer
Mittel und anderer Personen bedurfte, der Specialität fortzuhelfen,
deren heutige Vertreter in denselben Widerspruch mit den Pach-
genossen und dem allgemeinen medicinischen Fortschritt kämen,
wenn sie sich gegen Aufstellung und Verwerthung neuerer Ge-
sichtspunkte wehrten. Das Weitere aus den letzten Jahren,
namentlich das Steigern des Persönlichen in den vorwiegend nur
Kritik bringenden Schriften des nun alt Gewordenen ergibt sich
als psychologische Folge von selbst.
So galt der zweiten Periode unsere Kritik, die der Person
so nahe zu treten scheinen musste, weil sie, durch die Subjectivität
des Verewigten provocirt war — der ersten Periode unsere
Dankbarkeit und die volle Beistimmung zu Magnus beredten
und warmen Worten. Redaction.
WILHELM KEAMER
(geboren 1801, gestorben am 7. December 1875).
Ein Nekrolog
Dr. A. Magnus«
Am 5., 6. und 7. December 1875, also in drei Tagen, hat
der Tod vier Arbeiter aus der Reihe deutscher Aerzte abgerufen.
-^
IV. Nekrolog. 27
Geist sich der Bpecialität zuwendete, als ein ihm zugewiesener
böser Fall von Ohrenleiden seine eigene Rathlosigkeit und die
Sterilität der ganzen Disciplin ihm zu Gemüthe ftihrte. V^n der
Zeit her bis an sein Lebensende ist er der einmal mit der ganzen
.Kraft seiner Seele ergriffenen Aufgabe treu geblieben und hat
sie nach Maassgabe seiner Zeit, seines Bildungsganges und seines
Charakters mit männlicher Ausdauer und durchdrungen von der
Heiligkeit seines ärztlichen Berufes geübt und gefördert. Schon
seine erste Schrift, welche 1836 herauskam, wurde von dem
ärztlichen Publikum mit grosser Wärme aufgenommen. Aus
seinen Arbeiten kann man ersehen, mit wie grosser Pünktlichkeit
er seine täglichen Wahrjiehmungen registrirte, wie unverdrossen
er sich durch die gewiss nicht immer erquickliche Literatur hin-
durcharbeitete und wie gewissenhaft er den rohen Stoff zu sichten
und zu formen sich bemühte, ehe er denselben der Oeffentlich-
keit übergab. Mehr als zehn Jahre später (nonum prematur in
annum) folgte eine zweite Auflage und Bearbeitung desselben,
1849, nachdem der langjährige politische Friede durch die März-
tage auch bei uns in so überraschender Weise unterbrochen
worden war. Wie tief der Eindruck dieser Zeit auf ältere
Männer gewesen ist, zumal solche, die, wie Er am er, fast fün&ig
Jahre gewöhnt waren, in dem Eönigthum allein die Majestät des
Gesetzes zu verehren, davon gibt die Vorrede zu diesem Buche,
welche wohl uns allen bekannt ist, die klarste und bezeichnendste
Vorstellung, und es ist wahrlich nicht der am wenigsten ehren-
hafte Zug seines Lebens, wie er, nach einem vergeblichen Ver-
suche sich in dem Neuen zurechtzufinden, sich aus der stürmen-
den Brandung eines ihm vollkommen fremdartigen Elementes
herausarbeitet auf das feste, wohlbekannte Gebiet seiner eigensten
Lebensaufgabe. Auch dieses Buch wurde mit gleicher Anerken-
nung aufgenommen, mehrfach übersetzt, zuerst in England, und
als dann viele Engländer ihn um seines ärztlichen Bathes wegen
aufsuchten, hatte er Kraft genug, noch in seinen reiferen Jahren
ihre Sprache zu erlernen. Erst im Jahre 1860 wurde er durch
den Leibarzt der Königin Victoria veranlasst, selbst nach London
zu reisen und er consultirte dort bis 1866 jährlich einige Zeit
mit vielfacher Anerkennung und Erfolg, so dass die deutsche
Ohrenheilkunde durch ihn auch im Auslande lange Zeit ehren-
voll vertreten war; denn, gleich weit entfernt von Charlatanerie,
wie Liebedienerei, hat er stets die ärztliche Würde und seine
eigene Persönlichkeit ohne Scheu zu wahren gewusst.
} Thätigkeit, son-
etablirten Sohne
1 einem Erysipelas
an das Bett ge-
allerachlimmsteQ
, heftige Fieber-
'ten die bis dahin '
Klage und darch
HoSiiungen benn-
I auch gegen seine
länDlicher Fassnng
,h, Lindemng und
snchend, die einst
B Knabenseele ge-
oesene Lebensbild,
ter entgegen, der
glßck, im Wollen
Signatur sich ans-
Und, wenn wir
n seinen späteren
it so leideuschaft;-
es jüngeren Nach-
lolehe Erecheinung
nnd gebieteriscli
mehr, als er zn
an Menschen und
^ war. Es biesse
rden, wollte man
;en: aber es wäre
Is ThatBache hin-
iijahre fielen noch
'6 Untersuchnngs-
ehe durchgreifend
rst mehrere Jahre
üebersetznng des
, Meissner 1832
Aaenbrugger's
itscher Aerzte; er
'erwerthen. Aber
IV. Nekrolog. 29
♦
die Mikroskopie und die patliologiselie Anatomie, die eigentlichen
Stützen der neueren Medicin, waren erst in ihren Anlangen er-
standen und ganz allmählich gab sich erst bei klinischen Lehrern
und einzelnen genialen Aerzten das Bedürfiiiss kund, statt der
yagen Krankheitsbegriffe eine präcise Erkenntniss der kranken
Organe zu erstreben. Dieses Bedtlrfhiss aber auch ftlr das arg
vernachlässigte Gebiet der Ohrenheilkunde damals empfunden
und seine Bealisirung mit Fleiss und verhältnissmässigem Erfolge
überall angestrebt zu haben, das ist das recht eigentlicjie Ver-
dienst, welches sich Eramer um diese Disciplin erworben hat.
Dahin gehört seine verbesserte Untersuchung mittelst des Ohren-
spiegels, seine ausgedehnte Anwendung des Katheters, dessen
methodische Handhabung von ihm geschaffen ist, sein Gebrauch
der Sonde und die Verwerthung der Auscultation zu diagnosti-
schen Zwecken: dahin gehört femer die kritischquUntersuchung
und die^ resignirte Festhaltung der Grenzen , welche seiner Dia-
gnose gesteckt waren, und das Streben nach strenger Behütung
derselben vor dem Einbruch phantastischer Ideen und vorschneller
hypothetischer Annahmen.
Wenn bei dieser überall ehrlichen Kritik nicht immer die
Leidenschaft ausgeschlossen ist, so machte sich, wohl ihm selbst
unbemerkt, bei dem in seiner innersten Natur conservativen
Manne das allgemeine Misstrauen gegen die Neuerungen der
Zeit in allzu hohem Grade geltend.
Die späteren Bahnen der neueren Medicin hinreichend kennen
zu lernen und erfolgreich zu beschreiten, als sie in dem vierten
und fünften Decennium eröffnet wurden, dazu hätte es für ihn
und namentlich für die Ohrenheilkunde damals schon günstigerer
Bedingungen bedurft, wie sie nocli heute bei Weitem nicht überall
in ausreichendem Maasse uns zu Gebote stehen. Lehrthätigkeit
und Umgang mit der nachwachsenden und nachstrebenden Jugend
sind die unentbehrlichen Triebfedern fttr den stetigen Forschritt
und sie vornehmlich werden es bewirken können, dass sich der
Einzelne stets darüber klar bleibt, wie sein eigenes Wissen und
bestes Können nimmermehr autochthon zu denken ist, sondern
nur ein Glied in der stets fortwirkenden Arbeit des ganzen
menschlichen Geistes. Dass aber dieser Gedanke gerade dem-
jenigen leicht verloren gehen konnte, der sich damals als ein
Einzelner der Ohrenheilkunde befleissigte, wird uns leichter ver-
ständlich sein, wenn wir uns daran erinnern, dass auch noch
in unseren Tagen die meisten Aerzte, ja selbst ausgezeichnete
V.
Kleinere HittheiliBgeB.
1.
Plastische Darstellung der Continuitätsstörnngen
und Wölbungsanomalien des Trommelfelles
yon
Prof. A. Politzer
in Wien.
Die Benrtheilusg der Wölbnngsanomalien des Trommelfelles
imd gewisser Formen der Continnitätsstömngen desselben ist
far Aeji weniger Geübten nicht selten mit grossen Schwierig-
keiten verbimden, und wer Oelegenheit hat^ die praktische Ohren-
heilkunde zu lehren y wird zugestehen müssen , dass selbst der
mit den anatomischen Verhältnissen vertraute Anfänger erst nach
wochenlanger Uebung im Stande ist, die pathologischen Trommel-
fellbefunde im Allgemeinen zu beurtheilen. Dies gilt namentlich
von einer Gruppe von Gontinuitätsstörungen und Wölbnngsano-
malien des Trommelfelles, wo es in Folge partieller Substanz-
verluste oder ausgedehnter Narbenbildungen am Trommelfelle
zur Berührung oder zur Verwachsung der krankhaft veränderten
Membran mit den Gehörknöchelchen und der inneren Trommel-
höhlenwand gekommen ist.
Die wichtigsten Behelfe für die Beurtheilung derartiger
Trommelfellbeftmde bilden allerdings die Demonstrationen ein-
schlägiger pathologisch-anatomischer Gehörpräparate. Abgesehen
aber davon, dass nicht in jeder Sammlung die wichtigsten Typen
der Trommelfellbefunde vertreten sind und viele am Lebenden
beobachtete Trommelfellbeftinde nach dem Tode zum Theil
oder gänzlich verändert erscheinen , so wird es auch dem An-
fänger bei der Kleinheit der Objecte nicht leicht möglich, den
an der Leiche gesehenen Befund mit dem Trommelfellbefunde
;am Lebenden in Einklang zu bringen. Ebenso unzureichend,
32 V. Kleinere Mittheilangen.
wenn auch flir viele Fälle von grossem Werth ist die Methode,
die Erkenntniss der Wölbnngsanomalien durch Zeichnungen und
zwar durch Flächen- und Profilansichten dem Anfänger anschau-
lich zu machen. •
Bei dem kurzen Zeiträume, welcher dem klinischen Studium
der praktischen Ohrenheilkunde an den Universitäten im Allge-
meinen gewidmet wird, erscheint es aber noth wendig, den Studi-
renden möglichst bald mit den wichtigsten Trommelfellbefimden
bekannt zu machen, um ihm die Beurtheilung der klinischen
Fälle in kurzer Zeit zu ermöglichen. Nach meiner Ansicht ist
dieser Zweck am besten durch die plastische Darstellung
der pathologischen Trommelfellbefunde zu erreichen. — Ich habe
daher, nachdem ich mich in der Technik des Wachsbossirens unter-
weisen liess, eine Reihe der wichtigsten pathologischen Trommel-
fellbefunde in vergrössertem Massstabe plastisch (Basrelief) nach
der Natur in Wachs ausgeflihrt und wurden die Modelle von einem
jungen Bildhauer in einer weissen, waschbaren Masse vervielfältigt.
Das auf einer Platte von 8 Cm. im Quadrat befindliche plastische
Trommelfellbild beträgt 6 Cm. im grössten Durchmesser.
Die plastischen Darstellungen umfassen 15 Befunde:.
I. Normales Trommelfell (r).
n. Prall gespannte blasenförmige Vorwölbung der hinteren
oberen Partie des Trommelfelles; der Hammer durch die Ge-
schwulst theilweise bedeckt (1).
in. Grosse, nierenförmige Perforation des Trommelfelles
unterhalb des Hammergriffes ; das untere Hammergriffende und
die obem Perforationsränder in Berührung mit dem Promon-
torium.
rV. Ausgedehnte Zerstörung des Trommelfelles, der Hammer-
griff theilweise von der Trommelfellsubstanz entblösst mit der
aufgewulsteten inneren Tronamelhöhlenwand in Berührung; am
hintern obem Abschnitte der Perforationsöffnung der untere Theil
des langen Ambosschenkels sichtbar.
V. Ausgedehnter Substanzverlust, am Trommelfell der theil-
weise arrodirte Hammer mit der inneren Trommelhöhlenwand
verwachsen; am hinteren Theile des Substanzverlustes sieht
man das untere Ende des langen Ambosschenkels, unter dem-
selben die Nische zum runden Fenster.
VI. Nierenförmige Perforationsöffhung am Trommelfelle zu
beiden Seiten des Hammergriffes, längliche Kalkablagerungen
im Trommelfellreste.
fl ^
y. Kleinere Mittheilangen. 33
Vn. Zerstörimg der hinteren nnd theilweise der unteren
Partie des Trommelfells; in der Perforationsöflfhung ist das
Promontorium mit dei* Nische des runden Fensters, über dem-
selben das Stapes-Ambosgelenk sichtbar.
Ym. Doppelte Perforation des Tronunelfells , das untere
Hammergriffende mit dem Reste der Membran durch eine schmale
Brücke zusammenhängend.
IX. Geheilte Perforationsöffhung, nierenförmige Narbe unter
dem Hammergriff.
X. Länglich-ovale Narbe an der hinteren Hälfte des Trom-
melfellSy theilweise am Stapes-Ambosgelenk anliegend.
XI. Ausgedehnte Narbenbildung am Trommelfelle, die dünne
gefaltete Narbe und der Hammergriff in Berührung mit dem
Promontorium.
XII. Länglich -ovale Narbe hinter dem Hammergriff, die
Narbe stark eingesunken mit dem Stapes-Ambosgelenk und dem
Promontorium in Berührung.
Xni. Zerstörung der hinteren Partie der Membran, die Per-
forationsöfihung von aus der Trommelhöhle hervorschiessenden
Granulationen überwuchert.
XIV. Myringitis granulosa, nahezu centrale Perforation des
Trommelfells.
XV. Starke Einwärtswölbung des Trommelfells, Hammer-
griff nach hinten und innen gezogen, perspectivisch verkürzt,
kurzer Hammerfortsatz stark vorspringend, Knickung z^wischen
den peripheren und centralen Theile des Trommelfells.*)
2.
Zum diagnostischen und therapeutischen Gebrauch
des Doppelballons
von
A* Lncae.
Der im 4. Hefte Bd. X dieses Archives erschienene Aufsatz
von Schwartze „lieber die Stärke des bei der Luftdouche
erforderlichen Luftdruckes" enthält einige den von mir empfoh-
lenen Doppelballon betreffende Stellen, welche mir zu einigen
Bemerkungen Veranlassung geben.
Wenn Schwartze sagt, äass er früher nur im Stande ge-
1) Die plastischen Präparate sind von Herrn E. Gottlieb, Optiker.
Wien Adlergasse 12, zu beziehen.
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 3
34
V. Kleinere Mittbeilungen.
wesen sei, „in maximo einen Druck von Vio Atmosphäre heraus-
zubringen, und zwar nur unter der Bedingung, dasfl der um-
strickte, resp. dünnwandige Ballon zuvor ad maximum gefällt war
und sich plötzlich entleert", so bemerke ich, dass ich diese
letztere Wirkung bereits in der betrelBfenden Arbeit*) hervorgehoben
habe. Wenn Schwartze hinzufügt: „Bei häufigerem Gebrauch
des Doppelballons habe ich mich neuerdings überzeugt, dass
man mit demselben auch einen stärkeren, stossweisen Luftdruck
von 210 — 3 i(j Atmosphäre (in maximo!) hervorbringen kann, wenn
man ihn in der Art benutzt, dass der massig gefüllte, umstrickte
Ballon mit der einen Hand kräftig und plötzlich zusammenge-
drückt wird. Von dieser Art der Verwendung hat aber L u c a e
(1. c.) nichts erwähnt, und selbst dieser mögliche Maximaldruck
ist keineswegs flir alle Fälle von Tuben verschluss ausreichend ", so
ist hierauf zu erwidern, dass ich allerdings 1. c. hiervon nichts er-
wähnt habe, dass mir jedoch diese Art der Anwendung des Doppel-
ballons seit Jahren bekannt ist und von mir täglich geübt wird, wie
aus einer Anmerkung zu meiner Notiz „üeber locale Anwendung
des Chloralhydrats beim sogenannten trocknen, chronischen Mittel-
ohrkatarrh"*) hervorgeht. Es heisst daseifest wörtlich: „Die-
jenigen, welche mit dem genannten Apparate weniger vertraut
sind, erinnere ich daran, dass derselbe für gewöhnlich einen
nahezu continuirlichen Luftstrom gibt, welcher ganz vortrefflich
zur Beobachtung der Auscultationsgeräusche , wegen seiner ge-
ringen Stärke jedoch nicht zu Einspritzungen in die Trommel-
höhle sich eignet. Wird aber der zum Katheter führende Gummi-
schlauch zugedrückt, so schwillt d^r als Windkessel dienende
und mit einem Netz umgebene Ballon an und treibt, sich bei
Aufhebung des Verschlusses contrahirend, seinen Inhalt in den
Katheter und bei hinreichend weiter Tuba die in dem Katheter
befindliche Flüssigkeit in die Trommelhöhle. Ist die Tuba
weniger weit, so ist es zum sicheren Eindringen der
Flüssigkeit nöthig, die Wirkung jenes Ballons durch
eine Compression mit der Hand zu verstärken. Doch
braucht «man hierzu selten seine Zuflucht zu nehmen, weil die
Tuba Eustachii beim trockenen Mittelohrkatarrh in der Regel
sogar abnorm weit ist."
Hiermit sind die verschiedenen Druckgrade, die uns in dem
kleinen handlichen Apparate zu Gebote stehen und welche nach
1) Deutsche Klinik 1866, Nr. 8.
2) Berlin, klin. Wochenschrift 1872, Nr. 41.
Y. B^leinere Mittheilungen. 35
meinen langjährigen Erfahrungen zur diagnostischen und thera-
peutischen Anwendung der Luftdouche vollständig genügen, wohl
hinreichend auseinandergesetzt.
Der Doppelballon hat aber noch den besonderen, diagnosti-
schen Vortheil, dass uns der constante, mit dem Apparat hervor-
zubringende Luftstrom sicheren Aufschluss gibt über die ver-
schiedenen Grade der Durchgängigkeit der Tuba, welche zwischen
der abnormen Weite und dem vollkommenen Verschluss dieser
Röhre liegen.
Dieser Vortheil gründet sich auf der bekannten Eigenschaft
der Doppelblasebälge, dass der Luftstrom um so continuirlicher
wird, je enger die Ausflussöffnung wird, hingegen bei weiter
Oeffnung mehr stossweise erfolgt. Die Folge hiervon ist, dass
das bei der Auscultation wahrzunehmende Blasegeräusch um so
continuirlicher wird, je grösser der Widerstand in der Tuba ist,
während es bei weiter Tuba unterbrochen erscheint. Man thut
daher gut, zunächst mit diesem schwächsten Druck zu beginnen
und falls dieser zur Wahrnehmung der Geräusche nicht gentigt,
die stärkeren Druckgrade in Anwendung zu ziehen.
Die Behauptung Schwartze's, dass der constante Luftstrom
des Doppelballons nur bei individuell weiter Tuba stark genug
sein mag, um Luft in die Paukenhöhle zu pressen, erklärt sich
wohl hauptsächlich aus der Benutzung mangelhafter Exemplare.
Ich kann versichern, dass die in den letzten Jahren vom Gummi-
fabrikanten Miersch in Berlin bezogenen Apparate dem hier dar-
gelegten Zwecke vollkommen entsprechen, während die ursprüng-
lich angefertigten Exemplare allerdings Manches zu wünschen
übrig Hessen. Dass bei der Vergänglichkeit des Materials an
dem Doppelballon zeitweise Reparaturen vorgenommen werden
müssen, thut der Brauchbarkeit des Apparates keinen Eintrag.
Gibt doch Schwartze selbst für die von ihm empfohlene Com-
pressionspumpe auch zu, dass alljährlich der Stempelkolben neu
beledert werden muss.
Zur Handhabung des Apparates bemerke ich hier nochmals,
dass an sämmtlichen zum Gebrauch des Arztes bestimmten Ap-
paraten ein Haken angebracht ist, mit welchem man den Apparat
in einem Knopfloch des Rockes befestigen kann. Die Hand-
habung, welche immerhin einige Uebung erfordert, wird hierdurch
wesentlich erleichtert.
Noch möchte ich eines Punktes gedenken, von welchem der
sichere Erfolg der Anwendung gerade des Doppelballons wesentlich
T. Kleinere MittheilaDgeD. 37
Ab noaerem Apparat beginnt der Laftkanal mit der Röhre a,
an welche das Gnmmigebläse gelUgt wird, und setzt sieb der-
selbe bis znm Ende
des Korkstöpsels dnrch
denselben hindurch
fort; unterwegs, ober-
halb des Pfropfes
zweigt er sich in die
zuerst spitzwinkelig ab-
gehende, dann horizon-
tal werdende lange
Röhre b ah. Das dün-
nere Steigrohr c, das
beinahe bis znm Bo-
den der Flasche reicht,
ist vom Stöpsel an in
den verticalen nnd
dann in den horizon-
talen Theil des Luft-
kanals concentrisch
eingeillgt. Comprimirt
man nun die Lnft im
Doppelballon, so tritt
dieselbe im fortdauern-
den Strome durch die
Röhre a zum Theil
nach unten in die
Flasche, zum Theil so-
gleich in die lange
Röhre />, nm am Ende
derselben, bei d, in
einer feinen gemeinschafllichen OeSnnng mit der mittlerweile
gehobenen FlQssigkeit znsammenzntreffen. Auch bei leichtem
Druck der Hand wird dieselbe hierbei anf die Entfernung von
2—3 Fuss nnd weiter in gleichförmigen Staubregen feinvertheilt
fortgeschlendert.
Man hatte das gleiche Zerstänbungsprincip bereits durch
Anfttgen eines kurzen knppel- oder eicheiförmigen Aufsatzes, den
man in die Nasenöffnnng hineinsteckte, fUr die Nasenhöhle nutz-
bar zn machen gesn^ht nnd besitze ich seit Jahren einen solchen
Leiter'Bcben Apparat ans Hartkautschuk. Allein der Staub-
V. Kleinere Mittheilu^gen. 39
Drucke einer Wassersäule aufgehoben wird und die Flüssigkeit
ins Ohr dringt. Für solche Fälle möchte ich Collegen immer
noch den Gebrauch meiner „Röhre zur Schlunddouche" empfehlen;
ihre zahlreichen, nicht zu kleinen Löcher verstopfen sich nicht
leicht, wie dies Trautmann von dem Schulze'schen Instru-
ment fand, das sich allerdings wenig und nicht gerade zu seinem
Vortheile von jener unterscheiden möchte.
Selbstverständlich wird aber in vielen Fällen eine staub-
förmige Vertheilung des Medicaments, wie sie allein ein Pulve-
risateur spenden kann, für die Schleimhaut der Pars nasalis
pharyngis viel erwünschter und nützlicher sein. Hierzu eignet
sich nun, wie ich nach fast IV2 jähriger Beobachtung versichern
kann, der oben abgebildete Apparat recht gut.*) Die Kranken er-
lernen das Einführen der vorn stumpf-konisch endenden, 3 bis
4 Mm. dicken und circa 11 Gm. langen Bohre ganz leicht und
haben nun nur darauf zu achten, dass die feine innere Bohre
oder auch die Ausflussöffnung sich nicht allmählich verstopft.
Flüssigkeiten, welche starke Niederschläge machen, wie Kali
hypermanganicum, stark kalkiges Wasser oder sehr concentrirte
Lösungen eignen sich daher nicht sehr gut zu öfterem Gebrauche
mit dem Zerstäuber; jedenfalls müsste man jedesmal nach dem
Oebrauche die Bohre gründlich mit destillirtem Wasser reinigen.
Auch hat man dieselbe zeitweise mittelst eines feinen langen
Drathes, den man öfter durchfuhrt, auszuputzen. Jedenfalls ver-
stopft sich aber unser Apparat noch weniger, als mancher andere,
z. B. der oben genannte aus Hartkautschuk, der dadurch sehr
bald unbrauchbar wurde. Für manche Nasen lässt sich indessen
die Bohre auch weit dicker wählen, wenn dies sonst erwünscht
wäre. Wünscht der Arzt ganz localisirte Applicationen von zer-
stäubter Flüssigkeit vorzunehmen, so eignet sich der Traut-
mann'sche Pulverisateur (Bd. IX. S. 245) besser als der meinige,
man müsste denn an demselben eine seitliche Oeffnung statt der
endständigen anbringen lassen. In letzterem Falle würde der
staubförmige Begen auch nur nach der einen Seite sich ver-
breiten. Für die gewöhnlichen Indicationen einer Zerstäubung
von mehr harmlosen Flüssigkeiten, also insbesondere für den
Hausgebrauch der Kranken möchte dagegen mein Pulverisateur,
weil einfacher und viel leichter einzuführen, wohl vorzuziehen
1) Bei Herrn Instrumentenmacher Gustav Stöber hier, der auf meine
Anregung hin diesen Apparat fertigte, ist derselbe für 6 Mark, mit Doppel-
ballon für 12 Mark zu haben.
y. Kleinere Mittheilangen. 41
schon von einzelnen Aerzten früher geübt; das Verdienst jedoch
der kaustischen Behandlung mittelst des Höllensteins eine allge-
meine Verbreitung verschaflft zu haben, gebührt Schwartze,
der in einer kurzen Notiz (Die kaustische Behandlung eitriger
Ohrkatarrhe) seine Erfahrung über die Wirkung concentrirter
HöUensteinsolutionen bei chronischen Mittelohreiterungen im Jahre
1868 publicirtß.*) Seit jener Zeit habe ich genanntes Mittel in
einer grossen Anzahl von Fällen angewendet und will ich in
Folgendism ein Resum6 meiner hierauf bezüglichen Erfahrungen
mittheilen.
In meinem Aufeatze: „Ueber die ^ahl der Adstringentien
bei eitrigen Ohrkatarrhen" (Wien. med. Presse 1866) habe ich
bereits darauf hingewiesen, dass schwache Solutionen von Nitras
argenti bei chronischen Eiterungen sich als wenig wirksam er-
weisen, dass man hingegen durch concentrirte Lösungen von
Höllenstein im Stande sei, zuweilen Wucherungen im äusseren
Gehörgange und an der äusseren Fläche des Trommelfelles zum
Schwinden zu bringen. Als ich später auf Vorschlag Schwartze 's
auch bei der nicht granulirenden Mittelohreiterung concentrirte
Silbersalpeterlösungen in Anwendung zog, fand ich bei meinen
Versuchen mit verschieden starken Solutionen, dass im All-
gemeinen noch concentrirtere Lösungen, als die von Schwartze
angegebenen (15—40 Gran auf die Unze Wasser) wirksamer
seien und wende ich gegenwärtig zumeist Lösungen von Nitr.
arg. 1,00 auf 10,00— 8,00 Aq. destan. Bei der Anwendung dieses
Mittels sind folgende Cautelen zu beobachten. Vor Allem ist
es nöthig, das Secret aus dem Mittelohr durch eine Lufteintrei-
bung nach meinem Verfahren oder mittelst Eatheterismus in
den äusseren Gehörgang zu treiben, dann das Secret aus dem Ge-
hörgange durch mehrmaliges Ausspritzen mit lauwarmem Wasser
zu entfernen und das im Ohre zurückgebliebene Wasser bei seitlich
geneigtem Kopfe durch einen in den Gehörgang gesteckten Baum-
wollenpfropf zu entfernen. Nur auf diese Weise ist es möglich,
dass das Medicament in unmittelbare Berührung mit der erkrank-
ten Mittelohrauskleidung kommt (Schwartze), während bei
ungenügender Reinigung des Ohres die Silberlösung sich mit
dem zurückgebliebenen Secret als Silberalbuminat verbindet, ohne
auf die Schleimhaut des Mittelohres selbst zu wirken. Zur Cau-
terisirung der Mittelohrauskleidung genügt eine Quantität von
1) Archiv f. Ohrenheilkande. Bd. lY. S. 1. Juni 1868.
Y. Kleinere Mittheilungen. 43
längerer Einwirkung des Aetzmittels. Allein dieser graae Beleg
wird nur durch eine Verbindung der Silberlösung mit dem Epithel
und Schleimbeleg der Mittelohrauskleidung gebildet, ohne dass
das Gewebe der Schleimhaut selbst von dem Mittel wesentlich
alterirt worden wäre. Diese oberflächlichen, scheinbaren Schorfe
stossen sich auch schon nach einigen Stunden vollständig ab,
während die nach längerer Einwirkung des Mittels entstandenen
Schorfe manchmal erst nach 24 Stunden, ja noch nach längerer
Dauer vom Gewebe abgestossen werden.
Nach der Einwirkung der Silberlösung auf die erkrankten
Theile wird die überschüssige Quantität des Mittels durch Aus-
spritzen aus dem Ohre entfernt. Die Anwendung einej Koch-
salzlösung zur Neutralisation des überschüssigen Silbersalpeters,
wie sie Schwartze angibt, halten wir nicht für nöthig und
bedienen uns gewöhnlich des einfachen, lauwarmen Wassers. Das
nach der Gauterisation abgesonderte Secret enthält, selbst wenn
unmittelbar nach der Aetzung zur Neutralisation eine Kochsalz-
lösung angewendet wurde, noch so viel Silber, dass beim Aus-
fliessen des Secfetes aus dem Ohre nicht selten an der Ohr-
muschel und in der Umgebung des Ohres an der Haut schwarz-
braune Flecke entstehen, welche die Kranken oft nöthigen,
mehrere Tage hindurch jeden geselligen Verkehr zu meiden.
Um das Entstehen dieser Flecken zu verhindern, kann man ent-
weder die Ohrmuschel und den äusseren Theil des knorpeligen
Gehörganges mit einer dünnen Fettschichte bestreichen oder es
wird unmittelbar nach der Anwendung des Höllensteines die
Ohrmuschel und die Umgebung des Ohres mit einer schwachen
Jodkalilösung abgewaschen und die Haut sodann leicht abge-
trocknet. Das letztere Mittel pmpfiehlt sich insbesondere^^ wenn
man die Anwendung der HöUensteinsolution dem Kranken selbst
oder dessen Angehörigen überlässt.
Was die Wirkung der concentrirten Höllensteinlösung auf
die Abnahme und Beseitigung der eitrigen Absonderung im
Mittelohr anlangt, so hängt dieselbe weniger von der Dauer des
Leidens als vom Zustande der erkrankten Schleimhaut und
dem Gesundheitszustande des ganzen Organismus ab. Denn wir
beobachteten manchmal, selbst nach jahrelanger Dauer des
Ohrenflusses, schon nach kurzer Anwendung des Höllensteins
eine rasche Abnahme der -Absondening, während in anderen
Fällen, wo der Eiterungsprocess erst einige Monate dauerte, die
EiterabsonderuDg selbst nach längerer Anwendung des Mittels
y. Kleinere Mittheilangen. 45
Mittel beseitigt werden konnte. Ich habe fernerhin beobachtet,
dass nicht selten der pulverisirte Alaun, als erstes Mittel an-
gewendet, die Absonderung wenig oder gar nicht vermindert,
dass aber eine auffällige Abnahme der Secretion eintritt, wenn
einige Mal vor der Anwendung des Alauns eine Zink- oder Blei-
lösung eingeträufelt wurde. Noch eclatanter ist aber die
Wirkung des pulverisirten Alauns, wenn der Anwen-
dung desselben die Cauterisation der Mittelohr-
jschleimhaut mit concentrirter Höllensteinlösung
vorausging, und die Fälle sind nicht selten, bei welchen bei
vorhergegangener kaustischer Behandlung schon nach einmaliger
Einblasung des Pulvis aluminis crudi eine langiährige Otorrhoe
vollständig sistirt.
Nach meinen Erfahrungen muss ich daher die ^uf einan-
der folgende und combinirte Anwendung der con-
centrirten Höllensteinsolution und des pulverisirten
Alauns als die wirksamste Behandlungsmethode der
chronischen Mittelohreiterung bezeichnen und lasse ich in
der Regel der kaustischen Methode die Anwendung des pulveri-
sirten Alauns folgen, wenn nach 8— 10 maliger Anwendung der
HöUensteinsolutionen die Absonderung wenig oder gar nicht ver-
mindert wurde.
Das Einblasen des Pulvers (1 — 2 starke abgerundete Messer-
spitzen) geschieht entweder mittelst einer beliebigen mit einem
Gummischlauche verbundenen dünnen Röhre oder Federspule oder
mittelst des St örk 'sehen KehlkoptT}räsers. — Hierbei hat man
darauf zu achten, dass die Spitze des Instrumentes ziemlich
genau gegen die Trommelfellgegend gerichtet sei, weil sonst das
Pulver nicht zu den erkrankten Partien gelangt, sondern an die
Gehörgangswand angeblasen wird. Es ist daher zweckmässig,
unmittelbar nach der Anwendung des Mittels sich mit dem Spiegel
zu tiberzeugen, ob das Pulver bis zum Trommelfell oder bei
grösseren OeflFnungen bis in die Trommelhöhle gelangt, in wel-
chem Falle das Sehfeld als schneeweisse Fläche erscheint. Die
eingeblasene Pulvermasse bleibt, wenn die Secretion nicht zu
proftis ist, mindestens zwei Tage im Ohre. Ergibt sich bei der
Untersuchung am dritten Tage, dass das Pulver vollkommen
trocken geblieben ist, oder dass dasselbe theilweise aus dem
Ohre herausgefallen und die^erkrankten Theile nicht mehr feucht,
sondern trocken geworden sind, so ist es nicht gerathen, das
Ohr auszuspritzen, weil die Secretion durch das in die Trommel-
V. Kleinere Mittheilungen. 47
Nichtsdestoweniger gab es bisher weder ein subjectives noch
ein objectives Symptom, um diese Formen mit Sicherheit von
einander zu unterscheiden, ein üebelstand, der auch von den
Autoren lebhaft empfunden wird.')
V. Tröltsch spricht (1. c.) die Hoffnung aus „dass wir
durch Percussion dieses Knochens, durch Auscultation des Ohres
und vergleichendes Zusammenstellen des Hörens der Uhr und
Stimmgabel vom Warzenfortsatz aus mit den übrigen Erschei-
nungen über diese Dinge allmählich Aufschluss erlangen werden. *
Durch diese Aeusserungen angeregt, habe ich über diesen
Gegenstand Untersuchungen angestellt mit folgenden Kesultaten:
1. Die Percussion des Warzenfortsatzes ist leider
in keiner Weise zu verwerthen, weil bei derselben die ßesonnanz
der Mundhöhle eine so grosse Rolle spielt, dass die geringen
Lufkmengen im Warzenfortsatz nicht zur Geltung kommen können.
Percutirt man den Warzenfortsatz bei geschlossenem Munde, so
erhält man einen leeren Schall. Percutirt man ihn während
der Mundstellung ftir die Vocale oder ü, so erhält man einen
massig tiefen tympanitischen Schall. Ebenso bekommt auch der
Ton der Stimmgabel und das Geräusch der auf den Warzenfort-
satz gesetzten Uhr bei besagter Mundstellung tympanitischen Bei-
klang, eine Erscheinung, die man nicht nur an sich selbst, son-
dern durch das Otoskop auch an Anderen wahrnehmen kann.
Eine Schleimhautanschwellung oder Vergrösserung der Tonsillen
wird daher diesen Schall bedeutend mehr beeinflussen, als eine
Veränderung in den Verhältnissen des Processus mastoideus.
2. Auch die Auscultation des Ohres i. n. S. ergab
keine Resultate. Dagegen versuchte ich mit Erfolg
3. die Auscultation des Warzenfortsatzes. Setzt
man auf den Processus mastoideus, dicht hinter das
Ohr, etwas über der Höhe des äusseren Gehörganges,
also in der Gegend des Antrum mastoideum, ein
Otoskop, dessen für den Patienten bestimmter An-
satz durch einen Ohrentrichter ersetzt ist, so hört
man daselbst während der Lufteintreibung, wenn
dieselbe mit genügender Kraft in eine normal weite
Tuba, bei unverletztem Trommelfell eingetrieben
wird, ein sausendes Geräusch, welches den Eindruck
1) V. Tröltsch, Lehrbuch der Ohrenheilkunde 1872. S. 316. Gruber,
Lehrb. der Ohrenheilkunde 1870. S. 533. Bnck, Krankheiten des Warzen-
fortsatzes. A. f. A. u. 0. Bd. III. Abthlg. 2. S. 27.
y. Eleiüere Mittheilongen. 49
äussere Ohr mit dem Tragus verschliesse, wird die Bewegung
des Wassers wieder sieht- und hörbar.
5. Das Eindringen der Luft in den Warzenfortsatz bei un-
verletztem und das Nichteindringen bei verletztem Trommelfell
konnte ich auch an einem zu diesem Zwecke verfertigten gläsernen
Phantom nachahmen, in welches ich statt der Luft Tabaksdampf
hineinblies. Dies Phantom besteht aus zwei über wallnussgrossen
Kugeln, die durch eine circa einen Jialben Centimeter lange
Eöhre untereinander verbunden sind : Paukenhöhle und Warzen-
fortsatz. An der ersteren befindet sich ausserdem eine gegen
3 Centimeter l_ange Röhre, die knöcherne Tuba, an welche ein
Stück Kautschukschlauch, die knorpelige Tuba, befestigt ist.
Seitlich von derselben ist ein Loch (kreisrund mit 2 Centimeter
Durchmesser) , welches durch einen Kork oder einen mit einer
Membran überspannten Ring verschliessbar ist, die Trommelfell-
Öffnung. Auch die zweite Kugel besitzt hinten eine verschliess-
bare Oeflfnung, um die Verhältnisse bei eröffnetem Warzenfortsatz
Studiren zu können.*)
Ich glaube demnach mich zu dem Ausspruche berechtigt,
dass wir durch dies Verfahren im Stande sind uns mit grösserer
Sicherheit über den jeweiligen Zustand des Warzenfortsatzes
aussprechen zu können. Wird am Lebenden das Geräusch
wenn irgend möglieh der Bohrer zu vermeiden und Meissel oder Messer
anzuwenden sei.
1 ) Dieses Phantom diente mir noch zu folgenden Versuchen : füllte ich
durch die für das Trommelfell bestimmte Oeffnung (diese nach oben haltend,
also nicht in gewöhnlicher Lage), langsam eingiessend, die Trommel-
höhle mit Wasser, so füllte sich auch der Warzen fortsatz, sobald die Flüs-
sigkeit seinem Eingang au niveau stand. Spritzte ich jedoch mit
stärkerem Strahl durch eine angesetzte, den äusseren Gehörgang dar-
stellende Röhre, so gelangte niemals etwas von der Flüssigkeit in den
Warzen fortsatz. Füllte ich die ganze Trommelhöhle oder auch nur einen
Theil derselben mit Wasser und blies dann Luft durch die Tuba hinein,
so gelangte weder bei geöffnetem noch bei geschlossenem Trommelfell Flüs-
sigkeit in den Warzenfortsatz. Erst wenn ich das erwähnte hintere Loch
des Warzenfortsatzes öffnete, ergoss sich beim Einblasen die Flüssigkeit
durch den Warzenfortsatz im Strahl nach aussen.
Ich mnss deshalb, da ich glaube, dass die Verhältnisse des Phantoms
im Wesentlichen den anatomischen entsprechen, die Besorgniss, dass beim
Politzer'schen Verfahren oder beim Ausspritzen des äusseren Gehörganges
Secret aus der Trommelhöhle in den Warzenfortsatz geschleudert werden
könne, für vollkommen unbegründet erklären. Dagegen ist es woh'l möglich,
dass bei liegender Position des Patienten Secret aus der' Trommelhöhle in
den Warzen fortsatz hinabfliessen könne.
Archiv für OhrenheUkunde. XI. Bd. (Nene Fo^e. V. Bd.) 4
V. Blleinere Mittheilungen. 51
Prof. Dr. Politzer und Herrn Dr. Urbantschitsch für ihr
freundliches Interesse an meiner Arbeit meinen besten Dank.*)
1) Dem Verfasser vorstehender Mittheilung scheint unbekannt geblieben
zu sein, dass Laennec in seinem classischen Werke: Snr Fauscultation
m^diate. Bmxelles 1834. p. 57 der Anscultation des Warzenfortsatzes einen
besonderen Artikel gewidmet hat. Es heisst dort wörtlich: ,,Wenn man das
Stethoskop auf die Basis des Proc. mastoideus aufsetzt und gleichzeitig die
Versuchsperson veranlasst, das Nasenloch der entgegengesetzten Seite mit
dem Finger zu verschliessen und durch das frei bleibende Nasenloch etwas
kräftig zu athmen (souffler), so hört man deutlich ein Geräusch (souffle),
welches das Eindringen der Luft in die Warzenfortsatzzellen anzeigt. Wenn
sich etwas Schleim in dem Mittelohr befindet, so hört man ein BasscI-
geräusch und man kann leicht unterscheiden, ob dasselbe in der Tuba, in
der Paukenhöhle oder in den Warzenfortsatzzellen entsteht. Wenn die
Tuba durch Schleim verstopft ist, so hört man nichts etc."
Meine eigenen Bemühungen, die Anscultation des Warzenfortsatzes
diagnostisch zu verwerthen, ergaben, wie ich schon A. f. O. VII. S. 161
anmerkungsweise mitgetheilt habe, ein negatives Resultat. Wenn sich die
vorstehend mitgetheilten positiven Resultate des Verfassers bestätigen, so
würden wir der Möglichkeit einer sicheren Diagnose der Erkrankungen des
Warzenfortsatzes näher gerückt sein. Schwartze.
VI. Wissenschaftliche Rundschau. 53
darstellend) das Tubalumen in der Gegend des Isthmns durch einen
fest eingedrückten Wattepfropf verlegt, jedoch so, dass „massig
starke " Luftdruckschwankungen in der Tuba sich noch aufs Trommel-
fell fortpflanzen, und erzeugt man nun gleichzeitig im äusseren
Oehörgange und in der Tuba gleich starke, pendelartige Luftdruck-
Schwankungen durch Saug- und Druckbewegungen, so geräth auch
das Trommelfell in entsprechende Pendelschwingungen, die jedoch
geringere Excursionen besitzen als die bei offener Tuba und ofifenem
äusseren Oehörgange erzeugten. Lässt man jedoch einen constanten
positiven oder negativen Luftdruck gleichzeitig vom äusseren Gehör-
gange und von der mit Watte verstopften Tuba einwirken,« so kehrt
das Trommelfell in seine Ruhelage zurück. Da es sich bei den Schall-
schwingungen gleichfalls um pendeiförmige Luftdruckschwankiingen
handelt, so folgt aus dem Versuche, dass durch einen nur losen
Verschluss der Tuba die Perception der Schallschwingungen wohl
etwas abgeschwächt, keineswegs jedoch aufgehoben wird. Am natür-
lichen Ohre sind die Verhältnisse noch weit günstiger^ als am Modelle,
da die Schallschwingungen, die durch die Tuba eintreten konnten,
auf dem weiten Wege durch Nase oder Mund nicht unbedeutend
abgeschwächt werden müssen.
Der IL Abschnitt führt die Ueberschrift: „Ueber das Ver-
hältniss des Gaumensegels zur Rachenmündung der
Tuba Eust. in Ruhe und Bewegung. Directe Beobach-
tung in einem Falle von Verlust der Nase. Versuche
mit dem Ohrmanometer bei perforirtem Trommelfell.^
In einem Falle von Zerstörung der knöchernen und knorpeligen
Nase durch Lupus konnte Lucae anstandslos beiderseits das Ostium
pharyng. tubae, überblicken. Die Bewegungen des weichen Gaumens
waren vollständig normal. Im Allgemeinen stimmen die Bewegungs-
erscheinungen , wie sie Lucae in seinem Falle beobachtete, mit
Michel's und meinen Angaben über.ein. Doch ergeben sich einige
Differenzen zwischen meinen und Lucae's Beobachtungen / auf die
ich mir erlauben möchte, hier etwas näher einzugehen. Der wich-
tigste Punkt ist offenbar die Frage über das Verhältniss des Levator-
wulstes zum Tubenostium, ob dasselbe während des Schlingactes
vollständig geschlossen wird oder nicht. Im Allgemeinen stimmen
Lucae und ich darin überein, dass das Tubenostium während des
Schlingens durch das Zurücktreten des Tubenwulstes im Sagittal-
durchmesser erweitert und dass gleichzeitig das so erweiterte
Ostium durch das Eintreten des Levatorwulstes wieder verengt
wird. Lucae sagt: Schwieriger ist die Beantwortung der Frage,
ob durch die Gesammtwirkung beider Bewegungen die Tubamündung
geöffnet oder im Gegentheil geschlossen wird. Meiner Ansicht nach
könnte die Frage noch anders formulirt werden, nämlich in der
Weise, ob die Tubamündung durch diese combinirte Bewegung voll-
kommen geschlossen wird oder offen bleibt, denn in der Ruhelage
ist sie ja unbestritten offen. Dann wäre der Fall denkbar, dass das
erweiterte Ostium durch das Eintreten des Levatorwulstes zwar
verengt wird, aber immer noch ein Raum frei bliebe, der adäquat
VI. Wissenschaftliche Eundschau. ^ 55
Bevor ich, dem Texte der Lucae 'sehen Abhandlung folgend,
im Referate fortfahre, möchte ich noch wegen eines Punktes auf den
Lucae 'sehen Fall zurückgreifen. L. konnte in seinem Falle Be-
wegungen der Hakenfalte nicht constatiren. Es ist mir dies um so
auffallender, als L. meines Wissens der Erste war, der experimentell
die Bewegungen derselben bei Lageveränderungen des weichen Gau-
mens an der Leiche nachgewiesen hatJ)
Im weiteren Verlaufe seiner Abhandlung berührt L. flüchtig die
anatomischen Verhältnisse der Tuben gaumenmusculatur, um dann
ausführlich auf die von Politzer aufgestellte und bisher allgemein
aeceptirte Theorie der Wirkung dieser Muskeln überzugehen. Diese
Theorie erweist sich nach L. bei directer Beobachtung der Tuba
von der Nase* aus als eine irrthümliche. Es bleibt nach seiner An-
sicht eine unerwiesene Hypothese, dass 'der Tensor während des
Schlingactes die Tuba öffnen soll, dagegen hält er es für sehr
wahrscheinlich, dass dieser Muskel nach erfolgtem Schlingacte,
sobald der Levator in seiner Action nachlässt und das Gaumensegel
wieder sinkt, sich an der^iermit gleichzeitigen Wiedereröffnung der
Tuba betheiligt. Hierauf wendet sich L. zu den physiologischen
Versuchen, welche zu Gunsten der Politzer 'sehen Theorie über
den Einfluss des Schlingactes auf die Tuba angezogen werden. Bei
der Wichtigkeit gerade dieser Partie für die L.'sche Hypothese sei
es uns erlaubt, wörtlich zu citiren :
„ Prüfen wir nun die physiologischen Versuche, welche zu Gunsten
jener früheren Lehre über den Einfluss des Schlingactes auf die Tuba
angezogen werden, so müssen wir zunächst auf einen von dem un-
vergesslichen Toynbee zuerst beschriebenen Versuch näher ein-
gehen, welcher, nach meinem Vorschlage der Toynbee 'sehe Ver-
such genannt, den Ohrenärzten wohl bekannt ist: Macht man bei
geschlossener Mund- und Nasenöffnung eine Schlingbewegung, so
nimmt man eine Druckempfindung in den Ohren und bei . einiger
Aufmerksamkeit eine deutliche Anspannung des Trommelfelles wahr.
Toynbee erklärte sich letztere dadurch, dass hierbei die Luft,
durch die Schlundmuskeln leicht comprimirt, in die Trommelhöhle
eintrete, und zog aus dem Umstände, dass jenes Gefühl von An-
spannung erst nach einer bei offenen Nasenöffnungen wiederholten
Schlingbewegung nachlasse, den Schluss, dass die Tuba im Zustande
der Ruhe geschlossen sei und sich nur während des Schlingactes
durch die Action des Tensor und Levator palati mollis öffne.
Zu demselben Endresultate wurde Politzer geführt und zwar
durch Beobachtungen an Manometerröhren, welche er zum Studium
der Luftdruekschwankungen sowoM in den Nasenrachenraum, als in
den äusseren Gehörgang einführte. Seine manometrischen Beobach-
tungen ergaben indessen, abweichend von Toynbee, dass durch
jenen Versuch eine negative Luftdruckschwankung im Ohr hervor-
gerufen wird. Es trat nämlich eine negative Schwankung des
Tropfens im Ohrmanometer um 1 — 3 Mm., im Rachenmanometer im
1) Archiv f. Ohrenheilkunde. Bd. III. S. 179.
56 Tl. Wissen scbaftlicbe RondBchaii.
Beging des Schlingactea eine positive von 5 — 10 Mm., und im Ver-
laufe des Schlingactea eine negative von 60 — 120 Mm. Wasaerdrack
eiii. Die negative Schwankung Im Ohrmanometer g^lich sich beiu
Oe£Fnen der Naae nicht ans, sondern nur durch eine Schlingbewegnag
bei geschlossenem Hnnde and offener Nase.
Während demnach nach Toynbee durch jenen Versuch eine
ähnliche Wirkung auf das Ohr ansgeflbt wird, wie sie beim Valaalva-
Bchen Verauche eintritt, wird nach Politzer durch den Toynbee-
schen Vereucb die Luft gewissermassen aus dem Ohre ausge-
pumpt.
Politzer hat später aeine Beobachtungen dahin modificirt, dasa
in der That, jedoch nur „im ersten Momente des Schlingactea" eine
geringe Lutlverdichtung,- im weiteren Verlauf jedoch eine beträclit-
liche Verdünnung in der Trommelhöhle eintritt. Diese Beobachtung
kann ich, geatUtzt auf zahlreiche manometrische Untersuchungen so
Normalhdrenden, nur bestätigen und hinzufügen, dass die der nega-
tiven vorangehende positive Schwankung im Ohrmanometer oft sehr
erhebUch ausfällt. Dasselbe berichtet Pe^r Allen.
Wir sehen alao sowohl im Bachen- als Ohrmanometer zunächst
eine positive und dann eine negative Schwankung erfolgen, eine
Thatsache, welche die Richtigkeit des aus diesen manometrischen
Versuchen gezogenen Schlusses von vornherein erheblich erschüttert.
Wie will man bei der Annahme, daes die Tnba im Zustande der
Ruhe geechlossen ist, diese völlige Uehereinstimmung der im Rachen
und im Ohre erfolgenden Luftdruck seh wankimgen erklären , wie die
zuerst zu beobachtende positive Schwankung im Ohrmanometer, wenn
die Tuba sich erst durch den Schlingact öffnen soll? Scheint esniclil
auf Grund der in dem ersten Theile dieser Abhandlung gewonnenen
Anschauung weit natürlicher und logischer, anzunehmen, dass die im
Nasenrachenraum entstandene snaammengesetzte Luftdrucksch wankung
durch die Tuben nach dem Ohr eich fortaetzt?
Prfift man ferner diese Frage an der Hand der durch die
directe Beobachtung von der Nase aus und mit Hülfe der oben an-
gegebenen rhinoskopischen Befunde erhaltenen Resultate, so wird
man bei vorurtheilsloser Betrachtung unwillkürlich zu folgendem
Resultate gelangen: Bei Anst«llnng des Toynbee'schen Versuches
entsteht während des Schlingactes durch das Em porachu eilen des
Gaumensegels und durch den hierdurch erfolgenden Ahschluss äes
oberen Rachenraumea navh unten in demselben zunächat eine positive
Luftdruck Schwankung, welche sich durch die Tuba zur Paukenhöhle
fortpflanzt; die in der letzteren erfolgende positive Luftdruckach wan-
kung kann durch den hierbei gleichzeitig erfolgenden Verschlnss
der Tubenmündung noch gefördert werden. Kehrt das Ganmensegel
nach Beendigung des Schlingactea im oberen Rachenraume unter
gleichzeitiger Wiedereröffnung der TuhenmOndnng in die Enhelage
zurück, so übt jetzt die durch dass Hinabschlucken der Luft ini
unteren Abschnitte des Pharynx entstandene negative Schwankung
ihren Einfluss auf die Tuba in die Trommelhöhle aus, und es entsteht
somit im Ohrmanometer eine negative Schwankung, bedingt durch
VI. WisseDschaftliche Randschau. 57
Einziehung des Trommelfelles ganz in derselben Weise, als dies
beim negativen Valsalv ansehen Versuche beobachtet wird.
Was die von Politzer als Hauptbeweis für seine Ansicht
herbeigezogene Beobachtung betrifft, dass diese Schwankung im Ohr-
manometer sich nur durch eine Schlingbewegung bei geschlossenem
Munde und offener Nase ausgleicht, so findet diese Erscheinung im
Gegentheil erst eine richtige Erklärung durch die Thatsache, dass
die Tuba durch den Schlingact geschlossen wird : man muss nämlich
bei allen derartigen , vom -Gehörgang aus vorgenommenen Unter-
suchungen vot Allem berücksichtigen, dass es sich doch zunächst
hierbei um die Beobachtung der Bewegung des Trommelfelles handelt,
einer keineswegs frei beweglichen Membran, welche durchaus nicht
geeignet ist, jede beliebige Luftdruckschwankung im Mittelohre zu
registriren und auf das Ohrmanometer zu tibertragen. So gibt bereits
Politzer selbst an, dass im normalen Zustande beim einfachen
Schlingacte keine Bewegungen am Trommelfelle erfolgen sollen, in-
dem die hierbei von ihm beobachtete momentane Luftverdünnung im
Kachen eine zu geringfügige sei, um den Widerstand des Trommel-
felles zu überwinden.
Das Trommelfell besitzt aber ausserdem eine die Sicherheit jener
manometrischen Beobachtungen nicht gerade fördernde Eigenthüm-
lichkeit: es wird nämlich schon bei normalem, ruhigem Verhalten
sowohl durch die GehÖrkÜöchelchen , als durch den Tensor tympani
nach innen gezogen. Die Folge dieser Anordnung ist, dass ein nach
aussen aufgeblasenes Trommelfell weit leichter auf seine frühere
Stellung zurückkehrt, als ein nach innen abnorm eingesunkene^.
Man darf sich daher nicht wundern, dass die nach dem Toynbee-
schen Versuche erfolgende negative Schwankung im Ohrmanometer
sich nicht sofort ausgleicht, obwohl die Tuba wieder geöffnet ist.
Erfolgt aber darauf eine gewöhnliche Schlingbewegung bei offener
Nase, so wird durch den gleichzeitigen momentanen Verschluss des
Ostium phar. tubae in letzterer eine positive Luftdruckschwankung
hervorgerufen, welche sich in die Trommelhöhle fortsetzt und das
Trommelfell in seine Gleichgewichtslage zurückführt. Auf diese
Weise erklärt sich der ganz analoge Vorgang während des negativen
Valsalva'schen Versuches: macht man bei geschlossener Mund- und
Nasenöffnung eine kräftige Inspiration, so wird im normalen Zustande
eine Anspannung des Trommelfelles nach innen hervorgebracht; die-
selbe gleicht sich, wie man an sich selbst wahrnehmen und an
Anderen mit dem Ohrenspiegel beobachten kann , schnell und voll-
kommen wieder aus, sobald man eine Schlingbewegung darauf folgen
lässt.
Zur Erläuterung des Gesagten will ich hier noch eine Reihe
von manometrischen Versuchen anführen, welche ich, um die Trom-
melfellbewegung möglichst auszuschliessen , an relativ gut hörenden
Kranken mit grösseren Trommelf elldefecten vornahm. Bei den hierzu
ausgewählten fünf Personen im Alter von 13 — 20 Jahren handelte
es sich viermal um eine nach Ablauf einer eitrigen Tromm^lböhlen-
entzündung zurückgebliebene Perforation, in einem Falle um eine
.:5 v
58 VI. Wissenschaftliche Randschan.
Zerreissung des* Trommelfelles in Folge einer Ohrfeige. Weitere
Complicationen fehlten. Die Tuben und die Trommelhöhlen waren
vollständig frei und für den Luftstrom durchgängig, die Gaumen-
muskeln in ihrer Function vollkommen intact.
Um in diesen Versuchen den Widerstand von Seiten der Luft-
säule im äusseren Gehörgange nicht qhne Noth zu vergrössern, wurde
ein nur- kurzes, gerades, an dem Ohrende mit Gummi belegtes Glas-
röhrchen in den Gehörgang eingeführt. Als Sperrflüssigkeit wählte
ich , wie in meinen früheren Versuchen über die Respirationsbe-
wegungen des Trommelfelles, Schwefeläther, wegen des leichteren
specifischen Gewichtes desselben; doch erhält man auch bei Be-
nutzung von Alkohol oder Wasser ganz gute Resultate. Ich brauche
wohl nicht erst zu bemerken, dass die bekannten Vorsichtsmaassregeln
— luftdichtes Setzen des Ohrmanometers, Vermeidung von Kiefer-
bewegung — sorgfaltig beobachtet wurden.
Sämmtliche Individuen wurden zunächst auf den Einfluss des
Schlingactes wiederholt untersucht. £s ergab sich hierbei das bei
Allen übereinstimmende Resultat, dass durch den Toynbee'schen
Versuch im Manometerröhrchen zunächst eine positive, sodann eine
negative Schwankung hervorgerufen wurde , * welche letztere sich
nach beendigtem Schlingacte sofort ausglich. Ich betone hierbei,
dass die vorangehende positive Schwankung häufig ebenso gross
ausfiel, als die negative, ja zuweilen so ergiebig und stürmisch er-
folgte, dass die Sperrflüssigkeit aus dem Manometerröhrchen heraus-
geschleudert wurde.
Ein besonderes Verhalten zeigte hierbei einige Mal der Fall von
traumatischer Perforation des Trommelfelles, indem die der positiven
nachfolgende negative Schwankung in einer und derselben Versuchs-
reihe sich zuweilen nicht ausglich, auch nicht bei nachfolgendem
Schlingacte mit geöffneter Nase ; diese Erscheinung findet wohl darin
ihre Erklärung, dass durch katarrhalische Schwellung in der Tuba
eine momentane Verklebung derselben stattfand. Als eine Woche
später dieselben Versuche bei vollständig vernarbtem Trommelfelle
wiederholt wurden, zeigte sich das auffallende Resultat, dass jene
negative Schwankung sich jedesmal sofort ausglich, ohne dass hierzu
ein Schlingen bei geöffneter Nase nöthig war.
Die während des gewöhnlichen Schlingactes bei offener Nase zu
beobachtende Bewegung der Flüssigkeit im Ohrmanometer ist eine
sehr schnell vorübergehende und meistens so wenig ausgiebige, dass
sie auf ihre Qualität nicht sicher zu untersuchen ist. Indessen war
bei drei meiner Versuchspersonen sicher zu constatiren, dass diese
Bewegung sich ebenfalls aus einer positiven und negativen Schwan-
kung zusammensetzte.
In vier Fällen wurde der Einfluss der Phonation geprüft, wobei
die Kieferbewegungen durch einen zwischen die Zähne genommenen
Pfropfen vermieden wurden. Es zeigte sich hierbei während der
Intonation des Vocales a jedesmal eine mehr oder weniger ausgiebig©;
sehr deutliche positive Schwankung im Ohrmanometer, welche mit
Nachlass der Phonation sofort in die Gleichgewichtslage zurückkehrte.
VI. Wissenschaftliche Randschau. 59
Der Einfluss der Saugbewegung (Aspiration) wurde nur in drei
Fällen untersucht und hierbei bei zwei Versuchspersonen (jungen
Leuten von 14 und 20 Jahren) eine kräftige, positive Schwankung
beobachtet, während bei einem Mädchen von 13 Jahren nur eine
undeutliche, nicht näher zu bezeichnende Bewegung erfolgte.
Es erübrigt endlich noch, eine Erscheinung klar zu legen,
welche von Seiten der neueren Ohrenärzte mit Vorliebe ebenfalls zu
Gunsten der herrschenden Ansicht über den Mechanismus der Tuba
gedeutet wurde. Wird nämlich durch den in die Tubenmündung
eingeführten Ohrkatheter Luft in das Ohr eingeblasen, so vernimmt
sowohl der Kranke als der auscultirende Arzt ein stärkeres Anprallen
der Luft gegen das Trommelfell. Auch diese Thatsache erklärt sich
sehr gut durch die in dieser Abhandlung von mir nachgewiesene
Compression der Tuba während des Schlingactes. Nur bei Kram er
findet sich bereits die nach meiner üeberzeugung allein richtige
Deutung dieses Vorganges: „Fühlt der Kranke den Luftandrang
nicht im Ohre, aber auch nicht im Halse, so 4asse man, wenn auch
das stärkste Blasen sich nicht bemerklich macht, den Speichel in
dem Augenblicke hinabschlucken, in welchem man von Neuem in
den Ohrkatheter einbläst. Beim Schlucken legt sich nämlich das
Gaumensegel so dicht um den Katheter, dass alle eingeblasene Luft
in das Ohr mit verdoppelter Kraft hineingedrängt, folglich auch das
Gefühl des Eindringens derselben ins Ohr um so bemerklicher ge-
macht wird." Die Richtigkeit dieser Anschauung wurde durch Ein-
führung des Katheters in die Tuba Eust. bei jenem nasenlosen
Manne vollkommen bestätigt.
Wenn ich nach allen diesen Auseinandersetzungen das Irrthüm-
liche der bisherigen Anschauungen über den Mechanismus der Tuba
dargelegt zu haben glaube, so kommt es mir jedoch nicht in den
Sinn, leugnen zu wollen, dass durch die Wirkung der Tubenmuskeln
während des Schlingactes eine „physiologische Ventilation" des Ohres
stattfindet. Nicht diese Thatsache, sondern nur ihre bisherige Deutung
fechte ich an, wenn ich die Üeberzeugung ausspreche, dass diese
Ventilation nicht dadurch zu Stande kommt, dass die für gewöhnlich
geschlossene Tuba während des Schlingactes sich öffnet, sondern
vielmehr dadurch, dass die für gewöhnlich offen stehende Mündung
der im weiteren Verlaufe ganz lose geschlossenen knorpelig - mem-
branösen Tuba durch den Schlingact kräftig zusammengedrückt und
nach demselben wieder geöffnet wird. Man wird ferner zugeben
müssen, dass ein ähnlicher ventilirender Einfluss durch eine Reihe
anderer Bewegungen auf das Ohr ausgeübt wird, unter denen
namentlich die forcirte Respiration, die Phonation und die Aspiration
zu nennen sind."
Als praktische Consequenz seiner Anschauungen beschreibt
L. schliesslich eine Modification des Politzer 'sehen Verfahrens,
welche sich von dem eigentlichen P.'schen Verfahren blos dadurch
unterscheidet, dass der Pat. statt Wasser zu schlucken anhaltend
den Vocal a intonirt.
Im Allgemeinen kann man dieser Arbeit Lucae's die Aner-
VI. Wissenschaftliche Randschau. 61
einem Tubenwulst bis zum anderen, den Ansatz des
Gaumensegels von einer Seite bis zur andern.
Die Tubenwülste sind ziemlich gross und der Längendurch-
messer der Mündung übertrifft bei Weitem den der Quere.
Eine genauere Beschreibung der Tubenmündung in der Ruhelage
fehlt. Es ist dies um so mehr zu bedauern, da gerade dieser Fall
Gelegenheit bot, die Mündung mehr en fage und nicht wie gewöhn-
lich bei der Beobachtung durch die Nase im Profil zu sehen. Denn
das Bild der Ruhelage, wie ich es zuerst ausführlich beschrieben
und abgebildet, muss nothwendig nach dem Standpunkt des Beob-
achters wechseln, was eben in diesem Falle leicht controlirt werden
konnte.
Die Veränderungen des Ostium pharyng. und des weichen Gau-
mens beim Schlucken schildert M. in derselben Weise, wie in
seiner ersten Arbeit.*) Auch hier begegnet uns der vage Ausdruck
„zwängt sich das Gaumensegel zwischen Tubenwulst und äusseren
Band der Ohoane^, wodurch doch nicht schon auch ausgedrückt
wird, was M. offenbar will, dass das Ostium vollkommen verstopft
wird, denn cb kann sich Etwas in eine Spalte oder in ein Loch
hineinzwängen oder hineingezwängt werden, ohne dass deswegen die
Spalte oder das Loch allseitig ausgefüllt wird. M. ergänzt seine
frühere Schilderung noch dahin, dass während des Schlingactes an
der hinteren Rachenwand hinter dem unteren Ende der Tuben-
wülste zwei, eine aufwärtsschiebende Bewegung ausführende, die
Velumfläche um 1 — 1^4 Cm. Höhe überragende, dicke Längswülste,
welche in der Mitte einen etwa 1 Cm. breiten Zwischenraum lassen,
sich ausbilden. Beim Tonangeben kommt es statt dieser Wülste zur
Bildung je einer mässig^ dicken Falte. Das Entstehen derselben führt
M. auf die Thätigkeit des obersten Schlnndkopfschnürers, beson4ers
des Pterygopharyngeus zurück. Zur Hebung des Bodens der Tuben-
mündung trägt seiner Ansicht nach neben dem Levator auch der
Pterygopharyngeus bei, der durch sein Dickerwerdeu bei seiner
Contraction den Levator in die Höhe drückt.
Um die Veränderungen der Tubenspalte in der Tiefe des
Ostium zu Studiren, führte M. einen Kehlkopfspiegel in den Nasen-
rachenraum ein, um ein Bild der Veränderungen in den tieferen
Partien der knorpeligen Tuba zu gewinnen. Er schildert die Spiegel-
bilder wie folgt:
a) In der Ruhe.
Im hellgrauen Grunde der Mündung liegen die Wände dicht
aufeinander, eine hellgraue, von oben nach unten gehende Furche
bildend, welche am Boden in ein kleines Dreieck übergeht.
b) Beim Schlucken.
Es entsteht zuerst am Boden der Mündung, vom Choanenrand
ausgehend, eine wellenförmige Bewegung, zunächst Vertiefung, dann
Erhöhung, Emporsteigen des Bodens in die Mündung, und im Augen-
blicke der höchsten Hebung desselben^) und des Tuben wuistes auf
1) Berl. kl. Wochenschrift 1873.
2) Also bei vollkommenem Verschlusse des Ostium?! (Ref)
82 VI. WisaeDSchaftUche Rundschau.
der HOhe des Scblnokactea eröffnet eich erst die Tubenspalte'), klafft
nuten znerst und am weitesten in Gestalt eines echwarzen Dreiecks,
dessen SpitjEe in eine schwarze, den oberen Abschnitt der Tuben-
spalte bezeichnende Linie sich aussieht. Im nächsten Moment sinken
die Theile wieder herab, ist der nicht jedesmal gleich weit klaffende
Spalt verschwunden, die Tiefe der Tnbenmilndiing erscheint mit
Wiederkehr der Ruhelage wieder hellgrau.
(Der Dilatator tubae [Tensor veli] scheint demnach erst thätig
zu werden, nachdem der Levator veli seine Wirkung entfaltet hat.)
c) Beim Tonangeben.
Es findet stets eine Bewegung des Tubenwulstes nach hinten
statt, Entfernen, Abheben des unteren Endes von der vorderen Wand,
bedingt durch das Sichdazwiscbendrängen des Bodens der Mttndnng.
Auch nur bei sehr starkem Singen eines hoben i, e, bei welchen
Vocalen das Velum am hÖchBten emporateigt, drängt sich der Boden
so hoch und energisch hinauf, wird der Tubenwnlst so weit ab-
gehoben von der vorderen Wand, dass die Tubenspalte zu schwachem
Klaffen kommt, doch ohne dass das beim Schlucken am Boden sich
zeigende Dreieck erscheint.
Es geritth dabei der Tubenwalst nebst Velum in lebhaftes Er-
zittern, nnd wird diese Erschtltterung des Knorpels, indem sie auf
die knöcherne Trommelhöhle und Tuba Übertragen wird, zum grösslen
Theile wohl die Ursache abgeben für das Brummen und Summen,
das wir im Obre besonders empfinden, wenn „i" laut angeschlagen
und gehalten wird. Auch dürfte das knackende Geräusch, das beim
Schlucken gewöhnlich im Ohre verspürt wird, ebenfalls, theilweise
wenigstens, von der Bewegung des Tubenknorpels herrühren.
Zur vollen Entfaltung der Wirkung des Dilatator tubae ist nach
M. die Abhebung des Tnbenwulstes nothwendig erforderlicb nnd
erklärt sich hieraus der schädliche Einfluss der Hypertrophie der
Pharynxtonsille, wenn sie zugleich die Excursionsföbigkeit des Tuben-
wulstes beschränkt.
Bei demselben Patienten konnte M. durch Ansetzen eines Kehl-
kopfspiegels an den Plafond des Kasenrachenraumes bis in des
unteren Rachenraum nnd bis in den Kehlkopf hinabsehen nnd die
Veränderungen bei ruhigem Athmen, Schlingen und Phoniren beob-
achten.
Er polemisirt sodaao gegen die Ansicht Passavant's, dass
bei der Phonation der Abscblnss der Gaumenklappe mit Hülfe eines
durch isolirte Tbätigkeit des obersten Schlund köpf achnürers hervor-
gebrachten Querwulstes an der hinteren Pharynxwand erzielt werde,
indem er dies nur fttr pathologische Fälle zugibt.
1) Nämlich in der Tiefe des Oatinnt. Um dies jedoch zu sehen, masate
selbstveratändlich der mediale Tbeil des Ostinm, soweit wir ihn gewObnlicb
bei directer Besichtigung von der Naae aas Übersehen, aaf der HOhe des
Schluckactea (höchster Ausbildnog des Levatorwnlstes) achon offen stebea
oder sich wenigatens ao weit öfiiien, nm die Veränderungen der Toben-
apalte in der Tiefe zu erkennen. (Ref.)
VI. Wissenschaftliche Eundsohau. 63
Schliesslich beschreibt er einen nach Art des Löffelchens von
Leroy construirten Spiegel, der, durch die Nase in den Nasen-
rachenraum eingeführt, es ermöglicht, auch bei erhaltener Nasen-
scheidewand die Tubenspälte zu beobachten. Zaufal.
3.
Zur Anatomie und Physiologie desPhyllodactylus Euro-
paeus mit besonderer Berücksichtigung des Aquae-
ductus vestibuli der Ascalaboten im Allgemeinen.
Von Dr. R. Wiedersheim, Prosector in Würzburg. (Morpho-
logische Jahrbücher.]
Ehe der Verf. auf den Aquaeductus vestibuli selbst eingeht,
beschreibt er die Geschichte und den Fundort von Phyllodactylus
Europaeus. Darauf folgen Mittheilungen über die äussere Form,
Farbe, Unterscheidungsmerkmale zwischen Männchen und Weibchen,
plötzlichen Farbenwechsel, z. B. durch Tabakrauch, Bewegungsart,
geistige Fähigkeiten, Gemüthsart, Stimme, Häutung, Grösse. Ob
Ph. Sommer- oder Winterschlaf hält, lässt W. unentschieden. Die
Begattung hat W. nicht beobachtet. — Dann wird das Integument
beschrieben, besonders die Hautknochen; Das Skelet weicht äusserst
wenig von dem der Geckotiden ab, weshalb es nicht näher angeführt
wird. — Dann geht der Verf. näher ein auf dieOrgane der
Ernährung und Verdauu^^g (Oesophagus, Magen, Darm, Leber,
Gallenblase, Peritonaeum) , Zunge und Zungenbeinapparat,
Eespirationsorgane. Bei der Beschreibung der weiblichen
Geschlechtsorgane (Ovarium, Eihäute) erwähnt er die Beob-
achtung der Eier im Ovarium. Bei der Beschreibung der männ-
lichen Geschlechtsorgane führt er an, dass die zwei halb-
mondförmigen Knochen unter der Haut nur dem Männchen eigen
sind. — Beim Harnapparat beschreibt er Nieren, Harnleiter,
Harnblase und die Beziehung der weiblichen Harnleiter zum Oviduct.
Aquaeductus vestibuli.
Der Verf. gibt selbst zu, dass er „in dem Gebotenen (Aquaed.
vestibuli des Phyllod.) mit keiner vollkommen abgeschlossenen Arbeit
hervortrete, schon aus dem Grunde nicht, weil er den übrigen Theilen
des Gehörorganes nur eine sehr flüchtige Aufmerksamkeit schenken
konnte. ^ — Da dem Verfasser eigene Erfahrungen über den Aquae-
ductus vestibuli sämmtlicher Wirbelthiere fehlen, so gibt er einen
kurzen Ueberblick über den Aquaeductus vestibuli der gesammten
Wirbelthierreihe nach Hasse's anatomischen Studien: „Die Lympli-
foahnen des inneren Ohres der Wirbelthiere ". Ref. wird zum näheren
Verständniss des Aquaeductus vestibuli von Phyll. kurz diesen Ueber-
blick nach Hasse's Studien wiederholen.
VL Wissenschaftllcbe Bundschau. 65
gross, weshalb der Saccus endolymphaticus im epicerebralen Raum
liegt. —
Bei den (lanoiden nimmtVasse den Ductus endolymphaticus
als ebenso gebaut an, wie bei den Plagiostomen , da kein Grund
vorliegt, dass sie eine Ausnahme bilden sollten.
Bei den Urodelen: Perenuibranchiaten (Siredonj macht
Calori auf eine zwischen den Bullae auditivae befindliche Masse
von Kalkkrystallen aufmerksam, die er als Resonanzapparate auffasst.
Nach Hasse sind beide Enden des Ductus endolymphaticus wie
bei den Ciupeiden mit einander verschmolzen , liegen nicht wie bei
den Plagiostomen ausserhalb, sondern innerhalb der Schädelkapsel,
was Hasse dadurch erklärt, dass durch die Breitenausdehnung des
Schädels bei den Perenuibranchiaten mehr Raum zur Ausdehnung
gewonnen wird und sich vielleicht die Belegmassen des Primordial-
cranium bei den Perennibronchiaten früher bilden, als bei den Pla-
giostomen. Der Zusammenhang der Kalkkrystalle mit dem Röhrchen
und Sacculus lässt sich nach Hasse am besten durch Hineindrücken
desselben in das Röhrchen bewirken, wodurch dasselbe als weisser
Strang erscheint. Die Kalkkrystalle scheinen durch gallertartige
Massen verbunden zu sein. Der Kalksack lässt sich leicht vom
Gehirn abheben, nur in der Mitte der ünterfläche hängt er mit der
Gehirnhülle zusammen und finden sich hier eine Anzahl querer
Spalten, so dass es zur directen Verbindung des Cavum epicerebrale
mit dem Ductus endolymphaticus kommt. — Wiedersheim be-
merkt dazu, wie es komme, dass hier die Kalkkrystalle nicht heraus-
gedrückt werden könnten? Hasse hat Grund zu vermuthen, wie
er mir mittheilt, dass diese spaltförmigen Eindrücke von dem darunter
gelegenen Plexus choroideus herrühren.
Bei Triton communiciren die beiden Säcke weder untereinander
noch mit 'dem epicerebralen Raum, sind blind geschlossen und mit
Otolithen gefüllt.
Bei Saiamandra maculata ist die Ausdehnung des Kalk-
sackes eine sehr bedeutende, sowohl nach vorn, hinten und auch noch
unter das Mittelhirn bis nahe an die Hypophysis. Die Säcke der
beiden Seiten communiciren mit einander, aber nicht mit dem epicere-
bralen Raum.
Bei den Anuren: Batrachiern ist der Kalksack sehr ausgedehnt
und umgreift das Gehirn oben und unten. Eine Communication mit
dem epicerebralen Raum findet nicht statt.
Obgleich die Reptilien in Bezug auf den Aquaeducj;us vestibuli
sehr genau studirt sind, so hatte man die Ascaloboten nicht besonders
beachtet und ist es das Verdienst Wieder sheim's, dies nachgeholt
zu haben.
Bei Coluber natrix schwillt der Ductus endolymphaticus zu
einem kleinen Säckchen an (Saccus endolymph.), das unter der Nath
des Parietale und Occipitale sup. gelagert, von der Dura des Schädel-
daches überzogen wird. Die Säckchen communiciren weder unter
sich noch mit dem Cavum epicerebrale. Im embryonalen Zustande
sind diese Säckchen mit Otolithen gefüllt, im erwachsenen nicht.
Archiv Tür Ohrenheilkunde. XI. Cd. (Neue Folge. V. Bd.) 5
VI. Wissenschaftliche Rundschau. 67
das Auswachsen und Aufsteigen des Sacculus mit in die Höhe ge-
zogen wird.
'S.
Der Aquaeduct von Phyllodactylus Europaeus.
Zu beiden Seiten der Halswirbelsäule zwischen Schultergürtel
und Hinterhaupt sieht man gelbliche Flecken. Entfernt* man an
diesen Stellen die Haut, so zeigen sich zwei grosse ; unregelmässig
eingekerbte Blasen, die von Fettgewebe umhüllt sind, welches sich
in die subcutanen Hohlräume und nach hinten bis zum Beckengürtel
zieht. Diese Blase haftet fest an den unterliegenden Fascien, in
welche sie ebenso, wie in die Muskeln des Halses blindsackartige
Auswüchse schickt. An dem vorderen Theile der Blase findet sich
stets ein ziemlich langer blindgeschlossener Kanal, der bis unter
die Pars basilaris ossis occipitis reicht, wo er über der Schleimhaut
des Pharynx liegt. Ventralwärts stossen die Blasen beider Seiten
aneinander. Die Einkerbungen sind bei jungen Exemplaren sehr
deutlich, so dass mehrfache Lappen gebildet werden. Hebt man
die oberflächliche Nackenmusculatur ab, so sieht man einen stark
geschlängelten feinen Gang zum Hinterhaupt nach vorn und oben
gehen, der mit den Fascien fest zusammenhängt. Hat der Kanal
den hinteren Bogengang überschritten, so zieht er durch eine feine
Spalte zwischen der Decke der Gehörkapsel und Parietale in das
Cavum oranii; dann schwillt der Kanal bedeutend an, wendet sich
nach vorn, zieht, der Hintergrenze des Parietale entlang, schräg nach
einwärts und Rückwärts gegen den hintersten Abschnitt der Scheitel-
nath, wo sich beide Seiten berühren; der Kanal zieht nach hinten
bis zum Foramen magnum, um hier in einem spitz ausgezogenen
Blindsack zu endigen und ist zwischen Dura und Knochen gelegen.
Hebt man die Dura ab^ so sieht man dicht vor dem unteren Ende
des Blindsacks ein zartes weisses Kanälchen abgehen, welches sich
in den Aquaeductus vestibuli einsenkt, um mit dem Sacculus in Ver-
bindung zu treten.
Es würde also dieses Gebilde nach W.'s Untersuchungen als
Aquaeductus und Saccus endolymphaticus aufzufassen sein.
Die Wände des Ganges und Sackes bestehen aus elastischen
und Bindegewebsfasern, die Innenfläche ist mit unregelmässig-poly-
gonalem Epithel bekleidet. Der Inhalt besteht aus Otolithen.
Der Aquaeductus vestibuli von Ascalobotes maur.
liegt nicht sofort unter der Haut, sondern man muss erst die ober-
flächliche Musculatur abtragen, wo dann zwei dreieckige Beutel her-
vortreten. Die Säckchen communiciren mit einander in der Schädel-
höhle unterhalb des hintersten Abschnittes der Parietalnath. Innerhalb
der Schädelhöhle findet nach vorn keine Ausstülpung statt, sondern
die erweiterte Masse geht zum Hinterhauptsloche , schickt einen
feinen Kanat zur Apertura aquaed. vestibuli und legt sich dann unter
immer zunehmender Verbreiterung an die innere Wand der Gehör-
VI. Wissenschaftliche Rundschau. 69
gaDges und der in Achselhöhle oder im Rectum gemessenen ändere.
Diese Untersuchungen wurden seitdem weiter fortgesetzt und hier aus-
führlicher in ihren Ergebnissen vorgeführt.
Zur Bestimmung der Temperatur des äusseren Gehörganges
wurden ganz feine Thermometer, die Zehntelgrade zeigen und die
bei einer Gesammtlänge von 10 Cm. eine lange ausgezogene Queck-
silberkugel von circa 1 Cm. Länge haben, angewandt (Verfertiger
der bekannte Geisler in Berlin). Nach sorgfältiger Reinigung des
Gehörganges wurde das Thermometer „bis zum Trommelfell" ein-
geführt und in dieser Lagö mit einem Wattetampon befestigt. „Es
macht auf diese Weise nicht die geringsten Schmerzen und konnten
Patienten wie Gesunde Stundenlang mit dem' Instrument im Ohre
liegen." „Die innere Verbindung, in der die Venen des äusseren
Gehörganges und die der an das Thermometer anstossenden Pauken-
höhle mit denen in der Schädelhöhle stehen, lässt wohl annehmen,
dass wir bei dieser Art von Messung ziemlich annähernd die Tem-
peratur der Gehirnvenen, resp. die der grossen Blutleiter bekommen. "
Im Normalen steht in der grossen Mehrzahl der Fälle das
Rectumthermometer um 0,2 ^ höher, als das des Gehörganges; in der
Regel wurde schon nach 6—8 Minuten eine Constanz des Standes
erreicht.
Bei chronischen Geisteskranken fanden sich manchmal nicht
unbeträchtliche Diflferenzsteigerungen, aber ohne dass sich bisher ge-
wisse allgemein gültige Sätze gewinnen Hessen. Dagegen ergab
sich, dass apoplektiforme oder epileptiforme Anfalle bei Paralytikern
die Ohrtemperatur im Verhältnisse zur Rectumtemperatur steigerten.
Gab man Chloral in Schlaf machenden Dosen, so wurde die Rectum-
temperatur nicht wesentlich verändert, dagegen die im Gehörgsmg
erheblich herabgesetzt. Aehnlich, wenn auch bei Weitem nicht in
demselben Grade, wirken Morphiuminjectionen. Bei Injectionen von
Strychnin und Ergotin war das Ergebniss ein negatives. Das Mor-
phium hat also die specifische Eigenschaft, die Temperatur im äusseren
Gehörgang herabzusetzen. Nach Experimenten an Thieren sinkt nach
Einwirkung von Chloral und Morphium auch die Schädeltemperatur
stärker, als die des Rectum.
„Es ist mir nicht in einem Falle gelungen, durch eine Eisblase
auf den Kopf eine solche Temperaturherabsetzung im Gehörgange zu
erzielen, wie sie das Chloral, ja nicht einmal, wie sie das Morphium
hervorbringt." v. Tr ölt seh.
5.
üeber die Anwendung des Paukenröhrchens. Von Prof.
Politzer. (Wien. med. Wochenschr. Nr. 15. 16. — 1875.)
Politzer versucht von Neuem*), den bereits der Vergessenheit
überwiesenen sog. Paukenkatheter von K r a m e r , für welchen er den
Namen „Paukenröhrchen" eingeführt hat, wieder an das Tageslicht
-1) S.. Band VIII. S. 288.
VI. Wissenschaftliche Randschau. 71
In diesen Fällen trat meist unmittelbar nach der Einspritzung
von lauwarmem Wasser in das Mittelohr mittelst des Paukenröhrchens
ein bedeutender Nachlass der Schmerzen ein. Das Paukenröhrchen
wurde indess nur dort in Anwendung gezogen^ wo der
Widerstand in der Ohrtrompete so stark war, dass
durch den Katheter allein die in die Tuba injicirte
Flüssigkeit nicht bis in die Paukenhöhle eindringen
konnte.
2. In Fällen, wo durch Verlöthung des Trommetfelles mit der
Labyrinthwand das Mittelohr in eine vordere und hintere Abtheilung
getrennt, sich in der hinteren Abtheilung, die dem Luftstrome von
der Tuba aus nicht zugänglich, Exsudat angehäuft hat. In solchen
Fällen macht P. Incision und saugt das Exsudat aus. —
3. Bei Ceruminalpfröpfen hinter Exostosen, welche den äusseren
Gehörgang fast verschliessen. Bei käsigen Massen hinter bindege-
webigen oder knöchernen Stricturen des äusseren Gehörganges.
4. P. empfiehlt das Instrument zur Einspritzung von Wasser
und concentrirten Höllensteinlösungen in die Zellen des Warzenfort-
eatzes bei Eiterung derselben mit Durchbruch nach aussen. In einem
Falle konnte P. mit der Sonde eine Verkleinerung der Höhle mit
Bestimmtheit nachweisen.
5. Führt P. einen Fall genauer an, bei welchem er den Pauken-
katheter mit sehr günstigem Erfolge benutzte.
Otitis media purulenta links, Verlegung des äusseren Gehör-
ganges durch Polyp, Abscessbildung hinter der Ohrmuschel. Ent-
fernung des Polypen. Druck auf Abscess entleert reichlichen Eiter
aus der Basalsteile des ecrasirten Polypen, an der hinteren oberen
Wand des knorpeligen Gehörganges. Durch die genannte Stelle
kommt die Sonde auf rauhe Knochenstellen an der äusseren Fläche
des Warzenfortsatzes. — Einführung des Paukenkatheters durch die
genannte Oeffnung, Reinigung mit warmem Wasser, leichter Druck-
verband; „in 3 Tagen waren die Abscesswände vollständig ver-
wachsen und die im Gehörgange befindliche Oefi^nung derselben eben-
falls vernarbt.^' Auffallend ist in dem mitgetheilten Falle das unge-
wöhnlich schnelle Heilresultat bei constatirter Erkrankung
des Knochens, was aber wohl kaum in der Anwendung des
Paukenkatheters zu suchen ist. Sollte die polypöse Wucherung nicht
vielleicht eine Granulationswucherung gewesen sein, ausgegangen von
der fistulösen Oefihung des Abscesses, wie man dies ja häufiger an
der unteren Wand des knorpligen Gehörganges bei Parotitissuppuration
beobachtet?
Schliesslich hebt P. hervor, dass er das Paukenröhrchen auch
durch Perforationsöffnungen des Trommelfelles hindurch in die Pauken-
höhle führe, um stagnirende Secretmassen in derselben oder im Antrum
mastoideum zu entfernen. Hierzu benutzt er Röhrchen mit seitlicher
Oeffnung, so dass man bei Drehung des Instrumentes den Wasser-
strahl gegen die vordere obere oder hintere Paukenhöhlenwand und
gegen das Antrum mastoideum zu richten im Stande ist. Er bedient
sich dieses Verfahrens bei zähem, festhaftendem Secrete, welches
selbst nacb ölteren antweiotieDden f^inträufelungen anrch gewCbnlicHe
kräftige Emsprit^nngen aus der Trommelhöhle nicht entfernt werden
kann.
Als Resultat seiner Versache mit dem Paukenröhrchen resnmirt
P. , dasB dasselbe bei jenen Krankheitsformen des Mittelohres, bei
welchen es von Anderen empfohlen wurde, entbehrlich erscheint,
dass dasselbe jedoch bei gewissen MittelohralTectionen, die oben näher
bezeichnet sind, mit sehr günstigem Erfolge angewendet werden kann.
Auch bei eirifeelnen Krankheitsformen des ttnsseren Gehörganges und
des Warzenfortsatzea kann er sich ebenso nützlich erweisen. Auf
Grund seiner Erfahrungen bezeichnet P. deshalb das Paukenröhrchen
als „ein sehr werthvolles, in der Ohrenpraxis nicht leicht entbehr-
liches Instrument". Im Gegensatze zu Politzer möchte Ref. das
sog. Paukenröhrchen in allen Fällen für ein vollkommen überöflssiges
Instrument erklären- Trautmann.
Chronische Mittelohreiternng in ihrer Beziehung zum
Gehirn. (Vortrag vor der medicinischen Gesellschaft des Staates
Missouri.) Von Dr. Spencer (St. Lonis),
Nachdem 8. die bekannten Stellen der Mittelohrwandungen nam-
haft gemacht bat, an denen eine Ueberleitnng der Eiterung in der
Richtung nach dem Gehirn stattzufinden pflegt, gibt er an, dass er
chronische Mittelohreiterung unter 1008 Ohrenkranken seiner Privat-
praxis 294 Mal beobachtet habe, und daas dieselbe in ziemlich
gleichem Verhältniss auch an der Massacbusett's- und Brooklyn-
Heilanstalt vorgekommen sei. Zur Illustration seines Thema's erzählt
er vier Ji'äUe, von denen drei lethal verliefen, während im vierten
nach AuBstoBsung der nekrotischen Schnecke Heilung eintrat. Im
ersten bestand bei einem 14jährigen Mädchen Otorrhoe in Folge von
Cariea (wo, ist nicht angegeben. Ref.) seit 7 Jahren nach Masern.
