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Full text of "Archiv für physikalische Medizin und medizinische Technik 1.1906"

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THE UNIVERSITY 
OF ILLINOIS 
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Archiv 

für physikalische Medizin 
und medizinische Technik 

nebst Beiblatt 


„p ortschritte und fleuheiten der physikalisch-chemischen 
und photographischen Industrie in ihrer Anwendung auf 
das Qesamtgebiet der praktischen /^edizin“ 

v 

herausgegeben von 


Privatdozent Dr. H. Kraft, und Dr. med. B. Wiesner, 

Strassburg i. E. prakt. Arzt in Aschaffenburg. 


—|. Band. <s ^— 



OTTONEMNiCII 

-V ERU10- 

LEIPZIG. 

1906 . 


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Inhaltsverzeichnis. 


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4 

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I. Abhandlungen. 

Seite 

Bericht iib«sr den ersten Röntgenkongreß in Rerlin, vorn 30. April bis 3. Mai 1905, 

von E. Sommer,... 3, 139 27(i 

Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms, von 

L, Brauner., 11 

Ein Röptgeubild der Hella turcica bei Basistumor, von H. Hildebrand und 0. Heß . 15 

Die Heilungsvorgänge beim Pneumothorax im Röntgenbild, von H. Hildebrand . . 17 

Der JV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der Baineologen Österreichs 

im Oktober 1904 in Abbazia, von K. Ullmann.21 

Über ilie Sauerstoffinsuffiation der Gelenke und Weichteile zu radiologisch-diagnostischen 

Zwecken, von J. Robinsohn und R. Werndorff.22 

über den Nutzen des Röntgenbildes für die operative Behandlung des Lungenbrands, 

von H. Lenhartz.24 

Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen, von Levy-Dorn . . 26 

Ziele der Röntgentechnik, von F. Dessauer.29 

Rationelle Organotherapie, von P. C. Franzc.32 

Neuere Untersuchungen über Colloide etc., von H. .T. Hamburger.83 

Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild, von J. Riedinger ...... 98 

Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgenstrahleu, von M. Levy-Dorn 104 

Zur Kasuistik der Nephrolithiasis, von Wiesel.107 

Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts, von Bela Alexander .... 108 

Das röntgenographische Dunkelzimmer, von Ernst Sommer.122 

Über Bier’sche Stauung und ihre Erfolge, von W. Weecke.129 

Über die Wichtigkeit der Dosierung und die Methode der radiotherapeutischen Behand¬ 
lung einiger durch Neubildung hervorgerufener Prozesse, von J. Belot. . . 134 

Technik, Wirkungen und Indikationen der Hydro-Elektrotherapie bei Anomalien des 

Kreislaufs, von A. Hennig.152 

Zur Frülidiagnose der multiplen Chondrome, von R. Kienböck.243 

Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie, von Paul C. Franze . . . 248 

Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie, von Wetterer.268 

II. Kritik. 

A. Bücher. 

J. Belot: Traite de Radiotherapie.36 

Dessauer und Wiesner: Kompendium der Röntgenographie.38 

von Papius: Das Radium und die radioaktiven Stoffe.41 

E. Sommer: Anatomischer Atlas in stereoskopischen Röntgenbildern .... 156 

Albers-Schönberg: Die Röntgentechnik, 2. A.156 

F. Dessauer: Röntgenologisches Hilfsbuch.157 

J. Stark: Das Wesen der Kathoden- und Röntgenstrahlen.158 

Zacharias und Müsch: Konstruktion und Handhabung elektromedizinischer Apparate . 159 

Leo Vetter: Das Bad der Neuzeit und seine historische Entwicklung .... 299 

Cohn: Die palpablcn Gebilde des normalen menschlichen Körpers und deren methodische 

Palpation. 

C. Francke: Die Orthodiagraphie. 


300 

302 


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IV 


B. Abhandlungen und Broschüren. Seite 

B. Walter: Über das Röntgensche Absorptionsgesetz und seine Erklärung ... 42 

F. Dessauer: Beiträge zur Bestrahlung tiefliegender Prozesse.414 

Karzinom des Fingers infolge von Röntgenbestrahlung. . 44 

Becldre: Sur la radioth6rapie appliquie aux Neoplasmes du sein.44 

K. Kienböck: Über Röntgenbehandlung der Sarkome.159 

v. Luzenberger: Die Franklin’sche Elektrizität in der medizinischen Wissenschaft und 

Praxis. '162 

Kurelia: Elektrische Gesundheitsschädigung am Telephon.163 

C. H. Wind: Elektronen und Materie.164 

Wertheim-Salomonson: Kleine und große Induktoren.166 

F. Frankenhänser: Die Wärmestrahlung, ihre Gesetze und ihre Wirkungen . . . 167 

St. Leduc: Die Jonen- oder elektrolytische Therapie.167 

H. Becquerel: L’analyse du rayonnement des corps radioactifs.302 

A. Keller: Untersuchungen über die bakterizide Wirkung des Quecksilberlichtes . 305 

Rumpf: Beiträge zur Elektrotherapie.805 

Kunert: Die Bedeutung der Röntgenstrahlen für die Zahnheilkunde .... 306 

Fr. Erhard: Nachdenkliches zur heutigen Heilkunde.306 

G. Beck: Therapeutisches Almanach.307 

F. Schilling: Taschenbuch der Fortschritte der physikalisch-diätetischen Heilmethoden 307 

E. v. Hippel: Ueber angeborenen Zentral- und Schichtstar.307 

G. Flatau: Die Poliomyelitis anterior acuta.307 

Cassirer: Die multiple Sklerose.308 

0. Vulpius: Ueber die orthopädische Behandlung der Wirbelsäulenerkrankungen . 308 

III. Referate. 

Der 4. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der Balneologen Österreichs 45, 168 

Balneotherapie. 55, 184, 339 

Elektrotherapie und -diagnostik. 55, 56, 184, 334 

Phototherapie und verschiedene physikalische Methoden. 56, 189, 335 

Radiologie. 52, 173, 325 

Hydrotherapie.184 

Gemeinschaftlicher Kongreß der deutschen baineologischen Gesellschaft mit dein Zentral¬ 
verband der Balneologen Österreichs in Dresden vom 4.-6. März 1906 . . 309 

Berichte über Ärztetage und Sitzungen medizinischer Gesellschaften .... 323 

IV. Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 

Die Wechselstromfrage im Röntgenbetricb.57 

Neue Terminologie im Röntgenverfahren.57 

Messungen an Induktoren.58 

Preissteigerung des Radiums.58 

Dr. Zauder-Saltsjöbaden, Rossel, Schwarz & Co., Wiesbadon.58 

Zur Frage der Heilung der Psoriasis.58 

Ausschuß zum Studium der Intensitätsfragen der Röntgeustrahlen.193 

Reproduktionen von Röntgenaufnahmeu.193 

Portugal und der Lissaboner Kongreß.193 

Ärztliche Unterrichtskurse in Aschaffenburg.196 

Filiale des Elektrotechnischen Laboratoriums Aschaffenburg in Berlin .... 197 

Internationale Gesellschaft zur Unterdrückung des Krieges.197 

Der 11. Kongreß der Deutschen Röntgengesellschaft.197 

Vergleich von Röntgentrockenplatten.197 

Wie soll der Arzt seine Röntgen-Negative aufbewahren?.204 

Über Röntgenröhren System Bauer.205 

Unfallversicherung und Röntgenschädigung.341 

UI. internationaler Kongreß für medizinische Elektrologie und Radiologie zu Mailand . 341 

Synthese des Eiweißes.342 

Tarif für radiologische Untersuchungen.342 

Neue Vorschläge für den Ersatz des elektrischen Vierzellenbades.342 


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V 


V. Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, Zuschriften, Antworten 

auf Anfragen. 

8oito 

Aufforderung zur Beteiligung an einer Statistik zur Gewinnung von Unterlagen für 


Liquidationstarife in Röntgenlaboratorien.59 

Anzeigen von Kursen.60 


Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und mediz. Technik. 
Fortschritte der Technik. 


A. Allgemeiner technischer Bericht- 


61. 344 


ß. Einzelberichte. 


Dr. Adolf Alsbergs Schutzmasse.64 

Über Schutzvorkehrungen für den Arzt bei Röntgenuntersuchungen .... 64 

Über eine zweckmäßige WässcrungsVorrichtung für Platten.65 

Über einen Registraturapparat für Negative.65 

Neue Formen von Ortbodiagraphen.66 

Über die Gundelach-Dessauer’sche Ideal-Röntgenröhre.67 

Bcrgkristall zur Fassung von Radium.69 

Der Einfluß des Elektrolyten auf die Wirksamkeit der Aluminium-Drosselzelle . . 207 

Der Eisen-Nickel-Akkumulator nacli System Edison.209 

Die Faszikelrohrblende nach Robinsohn.214 

Die Sciilitzbinde nach Robinsohn.214 

Ein Dämpfungskasten für den Elektrolytunterbrecher.215 

Heißluft-Apparate nach Bier.216 

„Anodynon“, schmerzstillender Wärmeapparat.217 

Röntgenpapier für Radiogramme.218 

Der neue Elektrolyt- (Wehnelt-) Unterbrecher des Elektr. Laboral. Aschaft'enhurg 218 

Neuheiten von C. H. F. Müller-Hamburg.220 

Ein neues elektromedizinisches Universal-Instrumentarium.345 

Methode zur schnellen und billigen Herstellung von Projcktionsbildcrn .... 347 

Panchromatische Zeitlichtpat.ronen und Pulver.348 

Automatischer Lichthilderapparat.350 

Lebram's kohlensaure Formica-Bäder.350 

Kohlensäure Bäder.351 

Vibrationsapparat mit Handbetrieb. 352 

Lichtbäder, elektrische.352 

Photographische Apparate für die Tropen.353 

Ernemann’s Film- und Platten-Camera „HOB 111“.354 

Automatischer Inhalationsapparat mit regulierbarem Sauerstoff-Verbrauch . . . 355 

Sauerstoff-Narkoseapparat mit sicht- und hörbarem Tropfenfall.355 


C. Chemisch-pharmazeutische Berichte. 70, 222, 356 

Autorenregister . 72, 225, 362 

Bezugsquellenliste. . . . 73, 226, 363 


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Sachregister 


A. 

Ahbazia 49. 

Absorptionsgesetz, röntgen- 
sches 42. 

Aethrok; 222. 

Akromegalie 28. 

Albuminurie 45, 47. 
Aluminium-Drosselzelle 207. 
Alypin 223. 

Anllmien 356 
Aneurysma 53. 

Angina pectoris 311. 

Ankylose 8. 

Antidiabeticum fluid. 222. 
Antiperistaltik 323. 

Apparate, elektromedizinische 
73, 226, 363. 

Apparate, heilgymnastische 
73, 226, 363. 

Arthritis 23. 

Ärztetage, Berichte über 323. 
Atlas, anatomischer 156. 
Autorenregister 72, 225, 362. 

B. 

Bäder 172, elektrische 55. 
Bakterien 174, 328. 
Baineologenkongreß 21, 45, 168, 
309. 

Balneologie 55,168,184, 299,319, 
322, 339. 

Basedow’sche Krankh. 311, 330. 
Basistumoren 15. 

Becken 8. 

Bergkristall zur Fassung von 
Radium 69. 

Bezugsqnellenliste 73, 226, 363. 
Blasenspalte 331. 
Bleibeklystiere 307. 
Bleiglasdoppelblende 5. 
Blendenverfahren 30, 40. 

Blut-, Einwirkg. der Rflntgcn- 
strahlen auf das 178 
Blutalkaleszenz 34, 35. 
Brometon 222. 

Bronchien 19. 

Bronchoskopie 325. 

Brustkrebs 288, 290. 

Butipyrin 222. 


C. 

Cameras 73, 226, 303. 

Cerebrin 33. 

Chemisch-pharmazeutische 
Berichte 70, 222, 356. 
Chinesenfuß 9, 149. 

Chlorose 312. 

Cholin 33. 

Chondrome 243. 

Chorea 188. 

Chromoradiotneter 62, 150. 
Clavin 223. 

Colloide 83, 87, 92. 
Colloidlösungen 85. 

Coxa vara 8. 

D. 

Dermatologie 12. 

Dermatosen 170. 

Diabetes 34, 188, 315. 

Diät, vegetarische 51. 
Dickdarm 285. 

Digitalysatum 360. 

Diplin 222. 

Dissoziation 48. 
Doppelmißbildungen HS. 
Dosierung 31, 134, 288. 

Druck, osmotischer 47. 
Dunkelzimmer 122. 
Durchleuchtungsapparate 282. 
Durchleuchtungskomprcs- 
sorium 62. 

Dysenterie 170. 

K. 

Eisen-Nickel-Akkumulator 209. 
Eiweiß, Synthese des 342. 
Elektrodiagnostik 56, 184, 334. 
Elektrolyse 56. 
Elektrolyt-Unterbrecher, 
Dämpfungskasten für den 215 
Elektrolyt-Unterbrecher, neuer 
218. 

Elektronen 164. 
Elektrotherapie 56,184,186,305, 
334, 335. 

Energie der Röntgenstrahlen 
183. 

Entladungskurve 32. 


Enzyme 33. 

Epilation 38. 

Epiphysin 33. 

F. 

Faszikelrohrblende 214, 283. 
Fermente 92. 

Finsentherapie 335. 
Fokus-Einstellung 5, 6. 
Formaminttabletten 224. 
Formicin 223. 

Fortose 224. 

Franklin’sche Elektrizität 162. 
Frauenkrankheiten 51. 
Fremdkörper 4, 139, 295, 3-’6. 
Frequenz 39. 
Fucol-Malzcxtrakt 356. 
Funkenlänge 39. 

Fußwurzel 139. 

G. 

Gallensteine 4, 328. 

Gasterogen 224. 

Gefäße 19. 

Gelenke, 6, 8, 22, 49, 282. 
Gelzustand 87. 

Genu valgutn 9. 

Genu varum 9. 
Gesundheitsschädigungen am 
Telephon 163. 

Gewebsatmung 33, 34, 46. 
Gibbus 8. 

Gicht 315. 

Glimmlichtröhre 62. 
Gliihlichtbäder 189. 

Gouttinum 222. 
Grißon-Resonator 281. 
Grunmachröhre 7. 

H. 

Hämorrhoiden 188. 
Handossiflkation 112. 
Handskelett. Entwicklunng des 
menschlichen 108, 277. 
Harukoeflizient 34 
Harnstoff 34. 

Heilkunde 306. 

Heilmethoden, physikalisch- 
diätetische 307. 
Heißluftapparate 216. 
Heißluftbäder 47. 


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VII 


Heißluftbehandlung 51, 216. 
Heißwasscrbehandlung 51. 
Herzdämpfung 6. 

Herzklopfen 17. 
Herzkrankheiten 168, 310, 811. 
Hetrolin 356. 

Hilfsbuch, röntgenologisches 
157. 

Hochfrequenzströme 55, 184, 
185, 187. 

Höhenklima 315, 316, 
Höhlenbestrahlung 286. 
Hüftgelenksluxation 8, 147. 
Hydroelektrotherapie 152. 
Hydrotherapie 187. 
Hydrothermoregulal.or 169. 
Hypophysis, 15, 54. 

J. 

Ichthyomenthol 223. 

Idealröhre 67. 

Immunität 35. 

Induktoren, kleine u. große 166. 
Iufundibiüum 16. 
Inhalationstherapie 190, 355. 
Instrumente, Chirurg. 74, 227, 
364. 

Insufflation, 23, 282. 

Intensität der Röntgenstrahlen, 
Messung der 62,149, 181, 193. 
Intraorganoxydation 34. 
Joncnprote'ule 83. 
Jonentherapie 167, 334. 

Ischias, Behandlung 192. 

K. 

Kaliglas 5. 

Kaliumpermanganat-Paste 233. 
Karbunkel 330. 

Karzinom s. Krebs. 
Karzinoderma 52. 
Katalysatoren 33, 34. 
Kathodenstrahlen 158, 292, 293. 
Keraminseife 71. 

Klumpfuß 8. 

Klumphand 8, 

Klima 46. 

Knochenmark 9. 
Knochenveränderungen 146. 
Kompendium der Röntgeuogra- 
phie 38. 

Kompressionsblende 6, 328. 
Kohlensäurebäder 6, 321, 350, 
351. 

Kondensatorentladungen 187. 
Korrespondenz 59. 

Krebs 14, 44,173, 174, 175, 285 i 
288, 299, 327, 332. 

Kreislauf, Anomalien 152. 


Krelut.ion 222. 

Kreuzbein 143, 

Kritik 36, 156, 299. 
Kühlvorrichtung 5. 

Kurse 60, 196. 

Kurve des Stromes 139. 

L. 

Laboratorium, Elektrotechn. 

Aschaffenburg 192. 
Lactoserve 224. 

Lampe für Dunkelzimmer 127. 
La Zyma 223. 

Leber 4. 

Leistungsmessungen an Induk¬ 
toren 149. 

Lenden Wirbelsäule 145. 
Levuretin 360. 

Leukämie 5, 53, 54, 177, 182, 
324, 327. 

Leukomaine 33. 

Lichen ruber planus 339. 
Licht, ultraviolettes 292, 358. 
Lichtbäder 55, 353. 
Lichtbehandlung s. Photo¬ 
therapie. 

Lieh tbi 1 d er Apparat 850. 

Lipoma arborescons 23. 
Liquidationstarife 59, 342. 
Lochkamera 152. 

Luftbäder, überhitzte 55. 
Luftdruck 191. 

Lungenbrand 10, 241. 
Lungenchirurgie 10. 
Lungenkrankheiten 4, 147, 169, 
187. 

Lungenschatten 19. 

Lupus 38, 335. 

Lymphadenitis 179. 

9V. 

Magenerkrankungen 140. 
Magenkarzinom 11. 

Malaria 169. 

Malleolen 139. 

Mammin 33. 

Masernosteomyelitis 99, 144. 
Meerwassser, innerlicher Ge¬ 
brauch von 50. 

Meßmethoden 291. 
Metakarpalossifikation 111. 
Metallstrahlung 334. 
Mineralwässer 47. 
Mißbildungen 8. 

Moorbäder 55, 321. 

Mumien 148. 

fl. 

Nährmittelpräparate74,227,364. 
Negative 64. 


Neoplasma 14. 

Nephritis 316, 317. 

Neubildung s. Tumor. 
Nervenkrankheiten 6. 

Neurin 33, 

Nieren 28, 143. 

Nierensteine 4,104,107,142,143. 
Novocain 223. 

O. 

(Idealisierung, Künstliche 190. 
Operationsbeleucht iing 63. 
Organotherapie 32, 320. 
Orthodiagraphen 66. 
Orthodiagraphie 248, 300, 329. 
Orthopädie 7. 

Orthophotographie 177, 295. 
Ossification 8. 
Ösophagusstriktur 56. 
Osteomalazie 9, 10. 
Oxydationskoefflzient 34. 
Oxydationsvorgänge 33, 46,96 
Ovarin 33. 

Ozonbäder 55. 

P. 

Palpation 300. 
Panchromatische Zeitlicht¬ 
patrone 348. 

Parthenogenese 85. 
Penetrationskraft 29, 30. 
Peridiaskop 282. 

Perugen 70. 

Phagocytin 222. 
Phonationserseheinungen 172. 
Phototherapie 56, 189,191, 335, 
336; s. auch Lichtbehaudlg. 
Physiotherapie 268. 

Plasmon 358. 

Pneumothorax 17, 20. 
Präparate, chemische 74, 227, 
364. 

Präzisionsapparat 5, 6. 
Projektionsbilder 141, 347. 
Prostatahypertrophie 177. 
Proteol Doyen 222. 

Prozesse, tiefliegende 31, 43. 
Psoriasis 58, 314. 
Pseudarthrose 188. 

R. 

Radioaktivität 53, 60, 182, 302, 
318, 320. 

Radiodermatitis 38. 

Radiologie 173. 

Radiotherapie 36, 159, 173, 174, 
175, 176, 182, 333. 

Radium 41, 52, 58, 69, 179, 186 t 
286, 292. 


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VHI 


Radiumtherapie 52. 

Referate 45, 168, 309. 
Registraturapparat 64. 
Reproduktionen 193. 
Röhrenknochen 9. 
Röntgenapparate 13, 226, 280. 
Röntgenbilder, kinematogra- 
phische 27. 

Röntgendiagnostik 331. 

— innerer Krankheiten 52,176. 
Röntgengesellschaft, II Kon¬ 
greß der deutschen 197, 280. 

Röntgenkongreß, I. 3, 139,276. 
Röntgenlaboratoriumsartikel 
73, 226, 363. 

Röntgenleukotoxin 332. 
Röntgenographie 4, 8, 10, 332. 
Röntgenologie 73, 226, 363. 
Röntgenpapier 218. 
Röntgenröhre 39, v. Bauer & Co. 
63, 73, 205, 220, 223, 226, 263, 
280, 284. 

Röntgenstrahlen, Dosierung 26, 

— Sichtbarkeit 144. 
Röntgentechnik 29, 156, 27H, 

279, 283. 

Riickcnmarkserkrankungen 3. 

8 . 

Sal physiologicnm-Poehl 34- 
Sarkome 159, 286. 
Sauerstofl'-Insufflationen 22. 
Sauerstoff-Narkose-Appar. 355. 
Secornin 222. 

Seeklirna 49, 316. 

Sehschärfe 15. 

Sella turcica 15, 16, 28. 
Sequester 8. 

Skelett 7. 

Sklerose, multiple 368. 
Skoliose 8. 

Sonnenlicht 338. 

Spermin 33, 34. 

Spondylitis 8. 

Sulphatquellen 47. 
Suprarenalin 33. 

Synovialis 22. 

Sch. 

Schädel 66. 


Schädelgrube 16. 
Schädelröntgenograiniu 54, 148 
Schiehtstaar 301. 

Schirmbilder 140. 
Schirmuntersuchungen 28. 
Sehließungsinduktion 39. 
Schlitzbinde 214. 

Schutzmasse 64. 

Schutzst.offe 202. 
Schutzvorkehrungen 64, 1?3, 

286, 291. 

Schwefelbäder 55- 
Schwefelseife 357. 

8t. 

Stauung, Bier’sche 129,191, 312, 
313, 340. 

Steine 28, 143. 

Sterol 222. 

Stickstoff 34. 

Stoffe, radioaktive 40, s. auch 
Radioaktivität. 

Stromquellen 39. 

Struma 328. 

T. 

Taeniol 222. 

Tagesgeschichte 57, 193, 341. 
Technik 61, 73, 20.’, 226, 311, 
344, 363. 

Teilungsprinzip 90. 

Telephon, Gesundheitsschädi- 
gungen durch das 163. 
Terminologie,neue im Röntgen¬ 
verfahren 57. 

Testikel-Emulsion von Brown- 
Sequard 32. 

Therapie 31, s. auch Radio¬ 
therapie etc. 

Therapie physikalische 45. 
Thermalbäder 55. 

Thyreoidin 33. 
Tiefenbestrahlung 31. 
Tierheilkunde 142. 

Toxine 33. 

Trachom 52. 

Transpositio viscerum 294. 
Traumasin 222. 

Trochoskop 62. 


Trockenplatten 181, 192. 
Tuberkulose 49, 146, 169, 175, 
176, 180, 323, 324, 332. 
Tumoren 4, 16, 54, 134, 289. 
Türkensattel s. sella tnrcic.i. 
Typus femininus 15. 

U. 

Ulcus roden» 179, 328. 
Ultraviolett - Quecksilberlampe 
189. 

Unfallversicherung u. Röntgen¬ 
schädigung 341. 
Universal-Instrumentarium 315. 
Unterbrecher 39. 
Uranpeehblende 53. 

1 Ureterensteine 142, 179. 
Uvioliampe 189, 305. 

V. 

Valvin 222. 

Verbandartikel 74, 227, 364. 
Verbrennung 31. 
Vcrdauungstraktus 4. 
Vibrationsmassage 340, 352. 
Vichy-Bäder 55. 

W. 

Wachstumsstörungen 8. 
Walterschaltung 39. 
Wärmeapparat „Anodyuon“ 
217. 

Wärmeerscheinungen in der 
Röhre 150. 

Wärmestrahlung 167. 
Wärmetherapie 63, 217. 
Wasserkühlröhre 220. 
Wässerungsvorrichtung 64. 
Wechselstrom 57, 63. 
Wechselstrombad 154. 
Weichteile 22. 

Wiehmannröhre 221. 
Wirbelerkrankungen 3, 308,324 

Z. 

Zahnheilkunde 141, 306. 

Zeit- u. Streitfragen 57,193,341. 
Zentralprojekt.ion 39. 
Zentralstar 307. 
Zwerchfellbewegung 294. 


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Archiv 

für physikalische Medizin u. medizinische Technik 

nebst Beiblatt 

„Fortschritte uod Neuheiten 

der physikalisch-chemischen und photographischen Industrie in ihrer 
Anwendung auf das Gesamtgebiet der praktischen Medizin“ 

herausgegeben von 

Privatdozent Dr. H. Kraft, und Dr. med. B. Wiesner, 

Straßburg i. E. prakt. Arzt in Aschaffenburg. 

Verlag von Otto Nemnich In Leipzig. 

I. Band. Heft I. 


Inhaltsverzeichnis. 

I. Abhandlungen. 

Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1005 erstattet von Dr. 
med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). (Nach eigenem Stenogramm.) I. Allge¬ 
meiner Bericht. (Fortsetzung folgt.) 

Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms. Von Dr. 
L. Brauner, Assistenten des Ambulatoriums. (Aus dem Ambulatorium für Magen- 
und Darmkranke des Wiener k. k. allg. Krankenhauses [Dozent E. Schütz] und dem 
Laboratorium für radiologische Diagnostik und Therapie des k. k. allg. Krankenhauses 
zu Wien [Doz. G. Holzknecht].) 

Ein Köutgcubild der sella turcica bei Basistumor. Von Prof. H. Hildebrand und 
Privatdoc. Dr. 0. Heß. (Aus der Marburger Medizinischen Klinik.) 

Die Heilungsvorgänge beim Pneumothorax im Röntgenbild. Von Prof. H. Hi 1 debrand, 
Marburg. 

Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der Balncologen Österreichs im 
Oktober 1904 in Abbazia. Referiert von Privatdozent Dr. K. U11 man n-Wien. 

Über die Sauerstoiiinsufflation der Gelenke und Weichteile zu radiologisch-diagnostischen 
Zwecken (mit Demonstration von Röntgenbildern). Dr. I. Robinsohn und Dr. R. 
Werndorff (Wien). 

Über den Nutzen des Röntgenbildes für die operative Behandlung des Lungenbrands. Von 
Prof. Dr. Hermann Lenhartz, Direktor des Eppeudorfer Krankenhauses. 

Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. (Vortrag geh. auf dem 
Röntgen-Kongreß zu Berlin 1905.) Von Dr. Levy-Dorn. 

Ziele der Röntgentechnik. Nach einem Vortrag gehalten auf dem Röntgenkongreß in Berlin, 
von Ingenieur Friedrich Dessauer, Aschaffenburg. 

Rationelle Organotherapie. Eine Besprechung nach dem Buche A. von Poehl, Fürst J. von 
Tarchanoff und P. Wachs. Von Dr. P. C. Franze. 

II. Kritik. 

A. Bücher. 

J. Belot, Traite de Radiotherapie. (Ref. Prof. Dr. Solger.) 

F. Dessauer und B. Wiesner, Kompendium der Röntgenographie. (Ref. Dozent Dr. H e ß, 
Marburg.) 

v. Papius, Das Radium. (Ref. G. Ge hl hoff.) 



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Inhaltsverzeichnis. 


B. Abhandlungen und Broschüren. 

B. Walter, Über das Röntgensche Absorptionsgesetz. (Ref. G. Gehlhoff.) 

Dessauer, Beitrüge zur Bestrahlung tiefliegender Prozesse. (Ref. P. Franze.) 

Karzinom des Fingers infolge von Röntgenbestrahlung. (Ref. P. Franze.) 

Beelöre, Sur la Radiotherapie appliquee aux Neoplastncs. (Ref. Trapp.) 

IIL Referate. 

Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der ßalneologen Ostreichs. 
Vortrüge und Diskussionen von Kolisch, Strasser, Pölil, Kutliy, Winternitz, Samuely, Fischer, 
Kolisch, Strasser, Kisch, v. Kostkovicz, Zörkendörfer, Porges, Haudeck, Tripold, Kuthy, 
Fodor, Otter, Frankl. 

Österreichische radiologische Literatur. 

Arbeiten von Jakscli, Goldzieher, Böhm, Schein, Schiff,. Lang, Flescli, Hüdlmoser, Mache, 
Wiek, Gerber, Holzkneclit, Herz, Sehweinbiirg, Fuchs. 

Balneotherapie, elektrische Bäder etc. 

Arbeiten von Bain, Edgecombe, Frankling. 

Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. 

Wcbb. Elektrolytische Heilung von Ocsophagusstriktur. 

Phototherapie. 

Neuere Arbeiten über Lichtbehandlung. 

IV. Tagcsgcschichtc, Zeit- und Streitfragen. 

Die Wechselstromfrage im Röntgenbetrieb. 

Neue Terminologie iin Röntgenverfahren. 

Messungen an Induktorien. 

Preissteigerung des Radiums. 

Dr. Zander Saltsjöbaden; Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden. 

Zur Frage der Heilung der Psoriasis. 

V. Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, Zuschriften, 
Antworten auf Anfragen. 

Aufforderung zur Beteiligung an einer Statistik zur Gewinnung von Unterlagen für Liqui¬ 
dationstarife in Rüntgenlaboratorien. Redaktionelles. 

Anzeigen von Kursen. 

Beiblatt zum Archiv fiir physikal. Medizin und mediz. Technik. 
Fortschritte der Technik. 

A. Allgemeiner technischer Bericht. 

B. Einzelberichte. 

Dr. Adolf Alsbergs Schutzmasse fiir Röntgenbestrahlung. 

Über Scliutzvorkelirungen fiir den Arzt bei Röntgen-Untersuchungen. 

Über eine zweckmäßige Wüsserungsvorrichtung für Platten. 

Über einen Registraturapparat fiir Negative. 

Neue Formen von Orthodiagraplien. 

Über die Gundelach-Dessauer’sche Ideal-Röntgenröhre. (Aus dem Elektrotechnischen Labo¬ 
ratorium Aschaffeuburg). 

Bergkristall zur Fassung von Radium. 

C. Chemisch-pharmazeutische Berichte. 

über „Perugen“, synthetischer Perubalsam. 

Über Kcramiuseife. 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905. 


I. Abhandlungen. 


Bericht 

über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905 

erstattet von Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). 

(Nach eigenem Stenogramm.) 

I. Allgemeiner Bericht. 

Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Eberlein, Berlin, tagte in Berlin eine 
imposante Versammlung, der erste Röntgenkongreß, um nach den Worten 
des Eröffners, „nach Verlauf von 10 Jahren seit der Entdeckung einen kriti¬ 
schen Rückblick über die Erfolge und eine Aussprache über das, was von 
der Ausgestaltung der Röntgenologie noch zu erwarten ist, zu veranstalten.“ 

An der Eröffnungstagung, am 30. April 1905, beteiligten sich Vertreter 
der höchsten Staatsbehörden, Universitäten, medizinischen Korporationen etc. 
Aus dem Ausland waren Vertreter der auf gleichem Gebiet tätigen wissen¬ 
schaftlichen Gesellschaften erschienen. Röntgen war nicht gekommen, was 
jeder, der ihn kennt, erwartet hatte. Die erste wissenschaftliche Sitzung 
war medizinischen Aufgaben gewidmet und nahm ihren Beginn Montag den 
1. Mai 1905, vormittags 9 Uhr. 

Das Verzeichnis der wissenschaftlichen Sitzungen des 
Kongresses enthielt, auf 3 Kongreßtage ä 2 Sitzungen verteilt, 90 Vor¬ 
träge. Von der Fülle des Gebotenen kann sich nur derjenige eine richtige 
Vorstellung machen, der von Anfang bis zu Ende ausharrte. Es würde den 
uns zur Verfügung stehenden Raum um ein vielfaches überschreiten, wollten 
wir an Hand unserer eigenen stenographischen Nachschrift auf alle Einzel¬ 
heiten eingehen. Wir müssen uns starke Beschränkung des Stoffes auf¬ 
erlegen und referieren nur das Wichtigste vom Wichtigen. 

Den Reigen der Vorträge eröffnete Montag den 1. Mai 1905 Geh. 
Medizinalrat Prof. Dr. v. Leyden. Er sprach über: Die Röntgen¬ 
photographie und die Wirbel- und Rückenmarkserkrankungen. 
Schon am 6. Januar 1896 berichtete im Verein für innere Medizin in Berlin 
Dr. Jastrowitz über die neu entdeckten X-Strahlen und würdigte dieselben 
mit weitschauendem Blick in ihrer ganzen Tragweite. Besonders der 
Chirurg war der „beglückte Mann“, ihm erwuchs aus den Strahlen ein 
außerordentlich wichtiger, diagnostischer Faktor. Große Arbeit und 
ganz besonders die Vervollkommnung der Apparate waren notwendig, um 
das neue Agens auch für die innere Medizin heilbringend zu gestalten. 
(Demonstration eines Röntgenogrammes einer Gichthand vom Jahre 1896.) 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April -3. Hai 1905. 


Redner will das Gebiet seines Vortrages über die ganze innere Medizin aus¬ 
dehnen. Er durchgeht systematisch die einzelnen Krankheitsgruppen 
und schildert in beredten Worten den diagnostischen und zum Teil auch in 
Bezug auf die Therapie wichtigen Einfluß der Röntgenuntersuchungen auf 
dieselben. Die Rö n tge n og r aphi e erleichtert uns den Einblick beson¬ 
ders in die Gelenke und gibt uns in günstigen Fällen Fingerzeige für die 
Ätiologie ihrer Erkrankung: Rheumatismus, Gonorrhoe, Arthritis deformans, 
Gicht, Tuberkulose etc. Für die Knochenaffektionen gibt uns das 
Röntgenbild wertvolle Aufschlüsse und entdeckt uns eine Reihe von Krank¬ 
heiten, die zu den Knochenveränderungon in Beziehung stehen. Das große 
Gebiet der Herzkrankheiten und ihre Diagnostik ist in ein ganz anderes 
Milieu gerückt, seitdem wir, wiederum mit Hilfe der Röntgenstrahlen, gelernt 
haben, dem Menschen „direkt ins Herz zu sehen.“ Die Orthoröntgen¬ 
ographie zeigt uns das pulsierende Herz in seiner Lago und Form, und 
leicht können w r ir seine wahre Größe ermitteln. Wir vermögen zu erkennen 
Erkrankungen der Arterien, Erweiterungen der Aorta (Aneurysmen), Ver¬ 
änderungen der peripheren Schlagadern und unter Umständen sogar der 
Venen. Über die Bewegungen des Herzens und dio Funktion seiner 
einzelnen Teile sind wir allerdings noch auf weitere Untersuchungen ange¬ 
wiesen. In der Erkenntnis der Lungenkrankheiton sind wir durch die 
Röntgenaufnahmen wesentlich gefördert worden. Wir sehen, besonders auf 
der photographischen Platte, tuberkulöse Herde schon von ganz mäßiger 
Ausdehnung und erkennen Tumoren der Lunge. Wir sind im stände, die 
Ausdehnung verschiedenartiger Exsudate zu bestimmen, Fremdkörper in 
der Lunge zu diagnostizieren, eine Vergrößerung derselben wahrzunehmen. 
Die Bewegungen dos Zwerchfells und eventuelle Störungen derselben 
werden scharf gezeichnet. Aber auch die Organe des Bauchraumes 
sind für die neuen Strahlen zugänglich gemacht worden. Wir sehen die 
Ausdehnung der Leber und erkennen sogar einzelne Krankheiten derselben^ 
obwohl diese sehr schwierig darzustellen sind. Auch der Nachweis von 
Gallensteinen ist in manchen Fällen mit Sicherheit zu erbringen. 
Nierensteine lassen sich auf der Platte darstellen, ebenso destruktive 
Prozesso und Dislokation der Nieren. Die wunderbaren Strahlen beherrschen 
neuerdings auch das Gebiet des Verdauungstraktus. Anwendung 
besonderer Methoden erlauben uns das Erkennen einzelner Magenkrank¬ 
heiten und Affektionen des Digestionskanales. Größe und Lage¬ 
veränderungen des Magens nehmen wir wahr; Stenosen von Ösophagus 
und Pylorus sind schwierig zu sehen: die einzelnen Gewebe sind zu gleich¬ 
mäßig in ihrer anatomischen Struktur, als daß sie sich differential-diagnostisch 
durch die Röntgenographie bemerkbar machten. Gerne bedient man sich bei 
solchen Magenuntersuchungen der Metall- oder metall-armierten Sonden oder 
einer Aufschwemmung von Wismuth. 

Die Hauptdomäne v. Leyden’s sind die Röntgenuntersuchungen bei 
Erkrankungen der Wirbelsäule und des Rückenmarkes, die in 
Gemeinschaft mit Prof. Grunmach unternommen wurden. Auch auf diesem 
großen und wichtigen Gebiete ist die Röntgendiagnose noch schwierig; wir 
können vorläufig der anderen Hülfsmittel, regionären Diagnose und Lumbal¬ 
punktion beispielsweise, nicht entraten. Der Vortragende gibt eine große 


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Bericht über den ersten Röntgenkonpreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1903. 


0 


Zahl von Röntgenphotographien herum über Erkrankungen und Verletzungen 
der Wirbel (Frakturen, Caries, Tumoren) und des Rückenmarkes und erläutert 
jeden Fall eingehend. Ganz besonders wichtig und wertvoll ist die Röntgen¬ 
diagnose in den Frühstadien einer Krankheit, wo sie Irrtiimer beseitigen, 
diagnostische Zweifel lösen und für die Art der einzuschlagenden Therapie 
wichtige Fingerzeige zu geben vermag. 

Diskussion. Prof. Grün mach schildert eingehend die in Gemein¬ 
schaft mit v. Leyden ausgeführten Wirbelsäulenaufnahmen und ergeht sich 
dann über die Therapie innerer Krankheiten mittelst Röntgenstrahlen, 
v. Leyden sprach in seinem Schlußwort über die therapeutische Wir¬ 
kung der X-Strahlen bei Leukämie und machte noch interessante 
Angaben über die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Zahnheilkunde zu 
diagnostischen Zwecken. 

Der nächste Redner ist Prof. Dr. Grunmach: Über diagnostische 
Erfolge der Röntgenstrahlen bei inneren Leiden. Nicht mehr die 
Chirurgie allein ist es, die, wie zu Beginn der Röntgenära, von der segens¬ 
reichen Entdeckung der Röntgenstrahlen den Hauptanteil derselben für sich 
beansprucht, auch die verschiedenen Disziplinen der inneren Medizin machen 
sich die neuen Strahlen mehr und mehr zu Nutze. Der Vortragende spricht 
in erster Linie über neue, von ihm angegebene Apparate zur Röntgen- 
forschuug: 1. Die neue Grunmach-Röhre und 2. einen Präzisions¬ 
apparat zur genauen Fokus - Einstellung der Vakuumröhre. 
Als notwendige Voraussetzung für gutes Gelingen, Aufnahmen sowohl 
wie Durchleuchtungen und therapeutische Anwendungen, gilt selbstredend 
der Besitz vorzüglicher Apparate im Verein mit genauer Konnt- 
nis der einschlägigen physikalischen Untersuch ungsmethoden. 
Der Vortragende verfügt über ein Induktorium von einem Meter Schlagweite 
in seinem Staatslaboratorium und empfiehlt als zweckmäßig einen Induktor 
von 50—60 cm Funkenlänge, Vakuumröhren mit der nötigen Konstanz und 
Unterbrecher mit großer Unterbrechungszahl. Die vom Sprechenden kon¬ 
struierte neue Röhre (Grunmach-Röhre) besitzt folgende Konstruktions- 
Eigenschaften. Im Inneren der Röhre befindet sich eine kanalförmige 
Bleiglas-Doppelblende, vor der Antikathode gelagert, welche nur ein 
Strahlenbündel von ganz kleinem Durchmesser passieren läßt. Um das von 
vielen Augen unangenehm und störend empfundene grünliche Fluoreszieren 
der natronhaltigen Glaswand der Röhre zu vermeiden, wird bei dem neuen 
Vakuumrohr die Kugel aus Kaliglas angefertigt und fluoresziort nun 
in angenehm bläulicher Farbe; es soll dieselbe auch im Röntgenbild 
schärfere Kontraste auslösen. Das Vakuum ist — wie es eigentlich bei jeder 
Röhre der Fall sein sollte— regenerierbar, außerdem ist noch eine Kühl¬ 
vorrichtung angebracht, welche entweder durch Wasser oder, nach Art 
der Ehrhard-Röhren, mittelst Metallstaubhinterlegung der Antikathode bewerk¬ 
stelligt wird. 

Der fälschlich sogenannte Fokus der Antikathode ist kein mathe¬ 
matischer Punkt. Bei horizontaler Lage des aufzunehmenden Objektes genügt 
zur genauen Fokus-Einstellung ein Lot. Bei anderer als horizontaler Lage¬ 
rung ist dasselbe nicht verwendbar, und für diese Zwecke hat Grunmach einen 
besonderen kompendiösen Präzisionsapparat geschaffen, den er ständig im 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1005. 


Gebrauch hat und dem Kongreß in natura demonstriert. Dieser Präzisions¬ 
apparat zur genauen Fokuseinstellung der Röntgenröhre besteht in 
seiner Hauptsache aus einem schweren Eisengestell mit horizontalem, ver¬ 
schiebbarem Arm, welcher mit verschieblichem Röhrenhalter und der sog. 
Trichterblende versehen ist. An dieser Blende, vor und hinter derselben, 
befinden sich zwei Kreuze aus Bleidraht, welche sich bei genauer Einstellung 
des Fokus auf dem Durchleuchtungsschirm decken müssen. Nach genauer 
Einstellung worden die Kreuze durch Umklappen entfernt, und nach Ein¬ 
schaltung der Blende kann die Röntgenuntersuchung vor sich gehen. Nach 
diesen technischen Erörterungen geht Grumnach über auf die Schilderung 
der Anwendung der Röntgenstrahlen in der inneren Medizin, 
wobei die Röntgenoskopie in ausführlicher Darstellung als den übrigen Unter¬ 
suchungsmethoden zum Teil weit überlegen geschildert wird; sie dient uns 
im besonderen zur Untersuchung der einzelnen Organe und ihrer Funktionen. 
Dor wichtigste Teil bei der Untersuchung innerer Krankheiten ist der Ex¬ 
ploration des Herzens gewidmet. Die absolute Herzdämpfung als Maß 
der wirklichen Herzgröße fällt mit der orthoröntgenographischen 
nicht zusammen, während die Umgrenzung des Herzens mittelst Anwen¬ 
dung der relativen Dämpfung mit der durch die X-Strahlen ermittelten 
wahren Größe schon weit mehr harmoniert. Bei einer Körperlänge des 
untersuchten Individuums von 168—172 cm beträgt nach Grunmachs Erfah¬ 
rungen der längste Herzdurchmesser 13,5 cm und die Größe des Herzens 
104 cm 2 . Der Vortragende hat weiterhin den Einfluß der Kohlensäure¬ 
bäder auf die Verkleinerung des Herzens an Hand orthoröntgenographischer 
Bilder genauer studiert und kommt, obschon die Kohlensäurebäder sich in 
der Praxis besonders bei Herzkranken sehr gut bewährt haben, zu dem Schluß, 
daß dieselben nach seinen Erfahrungen auf die Verkleinerung des 
Herzens keinen Einfluß haben, im Gegensatz zu der altbekannten 
Medikation der Digitalis in Verbindung mit Morphium. Es werden nun die 
Einflüsse einzelner Krankheiten der näheren und ferneren Umgebung des 
Herzens auf das Herz und seine röntgenoskopischen Durchleuchtungsbilder 
einer eingehenden Besprechung unterzogen, ebenso die Erkrankungen der 
übrigen Zirkulations-, der Respirations- und Verdauungsorgane, der peripheren 
Nerven und Gefäße. Er empfiehlt besondere Vorsicht bei Verwendung 
der Kompressionsblende und erwähnt einen Fall von Nierenabszeß, dor 
bei Anwendung der üblichen Kompressionsmethode sicher geplatzt wäre. 

Die an den Vortrag sich anschließende Diskussion wird reichlich be¬ 
nutzt. Cassirer erwähnt eingehender die von ihm in Gemeinschaft mit 
Opponheim ausgestellten Objekte, ausgewählto Röntgenaufnahmen neurolo¬ 
gischen Inhaltes mit besonderer Berücksichtigung der Erkran¬ 
kungen der Knochen und Gelenke imGefolge von Nervenkrank¬ 
heiten. Es fanden sich darunter wahre Kabinettstücke, durch die Selten¬ 
heit der Erkrankung und die vollendete Technik der Ausführung gleicher¬ 
weise ausgezeichnet. Wir erwähnen unter ihnen folgende: Tabische Arthro- 
pathieen mit Spontanfrakturen und Spontanluxationon; abgelaufene Poliomye¬ 
litis ant. ac. (32 J. alter Patient) mit Atrophie des rechten Humerus und 
Schlottern des rechten Schultergelonkes; Poliomyelits ant. ac. luinb. dex. 
mit Atrophie der Knochen der rechten unteren Extremität; Sarkom der 7. 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905. 


linken Rippe mit Übergreifen auf die Wirbelsäule unter dom klinischen Bild 
des endovortebralen Tumors (erfolgreiche Operation); maligner Tumor des 11. 
Dorsalwirbels unter ischiasähnlichen Schmerzen und atrophischer Lähmung dos 
linken Beines; Gliosis lumbosacralis doxtra mit Atrophie des rechten Beines 
und Beteiligung des Knochenapparates: Gliosis spin. cerv. mit atrophischen 
Vorgängen im Knochengewebe an den Phalangen; trophische Störungen an 
den Füßen mit starker Beteiligung des Knochenapparates bei Tabes dors.; 
akromegalischer Schädel mit Vergrößerung resp. Destruktion der Sella turcica; 
Hypophysistumor; Hemiplegia spastica infant. sin. mit Atrophie des linken 
Humerus; Costa spuria sinistra (aus den Nervensymptomen diagnostiziert); 
Nervenlähmungen mit consekutiven oder causalen Knochenveränderungen; 
Erythromelalgie mit atrophischen Knochenprozessen bes. an den Phalangen; 
Bilder über Beteiligung der Knochen bei Sklerodaktylio und Raynaud’scher 
Krankheit etc. 

Gocht-Halle. Die im Inneren einer Röntgenröhre angebrachte 
Blende ist schon zu wiederholten Malen „erfunden“ worden; unabhängig von 
einander haben mehrere Röntgenologen die Erfindung als neu beschrieben. 
Albers-Schönberg (Hamburg) erörtert Prioritätsansprüche über Bleiglas 
enthaltende Blenden. Dessauer-Aschaffenburg findet das Prinzip der 
Grunmach-Röhre bereits in seiner, vor mehreren Jahren ihm patentierten Ideal¬ 
röhre vertreten und nimmt die Priorität für diese Blendenkonstruktion für 
sich in Anspruch. Levy-Dorn hat bereits 1897 einen Patentanspruch für 
Blenden innerhalb und außerhalb der Röhre zurückgewiesen bekommen, weil 
die Erfindung in Amerika schon patentiert war.*) Holzknecht-Wien 
begrüßt ironisch die Anwendung kalihaltigen Glases zur Röhrenfabrikation und 
findet in der dadurch erzeugten bläulichen Fluoreszenz eine Erleichterung 
röntgenologischer Arbeiten. Robinsohn-Wien kritisiert den Einstellungs- 
Präzisionsapparat von Grunmach und gibt seiner eigenen Erfindung den Vor¬ 
zug : Einstellung mit Hülfe einer Glühlampe, die mit der Röhrenantikathode kon¬ 
jugiert angebracht ist. In seinem S chluß wort betont Grunmach besonders 
gegenüber Dessauer, daß zwischen der Idealröhre und seiner Erfindung ein 
fundamentaler Unterschied bestehe, Dessauer verwende seine Blendenröhre 
zwischen Antikathode und Kathode, während bei seiner Röhre die Blende 
vor der Antikathode, in einem Winkel von 45° zu derselben angebracht sei. 

Prof. Hoffa spricht über das Röntgen verfahren und sein. 
Einfluß auf die Entwicklung der Orthopädie. Unstreitig hat die 
Chirurgie im Entwicklungsgang der Röntgenstrahlen den Löwenanteil für 
sich bekommen, und auch heute noch stellt sie das Hauptgebiet für die An¬ 
wendung derselben dar. Aber nicht minder fruchtbringend war die neue 
Entdeckung für die Orthopädie: Die großartige Entwicklung der¬ 
selben in den letzten Jahren steht mit Röntgens genialer Entdeckung in 
engem Zusammenhang. Die erste Aufgabe für den Röntgenologen auf dem 
Gebiet der Orthopädie war die Prüfung des kindlichen Skelettos unter 

*) Im Gegensatz zu Grunmach’s Ansicht, iler vor längerer Expositionszeit als eine 
Minute warnt und so kurz als möglich bei Verwendung kräftiger Induktoren zu exponieren 
ritt., event. zwischen 2 Respirationsphasen, tritt der Sprechende dieser allgemeinen Fassung 
entgegen und betont, daß die Expositiouszeii von ,'lußeren Umständen und besonders auch 
von der Ruhe des Patienten abhänge; wenn mau gute Resultate erhalten wolle, dürfe mau 
dieselbe nicht zu kurz wählen. 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905. 


normalen Verhältnissen. Besonderes Studium erforderten die Frage 
der Epiphysen und der normalen Ossification. (Os trigonum tarsi ist 
kein abgesprengtes Knochenstück.) Da Röntgenbilder kindlicher Individuen 
oft recht schwer zu beurteilen sind, erwächst daraus die Regel, immer beide 
Seiten aufzunehmen und die erhaltenen Resultate miteinander zu vergleichen. 
Manche Wachstumsstörungen beruhen auf Veränderungen der normalen 
Ossification. Bei vielen Mißbildungen ist der angeborene Defekt zu 
erkennen: Klumpfuß, Klumphand, Skoliose, angeborener Hochstand des 
Schulterblattes etc. Letztere Affektion steht nicht immer mit einer Rück¬ 
gratsverkrümmung im Zusammenhang. Als Ursache der Skoliose sind ge¬ 
legentlich überzählige Wirbel aufgefunden worden. Halsrippen können, z. B. 
bei schweren Neuralgien, diagnostische Schwierigkeiten bereiten. 

Besonders bei der B ehan diu ng der Skoliosen finden die Röntgen¬ 
strahlen in der Orthopädie hervorragende Bedeutung: Messung der Skoliosen 
in verschiedenen Intervallen nach einheitlichem Verfahren und Vergleichung 
dieser temporär gewonnenen Resultate mit einander. Besondere Beachtung 
verdient dabei auch die Struktur der Wirbel. Mit Hülfe der Röntgenographie 
können wir die Wirkung und die Brauchbarkeit portativer Skoliosen¬ 
apparate, von Korsetten u. s. w., nicht minder auch von forcierter Extension 
kontrollieren: im Röntgenbild besitzen wir eine wegleitende Handhabe für 
unser diesbezügliches diagnostisches Vorgehen. Nicht minder wichtig sind 
aber die X-Strahlen zur Erkennung tuberkulöser Spondylitiden und 
spondylitischer Abscesse; sie ermöglichen die Frühdiagnose einer 
Spondylitis, noch bevor ein Gibbus entstanden ist; sie sind von außer¬ 
ordentlicher Wichtigkeit für die Differentialdiagnose zwischen Spondy¬ 
litis tuberculosa und Spondylitis traumatica (Kümmel); sie lassen uns die 
Bechterew’sehe Krankheit erkennen: Bildung brückenförmiger Knochen¬ 
spangen zwischen einzelnen Wirbelkörpern. Die Röntgenographie leistet 
uns fernerhin außerordentlich wichtige Dienste bei der Diagnose der 
Krankheiten im Bereiche des knöchernen Beckens und seiner 
Adnexe, unter welchen für den Orthopäden die angeborenen Hü ft gelenk s- 
verrenkungen eine besondere Rolle spielen. Sie können uns die Resul¬ 
tate der eingeschlagenen therapeutischen Maßnahmen deutlich und klar zur 
Darstellung bringen und ermöglichen im gegebenen Fall die Lösung der 
Frage, weshalb im einen oder anderen Fall eine speziell angewandte Methode 
nicht zum Ziel führt. Sie hat uns ein ganz neues Krankheitsbild eigent¬ 
lich erst kennen gelehrt, den Symptomenkomplex der Coxa vara, deren 
hauptsächlichstes Kennzeichen im Verlust des normalen Schenkelhalses be¬ 
steht. Ihre Anwendung gibt uns wichtige Aufschlüsse über chronisch- 
entzündliche Gelenkveränderungen: chronischen Gelenkrheumatis¬ 
mus, Arthritis deformans, Gicht etc.; sie ermöglichtauch die Diagnose tuber¬ 
kulöser Gelenkerkrankungen. Aufhellung der normalen Knochenschatten 
in der Epiphysengegend gibt sie als Kalksalzmangel im Knochengefügo 
zu erkennen; tuberkulöse Herde lassen sich direkt nachweisen, ebenso 
tuberkulöse Sequester bil düngen. Je mehr ein tuberkulöser Prozeß 
seiner Heilung entgegengeht, um so größere Kalksalzablagerungen finden 
statt, ein Prozeß, der mit dem Verschwinden der erwähnten hellen Stellen 
Hand in Hand geht. Auch die Ankylosen werden in den Bereich der 


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Bericht, über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, HO. April —3. Mai 1905. 


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Röntgen-Untersuchungen einbezogen: ein gutes Röntgenogramm gibt uns 
sicheren Aufschluß über ihre knöcherne oder fibröse Struktur. Auch die 
Rhachitis mit ihren manigfaltigen Veränderungen spiegelt sich im Röntgeno¬ 
gramm recht schön wieder; wir erkennen die durch Kalksalzarmut bedingte 
Aufhellung einzelner Knochenpartien, wir sehen dio Veränderungen an 
den Epiphysenlinien, die Verdickung derselben, wir erhalten genauen Auf¬ 
schluß über begleitende Frakturen und Fissuren der Knochen. Mit zunehmen¬ 
der Heilungstendenz der Krankheit werden die Knochenschatten dunkler. 
Beim Genu varum et valgum werden wir durch die Anwendung der 
Röntgenographie und Röntgenoskopie orientiert über den genauen Sitz der 
Verkrümmung, über den Anteil des Ober- und Unterschenkels an der Defor¬ 
mität und erhalten demgemäß für unsere therapeutischen Maßnahmen einen 
guten Wegweiser. In guten Strukturbildern können wir am Lebenden direkt 
nachweisen, daß veränderte statische Belastung im stände ist, die Deformität 
zu veranlassen; wird dieses kausale Moment gehoben, so kann auch ihr Folge¬ 
zustand, eben diese Deformität, zum Verschwunden gebracht werden. Recht 
instruktiv ist sodann die Vorweisung verschiedener Röntgenbilder, dar¬ 
stellend die Entwicklung des Chinesinnenfußes, welche in verschie¬ 
denen Stadien die durch die übliche Bandagierung erzeugte Verkrüppelung 
— Deformität des Fußskelettes — deutlich illustrieren. Mit Worten des 
Dankes an Röntgen für seine so vielseitige, segensreiche Entdeckung 
schließt der Redner seine glänzende oratorische Leistung. 

Bassenge bringt einen kasuistischen Beitrag zur Diagnose 
der Osteomalacie mit Hülfe der Röntgenstrahlen. 1876 wurde 
zum ersten Mal eine seltene Krankheit beschrieben, die Osteomalacia 
hypertrophica deformans. Das Hauptkontingent für dieses Leiden 
liefert das weibliche Geschlecht; zwar werden auch Männer von ihr er¬ 
griffen, aber immerhin doch ungleich viel seltener. In erster Linie ergreift 
sie das Knochensystem, und zwar hauptsächlich die langen Röhren¬ 
knochen; die Beckenknochen sind fast in allen Fällen frei, an den Darm¬ 
beinen finden sich gelegentlich kleine Wucherungen. Der Gang der Krank¬ 
heit gestaltet sich gewöhnlich folgendermaßen. Erst werden die Unter- 
schcnkelknochen befallen, hernach diejenigen der Oberschenkel. Dann steigt 
die Krankheit aufwärts in die Unter- und die Oberarme, ergreift darauf die 
Füße und zuletzt die Hände. Pathologisch- anatomisch ist der Krankheits¬ 
prozeß zu definieren als eine Resorption von Knochengewebe mit 
Knochenneubildung. Aber in diesem neugebildeten Knochen werden 
im Allgemeinen keine Kalksalze abgelagert, er wird weich und nach und 
nach verbogen. Nur bei relativer Heilung pflegen sich mit der Zeit einige 
Kalksalz-haltige Herde zu bilden. Das Knochenmark ist rötlich, es 
verschwindet im Laufe der Krankheit mehr und mehr. Der Verlauf des 
Leidens ist schleichend; Komplikationen mit Tumoren nicht selten, all¬ 
mählichtritt Marasmus hinzu und dauerndes Siechtum. Erkrankung der 
Muskeln kann zum Krankheitsbild hinzutreten, weil diese an den biegsamen 
osteomalacischen Knochen ihren Stützpunkt verloren haben. Sie erhalten 
mehr und mehr eine bandartige Form. Sind auch noch die Interkostalmuskeln 
ergriffen, so geht die Atmung in den abdominalen Typus über. Oft bestehen 
ziehende Schmerzen; das Zentralnervensystem pflegt gewöhnlich frei zu 


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10 


Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


bleiben. Der Vortragende berichtet u. a. über einen einschlägigen Fall von 
Osteoraalacie, bei welchem die Untersuchung mit Röntgenstrahlen zur 
sicheren Diagnose verhalt. Es handelte sich um eine 44jährige Frau ohne 
hereditäre Belastung. 1898 brachte sie eine Totgeburt im 8. Monat zur Welt. 
Einige Monate hernach stellten sich Schmerzen in der Kreuzbeingegend ein, 
die sich im Laufe der Zeit anfallsweise wiederholten, einen rheumatoiden 
Charakter annahmon und in die Beine ausstrahlten. Eine später sich ein¬ 
stellende Uteruserkrankung legte den Verdacht an Osteomalacie nahe, der 
dann durch die Röntgenuntersuchung zur Gewißheit wurde. Die Frau wurde 
nach und nach kleiner und verlor ihre Gehfähigkeit. Der Beginn der Krank¬ 
heit datiert seit der letzten Geburt einer unausgetragenen Frucht, wie es ja 
bekannt ist, daß Osteomalacie oft entsteht bei einer Frau, die ihr Kind 
nicht ausgetragen hat. Die inneren Organe zeigten keine krankhaften 
Veränderungen; im Urin war Eiweiß nachzuweisen. Am auffälligsten war 
die Erkrankung der Extremitäten, welche durch gute Röntgenbilder illustriert 
wurden. Die langen Röhrenknochen, besonders der Unterarme, erwiesen sich 
als verdickt, die distalen Enden dicker als die proximalen, die Knochen¬ 
oberfläche höckerig. Die Beine sind verkrümmt. Auch die Verbindungen 
einzelner Knochen unter einander, die Gelenkgegenden, z. B. am Schlüssel¬ 
bein, wiesen erhebliche Verdickungen auf. Unter Ernährung mit kalk¬ 
haltigen Substanzen ist eine erhebliche Besserung eingetreten. 

