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Full text of "Archiv für Ohrenheilkunde"

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ARCHIV 



FÜR 



OHKENHEILKUNDE 



f 
IM VEREIN MIT 






Prof. A. BÖTTCHER in Dorpat, Prof. AD. FICK in Wübzbürg, 
Prof. V. HENSEN in Kiel, Prof. C. E. E. HÖFFMANN in Basel, 
Prof. M. KOPPE in Halle, Prof. A. LÜCAE in Berlin, Prof. 
E. MACH IN Prag, Dr. A. MAGNUS in Königsberg, Prof. 
A. PRUSSAK in St. Petersburg, Prof..E. ZAÜFAL in Prag. 



HEBAUSGEGEBEN VON 



Prof. v. TROLTSCH Prof. ADAM POLITZER 

IN WÜEZBURG. IN WIEN. 

DND 

Prof. H. SCHWARTZE 

IN HALLE. 



ELFTES BAND. 



Mit 10 Holzschnitten und 4 Tafeln. 



LEIPZIG, 
VERLAG VON F. C. W. VOGEL. 

1876. 




Z$HI 




■ _ 4 • • • « «• 



Inhalt des elften Bandes. ' 



..w_^ ♦-•■ 



Erstes Heft 

(ausgegeben am 21. April 1876). 

Seite 

I. Zur Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen. Von Dr. Victor 

ürbantschitsch in Wien 1 

IL Zur pathologischen Histologie der Mittelohrauskleidung. Von Prof. 

Adam Politzer in Wien (Tafel I) .^ 11 

IIL Sectionsbefiinde. Von Dr. Küpper in Elberfeld 16 

IV. Nekrolog. Wilhelm Krämer. Von Dr. A. Magnus .... 24 

V. Kleinere Mittheilungen. 

' 1. Plastische Darstellung der Continuitätsstörungen und Wöl- 
bungsanomalien des Trommelfells • Von Prof. A. Politzer 
in Wien 31 

2. Zum diagnostischen und therapeutischen Gebrauch des Dop- 

pelballons. Von A. Lucae 3:5 

3. Ein neuer Zerstäuber für den Nasenrachenraum und vielleicht 

auch für andere Höhlen. Von Prof. v. Tr ölt seh . . 36 

4. Notizen zur Behandlung der chronischen Mittelohreiterung. 

Von Prof. Adam Politzer in Wien 40 

5. Die Auscultation des Warzenfortsatzes. Von Dr. J. Michael, 

Assistent an der allgemeinen Poliklinik in Wien ... 46 

YI. Wissenschaftliche Bundschau. 

1. Zur Function der Tuba Eustachii und des Gaumensegels. 

Von Prof. Dr. August Lucae (Zaufal) &2 

2. Neue Beobachtungen über das Verhalten der Rachenmündung 

der Tuba und über die Thätigkeit der Muskulatur des 
Schlundkopfes. Von Dr. Carl Michel in Cöln a. Eh. 
(Zaufal) 60 



n 



IV Inhalt des elften Bandes. 

Softe 

3. Zar Anatomie und Physiologie des Phyllodactylus Europaeus 

mit besonderer Berücksichtigung des Aquaeductus vesti- 
buli der Ascalaboten im Allgemeinen. Von Dr. B. Wie- 
dersheim. (Trautmann) 63 

4. Die Temperatur des äusseren Gehörganges unter physiolo- 

gischen und pathologischen Verhältnissen. Von Dr. E. 
Mendel, (v. Tröltsch) 68 

5. Ueber die Anwendung des Paukenröhrchens. Von Prof. Po- 

litzer. (Trautmanif) 69 

6. Chronische Mittelohreiterung in ihrer Beziehung zum Gehirn. 

Von Dr. Spencer. (Jacoby) 72 

7. Die Salicylsäure in der Ohrenheilkunde. Von Dr. Bezold. 

(Jacoby) 74 

8. Beiträge zur Prophylaxe und Therapie der Gehörkrankheiten. 

Von Dr. A. Burckhardt-Merian. (Jacoby) ... 76 

9. Zweiter Bericht aus der Heilanstalt fCLr Augen- und Ohren- 

kranke in München von Dr, Bezold. (Jacoby) ... 77 

10. Ein Fall von alternirender Schwerhörigkeit. Von Dr. V. Ur- 

bantschitsch. (Jacoby) 77 

11. Ein Fall von Perforation des Warzenfortsatzes nebst Be- 

merkungen Über die bisherigen Besultate der Operation. 
Von Dr. P. Bupprecht. (Jacoby) ^ 79 

12. Die Ohrenprobe, als Ersatz ^er Lungenprobe in Fällen, wo 

der vom Bumpf getrennte Kopf eines Neugeborenen allein 
der gerichtsärztlichen Untersuchung vorliegt. Von Dr. R. 
Wreden. (Jacoby) 79 

13. Ueber vorzeitige Athembewegungen in forensischer Beziehung. 

Von Prof. Eduard Hofmann. (Jacoby) 81 

14. Untersuchungen über die Physiologie der halbzirkelförmigen 

Kanäle. Von Dr. A. Stefan!, (de Rossi) 85 

15. Ueber einige angeborene Missbildungen des Gehörorgans. Von 
Dr. G. Mori. (de Rossi) 87 

16. Zur Diagnostik der Krankheiten der Paukenhöhle. Von R. 

Voltolini. (Schwartze) 88 

17. Vo anno di insegnamento della otojatria dato dal Prof. E. 

de Rossi. (Morpurgo) 89 

YU. Bemerkungen zu den Referaten des Herrn Dr. Trautmann über 
meine Aufsätze: I. Ueber Entfernung beweglicher Exsudate aus 
der Trommelhöhle. H. Zur Anatomie des Gehörorgans. Von 
Prof. Dr. A. Politzer 93 

Mittheilung, betre£fend den medicinischen internationalen Congress in 

Philadelphia am 4. bis 9. September 1876 .' 96 

Literatur 97 

Vorläufige Mittheilung. Von Dr. A. Magnus 98 



/. 



Inhalt des elften Bandes. 



Zweites Heft 

(ausgegeben. am 21. Juli 1876). 

Seite 

YIII. Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. Von Dr. £. 

.Trautmann in Berlin (Taf. IL III) 99 

IX. Zwei Fälle von Exostose im äusseren Gehörgang die zum Ab- 
scbluss desselben und zur Taubheit fährte; Heilung durch 
Operation mit dem Hohlmeissel. Mitgetheilt von Dr. Al- 
dinger in Fürth 113 

X. Zweite Notiz zur caustischen Behandlung der chronischen Mittel- 
ohreiterung. Von H. Schwartze 121 

XI. Zur Tenotomie des Tensor tympani. Von H. Schwartze . . 124 

XII. lieber die Operationsmethoden der l'enotomie des Tensor tym- 

pani Von Dr. Arthur Hartmann in Berlin 127 

XIII. Nekrolog. Prof. Dr. Hermann W e n d t. Von Dr. Trautmann, 

Oberstabs- und Begimentsarzt in Berlin 132 

XIY. Casuistik zur chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 

Von H. Schwartze (Fortsetzung) 136 

XV. Zur Frage über die Innervation des Muse, tensor tympani. Von 

Prof. Dr. Adam Politzer in Wien 159 

XVI. Kleinere Mittheilungen. 

1. Ueber eine neue Form des künstlichen Trommelfells. Von 

Dr. Arthur Hartmann in Berlin 167 

2. Bemerkungen zu dem Referate des Herrn Zaufal über 

meine Arbeit: Zur Function der Tuba Eustachii und 
des Gkiumensegels. Von A. Lucae 169 

XVII. Wissenschaftliche Rundschau. 

1 . üeber die Grenzen der Tonwahrnehmung. Von W. P r e y e r. 

(A. Fick) 170 

2. Ueber histologische Veränderungen des Labyrinths bei 

gewissen Infectionskrankheiten. Von Professor Moos. 
(Schwartze) 172 

3. üeber den diagnostischen und therapeutischen Werth des 

neuen Verfahrens zur Wegsammachung der Eustachi- 
schen Ohrtrompete und zur Ventilation der Trommel- 
höhle. Von Prof. Dr. Josef Grub er. — üeber zwei an- 
geblich „neue Verfahren'' zur Wegsammachung der Ohr- 
trompete. Von Prof. Dr. Adam Politzer. (Zaufal) . 173 

4. Bhinoscopie par le Dr. Erishaber. (Kuhn) .... 176 

5. Ladreit deLacharri^re, De quelques affections her- 

p^tiques de Toreille^ qui provoquent le plus souvent la 
surditö. (Kuhn) 177 

6. Bondot, Sur le cancer de l'apophyse masto'ide. (Kuhn) 178 



VI Inhalt des elften Bandes. ^ 

Seite 

7. Luys, Gontributions ä T^tude des l^sions intrac^rebrales 

de la surdi-mutit6. (Kuhn) 179 

8. Levi, Des divers moyens propos6s pour maintenir ouverte 

une Perforation chimrgicale de la membrane du tympan. 
(Kuhn) 180 

9. Ladreit de Lacharri^re, Du retard dans le devellop- 

pement du langage et du mutisme chez Tenfant qui 
entend. (Kuhn) 181 

10. Pierreson, Essai du traitement m^dical de Thyper- 

trophie des amygdales. (Kuhn) 182 

11. Tinnitus aurium. Betrachtung der ursächlichen Verhält- 

nisse und Versuch, die Entstehung nach physicalischen 
Principien zu erklären. Von Dr. S.Theobald. (Jacob y) 183 

12. Transactions of the american otological Society, eight an- 

nual meeting. (Jacoby) 185 

13. Eine verbesserte Applicationsmethode des künstlichen 

Blutegels. Von Dr. S. Theo bald. (Jacoby) .... 190 

14. Ueber Ohrkrankheit«n als Folge und Ursache von AUge- 

meinkrankheiten. Von J. Heydloff. (Jacoby) ... 191 

15. Myringitis. Von Prof. Jos. 6 ruber. (Jacoby) . . . 192 

16. Die acute Zellhautentztlndung der supra- und postauricular- 

Gegend. Von R Voltolini. (Jacoby) 193 

17. Statistische und casuistische Beiträge zur Ohrenheilkunde. 

Von Carl Friedrich. (Jacoby) 193 

18. Ueber Anomalien in der Bildung der Nasenmuscheln. Von 

Prof. E. Zaufal. (Jacoby) 194 

19. Ueber eine Eigenthümlichkeit der Schallempfindungen ge- 

ringster Intensität. Von Dr. Victor Urbantschitsch. 
(Jacoby) 195 

20. Beschreibung einer einfachen Methode, mittelst deren zwei 

Beobachter gleichzeitig den Augengrund, das Trommel- 
fell oder den Kehlkopf untersuchen können. Von Dr. 
Emil Berthold. (Jacoby) 196 

Literatur , . 197 

Mittheilung des Dr. A. Magnus 198 



v^ 



Inhalt des elften Bandes VII 



Drittes und viertes Heft 

(ausgegeben am 17. November 1876). 

Seite 

XVIII. üeber die Durchschneidung des Steigbügehnuskels beim Men- 
schen und über die Extraction des Steigbügels, resp. der 
Coiumella bei Thieren. Von Dr J. Kessel, Privatdocent an 

der Universität Graz 1^9 

XIX. Ueber den Katheterismus des Ohrhalskanales durch den Mund* 
und über ein Ersatz verfahren desselben. Von Dr. J.Kessel, 

Privatdocent an der Universität Graz . . . ' 218 

XX. Beiträge zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte des mensch- 
lichen Gehöroigans. Von Dr. Moldenhauer in Leipzig . 225 

XXI. Studien über die Paracusis loci. Von Prof. Dr. Adam Po- 
litzer in Wien 2.^1 

XXn. Ueber Anastomosen zwischen den Gef&ssbezirken des Mittel- 
ohres und des Labyrinths. Von Prof. Dr. Adam Politzer 
in Wien '(Tafel IV) 237 

XXni. Ueber Verlauf imd Sectionsbefund eines Falles von hochgradiger 
und eigenthümlicher Gehörstörung. Von Dr. A. Magnus in 
Königsberg i. Pr 244 

XXIV. Wissenschaftliche Rundschau. 

1 . Beitrag«ur Histologie der häutigen Bogengänge des mensch- 

lichen Labyrinthes. Von G Utz. (Kessel) 250 

2. Ein Beitrag zur Lehre über den Bau des Tubenknorpels 

beim Menschen. Von V. Urbantschitsch. (Kessel) 253 

3. Garies der Mastoidzellen, Entfernung eines Sequesters, 

Facialisparalyse, Heilung. Von Dr. 0. H. Burnett. 
(Jacoby) 253 

4. Jahresbericht der Direction und des Medicinalamtes des 

St. Michaers Hospital Newark. (Jacoby) 254 

5. Die Operation der adenoiden Neubildungen im Nasen- 

rachenräume mittelst des biegsamen scharfen Löffels. Von 
Dr. Justi. (Jacoby) 255 

6. Des Corps ^trangers de Toreille. Par le Dr. Oo Iladon 

(Jacoby) 255 

7. Zur operativen Behandlung der Ohreiterung. Von Dr. Oscar 

Wolff. (Jacoby) 255 

8. Zur Physiologie der halbzirkelförmigen Kanäle und des 

Nerv, acusticus. Von E. Cyon. (Kuhn) 257 

9. Hardy, Otite avec vertige. Maladie de Meniöre. (Kuhn) 258 

10. Championnifere, Oblit^ration compl^te du pharynx ä 

sa partie sup^rieure. (Kuhn) 258 

11. Guerder, Angine, Catarrhe de Toreille moyenne. N^vrite 

de la corde du tympan. (Kuhn) 260 



Yin Inhalt des elften Bandes. 

Seite 

12. Ladrei^de Lacharri^re, De^ Temploi des pr^para- 

tions jod^es dans le traitement des maladies de Foreille. 
(Kuhn) 260 

13. Sapolini, Nouvel instrument pour Feztraction des corps 

toangers du conduit auditif ext. (Kuhn) 261 

14. üeber den Nervus vestibuli. Von J. Horbaczewsky. 

(Kessel) 262 

15. Ladreit de Laracharriere, Consid^rations practiques 

sur les polypes de Toreille. (Kuhn) 263 

16. Gauderon, Otite moyenne suppur^e. — Phläbite du sinus 

lateral. MSningite c^r^belleuse purul. Abscäs du cer- 
velet. (Kuhn) 264 

17. Die Myrkigotomie, Beitrag zur Therapie der Ohrkrankheiten. 

Von Dr. A. Ravogli (de Rossi) ........ 265 

XXIV. . SitzuDgs-ProtocoU der Section für Ohrenheilkunde auf der 49. 
Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Hamburg 

(1876) 272 

Anzeige. Von Prof. Luc ae in Berlin 278 

Literatur 279 

GeneralrQgister ftlr das. Archiv für Ohrenheilkunde. Bd. I— X. 



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•l 




I. 

Zur Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen 



TOn 



Dr. Yictor Urliaiitschitseh 

in Wien. 

Eine Vergleiclmng der Gehörknöchelchen, welche 50 Pauken- 
höhlen des Menschen entnommen wurden, ergab sowohl bezüglich 
der Grösse, als auch der Gestalt folgende individuelle Verschie- 
denheiten : 

Hammer. Die Länge des Hammers schwankt zwischen 7,0 
und 9,2 Mm. und zeigt durchschnittlich 8,5 Mm. — Das Wachs- 
thum des Hammers sowohl, wie der übrigen Gehörknöchelchen 
scheint bereits im frühesten Kindesalter abgeschlossen zu sein 
und bei der Mannigfaltigkeit, welche die Grösse der Gehör- 
knöchelchen im Allgemeinen aufweist, kommt es nicht selten vor, 
dass die Ossicula bei den Erwachsenen sogar kleiner sind, als 
bei Neugeborenen (s. Tabelle). 

Der kurze Fortsatz des Hammers schwankt zwischen 
1,2 und 2,6 Mm. und besitzt im Durchschnitt eine Länge von 
1,6 Mm. — Der Proc. brevis ist in allen 50 Fällen bei auf- 
rechter Stellung des Hammers etwas nach oben gewendet und 
dabei nach vom verschieden stark convex ; zuweilen biegt er an 
seinem äussersten Theile plötzlich scharf nach hinten um, so 
dass in solchen Fällen auch ein kleiner Abschnitt von der vor- 
deren Fläche des kurzen Fortsatzes dem Trommelfelle anliegt. 
Sein freies Ende läuft entweder in eine mehr weniger deutliche 
Spitze aus, oder der kurze Fortsatz endet stumpf und zeigt dabei 
nicht selten an seinem äussersten Ende eine kleine kraterf örmige 
Vertiefung. 

Der lange Fortsatz, welcher bei Erwachsenen bekannt- 
lich meistens nur angedeutet ist oder durch einen kleinen 
Knochenstachel vertreten Wird, zeigt ausnahmsweise bei einem 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Rd. (Neue Folge. Y. Bd.) 1 



Zur Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen. 3 

gleichung von 60 Präparaten wesentliche Verschiedenheiten auf. 
Die Sehne inserirt in 19 Fällen an der vorderen Fläche des 
Hammiergriffes , unmittelbar vor der inneren Kante; in 20 Prä- 
paraten an der nach oben sich verbreiternden inneren Kante ^ 
und an der vorderen Fläche*); 7 mal an der inneren Kante 
allein. In 2 Fällen begibt sich die Sehne zur inneren Kante 
und zur hinteren Fläche *), an anderen 2 Präparaten zur hinteren 
Fläche allein; in 10 Fällen umgreift die Sehne die innere Kante*) 
und setzt sich mit einem Theile der Fasern an die vordere 
Fläche und mit einem anderen Theile an die hintere Fläche des 
Hammergriffes an. Wie sich schpn aus dem soeben Mitgetheilten 
erkennen lässt, findet die Insertion der Sehne nicht immer parallel 
mit der Längsaxe des Hammergriffes statt, sondern erfolgt häufig 
in schräger Richtung*)? und zwar meistens in der Weise, dass 
sich der untere Theil der Sehne nach rückwärts zur inneren 
Kante oder selbst zur hinteren Fläche begibt, indess der obere 
'Theil nach vorne zur vorderen Fläche verläuft. 

Zuweilen erscheint die Fläche des Trommelfellspanners un- 
mittelbar vor ihrer Insertion am Hammergriffe deutlich in zwei 
übereinander gelagerte Bündel gespalten.*) — Zu erwähnen wäre 
noch die zuweilen vorkommende Verbindung des Ligament, mallei 
anter. oder des Proc. longus mit der die Sehne des Muse. tens. 
tymp. umkleidenden Scheide, welche nicht selten ein kleines Faser- 
btindel nach vom und aussen zu den genannten Gebilden- ab- 
sendet.'') 

Ambos, Der Abstand des oberen Endes der Ambosgelenk- 
fläche bis zum freien Ende des horizontalen Schenkels beträgt 
4,8 — 6,3 Mm., im Durchschnitte 5,3 Mm.; das untere Gelenk- 
ende ist vom Ambos - Stapes - Gelenk 3,0 — 5,2 Mm., im Durch- 
schnitt 4,6 Mm. entfernt. 

Der horizontale Schenkel zeigt einige Mm. vor seiner 
Spitze am unteren Rande häufig eine Einkerbung'), welche sich 
zuweilen als eine nach vorn convexe Rinne über die innere Fläche 
erstreckt. Ein andermal ist wieder anstatt des Einschnittes ein 

1) Politzer, Arch. f. Ohrenheilkunde. IV. Bd. S. 21. 1869. 

2) Gruber, Anatom, phys. Studien über das Trommelfell und die 
Gehörknöchelchen. Wien 1867. 

3) Nach Gasse bohm, Tractatus quatuor de aure humana. Halae 
1734. S. 64, bereits von Casserius und Veslingius angeführt. 

4) Gassebohm, S. 64. 

5) Hyrtl, Vergleichend anatom. Ünteri^ch. über d. innere Gehörorgan 
des Menschen u. d. Säogethiere. Prag 1845. S. 69. 

( 1* 



"C 



Zar Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen. 5 

geneigt ist. Die Verbindung des Stieles mit dem verticalen 
Schenkel ist ebenfalls eine verschiedene; entweder entspricHt 
die Breite des Knochenstieles vollkommen oder nahezu der 
l^reite^ welche das untere Ende des verticalen Schenkels besitzt ; 
an anderen Präparaten dagegen geht der Stiel nur von dem 
hinteren Abschnitte des unteren Ambosendes ab oder blos von 
der hinteren Kante allein (in 14 Fällen), wobei der frei bleibende 
Theil des Schenkels zuweilen noch etwas unterhalb der Abgangs- 
stelle des Stieles nach abwärts reicht/) 

Der Körper desAmboses zeigt an seiner inneren Fläche 
häufig eine kleine Delle oder selbst ein deutlich entwickeltes Grflb- 
chen, aus dessen Mitte zuweilen ein knopfförmiges Knöchelchen 
hervorspringt. In einzelnen Fällen sitzt der inneren Fläche ein 
Conglomerat kleiner, rundlicher Exostosen auf. 

Unter den 3 Gehörknöchelchen ist die Oberfläche des Am- 
boses auffallig häufig von Lücken durchsetzt, und zwar finde ich 
an 3 Präparaten die innere Fläche des Amboskörpers porös*), 
in 2 Fällen die innere Fläche des horizontalen Schenkels und 
8 mal die des verticalen Schenkels'); in einem Falle zeigt sich 
an der inneren Fläche des verticalen Schenkels, ein andermal 
an der vorderen Seite ein bis 1,5 Mm. langer Sulcus. 

Der Steigbügel Die Länge des Stapes beträgt 3,2 — 4,5 Mm., 
im Durchschnitt 3,7 Mm.; seine Breite, von der Mitte beider 
Schenkel aus gemessen, 1,8 — 3,5 Mm., im Durchschnitt 2,3 Mm. 

Der Kopf des Steigbügels ist entweder vollkommen gerade 
(29 mal), oder gegen den vorderen^) (18 mal), seltener gegen 
den hinteren Schenkel (3 mal) geneigt ; an einem Präparate zeigt 
sich das Gapitulum nach aufwärts gerichtet, dem oberen Kande 
der Stapesplatte zugewendet. 

Der Kopf sitzt entweder dem Vereinigungsbogen beider 
Stapesschenkel unmittelbar auf oder steht mit demselben ver- 
mittelst eines Halses in Verbindung; die letztere Form ist die 
häufigere. 

Das Verhältniss des Stapeskopfes zum -Halse ist ein verschie- 
denes ; zuweilen geht der Hals unmerklich in das Gapitulum über 
und beide gemeinschaftlich bilden einen gegen das Os lenticulare 
sich verjüngenden Conus, an welchem sich eine kleine Grube 
als Gelenkpfanne befindet. Gewöhnlich jedoch springt der Kopf 

l)ßüdinger's Atlas des Gehörorganes. Lief. I. Taf. IL Fig, 9. 

2) Ca3sebohm, S. 62. 

3) Sömmering, Tab. IL 



Zar Anatomie der Gehörknöchelchen des Mensel 

gekrümmt, als der vordere und bildet zuweilen na 
einen deutlieh ausgeprägten Höcker. Der vordere 
erscheint meistens nur schwach gekrümmt und kan] 
kommen gerade sein (10 mal); nur an einem einzig 
übertriflFt seine Krümmung die des hinteren Sehe 
einem Stapes zeigt der vordere Schenkel, in der N 
Satzes an die Platte, eine plötzliche Einknickung, 
cavität nach vom sieht. Wiederholt bemerkte ich i 
Schenkel eine schwache Spiraldrehung und zwar in 
dass die nach vom sehende Fläche unmittelbar voi 
etwas nach aufwärts gewendet erscheint. 

Der Ansatz beider Schenkel an die Platte findet 
den unteren Rand der Stapesplatte statt, so dass die 
unteren Rande beider Schenkel ungefähr in derselben 
ebene liegt, während der obere Rand der Platte zs : 
Schenkelenden bogenförmig mit nach aufwärts geric i 
vexität ausgespannt ist. 

Wie schon aus den früheren Angaben hervorgeht 
die Breite des hinteren Schenkels in der Regel die d ^ 
Schenkels'^); nur in 6 Fällen besitzen beide Sehen! 
Breite. 

An einem Präparate findet am vorderen Schenke I 
bar vor der Platte, eine kleine Verdünnung von ungef i i 
statt und an einem anderen Steigbügel versehmäleii 
1,0 Mm. breite hintere Schenkel, nahe der Platte, ai 
— Nach aussen gegen das Capitulum erfolgt eine bo; 
Vereinigung beider Schenkel und zwar tritt diesell 
oberen Seite des Stapes in Form eines Spitzbogeni 
unteren Seite dagegen in Form eines Rundbogens 
ausnahmsweise bestehen beiderseits Rundbogen (4 I 
Spitzbogen (3 Fälle). Gewöhnlich reicht der Spitzbc 
an das Stapesköpfchen, als der Rundbogen, welcher j; 
Grunde, beim Anblicke von oben her, unterhalb des S 
coulissenartig vorspringt, in einer Breite, welche bi 
beträgt. An einem Präparate bemerke ich an der un 



1) Hagenbach (Die Paukenhöhle der Säugethiere. L 
S. 28. Anmerk.) fand „die Schenkel bald sehr stark, bald nur i 
krümmt, fast gerade verlaufend, bald den einen stärker gekrün 
anderen**. 

2) Huschke, S. 842. 

3) Huschke, S. 843. 




t' 



ir 



Zur Anatomie der Gehörknöchelchen des Menschen. 9 

förmig eingefügt sind und ausser Verbindung mit den Bändern 
derselben bleiben. 

Der obere ßand beider Schenkel setzt sieh mitunter in eine 
Crista fort, welche die Crura stapedis mit einander verbindet 
(in 3 Fällen) und die Platte in eine kleinere obere und in eine 
grössere untere Abtheilung scheidet*), oder diese Crista ist nur 
an der Basis beider Schenkel vorhanden und verliert sich all- 
mählich gegen die Mitte der Platte (an 5 Präparaten). 

Nachträglich möchte ich noch, bezüglich der Gehörknöchel- <^f 

chen, einige auffällige Abnormitäten anftlhren, welche sich unter 
den, dieser Arbeit zu Grunde gelegten Präparaten befinden: 

Paukenhöhle eines Erwachsenen. 

Von der vorderen oberen Peripherie des Trommelfelles zieht 
eine 3,0 Mm. lange und 1,8 Mm. breite Knochenlamelle zur 
vorderen Fläche und zur inneren Kante des Hammergriffes und 
steht mit derselben scheinbar in knöcherner Verbindung. Eine 
nähere Untersuchung ergibt jedoch , dass diese Knocherilamelle 
dem Griffe nur innig anliegt, ohne mit ihm zu verschmelzen, 
weshalb auch dem Hammer noch eine, wenngleich minimale Be- 
wegung gestattet ist. Das Trommelfell, welches an der betref- 
fenden Partie im oberen vorderen Quadranten von der Knochen- 
lamelle nicht abhebbar ist, zeigt, gleich dem Hammer selbst, 
keine weitere Veränderung. 

Missbildung des Amboses. 

Paukenhöhle eines Erwachsenen; rechte Seite: 
Hammer normal; der horizontale Ambosschenkel ist plump und 
besonders an seinem hinteren Ende stark verbreitert; der ver- 
ticäle Schenkel des Amboses läuft nicht parallel mit dem Hammer- 
griff direct nach abwärts, sondern begibt sich von demselben, 
unter einem Winkel von ungefähr 60 ö, nach hinten und innen, 
wobei er eine nach ^ vom und innen gerichtete starke Concavität 
bildet. Der untere Theil des verticalen Schenkels liegt mit 
einer breiten Fläche der hinteren Paukenwand an und ist mit 
ihr durch straffes Bindegewebe verbunden; der verticale Schenkel 
endet mit einer scheibenförmigen Verbreiterung von 2,5 Mm. im 
Durchmesser, also ungefähr um 1,5 Mm. über die durchschnittliche 

1) Nach Hnschke, S. 843, bereits enyähot von Fischer, Tractat. 
anat. pbys. de auditu hominis, Mosq. 1825. § 12. S. 101. Tab. I. Fig. 12 h. 



II. 

Zar pathologischen Histologie der Hittelohranskleidnng 



von 



Prot Adam Politzer 

in Wien. 

(Hierzu Tafel I.) 

In einem vor zwei Jahren in diesem Archiv erschienenen 
Aufsatze ^ habe ich zuerst auf einen bis dahin nicht beschriebenen 
mikroskopischen Befund in der erkrankten Trommelhöhlenschleim- 
haut aufmerksam gemacht, welchen ich an der Promontorium- 
schleimhaut einer an Phthisis pulmonum verstorbenen Frau, die 
seit 5 Jahren, an einer rechtsseitigen Otorrhoe litt, beobachtet 
habe. Es handelte sich in jenem Falle um das Vorkommen 
enorm erweiterter Lymphgefässe in den] tiefen Schichten des 
Promontoriumüberzuges. — Bei meinen seit jener Zeit fortge- 
setzten mikroskopischen Untersuchungen der erkrankten Mittel- 
ohrauskleidung habe ich das öftere Vorkommen ähnlicher Lymph- 
gefässbildungen constatirt und zwar vorzugsweise in Fällen von 
chronischer, mit Perforation des Trommelfelles einhergehender 
Mittelohrentzündung. — Die erwähnten Lymphgefässerweiterun- 
gen kommen nicht nur am üeberzuge des Promontorium, son- 
dern auch an anderen Stellen der Trommelhöhle vor und zwar 
an der äusseren Trommelhöhlenwand in der Nähe des Ambos- 
körpers, femer an jener Gegend der inneren Trommelhöhlenwand, 
welche sich über der Erhabenheit des horizontalen Halbcirkel- 
ganges befindet und endlich in der hinteren Wand des Cavum 
tympani bis zur üebergangsstelle zum Antrum mastoideum. — 
An der letzterwähnten Stelle fand ich in einem Falle, wo in 
Folge chronischer Eiterung das Trommelfell bis auf einen kleinen 
Best zerstört und die Mittelohrauskleidung blass und massig 

1) Stadien über Gefässveränderangen in der erkrankten Mittelobr- 
auskleidung. (A. f. 0. N. F. I. Bd.) 



Zar pathologischen Histologie der Mittelohrauskleidnng. 13 

änderten präexistenten Gefässbildnngen oder mit neugebildeten 
Lymphgefässen und eystenartigen Hohlräumen zu thun haben. 
Was den Befund in den tieferen Schichten der Mittelohraus- 
kleidung anlangt, so ist es wahrscheinlich, dass es sich hierbei 
um präexistente (Kessel), pathologisch veränderte Lymphgefässe 
handelt, welche nicht nur excessiv erweitert, sondern auch in 
ihrer Formation verändert erscheinen. * 

Anders verhält es sich mit den Gystenbildungen und den 
Eeftmden in der sog. wuchernden Schleimhaut des Mittelohres. 
Die hier auftretenden Gefässbildungen sind als neugebildete 
Lymphgefässe oder Lymphgänge aufzufassen, wie dies aus dem 
hier* zu schildernden Beftmde hervorgeht. 

Bei einem an Phthisis pulmonum verstorbenen jungen Manne, 
der in früheren Jahren an chronischer Otorrhoe litt und nach 
deren Aufhören sich eine hochgradige Schwerhörigkeit ent- 
wickelte; fand ich das Trommelfell saturirt, trüb, knochengelb, 
lederartig verdickt, starr, wenig nachgiebig und den centralen 
Theil der Membran auffallend eingezogen. Nach Entfernung des 
Tegmentum tympani fand ich den Trommelhöhlenraum und die 
Zellen des Warzenfortsatzes von einer lockeren Bindegewebs- 
wucherung vollständig ausgeftillt und dieselbe sowohl mit der 
inneren Trommelhöhlen wand , als auch mit der ganzen inneren 
Fläche des Trommelfelles verwachsen. 

Die mikroskopische Untersuchung eines kleinen Stückes 
dieser Bindegewebswucherung aus dem oberen Trommelhöhlen- 
raum zeigt am sorgfältig zerzupften Präparate das Vorhandensein 
mehrerer variköser, mit fingerförmigen und kolbigen seitlichen 
Ausläufern versehener, 'den oben beschriebenen analoger Gefäss- 
bildungen und neben diesen mehrere geschlossene, unregel- 
mässige, ovale und rundliche Cysten von verschiedener Grösse 
(Taf. L Fig. 3). Um das Verhalten der Bindegewebswucherung zur 
inneren Fläche des Trommelfelles einerseits , und der inneren 
Trommelhöhlenwand andererseits kennen zu lernen, wurde das 
Präparat behufs Entkalkung der Knocbentheile durch einige 
Wochen in verdünnte Salzsäure gelegt, hierauf in Alkohol ge- 
härtet und eine Anzahl durch das Trommelfell, Trommelhöhle 
und innere Trommelhöhlenwand gehender Querschnitte (Frontal- 
schnitte) geftihrt. Die mikroskopische Untersuchung dieser 
Schnitte (Taf. L Fig. 2) ergab nun Folgendes : Die ursprüngliche 
Textur des Trommelfelles {t, t'\ welche sich an einzelnen Präpara- 
ten von der mit demselben verwachsenen Bindegewebswucherung 



Zur pathologischen Histologie der Mittelohrauskleidang. 15 

Beobachtung an die bisherigen Beobachtungen von Lymphgef äss- 
neubildung in anderen Organen an, wie sie von "Schröder 
V. d. Kolk und Teichmann in Pseudomembranen, von E. Wag- 
ner an der Pulmonalpleura beschrieben wurden. Was die neu- 
gebildeten Cystenräume anlangt, so lässt sich über die Ent- 
stehung solcher Cysten, welche man vereinzelt in der erkrankten 
Schleimhaut ohne Spur einer Lymphgefässbildung findet, nichts 
Bestimmtes sagen, von jenen C^stenräumen aber, welche man 
in unmittelbarer Nähe neugebildeter oder erweiterter Lymph- 
gefässe vorfindet, halten wir es nach den Mittheilungen Prof. 
HeschTs über ein von ihm beobachtetes Lymphangiom der 
Achselhöhle für wahrscheinlich, dass die Cysten durch Abschnü- 
rung im Laufe eines erweiterten Lymphgefässes oder durch 
variköse Ausbauchung und endliche Abschnürung eines Lymph- 
gefässstammes entstehen. 



Erklärung der Abbildungen. 

(Tafel I.) 

Figur 1. Erweiterte Lymphgefässe in den tieferen Schichten der 
Mittelohranskleidnng von der hinteren Trommelhöhlenwand; die Mittelohr- 
auskleidang in Folge chronischer Mitteloh reiterung massig aufgelockert. 
«, a' = Kreuzungsstellen der erweiterten Lymphgefässe. — ft = Netzförmige 
Anastomosen derselben. — c, c', c" *=* blind endigende kolbige Erweite- 
rungen der Lymphgefässe. — d, d\ d" =« grössere und kleinere cysten- 
artige Hohlräume. — Vergrösserung 60 L. 

Figur 2. Durchschnitt durch Trommelfell, Trommelhöhle und innere 
Trommelhöhlenwand von einem Präparate, an welchem die Trommelhöhle 
von einer wuchernden Bindegewebsmasse vollkommen ausgefüllt war. In 
der Zeichnung ist der mittlere und untere Abschnitt der Trommelhöhle dar- 
gestellt, w = untere Trommelhöhlenwand. — i, i", i" = innere Trommel- 
höhlenwand. — ^, r a=s Durchschnitt der mit der Bindegewebswucherung 
verwachsenen Trommelfellreste. — g, g' =z Grenze der früheren Perfo- 
rationsöffnung. — ^ =:= die die frühere Perforationsöffnung aasfüllende, mit 
einer mehrfachen Epitheliallage bekleidete Bindegewebswucherung. — e,e' =^ 
erweiterte Lymphgefässe in der Bindegewebswucherung; bei e' die Durch- 
schnittsöffnung eines erweiterten Lymphgefässes. — /", /", f" == cysten- 
artige Hohlräume in der Bindegewebsmasse im unteren und mittleren Ab- 
schnitt der Trommelhöhle. — Vergrösserung 60 L. Die Zeichnung ist auf 
Va verkleinert. 

Figur 3. Zupfpräparat eines Stückes der neugebildeten Bindegewebs- 
masse aus dem oberen Trommelhöhlenraume von demselben Objecto. — 
c = Cyste mit doppelt contourirter Wand und zelligem Inhalte. — f\ /*' 
Fettkugeln in der Bindegewebsmasse. — Vergrösserung 250 L. 



III. 

Sectionsbefnnde 



Dr. KKpper 

in ElbBtfeld. 



1. 

Eitriger Katarrh des rechten- Mittelohres; geheilte 
Trommelfell-Perforation; Verwachsung des Trom- 
melfelles mit der inneren Paukenhöhlenwand. 

Dr. B., 35 Jahre alt, aue Marburg, Chemiker, stammt aus ge- 
Bimder Familie; zog eich dnrch anhaltendes Experimentiren mit 
chloriger Säure häufige Bronchialkatarrhe zu, welche gründlich zu 
beBeitigen äUBsere Verhältnisse nicht gestatteten. Im Jahre 1873 
trat rechtseiÜge LnngenentzltDduag ein Terbunden mit Otitis media 
und Perforation des Trommelfelles; die Reeonvalescenz war eine 
überraschend schnelle, anch die Eiterung Hess allmählich nach, linker- 
seits war das Gehör normal, rechts schwächer. Der Tod trat uner- 
wartet schnell unter Gehirn eracbeinungen ein, so dass das Gehör- 
vermögen nicht genau festgestellt werden konnte. 

Section 30 h. p. m. zeigte in beiden Lungen kleine Cavernen, 
chronischen Bronchialkatarrh und zahlreiche Tuberkel; einzelne Tu- 
berkel auch auf dem Ueberzug der Leber. Das Gehirn selbst und 
seine Häute überaus blutreich, alle Venen strotzend mit Blut gefüllt ; . 
nirgendwo sind Tuberkel zu finden. Das Gehörorgan bietet folgende 
Verhältnisse dar: 

Linker Gehörgang enthält wenig Cerumen; das Trommelfell 
sehr dttnn, zeigt im hinteren-unteren Quadranten eine leichte, weiss- 
liehe Trttbung, übrigens in Bezug auf Wölbung und Lichtkegel 
normal; tegmen tympani so dttnn, dass es bei leichter Berührung 
mit einer Sonde bricht; in Tuba, Paukenhöhle und Labyrinth keine 
Abnormitäten nachweisbar. Knochen überaus blutreich. 

Rechter Gehörgang ist frei von Cerumen; das Trommelfell 
zeigt eine ganz unregelmässige Wölbung, eine starke Einziehung 
besonders nach unten und hinten vom Umbo. Der hintere Theil 
des Trommelfelles, mit Ausnahme der Peripherie, besteht fast nur 
aus Narbengewebe ; vorn und unten ist eine grosse weiasliche Trübung ; 



Sectionsbefande. 17 

vom Processus brevis yerläuft ein stark injicirtes Geföss nach oben 
und innen. Beim Einschneiden zeigt sich das ganze Trommelfell 
stark verdickt; an der beschriebenen eingezogenen Stelle besteht 
eine directe Verwachsung des Trommelfelles mit der inneren Wand 
der Paukenhöhle. Tuba E. und Paukenhöhle mit dünnem Eiter ganz 
angefüllt; Gehörknöchelchen sämmtlich leicht beweglich. Im Laby- 
rinth keine Veränderungen. Knochen sehr blutreich. 



2. 

Eitriger Katarrh des Mittelohres nach Scharlach, 

Taubstummheit. 

Paula D. aus Elberfeld erkrankte im Winter 1S70 an Scharlach, 
Diphtheritis des Halses und doppelseitigem eiterigen Katarrh des 
Mittelohres. Am 4. November 1871 trat dieselbe in meine Behand- 
lung. Das vierjährige, geistig sehr gut begabte Kind spricht nur 
wenige Worte, ist körperlich kräftig, zeigt an den Lippen und auf 
der Schleimhaut des Rachens zahlreiche ü^arben, von diphtheritischen 
Geschwüren herrührend, starken Ohrenfluss. Die Taubheit ist absolut. 
Vom Trommelfell ist beiderseits nichts zu sehen; die Tuben sind 
durchgängig. Die Behandlung beschränkte sich auf grösste Rein- 
lichkeit und adstringirende Einträufelnngen. Es gelang nicht, die 
Absonderung dauernd zu beschränken. In den nächsten Monaten 
verlor sich die Sprache vollständig; im Jahre 1872 bildete sich eine 
eitrige Kniegelenksentzündung aus und im folgenden Jahre 
Caries der Lendenwirbelsäule, verbunden mit einem grossen Senkungs- 
abscess nach der linken Leiste. Im Juni 1875 trat der Tod durch 
Erschöpfung ein. 

Die Section ergab: 

Der linke Gehörgang, verhältnissmässig sehr weit, enthält viel 
Eiter und einen kleinen schwarzgefärbten, gebogenen, ca. ^Ja Zoll 
langen und ca. 2 Linien breiten Gegenstand, der bei genauerer 
Untersuchung sich als ein Stückchen Holz zu erkennen gibt; vom 
Trommelfell und Gehörknöchelchen ist keine Spur vorhanden, das 
Lumen der Tuba ist frei, durch Schwellung der Schleimhaut ver- 
engt; Tuba, Paukenhöhle und Zellen des Warzenfortsatzes voll von 
Eiter, welcher besonders in letzterem sehr eingedickt ist. Nirgends 
Caries. Der Sinus transversus durch ein festes Gerinnsel verstopft, 
das bis in die Vena jugularis hinabreicht. 

Der rechte Gehörgang ebenfalls sehr weit, enthält viel Eiter 
und eine Fliege; Trommelfell und Gehörknöchelchen fehlen voll- 
ständig; im Uebrigen ist der Befund wie links, namentlich keine 
Caries nachzuweisen. (Die fremden Körper waren in der letzten 
Zeit durch irgend einen Zufall in die äusseren Gehörgänge gerathen, 
als bei dem sehr schlechten Allgemeinbefinden die frühere Sorgfalt 
in Bezug auf das Ohr hintenangesetzt wurde.) 

Archiv ftir Ohrenheilkunde. XL Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 2 



Sectionsbefunde. 19 

innen nnd nnten, sieht man eine etwas hervorragende Stelle, von 
schmutzig graulicher Farbe ^ bei leisester Berührung mit der Sonde 
fällt ein kleines Elümpchen ab, welches ungefähr rund ist und 
1 Vi Mm. im Durchmesser zeigt ; auf der Seite, welche dem Trommel- 
fell zugekehrt war, ist seine Farbe perlgrau und zeigt einen schwachen 
Schimmer; das Trommelfell lässt an der Stelle, wo die kleine Ge- 
schwulst gesessen, eine entsprechende, kleine Vertiefung sehen. Bei 
dem Versuche, mit einer Nadel über die Oberfläche der Geschwulst 
zu fahren, zeigt sich, dass ihre Structur derjenigen einer Zwiebel 
gleicht: eine Reihe von becherförmigen zarten Häutchen lassen sich 
ohne jede Gewalt von einander trennen , sie sind ebenfalls perlgrau 
und schwach glänzend; die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass 
dieselben aus geschichtetem Plattenepithel und einigen Cholestearin- 
Krystallen bestehen. 

Die übrige Untersuchung des Gehörorganes ergibt keine weiteren 
Abnormitäten ; an dem ausgeschnittenen Trommelfell ist deutlich nach- 
zuweisen, dass dort, wo die Geschwulst gesessen hat, eine Verdün- 
nung des äusseren Ueberzuges stattgefunden hat. 

Auf diesen Befund gestützt, sei es erlaubt, die Vermuthung *) 
auszusprechen, dass die Cholesteatonie, die nicht selten in der 
Paukenhöhle und dem Warzenfortsatz gefunden werden, auch 
ihre Entstehung am Trommelfelle finden können und nach Zer- 
störung desselben innerhalb der tieferen Theile weiter wuchern. 
Toynbee spricht bekanntlich die Ansicht aus, dass dieselben, 
vom äusseren Gehörgang ausgehend, diesen auszudehnen und 
nach innen zu wachsen im Stande seien. In unserem Falle wäre 
es leicht denkbar gewesen, dass die Geschwulst, wenn das Leben 
ihres Trägers länger gedauert hätte, das Trommelfell durch- 
brochen und so in den tieferen T heilen hätte weiter wuchern 
können. Es liegt uns ferne, jede Perlgeschwulst der Pauken- 
höhle so erklären zu wollen, da bekanntlich auch das Vorkommen 
derartiger Geschwülste im Mittelohre bei ganz unversehrtem 
Trommelfell sicher constatirt ist. (Lucae.) 

5. 

Croupöse Entzündung der Schleimhaut der Pauken- 
höhle und der Ohrtrompete. 

Marie S., 4 Jahre alt, aus Elberfeld, starb an Diphtheritis. Die 
Gehörschärfe hatte während der Krankheit nicht merkbar abgenom- 



1) Die Thatsache, dass das Cholesteatom im Trommelfell seinen Ur- 
sprung nehmen kann, steht bereits zweifellos fest durch eine ältere, auch 
in histologischer Beziehung genauere Beobachtung von Wen'dt, der eine 
ähnliche Geschwulst, von der Paukenfläche eines perforirten Trommelfelles 
ausgehend, beschreibt. (A. f. 0. IX, 281.) Red. 



Sectionsbefunde. 21 

häute sehr blutreich. Als ich das Gehirn ans dem Schädel entfernen 
woUft, zeigte sich, dass eine Verwachsung einer Stelle des mittleren 
Lappens der linken Seite mit der oberen Fläche des Felsenbeines 
bestand, aus welcher Stelle sich beim Versuche, die Verwachsung 
zu lösen, eine grosse Eitermasse aus dem Gehirne ergoss. Die nähere 
Untersuchung zeigte, dass der mittlere Lappen des Gehirns fast voll- 
ständig in eine Abscesshöhle verwandelt und nur eine dünne Schicht 
von Gehirnsubstanz an der Peripherie erhalten war, welche den 
Eiter blasenartig umgab; Tuberkel waren nicht nachzuweisen. Nur 
das rechte Schläfenbein konnte aus der Leiche genommen werden. 
An der oberen Fläche des Felsenbeines bemerkte man ein ungefähr 
IV2 Cm. langes und ungefähr 1 Cm. breites Loch, welches nach 
dem Knochen zu in eine grosse Höhle führte; nach vorsichtigem 
Abpräpariren der Hirnhäute zeigte es sich, dass an der oberen und 
hinteren Fläche, und zwar an jener in einer Länge von 3^'2 Cm. 
und einer Breite von 2 Cm., und an dieser in einer Länge von 
4 Cm. und einer Breite von 2 Cm. der Knochen ganz fehlt und 
an diesen Stellen das Gehirn nur durch die verdickten Häute von 
der erwähnten Höhle im Knochen geschieden war. Der knöcherne 
äussere Gehörgang, die Paukenhöhe, die Zellen des Warzenfortsatzes 
waren in diese Höhle aufgegangen, die Schnecke war erhalten, 
ebenso war der obere Bogengang zu erkennen; die anderen Bogen- 
gänge waren in dem morschen Gewebe mit Sicherheit nicht aufzu- 
finden. In dieser Höhle befand sich, abgesehen von Blut, Eiter und 
einer Masse kleiner Knochenbröckchen , ein Sequester von 2,5 Cm. 
Länge, 1,5 Cm. Breite und ebensolcher Höhe. Bestimmte Theile 
des Gehörorganes Hessen sich nicht daran erkennen. Die Quelle 
der Blutung blieb unklar. 



7. 

Eindringen von Blut in die Pankenhöhle bei 

Hämoptoe*. 

Friedrich W., 24 Jahre alt, Schreinergeselle aus Ronsdorf, er- 
krankte im October 1875 an rechtsseitiger exsudativer Pleuritis; es 
gelang durch Bäder in Verbindung mit roborirender Diät, kalten 
Abwaschungen u. s. w. in kurzer Zeit das Anfangs grosse Exsudat 
zum Schwinden zu bringen. Der Tag der Entlassung aus dem 
Krankenhause war bereits festgesetzt, als zugleich mit einer Hämoptoe 
Gehirnerscheinungen (Erbrechen , Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle) 
eintraten, welchen der Tod nach drei Tagen folgte. Das Hörver- 
mögen war stets ein normales gewesen; die Trommelfelle hatten 
keine Veränderung dargeboten, bis kurz vor seinem Tode die Unter- 
suchung zeigte, dass an der inneren Fläche des sehr durchsichtigen 
rechten Trommelfelles sich Blut befand. 

Bei der Section konnte nur die Kopf höhle geö&et werden. 
Die Knochen, das Gehirn und die Häute ergaben einen sehr starken 
Blatreichihurm. Am linken Gehörorgane keine Abnormitäten; rechts 



Sectionsbefunde. 23 

ekopisch bestehen die geschichteten Massen aus geschichteten Platten- 
epithelien und einzelnen Cholestearinkrystallen ; Nasenschleimhaut 
normal, Racl\enschleimhaut zeigt chronischen Katarrh. Die Tuba 
ist durchgängig, beim Einblasen von Luft in den Katheter hört man 
ein brodelndes Geräusch. 

Das rechte Ohr ist gesund. Links wird die Taschenuhr 5 Cm. 
weit gehört, vom Knochen aus deutlich ; Percussion der Kopf knochen 
ist nicht empfindlich. Alle übrigen Organe sind gesund. Behandlung: 
Blutegel auf die schmerzhafte Stelle, dann Eis; innerlich Kalomel. 

Am folgenden Morgen war Erleichterung eingetreten, welche 
jedoch im Verlaufe desselben Tages wieder verschwand; Kälte war 
unangenehm und wurde durch Kataplasmata von Leinsamenmehl 
ersetzt, welche wohlthuend waren; nach vier Tagen bildete sich an 
der schmerzhaften Stelle eine teigige Geschwulst; ein sofort gemachter 
Einschnitt entleerte viel Blut, aber keinen Eiter. An demselben 
Abende trat ein heftiger Schüttelfrost ein, dem in unregelmässigen 
Zwischenräumen täglich 1 — 2 neue Frostan^Ue folgten. Zu gleicher 
Zeit stellte sich Husten ein, verbunden mit Brustschmerzen und blutig 
tingirtem Sputum. Die Behandlung bestand in der Verabreichung 
von grossen Dosen Chinin, Abends Morphium, fleissigem Ausspritzen 
des Ohres mit Carbolwasser, Wegsamhaltung der Tuba E. , Kata- 
plasmen auf den Hinterkopf. Am 14. Tage trat der Tod ein. 

Sectio n 24 h. p. m. Keilförmige Infarcte in den Lungen 
und der Milz. Gehirn und seine Häute sehr blutreich; Weichtheile 
der linken Nackengegend ödematös geschwollen und theilweise mit 
Eiter infiltrirt ; linker äusserer Gehörgang weit, enthält wenig Eiter ; 
in der Tiefe des Gehörganges zeigen einige elastische Fasern die 
Stelle an, wo der Platz des Trommelfelles gewesen , der Ambos ist 
nicht zu finden. Der Kopf des Hammers fehlt fast vollständig; 
es ist von demselben nur ein kleiner Rest übrig geblieben, welcher 
sich weich, wie angefressen anfühlt. Paukenhöhle und Zellen des 
Warzenfortsatzes sind ganz mit cholesteatomatösen Massen ausgefüllt ; 
Steigbügel leicht beweglich. 

Der Sinus trans versus bis zum Bulbus venae jugularis enthält 
einen eitrig zerfallenen Thrombus ; die Pars mastoidea des Schläfen- 
beines, und die daran stossenden Theile des Hinterhauptbeines er- 
scheinen, nachdem die sie bedeckenden Weichtheile entfernt sind, tief 
blau gefärbt ; der Eiter, welcher durch die Incisionswunde nach aussen 
getreten war, steht mit dem Sinus transversus durch das Foramen 
mastoideum in Verbindung, die durch dasselbe verlaufende Vene ist 
mit Eiter, die durch das Foramen condyloideum posterius tretende 
mit einem festen Gerinnsel gefüllt. 

In der Paukenhöhle zeigte sich dort, wo die Tuba einmündet, 
eine kleine, ungefähr stecknadelkopfgrosse, rauhe Stelle. Trotz 
möglichst sorgfältiger Präparation war es mir nicht möglich, im 
Knochen eine directe Communication des Sulcus transv. mit dem Eiter- 
herde im Ohr nachzuweisen, so dass wir wohl annehmen müssen, 
dass durch irgend eine kleine Vene die* Fortleitung der Entzündung 
erfolgt war. 



a ^ .- -77 .'-» I^TV^/ V 



IV. 
Nekrolog. 



Wir bringen in Nachstehendem einen Nekrolog, der die Ver- 
dienste Kram er 's vor Allem hervorhebt und sonst seine Per- 
sönlichkeit im mildesten Lichte beleuchtet. Wenn wir uns durch 
diesen Nekrolog in Widerspruch zu setzen scheinen mit jener 
scharfen Elritik*), die in diesem Archiv vor einigen Jahreü erschien, 
so bemerken wir, dass wir uns damals im Interesse der Sache 
berufen flihlten, auch einer solchen Persönlichkeit gegenüber 
den Standpunkt der Wissenschaft rücksichtslos zu vertreten, 
ebenso wie wir uns jetzt nicht nur berechtigt, sondern sogar 
verpflichtet fühlen, zur Erklärung dieses anscheinenden Wider- 
spruches von vornherein den Standpunkt zu erläutern, welchen 
wir, um Kram er und der Sache gerecht zu werden, hier ein- 
nehmen. Dieser Widerspruch zwischen dem heutigen Nekrologe 
und der damaligen Kritik symbolisirt gewissermaassen denselben 
Widerspruch, der in dem öflfentlichen, wissenschaftlichen Leben 
Kram er 's selbst hervortritt. 

Wir müssen im Leben Kram er 's zwei Perioden unter- 
scheiden. 

Unbestritten ist es als ein grosses und bleibendes Verdienst 
Kr am er 's anzusehen, dass er zu einer Zeit, wo nur wenige 
Theile des menschlichen Körpers einer physikalischen Unter- 
suchungsmethode zugänglich gemacht waren, diese auf ein un- 
scheinbares Organ anwandte und mit aller Gonsequenz durch- 
führte, sowie dass er zur damaligen Zeit die Localbehandlung 
des Ohres so sehr betonte; hierüber sprechen wir mit ebenso 
warmer und ungetheilter Anerkennung wie Magnus. Alle Wider- 
sprüche, die er von uns erfahren musste, concentriren sich gegen 
den zweiten Theil seiner Thätigkeit, der mit dem zweiten 

1) A. f. 0. VIII. S. 2S2. 



IV. Nekrolog. 25 

Theil seines Lebens zusammenfällt. In den Jahren, wo patho- 
logische Anatomie , Physik, Chemie u. s. w. nicht zu den Htilfs- 
wissenschaften, sondern zum integrirenden Theil der naturwissen- 
schaftlichen Methode und der Heilkunst sich heranhoben, zu der 
Zeit, wo der jüngeren Generation die Untersuchung aller Organe 
eröffnet wurde, die allgemeine medicinische Logik auch die In- 
angriffnahme der Specialitäten involvirte, machte es sich wohl 
bei Kram er fühlbar, dass er seine medicinische Jugend in einer 
älteren Schule verbracht. Jetzt, wo mit seiner productiven Kraft 
die von ihm erschlossene Disciplin bei ihm zu einem gewissen 
Abschluss gebracht war, als ihm die erweiterten Httlfsmittel 
mindestens unbequem wurden, scheint es, als ob nur durchaus 
subjective Beziehungen zu den jüngeren Persönlichkeiten ihn zu 
einer Dialektik brachten , die ausschliesslich seine Grenzen zu 
wahren suchte. Es ist dies der unvermittelte, psychologische 
Zusammenhang zwischen dem durchaus berechtigten und von 
uns ausdrücklich anerkannten Selbstgefühl des Verewigten und 
der nicht ganz zugegebenen Erkenntniss, dass es noch anderer 
Mittel und anderer Personen bedurfte, der Specialität fortzuhelfen, 
deren heutige Vertreter in denselben Widerspruch mit den Pach- 
genossen und dem allgemeinen medicinischen Fortschritt kämen, 
wenn sie sich gegen Aufstellung und Verwerthung neuerer Ge- 
sichtspunkte wehrten. Das Weitere aus den letzten Jahren, 
namentlich das Steigern des Persönlichen in den vorwiegend nur 
Kritik bringenden Schriften des nun alt Gewordenen ergibt sich 
als psychologische Folge von selbst. 

So galt der zweiten Periode unsere Kritik, die der Person 
so nahe zu treten scheinen musste, weil sie, durch die Subjectivität 
des Verewigten provocirt war — der ersten Periode unsere 
Dankbarkeit und die volle Beistimmung zu Magnus beredten 
und warmen Worten. Redaction. 



WILHELM KEAMER 

(geboren 1801, gestorben am 7. December 1875). 

Ein Nekrolog 

Dr. A. Magnus« 

Am 5., 6. und 7. December 1875, also in drei Tagen, hat 
der Tod vier Arbeiter aus der Reihe deutscher Aerzte abgerufen. 



-^ 



IV. Nekrolog. 27 

Geist sich der Bpecialität zuwendete, als ein ihm zugewiesener 
böser Fall von Ohrenleiden seine eigene Rathlosigkeit und die 
Sterilität der ganzen Disciplin ihm zu Gemüthe ftihrte. V^n der 
Zeit her bis an sein Lebensende ist er der einmal mit der ganzen 
.Kraft seiner Seele ergriffenen Aufgabe treu geblieben und hat 
sie nach Maassgabe seiner Zeit, seines Bildungsganges und seines 
Charakters mit männlicher Ausdauer und durchdrungen von der 
Heiligkeit seines ärztlichen Berufes geübt und gefördert. Schon 
seine erste Schrift, welche 1836 herauskam, wurde von dem 
ärztlichen Publikum mit grosser Wärme aufgenommen. Aus 
seinen Arbeiten kann man ersehen, mit wie grosser Pünktlichkeit 
er seine täglichen Wahrjiehmungen registrirte, wie unverdrossen 
er sich durch die gewiss nicht immer erquickliche Literatur hin- 
durcharbeitete und wie gewissenhaft er den rohen Stoff zu sichten 
und zu formen sich bemühte, ehe er denselben der Oeffentlich- 
keit übergab. Mehr als zehn Jahre später (nonum prematur in 
annum) folgte eine zweite Auflage und Bearbeitung desselben, 
1849, nachdem der langjährige politische Friede durch die März- 
tage auch bei uns in so überraschender Weise unterbrochen 
worden war. Wie tief der Eindruck dieser Zeit auf ältere 
Männer gewesen ist, zumal solche, die, wie Er am er, fast fün&ig 
Jahre gewöhnt waren, in dem Eönigthum allein die Majestät des 
Gesetzes zu verehren, davon gibt die Vorrede zu diesem Buche, 
welche wohl uns allen bekannt ist, die klarste und bezeichnendste 
Vorstellung, und es ist wahrlich nicht der am wenigsten ehren- 
hafte Zug seines Lebens, wie er, nach einem vergeblichen Ver- 
suche sich in dem Neuen zurechtzufinden, sich aus der stürmen- 
den Brandung eines ihm vollkommen fremdartigen Elementes 
herausarbeitet auf das feste, wohlbekannte Gebiet seiner eigensten 
Lebensaufgabe. Auch dieses Buch wurde mit gleicher Anerken- 
nung aufgenommen, mehrfach übersetzt, zuerst in England, und 
als dann viele Engländer ihn um seines ärztlichen Bathes wegen 
aufsuchten, hatte er Kraft genug, noch in seinen reiferen Jahren 
ihre Sprache zu erlernen. Erst im Jahre 1860 wurde er durch 
den Leibarzt der Königin Victoria veranlasst, selbst nach London 
zu reisen und er consultirte dort bis 1866 jährlich einige Zeit 
mit vielfacher Anerkennung und Erfolg, so dass die deutsche 
Ohrenheilkunde durch ihn auch im Auslande lange Zeit ehren- 
voll vertreten war; denn, gleich weit entfernt von Charlatanerie, 
wie Liebedienerei, hat er stets die ärztliche Würde und seine 
eigene Persönlichkeit ohne Scheu zu wahren gewusst. 



} Thätigkeit, son- 
etablirten Sohne 
1 einem Erysipelas 
an das Bett ge- 
allerachlimmsteQ 
, heftige Fieber- 
'ten die bis dahin ' 
Klage und darch 
HoSiiungen benn- 
I auch gegen seine 
länDlicher Fassnng 
,h, Lindemng und 
snchend, die einst 
B Knabenseele ge- 

oesene Lebensbild, 
ter entgegen, der 
glßck, im Wollen 
Signatur sich ans- 
Und, wenn wir 
n seinen späteren 
it so leideuschaft;- 
es jüngeren Nach- 
lolehe Erecheinung 
nnd gebieteriscli 
mehr, als er zn 
an Menschen und 
^ war. Es biesse 
rden, wollte man 
;en: aber es wäre 
Is ThatBache hin- 

iijahre fielen noch 
'6 Untersuchnngs- 
ehe durchgreifend 
rst mehrere Jahre 
üebersetznng des 
, Meissner 1832 
Aaenbrugger's 
itscher Aerzte; er 
'erwerthen. Aber 



IV. Nekrolog. 29 

♦ 
die Mikroskopie und die patliologiselie Anatomie, die eigentlichen 

Stützen der neueren Medicin, waren erst in ihren Anlangen er- 
standen und ganz allmählich gab sich erst bei klinischen Lehrern 
und einzelnen genialen Aerzten das Bedürfiiiss kund, statt der 
yagen Krankheitsbegriffe eine präcise Erkenntniss der kranken 
Organe zu erstreben. Dieses Bedtlrfhiss aber auch ftlr das arg 
vernachlässigte Gebiet der Ohrenheilkunde damals empfunden 
und seine Bealisirung mit Fleiss und verhältnissmässigem Erfolge 
überall angestrebt zu haben, das ist das recht eigentlicjie Ver- 
dienst, welches sich Eramer um diese Disciplin erworben hat. 
Dahin gehört seine verbesserte Untersuchung mittelst des Ohren- 
spiegels, seine ausgedehnte Anwendung des Katheters, dessen 
methodische Handhabung von ihm geschaffen ist, sein Gebrauch 
der Sonde und die Verwerthung der Auscultation zu diagnosti- 
schen Zwecken: dahin gehört femer die kritischquUntersuchung 
und die^ resignirte Festhaltung der Grenzen , welche seiner Dia- 
gnose gesteckt waren, und das Streben nach strenger Behütung 
derselben vor dem Einbruch phantastischer Ideen und vorschneller 
hypothetischer Annahmen. 

Wenn bei dieser überall ehrlichen Kritik nicht immer die 
Leidenschaft ausgeschlossen ist, so machte sich, wohl ihm selbst 
unbemerkt, bei dem in seiner innersten Natur conservativen 
Manne das allgemeine Misstrauen gegen die Neuerungen der 
Zeit in allzu hohem Grade geltend. 

Die späteren Bahnen der neueren Medicin hinreichend kennen 
zu lernen und erfolgreich zu beschreiten, als sie in dem vierten 
und fünften Decennium eröffnet wurden, dazu hätte es für ihn 
und namentlich für die Ohrenheilkunde damals schon günstigerer 
Bedingungen bedurft, wie sie nocli heute bei Weitem nicht überall 
in ausreichendem Maasse uns zu Gebote stehen. Lehrthätigkeit 
und Umgang mit der nachwachsenden und nachstrebenden Jugend 
sind die unentbehrlichen Triebfedern fttr den stetigen Forschritt 
und sie vornehmlich werden es bewirken können, dass sich der 
Einzelne stets darüber klar bleibt, wie sein eigenes Wissen und 
bestes Können nimmermehr autochthon zu denken ist, sondern 
nur ein Glied in der stets fortwirkenden Arbeit des ganzen 
menschlichen Geistes. Dass aber dieser Gedanke gerade dem- 
jenigen leicht verloren gehen konnte, der sich damals als ein 
Einzelner der Ohrenheilkunde befleissigte, wird uns leichter ver- 
ständlich sein, wenn wir uns daran erinnern, dass auch noch 
in unseren Tagen die meisten Aerzte, ja selbst ausgezeichnete 



V. 
Kleinere HittheiliBgeB. 



1. 

Plastische Darstellung der Continuitätsstörnngen 
und Wölbungsanomalien des Trommelfelles 



yon 



Prof. A. Politzer 

in Wien. 

Die Benrtheilusg der Wölbnngsanomalien des Trommelfelles 
imd gewisser Formen der Continnitätsstömngen desselben ist 
far Aeji weniger Geübten nicht selten mit grossen Schwierig- 
keiten verbimden, und wer Oelegenheit hat^ die praktische Ohren- 
heilkunde zu lehren y wird zugestehen müssen , dass selbst der 
mit den anatomischen Verhältnissen vertraute Anfänger erst nach 
wochenlanger Uebung im Stande ist, die pathologischen Trommel- 
fellbefunde im Allgemeinen zu beurtheilen. Dies gilt namentlich 
von einer Gruppe von Gontinuitätsstörungen und Wölbnngsano- 
malien des Trommelfelles, wo es in Folge partieller Substanz- 
verluste oder ausgedehnter Narbenbildungen am Trommelfelle 
zur Berührung oder zur Verwachsung der krankhaft veränderten 
Membran mit den Gehörknöchelchen und der inneren Trommel- 
höhlenwand gekommen ist. 

Die wichtigsten Behelfe für die Beurtheilung derartiger 
Trommelfellbeftmde bilden allerdings die Demonstrationen ein- 
schlägiger pathologisch-anatomischer Gehörpräparate. Abgesehen 
aber davon, dass nicht in jeder Sammlung die wichtigsten Typen 
der Trommelfellbefunde vertreten sind und viele am Lebenden 
beobachtete Trommelfellbeftinde nach dem Tode zum Theil 
oder gänzlich verändert erscheinen , so wird es auch dem An- 
fänger bei der Kleinheit der Objecte nicht leicht möglich, den 
an der Leiche gesehenen Befund mit dem Trommelfellbefunde 
;am Lebenden in Einklang zu bringen. Ebenso unzureichend, 



32 V. Kleinere Mittheilangen. 

wenn auch flir viele Fälle von grossem Werth ist die Methode, 
die Erkenntniss der Wölbnngsanomalien durch Zeichnungen und 
zwar durch Flächen- und Profilansichten dem Anfänger anschau- 
lich zu machen. • 

Bei dem kurzen Zeiträume, welcher dem klinischen Studium 
der praktischen Ohrenheilkunde an den Universitäten im Allge- 
meinen gewidmet wird, erscheint es aber noth wendig, den Studi- 
renden möglichst bald mit den wichtigsten Trommelfellbefimden 
bekannt zu machen, um ihm die Beurtheilung der klinischen 
Fälle in kurzer Zeit zu ermöglichen. Nach meiner Ansicht ist 
dieser Zweck am besten durch die plastische Darstellung 
der pathologischen Trommelfellbefunde zu erreichen. — Ich habe 
daher, nachdem ich mich in der Technik des Wachsbossirens unter- 
weisen liess, eine Reihe der wichtigsten pathologischen Trommel- 
fellbefunde in vergrössertem Massstabe plastisch (Basrelief) nach 
der Natur in Wachs ausgeflihrt und wurden die Modelle von einem 
jungen Bildhauer in einer weissen, waschbaren Masse vervielfältigt. 
Das auf einer Platte von 8 Cm. im Quadrat befindliche plastische 
Trommelfellbild beträgt 6 Cm. im grössten Durchmesser. 

Die plastischen Darstellungen umfassen 15 Befunde:. 

I. Normales Trommelfell (r). 

n. Prall gespannte blasenförmige Vorwölbung der hinteren 
oberen Partie des Trommelfelles; der Hammer durch die Ge- 
schwulst theilweise bedeckt (1). 

in. Grosse, nierenförmige Perforation des Trommelfelles 
unterhalb des Hammergriffes ; das untere Hammergriffende und 
die obem Perforationsränder in Berührung mit dem Promon- 
torium. 

rV. Ausgedehnte Zerstörung des Trommelfelles, der Hammer- 
griff theilweise von der Trommelfellsubstanz entblösst mit der 
aufgewulsteten inneren Tronamelhöhlenwand in Berührung; am 
hintern obem Abschnitte der Perforationsöffnung der untere Theil 
des langen Ambosschenkels sichtbar. 

V. Ausgedehnter Substanzverlust, am Trommelfell der theil- 
weise arrodirte Hammer mit der inneren Trommelhöhlenwand 
verwachsen; am hinteren Theile des Substanzverlustes sieht 
man das untere Ende des langen Ambosschenkels, unter dem- 
selben die Nische zum runden Fenster. 

VI. Nierenförmige Perforationsöffhung am Trommelfelle zu 
beiden Seiten des Hammergriffes, längliche Kalkablagerungen 
im Trommelfellreste. 






fl ^ 



y. Kleinere Mittheilangen. 33 

Vn. Zerstörimg der hinteren nnd theilweise der unteren 
Partie des Trommelfells; in der Perforationsöflfhung ist das 
Promontorium mit dei* Nische des runden Fensters, über dem- 
selben das Stapes-Ambosgelenk sichtbar. 

Ym. Doppelte Perforation des Tronunelfells , das untere 
Hammergriffende mit dem Reste der Membran durch eine schmale 
Brücke zusammenhängend. 

IX. Geheilte Perforationsöffhung, nierenförmige Narbe unter 
dem Hammergriff. 

X. Länglich-ovale Narbe an der hinteren Hälfte des Trom- 
melfellSy theilweise am Stapes-Ambosgelenk anliegend. 

XI. Ausgedehnte Narbenbildung am Trommelfelle, die dünne 
gefaltete Narbe und der Hammergriff in Berührung mit dem 
Promontorium. 

XII. Länglich -ovale Narbe hinter dem Hammergriff, die 
Narbe stark eingesunken mit dem Stapes-Ambosgelenk und dem 
Promontorium in Berührung. 

Xni. Zerstörung der hinteren Partie der Membran, die Per- 
forationsöfihung von aus der Trommelhöhle hervorschiessenden 
Granulationen überwuchert. 

XIV. Myringitis granulosa, nahezu centrale Perforation des 
Trommelfells. 

XV. Starke Einwärtswölbung des Trommelfells, Hammer- 
griff nach hinten und innen gezogen, perspectivisch verkürzt, 
kurzer Hammerfortsatz stark vorspringend, Knickung z^wischen 
den peripheren und centralen Theile des Trommelfells.*) 



2. 

Zum diagnostischen und therapeutischen Gebrauch 

des Doppelballons 

von 

A* Lncae. 

Der im 4. Hefte Bd. X dieses Archives erschienene Aufsatz 
von Schwartze „lieber die Stärke des bei der Luftdouche 
erforderlichen Luftdruckes" enthält einige den von mir empfoh- 
lenen Doppelballon betreffende Stellen, welche mir zu einigen 
Bemerkungen Veranlassung geben. 

Wenn Schwartze sagt, äass er früher nur im Stande ge- 

1) Die plastischen Präparate sind von Herrn E. Gottlieb, Optiker. 
Wien Adlergasse 12, zu beziehen. 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 3 






34 



V. Kleinere Mittbeilungen. 



wesen sei, „in maximo einen Druck von Vio Atmosphäre heraus- 
zubringen, und zwar nur unter der Bedingung, dasfl der um- 
strickte, resp. dünnwandige Ballon zuvor ad maximum gefällt war 
und sich plötzlich entleert", so bemerke ich, dass ich diese 
letztere Wirkung bereits in der betrelBfenden Arbeit*) hervorgehoben 
habe. Wenn Schwartze hinzufügt: „Bei häufigerem Gebrauch 
des Doppelballons habe ich mich neuerdings überzeugt, dass 
man mit demselben auch einen stärkeren, stossweisen Luftdruck 
von 210 — 3 i(j Atmosphäre (in maximo!) hervorbringen kann, wenn 
man ihn in der Art benutzt, dass der massig gefüllte, umstrickte 
Ballon mit der einen Hand kräftig und plötzlich zusammenge- 
drückt wird. Von dieser Art der Verwendung hat aber L u c a e 
(1. c.) nichts erwähnt, und selbst dieser mögliche Maximaldruck 
ist keineswegs flir alle Fälle von Tuben verschluss ausreichend ", so 
ist hierauf zu erwidern, dass ich allerdings 1. c. hiervon nichts er- 
wähnt habe, dass mir jedoch diese Art der Anwendung des Doppel- 
ballons seit Jahren bekannt ist und von mir täglich geübt wird, wie 
aus einer Anmerkung zu meiner Notiz „üeber locale Anwendung 
des Chloralhydrats beim sogenannten trocknen, chronischen Mittel- 
ohrkatarrh"*) hervorgeht. Es heisst daseifest wörtlich: „Die- 
jenigen, welche mit dem genannten Apparate weniger vertraut 
sind, erinnere ich daran, dass derselbe für gewöhnlich einen 
nahezu continuirlichen Luftstrom gibt, welcher ganz vortrefflich 
zur Beobachtung der Auscultationsgeräusche , wegen seiner ge- 
ringen Stärke jedoch nicht zu Einspritzungen in die Trommel- 
höhle sich eignet. Wird aber der zum Katheter führende Gummi- 
schlauch zugedrückt, so schwillt d^r als Windkessel dienende 
und mit einem Netz umgebene Ballon an und treibt, sich bei 
Aufhebung des Verschlusses contrahirend, seinen Inhalt in den 
Katheter und bei hinreichend weiter Tuba die in dem Katheter 
befindliche Flüssigkeit in die Trommelhöhle. Ist die Tuba 
weniger weit, so ist es zum sicheren Eindringen der 
Flüssigkeit nöthig, die Wirkung jenes Ballons durch 
eine Compression mit der Hand zu verstärken. Doch 
braucht «man hierzu selten seine Zuflucht zu nehmen, weil die 
Tuba Eustachii beim trockenen Mittelohrkatarrh in der Regel 
sogar abnorm weit ist." 

Hiermit sind die verschiedenen Druckgrade, die uns in dem 
kleinen handlichen Apparate zu Gebote stehen und welche nach 

1) Deutsche Klinik 1866, Nr. 8. 

2) Berlin, klin. Wochenschrift 1872, Nr. 41. 



Y. B^leinere Mittheilungen. 35 

meinen langjährigen Erfahrungen zur diagnostischen und thera- 
peutischen Anwendung der Luftdouche vollständig genügen, wohl 
hinreichend auseinandergesetzt. 

Der Doppelballon hat aber noch den besonderen, diagnosti- 
schen Vortheil, dass uns der constante, mit dem Apparat hervor- 
zubringende Luftstrom sicheren Aufschluss gibt über die ver- 
schiedenen Grade der Durchgängigkeit der Tuba, welche zwischen 
der abnormen Weite und dem vollkommenen Verschluss dieser 
Röhre liegen. 

Dieser Vortheil gründet sich auf der bekannten Eigenschaft 
der Doppelblasebälge, dass der Luftstrom um so continuirlicher 
wird, je enger die Ausflussöffnung wird, hingegen bei weiter 
Oeffnung mehr stossweise erfolgt. Die Folge hiervon ist, dass 
das bei der Auscultation wahrzunehmende Blasegeräusch um so 
continuirlicher wird, je grösser der Widerstand in der Tuba ist, 
während es bei weiter Tuba unterbrochen erscheint. Man thut 
daher gut, zunächst mit diesem schwächsten Druck zu beginnen 
und falls dieser zur Wahrnehmung der Geräusche nicht gentigt, 
die stärkeren Druckgrade in Anwendung zu ziehen. 

Die Behauptung Schwartze's, dass der constante Luftstrom 
des Doppelballons nur bei individuell weiter Tuba stark genug 
sein mag, um Luft in die Paukenhöhle zu pressen, erklärt sich 
wohl hauptsächlich aus der Benutzung mangelhafter Exemplare. 
Ich kann versichern, dass die in den letzten Jahren vom Gummi- 
fabrikanten Miersch in Berlin bezogenen Apparate dem hier dar- 
gelegten Zwecke vollkommen entsprechen, während die ursprüng- 
lich angefertigten Exemplare allerdings Manches zu wünschen 
übrig Hessen. Dass bei der Vergänglichkeit des Materials an 
dem Doppelballon zeitweise Reparaturen vorgenommen werden 
müssen, thut der Brauchbarkeit des Apparates keinen Eintrag. 
Gibt doch Schwartze selbst für die von ihm empfohlene Com- 
pressionspumpe auch zu, dass alljährlich der Stempelkolben neu 
beledert werden muss. 

Zur Handhabung des Apparates bemerke ich hier nochmals, 
dass an sämmtlichen zum Gebrauch des Arztes bestimmten Ap- 
paraten ein Haken angebracht ist, mit welchem man den Apparat 
in einem Knopfloch des Rockes befestigen kann. Die Hand- 
habung, welche immerhin einige Uebung erfordert, wird hierdurch 
wesentlich erleichtert. 

Noch möchte ich eines Punktes gedenken, von welchem der 
sichere Erfolg der Anwendung gerade des Doppelballons wesentlich 



T. Kleinere MittheilaDgeD. 37 

Ab noaerem Apparat beginnt der Laftkanal mit der Röhre a, 
an welche das Gnmmigebläse gelUgt wird, und setzt sieb der- 
selbe bis znm Ende 
des Korkstöpsels dnrch 

denselben hindurch 
fort; unterwegs, ober- 
halb des Pfropfes 
zweigt er sich in die 
zuerst spitzwinkelig ab- 
gehende, dann horizon- 
tal werdende lange 
Röhre b ah. Das dün- 
nere Steigrohr c, das 
beinahe bis znm Bo- 
den der Flasche reicht, 
ist vom Stöpsel an in 
den verticalen nnd 
dann in den horizon- 
talen Theil des Luft- 
kanals concentrisch 
eingeillgt. Comprimirt 
man nun die Lnft im 
Doppelballon, so tritt 
dieselbe im fortdauern- 
den Strome durch die 
Röhre a zum Theil 
nach unten in die 
Flasche, zum Theil so- 
gleich in die lange 
Röhre />, nm am Ende 
derselben, bei d, in 

einer feinen gemeinschafllichen OeSnnng mit der mittlerweile 
gehobenen FlQssigkeit znsammenzntreffen. Auch bei leichtem 
Druck der Hand wird dieselbe hierbei anf die Entfernung von 
2—3 Fuss nnd weiter in gleichförmigen Staubregen feinvertheilt 
fortgeschlendert. 

Man hatte das gleiche Zerstänbungsprincip bereits durch 
Anfttgen eines kurzen knppel- oder eicheiförmigen Aufsatzes, den 
man in die Nasenöffnnng hineinsteckte, fUr die Nasenhöhle nutz- 
bar zn machen gesn^ht nnd besitze ich seit Jahren einen solchen 
Leiter'Bcben Apparat ans Hartkautschuk. Allein der Staub- 



V. Kleinere Mittheilu^gen. 39 

Drucke einer Wassersäule aufgehoben wird und die Flüssigkeit 
ins Ohr dringt. Für solche Fälle möchte ich Collegen immer 
noch den Gebrauch meiner „Röhre zur Schlunddouche" empfehlen; 
ihre zahlreichen, nicht zu kleinen Löcher verstopfen sich nicht 
leicht, wie dies Trautmann von dem Schulze'schen Instru- 
ment fand, das sich allerdings wenig und nicht gerade zu seinem 
Vortheile von jener unterscheiden möchte. 

Selbstverständlich wird aber in vielen Fällen eine staub- 
förmige Vertheilung des Medicaments, wie sie allein ein Pulve- 
risateur spenden kann, für die Schleimhaut der Pars nasalis 
pharyngis viel erwünschter und nützlicher sein. Hierzu eignet 
sich nun, wie ich nach fast IV2 jähriger Beobachtung versichern 
kann, der oben abgebildete Apparat recht gut.*) Die Kranken er- 
lernen das Einführen der vorn stumpf-konisch endenden, 3 bis 
4 Mm. dicken und circa 11 Gm. langen Bohre ganz leicht und 
haben nun nur darauf zu achten, dass die feine innere Bohre 
oder auch die Ausflussöffnung sich nicht allmählich verstopft. 
Flüssigkeiten, welche starke Niederschläge machen, wie Kali 
hypermanganicum, stark kalkiges Wasser oder sehr concentrirte 
Lösungen eignen sich daher nicht sehr gut zu öfterem Gebrauche 
mit dem Zerstäuber; jedenfalls müsste man jedesmal nach dem 
Oebrauche die Bohre gründlich mit destillirtem Wasser reinigen. 
Auch hat man dieselbe zeitweise mittelst eines feinen langen 
Drathes, den man öfter durchfuhrt, auszuputzen. Jedenfalls ver- 
stopft sich aber unser Apparat noch weniger, als mancher andere, 
z. B. der oben genannte aus Hartkautschuk, der dadurch sehr 
bald unbrauchbar wurde. Für manche Nasen lässt sich indessen 
die Bohre auch weit dicker wählen, wenn dies sonst erwünscht 
wäre. Wünscht der Arzt ganz localisirte Applicationen von zer- 
stäubter Flüssigkeit vorzunehmen, so eignet sich der Traut- 
mann'sche Pulverisateur (Bd. IX. S. 245) besser als der meinige, 
man müsste denn an demselben eine seitliche Oeffnung statt der 
endständigen anbringen lassen. In letzterem Falle würde der 
staubförmige Begen auch nur nach der einen Seite sich ver- 
breiten. Für die gewöhnlichen Indicationen einer Zerstäubung 
von mehr harmlosen Flüssigkeiten, also insbesondere für den 
Hausgebrauch der Kranken möchte dagegen mein Pulverisateur, 
weil einfacher und viel leichter einzuführen, wohl vorzuziehen 

1) Bei Herrn Instrumentenmacher Gustav Stöber hier, der auf meine 
Anregung hin diesen Apparat fertigte, ist derselbe für 6 Mark, mit Doppel- 
ballon für 12 Mark zu haben. 



y. Kleinere Mittheilangen. 41 

schon von einzelnen Aerzten früher geübt; das Verdienst jedoch 
der kaustischen Behandlung mittelst des Höllensteins eine allge- 
meine Verbreitung verschaflft zu haben, gebührt Schwartze, 
der in einer kurzen Notiz (Die kaustische Behandlung eitriger 
Ohrkatarrhe) seine Erfahrung über die Wirkung concentrirter 
HöUensteinsolutionen bei chronischen Mittelohreiterungen im Jahre 
1868 publicirtß.*) Seit jener Zeit habe ich genanntes Mittel in 
einer grossen Anzahl von Fällen angewendet und will ich in 
Folgendism ein Resum6 meiner hierauf bezüglichen Erfahrungen 
mittheilen. 

In meinem Aufeatze: „Ueber die ^ahl der Adstringentien 
bei eitrigen Ohrkatarrhen" (Wien. med. Presse 1866) habe ich 
bereits darauf hingewiesen, dass schwache Solutionen von Nitras 
argenti bei chronischen Eiterungen sich als wenig wirksam er- 
weisen, dass man hingegen durch concentrirte Lösungen von 
Höllenstein im Stande sei, zuweilen Wucherungen im äusseren 
Gehörgange und an der äusseren Fläche des Trommelfelles zum 
Schwinden zu bringen. Als ich später auf Vorschlag Schwartze 's 
auch bei der nicht granulirenden Mittelohreiterung concentrirte 
Silbersalpeterlösungen in Anwendung zog, fand ich bei meinen 
Versuchen mit verschieden starken Solutionen, dass im All- 
gemeinen noch concentrirtere Lösungen, als die von Schwartze 
angegebenen (15—40 Gran auf die Unze Wasser) wirksamer 
seien und wende ich gegenwärtig zumeist Lösungen von Nitr. 
arg. 1,00 auf 10,00— 8,00 Aq. destan. Bei der Anwendung dieses 
Mittels sind folgende Cautelen zu beobachten. Vor Allem ist 
es nöthig, das Secret aus dem Mittelohr durch eine Lufteintrei- 
bung nach meinem Verfahren oder mittelst Eatheterismus in 
den äusseren Gehörgang zu treiben, dann das Secret aus dem Ge- 
hörgange durch mehrmaliges Ausspritzen mit lauwarmem Wasser 
zu entfernen und das im Ohre zurückgebliebene Wasser bei seitlich 
geneigtem Kopfe durch einen in den Gehörgang gesteckten Baum- 
wollenpfropf zu entfernen. Nur auf diese Weise ist es möglich, 
dass das Medicament in unmittelbare Berührung mit der erkrank- 
ten Mittelohrauskleidung kommt (Schwartze), während bei 
ungenügender Reinigung des Ohres die Silberlösung sich mit 
dem zurückgebliebenen Secret als Silberalbuminat verbindet, ohne 
auf die Schleimhaut des Mittelohres selbst zu wirken. Zur Cau- 
terisirung der Mittelohrauskleidung genügt eine Quantität von 



1) Archiv f. Ohrenheilkande. Bd. lY. S. 1. Juni 1868. 



Y. Kleinere Mittheilungen. 43 

längerer Einwirkung des Aetzmittels. Allein dieser graae Beleg 
wird nur durch eine Verbindung der Silberlösung mit dem Epithel 
und Schleimbeleg der Mittelohrauskleidung gebildet, ohne dass 
das Gewebe der Schleimhaut selbst von dem Mittel wesentlich 
alterirt worden wäre. Diese oberflächlichen, scheinbaren Schorfe 
stossen sich auch schon nach einigen Stunden vollständig ab, 
während die nach längerer Einwirkung des Mittels entstandenen 
Schorfe manchmal erst nach 24 Stunden, ja noch nach längerer 
Dauer vom Gewebe abgestossen werden. 

Nach der Einwirkung der Silberlösung auf die erkrankten 
Theile wird die überschüssige Quantität des Mittels durch Aus- 
spritzen aus dem Ohre entfernt. Die Anwendung einej Koch- 
salzlösung zur Neutralisation des überschüssigen Silbersalpeters, 
wie sie Schwartze angibt, halten wir nicht für nöthig und 
bedienen uns gewöhnlich des einfachen, lauwarmen Wassers. Das 
nach der Gauterisation abgesonderte Secret enthält, selbst wenn 
unmittelbar nach der Aetzung zur Neutralisation eine Kochsalz- 
lösung angewendet wurde, noch so viel Silber, dass beim Aus- 
fliessen des Secfetes aus dem Ohre nicht selten an der Ohr- 
muschel und in der Umgebung des Ohres an der Haut schwarz- 
braune Flecke entstehen, welche die Kranken oft nöthigen, 
mehrere Tage hindurch jeden geselligen Verkehr zu meiden. 
Um das Entstehen dieser Flecken zu verhindern, kann man ent- 
weder die Ohrmuschel und den äusseren Theil des knorpeligen 
Gehörganges mit einer dünnen Fettschichte bestreichen oder es 
wird unmittelbar nach der Anwendung des Höllensteines die 
Ohrmuschel und die Umgebung des Ohres mit einer schwachen 
Jodkalilösung abgewaschen und die Haut sodann leicht abge- 
trocknet. Das letztere Mittel pmpfiehlt sich insbesondere^^ wenn 
man die Anwendung der HöUensteinsolution dem Kranken selbst 
oder dessen Angehörigen überlässt. 

Was die Wirkung der concentrirten Höllensteinlösung auf 
die Abnahme und Beseitigung der eitrigen Absonderung im 
Mittelohr anlangt, so hängt dieselbe weniger von der Dauer des 
Leidens als vom Zustande der erkrankten Schleimhaut und 
dem Gesundheitszustande des ganzen Organismus ab. Denn wir 
beobachteten manchmal, selbst nach jahrelanger Dauer des 
Ohrenflusses, schon nach kurzer Anwendung des Höllensteins 
eine rasche Abnahme der -Absondening, während in anderen 
Fällen, wo der Eiterungsprocess erst einige Monate dauerte, die 
EiterabsonderuDg selbst nach längerer Anwendung des Mittels 



y. Kleinere Mittheilangen. 45 

Mittel beseitigt werden konnte. Ich habe fernerhin beobachtet, 
dass nicht selten der pulverisirte Alaun, als erstes Mittel an- 
gewendet, die Absonderung wenig oder gar nicht vermindert, 
dass aber eine auffällige Abnahme der Secretion eintritt, wenn 
einige Mal vor der Anwendung des Alauns eine Zink- oder Blei- 
lösung eingeträufelt wurde. Noch eclatanter ist aber die 
Wirkung des pulverisirten Alauns, wenn der Anwen- 
dung desselben die Cauterisation der Mittelohr- 
jschleimhaut mit concentrirter Höllensteinlösung 
vorausging, und die Fälle sind nicht selten, bei welchen bei 
vorhergegangener kaustischer Behandlung schon nach einmaliger 
Einblasung des Pulvis aluminis crudi eine langiährige Otorrhoe 
vollständig sistirt. 

Nach meinen Erfahrungen muss ich daher die ^uf einan- 
der folgende und combinirte Anwendung der con- 
centrirten Höllensteinsolution und des pulverisirten 
Alauns als die wirksamste Behandlungsmethode der 
chronischen Mittelohreiterung bezeichnen und lasse ich in 
der Regel der kaustischen Methode die Anwendung des pulveri- 
sirten Alauns folgen, wenn nach 8— 10 maliger Anwendung der 
HöUensteinsolutionen die Absonderung wenig oder gar nicht ver- 
mindert wurde. 

Das Einblasen des Pulvers (1 — 2 starke abgerundete Messer- 
spitzen) geschieht entweder mittelst einer beliebigen mit einem 
Gummischlauche verbundenen dünnen Röhre oder Federspule oder 
mittelst des St örk 'sehen KehlkoptT}räsers. — Hierbei hat man 
darauf zu achten, dass die Spitze des Instrumentes ziemlich 
genau gegen die Trommelfellgegend gerichtet sei, weil sonst das 
Pulver nicht zu den erkrankten Partien gelangt, sondern an die 
Gehörgangswand angeblasen wird. Es ist daher zweckmässig, 
unmittelbar nach der Anwendung des Mittels sich mit dem Spiegel 
zu tiberzeugen, ob das Pulver bis zum Trommelfell oder bei 
grösseren OeflFnungen bis in die Trommelhöhle gelangt, in wel- 
chem Falle das Sehfeld als schneeweisse Fläche erscheint. Die 
eingeblasene Pulvermasse bleibt, wenn die Secretion nicht zu 
proftis ist, mindestens zwei Tage im Ohre. Ergibt sich bei der 
Untersuchung am dritten Tage, dass das Pulver vollkommen 
trocken geblieben ist, oder dass dasselbe theilweise aus dem 
Ohre herausgefallen und die^erkrankten Theile nicht mehr feucht, 
sondern trocken geworden sind, so ist es nicht gerathen, das 
Ohr auszuspritzen, weil die Secretion durch das in die Trommel- 



V. Kleinere Mittheilungen. 47 

Nichtsdestoweniger gab es bisher weder ein subjectives noch 
ein objectives Symptom, um diese Formen mit Sicherheit von 
einander zu unterscheiden, ein üebelstand, der auch von den 
Autoren lebhaft empfunden wird.') 

V. Tröltsch spricht (1. c.) die Hoffnung aus „dass wir 
durch Percussion dieses Knochens, durch Auscultation des Ohres 
und vergleichendes Zusammenstellen des Hörens der Uhr und 
Stimmgabel vom Warzenfortsatz aus mit den übrigen Erschei- 
nungen über diese Dinge allmählich Aufschluss erlangen werden. * 

Durch diese Aeusserungen angeregt, habe ich über diesen 
Gegenstand Untersuchungen angestellt mit folgenden Kesultaten: 

1. Die Percussion des Warzenfortsatzes ist leider 
in keiner Weise zu verwerthen, weil bei derselben die ßesonnanz 
der Mundhöhle eine so grosse Rolle spielt, dass die geringen 
Lufkmengen im Warzenfortsatz nicht zur Geltung kommen können. 
Percutirt man den Warzenfortsatz bei geschlossenem Munde, so 
erhält man einen leeren Schall. Percutirt man ihn während 
der Mundstellung ftir die Vocale oder ü, so erhält man einen 
massig tiefen tympanitischen Schall. Ebenso bekommt auch der 
Ton der Stimmgabel und das Geräusch der auf den Warzenfort- 
satz gesetzten Uhr bei besagter Mundstellung tympanitischen Bei- 
klang, eine Erscheinung, die man nicht nur an sich selbst, son- 
dern durch das Otoskop auch an Anderen wahrnehmen kann. 
Eine Schleimhautanschwellung oder Vergrösserung der Tonsillen 
wird daher diesen Schall bedeutend mehr beeinflussen, als eine 
Veränderung in den Verhältnissen des Processus mastoideus. 

2. Auch die Auscultation des Ohres i. n. S. ergab 
keine Resultate. Dagegen versuchte ich mit Erfolg 

3. die Auscultation des Warzenfortsatzes. Setzt 
man auf den Processus mastoideus, dicht hinter das 
Ohr, etwas über der Höhe des äusseren Gehörganges, 
also in der Gegend des Antrum mastoideum, ein 
Otoskop, dessen für den Patienten bestimmter An- 
satz durch einen Ohrentrichter ersetzt ist, so hört 
man daselbst während der Lufteintreibung, wenn 
dieselbe mit genügender Kraft in eine normal weite 
Tuba, bei unverletztem Trommelfell eingetrieben 
wird, ein sausendes Geräusch, welches den Eindruck 

1) V. Tröltsch, Lehrbuch der Ohrenheilkunde 1872. S. 316. Gruber, 
Lehrb. der Ohrenheilkunde 1870. S. 533. Bnck, Krankheiten des Warzen- 
fortsatzes. A. f. A. u. 0. Bd. III. Abthlg. 2. S. 27. 



y. Eleiüere Mittheilongen. 49 

äussere Ohr mit dem Tragus verschliesse, wird die Bewegung 
des Wassers wieder sieht- und hörbar. 

5. Das Eindringen der Luft in den Warzenfortsatz bei un- 
verletztem und das Nichteindringen bei verletztem Trommelfell 
konnte ich auch an einem zu diesem Zwecke verfertigten gläsernen 
Phantom nachahmen, in welches ich statt der Luft Tabaksdampf 
hineinblies. Dies Phantom besteht aus zwei über wallnussgrossen 
Kugeln, die durch eine circa einen Jialben Centimeter lange 
Eöhre untereinander verbunden sind : Paukenhöhle und Warzen- 
fortsatz. An der ersteren befindet sich ausserdem eine gegen 
3 Centimeter l_ange Röhre, die knöcherne Tuba, an welche ein 
Stück Kautschukschlauch, die knorpelige Tuba, befestigt ist. 
Seitlich von derselben ist ein Loch (kreisrund mit 2 Centimeter 
Durchmesser) , welches durch einen Kork oder einen mit einer 
Membran überspannten Ring verschliessbar ist, die Trommelfell- 
Öffnung. Auch die zweite Kugel besitzt hinten eine verschliess- 
bare Oeflfnung, um die Verhältnisse bei eröffnetem Warzenfortsatz 
Studiren zu können.*) 

Ich glaube demnach mich zu dem Ausspruche berechtigt, 
dass wir durch dies Verfahren im Stande sind uns mit grösserer 
Sicherheit über den jeweiligen Zustand des Warzenfortsatzes 
aussprechen zu können. Wird am Lebenden das Geräusch 

wenn irgend möglieh der Bohrer zu vermeiden und Meissel oder Messer 
anzuwenden sei. 

1 ) Dieses Phantom diente mir noch zu folgenden Versuchen : füllte ich 
durch die für das Trommelfell bestimmte Oeffnung (diese nach oben haltend, 
also nicht in gewöhnlicher Lage), langsam eingiessend, die Trommel- 
höhle mit Wasser, so füllte sich auch der Warzen fortsatz, sobald die Flüs- 
sigkeit seinem Eingang au niveau stand. Spritzte ich jedoch mit 
stärkerem Strahl durch eine angesetzte, den äusseren Gehörgang dar- 
stellende Röhre, so gelangte niemals etwas von der Flüssigkeit in den 
Warzen fortsatz. Füllte ich die ganze Trommelhöhle oder auch nur einen 
Theil derselben mit Wasser und blies dann Luft durch die Tuba hinein, 
so gelangte weder bei geöffnetem noch bei geschlossenem Trommelfell Flüs- 
sigkeit in den Warzenfortsatz. Erst wenn ich das erwähnte hintere Loch 
des Warzenfortsatzes öffnete, ergoss sich beim Einblasen die Flüssigkeit 
durch den Warzenfortsatz im Strahl nach aussen. 

Ich mnss deshalb, da ich glaube, dass die Verhältnisse des Phantoms 
im Wesentlichen den anatomischen entsprechen, die Besorgniss, dass beim 
Politzer'schen Verfahren oder beim Ausspritzen des äusseren Gehörganges 
Secret aus der Trommelhöhle in den Warzenfortsatz geschleudert werden 
könne, für vollkommen unbegründet erklären. Dagegen ist es woh'l möglich, 
dass bei liegender Position des Patienten Secret aus der' Trommelhöhle in 
den Warzen fortsatz hinabfliessen könne. 

Archiv für OhrenheUkunde. XI. Bd. (Nene Fo^e. V. Bd.) 4 



V. Blleinere Mittheilungen. 51 

Prof. Dr. Politzer und Herrn Dr. Urbantschitsch für ihr 
freundliches Interesse an meiner Arbeit meinen besten Dank.*) 

1) Dem Verfasser vorstehender Mittheilung scheint unbekannt geblieben 
zu sein, dass Laennec in seinem classischen Werke: Snr Fauscultation 
m^diate. Bmxelles 1834. p. 57 der Anscultation des Warzenfortsatzes einen 
besonderen Artikel gewidmet hat. Es heisst dort wörtlich: ,,Wenn man das 
Stethoskop auf die Basis des Proc. mastoideus aufsetzt und gleichzeitig die 
Versuchsperson veranlasst, das Nasenloch der entgegengesetzten Seite mit 
dem Finger zu verschliessen und durch das frei bleibende Nasenloch etwas 
kräftig zu athmen (souffler), so hört man deutlich ein Geräusch (souffle), 
welches das Eindringen der Luft in die Warzenfortsatzzellen anzeigt. Wenn 
sich etwas Schleim in dem Mittelohr befindet, so hört man ein BasscI- 
geräusch und man kann leicht unterscheiden, ob dasselbe in der Tuba, in 
der Paukenhöhle oder in den Warzenfortsatzzellen entsteht. Wenn die 
Tuba durch Schleim verstopft ist, so hört man nichts etc." 

Meine eigenen Bemühungen, die Anscultation des Warzenfortsatzes 
diagnostisch zu verwerthen, ergaben, wie ich schon A. f. O. VII. S. 161 
anmerkungsweise mitgetheilt habe, ein negatives Resultat. Wenn sich die 
vorstehend mitgetheilten positiven Resultate des Verfassers bestätigen, so 
würden wir der Möglichkeit einer sicheren Diagnose der Erkrankungen des 
Warzenfortsatzes näher gerückt sein. Schwartze. 