Kurz nacb dem Beginne der Behandlung verliess die Kr. St. Louia
auf 10 Monate. Bald nach ihrer Rückkehr bekam sie Frostanfälle
und ging unter Hirnsymptomen zu Grunde. Section fand nicht statt.
r— Im zweiten Falle existirte bei einem 18jährigen Mädchen beider-
seitige Mittelohreiterung drei Jahre nach Scharlach. Trotzdem sie
bald nach dem Beginne derselben durch Dr. Agnew zu New- York,
wo sie sich damals aufhielt, auf die hohe Bedeutung des Zustandes
aufmerksam gemacht wurde, setzte sie die Behandlung doch nur
kurze Zeit fort. Während des der Behandlung durch 8. vorangehenden
Sommers und eines Theiles des Herbstes hatte sie sich im südlichen
Frankreich und Hauen aufgehalten mit so gutem Erfolge für ihre
allgemeinen Gesundbeitsverhsltnisse , dass sie sich nicht veranlasst
sah, einen Ohrenarzt des Continenls zu consultiren. Als S. sie am
14. März 1875 zum ersten Male sah, hatte der Auafluss seit einigen
Tagen aufgehört. Ausser rechts eitigem Hinterkopfschmerz waren
Uehelkeit, Schwindel und leichte Pulsbeschleunigung vorhanden. Das
Trommelfell fehlte, die Trommelhöhlen Schleimhaut erschien schwam-
VI. Wissenschaftliche Rundschau. 73
mig aufgelockert. Am dritten Tage nach Beginn der Behandlung
hatte sich trotz . Blutegel, Warmwasserinjectionen, und Pol. V. nichts
Wesentliches geändert. ErT)rechen fand in 'grösseren Pausen statt.
Aus dem linken Ohre floss eine geringe Menge Eiter aus, rechts
fehlte derselbe gänzlich. Am 17. Somnolenz, Doppelsehen, P. 100;
in der folgenden Nacht Delirien, Aufschreien in Folge von Schmerz,
dann 2 4 stündiges Koma. Section wurde nicht gemacht. — Der dritte
Fall betrifft einen farbigen Knaben von 14 Jahren, der im Winter
von 1873 zu 1874 in das städtische Hospital aufgenommen wurde.
Nach Aussage der Mutter hatte er damals schon etwa seit zwei
Jahren linkseitige, im Anfange mit Schmerz verbundene, bis dahin
absolut nicht behandelte Otorrhoe. Bei seiner Aufnahme hatte er
massigen Husten, hektisches Fieber, Abmagerung, noch guten Appetit,
hörte rechterseits noch ziemlich, gab verständige Antworten, war
aber gewöhnlich schläfrig, theilnahmlos und sehr wortkarg. Un-
mittelbar vor dem Tragus und am Proc. mast. befand sich je eine
Oeffnung, aus welcher, wie aus dem Porus acnst. ext. reichlicher,
dünner, sehr übelriechender Eiter sich ergoss. Die erstere bestand
nach Mittheilung der Mutter etwa ein Jahr, die zweite drei bis vier
Monate. Nach einem, wenige Wochen umfassenden Hospitalaufenthalt,
während dessen er vorzugsweise mit Injectionen von Carbolsäure-
lösung, Leberthran und kräftiger Diät behandelt wurde, ward er
allmählich schlafsüchtiger und starb, während er taumelnd von seinem
Sitze im Zimmer sich nach seinem Bette begab. — Bei der noch
am selben Abend gemachten Section waren die Meningen an der
Convexität des Gehirns nicht ungehörig blutreich, noch fand sich
sonst etwas Abnormes an ihnen, abgesehen von den wohl aus-
geprägten Depressionen, die den erwähnten Schädelöffnungen, ent-
sprachen. In der Gegend der vorderen Schädelöflftiung war die D. m.
zeltartig erhoben; ob die Perforation derselben, welche man der
hinteren gegenüber fand, inter vitam schon bestand oder beim Heraus-
nehmen des Gehirns sich gebildet hatte, blieb zweifelhaft. Die Hirn-
masse war gegenüber der hinteren Oeffnung auf einen halben Zoll
tief erweicht; für die der vorderen entsprechende Partie desselben
blieb eine pathologische Veränderung unsicher. In der rechten Lunge
fanden sich etwa ein Dutzend kleine Abscesse, während das zwischen-
liegende Gewebe bemerkenswerth gesund war. Die Leber war gross,
ohne Abscesse, die übrigen Organe gesund. Der knöcherne Gehör-
gang war bis auf eine kleine Partie an der hinteren Wand voll-
ständig obliterirt; die Zellen des Proc. mast. waren zerstört, und die
hier in die Schädelhöhle führende Oeffnung gross genug, um den
Daumen einführen zu können. Die Oeffnung in dem Dache der
Trommelhöhle war fast ebenso gross. Die Anomalien in den Lungen
waren pyämischen Ursprunges. — Der vierte Kranke, welchen S.
am 21. Juni 1874 zum ersten Male sah, war 14 Jahre alt und hatte
seit den im dritten Jahre überstandenen Masern beständig rechterseits
Otorrhoe. Ungefähr um den 11. Juni 1874 bekam er Schwindel,
dann Ohr-, Hinterkopfschmerzen und Eingenommenheit der ganzen
rechten Seite. Am Tage, wo ihn S. zum ersten Male sah, klagte
VI. Wissenschaftliche Rundschau. 75
mung der auf demselben ausgestreuten Pilzsporen hintertrieb, Salicyl-
säure angewandt 1. gegen Otomykosis, 2. gegen Otorrhoe
mit reichlicher Bakterienbildung.
Ad 1. Ein an Otomykosis, beiläufig auch seit frühester Kindheit
an beiderseitiger Otorrhoe und Schwerhörigkeit leidender Student der
Chemie, welcher am 21. October 1873 in B.'s Behandlung getreten,
durch Behandlung mit Carbolsäure keine, durch ooncentrirte Lösung
von übermangansaurem Kali eine ein Jahr lang dauernde Befreiung
von Pilzen erfuhr, wurde, als nach diesem Zeitraum von Neuem
Schimmelmassen (die früher im M. a. sassen), an dem retrahirten
Trommelfellreste und der Membrana Shrapnelli gefunden wurden,
zunächst mit einer nach Wreden's Vorschrift frisch bereiteten
Lösung von Chlorkalk und unterchlorigsaurem Kalk vergeblich be-
handelt, und schliesslich durch Salicylsäurelösung definitiv geheilt,
die »ur acht Tage, täglich je 2 Mal in einer Concentration von
Anfangs 0,8, später 2,0 in Spirit. vini und Wasser äa 50 eingegossen
wurde. Gleichzeitig verschwand auch die Otorrhoe, die während
der IV2 Jahr umfassenden Beobachtnngszeit B.'s noch fortbestanden
hatte. Allerdings traten rechts wie links bis zum 12. Mai, wo die
Pilzbildung vollständig aufhörte, noch einzelne Recidive auf. Da
der Kranke, wie B. angibt, nach Sol. kali hypermanganici ein ganzes
Jahr frei von Otomykosis war, so bleibt zunächst doch fraglich, ob
die Salicylsäure dem Kali hyperm. den Rang abläuft. Ref. — Der
Umstand, daas die Schimmelbildung in diesem Falle auf vertrock-
netem, eitrigem Secret stattfand und Oeleinträufelungen der Pilzent-
wicklung nicht vorangingen, erscheint B. besonders beachtenswerth,
sofern Letzteres sonst in allen von ihm beobachteten Fällen geschehen
war, und die Pilze gewöhnlich innerhalb der Epidermis sich ent-
wickeln. — Bezüglich der Wirkung der Salicylsäure macht B. aus
den von ihm angestellten mikrochemischen Reactionen den Schluss,
dass die Salicylsäure nicht nur in der Flüssigkeit im Ohre diffundirt,
sondern auch die Schleim-, Epithel- und Pilzmassen durchdringt, sie
nicht blos an der Oberfläche bespült. Danach scheint die Entwickelung-
hemmende Wirkung der Salicylsäure dadurch zu Stande zu kommen,
dass die Gonidien durch energische Aufnahme derselben ihre Keimungs-
fähigkeit verlieren. Da die Einwirkung auf das Mycel geringer ist,
80 muss man mit der Anwendung der Salicylsäure so lange fort-
fahren, bis man sicher ist, mit der Spritze alle Pilzelemente aus dem
Ohre entfernt zu haben. Wegen ihrer wenig reizenden Eigenschaft
ist die Anwendung der Salicylsäure bei Otorrhoe mit centraler Trom-
melfellperforation zulässig. —
B. hält die Annahme einer durch reichliche Bakterienbeimischung
charakterisirten Form von Otitis ext. nach seinen Beobachtungen für
gerechtfertigt. Gekennzeichnet ist dieselbe durch citronengelbe Epi-
dermisschichten, welche unter dem Mikroskope mit Punkten bedeckt
erscheinen und freie, zum Theil spontan-bewegliche Bakterien in
grosser Masse an die umgebende Flüssigkeit des Präparates abgeben.
Solche Massen kommen im M. a. theils spontan, theils mit Furunkel
und Ekzem des M. a. und der Muschel nicht selten zur Beobachtung ;
VI. Wissenschaftliche Rundschaa. 77
9.
Zweiter Bericht aus der Heilanstalt für Augen- und
Ohrenkranke in München. Von Dr. Bezold. (Aerztliches
Intell.-Bl. 1875. 26, 27.)
Ohrenkranke wurden von 1872 bis incl. 1874 behandelt 601,
und zwar Erwachsene 491, Kinder bis zum 12. Jahre 107. Davon
entfallen 127 auf das äussere Ohr (80 Ceruminalpfröpfe) , 339 auf
das Mittelohr; 183 chronische Mittelohrkatarrhe ohne Perforation,
63 chronische Mittelohrkatarrhe mit Perforation; 31 auf das innere
Ohr. Von letzteren betreffen 11 Fälle subjective Geräusche, ohne
objectiven Befund. Die dem Bericht beigegebenen Bemerkungen
enthalten nichts wesentlich Neues. Jacoby.
10.
Ein Fall von alternirender Schwerhörigkeit. Von Dr.
ürbantsehitsch (Wien). (Wiener Presse 1875.)
Ein 42 jähriger Buchhalter leidet ohne bekannte Ursache an
einer, in fast regelmässigem Wechsel von je zehn Tagen die rechte
und demnächst die linke Seite afficirenden Schwerhörigkeit^ so, dass
innerhalb der genannten Periode das Gehör von einem bestimmten
Maximum der Perception auf sinkt, während dasselbe gleichzeitig
in entgegengesetzter Weise auf der anderen Seite sich verhält.
Ausserdem klagt der Kranke über stechende Empfindungen, ab-
wechselnd rechts und links, doch stets nur im Verlaufe eines
N. supraorbitalis , vom oberen Augenhöhlenrande in der Richtung
nach der Stirn, ferner über Gefühl von Völle in je einer, bez. der
der schwerhörigen Seite entsprechenden hinteren Nasenhälfte und
zwar der hintern obern Region in Folge dort angesammelten Schlei-
raes, endlich über brennende Empfindungen im Auge und vermehrte
Thränensecretion abwechselnd rechts und links. Die objective Unter-
suchung am 14. April d. J. ergab Folgendes: Das rechte Trommel-
fell massig getrübt, etwas eingezogen, Lichtkegel unterbrochen, langer
Ambos. Schenkel durchscheinend. Uhr im Contact dumpf; links
ist das Trommelfell wenig eingezogen, wenig getrübt, Lichtkegel
verschmälert. Uhr in 19 Cm.; Stimmgabel vor dem rechten Ohre
etwas höher als vor dem linken. Beide Tuben für Luftdouche
(Pol. V. und Katheter) permeabel, aber in functioneller und sub-
jectiver Richtung ohne Einfluss. Die specielle Beobachtung bis zum
28. April, deren Data in der Arbeit genau verzeichnet sind, be-
stätigte das oben über den Wechsel der Symptome zwischen rechter
und linker Seite Angegebene. Auch das subjective Geräusch accom-
modirte sich dem angegebenen Typus, ohne übrigens auf dem sich
bessernden Ohre vollständig zu verschwinden. — Hieran schliesst ü.
Beobachtungsresultate über die Reaction des Kranken gegen Stimm-
gabeln. Es, wurden deren zwei zur Untersuchung verwandt, von
denen die eine a', die zweite a'' entsprach. Dabei ergab sich, dass
d?m das rechte oder linke Ohr von der Schwerhörigkeit befallen
war, Dnd daea andreraeite auch die Höhe des Stimmgabel ton es Bowle
die ApplicationsBtelle nicht ohne namhaften Einflusa war. a"'8timiii-
gabel wurde beispielBweiae von den meisten Punkten des Schädels
rechts gehört, wobei es gleiohgUltig erschien, ob die Prflfnng bei
prävalirender Schwerhörigkeit des rechten oder linken Ohres vor-
genommen wurde! — Käherea hierüber wxille man im Otiginal Dach-
lesen.
Bei Entscheidung der Frage, ob es sich in dem obeo skiizirten
Falle om eine Anomalie des percipirenden oder schall leitenden Ap-
parates handle, stimmt U. für die letztere Annahme, weil die Stimm-
gabel von der Mehrzahl der zur Application gewählten Stellen
des Schädels und .an der weit überwiegenden Mehrzahl der Unter
suchungstage von dem Bchlechter hörenden Ohre wahrgenommeD
wurde. — Da nun weder abnorme Belastung des Trommelfelles,
noch Verat^hlnss der Tuba, noch Essudat in der Trommelhöhle, bez.
ein durch dasselbe ausgeübter Druck in der Richtung nach dem
Labyrinth nachgewiesen werden konnte, eo recurrirt U. zur Erkläriug
der vorhandenen Erscheinungen auf eine Contraction des Teosor
tympani, zumal der Kranke vor dem jedesmal afScirten Ohre den
Stimmgabelton gedämpft nnd um einige Schwebungen höher vernahin,
als vor dem anderen. — ThatBaehen, welche die Annahme einer aecnn-
dären Retraction des Tensor tympani in Politzer's Sinne gereebt-
fertigt hätten, waren im vorliegenden Falle nicht vorhanden; ebenso-
wenig entzündliche Reizungszuatände in der Trommelhöhle oder
Parese des Antagoniaten , des Tensor veli; folglich konnte man als
Quelle der Contraction nur eine Reizung der entsprechenden Trige-
minusabtheiluiig präBumiren , was um so znlässiger schien, als durch
Politzer (A. f. 0. n. F. I. 1873) dieselbe experimentell als Uraacbe
des Tenaor tympani- Contraction nachgewiesen ist, und bei dem in
Rede stehenden Kranken, abgesehen von der Schwerhörigkeit, noch
Reizungssymptome im Gebiete des S. Bupraorbitalis, des N. lacrymalls,
der Nn. nasales, d. h. anderer Zweige aus dem Trigeminns existirten.
— Die Doppelseitigkeit dea Zustandes rechtfertigt die Vermuthung
einer centralen Quelle der Reizung. Wie diese materiell begrllDdet
war, bleibt freilich nnbekannt.
Die eine Zeit lang fortgeaetzte Behandlung des Kranken mittelst
des galvanischen Stromes war anscheinend nicht ohne gUnstigen Ein-
fluss auf die Steigerung der Perception, wurde aber leider nicht cod-
sequent fortgesetzt. Als ultimum refuglnm projectirt U. die Tenotumie
des Tensor tympani. —
Dieser in der Casuistlk wohl als Unicum dastehende Fall nod
die ebenso interessante wie den vorhandenen Thatsachen entsprechende
Analyse desselben machen ihn an sich schon, besonders aber wegen
der Resultate bei den Untersuchungen mit Stimmgabeln in praktiscber
Richtung sehr beachtenswerth. Letztere illustriren in sehr ansehan-
licher Weise, wie nothwendig ffir die exacte Verwerthung oasnisti-
scher Beobachtungen im Allgemeinen und zur Vermeidung von Trug-
VI. Wisseoschaftliche Bandschau. 79
Schlüssen eine Einigung der Otologen ist über den Gebrauch einer
und derselben Stimmgabel und ihre auf den Applicationsort etc.
stets gleichen Verwendung. — Ref. Jacoby.
11.
Ein Fall von Perforation des Warzenfortsatzes nebst
Bemerkungen über die bisherigen Resultate derOpe-
ration. Von Dr. P. Rupp recht. (Berl. klin. Wochenschrift.
1874. Nr. 47.)
Ein 70 jähriger, ungewöhnlich rüstiger Bergmann, welcher an
einer seit einem halben Jahre bestehenden rechtsseitigen, mit hoch-
gradiger Schwerhörigkeit gepaarten Otorrhoe litt, bekam drei Monate
nach Beginn derselben eine eiternde Fistel hinter dem rechten Ohre
und gleichzeitig unter Verringerung der Otorrhoe sehr heftige, bis-
weilen unerträgliche HinterkQpfschmerzen. — Mitten auf dem Proc.
mast. , dessen Weichtheile hochgradig infiltrirt waren , befand sich
eine Fistelöflfhung, durch welche die Sonde nach oben in die Höhle
eines an der oberen Hälfte desselben befindlichen, kirschgrossen
Abscesses eindrang, ohne übrigens irgendwo bis zum Knochen zu ge-
langen. Auf Grund dieses Befundes machte B. fünf Tage nach der
ersten Meldung des Kranken, den 15. October, die Perforation des
Proc. mast. Nachdem er den bis in eine Tiefe von 1 ^2 Cm. sehr
sklerosirten Knochen mittels Meisseis durchdrungen hatte, war er in
Folge räumlicher Beengung gezwungen, sich behufs Beendigung der
Operation des Stilets eines Hydrocelen - Troicarts als Bohrer zu be-
dienen. — Eiter war in der/ Tiefe nicht zu finden, unter mehr-
maligem täglichen Durchspritzen mit Carbolsäure versetzten Salzwassers
und Einlegung eines Stückes Drainrohr in die Wunde verlief der
Heilungsvorgang ohne irgendwelche nennenswerthe Reaction. Acht
Wochen später konnte f^at. als arbeitsfähig entlassen werden. Nach
weiteren drei Monaten brach die inzwischen geheilte Wunde wieder
auf, es wurde ein flacher hirsekorngrosser Sequester entleert und in
abermals vier Wochen war ein definitiver Verschluss derselben ein-
getreten. Kopfschmerz und Otorrhoe waren in Folge der Operation
verschwunden, eine verbesserte Hörfähigkeit nicht erreicht worden.
— Die oben mitgetheilte Krankengeschichte liefert, wie der Seitens
des Referenten (A. f. 0. V. S. 150) erzählte Fall, einen weiteren
Beweis dafür, dass auch ohne Eiterentleerung die durch den opera-
tiven Eingrifl' in dem Knochengewebe angeregten Reaction den ge-
wünschten Heilerfolg herbeizuführen im Stande ist. Jacoby.
12.
Die Ohrenprobe, als Ersatz der Lungenprobe in Fällen, wo der
vom Rumpf getrennte Kopf eines Neugeborenen allein der gerichts-
ärztlichen Untersuchung vorliegt. Von Dr. R. Wreden. (Viertel-
jahrsschrift f. ger. Med. v. H. Eulenberg. Bd. XXI. S. 208 ff.)
YI. Wissenschaftliche Rundschau. 81
alisgetragenen, ein Umstand, der nach Wr. die v. Tröltsch'sche
Ansicht widerlegt, nach welcher der Schwund des Schleimhautpolsters
schon vor der Geburt eingeleitet werde. In wie weit diese Deduction
berechtigt ist, lässt Ref. dahingestellt. Keinenfalis liefert die von
Wr. betonte Versicherung, dass ein solcher präparatorischer Process,
Verfettung der Epithelien (? Ref.) in der Paukenhöhle eines imma-
turen Kindes nicht stattfinden könne, einen Gegenbeweis.
lAe Herstellung eines freien Raumes in der Trommelhöhle ge-
schi«r i auf dem Wege einfacher Resorption des fötalen Schleim-
te we. es, ohne „vermehrte Desquamation und von der Oberfläche aus-
gehe'^ i dem Zerfall" (v. Tröltsch) und „ohne Eiterbildung" (Zaufal).
Zum ^Jeweise dafür , dass letztere stets der Ausdruck eines patho-
logis( aen Vorganges ist und dass dieser schon in der fötalen Trom-
melhöhle stattfinden kann, beruft er sich auf die Beobachtungen
Schwartze's, ZaufaTs und Wendt's. Letzterer hat als Quelle
fötaler Mittelohrerkrankungen das gleichzeitig mit den intrauterinen
Inspirationen bisweilen stattfindende Eintreten von Fruchtwasserbe-
standtheilen in die Trommelhöhle per tubas gefunden. Hieran schliesst
er die forensisch wichtigen Thesen Wendt's*), welche als End-
ergebniss seiner Untersuchungen dargethan haben: l. dass lediglich
die Athembewegungen die Ursache der Rückbildung sind, 2. dass
der Schwund des Schleimgewebes zunächst durch rasche und be-
trächtliche Veränderungen der intercellularen Flüssigkeit erfolgt,
3. dass die Umwandlung in faseriges Bindegewebe durch Abgabe
oines weiteren Theiles der intercellularen Flüssigkeit und Zusammen-
rücken der zelligen Elemente in den ersten Lebenstagen geschieht;
4. Vorhandensein des Schleimhautpolsters bei einem reifen oder der
Reife nahen Fötus spricht gegen das Stattgehabthaben einer ener-
gischen Athmung intrauterin oder post partum ; umgekehrt der Mangel
desselben dafür; 5. das Medium, welches in der Paukenhöhle eines
Fötus angetroffen wird, hat sich vor dessen Athemöffnungen während
kräftiger Inspirationen befunden; 6. die Untersuchung der Paukenhöhle
ist geeignet, an dem von der übrigen Leiche getrennten, isolirt auf-
gefundenen Kopfe eines Fötus oder Neugeborenen innerhalb gewisser
Schranken die Lungenprobe zu ersetzen
Mit diesen Sätzen Wendt's erklärt sich Wr. voll-
kommen einverstanden. — - Zum Schluss gibt er behufs Fest-
stellung des Verhaltens der Trommelhöhlenschleimhaut bei Neugebo-
renen noch eine Anleitung zur Section des Ohres, die vollständig
übereinstimmt mit derjenigen, welche sich in v. Tröltsch 's Lehr-
buch findet. Jacoby.
13.
Ueber vorzeitige Athembewegungen in forensischer
Beziehung. Von Prof. Eduard Hof mann (Innsbruck). (Viertel-
1) Vergl. d. Archiv. Bd. VIII. S. 286.
Archiv für Ohrenhellkundo. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.)
VI. Wissenschaftliche Kundschau. 83
geboren war, und gleich nach der Entbindung kräftige Respirations-
bewegungen gemacht hatte, zeigte die rechte Trommelhöhle ein deut-
liches Lumen, welches mit Luft und etwas röthlicher Flüssigkeit
erfüllt ist; die Schleimhaut nicht mehr gallertartig geschwellt, ami
Boden der Höhle in der röthlichen Flüssigkeit einige weisse Flocken
zu bemerken, welche sich unter dem Mikroskope als kleine Fetzen
von Plattenepithel erweisen, während die Flüssigkeit zahlreiche rothe
Blutkörperchen, spärliche Körnchenzellen und einzelne Flimmer-
Epithelien ergiebt. — Die linke Trommelhöhle und Warzenzelle fast
ganz ausgefüllt mit blutig imbibirter, einzelne kleine Extravasate
zeigender, gallertiger Schleimhaut. Am Grunde gegen die Tuben-
öflfhung hin etwas blutig-seröse Flüssigkeit, mit zarten, florartigen
Flocken von gleicher mikroskopischer Beschaffenheit, wie jene rechts,
— Gegen den Schluss seiner Arbeit citirt H. die von Wen dt auf
Grund seiner Untersuchungen aufgestellten, forensisch wichtigen Sätze.
Die folgenden vier von H. an einige Tage alten Kindern vorgenom-
menen Untersuchungen der Paukenhöhle stimmen mit Wendt 's An-
gaben überein.
1. Sehr schwächlicher, 11 Tage alter Knabe, ohne nachweis-
bare Störung geboren, an Darmkatarrh gestorben. Section: Aphthen
in der Mundhöhle und im Oesophagus, zahlreiche atelektatische Partien
in beiden Lungen. Darmkatarrh. Rechte Trommelhöhle: weites, mit
Luft gefülltes Lumen, links hochgradige, eitrige Otitis media.
2. 8 Tage altes, reifes Mädchen, an Trismus gestorben. Geburt
erfolgte ganz normal. Section: Meningitis purulenta. Die übrigen
Organe gesund. Beide Trommelhöhlen geräumig und lufthaltig;
ohne Spur fremder Substanzen. Schleimhautpolster vollständig ge-
schwunden.
3. 3 Tage altes reifes Mädchen starb unter Erscheinungen hoch-
gradiger Anämie an Fraisen. Section: Hochgradige Blässe der
Haut und der sichtbaren Schleimhäute ; der ganze Dünndarm schwarz-
blau, von ergossenem Blut strotzend. Das Convolut der betreffen-
den Darmschlingen hängt an einem kurzen, kaum fingerdicken, strick-
förmig gewundenen Stiele, welcher die beiden Endstücke des Con-
voluts und die um ihre eigene Achse mehrfach gedrehten Mesenterien
enthält. Sonstige Organe normal, doch sehr anämisch. Beide Pauken-
höhlen geräumig, blos Luft enthaltend, ohne Spur von Schleimhaut-
schwellung.
4. Weibliches, schwächliches, 1 4 Tage altes Kind, Geburt wegen
Wehenschwäche sehr verzögert ; beim Blasensprung meconiumhaltiges
Fruchtwasser abfliessend. Extraction mit der Zange. Das schein-
todte Kind durch Lufteinblasen zu sich gebracht. Starb an Cat.
intest. Section: Gehirn massig blutreich, normal; Zungengrund
und der ganze Oesophagus mit gelblichen, dicken, leicht abstreif-
baren Aphthenmassen belegt. Schleimhaut darunter gelockert und
geröthet; ebensolcher Befund am Kehlkopfeingang; Trachea und
grosse Bronchien leer; die linke Lunge ist nicht ekchymosirt, zeigt
aber zahlreiche atelektatische Stellen, sehr blutreich ; der Unterlappen
der rechten Lunge zeigt noch einzelne, abgeblasste, flohstichförmige
6*
yi. Wissenschaftliche Rundschaa. 85
strenteu kleinen Ekchymosen, nach innen zu die Schleimhaut coUabirt
and zwischen derselben deutliches Lumen mit grossblasigef , röthlicher
Flüssigkeit gefüllt (rothe und viele weisse Blutkörperchen, Platten-
epitheljen). Linke Paukenhöhle: schöne, peripherische Schleimhaut-
polster mit injicirten Gefässen ; die centrale Schleimhautpartie coUabirt
nnd punktf(3rmig ekchymosirt. Das Lumen enthält etwas röthliche
Flüssigkeit und in derselben einen kleinen weisslichen Fetzen von
Vernix caseosa.
4. Schwächlicher, ikterischer, 6 Tage alter Knabe, normale
Scheitelgeburt. Rechterseits Otitis interna purulenta. Membra-
nöse Fibrin-Gerinnungen an den Wänden und zwischen den Gehör-
knöchelehen. — Das Lumen der linken Paukenhöhle eng. Die
Schleimhaut daselbst geschwellt und injicirt. —
5. Faultodte, männliche Frucht, vor drei Wochen abgestorben.
— Beide Paukenhöhlen ausgefüllt mit blutig-serös durchtränkter,
salziger Gallert, in welcher die Gehörknöchelchen gleichsam einge-
bettet liegen. Kein Lumen, keine fremden Stoffe.
6. Faultodtes Mädchen ; unbekannt wann gestorben ; ganz gleiches
Verhalten beider Paukenhöhlen wie in Fall 5.
< 7. Sieben Tage alter, normal geborener Knabe. — Rechte
Paukenhöhle geräumig, lufthaltig, Schleimhaut normal ; links eitrige
Otitis interna.
8. Zelfn Tage altes Mädchen, Zangengeburt, gestorben an Fraisen.
B^ide Paukenhöhlen geräumig mit Luft gefüllt. Schleimhaut normal
zurückgebildet.
9. Ein Monat alter Knabe. Normale Geburt. Starb an Atrophie.
Syphilis vermuthet. Beide Paukenhöhlen mit Eiter gefüllt. Die
Schleimhaut daselbst geschwellt, missfarbig.
10. Acht Tage alter Knabe. Zwilling. Abgemagert. Ausge-
breitete Soorerkrankung. Darmkatarrh. Beide Paukenhöhlen ge-
räumig. Lufthaltig.
11. Zehn Tage altes Mädchen. Normale Geburt. Hypostase in
den unteren Lappen beider Lungen, rechtsseitige Bronchitis, Darm-
katarrh, Cavum tympani beiderseits geräumig, mit Luft gefüllt;
Schleimhaut normal zurückgebildet, blass. Jacob y.
14.
Untersuchungen über die Physiologie der halbcirkel-
förmigen Kanäle. Von Dr. Aristide Stefan!, Professor
der Physiologie und der freien Universität in Ferrara.
Der Verf. beginnt mit einem geschichtlichen Bericht. — Nach
Flourens, wurden die Experimente, so viel ihm bekannt, von
Brown-S^quard, Lussana, Morganti, Vulpian, Harless,
Czermak und Goltz wiederholt. — Von den Arbeiten Böttcher's,
Löwenberg's, Schklarewsky's, Mach's, Cyon's und Bert-
hold 's ist keine Rede. Hierauf gibt er dann die Theorien von
Flourens, Goltz und Lussana.
VI. Wissenschaftliche Rundschau. 87
dass ferner die bei einer Verletzung eintretenden Locomotionsstörungen
von Sinnesschwindel herzuleiten seien. Er glaubt jedoch, dass diese
Organe dem Gehöre nicht ganz fremd seien. —
Ob nicht wichtige Theile des Gehirns gleichzeitig verletzt wurden,
darüber hat sich Prof. Stefani keine Sicherheit verschafft; er sagt
uns nichts von der möglichen Verletzung des Processus mesooticus
(S c h k 1 a r e w s k y), oder des Aquaeductus vestibuli, legt uns auch keine
Sectionsbefunde der Thiere vor. Augenscheinlich stammen viele Be-
wegungsstörungen von Verletzungen der Hirnschenkel oder des kleinen
Gehirns, oder auch von der reactiven, wenn auch auf kleinsten
Kaum beschränkten^ Entzündung der nervösen Substanz.
Der Verfasser möge nicht übelnehmen, wenn wir zum Schlüsse
einen Ausspruch Böttcher 's hier nochmals anführen:
„Einzelne gut beobachtete Fälle sind oft lehrreicher, als
die einer ganzen Epidemie".
de Rossi (Rom).
15.
lieber einige angeborene Missbildungeii des Gehör-
organs. Von Dr. G. Mori. (Aus dem pathologisch-anatomischen
Institute der k. Universität zu Pavia.) (Annal. univ. Vol. 232.
p. 24. 250.)
Zuerst bemerkt der Verf., dass, obgleich die angeborenen Ano-
malien des Trommelfelles sehr selten seien, solche dennoch bereits
von den Alten beschrieben wurden. Er spricht dann vom Foramen
Rivini und beansprucht die Priorität der Entdeckung desselben für
Marchetti, Prof. zu Padua (1652). Rivinus g^b erst i. J. 1689
eine Beschreibung desselben in seiner Dissertation De Auditus vitiis.
Verf. fand die Oeffnung in dem folgenden Falle :
An dem Leichnam eines erwachsenen Individuums, das nie an
Ohrenkrankheiten gelitten, bemerkte er, nach Fortnahme des Tegmen
tympani, einen grauen glänzenden Körper, der von der inneren
Wand des Trommelfelles ausging und in die Trommelhöhle hinein-
ragte. Nachdem er die innere Oberfläche des Trommelfelles bloss-
gelegt, fand er die Schleimhaut ohne irgend welche Spuren von
vorhergegangenen Entzündungen. Das weniger als gewöhnlich ge-
neigte Trommelfell zeigte an einer Stelle des vordern untern Qua-
dranten eine Oeffnung von ovaler Form mit regelmässigen Rändern
uiid 2 Mm., resp. 1,5 Mm. Durchmesser.
Die Epidermisschichte (?) vertiefte sich in diese Oeffnung in
ihrem Inflexionspunkte eine schwache Falte bildend, welche sich wie
ein Ventil hob und auf einer kleinen Strecke das Lumen des Loches
bedeckte. Mit einer dünnen Sonde gelangte man ohne Schwierigkeit
in die Trommelhöhle; oberhalb des Proc. brevis des Hammergriffes
befand sich eine andere kleine Oeffnung, durch welche man
eine dicke Schweinsborste in die Trommelhöhle führen konnte.
Von der inneren Seite — an der, der grösseren Oeffnung ent-
sprechenden Stelle — gewahrt man ein Anhängsel in Trichterform
VI. Wissenschaftliche Rundschau. 89
Metallspiegel von der Grösse einer Linse in die Paukenhöhle (wie
sie V. Tr ölt seh zu anderen Zwecken zuerst im A. f. 0. IV. S. 114*)
empfohlen hat. Ref.) gelangte damit aber zu keinem befriedigenden
Resultate. Ebenso wie die Eröffnung der Paukenhöhle zu diagnosti*
sehen Zwecken gerechtfertigt sei, sei auch die blos empirisch vor-
genommene Perforation des Trommelfells zu therapeutischen Zwecken,
„zum Zwecke des Versuches der Gehörverbesserung ** gerechtfertigt
und „sei nach dem Stande unseres heutigen Wissens kein roh em-
pirisches Verfahren, sondern ein rationelles. " „ Wir können daher in
allen Fällen, wo unsere bisherigen therapeutischen Hülfsmittel uns
im Stiche gelassen haben, dreist zur Perforation schreiten und werden
in manchen Fällen auch bei normalem Trommelfelle einen über-
raschenden Erfolg wahrnehmen" etc.
Zum Schluss erwähnt V. den Fall eines 17 jährigen chlorotischen
einseitig tauben Mädchens mit völlig negativem Befunde im Ohr,
bei welchem die genannte Indication zur Perforation des Trommel-
felles für ihn vorlag und wo die letztere von einer wesentlichen
Hörverbesserung für Uhr und Sprache gefolgt war.
Schwartze.
17.
V^' anno di insegnamento della otojatria dato dal Prof.
E. de Rossi, nella Universitä romana. Cenni statistico-
clinici per Tanno scolastico 1874 — 75 pubblicati per cura della
R. Universitä romana. — Roma 1875.
Unter obigem Titel veröffentlicht de Rossi den fünften Jahres-
bericht über sein Ambulatorium für Ohrenkranke. — Verf., bekannt
durch sein vortreffliches Lehrbuch der Ohrenheilkunde, das einzige
der neueren Epoche dieses Faches entsprechende literarische Product
ans Italien, ist auch der einzige italienische Professor für dieses
Fach auf der an Universitäten überreichen Halbinsel. Dass aber
selbst dieser einzigen Lehrkraft das nöthige Material und die Mittel
zur Erreichung guter Unterrichtserfolge nicht geboten werden, erhellt
zur Genüge aus vorliegendem Berichte, noch prägnanter aber aus
einer Denkschrift de Rossi 's an den Unterrichtsminister und an die
Facultät (L'unica scuola di otojatria in Italia etc. Roma 1874), worin
die Missachtung dieser einzigen Schule für Ohrenheilkunde in Italien
gebührend gerügt wird und die Mittel zur Hebung derselben ein-
gehend besprochen werden.
Aus dem Berichte erfahren wir, dass im Lehrjahre 1874 — 75
187 Ohrenkranke protocollirt wurden, abgesehen von einer minderen
Zahl, die aus äusseren Gründen im AufnahmsprotocoU nicht figuriren.
— Von diesen 187 Kranken waren:
Männer 88
Weiber 61
Kinder 38
Zusammen 187.
1) Später Band VI. S. 153.
90 VI. Wissenschaftliche Bundschau.
Bei 94 waren beide Ohren afficirt^ mithin die Anzahl der kranken
Ohren 281.
Chronische Fälle waren 209,
acute f, „ 72.
Krankheiten des äusseren Ohres ==s 33 (in 9 Fällen
beiderseitig).
Krankheiten des mittleren Ohres = 194 (in 57 Fällen
beiderseitig).
Krankheiten der Eustach. Ohrtrompete für sich be-
stehend oder im Krankheitsbilde prädomixiirend «» 15.
Krankheiten des inneren Ohres (oft von Meningit. cere-
bro-spin. epid. herrührend) »« 29.
Geheilt oder bedeutend gebessert wurden 127 Fälle.
(Ein gewiss erfreulicher Erfolg. Ref.)
Ohne versuchte Behandlung unheilbar erklärt 10 Fälle.
In Behandlung verblieben 4 Fälle.
Erfolg unbekannt in 23 Fällen.
Erfolglos behandelt 22 Fälle.
An den Folgen der Ohrenerkrankung gestorben: 1 Fall.
Auf diese üebersicht folgen die Angaben über die Erkrankungen
der einzelnen Abschnitte des Gehörorganes, wobei Verf. sieb an die
in seinem Lehrbuche motivirte Nomenclatur hält.
Krankheiten des äusseren Ohres.
Fremde Körper l Fall.
Ohrenschmalzpfröpfe 26 Fälle (10 mal doppelseitig),
Otit. ext. acut, circumscripta 2 Fälle (nur rechts).
Otit. ext. acut, diffusa 2 Fälle (nur rechts).
Otit. ext. chron. 1 Fall (und das ein Ekzem. R.).
Krankheiten des Mittelohres.
Der acute einfache Katarrh kam 16 Mal (in 3 Fällen
doppelseitig) zur Beobachtung. In einigen Fällen wurde paracentesirt
(in einem Falle wiederholt), und immer mit bestem Erfolge. — Das
Politzer 'sehe Verfahren kam in sämmtlichen Fällen zur Anwendung.
Durch die Paracentese wurde theils Schleim, theils seröse Flüssigkeit
entleert; für letzteren Fall bedient sich de Rossi der Bezeichnung
Hydrotympanum. Die acute eitrige Entzündung kani
19 mal (einmal doppelseitig) vor. In den meisten * Fällen war das
Trommelfell schon durchbrochen; in einzelnen wurde paracentesirt.
Die Heilung erfolgte in sämmtlichen Fällen binnen kurzer Zeit.
Einige Mal wurde die kaustische Methode bei noch bestehenden
acuten Symptomen versucht; der Erfolg war oft überraschend;
das Mittel wurde ganz gut vortragen ; nur in wenigen Fällen kam es zur
Steigerung der Schmerzen, in einem zu entzündlichen Reizerschei-
nungen am Proc. mastoid. , die jedoch bald wichen. Daran knüpft
de Rossi die Bemerkung, dass bei bestehenden acuten Erscheinungen
die kaustische Behandlung kein so harmloses Mittel sei. (Das wird
auch Niemand bestreiten. Ref.)
VI. WisseDSchaftliche Randschan. 91
Die chronisch verlaufenden Mittelohrerkrankungen
sind 154 Mal repräsentirt. — Die einfach katarrhalische (se-
cernirende) Form kam in 21 Fällen (7 mal doppelseitig) vor. In
sämmtlichen Fällen erfolgte Heilung (ein sehr befriedigendes Resultat^
das aber gewiss durch Recidive getrübt werden wird. Ref.). — Die
chronische eitrige Entzündung zeigte sich 82 Mal (in 24 F.
doppelseitig) mit sehr verschiedenen anatomischen Läsionen. In den
Fällen, wo polypöse Wucherungen vorlagen, war die Aflfection immer
einseitig (wohl nur zufällig. Ref.). In einem (tödtlich geendeten)
Falle konnte Caries mit Sicherheit, in anderen nur als wahrscheinlich
angenommen werden. — Ein einziges Mal wurde Eiteransammlung
in den Cellul. mastoid. diagnosticirt, die Trepanation musste aber Verf.
wegen Mangel an klinischen Einrichtungen unterlassen: selbe wurde
von anderer Hand auf einer chirurgischen Abtheilung vorgenommen,
ohne dass es de Rossi möglich gewesen, bei derselben gegenwärtig
zu sein oder wenigstens den Erfolg zu erfahren (lauter umstände,
die auf traurige CoUegialitätsverhältnisse schliessen lassen. Ref.). —
Gegen die chronischen, eitrigen Mittelohrentzündungen war die
kaustische Methode (Nitr. argent.) das erfolgreichste Mittel.
Weniger befriedigend als in früheren Jahren waren die Resultate
von Einträufelungen ^oncentrirten Alkohols. (Ref. hat das Mittel in
einer ziemlich ausgedehnten Reihe von Fällen versucht und gefunden,
dass es sehr ungleich wirkt und keineswegs ein so souveränes Heil-
agens ist, dass man über die Priorität der Einführung desselben in
die Ohrenheilkunde zu streiten nöthig hätte.) —
Gegen kleine Schleimhautwucherungen in der Trommelhöhle
rühmt Verf. Application einer concentrirten (welche? Ref.) Lösung
von Kali bichromic; auch gegen profuse, anderen Mitteln wider-
stehende Otorrhöen, soll es mitunter hülfreich sein, ja selbst in Fällen,
wo berechtigter Verdacht auf Knochenaflfection vorliegt. —
Schliesslich betont Verf. die Hartnäckigkeit mancher Otitis media
purulenta und die Häufigkeit der Recidive, die noch immer ausser
dem Bereiche der Prognose liegen. —
Die beobachteten Polypen waren immer mit Otit. med. purulenta
vergesellschaftet und wurzelten alle in der Trommelhöhle. Verf.
operirte gewöhnlich mit seinem Schlingenschnürer (mit Schrauben-
vorrichtung, in manchen Fällen sehr passend. Ref.); in einem Falle
mit der galvanokaustischen Schlinge. Den Stumpf zerstörte er theils
mit Argent. nitric. fus., theils mit dem Galvanokauter. — Schliesslich
rügt Verf. das noch immer von den Chirurgen geübte Ausreissen.
(Ref. hat in lietzterer Zeit, bei Politzer in Wien, eine ganze Reihe
von ausgerissenen Polypen gesehen, die im äusseren Gehörgange
wurzelten: Politzer lobt diese Methode, besonders was Verhütung
von Recidiven anbelangt, und wird seiner Zeit die genaueren In-
dicationen veröffentlichen.)
Zuletzt bespricht de Rossi die Otitis media hyperplastica
(chronischer, einfacher [nicht secernirender] Katarrh), welche 50 Mal
(23 Fälle doppelseitig) beobachtet wurde. — Verf. hat theils Bes-
serung, theils complete Heilung (in wie vielen Fällen und auf wie
^^*
92 VI. Wissenschaftliche Randschan.
lange Zeit? Ref.) erlangt. Das linke Ohr war immer erheblicher
afficirt und das zuerst erkrankte, was nach Verf. durch die 'fast
physiologisch zu nennende Deviation des Septnm nasale nach links
und Verengerung des entsprechenden Nasenganges bedingt sein
könnte ; möglieb, sagt Verf., dass auch die linke Tuba diese Dispro-
portion theile und dadurch insuffidient werde für die Ventilation des
Mittelohres. —
Die Behandlung bestand in Anwendung des Katheters mit
Einspritzung in die Tuba von lösenden und reizenden Flüssigkeiten.
Krankheiten des inneren Ohres.
An 14 Kranken beiderseitig. Verf. unterscheidet acute und
chronische, primäre und secundäre Erkrankungen. Die
chronischen waren alle in Folge von präexistirenden Mittelohr-
affectionen (besonders von Otitis media hyperplastica) oder von Cere-
bralleiden entstanden. Als acute primäre Labyrinthkrank-
heiten fasst Verf. auch jene häufigeren Fälle auf, die mit ander-
weitigen schweren Leiden des Oesammtorganismus combinirt sind.
Die Diagnose stützt sich auf die schwere, (resp. complete) Beein-
trächtigung des Gehörs für die verschiedenen Schalleinwirkungen,
auf die mangelnde Perception des Stimmgabelfones durch die Kopf-
knochen, auf das Missverhältniss zwischen den Resultaten der Unter-
suchung und der bestehenden Functionsstörung , schliesslich auf die
Anamnese.
Die innereBehandlung (Kalomel, Jodkali, tonisirende Mittel,
blieb erfolglos ; ebenso die Application des künstlichen Blutegels und
die Anwendung kalter Douchen.
Die Galvanisation des Ohres (genau nach Brenner's Vor-
schriften) gab in diesem letzten Jahre keineswegs die brillanten
Resultate, die Verf. vor zwei Jahren gerühmt hatte. In den wenigen
Fällen, wo die Labyrintherkrankung ein Folgezustand von Otit. med.
hyperplastica war, erfolgte einige Besserung auf directe Behandlung
des Mittelohrleidens. (Bei nachgewiesener Mittelohrerkrankung dürfte
die Diagnose des begleitenden Labyrinthleidens ziemlich erschwert
werden und die Unterscheidung, ob das eine oder das andere ge-
bessert sei, noch schwerer fallen. Ref.)
Zum Schlüsse, unter der Rubrik „ erwähnenswerthe Fälle ", ver-
öffentlicht de Rossi mit kurzen Zügen di6 Krankengeschichten von
28 Fällen, von denen einige recht interessant sind, besonders die,
welche Labyrintherkrankungen betreffen, und von diesen die bei Me-
ningitis cerebro-spinalis erfolgten, wobei (selbstverständlich) de Rossi
die sonderbaren Annahmen Voltolini^s bekämpft. —
Morpurgo (Triest).
VII.
Bemerkungen zn den Referaten des Herrn Dr. Trantmann
Aber meine Anfsätze:
I. Ueber Entfernung beweglicher Exsudate aus der Tromnielhöhle,
IL Zur Anatomie des Gehörorgans
von
Prof. Dr. A. Politzer.
I.
In meinem Aufsatze: „Ueber Entfernung beweglicher Ex-
sudate aus der Trommelhölile" (Wien, med! Wochenschrift 1874
Nr. 43.) habe ich auf Grund einer Reihe von Beobachtungen
eine Methode angegeben, durch welche man auf eine einfache
Weise seröse, zuweilen auch syrupartige Exsudate aus der Trom-
melhöhle zu entfernen im Stande ist. Sie besteht darin, dass
man bei stark nach vorwärts und etwas seitlich geneigter Kopf-
stellung die Ohrtrompete durch das von mir angegebene Ver-
fahren eröffnet, wodurch die in der Trommelhöhle angesammelte
Flüssigkeit durch den senkrecht nach unten gerichteten Tuben-
kanal in den Nasenrachenraum abfliesst.
Herr Dr. Traut mann, der über diesen Aufsatz referirt,
gibt nun an, dass der Nachweis der Entfernung des Exsudates
aus der Trommelhöhle durch den Trommelfellbefund geliefert
worden sei. Aus dieser Angabe würde hervorgehen, dass ich in '
dem oben citirten Aufsatze nur das wiederholt hätte, was ich
bereits in meiner Arbeit: „Ueber bewegliche Exsudate in der
Trommelhöhle" (Wien. med. Presse 1869) angegeben habe. Dem
gegenüber erlaube ich mir. Folgendes aus dem Eingangs citirten
Aufsatze hier wiederzugeben:
„Erst in neuerer Zeit ist es mir gelungen, den directen
Nachweis zu liefern, dass bei der angegebenen Kopfstellung durch
die Wegsammachung der Ohrtrompete nach meinem Verfahren
nicht nur seröse, sondern auch dickflüssige, syrupartige Exsudate
aus dem Mittelohr entfernt werden können. Der erste Fall be-
traf einen 52 jährigen Bauer aus Böhmen, der sich vor mehreren
;tt
«•
94 Vn. POLITZER
Monaten auf meiner Klinik vorstellte mit der Angabe, seit 5 Tagen
in Folge eines starken Schnupfens auf dem rechten Ohre schwer-
hörig zu sein. Schmerz empfand Patient nicht, hingegen klagt
er über fortwährende subjective Geräusche."
„ Die Untersuchung des Trommelfells ergab bei vollkommen
normalem Glänze eine ausgesprochene, bernsteingelbe
Färbung der ganzen Membran, welche auf eine Ansamm-
lung gelbgefärbter Exsudate schliessen liess. Die Hörweite be-
trug für die Uhr 4—5 Cm., fllr die Sprache IM. — Nach der
Wegsammachung der Ohrtrompete bei der erwähnten Kopfstellung
floss durch die betreffendeNasenöffnung eine grosse
Menge visciden Secretes ab und ich fand bei der unmittel-
bar darauf vorgenommenen Trommelfellinspection die gelbe Farbe
vollständig verschwunden, die Membran grau und das Hörver-
mögen nahezu normal. Nach einigen Tagen wurde am Trommel-
fell der normale Beflind constatirt; in der Hörweite zeigte sich
zwar eine geringe Abnahme, welche jedoch nach einer aber-
maligen Lufteintreibung vollkommen schwand."
„Ich habe in der Folge bei einer grossen Anzahl
von Fällen das Abfliessen von Beeret durch die
Nasenöffnung nach Anwendung dieses Verfahrens
beobachtet und vollständige Heilung erzielt, wo ich
sonst zur Paracentese des Trommelfells schreiten
musste. Dort hingegen, wo das in der Trommelhöhle ange-
sammelte Exsudat zähe zusammenhängende Schleimmassen bildet,
genügt das oben geschilderte Veifahren nicht und es scheint
daher in solchen Fällen behufs rascher Entfernung der Secrete
die Paracentese des Trommelfelles angezeigt".
Es geht hieraus hervor, dass Herr Dr. Trautmann den
wichtigsten Theil meines citirten Aufsatzes in seinem
Referate vollständig verschwiegen hat, und wenn derselbe
am Schlüsse seines Referates sich dahin äussert, dass er die
Paracentese des Trommelfelles untier allen Verhältnissen vorzieht,
so müssen wir hierauf bemerken, dass einerseits nicht alle Aerzte,
welche in die Lage kommen, Ohrenkranke zu behandeln, Specia-
listen sind und dass andrerseits selbst der Specialist es unter-
lassen wird, die Paracentese des Trommelfelles vorzunehmen,
wo es ihm durch die von mir angegebene einfache und leichte
Weise möglich ist, das Exsudat aus der Trommelhöhle zu ent-
fernen. Dass ich aber in Fällen, wo durch diese Methode (fie
Entfernung der Exsudate nicht bewerkstelligt werden kann, die
Bemerkungen zu den Referaten des Herrn Dr. Trautmann. 95
Faracentese des Trommelfelles als einen der wichtigsten thera-
peutischen Behelfe bei einer ansehnlichen Anzahl von Ohren-
kranken betrachte, geht sowohl aus dem oben citirten Aufsatze,
als auch aus meinen früheren Arbeiten zur Genüge hervor.
IL
In meiner Arbeit: „Zur Anatomie des Gehörorganes " (Arch.
f. Ohrenheilkunde. Bd. IX) habe ich die Resultate meiner Unter-
suchungen über die anatomischen Verhältnisse des Processus sty-
loideus dahin zusammengefasst , dass dieser Fortsatz aus einem
eigenen präformirten Knorpelkörper hervorgehe, welcher nicht
nur im fötalen Zustande, sondern auch beim Neugeborenen als
ein isolirbares Enorpelgebilde darstellbar ist und dass das obere
Ende des Processus styloideus nicht ander äusseren
sichtbaren Basis des Fortsatzes sich befindet, son-
dern längs der Grenze der hinteren Wand desCavum
tympani, von dieser d*urch eine dünne Knochen-
lamelle getrennt, bis unterhalb der Eminentia sta-
pedii hinaufreiche. Es wurden in dieser Arbeit femer die
bisher nicht bekannten Formverhältnisse des Processus styloideus
bei Neugeborenen beschrieben und auf eine an der hinteren
Trommelhöhlenwand unterhalb der Eminentia sta-
pedii häufig vorkommende Protuberanz aufmerksam
gemacht, welche durch das obere Ende des Pro-
cessus styloideus bedingt wird. In der Einleitung zu jener
Arbeit habe ich darauf hingewiesen, dass sich in den grösseren
anatomischen Werken (Sömmering, Henle) nirgend eine An-
deutung über den Ursprung des Processus styloideus in der
Masse des Schläfebeins, sowie über die Endigung seines oberen
Abschnittes findet.
Während ich, wie aus der ganzen Arbeit hervorgeht, mich
blos mit der anatomischen, keineswegs aber mit der ent-
wickelungsgeschichtlichen Seite der Frage beschäftigt
habe, sucht nun Herr Dr. Trautmann das Wort „Ursprung",
welches ich im anatomischen Sinne als „ Anfang oder Ausgangs-
punkt" gebraucht habe, dahin zu deuten, dass ich behauptet
hätte, es sei nichts über die Entwickelungsgeschichte des Pro-
cessus styloideus bekannt. Er citirt zu diesem Behufe die An-
gaben von Quain-Hoffmann, Kölliker, Reichert und Ge-
genbauer über die Entwickelung des Griffelfortsatzes aus dem
■i^y^^ r^^: '
16. Mo OB — lieber histologische Veränderungen des Labyrinths
bei gewissen Infectionskrankheiten (Ileotyphus, Scharlach^
Variola). (Ibid. S. 221—249).
17. Guye — Over eenige voorgestelde wijzigingen in het „experi-
ment van Politzer". (Nederlandsch Tijdschrift vor Genees-
kund. 1876.)
18. Politzer — Demonstration anatomischer und patholog.-anato-
mischer Präparate des Gehörorgans etc. (Anzeiger der
k. k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien. SitzungsprotocoU
vom 28. Januar 1876.)
19. Gruber — Eine seltene Anomalie in der Nähe des Foramen
jugulare. (M. f. 0. Nr. 2. 1876.)
20. Wreden — Zur Aetiologie und Diagnose der Phlebitis sinus
cavernosi und zur Verwerthung der Thermometrie bei den
cerebralen Complicationen der eitrigen Ohrentzündungen.
(A. f. A. u. 0. IV. 2.)
21. Paulsen — Zur Therapie der Otorrhoe. (M. f. 0. 1876. Nr. 2.)
Empfiehlt Wattetampons mit Carbolöl, und zwar 10 Theile
Acid. carb. auf lüO. Theile Ol. olivarum.
22. Lucae — Die trockne Nasendouche, ein Verfahren zur Be-
handlung von Mittelohr- mnd Nasenrachencatarrhen. (Berl.
klin. Wochenschrift 1876. Nr. 11.)
23. Justi — Die Operation der adenoiden Neubildungen der Nasen-
rachenhöhle mittelst des biegsamen scharfen Löffels. (Deutsche
med. Wochensch. 1876. Nr. 4.)
24. Störk — Krankheiten, der Nase und des Raßhens. (Pitha und
Billroth III. 7.)
Vorläufige Mittheilung
von Dr. A. Magnus.
Um die anerkannt zweckwidrige Zersplitterung von Zeit und
Kräften auf den allgemeinen Versammlungen Deutscher Naturforscher
und Aerzte zu beschränken, hatte man in Gratz zunächst die Sectionen
für Otiatrie und Augenheilkunde zu einer einzigen verschmolzen,
aber, wie es den Theilnehmern erschien, für beide nicht zum Ge-
deihen. Hierdurch wurde dort der Gedanke angeregt, dass unsere
Sache in mannigfacher Beziehung besser gefordert werden würde,
wenn sich die Fachgenossen in einem besonderen Congress zusammen-
fänden, und es wurde beschlossen :
1. dass ein Congress von Ohrenärzten in Hamburg am 16. und
17. Sept. 1876 stattfinden solle,
2. dass die Einladung zu demselben durch autographische Zu-
schriften zu bewirken sei,
3. dass Dr. A. Magnus (in Königsberg i/Pr. , Vorder Ross-
garten 25) die ersten Einleitungen zu treffen habe.
Archivf. Oiu-euheiikiiiide Bd.ST.
V.
iBrläjiFC.WVojpl ir Lci[i;iy
VIII.
Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs
von
Dr. F. Trautmann
in Berlin.
(Hierzu Tafel II u. III.)
Betrachtet man am lebenden Menschen das Trommelfell
unter der gewöhnlichen Beleucbtnngsmethode mit dem Reflex-
spiegel nnd Tageslicht, sb sieht man am Ende des Hammer-
griflFs and zwar an der, der vorderen Peripherie des Trommel-
fells zugewandten Seite einen kleinen, sichelförmigen Fleck, auf
den bis jetzt noch Niemand genauer aufmerksam gemacht hat.
Mein verehrter Freund und Lehrer in der Ohrenheilkunde,
Schwartze, machte mich im Jahre IS 69 zuerst auf diese nor-
male Erscheinung am Trommelfell aufmerksam, erörterte mit mir
ihre möglichen Ursachen und wies nüch darauf hin, dass ihr
irrthümlich von Anfängern eine pathologische Bedeutung bei-
gelegt werde. Sowohl bei meinen statistischen Untersuchungen
in Halle, wie später, habe ich diesem Fleck meine Aufinerk-
samkeit gewidmet.
Am leichtesten orientirt man sich über die Lage dieses
sieheiförmigen Fleckes, wenn man die Spitze des dreieckigen
Liehtreflexes ins Auge fasst. Die Spitze dieses Lichtreflexes liegt
in der Mitte der nach der vorderen Peripherie hin gerichteten
concaven Seite der Sichel. ,Fig. 1. (Taf. H. III.) zeigt den
Hammergriff vom kurzen Fortsatz an 4 Mal vergrössert. Der
obere Theil der Sichel c hebt sich etwas vom Hammergriff ab,
ist jedoch nicht spitz, sondern abgerundet, der untere Theil geht
allmählich in das Ende des Hammergriffs über, die convexe
Seite der Sichel ist dem Hammer, die concave der vorderen
Peripherie des Trommelfells zugekehrt. In der Mitte der con-
caven Seite beginnt die Spitze des Lichtreflexes, es ist also diese
Stelle, wie ich schon früher (Areh. f. 0. N. F. II. 133,) genauer
ArohlT fttr Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Nene Folge. Y. Bd.) 8
100 Vm. TRAÜTMANN
auseinandergesetzt, der tiefste Punkt des Trommelfells. Die
Länge der Sichel beträgt 172—2 Mm., die Breite Vs-^A Mm.
Die Form ist meist sichelförmig mit deutlichem Vorsprang am
oberen Ende; nicht selten findet man jedoch, dass die der vor-
deren Peripherie des Trommelfells zugekehrte Seite nicht concav,
sondern convex ist und der obere Theil der Sichel ebenfalls
wie der untere ohne Vorsprung in den Hammergriff übergeht.
Sehr selten ist die der vorderen Peripherie zugekehrte Seite
mehr gerade und ebenso die obere Seite des gelben Fleckes,
so dass die Form mehr einem Rechteck gleicht. Unter 100 Fällen
kommt dies ftach meinen statistischen Untersuchungen zwei
Mal vor.
Die Farbe des Fleckes ist ganz dieselbe, wie sie das durch
das Trommelfell durchscheinende Promontorium bietet, nur inten-
siver, gelblich weiss, mit einem Stich ins Rothgraue. Bei Trü
bungen des Trommelfells bekommt er schmutzig-graue, etwas
ins Gelbliche spielende Farbe. Wodurch die veränderte Farbe
dieses Fleckes auftritt, wird man leichter einsehen, wenn ich
erörtert habe, wodurch dieser Fleck entsteht.
Betrachtet man den Hammergriff genauer, so lassen sich an
ihm 3 Kanten und 3 Flächen unterscheiden, welche jedoch nicht
vollkommen glatt sind und nicht jede ftlr sich in einer Ebene
verlaufen. Die äussere, dem Trommelfell zugekehrte Kante b
(Fig. 1.) verläuft vom kurzen Fortsatz a nach dem hinteren
Bande des etwas abgeplatteten Hammergriffendes, macht also in
dem untersten Theile eine leichte Biegung zuerst nach hinten,
dann nach vorn und unten; am schärfsten ist diese Kante vor
dem abgeplatteten Hammergriffende und wird nach dem Processus
brevis zu allmählich stumpfer. Diese Kante ist es, welche dem
Trommelfell als Ansatz dient. Wir finden deshalb über dem
Hammergriffende und unter dem Processus brevis auch die
lockerste Verbindung mit dem Trommelfell, weil hier die Kante
am schärfsten ist und die breiteste Verbindung am Hammergriff-
ende und dem Processus brevis. Am Ende des Hammergriffs
spaltet sich diese Kante in zwei Schenkel, welche etwa V^ ^^'
auseinandergehen. Dann kann man eine vordere obere Kante
unterscheiden, die am Ende des Hammergriffs sich ebenfalls in
zwei Schenkel spaltet, und eine hintere obere. Hierdurch erhält
man 3 Flächen; eine vordere nach der vordem Peripherie des
Trommelfells, eine obere (resp. innere) nach dem Promontorium
und eine hintere nach der hinteren Peripherie des Trommelfells
N.
Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. 101
gerichtete Fläche. Die nach der vorderen Peripherie des Trom-
melfells gerichtete Fläche des HammergriflPs ist die grösste und
in dem unteren Drittel um die Längsachse des Hammers nach
Tom und unten, also nach dem Trommelfell zu' unter einem
Winkel von etwa 45 Grad gedreht. Dadurch wird das untere
Drittel der vorderen Fläche des Hammers zur äusseren. Die
Drehung findet meist in einem allmählichen Uehergange vom
mittleren zum unteren Drittel des Griffs statt, zuweilen ist aber
die Winkeldrehung eine ganz scharfe im unteren Drittel. Durch die
Neigung des Trommelfells in der Verticalebene nach unten um
45 Grad und in der Horizontalebene um 10 Grad ventralwärts
und Drehung der vorderen Fläche um 45 Grad nach vom und
unten wird der Hammer so gestellt, dass man bei der Unter-
suchung mit dem Beflexspiegel Folgendes von ihm sieht. Die
äussere Kante b ist als gelblich weisse scharfe Leiste sichtbar
mit deutlichem Vorsprung des Processus brevis a. Am schärfsten
ist die Kante etwa 2 Mm. über dem Ende des Hammergriffs und
verbreitert sich sehr wenig sowohl nach dem Processus, brevis,
wie nach dem Ende des Hammergriffs zu. Am Ende des Ham-
mergriffs macht die Kante eine ganz leichte Biegung nach vorn
und unten. Ausser dieser äussern Kante sieht man die hintere
Fläche des Griffs d und zwar nur vom Processus brevis bis zum
untern Drittel des Griffs, allerdings nicht scharf, sondern ver-
waschen, weil sie ja nicht dem Trommelfell anliegt, sondern
zwischen ihr und dem Trommelfell gewissermassen ein Hohlraum
ist. Der Theil dieser Fläche, welcher an die äussere Kante des
Hammergriffs stösst, wird selbstverständlich deutlicher sichtbar
sein, als der von derselben abgewandte Theil. Die Farbe ist
gelblich weiss mit einem Stich ins Rothgraue und nimmt an
Intensität nach dem Promontorium zu ab ; sie unterscheidet sich
deutlich von der Farbe der äussern Kante, welche mehr weiss
ist. Es erscheint also an der hintern Seite der scharfen, durch ihre
weissgelbe Farbe deutlich markirten äussern Kante, des Hammer-
griffs die hintere Fläche als ein vom Processus brevis bis zum
untera Drittel des Griffs gehender, nach dem Promontorium zu
verwaschener, weissrother Streifen, am Proc. brevis etwa ^ji bis
3/4 Mm. breit nach unten allmählich in die äussere Kante des
Hammers übergehend. Von der vorderen Fläche des Hammer-
griffs sieht man den untersten Theil, welcher um 45 Grad nach
vom und unten gedreht zur äussern Fläche wird. Dieser Theil
erscheint als der oben beschriebene, sichelförmig gelbe Fleck c,
102 Vra. TRAÜTMANN
Ist die Drehung des unteren Hammergriffendes um die Axe der
Art, dass die vordere obere Kante nicht scharf vorspringt, sondern
abgerundet erscheint, dann springt auch dfiv obere Theil der
Sichel nicht scharf hervor und es erscheint der der vordem
Peripherie zugewandte Rand nicht concav, sondern leicht convex.
Ist die Drehung eine plötzliche, so sieht man den obem und
äussern Kand der Sichel gerade und wir erhalten eine Fignr,
ähnlich einem Rechteck; Da auch dieser Theil nicht in das
Trommelfell eingebettet ist, so hat er dieselbe Farbe wie die
hintere Fläche, nur nicht so roth, sondern mehr gelb, weil
die Gefässe hinten oben bedeutend stärker sind, als vom
unten. —
An einem recht schönen transparenten Trommelfell kann
man diese Verhältnisse leicht und deutlich sehen. Dass bei
Trübungen des Trommelfells die Farbe des sichelförmigen Fleckes
sich in eine schmutzig graugelbe ändert, wird jetzt vollständig
erklärlich, ebenso, dass bei Verdickungen der Epidermisschicht
der gelbe Fleck schwindet.
Ist der Hammer um seine Axe derart gedreht, dass der
Proc. brevis mehr nach der vorderen Peripherie bewegt wird, so
tritt die hintere Fläche des Hammergriffs breiter zu Gesicht,
Fig. 2. i/., und der sichelförmige Fleck wird schmaler, Fig. 2. c,
ein Bild, was man nicht selten beobachtet, z. B. auch nach Eite-
rungen des Mittelohres mit grosser Perforation, die der Art ge-
heilt sind, dass die Narbe mit der Labyrinthwand verwachsen
ist. Hat der Hammer die entgegengesetzte Drehung um seine
Axe erfahren, so tritt die vordere Fläche in grösserer Ausdehnung
zu Tage , Fig. 3. e, , und der sichelförmige Fleck wird länger.
F. 3. c. Auch dieses Bild habe ich wiederholt bei Einziehungen
und abnormen Spannungsverhältnissen im hintern Abschnitte ge-
sehen. Dass in solchen Fällen lange Incisionen im entsprechen-
den Trommeltellabschnitte die Axendrehung des Hammers, wenn
sie nicht zu knge besteht und berdts zu Gewebsveränderung
geführt hat, zu verbessern im Staude sind, habe ich wieder-
holt erfahren und beweisen zum Theil die guten Resultate der
Durchsohneidung der hintern Trommelfellfalte.
Um den Beweis zu liefern, dass der sichelförmige Fleck
von der unter einem Winkel von 45 Grad um die Axe gedrehten
vordem Fläche des Hammergriffs herrühre, wurden folgende
Versuche gemacht:
Es wurde ein Hammer in vergrössertem Maassstabe aus
• Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. lOB
Wachs geformt genau mit denselben Kanten und Flächen, wie
sie vorher beschrieben sind unter genauer Controle mit Lupe an
zahlreichen verschiedenen Leichen entnommenen Hammern. Dieser
Hammer wurde senkrecht an dem von mir (Arch. f. 0. N. F.
U. Bd. I. 16.) angegebenen Quadranten befestigt und unter einem
Winkel von 45 Grad nach unten und 10 Grad horizontal ventral-
wärts geneigt. Sofort tritt dieser sichelförmige Fleck auf und
man kann sich überzeugen, dass er nur durch Drehung der vor-
deren Fläche entsteht, welche zur bessern Markirung mit rother
Farbe bestrichen war. — Dann wurde von einem frisch ent-
fernten Felsenbein die untere Wand des knöchernen Gehörganges
abgebrochen, ohne das Trommelfell zu verletzen, die Sehne des
Tensor tympani vom Hammer und der lange Ambosschenkel
vom Linsenbein getrennt und ein feiner Laubsägenschnitt so durch
das Felsenbein gelegt, dass Trommelfell mit Hammer und Ambos
und dem umgebenden Knochen abgehoben werden konnte. Der
gelbe Fleck trat nur auf, wenn das Präparat so gehalten wurde,
dass das Trommelfell in seiner normalen Lage sich befand. Der
Fleck wurde sofort roth, wenn man die vordere Fläche des
Hammergriflfs mit rother Farbe bestrich. Dass der gelbe Fleck
nicht vom Promontorium herrührt, lässt sich an demselben Prä-
parat beweisen. Bestreicht man das Promontorium mit rother
Farbe, so bleibt der Fleck unverändert. Ebenso bleibt er un-
verändert, wenn man die Labyrinthhälfte des Präparates fort-
nimmt und an seine Stelle schwarzes Papier hält. —
Als ein dritter Beweis dient die Punction. Punktirt man
mit einer feinen Nadel den gelben Fleck an der Leiche, so kann
man sich überzeugen, dass die Punctionsnadel das um die Axe
gedrehte untere Drittel der vordem Fläche des Hammergriffs
getroffen hat.
Am Lebenden dringt die Nadel durch das Trommelfell und
kommt dann sofort auf den Knochen, d. h. auf diese vordere
Fläche des Hammergriffs. Die Entfernung der Punctionsnadel
beweist, dass man nicht das Promontorium trifft.
Politzer (Beleuchtungsbilder des Trommelfells 1865. S. 22.)
ist der Ansicht, dass die gelbe spateiförmige Verbreiterung des
Hammergriffendes dadurch zu Stande kommt, dass die radiären
Fasern der Substantia propria zum grossen Theile hier zusammen-
laufen und durch ihr Zusammengedrängtsein im gegebenen Baume
die bezeichnete Trübung veranlassen. Da eine andere Ver-
breiterung am Ende des Hammergriffs nicht existirt, als die von
104 ^ Vm. TRAÜTMANN
mir im Vorhergeheuden beschriebene sichelförmige Verbreiterung,
so hat wohl Politzer damit dasselbe gemeint. Ich kann mich
jedoch in Bezug auf die Entstehung derselben nicht der Politzer-
schen Ansicht anschliessen aus den im Vorhergehenden ange-
gebenen Gründen.
Eingehender muss ich die Frage erörtern, ob der sichel-
förmige gelbe Fleck nicht etwa von dem Knorpelgebilde her-
rtlhrt, welches J. Grub er als dem Trommelfell angehörig be-
schreibt (Anat. physiologische Studien über das Trommelfell und
die Gehörknöchelchen S. 20 etc.). Zur Erörterung dieser Frage
ist es nothwendig, dass ich kurz auf die Entwicklung des Ham-
mers und der Columella, resp. des Stapes eingehe, weil Gruber
in seinem vorher angeltihrten Buche Seite 24 sagt: „bei den
Vögeln deutet ein freilich ganz anders geformtes Knorpelgebilde,
welches im Trommelfell eingebettet liegt und zur Verbindung
mit dein einzigen Gehörknochen, der Golumella dient, auf eine
Analogie. "
Wenn es auch vom histologischen Standpunkte nicht un-
möglich erscheint, dass sich im Trommelfell aus dem embryo-
nalen Gewebe hyaliner Knorpel differenzirt, so muss doch diese
Annahme vom vergleichend anatomischen und embryologischen
Standpunkte durchaus von der Hand gewiesen werden. Die
nachstehenden Untersuchungen, welche ich im anatojniscben In-
stitute zu Breslau anstellte und zu welchen der Herr Professor
Dr. H a 8 s e mir bereitwilligst das Material zur Verfügung stellte,
woftlr ich nicht verfehle, ihm hier meinen wärmsten Dank ab-
zustatten, werden den Beweis liefern, wie es eine absolute Un-
möglichkeit ist, dass sich im normalen Zustande Knorpel im
Trommelfell differenzirt und dass dieses Knorpelgebilde bei den
Säugethieren und Menschen nicht zum Trommelfell, sondern zum
Hammer, und bei den Vögeln ebenfalls nicht zum Trommelfell,
sondern zum Symplecticon gehört.
Das Trommelfell ist eine integumentale Bildung und tritt
zum ersten Male bei den Anuren auf; aber auch diese haben
nicht alle ein Trommelfell, ausgenommen sind die Pelobatiden,
welche auch keine Tuba haben und die Aglossa, welche zwar
eine Tuba haben aber kein Trommelfell. Das Ostium tubae ist
niclit wie bei den übrigen Anuren doppelt, sondern ein einziges
medianes Ostium. Wo bei den Anuren das Trommelfell auftritt,
geht es stets eine Verbindung mit dem knorpeligen Theile, der
Golumella, dem Symplecticon ein. Die Golumella derjenigen
,Der gelbe Fleek am Ende des Hammergriffs. 105
Anuren, welche ein Trommelfell haben, besteht nicht aus 3 Theilen,
wie Windischmann (De penitiori auris in amphibiis struc-
tura) und Hasse (Anat. Studien) behaupten, sondern aus zwei
Theilen; der dritte Theil gehört zur Gehörkapsel, wie sich
Hasse an mikroskopischen Schnitten, welche ich mit Hülfe der
Flemming'schen Einbettungsmethode anfertigte, selbst über-
zeugt hat. Die zwei Theile der Columella sind ein knöcherner,
welcher in die Gehörkapsel eingesenkt ist und ein knorpeliger
(Symplecticon) welcher sich an den knöchernen anschliesst und
nach aussen mit dem Trommelfell in Verbindung tritt. Fig. 4.
gibt eine vergrösserte Zeichnung der Columella mit Symplecticon
von Rana temporaria. a ist der knöcherae Theil ; dieser ist mit
seinem breiten Ende, welches einen Knorpelbelag e zeigt, mit
der Gehörkapsel durch straffes Bindegewebe, also durch ein
Kapselband befestigt. Der nach unten gerichtete Theil zeigt
bei c einen Widerhaken, welcher fttr die Bewegungen als Hypo-
mochlion dient. Der obere Theil dieses knöchernen Stückes ist
ebenfalls knorpelig.
Dieser knöcherne Theil ist das dorsale Stück des zweiten
Kiemenbogens und als Columella, resp. Stapes zu bezeichnen.' Mit
dem äusseren Theile des Stapes tritt das Stück b in Verbindung;
es ist ausgestreckt gezeichnet, während es im normalen Zustande
fast unter einem rechten Winkel nach unten geknickt ist. Auch
hier finden wir wieder eine Art Hypomochlion i. Das Perichon-
drium des knorpeligen Theiles und das Periost des knöchernen
gehen in einander über, wodurch die* feste Verbindung beider
Theile vermittelt wird. Der Theil b besteht aus vollständig
hyalinem Knorpel ohne Spur eines Markraumes oder Verknöcbe-
rung, weder bei jungen noch bei älteren Indi\iduen. Die Ein-
senkung in das Trommelfell geschieht in der Weise, dass sich
die elastischen Fasern des Trommelfells, sobald sie an diesen
Theil treten, spalten und ihn umgeben und sich innig mit dem
Perichondrium vermischen. Dieser Theil ist aufzufassen als
linsenbein , ventrales Stück Hyomondibularesymplecticon der
Fische (2. Kiemenbögen). Geht man tiefer hinab zu den Uro-
delen, so findet man die soeben auseinandergesetzte Ansicht
ebenfalls besfätigt. Die Columella tritt hier als Operculum mit
einem Fortsatz auf, beides ist knöchern. Die nach der Gehör-
kapsel gekehrte Seite zeigt Knorpelbelag und ist ebenfalls durch
straflfes Bindegewebe mit derselben verbunden. Da die Urodelen
kein Trommelfell haben, so kann also hier keine Verbindung
106 Vm. TRAÜTMANN
des Symplecticon mit dem Trommelfell stattfinden, sondern es
zieht eine Bandmasse von dem Fortsatze des Operculum nach
dem Qaadratum nnd in diese ist ein kleiner Knorpel (Symplec-
ticon) eingelagert. Sehr schön findet sich das beschriebene Ver-
hältniss bei den Perennibranchiaten (Menobranchus, Menopoma).
Fig. 5 zeigt den Schädel von Menobranchus von unten gesehen
in natilrlieher Grösse, a ist die Columella mit Operculum,
b das Symplecticon, c das Quadratum. Wir finden also bei deu
Urodelen das Verhältniss noch aufrecht erhalten, wie bei den
Teleostiern, wo das Symplecticon die Verbindung zwischen Hyo-
mandibulare und Quadratum vermittelt. Geht man von den
Anuren aufwärts zu den Reptilien und Vögeln, so finden wir
überall eine knöcherne Columella und an diese sich nach aussen
anschliessend und in das Trommelfell einlagernd das knorpelige
Symplecticon, welches stets eine Verbindung mit dem Quadratum
zeigt, die z. B. bei Gydodus Boddaertü (welches Exemplar ich
der Gtlte des Herrn Dr. Solger verdanke) ungemein stark ist.
Wir sehen also, dass bis zu den Vögeln aufwärts das dorsale
Stück des Hyomandibulare (Columella) in Verbindung tritt mit
der Gehörkapsel und das Symplecticon mit dem Quadratum, wie
bei den Fischen. Als erster Kiemenbogen ist bei den Fischen
das Falatoquadrat zu betrachten. Das Quadratum ist der Träger
des MeckeTschen Knorpels; aus dem ersteren entwickelt sich
bei den Säugethieren der Ambos , der ja auch wieder mit dem
Symplecticon, resp. Linsenbein in Verbindung steht, aus dem zwei-
ten der Hammer und dufch Belegknochen der Unterkiefer. Man
sieht ja beim neugebomen Menschen noch sehr schön den langen
Fortsatz des Hammers in Verbindung mit dem MeckeTschen
Knorpel. Fig. 6. zeigt in natürlicher Grösse den MeckeTschen
Knorpel mit dem Hammer. Gezeichnet nach dem Präparat eines
Embryo von 32,5 Ctm. Länge. Das Symplecticon bleibt knorpelig,
der MeckeTsche Knorpel, aus dem der Hammer sich bildet,
verknöchert, wie wir dies später sehen werden und behält nur
nach der Trommelfellseite hin einen Best seines Knorpels.
Aus dieser vergleichend anatomischen Untersuchung, deren
ausführliche Mittheilungen ich mir vorbehalte, geht hervor, dass
der Knorpel, welchen Grub er beim Menschen urid den Säuge-
thieren als zum Trommelfell gehörig beschrieben, zum Hammer
und bei den Vögeln zum Symplecticon gehört', also von emer
Analogie keine Bede sein kann.
Die vielfiichen Untersuchungen, welche ich am Trommelfell
Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. 107
unternahm, von den Anuren angefangen bis zum Menschen hinauf,
haben ergeben, dass dasselbe nur aus den Bestandtheilen der
Haut besteht: 1. der Dermisschicht, 2. dem subcutanen Binde-
gewebe (elastischem Gewebe), 3. der Schleimhaut, welche es
Yon der Aussttllpung der Bachenhöhle (Tuba) erhält. Die Schnitte
wurden mit dem Mikrotom gemacht, so dass vom Trommelfell
nichts verloren ging; f)ei den Sängethieren nach vorhergehende
Entkalkung; bei den tieferstehenden Thieren war dies nicht
nöthig, da der in das Trommelfell eingelagerte Theil (Sympleo-
ticon) aus hyalinem Knorpel besteht, wie wir oben gesehen haben.
Niemals habe ich im Trommelfell selbst hyalinen Knorpel ge-
sehen. Es finden sich die Elemente der Dermisschicht , z. B.
Pigmentzellen bei den Urodelen, Schuppenbildungen bei den
Beptilien. Letztere sehr deutlich bei den Lacertinen (Uromastix).
Ich muss hier noch erwähnen, dass bei den Aglossa (z. B. Pipa
surinamensis) die Platte, welche die lange enge Trommelhöhle
nach aussen abschliesst, und aus hyalinem Knorpel besteht, nicht
das Trommelfell, sondern das Symplecticon ist. Ein Trommelfell
besitzen die Aglossa nicht.
Um den Beweis mit positiver Sicherheit liefern zu können,
dass Knorpel im menschlichen Trommelfell nicht vorkommt,
wurden nachstehende Untersuchungen gemacht:
1. wurde von Neugeborenen und Erwachsenen das Trommel-
fell in Zusammenhang mit Annulus tympanicus, Hammer und
Ambos untersucht. '
2. wurde nach der von Gruber (Anat. phys. Stud. S. 22.)
angegebenen Methode das Trommelfell vom Hammer getrennt
und zwar beim Neugeborenen und Erwachsenen. Es wurden *so-
wohl das isolirte Trommelfell, als auch der entkalkte Hammer,
von dem das Trommelfell entfernt war, untersucht.
3. wurden menschliche Embryonen von verschiedenem Alter
untersucht. Alle Untersuchungen wurden in der Weise aus-
geführt, dass sowohl Längs- wie Querschnitte angefertigt wurden
und zwar mit dem Mikrotom, damit kein Schnitt ausfiel.
Die Entkalkung wurde mit Ghromsäure und Salzsäureznsatz
vorgenommen und das Präparat nach der Entkalkung in absolutem
Alkohol gehärtet. Bei sehr kleinen Embryonen, die eine Isoli-
rung des Trommelfells mit Annulus, Hammer und Ambos nicht
gestatteten, wurde das ganze Felsenbein in Zusammenhang mit
äusserem Gehörgang und Ohrmuschel herauspräparirt , entkalkt,
in Alkohol gehärtet und mit^dem Mikrotom geschnitten,
108 VlII. TRAOTMANN
Es ist dies sehr gut möglich, wenn man die Vorsicht ge-
braucht, die Leber, in welche das Felsenbein eingeschlossen
wird, recht gut in absolutem Alkohol zu erhärten und mit weiss-
seidenen Fäden zu umwickeln, damit das Präparat beim Schnei
den nicht ausweicht. Es empfiehlt sich, weissseidene Fäden
zu ijiehmen, weil schwarze den Farbstoff verlieren und das Prä-
parat trüben, Zwimfäden sehr viel Sand enthalten und das
Schneiden erschweren. Die erste Versuchsreihe bat Folgendes
ergeben:
Es wurden Längs- und Querschnitte in der sub 1 angegebenen
Weise angefertigt. Beide Methoden ergeben dasselbe Resultat.
Fig. 7. zeigt einen Längsschnitt vom Proc. brevis bis zum
Ende des Hammergriffs; Fig. 8. einen Querschnitt in der Höhe
des Proc. brevis. Beide Schnitte sind vom Hammer eines Nea-
geborenen.
Es ist je nur ein Schnitt gezeichnet, da sich die übrigen
an der einen Zeichnung vollständig erklären lassen. Fig. 7. zeigt
an der dem Trommelfell zugekehrten Seite a einen Belag von
hyalinem Knorpel vom Proc. brevis bis zum Ende des Hammer-
griffs. Dieser hyaline Knorpel ist am stärksten in der Gegend
des Proc. brevis (*), erstreckt sich in den unteren beiden Dritteln
um die ganze Peripherie des Hammers, in dem obersten Drittel
geht er nur bis zum letzten Drittel beider Seitenwände. . Fig. 8.
a. a'. a". Das unterste Ende des Hammergriffs besteht voll-
ständig aus hyalinem Kngrpel, sowohl beim Neugeborenen, wie
beim Erwachsenen. Fig. 7. g. Im Centrum des Hammergriffs
findet sich längs verlaufend ein grosser Markraum. Fig. 7. c
Ausserdem finden wir noch mehrere kleinere peripherisch ge-
legene Markräume. Fig. 7. i. Der Querschnitt, Fig. 8., zeigt
den Knorpel des Proc. brevis a. , den Knorpel der Seidenwände
fl'. a". Die hintere Wand mit Knochen versehen , der auf die
Seitenwände übergreift. *. *'. V\ Das Trommelfell t. In den
Markräumen finden wir Riesenzellen (Osteoblasten) und in der
Nähe derselben grosse Knorpelzellen, diese werden nach dem
Perichondrium zu kleiner, spindelförmig und gehen allmählich in
das Perichondrium über. Dann findet man Osteoblasten unter
der dem Knochen anliegenden Schicht des Periostes, an der
hinteren und seitlichen Wand des Hammers, wo sich Knochen
findet. Wir haben also, wie dies Strel-zoff (Histogenese der
Knochen. Untersuchungen ai^s dem path. Institut zu Zürich.
Leipzig 1873), und Steudener (Beiträge zur Lehre von der
Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. 109
Knochenentwicklung. AbhandluDg der Daturforschenden Gesell-
schaft zu Halle. Bd. XIII. Heft 3.) bereits festgestellt haben,
perichondrales und endochondrales Knoeheuwachsthum. Bei Er-
wachsenen verkleinert sich der Markraum durch endochondrales
Enochenwachsthum , ebenso nimmt das perichondrale Knochen-
wachsthum zu und geht bei Erwachsenen bis zum untersten
Drittel des Hammers und etwa bis zur Mitte der Seitenwandungen
nach vom. Dies ist der durchschnittliche Beftind. Man findet
jedoch vielfach Schwankungen, besonders bei Neugeborenen. Nach
dem Trommelfell zu ist der Knorpel streng durch das Perichon-
drium geschieden; zwischen Trommelfell und Perichondrium findet
sich im mittleren Drittel des Hammergriffs ein lockeres Binde-
gewebe, im Trommelfell selbst finden sich keine Enorpelzellen.
Der soeben beschriebene Enorpelbelag persistirt durch das ganze
Leben. Wahrscheinlich ist das Persistiren des Knorpels bedingt
durch den Druck, welchen das Trommelfell auf die Gehör-
knöchelchen ausübt. Der Druck ist beim Hammer am grössten
in der Gegend des kurzen Fortsatzes und des Hammergriffendes,
^n diesen beiden Stellen findet man auch den reichlichsten
Knorpel. Die Versuche, welche diese Annahme bestätigen sollten,
wurden durch meine Versetzung nach Berlin unterbrochen. Den
Kno]*pel als osteoides Gewebe aufzufassen, wie dies Moos ge-
than (Archiv f. Augen- und Ohrenheilkunde I. 1.) ist nicht ge-
rechtfertigt.
Die zweite Versuchsreihe besitätigte die erste. Das
Trommelfell wurde in der von Grub er angegebenen Weise ge-
trennt und ausserdem an beiden Seitenwänden des Hammers
Längsschnitte in der Mitte der Seitenwand gemacht. Bei Neu-
geborenen gelang es fast immer, den peripheren Knorpel des
Hammers mit abzureissen und zwar am besten in der Höhe des
Processus brevis, weil hier ein grosser Markraum sich befindet,
der dem Zuge leicht widersteht. Gruber hat nur das abge-
rissene Trommelfell von der Fläche aiiigesehen und es unter-
lassen,. Querschnitte von diesem und dem Hammer zu machen.
Von der Fläche gesehen bietet das abgerissene Trommelfell die
Ansicht, wie sie Grub er gezeichnet hat. Macht man Quer-
schnitte dieses abgerissenen Trommelfells, so überzeugt man sich
sofort, dass das Knorpelgebilde' nicht zum Trommelfell, sondern
zum Hammer gehört. Nach der Trommelfeliseite nehmen die
Knorpelzellen an Grösse ab und gehen allmählich in das Peri-
chondrium über; im Trommelfell ist kein Knorpel. Ausserdem
110 Vm. TRAÜTMANN
findet man in der Höhe des Processus brevis, wo sich der grosse
Markraum befindet, nicht selten Osteoblasten mit abgerissen.
Untersucht man den Hanmier, von dem das Trommelfell abge-
rissen, so fehlt der Theil des Knorpels, welcher mit dem Trommel-
fell abgerissen ist. Diese Untersuchungsweise ist nicht zart zu
nennen und wurde nur unternomiüen; um das, was Grub er
gesehen, zur Anschauung zu bringen. Die sonst so gehaltrolle
Arbeit Grub er 's wird durch eine Untersuchungsweise dieser
Art entschieden getrübt.
Auch die dritte Untersuchungsweise bestätigte die Resultate
der beiden ersten. Es wurden menschliche Embryonen unter-
sucht, welche eine Länge von 5,2 Ctm., 11,3 Ctm., 22 Ctm. und
32V2^ Ctm. hatten. Gerade diese Embryonen boten Alles, was
zur Feststellung des Knorpelbelags am Hammer nothwendig war.
Bei dem Embryo ron 5,2 Ctm. Länge besteht das Trommelfell
aus embryonalem Bindegewebe, die Zellen sind rund, zeigen
granulirtes Protoplasma und deutlichen Kern. In der Mitte des
Trommelfells liegen die Zellen näher aneinander als an der
äusseren Fläche des Trommelfells, der späteren Epidermisschicht,
wo sie dichter liegen als nach der Promontorialseite des Trom-
melfells. Die äusserste Grenze der inneren und äusseren Trom-
melfellseite zeigt bereits deutliche, spindelförmige Zellen mit
Ausläufern. Der Hammer besteht aus hyalinem Knorpel, die Knor-
pelzellen sind gross, liegen weit auseinander. Um den Knorpel
hat sich bereits deutlich das Ferichondrium mit spindelförmigen
Zellen gebildet. Das Ferichondrium ist von einet Lage runder
Zellen bedeckt, welche jedenfalls die spätere Schleimhaut bilden.