Lenhartz*) und Kißling-Hamburg: Über den Nutzen des 
Röntgenbildes für die Lungenchirurgie. Der Vortrag von Prof. 
Lenhartz zeigt auch dem Laien die außerordentliche Wichtigkeit der 
Röntgenograp hie; haben doch mehrere seiner Patienten der Anwendung 
der Röntgenstrahlen zu diagnostischen Zwecken direkt Loben und Ge¬ 
sundheit zu verdanken. Seine Untersuchungen gelten, wie es der Titel 
besagt, speziell der operativen Behandlung von Lungenkrankheiten; eine 
großartige Ausstellung einschlägiger Objekte finden sich vom Hamburger 
Krankenhaus auf der mit dom Kongreß verbundenen Ausstellung. Die Haupt¬ 
ausführungen des Redners betreffenden Lungenbrand oder die Lungen¬ 
gangrän. Die Ante-Röntgen-Ara mußte sich oft mit der leeren Diagnose, wenn 
es überhaupt intra vitam dazu kam, bescheiden; Beobachtung und sympto¬ 
matische Behandlung war in den meisten Fällen alles, was für den armen 
Kranken getan werden konnte. Der Sitz der Krankheit war ziemlich gleichgültig, 
einmal wegen der Mangelhaftigkeit und Schwierigkeit der topischen Dia¬ 
gnose, und sodann wäre ein direkter Eingriff noch vor nicht allzu langer Zeit 
bei der totalen Aussichtslosigkeit des Bemühens verpönt gewesen: es war 
doch nichts zu machen! Erst das Röntgenbild eröffnete einen 
neuen Weg: es zeigt uns die Herddiagnose! Der Vortragende weist 
Röntgenographieon von Lungengangrän von 1901 an vor. 61 Fälle von Lungen¬ 
gangrän hat er operiert, von 42 dieser Fälle sind Röntgenbilder angefertigt 
worden und unter diesen von 27 vor und nach der Operation. Sind wir 
wirklich durch solche Röntgenaufnahmen bei der operativen Behandlung 
dieser schweren Krankheit erheblich gefördert worden? Gewiß; die glänzen¬ 
den Resultate des Vortragenden beweisen das zur Genüge: Die Sterblichkeit 
beträgt im allgemeinen 75°/o; Lenhartz erzielt bei seinen Fällen in 

*) Vortrag folgt in extenso unter den Originalien dieses Heftes. 


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Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms. H 


64°/o Heilungen! Bei der großen Mehrzahl war das Röntgenogramm für 
den Operateur eine unschätzbare Förderung, besonders in der Beantwortung 
der Frage nach dem Sitz des Leidens und der Art des operativen 
Vorgehens; waren doch einzelne Fälle dabei, bei denen der Herd erst nach 
15—20 cm tiefem Eindringen gefunden wurde; ja, in einem Fall war er sogar 
22 cm von der Thoraxoberfläche entfernt. Wenn wir uns vor Augen halten, 
daß besonders bei dem akuten Lungenbrand nicht immer die klassischen Er¬ 
scheinungen der Auskultation und Perkussion im Syniptomenbild vertreten 
sind, gelegentlich nur eine leichte Schallabschwächung neben einigen Rassel¬ 
geräuschen zu hören und das ominöse Sputum noch nicht eingetreten ist,, 
werden wir den Wert der Röntgenographie zu schätzen wissen und gerade 
diese Fälle, die nur mittelst des Röntgenbildes nachzuweisen sind, erfordern 
rasches Handeln. Bei 10 Fällen des Redners war dieselbe ein absolut 
wesentlicher Faktor, in 8 derselben wäre auch die genaueste physika¬ 
lische Untersuchung ohne Benutzung der Röntgenstrahlen nicht im Stande 
gewesen, eine genaue Herddiagnose zu stellen. Schon dieses Moment 
größerer Sicherheit erleichtert die schwere Operation ungemein; allerdings 
ist der Fall nicht ausgeschlossen, daß das Röntgenbild auch zu einer Fehl¬ 
diagnose Veranlassung geben kann! Die weiteren Betrachtungen gelten 
den Fremdkörpern der Lunge, Kavernen etc. Kißling führte am Projektions¬ 
apparat die einschlägigen Bilder vor. Ganz besondere Beachtung wurde 
einem Fall dargebracht, an dem verschiedene Stadien mehrmaliger 
Operationen und die endliche glückliche Heilung zur bildlichen Dar¬ 
stellung gelangten. An der Diskussion beteiligten sich die Herren Orun- 
mach, Weinberger und Levy-Dorn. 

Inzwischen ist von Geheimrat Röntgen in München auf das ihm 
am 30. IV. gesandte Huldigungstelegramm eine Antwort eingetroffen, die so 
rocht die Bescheidenheit des großen Gelehrten zeigt. Es hatte folgenden 
Wortlaut: Für den mir vom Ausschuß des Kongresses im Auftrag 
der versammelten Teilnehmer gesandten Gruß danke ich ver¬ 
bindlichst. Ich bitte, die Versicherung entgegennehmen zu 
wollen, daß ich von Bewunderung und Freude erfüllt bin 
über das, was die Arbeiten Anderer, von denen so viele auf 
dem Kongreß jetzt vereinigt sind, aus der Entdeckung der 
X-Strahlcn gemacht haben. Röntgen. (Fortsetzung folgt.) 


Aus dem Ambulatorium für Magen- und Darmkranke des Wiener k. k. allg. Krankenhauses (Dozent E. Schütz) 
und dem Laboratorium für radlologlsche Diagnostik und Therapie des k k. allg. Krankenhauses zu Wien 

(Dozent G. Holzknecht). 

Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose 

des Magenkarzinoms. 

Von Dr. L. Brauner, Assistent des Ambulatoriums. 

In der Wiener klinischen Rundschau*) haben Herr Dozent 
Ilolzknocht und ich eine Methode der systematischen radiologischen Unter¬ 
suchung des Magens mitgeteilt und an einer Reihe von Fällen die Verwend- 

*) 1905, Heft 16-23. 


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12 Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms. 


barkeit und die Ergebnisse dieser Methode gezeigt. Eine ausführliche 
diesbezügliche Publikation brachte das 1. Heft der Mitteilungen aus dem 
Laboratorium für radiologische Diagnostik und Therapie des k. k. allgemeinen 
Krankenhauses zu Wien.*) Ich möchte speziell auf diese letztere Arbeit ver¬ 
wiesen haben, bevor ich daran gehe, hier an einem Fall von Karzinom des 
Pylorus**) zu zeigen, was die radiologische Methode in diagnostischer Hinsicht 
zu leisten vermag. 

Am 9. Juni d. J. erscheint der 37jährige Weichenwärter T. H. im 
obigen Ambulatorium und gibt an, daß er — früher stets gesund — seit 
ungefähr 2 Wochen beständig einen Druck in der Magengrube, bei der Arbeit 
daselbst leichtes Stechen verspüre. Der Appetit soll anhaltend gut sein, die 
Nahrungsaufnahme (er hat eine gemischte, grobe Kost gegessen) soll keine 
Beschwerden im Gefolge haben. Der Stuhl ist andauernd regelmäßig. In der 
letzten Zeit will Patient abgemagert sein und viel schlechter als früher aussehen. 

Die Untersuchung des Patienten ergibt folgenden Befund: fahle Ge¬ 
sichtsfarbe, mittel guter Ernährungszustand. Zwei Finger unterhalb des 
Proc. xyphoideus findet man einen quergestellten, vom rechten bis fort zum 
linken Rippenbogen verlaufenden, walzenförmigen, kleinfingerdicken, wenig 
druckschmerzhaften Tumor, welcher keine respiratorische Verschieblichkeit 
zeigt. Nach Verabreichung der Brausemischung ist der Tumor kaum etwas 
weiter rechts und unten zu palpieren. Der Magen läßt sich auch jetzt per¬ 
kutorisch nicht eindeutig abgrenzen, da das in toto kugelig vorgetriebene 
Abdomen überall laut tympanitischen Perkussionsschall gibt. Der übrige 
Organbefund bietet nichts Abnormes, speziell sei angeführt, daß im Harn 
sowohl Eiweiß als auch Zucker fehlen. 

Eine Stunde nach dem Probefrühstück (ca. 400 cm 3 Tee und 1 Kaiser¬ 
semmel) enthält der Magen nur wenige Kubikzentimeter gallig gefärbten In¬ 
halt, der alkalisch reagiert. Die sofort angeschlossene Ausspülung fördert nur 
einige Semmelbröckel zu Tage; auch das Spülwasser ist stark gallig gefärbt. 

Am 14. Juni macht der Patient betreffs seines subjektiven Befindens 
die gleichen Angaben wie am 9. Bei der Expression 1 Stunde nach Probe¬ 
frühstück erhält man diesmal ca. 20 cm 3 Inhalt, der aus einigen Semmel- 
krümmeln und einer wasserklaren Flüssigkeit besteht, keinen Schleim ent¬ 
hält und alkalisch reagiert. Mikroskopischer Befund ohne Besonderheit. 

Am 15. Juni vormittags wird von Herrn Dozenten Holzknecht und 
mir die radiologischo Untersuchung vorgenommen. Der Patient ist nüchtern 
und erhält zunächst 15 gr Bismuth. subnitr. in 50 cm 3 Wasser aufgeschwemmt 
(zur Korrektur der obslipierenden Wirkung des ersteren wird noch 1 Eßlöffel 
Milchzucker zugesetzt); da diese Wismutmenge in dem vorliegenden Fall 
nicht ausreichend zu sein scheint, erhält Patient sofort nochmals die gleiche 
Portion und trinkt hierauf noch eine mit 5 gr Acid. tartar. und 7 gr. Natr. 
bicarb. bereitete Brausemischung. Die Durchleuchtung wird im Stehen vor¬ 
genommen, während der Patient an der (im technischen Teil der zitierten 
Publikationen abgebildeten) Durchleuchtungswand lehnt. Man sieht nun 
(vergl. die nebenstehende Figur), daß es sich um einen vertikal gestellten 

*) S.„Fischer, Jena. 

**) Über die Röntgeu-Untersuchung eines Falles von Pyloruskarzinom bei gleich¬ 
zeitig bestellender Ektasie berichten Holzknecht und Jonas iin gleichen Heft zitierter 
Mitteilungen. 


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Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms. 13 


Magen handelt, dessen tiefster Punkt in Nabelhöho liegt. Die linke Zwerch¬ 
fellhälfte steht etwas höher als die rechte. Unmittelbar unter ihr befindet 
sich eine mächtige Gasansammlung; sie enthält die Kohlensäure, welche sich 
nach Einnahme der Brausemischung entwickelte. Die Gasblase wird nach 



Dorsoventrale Durchleuchtung im Stehen nach Verabreichung von 30 gr 
Bisin. subnitr. und einer Brausemischung. Gezeichnet sind: die Mittellinie 
mit dem Nabel, die untersten Lungenpartien und die Herzkonturen. Vertikal 
gestellter Magen; iin keplialen Teil desselben eine mächtige Gasansammlung, 
im Korpusteil Flüssigkeit (etwas Wismut-haltig); im kaudalen Teil liegt die 
dunkle Wismutmasse, welche einen schmalen Streifen nach rechts hin über 
die Mittellinie schickt. Oberhalb dieses Streifens ist der Tumor palpabel 
(schraffierte Partie). An der linken Seite des Magens liegt gashaltiges Kolon. 

unten zu von einem Flüssigkeilsniveau begrenzt, welches bei Erschütterung 
des Körpers deutliche Wellen zeigt. An die Gasblase schließt sich ein von 
ihr scharf, von dem übrigen Abdomen sich nur wenig abhebendes Band an, 
das noch eine geringe Menge Wismut enthaltende Wasser der Aufschwemmung 
und der Brausemischung. Das Wismut ist bereits fast vollständig zu Boden 
gefallen und hat sich in der tiefsten Partie des Magens, dem kandalen Teil, 
angesammelt und erzeugt hier einen dichten Schatten. Es bildet die Form 
eines Halbmondes, der sich nach rechts hin bis über die Mittellinie als schmaler, 
keilförmiger Streifen fortgesetzt und nach pyloruswärts gerichteter Effleurage 
des kandalen Teiles des Magens noch deutlicher wird. Knapp oberhalb dieses 
Wismutstreifens palpieren wir den bereits früher beschriebenen länglichen 
Tumor. Links neben dem Magen verläuft das infolge seines Gasgehaltes 
deutlich sichtbare und durch die charakteristischen Haustra vom Dünndarm 
sicher zu unterscheidende Kolon. 


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14 Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms. 


Übt man im Bereiche des sichtbaren Wismutniederschlages mittels 
der Fingerspitzen einen senkrecht auf die Körperoberfläche gerichteten Druck 
aus, so wird die dicke Wismutmasse beträchtlich nach oben gedrängt, während 
ihr streifenförmiger Fortsatz eine ganz unbedeutende Dislokation in diesem 
Sinne erfährt. Sehr auffallend ist in unserem Falle das Verhalten der Peri¬ 
staltik im Bereiche des kaudalen Teiles und der Parspylorika. Während 
sonst die peristaltischen Wellen immer tiefer werden, jo mehr sie sich dem 
Pylorus nähern, sehen wir hier mäßig tiefe peristaltische Einschnürungen 
nur im Bereiche der großen Kurvatur, soweit sie die den kandalen Teil er¬ 
füllende große Wismutansammlung begrenzt, während in der Parspy¬ 
lorika (hier markiert durch den Wismutstreifen) jede Peristaltik fehlt. 

Zur Erklärung des geschilderten radiologischen Befundes sei Folgendes 
angeführt: während sonst der kandale Teil des Magens wesentlich breiter ist 
und der Wismutniederschlag in demselben einen liegenden Halbmond, respektive 
eine Sichel bildet, ist in unserem Fall die rechte Hälfte nicht so mächtig 
ausgebildet wie die linke und läuft in einen zapfenförmigen Fortsatz aus. 
Es ist also in der rechten Hälfte des kandalen Teiles nicht genügend Platz 
für eine ungehinderte Ausbreitung des Wismuts vorhanden. Dieses Verhalten 
läßt nach unseren in den obigen Arbeiten belegten Erfahrungen auf eine 
raumbeongende Bildung in der Parspylorika schließen. Das Fehlen 
der Peristaltik im Bereiche der Parspylorika berechtigt zur Annahme, daß 
hier infolge von starrer Infiltration oder von flächenhaften Fixationen der 
Magenwand an die Umgebung eine Peristaltik unmöglich ist. 

Auf Grund dieses radiologischen Befundes stellten wir unter Berück¬ 
sichtigung der Ergebnisse der internen Untersuchung die Diagnose: Neo¬ 
plasma malignum pylori. 

Die weitere internistische Beobachtung und Untersuchung stützton 
diese Diagnose immer mehr. 

Am 21. Juni ergibt die Expression 1 Stunde nach Probefrühstück 
400 cm 3 (!) Inhalt von neutraler Reaktion; derselbe ist stark blutig tingiert. 
Mikroskopische und chemische Blutproben positiv. Am 24. wird der Patient 
nüchtern exprimiert. Man erhält einige Kubikzentimeter Blut mit Schleim 
gemengt. Bei der mikroskopischen Untersuchung findet man massenhaft 
fadenförmige Bazillen, welche zum teil vielfach verschlungene Massen bilden. 

Am 1. Juli wird der Kranke auf der Klinik des Herrn Hofrat v. 
Eiseisberg operiert (Operateur Herr Assistent Dr. Leischner), nachdem 
man wenige Tage vorher im ausgeheberten Probefrühstück Milchsäure nach¬ 
gewiesen hatte. Wie ich dem uns von Herrn Assistenten Dr. Hab er er zur 
Verfügung gestellten Operationsprotokoll entnehme, ließ sich am Pylorus ein 
talergroßer, harter Tumor konstatieren, der mit den Bauchdecken fest ver¬ 
wachsen war. 

Es sei noch kurz erwähnt, daß auch die Karzinome im Bereiche der 
kleinen Kurvatur und der Kardia sowie die zur Sanduhrform des Magens 
führenden Krebse — sanduhrförmige Magen findet man, wie die von Herrn 
Dozent Holzknecht und mir durchgeführten radiologischen Untersuchungen 
ergeben haben, viel häufiger als man mittels der bisherigen Untersuchungs¬ 
methoden feststellte — der radiologischen Untersuchung sehr zugänglich sind, 


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Ein Röntgenbild der sella turcica bei Basistumor. 


15 


wie in unserer wiederholt zitierten letzten Arbeit an einer Reihe von Bei¬ 
spielen gezeigt wird. 

Herrn Dozenten Schütz bin ich für die Überlassung dieses Falles für 
dio Publikation zu vielem Dank verpflichtet; Herrn Dozenten Holzknecht 
danke ich verbindlichst für die Erlaubnis, über die radiologische Untersuchung 
hier berichten zu dürfen. 


Aus der Marburger Medizinischen Klinik. 

Ein Röntgenbild der sella turcica bei Basistumor. 

Von Prof. H. Hildebrand und Privatdoc. Dr. 0. Heß. 

(Hierzu Tafel i, 1 und 2.) 

Figur 1 stellt das Röntgendiapositiv eines normalen Schädels bei fron¬ 
taler Aufnahme dar und soll zum Vergleiche mit dem Diapositiv in Figur 2 
dienen, welches die klinisch vermutete und später durch die Sektion be¬ 
stätigte Diagnose eines Tumors der Hypophysengegond bereits intra 
vitam sicherstellte. 

Der interessante Fall wurde in hiesiger Augenklinik beobachtet und 
wird von dort aus (Privatdoc. Dr. Bartels) eingehend publiziert werden; 
wir beschränken uns daher auf einige uns freundlichst zur Verfügung ge¬ 
stellte klinische Daten: 

G. K., Schneider, bei seinem Tode am 11. 3. 05 21 Jahre alt, bemerkte 
zuerst im Jahre 1901 (seinem 16. Lebensjahre) eine Abnahme des Sehver¬ 
mögens; im Sommer 1903 traten cerebrale Symptome (Schwindel, Erbrechen, 


p.d. 



Kopfschmerz) auf; im September desselben Jahres fand sich bei der 1. Auf¬ 
nahme in die Augenklinik eine beträchtliche Herabsetzung der Seh¬ 
schärfe, rechts mehr als links infolge beiderseitiger Atrophia nervi optici 
post neuritidem; das Sehvermögen besserte sich wieder, um Anfang Januar 


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16 


Ein Röntgenbild der sella turcica bei Basistuinor. 


1905 gleichzeitig mit dem Auftreten einer starken Prominenz der Pnpillo, 
Verengerung der Arterien und Erweiterung der Venen der Netzhaut rapid 
zu sinken und Mitte Februar völlig zu erlöschen. — Neben diosem ophthal- 
mologischen Befunde ergab die klinische Beobachtung eine eigentümliche 
an „typus fomininus“ erinnernde Hemmung in der körperlichen Ent¬ 
wicklung, die schon im 14. Lebensjahre begonnen haben soll (Fettsucht, 
weibliche Brüste, breites Becken, kümmerliche Genitalien, Fehlen der Körper¬ 
behaarung, hoho Stimme). 

Dieser geschilderte Symptomonkomplex (Kopfschmerz, periodisch schwan¬ 
kende Sehstörungen — Borger — die eigentümlichen trophischen Störungen, 
insbesondere die Fettsucht) mußten, wie Fröhlich zuerst nachwies, den 
Verdacht auf Hypophysentumor oder wenigstens einen die Gehirnsubstanz 
komprimierenden Tumor in der Gegend der Hypophyse (Erd heim) wach¬ 
rufen. — Eine Sicherung der Diagnose brachte, wie eingangs erwähnt, die 
in der medizinischen Klinik vorgenommene Röntgenuntersuchung. 

Die Betrachtung der abgebildeten Diapositive und der beiden Skizzen, 
welche die auf den Diapositiven deutlich sichtbaren Conturen der Schädel¬ 
basis gesondert zur Anschauung bringen, ergibt leicht folgendes: 

Man erkennt an dem normalen Schädel (1) (von vorn nach hinten) das 
Orbitaldach (0. d.) und das planum sphenoidale (pl. sph.), welche sich am 
limbus sphenoidalis (1. sph.) vereinigen, sodann die sclla turcica mit Sattel¬ 
lehne (L), darunter den Keilbeinkörper (K) und unter diesem den tiefen 
Schatten des Bodens der mittleren Schädelgrube (B. d. in. Sch. g.), weiter 
nach hinten den Clivus (CI) und die Felsenbeinpyramide (Py). — Auch an 
dem pathologischen Schädel (2) sind diese Einzelheiten erkennbar; jedoch 
springt ohne weiteres die Erweiterung und Vertiefung des Türken¬ 
sattels ins Auge: Die Sattellehne erscheint verkleinert, unscharf, nach 
hinten gerückt; der Boden des Sattels liegt dem tiefon Schatten des Bodens 
der mittleren Schädelgrube (Schüller’s basaler Schattenstufe, s. Schüller’s 
Arbeit S. 7.) bedeutend näher wie bei dem normalen Schädel 1. 

Dieser Befund (Erweiterung des Zugangs zum Satiel und Vertiefung 
des Sattelbodens) sprach mit größter Wahrscheinlichkeit für einen Tumor, 
der durch Usur die genannte Knochendefor m ität bewirkt hat. 

Am 23. 2. 05 wurde zur Besserung der Hirndruckerscheinungen eine 
Craniotomie in der rechten Schläfengegend vorgenommen; der exitus erfolgte 
nach schnellem Kräfteverfall plötzlich am 11. 3. 05. 

Die Sektion ergab einen walnußgroßen das Chiasma komprimierenden 
Tumor in der Gegend des Infundibulum (ohne Vergrößerung der 
Hypophyse) mit Ausbuchtung des Sattels und starker Abflachung 
der Sattellehne; dieser anatomische Befund ist mit dem Röntgenbefund 
in guten Einklang zu bringen. 

Es liegen bereits eine Anzahl von Publikationen über radiologisch 
konstatierte Veränderungen der sella turcica, teils bei Tumor, teils bei Akro¬ 
megalie vor (Oppenheim-Cassirer, Launois et Roy, Böclöre, 
S chüller-Fuchs, Josefson, Alb er s-Schönberg, Grunmach-Eulen- 
burg, Hudovernig u. Petzy-Popovits, Erdhe im-Schüller etc.) 

Schüller gibt eine eingehende Darstellung der normalen Schädelbasis 
im Röntgenbilde mit guten Abbildungen; Erdheim beschreibt des genaueren 


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Tafel I. 










Die Heilungsvorgänge beim Pneumothorax im Röntgenbild. 


17 


die Veränderungen der Sella bei verschiedenem Sitze des Tumors: 1. Ver¬ 
tiefung der Sella bei Tumor der Hypophyse, 2. Erweiterung des Sellazugangs 
bei Infundibulartumor (ein Befund, der nach Schüller allerdings auch bei 
allgemeinen Hirndruckerscheinungen Vorkommen soll), 3. Vertiefung der 
Sella mit gleichzeitiger Erweiterung des Zugangs (1+2) bei Sellatumoren, 
welche gegen die Hirnbasis emporwuchern. 

Dieser 3. Kategorie würde unser Tumor entsprechen; unser Bild ähnelt 
durchaus den Abbildungen des 3. und 4. Falles von Erdheim auf Seite 
176 und 177 seiner Publikation, sowie der Abbildung bei Fuchs. 

Literatur. 

1. Oppenheim-Cassirer, Neurol. Centralbl. 1899, S. 1113; s. ferner Oppenheims 
Lehrbuch IV. Aull. S. 917; auf dem Röntgenkongreß in Berlin (30. 4. — 3. 5. 05) hat kürzlich 
Cassirer einen Bericht über die neueren Beobachtungen Oppenheims gegeben. 

2. A. Fröhlich, Ein Fall von Tumor der Hvpophysis cerebri ohne Akromegalie. 
Wien. klin. Rundschau 1901, 47 u. 48. 

3. A. Fuchs, Zur Frühdiagnose der Hypophysistumoren. Wien. klin. Wochenschr. 
1903, S. 151. 

4. A. Borger, Ein Fall von Tumor der Hypophyseugegend mit Obduktionsbefund. 
Zeitschr. f. klin. Medizin, Bd. 54, 1904, S. 448. 

5. A. Sc hül ler, Die Schädelbasis im Röntgenbilde. Fortschr. auf d. Gebiete der 
Röntgenstr. Ergänz. Bd. 11, 1905. 

6. J. Erdheim, Über Hypophysenganggeschwülste und Hirncholesteatomc. Siuber. 
d. Kaiserl. Akad. der Wissensch. in Wien. Math.-naturw. Klasse Bd. 113, 111, Dez. 1904. 

Die übrigen Literaturangaben finden sich in den Arbeiten 3-6. 


Die Heilungsvorgänge beim Pneumothorax im Röntgenbild. 

Von Prof. H. Hildebrand, Marburg. 

(Hierzu Tafel I 3 und 4.) 

Die Arbeit C ursch man ns in den Physikalisch-Medizinischen Monats¬ 
heften Jahrgang 1, Heft 5 „Zur Radiologie der Heilungsvorgänge beim un¬ 
komplizierten Pneumothorax“ gibt mir Veranlassung, über einen ganz ähn¬ 
lichen Fall zu berichten, welchen ich früher während meiner Tätigkeit am 
Eppendorfer Krankenhaus zu beobachten Gelegenheit hatte. Herr Oberarzt 
Rumpel, auf dessen Abteilung der Kranke lag, hat mir die Krankengeschichte 
in freundlicher Weise zur Verfügung gestellt. 

Bei der Beschreibung kann ich mich sehr kurz fassen, da selbst in 
Einzelnheiten eine große Ähnlichkeit mit dem von Curschmann geschilderten 
Fall besteht. 

Es handelte sich um einen jungen Menschen von 22 Jahren, welcher 
das Krankenhaus hauptsächlich wegen neurasthenischer Beschwerden auf¬ 
suchte. Nach Angabe hatte er früher „an Onanie gelitten 1 ', als Folge 
davon traten noch häufig Pollutionen auf, und dadurch fühlte sich Patient 
körperlich matt. 

Seit 6 Tagen hatten sich Schmerzen auf der rechten Brust eingestellt, 
es bestand leichtes Beklemmungsgefühl und etwas Herzklopfen. Das Treppen¬ 
steigen fiel ihm schwer. Husten und Auswurf bestand nur in geringem 

Archiv f. phyaik. Medizin oto. 2 


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18 


Die HeilungsYorgiinge beim Pneumothorax im Riintgenbild. 


Maße. Frost oder Hitzegefühl waren zu Beginn der Erkrankung nicht vor¬ 
handen gewesen. Auch war nach den Angaben des Patienten der Beginn 
überhaupt kein plötzlicher und schwerer gewesen. 

Schon im Jahre vorher hatte er einen ähnlichen Zustand mit denselben 
Schmerzen und Beschwerden durchgemacht, der nach Verlauf von einiger 
Zeit wieder geschwunden war. 

Sonst hatte Patient sich bisher nicht krank gefühlt; als Kind hatte 
er Masern durchgemacht, später Rheumatismus im rechten Bein; schwerere 
Krankheiten waren aber nicht dagewesen; insbesondere wurde nichts von 
länger dauerndem Husten etc. berichtet. 

Status praesens. 

Der Patient ist von mittelgroßer Statur, sein Ernährungszustand gut; 
es besteht ein etwas abgespannter nervöser Gesichtsausdruck. 

Der Thorax ist im ganzen gut gewölbt; bei der Atmung bleibt die 
rechte Seite eine Spur gegen die linke zurück. 

Die Herzgrenzen sind nach links verschoben; der Spitzenstoß liegt 
außerhalb der Brustwarzenlinie im 4. J. c. R.; Herztöne rein. 

Lungengrenzen: hinten rechts 12. Brustwirbel, nicht verschieblich, 
hinten links 9. Brustwirbel, wenig verschieblich; vorn rechts 7. Interkostal¬ 
raum, nicht verschieblich. 

Über der ganzen rechten Lunge, vorn und hinten, war der Perkussions¬ 
schall heller, fast tympanitisch. Eine Dämpfung bestand nirgends. Keinerlei 
Zeichen eines Exsudates, Probepunktion negativ. 

Das Atmungsgeräusch über der ganzen rechten Lunge sehr auffallend 
leise und abgeschwächt, im allgemeinen von vesiculärem Charakter, rechts 
hinten unten beim Exspirum ein amphorischer Beiklang. 

Neben dem Sternum am Ansatz der dritten Rippe rechts an umschriebener 
Stelle bronchiales Atmungsgeräusch. 

Der untere Leberrand überragt den Rippenbogen um 2 Querfinger; 
sonst am Abdomen nichts Besonderes. 

Auch die übrige Untersuchung, besonders des Nervensystems, ergab 
nichts Auffallendes. 

Die Diagnose war keineswegs leicht zu stellen. Zwar wiesen eine 
Reihe von Symptomen auf einen Pneumothorax hin; doch fehlten die klassi¬ 
schen Zeichen, auch sprach der ganze Krankheitsverlauf dagegen: Kein 
plötzlicher Beginn der Erkrankung, keine schwere Allgemeinerscheinungen 
im Anfang, nur verhältnismäßig geringe Beschwerden im weiteren Verlauf, 
bestehend in leichter Beklemmung auf der Brust und etwas Schmerzen in 
der rechten Seite. Dazu guter Ernährungszustand und anamnestisch kein 
Anhalt für das Vorhandensein einer latenten Tuberkulose. 

Immerhin wurde die Wahrscheinlichkeitsdiagnose „Pneumothorax“ 
gestellt und zur Sicherung derselben das Röntgenverfahren herangezogen. 

Abbildung 1 zeigt die erste Aufnahme, welche von dem Patienten 
gemacht wurde. Ein Blick auf das Bild genügt, um die Diagnose Pneu- 
mathorax mit Sicherheit zu stellen. 

Es fällt zunächst die Verlagerung des Herzens nach links auf, welche 
so weit geht, daß das Herz völlig in die linke Thoraxhälfte gedrängt und 
rechts neben der Wirbelsäule nichts mehr von ihm zu sehen ist. 


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Die Heilungsvorgängc beim Pneumothorax im Röntgenbild. 


19 


Das Zwerchfell steht rechts außerordentlich tief, am Ansatz der 12. Rippe. 

Der ganze über dem Zwerchfell rechts gelegene Raum ist abnorm hell 
und völlig leer. Die Rippen sind sehr deutlich, eine Lungenzeichnung fehlt, 
und es erhellt daraus, daß der Raum mit Luft angefüllt ist. 

Neben der Wirbelsäule liegt ein dichter Schatten, in welchem man 
eine unregelmäßige Zeichnung erkenuon kann und welcher sich mit scharfem 
Rand gegen den übrigen leeren Brustraum absetzt. Der Schatten erstreckt 
sich von der 2. bis zur 10. Rippe. Sein Rand bildet einen im Allgemeinen 
nach außen konvexen, aber nicht ganz regelmäßigen Bogen. Offenbar handelt 
es sich um die nach der Wirbelsäule und dem Hilus hin zusammengedrängte 
Lunge. Im oberen Teil verläuft der Rand des Lungenschattens parallel, aber 
etwas entfernt vom inneren Rand der Scapula, und so entsteht im Bild ein langer 
heller Streifen, welcher sich als Fortsetzung des großen über dem Zwerchfell 
gelegenen abnorm hellen Raumes nach oben bis zur 2. Rippe hinzieht. 

Die Rippen der rechten Seite stehen mehr horizontal als links, die 
Zwischenrippenräume rechts sind deutlich weiter. — 

Im weiteren Verlauf der Erkrankung wurde Patient noch öfter mit 
Röntgenstrahlen untersucht und eine Reihe Aufnahmen von ihm gemacht. 
Wir waren so in der Lage, die Heilung, die allmähliche Entfaltung der 
Lungen, direkt zu beobachten. Der an der Wirbelsäule gelegene Schatten 
wurde immer größer und weniger dicht, in ihm trat deutlich die Zeichnung 
der Gefäße und Bronchen auf, schließlich füllte der Schatten wieder die 
ganze rechte Thoraxseite aus, und es waren normale Verhältnisse zurück¬ 
gekehrt. 

Abbildung 2 zeigt die vorgeschrittene Entfaltung der Lunge nach 
Verlauf einiger Wochen. Der Lungenschatten füllt jetzt schon mehr als die 
Hälfte des Brustraumes aus. Der Rand ist gleichmäßiger geworden und bildet 
einen regelmäßigen nach außen konvexen Bogen. 

Der Schatten des Lungenrandes fällt jetzt über den inneren Rand der 
Scapula hinaus, Lungenschatten und Schatten der Scapula fallen zum Teil 
aufeinander, und infolgedessen erhalten wir hier im Gegensatz zum ersten 
Bild einen langen dunklen Streifen, welcher bis hinauf zur 3. Rippe zieht. 

Die Verzweigung der Gefäße und Bronchien im Lungenschatten ist 
sehr deutlich geworden; dabei fällt auf, daß der Lungenschatten selbst noch 
ungleichmäßig in der Dichtigkeit ist. Besonders im untern Teil ist der Schatten 
dichter als in der Mitte; offenbar ist die Entfaltung der Lunge keine ganz 
gleichmäßige und ist oben schon etwas weiter vorgeschritten als unten. 

* Da der Druck im Brustraum nachgelassen hat, so ist auch das Zwerch¬ 
fell höher gestiegen, es steht mit dem oberen Rand in der Höhe der 10. 
Rippe. Das Herz dagegen hat seine Lage noch nicht verändert und ist noch 
völlig in die linke Seite der Brust verlagert. 

Mit zunehmender Resorption der Luft dehnte sich die Lunge im 
weitern Verlauf immer mehr aus, wie wir durch spätere Aufnahmen nach- 
weisen konnten. Schließlich hatte sie sich völlig entfaltet und das Röntgen¬ 
bild zeigte keine Abweichung mehr von der Norm. 

Ganz glatt ging jedoch die Heilung nicht von statten, sondern ehe es 
zu dem erwähnten Schlußresultat kam, ereignete sich noch ein interessanter 
Zwischenfall. 

2 * 


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20 


Die Heilungsvorgilnge beim Pneumothorax im Röntgenbild. 


Patient war, nocli ehe es zu einer völligen Wiederanlegung der Lunge 
gekommen war, auf seinen Wunsch nach Hause entlassen worden, da er sich 
subjektiv ganz wohl fühlte. 

Schon nach 8 Tagen stellto er sich aber wieder ein mit genau den 
gleichen Beschwerden wio hei der ersten Aufnahme. Die physikalische und 
radiologische Untersuchung ergaben den gleichen Befund wie damals: cs 
hatto sich also ein neuer Pneumothorax ausgebildet und die Lunge war wieder 
am Hilus und der Wirbelsäule völlig zusammengedrängt. 

Wir konnten nun den ganzen Verlauf der Entfaltung der Lunge 
noch einmal im Röntgenbild beobachten. Diesmal blieb der Patient bis zur 
völligen Heilung, und am Schluß der Behandlung hatte sich die Lunge völlig 
angelegt, wio durch klinische Untersuchung und durch Röntgenaufnahme 
konstatiert werden konnte. 

Ich verzichte auf Wiedergabe der letzten Aufnahme, da das Bild sich 
in nichts von einer gewöhnlichen Brustaufnahme unterscheidet. 

Klinisch war in unserem Fall besonders interessant, daß die Be¬ 
schwerden des Patienten in gar keinem Verhältnis zu der Schwere der 
Affektion standen. Trotzdem die ganze rechte Lunge anfangs völlig aus¬ 
geschaltet war, bestand keine erhebliche Atemnot, kein schwerer Allgemein¬ 
zustand. Die Beschwerden waren so gering, daß Patient von vornherein 
mehr den Eindruck eines neurasthenischen Menschen machte und man durch 
seine Angaben nicht mit Bestimmtheit auf die Lungen als den Sitz der Er¬ 
krankung hingewiesen wurde. 

Eigenartig ist der Fall ferner insofern, als kein pleuritischer Erguß 
vorhanden war und auch von einer sonstigen frischen Affektion der Pleura 
nicht das geringste nachgewiesen werden konnte. 

Perkutorisch ließ sich keine Dämpfung finden; verschiedene Probe¬ 
punktionen förderten nichts zu Tage; nirgends hörte man Reiben; auch das 
Röntgenbild gab keinen Anhalt für die Annahme einer Pleuritis. 

Nur der Umstand, daß die Lunge nicht nur in der Gegend des Hilus 
zusammengedrängt war, sondern daß sich der Rand der geschrumpften Lunge 
bis zur 2. Rippe hinauf deutlich erkennen ließ und ungleichmäßig gestaltet 
war, machte es wahrscheinlich, daß die Lunge in ihrem oberen Teil an der 
Wand fixiert war, daß hier also pleuritische Adhäsionen vorhanden waren. 

Curschmann weist auf die große Seltenheit des Fehlens einer frischen 
Pleuritis bei Pneumothorax hin und erwähnt, daß nur ganz wenige Fälle 
dieser Art bisher bekannt seien. 

Das Verhalten der Lunge, die Adhäsion an der Spitze weist uns auch 
auf die Entstehungsursache des Pneumothorax hin, welche mit großer Wahr¬ 
scheinlichkeit in einem oberflächlichen tuberkulösen Herd besteht. 

Jeder andere Grund für die Entstehung eines Pneumothorax fohlt 
vollständig; es ist deshalb an sich schon sehr wahrscheinlich, daß hier wie 
auch sonst bei spontanem Pneumothorax ein perforierter tuberkulöser Herd 
Gelegenheit zum Luftaustritt in den Pleuraraum gegeben hat; zur Gewißheit 
wird die Annahme durch den Nachweis der pleuritischen Verwachsung an 
der Spitze, welche das Vorhandensein alter entzündlicher Vorgänge an dieser 
Stelle beweist. 

Merkwürdig bleibt immerhin, daß sich keino weiteren entzündlichen 


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Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der Balneologen etc. 


21 


Prozesse an der Pleura entwickelt haben, und ferner, daß nachher, als die 
Luft des Pneumothorax resorbiert war und die Lunge sich entfaltet hatte, 
nicht die geringsien Zeichen einer Lungenerkrankung gefunden werden 
konnten. Denn auch das abnorme Atmungsgeräusch über dem Sternum in 
der flöhe der 2. Rippe schwand später völlig und war offenbar nur durch 
die Kompression der Lunge hervorgerufen. 

Die Ähnlichkeit unseres Falles mit dem Curschmanns ist in die Augen 
springend. 

Auch dort fanden sich keine Spuren eines Exsudats; als Zeichen einer 
Pleuritis nur Schwartenbildung an der Oberfläche der noch freien Lungen. 

In beiden Fällen bestanden auffallend geringe subjektive Beschwerden 
trotz der Schwere der Affektion; in unserm Falle nicht einmal ein schwerer 
Allgemeinzustand im Beginn der Erkrankung. 

Endlich hier wie dort glatte Heilung nach verhältnismäßig kurzer Zeit. 

Die Heilungsdauer betrug in unserm Fall im Ganzen 3 Monate, wobei 
zu berücksichtigen ist, daß der ganze Vorgang der Ausdehnung und Wieder¬ 
anlegung der Lunge sich 2 Mal abspielte. Die Zeit von der 2. Aufnahme bis 
zur völligen Heilung betrug 6 Wochen, also um wenig mehr als im Falle 
Curschmanns. 


Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der 
Balneologen Österreichs im Oktober 1904 in Abbazia. 

Referiert, von Privatdozent Dr. K. Ullmann-Wien. 


Der iiußcre Verlauf des letztjährigen 
badeärztlichon Kongresses in Abbazia ge¬ 
staltete sich, wie nach dem reichhaltigen und 
anregenden Programm auch von vornherein 
zu erwarten, in jeder Beziehung überaus 
glänzend. Günstige Herbstwitterung an den 
schönsten Punkten der Adriaküste, eine über¬ 
aus liebenswürdige und gastfreundliche Auf¬ 
nahme der Teilnehmer in den verschiedenen 
Kurorten, eine höchst animiert verlaufende 
Küstenreise auf dem Dampfer Pannonia der 
Seefahrtsgcsellschaft Hungar-Croata und last 
not least, ein reich besetztes und gut beschicktes 
wissenschaftliches Programm mit ca. beiläufig 
40 Vorträgen und Demonstrationen, verbun¬ 
den mit einer sachlichen Ausstellung, ließen 
die zahlreichen Teilnehmer die Mühen der 
Reise an die südlichen Küsten des Reiches 
gewiß nicht verdrießen. Gegen 300 Teil¬ 
nehmer, darunter etwa ’/s Nioht-Östcrreicher 
und zahlreiche Damen, hatten sich meist mittelst 
Separateilzugs ab Wien am 13. Abends in 
Abbazia eingefunden, von wo ab sie nahezu 
durch 8 Tage Gäste Abbazias und der ver¬ 
schiedenen Kurorte blieben und auch in Bezug 
auf Quartier und Beköstigung allüberall 


bestens aufgehoben waren. Unter Führung 
des Referenten Ullmann, der als General¬ 
sekretär des Kongresses sein Möglichstes tat, 
das Programm recht vergnüglich und lehrreich 
zu gestalten und das sich hierbei glücklicher¬ 
weise des ausgedehntesten Entgegenkommens 
der Behörden, Kurortvertretungen von Abbazia, 
Cirkveniza, Lussin piccolo, Poia, Sant Pelagio- 
Rovigno, Brioni, Grado und Triest, sowie 
der beteiligten Verkehrsinstitute (Südbahn, 
Hungaro-croata-Lagunendampfergesellschaft 
in Grado etc. etc.) und aller übrigen hierbei 
beteiligten Faktoren erfreute, kann der Ver¬ 
lauf der gesamten Veranstaltung als ein durch¬ 
weg gelungener bezeichnet werden. In 100 
Tischreden und bei vielen Gelegenheiten, 
immer wurde es betont, wie außerordentlich 
lohnend und originell gerade der diesmalige 
Kongreß und die sich anschliefscndc Kurort¬ 
reise sich gestaltet habe. Die Kurorte Abbazia, 
Brioni und Grado — sie taten ihr Möglichstes 
durch die Herzlichkeit u. Reichhaltigkeit der 
Art ihrer Bewillkommnung. Die Besucher 
werden die schönen dort verlebten Tage ge¬ 
wiß nicht sobald vergessen haben. Dem 
Präsidenten und Einführenden des Kongresses 


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22 


Über die Sauerstoflinsufflation der Gelenke und Weichteile etc. 


Prof. Dr. Julius Glax sei auch hierorts vom 
Referenten für seine wackere Mitwirkung 
des Ganzen schöner Dank gesagt. 

Der Verlauf des Kongresses in Abbazia 
selbst gewann ganz besonders durch den 
Umstand, daß sich dieser herrliche Kurort 
nicht umsonst die Perle Adrias genannt, am 
Schlüsse einer bewegten Saison befindlich, 
vollständig dem Kongresse selbst widmen 
konnte. Die zahlreich erschienenen Gäste 
ließen es sich übrigens angelegen sein, nicht 
nur den sich oft und reichlich darbietenden 
Tafelfreuden und Vergnügungen, sondern auch 
der Besichtigung der neu errichteten Kur¬ 
anlagen des Ortes zu widmen. 

In feierlicher Weise und im Beisein 
vieler Landes- und Ortsbehörden eröffnet, 


hatten die Teilnehmer Gelegenheit zu|erfahren, 
wie sehr denVerwaltungen der österreichischen 
Kurorten die Assanierung und Hygienisierung 
am Herzen liegt, und wie eifrig sie betrieben 
wird. In der ersten Sitzung wurde den 
Manen der drei im letzten Jahre verstorbenen 
Balneologen Prof. Josef Seegen, Badearzt in 
Karlsbad, Prof. Konrad Blaar, Klimatologe 
und Kurarzt in Gleichenberg und Peter 
Detweiler, Kurarzt in Falkenstein am Taunus 
ehrende und ihre Verdienste würdigende 
Nekrologe dargebracht, welcher Aufgabe sich 
die Herren Dozenten R. Kolisch (Karlsbad), 
Prof. Glax und Hofrath Winternitz unter¬ 
zogen hatten. 

(Wiss Bericht siehe unter Reforaten.) 


Über die Sauerstoffinsufflation der Gelenke und Weichteile zu 
radiologisch-diagnostischen Zwecken 
(mit Demonstration von Röntgenbiidern). 

Von Dr. I. Robinsohn und Dr. R. Werndorff (Wien). *) 

Im Rahmen einer kurzen Demonstration wollen wir über eine von 
uns in den Instituten des Herrn Doz. Holzknecht u. Herrn Prof. Lorenz 
ausgearbeitete radiologisch-chirurgische Untersuchungsmethode j berichten, 
welche es ermöglicht, im Röntgenbild sonst nicht sichtbare Weichteilgebilde 
(Knorpel, Bänder, Synovialis) deutlich zur Darstellung zu bringen. 

Die Methode beruht auf dem Prinzip der Interposition eines spezifisch 
leichteren Mediums zwischen zwei spezifisch gleich schwere, sich daher 
radiologisch nicht differenzierende Gewebsarten. Wir injizieren zu diesem 
Behufe Sauerstoff in Gelenke, Schleirnbeutel, Sehnenscheiden, Bindege- 
websinterstitien etc., wodurch bewirkt wird, daß die sich sonst berührenden 
Weichteilgebilde von einander abgehoben werden und deren Schatten im 
Röntgenbild, die sonst unmittelbar in einander konfluieren, sich von der 
Schattenaussparung des Gases ebenso abheben, wie etwa im Thoraxradio¬ 
gramm der Schatten des Herzens auf dem hellen Grunde des Lungenfeldes. 

Betrachten wir ein auf diese Weise gewonnenes Radiogramm z. B. 
eines Kniegelenkes, so finden wir die Kapsel in der von Injektionspräparaten 
her bekannten Weise aufgebläht, ihre einzelnen Abschnitte erkennen lassend; 
wir sehen den eigentlichen Gelenksraum durch eine deutliche Falte von dem 
oberen Recessus getrennt, wir sehen die hintere Ausbuchtung der Kapsel 
entsprechend den Kondylen, können überhaupt die Ansatzstellen der Kapsel 
im Röntgenbild genau verfolgen; ferner erkennen wir die Knorpelüberzüge 
als Begleitschatten der knöchernen Gelenkskonstituentien, endlich die Menisci, 
die Lig. cruciata, Lig. alaria und andere morphologische Details. 


*) Ausgearbeitet nach einem Vortrag am Berliner Röntgenkongreß über das 
gleiche Thema. 


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Über die Sauerstoffiasufflation der Gelenke und Weichteile etc. 


23 


An den anderen Gelenken sind analoge Bilder zu erzielen, natürlich 
für die Diagnostik weniger ergiebig, als beim Kniegelenk, welches unter 
allen Gelenken den morphologisch am höchsten differenzierten Kapsel¬ 
apparat besitzt. 

Diese Methode setzt uns in den Stand, pathologische Vorgänge an 
den Gelenken, die man radiologisch bisher meist nur dann nachweisen konnte, 
wenn sie zu sekundären Veränderungen (Atrophie, arthritische Deformie- 
i'ungen) an den knöchernen Gelenkskonstituentien geführt hatten, direkt und 
primär an den Veränderungen der Gelenks weichteile zu studieren. 

Bei der chronis.chen Arthritis können wir nunmehr auch radio¬ 
logisch jene drei Typen unterscheiden, die uns die pathologische Anatomie 
lehrt. Wir finden radiologisch-klinisch: a) Formen mit serösem Erguß ohne 
Veränderungen an den Gelenkweichteilen und Knochen, b) Formen mit 
Wucherungen oder Auflagerungen an der Synovialis mit oder ohne Betei¬ 
ligung des Knorpels und knöchernen Skeletes, c) Formen mit schwerer 
fibromatöser Entartung der Kapsel, die zu teilweiser Obliteration des Gelenk¬ 
raumes führt, ohne daß selbst bei jahrelangem Bestehen am Knorpel- und 
Knochenskelet radiologisch Veränderungen nachweisbar wären; letztere 
Formen sind es besonders, welche sich bisher dem radiologischen Nachweis 
vollständig entzogen haben. 

Ebenso gelang es uns in einem Falle, durch die Insufflation das Be¬ 
stehen eines Lipoma arborescens nachzuweisen. 

Die Wichtigkeit der Insufflationsmethode für die Frühdiagnose der 
tuberkulösen Gelenksprozesse geht hervor aus der Gegenüberstellung von 
Bildern einiger Fälle von Tuberkulose der knöchernen Gelenkskonstituentien 
bei intaktem Kapselapparat einerseits, schweren Veränderungen der Gelenks¬ 
weichteile (beginnende Obliteration der Kapsel, Usurierung und Abhebung 
des Knorpels etc.) bei intaktem Gelenk andererseits. 

In Bezug auf die Technik sei auf unsere demnächst erscheinende 
ausführliche Publikation besonders verwiesen, und zwar aus dem Grunde, 
weil von deren Ausführung die Zulässigkeit der Ausübung des Verfahrens 
am Lebenden abhängt. 

Das Einführen der Injektionsnadel in die einzelnen Gelenke geschieht 
nach allgemein chirurgischen Grundsätzen (Asepsis, Wahl der Einstichstelle, 
Direktion der Nadel). Häufig wird der Insufflation die Punktion eines be¬ 
stehenden Ergusses vorausgeschickt. Die bekannte Schwierigkeit der Ent- 
rierung des Hüftgelenkes konnten wir überwinden, indem wir diese Operation 
unter Leitung des Auges während der Röntgendurchleuchtung (am Trochos- 
kop) Vornahmen. 

An die Ausführung der Insufflationsmethode am Lebenden konnten 
wir umso eher herantreten, als die Tierexperimente Gärtners und die Er¬ 
fahrungen von Klinikern am Menschen die vollständige Ungefährlichkeit 
selbst der direkten Injektion von Sauerstoff in die Blutbahn ergeben haben. 
Doch müssen dabei bestimmte von Gärtner u. a. festgestellte Kautelen streng 
eingehalten werden: 1. Verwendung chemisch reinsten Sauerstoffes, 2. Ein¬ 
haltung empirisch gefundener nicht zu überschreitender, oberster Grenzweite 
für die Einströmungsgeschwindigkeit und Spannung des Gases (volumetrisch 
und manometrisch zu kontrollieren). 


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24 


Uber den Nutzen des Röntgenbildes f. d. operat. Behandl. d. Lungenbrands. 


Wie wichtig die Einhaltung dieser Kautelen ist, beweist der traurige 
Ausgang (Luftembolie) eines von anderer Seite gegen unsere Einsprache 
unternommenen Versuches, statt Sauerstoff unter den oben genannten Be¬ 
dingungen, Luft in nicht kontrollierter Menge und unter nicht kontrolliertem, 
jedenfalls zu hohem Drucke in ein Gelenk zu injizieren. 


Über den Nutzen des Röntgenbildes für die operative 
Behandlung des Lungenbrands.*) 

Von Prof. Dr. Herma an Len hart z, Direktor des Eppendorfer Krankenhauses. 

Im Nachfolgenden möchte ich in kurzen Zügen Ihnen den Nutzen 
schildern, den wir für die Diagnose und Behandlung des Lungen¬ 
brands durch das Röntgenverfahren erzielt haben. Selbstverständlich kann 
es sich dabei im wesentlichen nur darum handeln, den Sitz eines Brand¬ 
herdes in der Lunge möglichst genau festzustellen. Diese feinere Herd¬ 
diagnose ist aber umso notwendiger, seit man die mit Lungenbrand behafteten 
Kranken nicht mehr konservativ behandelt, sondern den Krankheitsherd, wo 
die Chancen es nur irgend zulassen, operativ anzugreifen bestrebt ist. Früher 
konnte man sich meist mit der Angabe begnügen, daß in diesem oder jenem 
Lungenlappen mit Wahrscheinlichkeit der Brandherd seinen Sitz habe, und in 
der erdrückenden Mehrzahl der Fälle wurde die exakte Herddiagnose erst 
auf dem Sektionstisch gemacht. Seitdem die operative Behandlung einge¬ 
führt ist, ist die Stellung dieser Diagnose so scharf wie nur irgend möglich 
schon vor dem Eingriff geboten, und in dieser Beziehung erscheint uns der 
Nutzen des Röntgenhildes von größtem Wert, denn es leuchtet ein, daß man 
um so sicherer den immerhin bedeutungsvollen Eingriff ausführen kann, je 
klarer der Weg vorgezeichnet ist, auf dem man am kürzesten zu dem Herd 
gelangen kann. 

Ich möchte hier einschalten, daß die Mortalitätsziffer bei den von uns 
operierten 61 Fällen von Lungengangrän rund 34 °/ 0 beträgt, 
während die Sterbeziffer nach der Statistik der drei großen städtischen Ber¬ 
liner Hospitäler, aus denen genaue Zahlen über die Lungengangrän vor¬ 
liegen, rund 57 % beträgt und nicht selten über 70 °/ 0 gestiegen ist. Die 
Gegenüberstellung dieser Zahlen lehrt ohne weiteres, daß die operative 
Behandlung der Lungen gangränkranken einen großen Fort¬ 
schritt bedeutet. 

Seit etwa 4 Jahren haben wir in größerem Umfange das Röntgen- 
verfahren für die Herddiagnose bei Lungenbrand herangezogen, und ich be¬ 
sitze von 42 Fällen Röntgenbilder, und zwar von 27 Fällen solche vor und 
nach der Operation, während von 7 Fällen nur nach der Operation und von 
8 (verstorbenen) Bilder vorliegen, die vor der Operation gewonnen sind. 

Es fragt sich, in welcher Beziehung durch das Röntgenbild ein Nutzen 
für die Erkennung des Krankheitsherdes geboten ist. Hier läßt sich fol¬ 
gendes sagen: 


*) Nach einem auf dem Röntgenkongresse gehaltenen Vortrage. 


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Uber den Nutzen des Röntgenbildes f. d. operat. Behandl. d. Lungenbrands. 


25 


Man sieht fast in allen Fällen von Lungengangrän an der Erkrankungs¬ 
stelle einen mehr oder weniger großen und dichten Schatten. Derselbe ist 
hervorgerufen durch die pneumonische Infiltration, die bei den akuten Fällen 
in der überwiegenden Mehrzahl vorhanden ist und den Brandherd umgibt. 
Jo ausgedehnter und dichter diese pneumonische Infiltration ist, um so stärker 
erscheint der Schatten. Selbstverständlich ist man doshalb aber noch nicht 
in der Lage, auf die Größe des eigentlichen Brandherdes einen Schluß zu 
ziehen, denn es kann auch ein kleiner Herd von einer verhältnismäßig dicken 
pneumonischen Schicht umgeben bezw. in einem größeren hepatisierten 
Lungenabschnitt nur ein kleiner Gangränherd vorhanden sein. 

Weiterhin kann eine Höhlo abgestoßene Ge websfetzen und eino 
größre Menge Flüssigkeit (Jauche) enthalten, die dichte Schatten hervorrufen. 
Auch Fremdkörper, die eine Gangrän verursachen und unterhalten, können 
selbst bei ziemlich dichter akuter oder chronischer Infiltration, die daneben 
vorhanden ist, im Röntgenbild zur Wahrnehmung kommen. Daß man eine 
Höhle als wirklichen lufthaltigen Raum inmitten eines dichten Schattens 
wahrnehmen kann, ist selten, aber unzweifelhaft zu beobachten. 