VI. Wissenschaftliche Rundschau. 53 

darstellend) das Tubalumen in der Gegend des Isthmns durch einen 
fest eingedrückten Wattepfropf verlegt, jedoch so, dass „massig 
starke " Luftdruckschwankungen in der Tuba sich noch aufs Trommel- 
fell fortpflanzen, und erzeugt man nun gleichzeitig im äusseren 
Oehörgange und in der Tuba gleich starke, pendelartige Luftdruck- 
Schwankungen durch Saug- und Druckbewegungen, so geräth auch 
das Trommelfell in entsprechende Pendelschwingungen, die jedoch 
geringere Excursionen besitzen als die bei offener Tuba und ofifenem 
äusseren Oehörgange erzeugten. Lässt man jedoch einen constanten 
positiven oder negativen Luftdruck gleichzeitig vom äusseren Gehör- 
gange und von der mit Watte verstopften Tuba einwirken,« so kehrt 
das Trommelfell in seine Ruhelage zurück. Da es sich bei den Schall- 
schwingungen gleichfalls um pendeiförmige Luftdruckschwankiingen 
handelt, so folgt aus dem Versuche, dass durch einen nur losen 
Verschluss der Tuba die Perception der Schallschwingungen wohl 
etwas abgeschwächt, keineswegs jedoch aufgehoben wird. Am natür- 
lichen Ohre sind die Verhältnisse noch weit günstiger^ als am Modelle, 
da die Schallschwingungen, die durch die Tuba eintreten konnten, 
auf dem weiten Wege durch Nase oder Mund nicht unbedeutend 
abgeschwächt werden müssen. 

Der IL Abschnitt führt die Ueberschrift: „Ueber das Ver- 
hältniss des Gaumensegels zur Rachenmündung der 
Tuba Eust. in Ruhe und Bewegung. Directe Beobach- 
tung in einem Falle von Verlust der Nase. Versuche 
mit dem Ohrmanometer bei perforirtem Trommelfell.^ 

In einem Falle von Zerstörung der knöchernen und knorpeligen 
Nase durch Lupus konnte Lucae anstandslos beiderseits das Ostium 
pharyng. tubae, überblicken. Die Bewegungen des weichen Gaumens 
waren vollständig normal. Im Allgemeinen stimmen die Bewegungs- 
erscheinungen , wie sie Lucae in seinem Falle beobachtete, mit 
Michel's und meinen Angaben über.ein. Doch ergeben sich einige 
Differenzen zwischen meinen und Lucae's Beobachtungen / auf die 
ich mir erlauben möchte, hier etwas näher einzugehen. Der wich- 
tigste Punkt ist offenbar die Frage über das Verhältniss des Levator- 
wulstes zum Tubenostium, ob dasselbe während des Schlingactes 
vollständig geschlossen wird oder nicht. Im Allgemeinen stimmen 
Lucae und ich darin überein, dass das Tubenostium während des 
Schlingens durch das Zurücktreten des Tubenwulstes im Sagittal- 
durchmesser erweitert und dass gleichzeitig das so erweiterte 
Ostium durch das Eintreten des Levatorwulstes wieder verengt 
wird. Lucae sagt: Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, 
ob durch die Gesammtwirkung beider Bewegungen die Tubamündung 
geöffnet oder im Gegentheil geschlossen wird. Meiner Ansicht nach 
könnte die Frage noch anders formulirt werden, nämlich in der 
Weise, ob die Tubamündung durch diese combinirte Bewegung voll- 
kommen geschlossen wird oder offen bleibt, denn in der Ruhelage 
ist sie ja unbestritten offen. Dann wäre der Fall denkbar, dass das 
erweiterte Ostium durch das Eintreten des Levatorwulstes zwar 
verengt wird, aber immer noch ein Raum frei bliebe, der adäquat 



VI. Wissenschaftliche Eundschau. ^ 55 

Bevor ich, dem Texte der Lucae 'sehen Abhandlung folgend, 
im Referate fortfahre, möchte ich noch wegen eines Punktes auf den 
Lucae 'sehen Fall zurückgreifen. L. konnte in seinem Falle Be- 
wegungen der Hakenfalte nicht constatiren. Es ist mir dies um so 
auffallender, als L. meines Wissens der Erste war, der experimentell 
die Bewegungen derselben bei Lageveränderungen des weichen Gau- 
mens an der Leiche nachgewiesen hatJ) 

Im weiteren Verlaufe seiner Abhandlung berührt L. flüchtig die 
anatomischen Verhältnisse der Tuben gaumenmusculatur, um dann 
ausführlich auf die von Politzer aufgestellte und bisher allgemein 
aeceptirte Theorie der Wirkung dieser Muskeln überzugehen. Diese 
Theorie erweist sich nach L. bei directer Beobachtung der Tuba 
von der Nase* aus als eine irrthümliche. Es bleibt nach seiner An- 
sicht eine unerwiesene Hypothese, dass 'der Tensor während des 
Schlingactes die Tuba öffnen soll, dagegen hält er es für sehr 
wahrscheinlich, dass dieser Muskel nach erfolgtem Schlingacte, 
sobald der Levator in seiner Action nachlässt und das Gaumensegel 
wieder sinkt, sich an der^iermit gleichzeitigen Wiedereröffnung der 
Tuba betheiligt. Hierauf wendet sich L. zu den physiologischen 
Versuchen, welche zu Gunsten der Politzer 'sehen Theorie über 
den Einfluss des Schlingactes auf die Tuba angezogen werden. Bei 
der Wichtigkeit gerade dieser Partie für die L.'sche Hypothese sei 
es uns erlaubt, wörtlich zu citiren : 

„ Prüfen wir nun die physiologischen Versuche, welche zu Gunsten 
jener früheren Lehre über den Einfluss des Schlingactes auf die Tuba 
angezogen werden, so müssen wir zunächst auf einen von dem un- 
vergesslichen Toynbee zuerst beschriebenen Versuch näher ein- 
gehen, welcher, nach meinem Vorschlage der Toynbee 'sehe Ver- 
such genannt, den Ohrenärzten wohl bekannt ist: Macht man bei 
geschlossener Mund- und Nasenöffnung eine Schlingbewegung, so 
nimmt man eine Druckempfindung in den Ohren und bei . einiger 
Aufmerksamkeit eine deutliche Anspannung des Trommelfelles wahr. 
Toynbee erklärte sich letztere dadurch, dass hierbei die Luft, 
durch die Schlundmuskeln leicht comprimirt, in die Trommelhöhle 
eintrete, und zog aus dem Umstände, dass jenes Gefühl von An- 
spannung erst nach einer bei offenen Nasenöffnungen wiederholten 
Schlingbewegung nachlasse, den Schluss, dass die Tuba im Zustande 
der Ruhe geschlossen sei und sich nur während des Schlingactes 
durch die Action des Tensor und Levator palati mollis öffne. 

Zu demselben Endresultate wurde Politzer geführt und zwar 
durch Beobachtungen an Manometerröhren, welche er zum Studium 
der Luftdruekschwankungen sowoM in den Nasenrachenraum, als in 
den äusseren Gehörgang einführte. Seine manometrischen Beobach- 
tungen ergaben indessen, abweichend von Toynbee, dass durch 
jenen Versuch eine negative Luftdruckschwankung im Ohr hervor- 
gerufen wird. Es trat nämlich eine negative Schwankung des 
Tropfens im Ohrmanometer um 1 — 3 Mm., im Rachenmanometer im 



1) Archiv f. Ohrenheilkunde. Bd. III. S. 179. 



56 Tl. Wissen scbaftlicbe RondBchaii. 

Beging des Schlingactea eine positive von 5 — 10 Mm., und im Ver- 
laufe des Schlingactea eine negative von 60 — 120 Mm. Wasaerdrack 
eiii. Die negative Schwankung Im Ohrmanometer g^lich sich beiu 
Oe£Fnen der Naae nicht ans, sondern nur durch eine Schlingbewegnag 
bei geschlossenem Hnnde and offener Nase. 

Während demnach nach Toynbee durch jenen Versuch eine 
ähnliche Wirkung auf das Ohr ansgeflbt wird, wie sie beim Valaalva- 
Bchen Verauche eintritt, wird nach Politzer durch den Toynbee- 
schen Vereucb die Luft gewissermassen aus dem Ohre ausge- 
pumpt. 

Politzer hat später aeine Beobachtungen dahin modificirt, dasa 
in der That, jedoch nur „im ersten Momente des Schlingactea" eine 
geringe Lutlverdichtung,- im weiteren Verlauf jedoch eine beträclit- 
liche Verdünnung in der Trommelhöhle eintritt. Diese Beobachtung 
kann ich, geatUtzt auf zahlreiche manometrische Untersuchungen so 
Normalhdrenden, nur bestätigen und hinzufügen, dass die der nega- 
tiven vorangehende positive Schwankung im Ohrmanometer oft sehr 
erhebUch ausfällt. Dasselbe berichtet Pe^r Allen. 

Wir sehen alao sowohl im Bachen- als Ohrmanometer zunächst 
eine positive und dann eine negative Schwankung erfolgen, eine 
Thatsache, welche die Richtigkeit des aus diesen manometrischen 
Versuchen gezogenen Schlusses von vornherein erheblich erschüttert. 
Wie will man bei der Annahme, daes die Tnba im Zustande der 
Ruhe geechlossen ist, diese völlige Uehereinstimmung der im Rachen 
und im Ohre erfolgenden Luftdruck seh wankimgen erklären , wie die 
zuerst zu beobachtende positive Schwankung im Ohrmanometer, wenn 
die Tuba sich erst durch den Schlingact öffnen soll? Scheint esniclil 
auf Grund der in dem ersten Theile dieser Abhandlung gewonnenen 
Anschauung weit natürlicher und logischer, anzunehmen, dass die im 
Nasenrachenraum entstandene snaammengesetzte Luftdrucksch wankung 
durch die Tuben nach dem Ohr eich fortaetzt? 

Prfift man ferner diese Frage an der Hand der durch die 
directe Beobachtung von der Nase aus und mit Hülfe der oben an- 
gegebenen rhinoskopischen Befunde erhaltenen Resultate, so wird 
man bei vorurtheilsloser Betrachtung unwillkürlich zu folgendem 
Resultate gelangen: Bei Anst«llnng des Toynbee'schen Versuches 
entsteht während des Schlingactes durch das Em porachu eilen des 
Gaumensegels und durch den hierdurch erfolgenden Ahschluss äes 
oberen Rachenraumea navh unten in demselben zunächat eine positive 
Luftdruck Schwankung, welche sich durch die Tuba zur Paukenhöhle 
fortpflanzt; die in der letzteren erfolgende positive Luftdruckach wan- 
kung kann durch den hierbei gleichzeitig erfolgenden Verschlnss 
der Tubenmündung noch gefördert werden. Kehrt das Ganmensegel 
nach Beendigung des Schlingactea im oberen Rachenraume unter 
gleichzeitiger Wiedereröffnung der TuhenmOndnng in die Enhelage 
zurück, so übt jetzt die durch dass Hinabschlucken der Luft ini 
unteren Abschnitte des Pharynx entstandene negative Schwankung 
ihren Einfluss auf die Tuba in die Trommelhöhle aus, und es entsteht 
somit im Ohrmanometer eine negative Schwankung, bedingt durch 



VI. WisseDschaftliche Randschau. 57 

Einziehung des Trommelfelles ganz in derselben Weise, als dies 
beim negativen Valsalv ansehen Versuche beobachtet wird. 

Was die von Politzer als Hauptbeweis für seine Ansicht 
herbeigezogene Beobachtung betrifft, dass diese Schwankung im Ohr- 
manometer sich nur durch eine Schlingbewegung bei geschlossenem 
Munde und offener Nase ausgleicht, so findet diese Erscheinung im 
Gegentheil erst eine richtige Erklärung durch die Thatsache, dass 
die Tuba durch den Schlingact geschlossen wird : man muss nämlich 
bei allen derartigen , vom -Gehörgang aus vorgenommenen Unter- 
suchungen vot Allem berücksichtigen, dass es sich doch zunächst 
hierbei um die Beobachtung der Bewegung des Trommelfelles handelt, 
einer keineswegs frei beweglichen Membran, welche durchaus nicht 
geeignet ist, jede beliebige Luftdruckschwankung im Mittelohre zu 
registriren und auf das Ohrmanometer zu tibertragen. So gibt bereits 
Politzer selbst an, dass im normalen Zustande beim einfachen 
Schlingacte keine Bewegungen am Trommelfelle erfolgen sollen, in- 
dem die hierbei von ihm beobachtete momentane Luftverdünnung im 
Kachen eine zu geringfügige sei, um den Widerstand des Trommel- 
felles zu überwinden. 

Das Trommelfell besitzt aber ausserdem eine die Sicherheit jener 
manometrischen Beobachtungen nicht gerade fördernde Eigenthüm- 
lichkeit: es wird nämlich schon bei normalem, ruhigem Verhalten 
sowohl durch die GehÖrkÜöchelchen , als durch den Tensor tympani 
nach innen gezogen. Die Folge dieser Anordnung ist, dass ein nach 
aussen aufgeblasenes Trommelfell weit leichter auf seine frühere 
Stellung zurückkehrt, als ein nach innen abnorm eingesunkene^. 
Man darf sich daher nicht wundern, dass die nach dem Toynbee- 
schen Versuche erfolgende negative Schwankung im Ohrmanometer 
sich nicht sofort ausgleicht, obwohl die Tuba wieder geöffnet ist. 
Erfolgt aber darauf eine gewöhnliche Schlingbewegung bei offener 
Nase, so wird durch den gleichzeitigen momentanen Verschluss des 
Ostium phar. tubae in letzterer eine positive Luftdruckschwankung 
hervorgerufen, welche sich in die Trommelhöhle fortsetzt und das 
Trommelfell in seine Gleichgewichtslage zurückführt. Auf diese 
Weise erklärt sich der ganz analoge Vorgang während des negativen 
Valsalva'schen Versuches: macht man bei geschlossener Mund- und 
Nasenöffnung eine kräftige Inspiration, so wird im normalen Zustande 
eine Anspannung des Trommelfelles nach innen hervorgebracht; die- 
selbe gleicht sich, wie man an sich selbst wahrnehmen und an 
Anderen mit dem Ohrenspiegel beobachten kann , schnell und voll- 
kommen wieder aus, sobald man eine Schlingbewegung darauf folgen 
lässt. 

Zur Erläuterung des Gesagten will ich hier noch eine Reihe 
von manometrischen Versuchen anführen, welche ich, um die Trom- 
melfellbewegung möglichst auszuschliessen , an relativ gut hörenden 
Kranken mit grösseren Trommelf elldefecten vornahm. Bei den hierzu 
ausgewählten fünf Personen im Alter von 13 — 20 Jahren handelte 
es sich viermal um eine nach Ablauf einer eitrigen Tromm^lböhlen- 
entzündung zurückgebliebene Perforation, in einem Falle um eine 



.:5 v 




58 VI. Wissenschaftliche Randschan. 



Zerreissung des* Trommelfelles in Folge einer Ohrfeige. Weitere 
Complicationen fehlten. Die Tuben und die Trommelhöhlen waren 
vollständig frei und für den Luftstrom durchgängig, die Gaumen- 
muskeln in ihrer Function vollkommen intact. 

Um in diesen Versuchen den Widerstand von Seiten der Luft- 
säule im äusseren Gehörgange nicht qhne Noth zu vergrössern, wurde 
ein nur- kurzes, gerades, an dem Ohrende mit Gummi belegtes Glas- 
röhrchen in den Gehörgang eingeführt. Als Sperrflüssigkeit wählte 
ich , wie in meinen früheren Versuchen über die Respirationsbe- 
wegungen des Trommelfelles, Schwefeläther, wegen des leichteren 
specifischen Gewichtes desselben; doch erhält man auch bei Be- 
nutzung von Alkohol oder Wasser ganz gute Resultate. Ich brauche 
wohl nicht erst zu bemerken, dass die bekannten Vorsichtsmaassregeln 
— luftdichtes Setzen des Ohrmanometers, Vermeidung von Kiefer- 
bewegung — sorgfaltig beobachtet wurden. 

Sämmtliche Individuen wurden zunächst auf den Einfluss des 
Schlingactes wiederholt untersucht. £s ergab sich hierbei das bei 
Allen übereinstimmende Resultat, dass durch den Toynbee'schen 
Versuch im Manometerröhrchen zunächst eine positive, sodann eine 
negative Schwankung hervorgerufen wurde , * welche letztere sich 
nach beendigtem Schlingacte sofort ausglich. Ich betone hierbei, 
dass die vorangehende positive Schwankung häufig ebenso gross 
ausfiel, als die negative, ja zuweilen so ergiebig und stürmisch er- 
folgte, dass die Sperrflüssigkeit aus dem Manometerröhrchen heraus- 
geschleudert wurde. 

Ein besonderes Verhalten zeigte hierbei einige Mal der Fall von 
traumatischer Perforation des Trommelfelles, indem die der positiven 
nachfolgende negative Schwankung in einer und derselben Versuchs- 
reihe sich zuweilen nicht ausglich, auch nicht bei nachfolgendem 
Schlingacte mit geöffneter Nase ; diese Erscheinung findet wohl darin 
ihre Erklärung, dass durch katarrhalische Schwellung in der Tuba 
eine momentane Verklebung derselben stattfand. Als eine Woche 
später dieselben Versuche bei vollständig vernarbtem Trommelfelle 
wiederholt wurden, zeigte sich das auffallende Resultat, dass jene 
negative Schwankung sich jedesmal sofort ausglich, ohne dass hierzu 
ein Schlingen bei geöffneter Nase nöthig war. 

Die während des gewöhnlichen Schlingactes bei offener Nase zu 
beobachtende Bewegung der Flüssigkeit im Ohrmanometer ist eine 
sehr schnell vorübergehende und meistens so wenig ausgiebige, dass 
sie auf ihre Qualität nicht sicher zu untersuchen ist. Indessen war 
bei drei meiner Versuchspersonen sicher zu constatiren, dass diese 
Bewegung sich ebenfalls aus einer positiven und negativen Schwan- 
kung zusammensetzte. 

In vier Fällen wurde der Einfluss der Phonation geprüft, wobei 
die Kieferbewegungen durch einen zwischen die Zähne genommenen 
Pfropfen vermieden wurden. Es zeigte sich hierbei während der 
Intonation des Vocales a jedesmal eine mehr oder weniger ausgiebig©; 
sehr deutliche positive Schwankung im Ohrmanometer, welche mit 
Nachlass der Phonation sofort in die Gleichgewichtslage zurückkehrte. 



VI. Wissenschaftliche Randschau. 59 

Der Einfluss der Saugbewegung (Aspiration) wurde nur in drei 
Fällen untersucht und hierbei bei zwei Versuchspersonen (jungen 
Leuten von 14 und 20 Jahren) eine kräftige, positive Schwankung 
beobachtet, während bei einem Mädchen von 13 Jahren nur eine 
undeutliche, nicht näher zu bezeichnende Bewegung erfolgte. 

Es erübrigt endlich noch, eine Erscheinung klar zu legen, 
welche von Seiten der neueren Ohrenärzte mit Vorliebe ebenfalls zu 
Gunsten der herrschenden Ansicht über den Mechanismus der Tuba 
gedeutet wurde. Wird nämlich durch den in die Tubenmündung 
eingeführten Ohrkatheter Luft in das Ohr eingeblasen, so vernimmt 
sowohl der Kranke als der auscultirende Arzt ein stärkeres Anprallen 
der Luft gegen das Trommelfell. Auch diese Thatsache erklärt sich 
sehr gut durch die in dieser Abhandlung von mir nachgewiesene 
Compression der Tuba während des Schlingactes. Nur bei Kram er 
findet sich bereits die nach meiner üeberzeugung allein richtige 
Deutung dieses Vorganges: „Fühlt der Kranke den Luftandrang 
nicht im Ohre, aber auch nicht im Halse, so 4asse man, wenn auch 
das stärkste Blasen sich nicht bemerklich macht, den Speichel in 
dem Augenblicke hinabschlucken, in welchem man von Neuem in 
den Ohrkatheter einbläst. Beim Schlucken legt sich nämlich das 
Gaumensegel so dicht um den Katheter, dass alle eingeblasene Luft 
in das Ohr mit verdoppelter Kraft hineingedrängt, folglich auch das 
Gefühl des Eindringens derselben ins Ohr um so bemerklicher ge- 
macht wird." Die Richtigkeit dieser Anschauung wurde durch Ein- 
führung des Katheters in die Tuba Eust. bei jenem nasenlosen 
Manne vollkommen bestätigt. 

Wenn ich nach allen diesen Auseinandersetzungen das Irrthüm- 
liche der bisherigen Anschauungen über den Mechanismus der Tuba 
dargelegt zu haben glaube, so kommt es mir jedoch nicht in den 
Sinn, leugnen zu wollen, dass durch die Wirkung der Tubenmuskeln 
während des Schlingactes eine „physiologische Ventilation" des Ohres 
stattfindet. Nicht diese Thatsache, sondern nur ihre bisherige Deutung 
fechte ich an, wenn ich die Üeberzeugung ausspreche, dass diese 
Ventilation nicht dadurch zu Stande kommt, dass die für gewöhnlich 
geschlossene Tuba während des Schlingactes sich öffnet, sondern 
vielmehr dadurch, dass die für gewöhnlich offen stehende Mündung 
der im weiteren Verlaufe ganz lose geschlossenen knorpelig - mem- 
branösen Tuba durch den Schlingact kräftig zusammengedrückt und 
nach demselben wieder geöffnet wird. Man wird ferner zugeben 
müssen, dass ein ähnlicher ventilirender Einfluss durch eine Reihe 
anderer Bewegungen auf das Ohr ausgeübt wird, unter denen 
namentlich die forcirte Respiration, die Phonation und die Aspiration 
zu nennen sind." 

Als praktische Consequenz seiner Anschauungen beschreibt 
L. schliesslich eine Modification des Politzer 'sehen Verfahrens, 
welche sich von dem eigentlichen P.'schen Verfahren blos dadurch 
unterscheidet, dass der Pat. statt Wasser zu schlucken anhaltend 
den Vocal a intonirt. 

Im Allgemeinen kann man dieser Arbeit Lucae's die Aner- 



VI. Wissenschaftliche Randschau. 61 

einem Tubenwulst bis zum anderen, den Ansatz des 
Gaumensegels von einer Seite bis zur andern. 

Die Tubenwülste sind ziemlich gross und der Längendurch- 
messer der Mündung übertrifft bei Weitem den der Quere. 

Eine genauere Beschreibung der Tubenmündung in der Ruhelage 
fehlt. Es ist dies um so mehr zu bedauern, da gerade dieser Fall 
Gelegenheit bot, die Mündung mehr en fage und nicht wie gewöhn- 
lich bei der Beobachtung durch die Nase im Profil zu sehen. Denn 
das Bild der Ruhelage, wie ich es zuerst ausführlich beschrieben 
und abgebildet, muss nothwendig nach dem Standpunkt des Beob- 
achters wechseln, was eben in diesem Falle leicht controlirt werden 
konnte. 

Die Veränderungen des Ostium pharyng. und des weichen Gau- 
mens beim Schlucken schildert M. in derselben Weise, wie in 
seiner ersten Arbeit.*) Auch hier begegnet uns der vage Ausdruck 
„zwängt sich das Gaumensegel zwischen Tubenwulst und äusseren 
Band der Ohoane^, wodurch doch nicht schon auch ausgedrückt 
wird, was M. offenbar will, dass das Ostium vollkommen verstopft 
wird, denn cb kann sich Etwas in eine Spalte oder in ein Loch 
hineinzwängen oder hineingezwängt werden, ohne dass deswegen die 
Spalte oder das Loch allseitig ausgefüllt wird. M. ergänzt seine 
frühere Schilderung noch dahin, dass während des Schlingactes an 
der hinteren Rachenwand hinter dem unteren Ende der Tuben- 
wülste zwei, eine aufwärtsschiebende Bewegung ausführende, die 
Velumfläche um 1 — 1^4 Cm. Höhe überragende, dicke Längswülste, 
welche in der Mitte einen etwa 1 Cm. breiten Zwischenraum lassen, 
sich ausbilden. Beim Tonangeben kommt es statt dieser Wülste zur 
Bildung je einer mässig^ dicken Falte. Das Entstehen derselben führt 
M. auf die Thätigkeit des obersten Schlnndkopfschnürers, beson4ers 
des Pterygopharyngeus zurück. Zur Hebung des Bodens der Tuben- 
mündung trägt seiner Ansicht nach neben dem Levator auch der 
Pterygopharyngeus bei, der durch sein Dickerwerdeu bei seiner 
Contraction den Levator in die Höhe drückt. 

Um die Veränderungen der Tubenspalte in der Tiefe des 
Ostium zu Studiren, führte M. einen Kehlkopfspiegel in den Nasen- 
rachenraum ein, um ein Bild der Veränderungen in den tieferen 
Partien der knorpeligen Tuba zu gewinnen. Er schildert die Spiegel- 
bilder wie folgt: 

a) In der Ruhe. 

Im hellgrauen Grunde der Mündung liegen die Wände dicht 
aufeinander, eine hellgraue, von oben nach unten gehende Furche 
bildend, welche am Boden in ein kleines Dreieck übergeht. 

b) Beim Schlucken. 

Es entsteht zuerst am Boden der Mündung, vom Choanenrand 
ausgehend, eine wellenförmige Bewegung, zunächst Vertiefung, dann 
Erhöhung, Emporsteigen des Bodens in die Mündung, und im Augen- 
blicke der höchsten Hebung desselben^) und des Tuben wuistes auf 

1) Berl. kl. Wochenschrift 1873. 

2) Also bei vollkommenem Verschlusse des Ostium?! (Ref) 



82 VI. WisaeDSchaftUche Rundschau. 

der HOhe des Scblnokactea eröffnet eich erst die Tubenspalte'), klafft 
nuten znerst und am weitesten in Gestalt eines echwarzen Dreiecks, 
dessen SpitjEe in eine schwarze, den oberen Abschnitt der Tuben- 
spalte bezeichnende Linie sich aussieht. Im nächsten Moment sinken 
die Theile wieder herab, ist der nicht jedesmal gleich weit klaffende 
Spalt verschwunden, die Tiefe der Tnbenmilndiing erscheint mit 
Wiederkehr der Ruhelage wieder hellgrau. 

(Der Dilatator tubae [Tensor veli] scheint demnach erst thätig 
zu werden, nachdem der Levator veli seine Wirkung entfaltet hat.) 

c) Beim Tonangeben. 

Es findet stets eine Bewegung des Tubenwulstes nach hinten 
statt, Entfernen, Abheben des unteren Endes von der vorderen Wand, 
bedingt durch das Sichdazwiscbendrängen des Bodens der Mttndnng. 

Auch nur bei sehr starkem Singen eines hoben i, e, bei welchen 
Vocalen das Velum am hÖchBten emporateigt, drängt sich der Boden 
so hoch und energisch hinauf, wird der Tubenwnlst so weit ab- 
gehoben von der vorderen Wand, dass die Tubenspalte zu schwachem 
Klaffen kommt, doch ohne dass das beim Schlucken am Boden sich 
zeigende Dreieck erscheint. 

Es geritth dabei der Tubenwalst nebst Velum in lebhaftes Er- 
zittern, nnd wird diese Erschtltterung des Knorpels, indem sie auf 
die knöcherne Trommelhöhle und Tuba Übertragen wird, zum grösslen 
Theile wohl die Ursache abgeben für das Brummen und Summen, 
das wir im Obre besonders empfinden, wenn „i" laut angeschlagen 
und gehalten wird. Auch dürfte das knackende Geräusch, das beim 
Schlucken gewöhnlich im Ohre verspürt wird, ebenfalls, theilweise 
wenigstens, von der Bewegung des Tubenknorpels herrühren. 

Zur vollen Entfaltung der Wirkung des Dilatator tubae ist nach 
M. die Abhebung des Tnbenwulstes nothwendig erforderlicb nnd 
erklärt sich hieraus der schädliche Einfluss der Hypertrophie der 
Pharynxtonsille, wenn sie zugleich die Excursionsföbigkeit des Tuben- 
wulstes beschränkt. 

Bei demselben Patienten konnte M. durch Ansetzen eines Kehl- 
kopfspiegels an den Plafond des Kasenrachenraumes bis in des 
unteren Rachenraum nnd bis in den Kehlkopf hinabsehen nnd die 
Veränderungen bei ruhigem Athmen, Schlingen und Phoniren beob- 
achten. 

Er polemisirt sodaao gegen die Ansicht Passavant's, dass 
bei der Phonation der Abscblnss der Gaumenklappe mit Hülfe eines 
durch isolirte Tbätigkeit des obersten Schlund köpf achnürers hervor- 
gebrachten Querwulstes an der hinteren Pharynxwand erzielt werde, 
indem er dies nur fttr pathologische Fälle zugibt. 

1) Nämlich in der Tiefe des Oatinnt. Um dies jedoch zu sehen, masate 
selbstveratändlich der mediale Tbeil des Ostinm, soweit wir ihn gewObnlicb 
bei directer Besichtigung von der Naae aas Übersehen, aaf der HOhe des 
Schluckactea (höchster Ausbildnog des Levatorwnlstes) achon offen stebea 
oder sich wenigatens ao weit öfiiien, nm die Veränderungen der Toben- 
apalte in der Tiefe zu erkennen. (Ref.) 



VI. Wissenschaftliche Eundsohau. 63 

Schliesslich beschreibt er einen nach Art des Löffelchens von 
Leroy construirten Spiegel, der, durch die Nase in den Nasen- 
rachenraum eingeführt, es ermöglicht, auch bei erhaltener Nasen- 
scheidewand die Tubenspälte zu beobachten. Zaufal. 



3. 

Zur Anatomie und Physiologie desPhyllodactylus Euro- 
paeus mit besonderer Berücksichtigung des Aquae- 
ductus vestibuli der Ascalaboten im Allgemeinen. 
Von Dr. R. Wiedersheim, Prosector in Würzburg. (Morpho- 
logische Jahrbücher.] 

Ehe der Verf. auf den Aquaeductus vestibuli selbst eingeht, 
beschreibt er die Geschichte und den Fundort von Phyllodactylus 
Europaeus. Darauf folgen Mittheilungen über die äussere Form, 
Farbe, Unterscheidungsmerkmale zwischen Männchen und Weibchen, 
plötzlichen Farbenwechsel, z. B. durch Tabakrauch, Bewegungsart, 
geistige Fähigkeiten, Gemüthsart, Stimme, Häutung, Grösse. Ob 
Ph. Sommer- oder Winterschlaf hält, lässt W. unentschieden. Die 
Begattung hat W. nicht beobachtet. — Dann wird das Integument 
beschrieben, besonders die Hautknochen; Das Skelet weicht äusserst 
wenig von dem der Geckotiden ab, weshalb es nicht näher angeführt 
wird. — Dann geht der Verf. näher ein auf dieOrgane der 
Ernährung und Verdauu^^g (Oesophagus, Magen, Darm, Leber, 
Gallenblase, Peritonaeum) , Zunge und Zungenbeinapparat, 
Eespirationsorgane. Bei der Beschreibung der weiblichen 
Geschlechtsorgane (Ovarium, Eihäute) erwähnt er die Beob- 
achtung der Eier im Ovarium. Bei der Beschreibung der männ- 
lichen Geschlechtsorgane führt er an, dass die zwei halb- 
mondförmigen Knochen unter der Haut nur dem Männchen eigen 
sind. — Beim Harnapparat beschreibt er Nieren, Harnleiter, 
Harnblase und die Beziehung der weiblichen Harnleiter zum Oviduct. 

Aquaeductus vestibuli. 

Der Verf. gibt selbst zu, dass er „in dem Gebotenen (Aquaed. 
vestibuli des Phyllod.) mit keiner vollkommen abgeschlossenen Arbeit 
hervortrete, schon aus dem Grunde nicht, weil er den übrigen Theilen 
des Gehörorganes nur eine sehr flüchtige Aufmerksamkeit schenken 
konnte. ^ — Da dem Verfasser eigene Erfahrungen über den Aquae- 
ductus vestibuli sämmtlicher Wirbelthiere fehlen, so gibt er einen 
kurzen Ueberblick über den Aquaeductus vestibuli der gesammten 
Wirbelthierreihe nach Hasse's anatomischen Studien: „Die Lympli- 
foahnen des inneren Ohres der Wirbelthiere ". Ref. wird zum näheren 
Verständniss des Aquaeductus vestibuli von Phyll. kurz diesen Ueber- 
blick nach Hasse's Studien wiederholen. 



VL Wissenschaftllcbe Bundschau. 65 

gross, weshalb der Saccus endolymphaticus im epicerebralen Raum 
liegt. — 

Bei den (lanoiden nimmtVasse den Ductus endolymphaticus 
als ebenso gebaut an, wie bei den Plagiostomen , da kein Grund 
vorliegt, dass sie eine Ausnahme bilden sollten. 

Bei den Urodelen: Perenuibranchiaten (Siredonj macht 
Calori auf eine zwischen den Bullae auditivae befindliche Masse 
von Kalkkrystallen aufmerksam, die er als Resonanzapparate auffasst. 

Nach Hasse sind beide Enden des Ductus endolymphaticus wie 
bei den Ciupeiden mit einander verschmolzen , liegen nicht wie bei 
den Plagiostomen ausserhalb, sondern innerhalb der Schädelkapsel, 
was Hasse dadurch erklärt, dass durch die Breitenausdehnung des 
Schädels bei den Perenuibranchiaten mehr Raum zur Ausdehnung 
gewonnen wird und sich vielleicht die Belegmassen des Primordial- 
cranium bei den Perennibronchiaten früher bilden, als bei den Pla- 
giostomen. Der Zusammenhang der Kalkkrystalle mit dem Röhrchen 
und Sacculus lässt sich nach Hasse am besten durch Hineindrücken 
desselben in das Röhrchen bewirken, wodurch dasselbe als weisser 
Strang erscheint. Die Kalkkrystalle scheinen durch gallertartige 
Massen verbunden zu sein. Der Kalksack lässt sich leicht vom 
Gehirn abheben, nur in der Mitte der ünterfläche hängt er mit der 
Gehirnhülle zusammen und finden sich hier eine Anzahl querer 
Spalten, so dass es zur directen Verbindung des Cavum epicerebrale 
mit dem Ductus endolymphaticus kommt. — Wiedersheim be- 
merkt dazu, wie es komme, dass hier die Kalkkrystalle nicht heraus- 
gedrückt werden könnten? Hasse hat Grund zu vermuthen, wie 
er mir mittheilt, dass diese spaltförmigen Eindrücke von dem darunter 
gelegenen Plexus choroideus herrühren. 

Bei Triton communiciren die beiden Säcke weder untereinander 
noch mit 'dem epicerebralen Raum, sind blind geschlossen und mit 
Otolithen gefüllt. 

Bei Saiamandra maculata ist die Ausdehnung des Kalk- 
sackes eine sehr bedeutende, sowohl nach vorn, hinten und auch noch 
unter das Mittelhirn bis nahe an die Hypophysis. Die Säcke der 
beiden Seiten communiciren mit einander, aber nicht mit dem epicere- 
bralen Raum. 

Bei den Anuren: Batrachiern ist der Kalksack sehr ausgedehnt 
und umgreift das Gehirn oben und unten. Eine Communication mit 
dem epicerebralen Raum findet nicht statt. 

Obgleich die Reptilien in Bezug auf den Aquaeducj;us vestibuli 
sehr genau studirt sind, so hatte man die Ascaloboten nicht besonders 
beachtet und ist es das Verdienst Wieder sheim's, dies nachgeholt 
zu haben. 

Bei Coluber natrix schwillt der Ductus endolymphaticus zu 
einem kleinen Säckchen an (Saccus endolymph.), das unter der Nath 
des Parietale und Occipitale sup. gelagert, von der Dura des Schädel- 
daches überzogen wird. Die Säckchen communiciren weder unter 
sich noch mit dem Cavum epicerebrale. Im embryonalen Zustande 
sind diese Säckchen mit Otolithen gefüllt, im erwachsenen nicht. 

Archiv Tür Ohrenheilkunde. XI. Cd. (Neue Folge. V. Bd.) 5 



VI. Wissenschaftliche Rundschau. 67 

das Auswachsen und Aufsteigen des Sacculus mit in die Höhe ge- 
zogen wird. 

'S. 

Der Aquaeduct von Phyllodactylus Europaeus. 

Zu beiden Seiten der Halswirbelsäule zwischen Schultergürtel 
und Hinterhaupt sieht man gelbliche Flecken. Entfernt* man an 
diesen Stellen die Haut, so zeigen sich zwei grosse ; unregelmässig 
eingekerbte Blasen, die von Fettgewebe umhüllt sind, welches sich 
in die subcutanen Hohlräume und nach hinten bis zum Beckengürtel 
zieht. Diese Blase haftet fest an den unterliegenden Fascien, in 
welche sie ebenso, wie in die Muskeln des Halses blindsackartige 
Auswüchse schickt. An dem vorderen Theile der Blase findet sich 
stets ein ziemlich langer blindgeschlossener Kanal, der bis unter 
die Pars basilaris ossis occipitis reicht, wo er über der Schleimhaut 
des Pharynx liegt. Ventralwärts stossen die Blasen beider Seiten 
aneinander. Die Einkerbungen sind bei jungen Exemplaren sehr 
deutlich, so dass mehrfache Lappen gebildet werden. Hebt man 
die oberflächliche Nackenmusculatur ab, so sieht man einen stark 
geschlängelten feinen Gang zum Hinterhaupt nach vorn und oben 
gehen, der mit den Fascien fest zusammenhängt. Hat der Kanal 
den hinteren Bogengang überschritten, so zieht er durch eine feine 
Spalte zwischen der Decke der Gehörkapsel und Parietale in das 
Cavum oranii; dann schwillt der Kanal bedeutend an, wendet sich 
nach vorn, zieht, der Hintergrenze des Parietale entlang, schräg nach 
einwärts und Rückwärts gegen den hintersten Abschnitt der Scheitel- 
nath, wo sich beide Seiten berühren; der Kanal zieht nach hinten 
bis zum Foramen magnum, um hier in einem spitz ausgezogenen 
Blindsack zu endigen und ist zwischen Dura und Knochen gelegen. 
Hebt man die Dura ab^ so sieht man dicht vor dem unteren Ende 
des Blindsacks ein zartes weisses Kanälchen abgehen, welches sich 
in den Aquaeductus vestibuli einsenkt, um mit dem Sacculus in Ver- 
bindung zu treten. 

Es würde also dieses Gebilde nach W.'s Untersuchungen als 
Aquaeductus und Saccus endolymphaticus aufzufassen sein. 

Die Wände des Ganges und Sackes bestehen aus elastischen 
und Bindegewebsfasern, die Innenfläche ist mit unregelmässig-poly- 
gonalem Epithel bekleidet. Der Inhalt besteht aus Otolithen. 

Der Aquaeductus vestibuli von Ascalobotes maur. 

liegt nicht sofort unter der Haut, sondern man muss erst die ober- 
flächliche Musculatur abtragen, wo dann zwei dreieckige Beutel her- 
vortreten. Die Säckchen communiciren mit einander in der Schädel- 
höhle unterhalb des hintersten Abschnittes der Parietalnath. Innerhalb 
der Schädelhöhle findet nach vorn keine Ausstülpung statt, sondern 
die erweiterte Masse geht zum Hinterhauptsloche , schickt einen 
feinen Kanat zur Apertura aquaed. vestibuli und legt sich dann unter 
immer zunehmender Verbreiterung an die innere Wand der Gehör- 



VI. Wissenschaftliche Rundschau. 69 

gaDges und der in Achselhöhle oder im Rectum gemessenen ändere. 
Diese Untersuchungen wurden seitdem weiter fortgesetzt und hier aus- 
führlicher in ihren Ergebnissen vorgeführt. 

Zur Bestimmung der Temperatur des äusseren Gehörganges 
wurden ganz feine Thermometer, die Zehntelgrade zeigen und die 
bei einer Gesammtlänge von 10 Cm. eine lange ausgezogene Queck- 
silberkugel von circa 1 Cm. Länge haben, angewandt (Verfertiger 
der bekannte Geisler in Berlin). Nach sorgfältiger Reinigung des 
Gehörganges wurde das Thermometer „bis zum Trommelfell" ein- 
geführt und in dieser Lagö mit einem Wattetampon befestigt. „Es 
macht auf diese Weise nicht die geringsten Schmerzen und konnten 
Patienten wie Gesunde Stundenlang mit dem' Instrument im Ohre 
liegen." „Die innere Verbindung, in der die Venen des äusseren 
Gehörganges und die der an das Thermometer anstossenden Pauken- 
höhle mit denen in der Schädelhöhle stehen, lässt wohl annehmen, 
dass wir bei dieser Art von Messung ziemlich annähernd die Tem- 
peratur der Gehirnvenen, resp. die der grossen Blutleiter bekommen. " 

Im Normalen steht in der grossen Mehrzahl der Fälle das 
Rectumthermometer um 0,2 ^ höher, als das des Gehörganges; in der 
Regel wurde schon nach 6—8 Minuten eine Constanz des Standes 
erreicht. 

Bei chronischen Geisteskranken fanden sich manchmal nicht 
unbeträchtliche Diflferenzsteigerungen, aber ohne dass sich bisher ge- 
wisse allgemein gültige Sätze gewinnen Hessen. Dagegen ergab 
sich, dass apoplektiforme oder epileptiforme Anfalle bei Paralytikern 
die Ohrtemperatur im Verhältnisse zur Rectumtemperatur steigerten. 
Gab man Chloral in Schlaf machenden Dosen, so wurde die Rectum- 
temperatur nicht wesentlich verändert, dagegen die im Gehörgsmg 
erheblich herabgesetzt. Aehnlich, wenn auch bei Weitem nicht in 
demselben Grade, wirken Morphiuminjectionen. Bei Injectionen von 
Strychnin und Ergotin war das Ergebniss ein negatives. Das Mor- 
phium hat also die specifische Eigenschaft, die Temperatur im äusseren 
Gehörgang herabzusetzen. Nach Experimenten an Thieren sinkt nach 
Einwirkung von Chloral und Morphium auch die Schädeltemperatur 
stärker, als die des Rectum. 

„Es ist mir nicht in einem Falle gelungen, durch eine Eisblase 
auf den Kopf eine solche Temperaturherabsetzung im Gehörgange zu 
erzielen, wie sie das Chloral, ja nicht einmal, wie sie das Morphium 
hervorbringt." v. Tr ölt seh. 



5. 

üeber die Anwendung des Paukenröhrchens. Von Prof. 
Politzer. (Wien. med. Wochenschr. Nr. 15. 16. — 1875.) 

Politzer versucht von Neuem*), den bereits der Vergessenheit 
überwiesenen sog. Paukenkatheter von K r a m e r , für welchen er den 
Namen „Paukenröhrchen" eingeführt hat, wieder an das Tageslicht 

-1) S.. Band VIII. S. 288. 



VI. Wissenschaftliche Randschau. 71 

In diesen Fällen trat meist unmittelbar nach der Einspritzung 
von lauwarmem Wasser in das Mittelohr mittelst des Paukenröhrchens 
ein bedeutender Nachlass der Schmerzen ein. Das Paukenröhrchen 
wurde indess nur dort in Anwendung gezogen^ wo der 
Widerstand in der Ohrtrompete so stark war, dass 
durch den Katheter allein die in die Tuba injicirte 
Flüssigkeit nicht bis in die Paukenhöhle eindringen 
konnte. 

2. In Fällen, wo durch Verlöthung des Trommetfelles mit der 
Labyrinthwand das Mittelohr in eine vordere und hintere Abtheilung 
getrennt, sich in der hinteren Abtheilung, die dem Luftstrome von 
der Tuba aus nicht zugänglich, Exsudat angehäuft hat. In solchen 
Fällen macht P. Incision und saugt das Exsudat aus. — 

3. Bei Ceruminalpfröpfen hinter Exostosen, welche den äusseren 
Gehörgang fast verschliessen. Bei käsigen Massen hinter bindege- 
webigen oder knöchernen Stricturen des äusseren Gehörganges. 

4. P. empfiehlt das Instrument zur Einspritzung von Wasser 
und concentrirten Höllensteinlösungen in die Zellen des Warzenfort- 
eatzes bei Eiterung derselben mit Durchbruch nach aussen. In einem 
Falle konnte P. mit der Sonde eine Verkleinerung der Höhle mit 
Bestimmtheit nachweisen. 

5. Führt P. einen Fall genauer an, bei welchem er den Pauken- 
katheter mit sehr günstigem Erfolge benutzte. 

Otitis media purulenta links, Verlegung des äusseren Gehör- 
ganges durch Polyp, Abscessbildung hinter der Ohrmuschel. Ent- 
fernung des Polypen. Druck auf Abscess entleert reichlichen Eiter 
aus der Basalsteile des ecrasirten Polypen, an der hinteren oberen 
Wand des knorpeligen Gehörganges. Durch die genannte Stelle 
kommt die Sonde auf rauhe Knochenstellen an der äusseren Fläche 
des Warzenfortsatzes. — Einführung des Paukenkatheters durch die 
genannte Oeffnung, Reinigung mit warmem Wasser, leichter Druck- 
verband; „in 3 Tagen waren die Abscesswände vollständig ver- 
wachsen und die im Gehörgange befindliche Oefi^nung derselben eben- 
falls vernarbt.^' Auffallend ist in dem mitgetheilten Falle das unge- 
wöhnlich schnelle Heilresultat bei constatirter Erkrankung 
des Knochens, was aber wohl kaum in der Anwendung des 
Paukenkatheters zu suchen ist. Sollte die polypöse Wucherung nicht 
vielleicht eine Granulationswucherung gewesen sein, ausgegangen von 
der fistulösen Oefihung des Abscesses, wie man dies ja häufiger an 
der unteren Wand des knorpligen Gehörganges bei Parotitissuppuration 
beobachtet? 

Schliesslich hebt P. hervor, dass er das Paukenröhrchen auch 
durch Perforationsöffnungen des Trommelfelles hindurch in die Pauken- 
höhle führe, um stagnirende Secretmassen in derselben oder im Antrum 
mastoideum zu entfernen. Hierzu benutzt er Röhrchen mit seitlicher 
Oeffnung, so dass man bei Drehung des Instrumentes den Wasser- 
strahl gegen die vordere obere oder hintere Paukenhöhlenwand und 
gegen das Antrum mastoideum zu richten im Stande ist. Er bedient 
sich dieses Verfahrens bei zähem, festhaftendem Secrete, welches 



selbst nacb ölteren antweiotieDden f^inträufelungen anrch gewCbnlicHe 
kräftige Emsprit^nngen aus der Trommelhöhle nicht entfernt werden 
kann. 

Als Resultat seiner Versache mit dem Paukenröhrchen resnmirt 
P. , dasB dasselbe bei jenen Krankheitsformen des Mittelohres, bei 
welchen es von Anderen empfohlen wurde, entbehrlich erscheint, 
dass dasselbe jedoch bei gewissen MittelohralTectionen, die oben näher 
bezeichnet sind, mit sehr günstigem Erfolge angewendet werden kann. 
Auch bei eirifeelnen Krankheitsformen des ttnsseren Gehörganges und 
des Warzenfortsatzea kann er sich ebenso nützlich erweisen. Auf 
Grund seiner Erfahrungen bezeichnet P. deshalb das Paukenröhrchen 
als „ein sehr werthvolles, in der Ohrenpraxis nicht leicht entbehr- 
liches Instrument". Im Gegensatze zu Politzer möchte Ref. das 
sog. Paukenröhrchen in allen Fällen für ein vollkommen überöflssiges 
Instrument erklären- Trautmann. 



Chronische Mittelohreiternng in ihrer Beziehung zum 
Gehirn. (Vortrag vor der medicinischen Gesellschaft des Staates 
Missouri.) Von Dr. Spencer (St. Lonis), 

Nachdem 8. die bekannten Stellen der Mittelohrwandungen nam- 
haft gemacht bat, an denen eine Ueberleitnng der Eiterung in der 
Richtung nach dem Gehirn stattzufinden pflegt, gibt er an, dass er 
chronische Mittelohreiterung unter 1008 Ohrenkranken seiner Privat- 
praxis 294 Mal beobachtet habe, und daas dieselbe in ziemlich 
gleichem Verhältniss auch an der Massacbusett's- und Brooklyn- 
Heilanstalt vorgekommen sei. Zur Illustration seines Thema's erzählt 
er vier Ji'äUe, von denen drei lethal verliefen, während im vierten 
nach AuBstoBsung der nekrotischen Schnecke Heilung eintrat. Im 
ersten bestand bei einem 14jährigen Mädchen Otorrhoe in Folge von 
Cariea (wo, ist nicht angegeben. Ref.) seit 7 Jahren nach Masern. 
Kurz nacb dem Beginne der Behandlung verliess die Kr. St. Louia 
auf 10 Monate. Bald nach ihrer Rückkehr bekam sie Frostanfälle 
und ging unter Hirnsymptomen zu Grunde. Section fand nicht statt. 
r— Im zweiten Falle existirte bei einem 18jährigen Mädchen beider- 
seitige Mittelohreiterung drei Jahre nach Scharlach. Trotzdem sie 
bald nach dem Beginne derselben durch Dr. Agnew zu New- York, 
wo sie sich damals aufhielt, auf die hohe Bedeutung des Zustandes 
aufmerksam gemacht wurde, setzte sie die Behandlung doch nur 
kurze Zeit fort. Während des der Behandlung durch 8. vorangehenden 
Sommers und eines Theiles des Herbstes hatte sie sich im südlichen 
Frankreich und Hauen aufgehalten mit so gutem Erfolge für ihre 
allgemeinen Gesundbeitsverhsltnisse , dass sie sich nicht veranlasst 
sah, einen Ohrenarzt des Continenls zu consultiren. Als S. sie am 
14. März 1875 zum ersten Male sah, hatte der Auafluss seit einigen 
Tagen aufgehört. Ausser rechts eitigem Hinterkopfschmerz waren 
Uehelkeit, Schwindel und leichte Pulsbeschleunigung vorhanden. Das 
Trommelfell fehlte, die Trommelhöhlen Schleimhaut erschien schwam- 



VI. Wissenschaftliche Rundschau. 73 

mig aufgelockert. Am dritten Tage nach Beginn der Behandlung 
hatte sich trotz . Blutegel, Warmwasserinjectionen, und Pol. V. nichts 
Wesentliches geändert. ErT)rechen fand in 'grösseren Pausen statt. 
Aus dem linken Ohre floss eine geringe Menge Eiter aus, rechts 
fehlte derselbe gänzlich. Am 17. Somnolenz, Doppelsehen, P. 100; 
in der folgenden Nacht Delirien, Aufschreien in Folge von Schmerz, 
dann 2 4 stündiges Koma. Section wurde nicht gemacht. — Der dritte 
Fall betrifft einen farbigen Knaben von 14 Jahren, der im Winter 
von 1873 zu 1874 in das städtische Hospital aufgenommen wurde. 
Nach Aussage der Mutter hatte er damals schon etwa seit zwei 
Jahren linkseitige, im Anfange mit Schmerz verbundene, bis dahin 
absolut nicht behandelte Otorrhoe. Bei seiner Aufnahme hatte er 
massigen Husten, hektisches Fieber, Abmagerung, noch guten Appetit, 
hörte rechterseits noch ziemlich, gab verständige Antworten, war 
aber gewöhnlich schläfrig, theilnahmlos und sehr wortkarg. Un- 
mittelbar vor dem Tragus und am Proc. mast. befand sich je eine 
Oeffnung, aus welcher, wie aus dem Porus acnst. ext. reichlicher, 
dünner, sehr übelriechender Eiter sich ergoss. Die erstere bestand 
nach Mittheilung der Mutter etwa ein Jahr, die zweite drei bis vier 
Monate. Nach einem, wenige Wochen umfassenden Hospitalaufenthalt, 
während dessen er vorzugsweise mit Injectionen von Carbolsäure- 
lösung, Leberthran und kräftiger Diät behandelt wurde, ward er 
allmählich schlafsüchtiger und starb, während er taumelnd von seinem 
Sitze im Zimmer sich nach seinem Bette begab. — Bei der noch 
am selben Abend gemachten Section waren die Meningen an der 
Convexität des Gehirns nicht ungehörig blutreich, noch fand sich 
sonst etwas Abnormes an ihnen, abgesehen von den wohl aus- 
geprägten Depressionen, die den erwähnten Schädelöffnungen, ent- 
sprachen. In der Gegend der vorderen Schädelöflftiung war die D. m. 
zeltartig erhoben; ob die Perforation derselben, welche man der 
hinteren gegenüber fand, inter vitam schon bestand oder beim Heraus- 
nehmen des Gehirns sich gebildet hatte, blieb zweifelhaft. Die Hirn- 
masse war gegenüber der hinteren Oeffnung auf einen halben Zoll 
tief erweicht; für die der vorderen entsprechende Partie desselben 
blieb eine pathologische Veränderung unsicher. In der rechten Lunge 
fanden sich etwa ein Dutzend kleine Abscesse, während das zwischen- 
liegende Gewebe bemerkenswerth gesund war. Die Leber war gross, 
ohne Abscesse, die übrigen Organe gesund. Der knöcherne Gehör- 
gang war bis auf eine kleine Partie an der hinteren Wand voll- 
ständig obliterirt; die Zellen des Proc. mast. waren zerstört, und die 
hier in die Schädelhöhle führende Oeffnung gross genug, um den 
Daumen einführen zu können. Die Oeffnung in dem Dache der 
Trommelhöhle war fast ebenso gross. Die Anomalien in den Lungen 
waren pyämischen Ursprunges. — Der vierte Kranke, welchen S. 
am 21. Juni 1874 zum ersten Male sah, war 14 Jahre alt und hatte 
seit den im dritten Jahre überstandenen Masern beständig rechterseits 
Otorrhoe. Ungefähr um den 11. Juni 1874 bekam er Schwindel, 
dann Ohr-, Hinterkopfschmerzen und Eingenommenheit der ganzen 
rechten Seite. Am Tage, wo ihn S. zum ersten Male sah, klagte 



VI. Wissenschaftliche Rundschau. 75 

mung der auf demselben ausgestreuten Pilzsporen hintertrieb, Salicyl- 
säure angewandt 1. gegen Otomykosis, 2. gegen Otorrhoe 
mit reichlicher Bakterienbildung. 

Ad 1. Ein an Otomykosis, beiläufig auch seit frühester Kindheit 
an beiderseitiger Otorrhoe und Schwerhörigkeit leidender Student der 
Chemie, welcher am 21. October 1873 in B.'s Behandlung getreten, 
durch Behandlung mit Carbolsäure keine, durch ooncentrirte Lösung 
von übermangansaurem Kali eine ein Jahr lang dauernde Befreiung 
von Pilzen erfuhr, wurde, als nach diesem Zeitraum von Neuem 
Schimmelmassen (die früher im M. a. sassen), an dem retrahirten 
Trommelfellreste und der Membrana Shrapnelli gefunden wurden, 
zunächst mit einer nach Wreden's Vorschrift frisch bereiteten 
Lösung von Chlorkalk und unterchlorigsaurem Kalk vergeblich be- 
handelt, und schliesslich durch Salicylsäurelösung definitiv geheilt, 
die »ur acht Tage, täglich je 2 Mal in einer Concentration von 
Anfangs 0,8, später 2,0 in Spirit. vini und Wasser äa 50 eingegossen 
wurde. Gleichzeitig verschwand auch die Otorrhoe, die während 
der IV2 Jahr umfassenden Beobachtnngszeit B.'s noch fortbestanden 
hatte. Allerdings traten rechts wie links bis zum 12. Mai, wo die 
Pilzbildung vollständig aufhörte, noch einzelne Recidive auf. Da 
der Kranke, wie B. angibt, nach Sol. kali hypermanganici ein ganzes 
Jahr frei von Otomykosis war, so bleibt zunächst doch fraglich, ob 
die Salicylsäure dem Kali hyperm. den Rang abläuft. Ref. — Der 
Umstand, daas die Schimmelbildung in diesem Falle auf vertrock- 
netem, eitrigem Secret stattfand und Oeleinträufelungen der Pilzent- 
wicklung nicht vorangingen, erscheint B. besonders beachtenswerth, 
sofern Letzteres sonst in allen von ihm beobachteten Fällen geschehen 
war, und die Pilze gewöhnlich innerhalb der Epidermis sich ent- 
wickeln. — Bezüglich der Wirkung der Salicylsäure macht B. aus 
den von ihm angestellten mikrochemischen Reactionen den Schluss, 
dass die Salicylsäure nicht nur in der Flüssigkeit im Ohre diffundirt, 
sondern auch die Schleim-, Epithel- und Pilzmassen durchdringt, sie 
nicht blos an der Oberfläche bespült. Danach scheint die Entwickelung- 
hemmende Wirkung der Salicylsäure dadurch zu Stande zu kommen, 
dass die Gonidien durch energische Aufnahme derselben ihre Keimungs- 
fähigkeit verlieren. Da die Einwirkung auf das Mycel geringer ist, 
80 muss man mit der Anwendung der Salicylsäure so lange fort- 
fahren, bis man sicher ist, mit der Spritze alle Pilzelemente aus dem 
Ohre entfernt zu haben. Wegen ihrer wenig reizenden Eigenschaft 
ist die Anwendung der Salicylsäure bei Otorrhoe mit centraler Trom- 
melfellperforation zulässig. — 

B. hält die Annahme einer durch reichliche Bakterienbeimischung 
charakterisirten Form von Otitis ext. nach seinen Beobachtungen für 
gerechtfertigt. Gekennzeichnet ist dieselbe durch citronengelbe Epi- 
dermisschichten, welche unter dem Mikroskope mit Punkten bedeckt 
erscheinen und freie, zum Theil spontan-bewegliche Bakterien in 
grosser Masse an die umgebende Flüssigkeit des Präparates abgeben. 
Solche Massen kommen im M. a. theils spontan, theils mit Furunkel 
und Ekzem des M. a. und der Muschel nicht selten zur Beobachtung ; 



VI. Wissenschaftliche Rundschaa. 77 

9. 

Zweiter Bericht aus der Heilanstalt für Augen- und 
Ohrenkranke in München. Von Dr. Bezold. (Aerztliches 
Intell.-Bl. 1875. 26, 27.) 

Ohrenkranke wurden von 1872 bis incl. 1874 behandelt 601, 
und zwar Erwachsene 491, Kinder bis zum 12. Jahre 107. Davon 
entfallen 127 auf das äussere Ohr (80 Ceruminalpfröpfe) , 339 auf 
das Mittelohr; 183 chronische Mittelohrkatarrhe ohne Perforation, 
63 chronische Mittelohrkatarrhe mit Perforation; 31 auf das innere 
Ohr. Von letzteren betreffen 11 Fälle subjective Geräusche, ohne 
objectiven Befund. Die dem Bericht beigegebenen Bemerkungen 
enthalten nichts wesentlich Neues. Jacoby. 



10. 

Ein Fall von alternirender Schwerhörigkeit. Von Dr. 
ürbantsehitsch (Wien). (Wiener Presse 1875.) 

Ein 42 jähriger Buchhalter leidet ohne bekannte Ursache an 
einer, in fast regelmässigem Wechsel von je zehn Tagen die rechte 
und demnächst die linke Seite afficirenden Schwerhörigkeit^ so, dass 
innerhalb der genannten Periode das Gehör von einem bestimmten 
Maximum der Perception auf sinkt, während dasselbe gleichzeitig 
in entgegengesetzter Weise auf der anderen Seite sich verhält. 
Ausserdem klagt der Kranke über stechende Empfindungen, ab- 
wechselnd rechts und links, doch stets nur im Verlaufe eines 
N. supraorbitalis , vom oberen Augenhöhlenrande in der Richtung 
nach der Stirn, ferner über Gefühl von Völle in je einer, bez. der 
der schwerhörigen Seite entsprechenden hinteren Nasenhälfte und 
zwar der hintern obern Region in Folge dort angesammelten Schlei- 
raes, endlich über brennende Empfindungen im Auge und vermehrte 
Thränensecretion abwechselnd rechts und links. Die objective Unter- 
suchung am 14. April d. J. ergab Folgendes: Das rechte Trommel- 
fell massig getrübt, etwas eingezogen, Lichtkegel unterbrochen, langer 
Ambos. Schenkel durchscheinend. Uhr im Contact dumpf; links 
ist das Trommelfell wenig eingezogen, wenig getrübt, Lichtkegel 
verschmälert. Uhr in 19 Cm.; Stimmgabel vor dem rechten Ohre 
etwas höher als vor dem linken. Beide Tuben für Luftdouche 
(Pol. V. und Katheter) permeabel, aber in functioneller und sub- 
jectiver Richtung ohne Einfluss. Die specielle Beobachtung bis zum 
28. April, deren Data in der Arbeit genau verzeichnet sind, be- 
stätigte das oben über den Wechsel der Symptome zwischen rechter 
und linker Seite Angegebene. Auch das subjective Geräusch accom- 
modirte sich dem angegebenen Typus, ohne übrigens auf dem sich 
bessernden Ohre vollständig zu verschwinden. — Hieran schliesst ü. 
Beobachtungsresultate über die Reaction des Kranken gegen Stimm- 
gabeln. Es, wurden deren zwei zur Untersuchung verwandt, von 
denen die eine a', die zweite a'' entsprach. Dabei ergab sich, dass 



d?m das rechte oder linke Ohr von der Schwerhörigkeit befallen 
war, Dnd daea andreraeite auch die Höhe des Stimmgabel ton es Bowle 
die ApplicationsBtelle nicht ohne namhaften Einflusa war. a"'8timiii- 
gabel wurde beispielBweiae von den meisten Punkten des Schädels 
rechts gehört, wobei es gleiohgUltig erschien, ob die Prflfnng bei 
prävalirender Schwerhörigkeit des rechten oder linken Ohres vor- 
genommen wurde! — Käherea hierüber wxille man im Otiginal Dach- 
lesen. 

Bei Entscheidung der Frage, ob es sich in dem obeo skiizirten 
Falle om eine Anomalie des percipirenden oder schall leitenden Ap- 
parates handle, stimmt U. für die letztere Annahme, weil die Stimm- 
gabel von der Mehrzahl der zur Application gewählten Stellen 
des Schädels und .an der weit überwiegenden Mehrzahl der Unter 
suchungstage von dem Bchlechter hörenden Ohre wahrgenommeD 
wurde. — Da nun weder abnorme Belastung des Trommelfelles, 
noch Verat^hlnss der Tuba, noch Essudat in der Trommelhöhle, bez. 
ein durch dasselbe ausgeübter Druck in der Richtung nach dem 
Labyrinth nachgewiesen werden konnte, eo recurrirt U. zur Erkläriug 
der vorhandenen Erscheinungen auf eine Contraction des Teosor 
tympani, zumal der Kranke vor dem jedesmal afScirten Ohre den 
Stimmgabelton gedämpft nnd um einige Schwebungen höher vernahin, 
als vor dem anderen. — ThatBaehen, welche die Annahme einer aecnn- 
dären Retraction des Tensor tympani in Politzer's Sinne gereebt- 
fertigt hätten, waren im vorliegenden Falle nicht vorhanden; ebenso- 
wenig entzündliche Reizungszuatände in der Trommelhöhle oder 
Parese des Antagoniaten , des Tensor veli; folglich konnte man als 
Quelle der Contraction nur eine Reizung der entsprechenden Trige- 
minusabtheiluiig präBumiren , was um so znlässiger schien, als durch 
Politzer (A. f. 0. n. F. I. 1873) dieselbe experimentell als Uraacbe 
des Tenaor tympani- Contraction nachgewiesen ist, und bei dem in 
Rede stehenden Kranken, abgesehen von der Schwerhörigkeit, noch 
Reizungssymptome im Gebiete des S. Bupraorbitalis, des N. lacrymalls, 
der Nn. nasales, d. h. anderer Zweige aus dem Trigeminns existirten. 
— Die Doppelseitigkeit dea Zustandes rechtfertigt die Vermuthung 
einer centralen Quelle der Reizung. Wie diese materiell begrllDdet 
war, bleibt freilich nnbekannt. 

Die eine Zeit lang fortgeaetzte Behandlung des Kranken mittelst 
des galvanischen Stromes war anscheinend nicht ohne gUnstigen Ein- 
fluss auf die Steigerung der Perception, wurde aber leider nicht cod- 
sequent fortgesetzt. Als ultimum refuglnm projectirt U. die Tenotumie 
des Tensor tympani. — 

Dieser in der Casuistlk wohl als Unicum dastehende Fall nod 
die ebenso interessante wie den vorhandenen Thatsachen entsprechende 
Analyse desselben machen ihn an sich schon, besonders aber wegen 
der Resultate bei den Untersuchungen mit Stimmgabeln in praktiscber 
Richtung sehr beachtenswerth. Letztere illustriren in sehr ansehan- 
licher Weise, wie nothwendig ffir die exacte Verwerthung oasnisti- 
scher Beobachtungen im Allgemeinen und zur Vermeidung von Trug- 



VI. Wisseoschaftliche Bandschau. 79 

Schlüssen eine Einigung der Otologen ist über den Gebrauch einer 
und derselben Stimmgabel und ihre auf den Applicationsort etc. 
stets gleichen Verwendung. — Ref. Jacoby. 



11. 

Ein Fall von Perforation des Warzenfortsatzes nebst 
Bemerkungen über die bisherigen Resultate derOpe- 
ration. Von Dr. P. Rupp recht. (Berl. klin. Wochenschrift. 
1874. Nr. 47.) 

Ein 70 jähriger, ungewöhnlich rüstiger Bergmann, welcher an 
einer seit einem halben Jahre bestehenden rechtsseitigen, mit hoch- 
gradiger Schwerhörigkeit gepaarten Otorrhoe litt, bekam drei Monate 
nach Beginn derselben eine eiternde Fistel hinter dem rechten Ohre 
und gleichzeitig unter Verringerung der Otorrhoe sehr heftige, bis- 
weilen unerträgliche HinterkQpfschmerzen. — Mitten auf dem Proc. 
mast. , dessen Weichtheile hochgradig infiltrirt waren , befand sich 
eine Fistelöflfhung, durch welche die Sonde nach oben in die Höhle 
eines an der oberen Hälfte desselben befindlichen, kirschgrossen 
Abscesses eindrang, ohne übrigens irgendwo bis zum Knochen zu ge- 
langen. Auf Grund dieses Befundes machte B. fünf Tage nach der 
ersten Meldung des Kranken, den 15. October, die Perforation des 
Proc. mast. Nachdem er den bis in eine Tiefe von 1 ^2 Cm. sehr 
sklerosirten Knochen mittels Meisseis durchdrungen hatte, war er in 
Folge räumlicher Beengung gezwungen, sich behufs Beendigung der 
Operation des Stilets eines Hydrocelen - Troicarts als Bohrer zu be- 
dienen. — Eiter war in der/ Tiefe nicht zu finden, unter mehr- 
maligem täglichen Durchspritzen mit Carbolsäure versetzten Salzwassers 
und Einlegung eines Stückes Drainrohr in die Wunde verlief der 
Heilungsvorgang ohne irgendwelche nennenswerthe Reaction. Acht 
Wochen später konnte f^at. als arbeitsfähig entlassen werden. Nach 
weiteren drei Monaten brach die inzwischen geheilte Wunde wieder 
auf, es wurde ein flacher hirsekorngrosser Sequester entleert und in 
abermals vier Wochen war ein definitiver Verschluss derselben ein- 
getreten. Kopfschmerz und Otorrhoe waren in Folge der Operation 
verschwunden, eine verbesserte Hörfähigkeit nicht erreicht worden. 
— Die oben mitgetheilte Krankengeschichte liefert, wie der Seitens 
des Referenten (A. f. 0. V. S. 150) erzählte Fall, einen weiteren 
Beweis dafür, dass auch ohne Eiterentleerung die durch den opera- 
tiven Eingrifl' in dem Knochengewebe angeregten Reaction den ge- 
wünschten Heilerfolg herbeizuführen im Stande ist. Jacoby. 



12. 

Die Ohrenprobe, als Ersatz der Lungenprobe in Fällen, wo der 
vom Rumpf getrennte Kopf eines Neugeborenen allein der gerichts- 
ärztlichen Untersuchung vorliegt. Von Dr. R. Wreden. (Viertel- 
jahrsschrift f. ger. Med. v. H. Eulenberg. Bd. XXI. S. 208 ff.) 



YI. Wissenschaftliche Rundschau. 81 

alisgetragenen, ein Umstand, der nach Wr. die v. Tröltsch'sche 
Ansicht widerlegt, nach welcher der Schwund des Schleimhautpolsters 
schon vor der Geburt eingeleitet werde. In wie weit diese Deduction 
berechtigt ist, lässt Ref. dahingestellt. Keinenfalis liefert die von 
Wr. betonte Versicherung, dass ein solcher präparatorischer Process, 
Verfettung der Epithelien (? Ref.) in der Paukenhöhle eines imma- 
turen Kindes nicht stattfinden könne, einen Gegenbeweis. 

lAe Herstellung eines freien Raumes in der Trommelhöhle ge- 
schi«r i auf dem Wege einfacher Resorption des fötalen Schleim- 
te we. es, ohne „vermehrte Desquamation und von der Oberfläche aus- 
gehe'^ i dem Zerfall" (v. Tröltsch) und „ohne Eiterbildung" (Zaufal). 
Zum ^Jeweise dafür , dass letztere stets der Ausdruck eines patho- 
logis( aen Vorganges ist und dass dieser schon in der fötalen Trom- 
melhöhle stattfinden kann, beruft er sich auf die Beobachtungen 
Schwartze's, ZaufaTs und Wendt's. Letzterer hat als Quelle 
fötaler Mittelohrerkrankungen das gleichzeitig mit den intrauterinen 
Inspirationen bisweilen stattfindende Eintreten von Fruchtwasserbe- 
standtheilen in die Trommelhöhle per tubas gefunden. Hieran schliesst 
er die forensisch wichtigen Thesen Wendt's*), welche als End- 
ergebniss seiner Untersuchungen dargethan haben: l. dass lediglich 
die Athembewegungen die Ursache der Rückbildung sind, 2. dass 
der Schwund des Schleimgewebes zunächst durch rasche und be- 
trächtliche Veränderungen der intercellularen Flüssigkeit erfolgt, 

3. dass die Umwandlung in faseriges Bindegewebe durch Abgabe 
oines weiteren Theiles der intercellularen Flüssigkeit und Zusammen- 
rücken der zelligen Elemente in den ersten Lebenstagen geschieht; 

4. Vorhandensein des Schleimhautpolsters bei einem reifen oder der 
Reife nahen Fötus spricht gegen das Stattgehabthaben einer ener- 
gischen Athmung intrauterin oder post partum ; umgekehrt der Mangel 
desselben dafür; 5. das Medium, welches in der Paukenhöhle eines 
Fötus angetroffen wird, hat sich vor dessen Athemöffnungen während 
kräftiger Inspirationen befunden; 6. die Untersuchung der Paukenhöhle 
ist geeignet, an dem von der übrigen Leiche getrennten, isolirt auf- 
gefundenen Kopfe eines Fötus oder Neugeborenen innerhalb gewisser 
Schranken die Lungenprobe zu ersetzen 

Mit diesen Sätzen Wendt's erklärt sich Wr. voll- 
kommen einverstanden. — - Zum Schluss gibt er behufs Fest- 
stellung des Verhaltens der Trommelhöhlenschleimhaut bei Neugebo- 
renen noch eine Anleitung zur Section des Ohres, die vollständig 
übereinstimmt mit derjenigen, welche sich in v. Tröltsch 's Lehr- 
buch findet. Jacoby. 



13. 

Ueber vorzeitige Athembewegungen in forensischer 
Beziehung. Von Prof. Eduard Hof mann (Innsbruck). (Viertel- 



1) Vergl. d. Archiv. Bd. VIII. S. 286. 

Archiv für Ohrenhellkundo. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 



VI. Wissenschaftliche Kundschau. 83 

geboren war, und gleich nach der Entbindung kräftige Respirations- 
bewegungen gemacht hatte, zeigte die rechte Trommelhöhle ein deut- 
liches Lumen, welches mit Luft und etwas röthlicher Flüssigkeit 
erfüllt ist; die Schleimhaut nicht mehr gallertartig geschwellt, ami 
Boden der Höhle in der röthlichen Flüssigkeit einige weisse Flocken 
zu bemerken, welche sich unter dem Mikroskope als kleine Fetzen 
von Plattenepithel erweisen, während die Flüssigkeit zahlreiche rothe 
Blutkörperchen, spärliche Körnchenzellen und einzelne Flimmer- 
Epithelien ergiebt. — Die linke Trommelhöhle und Warzenzelle fast 
ganz ausgefüllt mit blutig imbibirter, einzelne kleine Extravasate 
zeigender, gallertiger Schleimhaut. Am Grunde gegen die Tuben- 
öflfhung hin etwas blutig-seröse Flüssigkeit, mit zarten, florartigen 
Flocken von gleicher mikroskopischer Beschaffenheit, wie jene rechts, 
— Gegen den Schluss seiner Arbeit citirt H. die von Wen dt auf 
Grund seiner Untersuchungen aufgestellten, forensisch wichtigen Sätze. 
Die folgenden vier von H. an einige Tage alten Kindern vorgenom- 
menen Untersuchungen der Paukenhöhle stimmen mit Wendt 's An- 
gaben überein. 

1. Sehr schwächlicher, 11 Tage alter Knabe, ohne nachweis- 
bare Störung geboren, an Darmkatarrh gestorben. Section: Aphthen 
in der Mundhöhle und im Oesophagus, zahlreiche atelektatische Partien 
in beiden Lungen. Darmkatarrh. Rechte Trommelhöhle: weites, mit 
Luft gefülltes Lumen, links hochgradige, eitrige Otitis media. 

2. 8 Tage altes, reifes Mädchen, an Trismus gestorben. Geburt 
erfolgte ganz normal. Section: Meningitis purulenta. Die übrigen 
Organe gesund. Beide Trommelhöhlen geräumig und lufthaltig; 
ohne Spur fremder Substanzen. Schleimhautpolster vollständig ge- 
schwunden. 

3. 3 Tage altes reifes Mädchen starb unter Erscheinungen hoch- 
gradiger Anämie an Fraisen. Section: Hochgradige Blässe der 
Haut und der sichtbaren Schleimhäute ; der ganze Dünndarm schwarz- 
blau, von ergossenem Blut strotzend. Das Convolut der betreffen- 
den Darmschlingen hängt an einem kurzen, kaum fingerdicken, strick- 
förmig gewundenen Stiele, welcher die beiden Endstücke des Con- 
voluts und die um ihre eigene Achse mehrfach gedrehten Mesenterien 
enthält. Sonstige Organe normal, doch sehr anämisch. Beide Pauken- 
höhlen geräumig, blos Luft enthaltend, ohne Spur von Schleimhaut- 
schwellung. 

4. Weibliches, schwächliches, 1 4 Tage altes Kind, Geburt wegen 
Wehenschwäche sehr verzögert ; beim Blasensprung meconiumhaltiges 
Fruchtwasser abfliessend. Extraction mit der Zange. Das schein- 
todte Kind durch Lufteinblasen zu sich gebracht. Starb an Cat. 
intest. Section: Gehirn massig blutreich, normal; Zungengrund 
und der ganze Oesophagus mit gelblichen, dicken, leicht abstreif- 
baren Aphthenmassen belegt. Schleimhaut darunter gelockert und 
geröthet; ebensolcher Befund am Kehlkopfeingang; Trachea und 
grosse Bronchien leer; die linke Lunge ist nicht ekchymosirt, zeigt 
aber zahlreiche atelektatische Stellen, sehr blutreich ; der Unterlappen 
der rechten Lunge zeigt noch einzelne, abgeblasste, flohstichförmige 

6* 



yi. Wissenschaftliche Rundschaa. 85 

strenteu kleinen Ekchymosen, nach innen zu die Schleimhaut coUabirt 
and zwischen derselben deutliches Lumen mit grossblasigef , röthlicher 
Flüssigkeit gefüllt (rothe und viele weisse Blutkörperchen, Platten- 
epitheljen). Linke Paukenhöhle: schöne, peripherische Schleimhaut- 
polster mit injicirten Gefässen ; die centrale Schleimhautpartie coUabirt 
nnd punktf(3rmig ekchymosirt. Das Lumen enthält etwas röthliche 
Flüssigkeit und in derselben einen kleinen weisslichen Fetzen von 
Vernix caseosa. 

4. Schwächlicher, ikterischer, 6 Tage alter Knabe, normale 
Scheitelgeburt. Rechterseits Otitis interna purulenta. Membra- 
nöse Fibrin-Gerinnungen an den Wänden und zwischen den Gehör- 
knöchelehen. — Das Lumen der linken Paukenhöhle eng. Die 
Schleimhaut daselbst geschwellt und injicirt. — 

5. Faultodte, männliche Frucht, vor drei Wochen abgestorben. 
— Beide Paukenhöhlen ausgefüllt mit blutig-serös durchtränkter, 
salziger Gallert, in welcher die Gehörknöchelchen gleichsam einge- 
bettet liegen. Kein Lumen, keine fremden Stoffe. 

6. Faultodtes Mädchen ; unbekannt wann gestorben ; ganz gleiches 
Verhalten beider Paukenhöhlen wie in Fall 5. 

< 7. Sieben Tage alter, normal geborener Knabe. — Rechte 
Paukenhöhle geräumig, lufthaltig, Schleimhaut normal ; links eitrige 
Otitis interna. 

8. Zelfn Tage altes Mädchen, Zangengeburt, gestorben an Fraisen. 
B^ide Paukenhöhlen geräumig mit Luft gefüllt. Schleimhaut normal 
zurückgebildet. 

9. Ein Monat alter Knabe. Normale Geburt. Starb an Atrophie. 
Syphilis vermuthet. Beide Paukenhöhlen mit Eiter gefüllt. Die 
Schleimhaut daselbst geschwellt, missfarbig. 

10. Acht Tage alter Knabe. Zwilling. Abgemagert. Ausge- 
breitete Soorerkrankung. Darmkatarrh. Beide Paukenhöhlen ge- 
räumig. Lufthaltig. 

11. Zehn Tage altes Mädchen. Normale Geburt. Hypostase in 
den unteren Lappen beider Lungen, rechtsseitige Bronchitis, Darm- 
katarrh, Cavum tympani beiderseits geräumig, mit Luft gefüllt; 
Schleimhaut normal zurückgebildet, blass. Jacob y. 



14. 

Untersuchungen über die Physiologie der halbcirkel- 
förmigen Kanäle. Von Dr. Aristide Stefan!, Professor 
der Physiologie und der freien Universität in Ferrara. 

Der Verf. beginnt mit einem geschichtlichen Bericht. — Nach 
Flourens, wurden die Experimente, so viel ihm bekannt, von 
Brown-S^quard, Lussana, Morganti, Vulpian, Harless, 
Czermak und Goltz wiederholt. — Von den Arbeiten Böttcher's, 
Löwenberg's, Schklarewsky's, Mach's, Cyon's und Bert- 
hold 's ist keine Rede. Hierauf gibt er dann die Theorien von 
Flourens, Goltz und Lussana. 



VI. Wissenschaftliche Rundschau. 87 

dass ferner die bei einer Verletzung eintretenden Locomotionsstörungen 
von Sinnesschwindel herzuleiten seien. Er glaubt jedoch, dass diese 
Organe dem Gehöre nicht ganz fremd seien. — 

Ob nicht wichtige Theile des Gehirns gleichzeitig verletzt wurden, 
darüber hat sich Prof. Stefani keine Sicherheit verschafft; er sagt 
uns nichts von der möglichen Verletzung des Processus mesooticus 
(S c h k 1 a r e w s k y), oder des Aquaeductus vestibuli, legt uns auch keine 
Sectionsbefunde der Thiere vor. Augenscheinlich stammen viele Be- 
wegungsstörungen von Verletzungen der Hirnschenkel oder des kleinen 
Gehirns, oder auch von der reactiven, wenn auch auf kleinsten 
Kaum beschränkten^ Entzündung der nervösen Substanz. 

Der Verfasser möge nicht übelnehmen, wenn wir zum Schlüsse 
einen Ausspruch Böttcher 's hier nochmals anführen: 

„Einzelne gut beobachtete Fälle sind oft lehrreicher, als 
die einer ganzen Epidemie". 

de Rossi (Rom). 

15. 

lieber einige angeborene Missbildungeii des Gehör- 
organs. Von Dr. G. Mori. (Aus dem pathologisch-anatomischen 
Institute der k. Universität zu Pavia.) (Annal. univ. Vol. 232. 
p. 24. 250.) 

Zuerst bemerkt der Verf., dass, obgleich die angeborenen Ano- 
malien des Trommelfelles sehr selten seien, solche dennoch bereits 
von den Alten beschrieben wurden. Er spricht dann vom Foramen 
Rivini und beansprucht die Priorität der Entdeckung desselben für 
Marchetti, Prof. zu Padua (1652). Rivinus g^b erst i. J. 1689 
eine Beschreibung desselben in seiner Dissertation De Auditus vitiis. 

Verf. fand die Oeffnung in dem folgenden Falle : 

An dem Leichnam eines erwachsenen Individuums, das nie an 
Ohrenkrankheiten gelitten, bemerkte er, nach Fortnahme des Tegmen 
tympani, einen grauen glänzenden Körper, der von der inneren 
Wand des Trommelfelles ausging und in die Trommelhöhle hinein- 
ragte. Nachdem er die innere Oberfläche des Trommelfelles bloss- 
gelegt, fand er die Schleimhaut ohne irgend welche Spuren von 
vorhergegangenen Entzündungen. Das weniger als gewöhnlich ge- 
neigte Trommelfell zeigte an einer Stelle des vordern untern Qua- 
dranten eine Oeffnung von ovaler Form mit regelmässigen Rändern 
uiid 2 Mm., resp. 1,5 Mm. Durchmesser. 

Die Epidermisschichte (?) vertiefte sich in diese Oeffnung in 
ihrem Inflexionspunkte eine schwache Falte bildend, welche sich wie 
ein Ventil hob und auf einer kleinen Strecke das Lumen des Loches 
bedeckte. Mit einer dünnen Sonde gelangte man ohne Schwierigkeit 
in die Trommelhöhle; oberhalb des Proc. brevis des Hammergriffes 
befand sich eine andere kleine Oeffnung, durch welche man 
eine dicke Schweinsborste in die Trommelhöhle führen konnte. 

Von der inneren Seite — an der, der grösseren Oeffnung ent- 
sprechenden Stelle — gewahrt man ein Anhängsel in Trichterform 



VI. Wissenschaftliche Rundschau. 89 

Metallspiegel von der Grösse einer Linse in die Paukenhöhle (wie 
sie V. Tr ölt seh zu anderen Zwecken zuerst im A. f. 0. IV. S. 114*) 
empfohlen hat. Ref.) gelangte damit aber zu keinem befriedigenden 
Resultate. Ebenso wie die Eröffnung der Paukenhöhle zu diagnosti* 
sehen Zwecken gerechtfertigt sei, sei auch die blos empirisch vor- 
genommene Perforation des Trommelfells zu therapeutischen Zwecken, 
„zum Zwecke des Versuches der Gehörverbesserung ** gerechtfertigt 
und „sei nach dem Stande unseres heutigen Wissens kein roh em- 
pirisches Verfahren, sondern ein rationelles. " „ Wir können daher in 
allen Fällen, wo unsere bisherigen therapeutischen Hülfsmittel uns 
im Stiche gelassen haben, dreist zur Perforation schreiten und werden 
in manchen Fällen auch bei normalem Trommelfelle einen über- 
raschenden Erfolg wahrnehmen" etc. 

Zum Schluss erwähnt V. den Fall eines 17 jährigen chlorotischen 
einseitig tauben Mädchens mit völlig negativem Befunde im Ohr, 
bei welchem die genannte Indication zur Perforation des Trommel- 
felles für ihn vorlag und wo die letztere von einer wesentlichen 
Hörverbesserung für Uhr und Sprache gefolgt war. 

Schwartze. 

17. 

V^' anno di insegnamento della otojatria dato dal Prof. 
E. de Rossi, nella Universitä romana. Cenni statistico- 
clinici per Tanno scolastico 1874 — 75 pubblicati per cura della 
R. Universitä romana. — Roma 1875. 

Unter obigem Titel veröffentlicht de Rossi den fünften Jahres- 
bericht über sein Ambulatorium für Ohrenkranke. — Verf., bekannt 
durch sein vortreffliches Lehrbuch der Ohrenheilkunde, das einzige 
der neueren Epoche dieses Faches entsprechende literarische Product 
ans Italien, ist auch der einzige italienische Professor für dieses 
Fach auf der an Universitäten überreichen Halbinsel. Dass aber 
selbst dieser einzigen Lehrkraft das nöthige Material und die Mittel 
zur Erreichung guter Unterrichtserfolge nicht geboten werden, erhellt 
zur Genüge aus vorliegendem Berichte, noch prägnanter aber aus 
einer Denkschrift de Rossi 's an den Unterrichtsminister und an die 
Facultät (L'unica scuola di otojatria in Italia etc. Roma 1874), worin 
die Missachtung dieser einzigen Schule für Ohrenheilkunde in Italien 
gebührend gerügt wird und die Mittel zur Hebung derselben ein- 
gehend besprochen werden. 

Aus dem Berichte erfahren wir, dass im Lehrjahre 1874 — 75 
187 Ohrenkranke protocollirt wurden, abgesehen von einer minderen 
Zahl, die aus äusseren Gründen im AufnahmsprotocoU nicht figuriren. 
— Von diesen 187 Kranken waren: 

Männer 88 

Weiber 61 

Kinder 38 

Zusammen 187. 



1) Später Band VI. S. 153. 




90 VI. Wissenschaftliche Bundschau. 

Bei 94 waren beide Ohren afficirt^ mithin die Anzahl der kranken 
Ohren 281. 

Chronische Fälle waren 209, 
acute f, „ 72. 

Krankheiten des äusseren Ohres ==s 33 (in 9 Fällen 
beiderseitig). 

Krankheiten des mittleren Ohres = 194 (in 57 Fällen 
beiderseitig). 

Krankheiten der Eustach. Ohrtrompete für sich be- 
stehend oder im Krankheitsbilde prädomixiirend «» 15. 

Krankheiten des inneren Ohres (oft von Meningit. cere- 
bro-spin. epid. herrührend) »« 29. 

Geheilt oder bedeutend gebessert wurden 127 Fälle. 
(Ein gewiss erfreulicher Erfolg. Ref.) 

Ohne versuchte Behandlung unheilbar erklärt 10 Fälle. 

In Behandlung verblieben 4 Fälle. 

Erfolg unbekannt in 23 Fällen. 

Erfolglos behandelt 22 Fälle. 

An den Folgen der Ohrenerkrankung gestorben: 1 Fall. 

Auf diese üebersicht folgen die Angaben über die Erkrankungen 
der einzelnen Abschnitte des Gehörorganes, wobei Verf. sieb an die 
in seinem Lehrbuche motivirte Nomenclatur hält. 

Krankheiten des äusseren Ohres. 

Fremde Körper l Fall. 

Ohrenschmalzpfröpfe 26 Fälle (10 mal doppelseitig), 
Otit. ext. acut, circumscripta 2 Fälle (nur rechts). 
Otit. ext. acut, diffusa 2 Fälle (nur rechts). 
Otit. ext. chron. 1 Fall (und das ein Ekzem. R.). 

Krankheiten des Mittelohres. 
Der acute einfache Katarrh kam 16 Mal (in 3 Fällen 
doppelseitig) zur Beobachtung. In einigen Fällen wurde paracentesirt 
(in einem Falle wiederholt), und immer mit bestem Erfolge. — Das 
Politzer 'sehe Verfahren kam in sämmtlichen Fällen zur Anwendung. 
Durch die Paracentese wurde theils Schleim, theils seröse Flüssigkeit 
entleert; für letzteren Fall bedient sich de Rossi der Bezeichnung 
Hydrotympanum. Die acute eitrige Entzündung kani 
19 mal (einmal doppelseitig) vor. In den meisten * Fällen war das 
Trommelfell schon durchbrochen; in einzelnen wurde paracentesirt. 
Die Heilung erfolgte in sämmtlichen Fällen binnen kurzer Zeit. 
Einige Mal wurde die kaustische Methode bei noch bestehenden 
acuten Symptomen versucht; der Erfolg war oft überraschend; 
das Mittel wurde ganz gut vortragen ; nur in wenigen Fällen kam es zur 
Steigerung der Schmerzen, in einem zu entzündlichen Reizerschei- 
nungen am Proc. mastoid. , die jedoch bald wichen. Daran knüpft 
de Rossi die Bemerkung, dass bei bestehenden acuten Erscheinungen 
die kaustische Behandlung kein so harmloses Mittel sei. (Das wird 
auch Niemand bestreiten. Ref.) 



VI. WisseDSchaftliche Randschan. 91 

Die chronisch verlaufenden Mittelohrerkrankungen 
sind 154 Mal repräsentirt. — Die einfach katarrhalische (se- 
cernirende) Form kam in 21 Fällen (7 mal doppelseitig) vor. In 
sämmtlichen Fällen erfolgte Heilung (ein sehr befriedigendes Resultat^ 
das aber gewiss durch Recidive getrübt werden wird. Ref.). — Die 
chronische eitrige Entzündung zeigte sich 82 Mal (in 24 F. 
doppelseitig) mit sehr verschiedenen anatomischen Läsionen. In den 
Fällen, wo polypöse Wucherungen vorlagen, war die Aflfection immer 
einseitig (wohl nur zufällig. Ref.). In einem (tödtlich geendeten) 
Falle konnte Caries mit Sicherheit, in anderen nur als wahrscheinlich 
angenommen werden. — Ein einziges Mal wurde Eiteransammlung 
in den Cellul. mastoid. diagnosticirt, die Trepanation musste aber Verf. 
wegen Mangel an klinischen Einrichtungen unterlassen: selbe wurde 
von anderer Hand auf einer chirurgischen Abtheilung vorgenommen, 
ohne dass es de Rossi möglich gewesen, bei derselben gegenwärtig 
zu sein oder wenigstens den Erfolg zu erfahren (lauter umstände, 
die auf traurige CoUegialitätsverhältnisse schliessen lassen. Ref.). — 
Gegen die chronischen, eitrigen Mittelohrentzündungen war die 
kaustische Methode (Nitr. argent.) das erfolgreichste Mittel. 

Weniger befriedigend als in früheren Jahren waren die Resultate 
von Einträufelungen ^oncentrirten Alkohols. (Ref. hat das Mittel in 
einer ziemlich ausgedehnten Reihe von Fällen versucht und gefunden, 
dass es sehr ungleich wirkt und keineswegs ein so souveränes Heil- 
agens ist, dass man über die Priorität der Einführung desselben in 
die Ohrenheilkunde zu streiten nöthig hätte.) — 

Gegen kleine Schleimhautwucherungen in der Trommelhöhle 
rühmt Verf. Application einer concentrirten (welche? Ref.) Lösung 
von Kali bichromic; auch gegen profuse, anderen Mitteln wider- 
stehende Otorrhöen, soll es mitunter hülfreich sein, ja selbst in Fällen, 
wo berechtigter Verdacht auf Knochenaflfection vorliegt. — 

Schliesslich betont Verf. die Hartnäckigkeit mancher Otitis media 
purulenta und die Häufigkeit der Recidive, die noch immer ausser 
dem Bereiche der Prognose liegen. — 

Die beobachteten Polypen waren immer mit Otit. med. purulenta 
vergesellschaftet und wurzelten alle in der Trommelhöhle. Verf. 
operirte gewöhnlich mit seinem Schlingenschnürer (mit Schrauben- 
vorrichtung, in manchen Fällen sehr passend. Ref.); in einem Falle 
mit der galvanokaustischen Schlinge. Den Stumpf zerstörte er theils 
mit Argent. nitric. fus., theils mit dem Galvanokauter. — Schliesslich 
rügt Verf. das noch immer von den Chirurgen geübte Ausreissen. 
(Ref. hat in lietzterer Zeit, bei Politzer in Wien, eine ganze Reihe 
von ausgerissenen Polypen gesehen, die im äusseren Gehörgange 
wurzelten: Politzer lobt diese Methode, besonders was Verhütung 
von Recidiven anbelangt, und wird seiner Zeit die genaueren In- 
dicationen veröffentlichen.) 

Zuletzt bespricht de Rossi die Otitis media hyperplastica 
(chronischer, einfacher [nicht secernirender] Katarrh), welche 50 Mal 
(23 Fälle doppelseitig) beobachtet wurde. — Verf. hat theils Bes- 
serung, theils complete Heilung (in wie vielen Fällen und auf wie 



^^* 




92 VI. Wissenschaftliche Randschan. 

lange Zeit? Ref.) erlangt. Das linke Ohr war immer erheblicher 
afficirt und das zuerst erkrankte, was nach Verf. durch die 'fast 
physiologisch zu nennende Deviation des Septnm nasale nach links 
und Verengerung des entsprechenden Nasenganges bedingt sein 
könnte ; möglieb, sagt Verf., dass auch die linke Tuba diese Dispro- 
portion theile und dadurch insuffidient werde für die Ventilation des 
Mittelohres. — 

Die Behandlung bestand in Anwendung des Katheters mit 
Einspritzung in die Tuba von lösenden und reizenden Flüssigkeiten. 

Krankheiten des inneren Ohres. 

An 14 Kranken beiderseitig. Verf. unterscheidet acute und 
chronische, primäre und secundäre Erkrankungen. Die 
chronischen waren alle in Folge von präexistirenden Mittelohr- 
affectionen (besonders von Otitis media hyperplastica) oder von Cere- 
bralleiden entstanden. Als acute primäre Labyrinthkrank- 
heiten fasst Verf. auch jene häufigeren Fälle auf, die mit ander- 
weitigen schweren Leiden des Oesammtorganismus combinirt sind. 

Die Diagnose stützt sich auf die schwere, (resp. complete) Beein- 
trächtigung des Gehörs für die verschiedenen Schalleinwirkungen, 
auf die mangelnde Perception des Stimmgabelfones durch die Kopf- 
knochen, auf das Missverhältniss zwischen den Resultaten der Unter- 
suchung und der bestehenden Functionsstörung , schliesslich auf die 
Anamnese. 

Die innereBehandlung (Kalomel, Jodkali, tonisirende Mittel, 
blieb erfolglos ; ebenso die Application des künstlichen Blutegels und 
die Anwendung kalter Douchen. 

Die Galvanisation des Ohres (genau nach Brenner's Vor- 
schriften) gab in diesem letzten Jahre keineswegs die brillanten 
Resultate, die Verf. vor zwei Jahren gerühmt hatte. In den wenigen 
Fällen, wo die Labyrintherkrankung ein Folgezustand von Otit. med. 
hyperplastica war, erfolgte einige Besserung auf directe Behandlung 
des Mittelohrleidens. (Bei nachgewiesener Mittelohrerkrankung dürfte 
die Diagnose des begleitenden Labyrinthleidens ziemlich erschwert 
werden und die Unterscheidung, ob das eine oder das andere ge- 
bessert sei, noch schwerer fallen. Ref.) 

Zum Schlüsse, unter der Rubrik „ erwähnenswerthe Fälle ", ver- 
öffentlicht de Rossi mit kurzen Zügen di6 Krankengeschichten von 
28 Fällen, von denen einige recht interessant sind, besonders die, 
welche Labyrintherkrankungen betreffen, und von diesen die bei Me- 
ningitis cerebro-spinalis erfolgten, wobei (selbstverständlich) de Rossi 
die sonderbaren Annahmen Voltolini^s bekämpft. — 

Morpurgo (Triest). 






VII. 

Bemerkungen zn den Referaten des Herrn Dr. Trantmann 

Aber meine Anfsätze: 

I. Ueber Entfernung beweglicher Exsudate aus der Tromnielhöhle, 

IL Zur Anatomie des Gehörorgans 

von 

Prof. Dr. A. Politzer. 

I. 

In meinem Aufsatze: „Ueber Entfernung beweglicher Ex- 
sudate aus der Trommelhölile" (Wien, med! Wochenschrift 1874 
Nr. 43.) habe ich auf Grund einer Reihe von Beobachtungen 
eine Methode angegeben, durch welche man auf eine einfache 
Weise seröse, zuweilen auch syrupartige Exsudate aus der Trom- 
melhöhle zu entfernen im Stande ist. Sie besteht darin, dass 
man bei stark nach vorwärts und etwas seitlich geneigter Kopf- 
stellung die Ohrtrompete durch das von mir angegebene Ver- 
fahren eröffnet, wodurch die in der Trommelhöhle angesammelte 
Flüssigkeit durch den senkrecht nach unten gerichteten Tuben- 
kanal in den Nasenrachenraum abfliesst. 

Herr Dr. Traut mann, der über diesen Aufsatz referirt, 
gibt nun an, dass der Nachweis der Entfernung des Exsudates 
aus der Trommelhöhle durch den Trommelfellbefund geliefert 
worden sei. Aus dieser Angabe würde hervorgehen, dass ich in ' 
dem oben citirten Aufsatze nur das wiederholt hätte, was ich 
bereits in meiner Arbeit: „Ueber bewegliche Exsudate in der 
Trommelhöhle" (Wien. med. Presse 1869) angegeben habe. Dem 
gegenüber erlaube ich mir. Folgendes aus dem Eingangs citirten 
Aufsatze hier wiederzugeben: 

„Erst in neuerer Zeit ist es mir gelungen, den directen 
Nachweis zu liefern, dass bei der angegebenen Kopfstellung durch 
die Wegsammachung der Ohrtrompete nach meinem Verfahren 
nicht nur seröse, sondern auch dickflüssige, syrupartige Exsudate 
aus dem Mittelohr entfernt werden können. Der erste Fall be- 
traf einen 52 jährigen Bauer aus Böhmen, der sich vor mehreren 



;tt 




«• 



94 Vn. POLITZER 

Monaten auf meiner Klinik vorstellte mit der Angabe, seit 5 Tagen 
in Folge eines starken Schnupfens auf dem rechten Ohre schwer- 
hörig zu sein. Schmerz empfand Patient nicht, hingegen klagt 
er über fortwährende subjective Geräusche." 

„ Die Untersuchung des Trommelfells ergab bei vollkommen 
normalem Glänze eine ausgesprochene, bernsteingelbe 
Färbung der ganzen Membran, welche auf eine Ansamm- 
lung gelbgefärbter Exsudate schliessen liess. Die Hörweite be- 
trug für die Uhr 4—5 Cm., fllr die Sprache IM. — Nach der 
Wegsammachung der Ohrtrompete bei der erwähnten Kopfstellung 
floss durch die betreffendeNasenöffnung eine grosse 
Menge visciden Secretes ab und ich fand bei der unmittel- 
bar darauf vorgenommenen Trommelfellinspection die gelbe Farbe 
vollständig verschwunden, die Membran grau und das Hörver- 
mögen nahezu normal. Nach einigen Tagen wurde am Trommel- 
fell der normale Beflind constatirt; in der Hörweite zeigte sich 
zwar eine geringe Abnahme, welche jedoch nach einer aber- 
maligen Lufteintreibung vollkommen schwand." 