Diese runden Zellen gehen in diejenigen des Trommelfells ohne
merkliche Grenze über ; peri- oder endochondrale Ossification ist
noch nicht vorhanden. Knorpelzellen im Trommdfell waren nicht
vorhanden. Der Embryo von 1 1,3 Ctm. Länge zeigte das Ferichon-
drium des Hammers noch deutlicher ausgeprägt. Feri- oder endo-
chondrale Ossification fehlt. U^ber dem Ferichondrium deutliches
submucöses Gewebe mit Epithel, ebenso zeigt das Trommelfell
deutliche Differenzirung des Epithels mit lockerer Biildegewebs-
unterlage und ziemlich deutliche Di£feren2irung der Membr.
propria.
Der Embryo von 22 Cttn. Länge zeigt die soeben geschil-
derten Vorgänge im Trommelfell sehr deutlich. Das Epithel der
Aussenseite des Trommelfells liegt dachziegelartig in mehreren
Lagen tlbereinander, das Schleimhautepithel ist cubisch, an den
Der gelbe Fleek am Ende des Hammergriffla. 111
Umbiegungsstellen langgestreckt, cylindrisch.. An einzelnen Zellen
scheinen noch die Wimpern erhalten zu sein.
Das subcutane und submucöse Bindegewebe hebt sich deutlich
von der Circulär- und Kadiärschicht der Membrana propria ab.
Knorpelzellen sind nicht im Trommelfell vorhanden. Im Halse
und Kopfe des Hammers zeigt sich ein grosser Markranm ; ausser-
dem perichondrale Ossification in der ganzen Peripherie des
Halses und Kopfes, mit Ausnahme des Theiles am Kopfe, welcher
dem Ambos zugekehrt ist. Der Griff besteht aus hyalinem
KnorpeL Die Ossification des Hammers würde demnach zwischen
dem vierten und flinften Monate stattfinden.
Beim Embryo^ vom 32,5 Ctm. Länge findet sich auch im
Hammergriff ein grosser Markraum, der mit dem des Halses und
Kopfes communicirt. Er geht bis zur Mitte des Griffes und liegt
excentrisch, d. h. mehr nach der Promontorialseite des Griffes.
Der Hals und Kopf zeigen ausser perichondraler Ossification jetzt
auch centrale; die Promontorialseite des Griffes zeigt in ihrem
oberen Drittel perichondrale Verknöcherung. Im Trommelfell
finden sich keine Knorpelzellen.
Es unterliegt nach vorstehenden Untersuchungen keinem
Zweifel, dass der Knorpel nicht zum Trommelfell, sondern zum
Hammer gehört. Wenn behauptet wird (M. f. 0. 1873. Nr. 12.
S. 155.) die Verwachsung des Hammergriffs mit dem Promon-
torium könne dadurch festgestellt werden, dass sich das üjiorpel-
gebilde allein bewege und der Hammer nicht, so muss diese
Behauptung auf Grund vorstehender Untersuchungen von der
Hand gewiesen werden. Das Knorpelgebilde wird sich, da es
zum Hammer gehört, wenn derselbe mit dem Promontorium ver-
wachsen ist, ebensowenig bewegen, wie der zum Knorpelgebilde
gehörige Hammer.
Die physiologische Bedeutung des Knorpelbelages am Ham-
mer scheint mir dieselbe zu sein, wie an den Epiphysen der
Röhrenknochen.
Was die diagnostische Bedeutung des gelben Fleckes am
Ende des Hammergriffs betrifft, so ist sie in folgenden Fällen
werthvoU:
1. Bei Verdickung der Epidermisschicht wird der gelbe Fleck
früher schwinden, als die scharfe Kante des Griffes.
2. Trübungen des Trompielfells ohne gleichzeitige Verdickung
ändern nur die Farbe des gelben Fleckes.
\
i
112 ym. TRAUTMANN, Der gelbe Fleck am £nde des Hammergriffs.
3. Bei AxendrebuDgen des Hammers ändert sich, wie wir
oben genauer auseinandergesetzt baben, die Form des Fleckes.
4. Bewegt sich der Fleck bei Luftverdünnung nicht; so kann
entweder Ankylose im Hammerajnbosgelenk , oder Verwachsung
des Hammers mit der Labyrinthwand vorhanden sein. In letzte-
rem Fälle wird die differenzielle Diagnose dadurch gesichert, dass
der Hammer bei Verwachsungen mit der Labyrinthwand perspec-
tiyiseh verkürzt ist und meist auch Axendrehung stattfindet,
wodurch sich die Form des Fleckes in der oben beschriebenen
Weise ändert.
IX.
Zwei Fälle von Exostose im äusseren Gehörgang die znm
Abschlnss desselben nnd zur Taubheit fahrte; Heilung
durch Operation mit dem Hohlmeissel.
Mitgetheilt yon
Dr. Aldingr^r
in Fürth bei Nftmberg.
Vor etwa 8 Jahren kam ein 36 Jahre alter Fabrikant zu
mir, mit dem Bemerken , dass sein Gehör auf der linken Seite
sehr wechsle. Die Untersuchnng ergab einen Cerumen- Pfropf
in einem sehr verengerten Gehörgang. Die Verengerung im
knöchernen Abschnitte war der Art, dass eine warzenförmige
Vortreibung wie eine Linse gross, von oben und hinten nach
unten und vorne hereinragte. Der freiliegende Spalt war durch
Ohrenschmalz ausgefällt, nach dessen Ausspritzung Patient wieder
hörte. Rechts war das gleiche Bild, nur war keine Verstopfung
durch Ohrenschmalz vorhanden und die Enochenauftreibung, die
am gleichen Orte war, wie links, so dass man noch das vordere
Segment des unveränderten Trommelfells sehen konnte. Das
Gehör war hier normal. Patient kam mir dann mehrere Jahre
aus dem Auge und als ich ihn nach längerer Zeit wieder sah,
war das Bild ziemlich dasselbe. Erst im Jahre 1874 zeigte die
Exostose auf der rechten Seite ein deutliches Wachthum; die
freie Spalte wurde immer enger und damit die Verstopftmg
häufiger; gleichzeitig wuchs die Schwierigkeit, das Cerumen zu
entfernen und nur durch wiederholtes forcirtes Ausspritzen wurde
es möglich, den schmalen Spalt offen zu halten und damit das
Hören wieder zu ermöglichen; im August 1874 gelang dies nicht
mehr und die Knochengeschwulst lag unmittelbar an der vor-
deren und unteren Wand des Gehörgangs. Das Gehör war für
die Sprache erloschen und die Uhr wurde blos beim Andrücken
an den Knochen wahrgenommen.
114 IX. ALDINGER
Verschiedene ärztliche Autoritäten gaben sehr verschiedene
Bathschläge.
Prof. V. Tröltsch rieth durch Laminaria die Erweiterung
zu versuchen, eventuell den Tumor abmeisseln zu lassen.
Prof. Politzer gab den Rath, durch die verengerte Stelle
ein Paukenröhrchen einzuführen und durch dasselbe das hinter
der Exostose liegende Cerumen auszuspritzen.
Prof. Voltolini wollte durch galvanokaustische Aetznng
bis zum Periost der Geschwulst eine Abstossung des Knochens
versuchen.*)
Prof. Heinecke endlich erklärte, dass er die Abtragung
einer solchen Exostose durch Hammer und Heissel für gefahrlos
halte, da im schlimmsten Falle doch nur eine Eröffnung der
Zellen des Warzenfortsatzes am betreffenden Orte zu fürchten wäre.
In den letzten Wochen des December 1874 trat heftiger
Schmerz in dem rechten Ohre ein, dem 4 Tage später ein heftiger
Eiterausfluss folgte, das Trommelfell war absolut nicht sichtbar.
Da diese Entzündung mit dem Druck der Exostose auf die Haut
des Gehörganges, anderseits mit dem angesammelten Gemmen
zwischen der Exostose und dem Trommelfell in Zusammenhang
gebracht werden musste, so wurde die Indication zur Entfernung
der bisher langsam wachsenden Enoehengeschwulst immer drin-
gender und endlich die Operation selbst am 2. Januar 1875 in
Angriff genommen. Prof. Hein ecke hatte, da sich alle vor-
räthigen Meissel als zu breit erwiesen , einen etwa drei linien
breiten, hohlen Meissel machen lassen, mittelst dessen er die
Operation ausführte. Der tiefchloroformirte Patient wurde so
gelagert, dass der Operateur mit dem Brillenspiegel sieh die
Exostose beleuchtete. Der Vortheil der Beleuchtung erwies sich
jedoch bald als illusorisch, da sich nach dem Aufsetzen des
Hdssels an der Basis der Geschwulst beim ersten Hammerschlage
t) James Hinton berichtet in der von ihm verfassten and mit Ao-
merknngen versehenen Uebersetzangp von v. Trdltsch*s Krankheiten des
Ohres (ans dem Pitha und Billroth^schen Handbache der Chirnrg^e. London
1874. S. 25), dass 1. er die seiner Zeit von Bonnafont in 10 Tagen darchfeilte
Exostose (vergl. dieses Archiv. Bd. IV. S. 306) ein Jahr später gesehen
habe and wäre der Erfolg noeh ganz zufriedenstellend gewesen; 2. habe er
neuerdings einen Fall von Elxostose des Gehörganges beobachtet, die von
Clark in Clifton mit dem constanten galvanischen Strom operirt worden
wäre. „Nach zwei Anwendangen von je drei Nadeln unter GhloroCarm
stiess sich die Exostose in einer Masse ab und der Kranke hörte wieder
ganz gut."" Bed.
Zwei Fälle von Exostose im äasseren Gehörgang. 115
der innere Operationgraum so mit Blut füllte ^ dass die endliche
Abmeisslnng mehr nach dem Gefühle vollendet werden musste.
Die Knochenwuchenmg erwies sich dabei so hart, dass der
Meissel trotz kräftiger Hammerschläge die Basis der Geschwulst
nicht zu durchdringen vermochte, das Instrument wurde deshalb
wieder zurückgezogen und näher dem Gipfel der Exostose an-
gesetzt. Es gelang nun durch wiederholte Meisslung, mehrere
kleine Stücke von der Exostose abzuschälen. Als genügend Baum
gewonnen zu sein schien, gab man die weitere Abtragung der
Exostose auf; unmittelbar nach der Operation war eine Sonde
durch die verengerte Stelle bis zum Trommelfell zu schieben.
Die Beactionserscheinungen waren sehr unbedeutend und erst
am dritten Tage trat eine leichte Eiterung ein, in Folge deren
zwei Tage später sich ein angeschlagenes Knochensplitterchen
und endlich am zehnten Tage nach der Operation ein grösse-
res Stückchen loslöste, das mit der Pincette entfernt werden
konnte. Das Lumen des Gehörganges mochte um diese Zeit die
Hälfte seiner Norm haben. Trotz der Wegschaffung des eigent-
lichen Hindernisses für die eintretenden Schallwellen war bis
jetzt das Gehör noch nicht besser, welcher Zustand aus dem
Befund des nun der Untersuchung zugängigen Trommelfells sich
vollkommen erklärte. Dasselbe war ganz mit Granulationen be-
deckt, die gleich spitzen Condylomen in den Gehörgang hinein
ragten.
Im vorderen oberen Quadranten vor dem Hammergriff war
eine stecknadelkopfgrosse Perforation zu sehen, die wohl sicher
so entstanden war, dass der schwer durch die schmale Spalte
sich entleerende Eiter, der zwischen Exostose und Trommelfell
eingeschlossen war, einen Durchbruch in die Paukenhöhle ver-
anlasste-. Durch wiederholte Aetzungen der Granulationen mit
Höllenstein, Abtragung von einzelnen Wucherungen durch die
Schlinge, durch Anwendung von Adstringentien und endlich der
Luftdouche heilte nach weiteren drei Wochen die Perforation zu
und da die Vegetationen schon früher geschwunden waren, stieg
damit die 'Hörfähigkeit des Patienten wieder auf etwa drei Fuss
für meine Taschenuhr.
Die Narbenbildung an der Stelle der abgemeisselten Exostose
verlief nicht ganz nach Wunsch. Während in der dritten Woche
nach der Operation die ganze vordere Hälfte des Trommelfells für
dft Besichtigung zugängig war, wucherte die Narbeso, dass einige
Monate später nur ein kleiner Abschnitt des vorderen Theiles
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue F9lge. Y. Bd.) 9
115 IX. ALDINGER
gesehen werden konnte; bis zu Ende des Jahres 1S75 hatte sich
die Narbe wieder verkleinert und war durch den der Exostose
abgerungenen Raum der Kiel einer Taubenfeder einzuführen.
Nur im November 1875 bildete sich ein nässendes Ekzem
der Ohrmuschel und des äusseren GehOrganges, in Folge dessen
vorübergehend die Enochennarbe bis zur Verschliessung des Ge-
hörganges anschwoll. Jetzt, im März 1876, ist der Spalt etwa
4 Linien lang und 2 Linien breit; das Gehör ist vollständig her-
gestellt und meine Taschenuhr wieder auf eine Entfernung von
30 Zoll zu hören.
Die Exostose des linken Ohres bei demselben Patienten war
während des ersten halben Jahres 1875 gleichgeblieben. Auch
hier war an der oberen und hinteren Wand ein warzenförmiger
Yorsprung im knöchernen Gehörgang unmittelbar vor dem Trom-
melfell von der Grösse, dass die stärkste Convexitat sich anf
etwa 2 Linien der vorderen Gehörgangswand näherte ; functionell
war gar keine Störung vorhanden, wenn Patient beiläufig alle
8 Tage das in der Spalte sich ansetzende Gemmen ausspritzte.
Durch die Spalte sah man noch eine kleine Partie des normalen
Trommelfells. Im August 1875 unternahm Patient eine Ver-
gnügungsreise in die Schweiz. Nach seiner Rückkehr klagte er^
dass jetzt das linke Ohr, trotz des Ausspritzens, vollständig taub
geworden sei; gleich darauf bekam er heftige Schmerzen im
Ohr und als ich dasselbe im Monat September zur Unter-
suchung bekam , lag die geröthete Exostose vollkommen der
gegenüberliegenden Gehörgangswand an und an dem unteren
Ende des nun aufgehobenen Spaltes sah man eitriges Sekret.
Mit der eingetretenen Eiterung waren die heftigen Schmerzen
im Ohre verschwunden und nur ein Geftlhl von Druck in dem-
selben noch vorhanden. Das Trommelfell zu sehen war selbst-
verständlich unmöglich, doch liess sich die vorhandene Con-
tinuitätstrennung desselben durch das zischende Perforations-
geräusch beim Politzer 'sehen Experiment nachweisen. Das
Wachsen der Exostose hatte demnach den Verschluss des Gehör-
gangs und dieser die nachfolgende Entzündung der Paukenhöhle
zur Folge gehabt, genau wie es beim rechten Ohre gegangen war
Dies war der Stand der Erkrankung im Anfang Oetober
und so sehr die operative Entfernung der Exostose wegen der
Eiterretention in der Paukenhöhle und deren Folgen indicirt
schien, so verzögerte sich doch dieselbe wegen der AbwesenhSt
des Operateurs, des Herrn Prof. Heineke bis zum 25. Oetober.
Zwei Fälle von EbLOStose im äusseren Gehörgang. 117
Den bei der ersten Operation gemachten Erfahrungen gemäss
beschloss man, diesmal von der Beleuchtong des Operationsfeldes
ganz abzusehen und den Meissel nur nach dem Geftlhle zu ftthren.
Zu diesem Behufe schien es aber nothwendig, sich durch häufige
Besichtigung und Sondirung der Exostose auf die Operation
vorzubereiten. Die bezeichnete Untersuchung wurde deshalb an
5 verschiedenen Tagen vor dem Operationstermin vorgenommen.
Um die Orientirung zu erleichtem, wurde ausserdem in der Ver-
längerung einer, die Exostose vom Gipfel zur Basis halbirenden
Linie auf der Ohrmuschel ein Strich in Argentum nitricum an-
gebracht; nach diesen Vorbereitungen schritt man am genannten
Tage zur Operation.
In tiefer Chloroformnarkose wurde der Meissel wie bei der
ersten Operation ohne vorherige Ablösung der die Exostose über-
ziehenden Haut ziemlich nahe der Basis der Exostose gesetzt und
durch wiederholte kräftige Hammerschläge ein ansehnliches Sttlck
abgesprengt. Eine hebelnde Seitwärtsbewegung des Meisseis löste
das Stück vollständig ab, so dass es mit der Pincette entfernt
werden konnte. Nachdem in ähnlicher Weise noch einige kleine
Stücke abgemeisselt waren, war kaum noch etwas von der Exo-
stose zu entdecken und der Zugang vom Trommelfell frei. Un-
mittelbar nach der Operation und auch schon während derselben
trat Erbrechen ein, das auf Eechnung des Chloroforms ges^etzt
werden musste. Abends ass der Patient mit gutem Appetit, hatte
kein Fieber und klagte blos über leichtes Brennen im Ohr, wegen
dessen kurze Zeit Eisüberschläge gemacht wurden.
Auf die Wunde selbst war vorher eine in Carbolsäurelösung
getauchte Charpiewieke gelegt worden. Die darauf folgende
Nacht war gut, die Empfindlichkeit im Ohre gering, so dass be-
reit« am zweiten Tage die regelmässige Luftdouche begonnen
wurde; erst am dritten und vierten Tage klagte Patient über
heftige Schmerzen im Ohre und starken Druc^ im Hinterhaupt,
jedoch ohne bedeutendes Fieber: der Puls schwankte immer
zwischen 70 und 72 in der Minute.
Die Besichtigung ergab am 28. October an der Stelle der
früheren Exostose hinten und oben eine mit wenig Sekret be-
deckte, erbsengrosse, gelbröthliche Stelle, die der gesetzten
Knochenwunde entspricht; in Mitte derselben ragte ein kleiner
gelber, abstehender Knochensplitter hervor, der bei Berührung
beweglich war und bei dieser Bewegung heftige Schmerzen ver-
ursachte und deshalb auch mit der Pincette noch nicht entfernt
9*
118 IX. ALDINGER
wurde. Vom und oben ist eine über stecknadelkopfgrosse, rothe
Wucherung, an die sich unten eine kleinere anschUesst; unten
im vorderen Quadranten lassen diese Granulationen einen kleine-
ren Spalt frei, aus dem beim Ansetzen des Siegle 'sehen Trich-
ters und Ansaugen Flüssigkeit in Blasenform herausdrängt. Die
Entleerung des Eiters aus der Paukenhöhle wurde nun regel-
mässig durch das Politzer 'sehe Experiment und durch täglich
einmal vorgenommene Aussaugung mit dem Siegle 'sehen Trichter
bewerkstelligt. Eine Verbesserung des Hörens war noch in keiner
Weise eingetreten und hörte Patient die ühr nur beim Anlegen
an den Knochen. Nach gemachtem Politzer 'sehen Experiment
erklärte Patient, stets im Ohr freier zu sein, ohne jedoch die
geringste {Erleichterung betreffs der Schwerhörigkeit zu haben.
Am vierten Tage nach der Operation wurde nun auch zur
Zerstörung der das Trommelfell tiberziehenden Granulation mit-
telst Höllenstein, der zu diesem Zwecke an einen Platindraht
angeschmolzen war, geschritten; wegen der sehr grossen Schmerz-
haftigkeit wurden nach der Aetzung Einspritzungen mit Salz-
wasser gemacht und Abends eine kleine Gabe von Ghloralhydrat
gegeben.
Des anderen Morgens stiess sich der Aetzschorf ab und
ebenso auch der, erwähnte Knochensplitter, schon am 30. waren
die grösseren Granulationen un\ vieles kleiner geworden, aber
hinter ihnen sah man nun das ganze Trommelfell mit kleinen
rothen Wucherungen besetzt. Die Knochenwunde, bisher röthlich,
fii\g an, mehr gelbliches Aussehen zu bekommen, die Eiternng
selbst war eine sehr massige ; von subjectiven Beschwerden klagte
Patient eigentlich nur tiber einen leichten Druck im Hinterhaupt
und die immer noch vorhandene Schwerhörigkeit.
Vom 2. November an wurden regelmässig Adstringentien,
zunächst eine Lösung von schwefelsaurem Zink eingeträufelt.
Bis zum 12. November, während welcher Zeit auch immer
noch die Aetzungen mit Höllenstein und Lufteintreibungen zur
Anwendung kamen, waren die Wucherungen vollständig ver-
schwunden und die Perforationsstelle war deutlich und ziemlich
gross zu sehen.
Die Ränder derselben waren etwas ausgezackt und ihre Lage
so, dass sie beiläufig von dem* unteren Ende des noch liicht sicht-
baren Hammergriffes von oben nach yunten und hinten sich er-
streckte. Das Trommelfell war glanzlos, ziemlich geröthet und
hatte eine unregelmässige wellige Oberfläche. Die ühr wurde
J
Zwei Fälle von Exostose im äusseren GehörgiE
immer noch nur vom Knochen aus gehört^ dageg
gabel, auf dem Scheitel aufgesetzt, besser auf di
auf dem erst operirten rechten Ohr.
Am 19. November war Patient, trotz des Verbo
Winde ausgegangen und in Folge dessen entstan
nässendes Ekzem der Ohrmuschel und des äussere
auf beiden Seiten.
Im Verlaufe desselben wucherten nach weni,
kaum entfernten Granulationen wieder der Art,
Trommelfell abermals nur der unterste Theil als grs
mondf örmige Masse äu sehen war.
An der Stelle der Perforation sass eine grö
Wucherung, die wohl aus der Paukenhöhle selb
gebildet hatte. Die grösseren Wucherungen wu
der Wilde 'sehen Schlinge entfernt, im üebrigen
mit Höllenstein auf die kleineren eingewirkt und
Tag durch die Perforation absoluter Alkohol in di
durch LuftverdichtUDg in den äusseren Gehörga
Bis zum 27. November war das Ekzem volh
die Wucherungen alle beseitigt, das Trommelfe]
glanzlos und stark getrübt Die Hörweite betri
ftlr die Taschenuhr. Erst gegen Ende Decembe
die Perforation vollständig und auch die Eiterung
Zeit vorüber. Die Gehörweite betrug jetzt übe
war Patient im Stande, auf Flüstersprache in wei
bei verschlossenem rechten Ohre zu antworten.
Die Weite des Gehörganges an der früher veri
mochte zwei Drittel des Normallumens betragen,
den ganzen Monat Januar, bis sich in den ersten 1
ohne besondere Veranlassung eine abermalige E:
Paukenhöhle einstellte. Die Knochennarbe schwo
so an, dass das Trommelfell selbst wieder zum g
verdeckt wurde. Die Perforation des Trommelfel
wieder durch das Austreten der Eiterbläschen bei
dem Siegle 'sehen Trichter und das zischende
geräusch nachweisbar.
Jetzt, Mitte März, ist die Eiterung immer noc
die Perforation etwa stecknadelgross und auch di
lene Enochennarbe ist noch nicht ganz zurückgeg
das Lumen des Gehörganges kaum ein Drittel
Weite hat.
120 IX. ALDINGER, Zwei Fälle von Exostose im äusseren GehOrgang.
Die Hörweite ist jetzt wieder über 30" für meine Taschenuhr
und ebenso wird Flttstersprache über das ganze Zimmer ver-
nommen.
Ueber das endgiltige Schicksal der beiden operirten Ohren
und besonders etwaige Recidiven der Exostosen werde ich nach
längerer Zeit wieder berichten.
Da in den vorletzten Heften dieses Archivs von einem
Hamburger Arzt, der selbst an einer solchen Exostose im Ohre
leidet, gegen die von Manchen aufgestellte Behauptung, dass das
Uebel von Syphilis herrühre, Protest erhoben wird, so möchte
ich besonders hervorheben, dass in dem vorliegenden Fall auch
nicht die Spur von Syphilis nachzuweisen ist.
Ebenso wenig liess sich dies von der Gicht sagen, die
Wilde als aetiologisches Moment anführt.
Was endlich die Zeit zum Operiren betriflft, so sprechen die
Beobachtungen in beiden Fällen jedenfalls für ein möglichst
rasches Vorgehen zur Abtragung der Knochengeschwulst. So
lange freilich durch Entfernung des Cerumens aus dem noch so
engen Spalt noch Hülfe gegen die Schwerhörigkeit geschafft
werden kann, werden sich Arzt und Patient schwer zur Operation
entschliessen, obgleich auch zu dieser Zeit bei der geringen
Reaction, die der Operation folgte, die Abmeisselung sicher ge-
rechtfertigt ist. Entschieden dringend wird die Operation, wenn
die Exostose der gegenüberliegenden Gehörgangswand bereits
fest anliegt.
So langsam in beiden Fällen das Wachthum der Exostosen
gewesen ist, so rasch treten in einem v^ie in dem anderen Falle
die Entzündung der Paukenhöhle mit ihren destructiven Con-
sequenzen auf
Die Perforation auf beiden Seiten und ebenso die zahlreichen
Granulationen, die das ganze Trommelfell überzogen, waren sicher
nur die Folge von der durch den Verschluss erzeugten Entzün-
dung und der ßetention des zwischen Exostose und Trommel-
fell gebildeten Eiters.
Noch frühzeitigeres Operiren hätte sicher beides vermieden
und damit wäre auch die Nachbehandlung viel kürzer geworden
und wohl auch die jetzt noch bestehende Neigung zur Entzün-
dung der Paukenhöhle nicht eingetreten.
X.
Zweite Notiz zur canstischen Behandlang der
chronischen Hittelohreiternng
TOB
H. Sehwartze.
Die im Jahre 1868 in diesem Archiv (Bd. IV. S. 1) be-
schriebene Behandlungsmethode mit concentrirten Losungen von
Argentum nitricum ist nj^nmehr ziemlich von allen Seiten als das
relativ sicherste Heilverfahren bei hartnäckigen Paukenhöhlen-
/ eiterungen anerkannt worden, kürzlich auch von Politzer
(Bd. XI. S. 40). Es hat indessen auch nicht an Stimmen gefehlt,
welche diese Behandlungsmethode als grausam oder gefährlich
verdächtigt und sogar direct beschuldigt haben, Ursache schwerer
Folgen^) geworden zu sein. Man hat indessen bisher keine That-
sachen zum Beweise solcher Behauptungen beigebracht.
Die erwähnte Mittheilung von Politzer veranlasst mich
zu einigen Bemerkungen.
Wenn Politzer nur in etwa der Hälfte der Fälle Erfolg
sah, während ich unter gewissen Bedingungen von einem „ nahezu
sicheren Erfolge ^ gesprochen habe, so ist zur Erklärung eines so
auffallenden Widerspruches daran zu erinnern, dass Politzer
die für den Erfolg von mir für nothwendig postulirten anatomi-
1) Hinton — Qaestions of aural surgery p. 188. „Tbis is a plan J
find needlessly severe, and the precipitate of Chloride which is formed in
all parts of the cavity, seems to be open to objection." Hin ton hat die
Methode offenbar nie veraucht. Er hält sie für seine Landsleute für zu an-
greifend, „tho' if the strength exceeds ten grains to the oance the
(English) patient is sure to make great complaint. p. 188.
2) So hat ein in London prakticirender Elektrotherapeut von einer
^Facialislähmung der Ohrenärzte" gesprochen, die er sich dadurch entstanden
denkt, das die canstische Lapislösung das blosliegende Neurilem des Nerven
in Entzündung versetzt.
122 X. SCHWARTZE
sehen Bedingungen ausser Acht gelassen, andrerseits auch die
von mir empfohlene Methode der Anwendung nicht genau be-
rücksichtigt hat. Gerade die methodische Anwendung des Höllen*
Steins ist es aber, von der die relative Sicherheit des Erfolges
abhängt.
Worauf ich vor Allem grossen Werth lege, ist die Wieder-
holung der Aetzung im richtigen Zeitpunkt Die Abstossung der
Eschara ist das Maassgebende. Zu späte Wiederholung der
Aetzung ist ebenso streng zu vermeiden wie zu frühe.
Die Neutralisation erklärt Politzer flir überflüssig, obwohl
er im Allgemeinen noch concentrirtere Lösungen (1:10 bis 1:8)
empfiehlt, wie ich in meiner ersten Notiz (1 :30 bis 1 : 10). Ich
bin seit derselben ebenfalls zu der Ueberzeugung gekommen, dass
man concentrirtere Lösungen nehmen kann, als ich anfänglich
wagte. Lösungen von 1 : S sind in den letzten Jahren auch bei
mir zuweilen in Anwendung gekommen. Bei grossen Defecten
des Trommelfells und stark hypertrophischer Schleimhaut habe
ich indessen gewöhnlich diesen sehr concentrirten Lösungen
Aetzungen in Substanz mit Lapis mitigatus vorgezogen (1:2 und
1:1) mit folgender Neutralisation und noch nützlicher gefunden,
als jene Lösungen.
Ich gebe zu, dass es Fälle gibt, welche die Neutralisation
nicht erheischen. Dass aber das Unterlassen der Neutralisation
Gefahren mit sich bringen kann, habe ich schon vor Jahren im
Anhang zu jener Notiz über die caustische Methode als warnen-
des Beispiel mitgetheilt (s. A. f. 0. IV. S. 233). Em einmaliger
derartiger Unglücksfall ist ftlr mich eine für immer hinreichende
Mahnung zur Vorsicht und rathe ich deshalb für alle
Fälle die sorgfältige Neutralisation an.
Ueber die Möglichkeit des Durchlaufens der Lösung nach der
Tuba E. des entgegengesetzten Ohres kann auch nach Versuchen
an der Leiche gar kein Zweifel bestehen. Aber auch schon
wegen des höchst lästigen Brennens im Nasenrachenraum und
in der Tuba ist es nöthig, die Neutralisation, auch durch Ein-
spritzung von Salzwasser in die Nase, folgen zu lassen.
Ich halte femer stets sehr sorgfältig darauf, dass das Chlor-
silber und das überschüssige Kochsalz wieder ganz herausge-
schwemmt wird, weil beides sonst als schädlicher Beiz fUr die
Schleimhaut fortwirken kann.
Wenn Politzer erwähnt, dass ihm öfter Kranke schwindlig
wurden, so kommt dies zuweilen, wie er anführt, vom Druck,
Zweite Notiz zur canst. Behandlung der chron. Mittelohreiterung. 123
viel häufiger aber gewiss von der Kälte, weil Politzer die
Lösung unerwärmt benutzt, was ich stets widerrathen habe.
Was die Anwendung von Alaunpülver zum Schluss der Be-
handlung anbelangt, so ist dieselbe bei mir ebenfalls in Gestalt
von Einstäubungen minimaler Mengen bei geringfllgiger
Secretion (Feuchten der Schleimhaut ohne Ausfluss) seit langen
Jahren in Gebrauch (vgl. A. f. 0. V. S. 288) und habe ich oft
Gelegenheit genommen, meine Zuhörer von dem vorzüglichen
Erfolge solcher Einstäubungen zu überzeugen, während ich, neben-
bei bemerkt, keine schlechtere Therapie chronischer Otorrhoe
kenne, als das von manchen Aerzten geübte oder sogar den
Kranken selbst überlassene Einblasen oder Einschütten grösserer
Mengen von Alaunpulver in den Gehörgang bei profuser Se-
cretion. Man macht die Eiterung dadurch im besten Falle latent,
heilt sie aber nicht und erschwert sich und Andern den Einblick
in die Tiefe ausserordentlich und veranlasst nicht so selten jene
ominösen steinigen Goncremente in der Tiefe des Gehörganges,
die denselben ganz abschliessen können und äusserst schwer
oder gar nicht wieder zu entfernen sind.
Wenn die methodisch ausgeführte caustische Behandlung
allein nicht zum Ziele fahrt, so wird sie auch nach meinen Er-
fahrungen sehr zweckmässig gefolgt von den von Politzer
Bd. XI. S. 45 gerühmten Einstäubungen ganz kleiner Mengen
von Alaunpülver. Statt desselben können indessen auch andere
pulverförmige Medicamente mit gleichem Erfolge in Anwendung
gezogen werden, z. B. Calömel (R u s t) , Tannin, Bismuthum nitri-
cum, Magnesia usta (Hin ton). Die übereinstimmenden und von
einander völlig unabhängigen Erfahrungen von Politzer und mir
mögen um so mehr eine Aufforderung für die Herrn CoUegen
sein, sich in hartnäckigen Fällen dieser combinirten Behandlungs-
methode zu bedienen.
XL
Zur Tenotomie des Tensor tympani
▼OB
H. Sehwartze.
Die Bemerkung des Herrn Dr. Kessel in der otologischen
Section der Natarf. Versammlang in Gratz (1875) gelegentlich
einer Disenssron Aber die Tenotomie des Tensor tympani (s. A.
f. 0. X. S. 269 nnten) veranlasst mich zn der Mittheilung , dass
ich an frischen Schläfenbeinen durch Operationsversache, die ich
meinen Znhörem in jedem Semester za demonstriren pflege und
durch eine grössere Reihe von Tenotomien am Lebenden, die ich
seit etwa 12 Jahren ausgeführt habe, mich von der Brauchbarkeit
eines sehr einfachen Tenotoms überzeugt habe (s. Fig. 1. 2.).
Die Spitze dieses Tenotoms ist vom abgerundet; für jede Seite
ein besonderes Instrument erforderlich. Ich habe damit die
kleine und bei weitem Gehörgang ganz leicht ausführbare Ope-
ration ohne Chloroform und ohne künstliche Fixation des Kopfes
immer in der Weise ausgeführt, dass ich zunächst hinter dem
oberen Ende des Hammergriffes und dem Proc. brevis eine In-
cision mit der Paracentesennadel gemacht und dann das Tenotom
mit der abgerundeten Spitze nach oben in die Paukenhöhle ein-
geflihrt habe in der Bichtung gegen das Tegmen tympani zu,
danach im rechten Winkel gedreht, so dass die Schneide über der
Sehne zu liegen kommt. Durch sägeförmige Züge mit dem Teno-
tom, wobei jeder stärkere Druck zu vermeiden ist, lässt sich dann
die Durchtrennung der Sehne ganz leicht erzielen. Unmittelbar
nach der Durchschneidung sieht man gewöhnlich, wenn das Trom-
melfell nicht erheblich verdickt oder undurchscheinend ist, den
in der Paukenhöhle erfolgten Bluterguss durchscheinen, welcher
sich nach einigen Wochen wieder zu resorbiren pflegt.
Einen bleibenden, günstigen Erfolg irgend wel-
cher Art habe ich in keinem einzigen der von mir
operirten Fälle constatiren können. Aus diesem Grunde
1
Zur Tenotomie des Tensor tympunL 125
hatte ich es bisher nicht für nüthig gehalten, den CoUegen von
meinen bezflglichen OperatioDSTersnctaen Über die Tenotomie des
Tensor tympani Mittheilnng zu machen, um so
mehr, als mir auch von Seiten anderer Collegen
UbereinBtimmend dieselben negativen Resultate
bekannt geworden Bind mit Äaenahme eines ein-
zigen Falles (Otto) aus der Praxis des Herrn
Oberstabsarztes Dr. Traatmann, bei welchem
es indessen zweifelhaft blieb, ob der Erfolg nicht
durch die Incision des Trommelfells allein, resp.
dnrcb die zurückgebliebene Incisionsoarbe ron
2 Mm. Breite bedingt war.
Während ich aus meiner eigenen Erfahrung
nichts Von erheblichen, nachtheiligen Folgen der
Operation berichten kann , sind mir solche , be-
stehend in sehr heftiger Entzündung, die
sich Tom Hittelohr sogar , auf das Labyrinth -
verbreitete, mit hochgradiger Hörver-
schlechternug und VerschlimmeruDg der sub-
jectiyen GeHlusche nach der Tenotomie des
Tensor t3Tnpani von Seiten eines sehr geschätzten
Collegen bekannt geworden.
Der Gnrnd des Misserfolges der Tenotomie
liegt zweifellos in dem Umstände, welchen Mag-
nus bereits auf der Naturforscherversammlnng
in Gratz (s. Bd. X. S. 270) hervorgehoben hat,
dass neben der Verkürzung der Sehne, die Po-
litzer (Beleuchtuugsbilder des Trommelfells
S. 132) bei Sectionen wiederholt durch Betraction
ihres verdickten Schleimhautttberzuges bedingt
fand, immer gleichzeitig andere pathologiBche
Veränderangen im Mittelohr bestehen, welche
die Beseitigung der Folgeznstände der Verkür-
zung der Sehne illusorisch machen müssen. Ausser
den von Magnus angeführten Veränderungen
(Verdickung der Schleimhaut , Synostose des
Steigbügels mit dem ovalen Fenster, Verdickung
der Membran des runden Fensters) sind dies am
hantigsten die Adhäsivprocesse innerhalb pig ,_ fj^ ,
der Pauke, strangförmige und membranöse Sy-
nechien, welche ausser der Sehne des Tensor, welche da-
126 XI. SCHWARTZE, Zur Tenotomie des TeDSor tympani.
dnrch am Tegmen tympani fixirt werden kann, fast
immer gleichzeitig die Gehörknöchelchen resp. andere Wände der
Paukenhöhle betreffen. Ich stelle damit die gemeldeten günstigen
Erfolge Grub er 's (s. A.f.O. VI. S.283) u. A. nicht in Abrede,
glaube aber, dass die mit der Tenotomie verbundenen Eingriffe
am Trommelfell selbst ausreichend gewesen sein können, um
die günstigen Erfolge zu erklären.
Nach meinen bisherigen Erfahrungen kann ich nicht an-
nehmen, dass die Tenotomie des Tensor tympani als vollständige
Durchschneidung der Sehne eine Zukunft haben wird. Die nach
der Wiederverwachsung der Sehne zu erwartende gesteigerte Ver-
kürzung lässt sogar befttrchten, dass mit derselben eine Ver-
schlimmerung des Zustandes geschaffen werden kann.
' Dagegen halte ich ftir wahrscheinlich, dass nach einer Idee
von V. Tröltsch, welche derselbe mir brieflich mittheilte, die
partielle Ablösung der Sehne von ihrer Insertion am Hammer-
griffe, die sich in pathologischen Fällen zuweilen tief nach unten
verbreitert zeigt, einen günstigeren Erfolg erwarten liesse. Diese
theilweise Ablösung, wie sie einer Insertionsveränderung des
Muskels bei der v. Graef ersehen Schieloperation etwa entspräche,
müsste selbstverständlich in der Weise versucht werden, dass die
schneidende Fläche des Tenotoms von unten nach oben wirkte
und würde zu diesem Zwecke auch die Einführung des Tenotoms
vor dem Hammergriffe den Vorzug verdienen.
XII.
üeber die Operationsmethoden der Tenotomie des
Tensor tympani
Ton
Dr. Arthur Hartmann
in Berlin.
Obgleich es sich nicht bestreiten lässt, dass die Tenotomie
des Tensor tympani in einzelnen Fällen indicirt sein kann, so
fand doch diese Operation bisher bei den meisten deutschen
Ohrenärzten wenig Beachtung. Abgesehen von theoretischen Be-
denken, glaube ich, dass an der Nichtausführung zum Theil
auch die immerhin etwas complicirte Operationsmethode Schuld
trägt, welche einzelne Aerzte befolgt und empfohlen haben.
Bei meinen Versuchen an der Leiche operirte ich zuerst vom
hinteren Trommelfellsegmente aus mit dem Grub er 'sehen Teno-
tome, welches einer auf die Fläche gekrümmten Parapentesen-
nadel ähnlich ist und gelang es mir unter 13 Fällen nur 6 Mal,
die Sehne mit demselben zu durchschneiden. Da an dem nega-
tiven Erfolge, wie sich nach Eröffnung der Paukenhöhle zeigte,
Schuld war, dass ich mit dem Instrumente nicht in die Höhe
der Sehne gekommen war, auch wenn ich das Griffende tief
gesenkt hatte, so Hess ich der Spitze des Instrumentes eine
Krümmung nach der Kante geben und ausserdem die Spitze,
das Instrument in der Operationslage gedacht, ausser nach oben
auch etwas nach vorn auf die Fläche krümmen, um einerseits
den Ambosschenkel weniger leicht zu streifen und andererseits
die Chorda tympani sicher zu vermeiden. Mit diesem Instrumente
gelang es mir nun bei den nächsten 22 Operationsversuchen an
der Leiche, 17 Mal die Sehne zu durchschneiden.
Benützte ich ein nur massig nach der Kante gekrümmtes
Messerchen, so musste ich das Griffende tief senken, war die
Krümmung zu stark, so kam es vor, dass ich mit der Spitze
128
XIL HARTMANN
über die Sehne kam und dadurch die Darchschneidnng miss-
glückte.
Schliesslich gelang es mir bei 6 in Gemeinschaft mit Herrn
Prof. Politzer ansgeführten Operationen 5 Mal, die Sehne ganz
zu durchschneiden y während sie im sechsten Falle nur ange-
schnitten war.
Um mich von dem Verhältnisse der oberen Gehörgangswand
zu überzeugen y machte ich mit einer gewöhnlichen Nähnadel
Einstiche in die Paukenhöhle, indem ich die Nadel möglichst
hoch oben einstach, d. h. dieselbe dem inneren Ende der oberen
Gehörgangswand anlegte. Es zeigte sich nun, dass fast aus-
nahmslos die Sehne mit ihrem mittleren Theile über die Nadel
zu liegen kam und zwar in einzelnen Fällen bis 1 Mm. von ihr
entfernt. Ich glaube demnach, dass die säbelförmige Krümmnng
des Instrumentes sehr wesentlich ist , um die Sehne sicher zn
durchschneiden.
Vom vorderen Trommelfellsegmente aus suchte ich die Ope-
ration zuerst ebenfalls mit dem Gruber'schen Tenotome au8^
zufbhren, doch gelang es mir, auch nachdem ich demselben eine
stärkere Krümmung hatte geben lassen, nicht ein einziges Mal,
die Sehne zu durchschneiden.
Ich erkläre mir dieses negative Resultat aus folgenden ana-
tomischen Verhältnissen : Das Trommelfell steht auf horizontalen
Durchschnitten durch die Mitte des Gehörganges gegen die Ge-
hörgangsachse in einem Winkel von durchschnittlich 140<^ (nach
12 von mir vorgenommenen Messungen; grösster Winkel 155^,
kleinster 130<>). Die Tensorsehne verläuft im Allgemeinen senk-
recht auf die Anheftungsfläche des Trommelfells (Helmholtz).
Es muss demnach ein Instrument, dag die Sehne vom
vorderen Trommelfellsegmente aus durchschneiden
soll , mindestens eine Flächenkrümmung von Vz B.
besitzen. Da das Grub er 'sehe Instrument eine
solche Krümmung nicht besitzt, glaube ich, dass
die Durchschneidung der Sehne mit demselben nur
schwierig gelingen kann, auch wenn wir die im
Gehörgange mit dem Instrument möglichen Ex-
cursionen in Betracht ziehen. Vergl. beistehende
schematische Zeichnung (Fig. 1), bei der AA einen
horizontal durchschnittenen äusseren Gehörgang,
BB die Paukenhöhle, C die Sehne, B das Instru-
ment in der Operationslage bedeuten soll. Das
JD
Fig. i.
Ueber die Operationsmethoden der Tenotomie des Teusor tympani. 129
U
ü
Fig. 2. 3.
Instrument wird in die Paukenhöhle eingeftlhrt, die Sehne nicht
schneiden^ sondern höchstens parallel mit ihr stehen.
Durch das von We b e r- Li el angegebene complicirte hakenför-
mige Tenotom, bei welchem die Durchschneidung durch einfachen
Druck auf die Sehne bewirkt wird, wird nicht selten der Hammer
bei der Operation an der Leiche so gezerrt, dass Verletzungen des
Hammerambosgelenkes entstehen
und halte ich es für wahrschein-
lich, dass bei der Operation am
Lebenden in den Fällen, wo die
Sehne noch besonders stark ge-
spannt und vielleicht auch mehr
rigide ist, solche Verletzungen
noch leichter hervorgerufen wer-
den können.
Auf Grund dieser Beobach-
tungen operirte ich eine Patientin,
welche Herr Prof. Politzer die
Güte hatte, mir zur Operation zu
tiberlassen, vom hinteren Trom-
melfellsegmente aus mit einem
Tenotom*), das auf die Fläche
massig gekrümmt ist, vgl. Fig. 2.
Die Fläche ist 2 Mm. breit und
so säbelförmig gekrümmt, dass,
das Instrument in der Operations-
lage gedacht, die Spitze die obere
Kante um circa 1 Mm. überragt,
vgl. Fig. 3. Ausserdem besitzt das Instrument noch
eine geringe Flächenkrümmung in der Vertical-
achse (das Instrument ebenfalls in der Operations-
lage, d. h. mit nach aufwärts gerichteter Spitze
gedacht).
Die fttr die rechte und linke Seite besonders
zu beschaffenden Instrumente werden in einem
Griff, wie er auch zur Aufiiahme von anderen
Instrumenten benützt wird, vgl. Fig. 4., festge-
schraubt. ,
Fig. 4.
1) Zu beziehen von Reiner in Wien (van Swietengasse) oder D^tert
in Berlin (Französische Strasse).
J
130 Xn. HARTMANN
Ich steche bei der Operation 1 — 1 V'2 Mm. hinter dem Hammer-
griffe, wenig unter der Höhe des kurzen Fortsatzes ein, schiebe
das Instrument, das Qriffende etwas erhoben, bis zur Mitte des
schneidenden Theiles vor unter Annäherung des Stieles an die
hintere Gehörgangswand. Nun wird der Griff gesenkt, das In-
strument langsam zurückgezogen und zum Schluss der Griff
wieder gehoben.
Auf diese Weise wird die Sehne von unten in der Richtung
von vom nach hinten durchschnitten und wird, indem zuerst
der Griff gesenkt und beim Zurttckziehen wieder gehoben wird,
das innere Ende der oberen Gehörgangswand und der demselben
anliegende Hammerhals umgangen.
Bei der Ausführung der Operation ist darauf zu achten, dass
nicht zu nahe dem Hammergriffe eingestochen wird, da derselbe
dem Trommelfelle aufgelagert tlber die Fläche desselben vorragt
und beim Einstechen getroffen werden kann. Ist das Instrument
circa 3 Mm. vorgeschoben, so wird der Stiöl der hinteren Gehör-
gangswand genähert, um eine Verletzung des Promontoriums zu
vermeiden.
Die Chorda tympani fand ich in mehreren darauf unter-
suchten Fällen nicht verletzt.
Mit dem langen Ambosschenkel kam ich bei meinen Opera-
tionen an der Leiche nie in Berührung.
Gegenüber der mit winklig gekrümmten Tenotomen von
dem vorderen Trommelfellsegmente aus auszufahrenden Operation
glaube ich, dass die mit meinem Instrumente durch das hintere
Segment auszuführende Methode folgende Vorzüge hat:
1. Die Operation ist einfacher und leichter auszuführen, in-
dem nach dem Einstechen kleine Lageveränderungen, die mit
dem Instrumente vorgenommen werden müssen, genügen, um
beim Zurückziehen des Instrumentes die Sehne zu durchschneiden.
2. Da mein Instrument eine bogenförmige Krümmung besitzt,
kann es bei unabsichtlichen Bewegungen leicht zurückgezogen
werden, während winklig gekrümmte oder hakenförmige In-
strumente in solchen Fällen zu Nebenverletzungen Veranlassung
geben können.
3. Kann ebendeshalb die Operation ohne Festschnallen des
Kopfes des Patienten vorgenommen werden, wodurch derselben
das Hauptschreckniss für den zu Operirenden genommen wird.
4. Indem die Durchschneidung durch Zug und nicht durch
lieber die OperatioDsmethoden der Tenotomie des Tensor tympani. 131
Druck erfolgt, werden Zerrung des Trommelfells und der Gehör-
knöchelchen leichter vermieden.
Bezüglich der Beurtheilung des Erfolges der Tenotomie glaube
ich, dass man nur dann sich Sicherheit darüber verschaffen kann,
was die Durchschneidung der Sehne an sich nützt, wenn man
andere Einwirkungen, die bei der Operation in Betracht kommen,
nach Möglichkeit auszuschliessen sucht. Ich rechne hierzu haupt-
sächlich die Paracentese des Trommelfells und bei der Operation
vom hinteren Trommelfellsegmente aus die Durchschneidung der
hinteren Falte, da durch beide Operationen Besserung der krank-
haften Symptome erzielt werden kaim. Nach meiner Ansicht
wäre also die Tenotomie erst dann auszuführen, wenn der Ein-
fluss der Paracentese oder der Durchschneidung der hinteren
Falte auf die krankhaften Symptome bestimmt ist und wäre die
Tenotomie entweder sofort nach dieser Bestimmung auszufahren,
oder, was sich wohl noch mehr empfehlen dürfte, erst wenn die
Incision verheilt ist. Nachdem auf diese Weise bestimmt ist,
welcher Theil des Erfolges bei der Tenotomie der Paracentese
des Trommelfells oder der Faltendurchschneidung zu Gute kommt,
werden wir uns erst ein Urtheil bilden können, von welchem
Einflüsse die Tenotomie selbst ist.
Bei der von mir operirten Patientin mit hochgradiger Schwer-
hörigkeit und heftigem Ohrensausen bei ziemlich bedeutendem
Grade von Einziehung des Trommelfells wurde durch die voraus*
geschickte Durchschneidung der hinteren Falte das Sausen we-
sentlich gebessert, während durch die nachfolgende Tenotomie
keine weitere Besserung erzielt werden konnte.
t
Arcliiy für OhreiiheUkiinde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bdi 10
XII!.
PROF. DR. HERMANN WENDT,
geboren den 8. März 1S38, gestorben am 21. October 1875.
Nekrolog
von
Dr. Trautmanüf
Oberstabs- und Regiments-Arzt ifi Berlin.
Prof. Dr. Hermann Wen dt ist uns am 21. October 1875 in
einem Alter von 37 V2 Jahren entrissen worden.
Er wurde 9 der Sohn eines einfachen Bürgers, zu Leipzig
am 8. März 1838 geboren, besuchte zuerst die Bürger-, dann die
Nicolaischule zu Leipzig und bezog 1855, also im Alter von
17 Jahren die Unirersität Jena, um Medicin zu studiren. Nach
einem Jahre kehrte er nach Leipzig zurück und hatte bis zum
12. Februar 1861 seine Examina absoMrt. Ausgerüstet mit gnten
allgemeinen Kenntnissen wandte er sich zuerst mit Vorliebe der
Geburtshülfe zu. Er ging zur praktischen Ausbildung in diesem
Fache auf ein Jahr nach Prag und Wien und wurde nach seiner
Rückkehr Assistenzarzt des Prof. Cred6 am Trierschen Institut
Der Absicht, sich dauernd der Geburtshülfe zu widmen, stellten
sich Bedenken äusserer Natur entgegen. Angeregt durch Prof.
Dr. Winter besuchte er deshalb in den Jahren 1863 und 1864
von Neuem mehrere Universitäten behufs speciellen Studiums
der Ohrenheilkunde und wurde bei seiner Rückkehr nach Leipzig
im Januar 1865 Assistent des Prof. Dr. Winter. Er übernahm
dessen Poliklinik für Ohrenkranke und prakticirte gleichzeitig
in der Stadt. Durch Prof. Dr. Wagner wurde er. veranlasst,
sich eifrig der pathologischen Anatomie des Ohres zu widmen
und für die Bereicherung derselben hat er, begünstigt durch
die vortrefflichen Einrichtungen des pathologischen Instituts und
die Hingebung seines Directors , durch ^Fleiss und seltene Aus-
XIII. Nekrolog. 133
daner mehr geleistet, als irgend ein Anderer vor ihm. Im Jahre
1866 habilitirte er sich an der Universität Leipzig als Privat-
docent für Ohrenheilkunde und wurde in gerechter Würdigung
seiner literarischen . Leistungen am 23. September 1873 zum
ausserordentlichen Professor befördert. Im Jahre 1 87 1 ver-
heirathete er sich mit Fräulein Florentine Hunzinger, der
Tochter eines Kaufmanns in Crefeld. Mit derselben hinterlässt
der verstorbene Wen dt einen dreijährigen Sohn.
Obgleich Wen dt schon längere Zeit kränkelte, so kam der
Tod sowohl seinen Angehörigen wie seinen Bekannten unerwartet
schnell, da er fast bis in die letzte Zeit hinein mit einem Fleisse
gearbeitet, der dem rüstigsten Manne die grösste Ehre gemacht
haben würde. Er arbeitete täglich im pathologisqhen Institute
mindestens 3 Stunden, mächte sämmtliche Sectionen des Gehör-
organes^j hielt zweimal wöchentlich Poliklinik, ein theoretisch-
praktisches Collegium über Ohrenheilkunde, besorgte seine Privat-
praxis und war ausserdem seiner Familie ein zärtlich liebender
Gatte und Vater. So vieles Gute konnte allerdings nur ein Mann
leisten, der vom grössten Eifer für die Wissenschaft beseelt war.
Mit diesem Eifer verband er eine scrupulöse Gewissenhaftigkeit.
Alle Arbeiten We n d t 's tragen den Stempel der absoluten Zuver-
lässigkeit und werden deshalb auch fUr immer einen bleibenden
Werth behalten, was um so höher anzuschlagen ist, als gerade auf
dem Gebiete der Ohrenheilkunde so manche Arbeiten geliefert
worden sind, von denen man dieses leider nicht sagen könnte.
Wendt leistete auf dem Gebiete der praktischen Ohren-
heilkunde viel Gutes, wie seine poliklinischen Berichte und seine
mit der grössten Gewissenhaftigkeit geführten Journale beweisen.
(Uebersicht über die im Jahre 1865 in meiner Poliklinik für
Ohrenkranke beobachteten Krankheitsfälle. Archiv der Heil-
kunde 1866. Seite 382-384. — Bericht über die Poliklinik,
Archiv für Ohrenheilkunde 1867. Bd. IIL)
Ganz Ausgezeichnetes hat er auf dem Gebiete der patholo-
gischen Anatomie und Histologie geleistet. Was die Massen-
haftigkeit seines Schaffens anbelangt, so kann ihm nur T o y n b e e
ebenbürtig zur Seite gestellt werden. In Wendt ist Toynbee,
was die Tiefe des Forschens, die Sorgsamkeit der mikroskopischen
Untersuchungen betrifft, bedeutend übertroffen. Seine musterhaft
1) In seinem Nacblass finden sich die genaueren Protokolle Über
2000 Sectionen des GehÖrorganes, die er in den Jahren 1866—^1875 im patfaor
logischen Institut in Leipzig gemacht hat. Redaction.
10*
134 Xm. Nekrolog.
geordnete und ttberaos reiche mikroskopische and makroskopische
Präparatensammlung in dem Leipziger pathologischen Institat
liefert den besten Beweis. Die unübertroffenen Forschungen finden
wir in nachstehenden Schriften niedergelegt:
1. lieber schlauchförmige Drüsen der Schleimhaut der Paukenhöhle.
Archiv der Heilkunde 1870. 8. 252—257.
2. Beiträge zur pathologischen Anatomie des Ohres (Diphtheiitis,
Croup). Ibid. 1870. 8. 257—263.
3. Beiträge zur pathologischen Anatomie des Ohres (Fälle von
HimabscesS; Sinusthrombose und Meningitis bei Ohrenleiden).
Ibid. 1870. 8. 562—598.
4. lieber das Verhalten des Gehörganges und des Nasenrachen-
raumes bei Variola. Ibid. 8. 118—167. 1872. 8. 144—416.
5. lieber das Verhalten der Paukenhöhle beim Fötus und beim
Neugeborenen. Ibid. 1873. 8. 97—124.
6. Polypöse Hypertrophie der Paukenhöhlenschleimhaut. Ibid. 1873.
8. 262—274.
7. Secundäre Veränderungen besonders der Schleimhaut im Mittel-
ohr. Ibid. 1873. 8. 274—293.
8. lieber einen wahrscheinlich embolischen Vorgang in der Schleim-
haut der Paukenhöhle. Ibid. 1873. 8. 293—300.
9. Desquamative Entzündung des Mittelohres. Ibid. 1873. 8. 428
bis 447.
10. lieber ein endotheliales Cholesteatom nebst Anmerkungen zur
Histologie der Eigenschicht. Ibid. 1873. 8. 551—562.
11. lieber neugebildete Membranen und Stränge im Mittelohr. Ibid.
1874. 8. 97—100.
12. Die Politzer-Kesserschen Körperchen. Ibid. 1874. 8. 120—129.
13. Krankheiten der Nasenrachenhöhle und des Rachens. Handbuch
der speciellen Pathologie und Therapie von Prof. Dr. H. von
Ziemssen. 1874. VII. Bd. 1. Abth.
Die wissenschaftlichen Vorzüge, welche Wendt in so hohem
Maasse besass, veranlassten mich, im Jahre 1873 längere Zeit im
pathologischen Institut zu Leipzig zu arbeiten. Er hat sich als
der liebenswürdigste College gezeigt ; zu jeder Zeit war er bereit,
sein Wissen in bescheidenster Form mitzutheilen. So streng er
gegen sich war, so mild und gerecht war er in der Beurtheilung
Anderer, wie ich in seinen ürtheilen selbst von ihm gehört und
wovon auch die vielfachen Recensionen und Referate im Archiv
der Heilkunde und den Schmidfschen Jahrbüchern Zengniss
ablegen. Bei dem letzten grösseren Werk^: „Krankheiten der
Nasenrachenhöhle und des Rachens" hatte Wendt seine geistigen
und körperlichen Kräfte zu sehr in Anspruch genommen, so dass
er im Winter 1874/75 an Schlaflosigkeit litt, wodurch seine
Kräfte noch mehr aufgezehrt wurden. Durch einen Frühjahrs-
Xra. Nekrolog. 135
anfenthalt in Wiesbaden schienen sich seine Kräfte wieder zu
heben, allein durch die neuen geistigen Anstrengungen in seinem
Beruf trat bald wieder derselbe Schwächezustand ein, dazu ge-
sellten sich noch Kopfschmerzen und Gedächtnissschwäche, so
dass er im Sommer 1875 Erholung in Thüringen suchen musste^
sie aber leider nicht fand. Die Erscheinungen einer Gehim-
krankheit traten immer mehr in den Vordergrund, so dass er in
die Privatirrenanstalt Lindenhof bei Coswig gebracht werden
musste, wo er seinem Leiden am 21. October 1875 erlag. So
starb Wen dt in Folge übermässiger Anstrengung im Dienste
der Wissenschaft!
Leider war es ihm nicht mehr vergönnt, sein Vorhaben,
auch die pathologische Histologie des inneren Ohres zu bearbeiten,
zur Ausführung zu bringen. Auch ohne dies hat sich Wen dt
durch seine werthvoUen Arbeiten auf dem Gebiete der patholo-
gischen Anatomie und Histologie des Mittelohres ein ehrenvolles
und bleibendes Andenken gesichert. Wir verlieren in ihm einen
gewissenhaften Vertreter und Förderer der Ohrenheilkunde und
wird sein Andenken bei Allen, die sein Streben und seine
Leistungen zu würdigen wissen, in dankbarer Erinnerung fort-,
leben.
Sei ihm die Erde leicht!
XIV.
Gasnistik zar chirurgischen ErSffnaag des Warzen-
fortsatzes
von
fi« Schwartze.
(Fortsetzung von Bd. X. S. 205.)
Fall XVII (62 der Tabelle)»).
Otitis med. puralenta naeli Seharlaeta. Wegren acuter Symptome tob
Himreizungr ErSlEniiiigr des Antrum mastoidenm mit dem Meissel bei
liochsrradiger Sklerose des Warzenfortsatzes. Heilung: (?).
Fritz Kühne^ geb. 1855^ hatte nach Scharlach im Anfange seines
zweiten Lebensjahres neben Idiotie doppelseitige Otorrhoe mit De-
fecten des Trommelfells zurückbehalten. Nach achtjähriger Daner
derselben gelang es mir^ die dauernde Heilung des linken Ohres
herbeizuftthren durch caustische Lösungen von Arg. nitricum. Der
Defect des Trommelfells auf dieser Seite vernarbte.
Die Eiterung des rechten Mittelohrs sistirte nach gleicher Be-
handlung för 4 Jahre ; recidivirte dann und trotzte mehrjährigen
Bemühungen meinerseits hartnäckig. An der hinteren obern Wand
des Gehörgangs^ nahe dem Trommelfellrest war Caries mit der
Sonde nachweisbar. Die Tuba E. war verwachsen am Ost. tympa-
nicum. Anfang April 1873 traten sehr heftige Stihmerzen im Ohr
und Kopf ein, begleitet von Anorexie, Obstipation und unregelmässigen
Fieberanfällen. Dies hatte mit Unterbrechung einzelner Tage, an
welchen der Kranke sich relativ wohlbefand und auch Esslust zeigte,
etwa 1 4 Tage angedauert, als ich mich nach erfolgloser Anwendung
der üblichen antiphlogistischen und ableitenden Mittel entschloss, znr
Eröffnung des Antrum mastoideAm zu schreiten. Dieselbe wurde
mit dem Meissel vorgenommen am 15. April 1873 in der Chloro-
formnarkose unter Assistenz des Herrn Dr. Eysell. Die Operation
war sehr erschwert durch völlige Sklerose des Warzenfortsatzes und
dauerte fast eine Stunde. Schliesslich gelang es in einer Tiefe von
wenig mehr als 2 Ctm. in das Antrum einzudringen. ^ Sogleich nach
1) Nachtrag zur Tabelle Bd. X. S. 25.
I
I
Caauistik zar cbirorg^chen ErOflfoang des Warzenfortsatzes. 137
der Operation floss das in die Knochenöffiinng eingeleitete Wasser
nicht ans dem Gehörgange ab, wohl aber vom zweiten Tage nach
der Operation nn nnd zwar schon bei der einfachen Irrigation in
continnirlichem Strome. In den Schlund drang das Wasser niemals
(Verwachsong der Tnba). Eine fieberhafte Reaction folgte nicht.
Die höchste Temperatur war 37,9 am zweiten Abend nach der
Operation. Nach Ablauf von etwa 4 Wochen, während welcher die
Irrigation anfangs täglich mehrmals, später nur einmal vorgenommen
war, lief das Wasser immer schwerer und schwerer hindurch. Ende
Mai war die Fistel geschlossen unter Hinterlassung einer tiefen
Knochendepression, der Warzenfortsatz aber noch sehr empfindlich
gegen Druck, dabei ohne Schwellung. Geringe Eiterung in der Tiefe
des Gehörgangs bestand fort. Am 29. Mai trat ein epileptiformer
Anfall ein, der erste seit einer Intermission von mehreren Jahren.
Unter täglicher Benutzung eines Glysopomps mit Zusatz von
Kochsalz und Carbolsäure verminderte sich die Eiterung im Gehör-
gang von Woche zu Woche und sistirte endlich im August anschei-
nend vollständig. Mit der Sistirung der Otorrhoe recidivirten aber
die epileptiformen Anfälle häufiger, so dass Ende September gegen
dieselben mit den schon früher bei dem Kranken erfolgreich be-
nutzten Mitteln (Haarseil im Nacken, Belladonna) angekämpft wurde.'
Diese und andere Mittel (Bromkalium etc.) blieben indessen jetzt
erfolglos und weil die AnfäUe sich häuften, und hochgradige Reiz-
barkeit mit Wuthausbrüchen und zunehmenden Schwachsinn im Ge-
folge hatten, wurde Ende 1874 die Aufnahme in eine Irrenanstalt
veranlasst.
Seitdem ist mir keine Nachricht über ihn zugegangen und
kann ich daher über den definitiven Erfolg der Operation in
Bezug auf die Heilung der Eiterung im rechten Ohr nichts Be-
stimmtes aussagen.
Fall XVm (63 der Tabelle).
Epithelialkrebs des Mittelohres, Garies neerotiea Tortftuschend. An-
wendung des seharfen L5ffels im Warzenfortsatz. PalliatiTer Erfolg.
Die Details dieses Falles von primärem Epithelialkrebs des
Mittelohres habe ich bereits Bd. IX. S. 208 mitgetheilt. Er betraf
einen Mann von 55 Jahren, bei welchem die Eröffnung des bei
Druck unschmerzhaften Warzenfortsatzes wegen qualvoller Schmerzen
in der Tiefe des Ohres vorgenommen wurde, in /der falschen An-
nahme, dass es sich um eine einfache Caries neerotiea handele.
Nach Zurückschiebung des Periostes zeigte sich ein Defect der
Gorticalis, der ganze Fortsatz aber im Zustande der malacischen
Caries. Bemerkenswerth ist, dass 3 Monate vorher an der Spitze
des Warzenfortsatzes ein Abscess von .mir geöffnet war, dessen ab-
sichtlich längere Zeit offen erhaltene Incisionsstelle wieder fest ver*
138 XIV. SCHWARTZE
narbt war^ trotz der in der Tiefe fortdauernden Erkrankung des
KnocbenB.
In den etwas vergrösserten Knochendefeet der GorticaliB wurde
mit dem scharfen Löffel eingegangen nnd der Warzenfortsatz grttnd*
lieh ausgeschabt y bis sich die Wände der Höhle vollkommen glatt
zeigten. Die Höhle communicirte mit dem Oehörgang.
Der unmittelbare Effect dieses Eingriffes , welcher keine
fieberhafte Reaction zur Folge hatte^ war ein überraschend
günstiger. Die qualYoUen Schmerzen im Ohr hörten ganz auf, die
Blutungen aus dem Ohr verminderten sich und die Operations-
wunde gewann ein so gutes Aussehen , dass es fUr einige Wochen
die Möglichkeit einer Heilung vortäuschte. Dieser palliative Erfolg
erstreckte sich indessen nur auf 3 Wochen. Der weitere Yerlai^
und Sectionsbeftind des Falles ist (1. c.) bereits beschrieben.
Fall XIX.
TSUig gelöster Sequester im Antrum mastoideum. Fistelgang naeh
dem äusseren OehSrgang« Cireomseripte Nekrose im Suleus trans»
versus. Er9ffnung der mittleren Sehädelgmbe statt des Antrum
mastoideum wegen Missbildung des Felsenbeines. Tod dureh
traumatische Convexitätsmeningitis.
(Hierza eine Temperatarcurve.)
R. S.; 12 Jahr alt, hat seit 7 Jahren linkseitige Otorrhoe nach
Scharlach. Im Laufe einer mehrjährigen Behandlung hat Prof.
V. Tröltsch 5 Mal kleine Sequester aus dem Oehörgange entfernt.
Der äussere Gehörgang war hochgradig verengt durch halbkuglige
Exostosen an der unteren Wand. Hinter der Verengung waren
polypöse Granulationen sichtbar, die von der obem-hinteren Wand
ihren Ursprung zu nehmen schienen. Im Grunde derselben kam die
an der Spitze winklig umgebogene Sonde an der hintern obern Wand
des knöchernen Gehörganges in eine Fistelöffnung und konnte im
Knochen in der Bichtung nach dem Proc. mastoideus weiter geführt
werden. Anschwellung oder Schmerzhaftigkeit des letzteren von
aussen war nie bemerkt worden, auch zeigten die Weichtheile über
demselben keine Infiltration, die entsprechenden Lymphdrüsen keine
erhebliche Schwellung. Beim Valsalva 'sehen Versuch war ein
laut zischendes Perforationsgeräusch hörbar. Die Taschenuhr wurde
nicht mehr beim Andrücken gehört, weder von der Ohrmuschel noch
vom Knochen. G vom Scheitel nach dem gesunden rechten
Ohr allein hörbar.
Der Knabe hinkte in Folge einer seit Kurzem abgelaufenen
sein Coxitis, sonst war sein Allgemeinzustand tadellos. Bisher nie
Symptome von Hirnreizung.
Bei der Erfolglosigkeit der voraufgegangenen consequenten Be-
handlung und bei der naheliegenden Gefahr der Eiterretention wegen
der in Zunahme begriffenen und bereits sehr beträchtlichen knöcher-
CaaaiBtik zur chirorgischeii Eröffnniig des Warzenfortsatzet. 139
nen VereDgnng des GehSrganges, atämmten t. TrOltach und ich
daria ttbereiD, daes eine Heilung des das Leben bedrohenden Knocben-
leideuB nur durch eine Operation, eei es Wegnahme der hTperostoti-
schen ÖehSrgangspartie , sei ea Eröffiinng des Warsenfortsatzes , zn
erzielen sein wUrde, in dessen Antram der Hanptheerd' der Erkrankung
mit Wahrscheinlichkeit zn vermnthen war, weil der in den äusseren
GehOrgang mttndende Fistelgang nach dieser Richtung zu verlaufen
schien.
Znr Ansfttbning der Operation schritt ich am 24. April 1873
unter Assistenz der Herren Dr. Eysell und Weitz.
Der StSmm der durchschnittenen A. anricularia posterior musste
unterbunden werden. Der Meissel wurde in der Höhe der Linea
temporalis aufgesetzt und parallel mit der hinteren Wand des GehOr-
gangs etwa 1 Ctm. tief in den sklerotischen Knochen ein trichter-
förmiges Loch geschaffen. Im Grunde dieses Trichters wurde die Dnr»
mater blosgelegt. Das Antrum schien Terknöchert. Um die Operation
nicht ganz zwecklos zu lassen, entfernte ich ein Stück der hinteren
Wand des knSchemen GehSrgangs mit dem Heissel, um anf diese
Weise der Retention des Eitere für die Zukunft vorzubengen. Die
Granu] ationswncherungen hinter den Exostosen wurden mit dem
scharfen LSffel entfernt.
. Carve zu Fall XIX. Achseltemperatar.
Wegen der Bloalegung der Dura mater wurde nach List er
verbunden. Die der Operation folgende Nacht war unruhig, der
folgende Tag aber noch fieberfrei. In der Nacht vom 25. zum
26. April wurde P. durch heftige Kopfschmerzen erweckt, die ihn
schlaflos machten. Sie hatten ihren Sitz im Scheitel und strahlten
von da aus im ganzen Kopfe. Am Morgen des 26. war die Tem-
peratur 38,8'', die Pulsfrequenz 130, am Abend 39,6 und am nächsten
Morgen bereits 40,0" (vgl, die beigefügte Temperaturcurve). Es war
sofort Eis auf den Kopf gelegt und Calomel mit Jalappa innerlich
verabreicht,
27. April. Die gestrige Blässe des K. ist einer starken Räthnng
des Gesichts gewichen. Mehrmaliger Durchfall ins Bett. Schleim-
brechen. Wunde von gutem Ansehen.
28. April. Verflossene Kacht sehr unmfaig. P. bat viel ge-
140 XIV. SCflWARTZE
sprochen, laut geträumt, viel getrunken, mehrmals gebrochen. Bei
andaaemder Röthe des Gesichts bleibt der Puls sehr freqnent (120)
und die Temperatur über 40 <^. Gegen Abend spricht P. viel Unsinn,
schreit häufig, gibt aber auf lautes Anreden vemünftige Antwort,
trinkt auf Zureden Bouillon, isst Compot und Fruchteis.
29. April. In der Nacht spricht P. fast fortwährend, klagt
über Schmerz im rechten Bein. Tags über sehr unruhig, spricht
fast unaufhörlich, schreit laut auf, vermehrte Klage über das rechte
Bein, dessen Beweglichkeit erschwert und schmerzhaft erscheint. Reiset
Nachmittags den Verband ab. Parenchymatöse Blutung aus der
Wunde. Gegen Abend Delirien, unregelmässiger Puls. Wunde wird
auffallend trocken. Spät Abends wegen zunehmender Unruhe sub-
cutane Injection von Morphium in das schmerzhafte Bein, an welchem
objectiv nichts bemerkbar ist.
In den folgenden Tagen bei fortdauerndem Fieber andauernde
Delirien, lallende Sprache, Harnlassen ins Bett. Dabei erhaltenes
Bewusstsein, hält selbst das Glas beim Trinken, zeigt auf GeheiBs
die Zunge. Das rechte Bein wird unbeweglich gehalten, auch der
rechte Arm schien paretisch.
1. Mai. Klonische Krämpfe im Gebiet des linken Facialis,
besonders am Mundwinkel und Orbicularis. Pupillen ohne Verän-
derung bis zum 3. Mai, wo massige Dilatation auffällt.
3. Mai. P. bohrt den nach rechts gedrehten Kopf nach hinten
ins Kissen. Härtb der Nackenmuskeln, besonders rechts.
4. Mai. Bohren mit den Kopfe nach hinten auffälliger. Ver-
zieht den Mund beim Schreien nach rechts. Puls frequenter, kleiner
und unregelmässig. Therapie: Eis, Morphium subcutan.
5. Mai. Bei fortdauerdem Bohren mit dem Kopf nach hinten
Sprache wieder deutlicher, Bewusstsein klar. Trinkt viel und hält
selbst das Trinkgeschirr. Nimmt 3 Tassen Bouillon.
6. Mai. Fortdauer scheinbarer Besserung. Nimmt Bouillon und
Milch. Lässt Urin ins Nachtgeschirr. Spricht fast fortwährend in
grosser Hast, einzelne Worte deutlich verständlich, ist bei ziemlich
klarem Bewusstsein. Bekommt durch Injection von 0,01 Morphium
keinen Schlaf mehr. Puls andauernd gegen 130.
7. Mai. Das hastige Schwatzen dauert an. Das rechte Knie-
gelenk zeigt sich heiss und geschwollen.
Nachmittags Frösteln. Gibt deutlich zu verstehen, dass er im
Kopf keinen Schmerz mehr fühle,, sondern nur im Bein. Trinkt
Bouillon, Milch, Kaffe etc.
8. Mai. Spricht fortwährend. Zittert. Cyanose an den Lippen.
Puls sehr klein und äusserst frequent, gegen 140. Isst eingeweichte
Semmel, trinkt Bouillon und Wein.
Nachmittags dilatirte und träge reagirende Pupillen. Fortwähren-
des Delirium. Völlig ohne Bewusstsein. Abends Puls unzählbar und
unregelmässig.
9. Mai. In der Nacht viel mit den Armen geschlagen und das
Gesicht verzerrt. Früh Morgens Convulsionen. Bald danach Koma,
schnarchendes, später röchelndes Athmen. Kalte Extremitäten. Sehr
Casaistik zur chirargischen Eröffnang des Warzenfortsatzes. 141
kleiner^ nnregelmässiger und unzählbarer Puls. Temperatur steigt
auf 40,6<>. Tod gegen 11 Uhr Vormittags.
Section (mit Prof. Steudener) am 10. Mai früh.
Eitrige Meningitis au der Convexität, besonders links vorn ein
eitriger Beschlag von mehi'eren Linien Dicke. In der mittleren linken
Schädelgrube, entsprechend dem U^bergang der Pars squamoäa in
die Pars petrosa des Schläfenbeins ist eine etwa erbsengrosse Stelle
der Dura mater verfärbt, eitrig infiltrirt und haarfein perforirt. Von
der Tabula vitrea ist ein feiner spitziger Splitter abgesprengt und
steht in solcher Richtung zur Dura mater, dass durch ihn offenbar
die entzündliche Beizung und Perforation der Dura herbeigeführt
ist. Dieser entzündeten Stelle in der Dura mater entspricht nicht
der stärkste Eiterbeschlag auf der Pia^ sondern dieser findet sich in
der vordem Schädelgrube und zwar hier bis zu einer Dicke von
mehreren Linien. An der Convexität des Gehirns zeigt die Pia
auch auf der rechten Hirnhälfte Eiter längs der Gefässe.
Die Seitenventrikel im Gehirn sind hochgradig erweitert und
enthalten viel trübes Serum. Die Erweiterung ist so hochgradig,
dass sie kaum allein auf den acuten entzündlichen Erguss bezogen
werden kann.
Eitriger Erguss im linken Kniegelenk; Synovialhaut geröthet,
Enorpeloberfläche intact. Brust- und Bauchhöhle nicht geöffnet.
Das aus dem Schädel entfernte linke Schläfenbein zeigt an
der unteren Wand des Gehörgangs rundliche Exostosen, das Trom-
melfell nach unten perforirt, und hochgradig atrophisch verdtlnnt.
Hinten oben im Gehörgang, nahe dem Trommelfell, ist die rundliche,
liberhäutete Oeffnung eines feinen Fistelganges, der in das Antru^i
mastoideum führt und von dort bis zu einem sehr kleinen Sequester
in der Wand des Sulcus tränsversus verfolgt werden kann. Das
Antrum selbst ist sehr erweitert und enthält einen völlig ge-
löstenSequester, dessen grösste Länge 1,1 Ctm., dessen grösste
Breite 0,9 Ctm. beträgt. Er ist sehr porös, mehrfach durchlöchert
und in der Mitte durch eine ganz schmale Brücke in zwei ungleiche
Theile geschieden. Deutliche Zeichen fortschreitende;- Verzehrung.
Neben dem- Sequester und ihn umschliessenden Granulationen ist in
der Höhle eine grosse Menge von epidermisartiger Masse (grosse
Plattenepithelien ohne Cholestearinkrystalle), die in mehrfacher
Schichtung die Wandungen der grossen Höhle bekleidet. Unter
dieser Decke sind die knöchernen Wandungen glatt und weiss.
Auf der hinteren Fläche der Pyramide, ganz nach aussen und
2 Mm. unterhalb der Crista, da wo sich unter normalen Verhält-
nissen oft eine kleine pneumatische Nebenhöhle des Antrum in der
Pars petrosa befindet, erscheint eine kleine Knochenlücke, die durch
eine epidermisartige Masse geschlossen erscheint. Durch diese Lücke
kommt man in das erweiterte Antrum. Der Ueberzug der Dura
matei" an dieser Stelle ist ohne auffallende Veränderung. Der ver-
ticale Theil des Warzentheils , die eigentliche Zitze, bestand, dem
Lebensalter entsprechend, nur aus spongiösem Knochengewebe.
Die Tuba Eust. war weit und frei, die Schleimhaut ihres
1
142 XIV. SCflWARTZB
knöchernen Theiles verdickt. ' Die Wände der Paukenhöhle von
einer verdickten und gerötheten Schleimhant bekleidet, zeigten nir-
gends Caries. Von den Gehörknöchelchen nur der Stapes erhalten
nnd zwar in sita nnd beweglich.
Vom inneren Ohre, das ich erst genauer untersuchte, als das
Präparat Jahre lang in Alkohol gelegen hatte, vermag ich nur mit Be-
stimmtheit zu sagen, dass es makroskopisch nichts Besonderes zeigte,
dass sich jedenfalls kein Eiter in seinen Höhlen vorfand, ebenso-
wenig wie Eiter an den Nervenstämmen im Perus acusticus intemus
bei der Herausnahme des Gehirns zu bemerken gewesen war.
Die zu Anfang des Sectionsbefundes erwähnte, entzündete Stelle
der Dura mat^r liegt im Grunde der trichterförmigen Operations-
wunde. Durch letztere ist überhaupt nicht dasAntrum^
sondern die mittlere Schädelgrube eröffnet in Ausdehnung von t Ctm.
Länge und 0,5 Gtm. Breite. Die äussere Knochenwunde ist 1,5 Ctm.
lang und 1 Ctm. hoch, überschreitet nach hinten die Höhe der
Linea temporalis um 1 Mm. Die Enochenöffnung ist im Ganzen
etwas zu weit nach vom und oberhalb des Gehörganges gemacht^
statt nach hinten und oben von demselben. Indessen ist diese Ab-
weichung von der üblichen Eröffhungsstelle des Antrum so gering,
dass unter normalen Bildungsverhältnissen des Knochens trotzdem
die Oeffhung hätte das Antrum treffen müssen. Bs bestand jedoch
eineBildungsanomalie der Pars petrosa, deren auffallendste
Merkmale in einer Abflachung der Pyramide mit Abrundung der
Crista und halbkugliger Vortreibung der hinteren Fläche in die
Augen springen. Diese Deformität der Pyramide, welche die Lage-
veränderung des Antrum bedingte, war einseitig und ist deshalb
vielleicht als eine Folge mangelhafter Formentwicklung wegen des seit
erster Kindheit bestehenden schweren Knochenleidens aufzufassen.
Epikrise.
Für diesen Fall erreichte der Operationsversuch nicht nur
seinen Zweck nicht, sondern hatte ausserdem den Tod des F.
an traumatischer Meningitis zur Folge. Den Zweck, nämlich
die Eröffnung des Antrum, verfehlte er wegen einer Missbildung
des Felsenbeines, durch welche eine anomale Lage des Antrum
herbeigeführt war, in Verbindung mit einem Operationsfehler.
Die Eröfhung des Knochens war etwas zu hoch und zu weit
nach vom gefallen. Der Tod war Folge der Absplitterung eines
Stückes der Tabula vitrea, welche die Dura mater reizte nnd
perforirte. Die einfache Bloslegung der Dura mater ohne diese
unglückliche Complication hätte ohne Ge&hr ftir das Leben bleiben
können, wie z. B. in Fall 2 und Fall 1 5.
Die Annahme intra vitam, dass der Hauptheerd. der Erkran-
kung im Antrum mastoideum lag, ist durch die Section* bestätigt.
Casuistik zur chirurgischea Erüffnang des Warzenfortsatzes. 143
Es fand sich ein völlig gelöster Sequester in demselben vor und
kann darüber, dass eine Indication zur Eröffnung des Antrum
vorlag, kein Zweifel bestehen. Dieselbe wäre auch unter nor-
malen anatomischen Formverhältnissen sicher von bestem Er-
folge gewesen, wie sich aus den Verhältnissen bei der Section
ergab. Die bei Lebzeiten zu öfteren Malen aus dem Gehörgange
extrahirten kleinen Sequester hatten sich zweifellos durch die
zehrende Einwirkung der Granulationen von dem grossen Sequester
im Antrum abgelöst und durch den langen Fistelkanal in den
Oehörgang entleert. Bei der hochgradigen Porosität des Sequesters
war wohl annehmbar, dass im Laufe der Zeit eine weitere Ein^
Schmelzung, resp. Verkleinerung des Sequesters hätte Platz greifen
können, ja, bei der relativen Kleinheit des Sequesters war nicht
undenkbar, dass der Sequester allmählich durch die Granulationen
ganz aufgezehrt worden wäre. Dieser Process wäre aber so lang-
sam erfolgt, dass höchst wahrscheinlich unterdessen die lethalen
Folgezustände der anderweitigen Veränderungen im Felsenbein
(circumscripte Nekrose im Sulcus transversus und Perforation des
Felsenbeins an der hinteren Fläche der Pyramide) nicht ausge-
blieben wären, in Gestalt der Phlebitis des Sinus transversus
und der Meningitis, resp. Encephalitis. — Von prognostisch be-
sonders schwerer Bedeutung war schliesslich die hochgradige
Verengerung des knöchernen Gehörgangs, welche bereits die
Eeinigung des Ohres aufs geringste Maass beschränkte. Auch
ohne die anderen Complicationen wäre der Kranke sicher bald
der so bedingten Eiterretention erlegen. Diese Verengerung war
es auch, die v. Tr ölt seh zunächst veranlasst hatte ^ mir den
Kranken behufs operativen Eingriffes zuzusenden.
Von den Symptomen der durch die Operation herbeigefiihrten
traumatischen Convexitäts-Meningitis, die sich zur 'Verletzung der
Dura mater hinzugesellte und dieser entsprechend vorzugsweise
auf der linken Hemisphäre bestand, will ich nur die rechtseitige
Lähmung der Extremitäten hervorheben als dasjenige, welches
am frühesten entscheidend für die Diagnose sein musste. Sie
ist weniger als Folge eines Druckes der Entzündungsprbducte
auf der linken Hemisphäre aufzufassen, als in einer von der
weichen Hirnhaut auf die motorischen Gentra der grauen Rinden-
substanz des Gehirns fortgeleiteten Zellenwucherung und diffusen
Schwellung zu suchen.')
1) Vgl. BergmaoB, Die Diagnose der traamatischen Meningitis.
Sammlung klin. Vortr. v. Yolkmann. Nr. 101. S. 841.
144 XIV. SCHWARTZE
Die eitrige Entzündung im rechten Kniegelenk gehört nicht
zn dem sonstigen Erankheitsbild der traumatischen Meningitis,
sondern ist als eine secnndäre oder pyämische Gomplication zn
deuten.
Um für die Zukunft in ähnlichen Fällen sicher zu dem
Sequester zu gelangen , ohne Gefahr , die Schädelkapsel zu er-
öffnen, würde es sich vielleicht empfehlen, die Operation damit
zu beginnen, dass nach Ablösung der Ohrmuschelinsertion zunächst
die hintere Wand des Glehörganges mit dem Meissel so weit
fortgenommen wttrde, bis man die Fistelöffnung erreicht hat und
dann der Fistelkanal selbst erweitert und, wenn ausfahrbar, bis
zum Sequester verfolgt würde. Im vorstehenden Falle würde ein
solches Verfahren gut ausführbar gewesen sein und wohl sicher
auch zum Ziele geführt haben.
Fall XX.0
Malaeisehe Caries im Warzenfortsatz. Oebraaeh des scharfen LtMfels«
Heilnngr nach 19 Monaten«
-Ernst Ferkel aus Halle, geb. 1870, bekam im April 1873 eine
rechtseitige, acute Otitis, in Folge deren sich unter beftigeir Schmerzen
Anfang Mai ein Abscess auf dem Proc. mastoid. bildete. Nach Er-
öffnung desselben, Anfangs Mai 1873, zeigte sich in der Knochen-
wand ein grosser Defect, durch den man bequem den kleinen Finger
einführen konnte. Durch dieselbe Oeffnung wurde einige Tage
später mit dem kahnf(5rmigen scharfen Löffel eingegangen und eine
Masse schlechter Granulationen und cariös erweichter Knochenpartien
fortgenommen. Die Wundhöhle von Eichelgrösse wurde nicht mit
Carbolsäurelösung; sondern mit ölgetränkter Wundwatte verbunden.
Da diesem Eingriffe durchaus kein Fieber folgte^ wurde Pat. schon
nach den beiden ersten Tagen wieder ambulatorisch behandelt. Die
ganze Wunde granulirte gut; doch liess auch hier die Heilung
einige Monate auf sich warten. Anfang August schien zwar der
Gehörgang dauernd trocken und das Trommelfell graublau ohne
Eiterbelag, aber eine Fistel hinter dem Ohre bestand noch fort.
Im Anfang October war Wieder mehr Eiter in der Tiefe des Gehör-
gangs sichtbar, auch die Fistel hinten noch immer nicht geschlossen^
doch wollte es nicht mehr gelingen, Wasser von der Fistel' aus in
den Gehörgang zu spritzen. Auch im December 1873 war der
Krankheitsprocess noch nicht als völlig ausgeheilt zu betrachten.
Die Fistel war zwar vollständig fest geschlossen und der Gehörgang
bei oberflächlicher Betrachtung stets trocken, doch zeigte sich bei
genauer Untersuchung mit dem Spiegel auf der Oberfläche des
t) Theil weise in der Dissertation von Dr. Weitz (Halle 1874) als
Fall V angefahrt.
Casuistik znr chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 145
Trommelfells immer noch zeitweise ein geringer, eitriger Belag.
Erst im Jannar 1874 kehrte derselbe nicht wieder. Seitdem ist
durch wiederholte Untersuchungen in längeren Zwischenräumen die
dauernde und vollständige Heilung constatirt. Die hintere Wand des
Gehörgangs war, dem Zuge der Narbencontraction folgend, nach
hinten etwas buchtig ausgedehnt. —
Fall XXI.
Otitis med. acuta mit Ausgang in Caries des Warzenfortsatzes. Er-
weiterung einer engen Fistelöffnung in demselben. Heilung.
Böhme, Fabrikant aus Apolda, geboren 1795, erkrankte Anfang
April 1873, also in seinem 78. Lebensjahre an Otitis med. purulenta
dextra. Nach sechswöchentlicher Dauer anhaltender Schmerzen kam
er am 18. Mai in meine Behandlung. Centrale Perforation des Trom-
melfells, entzündliches Oedem am Proc. mast. Uhr nicht beim An-
drücken hörbar. Stimmgabeltöne vom Scheitel nach dem kranken
Ohr. Die übliche Behandlung mit Blutegeln, Abführmitteln und
Wilde'schem Schnitt brachte nur für kurze Zeit Linderung. Nach
vollständiger Verheilung des Schnittes wurde der Warzen-
fortsatz von Neuem schmerzhaft und es bildete sich in der Umgebung
des Ohres eine ganz colossale Infiltration, bretthart und von hufeisen-
förmiger Gestalt, wie ich sie in ähnlicher Ausdehnung nur selten
gesehen habe. Trotz Jodanstrich und wochenlanger Anwendung von
Breiumschlägen verminderte sich die Härte nicht, bis schliesslich in
der Gegend der Wurzel des Warzenfortsatzes undeutlich Fluctuation
fühlbar wurde. Der Kranke war nicht zu einer zweiten Incision zu
bewegen und wartete den spontanen Aufbruch des Abscesses ab.