In den Bildern, die ich Ihnen gleich zur Illustration der Verhältnisse 
durch meinen Assistenten Herrn Dr. Kissling mit dem Projektionsapparat 
vorführen lassen werde, können Sie die eben angeführten Verhältnisse klar 
erkennen. Sie werden sich aber auch gleich sagen können, daß man bei 
einem ausgedehnten Schatten nicht ohne weiteres erkennen kann, in welchem 
Teile des Lappens nun der eigentliche Brandherd gelegen ist. Andererseits 
ist es verständlich, daß man unter Umständen auch dadurch einem Irrtum an¬ 
heimfallen kann, daß man die oberhalb des Schattens durchleuchtete Zone für 
gesund hält, während in Wirklichkeit eine größere durchleuchtete Höhlo be¬ 
steht, deren Boden von infiltriertem Gewebe gebildet ist, das im Röntgen¬ 
bild einen Schatten hervorruft. So ist es mir in der Tat in einem Falle er¬ 
gangen, bei dem die Gangränhöhle die äußerste Spitze der linken Lungo 
oinnahm, während die durch den Schatten angegebene und durch die physi- 
kalischo Untersuchung erkennbare Infiltration nach abwärts reichte. Hier 
hatte ich den Brandherd in dem infiltrierten Gewebe gesucht. Es ist also 
geboten, auch das Röntgenbild der sorgfältigsten Kritik zu unter¬ 
ziehen und es nur zudeuten bei peinlichster Berücksichtigung 
und Abwägung aller sonstigen durch die bisherige physi¬ 
kalische Untersuchungsmethode gewonnenen Befunde. 

Zeigen diese Bemerkungen, daß das Röntgenbild nicht ohne weiteres 
uns in allen Fällen von Lungenbrand ein untrüglicher Ratgeber gewesen ist, 
so worden Sie sich insbesondere an den Bildern des Falles, wo ich nach 
einander vier Brandhöhlen eröffnet habe, sofort von dem großen Wert des 
Röntgenbildes für die Sitzbestimmung des Brandherdes überzeugen können. 
Ich kann mit Bestimmtheit aussprechen, daß wir in etwa 10 Fällen von 
Lungenbrand erst durch das Röntgenbild einen völlig klaren Einblick über 
den Sitz des Herdes gewonnen haben und daß ich nicht den Mut zu einem 
operativen Eingriff gehabt haben würde, wenn nicht der Röntgenstrahl mir 
den Weg vorgezeichnet hätte, der zu gehen war. 

Außer dem schon berührten Fall mit 4 Höhlen mache ich namentlich 
auf einen Fall aufmerksam, bei dem der Krankheitsherd lateralwärts unter 


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26 


Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahleu. 


der Schulterpartie verdeckt und durch die gewöhnliche physikalische Unter¬ 
suchung nicht zu ermitteln war. Sie werden auch in diesem Falle -Ats "Dia¬ 
positiv sehen. 

Wie wertvoll es für den Operateur “«ein Trann, wenn er durch das 
Röntgenbild in seinem Vorgehen ^sleh leiten läßt, dürfte auch durch die Tat¬ 
sache -WlencRtet werden, daß man nicht selten genötigt ist, 16 bis 20 cm mit 
dem Paquelin in die Lunge einzudringen und Schichten von normalem oder 
verdichtetem Lungengewebe zu durchtrennen, die 10 cm und mehr betragen. 
Endlich sei hervorgehoben, daß es außerordentlich wichtig ist, durch das 
Röntgenbild eine Kontrolle über den Grad der erzielten Heilung 
zu üben. In dieser Beziehung werden die gleich vorzuführenden Bilder 
besser als alle Worte zu Ihnen reden. Ich zweifle nicht daran, daß Sie bei 
der Betrachtung der Bilder die Überzeugung gewinnen werden, daß das 
Röntgenbild auch auf diesem Gebiete einen großen Nutzen gewährt und wir 
allen Grund haben, dem Entdecker der Strahlen auch von unserm Standpunkt 
aus innigst zu danken. 


Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen*). 

Von I)r. Levy-Dorn, Berlin. 

Vorausgesetzt sei, daß ich mich nicht ganz streng an dem Wortlaut 
des Themas hielt, weil ich neben Kritischem und Kasuistischem auch einiges 
Neue bringen wollte. 

1. Dosierung der Röntgenstrahlen. 

Bisher sucht man in der Regel neben dem Härtegrad nur die Inten¬ 
sität der Röntgenstrahlen zu bestimmen, welche eine lokale Wirkung her¬ 
vorruft, und dies genügt auch, sobald nichts anderes in Betracht kommt, als 
eben diese lokale Wirkung. Eine Anzahl Beobachtungen spricht aber dafür, 
daß die X-Strahlen auch krankhafte Allgemeinerscheinungen, wie Zunahme 
der Körpertemperatur, der Stickstoff - Ausscheidung hervorrufen können. 
Unter anderem ist auch nicht entschieden, ob der günstige Einfluß bei Leu¬ 
kämie zum Teil wenigstens auf die Bestrahlung des kreisenden Blutes 
zurückgeführt werden muß. Wir müssen daher neben der Intensität der 
Röntgenstrahlen in höherem Grade als bisher die Größe der von ihnen ge¬ 
troffenen Hautstellen berücksichtigen. Denn um ein Beispiel zu geben, muß 
es für den Allgemein-Zustand des Körpers auf dasselbe herauskommen, ob 
wir auf einen qcm Haut Strahlen mit der Intensität a fallen lassen oder ob 
auf 2 qcm Haut die Intensität */* “ wirkt. Das Maß der in den Körper 
eindringenden Strahlen gleicht dem Produkt aus bestrahlter 
Fläche und Strahlenintensität. Hierbei muß näher untersucht werden, 
welche Intensitäten überhaupt noch irgend welche Wirkungen hervorrufen 
(Wirkungsschwelle). 

Auch die Dicke der durchstrahlten Teile müßte eigentlich für 
die Dosierung berücksichtigt werden, denn je dicker ein Körper, desto mehr 


*) Nacli einem im Berliner Kongreß gehaltenen Vortrage. 


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Aus meinen Erfahrungen Tmf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. 


27 


Strahlen resorbiert er. Doch spielt dieser Faktor wenigstens beim Menschen 
nicht dieselbe Rolle, wie die Größe der bestrahlten Fläche. 

Einige praktische Gesichtspunkte, die aus unserer Darlegung ent¬ 
springen, seien kurz gezeichnet. Wenige intensive Röntgenstrahlen, -welche 
den ungeschützten Untersucher Tag aus Tag ein, über den ganzen Körper 
treffen, können schließlich im Laufe der Zeit üble Allgemeinerscheinungen 
hervorrufen, ohne daß es zu einer Dermatitis zu kommen braucht. Denn 
wir wissen bereits, daß sich einzelne Teile des Organismus, wie die Geno- 
rations-, die Lyraph-Organe besonders leicht empfindlich gegen die Röntgen¬ 
strahlen verhalten, und wir müssen bei dem Schutz unseres Körpers die 
Möglichkeit noch anderer Schädigungen im Auge behalten. 

Wer Untersuchungen über die Allgemeinerscheinungen, welche die 
Röntgenstrahlen hervorrufen können, anstellt, muß genaue Angaben über 
den Umfang der bestrahlten Flächen machen, denn ganz intensive Bestrah¬ 
lung eines kleinen Hautgebietes muß eine geringere Allgemeinwirkung 
haben, als eine geringere Bestrahlung einer verhältnismäßig großen Haut¬ 
fläche, vorausgesetzt, daß die „Wirkungsschwelle“ innegehalten wird. 

In der Therapie tut man in geeigneten Fällen besser daran, eine 
große Hautflächo verhältnismäßig wenig stark zu bestrahlen, als in umge¬ 
kehrter Weise zu verfahren. 

2. Kinematographische Röntgenbilder. 

Eine Reihe Ergebnisse läßt sich mit Hilfe des Röntgenverfahrens nur 
erzielen, wenn man verschiedene Röntgenprojektionen desselben Gegen¬ 
standes in richtiger Weise mit einander verknüpft. Ich verweise in erster 
Linie auf die Methoden, den Ort von Fremdkörpern, die Lage von Knochen¬ 
teilen zu einander u. dergl. zu bestimmen. Im Jahre 1897 habe ich in der 
Berl. physiolog. Gesellschaft und bald darauf auf dem Chirurgenkongreß 
die Verknüpfung zweier unter verschiedenem Gesichtswinkel aufgenommenen 
Bilder zu einem Stereoskopbild gezeigt — eine Demonstration, die zur Zeit 
auf recht fruchtbaren Boden fiel. — Es ist mir nunmehr auch gelungen, von 
einigen beweglichen Körperteilen die in verschiedenen Phasen der Be¬ 
wegung aufgenommenen Röntgenbilder so anzuordnen und vorzuführen, daß 
ein deutlicher kinematographischer Effekt entsteht. 

Das Wesen des Verfahrens besteht darin, daß Röntgenbilder in mög¬ 
lichst geringem Phasen-Unterschied aufgenommen werden und daß die 
gewonnenen Bilder später auf dio für die gewöhnliche kinematographischo 
Projektion gebräuchlichen Filmstreifen in verkleinertem Maßstabe photo¬ 
graphisch übertragen werden. Letztere Übertragung hatte in dankenswerter 
Weise die Firma „Meßter’s Projektion“ übernommen. 

Die Röntgenbilder müssen aus großer Entfernung aufgenommen 
werden, um die Bewegung möglichst rein ohne projektive Verschiebung zur 
Darstellung zu bringen. 

Da Moment-Aufnahmen bei dem jetzigen Stande der Technik in der 
Regel nicht in Betracht kommen, so können fast nur Bewegungen radio- 
graphiert werden, deren einzelne Phasen längere Zeit willkürlich oder künst¬ 
lich innegehalten werden können. 


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28 


Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. 


Das Objekt muß natürlich wie bei der Stereoskopie so gelagert sein, 
daß der Platten-Wochsel zu Stande gebracht werden kann, ohne daß es des¬ 
wegen seine Lage zu ändern braucht. 

Vorgeführt wurden die ulnare und radiale Beugung im Handgelenk, 
die Supination und Pronation des Radius, die Beugung des Kniees. Der 
Wert der kinematographischen Röntgenbilder ist nicht allein ein wissen¬ 
schaftlicher, sondern auch ein didaktischer. Bisher vermochten wir die Be¬ 
wegungen nur auf dem Fluorescenzschirm zu studieren, der aber den Nach- 
teil^hat, weniger Datails zu geben, als die photographische Platte. Außer¬ 
dem verlangt die Beobachtung auf dem Schirm jedesmal die Anwesenheit 
des Objektes, und es können zugleich nur wenige das Schirmbild sehen. 
Das Sehen selbst erfordert Übung und ist nicht ohne Gefahr. Alle genannten 
Übelstände fehlen der kinematographischen Projektion. Sie empfiehlt sich 
daher besonders zum Studium der feineren Details der Bewegung und zur 
Vorführung schwer erfaßbarer oder oft übersehener Knochen-Stellungen 
vor Schülern, wie z. B. der Bewegung der Patella, der Überkreuzung der 
Ulna durch den Radius bei der Pronation, resp. Supination. 

Auch die projektiven Verschiebungen in Folge von Bewegen des 
Röntgenrohrs lassen sich leicht kinematographisch darstellen. 


3. Kasuistische Belege für den Wert der Schirm - U nt e rsu chu n g. 

Eine Zwerchfelladhäsion, die nur bei tiefer Inspiration deutlich in Er¬ 
scheinung trat (Demonstration des Radiogramms). 

Ein Geschoß, das nach den gewöhnlichen Aufnahmen in zwei aufein¬ 
ander senkrechten Durchmessern innerhalb der Schädelhöhle dicht hei dem 
Schädeldach lag, ließ sich während der Schirmuntersuchung durch gewisse 
Stellungen des Röntgenrobres aus der Schädolhöhle herausprojizieren. Das 
Geschoß lag also außerhalb. Die eigentümlichen Knochendeckungen der 
Radiogramme lassen sich leicht aus den verschieden großen sagittalen Durch¬ 
messern des Schädels erklären. 


4. Verschiedene Demonstrationen. 

1) Kopf mit am Occiputt liegender Platte röntgenographiert, 
der außerordentlich viele gute Details zeigt; unter anderem den 
vorderen Rand des Os frontale, die Augenhöhlen, das Septum der Nase. 

2) Knochen-Absplitterung vom Dorsum der Sella turcica; 

3) Akromegalischo Hand und normale Sella turcica; 4)Aufnahmen 
der Nieren-Gegend; a) Multiple Steine, darunter ein abnorm großer 
Stein mit 3 großen Zacken (operiert); b) 2 Steine auf der kolikfreien Seite 
gefunden. Die schmerzende Seite war gesund (operiert); c) zufälliger Stein- 
Befund (nicht operiert); d) Aufnahme nach Nierenexstirpation mit eigen¬ 
tümlichen nach innen convexen Schatten. 


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Ziele der Röntgentechnik. 


29 


Ziele der Röntgentechnik.*) 

Von Ingenieur Friedrich Dessauer. Aschaffenburg. 

In einem neuen Gebiete der Forschung, in dem soviel gearbeitet wird, 
wie gerade in dem unsern, ist es wichtig, von Zeit zu Zeit den Versuch 
zu machen, aus all den Erscheinungen, die uns der Tag bringt, aus dem 
ständigen Wechsel mancher Anschauungen, aus der Fülle des immer Neu¬ 
gebotenen in ruhiger Stunde die Richtlinien zu erkennen, nach denen sich 
tatsächlich die Entwicklung vollzieht. — Arbeiten ja doch hunderte an dom 
Ausbau der Radiologie, sehen wir ja doch speziell in der Röntgentechnik 
täglich Neues auftauchen, um Altes zu verdrängen oder neben ihm gleiche 
Achtung und Bewertung zu fordern. 

Und in der Tat gelingt es uns, auf Grund der Betrachtung vieler 
Einzelheiten, durch Gruppierung des Gleichartigen Grundlagen zu gewinnen, 
an die wir uns halten können. Auf diesen Grundlagen, wie sie uns Physik 
und Technik bietet, aufbauend, können wir uns den Aufgaben widmen, den 
Zielen nähern. 

Zwei große Aufgaben stellt die praktische Anwendung der 
Röntgenmethode der Technik, die nicht gleichartig sind, die diagnostische 
und die therapeutische Anwendung der Strahlen. Dieser Dualis¬ 
mus wird meiner Überzeugung nach in Zukunft viel erheblichere Unter¬ 
scheidungen in den Apparatkonstruktionen zu Tage fördern, als bisher. 

In der diagnostischen Anwendung muß auf Grund von Projek¬ 
tionen von Bildern geschlossen werden auf Anordnung und Zustand der zu 
untersuchenden Körperteile. Wir müssen uns hier darüber klar sein, welcher 
Zusammenhang besteht zwischen dem tatsächlich entstehenden Bilde und den 
bildgebenden Eigenschaften der X-Strahlen. Wir wissen, daß die Strahlen nicht 
unmittelbar Krankheitsformen zum Ausdruck bringen, aber wir schließen 
aus dem Bilde auf den Zustand der Organe. Der Zusammenhang wird ge¬ 
bildet durch die ungleiche Penetration verschieden dichter Organe. 

Die Strahlung oiner Röhre ist nicht homogen. Sie setzt sich zu¬ 
sammen aus Strahlen von verschieden starken Eigenschaften. Es entstehen 
gleichzeitig sehr penetrante Strahlen von goringerom chemi¬ 
schem Effekt und Strahlen von kleiner Penetrationskraft und 
großem chemischem Effekt. 

Das Gesetz, das wir gewöhnlich den Angaben zugrunde legen, daß 
nämlich die Durchdringung abnimmt mit der Dicke und Dichte, ist hinreichend 
genau. Wir lernen aber daraus, daß die diagnostische Verwendung der 
X-Strahlen nichts anderes ist als eine Differenzierung von Dichtigkeits- 
Unterschieden. Mit dieser Definition ist die Grundlage gegeben. Ursprüng¬ 
lich mußte es möglich sein, alle Dichtigkeitsunterschiede zu differentiieron. 
Alle diese und nur diese. Damit haben wir nun gleichzeitig die Grenze 
des Verfahrens. Wo irgend eine pathologische Veränderung vorliegt, die eino 
Veränderung einer normalen Dichtigkeit hervorbringt, da können wir sie er¬ 
kennen. Wenn aber z. B. ein Unterleibstumor ein ihm gleichdichtos Gewebe 
verdrängt, so ist seine Erkennung unmöglich. 


*) Nach einem Vortrag auf dem Röntgenkongreß. 


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30 Ziele der Röntgentechnik. 


Damit haben wir aber auch den Hauptgesichtspunkt für die weitere 
Entwicklung der Technik. Immer feinere und feinere Differentiierung von 
Dichtigkeitsunterschieden; der Ausbau des Röntgenapparates hat 
sich in erster Linie dahin zu orstrocken. Immer feinere und 
feinere Differentiierung von Dichtigkeitsunterschieden. Hinter 
diesen Gesichtspunkten müssen alle anderen zurücktreten. 

Zwei Momente möchte ich zur Illustration dieser Anschauung kurz 
vortragen. Das Blendenverfahren ist eine Verfeinerungsmethode der 
Differentiierung von Diclitigkcitsunterschieden. Dieser immer feineren und 
feineren Differentiierung steht die Sekundärstrahlenbildung, auf die Röntgen 
in seiner zweiten und dritten Mitteilung aufmerksam machte, entgegen, diffuse 
Reflexion. Das Blendenverfahren, sowohl in Form der Blendenebene wie 
der Kompression ist ein Fortschritt iin Sinne der Verfeinerung der Differen¬ 
tiierung der Dichtigkeitsunterschiode, deshalb in seinom jetzigen und zu¬ 
künftigen Ausbau eine Näherung an das Ziel. 

In neuerer Zeit sind von verschiedener Seite Versuche zur direkten 
Benutzung des Wechselstromes für Rönlgenzwecke gemacht worden, 
und ich selbst habe auch in dieser Beziehung einige Arbeiten vorgenommen; 
diese Versuche, insbesondere ihre Resultate zeigen uns nun hier etwas Ein¬ 
schlägiges von großer Bedeutung. 

Wir sprachen vorhin davon, daß die X-Strahlung einer Röhre kom¬ 
plexer Natur sei, insofern als sie sich zusammensetzt aus Strahlen ver¬ 
schiedenen Penetrationsgrades. Viele Beobachtungen haben mich zur An¬ 
schauung geführt, daß die Aufgabe der Differentiierung von Dichtigkeits¬ 
unterschieden um so vollkommener gelöst wird, jo größere Unterschiede in 
der Strahlenqualität gleichzeitig vorhanden sind. Mit anderen Worten: Das 
Bild wird um so besser, je größere Abstufungen in der Pe¬ 
netrationskraft die Strahlung enthält. Das ist auch ganz plausibel; 
denn je größer dieser Bereich, desto mehr wird die Voraussetzung erfüllt 
sein, daß eine zur Abbildung jeder Abstufung in der Absorptionsfähigkeit 
der Stoffe geeignete Strahlenqualität vorhanden ist. 

Diese Zusammensetzung der Strahlung hängt nun abgesehen von der 
Röhre ab von der Entladungskurve des Induktoriums. Ich kann nun hier nicht 
ausführlich darlegen, wie sich dieser Zusammenhang ergibt und wie man ihn 
im einzelnen verfolgt. Ich hoffe, das schon in nächster Zeit in einer aus¬ 
führlichen Publikation nachbolen zu können. Die Zusammensetzung der 
Strahlung ist nach diesen Erfahrungen aber um so günstiger und reicher, 
je rascher die Entladungskurve ihre Werte ändert, insbesondere von ihrem 
Scheitelwert zu Null sinkt. 

Deshalb bemühe ich mich auch, solche rasch gedämpften Entladungen 
durch Bau geeigneter Induktorien zu erhalten und so auf Verbesserung der 
Differentiierung hinzuarbeiten. 

Wie wichtig gerade dieser Moment in der Erreichung unseres Zieles 
ist, zeigen die obenerwähnten Versuche mit direkter Benutzung von W ech sol- 
strom. Hier erhält man ein eminent helles Fluoreszieren der Röhre bei 
geringer Wärmeentwicklung und ist enttäuscht, das Ergebnis der Durch¬ 
leuchtung, der Aufnahme zu sehen. Die Bilder sind stumpf, detailarm, ohne 
Plastik und Modulation. Sie stehen qualitativ weit zurück hinter den bisher 


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Ziele der Röntgentechnik. 31 


erzielten Aufnahmen. Und der Grund liegt in dem unterschiedlichen Ver¬ 
lauf der Entladungskurve. 

Während beim Induktorium die Entladung plötzlich abklingt, haben 
wir bei den neuen Apparaten, wie sie Herr Koch in verdienstlicher Weise 
angegeben hat, flache, mehr sinusförmig verlaufende Ströme. Die Strahlen, 
welche hierbei in der Röhre erzeugt werden, sind viel gleichartiger, umfassen 
nicht so grofse Differenzen in ihren Eigenschaften, wie die unserer heutigon 
Apparate. Deswegen verspreche ich mir von den überaus interessanten und 
verdienstlichen Arbeiten zur direkten Benutzung der Wechselströme nicht 
viel für das diagnostische Ziel. Diese Neuerung ist wenigstens zunächst 
kein Fortschritt in Bezug auf die Verfeinerung der Differentiierung. 

Unter diesem Gesichtspunkte können wir fast alle wesentlichen Be¬ 
strebungen der Technik auffassen. Die Bemühungen zur Leistungssteigerung, 
zur Vervollkommnung der Röntgenröhre sind zum wesentlichen Teile Methoden 
zur Verbesserung der Differentiierung von Dichtigkeitsunterschieden. 

Was aber außerdem noch an Zielen verfolgt wird, die Verein¬ 
fachung der Apparate, ihre Verbilligung unter Erhaltung der 
Leistungsfähigkeit, der möglichst ökonomische Betrieb, das 
Alles kommt, so wichtig und anerkennenswert es auch sein mag, als Ziel 
erst in zweiter Linie in Betracht. 

Wenden wir uns kurz zu den Aufgaben, welche die Therapie stellt. 
Hier ist die prinzipielle Forderung ganz sicher eine andere. Es kommt hier 
nicht auf Bildgabe und Bildfeinheit, nicht auf Differentiierung von Dichtig¬ 
keitsunterschieden an. Es kommt infolgedessen nicht so sehr auf Elimination 
von Sekundärstrahlen an, im Gegenteil, ich möchte annehmen, daß diese eine 
nicht unerhebliche erwünschte Rolle in der therapeutischen Wirkung spielen. 
Und es kommt auch nicht auf möglichst große Unterschiede der gleichzei¬ 
tigen Strahlungen an; die Entladungskurve kann eine andere sein. Ich darf 
hier an eine Arbeit anknüpfen, welche ich in den letzten Nummern der medi¬ 
zinischen Klinik*) des Herrn Brandenburg über die therapeutische Frage, 
speziell über die Frage der Bestrahlung tiefliegender Prozesse, publizierte. 
Ich versuchte zwei Aufgaben zu beleuchten: Die eine, wie man ein Ur¬ 
teil gewinnen kann über das Maß der in die Tiefe dringenden 
Strahlen und ihre Wirkung, die andere, ob und wie es möglich 
sei, ohne Verbrennung der zwischenliegenden Partien und 
Schichten ein therapeutisch wirksames Maß von Strahlung 
dem tiefliegenden Prozesse zuzuführen. Bei der Verfolgung dieser 
Frage ergibt sich, daß wir bei der Therapie das Interesse haben dürften, 
immer mit möglichst gleichmäßiger Strahlung zu arbeiten; das läßt sich auch 
aus anderen Gesichtspunkten schließen. Während alle Dosierungsangaben, 
wie primäre Stromstärke, Unterbrechungszahl u. s. w. wegen der Ver¬ 
schiedenartigkeit der Apparate und Röhren gar nichts aussagen, ja irreführen, 
die richtig zeigenden Chromoradioineter aber bei Tiefenbestrahlung nicht 
anwendbar sind, wäre eine Dosierung doch sicher ungemein erleichtert, 
wenn wir einheitlichere Strahlungsarten erzeugen könnten. Diese Aufgabe, 
möglichst homogene Strahlung zu erhalten und therapeutisch zu bewerten, 


*) Beiträge zur Bestrahlung tiefliegender Prozesse. Med. Klinik Heft 2t und 22. 1905. 


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32 


Rationelle Organotherapie. 


ist direkt entgegengesetzt uuserem diagnostischen Ziel. Aber sie ist nicht 
so unlösbar, wie sie scheint. 

Das zeigt uns hier gerade dio Koch’sche Erfindung. Bei Ver¬ 
wendung von Wechselströmen zur Erzeugung von Röntgonstrahlen fällt auf- 
daß der Strahlencharakter sich in hohem Maße gleichbleibt, wie auch die be¬ 
nutzte Röntgenröhre beschaffen sein mag. Wir werden bestrebt sein müssen, 
neue Apparattypen mit möglichst flachen Entladungskurven, 
mit möglichst homogener Strahlenerzeugung hervorzubringen. 

Das ist, meine Herren, das Wesentlichste, was ich in der kurzen Zeit 
über mein Thema, Ziele der Röntgentechnik, mitteilen kann. Es ist damit 
bei weitem nicht erschöpft. In der diagnostischen Anwendung steht 
von allen Zielen, die wir erstreben, die immer größere Verfeinerung 
in dor Differenzierung von Dichtigkeitsunterschieden oben¬ 
an. Hier arbeiten wir ruhig in den Bahnen weiter, dio wir beschritten haben. 
In der Therapie werden wir meiner Anschauung nach, was die Röntgen¬ 
technik verlangt, unsere Marschroute ändern, nouo Ziele der Konstruk¬ 
tion in’s Auge fassen und im Bau der Apparate tiefgreifende 
Änderungen erleben! 


Rationelle Organotherapie. 

Eine Besprechung nach dem Buche A. von Poelil, Fürst J. von Tarchanoff und P. Wachs*). 

Von Dr. P. (J. F ranze. 

Wenn es auch zweifellos noch weitere mühsame Arbeit erfordern 
wird, um hinsichtlich des in Rede stehenden Themas das Hypothetische von 
dem absolut Sicheren zu sichten, so steht es doch fest, daß uns in der vor¬ 
liegenden Schrift ein Werk von Wichtigkeit geboten worden ist. Bei einer 
derartigen auf exakten Versuchen aufgebauten und durch zahlreiche Kranken¬ 
geschichten begründeten Arbeit kann natürlich von einem umfassenden Referat 
nicht dio Rede sein. Dennoch mögen einige der wichtigsten und interessan¬ 
testen Stellen hervorgehoben und etwas ausführlicher wiedergegeben werden. 

Die Grundlage der Berechtigung der Organotherapie erblicken dio 
Verfasser in dem Satz, daß das Zellenleben auch bei Abwesenheit wahr¬ 
nehmbarer morphologischer Veränderungen beeinträchtigt sein kann, wenn 
der Chemismus des Zellenstoffwechsels beeinträchtigt ist, und darin, daß die 
Organotherapio diesen beeinflußt. Die Aufgaben einer rationellen Organo¬ 
therapie beruhen zunächst in der Isolierung der wirksamen Bestandteile der 
Organe, und dies ist keine Utopie mehr! Die alte Methode (Brown-Söquard’s 
Testikel-Emulsion), Organ au szüge zu benutzen, ist verwerflich, da solche 
die Toxine etwaiger Krankheit trotz Filtration enthalten. Man soll stets 
dem isolierten wirksamen Prinzip den Vorzug geben; dieses können wir aber 
nur zu gewinnen hoffen, wenn die Organe der Tiere sich nicht sofort nach 
dem Tode verändern. Tatsachen beweisen, daß dies nicht der Fall ist, denn 
Muskeln reagieren noch nach Stunden post mortem auf den elektrischen Strom, 

*) A. v. Poelil, Fürst J.v. Tarchanoff und P. Wachs: Rationelle Organotherapie 
mit Berücksichtigung der Urosemiologie. Überestzt aus dem Russischen. Erste Hälfte. (Urban 
und Schwarzenberg, Berlin, 1905, 6 Mark. 242 S.). 


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Rationelle Organotherapie. 


33 


die Zilien des Flimmerepithels bewegen sich noch nach 3 Tagen, die Leuko¬ 
zyten behalten selbst länger dio Fähigkeit amöboider Bewegung. Selbst beim 
Gehirn des guillotinierten Kopfes läßt sich die elektrische Erregbarkeit mittelst 
Durchströmens mit defibriniertem Blute wieder herstellen, und durch Be¬ 
handlung mit Lockes Kochsalz-Traubenzuckerlösung kann man die Kontrak¬ 
tilität des Warmblüterherzens tagelang fast normal erhalten. Das Aufhören 
der Organfunktion nach dem Tode ist daher nicht die Folge einer Zerstörung 
der Substanz, sondern von Autointoxikationen. Daher ist es ein Prinzip der 
Organotherapie, diese Giftstoffe wegzuschaffen. 

Ferner wird nachgewiesen, daß die Wirkung der Fermente unabhängig 
ist von ihrem Leben; denn man hat aus Hefezellen das wirksame Prinzip 
isoliert (Büchner) und damit zugleich die Tatsache erklärt, wie sicher tote 
Hefezellen noch Gärung hervorrufen können. Sodann werden die Wirkungen 
der Katalysatoren und die Oxydationsprozesse im Organismus behandelt. 
Katalysatoren sind Fermente, welche allein durch ihre Anwesenheit in mini¬ 
maler Menge eine Reaktion beschleunigen (positive Katalysatoren) oder hemmen 
(negative K.), ohne dabei einen Gewichtsverlust zu erleiden; sie spielen eine 
große Rolle im Haushalt der Natur, namentlich bei den Oxydationsvorgängen. 
Spermin beschleunigt diese, Adrenalin die Reduktionen; wir haben also ein 
Beispiel von zwei entgegengesetzt wirkenden Katalysatoren, und zwar sind 
das auch die einzigen, die bisher in rein krystallinischer Form dargestellt 
worden sind. Cerebrinum-Poehl beschleunigt die Fortschaffung der Zerfalls¬ 
produkte der Gewebsatmung, namentlich der Nervensubstanz. Thyreodin, 
Epiphysin, Mammin, Ovarin, Luprarenalin sind Katalysatoren noch undefinier¬ 
barer Wirkungsweise. 

Die Oxidationsprozesse der Gewebsatmung bilden den Selbstschutz de s 
Organismus gegen Retention von Stoffwechselsprodukten, also gegen Auto¬ 
intoxikationen; denn diese beruhen umgekehrt auf der mangelhaften Fort¬ 
schaffung der Erzeugnisse der regressiven Metamorphose. Solche toxische 
Substanzen sind: Neurin, Cholin etc. Die Gewebsatmung steht unter dem 
Einfluß der Blutalkaleszenz und von Katalysatoren; so beschleunigen Spermin 
die Oxydation, Cerebrin und Thyreoi'din die Exkretionen. 

Die Oxydationsvorgänge im Organismus werden durch den „Oxyda¬ 
tionskoeffizienten“ gemessen; dieser drückt das Verhältnis des Harnstoff- 
Stickstoffs zum Gesamt-Stickstoff des Harns aus. Denn der Harnstoff ist 
das Endprodukt der Oxydation des Eiweißes. Je mehr intermediäre 
N-haltige Oxydationsprodukte (Leukomai'ne) im Harn sind, desto geringer ist 
natürlich die Intensität der Oxydationsprozesse. Es kommt also nicht auf 
die absolute, sondern auf dis relative N-Bestimmung an. 

Die aus England, Belgien und Deutschland stammenden Organpräparate 
stellen nur eine getrocknete, entfettete und gepulverte Gewebsmasse dar und 
sind daher nicht gut. Filtration durch Kaolinfilter beseitigt die Bakterien, 
nicht aber die Toxine und Enzyme. Die isolierten Bestandteile oder syner¬ 
getischen Gruppen Poehls enthalten nur die normalen, physiologischen Teile 
der Organe. 

Nach diesen Vorbemerkungen lernen wir die Eigenschaften des Sper- 
minum-Poehl kennen, seine Darstellung und die gebräuchlichen Präparate. 
Es gibt deren drei: 1) Sperminum-P. pro injectione subcutaneo (in ampullis), 

Archiv f. phyBik. Medizin otc. 3 


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34 


Rationelle Organotherapie. 


eine sterilisierte 2°/o-ige Lösung in physiologischer Kochsalzlösung in zuge¬ 
schmolzenen Flaschen ä 2 ccm Inhalt vorrätig. Injektion einmal täglich sub¬ 
kutan (Schenkel, zwischon Schulterblätter) oder intraglutoeal (Technik s. 
Original p. 69). 2) Essentia Spermini-P, eine 4"/o-ige alkoholische Lösung 
von Sperminchlorid-Chlornatrium zum innerlichen Gebrauch; man nimmt 
20—30 Tropfen pro dosi in alkalischem Mineralwasser (Vichy, Bilni etc.) 2 X tgl. 
nüchtern; tonisiorende Wirkung, wie bei. der Injektion, aber langsamer). 

3) Sperminum-P. siccum pro Clysma; trocken; ein Teil Spermin auf 4 Teile 
„Sal physiologicum-Poehl“. Es dient zum Ersatz der Injektionen, wo diese 
nicht anwendbar sind, wie bei schwerem Diabetes; in Tuben ä 1,0 g., ent¬ 
sprechend 0,2 Spermin. Wirkung auf Stoffwechsel und Oxydation angeblich 
ebenso rasch wie bei Injektion. 

Die charakteristischste Reaktion des Spermin ist sein Geruch nach 
frischem Menschensperma bei Einwirkung von Gold- oder einem anderen 
Metallchlorid und metallischem Magnesiumpulver auf Sperminlösung; ab¬ 
hängig ist die Reaktion von der Bildung von H. 

Ferner besprechen die Autoren das Vorkommen des Spermin im Orga¬ 
nismus und seine Einwirkung auf den Stoffwechsel. Von praktischem Interesse 
ist zunächst die empirische Beobachtung, daß Menschen und Tiere Chloro¬ 
formnarkosen unter Sperminbildung besser ortragen als sonst, dank seiner 
erhöhenden Wirkung auf die Oxydationskraft des Bluts; donn Chloroform 
setzt sie bekanntlich herab, und Spermin ist, wie wir erfahren, ein positiver 
Katalysator der Oxydationen. 

Auf den Stoffumsatz resp. den Harnkoeffizienten fanden die Autoren 
bei interner, subkutaner und rektaler Darreichung dos Spermin folgende Wir¬ 
kungen : 

1) Die Harnstoff-Stickstoffinenge steigt, und zwar schneller bei gleich¬ 
zeitiger Erhöhung dor Blutalkaleszenz auf medikamentösem Wege. 
Bei durch Krankheit herabgesetzter Lungenfunktion läßt sich jedoch 
auch durch Spermin der Oxydationskoeffizient nicht zur Norm heben, 
fallen doch °j 7 der Oxydationsprozesse dem durch die Atmung aufge¬ 
nommenen 0 zur Last und nur '/? der Intraorganoxydation. 

2) Das Verhältnis von Harnstoff zu den Chloriden verändert sich im 
Sinne einer Erhöhung der letzteren. 

3) Das Verhältnis der Gesamtphosphorsäure des Harns zum Dinatrium- 
phosphat erleidet eine Änderung zu Gunsten des letzteren. 

4) Die Proportion von Harnsäure zum Dinatriumphosphat nähert sich 
der Norm. 

5) Der osmotische Harnkoeffizient steigt im Verhältnis der zunehmenden 
Intraorganoxydation. 

Eingehender wird sodann die Immunität und der Einfluß des Spermins 
auf ihre Erhöhung und auf die Entgiftung des Organismus von Toxinen be¬ 
handelt. Poehl glaubt nicht an das Spezifische der Autitoxine, sondern viel¬ 
mehr, daß bei natürlicher und erworbener Immunität einheitliche biologisch¬ 
chemische Momente ausschlaggebend sind, in erster Linie die Intraorganoxy¬ 
dation und die Gewebsatmung; diese wiederum hängen von dem Grade der 
Blutalkaleszenz und der dadurch beeinflußten Aktivität des Spermins ab. 


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Rationelle Organotherapie, 


35 


Spermin wird nämlich durch Säuren inaktiviert; diese, vorwiegend Milchsäure, 
sind daher negative Katalysatoren der Gewebsatmung! P. fand bei Infek¬ 
tionskrankheiten eine Inaktivierung des Spermins mit konsekutiver Autoin¬ 
toxikation, was durch Sperminzufuhr wieder gehoben wurde. 

Alle Momente, welche dio Blutalkaloszens herabsetzen, wie die ver¬ 
schiedenen Autointoxikationen, Resultate der Nervenüberreizung und -Über¬ 
müdung, setzen die Immunität herab durch Verminderung der Gewebs¬ 
atmung; daher dient das Spermin dem Selbstschutz des Organismus gegen 
Autointoxikation und erhöht die Immunität. 

Da von nukle'inhaltigen Gewebselemouten in der Norm abgesehen von 
einigen Drüsenepithelien hauptsächlich nur Leukozyten zerfallen, so hängt 
die Sperminbildung quantitativ von der Menge der zerfallenden Leukozyten 
ab. Das Wesen der Immunität beruht nach Poehl in der boi normaler Blu- 
talkaleszenz vor sich gehenden Leukozytose und dem folgenden Leukozyten¬ 
verfall. Bei herabgesetzter Blutalkaleszenz bildet sich oben hierbei nur in¬ 
aktives unlösliches Sperminphosphat ohne immunisierenden Wert. Dio Säuren 
spielen dem Spermin gegenüber die Rolle von Antikatalysatoren. Bekannt¬ 
lich ist die Leukozytose die Abwehrbestrebung des Organismus gegen einge¬ 
drungene pathogene Mikroben. Es hängt also ihr Erfolg davon ab, daß sie 
bei normaler Blutalkaleszenz vor sich geht; andernfalls mißlingt der Abwehr¬ 
versuch! (Das wäre allerdings eine gewaltige Stütze für den Wert vorwie¬ 
gend vegetabilischer Ernährung! Ref.). 

Hieran schließen sich die Berichte und Krankengeschichten über die 
praktisch mit Spermin erzielten Erfolge. Wir entnehmen ihnen, daTs die Au¬ 
toren u. A. bei folgenden Leiden günstige Wirkung hatten: Tuberkulose, 
Typhus, Diabetes mellitus, Neurasthenie, Tabes dorsalis, Erkrankungen des 
Herzens, der Lungen und der Nieren, Intoxikationen. Jedenfalls erscheint 
oine baldige und umfassende Nachprüfung der Wirkungen des Spermin, wie 
sie die Autoren schildern, von möglichst vielen Seiten dringend erwünscht! 
Zusammenfassend ergibt sich folgendes: Voraussetzung ist, daß die Intra¬ 
organoxydation (die Gewebsatmung) den Hauptanteil an der Immunität hat. 
Gesteigert wird die Oxidation durch Spermin als ihr positiver Katalysator; 
Bedingung für dessen Wirkung ist die Alkaluität des Bluts, weil Säuren die 
Sperminwirkung paralysieren; geliefert wird das Spermin normaler Weise 
durch den Leukozytenzerfall. Es kann künstlich dargestellt — und dem 
Organismus einverleibt werden. Es steht und fällt die Theorie mit der Vor¬ 
aussetzung. (Diese muß daher zunächst mit absoluter Sicherheit verifiziert 
werden! Ref.) Franze-Nauheim. 


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Kritik. 


37 



Zahl 

Geheilt 

Gebessert 

3 
L g 

o c: 

13 

% 

Stationär 

geblieben 

Rezidive 

Aus dor Behand¬ 
lung getreten. 

Noch in Be¬ 
handlung 

Bemerkungen 

Trichophytien 

6 

4 

1 

_ 

— 

— 

i 

1 


Favus 

3 

1 

_ 

— 

— 

— 

i 

1 


Sycosis 

2 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

1 


Hypertrickosis 

3 


1 

— 

1 

— 

i 


Der als gebessert aufgef. 
Pat. fast geheilt. 

Pelades 

3 

— 

1 

— 

— 

— 

2 

1 


Psoriasis 

4 

2 

— 

— 

— 

1 

1 

1 


Seborrhoen 

2 

1 

1 

— 

— 

1 

— 

1 


Pruritus sine materia 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


Lichenificationen 

6 

2 

4 



1 


5 

D. betr. Stellen haben 
ihr. liehen. Charakter 
verloren. 

Prurigo Hebrae 

1 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

Die betr. Stellen sind 
geheilt. 

Eczema en placards 

4 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

Die betr. Stellen tat¬ 
sächlich geheilt. 

Lichen planus 

2 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

1 


Lichen corne 

i 

1 

— 

— 


— 

— 


Die behandelten Stellen 
geheilt. 

Scleroderma en plaques 

2 


2 

— 




2 

Einige Plaques sehr 
gebessert. 

Keloide 

5 

2 

i 

— 

— 


_ 

3 


Naevi 

1 

— 

i 

— 

— 

— 


1 


Warzen 

6 

5 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

Eine Kranke fast geheilt. 

Lupus vulgaris 

6 

— 

3 

— 

— 

— 

2 

4 


Lupus erythematosus 

4 

— 

2 

— 

1 

— 

i 

— 


Mycosis fungoides 

2 

_ 

2 





2 

Die behandelten Afl'ek- 
tionen fast ganz ge¬ 
schwunden. 

Hautsarcome 

i 

~ 

i 






Der Kranke ist, soweit 
sich feststellen läßt, 
geheilt. 

Lymphosarcorne 

i 

— 

i 

— 

— 

— 

— 

i 


Sarcome 

2 

— 

2 

— 

— 

— 

— 

2 


Epithelioma cutaneum 

27 

15 

7 

— 

— 

— 

— 

8 

Unter den 7 Gebesserten 
sind einige fast geheilt. 

Epitheliom der Zunge 

2 

— 

i 

— 

— 

— 

— 

2 


Epithelium der Augenlider 

1 


i 

— 

— 

— 

— 

1 


Postoperat- Carcinom-Recidi v. 

2 

— 

2 

— 

— 

— 


2 


Brustkrebs 

6 

— 

2 

— 

3 

— 

~ 

5 

Ein Pat. an Pleuritis 
gestorben. 

Atypisches Carcinom 

1 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 

Draußen verstorben. 

Essent. Teleangiectas. 

1 

— 

— 

— 

— 


i 

— 


Parapsoriasis ? 

1 

— 

1 

— 



— 

1 

Die meisten d. behan¬ 
delten Stellen geheilt. 

Keratosis pilaris 

1 

— 

1 

— 

— 


— 

— 


Raynaud’sche Krankheit 

1 

— 

— 

— 

1 


— 

1 


Scrofuloderma 

1 


1 

— 

— 

— 

— 

— 

Draußen verstorben. 


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38 


Kritik. 


Sehen wir uns nun an der Hand des 
Textes Belot’s Mitteilungen über Hypertri- 
chosis und Lupus vulgaris etwas genauer an! 
Bei der Behandlung der Hypertrichose handelt 
es sich darum, einmal eine definitive Alopecie 
hervorzurufen, dabei aber Hautveränderungen 
zu vermeiden. Nun wissen wir zwar, daß der 
Haarbalg gegen die Einwirkung der X-Strahlen 
empfindlicher ist, als die Haut selbst. Allein 
wir vermögen bei Anwendung der Radio¬ 
therapie. die zur Zeit noch weit entfernt ist, 
die Elektrolyse zu ersetzen, diesen beiden 
Anforderungen gleichzeitig noch nicht mit 
Sicherheit zu genügen. Ist die Anwendung 
zu schwach, so riskiert man, die Sache zu 
verschlimmern, ist sie zu stark, so setzt man 
zwar Alopecie, aber zugleich auch Ver¬ 
änderungen der Haut. Am meisten wird die 
Bestrahlung für die schweren Fälle sich 
eignen, also da,, wo ein wohlausgebildeter 
Bart besteht, denn hier wird eine leichte 
Hautatrophie weniger unangenehm wirken, 
als das frühere Aussehen oder in den Fällen, 
in denen die Hypertrichose sich durch einen 
dunklen und dichten Flaum äußert, wo also die 
Elektrolyse nicht anwendbar ist. Man lasse 
wenig penetrierende Strahlen einwirken (No. 5 
des Radiochromometer von Benoist bei einem 
Äquivalentfunken von 2’/> cm. Die bestrahlte 
Stelle muß so groß gewählt werden, daß sie 
überall gleichmäßig belichtet wird. Ent¬ 
fernung der Haut 15 cm, Durchmesser des 
bestrahlten, kreisförmigen Feldes etwa 7 cm. 
Gekrümmte oder winkelige Partien müssen 
möglichst geebnet werden, ebenso ist sorg¬ 
fältig darauf zu achten, daß man keine un¬ 
vermittelte Demarkationslinie zwischen den 
behandelten und den nicht behandelten Haut¬ 
stellen erhält. — Um Epilation zu erhalten, 
schwankt die Dosis für den behandelten Be¬ 
zirk zwischen 3 und 4 H, man muß aber da¬ 
bei die besondere Empfindlichkeit gewisser 
Gegenden, speziell der Lippen, und dasColorit 
der Haut der Patienten (brünetter Personen) 
wohl berücksichtigen. Dreißig bis vierzig 
Tage nach der ersten Applikation, nachdem 
unterdessen Epilation erfolgte, bestrahle man 
von Neuem. Um dem Nachwachsen der 
Haare zu begegnen, mache man etwa in 
Zwischenräumen von 2 Monaten eine neue 
Applikation von 2 H in kurzen Sitzungen von 
5—10 Minuten. Aber oft genug wird selbst 
nach einer Behandlungsdauer von 1 Jahr das 
Ergebnis durch eine partielle Hautatrophie 
getrübt werden. Etwas günstiger gestaltet 
sich das Resultat, bei umschriebener Hyper¬ 
trichose und hei Naevus pilosus. 

Lupus. Das Studium der Literatur über 


die Behandlung des Lupus vulgaris mit 
X-Strahlen ergibt, daß man das allen Be¬ 
strebungen gemeinsame Ziel, die Lupusknötchen 
zu beseitigen, auf zwei verschiedenen Wegen 
zu erreichen suchte. Die Einen (Schiff u. A.) 
gingen darauf aus, eine geringe oder gar 
keine Reaktion hervorzubringen, die Andren 
(Seholtz an ihrer Spitze) suchten dagegen in 
der Mehrzahl der Fälle eine lebhafte Ent¬ 
zündung anzufachen, die von einer oberfläch¬ 
lichen Nekrose des Integuments gefolgt war, 
beschränkten sich aber bei gutartigem, ober¬ 
flächlichem Lupus in der Mehrzahl der Fälle 
darauf, nur eine leichte Röte und eine 
schwache ödematöse Schwellung des er¬ 
krankten Bezirks hervorzubringen. — Daß 
man die Umstünde berücksichtigen müsse, ist 
auch Belot’s Meinung; er selbst kennzeichnet 
seinen Standpunkt, der übrigens dem von 
Schiff eingenommenen näher steht, als dem 
von Seholtz, etwa folgendermaßen (S. 416): 
Der Radiolherapie gebührt bei der Behand¬ 
lung des Lupus noch keineswegs der erste 
Platz in dem Sinne, daß sie unbestritten prin¬ 
zipiell den übrigen Behandlnngsweisen vorzu¬ 
ziehen wäre. Sie scheint bei den schweren, 
ausgebreiteten Fällen, die entweder mit tiefer 
Infiltration einhergehen oder nicht ulzeriert 
sind, angezeigt zu sein, und ebenso da, wo 
andere Methoden versagten. Man appliziere 
Strahlen von größerer oder geringerer Inten¬ 
sität, .je nach der Schwere der Affektion und 
nach der Zeit, über die der Kranke verfügen 
kann, vermeide aber im allgemeinen eine 
schwere Radiodermatitis. Eine mäßige Hype¬ 
rämie gibt vielleicht eine weniger rasche 
Besserung, allein die Reaktion gestaltet sich 
für den Kranken dann viel weniger unan¬ 
genehm. Er stimmt Scholz zu, daß man in 
jedem Fall diejenige Methode anwenden müsse, 
die nach den Umständen die passendste 
scheine, gibt aber den Rat, oberflächliche 
Verschorfungen tunlichst zu vermeiden. Er 
hält schließlich dafür, daß die Radio- und 
Phototheraplc bei einem und demselben Pati¬ 
enten häufig nach einander angewandt worden 
müsse, um ein befriedigendes Ergebnis zu er¬ 
halten. B. S o 1 g e r, Cöln-Lindenthal 

(Ivr.-A. Lindenburg) ) 

Kompendium der Röntgenographie. Ein prak¬ 
tisches Handbuch von Ingenieur Friedrich 
Dessauer und Dr. ined. B. Wicsner. 
Verlag von Otto Nemnich, Leipzig 1905. 

Das vorliegende groß angelegte Kompen¬ 
dium will in erster Linie eine auf wissen¬ 
schaftlicher Grundlage basierende 
praktische Anleitung zum Röntgenauf- 


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Kritik. 


39 


nahmeverfahren geben und sich dadurch einen 
Platz unter den zahlreichen Lehrbüchern des 
Röntgenverfahrens erwerben. 

Das Buch zerfallt in 3 Teile; der erste 
umfangreichste(224 S.)bringt die physikalischen 
und elektrotechnischen Grundlagen des Rönt¬ 
genverfahrens, den Aufbau und Betrieb des 
Röntgenapparates; der 2. Teil (84 S.l die 
photochemischen Hilfsmethoden; der 3. Teil 
(104 S.) endlich die Aufnahmemethodik. Das 
Buch enthalt eine große Anzahl von Illu¬ 
strationen (201) im Text; dem 2. Teile sind 
außerdem 11 Fehlertafeln der photographischen 
Aufnahme in Autotypie beigefügt, und be¬ 
sonders reich ist Teil 3 illustriert; er enthält 
im Texte Ansichtsbilder der Lagerung und 
Fixierung des aufzunehmenden Körperteiles, 
sowie orientierende anatomische Skizzen, und 
endlich im Anhänge 12 Tafeln mit Röntgen¬ 
aufnahmen aller interessierender Körper¬ 
gegenden. 

Bei einem näheren Studium des Werkes 
finden wir im 1. Kapitel des I. Teiles zunächst 
eine Geschichte der Röntgentechnik, einer 
Technik auf physikalischer Grundlage, die 
von dem Zeitpunkte datiert, als Röntgen seiner 
schwerwiegenden Entdeckung erst die volle 
Bedeutung für die Praxis dadurch gab, daß 
er die Centralprojektion schuf. Diese. 
Geschichte der Technik orientiert uns über 
manche irrige dem Bau der Apparate zu 
Grunde gelegte Anschauung (insbesondere die, 
daß ein Apparat nach seiner Funkenlänge 
beurteilt werden müsse), sie führt uns in 
großen Zügen eine Reihe bedeutungsvoller 
Ereignisse vor Augen: die Entdeckung des 
Wehnolt’sehen Unterbrechers (1899), das Auf¬ 
tauchen der vielbekämpften und nicht besiegten 
Aschaffenburger Richtung, welche einfache 
bewegliche Instrumentarien mit reduzierter 
Funkenlänge, exakten Betriebsvorschriften, 
leichter Handhabung und von billigem Preise 
anstrebt, — die Einführung der Orthodiagraphie 
(Moritz), der Stereoskopic (Lcvy-Dorn, Hilde¬ 
brand) und andere mehr. 

Das interessante 2. Kapitel ist ein 
theoretisches, dem Wesen derX- und Bequerel- 
strahlung gewidmet; es lehrt, daß die von 
dem negativen Pole der Röhre ausgehenden 
Kathodenstrahlen als kleinste Teilchen, als 
die aus dem Atome gelösten negativen 
Elektronen und die Röntgenstrahlen als ent¬ 
ladene an der Antikathode entstehende Elek¬ 
tronen aufgefaßt werden können, es schildert 
uns weiter die Entdeckuug der Radioaktivität 
(Becquerel, Ehepaar Curie), die Differenzieruug 
der von den radioaktiven Stoffen ausgehenden 
a ß y Strahlen, deren Beziehungen zu den 


Kanal-, Kathoden-, Röntgenstrahlen und end¬ 
lich die Umbildungstheorie der radioaktiven 
Stoffe. 

Das 3. fast 100 Seiten umfassende Kapitel 
des 1. Teiles gibt in einer Einleitung zunächst 
die für die Röntgenmethode wichtigsten physi¬ 
kalischen grundlegenden Begriffe (Konden¬ 
sator, konstanter Stromverlauf, Okm’sches 
Gesetz, Leiter und Nichtleiter, Dimensionsge¬ 
setz der Leiter, innerer Widerstand, Parallel- 
und Hintereinanderschaltung von Elementen, 
Wechselstrom, Wirkung des Stromes, die 
Größe der elektrischen Leistung, magnetische 
Wirkung des Stromes, Kraftlinienzahl, Induk¬ 
tion und das Maß der Induktion, Wirkungen 
hochgespannter Ströme in evakuierten Räumen, 
Geißler-Licht. Kathoden- und X-Strahlen, 
Projektionsichre und Zentralprojektion), so¬ 
dann folgen nacheinander in übersichtlicher 
Anordnung: 

A. die Stromquellen (Dynamomaschine, Ele¬ 
ment, Batterie, Wechselstromzentrale); 

B. das Induktorium (seine Hauptteile, die 
Induktion im Eisenkern, in der primären 
und sekundären Spirale, sein Bau, 
Funkenlänge, Frequenz und die soge¬ 
nannte Walterschaltung); 

C. die Unterbrecher, der Platin-, Queck¬ 
silber- und elektrolytische Unterbrecher 
(ihr Prinzip, Konstruktion, ihre Quali¬ 
fikation hinsichtlich Stromstärke, Ent¬ 
ladungskurve und Frequenz); 

D. die Hilfsapparate (insbesondere Konden¬ 
sator, Ampbremeter, Voltmeter, Regulier¬ 
ungsapparate) ; 

E. die Röntgenröhre (ihre Konstruktion, 
Evakuationsgrad, Projektionsschärfe, 
Regenerierung, Volum und Lebensdauer) 

F. und endlich die Mittel zur Unterdrückung 
der schädlichen Schließungsinduktion. 
(Drosselröhre und Funkenventil). 

Der Inhalt dieses Kapitels ist von 
großem Interesse; es seien hervorgehoben die 
Ausführungen über die Selbstinduktion in der 
Primärspule, die „Phasenverschiebung“, die 
„Impedanz“, über die Eliminierung des Selbst¬ 
induktionsstromes im Momente der Unter¬ 
brechung durch die Einschaltung des Konden¬ 
sators, wodurch die Wechselstromkurve der 
Sekundärspule der Kurve des pulsierenden 
Gleichstroms genähert wird. — Die Wichtigkeit 
der Kurve, des die Röhre passierenden 
Stromes für die .Ausübung des Verfahrens wird 
an verschiedenen Stellen eingehend erläutert. — 
Es sollen möglichst gleichgerichtete und mög¬ 
lichst intensive Impulse die Röhre passieren, 
es sollen genügend hochgespannte Ströme er¬ 
zeugt werden; überzeugend sind die Aus- 


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40 


Kritik. 


fiihrungen, daß es unzweckmäßig ist, die 
Schlagweite des Induktoriums weit über die 
Schlagweite der Röntgenröhre zu steigern, 
weil dadurch die Entladungskurve ungünstig 
beeinflußt, die Durchdringungsfähigkeit der 
X-Strahlen zu sehr gesteigert und der Röhren¬ 
verbrauch zu groß wird. — Es kommt bei 
dem Bau eines Röntgenapparates nicht auf 
Einzelheiten und Äußerlichkeiten, sondern 
nur darauf an, daß der Apparat, nachdem 
seine Hauptteile aufeinander abgestimmt sind, 
(was sich beim Laufen des Apparates durch 
ein interessantes akustisches Phänomen, einen 
singenden Ton äußert) solche Ströme erzeugt, 
welche dem Bildungsprozesse der Röntgen¬ 
strahlen in Spannung, Intensität und Kurve 
entsprechen; dann wird der Apparat seine 
Aufgabe erfüllen, eine gute Differenzier¬ 
ung von Dichtigkeitsunterschieden 
ermöglichen. 

Das 4. Kapitel des I. Teiles behandelt 
den Bau und Betrieb der Röntgenstation, und 
bespricht zunächst: 

A. die Abhängigkeit der Röntgenstation 
von Zweck (für innere Medizin,Chirurgie, 
Dermatologie) und Stromquelle (Akumu- 
latoren mit Platin-, Starkstromanschlüsse 
mit Elektrolytunterbrecher); 

B. sodann den Betrieb der Anlagen mit 
verschiedenen Stromarten (Gleichstrom, 
Wechselstrom, Drehstrom, Umformer-, 
Batteriebetrieb etc.); 

C. führt ferner eine Anzahl ausgeführter 
Röntgenanlagen vor, welche durch viele 
übersichtliche Abbildungen dem Ver¬ 
ständnisse näher gebracht werden 
(Polyphos - München, Klingelfuß-Basel, 
Nostiz und Koch-Chemnitz, Dessauer- 
Aschaftenburg); 

I). bringt weiter die Zubehörteile der 
Röntgenstation (Röhrenhalter, Leucht- 
schirin, Lagerungstisch, Aufnahmestuhl, 
Schutzapparate); 

E. das Blendenverfahren (das zur Unter¬ 
drückung der störenden Wirkung der 
Sekundärstrahlen dient); 

F. endlich Winke über die Ausstattung des 
R o nt.ge n k ab i n e ttes. 

Der II. die photochemischen Hilfsmethoden 
behandelnde Teil des Kompendiums bespricht 
in 7 Kapiteln: 

1. die Grundlagen des photographischen 
Prozesses, 

2. die Einrichtungen und Apparate für den 
Negativprozeß (Dunkelkammer etc.), 

H. das Entwickeln der röntgenographischen 
Negative, 


4 das Betrachten der Negative und Platten¬ 
kritik, 

5. die Korrektur und Fertigstellung 
der Negative (Verstärkung und Ab- 
scliwächung), 

6. die Herstellung von Diapositiven und 

7. den Kopierprozeß. 