„Ich habe in der Folge bei einer grossen Anzahl 
von Fällen das Abfliessen von Beeret durch die 
Nasenöffnung nach Anwendung dieses Verfahrens 
beobachtet und vollständige Heilung erzielt, wo ich 
sonst zur Paracentese des Trommelfells schreiten 
musste. Dort hingegen, wo das in der Trommelhöhle ange- 
sammelte Exsudat zähe zusammenhängende Schleimmassen bildet, 
genügt das oben geschilderte Veifahren nicht und es scheint 
daher in solchen Fällen behufs rascher Entfernung der Secrete 
die Paracentese des Trommelfelles angezeigt". 

Es geht hieraus hervor, dass Herr Dr. Trautmann den 
wichtigsten Theil meines citirten Aufsatzes in seinem 
Referate vollständig verschwiegen hat, und wenn derselbe 
am Schlüsse seines Referates sich dahin äussert, dass er die 
Paracentese des Trommelfelles untier allen Verhältnissen vorzieht, 
so müssen wir hierauf bemerken, dass einerseits nicht alle Aerzte, 
welche in die Lage kommen, Ohrenkranke zu behandeln, Specia- 
listen sind und dass andrerseits selbst der Specialist es unter- 
lassen wird, die Paracentese des Trommelfelles vorzunehmen, 
wo es ihm durch die von mir angegebene einfache und leichte 
Weise möglich ist, das Exsudat aus der Trommelhöhle zu ent- 
fernen. Dass ich aber in Fällen, wo durch diese Methode (fie 
Entfernung der Exsudate nicht bewerkstelligt werden kann, die 



Bemerkungen zu den Referaten des Herrn Dr. Trautmann. 95 

Faracentese des Trommelfelles als einen der wichtigsten thera- 
peutischen Behelfe bei einer ansehnlichen Anzahl von Ohren- 
kranken betrachte, geht sowohl aus dem oben citirten Aufsatze, 
als auch aus meinen früheren Arbeiten zur Genüge hervor. 



IL 

In meiner Arbeit: „Zur Anatomie des Gehörorganes " (Arch. 
f. Ohrenheilkunde. Bd. IX) habe ich die Resultate meiner Unter- 
suchungen über die anatomischen Verhältnisse des Processus sty- 
loideus dahin zusammengefasst , dass dieser Fortsatz aus einem 
eigenen präformirten Knorpelkörper hervorgehe, welcher nicht 
nur im fötalen Zustande, sondern auch beim Neugeborenen als 
ein isolirbares Enorpelgebilde darstellbar ist und dass das obere 
Ende des Processus styloideus nicht ander äusseren 
sichtbaren Basis des Fortsatzes sich befindet, son- 
dern längs der Grenze der hinteren Wand desCavum 
tympani, von dieser d*urch eine dünne Knochen- 
lamelle getrennt, bis unterhalb der Eminentia sta- 
pedii hinaufreiche. Es wurden in dieser Arbeit femer die 
bisher nicht bekannten Formverhältnisse des Processus styloideus 
bei Neugeborenen beschrieben und auf eine an der hinteren 
Trommelhöhlenwand unterhalb der Eminentia sta- 
pedii häufig vorkommende Protuberanz aufmerksam 
gemacht, welche durch das obere Ende des Pro- 
cessus styloideus bedingt wird. In der Einleitung zu jener 
Arbeit habe ich darauf hingewiesen, dass sich in den grösseren 
anatomischen Werken (Sömmering, Henle) nirgend eine An- 
deutung über den Ursprung des Processus styloideus in der 
Masse des Schläfebeins, sowie über die Endigung seines oberen 
Abschnittes findet. 

Während ich, wie aus der ganzen Arbeit hervorgeht, mich 
blos mit der anatomischen, keineswegs aber mit der ent- 
wickelungsgeschichtlichen Seite der Frage beschäftigt 
habe, sucht nun Herr Dr. Trautmann das Wort „Ursprung", 
welches ich im anatomischen Sinne als „ Anfang oder Ausgangs- 
punkt" gebraucht habe, dahin zu deuten, dass ich behauptet 
hätte, es sei nichts über die Entwickelungsgeschichte des Pro- 
cessus styloideus bekannt. Er citirt zu diesem Behufe die An- 
gaben von Quain-Hoffmann, Kölliker, Reichert und Ge- 
genbauer über die Entwickelung des Griffelfortsatzes aus dem 



■i^y^^ r^^: ' 



16. Mo OB — lieber histologische Veränderungen des Labyrinths 

bei gewissen Infectionskrankheiten (Ileotyphus, Scharlach^ 
Variola). (Ibid. S. 221—249). 

17. Guye — Over eenige voorgestelde wijzigingen in het „experi- 

ment van Politzer". (Nederlandsch Tijdschrift vor Genees- 
kund. 1876.) 

18. Politzer — Demonstration anatomischer und patholog.-anato- 

mischer Präparate des Gehörorgans etc. (Anzeiger der 
k. k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien. SitzungsprotocoU 
vom 28. Januar 1876.) 

19. Gruber — Eine seltene Anomalie in der Nähe des Foramen 

jugulare. (M. f. 0. Nr. 2. 1876.) 

20. Wreden — Zur Aetiologie und Diagnose der Phlebitis sinus 

cavernosi und zur Verwerthung der Thermometrie bei den 
cerebralen Complicationen der eitrigen Ohrentzündungen. 
(A. f. A. u. 0. IV. 2.) 

21. Paulsen — Zur Therapie der Otorrhoe. (M. f. 0. 1876. Nr. 2.) 

Empfiehlt Wattetampons mit Carbolöl, und zwar 10 Theile 
Acid. carb. auf lüO. Theile Ol. olivarum. 

22. Lucae — Die trockne Nasendouche, ein Verfahren zur Be- 

handlung von Mittelohr- mnd Nasenrachencatarrhen. (Berl. 
klin. Wochenschrift 1876. Nr. 11.) 

23. Justi — Die Operation der adenoiden Neubildungen der Nasen- 

rachenhöhle mittelst des biegsamen scharfen Löffels. (Deutsche 
med. Wochensch. 1876. Nr. 4.) 

24. Störk — Krankheiten, der Nase und des Raßhens. (Pitha und 

Billroth III. 7.) 



Vorläufige Mittheilung 

von Dr. A. Magnus. 

Um die anerkannt zweckwidrige Zersplitterung von Zeit und 
Kräften auf den allgemeinen Versammlungen Deutscher Naturforscher 
und Aerzte zu beschränken, hatte man in Gratz zunächst die Sectionen 
für Otiatrie und Augenheilkunde zu einer einzigen verschmolzen, 
aber, wie es den Theilnehmern erschien, für beide nicht zum Ge- 
deihen. Hierdurch wurde dort der Gedanke angeregt, dass unsere 
Sache in mannigfacher Beziehung besser gefordert werden würde, 
wenn sich die Fachgenossen in einem besonderen Congress zusammen- 
fänden, und es wurde beschlossen : 

1. dass ein Congress von Ohrenärzten in Hamburg am 16. und 
17. Sept. 1876 stattfinden solle, 

2. dass die Einladung zu demselben durch autographische Zu- 
schriften zu bewirken sei, 

3. dass Dr. A. Magnus (in Königsberg i/Pr. , Vorder Ross- 
garten 25) die ersten Einleitungen zu treffen habe. 



Archivf. Oiu-euheiikiiiide Bd.ST. 



V. 






iBrläjiFC.WVojpl ir Lci[i;iy 



VIII. 
Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs 



von 



Dr. F. Trautmann 

in Berlin. 

(Hierzu Tafel II u. III.) 

Betrachtet man am lebenden Menschen das Trommelfell 
unter der gewöhnlichen Beleucbtnngsmethode mit dem Reflex- 
spiegel nnd Tageslicht, sb sieht man am Ende des Hammer- 
griflFs and zwar an der, der vorderen Peripherie des Trommel- 
fells zugewandten Seite einen kleinen, sichelförmigen Fleck, auf 
den bis jetzt noch Niemand genauer aufmerksam gemacht hat. 
Mein verehrter Freund und Lehrer in der Ohrenheilkunde, 
Schwartze, machte mich im Jahre IS 69 zuerst auf diese nor- 
male Erscheinung am Trommelfell aufmerksam, erörterte mit mir 
ihre möglichen Ursachen und wies nüch darauf hin, dass ihr 
irrthümlich von Anfängern eine pathologische Bedeutung bei- 
gelegt werde. Sowohl bei meinen statistischen Untersuchungen 
in Halle, wie später, habe ich diesem Fleck meine Aufinerk- 
samkeit gewidmet. 

Am leichtesten orientirt man sich über die Lage dieses 
sieheiförmigen Fleckes, wenn man die Spitze des dreieckigen 
Liehtreflexes ins Auge fasst. Die Spitze dieses Lichtreflexes liegt 
in der Mitte der nach der vorderen Peripherie hin gerichteten 
concaven Seite der Sichel. ,Fig. 1. (Taf. H. III.) zeigt den 
Hammergriff vom kurzen Fortsatz an 4 Mal vergrössert. Der 
obere Theil der Sichel c hebt sich etwas vom Hammergriff ab, 
ist jedoch nicht spitz, sondern abgerundet, der untere Theil geht 
allmählich in das Ende des Hammergriffs über, die convexe 
Seite der Sichel ist dem Hammer, die concave der vorderen 
Peripherie des Trommelfells zugekehrt. In der Mitte der con- 
caven Seite beginnt die Spitze des Lichtreflexes, es ist also diese 
Stelle, wie ich schon früher (Areh. f. 0. N. F. II. 133,) genauer 

ArohlT fttr Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Nene Folge. Y. Bd.) 8 



100 Vm. TRAÜTMANN 

auseinandergesetzt, der tiefste Punkt des Trommelfells. Die 
Länge der Sichel beträgt 172—2 Mm., die Breite Vs-^A Mm. 
Die Form ist meist sichelförmig mit deutlichem Vorsprang am 
oberen Ende; nicht selten findet man jedoch, dass die der vor- 
deren Peripherie des Trommelfells zugekehrte Seite nicht concav, 
sondern convex ist und der obere Theil der Sichel ebenfalls 
wie der untere ohne Vorsprung in den Hammergriff übergeht. 
Sehr selten ist die der vorderen Peripherie zugekehrte Seite 
mehr gerade und ebenso die obere Seite des gelben Fleckes, 
so dass die Form mehr einem Rechteck gleicht. Unter 100 Fällen 
kommt dies ftach meinen statistischen Untersuchungen zwei 
Mal vor. 

Die Farbe des Fleckes ist ganz dieselbe, wie sie das durch 
das Trommelfell durchscheinende Promontorium bietet, nur inten- 
siver, gelblich weiss, mit einem Stich ins Rothgraue. Bei Trü 
bungen des Trommelfells bekommt er schmutzig-graue, etwas 
ins Gelbliche spielende Farbe. Wodurch die veränderte Farbe 
dieses Fleckes auftritt, wird man leichter einsehen, wenn ich 
erörtert habe, wodurch dieser Fleck entsteht. 

Betrachtet man den Hammergriff genauer, so lassen sich an 
ihm 3 Kanten und 3 Flächen unterscheiden, welche jedoch nicht 
vollkommen glatt sind und nicht jede ftlr sich in einer Ebene 
verlaufen. Die äussere, dem Trommelfell zugekehrte Kante b 
(Fig. 1.) verläuft vom kurzen Fortsatz a nach dem hinteren 
Bande des etwas abgeplatteten Hammergriffendes, macht also in 
dem untersten Theile eine leichte Biegung zuerst nach hinten, 
dann nach vorn und unten; am schärfsten ist diese Kante vor 
dem abgeplatteten Hammergriffende und wird nach dem Processus 
brevis zu allmählich stumpfer. Diese Kante ist es, welche dem 
Trommelfell als Ansatz dient. Wir finden deshalb über dem 
Hammergriffende und unter dem Processus brevis auch die 
lockerste Verbindung mit dem Trommelfell, weil hier die Kante 
am schärfsten ist und die breiteste Verbindung am Hammergriff- 
ende und dem Processus brevis. Am Ende des Hammergriffs 
spaltet sich diese Kante in zwei Schenkel, welche etwa V^ ^^' 
auseinandergehen. Dann kann man eine vordere obere Kante 
unterscheiden, die am Ende des Hammergriffs sich ebenfalls in 
zwei Schenkel spaltet, und eine hintere obere. Hierdurch erhält 
man 3 Flächen; eine vordere nach der vordem Peripherie des 
Trommelfells, eine obere (resp. innere) nach dem Promontorium 
und eine hintere nach der hinteren Peripherie des Trommelfells 



N. 



Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. 101 

gerichtete Fläche. Die nach der vorderen Peripherie des Trom- 
melfells gerichtete Fläche des HammergriflPs ist die grösste und 
in dem unteren Drittel um die Längsachse des Hammers nach 
Tom und unten, also nach dem Trommelfell zu' unter einem 
Winkel von etwa 45 Grad gedreht. Dadurch wird das untere 
Drittel der vorderen Fläche des Hammers zur äusseren. Die 
Drehung findet meist in einem allmählichen Uehergange vom 
mittleren zum unteren Drittel des Griffs statt, zuweilen ist aber 
die Winkeldrehung eine ganz scharfe im unteren Drittel. Durch die 
Neigung des Trommelfells in der Verticalebene nach unten um 
45 Grad und in der Horizontalebene um 10 Grad ventralwärts 
und Drehung der vorderen Fläche um 45 Grad nach vom und 
unten wird der Hammer so gestellt, dass man bei der Unter- 
suchung mit dem Beflexspiegel Folgendes von ihm sieht. Die 
äussere Kante b ist als gelblich weisse scharfe Leiste sichtbar 
mit deutlichem Vorsprung des Processus brevis a. Am schärfsten 
ist die Kante etwa 2 Mm. über dem Ende des Hammergriffs und 
verbreitert sich sehr wenig sowohl nach dem Processus, brevis, 
wie nach dem Ende des Hammergriffs zu. Am Ende des Ham- 
mergriffs macht die Kante eine ganz leichte Biegung nach vorn 
und unten. Ausser dieser äussern Kante sieht man die hintere 
Fläche des Griffs d und zwar nur vom Processus brevis bis zum 
untern Drittel des Griffs, allerdings nicht scharf, sondern ver- 
waschen, weil sie ja nicht dem Trommelfell anliegt, sondern 
zwischen ihr und dem Trommelfell gewissermassen ein Hohlraum 
ist. Der Theil dieser Fläche, welcher an die äussere Kante des 
Hammergriffs stösst, wird selbstverständlich deutlicher sichtbar 
sein, als der von derselben abgewandte Theil. Die Farbe ist 
gelblich weiss mit einem Stich ins Rothgraue und nimmt an 
Intensität nach dem Promontorium zu ab ; sie unterscheidet sich 
deutlich von der Farbe der äussern Kante, welche mehr weiss 
ist. Es erscheint also an der hintern Seite der scharfen, durch ihre 
weissgelbe Farbe deutlich markirten äussern Kante, des Hammer- 
griffs die hintere Fläche als ein vom Processus brevis bis zum 
untera Drittel des Griffs gehender, nach dem Promontorium zu 
verwaschener, weissrother Streifen, am Proc. brevis etwa ^ji bis 
3/4 Mm. breit nach unten allmählich in die äussere Kante des 
Hammers übergehend. Von der vorderen Fläche des Hammer- 
griffs sieht man den untersten Theil, welcher um 45 Grad nach 
vom und unten gedreht zur äussern Fläche wird. Dieser Theil 
erscheint als der oben beschriebene, sichelförmig gelbe Fleck c, 



102 Vra. TRAÜTMANN 

Ist die Drehung des unteren Hammergriffendes um die Axe der 
Art, dass die vordere obere Kante nicht scharf vorspringt, sondern 
abgerundet erscheint, dann springt auch dfiv obere Theil der 
Sichel nicht scharf hervor und es erscheint der der vordem 
Peripherie zugewandte Rand nicht concav, sondern leicht convex. 
Ist die Drehung eine plötzliche, so sieht man den obem und 
äussern Kand der Sichel gerade und wir erhalten eine Fignr, 
ähnlich einem Rechteck; Da auch dieser Theil nicht in das 
Trommelfell eingebettet ist, so hat er dieselbe Farbe wie die 
hintere Fläche, nur nicht so roth, sondern mehr gelb, weil 
die Gefässe hinten oben bedeutend stärker sind, als vom 
unten. — 

An einem recht schönen transparenten Trommelfell kann 
man diese Verhältnisse leicht und deutlich sehen. Dass bei 
Trübungen des Trommelfells die Farbe des sichelförmigen Fleckes 
sich in eine schmutzig graugelbe ändert, wird jetzt vollständig 
erklärlich, ebenso, dass bei Verdickungen der Epidermisschicht 
der gelbe Fleck schwindet. 

Ist der Hammer um seine Axe derart gedreht, dass der 
Proc. brevis mehr nach der vorderen Peripherie bewegt wird, so 
tritt die hintere Fläche des Hammergriffs breiter zu Gesicht, 
Fig. 2. i/., und der sichelförmige Fleck wird schmaler, Fig. 2. c, 
ein Bild, was man nicht selten beobachtet, z. B. auch nach Eite- 
rungen des Mittelohres mit grosser Perforation, die der Art ge- 
heilt sind, dass die Narbe mit der Labyrinthwand verwachsen 
ist. Hat der Hammer die entgegengesetzte Drehung um seine 
Axe erfahren, so tritt die vordere Fläche in grösserer Ausdehnung 
zu Tage , Fig. 3. e, , und der sichelförmige Fleck wird länger. 
F. 3. c. Auch dieses Bild habe ich wiederholt bei Einziehungen 
und abnormen Spannungsverhältnissen im hintern Abschnitte ge- 
sehen. Dass in solchen Fällen lange Incisionen im entsprechen- 
den Trommeltellabschnitte die Axendrehung des Hammers, wenn 
sie nicht zu knge besteht und berdts zu Gewebsveränderung 
geführt hat, zu verbessern im Staude sind, habe ich wieder- 
holt erfahren und beweisen zum Theil die guten Resultate der 
Durchsohneidung der hintern Trommelfellfalte. 

Um den Beweis zu liefern, dass der sichelförmige Fleck 
von der unter einem Winkel von 45 Grad um die Axe gedrehten 
vordem Fläche des Hammergriffs herrühre, wurden folgende 
Versuche gemacht: 

Es wurde ein Hammer in vergrössertem Maassstabe aus 



• Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. lOB 

Wachs geformt genau mit denselben Kanten und Flächen, wie 
sie vorher beschrieben sind unter genauer Controle mit Lupe an 
zahlreichen verschiedenen Leichen entnommenen Hammern. Dieser 
Hammer wurde senkrecht an dem von mir (Arch. f. 0. N. F. 
U. Bd. I. 16.) angegebenen Quadranten befestigt und unter einem 
Winkel von 45 Grad nach unten und 10 Grad horizontal ventral- 
wärts geneigt. Sofort tritt dieser sichelförmige Fleck auf und 
man kann sich überzeugen, dass er nur durch Drehung der vor- 
deren Fläche entsteht, welche zur bessern Markirung mit rother 
Farbe bestrichen war. — Dann wurde von einem frisch ent- 
fernten Felsenbein die untere Wand des knöchernen Gehörganges 
abgebrochen, ohne das Trommelfell zu verletzen, die Sehne des 
Tensor tympani vom Hammer und der lange Ambosschenkel 
vom Linsenbein getrennt und ein feiner Laubsägenschnitt so durch 
das Felsenbein gelegt, dass Trommelfell mit Hammer und Ambos 
und dem umgebenden Knochen abgehoben werden konnte. Der 
gelbe Fleck trat nur auf, wenn das Präparat so gehalten wurde, 
dass das Trommelfell in seiner normalen Lage sich befand. Der 
Fleck wurde sofort roth, wenn man die vordere Fläche des 
Hammergriflfs mit rother Farbe bestrich. Dass der gelbe Fleck 
nicht vom Promontorium herrührt, lässt sich an demselben Prä- 
parat beweisen. Bestreicht man das Promontorium mit rother 
Farbe, so bleibt der Fleck unverändert. Ebenso bleibt er un- 
verändert, wenn man die Labyrinthhälfte des Präparates fort- 
nimmt und an seine Stelle schwarzes Papier hält. — 

Als ein dritter Beweis dient die Punction. Punktirt man 
mit einer feinen Nadel den gelben Fleck an der Leiche, so kann 
man sich überzeugen, dass die Punctionsnadel das um die Axe 
gedrehte untere Drittel der vordem Fläche des Hammergriffs 
getroffen hat. 

Am Lebenden dringt die Nadel durch das Trommelfell und 
kommt dann sofort auf den Knochen, d. h. auf diese vordere 
Fläche des Hammergriffs. Die Entfernung der Punctionsnadel 
beweist, dass man nicht das Promontorium trifft. 

Politzer (Beleuchtungsbilder des Trommelfells 1865. S. 22.) 
ist der Ansicht, dass die gelbe spateiförmige Verbreiterung des 
Hammergriffendes dadurch zu Stande kommt, dass die radiären 
Fasern der Substantia propria zum grossen Theile hier zusammen- 
laufen und durch ihr Zusammengedrängtsein im gegebenen Baume 
die bezeichnete Trübung veranlassen. Da eine andere Ver- 
breiterung am Ende des Hammergriffs nicht existirt, als die von 



104 ^ Vm. TRAÜTMANN 

mir im Vorhergeheuden beschriebene sichelförmige Verbreiterung, 
so hat wohl Politzer damit dasselbe gemeint. Ich kann mich 
jedoch in Bezug auf die Entstehung derselben nicht der Politzer- 
schen Ansicht anschliessen aus den im Vorhergehenden ange- 
gebenen Gründen. 

Eingehender muss ich die Frage erörtern, ob der sichel- 
förmige gelbe Fleck nicht etwa von dem Knorpelgebilde her- 
rtlhrt, welches J. Grub er als dem Trommelfell angehörig be- 
schreibt (Anat. physiologische Studien über das Trommelfell und 
die Gehörknöchelchen S. 20 etc.). Zur Erörterung dieser Frage 
ist es nothwendig, dass ich kurz auf die Entwicklung des Ham- 
mers und der Columella, resp. des Stapes eingehe, weil Gruber 
in seinem vorher angeltihrten Buche Seite 24 sagt: „bei den 
Vögeln deutet ein freilich ganz anders geformtes Knorpelgebilde, 
welches im Trommelfell eingebettet liegt und zur Verbindung 
mit dein einzigen Gehörknochen, der Golumella dient, auf eine 
Analogie. " 

Wenn es auch vom histologischen Standpunkte nicht un- 
möglich erscheint, dass sich im Trommelfell aus dem embryo- 
nalen Gewebe hyaliner Knorpel differenzirt, so muss doch diese 
Annahme vom vergleichend anatomischen und embryologischen 
Standpunkte durchaus von der Hand gewiesen werden. Die 
nachstehenden Untersuchungen, welche ich im anatojniscben In- 
stitute zu Breslau anstellte und zu welchen der Herr Professor 
Dr. H a 8 s e mir bereitwilligst das Material zur Verfügung stellte, 
woftlr ich nicht verfehle, ihm hier meinen wärmsten Dank ab- 
zustatten, werden den Beweis liefern, wie es eine absolute Un- 
möglichkeit ist, dass sich im normalen Zustande Knorpel im 
Trommelfell differenzirt und dass dieses Knorpelgebilde bei den 
Säugethieren und Menschen nicht zum Trommelfell, sondern zum 
Hammer, und bei den Vögeln ebenfalls nicht zum Trommelfell, 
sondern zum Symplecticon gehört. 

Das Trommelfell ist eine integumentale Bildung und tritt 
zum ersten Male bei den Anuren auf; aber auch diese haben 
nicht alle ein Trommelfell, ausgenommen sind die Pelobatiden, 
welche auch keine Tuba haben und die Aglossa, welche zwar 
eine Tuba haben aber kein Trommelfell. Das Ostium tubae ist 
niclit wie bei den übrigen Anuren doppelt, sondern ein einziges 
medianes Ostium. Wo bei den Anuren das Trommelfell auftritt, 
geht es stets eine Verbindung mit dem knorpeligen Theile, der 
Golumella, dem Symplecticon ein. Die Golumella derjenigen 



,Der gelbe Fleek am Ende des Hammergriffs. 105 

Anuren, welche ein Trommelfell haben, besteht nicht aus 3 Theilen, 
wie Windischmann (De penitiori auris in amphibiis struc- 
tura) und Hasse (Anat. Studien) behaupten, sondern aus zwei 
Theilen; der dritte Theil gehört zur Gehörkapsel, wie sich 
Hasse an mikroskopischen Schnitten, welche ich mit Hülfe der 
Flemming'schen Einbettungsmethode anfertigte, selbst über- 
zeugt hat. Die zwei Theile der Columella sind ein knöcherner, 
welcher in die Gehörkapsel eingesenkt ist und ein knorpeliger 
(Symplecticon) welcher sich an den knöchernen anschliesst und 
nach aussen mit dem Trommelfell in Verbindung tritt. Fig. 4. 
gibt eine vergrösserte Zeichnung der Columella mit Symplecticon 
von Rana temporaria. a ist der knöcherae Theil ; dieser ist mit 
seinem breiten Ende, welches einen Knorpelbelag e zeigt, mit 
der Gehörkapsel durch straffes Bindegewebe, also durch ein 
Kapselband befestigt. Der nach unten gerichtete Theil zeigt 
bei c einen Widerhaken, welcher fttr die Bewegungen als Hypo- 
mochlion dient. Der obere Theil dieses knöchernen Stückes ist 
ebenfalls knorpelig. 

Dieser knöcherne Theil ist das dorsale Stück des zweiten 
Kiemenbogens und als Columella, resp. Stapes zu bezeichnen.' Mit 
dem äusseren Theile des Stapes tritt das Stück b in Verbindung; 
es ist ausgestreckt gezeichnet, während es im normalen Zustande 
fast unter einem rechten Winkel nach unten geknickt ist. Auch 
hier finden wir wieder eine Art Hypomochlion i. Das Perichon- 
drium des knorpeligen Theiles und das Periost des knöchernen 
gehen in einander über, wodurch die* feste Verbindung beider 
Theile vermittelt wird. Der Theil b besteht aus vollständig 
hyalinem Knorpel ohne Spur eines Markraumes oder Verknöcbe- 
rung, weder bei jungen noch bei älteren Indi\iduen. Die Ein- 
senkung in das Trommelfell geschieht in der Weise, dass sich 
die elastischen Fasern des Trommelfells, sobald sie an diesen 
Theil treten, spalten und ihn umgeben und sich innig mit dem 
Perichondrium vermischen. Dieser Theil ist aufzufassen als 
linsenbein , ventrales Stück Hyomondibularesymplecticon der 
Fische (2. Kiemenbögen). Geht man tiefer hinab zu den Uro- 
delen, so findet man die soeben auseinandergesetzte Ansicht 
ebenfalls besfätigt. Die Columella tritt hier als Operculum mit 
einem Fortsatz auf, beides ist knöchern. Die nach der Gehör- 
kapsel gekehrte Seite zeigt Knorpelbelag und ist ebenfalls durch 
straflfes Bindegewebe mit derselben verbunden. Da die Urodelen 
kein Trommelfell haben, so kann also hier keine Verbindung 



106 Vm. TRAÜTMANN 

des Symplecticon mit dem Trommelfell stattfinden, sondern es 
zieht eine Bandmasse von dem Fortsatze des Operculum nach 
dem Qaadratum nnd in diese ist ein kleiner Knorpel (Symplec- 
ticon) eingelagert. Sehr schön findet sich das beschriebene Ver- 
hältniss bei den Perennibranchiaten (Menobranchus, Menopoma). 
Fig. 5 zeigt den Schädel von Menobranchus von unten gesehen 
in natilrlieher Grösse, a ist die Columella mit Operculum, 
b das Symplecticon, c das Quadratum. Wir finden also bei deu 
Urodelen das Verhältniss noch aufrecht erhalten, wie bei den 
Teleostiern, wo das Symplecticon die Verbindung zwischen Hyo- 
mandibulare und Quadratum vermittelt. Geht man von den 
Anuren aufwärts zu den Reptilien und Vögeln, so finden wir 
überall eine knöcherne Columella und an diese sich nach aussen 
anschliessend und in das Trommelfell einlagernd das knorpelige 
Symplecticon, welches stets eine Verbindung mit dem Quadratum 
zeigt, die z. B. bei Gydodus Boddaertü (welches Exemplar ich 
der Gtlte des Herrn Dr. Solger verdanke) ungemein stark ist. 

Wir sehen also, dass bis zu den Vögeln aufwärts das dorsale 
Stück des Hyomandibulare (Columella) in Verbindung tritt mit 
der Gehörkapsel und das Symplecticon mit dem Quadratum, wie 
bei den Fischen. Als erster Kiemenbogen ist bei den Fischen 
das Falatoquadrat zu betrachten. Das Quadratum ist der Träger 
des MeckeTschen Knorpels; aus dem ersteren entwickelt sich 
bei den Säugethieren der Ambos , der ja auch wieder mit dem 
Symplecticon, resp. Linsenbein in Verbindung steht, aus dem zwei- 
ten der Hammer und dufch Belegknochen der Unterkiefer. Man 
sieht ja beim neugebomen Menschen noch sehr schön den langen 
Fortsatz des Hammers in Verbindung mit dem MeckeTschen 
Knorpel. Fig. 6. zeigt in natürlicher Grösse den MeckeTschen 
Knorpel mit dem Hammer. Gezeichnet nach dem Präparat eines 
Embryo von 32,5 Ctm. Länge. Das Symplecticon bleibt knorpelig, 
der MeckeTsche Knorpel, aus dem der Hammer sich bildet, 
verknöchert, wie wir dies später sehen werden und behält nur 
nach der Trommelfellseite hin einen Best seines Knorpels. 

Aus dieser vergleichend anatomischen Untersuchung, deren 
ausführliche Mittheilungen ich mir vorbehalte, geht hervor, dass 
der Knorpel, welchen Grub er beim Menschen urid den Säuge- 
thieren als zum Trommelfell gehörig beschrieben, zum Hammer 
und bei den Vögeln zum Symplecticon gehört', also von emer 
Analogie keine Bede sein kann. 

Die vielfiichen Untersuchungen, welche ich am Trommelfell 



Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. 107 

unternahm, von den Anuren angefangen bis zum Menschen hinauf, 
haben ergeben, dass dasselbe nur aus den Bestandtheilen der 
Haut besteht: 1. der Dermisschicht, 2. dem subcutanen Binde- 
gewebe (elastischem Gewebe), 3. der Schleimhaut, welche es 
Yon der Aussttllpung der Bachenhöhle (Tuba) erhält. Die Schnitte 
wurden mit dem Mikrotom gemacht, so dass vom Trommelfell 
nichts verloren ging; f)ei den Sängethieren nach vorhergehende 
Entkalkung; bei den tieferstehenden Thieren war dies nicht 
nöthig, da der in das Trommelfell eingelagerte Theil (Sympleo- 
ticon) aus hyalinem Knorpel besteht, wie wir oben gesehen haben. 
Niemals habe ich im Trommelfell selbst hyalinen Knorpel ge- 
sehen. Es finden sich die Elemente der Dermisschicht , z. B. 
Pigmentzellen bei den Urodelen, Schuppenbildungen bei den 
Beptilien. Letztere sehr deutlich bei den Lacertinen (Uromastix). 
Ich muss hier noch erwähnen, dass bei den Aglossa (z. B. Pipa 
surinamensis) die Platte, welche die lange enge Trommelhöhle 
nach aussen abschliesst, und aus hyalinem Knorpel besteht, nicht 
das Trommelfell, sondern das Symplecticon ist. Ein Trommelfell 
besitzen die Aglossa nicht. 

Um den Beweis mit positiver Sicherheit liefern zu können, 
dass Knorpel im menschlichen Trommelfell nicht vorkommt, 
wurden nachstehende Untersuchungen gemacht: 

1. wurde von Neugeborenen und Erwachsenen das Trommel- 
fell in Zusammenhang mit Annulus tympanicus, Hammer und 
Ambos untersucht. ' 

2. wurde nach der von Gruber (Anat. phys. Stud. S. 22.) 
angegebenen Methode das Trommelfell vom Hammer getrennt 
und zwar beim Neugeborenen und Erwachsenen. Es wurden *so- 
wohl das isolirte Trommelfell, als auch der entkalkte Hammer, 
von dem das Trommelfell entfernt war, untersucht. 

3. wurden menschliche Embryonen von verschiedenem Alter 
untersucht. Alle Untersuchungen wurden in der Weise aus- 
geführt, dass sowohl Längs- wie Querschnitte angefertigt wurden 
und zwar mit dem Mikrotom, damit kein Schnitt ausfiel. 

Die Entkalkung wurde mit Ghromsäure und Salzsäureznsatz 
vorgenommen und das Präparat nach der Entkalkung in absolutem 
Alkohol gehärtet. Bei sehr kleinen Embryonen, die eine Isoli- 
rung des Trommelfells mit Annulus, Hammer und Ambos nicht 
gestatteten, wurde das ganze Felsenbein in Zusammenhang mit 
äusserem Gehörgang und Ohrmuschel herauspräparirt , entkalkt, 
in Alkohol gehärtet und mit^dem Mikrotom geschnitten, 



108 VlII. TRAOTMANN 

Es ist dies sehr gut möglich, wenn man die Vorsicht ge- 
braucht, die Leber, in welche das Felsenbein eingeschlossen 
wird, recht gut in absolutem Alkohol zu erhärten und mit weiss- 
seidenen Fäden zu umwickeln, damit das Präparat beim Schnei 
den nicht ausweicht. Es empfiehlt sich, weissseidene Fäden 
zu ijiehmen, weil schwarze den Farbstoff verlieren und das Prä- 
parat trüben, Zwimfäden sehr viel Sand enthalten und das 
Schneiden erschweren. Die erste Versuchsreihe bat Folgendes 
ergeben: 

Es wurden Längs- und Querschnitte in der sub 1 angegebenen 
Weise angefertigt. Beide Methoden ergeben dasselbe Resultat. 

Fig. 7. zeigt einen Längsschnitt vom Proc. brevis bis zum 
Ende des Hammergriffs; Fig. 8. einen Querschnitt in der Höhe 
des Proc. brevis. Beide Schnitte sind vom Hammer eines Nea- 
geborenen. 

Es ist je nur ein Schnitt gezeichnet, da sich die übrigen 
an der einen Zeichnung vollständig erklären lassen. Fig. 7. zeigt 
an der dem Trommelfell zugekehrten Seite a einen Belag von 
hyalinem Knorpel vom Proc. brevis bis zum Ende des Hammer- 
griffs. Dieser hyaline Knorpel ist am stärksten in der Gegend 
des Proc. brevis (*), erstreckt sich in den unteren beiden Dritteln 
um die ganze Peripherie des Hammers, in dem obersten Drittel 
geht er nur bis zum letzten Drittel beider Seitenwände. . Fig. 8. 
a. a'. a". Das unterste Ende des Hammergriffs besteht voll- 
ständig aus hyalinem Kngrpel, sowohl beim Neugeborenen, wie 
beim Erwachsenen. Fig. 7. g. Im Centrum des Hammergriffs 
findet sich längs verlaufend ein grosser Markraum. Fig. 7. c 
Ausserdem finden wir noch mehrere kleinere peripherisch ge- 
legene Markräume. Fig. 7. i. Der Querschnitt, Fig. 8., zeigt 
den Knorpel des Proc. brevis a. , den Knorpel der Seidenwände 
fl'. a". Die hintere Wand mit Knochen versehen , der auf die 
Seitenwände übergreift. *. *'. V\ Das Trommelfell t. In den 
Markräumen finden wir Riesenzellen (Osteoblasten) und in der 
Nähe derselben grosse Knorpelzellen, diese werden nach dem 
Perichondrium zu kleiner, spindelförmig und gehen allmählich in 
das Perichondrium über. Dann findet man Osteoblasten unter 
der dem Knochen anliegenden Schicht des Periostes, an der 
hinteren und seitlichen Wand des Hammers, wo sich Knochen 
findet. Wir haben also, wie dies Strel-zoff (Histogenese der 
Knochen. Untersuchungen ai^s dem path. Institut zu Zürich. 
Leipzig 1873), und Steudener (Beiträge zur Lehre von der 



Der gelbe Fleck am Ende des Hammergriffs. 109 

Knochenentwicklung. AbhandluDg der Daturforschenden Gesell- 
schaft zu Halle. Bd. XIII. Heft 3.) bereits festgestellt haben, 
perichondrales und endochondrales Knoeheuwachsthum. Bei Er- 
wachsenen verkleinert sich der Markraum durch endochondrales 
Enochenwachsthum , ebenso nimmt das perichondrale Knochen- 
wachsthum zu und geht bei Erwachsenen bis zum untersten 
Drittel des Hammers und etwa bis zur Mitte der Seitenwandungen 
nach vom. Dies ist der durchschnittliche Beftind. Man findet 
jedoch vielfach Schwankungen, besonders bei Neugeborenen. Nach 
dem Trommelfell zu ist der Knorpel streng durch das Perichon- 
drium geschieden; zwischen Trommelfell und Perichondrium findet 
sich im mittleren Drittel des Hammergriffs ein lockeres Binde- 
gewebe, im Trommelfell selbst finden sich keine Enorpelzellen. 
Der soeben beschriebene Enorpelbelag persistirt durch das ganze 
Leben. Wahrscheinlich ist das Persistiren des Knorpels bedingt 
durch den Druck, welchen das Trommelfell auf die Gehör- 
knöchelchen ausübt. Der Druck ist beim Hammer am grössten 
in der Gegend des kurzen Fortsatzes und des Hammergriffendes, 
^n diesen beiden Stellen findet man auch den reichlichsten 
Knorpel. Die Versuche, welche diese Annahme bestätigen sollten, 
wurden durch meine Versetzung nach Berlin unterbrochen. Den 
Kno]*pel als osteoides Gewebe aufzufassen, wie dies Moos ge- 
than (Archiv f. Augen- und Ohrenheilkunde I. 1.) ist nicht ge- 
rechtfertigt. 

Die zweite Versuchsreihe besitätigte die erste. Das 
Trommelfell wurde in der von Grub er angegebenen Weise ge- 
trennt und ausserdem an beiden Seitenwänden des Hammers 
Längsschnitte in der Mitte der Seitenwand gemacht. Bei Neu- 
geborenen gelang es fast immer, den peripheren Knorpel des 
Hammers mit abzureissen und zwar am besten in der Höhe des 
Processus brevis, weil hier ein grosser Markraum sich befindet, 
der dem Zuge leicht widersteht. Gruber hat nur das abge- 
rissene Trommelfell von der Fläche aiiigesehen und es unter- 
lassen,. Querschnitte von diesem und dem Hammer zu machen. 
Von der Fläche gesehen bietet das abgerissene Trommelfell die 
Ansicht, wie sie Grub er gezeichnet hat. Macht man Quer- 
schnitte dieses abgerissenen Trommelfells, so überzeugt man sich 
sofort, dass das Knorpelgebilde' nicht zum Trommelfell, sondern 
zum Hammer gehört. Nach der Trommelfeliseite nehmen die 
Knorpelzellen an Grösse ab und gehen allmählich in das Peri- 
chondrium über; im Trommelfell ist kein Knorpel. Ausserdem 



110 Vm. TRAÜTMANN 

findet man in der Höhe des Processus brevis, wo sich der grosse 
Markraum befindet, nicht selten Osteoblasten mit abgerissen. 
Untersucht man den Hanmier, von dem das Trommelfell abge- 
rissen, so fehlt der Theil des Knorpels, welcher mit dem Trommel- 
fell abgerissen ist. Diese Untersuchungsweise ist nicht zart zu 
nennen und wurde nur unternomiüen; um das, was Grub er 
gesehen, zur Anschauung zu bringen. Die sonst so gehaltrolle 
Arbeit Grub er 's wird durch eine Untersuchungsweise dieser 
Art entschieden getrübt. 

Auch die dritte Untersuchungsweise bestätigte die Resultate 
der beiden ersten. Es wurden menschliche Embryonen unter- 
sucht, welche eine Länge von 5,2 Ctm., 11,3 Ctm., 22 Ctm. und 
32V2^ Ctm. hatten. Gerade diese Embryonen boten Alles, was 
zur Feststellung des Knorpelbelags am Hammer nothwendig war. 
Bei dem Embryo ron 5,2 Ctm. Länge besteht das Trommelfell 
aus embryonalem Bindegewebe, die Zellen sind rund, zeigen 
granulirtes Protoplasma und deutlichen Kern. In der Mitte des 
Trommelfells liegen die Zellen näher aneinander als an der 
äusseren Fläche des Trommelfells, der späteren Epidermisschicht, 
wo sie dichter liegen als nach der Promontorialseite des Trom- 
melfells. Die äusserste Grenze der inneren und äusseren Trom- 
melfellseite zeigt bereits deutliche, spindelförmige Zellen mit 
Ausläufern. Der Hammer besteht aus hyalinem Knorpel, die Knor- 
pelzellen sind gross, liegen weit auseinander. Um den Knorpel 
hat sich bereits deutlich das Ferichondrium mit spindelförmigen 
Zellen gebildet. Das Ferichondrium ist von einet Lage runder 
Zellen bedeckt, welche jedenfalls die spätere Schleimhaut bilden. 
Diese runden Zellen gehen in diejenigen des Trommelfells ohne 
merkliche Grenze über ; peri- oder endochondrale Ossification ist 
noch nicht vorhanden. Knorpelzellen im Trommdfell waren nicht 
vorhanden. Der Embryo von 1 1,3 Ctm. Länge zeigte das Ferichon- 
drium des Hammers noch deutlicher ausgeprägt. Feri- oder endo- 
chondrale Ossification fehlt. U^ber dem Ferichondrium deutliches 
submucöses Gewebe mit Epithel, ebenso zeigt das Trommelfell 
deutliche Differenzirung des Epithels mit lockerer Biildegewebs- 
unterlage und ziemlich deutliche Di£feren2irung der Membr. 
propria. 

Der Embryo von 22 Cttn. Länge zeigt die soeben geschil- 
derten Vorgänge im Trommelfell sehr deutlich. Das Epithel der 
Aussenseite des Trommelfells liegt dachziegelartig in mehreren 
Lagen tlbereinander, das Schleimhautepithel ist cubisch, an den 



Der gelbe Fleek am Ende des Hammergriffla. 111 

Umbiegungsstellen langgestreckt, cylindrisch.. An einzelnen Zellen 
scheinen noch die Wimpern erhalten zu sein. 

Das subcutane und submucöse Bindegewebe hebt sich deutlich 
von der Circulär- und Kadiärschicht der Membrana propria ab. 
Knorpelzellen sind nicht im Trommelfell vorhanden. Im Halse 
und Kopfe des Hammers zeigt sich ein grosser Markranm ; ausser- 
dem perichondrale Ossification in der ganzen Peripherie des 
Halses und Kopfes, mit Ausnahme des Theiles am Kopfe, welcher 
dem Ambos zugekehrt ist. Der Griff besteht aus hyalinem 
KnorpeL Die Ossification des Hammers würde demnach zwischen 
dem vierten und flinften Monate stattfinden. 

Beim Embryo^ vom 32,5 Ctm. Länge findet sich auch im 
Hammergriff ein grosser Markraum, der mit dem des Halses und 
Kopfes communicirt. Er geht bis zur Mitte des Griffes und liegt 
excentrisch, d. h. mehr nach der Promontorialseite des Griffes. 
Der Hals und Kopf zeigen ausser perichondraler Ossification jetzt 
auch centrale; die Promontorialseite des Griffes zeigt in ihrem 
oberen Drittel perichondrale Verknöcherung. Im Trommelfell 
finden sich keine Knorpelzellen. 

Es unterliegt nach vorstehenden Untersuchungen keinem 
Zweifel, dass der Knorpel nicht zum Trommelfell, sondern zum 
Hammer gehört. Wenn behauptet wird (M. f. 0. 1873. Nr. 12. 
S. 155.) die Verwachsung des Hammergriffs mit dem Promon- 
torium könne dadurch festgestellt werden, dass sich das üjiorpel- 
gebilde allein bewege und der Hammer nicht, so muss diese 
Behauptung auf Grund vorstehender Untersuchungen von der 
Hand gewiesen werden. Das Knorpelgebilde wird sich, da es 
zum Hammer gehört, wenn derselbe mit dem Promontorium ver- 
wachsen ist, ebensowenig bewegen, wie der zum Knorpelgebilde 
gehörige Hammer. 

Die physiologische Bedeutung des Knorpelbelages am Ham- 
mer scheint mir dieselbe zu sein, wie an den Epiphysen der 
Röhrenknochen. 

Was die diagnostische Bedeutung des gelben Fleckes am 
Ende des Hammergriffs betrifft, so ist sie in folgenden Fällen 
werthvoU: 

1. Bei Verdickung der Epidermisschicht wird der gelbe Fleck 
früher schwinden, als die scharfe Kante des Griffes. 

2. Trübungen des Trompielfells ohne gleichzeitige Verdickung 
ändern nur die Farbe des gelben Fleckes. 



\ 

i 



112 ym. TRAUTMANN, Der gelbe Fleck am £nde des Hammergriffs. 

3. Bei AxendrebuDgen des Hammers ändert sich, wie wir 
oben genauer auseinandergesetzt baben, die Form des Fleckes. 

4. Bewegt sich der Fleck bei Luftverdünnung nicht; so kann 
entweder Ankylose im Hammerajnbosgelenk , oder Verwachsung 
des Hammers mit der Labyrinthwand vorhanden sein. In letzte- 
rem Fälle wird die differenzielle Diagnose dadurch gesichert, dass 
der Hammer bei Verwachsungen mit der Labyrinthwand perspec- 
tiyiseh verkürzt ist und meist auch Axendrehung stattfindet, 
wodurch sich die Form des Fleckes in der oben beschriebenen 
Weise ändert. 



IX. 

Zwei Fälle von Exostose im äusseren Gehörgang die znm 

Abschlnss desselben nnd zur Taubheit fahrte; Heilung 

durch Operation mit dem Hohlmeissel. 

Mitgetheilt yon 

Dr. Aldingr^r 

in Fürth bei Nftmberg. 

Vor etwa 8 Jahren kam ein 36 Jahre alter Fabrikant zu 
mir, mit dem Bemerken , dass sein Gehör auf der linken Seite 
sehr wechsle. Die Untersuchnng ergab einen Cerumen- Pfropf 
in einem sehr verengerten Gehörgang. Die Verengerung im 
knöchernen Abschnitte war der Art, dass eine warzenförmige 
Vortreibung wie eine Linse gross, von oben und hinten nach 
unten und vorne hereinragte. Der freiliegende Spalt war durch 
Ohrenschmalz ausgefällt, nach dessen Ausspritzung Patient wieder 
hörte. Rechts war das gleiche Bild, nur war keine Verstopfung 
durch Ohrenschmalz vorhanden und die Enochenauftreibung, die 
am gleichen Orte war, wie links, so dass man noch das vordere 
Segment des unveränderten Trommelfells sehen konnte. Das 
Gehör war hier normal. Patient kam mir dann mehrere Jahre 
aus dem Auge und als ich ihn nach längerer Zeit wieder sah, 
war das Bild ziemlich dasselbe. Erst im Jahre 1874 zeigte die 
Exostose auf der rechten Seite ein deutliches Wachthum; die 
freie Spalte wurde immer enger und damit die Verstopftmg 
häufiger; gleichzeitig wuchs die Schwierigkeit, das Cerumen zu 
entfernen und nur durch wiederholtes forcirtes Ausspritzen wurde 
es möglich, den schmalen Spalt offen zu halten und damit das 
Hören wieder zu ermöglichen; im August 1874 gelang dies nicht 
mehr und die Knochengeschwulst lag unmittelbar an der vor- 
deren und unteren Wand des Gehörgangs. Das Gehör war für 
die Sprache erloschen und die Uhr wurde blos beim Andrücken 
an den Knochen wahrgenommen. 



114 IX. ALDINGER 

Verschiedene ärztliche Autoritäten gaben sehr verschiedene 
Bathschläge. 

Prof. V. Tröltsch rieth durch Laminaria die Erweiterung 
zu versuchen, eventuell den Tumor abmeisseln zu lassen. 

Prof. Politzer gab den Rath, durch die verengerte Stelle 
ein Paukenröhrchen einzuführen und durch dasselbe das hinter 
der Exostose liegende Cerumen auszuspritzen. 

Prof. Voltolini wollte durch galvanokaustische Aetznng 
bis zum Periost der Geschwulst eine Abstossung des Knochens 
versuchen.*) 

Prof. Heinecke endlich erklärte, dass er die Abtragung 
einer solchen Exostose durch Hammer und Heissel für gefahrlos 
halte, da im schlimmsten Falle doch nur eine Eröffnung der 
Zellen des Warzenfortsatzes am betreffenden Orte zu fürchten wäre. 

In den letzten Wochen des December 1874 trat heftiger 
Schmerz in dem rechten Ohre ein, dem 4 Tage später ein heftiger 
Eiterausfluss folgte, das Trommelfell war absolut nicht sichtbar. 
Da diese Entzündung mit dem Druck der Exostose auf die Haut 
des Gehörganges, anderseits mit dem angesammelten Gemmen 
zwischen der Exostose und dem Trommelfell in Zusammenhang 
gebracht werden musste, so wurde die Indication zur Entfernung 
der bisher langsam wachsenden Enoehengeschwulst immer drin- 
gender und endlich die Operation selbst am 2. Januar 1875 in 
Angriff genommen. Prof. Hein ecke hatte, da sich alle vor- 
räthigen Meissel als zu breit erwiesen , einen etwa drei linien 
breiten, hohlen Meissel machen lassen, mittelst dessen er die 
Operation ausführte. Der tiefchloroformirte Patient wurde so 
gelagert, dass der Operateur mit dem Brillenspiegel sieh die 
Exostose beleuchtete. Der Vortheil der Beleuchtung erwies sich 
jedoch bald als illusorisch, da sich nach dem Aufsetzen des 
Hdssels an der Basis der Geschwulst beim ersten Hammerschlage 



t) James Hinton berichtet in der von ihm verfassten and mit Ao- 
merknngen versehenen Uebersetzangp von v. Trdltsch*s Krankheiten des 
Ohres (ans dem Pitha und Billroth^schen Handbache der Chirnrg^e. London 
1874. S. 25), dass 1. er die seiner Zeit von Bonnafont in 10 Tagen darchfeilte 
Exostose (vergl. dieses Archiv. Bd. IV. S. 306) ein Jahr später gesehen 
habe and wäre der Erfolg noeh ganz zufriedenstellend gewesen; 2. habe er 
neuerdings einen Fall von Elxostose des Gehörganges beobachtet, die von 
Clark in Clifton mit dem constanten galvanischen Strom operirt worden 
wäre. „Nach zwei Anwendangen von je drei Nadeln unter GhloroCarm 
stiess sich die Exostose in einer Masse ab und der Kranke hörte wieder 
ganz gut."" Bed. 



Zwei Fälle von Exostose im äasseren Gehörgang. 115 

der innere Operationgraum so mit Blut füllte ^ dass die endliche 
Abmeisslnng mehr nach dem Gefühle vollendet werden musste. 
Die Knochenwuchenmg erwies sich dabei so hart, dass der 
Meissel trotz kräftiger Hammerschläge die Basis der Geschwulst 
nicht zu durchdringen vermochte, das Instrument wurde deshalb 
wieder zurückgezogen und näher dem Gipfel der Exostose an- 
gesetzt. Es gelang nun durch wiederholte Meisslung, mehrere 
kleine Stücke von der Exostose abzuschälen. Als genügend Baum 
gewonnen zu sein schien, gab man die weitere Abtragung der 
Exostose auf; unmittelbar nach der Operation war eine Sonde 
durch die verengerte Stelle bis zum Trommelfell zu schieben. 

Die Beactionserscheinungen waren sehr unbedeutend und erst 
am dritten Tage trat eine leichte Eiterung ein, in Folge deren 
zwei Tage später sich ein angeschlagenes Knochensplitterchen 
und endlich am zehnten Tage nach der Operation ein grösse- 
res Stückchen loslöste, das mit der Pincette entfernt werden 
konnte. Das Lumen des Gehörganges mochte um diese Zeit die 
Hälfte seiner Norm haben. Trotz der Wegschaffung des eigent- 
lichen Hindernisses für die eintretenden Schallwellen war bis 
jetzt das Gehör noch nicht besser, welcher Zustand aus dem 
Befund des nun der Untersuchung zugängigen Trommelfells sich 
vollkommen erklärte. Dasselbe war ganz mit Granulationen be- 
deckt, die gleich spitzen Condylomen in den Gehörgang hinein 
ragten. 

Im vorderen oberen Quadranten vor dem Hammergriff war 
eine stecknadelkopfgrosse Perforation zu sehen, die wohl sicher 
so entstanden war, dass der schwer durch die schmale Spalte 
sich entleerende Eiter, der zwischen Exostose und Trommelfell 
eingeschlossen war, einen Durchbruch in die Paukenhöhle ver- 
anlasste-. Durch wiederholte Aetzungen der Granulationen mit 
Höllenstein, Abtragung von einzelnen Wucherungen durch die 
Schlinge, durch Anwendung von Adstringentien und endlich der 
Luftdouche heilte nach weiteren drei Wochen die Perforation zu 
und da die Vegetationen schon früher geschwunden waren, stieg 
damit die 'Hörfähigkeit des Patienten wieder auf etwa drei Fuss 
für meine Taschenuhr. 

Die Narbenbildung an der Stelle der abgemeisselten Exostose 
verlief nicht ganz nach Wunsch. Während in der dritten Woche 
nach der Operation die ganze vordere Hälfte des Trommelfells für 
dft Besichtigung zugängig war, wucherte die Narbeso, dass einige 
Monate später nur ein kleiner Abschnitt des vorderen Theiles 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue F9lge. Y. Bd.) 9 



115 IX. ALDINGER 

gesehen werden konnte; bis zu Ende des Jahres 1S75 hatte sich 
die Narbe wieder verkleinert und war durch den der Exostose 
abgerungenen Raum der Kiel einer Taubenfeder einzuführen. 

Nur im November 1875 bildete sich ein nässendes Ekzem 
der Ohrmuschel und des äusseren GehOrganges, in Folge dessen 
vorübergehend die Enochennarbe bis zur Verschliessung des Ge- 
hörganges anschwoll. Jetzt, im März 1876, ist der Spalt etwa 
4 Linien lang und 2 Linien breit; das Gehör ist vollständig her- 
gestellt und meine Taschenuhr wieder auf eine Entfernung von 
30 Zoll zu hören. 

Die Exostose des linken Ohres bei demselben Patienten war 
während des ersten halben Jahres 1875 gleichgeblieben. Auch 
hier war an der oberen und hinteren Wand ein warzenförmiger 
Yorsprung im knöchernen Gehörgang unmittelbar vor dem Trom- 
melfell von der Grösse, dass die stärkste Convexitat sich anf 
etwa 2 Linien der vorderen Gehörgangswand näherte ; functionell 
war gar keine Störung vorhanden, wenn Patient beiläufig alle 
8 Tage das in der Spalte sich ansetzende Gemmen ausspritzte. 
Durch die Spalte sah man noch eine kleine Partie des normalen 
Trommelfells. Im August 1875 unternahm Patient eine Ver- 
gnügungsreise in die Schweiz. Nach seiner Rückkehr klagte er^ 
dass jetzt das linke Ohr, trotz des Ausspritzens, vollständig taub 
geworden sei; gleich darauf bekam er heftige Schmerzen im 
Ohr und als ich dasselbe im Monat September zur Unter- 
suchung bekam , lag die geröthete Exostose vollkommen der 
gegenüberliegenden Gehörgangswand an und an dem unteren 
Ende des nun aufgehobenen Spaltes sah man eitriges Sekret. 
Mit der eingetretenen Eiterung waren die heftigen Schmerzen 
im Ohre verschwunden und nur ein Geftlhl von Druck in dem- 
selben noch vorhanden. Das Trommelfell zu sehen war selbst- 
verständlich unmöglich, doch liess sich die vorhandene Con- 
tinuitätstrennung desselben durch das zischende Perforations- 
geräusch beim Politzer 'sehen Experiment nachweisen. Das 
Wachsen der Exostose hatte demnach den Verschluss des Gehör- 
gangs und dieser die nachfolgende Entzündung der Paukenhöhle 
zur Folge gehabt, genau wie es beim rechten Ohre gegangen war 

Dies war der Stand der Erkrankung im Anfang Oetober 
und so sehr die operative Entfernung der Exostose wegen der 
Eiterretention in der Paukenhöhle und deren Folgen indicirt 
schien, so verzögerte sich doch dieselbe wegen der AbwesenhSt 
des Operateurs, des Herrn Prof. Heineke bis zum 25. Oetober. 



Zwei Fälle von EbLOStose im äusseren Gehörgang. 117 

Den bei der ersten Operation gemachten Erfahrungen gemäss 
beschloss man, diesmal von der Beleuchtong des Operationsfeldes 
ganz abzusehen und den Meissel nur nach dem Geftlhle zu ftthren. 
Zu diesem Behufe schien es aber nothwendig, sich durch häufige 
Besichtigung und Sondirung der Exostose auf die Operation 
vorzubereiten. Die bezeichnete Untersuchung wurde deshalb an 
5 verschiedenen Tagen vor dem Operationstermin vorgenommen. 
Um die Orientirung zu erleichtem, wurde ausserdem in der Ver- 
längerung einer, die Exostose vom Gipfel zur Basis halbirenden 
Linie auf der Ohrmuschel ein Strich in Argentum nitricum an- 
gebracht; nach diesen Vorbereitungen schritt man am genannten 
Tage zur Operation. 

In tiefer Chloroformnarkose wurde der Meissel wie bei der 
ersten Operation ohne vorherige Ablösung der die Exostose über- 
ziehenden Haut ziemlich nahe der Basis der Exostose gesetzt und 
durch wiederholte kräftige Hammerschläge ein ansehnliches Sttlck 
abgesprengt. Eine hebelnde Seitwärtsbewegung des Meisseis löste 
das Stück vollständig ab, so dass es mit der Pincette entfernt 
werden konnte. Nachdem in ähnlicher Weise noch einige kleine 
Stücke abgemeisselt waren, war kaum noch etwas von der Exo- 
stose zu entdecken und der Zugang vom Trommelfell frei. Un- 
mittelbar nach der Operation und auch schon während derselben 
trat Erbrechen ein, das auf Eechnung des Chloroforms ges^etzt 
werden musste. Abends ass der Patient mit gutem Appetit, hatte 
kein Fieber und klagte blos über leichtes Brennen im Ohr, wegen 
dessen kurze Zeit Eisüberschläge gemacht wurden. 

Auf die Wunde selbst war vorher eine in Carbolsäurelösung 
getauchte Charpiewieke gelegt worden. Die darauf folgende 
Nacht war gut, die Empfindlichkeit im Ohre gering, so dass be- 
reit« am zweiten Tage die regelmässige Luftdouche begonnen 
wurde; erst am dritten und vierten Tage klagte Patient über 
heftige Schmerzen im Ohre und starken Druc^ im Hinterhaupt, 
jedoch ohne bedeutendes Fieber: der Puls schwankte immer 
zwischen 70 und 72 in der Minute. 

Die Besichtigung ergab am 28. October an der Stelle der 
früheren Exostose hinten und oben eine mit wenig Sekret be- 
deckte, erbsengrosse, gelbröthliche Stelle, die der gesetzten 
Knochenwunde entspricht; in Mitte derselben ragte ein kleiner 
gelber, abstehender Knochensplitter hervor, der bei Berührung 
beweglich war und bei dieser Bewegung heftige Schmerzen ver- 
ursachte und deshalb auch mit der Pincette noch nicht entfernt 

9* 



118 IX. ALDINGER 

wurde. Vom und oben ist eine über stecknadelkopfgrosse, rothe 
Wucherung, an die sich unten eine kleinere anschUesst; unten 
im vorderen Quadranten lassen diese Granulationen einen kleine- 
ren Spalt frei, aus dem beim Ansetzen des Siegle 'sehen Trich- 
ters und Ansaugen Flüssigkeit in Blasenform herausdrängt. Die 
Entleerung des Eiters aus der Paukenhöhle wurde nun regel- 
mässig durch das Politzer 'sehe Experiment und durch täglich 
einmal vorgenommene Aussaugung mit dem Siegle 'sehen Trichter 
bewerkstelligt. Eine Verbesserung des Hörens war noch in keiner 
Weise eingetreten und hörte Patient die ühr nur beim Anlegen 
an den Knochen. Nach gemachtem Politzer 'sehen Experiment 
erklärte Patient, stets im Ohr freier zu sein, ohne jedoch die 
geringste {Erleichterung betreffs der Schwerhörigkeit zu haben. 

Am vierten Tage nach der Operation wurde nun auch zur 
Zerstörung der das Trommelfell tiberziehenden Granulation mit- 
telst Höllenstein, der zu diesem Zwecke an einen Platindraht 
angeschmolzen war, geschritten; wegen der sehr grossen Schmerz- 
haftigkeit wurden nach der Aetzung Einspritzungen mit Salz- 
wasser gemacht und Abends eine kleine Gabe von Ghloralhydrat 
gegeben. 

Des anderen Morgens stiess sich der Aetzschorf ab und 
ebenso auch der, erwähnte Knochensplitter, schon am 30. waren 
die grösseren Granulationen un\ vieles kleiner geworden, aber 
hinter ihnen sah man nun das ganze Trommelfell mit kleinen 
rothen Wucherungen besetzt. Die Knochenwunde, bisher röthlich, 
fii\g an, mehr gelbliches Aussehen zu bekommen, die Eiternng 
selbst war eine sehr massige ; von subjectiven Beschwerden klagte 
Patient eigentlich nur tiber einen leichten Druck im Hinterhaupt 
und die immer noch vorhandene Schwerhörigkeit. 

Vom 2. November an wurden regelmässig Adstringentien, 
zunächst eine Lösung von schwefelsaurem Zink eingeträufelt. 

Bis zum 12. November, während welcher Zeit auch immer 
noch die Aetzungen mit Höllenstein und Lufteintreibungen zur 
Anwendung kamen, waren die Wucherungen vollständig ver- 
schwunden und die Perforationsstelle war deutlich und ziemlich 
gross zu sehen. 

Die Ränder derselben waren etwas ausgezackt und ihre Lage 
so, dass sie beiläufig von dem* unteren Ende des noch liicht sicht- 
baren Hammergriffes von oben nach yunten und hinten sich er- 
streckte. Das Trommelfell war glanzlos, ziemlich geröthet und 
hatte eine unregelmässige wellige Oberfläche. Die ühr wurde 



J 



Zwei Fälle von Exostose im äusseren GehörgiE 

immer noch nur vom Knochen aus gehört^ dageg 
gabel, auf dem Scheitel aufgesetzt, besser auf di 
auf dem erst operirten rechten Ohr. 

Am 19. November war Patient, trotz des Verbo 
Winde ausgegangen und in Folge dessen entstan 
nässendes Ekzem der Ohrmuschel und des äussere 
auf beiden Seiten. 

Im Verlaufe desselben wucherten nach weni, 
kaum entfernten Granulationen wieder der Art, 
Trommelfell abermals nur der unterste Theil als grs 
mondf örmige Masse äu sehen war. 

An der Stelle der Perforation sass eine grö 
Wucherung, die wohl aus der Paukenhöhle selb 
gebildet hatte. Die grösseren Wucherungen wu 
der Wilde 'sehen Schlinge entfernt, im üebrigen 
mit Höllenstein auf die kleineren eingewirkt und 
Tag durch die Perforation absoluter Alkohol in di 
durch LuftverdichtUDg in den äusseren Gehörga 

Bis zum 27. November war das Ekzem volh 
die Wucherungen alle beseitigt, das Trommelfe] 
glanzlos und stark getrübt Die Hörweite betri 
ftlr die Taschenuhr. Erst gegen Ende Decembe 
die Perforation vollständig und auch die Eiterung 
Zeit vorüber. Die Gehörweite betrug jetzt übe 
war Patient im Stande, auf Flüstersprache in wei 
bei verschlossenem rechten Ohre zu antworten. 

Die Weite des Gehörganges an der früher veri 
mochte zwei Drittel des Normallumens betragen, 
den ganzen Monat Januar, bis sich in den ersten 1 
ohne besondere Veranlassung eine abermalige E: 
Paukenhöhle einstellte. Die Knochennarbe schwo 
so an, dass das Trommelfell selbst wieder zum g 
verdeckt wurde. Die Perforation des Trommelfel 
wieder durch das Austreten der Eiterbläschen bei 
dem Siegle 'sehen Trichter und das zischende 
geräusch nachweisbar. 

Jetzt, Mitte März, ist die Eiterung immer noc 
die Perforation etwa stecknadelgross und auch di 
lene Enochennarbe ist noch nicht ganz zurückgeg 
das Lumen des Gehörganges kaum ein Drittel 
Weite hat. 



120 IX. ALDINGER, Zwei Fälle von Exostose im äusseren GehOrgang. 

Die Hörweite ist jetzt wieder über 30" für meine Taschenuhr 
und ebenso wird Flttstersprache über das ganze Zimmer ver- 
nommen. 

Ueber das endgiltige Schicksal der beiden operirten Ohren 
und besonders etwaige Recidiven der Exostosen werde ich nach 
längerer Zeit wieder berichten. 

Da in den vorletzten Heften dieses Archivs von einem 
Hamburger Arzt, der selbst an einer solchen Exostose im Ohre 
leidet, gegen die von Manchen aufgestellte Behauptung, dass das 
Uebel von Syphilis herrühre, Protest erhoben wird, so möchte 
ich besonders hervorheben, dass in dem vorliegenden Fall auch 
nicht die Spur von Syphilis nachzuweisen ist. 

Ebenso wenig liess sich dies von der Gicht sagen, die 
Wilde als aetiologisches Moment anführt. 

Was endlich die Zeit zum Operiren betriflft, so sprechen die 
Beobachtungen in beiden Fällen jedenfalls für ein möglichst 
rasches Vorgehen zur Abtragung der Knochengeschwulst. So 
lange freilich durch Entfernung des Cerumens aus dem noch so 
engen Spalt noch Hülfe gegen die Schwerhörigkeit geschafft 
werden kann, werden sich Arzt und Patient schwer zur Operation 
entschliessen, obgleich auch zu dieser Zeit bei der geringen 
Reaction, die der Operation folgte, die Abmeisselung sicher ge- 
rechtfertigt ist. Entschieden dringend wird die Operation, wenn 
die Exostose der gegenüberliegenden Gehörgangswand bereits 
fest anliegt. 

So langsam in beiden Fällen das Wachthum der Exostosen 
gewesen ist, so rasch treten in einem v^ie in dem anderen Falle 
die Entzündung der Paukenhöhle mit ihren destructiven Con- 
sequenzen auf 

Die Perforation auf beiden Seiten und ebenso die zahlreichen 
Granulationen, die das ganze Trommelfell überzogen, waren sicher 
nur die Folge von der durch den Verschluss erzeugten Entzün- 
dung und der ßetention des zwischen Exostose und Trommel- 
fell gebildeten Eiters. 

Noch frühzeitigeres Operiren hätte sicher beides vermieden 
und damit wäre auch die Nachbehandlung viel kürzer geworden 
und wohl auch die jetzt noch bestehende Neigung zur Entzün- 
dung der Paukenhöhle nicht eingetreten. 



X. 

Zweite Notiz zur canstischen Behandlang der 
chronischen Hittelohreiternng 

TOB 

H. Sehwartze. 

Die im Jahre 1868 in diesem Archiv (Bd. IV. S. 1) be- 
schriebene Behandlungsmethode mit concentrirten Losungen von 
Argentum nitricum ist nj^nmehr ziemlich von allen Seiten als das 
relativ sicherste Heilverfahren bei hartnäckigen Paukenhöhlen- 
/ eiterungen anerkannt worden, kürzlich auch von Politzer 

(Bd. XI. S. 40). Es hat indessen auch nicht an Stimmen gefehlt, 
welche diese Behandlungsmethode als grausam oder gefährlich 
verdächtigt und sogar direct beschuldigt haben, Ursache schwerer 
Folgen^) geworden zu sein. Man hat indessen bisher keine That- 
sachen zum Beweise solcher Behauptungen beigebracht. 

Die erwähnte Mittheilung von Politzer veranlasst mich 
zu einigen Bemerkungen. 

Wenn Politzer nur in etwa der Hälfte der Fälle Erfolg 
sah, während ich unter gewissen Bedingungen von einem „ nahezu 
sicheren Erfolge ^ gesprochen habe, so ist zur Erklärung eines so 
auffallenden Widerspruches daran zu erinnern, dass Politzer 
die für den Erfolg von mir für nothwendig postulirten anatomi- 

1) Hinton — Qaestions of aural surgery p. 188. „Tbis is a plan J 
find needlessly severe, and the precipitate of Chloride which is formed in 
all parts of the cavity, seems to be open to objection." Hin ton hat die 
Methode offenbar nie veraucht. Er hält sie für seine Landsleute für zu an- 
greifend, „tho' if the strength exceeds ten grains to the oance the 
(English) patient is sure to make great complaint. p. 188. 

2) So hat ein in London prakticirender Elektrotherapeut von einer 
^Facialislähmung der Ohrenärzte" gesprochen, die er sich dadurch entstanden 
denkt, das die canstische Lapislösung das blosliegende Neurilem des Nerven 
in Entzündung versetzt. 



122 X. SCHWARTZE 

sehen Bedingungen ausser Acht gelassen, andrerseits auch die 
von mir empfohlene Methode der Anwendung nicht genau be- 
rücksichtigt hat. Gerade die methodische Anwendung des Höllen* 
Steins ist es aber, von der die relative Sicherheit des Erfolges 
abhängt. 

Worauf ich vor Allem grossen Werth lege, ist die Wieder- 
holung der Aetzung im richtigen Zeitpunkt Die Abstossung der 
Eschara ist das Maassgebende. Zu späte Wiederholung der 
Aetzung ist ebenso streng zu vermeiden wie zu frühe. 

Die Neutralisation erklärt Politzer flir überflüssig, obwohl 
er im Allgemeinen noch concentrirtere Lösungen (1:10 bis 1:8) 
empfiehlt, wie ich in meiner ersten Notiz (1 :30 bis 1 : 10). Ich 
bin seit derselben ebenfalls zu der Ueberzeugung gekommen, dass 
man concentrirtere Lösungen nehmen kann, als ich anfänglich 
wagte. Lösungen von 1 : S sind in den letzten Jahren auch bei 
mir zuweilen in Anwendung gekommen. Bei grossen Defecten 
des Trommelfells und stark hypertrophischer Schleimhaut habe 
ich indessen gewöhnlich diesen sehr concentrirten Lösungen 
Aetzungen in Substanz mit Lapis mitigatus vorgezogen (1:2 und 
1:1) mit folgender Neutralisation und noch nützlicher gefunden, 
als jene Lösungen. 

Ich gebe zu, dass es Fälle gibt, welche die Neutralisation 
nicht erheischen. Dass aber das Unterlassen der Neutralisation 
Gefahren mit sich bringen kann, habe ich schon vor Jahren im 
Anhang zu jener Notiz über die caustische Methode als warnen- 
des Beispiel mitgetheilt (s. A. f. 0. IV. S. 233). Em einmaliger 
derartiger Unglücksfall ist ftlr mich eine für immer hinreichende 
Mahnung zur Vorsicht und rathe ich deshalb für alle 
Fälle die sorgfältige Neutralisation an. 

Ueber die Möglichkeit des Durchlaufens der Lösung nach der 
Tuba E. des entgegengesetzten Ohres kann auch nach Versuchen 
an der Leiche gar kein Zweifel bestehen. Aber auch schon 
wegen des höchst lästigen Brennens im Nasenrachenraum und 
in der Tuba ist es nöthig, die Neutralisation, auch durch Ein- 
spritzung von Salzwasser in die Nase, folgen zu lassen. 

Ich halte femer stets sehr sorgfältig darauf, dass das Chlor- 
silber und das überschüssige Kochsalz wieder ganz herausge- 
schwemmt wird, weil beides sonst als schädlicher Beiz fUr die 
Schleimhaut fortwirken kann. 

Wenn Politzer erwähnt, dass ihm öfter Kranke schwindlig 
wurden, so kommt dies zuweilen, wie er anführt, vom Druck, 



Zweite Notiz zur canst. Behandlung der chron. Mittelohreiterung. 123 

viel häufiger aber gewiss von der Kälte, weil Politzer die 
Lösung unerwärmt benutzt, was ich stets widerrathen habe. 

Was die Anwendung von Alaunpülver zum Schluss der Be- 
handlung anbelangt, so ist dieselbe bei mir ebenfalls in Gestalt 
von Einstäubungen minimaler Mengen bei geringfllgiger 
Secretion (Feuchten der Schleimhaut ohne Ausfluss) seit langen 
Jahren in Gebrauch (vgl. A. f. 0. V. S. 288) und habe ich oft 
Gelegenheit genommen, meine Zuhörer von dem vorzüglichen 
Erfolge solcher Einstäubungen zu überzeugen, während ich, neben- 
bei bemerkt, keine schlechtere Therapie chronischer Otorrhoe 
kenne, als das von manchen Aerzten geübte oder sogar den 
Kranken selbst überlassene Einblasen oder Einschütten grösserer 
Mengen von Alaunpulver in den Gehörgang bei profuser Se- 
cretion. Man macht die Eiterung dadurch im besten Falle latent, 
heilt sie aber nicht und erschwert sich und Andern den Einblick 
in die Tiefe ausserordentlich und veranlasst nicht so selten jene 
ominösen steinigen Goncremente in der Tiefe des Gehörganges, 
die denselben ganz abschliessen können und äusserst schwer 
oder gar nicht wieder zu entfernen sind. 

Wenn die methodisch ausgeführte caustische Behandlung 
allein nicht zum Ziele fahrt, so wird sie auch nach meinen Er- 
fahrungen sehr zweckmässig gefolgt von den von Politzer 
Bd. XI. S. 45 gerühmten Einstäubungen ganz kleiner Mengen 
von Alaunpülver. Statt desselben können indessen auch andere 
pulverförmige Medicamente mit gleichem Erfolge in Anwendung 
gezogen werden, z. B. Calömel (R u s t) , Tannin, Bismuthum nitri- 
cum, Magnesia usta (Hin ton). Die übereinstimmenden und von 
einander völlig unabhängigen Erfahrungen von Politzer und mir 
mögen um so mehr eine Aufforderung für die Herrn CoUegen 
sein, sich in hartnäckigen Fällen dieser combinirten Behandlungs- 
methode zu bedienen. 



XL 
Zur Tenotomie des Tensor tympani 



▼OB 



H. Sehwartze. 

Die Bemerkung des Herrn Dr. Kessel in der otologischen 
Section der Natarf. Versammlang in Gratz (1875) gelegentlich 
einer Disenssron Aber die Tenotomie des Tensor tympani (s. A. 
f. 0. X. S. 269 nnten) veranlasst mich zn der Mittheilung , dass 
ich an frischen Schläfenbeinen durch Operationsversache, die ich 
meinen Znhörem in jedem Semester za demonstriren pflege und 
durch eine grössere Reihe von Tenotomien am Lebenden, die ich 
seit etwa 12 Jahren ausgeführt habe, mich von der Brauchbarkeit 
eines sehr einfachen Tenotoms überzeugt habe (s. Fig. 1. 2.). 
Die Spitze dieses Tenotoms ist vom abgerundet; für jede Seite 
ein besonderes Instrument erforderlich. Ich habe damit die 
kleine und bei weitem Gehörgang ganz leicht ausführbare Ope- 
ration ohne Chloroform und ohne künstliche Fixation des Kopfes 
immer in der Weise ausgeführt, dass ich zunächst hinter dem 
oberen Ende des Hammergriffes und dem Proc. brevis eine In- 
cision mit der Paracentesennadel gemacht und dann das Tenotom 
mit der abgerundeten Spitze nach oben in die Paukenhöhle ein- 
geflihrt habe in der Bichtung gegen das Tegmen tympani zu, 
danach im rechten Winkel gedreht, so dass die Schneide über der 
Sehne zu liegen kommt. Durch sägeförmige Züge mit dem Teno- 
tom, wobei jeder stärkere Druck zu vermeiden ist, lässt sich dann 
die Durchtrennung der Sehne ganz leicht erzielen. Unmittelbar 
nach der Durchschneidung sieht man gewöhnlich, wenn das Trom- 
melfell nicht erheblich verdickt oder undurchscheinend ist, den 
in der Paukenhöhle erfolgten Bluterguss durchscheinen, welcher 
sich nach einigen Wochen wieder zu resorbiren pflegt. 

Einen bleibenden, günstigen Erfolg irgend wel- 
cher Art habe ich in keinem einzigen der von mir 
operirten Fälle constatiren können. Aus diesem Grunde 



1 



Zur Tenotomie des Tensor tympunL 125 

hatte ich es bisher nicht für nüthig gehalten, den CoUegen von 
meinen bezflglichen OperatioDSTersnctaen Über die Tenotomie des 
Tensor tympani Mittheilnng zu machen, um so 
mehr, als mir auch von Seiten anderer Collegen 
UbereinBtimmend dieselben negativen Resultate 
bekannt geworden Bind mit Äaenahme eines ein- 
zigen Falles (Otto) aus der Praxis des Herrn 
Oberstabsarztes Dr. Traatmann, bei welchem 
es indessen zweifelhaft blieb, ob der Erfolg nicht 
durch die Incision des Trommelfells allein, resp. 
dnrcb die zurückgebliebene Incisionsoarbe ron 
2 Mm. Breite bedingt war. 

Während ich aus meiner eigenen Erfahrung 
nichts Von erheblichen, nachtheiligen Folgen der 
Operation berichten kann , sind mir solche , be- 
stehend in sehr heftiger Entzündung, die 
sich Tom Hittelohr sogar , auf das Labyrinth - 
verbreitete, mit hochgradiger Hörver- 
schlechternug und VerschlimmeruDg der sub- 
jectiyen GeHlusche nach der Tenotomie des 
Tensor t3Tnpani von Seiten eines sehr geschätzten 
Collegen bekannt geworden. 

Der Gnrnd des Misserfolges der Tenotomie 
liegt zweifellos in dem Umstände, welchen Mag- 
nus bereits auf der Naturforscherversammlnng 
in Gratz (s. Bd. X. S. 270) hervorgehoben hat, 
dass neben der Verkürzung der Sehne, die Po- 
litzer (Beleuchtuugsbilder des Trommelfells 
S. 132) bei Sectionen wiederholt durch Betraction 
ihres verdickten Schleimhautttberzuges bedingt 
fand, immer gleichzeitig andere pathologiBche 
Veränderangen im Mittelohr bestehen, welche 
die Beseitigung der Folgeznstände der Verkür- 
zung der Sehne illusorisch machen müssen. Ausser 
den von Magnus angeführten Veränderungen 
(Verdickung der Schleimhaut , Synostose des 
Steigbügels mit dem ovalen Fenster, Verdickung 
der Membran des runden Fensters) sind dies am 
hantigsten die Adhäsivprocesse innerhalb pig ,_ fj^ , 
der Pauke, strangförmige und membranöse Sy- 
nechien, welche ausser der Sehne des Tensor, welche da- 



126 XI. SCHWARTZE, Zur Tenotomie des TeDSor tympani. 

dnrch am Tegmen tympani fixirt werden kann, fast 
immer gleichzeitig die Gehörknöchelchen resp. andere Wände der 
Paukenhöhle betreffen. Ich stelle damit die gemeldeten günstigen 
Erfolge Grub er 's (s. A.f.O. VI. S.283) u. A. nicht in Abrede, 
glaube aber, dass die mit der Tenotomie verbundenen Eingriffe 
am Trommelfell selbst ausreichend gewesen sein können, um 
die günstigen Erfolge zu erklären. 

Nach meinen bisherigen Erfahrungen kann ich nicht an- 
nehmen, dass die Tenotomie des Tensor tympani als vollständige 
Durchschneidung der Sehne eine Zukunft haben wird. Die nach 
der Wiederverwachsung der Sehne zu erwartende gesteigerte Ver- 
kürzung lässt sogar befttrchten, dass mit derselben eine Ver- 
schlimmerung des Zustandes geschaffen werden kann. 

' Dagegen halte ich ftir wahrscheinlich, dass nach einer Idee 
von V. Tröltsch, welche derselbe mir brieflich mittheilte, die 
partielle Ablösung der Sehne von ihrer Insertion am Hammer- 
griffe, die sich in pathologischen Fällen zuweilen tief nach unten 
verbreitert zeigt, einen günstigeren Erfolg erwarten liesse. Diese 
theilweise Ablösung, wie sie einer Insertionsveränderung des 
Muskels bei der v. Graef ersehen Schieloperation etwa entspräche, 
müsste selbstverständlich in der Weise versucht werden, dass die 
schneidende Fläche des Tenotoms von unten nach oben wirkte 
und würde zu diesem Zwecke auch die Einführung des Tenotoms 
vor dem Hammergriffe den Vorzug verdienen. 



XII. 

üeber die Operationsmethoden der Tenotomie des 

Tensor tympani 



Ton 



Dr. Arthur Hartmann 

in Berlin. 

Obgleich es sich nicht bestreiten lässt, dass die Tenotomie 
des Tensor tympani in einzelnen Fällen indicirt sein kann, so 
fand doch diese Operation bisher bei den meisten deutschen 
Ohrenärzten wenig Beachtung. Abgesehen von theoretischen Be- 
denken, glaube ich, dass an der Nichtausführung zum Theil 
auch die immerhin etwas complicirte Operationsmethode Schuld 
trägt, welche einzelne Aerzte befolgt und empfohlen haben. 

Bei meinen Versuchen an der Leiche operirte ich zuerst vom 
hinteren Trommelfellsegmente aus mit dem Grub er 'sehen Teno- 
tome, welches einer auf die Fläche gekrümmten Parapentesen- 
nadel ähnlich ist und gelang es mir unter 13 Fällen nur 6 Mal, 
die Sehne mit demselben zu durchschneiden. Da an dem nega- 
tiven Erfolge, wie sich nach Eröffnung der Paukenhöhle zeigte, 
Schuld war, dass ich mit dem Instrumente nicht in die Höhe 
der Sehne gekommen war, auch wenn ich das Griffende tief 
gesenkt hatte, so Hess ich der Spitze des Instrumentes eine 
Krümmung nach der Kante geben und ausserdem die Spitze, 
das Instrument in der Operationslage gedacht, ausser nach oben 
auch etwas nach vorn auf die Fläche krümmen, um einerseits 
den Ambosschenkel weniger leicht zu streifen und andererseits 
die Chorda tympani sicher zu vermeiden. Mit diesem Instrumente 
gelang es mir nun bei den nächsten 22 Operationsversuchen an 
der Leiche, 17 Mal die Sehne zu durchschneiden. 

Benützte ich ein nur massig nach der Kante gekrümmtes 
Messerchen, so musste ich das Griffende tief senken, war die 
Krümmung zu stark, so kam es vor, dass ich mit der Spitze 



128 



XIL HARTMANN 



über die Sehne kam und dadurch die Darchschneidnng miss- 
glückte. 

Schliesslich gelang es mir bei 6 in Gemeinschaft mit Herrn 
Prof. Politzer ansgeführten Operationen 5 Mal, die Sehne ganz 
zu durchschneiden y während sie im sechsten Falle nur ange- 
schnitten war. 

Um mich von dem Verhältnisse der oberen Gehörgangswand 
zu überzeugen y machte ich mit einer gewöhnlichen Nähnadel 
Einstiche in die Paukenhöhle, indem ich die Nadel möglichst 
hoch oben einstach, d. h. dieselbe dem inneren Ende der oberen 
Gehörgangswand anlegte. Es zeigte sich nun, dass fast aus- 
nahmslos die Sehne mit ihrem mittleren Theile über die Nadel 
zu liegen kam und zwar in einzelnen Fällen bis 1 Mm. von ihr 
entfernt. Ich glaube demnach, dass die säbelförmige Krümmnng 
des Instrumentes sehr wesentlich ist , um die Sehne sicher zn 
durchschneiden. 

Vom vorderen Trommelfellsegmente aus suchte ich die Ope- 
ration zuerst ebenfalls mit dem Gruber'schen Tenotome au8^ 
zufbhren, doch gelang es mir, auch nachdem ich demselben eine 
stärkere Krümmung hatte geben lassen, nicht ein einziges Mal, 
die Sehne zu durchschneiden. 

Ich erkläre mir dieses negative Resultat aus folgenden ana- 
tomischen Verhältnissen : Das Trommelfell steht auf horizontalen 
Durchschnitten durch die Mitte des Gehörganges gegen die Ge- 
hörgangsachse in einem Winkel von durchschnittlich 140<^ (nach 
12 von mir vorgenommenen Messungen; grösster Winkel 155^, 
kleinster 130<>). Die Tensorsehne verläuft im Allgemeinen senk- 
recht auf die Anheftungsfläche des Trommelfells (Helmholtz). 

Es muss demnach ein Instrument, dag die Sehne vom 
vorderen Trommelfellsegmente aus durchschneiden 
soll , mindestens eine Flächenkrümmung von Vz B. 
besitzen. Da das Grub er 'sehe Instrument eine 
solche Krümmung nicht besitzt, glaube ich, dass 
die Durchschneidung der Sehne mit demselben nur 
schwierig gelingen kann, auch wenn wir die im 
Gehörgange mit dem Instrument möglichen Ex- 
cursionen in Betracht ziehen. Vergl. beistehende 
schematische Zeichnung (Fig. 1), bei der AA einen 
horizontal durchschnittenen äusseren Gehörgang, 
BB die Paukenhöhle, C die Sehne, B das Instru- 
ment in der Operationslage bedeuten soll. Das 




JD 



Fig. i. 



Ueber die Operationsmethoden der Tenotomie des Teusor tympani. 129 



U 






ü 



Fig. 2. 3. 




Instrument wird in die Paukenhöhle eingeftlhrt, die Sehne nicht 
schneiden^ sondern höchstens parallel mit ihr stehen. 

Durch das von We b e r- Li el angegebene complicirte hakenför- 
mige Tenotom, bei welchem die Durchschneidung durch einfachen 
Druck auf die Sehne bewirkt wird, wird nicht selten der Hammer 
bei der Operation an der Leiche so gezerrt, dass Verletzungen des 
Hammerambosgelenkes entstehen 
und halte ich es für wahrschein- 
lich, dass bei der Operation am 
Lebenden in den Fällen, wo die 
Sehne noch besonders stark ge- 
spannt und vielleicht auch mehr 
rigide ist, solche Verletzungen 
noch leichter hervorgerufen wer- 
den können. 

Auf Grund dieser Beobach- 
tungen operirte ich eine Patientin, 
welche Herr Prof. Politzer die 
Güte hatte, mir zur Operation zu 
tiberlassen, vom hinteren Trom- 
melfellsegmente aus mit einem 
Tenotom*), das auf die Fläche 
massig gekrümmt ist, vgl. Fig. 2. 
Die Fläche ist 2 Mm. breit und 
so säbelförmig gekrümmt, dass, 
das Instrument in der Operations- 
lage gedacht, die Spitze die obere 
Kante um circa 1 Mm. überragt, 
vgl. Fig. 3. Ausserdem besitzt das Instrument noch 
eine geringe Flächenkrümmung in der Vertical- 
achse (das Instrument ebenfalls in der Operations- 
lage, d. h. mit nach aufwärts gerichteter Spitze 
gedacht). 

Die fttr die rechte und linke Seite besonders 
zu beschaffenden Instrumente werden in einem 
Griff, wie er auch zur Aufiiahme von anderen 
Instrumenten benützt wird, vgl. Fig. 4., festge- 
schraubt. , 



Fig. 4. 



1) Zu beziehen von Reiner in Wien (van Swietengasse) oder D^tert 
in Berlin (Französische Strasse). 



J 



130 Xn. HARTMANN 

Ich steche bei der Operation 1 — 1 V'2 Mm. hinter dem Hammer- 
griffe, wenig unter der Höhe des kurzen Fortsatzes ein, schiebe 
das Instrument, das Qriffende etwas erhoben, bis zur Mitte des 
schneidenden Theiles vor unter Annäherung des Stieles an die 
hintere Gehörgangswand. Nun wird der Griff gesenkt, das In- 
strument langsam zurückgezogen und zum Schluss der Griff 
wieder gehoben. 

Auf diese Weise wird die Sehne von unten in der Richtung 
von vom nach hinten durchschnitten und wird, indem zuerst 
der Griff gesenkt und beim Zurttckziehen wieder gehoben wird, 
das innere Ende der oberen Gehörgangswand und der demselben 
anliegende Hammerhals umgangen. 

Bei der Ausführung der Operation ist darauf zu achten, dass 
nicht zu nahe dem Hammergriffe eingestochen wird, da derselbe 
dem Trommelfelle aufgelagert tlber die Fläche desselben vorragt 
und beim Einstechen getroffen werden kann. Ist das Instrument 
circa 3 Mm. vorgeschoben, so wird der Stiöl der hinteren Gehör- 
gangswand genähert, um eine Verletzung des Promontoriums zu 
vermeiden. 

Die Chorda tympani fand ich in mehreren darauf unter- 
suchten Fällen nicht verletzt. 

Mit dem langen Ambosschenkel kam ich bei meinen Opera- 
tionen an der Leiche nie in Berührung. 

Gegenüber der mit winklig gekrümmten Tenotomen von 
dem vorderen Trommelfellsegmente aus auszufahrenden Operation 
glaube ich, dass die mit meinem Instrumente durch das hintere 
Segment auszuführende Methode folgende Vorzüge hat: 

1. Die Operation ist einfacher und leichter auszuführen, in- 
dem nach dem Einstechen kleine Lageveränderungen, die mit 
dem Instrumente vorgenommen werden müssen, genügen, um 
beim Zurückziehen des Instrumentes die Sehne zu durchschneiden. 

2. Da mein Instrument eine bogenförmige Krümmung besitzt, 
kann es bei unabsichtlichen Bewegungen leicht zurückgezogen 
werden, während winklig gekrümmte oder hakenförmige In- 
strumente in solchen Fällen zu Nebenverletzungen Veranlassung 
geben können. 

3. Kann ebendeshalb die Operation ohne Festschnallen des 
Kopfes des Patienten vorgenommen werden, wodurch derselben 
das Hauptschreckniss für den zu Operirenden genommen wird. 

4. Indem die Durchschneidung durch Zug und nicht durch 



lieber die OperatioDsmethoden der Tenotomie des Tensor tympani. 131 

Druck erfolgt, werden Zerrung des Trommelfells und der Gehör- 
knöchelchen leichter vermieden. 

Bezüglich der Beurtheilung des Erfolges der Tenotomie glaube 
ich, dass man nur dann sich Sicherheit darüber verschaffen kann, 
was die Durchschneidung der Sehne an sich nützt, wenn man 
andere Einwirkungen, die bei der Operation in Betracht kommen, 
nach Möglichkeit auszuschliessen sucht. Ich rechne hierzu haupt- 
sächlich die Paracentese des Trommelfells und bei der Operation 
vom hinteren Trommelfellsegmente aus die Durchschneidung der 
hinteren Falte, da durch beide Operationen Besserung der krank- 
haften Symptome erzielt werden kaim. Nach meiner Ansicht 
wäre also die Tenotomie erst dann auszuführen, wenn der Ein- 
fluss der Paracentese oder der Durchschneidung der hinteren 
Falte auf die krankhaften Symptome bestimmt ist und wäre die 
Tenotomie entweder sofort nach dieser Bestimmung auszufahren, 
oder, was sich wohl noch mehr empfehlen dürfte, erst wenn die 
Incision verheilt ist. Nachdem auf diese Weise bestimmt ist, 
welcher Theil des Erfolges bei der Tenotomie der Paracentese 
des Trommelfells oder der Faltendurchschneidung zu Gute kommt, 
werden wir uns erst ein Urtheil bilden können, von welchem 
Einflüsse die Tenotomie selbst ist. 

Bei der von mir operirten Patientin mit hochgradiger Schwer- 
hörigkeit und heftigem Ohrensausen bei ziemlich bedeutendem 
Grade von Einziehung des Trommelfells wurde durch die voraus* 
geschickte Durchschneidung der hinteren Falte das Sausen we- 
sentlich gebessert, während durch die nachfolgende Tenotomie 
keine weitere Besserung erzielt werden konnte. 



t 



Arcliiy für OhreiiheUkiinde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bdi 10 






XII!. 

PROF. DR. HERMANN WENDT, 

geboren den 8. März 1S38, gestorben am 21. October 1875. 

Nekrolog 

von 

Dr. Trautmanüf 

Oberstabs- und Regiments-Arzt ifi Berlin. 

Prof. Dr. Hermann Wen dt ist uns am 21. October 1875 in 
einem Alter von 37 V2 Jahren entrissen worden. 

Er wurde 9 der Sohn eines einfachen Bürgers, zu Leipzig 
am 8. März 1838 geboren, besuchte zuerst die Bürger-, dann die 
Nicolaischule zu Leipzig und bezog 1855, also im Alter von 
17 Jahren die Unirersität Jena, um Medicin zu studiren. Nach 
einem Jahre kehrte er nach Leipzig zurück und hatte bis zum 
12. Februar 1861 seine Examina absoMrt. Ausgerüstet mit gnten 
allgemeinen Kenntnissen wandte er sich zuerst mit Vorliebe der 
Geburtshülfe zu. Er ging zur praktischen Ausbildung in diesem 
Fache auf ein Jahr nach Prag und Wien und wurde nach seiner 
Rückkehr Assistenzarzt des Prof. Cred6 am Trierschen Institut 
Der Absicht, sich dauernd der Geburtshülfe zu widmen, stellten 
sich Bedenken äusserer Natur entgegen. Angeregt durch Prof. 
Dr. Winter besuchte er deshalb in den Jahren 1863 und 1864 
von Neuem mehrere Universitäten behufs speciellen Studiums 
der Ohrenheilkunde und wurde bei seiner Rückkehr nach Leipzig 
im Januar 1865 Assistent des Prof. Dr. Winter. Er übernahm 
dessen Poliklinik für Ohrenkranke und prakticirte gleichzeitig 
in der Stadt. Durch Prof. Dr. Wagner wurde er. veranlasst, 
sich eifrig der pathologischen Anatomie des Ohres zu widmen 
und für die Bereicherung derselben hat er, begünstigt durch 
die vortrefflichen Einrichtungen des pathologischen Instituts und 
die Hingebung seines Directors , durch ^Fleiss und seltene Aus- 



XIII. Nekrolog. 133 

daner mehr geleistet, als irgend ein Anderer vor ihm. Im Jahre 
1866 habilitirte er sich an der Universität Leipzig als Privat- 
docent für Ohrenheilkunde und wurde in gerechter Würdigung 
seiner literarischen . Leistungen am 23. September 1873 zum 
ausserordentlichen Professor befördert. Im Jahre 1 87 1 ver- 
heirathete er sich mit Fräulein Florentine Hunzinger, der 
Tochter eines Kaufmanns in Crefeld. Mit derselben hinterlässt 
der verstorbene Wen dt einen dreijährigen Sohn. 

Obgleich Wen dt schon längere Zeit kränkelte, so kam der 
Tod sowohl seinen Angehörigen wie seinen Bekannten unerwartet 
schnell, da er fast bis in die letzte Zeit hinein mit einem Fleisse 
gearbeitet, der dem rüstigsten Manne die grösste Ehre gemacht 
haben würde. Er arbeitete täglich im pathologisqhen Institute 
mindestens 3 Stunden, mächte sämmtliche Sectionen des Gehör- 
organes^j hielt zweimal wöchentlich Poliklinik, ein theoretisch- 
praktisches Collegium über Ohrenheilkunde, besorgte seine Privat- 
praxis und war ausserdem seiner Familie ein zärtlich liebender 
Gatte und Vater. So vieles Gute konnte allerdings nur ein Mann 
leisten, der vom grössten Eifer für die Wissenschaft beseelt war. 
Mit diesem Eifer verband er eine scrupulöse Gewissenhaftigkeit. 
Alle Arbeiten We n d t 's tragen den Stempel der absoluten Zuver- 
lässigkeit und werden deshalb auch fUr immer einen bleibenden 
Werth behalten, was um so höher anzuschlagen ist, als gerade auf 
dem Gebiete der Ohrenheilkunde so manche Arbeiten geliefert 
worden sind, von denen man dieses leider nicht sagen könnte. 

Wendt leistete auf dem Gebiete der praktischen Ohren- 
heilkunde viel Gutes, wie seine poliklinischen Berichte und seine 
mit der grössten Gewissenhaftigkeit geführten Journale beweisen. 
(Uebersicht über die im Jahre 1865 in meiner Poliklinik für 
Ohrenkranke beobachteten Krankheitsfälle. Archiv der Heil- 
kunde 1866. Seite 382-384. — Bericht über die Poliklinik, 
Archiv für Ohrenheilkunde 1867. Bd. IIL) 

Ganz Ausgezeichnetes hat er auf dem Gebiete der patholo- 
gischen Anatomie und Histologie geleistet. Was die Massen- 
haftigkeit seines Schaffens anbelangt, so kann ihm nur T o y n b e e 
ebenbürtig zur Seite gestellt werden. In Wendt ist Toynbee, 
was die Tiefe des Forschens, die Sorgsamkeit der mikroskopischen 
Untersuchungen betrifft, bedeutend übertroffen. Seine musterhaft 

1) In seinem Nacblass finden sich die genaueren Protokolle Über 
2000 Sectionen des GehÖrorganes, die er in den Jahren 1866—^1875 im patfaor 
logischen Institut in Leipzig gemacht hat. Redaction. 

10* 



134 Xm. Nekrolog. 

geordnete und ttberaos reiche mikroskopische and makroskopische 
Präparatensammlung in dem Leipziger pathologischen Institat 
liefert den besten Beweis. Die unübertroffenen Forschungen finden 
wir in nachstehenden Schriften niedergelegt: 

1. lieber schlauchförmige Drüsen der Schleimhaut der Paukenhöhle. 

Archiv der Heilkunde 1870. 8. 252—257. 

2. Beiträge zur pathologischen Anatomie des Ohres (Diphtheiitis, 

Croup). Ibid. 1870. 8. 257—263. 

3. Beiträge zur pathologischen Anatomie des Ohres (Fälle von 

HimabscesS; Sinusthrombose und Meningitis bei Ohrenleiden). 
Ibid. 1870. 8. 562—598. 