Nach Bildung von zwei Fistelöfinungen fiel die Geschwulst be-
trächtlich zusammen. Als aber auch danach die Schmerzen nicht
aufhörten und der Kranke nach wie vor schlaflose Nächte hatte,
wurde ich im Juli von Neuem requirirt. Der für, sein hohes Alter
noch ausserordentlich rüstige Kranke war durch die lange Dauer der
Schmerzen so reizbar geworden, dass er sich ohne Chloroform nur
schwer untersuchen liess. Durch die obere Fistelöffnung drang die
Sonde zweifellos auf cariösen Knochen. Die schon bestehende Oeff-
nung in der Corticalis des Warzenfortsatzes wurde so viel erweitert
(mit der Hohlsonde und dem scharfen Löffel), dass Wasser von hinten
eingespritzt, ganz leicht nach dem Gehörgange wieder abfloss. Von
da ab hörten die Schmerzen ganz auf und auch die Infiltration der
Umgebung verschwand nach und nach unter hydropathische^ Um-
schlägen. Die Knochenfistel wurde durch eingelegte Drainröhre offen
erhalten und täglich mit Kochsalz Carbolwasser durchspült.
Anfang September waren die Fistelöffnungen hinter dem Ohre
fest verheilt. Mitte September hörte auch jede Eiterung aus dem
Gehörgange auf.
Im October trat Erysipelas ein, welches sich über Kopf, Nacken
146 XIV. SCHWARTZE
und Gesicht ausbreitete) und vielleicht noch im Zusammenhang mit
dem Ohrleiden stand.
Am 20. November überzeugte ich mich von der vollständigen
Heilung des Ohrleidens. Die Perforation des Trommelfells war ver-
heilt; die Paukenhöhle lufthaltig. Das Gehör ebenso gut wie auf
dem zweiten Ohre. Seitdem innerhalb von 2V2 Jahren kein Recidiv
der Entzündung und vollständiges Wohlbefinden. —
Dass Garies im Warzenfortsatze im höchsten Lebens-
alter in relativ kurzer Zeit zur Heilung gelangt, wie in unserem
Falle, ist vielleicht ein Ausnahmsfall. Von entscheidendem Ein-
:fluss darauf waren die aussergewöhnlich günstigen constitutio-
nellen Verhältnisse des Kranken. Jedenfalls ist aber nicht zu
bezweifeln, dass erst mit der Dilatation der engen Enochenfistel
im Warzenfortsatz ein dauernder Nachlass der Schmerzen und
überhaupt eine günstige Wendung im Verlauf herbeigeführt wurde.
Die Wilde 'sehe Incision brachte nur für ganz kurze Zeit Bes-
serung und vernarbte dann, während unter der Hautnarbe das
Enochenleiden fortschritt. Wir haben sonst gewöhnlich in dem
Fistulöswerden der Incision einen sicheren Anhaltspunkt fttr die
in der Tiefe fortdauernde Erkrankung des Knochens, sehen aber
auch in diesem Falle wieder, dass das Gegentheii durch die Ver-
narbung der Incision nicht erwiesen wird (vgl. Bd. X. S. 31,
Fall ni).
Fttr die Abkürzung der Leiden des Kranken wäre es jeden-
falls zweckmässiger gewesen, nicht den spontanen Aufbruch des
Abscesses abzuwarten, sondern gleich die erste Incision mit des
Eröffnung des Antrum mastoideum zu verbinden.
Fall XXII.
Otitis med. purol* ehroniea mit Fistel am Proe. mastoldeus. Er-
öffnung dessel1>en mit Meissel und scharfem L5ffeL ,,Cholesteatom^^.
Keine Heilung nach zwei Jahren.
Emilie Albrecht, 23 Jahre alt, aus Gelselrehlitz bei Mücheln,
stammt von gesunden Eltern, leidet seit frühester Kindheit an eitrigem
Ausfluss ans dem rechten Ohre mit zeitweisem Schmerz in demselben.
In ihrem 14. Jahre bekam sfe, angeblich in Folge einer Er-
kältung beim Baden die „ Kopfrose ", die jedoch auf die rechte Seite
beschränkt blieb. Nach kurzem Bestehen derselben bildete sich
hinter dem rechten Ohre ein Abscess, der unter warmen Umschlägen
aufbrach und nach 8 Wochen wieder zuheilte. Seit dieser Zeit
zeigten sich öfter Anschwellungen an derselben Stelle, die immer
mit heftigen Kopfschmerzen verbunden waren. Die AnschweUungen
wurden durch Auflegen warmer Umschläge gewöhnlich in wenigen
Tagen beseitigt.
Casuistik zur chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 147
In ihrem 17. Jahre litt Patientin 16 Wochen am „Typhus".
Vor 3 — 4 Jahren gesellte sich zu den genannten Beschwerden
«in Ekzem der rechten Ohrmuschel und will Patientin damals zuerst
durch ihren Arzt darauf aufmerksam gemacht sein^ dass sie auf
diesem Ohre schlechter höre.
Im August vorigen Jahres brach der Abscess hinter dem Ohr
wieder auf und stellte sich Patientin zuerst am 15. November 1873
in der Poliklinik für Ohrenkranke vor. Der objective Befund war
folgender :
Chronisches Ekzem der rechten Ohrmuschel und des äusseren
Gehörgangs. Trommelfell stark verdickt, perforirt in der Mem-
brana Shrapnelli. Sinuöser Abscess auf dem Proc. mastoideus. Die
Sonde dringt von der Fistel hinter dem Ohr in der Richtung nach
innen, vorn und oben auf rauhen Knochen. Stimmgabeltöne werden
von jeder Stelle des Schädels aus nach dem kranken Ohr
allein wahrgenommen.
Am 13. December 1873 hatte sich auf der hinteren Wand des
Gehörgangs ein Polyp entwickelt, der am 20. December entfernt
wurde.
Am 7. Februar 1874 wurde zur Eröffnung des Warzenfortsatzes
geschritten. In denselben führte ein feiner Fistelkanal, der mit dem
Meissel so viel erweitert wurde, dass es möglich war, den scharfen
Löffel einzuführen. Der Fortsatz enthielt eine einzige grosse,
glattwandige Höhle, welche vollständig erfüllt war von sog.
Cholesteatommasse (Epidermis und Cholestearin). Grosse Mengen
zwiebelartig geschichteter Fetzen von diesem Inhalt wurden mit dem
scharfen Löffel herausbefördert. Unmittelbar nach der Operation
war keine Communication zwischen der Warzenhöhle "und dem Gehör-
gange für Einspritzungen nachweisbar, aber schon nach • 4 Tagen
bei schwächstem Druck, auch nach dem Schlünde. Verband mit
ölgetränkter Wundwatte. Die fieberhafte Reaction nach der Operation
war sehr gering, blieb auf 5 Tage beschränkt. Die höchste Tem-
peratur war 38,8 ö am zweiten Abend nach der Operation.
Ungewöhnlich lebhafte Klage über Kopf- und Zahnschmerzen
mit Schlaflosigkeit in den ersten 6 Tagen nach der Operation machten
subcutane Injectionen von Morphium erforderlich.
Während der ersten 8 Tage wurde P. täglich 2 Mal verbunden,
von dem 15. Februar ab, da die Eiterabsonderung nicbt bedeutend
war und nach dem jedesmaligen Verband Kopfschmerzen eintraten,
nur 1 Mal. — Am 12. Tage nach der Operation verliest P. zum ersten
Mal das Haus und ging seitdem täglich längere Zeit ins Freie, worauf
die Kopfschmerzen abnahmen. Vom 26. Februar bis zum 28. März
wurde zum Offenhalten des Fistelkanals ein Bleinagel getragen..
Derselbe hatte eine Länge von 2 V2 Ctm. und die Dicke einer starken
Bleifeder. Die Granulationswucherung in der Tiefe war eine so
kräftige, dass trotz des eingelegten und allmählich verkürzten Blei-
nagels die Durchgängigkeit des Kanals für den Wasserstrahl gegen
Ende März schon ausserordentlich schwer zu erhalten war. Dabei
zeigte die Fistelöffnung ausgesprochene Neigung zur narbigen Re-
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 11
148 XIV. SCHWARTZE
traction. Die Eiterabgonderung ans dem Gehörgange war sehr gering
geworden. Unter diesen Umständen wurde am 28. März der Versuch
gemacht, den Bleinagel ganz fortzulassen und den Fistelkanal zuheilen
zu lassen. P. wurde aus der Klinik entlassen und reiste nach Hanse
mit der Anweisung, von der Fistel und vom Gehörgange aus täglich
einmal auszuspritzen. Es lief sowohl das ins Ohr hineingespritzte
Wasser aus dem Fistelkanal heraus, als auch umgekehrt. Ebenso
konnte man von dem Fistelkanal aus Wasser durch die Paukenhöhle
und Tuba in den Nasopharyngealraum treiben.
Doch schon 14 Tage später kam sie. wieder mit der Klage
über heftige Kopfschmerzen, die ihr ^e Nachtruhe raubten.
Die Fistel war leicht verklebt und gestattete ein Eindringen
der Sonde bis zu einer Tiefe von 1,5 Ctm. Die häuslichen Ans-
spritzungen waren nur ungenügend und unregelmässig vorgenommen
worden. Die P. bekam einige Morphiumpulver mit und sollte in
8 Tagen zurückkehren, um abermals dann nochmals einige Wochen
hier zu bleiben, damit die Nachbehandlung in der gehörigen Weise
stattfinden konnte (Catheter). Dies geschah während der zweiten
Hälfte des April und Anfang Mai. Mit vollständig fest verheilter
Fistel wurde sie bei vortrefflichem Allgemeinbefinden und frei von
allen Schmerzen im Ohr und Kopf abermals in ihre Heimath ent-
lassen. Auch am 18. Juli 1874 war ihr Allgemeinbefinden ohne
Klage, aber Eiterung aus dem Ohr dauerte fort, wenn auch germg.
Die Perforation am oberen Pole des Trommelfells bestand fort. Vom
Ohr eingedrücktes Wasser drang leicht in den Schlund. Durch den
Catheter eingespritztes Wasser floss nicht aus dem Ohre wieder ab.
31. October 1874. P. hat unterdessen geheirathet und ist
schwanger. Hörweite 1 Ctm. Geringe Eiterung in der Tiefe des Ge-
hörganges sichtbar, aber ftlr die Kr. nicht bemerkbar. Perforation
besteht fort. Zinklösung.
Die letzten Nachrichten stammen vom 18. Januar 1876, also etwa
2 Jahre nach der Operation. Die Kr. ist stets frei von allen
Beschwerden im Kopfe geblieben. Die tief eingezogene
Narbe am Warzenfortsatz, die etwas höher liegt als der äussere
Gehörgang, soll inzwischen wiederholt wiederaufgebrochen sein mit
Entleerung von Eiter fttr einige Tage. Eiterung aus dem Ohr be-
steht noch immer. Es sind keine Granulationswucherungen im Gehör-
gange vorhanden. Das sehr verdickte Trommelfell ist perforirt in
der Membrana Shrapnelli. Aus dieser Stelle dringt auch die durch
den Catheter l^ingeblasene Luft unter piependem Geräusch heraus.
Fall XXTTT.
Caries des Warzenfortsatzes. Gebrauch des scharfen LSffels. Keine
Heilung nach 2 Jahren.
•
Hermann Spalteholz, aus Napperwitz bei Würzen (Königreich
Sachsen), geb. 1856, Zimmerlehrling, leidet seit erster Kindheit an
linkseitiger Otorrhoe und Taubheit. Vor 2 Jahren hatte sich auf
dem linken Warzenfortsatz ein Abscess gebildet, welcher incidirt
Casuistik zar chiTurgiscben Eröffnung des Warzenfortsatzes. 149
wurde. Die Incisionsstelle heilte zu. Vor einem Jahr wieder ein
Abscess unter geringen Schmerzen ^ der sich spontan öffnete. Eine
Fistel blieb zurück. Von Zeit zu Zeit sehr heftige Schmerzen im Kopf
und Ohr. Seit 3 Wochen neue Anschwellung hinter dem Ohr.
Status praes. vom 15. Juni 1874. Hinter dem linken Ohr eine
htihnereigrosse fluctuirende Anschwellung mit zwei Fistelöfl&iungen,
deren eine hoch oben unter der Linea temporalis, die andere nahe
der Spitze des Fortsatzes sich befand. Stinkende Otorrhoe. Das in
den Gehörgang unter einigem Druck eingespritzte Wasser dringt aus
beiden Fistelöffnungen heraus.
Operation am 15. Juni ^874: Die beiden Fisteln wurden durch
einen Schnitt vereinigt, die Weichtheile zurückgeschoben und dann,
da im Warzenfortsatz bereits eine hinreichend grosse cariöse Oeffnung
vorhanden war, mit dem scharfen Löffel in denselben eingegangen
und die ganze Höhle, so weit es möglich war, ausgeschabt. Oelver-
band, täglich desinfieirende Irrigation mit Zusatz von Kali hyper-
manganicum, später Bleinagel. Höchste Temperatursteigerung dar-
nach 38,4 ö. Nur zwei Tage blieb der Kranke im Bett.
Am 5. Juli 1874 reiste P. in seine Heimath und hatte inzwischen
gelernt, sich selbst gut zu verbinden. Die Knochenhöhle war voll-
ständig mit Granulationen ausgekleidet; biosliegender Knochen nir-
gends mehr fühlbar und sichtbar. Die äussere Wunde war bereits
sehr verkleinert.
Am 19. DeceAber 1874 bestand nur noch der Fistelkanal, in
welchen sich der P. inzwischen selbst den Bleinagel von 3 Ctm.
Länge und 0,5 Ctm. Dicke täglich eingeführt hatte. Um das Heraus-
fallen bei der Arbeit zu verhindern, war derselbe mit einem breiten
Gummiband versehen und dieses um den Kopf geschlungen. Das
in die Fistel eingespritzte Wasser floss im Strahl aus dem Gehör-
gang wieder heraus. Die Eiterung hatte bedeutend abgenommen.
Am 20. Februar 1875 zeigte die Untersuchung, dass die Reini-
gung in der Zwischenzeit in ungenügender Weise bewerkstelligt
worden war. Beim kräftigen Durchspritzen durch die Fistel entleert
sich mindestens 1 Theelöffel käsigen Eiters aus dem Gehörgange.
Die Sonde dringt in den Fistelkanal 4,3 Ctm. ( ! ) tief ein. Stimm-
gabeltöne werden von jeder SffeUe des Schädels aus nach dem ge-
sunden Ohre allein gehört. Allgemeinbefinden vollkommen gut, nie
Schmerzen.
Am 9. October 1875. Durchgängigkeit gut. Inzwischen auch
besser gereinigt. Knochen nirgends mehr entblösst zu fühlen. Hat
mit dem Bleinagel regelmässig in seiner Profession als Zimmermann
gearbeitet und nie an Kopfschmerzen gelitten.
Ende Juni 1876. P. hat bis jetzt den Bleinagel getragen,
täglich selbst von der künstlichen Fistelöffiiung -durchgespritzt und
sich stets frei von allen Beschwerden im Ohr und Kopf gefühlt.
Der Fistelgang ist tiberhäutet und trocken, eine minimale Eiterung
im Grunde des Gehörganges besteht noch fort.
11*
150 XIV. SCHWARTZE
Fall XXIV.
Otitis media puralenta clironica mit Eiteraniiftofaiig im Warzen-
fortsatz. Er5ffnangr mit dem Meissel. Heilung naeli 2 Monaten.
Friedrich Scholl, 6 9 jähriger Lehrer aus Halle, erkrankte Anfang
October 1874 angeblich nach einem heftigen Hustenanfall an links-
seitiger Otitis purulenta acuta mit Betheiligung des Warzenfortsatzes.
Am 9. December 1874 kam er in poliklinische Behandlung. Die
Uhr wurde nicht mehr beim Anlegen gehört. 2 Mal wurden tiefe,
zolllange Incisionen auf den ödematös geschwollenen Warzenfort-
satz gemacht, von nur kurzdauernder JSrleichterung der Schmerzen
gefolgt, zu wiederholten Malen polypöse Granulationen, von der
hintern obern Wand des Oehörganges ausgehend, mit der Schlinge
abgetragen; ausserdem Anodyna und hydropathische Umschläge in
Anwendung gezogen. Dabei war das Befinden des Kranken sehr
wechselnd. Einige Tage fühlte er sich wohl, dann wieder ganz
schlecht und völlig schlaflos wegen heftiger Kopfschmerzen. Der
Schmerz zog vom Ohr nach dem Hinterkopf und von da durch den
Kopf nach der Stirngegend. An den inzwischen völlig wieder ver-
narbten Incisionsstellen war wiederholt ein flüchtiges Oedem bemerk-
bar. Das Trommelfell zeigte eine kleine Perforation nach vorn-
unten mit unregelmässigen Rändern. In der obem-hintem Wand
des Gehörganges wurde schliesslich eine Fistelöffnung constatirt und
zwar an der Stelle, wo die polypösen Granulationen wiederholt her-
voxgewuchert waren. Man sah deutlich aus dieser Oeffnung Eiter
herausquellen und konnte durch dieselbe eine gebogene Sonde über
3 Ctm. tief in eine grössere Höhle in der Richtung nach dem Warzen-
fortsatze vorschieben. Es war unter diesen Umständen ganz zweifellos,
dass ein Eiterdepot im Warzenfortsatz bestehen musste und wurde
deshalb am 21. Januar 1875 zur Eröffnung des Warzenfortsatzes
mit dem Meissel geschritten.
Nach Ablösung des Periostes erschien der Knochen von aussen
gesund, nur an einer Stelle zeigte sich eine Auflagerung von Osteo-
phyten. Die . Corticalis war ungewöhnlich dünn. Schon nach den
ersten Hammerschlägen auf den Meissel quoll eine grosse Menge
dicken gelben Eiters hervor. Die Knochenöffnung wurde mit dem
Meissel so viel erweitert, dass man mit dem Finger bequem in die
Höhle eindringen konnte und dann die darin befindliche Masse von
schlechten Granulationen mit dem scharfen Löffel ausgeräumt. Nach-
dem auch der Rest der Granulationswucherungen aus dem Gehör -
gange mit dem scharfen Löffel entfernt war, wurde die Höhle sorg-
fältig gereinigt und desinficirt, wobei das Wasser auch in den Schlund
drang und schliesslich eine Drainröhre von hinten nach dem Gehör-
gange hindurchgezogen, welche einige Tage liegen blieb.
Eine fieberhafte Reaction folgte diesem Eingriff nicht. Die
Temperatur blieb normal und erreichte nur einmal , -am Abend des
dritten Tages nach der Operation die Höhe von 38,4, sonst überhaupt
nie eine Höhe über 37,8. Der Kr. war und blieb sofort nach der Ope-
ration schmerzfrei, hatte guten Schlaf und Appetit und fühlte sich „ wie
Casuistik zar chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 151
neugeboren". Am 6. Tage nach der Operation wurde er bereits wie-
der aus der Klinik entlassen und von da ab ambulatorisch behandelt.
Am 3. Februar war der Knochen überall von gesunden Granu-
lationen bedeckt. An. den Rändern der Fistelöflfhung im Gehörgang
recidivirten die polypösen Granulationswucherungen nicht.
Am 8. Februar traten bei gutem Aussehen der Wunde und
ohne nachweisbare äussere Veranlassung von Neuem Schmerzen im
Hinterkopf ein mit Schlaflosigkeit und Behinderung in der Bewegung
des Kopfes. Abends Frost ohne Schweiss. Puls 112, Temp. 38,0. Ord.
Chinin mit Morphium. Hydropathische Umschläge. Darnach verloren
sich der Kopfschmerz und die übrigen Symptome nach kurzer Zeit.
Die Höhle im Warzenfortsatz verkleinerte sich wegen spärlicher
Granulationsbildung ungewöhnlich langsam und es wurde deshalb
eine Verbandsalbe mit Höllenstein benutzt. Aus dem Ohr kam schon
seit dem 10. Februar absolut gar kein Eiter mehr; die feine Fistel-
Öffnung in der hinteren Wand bestand fort. Noch am 27. Februar
drang das in die Wunde eingespritzte Wasser zum Ohre wieder heraus.
Nach der ersten Woche des März war die Operationswunde
vernarbt.
Am 17. März wurde constatirt, dass auch die FistelÖffiiung im
Gehörgang vernarbt war, der übrigens sonst seine normale Weite
wieder erlangt hatte. Das Trommelfell war ohne Perforation und
von normalem Ansehen. Per Km war völlig frei von allen Be-
schwerden geblieben, hatte insbesondere nie wieder Kopfschmerzen
gehabt und konnte als völlig geheilt entlassen werden.
Stimmgabeltöne hörte er vom Scheitel gleich im ganzen Kopf,
die Uhr rechts 2 Ctm., links beim Anlegen.
Fall XXV.
Otitis med« acuta mit Eiteranhäufang im Warzenfortsatz« ErVlhiung
mit dem Meissel. Heilungr nach 9 Wochen«
Hermann Schmidt, 44 Jahr alt, aus Lauchstädt, erkrankte am
22. December 1874 nach starkem Schnupfen unter den gewöhnlichen
Symptomen an Otitis med. dextra. Ohrschmerz, periodenweise exa-
cerbirend, Kopfschmerz in der Schläfen- und Scheitelgegend und Schlaf-
losigkeit, hatten 4 Wochen bestanden und sich in letzter Zeit eine
schmerzhafte Anschwellung hinter dem Ohr hinzugesellt, als der
Kr. am 21. Januar 1875 unsere Hülfe in Anspruch nahm. 11 Blut-
egel und 3 Vesicatore waren bereits ohne Nutzen gegen die Schmerzen
in Anwendung gezogen.
Stat. praesens vom 21. Januar 1875.
Profuse Otorrhoe. Entzündlich verengter Gehörgang ohne augen-
fällige Schwellung der hintern-obern Wand und ohne Fistelöffnung«
Perforation des entzündeten Trommelfells. An den Bändern der
Perforation eine kleine Granulationswucherung. Warzenfortsatz be-
sonders nach oben bedeutend geschwollen, geröthet, bei Druck em-
pfindlich, ohne Fluctuation. Hört Stimmgabeltöne vom Scheitel nach
dem kranken Ohr stärker, hört die Uhr nicht mehr beim Andrücken.
152 XIV. SCHWARTZE ^
Operation am 22. Januar 1875:
Die Weichtheile auf dem Warzenfortsatz waren durch entzünd-
liche Infiltration sehr verdickt; wohl reichlich 3 Ctm. dick und bluteten
ungewöhnlich stark , so dass mehrfache Unterbindungen erforderlich
wurden und die- Aufmeisselung des Knochens wegen der Tiefe der
Wunde etwas erschwert war. Mit scharfen Haken liessen sich die
hart infiltrirten Weichtheile nur schlecht auseinander halten. Die
Corticalis des Knochens erschien nach Zurückschie-
bung des Periostes äusserlich überall gesund, erwies
sich jedoch; wie sich nach den ersten Hammerschlägen ergab; als
äusserst dünnwandig. Der dicke gelbe Eiter stürzte wie aus einer
Quelle hervor; als kaum zwei oder drei Schläge auf den Meissel ge-
führt wareu; welcher dicht unterhalb der Linea temporalis in schräger
Richtung aufgesetzt war. Die Oeffiiung im Knochen wurde mit dem
Meissel so viel erweitert; dass ich mit dem kleinen Finger in die
Knochenhöhle eingehen konnte. Mittelst des scharfen Löffels wurde
die Knochenhöhle von den darin befindlichen schlechten Granulationen
gereinigt. Bei der folgenden Ausspülung der Höhle drang das
Wasser weder in den Schlund noch in den Gehörgang. Drainröhre.
Verband mit geölter Charpie und hydropathischer Umschlag.
Die Schmerzen hörten sogleich nach der Operation auf; ebenso
die Otorrhoe. Die Temperatur erreichte nur am zweiten Ahend
nach der Operation 3 8; 2^ und am dritten Abend 38;!^; blieb sonst
stets unter 37;5^. Am dritten Tage etwas Oedem der Wundränder.
Am 28. Januar konnte der Kranke mit der Drainröhre im ELnochen
und einer sehr kräftig granulirenden Wunde nach Hause entlassen
werden. Die Hörweite für die Uhr betrug bereits wieder 1;5 Ctm.
Bei der Luftdouche zähes Rasselgeräusch innerhalb der Paukenhöhle.
Die Drainröhre wurde täglich bei der Irrigation herausgenommen
und gewechselt. Bis Mitte Februar hatte der Kr. noch zuweilen
Schmerzen im Hinterkopf und am Scheitel, befand sich übrigens aber
vollkommen wohl und arbeitsfähig.
Am 23. Februar constatirte ich den Verschluss der Perforation
des Trommelfells; Abwesenheit von entzttadlicher Schwellung und
Eiterung im Gehörgang; knatterndes Rasselgeräusch während der
Luftdouche. Die Hörweite betrug bereits wieder 5 Ctm. Von der
Operationswunde restirte nur noch der Fistelkanal; in welchen noch
täglich die Drainröhre eingeführt worden ist. Die Sonde kam nicht
mehr auf entblössten Knochen und konnte etwa 3 Ctm. tief eingeführt
werden.
Die Drainröhre wurde allmählich verkürzt und später durch
ein Stück Hartkautschuck-Bougie ersetzt.
Anfang April 1875 war die Fistel geschlossen. Gehörgang nor-
mal. Trommelfell mit zwei kleinen Narben. Hörweite fast ebenso
wie auf dem gesunden Ohre ; der Kranke frei von allen Beschwerden.
Am 21. März 1876 habe ich den Kranken wieder untersucht
und mich von der vollständigen und dauernden Heilung überzeugt.
Hörweite gleich mit der des gesunden Ohres. C. vom Scheitel im
ganzen Kopfe gleich.
Casaistik zur chirurgischen Eröffinnng des Warzenfortsatzes. 153
Fall XXVI.
Otitis media acuta mit Betheiligungr der Warzenfortsatzzellen.
Er9ibiiuigr mit dem Metssel. Heilmigr nach einem Monat»
Ernst Hartmann; 1 6 Jahre alt; Bachdruckerlehrling aus Giebichen-
stein bei Halle, erkrankte kurz vor Weihnachten 1874 am Typhus.
Im Verlaufe desselben bekam er rechtseitige eitrige Otitis media.
Nachdem anhaltende Schmerzen und Otorrhoe 3 Wochen be-
standen hatten, kam er Ende Januar 1875 in Behandlung der Poli-
klinik.
Vor und hinter dem Ohr war ödematöse Schwellung, sehr schmerz-
haft bei Druck, der Gehörgang voll Eiter und entzündlich verengt.
Die Uhr war nur beim Anlegen an die Ohrmuschel hörbar, dagegen
nicht vom Warzenfortsatz. Stimmgabeltöne vom Kopfe nach rechts.
In meiner Vertretung schritt der Assistenzarzt, Herr Dr. E y s e 1 1,
am 29. Januar 1875 zur Eröfbung des Warzenfortsatzes mit dem
Meissel. Seine Aufzeichnungen darüber im Erankenjoumal lauten:
„Hautschnitt 4,5 Ctm. lang, 0,5 Ctm. hinter der Ohrmuschel.
Knochenöffnung 2 Ctm. hoch, 1 Ctm. breit, etwa 15 Mm. tief. Es
kam aus dem Knochen kein Eiter und wurde eine offene Ver-
bindung mit der Pauke nicht hergestellt. Granulationsmassen (aus
dem Warzenfortsatz) mit dem scharfen Löffel entfernt. Beim Weich-
theilschnitt kam ein Eiterstreifen unter dem Periost hervor, vielleicht
3—4 Tropfen."
Die Schmerzen hörten sofort nach der Operation auf und zwar
dauernd. Eine nennenswerthe fieberhafte Reaction folgte nicht. Die
höchste Temperatur war 38,4 ^ am zweiten Abend nach der Operation.
Vom vierten Abend an war und blieb die Temperatur normal. Am
6. Februar wurde der Kr. aus der Klinik entlassen und ambula-
torisch weiter behandelt.
Bis Mitte Februar zeigte sich der Gehörgang verengt. Ende
Febrnar hatte er wieder sein normales Lumen. Die Otorrhoe sistirte
schon früher. Am 27. Februar war die Operationswunde verheilt.
Anfang März wurde der Kr. völlig geheilt entlassen.
Fall XXVII.
Otitis media acuta purulenta nach Maseru* Periostitis und Carles
beider Warzenförtsätze. Gebrauch des Meisseis und scharfen LVifels.
Heilung nach 6 Wochen.
Anna Lehmann, 5 Jahre alt, aus Halle, kam am 13. Januar
1875 in poliklinische Behandlung. Sie hatte als Nachkrankheit der
Masern seit 6 Wochen doppelseitige Otitis media purulenta. Seit
einigen Tagen war zuerst links, dann rechts eine schmerzhafte An-
schwellung der Warzenfortsatzgegend hinzugetreten. Die Incisionen
auf dieselben wurden fistulös und durch die Fistelöffnungen drang
die Sonde beiderseits in den cariösen Knochen. Die Fistelöftiiungen
im Knochen wurden am 3. Februar 1875 mit dem Meissel erweitert
154 XIV. SCflWARTZE
und danach mit dem scharfen Löffel die cariöse Höhle im Fortsatz
ausgekratzt. Verband mit ölgetränkter Wundwatte. Am folgenden
Tage (4. Februar) Temperatursteigerung bis auf 39,3. Nachblutung
links. Schon am 5. Februar war die Temperatur auf 38,0^ herunter
gegangen und am 6. Februar bereits normal. Im rechten Ohr drang
das Wasser von der Wunde aus sogleich nach der Operation ganz
leicht in Gehörgang und-Schlund, im linken Ohr dagegen erst später.
Ende Februar war es nicht mehr möglich, Wasser in den Schlund
durchzutreiben. Am 12. März war das rechte, am 20. März das
linke Ohr geheilt. Im linken Warzenfortsatz war eine tiefe De-
pression zurückgeblieben. Die Eiterung aus den Gehörgängen hatte
bereits in den ersten Tagen nach der Operation aufgehört. Zur
Zeit der Entlassung (am 20. März 1875) enthielten sie beide nor-
males Cerumen. Die beiderseitige Perforation des Trommelfells war
vernarbt; das Gehör normal. Die Dauerhaftigkeit der Heilung ist
durch erneute Untersuchungen constatirt länger als ein Jahr nach
der Operation.
Fall XXVm.
Otitis med. purnlenta chronica« ErSiTnung des Antrum mastoideum
mit dem Meissel. Keine Entleerang von Eiter aus demselben und
keine Commnnieation mit Pauke und GehSrgsng erzielt. Tief-
liegender Senknngsabseess. Heilung nach 14 Monaten«
Gelbke, 30er, Eisenbahnbeamter aus Erfurt, kam am 14. Jannar
1875 in Behandlung wegen linkseitiger Otitis »med. purulenta mit Per-
foration des Trommelfells. Das Leiden bestand seit 8 Monaten und
war bereits von mehreren Aerzten ohne Erfolg bekämpft worden.
Die Uhr wurde nicht mehr beim Anlegen an das Ohr gehört, da-
gegen deutlich am Warzenfortsatz; Stimmgabeltöne vom Scheitel
nach dem kränken Ohr stärker. Die Tuba E. war schwer durch-
gängig, nur .bei stärkster Luftdouche durch den Katheter Perfo-
rationsgeräusch und zähe Rasselgeräusche in der Paukenhöhle hörbar.
Ord. Ableitungen auf Darm^und Haut. Bleilösung. Am 28. Januar
war der anfangs unbetheiligte Gehörgang verschwollen. Von der
obern Wand hing der Hauttiberzug sackartig herab und verdeckte
das Trommelfell.
Anfangs Februar stärkerer Schmerz hinter dem Ohr und im
Hinterkopf, Fieber. .Der Warzenfortz an der Spitze gegen Druck
empfindlich, nicht geschwollen. Bei Druck auf eine circumscripte
Stelle des Fortsatzes entsteht Sausen im Ohr, was sofort wieder ver-
schwindet, wenn der Druck nachlässt. Gehörgang noch mehr ver-
schwollen wie am 28. Januar. Auch bei stärkster Luftdouche durch
den Katheter kein Perforationsgeräusch mehr hörbar.
Am 4. Februar 1875 wurde unter Assistenz des Herrn Dr. Eysell
das Antrum mastoideum mit dem Meissel eröffnet, in der Annahme;
dass in demselben eine Eiterretention stattfände. Der Knochen war
sklerosirt, und obwohl in der Tiefe von 1,2 Ctm. ein Hohlraum
Casnistik zur chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 155
eröfiiiet wurde, den wir für das Antrum hielten, entleerte sich kein
Eiter. Auch floss das in die Knochenöffnung eingespritzte Wasser
weder in den Gehörgang noch in den Schlund. Auch im weiteren
Verlaufe gelang es nie, diese Communication bei Injectionen mit Be-
stimmtheit nachzuweisen. Die Schmerzen hörten auf nach der Operation
und eine fieberhafte Reaction folgte derselben in den ersten drei
Tagen nach der Operation gar nicht. Am vierten und fünften Tage
trat eine Temperaturerhöhung zwischen 38 und 39 o auf, die auf
einen acuten Magenkatarrh bezogen werden musste, der in Folge
eines groben Diätfehlers intercurrirte. Vom sechsten Tage blieb die
Temperatur wieder normal. Der eitrige Ausfluss aus dem Gehör-
gange sistirte vom Tage nach der Operation bis zum 10. Februar
vollständig, dann kehrte er in profuser Weise wieder. Die Tuba
zeigte sich von demselben Tage an wieder durchgängig.
Ende Februar bildefe sich ein sehr tief liegender Senkungs-
abscess unter dem Ohr, der mit dem Gehörgang communicirte. Erst
nach .wochenlanger Anwendung feuchter Wärme war der Abscess so
weit der Haut genähert, dass man eine Incision wagen durfte. Es
entleerte sich eine enorme Menge von Eiter und die Abscesshöhle
ging tief herunter am Halse und nach hinten etwa bis zur Mittel-
linie des Occiput. In die Abscesshöhle wurde eine Drainröhre ein-
gelegt.
Mit der Eröffaung des Abscesses hörte die Eiterung aus dem
Gehörgange vollständig und dauernd auf. Durch die profuse Eite-
rung kam der Kranke sehr herunter, fieberte und wurde deshalb
für längere Zeit aufs Land' geschickt.
Am 8. Juni 187 5 reichte die Abscesshöhle nach hinten immer
noch bis zum Occiput; nach unten war sie bedeutend verkleinert.
2 Zoll unterhalb der ersten Incision war inzwischen eine Gegen-
öffhung gemacht worden. Der Gehörgang hatte nie wieder geeitert,
sondern enthielt normales Cerumen. Die Perforation des Trommel-
fells war vernarbt. Die Paukenhöhle lufthaltig. Die Hörweite
8 — 10 Ctm. für die Uhr. Die Operationswunde schon lange fest
vernarbt.
Für längere Zeit entzog sich der P. der weiteren Beobachtung.
Erst am 2. März 1876 kehrte er wieder. Unterhalb der festen
Operationsnarbe war eine Fistelöffnung, durch welche man mit der
Sonde in den sinuösen Abscess kam, der noch immer bis zum Occiput
reichte. Das Ohr war dauernd trocken geblieben, die Perforation
vertheilt, Hörweite 31 Ctm. (!) für die Uhr. Leises Ohrensausen
dauerte fort im Ohre. Die Sonde kam nirgends auf Knochen. Der
Allgemeinzustand wesentlich besser. Ich rieth zur Compression der
Abscesshöhle mittelst einer Bleiplatte, die durch eine Binde fest an-
gedrückt wurde und täglicher Ausspritzung mit Carbolwasser.
Am 16. April 1876 stellt sich P. als völlig geheilt vor.
Seit 14 Tagen war die Fistelöfinung fest vernarbt und keine Spur
von einer Infiltration mehr bemerkbar. Das Ohr war vollkommen
gesund. C. vom Scheitel nach links stärker gehört. Uhr 31 Ctm.
Flüstersprache auf 7 Meter bei fest verschlossenem rechten Ohr.
156 XrV. SCHWARTZE
Fall XXIX.
Isolirte Caries des Warzenfortsatzes mit tiefliefpendem Hohlsreschwitr.
Anwendung Ton Meissel und seharfem LOffeL Heilung.
Eduard Tfiffe, 20 Jahr alt, aus Neu-Wilmsdorf, Kreis Habel-
schwerdt, Provinz Sciilesieu; Tischlergeselle^ von sehr kräftiger Con-
stitution ^ erinnert sich^ im 14. Lebensjahre 8 Tage lang heftigen
Schmerz mit eitrigem Ausfluss und Sausen im rechten Ohr gehabt
zu haben. Danach will er aber wieder vollkommen ohrgesund ge-
worden und geblieben sein bis zum Anfang Juli 1874, wo er nach
einem kalten Bade Sausen in demselben Ohre bekam und Tags
darauf auch Schmerz und Blutung aus dem Ohr; die beiden letzteren
Symptome erst in Folge einer ärztlichen Untersuchung des Ohres
mittelst einer Sonde. Der durch das Sondiren erzeugte Schmerz
dauerte 8 Tage und war so heftig, dass er nicht arbeiten konnte.
Schwerhörigkeit bestand nur kurze Zeit, continuirliches Sausen über-
dauerte den Schmerz. Drei Wochen nach dieser traumatischen (?)
Entzündung trat eine Anschwellung am Warzenfortsatz ein, unter
Röthung und lebhafter Schmerzhaftigkeit gegen Druck. Diese An-
schwellung bestand einige Tage, verschwand dann, kehrte wieder
und so fort. Dabei vergingen mehrere Monate, ohne dass P. erheb-
liche Schmerzen gehabt haben will. Erst Mitte Januar 1875 ver-
grösserte sich die Geschwulst unter stärkeren Schmerzen und ver-
ursachte ihm einige schlaflose Nächte. Am 15. Januar sah ich den
Kr. zuerst und machte eine tiefe Incision bis auf den Knochen. Das
Periost fand sich durch Eiter abgelöst.^ Ein Fistelgang führte in
der Richtung nach dem Occiput zu und endigte anscheinend im
Knochen am hintern Ende der Pars mastoidea in einer Tiefe von
3 Ctm. Gehörgang und Trommelfell waren dabei voll-
kommen normal, die Tuba E. durchgängig und Paukenhöhle
lufthaltig. Die Hörweite -«30 Ctm. (!). Nach der Incision hörte
der Schmerz auf und der Kr. befand sich 9 Tage (bis zum 24. Jan.)
ganz wohl. Dann kehrten dumpfe Schmerzen wieder und es stellte
sich von Neuem Ohrensausen ein. Der Schnitt hinterliess eine Haut-
fistel. Am 27. Januar verschwoll der Gehörgang schlitzförmig.
Am 5. Februar wurde die in den Warzenfortsatz führende
Knochenfistel biosgelegt, mit dem Meissel erweitert und mit dem
scharfen Löffel die Höhle des Fortsatzes ausgeschabt. Am 10. Februar
erfolgte eine arterielle Nachblutung aus der Wunde. Nachdem ohne
Erfolg die Tamponade der Wunde mit Wundwatte und Liq. ferri
sesquichlorati versucht war, stand die Blutung, nachdem V4 Stunde
lang die Carotis comprimirt war. Am 20. Februar wurde P. aus
der Klinik entlassen. Am 27. März war die Wunde vollständig
vernarbt, Ende Mai die vollständige Heilifng nochmals constatirt.
Ein Jahr später stellte sich der Kr. nochmals vor mit völlig
gesundem Ohr.
Es handelte sich in diesem Falle um eine Erkrankung, die
vollständig beschränkt geblieben war auf den Warzenfortsatz.
Casoistik zur chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 157
Solche Fälle gehören zu den Ausnahmen und sind immer dadurch
leicht kenntlich, dass die Herabsetzung der Function des Ohres
überraschend gering bleibt. Unser Kranker hatte vor und nach
der Operation eine Hörweite von 30 Ctm. Eine derartige Isolation
der Erkrankung im Warzenfortsatz ist nur dadurch erklärlich,
dass durch früher voraufgegangene Entzündungen die normale
Verbindung der lufthaltigen Zellen des Fortsatzes mit der
Paukenhöhle aufgehoben wurde, vielleicht durch Neubildung eines
membranösen oder knöchernen Verschlusses der üebergangszelle.
Eine so erhebliche arterielle Nachblutung, wie sie hier noch
am ftlnften Tage nach der Operation erfolgte, hatte ich bisher
nicht erlebt und macht die sorgfältige üeberwachung nach der
Operation zur dringenden Pflicht. —
Fall XXX.
Otitis med. pural. chronica seit 8 Jahren mit acuter Exacerbation
und Faeialisparalyse. ErSffnong des Warzenfortsatzes mit dem
Meissel ohne Erfolgr wegen Sklerose« Heilnngr (?>•
Friedrich Erost, 40 Jahre, Handarbeiter aus Halle, hat, seit
^iner acuten Otitis im Jahre 1866 an linkseitiger Otorrhoe gelitten
mit häufig wiederkehrenden Schmerzen. Während der letzteren
pflegte die Otorrhoe zu sistiren. Als er sich am 28. October 1874
zur Behandlung in der Poliklinik meldete, hatte ein solcher Schmerz-
anfall wieder seit 8 Tagen mit Fieber und schlaflosen Nächten be-
standen und es hatte sich eine linkseitige Facialislähmung hinzugesellt.
Der Gehörgang war entzündlich verengt durch Schwellung der hintern
Wand und ausserdem in der Tiefe erfüllt von polypösen Granulationen.
Die Tuba E. war undurchgängig für die Luftdouche. C. vom Scheitel
nicht nach dem kranken Ohr stärker gehört, sondern im ganzen
Kopfe gleich. Als die Entfernung der Granulationen aus dem Gehör-
gange mittelst der Wilde 'sehen Schlinge, der innerliche Gebrauch
von Calomel mit Opium, und hydropathische Umschläge keinen Nach-
lass der Schmerzen herbeigeführt hatten, wurde am 1. November IS74
unter Assistenz des Herrn Dr. Weitz der äusserlich gesunde Warzen-
fortsatz mit dem Meissel eröffnet und in der Höhe des Antrum bis
zu einer Tiefe jvon 3 Ctm. eingegangen, ohne dass ein Hohlraum
im Knochen zu finden war. Der ganze Fortsatz war total
sklerosirt. Eine Communicätion zwischen der Knochenöffnung und
dem Gehörgange, resp. der Paukenhöhle wurde nicht erzielt. Der
Eingriff blieb ohne nennenswerthe fieberhafte Reaction; die höchste
Temperatur war 38,5^. Die heftigen Schmerzen Hessen sogleich nach
der Operation wesentlich nach, verloren sich in den nächsten Tagen
ganz und kehrten auch im weiteren Verlaufe nicht wieder.
Am 16. November musste ein Senkungsabscess vor der Spitze
des Warzenfortsatzes eröffnet werden. Vom 2 1 . November ab drang
158 XIV. SCHWARTZE, Eröffnung des Warzenfortsatzee.
das in den Gehörgang eingespritzte Wasser leicht in Mund und Nase.
Auch das durch den Katheter eingespritzte Salzwasser floss allmählich
immer leichter aus dem Gehörgange ah und spülte jedesmal käsig-
kriimlichen Eiter heraus. Die hartnäckig recidivirenden Granulationen
im Gehörgang wurden zu ' wiederholten Malen , um das Lumen frei
zu halten y mit der Schlinge entfernt und häufig mit Chromsäure^
einmal auch galvanokaustisch geätzt. Die von der Operationswunde
zurlickgehliehene Fistel war Mitte Februar 1875 4efiniti^- geheilt.
Um dieselbe Zeit schien auch die Neigung zum Nachwuchem der
Granulationen im Gehörgang verschwunden. Aber das Lumen des
Ganges war immer noch eng. Eine minimale Eiterung in der Tiefe
des Gehörganges bestand fort.
Nachdem mit grosser Consequenz die Injectionen durch den
Katheter noch mehrere Monate fortgesetzt waren^ anfänglich 2 Mal,
später 1 Mal wöchentlich, und schon seit vielen Wochen von Otorrhoe
nichts mehr zu bemerken gewesen war, entzog sich der P. Ende
April der weiteren Gontrole und ist deshalb die definitive Heilung
'bicht mit voller Sicherheit constatirt.
Schmerzen sind seit der Operation nicht wieder eingetreten. Die
Facialisparalyse war schon in der dritten Woche nach der Operation
rückgängig geworden und hatte eine kaum bemerkbare Parese zurück-
gelassen, die nur an einer verlangsamten Innervation derjenigen
Muskeln, welche den Mundwinkel bewegen, beim Sprechen hervortrat.
Die Uhr wurde nach wie vor beim Anlegen an das Ohr nicht gehört,
und C. vom Scheitel stets im ganzen Kopfe gleichmässig. —
(Fortsetzung folgt.)
XV.
Zur Frage fiber die Innervation des Hnsc. tensor tympani
von
Prof. Dr. Adam Politzer
in Wien.
Bis zum Beginn des vorletzten Decenniums waren die An-
sichten unter den Anatomen über die Innervation des Tensor
tympani getheilt. Während Arnold die Fasern des von ihm
entdeckten N. ad tensorem tympani sowohl, als auch des vom
N. pterygoideus int. zu diesem Muskel gehenden Astes dem Tri-
geminus angehörend schildert, stellt Long et als unzweifelhaft
die Ansicht auf, dass der Tensor tympani vom Facialis, und zwar
von der Portio intermedia Wrisbergii versorgt werde. Ebenso
liess ein Theil der Physiologen es unentschieden^ ob die moto-
rischen Elemente des N. stapedii dem Facialis oder dem Trige-
minus angehören, da der Zweig nach stattgehabter Anastomose
des Facialis mit dem vom Trigeminus kommenden N. petrosus
superf. maj. am Knie abgeht. —
Im Jahre 1860 habe ich unter Leitung des Herrn Prof.
Ludwig eine Reihe von Versuchen an Säugethieren und Vögeln
vorgenommen*) welche zu dem Resultate führten, dass
1. der Tensor tympani von der Pars motoria n. quinti seine
Fasern erhält;
2. dass die centralen Fasern des N. stapedii dem Facialis
angehören.
In Virchow's Archiv Bd. 65 hat nun Voltolini auf Grund
einer Reihe von Versuchen die Behauptung aufgestellt, dass
der Tensor tympani nicht blos vom Trigeminus,
sondern auch vom Facialis innervirt wird und be-
\
1) Sitzangsberichte der k. k. Academie der Wissenschaften in Wien
14. März 1S61.
160 XV. POLITZER
zeichnet dies „ als ein höchst merkwürdiges, aber unzweifelhaftes
Factum ^ Eingangs seines Aufsatzes weist yoltolin^ darauf
hin, dass er schon im Jahre 1859 Versuche an Thieren über die
Innervation der Binnenmuskeln des Ohres angestellt habe und
dass ich ein Jahr später diese seine Methode benutzt
hätte, um meine Experimente an Hunden auszuführen. Es geht
aber aus den im Jahre 1859^) angestellten Versuchen von V.
hervor, dass dieselben gerade wegen Mangel einer Methode Re-
sultate lieferten, welche Voltolini in seinem neuesten Aufsatze
mit Stillschweigen übergeht, die wir aber zur Gharakterisirang
der damaligen Versuche Voltolini 's hiermit zu citiren uns er-
lauben. In jenem Aufsatze des Prof Voltolini 's (Virchow's
Archiv 1860, Bd. 18. S. 42) heisst es:
„Ich habe weder bei Reizung der Portio minor
(n. quinti) noch des Nervus facialis eine Bewegung
des Tro^mmelfells, resp. Hammers erfolgen sehen
und es ist sehr die Frage^ ob die Contractionen des
M. tens. tympani nicht vom Glosso-pharyngeus oder
gar Accessorius Willisii vermittelt werden, der
Zweige dem Vagus beimischt. An den letztgenann-
ten Nerven habe ich noch keine Versuche angestellt.*
Es ist also Voltolini nicht gelungen, auch die geringste Be-
wegung an den Binnenmuskeln zu beobachten, wiewohl er „bei
Reizung des Trigeminus durch den abgeschnittenen Kopf in die
Hand gebissen wurde". Wenn ich daher die von Voltolini
angegebene Methode benützt hätte, so würde auch ich ohne
Zweifel zu solchen Resultaten gelangt sein, wie wir sie oben
citirten. Die von mir angegebene Methode bestand vielmehr
darin, die durch die Contractionen des Tensor tympani hervor-
gerufenen Bewegungen am Trommelfelle entweder durch Lob-
trennung des Trommelfells von seiner Insertion an der äusseren
Trommelhöhlenwand oder bei unverletztem Trommelfell durch
ein in den äusseren Gehörgang luftdicht eingesetztes Manometer
sichtbar zu machen. Prof. Voltolini hat es vielmehr unter-
lassen, in seinem letzten Aufsatze anzuführen, dass die von ihm
angewendete Methode, die Trommelfellbewegungen durch An-
heftung eines Fühlhebels am Trommelfell zu vergrössem und
sichtbar zu machen, von' mir herrührt, indem ich dieselbe zuerst
1) Der citirte Aufsatz Voltolini's ist nicht im Jahre 1859, sondern
1860 in VirchoT^'s Archiv erschienen, somit in demselben Jahre, in welchem
ich meine Versuche ausgeführt habe.^
Zur Frage über die Innervation des Masc. tensor tympani. 161
im Jahre 1861 bei meinen Versuchen über die Schwingungen der
Gehörknöchelchen in Anwendung zog.
Wir kommen nun zur Kritik der neueren von Voltolini
angestellten Versuche, aus welchen hervorgeht, dass V. die An-
fangsgründe der Experimentalphysiologie ausser Acht lassend
zn vollkommen falschen Besultaten gelangt ist
In meiner oben citirten Arbeit habe ich nämlich darauf hin-
gewiesen, dass man bei Reizung der Nervenstämme in der
Schädelhöhle an frisch geschlachteten Thieren sich nur schwa-
cher elektrischer Ströme bedienen dürfe, weil bei
starken Strömen Stromschleifen entstehen, welche das Resultat
des Experimentes vollkommen in Frage stellen. Wenn nun
Voltolini sagt:
„Durch alle hier angeführten Experimente können wir nun-
mehr die Frage. beantworten, warum Politzer nur vom Trige-
minus aus Gontractionen des Tensor erfolgen sah. Es geschah
dies, »weil er nur mit schwachen Strömen gearbeitet*",
nnd femer:
„Bei meinen Experimenten habe ich nur einmal bei schwa-
chem Strome auf Reizung des Facialis eine Gontraction des Tensor
eintreten gesehen, sonst immer nur bei mittelstarken und
starken Strömen", so müssen wir Herrn Prof. Voltolini darauf
aufmerksam machen, dass in jedem Lehrbuche der Physiologie
. ausdrücklich vor der Anwendung starker elektrischer Ströme ge-
warnt wird, weil dieselben sehr leicht durch Stromschleifen und
Hervorrufiing paradoxer Zuckungen zu einer Quelle von Täu-
schungen filr den Experimentator werden können. „Man muss
deshalb, wenn man sich elektrischer Reize bedient,
die schwächsten nehmen, mit denen man überhaupt
auskommen kann" (Brücke, Vorlesungen über Physiologie.
Bd. IL S. 18.).
In diesem Satze liegt aber auch die vollständige Kritik der
Experimentirungsweise des Herrn Prof. Voltolini. Denn jeder
Physiologe wird es bestätigen, dass, wenn dieFasern eines
motorischenNerven in einen quergestreiften Muskel
eintreten, in diesem bei der Reizung de^ Nerven-
stammes mit den allerschwächsten elektrischen Strö-
men eine Zuckung ausgelöst werden muss.
Es muss daher gerechtes Staunen erregen, wenn Voltolini
die erste Regel , die jeder Experimentator bei elektrischen Ver-
suchen streng beobachten muss, als Fehlerquelle bei meinen
162 XV. POLITZER
Yersachen bezeichnet. Ergibt sich schon aus dem Gesagten der
zweifelhafte Werth der von Voltolini angestellten Versuche,
so gelangt man zur vollen Gewissheit, dass V. durchaus irrige
Resultate erhalten musste, wenn man die Schilderung der Versuche
durchliest; — und wir wollen in Folgendem die von Voltolini
an 25 Thieren angestellten Versuche in Kürze näher beleuchten.
Voltolini gruppirt die angestellten Experimente in zwei
Reihen. Die ersten Versuche, an 6 Säugethieren angestellt, er-
geben Gontraction des Tensor tympani bei Reizung des Trigeminus,
jedoch nicht bei Reizung des Facialis. Voltolini bestätigt durch
diese ersten 6 Versuche die Resultate meiner im J. 1860 ange-
stellten Experimente. In der zweiten .Versuchsreihe jedoch be-
schränkt sich Voltolini nicht auf die allein zulässige Anwen-
dung schwacher Ströme, sondern er bedient sich starker elektrischer
Ströme, und da er es unterlässt, die Hervenstämme nach Mög-
lichkeit isolirt zu reizen, sondern, wie er selbst angibt, die Elek-
troden aufs Geradewohl in den Porus acusticus int. hineinsenkt,
so ist es wohl leicht begreiflich, dass bei dieser Art zu experi-
mentiren die Entstehung von Stromschleifen nicht hintangehalten
werden kann. Wenn daher Voltolini bei der Mehrzahl der
Experimente seiner zweiten Versuchsreihe die Thatsache con-
statirt, dass er bei Reizung des Trigeminus mit schwa-
chen Strömen starke Gontraction des Tensor beob-
achtete, während bei Reizung des Facialis mit
schwachen. Strömen keine Gontraction des Tensor,
bei Reizung desselben mit starken Strömen je-
doch deutliche Gontractionen des Tensor beobachtet
habe, so geht hieraus mit Klarheit hervor, dass die Gontractionen
des Tensor bei Einwirkung starker elektrischer Ströme auf den
Facialis nur durch Stromschleifen hervorgerufen worden sind. ^
Ja es ergibt sich sogar aus den Versuchen Voltolini 's, dass
selbst bei stärkeren auf den Facialis einwirkenden
Strömen bei 10 unter 25 Experimenten keine Gon-
traction des Tensor ausgelöst wurde und dass bei
2 Versuchen (Nr. 7) weder bei schwacher noch bei
starker Reizung des Facialis eine Gontraction des
Tensor beobachtet wurde, „obgleich bei beideuHun-
den sich deutlich die Gesichtsmuskeln bei Reizung
des Facialis contrahirten."
Wenn in den Tensor tympani sowohl motorische Fasern des
Trigeminus, als auch des Facialis eintreten würden, so muss sich
Zar Frage über die Innervation des Masc. tensor tympani. 163
Jedem sofort die Frage aufdrängen , weshalb vom Trigeminus
aus der Muskel durch schwache Ströme zur Gontraction gebracht
werden kann und weshalb nicht bei demselben Grade elektrischer
Beizung auch vom Facialis aus? Wenn femer bei Reizung des
N. facialis mit schwachen elektrischen Strömen ^er Muse, sta-
pedius sich contrahirt, müsste nicht auch stets gleichzeitig eine
Gontraction des Tensor erfolgen , wenn in diesen Muskel eben-
falls Fasern des Facialis eintreten würden? Und müsste nicht
bei jenen Versuchen, wo bei Beizung des centralen Theiles des
Facialis die Gesichtsmuskeln sich deutlich contrahiren auch
gleichzeitig eine Gontraction des Tensor tympani erfolgen, wenn
dieser Muskel vom Facialis innervirt würde? Dass aber bei
25 Versuchsthieren nur 1 Mal bei Anwendung schwacher Ströme
vom Facialis aus eine Gontraction des Tensor tympani aus-
gelöst vmrde, beweist eben nur, dass dieses eine Mal auch ^
ein schwacher elektrischer Strom eine Stromschleife oder para-
doxe Zuckung hervorrufen konnte. Die Thatsache, welche Vol -
tolini als Stütze für seine Ansicht anführt, dass bei gleich-
zeitiger Beizung des Trigeminus und Facialis die Gontractionen
des Tensor stärker waren, als bei Beizung des Trigeminus allein,
lässt sich einfach in der Weise erklären, dass die directe B^izung
des Muskels vom Trigeminus aus durch die bei Beizung des
Facialis entstandenen Stromschleifen verstärkt wurde (Summi-
rung der elektrischen Beize.)
Wie sehr aber Yoltolini selbst den schwankenden Boden
flihlt, auf dem er mit seinen Experimenten steht, geht aus folgen-
dem Satze am Schlüsse seiner Abhandlung deutlich hervor:
„ Aber man könnte dennoch Einwendungen machen und be-
haupten, die (23) Experimente sind nicht exact, es wäre bei dem
so merkwürdigen Besultate, dass der Tensor tympani ebenso
wohl vom Trigeminus, als vom Facialis innervirt wird, doch noch
an Stromschleifen zu denken, weil schon der feuchte Knochen
gut leitet und zu Stromschleifen Veranlassung geben kann. Aus
diesen Gründen stellte ich mit Herrn Bachmann folgende Ex-
perimente an:^ etc.
Es folgen nun zwei Experimente, welche sich in der Art
der Ausführung von den früheren in Nichts unterscheiden. Bei
einem dieser Experimente, welches Voltolini als entschei-
dend für die Frage bezeichnet, wird als beweisfllhrend
folgende Thatsache angefahrt:
„Wie immer starke Gontraction des Tensor bei Beizung des
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 12
164 XV. POUTZER
Trigeminojsi^, ebenso wenn auch schwächere doch deafliehe Con*
traction des Tensor bei Beiznng des Facialis. Ausserdem aber
beobachteten wir noch folgendes interessante und für unsere
Frage entscheidende Phänomen. Bei Beiznng des Facialis deut-
liche Gontraction des Tensor und des Muscul. stapedias; so oft
das Experiment wiederholt wurde , zeigte sich immer dasselbe
Phänomen. Wurde dagegen der Trigeminus gereizt , so zeigte
sich nur Contraction des Tensor, nicht aber auch die des Stapedius. "
„Die Logik** — so fährt Voltolini fort — „ftthrt nun wohl
mit zwingender Nothwendigkeit zu folgenden Schlüssen: »Wir
haben bei den Experimenten die Thatsache beobachtet, dass der
Tensor tympani sowohl auf Beizung des Trigeminus, als des
Facialis sich contrahirt. Würde die Contraction des Tensor auf
Beizung des Facialis nicht durch die Innervation dieses Nerven
sondern durch eine Stromschleife vom Trigeminus aus erfolgen,
so wäre nicht abzusehen, warum in unserem letzten Experimente
(beim Kaninchen) nicht ebensowohl gleichzeitig mit dem Tensor
der Stapedius sich contrahirte *". **
Also deshalb, weil bei Jßeizung des Trigeminus keine Con-
traction des Stapedius eintrat, folgert Voltolini mit „zwingen-
der Nothwendigkeit'*, dass bei Contraction des Tensor durch
Beizung des Facialis mit starken Strömen von Stromschleifen
keine Bede sein könne, weil ja sonst in diesem einen Falle aa\}h
vom Trigeminus Stromschleifen zum Stapedius hätten beobachtet
werden müssen. Als wenn es in unserer Macht liegen würde,
die entstandenen Stromschleifen im Gehörorgane nach einer be-
stimmten Bichtung hin zu leiten. Und wenn wir sehen, dass
Voltolini bei 10 Experimenten unter 25 selbst bei starker
Beizung des Facialis keine Contraction des Tensor
beobachtete, so müsste er durch diese Besultate allein darauf
aufmerksam geworden sein, dass bei den übrigen Versuchen die
Contractionen des Tensor in Verhältnissen gelegen sein mussten,
die mit der angenommenen Innervation desselben durch Facialis-
fasern in gar keinem Zusammenhange stehen konnten.
Was die von Voltolini angeführten Besultate seiner ünter-
suchuirgen anlangt, so können wir uns bei Besprechung derselben
ganz kurz fassen, da diese, wie: Contraction des Tensor bei
Beizung des Trigeminus, femer die Excursion des Hammergriffs
nach innen bei Contraction des Tensor, das Steigen der Lymph®
in den geöffneten halbzirkelförmigen Kanälen bei Contraction
des Trommelfellspanners und die Erweiterung der Eustach'schen
Zur Frage über die Innervation des Muse, tensor tympani. 165
Ohrtrompete bei Beizang des Trigeminns — nicht die Resultate
der Voltolini'schen Experimente ^ sondern der Versuche sind,
die ich in den Jahren 1860 und 1861 angestellt habe. Wir
finden es geradezu unbegreiflich, dass Voltolinidie Erweiterung
der Eustachischen Ohrtrompete bei Reizung des Trigeminns als
eine neue Ton ihm entdeckte Thatsache hinstellt, da ihm doch
die Resultate meiner diesbeztlglichen Versuche 0> welche auch
in dem Lehrbuche von Tr öl tsch citirt erscheinen, bekannt sein
mnssten. In meinem unten citirten Aufsatze Seite 94 heisst es:
„Bei jeder Reizung des Trigeminns mittelst der Elektroden eines
Inductionsapparats sah man die der vorderen Lippe der Tuba
entsprechende Schleimhautpartie nach aussen weichen und be-
sonders das obere Stück der S-förmigen Krümmung
de^s Ostium pharyngeum tubae sich zu einer V^ Mm.
betragenden Spalte erweitern. Die anatomische Präpa-
ration ergab stets den Musculus tensor veli palatini als Grund-
lage der Bewegungserscheinung."
Was schliesslich die Angabe Voltolini's anlangt, dass er
„niemals; weder bei Reizung des Trigeminns noch des Facialis,
noch selbst bei mechanischer Bewegung des Steigbügels eine
gleichzeitige Bewegung der Membrana tymp. secundaria beob-
achtet habe, mochte man mit der Lupe ein Spiegelbild oder
einen aufgesetzten Fühlhebel betrachten % so muss diesem nega-
tiven Resultate die positive Thatsache entgegengestellt werden,
dass ich bei einem Versuche am Hunde, bei welchem über die
Kische des runden Fensters ein Manometerröhrchen luftdicht auf-
gesetzt wurde, eine deutliche Schwankung der Flüssigkeit bis
auf V4 Mm. bei Contraction des Tensor tympani beobachtet habe.
Wir erinnern femer an die Versuche von Burnett in Philadelphia
und Bück in New- York, die mittelst des Mikroskops die Schwin-
gungen der Membran des runden Fensters nachweisen konnten,
welche durch Vibrationen der Steigbügelplatte mittelst der Laby-
rinthfltissigkeit auf das runde Fenster übertragen wurden. Wenn
wir mit Cotunnio*) auch annehmen, dass beim Hineinrücken
der Steigbügelplatte gegen den Vorhof ein Theil der comprimirten
Flüssigkeit gegen den Aquaeductus vestibuli hin ausweiche, so
müssen wir es als unbestreitbares Factum hinstellen, dass bei
jeder Bewegung der Steigbügelplatte nach innen die Membran
1) „Uebef eine Beziehung des Trigeminus zur Eustachischen Ohr-
trompete". Würzburger naturwissenschafth'che Zeitung 1861.
2) De aquaeductibus auris humanae internae 1761.
12*
1
166 XY. POLITZER, Zur Frage über die Innervation des Muse. tens. tymp.
des runden Fensters in entgegengesetzter Richtung ausweicht und
die obige Behauptung Voltolini's ist gleichbedeutend mit der
Leugnung von Thatsachen.
Der Grund, weshalb Voltolini bei seinen Versuchen keine
Bewegung am runden Fenster beobachtet hat, liegt in den primi-
tiyen Behelfeui deren er sich bedient hat Es wird wohl Jedem
begreiflich sein, dass man minimale Bewegungen einer so kleinen
Membran nicht mit freiem Auge oder mit der Lupe wahrnehmen
kann, und es muss geradezu überraschen, dass Voltolini die
Bewegung am runden Fenster durch das Au&etzen eines Ftlhl-
liebels auf die Membrana tymp. sec. beobachten wollte, ohne za
bedenken, dass die minimalen Bewegungen einer Membran von
so kleinen Dimensionen durch die Belastung mit einem Ftthl-
hebel vollständig aufgehoben werden. Würde sich daher Vol-
tolini bei seinen Untersuchungen des Manometers^) oder des
Mikroskops bedient haben, so würde er ohne Zweifel zu dem
positiven Resultate gelangt sein, dass bei jeder Bewegung des
Steigbügels gegen den Vorhof eine Bewegung der Membran des
runden Fensters gegen den Trommelhöhlenraum zu erfolgt.
1) Am leichtesten lässt sich der Versuch am menschlichen Gehör-
organe ausführen, wenn man nach Entfernung der Warzenzellen und eines
Theiles der hinteren TrommelhOhlenwand diö Nische des runden Fensters
so frei legt, dass man über derselben ein ManometerrOhrehen mittelst einer
Harzwaehsmasse luftdicht ankittet. Bei jeder Bewegung der Gehörknöchelchen
nach innen, sei es durch Zug an dem Muskelbauche des Tens. tymp., oder
durch unmittelbaren mechanischen Druck auf die Gehörknöchelchen wird
man eine Bewegung der Flüssigkeit im Manometerröhrchen wahrnehmen.
XVI.
Kleinere littheiluBgen.
1.
Ueber eine neueForm des künstlichen Trommelfells
von
Dr. Arthur Hartmann
in Berlin.
Ein Patient aus der Klinik des Herrn Prof. Politzer, der
Yon der Anwendang^er gebräachlichen kttnstlichen Trommelfelle
nicht vollständig befriedigt war, gab mir Veranlassung, ein künst-
liches Trommelfell nach neuem Princip zu verfertigen.
Da die Wirkung des künstlichen Trommelfells darauf be-
ruht, dass auf die Beste des Trommelfells und der Gehör-
knöchelchen ein Druck ausgeübt wird, so ging ich von der An-
sicht aus, dass, um einen Druck auszuüben, einerseits eine elastische
Kraft nothwendig sei und andererseits derselben ein Stützpunkt
gegeben werden müsse, von dem aus sie zur Wirkung gelangen
könne. Zu diesem Zweck machte ich Versuche mit Schlingen
aus elastischen Stoffen, Fischbein, Federposen und dünnen Uhr-
federn. Von letzteren sah ich sofort ab, da sie zu wenig biegsam
sind, aber besonders^am Fischbein und auch an Federposen glaube
ich ein passendes Material für die gewünschte Wirkung gefunden
zu haben. ^
Aus einem 6—7 Gtm. langen Stück Fischbein mache ich
mir durch Spalten eine Keihe von 1—2 Mm. breiten, sehr dünnen
Stäbchen ; dieselben werden durch Schaben mit dem Messer ge-
glättet und besonders in der Mitte so dünn gemacht, dass sie
kaum die Dicke eines Kartenblattes erhalten. Durch Umbiegen
zu einer Schlinge überzeuge ich mich, ob die gewünschte Elasti-
t^t hergestellt ist und mache, wenn dies noch nicht der Fall ist,
durch Schaben das Fischbeinstäbchen noch dünner.
168 XYI. Kleinere MittheiluDgen.
Indem man die Mitte dicker lässt und die seitlichen Theile
der Schlinge dtinner macht, kann man der Schlinge eine beliebige
Breite geben. Das so hergerichtete Stäbchen umwickle ich nnn
mit Banmwollwatte , indem ich eine kleine Quantität derselben
zu einem bandartigen Streifen ausziehe und mit diesem zuerst
die Mitte des Stäbchens umwickle. Sodann wird das Stäbchen
zur Schlinge umgebogen, der Banmwollstreifen , um ihm mehr
Festigkeit zu geben, einige Male gedreht und die beiden Schenkel
der Schlinge vollends gemeinschaftlich bis
zu ihrem Ende umwickelt. Vgl. Fig. 2.
nicht umwickelte, Fig. 1. mit Baumwoll-
watte umwickelte Schlinge.
Statt der gewöhnlichen Baumwollwatte
kann Bruns'sche Verbandbaumwolle oder
bei noch bestehendem Ausflusse die an der
Politzer 'sehen Klinik gebräuchliche, mit
einer Lösung von Zinc. sulf. in Wasser rm^
Fig. 1. Fig. 2. Glycerin getränkte und dann getrocknete,
adstringirende Baumwolle, bei übelriechen-
dem Ausflusse die Salicyl-Baumwolle in Verwendung gezogen
werden.
Wird die Schlinge wenig breit gemacht und dicker um-
wickelt, so wird die Wirkung dem Yearsley'schen Wattektlgel-
chen entsprechen, währen^d bei breiter Schlinge und schwächerer
Umwicklung ein starker Dmck ausgetlbt wird.
Herr Prof. Politzer hatte die Gtlte, mein Instmmentehen
bei 4 hierzu geeigneten Fällen seiner Klinik anzuwenden und
wurde mit demselben ein mindestens ebenso günstiger Effekt
erzielt, als wie mit den anderen künstlichen Trommelfellen.
Als einen Hauptvorzug meines Instrumentchens betrachte
ich, dass es sehr einfach, event. von dem Patienten selbst her-
gestellt werden kann, deshalb sehr billig ist und besonders in
der Armenpraxis verwendet werden kann. Ausserdem kommen
die bei den gebräuchlichen künstlichen Trommelfellen entschieden
unangenehmen Empfindungen im äusseren Gehörgange in Weg-
fall, bes. wenn das äussere Ende des Instrumentchens etwas
dicker umwickelt und ihm dadurch eine Stütze an der Mündung
des äusseren Gehöipuiges gegeben wird. Indem äusserlich nur
das mit Watte umwickelte Ende als BaumwoUpfiropf sichtbar
ist, entspricht es auch den kosmetischen Anforderungen.
XYI. Kleinere MittheilangeD. 169
2.
Bemerkungen zu dem Referate des Herrn Zaufal über
meine Arbeit: „Zur Function der Tuba Eustachii und
des Gaumensegels" (Virchow's Arch. Bd. 64.)
Ton
A. Lucae.
1. Für diejenigen, welche* von meiner Arbeit nur durch das
ZaufaTsche Referat Eenntniss erhalten haben, bemerke ich,
dass sich in das Referat über den ersten Theil meiner Arbeit
ein bedenklicher Fehler eingeschlichen hat, welcher das Ver-
ständniss eines sehr wesentlichen Punktes geradezu unmöglich
macht. Es muss daselbst S. 53, Zeile 8 von oben statt „offener''
„luftdicht geschlossener" Tuba heissen.
2. Herr Zaufal schliesst sein Referat mit dem Vorwurf,
dass ich als empfehlenden Geleitschein meinen Bildern die Ver-
dächtigung mit auf den Weg gäbe, als wären seine Bilder „ nach
Instruction" gearbeitet.
Dieser Vorwurf ist ein völlig unbegründeter und beruht auf
einem Missverständniss der betreffenden Stelle, welche wörtlich
folgendermassen lautet: „Weitere Beobachtungen werden zeigen»
ob diese unter weit ungünstigeren Umständen von einem Cand&
med. angefertigten halbschematischen Figuren, oder ob meine
von einem Maler vorurtheilslos und ohne jede weitere Instruction
naturgetreu aufgenommenen Abbildungen die richtigeren sind."
Sollte wirklich ein unbefangener Leser der von Herrn Zaufal
beliebten Schlussfolgerung beitreten, so bemerke ich zu allem
Ueberfluss, dass es mir durchaus fem gelegen hat, die beiden
„halbschematischen" Figuren — denn um diese allein handelt
es sich hier — „verdächtigen" zu wollen. —
Was die Sache selbst betrifft, so haben weder die direct
noch die mdirect gegen mich gerichteten kritischen Auslassungen
des Herrn Zaufal eine Aenderung meiner in jener Arbeit nieder-
gelegten Ansichten bewirken können.
XVII.
Wissenschaflliclie RnndscliaQ.
1.
W. Preyer, Ueber die Grenzen der Tonwahrnehmung.
(Jena 1876.)
Preyer hat einige Fragen der physiologischen Akustik, die
schon von verschiedenen Forschern in Angriff genommen waren, zum
Gegenstand sehr eingehender Experimentaluntersuchungen gemacht.
Die erstere bezieht sich auf die untere Grenze der Tonskala. Wie
viele pendelartige Schwingungen müssen in der Secunde mindestens
dem Gehörorgane mitgetheilt werden, damit eine wahre Tonempfindung
entstehe? Bekanntlich hatte Savart auf Grund von Versuchen mit
seinem Zahnrad behauptet, es genügten schon 8 Schwingungen in
der Secunde. Hiergegen hatte Helmholtz eingewandt, dass Savart
die Obertöne nicht ausgeschlossen habe und er kommt durch seine
Versuche mit belasteten Saiten zu dem Schlüsse, dass mehr als
30 Schwingungen das Ohr treffen müssten, um eine wahre Ton-
empfindung zu Stande zu bringen. ^
Preyer hat nun mit Zungenpfeifen aus der Werkstätte von
G. Appun experimentirt. Welche Gründe ihn zur Wahl dieses
Mittels, die Luftschwingungen zu erzeugen, bestimmt haben und wie
er den Verdacht ausschliesst, dass er nicht durch die Obertöne ge-
täuscht wurde, das muss im Original nachgelesen werden. Das Re-
sultat seiner Versuche ist, dass bei den meisten normalhörigen
Menschen etwa 15 — 24 Schwingungen ausreichen, um ^eine Ton-
empfindung hervorzubringen. Wie zu erwarten war, ist die untere
Grenze der. Tonskala individuellen Schwankungen unterworfen.
Zweitens hat Preyer auch festzustellen gesucht, wie hoch die
Zahl der Schwingungen steigen dürfe, ohne dass sie aufhören, eine
Tonempfindung hervorzubringen. Zu diesem Ende liess er sich von
G. Appun eine Reihe von 31 Stimmgabeln verfertigen, die eine
diatonische Tonleiter von c^^ bis e^^^^ bildeten, die höchst gestimmte
derselben machte also 40960 Schwingungen in der Secunde. Beim
Schwingen aller dieser Gabeln wurden von vielen Personen noch
deutliche Töne gehört, so dass mit 40960 Schwingungen in der
Secunde jedenfalls die Grenze der Leistungsfähigkeit vieler Ohren
Xyn. Wissenschaftliche Rundschaa. 171
noch nicht überschritten ist. Manche Personen freilich waren schon
für Töne von 12000 Schwingungen taub, obwohl dieselben innerhalb
der musikalisch gebrauchten Gegenden der Tonskala ganz normal-
hörig erschienen. Da Werkzeuge, welche noch grössere Schwingungs-
zahlen als 40960 mit Sicherheitliefern, bis jetzt noch nicht hergestellt
werden konnten, so ist eigentlich auch von Frey er das Problem
noch nicht gelöst, die obere Grenze der Tonskala festzustellen, die
von keinem menschlichen Ohr überschritten wird.
Beim Anhören der höchsten Töne wurden Schmerzempfindungen
nur dann bewirkt, wenn diese Töne sehr intensiv ins Ohr kamen,
bei massiger Intensität erschienen sie im Gegentheil wohlklingend.
Die Intervalle zwischen den sehr hohen Tönen konnten übrigens
selbst von sehr geübten Musikern nur sehr unvollkommen geschätzt
werden.
Die Unterschiedsempfindlichkeit für Tonhöhen hat Preyer ge-
prüft mit Hülfe von sehr fein abgestimmten Zungenpfeifen aus der
Werkstätte Appun's. Er fand, dass bei Tönen von 500 bis 1000
Schwingungen schon ein Unterschied von 0,3 bis 0,4 Schwingungen
deutlich bemerkbar ist. In den tieferen und höheren Lagen der
Tonskala aber muss der Unterschied absolut und relativ grösser
sein, um wahrgenommen zu werden. Es scheint aus den Versuchen
von Preyer wirklich mit voller Sicherheit hervorzugehen, dass man
die viel verbreitete Ansicht aufgeben muss, wonach die Unterscheid-
barkeit zweier nacheinander gehörter Töne lediglich an ein für jedes
Ohr bestimmtes musikalisches Intervall geknüpft sei, vielmehr werden
sehr tiefe und sehr hohe Töne vom selben Ohr erst bei einem viel
grösseren Intervall als verschieden erkannt als Töne mittlerer, Höhe.
Wenn indessen Preyer hierin eine Ausnahme vom F e c h n e r 'sehen
psychophysischen Gesetze sehen zu müssen glaubt, so kann ich ihm
nicht beipflichten, da mir die Berechtigung nicht unzweifelhaft scheint,
eine Anwendbarkeit dieses Gesetzes auf qualitative Unterschiede von
Empfindungen zu fordern.
Ferner untersuchte Preyer ebenfalls an den Tönen von Zungen-
pfeifen die Fähigkeit "des Ohres in der Beurtheilung von Intervallen.
Es zeigte sich, dass hier die Fähigkeit am grössten ist für die
Octave, sie ist hier so gross, dass der Unterschied des zw^itgehörten
Tones von der Octave des ersten noch kleiner sein darf, als der
eben merkliche Unterschied zweier successiven Töne überhaupt, wenn
die Unreinheit des Octavenintervalles noch merkbar sein soll. Nach
den Octaven wird am sichersten die Quinte beurtheilt, danach die
Quart, dann folgen etwa auf gleicher Linie die grosse Terz und
grosse Sext, sodann die kleine Terz und endlich die kleine Sext.
Die Fähigkeit der Beurtheilung der Intervalle nimmt ebenso
wie die Unterschiedsempfindlichkeit für Tonhöhen von den mittleren
Lagen der Skala, wo sie am grössten ist, nach den höheren und
tieferen Lagen hin rasch ab, derart, dass bei den höchsten und
tiefsten Tönen selbst sehr geübte Ohren grosse Fehler in der Schätzung
der Intervalle machen.
In einem letzten Abschnitte bringt Preyer Gründe vor für
172 Xyn. WiBsenscbaftliche Randschan.
die von ihm vertretene Ansicht^ dass im OehömerveBapparate, wie
im Sehnervenapparate Erregung niemals ganz fehle vnä dass es
eine positive „Empfindung der Stille^ gebe^ wie ein „Eigenlicht der
Retina^. Es wtlrde indessen die Grenzen dieses Referates über-
schreiten, wollte ich den im Wesentlichen wohl berechtigten Ans-
fühmngen des Verfassers im Einzelnen folgen. A. Fick.
2.
Ueber histologische Veränderungen des Labyrinths
* bei gewissen Infectionskrankheiten. Von Prof. Moos.
(A. f. A. u. 0. V. 8. 221.)
a. Veränderungen des Ohrlabyrinths beim Ileotyphus.
Das ganze Labyrinth erkrankt beim Ileotyphus häufig und zwar
doppelseitig. Jeder Theil desselben kann ergriffen werden. Regel-
mässig waren ergriffen: Utriculus, Sacculus, Ampullen, Lamina spi-
ralis membranacea. Ausnahmsweise die Halbzirkelgänge und Zona
ossea. Histologisch stellt sich die Affection dar als eine Infiltration
mit lymphoiden Zellen oder als kleinzellige Infiltration.
In einem Falle fand M. neben dieser kleinzelligen Infiltration
in fast gleicher Intensität und Ausdehnung fettkörnchenhaltige Zellen.
Ob dieser entzündliche Vorgang im Labyrinth als eine specifische;
dem Typhus eigenthümliche lymphatische Neubildung zu deuten sei,
wie sie für den Abdominaltyphus in vielen anderen Organen bekannt
ist; oder als eine einfache Entzündung aufzufassen sei, die sich von
der gleichzeitig bestehenden eitrigen Entzündung der Paukenhöhle
durch die Labyrinthwand auf das häutige Labyrinth fortpflanze,
wagt M. nach dem ihm vorgelegenen Untersuchungsmaterial nicht
zu unterscheiden. In einem Falle fand sich die kleinzellige In-
filtration des ganzen Labyrinthes neben einfachem, nicht eitrigem
Katarrh des Mittelohrs mit Entzündung beider Trommelfelle.
Im Anschluss an diese anatomische Thatsache, die bei der Spär-
lichkeit histologischer Untersuchungen des Ohrlabyrinths sehr schätzens-
werth ist, spricht M. über die weiteren möglichen morphologischen
Veränderungen, resp. die Ausgänge der geschilderten Labyrinth-
affection die Vermuthung aus, dass sich die entzündliche Reizung
entweder zu einer eitrigen Entzündung steigern könne, oder dass
fettiger Zerfall und völlige Resorption des Exsudates eintreten könne,
oder dass es zu Trübungen, Verdickungen, oder Atrophie der er-
griffenen Gewebe komme, vielleicht auch zur käsigen Nekrose oder
zu Geschwürsbildung. Diese Möglichkeiten verwerthet M. zur Deutung
solcher Gehörstörungen im Typhus, welche ein negatives TJnter-
suchungsresultat während des Lebens darbieten.
b. Entzündung des Labyrinths bei Scharlach.
Bei einem Fall von Scharlach, complicirt mit Diphtheritis der
Mund- und Rachenhöhle, Vereiterungen der Parotis, Otitis media
XYn. Wissenschaftliche Randsehaa. 173
parnlenta; Periostitis der linken Squama etc. und durch secnndärd
Meningitis tödtlich verlattfen; fand M. doppeUeitige Entzündung des
Labyrinths:
„Die häutigen Säckchen sowie die häutigen Halbzirkelgänge
waren durch Wucherung des zwischen dem Periost der betreffenden
knöchernen Wandungen und der Membrana propria gelegenen Binde-
gewebes mehr adhärent als normal, die Bindegewebsztige selbst stärker
vascularisirt und zeigten reichliche Infiltration theils mit kleinen
Randzellen, theils mit Eiterzellen. Sowohl die kleinzellige, als die
eitrige Infiltration verbreitete sich in so hohem Grade ' über die
häutigen Säckchen^ die Ampullen und die häutigen Halbzirkelgänge,
dass das Epithel ihrer Membrana propria nirgends mehr deutlich
sichtbar war. Auf der Lamina spiralis membran. war das in so
hohem Grade der Fall, dass man die einzelnen Regionen der feineren
Gebilde derselben kaum mehr deutlich von einander unterscheiden
konnte. "
Dieser Befund im Labyrinth dürfte nach M. eine Erläuterung
bilden zu „allen jenen Fällen von hochgradiger Schwerhörigkeit
oder völliger Taubheit nach Scharlach, bei welchen die Analyse der
übrigen klinischen Symptome die Annähme einer cerebralen Affection
als Ursache der Gehörstörungen unbedingt ausschliesse ".
c. Eitrige Entzündung des Labyrinths bei Variola.
Neben Otitis med. purulenta fand M. bei einem 4 jährigen Kinde
gleichzeitig eine eitrige Entzündung im Labyrinth. Die ovalen Fenster
waren durch Steigbügel geschlossen. Makroskopisch erschienen Halb-
zirkelgänge, Ampullen und^Säckchen verdickt und von citronen-
gelb er Färbung. Mikroskopisch ergab sich reichliche Bindegewebs-
neubildung zwischen dem knöchernen und häutigen Labyrinth. Die
einzelnen Bindegewebszüge mit vielen. Eiterzellen infiltrirt. Zahkeiche
Eiterzellen an den Säckchen, noch mehr auf den Halbzirkelgängen
und den Ampullen. Die Zona ossea und membranacea der Schnecken-
windungen beiderseits stark mit theils einzelnen, theils gruppenweise
beisammenliegenden Eiterzellen bedeckt. Die Blutgefässe der Lamina
spiralis membr. stark gefüllt. Die Nerven im Meat. audit. internus frei.
Schwartze.
3.
I. lieber den diagnostischen und therapeutischen Werth
des heuen Verfahrens zur Wegsammachung der
Eustachischen Ohrtrompete und zur Ventilation der
Trommelhöhle. Von Prof. Dr. Josef Grub er. (Separatab-
druck aus der allg. Wiener medicinischen Zeitung.)
IL lieber zwei angeblich „neue Verfahren" zur Wegsam-
machung der Ohrtrompete. Von Prof. Dr. Adam P o 1 it z e r.
Separatabdruck aus Dr. Wittelshöfer's „ Wiener med. Wochenschrift^
Nr. 4.7; 48 und 49. 1875.
174 XYII. Wissenschaftliche Enndschau.
IIL Die trockene Nasendouche^ ein Verfahren zur Be-
handlnng von Mjttelohr- und Nasen-Rachen-Katar-
rhen. Von Prof. Dr. A. Lacae in Berlin. (Berl. klin. Wochen-
schrift Nr. 11. 1876.)
Die beiden ersten citirten Arbeiten (I. II.) sind vorwiegend
polemischen Inhaltes nnd bewegt sich der Streit hauptsächlich darum^
dass Politzer das von Lucae und Gruber angegebene „neue
Verfahren zur Wegsammachung der Tuba Eustachii " als ein selbst-
ständiges Verfahren nicht anerkennt, sondern jedes nur als eine
Modification seines Verfahrens betrachtet wissen will. Diese An-
schauung ist meiner Ansicht nach auch die richtige und hat sich
ja bereits Lucae^) ebenfalls accommodirt.
Der zweite Punkt dreht sich um den Grad der Wirksamkeit
des Politzer 'sehen Verfahrens und der Grub er'schen Modification.
Grub er gibt zu, dass die Druck- und Stosskraft bei „seinem Ver-
fahren" eine geringere ist als beim Politzer 'sehen, erklärt aber
gerade dieses als einen Vorzug seiner Modification, da nach „ seinem
Verfahren" die jeweilig einwirkende Kraft besser berechenbar sei.
Bei dem Aussprechen der Silben hack, heck, hick, hock, huck, fände
nach Grub er eine Erweiterung der Tuba Eust. statt, jedoch wäre
diese geringer als beim Schlingen und gerade das soll der Grub er-
sehen Modification einen Vorzug vor dem Politzer 'sehen Verfahren
geben, da die Auscultation über den jeweiligen Zustand der Tuba
einen besseren Aufschluss verschaffe, als bei noch mehr erweiterter
Tuba. Dass die Tuba bei der Aussprache der Grub er 'sehen Silben
merklich erweitert werde, schliesst Grube r daraus, dass das Aus-
cultationsgeräusch beim Katheterismus während des Aussprechens
einer der Silben hack, heck etc. ein „breiteres" wird und dass der
Ton einer vor den äusseren Gehörgang gehaltenen Stimmgabel ab-
geschwächt wird, wenn man bei zugehaltenen Nasenöffhungen eine
dieser Silben intonirt. —
Referent kann seine Erfahrungen ttber den Erfolg einer ver-
gleichenden Anwendung des Politzer 'sehen Verfahrens und der
Lucae- und G r u b e r 'sehen Modification kurz darin zusammenfassen :
Im Allgemeinen gelingt das Politzer 'sehe Verfahren, wo die
Gruber'sche oder Lucae 'sehe Modification gelingt, doch ist die
Wirkung des Politzer 'sehen Verfahrens meist kräftiger und nach-
haltiger. Häufiger kommen die Fälle vor, in denen die Lucae 'sehe
und G r u b e r 'sehe Modification nicht gelingt und nur dasPolitzer-
sche Verfahren wirksam ist, doch kamen mir auch seltene Fälle
vor, wo das Politzer 'sehe Verfahren nur schwach oder gar nicht
gelang, wohl aber die Lu^e'sche Modification. Die meisten Nieten
hat die Gruber'sche Modification und ist die Lucae 'sehe der
Grub er 'sehen vorzuziehen. Die Gruber'sche Skala hat sich mir
nur selten bewährt, doch fand ich die Angabe Grub er 's, dass
die Luft (nicht bloss bei der Grub er 'sehen, sondern auch bei der
Lucae 'sehen Modification und dem Politzer 'sehen Verfahren) bei
1) Berl. klin. Wocbenschr. 1876. Nr. 11.