Hervorgehoben sei «aus diesem Teile 

das Kapitel 4, welches die Fehler der Röntgen¬ 
bilder erkennen und deuten lehrt und die 
eingangs erwähnten r Fehlertafeln“ im An¬ 
hänge enthält; in anschaulicher Weise orien¬ 
tiert es sowohl über die Felilerbei der photo¬ 
graphischen Aufnahme (falsche Lagerung und 
Einstellung, Unruhe des Objektes, falsche 
Expositionsdauer, falsche Röhrenwahl, mangel¬ 
hafte Schärfe des Strahlenausgangspunktes) 
— wie ferner über die Fehler bei der Hervor- 
rufung des Bildes (ungenügender Lichtschutz, 
Unter-, Überentwicklung, zu harte, zu weiche 
Entwicklung, mangelhafte Wässerung und 
Fixage, Unreinlichkeitsfehler). — Das Kapitel 
enthält ferner den Hinweis auf die Vorteile, 
welche die Betrachtung der Platte in „Licht¬ 
schaukästen'* bietet und bringt Abbildungen 
solcher sinnreich konstruierter Kästen. 

Teil III endlich, welcher die Auf¬ 
nahme-Methodik enthält und den Schwer¬ 
punkt des Werkes darstellen soll, ist wie ein¬ 
gangs erwähnt, besonders anschaulich ausge¬ 
stattet. Die zahlreichen Ansichtsbilder im 
Text orientieren auf den ersten Blick über 
die zweckmäßigste Stellung, die der Kranke 
fiir die Aufnahme einnehmen soll, über die 
Anordnung der Platte und die Anbringung 
der Fixierungsapparate (Bindenzügel und 
Sandsäcke). — Ein allgemeiner Teil bringt 
allgemeine Gesichtspunkte über Lagerung, 
Röhrenwahl und -Stellung, Aufnahmerichtung 
und Expositionszeit. — Ein spezieller die ge¬ 
naue Anweisung für jede einzelne Aufnahme; 
die durch Aufeinanderprojektion der einzelnen 
Teile erschwerte Deutung der Bilder wird 
durch beigefügte anatomische Skizzen er¬ 
leichtert; Notizen über das Auftreten der 
Knocheukerne und das Verschwinden der 
Epiphysenlinien sind von Wert. Bei den 
Aufnahmen der Extremitätengelenke sind «alle 
in Frage kommenden Richtungen berücksich¬ 
tigt; der Schädelaufnahme ist die genügende 
Bedeutung beigelegt; bei der Lendenwirbel- 
aufnahme ist die Kompressionsblende in situ 
abgebildet; die schwierigen Verhältnisse der 
geraden und schrägen Thoraxdurchleuchtung 
sind durch Skizzen verständlich gemacht; die 
Darstellung von Konkrementen und Fremd¬ 
körpern ist auf verschiedene Weise erläutert. 



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Kritik. 


41 


— Den Schluß bildet die radiographische 
Lagebestimmung der Fremdkörper und die 
Stereoskopie im Röntgenverfahren (Hilde- 
brand’s stereoskopische Kassette, Koinpressi- 
onsblende der Verfasser mit Vorrichtung zur 
stereoskopischen Aufnahme). 

Die Röntgenphotographien des Anhangs 
sind fast durchweg gut gelungen; besonders 
hingewiesen sei auf die Thoraxaufnahme Tafel 
X (Xr. 5), auf welcher der Aortenbogen und 
die aus ihm entspringenden Subclavia und 
Carotis sinistra zu erkennen sind. 


Der Leser legt das Buch mit Befriedi¬ 
gung aus der Hand; denn die Verfasser bieten 
ihm durch ihre reiche Erfahrung gefestigte 
Tatsachen in leichter flüssiger Darstellungs¬ 
weise. 

Rez. möchte es als einen glücklichen 
Griff bezeichnen, daß ein Ingenieur und ein 
Arzt dies gemeinsame Werk unternommen 
haben; denn auf diese Weise können einer¬ 
seits die physikalisch-technischen Grundlagen 
und andererseits die medizinischen An¬ 
wendungsformen des Röntgenverfahrens in 
gleichmäßiger Weise behandelt werden. 

Die Darstellung des Stoffes in Vortrags¬ 
form. wie sie in vielen Kapiteln des I. und 
II. Teiles in Anlehnung an die manchem 
Arzte in gutem Andenken gebliebenen 
Aschaft'enburger Kursvorträge durchgeführt 
ist, bringt es mit sich, daß der Leser spielend 
in die wissenschaftlichen Grundlagen des Ver¬ 
fahrens, in die Unsumme von technischen 
Einzelheiten eingefiihrt und trotz dem ganz 
erheblichen Umfange einzelner Teile nicht 
ermüdet wird. — Gleichsam von selbst baut 
sich der Apparat vor den Augen des Lesers 
aus seinen Teilen auf, gleichsam von selbst 
ergibt sielt seine Bestimmung, Handhabung 
und Leistungsfähigkeit. — Auch Teil II und 
III erläutern in ausführlichster und verständ¬ 
licher Darstellung alle nur denkbaren Einzel¬ 
heiten und Kautelen des photographischen 
Prozesses und des Aufnahmeverfahrens. 

Die Einheitlichkeit der Darstellung hat 
durch die Doppelarbcit der Verfasser nicht 
gelitten; Wiederholungen haben sich aller¬ 
dings nicht ganz vermeiden lassen; das ist 
jedoch kaum ein Fehler; denn wenn auch 
einerseits der physikalisch-technische Teil des 
Werkes (Teil I) einem jeden zum angelegent¬ 
lichen Studium empfohlen werden kann, dem 
Anfänger als unbedingt notwendige Grundlage 
vor dem Herantreten an den Apparat, dem 
Erfahrenen als Ratgeber in vielen Lagen 
(Anschluß des Apparates, Erkennung von 
Betriebsstörungen etc.), so wird der II. und 


III. Teil seine wesentliche Bedeutung als 
Nachschlagebuch haben. — Ein Lehrbuch 
kann niemals, wie auch die Verfasser betonen, 
persönliche durch praktische Übungen ge¬ 
wonnene Erfahrungen ersetzen; es ist ein 
Helfer, der in vielen Lagen herangezogen 
werden muß, — und das vorliegende Buch 
ist ein guter Helfer; es ist ihm ein Platz in 
jedem Röntgenlaboratorium zu wünschen! 

Zum Schlüsse sei noch folgendes be¬ 
rührt: das Buch ist, wie leicht erklärlich, bei 
aller Berücksichtigung anderer Systeme, ein 
Kämpfer für die „Aschaflenburger Richtung“; 
das ist nicht anders zu erwarten, denn überall, 
auf die wissenschaftlichen Grundlagen des 
Verfahrens, wie auf eine große Anzahl tech¬ 
nischer Dinge haben die Verfasser durch 
eigene Arbeit befruchtend eingewirkt. — Das 
Recht, ihre Richtung energisch zu vertreten 
wird den Verfassern gern von jedem zuge¬ 
standen werden, der wie Rez. die Aschaften- 
burger Richtung aus persönlicher Anschauung 
kennt und längere Zeit mit dem System 
Dessauer arbeitet und weiß, daß es damit 
nicht allzu schwer ist, ein gutes Röntgenbild 
wie z. B. das bereits erwähnte auf Tafel X, 
Figur 5 abgebildete zu erzeugen. 

Hess (Marburg). 

von Papius: Das Radium und die radioak¬ 
tiven Stoffe. Gemeinverständliche Dar¬ 
stellung nach dem gegenwärtigen Stande 
der Forschung mit Einflechtung von expe¬ 
rimentellen Versuchen und unter besonderer 
Berücksichtigung der photographischen Be¬ 
ziehungen. (VIII. u. 90 Seiten, 36 Abbil¬ 
dungen. Gustav Schmidt. 1905.) 

Das vorliegende Buch soll, wie Ver¬ 
fasser im Vorwort sagt, dem Bedürfnis nach 
einer gemein verstand lichenGesamt- 
darstellung der experimentellen Versuche 
und der photographischen und physiologischen 
Beziehung der radioaktiven Stoffe abhelfen- 

Nachdem Verfasser in der Einleitung 
einen Rückblick auf die Geschichte der 
Faraday’schen und Crookes’schen Theorie von 
der strahlenden Materie (4. Aggregat-Zustand) 
gegeben hat, fährt er im 1. Abschnitt mit der 
Geschichte der Entdeckung der Becquerel¬ 
strahlen fort. Er bespricht im 2. u. 3. Ab¬ 
schnitt die Radioaktivität des Uran, Thor, 
Polonium, Radium, Aktinium und anderer 
Stoffe, die Wirkungen der Radioaktivität und 
die Untersuchungsmethoden (Photographische 
Platte, Elektroskop), und wendet sich dann im 
4. Abschnitt, der den weitaus größten Teil 
des Buches einnimmt, zum Radium allein. Er 


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42 


Kritik. 


gibt eine ausführliche Beschreibung des Vor¬ 
kommens, der Gewinnung und der Eigen¬ 
schaften des Radiums (Atomgewicht, Spek¬ 
trum, Emanation, Übertragung von Radio¬ 
aktivität); die Bequerelstrahlen werden dann 
ihrer Zusammensetzung nacli charakterisiert 
(a-, ß- und Y-Strahleu). 

Eingehender beschäftigt sich Verfasser 
dann mit den Wirkungen der Becquerel¬ 
strahlen: Den chemischen Wirkungen (Flu- 
oreszenzerscheinungcn, Zersetzen der Silber¬ 
salze, des Wassers, Ozonisierung des Sauer¬ 
stoffes), den elektrischen Wirkungen (Auf¬ 
ladung, Ionisierung der Umgebung), ther¬ 
mischen Wirkungen, mechanischen Wirkungen 
(„strahlende Materie“), den physiologischen 
Wirkungen (Radiotherapie) und den Erschei¬ 
nungen der übertragenen Radioaktivität. Ein 
besonderes Kapitel ist ferner der von Ramsav 
entdeckten Eigenschaft der Emanation, sich 
in Helium zu verwandeln, gewidmet. In 
jedem Kapitel ist die praktische Anwendung 
der betreffenden Eigenschaft des Radiums 
auseinandergesetzt. 

Im Schlußkapitel versucht Verfasser 


dann noch die Erscheinung der Radioaktivität 
durch Zerfall der Radiumatome in Elektronen¬ 
gruppen und Helium zu erklären. 

Das Buch ist leichtfaßlich geschrieben, 
enthält sich aller physikalisch wissenschaft¬ 
lichen Erklärungen und Auseinandersetzungen, 
umfaßt alle Mitteilungen, die hierüber gebracht 
worden sind, und ist mit vielen guten schema¬ 
tischen Zeichnungen und Photographien ver¬ 
sehen. 

Alles in Allem dürfte der Verfasser 
dem Bedürfnis nach einem Buche abgeholfen 
haben, das sowohl sicli durch Gemeinver¬ 
ständlichkeit auszeichnet, als auch eine Ge¬ 
samtdarstellung alles bisher über Radio¬ 
aktivität mitgeteilten Materials gibt. Wird 
der Laie über die erste Eigenschaft, die Ge¬ 
meinverständlichkeit des Buches erfreut sein, 
so kommt der Arzt durch die zweite Eigen¬ 
schaft des Buches, auf nicht zu großem 
Raume eine Gesamtdarstellung alles dessen 
zu geben, was über dies wichtige Gebiet der 
neuesten Physik bekannt ist, vollständig auf 
seine Kosten. 

Georg G c h 1 h o f f. 


B. Abhandlungen und Broschüren. 


B. Walter, über das Röntgensche Absorp¬ 
tionsgesetz und seine Erklärung. Fort¬ 
schritte auf dem Gebiete der Röntgen¬ 
strahlen 1905, Heft 5. 

Unter dem Röntgenschen Absorptions¬ 
gesetz versteht man die Erscheinung, daß eine 
Röntgenstrahlung, die durch eine bestimmte 
SchichtAluminium, Glas oder Stanniol hindureh¬ 
gegangen ist, von einer zweiten ebenso dicken 
Schicht desselben Stoffes zu einem erheblich 
größeren Bruchteile hindurchgelassen wird, 
als von der ersten. Die Erklärung hierfür 
wurde von Röntgen gegeben: Aus dem Ge¬ 
misch von Strahlen verschiedener Härte, die 
aus jeder Röhre kommen, werden die weicheren 
relativ mehr abgeschwächt, als die härteren. 

Dies Gesetz hat nun, wie Verfasser ge¬ 
funden hat, nicht allgemeine Bedeutung, son¬ 
dern erfährt eine Ausnahme beim Silber und 
denjenigen Elementen, die hinsichtlich ihres 
Atomgewichtes dem Silber nahestehen (Palla¬ 
dium, Cadmium, Zinn und Antimon), d. h. die 
Strahlen werden nach dem Durchgänge durch 
Silber weicher, wie Verfasser durch Photo¬ 
graphien beweist, wenn auch schon das richtig 
bleibt, daß bei Silber in einer zweiten gleich 
dicken Schicht weniger absorbiert wird, als 
in der ersten. 


Das Röntgensche Gesetz reicht also für 
diesen Fall nicht aus. Da man durch die Auf¬ 
fassung, die man sich über die Zusammen¬ 
setzung und das Verhalten der direkten Strahlen 
gebildet hat, bei der Erklärung dieser Er¬ 
scheinung im SLicli gelassen wird, so bleibt 
nur übrig, die sekundäre Strahlung zu diesem 
Zwecke heranzuziehen. Und da zeigte es 
sich denn bei weiteren Versuchen des Ver¬ 
fassers, daß im Vergleich mit der direkten 
Strahlung die Sekundärstrahlen des Alumi¬ 
niums außerordentlich viel leichter durch 
Aluminium und die des Silbers außer¬ 
ordentlich viel leichter durch Silber hindurch¬ 
gehen. Verfasser hat daun auf Grund seiner 
Versuche das Röntgensche Gesetz dahin prä¬ 
zisiert, daß die Strahlung einer Rönt¬ 
genröhre bei der Absorption durch 
den Einfluß des absorbierenden 
Atom es derartig verändert wird, 
<1 aß sie allgemein für jeden belie¬ 
bigen Körper ein größeres Durch¬ 
dringungsvermögen, in ganz beson¬ 
derem Maße aber ein solches für 
Atome derselben Art erhält. 

Georg Gehlhoff. 


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Kritik. 


43 


F. Dessauer (Aschafl'enburg): Beiträge zur 
Bestrahlung tiefliegender Prozesse. (Medi¬ 
zinische Klinik, Nr. 21 u 22, 1905). 

Verfasser sucht den Nachweis zu liefern, 
daß es möglich ist, durch eine geeignete 
Versuchsanordnung auch tief liegende bös¬ 
artige Neubildungen erfolgreich mit Röntgen¬ 
strahlen zu behandeln. Zunächst wird die 
Dosierung besprochen. Die Wirkung der 
X-Strahlen beruht wahrscheinlich auf der 
Erzeugung von ultraviolettem Licht. Kathoden¬ 
strahlen und diffus verlaufenden sekundären 
Röntgenstrahlen. Den Anteil dieser ver¬ 
schiedenen Strahlenarten an der sekundären 
Strahlenbildung beeinflußt die Penetrations¬ 
kraft der primären Strahlung, also auch die 
Art der Röhre. Daher kommt wahrscheinlich 
den Strahlen je nach ihrer Durchdringungs¬ 
kraft eine spezifisch verschiedene Wirkung 
zu. Aus diesem Grund ist eine genaue Dosie¬ 
rung zur Zeit unmöglich. Das Chrotnoradio- 
nieter von Ilolzknecht. kann deshalb für 
Dosierung der Tiefenbestrahlung nicht ver¬ 
wendet werden, weil cs einmal nicht im Innern 
des Körpers angebracht werden kann, und weil 
andererseits eben die Qualität der Strahlung 
eine so große Rolle spielt, die Abhängigkeit 
des Chromoradiometers von der Qualität aber 
eine andere sein kann als die der Körper¬ 
zellen. Darauf gibt I). die Faktoren an, die 
zu einer annähernden Bestimmung der Dosis 
X-Strahlen für das Innere des Körpers führen 
können. Angaben über Funkenlänge des 
Induktors, Amperezahl etc. haben gar keinen 
Wert nach dieser Richtung, da eine Menge 
anderer Faktoren für die Menge und Durch¬ 
dringungskraft der Röntgenstrahlen ma߬ 
gebend sind. Es mufs fiir die Dosierung die 
Emissionsgröße der Röhre bestimmt werden. 
Diese setzt sich zusammen aus der Durch¬ 
dringungsfähigkeit (Härtegrad) und der Menge 
der Strahlung. Zum Zweck der Bestimmung 
muß das Instrumentarium so konstruiert sein, 
daß die Röhre längere Zeit (eine halbe Stunde 
lang) völlig konstant und ohne erhebliche 
Erhitzung leuchtet.. Durch die Methoden 
von Walter oder Benoist (D. empfiehlt der 
Einheitlichkeit halber erstere) kann man 
dann die Penetrationskraft und an der Hellig¬ 
keit des Leuchtschirms die Intensität, d. h. die 
Menge der Strahlen, messen. Zu letzterem 
Zweck dient das Photonieter. D. betrachtet 
also lediglich die Qualität und Quantität der 
Röntgenstrahlen als maßgebend für die Basis 
und will diese in der eben geschilderten Art 
bestimmen. 

Der zweite Teil der Arbeit ist der 
Methodik gewidmet. Nach unseren bisherigen 


Erfahrungen in der Radiotherapie müssen wir 
eine Elektivwirkung der Röntgenstrahlen 
annehmen, d. h. wir sind der Ansicht, daß die 
Jugendformen der Zellen, wie sie besonders 
für Tumoren charakteristisch sind, den Strahlen 
gegenüber weniger widerstandsfähig sind als 
die ausgereiften, protoplasmaarmen, fixen Ge¬ 
webszellen. D. nimmt nun an, daß diese 
Elektivwirkung bei härteren Strahlen größer 
ist als bei weicheren, weil bei letzteren die 
chemische Wirksamkeit eine so intensive ist, 
daß auch die normalen Gewebe (Haut) schon 
sehr rasch afficiert werden. Die penetranten 
Strahlen dagegen durchdringen die Gewebe 
viel gleichmäßiger, kümmern sich viel weniger 
um Dichte und Absorptionskraft, und durch¬ 
dringen des weiteren die verschieden tief 
liegenden Schichten homogen; auch die große 
diffuse Sekundärstrahluug der harten Röhren 
mag zu Gunsten ihrer größeren Elektivwirkung 
angeführt werden. 

Reagieren nun wirklich die Jugend¬ 
formen der Zellen anders als die fixen Gewebs- 
elemente, so muß dieser Unterschied desto 
mehr hervortreten, je homogener die Durch¬ 
strahlung ist. „Demnach läuft die Aufgabe, 
tiefliegende geeignete Krankheitsformen thera¬ 
peutisch zu bestrahlen, darauf hinaus, die in 
Frage kommende Körperpartie bis zu der 
notwendigen Tiefe so homogen zu durch¬ 
strahlen, daß die scheinbare Elektivwirkung, 
die Differenz in der Reaktion der kranken 
und gesunden Partie, möglichst vollkommen 
zur Geltung kommen kann.“ 

Es kommt also auf die Möglichkeit einer 
entsprechenden Versuchsanordnung an. Dazu 
ist zunächst erforderlich, daß bei der Strahl¬ 
ung Unterschiede in der Absorption in gleicher 
Entfernung von der Röhre befindlicher Gewebe 
nicht mehr vorhanden sind. Ferner kommt 
in Betracht, daß die Wirkung der X-Strahlen 
mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt. 
Bei ziemlich großer Entfernung der Röhre 
wird also der Unterschied des Effekts auf der 
Körperoberfläche und in der Tiefe kaum mehr 
bestehen, weil die Entfernung der beiden 
letzten Punkte von einander gegenüber der 
Gesamtdistanz von der Röhre kaum mehr ins 
Gewicht fällt. Die Strahlung in der Tiefe 
kann daher unter diesen Umständen als völlig 
homogen betrachtet worden. Diese Homoge¬ 
nität ist also das Postulat, das wir stellen, 
und wirerreichen es 1. durch Schaffung einer 
Strahlung, bei der eine möglichst geringe 
Absorptionsdifferenz verschieden dichter Ge¬ 
webe besteht — (harte Röhre) und 2. durch 
Bestrahlung mit möglichst entfernter Röhre. 
Zur Vorsicht kann mau aufserdem die Haut 


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44 


Kritik. 


durch Bleiblech schützen (Filtration der 
Strahlen). 

Auf Grund dieser Überlegungen gelangt 
D. zur Anschauung, daß wir Prozesse in der 
Tiefe unter gerade so günstigen Bedingungen 
bestrahlen können, wie oberflächliche. Die 
Apparate müssen natürlich entsprechend ge¬ 
baut werden, wozu die Technik heute imstande 
ist. Die Bestrahlnngsdauer ist entsprechend 
der geringen Absorption der harten Strahlen 
eine sehr große; allein, man kann die Apparate 
unhörbar und unsichtbar für den Patienten 
aufstellen. Die gesunde Umgebung muß sorg¬ 
fältig abgedeckt werden. Autor erklärt sich 
zum Schlüsse in hochherziger Weise bereit, 
aus den Mitteln des von ihm geleiteten elektro¬ 
technischen Laboratoriums Aschaffenburg die 
Anstellung entsprechender Versuche nach 
Möglichkeit zu unterstützen. (Möchte der 
Gedanke des Autors das erstrebte Ziel, die 
Heilung tiefliegender maligner Tumoren, er¬ 
reichen! Ref.) 

Fra nze-Nauheim. 

Karzinom des Fingers infolge von Röntgen¬ 
bestrahlung (aus „The Lancet“ 6. V. 05). 

Es handelt sich um einen Chirurgen, der 
1897 angefangen hatte, sich der Radiologie 
zu widmen. Im Mai 1903 führte er eine Ope¬ 
ration unter Röntgenlicht aus, und dabei wurde 
längere Zeit der linke Handrücken von den 
Strahlen getroffen. Bald trat Blasenbildung 
an dem zweiten und dritten Finger mit Ge- 
schwiirsbildung auf. Die Geschwüre heilten 
nach etwa 4 Monaten mit Hinterlassung von 
Glanshaut und Teleangiektasien. Die Nägel 
fielen aus; neue brüchige wuchsen nach. Nach 
einer erneuten Bestrahlung traten wieder 
Dermatitis und Geschwiirsbildung auf. Eines 
heilte, aber ein anderes auf dem Rücken 
des Zeigefingers verschlimmerte sich und 
zeigte, im April 04 Erscheinungen maligner 
Entartung, was die Amputation des Fingers 
im Metacarpophalangeal-Gelenk nötig machte. 


Die mikroskopische Untersuchung ergab Kar¬ 
zinom. Foulerton, der den Fall demonstrierte, 
glaubt nicht, daß die Röntgenstrahlen einen 
stimulierenden Einfluß auf das Wachstum von 
Epithelzellen haben, da eher das Gegenteil 
erwiesen zu sein scheint. Es handelt sich 
vielmehr um eine Analogie zu der bekannten 
Neigung, chronischen Reizen ausgesetzter 
Stellen bösartige Geschwulstbildungen hervor¬ 
gehen zu lassen. Es ist dies der dritte der¬ 
artige Fall in London seit kurzer Zeit. 

Franz e -Nauheim. 

Biclöre. Sur la radiothirapie appliquie 
aux nioplasmes du sein. (Arch. d’el. med. 

No. 158.) 

45 Fälle von Brustkrebs hat er bis jetzt 
selbst mit Bestrahlungen behandelt. Seine 
Erfahrungen lassen sich folgendermaßen zu¬ 
sammenfassen: 1. ln jeder Sitzung ist die größt¬ 
mögliche, für die Haut erträgliche Strahlen¬ 
dosis zu geben; gewöhnlich beträgt sie 4 H. 

2. Zwischen je 2 Sitzungen muß genügender 
Zwischenraum liegen, im allgemeinen 8 Tage. 

3. Für rezidivierte Brustkrebse, welche ino¬ 

perabel sind, ist die Radiotherapie die beste 
Behandlung. 4. Stets wird durch die Behand¬ 
lung eine lokale, meistens auch eine allgemeine 
Besserung erzielt. Die Dauer der Heilung 
ist aber sehr abhängig vom Zustand, in welchem 
die Behandlung begonnen wird, indem ober¬ 
flächliche Hautmetastasen und Narbenrezidive 
schnell und dauernd heilen, während alle 
tieferliegenden Krebspartieen, besonders auch 
die Achseldrüsen, nur wenig oder gar nicht 
beeinflußt werden. 5. Skirrhose Karzinome 
mit langsamem Wachstum werden weniger 
beeinflußt als weiche, jedoch scheint ihr Wachs¬ 
tum durch die Bestrahlung noch mehr ver¬ 
langsamt zu werden. 6. Geschwürige Krebse 
überhäuten sich bald ganz oder teilweise- 
7. Schmerzen schwinden meist nach der ersten 
Sitzung. 8. Irgend eine Gegenanzeige gegen 
die Bestrahlung gibt es nicht. —a— 


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Referate. 


durch Krampf der Nierengefäße auch Ischämie 
der Niere und damit Albuminurie verursachen. 
Wie die gute Wirkung warmer Bilder erklärt 
werden kann, darüber herrscht keine Klar¬ 
heit. Am wenigsten klar ist die Wirkung 
schweißtreibender Prozeduren auf die Albu¬ 
minurie, trotzdem diese Methoden in der 
Praxis sehr verbreitet sind. Zu starkes 
Schwitzen kann sogar durch Eindickungen 
des Blutes einer Albuminurie eher günstige 
Bedingungen schaffen, als diese hiuteuanzu- 
lialten, anderseits ist die diuretische Wirkung 
der mit kühlen Prozeduren verbundenen 
Schwitzbäder bekannt, und als diuretische 
Mittel beeinflussen sie eine Albiminurie in 
ähnlich günstiger Weise, wie dies Diuretika 
überhaupt tun. Es ist weiter feststehend, daß 
Muskelanstrengung Albuminurie provozieren 
und eine vorhandene vermehren kann; ins¬ 
besondere gilt dies von erschöpfenden Be¬ 
wegungen, Sportübungen; hervorzuheben ist, 
daß Training gegen die Wirkungen der 
Muskelübungen weniger empfindlich machen 
kann. Die Ursache der Albuminurie nach 
Muskelübung ist auch nicht klar, aber auch 
hier scheinen zirkulatorische Störungen in der 
Niere die Hauptrolle zu spielen, wenn nicht 
durch den gesteigerten Zerfall von Muskel¬ 
gewebe dyskrasische Momente im Blute in 
den Vordergrund treten. 

Eine einzige Art der Bewegung, näm¬ 
lich das Bergsteigen scheint auch nachweis¬ 
lich gute Wirkung auf Albuminurie zu haben. 
S. meint im Gegensätze zu mehreren Autoren, 
daß ilie systematische Apparatgymnastik, ja 
selbst die von mehreren Seiten direkt für 
schädlich gehaltene Massage auch, nicht nur 
ohne Gefahr, sondern sogar mit Nutzen ver¬ 
wendbar wäre. 

Der Einfluß klimatischer Faktoren ist 
insofern klargestellt, als man weiß, daß warme, 
trockene, windstille Klimata gut, feuchte, 
kalte, windige dagegen schlecht wirken. 

Bezüglich des alpinen Klimas scheint 
noch eine feine Dill'ercnzieruug insofern mög¬ 
lich zu sein, als mau dasselbe für die zyklische 
Albuminurie als ungünstig bezeichnet. Wie 
weit die Blutveränderungen durch physi¬ 
kalische Heilmethoden, soweit eine solche 
überhaupt nachweisbar ist, auf die Albuminurie 
von Einfluß ist, entzieht sich vorläufig der 
Beurteilung. 

Von den Einzelformen der Albuminurie 
behandelt S. vorerst die febrile Albuminurie, 
und betont, daß eine bestehende Albuminurie 
niemals davon abhalten darf, die für die 
fieberhafte Affektion notwendigen hydrothera¬ 
peutischen Prozeduren durchzuführen, ja 


selbst eine akute Nephritis kontraindiziert 
die genannten Prozeduren nicht; so bei 
Scharlach und andren Infektionskrankheiten, 
welche am häutigsten zu Nierenerkrankungen 
Veranlassung geben, soll man auf die Albu¬ 
minurie keine sehr weitgehende Rücksicht 
nehmen, solange das Fieber kühle Bäder not¬ 
wendig macht. Bei Stauungsalbuminurie ist 
die Ursache der Stauung zu beheben, und da 
leistet die Hydro- und Mechanotlierapie Be¬ 
deutendes; ähnlich bei der zyklischen resp. 
orthotischen Albuminurie, welche als Ent¬ 
wicklungskrankheit den physikalischen Heil¬ 
methoden die dankbarsten Behandlungsobjekte 
liefert. Hochgebirgsklima, Bergsteigen ver¬ 
bunden mit Hydrotherapie leisten oft hier 
Bedeutendes, nur muß Genauestes kontrolliert 
werden, ob die orthodische Albuminurie nicht 
etwa die eine in Entwicklung begriffene 
Schrumpfniere maskiert. Bei physikalischer 
Behandlung der nephritischen Albuminurie 
tritt dieses Symptom gegenüber der Ödeme 
der urämischen Intoxikation und hauptsäch¬ 
lich gegenüber dem Herzen zurück. Durch 
Behandlung dieser letzten Symptome wird 
Besserung der Albuminurie erzielt. Bei 
akuter Nephritis ist kalte Applikation so¬ 
viel wie ganz auszuschalten, bei anderen 
Formen von Nephritis sind Kombinationen 
von Schwitzkuren mit Kälteprozeduren und 
entsprechende mechanische Therapie von 
großem Wert. Ein Augenmerk ist auf die 
zeitlichen ateriosklerotischen und präguttösen 
Albuminurien zu richten, da diese Zustände 
entsprechend frühzeitig mit Erfolg angegangen 
werden können. 

In der sich an diese beiden Referate 
anschließenden Diskussion wies Prof. v. Pöhl- 
St. Petersburg auf die Wichtigkeit der Oxy¬ 
dationsvorgänge im Organismus, die nicht nur, 
wie man früher glaubte, Wärme erzeugen, 
sondern auch kynetische Kraft und damit osmo¬ 
tischen Druck liefern Das osmotisch indifferente 
Eiweißmolekül bildet nämlich durch Oxydation 
eine große Anzahl osmotisch aktiver Spal¬ 
tungsprodukte, unter denen die Harnstoff¬ 
moleküle die Hauptrolle spielen. Es ist also 
bei allen Formen der Albuminerie die Er¬ 
höhung der Gewebsatmung die Hauptaufgabe, 
weil dadurch dem Herzen wie auch den 
Nieren die Arbeit erleichtert wird. 

Kuthy macht auf die wohltätige Wirkung 
dos Klimas Kairos und Egyptens auf den 
Verlauf der chronischen Nephritis, ferner auf 
die Seltenheit der Albuminurie bei Phthisikern 
unter Behandlung derselben mittelst Hydro¬ 
therapie aufmerksam. 


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Referate. 


47 


Winternitz bemerkt, daß er die während 
Infektionskrankheiten z. B. Scharlacli auf- 
tretenden Albuminurien durchwegs hydriatisch 
behandle, und zwar mit besten Erfolgen. Er 
gilbe laktovegetabilische Diät mit relativ 
hoher Stickstoffzufuhr; durch methodisches 
Wassertrinken könne man, wie er gezeigt 
habe, in der Weise die Frage der Wasseraus¬ 
scheidung günstig beeinflussen, daß die Kranken 
abwechselnd in kleineren Schlucken ihre ge¬ 
samte Wasserquantilät einnehmen, dann 
wieder bestimmte längere Pausen der Wasscr- 
enthaltung üben. 

Samuely illustriert an einem genau be¬ 
obachteten Falle eines jungen Typhusrekon¬ 
valeszenten mit Nephritis den ausgezeichneten 
Heilwert der Heißluftbilder auf ilie subakuten 
Formen der Nephritis, die mit diätetischer 
Behandlung kombiniert überraschende Erfolge 
erzielen lassen und der medikamentösen Be¬ 
handlung entschieden vorzuziehen seien. 

H. Fischer, Karlsbad, weist auf die mit 

der Ansicht von Kolisch kollidierende Tat¬ 
sache hin, daß bei sogenannter Schwanger¬ 
schaftsniere Kochsalzinfusionen heilend wirk¬ 
ten, was darauf schließen lasse, daß entweder 
die Schwangerschaftsniere keine Nephritis im 
gewöhnlichen Sinne sei, also z. B. ganz andere 
anatomisch und physikalische Bedingungen 
darbiete, wie die so häutige Alkoholnephritis 
der Männer, oder daß die Ansicht, daß die 
Retention von Salzen und Wasser bei der 
Nephritis die Ursache der Ödeme sei, nicht 
oder nicht ausnahmslos gelte. 

In seinem Schlußworte bekennt sich 
Kolisch selbst zu einem Verehrer der vege¬ 
tabilen Diät, habe gegen Milchkuren nichts 
einzuwenden, könne aber bei chronischer 
Nephritis für die Dauer nicht des Fleisches 
entbehren. 

Gegen Fischer macht K. darauf auf¬ 
merksam, daß er niemals das Kochsalz für 
die Entstehung der Ödeino im allgemeinen 
verantwortlich mache, im Gegenteil, sogar für 
die nephrogenen Ödeme die osmotische Ent¬ 
stehung nicht als ausschließliche Ursache 
ansieht. 

Ooz. Strasser als Korreferent bemerkt 
gegenüber Exzellenz v. Pohl, daß er die Be¬ 
stimmung der Strömungsgeschwindigkeit durch 
Vergleichung der Gefrierpunkterniedrigung 
von Blut und Harn nicht für so weit ausgebildet 
und weitreichend halte, daß davon fürdasWesen 
der Albuminurie mehr Verständnis gewonnen 
werden könne. Vorläufig lehnen die Forscher 


die Rolle des hochmolekularen Eiweißes für das 
Verhalten des Gefrierpunktes ab. Gegenüber 
Samnelys guten Erfolg der Heißluftbehand¬ 
lung könne liier vielleicht nicht nur die Be¬ 
einflussung der Gefäße und der Zirkulation, 
sondern auch ein Eiweißabgang durch den 
Schweiß mitbeteiligt sein. 

Prof. E. H. Kisch sprach über „Neue 
Forschungen über die chemisch¬ 
physikalische Wirkungsweise der 
Mi ne ra 1 wil ss e r“. Erbetont, daß die neuen 
Methoden es gestatten, die in den Wässern 
wirksamen Bestandteile festzustellen, weiter¬ 
hin den Effekt, der Heilquellen in neuer Weise 
zu bewerten, endlich auch bisher unbekannte 
Eigenschaften der balneologischen Mittel 
aufzuschließen. Die chemische Analyse sei 
ein Paß, den die Wissenschaft dem Mineral¬ 
wasser ausstelle, der aber in Bezug auf die 
Treue des Bildes der Zusammensetzung gar 
manches zu wünschen übrig lasse. 

Von Thans Grundsatz, die chemischen 
Mineralwasseranalysen nur so anzugeben, wie¬ 
viele Gramme der jeweilen Elemente Na Mg 
wieviel SOs CI. etc., in einem Kilo des 
Wassers enthalten sein, nicht aber wieviel 
Natriumchlorid, Natriumsulfat etc. Diese 
Änderung werde durch die Lehren von van 
t'Hoff sehr gestützt. Salzlösungen resp. die 
Mineralwässer repräsentieren eine gewisse 
Menge Energie, die auch Arbeit leisten könne. 
Sie sei eine mechanische und zwar Volumen¬ 
energie, deren beide Faktoren Volumen und 
Druck als osmotischer Druck bezeichnet 
werde, dieser sei abhängig von der Zahl der 
von der Volumenseinheit gelösten Moleküle. 
Der osm. Druck werde durch die Gefrier¬ 
punktsbestimmung ermittelt. Der G. einer 
Lösung liegt umso tiefer unter Null Grad, jo 
konzentrierter selbe sei. Äquimolekulare 
Lösungen weisen die gleiche Go. Erniedrigung 
auf. So könne man mittelst G. Bestimmung 
(Kryoskopie) sehr einfach und leicht den 
osm. Druck und damit die Anzahl der Gramm¬ 
moleküle einer Lösung bestimmen. Außer der 
Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung 
ist die wichtigste Methode der Analyse der 
Mineralwässer die Messung ihrer elektrischen 
Leitfälligkeit. Durch die Bestimmung der 
elektr. Leitfähigkeit einer Lösung erhalten 
wir Aufschluß über den Dissoziationszustand 
der in der Lösung befindlichen Moleküle, 
einen Wert für den Gehalt an Jonen. Ar- 
rhenius hat die letzte Bezeichnung für die 
in einer Lösung dissoziirten Atome gewählt, 
welche er sich mit positiver, bez. negativer 
Eick geladen denkt, zum Unterschiede von 


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Referate, 


den gewöhnlichen unelektrischen Atomen. 
Die Salze sind nicht vollständig in ihre Jonen 
gespalten, ein Teil ist undissoziiert und der An¬ 
teil des gespaltenen Salzes, der sogen. Disso- 
tiationsgrad, wächst mit der Verdünnung. 
Diesen Dissoziationsgrad bestimmt man direkt 
mittelst der sehr bequemen Methode der elek. 
Leitfähigkeit. Es sind nur die Jonen, welehe 
die Elektrizität transportieren, und so erhält 
man aus der Ziffer für die Leitfähigkeit zu¬ 
gleich die Jonenkonzentration, die Gramm- 
.Jonen im Liter der Lösung. Die G. uud L. 
Bestimmung zusammen hat H. Koppe bekannt¬ 
lich als physikal.-ehern. Analyse der Wässer 
bezeichnet, da durch dieselben quantitativ im 
Liter die Zahl der Moleküle, qualitativ der 
Jonengehalt bestimmt werden kann. E. hält 
diese Analyse für unbedingt nötig und fordert 
die Vornahme an der Quelle selbst. Aueli 
die vollkommenste Füllung bietet nicht mehr 
dasselbe Molekularbild wie das Wasser an 
der Quelle selbst. Auch die Wirkung «1er 
Mineralwässer in physiologisch - therapeu¬ 
tischer Beziehung beruht auf den in den 
Salzbestaudteilen liegenden, eigenen Kräften, 
„osm. Strömungen“ in den Flüssigkeiten des 
Organismus. 

Je nach dieser Kraft hat von Kost- 
hewicz die Mineralwässer in Gruppen geteilt; 
die abführenden Bitterw'ässer, die Kochsalz- 
haltigen Quellen besitzen einen stärkeren 
osm. Druck als das Blut. Ganz nahe der 
molekulären Konzentration stehen gewisse 
Brunnen, wie Püllna, andere Quellen, wie 
Karlsbad, Marienbad, Kissingen u. a. haben 
eine geringere Konzentration als das Blut. 
Sie werden als hypotonische gegenüber den 
früher genannten isotonischen und hyper¬ 
tonischen bezeichnet. Kisch gibt nun die 
bisherigen Anschauungen über Wirkungsweise 
der Mineralwässer wie sie Strauss abzüglich 
des Einflusses auf die Magensaftsekretion 
nachgewiesen hat, und geht auf die Ansichten 
Köppes über die Bestimmung des osm. Druckes 
der Mineralwässer des Genaueren ein. Kisch 
erwartet sich von dem Studium der physi¬ 
kalisch-chemischen Eigenschaften der Lö¬ 
sungen strikte Indikationen für deren Ge¬ 
brauch. Das in Jonen ausgedrückte analytische 
Resultat von Wässern kommt der Wahrheit 
näher, als die Angabe nach Salzen, auch sind 
es vielfach gerade die Jonen, welche die 
Reaktion und Wirkung ausüben. Nach Pro¬ 
fessor Krauss läßt sich diese Art von Analyse 
nicht auch auf komplizierte tierische Flüssig¬ 
keiten ausdehnen. Der Hauptgewinn aus der 
osmotischen Theorie würde sich erst dann 
einstellen, wenn die spezielle Wirkung der 


einzelnen Jonen im Organismus und die Ab¬ 
hängigkeit dieser Wirkung von ihrer Konzen¬ 
tration wirklich erkannt wäre. 

Or. Zörkendörfer (Vorstand des hygienischen 
und baineologischen Instituts, Marionbad; 
sprach Uber „experimentelle Untersuch¬ 
ungen bezüglich der Wirkungsweise der 
Sulfatquellen". 

Nach einem Überblick über den jetzigen 
Stand der Ansichten über die Wirkung der 
Sulfate gibt der Vortragende einen Bericht 
über die Literatur. 

Da die Frage der Sulfatausscheidung 
noch nicht vollständig geklärt ist, wurden 
die chemisch-physikalischen Arbeiten abge¬ 
brochen und zunächst die Frage der Resorp¬ 
tion uud Ausscheidung der Sulfate an einem 
Tierversuche geprüft. 

Ein Hund wurde in Stickstott'gleichge- 
wiclit gebracht, sodann die normale Schwefel¬ 
säureausscheidung geprüft uud in drei ver¬ 
schiedenen Versuchsperioden der Schwefel¬ 
säuregehalt des Harns bei Zufuhren ver- 
schiedenerMengen Marienbader Kreuzbrunnens 
bestimmt. 

Im Vorversuche betrug während 9 Tagen 
der S Os-Gehalt des Harns 0,247 g pro die. 

Bei Zufuhr von 0,475 SOs in Kreuz¬ 
brunnen stieg die Ausscheidung auf 0,592 g 
pro die, bei 0,950 g SOs-Zufuhr betrug die 
Ausscheidung 1,023g SO« pro die, endlich bei 
einer Zufuhr von 1,515 g SOs 1,288 pro die. 

Bei der Nachperiode wurden am ersten 
Tage noch 0,537 g S 0 s ausgeschieden, während 
vom zweiten Tage au die Ausscheidung wieder 
auf normale Werte sank. 

Ferner wurden SO» Bestimmungen bei 
dem im balneologischen Institute zur Unter¬ 
suchung cingelaufcnen Materiale ausgeführt, 
wobei sich folgende Verhältnisse ergaben: 

Der 24stündige Harn von Kurgästen, 
welche noch nicht die Kur begonnen hatten, 
enthielt 

unter 1 g SOs in 1 Fall 
von 1—2 g SOs in 3 Fällen 
von 2—3 g SOs in 6 Fällen 
etwas über 3 g SO« in 2 Fällen, 
die Zahlen stimmten mit den als normal be¬ 
kannten Werten überein. Während des 
Trinkens stieg die Ausscheidung namentlich. 

Es wurden gefunden: 

8—2 g SO in 2 Fällen, 

2— 8 g SO in 14 Fällen, 

3— 4 g S 0 in 22 Fällen, 

4— 5 g S 0 in 8 Fällen, 

5— 6 g SO in 3 Fällen, 

6— 7 g SO in l Fall, 

7— 8 g SU in 1 Fall, 

über 8 g S O in 1 Fall. 


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Referate. 49 


Im Anschlüsse an den Vortrag Z’s 
berichtet Max Porges (Marienbad) über 
seine Untersuchungen „über Sulfataus¬ 
scheidung beim Gebrauch alkalisch- 
s a 1 i n i s c h e r Wässer' 1 aus demselben 
Laboratorium. P. studierte die Resorptions¬ 
und Ausscheidungsverhältnisse der Sulfate in 
alkalisch-salinischen Wässern. Bisher hatte 
man gefunden, daß die abführende Wirkung 
desGlauber- und Bittersalzes auf deren höheren 
endosmot. Aequi valenten und dadurch bedingter 
schwerer Resorbierbarkeit beruht (Glax). 
Porges bestimmte die Gesamtschwefelsäure 
des Harns und der Faeces während einer 
Vor- und während der Versuchsperiode 
mittelst bestimmter Mengen Marienbader 
Kreuzbrunnens bei normalen Personen, unter 
bestimmten Kostverhältnissen, d. i. bei vor¬ 
wiegender Kohlenhydraternährung und auch 
bei vorwiegender Eiweißkost. Seine Resultate 
lauten: 

1. die mit den alkal. sal. Wässern einge¬ 
führten Sulfate werden resorbiert und 
erscheinen im Harn. Die Resorption 
findet bald im Dickdarm bald höher oben 
statt und schwankt diesbezüglich sehr. 

2. Resorption und abführende Wirkung 
stehen in einem antagonistischen Ver¬ 
hältnisse. 

3. Die Ausscheidung von Aetherschwefel- 
säuren erleidet in Fällen von normaler 
Verdauung keine Veränderung. 

Max Haudek (Orthopäde, Wien) be- 
haudelte den Einfluß des Seeklimas auf die 
Ausheilung tuberkulöser Gelenke und Knochen¬ 
affektionen im Kindesalter. Die Behandlung 
der letzteren müsse eine vorwiegend konser¬ 
vative bleiben und frühzeitig beginnen. Die 
Ruhigstellung der erkrankten Gelenke mit 
Entlastung und e v. Extension derselben mittelst 
Gypsverbänden oder Entlastungsapparaten sei 
zweckmäßig, da die übrige Bewegung, eveut. 
das Herumgehen gestattet sei. Hessings 
Schienen hülse napparate ermöglichen 
gleichzeitige Korrektur fehlerhafter Stellungen. 
Bei ganz kleinen Kindern leistet das Gypsbett, 
sonst das Gyps oder Lederkorsett die besten 
Dienste z. B. bei Wirbelcaries. Als konser¬ 
vative Methoden kämen auch Injektionen von 
Jodoformöl mit oder ohne vorausgehende 
Punktion, ferner venöse Stauung, nur aus¬ 
nahmsweise auch operative Eingriffe in Be¬ 
tracht wie Abszeßöftüung, Excoehleation, Re¬ 
sektion kariöser Gelenksenden oder am tuber¬ 
kulösen Knochen selbst. Alle diese Eingriffe 
werden durch günstige Einflußnahme des See- 
klimas wesentlich besser zur Wirkung ge- 
Archiv f. physik. Medizin etc. 


langen und erweisen sich die wenigen bisher 
bestehenden Seehospize als geradezu segens¬ 
reiche Heilstätten, wenn der Aufenthalt nur 
genügend laug, oft allerdings Jahre hindurch 
bis zur Heilung andauern kann. Der Vor¬ 
tragende hält die Zahl solcher Hospize für 
viel zu gering. 

Franz Tripold (Abbazia) unterzieht 
das Sommerklima von Abbazia und 
seine Indikationen einer ausführlichen 
Erörterung. Abbazia sei sowohl Winter- wie 
Sommerkurort. Die Sommersaison umfasse 
die Monate Mai bis September. Das Monats¬ 
mittel im Mai sei aus 19 Jahren berechnet 
16 8 /to Grad Celsius und schwanke zwischen 
2S 6 /io und 6 Grad Celsius als Maximum und 
Minimum. Das stärkste Monatsmittel inner¬ 
halb der Sommerszeit überhaupt betrug 25 4 |io 
Grad Celsius, die höchst beobachtete Tages- 
temperattir im Schatten 35 4 |io Grad. Strahlende 
Wärme, Lichtbesonnung und Bewölkung ent¬ 
sprächen einem angenehmen gemäßigten Sce- 
klirna. Die Luftfeuchtigkeit im Sommer sei 
geringer als im Winter, sie betrage 78 6 |io °| 0 
im Mai, 73 °|o im Juni. Von Niederschlägen 
kommt nur der Regen in Betracht, da Hagel, 
Tau und Nebel kaum jemals beobachtet 
werden. Der Mai hat durchschnittlich 9°/io, 
der August 6*/to Regentage. Der Sommer sei 
größtenteils windstill, von den Seebrisen ab¬ 
gesehen. Von Winden seien Bora und Mestral 
kühle Fallwinde vorherrschend, sie zeigen 
sonnig-trockenes Wetter an. Abbazia ist im 
Sommer für Nephritiker sehr indiziert, weil die 
Transpiration gerade hier kontinuierlich und 
stärker von statten geht, es empfiehlt sich 
ganz besonders für die aus Egypten kommen¬ 
den Kranken, denen das nördliche und trockene 
Sommerklima weniger beliagt. Spezifisch 
günstig wirkt es bei Heufieber, da es nahezu 
gar keine Gräser und Wiesenflora besitzt. 
Was die Indikationen für den Wintcraufcnt- 
halt betrifft, so teilt dieser Kurort dieselben 
mit denen der Kurorte an der Riviera. Die 
Mitteltemperatur ist durchschnittlich um 1 bis 
2 Grade tiefer als die der Riviera. 

Doz. Desider Kuthy (Budapest) be¬ 
sprach das Verhältnis „Seeklima zur 
Tuberkulose.“ Unsere Tage seien für 
die Lungenschwindsuchttherapie eine wahre 
Sturm- und Drangperiode. Einerseits dränge 
man eifrig nach einem Spezifikum, andrerseits 
bestürme die Heilstättenbehandlung mit ihren 
Prinzipien und Erfolgen manche bisherige 
Anschauung. Es sei ratsam, in dieser Zeit¬ 
periode ebenfalls das Gleichgewicht unseres 

4 


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5Ö 


Referate. 


Urteiles fest zu behalten und uns vor jeder 
Übertreibung zu hüten. Der „ubiquitäre“ Stand¬ 
punkt der modernen Tuberkulosenheilbe¬ 
strebungen: die Krankheit überall, vom Klima 
unabhängig, zur Besserung führen zu wollen, 
wenn nur entsprechende Anstaltsbehandlung 
den Kranken geboten wird, sei wohl mehr 
als Resultat des sozialen Zwanges zu betrach¬ 
ten, welcher erfordere, daß die Tausende 
armer mittelloser Lungenkranker ebenfalls 
einer Behandlung mittelst Luftkur teilhaftig 
würden. Diejenigen Aerzte, die den obigen 
Satz für alle Phtisikor verallgemeinern, als 
ihren Standpunkt verkünden, geraten ent¬ 
schieden in eine Übertreibung, denn wie 
einerseits fessteht, daß man bei weitem nicht 
Alles vom Klima erwarten darf, so sei es 
auch sicher, daß gewisse Tuberkulotiker für 
die rauhen Jahreszeiten ein mildes Klima zu 
ihrer Besserung erfordern und nach Möglich¬ 
keit die Kurorte milden Himmelsstriches auf- 
zusuchen haben. Nach Ansicht von Weber 
erfordern es die als aktive Lungenphthise be- 
zeichneten Fälle, mit oder ohne Fieber, jeden¬ 
falls die mit einer beginnenden Kachexie und 
die mit Kehlkopftuberkulose komplizierten 
Fälle. Er,stere finden in der Quarnerogegend 
und an den beiden Rivieras die gewünschten 
klimatischen Vorteile, für letztere ist in erster 
Reihe das milde Inselklima zu empfehlen. 
Selbst in den giinstigst gelegenen Kurstationen 
aber sollen die Phthisiker sich selber nicht 
frei überlassen bleiben. Sie erfordern ge¬ 
nügende Kontrolle nnd Separation von den 
übrigen Kurgästen. An der Diskussion be¬ 
teiligten sich Dr. Weber-Norderney, 
Dr. S z i g e 11 i, Dr. Gorski-Abbazia, 
Ne n ad ovicz-F ranzensbad und Di-. 
K u t h y -B u d ap e s t und machten sämtlich auf 
die Notwendigkeit aufmerksam, Isoliranstalten 
in Sanatorien in Kurorten zur Verpflegung 
von hochgradig Tuberkulosen zu errichten. 

Gäza Fodor. Über den inneren Gebrauch 
des Meerwassers. 

Die Küstenvölker trinken seit uralten 
Zeiten das Meerwasser als Abführmittel und 
als Heilmittel gegen Drüsenleiden. In der 
Literatur der ältesten Zeit finden sich schon 
Angaben über den inneren Gebrauch des 
Meerwassers, so bei Plinius, Avicenna u. s. w. 
Der eigentliche Schöpfer der Thalassotherapie 
ist der Engländer li. Rüssel. 

Dr. Fodor — ermuntert durch die bis¬ 
herigen günstigen Erfahrungen — stellte eben¬ 
falls Versuche mit dem inneren Gebrauche 
des Meerwassers an. 


Bei früheren Versuchen wurde entweder 
das Seewasser selbst gegeben, oder Präparate, 
die mit dom Seewasser hergcstellt waren; 
und zwar Meerwasserbrot (Rabuteau). Mecr- 
wasser-Latwerge, und Meerwasserelixir (Isie). 

Es wurde auch das Meerwasser zu 
intravenösen Injektionen angewendet (Rabu¬ 
teau, Lubanski etc.). Bei seinen Versuchen 
verwendete Dr. Fodor das Wasser des 
Quarnero, dessen Salzgehalt nach Büchner 
3.781, Chlornntriumgehalt 2,9 °/o beträgt; ihm 
folgt das Chlormagnesium, schwefelsaures 
Magnesium und in kleinen Mengen die 
übrigen Salze. 

Es ist, also ersichtlich, daß bei Anwendung 
des Meerwassers die Hauptrolle das Chlor¬ 
natrium bei der Wirkung des Meerwassers 
spielt. Dr. Fodor führt nun kurz die phar¬ 
makologischen und physiologischen Eigen¬ 
schaften des Kochsalzes an, bei seiner lokalen 
Einwirkung auf die Magenschleimhaut, wie 
die Allgemeinwirkung nach seiner Resorption. 

Die anderen Bestandteile sowie die 
Wasserwirkung können vernachlässigt werden. 
Zur Trinkkur wurde das Seewasser weit von 
der Küste geschöpft, sterilisiert und mit, Kohlen¬ 
säure imprägniert; es wurde angewendet bei 
mehreren Fällen von chronischem Magendarm¬ 
katarrh, Exsudatum pleuritieum, Dyspepsie bei 
einem Kinde (von anderthalb Jahren) und 
Diabetes mellitus, außerdem wurde es als 
Abführmittel versucht. 

Das sterilisierte mit Kohlensäure ge¬ 
sättigte Meerwasser (Marina) wurde von den 
Patienten gern genommen und gut vertragen. 
Als Abführmittel gab es Dr. Fodor in großen 
Dosen ('/» bis 1 Trinkglas, zur Hälfte mit 
Wasser verdünnt), in den übrigen Fällen in 
kleineren Dosen (‘1«, '/», '/>, Trinkglas), bei 
Kindern 1 Kaffeelöffel bis 2—3 Eßlöffel. Bei 
Erwachsenen haben kleine Dosen (I, 2 bis 3 
Eßlöffel) eher eine obstipierende Wirkung. 

In allen Fällen war eine auffallende 
Besserung des Appetits und des Allgemein¬ 
befindens zu konstatieren, bei dem Exsudatum 
pleuritieum wurde die Diurese gesteigert und 
das Exsudat sank schnell, bei Diabetes mellitus 
konnte eine rasche Abnahme der Glykosurie 
und Zunahme des Körpergewichtes konstatiert 
werden. Gestützt auf seine bisherigen Er¬ 
fahrungen empfiehlt Dr. Fodor Trinkkuren 
mit Meerwasser in Abbazia in den Herbst-, 
Winter- und Frühlingsmonaten. Das ver¬ 
hältnismäßig milde Klima Abbazias ermög¬ 
licht, in der erwähnten Jahreszeit durch den 
längeren Aufenthalt der Kranken im Freien 
die Wirklingen der Trinkkuren mit der Seeluft 
zu unterstützen. 


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Referate. 


51 


Dr. Offer, Wien. Über vegetarische Diät. 

Öfter bezeichnet den Wert derselben 
vom Standpunkte der Ernährungsphysiologie 
als einen sehr geringen. Die Hauptmängel 
bestehen in der Eiweisarmut, welche die Er¬ 
haltung des Stoft'wechselgleichgewichts er¬ 
schwert, und in der schlechten Ausnützung 
derselben, welche den Calorienwert einer 
derartigen Diät noch weiter herabsetzt und 
nur den Verdauungstrakt beschwert, ln der 
Therapie wird die vorübergehende vegetarische 
Ernährung (Diätkur), manchmal sogar eine 
bleibende Ernährung mit Pflanzenkost not¬ 
wendig. Bei Stoffwechsel, Diabetes, Gicht, 
Fettleibigkeit, werden durch vegetarische Diät 
häufig Erfolge erzielt. Auch Erkrankungen 
des Darmes werden durch vegetarische Diät 
günstig beeinflußt, doch ist in dieseu Fällen 
streng zu individualisieren, und müssen die Kon¬ 
traindikationen sorgfältig beobachtet werden. 

Ferner wird die vegetarische Diät bei 
Nierenkrankheiten, bei der Ateriosklerose 
angewendet. Der Vortragende kommt zum 
Schlüsse, daß die vegetarische Diät sich in 
der Therapie Beachtung verschafft hat und 
ihre Durchführung von Erfolgen begleitet ist, 
daß jedoch dieses Ernährungsregime bei ge¬ 
sunden Menschen den physiologischen An¬ 
forderungen nicht entspricht. 

ln der anschließenden Diskussion, an der 
sich die Herrn v. Pöh 1, Altm an n, S tr aße r 
und der Vortr. beteiligt, wird einerseits auf 
die Widerstandskraft der reinen Vegetarier 
z. B. der Kulis in Indien hingewiesen, daß 
die vegetarische Diät sich zeitweise und 
durch längere Perioden zumal bei gewissen 
Erkrankungsformen von großemWerte erweist, 
zumal bei Nephritis, Arteriosklerose, einzelnen 
Nervenkrankheiten, daß sie aber als regel¬ 
mäßige Regime gesunder Menschen weder 
empfehlenswert noch berechtigt sei. 