4. lieber das Verhalten des Gehörganges und des Nasenrachen- 

raumes bei Variola. Ibid. 8. 118—167. 1872. 8. 144—416. 

5. lieber das Verhalten der Paukenhöhle beim Fötus und beim 

Neugeborenen. Ibid. 1873. 8. 97—124. 

6. Polypöse Hypertrophie der Paukenhöhlenschleimhaut. Ibid. 1873. 

8. 262—274. 

7. Secundäre Veränderungen besonders der Schleimhaut im Mittel- 

ohr. Ibid. 1873. 8. 274—293. 

8. lieber einen wahrscheinlich embolischen Vorgang in der Schleim- 

haut der Paukenhöhle. Ibid. 1873. 8. 293—300. 

9. Desquamative Entzündung des Mittelohres. Ibid. 1873. 8. 428 

bis 447. 

10. lieber ein endotheliales Cholesteatom nebst Anmerkungen zur 

Histologie der Eigenschicht. Ibid. 1873. 8. 551—562. 

11. lieber neugebildete Membranen und Stränge im Mittelohr. Ibid. 

1874. 8. 97—100. 

12. Die Politzer-Kesserschen Körperchen. Ibid. 1874. 8. 120—129. 

13. Krankheiten der Nasenrachenhöhle und des Rachens. Handbuch 

der speciellen Pathologie und Therapie von Prof. Dr. H. von 
Ziemssen. 1874. VII. Bd. 1. Abth. 

Die wissenschaftlichen Vorzüge, welche Wendt in so hohem 
Maasse besass, veranlassten mich, im Jahre 1873 längere Zeit im 
pathologischen Institut zu Leipzig zu arbeiten. Er hat sich als 
der liebenswürdigste College gezeigt ; zu jeder Zeit war er bereit, 
sein Wissen in bescheidenster Form mitzutheilen. So streng er 
gegen sich war, so mild und gerecht war er in der Beurtheilung 
Anderer, wie ich in seinen ürtheilen selbst von ihm gehört und 
wovon auch die vielfachen Recensionen und Referate im Archiv 
der Heilkunde und den Schmidfschen Jahrbüchern Zengniss 
ablegen. Bei dem letzten grösseren Werk^: „Krankheiten der 
Nasenrachenhöhle und des Rachens" hatte Wendt seine geistigen 
und körperlichen Kräfte zu sehr in Anspruch genommen, so dass 
er im Winter 1874/75 an Schlaflosigkeit litt, wodurch seine 
Kräfte noch mehr aufgezehrt wurden. Durch einen Frühjahrs- 



Xra. Nekrolog. 135 

anfenthalt in Wiesbaden schienen sich seine Kräfte wieder zu 
heben, allein durch die neuen geistigen Anstrengungen in seinem 
Beruf trat bald wieder derselbe Schwächezustand ein, dazu ge- 
sellten sich noch Kopfschmerzen und Gedächtnissschwäche, so 
dass er im Sommer 1875 Erholung in Thüringen suchen musste^ 
sie aber leider nicht fand. Die Erscheinungen einer Gehim- 
krankheit traten immer mehr in den Vordergrund, so dass er in 
die Privatirrenanstalt Lindenhof bei Coswig gebracht werden 
musste, wo er seinem Leiden am 21. October 1875 erlag. So 
starb Wen dt in Folge übermässiger Anstrengung im Dienste 
der Wissenschaft! 

Leider war es ihm nicht mehr vergönnt, sein Vorhaben, 
auch die pathologische Histologie des inneren Ohres zu bearbeiten, 
zur Ausführung zu bringen. Auch ohne dies hat sich Wen dt 
durch seine werthvoUen Arbeiten auf dem Gebiete der patholo- 
gischen Anatomie und Histologie des Mittelohres ein ehrenvolles 
und bleibendes Andenken gesichert. Wir verlieren in ihm einen 
gewissenhaften Vertreter und Förderer der Ohrenheilkunde und 
wird sein Andenken bei Allen, die sein Streben und seine 
Leistungen zu würdigen wissen, in dankbarer Erinnerung fort-, 
leben. 

Sei ihm die Erde leicht! 



XIV. 

Gasnistik zar chirurgischen ErSffnaag des Warzen- 

fortsatzes 

von 

fi« Schwartze. 

(Fortsetzung von Bd. X. S. 205.) 

Fall XVII (62 der Tabelle)»). 

Otitis med. puralenta naeli Seharlaeta. Wegren acuter Symptome tob 

Himreizungr ErSlEniiiigr des Antrum mastoidenm mit dem Meissel bei 

liochsrradiger Sklerose des Warzenfortsatzes. Heilung: (?). 

Fritz Kühne^ geb. 1855^ hatte nach Scharlach im Anfange seines 
zweiten Lebensjahres neben Idiotie doppelseitige Otorrhoe mit De- 
fecten des Trommelfells zurückbehalten. Nach achtjähriger Daner 
derselben gelang es mir^ die dauernde Heilung des linken Ohres 
herbeizuftthren durch caustische Lösungen von Arg. nitricum. Der 
Defect des Trommelfells auf dieser Seite vernarbte. 

Die Eiterung des rechten Mittelohrs sistirte nach gleicher Be- 
handlung för 4 Jahre ; recidivirte dann und trotzte mehrjährigen 
Bemühungen meinerseits hartnäckig. An der hinteren obern Wand 
des Gehörgangs^ nahe dem Trommelfellrest war Caries mit der 
Sonde nachweisbar. Die Tuba E. war verwachsen am Ost. tympa- 
nicum. Anfang April 1873 traten sehr heftige Stihmerzen im Ohr 
und Kopf ein, begleitet von Anorexie, Obstipation und unregelmässigen 
Fieberanfällen. Dies hatte mit Unterbrechung einzelner Tage, an 
welchen der Kranke sich relativ wohlbefand und auch Esslust zeigte, 
etwa 1 4 Tage angedauert, als ich mich nach erfolgloser Anwendung 
der üblichen antiphlogistischen und ableitenden Mittel entschloss, znr 
Eröffnung des Antrum mastoideAm zu schreiten. Dieselbe wurde 
mit dem Meissel vorgenommen am 15. April 1873 in der Chloro- 
formnarkose unter Assistenz des Herrn Dr. Eysell. Die Operation 
war sehr erschwert durch völlige Sklerose des Warzenfortsatzes und 
dauerte fast eine Stunde. Schliesslich gelang es in einer Tiefe von 
wenig mehr als 2 Ctm. in das Antrum einzudringen. ^ Sogleich nach 



1) Nachtrag zur Tabelle Bd. X. S. 25. 



I 

I 



Caauistik zar cbirorg^chen ErOflfoang des Warzenfortsatzes. 137 

der Operation floss das in die Knochenöffiinng eingeleitete Wasser 
nicht ans dem Gehörgange ab, wohl aber vom zweiten Tage nach 
der Operation nn nnd zwar schon bei der einfachen Irrigation in 
continnirlichem Strome. In den Schlund drang das Wasser niemals 
(Verwachsong der Tnba). Eine fieberhafte Reaction folgte nicht. 
Die höchste Temperatur war 37,9 am zweiten Abend nach der 
Operation. Nach Ablauf von etwa 4 Wochen, während welcher die 
Irrigation anfangs täglich mehrmals, später nur einmal vorgenommen 
war, lief das Wasser immer schwerer und schwerer hindurch. Ende 
Mai war die Fistel geschlossen unter Hinterlassung einer tiefen 
Knochendepression, der Warzenfortsatz aber noch sehr empfindlich 
gegen Druck, dabei ohne Schwellung. Geringe Eiterung in der Tiefe 
des Gehörgangs bestand fort. Am 29. Mai trat ein epileptiformer 
Anfall ein, der erste seit einer Intermission von mehreren Jahren. 
Unter täglicher Benutzung eines Glysopomps mit Zusatz von 
Kochsalz und Carbolsäure verminderte sich die Eiterung im Gehör- 
gang von Woche zu Woche und sistirte endlich im August anschei- 
nend vollständig. Mit der Sistirung der Otorrhoe recidivirten aber 
die epileptiformen Anfälle häufiger, so dass Ende September gegen 
dieselben mit den schon früher bei dem Kranken erfolgreich be- 
nutzten Mitteln (Haarseil im Nacken, Belladonna) angekämpft wurde.' 
Diese und andere Mittel (Bromkalium etc.) blieben indessen jetzt 
erfolglos und weil die AnfäUe sich häuften, und hochgradige Reiz- 
barkeit mit Wuthausbrüchen und zunehmenden Schwachsinn im Ge- 
folge hatten, wurde Ende 1874 die Aufnahme in eine Irrenanstalt 
veranlasst. 

Seitdem ist mir keine Nachricht über ihn zugegangen und 
kann ich daher über den definitiven Erfolg der Operation in 
Bezug auf die Heilung der Eiterung im rechten Ohr nichts Be- 
stimmtes aussagen. 



Fall XVm (63 der Tabelle). 

Epithelialkrebs des Mittelohres, Garies neerotiea Tortftuschend. An- 
wendung des seharfen L5ffels im Warzenfortsatz. PalliatiTer Erfolg. 

Die Details dieses Falles von primärem Epithelialkrebs des 
Mittelohres habe ich bereits Bd. IX. S. 208 mitgetheilt. Er betraf 
einen Mann von 55 Jahren, bei welchem die Eröffnung des bei 
Druck unschmerzhaften Warzenfortsatzes wegen qualvoller Schmerzen 
in der Tiefe des Ohres vorgenommen wurde, in /der falschen An- 
nahme, dass es sich um eine einfache Caries neerotiea handele. 
Nach Zurückschiebung des Periostes zeigte sich ein Defect der 
Gorticalis, der ganze Fortsatz aber im Zustande der malacischen 
Caries. Bemerkenswerth ist, dass 3 Monate vorher an der Spitze 
des Warzenfortsatzes ein Abscess von .mir geöffnet war, dessen ab- 
sichtlich längere Zeit offen erhaltene Incisionsstelle wieder fest ver* 



138 XIV. SCHWARTZE 

narbt war^ trotz der in der Tiefe fortdauernden Erkrankung des 
KnocbenB. 

In den etwas vergrösserten Knochendefeet der GorticaliB wurde 
mit dem scharfen Löffel eingegangen nnd der Warzenfortsatz grttnd* 
lieh ausgeschabt y bis sich die Wände der Höhle vollkommen glatt 
zeigten. Die Höhle communicirte mit dem Oehörgang. 

Der unmittelbare Effect dieses Eingriffes , welcher keine 
fieberhafte Reaction zur Folge hatte^ war ein überraschend 
günstiger. Die qualYoUen Schmerzen im Ohr hörten ganz auf, die 
Blutungen aus dem Ohr verminderten sich und die Operations- 
wunde gewann ein so gutes Aussehen , dass es fUr einige Wochen 
die Möglichkeit einer Heilung vortäuschte. Dieser palliative Erfolg 
erstreckte sich indessen nur auf 3 Wochen. Der weitere Yerlai^ 
und Sectionsbeftind des Falles ist (1. c.) bereits beschrieben. 



Fall XIX. 

TSUig gelöster Sequester im Antrum mastoideum. Fistelgang naeh 

dem äusseren OehSrgang« Cireomseripte Nekrose im Suleus trans» 

versus. Er9ffnung der mittleren Sehädelgmbe statt des Antrum 

mastoideum wegen Missbildung des Felsenbeines. Tod dureh 

traumatische Convexitätsmeningitis. 

(Hierza eine Temperatarcurve.) 

R. S.; 12 Jahr alt, hat seit 7 Jahren linkseitige Otorrhoe nach 
Scharlach. Im Laufe einer mehrjährigen Behandlung hat Prof. 
V. Tröltsch 5 Mal kleine Sequester aus dem Oehörgange entfernt. 
Der äussere Gehörgang war hochgradig verengt durch halbkuglige 
Exostosen an der unteren Wand. Hinter der Verengung waren 
polypöse Granulationen sichtbar, die von der obem-hinteren Wand 
ihren Ursprung zu nehmen schienen. Im Grunde derselben kam die 
an der Spitze winklig umgebogene Sonde an der hintern obern Wand 
des knöchernen Gehörganges in eine Fistelöffnung und konnte im 
Knochen in der Bichtung nach dem Proc. mastoideus weiter geführt 
werden. Anschwellung oder Schmerzhaftigkeit des letzteren von 
aussen war nie bemerkt worden, auch zeigten die Weichtheile über 
demselben keine Infiltration, die entsprechenden Lymphdrüsen keine 
erhebliche Schwellung. Beim Valsalva 'sehen Versuch war ein 
laut zischendes Perforationsgeräusch hörbar. Die Taschenuhr wurde 
nicht mehr beim Andrücken gehört, weder von der Ohrmuschel noch 
vom Knochen. G vom Scheitel nach dem gesunden rechten 
Ohr allein hörbar. 

Der Knabe hinkte in Folge einer seit Kurzem abgelaufenen 
sein Coxitis, sonst war sein Allgemeinzustand tadellos. Bisher nie 
Symptome von Hirnreizung. 

Bei der Erfolglosigkeit der voraufgegangenen consequenten Be- 
handlung und bei der naheliegenden Gefahr der Eiterretention wegen 
der in Zunahme begriffenen und bereits sehr beträchtlichen knöcher- 



CaaaiBtik zur chirorgischeii Eröffnniig des Warzenfortsatzet. 139 

nen VereDgnng des GehSrganges, atämmten t. TrOltach und ich 
daria ttbereiD, daes eine Heilung des das Leben bedrohenden Knocben- 
leideuB nur durch eine Operation, eei es Wegnahme der hTperostoti- 
schen ÖehSrgangspartie , sei ea Eröffiinng des Warsenfortsatzes , zn 
erzielen sein wUrde, in dessen Antram der Hanptheerd' der Erkrankung 
mit Wahrscheinlichkeit zn vermnthen war, weil der in den äusseren 
GehOrgang mttndende Fistelgang nach dieser Richtung zu verlaufen 
schien. 

Znr Ansfttbning der Operation schritt ich am 24. April 1873 
unter Assistenz der Herren Dr. Eysell und Weitz. 

Der StSmm der durchschnittenen A. anricularia posterior musste 
unterbunden werden. Der Meissel wurde in der Höhe der Linea 
temporalis aufgesetzt und parallel mit der hinteren Wand des GehOr- 
gangs etwa 1 Ctm. tief in den sklerotischen Knochen ein trichter- 
förmiges Loch geschaffen. Im Grunde dieses Trichters wurde die Dnr» 
mater blosgelegt. Das Antrum schien Terknöchert. Um die Operation 
nicht ganz zwecklos zu lassen, entfernte ich ein Stück der hinteren 
Wand des knSchemen GehSrgangs mit dem Heissel, um anf diese 
Weise der Retention des Eitere für die Zukunft vorzubengen. Die 
Granu] ationswncherungen hinter den Exostosen wurden mit dem 
scharfen LSffel entfernt. 

. Carve zu Fall XIX. Achseltemperatar. 



Wegen der Bloalegung der Dura mater wurde nach List er 
verbunden. Die der Operation folgende Nacht war unruhig, der 
folgende Tag aber noch fieberfrei. In der Nacht vom 25. zum 
26. April wurde P. durch heftige Kopfschmerzen erweckt, die ihn 
schlaflos machten. Sie hatten ihren Sitz im Scheitel und strahlten 
von da aus im ganzen Kopfe. Am Morgen des 26. war die Tem- 
peratur 38,8'', die Pulsfrequenz 130, am Abend 39,6 und am nächsten 
Morgen bereits 40,0" (vgl, die beigefügte Temperaturcurve). Es war 
sofort Eis auf den Kopf gelegt und Calomel mit Jalappa innerlich 
verabreicht, 

27. April. Die gestrige Blässe des K. ist einer starken Räthnng 
des Gesichts gewichen. Mehrmaliger Durchfall ins Bett. Schleim- 
brechen. Wunde von gutem Ansehen. 

28. April. Verflossene Kacht sehr unmfaig. P. bat viel ge- 



140 XIV. SCflWARTZE 

sprochen, laut geträumt, viel getrunken, mehrmals gebrochen. Bei 
andaaemder Röthe des Gesichts bleibt der Puls sehr freqnent (120) 
und die Temperatur über 40 <^. Gegen Abend spricht P. viel Unsinn, 
schreit häufig, gibt aber auf lautes Anreden vemünftige Antwort, 
trinkt auf Zureden Bouillon, isst Compot und Fruchteis. 

29. April. In der Nacht spricht P. fast fortwährend, klagt 
über Schmerz im rechten Bein. Tags über sehr unruhig, spricht 
fast unaufhörlich, schreit laut auf, vermehrte Klage über das rechte 
Bein, dessen Beweglichkeit erschwert und schmerzhaft erscheint. Reiset 
Nachmittags den Verband ab. Parenchymatöse Blutung aus der 
Wunde. Gegen Abend Delirien, unregelmässiger Puls. Wunde wird 
auffallend trocken. Spät Abends wegen zunehmender Unruhe sub- 
cutane Injection von Morphium in das schmerzhafte Bein, an welchem 
objectiv nichts bemerkbar ist. 

In den folgenden Tagen bei fortdauerndem Fieber andauernde 
Delirien, lallende Sprache, Harnlassen ins Bett. Dabei erhaltenes 
Bewusstsein, hält selbst das Glas beim Trinken, zeigt auf GeheiBs 
die Zunge. Das rechte Bein wird unbeweglich gehalten, auch der 
rechte Arm schien paretisch. 

1. Mai. Klonische Krämpfe im Gebiet des linken Facialis, 
besonders am Mundwinkel und Orbicularis. Pupillen ohne Verän- 
derung bis zum 3. Mai, wo massige Dilatation auffällt. 

3. Mai. P. bohrt den nach rechts gedrehten Kopf nach hinten 
ins Kissen. Härtb der Nackenmuskeln, besonders rechts. 

4. Mai. Bohren mit den Kopfe nach hinten auffälliger. Ver- 
zieht den Mund beim Schreien nach rechts. Puls frequenter, kleiner 
und unregelmässig. Therapie: Eis, Morphium subcutan. 

5. Mai. Bei fortdauerdem Bohren mit dem Kopf nach hinten 
Sprache wieder deutlicher, Bewusstsein klar. Trinkt viel und hält 
selbst das Trinkgeschirr. Nimmt 3 Tassen Bouillon. 

6. Mai. Fortdauer scheinbarer Besserung. Nimmt Bouillon und 
Milch. Lässt Urin ins Nachtgeschirr. Spricht fast fortwährend in 
grosser Hast, einzelne Worte deutlich verständlich, ist bei ziemlich 
klarem Bewusstsein. Bekommt durch Injection von 0,01 Morphium 
keinen Schlaf mehr. Puls andauernd gegen 130. 

7. Mai. Das hastige Schwatzen dauert an. Das rechte Knie- 
gelenk zeigt sich heiss und geschwollen. 

Nachmittags Frösteln. Gibt deutlich zu verstehen, dass er im 
Kopf keinen Schmerz mehr fühle,, sondern nur im Bein. Trinkt 
Bouillon, Milch, Kaffe etc. 

8. Mai. Spricht fortwährend. Zittert. Cyanose an den Lippen. 
Puls sehr klein und äusserst frequent, gegen 140. Isst eingeweichte 
Semmel, trinkt Bouillon und Wein. 

Nachmittags dilatirte und träge reagirende Pupillen. Fortwähren- 
des Delirium. Völlig ohne Bewusstsein. Abends Puls unzählbar und 
unregelmässig. 

9. Mai. In der Nacht viel mit den Armen geschlagen und das 
Gesicht verzerrt. Früh Morgens Convulsionen. Bald danach Koma, 
schnarchendes, später röchelndes Athmen. Kalte Extremitäten. Sehr 



Casaistik zur chirargischen Eröffnang des Warzenfortsatzes. 141 

kleiner^ nnregelmässiger und unzählbarer Puls. Temperatur steigt 
auf 40,6<>. Tod gegen 11 Uhr Vormittags. 

Section (mit Prof. Steudener) am 10. Mai früh. 

Eitrige Meningitis au der Convexität, besonders links vorn ein 
eitriger Beschlag von mehi'eren Linien Dicke. In der mittleren linken 
Schädelgrube, entsprechend dem U^bergang der Pars squamoäa in 
die Pars petrosa des Schläfenbeins ist eine etwa erbsengrosse Stelle 
der Dura mater verfärbt, eitrig infiltrirt und haarfein perforirt. Von 
der Tabula vitrea ist ein feiner spitziger Splitter abgesprengt und 
steht in solcher Richtung zur Dura mater, dass durch ihn offenbar 
die entzündliche Beizung und Perforation der Dura herbeigeführt 
ist. Dieser entzündeten Stelle in der Dura mater entspricht nicht 
der stärkste Eiterbeschlag auf der Pia^ sondern dieser findet sich in 
der vordem Schädelgrube und zwar hier bis zu einer Dicke von 
mehreren Linien. An der Convexität des Gehirns zeigt die Pia 
auch auf der rechten Hirnhälfte Eiter längs der Gefässe. 

Die Seitenventrikel im Gehirn sind hochgradig erweitert und 
enthalten viel trübes Serum. Die Erweiterung ist so hochgradig, 
dass sie kaum allein auf den acuten entzündlichen Erguss bezogen 
werden kann. 

Eitriger Erguss im linken Kniegelenk; Synovialhaut geröthet, 
Enorpeloberfläche intact. Brust- und Bauchhöhle nicht geöffnet. 

Das aus dem Schädel entfernte linke Schläfenbein zeigt an 
der unteren Wand des Gehörgangs rundliche Exostosen, das Trom- 
melfell nach unten perforirt, und hochgradig atrophisch verdtlnnt. 
Hinten oben im Gehörgang, nahe dem Trommelfell, ist die rundliche, 
liberhäutete Oeffnung eines feinen Fistelganges, der in das Antru^i 
mastoideum führt und von dort bis zu einem sehr kleinen Sequester 
in der Wand des Sulcus tränsversus verfolgt werden kann. Das 
Antrum selbst ist sehr erweitert und enthält einen völlig ge- 
löstenSequester, dessen grösste Länge 1,1 Ctm., dessen grösste 
Breite 0,9 Ctm. beträgt. Er ist sehr porös, mehrfach durchlöchert 
und in der Mitte durch eine ganz schmale Brücke in zwei ungleiche 
Theile geschieden. Deutliche Zeichen fortschreitende;- Verzehrung. 
Neben dem- Sequester und ihn umschliessenden Granulationen ist in 
der Höhle eine grosse Menge von epidermisartiger Masse (grosse 
Plattenepithelien ohne Cholestearinkrystalle), die in mehrfacher 
Schichtung die Wandungen der grossen Höhle bekleidet. Unter 
dieser Decke sind die knöchernen Wandungen glatt und weiss. 

Auf der hinteren Fläche der Pyramide, ganz nach aussen und 
2 Mm. unterhalb der Crista, da wo sich unter normalen Verhält- 
nissen oft eine kleine pneumatische Nebenhöhle des Antrum in der 
Pars petrosa befindet, erscheint eine kleine Knochenlücke, die durch 
eine epidermisartige Masse geschlossen erscheint. Durch diese Lücke 
kommt man in das erweiterte Antrum. Der Ueberzug der Dura 
matei" an dieser Stelle ist ohne auffallende Veränderung. Der ver- 
ticale Theil des Warzentheils , die eigentliche Zitze, bestand, dem 
Lebensalter entsprechend, nur aus spongiösem Knochengewebe. 

Die Tuba Eust. war weit und frei, die Schleimhaut ihres 



1 



142 XIV. SCflWARTZB 

knöchernen Theiles verdickt. ' Die Wände der Paukenhöhle von 
einer verdickten und gerötheten Schleimhant bekleidet, zeigten nir- 
gends Caries. Von den Gehörknöchelchen nur der Stapes erhalten 
nnd zwar in sita nnd beweglich. 

Vom inneren Ohre, das ich erst genauer untersuchte, als das 
Präparat Jahre lang in Alkohol gelegen hatte, vermag ich nur mit Be- 
stimmtheit zu sagen, dass es makroskopisch nichts Besonderes zeigte, 
dass sich jedenfalls kein Eiter in seinen Höhlen vorfand, ebenso- 
wenig wie Eiter an den Nervenstämmen im Perus acusticus intemus 
bei der Herausnahme des Gehirns zu bemerken gewesen war. 

Die zu Anfang des Sectionsbefundes erwähnte, entzündete Stelle 
der Dura mat^r liegt im Grunde der trichterförmigen Operations- 
wunde. Durch letztere ist überhaupt nicht dasAntrum^ 
sondern die mittlere Schädelgrube eröffnet in Ausdehnung von t Ctm. 
Länge und 0,5 Gtm. Breite. Die äussere Knochenwunde ist 1,5 Ctm. 
lang und 1 Ctm. hoch, überschreitet nach hinten die Höhe der 
Linea temporalis um 1 Mm. Die Enochenöffnung ist im Ganzen 
etwas zu weit nach vom und oberhalb des Gehörganges gemacht^ 
statt nach hinten und oben von demselben. Indessen ist diese Ab- 
weichung von der üblichen Eröffhungsstelle des Antrum so gering, 
dass unter normalen Bildungsverhältnissen des Knochens trotzdem 
die Oeffhung hätte das Antrum treffen müssen. Bs bestand jedoch 
eineBildungsanomalie der Pars petrosa, deren auffallendste 
Merkmale in einer Abflachung der Pyramide mit Abrundung der 
Crista und halbkugliger Vortreibung der hinteren Fläche in die 
Augen springen. Diese Deformität der Pyramide, welche die Lage- 
veränderung des Antrum bedingte, war einseitig und ist deshalb 
vielleicht als eine Folge mangelhafter Formentwicklung wegen des seit 
erster Kindheit bestehenden schweren Knochenleidens aufzufassen. 



Epikrise. 

Für diesen Fall erreichte der Operationsversuch nicht nur 
seinen Zweck nicht, sondern hatte ausserdem den Tod des F. 
an traumatischer Meningitis zur Folge. Den Zweck, nämlich 
die Eröffnung des Antrum, verfehlte er wegen einer Missbildung 
des Felsenbeines, durch welche eine anomale Lage des Antrum 
herbeigeführt war, in Verbindung mit einem Operationsfehler. 
Die Eröfhung des Knochens war etwas zu hoch und zu weit 
nach vom gefallen. Der Tod war Folge der Absplitterung eines 
Stückes der Tabula vitrea, welche die Dura mater reizte nnd 
perforirte. Die einfache Bloslegung der Dura mater ohne diese 
unglückliche Complication hätte ohne Ge&hr ftir das Leben bleiben 
können, wie z. B. in Fall 2 und Fall 1 5. 

Die Annahme intra vitam, dass der Hauptheerd. der Erkran- 
kung im Antrum mastoideum lag, ist durch die Section* bestätigt. 



Casuistik zur chirurgischea Erüffnang des Warzenfortsatzes. 143 

Es fand sich ein völlig gelöster Sequester in demselben vor und 
kann darüber, dass eine Indication zur Eröffnung des Antrum 
vorlag, kein Zweifel bestehen. Dieselbe wäre auch unter nor- 
malen anatomischen Formverhältnissen sicher von bestem Er- 
folge gewesen, wie sich aus den Verhältnissen bei der Section 
ergab. Die bei Lebzeiten zu öfteren Malen aus dem Gehörgange 
extrahirten kleinen Sequester hatten sich zweifellos durch die 
zehrende Einwirkung der Granulationen von dem grossen Sequester 
im Antrum abgelöst und durch den langen Fistelkanal in den 
Oehörgang entleert. Bei der hochgradigen Porosität des Sequesters 
war wohl annehmbar, dass im Laufe der Zeit eine weitere Ein^ 
Schmelzung, resp. Verkleinerung des Sequesters hätte Platz greifen 
können, ja, bei der relativen Kleinheit des Sequesters war nicht 
undenkbar, dass der Sequester allmählich durch die Granulationen 
ganz aufgezehrt worden wäre. Dieser Process wäre aber so lang- 
sam erfolgt, dass höchst wahrscheinlich unterdessen die lethalen 
Folgezustände der anderweitigen Veränderungen im Felsenbein 
(circumscripte Nekrose im Sulcus transversus und Perforation des 
Felsenbeins an der hinteren Fläche der Pyramide) nicht ausge- 
blieben wären, in Gestalt der Phlebitis des Sinus transversus 
und der Meningitis, resp. Encephalitis. — Von prognostisch be- 
sonders schwerer Bedeutung war schliesslich die hochgradige 
Verengerung des knöchernen Gehörgangs, welche bereits die 
Eeinigung des Ohres aufs geringste Maass beschränkte. Auch 
ohne die anderen Complicationen wäre der Kranke sicher bald 
der so bedingten Eiterretention erlegen. Diese Verengerung war 
es auch, die v. Tr ölt seh zunächst veranlasst hatte ^ mir den 
Kranken behufs operativen Eingriffes zuzusenden. 

Von den Symptomen der durch die Operation herbeigefiihrten 
traumatischen Convexitäts-Meningitis, die sich zur 'Verletzung der 
Dura mater hinzugesellte und dieser entsprechend vorzugsweise 
auf der linken Hemisphäre bestand, will ich nur die rechtseitige 
Lähmung der Extremitäten hervorheben als dasjenige, welches 
am frühesten entscheidend für die Diagnose sein musste. Sie 
ist weniger als Folge eines Druckes der Entzündungsprbducte 
auf der linken Hemisphäre aufzufassen, als in einer von der 
weichen Hirnhaut auf die motorischen Gentra der grauen Rinden- 
substanz des Gehirns fortgeleiteten Zellenwucherung und diffusen 
Schwellung zu suchen.') 

1) Vgl. BergmaoB, Die Diagnose der traamatischen Meningitis. 
Sammlung klin. Vortr. v. Yolkmann. Nr. 101. S. 841. 



144 XIV. SCHWARTZE 

Die eitrige Entzündung im rechten Kniegelenk gehört nicht 
zn dem sonstigen Erankheitsbild der traumatischen Meningitis, 
sondern ist als eine secnndäre oder pyämische Gomplication zn 
deuten. 

Um für die Zukunft in ähnlichen Fällen sicher zu dem 
Sequester zu gelangen , ohne Gefahr , die Schädelkapsel zu er- 
öffnen, würde es sich vielleicht empfehlen, die Operation damit 
zu beginnen, dass nach Ablösung der Ohrmuschelinsertion zunächst 
die hintere Wand des Glehörganges mit dem Meissel so weit 
fortgenommen wttrde, bis man die Fistelöffnung erreicht hat und 
dann der Fistelkanal selbst erweitert und, wenn ausfahrbar, bis 
zum Sequester verfolgt würde. Im vorstehenden Falle würde ein 
solches Verfahren gut ausführbar gewesen sein und wohl sicher 
auch zum Ziele geführt haben. 

Fall XX.0 

Malaeisehe Caries im Warzenfortsatz. Oebraaeh des scharfen LtMfels« 

Heilnngr nach 19 Monaten« 

-Ernst Ferkel aus Halle, geb. 1870, bekam im April 1873 eine 
rechtseitige, acute Otitis, in Folge deren sich unter beftigeir Schmerzen 
Anfang Mai ein Abscess auf dem Proc. mastoid. bildete. Nach Er- 
öffnung desselben, Anfangs Mai 1873, zeigte sich in der Knochen- 
wand ein grosser Defect, durch den man bequem den kleinen Finger 
einführen konnte. Durch dieselbe Oeffnung wurde einige Tage 
später mit dem kahnf(5rmigen scharfen Löffel eingegangen und eine 
Masse schlechter Granulationen und cariös erweichter Knochenpartien 
fortgenommen. Die Wundhöhle von Eichelgrösse wurde nicht mit 
Carbolsäurelösung; sondern mit ölgetränkter Wundwatte verbunden. 
Da diesem Eingriffe durchaus kein Fieber folgte^ wurde Pat. schon 
nach den beiden ersten Tagen wieder ambulatorisch behandelt. Die 
ganze Wunde granulirte gut; doch liess auch hier die Heilung 
einige Monate auf sich warten. Anfang August schien zwar der 
Gehörgang dauernd trocken und das Trommelfell graublau ohne 
Eiterbelag, aber eine Fistel hinter dem Ohre bestand noch fort. 
Im Anfang October war Wieder mehr Eiter in der Tiefe des Gehör- 
gangs sichtbar, auch die Fistel hinten noch immer nicht geschlossen^ 
doch wollte es nicht mehr gelingen, Wasser von der Fistel' aus in 
den Gehörgang zu spritzen. Auch im December 1873 war der 
Krankheitsprocess noch nicht als völlig ausgeheilt zu betrachten. 
Die Fistel war zwar vollständig fest geschlossen und der Gehörgang 
bei oberflächlicher Betrachtung stets trocken, doch zeigte sich bei 
genauer Untersuchung mit dem Spiegel auf der Oberfläche des 



t) Theil weise in der Dissertation von Dr. Weitz (Halle 1874) als 
Fall V angefahrt. 



Casuistik znr chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 145 

Trommelfells immer noch zeitweise ein geringer, eitriger Belag. 
Erst im Jannar 1874 kehrte derselbe nicht wieder. Seitdem ist 
durch wiederholte Untersuchungen in längeren Zwischenräumen die 
dauernde und vollständige Heilung constatirt. Die hintere Wand des 
Gehörgangs war, dem Zuge der Narbencontraction folgend, nach 
hinten etwas buchtig ausgedehnt. — 



Fall XXI. 

Otitis med. acuta mit Ausgang in Caries des Warzenfortsatzes. Er- 
weiterung einer engen Fistelöffnung in demselben. Heilung. 

Böhme, Fabrikant aus Apolda, geboren 1795, erkrankte Anfang 
April 1873, also in seinem 78. Lebensjahre an Otitis med. purulenta 
dextra. Nach sechswöchentlicher Dauer anhaltender Schmerzen kam 
er am 18. Mai in meine Behandlung. Centrale Perforation des Trom- 
melfells, entzündliches Oedem am Proc. mast. Uhr nicht beim An- 
drücken hörbar. Stimmgabeltöne vom Scheitel nach dem kranken 
Ohr. Die übliche Behandlung mit Blutegeln, Abführmitteln und 
Wilde'schem Schnitt brachte nur für kurze Zeit Linderung. Nach 
vollständiger Verheilung des Schnittes wurde der Warzen- 
fortsatz von Neuem schmerzhaft und es bildete sich in der Umgebung 
des Ohres eine ganz colossale Infiltration, bretthart und von hufeisen- 
förmiger Gestalt, wie ich sie in ähnlicher Ausdehnung nur selten 
gesehen habe. Trotz Jodanstrich und wochenlanger Anwendung von 
Breiumschlägen verminderte sich die Härte nicht, bis schliesslich in 
der Gegend der Wurzel des Warzenfortsatzes undeutlich Fluctuation 
fühlbar wurde. Der Kranke war nicht zu einer zweiten Incision zu 
bewegen und wartete den spontanen Aufbruch des Abscesses ab. 

Nach Bildung von zwei Fistelöfinungen fiel die Geschwulst be- 
trächtlich zusammen. Als aber auch danach die Schmerzen nicht 
aufhörten und der Kranke nach wie vor schlaflose Nächte hatte, 
wurde ich im Juli von Neuem requirirt. Der für, sein hohes Alter 
noch ausserordentlich rüstige Kranke war durch die lange Dauer der 
Schmerzen so reizbar geworden, dass er sich ohne Chloroform nur 
schwer untersuchen liess. Durch die obere Fistelöffnung drang die 
Sonde zweifellos auf cariösen Knochen. Die schon bestehende Oeff- 
nung in der Corticalis des Warzenfortsatzes wurde so viel erweitert 
(mit der Hohlsonde und dem scharfen Löffel), dass Wasser von hinten 
eingespritzt, ganz leicht nach dem Gehörgange wieder abfloss. Von 
da ab hörten die Schmerzen ganz auf und auch die Infiltration der 
Umgebung verschwand nach und nach unter hydropathische^ Um- 
schlägen. Die Knochenfistel wurde durch eingelegte Drainröhre offen 
erhalten und täglich mit Kochsalz Carbolwasser durchspült. 

Anfang September waren die Fistelöffnungen hinter dem Ohre 
fest verheilt. Mitte September hörte auch jede Eiterung aus dem 
Gehörgange auf. 

Im October trat Erysipelas ein, welches sich über Kopf, Nacken 



146 XIV. SCHWARTZE 

und Gesicht ausbreitete) und vielleicht noch im Zusammenhang mit 
dem Ohrleiden stand. 

Am 20. November überzeugte ich mich von der vollständigen 
Heilung des Ohrleidens. Die Perforation des Trommelfells war ver- 
heilt; die Paukenhöhle lufthaltig. Das Gehör ebenso gut wie auf 
dem zweiten Ohre. Seitdem innerhalb von 2V2 Jahren kein Recidiv 
der Entzündung und vollständiges Wohlbefinden. — 

Dass Garies im Warzenfortsatze im höchsten Lebens- 
alter in relativ kurzer Zeit zur Heilung gelangt, wie in unserem 
Falle, ist vielleicht ein Ausnahmsfall. Von entscheidendem Ein- 
:fluss darauf waren die aussergewöhnlich günstigen constitutio- 
nellen Verhältnisse des Kranken. Jedenfalls ist aber nicht zu 
bezweifeln, dass erst mit der Dilatation der engen Enochenfistel 
im Warzenfortsatz ein dauernder Nachlass der Schmerzen und 
überhaupt eine günstige Wendung im Verlauf herbeigeführt wurde. 
Die Wilde 'sehe Incision brachte nur für ganz kurze Zeit Bes- 
serung und vernarbte dann, während unter der Hautnarbe das 
Enochenleiden fortschritt. Wir haben sonst gewöhnlich in dem 
Fistulöswerden der Incision einen sicheren Anhaltspunkt fttr die 
in der Tiefe fortdauernde Erkrankung des Knochens, sehen aber 
auch in diesem Falle wieder, dass das Gegentheii durch die Ver- 
narbung der Incision nicht erwiesen wird (vgl. Bd. X. S. 31, 
Fall ni). 

Fttr die Abkürzung der Leiden des Kranken wäre es jeden- 
falls zweckmässiger gewesen, nicht den spontanen Aufbruch des 
Abscesses abzuwarten, sondern gleich die erste Incision mit des 
Eröffnung des Antrum mastoideum zu verbinden. 

Fall XXII. 

Otitis med. purol* ehroniea mit Fistel am Proe. mastoldeus. Er- 
öffnung dessel1>en mit Meissel und scharfem L5ffeL ,,Cholesteatom^^. 

Keine Heilung nach zwei Jahren. 

Emilie Albrecht, 23 Jahre alt, aus Gelselrehlitz bei Mücheln, 
stammt von gesunden Eltern, leidet seit frühester Kindheit an eitrigem 
Ausfluss ans dem rechten Ohre mit zeitweisem Schmerz in demselben. 

In ihrem 14. Jahre bekam sfe, angeblich in Folge einer Er- 
kältung beim Baden die „ Kopfrose ", die jedoch auf die rechte Seite 
beschränkt blieb. Nach kurzem Bestehen derselben bildete sich 
hinter dem rechten Ohre ein Abscess, der unter warmen Umschlägen 
aufbrach und nach 8 Wochen wieder zuheilte. Seit dieser Zeit 
zeigten sich öfter Anschwellungen an derselben Stelle, die immer 
mit heftigen Kopfschmerzen verbunden waren. Die AnschweUungen 
wurden durch Auflegen warmer Umschläge gewöhnlich in wenigen 
Tagen beseitigt. 



Casuistik zur chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 147 

In ihrem 17. Jahre litt Patientin 16 Wochen am „Typhus". 

Vor 3 — 4 Jahren gesellte sich zu den genannten Beschwerden 
«in Ekzem der rechten Ohrmuschel und will Patientin damals zuerst 
durch ihren Arzt darauf aufmerksam gemacht sein^ dass sie auf 
diesem Ohre schlechter höre. 

Im August vorigen Jahres brach der Abscess hinter dem Ohr 
wieder auf und stellte sich Patientin zuerst am 15. November 1873 
in der Poliklinik für Ohrenkranke vor. Der objective Befund war 
folgender : 

Chronisches Ekzem der rechten Ohrmuschel und des äusseren 
Gehörgangs. Trommelfell stark verdickt, perforirt in der Mem- 
brana Shrapnelli. Sinuöser Abscess auf dem Proc. mastoideus. Die 
Sonde dringt von der Fistel hinter dem Ohr in der Richtung nach 
innen, vorn und oben auf rauhen Knochen. Stimmgabeltöne werden 
von jeder Stelle des Schädels aus nach dem kranken Ohr 
allein wahrgenommen. 

Am 13. December 1873 hatte sich auf der hinteren Wand des 
Gehörgangs ein Polyp entwickelt, der am 20. December entfernt 
wurde. 

Am 7. Februar 1874 wurde zur Eröffnung des Warzenfortsatzes 
geschritten. In denselben führte ein feiner Fistelkanal, der mit dem 
Meissel so viel erweitert wurde, dass es möglich war, den scharfen 
Löffel einzuführen. Der Fortsatz enthielt eine einzige grosse, 
glattwandige Höhle, welche vollständig erfüllt war von sog. 
Cholesteatommasse (Epidermis und Cholestearin). Grosse Mengen 
zwiebelartig geschichteter Fetzen von diesem Inhalt wurden mit dem 
scharfen Löffel herausbefördert. Unmittelbar nach der Operation 
war keine Communication zwischen der Warzenhöhle "und dem Gehör- 
gange für Einspritzungen nachweisbar, aber schon nach • 4 Tagen 
bei schwächstem Druck, auch nach dem Schlünde. Verband mit 
ölgetränkter Wundwatte. Die fieberhafte Reaction nach der Operation 
war sehr gering, blieb auf 5 Tage beschränkt. Die höchste Tem- 
peratur war 38,8 ö am zweiten Abend nach der Operation. 

Ungewöhnlich lebhafte Klage über Kopf- und Zahnschmerzen 
mit Schlaflosigkeit in den ersten 6 Tagen nach der Operation machten 
subcutane Injectionen von Morphium erforderlich. 

Während der ersten 8 Tage wurde P. täglich 2 Mal verbunden, 
von dem 15. Februar ab, da die Eiterabsonderung nicbt bedeutend 
war und nach dem jedesmaligen Verband Kopfschmerzen eintraten, 
nur 1 Mal. — Am 12. Tage nach der Operation verliest P. zum ersten 
Mal das Haus und ging seitdem täglich längere Zeit ins Freie, worauf 
die Kopfschmerzen abnahmen. Vom 26. Februar bis zum 28. März 
wurde zum Offenhalten des Fistelkanals ein Bleinagel getragen.. 
Derselbe hatte eine Länge von 2 V2 Ctm. und die Dicke einer starken 
Bleifeder. Die Granulationswucherung in der Tiefe war eine so 
kräftige, dass trotz des eingelegten und allmählich verkürzten Blei- 
nagels die Durchgängigkeit des Kanals für den Wasserstrahl gegen 
Ende März schon ausserordentlich schwer zu erhalten war. Dabei 
zeigte die Fistelöffnung ausgesprochene Neigung zur narbigen Re- 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 11 



148 XIV. SCHWARTZE 

traction. Die Eiterabgonderung ans dem Gehörgange war sehr gering 
geworden. Unter diesen Umständen wurde am 28. März der Versuch 
gemacht, den Bleinagel ganz fortzulassen und den Fistelkanal zuheilen 
zu lassen. P. wurde aus der Klinik entlassen und reiste nach Hanse 
mit der Anweisung, von der Fistel und vom Gehörgange aus täglich 
einmal auszuspritzen. Es lief sowohl das ins Ohr hineingespritzte 
Wasser aus dem Fistelkanal heraus, als auch umgekehrt. Ebenso 
konnte man von dem Fistelkanal aus Wasser durch die Paukenhöhle 
und Tuba in den Nasopharyngealraum treiben. 

Doch schon 14 Tage später kam sie. wieder mit der Klage 
über heftige Kopfschmerzen, die ihr ^e Nachtruhe raubten. 

Die Fistel war leicht verklebt und gestattete ein Eindringen 
der Sonde bis zu einer Tiefe von 1,5 Ctm. Die häuslichen Ans- 
spritzungen waren nur ungenügend und unregelmässig vorgenommen 
worden. Die P. bekam einige Morphiumpulver mit und sollte in 
8 Tagen zurückkehren, um abermals dann nochmals einige Wochen 
hier zu bleiben, damit die Nachbehandlung in der gehörigen Weise 
stattfinden konnte (Catheter). Dies geschah während der zweiten 
Hälfte des April und Anfang Mai. Mit vollständig fest verheilter 
Fistel wurde sie bei vortrefflichem Allgemeinbefinden und frei von 
allen Schmerzen im Ohr und Kopf abermals in ihre Heimath ent- 
lassen. Auch am 18. Juli 1874 war ihr Allgemeinbefinden ohne 
Klage, aber Eiterung aus dem Ohr dauerte fort, wenn auch germg. 
Die Perforation am oberen Pole des Trommelfells bestand fort. Vom 
Ohr eingedrücktes Wasser drang leicht in den Schlund. Durch den 
Catheter eingespritztes Wasser floss nicht aus dem Ohre wieder ab. 

31. October 1874. P. hat unterdessen geheirathet und ist 
schwanger. Hörweite 1 Ctm. Geringe Eiterung in der Tiefe des Ge- 
hörganges sichtbar, aber ftlr die Kr. nicht bemerkbar. Perforation 
besteht fort. Zinklösung. 

Die letzten Nachrichten stammen vom 18. Januar 1876, also etwa 
2 Jahre nach der Operation. Die Kr. ist stets frei von allen 
Beschwerden im Kopfe geblieben. Die tief eingezogene 
Narbe am Warzenfortsatz, die etwas höher liegt als der äussere 
Gehörgang, soll inzwischen wiederholt wiederaufgebrochen sein mit 
Entleerung von Eiter fttr einige Tage. Eiterung aus dem Ohr be- 
steht noch immer. Es sind keine Granulationswucherungen im Gehör- 
gange vorhanden. Das sehr verdickte Trommelfell ist perforirt in 
der Membrana Shrapnelli. Aus dieser Stelle dringt auch die durch 
den Catheter l^ingeblasene Luft unter piependem Geräusch heraus. 

Fall XXTTT. 

Caries des Warzenfortsatzes. Gebrauch des scharfen LSffels. Keine 

Heilung nach 2 Jahren. 

• 

Hermann Spalteholz, aus Napperwitz bei Würzen (Königreich 
Sachsen), geb. 1856, Zimmerlehrling, leidet seit erster Kindheit an 
linkseitiger Otorrhoe und Taubheit. Vor 2 Jahren hatte sich auf 
dem linken Warzenfortsatz ein Abscess gebildet, welcher incidirt 



Casuistik zar chiTurgiscben Eröffnung des Warzenfortsatzes. 149 

wurde. Die Incisionsstelle heilte zu. Vor einem Jahr wieder ein 
Abscess unter geringen Schmerzen ^ der sich spontan öffnete. Eine 
Fistel blieb zurück. Von Zeit zu Zeit sehr heftige Schmerzen im Kopf 
und Ohr. Seit 3 Wochen neue Anschwellung hinter dem Ohr. 

Status praes. vom 15. Juni 1874. Hinter dem linken Ohr eine 
htihnereigrosse fluctuirende Anschwellung mit zwei Fistelöfl&iungen, 
deren eine hoch oben unter der Linea temporalis, die andere nahe 
der Spitze des Fortsatzes sich befand. Stinkende Otorrhoe. Das in 
den Gehörgang unter einigem Druck eingespritzte Wasser dringt aus 
beiden Fistelöffnungen heraus. 

Operation am 15. Juni ^874: Die beiden Fisteln wurden durch 
einen Schnitt vereinigt, die Weichtheile zurückgeschoben und dann, 
da im Warzenfortsatz bereits eine hinreichend grosse cariöse Oeffnung 
vorhanden war, mit dem scharfen Löffel in denselben eingegangen 
und die ganze Höhle, so weit es möglich war, ausgeschabt. Oelver- 
band, täglich desinfieirende Irrigation mit Zusatz von Kali hyper- 
manganicum, später Bleinagel. Höchste Temperatursteigerung dar- 
nach 38,4 ö. Nur zwei Tage blieb der Kranke im Bett. 

Am 5. Juli 1874 reiste P. in seine Heimath und hatte inzwischen 
gelernt, sich selbst gut zu verbinden. Die Knochenhöhle war voll- 
ständig mit Granulationen ausgekleidet; biosliegender Knochen nir- 
gends mehr fühlbar und sichtbar. Die äussere Wunde war bereits 
sehr verkleinert. 

Am 19. DeceAber 1874 bestand nur noch der Fistelkanal, in 
welchen sich der P. inzwischen selbst den Bleinagel von 3 Ctm. 
Länge und 0,5 Ctm. Dicke täglich eingeführt hatte. Um das Heraus- 
fallen bei der Arbeit zu verhindern, war derselbe mit einem breiten 
Gummiband versehen und dieses um den Kopf geschlungen. Das 
in die Fistel eingespritzte Wasser floss im Strahl aus dem Gehör- 
gang wieder heraus. Die Eiterung hatte bedeutend abgenommen. 

Am 20. Februar 1875 zeigte die Untersuchung, dass die Reini- 
gung in der Zwischenzeit in ungenügender Weise bewerkstelligt 
worden war. Beim kräftigen Durchspritzen durch die Fistel entleert 
sich mindestens 1 Theelöffel käsigen Eiters aus dem Gehörgange. 
Die Sonde dringt in den Fistelkanal 4,3 Ctm. ( ! ) tief ein. Stimm- 
gabeltöne werden von jeder SffeUe des Schädels aus nach dem ge- 
sunden Ohre allein gehört. Allgemeinbefinden vollkommen gut, nie 
Schmerzen. 

Am 9. October 1875. Durchgängigkeit gut. Inzwischen auch 
besser gereinigt. Knochen nirgends mehr entblösst zu fühlen. Hat 
mit dem Bleinagel regelmässig in seiner Profession als Zimmermann 
gearbeitet und nie an Kopfschmerzen gelitten. 

Ende Juni 1876. P. hat bis jetzt den Bleinagel getragen, 
täglich selbst von der künstlichen Fistelöffiiung -durchgespritzt und 
sich stets frei von allen Beschwerden im Ohr und Kopf gefühlt. 
Der Fistelgang ist tiberhäutet und trocken, eine minimale Eiterung 
im Grunde des Gehörganges besteht noch fort. 



11* 



150 XIV. SCHWARTZE 

Fall XXIV. 

Otitis media puralenta clironica mit Eiteraniiftofaiig im Warzen- 
fortsatz. Er5ffnangr mit dem Meissel. Heilung naeli 2 Monaten. 

Friedrich Scholl, 6 9 jähriger Lehrer aus Halle, erkrankte Anfang 
October 1874 angeblich nach einem heftigen Hustenanfall an links- 
seitiger Otitis purulenta acuta mit Betheiligung des Warzenfortsatzes. 
Am 9. December 1874 kam er in poliklinische Behandlung. Die 
Uhr wurde nicht mehr beim Anlegen gehört. 2 Mal wurden tiefe, 
zolllange Incisionen auf den ödematös geschwollenen Warzenfort- 
satz gemacht, von nur kurzdauernder JSrleichterung der Schmerzen 
gefolgt, zu wiederholten Malen polypöse Granulationen, von der 
hintern obern Wand des Oehörganges ausgehend, mit der Schlinge 
abgetragen; ausserdem Anodyna und hydropathische Umschläge in 
Anwendung gezogen. Dabei war das Befinden des Kranken sehr 
wechselnd. Einige Tage fühlte er sich wohl, dann wieder ganz 
schlecht und völlig schlaflos wegen heftiger Kopfschmerzen. Der 
Schmerz zog vom Ohr nach dem Hinterkopf und von da durch den 
Kopf nach der Stirngegend. An den inzwischen völlig wieder ver- 
narbten Incisionsstellen war wiederholt ein flüchtiges Oedem bemerk- 
bar. Das Trommelfell zeigte eine kleine Perforation nach vorn- 
unten mit unregelmässigen Rändern. In der obem-hintem Wand 
des Gehörganges wurde schliesslich eine Fistelöffnung constatirt und 
zwar an der Stelle, wo die polypösen Granulationen wiederholt her- 
voxgewuchert waren. Man sah deutlich aus dieser Oeffnung Eiter 
herausquellen und konnte durch dieselbe eine gebogene Sonde über 
3 Ctm. tief in eine grössere Höhle in der Richtung nach dem Warzen- 
fortsatze vorschieben. Es war unter diesen Umständen ganz zweifellos, 
dass ein Eiterdepot im Warzenfortsatz bestehen musste und wurde 
deshalb am 21. Januar 1875 zur Eröffnung des Warzenfortsatzes 
mit dem Meissel geschritten. 

Nach Ablösung des Periostes erschien der Knochen von aussen 
gesund, nur an einer Stelle zeigte sich eine Auflagerung von Osteo- 
phyten. Die . Corticalis war ungewöhnlich dünn. Schon nach den 
ersten Hammerschlägen auf den Meissel quoll eine grosse Menge 
dicken gelben Eiters hervor. Die Knochenöffnung wurde mit dem 
Meissel so viel erweitert, dass man mit dem Finger bequem in die 
Höhle eindringen konnte und dann die darin befindliche Masse von 
schlechten Granulationen mit dem scharfen Löffel ausgeräumt. Nach- 
dem auch der Rest der Granulationswucherungen aus dem Gehör - 
gange mit dem scharfen Löffel entfernt war, wurde die Höhle sorg- 
fältig gereinigt und desinficirt, wobei das Wasser auch in den Schlund 
drang und schliesslich eine Drainröhre von hinten nach dem Gehör- 
gange hindurchgezogen, welche einige Tage liegen blieb. 

Eine fieberhafte Reaction folgte diesem Eingriff nicht. Die 
Temperatur blieb normal und erreichte nur einmal , -am Abend des 
dritten Tages nach der Operation die Höhe von 38,4, sonst überhaupt 
nie eine Höhe über 37,8. Der Kr. war und blieb sofort nach der Ope- 
ration schmerzfrei, hatte guten Schlaf und Appetit und fühlte sich „ wie 



Casuistik zar chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 151 

neugeboren". Am 6. Tage nach der Operation wurde er bereits wie- 
der aus der Klinik entlassen und von da ab ambulatorisch behandelt. 

Am 3. Februar war der Knochen überall von gesunden Granu- 
lationen bedeckt. An. den Rändern der Fistelöflfhung im Gehörgang 
recidivirten die polypösen Granulationswucherungen nicht. 

Am 8. Februar traten bei gutem Aussehen der Wunde und 
ohne nachweisbare äussere Veranlassung von Neuem Schmerzen im 
Hinterkopf ein mit Schlaflosigkeit und Behinderung in der Bewegung 
des Kopfes. Abends Frost ohne Schweiss. Puls 112, Temp. 38,0. Ord. 
Chinin mit Morphium. Hydropathische Umschläge. Darnach verloren 
sich der Kopfschmerz und die übrigen Symptome nach kurzer Zeit. 

Die Höhle im Warzenfortsatz verkleinerte sich wegen spärlicher 
Granulationsbildung ungewöhnlich langsam und es wurde deshalb 
eine Verbandsalbe mit Höllenstein benutzt. Aus dem Ohr kam schon 
seit dem 10. Februar absolut gar kein Eiter mehr; die feine Fistel- 
Öffnung in der hinteren Wand bestand fort. Noch am 27. Februar 
drang das in die Wunde eingespritzte Wasser zum Ohre wieder heraus. 

Nach der ersten Woche des März war die Operationswunde 
vernarbt. 

Am 17. März wurde constatirt, dass auch die FistelÖffiiung im 
Gehörgang vernarbt war, der übrigens sonst seine normale Weite 
wieder erlangt hatte. Das Trommelfell war ohne Perforation und 
von normalem Ansehen. Per Km war völlig frei von allen Be- 
schwerden geblieben, hatte insbesondere nie wieder Kopfschmerzen 
gehabt und konnte als völlig geheilt entlassen werden. 

Stimmgabeltöne hörte er vom Scheitel gleich im ganzen Kopf, 
die Uhr rechts 2 Ctm., links beim Anlegen. 

Fall XXV. 

Otitis med« acuta mit Eiteranhäufang im Warzenfortsatz« ErVlhiung 
mit dem Meissel. Heilungr nach 9 Wochen« 

Hermann Schmidt, 44 Jahr alt, aus Lauchstädt, erkrankte am 
22. December 1874 nach starkem Schnupfen unter den gewöhnlichen 
Symptomen an Otitis med. dextra. Ohrschmerz, periodenweise exa- 
cerbirend, Kopfschmerz in der Schläfen- und Scheitelgegend und Schlaf- 
losigkeit, hatten 4 Wochen bestanden und sich in letzter Zeit eine 
schmerzhafte Anschwellung hinter dem Ohr hinzugesellt, als der 
Kr. am 21. Januar 1875 unsere Hülfe in Anspruch nahm. 11 Blut- 
egel und 3 Vesicatore waren bereits ohne Nutzen gegen die Schmerzen 
in Anwendung gezogen. 

Stat. praesens vom 21. Januar 1875. 

Profuse Otorrhoe. Entzündlich verengter Gehörgang ohne augen- 
fällige Schwellung der hintern-obern Wand und ohne Fistelöffnung« 
Perforation des entzündeten Trommelfells. An den Bändern der 
Perforation eine kleine Granulationswucherung. Warzenfortsatz be- 
sonders nach oben bedeutend geschwollen, geröthet, bei Druck em- 
pfindlich, ohne Fluctuation. Hört Stimmgabeltöne vom Scheitel nach 
dem kranken Ohr stärker, hört die Uhr nicht mehr beim Andrücken. 



152 XIV. SCHWARTZE ^ 

Operation am 22. Januar 1875: 

Die Weichtheile auf dem Warzenfortsatz waren durch entzünd- 
liche Infiltration sehr verdickt; wohl reichlich 3 Ctm. dick und bluteten 
ungewöhnlich stark , so dass mehrfache Unterbindungen erforderlich 
wurden und die- Aufmeisselung des Knochens wegen der Tiefe der 
Wunde etwas erschwert war. Mit scharfen Haken liessen sich die 
hart infiltrirten Weichtheile nur schlecht auseinander halten. Die 
Corticalis des Knochens erschien nach Zurückschie- 
bung des Periostes äusserlich überall gesund, erwies 
sich jedoch; wie sich nach den ersten Hammerschlägen ergab; als 
äusserst dünnwandig. Der dicke gelbe Eiter stürzte wie aus einer 
Quelle hervor; als kaum zwei oder drei Schläge auf den Meissel ge- 
führt wareu; welcher dicht unterhalb der Linea temporalis in schräger 
Richtung aufgesetzt war. Die Oeffiiung im Knochen wurde mit dem 
Meissel so viel erweitert; dass ich mit dem kleinen Finger in die 
Knochenhöhle eingehen konnte. Mittelst des scharfen Löffels wurde 
die Knochenhöhle von den darin befindlichen schlechten Granulationen 
gereinigt. Bei der folgenden Ausspülung der Höhle drang das 
Wasser weder in den Schlund noch in den Gehörgang. Drainröhre. 
Verband mit geölter Charpie und hydropathischer Umschlag. 

Die Schmerzen hörten sogleich nach der Operation auf; ebenso 
die Otorrhoe. Die Temperatur erreichte nur am zweiten Ahend 
nach der Operation 3 8; 2^ und am dritten Abend 38;!^; blieb sonst 
stets unter 37;5^. Am dritten Tage etwas Oedem der Wundränder. 

Am 28. Januar konnte der Kranke mit der Drainröhre im ELnochen 
und einer sehr kräftig granulirenden Wunde nach Hause entlassen 
werden. Die Hörweite für die Uhr betrug bereits wieder 1;5 Ctm. 
Bei der Luftdouche zähes Rasselgeräusch innerhalb der Paukenhöhle. 
Die Drainröhre wurde täglich bei der Irrigation herausgenommen 
und gewechselt. Bis Mitte Februar hatte der Kr. noch zuweilen 
Schmerzen im Hinterkopf und am Scheitel, befand sich übrigens aber 
vollkommen wohl und arbeitsfähig. 

Am 23. Februar constatirte ich den Verschluss der Perforation 
des Trommelfells; Abwesenheit von entzttadlicher Schwellung und 
Eiterung im Gehörgang; knatterndes Rasselgeräusch während der 
Luftdouche. Die Hörweite betrug bereits wieder 5 Ctm. Von der 
Operationswunde restirte nur noch der Fistelkanal; in welchen noch 
täglich die Drainröhre eingeführt worden ist. Die Sonde kam nicht 
mehr auf entblössten Knochen und konnte etwa 3 Ctm. tief eingeführt 
werden. 

Die Drainröhre wurde allmählich verkürzt und später durch 
ein Stück Hartkautschuck-Bougie ersetzt. 

Anfang April 1875 war die Fistel geschlossen. Gehörgang nor- 
mal. Trommelfell mit zwei kleinen Narben. Hörweite fast ebenso 
wie auf dem gesunden Ohre ; der Kranke frei von allen Beschwerden. 

Am 21. März 1876 habe ich den Kranken wieder untersucht 
und mich von der vollständigen und dauernden Heilung überzeugt. 
Hörweite gleich mit der des gesunden Ohres. C. vom Scheitel im 
ganzen Kopfe gleich. 



Casaistik zur chirurgischen Eröffinnng des Warzenfortsatzes. 153 

Fall XXVI. 

Otitis media acuta mit Betheiligungr der Warzenfortsatzzellen. 
Er9ibiiuigr mit dem Metssel. Heilmigr nach einem Monat» 

Ernst Hartmann; 1 6 Jahre alt; Bachdruckerlehrling aus Giebichen- 
stein bei Halle, erkrankte kurz vor Weihnachten 1874 am Typhus. 
Im Verlaufe desselben bekam er rechtseitige eitrige Otitis media. 
Nachdem anhaltende Schmerzen und Otorrhoe 3 Wochen be- 
standen hatten, kam er Ende Januar 1875 in Behandlung der Poli- 
klinik. 

Vor und hinter dem Ohr war ödematöse Schwellung, sehr schmerz- 
haft bei Druck, der Gehörgang voll Eiter und entzündlich verengt. 
Die Uhr war nur beim Anlegen an die Ohrmuschel hörbar, dagegen 
nicht vom Warzenfortsatz. Stimmgabeltöne vom Kopfe nach rechts. 

In meiner Vertretung schritt der Assistenzarzt, Herr Dr. E y s e 1 1, 
am 29. Januar 1875 zur Eröfbung des Warzenfortsatzes mit dem 
Meissel. Seine Aufzeichnungen darüber im Erankenjoumal lauten: 

„Hautschnitt 4,5 Ctm. lang, 0,5 Ctm. hinter der Ohrmuschel. 
Knochenöffnung 2 Ctm. hoch, 1 Ctm. breit, etwa 15 Mm. tief. Es 
kam aus dem Knochen kein Eiter und wurde eine offene Ver- 
bindung mit der Pauke nicht hergestellt. Granulationsmassen (aus 
dem Warzenfortsatz) mit dem scharfen Löffel entfernt. Beim Weich- 
theilschnitt kam ein Eiterstreifen unter dem Periost hervor, vielleicht 
3—4 Tropfen." 

Die Schmerzen hörten sofort nach der Operation auf und zwar 
dauernd. Eine nennenswerthe fieberhafte Reaction folgte nicht. Die 
höchste Temperatur war 38,4 ^ am zweiten Abend nach der Operation. 
Vom vierten Abend an war und blieb die Temperatur normal. Am 
6. Februar wurde der Kr. aus der Klinik entlassen und ambula- 
torisch weiter behandelt. 

Bis Mitte Februar zeigte sich der Gehörgang verengt. Ende 
Febrnar hatte er wieder sein normales Lumen. Die Otorrhoe sistirte 
schon früher. Am 27. Februar war die Operationswunde verheilt. 
Anfang März wurde der Kr. völlig geheilt entlassen. 



Fall XXVII. 

Otitis media acuta purulenta nach Maseru* Periostitis und Carles 
beider Warzenförtsätze. Gebrauch des Meisseis und scharfen LVifels. 

Heilung nach 6 Wochen. 

Anna Lehmann, 5 Jahre alt, aus Halle, kam am 13. Januar 
1875 in poliklinische Behandlung. Sie hatte als Nachkrankheit der 
Masern seit 6 Wochen doppelseitige Otitis media purulenta. Seit 
einigen Tagen war zuerst links, dann rechts eine schmerzhafte An- 
schwellung der Warzenfortsatzgegend hinzugetreten. Die Incisionen 
auf dieselben wurden fistulös und durch die Fistelöffnungen drang 
die Sonde beiderseits in den cariösen Knochen. Die Fistelöftiiungen 
im Knochen wurden am 3. Februar 1875 mit dem Meissel erweitert 



154 XIV. SCflWARTZE 

und danach mit dem scharfen Löffel die cariöse Höhle im Fortsatz 
ausgekratzt. Verband mit ölgetränkter Wundwatte. Am folgenden 
Tage (4. Februar) Temperatursteigerung bis auf 39,3. Nachblutung 
links. Schon am 5. Februar war die Temperatur auf 38,0^ herunter 
gegangen und am 6. Februar bereits normal. Im rechten Ohr drang 
das Wasser von der Wunde aus sogleich nach der Operation ganz 
leicht in Gehörgang und-Schlund, im linken Ohr dagegen erst später. 
Ende Februar war es nicht mehr möglich, Wasser in den Schlund 
durchzutreiben. Am 12. März war das rechte, am 20. März das 
linke Ohr geheilt. Im linken Warzenfortsatz war eine tiefe De- 
pression zurückgeblieben. Die Eiterung aus den Gehörgängen hatte 
bereits in den ersten Tagen nach der Operation aufgehört. Zur 
Zeit der Entlassung (am 20. März 1875) enthielten sie beide nor- 
males Cerumen. Die beiderseitige Perforation des Trommelfells war 
vernarbt; das Gehör normal. Die Dauerhaftigkeit der Heilung ist 
durch erneute Untersuchungen constatirt länger als ein Jahr nach 
der Operation. 



Fall XXVm. 

Otitis med. purnlenta chronica« ErSiTnung des Antrum mastoideum 
mit dem Meissel. Keine Entleerang von Eiter aus demselben und 
keine Commnnieation mit Pauke und GehSrgsng erzielt. Tief- 
liegender Senknngsabseess. Heilung nach 14 Monaten« 

Gelbke, 30er, Eisenbahnbeamter aus Erfurt, kam am 14. Jannar 
1875 in Behandlung wegen linkseitiger Otitis »med. purulenta mit Per- 
foration des Trommelfells. Das Leiden bestand seit 8 Monaten und 
war bereits von mehreren Aerzten ohne Erfolg bekämpft worden. 
Die Uhr wurde nicht mehr beim Anlegen an das Ohr gehört, da- 
gegen deutlich am Warzenfortsatz; Stimmgabeltöne vom Scheitel 
nach dem kränken Ohr stärker. Die Tuba E. war schwer durch- 
gängig, nur .bei stärkster Luftdouche durch den Katheter Perfo- 
rationsgeräusch und zähe Rasselgeräusche in der Paukenhöhle hörbar. 
Ord. Ableitungen auf Darm^und Haut. Bleilösung. Am 28. Januar 
war der anfangs unbetheiligte Gehörgang verschwollen. Von der 
obern Wand hing der Hauttiberzug sackartig herab und verdeckte 
das Trommelfell. 

Anfangs Februar stärkerer Schmerz hinter dem Ohr und im 
Hinterkopf, Fieber. .Der Warzenfortz an der Spitze gegen Druck 
empfindlich, nicht geschwollen. Bei Druck auf eine circumscripte 
Stelle des Fortsatzes entsteht Sausen im Ohr, was sofort wieder ver- 
schwindet, wenn der Druck nachlässt. Gehörgang noch mehr ver- 
schwollen wie am 28. Januar. Auch bei stärkster Luftdouche durch 
den Katheter kein Perforationsgeräusch mehr hörbar. 

Am 4. Februar 1875 wurde unter Assistenz des Herrn Dr. Eysell 
das Antrum mastoideum mit dem Meissel eröffnet, in der Annahme; 
dass in demselben eine Eiterretention stattfände. Der Knochen war 
sklerosirt, und obwohl in der Tiefe von 1,2 Ctm. ein Hohlraum 



Casnistik zur chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 155 

eröfiiiet wurde, den wir für das Antrum hielten, entleerte sich kein 
Eiter. Auch floss das in die Knochenöffnung eingespritzte Wasser 
weder in den Gehörgang noch in den Schlund. Auch im weiteren 
Verlaufe gelang es nie, diese Communication bei Injectionen mit Be- 
stimmtheit nachzuweisen. Die Schmerzen hörten auf nach der Operation 
und eine fieberhafte Reaction folgte derselben in den ersten drei 
Tagen nach der Operation gar nicht. Am vierten und fünften Tage 
trat eine Temperaturerhöhung zwischen 38 und 39 o auf, die auf 
einen acuten Magenkatarrh bezogen werden musste, der in Folge 
eines groben Diätfehlers intercurrirte. Vom sechsten Tage blieb die 
Temperatur wieder normal. Der eitrige Ausfluss aus dem Gehör- 
gange sistirte vom Tage nach der Operation bis zum 10. Februar 
vollständig, dann kehrte er in profuser Weise wieder. Die Tuba 
zeigte sich von demselben Tage an wieder durchgängig. 

Ende Februar bildefe sich ein sehr tief liegender Senkungs- 
abscess unter dem Ohr, der mit dem Gehörgang communicirte. Erst 
nach .wochenlanger Anwendung feuchter Wärme war der Abscess so 
weit der Haut genähert, dass man eine Incision wagen durfte. Es 
entleerte sich eine enorme Menge von Eiter und die Abscesshöhle 
ging tief herunter am Halse und nach hinten etwa bis zur Mittel- 
linie des Occiput. In die Abscesshöhle wurde eine Drainröhre ein- 
gelegt. 

Mit der Eröffaung des Abscesses hörte die Eiterung aus dem 
Gehörgange vollständig und dauernd auf. Durch die profuse Eite- 
rung kam der Kranke sehr herunter, fieberte und wurde deshalb 
für längere Zeit aufs Land' geschickt. 

Am 8. Juni 187 5 reichte die Abscesshöhle nach hinten immer 
noch bis zum Occiput; nach unten war sie bedeutend verkleinert. 
2 Zoll unterhalb der ersten Incision war inzwischen eine Gegen- 
öffhung gemacht worden. Der Gehörgang hatte nie wieder geeitert, 
sondern enthielt normales Cerumen. Die Perforation des Trommel- 
fells war vernarbt. Die Paukenhöhle lufthaltig. Die Hörweite 
8 — 10 Ctm. für die Uhr. Die Operationswunde schon lange fest 
vernarbt. 

Für längere Zeit entzog sich der P. der weiteren Beobachtung. 
Erst am 2. März 1876 kehrte er wieder. Unterhalb der festen 
Operationsnarbe war eine Fistelöffnung, durch welche man mit der 
Sonde in den sinuösen Abscess kam, der noch immer bis zum Occiput 
reichte. Das Ohr war dauernd trocken geblieben, die Perforation 
vertheilt, Hörweite 31 Ctm. (!) für die Uhr. Leises Ohrensausen 
dauerte fort im Ohre. Die Sonde kam nirgends auf Knochen. Der 
Allgemeinzustand wesentlich besser. Ich rieth zur Compression der 
Abscesshöhle mittelst einer Bleiplatte, die durch eine Binde fest an- 
gedrückt wurde und täglicher Ausspritzung mit Carbolwasser. 

Am 16. April 1876 stellt sich P. als völlig geheilt vor. 
Seit 14 Tagen war die Fistelöfinung fest vernarbt und keine Spur 
von einer Infiltration mehr bemerkbar. Das Ohr war vollkommen 
gesund. C. vom Scheitel nach links stärker gehört. Uhr 31 Ctm. 
Flüstersprache auf 7 Meter bei fest verschlossenem rechten Ohr. 



156 XrV. SCHWARTZE 

Fall XXIX. 

Isolirte Caries des Warzenfortsatzes mit tiefliefpendem Hohlsreschwitr. 
Anwendung Ton Meissel und seharfem LOffeL Heilung. 

Eduard Tfiffe, 20 Jahr alt, aus Neu-Wilmsdorf, Kreis Habel- 
schwerdt, Provinz Sciilesieu; Tischlergeselle^ von sehr kräftiger Con- 
stitution ^ erinnert sich^ im 14. Lebensjahre 8 Tage lang heftigen 
Schmerz mit eitrigem Ausfluss und Sausen im rechten Ohr gehabt 
zu haben. Danach will er aber wieder vollkommen ohrgesund ge- 
worden und geblieben sein bis zum Anfang Juli 1874, wo er nach 
einem kalten Bade Sausen in demselben Ohre bekam und Tags 
darauf auch Schmerz und Blutung aus dem Ohr; die beiden letzteren 
Symptome erst in Folge einer ärztlichen Untersuchung des Ohres 
mittelst einer Sonde. Der durch das Sondiren erzeugte Schmerz 
dauerte 8 Tage und war so heftig, dass er nicht arbeiten konnte. 
Schwerhörigkeit bestand nur kurze Zeit, continuirliches Sausen über- 
dauerte den Schmerz. Drei Wochen nach dieser traumatischen (?) 
Entzündung trat eine Anschwellung am Warzenfortsatz ein, unter 
Röthung und lebhafter Schmerzhaftigkeit gegen Druck. Diese An- 
schwellung bestand einige Tage, verschwand dann, kehrte wieder 
und so fort. Dabei vergingen mehrere Monate, ohne dass P. erheb- 
liche Schmerzen gehabt haben will. Erst Mitte Januar 1875 ver- 
grösserte sich die Geschwulst unter stärkeren Schmerzen und ver- 
ursachte ihm einige schlaflose Nächte. Am 15. Januar sah ich den 
Kr. zuerst und machte eine tiefe Incision bis auf den Knochen. Das 
Periost fand sich durch Eiter abgelöst.^ Ein Fistelgang führte in 
der Richtung nach dem Occiput zu und endigte anscheinend im 
Knochen am hintern Ende der Pars mastoidea in einer Tiefe von 
3 Ctm. Gehörgang und Trommelfell waren dabei voll- 
kommen normal, die Tuba E. durchgängig und Paukenhöhle 
lufthaltig. Die Hörweite -«30 Ctm. (!). Nach der Incision hörte 
der Schmerz auf und der Kr. befand sich 9 Tage (bis zum 24. Jan.) 
ganz wohl. Dann kehrten dumpfe Schmerzen wieder und es stellte 
sich von Neuem Ohrensausen ein. Der Schnitt hinterliess eine Haut- 
fistel. Am 27. Januar verschwoll der Gehörgang schlitzförmig. 

Am 5. Februar wurde die in den Warzenfortsatz führende 
Knochenfistel biosgelegt, mit dem Meissel erweitert und mit dem 
scharfen Löffel die Höhle des Fortsatzes ausgeschabt. Am 10. Februar 
erfolgte eine arterielle Nachblutung aus der Wunde. Nachdem ohne 
Erfolg die Tamponade der Wunde mit Wundwatte und Liq. ferri 
sesquichlorati versucht war, stand die Blutung, nachdem V4 Stunde 
lang die Carotis comprimirt war. Am 20. Februar wurde P. aus 
der Klinik entlassen. Am 27. März war die Wunde vollständig 
vernarbt, Ende Mai die vollständige Heilifng nochmals constatirt. 

Ein Jahr später stellte sich der Kr. nochmals vor mit völlig 
gesundem Ohr. 

Es handelte sich in diesem Falle um eine Erkrankung, die 
vollständig beschränkt geblieben war auf den Warzenfortsatz. 



Casoistik zur chirurgischen Eröffnung des Warzenfortsatzes. 157 

Solche Fälle gehören zu den Ausnahmen und sind immer dadurch 
leicht kenntlich, dass die Herabsetzung der Function des Ohres 
überraschend gering bleibt. Unser Kranker hatte vor und nach 
der Operation eine Hörweite von 30 Ctm. Eine derartige Isolation 
der Erkrankung im Warzenfortsatz ist nur dadurch erklärlich, 
dass durch früher voraufgegangene Entzündungen die normale 
Verbindung der lufthaltigen Zellen des Fortsatzes mit der 
Paukenhöhle aufgehoben wurde, vielleicht durch Neubildung eines 
membranösen oder knöchernen Verschlusses der üebergangszelle. 
Eine so erhebliche arterielle Nachblutung, wie sie hier noch 
am ftlnften Tage nach der Operation erfolgte, hatte ich bisher 
nicht erlebt und macht die sorgfältige üeberwachung nach der 
Operation zur dringenden Pflicht. — 

Fall XXX. 

Otitis med. pural. chronica seit 8 Jahren mit acuter Exacerbation 

und Faeialisparalyse. ErSffnong des Warzenfortsatzes mit dem 

Meissel ohne Erfolgr wegen Sklerose« Heilnngr (?>• 

Friedrich Erost, 40 Jahre, Handarbeiter aus Halle, hat, seit 
^iner acuten Otitis im Jahre 1866 an linkseitiger Otorrhoe gelitten 
mit häufig wiederkehrenden Schmerzen. Während der letzteren 
pflegte die Otorrhoe zu sistiren. Als er sich am 28. October 1874 
zur Behandlung in der Poliklinik meldete, hatte ein solcher Schmerz- 
anfall wieder seit 8 Tagen mit Fieber und schlaflosen Nächten be- 
standen und es hatte sich eine linkseitige Facialislähmung hinzugesellt. 
Der Gehörgang war entzündlich verengt durch Schwellung der hintern 
Wand und ausserdem in der Tiefe erfüllt von polypösen Granulationen. 
Die Tuba E. war undurchgängig für die Luftdouche. C. vom Scheitel 
nicht nach dem kranken Ohr stärker gehört, sondern im ganzen 
Kopfe gleich. Als die Entfernung der Granulationen aus dem Gehör- 
gange mittelst der Wilde 'sehen Schlinge, der innerliche Gebrauch 
von Calomel mit Opium, und hydropathische Umschläge keinen Nach- 
lass der Schmerzen herbeigeführt hatten, wurde am 1. November IS74 
unter Assistenz des Herrn Dr. Weitz der äusserlich gesunde Warzen- 
fortsatz mit dem Meissel eröffnet und in der Höhe des Antrum bis 
zu einer Tiefe jvon 3 Ctm. eingegangen, ohne dass ein Hohlraum 
im Knochen zu finden war. Der ganze Fortsatz war total 
sklerosirt. Eine Communicätion zwischen der Knochenöffnung und 
dem Gehörgange, resp. der Paukenhöhle wurde nicht erzielt. Der 
Eingriff blieb ohne nennenswerthe fieberhafte Reaction; die höchste 
Temperatur war 38,5^. Die heftigen Schmerzen Hessen sogleich nach 
der Operation wesentlich nach, verloren sich in den nächsten Tagen 
ganz und kehrten auch im weiteren Verlaufe nicht wieder. 

Am 16. November musste ein Senkungsabscess vor der Spitze 
des Warzenfortsatzes eröffnet werden. Vom 2 1 . November ab drang 



158 XIV. SCHWARTZE, Eröffnung des Warzenfortsatzee. 

das in den Gehörgang eingespritzte Wasser leicht in Mund und Nase. 
Auch das durch den Katheter eingespritzte Salzwasser floss allmählich 
immer leichter aus dem Gehörgange ah und spülte jedesmal käsig- 
kriimlichen Eiter heraus. Die hartnäckig recidivirenden Granulationen 
im Gehörgang wurden zu ' wiederholten Malen , um das Lumen frei 
zu halten y mit der Schlinge entfernt und häufig mit Chromsäure^ 
einmal auch galvanokaustisch geätzt. Die von der Operationswunde 
zurlickgehliehene Fistel war Mitte Februar 1875 4efiniti^- geheilt. 
Um dieselbe Zeit schien auch die Neigung zum Nachwuchem der 
Granulationen im Gehörgang verschwunden. Aber das Lumen des 
Ganges war immer noch eng. Eine minimale Eiterung in der Tiefe 
des Gehörganges bestand fort. 

Nachdem mit grosser Consequenz die Injectionen durch den 
Katheter noch mehrere Monate fortgesetzt waren^ anfänglich 2 Mal, 
später 1 Mal wöchentlich, und schon seit vielen Wochen von Otorrhoe 
nichts mehr zu bemerken gewesen war, entzog sich der P. Ende 
April der weiteren Gontrole und ist deshalb die definitive Heilung 
'bicht mit voller Sicherheit constatirt. 

Schmerzen sind seit der Operation nicht wieder eingetreten. Die 
Facialisparalyse war schon in der dritten Woche nach der Operation 
rückgängig geworden und hatte eine kaum bemerkbare Parese zurück- 
gelassen, die nur an einer verlangsamten Innervation derjenigen 
Muskeln, welche den Mundwinkel bewegen, beim Sprechen hervortrat. 
Die Uhr wurde nach wie vor beim Anlegen an das Ohr nicht gehört, 
und C. vom Scheitel stets im ganzen Kopfe gleichmässig. — 

(Fortsetzung folgt.) 



XV. 
Zur Frage fiber die Innervation des Hnsc. tensor tympani 



von 



Prof. Dr. Adam Politzer 

in Wien. 

Bis zum Beginn des vorletzten Decenniums waren die An- 
sichten unter den Anatomen über die Innervation des Tensor 
tympani getheilt. Während Arnold die Fasern des von ihm 
entdeckten N. ad tensorem tympani sowohl, als auch des vom 
N. pterygoideus int. zu diesem Muskel gehenden Astes dem Tri- 
geminus angehörend schildert, stellt Long et als unzweifelhaft 
die Ansicht auf, dass der Tensor tympani vom Facialis, und zwar 
von der Portio intermedia Wrisbergii versorgt werde. Ebenso 
liess ein Theil der Physiologen es unentschieden^ ob die moto- 
rischen Elemente des N. stapedii dem Facialis oder dem Trige- 
minus angehören, da der Zweig nach stattgehabter Anastomose 
des Facialis mit dem vom Trigeminus kommenden N. petrosus 
superf. maj. am Knie abgeht. — 

Im Jahre 1860 habe ich unter Leitung des Herrn Prof. 
Ludwig eine Reihe von Versuchen an Säugethieren und Vögeln 
vorgenommen*) welche zu dem Resultate führten, dass 

1. der Tensor tympani von der Pars motoria n. quinti seine 
Fasern erhält; 

2. dass die centralen Fasern des N. stapedii dem Facialis 
angehören. 

In Virchow's Archiv Bd. 65 hat nun Voltolini auf Grund 
einer Reihe von Versuchen die Behauptung aufgestellt, dass 
der Tensor tympani nicht blos vom Trigeminus, 
sondern auch vom Facialis innervirt wird und be- 



\ 



1) Sitzangsberichte der k. k. Academie der Wissenschaften in Wien 
14. März 1S61. 



160 XV. POLITZER 

zeichnet dies „ als ein höchst merkwürdiges, aber unzweifelhaftes 
Factum ^ Eingangs seines Aufsatzes weist yoltolin^ darauf 
hin, dass er schon im Jahre 1859 Versuche an Thieren über die 
Innervation der Binnenmuskeln des Ohres angestellt habe und 
dass ich ein Jahr später diese seine Methode benutzt 
hätte, um meine Experimente an Hunden auszuführen. Es geht 
aber aus den im Jahre 1859^) angestellten Versuchen von V. 
hervor, dass dieselben gerade wegen Mangel einer Methode Re- 
sultate lieferten, welche Voltolini in seinem neuesten Aufsatze 
mit Stillschweigen übergeht, die wir aber zur Gharakterisirang 
der damaligen Versuche Voltolini 's hiermit zu citiren uns er- 
lauben. In jenem Aufsatze des Prof Voltolini 's (Virchow's 
Archiv 1860, Bd. 18. S. 42) heisst es: 

„Ich habe weder bei Reizung der Portio minor 
(n. quinti) noch des Nervus facialis eine Bewegung 
des Tro^mmelfells, resp. Hammers erfolgen sehen 
und es ist sehr die Frage^ ob die Contractionen des 
M. tens. tympani nicht vom Glosso-pharyngeus oder 
gar Accessorius Willisii vermittelt werden, der 
Zweige dem Vagus beimischt. An den letztgenann- 
ten Nerven habe ich noch keine Versuche angestellt.* 

Es ist also Voltolini nicht gelungen, auch die geringste Be- 
wegung an den Binnenmuskeln zu beobachten, wiewohl er „bei 
Reizung des Trigeminus durch den abgeschnittenen Kopf in die 
Hand gebissen wurde". Wenn ich daher die von Voltolini 
angegebene Methode benützt hätte, so würde auch ich ohne 
Zweifel zu solchen Resultaten gelangt sein, wie wir sie oben 
citirten. Die von mir angegebene Methode bestand vielmehr 
darin, die durch die Contractionen des Tensor tympani hervor- 
gerufenen Bewegungen am Trommelfelle entweder durch Lob- 
trennung des Trommelfells von seiner Insertion an der äusseren 
Trommelhöhlenwand oder bei unverletztem Trommelfell durch 
ein in den äusseren Gehörgang luftdicht eingesetztes Manometer 
sichtbar zu machen. Prof. Voltolini hat es vielmehr unter- 
lassen, in seinem letzten Aufsatze anzuführen, dass die von ihm 
angewendete Methode, die Trommelfellbewegungen durch An- 
heftung eines Fühlhebels am Trommelfell zu vergrössem und 
sichtbar zu machen, von' mir herrührt, indem ich dieselbe zuerst 

1) Der citirte Aufsatz Voltolini's ist nicht im Jahre 1859, sondern 
1860 in VirchoT^'s Archiv erschienen, somit in demselben Jahre, in welchem 
ich meine Versuche ausgeführt habe.^ 



Zur Frage über die Innervation des Masc. tensor tympani. 161 

im Jahre 1861 bei meinen Versuchen über die Schwingungen der 
Gehörknöchelchen in Anwendung zog. 

Wir kommen nun zur Kritik der neueren von Voltolini 
angestellten Versuche, aus welchen hervorgeht, dass V. die An- 
fangsgründe der Experimentalphysiologie ausser Acht lassend 
zn vollkommen falschen Besultaten gelangt ist 

In meiner oben citirten Arbeit habe ich nämlich darauf hin- 
gewiesen, dass man bei Reizung der Nervenstämme in der 
Schädelhöhle an frisch geschlachteten Thieren sich nur schwa- 
cher elektrischer Ströme bedienen dürfe, weil bei 
starken Strömen Stromschleifen entstehen, welche das Resultat 
des Experimentes vollkommen in Frage stellen. Wenn nun 
Voltolini sagt: 

„Durch alle hier angeführten Experimente können wir nun- 
mehr die Frage. beantworten, warum Politzer nur vom Trige- 
minus aus Gontractionen des Tensor erfolgen sah. Es geschah 
dies, »weil er nur mit schwachen Strömen gearbeitet*", 
nnd femer: 

„Bei meinen Experimenten habe ich nur einmal bei schwa- 
chem Strome auf Reizung des Facialis eine Gontraction des Tensor 
eintreten gesehen, sonst immer nur bei mittelstarken und 
starken Strömen", so müssen wir Herrn Prof. Voltolini darauf 
aufmerksam machen, dass in jedem Lehrbuche der Physiologie 
. ausdrücklich vor der Anwendung starker elektrischer Ströme ge- 
warnt wird, weil dieselben sehr leicht durch Stromschleifen und 
Hervorrufiing paradoxer Zuckungen zu einer Quelle von Täu- 
schungen filr den Experimentator werden können. „Man muss 
deshalb, wenn man sich elektrischer Reize bedient, 
die schwächsten nehmen, mit denen man überhaupt 
auskommen kann" (Brücke, Vorlesungen über Physiologie. 
Bd. IL S. 18.). 

In diesem Satze liegt aber auch die vollständige Kritik der 
Experimentirungsweise des Herrn Prof. Voltolini. Denn jeder 
Physiologe wird es bestätigen, dass, wenn dieFasern eines 
motorischenNerven in einen quergestreiften Muskel 
eintreten, in diesem bei der Reizung de^ Nerven- 
stammes mit den allerschwächsten elektrischen Strö- 
men eine Zuckung ausgelöst werden muss. 

Es muss daher gerechtes Staunen erregen, wenn Voltolini 
die erste Regel , die jeder Experimentator bei elektrischen Ver- 
suchen streng beobachten muss, als Fehlerquelle bei meinen 



162 XV. POLITZER 

Yersachen bezeichnet. Ergibt sich schon aus dem Gesagten der 
zweifelhafte Werth der von Voltolini angestellten Versuche, 
so gelangt man zur vollen Gewissheit, dass V. durchaus irrige 
Resultate erhalten musste, wenn man die Schilderung der Versuche 
durchliest; — und wir wollen in Folgendem die von Voltolini 
an 25 Thieren angestellten Versuche in Kürze näher beleuchten. 

Voltolini gruppirt die angestellten Experimente in zwei 
Reihen. Die ersten Versuche, an 6 Säugethieren angestellt, er- 
geben Gontraction des Tensor tympani bei Reizung des Trigeminus, 
jedoch nicht bei Reizung des Facialis. Voltolini bestätigt durch 
diese ersten 6 Versuche die Resultate meiner im J. 1860 ange- 
stellten Experimente. In der zweiten .Versuchsreihe jedoch be- 
schränkt sich Voltolini nicht auf die allein zulässige Anwen- 
dung schwacher Ströme, sondern er bedient sich starker elektrischer 
Ströme, und da er es unterlässt, die Hervenstämme nach Mög- 
lichkeit isolirt zu reizen, sondern, wie er selbst angibt, die Elek- 
troden aufs Geradewohl in den Porus acusticus int. hineinsenkt, 
so ist es wohl leicht begreiflich, dass bei dieser Art zu experi- 
mentiren die Entstehung von Stromschleifen nicht hintangehalten 
werden kann. Wenn daher Voltolini bei der Mehrzahl der 
Experimente seiner zweiten Versuchsreihe die Thatsache con- 
statirt, dass er bei Reizung des Trigeminus mit schwa- 
chen Strömen starke Gontraction des Tensor beob- 
achtete, während bei Reizung des Facialis mit 
schwachen. Strömen keine Gontraction des Tensor, 
bei Reizung desselben mit starken Strömen je- 
doch deutliche Gontractionen des Tensor beobachtet 
habe, so geht hieraus mit Klarheit hervor, dass die Gontractionen 
des Tensor bei Einwirkung starker elektrischer Ströme auf den 
Facialis nur durch Stromschleifen hervorgerufen worden sind. ^ 
Ja es ergibt sich sogar aus den Versuchen Voltolini 's, dass 
selbst bei stärkeren auf den Facialis einwirkenden 
Strömen bei 10 unter 25 Experimenten keine Gon- 
traction des Tensor ausgelöst wurde und dass bei 
2 Versuchen (Nr. 7) weder bei schwacher noch bei 
starker Reizung des Facialis eine Gontraction des 
Tensor beobachtet wurde, „obgleich bei beideuHun- 
den sich deutlich die Gesichtsmuskeln bei Reizung 
des Facialis contrahirten." 

Wenn in den Tensor tympani sowohl motorische Fasern des 
Trigeminus, als auch des Facialis eintreten würden, so muss sich 



Zar Frage über die Innervation des Masc. tensor tympani. 163 

Jedem sofort die Frage aufdrängen , weshalb vom Trigeminus 
aus der Muskel durch schwache Ströme zur Gontraction gebracht 
werden kann und weshalb nicht bei demselben Grade elektrischer 
Beizung auch vom Facialis aus? Wenn femer bei Reizung des 
N. facialis mit schwachen elektrischen Strömen ^er Muse, sta- 
pedius sich contrahirt, müsste nicht auch stets gleichzeitig eine 
Gontraction des Tensor erfolgen , wenn in diesen Muskel eben- 
falls Fasern des Facialis eintreten würden? Und müsste nicht 
bei jenen Versuchen, wo bei Beizung des centralen Theiles des 
Facialis die Gesichtsmuskeln sich deutlich contrahiren auch 
gleichzeitig eine Gontraction des Tensor tympani erfolgen, wenn 
dieser Muskel vom Facialis innervirt würde? Dass aber bei 
25 Versuchsthieren nur 1 Mal bei Anwendung schwacher Ströme 
vom Facialis aus eine Gontraction des Tensor tympani aus- 
gelöst vmrde, beweist eben nur, dass dieses eine Mal auch ^ 
ein schwacher elektrischer Strom eine Stromschleife oder para- 
doxe Zuckung hervorrufen konnte. Die Thatsache, welche Vol - 
tolini als Stütze für seine Ansicht anführt, dass bei gleich- 
zeitiger Beizung des Trigeminus und Facialis die Gontractionen 
des Tensor stärker waren, als bei Beizung des Trigeminus allein, 
lässt sich einfach in der Weise erklären, dass die directe B^izung 
des Muskels vom Trigeminus aus durch die bei Beizung des 
Facialis entstandenen Stromschleifen verstärkt wurde (Summi- 
rung der elektrischen Beize.) 

Wie sehr aber Yoltolini selbst den schwankenden Boden 
flihlt, auf dem er mit seinen Experimenten steht, geht aus folgen- 
dem Satze am Schlüsse seiner Abhandlung deutlich hervor: 

„ Aber man könnte dennoch Einwendungen machen und be- 
haupten, die (23) Experimente sind nicht exact, es wäre bei dem 
so merkwürdigen Besultate, dass der Tensor tympani ebenso 
wohl vom Trigeminus, als vom Facialis innervirt wird, doch noch 
an Stromschleifen zu denken, weil schon der feuchte Knochen 
gut leitet und zu Stromschleifen Veranlassung geben kann. Aus 
diesen Gründen stellte ich mit Herrn Bachmann folgende Ex- 
perimente an:^ etc. 

Es folgen nun zwei Experimente, welche sich in der Art 
der Ausführung von den früheren in Nichts unterscheiden. Bei 
einem dieser Experimente, welches Voltolini als entschei- 
dend für die Frage bezeichnet, wird als beweisfllhrend 
folgende Thatsache angefahrt: 

„Wie immer starke Gontraction des Tensor bei Beizung des 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 12 



164 XV. POUTZER 

Trigeminojsi^, ebenso wenn auch schwächere doch deafliehe Con* 
traction des Tensor bei Beiznng des Facialis. Ausserdem aber 
beobachteten wir noch folgendes interessante und für unsere 
Frage entscheidende Phänomen. Bei Beiznng des Facialis deut- 
liche Gontraction des Tensor und des Muscul. stapedias; so oft 
das Experiment wiederholt wurde , zeigte sich immer dasselbe 
Phänomen. Wurde dagegen der Trigeminus gereizt , so zeigte 
sich nur Contraction des Tensor, nicht aber auch die des Stapedius. " 

„Die Logik** — so fährt Voltolini fort — „ftthrt nun wohl 
mit zwingender Nothwendigkeit zu folgenden Schlüssen: »Wir 
haben bei den Experimenten die Thatsache beobachtet, dass der 
Tensor tympani sowohl auf Beizung des Trigeminus, als des 
Facialis sich contrahirt. Würde die Contraction des Tensor auf 
Beizung des Facialis nicht durch die Innervation dieses Nerven 
sondern durch eine Stromschleife vom Trigeminus aus erfolgen, 
so wäre nicht abzusehen, warum in unserem letzten Experimente 
(beim Kaninchen) nicht ebensowohl gleichzeitig mit dem Tensor 
der Stapedius sich contrahirte *". ** 

Also deshalb, weil bei Jßeizung des Trigeminus keine Con- 
traction des Stapedius eintrat, folgert Voltolini mit „zwingen- 
der Nothwendigkeit'*, dass bei Contraction des Tensor durch 
Beizung des Facialis mit starken Strömen von Stromschleifen 
keine Bede sein könne, weil ja sonst in diesem einen Falle aa\}h 
vom Trigeminus Stromschleifen zum Stapedius hätten beobachtet 
werden müssen. Als wenn es in unserer Macht liegen würde, 
die entstandenen Stromschleifen im Gehörorgane nach einer be- 
stimmten Bichtung hin zu leiten. Und wenn wir sehen, dass 
Voltolini bei 10 Experimenten unter 25 selbst bei starker 
Beizung des Facialis keine Contraction des Tensor 
beobachtete, so müsste er durch diese Besultate allein darauf 
aufmerksam geworden sein, dass bei den übrigen Versuchen die 
Contractionen des Tensor in Verhältnissen gelegen sein mussten, 
die mit der angenommenen Innervation desselben durch Facialis- 
fasern in gar keinem Zusammenhange stehen konnten. 

Was die von Voltolini angeführten Besultate seiner ünter- 
suchuirgen anlangt, so können wir uns bei Besprechung derselben 
ganz kurz fassen, da diese, wie: Contraction des Tensor bei 
Beizung des Trigeminus, femer die Excursion des Hammergriffs 
nach innen bei Contraction des Tensor, das Steigen der Lymph® 
in den geöffneten halbzirkelförmigen Kanälen bei Contraction 
des Trommelfellspanners und die Erweiterung der Eustach'schen 



Zur Frage über die Innervation des Muse, tensor tympani. 165 

Ohrtrompete bei Beizang des Trigeminns — nicht die Resultate 
der Voltolini'schen Experimente ^ sondern der Versuche sind, 
die ich in den Jahren 1860 und 1861 angestellt habe. Wir 
finden es geradezu unbegreiflich, dass Voltolinidie Erweiterung 
der Eustachischen Ohrtrompete bei Reizung des Trigeminns als 
eine neue Ton ihm entdeckte Thatsache hinstellt, da ihm doch 
die Resultate meiner diesbeztlglichen Versuche 0> welche auch 
in dem Lehrbuche von Tr öl tsch citirt erscheinen, bekannt sein 
mnssten. In meinem unten citirten Aufsatze Seite 94 heisst es: 
„Bei jeder Reizung des Trigeminns mittelst der Elektroden eines 
Inductionsapparats sah man die der vorderen Lippe der Tuba 
entsprechende Schleimhautpartie nach aussen weichen und be- 
sonders das obere Stück der S-förmigen Krümmung 
de^s Ostium pharyngeum tubae sich zu einer V^ Mm. 
betragenden Spalte erweitern. Die anatomische Präpa- 
ration ergab stets den Musculus tensor veli palatini als Grund- 
lage der Bewegungserscheinung." 