XYII. Wissenschaftliche Rundschau. 175
Neigung des Kopfes in das höher gelegene Ohr leichter eindringt,
in mehreren Fällen bestätigt. So richtig auch die Grub er 'sehen
Anschauungen im Princip sein mögen, obwohl ich ihm nicht in allen
Punkten beipflichten kann,« so war die Hauptschwierigkeit bei der
praktischen Anwendung seiner Modification stets die, den Patienten,
besonders schwerhörigen Kindern, begreiflich zu machen, dass sie
das k accentuiren und längere Zeit aushalten sollen.
Ich selbst werde nur selten Veranlassung finden, eine der beiden
Modificationen in Zukunft häufiger in Anwendung zu ziehen. Die
brüske Gewalt, die man dem Politzer 'sehen Verfahren zum Vor-
wurf macht*), ist leicht zu umgehen 1. durch Regulirung des Druckes
auf den Ballon (Politzer) und 2. durch blosse Verengerung oder
losen Verschluss der anderen Xasenöfihung mit dem Finger, welche
sich bei einem üeberdruck gewissermassen wie ein Sicherheitsventil
zu öffnen hat. Durch diese einfachen, ich möchte fast sagen Helbst-
verständlichen Kunstgriffe, die ich seit Jahren anwende, ist es mir
möglich, von der niedrigsten bis zur höchsten Druckwirkung zu
steigen. Bei jedem Patienten, bei dem ich zum ersten Male das
Politzer'sche Verfahren, besonders bei einseitiger Schwerhörigkeit
ausführe, comprimire ich erst den Ballon mit 2 (Daumen und Mittel-
finger), dann mit 3, 4 Fingern und endlich mit der ganzen Hand.
Durch den losen Verschluss der vorderen Nasenöffnung gewinne ich
zugleich den Vortheil, den Lucae von seiner Modification rühmt,
dass nämlich ein Theil des Secretes durch die Nasenöffnung entweicht.
Schon in seiner früheren Publication*) macht Lucae bei der
Anwendung seiner Modification darauf aufmerksam, dass dabei gleich-
zeitig mit dem Eindringen der Luft in die Tuba der Verschluss des
weichen Gaumens durchbrochen wird, und im Cavum pharyngonasale
angesammelte Secretmassen unter einem schwirrenden oder krächzen-
den Geräusch in den unteren Rachenraum herabgeschleudert werden.
In dem oben (ad III.) citirten Aufsatze empfiehlt er die metho-
dische Anwendung der Luftdouche durch den Ballon
oder durch Einblasen mit dem Munde während der
gleichzeitigen Phonation des a, ae, o, err als ein
Mittel zur Reinigung des Nasenrachenraumes von Se-
cretmassen unter dem Namen der „trockenen Nasen-
douche".
Die methodische Anwendung dieses Verfahrens, die man auch
dem Patienten oder seinen Angehörigen überlassen könne, heile oder
bessere neben der Schwerhörigkeit auch den begleitenden Katarrh
des Nasenrachenraumes und sei die Gefahr der Eintreibung von
Schleimmassen durch die Tuba in die Paukenhöhle eine geringere,
1) Seit 8 Jahren, in denen ich tausendemal das Politzer'sche Ver-
fahren übte, habe ich bloss zwei TrommelfellraptureD , die in die ersten
Jahre der Anwendang fielen, zu verzeichnen. Eine Ruptur wurde durch
den Katheter, zwei Rupturen durch das Experimentum Valsalvae erzeugt.
2) Virchow's Archiv Bd. 64.
176 XVn. WisseDSchaftliche Bondscbau.
als beim Politzer 'sehen Verfahren. Bezüglich des Werthes dieses
Verfahrens seien hier Lucae's eigene Worte citirt: „Dass hiermit
das Politzer'sche Verfahren und die Th. Web er 'sehe Nasen-
douche entbehrlich gemacht sein sollen^ will ich durchaus nicht be-
haupten; doch glaube ich, dass diese beiden Methoden durch das
in Bede stehende Verfahren nicht bloss wesentlich unterstützt, son-
dern — wegen ihres sich nicht selten geltend machenden üblen Ein-
flusses auf das Ohr — in vielen Fällen vortheilhaft ersetzt werden
dürften. «
In einer Reihe von Fällen, in denen ich die trockene Nasen-
douche in Anwendung zog, gelangte in der That die Abfuhr eines
Theiles der im Cavum pharyng. nas. angesammelten Secretmassen
in den unteren Rachenraum, doch war ich nicht im Stande, wie ich
mieh mit dem Rhinoskope und mit dem Nasenrachentrichter über-
zeugte, selbst nach 20- und BOmaliger Entleerung des Ballons das
Gavum pharyngonasale YoUständig davon zu reinigen, besonders wenn
die Schleimmassen, wie gewöhnlich im Nasenrachenräume, eine sehr
zähe Flüssigkeit bildeten imd den Wänden fest adhärirten.
Zaufal.
4.
Rhinoscopie par le Dr. Krishaber. (Annales des Mal. de
rOreille et du larynx 1875. pag. 42— 49 et pag. 144—153.)
Als Einleitung zu seinen klinischen Vorlesungen über Rhmo-
skopie schildert Er. in kurzen Worten die historischen Momente dieser
Untersuchungsweise, und Czermak ist es zuerst und allein, dem
das Verdienst zukommt, diese E:jLplorationsmethode erfunden zvt
haben.
Die Angaben Bozzini's und Wilde 's sind zu unbestimmt und
unwesentlich, um sie bei der Erfindung der Rhinoskopie besprechen
zu müssen.
Zur Untersuchung bedient sich Kr. mit Vorliebe kleiner Metall-
spiegel, die er nach Benützung in Fett oder Glycerin aufzubewahren
pflegt; bei Operationen wird der kleine Mundspiegel an einem spatel-
förmigen Stiele zum Herabdrücken der Zunge befestigt; bei der ein-
fachen Untersuchung dagegen drückt der Patient selbst vermittelst
des Doppelspatels die Zunge nieder. Sonnenlicht scheint ihm die
beste und rationellste Beleuchtungsquelle; muss er bei künstlichem
Lichte untersuchen, so zieht er das Drummond'sche Licht allen an-
deren vor, womit er dann vermittelst eines an einer elastischen
Stirnbinde befestigten Planspiegels — die gewöhnlich benutzten
Concavspiegel findet er zu heiss — den oberen Nasenrachenraum
beleuchtet. Während der Untersuchung muss der Kranke zeitweilig
durch die Nase inspiriren, wodurch der weiche Gaumen stark nach
unten abweicht und hierdurch das Spiegelbild deutlicher wird. Im
Gewöhnlichen wendet er den Zäpfchenheber nicht an.
Es folgt dann die- detaillirte Schilderung des rhinoskopischen
XVU. Wissenschaftliche Bundschaa. 177
BildeS; die uns nichts Neues bringt, so wie überhaupt der sonst in
klarer und gedrängter Sprache geschriebene Aufsatz wenig neue
Einzelheiten bietet und gewiss nur deshalb Aufnahme in den Annalen
gefunden hat, weil in Frankreich dieser üntersuchungsmethode bis
auf den heutigen Tag noch ungemein wenig Aufmerksamkeit gezollt
wird. Kuhn.
5.
Ladreit de Lacharriöre, De quelques affections herp^tiques
de Toreille, qui provoquent le plus souvent la surditö. (Annales
des M. d. rOr. et du L. pag. 175—188. 1875.)
Zwei verschiedene Formen von Hautkrankheiten sind es, die
nach L. das Ohr befallen und Taubheit erzeugen können. Das
Ekzema und die Pityriasis. Die Schilderung des Ekzems weicht in
nichts von der aus allen Lehrbüchern bekannten ab. Bei der Be-
handlung der chronischen Form wendet Verf. mit Vorliebe den Theer
an und zwar in ganz flüssiger Form; er warnt, wenn die Erkrankung
sich schon auf den Gehörgang ausgedehnt hat, vor der Anwendung
aller salben- und pulverartigen Mittel, weil dieselben den Gehörkanal
noch mehr verstopfen und dadurch den Eiterabfluss erschweren.
Vom inneren Gebratiche des Arseniks, der warmen Schwefel- und
Soolquellen will er meist sehr schöne Erfolge gesehen haben.
Die Pityriasis alba des Ohres wurde von L. sehr häufig beob-
achtet und stellt sie sich in ganz gleicher Weise dar, wie die Pityr.
capitis und aller der Eörpertheile, die mit Haaren bedeckt sind; er
sah dieselben nur bei Leuten zwischen 40 — 60 Jahren, da in diesem
Alter die Haare am äusseren Gehörgange am häufigsten sind und
den höchsten Grad von Steifigkeit besitzen. Nimmt man. die wef^-
lichen Pityriasisschüppchen weg, so findet man die Haut verdickt
und leicht geröthet; der Gehörgiing ist stark verengt; die Kranken
klagen über starkes Jucken im Ohre, über Taubheit und heftiges
Ohrensausen. — In allen Fällen bestand auch Pityrias. capitis, sei
es, dass die Erkrankung vom Kopfe auf das Ohr per continuitatem
sich fortgesetzt hatte, sei es, dass dieselbe direct durch den kratzenden
Finger übertragen worden. Zum Unterschiede von Aspergillus be-
merkt der Autor neben der mikroskopischen Untersuchung, dass die
Pityriasis sich stets von aussen nach innen entwickle, der Aspergillus
dagegen seinen Sitz nur in der Tiefe des äusseren Ohres habe. —
In vielen Fällen war die Erkrankung hereditär.
Als therapeutische Maassregel ist es zuerst nöthig, die betref-
fenden Haare des Gehörganges zu entfernen; alsdann locale An-
wendung von Iprocentiger Sublimatlösung, Schwefelwasser etc.;
innerlich Arsenik.
Je zwei Krankengeschichten mit obligatem, therapeutischem Er-
folge illustriren die etwas breite Schilderung dieser beiden Krankheits-
formen der Gehörgangshaut. Kuhn.
178 XVIL Wissenschaftliche Randschaa.
6.
E. Rondot^ Sur le Cancer de Tapophyse mastoYde. (Annales des
M. d. rOr. et du L. p. 227—234. 1875.)
•
Bei einer 48jährigen Fran^ die seit ihrer Kindheit an einer
rechtseitigen Ohraffection mit zeitweiligem eitrigem^ manchmal leicht
blutigem Ausflusse gelitten; sonst aber stets gesund gewesen war,
trat Anfangs November 1874 eine schmerzhafte Anschwellung des
rechten Ohres auf; zu gleicher Zeit mit sehr heftigen neuralgischen
Schmerzen längs der einzelnen Trigeminusäste ; besonders aber am
Foram. supra- und infraorbitale; an der Fossa canina, am Foramen
mentalC; unterhalb des Proc. mastoid. etc. Bei Druck erwiesen sich
alle diese Punkte sehr schmerzhaft. Einige Tage hindurch klagte
die Kranke über das Gefühl eines fremden Körpers unterhalb des
rechten Augenlides. — Gleich vom Beginn hatte sich rechts con-
tinuirliches Ohrensausen und beträchtliche Gehörverminderung em-
gestellt.
Zwei Monate später tritt unter krampfhaften Contractionen im
Gesichte und am ELinne rechtseitlge Facialisparalyse eiu; die bei der
Aufnahme der Patientin noch fortbesteht und zwar bei vollständig
intaeter Sensibilität; man constatirt ausserdem eine beträchtliche
Schwellung des rechten Proc. mastoideus niit sehr unbestimmter
Fluctuatiou; jedoch völlig schmerzlos; mit AuJstfahme eines einzigen
Punktes an der Knochenspitze. Die Anschwellung setzt sich auf
die geröthete abgeplattete Ohrmuschel fort; aus dem Ohr selbst
entleert sich schleimig-eitrige Secr^tion; der Gehörkanal ist derart
verengt; dass die tieferen Theile nicht sichtbar sind. Kurze Zeit
nachher traten bei der Kranken; in einem Zwischenräume von zwei
TageU; heftige Schwindelanfälle mit Erbrechen auf. Die Schwellnng
des Proc. mastoid. nimmt bedeutend zU; die Haut röthet sich mehr
und mehr; es entwickeln sich an einzelnen Stellen rothglänzendC;
fluctuirende Höcker mit weisslichen Eiterpunkten; zu gleicher Zeit
werden im Gehörgange fungöse Geschwülste bemerkbar; die stets
zunehmen und schliesslich den Meatus extemus vollständig ah-
schliessen.
Am 4. März macht Demarquay einen 10 Ctm. langen Ein-
schnitt in den Proc. mastoid. ; eine dickC; grauC; übelriechende Flüs-
sigkeit entleert sich; der untersuchende Finger bohrt sich leicht in
eine Geschwulstmasse ein, die aus erweichtem, brüchigem Gewehe
besteht und gelangt auf Knochenschichten; die sich leicht zusammen-
drücken lassen.
Während dieser Manipulation quollen ähnliche Eitermassen ans
dem Ohrkanale. Einer ziemlich profusen Blutung aus der Art. auricol.
post. halber kann die C an quo in 'sehe Paste erst einige Tage später
eingelegt werden. Der Allgemeinzustand der Patientin bleibt fort-
während gut; ein geringer Grad von Hörfähigkeit besteht auf diesem
Ohre fort. — Nach Wegnahme des Aetzmittels findet man eine grosse,
schmutzig-graue Wunde mit eitrigem Grunde. Die Kranke klagt
über ausstrahlende Schmerzen nach dem Halse : die Facialislähmung
XYU. WiBseDBchaftlicfae Randschau. 179
bleibt stationär ; nirgends Lymphdrüsenanschwellung. Die Aussprache
ist beträchtlich behindert^ die einzelnen neuralgischen Punkte dauern
fort und in diesem Zustande verlässt die Patientin^ 4 Wochen nach
der Operation, das Spital , ohne späterhin weitere Nachrichten von
sich zu geben.
An einem ausgeschnittenen Oeschwürstheile lassen sich alle
mikroskopischen Charaktere des Krebsgewebes nachweisen. —
Diese so seltene Beobachtung von Krebs des Warzenfortsatzes
bietet verschiedene interessante Details; vorerst die im Beginne auf-
tretenden hochgradigen Neuralgien in den verschiedenen Trigeminus-
gebieten, fernerhin die eine Eiteransammlung in den Warzenzellen
vorspiegelnden localen Symptome der Art, dass ein bewährter Chirurg
wie Demarquay sich zur Incision entschliessen konnte, und schliess-
lich die langsame Entwicklung der Neubildung aus einem chronischen
eitrigen Mittelohrkatarrhe. Nähere histologische Angaben über die
„Trame caract^ristique du cancer" wären erwünscht gewesen. Die
aus dem Gehörgange herauswuchemden fungösen Partien scheinen
mit der Geschwulst des Warzenfortsatzes in Verbindung gestanden
zu haben, i. e. wie die letztere der Auswuclis einer im Mittelohr-
räume gelegenen Geschwulstmasse gewesen zu sein.
Verlauf sowohl als Entwicklung dieses Falles ähneln am meisten
der ersten Beobachtung Wilde 's,' von welchem Autor allein 3 Fälle
von Krebs des Warzenfortsatzes beschrieben sind. Auffallender
Weise glaubt Rondet und mit ihm Poinsot (Dict. de med. et de
Chirurg, prat. XXI. pag. 743), dass der obige Fall von Demarquay
einzig in der Literatur sei. — ' Kuhn.
7.
Luys^, Contributions ä T^tude des 16sions intrac6r6brales de la
surdi-mutitö. x(Ann. des M. d. FOr. et du L. pag. 313 — 322. 1875.)
In früheren Arbeiten über das Centralnervensystem hatte L. die
Ansicht ausgesprochen, dass alle von der Peripherie ausgehenden
Reize und Sinneswahrnehmungen sich vorerst im Sehhügel centrali-
siren, um dann durch die von diesem ausgehenden weissen Hirnfasern
zu den betreffenden einzelnen Zonen der Hirnrinde übertragen zu
werden. Diese physiologische Auffassung begründete er durch den
anatomischen Nachweis, dass die Sehhügel aus einer Reihe kleiner,
von einander unabhängiger Kerne aus grauer Substanz zusammen-
gesetzt seien und so ein Conglomerat mehrerer Nervenganglien dar-
stellen. Das weitere Verhältniss der thalami optici zu der Hirnrinde
vergleicht er mit dem Rade, dessen Nabe vermittelst der einzelnen
Speichen mit dem grossen Radkreise in Verbindung stehe. Es wären
somit die Sehhügel der Sammelplatz fttr alle von aussen zugetragenen
nervösen Eindrücke, die je nach ihrer Natur in den einzelnen Nerven-
kernen der Thalami aufgenommen würden, um alsdann in neuer
„animalisirter" iForm von hier aus auf die verschiedenen Theile der
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Rd. (Neue Folge. V. ßd.) 13
180 Xyn. Wissenschaftliche Rundschau.
Hirnrinde „ auszustrahlen ^^ allwo dann die eigentliche Gehirnfnnction
ausgelöst werde.
Gestützt auf seine anatomischen Untersuchungen und gemäss
obiger physiologischen Hypothese verlegt er z. B. den Sitz des
Riechsinnes in das Ammonshom^ den des Sehens in die vorderen und
seitlichen Theile des Orosshimes^ den Sitz des Gehörs in die hinteren
Regionen der Hirnlappen. Im Sehhügel selbst sei es der hinter^
Kern, der vorerst die Gehörsempfindungen von aussen sammle. Diese
zum Theil rein theoretischen Auslassungen will nun der Autor bei
der Section zweier Taubstunmien bestätigt' gefunden haben.
In dem einen Falle — ein 7 2 jähriger von Geburt taubstummer^
aber sonst sehr intelligenter Mann, der an Pneumonie gestorben
war — fanden sich einige der inneren Windungen der hinteren Gross-
hirnlappen (coin, r6gion cun^iforme post^r.) beträchtlich atrophisch,
gelblich entfärbt und ödematös geschwellt; rechts waren diese Ver-
änderungen viel stärker als links.- Die weissen Hirnfaseni; durch
welche dieser Himtheil mit dem hinteren Sehhügelende in Verbin-
dung steht; waren von Bindegewebswucherungen durchzogen und
amyloid degenerirt. An den Thalami optici waren nur die hinteren
Kerne serös infiltrirt, sehr weich und von Amyloidkörperchen durch-
setzt. In der grauen Substanz , die den Aquaeduct. Sylvii umgibt,
bot sich ein ähnliches pathologischies Bild dar. Der Rest des Grehirnes
vollständig normal. Der N. acusticus an einzelnen Stellen atrophisch.
Bei dem zweiten Kranken — ein 14 jähriger taubstummer Knabe,
der an Peritonitis tubercul. zu Grunde gegangen — konnte L. genau
dieselben Veränderungen im GehiJ*ne nachweisen, jedoch in weniger
ausgesprochenem Grade. Stets fand sich ein Wuchern des Binde-
gewebes von der Nervenscheide aus, so dass die Nervenelemente
allmählich verdrängt und schliesslich zerstört worden waren.
Abgesehen von der* jedenfalls höchst genialen Hypothese des
Autors über den Mechanismus der Gehirnaction ersehen wir aus
diesen Sectionsergebnissen zweier Taubstummen das gleichzeitige
Befallensein der hinteren Sehhügelkerne und der inneren Windungen
der. hinteren Grosshirnlappen — Hunter in den Transact. medico-
chirurgic. London 1825, beschreibt ebenfalls einen Fall von Taubheit,
in dem er ziemlich ausgedehnte Veränderungen der Thalami optici
gefunden hatte — ; wir sehen femer, wie einzelne Hirnpartien ganz
isolirt erkrankt sein können, ohne den Rest des Organs auch nur
im Geringsten weder in seiner Lebens- noch in seiner Functions-
fähigkeit zu beeinträchtigen. Kuhn.
8.
Levi, Des divers moyens proposös pour maintenir ouverte une Per-
foration chirurgicale de la membrane du tympan. (Annales des
M. d. rOr. et du L. pag. 349 — 357.)
Nach einem kurzen üeberblicke über die verschiedenen In-
dicationen der Paracentese des Trommelfells bespricht Verfasser die
XYII. Wissenschaftliche Bundschaa. 181
einzelnen Methoden zur Offenhaltnng der künstlichen Oefihung. Keines
der bis jetzt angegebenen Mittel, von der dreieckigen Sonde Pa-
r o i s s e 's an bis zum Voltolirii 'sehen Galvänokanter und der jüngst
von Simrock gepriesenen Schwefelsäure scheint ihm den genügen-
den Zweck zu erfüllen. Gleich schlechte Erfolge beobachtete er von
der Methode, kleine solide oder hohle Körper in die Wunde einzu-
heilen, wie sie von Saisy, Philippeaux, Frank und Politzer
angegeben wurden. Zuletzt bespricht^ er die von Voltolini An-
fangs 1874 vorgeschlagenen und mehrmals ausgeführten Versuche,
einen kleinen, hohlen, metallenen Halbring derart im Trommelfell
zu fixiren, dass jedes der beiden Enden in eine vor und hinter dem
Hammergriff gemachte Incision eingeführt werde. L. hat diese letztere
Methode noch nicht angewendet. — Ein von Bonnafont zumBe-
hufe der Offenhaltung der Paracentesenwunde jüngst angegebenes
resp. modificirtes Instrument erscheint ihm noch das relativ beste. Es
besteht dasselbe aus einem winklig gekrümmten Troicart, der sich
in einer 3 Ctm. langen und 3 Mm. dicken Canüle befindet; in dieser
letzteren sind 2 vermittelst eines Schiebringes vorzustossende Spring-
häkchen verborgen, die nach dem Einstiche ach an die Innenfläche
des Trommelfelles anlegen und die Canüle dadurch befestigen. Nach
ausgeführter Operation wird der Troicart nebst dem Schiebringe
entfernt und die aus Aluminium bestehende Canüle bleibt in der Wunde
zurück. — Wenn der Autor mit Recht die Nachtheile hervorhebt,
die allen diesen bis jetzt vorgeschlagenen Methoden ankleben, und
wenn er weiterhin nachweist, dass sie alle nur ungenügend den be-
treffenden Zweck erfüllen, so muss es uns sehr wundern, wie er
das Bonnafont'sche Instrument noch relativ gut findet, bei dem
eine 3 Ctm. lange Canüle in der Wunde zurückbleibt, die durch ihr
Volumen nicht allein das Trommelfell und die Paukenhöhle intensiv
reizen muss, sondern auch durch ihre Länge den Oehörgang be-
ständig irritiren und die Kaubewegungen bedeutend erschweren muss.
Kuhn.
Ladreit de Lacharriere, Du retard dans le -develloppement
du langage et du mutisme chez Tenfant qui entend. (Annales des
M. d. rOr. et du L. pag. 23—37. 1876.)
An der Hand einer Reihe von Krankengeschichten weist Ver-
fasser nach, dass manche Eonder, trotz völlig normalem Gehörsinne,
erst nach Jahren das Sprechen erlernen, andere sogar für immer
stumm bleiben. Die verschiedensten pathologischen Störungen können
dieser langsamen Entwicklung der Sprache, resp. der Stummheit zu
Grunde liegen: 1. schwache Constitution (Anämie, Rachitis); 2. vor-
übergehende oder bleibende nervöse Störungen (Convulsionen, fehler-
hafte Coordination der vom Hypoglossus versorgten Muskeln) ; 3. locale
Veränderungen und Erkrankungen der Organe, die dem Sprachacte
verliehen (zu kurzes Zungenbändchen , Hypertrophie der Mandeln,
13*
182 Xyn. WisseDschaftliche Bandschau.
angeborene Gaumenspalte; pathologische Veränderungen des hinteren
Theiles der linken dritten Hirnwindung; Idiotismus) und 4. Heredität.
— Zum Schlüsse bemerkt der Autor ; dass bei jedem Kinde , daa
gut hört aber stumm bleibt; eine gewisse Reihe geistiger Eigenschaften
mangelhaft bleibt; dass sich jedoch solche Individuen in den socialen
Lebensverhältnissen bis zu einem gewissen Grade nützlich machen
können. — Kuhn.
10.
Pierreson, Essai du traitement mödical de Thypertrophie des
amygdales. (Annal. des M. d. FOr. et du L. pag. 44 — 55. 1876.)
P. stellt sich auf Seite der Autoren; welche die Abtragung der
Mandeln als eine in den meisten Fällen überflüssige; zuweilen sogar
schädliche Operation ansehen. Die bei hypertrophischen Mandeln so
häufig beobachtete Schwerhörigkeit erklärt er aus dem stets vor-
handenen Katarrhe der Tuba und der Paukenhöhle und nicht ans
der durch die geschwellten Tonsillen hervorgerufenen Verlegung und
Abschliessung des Tubenkanals. Er behauptet mit Harvey; dass
die circa 3V2 Ctm. unterhalb des Orif. pharyng. gfelegene Drüse
auch bei ihrer stärksten Entwicklung den Tubenkanal nicht berühren
und noch weniger comprimiren könnC; denn der dazwischen liegende
Muse, pharyngp-staphyl. trenne stets die beiden Organe ; und da e^
in diesen Fällen meist selbst hypertrophisch werde; so wirke er
im Gegentheil stets erweiternd auf den Kanal. Anderseits gibt er
den nachtheiligen Einfluss zU; den hypertrophische Mandeln auf die
Respirationsorgane kindlicher Individuen ausüben und erkennt als-
dann den Nutzen der Amygdalotomie aU; glaubt jedoch; dass auch
hier eine consequente innere und locale Behandlung das hyper-
trophische Organ zurückzubilden vermöge. Die spontane Atrophie
vergrösserter Mandeln will der Autor recht häufig; besonders in den
PubertätsjahreU; beobachtet haben.
Nutzlos ist für P. die Operation weiterhin in den Fällen von
Mandelabscessen mit häufigen Recidiveu; weil sich späterhin immer
wieder Abscesse in dem zurückgebliebenen Reste des OrganeS; oder
in dem die Tonsillen umgebenden Zellgewebe entwickeln. Auch bei
der Pharyngitis granulosa ist die Abtragung der Mandeln ohne grossen
Einfluss auf die Behandlungsdauer und den Krankheitsverlauf. —
Nur bei krebsiger Degeneration der Mandeln ; wenn dieselben sehr
.entwickelt sind und Erstickungsanfälle hervorrufen; muss die Amygda-
lotomie gemacht werden.
Zur Beseitigung der bei scrophulösen Kindern so häufig auf-
tretenden Hypertroph, amygdal. empfiehlt der Autor vorerst eine
roboiirende Behandlung durch Ol. jecor., Jod und Eisenpräparate,
durch Schwefel' oder kochsalzhaltige Mineralwasser und durch gute
Körperhygiene; kalte Abwaschungen etc. Seine Localbehandlung ist
von langer Dauer und besteht in der Anwendung von Alaunpulver,
das täglich zwei Mal vermittelst des mit Honig bestrichenen Fingers
XVII. Wissenschaftliche JRundschan. 183
aufgetragen wird; femer wendet er Bepinselungen mit Jodtinetur,
mit Tannin etc. an. Nach Las^gue^s Vorgang will auch er gute
Erfolge von der Application einer aus metallischem Jod (l), aus
Talk (2) und Honig zusammengesetzten Masse gesehen haben^ ebenso
vom Auftragen von Chlorzink und von Chlorkali. —
- Wenn auch nicht bestritten werden kann, dass viele Fälle von
Tonsillenhypertrophie auch ohne Operation durch eine einfache Local-
und Allgemeinbehandlung zur Heilung gelangen, und dass anderseits
die Abtragung der Mandeln von mancher Seite gar zu häufig und
oft unnöthiger Weise ausgeführt wird, so kann jedoch nicht in Ab-
rede gestellt werden, dass sie die Behandlungsdauer solcher chro-
nischer Entzündungsprocesse des Rach'^ns bedeutend abkürzt, und
schon deshalb wird dieser einfache, nur in den seltensten Ausnahme-
fällen bedenkliche operative Eingriff viel häufiger gemacht werden
müssen, als P. es zugibt. — Kuhn.
11.
Tinnitus aurium. Betrachtung der ursächlichen Verhältnisse und
Versuch, die Entstehung nach physicalischen Principien zu erklären.
Von Dr. S. Theobald, Arzt an der Baltimore-Heilanstalt für
Augen- und Ohrenkranke. (Aus den Verhandlungen der Med.-chir.
Facultät von Maryland. April 1875.)
Den Sitz der subjectiven Geräusche verlegt T. nur in die
terminalen, resp. percipirenden Ausbreitungen des Acusticus; den
Stamm desselben hält er nach Analogie des Opticus für unem-
pfindlich; die cerebrale Ausbreitung gilt ihm zwar als Quelle der
Hallucinationen, er bezweifelt aber ihre Fähigkeit, subjective Ge-
räusche zu erzeugen. (Aus welchem Grunde, ist nicht angegeben. Ref.)
lieber die mittelbaren Beziehungen jener zu diesen, wie sie bei Ohr-
Anomalien Geisteskranker vorkommen, beruft er sich auf die be-
bekannten lehrreichen Beobachtungen von Seh war tze und Koppe
im A. f. 0. — Was ihre Natur betrifft, so hat man gewisse Arten
von subjectiven Geräuschen, die sogenannten entotischen (pulsirende,
blasende und zischende), die von den dem Felsenbein benachbarten
Blutgefässen ausgehen, stets als Gefäss-Geräusche angesehen. Nach
T. sind fast alle subjectiven Geräusche, gleich viel, ob dieselben
Ohr- oder Hirn- oder constitutionelle Anomalien begleiten, als Aus-
druck von Schwingungen zu betrachten, die durch die Friction des
Blutes in den Wänden der Labyrinthgefässe veranlasst werden und
sich den nachbarlichen Nervenausbreitungen mittheilen. Zur Begrün-
dung dieser Anschauung beruft er sich zunächst auf analoge Ver-
hältnisse, aneurysmatische, anämische Geräusche, die blasenden und
anderen Herzgeräusche und hält weder die Kleinheit der Labyrinth-
gefässe noch die Geringfügigkeit der bewegenden Kräfte für einen
Gegengrund, glaubt vielmehr, dass die Nähe der percipirenden ner-
vösen Elemente die Entstehung sehr begünstigt. Als Bestätigung
dieser Ansicht führt er dann die durch genaue Beobachtungen con-
184 XYn. Wissenschaftliche Bundschau.
statirte Kleinheit der Stapesbe wegangen an, deren Verstärkung* man
ja als Quelle subjectiver Geräusche anzusehen pflegt und beruft sich
auf den empirisch erwiesenen Einfluss, welchen sehr kleine Insecten
trotz der Unbedeutendheit ihrer Bewegungen als Schallquelle ge-
winnen, sobald sie sich in der Tiefe des M. a. bez. in nächster
Nähe des Trommelfells befinden. Für beachtenswerthe Momente,
um die Entstehung subj. Geräusche auf dem oben bezeichneten Wege
zu erklären, hält er die nahe Beziehung der Blutgefässe des inneren
Ohres zu den Himgefässen (Art. basilaris, Sinus petrosus superior)
und die nothwendige Rückwirkung der intralabyrinthischen Spannung
auf die Circulation.
Das Zustandekommen der Geräusche • findet nach T. entweder
statt durch Zunahme der Schwingungs- Amplitude , oder, falls diese
unverändert bleibt, durch Verstärkung des Effects der Schwingungen
auf den Nerven entweder durch Reflexion und Concentr^tion, oder
durch Resonanz; Verhältnisse, die unter mannigfachen pathologisch-
anatomischen Bedingungen, Entzündungsvorgängen, Anämie, Hyper-
ämie, Blutmischungsalterationen etc. Platz greifen. Wenn er ent-
gegen der bisher verbreiteten Annahme die durch stärkere Steig-
bügelincursion erzeugte Wirkung nicht durch Druck auf die
Nervenausbreitung zu Stande kommen lassen will, sondern mittelbar
durch die solchergestalt erzeugten Circulationsstörungen, so dürfte
diese Differenzirung wohl schwer thatsächlich zu begründen sein (Ref.).
Bei Anomalien des mittleren oder äusseren Ohres etwa vorkommende
subj. Geräusche sind nach T. zeitweise intermittirende. Auf Grund
dieser Eigenthümlichkeit und des Umstandes, dass alle die Blut-
circulation beeinflussenden Momente eine Steigerung derselben herbei-
führen, erscheinen ihm auch unter diesen Umständen die Vibrationen
der Gefässwände als das Wichtigste. Hierzu kommt, dass Mittelohr-
Anomalien, wie Sectionen dargethan haben (Hin ton), sehr häufig
mit Gefässerweiterungen und Hyperämieen des inneren Ohres ver-
bunden sind. Wo die Entzündungsvorgänge, welche Mittelohrschwer-
hörigkeit veranlassten, längst abgelaufen sind, hält er daftlr, dass die
ev. bestehenden subjectiven Geräusche durch dieselben SchalUeitungs-
hindemisse zu Stande kommen, welche das Eindringen des Schalls
von aussen erschweren und beruft sich hierfür auf die bekannten
Versuche mit der Stimmgabel bei periodisch absichtlich zugedrücktem
Gehörgange und dem gewöhnlichen Mangel der subjectiven Geräusche
bei fehlendem Trommelfell. Obzwar die am Schlüsse der Abhand-
lung Seitens des Verf. angestellte Betrachtung, die darauf hinaus-
kommt, dass das Hören, das subjective wie objective, mit einem
Bewegungsvorgange in den percipirenden Nerven verbunden, resp.
damit identisch ist, seine Anschauung über die Entstehung der sub-
jectiven Geräusche kaum noch mehr zu stützen geeignet scheint,
als die sonst von ihm angeftlhrten Thatsachen , . und obgleich die
Hinweisung auf die nahen Beziehungen jener zu Vorgängen innerhalb
der Blutcirculation nichts weniger als neu ist, so ist doch das Be-
streben T.'s, gerade dieser Seite besondere Beachtung zu verschaffen,
immerhin anerkennungswerth. — Jacoby.
XYII. Wisseniichaftliche Rundschau.
12.
Transactions of the american otolo*gical Society,
annnal meeting. Newport. R. J. Juli 21. 1875.
Die erste Abtheilung des referirenden Abschnittes {A
und Physiologie) enthält nur Berichte über deutsche Arbeite
der zweiten (Pathologie und Therapie) dürften folgende , vo;
deutschen Aerzten herrührende Beobachtungen beachtenswei
Dr. Burnett behandelte eine Frau an chronischem M
katarrh, welche periodisch plötzliche Anfälle von Schmei
linken Ohr bekam, von 1 — 2tägiger Dauer mit Zunahme der.
hörigkeit und gelegentlich des plötzlichen Aufhörens mit
einer germgen Menge seröser Flüssigkeit. Als Ursache er]
mikroskopische Untersuchung Aspergillus flavescens. Nach
maliger Anwendung sehr concentrirter Lösung von Solutio ar^
(100 Gran auf die Unze!) und sechsmaliger täglicher Anv
von 90% Alkohol waren die Symptome verschwunden. —
Dr. Rank in (New- York berichtet über vier Fälle vc
nischer Mittelohreiterung; welche durch Einblasung von Jo
pulver geheilt wurden. In dreien dieser Fälle waren die
bekannten Mittel lange Zeit hindurch vergeblich angewandt
Das günstige Resultat durch Jodoform wurde in 2 — 3 Woche
täglicher oder jeden zweiten Tag statthabender Application i
Auch die Prager Klinik für Syphilis und Hautkranke hat gele
der Heilung einfacher oder syphilitischer Geschwüre gleich j
Beobaehtungen über Jodoform gemacht ^ die in einem der
Hefte des Journals für Syphilis und Hautkrankheiten zi.
sind (Ref.).
Dr. Pinkney (New- York med. Journal. Sept. 1874) li
über drei Fälle von chronischer Schwerhörigkeit, in welch-
durch Verwachsung der Ossicula etc. vermittelt mittelst ei:
beschriebenen Saugpumpe gebessert wurde, die nach Art des I:
sehen Trichters in dem M. a. applicirt wurde.
Dr. R s a I (American Journal for med. sciences. Oc ;
fand unter 1700 Ohrenkranken 65 Fälle von Labyrinthaf^ectj [
meisten dieser Kranken klagten nicht über grosse Belästigui |
subj. Geräusche, sondern bezeichneten dieselben nur als unbe<i
murmelnde. — Die erste Abtheilung der fraglichen Kranken
4 mit nachweisbarer mechanischer Beschädigung des Ne •
Apparates ; 3 bei denen die tägliche Arbeit Congestivzustände ;
(Telegraphisten) und 8 Kesselmacher. In der zweiten AI i
figuriren 1 1 Fälle von Hämorrhagie im Innern Ohre mit se i
Atrophie ; 2 von secundärer Labyrinthaflfection nach vorausgei
Parotitis ; 8 in Folge von Cerebrospinal-Meningitis, 2 nach S( i
1 nach Masern, 7 nach Basilarmeningitis, 8 nach primärer L:
Entzündung oder vielleicht circumscripter Basilarmeningitis
Wurzeln des Acusticus, 4 durch Chinin, 14 in Folge unti :
Ursachen, 1 durch gehemmte Entwicklung.
Die 9 kleinen Originalarbeitön sind vorzugsweise path •
186 XVIL Wissenschaftliche Rundschaa.
therapeutischen Inhaltes einschliesslich einer experimentell - patho-
logisdien.
Die erste (Dr. Alb. H. Buck^ New- York) betitelt „eine Methode
arzneihaltige Bougies ftir die Tuba Eustachii anzuwenden ", bespricht
zunächst die bekannten Schattenseiten des bis jetzt tiblichen Injectionsp^
resp. Pulverisationsverfahrens arzneilicher Flüssigkeiten und verwirft
die zu diesem Zweck empfohlenen sog. Trommelhöhlen-Katheter, sofern
man bei ihrer Anwendung die Beschränkung der Einwirkung auf
die Tuba nicht in der Gewalt hat. Höllensteinlösung hält er für
das sicherste Mitlei zur Verringerung oder Beseitigung der die
chronische Schleimhautentzttndung und Eiterung constituirenden Vor-
gänge und zieht er es der Sicherheit wegen vor, sich bei nicht perfo-
rirtem Trommelfell auf die Behandlung der Tubenschleimhaut und des
Nasenrachenraums zu beschränken, bez. die Trommelhöhlenschleim-
haut unberücksichtigt zu lassen. Für das sicherste Verfahren das
Arzneimittel mit den fraglichen Partien in Berührung zu bringen,
hält er die Benutzung von höchstens einen Millimeter dicken Fisch-
bein- oder Catgut-Bougies, am vorderen Ende rauh gemacht und mit
Baumwolle umhüllt und an entsprechender Stelle mit der nöthigen
Marke versehen, um beurtheilen zu können, wie weit dasselbe ein-
gedrungen ist. Das Bougie wird ^/g" tief, resp. bis zur Verbindung^
der knorpligen und knöchernen Tuba eingebracht und einige Secun-
den bis zu einer Minute dort belassen; nach Entfernung desselben
einige Mal Luft durch den Katheter eingeblasen. Wenn das vordere
Endp des Bougie einschliesslich der Baumwollumhüllung 2 1/2 Mm.
misst, wird man die Grenze, bis zu der man im Tubenkanal ein-
dringen darf, deutlich gewahr, bei geringerem Durchmesser musa
man rechtzeitig die Marke berücksichtigen. — 20 — 45 Gran Arg.
nitr. auf eine Unze genügen im Allgemeinen , aber auch viel con-
centrirtere Lösungen, selbst Arg. nitricum in Substanz kann ohne
namhafte üble Reaction angewandt werden, wie B. in zwei der auf-
geführten Fälle gethan hat. Zum Schluss folgen .15 Fälle vorzugs-
weise von chronischem Tuben- resp. Mittelohrkatarrh, in welchen
das Verfahren, mit Ausnahme einiger sehr veralteter oder bezüglich
ihrer Natur zweifelhaften Zustände mit nicht ungünstigem Erfolge,
jedenfalls ohne nachtheilige Reaction täglich oder jeden zweiten Tag
gewöhnlich mehrere Wochen ausgeführt wurde.
2. Intratympanischer Druck während der Phonation von Clarence
J- Blake. Boston.
Von den bekannten beiden Bedingungen der Phonation, Aus-
strömen der Exspirationsluft aus den Lungen, als schwingungserzeugen-,
dem Momente und den, je nach der Verschiedenheit der Laute ein-
tretenden Variationen des Mundes und Nasenrachenraumes interessiren
hier nur die letzteren. Dass dieselben genügen zur Modification des
intratympanischen Druckes ging für B. aus der Beobachtung eines
Mannes hervor, bei dem in Folge langjähriger Mittelohreiterung das
Trommelfell zerstört war und sich als theilweiser Ersatz ein durch
Narbengewebe gebildetes Septum vorfand, das ausgehend von dem
peripherischen Trommelfellrest und der Umgebung des Hammers eine
XVII. Wissenschaftliche Rundschau« 187
Scheidewand bildete zwischen dem unteren- vordem Theil der Trommel-
höhle ««nd dem äusseren Ohre. Dieses Septum war entsprechend
dem gewöhnlichen Verhalten des Narbengewebes im Trommelfell
dtinner als dieses und sein breiteres Segment ^ welches sich quer
durch die vordere Portion der Trommelhöhle gegenüber dem Ost.
tymp. der Tuba erstreckte^ war besonders schlaff und konnte mittelst
Durchpressens der Luft durch die Tuba leicht nach aussen vor-
gewölbt werden. — Bei der ersten Beobachtung des Kranken ^ am
1. Juni 1875 sprach derselbe nach Art derjenigen^ jvelche an starken
Schwellungen oder Verstopfungen des Nasenrachenraumes leiden^
wählte nämlich anstatt „m, n, ng" die Consonanten „b, d, g" ab-
sichtlich zwar, wie er erklärte, um der bei Intonation der Nasen-
laute jedesmaligen Entstehung eines sehr unangenehmen Geräusches
in dem linken Ohr zu begegnen, das progressiv von m zu n, resp.
ng stärker wurde. Die objective Untersuchung während der Into-
nation, der Nasalen, resp. die Inspection des oben erwähnten Narben-
septum bestätigte seine Angabe. Da die Anwendung eines Druckes
auf dasselbe zur Beseitigung des erwähnten Geräusches nicht ge-
nügte, so wurde ein Theil des qu. Septums excidirt und damit die
anomale Erscheinung auf die Dauer beseitigt. Manometerbeobachtung
unmittelbar nach der Operation, mit Hilfe einer U-fÖrmig gebogenen,
zum Theil wassererfttllten Glasröhre ergab ein ganz mit der Angabe
des Patienten tibereinstimmendes Resultat. Bei „ qi " war der Druck
am geringsten, bei „n" grösser, bei „ng" am stärksten. Steckte
man das Manometer in eine Nasenöffnung, so verhielt sich das Steigen
der Flüssigkeit analog, der Druck war aber um vieles stärker.
Entsprechend diesem Beobachtungsresultate verhält sich auch
das Ergebniss bei einem anderen Kranken mit unversehrtem Trom-
melfell. Beim Prüfen der Lage der Lippen, Zunge, des weichen
Gaumens ergab sich, dass der Resonanzraum des Mundes progressiv
abnimmt von m zu n, ng, so dass er bei letzterem am geringsten ist.
3. Angioma cavernosum des Ohrläppchens von Dr. Charles J.
Kipp. New- York.
Nach einer Schädigung durch Frost blieb einem 50 jährigen
Manne ein blauer Fleck an der äusseren Seite des linken Ohrläppchens
zurück, der allmählich wuchs und bei der ersten Untersuchung eine
halbkugelförmige, schwarzblaue Geschwulst darstellte, ungefähr von
der Grösse einer Haselnuss. Die Haut über derselben war be-
weglich und von vielen venösen Gefässen durchzogen; durch Druck
verSchwindel sie zum grössten Theil, kehrt aber sofort zurück. Die
operative Entfernung geschah ganz wie bei einer Balggeschwulst,
hinterliess keine Deformität und nach 5 Monaten war ein Recidiv
nicht eingetreten. Die anatomische Untersuchung derselben ergab,
dass sie von einer fibrösen Kapsel umhüllt, aus schwamm,igem, dem
Corp. cavem. penis ähnlichem. Gewebe zusammengesetzt war.
4. Aural contributions von Geo Strawbridge (Philadelphia).
Congenitale Missbildung des äusseren Ohres. —
Ein Knabe von 14 Jahren hatte rechts, anstatt des äusseren
Ohres eine integumentale Falte, in der man eine geringe Menge
188 7LYTL Wissenschaftliobe Bandschau.
Ejiorpel fUhlen konnte und in deren Gentmm ein enger Kanal an-
gefähr 6 Mm. ^eit einwärts führte^ in einen Blindsack endigend,
lieber dieser Hautfalte befand sich eine zweite kleinere ; welche
gleichfalls Knorpel enthielt. Die ganze Temporal- und Kiefergegend
war sehr abgeflacht. Uhr und Stimmgabel wurde von dieser Falte
aus wie auch von der Temporal- und Mastoidalgegend gehört. Das
linke Ohr war gut entwickelt; die Hörfähigkeit aber sehr verringert.
Hieran schliesst sich noch eine Aufzeichnung analoger Beobachtungen
durch Andere. —
Fibrocartilaginöser Tumor des Ohrläppchens. — Bei einer Ne-
gerin bestand seit zwei Jahren eine fibrocartilaginöse Geschwulst
36 Mm. lang und 30 Mm. breit. Zwei in derselben vorhandene
Fissuren waren durch sehr schwere Ohrringe erzeugt. Das Mikro-
skop wies die fibrocartilaginöse Zusammensetzung nach.
Str.' sah eine namhafte Zahl solcher Geschwülste bei Negerinnen,
die ihren Ursprung dem Duchbohren des Ohrläppchens zum Tragen
von Ohrringen verdankten.
5. Multiple Abscesse der Auricula, einigermassen ähnlich einem
Othämatom, ausgehend von emer Otitis media und externa mit schliess-
licher theilweiser Zerstörung des Knorpels , von Dr. Fomeroy
(New-York).
Ein 42 jähriger Ktlper, am 27. Mai 1874 in das Brookl3m-
Hospital aufgenommen, hatte rechterseits rothe und geschwollene
Gehörgangswände nebst eitrigem Ausfluss angeblich seit 5 Tagen,
nachdem 14 Tage Schmerzen vorangegangen waren. Als die ge-
nannten Symptome einigermassen sich gebessert hatten, entwickelte
sich an der vorderen Gehörgangswand eine Geschwulst, die einge-
schnitten nur Blut entleerte. Von hieraus theilte sich die Schwellung
der Ohrmuschel mit. Bei Incision derselben wurde nur dünne,
seröse Flüssigkeit entleert. Aus einer später unterhalb des Tragus
gebildeten Oefihung ergoss sich eiterähnliches Secret. Da die
blosse Entleerung der Flüssigkeit keinen Einfluss auf den Verlauf
zeigte, so wurde von schwachen Lösungen von Arg. nitric. zu In-
jectionen Gebrauch gemacht; indess ohne Erfolg. Der Vorgang
machte auf Dr. Matthewson, von dem als ersten Beobachter des
Kranken diese Notizen stammen, den Eindruck, dass es sich um
eine von einer Mittelohrentzündung ausgehende Perichondritis handelte,
die sich allmählich auf die Ohrmuschel ausdehnte. Dr. F.. sah den
Kr. zuerst am 1. September. Damals existirte ein grosser Abscess
in der Gegend der Concha, der sich nach oben, unten und rückwärts
ausdehnte und die Hälfte der ganzen Auricula einnahm, sich nach
vorn und hinten zuspitzte und dadurch die Insertion der Ohrmuschel
fast als rechtwinklig am Schädel erscheinen liess. Vor dem M. a.^.
nahe dem Tragus war eine circumscripte mit einer Fistelöfihung an
ihrer Spitze versehene Stelle. Nach Eröffnung des Hauptabscesses
entwickelten sich kleine Abscesse, wurden resp. incidirt, in der
Gegend des Ohrläppchens, einer am Tragus, zwei am oberen Theil
des Helix. Die Hauptabscesshöhle schloss sich in drei Wochen ohne
besondere Behandlung. Zur Genesung waren im Ganzen mehr als
• XVn. Wissenschaftliche Rundschau. 189
<
ein paar Monate erforderlich. Als Ursache war weder ein Trauma
noch ein Allgemeinleiden anfzafinden. Die Bemerkung des Verfassers,
dass der Fall ein Unicum sein dürfte, ist insofern berechtigt, als man
in der That weder in den neuesten Lehrbüchern noch in der Journal-
Literatur dieser Erkrankungsform die gebührende Aufmerksamkeit
hat zu Theil werden lassen. Ref. hat vor ein paar Jahren einen
ganz ähnlichen, nach vernachlässigter acuter Mittelohrentzündung
entstandene Perichondritis des M. a. mit secundärem Senkungsabscess
in die Regio retromaxillaris, der Gegenöffiiung und Drainage zur
Heilung nöthig machte, mit hochgradiger Theilnahme der Ohrmuschel
nnd Fistelbildung in der Tragusgegend complicirt zu beobachten
Gelegenheit gehabt. Die Schmerzhaftigkeit dieses, Monate lang
dauernden Zustandes war eine ganz enorme und erst unter dem
günstigen Einfluss milder Gebirgsluft trat allmählich mit Hinterlassung
einer stark geschrumpften Ohrmuschel Heilung ein.
6. Ein Fall von Otitis media haemorrhagica, von Dr. Pomeroy
(New-York).
Eine englische Waschfrau, "55 Jahre alt, die früher nie ohren-
krank war, wurde am 11. November 1874 von Frost, Hitze, Kopf-
nnd Ohrschmerzen linkerseits ergriffen. Der Schmerz dauerte bis
zum 16. Tage mit solcher Intensität, dass sie die Hälfte der Nächte
schlaflos zubrachte. P. fand am 16. Tage das linke Trommelfell
intensiv roth, am hinteren Abschnitte ausserordentlich vorgewölbt,
das rechte Trommelfell verhielt sich bezüglich der Röthe ebenso,
war aber weniger convex. Links wurde 2 Mal, rechts 1 Mal punktirt,
namentlich links mit reichlicher Blutentleerung. Wenige Tage später
war sie geheilt.
7. Ein Fall von purulenter Infection (Pleuro-Pneumonie) in Folge
von Mittelohreiterung, von Dr. John Roosa.
- Der Kr., 25 Jahr alt, deponirt am 8. April 1873, dass er,,
rechterseits niemals feinhörig, seit 4 Jahren in Folge einer durch
Erkältung entstandenen Mittelohrentzündung an Otorrhoe leidet und
periodisch recht harthörig ist. Das rechte Trommelfell scheint ganz
zu fehlen, die rechte Tuba für Luft mangelhaft wegsam zu sein.
In der Trommelhöhle befand sich ein beträchtliches Quantum ein-
gedickten Eiters. . Nach dem genannten Termin, an dem diese That-
sachen notirt wurden, sah ihn Dr. R. nicht mehr, bis er 2 Jahre
später zu ihm citirt wurde, als er moribund war. — Dem vor ihm
gerufenen Arzte theilte er am 29. April 1875 mit, dass er an hef-
tigen, zu Zeiten äusserst peinigenden Ohr- und Kopfschmerzen rechter-
seits, Appetitmangel, Schlaflosigkeit und allgemeiner Prostration
in den vorangegangenen beiden Wochen gelitten habe. Fieber war
zur Zeit nicht zugegen; diese Symptome dauerten bis zum 4. Mai,
wo ihn ein zweiter Arzt sah; massige Druckempfindlichkeit in der
Vorderohrgegend, unbedeutendes Fieber und acute Pharyngitis fanden
sich an diesem Tage. Vom 8. Mai ab entwickelten sich neben den
Erscheinungen der Pyämie (periodischen Frostanfällen) pneumonische
Symptome und solche, die auf eine Theilnahme des Sinus lateralis
bezogen wurden (lebhafter Schmerz in der betreffenden Kopfgegend,
190 XYII. WisseoBcbaftliche Randschau. t
der sich bis in den Nacken erstreckte und mit Druckempfindlicbkeit
verbunden war). Am 23. Klagen ttber Schmerz im rechten Ange^
Hervortreten desselben ans der Orbita, gleichzeitig Schwellung an
der linken Seite des Nackens. Am 24. wurde auch das linke Auge
vorgetrieben. Am Nachmittage dieses Tages sah Dr. R. den Kr.
Bei reichlichem Ausfluss aus dem Ohr schien er blind zu sein. Am
26. Morgens Tod. Section 8 Stunden nach dem Tode. Beiderseits
Exophthalmus. Allgemeine Hirnhyperämie, sehr ausgeprägte Füllung
der oberflächlichen Blutgefässe; keine Erweichung, keine Eiteran-
sammlung. Thrombose der rechten V. jugularis int. Eiter im rechten
Sinus lateralis. Reichliche Ansammlung von Serum in den Ventrikeln.
Pleuritis der rechten Pleura pulmonalis (ausgedehnter eitriger Be-
schlag) seröser und eitriger Erguss in den Pleurasack von sehr
intensivem Fötor. Von Trommelfell oder Gehörknöchelchen keine
Spur; die knöcherne Wand des Sulcus lat. cariös; die obere Fläche
des Felsenbeines bläulich entfärbt. Schnecke und halbzirkelförmige
Kanäle nicht untersucht.
8. Experimente bezüglich der Chinin Wirkung auf das Ohr, von
Dr. Roosa.
Die Experimente wurden an fünf nicht mit subjectiven Ge-
räuschen behafteten GoUegen angestellt, von denen vier kräftig und
gesund waren, und ergaben die unzweideutigsten Belege fttr die
hyperämisirende Wirkung einer lOgränigen einmaligen Chinindosis
auf Grund der Injection der Conjunctival- und der Trommelfellgefässe^
des Verhaltens der Ohrmuschel, der Papilla optica. Beim fünften
blieb die Wirkung aus wegen habituellen Chiningebrauchs und der
eher anämischen Constitution. Hiernach hält sich R. zu dem Schlüsse
berechtigt, dass auch die subjectiven Geräusche, resp. Schwerhörigkeit,
gelegentlich beim therapeutischen Gebrauch beobachtete, durch Hyper-
ämie der Endausbreitung des Acusticus veranlasst würden.
Jacoby.
13.
Eine verbesserte Applicationsmethode des künstlichen
Blutegels. Von Dr. S. Theobald, Augen- und Ohrenarzt
an der Baltimore-Heilanstalt.
T. ist der Ansicht, dass man mit Hilfe der jetzt gebräuchlichen
Methode nicht in allen Fällen diejenige Quantität Blut zu entziehen
im Stande ist, die nach Maassgabe der Umstände wünschenswerth
wäre und dass in Folge derselben bisweilen dauernde Narben zurück-
bleiben. Aus diesen beiden Gründen hielt er eine Modification des
Verfahrens für wünschenswerth und entschloss sich, anstatt den ge-
bräuchlichen Schnitter anzuwenden, durch Abschneiden einer kleinen,
sei es durch Zeigefinger und Daumen oder ein passendes kleines
Instrument erhobenen Hautfalte eine nahebei lineare, etwa 3 Mm.
lange Wunde zu schaffen. Hierdurch gelang es ihm, eine reichlichere
Blutung zu erzielen, nach seiner Muthmaassung deswegen, weil wahr-
Xyil. Wissenschaftliche Bandjschaa. 191
scheinlich durch diese Art der Verwundung die Gefässwände nur
theilweise oder schräg angeschnitten werden. Er hebt besonders
hervor; dass man eine rapidere Blutentziehung bei dieser Modification
nicht beanspruchen dürfe ; dass aber die Blutung eine dauerndere
ist und dass eine Narbe zwar zurückbleiben könne, dies aber nie-
mals vorkommen dürfte. Ausserdem ist das neue Verfahren weniger
schmerzhaft und durch Ersparung des Schnitters der Instrumenten-
Apparat um die Hälfte billiger. Um die Blutgerinnung in der
Wunde zu hintertreiben, könnte man nach T. auch einen Tropfen
einer Lösung Ammonium carb. oder mur. (1 Drachme auf 1 Unze)
verwenden. Bei den seinerseits zu diesem Zwecke mit verschiedenen
Substanzen (Kali, Natron, Ammonium-Präparaten) an sich selbst an-
gestellten Versuchen haben sich die Ammonium-Präparate als die
wirksamsten erwiesen. -* Jacoby.
14.
üeber Ohrkrankheiten als Folge und Ursache von All-
gemeinkrankheiten. Inaugural - Dissertation von Johannes
Heydloff. Halle 1876.
Unter den Ohrleiden veranlassenden Infectionskrankheiten b^-
s|\richt H. zunächst die Masern, gesteht zwar deren relative Out-
artigkeit im Vergleich zu Scharlach zu, hält aber mit Recht be-
dingungsweise die Nothwendigkeit activen ohrenärztlichen Einschreitens
für unabweislich. Für Scharlach behauptet er namentlich auf Orund
der von Wen dt gelieferten SectionsprotokoUe , dass in einzelnen
Fällen die Tuben- und Trommelhöhlen-Affection diphtheritischen
Charakter habe. Für Variola dtirt er gleichfalls Wen dt (oder«
dessen Mittheilungen im Archiv für Heilkunde 1873). Bei Analyse
der Typhusschwerhörigkeit erörtert er die verschiedenen, mehr we-
niger thatsächlich erwiesenen Alterationen der Centralorgane , des
Nasen, raehenraumes, der Tuba und Trommelhöhle und macht auf
die von Seh war tze einmal nachgewiesene Complication mit Me-
ningitis als Ursache aufmerksam. Für die Taubheit bei Meningitis
cerebro-spinalis betont er die im Allgemeinen durch anatomische
Alteration des Gehirns sehr ungünstige Prognose. Für Syphilis
recapitulirt er die Untersuchungen von Schwartze und Grub er
und macht bezüglich der muthmaasslich durch Acusticusaffection ver-
mittelten Schwerhörigkeit auf die Wahrscheinlichkeit aufinerksam,
dass analog dem Opticus in einzelnen Fällen wohl eine interstitielle
Neuritis den Grund abgeben könne. — Als 'Allgemeinleiden, aus-
gehend von einem Ohrleiden, erörtert er zunächst Miliartuberkulose
als Folge von Verkäsung intratympanischer Entzündungsproducte,
namentlich bei scrophulösen Individuen, ohne übrigens für derartige
Fälle die Möglichkeit auszuschliessen, dass von einer mit verkästem
Exsudate infiltrirten Lymphdrüse oder einem analogen circumscripten
Entzündungsproducte der Lunge der Process seinen Anfang genommen
haben kann. Nach beiläufiger Erwähnung eines von Volkmann
192 Xyn. Wissenacfaaftliche Bandscban.
beobachteten Falles von lethal (durch Stenosirnng der Lnftröhre)
verlaufenden tnberculösen RachengeschwttrS; das zu Verwachsung,
resp. hochgradigster Verengung des Ost. phar. tubae Veranlassung
gab; und Erörterung der bekannten ^ den Secretabfluss aus der
Trommelhöhle erschwerenden ^ also die Verkäsung begünstigenden
Momente fügt er einen sehr instructiven^ von Schwartze beob-
achteten Fall an, in dem sehr wahrscheinlich von einem Heerde ver-
kästen Eiters innerhalb des einen Proc. mast.; welcher erstere durch
Verwachsung des restirenden oberen Trommelfellrestes von dem
vordem unteren Abschnitte der Trommelhöhle isoiirt war, eine secim-
däre Lungentuberkulose sich entwickelt hatte. — Zum Schluss er-
örtert er die Pyämie in ihren Beziehungen zu Mittelohreiterungen/
hebt insbesondere die in Betracht kommenden anatomisch-physiolo-
gischen Bedingungen hervor, soweit sie durch zuverlässige Autoren
thatsächlich nachgewiesen sind, gibt eine klinische Analyse der der
Thrombose des Sinus transversus, cavernosus, der V. jug. int. zu-
kommenden Symptome, macht auf die besonderen Schwierigkeiten
der differentiellen Diagnose zwischen einer durch Thrombose der
Diploevenen vermittelten Pyämie und Typhus aufmerksam und citirt
zur Illustration dieses Verhältnisses einen in neuester Zeit von Dr.
Töurneret in der Gazette med. de Strasbourg publicirten- Fall mit
dßtaillirter Krankengeschichte, Sectionsbefund und Epikrise. — Auf
Grund der augenscheinlichen Sorgfalt, welche Verf. auf die Zusam-
menstellung des fQr sein Thema vorhandenen Beobachtungsmateriales
verwandt hat, muss die Arbeit als eine auch dem Specialisten werth-
volle bezeichnet werden. Jacob y.
15.
Myringitis. Von Prof. Jos. Gruber. (M. f. 0. 1875. 9.)
Nachdem Gr. auf die grosse Seltenheit der idiopathischen Myrin-
gitis aufmerksam gemacht und die bekannten ursächlichen Schädlich-
keiten aufgezählt hat, gibt er eine detaiUirte Schilderung der Sym-
ptome. Bei dieser Gelegenheit betont er das jeweilige Vorkommen
eines auch objectiv wahrnehmbaren, mit sichtbaren Bewegungen eines
Trommelfellabschnittes coincidirenden, muthmaasslich von Tensor
* tympani-Contractionen abhängigen periodischen subjectiven Geräusches,
die bei partieller Durchtrennung der Trommelfellschichten vorkom-
mende ungleichmässige Retraction der einzelnen Schichten und die
durch Infiltration der Radiärfaserschicht bisweilen sichtbar werdende
Strichlung. Bei der bekannten Tendenz der M. f. 0. würde Verf.
gewiss nicht ohne Nutzen fQr den nicht-specialistischen Praktiker
gehandelt haben, wenn er auf die objectiv wahrnehmbare Differenz
zwischen der Hyperämie der Dermis- und der Schleimhautschieht
und auf die mit Wölbungsanomalien harmonisch zusammenfallenden
Veränderungen des Lichtfleckes, als die weitaus wichtigsten Symptome
nachdrücklich aufmerksam gemacht hätte (Bef.). Hierauf folgt eine
durch die Darstellung des genetischen Vorganges sehr informative
Xyn. WissenBchaftliche Bandscbaa. 193
Schilderung des Zustandekommens der Perforation^ Abscedirnng, Ver*
kalknng; Trübung, Vemarbung. Nachdem Verf. die verschiedenen
bei der Narbenbildnng vorkommenden Möglichkeiten in allen Rieh*
tnngen, und die für chronische Myringitis in Betracht kommenden
GesichtiBpunkte hervorgehoben hat, erörtert er die Behandlung. Be*
sonderes Gewicht legt er zunächst bei acuten und sehr schmerzhaften
Fällen auf Scarificationen oberhalb des Proc. brevis, bei hochgradiger
Acoität des Processes auf solche rings um das ganze Trommelfell
in den angrenzenden Partien der Gehörgangswand, während er
Dificision des Trommelfells auch unter solchen Verhältnissen für
überflüssig erklärt. Praktischer dürfte die Incision für den letzteren
Fall, abgesehen von der früher gegen die Scarificationen von
Schwartze betonten Möglichkeit einer Steigerung der entzündlichen
Gewebsreizung, um deswillen doch wohl sein, weil sie mittelbar auch
einer unter solchen Umständen, namentlich wenn der Kranke nicht
vom Beginne des Processes an in Behandlung ist, nicht immer mit
Sicherheit auszuschliessenden intratympanischen £zsudatansammlung
Ausgang verschaffen. Ferner hebt er die Nothwendigkeit einer nicht
zu aetiven Behandlung und der für die Erhaltung der Function bedeut-
samen Regulirung des Vernarbungsprocesses hervor. Von Folge-
zuständen wird die Behandlung der Syfiechieen, Trübungen, resp.
Verdickungen und der dauernden Perforation erörtert. Wenn letz-
tere mit überhäuteten Rändern persistirt will Gr. bisweilen durch
seitlich an derselben ausgeführte Scarificationen einen Verschluss der
Lücke herbeigeführt haben. • Jacoby.
16.
Die acute Zellhaute'ntzündung der supra- und post-
auricular-Gegend. Von R. Voltolini. (M. f. 0. 1875. 12.)
V. ^beschreibt Symptome, Verlauf etc. einer über und hinter dem
Ohre localisirten idiopathischen Phlegmone unter Anführung dreier
Fälle, von denen ein lange Zeit vernachlässigter lethal verlief. Dass
ein phlegmonöser Entzündungsprocess dieser Gegend von hoher pro-
gnostischer Bedeutung ist, ist ebenso unbestritten, wie das besondere
Interesse, welches man als Ohrenarzt der Sache zu widmen ver-
pflichtet ist. Dass man aber in den Lehrbüchern der Ohrenheilkunde
denselben nicht besonders erwähnt findet, erscheint dem Ref. um
deswillen nicht besonders auffallend, weil die Autoreti sich bei ihren
Darstellungen principiell auf die Anomalien des Ohres im engeren
Sinne des Wortes beschränken. Jacoby.
17.
Statistische und casuistische Beiträge zur Ohrenheil-
kunde. Von Carl Friedrich. (Inaugural-Dissertation. Halle 1875.)
Nach einleitenden Bemerkungen über die Nothwendigkeit otolo-
gischen Unterrichts für Militärärzte folgt zunächst statistische Mit-
194 . XYII. Wissenschaftliche Rundschau.
theilung über die Summe der bei den Rekratenaushebungen einzelner
Staaten, Englands, Belgiens, Oestreichs, Preussens, Sachsens, wegen
Ohrleidens untauglich befundenen (durchschnittlich zwischen 1 — 2 ^jo
der Unbrauchbaren) sowie Angaben über die bei den verschiedenen
Truppengattungen beobachteten Ohrenkranken und die in Folge dessen
stattgehabten Invalidisinmgen. Hieran schliessen sich Mittheilungen
über die im Oamisonlazareth Dresden, wohin alle transportablen
Ohrenkranken der k. sächsischen Armee translocirt werden, im Sommer-
semester 1874 behandelten (in Snmma 75). Von diesen mnssten
neun, strenger genommen nnr sieben, da bei zwei noch andere Ano-
malien concurrirten (Cataracta träum., Ozaena), als dienstuntauglich
bezeichnet werden. Und alle sieben waren bereits vor ihrer Ein-
stellung ohrenkrank gewesen (!). Unter den zuletzt ausführlich von
F. mitgetheilten 22 Fällen sind neun acute Mittelohrzustände in Folge
von Flussbädern. Die übrigen 13 vertheilen sich auf traumatisch
vermittelte Labyrinthschwerhörigkeit , Trommelfellrupturen durch
nahe dem Ohre abgefeuerte Kanonen oder Gewehre, endlich chro-
nische Mittelohreiterungen. Von letzteren ist ein Fall durch Com-
plication mit intratympanischem Cholesteatom deswegen besonders
bemerkenswerth , weil durch letzteres cephalische und hochgradig
febrile Symptome hervorgerufen wurden, die bald nach seiner durch
Ausspritzung bewirkten Entfernung verschwanden. Jacob^.
18.
Ueber die Anomalien in der Bildung der Nasenmu-
schein. Vorgetragen im Verein deutscher Aerzte in Prag, 4./ 12.
1874 von Prof. S* Zaufal. (Separ^tabdruck aus Nr. 23 des
ärztl. Corr. Bl.)
Prof. Z. hat in einzelnen Fällen neben angeborenem Mangel
oder rudimentärer Bildung der unteren Muscheln eine eigenthümliche
Form des Nasengerüstes (kurze Sattelnase mit breitem knöchernen
Nasenrücken) und Ozaena gefunden: Thatsachen, die sofort an drei
Individuen demonstrirt wurden. Nach detaillirter Aufführung der
vorzugsweise in den anatomischen Verhältnissen der Nase gegebenen
Grundbedingungen für die Fortführung des von der Schleimhaut,
unter pathologischen Verhältnissen gewöhnlich sehr reichlich abge-
sonderten Secretes erklärt er für den Hauptmotor den inspiratorischen
Luftstrom, dessen Wirkung nach physikalischen Gesetzen um so
grösser ist, je enger die Röhren sind, durch welche er streicht.
Diesem Gesetze entsprechend wird selbstredend unter den zuerst
angeführten anomalen, und den sich diesen annähernden (sehr weiter
unterer Nasengang bei kleiner Muschel) relativ normalen Bedingungen
die Fortleitimg des Schleimhautsecretes mangelhaft. Dasselbe stagnirt
und fault (Ozaena). Unter den krankhaften Processen, welche zur
Bildung reichlichen Secretes Veranlassung geben, betont Z. mit Recht
neben Lupus und Syphilis den einfachen chronischen Katarrh. Von
der Wichtigkeit dieser Behauptung, bez. der Coincidenz einseitig sehr
XVn. WisBensebaftKche Rnndsobaii. 195
breiten unteren Nasenganges und Ozaena bei Rhinitis chronica non
iBdcerosa^ sowie der Möglichkeit durch die von Z. angegebenen Nasen-
rachentrichter die während der Phonation eintretenden Bewegungen
des Tubenwulstes und Levator yeli zu beobachten^ hat sich Ref.
innerhalb der letztrerflossenen acht Monate ungefklhr acht Mal zu
ttberzeugen Gelegenheit gehabt. Inzwischen ist auch von Tillot
(A. f. 0. N. F. lY. 2 IS.) das Vorkonunen von Ozaena bei nicht-
ulceröser Rhinitis betont werden. — Die Sattelnase fand sich in
den Yon dem Vortragenden beobachteten 10 Fällen (beiläufig 8 Mal
bei Slaven und 2 Mal bei Deutschen)^ ohne dass gleichzeitig Syphilis
oder Scrophulose hätte nachgewiesen werden können. — In einem
der in letzter Zeit vom Ref. beobachteten Fällen war eine augen-
scheinlich Yom Vater ererbte Sattelnase mit beidseitiger Rhinitis
ulcerosa (scrophnlosa?) vorhanden. Ob die Bildung der Sattelnase
mit dem Verlust; resp. ursprünglichem Fehlen der unteren Muschel
in causaler Verbindung steht, lässt Z. zweifelhaft. Bei der mehr-
seitig^i praktischen Wichtigkeit der Ozaena sind die von Z. ent-
deckten Thatsadien aus naheliegenden Gründen auch für den Otologen
sehr beachtenswerth. Jacoby.
19.
lieber eine Eigenthflmlichkeit der Sc hall emp findungen
geringster Intensität. Von Dr. Victor Urbantschitsch
(Wien). (Central-Blatt der med. Wissenschaften. Nr. 37. 1875.)
Die von U. beobachtete Thatsache, dass man weder das Ticken
einer Taschenuhr , noch den Schall eines fallenden Wasserstrahls,
noch den ^ mittelst Schlauch weitergeleiteten Ton eines Resonators,
welcher durch eine in den elektrischen Strom eingeschaltete Stimm-
gabel erregt wird, dauernd, sondern mit periodischen Unterbrechungen
hört, veranlasst ihn zu aem Schlüsse, dass nicht der Schallquelle,
sondern dem Gehörorgan der Grund für dieses eigenthümliche Ver-
halten zuzuschreiben sei. Da es nun bezüglich des so eben be-
zeichneten Verhaltens sich gleichgiltig zeigte, ob man bei Individuen
beobachtete mit intactem oder perforirtem Trommelfell, mit unver-
sehrter Gehörknöchelchenkette oder freiliegendem Steigbügel, also
der mögliche Einfluss des Tensor tympani ausgeschlossen, und der
des Stapedius mindestens zweifelhaft war, die Intermissionen endlich
in gleicher Weise auch bei Benutzung der Knochenleitung eintraten,
80 kommt ü. zu dem Schlüsse, dass die fragliche Eigenthümlichkeit
nicht dem Schall-leitenden, sondern dem percipirenden Theile
des Gehörorgans zuzuschreiben sei, dass bez. die Perception des
Acustieus für Schallquellen sehr geringer Intendtät eine ungleich
massige ist, und bei fortdauernder Einwirkung derselben vorüber-
gehend selbst ganz verloren gehen kann, analog dem von Helmholtz
beobachteten Verschwinden und Wiedererscheinen schwacher Nach-
bilder. — Jacoby.
ÄrchiT für Ohrenheilkunde. XL Bd. (Nene Folge. Y. Bd.) 14
196 Xyn. WissedBchaftliche RandschaiL
20.
Beschreibung einer einfachen Methode^ mittelst deren
zwei Beobachter gleichzeitig den Augengrund^ das
Trommelfell oder den Kehlkopf untersuchen können.
Von Dr. Emil Berthold^ Docent in Königsberg. (Berl. klin.
Wochenschrift. 1875. Nr. 25.)
Von dem Satze ausgehend^ dass die von dem Augenhintergrunde^
Trommelfell etc. bei Beleuchtung desselben mit reflectirtem Lichte
zur Lichtquelle zurückkehrenden Strahlen von einem zweiten Beob-
achter zur gleichzeitigen Wahrnehmung des Trommelfells- etc. Bilde»
benutzt werden können^ wenn sich derselbe gleichfalls eines die Be-
leuchtung steigernden concaven Reflexspiegels bedient^ hat B. einen
solchen durch einen zweigliedrigen Messingarm an der mit dem
Tobold'schen Beleuchtungßapparat versehenen Lampe befestigen
lassen^ nicht an der LampenstangC; sondern an einer dieser parallel
laufenden Messingstange (welche da angebracht ist; wo sonst der
Zapfen für den Ring zum Lampenstocke sich befindet), damit der-
selbe bei einer höheren oder tieferen Stellung der Lampe gleichzeitig
gehoben oder gesenkt werden kann und das Abschrauben nicht er-
forderlich ist. In Folge dieser Construction steht der Spiegel des
Tobol duschen Apparates; da wo sich bei dem ophthalmoskopischen
Untersuchen die einfache Lampe befindet; also zur Seite des Unter-
suchten und der zweite Spiegel vor dem Untersuchten; wie der ge-
wöhnliche Augenspiegel bei der- einfachen Untersuchung. Die Wahr-
nehmung des Trommelfellbildes gelingt mit Hülfe dieser Methode
um so viel leichter; weil man durch die Reflexe nicht gestört wird,
wie bei der Untersuchung des Augenhintergrundes.
Um ein Trommelfellbild einem gleichzeitigen zweiten Beobachter
zu demonstriren genügt -übrigens schon ein Concavspiegel ; dessen
Brennweite um mehrere Zoll grösser ist; als die vom Beobachter
zwischen Spiegel und Trommelfell innegehaltene Entfernung. Bei
passender Stellung sieht dann der zweite Beobachter das Trommel-
fellbild in dem Concavspiegel.
Dass man zu demonstrativen Zwecken bei Benutzung von Sonnen-
licht sich anstatt eines Concavspiegels eines Planspiegels bedienen
kann, hat Lucae bereits 1869 (Med. Central-Blatt 1869. Nf. 52)
dargethau; und ist von ihm hierauf in der Klin. Wochenschrift 1875
Nr. 31 in Folge des UmstandeS; dass Berthold seiner in der
obigen Arbeit nicht erwähnte, abermals aufinerksam gemacht worden.
Derselbe Autor (Berthold) spricht (Berl. klinischen Wochen-
schrift 1874. Nr. 15) über die Untersuchung des Gehörorgans und
Trommelfells (in einer Sitzung des Vereins fttr wiss. Heilk. zu Königs-
berg am 3. November 1873). — Abgesehen von bereits zur Genüge
Bekanntem reducirt sich das Gesagte im Wesentlichen auf eine
Wahrung seines Prioritätsanspruchs bezüglich d^r Empfehlung der
binoculären Otoscopie gegenüber E. de Rossi (Rom). Beiläufig
verspricht er sich von dieser nur dann wesentliche Vortheile, wenn
noch Vergrösserungsvorrichtungen an dem betreffenden Apparat an-
gebracht sind. Von dem durch Voltolini modificirten Brunton'schen
XYII. Wissenschaftliche Rundschau. 197
Apparat behauptet er^ dass er wahrscheinlich grössere Bilder geben
würde; wenn er anstatt seiner Vergrösseningslinse eine Brttcke-
sche Loupe hätte, welche ausserdem den Vortheil gewährt, sich be-
quem für das myopische und hypermetropische Auge einstellen zu
lassen. Jacoby.
LITERATUR..
1875.
1. Burnett — Caries of mastoid cells — removal of sequestrum
— faeial paralysis und recovery. (Philad. med times. 22. May.)
2. Baber, E. Creswell — üeber Anwendung der Watte bei Ohr-
krankheiten. (Brit. med. Joum. 29. May.)
3. Bernhardt; A. — lieber die Function der Bogengänge des
Ohrlabyrinths. (Med. Centr.-Bl. XIII. 21.)
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(Lancet I. 22.)
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der regio mastoidea; Tod. (Brit. med. Joum. March 6.)
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9. Boosa — Syphilit. Erkrankung des Hörnerven (oder d. Cochlea)
diagnosticirt durch einen Hautausschlag; specifische Behand-
lung; Heilung. (Arch. f. Dermatol. I. 3.)
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11. Webber — Weber Gehirnerscheinungen bei Ohrenkrankheiten
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12. S^aufal — üeber Fremdkörper im Ohre. (Böhm. Corresp.-Bl.
III. S. 154.)
1876.
13. Rttdinger — Beiträge zur Anatomie des Gehörorganes, der
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Finger). Mit 6 Tafeln. (München^ literarisch-artistische An-
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April 8.)
15. Cassells, James Patterson — On the aetiologjr of ear disease.
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16. Cassells— fOn conservative aural surgery. (Edinburgh, meä.
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med. Journ. April.)
14*
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L. Corbaz et Co.)
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mary for disease of the ear. (Philaddphia.)
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10. April 1876. 8. 197.)
25. Burnett — 2 annual report of the Philadelphia infirmary for
diseases of the ear.
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heilkunde pro 1873 und 1874. (Schmidts Jahrb. Bd. 170.
Heft 1. 45 Seiten.)
27. Lichtenberg — Das „neue Verfahren" Gruber's b^i acuten
Erkrankungen des Mittelohrs. (Separat -Abdruck aus der
Pester medicinisch-chirurg. Presse.)
28. Hinze — lieber die Entstehungs weise des beim Galvanisiren
des Kopfes auftretenden Schwindels. (St. Peterb. med. Zeit-
schrift. 1875. Neue Folge. V. Band. 4. Heft.)
(Erklärt den bei galvanischer Reizung auftretenden Schwindel
durch Reizung der Bogengänge, speciell der AmpuHamerven.)
29. Zuckerkandl — Ueber die Venen der RetromaxiDargrube
und deren Beziehungen zu dem Gehörorgane. (M. f. 0. 1876.
Nr. 4.)
30. Voltolini — Ueber fremde Körper in uer Paukenhöhle und
deren Entfernung. (Ibid. Nr. 5.)
31. Michel — Krankheiten der Nasenhöhle und des Nasenrachen-
raums. (Berlin 1876 bei Hirschwald. Preis 2 M. 80 Pf.)
Mittheilung des Dr. A. Magnus.
Mit Bezne auf meine vorläafige Mittheilnng in dem letzten Hefte dieses
Archivs theue ich nunmehr den Herren CoUegen lüs Resultat meiner Be-
mühungen mit, dass ich durch die besondere Güte des Herrn Dr. E. Martini,
Vorsitzenden des wissenschaftlichen Ausschusses fUr die 49. V. d. N. u. A.
folgende Notiz erhalten habe:
1. Es wird für die Ohrenheilkunde wiederam eine, besondere Section
eingerichtet sein. 2. Das Local für dieselbe ist in der neuerbauten
Gewerbeschule vor dem Steinthor gelegen. 3. Dr. F. Goldschmidt
ist mit der Einführung der Section betraut worden.
Ferner aber wird Herr Dr. Goldschmidt, wie er mir mittheilt, Vor-
sorge treffen, durch ein besonderes Programm Tag und Stunde unserer
ersten Sitzung den Herren Gollegen bekannt zu machen.
)(.l, l.,p.is.
Ti'autmann. Derselbe Hack.
%6
XVIll.
lieber die Dnrchschneidnng des Steigbägelmns
Menschen und über die Eztraction des Steigbfii
der Golnmella bei Thieren"")
von
Dr. J. Kessel,
Frivatdocent an der Uniyersität Graz.
Die Durchschneidung der Sehne des Steigbügel
so viel ich weiss, bisher nicht vorgenommen worden,
ist mein Suchen in der Literatur nach einer gleiche i
liehen Operation unergiebig gewesen.*) Obwohl im ^
Falle die Sehnendurchschneidung mit Erfolg durchge i
so würde ich es doch nicht wagen , vor die Oeffei i
treten , hätte ich sie bloss auf einen flüchtigen Ge :
vorgenommen. ^Aus dem Nachstehenden dürfte der !
ersehen, dass dies nicht der Fall war, dass ich mir '
einem derartigen Eingriff durch meine ärztlichen 1
sowie durch eingehende experimentelle Versuche c
gung erworben hatte. Freilich muss ich hier in \' i
Weise bemerken, dass meine Absicht anfänglich I
nicht bloss den Steigbttgelmuskel zu durchschneidi i
nöthigenfalls die Extraction des Steigbügels vorzui !
handelte sich also eventuell um einen Eingriff in da
bei dem der Abfluss des Labyrinthwassers in seil !
und Folgen auf die ftmctionellen Leistungen des Innc i
zu berücksichtigen waren.
Suchen wir nach Analogien eines solchen Eingri
Gebiete der Sinnesorgane, so würden wir sie insowei •
1) Nach einem im Verein der Aerzte zu Graz am 27. M i
Vortrage.
2) Nach mündlicher Mittheilung hat Prof. Lucae diest '.
düng bereits vor länger als 10 Jahren ausgeführt. 1 i
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 1
200 XVin. KESSEL
zulässig ist, in der Staaroperation annähernd wiederfinden. Bei
beiden Operationen, bei der Extraction der Linse und des Steig-
bügels handelt es sich darum, mechanische Hindemisse zu be-
seitigen, um die äquaten Reize auf die peripheren Nervenapparate
einwirken zu lassen. Wollten wir die Analogie noch weiter
verfolgen, so müssten wir annehmen, dass der Glaskörper der
Endolymphe entspräche, denn beide umspülen die Endorgane
der zwei specifischen Nerven. Würden wir nun die etwaigen
Folgen der genannten operativen EingriflPe bei beiden in Vergleich
ziehen, so müssten wir zu Gunsten des Ohres hervorheben, dass
hier die Endolymphe, sowohl im Vorhof als im Schneckengang
in relativ sehr w^erstandsfähigen Membranen eingeschlossen ist
und daher' ein Abfluss nicht so. leicht möglich ist, wie bei dem
wenig geschützten Glaskörper. Pazu kommt, dass die Peri-
lymphe in den beiden Treppen der Schnecke und im Vorhofe
in capillaren Röhren und Spalten enthalten ist, so dass sie selbst
bei freier Passage nicht leicht abfliesst, oder wenn dies auch in
geringem Maasse geschieht, sich leicht wieder aus dem Blut und
Lymphgefässsystem ersetzt. In Hinsicht auf den eyentuellen Ab-
fluss der Perilymphe oder gar der Endolymphe wäre also wenig
zu fürchten; darin stimmen Speculation und Experiment, wie
wir weiter unten sehen werden, gut überein.
Eine höhere Bedeutung erhält die Operation, wenn man die
physiologische Dignität des Vorhofs mit in Beeidung zieht and
dem letzeren die volle Anerkennung zollt, wie es Goltz und
Andere in neuerer Zeit gethan haben. Goltz nahm nämlich
ältere Versuche von Flourens wieder auf und entwickelte auf
Grund eigener Versuche die Hypothese, dass wir in den Am-
pullen und Bogengängen ein besonderes Sinnesorgan besessen,
dessen Au%abe es sei, uns von der Lage und den Bewegungen
des Kopfes zu unterrichten. Durch die Zerstörung der Bogen-
gänge sollten die Thiere schwindlig werden und Coordinations-
störungen zeigen. Nach Goltz würden die äquaten Reize für
die Endorgane der Ampullennerven durch Dehnung unter dem
Einfluss des Druckes gesetzt. Der Nerv einer Ampulle würde
demnach um so stärker gereizt, je tiefer er unter dem Scheitel
des zugehörigen Bogenganges liege. Aendere sich die Lage des
Kopfes, so ändere sich diese Tiefe und damit auch die Reizgrade
der drei Ampullennerven, so dass man im Verhältniss dieser
Keizgrade ein Mittel hätte, die jeweilige Lage des Kopfes zu
beurtheilen, Breuer suchte seinerseits, die Goltz'sche Er-
Ueber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 201
klärung für nicht stichhaltig erklärend, das reizende Moment
für die Nervenenden der Ampullenneryen in einer Bewegung der
Endolymphe. Mit Goltz hätten wir also anzunehmen, dass wir
in den Bogengängenapparaten ein Sinnesorgan besässen, das
während der Buhe functionire, mit Breuer aber, dass es nur
bei Bewegungen Empfindungen habe.
Mag sich nun die Sache verhalten, wie sie will, zu Gunsten
von Goltz oder Breuer wenden, für uns geht daraus hervor,
dass, im Falle wir es mit einem Sinnesorgan von so hoher Be-
deutung für das Leben wirklich zu thun hätten , ein Eingriff in
das Labyrinth in hohem Grade bedenklich erscheinen mfisste.
Der möglicherweise stattfindende Abfluss der Perilymphe, die im
Gefolge stehende Druckänderung zwischen Endo- und Perilymphe,
das Eindringen von Luft, die Gefahr der Entzündung der Nerven-
apparate, dies Alles drängt von dem Eingriff ab, falls man ge-
neigt ist, die Goltz 'sehe Hypothese als gültig zu acceptiren.
Die Literatur über diese Hypothese hat sich in letzterer
Zeit beträchtlich gemehrt; sie zählt viele Anhänger auf, aber
anch hartnäckige Widersprecher. Die nachweisbaren Beziehungen
des Auges* der Tast-, Gelenk- und Muskelempfindungen zur Er-
haltung des Gleichgewichtes sprechen zwar nicht dagegen, dass
wir in den Bogengängen ein Organ hätten, welches ebenfalls in
gewisser Beziehung dazu stände. Dann käme aber bei der Er-
haltung des Gleichgewichtes das Princip peripherer stellvertreten-
der Function in Betracht und nicht ein besonders dasselbe be-
herrschendes Sinnesorgan.
In der That gibt Breuelr auch zu, „dass wir unseres Am-
puUenorganes nicht bedürien, um, im Besitze unserer Tast-,
Gelenk- und Muskelempfindungen und über die Aussenwelt durch
die Augen orientirt, die groben Leistungen unseres Stehens und
Gehens auszufllhren ". Damit erledigt sich, wie ihm scheint,
auch gleich der Einwand, der ihm von fachmännischer Seite
gemacht wurde, es gäbe Sectionsbefunde von Taubstummen, die
überhaupt keine Bogengänge besessen hätten. Er gibt zu, dass
das Labyrinth für die grobe Arbeit der Balance entbehrlich und
durch Schärfung anderer Sinne voUanf ersetzt werden könne.
Nach den eben angestellten Betrachtungen mindert sich der
Schreck vor einem Eingriff in das Labyrinth schon wesentlich
herab und ein Best von Bedenklichkeiten verschwindet, wenn
man die Controlversuche von Böttcher und seine Resultate
den vor ihm gewonnenen gegenüberstellt, Böttcher stellt in
15*
202 XVra. KESSEL
Abrede, dass die DurchschneidaDg der Bogengänge Schwindel
und Coordinationsstörungen unniittelbar als Gefolge habe, son-
dern dass letztere, wenn sie überhaupt auftreten, die Folge von
Veränderungen von Gentraltheilen sind, die durch den Eingriff
alterirt werden, sei es durch Zerrung am Gehörnerven oder
durch Blutung in die Schädelkapsei oder Entzündung etc. Eine
Mittheilung Böttcher 's gründlicher. Untersuchungen und scharf-
sinniger Erörterungen liegt hier ganz ausserhalb der Grenzen,
die ich mir gezogen habe ; sie sind wichtig genug, um von Jedem
selbst nachgelesen zu werden, der sich flir diesen Gegenstand
interessirt; hier wollte ich nur hervorheben, dass er der Goltz -
sehen Hypothese sämmtliche Stützen entzieht und gänzlich in
Abrede stellt, dass den Bogengängen die supponirten Leistungen
zugeschrieben werden dürften.
Es ist wohl selbstverständlich, dass Böttcher, wenn er
den Beweis zu führen sucht, dass der Schwindel nicht die Ur-
sache der Bewegungsstörungen (Zwangsbewegungen) sein könne,
damit auch beweisen will, dass es überhaupt keinen Ohrschwindel
gäbe; letzteres ist eine unzweifelhafte, den Ohrenärzten wohl
seit ihrem Bestehen schon bekannte Thatsache; er wird hervor-
gerufen entweder durch gewisse Manipulationen an dem Ohre oder
durch pathologische Veränderungen desselben.