Dr. Oskar Frankl, Frauenarzt in Wien. Über 
Heißluft- und Heiß Wasserbehand¬ 
lung von Frauenkrankheiten. 

Es ist der Zeitpunkt gekommen, da nicht, 
blos über die Technik, sondern auch über die 
differenzielle Indikationsstellung für die ver¬ 
schiedenen thermischen Anwendungsformen 
in der Gyniatrie einiges Positives ausgesagt 
werden kann. Entsprechend ihrer ver¬ 
schiedenen physiologischen Wirkung sind die 
vaginalen Anwendungen (kurze, prolongierte 


Scheidenspülung, Thermophore, konstant 
temperierte Thermoden) strickte von den 
integumentären (Sitz- und Vollbäder, Moor¬ 
bäder, Thermophore, konstant temperierte 
Umschläge, Heißluft) zu sondern. Fiir den 
praktischen Gynäkologen ist der Heißluft¬ 
apparat von Hilzinger-Keiner in Stuttgart 
recht zweckmäßig. 

Das akute Stadium entzündlicher Er¬ 
krankungen verbietet jede Thermothorapie. 
Das subakute Stadium schließt die intensive 
vaginale Wärmeapplikation aus. Vorhanden¬ 
sein von Eiterherden läßt jedwede Wärme¬ 
anwendung unzweckmäßig erscheinen. An¬ 
sonsten ist von vaginalen Methoden nur die 
kurzdauernde heiße Scheidespülung gestattet. 
Hingegen sind warme Bäder, Moorbäder, zumal 
Heißluft von vorzüglicher Wirkung, insbe¬ 
sondere, wenn die durch die Wärme bewirkte 
Analgesie - Hyperämie durch sofort ange¬ 
schlossene Massage richtig und vollkommen 
ausgenützt wird. Bis an die Bauchdecken 
reichende Exsudate erheischen entsprechende 
Dosierung der integumentären Wärmeapplika¬ 
tion wegen Gefahr eitriger Einschmelzung. 
Ist die letztere erwünscht, so hat die Behand¬ 
lung unter bestimmten Kautclen vor sich 
zu gehen. 

Bei chronischen Entzündungen, bei 
narbigen Veränderungen nach solchen mit 
gleichzeitiger Uterusverlagerung, ist sowohl 
Heißluft, als auch intensive vaginale The.rmo- 
applikationen mit sofort angeschlossener 
Massage, Dehnung etc. erfolgreich. 

Die Thermotherapie der Frauenkrank¬ 
heiten bedeutet einen großen gyniatrischen 
Fortschritt, welchen wir der Hydrotherapie 
zu danken haben. 

In der Diskussion betonte Dr. Ullmann. 
daß der Vortragende die Methode der kon¬ 
stanten Wärmeapplikatiouen von den übrigen 
Wärmemethodeu z. B. dem reizenden Heißluft¬ 
verfahren zu wenig abgegrenzt und in seine 
speziellen Indikationen zu wenig scharf her¬ 
vorgehoben habe, ferner, daß seinen Er¬ 
fahrungen entsprechend rationell angewendet 
konstante Wärme auch bei akuten Ent¬ 
zündungen auf infektiöser Basis Indikationen 
finde. Frankl will jedoch die akute Salphin- 
gitis und Oophoritis schon wegen der Möglich¬ 
keit des Platzens der Eitersäcke ausge¬ 
schaltet wissen. 

(Fortsetzung folgt). 


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■Referate. 


Österreichische radiologische Literatur. 


V. Jaksch. Die Röntgendiagnostik 
innerer Erkrankungen. Verein deut¬ 
scher Arzte iu Prag. Sitzung vom 10. Fe¬ 
bruar 1905. Ref. Prager med. Wochcnschr. 
1905. No. 7. 

Auf Grund eines Materiales von 300 
Fällen bespricht der Vortragende die Bedeutung 
der Röntgendiagnostik und betont besonders 
für die Untersuchung schwerer fieberhafter 
Lungenkranker die Vorteile der ventrodorsalen 
Aufnahme in Rückenlage. Ferner demonstriert 
er eine Reihe von Röntgenplatten, welche 
die Lungentuberkulose in ihren verschiedensten 
Formen zeigen, einen Fall von tuberkulösem 
Pyopneumothorax vor und nach der Bülau’schen 
Drainage. Bei fortlaufenden Röntgenunter¬ 
suchungen von Pneumoniefällen ergab sich, 
daß die Schatten in der Platte größer sind, 
als die Dämpfungen, welche die physikalische 
Untersuchung bietet, daß die Lösung einer 
Pneumonie fast immer zentral in dem be¬ 
troffenen Lappen beginnt und von da nach 
der Peripherie weiter fortschreitet, daß end¬ 
lich bereits in einer Zeit eine Abnahme der 
Schatten stattfindet, in welcher weder der 
Gang des Fiebers noch die Perkussion die 
beginnende Krise anzeigen. Atelektase er¬ 
zeugt weniger intensive Schatten als die pneu¬ 
monische Infiltration. 

Wilhelm Goldzieher (Budapest). Die Wir¬ 
kung der Röntgen strahlen auf 
trachomatöse Infiltrate. Gesellsch. 
der Spitalärzte VI. Sitzung vom 20. IV. 1904. 
Ref. Bester Med G'hir. Presse 1905. No. 2. 

Bei glattem Trachom verschlimmerte 
sich der Reizzustand und die subjektiven Be¬ 
schwerden nach der Röntgenbehandlung, gut 
bewährte sich dieselbe aber in zwei Fällen 
von Trachoma mixtum und einem Fall von 
reinem follikulärem Trachom. Die infiltrierte 
Konjunktiva verdünnte sich schon nach kür¬ 
zester Zeit, die Knoten au der Übergangsfalte 
verschwanden. Bei dem gemischten Trachom 
ergab die chirurgische Behandlung augen¬ 
scheinlich einen besseren Erfolg, da keine 
Vernarbung und Atrophie der Konjunktiva 
wie nach der Röntgenbestrahlung auftrat. In 
den Fällen von einfachem Trachom mit Knöt¬ 
chenbildung scheinen beide Methoden gleich¬ 
wertig zu sein. 

In der Diskussion betont Alfred Huber 
die Nützlichkeit des H o 1 z k n ec h t’schen 
Chromoradiometers zur Vermeidung von unan¬ 
genehmen Nebenerscheinungen. 


Rudolf Böhm (Prag). Ü berRadium, radio¬ 
aktive Substanzen, Radiumwir¬ 
kung und R a d i u m t h e r a p i e. Über¬ 
sichtsreferat. Prager medizin. 
Wochcnschr. 1905. No. 7—9. 

Der Autor bespricht in übersichtlicher 
Weise die physikalischen und chemischen 
Eigenschaften des Radiums und der radio¬ 
aktiven Substanzen überhaupt, die Wirkung 
der Radiumstrahlen auf die Netzhaut; ferner 
werden an der Hand der Literatur die Be¬ 
einflussung des Wachstums niederer Organismen 
sowie die Veränderungen an inneren Or¬ 
ganen nach Radiumbestrahlung gewürdigt. Am 
Schlüsse bespricht B ö h in die therapeutischen 
Ei folge des Radiums. Er selbst hat au der 
Klinik Pick mit einer 20 mg Radiumbromid 
enthaltenden Kapsel gute Resultate besonders 
bei Neoplasmen und Teleangiektasien erzielt. 

Moriz Schein (Budapest). Rüntgenstra lilen 
in der Dermatologi e. Pester Medizin. 
Chir. Presse 1905. Nr. 2. 

Bei der Anwendung der Röntgenstrahlen 
müssen hauptsächlich drei Momente berück¬ 
sichtigt werden: 1. die kumulative Wirkung 
der Röntgenstrahlen, 2. das latente Stadium 
der Wirkuug des Röntgenlichtes, 3. die so¬ 
genannten sekundären Hautveränderungen: 
Atrophie der Haut oder zahlreiche Teleangi¬ 
ektasien, wie sie von Riehl, Holzknccht 
und Ehr mann beobachtet wurden. Doch 
kann eine derartige starke Reaktion bei sorg¬ 
fältiger Kontrolle mit Sicherheit vermieden 
werden. Der Autor bespricht des weiteren 
ausführlich die Technik des Röntgenverfahrens 
und bezeichnet das Holzknech t’sche Chromo- 
radiometer für den größten Fortschritt in 
der Radiotherapie. 

Eduard Schiff. tSitzuug der k. k. Ge¬ 
sellschaft derAerzte in Wien vom 24. II. 1905. 
Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 9) be¬ 
richtet über die von ihm bezüglich der W i r- 
kupg des Radiums auf die Haut au 
seinem eigenen Arm angestellten Versuche. 
Er experimentierte mit einer Radiumkapsel 
von 55 mgr. Aktivität 200.000. Am 5. Tage 
wurde die Applikationsstelle leicht rosarot, 
dann kupferrot und endlich zyanotisch. Nach 
einigen weiteren Tagen bildete sich ein Schorf, 
ähnlich dem nach einer Verbrennung, der sehr 
schmerzhaft war und die Beweglichkeit des 
Vorderarmes behinderte. Nach ßtägiger Dauer 
ließen «lie Entzündungserscheinungen nach und 
die Haut kehrte allmählich zur Norm zurück. 


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Referate. 


53 


In der folgenden Diskussion bestritt 
Holzknecht. die Neuheit der gemachten 
Mitteilung und wies darauf hin, daß tiereits 
vor 2 Jahren von ihm und A. Exil er der¬ 
artige Versuche angestellt und publiziert 
wurden, die zu denselben Resultaten geführt 
haben. 

Eduard Lang. (Sitzung der k. k. Ge¬ 
sellschaft der Ärzte in Wien vom 17. II. 1805. 
Wiener kliu. Wochenschr. 1905. No. 3) de¬ 
monstriert einen Fall von Karzinoderma pig¬ 
mentosum. Der 52jährige Mann wurde seit 
einem halben Jahre mit Röntgenstrahlen be¬ 
handelt. Das Gesicht ist durch ausgedehnte 
Ulcerationen zerstört, das rechte Augenlid 
fehlend, Conjunctiva ectropioniert und herab¬ 
gezogen durch ein bis zur Nasenwurzel und 
Wange reichendes Geschwür mit derber Basis 
und wallartigen Rändern, ferner Geschwüre 
am Ohr, Hals und den unteren Extremitäten. 
Die Haut am ganzen übrigen Körper, mit Aus¬ 
nahme handtellergroßer isolierter Herde, 
schmutzig graubraun verfärbt. Die Röntgen¬ 
behandlung kann in diesem Falle geradezu 
als souverän bezeichnet werden. Ob sie aller¬ 
dings auf das Bestehen der Disposition zur 
Karzinombildung einen Einfluß hat, ist un¬ 
gewiß. 

Julius Flesch (Sitzung der k. k. Ge¬ 
sellschaft der Ärzte in Wien vom 3. II. 1905. 
Wiener klin. Wochenschr. 1905. No. 6) demon¬ 
striert ein usuricrendes Aneurysma 
der Aorta thoracica descendens bei 
einem 43jährigen Buchhalter, der seit. 2 Jahren 
an Tabes im praeataklischen Stadium leidet. 
Die halbkugelige Geschwulst reicht einerseits 
vom inneren Rande des linken Schulterblattes 
und der Wirbelsäule, andrerseits von der 
linken zweiten bis zur 4.-5. dorsalen Rippe 
und zeigt exquisite transversale Pulsation. 
Radioskopisch (Dozent Dr. Kienböck) ist 
das linke Lungenfeld in seinem oberen Viertel 
stark verdunkelt., indem sich beiläufig in 
der Höhe in des zweiten Interkostalraumes 
an den Mittelschatten nach links ein ebenso 
intensiver Schatten anschließt. Es handelt 
sich um mehrere 2-3 Mandarinen - große, 
homogene dichte Massen, welche im Thorax¬ 
raum sitzen. Ungewöhnlich an dem Fall ist: 
1. das subjektive Wohlbefinden, 2. der Mangel 
aller Verdrängungs- und Kompressionserschei- 
nungen, 3. das rasche Wachstum, 4. die schmerz¬ 
lose Destruktion des Knochens. 

C. Hödlrnoser. Aneurysma der Aorta 
ascondens und Aneurysma der Ar¬ 
te r i a in n o mina t a mit Durchbruch 


in die Vena cava superior. Wiener 
klin. Rundschau. 1905. No. 7. 

In einem der beiden Fälle, einen 45,jäh¬ 
rigen Beamten betreffend, wurde von Regi¬ 
mentsarzt Dr. Richter eine röntgenographische 
Untersuchung vorgenommen. Dieselbe ergab 
das Vorhandensein eines breiten Schattens zu 
beiden Seiten des Sternums, besonders aber 
nach der rechten Seite bin (Durchleuchtung 
ventro-dorsal). Die. Sektion ergab ein großes 
sackförmiges Aneurysma des Anfangsteiles 
der Arteria anonyma, welches den Truncus 
der Vena cava superior komprimierte und in 
denselben perforierte. 

Heinrich Mache. Über die Radioaktivi¬ 
tät d e r Thermen von W i 1 d b a d — 
Gastein. K. k. Gesellschaft der Arzte 
in Wien, Sitzung vom 27. 1. 1905. Wiener 
klin. Wochenschr. 1905. 

Die Ursache der Radioaktivität vieler 
Quellen ist ihr Gehalt an Emanationen Unter 
diesen wirken die Quellen von Wildbad— 
Gastein am stärksten radioaktiv infolge von 
Radiumemanationen aus Gesteinsschichten, 
welche das Quellwasser passiert. Die Menge 
der Emanationen ist in jeder Quelle verschie¬ 
den und steht mit der Temperatur des Wassers 
in keinem Zusammenhang. 

In der Diskussion berichtet Neusser, 
daß er mit Uranpechblende, die er aus Jo- 
achimsthal in Böhmen bezogen, künstliches 
Gasteinerwasser erzeugt habe. Es wird mit 
5 kg der Uranrückstände ein Bad bereitet, 
wobei die Wanne mit. einem gasdichten Stoff 
bedeckt wird, damit die im Wasser entwickelte 
Emanation nicht zum Teil an die umgebende 
Luft abgegeben werde. Die Uranpechrück¬ 
stände wurden auch in Säcken als Umschläge 
appliziert. Es wurden zwei Patientinnen mit 
Peritonitis tubcrculora und ein Fall von Inter¬ 
kostalneuralgie mit gutem Erfolg behandelt. 

Wiek betont, daß man zwischen der 
Reaktion und der therapeutischen Wirkung 
der Therme unterscheiden muß. Er sah unter 
mehr als 3000 Fällen nur in I0 0 /o Reaktions¬ 
erscheinungen. Ob die Wirkung des Thermal¬ 
wassers mit der Wirkung der Radiumemanation 
identisch ist, kann nur durch spezielle Experi¬ 
mente bewiesen werden. 

Hugo Gerber (Gesellschaft für innere 
Medizin und Kinderheilkunde, in Wien. 
Sitzung vom 15. Dezember 1904. [Original- 
berichtej) demonstriert einen Fall von lympha¬ 
tischer Leukämie, bei welchem durch Rönt¬ 
genbestrahlung ein fast vollständiger Sehwund 


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54 


Referate. 


der Lymphdriisentumoren und Sinken der 
Leukocytenzahl beinahe bis zur Norm 
erzielt wurde. In den der Bestrahlung fol¬ 
genden Stunden schnellen die Leukocyten- 
werte empor, was Gerber als Ausschwemm¬ 
ung von Leukocyten aus im Körper vorhan¬ 
denen Depots (Lymphdriisen) auffaßt. Später 
erfolgt erst ein beträchtlicher Abfall der 
Leukocytenanzahl. 

Guido Holzknecht hat ll Fälle von Leu¬ 
kämie mit Röntgenstrablen behandelt, sämt¬ 
liche bis auf einen Fall lymphatische Leu¬ 
kämien. Es zeigte sich anfänglich steile 
Zunahme, dann allmähliches Absinken der 
Leukocytenwerte, nach längerem Aussetzen 
Erhebungen der Curve, Verkleinerung der 
Milz bis zum Verschwinden unter dein Rippen¬ 
bogen, Verkleinerung bis Verschwinden der 
Drüsentumoren, Abnahme des Gewichtes in 
den ersten Wochen um 1— l'/s kg, Zunahme 
der Erythrocyten im ersten Monat bis um drei 
Millionen, rasches Verschwinden vorhandener 
subjekti verBesch werden, Nichtwiederauftreten 
der Temperatursteigung, wo eine solche vor¬ 
handen war. Das Allgemeinbefinden besserte 
sich, in einigen Fällen traten gleich nach der 
ersten Bestrahlung Erbrechen und Kopf¬ 
schmerzen auf. Es handelt sich um keine 
Heilung, sondern um eine weitgehende, aber 
passagere Besserung. Aber auch als palliative 
Therapie von so eminenter Wirkung müssen 
wir die Röntgenbehandlung bei Leukämie be¬ 
grüßen. 

A. Herz (Wien). Zur Röntgenbehand¬ 
lung der Leukämie. Wiener klin. 
Wochenschr. 1905. No. 8. 

Ein ööjähriger Gärtner, der an lympha¬ 
tischer Leukämie liit, wurde von Holz¬ 
knecht mit Röntgenstrahlen behandelt. Die 
Lymphdriisen zeigten eine langsame aber 
stetige Abnahme der Größe und der Konsistenz. 
Die Leukocytenzahl im Blute schnellte un¬ 
mittelbar nach der Bestrahlung in die Höhe, 
um nach weiteren Stunden bedeutend herab¬ 
zusinken. Das prozentuale Verhältnis der 
einzelnen Leukocytenarten blieb vor und nach 
der Behandlung so ziemlich das gleiche. Der 
Patient, dessen Allgemeinbefinden sich nach 
der Bestrahlung bedeutend gebessert hatte. 


starb an einer interkurrenten Erkrankung. 
Die Autopsie bestätigte die Diagnose der 
lymphatischen Leukämie. 

Ludwig Schweinburg (Zuckmantel). Lie- 
nale Leukämie bei Einwirkung 
von Röntgenstrahlen. Wiener med. 
Wochenschr. 1905. No 8. 

Kurzer Bericht über einen durch Radio¬ 
therapie bedeutend gebesserten Fall von Re¬ 
naler Leukämie mit großem Milztumor. Es 
wurden 29 Bestrahlungen vorgenommen mit 
mittelweichen Köhren, wobei die ganze Haut¬ 
fläche, unter welcher der Tumor lag, möglichst, 
gleichmäßig bestrahlt wurde. Der Umfang 
des Bauches verkleinerte sich unter der Be¬ 
handlung bedeutend, die Milz schwoll ab, das 
Allgemeinbefinden des Patienten besserte sich 
zusehends. Die Zahl der Leukocyten im Blute 
nahm um das Dreifache ab. 

A. Fuchs (Mitteilungen der Gesellschaft 
für innere Medizin und Kinderheilkunde in 
Wien. Sitzung vom 9. Febr. 1905) demonstriert 
einen Fall vou Tumor der Hypophysis 
bei einem lfijährigen Mädchen, welches intra¬ 
kranielle Drucksteigerung, temporale Hemi¬ 
anopsie und Cessieren der Menses fast gleich¬ 
zeitig mit dem Auftreten der ersten Symptome 
zeigte. Arthur Schüller demonstriert, die 
Sehädelröntgenogramme der Patientin, an 
denen man erkennt, daß der Boden und die 
Lehne des Türkensattels destruiert und die 
pneumatischen Räume erweitert sind. Die 
von Erdheini geforderte Unterscheidung der 
Hypophysentumoren in intra- und extrasellare 
kann auch in vivo röntgenographisch dar¬ 
gestellt werden. Bei intrasellaren Tumoren 
zeigt die Schädelwand häutig akrornegalische 
Veränderungen, bei extrasellaren Tumoren 
finden sich infolge der Vertiefung der Impres¬ 
sionen Verstärkung der Juga cerebralia, ferner 
Erweiterung der Emissarien und bei jugend¬ 
lichen Individuen verzögerte Verknöcherung 
der basalen Synchondrosen. Wird der Sella- 
boden durch die vordringenden Weichteile 
völlig usuriert, so kann im Kontrast zu dem 
Luftraum der Keilbeinhöhle der Kontur des 
Schattens des betreffenden Weichteilgebildes 
direkt im Bilde gesehen werden. 


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Balneotherapie, elektrische Bäder etc. 


W. Bain, W. Edgecombe und H. Frankling: 

The effeet of certain baths and fornis of 
electricity on tlie blood, blood pressure, 
and metabolism. (The Lancet, 2'J. IV. 05.) 

Die drei Autoren haben an sich selbst 
wahrend eines Zeitraumes von 40 Tagen in 
dem englischen Badeorte Harrogate Be¬ 
obachtungen über die Wirkung von elektrischen 
Prozeduren und verschiedenen Bäderarten 
angestellt, deren Resultate im Nachfolgenden 
wiedergeguben werden. Untersucht wurden: 
Die täglich ausgeschiedene Gesamtmenge von 
Harnstoff, Harnsäure, Sulphaten, Phosphaten, 
Chloriden und die Gesamtazidität. Ferner 
machten die Autoren Hämoglobinbestimmungen 
des Bluts und Zählungen der Blutkörperchen 
sowie Blutdruckmessungen. Während der 
Versuchszeit wurde eine bestimmte Diät cin- 
gehalten, womit schon eine Woche vor Beginn 
der Beobachtungen angefangen wurde, um das 
Gleichgewicht des Stoffwechsels nicht zu 
stören. 

I. Hochfrequenz-Ströme. 

Per Blutdruck bei „Autokondensation“ 
(gemeint ist wohl Auto-Konduktion. Ref.) steigt 
zuerst und kehrt rasch zur Norm zurück; 
daher Einfluß = 0; bei Applikation von 
Büschelentladungen auf den ganzen Körper 
trat eine Erniedrigung des Blutdrucks um 
10—15 mm Hg. ein. Bei Anwendung auf das 
Abdomen stieg er etwas, aber nicht bis ziir 
ursprünglichen Höhe. Die Dauer der Druck¬ 
erniedrigung nach Aufhören des Stroms war 
nur kurz. Funkenentladung mit leichter 
Massage rufen stärkere Blutdruckerniedrigung 
hervor, aber zugleich papulös-erythematösen 
Ausschlag. 

Der Haemoglobingehalt des Bluts 
war an den Versuchstagen vermehrt bei einer 
Abnahme in der Zahl derroteu Blutkörperchen. 
Der Einfluß auf den Stoffwechsel, taxiert 
nach dem Harnbefund, zeigte bei beiden ge¬ 
nannten Applikationsweisen Zunahme der 
Harnmenge, des Harnstoffs, der Harndäure, 
Sulphate, Phosphate und beträchtliche Ab¬ 
nahme der Azidität (Gesamtazidität oder relativ 
zur gesteigerten Menge? Ref.). 

2. Vollbäder mit Qielchstrom und Slnusoldalem Strom. 

Hierzu benutzten die Autoren ein 
„mildes alkalisch-sulphatischcs“ Wasser von 
37° C. Dauer 20 Min. Stärke des Wechsel¬ 
stroms 60 M. A. Einfluß auf Blutdruck = 0 
(d- h wie beim gewöhnlichen Schwefelbad zu¬ 
nächst ein Abfall um ca. 15 mm Hg, mit 
sofortiger Einstellung auf die Norm nach dem 
Bade.) Einfluß auf das Blut = 0, d 1 ^ auf den 


Stoffwechsel. Beim galvanischen Bade wurden 
200 M. A. verwendet; auch hier kein Einfluß 
auf den Blutdruck, dagegen eine geringe Ver¬ 
mehrung des ausgeschiedenen Harnstoffs. (War 
das Bad nicht ein „monopolares“, d. h. wurde 
nicht eine Elektrode außerhalb des Wassers 
auf den Körper appliziert, so ist es bei der 
großen Leitfähigkeit derartiger Wässer mit 
chemischen (npredienzen klar, daß der Badende 
überhaupt, nichts vom Strom bekam! Ref.) 

3. Licht- und Ozonbäder. 

Hierbei handelt es sich um ein elek¬ 
trisches Lichtbad mit Hinzufügung von Hoch¬ 
frequenz-Strömen und Einatmung von ozoni¬ 
sierter Luft, dessen Technik im Original nach¬ 
zusehen ist. Auch hierbei fällt, der Blutdruck 
beträchtlich, um bald nachher zur Norm zu¬ 
rückzukehren; ferner fand sich Zunahme der 
roten Blutkörperchen. Die Urinmenge wurde 
etwas vermindert,, ebenso diejenige des Harn¬ 
stoffs (durch Verlust im Schweiß.) Harnsäure 
und Phosphate zeigten sich etwas vermehrt, 
Sulphate unverändert. 

4. Überhitzte Luftbäder nach Dowelng und Grevllle. 

Der Blutdruck fällt; die roten Blut¬ 
körperchen nehmen ab und kehren nachher 
sofort zur Norm zurück (d. h. sie verschwinden 
teilweise nur aus dem Blutstrom ? Ref.) Die 
Ausscheidung von Harnstoff und Harnsäure 
wurde etwas vermehrt, ebenso die Urinmenge. 
Beide Systeme unterscheiden sich ferner etwas 
hinsichtlich ihrer Wirkung. Das Dowsitig- 
systera, wobei Licht und Wärme zugleich ein- 
wirken, bedingt Verminderung des Hämo¬ 
globins im Blut, das Grevillesystem — Wärme 
ohne Licht — vermehrt es. 

5. Bcrstle- und Vlchy-Bider. 

Das Bad besteht in der aufeinander¬ 
folgenden Anwendung von Dampf, Massage, 
„Spray-Douehe“ (ca. 37° C.) und endlich „Nadol- 
douche“, die allmählich abgekühlt wird. Es 
ergibt sich eine Erhöhung des Blutdrucks 
und des Hämoglobingehalts und Vermehrung 
des ausgeschiedenen Harnstoffs, der Sulphate 
und der Harnsäure. 

6. Moorbäder. 

Autoren fanden Verminderung der 
Menge des Harns und des Harnstoffs. 

7. Thermal-Schwefelbfider. 

Nur Vermehrung der Harnmenge war 
das Resultat. 

Die Autoren schließen mit einer Zu¬ 
sammenfassung der Resultate und der Indika¬ 
tionen der verschiedenen genannten Prozeduren. 

Franzc-Nauheim. 


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56 


Referate. 


Elektrodiagnostik und Elektrotherapie, 


C. Webb: Some remarks on electrostatic 
treatment („The Lancet“, June 10. 05.) 

Autor plaidiert für die Einstellung der 
Influenzmaschine in das Rüstzeug jedes 
Elektrotherapeuten, trotz der hohen Kosten, 
und behauptet, daß man alles damit erreichen 
kann, was eine d’Arsonval-Einwirkung leistet, 
und noch mehr. Die Influenzmaschine gibt 
Elektrizität von hoher Spannung und geringer 
Ampere-Zahl. W. rühmt als besonderen Vor¬ 
teil der Influenz-Elektrizität, daß man die 
Spannung kontrollieren und zahlreiche Modi¬ 
fikationen der Anwendung benutzen kann, als 
Funken- und Biischel-Entladungen, elektro¬ 
statischen Wind und statische Induktion mit 
und ohne sekundären Unterbrechungen. Es be¬ 
steht ein großer Unterschied zwischen der 
Wirkung des positiven und negativen Pols! 
erstere ist stimulierend, letztere sedativ. Der 
„statische Wellenstrom“ (Mortou’scher Induk¬ 
tionsstrom Ref.) wird hauptsächlich (nach W.) 
als oszillierender einpoliger Strom, und zwar 
entweder der positive oder der negative Pol, 
angewendet. Spannung, Frequenz und Strom¬ 
stärke unterliegen der Willkür des Arztes. 
Die Applikation ist schmerzlos. Der isolierte 
Patient wird elektrisch geladen und entladen, 
synchron mit den Unterbrechungen an der 
Funkenstrecke ohne Schmerzempfindung, wobei 
sowohl allgemeine Wirkungen als auch lokale 
an den Elektroden zustande kommen. Als 
lokale Beeinflussungen sieht W. folgende an: 
Verminderung von Stauung, Absorption von 
Plasma und Detritus unter Nachlaß von 
Schmerzen. Der statische Induktionsstrom 
bewirkt eine „histologische Massage“ d. h. 
ein Pulsation jeder einzelnen Zelle an den 
Elektroden synchron mit den Oszillationen 
der Funken. Die Büschelentladung kann 
Rötung hervorrufen. Handelt es sich um 
eine ulzerierende Fläche oder Brandwunde, 
so bedeckt sich bald die Oberfläche mit einer 
kollodiumartigen Schicht, was von der Gerinn¬ 
ung des Albumins herrührt. Schlechtriechende 
Absonderungen werden durch das erzeugte 
Azon desodorisiert. 

Als konstitutionelle Effekte sieht W.an: 
Allgemeine Erniedrigung des Blutdrucks (bis 


zu 30 mm Hg. an der Radialis) und Allgemein- 
Wirkungen auf das Nervensystem —■ stimu¬ 
lierende oder sedative — je nach dem Pole. 

Daher empfiehlt sich die Anwendung der 
statischen Elektrizität bei folgenden Affek- 
t.ionen: Akute und chronische Entzündungen 
nicht - bakteriellen Ursprungs, Leberan- 
schoppung, chronische Gelenkentzündungen, 
Neuritis, Neuralgien. Ischias, Lumbago, 
Geschwüre, Hautkrankheiten, entzündliche 
Drüsengeschwülste, gewisse Keblkopfaffek- 
tionen (chronische und subakute Stimmband¬ 
entzündung mit. Heiserkeit oder Aphonie.) 
Die kontraktionserregeude Wirkung auf glatte 
Muskelfasern bedingt gute Erfolge beiHaemor- 
rhoiden. Ein dankbares Feld der Anwendung 
sind nervöse Affektionen, so nervöse Dysmen¬ 
orrhoe, Neurasthenie, Kopfschmerzen, Mattig¬ 
keit, funktionelle Neurosen, Schlaflosigkeit 
und Zerebrasthenie. Kurz, die Franklinisation 
(denn so heißt diese Form der Elektrisation 
Ref.) ist ein vorzügliches Tonicum. 

Frau ze-Nauheim. 

Elektrolytische Heilung von Oesophagus- 
striktur. 

4 Fälle elektrolytisch geheilter Oesopha- 
gusstrictur. (Sitzung d. soc. de l’intcrnat 
des höpit de Paris, 22. 12. 04) Corr. med. de 
Paris No. 53. 04. 1. Junges Mädchen mit 
fast undurchgängiger Oesophagusstrictur nach 
Laugenverätzung, war nur noch durch Nähr- 
klystiere zu erhalten und sehr herunterge¬ 
kommen. Die 7 cm lange, 3 mm weite Striktur 
wird mit großer Schwierigkeit bougiert,, durch 
16 elektrolytische Sitzungen geheilt. Jetzt 
besteht volle Heilung seit 14 Jahren. 2. 30jähr. 
Mann, 4 mm weite Verengung, ebenfalls nach 
Laugenätzung, ln 5 Sitzungen wurde sie auf 
14 mm erweitert. Heilung seit 6 Jahren. 
3. 15jähriger Knabe, Verengung durch Laugen- 
verät.zung, 2 mm starke Sonde passiert eben 
noch. Heilung nach 5 Sitzungen soweit, daß 
er wie früher schlucken kann. 4. Krebsige 
Verengung wurde in 5 Sitzungen ebenfalls 
so erweitert, daß Ernährung auf gewöhn¬ 
lichem Wege möglich ist. — Das Verfahren, 
die „lineare“ Electrolyse, ist nicht mitgeteilt. 

—a 


Phototherapie, 


Neuere Arbeiten über Lichtbehandlung 

(Monatsschrift für praktische Wasserheilkunde 
etc. 25. 3. 05.) Seldin wies die tötliche Wirkung 
des Röntgen- und Radiumlichtes auf kleine 


Säugetiere (Mäuse) nach. Meerschweinchen 
wurden kaum beeinflußt. Albers-Schönberg 
entdeckte den deletären Einfluß dieser Strah¬ 
lungen auf die Hoden von Tieren. Erbesteht 


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Tagesgeschichte. — Zeit- und Streitfragen. 


57 


in Degeneration des Epitels der Samenkanäl¬ 
chen mit nachfolgender Nekro- und Azoo¬ 
spermie. Radium wirkt in dieser Hinsicht am 
stärksten. 

Der Einfitili der Sensibilisierung ist weit 
geringer, als angenommen wurde; manche 
(Forchhanimer) leugnen ihn ganz. Strebei redet 
der therapeutischen Verwendung der aus einem 
Lenard’schen Alurniniutnfenster der Röntgen¬ 
röhre austretenden Kathodenstrahlen das Wort 
besonders für Photokaustik und Glimmlicht¬ 
behandlung der Blennorrhoe. Lupus und 
Epitheliom sollen günstig beeinflußt worden 
sein. Am wichtigsten erscheint die Behand¬ 
lung des Epithelioms mit Röntgenstrahlen. 
Biscerie schreibt den Heilungsprozeß der 
angeregten Phagozytose zu, Beclöre der 
spezifischen Wirkung auf das epitheliomatöse 
Gewebe. Sicher ist es, daß unter Röntgen¬ 
bestrahlung die Krebszellen zunächst zerstört 
werden, aber auch das Zwischengewebe und 


die tieferen Hautteile. Demnach ist weder 
von einer elekt.iven (? Ref.) noch von einer 
spezifischen Wirkung die Rede, denn auch 
bindegewebige Neubildungen werden beein¬ 
flußt. Lerrödde schreibt deu Haupteffekt der 
gleichzeitigen Ex udation zu. Hynek be¬ 
obachtete bei Leukämie Besserung mit Reazer- 
bat.ion nach Aufhören der Bestrahlung. Er 
findet die Wirkung der X-,Strahlen hierbei in 
der Zerstörung der Lymphzellen, deren Hyper¬ 
plasie nach seiner Ansicht die Ursache aller 
Leukämie wäre. Er erzielte auch bei perni¬ 
ziöser Anämie mit dieser Behandlung gute 
Resultate, doch kann er sich hinsichtlich des 
Dauererfolges noch nicht äußern. Ein Fall 
von chronischer Lymphozythämie bot kein 
therapeutisches Resultat, außer Verkleinerung 
der Milz und der Leukozyteuzahl. H. glaubt, 
daß durch Röntgenisierung das Leben der 
Leukämiker am sichersten verlängert wird. 

Franz e-Nauheim. 


IV. Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 

(Artikel unter eigener Verantwortung der Herren Einsender). 

Die Wechselstromfrage im Röntgenbetrieb. — Neue Terminologie im Röntgenverfahren. — 
Messungen an Induktorien. — Preissteigerung des Radiums. — Dr. Zander-Saltsjöbaden; 
Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden. — Zur Frage der Heilung der Psoriasis. 


O Oie Wechselstrom-Frage im Röntgen¬ 
betrieb hat auf dem Kongreß ausführliche Be¬ 
handlung gefunden. Es handelt sich darum, 
nach einer Erfindung, die von dem Ingenieur 
Koch in Chemnitz ausgeht, gewöhnlichen tech¬ 
nischen Wechselstrom in sehr hohe Spannung 
zn transfoi inieren, so daß er den Widerstand der 
Röntgenröhre ttbenvindet, und von diesem hoch¬ 
gespannten Wechselstrom dann die Impulse einer 
Richtung der Röhre znznfübren. Die Aufgabe 
ist in verschiedener Weise gelöst worden, doch 
wurde anf dem Kongreß auch von seiten eines 
Fachmannes bei den verschiedenen diesbezüg¬ 
lichen Vorträgen der Einwand erhoben, daß mit 
allen diesen Wechselstromapparaten wahrschein¬ 
lich keine guten Röntgenaufnahmen erzielt werden 
können. Die Begründung liegt darin, daß die 
Qualität der Aufnahme von der Komplexität der 
erzeugten Strahlen abhängt, diese aber von der 
Entladungskurve, nnd daß die Wechselstrom- 
entladungen keine solchen komplexen Strahlnngen 
ergeben. Der Kritiker betonte auch ansdrlicklich, 
daß bis jetzt nicht eine einzige wirklich gnte 


derartige Aufnahme vorgezeigt worden sei, und 
daß die Vertreter dieses neuen Systems den 
Nachweis, daß auch mit diesen neuen Methoden 
gnte Röntgenbilder erzeugt werden können, noch 
zn erbringen hätten. Es wird Sache der Fabri¬ 
kanten der Apparate sein, diesen Nachweis 
zn führen. Wir werden anf diese Frage in den 
technischen Berichten noch eingehend zn sprechen 
kommen. 

□ Neue Terminologie im Röntgenverfahren. 

Im Anschluß an den letzten Röntgenkongreß in 
Berlin wurde eine Kommission damit beauftragt, 
einheitliche Bezeichnungen für die Röntgenologie 
aufznstellen. Das Ergebnis war folgendes: 

Röntgenologie oder Röntgenlehre = Rönt¬ 
genwissenschaft. 

Röntgenoskopie = Röntgendurchleuchtung. 

Röntgenograpbie = Röntgenaufnahme. . 

Röntgenogramm = Röntgenbild. 

Orthoröntgenographie = Orthodiagraphie. 

Röntgentherapie = Röntgenbehandlung. 

Röntgenisieren = mit Röntgenstrahlen 
behandeln. 


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58 


Tagesgeschichte. — Zeit- und Streitfragen. 


Beferent vermag ein Bedürfnis Tür eine 
derartige Terminologie bei der Eindeutigkeit der 
Bezeichnungen nicht einzuseheu; denn wo die 
Mannigfaltigkeit, des Ausdrucks nicht zu Ver¬ 
wechslungen Anlaß geben kann, muß sie nur 
als willkommen erscheinen nnd erleichtert 
dem literarisch tätigen die Anwendung eines 
eleganteren, weniger monotonen Stils. An dem 
berechtigten Freiheitsdrang des Menschen, der 
sich nicht zum mindesten der Sprache gegen¬ 
über in schriftstellerischer Hinsicht äußert, wird 
wohl daher anch diese Einführung „einheitlicher“ 
Bezeichnungen für die Röntgenologie scheitern. 
Als direkte Verschlechterung erscheint jedenfalls 
der Ausdruck „Orthoröntgenographie“. Orthodia¬ 
graphie ist gerade lang genug, aber wenigstens 
exakt bezeichnend, was man von der „Ver¬ 
besserung“ nicht gerade behaupten kann, obwohl 
das neue Wort etwas länger ist.*) 

O Messung an Induktorien v. Herrn Prof. 
Dr. W er th ei m -Saloinonson, Amsterdam, ange¬ 
stellt, teilweise in den „Fortschritten“ publiziert 
und teilweise auf dem letzten Röntgenkongreß vor¬ 
getragen. Wir werden über diese dankens¬ 
werten IJntersnchnngen noch eingehend berichten. 

O Preissteigerung des Radiums. Oer 

Preis des reinen Radiumbromides ist in der letzten 
Zeit außerordentlich gestiegen, nnd es steht zu 
vermuten, dnß er noch mehr steigen wird. 
Während noch vor etwa zwei Monaten 1 mg 
Radiumbromid für 50 — 100 Mark erhältlich war. 
werden jetzt 4—500 Mark für 1 mg bezahlt, nnd 
selbst zu diesem Preise ist fast nichts mehr zu 
haben. Die Ursache dieser enormen Preis¬ 
steigerung dürfte u. a. darin zu snchen sein, daß 
die zur Herstellung von Radiumbromid mit ver¬ 
schiedenen aktiven Rohmaterialien nngestellten 
Versuche bisher sämtlich ergebnislos ansgefallen 
sind, daß von den österreichischen Erzen, soviel 
nus bekannt ist, infolge Regiernngsverbotes nichts 
ansgeführt werden darf, nnd daß die Herstellung, 
welche eine Nebenfabrikation der Uranfärben- 
Fabrikation ist, sich ohnehin außerordentlich 
teuer stellt. Die verfügbaren Bestände in Roh¬ 
material siud wohl nahezu vollkommen auf- 
gebraucht. 

O Dr. Zander-Saltsjöbaden; Rossel, 
Schwarz & Co.-Wiesbaden. Bekanntlich be¬ 
stand zwischen dem' Urheber der schwedischen 
heilgymnastischen Apparate, Dr. Zander, nnd der 
Firma Rossel, Schwarz & Co., die sehr viele 
solcher Apparate herstellt, eine Differenz bezüg¬ 
lich der Berechtigung derselben hierzu, die sogar 


zu einer Klage des Ersteren gegen letztere 
führte. In dem gerichtlichen Streite behielten 
R. Sch. & C. recht, und nunmehr durcheilt eine 
Nachricht verschiedene Zeitschriften, wonach 
eine gütliche Einignng beider Parteien erfolgt 
sein soll, und Rossel, Schwarz & Co. von 
Dr. Zander ausdrücklich zur Herstellung seiner 
Original-Apparate autorisiert worden seien. 

Zur Frage der Heilung der Psoriasis 

nimmt B e l o t in seinem Buche Stellung (B e 1 o t, 
Traitö de radiothörnpie, 3. Th., Kap. 111, S. 
359 ff.) 

Man kann zwar in sehr vielen Fällen von 
Psotiasis durch die übliche äußere nnd innere 
Medikation eine zeitweilige oder endgültige Hei¬ 
lung erzielen, allein es gibt gewisse Formen 
dieser Krankheit, die diesen Mitteln hartnäckig 
trotzen, nnd dann ist es vollkommen gerecht¬ 
fertigt, es mit der Radiotherapie zu versuchen, 
da sie, wie Belot in seinem Buche auf Grund 
zahlreicher fremder und eigener Erfahrungen 
zeigt, in sehr vielen Fällen da noch zum Ziele 
führt, wo andere Methoden versagten. Von seinen 
Vorgängern (es werden fast 30 Antoren aufge- 
fiihrt) sprechen sich weitaus die meisten über 
die Erfolge der Radiotherapie der Psoriasis gegen¬ 
über günstig ans; diese Stimmen rühmen die 
beqneme nnd sichere Art der Wirkung, die aller¬ 
dings Rezidive nicht vollkommen ansschließe, 
allein man beobachte sie auch nicht häufiger, 
als nach Anwendung der früheren Behandlungs¬ 
weise. Von verschiedenen Seiten wird über¬ 
einstimmend angegeben, daß eine der frühesten 
Effekte der Bestrahlung dadurch sich manifestiere, 
daß die sonst nach Ablösung der Schuppen anf- 
tretende kapilläre Blutung ansbleibe. Doch fehlt 
es auch nicht an Gutachten, die weniger günstig 
lauten, indem manche Autoren der Radiotherapie 
nur die Bedeutung eines die medikamentöse Be¬ 
handlung der Psoriasis unterstützenden Adjuvans 
zugestehen, einige sogar der Radiotherapie dieser 
Atfektior. jeden größeren Wert absprechen. 
Was nun die Erfahrungen von Belot selbst 
anlangt, so hat er mehrere Heilnngen durch 
X-Strahlen in Fällen erzielt, in denen jede 
andere Therapie sich als nutzlos erwiesen hatte. 
Er benntzt wenig penetrierende Strahlen (No. 5 
des Radiochromometers von Benoist). Bei iso¬ 
lierten nnd gut begrenzten Efflorenszenzen wird 
die umgebende Haut durch eine Bleiplatte ge¬ 
schützt, während er bei den koufluierenden Formen 
auf dieses Schutzmittel der gesunden Haut ver¬ 
zichtet, Die Behandlung der Psoriasis muß 


*) Anm. d. Red. Wir möchten den Ausführungen unseres Q- Korrespondenten doch 
entgegenhalten, daß mit Recht in allen exakten Wissensgebieten Einheit der Fachausdrücke er¬ 
strebt wird. 


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Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, Zuschriften, Antworten auf Anfragen. 59 


darauf gerichtet sein, die zeitigen Elemente der 
Hont durch Reizung umznstimmen. Aber wäh¬ 
rend die Wirkung einer Salbe nur eine ober¬ 
flächliche sein kann, beeinflussen die X-Strahlen 
gleichzeitig die oberflächlichen nnd die tiefen 
Schichten des Integuments. B. erhielt die besten 
Resultate bei Dosen zwischen 4 und 6 H, die 
entweder in einer oder in zwei, durch ein Inter¬ 
vall von 24 Stunden getrennten Bestrahlungen 
appliziert wurden. In leichteren Fällen kam er 
jedoch auch mit einer Dosis von 3 H aus. 
Scheinen zwei Sitzungen erforderlich, so geht 
B. in der Weise vor, daß er znniiehst einmal 
15 Minnten bestrahlt, bei einer Entfernung der 
Antikathode von 12 cm von der erkrankten 
Partie, wobei eine Dosis von etwa 4 H absorbiert 
wird. Dnrch eine zweite Sitzung von 5 — 10 


Minuten wird dann die Dosis vervollständigt. 
In den meisten Fällen tritt 4 Wochen nach der 
Bestrahlung an der Stelle der ehemaligen Psoriasis¬ 
herde eine leichte Pigmentierung auf, die aber 
später wieder schwindet. Doch gibt es auch 
Fälle, in denen di- <e erkrankt gewesenen Stellen 
frei von Pigment bleiben, während nur die sie 
umgebende gesunde Haut sich stark braun färbt, 
aber auch diese Pigmentation bildet sich ver¬ 
hältnismäßig rasch zurück. Bemerkenswert ist 
noch die Angabe, daß in einem Fall von P. 
vnlgaris, wo beide Vorderarme ergriffen waren, 
die Affektion an der einen Extremität, die man 
bestrahlt hatte, schon gewichen war, während 
sie an dem andren, mit Salben behandelten Arm 
noch unverändert bestand. 

Solger (Cöln-Lindenthal). 


V. Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, 
Zuschriften, Antworten auf Anfragen. 


* Aufforderung zur Beteiligung an einer 
Statistik zur Gewinnung von Unterlagen für 
Liquidationstarife in Röntgenlaboratorien. 

Seitens der Redaktion des „Archivs für die 
physikalische Medizin nnd medizinische Technik“ 
sollen zwecks Publikation Erhebungen angestellt 
werden über die durchschnittliche Benutzung und 
den durchschnittlichen Verbrauch der Röntgen¬ 
stationen an Krankenhäusern und bei Privat¬ 
ärzten. Diese Erhebungen sollen den Zweck 
haben, einen Einblick in die Rentabilität der 
Röutgenstationen zu gewinnen nnd auf Grund 
dessen möglichst allgemein brauchbare Normal¬ 
tarife auszuarbeiten, nach welchen die Kranken¬ 
häuser nnd Privatinstitute ihre röntgenologischen 
Untersuchungen nnd Applikationen liquidieren 
können. — Es ist selbstverständlich, daß die 
einzelnen Mitteilungen diskret bewahrt bleiben, 
nnd nur zum Material beitragen. Die Redaktion 
richtet daher an die Leser die Bitte, möglichst 
approximativ Aufschluß zu geben über folgende 
Punkte: 

1. Wieviel Durchleuchtungen finden in Ihrem 
Institut pro Monat, pro Jahr ungefähr 
statt ? 

2. Wieviel Aufnahmen etwa pro Monat, 
pro Jahr? 

3. Wieviel therapeutische Applikationen und 
von welcher durchschnittlichen Applika¬ 
tionsdauer ? 


4. Wie groß ist durchschnittlich Ihr Strom¬ 
verbrauch ? (Betriebsspannung nnd Primär- 
Amperezahl ?) 

5. Wieviel Röhren benötigen Sie ungefähr 
pro Jahr und welche Sorten verwenden 
Sie mit Vorliebe, bezw. welche bewähren 
sich am besten ? 

6. Wieviel kosten sonst durchschnittlich Er¬ 
gänzungen und Reparaturen am Apparate? 
Haben Sie häufig Reparaturen? 

7. Wieviel wenden Sie für Erneuerungen 
und Ergänzungen im Jahr auf? 

8. Wieviel kann ungefähr für Aufnahmen 
und Durchleuchtungen,bezw. Bestrahlungen 
liquidiert werden? Durchschnittswert im 
Jahr? 

9. Welches Apparat-System, bezw. welche 
Systeme verwenden Sie? 

10. Wie groß ist der Wert der ganzen 
Anlage ungefähr? 


• Die Herren Autoren erhalten 15 Separate 
gratis. Weitere Seperata liefert die Druckerei 
gegen billige Berechnung, wenn ein diesbezüg¬ 
licher Vermerk spätestens auf der Fahnen¬ 
korrektur angebracht wird. 

• Die Redaktion ersucht die Fabriken und 
Konstrukteure auf medizinischem Gebiete, über 
Neuerungen von einiger Bedeutung möglichst 


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60 Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, Zuschriften, Antworten auf Anfragen. 


unter Einsendung von Modellen, Literatur oder 
sonstigen klaren Unterlagen an die Kedaktion 
Mitteilung zu machen. Objektive Prüfung ge¬ 
eigneter, einschlägiger Konstruktionen findet 
statt, und es wird über die Resultate möglichst 
rasch berichtet. Jedoch wird keine Gewähr lür 
die Besprechung übernommen. Jedenfalls ist 
stets vor Znseudnng von Mateiial die Redaktion 
zu verständigen. Sendungen ohne vorher ein¬ 
geholtes Einverständnis der Redaktion werden 
stets zuriickgewieseu. Es sind zu richten alle 
das radiologische Gebiet betreffenden Sendungen 
und Zuschriften an Dr. med. B. Wiesnei- 
Aschaffenburg. 

Alle Zuschriften bezgl. der gesamten 
übrigen physikalischen Medizin an Privatdozent 
Dr. Kraft-Straßburg. 

Alle Zuschriften. Sendungen nnd Proben 
chemischer Art, Arzneien, Präparate an Dr. W. 
Keim»Wiesbaden. 

Seitens der Redaktion werden Fragen 
wissenschaftlich-technischer Art aus Abonnenten¬ 
kreisen, insbesondere ans dem Gebiete der 
Radiologie an dieser Stelle behandelt, soweit sie 
allgemeines Interesse haben. 

Die ständigen Mitarbeiter erhalten die 
Zeitschrift zu ermäßigtem Preise direkt vom 
Verleger zugesandt. Es wird ersucht, sich dies¬ 
bezüglich direkt an ihn zu wenden. 

Die folgende Nummer besitzt den doppelten 
Umfang dieses Heftes. Redaktionsschlnß für 
dieselbe ist der 15. Oktober. 

Anzeigen von Kursen. Ende Oktober 
ündet gelegentlich der ärztlichen Ferienkurse 
in Berlin eiu von Dr. med. Weecke, Berlin, 
und Ingenieur Friedrich Dessauer-Aschaffen¬ 
burg, gegebener ärztlicher Röntgenkurs statt. 
Dem uns vorliegenden Programm entnehmen 
wir Folgendes: 

Der Kurs ist eingerichtet nach Muster 
der bekannten Aschaffenburger Röntgenkurse 
und soll die Aufgabe erfüllen, in vollkommen 
objektiver Weise die wissenschaftliche und 
technische Grundlage zur Ausübung des Rönt¬ 


genverfahrens zu geben und durch Benutzung 
eines sehr guten und reichlichen Materials 
Anleitungen für die praktische medizinische 
Anwendung zu erteilen. 

Der Kurs beginnt am Montag, den 23. 
Oktober und schließt am 28. Die Vortrags- 
stuuden sind, um die übrigen Kurse möglichst 
wenig zu stören, auf abends 5'/>—8'/* Uhr 
verlegt. Außerdem werden Übungsstunden an 
die einzelnen Teilnehmer nach Übereinkunft 
mit denselben bezüglich der Zeit, gegeben. 
Das Honorar beträgt Mk. 50.— inkl. Übungs¬ 
beitrag. Alle näheren Mitteilungen gibt Herr 
Dr. med. Weecke, Großlichterfelde b. Berlin, 
Steglitzerstr. 33. 

Der letzte Aschaffenburger Röntgenkurs 
dieses Jahres beginnt am 8. Dezember. Die Dauer 
des Kurses ist 5 bis 6 Tage, während dessen 
vormittags und nachmittags je 3 bis 4 Stunden 
gearbeitet wird. 

Die Kursleitung hat verschiedentlich 
geäußerten Wünschen entsprechend in das 
Programm Vorträge Uber die neuere 
Elektronentheorie und die Radium- 
forschuug eiufügen lassen, welche von In¬ 
genieur Dessauer gehalten werden. 

Das Programm ist im Übrigen das be¬ 
kannte. Ohne Vorkenntnisse vorauszusetzen, 
werden die physikalischen Grundlagen kurz 
durchgesprochen, dann eingehend die Technik 
und zwar streng objektiv. Von ärztlicher 
Seite wird die Anwendung des Verfahrens in 
der Chirurgie, der inneren Medizin und der 
Therapie theoretisch und praktisch vorge¬ 
tragen und demonstriert. Das zur Verfügung 
stehende Krankenmaterial war in den letzten 
Kursen sehr reichlich. Nähere Anfragen 
sind zu richten an den Kursleiter, Herrn 
Medizinalrat Dr. Roth, kgl. Landge- 
richts-u. BezirksarztAschaffenburg. 

Die folgenden Kurse beginnen am 1. 
Februar und 23. März 1906. 


R. N. Auf die Frage der Radioaktivität 
der Mineralquellen wird in einer demnächst 
erfolgenden ausführlichen, das gesamte Material 
behandelnden Originalarbeit eingegangen. 


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Fortschritte der Technik, 


61 


Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und 

mediz. Technik. 


r3 


Fortschritte und Neuheiten der physikalischen, chemischen und 
pharmazeutischen Industrie in ihrer Bedeutung und Anwendung für 
das Gesamtgebiet der praktischen Medizin. 


Fortschritte der Technik. 

A. Allgemeiner technischer Bericht. 

S Ohne Zweifel ist im Bau der diagnostischen Röntgonapparate 
seit längerer Zeit ein gewisser Stillstand eingetreten, und die konstruktive 
Tätigkeit der Ingenieure und Techniker hat sich mehr den Accidenzien 
des Röntgenzimmers zugewendet. Besonders die Aufnahmegeräte 
haben Beachtung gefunden, und im Gegensatz zu früher, — auch im Gegen- 



Holzknecht-Kienböckscher Stuhl bei Aufnahme der obersten Halswirbel. 

satz zu manchem jetzt noch üblichen Vorgehen, — wird auf bequeme 
Lagerung, Fixierung, Einstellung des Objektes und der Röhre großes Gewicht 
gelegt, und es werden hierfür eigens Apparate geschaffen. 


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62 


Fortschritte der Technik. 


So ist der Holzknecht-Kienböck’sche Stuhl (Abbildung) vom 
Aschaffenburger Laboratorium in vielen Röntgeninstituten eingeführt worden. — 
Statt der ausschließlichen Verwendung der Sandsäcke findet ihre Kombination 
mit einem Gaze-Streifen, dem Bindenzügel, überall Anwendung, insbesondere 
auch die sehr hübsche, von Robinsohn angegebono Schlitzbinde, über 
die der Kongreßbericht Näheres enthält. Wiederum von Wien aus geht ein 
neues Aufnahmegerät. Der radiologische Untersuchungstisch 
Ho lzkn echt’s, Trochoskop genannt. Unabhängig von ihm hat Perthes 
ein ähnliches Aufnahmegerät angegeben: dicht unter der Tischplatte hewegt 
sich unter einer Blende die Röntgenröhre in der Längs- und Querrichtung des 
Tisches, so daß leicht jeder einzelne Punkt des Tisches eingestellt werden kann. 
Die Seitenflächen des Tisches können mit undurchlässiger Masse abgedeckt 
sein. Die Untersuchung mit diesem Apparate ist außerordentlich bequem, 
besonders wenn man die gleichfalls von Holzknecht angegebenen Durch¬ 
leuch tun gskomp ress o rie n verwendet. Diese sind kleine Tuben von 
etw T a 8—10 cm Durchmesser, aus Holz oder Metall, deren Boden von einem 
Bariumplatincyanürschirm gebildet wird. Die Einschauöffnung an der andern 
Seite des Rohres wird zweckmäßig verschlossen mit einem Bleiglas, um das 
Auge zu schützen, und außerdem mit einem Schutzrande umgeben. Ein 
solches Durchleuchtungskompressorium läßt sich leicht, insbesondere bei 
Bauchuntersuchungen, in den Leib eindrücken, und ganz besonders bei Fremd¬ 
körpernachweisen im Magen gelangt man auf diese Weise sehr nahe an das 
kritische Gebiet. — Sehr gut bewährt sich nach den Versuchen des Refe¬ 
renten die Wehnelt-Skala zur Messung der Durchdringungsfähigkeit der 
X-Strahlen. Sie läßt eine bessere Unterscheidung und Abstufung zu, als die 
bisher gebräuchlichen Skalen von Benoist und Walter. 