Was schliesslich die Angabe Voltolini's anlangt, dass er 
„niemals; weder bei Reizung des Trigeminns noch des Facialis, 
noch selbst bei mechanischer Bewegung des Steigbügels eine 
gleichzeitige Bewegung der Membrana tymp. secundaria beob- 
achtet habe, mochte man mit der Lupe ein Spiegelbild oder 
einen aufgesetzten Fühlhebel betrachten % so muss diesem nega- 
tiven Resultate die positive Thatsache entgegengestellt werden, 
dass ich bei einem Versuche am Hunde, bei welchem über die 
Kische des runden Fensters ein Manometerröhrchen luftdicht auf- 
gesetzt wurde, eine deutliche Schwankung der Flüssigkeit bis 
auf V4 Mm. bei Contraction des Tensor tympani beobachtet habe. 
Wir erinnern femer an die Versuche von Burnett in Philadelphia 
und Bück in New- York, die mittelst des Mikroskops die Schwin- 
gungen der Membran des runden Fensters nachweisen konnten, 
welche durch Vibrationen der Steigbügelplatte mittelst der Laby- 
rinthfltissigkeit auf das runde Fenster übertragen wurden. Wenn 
wir mit Cotunnio*) auch annehmen, dass beim Hineinrücken 
der Steigbügelplatte gegen den Vorhof ein Theil der comprimirten 
Flüssigkeit gegen den Aquaeductus vestibuli hin ausweiche, so 
müssen wir es als unbestreitbares Factum hinstellen, dass bei 
jeder Bewegung der Steigbügelplatte nach innen die Membran 

1) „Uebef eine Beziehung des Trigeminus zur Eustachischen Ohr- 
trompete". Würzburger naturwissenschafth'che Zeitung 1861. 

2) De aquaeductibus auris humanae internae 1761. 

12* 



1 



166 XY. POLITZER, Zur Frage über die Innervation des Muse. tens. tymp. 

des runden Fensters in entgegengesetzter Richtung ausweicht und 
die obige Behauptung Voltolini's ist gleichbedeutend mit der 
Leugnung von Thatsachen. 

Der Grund, weshalb Voltolini bei seinen Versuchen keine 
Bewegung am runden Fenster beobachtet hat, liegt in den primi- 
tiyen Behelfeui deren er sich bedient hat Es wird wohl Jedem 
begreiflich sein, dass man minimale Bewegungen einer so kleinen 
Membran nicht mit freiem Auge oder mit der Lupe wahrnehmen 
kann, und es muss geradezu überraschen, dass Voltolini die 
Bewegung am runden Fenster durch das Au&etzen eines Ftlhl- 
liebels auf die Membrana tymp. sec. beobachten wollte, ohne za 
bedenken, dass die minimalen Bewegungen einer Membran von 
so kleinen Dimensionen durch die Belastung mit einem Ftthl- 
hebel vollständig aufgehoben werden. Würde sich daher Vol- 
tolini bei seinen Untersuchungen des Manometers^) oder des 
Mikroskops bedient haben, so würde er ohne Zweifel zu dem 
positiven Resultate gelangt sein, dass bei jeder Bewegung des 
Steigbügels gegen den Vorhof eine Bewegung der Membran des 
runden Fensters gegen den Trommelhöhlenraum zu erfolgt. 

1) Am leichtesten lässt sich der Versuch am menschlichen Gehör- 
organe ausführen, wenn man nach Entfernung der Warzenzellen und eines 
Theiles der hinteren TrommelhOhlenwand diö Nische des runden Fensters 
so frei legt, dass man über derselben ein ManometerrOhrehen mittelst einer 
Harzwaehsmasse luftdicht ankittet. Bei jeder Bewegung der Gehörknöchelchen 
nach innen, sei es durch Zug an dem Muskelbauche des Tens. tymp., oder 
durch unmittelbaren mechanischen Druck auf die Gehörknöchelchen wird 
man eine Bewegung der Flüssigkeit im Manometerröhrchen wahrnehmen. 



XVI. 
Kleinere littheiluBgen. 



1. 

Ueber eine neueForm des künstlichen Trommelfells 

von 

Dr. Arthur Hartmann 

in Berlin. 

Ein Patient aus der Klinik des Herrn Prof. Politzer, der 
Yon der Anwendang^er gebräachlichen kttnstlichen Trommelfelle 
nicht vollständig befriedigt war, gab mir Veranlassung, ein künst- 
liches Trommelfell nach neuem Princip zu verfertigen. 

Da die Wirkung des künstlichen Trommelfells darauf be- 
ruht, dass auf die Beste des Trommelfells und der Gehör- 
knöchelchen ein Druck ausgeübt wird, so ging ich von der An- 
sicht aus, dass, um einen Druck auszuüben, einerseits eine elastische 
Kraft nothwendig sei und andererseits derselben ein Stützpunkt 
gegeben werden müsse, von dem aus sie zur Wirkung gelangen 
könne. Zu diesem Zweck machte ich Versuche mit Schlingen 
aus elastischen Stoffen, Fischbein, Federposen und dünnen Uhr- 
federn. Von letzteren sah ich sofort ab, da sie zu wenig biegsam 
sind, aber besonders^am Fischbein und auch an Federposen glaube 
ich ein passendes Material für die gewünschte Wirkung gefunden 
zu haben. ^ 

Aus einem 6—7 Gtm. langen Stück Fischbein mache ich 
mir durch Spalten eine Keihe von 1—2 Mm. breiten, sehr dünnen 
Stäbchen ; dieselben werden durch Schaben mit dem Messer ge- 
glättet und besonders in der Mitte so dünn gemacht, dass sie 
kaum die Dicke eines Kartenblattes erhalten. Durch Umbiegen 
zu einer Schlinge überzeuge ich mich, ob die gewünschte Elasti- 
t^t hergestellt ist und mache, wenn dies noch nicht der Fall ist, 
durch Schaben das Fischbeinstäbchen noch dünner. 




168 XYI. Kleinere MittheiluDgen. 

Indem man die Mitte dicker lässt und die seitlichen Theile 
der Schlinge dtinner macht, kann man der Schlinge eine beliebige 
Breite geben. Das so hergerichtete Stäbchen umwickle ich nnn 
mit Banmwollwatte , indem ich eine kleine Quantität derselben 
zu einem bandartigen Streifen ausziehe und mit diesem zuerst 
die Mitte des Stäbchens umwickle. Sodann wird das Stäbchen 
zur Schlinge umgebogen, der Banmwollstreifen , um ihm mehr 
Festigkeit zu geben, einige Male gedreht und die beiden Schenkel 

der Schlinge vollends gemeinschaftlich bis 
zu ihrem Ende umwickelt. Vgl. Fig. 2. 
nicht umwickelte, Fig. 1. mit Baumwoll- 
watte umwickelte Schlinge. 

Statt der gewöhnlichen Baumwollwatte 
kann Bruns'sche Verbandbaumwolle oder 
bei noch bestehendem Ausflusse die an der 
Politzer 'sehen Klinik gebräuchliche, mit 
einer Lösung von Zinc. sulf. in Wasser rm^ 
Fig. 1. Fig. 2. Glycerin getränkte und dann getrocknete, 

adstringirende Baumwolle, bei übelriechen- 
dem Ausflusse die Salicyl-Baumwolle in Verwendung gezogen 
werden. 

Wird die Schlinge wenig breit gemacht und dicker um- 
wickelt, so wird die Wirkung dem Yearsley'schen Wattektlgel- 
chen entsprechen, währen^d bei breiter Schlinge und schwächerer 
Umwicklung ein starker Dmck ausgetlbt wird. 

Herr Prof. Politzer hatte die Gtlte, mein Instmmentehen 
bei 4 hierzu geeigneten Fällen seiner Klinik anzuwenden und 
wurde mit demselben ein mindestens ebenso günstiger Effekt 
erzielt, als wie mit den anderen künstlichen Trommelfellen. 

Als einen Hauptvorzug meines Instrumentchens betrachte 
ich, dass es sehr einfach, event. von dem Patienten selbst her- 
gestellt werden kann, deshalb sehr billig ist und besonders in 
der Armenpraxis verwendet werden kann. Ausserdem kommen 
die bei den gebräuchlichen künstlichen Trommelfellen entschieden 
unangenehmen Empfindungen im äusseren Gehörgange in Weg- 
fall, bes. wenn das äussere Ende des Instrumentchens etwas 
dicker umwickelt und ihm dadurch eine Stütze an der Mündung 
des äusseren Gehöipuiges gegeben wird. Indem äusserlich nur 
das mit Watte umwickelte Ende als BaumwoUpfiropf sichtbar 
ist, entspricht es auch den kosmetischen Anforderungen. 



XYI. Kleinere MittheilangeD. 169 

2. 

Bemerkungen zu dem Referate des Herrn Zaufal über 

meine Arbeit: „Zur Function der Tuba Eustachii und 

des Gaumensegels" (Virchow's Arch. Bd. 64.) 

Ton 

A. Lucae. 

1. Für diejenigen, welche* von meiner Arbeit nur durch das 
ZaufaTsche Referat Eenntniss erhalten haben, bemerke ich, 
dass sich in das Referat über den ersten Theil meiner Arbeit 
ein bedenklicher Fehler eingeschlichen hat, welcher das Ver- 
ständniss eines sehr wesentlichen Punktes geradezu unmöglich 
macht. Es muss daselbst S. 53, Zeile 8 von oben statt „offener'' 
„luftdicht geschlossener" Tuba heissen. 

2. Herr Zaufal schliesst sein Referat mit dem Vorwurf, 
dass ich als empfehlenden Geleitschein meinen Bildern die Ver- 
dächtigung mit auf den Weg gäbe, als wären seine Bilder „ nach 
Instruction" gearbeitet. 

Dieser Vorwurf ist ein völlig unbegründeter und beruht auf 
einem Missverständniss der betreffenden Stelle, welche wörtlich 
folgendermassen lautet: „Weitere Beobachtungen werden zeigen» 
ob diese unter weit ungünstigeren Umständen von einem Cand& 
med. angefertigten halbschematischen Figuren, oder ob meine 
von einem Maler vorurtheilslos und ohne jede weitere Instruction 
naturgetreu aufgenommenen Abbildungen die richtigeren sind." 
Sollte wirklich ein unbefangener Leser der von Herrn Zaufal 
beliebten Schlussfolgerung beitreten, so bemerke ich zu allem 
Ueberfluss, dass es mir durchaus fem gelegen hat, die beiden 
„halbschematischen" Figuren — denn um diese allein handelt 
es sich hier — „verdächtigen" zu wollen. — 

Was die Sache selbst betrifft, so haben weder die direct 
noch die mdirect gegen mich gerichteten kritischen Auslassungen 
des Herrn Zaufal eine Aenderung meiner in jener Arbeit nieder- 
gelegten Ansichten bewirken können. 



XVII. 
Wissenschaflliclie RnndscliaQ. 



1. 

W. Preyer, Ueber die Grenzen der Tonwahrnehmung. 
(Jena 1876.) 

Preyer hat einige Fragen der physiologischen Akustik, die 
schon von verschiedenen Forschern in Angriff genommen waren, zum 
Gegenstand sehr eingehender Experimentaluntersuchungen gemacht. 
Die erstere bezieht sich auf die untere Grenze der Tonskala. Wie 
viele pendelartige Schwingungen müssen in der Secunde mindestens 
dem Gehörorgane mitgetheilt werden, damit eine wahre Tonempfindung 
entstehe? Bekanntlich hatte Savart auf Grund von Versuchen mit 
seinem Zahnrad behauptet, es genügten schon 8 Schwingungen in 
der Secunde. Hiergegen hatte Helmholtz eingewandt, dass Savart 
die Obertöne nicht ausgeschlossen habe und er kommt durch seine 
Versuche mit belasteten Saiten zu dem Schlüsse, dass mehr als 
30 Schwingungen das Ohr treffen müssten, um eine wahre Ton- 
empfindung zu Stande zu bringen. ^ 

Preyer hat nun mit Zungenpfeifen aus der Werkstätte von 
G. Appun experimentirt. Welche Gründe ihn zur Wahl dieses 
Mittels, die Luftschwingungen zu erzeugen, bestimmt haben und wie 
er den Verdacht ausschliesst, dass er nicht durch die Obertöne ge- 
täuscht wurde, das muss im Original nachgelesen werden. Das Re- 
sultat seiner Versuche ist, dass bei den meisten normalhörigen 
Menschen etwa 15 — 24 Schwingungen ausreichen, um ^eine Ton- 
empfindung hervorzubringen. Wie zu erwarten war, ist die untere 
Grenze der. Tonskala individuellen Schwankungen unterworfen. 

Zweitens hat Preyer auch festzustellen gesucht, wie hoch die 
Zahl der Schwingungen steigen dürfe, ohne dass sie aufhören, eine 
Tonempfindung hervorzubringen. Zu diesem Ende liess er sich von 
G. Appun eine Reihe von 31 Stimmgabeln verfertigen, die eine 
diatonische Tonleiter von c^^ bis e^^^^ bildeten, die höchst gestimmte 
derselben machte also 40960 Schwingungen in der Secunde. Beim 
Schwingen aller dieser Gabeln wurden von vielen Personen noch 
deutliche Töne gehört, so dass mit 40960 Schwingungen in der 
Secunde jedenfalls die Grenze der Leistungsfähigkeit vieler Ohren 



Xyn. Wissenschaftliche Rundschaa. 171 

noch nicht überschritten ist. Manche Personen freilich waren schon 
für Töne von 12000 Schwingungen taub, obwohl dieselben innerhalb 
der musikalisch gebrauchten Gegenden der Tonskala ganz normal- 
hörig erschienen. Da Werkzeuge, welche noch grössere Schwingungs- 
zahlen als 40960 mit Sicherheitliefern, bis jetzt noch nicht hergestellt 
werden konnten, so ist eigentlich auch von Frey er das Problem 
noch nicht gelöst, die obere Grenze der Tonskala festzustellen, die 
von keinem menschlichen Ohr überschritten wird. 

Beim Anhören der höchsten Töne wurden Schmerzempfindungen 
nur dann bewirkt, wenn diese Töne sehr intensiv ins Ohr kamen, 
bei massiger Intensität erschienen sie im Gegentheil wohlklingend. 
Die Intervalle zwischen den sehr hohen Tönen konnten übrigens 
selbst von sehr geübten Musikern nur sehr unvollkommen geschätzt 
werden. 

Die Unterschiedsempfindlichkeit für Tonhöhen hat Preyer ge- 
prüft mit Hülfe von sehr fein abgestimmten Zungenpfeifen aus der 
Werkstätte Appun's. Er fand, dass bei Tönen von 500 bis 1000 
Schwingungen schon ein Unterschied von 0,3 bis 0,4 Schwingungen 
deutlich bemerkbar ist. In den tieferen und höheren Lagen der 
Tonskala aber muss der Unterschied absolut und relativ grösser 
sein, um wahrgenommen zu werden. Es scheint aus den Versuchen 
von Preyer wirklich mit voller Sicherheit hervorzugehen, dass man 
die viel verbreitete Ansicht aufgeben muss, wonach die Unterscheid- 
barkeit zweier nacheinander gehörter Töne lediglich an ein für jedes 
Ohr bestimmtes musikalisches Intervall geknüpft sei, vielmehr werden 
sehr tiefe und sehr hohe Töne vom selben Ohr erst bei einem viel 
grösseren Intervall als verschieden erkannt als Töne mittlerer, Höhe. 
Wenn indessen Preyer hierin eine Ausnahme vom F e c h n e r 'sehen 
psychophysischen Gesetze sehen zu müssen glaubt, so kann ich ihm 
nicht beipflichten, da mir die Berechtigung nicht unzweifelhaft scheint, 
eine Anwendbarkeit dieses Gesetzes auf qualitative Unterschiede von 
Empfindungen zu fordern. 

Ferner untersuchte Preyer ebenfalls an den Tönen von Zungen- 
pfeifen die Fähigkeit "des Ohres in der Beurtheilung von Intervallen. 
Es zeigte sich, dass hier die Fähigkeit am grössten ist für die 
Octave, sie ist hier so gross, dass der Unterschied des zw^itgehörten 
Tones von der Octave des ersten noch kleiner sein darf, als der 
eben merkliche Unterschied zweier successiven Töne überhaupt, wenn 
die Unreinheit des Octavenintervalles noch merkbar sein soll. Nach 
den Octaven wird am sichersten die Quinte beurtheilt, danach die 
Quart, dann folgen etwa auf gleicher Linie die grosse Terz und 
grosse Sext, sodann die kleine Terz und endlich die kleine Sext. 

Die Fähigkeit der Beurtheilung der Intervalle nimmt ebenso 
wie die Unterschiedsempfindlichkeit für Tonhöhen von den mittleren 
Lagen der Skala, wo sie am grössten ist, nach den höheren und 
tieferen Lagen hin rasch ab, derart, dass bei den höchsten und 
tiefsten Tönen selbst sehr geübte Ohren grosse Fehler in der Schätzung 
der Intervalle machen. 

In einem letzten Abschnitte bringt Preyer Gründe vor für 



172 Xyn. WiBsenscbaftliche Randschan. 

die von ihm vertretene Ansicht^ dass im OehömerveBapparate, wie 
im Sehnervenapparate Erregung niemals ganz fehle vnä dass es 
eine positive „Empfindung der Stille^ gebe^ wie ein „Eigenlicht der 
Retina^. Es wtlrde indessen die Grenzen dieses Referates über- 
schreiten, wollte ich den im Wesentlichen wohl berechtigten Ans- 
fühmngen des Verfassers im Einzelnen folgen. A. Fick. 



2. 

Ueber histologische Veränderungen des Labyrinths 
* bei gewissen Infectionskrankheiten. Von Prof. Moos. 
(A. f. A. u. 0. V. 8. 221.) 

a. Veränderungen des Ohrlabyrinths beim Ileotyphus. 

Das ganze Labyrinth erkrankt beim Ileotyphus häufig und zwar 
doppelseitig. Jeder Theil desselben kann ergriffen werden. Regel- 
mässig waren ergriffen: Utriculus, Sacculus, Ampullen, Lamina spi- 
ralis membranacea. Ausnahmsweise die Halbzirkelgänge und Zona 
ossea. Histologisch stellt sich die Affection dar als eine Infiltration 
mit lymphoiden Zellen oder als kleinzellige Infiltration. 

In einem Falle fand M. neben dieser kleinzelligen Infiltration 
in fast gleicher Intensität und Ausdehnung fettkörnchenhaltige Zellen. 
Ob dieser entzündliche Vorgang im Labyrinth als eine specifische; 
dem Typhus eigenthümliche lymphatische Neubildung zu deuten sei, 
wie sie für den Abdominaltyphus in vielen anderen Organen bekannt 
ist; oder als eine einfache Entzündung aufzufassen sei, die sich von 
der gleichzeitig bestehenden eitrigen Entzündung der Paukenhöhle 
durch die Labyrinthwand auf das häutige Labyrinth fortpflanze, 
wagt M. nach dem ihm vorgelegenen Untersuchungsmaterial nicht 
zu unterscheiden. In einem Falle fand sich die kleinzellige In- 
filtration des ganzen Labyrinthes neben einfachem, nicht eitrigem 
Katarrh des Mittelohrs mit Entzündung beider Trommelfelle. 

Im Anschluss an diese anatomische Thatsache, die bei der Spär- 
lichkeit histologischer Untersuchungen des Ohrlabyrinths sehr schätzens- 
werth ist, spricht M. über die weiteren möglichen morphologischen 
Veränderungen, resp. die Ausgänge der geschilderten Labyrinth- 
affection die Vermuthung aus, dass sich die entzündliche Reizung 
entweder zu einer eitrigen Entzündung steigern könne, oder dass 
fettiger Zerfall und völlige Resorption des Exsudates eintreten könne, 
oder dass es zu Trübungen, Verdickungen, oder Atrophie der er- 
griffenen Gewebe komme, vielleicht auch zur käsigen Nekrose oder 
zu Geschwürsbildung. Diese Möglichkeiten verwerthet M. zur Deutung 
solcher Gehörstörungen im Typhus, welche ein negatives TJnter- 
suchungsresultat während des Lebens darbieten. 

b. Entzündung des Labyrinths bei Scharlach. 

Bei einem Fall von Scharlach, complicirt mit Diphtheritis der 
Mund- und Rachenhöhle, Vereiterungen der Parotis, Otitis media 



XYn. Wissenschaftliche Randsehaa. 173 

parnlenta; Periostitis der linken Squama etc. und durch secnndärd 
Meningitis tödtlich verlattfen; fand M. doppeUeitige Entzündung des 
Labyrinths: 

„Die häutigen Säckchen sowie die häutigen Halbzirkelgänge 
waren durch Wucherung des zwischen dem Periost der betreffenden 
knöchernen Wandungen und der Membrana propria gelegenen Binde- 
gewebes mehr adhärent als normal, die Bindegewebsztige selbst stärker 
vascularisirt und zeigten reichliche Infiltration theils mit kleinen 
Randzellen, theils mit Eiterzellen. Sowohl die kleinzellige, als die 
eitrige Infiltration verbreitete sich in so hohem Grade ' über die 
häutigen Säckchen^ die Ampullen und die häutigen Halbzirkelgänge, 
dass das Epithel ihrer Membrana propria nirgends mehr deutlich 
sichtbar war. Auf der Lamina spiralis membran. war das in so 
hohem Grade der Fall, dass man die einzelnen Regionen der feineren 
Gebilde derselben kaum mehr deutlich von einander unterscheiden 
konnte. " 

Dieser Befund im Labyrinth dürfte nach M. eine Erläuterung 
bilden zu „allen jenen Fällen von hochgradiger Schwerhörigkeit 
oder völliger Taubheit nach Scharlach, bei welchen die Analyse der 
übrigen klinischen Symptome die Annähme einer cerebralen Affection 
als Ursache der Gehörstörungen unbedingt ausschliesse ". 

c. Eitrige Entzündung des Labyrinths bei Variola. 

Neben Otitis med. purulenta fand M. bei einem 4 jährigen Kinde 
gleichzeitig eine eitrige Entzündung im Labyrinth. Die ovalen Fenster 
waren durch Steigbügel geschlossen. Makroskopisch erschienen Halb- 
zirkelgänge, Ampullen und^Säckchen verdickt und von citronen- 
gelb er Färbung. Mikroskopisch ergab sich reichliche Bindegewebs- 
neubildung zwischen dem knöchernen und häutigen Labyrinth. Die 
einzelnen Bindegewebszüge mit vielen. Eiterzellen infiltrirt. Zahkeiche 
Eiterzellen an den Säckchen, noch mehr auf den Halbzirkelgängen 
und den Ampullen. Die Zona ossea und membranacea der Schnecken- 
windungen beiderseits stark mit theils einzelnen, theils gruppenweise 
beisammenliegenden Eiterzellen bedeckt. Die Blutgefässe der Lamina 
spiralis membr. stark gefüllt. Die Nerven im Meat. audit. internus frei. 

Schwartze. 



3. 

I. lieber den diagnostischen und therapeutischen Werth 
des heuen Verfahrens zur Wegsammachung der 
Eustachischen Ohrtrompete und zur Ventilation der 
Trommelhöhle. Von Prof. Dr. Josef Grub er. (Separatab- 
druck aus der allg. Wiener medicinischen Zeitung.) 

IL lieber zwei angeblich „neue Verfahren" zur Wegsam- 
machung der Ohrtrompete. Von Prof. Dr. Adam P o 1 it z e r. 
Separatabdruck aus Dr. Wittelshöfer's „ Wiener med. Wochenschrift^ 
Nr. 4.7; 48 und 49. 1875. 



174 XYII. Wissenschaftliche Enndschau. 

IIL Die trockene Nasendouche^ ein Verfahren zur Be- 
handlnng von Mjttelohr- und Nasen-Rachen-Katar- 
rhen. Von Prof. Dr. A. Lacae in Berlin. (Berl. klin. Wochen- 
schrift Nr. 11. 1876.) 

Die beiden ersten citirten Arbeiten (I. II.) sind vorwiegend 
polemischen Inhaltes nnd bewegt sich der Streit hauptsächlich darum^ 
dass Politzer das von Lucae und Gruber angegebene „neue 
Verfahren zur Wegsammachung der Tuba Eustachii " als ein selbst- 
ständiges Verfahren nicht anerkennt, sondern jedes nur als eine 
Modification seines Verfahrens betrachtet wissen will. Diese An- 
schauung ist meiner Ansicht nach auch die richtige und hat sich 
ja bereits Lucae^) ebenfalls accommodirt. 

Der zweite Punkt dreht sich um den Grad der Wirksamkeit 
des Politzer 'sehen Verfahrens und der Grub er'schen Modification. 
Grub er gibt zu, dass die Druck- und Stosskraft bei „seinem Ver- 
fahren" eine geringere ist als beim Politzer 'sehen, erklärt aber 
gerade dieses als einen Vorzug seiner Modification, da nach „ seinem 
Verfahren" die jeweilig einwirkende Kraft besser berechenbar sei. 
Bei dem Aussprechen der Silben hack, heck, hick, hock, huck, fände 
nach Grub er eine Erweiterung der Tuba Eust. statt, jedoch wäre 
diese geringer als beim Schlingen und gerade das soll der Grub er- 
sehen Modification einen Vorzug vor dem Politzer 'sehen Verfahren 
geben, da die Auscultation über den jeweiligen Zustand der Tuba 
einen besseren Aufschluss verschaffe, als bei noch mehr erweiterter 
Tuba. Dass die Tuba bei der Aussprache der Grub er 'sehen Silben 
merklich erweitert werde, schliesst Grube r daraus, dass das Aus- 
cultationsgeräusch beim Katheterismus während des Aussprechens 
einer der Silben hack, heck etc. ein „breiteres" wird und dass der 
Ton einer vor den äusseren Gehörgang gehaltenen Stimmgabel ab- 
geschwächt wird, wenn man bei zugehaltenen Nasenöffhungen eine 
dieser Silben intonirt. — 

Referent kann seine Erfahrungen ttber den Erfolg einer ver- 
gleichenden Anwendung des Politzer 'sehen Verfahrens und der 
Lucae- und G r u b e r 'sehen Modification kurz darin zusammenfassen : 

Im Allgemeinen gelingt das Politzer 'sehe Verfahren, wo die 
Gruber'sche oder Lucae 'sehe Modification gelingt, doch ist die 
Wirkung des Politzer 'sehen Verfahrens meist kräftiger und nach- 
haltiger. Häufiger kommen die Fälle vor, in denen die Lucae 'sehe 
und G r u b e r 'sehe Modification nicht gelingt und nur dasPolitzer- 
sche Verfahren wirksam ist, doch kamen mir auch seltene Fälle 
vor, wo das Politzer 'sehe Verfahren nur schwach oder gar nicht 
gelang, wohl aber die Lu^e'sche Modification. Die meisten Nieten 
hat die Gruber'sche Modification und ist die Lucae 'sehe der 
Grub er 'sehen vorzuziehen. Die Gruber'sche Skala hat sich mir 
nur selten bewährt, doch fand ich die Angabe Grub er 's, dass 
die Luft (nicht bloss bei der Grub er 'sehen, sondern auch bei der 
Lucae 'sehen Modification und dem Politzer 'sehen Verfahren) bei 

1) Berl. klin. Wocbenschr. 1876. Nr. 11. 



XYII. Wissenschaftliche Rundschau. 175 

Neigung des Kopfes in das höher gelegene Ohr leichter eindringt, 
in mehreren Fällen bestätigt. So richtig auch die Grub er 'sehen 
Anschauungen im Princip sein mögen, obwohl ich ihm nicht in allen 
Punkten beipflichten kann,« so war die Hauptschwierigkeit bei der 
praktischen Anwendung seiner Modification stets die, den Patienten, 
besonders schwerhörigen Kindern, begreiflich zu machen, dass sie 
das k accentuiren und längere Zeit aushalten sollen. 

Ich selbst werde nur selten Veranlassung finden, eine der beiden 
Modificationen in Zukunft häufiger in Anwendung zu ziehen. Die 
brüske Gewalt, die man dem Politzer 'sehen Verfahren zum Vor- 
wurf macht*), ist leicht zu umgehen 1. durch Regulirung des Druckes 
auf den Ballon (Politzer) und 2. durch blosse Verengerung oder 
losen Verschluss der anderen Xasenöfihung mit dem Finger, welche 
sich bei einem üeberdruck gewissermassen wie ein Sicherheitsventil 
zu öffnen hat. Durch diese einfachen, ich möchte fast sagen Helbst- 
verständlichen Kunstgriffe, die ich seit Jahren anwende, ist es mir 
möglich, von der niedrigsten bis zur höchsten Druckwirkung zu 
steigen. Bei jedem Patienten, bei dem ich zum ersten Male das 
Politzer'sche Verfahren, besonders bei einseitiger Schwerhörigkeit 
ausführe, comprimire ich erst den Ballon mit 2 (Daumen und Mittel- 
finger), dann mit 3, 4 Fingern und endlich mit der ganzen Hand. 
Durch den losen Verschluss der vorderen Nasenöffnung gewinne ich 
zugleich den Vortheil, den Lucae von seiner Modification rühmt, 
dass nämlich ein Theil des Secretes durch die Nasenöffnung entweicht. 



Schon in seiner früheren Publication*) macht Lucae bei der 
Anwendung seiner Modification darauf aufmerksam, dass dabei gleich- 
zeitig mit dem Eindringen der Luft in die Tuba der Verschluss des 
weichen Gaumens durchbrochen wird, und im Cavum pharyngonasale 
angesammelte Secretmassen unter einem schwirrenden oder krächzen- 
den Geräusch in den unteren Rachenraum herabgeschleudert werden. 
In dem oben (ad III.) citirten Aufsatze empfiehlt er die metho- 
dische Anwendung der Luftdouche durch den Ballon 
oder durch Einblasen mit dem Munde während der 
gleichzeitigen Phonation des a, ae, o, err als ein 
Mittel zur Reinigung des Nasenrachenraumes von Se- 
cretmassen unter dem Namen der „trockenen Nasen- 
douche". 

Die methodische Anwendung dieses Verfahrens, die man auch 
dem Patienten oder seinen Angehörigen überlassen könne, heile oder 
bessere neben der Schwerhörigkeit auch den begleitenden Katarrh 
des Nasenrachenraumes und sei die Gefahr der Eintreibung von 
Schleimmassen durch die Tuba in die Paukenhöhle eine geringere, 

1) Seit 8 Jahren, in denen ich tausendemal das Politzer'sche Ver- 
fahren übte, habe ich bloss zwei TrommelfellraptureD , die in die ersten 
Jahre der Anwendang fielen, zu verzeichnen. Eine Ruptur wurde durch 
den Katheter, zwei Rupturen durch das Experimentum Valsalvae erzeugt. 

2) Virchow's Archiv Bd. 64. 



176 XVn. WisseDSchaftliche Bondscbau. 

als beim Politzer 'sehen Verfahren. Bezüglich des Werthes dieses 
Verfahrens seien hier Lucae's eigene Worte citirt: „Dass hiermit 
das Politzer'sche Verfahren und die Th. Web er 'sehe Nasen- 
douche entbehrlich gemacht sein sollen^ will ich durchaus nicht be- 
haupten; doch glaube ich, dass diese beiden Methoden durch das 
in Bede stehende Verfahren nicht bloss wesentlich unterstützt, son- 
dern — wegen ihres sich nicht selten geltend machenden üblen Ein- 
flusses auf das Ohr — in vielen Fällen vortheilhaft ersetzt werden 
dürften. « 

In einer Reihe von Fällen, in denen ich die trockene Nasen- 
douche in Anwendung zog, gelangte in der That die Abfuhr eines 
Theiles der im Cavum pharyng. nas. angesammelten Secretmassen 
in den unteren Rachenraum, doch war ich nicht im Stande, wie ich 
mieh mit dem Rhinoskope und mit dem Nasenrachentrichter über- 
zeugte, selbst nach 20- und BOmaliger Entleerung des Ballons das 
Gavum pharyngonasale YoUständig davon zu reinigen, besonders wenn 
die Schleimmassen, wie gewöhnlich im Nasenrachenräume, eine sehr 
zähe Flüssigkeit bildeten imd den Wänden fest adhärirten. 

Zaufal. 



4. 

Rhinoscopie par le Dr. Krishaber. (Annales des Mal. de 
rOreille et du larynx 1875. pag. 42— 49 et pag. 144—153.) 

Als Einleitung zu seinen klinischen Vorlesungen über Rhmo- 
skopie schildert Er. in kurzen Worten die historischen Momente dieser 
Untersuchungsweise, und Czermak ist es zuerst und allein, dem 
das Verdienst zukommt, diese E:jLplorationsmethode erfunden zvt 
haben. 

Die Angaben Bozzini's und Wilde 's sind zu unbestimmt und 
unwesentlich, um sie bei der Erfindung der Rhinoskopie besprechen 
zu müssen. 

Zur Untersuchung bedient sich Kr. mit Vorliebe kleiner Metall- 
spiegel, die er nach Benützung in Fett oder Glycerin aufzubewahren 
pflegt; bei Operationen wird der kleine Mundspiegel an einem spatel- 
förmigen Stiele zum Herabdrücken der Zunge befestigt; bei der ein- 
fachen Untersuchung dagegen drückt der Patient selbst vermittelst 
des Doppelspatels die Zunge nieder. Sonnenlicht scheint ihm die 
beste und rationellste Beleuchtungsquelle; muss er bei künstlichem 
Lichte untersuchen, so zieht er das Drummond'sche Licht allen an- 
deren vor, womit er dann vermittelst eines an einer elastischen 
Stirnbinde befestigten Planspiegels — die gewöhnlich benutzten 
Concavspiegel findet er zu heiss — den oberen Nasenrachenraum 
beleuchtet. Während der Untersuchung muss der Kranke zeitweilig 
durch die Nase inspiriren, wodurch der weiche Gaumen stark nach 
unten abweicht und hierdurch das Spiegelbild deutlicher wird. Im 
Gewöhnlichen wendet er den Zäpfchenheber nicht an. 

Es folgt dann die- detaillirte Schilderung des rhinoskopischen 



XVU. Wissenschaftliche Bundschaa. 177 

BildeS; die uns nichts Neues bringt, so wie überhaupt der sonst in 
klarer und gedrängter Sprache geschriebene Aufsatz wenig neue 
Einzelheiten bietet und gewiss nur deshalb Aufnahme in den Annalen 
gefunden hat, weil in Frankreich dieser üntersuchungsmethode bis 
auf den heutigen Tag noch ungemein wenig Aufmerksamkeit gezollt 
wird. Kuhn. 



5. 

Ladreit de Lacharriöre, De quelques affections herp^tiques 
de Toreille, qui provoquent le plus souvent la surditö. (Annales 
des M. d. rOr. et du L. pag. 175—188. 1875.) 

Zwei verschiedene Formen von Hautkrankheiten sind es, die 
nach L. das Ohr befallen und Taubheit erzeugen können. Das 
Ekzema und die Pityriasis. Die Schilderung des Ekzems weicht in 
nichts von der aus allen Lehrbüchern bekannten ab. Bei der Be- 
handlung der chronischen Form wendet Verf. mit Vorliebe den Theer 
an und zwar in ganz flüssiger Form; er warnt, wenn die Erkrankung 
sich schon auf den Gehörgang ausgedehnt hat, vor der Anwendung 
aller salben- und pulverartigen Mittel, weil dieselben den Gehörkanal 
noch mehr verstopfen und dadurch den Eiterabfluss erschweren. 
Vom inneren Gebratiche des Arseniks, der warmen Schwefel- und 
Soolquellen will er meist sehr schöne Erfolge gesehen haben. 

Die Pityriasis alba des Ohres wurde von L. sehr häufig beob- 
achtet und stellt sie sich in ganz gleicher Weise dar, wie die Pityr. 
capitis und aller der Eörpertheile, die mit Haaren bedeckt sind; er 
sah dieselben nur bei Leuten zwischen 40 — 60 Jahren, da in diesem 
Alter die Haare am äusseren Gehörgange am häufigsten sind und 
den höchsten Grad von Steifigkeit besitzen. Nimmt man. die wef^- 
lichen Pityriasisschüppchen weg, so findet man die Haut verdickt 
und leicht geröthet; der Gehörgiing ist stark verengt; die Kranken 
klagen über starkes Jucken im Ohre, über Taubheit und heftiges 
Ohrensausen. — In allen Fällen bestand auch Pityrias. capitis, sei 
es, dass die Erkrankung vom Kopfe auf das Ohr per continuitatem 
sich fortgesetzt hatte, sei es, dass dieselbe direct durch den kratzenden 
Finger übertragen worden. Zum Unterschiede von Aspergillus be- 
merkt der Autor neben der mikroskopischen Untersuchung, dass die 
Pityriasis sich stets von aussen nach innen entwickle, der Aspergillus 
dagegen seinen Sitz nur in der Tiefe des äusseren Ohres habe. — 
In vielen Fällen war die Erkrankung hereditär. 

Als therapeutische Maassregel ist es zuerst nöthig, die betref- 
fenden Haare des Gehörganges zu entfernen; alsdann locale An- 
wendung von Iprocentiger Sublimatlösung, Schwefelwasser etc.; 
innerlich Arsenik. 

Je zwei Krankengeschichten mit obligatem, therapeutischem Er- 
folge illustriren die etwas breite Schilderung dieser beiden Krankheits- 
formen der Gehörgangshaut. Kuhn. 



178 XVIL Wissenschaftliche Randschaa. 

6. 

E. Rondot^ Sur le Cancer de Tapophyse mastoYde. (Annales des 
M. d. rOr. et du L. p. 227—234. 1875.) 

• 

Bei einer 48jährigen Fran^ die seit ihrer Kindheit an einer 
rechtseitigen Ohraffection mit zeitweiligem eitrigem^ manchmal leicht 
blutigem Ausflusse gelitten; sonst aber stets gesund gewesen war, 
trat Anfangs November 1874 eine schmerzhafte Anschwellung des 
rechten Ohres auf; zu gleicher Zeit mit sehr heftigen neuralgischen 
Schmerzen längs der einzelnen Trigeminusäste ; besonders aber am 
Foram. supra- und infraorbitale; an der Fossa canina, am Foramen 
mentalC; unterhalb des Proc. mastoid. etc. Bei Druck erwiesen sich 
alle diese Punkte sehr schmerzhaft. Einige Tage hindurch klagte 
die Kranke über das Gefühl eines fremden Körpers unterhalb des 
rechten Augenlides. — Gleich vom Beginn hatte sich rechts con- 
tinuirliches Ohrensausen und beträchtliche Gehörverminderung em- 
gestellt. 

Zwei Monate später tritt unter krampfhaften Contractionen im 
Gesichte und am ELinne rechtseitlge Facialisparalyse eiu; die bei der 
Aufnahme der Patientin noch fortbesteht und zwar bei vollständig 
intaeter Sensibilität; man constatirt ausserdem eine beträchtliche 
Schwellung des rechten Proc. mastoideus niit sehr unbestimmter 
Fluctuatiou; jedoch völlig schmerzlos; mit AuJstfahme eines einzigen 
Punktes an der Knochenspitze. Die Anschwellung setzt sich auf 
die geröthete abgeplattete Ohrmuschel fort; aus dem Ohr selbst 
entleert sich schleimig-eitrige Secr^tion; der Gehörkanal ist derart 
verengt; dass die tieferen Theile nicht sichtbar sind. Kurze Zeit 
nachher traten bei der Kranken; in einem Zwischenräume von zwei 
TageU; heftige Schwindelanfälle mit Erbrechen auf. Die Schwellnng 
des Proc. mastoid. nimmt bedeutend zU; die Haut röthet sich mehr 
und mehr; es entwickeln sich an einzelnen Stellen rothglänzendC; 
fluctuirende Höcker mit weisslichen Eiterpunkten; zu gleicher Zeit 
werden im Gehörgange fungöse Geschwülste bemerkbar; die stets 
zunehmen und schliesslich den Meatus extemus vollständig ah- 
schliessen. 

Am 4. März macht Demarquay einen 10 Ctm. langen Ein- 
schnitt in den Proc. mastoid. ; eine dickC; grauC; übelriechende Flüs- 
sigkeit entleert sich; der untersuchende Finger bohrt sich leicht in 
eine Geschwulstmasse ein, die aus erweichtem, brüchigem Gewehe 
besteht und gelangt auf Knochenschichten; die sich leicht zusammen- 
drücken lassen. 

Während dieser Manipulation quollen ähnliche Eitermassen ans 
dem Ohrkanale. Einer ziemlich profusen Blutung aus der Art. auricol. 
post. halber kann die C an quo in 'sehe Paste erst einige Tage später 
eingelegt werden. Der Allgemeinzustand der Patientin bleibt fort- 
während gut; ein geringer Grad von Hörfähigkeit besteht auf diesem 
Ohre fort. — Nach Wegnahme des Aetzmittels findet man eine grosse, 
schmutzig-graue Wunde mit eitrigem Grunde. Die Kranke klagt 
über ausstrahlende Schmerzen nach dem Halse : die Facialislähmung 



XYU. WiBseDBchaftlicfae Randschau. 179 

bleibt stationär ; nirgends Lymphdrüsenanschwellung. Die Aussprache 
ist beträchtlich behindert^ die einzelnen neuralgischen Punkte dauern 
fort und in diesem Zustande verlässt die Patientin^ 4 Wochen nach 
der Operation, das Spital , ohne späterhin weitere Nachrichten von 
sich zu geben. 

An einem ausgeschnittenen Oeschwürstheile lassen sich alle 
mikroskopischen Charaktere des Krebsgewebes nachweisen. — 

Diese so seltene Beobachtung von Krebs des Warzenfortsatzes 
bietet verschiedene interessante Details; vorerst die im Beginne auf- 
tretenden hochgradigen Neuralgien in den verschiedenen Trigeminus- 
gebieten, fernerhin die eine Eiteransammlung in den Warzenzellen 
vorspiegelnden localen Symptome der Art, dass ein bewährter Chirurg 
wie Demarquay sich zur Incision entschliessen konnte, und schliess- 
lich die langsame Entwicklung der Neubildung aus einem chronischen 
eitrigen Mittelohrkatarrhe. Nähere histologische Angaben über die 
„Trame caract^ristique du cancer" wären erwünscht gewesen. Die 
aus dem Gehörgange herauswuchemden fungösen Partien scheinen 
mit der Geschwulst des Warzenfortsatzes in Verbindung gestanden 
zu haben, i. e. wie die letztere der Auswuclis einer im Mittelohr- 
räume gelegenen Geschwulstmasse gewesen zu sein. 

Verlauf sowohl als Entwicklung dieses Falles ähneln am meisten 
der ersten Beobachtung Wilde 's,' von welchem Autor allein 3 Fälle 
von Krebs des Warzenfortsatzes beschrieben sind. Auffallender 
Weise glaubt Rondet und mit ihm Poinsot (Dict. de med. et de 
Chirurg, prat. XXI. pag. 743), dass der obige Fall von Demarquay 
einzig in der Literatur sei. — ' Kuhn. 



7. 

Luys^, Contributions ä T^tude des 16sions intrac6r6brales de la 
surdi-mutitö. x(Ann. des M. d. FOr. et du L. pag. 313 — 322. 1875.) 

In früheren Arbeiten über das Centralnervensystem hatte L. die 
Ansicht ausgesprochen, dass alle von der Peripherie ausgehenden 
Reize und Sinneswahrnehmungen sich vorerst im Sehhügel centrali- 
siren, um dann durch die von diesem ausgehenden weissen Hirnfasern 
zu den betreffenden einzelnen Zonen der Hirnrinde übertragen zu 
werden. Diese physiologische Auffassung begründete er durch den 
anatomischen Nachweis, dass die Sehhügel aus einer Reihe kleiner, 
von einander unabhängiger Kerne aus grauer Substanz zusammen- 
gesetzt seien und so ein Conglomerat mehrerer Nervenganglien dar- 
stellen. Das weitere Verhältniss der thalami optici zu der Hirnrinde 
vergleicht er mit dem Rade, dessen Nabe vermittelst der einzelnen 
Speichen mit dem grossen Radkreise in Verbindung stehe. Es wären 
somit die Sehhügel der Sammelplatz fttr alle von aussen zugetragenen 
nervösen Eindrücke, die je nach ihrer Natur in den einzelnen Nerven- 
kernen der Thalami aufgenommen würden, um alsdann in neuer 
„animalisirter" iForm von hier aus auf die verschiedenen Theile der 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Rd. (Neue Folge. V. ßd.) 13 



180 Xyn. Wissenschaftliche Rundschau. 

Hirnrinde „ auszustrahlen ^^ allwo dann die eigentliche Gehirnfnnction 
ausgelöst werde. 

Gestützt auf seine anatomischen Untersuchungen und gemäss 
obiger physiologischen Hypothese verlegt er z. B. den Sitz des 
Riechsinnes in das Ammonshom^ den des Sehens in die vorderen und 
seitlichen Theile des Orosshimes^ den Sitz des Gehörs in die hinteren 
Regionen der Hirnlappen. Im Sehhügel selbst sei es der hinter^ 
Kern, der vorerst die Gehörsempfindungen von aussen sammle. Diese 
zum Theil rein theoretischen Auslassungen will nun der Autor bei 
der Section zweier Taubstunmien bestätigt' gefunden haben. 

In dem einen Falle — ein 7 2 jähriger von Geburt taubstummer^ 
aber sonst sehr intelligenter Mann, der an Pneumonie gestorben 
war — fanden sich einige der inneren Windungen der hinteren Gross- 
hirnlappen (coin, r6gion cun^iforme post^r.) beträchtlich atrophisch, 
gelblich entfärbt und ödematös geschwellt; rechts waren diese Ver- 
änderungen viel stärker als links.- Die weissen Hirnfaseni; durch 
welche dieser Himtheil mit dem hinteren Sehhügelende in Verbin- 
dung steht; waren von Bindegewebswucherungen durchzogen und 
amyloid degenerirt. An den Thalami optici waren nur die hinteren 
Kerne serös infiltrirt, sehr weich und von Amyloidkörperchen durch- 
setzt. In der grauen Substanz , die den Aquaeduct. Sylvii umgibt, 
bot sich ein ähnliches pathologischies Bild dar. Der Rest des Grehirnes 
vollständig normal. Der N. acusticus an einzelnen Stellen atrophisch. 

Bei dem zweiten Kranken — ein 14 jähriger taubstummer Knabe, 
der an Peritonitis tubercul. zu Grunde gegangen — konnte L. genau 
dieselben Veränderungen im GehiJ*ne nachweisen, jedoch in weniger 
ausgesprochenem Grade. Stets fand sich ein Wuchern des Binde- 
gewebes von der Nervenscheide aus, so dass die Nervenelemente 
allmählich verdrängt und schliesslich zerstört worden waren. 

Abgesehen von der* jedenfalls höchst genialen Hypothese des 
Autors über den Mechanismus der Gehirnaction ersehen wir aus 
diesen Sectionsergebnissen zweier Taubstummen das gleichzeitige 
Befallensein der hinteren Sehhügelkerne und der inneren Windungen 
der. hinteren Grosshirnlappen — Hunter in den Transact. medico- 
chirurgic. London 1825, beschreibt ebenfalls einen Fall von Taubheit, 
in dem er ziemlich ausgedehnte Veränderungen der Thalami optici 
gefunden hatte — ; wir sehen femer, wie einzelne Hirnpartien ganz 
isolirt erkrankt sein können, ohne den Rest des Organs auch nur 
im Geringsten weder in seiner Lebens- noch in seiner Functions- 
fähigkeit zu beeinträchtigen. Kuhn. 



8. 

Levi, Des divers moyens proposös pour maintenir ouverte une Per- 
foration chirurgicale de la membrane du tympan. (Annales des 
M. d. rOr. et du L. pag. 349 — 357.) 

Nach einem kurzen üeberblicke über die verschiedenen In- 
dicationen der Paracentese des Trommelfells bespricht Verfasser die 



XYII. Wissenschaftliche Bundschaa. 181 

einzelnen Methoden zur Offenhaltnng der künstlichen Oefihung. Keines 
der bis jetzt angegebenen Mittel, von der dreieckigen Sonde Pa- 
r o i s s e 's an bis zum Voltolirii 'sehen Galvänokanter und der jüngst 
von Simrock gepriesenen Schwefelsäure scheint ihm den genügen- 
den Zweck zu erfüllen. Gleich schlechte Erfolge beobachtete er von 
der Methode, kleine solide oder hohle Körper in die Wunde einzu- 
heilen, wie sie von Saisy, Philippeaux, Frank und Politzer 
angegeben wurden. Zuletzt bespricht^ er die von Voltolini An- 
fangs 1874 vorgeschlagenen und mehrmals ausgeführten Versuche, 
einen kleinen, hohlen, metallenen Halbring derart im Trommelfell 
zu fixiren, dass jedes der beiden Enden in eine vor und hinter dem 
Hammergriff gemachte Incision eingeführt werde. L. hat diese letztere 
Methode noch nicht angewendet. — Ein von Bonnafont zumBe- 
hufe der Offenhaltung der Paracentesenwunde jüngst angegebenes 
resp. modificirtes Instrument erscheint ihm noch das relativ beste. Es 
besteht dasselbe aus einem winklig gekrümmten Troicart, der sich 
in einer 3 Ctm. langen und 3 Mm. dicken Canüle befindet; in dieser 
letzteren sind 2 vermittelst eines Schiebringes vorzustossende Spring- 
häkchen verborgen, die nach dem Einstiche ach an die Innenfläche 
des Trommelfelles anlegen und die Canüle dadurch befestigen. Nach 
ausgeführter Operation wird der Troicart nebst dem Schiebringe 
entfernt und die aus Aluminium bestehende Canüle bleibt in der Wunde 
zurück. — Wenn der Autor mit Recht die Nachtheile hervorhebt, 
die allen diesen bis jetzt vorgeschlagenen Methoden ankleben, und 
wenn er weiterhin nachweist, dass sie alle nur ungenügend den be- 
treffenden Zweck erfüllen, so muss es uns sehr wundern, wie er 
das Bonnafont'sche Instrument noch relativ gut findet, bei dem 
eine 3 Ctm. lange Canüle in der Wunde zurückbleibt, die durch ihr 
Volumen nicht allein das Trommelfell und die Paukenhöhle intensiv 
reizen muss, sondern auch durch ihre Länge den Oehörgang be- 
ständig irritiren und die Kaubewegungen bedeutend erschweren muss. 

Kuhn. 



Ladreit de Lacharriere, Du retard dans le -develloppement 
du langage et du mutisme chez Tenfant qui entend. (Annales des 
M. d. rOr. et du L. pag. 23—37. 1876.) 

An der Hand einer Reihe von Krankengeschichten weist Ver- 
fasser nach, dass manche Eonder, trotz völlig normalem Gehörsinne, 
erst nach Jahren das Sprechen erlernen, andere sogar für immer 
stumm bleiben. Die verschiedensten pathologischen Störungen können 
dieser langsamen Entwicklung der Sprache, resp. der Stummheit zu 
Grunde liegen: 1. schwache Constitution (Anämie, Rachitis); 2. vor- 
übergehende oder bleibende nervöse Störungen (Convulsionen, fehler- 
hafte Coordination der vom Hypoglossus versorgten Muskeln) ; 3. locale 
Veränderungen und Erkrankungen der Organe, die dem Sprachacte 
verliehen (zu kurzes Zungenbändchen , Hypertrophie der Mandeln, 

13* 



182 Xyn. WisseDschaftliche Bandschau. 

angeborene Gaumenspalte; pathologische Veränderungen des hinteren 
Theiles der linken dritten Hirnwindung; Idiotismus) und 4. Heredität. 
— Zum Schlüsse bemerkt der Autor ; dass bei jedem Kinde , daa 
gut hört aber stumm bleibt; eine gewisse Reihe geistiger Eigenschaften 
mangelhaft bleibt; dass sich jedoch solche Individuen in den socialen 
Lebensverhältnissen bis zu einem gewissen Grade nützlich machen 
können. — Kuhn. 



10. 

Pierreson, Essai du traitement mödical de Thypertrophie des 
amygdales. (Annal. des M. d. FOr. et du L. pag. 44 — 55. 1876.) 

P. stellt sich auf Seite der Autoren; welche die Abtragung der 
Mandeln als eine in den meisten Fällen überflüssige; zuweilen sogar 
schädliche Operation ansehen. Die bei hypertrophischen Mandeln so 
häufig beobachtete Schwerhörigkeit erklärt er aus dem stets vor- 
handenen Katarrhe der Tuba und der Paukenhöhle und nicht ans 
der durch die geschwellten Tonsillen hervorgerufenen Verlegung und 
Abschliessung des Tubenkanals. Er behauptet mit Harvey; dass 
die circa 3V2 Ctm. unterhalb des Orif. pharyng. gfelegene Drüse 
auch bei ihrer stärksten Entwicklung den Tubenkanal nicht berühren 
und noch weniger comprimiren könnC; denn der dazwischen liegende 
Muse, pharyngp-staphyl. trenne stets die beiden Organe ; und da e^ 
in diesen Fällen meist selbst hypertrophisch werde; so wirke er 
im Gegentheil stets erweiternd auf den Kanal. Anderseits gibt er 
den nachtheiligen Einfluss zU; den hypertrophische Mandeln auf die 
Respirationsorgane kindlicher Individuen ausüben und erkennt als- 
dann den Nutzen der Amygdalotomie aU; glaubt jedoch; dass auch 
hier eine consequente innere und locale Behandlung das hyper- 
trophische Organ zurückzubilden vermöge. Die spontane Atrophie 
vergrösserter Mandeln will der Autor recht häufig; besonders in den 
PubertätsjahreU; beobachtet haben. 

Nutzlos ist für P. die Operation weiterhin in den Fällen von 
Mandelabscessen mit häufigen Recidiveu; weil sich späterhin immer 
wieder Abscesse in dem zurückgebliebenen Reste des OrganeS; oder 
in dem die Tonsillen umgebenden Zellgewebe entwickeln. Auch bei 
der Pharyngitis granulosa ist die Abtragung der Mandeln ohne grossen 
Einfluss auf die Behandlungsdauer und den Krankheitsverlauf. — 
Nur bei krebsiger Degeneration der Mandeln ; wenn dieselben sehr 
.entwickelt sind und Erstickungsanfälle hervorrufen; muss die Amygda- 
lotomie gemacht werden. 

Zur Beseitigung der bei scrophulösen Kindern so häufig auf- 
tretenden Hypertroph, amygdal. empfiehlt der Autor vorerst eine 
roboiirende Behandlung durch Ol. jecor., Jod und Eisenpräparate, 
durch Schwefel' oder kochsalzhaltige Mineralwasser und durch gute 
Körperhygiene; kalte Abwaschungen etc. Seine Localbehandlung ist 
von langer Dauer und besteht in der Anwendung von Alaunpulver, 
das täglich zwei Mal vermittelst des mit Honig bestrichenen Fingers 



XVII. Wissenschaftliche JRundschan. 183 

aufgetragen wird; femer wendet er Bepinselungen mit Jodtinetur, 
mit Tannin etc. an. Nach Las^gue^s Vorgang will auch er gute 
Erfolge von der Application einer aus metallischem Jod (l), aus 
Talk (2) und Honig zusammengesetzten Masse gesehen haben^ ebenso 
vom Auftragen von Chlorzink und von Chlorkali. — 

- Wenn auch nicht bestritten werden kann, dass viele Fälle von 
Tonsillenhypertrophie auch ohne Operation durch eine einfache Local- 
und Allgemeinbehandlung zur Heilung gelangen, und dass anderseits 
die Abtragung der Mandeln von mancher Seite gar zu häufig und 
oft unnöthiger Weise ausgeführt wird, so kann jedoch nicht in Ab- 
rede gestellt werden, dass sie die Behandlungsdauer solcher chro- 
nischer Entzündungsprocesse des Rach'^ns bedeutend abkürzt, und 
schon deshalb wird dieser einfache, nur in den seltensten Ausnahme- 
fällen bedenkliche operative Eingriff viel häufiger gemacht werden 
müssen, als P. es zugibt. — Kuhn. 



11. 

Tinnitus aurium. Betrachtung der ursächlichen Verhältnisse und 
Versuch, die Entstehung nach physicalischen Principien zu erklären. 
Von Dr. S. Theobald, Arzt an der Baltimore-Heilanstalt für 
Augen- und Ohrenkranke. (Aus den Verhandlungen der Med.-chir. 
Facultät von Maryland. April 1875.) 

Den Sitz der subjectiven Geräusche verlegt T. nur in die 
terminalen, resp. percipirenden Ausbreitungen des Acusticus; den 
Stamm desselben hält er nach Analogie des Opticus für unem- 
pfindlich; die cerebrale Ausbreitung gilt ihm zwar als Quelle der 
Hallucinationen, er bezweifelt aber ihre Fähigkeit, subjective Ge- 
räusche zu erzeugen. (Aus welchem Grunde, ist nicht angegeben. Ref.) 
lieber die mittelbaren Beziehungen jener zu diesen, wie sie bei Ohr- 
Anomalien Geisteskranker vorkommen, beruft er sich auf die be- 
bekannten lehrreichen Beobachtungen von Seh war tze und Koppe 
im A. f. 0. — Was ihre Natur betrifft, so hat man gewisse Arten 
von subjectiven Geräuschen, die sogenannten entotischen (pulsirende, 
blasende und zischende), die von den dem Felsenbein benachbarten 
Blutgefässen ausgehen, stets als Gefäss-Geräusche angesehen. Nach 
T. sind fast alle subjectiven Geräusche, gleich viel, ob dieselben 
Ohr- oder Hirn- oder constitutionelle Anomalien begleiten, als Aus- 
druck von Schwingungen zu betrachten, die durch die Friction des 
Blutes in den Wänden der Labyrinthgefässe veranlasst werden und 
sich den nachbarlichen Nervenausbreitungen mittheilen. Zur Begrün- 
dung dieser Anschauung beruft er sich zunächst auf analoge Ver- 
hältnisse, aneurysmatische, anämische Geräusche, die blasenden und 
anderen Herzgeräusche und hält weder die Kleinheit der Labyrinth- 
gefässe noch die Geringfügigkeit der bewegenden Kräfte für einen 
Gegengrund, glaubt vielmehr, dass die Nähe der percipirenden ner- 
vösen Elemente die Entstehung sehr begünstigt. Als Bestätigung 
dieser Ansicht führt er dann die durch genaue Beobachtungen con- 



184 XYn. Wissenschaftliche Bundschau. 

statirte Kleinheit der Stapesbe wegangen an, deren Verstärkung* man 
ja als Quelle subjectiver Geräusche anzusehen pflegt und beruft sich 
auf den empirisch erwiesenen Einfluss, welchen sehr kleine Insecten 
trotz der Unbedeutendheit ihrer Bewegungen als Schallquelle ge- 
winnen, sobald sie sich in der Tiefe des M. a. bez. in nächster 
Nähe des Trommelfells befinden. Für beachtenswerthe Momente, 
um die Entstehung subj. Geräusche auf dem oben bezeichneten Wege 
zu erklären, hält er die nahe Beziehung der Blutgefässe des inneren 
Ohres zu den Himgefässen (Art. basilaris, Sinus petrosus superior) 
und die nothwendige Rückwirkung der intralabyrinthischen Spannung 
auf die Circulation. 

Das Zustandekommen der Geräusche • findet nach T. entweder 
statt durch Zunahme der Schwingungs- Amplitude , oder, falls diese 
unverändert bleibt, durch Verstärkung des Effects der Schwingungen 
auf den Nerven entweder durch Reflexion und Concentr^tion, oder 
durch Resonanz; Verhältnisse, die unter mannigfachen pathologisch- 
anatomischen Bedingungen, Entzündungsvorgängen, Anämie, Hyper- 
ämie, Blutmischungsalterationen etc. Platz greifen. Wenn er ent- 
gegen der bisher verbreiteten Annahme die durch stärkere Steig- 
bügelincursion erzeugte Wirkung nicht durch Druck auf die 
Nervenausbreitung zu Stande kommen lassen will, sondern mittelbar 
durch die solchergestalt erzeugten Circulationsstörungen, so dürfte 
diese Differenzirung wohl schwer thatsächlich zu begründen sein (Ref.). 
Bei Anomalien des mittleren oder äusseren Ohres etwa vorkommende 
subj. Geräusche sind nach T. zeitweise intermittirende. Auf Grund 
dieser Eigenthümlichkeit und des Umstandes, dass alle die Blut- 
circulation beeinflussenden Momente eine Steigerung derselben herbei- 
führen, erscheinen ihm auch unter diesen Umständen die Vibrationen 
der Gefässwände als das Wichtigste. Hierzu kommt, dass Mittelohr- 
Anomalien, wie Sectionen dargethan haben (Hin ton), sehr häufig 
mit Gefässerweiterungen und Hyperämieen des inneren Ohres ver- 
bunden sind. Wo die Entzündungsvorgänge, welche Mittelohrschwer- 
hörigkeit veranlassten, längst abgelaufen sind, hält er daftlr, dass die 
ev. bestehenden subjectiven Geräusche durch dieselben SchalUeitungs- 
hindemisse zu Stande kommen, welche das Eindringen des Schalls 
von aussen erschweren und beruft sich hierfür auf die bekannten 
Versuche mit der Stimmgabel bei periodisch absichtlich zugedrücktem 
Gehörgange und dem gewöhnlichen Mangel der subjectiven Geräusche 
bei fehlendem Trommelfell. Obzwar die am Schlüsse der Abhand- 
lung Seitens des Verf. angestellte Betrachtung, die darauf hinaus- 
kommt, dass das Hören, das subjective wie objective, mit einem 
Bewegungsvorgange in den percipirenden Nerven verbunden, resp. 
damit identisch ist, seine Anschauung über die Entstehung der sub- 
jectiven Geräusche kaum noch mehr zu stützen geeignet scheint, 
als die sonst von ihm angeftlhrten Thatsachen , . und obgleich die 
Hinweisung auf die nahen Beziehungen jener zu Vorgängen innerhalb 
der Blutcirculation nichts weniger als neu ist, so ist doch das Be- 
streben T.'s, gerade dieser Seite besondere Beachtung zu verschaffen, 
immerhin anerkennungswerth. — Jacoby. 



XYII. Wisseniichaftliche Rundschau. 



12. 



Transactions of the american otolo*gical Society, 
annnal meeting. Newport. R. J. Juli 21. 1875. 

Die erste Abtheilung des referirenden Abschnittes {A 
und Physiologie) enthält nur Berichte über deutsche Arbeite 
der zweiten (Pathologie und Therapie) dürften folgende , vo; 
deutschen Aerzten herrührende Beobachtungen beachtenswei 

Dr. Burnett behandelte eine Frau an chronischem M 
katarrh, welche periodisch plötzliche Anfälle von Schmei 
linken Ohr bekam, von 1 — 2tägiger Dauer mit Zunahme der. 
hörigkeit und gelegentlich des plötzlichen Aufhörens mit 
einer germgen Menge seröser Flüssigkeit. Als Ursache er] 
mikroskopische Untersuchung Aspergillus flavescens. Nach 
maliger Anwendung sehr concentrirter Lösung von Solutio ar^ 
(100 Gran auf die Unze!) und sechsmaliger täglicher Anv 
von 90% Alkohol waren die Symptome verschwunden. — 

Dr. Rank in (New- York berichtet über vier Fälle vc 
nischer Mittelohreiterung; welche durch Einblasung von Jo 
pulver geheilt wurden. In dreien dieser Fälle waren die 
bekannten Mittel lange Zeit hindurch vergeblich angewandt 
Das günstige Resultat durch Jodoform wurde in 2 — 3 Woche 
täglicher oder jeden zweiten Tag statthabender Application i 
Auch die Prager Klinik für Syphilis und Hautkranke hat gele 
der Heilung einfacher oder syphilitischer Geschwüre gleich j 
Beobaehtungen über Jodoform gemacht ^ die in einem der 
Hefte des Journals für Syphilis und Hautkrankheiten zi. 
sind (Ref.). 

Dr. Pinkney (New- York med. Journal. Sept. 1874) li 
über drei Fälle von chronischer Schwerhörigkeit, in welch- 
durch Verwachsung der Ossicula etc. vermittelt mittelst ei: 
beschriebenen Saugpumpe gebessert wurde, die nach Art des I: 
sehen Trichters in dem M. a. applicirt wurde. 

Dr. R s a I (American Journal for med. sciences. Oc ; 
fand unter 1700 Ohrenkranken 65 Fälle von Labyrinthaf^ectj [ 
meisten dieser Kranken klagten nicht über grosse Belästigui | 
subj. Geräusche, sondern bezeichneten dieselben nur als unbe<i 
murmelnde. — Die erste Abtheilung der fraglichen Kranken 
4 mit nachweisbarer mechanischer Beschädigung des Ne • 
Apparates ; 3 bei denen die tägliche Arbeit Congestivzustände ; 
(Telegraphisten) und 8 Kesselmacher. In der zweiten AI i 
figuriren 1 1 Fälle von Hämorrhagie im Innern Ohre mit se i 
Atrophie ; 2 von secundärer Labyrinthaflfection nach vorausgei 
Parotitis ; 8 in Folge von Cerebrospinal-Meningitis, 2 nach S( i 
1 nach Masern, 7 nach Basilarmeningitis, 8 nach primärer L: 
Entzündung oder vielleicht circumscripter Basilarmeningitis 
Wurzeln des Acusticus, 4 durch Chinin, 14 in Folge unti : 
Ursachen, 1 durch gehemmte Entwicklung. 

Die 9 kleinen Originalarbeitön sind vorzugsweise path • 



186 XVIL Wissenschaftliche Rundschaa. 

therapeutischen Inhaltes einschliesslich einer experimentell - patho- 
logisdien. 

Die erste (Dr. Alb. H. Buck^ New- York) betitelt „eine Methode 
arzneihaltige Bougies ftir die Tuba Eustachii anzuwenden ", bespricht 
zunächst die bekannten Schattenseiten des bis jetzt tiblichen Injectionsp^ 
resp. Pulverisationsverfahrens arzneilicher Flüssigkeiten und verwirft 
die zu diesem Zweck empfohlenen sog. Trommelhöhlen-Katheter, sofern 
man bei ihrer Anwendung die Beschränkung der Einwirkung auf 
die Tuba nicht in der Gewalt hat. Höllensteinlösung hält er für 
das sicherste Mitlei zur Verringerung oder Beseitigung der die 
chronische Schleimhautentzttndung und Eiterung constituirenden Vor- 
gänge und zieht er es der Sicherheit wegen vor, sich bei nicht perfo- 
rirtem Trommelfell auf die Behandlung der Tubenschleimhaut und des 
Nasenrachenraums zu beschränken, bez. die Trommelhöhlenschleim- 
haut unberücksichtigt zu lassen. Für das sicherste Verfahren das 
Arzneimittel mit den fraglichen Partien in Berührung zu bringen, 
hält er die Benutzung von höchstens einen Millimeter dicken Fisch- 
bein- oder Catgut-Bougies, am vorderen Ende rauh gemacht und mit 
Baumwolle umhüllt und an entsprechender Stelle mit der nöthigen 
Marke versehen, um beurtheilen zu können, wie weit dasselbe ein- 
gedrungen ist. Das Bougie wird ^/g" tief, resp. bis zur Verbindung^ 
der knorpligen und knöchernen Tuba eingebracht und einige Secun- 
den bis zu einer Minute dort belassen; nach Entfernung desselben 
einige Mal Luft durch den Katheter eingeblasen. Wenn das vordere 
Endp des Bougie einschliesslich der Baumwollumhüllung 2 1/2 Mm. 
misst, wird man die Grenze, bis zu der man im Tubenkanal ein- 
dringen darf, deutlich gewahr, bei geringerem Durchmesser musa 
man rechtzeitig die Marke berücksichtigen. — 20 — 45 Gran Arg. 
nitr. auf eine Unze genügen im Allgemeinen , aber auch viel con- 
centrirtere Lösungen, selbst Arg. nitricum in Substanz kann ohne 
namhafte üble Reaction angewandt werden, wie B. in zwei der auf- 
geführten Fälle gethan hat. Zum Schluss folgen .15 Fälle vorzugs- 
weise von chronischem Tuben- resp. Mittelohrkatarrh, in welchen 
das Verfahren, mit Ausnahme einiger sehr veralteter oder bezüglich 
ihrer Natur zweifelhaften Zustände mit nicht ungünstigem Erfolge, 
jedenfalls ohne nachtheilige Reaction täglich oder jeden zweiten Tag 
gewöhnlich mehrere Wochen ausgeführt wurde. 

2. Intratympanischer Druck während der Phonation von Clarence 
J- Blake. Boston. 

Von den bekannten beiden Bedingungen der Phonation, Aus- 
strömen der Exspirationsluft aus den Lungen, als schwingungserzeugen-, 
dem Momente und den, je nach der Verschiedenheit der Laute ein- 
tretenden Variationen des Mundes und Nasenrachenraumes interessiren 
hier nur die letzteren. Dass dieselben genügen zur Modification des 
intratympanischen Druckes ging für B. aus der Beobachtung eines 
Mannes hervor, bei dem in Folge langjähriger Mittelohreiterung das 
Trommelfell zerstört war und sich als theilweiser Ersatz ein durch 
Narbengewebe gebildetes Septum vorfand, das ausgehend von dem 
peripherischen Trommelfellrest und der Umgebung des Hammers eine 



XVII. Wissenschaftliche Rundschau« 187 

Scheidewand bildete zwischen dem unteren- vordem Theil der Trommel- 
höhle ««nd dem äusseren Ohre. Dieses Septum war entsprechend 
dem gewöhnlichen Verhalten des Narbengewebes im Trommelfell 
dtinner als dieses und sein breiteres Segment ^ welches sich quer 
durch die vordere Portion der Trommelhöhle gegenüber dem Ost. 
tymp. der Tuba erstreckte^ war besonders schlaff und konnte mittelst 
Durchpressens der Luft durch die Tuba leicht nach aussen vor- 
gewölbt werden. — Bei der ersten Beobachtung des Kranken ^ am 
1. Juni 1875 sprach derselbe nach Art derjenigen^ jvelche an starken 
Schwellungen oder Verstopfungen des Nasenrachenraumes leiden^ 
wählte nämlich anstatt „m, n, ng" die Consonanten „b, d, g" ab- 
sichtlich zwar, wie er erklärte, um der bei Intonation der Nasen- 
laute jedesmaligen Entstehung eines sehr unangenehmen Geräusches 
in dem linken Ohr zu begegnen, das progressiv von m zu n, resp. 
ng stärker wurde. Die objective Untersuchung während der Into- 
nation, der Nasalen, resp. die Inspection des oben erwähnten Narben- 
septum bestätigte seine Angabe. Da die Anwendung eines Druckes 
auf dasselbe zur Beseitigung des erwähnten Geräusches nicht ge- 
nügte, so wurde ein Theil des qu. Septums excidirt und damit die 
anomale Erscheinung auf die Dauer beseitigt. Manometerbeobachtung 
unmittelbar nach der Operation, mit Hilfe einer U-fÖrmig gebogenen, 
zum Theil wassererfttllten Glasröhre ergab ein ganz mit der Angabe 
des Patienten tibereinstimmendes Resultat. Bei „ qi " war der Druck 
am geringsten, bei „n" grösser, bei „ng" am stärksten. Steckte 
man das Manometer in eine Nasenöffnung, so verhielt sich das Steigen 
der Flüssigkeit analog, der Druck war aber um vieles stärker. 

Entsprechend diesem Beobachtungsresultate verhält sich auch 
das Ergebniss bei einem anderen Kranken mit unversehrtem Trom- 
melfell. Beim Prüfen der Lage der Lippen, Zunge, des weichen 
Gaumens ergab sich, dass der Resonanzraum des Mundes progressiv 
abnimmt von m zu n, ng, so dass er bei letzterem am geringsten ist. 

3. Angioma cavernosum des Ohrläppchens von Dr. Charles J. 
Kipp. New- York. 

Nach einer Schädigung durch Frost blieb einem 50 jährigen 
Manne ein blauer Fleck an der äusseren Seite des linken Ohrläppchens 
zurück, der allmählich wuchs und bei der ersten Untersuchung eine 
halbkugelförmige, schwarzblaue Geschwulst darstellte, ungefähr von 
der Grösse einer Haselnuss. Die Haut über derselben war be- 
weglich und von vielen venösen Gefässen durchzogen; durch Druck 
verSchwindel sie zum grössten Theil, kehrt aber sofort zurück. Die 
operative Entfernung geschah ganz wie bei einer Balggeschwulst, 
hinterliess keine Deformität und nach 5 Monaten war ein Recidiv 
nicht eingetreten. Die anatomische Untersuchung derselben ergab, 
dass sie von einer fibrösen Kapsel umhüllt, aus schwamm,igem, dem 
Corp. cavem. penis ähnlichem. Gewebe zusammengesetzt war. 

4. Aural contributions von Geo Strawbridge (Philadelphia). 
Congenitale Missbildung des äusseren Ohres. — 

Ein Knabe von 14 Jahren hatte rechts, anstatt des äusseren 
Ohres eine integumentale Falte, in der man eine geringe Menge 



188 7LYTL Wissenschaftliobe Bandschau. 

Ejiorpel fUhlen konnte und in deren Gentmm ein enger Kanal an- 
gefähr 6 Mm. ^eit einwärts führte^ in einen Blindsack endigend, 
lieber dieser Hautfalte befand sich eine zweite kleinere ; welche 
gleichfalls Knorpel enthielt. Die ganze Temporal- und Kiefergegend 
war sehr abgeflacht. Uhr und Stimmgabel wurde von dieser Falte 
aus wie auch von der Temporal- und Mastoidalgegend gehört. Das 
linke Ohr war gut entwickelt; die Hörfähigkeit aber sehr verringert. 
Hieran schliesst sich noch eine Aufzeichnung analoger Beobachtungen 
durch Andere. — 

Fibrocartilaginöser Tumor des Ohrläppchens. — Bei einer Ne- 
gerin bestand seit zwei Jahren eine fibrocartilaginöse Geschwulst 
36 Mm. lang und 30 Mm. breit. Zwei in derselben vorhandene 
Fissuren waren durch sehr schwere Ohrringe erzeugt. Das Mikro- 
skop wies die fibrocartilaginöse Zusammensetzung nach. 

Str.' sah eine namhafte Zahl solcher Geschwülste bei Negerinnen, 
die ihren Ursprung dem Duchbohren des Ohrläppchens zum Tragen 
von Ohrringen verdankten. 

5. Multiple Abscesse der Auricula, einigermassen ähnlich einem 
Othämatom, ausgehend von emer Otitis media und externa mit schliess- 
licher theilweiser Zerstörung des Knorpels , von Dr. Fomeroy 
(New-York). 

Ein 42 jähriger Ktlper, am 27. Mai 1874 in das Brookl3m- 
Hospital aufgenommen, hatte rechterseits rothe und geschwollene 
Gehörgangswände nebst eitrigem Ausfluss angeblich seit 5 Tagen, 
nachdem 14 Tage Schmerzen vorangegangen waren. Als die ge- 
nannten Symptome einigermassen sich gebessert hatten, entwickelte 
sich an der vorderen Gehörgangswand eine Geschwulst, die einge- 
schnitten nur Blut entleerte. Von hieraus theilte sich die Schwellung 
der Ohrmuschel mit. Bei Incision derselben wurde nur dünne, 
seröse Flüssigkeit entleert. Aus einer später unterhalb des Tragus 
gebildeten Oefihung ergoss sich eiterähnliches Secret. Da die 
blosse Entleerung der Flüssigkeit keinen Einfluss auf den Verlauf 
zeigte, so wurde von schwachen Lösungen von Arg. nitric. zu In- 
jectionen Gebrauch gemacht; indess ohne Erfolg. Der Vorgang 
machte auf Dr. Matthewson, von dem als ersten Beobachter des 
Kranken diese Notizen stammen, den Eindruck, dass es sich um 
eine von einer Mittelohrentzündung ausgehende Perichondritis handelte, 
die sich allmählich auf die Ohrmuschel ausdehnte. Dr. F.. sah den 
Kr. zuerst am 1. September. Damals existirte ein grosser Abscess 
in der Gegend der Concha, der sich nach oben, unten und rückwärts 
ausdehnte und die Hälfte der ganzen Auricula einnahm, sich nach 
vorn und hinten zuspitzte und dadurch die Insertion der Ohrmuschel 
fast als rechtwinklig am Schädel erscheinen liess. Vor dem M. a.^. 
nahe dem Tragus war eine circumscripte mit einer Fistelöfihung an 
ihrer Spitze versehene Stelle. Nach Eröffnung des Hauptabscesses 
entwickelten sich kleine Abscesse, wurden resp. incidirt, in der 
Gegend des Ohrläppchens, einer am Tragus, zwei am oberen Theil 
des Helix. Die Hauptabscesshöhle schloss sich in drei Wochen ohne 
besondere Behandlung. Zur Genesung waren im Ganzen mehr als 



• XVn. Wissenschaftliche Rundschau. 189 



< 



ein paar Monate erforderlich. Als Ursache war weder ein Trauma 
noch ein Allgemeinleiden anfzafinden. Die Bemerkung des Verfassers, 
dass der Fall ein Unicum sein dürfte, ist insofern berechtigt, als man 
in der That weder in den neuesten Lehrbüchern noch in der Journal- 
Literatur dieser Erkrankungsform die gebührende Aufmerksamkeit 
hat zu Theil werden lassen. Ref. hat vor ein paar Jahren einen 
ganz ähnlichen, nach vernachlässigter acuter Mittelohrentzündung 
entstandene Perichondritis des M. a. mit secundärem Senkungsabscess 
in die Regio retromaxillaris, der Gegenöffiiung und Drainage zur 
Heilung nöthig machte, mit hochgradiger Theilnahme der Ohrmuschel 
nnd Fistelbildung in der Tragusgegend complicirt zu beobachten 
Gelegenheit gehabt. Die Schmerzhaftigkeit dieses, Monate lang 
dauernden Zustandes war eine ganz enorme und erst unter dem 
günstigen Einfluss milder Gebirgsluft trat allmählich mit Hinterlassung 
einer stark geschrumpften Ohrmuschel Heilung ein. 

6. Ein Fall von Otitis media haemorrhagica, von Dr. Pomeroy 
(New-York). 

Eine englische Waschfrau, "55 Jahre alt, die früher nie ohren- 
krank war, wurde am 11. November 1874 von Frost, Hitze, Kopf- 
nnd Ohrschmerzen linkerseits ergriffen. Der Schmerz dauerte bis 
zum 16. Tage mit solcher Intensität, dass sie die Hälfte der Nächte 
schlaflos zubrachte. P. fand am 16. Tage das linke Trommelfell 
intensiv roth, am hinteren Abschnitte ausserordentlich vorgewölbt, 
das rechte Trommelfell verhielt sich bezüglich der Röthe ebenso, 
war aber weniger convex. Links wurde 2 Mal, rechts 1 Mal punktirt, 
namentlich links mit reichlicher Blutentleerung. Wenige Tage später 
war sie geheilt. 

7. Ein Fall von purulenter Infection (Pleuro-Pneumonie) in Folge 
von Mittelohreiterung, von Dr. John Roosa. 

- Der Kr., 25 Jahr alt, deponirt am 8. April 1873, dass er,, 
rechterseits niemals feinhörig, seit 4 Jahren in Folge einer durch 
Erkältung entstandenen Mittelohrentzündung an Otorrhoe leidet und 
periodisch recht harthörig ist. Das rechte Trommelfell scheint ganz 
zu fehlen, die rechte Tuba für Luft mangelhaft wegsam zu sein. 
In der Trommelhöhle befand sich ein beträchtliches Quantum ein- 
gedickten Eiters. . Nach dem genannten Termin, an dem diese That- 
sachen notirt wurden, sah ihn Dr. R. nicht mehr, bis er 2 Jahre 
später zu ihm citirt wurde, als er moribund war. — Dem vor ihm 
gerufenen Arzte theilte er am 29. April 1875 mit, dass er an hef- 
tigen, zu Zeiten äusserst peinigenden Ohr- und Kopfschmerzen rechter- 
seits, Appetitmangel, Schlaflosigkeit und allgemeiner Prostration 
in den vorangegangenen beiden Wochen gelitten habe. Fieber war 
zur Zeit nicht zugegen; diese Symptome dauerten bis zum 4. Mai, 
wo ihn ein zweiter Arzt sah; massige Druckempfindlichkeit in der 
Vorderohrgegend, unbedeutendes Fieber und acute Pharyngitis fanden 
sich an diesem Tage. Vom 8. Mai ab entwickelten sich neben den 
Erscheinungen der Pyämie (periodischen Frostanfällen) pneumonische 
Symptome und solche, die auf eine Theilnahme des Sinus lateralis 
bezogen wurden (lebhafter Schmerz in der betreffenden Kopfgegend, 



190 XYII. WisseoBcbaftliche Randschau. t 

der sich bis in den Nacken erstreckte und mit Druckempfindlicbkeit 
verbunden war). Am 23. Klagen ttber Schmerz im rechten Ange^ 
Hervortreten desselben ans der Orbita, gleichzeitig Schwellung an 
der linken Seite des Nackens. Am 24. wurde auch das linke Auge 
vorgetrieben. Am Nachmittage dieses Tages sah Dr. R. den Kr. 
Bei reichlichem Ausfluss aus dem Ohr schien er blind zu sein. Am 
26. Morgens Tod. Section 8 Stunden nach dem Tode. Beiderseits 
Exophthalmus. Allgemeine Hirnhyperämie, sehr ausgeprägte Füllung 
der oberflächlichen Blutgefässe; keine Erweichung, keine Eiteran- 
sammlung. Thrombose der rechten V. jugularis int. Eiter im rechten 
Sinus lateralis. Reichliche Ansammlung von Serum in den Ventrikeln. 
Pleuritis der rechten Pleura pulmonalis (ausgedehnter eitriger Be- 
schlag) seröser und eitriger Erguss in den Pleurasack von sehr 
intensivem Fötor. Von Trommelfell oder Gehörknöchelchen keine 
Spur; die knöcherne Wand des Sulcus lat. cariös; die obere Fläche 
des Felsenbeines bläulich entfärbt. Schnecke und halbzirkelförmige 
Kanäle nicht untersucht. 

8. Experimente bezüglich der Chinin Wirkung auf das Ohr, von 
Dr. Roosa. 

Die Experimente wurden an fünf nicht mit subjectiven Ge- 
räuschen behafteten GoUegen angestellt, von denen vier kräftig und 
gesund waren, und ergaben die unzweideutigsten Belege fttr die 
hyperämisirende Wirkung einer lOgränigen einmaligen Chinindosis 
auf Grund der Injection der Conjunctival- und der Trommelfellgefässe^ 
des Verhaltens der Ohrmuschel, der Papilla optica. Beim fünften 
blieb die Wirkung aus wegen habituellen Chiningebrauchs und der 
eher anämischen Constitution. Hiernach hält sich R. zu dem Schlüsse 
berechtigt, dass auch die subjectiven Geräusche, resp. Schwerhörigkeit, 
gelegentlich beim therapeutischen Gebrauch beobachtete, durch Hyper- 
ämie der Endausbreitung des Acusticus veranlasst würden. 

Jacoby. 



13. 

Eine verbesserte Applicationsmethode des künstlichen 
Blutegels. Von Dr. S. Theobald, Augen- und Ohrenarzt 
an der Baltimore-Heilanstalt. 

T. ist der Ansicht, dass man mit Hilfe der jetzt gebräuchlichen 
Methode nicht in allen Fällen diejenige Quantität Blut zu entziehen 
im Stande ist, die nach Maassgabe der Umstände wünschenswerth 
wäre und dass in Folge derselben bisweilen dauernde Narben zurück- 
bleiben. Aus diesen beiden Gründen hielt er eine Modification des 
Verfahrens für wünschenswerth und entschloss sich, anstatt den ge- 
bräuchlichen Schnitter anzuwenden, durch Abschneiden einer kleinen, 
sei es durch Zeigefinger und Daumen oder ein passendes kleines 
Instrument erhobenen Hautfalte eine nahebei lineare, etwa 3 Mm. 
lange Wunde zu schaffen. Hierdurch gelang es ihm, eine reichlichere 
Blutung zu erzielen, nach seiner Muthmaassung deswegen, weil wahr- 



Xyil. Wissenschaftliche Bandjschaa. 191 

scheinlich durch diese Art der Verwundung die Gefässwände nur 
theilweise oder schräg angeschnitten werden. Er hebt besonders 
hervor; dass man eine rapidere Blutentziehung bei dieser Modification 
nicht beanspruchen dürfe ; dass aber die Blutung eine dauerndere 
ist und dass eine Narbe zwar zurückbleiben könne, dies aber nie- 
mals vorkommen dürfte. Ausserdem ist das neue Verfahren weniger 
schmerzhaft und durch Ersparung des Schnitters der Instrumenten- 
Apparat um die Hälfte billiger. Um die Blutgerinnung in der 
Wunde zu hintertreiben, könnte man nach T. auch einen Tropfen 
einer Lösung Ammonium carb. oder mur. (1 Drachme auf 1 Unze) 
verwenden. Bei den seinerseits zu diesem Zwecke mit verschiedenen 
Substanzen (Kali, Natron, Ammonium-Präparaten) an sich selbst an- 
gestellten Versuchen haben sich die Ammonium-Präparate als die 
wirksamsten erwiesen. -* Jacoby. 



14. 

üeber Ohrkrankheiten als Folge und Ursache von All- 
gemeinkrankheiten. Inaugural - Dissertation von Johannes 
Heydloff. Halle 1876. 

Unter den Ohrleiden veranlassenden Infectionskrankheiten b^- 
s|\richt H. zunächst die Masern, gesteht zwar deren relative Out- 
artigkeit im Vergleich zu Scharlach zu, hält aber mit Recht be- 
dingungsweise die Nothwendigkeit activen ohrenärztlichen Einschreitens 
für unabweislich. Für Scharlach behauptet er namentlich auf Orund 
der von Wen dt gelieferten SectionsprotokoUe , dass in einzelnen 
Fällen die Tuben- und Trommelhöhlen-Affection diphtheritischen 
Charakter habe. Für Variola dtirt er gleichfalls Wen dt (oder« 
dessen Mittheilungen im Archiv für Heilkunde 1873). Bei Analyse 
der Typhusschwerhörigkeit erörtert er die verschiedenen, mehr we- 
niger thatsächlich erwiesenen Alterationen der Centralorgane , des 
Nasen, raehenraumes, der Tuba und Trommelhöhle und macht auf 
die von Seh war tze einmal nachgewiesene Complication mit Me- 
ningitis als Ursache aufmerksam. Für die Taubheit bei Meningitis 
cerebro-spinalis betont er die im Allgemeinen durch anatomische 
Alteration des Gehirns sehr ungünstige Prognose. Für Syphilis 
recapitulirt er die Untersuchungen von Schwartze und Grub er 
und macht bezüglich der muthmaasslich durch Acusticusaffection ver- 
mittelten Schwerhörigkeit auf die Wahrscheinlichkeit aufinerksam, 
dass analog dem Opticus in einzelnen Fällen wohl eine interstitielle 
Neuritis den Grund abgeben könne. — Als 'Allgemeinleiden, aus- 
gehend von einem Ohrleiden, erörtert er zunächst Miliartuberkulose 
als Folge von Verkäsung intratympanischer Entzündungsproducte, 
namentlich bei scrophulösen Individuen, ohne übrigens für derartige 
Fälle die Möglichkeit auszuschliessen, dass von einer mit verkästem 
Exsudate infiltrirten Lymphdrüse oder einem analogen circumscripten 
Entzündungsproducte der Lunge der Process seinen Anfang genommen 
haben kann. Nach beiläufiger Erwähnung eines von Volkmann 



192 Xyn. Wissenacfaaftliche Bandscban. 

beobachteten Falles von lethal (durch Stenosirnng der Lnftröhre) 
verlaufenden tnberculösen RachengeschwttrS; das zu Verwachsung, 
resp. hochgradigster Verengung des Ost. phar. tubae Veranlassung 
gab; und Erörterung der bekannten ^ den Secretabfluss aus der 
Trommelhöhle erschwerenden ^ also die Verkäsung begünstigenden 
Momente fügt er einen sehr instructiven^ von Schwartze beob- 
achteten Fall an, in dem sehr wahrscheinlich von einem Heerde ver- 
kästen Eiters innerhalb des einen Proc. mast.; welcher erstere durch 
Verwachsung des restirenden oberen Trommelfellrestes von dem 
vordem unteren Abschnitte der Trommelhöhle isoiirt war, eine secim- 
däre Lungentuberkulose sich entwickelt hatte. — Zum Schluss er- 
örtert er die Pyämie in ihren Beziehungen zu Mittelohreiterungen/ 
hebt insbesondere die in Betracht kommenden anatomisch-physiolo- 
gischen Bedingungen hervor, soweit sie durch zuverlässige Autoren 
thatsächlich nachgewiesen sind, gibt eine klinische Analyse der der 
Thrombose des Sinus transversus, cavernosus, der V. jug. int. zu- 
kommenden Symptome, macht auf die besonderen Schwierigkeiten 
der differentiellen Diagnose zwischen einer durch Thrombose der 
Diploevenen vermittelten Pyämie und Typhus aufmerksam und citirt 
zur Illustration dieses Verhältnisses einen in neuester Zeit von Dr. 
Töurneret in der Gazette med. de Strasbourg publicirten- Fall mit 
dßtaillirter Krankengeschichte, Sectionsbefund und Epikrise. — Auf 
Grund der augenscheinlichen Sorgfalt, welche Verf. auf die Zusam- 
menstellung des fQr sein Thema vorhandenen Beobachtungsmateriales 
verwandt hat, muss die Arbeit als eine auch dem Specialisten werth- 
volle bezeichnet werden. Jacob y. 



15. 

Myringitis. Von Prof. Jos. Gruber. (M. f. 0. 1875. 9.) 

Nachdem Gr. auf die grosse Seltenheit der idiopathischen Myrin- 
gitis aufmerksam gemacht und die bekannten ursächlichen Schädlich- 
keiten aufgezählt hat, gibt er eine detaiUirte Schilderung der Sym- 
ptome. Bei dieser Gelegenheit betont er das jeweilige Vorkommen 
eines auch objectiv wahrnehmbaren, mit sichtbaren Bewegungen eines 
Trommelfellabschnittes coincidirenden, muthmaasslich von Tensor 
* tympani-Contractionen abhängigen periodischen subjectiven Geräusches, 
die bei partieller Durchtrennung der Trommelfellschichten vorkom- 
mende ungleichmässige Retraction der einzelnen Schichten und die 
durch Infiltration der Radiärfaserschicht bisweilen sichtbar werdende 
Strichlung. Bei der bekannten Tendenz der M. f. 0. würde Verf. 
gewiss nicht ohne Nutzen fQr den nicht-specialistischen Praktiker 
gehandelt haben, wenn er auf die objectiv wahrnehmbare Differenz 
zwischen der Hyperämie der Dermis- und der Schleimhautschieht 
und auf die mit Wölbungsanomalien harmonisch zusammenfallenden 
Veränderungen des Lichtfleckes, als die weitaus wichtigsten Symptome 
nachdrücklich aufmerksam gemacht hätte (Bef.). Hierauf folgt eine 
durch die Darstellung des genetischen Vorganges sehr informative 



Xyn. WissenBchaftliche Bandscbaa. 193 

Schilderung des Zustandekommens der Perforation^ Abscedirnng, Ver* 
kalknng; Trübung, Vemarbung. Nachdem Verf. die verschiedenen 
bei der Narbenbildnng vorkommenden Möglichkeiten in allen Rieh* 
tnngen, und die für chronische Myringitis in Betracht kommenden 
GesichtiBpunkte hervorgehoben hat, erörtert er die Behandlung. Be* 
sonderes Gewicht legt er zunächst bei acuten und sehr schmerzhaften 
Fällen auf Scarificationen oberhalb des Proc. brevis, bei hochgradiger 
Acoität des Processes auf solche rings um das ganze Trommelfell 
in den angrenzenden Partien der Gehörgangswand, während er 
Dificision des Trommelfells auch unter solchen Verhältnissen für 
überflüssig erklärt. Praktischer dürfte die Incision für den letzteren 
Fall, abgesehen von der früher gegen die Scarificationen von 
Schwartze betonten Möglichkeit einer Steigerung der entzündlichen 
Gewebsreizung, um deswillen doch wohl sein, weil sie mittelbar auch 
einer unter solchen Umständen, namentlich wenn der Kranke nicht 
vom Beginne des Processes an in Behandlung ist, nicht immer mit 
Sicherheit auszuschliessenden intratympanischen £zsudatansammlung 
Ausgang verschaffen. Ferner hebt er die Nothwendigkeit einer nicht 
zu aetiven Behandlung und der für die Erhaltung der Function bedeut- 
samen Regulirung des Vernarbungsprocesses hervor. Von Folge- 
zuständen wird die Behandlung der Syfiechieen, Trübungen, resp. 
Verdickungen und der dauernden Perforation erörtert. Wenn letz- 
tere mit überhäuteten Rändern persistirt will Gr. bisweilen durch 
seitlich an derselben ausgeführte Scarificationen einen Verschluss der 
Lücke herbeigeführt haben. • Jacoby. 



16. 

Die acute Zellhaute'ntzündung der supra- und post- 
auricular-Gegend. Von R. Voltolini. (M. f. 0. 1875. 12.) 

V. ^beschreibt Symptome, Verlauf etc. einer über und hinter dem 
Ohre localisirten idiopathischen Phlegmone unter Anführung dreier 
Fälle, von denen ein lange Zeit vernachlässigter lethal verlief. Dass 
ein phlegmonöser Entzündungsprocess dieser Gegend von hoher pro- 
gnostischer Bedeutung ist, ist ebenso unbestritten, wie das besondere 
Interesse, welches man als Ohrenarzt der Sache zu widmen ver- 
pflichtet ist. Dass man aber in den Lehrbüchern der Ohrenheilkunde 
denselben nicht besonders erwähnt findet, erscheint dem Ref. um 
deswillen nicht besonders auffallend, weil die Autoreti sich bei ihren 
Darstellungen principiell auf die Anomalien des Ohres im engeren 
Sinne des Wortes beschränken. Jacoby. 



17. 

Statistische und casuistische Beiträge zur Ohrenheil- 
kunde. Von Carl Friedrich. (Inaugural-Dissertation. Halle 1875.) 

Nach einleitenden Bemerkungen über die Nothwendigkeit otolo- 
gischen Unterrichts für Militärärzte folgt zunächst statistische Mit- 



194 . XYII. Wissenschaftliche Rundschau. 

theilung über die Summe der bei den Rekratenaushebungen einzelner 
Staaten, Englands, Belgiens, Oestreichs, Preussens, Sachsens, wegen 
Ohrleidens untauglich befundenen (durchschnittlich zwischen 1 — 2 ^jo 
der Unbrauchbaren) sowie Angaben über die bei den verschiedenen 
Truppengattungen beobachteten Ohrenkranken und die in Folge dessen 
stattgehabten Invalidisinmgen. Hieran schliessen sich Mittheilungen 
über die im Oamisonlazareth Dresden, wohin alle transportablen 
Ohrenkranken der k. sächsischen Armee translocirt werden, im Sommer- 
semester 1874 behandelten (in Snmma 75). Von diesen mnssten 
neun, strenger genommen nnr sieben, da bei zwei noch andere Ano- 
malien concurrirten (Cataracta träum., Ozaena), als dienstuntauglich 
bezeichnet werden. Und alle sieben waren bereits vor ihrer Ein- 
stellung ohrenkrank gewesen (!). Unter den zuletzt ausführlich von 
F. mitgetheilten 22 Fällen sind neun acute Mittelohrzustände in Folge 
von Flussbädern. Die übrigen 13 vertheilen sich auf traumatisch 
vermittelte Labyrinthschwerhörigkeit , Trommelfellrupturen durch 
nahe dem Ohre abgefeuerte Kanonen oder Gewehre, endlich chro- 
nische Mittelohreiterungen. Von letzteren ist ein Fall durch Com- 
plication mit intratympanischem Cholesteatom deswegen besonders 
bemerkenswerth , weil durch letzteres cephalische und hochgradig 
febrile Symptome hervorgerufen wurden, die bald nach seiner durch 
Ausspritzung bewirkten Entfernung verschwanden. Jacob^. 



18. 

Ueber die Anomalien in der Bildung der Nasenmu- 
schein. Vorgetragen im Verein deutscher Aerzte in Prag, 4./ 12. 
1874 von Prof. S* Zaufal. (Separ^tabdruck aus Nr. 23 des 
ärztl. Corr. Bl.) 

Prof. Z. hat in einzelnen Fällen neben angeborenem Mangel 
oder rudimentärer Bildung der unteren Muscheln eine eigenthümliche 
Form des Nasengerüstes (kurze Sattelnase mit breitem knöchernen 
Nasenrücken) und Ozaena gefunden: Thatsachen, die sofort an drei 
Individuen demonstrirt wurden. Nach detaillirter Aufführung der 
vorzugsweise in den anatomischen Verhältnissen der Nase gegebenen 
Grundbedingungen für die Fortführung des von der Schleimhaut, 
unter pathologischen Verhältnissen gewöhnlich sehr reichlich abge- 
sonderten Secretes erklärt er für den Hauptmotor den inspiratorischen 
Luftstrom, dessen Wirkung nach physikalischen Gesetzen um so 
grösser ist, je enger die Röhren sind, durch welche er streicht. 
Diesem Gesetze entsprechend wird selbstredend unter den zuerst 
angeführten anomalen, und den sich diesen annähernden (sehr weiter 
unterer Nasengang bei kleiner Muschel) relativ normalen Bedingungen 
die Fortleitimg des Schleimhautsecretes mangelhaft. Dasselbe stagnirt 
und fault (Ozaena). Unter den krankhaften Processen, welche zur 
Bildung reichlichen Secretes Veranlassung geben, betont Z. mit Recht 
neben Lupus und Syphilis den einfachen chronischen Katarrh. Von 
der Wichtigkeit dieser Behauptung, bez. der Coincidenz einseitig sehr 



XVn. WisBensebaftKche Rnndsobaii. 195 

breiten unteren Nasenganges und Ozaena bei Rhinitis chronica non 
iBdcerosa^ sowie der Möglichkeit durch die von Z. angegebenen Nasen- 
rachentrichter die während der Phonation eintretenden Bewegungen 
des Tubenwulstes und Levator yeli zu beobachten^ hat sich Ref. 
innerhalb der letztrerflossenen acht Monate ungefklhr acht Mal zu 
ttberzeugen Gelegenheit gehabt. Inzwischen ist auch von Tillot 
(A. f. 0. N. F. lY. 2 IS.) das Vorkonunen von Ozaena bei nicht- 
ulceröser Rhinitis betont werden. — Die Sattelnase fand sich in 
den Yon dem Vortragenden beobachteten 10 Fällen (beiläufig 8 Mal 
bei Slaven und 2 Mal bei Deutschen)^ ohne dass gleichzeitig Syphilis 
oder Scrophulose hätte nachgewiesen werden können. — In einem 
der in letzter Zeit vom Ref. beobachteten Fällen war eine augen- 
scheinlich Yom Vater ererbte Sattelnase mit beidseitiger Rhinitis 
ulcerosa (scrophnlosa?) vorhanden. Ob die Bildung der Sattelnase 
mit dem Verlust; resp. ursprünglichem Fehlen der unteren Muschel 
in causaler Verbindung steht, lässt Z. zweifelhaft. Bei der mehr- 
seitig^i praktischen Wichtigkeit der Ozaena sind die von Z. ent- 
deckten Thatsadien aus naheliegenden Gründen auch für den Otologen 
sehr beachtenswerth. Jacoby. 