Durch Injection von Flüssigkeiten in die Paukenhöhle oder
in den Gehörgang wird bei unverletztem Trommelfell unter
Umständen Schwindel hervorgerufen, der in heftigen Graden von
Scheinbewegungen der Gesichtsobjecte begleitet ist. Er hat eine
Dauer von 30" -bis T, selten darüber. Bei perforirtem Trommel-
fell entsteht er sehr leicht, wenn Flüssigkeit in der Paukenhöhle
zerstäubt wird.
Der herrschenden Ansicht der Ohrenärzte nach hätten wir
die Ursachen dieser Erscheinungen in einer positiven Druck-
schwankung im Labyrinth zu suchen. Hensen und Schmide-
kam sind indessen anderer Meinung. Letzterer belastete seine
Trommelfelle mit einer Wassersäule von 117 Cm., wobei ein
intensives Schmerzgefühl eintrat, welchem Schwindel und Uebel-
keit auf dem Fusse folgte. Als er gleich darauf den Versuch
wiederholte, stellten sich, trotzdem die Höhe der Wassersäule
nur 62 Gtm. betrug, die Erscheinungen in so verstärktem Maasse
ein, dass das Gefühl des Schwindels sich fast zur Ohnmacht
steigerte, worauf Würgen und wirkliches Erbrechen eintrat, dem
für die Dauer des Tages ein Eingenommensein des Kopfes folgte.
üeber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 203
Schmidekam ist geneigt, diese Zufälle als Reflexerscheinungen *
aufzufassen, welche durch Beizung des Bamus auricularis nervi
Vagi bedingt werden. Der Beiz soll in diesem Falle nicht durch
den Druck, sondern durch die niedrige Temperatur des Wassers
gesetzt worden sein, da bei einer späteren Wiederholung des
Experimentes, unter Benutzung eines Wassers von 25 ^ B., alle
Erscheinungen ausblieben, obwohl der Druck noch um mehrere
Centimeter gesteigert wurde.
Obwohl nun Schmidekam mit seinem Experiment der
herrschenden Anschauung der Ohrenärzte entgegentritt, so halte
ich ^ sie damit allein noch nicht für beseitigt und halte es ausser-
dem auch nicht beweisend ftir die seinige. Einmal hat er nicht
erwiesen, dass der Vagus im Gehörgang wirklich den Schwindel
bedingt, dagegen spricht sogar, dass der Schwindel auch bei
Injection in die Paukenhöhle von der Tuba aus entsteht, also
von den Wandflächen einer Höhle aus, in denen der Vagus gar .
nicht vertreten ist. Dann muss doch erwogen werden, ob das
Labyrinth durch den Druck der Wassersäule überhaupt belastet
wurde, was ja doch wohl von Schmidekam angenommen wurde ;
denn nur unter dieser Voraussetzung konnte er zu einer Schluss-
folgerung geflihrt werden. Da nämlich in seinen beiden Ver-
suchen bei annähernd gleicher Belastung des Trommelfells, resp.
Labyrinthes das eine Mal die beschriebenen Erscheinungen auf-
traten, das andere Mal aber ausblieben, so kann es, so sthliesst er
nun, nicht der positive Druck im Labyrinth sein, der die Erschei-
nungen hervorruft, sondern die Ursache der letzteren muss wo
anders liegen und lässt sie dann von den Einwirkungen der
niederen Temperatur auf den Vagus ausgehen. Im vorliegenden
Falle ist es die Bichtigkeit der Voraussetzung, welche ange-
zweifelt werden kann. Es ist nämlich bekannt, dass durch die
Contraction des Steigbügelmuskels eine Druckverminderung im
Labyrinth eintritt und #es lässt sich ganz gut vorstellen, dass im
Falle, wo ein constanter Druck auf das Trommelfell resp. Steig-
bügel wirkt, und einen abnormen Labyrinthdruck verursacht,
der Steigbügelmuskel durch Beflexaction den üeberdruck zu com-
pensiren sucht oder gar nicht zu Stande kommen lässt. Wenn
also Schmidekam seine beiden Trommelfelle mit Wassersäulen
belastete, so liesse sich immerhin denken, dass der Steigbügel-
muskel durch seine Contraction einen üeberdruck im Labyrinth
hinderte. Selbstverständlich würden damit auch die Erscheinungen
nicht auftreten, welche der herrschenden Anschauung nach von
204 XVm. KESSEL
letzterem abgeleitet werden, es würden damit aber die Voraus-
setzungen wegfallen, wie^sie zu Schmidekam's Schlussfolge-
rung nothwendig erscheinen.
Es fragt sich nun weiter, ob die niedrige Temperatur das
ursächliche Moment zum Ohrenschwindel abgibt. Wenn ich hier
auch ausdrücklich anerkenne, dass Spritzwasser von beträchtlich
niederer, als der Bluttemperatul* leicht Schwindel hervorruft, so
muss ich doch in Folge meiner Erfahrung hinzufügen, dass er
zuweilen auch eintritt, wenn Wasser von letzterer angewendet
wird und dass er bei Verwendung von Brunnenwasser sich zu-
weilen nicht einstellt. Dass Temperaturdifferenzen allein ohne
gleichzeitige Einwirkung eines Druckes Schwindel hervorrnfeB,
ist mir nicht bekannt.
In letzterer Zeit habe ich eine Patientin beobachtet, die
zeitweise von Ohrenschwindel belästigt wurde. Wenn der Schwin-
del sehr heftig war, so konnte sie nicht allein gehen, sie musste
sich zum Ambulatorium führen lassen. Beim ruhigen Stehen
machte sie leichte Schwankungen mit dem Oberkörper; Hess
man sie gehen und die Augen schliessen, so musste sie vor dem
Fallen geschützt werden. In diesem Zustande der Patientin ge-
nügte es , den Tragus leicht auf die Oeffhung des Gehörganges
anzudrücken, um Schwindel bis zum Umfallen und Scheinbe-
wegungen der Gesichtsobjecte hervorzurufen. Bei dieser Mani-
pulation iönnen Temperaturdifferenzen im äusseren Gehörgange
nicht entstehen, also auch nicht das ursächliche Moment zum
Schwindel abgeben, es musste vielmehr dem sehr geringen Druck
auf die Gehöigangs-Paukenhöhlenluft zugeschrieben werden. Wo
aber kommen nun die Erscheinungen zu Stande? Bei der Pa-
tientin besteht seit längerer Zeit eine Otorrhoe mit gänzlichem
Verluste des Trommelfells, des Hammers und des Amboses. Ob
der Steigbügel noch vorhanden war, konnte nicht mit Bestimmt-
heit eruirt werden, da sich an seiner Stelle Granulationen vor-
fanden. Der Gehörgang ist normal.
Nebenbei sei hier bemerkt, dass die Patientin an manchen
Tagen an diesem Ohr auf zwei Meter mittelstarke Conversations-
sprache versteht und vom Kopf knochen aus die Stimmgabel hier
stärker hört, als an dem anderen Ohre.
Aus dem eben Erwähnten ergibt sich, dass der Gehörgang
und die Paukenhöhle mit ihren Anhängen einen Hohlraum bildete,
dessen Wandung von dem gesetzten Druck ganz gleichmässig
belastet wurde. Pathologisch verändert zeigte sich die Pauken-
Ueber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 205
höhle, während der Gehörgäng nur die geringen Polgen der
Otorrhoe auswies. In ersterer war es vorzugsweise die hintere
obere Wand, an welcher Granulationen zu sehen waren, die sieh
bis in die Gegend des Steigbügels erstreckten. Von dieser Stelle
ging auch die Eitersecretion aus. Einige Male klagte die Patientin
über Schmerzen hinter dem Ohr, die Lymphdrüse über dem
Warzenfortsatze schwoll dann an und wurde « ebenfalls schmerz-
haft. Letztere Erscheinungen gingen wieder vorüber. Während
ihres Bestehens trat aber sehr heftiger Schwindel auf. Als ich
in einem solchen Zustande die Patientin untersuchte, fand ich
den hinteren oberen Theil der Paukenhöhle mit eingedicktem
Eiter angefüllt. Da es mir als wahrscheinlich vorkam, dass eine
Miterkrankung der Warzenzellen vorhanden' sein möge und eine
Entfernung des Eiters aus denselben sehr geboten sei, so suchte ich
eine gebogene ßöhre nach dem Eingang zu den Zellen zu ftlhren
und spritzte Wasser hindurch. Nach der Entfernung des Eiters
erklärte die Patientin mit freudestrahlendem Gesichte, dass der
Schwindel fast ganz vorbei sei und dass sie wieder im Stande
sei, allein zu gehen, was vorher nicht der Fall war. Am folgen-
den Tage waren ^e lästigen Schwindelerscheinungen völlig ge-
schwunden. An der Knochenleitung hatte sich nichts geändert,
sie war vor, während und nachher stärker, als an dem anderen^
nicht betheiligten Ohre.
Es fragt sich jetzt, was lehrt uns diese klinische Beobach-
tung? Zunächst ersehen wir daraus, dass heftige Schwindel-
erscheinungen von einem Ohre ausgehen können, und dass das
andere, nicht betheiligte, nicht im Stande ist, Gleichgewichts-
störungen compensatorisch zu decken. Ferner dürfen wir wohl
annehmen, dass die ursächlichen Momente für die Schwindel-
erscheinungen nicht von einer Erkrankung des Gehörganges oder
des Labyrinthes ausgingen, denn ersterer war normal und das
plötzliche Verschwinden der Erscheinung spricht gegen eine Ver-
änderung im letzteren.
Es erscheint mir erlaubt, anzunehmen, dass die patholo-
gischen Veränderungen der Paukenhöhle und der Warzenzellen,
resp. die Anhäufiing von Eiter die Ursache zum Schwindel ab-
gegeben haben. Manche werden freilich weiter gehen und unter
der, allerdings unerwiesenen Voraussetzung, dass positiver Laby-
rinthdruck Schwindel bedingt, die Schlussfolgerung ziehen, dass
durch die Belastung des einen oder des anderen Labyrinthfensters
oder beider zusammen dieser Labyrinthdruck zu Stande gekommen
1
206 XVm. KESSEL
sei. Wenn wir uns um Nachweise ftlr die Richtigkeit der letz-
teren Voraussetzung umsehen, so kommen wir in Verlegenheit.
Die Durchschneidung der Bogengänge gibt uns auf unsere Frage
keine directe Antwort. Die Gontinuität der knöchernen und
häutigen Bogengänge wird bei der Durchschneidung aufgehoben
und damit auch die Möglichkeit der Druckerhöhung im Labyrinth.
Wenn Jemand nun zu der Annahme Neigung versptlrt, dass bei
unverletzten Bogengängen und einem bestimmten Drucke die
Schwindelerscheinungen doch zu Stande kämen, so könnte ich
sie unter Berücksichtigung des eben beschriebenen Falles und
unter weiterer Berücksichtigung anderweitiger Speculationen, auf
die ich hier nicht eingehen will, nicht zurückweisen. Hier müssen
neue Beweise erbracht werden. Aus der Besprechung des
Schmidekam 'sehen Experimentes geht hervor, dass ich Druck-
erhöhungen vom Gehörgang aus nicht für entscheidend halte
ftir unsere Frage, weil sie möglicherweise im Labyrinth gar nicht
zur Geltung kommen. Aehnliches liess sich gegen Druckwirkungen
von der Paukenhöhle aus einwenden. AVir müssen uns also nm
andere Mittel und Wege umsehen, um zum Ziele zu gelangen;
ich glaube sie liegen nicht fem.
Wie bekannt, wird der Steigbügelmuskel beim Menschen
vom Nerv, facialis innervirt; nach Krause ist dies auch so beim
Kaninchen. Der Trommelfellspanner wird vom Trigeminus ver-
sorgt, beide Muskeln werden also von getrennten Nervenbahnen
beherrscht. Beide Muskeln sind Antagonisten.
Um die Folgen der Lähmung des Facialis zu demonstriren,
reissen die Physiologen den Nerven aus dem Fallopischen Kanal
heraus; dies gelingt bekanntlich ganz gut. Es ist klar, dass
durch das Ausreissen des Nerven der Steigbügelmuskel gelähmt
werden muss, denn im Kanal gibt der Nerv einen- Zweig zum
Muskel ab. In Folge der Wirkung des Antagonisten, des Trom-
melfellspanners, müsste nun der Labyrinthdruck über die Norm
erhöht werden und Schwindel eintreten. Die Physiologen be-
richten aber nichts über derartige Erscheinungen. Freilich kann
hier wieder der Einwand erhoben werden, dass das gesunde Ohr
compensirend für den Verlust des defecten eintrete. Letzterer
Einwand fällt nun weg, sobald die Nerven beiderseits extrahirt
werden; was ich in der That an Kaninchen gethan habe. Die
Thiere überlebten den EingriflF nur 4 — 5 Tage, von Schwmdel
aber und Gleichgewichtsstörungen war keine Spur zu sehen;
ihre Bewegungen waren vollkommen normal. Die Section erwies
üeber die Dorclischneidaug des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 207
alle Symptome der FacialislähmuDg. Dabei war die Contraction
des Trommelfellspanners sowohl am Trommelfell als an den
Gelenken der Gehörknöchelchen sichtlich, auf welch letztere Er-
scheinungen ich bei einer anderen Gelegenheit in ausführlicher
Weise zurückkommen werde. Das Labyrinth und der Acusticus
zeigten keine Veränderungen.
Obwohl nun die Labyrinthblase und die zugehörigen Nerven
intact waren, so zeigten die Thiere nicht die geringste Reaction
auf sehr starken Schall; ob sie Geräusche empftinden haben,
welche ja ebenfalls von der Druckwirkung abgeleitet werden,
das konnte nicht eruirt werden. Das Resultat unseres Versuches
lautet also: bei Lähmung des Stapedius und positivem Drucke
im Labyrinth entsteht Schwerhörigkeit, aber kein Schwindel und
keine Gleichgewichtsstörungen.
Eine andere Frage, welche ich mir vor der Ausftlhrung der
in Aussicht genommenen Operation vorlegen musste, lautete:
Was tritt ein, wenn man bei unversehrtem Labyrinth den Druck
in demselben durch Extraction des Steigbügels unter die Norm
herabsetzt ? Auch hierüber gibt die Durchschneidung der Bogen-
gänge keinen Aufschluss.
Die Antwort auf diese Frage hatte ich mir, allerdings bei
anderen Zielpunkten schon im Jahre 1871 durch das Experiment
zurecht gelegt. Damals wollte ich mir Aufschluss verschaffen
über functionelle Bedeutung der einzelnen Glieder des mechani-
schen Mittelohrapparates für das Hören. Zu dieser Untersuchung
nahm ich einzelne Theile oder das ganze Trommelfell, dann die
Gehörknöchelchen aus der Paukenhöhle heraus. Anfangs operirte
ich an Hunden und später an Tauben und zwar letzteres aus
dem Grunde, weil hier die Manipulationen sehr vereinfacht sind.
Bei Hunden ist die Extraction des Steigbügels ohne Eröffnung
der Bulla ossea nicht leicht ausfahrbar und die Freilegung der
letzteren gerade nicht sehr bequem. Ich kam daher bald auf
den Gedanken, an Tauben zu operiren. Bei letzteren ist der
Gehörgang sehr kurz und das Trommelfell ohne weitere Vor-
bereitung sichtlich. Das Trommelfell ist durch einen Enochen-
stab, die Columella, mit dem ovalen Loch verbunden ; die Gehör-
knöchelchen sind hier noch nicht gegliedert, sondern durch diesen
Knochenstab repräsentirt. Schneidet man das Trommelfell von
seinem peripheren Ansätze ab, so kann man mit einer geeigneten
Pincette dasselbe zugleich mit der Columella fassen und aus dem
Labyrinth herausa^iehen. Durch enge Glasröhren kann man dann
208 XVHI. KESSEL
die LabyrinthflüBsigkeit aussaugen. Letztere Operation habe ich
in der beschriebenen Weise ausgeführt und zwar bei der Kropf-
taube, wo sie ohne Schwierigkeit vorgenommen werden kann.
Nach der Operation wurde das Thier sofort freigegeben. Es
zeigten sich keinerlei Erscheinungen, welche auf die Existenz
von Schwindel und Coordinationsstörungen hingewiesen hätten,
vielmehr waren Kopfhaltung, Flug- und Gangbewegungen voll-
kommen normal. .
Wenn wir uns nun die Bedenklichkeiten über den operativen
Eingriff in das Labyrinth in Erinnerung bringen, welche wir
Eingangs dieser Zeilen unter Bertlcksichtigung der von Goltz
aufgestellten und von Breuer gestützten Hypiothese erhoben
haben, ao glauben wir dieselben nach^ den jetzigen Erfahrungen
wieder fallen lassen zu dürfen. Durch die Extraction der Golu-
mella an beiden Ohren, durch das Aussaugen der Perilymphe
und Eindringen von Luft in das Labyrinth sind doch wohl Be-
dingungen genug gegeben, um Störungen in dem regelrechten
Ablauf der erwähnten supponirten Leistungen der Bogengänge
hervorzurufen.
Wenn wir auch nicht annehmen wollen, dass die ganze
Perilymphe entfernt wurde, so dürfen wir doch annehmen, dass
fUr den Theil, der entfernt wurde, Luft eindrang und dass die
Umhüllung der häutigen Gänge mit wechselnden Schichten von
Luft und Wasser umgeben waren. Die verschieden leichte Ver-
schiebbarkeit der beiden Flüssigkeiten an und ftlr sich, der ver-
schieden grosse Druck auf die Endolymphe, die geänderten Dif-
fusionsvorgänge, das Alles zusammengenommen sind doch Be-
dingungen genug, um in dem Falle, als mi es wirklich mit
einem Organ in dem besprochenen Sinne zu thun hätten, sicht-
liche Functionsstörungen hervorzurufen; in Wirklichkeit aber
konnte nichts der Art beobachtet werden.
Die Beobachtung des Versuchsthieres wurde vom 2 — 26. Juni
fortgesetzt und ein durchaus normales Verhalten desselben con-
statirt. In den ersten Tagen floss eine mehr trübe, darauf eine
helle Flüssigkeit aus dem Gehörgang. Nach Verlauf von acht
Tagen sistirte der Fluss^ganz. Obwohl keine Analyse der aus
der Paukenhöhle und dem Gehörgang austretenden Flüssigkeit
vorgenommen wurde, so lässt sich doch aus der Quantität und
dem Aussehen (zuletzt erschien sie ganz hell) annehmen, dass
sie grösstentheils abgeflossene Perilymphe war, die sich nach
Ueber die Durchjschneiduiig des Steigbügelinuskels beim Menschen etc. 209
der Operation wieder ersetzt hatte nnd so lange abfloss, bis das
eröffnete Fenster mit einer neugebildeten Membran geschlossen
war. Es würde mich hier von meiner Aufgabe zu weit abführen,
wollte ich mich auf die Befunde der Sectiou, die wohl noch manches
Interessante fflr den Ohrenarzt enthalten, näher emlassen; das
werde ich bei einer anderen Gelegenheit thun. Hier will ich
nur das Verhalten des Thieres gegen Schallreize näher aus-
einandersetzen. — In den ersten acht Tagen nach der Operation,
also während des Bestandes des Ohr^nflusses, reagirte es auf
Schall nicht Von da an wurden zuerst Bewegungen auf sehr
starken Schall hin wahrgenommen. Am 25. und 26. Juni wurde
durch geeignete Hörprüfungen festgestellt, dass der Schall wirklich
durch das Gehörorgan zur Perception kam und dass nicht etwa
das Tastorgan eine yermittelnde Brticke zu Auslösungen der
Bewegungen des Thieres abgaben. Geprüft wurde auf Orgel-
pfeifen von verschiedener Tonhöhe, auf Glasglockentöne, dann
auf Zischen mit dem Munde und den Knall einer Zündkapsel.
Kleinere Orgelpfeifen waren in der Nähe des Käfigs der Taube
so angebracht, dass Luftströmungen dieselbe nicht treffen konnte,
ausserdem wurden sie von Gummischläuchen gespeist, die durch
die Oeffnungen einer Thüre zu einem im anstossenden Zimmer
befindlichen Blasebalge ftlhrten. Grössere Orgelpfeifen wurden
von hier aus zum Tönen gebracht. Ebendaselbst wurden Glas-
Becipienten von Luftpumpen angeschlagen und Zündkapseln
mittelst einer Zimmerpistole zur Explosion gebracht. Die Hör-
prüfungen wurden zwei Tage hindurch vorgenommen und des
Abends wiederholt und nur solche Momente benützt, wo sich
die Taube vollständig ruhig verhielt oder schlief. Auf alle die
angeführten Schallreize antwortete das Thier sofort mit leb-
haften Kopfbewegungen ; es machte dabei den Eindruck, als sei
es nicht im Klaren darüber, woher der Schall komme und be-
strebe sich, durch Drehen des Kopfes die Schallrichtung aus-
findig zu machen ; häufig wechselte es dabei seinen Ort. Bei der
Explosion einer Zündkapsel fuhr es lebhaft zusammen, durch
lautes Zischen wurde es sehr beunruhigt.
Fassen wir nun die Resultate zusammen, so gipfeln sie da-
rin, dass beträchtliche Herabsetzung des Labyrinthdruckes unter
die Norm bei gleichzeitigem Abfluss der Perilymphe mit Schwer-
hörigkeit verknüpft war, dass aber Schwindel und Coordinations-
störungen dabei nicht auftraten und dass nach dem Verschluss des
ovalen Loches mittelst einer neugebildeten Membran und nach
210 XVni. KESSEL
Yollständigem Ersatz der Perilymphe Töne und Geräusche wieder
vernommen wurden.
Durch die Auseinandersetzung der erwähnten Versuche mit
ihren Resultaten glaube ich nunmehr die Berechtigung zu einem
Eingriff in das Labyrinth, wenigstens insoweit hier unbedingt
erforderlich, dargethan zu haben und mich der Beschreibung
eines wirklich durchgeführten Falles beim Menschen zuwenden
zu dürfen.
Rosa H., aus Leibnitz, 23 Jahre alt, erkrankte in ihrem
6. Lebensjahre an Scharlach, das unter heftigem Fieber und
Delirien verlief. Als nach Ablauf der Delirien das Bewusstsein
wiederkehrte, merkte sie, dass sie während der Erkrankung
schwerhörig geworden und dass ein Ohrenfluss beiderseits auf-
getreten war. Der Fluss besteht seit jener Zeit mit Unter-
brechungen während der günstigen Jahreszeiten. Die Schwer-
hörigkeit hat sich links allmählich etwas gebessert, rechts aber
blieb sie unverändert und gesellten sich sehr starke Geräusche
hinzu« Am 10. Juli 1875 besuchte Pat. mein Ambulatorium;
links hörte sie mittelstarke Sprache auf 1 Meter. Das Hören
wechselt an diesem Ohr, zeitweilig sinkt es so tief herab, dass
selbst laute Sprache von diesem Ohre nicht mehr verstanden
wird. Sie hilft sich dann dadurch, dass sje die rechte Stimecke
d^n Munde des Sprechenden nähert, alsdann hört sie wieder,
aber nicht auf dem rechten, sondern auf dem linken Ohre. Auf
dem rechten Ohre werden Worte nicht mehr verstanden, einzehe
Consonanten mehr errathen als gehört und nur die Vocale mit
Ausnahme des i nachgesprochen. Mehrere Stimmgabeln werden
vom Scheitel aus rechts stärker als links vernommen. Die weitere
Untersuchung ergibt links eine herzförmige Perforation. Zeit-
weilig zeigt sich der mittlere und hintere Sector bedeutend ein-
gestülpt und dann treten auch die erwähnte hochgradige Schwer-
hörigkeit und Geräusche auf. Mit der völligen Auswärtstreibung
der eingestülpten Partien ^sen die Geräusche momentan nach
und das Hören kehrt wieder.
Rechts ist ein totaler Verlust des Trommelfells, des Hammers
und Amboses vorhanden ; das Köpfchen des Steigbügels ist sicht-
lich , während seine Schenkel und Basis in- eine weiche Grann-
lationsmasse eingehüllt sind. Die Schleimhaut der Paukenhöhle
ist verdickt und secernirt reichlich. Unter sorgfältiger Behandlung
schwanden die Granulationen, der Fluss hörte gänzlich auf, das
Gehör aber besserte sich nicht und die Geräusche nahmen an
üeber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beimMensc
Intensität sogar zu und hatten imDecember 1875 ei
Grad erreicht, dass sie der Patientin die Nachtruhe i
magerte dabei sichtlich ab und klagte wiederholt ü
tlberdruss. An inständigen Bitten ihrerseits, sie von
den Geräuschen zu befreien, fehlte es nicht ; sie erboi
willigst, eine Operation vornehmen zu lassen, auch •
Gefahr damit verknüpft sei. Der Zustand der Paub
damals folgender:
Das Köpfchen und der vordere Schenkel des
können bequem übersehen werden. Vom oberen
Steigbügelplatte gehen zwei Wülste aus, die sich n
der Schleimhaut des Vorgebirges verlieren; auch m
Bande gehen Schleimhautwülste nach dem Boden <
höhle zu. Bei Berührung mit der Sonde erweisei
Wülste widerstandsfähig und nur wenig dehnbar
hinteren Fläche des Steigbügelköpfchens kann ehe
Abgang der Sehne des Steigbügelmuskels erkannt
einer bestimmten Stellung des Kopfes wird auch ei
hinteren Schenkels und eine Schleimhautfalte erbli
ihn an die hintere Paukenhöhlenwand fixirt. Bei Be
Steigbügels mit der Sonde hört die Pat. einen hellei
bestehenden Geräusche werden dadurch aber nicht ii
alterirt und auch Stimmgabeln vom Scheitel aus
gehört. Die Beweglichkeit des Steigbügels ist vollb
gehoben, er verbält sich der Sonde gegenüber wi
Knochenstück.
Ueberblicken wir nun noch einmal den Verlauf d<
und die Folgen derselben, so sehen wir, dass nach
gehenden Scharlacherkrankung beiderseitiger Ohrenfli
hörigkeit und GerätUsche folgen. Der Verlust von '
Hammer und Ambos rechts und die Perforation
wohl ebenfalls mit Wahrscheinlichkeit in>, die erste :
krankung verlegt werden. Im Laufe der Zeit treten G
in der Nähe des Steigbügels auf, die durch Behandl
stein in Substanz) zum Verschwinden gebracht werde
Stelle finden sich nun sehr wenig nachgiebige, mit I
kleidete Bindegewebsstränge, welche den Steigbügel ,
es nicht schon vorher war, noch weiter fixiren helf<
Suchen wir jetzt die geschilderten Verhältnisse i
der Erfahrungen auf unserem Gebiete zu analysires
wir einer allgemeinen Annahme der Ohrenärzte zu
212 XVm. KESSEL
sehr belästigenden Qeräusche von der Fiximng des Steigbügels
und dem durch sie bedingten positiven, erhöhten Labyrinthdrucke
aUeiten. Auch die Schwerhörigkeit dttrfen wir auf d^i letzteres
resp. Fixirung des Steigbügels zurückführen, denn es ist durch
Burnett erwiesen, dass eine Steigerung des Labyrinthdnickes
über eine gewisse Grenze die physiologischen Verrichtungen des
runden Fensters und der Gehörknöchelchen vernichtet.
Es ist nun wohl einleuchtend, dass unter den gegebenen
Umständen von einer therapeutischen Behandlung wenig zu er-
warten war; Hülfe konnte meiner Erfahrung nach nur ein opera-
tiver Eingriff bringen, der die Beseitigung der ursächlichen Mo-
mente ins Auge fasste. Die Grundbedingung für einen erfolgreichen
Eingriff, die verstärkte Enochenleitung, war vorhanden. Zur
Prflfang derselben wurden freilich nur die Stimmgabeln c?, c^^
c^ verwendet, aber sie lieferten doch den Beweis, dass die
Gortischen Fasern noch für die ihnen entsprechenden Tonhöhen
Ainctionirten. Leider standen mir damals noch keine ausreichen-
den Prüfungsmittel zur Verfügung und so konnte denn auch da-
mals die Frage : innerhalb welcher Grenzen die Gortischen Fasen
noch empfindlich seien, nicht beantwortet werden, doch gknbte
ich annehmen zu können, dass sie in einer grösseren als der
untersuchten Breite noch Dienste leisteten. Erscheinungen, welche
auf eine destructive Veränderung des Vorhofsnerven hätten be-
zogen werden können, lagen nicht vor. Die günstigen Verhält-
nisse, die leichte Zugänglichkeit des Steigbügels für Instrumente,
die Möglichkeit, seine Bewegung wieder herzustellen und den
Labyrinthdruck zu vermindern, alles dies zusammen lockte zu
sehr, um einem operativen Eingriff entsagen zu können; dazu
kam, dass ich mir durch die einschlägigen Versuche anThieren
die Ueberzeugung verschafft hatte, dass bei günstigem Verlaufe
der Operation das Leben derselben nicht gefährdet ist und dass
wahrscheinlich beim Menschen dieselben Erfolge für das Hören
wie dort eintreten würden. Diesen Speculationen Rechnung
tragend entschloss ich mich, zuerst mit dem Mobilisiren des
Steigbügels zu begmnen und dann erst, wenn die Erwartungs-
effecte nicht einträfen, die Extraction des Steigbügels vorzn-
nehmen; denn dass mit letzterer den bestehenden Uebelständen
am leichtesten abgeholfen werden konnte, war sehr wahrscheinlich.
Am 21. December 1875 wurde daher mit der Durchtrennung der
Schleimhautfiaite begonnen, derart, dass das Lanzenmesser parallel
dem oberen und dEum dem unteren Bande der Steigbügelplatte
Üeber die Durchschneidung des Sieigbügelmnskels beim Menschen etc. 213
durch die Falten hindarchgezogen wurde. Der Schmerz war
gering und die Blutung ganz unbedeutend. Zur Ueberrascbung
der Patientin und mir zur Freude wurden unmittelbar nach der
Operation yorgesprochene Worte auf 10 Gtm. gehört und nach-
gesprochen; die Geräusche waren, wenn auch schwächer, doch
noch vorhanden, obwohl der Steigbügel jetzt mittelst Sonde nach
oben und unten leicht zu be\«egen war. Um den Erfolg der
Operation abzuwarten, wurde ein Verband angelegt und Fat. auf
den nächsten Tag wieder beschieden. An diesem Tage wurde
festgestellt, dass das Gehör sich erhalten, die Geräusche aber
nicht verschwunden waren. Um die Steigbttgelplatte herum
schwitzte eine seröse Flüssigkeit aus, die ich für Labyrinth-
flttssigkeit halten durfte, der Steigbügel selbst haftete nur ncTch
locker in dem ovalen Loche; der vordere Trittpol war stark
nach aussen gezogen, offenbar eine Wirkung der Contraction des
Steigbügelmuskels. Da. ich fUrchtete, dass das Ringband, welches
am vorderen Trittpole seitlich noch vorhanden war, jetzt durch
die Muskelwirkung durchrissen werden, oder dass der Steigbügel
in seiner jetzigen Lage festheilen könnte, und da ausserdem die
Geräusche nicht verschwunden waren ; so durchschnitt ich die
Sehne des Steigbügelmuskels und die Adhäsionen am hinteren
Schenkel. Nachdem dies geschehen, war jetzt der Steigbügel so
locker in das ovale Loch eingefügt, dass er bei der leisesten
Berührung schlotterte.
Hier ist jetzt die interessante Thatsache zu verzeichnen,
dass mit dem letzteren Eingriff die Geräusche plötzlich und gänz-
lich verschwunden waren* und dass mittelstarke Sprache auf
1 M. gehört wurde.
Am 23. und 24. December sah ich die Fat. wieder; das
Gehör hatte sich erhalten, die Geräusche waren nicht wieder
aufgetreten, der Steigbügel klebte, so zu sagen, nur noch im
ovalen Loche.
Um den Abfluss des äusseren Labyrinthwassers geradezu
nicht zu befördern, liess ich den Steigbügel in seiner losen Ver-
bindung hängen, von der Meinung ausgehend, dass er von selbst
abfallen würde. Gegen mein Wissen und WillA reiste die Fat
am 25. December in ihre Heimath ab und kam mir erst am
3. Januar 1876 wieder zu Gesicht. Sie berichtete, dass sich am
Abend vom 25. December, nach der Reise also, Schmerzen im
rechten Ohr eingestellt hätten, die sich in den nächsten Tagen
noch steigerten und das Liegen auf dem rechten Ohre deswegen
214 XVIII. KESSEL
nicht gestatteten und dass vom 26. December das Ohr zu fliessen
begann.
Am 3. Januar waren noch lebhafte Ohrenschmerzen in der
Tiefe des Ohres und FIuss zu constatiren ; die Gegend des ovalen
Loches war "reichlich mit Granulationen besetzt. Da durch Be-
rührung derselben mit der Sonde keine Klangsymptome hervor-
gerufen werden konnten, so giaubte ich, dass xier Steigbügel
abge&Uen und verloren gegangen sei. Das Ohr wurde einige
Tage mit einer Vi ^/o Kochsalzlösung ausgespritzt und gegen ^e
lebhaften Schmerzen Morphium verordnet.
Am 7. Januar waren die Schmerzen massig und das unter-
dessen fast aufgehobene Hören auf 0^5 M. gebessert; die Geräusche
seit dem 22. December verschwunden. Die Granulationen wurden
nut Höllenstein bestrichen und bildeten sich bald wieder zurück,
wobei zu meiner Ueberraschung der vermeintlich verloren ge-
gangene Steigbügel wieder zum Vorschein kam. Von hier an
bietet der Ablauf der Erkrankung nur noch das Erwähnenswerthe,
dass die Granulationen sich leicht wiederbildeten, besonders von
der hinteren oberen Faukenhöhlenwand aus und dass ihre Heilung
grosse Mühe verursachte, da diese Partie durch den Steigbügel
verdeckt und nicht leicht zngängig war; endlich aber heilte auch
diese Stelle und damit sistirte die nur noch schwach vorl^^dene
Secretion der Paukenhöhle geg^n Ende April ganz. Ende Juni
sah ich die Pat. zum letzten Mal; sie hörte mittelstarke Con-
versationssprache auf 1,5 M. und Zahlen auf 3 M. Die Geräusche
sind nicht wiedergekehrt. Die Beweglichkeit des Steigbügels
ist eine geringe und nehme ich an, dass im Fall ich denselben
extrahirt und sich an seiner Stelle aus dem Ringband eine
leicht bewegliche, das ovale Loch verschliessende Membran ge-
bildet hätte, ein grösserer Effect als der vorhandene erzielt wor-
den wäre. Mehr wie eine Annahme ist letzteres nicht und soll
auch nicht mehr sein; ich denke, sie ist für die Ohrenärzte
wichtig genug, um sie unter dem Hinweise auf die Resultate
der Extraction der Golumella bei der Taube in reifliche Ueber-
legung zu ziehen. Ich selbst weise hier absichtlich jede Spe-
culation, wie sTe sich für den Denkenden von selbst ergeben
mögen, zurück und beschränke mich auf die einfache Aufzählung
der Erscheinungen, wie sie im Verlauf vor und nach dem opera-
tiven Eingriff auftraten.
Zum Schlüsse will ich mir nur noch eine kurze Betrachtung
erlauben über einige pathologische Veränderungen der Pauken-
Ueber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 215
höhle, die, obwohl sie an verschiedenen Stellen und in ver-
scliiedener Weise organisirt sein können, doch üjinliche functio-
nelle Störungen bedingen und daher zu einem Verfahren drängen,
das aus dem eben besprochenen, dem Mobilisiren des Steigbügels
abgeleitet und daher hier in kurzen Umrissen geschildert werden
soll. Es handelt sich nämlich um die Trennung des Ambos-
steigbUgelgelenkes zum Zweck des Mobilisirens des Steigbügels
und Herabminderung des gesteigerten Labyrinthdruckes, also um
dieselben Endziele wie bei der vorigen Operation; das Verfahren
ist also nur eine, durch pathologisch -anatomische Verhältnisse
bedingte Folge des ersteren.
Schon Toynbee fand unter 1149 secirten Gehörorganen
von Schwerhörigen 204 Mal Unbeweglichkeit des Steigbügels
durch Verfestigung im ovalen Loche. Seitdem ist die Steigbügel-
fixirung an der Leiche von anderen Forschem vielfach beobachtet
worden und kann ich aus eigener Erfahrung, die sich auf mehr
als 1000 Sectionen stützt, die Häufigkeit des Befundes nur be-
stätigen. Schon im Jahre 1873 (s. d. Arch. Bd. VHI, 3. Heft,
S. 234) habe ich durch Versuche nachgewiesen, dass bei einer
Ankylose des Steigbügels das Trommelfell, der Hammer und
Ambos ausgiebige Schwingungen ausführten , ohne däss am
Labyrinthwasser nur die geringste Bewegung ersichtlich gewesen
wäre ; dasselbe negative Resultat in Bezug auf die Schwingungen
des Labyrinthwassers fand ich bei starken Verwachsungen des
Steigbügels mit dem Promontorium. Derselbe Erfolg tritt selbst-
verständlich ein, wenn sämmtliche Gelenke der Knöchelchen
durch krankhafte Veränderungen unbeweglich geworden sind.
Femer habe ich damals auf gewisse Adhäsivprocesse, dann auf
Verdickungen der Schleimhautfalte in der Hammer- Ambosnische
und dann auf gewisse Bindegewebswucherungen hingewiesen, die
nicht selten an der Decke der Paukenhöhle vorkommen und den
Hammer und Ambos einhüllen (1. c. 233). Ich habe nachgewiesen,
dass unter solchen Umständen das Trommelfell an allen seinen
Abtheilungen ganz gut schwingen kann, ohne dass am Labyrinth-
wasser eine Bewegung zu sehen ist. Die Zwischenglieder zwi-
schen Labyrinthwasser und Trommel&U geben hier das Hinder-
niss fttr die üebertragung der Schwingungen ab.
Es ist nun eine allgemeine klinische Erfahrung, dass die
eben angeführten Erkrankungsformen bedeutende Schwerhörigkeit
und häufig Geräusche im Gefolge haben. Weiter ist bekannt,
dass diese Erkrankungen selten auf den mechanischen Hittelohr-
■i
Archiv fqr Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. Y. Bd.)
16
216 ^ XYm. KESSEL
apparat begchränkt sind, sondern dass die Sehleiniliaat des
Mittelohres miterkrankt ist oder es doch war, denn der Ausgangs-
pnnkt für diese Erkrankungen ist eben die Schleimhaut in den
weitaus überwiegenden Fällen. Mit der längeren Dauer der
Schleimhauterkrankungen werden die Binnenmnskeln des Ohres
in Mitleidenschaft gezogen, sie werden insufScient, ^ verlieren
ihre Contractilität, indem ihre Muskelfasern zu Grunde gehen^
die schliesslich durch Bindegewebe ersetzt werden, das un Za-
Stande der Schrumpfung bedeutende fonctionelle Störungen in
den Ldstungaa des Mittelohres hervorruft, die theils durch Span-
nungs- und Wölbungsanomalien am Trommelfell, theils durch
anomale Stellungsänderungen der Gelenkflächen der Gehör-
knöchelchen und Fixirung in dieser Lage bedingt werden/}
Alle die erwähnten Veränderungen haben, wie bereits gesagt^
Schwerhörigkeit und häufig Geräusche im Gefolge. In neuerer
Zeit wurde die Durchschneidung der Sehne des Trommelfell-
spanners als wirksames Mittel gegen den erhöhten Labyrinthdmek
und die davon abgeleiteten Erscheinung^i anempfohlen. Meine
Erfahrungen, und damit stimmen die von Schwartze tiberein
(siehe dieses Arch. Bd. XL) sprechen nicht zu Gunsten dieser
Operatum, wenn sie, wie ich hier betonen will, unter solchen
Verhältnissen vorgenommen werden, wie sie oben beschrieben
wurden ; ich glaube, ich kann mir nach den vorangehenden Ans-
einandersetznngen ausführliche Erörterungen hierüber ersparen
und dies um so mehr, als die Bewegungsvorgänge an den Ge-
lenken der Gehörknöchelchen mit d^jenigen an den übrigen mehr
bekannten ganz gut in Vergleich gezogen werden können. Was
kann es helfen, wenn man an einem Finger, dessen Gelenke
durch pathologische Organisationen vollständig unbew^lich ge-
worden sind, die Sehnen der Muskeln durchschneidet? Beweglich
werden dadurch die Gelenke nicht. Ebensowenig wird die
Durchschneidung des Trommelfellspanners helfen,- wenn der me-
chanische Mittelohrapparat in der angenommenen Weise erkrankt
ist. Was aber soll und kann geschehen, wenn die Hörprüfung
1) Obwchl die Speculation and die klinischen Erscheinungen auf den
Zusammenhang zwischen anomalen Stellungsänderungen der Gelenkflächen
und specifischen Functionsstörungen hinweisen, sind sie meines Ermessens
bisher nicht genügend darauf hin untersticht worden. Ich habe mir durch
eingehende experimentelle Untersuchungen einige Aufklärungen in dieser
Richtung zu yerschaffen gesucht und werde mir erlauben, dieselben bei ein^
anderen Gelegenheit miteutheilen.
üeber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels* beim Menschen etc. 217
durch die Knochenleitung ergibt, dass der Hömerv noch in einer
der menschlichen Sprache entsprechenden Breite functionirt, die
sämmtlichen Gelenke aber, oder doch der Steigbügel allein, voll-
ständig unbeweglich sind und daher Schwingungen vom Trommel-
fell nicht mehr übertragen nach dem Labyrinth?
Verfestigungen des Hammer -Ambosgelenkes sind ebenso
schwer zu lösen, wie diejenigen im Ambos-Steigbügelgenk und
eine Methode auf unblutigem Wege nicht bekannt. Unter solchen
Verhältnissen halte ich die Trennung des Ambossteigbügelgelenkes
für angezeigt und gehe dabei, wenn das Trommelfell noch er-
halten ist, in der Weise vor, dass ich das hintere Segment seiner
Länge nach spalte, hierauf die Durchschneidung der Sehne des
Trommelfellspanners und dann die Trennung des Ambossteigbügel-
gelenkes vornehme: Ist dies geschehen, so schreite ich zur
Mobilirung des Steigbägels. in einer den pathologischen Verhält-
nissen Rechnung tragenden Weise.
Hier will ich noch bemerken, dass ich die letztere Operation
am Lebenden ausgeführt habe und dass ich die Extraction des
Steigbügels, sobald sich eine günstige Gelegenheit dazu bietet,
ausführen werde. Erst wenn letzteres geschehen ist, werde ich
über die Erfolge berichten und auf die Indicationen und Opera-
tionsverfahren näher, als dies hier geschehen, eingehen.
16*
XIX.
lieber den Katheterismns des Obrhalskanales durch den
Hnnd nnd nber ein Ersatzverfahren desselben
TOB
Dr. J. Kessel,
PriTatdocent an der ViUTersittt 6nK.
Der Katheter ist unentbehrlich, wenn es sieh daram bandelt,
gasförmige, flüssige oder feste Körper mit Sicherheit durch den
Halskanal des Ohres in die Paukenhöhle zu dirigiren und der
Katheterismus durch die Nase heute die allein gebräuchliche
Operationsweise. Häufig genug ist jedoch diese Methode wegen
Missbildungen, pathologischen Veränderungen oder allzugrosser
Schmerzhaftigkeit nicht ausftibrbar und die bis jetzt bekannten
Ersatzmittel schon deswegen ungenügend, weil Flüssigkeiten und
Sonden nicht nach dem Halskanal und der Paukenhöhle gebracht
werden können. In solchen Fällen befanden sich die Ohrenärzte
bisher in Verlegenheit. Letzteres ist um so auffallender, als
gerade der angebliche Erfinder des Katheterismus eine andere
Methode, und zwar durch den Mund vorschlug. Lincke sagt in
seinem Handbuch der Ohrenheilkunde: „Die Geschichte des
Katheterismus der Ohrtrompete ist ganz dazu gemacht, den Stolz
der hochgelehrten Aerzte recht gründlich zu demüthigen. Diese
Operation, durch welche allein die Ohrenheilkunde zu einer
Wissenschaft geworden ist, welche denjenigen, die sie auszufahren
verstehen, ein so gewaltiges Uebergewicht über die in Ausführung
derselben nicht Geübten gibt, ist von keinem Arzte, von keinem
Gelehrten, sondern von dem Postmeister Guyot i. J. 1724
erfimden worden."
Guyot litt an Schwerhörigkeit und da er vergeblich bei
1) Nach einem am 27. März 1876 im Verein der Aerzte in Graz ge-
haltenen Vortrage.
Eatheterismus des Ohrhalskauales. 219
den Aerzten um Hülfe sachte, so versuchte er es, sich selbst za
helfen. Er bediente sich einer knieförmig gebogenen, zinnernen
Röhre, die er durch den Mund in das Halsende des Kanales
eingeführt und Flüssigkeit in denselben eingespritzt haben wollte
und sollte eine vollkommene Heilung durch diese Methode erzielt
haben. Nach den heutigen Erfahrungen lässt es sich erklären,
wie Guyot zur Heilung kam. Er litt sehr wahrscheinlich an
einem einfachen Nasenrachenkatarrh, begleitet von Tubenver-
schluss. Durch Injection von Flüssigkeit hinter das Gaumen-
segel (Rachendouche) heilte er den Katarrh, der Halskanal des
Ohres wurde wieder durchgängig, das Hören wieder normal.
Damit ist aber nicht erwiesen und auch nicht nothwendig an;
zunehmen, dass er seine knieförmig gebogene Röhre wirklich
in den Halskanal einführte. In dem Nachfolgenden werde ich
den entgültigen{ Beweis liefern, dass weder Guy o't noch irgend
ein anderer nach ihm durch eine einfache gekrümmte Röhre bei
normal geformten Rachengebilden den Halskanal katheterisirte
und dass eben deswegen ihm bloss das Verdienst angerechnet
werden darf, den Katheterismus in Vorschlag gebracht zu haben,
während das wirkliche Verdienst, ihn zuerst ausgeführt zu haben,
Archibald Cleland (1741) zuerkannt werden muss und dies
um so mehr, als er von Guyot's Vorschlag nichts wusste, einen
anderen, aber brauchbareren Weg, nämlich durch die Nase fand,
und ein zweckmässiges Instrument ersann.
Guyot 's Priorität steht von vornherein auf schlechten
Füssen. Er wandte sich mit seinem Vorschlag an die Academie
des sciences zu Paris, doch diese sowie die meisten späteren
Ohrenärzte bezweifelten, dass er wirklich die Röhre in seinen
Halskanal eingeführt habe; so kam es, dass weitere Versuche
Guyot 's Vorschlag in der Praxis zu verwirklichen, aufgegeben
wurden, obwohl die anatomischen Verhältnisse und die prak-
tischen Bedürfnisse dazu aneifern.
Die Halskanäle der beiden Ohren liegen symmetrisch zur
Medianebene und zwar in einem nach hinten offenen Winkel von
40— 45^ Die schiefe Lage der Röhre zur Medianebene bedingt,
dass die hintere Lippe der letzteren näher liegt, als die vordere.
Daher kommt es auch, dass man durch einen Trichter, den man
in den unteren Nasengang einführt, bei genügender Beleuchtung
in den Anfangstheil des Kanals hineinsehen kann. Der Abstand
des Kanals von der hinteren Rachenwand ist ein inviduell sehr
verschiedener, durchschnittlich ungefähr 1 Ctm.; constanter ist
N
2?0 XIX. KESSEIi
seine Lage dicht oberhalb der verlängert gedachten Ebene des
harten Gaumens. Sä^ man einen Leichensehädel in der Median-
ebene dorchy so können die eben beschriebenen Lageverhältnisse
Übersehen werden. Biegt man eine Röhre knieförmig and schiebt
sie von dem Mund ans hinter dem Gaumensegel parallel der
Medianebene hinauf, so kann man die Yorstehende Btlckseite der
hinteren Lippe. des Kanales berühren, oder auch an ihr yorbei
gleiten. Durch Drehungen der Röhre kann man es allenfalls
dahin bringen, dass die Spitze derselben an die vordere Lippe
des Eanales anstösst, wodurch ihre Oeffnnng aber wieder darcb
die letztere geschlossen wird; in das Lumen des Eanales aber
kann die Spitze nicht geführt werden. Gelingt letzteres an der
Leiche nicht, so ist dies noch viel weniger möglich am Lebenden^
schon der beträchtlichen Verschiebung der betreffenden Theile
wegen. Will man nun aber eine Röhre wirklich in die Lichtimg
des Halskanales einführen, so muss sie selbstverständlich der
Lage desselben zur Medianebene und der Lage des Gaumensegels
entsprechend gekrümmt sein, also knieförmig nach oben und mit
der Spitze nach aussen und rückwärts in dem weiter vorn an-
gegebenen Winkel. Wollte man das Maass an der Leiche nehmen,
so würde man fehl gehen, denn beim lebenden Menschen ändert
sich dasselbe. In dem Augenblick nämlich, wo der Katheter
hinter das Gaumensegel gebracht werden soll, entsteht durch
den mechanischen Reiz eine Reflexthätigkeit der quergestreiften
Muskeln des Rachens, Gaumens und des Ohrkanales. Das Gaumen-
segel hebt sich, die Bogen werden coulissenartig gegen die
Mittelebene vorgeschoben, die Zungenwurzel und das Zungenbein
rücken in die Höhe. Der Passavant'sche Wulst bildet sich in
exquisiter Weise, das Gaumensegel legt sich an denselben fest
an; damit wird der obere Theil des Athmungstraktes von dem
unteren vollständig abgeschlossen; es treten, kurz gesagt, die-
selben Erscheinungen ein, wie sie von Brücke in seinem Lehr-
buche d^r Physiologie bei Besprechung des Schlingaktes in ein-
fach schöner Weise beschrieben wurden. Der Passavant'sche
Wulst bildet sich oft in einem solchen Grade aus, dass er nur
durch einen beträchtlichen Kraftaufwand überwunden werden
kann und rückt dann soweit nach vom , dass er den Choanen
sehr nahe kommt. Die Nasenrachenhöhle wird dadurch anf
einen sehr kleinen Raum reducirt. Das Segel schiebt sich in
einzelnen Fällen über das Niveau des harten Gaumens hinauf»
wobei sich die Wirkungsweise der Segelheber deutlich durch
EfttheteriBrnnB des ObrhalakaDales',
221
ihrem Ansatz entsprecbende Gruben an dem Segel markirt. Fttbrt
man eine gebogene R<}hre hinter das Gaumengegel , so können
die eben .beBchriebenen Eracheinnngen beobachtet werden. Durch
den vollständigen Abachluss des oberen Theiles des Reepirations-
traktes von dem unteren er^bt sich nan aber die wichtige Thatsache,
daas gleichzeitig die Tnba geschlossen wird. Wäre der Halskanal
dabei nicht vollständig und fest geschlossen, so mttsete man im
'Stande sein, nach Verechlnss der Nase durch die Köhre die ver-
dichtete Luft vom Nasenrachenranm in die Paukenhöhle einzu-
pressen. Letzteres gelingt nicht, auch dann nicht, wenn man
versucht, mittelst Gompresüonspumpe von der Nase aoa, also
anter erhöhtem Druck Luft nach der Pankenhl^hle zu pressen.
Durch diesen Versuch iet meines Ermessens nach der von anderen
angestrebte Beweis in endgültiger Weise erbracht, dass in dem
Augenblick, wo beim Schlingakt die Gontraetion der Muskeln ihr
Maximam erreicht, gleichzeitig ein vollständiger Verschluss der
Tuben hergestellt wird.
Die eben erwähnten Verhältnisse sind nun aber fUr die Aus-
führung des Katheteriwnus keineswegs ßsrderlicb, sondern geradezu
hinderlich, denn sie erschweren die Technik und vermehren den
Widerstand in dem Halekanal des
Ohres. Um beide dennoch zu be-
herrschen, bedient man sich eines ein-
fachen Mittels, man lehrt die Patienten
mit offenem Munde durch die Käse
■ athmen. Sehr ungelehrige halte man
an den Nasenschleim zurückzuziehen,
also eine stossweise Inspiration zu
machen, worauf sich eine bestimmte
Klasse von Menschen ganz gnt ver-
steht.
Mit dem Beginne der Nasenrespi-
ration wird die Gontraetion der in
Betracht kommenden Muskeln gelöst,
das Gaumensegel schiebt sich abwärts
und der Tubenspalt wird hergestellt^
80 dass jetzt die nothwcndigen Be-
dingungen zum Katheterisiren vorhan-
den sind.
Der Katheter ist 20 Gtm. Ifuig und hat ein Lumen von 3 Mm.
Dnrchmesser an dem bimförmigen Ende. Die vorstehende Figur
222 XIX. KESSEL
gibt die natttrliclie Grösse und Biegung an dem S-förmigen Mand>
stück, so dass man sich eine gute Vorstellung von seiner Form
ohne weitere Beschreibung machen kann; selbstverständlich ist
ein rechter und lüiker Katheter nothwendig.*)
Um den Katheter in die Halsmtlndung des Ohrkanals ein-
zuftihren, lässt man den Mund weit öffnen und legt das Krttm-
mungsstttck a b flach über die Zungenwurzel, so dass das zweite
Krümmungsstttck b c nach dem zugehörigen Kanal gerichtet ist/
Dann drtlckt man die Zunge mit dem Katheter nieder und lässt
durch die Nase athmen.
Sobald sich das Gaumensegel herabsenkt, schiebt man den
Katheter um 90 ^ drehend hinter das Gaumensegel. Der Katheter
liegt jetzt ungefähr in der, Mitte zwischen den Gaumenbögen
und dem Zapfen und seine Spitze vor der Halsmtlndung des
Kanales. Nun wird die hintere, vorstehende Knorpellippe mit
der Birne getastet und der Katheter an dieselbe angedrückt;
hierauf wird er um 45^ weiter gedreht, so dass das Krümmungs-
stück a b dem harten Gaumen genähert und das zweite Stück
& e in die Halsmündung hineingeschoben wird. Dabei kann oft
die Beobachtung gemacht werden, dass sich die Halsmündung
des Kanales auf und ab schiebt. Obwohl es wahrscheinlich ist,
dass auch noch Verschiebungen in anderen Richtungen vorkom-
men, so können sie doch nicht so sicher festgestellt werden, wie
die senkrechte Verschiebung. Die Besichtigung der Theile durch
den Nasenrachentrichter dürfte hier .wohl erwünschten Auächluss
geben.
Bei Entfernung des Katheters wird entweder der oben be-
schriebene Weg rückwärts genommen, oder das Krümmungsstück
a b ganz horizontal gelegt, nach der entgegengesetzten Tuba und
gleichzeitig nach abwärts geschoben.
Wie zu jedem Operationsverfahren so gehört auch zu dem
eben beschriebenen üebung und Geschicklichkeit. Durch unvor-
sichtiges und unnöthiges Manipuliren wird die Muskulatur be-
unruhigt und die Technik erschwert. Bei sehr gereizter Rachen-
schleimhaut entstehen nicht selten Würgbewegungen. Erbrechen
habe ich bis jetzt in allen Fällen vermeiden können. Die Würg-
bewegungen halten mich nicht ab, zu katheterisiren, ich erhasche
mir den geeigneten Moment, um den Katheter hinter das Ganmen-
1) Herr Heuberger, Instrumentenmacher ia Graz^ Herrengasse 13, fertigt
dieselben an.
Eatheterismus des Ohrhalskanaies. 223
segel zu führen, ist er dahin gebracht , so lasse ich ihn mhig
liegen, bis die stürmischen Moskelbewegungen aufhören, dann
erst taste ich mir die Halsmündnng des Eanales heraus. Ich
übe dies Verfahren seit Monaten fast ausschliesslich aller anderen.
Die geringe Widerstandsföbigkeit von Seiten der Patienten, die
allzeitige Yerwerthnng, die Gymnastik der Tubenmuskeln, die
Betastung des Nasenrachenraumes, wodurch nicht selten patholo-
gische Veränderungen eruirt werden, die bei anderen Verfahren
übersehen werden, der kräftige Luftstrom durch den weiten
Katheter und die Herabminderung der Empfindlichkeit ftir Ent-
zttndungsreize durch die mechanische Berührung veranlassten
mich, dies Verfahren zu veröffentlichen.
Als Ersatzmittel ftlr den Katheterismus bediene ich mich
einer Röhre mit der einfachen Krümmung a b. Die Spitze ist
geschlossen und seitlich eine oder zwei gegenständige Oeffnungen
angebracht. Die Röhre wird hinter das Segel geftihrt, die Nase
geschlossen und nun die. Luft im Nasenrachenraum verdichtet
und von hier aus in die Paukenhöhle hineingepresst. Wird ein
Gehörgang durch den kleinen Finger luftdicht verschlossen, so
kann die verdichtete Luft vorzugsweise nach dem anderen Ohre
gepresst werden und die Wirkung auf letzteres dadurch erhöht
werden, wenn die Röhre nur eine seitliche entsprechende Oeff
nung hat.
Aus dem Voranstehenden geht hervor, dass die Luft nur
dann ins Ohr gepresst werden kann, wenn die Contraction der
Muskeln beginnt, oder sich wieder löst, da beim Maximum der
Contraction der Halskanal geschlossen ist. Schleim und Eiter,
weV^her sich im oberen Rachenraum befindet, wird hinter dem
Gaumensegel herausgeschleudert und dadurch eine erwünschte
Reinigung nebenbei vorgenommen.
Zum Schlüsse möge man mir hier eine kleine Abweichung
von meiner Aufgabe gestatten. Ich möchte es hier nicht unter-
lassen, den praktischen Aerzten ins Gedächtniss zu rufen, dass
Scharlach, Blattern, Masern und Typhus die Krankheiten sind,
welche so viele Unglückliche schaffen, die sich entweder durch
die Taubstummenanstalten oder mit Otorrhöen behaftet durch
ihr gefährdetes Leben hinschleppen. Wie lohnend bei derartigen
Erkrankungen, wo das Ohr nach der neueren Casuistik so häufig
in Mitleidenschaft gezogen wird, die Luftpresse allein oder
nöthigenfalls in Verbindung mit der Durchbohrung des Trommel-
fells wirkt, davon kann sich jeder Arzt diQ oöthige Ueberzeugung
224 XIX. EESSilti, K2«theterismua äes OhrhalskanaleB.
vers^haifeii ; sobald er sich die Mttlie nimmt, sieh mit den ein-
znsehls^enden Verfahren vertraut zu macheiL Die einfache und
leichte Technik der zuletzt beschriebenen Methode und die That-
saßh^ ds^ss sich die Kinder leicht dazu versteheu, den Mund zu
öfhen^, woinit die wesentlichste Bedingung ^ zur Manipulation
gegeben ist, werden, wie ich hoffe, dieser Methode den Eingang
in die Praxis verschaffen, an Erfolgen wird es dann nicht fehl^.
1) Neugebpreae u^d Kinder in den erpteu Lebei^jahroB zwüpigl man,
4en Mund zu offnen, hekai^ntlich dadurch, d9ß.s ivi^n die Nase dersielben
schlies^t, wodurch sie genöthigt werden, durch den Mund zu athmen.
XX.
Beiträge m Anatemie Qnd Entwicklimgtigescluchte des
nensoUicheii Gebörorgans
von
Dr. Moldenhauer
in Leipzig.
Bie Anatomen von Fach, welche bisher fast ausschliesslich
sieh mit den Entwicklungsvorgängen am Gehörorgan beschäf-
tigten, haben sich begreiflicher Weise mit besonderer Vorliebe
der Entwicklung des Labyrinthes zugewandt und das Mittelohr
mehr weniger vernachläsaigt. Seit Reichert und Günther
haben wir keine ausführliche Darstellung der Genese dieses
Abschnittes des Gehörorgans und so konnte es geschehen, dass
uns erst in neuester Zeit Politzer mit interessanten I>etails tiber
die späteren Schicksale des Processus styloideus überraschte.
Und doch ist das Mittelohr, seine Anatomie und Entwicklung,
vorläufig fttr den Ohrenarzt von grösserer Wichtigkeit, als das
innere Ohr, da nach dem jetzigen Standpunkte unseres Wissens
sich dort die meisten Krankheiten abspielen, die unserer Diagnose
und Therapie zugänglich sind.
Es soU daher die Aufgabe des Verfassers sein, in einzelnen
kleinen Au&ätzen Über einige bisher wenig berührte dunkle oder
streitige Punkte der anatomischen Verhältnisse des Mittelohres
mehr Licht zu verbreiten.
Es folgen zunächst einige Bemerkungen über die Entstehung
der knöchernen Kanäle in der Umgebung der Paukenhöhle, da
diese Vorgänge für die Ausbildung der Baumverhältnisse in der
Trommelhöhle von ausserordentlicher Wichtigkeit sind und hier-
über nur die kurzen vorläufigen Mittheilungen bekannt sind, die
Bü ding er vor Jahren in der Monatsschrift fttr Ohrenheilkunde
veröffentlicht hat.
Es kommen hierbei besonders der Canalis caroticus und ^Qf
226 XX. MOLDENHAÜER
Ganalis facialis in Frage, vor deren Entstehung die knöcherne
Pankenhöhle eine von der späteren ganz verschiedene Gestalt
hat. Sie ist sowohl vom als hinten klaffend geöffnet und spannt
sich über diesen Raum der zarte Paukenring^ um eine nur noth-
dürftige Begrenzung abzugeben.
I. Ganalis caroticus.
Die Entwicklung des knöchernen Eanales ftir die Garotis
fällt mit ihren Hauptmomenten in die zweite Hälfte des fötalen
Lebens. Seine erste Andeutung findet sich in der Mitte der
Gravidität, zu einer Zeit, wo die Verknöcherung der Pyramide
von mehreren Punkten aus rasche Fortschritte macht, während
an dem durchaus knorpligen Felsenbein sich nie eine Spur seiner
Existenz nachweisen Hess und verläuft hier die Garotis frei, nur
von Bindegewebe umhüllt, seitlich vor der Pyramide, deren
äusserstes abgerundetes Ende von der sich deutlich markirenden
ersten Schneckenwindung eingenommen wird. Im Anfange er-
scheint der spätere Kanal in Gestalt einer flachen Furche, welche
dicht vor dem runden Fenster beginnend in nur wenig gekrümmtem
Bogen nach der Spitze der Pyramide verläuft. Da zu dieser
Zeit der Entwicklung das runde Fenster viel mehr, als später
nach abwärts der Schädelbasis zugewandt ist, so reicht auch die
carotische Furche weiter nach dieser Fläche zu, als man beim
Neugeborenen erwarten sollte. Sehr bald beginnt nun an der
unteren hinteren Begrenzung der Furche, dicht vor dem runden
Fenster, sich eine kleine Leiste zu erheben, während zu gleicher
Zeit an ihrem vorderen Bande, aber höher, etwa in der Mitte
des Verlaufes, ein kleiner Höcker entsteht. Von diesen beiden
Punkten aus geht nun die Ausbildung des Kanales rasch vor sich,
doch in weit höherem Grade von der hinteren leistenförmigen
Erhebung. Dieselbe setzt sich einerseits nach hinten und unten
mit der etwa zu gleicher Zeit angelegten Enochenkante in Ver-
bindung, aus der später der Boden der Paukenhöhle hervorgeht
und hilft hier den Aquaeductus vestibuli überbrücken, andererseits
wächst sie längs der Furche nach oben, bis sie an das vordere
mediane Ende der inzwischen gebildeten Scheidewand des Canal.
musculo-tubar. zusammenstösst. Nachdem diese Leiste eine ge-
nügende Höhe erreicht hat, beginnt sie sich, besonders in ihrem
mittleren Theile, nach vorn herum zu wölben, bis sie mit dem
vorhin erwähnten Höcker an der vorderen Begrenzung, der unter-
dessen nach oben hin ausgewachsen ist, in Verbindung tritt. In
Beiträge zur Anat n. Entwicklungsgeschichte d. menschl. Gehörorgans. 227
sehr vielen Fällen scheifit sie jedoch in Gestalt einer glatten
Enochenzacke, die später eine mehr senkrechte Richtung erhält
und vorzugsweise den unteren Theil des Kanales deckt, nach
aussen an dem Höcker vorbei zu wachsen , so dass zwischen
beiden ein oft ziemlich weiter, mit Bindegewebe ausgeftUlter
Spalt übrig bleibt. Während dieser Vor^Uige hat sich die Oe-
stalt des Kanals, wie ich glaube vornehmlich durch den Druck
des allmählich kiflfkiger circulirenden Blutes bedeutend verändert,
sein Lumen hat sich nicht nur erweitert, seine Wandungen, be-
sonders die hintere, welche die vordere Begrenzung der Pauken-
höhle zu bilden bestimmt ist, die gehörige Wölbung erhalten,
sondern auch seine Richtung ist aus der schwach gebogenen in
eine fast rechtwinklig gekrümmte übergegangen. Durch die stär-
kere Wölbung der hinteren Wand des Eanales ist der vordere
mediane Theü des Sept. tub. so von der Pyramide abgedrängt
worden, dass er an die äussere Wand des Eanales zu liegen
kommt. Unterhalb des Septum findet sich die flache Vertiefung
fttr die Tuba. Es liegen hier also der Ganalis carotic. und der
Canal. musculo-tub. so aneinander, dass die äussere Wand jenes
zugleich die innere und theilweise die untere Wand dieses bildet.
Erst später wird der Canal. musculo-tub. dadurch vervollständigt,
dass das Tegmen tympani von hinten her heranwachsend das
Dach bildet, während der Paukenring als äussere Begrenzung
sich heranlegt.
Die Entstehung der die Wand des Canalis carotic. durch-
brechenden feinen Kanäle für die Gefässe und Nerven ist schwer
zu verfolgen, doch ist sehr wahrscheinlich, dass der Enochen
allmählich diese Theile umwächst.
II. Ganalis facialis.
Von dem ganzen später knöchernen Eanal des Nerv, facial.
ist nur ein kleiner Abschnitt knorplig vorgebildet. Es ist dies
das gerade Anfangsstück, vom Grunde des Meatus auditorius
internus bis zur inneren vorderen Fläche der Pyramide, wo dann
der Nerv frei zu Tage tritt und sein Verlauf auf dieser ^äche
und an der Wand der Paukenhöhle durch eine flache Rinne im
Enorpel markirt wird. Bei der Verknöcherung der Pyramide
während der zweiten Hälfte des intrauterinen Lebens und zum
Theil erst nach der Geburt wird die Rinne an der inneren vor-
deren Fläche der Pyramide besonders durch das Heranwachsen
des Tegmen tympani zum Hiatus canalis Fallopii geschlossen.
228 XX. MOLDENHAUER
I
Während seines Verlaufes in der Paukenhöhle ze^ jedoek Ak
Entwicklu&g des knöchernen Eanales Eigenthttmliehkeiten, die
wir näher betraditen müssen.
Die Rinne; aus der später der Kanal henroi^ht, hat nicht
überall dieselben Dimensionen. Sie ist im ober^i Abschnitt,
von der Gegend des Knies an, ziemlich eng, erweiteii sich aber
oberhalb der späteren Eminentia pyramidalis bnchtförmig, zeigt
in der Gegend der Eminentia selbst eine Einscfanürang, um sich
dann bis zum Ende bedeut^d zu erweitem.
Die erste Andeutung zur Umbildung in emen Kanal zeigt
sich im oberen Abschnitte, indem das Tegmen tympani an der
hinteren Begrenzung der Furche einen glatten Fortsatz herab-
schickt; dem gegenüber an dem yorderen Bande dicht oberhalb
des ovalen Fensters eine entgegenwachsende, daefaf önnige Kochen-
leiste entsteht. Diese letztere tritt sehr bald in Verbindnag mit
der ersten Anlage des Septum tubarium; wodurch die Lage des
Bostrum cochleare oberhalb des ovalen Fensters und an der Wand
des Caoalis facial. gegeben wird. Ehe nun diese beiden Knochen-
blättchen sich bis zur Berührung nähern, entsteht weiter abwärts
am vorderen Saume der Furche in der Gegend der späteren
Emin<^tia pyramidalis ein kleiner Höcker, der bald nach oben
und unten etwas auswächst, jedoch an der ursprünglichen Stelle
die grösste Höhe behält. Inzwisdien bat sich der obere Abschnitt
vom Knie bis zum ovalen Fenster zum Kanal geschlossen, anefa
hat sich von der Yerschlussstelle an an dem hinteren Bande der
Furche eine Leiste erhoben, mit der der oben erwähnfte Höcker
in brtickenartige Verbindung tritt. An dieser Knochenbrücke
und zwar an ihrer vorderen unteren Fläche erscheint nun sdir
bald die erste Andeutung der Höhle flir den Musculus stapedins
in Form einer kleinen Furche, die nach und nach tiefer wird;
indem die Bänder sieh erheben und zur Bildung eines Kanales
einander entgegenrücken. Die obere Oeffnung fttr die Sehne ist
gleich anfangs ziemlich eng, während die Gomiiäunication mit
dem Canalis facialis von betrilchtlicher Weite ist.
Wir sehen also den Kanal jetet an zwei Stellen geschlossen,
der dazwischen befindliche Abschnitt von dem ovalen Fenster bis
zur Eminentia pyramidalis ist bekanntlich bei der Geburt theil-
weise noch häutig und wollen wir seine Verknöcherung hi^^
nicht weiter verfolgen, dagegen müssen wir die EntwicklnnS
des unteren Eanalendes noch eingehender betrachten.
Wir hatten oben gesehen, dass dieser Abschnitt von be-
Beiträge zur Aaat. u. Entwicklungsgeschichte d. mensdil. Gehörorgans. 229
trächtlicher Weite ist vmd zwar deshalb, weil noch keine Soo-
derang zwischen Ganalis facialis und der Höhlimg de« Griffel-
fortsatzes eingetreten ist und weil die Enochenthdle , weiche
sp&ter heranwachsend die weite Binne zu einem engen Kanal
zusammendrängen , noch wenig entwickelt sind. Vor Allem ist
es die geringe Ausbildung der Pars mastoidea der Pyramide,
des Paukenringes und des Fundus tjmpani, die hier in Frage
kommt.
Ein Fundus tympani besteht während der ersten Hälfte des
intrauterinen Lebens nicht, es liegt daher der Paukenriing fast
unmittelbar dem runden Fenster an und ist hierdurch vorzugs-
weise die bekannte horizontale Lage des Trommelfells bedingt.
Die Paukenhöhle selbst hat auf dem Durchschnitt eine mehr
dreieckige Gestalt, also noch wenig Aehnlichkeit mit dem Ge-
bilde, von dem sie den Namen erhalten hat. Erst in der zweiten.
Hälfte der Gravidität entsteht der Boden der Pauke aus einer
kleinen Knochenkante am unteren Rande der Pyramide und wird
hierdurch wesentlich die Aufrichtung des Trommelfells bedingt.
Nach vom tritt der Fundus tympani, wie wir schon oben
bemerkten, mit der hinteren Wand des Canal. caroticus in Ver-
bindung und dient zu dessen Verstärkung, hinten spaltet er sich
in ^wei Platten, die den Processus styloideus vom und hinten
umgreifend an der hinteren Wand der Paukenhöhle in die Höhe
steigen. Die vordere Platte legt sich an die Eminentia pyrami-
dalis an, die hintere, welche zugleich die vordere Wand des
Canalis facialis darstellt, .verwächst mit dem inzwischen weiter
nach abwärts entwickelten Proc. mastoideus. Vorn und aussen
legt sich der Paukenring an und dient im Verein mit dem hinteren
unteren Winkel der Schuppe zur Verstärkung der äusseren Wand.
Auch noch nach der Geburt kommen am unteren Ende des
Kanals durch Knochenauflagerung Veränderungen vor, wodurch
das anfangs weite, spaltf örmige, oft zweigetheilte Foramen stylo-
mastoideum in eine einfache, enge, rundliche Oeffnung verwandelt
wird und die Chorda tympani, welche beim Neugeborenen ausser-
halb des Canalis facialis entspringend, etwa ^/4 Ctm. frei unten
verläuft, bis sie hinter dem Paukenring verschwindet, völlig vom
Knochen gedeckt wird. Bei der Verfolgung vorstehender Ent-
wicklungsvorgänge fand ich auch Gelegenheit, das Verhalten des
Proc. styloideus in früheren Stadien zu studiren und kann ich
"Bie Schildemng, welche A. Politzer in diesem Archiv, Bd. IX.
Heft 3; über diesen Gegenstand gegeben hat, völlig bestätigen. Nur
230 XX. MOLDENHAUEB, Anat. u. Entwicklungsg. d. menschl. Gehörorgans.
ein Punkt scheint diesem aufmerksamen Beobachter entgangen zu
sein, nämlich dass der Proc. styloid. in Mhester Zeit mit seinem
oberen Ende durch einen knorpligen Fortsatz von V2 Ctm.
Länge mit der Enorpelfläche zusammenhängt, aus der später der
Proc. mastoideus hervorgeht. Auch wenn die Nachbartheile schon
völlig verknöchert sind, lässt sich der knorplige Yerbindungs-
streifen noch nachweisen und verschwindet erst mit der Ver-
knöcheruug des Proc. styloid. selbst.
Es ist mir nach der Entwicklungsgeschichte diese Verbindung
nicht recht erklärlich und will ich deshalb die Aufmerksamkeit
der Leser darauf gelenkt haben.
Studien Aber die Paracnsis loci
▼on
Prof. Dr. Adam Politzer
in Wien.
Bekanntermassen besitzen wir bei normalem Zustand unserer
Gehörorgane nur in anvoUkommenem Grade die Fähigkeit^ die
Richtung des Schalles zu beurtheilen. Nach der übereinstimmen-
den Ansicht der Physiologen ist nämlich die Unterscheidung der
Schallrichtung kein Act der Empfindung selbst , sondern ein
Resultat des aus der Erfahrung hervorgegangenen Urtheils. Als
wesentlich wird hierbei die stärkere Einwirkung des Schalles
auf eines der beiden Ohren angenommen, d. h. wir werden die
Schallquelle nach rechts oder nach links verlegen, je nachdem
der Schall das rechte oder das linke Qhr stärker trifft. Hin-
gegen wird unser Urtheil über die Schallrichtung ganz unsicher,
wenn bqide Ohren eine gleiche Stellung zum Orte der Schall-
quelle besitzen; wir werden nämlich, wie schon Venturini^)
nachgewiesen hat, häufig nicht unterscheiden können, ob der
Schall von vorn oder von hinten kommt.
Die Beobachtung bei einer Anzahl von Ohrenkranken, welche
häufig nicht nur nicht im Stande sind, die Richtung der Schall-
quelle anzugeben, sondern oft genug die Schallquelle in eine
geradezu entgegengesetzte Richtung versetzen, veranlasste mich
bei einer grösseren Zahl von Normalhörenden und Ohrenkranken
eine Reihe von Versuchen anzustellen, welche zum Theil Auf-
schluss über die als Paracusis loci bezeichnete Anomalie bei Ohren-
kranken zu geben geeignet sind.
Wenn ich bei geschlossenen Augen eine stark tickende
1) Voigt's Magazin. Bd. 11.
I Archiv fftr OhreDlieillcande. XI. Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 17
I
232 XXI. POLITZER
Uhr in der Scheitelebene von vorn über den Kopf nach hinten
zu bewegen lasse, so werde ich nicht im Stande sein, mit Sicher-
heit anzugeben, ob sich die Uhr vor lüir, über mir oder hinter
mir befindet; in dem Momente aber, wo ich ein Ohr schliesse,
wird das Uhrticken sofort gegen die Seite des offen ge-
bliebenen Ohres hinttberrücken.
Obwohl unser Urtheil über die Richtung des Schalles häufig
durch den Gesichtssinn wesentlich dadurch unterstützt wird, dass
wir die ScRallquelle nicht nur hören, sondern auch sehen, so
wird doch selbst dann, wenn wir die Schallquelle sehen, unser
Urtheil über die Schallrichtung auffällig alterirt, wenn ein Ohr
geschlossen wird. Es wird nämlich beim Verschluss eines Ohres
das Ticken einer in der Scheitelebene gehaltenen Uhr, auch
wenn wir die Stelle sehen, wo sich die Uhr befindet, in der
Richtung des nicht geschlossenen Ohres projicirt.
Ein anderes Resultat ergeben zumeist die Versuche, wenn
die Uhr bei verschlossenen, seltener bei geöffneten Augen nicht
in der Scheitelebene, sondern in der Horizontälebene im
Halbkreise um das verschlossene Ohr von Vom nach hinten zu
bewegt wird. Wird nämlich ein Ohr geschlossen , so wird daß
Ticken der vor dem Kopfe gehaltenen Uhr noch gegen die Seite
des offenen Ohres gehört, wenn man die Uhr eine kleine Strecke
in der Horizontalebene gegen das verschlossene Ohr zu bewegt,
je mehr man sich aber der sog. Höraxe, d. i. der Richtungs-
linie des verschlossenen Gkhörganges nähert, desto mehr ver-
schwindet die Empfindung, dass das Ticken von der Seite des
nichtverschlossenen Ohres kommt, sondern wir hören da^ Ticken
zumeist, ohne sagen zu können, wo sich die tickende Uhr be-
findet, oder wir hören sie unbestimmt auf der Seite des ver-
schlossenen Ohres, seltener wird das Ticken gegen die Seite des
offenen Ohres projicirt.
Bewegt man sich von der Richtung der sog. Höraxe des
verschlossenen Ohres, nach rückwärts gegen den Hmterkopf, so
wird der Schall um so deutlicher nach der Seite des offenen
Ohres empfunden, je mehr die Uhr gegen die Mitte des Hinter-
kopfes genähert wird.
Grösseren Schwierigkeiten begegnet man bei der Unter-
suchung von Normalhörenden, weim man bei Verstopfimg des
einen Ohres anstatt des Uhrtickens die Sprache als Schallquelle
benützt Es ist immer zweckmässiger, die Versuche im Freien
Stadien über die Paracusis loci. 233
als im geschlossenen Baume zu machen und darf man sich ausser-
dem keiner zu laut klingenden Stimme bedienen.
Stellt man sich während der Versuche hinter die Versuchs-
person, so wird dieselbe bei offenen Ohren zumeist mit ziemlicher
Sicherheit sagen können, ob sich der Sprechende nach rechts
oder links bewegt; wird jedoch ein Ohr geschlossen und bewegt
sich der Sprechende in einer Entfernung von 5—6 Meter hinter
der Versuchsperson gegen die Seite des verschlossenen Ohres,
so wird das Gesprochene öfters wohl in der Richtung des offenen
Ohres gehört, es wird jedoch häufig genug von den Versuchs-
personen die Angabe gemacht, dass sie beim Verschluss eines
Ohres nicht im Stande seien, anzugeben, wo sich der Sprechende
befindet, die Angaben werden unsicher und tragen den Charakter
des Errathens an sich; nur selten wird die Schällrichtung bei
wechselnder Stellung des Sprechenden zum geschlossenen Ohre
richtig angegeben, um so sicherer aber, je mehr sich der Spre-
chende der sog. Höraxe des offenen Ohres nähert.
Aus diesen Versuchen ergibt sich, dass unser Ürtheil über
die Richtung des SchaUes wesentlich durch das Hören mit beiden
Ohren bestimmt wird, und wenn auch, wie wir früher hervor-
gehoben, im normalen Zustande dieses Urtheil kein ganz sicheres
ist, so wird doch das, was wir an Sicherheit über das Urtheil
der Schallleitung besitzen, durch das binauriculäre Hören bedingt.
Aehnlich wie beim Verschluss eines Gehörganges verhält es
sich bei einer gewissen Gruppe von Ohrenkranken, welche sehr
häufig nicht nur nicht im Stande sind, die Richtung des Schalles
anzugeben, sondern häufig genug auch die Schallquelle irrthümlich
in eine geradezu entgegengesetzte Richtung versetzen. — Man
hat früher diese Anomalie auf Erkrankung des Labyrinthes
speciell der Bogengänge bezogen. Die Ebenen der Bogengänge
stehen, wie bekannt, senkrecht auf einander und schliessen somit
einen stereometrischen Winkel ein. Aus dieser Stellung der
Bogengänge wollte man die Fähigkeit, die Richtung des Schalles
zu beurthdien, ableiten. Diese Annahme ist jedoch eine rein
hypothetische, indem sie weder durch das Experiment noch durch
irgend eine pathologische Beobachtung gestützt wird. Man kann
im Gegentheil durch die Krankenbeobachtung constatiren, dass
bei nachweisbarer Erkrankung des Labyrinthes die Fähigkeit,
die Schallrichtung anzugeben vorhanden ist, während in Fällen,
wo die Ohrerkrankung im Schallleitungsapparate ihren Sitz hat
und durch die Functionsprüfung ein Intactsein des Hömerven
17*
234 XXI. POLITZER
coüstatirt wird, sehr oft das Urtheil-über die Bichtung der Schall-
quelle YoUständig yerloren geht. Man bezeichnet diese Anomalie
mit dem Namen Paraeasis lod.^
Die Paracnsis loci war bereits den älteren Autoren bekannt.
Morgagni citirt in seinen Epistolae anatomicae, epist. Xm,
die Versuche Valsalva's an drei Hunden, bei welchen beide
Trommelfelle perforirt wurden. Sowohl nach der Operation als
auch mehre Monate nachher soll bei den operirten TMeren keiae
Hörstörung beobachtet worden sein, nur bei einem Hunde wurde
50 Tage nach der Perforation die Paracusis loci wahrgenommen:
„ Una tarnen canis cum quinquaginta dies post operationem per-
fecte audüsset, subito non discemere potuit, undenam sonns
yeniat, ita ut quando nomine appelläretur caput ad regionem
falsam tenderet, sed haec affectio cum per menses durafiset evanuit
atque auditus in pristinam perfectionem restitutus per plnres
menses usque ad bestiae necem mansit^^) Bei der Section
dieses Hundes fsuid man eines der perforirten Trommelfelle ver-
dickt und abgeflacht.
Die oben angeftihrten bei Normalhörenden angestellten Ver-
suche habe ich bei einer grösseren Anzahl. von Schwerhörigen
(260 Versuchspersonen) wiederholt und im Allgemeinen dieselben
Besultate erhalten, insbesondere bei ausgesprochener einseitiger
Schwerhörigkeit. D,as Ticken der in der Scheitellinie von vom
nach rückwärts bewegten Uhr wurde bei geschlossenen Augen
fast constant, bei offenen Augen häufig in die Bichtung des nor-
malen oder minder schwerhörigen Ohres projicirt. Wurde die
Uhr in der Horizontalebene gegen das schwerhörigere Ohr be-
wegt und zwar in einer Entfernung, wo die Uhr auf diesem
Ohre nicht mehr percipirt werden konnte, so wurde das Ticken
öfters wohl in der Bichtung des normalen oder besser hörenden
Ohres gehört, nicht selten, und zwar bei verschlossenen Augen,
bestimmt in der Bichtung des schwerhörigen Ohres ; häufig jedoch
sind die Kranken nicht im Stande zu sagen, wo sich die tickende
Uhr befindet, bis nicht durch Drehung des Kopfes das normale
oder besser hörende Ohr gegen den Ort der Schallquelle ge-
richtet wird.
Auch die Versuche mit der Sprache ergaben nahezu dieselben
Besultate, wie bei Normalhörenden beim Verschluss eines Gehör-
ganges. Am aufiTälligsten war selbstverständlich das Fehlen des
1) £. Dann^ Dissertatio inaugur. 1830.
Studien über die Paracusis loci. 235
Urtheils über die Schallrichtungy auch hier bei starker einseitiger
Schwerhörigkeit y aber auch bei beiderseitiger Schwerkörigkeit
konnten die Kranken oft bei geschlossenen Angen nicht angeben,
wo sich der Sprechende befindet, man beobachtet dies nicht nur
bei stark differirender Functionsstörung beider Ohren, sondern
auch bei Kranken, wo der Grad der Hörstömng auf beiden
Ohren nicht wesentlich diflPörirt. Bei den Versuchen mit der
Sprache ist es^ ebenso wie bei Normalhörenden, am zweckmässig-
sten, sich der Flüstersprache zu bedienen, weil bei lautkUngen-
der Sprache die Versuchsperson den Ort des Sprechenden sicherer
anzugeben yermag, als bei Anwendung der Flüstersprache. Es
ist fernerhin bei den Versuchen nöthig, den Platz der Versuchs-
person oft zu wechseln, weil sonst bei dem aufeinanderfolgenden
Wechsel in der Stellung des Sprechenden die Versuchsperson
durch Vergleichung der Stimmstärke bei Stellung des Sprechen-
den gegen beide Ohren leicht den Platz des Sprechenden erräth.
Die Paracusis loci kommt bei Ohrenkranken häufiger vor,
als dies im Allgemeinen angenommen wird. Allerdings sind die-
Fälle, wo die Kranken beim Examen, ohne darauf aufmerksam
gemacht worden zu sein, angeben, dass sie sich häufig über die
Richtung, des Schalles täuschen, selten. Häufiger sind die Fälle,
wo die £j*anken erst auf Befragen des Arztes angeben, dass seit
dem Bestehen ihres Ohrenleidens ihr Urtheil über die Schall-
richtung alterirt worden sei, dass sie nicht selten die yerschieden-
artigsten Geräusche: die Sprache, musikalische Töne, Schüsse,
Wagengerassel u. s. f. nicht in der Richtung der Schallquelle,
sondern von entgegengesetzter Richtung kommend, wahrnehmen.
Die Täuschung ist um so auffälliger, wenn der betreffende Kranke
während er seine Aufinerksamkeit einem Gegenstand zuwendet,
von einer Schallerregung überrascht, wird und wenn die Schall-
quelle sich auf der Seite d«s schwerhörigen Ohres befindet.
Allein es gibt auch Ohrenkranke, welche bei der grössten
Aufinerksamkeit nicht im Stande sind, die Richtung, wo sich
die Schallquelle befindet, herauszufinden, bis sie nicht durch das
Sichtbarwerden des schallerregenden Objectes oder durch mehr-
maliges Drehen des Kopfes über die Schallrichtung belehrt werden.
Am eclatantesten habe ich dies bei ohrenleidenden Jagdfreunden
beobachtet, nach deren Angaben sie selbst bei der angestreng-
testen Aufmerksamkeit häufig das Geräusch des Wildes oder das
Balzen des Auerhahnes, in entgegengesetzter Richtung wahr-
nahmen und zwar allerdings häufiger, wenn das schwerhörige
236 XXI. POLITZER, Studien aber die Paracusis loci.
Ohr gegen die Stelle gerichtet war, wo das Geräusch entstand,
zuweilen aber auch dann, wenn die Schallquelle in der Richtung
des nonnalen oder besserhörenden Ohres sich befindet.
Was die anatomischen Veränderungen im Gehörorgane an-
langt, bei welchen ich die Paracusis lod beobachtet habe, so
waren es zumeist Schallleitnngshindemisse ohne gleichzeitige
Labyrinthaffectionen : Exostosen usd Polypenbildungen im äusse-
ren Gehörgange, Veränderungen in Folge entzündlicher Vorgänge
an der Mittelohrauskleidung mit und ohne Trommelfellperforation,
seltener primäre oder mit Mittelohraffectionen complicirte Erkran-
kungen des inneren Ohres. Wenn ich auch diese Anomalie vor-
wiegend bei einseitiger Schwerhörigkeit beobachtet
habe, so ist doch die Anzahl der Kranken, bei welchen die
Paracusis loci bei Erkrankung beider Ohren vorkommt, eine
beträchtliche und zwar auch bei nicht stark differirender Hör-
störung in beiden Gehörorganen. Andererseits wurde von einer
Anzahl von Kranken mit ausgesprochener einseitiger Schwer-
hörigkeit oder mit beiderseitiger aber stark differirender Hör-
störung auf wiederholtes Befragen angegeben, dass sie im ge-
wöhnlichen Leben niemals über die Richtung des Schalles sich
getäuscht hätten, trotzdem die bei ihnen oben angeführten Ver-
suche mit Uhr und Sprache (bei geschlossenen Augen) zeigten^
dass sie die Direction des Schalles unrichtig angaben.