Auf dem Kongreß ist die Frage zur Messung der Intensität der 
Röntgenstrahlung aufgeworfen worden. Wie aus dem Kongreßbericht her¬ 
vorgeht, soll sich nach dem dort gestellten Anträge ein Komitö bilden, 
welches aus Physikern, Technikern und Ärzten zusammengesetzt ist und auf 
Grund der jetzt vorliegenden physikalischen Untersuchungen prüft, welche 
Methode zur Messung bei der Therapie und evtl, bei der Aufnahme dem 
Arzte vorgeschlagen werden kann. Es liegen eine ganze Reihe von Vor¬ 
schlägen vor. Walter empfahl die Anwendung eines Milliampere¬ 
meters zum Einschalten in den Röhrenstromkreis. Von Holzknecht 
kennen wir schon längst das Chromoradiometer; Kienböck schlägt 
unterempfindliches pho to graphisches N egativ-Papier vor; Klingel¬ 
fuß erinnert an das Voltameter (nicht Voltmeter, wie es irrtümlich in manchen 
Kongreßberichten heißt). Jedenfalls steht der praktische Röntgenologe einer 
großen Zahl von Vorschlägen gegenüber und besitzt dennoch, oder gerado 
deswegen, kein klares Mittel zur Messung und Dosierung. Unter diesen 
Umständen dürfte ein Vorschlag Beachtung finden, den Ruhm er in Berlin 
gemacht hat. Er baute eine sogenannte „Glimmlichtröhre“, welche einen 
langen Stab als negative Elektrode besitzt. Von einem Teil dieses Stabes 
geht bei Durchgang des Stromes eine Glimmlichtentladung aus und die 
Strecke des Stabes, die vom Glimmlicht überzogen ist, ist proportional oder 
doch wenigstens nahezu proportional der Intensität des Stromes, der durch 
die Röhre geht. Man hat so ein außerordentlich einfaches Maß für die durch 


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Fortschritte der 'Technik. 


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die Röhre hindurch gehende Intensität und wenn auch damit über die Durch¬ 
dringungsfähigkeit und die chemische Kraft und schließlich auch über die 
Menge der Röntgenstrahlen noch nichts Eindeutiges ausgesagt ist, so scheint 
dieser Vorschlag doch jedenfalls viel vernünftiger, als die Benutzung eines 
Milliamperemeters, das bei den außerordentlich variablen Frequenzen und 
Induktionsformen sicher recht ungleichmäßige Werte ergeben muß. — Jeden¬ 
falls werden wir über die Versuche mit der Ruhmer’schen Gliramlichtröhre 
Weiteres berichten. 

Bei Durchsicht der vorliegenden Patentliteratur kann man be¬ 
merken, daß außer den intensiven Arbeiten zur Verwendung des tech¬ 
nischen Wechselstromes für Röntgen-Durchleuchtung und Röntgen- 
Aufnahmen, die meisten Anmeldungen sich auf Verbesserungen von 
Röntgenröhren erstrecken. Das größte Interesse verdienen unter den 
verschiedenen Anmeldungen in prinzipieller Richtung die Röhren von 
Heinz Bauer & Co., die der Referent auch praktisch ziemlich umfang¬ 
reichen Dauerversuchen unterzogen hat. Bis jetzt mit gutem Erfolg. Wir 
werden hierauf noch zurückkommen. 

Andere Bestrebungen auf dem Röhrengebiete beziehen sich auf die 
Konstruktion neuer Bestrahlungsröhren. Die Firma Becker & Co. 
sandte uns eine interessante Konstruktion, die ganz aus Bleiglas gebaut ist 
und nur an einer Stelle, gegenüber der Antikathode, einen langen röhren¬ 
förmigen Ansatz besitzt, dessen Ende aus durchlässigem Glase gefertigt ist. 
Nur an dieser Stelle treten wirksame Röntgenstrahlen aus. Das Ansatzrohr, 
welches während der Bestrahlung kalt bleibt, wird mit seinem Ende un¬ 
mittelbar an der erkrankten Stelle aufgesetzt und kann auch in Körperhöhlen 
eingeführt werden. / 

Auf andern Gebieten physikalischer Medizin sind teilweise recht in¬ 
teressante Neuerungen zu Tage gefördert worden. — Zur Frage der 
Operationsbeleuchtung liegen Vorschläge von Zeiss-Jena vor, die er 
nach Ideen von Prof. Dr. D öd erlein in Tübingen macht. Aus einer 
Soitenwand tritt das konzentrierte Licht einer Bogenlampe in den Operations¬ 
saal ein und trifft auf einen Spiegel, der auf einem hohen Stativ auf- und 
abschiebbar angeordnet ist. Es kann dadurch eine außerordentliche Hellig¬ 
keit auf dem Operationstisch konzentriert werden, ohne daß im Zimmer selbst 
das Rauschen und Zischen der Bogenlampen irgendwie hörbar ist. Diese 
Anordnung ist jedenfalls zweckmäßiger als die früher übliche nach Krönig 
und Siedentopf, bei welcher der Fangspiegel auf Schienen, an der Decke 
des Saales, beweglich angebracht war. 

Von verschiedenen Seiten werden neue Apparate zur Wärme¬ 
therapie anempfohlen, teilweise mit elektrischem, teilweise mit Dampfbe¬ 
trieb. Auf diese Konstruktionen einzugehen erlaubt uns für die vorliegende 
Nummer der Platz nicht mehr; wir müssen uns dieso sowie die Besprechung 
neuer elektromedizinischer Apparate und neuer Vorschläge zu den übrigen 
physikalischen Therapien auf das nächste Mal verspüren. 

Nachstehend folgen noch einzelne Berichte unserer Mitarbeiter. 


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Fortschritte der Technik. 


B. Einzelberichte. 

T)r. Adolf Alsbergs Schutzmasse für Röntgenbestrahlung. 

Die Schutzmasse besteht aus einer elastischen, feuchten, schneidbaren 
Masse etwa ähnlich der Hektographenmasse. Den für Röntgenzwecke in 
Betracht kommenden Wärmegraden widersteht sie. Sie ist etwa 3—4 mm 
dick und schmiegt sich der Unterlage ziemlich an, ohne schärfere Biegungen 
und einspringende Winkel auszufüllen. Für den praktischen Gebrauch wird 
sie zwischen 2 Blätter von Billrothbattist gelegt, welche an den überstellenden 
Bändern zusammengeklebt werden. Durch diesen Überzug ist sie auf der 
Haut angenehm, kann mit antiseptischen Mitteln abgewaschen werden und 
wird haltbarer. Durch Zusammenlegen einzelner Streifen kann man beliebig 
geformte Felder zur Bestrahlung aussparen, auch kann man vorgeschnittene 
und mit Billrothbattist überzogene rechte Winkel sehr zweckmäßig Zusammen¬ 
legen und so Blenden formen. 

Die Masse ist für Röntgenstrahlen, selbst härtere Röhre, undurch¬ 
dringlich. Sowohl die Aufnahmen in Form von Blenden wie bei der Therapie 
zum Schutz gesunder Teile kann sie mit Vorteil Verwendung finden. Während 
die Masse die Vorteile der Leichtigkeit, Billigkeit und Schmiegsamkeit hat, ist 
ein manchmal auftretender Nachteil das Ausschwitzen von Glyzerin, welches 
vor Gebrauch erst abzuwaschen ist. — a—. 


Über Schutzvorkehrungen für den Arzt bei Röntgen-Untersuchungen. *) 

In neuerer Zeit, insbesondere auf vielseitige Anregung im letzten 
Röntgen-Kongreß in Berlin, haben dio Konstrukteure den Schutzmaßregeln 
erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt und einige besonders gute Konstruktionen 
in dieser Beziehung, aus dem elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg 
hervorgegangen, sollen im Nachfolgenden beschrieben worden. 

Bei den gegenwärtig beliebt gewordenen Anordnungen dor Röntgen¬ 
apparate mit getrennten fahrbaren Reguliertischen, mit deren Hilfe der Arzt 
imstande ist, von einer beliebigen Stelle des Zimmers aus, den Betrieb des 
Induktors einzuleiten und zu regulieren, läßt sich ein vollständiger Schutz 
des Untersuchers bei allen Aufnahmen zweckmäßig durch fahrbare Bleiglas¬ 
wände bewerkstelligen, wie es in Abbildung I dargestellt ist. 

Zuerst von Gundelach, dann von Siebert wurden bleihaltige Gläser 
auf den Markt gebracht, die gut durchsichtig sind, die Röntgenstrahlen da¬ 
gegen nahezu vollkommen absorbieren. 

Aus solchen Schutzgläsern werden Rahmengestelle gebaut, die auf 
Rollen fahrbar sind, auf, und hinter solchen Gestellen findet dor Untersucher 
während der Aufnahme seinen Platz. Er ist dabei in der Lage, den ganzen 
Raum zu übersehen und trotzdem vollständig außer dem Bereich der schäd¬ 
lichen Strahleneinflüsse. Da das Schutzgestell leicht beweglich ist, so kann 
der Untersucher an jeden beliebigen Platz in seinem Untersuchungszimmer 
es mitnehmen. Nicht unpraktisch ist es, dieses Schutzrahmengestell zu ver¬ 
binden mit einer davor befestigten Vorrichtung zur Prüfung der Röntgen¬ 
röhre. Diese mag in einer Wehnelt- oder Walterskala bestehen, oder auch 

*) Aus dem Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg. 


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aus einer Skeletthand, oder einigen Bleistiften mit einem Bariumplatinzyanlir- 
schirm. Der Untersucher sieht durch die Bleiglaswand die Fluoreszens des 
Leuchtschirmes und die auf ihm projizierte Skala, oder die Skeletthand, 
oder den Bleistiftkern, ohne sich selbst der Strahlenwirkung auszusetzen. 

Zum besonderen Schutze gegenüber der Gefahr der temporären oder 
dauernden Sterilität werden elastische Bleischürzen angewendet, wie es die 
Abbildung zeigt. Die Schürzen werden während der ganzen Dauer der radio¬ 
logischen Tätigkeit nicht abgelegt, insbesondere aber bedient man sich ihrer 
während der Dauer der Durchleuchtung, wo die Gefahr der Schädigung am 
größten ist. 

Wir können noch darauf aufmerksam machen, daß man beim Prüfen 
von Röntgenröhren, ebenso bei der Vornahme von Aufnahmen in horizontalen 
Ebenen, die Röhre zweckmäßig so einstellt, daß ihre fluoreszierende Hälfte 
der Wand zugerichtet ist. Wir sahen diese Anordnung in dem radiologischen 
Institut des allgemeinen Krankenhauses in Wien (Dozent Dr. G. Holz¬ 
knecht) und können sie ganz allgemein empfehlen. Da, wie in verschiedenen 
Publikationen unseres Institutes schon oft betont worden ist, es durchaus 
nicht notwendig erscheint, die Röhre oder die Antikathode parallel zur Auf¬ 
nahmeebene zu stellen, wenn man nur darauf achtet, daß die Mitte der 
Antikathode annähernd senkrecht über die Mitte der Aufnahmeebene sich 
befindet, so beeinträchtigt eine solche Schrägstellung der Röhre die Qualität 
des Bildes nicht. Sie nützt aber, weil sie das durchstrahlte Feld auf die 
Seite führt, sodaß der Untersucher selbst in einem weniger durchstrahltem 
Gebiete sich aufhält. 

Bewährt hat sich in letzter Zeit für einfache Hautbestrahlung das 
sogenannte französische Chromoradiometer, welches sich durch seinen billigen 
Preis auszeichnet (Mk. 10.—). 


Über eine zweckmäßige Wässerungsvorrichtung für Platten. 

Dieselbe besteht aus etagenweise, unter geringer Neigung übereinander 
angeordneten flachen Blechbehältern, die einzeln herausgenommen werden 
können. Der Länge nach über der höchsten Stelle der obersten Etage be¬ 
findet sich das Zuflußrohr, durch welches, da es mit feinen Löchern in der 
ganzen Länge versehen ist, das Wasser in feinen Strahlen auf die oberste 
Platte rieselt. Es läuft herab auf die andere Seite der Platte und tropft von 
da auf die 2. Etage, rieselt über die zweite Platte nach abwärts, gelangt auf 
die 3. Etage und so fort. Jede einzelne Platte ist mit dem Blechgefäß heraus¬ 
nehmbar, ohne daß deshalb die Berieselung unterbrochen wird. Der Apparat 
gestattet ein sehr erfolgreiches Auswässern mit größter Wasserersparnis und 
ist deswegen sehr zu empfehlen. 


Über einen Registraturapparat für Negative. 

Bei sehr beschäftigten radiologischen Instituten ist das Anbringen 
von Zeichen auf der Platte, die unzweideutig sind, Irrtümer ausschließen, 
nicht immer ganz einfach. Wenn das Registratursystem so eingerichtet ist, 

Archiv f. physik. Medizin uto. 5 


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(laß die Platten nur eine fortlaufende Nummer zu tragen brauchen, so läßt 
sich der hier abgebildote Plattenregistratur-Apparat gut verwenden. 

Er besteht aus scharfen, aus Blei gestanzten Ziffern, und zwar jeder 
Kasten aus 3 Serien von 0 bis 9, sodaß mit einem Kasten alle Zahlen bis 
999 einschließlich gebildet worden können. Diese Ziffern werden bei der 
Aufnahme auf die Platten gelegt, so daß sie auf einem überragenden Rande 
sich befinden und das Bild selbst nicht beeinträchtigen. Bei der Entwicklung 
kommen dann die Ziffern klar und scharf zu Tage, und Verwechselungen 
ist dann ein für alle mal vorgebeugt. 

Aber diese Methode hat noch einen anderen Vorzug. Die Bleiziffern 
dienen nämlich gleichzeitig als Schleiermarken, die mit Sicherheit angeben, 
ob ein nach der Entwicklung auf der Platte konstatierter Schleier von der 
Aufnahme, also von Sekundärstrahlen, oder eingedrungenem Licht, oder von 
der Entwickelung stammt. Wenn nämlich nach der Entwickolung die Platten 
verschleiert sind, die Ziffern aber klar erscheinen, so muß der Fehler von 
der Aufnahme stammen. Denn wäre es Entwicklungsschleier, so müßten 
auch die Ziffern schleierig erscheinen. Es handelt sich also bei klaren 
Ziffern um Schleier durch Sekundärstrahlen, die durch die Ziffern an den 
von ihnen belegten Stellen der Platten von diesen abgehalten wurden. Er¬ 
scheinen aber die Bleiziffern auch verschleiert, so ist offenkundig die Ent¬ 
wickelung schuld, sei es nun, daß der Entwickler zu warm, zu konzentriert 
oder zu lange wirkte, sei es, daß die Rotlampe aktinische Strahlen gab. 


Neue Formen von Orthodiagraphen. 

In der Ausstellung des Röntgenkongresses zu Berlin hatte man auch 
Gelegenheit, die neuesten Konstruktionen von Orthodiagraphen kennen zu 
lernen, die hier kurz erwähnt werden sollen. 

I. Der zur Zeit unstreitig am vollendetsten durchkonstruierte Ortho- 
diagraph ist der nach Levy-Dorn der Firma Reiniger, Gebbert & Schall- 
Erlangen. Die Führung ist die leichteste, das Trägheitsmoment auf ein 
Minimum reduziert. Der Apparat ist mit beweglicher Blende und einer 
Vorrichtung versehen, die sofort beim Gebrauch die größte Breite des Herzens 
nach rechts und links sowie seine Höhe angibt, sodaß man diese Masse in 
Zentimetern nach der Ausführung der Messung direkt an einer Skala ablesen 
kann. Praktisch wird es allerdings nicht leicht sein, jede größere Exkursion 
beim Zeichnen zu vermeiden, was unbedingt nötig ist, wenn man von dieser 
Vorrichtung profitieren will. Der ganze Apparat zeichnet sich durch seine 
Eleganz aus. Fixierung des Patienten geschieht durch Anschnallen mittelst 
Ledergurten. 

II. Den Orthodiagraphen mit feststehender Irisblende verbunden hat 
Dessauer: Blendenorthodiagraph. Der Apparat besteht aus einem aufrecht¬ 
stehenden Gestell; in ihm gleitet ein die Irisblende tragender Rahmen auf 
und ab. sodaß diese also in der Höhe verstellbar ist. An demselben Rahmen 
ist der Orthodiagraph angebracht, sodaß er also, d. h. die Zeichonvorrichtung 
und die Röhre, gleichzeitig mit der Blende verstellt werden. Man kann, wie 


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mit anderen Orthodiagraphen, direkt auf der Brust, oder auf einer besonderen 
Zeichenfläche markieren. Auch läßt sich der Apparat als vertikale Durch¬ 
leuchtungsblende verwenden. Fixierung durch Achselstützen. Vom Elektr. 
Labor. Aschaffenburg. * 

III. Hirschmanns Ortliodiagraph. Entschieden die beste Fixier¬ 
vorrichtung kommt diesem Apparat zu; sie besteht in einem segeltuch¬ 
bespannten, etwas nach hinten geneigt stehenden Rahmen. Der Patient 
lohnt sich stehend an dieses Gestell an und ist ohne weiteres absolut fixiert. 

IV. Auf Wunsch Prof. Aug. Hoffmanns verband Dessauer dessen 

Herzmeßstativ mit der Blende nach dem Prinzip seines Blendenorthodia- 
graphen. Die Fixierung geschieht dadurch, daß der Patient sitzt. Auf der 
Zeichenvorrichtung sind eine Anzahl horizontal und vertikal verschieblicher 
Drähte angebracht, die auf bestimmte Punkte des Thorax oder des Herz¬ 
schattens eingestellt werden können. Auch kann derselbe Rahmen, der die 
Zeichenvorrichtung trägt, zur Aufnahme einer Kasette mit photographischer 
Platte verwendet werden. Franze-Nauheim. 


Au» dem Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg. 

Über die Gundelach-Dessauer'sche Ideal-Röntgenrölire. 

Die Gestaltungen der Röntgenröhre haben sich in den letzten Jahren 
stark vermehrt. Über die zur Zeit besten Röhrenarten finden sich übersicht¬ 
liche Sammelarbeiten im „Röntgenologischen Hilfsbuch“ von Dessauer (vergl. 
Literaturverzeichnis), in dem Kompendium der Röntgenographie, in den 
Physikalisch-Medizinischen Monatsheften und an anderen Stellen. 

Unter all’ diesen Typen hebt sich als prinzipiell verschieden die 
„Idealröhre“ heraus, die vor drei Jahren von Gundelach und Dessauer kon¬ 
struiert und vom Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg auf den 
Markt gebracht wurde. 

Das prinzipiell Neue lag in den praktischen Anwendungen der neueren 
Theorien über die Vorgänge bei der Kathodenstrahlung, insbesondere des 
Zusammenhanges zwischen Entladungspoteptial der Röhre und Penetrations¬ 
kraft der X-Strahlung. Die Antikathode der Röhro ist von einem Tubus 
umgeben, der sich unter Einfluß der Kathodenstrahlung negativ lädt. Diese 
Ladung ist besonders intensiv gemacht dadurch, daß der Tubus aus 
Metall gemacht und gut isoliert auf Glas befestigt ist. Durch das statische 
Abstoßungsmoment wird das Kathodenstrahlenbündel in seinem Innern zu¬ 
sammengedrängt, dadurch ein besonders kleiner und konstanter Ausgangs¬ 
punkt für die X-Strahlung hervorgebracht. Gleichzeitig tritt durch die Ab¬ 
stoßungswirkung des Tubus eine Erhöhung des Entladungspotentials, eine 
Verstärkung der Durchdringungsfähigkeit ein. Durch eine seitlich angeordnete 
Hilfsanode, der durch eine kleine Funkenstrecke von der positiven Seite des 
Induktors mehr oder weniger Strom zugeführt wird, kann diese negative 
statische Ladung ganz oder teilweise aufgehoben werden. Dabei wird die 
Strahlung der Röhre weniger penetrant, „weicher“. 

Es war dies das erste mal, daß ohne Gaszufuhr oder Absorption der 
Charakter der Röhre in ziemlich weiten Grenzen verändert, sie während des 

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Fortschritte der Technik. 


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Betriebes beliebig oft und in beliebiger Reihenfolge durchdringungskräftiger 
und weniger penetrierend, härter und weicher gestellt werden konnte, ohne 
daß ihre Lebensdauer und Qualität dabei beeinträchtigt wurde. Dieses An¬ 
passungsvermögen des Strahlencharakters an das Objekt war natürlich ein 
erheblicher Fortschritt. Ungefähr U/a Jahre später löste Wehnelt die gleiche 
Aufgabe so, daß die Durchdringungskraft durch Verschieben eines Glastubus 
über der Kathode veränderlich wurde. Diese Röhre hat indessen nicht die 
Verbreitung der Idealröhre gefunden. 

Nachdem — wie bei allen prinzipiellen Forschriften in unserem Gebiete 
— zunächst über den Wert der Neuerung viel gestritten worden war, hat 
die sogenannte „Idealröhre“ eine ruhige Entwicklung gefunden. Ihre charak¬ 
teristischen Vorteile, außerordentlich scharfe und detailreiche Bild¬ 
zeichnung und die Anpassungsfähigkeit des Strahlencharakters, 
haben ihr von selbst in dieser Zeit eine Verbreitung von einigen Tausend 
Exemplaren verschafft. 

Dabei hat sich herausgestellt, daß tatsächlich in Bezug auf Bild¬ 
zeichnung in Durchleuchtung und Aufnahme kaum eine andere Röhre die 
Idealröhre erreicht, was sich insbesondere bei Brustaufnahmen, Strukturauf¬ 
nahmen, Weichteilaufnahmen herausstellt, und daß die Regulierbarkeit während 
des Betriebes ohne Vakuumänderung, ihre Anpassungsfähigkeit, ganz be¬ 
sonders bei Thoraxdurchleuchtungen ein sehr schätzenswerter Vorteil ist. 
Ihre Lebensdauer hat sich als besonders groß herausgestellt. 

Doch muß beim Betriebe berücksichtigt werden, daß diese Konstruktion 
außergewöhnlich empfindlich gegen Schließungsinduktion ist. Sie bewährt 
sich nicht bei Apparaten, bei denen die Wechselstromimpulse nicht eliminiert 
sind. Ihr rasches Abnehmen ist geradezu typisch für mangelhafte Konstruktion 
der Röntgenapparate, deren ungünstige Entladungsform sich in einem deut¬ 
lichen zackenförmlichon Bilde (Projektion des Rohrtubus durch die Hilfsanode) 
auf der vorderen Glaswand darstellt. Außerdem muß die Röhre mit mäßiger 
Belastung sorgsam gebraucht werden, darf nicht stark glühen. Werden aber 
diese wenigen Bedingungen erfüllt, so bewährt sie sich durchaus. 

Nach dreijährigen Erfahrungen stehen wir nicht an, zu erklären, daß, 
schließungsfrei arbeitende Apparate und sorgfältigste Behandlung vorausge¬ 
setzt, unserer Überzeugung nach die Gundelach-Dessauer’sche Röhre für 
Aufnahmen, bei denen es auf besonders feine Detailzeichnung 
ankommt, also hinsichtlich Graduation und Schärfe wohl die 
beste Röhre ist. Ihr Verwendungsgebiet ist Präzisionsaufnahme und 
Durchleuchtung, insbesondere Thoraxdurchleuchtung. Nebenbei kommen auch 
andere Vorteile, die geringe Zerstreuung der X-Strahlung, der dadurch ge¬ 
währleistete größere Schutz für den Arzt, die sehr große Lebensdauer 
in Betracht. 

Von den Äußerungen der Literatur seien nachstehend einige angeführt. 

Literatur über die Idealröhre. 

1. „Über eine neue Erfindung auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen“, Allgemeine medizinische 
Zentralzeitung, Berlin 1902. No. 45, v. 4. Juni. 

2. Annales d. Elektrobiologie et de Radiologie, herausgegeben von Prof. Dr. Doumer, Lille. 
„Nouveau tube Röntgen“, 1903. Heft 1. 


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Fortschritte der Technik. 


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3. ai&me Congrfes International d’Electrologie et de Radiologie Mödicales. Bern. Mitteilungen 
über eine neue Röntgenröhre etc. 

4. Verhandlungen der deutschen fisikalischen Gesellschaft, IV. Jahrgang, Nr. 13. Ȇber 
einen Versuch, die Durchdringungsfähigkeit der X-Strahlen unabhängig vom Vakuum zu 
regulieren.* 

5. Zeitschrift für Elektrotherapie und physikalische Heilmethoden, IV. Jahrgang, Heft 9. 
»Über Röntgenröhren“. 

6. Mitteilungen des Elektrotechnischen Laboratoriums über Neuerungen auf dem Gebiete 
der Röntgenstrahlen. No. 5 der Serie 1902/3. „Über die Idealröhre". 

7. Grundrifs der gesamten Radiotherapie von Dr. Leopold Freund in Wien, pag. 174. (Verlag 
Urban und Schwarzenberg). 

8. Ingenieur Fr. Dessauer. Röntgenologisches Hilfsbuch (Gesammelte Aufsätze Band I), 
Stübers Verlag, Würzburg 1905. Kap. 2. (Preis Mk. 4,50.) 

9. Ingenieur Fr. Dessauer und Dr. med. B. Wiesner, Compendium der Röntgenographie, 
ein praktisches Handbuch. O. Nemnich, Leipzig. I. Teil, Kap. 3 E., pag. 106 ff. 

10. Dr. med. E Sommer, Winterthur, „Über Röntgenröhren“. Physikalisch Medizinische 
Monatshefte, Heft 12. März 1905. 


Bergkristall zur Fassung von Radium. 

* Der bekannten Platinschmelze: W. C. Heraeus-Hanau, verdankt man 
erfolgreiche Versuche, aus reinem Bergkristall Röhrchen und Apparate her¬ 
zustellen. Die Firma teilt darüber mit: 

Fläschchen, Kölbchen, auch solche mit seitlichem Rohransatz (sog. 
Hofmannskölbchen), Röhren, Luftthermometer-Gefäße, Tiegel u. s. w. bilden 
z. Zt. einen von physikalischen und chemischen Instituten viel begehrten 
Artikel, und zahlreiche Anfragen und Bestellungen von seiten der Industrie 
beweisen, daß man auch in dieser den neuen Apparaten die allergrößte 
Aufmerksamkeit schenkt. Und merkwürdig in der Tat wäre es, wenn ein 
Körper, der sich im Äußeren von Glas in nichts, in seinem Verhalten aber 
von diesem dadurch unterscheidet, daß sein Erweichungspunkt etwa 800° 
höher liegt und daß auch die plötzlichsten und größten Temperaturunter¬ 
schiede ohne jeden Einfluß auf ihn bleiben, nicht einer weitgehenden Ver¬ 
wendung fähig wäre. Das einfache Experiment, daß man ein Kölbchen aus 
geschmolzener Kieselsäure direkt in der Gebläseflamme zu heller Weißglut 
erhitzt, in das weißglühende Gefäß dann Wasser gießt, ohne daß es im 
geringsten Schaden leidet, ruft stets allgemeines Erstaunen hervor. Die 
weitere Eigenschaft dieses Glases, daß es nicht hygroskopisch, nicht wasser¬ 
löslich, nicht säurelöslich ist, wird insbesondere auch für mannigfache wissen¬ 
schaftliche Arbeiten von Wichtigkeit sein. Von alkalischen Lösungen wird 
das Quarzglas in geringerem Maße gelöst, als die besten Glasarten. Von 
Metalloxyden und Alkalien wird dasselbe bei hoher Temperatur angegriffen. 
Aus diesem Grunde sind Gefäße, welche hohen Temperaturen ausgesetzt 
werden sollen, vorher sorgfältig zu reinigen und dann nicht mehr mit den 
Händen zu berühren. 

Ausführliches über Quarzglas findet sich in den Verhandlungen des 
internationalen Kongresses für angewandte Chemie in Berlin 1903. 

Es lassen sich im allgemeinen alle Gefäße und Apparate an fertigen, 


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Fortschritte der Technik 


70 


welche man aus gewöhnlichem Glase vor der Gebläseflamme herstellen kann, 
d. h. man kann den Gefäßen beliebige, auch recht komplizierte Formen 
geben, nur ist der Größe der Apparate vorläufig eine gewisse, jedoch nicht 
allzu enge Grenze gezogen.“ 

Da Bergkrystall sehr durchlässig für kurzwellige (bes. violette und 
ultraviolette) Strahlungen ist, so eignet es sich sehr gut für Aufnahmen 
radioaktiver Präparate, deren Strahlung es weniger beeinträchtigt, als andere 
Fassungen (Glas). Zur Einführung radioaktiver Substanzen in Körpcrhöblen 
werden die neuen Quarzröhren zweckmäßig benutzt. 


C. Chemisch-pharmazeutische Berichte. 

Über „Perugen“, synthetischer Pcrubalsani. 

Die aromatischen Balsame und Gummiharze, Perubalsam, Storax, 
Tolubalsam und Benzoe sind im wesentlichen Harzester der Benzoe- oder 
Zimmtsäure mit mehr oder weniger Benzoesäure- oder Zimmtsäure-Benzyl- 
oder Styrilester. Je nach dem Gehalte an letzteren sind sie entweder 
flüssig (Perubalsam), halbflüssig (Storax) oder fest (Benzoe). Nach dem Ver¬ 
fahren von Dr. F. Evers, Düsseldorf ist es möglich, durch geeignete Wahl 
der oben genannten Gummiharze bez. Balsame in Verbindung mit Cinna- 
rnei'n den wirksamen Zimmtsäure- und Benzoesäureester reinen Balsam 
herzustellen, der chemisch wie physikalisch den natürlichen Perubalsamen 
völlig gleich ist. Solcher synthetischer Perubalsam kommt unter dem Namen 
„Perugen Dr. Evers“ seit kurzer Zeit in den Handel, nachdem langjährige 
Versuche, klinische wie private, vorausgegangen sind. 

Trotzdem zahlreiche Ersatzmittel für den natürlichen Perubalsam auf¬ 
tauchten, hat sich dieser aus dem Arzneischatz nicht verdrängen lassen. Peru¬ 
balsam gilt auch heute noch für das hervorragendste Mittel gegen Scabies 
und wird neuerdings in der Wundbehandlung (Dr. Fr. Burger, Münch, med. 
Wochenschrift 1904 S. 2331) mit großem Erfolg angewandt. Was den 
Porubalsain gegenüber anderen antiskabiösen Mitteln z. B. ß-Naphtol oder 
Schwefelhaltigen (siehe D. Ärzte-Ztg. 1903 Nr. 5) seinen besonderen Wert 
verleiht, ist die völlige Unschädlichkeit und das Ausbleiben jeglicher Neben¬ 
wirkungen. Wenn neuerdings solche schädlichen Wirkungen beim Gebrauch 
von Perubalsam wiederholt beobachtet worden sind (siehe Dr. A. Gaßrnann: 
„Schwere Nephritis nach Einreibung eines Skabiosen mit Perubalsam“, Münch. 
Med. Wochenschrift 1904 Nr. 30, ferner Dr. Deutsch: „Nierenentzündung mit 
tätlichem Ausgange durch Perubalsam“, Zeitschrift für Medicinalbeamte 1905 
Nr. 13), so liegt die Vermutung nahe, daß diese schädlichen Wirkungen des 
Balsam eine Folge der massenhaften Verfälschungen mit nicht indifferenten 
Mitteln sind. Es ist durch zahlreiche Untersuchungen festgestellt und in 
pharmazeutischen Fachkreisen längst bekannt, daß der natürliche Perubalsam 
ein Lieblingsobjekt der Fälscher ist. Weniger bekannt dürfte sein, daß die 
Fälschungen seit einiger Zeit in solchem Maße betrieben werden, daß der 
größero Teil des im Handel befindlichen „natürlichen Perubalsam“ als ge¬ 
fälscht zu bezeichnen ist. Die Verfälschung wird hauptsächlich in den 
europäischen Hafenplätzen betrieben. Man macht hier den Balsam, wie man 


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Fortschritte der Technik, 


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sich ausdrückt, „pharmacopoe gerecht“, d. h. man bringt den Balsam schein¬ 
bar auf den vorgeschriebenen Cinnamei'ngehalt. Beliebte Fälschungsmittel 
sind Gurjunbalsam, Harzöl und dergl. Solche verfälschten Balsame lassen 
sich nach den Prüfungsmethoden dos Arzneibuches nur schwer erkennen, 
die genannten Fälschungsmittel sind aber keineswegs harmloser Natur. Das 
ätherische 01 des Gurjunbalsam wirkt ähnlich wie Terpentinöl; ähnlich ver¬ 
hält sich auch das Harzöl, und daher dürfte es angezeigt sein, den Fälschungs¬ 
mitteln eine besondere Beachtung zu schenken, damit der reine Perubalsam, 
der allerdings leider eine Seltenheit geworden ist, nicht unrechtmäßig in 
Verruf komme. 

Berücksichtigt man, daß in dem synthetischen Balsam, also dem 
„Perugen“, ein Produkt gegeben ist, das nur Bestandteile der aromatischen 
Balsame, also dem Perubalsam ganz nahe verwandte Stoffe und reines 
Cinnamei'n enthält, so muß man die Verwendung des „Perugen“ derjenigen des 
gewöhnlichen im Handel vorkommenden Perubalsam entschieden vorziehen. 
Aber selbst dem reinen Naturbalsam verdient „Perugen“ den Vorrang einesteils, 
weil es stets gleichmäßig zusammengesetzt ist (Cinnamei'ngehalt 02—63 °/o), 
andernteils, weil es ca. 30 °/ 0 billiger ist als reiner Perubalsam und deshalb 
auch in der Kassenpraxis an Stelle des klebrigen Storax verwendet werden kann. 

Das Perugen ist klinisch geprüft worden und hat sich als ganz zu¬ 
verlässig und frei von schädlichen Nebenwirkungen gezeigt. (Siehe Prof. 
0. Regenbogen: „Alte und neue Arzneimittel“, Monatsheft für praktische 
Tierheilkunde 1905 Heft ll). 


Über Keraminseife. 

Die Firma C. A. Töpfer in Leipzig bringt seit einiger Zeit ein Peru¬ 
präparat unter dem Namen Keraminseife in den Handel, über das eine ganze 
Reihe günstiger Urteile aus der ärztlichen Praxis vorliegen. Soweit ich 
durch den Fabrikanten orientiert wurde, wird als Alkali bei der Herstellung 
der Seife ein Gemisch von Kali- und Natronlauge verwendet. Ihre Wirkung 
ist daher die einer Stückseife, vereinigt mit der stärkeren einer Kaliseife. 
Als Medikament ist Perubalsam und als Geruchskorrigens Nelkenöl und 
Zimmtöl beigemischt. Dr. Unna, der eingehende Versuche mit der Keramin¬ 
seife angestellt hat, schreibt: „Da wir die Wirkung des Perubalsam auf 
Ekzem schon seit langem kennen und bisher einen direkt ekzemheilenden 
Einfluß nur in sehr beschränktem Maße (z. B. bei Scabies) wahrzunehmen 
Gelegenheit hatten, wendet sich mein Interesse naturgemäß dem relativ 
hohen Zimmtölgehalt zu. Die desinfizierende Kraft des Zimmtöl ist wegen 
seines Gehalts an Zimmtsäure jedenfalls bedeutend, und es ist noch sehr die 
Frage, ob dieser Zusatz in Wirklichkeit nur die Bedeutung eines Geruchs¬ 
korrigens und nicht vielmehr die eines ursächlich ekzem heilenden Faktors 
hat.“ Herr Dr. Unna schreibt dann an anderer Stelle weiter: „Jedenfalls 
war eine Versuchsreihe mit reinen Zimmtölseifen indiziert, um hierüber ins 
klare zu kommen. Ich habe dieselbe mit dem Seifenkörper der überfetteten 
nicht parfümierten Basisseife durchgeführt und gefunden, daß diese Zimmt¬ 
ölseifen stark desodorisierend, desinfizierend und juckstillend wirken, aber 
sowie man über 1 /-i - '/* u / 0 hinausgeht, auch stärkere Reizungssymtome, 


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72 


Fortschritte der Technik. — Autorenregister. 


Hyperämie und Spannung der Haut hervorrufen.“ Außer den vorgenannten 
Bestandteilen hat die Seife einen starken Zusatz von Talkum, und hierauf 
glaubt Dr. Unna auch die sehr günstige Wirkung der Keraminseife beim 
Ekzema crustosum und intertriginosum zurückzuführen. 

„Weshalb“, schreibt Dr. Unna, „soll die gute eintrocknende Wirkung 
des Puders, die wir in dem fast universellen Ersatz der Salben durch puder¬ 
haltige Pasten bei feuchten Dermatosen erlebt haben, nicht auch auf solche 
Seifen ausgedehnt werden, deren Schaum auf der Haut zu bleiben bestimmt 
ist? Weshalb sollen wir nicht zu „Pastenseifen“ im Gegensatz zu Salben¬ 
seifen fortschreiten? Ich sehe jedenfalls ein Hauptverdienst der Keramin¬ 
seife darin, die gute Idee einer Pastenseife angeregt zu haben.“ 

Dr. Unna urteilt über die Keraminseife: „Sie verbindet mit einer 
starken Seifenwirkung durch ihren Kaligehalt eine für die Ekzembehandlung 
sehr willkommene eintrocknende Puderwirkung und eine juckstillende, deso¬ 
dorisierende, desinfizierende Wirkung durch ihren Gehalt an aromatischen Ölen.“ 


Autorenregister. 

Albers-Schönbei'g 7. 56. — Alsberg 64. — Arrhenius 47. — Bain 55. — Bartels 15. — 
Bassenge 9. — Bauer & Co. 63. — BecUre 16. 44. — Becquerel 39. — Belot 36. 58. — 
Benoist 38. 43. 62. — Berger 16. — Böhm 52. — Brauner 11. — Brocq 36. — Büchner 33. — 
Cassirer 6 . 16. — Curie 39. — Curschmann 17. — Dessauer 7. 29. 38. 43. 66 . — Destot 36. — 
Döderlein 63. — Eberlein 3. — Edgecombe 55. — Ehrhard 5. — v. Eiseisberg 14. — Erdheim 
16. 54. — Eulenburg 16. — Evers 70. — Fischer 47. — Flesch 53. — Fodor 50. — Foulerton 44. — 
Frankl 51. — Frankling 55. — Franze 32. 44. 55. 56. 57. 67. — Fröhlich 16. — Fuchs 16. 54. 

— Gärtner 23. — Gehlhoff 36. 42. — Gerber 53. — Glax 22. — Gocht 7. — Goldzieher 52. — 

Grunmach 4. 5. 7. 11. 16. — Gundelach 67. — Haberer 14. — Haudeck 49. — Heraeus 69. — 
Herz 54. — Heß 15. 41. — Hildebrand 15. 17. 39. 41. — Hirschmann 67. — Hödlmoser 53. — 

Hoft'a 7. — Hoffmann 67. — Holzknecht 7. 11. 12. 14. 22. 43. 54. 62. 65. — Hudovernig 16. — 

v. Jackseh 52. — Jastrowitz 3. — Josefson 16. — Kienböck 61. 62. — Kisch 47. 48. — Kißling 
11. — Koch 31. — Koppe 48. — Kolisch 22. 45. 47. — Kostkewicz 48. — Krauß 48. — Krönig 
63. — Kuthy 46. 49. — Lang 53. — Launois 16. — Leischner 14. — Lenhartz 10. 24. — Levy- 
I)orn 7. 11. 26. 39. 66 . — v. Leyden 3. 4. 5. — Lorenz 22. — Mache 53. — Moritz 39. — 

Öfter 51. — Oppenheim 16. — v. Papius 41. — P 6 t,zy-Popovits 16. — v. Pöhl 32. 46. 47. — 

Porges 49. — Ramsay 42. — Reiniger, Gebbert und Schall 66 . — Robinsohn 7. 22. 62. — 
Röntgen 11. 39. 42. — Rossel, Schwarz & Co. 58. — Roy 16. — Ruhmer 62. — Rumpel 17. — 

Rüssel 50. — Samuely 47. — Schein 5. — Schiff 5. — Schüller 16, 54. — Schütz II. — 

Schweinburg 54. — Seldin 56. — Siedentopf 63. — Soddy 42. — Solger 36. 58. — Sommer 3. 

— Strasser 45. 47. — Strauß 48. — v. Tarchanoff 32. — Thans 47. — Töpfer 71. — Tripold 49. 
Ullmann 21. — Unna 71. — Van t’Hoff 47. — Villard 36. — Villiams 36. — Wachs 32. — 
Walter 42. 43. 62. — Webb 56. — Wehnelt 68. — Weinberger 11. — Werndorff 22. — Wert- 
heim-Salomonson 58. — Wiek 53. — Wiesner 38. — Winternitz 22. 47. — Zander 58. — Zeiß 
63. — Zörkendörfer 48. — 



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Bezugsquellenliste. 


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Bezugsquellenliste 

für den Gesamtbedarf der praktischen Medizin. 

Bei den in fetter Schrift gedruckten Firmen bitten wir die entsprechenden Anzeigen 

im Inseratenteile zu beachten. 


Röntgenologie. 

Röntgenapparate. 

Elektrotechn. Laboratorium, Aschaffen¬ 
burg. (Siehe Inserat.) 

Fr. Klingelfuß & Co., Basel. (Siehe Inserat.) 
Max Kohl, Chemnitz in Sachsen. 
Mitteldeutsche Elektrizitätswerke, Berlin. 
Polyphos, Gr. m. b. H., München. 

Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen. 


Röntgenröhren. 

Max Becker & Co., Hamburg. (Siehe Inserat.) 
Emil Gundelach, Gehlberg, (siehe Inserat.) 
C. H. F. Müller, Hamburg. 

Heinz Bauer & Co., Berlin, Lützowstraße. 
(Siehe Inserat.» 


Röntgenplatten. 

Aktiengesellschaft!für Anilinfabrikation, 
Berlin. (Siehe Inserat.) 

J. Hauff & Co.. Feuerbach. 

Richard Jahr, Dresden. 

Kranseder & Co., München. (Sieho insorat.) 
Lumterc et son fils, Lyon. 

Otto Perutz, München. 

Job. Sachs & Co., Berlin. 

Dr. C. Schieußner, A.-G., Frankfurt a. M. 

(Siehe Inserat.) 

Unger & Holtmann, A.-G., Dresden. 
Westendorp & Wehner, A.-G., Cöln. 


Röntgenlaboratoriumsartikel. 

Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation, 
Benin. (Siehe Inserat). 

Chem. Fabrik vorm. E. Schering, A.-G., Berlin. 
W. Frankenhftuser, Hamburg. 

Geka-Werke, Hanau. 

F. Hrdliczka, Wien. 

Rud. Siebert, Wien. 

Dr. Lüttke & Arndt, Wandsbeck. 

E. Merck, Darmstadt. 


Photogr. Cameras. 

Aktiengesellschaft H. Ernemann, Dresden und 
Görlitz. 

Aktiengesellschaft für photogr. Industrie’vorm. 

E. Wünsche, Reick-Dresden. 

Curt Bentzin, Görlitz. 

Fabrik photogr. Apparate auf Aktien vorm. 

R. Hiittig & Sohn, Dresden. 

Alb. Glock & Co., Karlsruhe. 

C. P. Goerz, Berlin-Friedenau. 

R. A. Goldmann, Wien. 

E. Suter, Basel. 

Carl Zeifs, Jena. 


Elektromedizin. Technik. 

Badeapparate, Koch- und Heizapparate. 

C. & E. Fein, Stuttgart. 

W. Hillinger-Reiner, Stuttgart. 

Gebr. Lautenschläger, Berlin. 

Josef Leiter, Wien. 

Prometheus, Frankfurt a. Main. 

H. Recknagel, München. 


Elektromedizin. Apparate. 

Elektrotechn. Institut, G. ui. b. H.,Frankfurt a.M. 
Elektrizitätsgesellschaft Gebr. Ruhstrat, 
Göttingen. 

Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen. 


Heilgymnastische (orthopäd.) Apparate. 

Knocke & Drefsler, Dresden. 

Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden. (Sieho 

Inserat.) 


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74 


Bezugsquellenliste. 


Chirurgische Instrumente uud 
Verbandsartikel. 

Deutsche Dampfgipsbindenfabrik, München. 
Georg Haertel, Breslau. 

Hermann Haertel. Breslau. 

Alexander Schacdel, Leipzig. 

Evens & Fistor, Cassel. 


Chemische Präparate. 

Chem. Fabrik vorm. Baier & Co., Elberfeld. 
Chemische Fabrik Rhenania. Aaclien. 
Chemische Fabrik J. 0. Riedel, Berlin. 
Fabrikation von Duiig's Cliina-Calisaya- 
Elixir (Inhaber: Alb. C. üung), Frei¬ 
burg i. Br. ISioho Insoral.' 

Farbwerke vormals Meister, Lucius & Brüning, 
Höchst. 


Gebrüder Evers, ehern. Fabrik Reisholz, 
Diisseldorf-Reisholz. (Siebo Inserat ) 
Gesellschaft fiir chem. Industrie. Basel. 

F. Hoffmann, La Roche & Co., Basel. 

E. Merck, Darmstadt. 

Karl Töpfer, Fabrik chein.-pharm. Prftp., 
Leipzig. .Sioho Inserat.» 

Vereinigte Chem.Werke, A.-G.,Charlottenburg 


Nährmittelpräparate. 

W. Mielek, Hamburg. 

H. Niemoeller, Gütersloh. 

Puro, mediz. chem. Institut., München. 
Sanatogen-Werke, Bauer & Co., Berlin. 
Sicco, G. m. b. H.. Berlin. 


Die Listen werden ständig ergänzt. 


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Fr. Klingelfass & Co, Basel (Schweiz). 



Induktoriutn, Pat. Klingelfuss, 120 cm Funkenlänge, gebaut 
für das kgl. astrophysikalische Observatorium Potsdam. 



Röntgenapparat mit Induktorium 
Pat. Klingelfuss, 

von öO cm Funkenlänge und Schalttafel. 


Induktorien 

für 10—150 cm Funkenlänge 

System Klingelfuss mit Spiral¬ 
staffelwicklung, 0. R. P. 

Dieselben besitzen infolge der günstigen 
Kapazität»- und Selbstinduktionsverhältnisse eine 
sehr geringe Dämpfung und geben daher die für 
die Röntgenröhren besonders geeigneten kräftigen 
Kapazitätsfunken. 

Die Spiralstaffelwicklung lässt starke Über¬ 
lastung der Induktorien ohne Beschädigung der 
Wicklung zu. 

Für Röntgenapparate bauen wir besonders 
abgestimmte Induktorien, deren Primärspule eine 
9—1(1 fache Abstufung besitzt., so dass die lang¬ 
samere und schnellere Frequenz des elektroly¬ 
tischen Unterbrechers leicht eingesttdlt werden 
kann. 

Unsere, für Röntgenapparate abgcstimintcn 
Induktorien zeichnen sich ausser oben genannten 
Vorzügen durch geringen Stromverbrauch aus. 


2ÜV Preislisten über Induktorien. Röntgenappa 


IV rate, Chirurg. Anschlussapparate nach Prof. 
!uV Krönlein, transportable Anschlussapparate 
J0V für Kaustik, Endoskopie, Galvanisation, 
2JV Elektrolyse etc, werden auf Wunsch kosten- 
los überlassen, 



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Röntgenröhrenfabrik 

Max Becker & Co., Hamburg 21, Humboidtstr. 16 . 


Röntgenröhren in hervorragender Qualität und Ausführung mit 
Regeneriervorrichtung, o. r. g. 257133. 
Bleiglasröhren für Höhlenbestrahlung, d. r. g 249968. 
Röhren mit Antikathodenschutz, d. r. p. 165742. 


Röhren für Dauerbetrieb und höbe Beanspruchung von grösster Leistungsfähigkeit. 


Auch 

_ohtie 

Zucket 

1 Auch ] 

mraa .mit 

•. mIHM Eisen. | 




\x\VÄ Sf 
1^2 Liter 
I Flaschen 



in den 
^Apotheken 
zu haben, 


Meine Propaganda erstreckt sich 
nur auf ärztliche Kreise. 


Muster und Literatur 
durch die: 

Fabrikation 

von 

Snt’s Cfta-Calisap-Eliiir 

Inhaber: 

Alb. C. Dung, Freiburg i. B. 



... . mildes 

Abführ- und Mage nmittel 

5 Teile Elixir enthalten...« 
o.o.o Heil Rhabarberwurzel. 


Verordnen Sie stets: Orlginal-DUtlg’S. 


KER AMIN SEIFE 


ein neues Spezifikum gegen Hautkrankheiten. 

Nach den grundlegenden Untersuchungen Unna’s (Monatshefte f. prakt. Dermatologie 
1904, 39. Bd.) und dem Gutachten vieler praktischer Aerzte indiziert bei: vesiko-paptllüsen 
Ekzemen, intertriginosen und seborrhoischen Ekzemen, Impetigo, Akne etc. und als 
wertvolles Hilfsmittel bei Lupus, Urtikaria etc. 

JES. id Jt-L .A. JMC X IN" vermindert auffallend den Juckreiz. 

K. E Jr*. -A. TVT X JNT desodorisiert die Krusten. 

JbL. E JrL A 3 M X 3 NT trocknet und sistiert die Proruptionen. 

Nach eingehender Prüfung im Herzogi. Landeskrankenhaus und Siechenhaus Altenburg 
(Chefarzt: Medizinalrat Dr. NOtzenadel) ist Keraminseife 

ein Spezifikum gegen Skabies. 

(Siehe Repertorium der praktischen Medizin 1905, II.) 

JBL E JrL A 3 V£ X SO* bewirkt auffallende Heilerfolge. 

K. E R A M I KT ist besonders zur Privatpraxis geeignet. 

KEIt. AMXJV ist iiusserst billig und als Seife leicht anwendbar. 
Die Herren Aerzte werden gebeten, Gratis-Proben und Literatur zu verlangen vom Fabrikanten 

Karl Töpfer, Fabrik chem.-pharm. Präp., Leipzig. 


Perugen Dr. Evers 

(Balsam. Peruvian. synthet.) 

Chemisch und physikalisch genau übereinstimmend mit reinem natürlichen Perubalsam. 
Garantiert mindestens 60°/» wirksames Cinnamem enthaltend. Klinisch mit grossem Erfolge 
geprüft und als sicher wirkend empfohlen gegen Skabies und andere parasitäre Hautkrank¬ 
heiten, gegen chronische Ekzeme als juckreizstillendes und heilendes Mittel, vorzügliches 
Wundheilmittel, weil reizloses, ungiftiges Antiseptikum, die Granulation regulierendes und 

die Vernarbung förderndes Mittel. 

-—— Ohne unangenehme Nebenwirkungen. ———• 

Original-Flaschen ä 30 , 50 , 100 G. für die Rezeptur, ca. 30°/» billiger als reiner natürlicher 
Balsam. Erhältlich durch die Apotheken oder, falls nicht, wende man sich an Unterzeichnete 

Firma. 


— Literatur und Proben auf Wunsch. — 


Gebr. Evers, Chemische Fabrik Reisholz, Düsseldorf-Reisholz. 


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Elektrotechnisches Laboratorium Asehaffenbnr g. 

Arbeitsgebiete: 

1. Ausbau der physikalischen Grundlagen der Medizin mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung des Röntgenverfahrens. 

2. Lehrinstitut für Aerzte zur Ausbildung im Röntgenverfahren. 

3. Elektrotechnisches Ingenieurbureau zur Projektierung, Prüfung, 
Bauleitung und Begutachtung. 

4. Fabrik von Röntgenapparaten (System Dessauer). 

Die Fabrikations-Abteilung empfiehlt: 

Bau von Röntgenstationen für alle Zwecke und Stromarten nach 
Originalsystem Dessauer, Idealröhren D. R. P. nach Gundelach und 
Dessauer, Specialapparate für Röntgentherapie, Elektromedizinische 
Apparate für Galvanisation, Faradisation, Endoskopie und Kaustik; 
elektrische Badeanlagen, Lichtbadeinrichtungen, Finsenanlagen. 

Neuheiten: 

Heue Wässerungsapparate für Negative; neue Schutzapparate für Ärzte und Patienten; Auf¬ 
nahmegeräte (Holzknecht-Kienböckscher Stuhl); Dr. Alsbergsche Schutzmasse; französische 
Chromoradiometer (Preis Mk. 10.—); Negativ-Studienapparate; Dämpfungskasten für 
elektrolytische Unterbrecher. Durchleuchtungskompressorien. 

Radiumbpomid, reitist. crist. in Fassung $©n J^erglfristallröbrcn. 

Die wissenschaftliche Abteilung 

empfiehlt sich zur Revision und Begutachtung von ärztlichen, speziell 
elektromedizinischen und Röntgenanlagen; (Tesaintkrankenhausanlagen; 
zur Bauleitung und Begutachtung elektrischer Zentralen. 

Die wissenschaftliche Abteilung gibt Arbeitsplätze und Privatunterrichtskurse. 

Aerztliche Röntgenkurse 

(theoretisch und praktisch) 

Dauer 5—8 Tage. — Täglich 6—7 Stunden im Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg. 
Unter Leitung von Med.-Rat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und ßezirksarzt in Aschaffenburg, ab¬ 
gehalten von Dr. med. ß. Wiesner, Ingenieur Friedrich Dessauer, Dr. med. P. C. Franze, 

Dr. med. H. Metzner. 

1905 . Beginn: Dezember. 1906 finden Kurse statt im Februar, März, Juni, August, Oktober, 
Dezember. — Kursbeitrag inkl. Uebungsgeld Mk. 50 .—, 

Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch: 

imd.'Rat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und Bezirksarzt. Aschaffenburg. 
Berliner ärztliche Röntgenkurse 

(theoretisch und praktisch) 

nach Art der Aschaffenburger ärztlichen Röntgenkurse 
(gelegentlich der ärztlichen Fortbildungskurse und des Chirurgenkongresses) gegeben von Dr. 
med. Weecke, Berlin-Grosslichterfelde, und Ingenieur Friedrich Dessauer, Aschaffenburg. 
Kursbeitrag Mk. 50 .— (inkl. Uebungsgeld). 

Im Anschluss daran Einzelübung in der Privatklinik von Dr. Weecke. 

Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch: 

Dr. mtd. Wtteke, Berlin-Grosslichterfelde, Steglitzerstrasse Nr. 33. 
PRIVAT-KÜRSE 

im Röntgenverfahren und anderen physikalischen Methoden (Elektromedizin) im Elektrotechnischen 
Laboratorium Aschaffenburg nach Vereinbarung (Honorar Mk. ioo.— bis Mk. 150 .—.) 


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Anerkannt das beste Werk der Röntgenographie 


Im Verlag von Otto Nemnich, Leipzig erschien vor Kurzem: 

Kompendium der Röntgenographie. 

Ein praktisches Handbuch 

von 

Ingenieur Friedrich Dessauer nnd Dr. med. B. Wiesner 

in Aschaff'enbitrg. 

gr. 8 ° und 415 Seiten. Mit 201 Illustrationen im Text, 11 Fehlertafeln in Autotypie und 

12 radiographischen Tafeln. 

Preis gebunden in halb Leder Mk. 25.-. 


Bisher eingelaufene Urteile: 

Das Buch führt den Titel Kompendium der Röntgenographie nnd beschränkt sich anf 
diesen Teil der Röntgenwissenschatt; Dnrchlenchtnng, Orthodiagraphie nnd Therapie sind nicht be¬ 
rücksichtigt. Viele eigene An ff assnn gen der Verff. treten hervor, deren reiche Erfah¬ 
rungen in Technik nnd Praxis der Röntgenographie in dem Buche niedergelegt siud- 
Der Inhalt des Werkes zerfällt in drei Abschnitte: der erste macht den Leser mit den Apparaten 
znr Erzeugung der Röntgenstrahlen, dem Betrieb einer Rüutgenstation, den Hiltsapparateu etc. be¬ 
kannt, der zweite erläutert die photoeberaiseben Hilfsmethoden, nnd der dritte gibt die Aufnahme- 
Methodik. Wie die Verf. im Vorwort betonen, liegt der Schwerpunkt des Bnches im zweiten nnd 
dritten Teil. Ans dem ersten Teil möchte Referent besonders die Kapitel über die Stromquellen, 
das Indnktorinm nnd die Unterbrecher sowie über die Röntgenröhren hervorhebeu. Die wichtige 
Frage: Wie mnß der Induktor diinensiert sein ? findet eingehende nnd einleuchtende Beantwortung 
in der Darstellung S. 62 — 72. Demnach dürfte eine Fnnkenlänge von ca. 30 cm der Dessaner’scheu 
Induktoren ceteris paribns die für den Betrieb günstigste sein. 

In dem Kapitel „Beispiele ansgeführter Röntgeuaulngeu“ sind Einrichtungen der Firmen 
„Polypbos“, „Klingelfnss & Co“, „Nostiz & Koch“, „elektrotechnisches Laboratorium Aschaffenbnrg“ 
von den betreffenden Ingenieuren derselben beschrieben. Unter diesen bietet das Apparatsystem 
des Ingenieurs Koch vielleicht das meiste Interesse, da hier ganz nene Wege beschritten sind. Aus 
dem zweiten Abschnitt sei das Kapitel über die Entwickelnng der röntgenographischen Negative 
hervorgehoben, das alles in dieser Hinsicht Wissenswerte klar nnd ausführlich gibt. Negativeut- 
wickelnng ist immer etwas Persönliches nnd jeder arbeitet nach seinem Geschmacke, da ist denn 
die Besprechung einer Reihe von verschieden arbeitenden Entwicklern in mancher Richtnng nütz¬ 
lich. Betreffs des Auswaschens der entwickelten Platten vor dem Fixieren ist der Satz (S. 257): 
„Für die Platte selbst ist dieses Answaschen ohne Bedentnng“ nicht für alle Entwickler richtig, 
wie es anch Verff. beim Diphenal (Seite 267) selbst betonen. Dem Betrachten der Negative nud 
der Plattenkritik ist ein eigenes Kapitel gewidmet; die verschiedenen Fehler, welche Vorkommen 
können, sind besprochen nnd die Erkennung der Fehlerquellen unter Beifügung zwölf instruktiver 
Fehlcrtafeln erläutert. 

Der dritte Teil, Aufnahme-Methodik ist besonders reich mit Abbildnngen ansgestattet nnd 
sind ihm 12 sehr schöne Tafeln, die eine größere Reihe typischer Röntgenbilder wiedergeben, bei- 
gefiigt. Die Abbildung im Text veranschaulichen die Lagerung nnd Fixierung des Aufzunehmenden 
und die Stellnng der Röntgenröhre etc., oder geben anatomische Skizzen, die znr Orientierung 
dienen. In diesem Teile wird jeder praktisch mit Röntgenstrahlen Arbeitende sehr viel nützliche 
Winke nnd für schwierige Aufnahmen gute Belehrung finden. 