19. 

lieber eine Eigenthflmlichkeit der Sc hall emp findungen 
geringster Intensität. Von Dr. Victor Urbantschitsch 
(Wien). (Central-Blatt der med. Wissenschaften. Nr. 37. 1875.) 

Die von U. beobachtete Thatsache, dass man weder das Ticken 
einer Taschenuhr , noch den Schall eines fallenden Wasserstrahls, 
noch den ^ mittelst Schlauch weitergeleiteten Ton eines Resonators, 
welcher durch eine in den elektrischen Strom eingeschaltete Stimm- 
gabel erregt wird, dauernd, sondern mit periodischen Unterbrechungen 
hört, veranlasst ihn zu aem Schlüsse, dass nicht der Schallquelle, 
sondern dem Gehörorgan der Grund für dieses eigenthümliche Ver- 
halten zuzuschreiben sei. Da es nun bezüglich des so eben be- 
zeichneten Verhaltens sich gleichgiltig zeigte, ob man bei Individuen 
beobachtete mit intactem oder perforirtem Trommelfell, mit unver- 
sehrter Gehörknöchelchenkette oder freiliegendem Steigbügel, also 
der mögliche Einfluss des Tensor tympani ausgeschlossen, und der 
des Stapedius mindestens zweifelhaft war, die Intermissionen endlich 
in gleicher Weise auch bei Benutzung der Knochenleitung eintraten, 
80 kommt ü. zu dem Schlüsse, dass die fragliche Eigenthümlichkeit 
nicht dem Schall-leitenden, sondern dem percipirenden Theile 
des Gehörorgans zuzuschreiben sei, dass bez. die Perception des 
Acustieus für Schallquellen sehr geringer Intendtät eine ungleich 
massige ist, und bei fortdauernder Einwirkung derselben vorüber- 
gehend selbst ganz verloren gehen kann, analog dem von Helmholtz 
beobachteten Verschwinden und Wiedererscheinen schwacher Nach- 
bilder. — Jacoby. 

ÄrchiT für Ohrenheilkunde. XL Bd. (Nene Folge. Y. Bd.) 14 



196 Xyn. WissedBchaftliche RandschaiL 

20. 
Beschreibung einer einfachen Methode^ mittelst deren 
zwei Beobachter gleichzeitig den Augengrund^ das 
Trommelfell oder den Kehlkopf untersuchen können. 
Von Dr. Emil Berthold^ Docent in Königsberg. (Berl. klin. 
Wochenschrift. 1875. Nr. 25.) 

Von dem Satze ausgehend^ dass die von dem Augenhintergrunde^ 
Trommelfell etc. bei Beleuchtung desselben mit reflectirtem Lichte 
zur Lichtquelle zurückkehrenden Strahlen von einem zweiten Beob- 
achter zur gleichzeitigen Wahrnehmung des Trommelfells- etc. Bilde» 
benutzt werden können^ wenn sich derselbe gleichfalls eines die Be- 
leuchtung steigernden concaven Reflexspiegels bedient^ hat B. einen 
solchen durch einen zweigliedrigen Messingarm an der mit dem 
Tobold'schen Beleuchtungßapparat versehenen Lampe befestigen 
lassen^ nicht an der LampenstangC; sondern an einer dieser parallel 
laufenden Messingstange (welche da angebracht ist; wo sonst der 
Zapfen für den Ring zum Lampenstocke sich befindet), damit der- 
selbe bei einer höheren oder tieferen Stellung der Lampe gleichzeitig 
gehoben oder gesenkt werden kann und das Abschrauben nicht er- 
forderlich ist. In Folge dieser Construction steht der Spiegel des 
Tobol duschen Apparates; da wo sich bei dem ophthalmoskopischen 
Untersuchen die einfache Lampe befindet; also zur Seite des Unter- 
suchten und der zweite Spiegel vor dem Untersuchten; wie der ge- 
wöhnliche Augenspiegel bei der- einfachen Untersuchung. Die Wahr- 
nehmung des Trommelfellbildes gelingt mit Hülfe dieser Methode 
um so viel leichter; weil man durch die Reflexe nicht gestört wird, 
wie bei der Untersuchung des Augenhintergrundes. 

Um ein Trommelfellbild einem gleichzeitigen zweiten Beobachter 
zu demonstriren genügt -übrigens schon ein Concavspiegel ; dessen 
Brennweite um mehrere Zoll grösser ist; als die vom Beobachter 
zwischen Spiegel und Trommelfell innegehaltene Entfernung. Bei 
passender Stellung sieht dann der zweite Beobachter das Trommel- 
fellbild in dem Concavspiegel. 

Dass man zu demonstrativen Zwecken bei Benutzung von Sonnen- 
licht sich anstatt eines Concavspiegels eines Planspiegels bedienen 
kann, hat Lucae bereits 1869 (Med. Central-Blatt 1869. Nf. 52) 
dargethau; und ist von ihm hierauf in der Klin. Wochenschrift 1875 
Nr. 31 in Folge des UmstandeS; dass Berthold seiner in der 
obigen Arbeit nicht erwähnte, abermals aufinerksam gemacht worden. 

Derselbe Autor (Berthold) spricht (Berl. klinischen Wochen- 
schrift 1874. Nr. 15) über die Untersuchung des Gehörorgans und 
Trommelfells (in einer Sitzung des Vereins fttr wiss. Heilk. zu Königs- 
berg am 3. November 1873). — Abgesehen von bereits zur Genüge 
Bekanntem reducirt sich das Gesagte im Wesentlichen auf eine 
Wahrung seines Prioritätsanspruchs bezüglich d^r Empfehlung der 
binoculären Otoscopie gegenüber E. de Rossi (Rom). Beiläufig 
verspricht er sich von dieser nur dann wesentliche Vortheile, wenn 
noch Vergrösserungsvorrichtungen an dem betreffenden Apparat an- 
gebracht sind. Von dem durch Voltolini modificirten Brunton'schen 



XYII. Wissenschaftliche Rundschau. 197 

Apparat behauptet er^ dass er wahrscheinlich grössere Bilder geben 
würde; wenn er anstatt seiner Vergrösseningslinse eine Brttcke- 
sche Loupe hätte, welche ausserdem den Vortheil gewährt, sich be- 
quem für das myopische und hypermetropische Auge einstellen zu 
lassen. Jacoby. 



LITERATUR.. 

1875. 

1. Burnett — Caries of mastoid cells — removal of sequestrum 

— faeial paralysis und recovery. (Philad. med times. 22. May.) 

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krankheiten. (Brit. med. Joum. 29. May.) 

3. Bernhardt; A. — lieber die Function der Bogengänge des 

Ohrlabyrinths. (Med. Centr.-Bl. XIII. 21.) 

4. Chisholm — üeber einige Punkte der Ohrchirurgie. (Philad. 

med. and. surg. reporter XXXII. 10.) 

5. Dalby — üeber traumatische Zerreissung des Trommelfells. 

(Lancet I. 22.) 

6. Du Pr6 — Ghron. Otitis med. et int.; CarieS; Encephalitis und 

Meningitis. (Presse mM. XXVII. 18.) 

7. Pierce-T Fall von Otitis med. acuta; suppurative Entzündung 

der regio mastoidea; Tod. (Brit. med. Joum. March 6.) 

8. Pooley — Bli;itung aus dem Ohr bei Purpura. (Arch. f. DermatoL 

I. 3. S. 229.) 

9. Boosa — Syphilit. Erkrankung des Hörnerven (oder d. Cochlea) 

diagnosticirt durch einen Hautausschlag; specifische Behand- 
lung; Heilung. (Arch. f. Dermatol. I. 3.) 

10. Rudi ng er — Atlas des menschl. Gehörorgans. 3. (Schluss-) 

Lieferung. 24 Mark. 

11. Webber — Weber Gehirnerscheinungen bei Ohrenkrankheiten 

(Meni^re's Krankheit). (Boston med. and surg. Joum. XCII. 18.) 

12. S^aufal — üeber Fremdkörper im Ohre. (Böhm. Corresp.-Bl. 

III. S. 154.) 

1876. 

13. Rttdinger — Beiträge zur Anatomie des Gehörorganes, der 

venösen Blutbahnen der Schädelhöhle (sowie der überzähligen 
Finger). Mit 6 Tafeln. (München^ literarisch-artistische An- 
stalt. Preis 12 Mark.) 

14. Pritchard; ürban — The organ of Corti in Mammals. (Lancet. 

April 8.) 

15. Cassells, James Patterson — On the aetiologjr of ear disease. 

a contribution to the principles of aural snrgery. (Glasg. 
med. Journ. Jan.) 

16. Cassells— fOn conservative aural surgery. (Edinburgh, meä. 

Joum. March.) 

17. Cassells — Otological memoranda being Clinical observations 

illustrative of the diseases and injury of the ear. (Glasgow 
med. Journ. April.) 

14* 



196 Literetiir 1875. 1S76. 

18. Fi«ld — On the removal of foreign bodies froim the ieKtomal 

auditory meatos. (British ned. Jonm. 4. Wfar%,) (Kiefafts Nemes^) 

19. Field — On aural polypi. (loncet. 15. April.) (Nidits Neves.) 
ItO. Rwingtos — On the removal of foreign bodies from the ex- 

temal meatns. auditorios. Lancet. 18. März. (Spritze und 
warmes Wasser.) 

21. Golladon — Des corps 6trangers de l'oreille. (Lausanne. 

L. Corbaz et Co.) 

22. Reene — Defective hearing; its corable formes and rational 

treatment. 4. edition. 

23. Burnett — Second annual report of üie Philadelphia infir- 

mary for disease of the ear. (Philaddphia.) 

24. Israel — Ueber nervöse^ Erscheinungen, Teranlasst durch einen 

Fremdkörper in der Paukenhöhle. (Berl. klin. Wochenschr. 
10. April 1876. 8. 197.) 

25. Burnett — 2 annual report of the Philadelphia infirmary for 

diseases of the ear. 

26. Sc hur ig — Jahresbericht über die Leistungen in der Ohren- 

heilkunde pro 1873 und 1874. (Schmidts Jahrb. Bd. 170. 
Heft 1. 45 Seiten.) 

27. Lichtenberg — Das „neue Verfahren" Gruber's b^i acuten 

Erkrankungen des Mittelohrs. (Separat -Abdruck aus der 
Pester medicinisch-chirurg. Presse.) 

28. Hinze — lieber die Entstehungs weise des beim Galvanisiren 

des Kopfes auftretenden Schwindels. (St. Peterb. med. Zeit- 
schrift. 1875. Neue Folge. V. Band. 4. Heft.) 
(Erklärt den bei galvanischer Reizung auftretenden Schwindel 
durch Reizung der Bogengänge, speciell der AmpuHamerven.) 

29. Zuckerkandl — Ueber die Venen der RetromaxiDargrube 

und deren Beziehungen zu dem Gehörorgane. (M. f. 0. 1876. 
Nr. 4.) 

30. Voltolini — Ueber fremde Körper in uer Paukenhöhle und 

deren Entfernung. (Ibid. Nr. 5.) 

31. Michel — Krankheiten der Nasenhöhle und des Nasenrachen- 

raums. (Berlin 1876 bei Hirschwald. Preis 2 M. 80 Pf.) 



Mittheilung des Dr. A. Magnus. 

Mit Bezne auf meine vorläafige Mittheilnng in dem letzten Hefte dieses 
Archivs theue ich nunmehr den Herren CoUegen lüs Resultat meiner Be- 
mühungen mit, dass ich durch die besondere Güte des Herrn Dr. E. Martini, 
Vorsitzenden des wissenschaftlichen Ausschusses fUr die 49. V. d. N. u. A. 
folgende Notiz erhalten habe: 

1. Es wird für die Ohrenheilkunde wiederam eine, besondere Section 
eingerichtet sein. 2. Das Local für dieselbe ist in der neuerbauten 
Gewerbeschule vor dem Steinthor gelegen. 3. Dr. F. Goldschmidt 
ist mit der Einführung der Section betraut worden. 
Ferner aber wird Herr Dr. Goldschmidt, wie er mir mittheilt, Vor- 
sorge treffen, durch ein besonderes Programm Tag und Stunde unserer 
ersten Sitzung den Herren Gollegen bekannt zu machen. 



)(.l, l.,p.is. 



Ti'autmann. Derselbe Hack. 



%6 



XVIll. 

lieber die Dnrchschneidnng des Steigbägelmns 
Menschen und über die Eztraction des Steigbfii 

der Golnmella bei Thieren"") 



von 



Dr. J. Kessel, 

Frivatdocent an der Uniyersität Graz. 

Die Durchschneidung der Sehne des Steigbügel 
so viel ich weiss, bisher nicht vorgenommen worden, 
ist mein Suchen in der Literatur nach einer gleiche i 
liehen Operation unergiebig gewesen.*) Obwohl im ^ 
Falle die Sehnendurchschneidung mit Erfolg durchge i 
so würde ich es doch nicht wagen , vor die Oeffei i 
treten , hätte ich sie bloss auf einen flüchtigen Ge : 
vorgenommen. ^Aus dem Nachstehenden dürfte der ! 
ersehen, dass dies nicht der Fall war, dass ich mir ' 
einem derartigen Eingriff durch meine ärztlichen 1 
sowie durch eingehende experimentelle Versuche c 
gung erworben hatte. Freilich muss ich hier in \' i 
Weise bemerken, dass meine Absicht anfänglich I 
nicht bloss den Steigbttgelmuskel zu durchschneidi i 
nöthigenfalls die Extraction des Steigbügels vorzui ! 
handelte sich also eventuell um einen Eingriff in da 
bei dem der Abfluss des Labyrinthwassers in seil ! 
und Folgen auf die ftmctionellen Leistungen des Innc i 
zu berücksichtigen waren. 

Suchen wir nach Analogien eines solchen Eingri 
Gebiete der Sinnesorgane, so würden wir sie insowei • 

1) Nach einem im Verein der Aerzte zu Graz am 27. M i 
Vortrage. 

2) Nach mündlicher Mittheilung hat Prof. Lucae diest '. 
düng bereits vor länger als 10 Jahren ausgeführt. 1 i 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 1 



200 XVin. KESSEL 

zulässig ist, in der Staaroperation annähernd wiederfinden. Bei 
beiden Operationen, bei der Extraction der Linse und des Steig- 
bügels handelt es sich darum, mechanische Hindemisse zu be- 
seitigen, um die äquaten Reize auf die peripheren Nervenapparate 
einwirken zu lassen. Wollten wir die Analogie noch weiter 
verfolgen, so müssten wir annehmen, dass der Glaskörper der 
Endolymphe entspräche, denn beide umspülen die Endorgane 
der zwei specifischen Nerven. Würden wir nun die etwaigen 
Folgen der genannten operativen EingriflPe bei beiden in Vergleich 
ziehen, so müssten wir zu Gunsten des Ohres hervorheben, dass 
hier die Endolymphe, sowohl im Vorhof als im Schneckengang 
in relativ sehr w^erstandsfähigen Membranen eingeschlossen ist 
und daher' ein Abfluss nicht so. leicht möglich ist, wie bei dem 
wenig geschützten Glaskörper. Pazu kommt, dass die Peri- 
lymphe in den beiden Treppen der Schnecke und im Vorhofe 
in capillaren Röhren und Spalten enthalten ist, so dass sie selbst 
bei freier Passage nicht leicht abfliesst, oder wenn dies auch in 
geringem Maasse geschieht, sich leicht wieder aus dem Blut und 
Lymphgefässsystem ersetzt. In Hinsicht auf den eyentuellen Ab- 
fluss der Perilymphe oder gar der Endolymphe wäre also wenig 
zu fürchten; darin stimmen Speculation und Experiment, wie 
wir weiter unten sehen werden, gut überein. 

Eine höhere Bedeutung erhält die Operation, wenn man die 
physiologische Dignität des Vorhofs mit in Beeidung zieht and 
dem letzeren die volle Anerkennung zollt, wie es Goltz und 
Andere in neuerer Zeit gethan haben. Goltz nahm nämlich 
ältere Versuche von Flourens wieder auf und entwickelte auf 
Grund eigener Versuche die Hypothese, dass wir in den Am- 
pullen und Bogengängen ein besonderes Sinnesorgan besessen, 
dessen Au%abe es sei, uns von der Lage und den Bewegungen 
des Kopfes zu unterrichten. Durch die Zerstörung der Bogen- 
gänge sollten die Thiere schwindlig werden und Coordinations- 
störungen zeigen. Nach Goltz würden die äquaten Reize für 
die Endorgane der Ampullennerven durch Dehnung unter dem 
Einfluss des Druckes gesetzt. Der Nerv einer Ampulle würde 
demnach um so stärker gereizt, je tiefer er unter dem Scheitel 
des zugehörigen Bogenganges liege. Aendere sich die Lage des 
Kopfes, so ändere sich diese Tiefe und damit auch die Reizgrade 
der drei Ampullennerven, so dass man im Verhältniss dieser 
Keizgrade ein Mittel hätte, die jeweilige Lage des Kopfes zu 
beurtheilen, Breuer suchte seinerseits, die Goltz'sche Er- 



Ueber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 201 

klärung für nicht stichhaltig erklärend, das reizende Moment 
für die Nervenenden der Ampullenneryen in einer Bewegung der 
Endolymphe. Mit Goltz hätten wir also anzunehmen, dass wir 
in den Bogengängenapparaten ein Sinnesorgan besässen, das 
während der Buhe functionire, mit Breuer aber, dass es nur 
bei Bewegungen Empfindungen habe. 

Mag sich nun die Sache verhalten, wie sie will, zu Gunsten 
von Goltz oder Breuer wenden, für uns geht daraus hervor, 
dass, im Falle wir es mit einem Sinnesorgan von so hoher Be- 
deutung für das Leben wirklich zu thun hätten , ein Eingriff in 
das Labyrinth in hohem Grade bedenklich erscheinen mfisste. 
Der möglicherweise stattfindende Abfluss der Perilymphe, die im 
Gefolge stehende Druckänderung zwischen Endo- und Perilymphe, 
das Eindringen von Luft, die Gefahr der Entzündung der Nerven- 
apparate, dies Alles drängt von dem Eingriff ab, falls man ge- 
neigt ist, die Goltz 'sehe Hypothese als gültig zu acceptiren. 

Die Literatur über diese Hypothese hat sich in letzterer 
Zeit beträchtlich gemehrt; sie zählt viele Anhänger auf, aber 
anch hartnäckige Widersprecher. Die nachweisbaren Beziehungen 
des Auges* der Tast-, Gelenk- und Muskelempfindungen zur Er- 
haltung des Gleichgewichtes sprechen zwar nicht dagegen, dass 
wir in den Bogengängen ein Organ hätten, welches ebenfalls in 
gewisser Beziehung dazu stände. Dann käme aber bei der Er- 
haltung des Gleichgewichtes das Princip peripherer stellvertreten- 
der Function in Betracht und nicht ein besonders dasselbe be- 
herrschendes Sinnesorgan. 

In der That gibt Breuelr auch zu, „dass wir unseres Am- 
puUenorganes nicht bedürien, um, im Besitze unserer Tast-, 
Gelenk- und Muskelempfindungen und über die Aussenwelt durch 
die Augen orientirt, die groben Leistungen unseres Stehens und 
Gehens auszufllhren ". Damit erledigt sich, wie ihm scheint, 
auch gleich der Einwand, der ihm von fachmännischer Seite 
gemacht wurde, es gäbe Sectionsbefunde von Taubstummen, die 
überhaupt keine Bogengänge besessen hätten. Er gibt zu, dass 
das Labyrinth für die grobe Arbeit der Balance entbehrlich und 
durch Schärfung anderer Sinne voUanf ersetzt werden könne. 

Nach den eben angestellten Betrachtungen mindert sich der 
Schreck vor einem Eingriff in das Labyrinth schon wesentlich 
herab und ein Best von Bedenklichkeiten verschwindet, wenn 
man die Controlversuche von Böttcher und seine Resultate 
den vor ihm gewonnenen gegenüberstellt, Böttcher stellt in 

15* 



202 XVra. KESSEL 

Abrede, dass die DurchschneidaDg der Bogengänge Schwindel 
und Coordinationsstörungen unniittelbar als Gefolge habe, son- 
dern dass letztere, wenn sie überhaupt auftreten, die Folge von 
Veränderungen von Gentraltheilen sind, die durch den Eingriff 
alterirt werden, sei es durch Zerrung am Gehörnerven oder 
durch Blutung in die Schädelkapsei oder Entzündung etc. Eine 
Mittheilung Böttcher 's gründlicher. Untersuchungen und scharf- 
sinniger Erörterungen liegt hier ganz ausserhalb der Grenzen, 
die ich mir gezogen habe ; sie sind wichtig genug, um von Jedem 
selbst nachgelesen zu werden, der sich flir diesen Gegenstand 
interessirt; hier wollte ich nur hervorheben, dass er der Goltz - 
sehen Hypothese sämmtliche Stützen entzieht und gänzlich in 
Abrede stellt, dass den Bogengängen die supponirten Leistungen 
zugeschrieben werden dürften. 

Es ist wohl selbstverständlich, dass Böttcher, wenn er 
den Beweis zu führen sucht, dass der Schwindel nicht die Ur- 
sache der Bewegungsstörungen (Zwangsbewegungen) sein könne, 
damit auch beweisen will, dass es überhaupt keinen Ohrschwindel 
gäbe; letzteres ist eine unzweifelhafte, den Ohrenärzten wohl 
seit ihrem Bestehen schon bekannte Thatsache; er wird hervor- 
gerufen entweder durch gewisse Manipulationen an dem Ohre oder 
durch pathologische Veränderungen desselben. 

Durch Injection von Flüssigkeiten in die Paukenhöhle oder 
in den Gehörgang wird bei unverletztem Trommelfell unter 
Umständen Schwindel hervorgerufen, der in heftigen Graden von 
Scheinbewegungen der Gesichtsobjecte begleitet ist. Er hat eine 
Dauer von 30" -bis T, selten darüber. Bei perforirtem Trommel- 
fell entsteht er sehr leicht, wenn Flüssigkeit in der Paukenhöhle 
zerstäubt wird. 

Der herrschenden Ansicht der Ohrenärzte nach hätten wir 
die Ursachen dieser Erscheinungen in einer positiven Druck- 
schwankung im Labyrinth zu suchen. Hensen und Schmide- 
kam sind indessen anderer Meinung. Letzterer belastete seine 
Trommelfelle mit einer Wassersäule von 117 Cm., wobei ein 
intensives Schmerzgefühl eintrat, welchem Schwindel und Uebel- 
keit auf dem Fusse folgte. Als er gleich darauf den Versuch 
wiederholte, stellten sich, trotzdem die Höhe der Wassersäule 
nur 62 Gtm. betrug, die Erscheinungen in so verstärktem Maasse 
ein, dass das Gefühl des Schwindels sich fast zur Ohnmacht 
steigerte, worauf Würgen und wirkliches Erbrechen eintrat, dem 
für die Dauer des Tages ein Eingenommensein des Kopfes folgte. 



üeber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 203 

Schmidekam ist geneigt, diese Zufälle als Reflexerscheinungen * 
aufzufassen, welche durch Beizung des Bamus auricularis nervi 
Vagi bedingt werden. Der Beiz soll in diesem Falle nicht durch 
den Druck, sondern durch die niedrige Temperatur des Wassers 
gesetzt worden sein, da bei einer späteren Wiederholung des 
Experimentes, unter Benutzung eines Wassers von 25 ^ B., alle 
Erscheinungen ausblieben, obwohl der Druck noch um mehrere 
Centimeter gesteigert wurde. 

Obwohl nun Schmidekam mit seinem Experiment der 
herrschenden Anschauung der Ohrenärzte entgegentritt, so halte 
ich ^ sie damit allein noch nicht für beseitigt und halte es ausser- 
dem auch nicht beweisend ftir die seinige. Einmal hat er nicht 
erwiesen, dass der Vagus im Gehörgang wirklich den Schwindel 
bedingt, dagegen spricht sogar, dass der Schwindel auch bei 
Injection in die Paukenhöhle von der Tuba aus entsteht, also 
von den Wandflächen einer Höhle aus, in denen der Vagus gar . 
nicht vertreten ist. Dann muss doch erwogen werden, ob das 
Labyrinth durch den Druck der Wassersäule überhaupt belastet 
wurde, was ja doch wohl von Schmidekam angenommen wurde ; 
denn nur unter dieser Voraussetzung konnte er zu einer Schluss- 
folgerung geflihrt werden. Da nämlich in seinen beiden Ver- 
suchen bei annähernd gleicher Belastung des Trommelfells, resp. 
Labyrinthes das eine Mal die beschriebenen Erscheinungen auf- 
traten, das andere Mal aber ausblieben, so kann es, so sthliesst er 
nun, nicht der positive Druck im Labyrinth sein, der die Erschei- 
nungen hervorruft, sondern die Ursache der letzteren muss wo 
anders liegen und lässt sie dann von den Einwirkungen der 
niederen Temperatur auf den Vagus ausgehen. Im vorliegenden 
Falle ist es die Bichtigkeit der Voraussetzung, welche ange- 
zweifelt werden kann. Es ist nämlich bekannt, dass durch die 
Contraction des Steigbügelmuskels eine Druckverminderung im 
Labyrinth eintritt und #es lässt sich ganz gut vorstellen, dass im 
Falle, wo ein constanter Druck auf das Trommelfell resp. Steig- 
bügel wirkt, und einen abnormen Labyrinthdruck verursacht, 
der Steigbügelmuskel durch Beflexaction den üeberdruck zu com- 
pensiren sucht oder gar nicht zu Stande kommen lässt. Wenn 
also Schmidekam seine beiden Trommelfelle mit Wassersäulen 
belastete, so liesse sich immerhin denken, dass der Steigbügel- 
muskel durch seine Contraction einen üeberdruck im Labyrinth 
hinderte. Selbstverständlich würden damit auch die Erscheinungen 
nicht auftreten, welche der herrschenden Anschauung nach von 



204 XVm. KESSEL 

letzterem abgeleitet werden, es würden damit aber die Voraus- 
setzungen wegfallen, wie^sie zu Schmidekam's Schlussfolge- 
rung nothwendig erscheinen. 

Es fragt sich nun weiter, ob die niedrige Temperatur das 
ursächliche Moment zum Ohrenschwindel abgibt. Wenn ich hier 
auch ausdrücklich anerkenne, dass Spritzwasser von beträchtlich 
niederer, als der Bluttemperatul* leicht Schwindel hervorruft, so 
muss ich doch in Folge meiner Erfahrung hinzufügen, dass er 
zuweilen auch eintritt, wenn Wasser von letzterer angewendet 
wird und dass er bei Verwendung von Brunnenwasser sich zu- 
weilen nicht einstellt. Dass Temperaturdifferenzen allein ohne 
gleichzeitige Einwirkung eines Druckes Schwindel hervorrnfeB, 
ist mir nicht bekannt. 

In letzterer Zeit habe ich eine Patientin beobachtet, die 
zeitweise von Ohrenschwindel belästigt wurde. Wenn der Schwin- 
del sehr heftig war, so konnte sie nicht allein gehen, sie musste 
sich zum Ambulatorium führen lassen. Beim ruhigen Stehen 
machte sie leichte Schwankungen mit dem Oberkörper; Hess 
man sie gehen und die Augen schliessen, so musste sie vor dem 
Fallen geschützt werden. In diesem Zustande der Patientin ge- 
nügte es , den Tragus leicht auf die Oeffhung des Gehörganges 
anzudrücken, um Schwindel bis zum Umfallen und Scheinbe- 
wegungen der Gesichtsobjecte hervorzurufen. Bei dieser Mani- 
pulation iönnen Temperaturdifferenzen im äusseren Gehörgange 
nicht entstehen, also auch nicht das ursächliche Moment zum 
Schwindel abgeben, es musste vielmehr dem sehr geringen Druck 
auf die Gehöigangs-Paukenhöhlenluft zugeschrieben werden. Wo 
aber kommen nun die Erscheinungen zu Stande? Bei der Pa- 
tientin besteht seit längerer Zeit eine Otorrhoe mit gänzlichem 
Verluste des Trommelfells, des Hammers und des Amboses. Ob 
der Steigbügel noch vorhanden war, konnte nicht mit Bestimmt- 
heit eruirt werden, da sich an seiner Stelle Granulationen vor- 
fanden. Der Gehörgang ist normal. 

Nebenbei sei hier bemerkt, dass die Patientin an manchen 
Tagen an diesem Ohr auf zwei Meter mittelstarke Conversations- 
sprache versteht und vom Kopf knochen aus die Stimmgabel hier 
stärker hört, als an dem anderen Ohre. 

Aus dem eben Erwähnten ergibt sich, dass der Gehörgang 
und die Paukenhöhle mit ihren Anhängen einen Hohlraum bildete, 
dessen Wandung von dem gesetzten Druck ganz gleichmässig 
belastet wurde. Pathologisch verändert zeigte sich die Pauken- 



Ueber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 205 

höhle, während der Gehörgäng nur die geringen Polgen der 
Otorrhoe auswies. In ersterer war es vorzugsweise die hintere 
obere Wand, an welcher Granulationen zu sehen waren, die sieh 
bis in die Gegend des Steigbügels erstreckten. Von dieser Stelle 
ging auch die Eitersecretion aus. Einige Male klagte die Patientin 
über Schmerzen hinter dem Ohr, die Lymphdrüse über dem 
Warzenfortsatze schwoll dann an und wurde « ebenfalls schmerz- 
haft. Letztere Erscheinungen gingen wieder vorüber. Während 
ihres Bestehens trat aber sehr heftiger Schwindel auf. Als ich 
in einem solchen Zustande die Patientin untersuchte, fand ich 
den hinteren oberen Theil der Paukenhöhle mit eingedicktem 
Eiter angefüllt. Da es mir als wahrscheinlich vorkam, dass eine 
Miterkrankung der Warzenzellen vorhanden' sein möge und eine 
Entfernung des Eiters aus denselben sehr geboten sei, so suchte ich 
eine gebogene ßöhre nach dem Eingang zu den Zellen zu ftlhren 
und spritzte Wasser hindurch. Nach der Entfernung des Eiters 
erklärte die Patientin mit freudestrahlendem Gesichte, dass der 
Schwindel fast ganz vorbei sei und dass sie wieder im Stande 
sei, allein zu gehen, was vorher nicht der Fall war. Am folgen- 
den Tage waren ^e lästigen Schwindelerscheinungen völlig ge- 
schwunden. An der Knochenleitung hatte sich nichts geändert, 
sie war vor, während und nachher stärker, als an dem anderen^ 
nicht betheiligten Ohre. 

Es fragt sich jetzt, was lehrt uns diese klinische Beobach- 
tung? Zunächst ersehen wir daraus, dass heftige Schwindel- 
erscheinungen von einem Ohre ausgehen können, und dass das 
andere, nicht betheiligte, nicht im Stande ist, Gleichgewichts- 
störungen compensatorisch zu decken. Ferner dürfen wir wohl 
annehmen, dass die ursächlichen Momente für die Schwindel- 
erscheinungen nicht von einer Erkrankung des Gehörganges oder 
des Labyrinthes ausgingen, denn ersterer war normal und das 
plötzliche Verschwinden der Erscheinung spricht gegen eine Ver- 
änderung im letzteren. 

Es erscheint mir erlaubt, anzunehmen, dass die patholo- 
gischen Veränderungen der Paukenhöhle und der Warzenzellen, 
resp. die Anhäufiing von Eiter die Ursache zum Schwindel ab- 
gegeben haben. Manche werden freilich weiter gehen und unter 
der, allerdings unerwiesenen Voraussetzung, dass positiver Laby- 
rinthdruck Schwindel bedingt, die Schlussfolgerung ziehen, dass 
durch die Belastung des einen oder des anderen Labyrinthfensters 
oder beider zusammen dieser Labyrinthdruck zu Stande gekommen 



1 



206 XVm. KESSEL 

sei. Wenn wir uns um Nachweise ftlr die Richtigkeit der letz- 
teren Voraussetzung umsehen, so kommen wir in Verlegenheit. 
Die Durchschneidung der Bogengänge gibt uns auf unsere Frage 
keine directe Antwort. Die Gontinuität der knöchernen und 
häutigen Bogengänge wird bei der Durchschneidung aufgehoben 
und damit auch die Möglichkeit der Druckerhöhung im Labyrinth. 
Wenn Jemand nun zu der Annahme Neigung versptlrt, dass bei 
unverletzten Bogengängen und einem bestimmten Drucke die 
Schwindelerscheinungen doch zu Stande kämen, so könnte ich 
sie unter Berücksichtigung des eben beschriebenen Falles und 
unter weiterer Berücksichtigung anderweitiger Speculationen, auf 
die ich hier nicht eingehen will, nicht zurückweisen. Hier müssen 
neue Beweise erbracht werden. Aus der Besprechung des 
Schmidekam 'sehen Experimentes geht hervor, dass ich Druck- 
erhöhungen vom Gehörgang aus nicht für entscheidend halte 
ftir unsere Frage, weil sie möglicherweise im Labyrinth gar nicht 
zur Geltung kommen. Aehnliches liess sich gegen Druckwirkungen 
von der Paukenhöhle aus einwenden. AVir müssen uns also nm 
andere Mittel und Wege umsehen, um zum Ziele zu gelangen; 
ich glaube sie liegen nicht fem. 

Wie bekannt, wird der Steigbügelmuskel beim Menschen 
vom Nerv, facialis innervirt; nach Krause ist dies auch so beim 
Kaninchen. Der Trommelfellspanner wird vom Trigeminus ver- 
sorgt, beide Muskeln werden also von getrennten Nervenbahnen 
beherrscht. Beide Muskeln sind Antagonisten. 

Um die Folgen der Lähmung des Facialis zu demonstriren, 
reissen die Physiologen den Nerven aus dem Fallopischen Kanal 
heraus; dies gelingt bekanntlich ganz gut. Es ist klar, dass 
durch das Ausreissen des Nerven der Steigbügelmuskel gelähmt 
werden muss, denn im Kanal gibt der Nerv einen- Zweig zum 
Muskel ab. In Folge der Wirkung des Antagonisten, des Trom- 
melfellspanners, müsste nun der Labyrinthdruck über die Norm 
erhöht werden und Schwindel eintreten. Die Physiologen be- 
richten aber nichts über derartige Erscheinungen. Freilich kann 
hier wieder der Einwand erhoben werden, dass das gesunde Ohr 
compensirend für den Verlust des defecten eintrete. Letzterer 
Einwand fällt nun weg, sobald die Nerven beiderseits extrahirt 
werden; was ich in der That an Kaninchen gethan habe. Die 
Thiere überlebten den EingriflF nur 4 — 5 Tage, von Schwmdel 
aber und Gleichgewichtsstörungen war keine Spur zu sehen; 
ihre Bewegungen waren vollkommen normal. Die Section erwies 



üeber die Dorclischneidaug des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 207 

alle Symptome der FacialislähmuDg. Dabei war die Contraction 
des Trommelfellspanners sowohl am Trommelfell als an den 
Gelenken der Gehörknöchelchen sichtlich, auf welch letztere Er- 
scheinungen ich bei einer anderen Gelegenheit in ausführlicher 
Weise zurückkommen werde. Das Labyrinth und der Acusticus 
zeigten keine Veränderungen. 

Obwohl nun die Labyrinthblase und die zugehörigen Nerven 
intact waren, so zeigten die Thiere nicht die geringste Reaction 
auf sehr starken Schall; ob sie Geräusche empftinden haben, 
welche ja ebenfalls von der Druckwirkung abgeleitet werden, 
das konnte nicht eruirt werden. Das Resultat unseres Versuches 
lautet also: bei Lähmung des Stapedius und positivem Drucke 
im Labyrinth entsteht Schwerhörigkeit, aber kein Schwindel und 
keine Gleichgewichtsstörungen. 

Eine andere Frage, welche ich mir vor der Ausftlhrung der 
in Aussicht genommenen Operation vorlegen musste, lautete: 
Was tritt ein, wenn man bei unversehrtem Labyrinth den Druck 
in demselben durch Extraction des Steigbügels unter die Norm 
herabsetzt ? Auch hierüber gibt die Durchschneidung der Bogen- 
gänge keinen Aufschluss. 

Die Antwort auf diese Frage hatte ich mir, allerdings bei 
anderen Zielpunkten schon im Jahre 1871 durch das Experiment 
zurecht gelegt. Damals wollte ich mir Aufschluss verschaffen 
über functionelle Bedeutung der einzelnen Glieder des mechani- 
schen Mittelohrapparates für das Hören. Zu dieser Untersuchung 
nahm ich einzelne Theile oder das ganze Trommelfell, dann die 
Gehörknöchelchen aus der Paukenhöhle heraus. Anfangs operirte 
ich an Hunden und später an Tauben und zwar letzteres aus 
dem Grunde, weil hier die Manipulationen sehr vereinfacht sind. 
Bei Hunden ist die Extraction des Steigbügels ohne Eröffnung 
der Bulla ossea nicht leicht ausfahrbar und die Freilegung der 
letzteren gerade nicht sehr bequem. Ich kam daher bald auf 
den Gedanken, an Tauben zu operiren. Bei letzteren ist der 
Gehörgang sehr kurz und das Trommelfell ohne weitere Vor- 
bereitung sichtlich. Das Trommelfell ist durch einen Enochen- 
stab, die Columella, mit dem ovalen Loch verbunden ; die Gehör- 
knöchelchen sind hier noch nicht gegliedert, sondern durch diesen 
Knochenstab repräsentirt. Schneidet man das Trommelfell von 
seinem peripheren Ansätze ab, so kann man mit einer geeigneten 
Pincette dasselbe zugleich mit der Columella fassen und aus dem 
Labyrinth herausa^iehen. Durch enge Glasröhren kann man dann 



208 XVHI. KESSEL 

die LabyrinthflüBsigkeit aussaugen. Letztere Operation habe ich 
in der beschriebenen Weise ausgeführt und zwar bei der Kropf- 
taube, wo sie ohne Schwierigkeit vorgenommen werden kann. 
Nach der Operation wurde das Thier sofort freigegeben. Es 
zeigten sich keinerlei Erscheinungen, welche auf die Existenz 
von Schwindel und Coordinationsstörungen hingewiesen hätten, 
vielmehr waren Kopfhaltung, Flug- und Gangbewegungen voll- 
kommen normal. . 

Wenn wir uns nun die Bedenklichkeiten über den operativen 
Eingriff in das Labyrinth in Erinnerung bringen, welche wir 
Eingangs dieser Zeilen unter Bertlcksichtigung der von Goltz 
aufgestellten und von Breuer gestützten Hypiothese erhoben 
haben, ao glauben wir dieselben nach^ den jetzigen Erfahrungen 
wieder fallen lassen zu dürfen. Durch die Extraction der Golu- 
mella an beiden Ohren, durch das Aussaugen der Perilymphe 
und Eindringen von Luft in das Labyrinth sind doch wohl Be- 
dingungen genug gegeben, um Störungen in dem regelrechten 
Ablauf der erwähnten supponirten Leistungen der Bogengänge 
hervorzurufen. 

Wenn wir auch nicht annehmen wollen, dass die ganze 
Perilymphe entfernt wurde, so dürfen wir doch annehmen, dass 
fUr den Theil, der entfernt wurde, Luft eindrang und dass die 
Umhüllung der häutigen Gänge mit wechselnden Schichten von 
Luft und Wasser umgeben waren. Die verschieden leichte Ver- 
schiebbarkeit der beiden Flüssigkeiten an und ftlr sich, der ver- 
schieden grosse Druck auf die Endolymphe, die geänderten Dif- 
fusionsvorgänge, das Alles zusammengenommen sind doch Be- 
dingungen genug, um in dem Falle, als mi es wirklich mit 
einem Organ in dem besprochenen Sinne zu thun hätten, sicht- 
liche Functionsstörungen hervorzurufen; in Wirklichkeit aber 
konnte nichts der Art beobachtet werden. 

Die Beobachtung des Versuchsthieres wurde vom 2 — 26. Juni 
fortgesetzt und ein durchaus normales Verhalten desselben con- 
statirt. In den ersten Tagen floss eine mehr trübe, darauf eine 
helle Flüssigkeit aus dem Gehörgang. Nach Verlauf von acht 
Tagen sistirte der Fluss^ganz. Obwohl keine Analyse der aus 
der Paukenhöhle und dem Gehörgang austretenden Flüssigkeit 
vorgenommen wurde, so lässt sich doch aus der Quantität und 
dem Aussehen (zuletzt erschien sie ganz hell) annehmen, dass 
sie grösstentheils abgeflossene Perilymphe war, die sich nach 



Ueber die Durchjschneiduiig des Steigbügelinuskels beim Menschen etc. 209 

der Operation wieder ersetzt hatte nnd so lange abfloss, bis das 
eröffnete Fenster mit einer neugebildeten Membran geschlossen 
war. Es würde mich hier von meiner Aufgabe zu weit abführen, 
wollte ich mich auf die Befunde der Sectiou, die wohl noch manches 
Interessante fflr den Ohrenarzt enthalten, näher emlassen; das 
werde ich bei einer anderen Gelegenheit thun. Hier will ich 
nur das Verhalten des Thieres gegen Schallreize näher aus- 
einandersetzen. — In den ersten acht Tagen nach der Operation, 
also während des Bestandes des Ohr^nflusses, reagirte es auf 
Schall nicht Von da an wurden zuerst Bewegungen auf sehr 
starken Schall hin wahrgenommen. Am 25. und 26. Juni wurde 
durch geeignete Hörprüfungen festgestellt, dass der Schall wirklich 
durch das Gehörorgan zur Perception kam und dass nicht etwa 
das Tastorgan eine yermittelnde Brticke zu Auslösungen der 
Bewegungen des Thieres abgaben. Geprüft wurde auf Orgel- 
pfeifen von verschiedener Tonhöhe, auf Glasglockentöne, dann 
auf Zischen mit dem Munde und den Knall einer Zündkapsel. 
Kleinere Orgelpfeifen waren in der Nähe des Käfigs der Taube 
so angebracht, dass Luftströmungen dieselbe nicht treffen konnte, 
ausserdem wurden sie von Gummischläuchen gespeist, die durch 
die Oeffnungen einer Thüre zu einem im anstossenden Zimmer 
befindlichen Blasebalge ftlhrten. Grössere Orgelpfeifen wurden 
von hier aus zum Tönen gebracht. Ebendaselbst wurden Glas- 
Becipienten von Luftpumpen angeschlagen und Zündkapseln 
mittelst einer Zimmerpistole zur Explosion gebracht. Die Hör- 
prüfungen wurden zwei Tage hindurch vorgenommen und des 
Abends wiederholt und nur solche Momente benützt, wo sich 
die Taube vollständig ruhig verhielt oder schlief. Auf alle die 
angeführten Schallreize antwortete das Thier sofort mit leb- 
haften Kopfbewegungen ; es machte dabei den Eindruck, als sei 
es nicht im Klaren darüber, woher der Schall komme und be- 
strebe sich, durch Drehen des Kopfes die Schallrichtung aus- 
findig zu machen ; häufig wechselte es dabei seinen Ort. Bei der 
Explosion einer Zündkapsel fuhr es lebhaft zusammen, durch 
lautes Zischen wurde es sehr beunruhigt. 

Fassen wir nun die Resultate zusammen, so gipfeln sie da- 
rin, dass beträchtliche Herabsetzung des Labyrinthdruckes unter 
die Norm bei gleichzeitigem Abfluss der Perilymphe mit Schwer- 
hörigkeit verknüpft war, dass aber Schwindel und Coordinations- 
störungen dabei nicht auftraten und dass nach dem Verschluss des 
ovalen Loches mittelst einer neugebildeten Membran und nach 



210 XVni. KESSEL 

Yollständigem Ersatz der Perilymphe Töne und Geräusche wieder 
vernommen wurden. 

Durch die Auseinandersetzung der erwähnten Versuche mit 
ihren Resultaten glaube ich nunmehr die Berechtigung zu einem 
Eingriff in das Labyrinth, wenigstens insoweit hier unbedingt 
erforderlich, dargethan zu haben und mich der Beschreibung 
eines wirklich durchgeführten Falles beim Menschen zuwenden 
zu dürfen. 

Rosa H., aus Leibnitz, 23 Jahre alt, erkrankte in ihrem 
6. Lebensjahre an Scharlach, das unter heftigem Fieber und 
Delirien verlief. Als nach Ablauf der Delirien das Bewusstsein 
wiederkehrte, merkte sie, dass sie während der Erkrankung 
schwerhörig geworden und dass ein Ohrenfluss beiderseits auf- 
getreten war. Der Fluss besteht seit jener Zeit mit Unter- 
brechungen während der günstigen Jahreszeiten. Die Schwer- 
hörigkeit hat sich links allmählich etwas gebessert, rechts aber 
blieb sie unverändert und gesellten sich sehr starke Geräusche 
hinzu« Am 10. Juli 1875 besuchte Pat. mein Ambulatorium; 
links hörte sie mittelstarke Sprache auf 1 Meter. Das Hören 
wechselt an diesem Ohr, zeitweilig sinkt es so tief herab, dass 
selbst laute Sprache von diesem Ohre nicht mehr verstanden 
wird. Sie hilft sich dann dadurch, dass sje die rechte Stimecke 
d^n Munde des Sprechenden nähert, alsdann hört sie wieder, 
aber nicht auf dem rechten, sondern auf dem linken Ohre. Auf 
dem rechten Ohre werden Worte nicht mehr verstanden, einzehe 
Consonanten mehr errathen als gehört und nur die Vocale mit 
Ausnahme des i nachgesprochen. Mehrere Stimmgabeln werden 
vom Scheitel aus rechts stärker als links vernommen. Die weitere 
Untersuchung ergibt links eine herzförmige Perforation. Zeit- 
weilig zeigt sich der mittlere und hintere Sector bedeutend ein- 
gestülpt und dann treten auch die erwähnte hochgradige Schwer- 
hörigkeit und Geräusche auf. Mit der völligen Auswärtstreibung 
der eingestülpten Partien ^sen die Geräusche momentan nach 
und das Hören kehrt wieder. 

Rechts ist ein totaler Verlust des Trommelfells, des Hammers 
und Amboses vorhanden ; das Köpfchen des Steigbügels ist sicht- 
lich , während seine Schenkel und Basis in- eine weiche Grann- 
lationsmasse eingehüllt sind. Die Schleimhaut der Paukenhöhle 
ist verdickt und secernirt reichlich. Unter sorgfältiger Behandlung 
schwanden die Granulationen, der Fluss hörte gänzlich auf, das 
Gehör aber besserte sich nicht und die Geräusche nahmen an 



üeber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beimMensc 

Intensität sogar zu und hatten imDecember 1875 ei 
Grad erreicht, dass sie der Patientin die Nachtruhe i 
magerte dabei sichtlich ab und klagte wiederholt ü 
tlberdruss. An inständigen Bitten ihrerseits, sie von 
den Geräuschen zu befreien, fehlte es nicht ; sie erboi 
willigst, eine Operation vornehmen zu lassen, auch • 
Gefahr damit verknüpft sei. Der Zustand der Paub 
damals folgender: 

Das Köpfchen und der vordere Schenkel des 
können bequem übersehen werden. Vom oberen 
Steigbügelplatte gehen zwei Wülste aus, die sich n 
der Schleimhaut des Vorgebirges verlieren; auch m 
Bande gehen Schleimhautwülste nach dem Boden < 
höhle zu. Bei Berührung mit der Sonde erweisei 
Wülste widerstandsfähig und nur wenig dehnbar 
hinteren Fläche des Steigbügelköpfchens kann ehe 
Abgang der Sehne des Steigbügelmuskels erkannt 
einer bestimmten Stellung des Kopfes wird auch ei 
hinteren Schenkels und eine Schleimhautfalte erbli 
ihn an die hintere Paukenhöhlenwand fixirt. Bei Be 
Steigbügels mit der Sonde hört die Pat. einen hellei 
bestehenden Geräusche werden dadurch aber nicht ii 
alterirt und auch Stimmgabeln vom Scheitel aus 
gehört. Die Beweglichkeit des Steigbügels ist vollb 
gehoben, er verbält sich der Sonde gegenüber wi 
Knochenstück. 

Ueberblicken wir nun noch einmal den Verlauf d< 
und die Folgen derselben, so sehen wir, dass nach 
gehenden Scharlacherkrankung beiderseitiger Ohrenfli 
hörigkeit und GerätUsche folgen. Der Verlust von ' 
Hammer und Ambos rechts und die Perforation 
wohl ebenfalls mit Wahrscheinlichkeit in>, die erste : 
krankung verlegt werden. Im Laufe der Zeit treten G 
in der Nähe des Steigbügels auf, die durch Behandl 
stein in Substanz) zum Verschwinden gebracht werde 
Stelle finden sich nun sehr wenig nachgiebige, mit I 
kleidete Bindegewebsstränge, welche den Steigbügel , 
es nicht schon vorher war, noch weiter fixiren helf< 

Suchen wir jetzt die geschilderten Verhältnisse i 
der Erfahrungen auf unserem Gebiete zu analysires 
wir einer allgemeinen Annahme der Ohrenärzte zu 



212 XVm. KESSEL 

sehr belästigenden Qeräusche von der Fiximng des Steigbügels 
und dem durch sie bedingten positiven, erhöhten Labyrinthdrucke 
aUeiten. Auch die Schwerhörigkeit dttrfen wir auf d^i letzteres 
resp. Fixirung des Steigbügels zurückführen, denn es ist durch 
Burnett erwiesen, dass eine Steigerung des Labyrinthdnickes 
über eine gewisse Grenze die physiologischen Verrichtungen des 
runden Fensters und der Gehörknöchelchen vernichtet. 

Es ist nun wohl einleuchtend, dass unter den gegebenen 
Umständen von einer therapeutischen Behandlung wenig zu er- 
warten war; Hülfe konnte meiner Erfahrung nach nur ein opera- 
tiver Eingriff bringen, der die Beseitigung der ursächlichen Mo- 
mente ins Auge fasste. Die Grundbedingung für einen erfolgreichen 
Eingriff, die verstärkte Enochenleitung, war vorhanden. Zur 
Prflfang derselben wurden freilich nur die Stimmgabeln c?, c^^ 
c^ verwendet, aber sie lieferten doch den Beweis, dass die 
Gortischen Fasern noch für die ihnen entsprechenden Tonhöhen 
Ainctionirten. Leider standen mir damals noch keine ausreichen- 
den Prüfungsmittel zur Verfügung und so konnte denn auch da- 
mals die Frage : innerhalb welcher Grenzen die Gortischen Fasen 
noch empfindlich seien, nicht beantwortet werden, doch gknbte 
ich annehmen zu können, dass sie in einer grösseren als der 
untersuchten Breite noch Dienste leisteten. Erscheinungen, welche 
auf eine destructive Veränderung des Vorhofsnerven hätten be- 
zogen werden können, lagen nicht vor. Die günstigen Verhält- 
nisse, die leichte Zugänglichkeit des Steigbügels für Instrumente, 
die Möglichkeit, seine Bewegung wieder herzustellen und den 
Labyrinthdruck zu vermindern, alles dies zusammen lockte zu 
sehr, um einem operativen Eingriff entsagen zu können; dazu 
kam, dass ich mir durch die einschlägigen Versuche anThieren 
die Ueberzeugung verschafft hatte, dass bei günstigem Verlaufe 
der Operation das Leben derselben nicht gefährdet ist und dass 
wahrscheinlich beim Menschen dieselben Erfolge für das Hören 
wie dort eintreten würden. Diesen Speculationen Rechnung 
tragend entschloss ich mich, zuerst mit dem Mobilisiren des 
Steigbügels zu begmnen und dann erst, wenn die Erwartungs- 
effecte nicht einträfen, die Extraction des Steigbügels vorzn- 
nehmen; denn dass mit letzterer den bestehenden Uebelständen 
am leichtesten abgeholfen werden konnte, war sehr wahrscheinlich. 
Am 21. December 1875 wurde daher mit der Durchtrennung der 
Schleimhautfiaite begonnen, derart, dass das Lanzenmesser parallel 
dem oberen und dEum dem unteren Bande der Steigbügelplatte 



Üeber die Durchschneidung des Sieigbügelmnskels beim Menschen etc. 213 

durch die Falten hindarchgezogen wurde. Der Schmerz war 
gering und die Blutung ganz unbedeutend. Zur Ueberrascbung 
der Patientin und mir zur Freude wurden unmittelbar nach der 
Operation yorgesprochene Worte auf 10 Gtm. gehört und nach- 
gesprochen; die Geräusche waren, wenn auch schwächer, doch 
noch vorhanden, obwohl der Steigbügel jetzt mittelst Sonde nach 
oben und unten leicht zu be\«egen war. Um den Erfolg der 
Operation abzuwarten, wurde ein Verband angelegt und Fat. auf 
den nächsten Tag wieder beschieden. An diesem Tage wurde 
festgestellt, dass das Gehör sich erhalten, die Geräusche aber 
nicht verschwunden waren. Um die Steigbttgelplatte herum 
schwitzte eine seröse Flüssigkeit aus, die ich für Labyrinth- 
flttssigkeit halten durfte, der Steigbügel selbst haftete nur ncTch 
locker in dem ovalen Loche; der vordere Trittpol war stark 
nach aussen gezogen, offenbar eine Wirkung der Contraction des 
Steigbügelmuskels. Da. ich fUrchtete, dass das Ringband, welches 
am vorderen Trittpole seitlich noch vorhanden war, jetzt durch 
die Muskelwirkung durchrissen werden, oder dass der Steigbügel 
in seiner jetzigen Lage festheilen könnte, und da ausserdem die 
Geräusche nicht verschwunden waren ; so durchschnitt ich die 
Sehne des Steigbügelmuskels und die Adhäsionen am hinteren 
Schenkel. Nachdem dies geschehen, war jetzt der Steigbügel so 
locker in das ovale Loch eingefügt, dass er bei der leisesten 
Berührung schlotterte. 

Hier ist jetzt die interessante Thatsache zu verzeichnen, 
dass mit dem letzteren Eingriff die Geräusche plötzlich und gänz- 
lich verschwunden waren* und dass mittelstarke Sprache auf 
1 M. gehört wurde. 

Am 23. und 24. December sah ich die Fat. wieder; das 
Gehör hatte sich erhalten, die Geräusche waren nicht wieder 
aufgetreten, der Steigbügel klebte, so zu sagen, nur noch im 
ovalen Loche. 

Um den Abfluss des äusseren Labyrinthwassers geradezu 
nicht zu befördern, liess ich den Steigbügel in seiner losen Ver- 
bindung hängen, von der Meinung ausgehend, dass er von selbst 
abfallen würde. Gegen mein Wissen und WillA reiste die Fat 
am 25. December in ihre Heimath ab und kam mir erst am 
3. Januar 1876 wieder zu Gesicht. Sie berichtete, dass sich am 
Abend vom 25. December, nach der Reise also, Schmerzen im 
rechten Ohr eingestellt hätten, die sich in den nächsten Tagen 
noch steigerten und das Liegen auf dem rechten Ohre deswegen 



214 XVIII. KESSEL 

nicht gestatteten und dass vom 26. December das Ohr zu fliessen 
begann. 

Am 3. Januar waren noch lebhafte Ohrenschmerzen in der 
Tiefe des Ohres und FIuss zu constatiren ; die Gegend des ovalen 
Loches war "reichlich mit Granulationen besetzt. Da durch Be- 
rührung derselben mit der Sonde keine Klangsymptome hervor- 
gerufen werden konnten, so giaubte ich, dass xier Steigbügel 
abge&Uen und verloren gegangen sei. Das Ohr wurde einige 
Tage mit einer Vi ^/o Kochsalzlösung ausgespritzt und gegen ^e 
lebhaften Schmerzen Morphium verordnet. 

Am 7. Januar waren die Schmerzen massig und das unter- 
dessen fast aufgehobene Hören auf 0^5 M. gebessert; die Geräusche 
seit dem 22. December verschwunden. Die Granulationen wurden 
nut Höllenstein bestrichen und bildeten sich bald wieder zurück, 
wobei zu meiner Ueberraschung der vermeintlich verloren ge- 
gangene Steigbügel wieder zum Vorschein kam. Von hier an 
bietet der Ablauf der Erkrankung nur noch das Erwähnenswerthe, 
dass die Granulationen sich leicht wiederbildeten, besonders von 
der hinteren oberen Faukenhöhlenwand aus und dass ihre Heilung 
grosse Mühe verursachte, da diese Partie durch den Steigbügel 
verdeckt und nicht leicht zngängig war; endlich aber heilte auch 
diese Stelle und damit sistirte die nur noch schwach vorl^^dene 
Secretion der Paukenhöhle geg^n Ende April ganz. Ende Juni 
sah ich die Pat. zum letzten Mal; sie hörte mittelstarke Con- 
versationssprache auf 1,5 M. und Zahlen auf 3 M. Die Geräusche 
sind nicht wiedergekehrt. Die Beweglichkeit des Steigbügels 
ist eine geringe und nehme ich an, dass im Fall ich denselben 
extrahirt und sich an seiner Stelle aus dem Ringband eine 
leicht bewegliche, das ovale Loch verschliessende Membran ge- 
bildet hätte, ein grösserer Effect als der vorhandene erzielt wor- 
den wäre. Mehr wie eine Annahme ist letzteres nicht und soll 
auch nicht mehr sein; ich denke, sie ist für die Ohrenärzte 
wichtig genug, um sie unter dem Hinweise auf die Resultate 
der Extraction der Golumella bei der Taube in reifliche Ueber- 
legung zu ziehen. Ich selbst weise hier absichtlich jede Spe- 
culation, wie sTe sich für den Denkenden von selbst ergeben 
mögen, zurück und beschränke mich auf die einfache Aufzählung 
der Erscheinungen, wie sie im Verlauf vor und nach dem opera- 
tiven Eingriff auftraten. 

Zum Schlüsse will ich mir nur noch eine kurze Betrachtung 
erlauben über einige pathologische Veränderungen der Pauken- 



Ueber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels beim Menschen etc. 215 



höhle, die, obwohl sie an verschiedenen Stellen und in ver- 
scliiedener Weise organisirt sein können, doch üjinliche functio- 
nelle Störungen bedingen und daher zu einem Verfahren drängen, 
das aus dem eben besprochenen, dem Mobilisiren des Steigbügels 
abgeleitet und daher hier in kurzen Umrissen geschildert werden 
soll. Es handelt sich nämlich um die Trennung des Ambos- 
steigbUgelgelenkes zum Zweck des Mobilisirens des Steigbügels 
und Herabminderung des gesteigerten Labyrinthdruckes, also um 
dieselben Endziele wie bei der vorigen Operation; das Verfahren 
ist also nur eine, durch pathologisch -anatomische Verhältnisse 
bedingte Folge des ersteren. 

Schon Toynbee fand unter 1149 secirten Gehörorganen 
von Schwerhörigen 204 Mal Unbeweglichkeit des Steigbügels 
durch Verfestigung im ovalen Loche. Seitdem ist die Steigbügel- 
fixirung an der Leiche von anderen Forschem vielfach beobachtet 
worden und kann ich aus eigener Erfahrung, die sich auf mehr 
als 1000 Sectionen stützt, die Häufigkeit des Befundes nur be- 
stätigen. Schon im Jahre 1873 (s. d. Arch. Bd. VHI, 3. Heft, 
S. 234) habe ich durch Versuche nachgewiesen, dass bei einer 
Ankylose des Steigbügels das Trommelfell, der Hammer und 
Ambos ausgiebige Schwingungen ausführten , ohne däss am 
Labyrinthwasser nur die geringste Bewegung ersichtlich gewesen 
wäre ; dasselbe negative Resultat in Bezug auf die Schwingungen 
des Labyrinthwassers fand ich bei starken Verwachsungen des 
Steigbügels mit dem Promontorium. Derselbe Erfolg tritt selbst- 
verständlich ein, wenn sämmtliche Gelenke der Knöchelchen 
durch krankhafte Veränderungen unbeweglich geworden sind. 
Femer habe ich damals auf gewisse Adhäsivprocesse, dann auf 
Verdickungen der Schleimhautfalte in der Hammer- Ambosnische 
und dann auf gewisse Bindegewebswucherungen hingewiesen, die 
nicht selten an der Decke der Paukenhöhle vorkommen und den 
Hammer und Ambos einhüllen (1. c. 233). Ich habe nachgewiesen, 
dass unter solchen Umständen das Trommelfell an allen seinen 
Abtheilungen ganz gut schwingen kann, ohne dass am Labyrinth- 
wasser eine Bewegung zu sehen ist. Die Zwischenglieder zwi- 
schen Labyrinthwasser und Trommel&U geben hier das Hinder- 
niss fttr die üebertragung der Schwingungen ab. 

Es ist nun eine allgemeine klinische Erfahrung, dass die 
eben angeführten Erkrankungsformen bedeutende Schwerhörigkeit 
und häufig Geräusche im Gefolge haben. Weiter ist bekannt, 
dass diese Erkrankungen selten auf den mechanischen Hittelohr- 



■i 






Archiv fqr Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. Y. Bd.) 



16 



216 ^ XYm. KESSEL 

apparat begchränkt sind, sondern dass die Sehleiniliaat des 
Mittelohres miterkrankt ist oder es doch war, denn der Ausgangs- 
pnnkt für diese Erkrankungen ist eben die Schleimhaut in den 
weitaus überwiegenden Fällen. Mit der längeren Dauer der 
Schleimhauterkrankungen werden die Binnenmnskeln des Ohres 
in Mitleidenschaft gezogen, sie werden insufScient, ^ verlieren 
ihre Contractilität, indem ihre Muskelfasern zu Grunde gehen^ 
die schliesslich durch Bindegewebe ersetzt werden, das un Za- 
Stande der Schrumpfung bedeutende fonctionelle Störungen in 
den Ldstungaa des Mittelohres hervorruft, die theils durch Span- 
nungs- und Wölbungsanomalien am Trommelfell, theils durch 
anomale Stellungsänderungen der Gelenkflächen der Gehör- 
knöchelchen und Fixirung in dieser Lage bedingt werden/} 

Alle die erwähnten Veränderungen haben, wie bereits gesagt^ 
Schwerhörigkeit und häufig Geräusche im Gefolge. In neuerer 
Zeit wurde die Durchschneidung der Sehne des Trommelfell- 
spanners als wirksames Mittel gegen den erhöhten Labyrinthdmek 
und die davon abgeleiteten Erscheinung^i anempfohlen. Meine 
Erfahrungen, und damit stimmen die von Schwartze tiberein 
(siehe dieses Arch. Bd. XL) sprechen nicht zu Gunsten dieser 
Operatum, wenn sie, wie ich hier betonen will, unter solchen 
Verhältnissen vorgenommen werden, wie sie oben beschrieben 
wurden ; ich glaube, ich kann mir nach den vorangehenden Ans- 
einandersetznngen ausführliche Erörterungen hierüber ersparen 
und dies um so mehr, als die Bewegungsvorgänge an den Ge- 
lenken der Gehörknöchelchen mit d^jenigen an den übrigen mehr 
bekannten ganz gut in Vergleich gezogen werden können. Was 
kann es helfen, wenn man an einem Finger, dessen Gelenke 
durch pathologische Organisationen vollständig unbew^lich ge- 
worden sind, die Sehnen der Muskeln durchschneidet? Beweglich 
werden dadurch die Gelenke nicht. Ebensowenig wird die 
Durchschneidung des Trommelfellspanners helfen,- wenn der me- 
chanische Mittelohrapparat in der angenommenen Weise erkrankt 
ist. Was aber soll und kann geschehen, wenn die Hörprüfung 



1) Obwchl die Speculation and die klinischen Erscheinungen auf den 
Zusammenhang zwischen anomalen Stellungsänderungen der Gelenkflächen 
und specifischen Functionsstörungen hinweisen, sind sie meines Ermessens 
bisher nicht genügend darauf hin untersticht worden. Ich habe mir durch 
eingehende experimentelle Untersuchungen einige Aufklärungen in dieser 
Richtung zu yerschaffen gesucht und werde mir erlauben, dieselben bei ein^ 
anderen Gelegenheit miteutheilen. 



üeber die Durchschneidung des Steigbügelmuskels* beim Menschen etc. 217 

durch die Knochenleitung ergibt, dass der Hömerv noch in einer 
der menschlichen Sprache entsprechenden Breite functionirt, die 
sämmtlichen Gelenke aber, oder doch der Steigbügel allein, voll- 
ständig unbeweglich sind und daher Schwingungen vom Trommel- 
fell nicht mehr übertragen nach dem Labyrinth? 

Verfestigungen des Hammer -Ambosgelenkes sind ebenso 
schwer zu lösen, wie diejenigen im Ambos-Steigbügelgenk und 
eine Methode auf unblutigem Wege nicht bekannt. Unter solchen 
Verhältnissen halte ich die Trennung des Ambossteigbügelgelenkes 
für angezeigt und gehe dabei, wenn das Trommelfell noch er- 
halten ist, in der Weise vor, dass ich das hintere Segment seiner 
Länge nach spalte, hierauf die Durchschneidung der Sehne des 
Trommelfellspanners und dann die Trennung des Ambossteigbügel- 
gelenkes vornehme: Ist dies geschehen, so schreite ich zur 
Mobilirung des Steigbägels. in einer den pathologischen Verhält- 
nissen Rechnung tragenden Weise. 

Hier will ich noch bemerken, dass ich die letztere Operation 
am Lebenden ausgeführt habe und dass ich die Extraction des 
Steigbügels, sobald sich eine günstige Gelegenheit dazu bietet, 
ausführen werde. Erst wenn letzteres geschehen ist, werde ich 
über die Erfolge berichten und auf die Indicationen und Opera- 
tionsverfahren näher, als dies hier geschehen, eingehen. 



16* 



XIX. 

lieber den Katheterismns des Obrhalskanales durch den 
Hnnd nnd nber ein Ersatzverfahren desselben 



TOB 



Dr. J. Kessel, 

PriTatdocent an der ViUTersittt 6nK. 

Der Katheter ist unentbehrlich, wenn es sieh daram bandelt, 
gasförmige, flüssige oder feste Körper mit Sicherheit durch den 
Halskanal des Ohres in die Paukenhöhle zu dirigiren und der 
Katheterismus durch die Nase heute die allein gebräuchliche 
Operationsweise. Häufig genug ist jedoch diese Methode wegen 
Missbildungen, pathologischen Veränderungen oder allzugrosser 
Schmerzhaftigkeit nicht ausftibrbar und die bis jetzt bekannten 
Ersatzmittel schon deswegen ungenügend, weil Flüssigkeiten und 
Sonden nicht nach dem Halskanal und der Paukenhöhle gebracht 
werden können. In solchen Fällen befanden sich die Ohrenärzte 
bisher in Verlegenheit. Letzteres ist um so auffallender, als 
gerade der angebliche Erfinder des Katheterismus eine andere 
Methode, und zwar durch den Mund vorschlug. Lincke sagt in 
seinem Handbuch der Ohrenheilkunde: „Die Geschichte des 
Katheterismus der Ohrtrompete ist ganz dazu gemacht, den Stolz 
der hochgelehrten Aerzte recht gründlich zu demüthigen. Diese 
Operation, durch welche allein die Ohrenheilkunde zu einer 
Wissenschaft geworden ist, welche denjenigen, die sie auszufahren 
verstehen, ein so gewaltiges Uebergewicht über die in Ausführung 
derselben nicht Geübten gibt, ist von keinem Arzte, von keinem 
Gelehrten, sondern von dem Postmeister Guyot i. J. 1724 
erfimden worden." 

Guyot litt an Schwerhörigkeit und da er vergeblich bei 

1) Nach einem am 27. März 1876 im Verein der Aerzte in Graz ge- 
haltenen Vortrage. 



Eatheterismus des Ohrhalskauales. 219 

den Aerzten um Hülfe sachte, so versuchte er es, sich selbst za 
helfen. Er bediente sich einer knieförmig gebogenen, zinnernen 
Röhre, die er durch den Mund in das Halsende des Kanales 
eingeführt und Flüssigkeit in denselben eingespritzt haben wollte 
und sollte eine vollkommene Heilung durch diese Methode erzielt 
haben. Nach den heutigen Erfahrungen lässt es sich erklären, 
wie Guyot zur Heilung kam. Er litt sehr wahrscheinlich an 
einem einfachen Nasenrachenkatarrh, begleitet von Tubenver- 
schluss. Durch Injection von Flüssigkeit hinter das Gaumen- 
segel (Rachendouche) heilte er den Katarrh, der Halskanal des 
Ohres wurde wieder durchgängig, das Hören wieder normal. 
Damit ist aber nicht erwiesen und auch nicht nothwendig an; 
zunehmen, dass er seine knieförmig gebogene Röhre wirklich 
in den Halskanal einführte. In dem Nachfolgenden werde ich 
den entgültigen{ Beweis liefern, dass weder Guy o't noch irgend 
ein anderer nach ihm durch eine einfache gekrümmte Röhre bei 
normal geformten Rachengebilden den Halskanal katheterisirte 
und dass eben deswegen ihm bloss das Verdienst angerechnet 
werden darf, den Katheterismus in Vorschlag gebracht zu haben, 
während das wirkliche Verdienst, ihn zuerst ausgeführt zu haben, 
Archibald Cleland (1741) zuerkannt werden muss und dies 
um so mehr, als er von Guyot's Vorschlag nichts wusste, einen 
anderen, aber brauchbareren Weg, nämlich durch die Nase fand, 
und ein zweckmässiges Instrument ersann. 

Guyot 's Priorität steht von vornherein auf schlechten 
Füssen. Er wandte sich mit seinem Vorschlag an die Academie 
des sciences zu Paris, doch diese sowie die meisten späteren 
Ohrenärzte bezweifelten, dass er wirklich die Röhre in seinen 
Halskanal eingeführt habe; so kam es, dass weitere Versuche 
Guyot 's Vorschlag in der Praxis zu verwirklichen, aufgegeben 
wurden, obwohl die anatomischen Verhältnisse und die prak- 
tischen Bedürfnisse dazu aneifern. 

Die Halskanäle der beiden Ohren liegen symmetrisch zur 
Medianebene und zwar in einem nach hinten offenen Winkel von 
40— 45^ Die schiefe Lage der Röhre zur Medianebene bedingt, 
dass die hintere Lippe der letzteren näher liegt, als die vordere. 
Daher kommt es auch, dass man durch einen Trichter, den man 
in den unteren Nasengang einführt, bei genügender Beleuchtung 
in den Anfangstheil des Kanals hineinsehen kann. Der Abstand 
des Kanals von der hinteren Rachenwand ist ein inviduell sehr 
verschiedener, durchschnittlich ungefähr 1 Ctm.; constanter ist 



N 



2?0 XIX. KESSEIi 

seine Lage dicht oberhalb der verlängert gedachten Ebene des 
harten Gaumens. Sä^ man einen Leichensehädel in der Median- 
ebene dorchy so können die eben beschriebenen Lageverhältnisse 
Übersehen werden. Biegt man eine Röhre knieförmig and schiebt 
sie von dem Mund ans hinter dem Gaumensegel parallel der 
Medianebene hinauf, so kann man die Yorstehende Btlckseite der 
hinteren Lippe. des Kanales berühren, oder auch an ihr yorbei 
gleiten. Durch Drehungen der Röhre kann man es allenfalls 
dahin bringen, dass die Spitze derselben an die vordere Lippe 
des Eanales anstösst, wodurch ihre Oeffnnng aber wieder darcb 
die letztere geschlossen wird; in das Lumen des Eanales aber 
kann die Spitze nicht geführt werden. Gelingt letzteres an der 
Leiche nicht, so ist dies noch viel weniger möglich am Lebenden^ 
schon der beträchtlichen Verschiebung der betreffenden Theile 
wegen. Will man nun aber eine Röhre wirklich in die Lichtimg 
des Halskanales einführen, so muss sie selbstverständlich der 
Lage desselben zur Medianebene und der Lage des Gaumensegels 
entsprechend gekrümmt sein, also knieförmig nach oben und mit 
der Spitze nach aussen und rückwärts in dem weiter vorn an- 
gegebenen Winkel. Wollte man das Maass an der Leiche nehmen, 
so würde man fehl gehen, denn beim lebenden Menschen ändert 
sich dasselbe. In dem Augenblick nämlich, wo der Katheter 
hinter das Gaumensegel gebracht werden soll, entsteht durch 
den mechanischen Reiz eine Reflexthätigkeit der quergestreiften 
Muskeln des Rachens, Gaumens und des Ohrkanales. Das Gaumen- 
segel hebt sich, die Bogen werden coulissenartig gegen die 
Mittelebene vorgeschoben, die Zungenwurzel und das Zungenbein 
rücken in die Höhe. Der Passavant'sche Wulst bildet sich in 
exquisiter Weise, das Gaumensegel legt sich an denselben fest 
an; damit wird der obere Theil des Athmungstraktes von dem 
unteren vollständig abgeschlossen; es treten, kurz gesagt, die- 
selben Erscheinungen ein, wie sie von Brücke in seinem Lehr- 
buche d^r Physiologie bei Besprechung des Schlingaktes in ein- 
fach schöner Weise beschrieben wurden. Der Passavant'sche 
Wulst bildet sich oft in einem solchen Grade aus, dass er nur 
durch einen beträchtlichen Kraftaufwand überwunden werden 
kann und rückt dann soweit nach vom , dass er den Choanen 
sehr nahe kommt. Die Nasenrachenhöhle wird dadurch anf 
einen sehr kleinen Raum reducirt. Das Segel schiebt sich in 
einzelnen Fällen über das Niveau des harten Gaumens hinauf» 
wobei sich die Wirkungsweise der Segelheber deutlich durch 



EfttheteriBrnnB des ObrhalakaDales', 



221 



ihrem Ansatz entsprecbende Gruben an dem Segel markirt. Fttbrt 
man eine gebogene R<}hre hinter das Gaumengegel , so können 
die eben .beBchriebenen Eracheinnngen beobachtet werden. Durch 
den vollständigen Abachluss des oberen Theiles des Reepirations- 
traktes von dem unteren er^bt sich nan aber die wichtige Thatsache, 
daas gleichzeitig die Tnba geschlossen wird. Wäre der Halskanal 
dabei nicht vollständig und fest geschlossen, so mttsete man im 
'Stande sein, nach Verechlnss der Nase durch die Köhre die ver- 
dichtete Luft vom Nasenrachenranm in die Paukenhöhle einzu- 
pressen. Letzteres gelingt nicht, auch dann nicht, wenn man 
versucht, mittelst Gompresüonspumpe von der Nase aoa, also 
anter erhöhtem Druck Luft nach der Pankenhl^hle zu pressen. 
Durch diesen Versuch iet meines Ermessens nach der von anderen 
angestrebte Beweis in endgültiger Weise erbracht, dass in dem 
Augenblick, wo beim Schlingakt die Gontraetion der Muskeln ihr 
Maximam erreicht, gleichzeitig ein vollständiger Verschluss der 
Tuben hergestellt wird. 

Die eben erwähnten Verhältnisse sind nun aber fUr die Aus- 
führung des Katheteriwnus keineswegs ßsrderlicb, sondern geradezu 
hinderlich, denn sie erschweren die Technik und vermehren den 
Widerstand in dem Halekanal des 
Ohres. Um beide dennoch zu be- 
herrschen, bedient man sich eines ein- 
fachen Mittels, man lehrt die Patienten 
mit offenem Munde durch die Käse 
■ athmen. Sehr ungelehrige halte man 
an den Nasenschleim zurückzuziehen, 
also eine stossweise Inspiration zu 
machen, worauf sich eine bestimmte 
Klasse von Menschen ganz gnt ver- 
steht. 

Mit dem Beginne der Nasenrespi- 
ration wird die Gontraetion der in 
Betracht kommenden Muskeln gelöst, 
das Gaumensegel schiebt sich abwärts 
und der Tubenspalt wird hergestellt^ 
80 dass jetzt die nothwcndigen Be- 
dingungen zum Katheterisiren vorhan- 
den sind. 

Der Katheter ist 20 Gtm. Ifuig und hat ein Lumen von 3 Mm. 
Dnrchmesser an dem bimförmigen Ende. Die vorstehende Figur 




222 XIX. KESSEL 

gibt die natttrliclie Grösse und Biegung an dem S-förmigen Mand> 
stück, so dass man sich eine gute Vorstellung von seiner Form 
ohne weitere Beschreibung machen kann; selbstverständlich ist 
ein rechter und lüiker Katheter nothwendig.*) 

Um den Katheter in die Halsmtlndung des Ohrkanals ein- 
zuftihren, lässt man den Mund weit öffnen und legt das Krttm- 
mungsstttck a b flach über die Zungenwurzel, so dass das zweite 
Krümmungsstttck b c nach dem zugehörigen Kanal gerichtet ist/ 
Dann drtlckt man die Zunge mit dem Katheter nieder und lässt 
durch die Nase athmen. 

Sobald sich das Gaumensegel herabsenkt, schiebt man den 
Katheter um 90 ^ drehend hinter das Gaumensegel. Der Katheter 
liegt jetzt ungefähr in der, Mitte zwischen den Gaumenbögen 
und dem Zapfen und seine Spitze vor der Halsmtlndung des 
Kanales. Nun wird die hintere, vorstehende Knorpellippe mit 
der Birne getastet und der Katheter an dieselbe angedrückt; 
hierauf wird er um 45^ weiter gedreht, so dass das Krümmungs- 
stück a b dem harten Gaumen genähert und das zweite Stück 
& e in die Halsmündung hineingeschoben wird. Dabei kann oft 
die Beobachtung gemacht werden, dass sich die Halsmündung 
des Kanales auf und ab schiebt. Obwohl es wahrscheinlich ist, 
dass auch noch Verschiebungen in anderen Richtungen vorkom- 
men, so können sie doch nicht so sicher festgestellt werden, wie 
die senkrechte Verschiebung. Die Besichtigung der Theile durch 
den Nasenrachentrichter dürfte hier .wohl erwünschten Auächluss 
geben. 

Bei Entfernung des Katheters wird entweder der oben be- 
schriebene Weg rückwärts genommen, oder das Krümmungsstück 
a b ganz horizontal gelegt, nach der entgegengesetzten Tuba und 
gleichzeitig nach abwärts geschoben. 

Wie zu jedem Operationsverfahren so gehört auch zu dem 
eben beschriebenen üebung und Geschicklichkeit. Durch unvor- 
sichtiges und unnöthiges Manipuliren wird die Muskulatur be- 
unruhigt und die Technik erschwert. Bei sehr gereizter Rachen- 
schleimhaut entstehen nicht selten Würgbewegungen. Erbrechen 
habe ich bis jetzt in allen Fällen vermeiden können. Die Würg- 
bewegungen halten mich nicht ab, zu katheterisiren, ich erhasche 
mir den geeigneten Moment, um den Katheter hinter das Ganmen- 



1) Herr Heuberger, Instrumentenmacher ia Graz^ Herrengasse 13, fertigt 
dieselben an. 



Eatheterismus des Ohrhalskanaies. 223 

segel zu führen, ist er dahin gebracht , so lasse ich ihn mhig 
liegen, bis die stürmischen Moskelbewegungen aufhören, dann 
erst taste ich mir die Halsmündnng des Eanales heraus. Ich 
übe dies Verfahren seit Monaten fast ausschliesslich aller anderen. 
Die geringe Widerstandsföbigkeit von Seiten der Patienten, die 
allzeitige Yerwerthnng, die Gymnastik der Tubenmuskeln, die 
Betastung des Nasenrachenraumes, wodurch nicht selten patholo- 
gische Veränderungen eruirt werden, die bei anderen Verfahren 
übersehen werden, der kräftige Luftstrom durch den weiten 
Katheter und die Herabminderung der Empfindlichkeit ftir Ent- 
zttndungsreize durch die mechanische Berührung veranlassten 
mich, dies Verfahren zu veröffentlichen. 

Als Ersatzmittel ftlr den Katheterismus bediene ich mich 
einer Röhre mit der einfachen Krümmung a b. Die Spitze ist 
geschlossen und seitlich eine oder zwei gegenständige Oeffnungen 
angebracht. Die Röhre wird hinter das Segel geftihrt, die Nase 
geschlossen und nun die. Luft im Nasenrachenraum verdichtet 
und von hier aus in die Paukenhöhle hineingepresst. Wird ein 
Gehörgang durch den kleinen Finger luftdicht verschlossen, so 
kann die verdichtete Luft vorzugsweise nach dem anderen Ohre 
gepresst werden und die Wirkung auf letzteres dadurch erhöht 
werden, wenn die Röhre nur eine seitliche entsprechende Oeff 
nung hat. 

Aus dem Voranstehenden geht hervor, dass die Luft nur 
dann ins Ohr gepresst werden kann, wenn die Contraction der 
Muskeln beginnt, oder sich wieder löst, da beim Maximum der 
Contraction der Halskanal geschlossen ist. Schleim und Eiter, 
weV^her sich im oberen Rachenraum befindet, wird hinter dem 
Gaumensegel herausgeschleudert und dadurch eine erwünschte 
Reinigung nebenbei vorgenommen. 

Zum Schlüsse möge man mir hier eine kleine Abweichung 
von meiner Aufgabe gestatten. Ich möchte es hier nicht unter- 
lassen, den praktischen Aerzten ins Gedächtniss zu rufen, dass 
Scharlach, Blattern, Masern und Typhus die Krankheiten sind, 
welche so viele Unglückliche schaffen, die sich entweder durch 
die Taubstummenanstalten oder mit Otorrhöen behaftet durch 
ihr gefährdetes Leben hinschleppen. Wie lohnend bei derartigen 
Erkrankungen, wo das Ohr nach der neueren Casuistik so häufig 
in Mitleidenschaft gezogen wird, die Luftpresse allein oder 
nöthigenfalls in Verbindung mit der Durchbohrung des Trommel- 
fells wirkt, davon kann sich jeder Arzt diQ oöthige Ueberzeugung 



224 XIX. EESSilti, K2«theterismua äes OhrhalskanaleB. 

vers^haifeii ; sobald er sich die Mttlie nimmt, sieh mit den ein- 
znsehls^enden Verfahren vertraut zu macheiL Die einfache und 
leichte Technik der zuletzt beschriebenen Methode und die That- 
saßh^ ds^ss sich die Kinder leicht dazu versteheu, den Mund zu 
öfhen^, woinit die wesentlichste Bedingung ^ zur Manipulation 
gegeben ist, werden, wie ich hoffe, dieser Methode den Eingang 
in die Praxis verschaffen, an Erfolgen wird es dann nicht fehl^. 



1) Neugebpreae u^d Kinder in den erpteu Lebei^jahroB zwüpigl man, 
4en Mund zu offnen, hekai^ntlich dadurch, d9ß.s ivi^n die Nase dersielben 
schlies^t, wodurch sie genöthigt werden, durch den Mund zu athmen. 



XX. 

Beiträge m Anatemie Qnd Entwicklimgtigescluchte des 

nensoUicheii Gebörorgans 



von 



Dr. Moldenhauer 

in Leipzig. 

Bie Anatomen von Fach, welche bisher fast ausschliesslich 
sieh mit den Entwicklungsvorgängen am Gehörorgan beschäf- 
tigten, haben sich begreiflicher Weise mit besonderer Vorliebe 
der Entwicklung des Labyrinthes zugewandt und das Mittelohr 
mehr weniger vernachläsaigt. Seit Reichert und Günther 
haben wir keine ausführliche Darstellung der Genese dieses 
Abschnittes des Gehörorgans und so konnte es geschehen, dass 
uns erst in neuester Zeit Politzer mit interessanten I>etails tiber 
die späteren Schicksale des Processus styloideus überraschte. 

Und doch ist das Mittelohr, seine Anatomie und Entwicklung, 
vorläufig fttr den Ohrenarzt von grösserer Wichtigkeit, als das 
innere Ohr, da nach dem jetzigen Standpunkte unseres Wissens 
sich dort die meisten Krankheiten abspielen, die unserer Diagnose 
und Therapie zugänglich sind. 

Es soU daher die Aufgabe des Verfassers sein, in einzelnen 
kleinen Au&ätzen Über einige bisher wenig berührte dunkle oder 
streitige Punkte der anatomischen Verhältnisse des Mittelohres 
mehr Licht zu verbreiten. 

Es folgen zunächst einige Bemerkungen über die Entstehung 
der knöchernen Kanäle in der Umgebung der Paukenhöhle, da 
diese Vorgänge für die Ausbildung der Baumverhältnisse in der 
Trommelhöhle von ausserordentlicher Wichtigkeit sind und hier- 
über nur die kurzen vorläufigen Mittheilungen bekannt sind, die 
Bü ding er vor Jahren in der Monatsschrift fttr Ohrenheilkunde 
veröffentlicht hat. 

Es kommen hierbei besonders der Canalis caroticus und ^Qf 



226 XX. MOLDENHAÜER 

Ganalis facialis in Frage, vor deren Entstehung die knöcherne 
Pankenhöhle eine von der späteren ganz verschiedene Gestalt 
hat. Sie ist sowohl vom als hinten klaffend geöffnet und spannt 
sich über diesen Raum der zarte Paukenring^ um eine nur noth- 
dürftige Begrenzung abzugeben. 

I. Ganalis caroticus. 

Die Entwicklung des knöchernen Eanales ftir die Garotis 
fällt mit ihren Hauptmomenten in die zweite Hälfte des fötalen 
Lebens. Seine erste Andeutung findet sich in der Mitte der 
Gravidität, zu einer Zeit, wo die Verknöcherung der Pyramide 
von mehreren Punkten aus rasche Fortschritte macht, während 
an dem durchaus knorpligen Felsenbein sich nie eine Spur seiner 
Existenz nachweisen Hess und verläuft hier die Garotis frei, nur 
von Bindegewebe umhüllt, seitlich vor der Pyramide, deren 
äusserstes abgerundetes Ende von der sich deutlich markirenden 
ersten Schneckenwindung eingenommen wird. Im Anfange er- 
scheint der spätere Kanal in Gestalt einer flachen Furche, welche 
dicht vor dem runden Fenster beginnend in nur wenig gekrümmtem 
Bogen nach der Spitze der Pyramide verläuft. Da zu dieser 
Zeit der Entwicklung das runde Fenster viel mehr, als später 
nach abwärts der Schädelbasis zugewandt ist, so reicht auch die 
carotische Furche weiter nach dieser Fläche zu, als man beim 
Neugeborenen erwarten sollte. Sehr bald beginnt nun an der 
unteren hinteren Begrenzung der Furche, dicht vor dem runden 
Fenster, sich eine kleine Leiste zu erheben, während zu gleicher 
Zeit an ihrem vorderen Bande, aber höher, etwa in der Mitte 
des Verlaufes, ein kleiner Höcker entsteht. Von diesen beiden 
Punkten aus geht nun die Ausbildung des Kanales rasch vor sich, 
doch in weit höherem Grade von der hinteren leistenförmigen 
Erhebung. Dieselbe setzt sich einerseits nach hinten und unten 
mit der etwa zu gleicher Zeit angelegten Enochenkante in Ver- 
bindung, aus der später der Boden der Paukenhöhle hervorgeht 
und hilft hier den Aquaeductus vestibuli überbrücken, andererseits 
wächst sie längs der Furche nach oben, bis sie an das vordere 
mediane Ende der inzwischen gebildeten Scheidewand des Canal. 
musculo-tubar. zusammenstösst. Nachdem diese Leiste eine ge- 
nügende Höhe erreicht hat, beginnt sie sich, besonders in ihrem 
mittleren Theile, nach vorn herum zu wölben, bis sie mit dem 
vorhin erwähnten Höcker an der vorderen Begrenzung, der unter- 
dessen nach oben hin ausgewachsen ist, in Verbindung tritt. In 



Beiträge zur Anat n. Entwicklungsgeschichte d. menschl. Gehörorgans. 227 

sehr vielen Fällen scheifit sie jedoch in Gestalt einer glatten 
Enochenzacke, die später eine mehr senkrechte Richtung erhält 
und vorzugsweise den unteren Theil des Kanales deckt, nach 
aussen an dem Höcker vorbei zu wachsen , so dass zwischen 
beiden ein oft ziemlich weiter, mit Bindegewebe ausgeftUlter 
Spalt übrig bleibt. Während dieser Vor^Uige hat sich die Oe- 
stalt des Kanals, wie ich glaube vornehmlich durch den Druck 
des allmählich kiflfkiger circulirenden Blutes bedeutend verändert, 
sein Lumen hat sich nicht nur erweitert, seine Wandungen, be- 
sonders die hintere, welche die vordere Begrenzung der Pauken- 
höhle zu bilden bestimmt ist, die gehörige Wölbung erhalten, 
sondern auch seine Richtung ist aus der schwach gebogenen in 
eine fast rechtwinklig gekrümmte übergegangen. Durch die stär- 
kere Wölbung der hinteren Wand des Eanales ist der vordere 
mediane Theü des Sept. tub. so von der Pyramide abgedrängt 
worden, dass er an die äussere Wand des Eanales zu liegen 
kommt. Unterhalb des Septum findet sich die flache Vertiefung 
fttr die Tuba. Es liegen hier also der Ganalis carotic. und der 
Canal. musculo-tub. so aneinander, dass die äussere Wand jenes 
zugleich die innere und theilweise die untere Wand dieses bildet. 
Erst später wird der Canal. musculo-tub. dadurch vervollständigt, 
dass das Tegmen tympani von hinten her heranwachsend das 
Dach bildet, während der Paukenring als äussere Begrenzung 
sich heranlegt. 

Die Entstehung der die Wand des Canalis carotic. durch- 
brechenden feinen Kanäle für die Gefässe und Nerven ist schwer 
zu verfolgen, doch ist sehr wahrscheinlich, dass der Enochen 
allmählich diese Theile umwächst. 

II. Ganalis facialis. 

Von dem ganzen später knöchernen Eanal des Nerv, facial. 
ist nur ein kleiner Abschnitt knorplig vorgebildet. Es ist dies 
das gerade Anfangsstück, vom Grunde des Meatus auditorius 
internus bis zur inneren vorderen Fläche der Pyramide, wo dann 
der Nerv frei zu Tage tritt und sein Verlauf auf dieser ^äche 
und an der Wand der Paukenhöhle durch eine flache Rinne im 
Enorpel markirt wird. Bei der Verknöcherung der Pyramide 
während der zweiten Hälfte des intrauterinen Lebens und zum 
Theil erst nach der Geburt wird die Rinne an der inneren vor- 
deren Fläche der Pyramide besonders durch das Heranwachsen 
des Tegmen tympani zum Hiatus canalis Fallopii geschlossen. 



228 XX. MOLDENHAUER 

I 

Während seines Verlaufes in der Paukenhöhle ze^ jedoek Ak 
Entwicklu&g des knöchernen Eanales Eigenthttmliehkeiten, die 
wir näher betraditen müssen. 

Die Rinne; aus der später der Kanal henroi^ht, hat nicht 
überall dieselben Dimensionen. Sie ist im ober^i Abschnitt, 
von der Gegend des Knies an, ziemlich eng, erweiteii sich aber 
oberhalb der späteren Eminentia pyramidalis bnchtförmig, zeigt 
in der Gegend der Eminentia selbst eine Einscfanürang, um sich 
dann bis zum Ende bedeut^d zu erweitem. 

Die erste Andeutung zur Umbildung in emen Kanal zeigt 
sich im oberen Abschnitte, indem das Tegmen tympani an der 
hinteren Begrenzung der Furche einen glatten Fortsatz herab- 
schickt; dem gegenüber an dem yorderen Bande dicht oberhalb 
des ovalen Fensters eine entgegenwachsende, daefaf önnige Kochen- 
leiste entsteht. Diese letztere tritt sehr bald in Verbindnag mit 
der ersten Anlage des Septum tubarium; wodurch die Lage des 
Bostrum cochleare oberhalb des ovalen Fensters und an der Wand 
des Caoalis facial. gegeben wird. Ehe nun diese beiden Knochen- 
blättchen sich bis zur Berührung nähern, entsteht weiter abwärts 
am vorderen Saume der Furche in der Gegend der späteren 
Emin<^tia pyramidalis ein kleiner Höcker, der bald nach oben 
und unten etwas auswächst, jedoch an der ursprünglichen Stelle 
die grösste Höhe behält. Inzwisdien bat sich der obere Abschnitt 
vom Knie bis zum ovalen Fenster zum Kanal geschlossen, anefa 
hat sich von der Yerschlussstelle an an dem hinteren Bande der 
Furche eine Leiste erhoben, mit der der oben erwähnfte Höcker 
in brtickenartige Verbindung tritt. An dieser Knochenbrücke 
und zwar an ihrer vorderen unteren Fläche erscheint nun sdir 
bald die erste Andeutung der Höhle flir den Musculus stapedins 
in Form einer kleinen Furche, die nach und nach tiefer wird; 
indem die Bänder sieh erheben und zur Bildung eines Kanales 
einander entgegenrücken. Die obere Oeffnung fttr die Sehne ist 
gleich anfangs ziemlich eng, während die Gomiiäunication mit 
dem Canalis facialis von betrilchtlicher Weite ist. 

Wir sehen also den Kanal jetet an zwei Stellen geschlossen, 
der dazwischen befindliche Abschnitt von dem ovalen Fenster bis 
zur Eminentia pyramidalis ist bekanntlich bei der Geburt theil- 
weise noch häutig und wollen wir seine Verknöcherung hi^^ 
nicht weiter verfolgen, dagegen müssen wir die EntwicklnnS 
des unteren Eanalendes noch eingehender betrachten. 

Wir hatten oben gesehen, dass dieser Abschnitt von be- 



Beiträge zur Aaat. u. Entwicklungsgeschichte d. mensdil. Gehörorgans. 229 

trächtlicher Weite ist vmd zwar deshalb, weil noch keine Soo- 
derang zwischen Ganalis facialis und der Höhlimg de« Griffel- 
fortsatzes eingetreten ist und weil die Enochenthdle , weiche 
sp&ter heranwachsend die weite Binne zu einem engen Kanal 
zusammendrängen , noch wenig entwickelt sind. Vor Allem ist 
es die geringe Ausbildung der Pars mastoidea der Pyramide, 
des Paukenringes und des Fundus tjmpani, die hier in Frage 
kommt. 

Ein Fundus tympani besteht während der ersten Hälfte des 
intrauterinen Lebens nicht, es liegt daher der Paukenriing fast 
unmittelbar dem runden Fenster an und ist hierdurch vorzugs- 
weise die bekannte horizontale Lage des Trommelfells bedingt. 
Die Paukenhöhle selbst hat auf dem Durchschnitt eine mehr 
dreieckige Gestalt, also noch wenig Aehnlichkeit mit dem Ge- 
bilde, von dem sie den Namen erhalten hat. Erst in der zweiten. 
Hälfte der Gravidität entsteht der Boden der Pauke aus einer 
kleinen Knochenkante am unteren Rande der Pyramide und wird 
hierdurch wesentlich die Aufrichtung des Trommelfells bedingt. 

Nach vom tritt der Fundus tympani, wie wir schon oben 
bemerkten, mit der hinteren Wand des Canal. caroticus in Ver- 
bindung und dient zu dessen Verstärkung, hinten spaltet er sich 
in ^wei Platten, die den Processus styloideus vom und hinten 
umgreifend an der hinteren Wand der Paukenhöhle in die Höhe 
steigen. Die vordere Platte legt sich an die Eminentia pyrami- 
dalis an, die hintere, welche zugleich die vordere Wand des 
Canalis facialis darstellt, .verwächst mit dem inzwischen weiter 
nach abwärts entwickelten Proc. mastoideus. Vorn und aussen 
legt sich der Paukenring an und dient im Verein mit dem hinteren 
unteren Winkel der Schuppe zur Verstärkung der äusseren Wand. 

Auch noch nach der Geburt kommen am unteren Ende des 
Kanals durch Knochenauflagerung Veränderungen vor, wodurch 
das anfangs weite, spaltf örmige, oft zweigetheilte Foramen stylo- 
mastoideum in eine einfache, enge, rundliche Oeffnung verwandelt 
wird und die Chorda tympani, welche beim Neugeborenen ausser- 
halb des Canalis facialis entspringend, etwa ^/4 Ctm. frei unten 
verläuft, bis sie hinter dem Paukenring verschwindet, völlig vom 
Knochen gedeckt wird. Bei der Verfolgung vorstehender Ent- 
wicklungsvorgänge fand ich auch Gelegenheit, das Verhalten des 
Proc. styloideus in früheren Stadien zu studiren und kann ich 
"Bie Schildemng, welche A. Politzer in diesem Archiv, Bd. IX. 
Heft 3; über diesen Gegenstand gegeben hat, völlig bestätigen. Nur 



230 XX. MOLDENHAUEB, Anat. u. Entwicklungsg. d. menschl. Gehörorgans. 



ein Punkt scheint diesem aufmerksamen Beobachter entgangen zu 
sein, nämlich dass der Proc. styloid. in Mhester Zeit mit seinem 
oberen Ende durch einen knorpligen Fortsatz von V2 Ctm. 
Länge mit der Enorpelfläche zusammenhängt, aus der später der 
Proc. mastoideus hervorgeht. Auch wenn die Nachbartheile schon 
völlig verknöchert sind, lässt sich der knorplige Yerbindungs- 
streifen noch nachweisen und verschwindet erst mit der Ver- 
knöcheruug des Proc. styloid. selbst. 

Es ist mir nach der Entwicklungsgeschichte diese Verbindung 
nicht recht erklärlich und will ich deshalb die Aufmerksamkeit 
der Leser darauf gelenkt haben. 



Studien Aber die Paracnsis loci 



▼on 



Prof. Dr. Adam Politzer 

in Wien. 

Bekanntermassen besitzen wir bei normalem Zustand unserer 
Gehörorgane nur in anvoUkommenem Grade die Fähigkeit^ die 
Richtung des Schalles zu beurtheilen. Nach der übereinstimmen- 
den Ansicht der Physiologen ist nämlich die Unterscheidung der 
Schallrichtung kein Act der Empfindung selbst , sondern ein 
Resultat des aus der Erfahrung hervorgegangenen Urtheils. Als 
wesentlich wird hierbei die stärkere Einwirkung des Schalles 
auf eines der beiden Ohren angenommen, d. h. wir werden die 
Schallquelle nach rechts oder nach links verlegen, je nachdem 
der Schall das rechte oder das linke Qhr stärker trifft. Hin- 
gegen wird unser Urtheil über die Schallrichtung ganz unsicher, 
wenn bqide Ohren eine gleiche Stellung zum Orte der Schall- 
quelle besitzen; wir werden nämlich, wie schon Venturini^) 
nachgewiesen hat, häufig nicht unterscheiden können, ob der 
Schall von vorn oder von hinten kommt. 