Schliesslich möchten wir in praktischer Beziehung die Anf-
merksamkeit der Militärärzte auf den hier erörterten Gegenstand
lenken. Bekanntlich werden nicht in allen Staaten einseitig
Schwerhörige vom activen Militärdienst befreit. Wir halten
aber nach dem, was wir über die Paracusis loci gesagt, die hier
bestehende Assentirungsvorschrift, nach welcher die einseitige
Schwerhörigkeit das Individuum vom Militärdienste ausschliesflt,
für vollkommen gerechtfertigt. Denn^bei dem im Kriege so wich-
tigen Vorpostendienste während der Nacht, hat der vorgeschobene
Posten die Aufgabe auf die vom feindlichen Lager sich nähern-
den Bewegungen zu achten. Da dies aber in der finstem Nacht
nur durch den Gehörsinn möglich ist, so könnten bei einseiti^r
Schwerhörigkeit des vorgeschobenen Postens durch dessen irriges
Urtheil über die Richtung des Schalles leicht nachtheilige Folgen
entstehen.
XXIL
Ueber Anastomosen zwischen den Gefässbezirken des
Hittelohres nnd des Labyrinths
von
Prof. Dr. Adam Politzer
in Wien.
(Hierzu Tafel IV.)
Die Auskleidangen des Mittelohres und des Labyrinthes er-
halten, wie bekannt, ihre arteriellen Gefässe von yerschiedenen
Gefässbezirken. Die arteriellen Gefässe, welche die Auskleidung
und die Gebilde der Trommelhöhle ernähren, stammen von den
Aesten der Art. pharyng. ascend., aus der Carotis ext., von
Aesten der Art. mening. media, welche durch den Hiatus canalis
Fallopiae und durch die Fissura petroso-squamosa in die Trom-
melhöhle eindringen, und endlich von der Carotis int., welche
einige Aestchen. durch feine Gefässöffnungen des Canalis caro-
ticus im Felsenbein in die Trommelhöhle sendet (Hyrtl, Lan-
ger, Prussak). Die in den Fallopischen Kanal eindriugende
Art. stylo-mastoidea, welche das Neurilem des Facialis und den
Muse. stap. versorgt, sendet auch Gef ässästchen zur Auskleidung
des hinteren Abschnittes der Trommelhöhle.
Die Auskleidung des Labyrinthes und die im Labyrinth be-
findlichen membranösen Gebilde erhalten ihre Gefässe von der
Art. audit. int., welche sich von der Art. basil. abzweigt, an
der Seite des Nerv, acust. bis zum Gründe des inneren Gehör-
ganges vordringt und sich in z^ei Aeste theilt, in die Art. vesti-
buli und in die Art. Cochleae. Die Art. vestibuli dringt durch
kleine Oeffhungen der Knochenlamelle, welche den Vorhof vom
inneren Gehörgange trennt, in die Vorhofshöhle und ihre Zweige
verästeln sich theils auf dem Säckchen, den Ampullen und den
häutigen Bogengängen, theils in der Auskleidung des Vorhofes
und der knöchernen Bogengänge, während die Aeste der Art.
238 XXBL POLITZER
Cochleae in die Eanälchen des Modiolus eindringen , von hier
ans zwischen den Lamellen der Lamina spiraL ossea znr Lam.
Spiral, membr. gelangen nnd sich sowohl hier als auch in der
Anskleidang des knöchernen Schneckengehänses yerzweigen.
Der anatomische Nachweis der anastomotischen Verbindun-
gen zwischen den getrennten Gefässbezirken des Mittelohres
und des Labyrinthes wurde bisher nicht geliefert Die Annahmei
dass die Verbindungen der Gefässe des Mittelohres mit den
Gefässen des Labyrinthes durch die Fenster stattfinden, beruht
bloss auf Vermuthung, denn es ist bisher weder durch Iigection
der Trommelhöhlengefässe, noch durch gesonderte Injection der
Art. audit int gelungen , irgend welche die Labyrinthfenster
durchsetzende Gefässanastamosen zwischen dem mittleren und
inneren Ohr nachzuweisen.^)
Es konnte aber keinem Zweifel unterliegen, dass zwischen
Mittelohr und Labyrinth zahlreiche Gefässverbindungen bestehen.
Es ergibt sich dies nicht nur aus zahlreichen Erankenbeobach-
tungen, sondern auch aus den Befimden an pathologisch -ana-
tomischen Präparaten. Die bei acuten entzündlichen Affectionen
des Mittelohres nicht selten beobachteten Erscheinungen, wie:
heftige subjective Geräusche, das Schwinden der Perceptions-
fähigkeit des Ubrtickens von den Eopfknochen, welche auf
eine Betheilignng des Labyrinthes an dem Ej'ankheitsprocesse
hindeuten, lassen mit Wahrscheinlichkeit annehmen, dass zu-
weilen die mit der Entzündung einhergehende Hyperämie nnd
Fluxion in den Gefässen ^es Mittelohres sich durch anastomo-
tische Verbindungen auf die Gefässbezirke des Labyrinthes aus-
breiten und hier vorübergehende oder bleibende Ernährungs-
störungen Ycranlassen.
Für diese Annahme sprechen insbesondere die pathologisch-
anatomischen Befände bei Individuen, welche an purulenter
Entzündung des Mittelohres gelitten haben. Ich fand nämlich
zu wiederholten Malen bei der Untersuchung der Gehörorgane
von Personen, welche an acuten oder chronischen mit Perfora-
tion des Trommelfells verbundenen Mittelohrentzündungen litten,
und bei welchen, neben sehr starker Hyperämie, Infiltration und
1) Die Annahme, dass bei. Injection des Gehirns durch die Carotis int.
die FüUiing der arteriellen Gefässe der Trommelhöhle von der Art. audit. int.
aus erfolge, ist insofern nicht gerechtfertigt, als die Injectionsmasse durch
die im GanaUs caroticus von der Carotis int. abgehenden Art. tympanic. leicht
eindringt.
Anastomosen zwischen den Gefö^sbezirken des Mittelohres etc. 239
Aufwnlstung der Mittelohrauskleidnng bestand^ eine mehr weni-
ger ausgesprochene Hyperämie im Labyrinthe. Die Injection
der Blutgefässe daselbst erstreckte sich zumeist auf die ganze
äussere Labyrinthwand und auf die an das Promontorium gren-
zende Schneckenwindung, somit auf jenen Theil des Laby-
rinthes, welcher unmittelbar an die innere Trommelhöhlenwand
grenzt.
Veranlasst durch diese klinischen und pathologisch-anatomi-
schen Beobachtungen unternahm ich eine Reihe anatomischer
Untersuchungen an normalen. Gehörorganen, welche zu dem
Resultate führten, dass Gefässverbindungen zwischen
dem Mittelohre und dem Labyrinthe durch die die
beiden Abschnitte trennende Enochenwand statt-
finden.
Die Methode, deren ich mich bediente um die Blutgefässe
sichtbar zu machen, bestand in der Behandlung möglichst frischer
G^hörpräparate mit einer 2 — 4procentigen Lösung von Ueber-
osmiumsäure. Ich wählte diese Methode, weil ich an dem ab-
gezogenen Promontoriumüberzuge von mit üeberosmiumsäure be-
handelten Präparaten die Blutgefässe mit ihren feinsten Ver-
ästelungen viel schöner dargestellt fand, als man dies bei der
sorgfältigsten Injection des Ohres von der Aorta oder Carotis
aus findet.
Wird das frische Gehörpräparat nach der Entfernung der
äusseren Trommelhöhlenwand und des Trommelfells in die ge-
löste Üeberosmiumsäure gelegt, so findet man selbst nach mehr-
tägiger Einwirkung, dass die Säure nur auf die Mittelohr-
auskleidung und die ihr zunächst liegenden oberflächlichen
Enochenschichten eingewirkt hat, während die tieferen und dem
Labyrinthe naheliegenden Schichten des Promontoriums vom
Beagens unberührt geblieben sind. Um daher die Gefässe der
ganzen Labyrinthwand und der sie bedeckenden Ueberzüge
sichtbar zu machen, muss man durch vorsichtiges Wegmeissein
eines Theiles des Labyrinthes die dem Labyrinthe zugewendete
Fläche des Promontoriums biossiegen, damit dasselbe sowohl
von der Trommelhöhlen- als auch von der Labyrinthseite von
der Lösung angegriffen werde. Auf diese Weise gelingt es
manchmal Präparate zu erhalten, an welchen nach 2 — 3 Tagen
die ganze, Trommelhöhle und Labyrinth trennende Enochenwand
von der Üeberosmiumsäure -Lösung durchtränkt wurde. Häufig
genug aber werden derartig behandelte Präparate selbst nach
240 XXIL POLITZER
langem Liegen in der ^nre von derselben nicht vollständig
durchtränkt und lassen sich dann die Gefässe nur in den ober-
flächlichen Enochenschicliten nachweisen.
Nach Einwirkung der Ueberosmiumsäure wird das Präparat
behufs allmäliger Decalcinirung des Knochens in stark verdünnte
Salzsäure (10 — 15 Tropfen auf 40 Grm. Wasser) gelegt, nach
vollständiger Entfernung der Kalksalze in absolutem Alkohol ge-
härtet und hierauf zur Anfertigung mikroskopischer Durchschnitte
durch die Labyrinthwand geschritten. — Der Befund an den
mikroskospischen Querschnitten verschiedener Gehörorgane unter-
liegt grösseren Variationen. In einer Beihe von Präparaten sieht
man von den tieferen Schichten der Mittelohrauskleidung, von
zahlreichen, nahezu senkrecht in die Knochenmasse eindringen-
den Bindegewebszflgen begleitet, die Blutgefässe des Mittelohrs
in die Tiefe der Knochenwand eindringen. Diese Bindegewebs-
zttge findet man häufig schon an solchen Durchschnitten der
inneren Trommelhöhlenwand, welche ohne vorherige Behandlung
mit einem Reagens einfach entkalkt wurden. Sie zeigen an
ihrer Ursprungsstelle zumeist eine breite dreieckige Form und
ziehen rasch sich verschmälemd gerade oder etwas geschlängelt
in die Tiefe der Knochenwand. Durch diese oft trichterförmig
beginnenden Kanäle treten die Blutgefässe der Mittelohrausklei-
dung in die Knochen wand ein, doch sind dieselben nur an
Ueberosmiumsäure Präparaten sichtbar. In einer anderen Reihe
von Präparaten sind jene keilförmig beginnenden Bindegewebszttge
nicht sichtbar, sondern die Blutgefässe dringen einzeln oder von
einem Knotenpunkte ausgehend von der Mittelohrauskleidun^ in
die Knochenmasse ein. Wenn man die innere Trommelhöhlen-
wand solcher mit Ueberosmiumsäure behandelter Präparate genau
besichtigt, so findet man nicht selten schon mit freiem Auge
vereinzelt und in grösserer Anzahl zwischen den Nerven- und
Gefässverästelungen kleine schwarze Punkte, welche bei näherer
Untersuchung als Knotenpunkte für eine Anzahl von Geissen
erscheinen, die sich in der Mittelohrauskleidung ausbreiten.
Führt man an diesen Stellen Querschnitte durch die innere
Trommelhöhlenwand, so findet man (Taf. IV. Fig. l ) von einem
solchen Knotenpunkte p mehrere Gefässe in die Tiefe des
EjQochens eindringen und mit den benachbarten, in den ober-
flächlichen Knochenschichten verlaufenden Gefässen v, v' ana-
stomosiren.
Die von der Mittelohrauskleidung in die Knochenwand ein-
Anastomosen zwischen den Gefassbezirken des Mittelohres etc. 241
dringenden BlatgefäBse treten mit den Gefässen der Knochen-
wand in anmittelbare Verbindung. — Die Anordnung der letz-
teren ist äusserst mannigfach nicht nur bei verschiedenen Präpara-
ten, sondern auch bei verschiedenen Durchschnitten eines und
desselben Präparates.
Zuweilen findet man in der Knochenwand drei stärker ent-
^ckelte, unter einander anastomosirende Gefässpartien, deren
eine central verläuft , während von den beiden anderen eine in
der Nähe der Mittelohrauskleidnng, die andere in der Nähe der
Labyrinthauskleidung sich befindet. In anderen Präparaten fin-
det man in der Tiefe der Knochenwand in grösseren oder klei-
neren Abständen rundliche oder zackige, buchtige, gef ässfährende
Räume, in welche die in verschiedenen Richtungen verlaufenden
geraden oder geschlängelten Gefässe des Knochens einmünden.
Noch in anderen Präparaten sind nur spärliche Gefässveräste-
longen sichtbar und sind nur an einzelnen Stellen die Verbin-
dungen unter einander, sowie die Verbindungen mit den Ge-
fässen der Mittelohr- und Labyrinthauskleidung wahrzunehmen.
Was das Verhältniss der Blutgefässe der Knochenwand zu
den Gefässen der Labyrinthauskleidung anlangt, so kann man
an emzelnen Präparaten die feinen Verästelungen der Gefässe
bis zur Labyrinthauskleidung verfolgen (Taf. IV. Fig. 3 g, g').
Seltener beobachtet man das Durchtreten eines stärkeren Zwei-
ges (9^0 ^0^ ^61* Knochenwand zur Labyrinthauskleidung.
Da die Blutgefässe in der Knochenwand in verschiedenen
Ebenen verlaufen, so ist es leicht begreiflich, dass man bei
mikroskopischen Querschnitten der inneren Trommelhöhlenwand
eine grosse Anzahl von Blutgefässen durchtrennt und ohne Zu-
sammenhang unter einander findet. Es sind daher Präparate,
an welchen man das Gefässnetz der Knochenwand bis zur
Mittelohrauskleidung einerseits und bis zur Labyrinthauskleidung
andrerseits verfolgen kann, ziemlich selten. In Fig. 2 (Taf. IV.)
ist ein solcher Querschnitt der Labyrinthwand vom Erwachsenen
abgebildet. Von der Mittelohrauskleidung ^, t\ t'* sieht man die
Blutgefässe in die Knochenwand eindringen ; die Gefässe, welche
bald durch stärkere, bald durch feinere Aeste vielfach unter einan-
der anastomosiren, lassen sich, wie dies an den mit Ar, k\k" k'"
bezeichneten Stellen ersichtlich, ununterbrochen bis zur Labyrinth-
auskleidung /, /', /" verfolgen. Bei stärkerer Vergrösserung
lassen sich stellenweise bis in die feinsten Gapilaren die erhal-
tenen Btutkörperchen nachweisen.
242 XXn. POLITZER »
Ans diesen Befanden ergibt sich , dass die Gefässe der
Enochenwand einerseits mit den Blutgefässen der Mittelohrans-
kleidnng, andrerseits mit den Gefässen der Labyrinthanskleidnng
in unmittelbare Verbindung treten, dass somit die Gefässbezirke
des Mittelohres und des Labyrinthes durch die Gefässe der die
beiden Abschnitte trennenden Elnochenwand anastomosiren.
Wir haben Eingangs auf eine Reihe die Mittelohraffectionen
begleitender Symptome hingewiesen, welche auf consecutive
Circulations- und Ernährungsstörungen im Labyrinthe schliessen
lassen und dass es nach den klinischen Beobachtungen keinem
Zweifel unterliegen könne, dass zwischen Mittelohr und Laby-
rinth Gefässverbindungen bestehen.
Wir wollen hier noch auf einen nicht seltenen, bisher jedocli
wenig beachteten klinischen BeAmd aufmerksam machen, welcher
nach unserer Ansicht mit den hier geschilderten anatomischen
Verhältnissen in einem gewissen Znsammenhange zu stehen
scheint. Man findet nämlich zuweilen bei chronischen, mit all-
mälig zunehmender Schwerhörigkeit verbundenen Ohrenaffectio-
nen bei vollkommen normalem Trommelfelle einen stark aus-
gesprochenen röthlichen Schimmer am hinteren Abschnitte der
Membran, welcher nachweisbar von einer starken Hyperämie
und Injection der inneren Trommelhöhlenwand herrührt. Die
betreffenden Kranken leiden fast immer an starken continuirlichen
subjectiven Geräuschen und findet man ausser der stetig fort-
schreitenden Abnahme des Hörvermögens in der Regel ein voll-
ständiges Fehlen der Perception der ühr von den Schädel-
knochen. Die Symptome entsprechen somit der chronischen,
mit Affection des Labyrinthes complicirten sogenannten sklero-
sirenden Entzündung der Mittelohrauskleidung. - Schwartze
(A. f. 0. Bd. V. S. 267) hat bei der Besprechung der Symptome
der Synostose des Steigbügels, die umschriebene Hyperämie am
Promontorium oder die Hyperämie der ganzen Trommelhöhle als
wichtiges diagnostisches Zeichen hervorgehoben bei Fällen, wo
die Wahrscheinlichkeitsdiagnose der Steigbügelankylose gestellt
wurde. Es lässt sich nun in jenen Fällen mit Wahrscheinlichkeit
annehmen, dass die starke, durch die Inspection wahrnehmbare
Hyperämie am Promontorium das Symptom einer chronischen,
auf die innere Trommelhöhlenwand beschränkten Entzündung
der Mittelohrauskleidung sei, welche allmählich zur Starrheit und
ünbeweglichkeit der Stapesplatte im ovalen Fenster fllhrt und
dass gleichzeitig durch Fortpflanzung der Hyperämie auf das
Anastomosen zwischen den Gefässbezirken des Mittelohres etc. 243
Labyrinth mittelst der geschilderten Anastomosen die Ernährungs-
störungen im Labyrinthe verursacht werden. Seltener dürfte eine
solche Rt5thung am Promontorium durch Fortpflanzung einer
starken Hyperämie im Labyrinthe auf die innere Trommelhöhlen-
wand be^gt sein.
Erklärung der Abbildungen.
(Tafel IV.)
Fig. 1. Querschnitt des Ueberzages der inneren Trommelhöhlenwand
und der benachbarten Knochenschichten, t, t' ^ Mittelohrauskleidung. —
p SB G^fössknotenpunkt auf der Mittelohrauskleidung, von welchem eine Anzahl
Gefasse in die Enochenmasse eindringen. — Wj w', w" '^ von der Mittel-
ohrauskleidung in den Knochen eindringende Blutgefässe. Hartnack Ob-
jectiv n.
Fig. 2. Durchschnitt durch die ganze innere Trommelhöhlenwand.
Entkalktes Ueberosmiumsäure- Präparat vom Erwachsenen. — t, t\ t" ==
Mittelohrauskleidung, zum Theil von der Fläche aus gesehen. — k, k\ k", k'"
» Anastomosen der bei ;', ^' vDn der Mittelohrauskleidung in die Knochen-
wand eindringenden Blutgefässe, welche sich bis /, t ^ t »= Labyrinthaus-
kleidung verfolgen lassen. Hartnack Objectiv n.
Fig. 3. Partie der Knochenwand in der Nähe der Labyrinthausklei-
dung. — /, r =a Labyrinthauskleidung. — g-i g\ g" — von der Knochen-
wand zixr Labyrinthauskleidung ziehende Blutgefässe. Hartnack Objectiv YH.
XXIII.
Ueber Verlanf und Sectionsbefnnd eines Falles von hoch-
gradiger und eigenthfimlicher 6eh9rstömng
von
Dr. A. M a gr n u 8
in Königsberg i. Pr.
(Nach einem Vortrage in der Section fCtr Ohrenheilkunde auf der Yersammlang
deutscher Naturforscher und Aerzte in Hamburg 1876.)
In dem zweiten Bande dieses Arehiy's S. 268 habe ich
einen Krankheitsfall beschrieben, den ich damals als partielle
Lähmung des Corti'schen Organs glaubte bezeichnen zu dürfen.
Das Detail des Falles darf ich hier wohl übergehen und verweise
auf jenen Auftatz. Ich erinnere nnr daran, dass es sich bei
dieser hochgradig Schwerhörigen, die aber für die Musik noch
eine hinreichende Perception bewahrt hatte, um eine musikalische
Lücke handelte, indem die Töne P, fis, g, gis, ais, h in der ein-
gestrichenen Octaye auch bei starkem Anschlage nicht von ihr
gehört wurden. Für die Sprache aber war das Gehör, besonders
r. S. fast ganz verloren.
Dieser Erankheitsiall, der mir im Jahre 1863 zu Gesichte
kam, musste um so mehr meine Aufmerksamkeit erregen, weil
damals gerade das Buch über Tonempfindongen von Helmholtz
erschienen war und nach der dort aufgestellten Hypothese der
Verlust jener Töne auf eine beschränkte anatomische Läsion ge-
wisser Corti'scher Organe zurückgeführt werden mochte ; es schien
mir damals gerechtfertigt, eine theil weise Parese und keine Zer-
störung etwa der Organtheile zu supponiren, weil es gelang,
durch eine zweckmässige Zusammenfügung von Resonatoren eine
solche Verstärkung jener Töne zu Wege zu bringen, tiass die
hochmusikalische Dame mit dieser Hülfe besser im Stande war,
sich Musikstücke einzuüben. Alle therapeutischen Versuche
y
Ein Fall von hochgradiger und dgenthümlicher Gehimstörung. 245
haben nichts ftlr ihr Gehör verfangen und sind seit Jahren auf-
gegeben, nicht aber die Beobachtung des Falles.
Der damalige Beftind stellte die Form von Ohrenleiden dar,
die man mit dem Namen eines chronischen Katarrhs kennzeichnet.
Der Gehörgang trocken, ein undurchsichtiges Trommelfell, in der
hintern Hälfte eingesunken mit weisslichen Flecken, Lichtreflex
verwaschen, über dem Proc. br. ein kleiner zweiter Lichtreflex,
T. E. beiderseits zwar durchgängig, 1. S. aber leichter, kein Schleim-
rasseln bei Luftanfiiahme in der Pauke, Therapie ohne Erfolg.
Dieser Befund hat sich im Laufe der Jahre dahin geändert,
dass das Trommelfell allmählich zarter und theilweise durch-
scheinend wurde und bei weitem leichter beweglich, als Mher,
so dass mittelst des Sigle'schen Trichters ausgiebige Excursionen
veranlasst werden konnten. Damals hatte ich gemeint, Ver-
dickung der Theile diagnosticiren zu sollen, daraus folgende Ver-
ringerung der vitalen Elasticität und eine Ueberflillung des Laby-
rinthes, veranlasst durch venöse Stauung, so dass der fortdauernde
Druck des gereizten Acusticus die quälenden (Druckerscheinungen)
Geräusche, nebst Alteration der Goi ti'schen Organe hervorbrachte.
Denn jene Anschauung von mechanischem Druck des Steigbügels
gegen das Labyrinth hat nach meiner anatomischen Auffassung
der Verhältnisse auch im normalen Ohre für die Erklärung der
Geräusche eine nur zu geringe Basis, da seine Beweglichkeit
eine sehr minimale ist, wenigstens in dem Sinne eines positiven
Druckes gegen eine wässrige Flüssigkeit, die überdies noch das
runde Fenster zur Ausweiche, gleichsam zum Ventil hat.
Aber auch jene Erklärung, die ich damals annahm, wurde
im Verlauf der Jahre immer weniger durch die Beobachtung
gestützt, wiewohl die subjectiven Symptome nicht nur blieben,
sondern an Intensität und Breite noch zunahmen. Es schwanden
die Anzeichen von Verdickung der Paukenauskleidung gänzlich
und die Luft ging beiderseits sehr leicht durch die weiten Tuben.
Dann wechselte auch zuweilen die Breite der musikalischen
Lücke, so dass nach unten und mehr noch nach dem Diskant
hin Töne unsicher wurden, oder ganz verschwanden. Bei dem
immer mehr schwindenden Lebensmuthe mochte die Patientin
übrigens das nicht mehr ausreichende Instrument dennoch nicht
durch Hinzufagung von neuen Resonatoren vervollständigen lassen.
Eine noch quälendere Periode der subjectiven Geräusche trat
zur Zeit der klimakterischen Jahre ein und das Gehör wurde
für die Sprache auf das äusserste reducirt; endlich machte eine
246 XXm. MAGNUS
acnte Pneamonie der frendeleeren Existenz ein schnelles Ende
nnter den heftigsten cyanotischen Symptomen , die durch den
skoliotischen Baa der Wirbelsäule noch besonders quälend sein
mussten.
Die Section war mir letztwiilig zugestanden und nach mehr
als zehnjähriger Beobachtung des Krankheitsfalles war mir diese
Gelegenheit natürlich sehr erwünscht, mich über die Gründe so
bedeutsamer .Störungen zu orientiren. Und dies um so mehr,
weil die Dame einer Familie angehört, in welcher autentisch
bereits in drei Generationen Gehörleiden constatirt sind. Von
ihren zwölf Geschwistern kenne ich sechs hochgradig betroffene,
der Vater und ein Neffe sind es ebenfalls ; letzterer schon in den
Enabenjahren.
Entsprechend der Tödesart war die Kopfhaut und das Hirn
sehr blutreich und auch in der Pauke fanden sich einige stark
gefällte Venen, die um so auffallender sich abhoben, weil
die ganze Auskleidung des mittleren Ohres und aller Neben-
höhlen von einer ausserordentlichen Zartheit war und vollständig
blass erschien. Ueberraschend war die Feinheit aller Schädel-
knochen, zumal des Felsenbeines, während im Leben der Kopf
stets den Eindruck eines sehr plumpen gemacht hatte; ganz
besonders zierlich und prägnant traten alle Unebenheiten an den
Kanten und Flächen des Felsenbeines hervor, so dass die Lage
der Bogengänge und der Schnecke mit der grossesten Genanig-r
keit von Aussen her zu erkennen war. Der Proc. mast. ist
mit einer äusserst regelmässigen und geräumigen Zellenbildnng
yersehen, und alle Foramina für den Durchtritt der Nerven nnd
Gefässe sind ungewöhnlich weit, so dass namentlich an dem Hiatns
C. F. ein mehrere Millimeter langes Stück des Nerven zu Tage
lag. Demnach eine durchgehende Barefaction der spongiösen
Knochentheile und entsprechende Atrophie der auskleidenden
Membranen, während die Sehnen des T. t. und M. st. ebenfalls
zart, aber ungewöhnlich lang dadurch erschienen. Uebrigens
aber überall eine regelmässige und beiderseits symmetrische
Bildung, worauf ich besonders die Aufmerksamkeit glaube rich-
ten zu sollen.
Bevor ich jedoch diese Besichtigung des mittleren Ohres
vorgenommen hatte, wurde zunächst an den ausgeschnittenen,
noch mit T. E. und unter sich zusammenhängenden Felsenbeinen
die Beweglichkeit des Trommelfells und der Gehörknöchelchen
gegen einander und ihr Einfluss auf das Labyrinthwasser ge-
Ein Fall von hochgradiger und eigenthümlicher Gehörstörong. 247
prüft. Zu dem Ende benutze ich eine feine stählerne Röhre
nrit einem Schraubengewinde äusserlich versehen, von 8 Mm.
Länge, auf deren oberes Ende eine feine Glasröhre luftdicht auf-
gesetzt werden kann. Zu besserer Handhabung hat man an der
Mitte des kleinen Instrumentes zwei Lappen stehen lassen, mit
deren Hülfe man eine hinreichende Kraft ausüben kann, und
die Schraube in den oberen Bogengang, der sich hier ungemein
scharf kennzeichnet , einzuschrauben, nachdem ein kleines "Loch
vorher markirt worden war. Jede, leiseste Druckschwankung
im Labyrinth musste sich in der dünnen Glasröhre kenntlich
machen, wenn man durch den Sigle'schen Trichter activ oder
passiv den Luftdruck änderte. Aber es zeigte sich auch
nicht die leiseste Druckschwankung bei diesem Experiment.
Ebenso wenig zeigte eine Druckverändemng von der T. E. aus
einen Einfluss auf die Perilymphe, so dass auch der directe
Luftdruck auf das F. rotundum, welches ich bei weiterer
Präparation nicht unverletzt zu Gesicht bekam,
keine Niveauveränderung hervorbrachte. Nach Beseitigung der
Schraube konnte man diese negativen Ergebnisse sehr genau
auch durch bedeutendere Vergrösserungen controlliren an den
Spiegelbildern, die in dem Tropfen selbst, z. B. von den Fenster-
sprossen entworfen wurden.
Der Grund dieser Unbeweglichkeit zeigte sich auch nach
Eröflfeung der Trommelhöhle noch nicht: denn das Trommelfell
war zart und sehr beweglich : jedem leisesten Luftzug von aussen
her folgte eine Excursion nebst Hammerbewegung, dem entspre-
chend machte der Hammer seine Bewegungen, und das Os len-
ticulare zeigte ebenfalls in seinem sehr schlafifen Kapselbande
auf der Gelenkgrube des Steigbügels eine eigenthümlich schlei-
fende Bewegung, ohne jedoch den Steigbügel selbst zu beein-
flussen, dessen sehr zarte Schenkel nur allzu zerbrechlich sich
darstellten. Aber auch nicht die leiseste Zerrung konnte an den
zarten Fäden, die von den Schenkeln des Steigbügels zur Pauken-
wand herüberreichten, bemerkt werden.
Bei der nunmehr vorgenommenen Eröflhung des Vorhofes
aber fand sich anstatt der flachen Stapesplatte als Grund der
Ambosbeweglichkeit eine halbkugelförmige, ganz feste, aus kal-
kiger Masse gebildete Erhabenheit und zwar in beiden Felsen-
beinen fast ganz symmetrisch , wodurch der Vorhof nicht uner-
heblich beschränkt war. Bei dieser langdauemden Krankheit
und unzweifelhaft sehr alten Unbeweglichkeit des Steigbügels
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 18
248 XXm. MAGNUS
konnte von einem Ehifloss des M. T. t. oder des Stapedias auf
Accommodation , wie dieselbe von mancher Seite angenommen
wird, keineswegs die Rede sein ; dennooh findet sich der M. T. t.
in einem sehr ausgebildeten Maasse kräftig und mit seinem his-
teren Ende bis zu der an die Tuba sich ansetzenden Schland-
mosknlatnr reichend; die Muskelfasern selbst sehr gut isolirbar
und die Querstreifung erhalten , keine Verfettung. Wenn sich
dieses Yerhältniss in ähnlichen Fällen wiederholt findet, so
scheint es mir eine Bestätigung meiner Ansicht^ dass diese
Muskulatur keinen akustischen Zweck hat^ sondern nur ein me-
chanisches Schutzmittel fbr die ßtellung und Haltung des Ham-
mers resp. der Gehörknöchelchen und des Trommelfells gegen
solche Gewalten ist, wie sie durch die T. E. beim Schneutzen^
Niesen etc. dem Organ von Seiten der Luftstösse drohen (Virch.
Archiv XX. S. 102 f.). — Anderenfalls würde der Muskel, weil
zur Unthätigkeit verdammt, unzweifelhaft atrophisch oder ver-
fettet vorgeftmden sein.
In den Weichtheilen der Bogengänge und der Schnecke
habe ich keine Veränderungen constatiren können, namenthiA
konnte ich an den von mir untersuchten Corti'schen Fasern eine
Abweichung von der Norm (so weit ich dieser schwierigen
Arbeit Herr bin) nicht bemerken; die Schwierigkeit einer voll-
komnüenen Durchforschung dieser Gebilde mag allerdings da-
durch vergrössert sein, dass beide Felsenbeine geöffnet waren
zu anderweitiger Untersuchung und man sollte in einem ähn-
lichen Falle zu diesem Behufe eines der beiden Felsenbeine un-
verletzt zuvor erweicht haben: vielleicht hätte man dann ana-
tomische Läsionen der Corti'schen Fasern, wie sie mir rüherhk
wahrscheinlich erschienen, constatiren können. «
Eine Erklärung der ungleichmässigen Deutlichkeit einzelner
Töne ist durch die Section nicht gewonnen, wohl aber eine
Anschauung über das allmähliche Entstehen der Atrophie des
Organes und der Symptome, welche Steigbügelverwachsung be-
gleiten. Diese wird durch eine abnorme Beweglichkeit des
Hammers mit dem Trommelfell bei freier Permeabilität der Tu-
ben und hochgradiger Schwerhörigkeit gekennzeichnet, während
die Empfänglichkeit ftlr Musik noch der Sprache gegenüber eme
recht bedeutende sein kann. Es ist augenscheinlich, dass die
Knochenleitung, die hier durch die zarten Schädelknochen be-
günstigt ist, fär die regelmässigen Wellen musikalischer T^
noch geraume Zeit ausreichend blieb, während die Beimisclum-
Ein Fall von hochgradiger und eigenthttmlicher Gehörstörung. 249
gen von Geräaschen in den yerschiedenen Sprachlauten das Ver-
Btändniss hinderten.
^ Immerhin ist es eine sehr auffallende Erscheinung, dass die
Verkalkung (Enochenkörperchen habe ich nicht gefunden) auf
den kleinen Bezirk der Steigbttgelplatte beschränkt und noch
überdies symmetrisch auf beiden Seiten sich vorfand. Es bringt
dies den Gedanken nahe, dass die geringe Beweglichkeit,
welche auch im normalen Zustand filr den Steigbügel als eine
minimale geschätzt werden muss, diese Ablagerung begünstigt,
analog den Ablagerungen in anderen Gelenken , welche bei
rheumatischer und gichtischer Diathese einer nicht ausgiebigen
und wiederholten Bewegung unterworfen sind. Denn die Um-
säumungsfascie des Steigbügels und das an seinem hinteren
Umfange sich vorfindende Bindegewebspolster sind histologisch
von demjenigen, welches zwischen Hammer und Ambos und an
dem kurzen Schenkel des letzteren vorhanden ist, nicht verschie-
den (Pappenheim).
Wenn man nun den Gedanken nicht abweisen kann^ dass
diese Diathese auch bei den anderen FamiUenmitgliedem der
Grund der Taubheit ist, dass solche Concreftionen die Erblichkeit
des Leidens ausmachen, so ist die dilferentielle Diagnose dieser
Fälle um so wichtiger, als eine Behandlung derselben in den
Anfängen der Krankheit einen relativen Erfolg haben kann,
wenn man durch kräftige und wiederholte Benutzung des Ea-
theteifi die Bewegung des noch nicht ganz unbeweglichen Steig-
bügels erhält und eine allgemeine Bekämpfung der rheumatischen
Anlage damit verbindet. Vielleicht gelingt es so das Uebel auf-
zuhalten und den Zeitpunkt gänzlicher Fixirung des Stapes
einigermassen hinauszuschieben.
In den späteren Stadien des Leidens ist Ja die Therapie
machtlos und bei festgestellter Diagnose wird man sich in seinen
Hoffaungen resigniren. Namentlich wird man auch von jenen
operativen Eingriffen, von denen man bei richtiger Schätzung
der Verhältnisse überhaupt wohl nicht dauernde Erfolge erwar-
ten kann, bei diesem Uebel Abstand nehmen mtlssen, wenn auch
die atrophischen Gewebe, welche bekanntlich im höchsten Maasse
unempfindlich gegen mancherlei Eingriffe sind, einen unterneh-
mungslustigen Operateur dazu verleiten könnten.
18*
XXIV.
Wissenschaftliche Rnndschan.
1.
C. ütz, Beitrag zur Histologie der häutigen Bogengänge des mensch-
lichen Labyrinthes. Mtlnchen^ 1875.
In dietei- monographischen Arbeit -mit 3 photo-lithographirten
Tafeln wird die histologische Beschaffenheit der häutigen Bogengänge
beschrieben imd besondere Rücksicht auf die Frage genommen, ob
die in denselben vorkommenden Papillen normaler oder pathologischer
Natur sind. Im Allgemeinen kommt Verf. zu den Resultaten, wie
sie von Rüdinger in Stricker's Handb. d. Gewebelehre, Leipzig
1872, beschrieben wurden. Zahlenangaben über die Dicke des
häutigen Kanales an den verschiedenen Wänden und an verschie-
denen Stellen sind dem Schlüsse der Arbeit angereiht.
In der Einleitung gibt Verf. einige histologische Notizen über
die Entdeckung der Papillen, die ihrer ünvoUständigkeit wegen hier
ergänzt werden sollen.
Die erste Angabe über diese Gebilde findet sich in der „spe-
ciellen Gewebelehre des Gehörorganes " von Pappenheim, Breslau
1860. P. ist, wie hier gleich bemerkt werden soll, auch der Ent-
decker der „ Zellengewebsf äden ", welche von den Rändern der häu-
tigen Bogenkanäle ausgehen und sich mit dem Periost der knöchernen
Kanäle verbinden (1. c. S. 43). Ebendaselbst beschreibt er weiter
/13'"\
grosse Kugeln I — - j , die, wie ihm wahrscheinlich, in einer durch-
sichtigen Membran liegen. „Dass diese Kugeln nicht ein Aggregat
anderer Zellen seien, kann man an ihrem Aussehen im isolirten Zu-
stande, ihrem constanten Vorkommen und ihrem frühzeitigen Auf-
treten, sowie ihrer Beweglichkeit erkennen." Ferner sagt er dann:
„Die grosse Zahl, in welcher sie angehäuft sind, die flächenartige
Ausbreitung, ihr Vorkommen in allen Lebensaltern, sogar in ver-
hältnissmässig frühen Stadien des Embryonalzustandes , und selbst,
wie ich in allen Fällen gänzlicher Taubheit, als Folge chronischer
Entzündung der Schleimhaut des Ohres und kalkartiger krankhafter
Ablagerung in den Bogen selbst angetroffen habe, spricht äaülr,
XXrV. Wissenschaftliche Rundschau. 251
dass sie kein zufälliges Produkt irgend eines Erankheitsprocessea
seien. " Auch über ihre functionelle Bedeutung spricht sich P., S. 44,
aus. 9 Wahrscheinlich dienen sie zur stärkeren Leitung der in den
flüssigen Theilen erregten Wellen." Obwohl aus P/s Beschreibung
der Kugeln hervorgeht, dass er die weiter unten beschriebenen
Papillen vor sich hatte, so geht doch auch daraus hervor, dass ihm
eine klare Vorstellung über ihre Lage- und Strukturverhältnisse
abging.
Weitere Notizen über die Existenz dieser Gebilde finden sich
in Virchow's Archiv Bd. XXII, S. 128. 1861, Bd. XXVII, S. 168
und 169. 1862, Bd. XXXI, S. 209. 221 und 222. 1864 von Vol-
tolini und dann 1. c. Bd. XXIX, S. 42 und 43. 1864 von Lucae.
Ersterer hielt sie für ein Epithel der Innenwand, „welches an den
nnzerrissenen Stellen durch die Wand des Eanales durch Brechung
des Lichtes grösser und missgestalteter erscheint" (I.e. Bd. XXVII,
S. 169) und Letzterer wegen ihres Verhaltens gegen Jod für „Cor-
pora amylacea" (1. c. Bd. XXIX, S. 43 und 44).
Eine eingehende Beschreibung ihrer Lage- und ihrer Struktur-
verhältnisse wurde zuerst . von Büdinger gegeben (s. d. Arch.
Bd. IL 1867, Monatschr. f. 0. Nr. 2. 1867 und Stricker's^Handb.
xl. Gewebel.).
Es mag nun noch die Bemerkung gestattet sein, dass im Aquae-
ductus vestibiili, der als ein wesentlicher Bestandtheil des Labyrinthes
zu betrachten ist, von Boettcher ebenfalls Papillen entdeckt wurden^
deren functionelle Bedeutung dieselbe zu sein scheint, wie in den
Bogengängen (s. d. Arch. Bd. IV, S. 232. 1869, Bd. VL S. 133.
1871 — 72 und dann über Entwickelung und Bau des Gehörlabyrinthes
nach Unters, an Säugeth. von A. Boettcher. 1871).
Utz studirte die Gewebsanordnung der häutigen Bogengänge
an Querschnitten und an Flächenansichten, an frischen und erhärteten
Präparaten, die verschiedenen Altersstufen angehörten. Zur Her-
stellung von Querschnitten wurde das ganze Schläfenbein einige Tage
hindurch in ooncentrirten Weingeist gelegt, dann die knöchernen
Bogengänge aufgemeisselt und die häutigen herausgenommen und
zur vollständigen Härtung nochmals einige Tage in concentrirten
Alkohol gegeben. Die Durchschnitte, möglichst senkrecht zur Längs-
axe des Bogenganges, wurden in einer Flüssigkeit (Weingeist hat
den Vorzug) mit einer feinen Scheere angefertigt und hierauf in
Glycerin unter dem Mikroskop untersucht. Zu .Flächenansichten
wurde entweder ein ganzer Bogen oder ein gespaltenes Stück des-
selben benützt.
Wa^ die Lage der häutigen Bogengänge betriflPk, so wird (die
von Kölliker und Rüdinger gefundene Thatsache betont, dass
eine Wand sich constant an der Convexität des knöchernen Kanales
anheftet, während die anderen frei in das Lumen des letzteren hinein-
sehen. Die häutigen Bogen sollen nicht einmal den vierten Theil
der knöchernen ausfüllen. (Zahlenangaben fehlen. Ref.)
Querschnitte bieten das Bild eines ovalen Ringes. Verf. unter-
scheidet an letzteren drei Schichten, eine äussere oder Bindegewebs-
252 XXIY. Wissenschaftliche Rundschau.
ficbichte^ eine mittlere glasartige (Tonica propria) und eine innere
Epithelschichte.
Die äussere Schichte, die Bindegewebshülle, ist nichts anderes,
als da« gespaltene Periost, welches den Bogengang in seine Höhlung
aufnimmt, daher ist auch an der knöchernen Ansatzstelle keine
Trennung zwischen Bindegewebshülle und Periost möglich. An den
freien Seiten des Bogens gehen von der Umhüllung zahlreiche Ver-
bindungsfäden durch das Lumen des knöchernen Kanales zum nicht
gespaltenen Theil des Periostes. Beim Neugebornen sind diese Fäden
sehr zahlreich und unter einander verbunden, so dass sie ein zier-
liches Netzwerk darstellen, das Blutgefässen als Träger dient. Am
schwächsten ist die Bindegewebshülle an der Ansatzstelle am Knochen,
am stärksten an den schmalen Seiten des ovalen Ringes, wo sie
dann in die seitlichen, besonders stark entwickelten Haftbänder über-
geht. In der Bindegewebshülle finden sich ovale und rundliche
Kerne, elastische Fasern und Blutgefässe. Da wo das Periost sich
theilt, um die häutigen Bogengänge aufzunehmen, finden sich Lücken,
die von den stärkeren Gef ässen eingenommen werden, die kleineren,
von diesen ausgehenden, verlaufen mehr im Kreise um die Bogen-
gänge. Die zahlreichen Kerne im Periost und in der Bindegewebs-
schichte können Aehnlichkeit mit Epithelzellen bieten und stellen-w
weise zur Ansicht verleiten, dass beide mit einem Epithelüberzug'
versehen seien, was jedoch nicht der Fall ist.
Die mittlere glasartige Schicht ist vollkommen strukturlos, durch-
sichtig und farblos. Am dünnsten ist sie an der dem Knochen an-
gehefteten Wand, nimmt dann an beiden Seiten an Dicke zu und
ist an der freien, der ersteren gegenüberliegenden Wand am stärksten.
Von der Bindegewebsschichte ist sie deutlich abgesetzt und nach
innen geht sie continuirlich in die Papillen über, so dass die letzteren
als Ausstülpungen der ersteren zu betrachten sind.
Beim Neugebornen ist die innere Fläche der glasartigen Schichte
noch eben, erst im 4 — 5 Monate entstehen wellenförmige Erhebungen
daran, die sich bis zum sechsten Lebensjahre um weniges ändern
und erst gegen die Pubertät sich zu kugelf[5rmigen , halbkugeligen,
zottenartigen, hügeligen Papillen entwickeln. Mit steigendem Alter
nehmen sie an Grösse und Zahl zu. Die Papillen sowohl als die
glatte Innenwand sind beim Neugebornen, ebenso wie beim Erwach-
senen von Plattenepithel allerwärts überkleidet.
Das Vorkommen der Papillen beim Erwachsenen ist an be-
stimmte Stellen gebunden, ein Verhältniss, das sich in allen Bogen-
gängen wiederholt. In der Mitte des Bogenganges sind sie am
stärksten und zahlreichsten, von hier nehmen sie gegen Anfang und
Ende desselben an Zahl und Grösse ab. Die Yertheilung an den
einzelnen Wänden eines Bogenganges ist verschieden und zwar so,
dass sie an der am Knochen anliegenden Wand ganz fehlen und
an der freien, ihr gegenüberliegenden Wand schwächer entwickelt
sind, als ^ an den seitlichen schmalen Wänden; ein Verhalten, das
B^iOR zur Zeit ihrer Entwickelung ausgesprochen ist.
Verf. hält, wie Rüdinger, die Papillen für normale Gebilde,
XXI7. Wissenschaftliche Rundschau. 253
wofür das constante Auftreten, die regelmässige Yertheilung und
Entwickelung sprechen. Allgemeinerkrankungen sowie specielle Ohren-
leiden scheinen nach ihm auf das Auftreten , die Zahl und Grösse
der Papillen keinen Einfluss zu üben. Was die physiologische Be-
deutung dieser Papillen betrifft, so glaubt Verfasser, dass sie „auf
die Strömung der Endolymphe in den häutigen Bogengängen modi-
flcvrend einwirken.^ Kessel.
2.
V. Urbantschitsch, Ein Beitrag zur Lehre über den Bau des
Tubenknorpels beim Menschen. (Wiener med. Jahrb. 1875.)
Die vom Verf. mitgetheilten Beobachtungen ergaben folgendes
Resultat : Der Tubenknorpel des Menschen zeigt einen sehr variablen
Ba% sowohl hinsiobtlich der Grundsubstanz, als auch in Bezug der
Anordnung der Knorpelzellen. Die Grundsubstanz erweist sich bei
Nengebomen strukturlos, in den späteren Lebensjahren dagegen zum
grossen Theil kömig oder gestreift. Die Knorpelzellen liegen beim
Nengebornen enge aneinander und lassen die Grundsubstanz nur in
geringem Grade hervortreten; bei Individuen im vorgerückten Alter
sind jedoch die Knorpelzellen sowohl an der medialen, sowie an
der lateralen Platte iaaelförmig angehäuft; zwischen diesen beiden
Formen findet man in den verschiedenen Altersklassen Bilder^ welche
als ein allmählicher Uebergang der einen Anordnung in die andere
angesehen werden können. Kessel.
3.
OariesderMastoidzellen, Entfernung eines Sequesters,
Facialisparalyse, Heilung. Von Dr. 0. H. Burnett
(Philadelphia). (Phil. med. Times. Mai 22. 1875.)
Ein Bursche von 14 Jahren, der seit der Kindheit an vernach-
lässigter Ohreiterung gelitten hatte, bekam nach einem Seebade
heftigen Schmerz im kranken linken Ohre. Nachdem der zuerst be-
handelnde Arzt mittelst eines tiefen Einschnittes auf dem Proc. mast.
eine grosse Menge äusserst übelriechenden Eiters entleert und die
heftigsten Schmerzen gelindert hatte, wandte sich der Kranke August
1874, auf Empfehlung jenes an B. Dieser constatirte: linkseitige
inveterirte Otorrhoe, noch eiternde Incisionswunde auf dem Proc.
mast. und unzweideutige Zeichen erheblicher Theilnahme des Ge-
sammtorganismus. Beim Sondiren drang man ^1^" tief geradezu in
den Proc. mast. in Berührung mit nekrotischem Knochen. Ausser-
dem existirten noch zwei Fistelgänge, von denen aus dem vom M. a.
aufwärts und rückwärts zum Proc. mast. verlaufenden, angeblich
vor einem Jahre schon ein Sequester entleert worden war. Der
zweite erstreckte sich von der Gegend hinter der Auricula gleich-
254 XXIV. Wissenschaftliche Randschau.
falls nach dem Proc. mast. und beide convergirten so, dass zwei
durch dieselben geführten Sonden sich in dem Warzenfortsatz be-
rührten. — Unter geeigneter örtlicher und allgemeiner Behandlung
verringerten sich die örtlichen Beschwerden, besserte sich das All-
gemeinbefinden und am 24. Sept. extrahirte B. aus der Hauptfistel
im Proc. mast. einen, einen halben Zoll im Durchmesser haltenden
Sequester. Bei den nachträglichen Durchspritzungen, durch welche
das Wasser zum Gehörgange wie durch die Tuba in den Mund
getrieben wurde, entleerten sich Massen, welche nach ihren phy-
sikalischen Eigenschaften B. an die Bestandtheile des sogenannten
Cholesteatoms erinnerten (Cholestearin-Krystalle und Reste von Epi-
thelien). Nachdem die vorher noch dagewesenen Schmerzen solcher-
gestalt behoben waren, konnte der Kranke auf der kranken Seite
liegen, die Fistelgänge schlössen sich zum Theil und die Otorrhoe
versiegte in ganz kurzer Zeit. Da aber noch inmier Detritus aus
der nach dem M. a. verlaufenden Fistel sich entleerte, so wurde
mittelst Messers eine Erweiterung derselben vorgenommen und dem-
nächst eine Oharpiewieke eingelegt. Unter dem Gebrauch einer
schwaclien Kupferlösung schloss sich dieselbe bis zum 17. October. In
der Nacht vom 19. Oct., vier Wochen nach Entfernung des Sequesters,
empfand der Kr. einige Schmerzen im Ohre, doch nicht so arg, um
ihn andauernd am Schlafen zu behindern. Bis zum 21. entwickelten
sich linkerseits die der vollkommenen Facialisparalyse zukommenden
Symptome, Nichtsdestoweniger fohlte sich Pat. so wohl, dass er
auf eignen Antrieb das Hospital verliess und eine sich ihm darbietende
Stellung annahm. Die Lähmung verlor sich nach ein paar Wochen
und wurde die gänzliche Abwesenheit derselben sowie der Otorrhoe
noch vor Kurzem von B. selbst constatirt. —
Epikritisch bemerkt B. bezüglich der Facialisparalyse, dass bei
Mastoidalnekrose Facialisparalyse entweder fehlt, wie in dem von
Grub er in seinem Lehrbuch erzählten Falle, oder eine dauernde
zu sein pflegt und dann auf Theilnahme des Can. Fallopiae an dem
Krankheitsprocesse beruht. Im Hinblick auf das schnelle Verschwin-
den desselben in dem oben erzählten Falle bleibt also nur die An-
nahme zulässig, dass ein in kurzer Zeit wieder resorbirtes Exsudat
vorhanden war, welches durch Druck die paralytischen Symptonie
vorübergehend veranlasste. Jacoby.
4.
Jahresbericht der Direction und des Medicinalamtes
des St. MichaeTs-Hospital Newark. (N. J. I. Jan. 1876.)
In der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. December 1875 wurden
aufgenommen: 489 Ohrenkranke (238 männliche, 239. weibliche).
Sie vertheilen sich auf 26 Anomalien der Ohrmuschel, auf 112 des
M. a. incl. 66 Ohrschmalzpfröpfen ; auf 343 des Mittelohres und 8
des inneren Ohres. Von Ohroperationen wurden gemacht 5 Para-
centesen des Trommelfells; 8 Abscessöfihungen im äusseren Gehör-
XXIV. Wissenschaftliche Bundschau. 255
gang; 3 Abseessöffhungen des Lobulus auriculae; 7 von Mastoidal-
abscessen ; 1 Schlundabscess ; 7 Entfernungen von polypösen Wuche-
rungen aus dem Ohre; 1 Entfernung eines Nasenpolypen und 1 der
Tonsillen. Jacoby.
5.
Die Operation der adenoiden Neubildungen im Nasen-
rachenräume mittelst des biegsamen scharfen Löffels.
Von Dr. Justi, pract. Arzt zu Idstein. (Sep. Abdruck aus P.
Boerners deutscher med. Wochenschrift. Nr. 4. 1876.)
J. benutzt einen scharfen Löffel^ dessen Handgriff im ganzen
15 Ctm. lang; anfangs rund, silbern, 3 Mm. dick, am Ende, d. h.
in den letzten 6 Ctm. sich verbreitert und behufs sicherer Fassung
gerifffc ist. Der Löffel selbst ist an seinem breitesten Theil 8 Mm.
breit und hat einen Längsdurchmesser von circa 1,5 Ctm. Veran-
lassung zur Herstellung des Löffels wurde die seinerseits erkannte
Unzulänglichkeit der von W. Meier und Störk für gewisse Be-
dingungen angegebenen Vorrichtungen; und hält er denselben in
Folge seiner Biegsamkeit und der oben angegebenen Grössenverhält-
nisse für alle Eäumlichkeitsverhältnisse geeignet.
Bei dem 1 jährigen scrophulösen Patienten, welchen J. mit Hülfe
des Löffels operirte, war die Decke des Nasenrachenraumes mit
kleinen, weichen, zapfenförmigen Vegetationen erfüllt. Die Ent-
fernung derselben gelang In einer Sitzung unter nicht unerheblicher
Blutung so vollständig, dass bei einer zweiten Untersuchung desselben,
drei Tage nach der Operation, die überwiegende Mehrzahl der be-
kannten Symptome verschwunden waren. Jacoby.
6.
Des Corps ötrangers de l'oreille par le Dr. Colladon.
(Vortrag gehalten in der Sitzung der med. Gesellschaft Genfs.
7.JUÜ 1875.)
' ^ C. bespricht zunächst in ziemlich ausführlicher, wenn auch nicht
vollständiger Weise die Ceruminalpfröpfe , demnächst die Fremd-
körper im Ohre und schliesst mit Erzählung von ein paar Fällen
von Ohrpolypen. Neues oder besonders beachtenswerthes für den
Specialisten hat Ref. in dem Vortrage nicht entdeckt.
Jacoby.
7.
Zur operativen Behandlung der Ohreiterung. Von Dr.
Oscar W Ol ff in Frankfurt a/M. (A. f. A. u. 0. IV. 2.)
W. geht von dem im Allgemeinen als richtig anerkannten Satze
aus, dass Otorrhöen, deren Beseitigung durch methodische Purification
256 XXIV. Wisseoachafkliche Rundschau.
und Adstrmgentien (und kaustische Lösungen! Ref.) nicht geling
nicht selten durch Granulationen unterhalten werden. Demnächst
folgt eine Aufzählung pathologischer Zustände im M. a. und Trommel-
höhle^ welche die Entwicklung von Granulationen^ resp. das Nicht-
eintreten der Vemarbung begünstigen, der bisher zur Beseitigung
derselben gebräuchlichen Methoden,, sowie ihrer unangenehmen Neben-
wirkungen. Wenn Verf. nun behauptet, dass zur Entfernung von
einfiachen oder mit Caries verbundenen Granulationen da, wo Wilde-
sche Schlinge, Lapisätzungen (und Galvanokaustik ? Ref.) nicht retis-
siren, bisher eine Methode gefehlt habe, und unmittelbar vorher in
einer Anmerkung sagt, dass er die galvanokaustische aus eigner
Anwendung nicht kenne, so verwickelt er sich hier augenscheinlich
in einen Widerspruch. Thatsächlich richtig wäre der Satz nur,
wenn die Galvanokaustik unter den bezeichneten Umständen erfolglos
wäre. Dem Ref., der dieselbe seit einer Reihe von Jahren ge^en
Granulationen und Polypen sehr häufig angewandt hat, ist dies nicht
vorgekommen. Zur Ergänzung dieser vermeintlichen Lücke also
recurrirte W. auf den von ihm in der Arbeit beschriebenen und durch
Zeichnung illustrirten kleinen scharfen Löffel. Seine Voraussetzung^,
dass bei Berücksichtigung der topographisch-anatomischen Verhält-
nisse die Benutzung desselben gefahrlos sei, wird wohl kaum alle
Leser überzeugen, da man es beim Operiren mit nicht mehr normalen
Verhältnissen zu thun hat, und bei der jeweiligen Unberechenbarkeit
der Tiefe des in Betracht kommenden pathologischen Processes die
Möglichkeit eines unangenehmen oder gefährlichen Ereignisses sich
bei aller Vorsicht doch nicht ausschliessen lässt, selbst wenn man
die von ihm aufgeführten, durch ihre Dignität besonders hervor-
stechenden Stellen grundsätzlich vermeidet. Wäre dem Verf. die
galvanokaustische Methode aus eigener Erfahrung bekannt, so würde
ihm die Schmerzlosigkeit, das Fehlen der Blutung wie der entzünd-
lichen Reaction und die den Vemarbungsvorgang ausserordentlich
anregende, resp. beschleunigende Kraft; des Verfahrens so imponirt
haben, dass et von der Benutzung des scharfen Löffels zur Entfer-
nung von Granulationen und Polypen wohl Abstand genommen haben
würde. — Zur Heilung von Caries im Gehörgange ist das* von
W. empfohlene Verfahren (welches übrigens von Prof. Schwartj^e
häufig angewandt und auch wiederholt erwähnt ist in seiner „ Casuistik
zur Chirurg. Eröffnung des Warzenfortsatzes " z.B. XI. S. 139, 150)
unbedingt zweckmässig, obzwar aus bekannten Gründen an der oberen
Wand auch grosse Vorsicht zu empfehlen sein dürfte.
Ob und inwieweit es gelingen wird, die zur Zeit bestehende,
sehr begreifliche Voreingenommenheit gegen die Verwendung desselben
am Felsenbein zu beseitigen, bleibt für jetzt fraglich. Jedenfalls
wird die Seitens des Verf. versprochene casuistische Publication viel
zur Zerstreuung der Antipathie beitragen. Zur richtigen Würdigung
der Sache ist endlich nicht zu übersehen, dass positive Thatsachen
in einer empirischen Wissenschaft im AUgemeinen doch von höherem
Werthe sind, als theoretische Deductionen und dass manche zur
Zeit von den Chirurgen geübte Operationsmethode wohl nicht zur
XXiy. Wissenschaftliche Rundschau. 257
Oeltnng gekommen wäre^ wenn man vorzugsweise die aus ana-
tomischen Gründen herzuleitende Gefahr derselben berücksichtigt
hätte. J a c b y .
8.
C CyoU; Zur Physiologie der halbzirkelförmigen Kanäle und des
Nerv, acusticus. (Archives gönörales de Lasögue et Duplay. Juin
1376. pag. 746.)
In der Sitzung der Acad. des Sciences vom 10. April d. J.
theilt E. Cyon eine Arbeit mit über die physiologische Bedeutung
des N. acusticus zum motorischen Apparate des Augapfels^ aus der
wir folgendes zusammenfassen:
1. Die Bewegungsstörungen, welche auf Durchschneidung der
halbzirkelförmigen Kanäle folgen, sind nicht immer die gleichen bei
den verschiedenen Thiergattungen : bei Fröschen äussern sie sich
nur an den Muskeln des Rumpfes, bei Tauben an den Kopfmuskeln
und bei Kaninchen blos an denen des Bulbus.
2. Die von Goltz und Cyon selbst aufgestellte Ansicht, dass die
bei so operirten Thieren zu beobachtenden Gleichgewichtsstörungen nur
dadurch bedingt seien, dass diese Thiere mit durchschnittenen, halb-
sirkelförmigen Kanälen von der Lage ihres Kopfes im Räume nicht
mehr die richtige Vorstellung besitzen, wäre demnach unhaltbar.
3. Die Bewegungen des Bulbus, wie sie von Cyon, Goltz
und Anderen beobachtet wurden, sind die directe Folge der Ver-
letzung der halbzirkelförmigen Kanäle.
4. Durch Reizung des Canal. horizontal, ruft man beim Kanin-
chen eine Drehung des gleichseitigen Bulbus nach hinten und unten
hervor; durch Reizung des Can. vertical. poster. entsteht Drehung
nach vorn und oben, und schliesslich wiederum Bewegung nach hinten
und unten, wenn der Canal. vertical. anter. gereizt wird.
5. Am gleichseitigen Bulbus wird die Pupille sehr stark con-
trahirt; die des anderen Auges dagegen bleibt während des Reizes
dilatirt, aber es erfolgen auch auf diesem Bulbus Drehbewegungen,
jedoch im entgegengesetzten Sinne.
6. Die hierbei entstehenden Muskelcontractionen sind sehr inten-
siver tetanischer Natur.
7. Durchschneidet man den Nervus acusticus der anderen Seite,
fio hören die starken Contractionen auf, und reizt man nun von
Neuem einen halbzirkelförmigen Kanal, so beobachtet man nur noch
leichte, tetanische Zuckungen.
8. Wird ein Nerv, acusticus gereizt, so entstehen heftige Dreh-
bewegungen beider Augen ; durchschneidet man den Nerven, so wird
der Bulbus der gleichen Seite stark nach unten gedreht, der andere
dagegen nach oben. Beide Phänomene verschwinden, sobald auch
der andere Acusticus durchschnitten wird. Kuhn.
258 XXIV. Wissenschaftliche Bandschau.
9.
Hardy, Otite avec vertige. Maladie de Meniöre. (Gaz. des hopitaux
1876. No. 45.)
Bei einem Manne der seit lange an linksseitigem Ohrenflusse,
zeitweiligen Kopfschmerzen auf dieser Seite und Schwerhörigkeit
leidet, traten plötzlich Schwindelanfälle auf und zwar derart , dass
er in einem derselben von der Treppe herunter fällt und alsdann im
Spital aufgenommen wird.
Bei der Untersuchung findet man serös-eitrigen Ausfluss; das
Trommelfell stark injicirt, jedoch ohne Perforation. Schmerz auf
der linken Eopfhälffce; im Ohre klagt der Kranke tlber ein GreftUil
von Schwere; ausserdem ist derselbe sehr abgespannt, leicht suin
Schlafen geneigt und verspürt beim Gehen das Gefühl von Dreh-
bewegungen. — Vesicator; Einspritzungen, Besserung.
Aus diesem intensiven Falle einer Otitis externa, die plötzlich
recidivirte und wobei das Trommelfell mit in den Bereich der Ent-
ztlndung gezogen worden und congestive Reizerscheinungen im Laby-
rinthe aufgetreten waren, will Hardy den Schluss ziehen, dass sich
die Entzündung des äusseren Gehörganges auch auf das Mittelohr
ausgebreitet und von hier aus eine circumscripte Entzündung der
Dura mater hervorgerufen haben müsse.
Schliesslich findet H. in diesem Falle eine gewisse Aehnlich-
keit ( ! ) mit den Symptomen der Meniöre^schen Krankheit und er-
wähnt hierbei seine mehrfachen Erfolge, die er in dieser Erkrankungs-
form durch die Anwendung wiederholter allgemeiner Blutentziehungen
gehabt haben will. Kuhn.
10.
Championni^re, Oblitöration complöte du pharynx k sa partie
supörieure. (Ann. des M. d. Tor. et du L. 1876. pag. 88 — 95.)
Ein 19 jähriges Mädchen hatte seit 6 — 7 Jahren an häufig wieder-
kehrenden Halsentzündungen gelitten, in deren Folge alsbald hoch-
gradige Taubheit, Athembeschwerden , Verluist des Geruchs- und
Geschmacksvermögens und Undeutlichkeit der Aussprache eingetreten
waren.
Bei ihrer Aufiiahme ins Spital bestanden alle diese Symptome
in ausgesprochener Weise ; es war der Kranken nicht möglich, auch
nur die geringste Menge Luft aus dem Pharynx in die Nase zu
treiben und ebensowenig, Luft von aussen her durch die Nasengänge
in den Pharynx zu aspiriren. Sonst war das Allgemeinbefinden vor-
züglich; weder Spuren von Scrophulose noch von Syphilis.
Bei der Untersuchung fand man das Gaumensegel vollständig
mit der hinteren Pharynxwand verwachsen; die hinteren Pfeiler des
weichen Gaumens' bildeten keinen Vorsprung mehr, sondern gingen
unmerklich in die hintere Pharynxwand über und nur eine ganz
seichte Furche deutete die Stelle der Verwachsung an ; in der Mitte
XXIV. Wissenschaftliche Bandschaa. 259
dieser Furche war noch ein kleiner Zäpfchenstnmpf sichtbar. Die
Theile waren leicht geröthet und ungemein empfindlich bei jeder
Untersuchung. Die hinteren und oberen Pharynxpartien bestanden
aus so derben und harten Gewebstheilen ^ dass ein durch die Nase^
eingeführter Katheter durch sie hindurch nicht geführt werden konnte.
Eine erste Operation der Durchbohrung dieses häutigen Ver-
schlusses war für die ersten drei Wochen vollständig gelungen ^ so-
bald aber die zum Offenhalten der künstlichen Oeffiiungen eingelegten
Kautschukröhrchen entfernt worden waren, kam der Narbenverschluss
allmählich wieder zu Stande und zwar ebenso fest und vollständig
wie zuvor.
Vor der zweiten Operation hatte man durch mehrtägigen inner-
lichen Gebrauch von Kai. bromat. die Empfindlichkeit des weichen
Gaumens herabzustimmen versucht. Die Spaltung der verwachsenen
Theile wurde in folgender Weise vorgenommen: Ch. stiess in der
Mittellinie sein Bistouri tief in der Gegend ein, wo sich der weiche
Gaumen am harten ansetzt, vergrösserte die Wunde bis zur hinteren
Pharynxwand, löste mit Messer und krummer Scheere die seitlichen
Theile los und schnitt aus ihnen zwei Lappen in der Form beider
Gaumensegel. Die Wundränder wurden vermittelst einiger Nähte
geschlossen. Unmittelbar nach der Operation, die über IV2 Stunde
gedauert hatte, aber ohne beträchtliche Blutung verlaufen war,
konnte man sehr leicht mit dem Finger um das Gaumensegel herum
in die Nasenhöhle gelangen. Zur Offenhaltung der Wände wurden
zwei Kautschukbänder von 2 Ctm. Breite eingelegt. Nach 14 Tagen
schon konnten die Nähte und 8 Tage später der Kautschuk entfernt
werden. Die Nachbehandlung war eine sehr einfache und günstige.
Das Gehör war zurückgekehrt, ebenso der Geruch und Geschmack;
nur die Aussprache liess noch zu wünschen übrig und zeitweise
kamen noch Speisen zur Nase heraus. Ein künstlicher Apparat,
bestehend aus einer leichten, etwas gekrümmten silbernen Röhre,
die vermittelst zweier Arme an den Backzähnen befestigt wurde,
sollte diesen Uebelständen abhelfen Und zu gleicher Zeit die Wieder-
verschliessung der beiden Oeffnungen verhindern. Letzteres gelang
vollständig; die Kranke fuhr fort, sich eines guten Gehöres zu er-
freuen, Geruch und Geschmack waren nahezu normal geworden, das
Atbmen ging leicht von Statten und es war der Kranken auch wieder
möglich, sich zu schneuzen; allein die Sprache blieb mehr weniger
undeutlich und zeitweilig kamen inmier wieder Speisen zur Nase
heraus. Durch weitere Modificationen des Apparates hofft man, auch
diese Missstände heben zu können.
Bemerkenswerth an dieser höchst lehrreichen Krankengeschichte
ist das Entstehen dieser totalen Verwachsung aus einer mehrmals
recidivirenden einfachen Angina. Meist sind es syphilitische Geschwüre
des Pharynx, die zu solchen Verwachsungen Anlass geben, allein es
sind dann diese so entstandenen Narbenmassen fast unempfindlich
im Gegensatze zum obigen Falle, bei dem die Sensibilität der ana-
logen Theile eine höchst gesteigerte gewesen. Kuhn.
260 XXrv. WissenBchaftliche Rnndschau.
11.
6u erder, Angine, Catarrbe de Toreille moyenne. Növrite de la
corde du tympan. (Ann. des mal. de Tor. et du L. 1876. p. 95.)
Bei einem 22jährigen Soldaten entwickelte sieh im Verlaufe
einer Goryza ein rechtsseitiger acuter Mittelohrkatarrh. Die hierdurch
bedingten Schmerzen im Ohr waren ziemlich heftig und strahlten
vorzugsweise vom Tragus in der Richtung der Unterkieferdrtise ans ;
dieselben boten einen intermittirenden Charakter dar, traten besonders
stark gegen Abend auf und waren stets von reichlichem Speichel-
flusse begleitet. Druck auf den afficirten Nervenbezirk steigerte den
Schmerz nicht. Reine Spur von Stomatitis, dagegen hatte sich mit
dem Auftreten der Schmerzen eine confluirende Herpeseruption im
Bereiche der rechten Unterkieferdrtise gebildet, die nach einigen
Tagen, zugleich mit dem Sistiren der Schmerzanfälle und der Sali-
vation, eintrocknete und allmählich verschwand. Die jetzt noch
zurückgebliebene Schwerhörigkeit wich vollstä^dig einer mehrmaligen
Application der Luftdouche.
Die Localisation der Neuralgie, die Entwickelung des Herpes
und die profuse Salivation sind in diesem Falle ganz interessante
Begleiterscheinungen eines acuten Mittelohrkatarrhes und werden
vom Autor als die Folgen einer Reizung oder gar oberflächlichen
Entzündung der Chorda aufgefasst. (!) Kuhn.
12.
Ladreit de Lacharriere, De Temploi des pr6parations jod^es
dans le traitement des maladies de Toreille. (Ann. des Mal. de
For. et du L. 1876. p. 178--186.)
^ L. stellt in diesem Aufsatze alle jene Erkrankungen des Gehör-
organes zusammen, in denen er die verschiedenen Jodpräparate mit
Erfolg anzuwenden pflegt. Vor Allem will er bei Behandlung der
chron. Otorrhoe bei Kindern mit sog. scrophulöser Diathese von
verdünnten Jodtinctureinspritzungen(30 Tinct. Jodi, 4Kal.jod., 1000
Wasser) in den äusseren Gehörgang, resp. Mittelohr, gute Erfolge
gesehen haben. Ist die Otorrhoe die Folge einer chronischen Otitis
extern, oder media, so leistete ihm häufig die Anwendung der M6hu-
sehen Jodbaumwolle recht gute Dienste. ,
Bei dem subacuten Mittelohrkatarrh, der mit Nasenrachen-
erkrankungen einhergeht, lässt er gegen die Verdickung der Trommel-
höhlenschleimhaut und die beginnende Ankylose der Gehörknöchel-
chen — welch letztere er an pannusähnlichen Veränderungen des
Trommelfells leicht erkennen will — Jodkalilösungen oder schwache
Joddämpfe oder verdünnte Jodtinktur vermittelst des Richardson'schen
Fulverisators in den äusseren Gehörgang und auf das Trommelfell
einspritzen. Zur Bekämpfung der Nasenrachenkatarrhe will der
Autor von Jodkaligargarismen oder Jodkalilösungen zur Nasendouche
XXIV. Wissenschaftliche Rundschau. 261
gleichfalls gute Resultate beobachtet haben. Schliesslich verzeichnet
er bei Labyrinthleiden Heilerfolge durch Jodkalig'ebrauch , jedoch
nnr bei solchen, denen Syphilis zu Grunde gelegen. Kuhn.
13.
Sapolini; Nouvel Instrument pour Textraction des corps 6trangers
dn conduit auditif ext. (Milan 1875.) (Ann. des Mal. de Tor et
du L. 1S76. p. 188—195 [Dr. Henneguy].)
S. beschreibt ein neues Instrument zur Extractiou fremder
Körper aus dem äusseren Gehörgange , das ihm alle Desiderate zu
erfüllen scheint.
. Am Ende einer metallenen Röhre ist ein ziemlich starker, 1 Gtm.
langer, leicht gekrümmter Fortsatz aus Stahl fixirt, auf dessen in-
nerer Fläche eine gleich gekrümmte, etwas kürzere, aber leicht
bewegliche zweite Spange aufliegt, die an einem in der metallenen
Röhre gelegenen Mandrin befestigt, durch denselben im Kreise herum-
geführt werden kann. Am hinteren Theile der Röhre befinden sich
zwei Holzcylinder, ein oberer, in dem sie unbeweglich fixirt ist und
ein unterer beweglicher, an welchem der Mandrin befestigt ist;
zwischen beiden Gylindern befindet sich eine Schraube, vermittelst
welcher der Mandrin und mit ihm die zweite Spange fest auf die
Innenfläche der Metallröhre, resp. auf die erste Spange angedrückt
werden kann, um so jede Bewegung der letzteren während der
Operation zu verhindern.
Bei der Application des Instrumentes sucht man die Spitze zwi-
schen Gehörgangswand und fremden Körper durchzubringen, schiebt
sie bis hinter denselben vor, öffnet alsdann die Schraube, die die
beiden Spangen zusammenhält und dreht dann vermittelst des Man-
drins, resp. des einen Holzcylinders die zweite Spange im Halbkreise
um den fremden Körper herum. Das Instrument stellt jetzt gewisser-
massen eine Zange vor, in welcher der fremde Körper liegt und
womit derselbe alsdann langsam und vorsichtig aus dem äusseren
Ohrkanale gezogen werden kann. Sind jedoch die Wandungen des
Gehörganges schon beträchtlich geschwollen, so ist es oft nur möglich,
die zweite Spange bloss in einem Drittelkreise um den Fremdkörper
herumzudrehen; es stellt dann das Instrument eine Art Löffel vor,
durch den der frefiide Körper langsam gehoben, nach vorne ge-
schoben und, wenn nöthig, mit Nachhülfe einer gewöhnlichen Pincette
nach aussen befördert werden kann. Kuhn.
262 XXIV. Wissenschaftliche Rundschau.
14.
J. Horba(ize wski, lieber den Nervus vestibuli. Sitzungs-
berichte der kaiserl. Academie der Wissenschaften. LXXI. Bd.
III. Abthlg. S. 312.
Flourens hat schon 1842 die Vermehrung der Himnerven um
ein Paar, nämlich den Nerven der halb^irkelförmigen Canäle urgirt.
Er beschreibt den ihm eigenthtimlichen Ursprung, die Anastomosen
zwischen dem Nervus vestibuli und Nervus Cochleae und bezeichnet
den Ersteren, gestützt auf seine physiologischen Versuche als Orien-
tirungsnerven.
Clarke's Untersuchungen lieferten detaillirten Nachweis über
die centralen Ursprünge der der Nervus acusticus liefernden Nerven-
fasern, die Stieda dahin ergänzt, dass «r die histologischen Unter-
schiede der Wurzelfasem des Acusticus betonte.
Peripher verwickelte Verhältnisse erläutern H e n 1 e , Wal dey e r.
Verfasser bezeichnet das Schaf als günstig für die diesbezüg-
lichen Studien": es bietet einfachere Verhältnisse.
Die Getrenntheit der Nerven erhält sich vom Ursprung an,
auch im Verlaufe, während beim Menschen der Stamm ein gemein-
schaftlicher scheint.
In Bezug auf centralen 'Verlauf bestätigt Verf. die Angaben
Clarke's, dessen „anterior division of the auditory nerve" (zwei
Wurzeln : Vom Unterwurm des Kleinhirns, und von einem hinter dem
Kern der absteigenden Trigeminuswurzel gelegenen eigenen Kerne)
als „Nervus vestibuli- Wurzel " ; dessen „posterior divis. of the aud.
nerve" (äusserer und innerer Kern in der Medulla oblongata) als
Nervus cochleae-Ursprung bezeichnend.
Den Zusammenhang der Nerv, vestibuli -Wurzel mit grossen
Ganglienzellen (Clarke, Stieda), welchen auch Deiters schon
leugnet^ zweifelt Verf. an, da diese Ganglienkugeln motorischen ganz
ähnlich, und ein directer Zusammenhang derartiger, mit sensibeln
Nerven niemals sicher constatirt wurde. Dass aber der Nervus
vestibuli ein sensibler Nerv, lehre dessen periphere Ausbreitung, die
physiologischen Versuche, die pathologische Beobachtung, die in den
Stamm eingestreuten Ganglienkugeln, analog anderen sensibeln spinalen
und cerebralen Nerven.
„Der N. Cochleae verlässt das Mark am äusseren untern Ende
des sog. Tuberculum laterale, während der N. vestibuli nach vorne
von ihm und etwas weiter basalwärts auftaucht."
Im weiteren Verlaufe lagere sich der N. vest. den N. Cochleae
überschlagend in eine Rinne des letzteren, die sich zwischen den
Tbeiden Hauptästen desselben befindet, und verlaufe schräg nach
aufwärts.
Diese Kreuzung habe es vermocht, dass man den Schnecken-
nerven als vorderen Ast, den Vorhofsnerven als den hinteren Ast
des Acusticus bezeichnet.
Die Anastomose zwischen N. vest. und N. Cochleae, deren jschon
XXIV. Wiaaenscluftlicfae Rundschaa. 263
Flourens erwähnt , erleide beim Schaf eine Aoanahnie; während
«ie Verf. beim Pferd vorfand.
Während beim Schaf der N. Cochleae nur zur Cochlea, der N.
vestib. nur zum übrigen inneren Ohr gehe, liessen sich für Pferd
und Mensch nicht gleich klare Verhältnisse erkennen: Hier scheinen
^Rlickaustausch*Anast<Hnosen^ der beim Anstritte aus dem Mark nicht
ganz gut getrennten Stämme stattzufinden.
Der vonHenle, Reichert und Waldeyer beschriebene Ast
des N. cochl. zum Vestibulnm wurde beim Schafe nicht gefunden.
Verf. betont die Schwierigkeit des Nachweises, wo ein solch kleines
Bündel (beim Menschen) seinen Ursprung nahm und lässt die Mög-
lichkeit offen, dass es ein vom N. vestibuli entliehenes sei.
Mikroskopisch unterscheiden sich die Elemente der Verlaufs-
fasern durch ihre Dimensionen, Markbeständigkeit, zu Gunsten des
N. Vestib., dessen Fasern von anderen doppelcontourirten nicht wesent-
lich verschieden seien. Daraus beweist Verf., dass die (beim Pferde)
die Nerven verbindende Anastomose wenigstens nicht ausschliesslich
Oochlearisfasem führe, da daselbst einzelne nur zum Vestibularis zu
rechnende dicke Fasern gesehen wurden.
Vergleichend anatomisch stehe wohl der N. vestib. in harmo-
nischem Verhältnisse mit der Grösse des Thieres, nicht so der
N. cochl.
Der Abhandlung ist eine lith. Tafel beigefügt, welche die betr.
Theile vom Pferd versinnlicht. Kessel.
15.
Lad reit de Laracharri6re, Considörations pratiques sur les
polypös de roreille. — Annal. des Mal. de Tor. T. II. p. 206
bis 227. •
Verfasser schliesst siäi der St eudjdih^r 'sehen Classification der
Polypen a^ (Schleimpolypen, Fibrome, Myxome) ; entgegen der Ansicht
von Toynbee, Wilde und Bonnafont, fand er in den meisten
Fällen, wie schon v. Tröltsch und Andere, die Tumoren von der
Paukenhöhle ausgehend. — Im äusseren Gehörgange ^nden sich die
3 verschiedenen Formen der Polypen; der Schleimpolyp entsteht
in den DrüsenfoUikeln , das Fibrom an der Oberfläche der entzün-
deten Knochenhaut und das Myxom auf dem durch ülceration bios-
gelegten Knochen selbst (!). Die auf der Gutisschichte des Trommel-
fells aufsitzenden Tumoren sind dünn gestielte Schleimpolypen, die
häufig spontan abfallen und fast immer an peripheren Theilen der
Membran entstehen; gehen sie von der Membrana propria aus, so
enthalten sie zahlreiche Faserelemente. — Die im Mittelohre sich
bildenden Polypen sind entweder Fibrome oder Myxome; meist aus
straffen Gewebselementen zusammengesetzt, enthalten sie wenig
Hohlräume.
Stets entstehen diese Geschwülste in Folge von Entzündungen,
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 19
264 XXIV. Wusengdttflliche RnndBehao.
entweder auf dem Boden einer OeschwOrsfläehe, oder eines eitern-
den Drfisenfollikels oder einer anderweitigen eireomscripten phleg-
monösen Entzllndnng.
In Fällen, in denen es schwer ist den Sitz des Polypen genau
zn erkennen 9 dentet die yom Warzenfortsatze ans besser als von
anderen Ohrtheiien gehörte Stimmgabel daranf hin, dass derTnmor
nicht Tom Mittelohre ausgeht; hört dagegen der Patient die Uhr
ebensosehlecht vom Process. mastoid. als von anderen Ohrtheiien,
so spricht dies für den Sitz in der PankenhöUe.
Unter allen Polypotomen gibt Autor dem Wilde'sehen den Vor-
zug; zum Aetzen des Stieles bedient er sich mit sehr grossem Nutzen
der schon von Maisonneuve angegebenen aus Mehl, Zinkchlorür
und Morphium bestehenden dünnen Stäbchen. Dieselben werden
im Backofen gut getrocknet und gehärtet; ihre Anwendung ist wenig
schmerzhaft und sie dringen ihrer Härte halber, mit Leichtigkeit
tief in das zu zerstörende Gewebe ein.
Folgen zwei von Dr. Motte (Bruxelles 1876) publicirte Be-
obachtungen; im ersten Falle handelte es sich um einen Schleim-
polypen des Trommelfells, dessen Stiel erst nach zahlreichen Aetznn-
gen zum Schwinden kam, wobei jedoch eine chron. Myringitis mit.
starker Eiterung zurflckblieb. Die betreffende Kranke ging später
an Tuberculose zu Grunde. — Im zweiten Falle war es ein kleines
Myxom auf der Tronmielfelloberfläche,, zu dessen Beseitigung zwei
leichte Gauterisationen mit Höllenstein genttgten. —
Abgesehen von einigen guten praktischen Bemerkungen über
den Sitz und die Behandlung der Ohrpolypen bringt uns der Auf-
satz nichts wesentlich neues; des Verfassers Ansichten über Entwick-
lung und Sitz der verschiedenen Geschwulstformen müssen nm so
mehr bezweifelt werden, als er den eigentlichen unterschied zwischen
wahrem Myxom und Schleimpolypen nicht hinlänglich henrorhebt
und vor allem der sogen. Granulationsgeschwülste nicht gedenkt,
die gewiss den grössten CSontingent der im Ohre vorkonmienden
Geschwülste ausmachen. Kuhn.
16.
Gnuderou, Otite moyenne suppur^e. — Phl6bite du sinus lateral
M^ningite cöröbelleuse purul. Abscös du cervelet. — (Progrte
m^dical 1876. Aoüt.)
Die 35 Jahre alte Wäscherin E. ist bei ihrer Aufimhme im
Spitale so hochgradig taub und so schwer erkrankt, dass sich nnr
wenige anamnestische Momente erheben lassen. Nach den in der
KindUheit überstandenen Masern war auf dem linken Ohre absolute
Taubheit zurückgeblieben. Rechtes Ohr stets normal, bis 8 Tage
vor ihrer Aufnahme sich heftige, reissende Schmerzen in demselben
einstellten, die 4 Tage nachher mit dem Auftreten einer blutig-
eitrigen Otorrhoe vollständig aufhörten. Alsbald stellten sich Fieber^
Schwindel, heftige Kopfschmerzen und galliges Erbrechen ein, denen
XXIY. WissenschAftliche Bandschan. 265
sieh zuletzt ein hochgradiger allgemeiner Schwächezostand zugesellte.
Der Kopf der Kranken ist stets nach links gedreht^ jede Bewegung
derselben ruft die heftigsten Schmerzen hervor; fortwährend stinken-
der eitriger Ausflnss aus dem letzterkrankten Ohre; ähnliche Massen
entleeren sich aus Mund und Nase. Am 10. Tage der Krankheit
tritt Exit. letal, ein^ ohne dass Symptome von Muskelcontracturen
oder Lähmungen beobachtet werden konnten. Keine nähere Unter-
suchung des Gehörorgans während des Lebens. —
Bei der Section fand sieh das Grosshim intact; an der vorde-
ren oberen Fläche des Felsenbeins ist das Dach der Paukenhöhle
in der Ausdehnung eines 20-Pfennig8t1ickes zerstört und der ent-
sprechende Duratheil grauschwarz entfärbt; an der hinteren Fläche
des Felsenbeins ist die Dura vom Knochen abgehoben und zwischen
letzterem und Sinus lateralis finden sich schwärzliche^ übelriechende
EitermasseU; die sich auch im Inneren des SinuS; vom Bulbus ven.
jugular. an bis zum Ursprung der Ven. mastoid.^ nachweisen lassen;
an der vorderen Sinuswandung besteht eine Perforation^ und dieser
entsprechend eine Knochenlücke im unterliegenden Felsenbein; durch
beide Oeffnungen stehen Sinus und Paukenhöhle in directer Ver-
bindung. Die tiefergelegenen Theile der Ven. jugul. sind durch
festes Blutgerinnsel verstopft. — Die ganze untere Fläche des
Kleinhirnzeltes wie auch die Oberfläche des Kleinhirnes selbst sind
mit dickem Eiter überzogen; auf der rechten äusseren Windung
des Kleinhirns besteht ein grauschwarzer Fleck; der einem ober-
flächlichen ^ haselnussgrossen und mit stinkendem Eiter gefüllten
Abscesse entspricht.
Das Mittelohr ist mit schwärzlichen fStiden Eitermengen ge-
füllt; communicirt vom mit der Hirnhöhle durch den schon erwähn-
ten Substanzverlust am Tegm. tympan. ; und nach hinten durch ein
ähnliches Knochengeschwür mit dem Sin. lateral. — Trommelfell
und Gehörknöchelchen zerstört; Warzenfortsatz völlig intact; Tuba
mit gleichen Eitermassen angefüllt. — In beiden Lungenspitzen eine
ziemliche Anzahl frisch entstandener grauer Tuberkel. Kuhn.
t7.
Die Myringotomie, Beitrag zur Therapie der Ohrenkrankheiten
von Dr. A. Ravogli, Assistent der Ohren -Klinik in Rom.
(Archivio di Medicina, Chirurgia ed Igiene, Roma anno VII
Dispensa V. VI.). •
Der Autor vergleicht die Myringotomie mit der Paracentese der
Cornea und der Iridektomie. Dann gibt er einen historischen Ab-
riss der Operation. Die Myringotomie kann zu antiphlogistischem und
zu acustischem Zwecke verwendet werden. Zu antiphlogistischem
Zwecke wird sie bei der acuten Myringitis angewendet, öfters noch bei
den Entzündungen der Trommelhöhle besonders, wenn Anhäufung
von schleimig-seröser oder eiteriger Flüssigkeit in der Trommel-
höhle erkannt wurde.
19*
266 XXIV. Wissenschaftliche Rundschaa.
Die Fälle von Ot. med. punü. acuta , welche in der Klinik
Torkamen und wo frühzeitig die Myringotomie angewendet wurde^
heilten mit anssergewöhnlicher Schnelligkeit.
Der Antor spricht dann von den objectiven Symptomen^ welche
die Myringotomie indiciren.
Zn acnstietchem Zwecke wird die Operation gemacht entweder,
nm den Schallwellen dnrch das verdickte Trommelfell einen Durch-
gang zn öffiien, so dass deren Einwirkung direct anf die Basis des
Steigbügels ansgefibt wird, — oder nm, dnrch Einschnitte in be-
sondere Regionen, die Beweglichkeit des Trommelfells zu verbessern,
hauptsächlich wenn letzteres durch anomale Adhärenzen oder durch
Verkürzung des Tens. tymp. in seinen Functionen gestört wird. —
Im ersteren Falle war der erzielte Yörtheil stets nur momentan,
weil das Loch im Trommelfelle sich nach kurzer Zeit wieder schloss.
Er spricht dann von den Versuchen , die angebrachte Oeffnung
offen zu halten und. erwähnt des kürzlich von Voltolini auf den
Hammergriff eingeführten Ringes.
Die Durchschneidung der hinteren Falte wurde in einem Falle
mit befriedigendem Erfolge ausgeführt.
In kurzer Fassung beschreibt er dann 19 Fälle, bei welchen
Prof. de Rossi, Director der Ohren - Klinik , die Myringotomie in
Anwendung zog:
I. Acute Myringitis.
G. R., 36 Jahre alt und kräftig, meldet sich den 26. Mai 1874.
— Seit 6 Tagen wird er von heftigen Schmerzen im linken Ohr
gequält, war keiner localen Behandlung unterworfen, liess sich aber
zur Ader. (!)
Linkes Ohr: Leise Stimme 3 M., Uhr 50 Gentim.; Stimmgabel
auf dem Scheitel wird links gehört. — Objective Untersuchung:
DieM. T. stark injicirt , kupferfarbig; Tuba und Trommelhöhle frei.
Während 2 Tage wurden lauwarme Glycerin -Eintröpfelungen
angeordnet, aber ohne Erfolg. Es wird daher zur Myringotomie ge-
schritten. Am folgenden Tage kehrt der Kranke froh und heiter
zurück, er hat die Nacht geschlafen. Nach 2 Tagen ist er voll-
kommen geheilt.
Der Einschnitt war ziemlich ausgedehnt, nur Blut entleerte sieh.
IL Acute Myringitis und Trommelhöhlenkatarrb.