So stellt sich das Buch als ein wirklich praktisches Handbuch der Röntgenaufnahme dar, 
das anf das beste empfohlen werden kann. Die Ausstattung des Bnches ist — bis anf wenige nicht 
ganz scharfe Textbilder — hervorragend. 

Winck e lm an n - Köln im Beichs-Mediziualanzeiger. 1905. Nr. 18. 


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Die Verff. wollen ein praktisches Handbuch geben, das praktische Tatsachen nnd praktisch 
brauchbare Kenntnisse nnd insbesondere eine erprobte, zuverlässige Methode der Aufnahme dem 
Röntgenologen bringen soll. Diese ist in überaus anschanlicher Weise dargestellt durch drei Arten 
von Abbildungen, welche die Lagerung nnd Fixierung von Objekt, Platte und Apparat, die ana¬ 
tomischen Verhältnisse und schließlich die eigentliche Aufnahme zeigen. Besonders lehrreich ist 
auch eine Reihe beigegebener Fehlertafeln. Neben diesen durchaus praktischen Gesichtspunkten 
kommen auch die Theorie über das Wesen der Röutgenstrahlen und die Forschung über Radio, 
aktivität in diesem auf wissenschaftlicher Grundlage geschriebenen Buche nicht zu kurz, nnd so 
wird das Werk D.’s, dessen Name in der Röntgenologie mit an erster Stelle steht, jedem, der sich 
mit der jungen Wissenschaft beschäftigt, viele neue Gesichtspunkte eröffnen und gute Dienste leisten. 

Zu r h e 11 e - Bonn im Zentralblatt für Gynäkologie. 1905. Nr. 36. 


Ähnlich wie das Stechowsche Werk ist das vorliegende Handbuch vor allen Dingen für 
den Praktiker bestimmt, dem es in klarer und dabei doch knapper Form alle zur Ausführung der 
Röntgenphotographie erforderlichen, praktisch brauchbaren Kenntnisse und Anleitungen gibt. Eine 
Fülle von Erfahrungen langjähriger eigener Versuchsarbeit im Laboratorium und in der Praxis mit 
zahlreichen nenen Gesichtspunkten treten uns aus jedem Kapitel dieses originellen Werkes ent¬ 
gegen. In den beiden Kapiteln, welche sich mit der Ausführung der photographischen Methode 
sowie mit der Aufnahmetechnik im allgemeinen und speziellen beschäftigen, liegt der Schwerpunkt 
der vorliegenden Arbeit. Besonders eingehend ist das Aufnahmeverfahren der verschiedenen Körper¬ 
teile geschildert und durch Abbildungen, welche Lagerung, Fixierung zur Darstellung bringen 
durch orientierende anatomische Skizzen sowie durch ganz vorzügliche Röntgenbilder veran¬ 
schaulicht. Der Zweck des Werkes „ein Handbuch der Aufnahme“ zu sein, das sich auf wissen¬ 
schaftlicher Basis unmittelbar in den Dienst der Praxis stellt, wird nnseres Erachtens voll erreicht. 

Der praktische mit Röntgenstrahlen Arbeitende wird in dem voiliegenden Kompendium, 
dessen Preis (26 Mk.) in Anbetracht seiner vorzüglichen 12 radiographischen Tafeln nnd der zahl¬ 
reichen übrigen Abbildungen (11 Tafeln Autotypie, 201 Textillustrationen) als keineswegs zu hoch 
bezeichnet werden mui's, bei allen Aufgaben, welche das Röntgenverfahren stellt, einen durchaus 
zuverlässigen Berater finden. Tobold in Deutsche Militärärztl. Zeitschrift. 1905. Nr. 9. 


Die Verfasser haben die gestellte Aufgabe, dem Arzte die zur praktischen Ausübung des 
Röntgenverfahrens nötigen Kenntnisse zu übermitteln, glänzend gelöst. Das hervorragende didak¬ 
tische Talent der Verfasser dokumentiert sich besonders in der Leichtigkeit nnd Sicherheit, mit 
der die den meisten praktischen Ärzten nicht ganz geläufigen Begriffe der Elektrizitätslehre erörtert 
werden. Die beigegebenen radiographischen Tatein illustrieren die Leistungsfähigkeit der modernen 
Röntgenapparate. Dr. E n g e 1 e n - Düsseldorf in Arztl. Rundschan. 1905. Nr. 39. 


Das vorliegende Werk ist von den Verfassern als ein praktisches Handbuch gedacht. Es 
ninfußt drei große Abschnitte, von denen der erste die Geschichte der Technik, die Theorie der 
X-Strahleu und eine Erklärung des elektrotechnischen Instrumentarium-», seine Einrichtung, Betrieb 
nnd Ausbesserung enthält. Im zweiten Teil bespricht Verf. die photographische Methode nnd 
Hilfsmethoden, im dritten die eigentliche Aufnahmetechnik. 

Gute Abbildungen von Apparaten, Lagerung der Patienten zur jeweiligen Aufnahme und 
anatomische Skizzen illustrieren den klar geschriebenen Text. 

Die auf jahrelangen praktischen Studien basierende große Erfahrung der Verfasser bürgt 
von vornherein dafür, daß der Zweck des Buches erreicht ist. 

Baum (Kiel) in Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie. 


Die auf dem Gebiete der Röntgenographie schon seit langen Jahren hervorragend tätigen 
Verfasser haben das vorliegende praktische Handbuch herausgegeben als eine Frucht vieljähriger 
Arbeit im Konstruktionsbnreau, im Versuchslaboratorium und in »1er Praxis. Vor etwas mehr als 
einem Jahre haben D. nnd W. bereits einen Leitfaden des Röutgenverfahrens geschrieben, von dem 
schon die 2. Auflage vorliegt. Wir sind sicher, daß sich auch das viel voluminösere Kompendium 
der Röntgenographie rasch zahlreiche Freunde erwerben wird; denn es ist in der Tat ein praktisches 
Handbuch, klar im Text, reich illustriert durch Textabbildungen nnd Tafeln. 

Das von der Verlagsbuchhandlung vorzüglich ansgestattete Werk kann nur empfohlen 
werden. P. Wagner-Leipzig in Schmidt’s Jahrbücher der Medizin. 1905. Oktoberheft. 


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RÖNTGEN¬ 

PAPIER 


hochempfindliches, glänzendes Bromsilberpapier, auf karton¬ 
starkem, rosa gefärbtem Rohstoff, das für direkte Röntgenauf¬ 
nahmen bestimmt ist. Die einzelnen Blätter sind in lichtdichten 
Hüllen verpackt, so dafs dieselben ohne Dunkelkammer 
verwendet werden können 


N. F. G. Röntgen-Fapier 

eignet sich vorzüglich für 

direkte Röntgen-Aufnahmen 


Es ist billiger und bequemer als Troekenplatten 


Neue Photographische Gesellschaft 

Aktiengesellschaft Steglitz-Berlin 


Man verlange Prospekte bezw. Gebrauchsanweisungen 


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Archiv 

für physikalische Medizin u. medizinische Technik 

nebst Beiblatt 

„Fortschritte und Neuheiten 

der physikalisch-chemischen und photographischen Industrie in ihrer 
Anwendung auf das Gesamtgebiet der praktischen Medizin“ 

herausgegeben von 

Privatdozent Dr. H. Kraft, und Dr. med. B. Wiesner, 

Straßburg i. E. prakt. Arzt in Aschaftenburg. 

Verlag von Otto Nemnich in Leipzig. 


I. Band. Ausgegeben am 15 . März 1906 . Heft 2/3. 


Inhaltsverzeichnis. 


1. Abhandlungen. 

Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung für die medizinischen Wissen¬ 
schaften. Von Prof. Dr. H. J. Hamburger. 

Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild. Von Privatdozent Dr. J. Riedinger in Würzburg. 
Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgenstrahlen. Von Dr. Max Levy- 
Dorn, Berlin. 

Zur Kasuistik der Nephrolithiasis. Von Dr. Wiesel, Ilmenau. 

Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. Zuiri Teile vorgetragen in der am ‘2. Mai 
abgehalteuen Sitzung des Berliner Röntgen-Kongresses. Von Dr. Bela Alexander, 
Kesmärk tUngarn). 

Das röntgenographische Dunkelzimmer und seine zweckentsprechende Beleuchtung. Von 
Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). 

1 : ber Bier’sche Stauung und ihre Erfolge. Von Dr. W. Weecke. 

Jber die Wichtigkeit der Dosierung und die Methode der radiotherapeutischen Behandlung 
einiger durch Neubildung hervorgerufener Prozesse. Von Dr. J. Belot, Präparator 
für Radiotherapie am Hospital St. Antoine, Assistent am Laboratorium für Radiologie 
von Dr. Bdclöre. (Mitteilungen aus dem Laboratorium für medizinische Radiologie des 
Di 1 . Beclöre). 

Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April - 3. Mai 1905 erstattet von 
Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). (Nach eigenem Stenogramm.) 
I. Allgemeiner Bericht. (Fortsetzung.) 

Technik, Wirkungen und Indikationen der Hydro-Elektrotherapie bei Anomalien des Kreis¬ 
laufs. Eine Besprechung nach dem gleichnamigen Buche von Dr. Paul C. Franze, 
Bad Nauheim, von Dr. Artur Hennig, Königsberg i. P. 

II. Kritik. 

A. Bücher. 

E. Sommer, Winterthur, Anatomischer Atlas in stereoskopischen Röntgenbildern. (Ref. 
Franze, Nauheim.) 

Albers-Schönberg, Die Röntgentechnik, Lehrbuch für Arzte und Studierende. (Ref. Franze.) 
F. Dessauer, Röntgenologisches Hilfsbuch. (Ref. Trapp.) 

Stark, Das Wesen der Kathoden- und Röntgenstrahlen. (Ref. Dessauer.) 

Zacharias und Müsch. Konstruktion und Handhabung elektromedizinischer Apparate. (Ref. 
F r a n z e.) 

B. Abhandlungen und Broschüren. 

Kienböck, Über Röntgenbehandlung der Sarkome. (Ref. Robinsohn). 
von Lutzenberger, Die Franklinsche Elektrizität in der medizinischen Wissenschaft und 
Praxis. (.Ref. W i e s n e r.) 

Kurella, Elektrische Gesundheitsschädigungen am Telefon. (Ref. Wiesner.) 

Wind, Elektronen und Materie. (Ref. Gehlhoff.) 


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Inhaltsverzeichnis. 


Wertheim-Salomonson, Kleine und große Induktoren, (lief. (1 eh 1 lioff.) 

Krankenhäuser, Die Wärmestrahlung, ihre Gesetze und Wirkungen, t lief. Wicsner.) 
Leduc, Die Jonen--oder elektrolytische Therapie, (lief. Wiesner.) 

III. Referate. 

Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentral verband* der Haineologen Ostreich». 

Vorträge und Diskussionen von: Fellner, Löhelud, Klhnann, Lindheini, Sorgo, Krauß, Celebrun, 
Hassenge., Strassor, Drain, Köhler, Klein-Hähringer, Holzknecht, Weiß. 

Radiologie. 

Arbeiten von: llagge, Holzknecht, Jastrani, Haret, Imhert. Xewcornet. Destol. Guthrnie, Helot, 
Harjon, von daksch, Innmdinaiin, Moszkowicz, Stegniann, Iiosenbach, Heißer, Linser, 
Adanison, Jefferiss, Wertheiin-Saloinonson, Krause. Görl, Wien. 

Halneologie und Hydrotherapie. 

Arbeiten von: Strasser, Williams. 

Klektrodiagoostik und Elektrotherapie. 

Arbeiten von: Somerville, Jones, Xeustaetter, Zanietowski, Gamlen. 

Phototherapie und verschiedene physikalische Methoden. 

Arbeiten von: Schott, Sommer, Joseph, Hill, Oeslin, Asmann, Danielsen. 

IV. Tagesgescliiclite, Zeit- und Streitfragen. 

Tagesgescliiclite. 

Ausschuß zum Studium der Intensitätsfrage der Röntgenstrahlen. 

Reproduktionen von Röntgenaufnahmen. 

Portugal und der Lissaboner Kongreß. 

Aerztliche Unterrichtskurse im Röntgenverfahren in Aschatfenburg. 

Filiale des Elektrotechnischen Laboratoriums Aschatfenburg in Berlin. 

Bankett, der internationalen Gesellschaft zur Unterdrückung des Krieges. 

Der 2. Kongreß der deutschen Küntgengesellsehaft. 

Zeit- und Streitfragen. 

Vergleich von Röntgentrockenplatten. 

Vergleich von Röntgenschutzstoffen. 

Wie soll der Arzt seine Röntgen-Negative aufbewahren? 

Über Röntgenröhren „System Bauer". 

Beiblatt zum Archiv für physikalische Medizin und medizinische Technik. 

Fortschritte der Technik. 

Der Einfluß des Elektrolyten auf die Wirksamkeit der Aluminium-Drossclzelle. 

Iler Eisennickel-Akkumulator nach System Edison. 

Die Faszikelrohrblende nach l)r. Robinsohn. 

Die Schlitzbinde nach Dr. Robinsohn. 

Der Dämpfungskasten für den Elektrolyt-Unterbrecher. 

Heißluft-Apparate nach Professor Bier. 

Anodynon, schmerzstillender Wärmeapparat. 

Röntgenpapier für Radiogramme. 

Der neue Elektrolyt-Unterbrecher. 

Neuheiten der Röutgenröhrenfabrik von G. H. F. Müller: 1. Neue Wasserkühlröhre 14 1. 
2. Röhre mit doppelter Regenerierung. 3. Wichmanu-Köhre. 

Chemisch-pharmazeutische Berichte. 

Phagoeytin. — Butipyrinum - Gouttinum. — Proteol Doyen. — Traumasan. — Valvin. — 
Antidiabeticum fiuid. — Taeniol. — Secornin. — Sterol. — Brometon. — Diplin. — Krelution 
und Kremulsion. — Aethrole. — Ichthyomenthol. — Novocain. — Kalium permanganatpaste. — 
Alypiu. — Clavin. — Formiein. — La Zyma. — Fortose. — Gasterogen. — Laotoserve. — 

Form ainin ttable tto n. 


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Neuere. Untersuchungen über Colloi'de uml ihre Bedeutung etc. 


I. Abhandlungen. 


Neuere Untersuchungen über ColloTde und ihre Bedeutung 
für die medizinischen Wissenschaften*). 

von Prof. Dr. H. J. Hamburger. 

Seit lange pflegt inan die gelösten Stoffe in zwei Gruppen einzuteilen: 
die Krystallo'ide und Colloi'de. Die Krystalloi'de gehen durch Pergamentpapier 
hindurch, die Colloi'de nicht. Zu der ersten Gruppe gehören u. A.: Rohr¬ 
zucker, Traubenzucker, Kochsalz, Magnesiumsulfat, zu der zweiten: Leim, 
Eiweiß und verschiedene eiweißartige Stoffe. So hat Graham es ausge¬ 
sprochen im Jahre 1851. Er sprach von zwei Welten von Substanzen, ich 
erlaube mir, an dieser Stelle etwas aus der Weit der Colloi'de mitzuteilen. 

In erster Linie möchte ich die Aufmerksamkeit auf eine Eigenschaft 
der Colloi'de lenken, mit Metallen dissociabele Verbindungen zu bilden, die 
von Pauli Jonenprotei'de genannt worden sind. 

I. Jonenprotei'de. 

Bedeutung für die Herzkontraktion, etc. 

Der Namen Jonenprotei'd wurzelt in einer neuen Vorstellung über den 
Bau von Lösungen. 

Wenn man eine gewisse Kochsalzmenge in eine bedeutende Quantität Wasser auf¬ 
löst, so zersetzen sicli die meisten NaCl-Molecüie in Na und CI. Diese Spaltungsprodukte 
nennt man Joneu. Dieselben sind mit einer bedeutenden Elektrizit.’ltsmenge geladen, das Na mit 
positiver, das CI mit einer gleichen Quantität negativer Elektrizität. So muß man sicli auch 
vorstellen, daß in verdünnter Salzsilure das HCl in elekt.ropositiven H-Jonen und elektro- 
negativen Cl-Jonen gespalten ist, und in einer verdünnten KOH-Lösung, das KOH in elektro- 
positiven K-Jonen und elektronegativen OH(Hydroxyl)-Jonen. 

Verbindungen von Eiweißstoffen mit Metalljonen können also Jonen¬ 
protei'de heißen. 

Durch die Vorstellung, daß solche Verbindungen in lebenden Ge¬ 
weben Vorkommen, kann man eine Anzahl merkwürdige Tatsachen erklären, 
die durch Untersuchungen von Sidney Ringer und Anderen, aber insbe¬ 
sondere von J. Loeb in der letzten Zeit an’s Licht getreten sind und von 
den ich an dieser Stelle einige mitteilen werde. 

Wenn man Skeletmuskeln in eine reine Kochsalzlösung bringt, so 
zeigen dieselben bald selbständige rhythmische Kontraktionen, die 24 bei 48 
Stunden anhalten. 

Setzt man aber dieser Kochsalzlösung ein wenig einer Calcium-, 
am liebsten auch noch etwas von einem Magnesiumsalz hinzu, so hören die 
*) Nach einem in der Niederländischen Gesellschaft, der Arzte gehaltenen Vortrag. 


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Neuere Untersuchungen über Colloide und ihre Bedeutung etc. 


Zuckungen auf. Diese Zusammenziehungen lassen sich dadurch erklären, 
daß ein Austausch zwischen dem Na der umgebenden reinen NaCl-Lösung 
und dem Ca und Mg der in der Muskelsubstanz vorhandenen Calcium- und 
Magnesiumprote'ide stattfindet. Hierdurch erfährt der Muskel eine Modifikation 
seiner ursprünglichen Zusammensetzung; es findet eine Art Desintegration 
statt, diese wirkt als Reiz und demzufolge zuckt der Muskel. 

Bringt man in die NaCl-Lösung Ca und Mg und zwar in ungefähr 
derselben Konzentration, wie sie im Ca und Mg-Protei'd vorhanden sind, so 
besteht für den Hinaustritt von Ca und Mg aus dem Muskel keine Veran¬ 
lassung und die rhythmischen Zuckungen treten nicht auf. Die Ursache, wes¬ 
halb die Skeletmuskeln, so lange sie einen Teil des normalen Körpers bilden, 
keine spontane Zuckungen zeigen, wird wohl darin seinen Grund haben, daß 
Blutflüssigkeit und Lymph die Metall-Jonen, Ca und Mg gerade in einer den 
Jonenprote'fden der Muskeln entsprechenden Menge enthalten. 

An der Hand dieser Betrachtung ist J. Loeb zu der Vorstellung ge¬ 
langt, daß eine reine NaCl-Lösung ein Gift ist. 

Durch verschiedene interessante Experimente hat er diese Auffassung 
illustriert. 

Bringt man gerade ausgeschlüpfte Eier von Fundulus, einen See¬ 
fisch, ans Seewasser in eine damit isotonische NaCl-Lösung, so erliegt das 
Tierchen schnell. Setzt man aber der reinen NaCl-Lösung ein wenig MgCl» 
hinzu, so bleibt es einige Zeit im Leben; setzt man außerdem noch CaCL 
hinzu, so bleibt es noch länger im Leben; insbesondere Hinzufügung von 
KCl erhöht die Lebensdauer in erheblichem Maße. 

Ähnliche Experimente stellte er mit Gonionemus, einer Meduse an. 
Diese Tierchen bewegen sich durch rhythmische Zusammenziehungen einer 
Art Schwimmblase. Führte Loeb sie aus Seewasser, ihrem natürlichen 
Medium, in eine reine NaCl-Lösung hinüber, so hörten die Bewegungen bald 
auf und sie starben. Um diese Gefahr zu kehren, hatte er der Kochsalz¬ 
lösung lediglich eine gewisse Menge KCl hinzuzufügen. Hinzufügung von 
CaCIi und MgCL erschien überflüssig. Würden die Tierchen vielleicht keine 
Ca- und Mg-Protei'de enthalten? 

In gleicher Richtung liegen Untersuchungen am Herzmuskel. 

Ein Schildkrötenherz hört mit Klopfen auf, wenn man es in eine reine 
Kochsalzlösung bringt, schlägt aber durch, wenn man derselben ein wenig 
KCl und CaCls hinzugefügt hat. Diese Untersuchungen wurden von 
Langendorff und Hueck am Säugetierherzen fortgesetzt und bestätigt. 
Die Forscher waren sogar im Stande, die Intensität der Herzkontraktionen 
erheblich zu verstärken, indem dem Blute einfach eine geringe Menge Ca Cls 
hinzugesetzt wurde. 

Führten sie soviel CaClz in die Circulation ein, daß dadurch der 
Chlorcalciumgehalt des Blutes theoretisch um 0.05 °/ 0 gestiegen sein konnte, 
so erhob sich der Blutdruck sehr bedeutend. 

Im Zusammenhang mit diesen Untersuchungen geben sie den prak¬ 
tischen Ärzten den Rat, bei der Injektion von Salzlösung, welche bei durch Blut¬ 
verlust und andere Ursachen hinabgesunkener Herztätigkeit so oft ausgeführt 
zu werden pflegt, nicht mehr eine reine NaCl-Lösung zu benutzen, sondern 


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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc. 


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eine solche, die auch Calcium- und Kaliumsalz enthält. Am rationellsten ist 
es, eine Salzlösung anzuwenden, die die Salzo in demselben Verhältnis ent¬ 
hält. wie sie im entsprechenden Serum enthalten sind. Solche Lösungen 
werden auch Ringer’sche Lösungen genannt. 

Für den Menschen wäre es empfehlenswert (Locke) 9 gr. NaCl. 0.24 
gr. CaCL, 0.42 gr. KCl., 0.2 gr. NaCHOa, in ein Liter destilliertes Wasser 
aufzulösen. 

Inzwischen ist der Einfluß einfacher Lösungen lebenden Geweben 
gegenüber komplizierter als ich es hier vorgestellt habe. Es stellt sich 
namentlich heraus, daß man um die Giftwirkung einer NaCl-Lösung aufzu¬ 
heben, bezw. zu lindern, statt des in normalen Umständen im Gewebe vor¬ 
kommenden Metalles, ein ganz fremdes benutzen kann. So z. 13. kann statt 
des Calciums, das verwandte Barium oder Strontium hineingesetzt werden. 
Ja selbst kann die giftige Wirkung einer reinen Kochsalzlösung durch Zink 
oder Kobaltchlorid und, was man nicht erwarten würde, durch das giftige Blei 
mitigiert werden. Um dies und ähnliche Tatsachen erklären zu können, muß 
ich erst eine andere Eigenschaft von Collo'fden besprechen. Diese hängt mit 
ihrer Struktur zusammen. 

II. Struktur der Collofdlösungen. Elektrische Ladung der 

Colloidteilchen. 

Künstliche Parthenogenesis. 

Man muß annehmen, daß die Colloidlösungen aus in Flüssigkeit sus¬ 
pendierten Colloidteilchen bestehen. Nach den Untersuchungen von Ilelm- 
hol tz, Quincke, Bodländer, Spring, Picton und Linder, Bredig, 
Hardy und Anderen sind die Teilchen elektrisch geladen, während die jedes 
Teilchen umgebende Flüssigkeitsschicht ebenfalls Elektrizität enthält und 
zwar von gleicher Spannung aber entgegengesetztem Zeichen, sodaß die 
Colloidlösung im Ganzen nicht elektrischerscheint. Je kleiner die Colloi'd- 
teilchen sind, umso größer die elektrische Ladung und damit auch die Ladung 
der umgebenden Flüssigkeitsschicht, welche, wie gesagt, ein entgegengesetztes 
Zeichen hat. Umgekehrt hat eine Abnahme der Ladung ein Zusammen¬ 
packen von Colloidteilchen zur Folge, wodurch diese mit Hilfe des Mikroskops 
sichtbar werden. Wird die Ladung vollständig entfernt, so errreicht die Zu¬ 
sammenpackung, die Agglutination das Maximum und sie flocken in mit un- 
bewaffnetem Auge wahrnehmbaren Stücken aus. 

Nehmen wir Hühnereiweiß als Beispiel. Wir denken uns das Weiß 
eines Eies feingeschnitten, mit Wasser vermischt und dann filtriert. Die also 
erhaltene wasserhelle Flüssigkeit reagiert schwach alkalisch. Bringt man 
dieselbe in ein U-förmiges Rohr und senkt in je einen Schenkel eine Platin¬ 
elektrode und läßt den galvanischen Strom hindurchgehon, so sieht man an 
der positiven Elektrode bald Eiweißpartikelchen sich absetzen, während in 
der Umgebung der Elektrode die Flüssigkeit eine opaleszierende Trübung 
annimmt. An der negativen Elektrode bleibt die Lösung vollkommen klar. 

Warum haben sich an der positiven Elektrode Eiweißpartikelchen ab¬ 
gesetzt? Einfach deshalb, weil in der Eiweißlösung dio Colloi'dpartikelchen 
negativ elektrisch sind. Die negative Elektrizität wird von der positiven 
Elektrode angezogen und neutralisiert und damit ist die Bedingung für das 


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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc. 


Ausflocken erfüllt. Die von der positiven Eelektrode weiter entfernten Ei¬ 
weißpartikelchen erfahren auch wohl den Einfluß, aber zu einer voll¬ 
ständigen Entladung kommt es nicht. Daher, daß auf einiger Distanz der 
Elektrode, die Eiweißlösung lediglich opaleszierend trübe wird. 

Doch was man mittels des galvanischen Stromes erzielen kann, ist 
auch durch Hinzufügung von Säuren zu erreichen. Bemerkten wir ja oben, 
daß in einer Salzsäurelösung die HCl gespaltet gedacht werden kann in 
positiv geladenen H-Jonen und negativ geladenen Cl-Jonen. Setzt man nun 
zu einer Eiweißlösung, in der die Eiweißpartikelchen negativ geladen sind, 
eine geringe HCl-Menge hinzu, so wird die positive Elektrizität der H-Jonen 
die negative der Eiweißpartikelchen neutralisieren können (und die negative 
Elektrizität des CI, die positive des Wassers) und das Eiweis flockt aus. 
Führt man aber HCl im Übermaß hinzu, so empfangen die Eiweißteilchen 
nach Vollziehung der Neutralisation noch positive Elektrizität der H-Jonen 
und der Niederschlag löst sich wieder auf. 

Bringt man nun, wie Hardv tat, diese Lösung wieder in ein U-förmiges 
Rohr, in dem sich zwei Elektroden befinden und läßt man einen galvanischen 
Strom hindurchgehen, so setzt sich jetzt das Eiweis nicht an der positiven, 
sondern an der negativen Elektrode ab. 

Mit, dieser Vorstellung ist völlig in Übereinstimmung was man z. B. bei der Aus¬ 
flockung von Casein in Milch beobachtet. Verdünnt man Milch mit Wasser und setzt eine 
geringe, aber bestimmte Säuremenge hinzu, so schlägt das Casein in schöne Flocken nieder. 
Filtriert man, so zeigt sich das Filtrat wasserklar. Hat man aber ein wenig Säure zu viel 
hinzugeführt, so ist die Ausflockung weniger vollkommen und das Filtrat ist trübe, was 
darauf hinweist, daß die Partikelchen wieder so klein geworden sind, daß sie durch die Poren 
des Filters hindurch gehen konnten. Und so würde ich eine Anzahl anderer Beispiele 
nennen können. 

Doch nicht nur Säuren können Eiweißstoffe ausflocken, auch Salze 
besitzen dieses Vermögen. Das stimmt, mit der gegebenen Vorstellung über¬ 
ein. Denn auch Salze sind elektrolytisch gespalten und zwar in positiven 
Metalljonen und negativen Säurejonen. Und was nun die Auffassung noch 
kräftig stützt, ist die Tatsache, daß Stoffe, welche nicht in Jonen spaltbar 
sind und also die Ladung der Eiweißteilchen nicht ändern können, wie Rohr¬ 
zucker, Traubenzucker, Harnstoff und eine Menge anderer organischer Sub¬ 
stanzen, das Vermögen Eiweiß auszuflocken, vollständig entbehren. 

Kehren wir jetzt zu unserem Ausgangspunkt zurück, der zu diesen 
Betrachtungen Veranlassung gab, die Tatsache nämlich, das Barium, Strontium, 
Zink, Kobalt, Blei, die Giftwirkung einer reinen Kochsalzlösung lindern können, 
so verstehen wir jetzt, daß es sich handelt um etwas, das alle Metalle gemeinsam 
haben, d. h. eine positive elektrische Ladung. Dieselbe ist im Stande, die 
Größe der Colloi'dteilchen, m. a. W. deren Agglomeration zu modifi¬ 
zieren und dadurch die Lebenseigenschaften, welche von dem 
Be wegl ichkoitsgr ade der Protoplasmateilchen abhängig sind, 
zu beeinflussen. 

Interessante Untersuchungen in dieser Richtung sind durch Loeb 
über künstliche Parthenogenesis ausgeführt worden. 

Eier von Chaetopteruss, einem Echinoderm, entwickeln sich in ihrem 
normalen Medium, dem Meereswasser, ausschließlich durch Spermatozoa. 
Bringt man aber, statt Spermatozoa ein wenig KCl- oder KNO:t-Lösung in das 


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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc. 87 


Meereswasser, so entwickeln sie sich innerhalb einiger Stunden zu schwimmen¬ 
den Larven, welche sich von den durch Spermatozoen ins Leben gerufenen 
nicht unterscheiden. 

Indessen hatLoeb hervorgehoben, daß die Chaetopterus-Eier sich im 
normalen Meeres wasser doch noch zum Zwölf- bisweilen sogar zum 
Sechzehnzellenstadium teilen können; kam dann aber kein Spermatozoon 
hinzu, so starben sie ab. Im normalen Meereswasser besteht also bereits die 
Neigung zur Entwicklung und diese wird offenbar durch Hinzufügung von 
Kaliumjonen beschleunigt. Die Annahme ist hier berechtigt, daß dieselben 
durch ihre elektrische Ladung die Agglutination der Colloidteilchen ver¬ 
mindern und demzufolge die Beweglichkeit befördern. 

Es ist auffallend — es sei hier im Vorübergehen bemerkt — daß man 
auch bei höheren Tieren die Neigung zur selbständigen Entwicklung der 
Eier beobachtet. Hertwig fand sie bei Crustaceeen und Janosik bei Eiern 
in Säugetierovarien. Letzterer Forscher fand in Säugetierovarien die Eier 
mehrmals in einem Zweizellenstadium geteilt. 

Die Frage liegt nun auf der Hand, ob vielleicht in den Spermatozoen, 
eine Substanz sich vorfindet, welche auf die Zellenteilung beschleunigend 
wirkt. In der Tat hat man versucht, solch eine Substanz daraus zu extrahieren,- 
bis jetzt aber vergeblich. 

Jetzt möchte ich den Leser bitten, die Colloi'de auf einem andern 
Terrain zu studieren und zwar auf dom der Histiologie. Zu diesem Zweck 
muß ich einige Bemerkungen über die Struktur der Colloi'dgele vorangehen 
lassen. 

III. Übergang von Colloideii in den Gclzustand. 

Bedeutung für die Kenntnis von Gewebestrukturen. 

Bekanntlich pflegt man behufs der mikroskopischen Untersuchung von 
Zellen und Goweben, die Struktur dadurch zu fixieren, daß man dieselbe ent¬ 
weder im lebendigen Zustande, oder — wenn dies nicht möglich ist — mög¬ 
lichst rasch nach dom Tode in eine sogenannte Fixierflüssigkeit legt. 

Als solche werden benutzt Osmiumsäure, Pikrinsäure, Sublimat, 
Formalin und viele andere Substanzen. Aber bereits 1902 hob Flemming 
hervor, daß, wenn man Pflanzenzellensaft mit Osmiumsäure versetzt, eine 
netzförmige Figur entsteht, welche lebendig an die Struktur erinnert, die man 
auch an Protoplasma zu beobachten pflegt. 

Etwas gleichartiges erhielt der Botaniker Berthold, durch Einwirkung 
von Pikrinsäure auf Iiühnereiweiß, und Schwarz bei Einwirkung von Fixier¬ 
mitteln auf Gelatin. Letzterer ist dann auch geneigt, das Bestehen einer 
Struktur beim lebenden Protoplasma zu verwerfen. 

In letzterer Zeit hat Hardy den Einfluss von Fixiermitteln auf Colloi'de 
mehr systematisch untersucht. Die Beschreibung dieser Untersuchungen 
würden mich zu weit führen. Ich werde nur die bedeutendsten Ergebnisse 
mitteilen. 

In erster Linie sei dann horvorgehoben, daß es ihm gelang, die 
Bildung solch einer Netzstruktur unter dem Mikroskop zu verfolgen. Er legte 
einen dünnen seidenen Faden, welcher mit einer Lösung von Chlorcalcium 
getränkt war, auf einen Objektträger, und bedeckte dann den Faden mit einem 


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88 Neuere Untersuchungen über ColloYde und ihre Bedeutung etc. 


Deckgläschen. Weiter ließ er in den Capillarraum zwischen Objekt und 
Deckglas eine Eiweißlösung aufsaugen. Nach einiger Zeit war an beiden 
Seiten des Fadens eine makroskopische Trübung zu beobachten; mikroskopisch 
aber waren im weißen Feld keine Körnchen zu entdecken. Diese kamen 
erst später zum Vorschein. Noch später ordnen sich die Körnchen derweise, 
daß sie ein Netz bilden. In den Maschen war dann die Flüssigkeit klar. 
Überließ er nun weiter das Präparat sich selbst, indem er dafür sorgte, daß 
keine Verdampfung stattfinden konnte, so verkleinerten sich die Maschen, 
offenbar dadurch, daß die Körnchen sich dichter aneinander lagerten. 
Schließlich war von einer Körnchenstruktur nichts mehr zu beobachten und 
schien das Maschennetz aus Faden gebildet. 

Bei diesem Versuch handelt es sich um eine allmähliche Zusammen¬ 
packung von ColloYdteilchen unter dem Einfluß eines Salzes, und es wird 
dem Leser aufgefallen sein, daß dieses Experiment vollkommen übereinstimmt 
mit der Auffassung, nach welcher Colloi'dteilchen in Folge von einem unter 
dem Einfluß eines galvanischen Stromes verursachten Verlust elektrischer 
Ladung agglomerieren können. 

Was das Chlorcalcium tut, bewirkt auch Osmiumsäure, Pikrinsäure, 
Sublimat etc. 

Weiter stellte sich heraus, daß die Größe der Maschen in hohem 
Maße von der Natur der Fixierflüssigkeit abhängig war. 

So gab Osmiumsäure Dampf in einer Lösung von 

Hühnereiweiß von 13 °/o Maschen von 0.5—0.7 ,u. Länge 

KCNS . „ „ 1 „ „ 

Bichromas kalicus . . „ „ 1.3 „ „ 

Sublimat. „ „ 1.7 „ , 

Weiter war auch die Konzentration der Eiweißlösung nicht ohne Ein¬ 
fluß, ebensowenig die Natur des Colloids. Agar-agar z. B. gab wieder 
Maschen von anderer Form und anderer Größe als Gelatin und Eiweiß; auch 
war es von der Natur der ColloYde abhängig, ob die Maschen offen oder ge¬ 
schlossen w 7 aren. 

Hardy hebt bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung hervor, die 
Henneguy machte über die treffende Übereinstimmung zwischen den Ab¬ 
bildungen von Protoplamastrukturen, wie man diese in der ausgezeichneten in 
Leuven herausgegebenen Zeitschrift „La cellule“ findet. Man fixiert da immer 
mit Sublimat. 

Die Furcht ist also nicht unbegründet, daß im Allge¬ 
meinen bei der Fixierung von lebendem Protoplasma, das ja 
doch auch ein Colloi'd ist, Strukturen entstehen, die in vivo 
nicht vorhanden sind. 

Und w r as haben wir zu denken von der Struktur des Protoplasma’s. 
das nicht fixiert, sondern einfach abgestorben ist? Auf diese Frage geben 
andere Untersuchungen über ColloYde eine Antwmrt. 

Wenn man eine warme Gelatinlösung abkühlen läßt, so coaguliert 
dieselbe. Was man dann erhält, nennt man ein Gel und zw T ar, weil es eine 
wässerige Lösung war, aus der dieser Gel entstand, ein Hydrogel. Solange 
der flüssige Zustand obw r altet, spricht man von Sol (Abkürzung von Solution). 


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Neuere Untersuchungen über Colloide und ihre Bedeutung etc. 


89 


Handelt es sich so wie hier, um eine wässrige Lösung, so spricht man von 
Hydrosol. Ist nun solch ein Hydrosol durch Abkühlung in ein Hydrogel 
übergegangen und untersucht man letzteren mikroskopisch, so stellt sich heraus, 
daß eine Netzstructur entstanden ist. Das homogene Hvdrosol hat sich näm¬ 
lich bei Abkühlung in zwei Phasen getrennt: eine feste Phase und'eine flüssige. 

Die feste Phase bildet das eigentliche Netzwerk, die flüssige den 
Mascheninhalt. Die feste Phase besteht aus einor Lösung von Wasser in 
Gelatin 1 ), die flüssige aus einer Lösung von Gelatin in Wasser. Wie groß 
der Prozentgehalt des Gelatins in beiden Lösungen ist, hängt in hohem Maße 
von der Temperatur ab. 

Da nun das Absterben von Protoplasma auch mit Coagulation einher¬ 
geht — man denke an die Totenstarre — ist man verpflichtet, die Möglich¬ 
keit vor Augen zu halten, daß die Netzstruktur, die man an abgestorbenem 
Protoplasma beobachtet, eine postmortale Erscheinung ist und daß während 
des Lebens die Masse homogen war. 

Hardy hat weiter auf die erstarrten Hydrogele, Fixiermittel ein¬ 
wirken lassen. Es stellte sich heraus, daß die Maschengröße in hohem Maße 
von der Natur und der Konzentration der Fixierstoffe beeinflußt werden. 
Man beachte: Nachdem die Maschen durch den Übergang in den Gelzustand 
bereits gebildet sind, machen die Fixierungsstoffe noch ihren Einfluß auf 
Größe und Form geltend. 

Noch zwei andere Einflüsse auf die Struktur hat Hardy beobachtet. 
In erster Linie den Einfluß fester Partikelchen im Hydrosol. Verteilte er in 
einer heißen Gelatinlösung Carminkörnchen und ließ dann die Gelatin er¬ 
starren, so ergab sich, daß die Carminkörnchen die Kreuzpunkte der Fäden 
bildeten. Je größer die Anzahl der vorhandenen Körnchen, desto kleiner 
die Maschen. Ferner hing caeteris paribus die Dicke der Fäden von der 
Größe der Körnchen ab. An diese Beobachtung hat man also auch zu 
denken, wenn man die Struktur von Protoplasma sieht, in dem Pigment¬ 
körnchen und derartiges vorhanden sind. 

In zweiter Linie hat Hardv auf das, was er den dynamischen 
Einfluß nennt, aufmerksam gemacht. Man stelle sich einen Kork vor, mit einem 
Loch in der Mitte; der Kork liegt flach; der obere Teil der Öffnung ist mit 
einer Membran bedeckt, die aus einer homogenen Lösung von Hühnereiweiß 
besteht. Es wird das sehr leicht erzielt, indem man den Kork in die Eiwei߬ 
lösung taucht und aus derselben entfernt. Auf die Mitte der Eiweißmembran 
wird ein kleiner Quecksilbertropfen gelegt. Man sieht nun von diesem Tröpf¬ 
chen als Mittelpunkt, radiäre Streifen ausgehen, offenbar in Folge einer 
Ziehung aus dem Zentrum. Fixiert man dann mittels eines der genannten 
Fixiermittel, so zeigt die Eiweißmembran radiäre Streifen, die den Eindruck 
geben, aus einer anderen Substanz zu bestehen als der übrige Teil der 
Membran. Und doch, ursprünglich bestand die Membran aus einer homogenen 

') Nach van ’tHoff nennt inan solche Lösungen feste Lösungen. Andere Bei¬ 
spiele dieser Art bilden Lösungen von Kohle in Porzellan, Zink in Blei, Ag in AgS. Legt 
man ein Stück Zink auf Blei und hämmert, so verbreitet sich Blei in Zink: es bildet sich.eine 
Lösung von Blei in Zink. Silber löst sich in geschmolzenes Jodsilber auf. Es ist meine Über¬ 
zeugung, daß feste Lösungen eine grolle Bedeutung fiir die Biologie haben müssen und daß 
diese Bedeutung sich bald näher heransstollen wird. Wir kommen in vorliegendem Aufsatz 
noch auf die Angelegenheit zurück. 


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90 NYiio re Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc. 


Masse. So ist. es dennoch möglich, daß man'in Folge dynamischer Ziehung 
oder dynamischen Druckes in bestimmten Richtungen, den Eindruck bekommt, 
daß es sich um zwei Substanzen handelt, während das in der Tat nicht 
der Fall ist. 

Bereits vor einigen Jahren habe ich versucht, dem Einfluß des gegen¬ 
wärtig für die Fixierung der Gewebe so allgemein angewandte Formalin. auf 
das Volum der Zellen, näher zu treten. Zu diesem Zweck wählte ich rote 
Blutkörperchen, von dem sich das Volum besser als von anderen Zellen be¬ 
stimmen läßt. Die Volumina blieben jedoch keineswegs unverändert. Nicht 
geringen Einfluß hatte die Konzentration des Formalins, während die nach¬ 
trägliche Behandlung mit Alkohol und nachher mit Glyzerin und Wasser, 
wie diese für die Konservierung von Präparaten vorgeschrieben ist, auch 
noch ihren weiteren Einfluß auf das Volum geltend machte. 

IV. Teilungsprinzip. 

Bedeutung für die Färbung von Zellen, und für die 

Pharmakologie. 

Auch mit Bezug auf die histologische Färbung von Geweben 
und Bakterien erfordern die Colloi'de unsere Aufmerksamkeit. Es sind drei 
Theorien zur Erklärung der Färbung von Gewebeeleiuenten angeführt worden. 

Nach Einigen würde die Farbstoffaufnahme auf Adsorption be¬ 
ruhen. Was versteht man darunter? Alle feste Körper besitzen das Ver¬ 
mögen Gase an ihre Oberfläche festzuhalten. Glas z. B. bindet an dessen 
Oberfläche Sauerstoff und Stickstoff, aber nicht in demselben Verhältnis, wie 
sie in der Luft Vorkommen. So können feste Körper auch Farbstoffe an- 
ziehen und auf die Oberfläche fixieren, den einen Farbstoff besser als den 
anderen. Diese Theorie kann gewiß für alle Fälle keine Giltigkeit besitzen, 
denn die Färbung von Knorpelstücken z. B. ist sie nicht im Stande zu er¬ 
klären; nur die ihrer Oberfläche. 

Die zweite Anschauungsweise erblickt in der histologischen Färbung 
bloß einen chemischen Prozeß zwischen Gewebeelementen und Farbstoff- 
Zweifellos werden chemische Reaktionen zwischen Gewebeoiementen und 
Farbstoff abgespielt, aber es gibt auch Fälle, wo das gewiß nicht so ist. 

In dritter Linie ist auch eine physikalisch-chemische Erklärung 
aufgestellt worden. 

Um diese deutlich zu machen, muß ich einen Augenblick die Auf¬ 
merksamkeit auf Experimente von Hofmeister lenken. 

Hofmeister brachte Leimplättchen in eine 0,00125 prozentige Methyl¬ 
violettlösung. Nach einiger Zeit hatten die Plättchen Farbstoff aufgenommen 
und zwar in so großer Menge, daß die Konzentration der Farbstoff in diesen 
Plättchen 30,7 mal größer war als in der ursprünglichen Lösung. Mit anderen 
Farbstoffen wurden ähnliche Experimente ausgeführt. Was ist die Art des 
Prozesses, um den es sich hier handelt? Man hat gemeint, es sei ein 
chemischer Prozeß; es würde sich eine chemische Verbindung zwischen 
Gelatin und Farbstoff bilden. Das kann nicht richtig sein; denn erstens 
nimmt die Konzentration des Farbstoffes im Plättchen in demselben Maße 


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Neuere Untersuchungen über Colloi'do und ihre Bedeutung etc. 91 


ab, in dem die Stärke der Methylviolettlösung abnimmt, lind zweitens kann 
man den Farbstoff mittels Wasser allmählich aus dem Plättchen hinauswaschen. 

Ein und Anderes redet gegen den Begriff „chemische Verbindung“ 
das Wort. Diese erfolgt ja nach festen Verhältnissen. 

Spiro ist auf den glücklichen Gedanken gekommen, daß es sich hier 
um einen T ei lungs prozeß handelt. Laß ich mit einem Beispiel verdeut¬ 
lichen, was man darunter versteht. Man bringe in ein Reagenzglas Schwefel¬ 
kohlenstoff und schichte darauf eine braune Lösung von Jodium in Wasser. 
Durch das höhere spezifische Gewicht des Schwefelkohlenstoffs bleibt dieser, 
die untere Schicht bilden. Nun schüttelt man und läßt ruhig stehen; bald 
wird man sehen, daß die ursprünglich farblose Schwefelkohlenstoffschicht 
violett geworden ist. Was ist geschehen? Das Jodium ist größtenteils in 
den Schwefelkohlenstoff übergewandert und hat sich in denselben mit einer 
violetten Farbe gelöst. Durch diesen Übergang wird das Wasser fast voll¬ 
ständig entfärbt. Die Ursache dieser Erscheinung liegt darin, daß Jodium 
eine größere Löslichkeit in Schwefelkohlenstoff als in Wasser besitzt und nun 
verteilt sich dieser Stoff in beide Medien im Verhältnis der Löslichkeit. 

Das V erhältnis der Jodkonzentrationen in Wasser und in Schwefel¬ 
kohlenstoff ist immer dasselbe, unabhängig von der Jodmenge, die zwischen 
beiden Medien zu verteilen ist. Dieses Verhältnis nennt man den Teilungs- 
coefficient. 

Mit diesem Begriff ist die intensive Färbung des Gelatinplättchen im 
Hof m eis ter’schen Versuch leicht zu erklären. Es leuchtet ein, daß das 
Methyl violett sich über Gelatin und Wasser verteilt und da die Löslichkeit 
von Methylviolett in Gelatin größer ist als in Wasser, wird dementsprechend 
auch die Farbstoffkonzentration in Gelatin größer sein, als in Wasser. 1 ) — 
Nach dem Obenerwähnten wird das Konzentrationsverhältnis von Methyl¬ 
violettin Gelatin und in Wasser angegeben durch eine Zahl, die man mitTeilungs- 
coefficient bezeichnet. Der Teilungscoefficient gegenüber Gelatin und 
Wasser, ist nicht für alle Farbstoffe derselbe. So ist es für Bismarckbraun 
und Methylenblau ein ganz anderer wie für Methylviolett. Auch ist die 
Art des Colloides nicht gleichgültig, ebensowenig wie für ein und dasselbe 
Colloid das Medium, in dem es sich befindet. So nehmen z. B. Leimplättchen 
viel Methylenblau aus einer Lösung dieses Farbstoffes in Chloroform auf, 
sehr wenig dagegen aus einer gleich konzentrierten Lösung von Methylen¬ 
blau in Alkohol. Das liegt wieder an der überwiegend großen Löslichkeit 
von Methylenblau in Alkohol. 

Welchen Einfluß die Art des Colloides hat, geht u. A. aus der Färb¬ 
barkeit von Bakterien hervor. Eine Methylviolettlösung färbt Cholera- 
und Milzbrandbakterien etwa 100 mal stärker als Typhusbazillen. Wünscht 
man also Typhusbazillen gleich stark zu färben, so muß man eine hundertmal 
konzentriertere Methylviolettlösung anwenden als für Cholera und Milzbrand 
erforderlich ist. 

Eine Anzahl von Sachen, die der Histiologe und Bakteriologe täg¬ 
lich begegnet, sind durch dieses Prinzip verständlich und brauchen nicht 
mehr einfach behalten zu werden. Viele Fehler werden auch durch die 
Kenntnis vermieden werden können. 

0 Oie Lösung von Metliylviolett in Gelatin ist wieder eine feste Lösung. 


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Ich möchte noch horvorheben. daß dieses Teilungsprinzip nicht nur für 
die histologische Färbung von Bedeutung ist, sondern auch auf anderen Ge¬ 
bieten eino bedeutende Rolle spielt. Wahrscheinlich wird es in der Zukunft 
nirgendwo mehr dessen Einfluß geltend machen als in der Pharmakologie. 
Muß es nicht unser Bestroben sein, Arzneien gerade da einwirken zu lassen, 
wo sie nötig tun? Weiter wird es auch erwünscht sein, dieselben in der 
Form den betreffenden Geweben vorzulegen, daß sie in relativ großer 
Konzentration eben von diesen aufgenommen werden können. 

Daß bestimmte chemische Verbindungen (Medikamente) vorzugsweise 
in bestimmte Gewebe oder Gewebeelemente hineindringen, daß gleichsam 
eine physiologische Selektion stattfindet, muß in vielen Fällen der 
Tatsache zugeschrieben werden, daß gerade diese Gewebeelemente ein 
relativ so großes Lösungsvermögen für die betreffende chemische Ver¬ 
bindung besitzen. 

Es sind in dieser Richtung bereits merkwürdige Untersuchungen von 
H. Meyer und E. Overton über die Narkose angestellt worden. U. A. 
hat sich dabei herausgestellt, daß gerade die Ganglienzellen*) ein viel größeres 
Lösungsvermögen für Chloroform und Aether besitzen als andere Zellen. 
Weiter hat man gefunden, daß um Froschlarven zu narkotisieren, die Kon¬ 
zentration des Chloroforms und des Aethers in den Ganglienzellen dieselbe 
sein soll wie beim Hund und beim Menschen. Das Protoplasma der Ganglien¬ 
zellen von Froschlarve und Mensch besitzt demnach die gleiche Empfindlich¬ 
keit gegenüber Chloroform und Aether. Das würde man nicht erwartet 
haben; hat doch der Mensch ein soviel höher entwickeltes Zentralnervensystem! 

V. Die Colloi'de als Fermente. 

Collo'idales Silber. 

Schließlich sei es mir erlaubt, noch eine Eigenschaft der Colloi'de 
zu besprechen, nämlich die Colloi'de als Fermente. 

Das Ptyalin des Speichels, das Pepsin des Magensaftes, das Trypsin 
der Pankreasflüssigkeit und soviel andere Enzyme sind eiweißartige Stoffe, 
es sind Colloi'de. Sie spielen eine bedeutende Rolle im Organismus. Reakti¬ 
onen, die bei Anwendung der gewöhnlichen Laboratoriummittel nicht statt¬ 
finden als bei sehr hoher Temperatur, oder mit Hilfe starker Säuren und 
Alkalien in hohen Konzentrationen, unter Bedingungen also, die das Leben 
unmittelbar zerstören würden, erfolgen mit Hilfe von Fermenten bei niedrigen 
Temperaturen und bei nahezu vollkommener Neutralität. 

Wie ist das möglich? Die Antwort ist, daß es sich hier handelt um 
e : ne katalytische Wirkung. 

Bereits Berzelius sprach von Katalyse und jeder, der die ersten 
Grundlagen der Chemie kennt, hat von Katalyse gehört. Wenn man Sauer¬ 
stoff aus KClOn bereiten will, setzt man ein wenig Braunstein hinzu. Es 
findet dann die Entwickelung viel schneller und bei niedriger Temperatur 
statt, als wenn man das Mangansuperoxyd bei Seite läßt. 

*» Diese Zellen enthalten eine bedeutende Menge Lecithin, Cholesterin und andere 
Stoffe, die eine größere Lösungsfähigkeit für Chloroform und Aether besitzen. Diese Sub¬ 
stanzen kommen auch in anderen Zellen und in Lymphe vor, aber in viel geringerer Quantität. 


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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc. 93 


Es ist nun ganz merkwürdig, daß vom Braunstein nichts verbraucht 
wird. Es scheint bloß durch dessen Anwesenheit wirksam. 

Berzelius bezeichnete diesen Stoff mit dem Namen K atal ysator. 
Später hat Schön bein die Katalyse näher studiert; insbesondere hatte die 
Zersetzung von H 2 O 2 (Wasserstoffsuperoxyd) in IUO und 0 seine Aufmerk¬ 
samkeit erregt. Spuren Platinschwamm (fein verteiltes Platin) waren im 
Stand , sehr große Mengen H 2 O 2 zur Zersetzung zu veranlassen: Platinmohr 
wirkte als Katalysator. Aber nicht nur Platinschwamm wirkte katalysierend 
auf die Zersetzung von H 2 O 2 , auch eine Anzahl eiweißartige Stoffe. 

Der berühmte Physiologe Carl Ludwig war dermaßen von der 
Wichtigkeit und der Tragweite derartiger Untersuchungen durchdrungen, daß 
er nicht zögerte, in seinem bekannten Lehrbuch der Physiologie die Meinung 
auszusprechen: „Es dürfte leicht dahin kommen, daß die physi¬ 
ologische Chemie ein Teil der katalytischen würde.“ 

Es mag fremd erscheinen, daß während der dreißig Jahre nach dieser 
Äußerung das Problem der Katalyse kaum einigen Fortschritt machte. In Wahrheit 
lag das an der Definition, welche, sobald sie von 0 st w al d modifiziert war, die 
Katalyse einer fruchtbaren Untersuchung zugängig machte. Während nämlich 
Berzelius, Schönbein und Andere die Katalyse als einen Prozeß be¬ 
trachteten, der ohne den Katalysator nicht zu Stande kommt, betrachtet 
Oswald sie als einen chemischen Prozeß, der auch ohne Katalysator 
zu Stande kommt, aber von derselben beschleunigt*) wird. So 
erfolgt die Zersetzung von HaOa aus sich selbst, obgleich in kaum merkbarem 
Maße, ohne Katalysator; in der Gegenwart von Platinmohr aber wird die 
Zersetzung in sehr erheblichem Maße beschleunigt. Nach der älteren Auf¬ 
fassung war, wie gesagt, von Beschleunigung nicht die Rede, sondern von einer 
Herbeiführung einer Reaktion; nach der älteren Anschauungsweise ermöglichte 
der Katalysator die Reaktion die sonst nicht erfolgte und zwar durch seine 
Anwesenheit. 

Es leuchtet ein, daß Ostwald’s Definition es ermöglichte, den 
katalytischen Prozeß messend zu verfolgen. Es erhebt sich ja unmittelbar 
die Frage: In welchem Maße kann dann ein Katalysator eine bestimmte 
Reaktion beschleunigen; welche ist hierbei der Einfluß von der Menge des 
Katalysators, von der Temperatur, von der Anwesenheit anderer Stoffe und 
von anderen Faktoren? Erst, nachdem man diese Einflüsso systematisch er¬ 
forscht hat, ist es möglich, das Wesen des katalytischen Prozesses kennen 
zu lernen. 

Bredig und Müller von Berneck haben in Ostwald’s Labora¬ 
torium mit diesem Studium einen Anfang gemacht. Sie begriffen, daß es 
erwünscht war, einen Katalysator zu nehmen, der leicht dosiert werden konnte 
und wührend des Prozesses nicht durch Gärung etc. zersetzt wurde. Ihre 
Aufmerksamkeit fiel auf das Platin; die Verbindung, auf die das Platin ein¬ 
wirken sollte, sollte H 2 O 2 sein. 

Die Kombination Platin — H 2 O 2 hatte bereits Schönbein „das Urbild 
aller Gärungen“ genannt. Aber zu quantitativen Zwecken schien das Platin 
wenig geeignet, weil es sich nicht fein verteilen und abmessen ließ. Sie be¬ 
reiteten dann colloidales Platin und zwar indem sie zwei Platindrähte auf 

*) Zuweilen auch verlangsamt. 


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Neuere Untersuchungen über Colloide und ihre Bedeutung etc. 

einige Distanz in reines destilliertes Wasser tauchten und dann einen galva¬ 
nischen Strom durch die Drähte durchgehen ließen; es werden dabei äußerst 
feine Platinpartikelchen vom negativen Pol (Kathode) abgeschleudert; diese 
verteilen sich in das Wasser, das bald wie Tinte aussieht. Das Platin ver¬ 
hält sich ganz wie eine Colloi'd-Lösung. Es wird ausgeflockt durch Säuren 
und Salze, scheidet sich ebenso wie Eiweiß aas einer Hiihnoreiweißlösung an 
einer der Elektroden ab, wenn man einen elektrischen Strom hindurchgehen 
läßt etc. Dieses äußerst fein verteilte Platin hat nun in hohem Maße das 
Vermögen, die Zersetzung von PDOa zu katalysieren. 

Um eine Vorstellung zu geben, in welchem Grade man das colloi'dale 
Platin noch mit Wasser verdünnen kann, ohne die katalysierende Wirkung 
aufzuheben, teile ich die folgende Beobachtung mit. 1 Grammatom Platin, 
in 70000000 Liter Wasser gelöst, katalysierte nach Bredig und Müller 
von Berneck noch deutlich eine HaOa-Lösung, welche ein Grammmolecül 
dieser Verbindung in 30000000 Liter Wasser enthielt. Äußerst merkwürdig 
war die Wirkung von Cyanwasserstoff. Es stellte sich heraus, daß diese 
Substanz einen giftigen, lähmenden Einfluß auf die Katalyse ausübte. Hinzu¬ 
fügung von ‘/ioooo oouooo Gramm HON pro ccm verringerte die katalytische 
Wirkung von '/«ooo ooo Gramm colloidalem Platin pro ccm um die Hälfte. 