Die Beobachtung bei einer Anzahl von Ohrenkranken, welche 
häufig nicht nur nicht im Stande sind, die Richtung der Schall- 
quelle anzugeben, sondern oft genug die Schallquelle in eine 
geradezu entgegengesetzte Richtung versetzen, veranlasste mich 
bei einer grösseren Zahl von Normalhörenden und Ohrenkranken 
eine Reihe von Versuchen anzustellen, welche zum Theil Auf- 
schluss über die als Paracusis loci bezeichnete Anomalie bei Ohren- 
kranken zu geben geeignet sind. 

Wenn ich bei geschlossenen Augen eine stark tickende 

1) Voigt's Magazin. Bd. 11. 

I Archiv fftr OhreDlieillcande. XI. Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 17 

I 



232 XXI. POLITZER 

Uhr in der Scheitelebene von vorn über den Kopf nach hinten 
zu bewegen lasse, so werde ich nicht im Stande sein, mit Sicher- 
heit anzugeben, ob sich die Uhr vor lüir, über mir oder hinter 
mir befindet; in dem Momente aber, wo ich ein Ohr schliesse, 
wird das Uhrticken sofort gegen die Seite des offen ge- 
bliebenen Ohres hinttberrücken. 

Obwohl unser Urtheil über die Richtung des Schalles häufig 
durch den Gesichtssinn wesentlich dadurch unterstützt wird, dass 
wir die ScRallquelle nicht nur hören, sondern auch sehen, so 
wird doch selbst dann, wenn wir die Schallquelle sehen, unser 
Urtheil über die Schallrichtung auffällig alterirt, wenn ein Ohr 
geschlossen wird. Es wird nämlich beim Verschluss eines Ohres 
das Ticken einer in der Scheitelebene gehaltenen Uhr, auch 
wenn wir die Stelle sehen, wo sich die Uhr befindet, in der 
Richtung des nicht geschlossenen Ohres projicirt. 

Ein anderes Resultat ergeben zumeist die Versuche, wenn 
die Uhr bei verschlossenen, seltener bei geöffneten Augen nicht 
in der Scheitelebene, sondern in der Horizontälebene im 
Halbkreise um das verschlossene Ohr von Vom nach hinten zu 
bewegt wird. Wird nämlich ein Ohr geschlossen , so wird daß 
Ticken der vor dem Kopfe gehaltenen Uhr noch gegen die Seite 
des offenen Ohres gehört, wenn man die Uhr eine kleine Strecke 
in der Horizontalebene gegen das verschlossene Ohr zu bewegt, 
je mehr man sich aber der sog. Höraxe, d. i. der Richtungs- 
linie des verschlossenen Gkhörganges nähert, desto mehr ver- 
schwindet die Empfindung, dass das Ticken von der Seite des 
nichtverschlossenen Ohres kommt, sondern wir hören da^ Ticken 
zumeist, ohne sagen zu können, wo sich die tickende Uhr be- 
findet, oder wir hören sie unbestimmt auf der Seite des ver- 
schlossenen Ohres, seltener wird das Ticken gegen die Seite des 
offenen Ohres projicirt. 

Bewegt man sich von der Richtung der sog. Höraxe des 
verschlossenen Ohres, nach rückwärts gegen den Hmterkopf, so 
wird der Schall um so deutlicher nach der Seite des offenen 
Ohres empfunden, je mehr die Uhr gegen die Mitte des Hinter- 
kopfes genähert wird. 

Grösseren Schwierigkeiten begegnet man bei der Unter- 
suchung von Normalhörenden, weim man bei Verstopfimg des 
einen Ohres anstatt des Uhrtickens die Sprache als Schallquelle 
benützt Es ist immer zweckmässiger, die Versuche im Freien 



Stadien über die Paracusis loci. 233 

als im geschlossenen Baume zu machen und darf man sich ausser- 
dem keiner zu laut klingenden Stimme bedienen. 

Stellt man sich während der Versuche hinter die Versuchs- 
person, so wird dieselbe bei offenen Ohren zumeist mit ziemlicher 
Sicherheit sagen können, ob sich der Sprechende nach rechts 
oder links bewegt; wird jedoch ein Ohr geschlossen und bewegt 
sich der Sprechende in einer Entfernung von 5—6 Meter hinter 
der Versuchsperson gegen die Seite des verschlossenen Ohres, 
so wird das Gesprochene öfters wohl in der Richtung des offenen 
Ohres gehört, es wird jedoch häufig genug von den Versuchs- 
personen die Angabe gemacht, dass sie beim Verschluss eines 
Ohres nicht im Stande seien, anzugeben, wo sich der Sprechende 
befindet, die Angaben werden unsicher und tragen den Charakter 
des Errathens an sich; nur selten wird die Schällrichtung bei 
wechselnder Stellung des Sprechenden zum geschlossenen Ohre 
richtig angegeben, um so sicherer aber, je mehr sich der Spre- 
chende der sog. Höraxe des offenen Ohres nähert. 

Aus diesen Versuchen ergibt sich, dass unser Ürtheil über 
die Richtung des SchaUes wesentlich durch das Hören mit beiden 
Ohren bestimmt wird, und wenn auch, wie wir früher hervor- 
gehoben, im normalen Zustande dieses Urtheil kein ganz sicheres 
ist, so wird doch das, was wir an Sicherheit über das Urtheil 
der Schallleitung besitzen, durch das binauriculäre Hören bedingt. 

Aehnlich wie beim Verschluss eines Gehörganges verhält es 
sich bei einer gewissen Gruppe von Ohrenkranken, welche sehr 
häufig nicht nur nicht im Stande sind, die Richtung des Schalles 
anzugeben, sondern häufig genug auch die Schallquelle irrthümlich 
in eine geradezu entgegengesetzte Richtung versetzen. — Man 
hat früher diese Anomalie auf Erkrankung des Labyrinthes 
speciell der Bogengänge bezogen. Die Ebenen der Bogengänge 
stehen, wie bekannt, senkrecht auf einander und schliessen somit 
einen stereometrischen Winkel ein. Aus dieser Stellung der 
Bogengänge wollte man die Fähigkeit, die Richtung des Schalles 
zu beurthdien, ableiten. Diese Annahme ist jedoch eine rein 
hypothetische, indem sie weder durch das Experiment noch durch 
irgend eine pathologische Beobachtung gestützt wird. Man kann 
im Gegentheil durch die Krankenbeobachtung constatiren, dass 
bei nachweisbarer Erkrankung des Labyrinthes die Fähigkeit, 
die Schallrichtung anzugeben vorhanden ist, während in Fällen, 
wo die Ohrerkrankung im Schallleitungsapparate ihren Sitz hat 
und durch die Functionsprüfung ein Intactsein des Hömerven 

17* 



234 XXI. POLITZER 

coüstatirt wird, sehr oft das Urtheil-über die Bichtung der Schall- 
quelle YoUständig yerloren geht. Man bezeichnet diese Anomalie 
mit dem Namen Paraeasis lod.^ 

Die Paracnsis loci war bereits den älteren Autoren bekannt. 
Morgagni citirt in seinen Epistolae anatomicae, epist. Xm, 
die Versuche Valsalva's an drei Hunden, bei welchen beide 
Trommelfelle perforirt wurden. Sowohl nach der Operation als 
auch mehre Monate nachher soll bei den operirten TMeren keiae 
Hörstörung beobachtet worden sein, nur bei einem Hunde wurde 
50 Tage nach der Perforation die Paracusis loci wahrgenommen: 
„ Una tarnen canis cum quinquaginta dies post operationem per- 
fecte audüsset, subito non discemere potuit, undenam sonns 
yeniat, ita ut quando nomine appelläretur caput ad regionem 
falsam tenderet, sed haec affectio cum per menses durafiset evanuit 
atque auditus in pristinam perfectionem restitutus per plnres 
menses usque ad bestiae necem mansit^^) Bei der Section 
dieses Hundes fsuid man eines der perforirten Trommelfelle ver- 
dickt und abgeflacht. 

Die oben angeftihrten bei Normalhörenden angestellten Ver- 
suche habe ich bei einer grösseren Anzahl. von Schwerhörigen 
(260 Versuchspersonen) wiederholt und im Allgemeinen dieselben 
Besultate erhalten, insbesondere bei ausgesprochener einseitiger 
Schwerhörigkeit. D,as Ticken der in der Scheitellinie von vom 
nach rückwärts bewegten Uhr wurde bei geschlossenen Augen 
fast constant, bei offenen Augen häufig in die Bichtung des nor- 
malen oder minder schwerhörigen Ohres projicirt. Wurde die 
Uhr in der Horizontalebene gegen das schwerhörigere Ohr be- 
wegt und zwar in einer Entfernung, wo die Uhr auf diesem 
Ohre nicht mehr percipirt werden konnte, so wurde das Ticken 
öfters wohl in der Bichtung des normalen oder besser hörenden 
Ohres gehört, nicht selten, und zwar bei verschlossenen Augen, 
bestimmt in der Bichtung des schwerhörigen Ohres ; häufig jedoch 
sind die Kranken nicht im Stande zu sagen, wo sich die tickende 
Uhr befindet, bis nicht durch Drehung des Kopfes das normale 
oder besser hörende Ohr gegen den Ort der Schallquelle ge- 
richtet wird. 

Auch die Versuche mit der Sprache ergaben nahezu dieselben 
Besultate, wie bei Normalhörenden beim Verschluss eines Gehör- 
ganges. Am aufiTälligsten war selbstverständlich das Fehlen des 



1) £. Dann^ Dissertatio inaugur. 1830. 



Studien über die Paracusis loci. 235 

Urtheils über die Schallrichtungy auch hier bei starker einseitiger 
Schwerhörigkeit y aber auch bei beiderseitiger Schwerkörigkeit 
konnten die Kranken oft bei geschlossenen Angen nicht angeben, 
wo sich der Sprechende befindet, man beobachtet dies nicht nur 
bei stark differirender Functionsstörung beider Ohren, sondern 
auch bei Kranken, wo der Grad der Hörstömng auf beiden 
Ohren nicht wesentlich diflPörirt. Bei den Versuchen mit der 
Sprache ist es^ ebenso wie bei Normalhörenden, am zweckmässig- 
sten, sich der Flüstersprache zu bedienen, weil bei lautkUngen- 
der Sprache die Versuchsperson den Ort des Sprechenden sicherer 
anzugeben yermag, als bei Anwendung der Flüstersprache. Es 
ist fernerhin bei den Versuchen nöthig, den Platz der Versuchs- 
person oft zu wechseln, weil sonst bei dem aufeinanderfolgenden 
Wechsel in der Stellung des Sprechenden die Versuchsperson 
durch Vergleichung der Stimmstärke bei Stellung des Sprechen- 
den gegen beide Ohren leicht den Platz des Sprechenden erräth. 

Die Paracusis loci kommt bei Ohrenkranken häufiger vor, 
als dies im Allgemeinen angenommen wird. Allerdings sind die- 
Fälle, wo die Kranken beim Examen, ohne darauf aufmerksam 
gemacht worden zu sein, angeben, dass sie sich häufig über die 
Richtung, des Schalles täuschen, selten. Häufiger sind die Fälle, 
wo die £j*anken erst auf Befragen des Arztes angeben, dass seit 
dem Bestehen ihres Ohrenleidens ihr Urtheil über die Schall- 
richtung alterirt worden sei, dass sie nicht selten die yerschieden- 
artigsten Geräusche: die Sprache, musikalische Töne, Schüsse, 
Wagengerassel u. s. f. nicht in der Richtung der Schallquelle, 
sondern von entgegengesetzter Richtung kommend, wahrnehmen. 
Die Täuschung ist um so auffälliger, wenn der betreffende Kranke 
während er seine Aufinerksamkeit einem Gegenstand zuwendet, 
von einer Schallerregung überrascht, wird und wenn die Schall- 
quelle sich auf der Seite d«s schwerhörigen Ohres befindet. 

Allein es gibt auch Ohrenkranke, welche bei der grössten 
Aufinerksamkeit nicht im Stande sind, die Richtung, wo sich 
die Schallquelle befindet, herauszufinden, bis sie nicht durch das 
Sichtbarwerden des schallerregenden Objectes oder durch mehr- 
maliges Drehen des Kopfes über die Schallrichtung belehrt werden. 
Am eclatantesten habe ich dies bei ohrenleidenden Jagdfreunden 
beobachtet, nach deren Angaben sie selbst bei der angestreng- 
testen Aufmerksamkeit häufig das Geräusch des Wildes oder das 
Balzen des Auerhahnes, in entgegengesetzter Richtung wahr- 
nahmen und zwar allerdings häufiger, wenn das schwerhörige 



236 XXI. POLITZER, Studien aber die Paracusis loci. 

Ohr gegen die Stelle gerichtet war, wo das Geräusch entstand, 
zuweilen aber auch dann, wenn die Schallquelle in der Richtung 
des nonnalen oder besserhörenden Ohres sich befindet. 

Was die anatomischen Veränderungen im Gehörorgane an- 
langt, bei welchen ich die Paracusis lod beobachtet habe, so 
waren es zumeist Schallleitnngshindemisse ohne gleichzeitige 
Labyrinthaffectionen : Exostosen usd Polypenbildungen im äusse- 
ren Gehörgange, Veränderungen in Folge entzündlicher Vorgänge 
an der Mittelohrauskleidung mit und ohne Trommelfellperforation, 
seltener primäre oder mit Mittelohraffectionen complicirte Erkran- 
kungen des inneren Ohres. Wenn ich auch diese Anomalie vor- 
wiegend bei einseitiger Schwerhörigkeit beobachtet 
habe, so ist doch die Anzahl der Kranken, bei welchen die 
Paracusis loci bei Erkrankung beider Ohren vorkommt, eine 
beträchtliche und zwar auch bei nicht stark differirender Hör- 
störung in beiden Gehörorganen. Andererseits wurde von einer 
Anzahl von Kranken mit ausgesprochener einseitiger Schwer- 
hörigkeit oder mit beiderseitiger aber stark differirender Hör- 
störung auf wiederholtes Befragen angegeben, dass sie im ge- 
wöhnlichen Leben niemals über die Richtung des Schalles sich 
getäuscht hätten, trotzdem die bei ihnen oben angeführten Ver- 
suche mit Uhr und Sprache (bei geschlossenen Augen) zeigten^ 
dass sie die Direction des Schalles unrichtig angaben. 

Schliesslich möchten wir in praktischer Beziehung die Anf- 
merksamkeit der Militärärzte auf den hier erörterten Gegenstand 
lenken. Bekanntlich werden nicht in allen Staaten einseitig 
Schwerhörige vom activen Militärdienst befreit. Wir halten 
aber nach dem, was wir über die Paracusis loci gesagt, die hier 
bestehende Assentirungsvorschrift, nach welcher die einseitige 
Schwerhörigkeit das Individuum vom Militärdienste ausschliesflt, 
für vollkommen gerechtfertigt. Denn^bei dem im Kriege so wich- 
tigen Vorpostendienste während der Nacht, hat der vorgeschobene 
Posten die Aufgabe auf die vom feindlichen Lager sich nähern- 
den Bewegungen zu achten. Da dies aber in der finstem Nacht 
nur durch den Gehörsinn möglich ist, so könnten bei einseiti^r 
Schwerhörigkeit des vorgeschobenen Postens durch dessen irriges 
Urtheil über die Richtung des Schalles leicht nachtheilige Folgen 
entstehen. 



XXIL 

Ueber Anastomosen zwischen den Gefässbezirken des 

Hittelohres nnd des Labyrinths 



von 



Prof. Dr. Adam Politzer 

in Wien. 

(Hierzu Tafel IV.) 

Die Auskleidangen des Mittelohres und des Labyrinthes er- 
halten, wie bekannt, ihre arteriellen Gefässe von yerschiedenen 
Gefässbezirken. Die arteriellen Gefässe, welche die Auskleidung 
und die Gebilde der Trommelhöhle ernähren, stammen von den 
Aesten der Art. pharyng. ascend., aus der Carotis ext., von 
Aesten der Art. mening. media, welche durch den Hiatus canalis 
Fallopiae und durch die Fissura petroso-squamosa in die Trom- 
melhöhle eindringen, und endlich von der Carotis int., welche 
einige Aestchen. durch feine Gefässöffnungen des Canalis caro- 
ticus im Felsenbein in die Trommelhöhle sendet (Hyrtl, Lan- 
ger, Prussak). Die in den Fallopischen Kanal eindriugende 
Art. stylo-mastoidea, welche das Neurilem des Facialis und den 
Muse. stap. versorgt, sendet auch Gef ässästchen zur Auskleidung 
des hinteren Abschnittes der Trommelhöhle. 

Die Auskleidung des Labyrinthes und die im Labyrinth be- 
findlichen membranösen Gebilde erhalten ihre Gefässe von der 
Art. audit. int., welche sich von der Art. basil. abzweigt, an 
der Seite des Nerv, acust. bis zum Gründe des inneren Gehör- 
ganges vordringt und sich in z^ei Aeste theilt, in die Art. vesti- 
buli und in die Art. Cochleae. Die Art. vestibuli dringt durch 
kleine Oeffhungen der Knochenlamelle, welche den Vorhof vom 
inneren Gehörgange trennt, in die Vorhofshöhle und ihre Zweige 
verästeln sich theils auf dem Säckchen, den Ampullen und den 
häutigen Bogengängen, theils in der Auskleidung des Vorhofes 
und der knöchernen Bogengänge, während die Aeste der Art. 



238 XXBL POLITZER 

Cochleae in die Eanälchen des Modiolus eindringen , von hier 
ans zwischen den Lamellen der Lamina spiraL ossea znr Lam. 
Spiral, membr. gelangen nnd sich sowohl hier als auch in der 
Anskleidang des knöchernen Schneckengehänses yerzweigen. 

Der anatomische Nachweis der anastomotischen Verbindun- 
gen zwischen den getrennten Gefässbezirken des Mittelohres 
und des Labyrinthes wurde bisher nicht geliefert Die Annahmei 
dass die Verbindungen der Gefässe des Mittelohres mit den 
Gefässen des Labyrinthes durch die Fenster stattfinden, beruht 
bloss auf Vermuthung, denn es ist bisher weder durch Iigection 
der Trommelhöhlengefässe, noch durch gesonderte Injection der 
Art. audit int gelungen , irgend welche die Labyrinthfenster 
durchsetzende Gefässanastamosen zwischen dem mittleren und 
inneren Ohr nachzuweisen.^) 

Es konnte aber keinem Zweifel unterliegen, dass zwischen 
Mittelohr und Labyrinth zahlreiche Gefässverbindungen bestehen. 
Es ergibt sich dies nicht nur aus zahlreichen Erankenbeobach- 
tungen, sondern auch aus den Befimden an pathologisch -ana- 
tomischen Präparaten. Die bei acuten entzündlichen Affectionen 
des Mittelohres nicht selten beobachteten Erscheinungen, wie: 
heftige subjective Geräusche, das Schwinden der Perceptions- 
fähigkeit des Ubrtickens von den Eopfknochen, welche auf 
eine Betheilignng des Labyrinthes an dem Ej'ankheitsprocesse 
hindeuten, lassen mit Wahrscheinlichkeit annehmen, dass zu- 
weilen die mit der Entzündung einhergehende Hyperämie nnd 
Fluxion in den Gefässen ^es Mittelohres sich durch anastomo- 
tische Verbindungen auf die Gefässbezirke des Labyrinthes aus- 
breiten und hier vorübergehende oder bleibende Ernährungs- 
störungen Ycranlassen. 

Für diese Annahme sprechen insbesondere die pathologisch- 
anatomischen Befände bei Individuen, welche an purulenter 
Entzündung des Mittelohres gelitten haben. Ich fand nämlich 
zu wiederholten Malen bei der Untersuchung der Gehörorgane 
von Personen, welche an acuten oder chronischen mit Perfora- 
tion des Trommelfells verbundenen Mittelohrentzündungen litten, 
und bei welchen, neben sehr starker Hyperämie, Infiltration und 

1) Die Annahme, dass bei. Injection des Gehirns durch die Carotis int. 
die FüUiing der arteriellen Gefässe der Trommelhöhle von der Art. audit. int. 
aus erfolge, ist insofern nicht gerechtfertigt, als die Injectionsmasse durch 
die im GanaUs caroticus von der Carotis int. abgehenden Art. tympanic. leicht 
eindringt. 



Anastomosen zwischen den Gefö^sbezirken des Mittelohres etc. 239 

Aufwnlstung der Mittelohrauskleidnng bestand^ eine mehr weni- 
ger ausgesprochene Hyperämie im Labyrinthe. Die Injection 
der Blutgefässe daselbst erstreckte sich zumeist auf die ganze 
äussere Labyrinthwand und auf die an das Promontorium gren- 
zende Schneckenwindung, somit auf jenen Theil des Laby- 
rinthes, welcher unmittelbar an die innere Trommelhöhlenwand 
grenzt. 

Veranlasst durch diese klinischen und pathologisch-anatomi- 
schen Beobachtungen unternahm ich eine Reihe anatomischer 
Untersuchungen an normalen. Gehörorganen, welche zu dem 
Resultate führten, dass Gefässverbindungen zwischen 
dem Mittelohre und dem Labyrinthe durch die die 
beiden Abschnitte trennende Enochenwand statt- 
finden. 

Die Methode, deren ich mich bediente um die Blutgefässe 
sichtbar zu machen, bestand in der Behandlung möglichst frischer 
G^hörpräparate mit einer 2 — 4procentigen Lösung von Ueber- 
osmiumsäure. Ich wählte diese Methode, weil ich an dem ab- 
gezogenen Promontoriumüberzuge von mit üeberosmiumsäure be- 
handelten Präparaten die Blutgefässe mit ihren feinsten Ver- 
ästelungen viel schöner dargestellt fand, als man dies bei der 
sorgfältigsten Injection des Ohres von der Aorta oder Carotis 
aus findet. 

Wird das frische Gehörpräparat nach der Entfernung der 
äusseren Trommelhöhlenwand und des Trommelfells in die ge- 
löste Üeberosmiumsäure gelegt, so findet man selbst nach mehr- 
tägiger Einwirkung, dass die Säure nur auf die Mittelohr- 
auskleidung und die ihr zunächst liegenden oberflächlichen 
Enochenschichten eingewirkt hat, während die tieferen und dem 
Labyrinthe naheliegenden Schichten des Promontoriums vom 
Beagens unberührt geblieben sind. Um daher die Gefässe der 
ganzen Labyrinthwand und der sie bedeckenden Ueberzüge 
sichtbar zu machen, muss man durch vorsichtiges Wegmeissein 
eines Theiles des Labyrinthes die dem Labyrinthe zugewendete 
Fläche des Promontoriums biossiegen, damit dasselbe sowohl 
von der Trommelhöhlen- als auch von der Labyrinthseite von 
der Lösung angegriffen werde. Auf diese Weise gelingt es 
manchmal Präparate zu erhalten, an welchen nach 2 — 3 Tagen 
die ganze, Trommelhöhle und Labyrinth trennende Enochenwand 
von der Üeberosmiumsäure -Lösung durchtränkt wurde. Häufig 
genug aber werden derartig behandelte Präparate selbst nach 



240 XXIL POLITZER 

langem Liegen in der ^nre von derselben nicht vollständig 
durchtränkt und lassen sich dann die Gefässe nur in den ober- 
flächlichen Enochenschicliten nachweisen. 

Nach Einwirkung der Ueberosmiumsäure wird das Präparat 
behufs allmäliger Decalcinirung des Knochens in stark verdünnte 
Salzsäure (10 — 15 Tropfen auf 40 Grm. Wasser) gelegt, nach 
vollständiger Entfernung der Kalksalze in absolutem Alkohol ge- 
härtet und hierauf zur Anfertigung mikroskopischer Durchschnitte 
durch die Labyrinthwand geschritten. — Der Befund an den 
mikroskospischen Querschnitten verschiedener Gehörorgane unter- 
liegt grösseren Variationen. In einer Beihe von Präparaten sieht 
man von den tieferen Schichten der Mittelohrauskleidung, von 
zahlreichen, nahezu senkrecht in die Knochenmasse eindringen- 
den Bindegewebszflgen begleitet, die Blutgefässe des Mittelohrs 
in die Tiefe der Knochenwand eindringen. Diese Bindegewebs- 
zttge findet man häufig schon an solchen Durchschnitten der 
inneren Trommelhöhlenwand, welche ohne vorherige Behandlung 
mit einem Reagens einfach entkalkt wurden. Sie zeigen an 
ihrer Ursprungsstelle zumeist eine breite dreieckige Form und 
ziehen rasch sich verschmälemd gerade oder etwas geschlängelt 
in die Tiefe der Knochenwand. Durch diese oft trichterförmig 
beginnenden Kanäle treten die Blutgefässe der Mittelohrausklei- 
dung in die Knochen wand ein, doch sind dieselben nur an 
Ueberosmiumsäure Präparaten sichtbar. In einer anderen Reihe 
von Präparaten sind jene keilförmig beginnenden Bindegewebszttge 
nicht sichtbar, sondern die Blutgefässe dringen einzeln oder von 
einem Knotenpunkte ausgehend von der Mittelohrauskleidun^ in 
die Knochenmasse ein. Wenn man die innere Trommelhöhlen- 
wand solcher mit Ueberosmiumsäure behandelter Präparate genau 
besichtigt, so findet man nicht selten schon mit freiem Auge 
vereinzelt und in grösserer Anzahl zwischen den Nerven- und 
Gefässverästelungen kleine schwarze Punkte, welche bei näherer 
Untersuchung als Knotenpunkte für eine Anzahl von Geissen 
erscheinen, die sich in der Mittelohrauskleidung ausbreiten. 
Führt man an diesen Stellen Querschnitte durch die innere 
Trommelhöhlenwand, so findet man (Taf. IV. Fig. l ) von einem 
solchen Knotenpunkte p mehrere Gefässe in die Tiefe des 
EjQochens eindringen und mit den benachbarten, in den ober- 
flächlichen Knochenschichten verlaufenden Gefässen v, v' ana- 
stomosiren. 

Die von der Mittelohrauskleidung in die Knochenwand ein- 



Anastomosen zwischen den Gefassbezirken des Mittelohres etc. 241 

dringenden BlatgefäBse treten mit den Gefässen der Knochen- 
wand in anmittelbare Verbindung. — Die Anordnung der letz- 
teren ist äusserst mannigfach nicht nur bei verschiedenen Präpara- 
ten, sondern auch bei verschiedenen Durchschnitten eines und 
desselben Präparates. 

Zuweilen findet man in der Knochenwand drei stärker ent- 
^ckelte, unter einander anastomosirende Gefässpartien, deren 
eine central verläuft , während von den beiden anderen eine in 
der Nähe der Mittelohrauskleidnng, die andere in der Nähe der 
Labyrinthauskleidung sich befindet. In anderen Präparaten fin- 
det man in der Tiefe der Knochenwand in grösseren oder klei- 
neren Abständen rundliche oder zackige, buchtige, gef ässfährende 
Räume, in welche die in verschiedenen Richtungen verlaufenden 
geraden oder geschlängelten Gefässe des Knochens einmünden. 
Noch in anderen Präparaten sind nur spärliche Gefässveräste- 
longen sichtbar und sind nur an einzelnen Stellen die Verbin- 
dungen unter einander, sowie die Verbindungen mit den Ge- 
fässen der Mittelohr- und Labyrinthauskleidung wahrzunehmen. 

Was das Verhältniss der Blutgefässe der Knochenwand zu 
den Gefässen der Labyrinthauskleidung anlangt, so kann man 
an emzelnen Präparaten die feinen Verästelungen der Gefässe 
bis zur Labyrinthauskleidung verfolgen (Taf. IV. Fig. 3 g, g'). 
Seltener beobachtet man das Durchtreten eines stärkeren Zwei- 
ges (9^0 ^0^ ^61* Knochenwand zur Labyrinthauskleidung. 

Da die Blutgefässe in der Knochenwand in verschiedenen 
Ebenen verlaufen, so ist es leicht begreiflich, dass man bei 
mikroskopischen Querschnitten der inneren Trommelhöhlenwand 
eine grosse Anzahl von Blutgefässen durchtrennt und ohne Zu- 
sammenhang unter einander findet. Es sind daher Präparate, 
an welchen man das Gefässnetz der Knochenwand bis zur 
Mittelohrauskleidung einerseits und bis zur Labyrinthauskleidung 
andrerseits verfolgen kann, ziemlich selten. In Fig. 2 (Taf. IV.) 
ist ein solcher Querschnitt der Labyrinthwand vom Erwachsenen 
abgebildet. Von der Mittelohrauskleidung ^, t\ t'* sieht man die 
Blutgefässe in die Knochenwand eindringen ; die Gefässe, welche 
bald durch stärkere, bald durch feinere Aeste vielfach unter einan- 
der anastomosiren, lassen sich, wie dies an den mit Ar, k\k" k'" 
bezeichneten Stellen ersichtlich, ununterbrochen bis zur Labyrinth- 
auskleidung /, /', /" verfolgen. Bei stärkerer Vergrösserung 
lassen sich stellenweise bis in die feinsten Gapilaren die erhal- 
tenen Btutkörperchen nachweisen. 



242 XXn. POLITZER » 

Ans diesen Befanden ergibt sich , dass die Gefässe der 
Enochenwand einerseits mit den Blutgefässen der Mittelohrans- 
kleidnng, andrerseits mit den Gefässen der Labyrinthanskleidnng 
in unmittelbare Verbindung treten, dass somit die Gefässbezirke 
des Mittelohres und des Labyrinthes durch die Gefässe der die 
beiden Abschnitte trennenden Elnochenwand anastomosiren. 

Wir haben Eingangs auf eine Reihe die Mittelohraffectionen 
begleitender Symptome hingewiesen, welche auf consecutive 
Circulations- und Ernährungsstörungen im Labyrinthe schliessen 
lassen und dass es nach den klinischen Beobachtungen keinem 
Zweifel unterliegen könne, dass zwischen Mittelohr und Laby- 
rinth Gefässverbindungen bestehen. 

Wir wollen hier noch auf einen nicht seltenen, bisher jedocli 
wenig beachteten klinischen BeAmd aufmerksam machen, welcher 
nach unserer Ansicht mit den hier geschilderten anatomischen 
Verhältnissen in einem gewissen Znsammenhange zu stehen 
scheint. Man findet nämlich zuweilen bei chronischen, mit all- 
mälig zunehmender Schwerhörigkeit verbundenen Ohrenaffectio- 
nen bei vollkommen normalem Trommelfelle einen stark aus- 
gesprochenen röthlichen Schimmer am hinteren Abschnitte der 
Membran, welcher nachweisbar von einer starken Hyperämie 
und Injection der inneren Trommelhöhlenwand herrührt. Die 
betreffenden Kranken leiden fast immer an starken continuirlichen 
subjectiven Geräuschen und findet man ausser der stetig fort- 
schreitenden Abnahme des Hörvermögens in der Regel ein voll- 
ständiges Fehlen der Perception der ühr von den Schädel- 
knochen. Die Symptome entsprechen somit der chronischen, 
mit Affection des Labyrinthes complicirten sogenannten sklero- 
sirenden Entzündung der Mittelohrauskleidung. - Schwartze 
(A. f. 0. Bd. V. S. 267) hat bei der Besprechung der Symptome 
der Synostose des Steigbügels, die umschriebene Hyperämie am 
Promontorium oder die Hyperämie der ganzen Trommelhöhle als 
wichtiges diagnostisches Zeichen hervorgehoben bei Fällen, wo 
die Wahrscheinlichkeitsdiagnose der Steigbügelankylose gestellt 
wurde. Es lässt sich nun in jenen Fällen mit Wahrscheinlichkeit 
annehmen, dass die starke, durch die Inspection wahrnehmbare 
Hyperämie am Promontorium das Symptom einer chronischen, 
auf die innere Trommelhöhlenwand beschränkten Entzündung 
der Mittelohrauskleidung sei, welche allmählich zur Starrheit und 
ünbeweglichkeit der Stapesplatte im ovalen Fenster fllhrt und 
dass gleichzeitig durch Fortpflanzung der Hyperämie auf das 



Anastomosen zwischen den Gefässbezirken des Mittelohres etc. 243 

Labyrinth mittelst der geschilderten Anastomosen die Ernährungs- 
störungen im Labyrinthe verursacht werden. Seltener dürfte eine 
solche Rt5thung am Promontorium durch Fortpflanzung einer 
starken Hyperämie im Labyrinthe auf die innere Trommelhöhlen- 
wand be^gt sein. 



Erklärung der Abbildungen. 

(Tafel IV.) 

Fig. 1. Querschnitt des Ueberzages der inneren Trommelhöhlenwand 
und der benachbarten Knochenschichten, t, t' ^ Mittelohrauskleidung. — 
p SB G^fössknotenpunkt auf der Mittelohrauskleidung, von welchem eine Anzahl 
Gefasse in die Enochenmasse eindringen. — Wj w', w" '^ von der Mittel- 
ohrauskleidung in den Knochen eindringende Blutgefässe. Hartnack Ob- 
jectiv n. 

Fig. 2. Durchschnitt durch die ganze innere Trommelhöhlenwand. 
Entkalktes Ueberosmiumsäure- Präparat vom Erwachsenen. — t, t\ t" == 
Mittelohrauskleidung, zum Theil von der Fläche aus gesehen. — k, k\ k", k'" 
» Anastomosen der bei ;', ^' vDn der Mittelohrauskleidung in die Knochen- 
wand eindringenden Blutgefässe, welche sich bis /, t ^ t »= Labyrinthaus- 
kleidung verfolgen lassen. Hartnack Objectiv n. 

Fig. 3. Partie der Knochenwand in der Nähe der Labyrinthausklei- 
dung. — /, r =a Labyrinthauskleidung. — g-i g\ g" — von der Knochen- 
wand zixr Labyrinthauskleidung ziehende Blutgefässe. Hartnack Objectiv YH. 



XXIII. 

Ueber Verlanf und Sectionsbefnnd eines Falles von hoch- 
gradiger und eigenthfimlicher 6eh9rstömng 



von 



Dr. A. M a gr n u 8 

in Königsberg i. Pr. 

(Nach einem Vortrage in der Section fCtr Ohrenheilkunde auf der Yersammlang 
deutscher Naturforscher und Aerzte in Hamburg 1876.) 

In dem zweiten Bande dieses Arehiy's S. 268 habe ich 
einen Krankheitsfall beschrieben, den ich damals als partielle 
Lähmung des Corti'schen Organs glaubte bezeichnen zu dürfen. 
Das Detail des Falles darf ich hier wohl übergehen und verweise 
auf jenen Auftatz. Ich erinnere nnr daran, dass es sich bei 
dieser hochgradig Schwerhörigen, die aber für die Musik noch 
eine hinreichende Perception bewahrt hatte, um eine musikalische 
Lücke handelte, indem die Töne P, fis, g, gis, ais, h in der ein- 
gestrichenen Octaye auch bei starkem Anschlage nicht von ihr 
gehört wurden. Für die Sprache aber war das Gehör, besonders 
r. S. fast ganz verloren. 

Dieser Erankheitsiall, der mir im Jahre 1863 zu Gesichte 
kam, musste um so mehr meine Aufmerksamkeit erregen, weil 
damals gerade das Buch über Tonempfindongen von Helmholtz 
erschienen war und nach der dort aufgestellten Hypothese der 
Verlust jener Töne auf eine beschränkte anatomische Läsion ge- 
wisser Corti'scher Organe zurückgeführt werden mochte ; es schien 
mir damals gerechtfertigt, eine theil weise Parese und keine Zer- 
störung etwa der Organtheile zu supponiren, weil es gelang, 
durch eine zweckmässige Zusammenfügung von Resonatoren eine 
solche Verstärkung jener Töne zu Wege zu bringen, tiass die 
hochmusikalische Dame mit dieser Hülfe besser im Stande war, 
sich Musikstücke einzuüben. Alle therapeutischen Versuche 



y 



Ein Fall von hochgradiger und dgenthümlicher Gehimstörung. 245 

haben nichts ftlr ihr Gehör verfangen und sind seit Jahren auf- 
gegeben, nicht aber die Beobachtung des Falles. 

Der damalige Beftind stellte die Form von Ohrenleiden dar, 
die man mit dem Namen eines chronischen Katarrhs kennzeichnet. 
Der Gehörgang trocken, ein undurchsichtiges Trommelfell, in der 
hintern Hälfte eingesunken mit weisslichen Flecken, Lichtreflex 
verwaschen, über dem Proc. br. ein kleiner zweiter Lichtreflex, 
T. E. beiderseits zwar durchgängig, 1. S. aber leichter, kein Schleim- 
rasseln bei Luftanfiiahme in der Pauke, Therapie ohne Erfolg. 

Dieser Befund hat sich im Laufe der Jahre dahin geändert, 
dass das Trommelfell allmählich zarter und theilweise durch- 
scheinend wurde und bei weitem leichter beweglich, als Mher, 
so dass mittelst des Sigle'schen Trichters ausgiebige Excursionen 
veranlasst werden konnten. Damals hatte ich gemeint, Ver- 
dickung der Theile diagnosticiren zu sollen, daraus folgende Ver- 
ringerung der vitalen Elasticität und eine Ueberflillung des Laby- 
rinthes, veranlasst durch venöse Stauung, so dass der fortdauernde 
Druck des gereizten Acusticus die quälenden (Druckerscheinungen) 
Geräusche, nebst Alteration der Goi ti'schen Organe hervorbrachte. 
Denn jene Anschauung von mechanischem Druck des Steigbügels 
gegen das Labyrinth hat nach meiner anatomischen Auffassung 
der Verhältnisse auch im normalen Ohre für die Erklärung der 
Geräusche eine nur zu geringe Basis, da seine Beweglichkeit 
eine sehr minimale ist, wenigstens in dem Sinne eines positiven 
Druckes gegen eine wässrige Flüssigkeit, die überdies noch das 
runde Fenster zur Ausweiche, gleichsam zum Ventil hat. 

Aber auch jene Erklärung, die ich damals annahm, wurde 
im Verlauf der Jahre immer weniger durch die Beobachtung 
gestützt, wiewohl die subjectiven Symptome nicht nur blieben, 
sondern an Intensität und Breite noch zunahmen. Es schwanden 
die Anzeichen von Verdickung der Paukenauskleidung gänzlich 
und die Luft ging beiderseits sehr leicht durch die weiten Tuben. 
Dann wechselte auch zuweilen die Breite der musikalischen 
Lücke, so dass nach unten und mehr noch nach dem Diskant 
hin Töne unsicher wurden, oder ganz verschwanden. Bei dem 
immer mehr schwindenden Lebensmuthe mochte die Patientin 
übrigens das nicht mehr ausreichende Instrument dennoch nicht 
durch Hinzufagung von neuen Resonatoren vervollständigen lassen. 
Eine noch quälendere Periode der subjectiven Geräusche trat 
zur Zeit der klimakterischen Jahre ein und das Gehör wurde 
für die Sprache auf das äusserste reducirt; endlich machte eine 



246 XXm. MAGNUS 

acnte Pneamonie der frendeleeren Existenz ein schnelles Ende 
nnter den heftigsten cyanotischen Symptomen , die durch den 
skoliotischen Baa der Wirbelsäule noch besonders quälend sein 
mussten. 

Die Section war mir letztwiilig zugestanden und nach mehr 
als zehnjähriger Beobachtung des Krankheitsfalles war mir diese 
Gelegenheit natürlich sehr erwünscht, mich über die Gründe so 
bedeutsamer .Störungen zu orientiren. Und dies um so mehr, 
weil die Dame einer Familie angehört, in welcher autentisch 
bereits in drei Generationen Gehörleiden constatirt sind. Von 
ihren zwölf Geschwistern kenne ich sechs hochgradig betroffene, 
der Vater und ein Neffe sind es ebenfalls ; letzterer schon in den 
Enabenjahren. 

Entsprechend der Tödesart war die Kopfhaut und das Hirn 
sehr blutreich und auch in der Pauke fanden sich einige stark 
gefällte Venen, die um so auffallender sich abhoben, weil 
die ganze Auskleidung des mittleren Ohres und aller Neben- 
höhlen von einer ausserordentlichen Zartheit war und vollständig 
blass erschien. Ueberraschend war die Feinheit aller Schädel- 
knochen, zumal des Felsenbeines, während im Leben der Kopf 
stets den Eindruck eines sehr plumpen gemacht hatte; ganz 
besonders zierlich und prägnant traten alle Unebenheiten an den 
Kanten und Flächen des Felsenbeines hervor, so dass die Lage 
der Bogengänge und der Schnecke mit der grossesten Genanig-r 
keit von Aussen her zu erkennen war. Der Proc. mast. ist 
mit einer äusserst regelmässigen und geräumigen Zellenbildnng 
yersehen, und alle Foramina für den Durchtritt der Nerven nnd 
Gefässe sind ungewöhnlich weit, so dass namentlich an dem Hiatns 
C. F. ein mehrere Millimeter langes Stück des Nerven zu Tage 
lag. Demnach eine durchgehende Barefaction der spongiösen 
Knochentheile und entsprechende Atrophie der auskleidenden 
Membranen, während die Sehnen des T. t. und M. st. ebenfalls 
zart, aber ungewöhnlich lang dadurch erschienen. Uebrigens 
aber überall eine regelmässige und beiderseits symmetrische 
Bildung, worauf ich besonders die Aufmerksamkeit glaube rich- 
ten zu sollen. 

Bevor ich jedoch diese Besichtigung des mittleren Ohres 
vorgenommen hatte, wurde zunächst an den ausgeschnittenen, 
noch mit T. E. und unter sich zusammenhängenden Felsenbeinen 
die Beweglichkeit des Trommelfells und der Gehörknöchelchen 
gegen einander und ihr Einfluss auf das Labyrinthwasser ge- 



Ein Fall von hochgradiger und eigenthümlicher Gehörstörong. 247 

prüft. Zu dem Ende benutze ich eine feine stählerne Röhre 
nrit einem Schraubengewinde äusserlich versehen, von 8 Mm. 
Länge, auf deren oberes Ende eine feine Glasröhre luftdicht auf- 
gesetzt werden kann. Zu besserer Handhabung hat man an der 
Mitte des kleinen Instrumentes zwei Lappen stehen lassen, mit 
deren Hülfe man eine hinreichende Kraft ausüben kann, und 
die Schraube in den oberen Bogengang, der sich hier ungemein 
scharf kennzeichnet , einzuschrauben, nachdem ein kleines "Loch 
vorher markirt worden war. Jede, leiseste Druckschwankung 
im Labyrinth musste sich in der dünnen Glasröhre kenntlich 
machen, wenn man durch den Sigle'schen Trichter activ oder 
passiv den Luftdruck änderte. Aber es zeigte sich auch 
nicht die leiseste Druckschwankung bei diesem Experiment. 
Ebenso wenig zeigte eine Druckverändemng von der T. E. aus 
einen Einfluss auf die Perilymphe, so dass auch der directe 
Luftdruck auf das F. rotundum, welches ich bei weiterer 
Präparation nicht unverletzt zu Gesicht bekam, 
keine Niveauveränderung hervorbrachte. Nach Beseitigung der 
Schraube konnte man diese negativen Ergebnisse sehr genau 
auch durch bedeutendere Vergrösserungen controlliren an den 
Spiegelbildern, die in dem Tropfen selbst, z. B. von den Fenster- 
sprossen entworfen wurden. 

Der Grund dieser Unbeweglichkeit zeigte sich auch nach 
Eröflfeung der Trommelhöhle noch nicht: denn das Trommelfell 
war zart und sehr beweglich : jedem leisesten Luftzug von aussen 
her folgte eine Excursion nebst Hammerbewegung, dem entspre- 
chend machte der Hammer seine Bewegungen, und das Os len- 
ticulare zeigte ebenfalls in seinem sehr schlafifen Kapselbande 
auf der Gelenkgrube des Steigbügels eine eigenthümlich schlei- 
fende Bewegung, ohne jedoch den Steigbügel selbst zu beein- 
flussen, dessen sehr zarte Schenkel nur allzu zerbrechlich sich 
darstellten. Aber auch nicht die leiseste Zerrung konnte an den 
zarten Fäden, die von den Schenkeln des Steigbügels zur Pauken- 
wand herüberreichten, bemerkt werden. 

Bei der nunmehr vorgenommenen Eröflhung des Vorhofes 
aber fand sich anstatt der flachen Stapesplatte als Grund der 
Ambosbeweglichkeit eine halbkugelförmige, ganz feste, aus kal- 
kiger Masse gebildete Erhabenheit und zwar in beiden Felsen- 
beinen fast ganz symmetrisch , wodurch der Vorhof nicht uner- 
heblich beschränkt war. Bei dieser langdauemden Krankheit 
und unzweifelhaft sehr alten Unbeweglichkeit des Steigbügels 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 18 



248 XXm. MAGNUS 

konnte von einem Ehifloss des M. T. t. oder des Stapedias auf 
Accommodation , wie dieselbe von mancher Seite angenommen 
wird, keineswegs die Rede sein ; dennooh findet sich der M. T. t. 
in einem sehr ausgebildeten Maasse kräftig und mit seinem his- 
teren Ende bis zu der an die Tuba sich ansetzenden Schland- 
mosknlatnr reichend; die Muskelfasern selbst sehr gut isolirbar 
und die Querstreifung erhalten , keine Verfettung. Wenn sich 
dieses Yerhältniss in ähnlichen Fällen wiederholt findet, so 
scheint es mir eine Bestätigung meiner Ansicht^ dass diese 
Muskulatur keinen akustischen Zweck hat^ sondern nur ein me- 
chanisches Schutzmittel fbr die ßtellung und Haltung des Ham- 
mers resp. der Gehörknöchelchen und des Trommelfells gegen 
solche Gewalten ist, wie sie durch die T. E. beim Schneutzen^ 
Niesen etc. dem Organ von Seiten der Luftstösse drohen (Virch. 
Archiv XX. S. 102 f.). — Anderenfalls würde der Muskel, weil 
zur Unthätigkeit verdammt, unzweifelhaft atrophisch oder ver- 
fettet vorgeftmden sein. 

In den Weichtheilen der Bogengänge und der Schnecke 
habe ich keine Veränderungen constatiren können, namenthiA 
konnte ich an den von mir untersuchten Corti'schen Fasern eine 
Abweichung von der Norm (so weit ich dieser schwierigen 
Arbeit Herr bin) nicht bemerken; die Schwierigkeit einer voll- 
komnüenen Durchforschung dieser Gebilde mag allerdings da- 
durch vergrössert sein, dass beide Felsenbeine geöffnet waren 
zu anderweitiger Untersuchung und man sollte in einem ähn- 
lichen Falle zu diesem Behufe eines der beiden Felsenbeine un- 
verletzt zuvor erweicht haben: vielleicht hätte man dann ana- 
tomische Läsionen der Corti'schen Fasern, wie sie mir rüherhk 
wahrscheinlich erschienen, constatiren können. « 

Eine Erklärung der ungleichmässigen Deutlichkeit einzelner 
Töne ist durch die Section nicht gewonnen, wohl aber eine 
Anschauung über das allmähliche Entstehen der Atrophie des 
Organes und der Symptome, welche Steigbügelverwachsung be- 
gleiten. Diese wird durch eine abnorme Beweglichkeit des 
Hammers mit dem Trommelfell bei freier Permeabilität der Tu- 
ben und hochgradiger Schwerhörigkeit gekennzeichnet, während 
die Empfänglichkeit ftlr Musik noch der Sprache gegenüber eme 
recht bedeutende sein kann. Es ist augenscheinlich, dass die 
Knochenleitung, die hier durch die zarten Schädelknochen be- 
günstigt ist, fär die regelmässigen Wellen musikalischer T^ 
noch geraume Zeit ausreichend blieb, während die Beimisclum- 



Ein Fall von hochgradiger und eigenthttmlicher Gehörstörung. 249 

gen von Geräaschen in den yerschiedenen Sprachlauten das Ver- 
Btändniss hinderten. 

^ Immerhin ist es eine sehr auffallende Erscheinung, dass die 
Verkalkung (Enochenkörperchen habe ich nicht gefunden) auf 
den kleinen Bezirk der Steigbttgelplatte beschränkt und noch 
überdies symmetrisch auf beiden Seiten sich vorfand. Es bringt 
dies den Gedanken nahe, dass die geringe Beweglichkeit, 
welche auch im normalen Zustand filr den Steigbügel als eine 
minimale geschätzt werden muss, diese Ablagerung begünstigt, 
analog den Ablagerungen in anderen Gelenken , welche bei 
rheumatischer und gichtischer Diathese einer nicht ausgiebigen 
und wiederholten Bewegung unterworfen sind. Denn die Um- 
säumungsfascie des Steigbügels und das an seinem hinteren 
Umfange sich vorfindende Bindegewebspolster sind histologisch 
von demjenigen, welches zwischen Hammer und Ambos und an 
dem kurzen Schenkel des letzteren vorhanden ist, nicht verschie- 
den (Pappenheim). 

Wenn man nun den Gedanken nicht abweisen kann^ dass 
diese Diathese auch bei den anderen FamiUenmitgliedem der 
Grund der Taubheit ist, dass solche Concreftionen die Erblichkeit 
des Leidens ausmachen, so ist die dilferentielle Diagnose dieser 
Fälle um so wichtiger, als eine Behandlung derselben in den 
Anfängen der Krankheit einen relativen Erfolg haben kann, 
wenn man durch kräftige und wiederholte Benutzung des Ea- 
theteifi die Bewegung des noch nicht ganz unbeweglichen Steig- 
bügels erhält und eine allgemeine Bekämpfung der rheumatischen 
Anlage damit verbindet. Vielleicht gelingt es so das Uebel auf- 
zuhalten und den Zeitpunkt gänzlicher Fixirung des Stapes 
einigermassen hinauszuschieben. 

In den späteren Stadien des Leidens ist Ja die Therapie 
machtlos und bei festgestellter Diagnose wird man sich in seinen 
Hoffaungen resigniren. Namentlich wird man auch von jenen 
operativen Eingriffen, von denen man bei richtiger Schätzung 
der Verhältnisse überhaupt wohl nicht dauernde Erfolge erwar- 
ten kann, bei diesem Uebel Abstand nehmen mtlssen, wenn auch 
die atrophischen Gewebe, welche bekanntlich im höchsten Maasse 
unempfindlich gegen mancherlei Eingriffe sind, einen unterneh- 
mungslustigen Operateur dazu verleiten könnten. 



18* 



XXIV. 
Wissenschaftliche Rnndschan. 



1. 

C. ütz, Beitrag zur Histologie der häutigen Bogengänge des mensch- 
lichen Labyrinthes. Mtlnchen^ 1875. 

In dietei- monographischen Arbeit -mit 3 photo-lithographirten 
Tafeln wird die histologische Beschaffenheit der häutigen Bogengänge 
beschrieben imd besondere Rücksicht auf die Frage genommen, ob 
die in denselben vorkommenden Papillen normaler oder pathologischer 
Natur sind. Im Allgemeinen kommt Verf. zu den Resultaten, wie 
sie von Rüdinger in Stricker's Handb. d. Gewebelehre, Leipzig 
1872, beschrieben wurden. Zahlenangaben über die Dicke des 
häutigen Kanales an den verschiedenen Wänden und an verschie- 
denen Stellen sind dem Schlüsse der Arbeit angereiht. 

In der Einleitung gibt Verf. einige histologische Notizen über 
die Entdeckung der Papillen, die ihrer ünvoUständigkeit wegen hier 
ergänzt werden sollen. 

Die erste Angabe über diese Gebilde findet sich in der „spe- 
ciellen Gewebelehre des Gehörorganes " von Pappenheim, Breslau 
1860. P. ist, wie hier gleich bemerkt werden soll, auch der Ent- 
decker der „ Zellengewebsf äden ", welche von den Rändern der häu- 
tigen Bogenkanäle ausgehen und sich mit dem Periost der knöchernen 
Kanäle verbinden (1. c. S. 43). Ebendaselbst beschreibt er weiter 

/13'"\ 
grosse Kugeln I — - j , die, wie ihm wahrscheinlich, in einer durch- 
sichtigen Membran liegen. „Dass diese Kugeln nicht ein Aggregat 
anderer Zellen seien, kann man an ihrem Aussehen im isolirten Zu- 
stande, ihrem constanten Vorkommen und ihrem frühzeitigen Auf- 
treten, sowie ihrer Beweglichkeit erkennen." Ferner sagt er dann: 
„Die grosse Zahl, in welcher sie angehäuft sind, die flächenartige 
Ausbreitung, ihr Vorkommen in allen Lebensaltern, sogar in ver- 
hältnissmässig frühen Stadien des Embryonalzustandes , und selbst, 
wie ich in allen Fällen gänzlicher Taubheit, als Folge chronischer 
Entzündung der Schleimhaut des Ohres und kalkartiger krankhafter 
Ablagerung in den Bogen selbst angetroffen habe, spricht äaülr, 



XXrV. Wissenschaftliche Rundschau. 251 

dass sie kein zufälliges Produkt irgend eines Erankheitsprocessea 
seien. " Auch über ihre functionelle Bedeutung spricht sich P., S. 44, 
aus. 9 Wahrscheinlich dienen sie zur stärkeren Leitung der in den 
flüssigen Theilen erregten Wellen." Obwohl aus P/s Beschreibung 
der Kugeln hervorgeht, dass er die weiter unten beschriebenen 
Papillen vor sich hatte, so geht doch auch daraus hervor, dass ihm 
eine klare Vorstellung über ihre Lage- und Strukturverhältnisse 
abging. 

Weitere Notizen über die Existenz dieser Gebilde finden sich 
in Virchow's Archiv Bd. XXII, S. 128. 1861, Bd. XXVII, S. 168 
und 169. 1862, Bd. XXXI, S. 209. 221 und 222. 1864 von Vol- 
tolini und dann 1. c. Bd. XXIX, S. 42 und 43. 1864 von Lucae. 
Ersterer hielt sie für ein Epithel der Innenwand, „welches an den 
nnzerrissenen Stellen durch die Wand des Eanales durch Brechung 
des Lichtes grösser und missgestalteter erscheint" (I.e. Bd. XXVII, 
S. 169) und Letzterer wegen ihres Verhaltens gegen Jod für „Cor- 
pora amylacea" (1. c. Bd. XXIX, S. 43 und 44). 

Eine eingehende Beschreibung ihrer Lage- und ihrer Struktur- 
verhältnisse wurde zuerst . von Büdinger gegeben (s. d. Arch. 
Bd. IL 1867, Monatschr. f. 0. Nr. 2. 1867 und Stricker's^Handb. 
xl. Gewebel.). 

Es mag nun noch die Bemerkung gestattet sein, dass im Aquae- 
ductus vestibiili, der als ein wesentlicher Bestandtheil des Labyrinthes 
zu betrachten ist, von Boettcher ebenfalls Papillen entdeckt wurden^ 
deren functionelle Bedeutung dieselbe zu sein scheint, wie in den 
Bogengängen (s. d. Arch. Bd. IV, S. 232. 1869, Bd. VL S. 133. 
1871 — 72 und dann über Entwickelung und Bau des Gehörlabyrinthes 
nach Unters, an Säugeth. von A. Boettcher. 1871). 

Utz studirte die Gewebsanordnung der häutigen Bogengänge 
an Querschnitten und an Flächenansichten, an frischen und erhärteten 
Präparaten, die verschiedenen Altersstufen angehörten. Zur Her- 
stellung von Querschnitten wurde das ganze Schläfenbein einige Tage 
hindurch in ooncentrirten Weingeist gelegt, dann die knöchernen 
Bogengänge aufgemeisselt und die häutigen herausgenommen und 
zur vollständigen Härtung nochmals einige Tage in concentrirten 
Alkohol gegeben. Die Durchschnitte, möglichst senkrecht zur Längs- 
axe des Bogenganges, wurden in einer Flüssigkeit (Weingeist hat 
den Vorzug) mit einer feinen Scheere angefertigt und hierauf in 
Glycerin unter dem Mikroskop untersucht. Zu .Flächenansichten 
wurde entweder ein ganzer Bogen oder ein gespaltenes Stück des- 
selben benützt. 

Wa^ die Lage der häutigen Bogengänge betriflPk, so wird (die 
von Kölliker und Rüdinger gefundene Thatsache betont, dass 
eine Wand sich constant an der Convexität des knöchernen Kanales 
anheftet, während die anderen frei in das Lumen des letzteren hinein- 
sehen. Die häutigen Bogen sollen nicht einmal den vierten Theil 
der knöchernen ausfüllen. (Zahlenangaben fehlen. Ref.) 

Querschnitte bieten das Bild eines ovalen Ringes. Verf. unter- 
scheidet an letzteren drei Schichten, eine äussere oder Bindegewebs- 



252 XXIY. Wissenschaftliche Rundschau. 

ficbichte^ eine mittlere glasartige (Tonica propria) und eine innere 
Epithelschichte. 

Die äussere Schichte, die Bindegewebshülle, ist nichts anderes, 
als da« gespaltene Periost, welches den Bogengang in seine Höhlung 
aufnimmt, daher ist auch an der knöchernen Ansatzstelle keine 
Trennung zwischen Bindegewebshülle und Periost möglich. An den 
freien Seiten des Bogens gehen von der Umhüllung zahlreiche Ver- 
bindungsfäden durch das Lumen des knöchernen Kanales zum nicht 
gespaltenen Theil des Periostes. Beim Neugebornen sind diese Fäden 
sehr zahlreich und unter einander verbunden, so dass sie ein zier- 
liches Netzwerk darstellen, das Blutgefässen als Träger dient. Am 
schwächsten ist die Bindegewebshülle an der Ansatzstelle am Knochen, 
am stärksten an den schmalen Seiten des ovalen Ringes, wo sie 
dann in die seitlichen, besonders stark entwickelten Haftbänder über- 
geht. In der Bindegewebshülle finden sich ovale und rundliche 
Kerne, elastische Fasern und Blutgefässe. Da wo das Periost sich 
theilt, um die häutigen Bogengänge aufzunehmen, finden sich Lücken, 
die von den stärkeren Gef ässen eingenommen werden, die kleineren, 
von diesen ausgehenden, verlaufen mehr im Kreise um die Bogen- 
gänge. Die zahlreichen Kerne im Periost und in der Bindegewebs- 
schichte können Aehnlichkeit mit Epithelzellen bieten und stellen-w 
weise zur Ansicht verleiten, dass beide mit einem Epithelüberzug' 
versehen seien, was jedoch nicht der Fall ist. 

Die mittlere glasartige Schicht ist vollkommen strukturlos, durch- 
sichtig und farblos. Am dünnsten ist sie an der dem Knochen an- 
gehefteten Wand, nimmt dann an beiden Seiten an Dicke zu und 
ist an der freien, der ersteren gegenüberliegenden Wand am stärksten. 
Von der Bindegewebsschichte ist sie deutlich abgesetzt und nach 
innen geht sie continuirlich in die Papillen über, so dass die letzteren 
als Ausstülpungen der ersteren zu betrachten sind. 

Beim Neugebornen ist die innere Fläche der glasartigen Schichte 
noch eben, erst im 4 — 5 Monate entstehen wellenförmige Erhebungen 
daran, die sich bis zum sechsten Lebensjahre um weniges ändern 
und erst gegen die Pubertät sich zu kugelf[5rmigen , halbkugeligen, 
zottenartigen, hügeligen Papillen entwickeln. Mit steigendem Alter 
nehmen sie an Grösse und Zahl zu. Die Papillen sowohl als die 
glatte Innenwand sind beim Neugebornen, ebenso wie beim Erwach- 
senen von Plattenepithel allerwärts überkleidet. 

Das Vorkommen der Papillen beim Erwachsenen ist an be- 
stimmte Stellen gebunden, ein Verhältniss, das sich in allen Bogen- 
gängen wiederholt. In der Mitte des Bogenganges sind sie am 
stärksten und zahlreichsten, von hier nehmen sie gegen Anfang und 
Ende desselben an Zahl und Grösse ab. Die Yertheilung an den 
einzelnen Wänden eines Bogenganges ist verschieden und zwar so, 
dass sie an der am Knochen anliegenden Wand ganz fehlen und 
an der freien, ihr gegenüberliegenden Wand schwächer entwickelt 
sind, als ^ an den seitlichen schmalen Wänden; ein Verhalten, das 
B^iOR zur Zeit ihrer Entwickelung ausgesprochen ist. 

Verf. hält, wie Rüdinger, die Papillen für normale Gebilde, 



XXI7. Wissenschaftliche Rundschau. 253 

wofür das constante Auftreten, die regelmässige Yertheilung und 
Entwickelung sprechen. Allgemeinerkrankungen sowie specielle Ohren- 
leiden scheinen nach ihm auf das Auftreten , die Zahl und Grösse 
der Papillen keinen Einfluss zu üben. Was die physiologische Be- 
deutung dieser Papillen betrifft, so glaubt Verfasser, dass sie „auf 
die Strömung der Endolymphe in den häutigen Bogengängen modi- 
flcvrend einwirken.^ Kessel. 



2. 

V. Urbantschitsch, Ein Beitrag zur Lehre über den Bau des 
Tubenknorpels beim Menschen. (Wiener med. Jahrb. 1875.) 

Die vom Verf. mitgetheilten Beobachtungen ergaben folgendes 
Resultat : Der Tubenknorpel des Menschen zeigt einen sehr variablen 
Ba% sowohl hinsiobtlich der Grundsubstanz, als auch in Bezug der 
Anordnung der Knorpelzellen. Die Grundsubstanz erweist sich bei 
Nengebomen strukturlos, in den späteren Lebensjahren dagegen zum 
grossen Theil kömig oder gestreift. Die Knorpelzellen liegen beim 
Nengebornen enge aneinander und lassen die Grundsubstanz nur in 
geringem Grade hervortreten; bei Individuen im vorgerückten Alter 
sind jedoch die Knorpelzellen sowohl an der medialen, sowie an 
der lateralen Platte iaaelförmig angehäuft; zwischen diesen beiden 
Formen findet man in den verschiedenen Altersklassen Bilder^ welche 
als ein allmählicher Uebergang der einen Anordnung in die andere 
angesehen werden können. Kessel. 



3. 

OariesderMastoidzellen, Entfernung eines Sequesters, 
Facialisparalyse, Heilung. Von Dr. 0. H. Burnett 
(Philadelphia). (Phil. med. Times. Mai 22. 1875.) 

Ein Bursche von 14 Jahren, der seit der Kindheit an vernach- 
lässigter Ohreiterung gelitten hatte, bekam nach einem Seebade 
heftigen Schmerz im kranken linken Ohre. Nachdem der zuerst be- 
handelnde Arzt mittelst eines tiefen Einschnittes auf dem Proc. mast. 
eine grosse Menge äusserst übelriechenden Eiters entleert und die 
heftigsten Schmerzen gelindert hatte, wandte sich der Kranke August 
1874, auf Empfehlung jenes an B. Dieser constatirte: linkseitige 
inveterirte Otorrhoe, noch eiternde Incisionswunde auf dem Proc. 
mast. und unzweideutige Zeichen erheblicher Theilnahme des Ge- 
sammtorganismus. Beim Sondiren drang man ^1^" tief geradezu in 
den Proc. mast. in Berührung mit nekrotischem Knochen. Ausser- 
dem existirten noch zwei Fistelgänge, von denen aus dem vom M. a. 
aufwärts und rückwärts zum Proc. mast. verlaufenden, angeblich 
vor einem Jahre schon ein Sequester entleert worden war. Der 
zweite erstreckte sich von der Gegend hinter der Auricula gleich- 



254 XXIV. Wissenschaftliche Randschau. 

falls nach dem Proc. mast. und beide convergirten so, dass zwei 
durch dieselben geführten Sonden sich in dem Warzenfortsatz be- 
rührten. — Unter geeigneter örtlicher und allgemeiner Behandlung 
verringerten sich die örtlichen Beschwerden, besserte sich das All- 
gemeinbefinden und am 24. Sept. extrahirte B. aus der Hauptfistel 
im Proc. mast. einen, einen halben Zoll im Durchmesser haltenden 
Sequester. Bei den nachträglichen Durchspritzungen, durch welche 
das Wasser zum Gehörgange wie durch die Tuba in den Mund 
getrieben wurde, entleerten sich Massen, welche nach ihren phy- 
sikalischen Eigenschaften B. an die Bestandtheile des sogenannten 
Cholesteatoms erinnerten (Cholestearin-Krystalle und Reste von Epi- 
thelien). Nachdem die vorher noch dagewesenen Schmerzen solcher- 
gestalt behoben waren, konnte der Kranke auf der kranken Seite 
liegen, die Fistelgänge schlössen sich zum Theil und die Otorrhoe 
versiegte in ganz kurzer Zeit. Da aber noch inmier Detritus aus 
der nach dem M. a. verlaufenden Fistel sich entleerte, so wurde 
mittelst Messers eine Erweiterung derselben vorgenommen und dem- 
nächst eine Oharpiewieke eingelegt. Unter dem Gebrauch einer 
schwaclien Kupferlösung schloss sich dieselbe bis zum 17. October. In 
der Nacht vom 19. Oct., vier Wochen nach Entfernung des Sequesters, 
empfand der Kr. einige Schmerzen im Ohre, doch nicht so arg, um 
ihn andauernd am Schlafen zu behindern. Bis zum 21. entwickelten 
sich linkerseits die der vollkommenen Facialisparalyse zukommenden 
Symptome, Nichtsdestoweniger fohlte sich Pat. so wohl, dass er 
auf eignen Antrieb das Hospital verliess und eine sich ihm darbietende 
Stellung annahm. Die Lähmung verlor sich nach ein paar Wochen 
und wurde die gänzliche Abwesenheit derselben sowie der Otorrhoe 
noch vor Kurzem von B. selbst constatirt. — 

Epikritisch bemerkt B. bezüglich der Facialisparalyse, dass bei 
Mastoidalnekrose Facialisparalyse entweder fehlt, wie in dem von 
Grub er in seinem Lehrbuch erzählten Falle, oder eine dauernde 
zu sein pflegt und dann auf Theilnahme des Can. Fallopiae an dem 
Krankheitsprocesse beruht. Im Hinblick auf das schnelle Verschwin- 
den desselben in dem oben erzählten Falle bleibt also nur die An- 
nahme zulässig, dass ein in kurzer Zeit wieder resorbirtes Exsudat 
vorhanden war, welches durch Druck die paralytischen Symptonie 
vorübergehend veranlasste. Jacoby. 



4. 

Jahresbericht der Direction und des Medicinalamtes 
des St. MichaeTs-Hospital Newark. (N. J. I. Jan. 1876.) 

In der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. December 1875 wurden 
aufgenommen: 489 Ohrenkranke (238 männliche, 239. weibliche). 
Sie vertheilen sich auf 26 Anomalien der Ohrmuschel, auf 112 des 
M. a. incl. 66 Ohrschmalzpfröpfen ; auf 343 des Mittelohres und 8 
des inneren Ohres. Von Ohroperationen wurden gemacht 5 Para- 
centesen des Trommelfells; 8 Abscessöfihungen im äusseren Gehör- 



XXIV. Wissenschaftliche Bundschau. 255 

gang; 3 Abseessöffhungen des Lobulus auriculae; 7 von Mastoidal- 
abscessen ; 1 Schlundabscess ; 7 Entfernungen von polypösen Wuche- 
rungen aus dem Ohre; 1 Entfernung eines Nasenpolypen und 1 der 
Tonsillen. Jacoby. 



5. 

Die Operation der adenoiden Neubildungen im Nasen- 
rachenräume mittelst des biegsamen scharfen Löffels. 
Von Dr. Justi, pract. Arzt zu Idstein. (Sep. Abdruck aus P. 
Boerners deutscher med. Wochenschrift. Nr. 4. 1876.) 

J. benutzt einen scharfen Löffel^ dessen Handgriff im ganzen 
15 Ctm. lang; anfangs rund, silbern, 3 Mm. dick, am Ende, d. h. 
in den letzten 6 Ctm. sich verbreitert und behufs sicherer Fassung 
gerifffc ist. Der Löffel selbst ist an seinem breitesten Theil 8 Mm. 
breit und hat einen Längsdurchmesser von circa 1,5 Ctm. Veran- 
lassung zur Herstellung des Löffels wurde die seinerseits erkannte 
Unzulänglichkeit der von W. Meier und Störk für gewisse Be- 
dingungen angegebenen Vorrichtungen; und hält er denselben in 
Folge seiner Biegsamkeit und der oben angegebenen Grössenverhält- 
nisse für alle Eäumlichkeitsverhältnisse geeignet. 

Bei dem 1 jährigen scrophulösen Patienten, welchen J. mit Hülfe 
des Löffels operirte, war die Decke des Nasenrachenraumes mit 
kleinen, weichen, zapfenförmigen Vegetationen erfüllt. Die Ent- 
fernung derselben gelang In einer Sitzung unter nicht unerheblicher 
Blutung so vollständig, dass bei einer zweiten Untersuchung desselben, 
drei Tage nach der Operation, die überwiegende Mehrzahl der be- 
kannten Symptome verschwunden waren. Jacoby. 



6. 

Des Corps ötrangers de l'oreille par le Dr. Colladon. 
(Vortrag gehalten in der Sitzung der med. Gesellschaft Genfs. 
7.JUÜ 1875.) 

' ^ C. bespricht zunächst in ziemlich ausführlicher, wenn auch nicht 
vollständiger Weise die Ceruminalpfröpfe , demnächst die Fremd- 
körper im Ohre und schliesst mit Erzählung von ein paar Fällen 
von Ohrpolypen. Neues oder besonders beachtenswerthes für den 
Specialisten hat Ref. in dem Vortrage nicht entdeckt. 

Jacoby. 

7. 

Zur operativen Behandlung der Ohreiterung. Von Dr. 
Oscar W Ol ff in Frankfurt a/M. (A. f. A. u. 0. IV. 2.) 

W. geht von dem im Allgemeinen als richtig anerkannten Satze 
aus, dass Otorrhöen, deren Beseitigung durch methodische Purification 



256 XXIV. Wisseoachafkliche Rundschau. 

und Adstrmgentien (und kaustische Lösungen! Ref.) nicht geling 
nicht selten durch Granulationen unterhalten werden. Demnächst 
folgt eine Aufzählung pathologischer Zustände im M. a. und Trommel- 
höhle^ welche die Entwicklung von Granulationen^ resp. das Nicht- 
eintreten der Vemarbung begünstigen, der bisher zur Beseitigung 
derselben gebräuchlichen Methoden,, sowie ihrer unangenehmen Neben- 
wirkungen. Wenn Verf. nun behauptet, dass zur Entfernung von 
einfiachen oder mit Caries verbundenen Granulationen da, wo Wilde- 
sche Schlinge, Lapisätzungen (und Galvanokaustik ? Ref.) nicht retis- 
siren, bisher eine Methode gefehlt habe, und unmittelbar vorher in 
einer Anmerkung sagt, dass er die galvanokaustische aus eigner 
Anwendung nicht kenne, so verwickelt er sich hier augenscheinlich 
in einen Widerspruch. Thatsächlich richtig wäre der Satz nur, 
wenn die Galvanokaustik unter den bezeichneten Umständen erfolglos 
wäre. Dem Ref., der dieselbe seit einer Reihe von Jahren ge^en 
Granulationen und Polypen sehr häufig angewandt hat, ist dies nicht 
vorgekommen. Zur Ergänzung dieser vermeintlichen Lücke also 
recurrirte W. auf den von ihm in der Arbeit beschriebenen und durch 
Zeichnung illustrirten kleinen scharfen Löffel. Seine Voraussetzung^, 
dass bei Berücksichtigung der topographisch-anatomischen Verhält- 
nisse die Benutzung desselben gefahrlos sei, wird wohl kaum alle 
Leser überzeugen, da man es beim Operiren mit nicht mehr normalen 
Verhältnissen zu thun hat, und bei der jeweiligen Unberechenbarkeit 
der Tiefe des in Betracht kommenden pathologischen Processes die 
Möglichkeit eines unangenehmen oder gefährlichen Ereignisses sich 
bei aller Vorsicht doch nicht ausschliessen lässt, selbst wenn man 
die von ihm aufgeführten, durch ihre Dignität besonders hervor- 
stechenden Stellen grundsätzlich vermeidet. Wäre dem Verf. die 
galvanokaustische Methode aus eigener Erfahrung bekannt, so würde 
ihm die Schmerzlosigkeit, das Fehlen der Blutung wie der entzünd- 
lichen Reaction und die den Vemarbungsvorgang ausserordentlich 
anregende, resp. beschleunigende Kraft; des Verfahrens so imponirt 
haben, dass et von der Benutzung des scharfen Löffels zur Entfer- 
nung von Granulationen und Polypen wohl Abstand genommen haben 
würde. — Zur Heilung von Caries im Gehörgange ist das* von 
W. empfohlene Verfahren (welches übrigens von Prof. Schwartj^e 
häufig angewandt und auch wiederholt erwähnt ist in seiner „ Casuistik 
zur Chirurg. Eröffnung des Warzenfortsatzes " z.B. XI. S. 139, 150) 
unbedingt zweckmässig, obzwar aus bekannten Gründen an der oberen 
Wand auch grosse Vorsicht zu empfehlen sein dürfte. 

Ob und inwieweit es gelingen wird, die zur Zeit bestehende, 
sehr begreifliche Voreingenommenheit gegen die Verwendung desselben 
am Felsenbein zu beseitigen, bleibt für jetzt fraglich. Jedenfalls 
wird die Seitens des Verf. versprochene casuistische Publication viel 
zur Zerstreuung der Antipathie beitragen. Zur richtigen Würdigung 
der Sache ist endlich nicht zu übersehen, dass positive Thatsachen 
in einer empirischen Wissenschaft im AUgemeinen doch von höherem 
Werthe sind, als theoretische Deductionen und dass manche zur 
Zeit von den Chirurgen geübte Operationsmethode wohl nicht zur 



XXiy. Wissenschaftliche Rundschau. 257 

Oeltnng gekommen wäre^ wenn man vorzugsweise die aus ana- 
tomischen Gründen herzuleitende Gefahr derselben berücksichtigt 
hätte. J a c b y . 



8. 

C CyoU; Zur Physiologie der halbzirkelförmigen Kanäle und des 
Nerv, acusticus. (Archives gönörales de Lasögue et Duplay. Juin 
1376. pag. 746.) 

In der Sitzung der Acad. des Sciences vom 10. April d. J. 
theilt E. Cyon eine Arbeit mit über die physiologische Bedeutung 
des N. acusticus zum motorischen Apparate des Augapfels^ aus der 
wir folgendes zusammenfassen: 

1. Die Bewegungsstörungen, welche auf Durchschneidung der 
halbzirkelförmigen Kanäle folgen, sind nicht immer die gleichen bei 
den verschiedenen Thiergattungen : bei Fröschen äussern sie sich 
nur an den Muskeln des Rumpfes, bei Tauben an den Kopfmuskeln 
und bei Kaninchen blos an denen des Bulbus. 

2. Die von Goltz und Cyon selbst aufgestellte Ansicht, dass die 
bei so operirten Thieren zu beobachtenden Gleichgewichtsstörungen nur 
dadurch bedingt seien, dass diese Thiere mit durchschnittenen, halb- 
sirkelförmigen Kanälen von der Lage ihres Kopfes im Räume nicht 
mehr die richtige Vorstellung besitzen, wäre demnach unhaltbar. 

3. Die Bewegungen des Bulbus, wie sie von Cyon, Goltz 
und Anderen beobachtet wurden, sind die directe Folge der Ver- 
letzung der halbzirkelförmigen Kanäle. 

4. Durch Reizung des Canal. horizontal, ruft man beim Kanin- 
chen eine Drehung des gleichseitigen Bulbus nach hinten und unten 
hervor; durch Reizung des Can. vertical. poster. entsteht Drehung 
nach vorn und oben, und schliesslich wiederum Bewegung nach hinten 
und unten, wenn der Canal. vertical. anter. gereizt wird. 

5. Am gleichseitigen Bulbus wird die Pupille sehr stark con- 
trahirt; die des anderen Auges dagegen bleibt während des Reizes 
dilatirt, aber es erfolgen auch auf diesem Bulbus Drehbewegungen, 
jedoch im entgegengesetzten Sinne. 

6. Die hierbei entstehenden Muskelcontractionen sind sehr inten- 
siver tetanischer Natur. 

7. Durchschneidet man den Nervus acusticus der anderen Seite, 
fio hören die starken Contractionen auf, und reizt man nun von 
Neuem einen halbzirkelförmigen Kanal, so beobachtet man nur noch 
leichte, tetanische Zuckungen. 

8. Wird ein Nerv, acusticus gereizt, so entstehen heftige Dreh- 
bewegungen beider Augen ; durchschneidet man den Nerven, so wird 
der Bulbus der gleichen Seite stark nach unten gedreht, der andere 
dagegen nach oben. Beide Phänomene verschwinden, sobald auch 
der andere Acusticus durchschnitten wird. Kuhn. 



258 XXIV. Wissenschaftliche Bandschau. 

9. 

Hardy, Otite avec vertige. Maladie de Meniöre. (Gaz. des hopitaux 
1876. No. 45.) 

Bei einem Manne der seit lange an linksseitigem Ohrenflusse, 
zeitweiligen Kopfschmerzen auf dieser Seite und Schwerhörigkeit 
leidet, traten plötzlich Schwindelanfälle auf und zwar derart , dass 
er in einem derselben von der Treppe herunter fällt und alsdann im 
Spital aufgenommen wird. 

Bei der Untersuchung findet man serös-eitrigen Ausfluss; das 
Trommelfell stark injicirt, jedoch ohne Perforation. Schmerz auf 
der linken Eopfhälffce; im Ohre klagt der Kranke tlber ein GreftUil 
von Schwere; ausserdem ist derselbe sehr abgespannt, leicht suin 
Schlafen geneigt und verspürt beim Gehen das Gefühl von Dreh- 
bewegungen. — Vesicator; Einspritzungen, Besserung. 

Aus diesem intensiven Falle einer Otitis externa, die plötzlich 
recidivirte und wobei das Trommelfell mit in den Bereich der Ent- 
ztlndung gezogen worden und congestive Reizerscheinungen im Laby- 
rinthe aufgetreten waren, will Hardy den Schluss ziehen, dass sich 
die Entzündung des äusseren Gehörganges auch auf das Mittelohr 
ausgebreitet und von hier aus eine circumscripte Entzündung der 
Dura mater hervorgerufen haben müsse. 

Schliesslich findet H. in diesem Falle eine gewisse Aehnlich- 
keit ( ! ) mit den Symptomen der Meniöre^schen Krankheit und er- 
wähnt hierbei seine mehrfachen Erfolge, die er in dieser Erkrankungs- 
form durch die Anwendung wiederholter allgemeiner Blutentziehungen 
gehabt haben will. Kuhn. 



10. 

Championni^re, Oblitöration complöte du pharynx k sa partie 
supörieure. (Ann. des M. d. Tor. et du L. 1876. pag. 88 — 95.) 

Ein 19 jähriges Mädchen hatte seit 6 — 7 Jahren an häufig wieder- 
kehrenden Halsentzündungen gelitten, in deren Folge alsbald hoch- 
gradige Taubheit, Athembeschwerden , Verluist des Geruchs- und 
Geschmacksvermögens und Undeutlichkeit der Aussprache eingetreten 
waren. 

Bei ihrer Aufiiahme ins Spital bestanden alle diese Symptome 
in ausgesprochener Weise ; es war der Kranken nicht möglich, auch 
nur die geringste Menge Luft aus dem Pharynx in die Nase zu 
treiben und ebensowenig, Luft von aussen her durch die Nasengänge 
in den Pharynx zu aspiriren. Sonst war das Allgemeinbefinden vor- 
züglich; weder Spuren von Scrophulose noch von Syphilis. 

Bei der Untersuchung fand man das Gaumensegel vollständig 
mit der hinteren Pharynxwand verwachsen; die hinteren Pfeiler des 
weichen Gaumens' bildeten keinen Vorsprung mehr, sondern gingen 
unmerklich in die hintere Pharynxwand über und nur eine ganz 
seichte Furche deutete die Stelle der Verwachsung an ; in der Mitte 



XXIV. Wissenschaftliche Bandschaa. 259 

dieser Furche war noch ein kleiner Zäpfchenstnmpf sichtbar. Die 
Theile waren leicht geröthet und ungemein empfindlich bei jeder 
Untersuchung. Die hinteren und oberen Pharynxpartien bestanden 
aus so derben und harten Gewebstheilen ^ dass ein durch die Nase^ 
eingeführter Katheter durch sie hindurch nicht geführt werden konnte. 

Eine erste Operation der Durchbohrung dieses häutigen Ver- 
schlusses war für die ersten drei Wochen vollständig gelungen ^ so- 
bald aber die zum Offenhalten der künstlichen Oeffiiungen eingelegten 
Kautschukröhrchen entfernt worden waren, kam der Narbenverschluss 
allmählich wieder zu Stande und zwar ebenso fest und vollständig 
wie zuvor. 

Vor der zweiten Operation hatte man durch mehrtägigen inner- 
lichen Gebrauch von Kai. bromat. die Empfindlichkeit des weichen 
Gaumens herabzustimmen versucht. Die Spaltung der verwachsenen 
Theile wurde in folgender Weise vorgenommen: Ch. stiess in der 
Mittellinie sein Bistouri tief in der Gegend ein, wo sich der weiche 
Gaumen am harten ansetzt, vergrösserte die Wunde bis zur hinteren 
Pharynxwand, löste mit Messer und krummer Scheere die seitlichen 
Theile los und schnitt aus ihnen zwei Lappen in der Form beider 
Gaumensegel. Die Wundränder wurden vermittelst einiger Nähte 
geschlossen. Unmittelbar nach der Operation, die über IV2 Stunde 
gedauert hatte, aber ohne beträchtliche Blutung verlaufen war, 
konnte man sehr leicht mit dem Finger um das Gaumensegel herum 
in die Nasenhöhle gelangen. Zur Offenhaltung der Wände wurden 
zwei Kautschukbänder von 2 Ctm. Breite eingelegt. Nach 14 Tagen 
schon konnten die Nähte und 8 Tage später der Kautschuk entfernt 
werden. Die Nachbehandlung war eine sehr einfache und günstige. 
Das Gehör war zurückgekehrt, ebenso der Geruch und Geschmack; 
nur die Aussprache liess noch zu wünschen übrig und zeitweise 
kamen noch Speisen zur Nase heraus. Ein künstlicher Apparat, 
bestehend aus einer leichten, etwas gekrümmten silbernen Röhre, 
die vermittelst zweier Arme an den Backzähnen befestigt wurde, 
sollte diesen Uebelständen abhelfen Und zu gleicher Zeit die Wieder- 
verschliessung der beiden Oeffnungen verhindern. Letzteres gelang 
vollständig; die Kranke fuhr fort, sich eines guten Gehöres zu er- 
freuen, Geruch und Geschmack waren nahezu normal geworden, das 
Atbmen ging leicht von Statten und es war der Kranken auch wieder 
möglich, sich zu schneuzen; allein die Sprache blieb mehr weniger 
undeutlich und zeitweilig kamen inmier wieder Speisen zur Nase 
heraus. Durch weitere Modificationen des Apparates hofft man, auch 
diese Missstände heben zu können. 

Bemerkenswerth an dieser höchst lehrreichen Krankengeschichte 
ist das Entstehen dieser totalen Verwachsung aus einer mehrmals 
recidivirenden einfachen Angina. Meist sind es syphilitische Geschwüre 
des Pharynx, die zu solchen Verwachsungen Anlass geben, allein es 
sind dann diese so entstandenen Narbenmassen fast unempfindlich 
im Gegensatze zum obigen Falle, bei dem die Sensibilität der ana- 
logen Theile eine höchst gesteigerte gewesen. Kuhn. 



260 XXrv. WissenBchaftliche Rnndschau. 

11. 

6u erder, Angine, Catarrbe de Toreille moyenne. Növrite de la 
corde du tympan. (Ann. des mal. de Tor. et du L. 1876. p. 95.) 

Bei einem 22jährigen Soldaten entwickelte sieh im Verlaufe 
einer Goryza ein rechtsseitiger acuter Mittelohrkatarrh. Die hierdurch 
bedingten Schmerzen im Ohr waren ziemlich heftig und strahlten 
vorzugsweise vom Tragus in der Richtung der Unterkieferdrtise ans ; 
dieselben boten einen intermittirenden Charakter dar, traten besonders 
stark gegen Abend auf und waren stets von reichlichem Speichel- 
flusse begleitet. Druck auf den afficirten Nervenbezirk steigerte den 
Schmerz nicht. Reine Spur von Stomatitis, dagegen hatte sich mit 
dem Auftreten der Schmerzen eine confluirende Herpeseruption im 
Bereiche der rechten Unterkieferdrtise gebildet, die nach einigen 
Tagen, zugleich mit dem Sistiren der Schmerzanfälle und der Sali- 
vation, eintrocknete und allmählich verschwand. Die jetzt noch 
zurückgebliebene Schwerhörigkeit wich vollstä^dig einer mehrmaligen 
Application der Luftdouche. 

Die Localisation der Neuralgie, die Entwickelung des Herpes 
und die profuse Salivation sind in diesem Falle ganz interessante 
Begleiterscheinungen eines acuten Mittelohrkatarrhes und werden 
vom Autor als die Folgen einer Reizung oder gar oberflächlichen 
Entzündung der Chorda aufgefasst. (!) Kuhn. 



12. 

Ladreit de Lacharriere, De Temploi des pr6parations jod^es 
dans le traitement des maladies de Toreille. (Ann. des Mal. de 
For. et du L. 1876. p. 178--186.) 

^ L. stellt in diesem Aufsatze alle jene Erkrankungen des Gehör- 
organes zusammen, in denen er die verschiedenen Jodpräparate mit 
Erfolg anzuwenden pflegt. Vor Allem will er bei Behandlung der 
chron. Otorrhoe bei Kindern mit sog. scrophulöser Diathese von 
verdünnten Jodtinctureinspritzungen(30 Tinct. Jodi, 4Kal.jod., 1000 
Wasser) in den äusseren Gehörgang, resp. Mittelohr, gute Erfolge 
gesehen haben. Ist die Otorrhoe die Folge einer chronischen Otitis 
extern, oder media, so leistete ihm häufig die Anwendung der M6hu- 
sehen Jodbaumwolle recht gute Dienste. , 

Bei dem subacuten Mittelohrkatarrh, der mit Nasenrachen- 
erkrankungen einhergeht, lässt er gegen die Verdickung der Trommel- 
höhlenschleimhaut und die beginnende Ankylose der Gehörknöchel- 
chen — welch letztere er an pannusähnlichen Veränderungen des 
Trommelfells leicht erkennen will — Jodkalilösungen oder schwache 
Joddämpfe oder verdünnte Jodtinktur vermittelst des Richardson'schen 
Fulverisators in den äusseren Gehörgang und auf das Trommelfell 
einspritzen. Zur Bekämpfung der Nasenrachenkatarrhe will der 
Autor von Jodkaligargarismen oder Jodkalilösungen zur Nasendouche 



XXIV. Wissenschaftliche Rundschau. 261 

gleichfalls gute Resultate beobachtet haben. Schliesslich verzeichnet 
er bei Labyrinthleiden Heilerfolge durch Jodkalig'ebrauch , jedoch 
nnr bei solchen, denen Syphilis zu Grunde gelegen. Kuhn. 



13. 

Sapolini; Nouvel Instrument pour Textraction des corps 6trangers 
dn conduit auditif ext. (Milan 1875.) (Ann. des Mal. de Tor et 
du L. 1S76. p. 188—195 [Dr. Henneguy].) 

S. beschreibt ein neues Instrument zur Extractiou fremder 
Körper aus dem äusseren Gehörgange , das ihm alle Desiderate zu 
erfüllen scheint. 

. Am Ende einer metallenen Röhre ist ein ziemlich starker, 1 Gtm. 
langer, leicht gekrümmter Fortsatz aus Stahl fixirt, auf dessen in- 
nerer Fläche eine gleich gekrümmte, etwas kürzere, aber leicht 
bewegliche zweite Spange aufliegt, die an einem in der metallenen 
Röhre gelegenen Mandrin befestigt, durch denselben im Kreise herum- 
geführt werden kann. Am hinteren Theile der Röhre befinden sich 
zwei Holzcylinder, ein oberer, in dem sie unbeweglich fixirt ist und 
ein unterer beweglicher, an welchem der Mandrin befestigt ist; 
zwischen beiden Gylindern befindet sich eine Schraube, vermittelst 
welcher der Mandrin und mit ihm die zweite Spange fest auf die 
Innenfläche der Metallröhre, resp. auf die erste Spange angedrückt 
werden kann, um so jede Bewegung der letzteren während der 
Operation zu verhindern. 

Bei der Application des Instrumentes sucht man die Spitze zwi- 
schen Gehörgangswand und fremden Körper durchzubringen, schiebt 
sie bis hinter denselben vor, öffnet alsdann die Schraube, die die 
beiden Spangen zusammenhält und dreht dann vermittelst des Man- 
drins, resp. des einen Holzcylinders die zweite Spange im Halbkreise 
um den fremden Körper herum. Das Instrument stellt jetzt gewisser- 
massen eine Zange vor, in welcher der fremde Körper liegt und 
womit derselbe alsdann langsam und vorsichtig aus dem äusseren 
Ohrkanale gezogen werden kann. Sind jedoch die Wandungen des 
Gehörganges schon beträchtlich geschwollen, so ist es oft nur möglich, 
die zweite Spange bloss in einem Drittelkreise um den Fremdkörper 
herumzudrehen; es stellt dann das Instrument eine Art Löffel vor, 
durch den der frefiide Körper langsam gehoben, nach vorne ge- 
schoben und, wenn nöthig, mit Nachhülfe einer gewöhnlichen Pincette 
nach aussen befördert werden kann. Kuhn. 



262 XXIV. Wissenschaftliche Rundschau. 

14. 

J. Horba(ize wski, lieber den Nervus vestibuli. Sitzungs- 
berichte der kaiserl. Academie der Wissenschaften. LXXI. Bd. 
III. Abthlg. S. 312. 

Flourens hat schon 1842 die Vermehrung der Himnerven um 
ein Paar, nämlich den Nerven der halb^irkelförmigen Canäle urgirt. 
Er beschreibt den ihm eigenthtimlichen Ursprung, die Anastomosen 
zwischen dem Nervus vestibuli und Nervus Cochleae und bezeichnet 
den Ersteren, gestützt auf seine physiologischen Versuche als Orien- 
tirungsnerven. 

Clarke's Untersuchungen lieferten detaillirten Nachweis über 
die centralen Ursprünge der der Nervus acusticus liefernden Nerven- 
fasern, die Stieda dahin ergänzt, dass «r die histologischen Unter- 
schiede der Wurzelfasem des Acusticus betonte. 

Peripher verwickelte Verhältnisse erläutern H e n 1 e , Wal dey e r. 

Verfasser bezeichnet das Schaf als günstig für die diesbezüg- 
lichen Studien": es bietet einfachere Verhältnisse. 

Die Getrenntheit der Nerven erhält sich vom Ursprung an, 
auch im Verlaufe, während beim Menschen der Stamm ein gemein- 
schaftlicher scheint. 

In Bezug auf centralen 'Verlauf bestätigt Verf. die Angaben 
Clarke's, dessen „anterior division of the auditory nerve" (zwei 
Wurzeln : Vom Unterwurm des Kleinhirns, und von einem hinter dem 
Kern der absteigenden Trigeminuswurzel gelegenen eigenen Kerne) 
als „Nervus vestibuli- Wurzel " ; dessen „posterior divis. of the aud. 
nerve" (äusserer und innerer Kern in der Medulla oblongata) als 
Nervus cochleae-Ursprung bezeichnend. 

Den Zusammenhang der Nerv, vestibuli -Wurzel mit grossen 
Ganglienzellen (Clarke, Stieda), welchen auch Deiters schon 
leugnet^ zweifelt Verf. an, da diese Ganglienkugeln motorischen ganz 
ähnlich, und ein directer Zusammenhang derartiger, mit sensibeln 
Nerven niemals sicher constatirt wurde. Dass aber der Nervus 
vestibuli ein sensibler Nerv, lehre dessen periphere Ausbreitung, die 
physiologischen Versuche, die pathologische Beobachtung, die in den 
Stamm eingestreuten Ganglienkugeln, analog anderen sensibeln spinalen 
und cerebralen Nerven. 

„Der N. Cochleae verlässt das Mark am äusseren untern Ende 
des sog. Tuberculum laterale, während der N. vestibuli nach vorne 
von ihm und etwas weiter basalwärts auftaucht." 

Im weiteren Verlaufe lagere sich der N. vest. den N. Cochleae 
überschlagend in eine Rinne des letzteren, die sich zwischen den 
Tbeiden Hauptästen desselben befindet, und verlaufe schräg nach 
aufwärts. 

Diese Kreuzung habe es vermocht, dass man den Schnecken- 
nerven als vorderen Ast, den Vorhofsnerven als den hinteren Ast 
des Acusticus bezeichnet. 

Die Anastomose zwischen N. vest. und N. Cochleae, deren jschon 



XXIV. Wiaaenscluftlicfae Rundschaa. 263 

Flourens erwähnt , erleide beim Schaf eine Aoanahnie; während 
«ie Verf. beim Pferd vorfand. 

Während beim Schaf der N. Cochleae nur zur Cochlea, der N. 
vestib. nur zum übrigen inneren Ohr gehe, liessen sich für Pferd 
und Mensch nicht gleich klare Verhältnisse erkennen: Hier scheinen 
^Rlickaustausch*Anast<Hnosen^ der beim Anstritte aus dem Mark nicht 
ganz gut getrennten Stämme stattzufinden. 

Der vonHenle, Reichert und Waldeyer beschriebene Ast 
des N. cochl. zum Vestibulnm wurde beim Schafe nicht gefunden. 
Verf. betont die Schwierigkeit des Nachweises, wo ein solch kleines 
Bündel (beim Menschen) seinen Ursprung nahm und lässt die Mög- 
lichkeit offen, dass es ein vom N. vestibuli entliehenes sei. 

Mikroskopisch unterscheiden sich die Elemente der Verlaufs- 
fasern durch ihre Dimensionen, Markbeständigkeit, zu Gunsten des 
N. Vestib., dessen Fasern von anderen doppelcontourirten nicht wesent- 
lich verschieden seien. Daraus beweist Verf., dass die (beim Pferde) 
die Nerven verbindende Anastomose wenigstens nicht ausschliesslich 
Oochlearisfasem führe, da daselbst einzelne nur zum Vestibularis zu 
rechnende dicke Fasern gesehen wurden. 

Vergleichend anatomisch stehe wohl der N. vestib. in harmo- 
nischem Verhältnisse mit der Grösse des Thieres, nicht so der 
N. cochl. 

Der Abhandlung ist eine lith. Tafel beigefügt, welche die betr. 
Theile vom Pferd versinnlicht. Kessel. 



15. 

Lad reit de Laracharri6re, Considörations pratiques sur les 
polypös de roreille. — Annal. des Mal. de Tor. T. II. p. 206 
bis 227. • 

Verfasser schliesst siäi der St eudjdih^r 'sehen Classification der 
Polypen a^ (Schleimpolypen, Fibrome, Myxome) ; entgegen der Ansicht 
von Toynbee, Wilde und Bonnafont, fand er in den meisten 
Fällen, wie schon v. Tröltsch und Andere, die Tumoren von der 
Paukenhöhle ausgehend. — Im äusseren Gehörgange ^nden sich die 
3 verschiedenen Formen der Polypen; der Schleimpolyp entsteht 
in den DrüsenfoUikeln , das Fibrom an der Oberfläche der entzün- 
deten Knochenhaut und das Myxom auf dem durch ülceration bios- 
gelegten Knochen selbst (!). Die auf der Gutisschichte des Trommel- 
fells aufsitzenden Tumoren sind dünn gestielte Schleimpolypen, die 
häufig spontan abfallen und fast immer an peripheren Theilen der 
Membran entstehen; gehen sie von der Membrana propria aus, so 
enthalten sie zahlreiche Faserelemente. — Die im Mittelohre sich 
bildenden Polypen sind entweder Fibrome oder Myxome; meist aus 
straffen Gewebselementen zusammengesetzt, enthalten sie wenig 
Hohlräume. 

Stets entstehen diese Geschwülste in Folge von Entzündungen, 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 19 



264 XXIV. Wusengdttflliche RnndBehao. 

entweder auf dem Boden einer OeschwOrsfläehe, oder eines eitern- 
den Drfisenfollikels oder einer anderweitigen eireomscripten phleg- 
monösen Entzllndnng. 

In Fällen, in denen es schwer ist den Sitz des Polypen genau 
zn erkennen 9 dentet die yom Warzenfortsatze ans besser als von 
anderen Ohrtheiien gehörte Stimmgabel daranf hin, dass derTnmor 
nicht Tom Mittelohre ausgeht; hört dagegen der Patient die Uhr 
ebensosehlecht vom Process. mastoid. als von anderen Ohrtheiien, 
so spricht dies für den Sitz in der PankenhöUe. 

Unter allen Polypotomen gibt Autor dem Wilde'sehen den Vor- 
zug; zum Aetzen des Stieles bedient er sich mit sehr grossem Nutzen 
der schon von Maisonneuve angegebenen aus Mehl, Zinkchlorür 
und Morphium bestehenden dünnen Stäbchen. Dieselben werden 
im Backofen gut getrocknet und gehärtet; ihre Anwendung ist wenig 
schmerzhaft und sie dringen ihrer Härte halber, mit Leichtigkeit 
tief in das zu zerstörende Gewebe ein. 

Folgen zwei von Dr. Motte (Bruxelles 1876) publicirte Be- 
obachtungen; im ersten Falle handelte es sich um einen Schleim- 
polypen des Trommelfells, dessen Stiel erst nach zahlreichen Aetznn- 
gen zum Schwinden kam, wobei jedoch eine chron. Myringitis mit. 
starker Eiterung zurflckblieb. Die betreffende Kranke ging später 
an Tuberculose zu Grunde. — Im zweiten Falle war es ein kleines 
Myxom auf der Tronmielfelloberfläche,, zu dessen Beseitigung zwei 
leichte Gauterisationen mit Höllenstein genttgten. — 

Abgesehen von einigen guten praktischen Bemerkungen über 
den Sitz und die Behandlung der Ohrpolypen bringt uns der Auf- 
satz nichts wesentlich neues; des Verfassers Ansichten über Entwick- 
lung und Sitz der verschiedenen Geschwulstformen müssen nm so 
mehr bezweifelt werden, als er den eigentlichen unterschied zwischen 
wahrem Myxom und Schleimpolypen nicht hinlänglich henrorhebt 
und vor allem der sogen. Granulationsgeschwülste nicht gedenkt, 
die gewiss den grössten CSontingent der im Ohre vorkonmienden 
Geschwülste ausmachen. Kuhn. 



16. 

Gnuderou, Otite moyenne suppur^e. — Phl6bite du sinus lateral 
M^ningite cöröbelleuse purul. Abscös du cervelet. — (Progrte 
m^dical 1876. Aoüt.) 