B. F., 45 J. alt, von guter Constitution, kommt am 27. April
1S74, um Hülfe gegen starke Schmerzen und lästige Ohrengeräusche,
welche ihn seit 1 Tagen im rechten Ohr plagen, anzurufen. — Nach
Untersuchung des Gehörs findet sich solches normal links. Rechts
laute Stimme 2 V2 M., Uhr 25 Gentim. Stimmgabel auf dem Scheitel
Techts. — Behandlung: Einträufelungen lauwarmen Wassers ver-
geblich. Am 29. April wird die Myringotomie angewendet; den Tag
darauf merkliche Besserung. Adstringirende Eintröpfelung und Po-
litzer's Verfahren; am 2. Mai vollkommene Heilung.
III. -Subacute Myringitis, Hyperämie der Trommelhöhle.
0. B., 42 J. alt, von sehwacher Gonstitution, kommt am 22. Mai
1874, nach 25tägigem Leiden an beiden Ohren, in die Klinik. —
XXIV. WissenschafUiclie Rnndschaii. 267
K. 0. leise Stimme 3 M. , Uhr IM. — L. 0. Sehr laute Stimme
3 M. Uhr EDliegend. Die Stimmgabel auf dem Scheitel wird in
beiden Ohren gehört. Bei der objectiven Untersuchung finden sich
die Trommelfelle injicirt^ man hört Rasselgeräusche im mittleren
Ohre. Links wird die Myringotomie gemacht^ die einen geringen
Ausfiuss von blutig-seröser Flüssigkeit zur Folge hat. Nach wenigen
Stunden befindet sich der Kranke schon viel besser. A^ den folgen-
den Tagen wird das Politzer 'sehe Verfahren gebraucht und am
30. Mai verlässt er geheilt die Klinik.
IV. Acute Myringitis^ :Hyperämie der Trommel-^
höhle.
G. L., 27 J. alty von gesunder Constitution^ kam am 20. Mai
1874 und klagte ü^er heftigen Schmerz am linken Ohr^ der ihn
seit 4 Tagen quälte. .Am R. 0. normales Gehör; das linke Ohr
hörte die laufe Stimme auf 2 M., die Uhr in Contact nicht; die
Stimmgabel auf dem Scheitel tönte nach links; Trommelfell un-
durchsichtig; grosse Gefässe in Strahlenform auf der Oberfiäche.
Behandlung: Lauwarme Localbäder; aber da die Schmerzen an-
dauerten ^ wurde am folgenden Tage die Myringotomie ausgeführt*
Es kamen einige Tropfen von trübem Schleim mit Blut gemischt.
Am 25. Mai waren die Schmerzen vorbei. — Aus dem Einschnitt
kam ein wenig Eiter. Man machte einige Eintröpfelungen von
schwefelsaurem Zink. Nach Anwendung des Politzer 'sehen Ver-
fahrens war am 30. der Ausfluss gestillt und der Krimke hörte
links die leise Stimme auf 4 M.; die Uhr auf 2 M. Entfernung.
V. Neuralgia tympanica.
T. M., 40 J. alt, robuste Frau, geregelt. Litt am Wechsel-
fieber, und seit 2 Jahren an Schmerzensanfällen im rechten Ohr.
Aus der Untersuchung erhellt:
R. 0. laute Stimme 3 M., nicht gleich für verschiedene Wörter;
Uhr anliegend. Stimmgabel auf dem Scheitel rechts vernommen.
Die objective Untersuchung zeigt das rechte Ohr anscheinlich in
normalem Zustande. Auf der rechten Seite der obem Kinnlade
zwei hohle Zähne. Man glaubte, dass die Neuralgia tympanica von
den hohlen Zähnen herrühre und rieth zum Ausziehen derselben.
Ungeachtet der Entfernung der Zähne dauerte die Neuralgie 2 Tage
nachher hartnäckig fort; man verschrieb schwefelsaures Chinin, je-
doch nachdem auch dieses vergeblich, griff man zur Myringotomie.
Das Messer wurde kaum mit Blut gefärbt zurückgezogen. Aus der
Trommelhöhle kam nichts. Am folgenden Tage waren die Schmerzen
verschwunden und kehrten auch nicht mehr zurück.
VL Otitis media haemorrhagica.
M. S., 46 J. alt, von guter Constitution, litt am Wechselfieber.
Gewöhnlich in der Nähe des Feuers sich haltend, wur3e si^ während
der Nacht von heftigem Schmerze am linken Ohre überfallen und
am folgenden Tage hatte sie Fieber, das nachher mit dem Schmerze
abnahm. Am 24. März 1874, 4 Tage nach Beginn der Krankheit,
kam sie in die Klinik, weil sie von Zeit zu Zeit von heftigen Stichen
im Ohre geplagt war. Sie konnte nicht auf der entgegengesetzten
268 XXiy. Wissenschaftliche Kuodschao.
Seite des kranken Ohres schlafen, weil sie starker Schwindel über-
fiel. Aus der Fnnctions-Untersnchnng geht hervor: L. 0. laute
Stimme 3 M. , Uhr anliegend. " Stimmgabel auf dem Scheitel links
gehört. — Beim otoskopischen Examen zeigte sich daa Trommelfell
von violetter Färbung ; am hintern Segment befand sich ein grauer,
von einem blutgefärbten Hofe umgebener Flecken; der Hammer-
griffsichtbar. — Man macht die Myringotomie, welche einem schwar-
zen, grösstentheils geronnenen Blute Ausgang verschafft. Es werden
lauwarme Irrigationen angerathen. Die Kranke ftihlte sich gleich
darauf sehr erleichtert, Stiche und Schwindel verschwanden^ und
am 28. desselben Monats verliess sie geheilt die Klinik.
VII. Otitis media catarrhalis serosa acuta mit Er-
schlaffung der Lamina fibrosa des Trommelfells.
G. A., 24 J. alt; Maurer, mittelmässiger Constitution, erzählt,
dass er sich mit einem Zahnstocher im Ohre gekratzt hat. Am^
23. December 1874 wird er von starken Schmerzen tiberfallen und
kommt in die Klinik. R. 0. gewöhnliche Stimme 2 M., Uhr 50 Centim.
Stimmgabel auf dem Scheitel rechts. Oehörgang im Hintergrunde
stark geröthet. Vorderes Segment des Trommelfells erhöht, zwei
kleine glänzende rosenfarbene Geschwülste bildend. Das vordere
Segment des Trommelfells ist unsichtbar. Die untere kleine Gre-
schwulst wurde angestochen und fiel gleich zusammen; mit den
Yalsalva'schen Versuchen kam Luft im Verein von grossen
Schleimblasen. In der Nacht schwere Schmerzen, eiterige Flüssig-
keit im Gehörgange. Adstringirende Eintröpfelungen und Politzer 's
Verfahren. Am 2. Jan. ist er vollkommen geheilt.
VIII. Otitis media catarrhalis acuta mit Schleimanhäu-
fung in der Trommelhöhle.
B. L., 25 J. alt, robust, erkältete sich beim Herausgehen aus
dem Theater, hierauf Schmerzen, Gehörabnahme, Paracusis im rech-
ten Ohr. Man constatirte eine serös-schleimige Ansammlung in der
Trommelhöhle und es wurde die Paracentese ausgeftlhrt. Mit dem
Valsalva 'sehen Versuche kamen Luft und Schleimblasen hervor.
Augenblicklich nahm das Gehör zu, das nach 10 Tagen auf seinen
normalen Stand zurück kam. Die Oefbung blieb 2 Tage; die
Flüssigkeit erneuerte sich nicht.
IX. Otitis media catarrhalis acuta mit Schleimansamm-
lung in der Trommelhöhle.
C. P., 42 J. alt, konmit am 8. Juni 1874, klagt über Schmerzen
am linken Ohr und über G^hörabnabme. Der Zustand dauert seit
10 Tagen. — L. 0. laute Stimme 3 M., Uhr 25 Gentim. Stimm-
gabel links. Trommelfell stark injicirt, das hintere Segment her-
vorragend, die kleine Apophysis mallei sichtbar. Man machte den
Einschnitt ins Trommelfell; für einige Tage wurde die Behandlung
mit Politzer 's Verfahren fortgesetzt. Am 15. Juni wird er voll-
kommen geheilt entlassen.
X. Otitis media catarrhalis acuta bilateralis.
f R. S., 31. J. alt, leidet seit 12 Tagen an starken Schmerzen,
Ohrgeräuschen und Schwerhörigkeit in beiden Ohren; er stellt sich
XXIY. Wissenschaftliche Rundschau. 269
den 25. Nov. 1874 vor. — R. 0. laute Stimme 3Mtr., Uhr 10 Ctm.
li. O. leise Stimme 3 M., Uhr 25 Gentim. Stimmgabel auf dem
Scheitel links. Die Diagnose ergibt Schleimansammlung rechts;
man schreitet zur Paracentesis , nach welcher vermittelst des Yal-
sal Tauschen Versuches einige Tropfen Schleim austreten. Die Be-
handlung^ wird mit dem Politzer^schen Verfahren fortgesetzt und
am 10. Dec. wird der Kranke geheilt entlassen.
XI. Otitis media catarrhalisacuta bilateralis.
S. J., 48 J. alt^ litt am rechten Ohr Schmerzen und Paracusis.
l^ach 6 Tagen erkannte man Ansammlung in der Trommelhöhle und
man schritt zur Paracentesis. Nach wenigen Tagen , vollkommen
am rechten Ohre geheilt, kamen die Schmerzen ins linke Ohr. Ver-
gebens wurden antiphlogistische Mittel gebraucht. Auch an dieser
Seite wurde die Paracentesis in Anwendung gebracht, welche einem
sehr dicken Schleim Ausgang verschaffte. Alle Symptome besserten
sich, so lange die Wunde offen blieb ; aber kaum schloss sich diese,
so kehrten auch die Schmerzen, Ohrentönen und Schlaflosigkeit zu-
rück und während eines Monats musste 4 Mal die Paracentese wieder-
holt werden. — Endlich wurde die Heilung vollkommen erzielt.
XII. Hyperaemiaöhronica des mittleren^Ohres mit Anhäu-
fung von schleimig-eitriger Flüssigkeit.
C. F., 27 J. alt, lymphatischer Constitution, 'Syphilitisch, litt in
seiner Kindheit an Ohreneiterung links. — Am 8. Mai 1874 kam
er in die Klinik, weil er am rechten Ohre dumpfe Schmerzen, Ver-
ringerung des Gehörs und Geräusche verspürte, die ihn beunruhig-
ten. — ß. 0. laute Stimme 1 Mtr., Uhr 20 Ctm., Stimmgabel rechts.
L. O. Trommelfell von schmutziggrauer Farbe, durch eine gebogene
Linie in 2 Hälften, obere und untere, getheilt mit der Concavität
nach oben. Bei der Auscultation ein Rasselgeräusch, das einer in
der Höhle befindlichen Flüssigkeit zugeschrieben wird. — Man
schritt zur Myringotomie, die einem guten Quantum eiteriger Schleim-
flüssigkeit Ausgang verscha£PI;e , wobei durch Valsalva^sche Versuche
nachgeholfen wurde. An den folgenden Tagen Eintröpfelungen von
Alumen aceticum und Politzer 's Verfahren. 12 Tage darauf wird
er geheilt entlassen.
XIII. Chronischer Katarrh des linken mittleren Ohres
mit Ansammlung von serös-schleimiger Flüssigkeit in der Trommel-
höhle.
G. M., 10 Jahre alt, kommt den 21. Nov. 1874 in die Klinik.
Seit einem Jahre leidet er an Paracusis und Schwindel, letzterer
zuweilen bis zum Umfallen. — L. 0. laute Stimme 2 M., Uhr 30 Ctm.
Stimmgabel auf dem Scheitel links. Das Niveau der Flüssigkeit
durch das Trommelfell sichtbar. Man macht den Einschnitt und
verschafft dadurch einem klaren, zähen Schleime Ausgang, Die Be-
handlung wurde fortgesetzt mit Politzer'}^ Verfahren, Katheter und
intratympanischen Einspritzungen von Kalium jodatum. Am 2. Dec.
findet sich nichts mehr von Ansammlung vor; kein Schwindel mehr.
Die gewöhnliche Stimme wird auf 4 Mtr. gehört, die Uhr auf 1 V2 Mtr.
— Geheilt verlässt er die Klinik.
270 XXIV. WiasenschaftUche Rnndichaa.
XIV. Otitis media pnrnlenta aeata.
0. h., 24 Jahr alt, stellt sich den 1. März 1874. Seit 3 Tagen
hatte er heftige Schmerzen im rechten Ohre. Am 2. Tage tlbeäel
ihn Fieber. — R. 0.' gewöhnliche Stimme 2 Mtr., Uhr 30 Ctm.;
Stimmgabel nach rechts. Trommelfell dnnkelroth, ohne besondre
Gefässvertheilongy scheint in drei Erhöhungen getheilt, wovon die
obere die grösste. Proc. brevis des Hammergriffes noeh sichtbar.
Tuba frei; Rasselgeräusche - bei der Anscoltation. — Man schreitet
zur Myringotomie ; beim Herausziehen findet sich das Instrument mit
Eiter bedeckt, wovon einige Tropfen auch austreten. Lauwarme
Localbäder. Am folgenden Tag Jst der Schmerz verschwunden. Wäh-
rend der Nacht hat der Kranke geschlafen; der Einschnitt ist offen
und es fiiesst Eiter hervor. Ordinatio : adstringirende Eintröpfelungen
und Yalsalva^scher Versuch. Nach 4 Tagen wird er geheilt entlassen.
XV. Otitis media purulenta acuta.
R. F., 45 Jahr alt^ kommt am 14. Mai 1874 in die Klinik.
Seit 10 Tagen heftiger Schmerz im rechten Ohre. — B. 0. lante
Stimme 1 Mtr., Uhr anliegend; Stimmgabel auf dem Scheitel nach
rechts. Trommelfell eingesunken^ von gräulich-gelber Färbung; die
Gefässe längs des Hammers stark injicirt; Schleimgeräusch bei der
Auscultation ; Schmerz l^eim Eindringen der Luft in die Trommel-
höhle. Es wird die Paracentesis gemacht. Vermittelst Politzer 's
Verfahren traten einige Tropfen Eiter aus. Lauwarmes Bad ver-
ordnet; der Patient wurde bedeutend erleichtert.
Der Eiterausfluss dauerte einige Tage; am 23. desselben Monats
war der Eiter verschwunden, jeder Schmerz gestillt und das Gehör
derart gebessert, um bei leiser Stimme auf 3 M. zu hören.
XVI. Otitis media pu^rulenta acuta.
Am 4. Januar 1875 meldet sich M. L., 38 Jahr alt; leidet seit
10 Tagen an sehr heftigen Schmerzen im linken Ohre, die ihn
plötzlich in der Nacht überfielen. — L. 0. leise Stimme 3 M., Uhr
50 Ctm., Stimmgabel auf dem Scheitel nach links. Das Tronomelfell
dunkelroth gefärbt; das hintere Segment so hervorragend, dass das
vordere Segment dadurch verdeckt war; die kleine Apophysis un-
sichtbar. Nachdem das Trommelfell durchschnitten, folgte ein ziem-
liches Quantum . von Schleim-Eiterausfluss ; kurz darauf hörten die
Schmerzen auf. Am folgenden Tage dauerte noch der Ausfluss;
vermittelst des Valsalva'schen Versuchs kommt frei die Luft hervor.
Verordnet: Leicht adstringirende Einspritzungen. Am 11. Januar
verliess er vollkommen geheilt die Klinik.
XVII. Otitis media purulenta acuta.
S. R., 30 Jahr alt, mit regelmässiger Menstruation, kommt am
12. Januar 1875 in die Ohrenklinik; seit 20 Tagen von schweren
Schmerzen und Paracusis im rechten Ohr gequält. In den ersten
Tagen des üebels war Fieber vorhanden. Aus der Untersuchung geht
hervor: R. 0. laute Stimme 3 Mtr., Uhr anliegend; Stimmgabel
auf dem Scheitel nach rechts. Trommelfell stark injicirt; hinteres
Segment, etwas vorstehend, von gelblicher Färbung. Der Hammer-
griff sichtbar, Tuba durchgängig. Rasselgeräusche beim Auscultiren.
XXiy. WisBenschaftliclie Bandschaa. 271
Am 13. wird der Einschnitt gemacht, der einer ziemlich be-
trächtlichen Quantität sehr dicken Eiters yermittelst Politzer 's
Verfahren Ausgang verschafft. Ordination : Einspritzungen von schwe-
felsaurem Zink; Politzer's Verfahren. Am 27. Januar kein Ausfhiss
mehr, das Tro^nmelfell vernarbt, der Schmerz verschwunden. Das
Gehör war bei leiser Stimme auf 3 Mtr., die ühr auf 1 Mtr.
XVIII. Otitis media purulenta acuta.
C. 0., 40 Jahr alt, von ausgezeichneter Constitution, stellt sich
den 30. April 1875. Erzählt, dass sie seit 7 Monaten im linken
Ohre Geräusche wahrnimmt und das Gehör sich verminderte. Seit
4 Tagen wurde sie von quälenden Schmerzen im genannten Ohre und
von Schwindel überfallen; sehr lästige Schlaflosigkeit. R. 0. laute
Stimme 3 Mtr., Uhr 15 Gtm., Stimmgabel nach rechts. Trommelfell
stark geröthet. Im hintern unteren Segment bemerkte man einen
dunklen Reif (Luftblase), der von einem gelblichen Saume begrenzt
war. Während des Valsalva'schen Versuches verbreitete sich der
gelbe Rand über die dunkle Fläche, indem er von der Peripherie
nach dem Centrum vorrückte. Nachdem das Vorhandensein von An-
sammlung in der Trommelhöhle festgestellt, wurde zur Myringotomie
geschritten, worauf eine ziemliche Quantität von eher flüssigem Eiter
ausfloss. Am folgenden Tage sagt die Kranke, dass sie gut. ge-
schlafen habe; — der Schmerz ist verschwunden; Eiter im Gehör-
gang ; es dauert noch leichte Paracusis und das Gehör ist noch nicht
vollkommen hergestellt; sie kommt daher noch von Zeit zu Zeit, um
mit dem Politzer^schen Verfahren behandelt zu werden.
XIX. Durchschneidung der hinteren Falte des
Trommelfells.
C. A., 15 Jahre alt, kommt den 4. März 1875. — Lympha-
tischer Constitution, mit einem Nasengeschwür behaftet; seit dem
zartesten Alter am linken Ohre taub; rechts ist das Gehär normal.
Links sehr laute Stimme 1 Mtr., Uhr anliegend; Stimmgabel auf
dem Scheitel zweifelhafte Empfindung. Das Trommelfell mit.Ealk-
ablagerungen, die sich hauptsächlich auf das hintere Segment aus-
breiteten. Zusammmengezogenes Narbengewebe ; Einschrumpfung des
Tensor tymp. Die kleine Apophysis des Hammergriffes bedeutend
hervorragend.
Es wurde der Einschnitt in die hintere Falte des Trommelfells
gemacht und täglich Politzer's Verfahren angewendet. Den 12. März
hörte der Kranke die leise Stimfiie auf 4 Mtr., die Uhr auf
1 Mtr., Stimmgabel links betont. De Rossi.
XXV.
Sitaniigs-Protocoll der SectioD f&r
auf der
49. Versammlong deutscher Naturforscher und Aerzte zu Hamburg
(1876).
Montag den 18. September Einführung der Section durch Dr.
Felix Goldschmidt. Begrüssung der Anwesenden. Prof. Politzer
wird zum Vorsitzenden der ersten Sitzung erwählt.
I. Sitzung.
Dienstag den 19. September Vorm. 10— 12S'2 Uhr.
Vorsitz: Prof. Politzer.
Schriftführer: Dr. Kaufmann, Dr. Michael.
Hen* Michael spricht über seine therapeutischen Erfahrungen;
betreffend die Inhalation von Amylnitrit per narem, zur Bekämpfung
subjectiver Geräusche. Ohne eine nähere physiologische Erklärung
der allerdings nur zweifelhaften Erfolge zu versuchen; glaubt der
Vortragende fernere Versuche mit diesem Mittel anrathen zu dürfen.
Herr Trautmann theilt Beobachtungen mit über Zerstörung
des Trommelfells durch Dermatodectes beim Kaninchen. Möller
und Zürn haben zuerst auf diese Ohrenkrankheit aufmerksam ge-
macht. Der Vortragende hat Gelegenheit gehabt, im pathol. Institut
zu Berlin 8 Kaninchen zu untersuchen, welche Dermatodectes zeigten.
Der Lieblingssitz dieser Bäudemilben scheint der äussere Gehörgang
zu sein, denn in 5 Fällen war die übrige äussere Haut frei, in
einem Falle war die Ohrmuschel, in den 2 anderen die Umgegend
der Augen und die Haut der Nase von den Milben ergriffen. Auf
der äusseren Haut bilden sich 5 — 6 Mm. dicke Borken, in denen
man zahlreiche Eier und Milben findet. In allen 8 Fällen waren
beide Ohren ergriffen. Der knöcherne Theil des äusseren Gehör-
ganges und noch ein Theil des knorpligen waren mit einer schmie-
rigen, gelblichweissen Masse angefüllt; höher oben war der äussere
Gehörgang mit trockenen Epidermiskrusten angefüllt. Die mikrosko-
pische Untersuchung der schmierigen Masse ergab Trümmer von
Epidermis, Eiter, eine feinkörnige, amorphe» Masse , Trümmer der
XXIV. Wiasenscliaftliche Bundseliaa. 263
Flourens erwähnt , erleide beim Schaf eine Ausnahme ^ während
aie Verf. beim Pferd vorfand.
Während beim Schaf der N. Cochleae nur znr Cochlea, der N.
vestib. nnr znm übrigen inneren Ohr gehe, liesaen sich für Pferd
und Mensch nicht gleich klare Verhältnisse erkennen : Hier scheinen
^Rttckanstansch-AnastiHnosen^ der beim Anstritte ans dem Mark nicht
ganz gut getrennten Stibnnie stattzufinden.
Der vonHenle, Reichert undWaldeyer beschriebene Ast
des N. cochl. zum Vestibulum wurde beim Schafe nicht gefunden.
Verf. betont die Schwierigkeit des Nachweises, wo ein solch kleines
Bündel (beim Menschen) seinen Ursprung nahm und lässt die Mög-
lichkeit offen, dass es ein vom N. vestibuli entliehenes sei.
Mikroskopisch unterscheiden sich die Elemente der Verlaufs-
fasem durch ihre Dimensionen, Markbeständigkeit, zu Gunsten des
N. vestib., dessen Fasern von anderen doppelcontourirten nicht wesent-
lich Yerschieden seien. Daraus beweist Verf., dass die (beim Pferde)
die Nerven verbindende Anastomose wenigstens nicht ausschliesslich
Oochlearisfasem führe, da daselbst einzelne nur zum Vestibularis zu
rechnende dicke Fasern gesehen wurden.
Vergleichend anatomisch stehe wohl der N. vestib. in harmo-
nischem Verhältnisse mit der Grösse des Thieres, nicht so der
N. cochl.
Der Abhandlung ist eine lith. Tafel beigefügt, welche die betr.
Theile vom Pferd versinnlicht. Kessel.
15.
Ladreit de Laracharrl^re, Considörations pratiques sur les
polypes de Toreille. — Annal. des Mal. de Tor. T. II. p. 206
bis 227. •
Verfasser schliesst siäi der St eudeiher 'sehen Classification der
Polypen an (Schleimpolypen, Fibrome, Myxome) ; entgegen der Ansicht
von Toynbee, Wilde und Bonnafont, fand er in den meisten
Fällen, wie schon v. Tröltsch und Andere, die Tumoren von der
Paukenhöhle ausgehend. — Im äusseren Gehörgange ^nden sich die
3 verschiedenen Formen der Polypen; der Schleimpolyp entsteht
in den DrüsenfoUikeln , das Fibrom an der Oberfläche der entzün-
deten Knochenhaut und das Myxom auf dem durch ülceration bios-
gelegten Knochen selbst (!). Die auf der Cutisschichte des Trommel-
fells aufsitzenden Tumoren sind dünn gestielte Schleimpolypen, die
häufig spontan abfallen und fast immer an peripheren Theilen der
Membran entstehen; gehen sie von der Membrana propria aus, so
enthalten sie zahlreiche Faserelemente. — Die im Mittelohre sich
bildenden Polypen sind entweder Fibrome oder Myxome; meist aus
straffen Gewebselementen zusammengesetzt, enthalten sie wenig
Hohlräume.
Stets entstehen diese Geschwülste in Folge von Entzündungen,
Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 19
274 XXV. Sitznngs-Protocoll der Section für Ohreoheilkmide (1876). ^
In dem zweiten Falle ^^ar die Bulla ossea vollständig normal.
Labyrinth ebenfaüls frei.
Auffallend ist bei dem doch jedenfalls längere Zeit andanemden
Reiz die geringe Reaction.
In einem dritten Falle^ den Tr. ebenfalls am Präparate zeigte,
war das Trommelfell fast schon vollständig zerfallen; nur die untere
Peripherie war noch mit dem Annulus in Verbindung. Der schmierige
Pfropf hatte sich schon bis zur gegenüberliegenden Labyrinthwand
vorgedrängt. Im Pfropf und in der Bulla ossea Milben ; die Schleim*
haut der Bulla ossea trotzdem normal. Um das Präparat nicht zu
zerstören wurden die Gehörknöchelchen nicht untersucht. Das Laby-
rinth war frei, die Steigbügelverbindung im ovalen Fenster also noch
nicht zerstört, ebenso wenig das runde Fenster.
In den übrigen 5 Fällen zeigte sich nur Zerfall der Epidermis-
schicht des Trommelfells; Verdickung und ^iterinfiltration der Schleim-
hautschicht, sowie Hyperämie derselben.
Die Nasenschleimhaut war in allen 8 Fällen intact. Hieraus
geht hervor, dass das Trommelfell nicht von den Milben durchbohrt
wird, sondern dass dasselbe zerfällt und dass den Milben auf diese
Weise der Uebertritt in die Paukenhöhle sehr leicht möglich ist.
Auf dieselbe Weise würde auch der Befund im Labyrinth zu er-
klären sein.
Sämmtliche Kaninchen hatten einen normalen Gang. Derselbe
wird wahrscheinlich erst taumelnd, wenn die Milben in das Labyrinth
gedrungen sind.
Diese Beobachtungen an den Kaninchen fordern dazu anf , die
Kinder vom Spielen mit Kaninchen, Hunden und Schafen, auf welchen
letzteren beiden ebenfalls Dermatodectes yorkommt, fernzuhalten.
Ger lach hat zwar nachgewiesen, dass Dermatodectes auf der äusse-
ren Haut beim Menschen nur wenige Stunden haftet; es ist aber
fraglich, ob sie im äusseren Gehörgang des Menschen nicht ebenso
gern verweilen, wie beim Kaninchen, weil sie hier vor allen Schäd-
lichkeiten geschützt sind, und wäre dies der Fall, so könnten die
Zerstörungen, die sie im Öhr anrichten, wie wir gesehen haben, sehr
bedeutend werden. Deshalb ist grosse Vorsicht geboten.
Herr Politzer demonstrirt makroskopische und mikroskopische
Präparate, betreffend die Entwicklungsgeschichte des Proc. styloideos,
dessen Verhältniss zum M. stapedius und N. facialis und die Lage-
verhältnisse der einzelnen Theile des Gehörorganes.
Die mikroskopischen Präparate betrafen diePolitzer-Kessel-
schen Körperchen, Flächenansichten der Schleimhaut des Promontorium
mit ihren Gef ässen (in Osmiumsäure), ein Durchschnittspräparat des
Promontorium zur Demonstration von Gefässverbindungen zwischen
Mittelohr und Labyrinth. Eine Serie makroskopisch • pathologischer
Präparate zeigte Kalkablag^rungen, Adhäsionen des Trommelfells
mit der Labyrinthwand und Perforationen. Schliesslich zeigt P. eine
grössere Anzahl von bildlich und plastisch dargestellten Trommelfell-
ansichten.
XXIY. Wiflsensdiaftliche Bundsdiaa. 263
Flourens erwähnt^ erleide beim Schaf eine AuBiiahme; während
fiie Verf. beim Pferd vorfand.
Während beim Schaf der N. Cochleae nur zur Cochlea, der N.
vestib. nur zum übrigen inneren Ohr gehe, liessen sich fUr Pferd
und Mensch nicht gleich klare Verhältnisse erkennen : Hier scheinen
^Rttckanstau8ch-Anast(Hnosen^ der beim Anstritte ans dem Mark nicht
ganz g^t getrennten Stämme stattzufinden.
Der vonHenle, Reichert undWaldeyer beschriebene Ast
des N. cochl. zum Vestibulnm wurde beim Schafe nicht gefunden.
Verf. betont die Schwierigkeit des Nachweises, wo ein solch kleines
Bttndel (beim Menschen) seinen Ursprung nahm und lässt die Mög-
lichkeit offen, dass es em vom N. vestibuli entliehenes sei.
Mikroskopisch unterscheiden sich die Elemente der Verlaufs-
fasern durch ihre Dimensionen, Markbeständigkeit, zu Gunsten des
N. vestib., dessen Fasern von anderen doppelcontourirten nicht wesent-
lich verschieden seien. Daraus beweist Verf., dass die (beim Pferde)
die Nerven verbindende Anastomose wenigstens nicht ausschliesslich
Oochlearisfasem führe, da daselbst einzelne nur zum Vestibularis zu
rechnende dicke Fasern gesehen wurden.
Vergleichend anatomisch stehe wohl der N. vestib. in harmo-
nischem Verhältnisse mit der Orösse des Thieres, nicht so der
N. cochl.
Der Abhandlung ist eine lith. Tafel beigefügt, welche die betr.
Theile vom Pferd versinnlicht. Kessel.
15.
Ladreit de Laracharriöre, Consid^rations pratiques sur les
polypes de Foreille. — Annal. des Mal. de Tor. T. IL p. 206
bis 227. •
Verfasser schliesst siäi der St eudeiher 'sehen Classification der
Polypen ap (Schleimpolypen, Fibrome, Myxome) ; entgegen der Ansicht
von Toynbee, Wilde und Bonnafont, fand er in den meisten
Fällen, wie schon v. Tröltsch und Andere, die Tumoren von der
Paukenhöhle ausgehend. — Im äusseren Gehörgange landen sich die
3 verschiedenen Formen der Polypen; der Schleimpolyp entsteht
in den DrüsenfoUikeln , das Fibrom an der Oberfläche der entzün-
deten Knochenhaut und das Myxom auf dem durch Ulceration blos-
gelegten Knochen selbst (!). Die auf der Cutisschichte des Trommel-
fells aufsitzenden Tumoren sind dünn gestielte Schleimpolypen, die
häufig spontan abfallen und fast immer an peripheren Theilen der
Membran entstehen; gehen sie von der Membrana propria aus, so
enthalten sie zahlreiche Faserelemente. — Die im Mittelohre sich
bildenden Polypen sind entweder Fibrome oder Myxome; meist aus
straffen Gewebselementen zusammengesetzt, enthalten sie wenig
Hohlräume.
Stets entstehen diese Geschwülste in Folge von Entzündungen,
ArchiT fftr Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 19
276 XXV. Sitzungs-Protocoll der Section füa Ohrenheilkunde (1876).
in Kopenhagen empfohlenen Ringmessers. Herr Schalle theilt mit,
dass er gute Erfolge mit der Galvanokaustik erzielt habe.
Herr Traut mann demonstrirt einige mikroskopische Präparate
von Horizontalschnitten durch embryonale Felsenbeine und einige In-
jectionspräparate.
IV. Sitzung.
Freitag den 22. September Vorm. 10 Uhr.
Vorsitz: Dr. Magnus.
Herr Magnus theilt den Sectionsbefund eines 10 Jahre lang
von ihm genau beobachteten Falles mit, welchen er unter dem Titel
„Partielle Lähmung des Corti'schen Organs** im A. f. 0. II. Bd. S. 268
beschrieben hat. Die Section ergab: Transparentes, auffallend stark
bewegliches Trommelfell; Hanuner und Ambos in normaler Lage;
die Kapsel des Ambos-Steigbttgelgelenkes sehr schlaff and excessiv
beweglich ; Stapesplatte unbeweglich. Schenkel des Stapes atrophisch.
Paukenhöhle gross, Schleimhaut zart. Ausgesprochene Rarefication
aller Schädelknochen, namentlich des Felsenbeines. Die Vestibular-
seite der Stapesplatte stark convex aufgetrieben und zwar beiderseits.
Labyrinth makroskopisch anscheinend normal. Nähere Details vergl.
dieses Archiv XI. S. 244.
Herr Auerbach zeigt ein von ihm construirtes Instrument,
welches dazu bestimmt ist, vergrösserte Trommelfellbilder zu erzeugen.
Dasselbe besteht aus dem Wild ersehen Ohrtrichter, in welchen
mittelst einer federnden Httlse eine entsprechende biconvexe Lmse
in geringer Schrägstellung eingefügt ist.
Bei der sich anschliessenden Discussion hebt Schwartze her-
vor, dajBS der Nutzen dieses und ähnlicher Instrumente, welche den
Zweck haben, vergrösserte Trommelfellbilder zu erzeugen, ein relativ
geringer und die Nothwendigkeit der Verwendung von Convexlinsen
fUr Untersuchung des Trommelfells überhaupt eine sehr eng be-
grenzte sei. Am meisten fühle der Hypermetrop und Presbyop das
Bedürfniss, Convexlinsen zur Hand zu iiehmen, für Myopen seien
sie fast ganz entbehrlich. An der Discussion betheiligten sich die
Herren Berthold, Trautmann, Auerbach und Magnus.
Letzterer erklärt zum Schluss, dass die vielfache Darstellung ähn-
licher Inatrumente zwar keinen durchgreifenden Nutzen fOr die Wissen-
schaft hätte, doch immerhin ein sichtbares Zeugniss individuellen
Strebens sei.
Herr Hartmann zeigt eine Reihe von trocknen, anatomischen
Präparaten, bezüglich auf die Perforation des Warzenfortsatzes. In
3 Fällen unter circa 100 Schläfenbeinen fand er so erhebliche Ano-
malien im anatomischen Bau, dass die Eröffnung des Warzenfortsatzes
bei den betreffenden Individuen mit höchster Wahrscheinlichkeit zur
Blosslegung und Verletzung des Sinus transversus resp. Eröffiaimg
der mittleren Schädelgrube geführt haben würde.
XXY. Sitznngs-Protocoll der Section für OhrenlieUkniide (1876). 277
Zum Schlnss der Sitzung spricht der Vorsitzeiide im Namen
der Versammlnng den Herren Dr. Goldschmidt nnd Martini
seinen Dank aus für ihre Bemühungen um die Section. Unter Hin-
weis auf die in den Sitzungen gemachten mannigfachen Mittheilnngen
und die daran geknüpften Discussionen hetont der Vorsitzende den
fordernden Einfluss unserer jährlichen Zusammenkünfte und fordert
zu weiterer gemeinsamer ernster Arbeit auf, von der allein das
Oedeihen unserer Disciplin zu erwarten sei. Eine Vereinigung der-
selben mit der Ophthalmologie' oder Laryngologie könne die wissen-
schaftliche Entwicklung derselben nicht fördern, sondern nur hemmen.
Die Präsenzliste der Sectionssitzungen ergab 40
Mitglieder.
1. Dr. V. Aschen* (Helgoland).
2. Dr. Auerbach (Altena).
3. Dr. Bergson (Berlin).
4. Prof. Dr. Berthold (Königsberg i. Fr.).
5. Dr. Blum (Königsberg i. Pr.).
6. Dr. Brie, Kreisphysikus (Flensburg).
7. Dr. Brieger (Breslau).
8. Dr. C ramer (Hamburg).
9. Dr. Farwick (Münster).
10. Dr. Felix Goldschmidt (Hamburg).
11. Dr. Groth (Rustnitz).
12. Dr. Guthzeit (Königsberg i. Pr.).
13. Dr. Hartmann (Berlin).
14. Dr. Heckscher (Hamburg).
15. Dr. Heise (Schwerin).
16. Dr. Jacob i (Magdeburg).
17. Dr. Josefson (Hamburg).
18. Dr. Kaufmann (Hamburg).
19. Prof. Dr. Koppe, Director der Provinzial- Irren -Anstalt
(Halle a. S.).
20. Dr. Kost er (Hannover).
21. Dr. Krauskopf (Breslau).
22. Dr. Kugler (Stettin).
23. Dr. Lipp (Graz).
, 24. Dr. Marcus (Altena).
25. Dr. A. Magnus (Königsberg i. Pr.).
26. Dr. Michael (Hamburg).
27. Dr. Pauls en (Altena).
28. Prof. Dr. Politzer (Wien).
29. Dr. Rose (Altena).
30. Dr. Roth (Gössnitz).
31. Dr. Schaernack, Oberstabsarzt (Hamburg).
32. Dr. Schalle Stabsarzt a. D. (Dresden).
J
278 XXV. Sitzungs-ProtocoU der Section für Ohrenheilkunde (1876).
33. Dr. Schramm (Dreaden).
34. Prof. Dr. Schwartze (Halle a. S.).
35. Dr. Simon (Berlin).
36. Dr. Tergast (Emden).
37. Dr. Trautmann, Oberstabsarzt (Berlin).
38. Dr. Wagner (Planen).
39. Dr. Wen dt, Director der Frov.-Irren-Anstalt (Schwetz).
40. Dr. Wuttig, Oberstabsarzt (Düsseldorf).
Aufforderung an die Herren Collegen.
Als Mitarbeiter der von Virchow und Hirsch heraus-
gegebenen Jahresberichte der gesammten Medicin ersuche ich
die über Ohrenheilkunde schreibenden Herren CoUegen, mir
Separatabdrücke ihrer Publicationen mit genauer Angabe des
betreffenden Journals möglichst frühzeitig einzusenden, da die
Bedaction der Jahresberichte nicht in der Lage ist, mir die ge-
sammte otologische Literatur vollständig zur Disposition zu stellen.
Berlin, October 1876.
Prof. Dr. A. Lucae.
XXIY. WiBsenscliaftliche Bundsehau. 263
Flourens erwähnt^ erleide beim Schaf eine Aufinah'me; während
de Verf. beim Pferd vorfand.
Während beim Schaf der N. Cochleae nur zur Cochlea, der N.
vestib. nur zum übrigen inneren Ohr gehe, liessen sich fUr Pferd
und Mensch nicht gleich klare Verhältnisse erkennen: Hier scheinen
^RückanstauBch-Anast(»nosen*' der beim Anstritte aus dem Mark nicht
ganz gut getrennten Stämme stattzufinden.
Der vonHenle, Reichert undWaldeyer beschriebene Ast
des N. cochl. zum Vestibulum wurde beim Schafe nicht gefunden.
Verf. betont die Schwierigkeit des Nachweises, wo ein solch kleines
Bündel (beim Menschen) seinen Ursprung nahm und lässt die Mög-
lichkeit offen, dass es ein vom N. vestibuli entliehenes sei.
Mikroskopisch unterscheiden sich die Elemente der Verlaufs-
fasem durch ihre Dimensionen, Markbeständigkeit, zu Gunsten des
N. vestib., dessen Fasern von anderen doppelcontourirten nicht wesent-
lich verschieden seien. Daraus beweist Verf., dass die (beim Pferde)
die Nerven verbindende Anastomose wenigstens nicht ausschliesslich
Oochlearisfasern fähre, da daselbst einzelne nur zum Vestibularis zu
rechnende dicke Fasern gesehen wurden.
Vergleichend anatomisch stehe wohl der N. vestib. in harmo-
nischem Verhältnisse mit der Grösse des Thieres, nicht so der
N. cochl.
Der Abhandlung ist eine lith. Tafel beigefügt, welche die betr.
Theile vom Pferd versinnlicht. Kessel.
15.
Ladreit de Laracharri^re, Considörations pratiques sur les
polypes de Foreille. — Annai. des Mal. de Tor. T. IL p. 206
bis 227. •
Verfasser schliesst siäi der St eudeiher 'sehen Classification der
Polypen an (Schleimpolypen, Fibrome, irfyxome) ; entgegen der Ansicht
von Toynbee, Wilde und Bonnafont, fand er in den meisten
Fällen, wie schon v. Tröltsch und Andere, die Tumoren von der
Paukenhöhle ausgehend. — Im äusseren Gehörgange ^nden sich die
3 verschiedenen Formen der Polypen; der Schleimpolyp entsteht
in den DrüsenfoUikeln , das Fibrom an der Oberfläche der entzün-
deten Knochenhaut und das Myxom auf dem durch ülceration bios-
gelegten Knochen selbst (!). Die auf der Cutisschichte des Trommel-
fells aufsitzenden Tumoren sind dünn gestielte Schleimpolypen, die
häufig spontan abfallen und fast immer an peripheren Theilen der
Membran entstehen; gehen sie von der Membrana propria aus, so
enthalten sie zahlreiche Faserelemente. — Die im Mittelohre sich
bildenden Polypen sind entweder Fibrome oder Myxome; meist aus
straffen Gewebselementen zusammengesetzt, enthalten sie wenig
Hohlräume.
Stets entstehen diese Geschwülste in Folge von Entzündungen,
ATcMy ffir Ohrenlieakande. XL Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 19
280 Literatur.
13. Chisholm — Salicylsänre bei Ohrenflnss. (Philad. med. and»
surg. reporter. 7. Aug. 1875.)
(Empfehlung einer Mischung von Salicyls&ure mit Magnesia,
usta im Yerhftltniss von 1 : 2 zum Einblasen in den Gehörgaug.)
14. Moldenhauer — Das Verhalten der Paukenhöhle beim Fötn»
und Neugeborenen und die Verwendbarkeit der Ohrenprobe
für die gerichtliche Medicin. (Arch. d. Heilkunde von Wagner.
XVII. 8. 498—515.)
15. Lncae — Bericht über Ohrenkrankheiten pro 1875 im Jahres-
bericht der gesammten Medicin von Virchow und Hirsch.
Druck von J. B. Hirschfeld in Leipzig-
GENERALßEGISTEE
DBB
ARCHIVS FÜR OHRENHEILKUNDE
PUB
Band I— X.
I. Orlginalarbelten.
(Die Tömisclien Zahlen weisen den Band, die arabisclien die Seite nach.)
Andeer — Zur Casulstik der Otopathologie. IX. 139.
Auspitz — Das £kzein des äusseren Olures. I. 123.
B. — ZurCasuistik der Knocheogesckwülste im äusseren Gehörp^ange. X. lio.
Berthold — Ueber die Function der Bogengänge des Ohrlabyrinthes. IX. 77.
Bezold — Ein Fall von Aspergillus ni^cans im Gehörgang. Y. 197.
Boeck — Aenderung an der Compressionspumpe. I. 267.
Ueber Abscesse im Trommeliell. II. 135.
Rhinoskopischer Befund bei einem knackenden Geräusch im Ohr.
IL 203.
I Boettcher — Ueber die Durchschneidung der Bogengänge des Gebör-
I labyrinthes und die sich daran knüpfenden Hypothesen. IX. 1.
Borberg — Polyp mit eingewachsenem Hammer. VII. 55.
Brugsch — Altä^ptologischer Beitrag zur Geschichte der Ohrenheilkunde.
Vn. 53.
Brunner — Kleinere Mittheilungen aus der Praxis. V. 26.
Barger — Ueber das Einbringen von Flüssigkeiten und Dämpfen durch die
Tuba in die Paukenhöhle und über die Wirkungsweise der Luft-
douche. V. 272.
Carl — Beitrag zur Frage: „Enthält die Chorda tympani Geschmacks-
fasern?« X. 152.
Ghimani — Beiträge zur praktischen Ohrenheilkunde. 11. 169.
*** Aneurysma cirso'ideum an der Ohrmuschel und dem äusseren Gehör-
gange. VIII. 62.
V. Conta — Ein neuer Hörmesser. I. 107.
Delstanche — Ueber eine neue Fixirpincette des Katheters. IX. 243.
Donnert — Zur Gehörprüfung auf Grund einer Beobachtung von Nekrose
der Schnecke. X. 231.
II ^ Generalregister.
Dragumis ~ Eine Methode zum Verdichten und Verdünnen der Luft im
Mittelohr. IX. 248.
Eisner — üeber Taubstumme und ihre Erziehung. V. 170.
Engelmann — Fall von Neubildung einer strangt'örmigen Brücke im Gehör-
gang. VI. 203.
Eysell — Beiträge zur Anatomie des Steigbügels und seiner Verbindungen.
V. 237.
Casuistische Mittheilungen aus der Poliklinik für Ohrenkranke zu
Halle a./S. VII. 206.
Vorläufige Mittheilung. VII. 239.
Farwick — Zur Casuistik von Fremdkörpern im Ohre. II. 300.
Zwei Fälle von Garies des Felsenbeines. VI. 113.
Fl alz — FaU von operativer Anbohrung des Warzenfortsatzes. EL. 22S.
Foerster — Eine einfache Methode, den Refiexspiegel vor dem Auge zu
befestigen. X. 243.
Frank — Zur Weber'schen Nasendouche. V. 202.
G'ähde — Fall von Meningitis nach Otitis int. ohne Perforation des Trom-
melfells und ohne Garies. VIII. 98.
Gottstein — Klinische und kritische Beiträge zur Ohrenheilkunde. IV. 65.
Guye — Die Einführung vonBougies in die Tuba Eust. und das künstliche
Emphysem. II. 16.
Hassenstein u. Hallier — Beobachtung eines neuen Pilzes (Graphium
penicilloides) im Gehörgan^. IV. 162.
Hensen — Ueber Böttcher's Entwicklung und Bau des Gehörlabyrinthes
nach eigenen Untersuchungen. Vi. 1.
Hitzig — Bemerkungen über die Aufgaben der Elektrootiatrik. VIII. 70.
Ho ff mann — Erkrankung des Ohres beim Abdominaltyphus. IV. 272.
Jacoby — Die Perforation des Warzenfortsatzes. IV. 212.
Beiträge zur Casuistik der galvanokaustischen Behandlung intraauraler
Neubildungen. V. 1.
~* — Casuistificher Beitrag zur Perforation des Warzenfortsatzes mittelst
des akidopeirastischen Bohrers. V. 153.
Zur Perforation und Trepanation des Warzenfortsatzes. VI. 93.
Behandlungsresultate bei complicirten Otorrhöen, gewonnen mit Hülfe
der kaustischen, resp. galvanokaustischen Methode. VI. 235.
Kessel — Ueber einige anatomische Verhältnisse des Mittelohres. IH. 307.
Ueber Ohrpolypen. IV. 167.
Zur Myringitis villosa. V. 250.
Ueber Form und Lageverhältnisse eigenthümlicher, an der Schleimhaut
des menschlichen Mittelohres vorkommender Organe. V. 254.
Ueber den Einfluss der Binnenmuskeln der Paukenhöhle auf die Be-
wegungen und Schwingungen des Trommelfells am todten Ohr.
VIII. 80.
Eoeppe — Erweiterung der Paukenhöhle bei chronischer Otitis durch Druck-
atropbie mit Blutung aus dem Sinus transversus. U. ISl. ^
Reflexpsychosen nach. Ohrenkrankheiten. IX. 222.
u. Schwartze — Zwei Fälle von Reflexepilepsie bei Erkrankung des
Ohres. V. 282.
Küpper — Ueber klonische Krämpfe der Schlingmuskeln. VII. 296.
Ueber >die Bedeutung der Ohrmuschel des Menschen. VIH 158.
Kutsch arianz — Entzündung des Mittelohres bei Neugebomen u. Säug-
lingen. X. 119.
Generftlregister. III
Lindenbaum — Fall von Verwachsung der Rachenmandong der Tuba
Eustachii. I. 295.
Lochner — Verbesserung am künstlichen Trommelfell. II. 147.
Löwenberg — Beiträge zur Anatomie der Schnecke. I. 175.
Die Verwerthung der Bhinoscopie. IL 103.
Lucae — Ueber die Kespirationsbewegungen des Trommelfells. L 96.
Untersuchungen über die sogenannte „Enochenleitung**. I. 303. V. 82.
Sectionsergebnisse bei Schwerhörigen. IL 81.
Zur Function der Tuba Eust. lll. 174.
Ueber Untersuchung mit Hülfe des Interferenz- Otoscopes. lU. 186. 299.
Ueber die Druckverhältnisse des inneren Ohres. IV. 30.
Neuer Zusammenhanff zwischen Nasen- und Ohrenkrankheiten. IV. 188.
Eitrige Entzündung des inneren Ohres bei Meningitis cerebrospinalis.
V. 188.
Ueber eine Erweiterung des Helmholtz'schen Ohrmodells nebst einem
Beitrage zur Physiologie. VII. 4. •
Beiträge zur Eenntniss der Perlgeschwulst des Felsenbeines. VII. 255.
Zusatz dazu von Schwartze. VII. 304.
Ueber eine Vorrichtung am Drillbohrer zur Anbohrung des Warzen-
fortsatzes. VII. 2«b.
Ueber Ausstossung der necrotischen Schnecke mit Bemerkungen über
den relativen Werth der üblichen Methode der Hörprüfung. X. 236.
Mach — Bemerkungen über die Function der Ohrmuschel. IX. 72.
Magnus, A. — Verhalten des Gehörorgans in comprimirter Luft. I. 269.
Mittheilungen aus der Praxis. H. 42.
Fall von partieller Lähmung des Corti'schen Organs. II. 268.
Fall von natürlicher Eröffnung des Antrum mastoideum. V. 118.
Der Nasenrachenraum. Eine Studie an einem Lebenden gemacht. VI. 246.
M ay er, Ludwig — Fall von operativer Anbohrung des Zitzenfortsatzes. I. 226.
Meyer, Wilhelm — Ueber adenoide Vegetationen in der Nasenrachenhöhle.
VIL 241. VIII. 1-29. 241. -
Moos — Ueber die Wirkung des künstlichen Trommelfells. I. 119.
Zur Statistik der Taubstummen. I. 184.
Zwei Fälle von Hyperostose des Felsenbeines mit Ankylose des Steig-
bügels, n. 190.
Scheinbare Gehimzuftlle bei eitriger Otitis. IL 197.
Odenius — Ueber die öestalt des häutigen Labyrinthes beim erwachsenen
Menschen. I. 92.
Ogston — Kleinere Mittheilungen. VI. 267.
Pagen Stecher^ Arnold — Bemerkungen zur Balneotherapie der Ohr-
krankheiten. I. 284.
Parreidt — Fall von traumatischer Ruptur des Trommelfells mit Sympto-
men von Labyrinthreizung. IX. 179.
Fall von Eröffnung des Proc. mast. VIII. 93. Nachtrag dazu. IX. 180.
Politzer, Adam — Untersuchungen über Schallfortpflanzung und Schall-
leitung im Gehörorgane. I. 59. 318.
Ueber die Entstehung des Lichtkegels am Trommelfell. I. 155.
Ueber Läsion des Labyrinthes. II. S^.
Ueber willkürliche Contractionen des Musculus tensor tympani. IV. 19.
Compressionspumpe. IV. 42.
Zur Theorie aer Hjrperaesthesia acustica. V. 206.
Ueber gestielte Gebilde im Mittelohre V. 213.
Zur physiologischen Akustik und deren Anwendung auf die Pathologie^
des Gehörorgans. VI. 35.
Zur mikroskopischen Anatomie des Mittelohres. VII. 1.
Studien über Gefässveränderungen in der erkrankten Mittelohraus-
kleidung. VIL 11.
IV Generalregister.
Politzer, Adam — Zar pathologischen Anatomie der consecntiTen Sinns-
affectionen. YU. 288.
Zur Anatomie des Gehörorganes. IX. 158.
Politzer, £. (Pest) — Selt%rier FaU eines einfachen chronischen Mittelohr-
katarrhs. VII. 48.
PruBsak — Zur Anatomie des menschlichen Trommelfells, m. 255.
Rudi ng er — Ueher die Zotten in den Halbzirkelkanälen. II. 1.
Schalle — Neuer Apparat zur Untersuchung des Nasenrachenraumes. X.
128. Nachtrag dazu. X. 244.
Schulze — Beitrag zur Technik der Nasendouche. VI. 263.
Schwartze — Wissenschaftliche Entwicklung der Ohrenheilkunde im letzten
Decennium (1852—1862 incl.). I. 75. 236.
Ueber die sogenannte „Elektro-Otiatrik** Brenner*s. I. 44.
Totaler Verlust des Perceptionsvermögens für hohe Töne nach hef-
tigem Schall. I. 136.
Respiratorische Bewegung des Trommelfells. I. 139.
Pulsation an einem unverletzten TrommelfelL I. 140.
Annähernd normale Hörschärfe bei hochgradiger Degeneration beider
Trommelfelle. I. 142.
Schmerzlos entstandene Abscessbildung in der Paukenhöhle. I. 144.
Halbseitige Lähmuns durch Ohrpolypen. I. 147.
Beiträge zur Pathologie und pathologischen Anatomie des Ohres. I.
195. II. 279. IV. 235. V. 292.
Statistische Berichte. I. 221. H. 100. III. 22. IV. 15. V. 193. VI. 200.
Klonischer Krampf des M tensor tymp. II. 4.
Aspergillus im Gehörgang. II. 5.
Bougies aus Laminaria für die Tuba Eust II. 7.
Spontane Expulsion eines Ohrpolypen. U. 9.
Studien und Beobachtungen über die künstliche Perforation des Trom-
melfells, n. 24. 239. 245. HL 281. VI. 171.
Fall von acuter Caries des Felsenbeines. II. 36.
Synechie des Trommelfells mit Promontorium. H. 207.
Bemerkenswerther Fall plötzlicher Gehörlosigkeit. H. 210.
Spontanes Othämatom bei einem nicht Geisteskranken. II. 213.
Heilung einer völligen Taubheit durch HeurteIoup*s Blutegel. IL 298.
Kaustische Behandlung eitriger Ohrkatarrhe. IV. 1. Nachtrag dazu.
IV. 233.
Notiz über Galvanokaustik im Ohr. IV. 7.
Bluterguss in die Paukenhöhle bei Morbus Brightii. IV. 12.
Zur Pathologie der Synostose des Steigbügels. V. 257.
u. Koppe — Zwei Fälle von Beflexepilepsie bei Erkrankung des
Ohres. V. 282.
Fälle von Entzündung und Thrombose des Sinus transversus und Sin.
petrosus inferior bei Otitis media purulenta.' VI. 219.
Klonischer Krampf der Tuben-Gaumenmuskeln. VI. 228.
Historische und kritische Bemerkungen zur allgemeinen Therapie der
Ohrkrankheiten. VII. 16. VHI. 275. IX. 148. 199.
u. Eysell — üeber die künstliche Eröffnung des Warzenfortsatzes.
VII. 157.
Fall von primärem Epithelialkrebs des Ohres. IX. 208.
• Gasuistische Mittheilungen. IX. 234.
Gasuistik zur chirui^schen Eröffnung des Warzenfortsatzes. X. 23. 179.
Ueber die Stärke des bei der Luftdouche erforderlichen Luftdruckes.
X. 240.
Stein — Apparat zur photographischen Aufnahme des Trommelfells. VH. 56.
Steudener — Beiträge zur pathologischen Anatomie der Ohrpolypen. IV. 199.
Zwei neue Ohrpilze nebst Bemerkungen über die „Myringomycosis*'.
V. 163.
Stöhr — Bildung von breiten Condylomen im äussern Gehörgang. V. 130.
Generalr^ster. V
Toynbee — Ueber Nekrose der Schnecke and des Yorhofes und derenr
AusstoBsung w&hrend des Lebens. I. 112. Nachtrag dazu von
V. Tröltsch. L 158.
Trautmann — Gebrauch des Reflexspiegels und die Erzeugung vergrösserter
Trommelfellbüder. VII. 89.
Ueber den Werth der Ohrenheilkunde für die Militärärzte. VII. 103.
Die Lichtreflexe des Trommelfells. VIII. 1. K. 96. X. 10. 87.
Sectionsbefund nach Schuss in den Mund. Vm. 101.
Trommelfellbefund nach Sturz mit dem Pferde. VUL 101.
Pinzette zur Entfernung von Fremdkörpern. Vin. 102.
Statistischer Bericht. IX. 181.
Pulverisateur für den Nasenrachenraum. IX. 245. Nachtrag dazu.
IX. 310.
V. Tröltsch — Beiträge zur anatomischen und physiologischen Würdigung
der Tuben- und Gaumenmuskulatur. I. 15.
Das Politzer*sche Verfahren in seiner. Bedeutung für die Ohrenheil-
kunde. I. 28. •
Nachtrag zu Toynbee's Aufsatz über Nekrose der Schnecke etc. 1. 158.
Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Ohrtrompete. 11. 214.
Joseph Toynbee (Nekrolog). III. 230.
Vorläufige Mittheilung. III. 240.
Anatomische Beiträge zur Lehre von der Ohreneiterung. FV. 97.
Anatomische Beiträge zur Ohrenheilkunde. VI. 45.
Zur Lehre von den thierischen Parasiten am Menschen. IX. 193.
Anweisung zum Gebrauch der Nasendouche. IX. 191.
Ürbantschitsch — Beiträge zur Anatomie der Paukenhöhle. Vin. 50.
Berichtigung dazu. X. 8K. Ergänzung der Berichtigung. X. 225.
Anatomische Bemerkungen über die Gestalt und Lage des Ostium
pharyng. tubae beim Menschen. X. 1.
Ueber eine eigenthümliche Form von Epithelialauflagerung am Trom-
melfell und im äusseren Gehörgang. X. 7.
Toltolini — Beitrag zur Operation fremder Körper im äusseren Gehör-
gang. I. 151.
Welcker — üeber knöcherne Verengerung und Verschliessung des äusseren
Gehörganges, i. 163. Nachtrag dazu. I. 269.
Wen dt — Mittheilungen über die in meiner Ohren-Poliklinik beobachteten
Krankheitsfälle. III. 26.
W reden — Sechs Fälle von Myringomycosis. III. 1.
Zaufal — Exostose in beiden Paukenhöhlen mit theilweiser Verlegung der
Fenestra rotunda. II. 48.
Beitrag zur pathologischen Anatomie. II. 174.
Vorkommen seröser Flüssigkeit in der Paukenhöhle. V. 38.
üeber blaue Otorrhöen. VI. 206.
* Gasuistische Beiträge zu den traumatischen Verletzungen des Trommel-
fells. VII. 188. 280. VIII. 31.
Die normalen Bewegungen der Kachenmündung der Eustachi'schen
Röhre. IX. 133. 228. X. 19.
II. Besprechungen.
Allen — Lectures on aural catarrh (Schwartze). VI. 127.
Bezold — Perforation des Warzenfortsatzes vom anatomischen Standpunkte
aus (Eysell). IX. 271.
Boettcher — Gehörlabyrinth (Hensen). VH. 64. VIIL 163.
YI Geaeralregister.
Bonnafant ~ Lehrbuch. 2. Aufl. (Delstanche). IX. 169.
Glarke — Natuie and treatment ofPolypusof the ear (v. Tröltsch). lY. 230.
Golladon — L*oreille et la surdit^ (Jacoby). IX. 269.
Delstanche — Etüde sur le boordoonemeDt de l'oreille (Jacoby). VI. 26^.
De-Ro8si — Lehrbuch (Schwartze). VL 129.
Gottstein — Gehörschnecke (Hensen). VIL 64. VIIL 163.
Grube r — Lehrbuch (Jacoby). VI. 77.
Hasse — Lymphbahnen des inneren Ohres iBoettcher). VIIL 191.
Vergleichende Morphologie und Histologie des häutigen Gehörorgans
(Hensen). IX. 251.
Hin ton, Clinical remarks on perforations and some other morbid condition»
of the membrana tympani (Schwartze). lÜ. 314.
The questions of aural surgery (Cassells). X. 206.
Atlas der Trommelfellkrankheiten (Cassels). X. 206.
Krämer — Ohrenheilkunde der letzten 50 Jahre (Schwartze). VHI. 282.
Ladreit de Lacharri^re — Annales des maladies de Toreille et da
larynx (Schwartze). X. 51.
Levi — Les maladies de Toreille ( Trautraann). VIH. 202.
Leriche — De la surditä etc. (Schwartze). IL 148.
Levinstein — Grundzüge zur praktischen Otiatrie (Schwartze). U. 149.
Luschka — Der Schlundkopf des Menschen (Tröltsch). V. 138.
Mach — Optisch-acustische Versuche (Lucae). VU. 214.
Mayer, Ludwig — üeber den Canalis Eustachii (v. Tröltsch). ÜI. 244.
Meniere, E. — Des moyens therapeutiques employ^s dans les maladies de
l'oreille (Schwartze). V. 222.
Nuel — Säugethierschnecke (Hensen). VII. 64. VIIL 163.
Politzer — Beleuchtungsbilder des Trommelfells (Pagenstecher). U. 52.
— Wandtafeln zur Anatomie (Zaufal). VIlI. 108.
Koosa — Lehrbuch (Schwartze). IX. 106.
Rüdinger — Anatomie der Tuba Eustachii (v. Tröltsch). IIL 241.
Schaeling — Erziehung gehörkranker Kinder (Schwartze). VH. 299.
Schwartze — Praktische Beiträge zur Ohrenheilkunde (Warschauer). 1.159.
Toynbee — The diseases of the ear, with a Supplement by James Hinten
(Schwartze). V. 217.
Transactions of the american otological society. VU 73. S. Auszüge.
Triquet — Legons cliniques sur les maladies de l'oreille (Schwartze). U. 301.
V. Tröltsch — Lehrbuch. Dritte Auflage iPagenstecher). III. 246.
Idem. Fünfte Auflage (Jacoby). VUI. 207.
T u r n b u 1 1 — Handbuch (Jacoby). Vm. 104.
Tyndall — Der SchaU (Hensen). VL 119.
Voltolini — Galvanokaustik (Lucae). VII. 222.
Wendt — Krankheiten der Nasenrachenhöhle (v. Tröltsch). X. 47.
Wolf — Sprache und Ohr (Schwartze). VL 122.
Wreden — Myringomycosis aspergillina (Schwartze). IV. 285.
III. Anszfige.
Agnew — Otitis. X. 258.
Alter — Sehr seltener Ausgang einer Ohrenkrankheit etc. U. 310.
American otological society, Verhandlungen derselben. V. 313. VHI.
294. X. 70.
Anderson •— Casuistik. H. 164. IV. 302.
Beck — Thrombose des Sinus transversus. II 67.
Benedict — Zur Elektrootiatrik. VL 146. VIIL 114.
Generalregister. YII
Berthold — Optische Darstellung der durch Schalldtong durch die Kopf-
knochen erzeugten Bewegungen des TrommelfdlB am Leb^den.
VI. 275.
Bertrand — Meni^re'sche Krankheit. X. 83.
Bettelheim — Ueber die Wirkung des elektrischen Stromes auf das Gehör-
organ. IV. ^99.
Bezold, F. — Statistischer Bericht. VIII. 126.
Die Entstehung von Pilzbildung im Ohr. IX. 130.
Billroth — Tödtliche Blutung aus der Carotis bei Garies. IV. 53.
Bing — Zur Perforation des Trommelfells. X. 245.
Bischoff jr. — Ueber die Nerven des Gehörorgans. IV. 51.
Blake — Jahresbericht. IX. 189.
Bochdalek — Otologische Beiträge. II. 302.
junior — BeitrS^e zur Anatomie des Gehörorgans. ÜI. 320.
Böke — Ueber Caries des Felsenbeins. VI. 285.
Krebs im Ohr. I. 356.
Otiatrische Mittheilungen. IL 78.
Böters — Nekrose des Gehör-Labyrinths. X. 256.
Böttcher — Ueber den Aquaeductus yestibuli. IV. 232. VI. 133.
Fall von Fibrosarcom des Acusticus. VI. 279.
Bonnafont — Ohrpolypen. IL 153.
Otorrhoe. IV. 307.
Verschluss des Gehörorgans durch eine Exostose. Durchbohrung der-
• selben. IV. 307.
Bougard — Nervöse Taubheit. Elektricität. IL 237.
Breuer — Function der Bogengänge des Ohrlabyrinths. VIIL 302.
Brunner — Das veränderte Hören der eigenen Stimme. VI. 137.
Gehörschwmdel. VI. 150.
Bück — Cavernöses Angiom des Trommelfells. VI. 151.
Perforation des Proc. mast. VII. 300.
Fall von Bluterguss in die Paukenhöhle bei Morbus Brightü. VII. 301.
Casuistik. VUI. 239.
Krankheiten des Proc. mastoideus. Vin. 291.
— — Mechanismus des Gehörs IX. 188.
Buhl — Cholesteatom. VI. 157.
Burnett — Mechanik der Gehörknöchelchen. VII. 229.
Das äussere Ohr, als Besonator. IX. 127.
Vertheilung der Blutgefässe im Trommelfell. IX. 283. ^
Objectives Ohrgeräusch mit krampfhafter Ketraction des Trommelfells
und Gaumensegels. X. 220.
Jahresbericht. X. 223.
Burckhardt-Merian — Fremdkörper. IX. 287.
Capdeville — Zeichen, welche die Functionsprüfung des Ohres liefert.
X. 219.
Cassells — Ueber Behandlang des exanthemischen Katarrhs der Pauken-
höhle. IX. 187.
Jahresbericht. IX. 189. /
Ueber Myringomycosis aspergillina. X. 65.
Charcot — Schwindel in Folge von Ohrkrankheiten. X. 246.
Heilung der Meniere'schen Krankheit durch Chininsulfat. X. 251.
Chimani — Statistik und Casuistik. IL 320.
Claudius — Schädel der Hemicephalen. I. 354.
Coutagne — Uebertragung der Syphilis durch den Katheter. III. 324.
Gramer — ■. Ueber eine neue Fadenpilzgattung im Ohre IV. 307.
Curschmann — Ueber das Verhältniss der Halbzirkelkanäle des Ohr-
labyrinths zum Körpergleichgewicht. VHI. 307.
Cyon — Function der Halbzirkelkanäle. VIH. 302.
Dardel — Befund bei Taubstummheit. U. 310.
Dar olles — Otitis media acuta mit FaciaUslähmung und Meningitis. X. 253.
ym Generalregister.
Delstanche juD. — Gebrauch des Doppelballons. VI. 144.
De-Rossi — Otoscopie binoculaire. VI. 136. VII. 231.
Fall von Phlebitis des Sinus transversus. VI. 231.
Epting — Otitis int. mit Meningitis. IL 154.
Erb — Zur galvanischen Behandlung von Ohrenleiden. VI. 147.
Eysell — Ueber tödtliche OhrkranldLeiten. VI. 282.
Fischer — Sarcoma cerebri mit Otitis int. I. 357.
Perlgeschwulst. 11. 232.
Flemming — Notiz zur Beurtheilung des normalen Situs der Tuba £ust.
X. 259.
Follin — Trepanation des Proc. mast. I. 361.
Frank, Carl — Luftdouche. 11. 321.
Schwerhörigkeit geheilt durch Staphyloraphie. IX. 288.
Friedlowsky — Ueber abnorme Oenaungen an der unteren Wand der
Pauke etc. VI. 132.
61'arrigOu-D^sar^nes — Zur Stimmgabelprüfung. UI. 323.
Gel 16 -r- Endotoscop. IV. 303.
Geriach — Zur Morphologie der Tub. Eust. X. 53. X. 259.
Glama — Statistischer Bericht. II. 164. *
Goltz — Ueber die physiologische Bedeutung der Bogengänge des Ohr-
labyrinths. V. 300.
Gottstein — Die -mechanische Erweiterung des äussern Gehörgan^s, gleich-
zeitig als Compression der Gehörgangswände bei der Otitis externa
acuta. IV. 300.
Gross mann — Erkrankung des Ohres bei Scharlachfieber. II. 158.
Therapie der Otorrhoe. VI. 145.
Grub er, Josef — Myringodectomie. I. 58.
Garies des Schläfenbeins. II. 68.
Abscesse in der Umgebung des Gehörorgans. II. 7 1.
Statistische Berichte. II. 72.
Mittheilungen. IL 153.
Untersuchungen tLber die Anwendungsweise von Heilmitteln auf das
Hörorgan etc. II. 235.
Zur Therapie des Katarrhs im Mittelohr. U. 317. Nachtrag dazu
^ III. 254.
Beiträge zur Anatomie des Schläfenbeines in ihrer Anwendung auf die
praktische Ohrenheilkunde. IV. 292.
Ueber ein neues Verfahren zur Einbringung medicamentöser Flüssig-
keiten in einen mittleren Ohrtheil ohne Katheter. IV. 295.
Anatomie des äussern Gehörganges. VI. 131.
Ueber den feineren Bau des Ringwulstes am Trommelfell. VI. 131.
Autophonie und Tympanophonie. VI. 137.
\ Syphilis des Gehörorgans. VI. 144.
Vesicantia. VI. 145.
Fall von typischer Otalgie, durch Jodkalium geheilt. VI. 157.
Beitrag zur Lehre von der Paräcentese der Trommelhöhle. VI. 2S3.
Tenotomie des Tensor tymp. VI. 283.
Zur Lehre vom künstlichen Trommelfell. IX. 190.
Zur Casuistik der eitrigen Otitis media mit Facialislähmung. IX. 288.
Ueber Anomalien in der Verbindung des Hammers mit dem Trommel-
felle. IX. 304.
Ein neues Verfahren zur Herausbeförderung flüssiger Substanzen aus
den Räumen des Mittelohres. X. 56.
Fall von Ausstossung des ganzen Annulus tympanicus sammt Squama.
X. 57.
Bläschenflechte im Ohr. X. 221.
Generalregister. IX
Gräber, Josef — lieber ein neues Verfahren zur Wegsammachung der Tuba
Eust. und zur Ventilation der Trommelhöhle. X. 261.
Gudden — Mikroskopischer Befund im traumatisch gesprengten Ohr-
knorpel. VI. 161.
Hagen -- Elektro-otiatrische Studien. III. 329.
Der seröse Ausfluss aus dem äusserten Ohre nach Kopfverletzungen.
III. 331.
Die Garbolsäure in der Ohrenheilkunde. IV. 303.
Weitere Fälle von Pilzkrankheiten des Ohres. V. 312.
Die Fercussion des Schädels und deren Bedeutung für die Diagnose
von Exsudaten in der Paukenhöhle. IX. 305.
Subcutane Injectionen von Strychnium nitricum gegen nervöse Schwer-
hörigkeit etc. X. 265.
Haupt — Ueber das Othämatom. IV. 143.
Bedinge r — Zur Elektrootiatrik. VI. 146.
Heller — Zur anatomischen Begründung der Gehöratörungen bei Meningitis
cerebro-spinalis. IV. 55.
Helmholtz — Mechanik der Gehörknöchelchen. IV. 46. V. 299.
Schwingungen in der Schnecke des Ohres. VI. 163.
Hermann — Katheterismus tubae IL 162.
Tödtliche Blutung aus der Carotis bei Caries. IV. 294.
Herpin — Kleinhirnabscess nach Caries des Felsenbeins. X. 254.
Herz — Ueber traumatische Rupturen des Trommelfells. VlII. 300.
H es sei — Ohrpolypen. VI. 157.
Hin ton — Balggeschwulst des Trommelfells. Membranöse Bänder in der
Paukenhöhle. H. 151.
Neues Instrument zur Demonstration des Trommelfells. IV. 301.
Hitzig — Zur galvanischen Heizung des Gehörorgans. VIH. 114.
van Hoek — Otiatrische Mittheilungen. III. 325.
Hoppe — Ueber das Politzer'sche Verfahren etc. II. 163.
Hubert- Valleroux — Ueber Otorrhoe. IV. 305.
Hub rieh — Nervöse Taubheit IX. 293.
Hughlings-Jackson — Epileptiforme Anfälle bei Otorhoe. V. 307.
Jelly — Ueber Gehörshallucinationen. VlII. 116.
Joseph — Osteologischer Beitrag über das Schläfenbein. HI. 316.'
Kappeier — Zwei Warzenfortsatz-Operationen. X. 248.
Kessel — Fälle von Otitis int. mit Vereiterung der Zellen des Warzen-
fortsatzes und Sinusthrombose. Perforation des Warzenfortsatzes.
(Diss. inaug. 1866.) IV. 57.
u. Mach — Die Function der Tuba und Trommelhöhle. VIII. 116.
u. Mach — Versuche über die Accommodation des Ohrs. VIII. 121.
u. Mach — Beiträge zur Topographie und Mechanik des Mittelohres.
IX. 284.
Knapp — Doppelthören bei Otitis med. purulenta. VI. 158.
Systematische Methode zur Bestimmung der Hörschärfe. IX. 277.
Klinische Analyse der entzündlichen Aflfectionen des inneren Ohres.
VI. 159.
Reisenotizen. VH. 302.
Koppe — Gehörstörungen und Psychosen. IH. 332.
Kroll — Schwindelzufälle bei Ohrenkrankheiten. VI. 280.
Kühnel — Die Paracentese des Trommelfells. IV. 301.
Kunkel — Die Lageveränderung der pharyngealen Tubenmündung während
der Entwicklung. V. 301.
Ladreit de Larrachi^re — Meniäre'sche Krankheit. X. 216.
Ueber acute syphilitische Otitis. X. 217.
1
X Generalregister.
Landzert — Ueber den CanaHs cranio-pharyogeus am Schädel des Neu-
geborenen. IV. 291.
Laycock — Zur. semiotischen Bedeutung der Gestalt der Ohrmuschel
VII. 232.
Löwen her g — Fremdkörper. VII. 227.
Ueber ein Verfahren, die Einwirkung elektrischer Ströme auf die
Binnenmuskeln des Ohres zu untersuchen. VIII. 1I4.
Ueber die nach Durchschneidung der Bogengänge des Ohrlabyrinthes
auftretenden Bewegungsstörungen- X. 255.
Lucae — Zur Physiologie und Pathologie des Gehörorgans. I. 353.
Ueber eigenthümliche in den Halbzirkelkanälen vorkommende Gebilde.
U. 303.
Ueber Schwerhörigkeit bei grauer Degeneration des Bückenmarks.
n. 3o5.
Ueber Gehörstörungen bei Facialislähmung. II. 307.
Poppelballon. II. oO«.
Aragonitkrystalle im Trommelfell. III. 252.
Simulation einseitiger Taubheit V. 3i>3.
Benutzung des Planspiegels bei der Otoskopie. V. 310.
Zur Behandlung der Otitis purulenta chron. V. 310.
Stativ für den Ohrenspiegel. VI. 135.
Durchschneidung der hinteren Trommelfellfalte. VI. 152.
Maximal-Phonometer. VI. 276.
Zur diagnostischen Verwerthung der Schallleitung durch die Kopf-
knochen. VI. 277.
Ghloralhydrat bei trocknem Mittelohrkatarrh. VI. 283.
Die Accommodation und Accommodationsstörungen des Ohres. IX. 184.
Mach — Zur Theorie des Gehörorganes. VL 275.
u. Kessel — Die Function der Trommelhöhle und der Tuba Eustachü.
Vm. 116.
u. Kessel — Versuche über die Accommodation des Ohres. VIIL 121.
Gleichgewichtssinn des Menschen. VIIl. 302.
u. Kessel — Beiträge zur Topographie und Mechanik des Mittelohres.
IX. 284.
Ueber den Gleichgewichtssinn. VIII. 302. IX. 286
Mali n in — Ueber die physiologische Rolle der häutigen Bogengänge des
Labyrinthes. III. 319.
Marchai — Casuistik.- IV. 304.
Mayer, L. — Fremdkörper. VI. 151.
Meissner — Keuchhusten und seine Beziehung zum Ohr. 11 159.
Michel, Prof. — Angeborene Anomalien des inneren Ohres. I. 353.
, Carl, Dr. — Das Verhältniss der Tubenmündung zum Gaumensegel am
Lebenden betrachtet durch die Nase. X. 250.
Ueber chronischen Rachenkatarrh und dessen Heilung durch Galvano-
kaustik. X. 251.
Moon — Funtionen der membranösen Bogengänge. VI. 134.
Moos — Plötzlich entstandene Taubheit. I. 355.
Beitrag zur Helmholtz'schen Theorie der Tonempfindungen. II. 157.
Ausrottung eines Trommelhöhlenpolypen nach blutiger Trennung des
Trommelfells. III. 32H.
Zwei tödtlich verlaufene Fälle von Ohrenleiden. HI. 326.
Simulation einseitiger Taubheit. V. 303.
Seröse Ansammlungen in der Paukenhöhle. VI. 90.
Fall von vollständiger, nervöser, wiedergenesener Taubheit. VI. 90.
Plötzlicher Bluterguss in die Paukenhöhle bei Angina diphtheritica.
VI. 92.
Zur Diagnose der absoluten Acusticuslähmung VI. 138.
Doppelseitige symnfetrische Exostosen im Gehörgang. VI. 151.
Contraction des Tensor tympani, synchronisch mit der Kaubewegung.
VL 154.
Generalregister. XI
Moos — Hyperostose des Sch&dels und der beiden Felsenbeine. VI. 156.
Gehörorgan eines Taubstummen. VI. 160.
Vier Schussverletzangen des Ohres. VI..I6O.
Fall von selbständiger Diphtheritis des äussern Gehörganges. VI. 162.
-T — Pathologische Beobachtungen über die physiologische Bedeutung der
höheren musikalischen Töne. VII. 230.
Casuistik. VII. 234.
Beiträge zur normalen und pathologischen Anatomie und zur Physio-
logie der Tuba Eust. Ia. 186.
Sectionse^ebnisse. IX. 275.
Fall von Erweiterung des Bulbus venae jugularis und deren Beziehung
zur Entwicklung von Gehörshallucinationen. IX. 292.
Fall von Sarcom des linken Gehörnerven. IX. 298.
Weiterer Fall von fettiger Metamorphose des Corti'schen Organs.
IX. 299.
Müller, L. — Simulation einseitiger Taubheit. V. 303.
^a Silo ff — Myringitis villosa. IV. 58.
Neumann — Lupus der Ohrmuschel. VI. 150.
Nölting — üeber eine Püzbildung im Ohr. V. 312.
•
Ockel« Glama u. Wreden — Statistischer Bericht. IL 164.
Oeffinger — Missbilduugen des äussern und Innern Ohres. IV. 292.
Opitz — Künstliche Ohrenflüsse beim Militär. IL 319.
Orne-Green — Casuistik zur Entzündung des Proc. mast. IX. 125.
•
Pagenstecher — Zur Anbohr ung des Warzenfortsatzes I. 35$.
, Arnold — Otiatrische Mittheilungen. IL 77.
P elcher — Fremdkörper. IL 79.
Philipeaux — Künstliche Perforation des Trommelfells. II. 58.
Pilz — Tödtliche Blutung aus der Carotis bei Caries. IV. 53.
Politzer, A. — Subjective Gehörsempfindungen. IL 312.
Wahl der Adstringentien bei eitrigen Ofirkatarrhen. II. 315.
Diagnose und Therapie der Ansammlung seröser Fltlssigkeit in der
Trommelhöhle. III. 328.
Pathologisch-anatomische Präparate des Trommelfells. IV. 52.
Ueber luftdichte Obturation des äusseren Gehörganges als Heilmittel
bei chronischen Mittelohrkatarrhen. IV. 62. VI. 153.
Üeber die günstigen Resultate der durch Luftdruck erzeugten Rup-
turen dünner Trommelfellnarben. IV. 63.
Neue Untersuchungen über die Anwendung^ von Stimmgabeln zu diagno-
stischen Zwecken.' IV. 296. VI. 137.
üeber ein Verfahren zum Offenhalten künstlicher Perforationsöffnungen
im Trommelfelle. IV. 297.
Pilzbildungen auf dem Trommelfell. V. 312.
Höhlensystem zwischen Trommelfell und Hammerhals. VI. 131.
Trommelfellnarben. VL 152.
- — Spannungsanomalien des Trommelfells und der Gehörknöchelchen.
VL 153.
Klonischer' Krampf der Muskeln der Tuba Eust. VI. 154.
Therapie der beweglichen Exsudate in der Trommelhöhle. VL 155.
üeber Blasenbildungen und Exsudatsäcke im Trommelfell. VL 232.
Zur Technik des Catheterismus. VL 234.
üeber traumatische Trommelfellrupturen. VL 284.
üeber die Anwendung des Trommelhöhlen-Katheters. VIH. 288.
— - Zur Therapie der mit adenoiden Vegetationen im Nasenrachenraum
complicirten Erkrankungen des Mittelohrs. X. 55.
üeber Entfernung beweglicher Exsudate aus der Trommelhöhle. X. 58.
Zur Anatomie des Gehörorgans. X. 59.
Xn Generalregister.
Pomeroy — Behandlong des Nasenrachenkatarrhs. YU. 302.
Gatneterismus vom Munde aus. YUI. 2S7.
Poorten — Zur galvanischen Reizung des Acusticus. VIII. 113.
Pravaz — Anwendung comprimirter Luft bei Behandlung katarrhalischer
Taubheit III. 323.
Pritchard — Laminaria bei Yerengening des Gehörganges. II. 79.
Prout — Myringectomie. YIL 303.
Prussak — Zur Physiologie und Anatomie des Blutstromes 'in der Trom-
melhöhle. lY. 290.
Biemann — Mechanik des Ohres. lY. 2S8.
Bog er — Meningitis nach Otitis int. IL 311.
Roosa — StatisUk. YI. 233.
Sechssehn Fälle von Ohrerkrankung durch den Gebrauch der Nasen-
douche. VII. 235.
Der Proc. mast bei entzündlichen A£fectioDen des Mittelobres. YIL 236.
Kose — Ueberzählige Gehörknöchelchen in Yerbindung mit angeborenem
Yerschluss des äusseren Gehörganges. III. 251.
De-Rossi — Otoscopie binoculaire. YL 136. YIL 231.
Fall von Phlebitis des Sinus transversus. YI. 231.
Rondo t — Sarcom des Ohrläppchens, X. 252.
Rüdinger — Üeber das häutige Labyrinth des Menschen. III. 318.
üeber die Möglichkeit der Yerschliessung der Tuba Eust. beim Men-
schen. V. 301.
Gehörknöchelchen. YL 132.
lieber das Hören der eigenen Stimme durch die Tuba £iist YII. 233.
Ueber den Canalis facialis in seiner Beziehung zum siebenten Gehim-
nerven beim Erwachsenen. IX. 301.
Die Fossa jugularis u. ihre individuelle Grössenverschiedenhdt. X. 55.
Saint -Yel — Fibroide der OhrmuscheL 11. 152.
Schede — Evidement bei Caries des Warzenfortsatzes. YL 287.
Schmiedekamm u. Hensen — Experimentelle Studien zur Physiologie
des Gehörorgans. YL 164.
Schmitz — Ueber Fistula auris congenita und andere Missbildungen des
Ohres. YIIL 301. .
Schreiber — Heilung der Trommelfellperforation. U. 78.
Schulz — Elektro therapeutische Erfahrungen bezüglich des Ohrensausens.
IL 155. 236. 316.
Schütz — Tuberkulose des Innern und mittleren Ohres beim Schweine.
IX. 130.
Schwartze — Ueber subjective Gehörsempündungen. HI. 331.
Seely — Yortrag über Otofogie. IX. 290.
Sonderling — Ohrpolyp, geheilt durch Injection von Liq. ferri. YI. 157.
Siegle — Der pneumatische Ohrtrichter. IL 79.
Zur Behandlung des Ohrenflusses. IL 319.
Galvanokaustische Ligatur bei Ohrpolypen. YI. 146.
Simrock — Neues Yerfahren zur Perforation des TrommelfeUs. X. 222.
Speir — Ohrspeculum. YI. 289.
Steiner — Eitriger Ohrkatarrh als Ursache der Gehirnsymptome bei der
sog. Gemrnpneumonie der Kinder. Y. 308.
Stokes — Fall von Phlebitis desHimsinus bei Erkrankung des Mittelohres.
YI. 231.
Sycyanko — Ueber die Wirkung des galvanischen Stromes auf das Gehör-
organ. lY. 299.
T^donat — Caries des Felsenbeines. Drehbewegungen. X. 256.
Teuber — Zur Erkennung der Simulation einseitiger Taubheit. Y. 302.
u. Zwicke — Ueber den Einfluss der Gehörleiden auf die Militär-
diensttauglichkeit. IX. 294.
Generalregister. XIII
Thompson — Fremdkörper. II. 79.
Tillaux — Ueber den diagnostischen "Werth des Lichtreflexes amTrommel-
feU. IX. 295.
Tillot — Rhinitis chronica. X. 218.
Tourneret — Furulente Infection nach Otitis interna. X. 2ö5.
Tojnbee — Gehirnsymptome bei gewissen Ohraffectionen. IV. 61.
Triquet — Statistischer Bericht. II. 160.
FacialisparalYse nach dtrigem Ohrenfluss. II. 162.
Perforation des Trommelfells. II. 162.
Casnistik. n. 321.
Tronsseau — Vertigo ab aure laesa. IL 159.
Tnrnbull — Subjective Geräusche. X. 67.
ürbantschitsch — Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Paukenhöhle.
VIIL 291.
Trophische Störungen im Gebietq des Nervus auriculo-temporalis.
IX. 289.
Zur Anatomie der Tuba E. des Menschen. X. 262.
Yar rentrapp ~ Aneurysma art. basilaris. IL 234.
Yerga — Ligam. malleomaxillare. IL 230.
Voltolini — Sectionsergebnisse bei Schwerhörigen und Taubstummen. I.
362. IL 63.
Zur Rhinoscopie. 11.153. IV. 60. VL 136.
Zur Anwendung der Galvanokaustik im Schlundkopf. IV. 60.
Daa Zerbrennen fremder Körper im Gehörgang. VI. 151.
Kopfverletzung mit absoluter Taubheit. VI. 158.
Acute Entzündung de^ häutigen Labyrinths. VL 158.
Neue Operation am Trommelfell zur Verbesserunff des Gehörs. VIIL 290.
Ueber das Emphysem bei der Luftdouche. IX. 124.
Ein neuer Ohrenspiegel; die pneumatische Ohrenlupe. IX. 296. X. 61.
Voury — Meni^re'sche Krankheit. X. 83. |^
Wendt —Schlauchförmige Drüsen der Schleimhaut der Paukenhöhle. VI. 163.
Beiträge zur patholog. Anatomie des Ohres. VI. 166. Berichtigung
dazu. VI. 289.
Verhalten des Gehörorgans und des Nasenrachenraums bei Variola.
Vn. S5.
Verhalten der Paukenhöhle beim Fötus und Neugebomen. VIIL 286.
Polypöse Hypertrophie der Schleimhaut des Mittelohres. IX. 120.
Secundäre Veränderungen im Mittelohr. IX. 120.
Ueber einen wahrscheinlich embolischen Vorgang in der Schleimhaut
der Paukenhöhle. IX. 121.
Desquamative Entzündung des Mittelohres. IX. 122.
Ueber nebgebildete Membranen und Stränge im Mittelohr. IX. 277.
Die Politzer-Kesserschen Körperchen. IX. 279.
Ueber ein endotheliales Cholesteatom des Tri)mmelfells. IX. 281.
Wem her — Emphysem des Warzenfortsatzes. IX. 117.
Wolf, 0. — Casuistik. VIL 87.
Neue Untersuchungen über Hörprüfung und Hörstörungen. IX. 290.
W reden — Statistischer Bericht. IL 164.
Ueber Einspritzungen in das Mittelohr. VL 143.
Fremdkörper im Ohr. VL 151..
Otitis med. neonatorum. VI. 154.
Fall von Verbrennung der Paukenhöhle. VL 156.
Blutung aus dem Sinus transversus bei Otitis med. VL 158.
• Ueber elektrische Reizung des Gehörorganes. VIIL 111.
Die Myringomycosis aspergillina in den Jahren 1869—1873. IX. 128.
1
XIV GeneralresUter.
Zauf al — Die pathologisch -iTnatomische ünteraachung des Grehörorgans.
m. 322.
Bedeutung der Y. Santorini mastoidea bei Caries des SchläfeDbeins.
VI. 161.
Zuckerkandl — Ueber die A. stapedia des Menschen. IX. 300.
Zur £nt¥ricklttng des äusseren Grehöiganges. IX. 300.
Beitrag zur Anatomie des Schläfenbeines. IX. 302. 304.
Zur i^tomie und Physiolode der Tuba Eust. IX. 303.
Zürn — Die Ohrkrankheiten der Kaninchen. X. 247.
Zwicke u. Täuber — üeber denEinfluss der Gehörleiden auf die Militär-
diensttauglichkeit. IX. 294.
ArehiY rOhrenkilkimde, Ei XI.
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