Die 35 Jahre alte Wäscherin E. ist bei ihrer Aufimhme im 
Spitale so hochgradig taub und so schwer erkrankt, dass sich nnr 
wenige anamnestische Momente erheben lassen. Nach den in der 
KindUheit überstandenen Masern war auf dem linken Ohre absolute 
Taubheit zurückgeblieben. Rechtes Ohr stets normal, bis 8 Tage 
vor ihrer Aufnahme sich heftige, reissende Schmerzen in demselben 
einstellten, die 4 Tage nachher mit dem Auftreten einer blutig- 
eitrigen Otorrhoe vollständig aufhörten. Alsbald stellten sich Fieber^ 
Schwindel, heftige Kopfschmerzen und galliges Erbrechen ein, denen 



XXIY. WissenschAftliche Bandschan. 265 

sieh zuletzt ein hochgradiger allgemeiner Schwächezostand zugesellte. 
Der Kopf der Kranken ist stets nach links gedreht^ jede Bewegung 
derselben ruft die heftigsten Schmerzen hervor; fortwährend stinken- 
der eitriger Ausflnss aus dem letzterkrankten Ohre; ähnliche Massen 
entleeren sich aus Mund und Nase. Am 10. Tage der Krankheit 
tritt Exit. letal, ein^ ohne dass Symptome von Muskelcontracturen 
oder Lähmungen beobachtet werden konnten. Keine nähere Unter- 
suchung des Gehörorgans während des Lebens. — 

Bei der Section fand sieh das Grosshim intact; an der vorde- 
ren oberen Fläche des Felsenbeins ist das Dach der Paukenhöhle 
in der Ausdehnung eines 20-Pfennig8t1ickes zerstört und der ent- 
sprechende Duratheil grauschwarz entfärbt; an der hinteren Fläche 
des Felsenbeins ist die Dura vom Knochen abgehoben und zwischen 
letzterem und Sinus lateralis finden sich schwärzliche^ übelriechende 
EitermasseU; die sich auch im Inneren des SinuS; vom Bulbus ven. 
jugular. an bis zum Ursprung der Ven. mastoid.^ nachweisen lassen; 
an der vorderen Sinuswandung besteht eine Perforation^ und dieser 
entsprechend eine Knochenlücke im unterliegenden Felsenbein; durch 
beide Oeffnungen stehen Sinus und Paukenhöhle in directer Ver- 
bindung. Die tiefergelegenen Theile der Ven. jugul. sind durch 
festes Blutgerinnsel verstopft. — Die ganze untere Fläche des 
Kleinhirnzeltes wie auch die Oberfläche des Kleinhirnes selbst sind 
mit dickem Eiter überzogen; auf der rechten äusseren Windung 
des Kleinhirns besteht ein grauschwarzer Fleck; der einem ober- 
flächlichen ^ haselnussgrossen und mit stinkendem Eiter gefüllten 
Abscesse entspricht. 

Das Mittelohr ist mit schwärzlichen fStiden Eitermengen ge- 
füllt; communicirt vom mit der Hirnhöhle durch den schon erwähn- 
ten Substanzverlust am Tegm. tympan. ; und nach hinten durch ein 
ähnliches Knochengeschwür mit dem Sin. lateral. — Trommelfell 
und Gehörknöchelchen zerstört; Warzenfortsatz völlig intact; Tuba 
mit gleichen Eitermassen angefüllt. — In beiden Lungenspitzen eine 
ziemliche Anzahl frisch entstandener grauer Tuberkel. Kuhn. 



t7. 

Die Myringotomie, Beitrag zur Therapie der Ohrenkrankheiten 
von Dr. A. Ravogli, Assistent der Ohren -Klinik in Rom. 
(Archivio di Medicina, Chirurgia ed Igiene, Roma anno VII 
Dispensa V. VI.). • 

Der Autor vergleicht die Myringotomie mit der Paracentese der 
Cornea und der Iridektomie. Dann gibt er einen historischen Ab- 
riss der Operation. Die Myringotomie kann zu antiphlogistischem und 
zu acustischem Zwecke verwendet werden. Zu antiphlogistischem 
Zwecke wird sie bei der acuten Myringitis angewendet, öfters noch bei 
den Entzündungen der Trommelhöhle besonders, wenn Anhäufung 
von schleimig-seröser oder eiteriger Flüssigkeit in der Trommel- 
höhle erkannt wurde. 

19* 



266 XXIV. Wissenschaftliche Rundschaa. 

Die Fälle von Ot. med. punü. acuta , welche in der Klinik 
Torkamen und wo frühzeitig die Myringotomie angewendet wurde^ 
heilten mit anssergewöhnlicher Schnelligkeit. 

Der Antor spricht dann von den objectiven Symptomen^ welche 
die Myringotomie indiciren. 

Zn acnstietchem Zwecke wird die Operation gemacht entweder, 
nm den Schallwellen dnrch das verdickte Trommelfell einen Durch- 
gang zn öffiien, so dass deren Einwirkung direct anf die Basis des 
Steigbügels ansgefibt wird, — oder nm, dnrch Einschnitte in be- 
sondere Regionen, die Beweglichkeit des Trommelfells zu verbessern, 
hauptsächlich wenn letzteres durch anomale Adhärenzen oder durch 
Verkürzung des Tens. tymp. in seinen Functionen gestört wird. — 
Im ersteren Falle war der erzielte Yörtheil stets nur momentan, 
weil das Loch im Trommelfelle sich nach kurzer Zeit wieder schloss. 

Er spricht dann von den Versuchen , die angebrachte Oeffnung 
offen zu halten und. erwähnt des kürzlich von Voltolini auf den 
Hammergriff eingeführten Ringes. 

Die Durchschneidung der hinteren Falte wurde in einem Falle 
mit befriedigendem Erfolge ausgeführt. 

In kurzer Fassung beschreibt er dann 19 Fälle, bei welchen 
Prof. de Rossi, Director der Ohren - Klinik , die Myringotomie in 
Anwendung zog: 

I. Acute Myringitis. 

G. R., 36 Jahre alt und kräftig, meldet sich den 26. Mai 1874. 
— Seit 6 Tagen wird er von heftigen Schmerzen im linken Ohr 
gequält, war keiner localen Behandlung unterworfen, liess sich aber 
zur Ader. (!) 

Linkes Ohr: Leise Stimme 3 M., Uhr 50 Gentim.; Stimmgabel 
auf dem Scheitel wird links gehört. — Objective Untersuchung: 
DieM. T. stark injicirt , kupferfarbig; Tuba und Trommelhöhle frei. 

Während 2 Tage wurden lauwarme Glycerin -Eintröpfelungen 
angeordnet, aber ohne Erfolg. Es wird daher zur Myringotomie ge- 
schritten. Am folgenden Tage kehrt der Kranke froh und heiter 
zurück, er hat die Nacht geschlafen. Nach 2 Tagen ist er voll- 
kommen geheilt. 

Der Einschnitt war ziemlich ausgedehnt, nur Blut entleerte sieh. 

IL Acute Myringitis und Trommelhöhlenkatarrb. 

B. F., 45 J. alt, von guter Constitution, kommt am 27. April 
1S74, um Hülfe gegen starke Schmerzen und lästige Ohrengeräusche, 
welche ihn seit 1 Tagen im rechten Ohr plagen, anzurufen. — Nach 
Untersuchung des Gehörs findet sich solches normal links. Rechts 
laute Stimme 2 V2 M., Uhr 25 Gentim. Stimmgabel auf dem Scheitel 
Techts. — Behandlung: Einträufelungen lauwarmen Wassers ver- 
geblich. Am 29. April wird die Myringotomie angewendet; den Tag 
darauf merkliche Besserung. Adstringirende Eintröpfelung und Po- 
litzer's Verfahren; am 2. Mai vollkommene Heilung. 

III. -Subacute Myringitis, Hyperämie der Trommelhöhle. 

0. B., 42 J. alt, von sehwacher Gonstitution, kommt am 22. Mai 
1874, nach 25tägigem Leiden an beiden Ohren, in die Klinik. — 



XXIV. WissenschafUiclie Rnndschaii. 267 

K. 0. leise Stimme 3 M. , Uhr IM. — L. 0. Sehr laute Stimme 
3 M. Uhr EDliegend. Die Stimmgabel auf dem Scheitel wird in 
beiden Ohren gehört. Bei der objectiven Untersuchung finden sich 
die Trommelfelle injicirt^ man hört Rasselgeräusche im mittleren 
Ohre. Links wird die Myringotomie gemacht^ die einen geringen 
Ausfiuss von blutig-seröser Flüssigkeit zur Folge hat. Nach wenigen 
Stunden befindet sich der Kranke schon viel besser. A^ den folgen- 
den Tagen wird das Politzer 'sehe Verfahren gebraucht und am 
30. Mai verlässt er geheilt die Klinik. 

IV. Acute Myringitis^ :Hyperämie der Trommel-^ 
höhle. 

G. L., 27 J. alty von gesunder Constitution^ kam am 20. Mai 
1874 und klagte ü^er heftigen Schmerz am linken Ohr^ der ihn 
seit 4 Tagen quälte. .Am R. 0. normales Gehör; das linke Ohr 
hörte die laufe Stimme auf 2 M., die Uhr in Contact nicht; die 
Stimmgabel auf dem Scheitel tönte nach links; Trommelfell un- 
durchsichtig; grosse Gefässe in Strahlenform auf der Oberfiäche. 
Behandlung: Lauwarme Localbäder; aber da die Schmerzen an- 
dauerten ^ wurde am folgenden Tage die Myringotomie ausgeführt* 
Es kamen einige Tropfen von trübem Schleim mit Blut gemischt. 
Am 25. Mai waren die Schmerzen vorbei. — Aus dem Einschnitt 
kam ein wenig Eiter. Man machte einige Eintröpfelungen von 
schwefelsaurem Zink. Nach Anwendung des Politzer 'sehen Ver- 
fahrens war am 30. der Ausfluss gestillt und der Krimke hörte 
links die leise Stimme auf 4 M.; die Uhr auf 2 M. Entfernung. 

V. Neuralgia tympanica. 

T. M., 40 J. alt, robuste Frau, geregelt. Litt am Wechsel- 
fieber, und seit 2 Jahren an Schmerzensanfällen im rechten Ohr. 
Aus der Untersuchung erhellt: 

R. 0. laute Stimme 3 M., nicht gleich für verschiedene Wörter; 
Uhr anliegend. Stimmgabel auf dem Scheitel rechts vernommen. 
Die objective Untersuchung zeigt das rechte Ohr anscheinlich in 
normalem Zustande. Auf der rechten Seite der obem Kinnlade 
zwei hohle Zähne. Man glaubte, dass die Neuralgia tympanica von 
den hohlen Zähnen herrühre und rieth zum Ausziehen derselben. 
Ungeachtet der Entfernung der Zähne dauerte die Neuralgie 2 Tage 
nachher hartnäckig fort; man verschrieb schwefelsaures Chinin, je- 
doch nachdem auch dieses vergeblich, griff man zur Myringotomie. 
Das Messer wurde kaum mit Blut gefärbt zurückgezogen. Aus der 
Trommelhöhle kam nichts. Am folgenden Tage waren die Schmerzen 
verschwunden und kehrten auch nicht mehr zurück. 

VL Otitis media haemorrhagica. 

M. S., 46 J. alt, von guter Constitution, litt am Wechselfieber. 
Gewöhnlich in der Nähe des Feuers sich haltend, wur3e si^ während 
der Nacht von heftigem Schmerze am linken Ohre überfallen und 
am folgenden Tage hatte sie Fieber, das nachher mit dem Schmerze 
abnahm. Am 24. März 1874, 4 Tage nach Beginn der Krankheit, 
kam sie in die Klinik, weil sie von Zeit zu Zeit von heftigen Stichen 
im Ohre geplagt war. Sie konnte nicht auf der entgegengesetzten 



268 XXiy. Wissenschaftliche Kuodschao. 

Seite des kranken Ohres schlafen, weil sie starker Schwindel über- 
fiel. Aus der Fnnctions-Untersnchnng geht hervor: L. 0. laute 
Stimme 3 M. , Uhr anliegend. " Stimmgabel auf dem Scheitel links 
gehört. — Beim otoskopischen Examen zeigte sich daa Trommelfell 
von violetter Färbung ; am hintern Segment befand sich ein grauer, 
von einem blutgefärbten Hofe umgebener Flecken; der Hammer- 
griffsichtbar. — Man macht die Myringotomie, welche einem schwar- 
zen, grösstentheils geronnenen Blute Ausgang verschafft. Es werden 
lauwarme Irrigationen angerathen. Die Kranke ftihlte sich gleich 
darauf sehr erleichtert, Stiche und Schwindel verschwanden^ und 
am 28. desselben Monats verliess sie geheilt die Klinik. 

VII. Otitis media catarrhalis serosa acuta mit Er- 
schlaffung der Lamina fibrosa des Trommelfells. 

G. A., 24 J. alt; Maurer, mittelmässiger Constitution, erzählt, 
dass er sich mit einem Zahnstocher im Ohre gekratzt hat. Am^ 
23. December 1874 wird er von starken Schmerzen tiberfallen und 
kommt in die Klinik. R. 0. gewöhnliche Stimme 2 M., Uhr 50 Centim. 
Stimmgabel auf dem Scheitel rechts. Oehörgang im Hintergrunde 
stark geröthet. Vorderes Segment des Trommelfells erhöht, zwei 
kleine glänzende rosenfarbene Geschwülste bildend. Das vordere 
Segment des Trommelfells ist unsichtbar. Die untere kleine Gre- 
schwulst wurde angestochen und fiel gleich zusammen; mit den 
Yalsalva'schen Versuchen kam Luft im Verein von grossen 
Schleimblasen. In der Nacht schwere Schmerzen, eiterige Flüssig- 
keit im Gehörgange. Adstringirende Eintröpfelungen und Politzer 's 
Verfahren. Am 2. Jan. ist er vollkommen geheilt. 

VIII. Otitis media catarrhalis acuta mit Schleimanhäu- 
fung in der Trommelhöhle. 

B. L., 25 J. alt, robust, erkältete sich beim Herausgehen aus 
dem Theater, hierauf Schmerzen, Gehörabnahme, Paracusis im rech- 
ten Ohr. Man constatirte eine serös-schleimige Ansammlung in der 
Trommelhöhle und es wurde die Paracentese ausgeftlhrt. Mit dem 
Valsalva 'sehen Versuche kamen Luft und Schleimblasen hervor. 
Augenblicklich nahm das Gehör zu, das nach 10 Tagen auf seinen 
normalen Stand zurück kam. Die Oefbung blieb 2 Tage; die 
Flüssigkeit erneuerte sich nicht. 

IX. Otitis media catarrhalis acuta mit Schleimansamm- 
lung in der Trommelhöhle. 

C. P., 42 J. alt, konmit am 8. Juni 1874, klagt über Schmerzen 
am linken Ohr und über G^hörabnabme. Der Zustand dauert seit 
10 Tagen. — L. 0. laute Stimme 3 M., Uhr 25 Gentim. Stimm- 
gabel links. Trommelfell stark injicirt, das hintere Segment her- 
vorragend, die kleine Apophysis mallei sichtbar. Man machte den 
Einschnitt ins Trommelfell; für einige Tage wurde die Behandlung 
mit Politzer 's Verfahren fortgesetzt. Am 15. Juni wird er voll- 
kommen geheilt entlassen. 

X. Otitis media catarrhalis acuta bilateralis. 

f R. S., 31. J. alt, leidet seit 12 Tagen an starken Schmerzen, 
Ohrgeräuschen und Schwerhörigkeit in beiden Ohren; er stellt sich 



XXIY. Wissenschaftliche Rundschau. 269 

den 25. Nov. 1874 vor. — R. 0. laute Stimme 3Mtr., Uhr 10 Ctm. 
li. O. leise Stimme 3 M., Uhr 25 Gentim. Stimmgabel auf dem 
Scheitel links. Die Diagnose ergibt Schleimansammlung rechts; 
man schreitet zur Paracentesis , nach welcher vermittelst des Yal- 
sal Tauschen Versuches einige Tropfen Schleim austreten. Die Be- 
handlung^ wird mit dem Politzer^schen Verfahren fortgesetzt und 
am 10. Dec. wird der Kranke geheilt entlassen. 

XI. Otitis media catarrhalisacuta bilateralis. 

S. J., 48 J. alt^ litt am rechten Ohr Schmerzen und Paracusis. 
l^ach 6 Tagen erkannte man Ansammlung in der Trommelhöhle und 
man schritt zur Paracentesis. Nach wenigen Tagen , vollkommen 
am rechten Ohre geheilt, kamen die Schmerzen ins linke Ohr. Ver- 
gebens wurden antiphlogistische Mittel gebraucht. Auch an dieser 
Seite wurde die Paracentesis in Anwendung gebracht, welche einem 
sehr dicken Schleim Ausgang verschaffte. Alle Symptome besserten 
sich, so lange die Wunde offen blieb ; aber kaum schloss sich diese, 
so kehrten auch die Schmerzen, Ohrentönen und Schlaflosigkeit zu- 
rück und während eines Monats musste 4 Mal die Paracentese wieder- 
holt werden. — Endlich wurde die Heilung vollkommen erzielt. 

XII. Hyperaemiaöhronica des mittleren^Ohres mit Anhäu- 
fung von schleimig-eitriger Flüssigkeit. 

C. F., 27 J. alt, lymphatischer Constitution, 'Syphilitisch, litt in 
seiner Kindheit an Ohreneiterung links. — Am 8. Mai 1874 kam 
er in die Klinik, weil er am rechten Ohre dumpfe Schmerzen, Ver- 
ringerung des Gehörs und Geräusche verspürte, die ihn beunruhig- 
ten. — ß. 0. laute Stimme 1 Mtr., Uhr 20 Ctm., Stimmgabel rechts. 
L. O. Trommelfell von schmutziggrauer Farbe, durch eine gebogene 
Linie in 2 Hälften, obere und untere, getheilt mit der Concavität 
nach oben. Bei der Auscultation ein Rasselgeräusch, das einer in 
der Höhle befindlichen Flüssigkeit zugeschrieben wird. — Man 
schritt zur Myringotomie, die einem guten Quantum eiteriger Schleim- 
flüssigkeit Ausgang verscha£PI;e , wobei durch Valsalva^sche Versuche 
nachgeholfen wurde. An den folgenden Tagen Eintröpfelungen von 
Alumen aceticum und Politzer 's Verfahren. 12 Tage darauf wird 
er geheilt entlassen. 

XIII. Chronischer Katarrh des linken mittleren Ohres 
mit Ansammlung von serös-schleimiger Flüssigkeit in der Trommel- 
höhle. 

G. M., 10 Jahre alt, kommt den 21. Nov. 1874 in die Klinik. 
Seit einem Jahre leidet er an Paracusis und Schwindel, letzterer 
zuweilen bis zum Umfallen. — L. 0. laute Stimme 2 M., Uhr 30 Ctm. 
Stimmgabel auf dem Scheitel links. Das Niveau der Flüssigkeit 
durch das Trommelfell sichtbar. Man macht den Einschnitt und 
verschafft dadurch einem klaren, zähen Schleime Ausgang, Die Be- 
handlung wurde fortgesetzt mit Politzer'}^ Verfahren, Katheter und 
intratympanischen Einspritzungen von Kalium jodatum. Am 2. Dec. 
findet sich nichts mehr von Ansammlung vor; kein Schwindel mehr. 
Die gewöhnliche Stimme wird auf 4 Mtr. gehört, die Uhr auf 1 V2 Mtr. 
— Geheilt verlässt er die Klinik. 



270 XXIV. WiasenschaftUche Rnndichaa. 

XIV. Otitis media pnrnlenta aeata. 

0. h., 24 Jahr alt, stellt sich den 1. März 1874. Seit 3 Tagen 
hatte er heftige Schmerzen im rechten Ohre. Am 2. Tage tlbeäel 
ihn Fieber. — R. 0.' gewöhnliche Stimme 2 Mtr., Uhr 30 Ctm.; 
Stimmgabel nach rechts. Trommelfell dnnkelroth, ohne besondre 
Gefässvertheilongy scheint in drei Erhöhungen getheilt, wovon die 
obere die grösste. Proc. brevis des Hammergriffes noeh sichtbar. 
Tuba frei; Rasselgeräusche - bei der Anscoltation. — Man schreitet 
zur Myringotomie ; beim Herausziehen findet sich das Instrument mit 
Eiter bedeckt, wovon einige Tropfen auch austreten. Lauwarme 
Localbäder. Am folgenden Tag Jst der Schmerz verschwunden. Wäh- 
rend der Nacht hat der Kranke geschlafen; der Einschnitt ist offen 
und es fiiesst Eiter hervor. Ordinatio : adstringirende Eintröpfelungen 
und Yalsalva^scher Versuch. Nach 4 Tagen wird er geheilt entlassen. 

XV. Otitis media purulenta acuta. 

R. F., 45 Jahr alt^ kommt am 14. Mai 1874 in die Klinik. 
Seit 10 Tagen heftiger Schmerz im rechten Ohre. — B. 0. lante 
Stimme 1 Mtr., Uhr anliegend; Stimmgabel auf dem Scheitel nach 
rechts. Trommelfell eingesunken^ von gräulich-gelber Färbung; die 
Gefässe längs des Hammers stark injicirt; Schleimgeräusch bei der 
Auscultation ; Schmerz l^eim Eindringen der Luft in die Trommel- 
höhle. Es wird die Paracentesis gemacht. Vermittelst Politzer 's 
Verfahren traten einige Tropfen Eiter aus. Lauwarmes Bad ver- 
ordnet; der Patient wurde bedeutend erleichtert. 

Der Eiterausfluss dauerte einige Tage; am 23. desselben Monats 
war der Eiter verschwunden, jeder Schmerz gestillt und das Gehör 
derart gebessert, um bei leiser Stimme auf 3 M. zu hören. 

XVI. Otitis media pu^rulenta acuta. 

Am 4. Januar 1875 meldet sich M. L., 38 Jahr alt; leidet seit 
10 Tagen an sehr heftigen Schmerzen im linken Ohre, die ihn 
plötzlich in der Nacht überfielen. — L. 0. leise Stimme 3 M., Uhr 
50 Ctm., Stimmgabel auf dem Scheitel nach links. Das Tronomelfell 
dunkelroth gefärbt; das hintere Segment so hervorragend, dass das 
vordere Segment dadurch verdeckt war; die kleine Apophysis un- 
sichtbar. Nachdem das Trommelfell durchschnitten, folgte ein ziem- 
liches Quantum . von Schleim-Eiterausfluss ; kurz darauf hörten die 
Schmerzen auf. Am folgenden Tage dauerte noch der Ausfluss; 
vermittelst des Valsalva'schen Versuchs kommt frei die Luft hervor. 
Verordnet: Leicht adstringirende Einspritzungen. Am 11. Januar 
verliess er vollkommen geheilt die Klinik. 

XVII. Otitis media purulenta acuta. 

S. R., 30 Jahr alt, mit regelmässiger Menstruation, kommt am 
12. Januar 1875 in die Ohrenklinik; seit 20 Tagen von schweren 
Schmerzen und Paracusis im rechten Ohr gequält. In den ersten 
Tagen des üebels war Fieber vorhanden. Aus der Untersuchung geht 
hervor: R. 0. laute Stimme 3 Mtr., Uhr anliegend; Stimmgabel 
auf dem Scheitel nach rechts. Trommelfell stark injicirt; hinteres 
Segment, etwas vorstehend, von gelblicher Färbung. Der Hammer- 
griff sichtbar, Tuba durchgängig. Rasselgeräusche beim Auscultiren. 



XXiy. WisBenschaftliclie Bandschaa. 271 

Am 13. wird der Einschnitt gemacht, der einer ziemlich be- 
trächtlichen Quantität sehr dicken Eiters yermittelst Politzer 's 
Verfahren Ausgang verschafft. Ordination : Einspritzungen von schwe- 
felsaurem Zink; Politzer's Verfahren. Am 27. Januar kein Ausfhiss 
mehr, das Tro^nmelfell vernarbt, der Schmerz verschwunden. Das 
Gehör war bei leiser Stimme auf 3 Mtr., die ühr auf 1 Mtr. 

XVIII. Otitis media purulenta acuta. 

C. 0., 40 Jahr alt, von ausgezeichneter Constitution, stellt sich 
den 30. April 1875. Erzählt, dass sie seit 7 Monaten im linken 
Ohre Geräusche wahrnimmt und das Gehör sich verminderte. Seit 
4 Tagen wurde sie von quälenden Schmerzen im genannten Ohre und 
von Schwindel überfallen; sehr lästige Schlaflosigkeit. R. 0. laute 
Stimme 3 Mtr., Uhr 15 Gtm., Stimmgabel nach rechts. Trommelfell 
stark geröthet. Im hintern unteren Segment bemerkte man einen 
dunklen Reif (Luftblase), der von einem gelblichen Saume begrenzt 
war. Während des Valsalva'schen Versuches verbreitete sich der 
gelbe Rand über die dunkle Fläche, indem er von der Peripherie 
nach dem Centrum vorrückte. Nachdem das Vorhandensein von An- 
sammlung in der Trommelhöhle festgestellt, wurde zur Myringotomie 
geschritten, worauf eine ziemliche Quantität von eher flüssigem Eiter 
ausfloss. Am folgenden Tage sagt die Kranke, dass sie gut. ge- 
schlafen habe; — der Schmerz ist verschwunden; Eiter im Gehör- 
gang ; es dauert noch leichte Paracusis und das Gehör ist noch nicht 
vollkommen hergestellt; sie kommt daher noch von Zeit zu Zeit, um 
mit dem Politzer^schen Verfahren behandelt zu werden. 

XIX. Durchschneidung der hinteren Falte des 
Trommelfells. 

C. A., 15 Jahre alt, kommt den 4. März 1875. — Lympha- 
tischer Constitution, mit einem Nasengeschwür behaftet; seit dem 
zartesten Alter am linken Ohre taub; rechts ist das Gehär normal. 
Links sehr laute Stimme 1 Mtr., Uhr anliegend; Stimmgabel auf 
dem Scheitel zweifelhafte Empfindung. Das Trommelfell mit.Ealk- 
ablagerungen, die sich hauptsächlich auf das hintere Segment aus- 
breiteten. Zusammmengezogenes Narbengewebe ; Einschrumpfung des 
Tensor tymp. Die kleine Apophysis des Hammergriffes bedeutend 
hervorragend. 

Es wurde der Einschnitt in die hintere Falte des Trommelfells 
gemacht und täglich Politzer's Verfahren angewendet. Den 12. März 
hörte der Kranke die leise Stimfiie auf 4 Mtr., die Uhr auf 
1 Mtr., Stimmgabel links betont. De Rossi. 



XXV. 
Sitaniigs-Protocoll der SectioD f&r 

auf der 

49. Versammlong deutscher Naturforscher und Aerzte zu Hamburg 

(1876). 



Montag den 18. September Einführung der Section durch Dr. 
Felix Goldschmidt. Begrüssung der Anwesenden. Prof. Politzer 
wird zum Vorsitzenden der ersten Sitzung erwählt. 

I. Sitzung. 

Dienstag den 19. September Vorm. 10— 12S'2 Uhr. 

Vorsitz: Prof. Politzer. 

Schriftführer: Dr. Kaufmann, Dr. Michael. 

Hen* Michael spricht über seine therapeutischen Erfahrungen; 
betreffend die Inhalation von Amylnitrit per narem, zur Bekämpfung 
subjectiver Geräusche. Ohne eine nähere physiologische Erklärung 
der allerdings nur zweifelhaften Erfolge zu versuchen; glaubt der 
Vortragende fernere Versuche mit diesem Mittel anrathen zu dürfen. 

Herr Trautmann theilt Beobachtungen mit über Zerstörung 
des Trommelfells durch Dermatodectes beim Kaninchen. Möller 
und Zürn haben zuerst auf diese Ohrenkrankheit aufmerksam ge- 
macht. Der Vortragende hat Gelegenheit gehabt, im pathol. Institut 
zu Berlin 8 Kaninchen zu untersuchen, welche Dermatodectes zeigten. 
Der Lieblingssitz dieser Bäudemilben scheint der äussere Gehörgang 
zu sein, denn in 5 Fällen war die übrige äussere Haut frei, in 
einem Falle war die Ohrmuschel, in den 2 anderen die Umgegend 
der Augen und die Haut der Nase von den Milben ergriffen. Auf 
der äusseren Haut bilden sich 5 — 6 Mm. dicke Borken, in denen 
man zahlreiche Eier und Milben findet. In allen 8 Fällen waren 
beide Ohren ergriffen. Der knöcherne Theil des äusseren Gehör- 
ganges und noch ein Theil des knorpligen waren mit einer schmie- 
rigen, gelblichweissen Masse angefüllt; höher oben war der äussere 
Gehörgang mit trockenen Epidermiskrusten angefüllt. Die mikrosko- 
pische Untersuchung der schmierigen Masse ergab Trümmer von 
Epidermis, Eiter, eine feinkörnige, amorphe» Masse , Trümmer der 



XXIV. Wiasenscliaftliche Bundseliaa. 263 

Flourens erwähnt , erleide beim Schaf eine Ausnahme ^ während 
aie Verf. beim Pferd vorfand. 

Während beim Schaf der N. Cochleae nur znr Cochlea, der N. 
vestib. nnr znm übrigen inneren Ohr gehe, liesaen sich für Pferd 
und Mensch nicht gleich klare Verhältnisse erkennen : Hier scheinen 
^Rttckanstansch-AnastiHnosen^ der beim Anstritte ans dem Mark nicht 
ganz gut getrennten Stibnnie stattzufinden. 

Der vonHenle, Reichert undWaldeyer beschriebene Ast 
des N. cochl. zum Vestibulum wurde beim Schafe nicht gefunden. 
Verf. betont die Schwierigkeit des Nachweises, wo ein solch kleines 
Bündel (beim Menschen) seinen Ursprung nahm und lässt die Mög- 
lichkeit offen, dass es ein vom N. vestibuli entliehenes sei. 

Mikroskopisch unterscheiden sich die Elemente der Verlaufs- 
fasem durch ihre Dimensionen, Markbeständigkeit, zu Gunsten des 
N. vestib., dessen Fasern von anderen doppelcontourirten nicht wesent- 
lich Yerschieden seien. Daraus beweist Verf., dass die (beim Pferde) 
die Nerven verbindende Anastomose wenigstens nicht ausschliesslich 
Oochlearisfasem führe, da daselbst einzelne nur zum Vestibularis zu 
rechnende dicke Fasern gesehen wurden. 

Vergleichend anatomisch stehe wohl der N. vestib. in harmo- 
nischem Verhältnisse mit der Grösse des Thieres, nicht so der 
N. cochl. 

Der Abhandlung ist eine lith. Tafel beigefügt, welche die betr. 
Theile vom Pferd versinnlicht. Kessel. 



15. 

Ladreit de Laracharrl^re, Considörations pratiques sur les 
polypes de Toreille. — Annal. des Mal. de Tor. T. II. p. 206 
bis 227. • 

Verfasser schliesst siäi der St eudeiher 'sehen Classification der 
Polypen an (Schleimpolypen, Fibrome, Myxome) ; entgegen der Ansicht 
von Toynbee, Wilde und Bonnafont, fand er in den meisten 
Fällen, wie schon v. Tröltsch und Andere, die Tumoren von der 
Paukenhöhle ausgehend. — Im äusseren Gehörgange ^nden sich die 
3 verschiedenen Formen der Polypen; der Schleimpolyp entsteht 
in den DrüsenfoUikeln , das Fibrom an der Oberfläche der entzün- 
deten Knochenhaut und das Myxom auf dem durch ülceration bios- 
gelegten Knochen selbst (!). Die auf der Cutisschichte des Trommel- 
fells aufsitzenden Tumoren sind dünn gestielte Schleimpolypen, die 
häufig spontan abfallen und fast immer an peripheren Theilen der 
Membran entstehen; gehen sie von der Membrana propria aus, so 
enthalten sie zahlreiche Faserelemente. — Die im Mittelohre sich 
bildenden Polypen sind entweder Fibrome oder Myxome; meist aus 
straffen Gewebselementen zusammengesetzt, enthalten sie wenig 
Hohlräume. 

Stets entstehen diese Geschwülste in Folge von Entzündungen, 

Archiv für Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 19 



274 XXV. Sitznngs-Protocoll der Section für Ohreoheilkmide (1876). ^ 

In dem zweiten Falle ^^ar die Bulla ossea vollständig normal. 
Labyrinth ebenfaüls frei. 

Auffallend ist bei dem doch jedenfalls längere Zeit andanemden 
Reiz die geringe Reaction. 

In einem dritten Falle^ den Tr. ebenfalls am Präparate zeigte, 
war das Trommelfell fast schon vollständig zerfallen; nur die untere 
Peripherie war noch mit dem Annulus in Verbindung. Der schmierige 
Pfropf hatte sich schon bis zur gegenüberliegenden Labyrinthwand 
vorgedrängt. Im Pfropf und in der Bulla ossea Milben ; die Schleim* 
haut der Bulla ossea trotzdem normal. Um das Präparat nicht zu 
zerstören wurden die Gehörknöchelchen nicht untersucht. Das Laby- 
rinth war frei, die Steigbügelverbindung im ovalen Fenster also noch 
nicht zerstört, ebenso wenig das runde Fenster. 

In den übrigen 5 Fällen zeigte sich nur Zerfall der Epidermis- 
schicht des Trommelfells; Verdickung und ^iterinfiltration der Schleim- 
hautschicht, sowie Hyperämie derselben. 

Die Nasenschleimhaut war in allen 8 Fällen intact. Hieraus 
geht hervor, dass das Trommelfell nicht von den Milben durchbohrt 
wird, sondern dass dasselbe zerfällt und dass den Milben auf diese 
Weise der Uebertritt in die Paukenhöhle sehr leicht möglich ist. 
Auf dieselbe Weise würde auch der Befund im Labyrinth zu er- 
klären sein. 

Sämmtliche Kaninchen hatten einen normalen Gang. Derselbe 
wird wahrscheinlich erst taumelnd, wenn die Milben in das Labyrinth 
gedrungen sind. 

Diese Beobachtungen an den Kaninchen fordern dazu anf , die 
Kinder vom Spielen mit Kaninchen, Hunden und Schafen, auf welchen 
letzteren beiden ebenfalls Dermatodectes yorkommt, fernzuhalten. 
Ger lach hat zwar nachgewiesen, dass Dermatodectes auf der äusse- 
ren Haut beim Menschen nur wenige Stunden haftet; es ist aber 
fraglich, ob sie im äusseren Gehörgang des Menschen nicht ebenso 
gern verweilen, wie beim Kaninchen, weil sie hier vor allen Schäd- 
lichkeiten geschützt sind, und wäre dies der Fall, so könnten die 
Zerstörungen, die sie im Öhr anrichten, wie wir gesehen haben, sehr 
bedeutend werden. Deshalb ist grosse Vorsicht geboten. 

Herr Politzer demonstrirt makroskopische und mikroskopische 
Präparate, betreffend die Entwicklungsgeschichte des Proc. styloideos, 
dessen Verhältniss zum M. stapedius und N. facialis und die Lage- 
verhältnisse der einzelnen Theile des Gehörorganes. 

Die mikroskopischen Präparate betrafen diePolitzer-Kessel- 
schen Körperchen, Flächenansichten der Schleimhaut des Promontorium 
mit ihren Gef ässen (in Osmiumsäure), ein Durchschnittspräparat des 
Promontorium zur Demonstration von Gefässverbindungen zwischen 
Mittelohr und Labyrinth. Eine Serie makroskopisch • pathologischer 
Präparate zeigte Kalkablag^rungen, Adhäsionen des Trommelfells 
mit der Labyrinthwand und Perforationen. Schliesslich zeigt P. eine 
grössere Anzahl von bildlich und plastisch dargestellten Trommelfell- 
ansichten. 



XXIY. Wiflsensdiaftliche Bundsdiaa. 263 

Flourens erwähnt^ erleide beim Schaf eine AuBiiahme; während 
fiie Verf. beim Pferd vorfand. 

Während beim Schaf der N. Cochleae nur zur Cochlea, der N. 
vestib. nur zum übrigen inneren Ohr gehe, liessen sich fUr Pferd 
und Mensch nicht gleich klare Verhältnisse erkennen : Hier scheinen 
^Rttckanstau8ch-Anast(Hnosen^ der beim Anstritte ans dem Mark nicht 
ganz g^t getrennten Stämme stattzufinden. 

Der vonHenle, Reichert undWaldeyer beschriebene Ast 
des N. cochl. zum Vestibulnm wurde beim Schafe nicht gefunden. 
Verf. betont die Schwierigkeit des Nachweises, wo ein solch kleines 
Bttndel (beim Menschen) seinen Ursprung nahm und lässt die Mög- 
lichkeit offen, dass es em vom N. vestibuli entliehenes sei. 

Mikroskopisch unterscheiden sich die Elemente der Verlaufs- 
fasern durch ihre Dimensionen, Markbeständigkeit, zu Gunsten des 
N. vestib., dessen Fasern von anderen doppelcontourirten nicht wesent- 
lich verschieden seien. Daraus beweist Verf., dass die (beim Pferde) 
die Nerven verbindende Anastomose wenigstens nicht ausschliesslich 
Oochlearisfasem führe, da daselbst einzelne nur zum Vestibularis zu 
rechnende dicke Fasern gesehen wurden. 

Vergleichend anatomisch stehe wohl der N. vestib. in harmo- 
nischem Verhältnisse mit der Orösse des Thieres, nicht so der 
N. cochl. 

Der Abhandlung ist eine lith. Tafel beigefügt, welche die betr. 
Theile vom Pferd versinnlicht. Kessel. 



15. 

Ladreit de Laracharriöre, Consid^rations pratiques sur les 
polypes de Foreille. — Annal. des Mal. de Tor. T. IL p. 206 
bis 227. • 

Verfasser schliesst siäi der St eudeiher 'sehen Classification der 
Polypen ap (Schleimpolypen, Fibrome, Myxome) ; entgegen der Ansicht 
von Toynbee, Wilde und Bonnafont, fand er in den meisten 
Fällen, wie schon v. Tröltsch und Andere, die Tumoren von der 
Paukenhöhle ausgehend. — Im äusseren Gehörgange landen sich die 
3 verschiedenen Formen der Polypen; der Schleimpolyp entsteht 
in den DrüsenfoUikeln , das Fibrom an der Oberfläche der entzün- 
deten Knochenhaut und das Myxom auf dem durch Ulceration blos- 
gelegten Knochen selbst (!). Die auf der Cutisschichte des Trommel- 
fells aufsitzenden Tumoren sind dünn gestielte Schleimpolypen, die 
häufig spontan abfallen und fast immer an peripheren Theilen der 
Membran entstehen; gehen sie von der Membrana propria aus, so 
enthalten sie zahlreiche Faserelemente. — Die im Mittelohre sich 
bildenden Polypen sind entweder Fibrome oder Myxome; meist aus 
straffen Gewebselementen zusammengesetzt, enthalten sie wenig 
Hohlräume. 

Stets entstehen diese Geschwülste in Folge von Entzündungen, 

ArchiT fftr Ohrenheilkunde. XI. Bd. (Neue Folge. V. Bd.) 19 



276 XXV. Sitzungs-Protocoll der Section füa Ohrenheilkunde (1876). 

in Kopenhagen empfohlenen Ringmessers. Herr Schalle theilt mit, 
dass er gute Erfolge mit der Galvanokaustik erzielt habe. 

Herr Traut mann demonstrirt einige mikroskopische Präparate 
von Horizontalschnitten durch embryonale Felsenbeine und einige In- 
jectionspräparate. 



IV. Sitzung. 
Freitag den 22. September Vorm. 10 Uhr. 

Vorsitz: Dr. Magnus. 

Herr Magnus theilt den Sectionsbefund eines 10 Jahre lang 
von ihm genau beobachteten Falles mit, welchen er unter dem Titel 
„Partielle Lähmung des Corti'schen Organs** im A. f. 0. II. Bd. S. 268 
beschrieben hat. Die Section ergab: Transparentes, auffallend stark 
bewegliches Trommelfell; Hanuner und Ambos in normaler Lage; 
die Kapsel des Ambos-Steigbttgelgelenkes sehr schlaff and excessiv 
beweglich ; Stapesplatte unbeweglich. Schenkel des Stapes atrophisch. 
Paukenhöhle gross, Schleimhaut zart. Ausgesprochene Rarefication 
aller Schädelknochen, namentlich des Felsenbeines. Die Vestibular- 
seite der Stapesplatte stark convex aufgetrieben und zwar beiderseits. 
Labyrinth makroskopisch anscheinend normal. Nähere Details vergl. 
dieses Archiv XI. S. 244. 

Herr Auerbach zeigt ein von ihm construirtes Instrument, 
welches dazu bestimmt ist, vergrösserte Trommelfellbilder zu erzeugen. 
Dasselbe besteht aus dem Wild ersehen Ohrtrichter, in welchen 
mittelst einer federnden Httlse eine entsprechende biconvexe Lmse 
in geringer Schrägstellung eingefügt ist. 

Bei der sich anschliessenden Discussion hebt Schwartze her- 
vor, dajBS der Nutzen dieses und ähnlicher Instrumente, welche den 
Zweck haben, vergrösserte Trommelfellbilder zu erzeugen, ein relativ 
geringer und die Nothwendigkeit der Verwendung von Convexlinsen 
fUr Untersuchung des Trommelfells überhaupt eine sehr eng be- 
grenzte sei. Am meisten fühle der Hypermetrop und Presbyop das 
Bedürfniss, Convexlinsen zur Hand zu iiehmen, für Myopen seien 
sie fast ganz entbehrlich. An der Discussion betheiligten sich die 
Herren Berthold, Trautmann, Auerbach und Magnus. 
Letzterer erklärt zum Schluss, dass die vielfache Darstellung ähn- 
licher Inatrumente zwar keinen durchgreifenden Nutzen fOr die Wissen- 
schaft hätte, doch immerhin ein sichtbares Zeugniss individuellen 
Strebens sei. 

Herr Hartmann zeigt eine Reihe von trocknen, anatomischen 
Präparaten, bezüglich auf die Perforation des Warzenfortsatzes. In 
3 Fällen unter circa 100 Schläfenbeinen fand er so erhebliche Ano- 
malien im anatomischen Bau, dass die Eröffnung des Warzenfortsatzes 
bei den betreffenden Individuen mit höchster Wahrscheinlichkeit zur 
Blosslegung und Verletzung des Sinus transversus resp. Eröffiaimg 
der mittleren Schädelgrube geführt haben würde. 



XXY. Sitznngs-Protocoll der Section für OhrenlieUkniide (1876). 277 

Zum Schlnss der Sitzung spricht der Vorsitzeiide im Namen 
der Versammlnng den Herren Dr. Goldschmidt nnd Martini 
seinen Dank aus für ihre Bemühungen um die Section. Unter Hin- 
weis auf die in den Sitzungen gemachten mannigfachen Mittheilnngen 
und die daran geknüpften Discussionen hetont der Vorsitzende den 
fordernden Einfluss unserer jährlichen Zusammenkünfte und fordert 
zu weiterer gemeinsamer ernster Arbeit auf, von der allein das 
Oedeihen unserer Disciplin zu erwarten sei. Eine Vereinigung der- 
selben mit der Ophthalmologie' oder Laryngologie könne die wissen- 
schaftliche Entwicklung derselben nicht fördern, sondern nur hemmen. 



Die Präsenzliste der Sectionssitzungen ergab 40 
Mitglieder. 

1. Dr. V. Aschen* (Helgoland). 

2. Dr. Auerbach (Altena). 

3. Dr. Bergson (Berlin). 

4. Prof. Dr. Berthold (Königsberg i. Fr.). 

5. Dr. Blum (Königsberg i. Pr.). 

6. Dr. Brie, Kreisphysikus (Flensburg). 

7. Dr. Brieger (Breslau). 

8. Dr. C ramer (Hamburg). 

9. Dr. Farwick (Münster). 

10. Dr. Felix Goldschmidt (Hamburg). 

11. Dr. Groth (Rustnitz). 

12. Dr. Guthzeit (Königsberg i. Pr.). 

13. Dr. Hartmann (Berlin). 

14. Dr. Heckscher (Hamburg). 

15. Dr. Heise (Schwerin). 

16. Dr. Jacob i (Magdeburg). 

17. Dr. Josefson (Hamburg). 

18. Dr. Kaufmann (Hamburg). 

19. Prof. Dr. Koppe, Director der Provinzial- Irren -Anstalt 

(Halle a. S.). 

20. Dr. Kost er (Hannover). 

21. Dr. Krauskopf (Breslau). 

22. Dr. Kugler (Stettin). 

23. Dr. Lipp (Graz). 

, 24. Dr. Marcus (Altena). 

25. Dr. A. Magnus (Königsberg i. Pr.). 

26. Dr. Michael (Hamburg). 

27. Dr. Pauls en (Altena). 

28. Prof. Dr. Politzer (Wien). 

29. Dr. Rose (Altena). 

30. Dr. Roth (Gössnitz). 

31. Dr. Schaernack, Oberstabsarzt (Hamburg). 

32. Dr. Schalle Stabsarzt a. D. (Dresden). 



J 



278 XXV. Sitzungs-ProtocoU der Section für Ohrenheilkunde (1876). 

33. Dr. Schramm (Dreaden). 

34. Prof. Dr. Schwartze (Halle a. S.). 

35. Dr. Simon (Berlin). 

36. Dr. Tergast (Emden). 

37. Dr. Trautmann, Oberstabsarzt (Berlin). 

38. Dr. Wagner (Planen). 

39. Dr. Wen dt, Director der Frov.-Irren-Anstalt (Schwetz). 

40. Dr. Wuttig, Oberstabsarzt (Düsseldorf). 



Aufforderung an die Herren Collegen. 

Als Mitarbeiter der von Virchow und Hirsch heraus- 
gegebenen Jahresberichte der gesammten Medicin ersuche ich 
die über Ohrenheilkunde schreibenden Herren CoUegen, mir 
Separatabdrücke ihrer Publicationen mit genauer Angabe des 
betreffenden Journals möglichst frühzeitig einzusenden, da die 
Bedaction der Jahresberichte nicht in der Lage ist, mir die ge- 
sammte otologische Literatur vollständig zur Disposition zu stellen. 

Berlin, October 1876. 

Prof. Dr. A. Lucae. 



XXIY. WiBsenscliaftliche Bundsehau. 263 

Flourens erwähnt^ erleide beim Schaf eine Aufinah'me; während 
de Verf. beim Pferd vorfand. 

Während beim Schaf der N. Cochleae nur zur Cochlea, der N. 
vestib. nur zum übrigen inneren Ohr gehe, liessen sich fUr Pferd 
und Mensch nicht gleich klare Verhältnisse erkennen: Hier scheinen 
^RückanstauBch-Anast(»nosen*' der beim Anstritte aus dem Mark nicht 
ganz gut getrennten Stämme stattzufinden. 

Der vonHenle, Reichert undWaldeyer beschriebene Ast 
des N. cochl. zum Vestibulum wurde beim Schafe nicht gefunden. 
Verf. betont die Schwierigkeit des Nachweises, wo ein solch kleines 
Bündel (beim Menschen) seinen Ursprung nahm und lässt die Mög- 
lichkeit offen, dass es ein vom N. vestibuli entliehenes sei. 

Mikroskopisch unterscheiden sich die Elemente der Verlaufs- 
fasem durch ihre Dimensionen, Markbeständigkeit, zu Gunsten des 
N. vestib., dessen Fasern von anderen doppelcontourirten nicht wesent- 
lich verschieden seien. Daraus beweist Verf., dass die (beim Pferde) 
die Nerven verbindende Anastomose wenigstens nicht ausschliesslich 
Oochlearisfasern fähre, da daselbst einzelne nur zum Vestibularis zu 
rechnende dicke Fasern gesehen wurden. 

Vergleichend anatomisch stehe wohl der N. vestib. in harmo- 
nischem Verhältnisse mit der Grösse des Thieres, nicht so der 
N. cochl. 

Der Abhandlung ist eine lith. Tafel beigefügt, welche die betr. 
Theile vom Pferd versinnlicht. Kessel. 



15. 

Ladreit de Laracharri^re, Considörations pratiques sur les 
polypes de Foreille. — Annai. des Mal. de Tor. T. IL p. 206 
bis 227. • 

Verfasser schliesst siäi der St eudeiher 'sehen Classification der 
Polypen an (Schleimpolypen, Fibrome, irfyxome) ; entgegen der Ansicht 
von Toynbee, Wilde und Bonnafont, fand er in den meisten 
Fällen, wie schon v. Tröltsch und Andere, die Tumoren von der 
Paukenhöhle ausgehend. — Im äusseren Gehörgange ^nden sich die 
3 verschiedenen Formen der Polypen; der Schleimpolyp entsteht 
in den DrüsenfoUikeln , das Fibrom an der Oberfläche der entzün- 
deten Knochenhaut und das Myxom auf dem durch ülceration bios- 
gelegten Knochen selbst (!). Die auf der Cutisschichte des Trommel- 
fells aufsitzenden Tumoren sind dünn gestielte Schleimpolypen, die 
häufig spontan abfallen und fast immer an peripheren Theilen der 
Membran entstehen; gehen sie von der Membrana propria aus, so 
enthalten sie zahlreiche Faserelemente. — Die im Mittelohre sich 
bildenden Polypen sind entweder Fibrome oder Myxome; meist aus 
straffen Gewebselementen zusammengesetzt, enthalten sie wenig 
Hohlräume. 

Stets entstehen diese Geschwülste in Folge von Entzündungen, 

ATcMy ffir Ohrenlieakande. XL Bd. (Nene Folge. V. Bd.) 19 



280 Literatur. 

13. Chisholm — Salicylsänre bei Ohrenflnss. (Philad. med. and» 

surg. reporter. 7. Aug. 1875.) 

(Empfehlung einer Mischung von Salicyls&ure mit Magnesia, 
usta im Yerhftltniss von 1 : 2 zum Einblasen in den Gehörgaug.) 

14. Moldenhauer — Das Verhalten der Paukenhöhle beim Fötn» 

und Neugeborenen und die Verwendbarkeit der Ohrenprobe 
für die gerichtliche Medicin. (Arch. d. Heilkunde von Wagner. 
XVII. 8. 498—515.) 

15. Lncae — Bericht über Ohrenkrankheiten pro 1875 im Jahres- 

bericht der gesammten Medicin von Virchow und Hirsch. 



Druck von J. B. Hirschfeld in Leipzig- 



GENERALßEGISTEE 

DBB 

ARCHIVS FÜR OHRENHEILKUNDE 

PUB 

Band I— X. 



I. Orlginalarbelten. 

(Die Tömisclien Zahlen weisen den Band, die arabisclien die Seite nach.) 

Andeer — Zur Casulstik der Otopathologie. IX. 139. 
Auspitz — Das £kzein des äusseren Olures. I. 123. 

B. — ZurCasuistik der Knocheogesckwülste im äusseren Gehörp^ange. X. lio. 
Berthold — Ueber die Function der Bogengänge des Ohrlabyrinthes. IX. 77. 
Bezold — Ein Fall von Aspergillus ni^cans im Gehörgang. Y. 197. 
Boeck — Aenderung an der Compressionspumpe. I. 267. 

Ueber Abscesse im Trommeliell. II. 135. 

Rhinoskopischer Befund bei einem knackenden Geräusch im Ohr. 

IL 203. 
I Boettcher — Ueber die Durchschneidung der Bogengänge des Gebör- 

I labyrinthes und die sich daran knüpfenden Hypothesen. IX. 1. 

Borberg — Polyp mit eingewachsenem Hammer. VII. 55. 
Brugsch — Altä^ptologischer Beitrag zur Geschichte der Ohrenheilkunde. 

Vn. 53. 
Brunner — Kleinere Mittheilungen aus der Praxis. V. 26. 
Barger — Ueber das Einbringen von Flüssigkeiten und Dämpfen durch die 

Tuba in die Paukenhöhle und über die Wirkungsweise der Luft- 

douche. V. 272. 

Carl — Beitrag zur Frage: „Enthält die Chorda tympani Geschmacks- 
fasern?« X. 152. 

Ghimani — Beiträge zur praktischen Ohrenheilkunde. 11. 169. 
*** Aneurysma cirso'ideum an der Ohrmuschel und dem äusseren Gehör- 
gange. VIII. 62. 

V. Conta — Ein neuer Hörmesser. I. 107. 

Delstanche — Ueber eine neue Fixirpincette des Katheters. IX. 243. 
Donnert — Zur Gehörprüfung auf Grund einer Beobachtung von Nekrose 
der Schnecke. X. 231. 



II ^ Generalregister. 

Dragumis ~ Eine Methode zum Verdichten und Verdünnen der Luft im 
Mittelohr. IX. 248. 

Eisner — üeber Taubstumme und ihre Erziehung. V. 170. 

Engelmann — Fall von Neubildung einer strangt'örmigen Brücke im Gehör- 
gang. VI. 203. 

Eysell — Beiträge zur Anatomie des Steigbügels und seiner Verbindungen. 
V. 237. 

Casuistische Mittheilungen aus der Poliklinik für Ohrenkranke zu 

Halle a./S. VII. 206. 

Vorläufige Mittheilung. VII. 239. 

Farwick — Zur Casuistik von Fremdkörpern im Ohre. II. 300. 

Zwei Fälle von Garies des Felsenbeines. VI. 113. 

Fl alz — FaU von operativer Anbohrung des Warzenfortsatzes. EL. 22S. 
Foerster — Eine einfache Methode, den Refiexspiegel vor dem Auge zu 

befestigen. X. 243. 
Frank — Zur Weber'schen Nasendouche. V. 202. 

G'ähde — Fall von Meningitis nach Otitis int. ohne Perforation des Trom- 
melfells und ohne Garies. VIII. 98. 

Gottstein — Klinische und kritische Beiträge zur Ohrenheilkunde. IV. 65. 

Guye — Die Einführung vonBougies in die Tuba Eust. und das künstliche 
Emphysem. II. 16. 

Hassenstein u. Hallier — Beobachtung eines neuen Pilzes (Graphium 

penicilloides) im Gehörgan^. IV. 162. 
Hensen — Ueber Böttcher's Entwicklung und Bau des Gehörlabyrinthes 

nach eigenen Untersuchungen. Vi. 1. 
Hitzig — Bemerkungen über die Aufgaben der Elektrootiatrik. VIII. 70. 
Ho ff mann — Erkrankung des Ohres beim Abdominaltyphus. IV. 272. 

Jacoby — Die Perforation des Warzenfortsatzes. IV. 212. 

Beiträge zur Casuistik der galvanokaustischen Behandlung intraauraler 

Neubildungen. V. 1. 
~* — Casuistificher Beitrag zur Perforation des Warzenfortsatzes mittelst 

des akidopeirastischen Bohrers. V. 153. 

Zur Perforation und Trepanation des Warzenfortsatzes. VI. 93. 

Behandlungsresultate bei complicirten Otorrhöen, gewonnen mit Hülfe 

der kaustischen, resp. galvanokaustischen Methode. VI. 235. 

Kessel — Ueber einige anatomische Verhältnisse des Mittelohres. IH. 307. 

Ueber Ohrpolypen. IV. 167. 

Zur Myringitis villosa. V. 250. 

Ueber Form und Lageverhältnisse eigenthümlicher, an der Schleimhaut 

des menschlichen Mittelohres vorkommender Organe. V. 254. 

Ueber den Einfluss der Binnenmuskeln der Paukenhöhle auf die Be- 

wegungen und Schwingungen des Trommelfells am todten Ohr. 
VIII. 80. 
Eoeppe — Erweiterung der Paukenhöhle bei chronischer Otitis durch Druck- 
atropbie mit Blutung aus dem Sinus transversus. U. ISl. ^ 

Reflexpsychosen nach. Ohrenkrankheiten. IX. 222. 

u. Schwartze — Zwei Fälle von Reflexepilepsie bei Erkrankung des 

Ohres. V. 282. 
Küpper — Ueber klonische Krämpfe der Schlingmuskeln. VII. 296. 

Ueber >die Bedeutung der Ohrmuschel des Menschen. VIH 158. 

Kutsch arianz — Entzündung des Mittelohres bei Neugebomen u. Säug- 
lingen. X. 119. 



Generftlregister. III 

Lindenbaum — Fall von Verwachsung der Rachenmandong der Tuba 

Eustachii. I. 295. 
Lochner — Verbesserung am künstlichen Trommelfell. II. 147. 
Löwenberg — Beiträge zur Anatomie der Schnecke. I. 175. 

Die Verwerthung der Bhinoscopie. IL 103. 

Lucae — Ueber die Kespirationsbewegungen des Trommelfells. L 96. 

Untersuchungen über die sogenannte „Enochenleitung**. I. 303. V. 82. 

Sectionsergebnisse bei Schwerhörigen. IL 81. 

Zur Function der Tuba Eust. lll. 174. 

Ueber Untersuchung mit Hülfe des Interferenz- Otoscopes. lU. 186. 299. 

Ueber die Druckverhältnisse des inneren Ohres. IV. 30. 

Neuer Zusammenhanff zwischen Nasen- und Ohrenkrankheiten. IV. 188. 

Eitrige Entzündung des inneren Ohres bei Meningitis cerebrospinalis. 

V. 188. 

Ueber eine Erweiterung des Helmholtz'schen Ohrmodells nebst einem 

Beitrage zur Physiologie. VII. 4. • 

Beiträge zur Eenntniss der Perlgeschwulst des Felsenbeines. VII. 255. 

Zusatz dazu von Schwartze. VII. 304. 

Ueber eine Vorrichtung am Drillbohrer zur Anbohrung des Warzen- 

fortsatzes. VII. 2«b. 

Ueber Ausstossung der necrotischen Schnecke mit Bemerkungen über 

den relativen Werth der üblichen Methode der Hörprüfung. X. 236. 

Mach — Bemerkungen über die Function der Ohrmuschel. IX. 72. 
Magnus, A. — Verhalten des Gehörorgans in comprimirter Luft. I. 269. 

Mittheilungen aus der Praxis. H. 42. 

Fall von partieller Lähmung des Corti'schen Organs. II. 268. 

Fall von natürlicher Eröffnung des Antrum mastoideum. V. 118. 

Der Nasenrachenraum. Eine Studie an einem Lebenden gemacht. VI. 246. 

M ay er, Ludwig — Fall von operativer Anbohrung des Zitzenfortsatzes. I. 226. 
Meyer, Wilhelm — Ueber adenoide Vegetationen in der Nasenrachenhöhle. 

VIL 241. VIII. 1-29. 241. - 
Moos — Ueber die Wirkung des künstlichen Trommelfells. I. 119. 

Zur Statistik der Taubstummen. I. 184. 

Zwei Fälle von Hyperostose des Felsenbeines mit Ankylose des Steig- 

bügels, n. 190. 

Scheinbare Gehimzuftlle bei eitriger Otitis. IL 197. 

Odenius — Ueber die öestalt des häutigen Labyrinthes beim erwachsenen 

Menschen. I. 92. 
Ogston — Kleinere Mittheilungen. VI. 267. 

Pagen Stecher^ Arnold — Bemerkungen zur Balneotherapie der Ohr- 
krankheiten. I. 284. 

Parreidt — Fall von traumatischer Ruptur des Trommelfells mit Sympto- 
men von Labyrinthreizung. IX. 179. 

Fall von Eröffnung des Proc. mast. VIII. 93. Nachtrag dazu. IX. 180. 

Politzer, Adam — Untersuchungen über Schallfortpflanzung und Schall- 
leitung im Gehörorgane. I. 59. 318. 

Ueber die Entstehung des Lichtkegels am Trommelfell. I. 155. 

Ueber Läsion des Labyrinthes. II. S^. 

Ueber willkürliche Contractionen des Musculus tensor tympani. IV. 19. 

Compressionspumpe. IV. 42. 

Zur Theorie aer Hjrperaesthesia acustica. V. 206. 

Ueber gestielte Gebilde im Mittelohre V. 213. 

Zur physiologischen Akustik und deren Anwendung auf die Pathologie^ 

des Gehörorgans. VI. 35. 

Zur mikroskopischen Anatomie des Mittelohres. VII. 1. 

Studien über Gefässveränderungen in der erkrankten Mittelohraus- 

kleidung. VIL 11. 



IV Generalregister. 

Politzer, Adam — Zar pathologischen Anatomie der consecntiTen Sinns- 
affectionen. YU. 288. 

Zur Anatomie des Gehörorganes. IX. 158. 

Politzer, £. (Pest) — Selt%rier FaU eines einfachen chronischen Mittelohr- 
katarrhs. VII. 48. 
PruBsak — Zur Anatomie des menschlichen Trommelfells, m. 255. 

Rudi ng er — Ueher die Zotten in den Halbzirkelkanälen. II. 1. 

Schalle — Neuer Apparat zur Untersuchung des Nasenrachenraumes. X. 

128. Nachtrag dazu. X. 244. 
Schulze — Beitrag zur Technik der Nasendouche. VI. 263. 
Schwartze — Wissenschaftliche Entwicklung der Ohrenheilkunde im letzten 

Decennium (1852—1862 incl.). I. 75. 236. 

Ueber die sogenannte „Elektro-Otiatrik** Brenner*s. I. 44. 

Totaler Verlust des Perceptionsvermögens für hohe Töne nach hef- 

tigem Schall. I. 136. 

Respiratorische Bewegung des Trommelfells. I. 139. 

Pulsation an einem unverletzten TrommelfelL I. 140. 

Annähernd normale Hörschärfe bei hochgradiger Degeneration beider 

Trommelfelle. I. 142. 

Schmerzlos entstandene Abscessbildung in der Paukenhöhle. I. 144. 

Halbseitige Lähmuns durch Ohrpolypen. I. 147. 

Beiträge zur Pathologie und pathologischen Anatomie des Ohres. I. 

195. II. 279. IV. 235. V. 292. 

Statistische Berichte. I. 221. H. 100. III. 22. IV. 15. V. 193. VI. 200. 

Klonischer Krampf des M tensor tymp. II. 4. 

Aspergillus im Gehörgang. II. 5. 

Bougies aus Laminaria für die Tuba Eust II. 7. 

Spontane Expulsion eines Ohrpolypen. U. 9. 

Studien und Beobachtungen über die künstliche Perforation des Trom- 

melfells, n. 24. 239. 245. HL 281. VI. 171. 

Fall von acuter Caries des Felsenbeines. II. 36. 

Synechie des Trommelfells mit Promontorium. H. 207. 

Bemerkenswerther Fall plötzlicher Gehörlosigkeit. H. 210. 

Spontanes Othämatom bei einem nicht Geisteskranken. II. 213. 

Heilung einer völligen Taubheit durch HeurteIoup*s Blutegel. IL 298. 

Kaustische Behandlung eitriger Ohrkatarrhe. IV. 1. Nachtrag dazu. 

IV. 233. 

Notiz über Galvanokaustik im Ohr. IV. 7. 

Bluterguss in die Paukenhöhle bei Morbus Brightii. IV. 12. 

Zur Pathologie der Synostose des Steigbügels. V. 257. 

u. Koppe — Zwei Fälle von Beflexepilepsie bei Erkrankung des 

Ohres. V. 282. 

Fälle von Entzündung und Thrombose des Sinus transversus und Sin. 

petrosus inferior bei Otitis media purulenta.' VI. 219. 

Klonischer Krampf der Tuben-Gaumenmuskeln. VI. 228. 

Historische und kritische Bemerkungen zur allgemeinen Therapie der 

Ohrkrankheiten. VII. 16. VHI. 275. IX. 148. 199. 

u. Eysell — üeber die künstliche Eröffnung des Warzenfortsatzes. 

VII. 157. 

Fall von primärem Epithelialkrebs des Ohres. IX. 208. 

• Gasuistische Mittheilungen. IX. 234. 

Gasuistik zur chirui^schen Eröffnung des Warzenfortsatzes. X. 23. 179. 

Ueber die Stärke des bei der Luftdouche erforderlichen Luftdruckes. 

X. 240. 
Stein — Apparat zur photographischen Aufnahme des Trommelfells. VH. 56. 
Steudener — Beiträge zur pathologischen Anatomie der Ohrpolypen. IV. 199. 

Zwei neue Ohrpilze nebst Bemerkungen über die „Myringomycosis*'. 

V. 163. 

Stöhr — Bildung von breiten Condylomen im äussern Gehörgang. V. 130. 



Generalr^ster. V 

Toynbee — Ueber Nekrose der Schnecke and des Yorhofes und derenr 
AusstoBsung w&hrend des Lebens. I. 112. Nachtrag dazu von 
V. Tröltsch. L 158. 

Trautmann — Gebrauch des Reflexspiegels und die Erzeugung vergrösserter 
Trommelfellbüder. VII. 89. 

Ueber den Werth der Ohrenheilkunde für die Militärärzte. VII. 103. 

Die Lichtreflexe des Trommelfells. VIII. 1. K. 96. X. 10. 87. 

Sectionsbefund nach Schuss in den Mund. Vm. 101. 

Trommelfellbefund nach Sturz mit dem Pferde. VUL 101. 

Pinzette zur Entfernung von Fremdkörpern. Vin. 102. 

Statistischer Bericht. IX. 181. 

Pulverisateur für den Nasenrachenraum. IX. 245. Nachtrag dazu. 

IX. 310. 
V. Tröltsch — Beiträge zur anatomischen und physiologischen Würdigung 
der Tuben- und Gaumenmuskulatur. I. 15. 

Das Politzer*sche Verfahren in seiner. Bedeutung für die Ohrenheil- 

kunde. I. 28. • 

Nachtrag zu Toynbee's Aufsatz über Nekrose der Schnecke etc. 1. 158. 

Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Ohrtrompete. 11. 214. 

Joseph Toynbee (Nekrolog). III. 230. 

Vorläufige Mittheilung. III. 240. 

Anatomische Beiträge zur Lehre von der Ohreneiterung. FV. 97. 

Anatomische Beiträge zur Ohrenheilkunde. VI. 45. 

Zur Lehre von den thierischen Parasiten am Menschen. IX. 193. 

Anweisung zum Gebrauch der Nasendouche. IX. 191. 

Ürbantschitsch — Beiträge zur Anatomie der Paukenhöhle. Vin. 50. 
Berichtigung dazu. X. 8K. Ergänzung der Berichtigung. X. 225. 

Anatomische Bemerkungen über die Gestalt und Lage des Ostium 

pharyng. tubae beim Menschen. X. 1. 

Ueber eine eigenthümliche Form von Epithelialauflagerung am Trom- 

melfell und im äusseren Gehörgang. X. 7. 

Toltolini — Beitrag zur Operation fremder Körper im äusseren Gehör- 
gang. I. 151. 

Welcker — üeber knöcherne Verengerung und Verschliessung des äusseren 

Gehörganges, i. 163. Nachtrag dazu. I. 269. 
Wen dt — Mittheilungen über die in meiner Ohren-Poliklinik beobachteten 

Krankheitsfälle. III. 26. 
W reden — Sechs Fälle von Myringomycosis. III. 1. 

Zaufal — Exostose in beiden Paukenhöhlen mit theilweiser Verlegung der 
Fenestra rotunda. II. 48. 

Beitrag zur pathologischen Anatomie. II. 174. 

Vorkommen seröser Flüssigkeit in der Paukenhöhle. V. 38. 

üeber blaue Otorrhöen. VI. 206. 

* Gasuistische Beiträge zu den traumatischen Verletzungen des Trommel- 
fells. VII. 188. 280. VIII. 31. 

Die normalen Bewegungen der Kachenmündung der Eustachi'schen 

Röhre. IX. 133. 228. X. 19. 



II. Besprechungen. 

Allen — Lectures on aural catarrh (Schwartze). VI. 127. 

Bezold — Perforation des Warzenfortsatzes vom anatomischen Standpunkte 

aus (Eysell). IX. 271. 
Boettcher — Gehörlabyrinth (Hensen). VH. 64. VIIL 163. 



YI Geaeralregister. 

Bonnafant ~ Lehrbuch. 2. Aufl. (Delstanche). IX. 169. 

Glarke — Natuie and treatment ofPolypusof the ear (v. Tröltsch). lY. 230. 

Golladon — L*oreille et la surdit^ (Jacoby). IX. 269. 

Delstanche — Etüde sur le boordoonemeDt de l'oreille (Jacoby). VI. 26^. 

De-Ro8si — Lehrbuch (Schwartze). VL 129. 

Gottstein — Gehörschnecke (Hensen). VIL 64. VIIL 163. 

Grube r — Lehrbuch (Jacoby). VI. 77. 

Hasse — Lymphbahnen des inneren Ohres iBoettcher). VIIL 191. 

Vergleichende Morphologie und Histologie des häutigen Gehörorgans 

(Hensen). IX. 251. 
Hin ton, Clinical remarks on perforations and some other morbid condition» 
of the membrana tympani (Schwartze). lÜ. 314. 

The questions of aural surgery (Cassells). X. 206. 

Atlas der Trommelfellkrankheiten (Cassels). X. 206. 

Krämer — Ohrenheilkunde der letzten 50 Jahre (Schwartze). VHI. 282. 
Ladreit de Lacharri^re — Annales des maladies de Toreille et da 

larynx (Schwartze). X. 51. 
Levi — Les maladies de Toreille ( Trautraann). VIH. 202. 
Leriche — De la surditä etc. (Schwartze). IL 148. 
Levinstein — Grundzüge zur praktischen Otiatrie (Schwartze). U. 149. 
Luschka — Der Schlundkopf des Menschen (Tröltsch). V. 138. 
Mach — Optisch-acustische Versuche (Lucae). VU. 214. 
Mayer, Ludwig — üeber den Canalis Eustachii (v. Tröltsch). ÜI. 244. 
Meniere, E. — Des moyens therapeutiques employ^s dans les maladies de 

l'oreille (Schwartze). V. 222. 
Nuel — Säugethierschnecke (Hensen). VII. 64. VIIL 163. 
Politzer — Beleuchtungsbilder des Trommelfells (Pagenstecher). U. 52. 
— Wandtafeln zur Anatomie (Zaufal). VIlI. 108. 
Koosa — Lehrbuch (Schwartze). IX. 106. 

Rüdinger — Anatomie der Tuba Eustachii (v. Tröltsch). IIL 241. 
Schaeling — Erziehung gehörkranker Kinder (Schwartze). VH. 299. 
Schwartze — Praktische Beiträge zur Ohrenheilkunde (Warschauer). 1.159. 
Toynbee — The diseases of the ear, with a Supplement by James Hinten 

(Schwartze). V. 217. 
Transactions of the american otological society. VU 73. S. Auszüge. 
Triquet — Legons cliniques sur les maladies de l'oreille (Schwartze). U. 301. 
V. Tröltsch — Lehrbuch. Dritte Auflage iPagenstecher). III. 246. 

Idem. Fünfte Auflage (Jacoby). VUI. 207. 

T u r n b u 1 1 — Handbuch (Jacoby). Vm. 104. 
Tyndall — Der SchaU (Hensen). VL 119. 
Voltolini — Galvanokaustik (Lucae). VII. 222. 

Wendt — Krankheiten der Nasenrachenhöhle (v. Tröltsch). X. 47. 

Wolf — Sprache und Ohr (Schwartze). VL 122. 

Wreden — Myringomycosis aspergillina (Schwartze). IV. 285. 



III. Anszfige. 

Agnew — Otitis. X. 258. 

Alter — Sehr seltener Ausgang einer Ohrenkrankheit etc. U. 310. 

American otological society, Verhandlungen derselben. V. 313. VHI. 

294. X. 70. 
Anderson •— Casuistik. H. 164. IV. 302. 

Beck — Thrombose des Sinus transversus. II 67. 
Benedict — Zur Elektrootiatrik. VL 146. VIIL 114. 



Generalregister. YII 

Berthold — Optische Darstellung der durch Schalldtong durch die Kopf- 
knochen erzeugten Bewegungen des TrommelfdlB am Leb^den. 
VI. 275. 

Bertrand — Meni^re'sche Krankheit. X. 83. 

Bettelheim — Ueber die Wirkung des elektrischen Stromes auf das Gehör- 
organ. IV. ^99. 

Bezold, F. — Statistischer Bericht. VIII. 126. 

Die Entstehung von Pilzbildung im Ohr. IX. 130. 

Billroth — Tödtliche Blutung aus der Carotis bei Garies. IV. 53. 
Bing — Zur Perforation des Trommelfells. X. 245. 
Bischoff jr. — Ueber die Nerven des Gehörorgans. IV. 51. 
Blake — Jahresbericht. IX. 189. 

Bochdalek — Otologische Beiträge. II. 302. 

junior — BeitrS^e zur Anatomie des Gehörorgans. ÜI. 320. 

Böke — Ueber Caries des Felsenbeins. VI. 285. 

Krebs im Ohr. I. 356. 

Otiatrische Mittheilungen. IL 78. 

Böters — Nekrose des Gehör-Labyrinths. X. 256. 

Böttcher — Ueber den Aquaeductus yestibuli. IV. 232. VI. 133. 

Fall von Fibrosarcom des Acusticus. VI. 279. 

Bonnafont — Ohrpolypen. IL 153. 

Otorrhoe. IV. 307. 

Verschluss des Gehörorgans durch eine Exostose. Durchbohrung der- 

• selben. IV. 307. 

Bougard — Nervöse Taubheit. Elektricität. IL 237. 

Breuer — Function der Bogengänge des Ohrlabyrinths. VIIL 302. 

Brunner — Das veränderte Hören der eigenen Stimme. VI. 137. 

Gehörschwmdel. VI. 150. 

Bück — Cavernöses Angiom des Trommelfells. VI. 151. 

Perforation des Proc. mast. VII. 300. 

Fall von Bluterguss in die Paukenhöhle bei Morbus Brightü. VII. 301. 

Casuistik. VUI. 239. 

Krankheiten des Proc. mastoideus. Vin. 291. 

— — Mechanismus des Gehörs IX. 188. 

Buhl — Cholesteatom. VI. 157. 

Burnett — Mechanik der Gehörknöchelchen. VII. 229. 

Das äussere Ohr, als Besonator. IX. 127. 

Vertheilung der Blutgefässe im Trommelfell. IX. 283. ^ 

Objectives Ohrgeräusch mit krampfhafter Ketraction des Trommelfells 

und Gaumensegels. X. 220. 

Jahresbericht. X. 223. 

Burckhardt-Merian — Fremdkörper. IX. 287. 

Capdeville — Zeichen, welche die Functionsprüfung des Ohres liefert. 
X. 219. 

Cassells — Ueber Behandlang des exanthemischen Katarrhs der Pauken- 
höhle. IX. 187. 

Jahresbericht. IX. 189. / 

Ueber Myringomycosis aspergillina. X. 65. 

Charcot — Schwindel in Folge von Ohrkrankheiten. X. 246. 

Heilung der Meniere'schen Krankheit durch Chininsulfat. X. 251. 

Chimani — Statistik und Casuistik. IL 320. 

Claudius — Schädel der Hemicephalen. I. 354. 
Coutagne — Uebertragung der Syphilis durch den Katheter. III. 324. 
Gramer — ■. Ueber eine neue Fadenpilzgattung im Ohre IV. 307. 
Curschmann — Ueber das Verhältniss der Halbzirkelkanäle des Ohr- 
labyrinths zum Körpergleichgewicht. VHI. 307. 
Cyon — Function der Halbzirkelkanäle. VIH. 302. 

Dardel — Befund bei Taubstummheit. U. 310. 

Dar olles — Otitis media acuta mit FaciaUslähmung und Meningitis. X. 253. 



ym Generalregister. 

Delstanche juD. — Gebrauch des Doppelballons. VI. 144. 
De-Rossi — Otoscopie binoculaire. VI. 136. VII. 231. 

Fall von Phlebitis des Sinus transversus. VI. 231. 

Epting — Otitis int. mit Meningitis. IL 154. 

Erb — Zur galvanischen Behandlung von Ohrenleiden. VI. 147. 

Eysell — Ueber tödtliche OhrkranldLeiten. VI. 282. 

Fischer — Sarcoma cerebri mit Otitis int. I. 357. 

Perlgeschwulst. 11. 232. 

Flemming — Notiz zur Beurtheilung des normalen Situs der Tuba £ust. 

X. 259. 
Follin — Trepanation des Proc. mast. I. 361. 
Frank, Carl — Luftdouche. 11. 321. 

Schwerhörigkeit geheilt durch Staphyloraphie. IX. 288. 

Friedlowsky — Ueber abnorme Oenaungen an der unteren Wand der 

Pauke etc. VI. 132. 

61'arrigOu-D^sar^nes — Zur Stimmgabelprüfung. UI. 323. 

Gel 16 -r- Endotoscop. IV. 303. 

Geriach — Zur Morphologie der Tub. Eust. X. 53. X. 259. 

Glama — Statistischer Bericht. II. 164. * 

Goltz — Ueber die physiologische Bedeutung der Bogengänge des Ohr- 
labyrinths. V. 300. 

Gottstein — Die -mechanische Erweiterung des äussern Gehörgan^s, gleich- 
zeitig als Compression der Gehörgangswände bei der Otitis externa 
acuta. IV. 300. 

Gross mann — Erkrankung des Ohres bei Scharlachfieber. II. 158. 

Therapie der Otorrhoe. VI. 145. 

Grub er, Josef — Myringodectomie. I. 58. 

Garies des Schläfenbeins. II. 68. 

Abscesse in der Umgebung des Gehörorgans. II. 7 1. 

Statistische Berichte. II. 72. 

Mittheilungen. IL 153. 

Untersuchungen tLber die Anwendungsweise von Heilmitteln auf das 

Hörorgan etc. II. 235. 

Zur Therapie des Katarrhs im Mittelohr. U. 317. Nachtrag dazu 

^ III. 254. 

Beiträge zur Anatomie des Schläfenbeines in ihrer Anwendung auf die 

praktische Ohrenheilkunde. IV. 292. 

Ueber ein neues Verfahren zur Einbringung medicamentöser Flüssig- 

keiten in einen mittleren Ohrtheil ohne Katheter. IV. 295. 

Anatomie des äussern Gehörganges. VI. 131. 

Ueber den feineren Bau des Ringwulstes am Trommelfell. VI. 131. 

Autophonie und Tympanophonie. VI. 137. 

\ Syphilis des Gehörorgans. VI. 144. 

Vesicantia. VI. 145. 

Fall von typischer Otalgie, durch Jodkalium geheilt. VI. 157. 

Beitrag zur Lehre von der Paräcentese der Trommelhöhle. VI. 2S3. 

Tenotomie des Tensor tymp. VI. 283. 

Zur Lehre vom künstlichen Trommelfell. IX. 190. 

Zur Casuistik der eitrigen Otitis media mit Facialislähmung. IX. 288. 

Ueber Anomalien in der Verbindung des Hammers mit dem Trommel- 
felle. IX. 304. 

Ein neues Verfahren zur Herausbeförderung flüssiger Substanzen aus 

den Räumen des Mittelohres. X. 56. 

Fall von Ausstossung des ganzen Annulus tympanicus sammt Squama. 

X. 57. 

Bläschenflechte im Ohr. X. 221. 



Generalregister. IX 

Gräber, Josef — lieber ein neues Verfahren zur Wegsammachung der Tuba 
Eust. und zur Ventilation der Trommelhöhle. X. 261. 

Gudden — Mikroskopischer Befund im traumatisch gesprengten Ohr- 
knorpel. VI. 161. 

Hagen -- Elektro-otiatrische Studien. III. 329. 

Der seröse Ausfluss aus dem äusserten Ohre nach Kopfverletzungen. 

III. 331. 

Die Garbolsäure in der Ohrenheilkunde. IV. 303. 

Weitere Fälle von Pilzkrankheiten des Ohres. V. 312. 

Die Fercussion des Schädels und deren Bedeutung für die Diagnose 

von Exsudaten in der Paukenhöhle. IX. 305. 

Subcutane Injectionen von Strychnium nitricum gegen nervöse Schwer- 

hörigkeit etc. X. 265. 
Haupt — Ueber das Othämatom. IV. 143. 
Bedinge r — Zur Elektrootiatrik. VI. 146. 
Heller — Zur anatomischen Begründung der Gehöratörungen bei Meningitis 

cerebro-spinalis. IV. 55. 
Helmholtz — Mechanik der Gehörknöchelchen. IV. 46. V. 299. 

Schwingungen in der Schnecke des Ohres. VI. 163. 

Hermann — Katheterismus tubae IL 162. 

Tödtliche Blutung aus der Carotis bei Caries. IV. 294. 

Herpin — Kleinhirnabscess nach Caries des Felsenbeins. X. 254. 
Herz — Ueber traumatische Rupturen des Trommelfells. VlII. 300. 
H es sei — Ohrpolypen. VI. 157. 

Hin ton — Balggeschwulst des Trommelfells. Membranöse Bänder in der 
Paukenhöhle. H. 151. 

Neues Instrument zur Demonstration des Trommelfells. IV. 301. 

Hitzig — Zur galvanischen Heizung des Gehörorgans. VIH. 114. 
van Hoek — Otiatrische Mittheilungen. III. 325. 

Hoppe — Ueber das Politzer'sche Verfahren etc. II. 163. 

Hubert- Valleroux — Ueber Otorrhoe. IV. 305. 

Hub rieh — Nervöse Taubheit IX. 293. 

Hughlings-Jackson — Epileptiforme Anfälle bei Otorhoe. V. 307. 

Jelly — Ueber Gehörshallucinationen. VlII. 116. 

Joseph — Osteologischer Beitrag über das Schläfenbein. HI. 316.' 

Kappeier — Zwei Warzenfortsatz-Operationen. X. 248. 

Kessel — Fälle von Otitis int. mit Vereiterung der Zellen des Warzen- 
fortsatzes und Sinusthrombose. Perforation des Warzenfortsatzes. 
(Diss. inaug. 1866.) IV. 57. 

u. Mach — Die Function der Tuba und Trommelhöhle. VIII. 116. 

u. Mach — Versuche über die Accommodation des Ohrs. VIII. 121. 

u. Mach — Beiträge zur Topographie und Mechanik des Mittelohres. 

IX. 284. 
Knapp — Doppelthören bei Otitis med. purulenta. VI. 158. 

Systematische Methode zur Bestimmung der Hörschärfe. IX. 277. 

Klinische Analyse der entzündlichen Aflfectionen des inneren Ohres. 

VI. 159. 

Reisenotizen. VH. 302. 

Koppe — Gehörstörungen und Psychosen. IH. 332. 
Kroll — Schwindelzufälle bei Ohrenkrankheiten. VI. 280. 
Kühnel — Die Paracentese des Trommelfells. IV. 301. 
Kunkel — Die Lageveränderung der pharyngealen Tubenmündung während 
der Entwicklung. V. 301. 

Ladreit de Larrachi^re — Meniäre'sche Krankheit. X. 216. 

Ueber acute syphilitische Otitis. X. 217. 



1 



X Generalregister. 

Landzert — Ueber den CanaHs cranio-pharyogeus am Schädel des Neu- 
geborenen. IV. 291. 

Laycock — Zur. semiotischen Bedeutung der Gestalt der Ohrmuschel 
VII. 232. 

Löwen her g — Fremdkörper. VII. 227. 

Ueber ein Verfahren, die Einwirkung elektrischer Ströme auf die 

Binnenmuskeln des Ohres zu untersuchen. VIII. 1I4. 

Ueber die nach Durchschneidung der Bogengänge des Ohrlabyrinthes 

auftretenden Bewegungsstörungen- X. 255. 
Lucae — Zur Physiologie und Pathologie des Gehörorgans. I. 353. 

Ueber eigenthümliche in den Halbzirkelkanälen vorkommende Gebilde. 

U. 303. 

Ueber Schwerhörigkeit bei grauer Degeneration des Bückenmarks. 

n. 3o5. 

Ueber Gehörstörungen bei Facialislähmung. II. 307. 

Poppelballon. II. oO«. 

Aragonitkrystalle im Trommelfell. III. 252. 

Simulation einseitiger Taubheit V. 3i>3. 

Benutzung des Planspiegels bei der Otoskopie. V. 310. 

Zur Behandlung der Otitis purulenta chron. V. 310. 

Stativ für den Ohrenspiegel. VI. 135. 

Durchschneidung der hinteren Trommelfellfalte. VI. 152. 

Maximal-Phonometer. VI. 276. 

Zur diagnostischen Verwerthung der Schallleitung durch die Kopf- 

knochen. VI. 277. 

Ghloralhydrat bei trocknem Mittelohrkatarrh. VI. 283. 

Die Accommodation und Accommodationsstörungen des Ohres. IX. 184. 

Mach — Zur Theorie des Gehörorganes. VL 275. 

u. Kessel — Die Function der Trommelhöhle und der Tuba Eustachü. 

Vm. 116. 
u. Kessel — Versuche über die Accommodation des Ohres. VIIL 121. 

Gleichgewichtssinn des Menschen. VIIl. 302. 

u. Kessel — Beiträge zur Topographie und Mechanik des Mittelohres. 

IX. 284. 

Ueber den Gleichgewichtssinn. VIII. 302. IX. 286 

Mali n in — Ueber die physiologische Rolle der häutigen Bogengänge des 

Labyrinthes. III. 319. 
Marchai — Casuistik.- IV. 304. 
Mayer, L. — Fremdkörper. VI. 151. 

Meissner — Keuchhusten und seine Beziehung zum Ohr. 11 159. 
Michel, Prof. — Angeborene Anomalien des inneren Ohres. I. 353. 
, Carl, Dr. — Das Verhältniss der Tubenmündung zum Gaumensegel am 

Lebenden betrachtet durch die Nase. X. 250. 

Ueber chronischen Rachenkatarrh und dessen Heilung durch Galvano- 

kaustik. X. 251. 
Moon — Funtionen der membranösen Bogengänge. VI. 134. 
Moos — Plötzlich entstandene Taubheit. I. 355. 

Beitrag zur Helmholtz'schen Theorie der Tonempfindungen. II. 157. 

Ausrottung eines Trommelhöhlenpolypen nach blutiger Trennung des 

Trommelfells. III. 32H. 

Zwei tödtlich verlaufene Fälle von Ohrenleiden. HI. 326. 

Simulation einseitiger Taubheit. V. 303. 

Seröse Ansammlungen in der Paukenhöhle. VI. 90. 

Fall von vollständiger, nervöser, wiedergenesener Taubheit. VI. 90. 

Plötzlicher Bluterguss in die Paukenhöhle bei Angina diphtheritica. 

VI. 92. 

Zur Diagnose der absoluten Acusticuslähmung VI. 138. 

Doppelseitige symnfetrische Exostosen im Gehörgang. VI. 151. 

Contraction des Tensor tympani, synchronisch mit der Kaubewegung. 

VL 154. 



Generalregister. XI 

Moos — Hyperostose des Sch&dels und der beiden Felsenbeine. VI. 156. 

Gehörorgan eines Taubstummen. VI. 160. 

Vier Schussverletzangen des Ohres. VI..I6O. 

Fall von selbständiger Diphtheritis des äussern Gehörganges. VI. 162. 

-T — Pathologische Beobachtungen über die physiologische Bedeutung der 

höheren musikalischen Töne. VII. 230. 

Casuistik. VII. 234. 

Beiträge zur normalen und pathologischen Anatomie und zur Physio- 

logie der Tuba Eust. Ia. 186. 

Sectionse^ebnisse. IX. 275. 

Fall von Erweiterung des Bulbus venae jugularis und deren Beziehung 

zur Entwicklung von Gehörshallucinationen. IX. 292. 

Fall von Sarcom des linken Gehörnerven. IX. 298. 

Weiterer Fall von fettiger Metamorphose des Corti'schen Organs. 

IX. 299. 
Müller, L. — Simulation einseitiger Taubheit. V. 303. 

^a Silo ff — Myringitis villosa. IV. 58. 
Neumann — Lupus der Ohrmuschel. VI. 150. 
Nölting — üeber eine Püzbildung im Ohr. V. 312. 

• 

Ockel« Glama u. Wreden — Statistischer Bericht. IL 164. 
Oeffinger — Missbilduugen des äussern und Innern Ohres. IV. 292. 
Opitz — Künstliche Ohrenflüsse beim Militär. IL 319. 
Orne-Green — Casuistik zur Entzündung des Proc. mast. IX. 125. 

• 

Pagenstecher — Zur Anbohr ung des Warzenfortsatzes I. 35$. 

, Arnold — Otiatrische Mittheilungen. IL 77. 

P elcher — Fremdkörper. IL 79. 

Philipeaux — Künstliche Perforation des Trommelfells. II. 58. 
Pilz — Tödtliche Blutung aus der Carotis bei Caries. IV. 53. 
Politzer, A. — Subjective Gehörsempfindungen. IL 312. 

Wahl der Adstringentien bei eitrigen Ofirkatarrhen. II. 315. 

Diagnose und Therapie der Ansammlung seröser Fltlssigkeit in der 

Trommelhöhle. III. 328. 

Pathologisch-anatomische Präparate des Trommelfells. IV. 52. 

Ueber luftdichte Obturation des äusseren Gehörganges als Heilmittel 

bei chronischen Mittelohrkatarrhen. IV. 62. VI. 153. 

Üeber die günstigen Resultate der durch Luftdruck erzeugten Rup- 

turen dünner Trommelfellnarben. IV. 63. 

Neue Untersuchungen über die Anwendung^ von Stimmgabeln zu diagno- 

stischen Zwecken.' IV. 296. VI. 137. 

üeber ein Verfahren zum Offenhalten künstlicher Perforationsöffnungen 

im Trommelfelle. IV. 297. 

Pilzbildungen auf dem Trommelfell. V. 312. 

Höhlensystem zwischen Trommelfell und Hammerhals. VI. 131. 

Trommelfellnarben. VL 152. 

- — Spannungsanomalien des Trommelfells und der Gehörknöchelchen. 
VL 153. 

Klonischer' Krampf der Muskeln der Tuba Eust. VI. 154. 

Therapie der beweglichen Exsudate in der Trommelhöhle. VL 155. 

üeber Blasenbildungen und Exsudatsäcke im Trommelfell. VL 232. 

Zur Technik des Catheterismus. VL 234. 

üeber traumatische Trommelfellrupturen. VL 284. 

üeber die Anwendung des Trommelhöhlen-Katheters. VIH. 288. 

— - Zur Therapie der mit adenoiden Vegetationen im Nasenrachenraum 
complicirten Erkrankungen des Mittelohrs. X. 55. 

üeber Entfernung beweglicher Exsudate aus der Trommelhöhle. X. 58. 

Zur Anatomie des Gehörorgans. X. 59. 



Xn Generalregister. 

Pomeroy — Behandlong des Nasenrachenkatarrhs. YU. 302. 

Gatneterismus vom Munde aus. YUI. 2S7. 

Poorten — Zur galvanischen Reizung des Acusticus. VIII. 113. 

Pravaz — Anwendung comprimirter Luft bei Behandlung katarrhalischer 
Taubheit III. 323. 

Pritchard — Laminaria bei Yerengening des Gehörganges. II. 79. 

Prout — Myringectomie. YIL 303. 

Prussak — Zur Physiologie und Anatomie des Blutstromes 'in der Trom- 
melhöhle. lY. 290. 

Biemann — Mechanik des Ohres. lY. 2S8. 
Bog er — Meningitis nach Otitis int. IL 311. 
Roosa — StatisUk. YI. 233. 

Sechssehn Fälle von Ohrerkrankung durch den Gebrauch der Nasen- 

douche. VII. 235. 

Der Proc. mast bei entzündlichen A£fectioDen des Mittelobres. YIL 236. 

Kose — Ueberzählige Gehörknöchelchen in Yerbindung mit angeborenem 

Yerschluss des äusseren Gehörganges. III. 251. 
De-Rossi — Otoscopie binoculaire. YL 136. YIL 231. 

Fall von Phlebitis des Sinus transversus. YI. 231. 

Rondo t — Sarcom des Ohrläppchens, X. 252. 

Rüdinger — Üeber das häutige Labyrinth des Menschen. III. 318. 

üeber die Möglichkeit der Yerschliessung der Tuba Eust. beim Men- 

schen. V. 301. 

Gehörknöchelchen. YL 132. 

lieber das Hören der eigenen Stimme durch die Tuba £iist YII. 233. 

Ueber den Canalis facialis in seiner Beziehung zum siebenten Gehim- 

nerven beim Erwachsenen. IX. 301. 

Die Fossa jugularis u. ihre individuelle Grössenverschiedenhdt. X. 55. 

Saint -Yel — Fibroide der OhrmuscheL 11. 152. 

Schede — Evidement bei Caries des Warzenfortsatzes. YL 287. 

Schmiedekamm u. Hensen — Experimentelle Studien zur Physiologie 

des Gehörorgans. YL 164. 
Schmitz — Ueber Fistula auris congenita und andere Missbildungen des 

Ohres. YIIL 301. . 
Schreiber — Heilung der Trommelfellperforation. U. 78. 
Schulz — Elektro therapeutische Erfahrungen bezüglich des Ohrensausens. 

IL 155. 236. 316. 
Schütz — Tuberkulose des Innern und mittleren Ohres beim Schweine. 

IX. 130. 
Schwartze — Ueber subjective Gehörsempündungen. HI. 331. 
Seely — Yortrag über Otofogie. IX. 290. 

Sonderling — Ohrpolyp, geheilt durch Injection von Liq. ferri. YI. 157. 
Siegle — Der pneumatische Ohrtrichter. IL 79. 

Zur Behandlung des Ohrenflusses. IL 319. 

Galvanokaustische Ligatur bei Ohrpolypen. YI. 146. 

Simrock — Neues Yerfahren zur Perforation des TrommelfeUs. X. 222. 

Speir — Ohrspeculum. YI. 289. 

Steiner — Eitriger Ohrkatarrh als Ursache der Gehirnsymptome bei der 
sog. Gemrnpneumonie der Kinder. Y. 308. 

Stokes — Fall von Phlebitis desHimsinus bei Erkrankung des Mittelohres. 
YI. 231. 

Sycyanko — Ueber die Wirkung des galvanischen Stromes auf das Gehör- 
organ. lY. 299. 

T^donat — Caries des Felsenbeines. Drehbewegungen. X. 256. 
Teuber — Zur Erkennung der Simulation einseitiger Taubheit. Y. 302. 
u. Zwicke — Ueber den Einfluss der Gehörleiden auf die Militär- 
diensttauglichkeit. IX. 294. 



Generalregister. XIII 

Thompson — Fremdkörper. II. 79. 

Tillaux — Ueber den diagnostischen "Werth des Lichtreflexes amTrommel- 

feU. IX. 295. 
Tillot — Rhinitis chronica. X. 218. 

Tourneret — Furulente Infection nach Otitis interna. X. 2ö5. 
Tojnbee — Gehirnsymptome bei gewissen Ohraffectionen. IV. 61. 
Triquet — Statistischer Bericht. II. 160. 

FacialisparalYse nach dtrigem Ohrenfluss. II. 162. 

Perforation des Trommelfells. II. 162. 

Casnistik. n. 321. 

Tronsseau — Vertigo ab aure laesa. IL 159. 
Tnrnbull — Subjective Geräusche. X. 67. 

ürbantschitsch — Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Paukenhöhle. 
VIIL 291. 

Trophische Störungen im Gebietq des Nervus auriculo-temporalis. 

IX. 289. 

Zur Anatomie der Tuba E. des Menschen. X. 262. 



Yar rentrapp ~ Aneurysma art. basilaris. IL 234. 
Yerga — Ligam. malleomaxillare. IL 230. 

Voltolini — Sectionsergebnisse bei Schwerhörigen und Taubstummen. I. 
362. IL 63. 

Zur Rhinoscopie. 11.153. IV. 60. VL 136. 

Zur Anwendung der Galvanokaustik im Schlundkopf. IV. 60. 

Daa Zerbrennen fremder Körper im Gehörgang. VI. 151. 

Kopfverletzung mit absoluter Taubheit. VI. 158. 

Acute Entzündung de^ häutigen Labyrinths. VL 158. 

Neue Operation am Trommelfell zur Verbesserunff des Gehörs. VIIL 290. 

Ueber das Emphysem bei der Luftdouche. IX. 124. 

Ein neuer Ohrenspiegel; die pneumatische Ohrenlupe. IX. 296. X. 61. 

Voury — Meni^re'sche Krankheit. X. 83. |^ 

Wendt —Schlauchförmige Drüsen der Schleimhaut der Paukenhöhle. VI. 163. 

Beiträge zur patholog. Anatomie des Ohres. VI. 166. Berichtigung 

dazu. VI. 289. 

Verhalten des Gehörorgans und des Nasenrachenraums bei Variola. 

Vn. S5. 

Verhalten der Paukenhöhle beim Fötus und Neugebomen. VIIL 286. 

Polypöse Hypertrophie der Schleimhaut des Mittelohres. IX. 120. 

Secundäre Veränderungen im Mittelohr. IX. 120. 

Ueber einen wahrscheinlich embolischen Vorgang in der Schleimhaut 

der Paukenhöhle. IX. 121. 

Desquamative Entzündung des Mittelohres. IX. 122. 

Ueber nebgebildete Membranen und Stränge im Mittelohr. IX. 277. 

Die Politzer-Kesserschen Körperchen. IX. 279. 

Ueber ein endotheliales Cholesteatom des Tri)mmelfells. IX. 281. 

Wem her — Emphysem des Warzenfortsatzes. IX. 117. 

Wolf, 0. — Casuistik. VIL 87. 

Neue Untersuchungen über Hörprüfung und Hörstörungen. IX. 290. 

W reden — Statistischer Bericht. IL 164. 

Ueber Einspritzungen in das Mittelohr. VL 143. 

Fremdkörper im Ohr. VL 151.. 

Otitis med. neonatorum. VI. 154. 

Fall von Verbrennung der Paukenhöhle. VL 156. 

Blutung aus dem Sinus transversus bei Otitis med. VL 158. 

• Ueber elektrische Reizung des Gehörorganes. VIIL 111. 

Die Myringomycosis aspergillina in den Jahren 1869—1873. IX. 128. 



1 



XIV GeneralresUter. 

Zauf al — Die pathologisch -iTnatomische ünteraachung des Grehörorgans. 
m. 322. 

Bedeutung der Y. Santorini mastoidea bei Caries des SchläfeDbeins. 

VI. 161. 
Zuckerkandl — Ueber die A. stapedia des Menschen. IX. 300. 

Zur £nt¥ricklttng des äusseren Grehöiganges. IX. 300. 

Beitrag zur Anatomie des Schläfenbeines. IX. 302. 304. 

Zur i^tomie und Physiolode der Tuba Eust. IX. 303. 

Zürn — Die Ohrkrankheiten der Kaninchen. X. 247. 

Zwicke u. Täuber — üeber denEinfluss der Gehörleiden auf die Militär- 
diensttauglichkeit. IX. 294. 




ArehiY rOhrenkilkimde, Ei XI. 



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