Mit Recht nennt Bredig das colloi'dale Platin ein anorganisches 
Ferment. 

Das Platin steht hier nicht isoliert: Gold, Silber, Quecksilber und 
andere Metalle in colloidalem Zustande wirken ebenfalls katalysierend. 

Vor kurzem fand Galeotti, daß eine Lösung von 1 Grammatom 
colloidalem Kupfer in 20000000 destilliertem Wasser, eine kugelförmige 
Zusammenschrumpfung des an der Seitenwand der Spirogyrafaden sich be¬ 
findenden Ohlorphyllbandes hervorruft, während destilliertes Wasser allein, 
auf die Form des Bandes nicht den mindesten Einfluß ausübt. 

Bredig und seine Mitarbeiter haben den Verlauf des katalytischen 
Prozesses von Platin und H 2 O 2 systematisch verfolgt und sind dabei schon 
zu wichtigen Ergebnissen gelangt. 

Es ist von großem Interesse, die organischen Fermente in ähnlicher 
Weise zu untersuchen. Die Verhältnisse liegen da aber mehr kompliziert; 
denn schon bald zeigt es sich, daß das Ferment sich nicht selten leicht um¬ 
setzt und also die Quantität nicht unverändert bleibt. 

Auch ist es äußerst schwierig, organische Fermente in reinem Zu¬ 
stande zu bekommen; und dadurch erhebt sich oft Zweifel, ob es sich um 
ein oder um ein Gemisch von Fermenten handelt. Weiter wirken die 
Produkte der Fermentwirkung zuweilen an sich wieder katalytisch, was 
Ostwald mit dem Namen Autokatalyse bezeichnet. Und diese kann 
positiv und negativ sein, d. h. beschleunigend oder verlangsamend. 

Doch sind die Untersuchungen der allerletzten Zeit von V. Henri, 
Herzog und A. W. Visser zufriedenstellend und gewähren gute Hoffnung. 

Namentlich scheint es letzterem gelungen zu sein, die Wirkung 
organischer Fermente (oder Enzyme, wie man sie auch nennt), in eine 
mathematische Formel zu bringen, welche in sehr befriedigender Weise dem 
von früheren Forschern und von ihm selbst studierten quantitativen Verlauf 


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von Enzymwirkungen beantwortet. Was den Wert dieser Untersuchungen 
und mathematischen Auseinandersetzungen für die Mediziner in nicht ge¬ 
ringem Maße erhöht, ist, daß der Autor sich dabei auf den Standpunkt ge¬ 
stellt hat, daß die Enzym Wirkungen umkehrbare Reaktionen sein müssen. 

Die Bedeutung davon möge aus einem Beispiel hervortreten. Das 
Glukosid Salicin wird durch das Ferment Emulsin, in Saligenin und Glukose 
umgewandelt; dasselbe Ferment aber ist auch im Stande, aus Saligenin und 
Glukose, Salicin zurück zu bilden. Letztere Reaktion erfolgt aber mit einer 
geringeren Geschwindigkeit als erstero. Ware die Geschwindigkeit der gegen¬ 
seitigen Reaktionen dieselbe, so würde das Emulsin keine sichtbare Ver¬ 
änderung herbeiführen. 

Man hat Grund zu vermuten, daß etwas Ähnliches in der Leber ge¬ 
schieht. Bekanntlich werden Amylacaea im Darm in Zucker umgewandelt; 
dieser wird durch die Vena portoo der Leber zugeführt, wo derselbe als 
Glycogen festgelegt wird. Dieses Glycogen wird nach Bedürfnis wieder 
in Zucker umgesetzt und den Organen zugeführt, welche ihn brauchen. Es 
ist nicht unwahrscheinlich, daß es sich auch hier um die Wirkung eines 
Enzyms handelt, das Zucker in Glycogen und umgekehrt Glycogen in Zucker 
urawandeln kann. Durch welche Faktoren die sogenannte Gleichgewichts¬ 
reaktion : 

OuHiaOi; + ► CV,HioO& + HsO, beherrscht wird, 

Glucose Glycogen 

m. a. W. von welchen Bedingungen es abhängt, ob das Enzym die Bildung 
von Glycogen aus Zucker oder aber die Rückbildung von Zucker in Glycogen 
begünstigt, muß noch untersucht werden. 

Noch ein einziges Wort über ein colloidales Metall, das gegenwärtig 
den praktischen Arzt besonders interessiert, nämlich das colloidale Silber 
oder Collargol, das in der letzten Zeit bei Bacteriämien so warm empfohlen 
wurde. 

In erster Linie: wio ist es möglich, daß es in colloidalem Zustande in 
der Blutbahn bleibt, während doch die Blutflüssigkeit so viel Salze enthält und 
wie oben erwähnt, Salze Colloi'de zur Ausflockung bringen? Wie empfindlich 
das colloidale Silber sogar iür Spuren Salz ist, möge hervorgehen aus der Tat- 
soche, daß das colloidale Silber Cr öd 6 , das nach chemischer Methode durch 
Einwirkung von FeSO< auf AgNOn bereitet wird, in Lösung bei weitem nicht 
so lange colloi'dal bleibt wio das Bredig’sche, welches angefertigt wird, 
indem man zwischen zwei in destilliertem Wasser getauchte Silberspitzen 
einen galvanischen Strom durchgehen läßt. Das hat darin seinen Grund, daß 
im auf chemischem Weg bereiteten Collargol immer noch Spuren Salz Zurück¬ 
bleiben. Löst mau dieses in Körnchen oder Stückchen käufliche Collargol in 
destilliertes Wasser auf, so bleibt freilich die tintenähnliche homogene Flüssig¬ 
keit einige Stunden, zuweilen Tage gut, aber es dauert doch nicht lange ob 
man sieht Silberpartikelchen auf dem Boden liegen und die obenstehende 
Flüssigkeit sieht wie Wasser aus. Die suspendierten Silberpartikelchen haben 
sich zu größeren Conglomeraten vereinigt und haben sich gesenkt. Die 
Lösung ist nicht mehr colloi'dal. Man kann schütteln, aber unmittelbar senken 


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Neuere Untersuchungen über Colloi'de nml ihre Bedeutung etc. 


sich die Conglomeraten wieder zu Boden. Das von Bredig bereitete 
Präparat bleibt viel länger colloi'dal, weil kein Salz sich in demselben vorfindet. 

Trotzdem das Blutserum eine bedeutende Salzmenge enthält, bleibt 
das colloi'dale Silber doch als solches darin bestehen. Das nun rührt von der 
Anwesenheit anderer Colloi'de, nämlich von Eiweiß her. 

Es handelt sich hier keineswegs um etwas Spezifisches, das nur für 
das colloi'dale Silber Gültigkeit besitzt. Wenn man eine Lösung von nitras 
Argenti mit einer warmen Gelatinlösung versetzt und man fügt eine Kochsalz¬ 
lösung hinzu, so entsteht kein Niederschlag von AgCl; gießt man die flüssige 
Masse in eine Glasdose aus und läßt abkühlen, so trübt die Masse sich nicht, 
sondern bleibt, obgleich opalescierend, vollkommen durchscheinend. Man 
könnte meinen, im Gelatin-Medium finde keine Bildung von AgCl statt. 
E. Cohen hat aber nachgewiesen, daß dies wohl der Fall ist. Die Reaktion 
verläuft ganz zu Ende, aber das Chlorsilber ist in einem äußerst fein ver¬ 
teilten Zustande im Gelatin vorhanden; daher daß keine Trübung sichtbar ist. 

Lobry de Bruin hat das Gleiche auch für eine Anzahl in Wasser 
unlösliche Niederschläge nachgewiesen. Wenn man diese sich in Gelatin 
bilden läßt, so verteilen sie sich so fein, daß sie das Gelatin nicht trüben; 
das gewöhnliche Mikroskop ist nicht im Stande, Partikelchen in der Masse 
zu entdecken. So sahen wir eine Lösung colloi'dalen Silbers nach Verteilung 
in eine Gelatinlösung ebenfalls klar bleiben, selbst nachdem absichtlich Salz 
hinzugefügt war.*) 

Die andere Angelegenheit bezüglich des colloi'dalen Silbers, die ich 
noch mit einem einzigen Wort besprechen will, ist dessen Wirkungsweise. 

Es lag auf der Hand, anzunehinen, daß es sich um eine bakterizierte 
Wirkung handelte. In der Tat wurden denn auch bald Untersuchungen in 
dieser Richtung angestellt, zuweilen mit positivem, zuweilen mit negativem 
Resultat. Versuche in meinem Laboratorium ausgeführt, lieferten ein ent¬ 
schieden negatives Ergebnis. Ich habe mir deshalb die Frage vorgelegt, 
ob man hier nicht mit einem katalytischen Prozeß zu schaffen hat und zwar 
in dem Sinne, daß die unter normalen Umständen erfolgende all¬ 
mähliche Oxydation toxischer Bakterienprodukte, durch das 
colloi'dale Silber beschleunigt, katalysiert w r ird. 

Zu diesem Zweck habe ich mich zu einer Mikrobe gewandt, deren 
Wirkung gerade für eine Bekämpfung mittels Argentum Colloi'dale in Be¬ 
tracht kommt, dem Staphylococcus pyogenes. 

Es lag nahe, folgenderweise zu experimentieren; eine Kultur in 
Kaninchenserum bereiten und durch eine Chamberlandkerze filtrieren. Dann 
das klare Serum in zw r ei gleiche Teile verteilen, zu dem einen Teil (a) ein 
gewisses Volum einer wässerigen Lösung von Argentum colloi'dale hinzuzu¬ 
fügen, zum anderen Teil (6) das gleiche Volum Wasser. Durch beide sollte 

*) Neuerdings haben M. Ne iß er und U. Friedeinan n in einem Aufsatz, in dem 
u. A. auf die Analogie zwischen der Agglutination der Bakteriologen und den Ausflockungs¬ 
erscheinungen von C'olloiden und Suspensionen hingewiesen wird, die Hypothese aufgestellt, 
nach welcher die Haltbarkeit von colloidalen Lösungen in Gelatin oder eiweißhaltigen Medien 
daran zugeschrieben werden muß, daß die letzteren feine Membranen um die äußerst kleinen 
Colloidkügelchcn bilden. 


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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc. 


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Sauerstoff hindurchgeleitet werden. Hatte das Argentum colloi'dale die 
Oxydation der Toxinen befördert, so sollte in a nach einer bestimmten Zeit 
weniger Toxin als in b vorhanden sein. 

Nun hat die Messung der Toxinmenge durch vergleichende Injektionen 
bei Tieren immer große Beschwerden. Ich habe es deshalb vorgezogen, die 
Eigenschaft von Staphylococcen - Kulturen, rote Blutkörperchen zu zerstören, 
zu benutzen. Je größer die Konzentration der Toxinen in der Kultur ist, 
desto mehr Blutkörperchen werden in einem bestimmten Blutquantum zer¬ 
stört werden und das Quantum freien Farbstoff, welches nach Senkung der 
noch unversehrten Blutkörperchen sicht- und meßbar wird, wird also ein 
Maß für die Toxicität sein. Im Volum der zurückgebliebenen Blutkörperchen 
wird man noch eine Kontrolle haben, da die Schatten ein zu vernachlässigendes 
Volum einnehmen. 

Zu meiner großen Befriedigung stellte sich nun heraus, daß, wenn zu 
a und b gleiche Mengen Blutkörperchen hinzugesetzt waren, die freie Farb¬ 
stoffmenge in a (wo Argentum colloi'dale hinzugefügt war) viel geringer 
erschien als in b. Hieraus geht hervor, daß das Argentum colloi'dale die 
Oxydation des hämolytischen Toxins beschleunigt hatte. Die 
Collargolmenge war sehr gering: 000000058 Grammatom Silber erwies sich 
noch wirksam in 2 ccm toxischem Serum. 

Diese Versuche, welche in Gemeinschaft mit dem Herrn Cand. Med. 
J. J. Hekman in meinem Laboratorium ausgeführt wurden, beanspruchen 
nicht, die therapeutische Wirkung in ihrem Ganzen erklären zu können; die¬ 
selben tragen nur einen vorläufigen Charakter und werden fortgesetzt. Der 
Grund, weshalb ich bereits in diesem Stadium der Untersuchung etwas da¬ 
rüber mitteile, liegt in dem Wunsch eine Illustration der Bedeutung der 
Katalyse zu geben. 

Ich bitte also den Leser, diese Mitteilung nicht höher anzuschlagen, 
als sie ist, d. h. sie zu betrachten als einen, meines Erachtens richtigen und 
wie sich erwarten läßt, vielversprechenden Schritt auf dem Wege nach dem 
Verständnis der so merkwürdigen Wirkung des colloi'dalen Silbers. Das Viel¬ 
versprechende scheint mir in’s besondere auch in der Möglichkeit gelegen, 
mittels genauer Messung den Prozeß quantitativ zu verfolgen. 

Und hiermit will ich die Besprechung der Colloi'de endigen. Es gibt 
sonst noch eine andere Eigenschaft, die in hohem Maße unsere Aufmerksam¬ 
keit verdient, nämlich das Vermögen der Colloi'de, Wasser anzuziehen (einen 
osmotischen Druck auszuüben), welches Vermögen eine bedeutende Rolle im 
Resorptionsprozeß spielt und nach meiner Meinung auch beim Mechanismus 
der Harnbildung in den Nieren. Doch die Behandlung würde zu viel Raum 
erfordern*). 

*) Vgl. über diese Angelegenheiten den zweiten Band meines Werkes: Osmotischer Druck 
und Jonenlehre in den medizinischen Wissenschaften 1904, Wiesbaden .T. F. Bergmann. 

Im dritten Bande wird man in den verschiedenen Kapiteln weitere Auseinander¬ 
setzungen und kritische Betrachtungen über das in diesem Aufsatz Besprochene finden. 


Archiv f. physik- Medizin etc. 


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Über Jfasernosteomyelitis im Röntgenbild . 


Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild*) 

von Privatdozent Dr. J. Rieding er in Würzburg. 

(Mit l Abbildung.) 

Krankhafte Erscheinungen seitens des Knochenmarkes im Verlauf der 
akuten exanthematischen Erkrankungen beanspruchen im Allgemeinen selten 
ein praktisches Interesse. Werden Knochenerkrankungen beobachtet, so 
wird es sich meist um Tuberkulose handeln, die nicht erst durch die akute 
Erkrankung hervorgerufen worden ist, sondern vorher schon bestand. In 
anderen Fällen, in denen eine nähere Beziehung zwischen beiden Erkrankungen 
anzunehmen ist, haben wir es in der Regel mit metastatischen Entzündungen, 
d. li. Teilerscheinungen einer Sepsis oder Pyämie, also mit echten Kompli¬ 
kationen zu tun. In solchen Fällon darf es als wahrscheinlich betrachtet 
werden, daß die affizierten Schleimhäute geeignete Eingangspforten für 
pathogene Mikroben darbieten und zu sekundärer Infektion Gelgenheit bieten. 
Spezifische Prozesse im Knochenmark, d. h. solche, welche bei keiner 
anderen infektiösen Erkrankung Vorkommen, sind mit Sicherheit bei konta- 
giösen Erkrankungen nicht nachgewiesen worden. 

Daß aber primäre, pathologisch-anatomische Prozesse, direkt veranlaßt 
durch ein Kontagium, sich im Knochenmark abspielen können, hat zuerst 
Chiari 1 ) für die Pocken nachgewiesen. Chiari untersuchte in 22 Fällen von 
Variola das Mark von Femur, Tibia, Rippen, Sternum und Wirbeln mikros¬ 
kopisch und fand fast regelmäßig eine deutlich erkennbare, weit verbreitete, 
in dissiminierten kleinen Herden von weißlicher, graulicher oder gelblicher 
Farbe auftretende Veränderung im Knochenmark. Die Enlziindungsherde, 
die schon in der Eruptionsperiode des Exanthems zu erkennen sind, bestehen 
aus veränderten Markzellen, spärlichen Leucocyten und Spuren fibrinösen 
Exsudats; sie tendieren frühzeitig zur Nekrose, welche, wie bei den Primär¬ 
veränderungen in der Haut, vom Zentrum zur Peripherie fortschreitet, ohne 
daß aber eine Vereiterung stattfindet. 

Die Spezifität der von Chiari als Osteomyelitis variolosa bezeichneten 
Erkrankung wurde von Eug. Fraenkel 2 ) in Frage gezogen, da er eine 
analoge disseminierte Herderkrankung des Knochenmarks unter dem Bilde 
einer umschriebenen Nekrose des Markgewebes auch bei Typhus abdominalis 
konstant nachweisen konnte. Das Interesse an der variolösen Knochenmark¬ 
erkrankung wird aber nach Fraenkel dadurch nicht geringer, daß 2 sonst so 
verschiedene Erkrankungen, wie Pockon und Abdominaltyphus, an einem und 
demselben Organ, nämlich dem Knochenmark, analoge Veränderungen her¬ 
vorzurufen imstande sind. Große Bedeutung mißt Fraen kel insbesondere dem 
konstanten Vorkommen von Fibrin bei. Bei starker Vergrößerung zeigt sich 
dasselbe an Präparaten, welche nach der Weigert’schen Fibrinmethode ge¬ 
färbt sind, als meist außerordentlich zarte Fasern, welche zu zierlichen, fein¬ 
maschigen, im Zentrum des Herdes besonders dichten Netzen vereinigt sind. 
Die Abbildungen, die Fraenkel veröffentlicht, sind außerordentlich instruktiv. 
Derartige Befunde waren weder bei Diphtherie noch bei Scharlach, Erysipel, 
Phlegmonen, Pneumonie und Peritonitis zu erheben gewesen. Fraenkel ist des¬ 
halb geneigt, den eigentümlichen Fibrinherden des Knochenmarks wenigstens 

*) Nach einem Vortrag mit Demonstration auf dem I. Röntgenkongreß in Berlin, UWö- 


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Ober Masern Osteomyelitis im Röntgenbild. 


99 


bis zu einem gewissen Grade eine spezifische Bedeutung zuzugestehen. Aus 
dem konstanten Nachweis der Knochenmarkveränderung zieht Fraenkel 
den Schluß, daß Knochenerkrankungen eine regelmäßige Begleiterscheinung 
des Abdominaltyphus darstellen. 

Der Nachweis eines fibrinösen Exsudates kann sogar von Bedeutung 
sein für die pathologisch-anatomische Diagnose des Typhus. Fraenkel trug 
auch kein Bedenken, einen osteomyelitischen Prozeß als Effekt des Typhus¬ 
bazillus anzunehmen, und schlug deshalb die Bezeichnung „Osteomyelitis 
typhosa“ für die geschilderte Knochenerkrankung vor. Ferner ist zu er¬ 
wähnen, daß die Untersuchungen Fraenkels auch Aufklärung gebracht 
haben über die Pathogenese der das Knochensystem betreffenden Nach¬ 
krankheiten des Typhus abdominalis. 

Schon Ponfick 3 ) hat im Jahre 1893 auf die bei Typhus vorkommende 
oberflächliche Usur der Kortikalis hingewiesen, sowie darauf, daß auch andere 
spezifische Infektionskrankheiten, wie Scharlach, akuter Gelenkrheumatismus, 
Endocarditis, Tuberkulose etc., bakterielle Metastasen im Knochenmark er¬ 
zeugen können. Ponfick wies ferner ebenfalls schon auf die Seltenheit der 
Vereiterung dieser Metastasen im Knochenmark hin. Er vertrat die Ansicht, 
daß die ausgestreuten virulenten Keime im Knochenmark infolge der leb¬ 
haften Zellentätigkeit zu Grunde gehen. „Die quantitative Inferiorität also 
ist es wahrscheinlich, welche in den weitgestreckten Regionen der Beinhaut 
die pflanzlichen Zellen unterliegen läßt gegenüber den Elementen des 
tierischen Zellstaats.“ Somit stellt das Knochenmark für Bakterien gewisser¬ 
maßen eine Ausscheidungsstätte neben dem harnbereitenden und dem Ver¬ 
dauungsapparat dar. Ponfick sagt, daß jene pathogenen Mikroorganismen, 
deren sich der Körper nach außen hin nicht entledigt, dem Menschen im 
vollsten Sinne des Wortes in Mark und Bein übergehen. In den 
Fällen, in denen eine plastisch vaskulöse Periostitis, z. B. schon nach einer 
geringfügigen Verletzung, sich zu einer eiterigen umgestaltet, muß an eine 
Mischinfektion gedacht werden. 

Einige Jahre vorher (1885) hatte auf Ponficks Anregung C. S. Freund 1 ) 
auf die Beteiligung des Knochensystems beim Typhus abdominalis hinge¬ 
wiesen. Darauf folgten alsdann die durch bakteriologische Nachweise ge¬ 
stützten Untersuchungen E bermaier’s 5 ) in der Kieler medizinischen Klinik, 
welchevon Quincke 6 ) fortgesetzt wurden. Nach den Untersuchungen Quincke’s 
ist anzunehmen, daß im roten Knochenmark Typhuskranker sich der Typhus¬ 
bazillus mit derselben Konstanz findet wie in der Milz. Es sind alsdann 
durch weitere bakteriologische Arbeiten, wie von W eichselbaum, 7 ) Fraenkel, 8 ) 
Perez“) und Anderen, die Erreger der verschiedensten Infektionskrankheiten 
im Knochenmark nachgewiesen worden. 

Auf klinische Beobachtungen über typhöse Knochenerkrankungen, 
verschieden von eiterig-osteomyelitischen Prozessen, war hauptsächlich von 
Klemm 10 ) hingewiesen worden. Bekanntlich war es dann wiederum Quincke, 11 ) 
der das Krankheitsbild der von ihm so benannten Spondylitis typhosa aufge¬ 
stellt hat. Diesem speziellen Kapitel wurde seither eine Reihe von Abhand¬ 
lungen gewidmet. Die Quincke’schen Beobachtungen waren denn auch für 
Fraenkel der Anstoß, die Wirbelsäule von Typhusleichen eingehender zu 
untersuchen. 


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Über Masemosteomyelitis im Röntgenbild 


Später konnte Quincke 12 ) auch eine Pneumo-, sowie eine Streptokokken- 
spondylitis beobachten, die durch die Stärke und Ausdehnung der örtlichen 
Schmerzen, die wahrnehmbare Schwellung der Weichteile, die geringe 
Neigung zur Eiterbildung, die Prädilektion für die Lendenwirbel eine unver¬ 
kennbare Ähnlichkeit mit der Spondylitis typhosa auf wiesen. Quincke faßte 
deshalb derartige Fälle zu einer Krankheitsgruppe unter der Bezeichnung 
„Spondylitis infectiosa“ zusammen. Die bei der Gutartigkeit des Verlaufes be¬ 
obachtete leichte Gibbusbildung erklärt sich aus einer Höhenabnahme des 
Wirbelkörpers durch Resorption besonders zahlreicher mikroskopischer 
Nekroseherde. Schwere mikroskopische Veränderungen sind niemals vor¬ 
handen. Fraenkel betont besonders, daß es sich in seinen Fällen um Prozesse 
gehandelt habe, welche nur mittels des Mikroskopes und am besten an nach 
bestimmten Methoden gefärbten Schnitten durch entkalkte Wirbelstücke fest¬ 
zustellen sind. 

Mit den nach Typhus vorkommenden Knochenerkrankungen stimmen 
ferner die von Franke 13 ) beschriebenen proliferierenden Ostitiden und 
Osteoperiostitiden anatomisch und klinisch ziemlich überein. Im Verlauf der 
Influenza, oft schon im Anfang derselben, meist in der zweiten oder dritten 
Woche, manchmal aber auch erst nach Monaten, treten scheinbar rheumatische 
Schmerzen an verschiedenen Körperstellen, wie am Schienbein, am Fuß, am 
Oberschenkel, am Becken, an den Lippen, Fingern, auch am Kopf etc. auf. 
Es findet sich bei der Untersuchung ödematöse, auf Druck empfindliche, bald 
mehr diffuse, bald mehr umschriebene Schwellung, die an Osteomyelitis er¬ 
innert. Die Erscheinungen gehen meist bald zurück. Nur selten kommt es 
zu Eiterung und Fieber. Franke nimmt auf Grund seiner Erfahrungen und 
bakteriologischen Untersuchungen an, daß die plastischen Formen der Ostitis 
nach Influenza den Pfeiffer’schen Bazillen ihre Entstehung verdanken, die 
eiterigen Formen dagegen auf Misch- oder Sekundärinfektion beruhen. Perez 
ist auf Grund experimenteller Untersuchungen dieser Annahme beigetreten. 
Bei der chronischen Influenza pflegen sich die Beschwerden und Erscheinungen 
langsamer und ebenfalls ohne Fiebererscheinungen zu entwickeln. Am 
Schädel können Verwechslungen mit Lues, an der Fußwurzel, an Zehen und 
Fingern mit Tuberkulose oder auch mit Gicht Vorkommen. Die Pathologie 
der Influenza hat durch die sorgfältigen Untersuchungen und Beobachtungen 
Franke’s eine wesentliche Bereicherung erfahren. 

Uber Masern findet sich in diesen Publikationen nichts. Auch in der 
sonstigen Literatur habe ich keine verwertbaren Anhaltspunkte gefunden, 
v. Jürgensen 11 ) spricht sich in Bezug anf das Verhalten der Gelenke und 
Knochen bei Masern folgendermaßen aus: „Schwellung der Gelenke, Ent¬ 
zündungen der Knochen, über die in einzelnen Fällen berichtet wird, dürften, 
wenn nicht immer, doch wohl meist als nur in entfernter Beziehung zu den 
Masern stehend anzusehen sein.“ Nach v. J iirge nsen wissen wir aber auch 
nichts Bestimmtes über den Zusammenhang anderer (sekundärer) Infektionen 
mit Masern. 

Nach Kaufmann (Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie 
II. A. 1901) ist eine Knochenerkrankung, die im Verlauf von pyämischen 
und Infektionskrankheiten auftritt, immer eine sekundäre und stellt eine 
motastatische Entzündung dar. Diese Infektionskrankheiten sind vor allem: 


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Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild. 


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Scharlach, Masern, Abdominaltyphus, Typhus recurrens, Pocken, Pneumonie 
und andere. 

Auch die Röntgenliteratur enthält keine näheren Mitteilungen über 
Masernosteomyelitis. Es macht sich überhaupt in Bezug auf frische Oste¬ 
omyelitisfälle ein gewisser Mangel in der Röntgenliteratur bemerklich. Es 
fehlt zwar nicht an guten Bildern verschiedener Formen von Osteomyelitis. 
Dieselben betreffen aber, soweit ich die Literatur übersehen kann, nur vor¬ 
geschrittenere Fälle mit mehr oder weniger starker Destruktion des Knochens. 
Es wird deshalb gestattet sein, die Aufmerksamkeit auf einen Befund liinzu- 
weisen, von dem angenommen werden darf, daß er im direkten Anschluß an 
die Masernerkrankung im Knochenmark aufgetreten ist. Aus letzterem 
Grund wird ihm wohl auch mit vollem Recht die Bezeichnung „Masern¬ 
osteomyelitis“ zukommen. Ich weiß recht gut, daß ein einzelner Fall keine 
ausschlaggebende Bedeutung für sich in Anspruch nehmen darf. Er kann 
aber die Anregung geben, auch bei Todesfällen infolge von Masern patholo¬ 
gisch-anatomische Untersuchungen anzustellen, wie sie Fraenkel bei Typhus¬ 
leichen angestellt hat. Freilich steht hier der Umstand im Wege, daß die 
Todesfälle infolge von Masern in der Regel auf Komplikationen zurückzu¬ 
führen sind, die an und für sich ebenfalls Veränderungen im Knochenmark 
hervorrufen können. Das Befallensein des Metatarsus I in unserem Falle 
weist vielleicht auf eine Prädilektionsstelle hin. 

Die 12 J. a. Patientin, um die es sich handelt, wurde von mir in der 
Zeit vom 15. Okt. bis 2. Dez. 19U2 wegen einer sogenannten Haltungsanomalie 
leichten Grades behandelt. Außerdem hatte sie die Neigung, die Füße in 
leichter Pronationsstellung aufzusetzen, weshalb ihr außer gymnastischen 
Übungen auch entsprechende Einlagen für die Schuhe verordnet wurden. 
Vor mehreren Wochen hatte sie auch beim Gehen wiederholt Schmerzen in 
den Füßen und Müdigkeit verspürt, welche als Plattfußbeschwerden gedeutet 
wurden. Im Übrigen war sie früher nie krank. Während der Dauer der 
stationären Behandlung waren Schmerzen nicht aufgetreten. Entzündliche 
Erscheinungen waren mit Sicherheit auszuschließen. Beim Austritt aus der 
Behandlung konnte ein krankhafter Befund, auch was den Haltungsfehler 
anbelangt, kaum noch erhoben werden. Die Patientin fühlte sich vollständig 
gesund und hatte ein dementsprechendes Aussehen. Soweit ich die Anamnese 
erheben konnte, waren Anhaltspunkte für Tuberkulose in der Familie nicht 
gegeben. 

Am 25. Mai stellte sich die Patientin gesund wieder vor. 

In ihrer Heimat erkrankte sie alsdann nach Mitteilung des behandeln¬ 
den Hausarztes am 11. Juni 1903 an Masern, welche „einen guten Ver¬ 
lauf nahmen.“ 

Am 25. Juni 1903 bemerkte der Arzt eine deutliche, akut auftretende 
Schwellung des rechten Fußrückens in der Gegend der Basis des I. Metatarsus, 
welche bei Druck schmerzhaft, aber nicht gerötet und ohne sonstige heftige 
Erscheinung war. Die Schwellung erstreckte sich scheinbar auch auf die 
Gelenkverbindung zwischen Metatarsus I und Fußwurzel. Ferner waren die 
Konturen des ganzen Fnßriickens verstrichen. Aspirin innerlich und Ichthyol 
äußerlich hatten etwas Erfolg. Die Patientin verließ, ohne daß die Schwellung 
ganz verschwunden war, das Bett, und da Verdacht auf Tuberkulose be- 


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Über Masernosteomyelitis im Rönt.gcnbild. 


stand, so empfahl der behandelnde Arzt Mitte Juli einen Aufenthalt, in 
Reichenhall. Vor dieser Badereise sollte ein Röntgenbild aufgenommen 
werden. Dasselbe wurde, als sich die Patientin am 18. Juli 1903 wieder vor¬ 
stellte, von mir aufgenommen. 

Der äußere Befund war an diesem Tage geringfügig. Bei gutem 
Körperbefinden zeigte sich der Fußrücken in der Gegend des hinteren Ab¬ 
schnittes des I. Metatarsus etwas verdickt. Die Weichteile zeigten keine 
deutliche Schwellung. Druck rief etwas Schmerzen hervor. Die Gegend 
war außerdem bei anhaltendem Gehen und Stehen etwas schmerzhaft. 
Akute Entzündungserscheinungen fehlten gänzlich. Der Gang zeigte keine 
Behinderung. Im Allgemeinen gewann man den Eindruck, daß nur eine 
leichte Affektion am Knochen vorliegen könne, die allmählich im Rückgang 
begriffen sei. Die Patientin war wenige Wochen später wieder hergestellt 
und blieb bis jetzt gesund. 

Das Röntgenbild Tafel II Fig. 1 und 2 zeigt, mit voller Deutlichkeit eine oste¬ 
omyelitische Erkrankung des rechten Metatarsus I. Der Knochen ist im Ganzen 
verdickt, die Konturen sind verschwommen. Die Verdickung ist eine gleich¬ 
mäßige, sie betrifft hauptsächlich die hintere Hälfte des Knochens. Die Knochen¬ 
rinde läßt sich vom Knochenmarkraum deutlicher unterscheiden als auf der ge¬ 
sunden Seite. Dabei erscheint der Markraum nach der Epiphyse hin auf 
Kosten des Knochengewebes kolbig erweitert. Der hintere Abschnitt der 
Diaphyse stellt somit kein spongiöses Gefüge dar, sondern eine mit dem Mark¬ 
raum kommunizierende Knochenhöhle mit einer Knochenwandung, die schmaler 
ist als die Kortikalis in der Mitte der Diaphyse. Soweit die Höhle sich er¬ 
streckt, ist der Knochen im Röntgenbild aufgehellt.. Die Höhle tritt deut¬ 
lich hervor, da die unmittelbare Umrandung derselben sich scharf ab¬ 
zeichnet und einen tieferen Schatten wirft als die übrigen Partien des 
Knochens. Offenbar sind an der lichtdurchlässigeren Stelle Knochenbälkchen 
zu Grunde gegangen und es bestand ein Exsudat, welches proximal von einer 
sklerotischen Knochenwand umgeben war. Die Epiphysenlinie ist noch deut¬ 
lich erkennbar, besonders auf einer Vergrößerung des Bildes. 

Die Röntgenaufnahme war so erfolgt, daß von der Antikathode aus 
das Röntgenlicht jeden der beiden Füße von vorne her in möglichst gleicher 
Verteilung traf. 

Vergleichen wir den erhobenen Befund mit den von A. Köhler in 
seinem Atlas mitgeteilten Befunden, so finden wir, daß jener am meisten den 
bei der zentralen Form der Spina ventosa geschilderten Verhältnissen 
entspricht. Köhler bespricht die Spina ventosa in einem besonderen Kapitel, 
da sie mit dem Bild der Tuberkulose nicht recht übereinstimmt. Köhler 
glaubt auch nicht, daß es sich um ein rein tuberkulöses Leiden handelt. 
„Es scheint, als ob gewisse andere Krankheitserreger ebenso gut eine Spina 
ventosa zu erzeugen imstande sind. Viele Fälle zeigen nämlich eine Ver¬ 
änderung des Knochens, wie sie bei Lues und eigentlicher chronischer Oste¬ 
omyelitis an anderen Knochen recht häufig, bei Tuberkulose aber so gut wie 
nie vorkommt. Und es ist gar kein Grund zu finden, weshalb sich die 
Tuberkulose an dem Phalangen und Metakarpen in ganz anderer Weise zeigen 
sollte als an anderen Knochen.“ 


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Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild. 103 


Die Ähnlichkeit unseres Befundes mit der Spina ventosa, sowie der 
Umstand, daß letztere so häufig in den Kinderjahren vorkommt, läßt an die 
Möglichkeit einer Mischinfektion von akuten Infektionskrankheiten der Kinder¬ 
jahre einerseits und von Tuberkulose andererseits denken. 

Der gutartige Verlauf in unserem Fall spricht allerdings gegen Tuber¬ 
kulose. Es ist auch kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß es sich um eine 
eiterige Entzündung gehandelt hat. Um der Bezeichnung Eiter aus dem 
Wege zu gehen, hat Klemm das durch den Typhusbazillus bedingte Exsudat 
„als flüssige Metamorphose der abgelagerten pathologischen Bildungen“ be¬ 
zeichnet. Klein 10 ) läßt diese Definition nur für die nekrotisierende Wirkung 
des Typhusbazillus gelten. Er weist auf die experimentellen Untersuchungen 
Dmochowsky’s und Janowsky’s hin, welche ergeben haben, daß der Typhus¬ 
bazillus wie andere pyogene Pilze Eiter zu erzeugen imstande sind. Chronische 
Formen verlaufen nach Art der kalten Abscesse. Selbstverständlich kann 
aus dem Rötgenbild allein auf die Natur des vorhandenen Exsudates kein 
Schluß gezogen worden. Soviel glauben wir aber behaupten zu können, daß 
auch bei Masern das Knochenmark erkranken kann, so daß deletäre Ver¬ 
änderungen in der Spongiosa der Knochen auftreten. Selbst für den Fall, 
daß es sich um eine latente Tuberkulose gehandelt hat, ist der Einfluß des 
Masernkontagiums auf den latenten tuberkulösen Herd zuzugeben. Es soll 
nicht behauptet werden, daß ein spezifischer anatomischer, nur bei Masern 
zu beobachtender, Befund vorliegt. 


Literatur. 

I. Chiari, Ziegler’s Beitrüge zur patbol. Anatomie und allgm. Pathologie, Bd. 
XIII, 1893. 

•2. Eug. Fraenkel, Über Erkrankungen des roten Knochenmarks, besonders der 
Wirbel bei Abdominaltyphus. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, 
Bd. XI, Heft 1. 1903. 

3. Ponfick, Über Metastasen und deren Heilung. Berliner klinische Wochenschrift 

1893, Nr. 4«. 

4. C. S. Freund, Die Knochenentzündungen in der Rekonvaleseenz von Typhus ab¬ 
dominalis. J.-D. Breslau 1885. 

5. Ebermaier, Über Knochenerkrankungen bei Typhus. Archiv f. klin. Medizin, 
Bd. 44, 1889. 

f>. Quincke, Zur Pathologie des Abdominaltyphus. Berliner klinische Wochenschrift 

1894, Nr. 15. 

7. Weichseibauin, Centralblatt f. allgem Path. 1904. 

8. Fraenkel, Über Knochenmark und Infektionskrankheiten. Miiuch. med. Wochen¬ 
schrift 1902, Nr. 14. 

9. Perez, Die Influenza in chirurgischer Beziehung. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie, 
Bd. 59, 63. 64, 66. 

10. P. Klemm, Die Knochenerkrankungen im Typhus. Archiv f. klin. Chirurgie. 
Bd. 46. 1893. 

II. Quin cke, Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. IV, 1898. 

12. Q u i n c k e, Über Spondvlitis infectiosa. Mitteilungen aus (len Grenzgebieten der 
Medizin und Chirurgie, Bd. XI, Ilft. 5, 1903. 

13. F. Franke, Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 49, 1895. Allgem. med. Centralzeitung 
1896. Nr. 42. Mitteilungen aus den Grenzgebieten d. M u. Ch., Bd. V. Chirurg.-Kongr. 1899. 
Archiv f. klin Chirurgie. Bd. 70. S. a. Mi ln er, Beitrag zur chirurgischen Bedeutung der 
Influenza. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der M. und Ch., Bd. XI. 

14. v. J iirge n se n, Akute Exantheme, Wien 1895. Notnagels „Spezielle Pathologie 
und Therapie “ Bd. IV, II. 

15. A. Köhler, Knochenerkrankungen im Röntgenbilde, Wiesbaden, J. F. Berg¬ 
mann. 1901. 

16. A. Klein, Ostitis typhosa. I.-D. Kiel 1896. 


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Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgenstrahlen. 


Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels 
Röntgenstrahlen. 

Von Dr. Max Levy- Dorn Berlin. 

(Hierzu 4 Röntgenbilder.) 

Die Nierenstein-Aufnahmen gehören zu den schwierigsten und zugleich 
wichtigsten unter den Maßnahmen der Röntgenuntersuchung. Ich möchte 
daher in Kürze einige Erfahrungen und Vorschläge hierüber mitteilen. 

Besonders durch die Bemühungen von Leonhard, Llaberia, Albers- 
Schönberg, Rumpel u. a. sind wir dahin gelangt, daß wenigstens die meisten 
Nierenkonkremente von einer Größe, die einen operativen Eingriff verlangt, 
mit Hilfe der Röntgenstrahlen zum Ausdruck gebracht werden können. 

Die chemische Zusammensetzung spielt ohne Frage für die Tiefe der 
Schatten eine Rolle, aber dieselbe ist bei weitem überschätzt worden, da wir 
es in der Praxis meist mit Mischsteinen zu tun haben. Allerdings bestehen 
einige Verschiedenheiten in der Angabe der Autoren sowohl über die Häufig¬ 
keit des Vorkommens mehr oder weniger chemisch reiner Steine, wie über 
den Grad ihrer Durchdringlichkeit für X-Strahlen. Anscheinend spielen hier 
lokale Verhältnisse eine Rolle. Andererseits lassen sich die Mitteilungen der 
Autoren nicht immer mit einander vergleichen, weil ihre Daten nicht genau 
genug sind. So unterscheidet man meist schlechtweg harnsaure, phosphorsaure 
und oxalsaure Steine und berücksichtigt wenig die Stoffe, mit welchen die 
Säuren verbunden sind, obwohl von ihnen das Molekulargewicht, von dem 
bekanntermaßen die Durchdringlichkeit der zusammengesetzten Körper ab- 
häugt, wesentlich mit beeinflußt wird. Fantino*), der wohl das umfangreichste 
Material in genannter Richtung durchgeprüft hat und nicht in den eben er¬ 
wähnten Fehler verfällt, fand, daß unter den Phosphaten nur die Verbindungen 
mit Kalcium und den Erden die X-Strahlen, schwer durchlassen, während die 
Magnesiumsalze und noch mehr Amoniak-Salze von ihnen leicht durchdrungen 
werden. Derselbe Autor konnte, beiläufig bemerkt, unter 200 Steinen, von 
denen 116 genau untersucht wurden, nur 28 chemisch rein hersteilen, und 
zwar bestanden die meisten (17) aus Harnsäure. 

Die Rumpel**)’schen Erfahrungen stehen in einem geringen Wider¬ 
spruch damit, da unter seinen untersuchten 15 Steinen nicht ein einziger sich 
befand, der eine chemisch reine Substanz enthielt. Dementsprechend sah 
auch Rumpel keine allzugroße Verschiedenheit der Schattenbildung in seinen 
Fällen. Ich habe nun wiederholt auch überwiegend aus Harnsäure be¬ 
stehende Steine auf die Platte bekommen, möchte aber doch nicht behaupten, 
daß ihre Darstellung immer gelingen muß, selbst wenn sie eine operations¬ 
reife Größe erlangt haben. Dasselbe gilt auch von den wenig durchlässigen 
Phosphatsäure-Verbindungen, während man beim Überwiegen von Erdphos¬ 
phaten und Oxalaten wohl immer brauchbare Bilder erhalten wird. Jedenfalls 
ist trotz dieser Einschränkungen ein positives Ergebnis des Röntgenverfahrens 
bei Vorhandensein von Nierensteinen so häufig, daß dieser Untersuchung auch 
bei negativem Ausfall eine große Bedeutung zugesprochen werden muß. 

*) Fantino; Beitrag zum Studium der Harn- und Gallensteine. Arch. f. Klin. Chirurg. 
Bd. XXV. H. 2. 1904 p. 353. 

*‘) D. Rumpel. Die Diagnose des Nierensteins; Arch. u. Atl., der normal u. pathol. 
Anatomie in typischen Röntgen bildern. Hamburg. Griife und Sillem 1903, 


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Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgenstrahlen. 


105 


Bei der Untersuchung auf Nierenstein müssen in erster Linie alle 
Momente peinlich beobachtet werden, die auch sonst in der Röntgentechnik 
eine Rolle spielen. Einige Punkte verdienen aber wegen der Körpergegend, 
die zur Darstellung kommen soll und der relativ leichten Durchgängigkeit 
der Steine für Röntgenstrahlen besonders hervorgehoben zu werden. Die 
Qualität der Röntgenstrahlen soll möglichst weich sein; Bilder, die die Ouer- 
fortsätze der Wirbel, den Psoas, die letzten Rippen nicht zeigen, können bei 
nicht vorhandenem Steinschatten keinen Wert beanspruchen. Aus weicheren 
Röhren aber kann man schwerer für die Aufnahmen dickerer Körpergegenden 
genügende Strahlenmengen hervorholen, als aus harten. Wir müssen daher 
bei Nierenstein-Aufnahmen besonders widerstandsfähige Röntgen¬ 
röhren benutzen. Ein Fehler in dieser Hinsicht bildet meiner Erfahrung 
nach am häufigsten die Schuld an Mißerfolgen. 

Ohne Zweifel ist aber die Nierensteinuntersuchung, besonders dickerer 
Personen, bei weitem zuverlässiger geworden, seitdem man noch einigen anderen 
Momenten größere Aufmerksamkeit schenkte. Nach der Wichtigkeit, die mir 
ihnen zuzukommen scheint, geordnet sind diese die Kompression des Abdo¬ 
mens, die Abblendung der Strahlen, die geeignete Lagerung der Kranken und 
endlich die Vorbereitungskur. 

Die Kompression des Abdomens wurde früher gelegentlich in primitiver 
Weise ausgeführt, indem man z. B. den Patienten auf den Leib lagerte. Heute 
benutzt man meist dazu nach dem Vorgang von Albers-Schönberg Kom- 
pressionsblenden-Apparate, in denen, wie schon der Name verrät, das Kom¬ 
pressionsorgan mit der Blende vereinigt ist. 

Ein zylindrisches metallenes Rohr wird mittelst fester Führungen vor¬ 
sichtig in den Leib hineingedrückt, dadurch werden die Gedärme von der 
Nierengegend abgedrängt. Ich gebrauche jetzt zu meiner vollsten Zufrieden¬ 
heit ein Rohr, das ich in mein Universal-Schutz-Blendenstativ hineinstecke, 
und kann so jedes besonders für den genannten Zweck gebauten Apparates 
entbehren, wie er außer von Albers-Schönberg besonders von Wiesener und 
Gocht angegeben wurde. 

Wer sich keine spezielle Kompressionsvorrichtung anschaffen kann, 
dem möchte ich einen kleinen Trik empfehlen, den ich wiederholt ange¬ 
wendet habe und noch gelegentlich benutze. Es bedarf dazu nur des Be¬ 
sitzes einiger glatt gehobelter Bretter von ca. 5 cm Dicke und von den 
Dimensionen der zu belichtenden Platten etwa 13x18 und 18x24. Auf das 
Brett lege man die Platte in Papier gehüllt. Bevor die Papierhülle, wie ge¬ 
wöhnlich, umgeschlagen wird, lege man 2 nicht mehr gebrauchte Platten von 
derselben Größe gegen die Rückseite der Hülle. Alle 3 Platten umschließe 
man endlich noch einmal mit Papier, damit sie unverrückt aneinander halten. 
Nun bringe man das Plattenpacket auf den hohen Holzblock und lasse sich 
den Kranken mit seiner Bauchseite darauf lagern. Die Platten werdenj so 
nicht leicht zerbrochen, auch wenn sie, was leicht geschehen kann, von der 
Unterlage etwas abgleiten. Die Kompression, die auf diesem Wege erzielt 
wird, ist recht erheblich; allerdings ist es nicht möglich, unter dem Rippen¬ 
bogen schräg hinauf zu komprimieren. 

Die Blende läßt sich ebenfalls leicht improvisieren, indem ’man 
winkelig geschnittene Bleibleche von ca. 2 mm Dicke auf den Patienten legt. 


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106 


Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgen strahlen. 


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Falls die Wahl freisteht, wähle man zur Aufnahme die Rückenlage, 
weil sich in dieser die Niere in größerer Nähe der Platte befindet, als in der 
Bauchlage. Die individuell verschieden stark ausgeprägte Lordosis der Lenden¬ 
wirbelsäule wird durch Beugen der Oberschenkel und des Rumpfes ausgeglichen. 

Bei Ubersichtsbildern und dem Gebrauch der Kompressionsblende 
kommt kaum eine andere Lagerung ernstlich in Betracht. Dagegen bietet 
dort, wo die Komprcssionsblende fehlt, die Lagerung auf die, der zu unter¬ 
suchenden Niere entgegengesetzten Körperseite den Vorteil, daß die Gedärme 
von der aufzunehmenden Niere von selbst herabgleiten und dieselbe freigeben. 
Allerdings müssen dann besondere Vorkehrungen getroffen werden, daß der 
Patient ruhig liegt. Die Platte steht dann senkrecht zur Unterlage am Rücken 
des Kranken. Eine einfache Blende läßt sich, wie leicht ersichtlich, auch an 
seitlich liegenden Patienten anbringen. 

Die Vorbereitungskur besteht darin, daß man den Darm vor der 
Untersuchung gründlich entleeren läßt. 

Man versäume auch nie, die Patienten zu fragen, welche Arzneien 
sie etwa gebraucht und auch sonst zu erforschen, ob Eingriffe an ihnen vor¬ 
genommen wurden, die Anlaß zu abnormen Röntgenschatten geben können. 
Einnahme von Magisterium bismuti, Injektion von Jodoform-Glyzerin bei 
Fisteln, Injektion von Jodipin u. a. können Schatten hervorrufen, die gelegent¬ 
lich den auf Nierenstein fahndenden Untersucher zu täuschen vermögen. 
Diese Contenta pflegen besonders lange im Cöcum zu verweilen, müssen also 
besonders berücksichtigt werden, falls die rechte Niere in Frage kommt. 

Ubersichtsaufnahmen lohnen sich nur, falls es sich nicht um stark 
beleibte Patienten handelt. Die letzten Rippen, die Querfortsätze der Lenden¬ 
wirbel und der Schatten dos Psoas sollen, wie oben bereits erwähnt, auf den 
Bildern zum Ausdruck kommen, weil sonst die Gefahr ziemlich groß ist, daß 
man etwaige Konkremente durch den Gebrauch harter Strahlen nicht zu 
Gesicht bekommt. 

Bei positivem Ausfall der Röntgenuntersuchung wäre es aber Pedanterie, 
den genannten Nebenzeichen eines guten Nierensteinbildes großen Wert 
beizumessen. 

Unter den Schatten, die leicht mit Nierensteinen verwechselt werden 
können, stehen Plattenfehler obenan. Wiederholung der Aufnahmen lassen 
den Irrtum erkennen. Verkalkungen in den Weichteilen außerhalb der 
Nieren und Urethra wmrden gewiß häufiger rechtzeitig erkannt werden, wenn 
man ihre topographische Lage genau betrachtet. 

Zum Schluß möchte ich noch einige Bilder zeigen, die den Wert der 
Untersuchung mit Röntgenstrahlen auf Nierensteine deutlich illustrieren. 

Bild 1 (Tafel II Fig. 3) stammt von einer Patientin, die auf der linken, also 
gesunden Seite ihre Schmerzanfälle hatte. Es fanden sich auf der rechten Seite 2 
Steine, ein haselnußförmiger mit 2 cm langen Durchmesser, und 1 band¬ 
förmiger von 1 cm Länge, die aus einem Gemisch von Oxal- und Harnsäure 
bestanden. 

Die Aufnahmen 2, 3 und 4 (Tafel II Fig. 4, 5, 6) betreffen alle drei 
dieselbe Patientin. Nr. 2 (Fig. 4) ist ein Übersichtsbild, das dartut, daß die 
rechte Seite frei ist, die linke mehrere Steine, darunter einen außergewöhnlich 
großen enthält. Die klinischen Symptome interessieren nicht an dieser Stelle. 


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Zur Kasuistik der Nephrolithiasis. 


Bild Nr. 3, (Fig. 5) eine Aufnahme mit Kompressionsblende, zeigt die ver¬ 
schiedenen Steine und ihre Form erheblich deutlicher als Nr. 2. Besonders 
schön springt der größte Stein mit den Fortsätzen in die Augen. Die Operation 
bestätigte vollständig den Röntgenbefund. Die Steine hatten den Charakter 
der Phosphatsteine; eine genaue chemische Analyse fand nicht statt. 

Die einige Zeit nach der Operation vorgenornmene Untersuchung er¬ 
gab einen nicht uninteressanten röntgenologischen Befund, den Bild Nr. 4 (Fig. 6) 
widergibt. Man sieht dort einen großen nach außen konkaven Wulst, der 
offenbar durch die Retraktion der Weichteile nach Ausheilen der Operations¬ 
wunde bedingt ist und von einem Betrachter des Bildes, der diese gelegent¬ 
liche Folgeerscheinung der Operation nicht kennt, schwerlich erklärt werden 
kann. 

Zur Kasuistik der Nephrolithiasis. 

Von I)r. Wiesel, Ilmenau. 

(Hierzu 1 Abbildung). 

Der Fall, welchen die beiden Aufnahmen von Nierenstein betreffen, 
ist nach mehrfacher Hinsicht ein interessanter und wohl auch ein seltener 
zu nennen. 

Es handelt sich um den 38jährigen Kaufmann G. M., der meine Hülfe 
am 15. Mai 1904 erbat. Die Beschwerden des bettlägerigen Kranken be¬ 
standen in rasenden Schmerzen vom Rücken nach der rechten Weiche sich 
erstreckend, und in Anurie. 

Die Diagnose meinerseits wurde auf Nierenstein gestellt und alsbald 
eine Injektion von Morph, mur. 0,025 mit Atropin 0,0005 appliziert. (11 Uhr 
vormittags.) ■ Als ich den Kranken nachmittags 5 Uhr wieder besuchte, war 
er ruhig; es war etwas Urin (100 ccm) entleert worden, dem einige Tropfen 
Blut beigemengt waren. Die chemische Analyse des Harns ergab nichts 
Abnormes. Anfälle, wie der oben geschilderte, wiederholten sich in der 
Woche vom 15./V. bis 23.,/V.noch dreimal und wurden abermals durch subkutane 
Injektion von Morphin mit Atropin bekämpft, mit gleich gutem Erfolge. 
Anamnestisch ist noch nachzutragen, daß Pat. aus gesunder Familie stammt. 
Schon im Alter von 5 Jahren sollen sich heftige Schmerzen in der rechten 
Seite gezeigt haben, die als nervös bezeichnet worden seien. Bis zum Jahre 
1901 bald häufiger, bald seltener auftretend, brachten die Beschwerden den 
Kranken aufs äußerste herab, so daß er öfters auf längere Zeit seinen Be¬ 
rufsgeschäften nicht nachkommen konnte und sich, nachdem anderweitig die 
Diagnose auf Typhlitis gestellt worden war, entschloß, das Leiden operativ 
behandeln zu lassen. Die Blinddarm-Operation ergab keine Veränderungen 
des Typhlons; merkwürdigerweise aber blieben für kürzere Zeit die Be¬ 
schwerden ganz aus. Als sie öfters wiederkehrten, begab sich M. in eine 
Naturheilanstalt, wo er gleichfalls als Nervöser behandelt wurde. Da aber 
die Schmerzen Zunahmen, kehrte er nach Hause zurück, und etwa eine Woche 
nach der Rückkehr wurde ich das erste Mal zu ihm gerufen. Aus der 
weiteren Beobachtung ließ sich ein klares Bild nicht gewinnen, und darum 
veranlaßte ich den Kranken, als er nach dreiwöchentlichem Krankenlager sich 
besser fühlte, sich in die Klinik nach J. zu weiterer Beobachtung aufnehmen 
zu lassen. Daselbst kam man nach mehrwöchentlicher Behandlung zur Über- 


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108 Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 

zeugung, daß eine rechtsseitige Wanderniere vorliege (eine genaue Palpation 
verbot sich s. Zt. für mich wegen der heftigen Schmerzen) und machte eine 
Nephropexie. Nach dem mir vorliegenden Operationsbericht — die Operation 
wurde von einem Chirurgen von anerkanntem Rufe ausgeführt — fand eine 
genaue Abtastung des Nierenbeckens und der Ureteren statt, ohne jedoch 
den Verdacht der Steinbildung bestätigt zu finden. Die Beschwerden ver¬ 
ringerten sich zunächst, kehrten aber sehr bald wieder. Erwähnen will ich 
noch, daß bei der Operation ein doppelter Ureter gefunden wurde. Da in¬ 
zwischen ein neuer Röntgenapparat in der Klinik zur Anschaffung gekommen 
war, wurde auf den Wunsch des Kranken, dessen Wunde sich nicht schließen 
wollte, eine Aufnahme gemacht, welche die Anwesenheit eines Konkrementes 
ergab. Die gleiche Annahme war drei Jahre vorher mit einer gewissen Wahr¬ 
scheinlichkeit auf Grund eines Röntgenogrammes bei einer Kur in Karlsbad 
gemacht worden. Der Abzug der s. Zt. gefertigten Platte war mir durch 
den Patienten zugänglich gemacht, besaß aber nach meinem Dafürhalten 
noch nicht einmal den Verdacht einer Wahrscheinlichkeit. Auf Grund des 
in Karlsbad erhobenen Befundes ließ sich Patient dann noch in B. cystos- 
kopisch von autoritativer Seite beobachten. Indessen soll nach Angabe des 
Kranken das cystoskopische Ergebnis die Wahrscheinlichkeit eines Konkre¬ 
mentes ausgeschlossen haben. Es ist meines Erachtens möglich, daß der bessere 
Ausfall der röntgenographischen Bilder in der letzten Zeit (26./XII. 1904 bis 
28./I.1 905) durch die operative Befestigung der Niere herbeigeführt worden ist. 
Auf Grund der positiven Röntgenogramme (s. Tafel II Fig. 7) hat sich der Kranke 
nun wiederum in chirurgische Behandlung begeben und soll, wie ich vernehme, 
am 8./II. operiert worden sein. Während ich dies schreibe, geht.mir ein Bericht 
des Herren Geheimrat R. in J. über die Operation zu, dem ich im Wesent¬ 
lichen Folgendes entnehme. Es mußte ein großer Teil der Niere gespalten 
werden, um zu dem relativ großen Stein, welches im Nierenbecken des hoch 
oben am Nierenpol einmündenden zweiten Ureters saß, zu gelangen. Der 
zweite obere Ureter, besitzt eine sehr dünne Kommunikation mit dem ihm 
zugehörigen Nierenbecken, welches den Stein enthielt, so daß, wie Geheimrat 
R. schreibt, es sehr schwer hielt, den Austritt des Ureters aus dem recht 
kleinen Nierenbecken aufzufinden. Nachdem nun die Operation glücklich 
beendet, und der Verlauf bisher ein guter ist, darf man wohl sich der Hoff¬ 
nung hingeben, daß der Kranke von seinen Qualen befreit bleiben, und daß 
er nach Kräftigung seines schwachen Körpers (44 kg im Juli 1905, jetzt 48 
kg) seinen Beruf wieder wird ausfüllen können. 


Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 

Zum Teile vorgetragen in der am 2. Mai abgehaltenen Sitzung des Berliner Röntgen-Kongresses. 
Von Dr. Bela Alexander, Kesmärk (Ungarn). 

Die Daten, welche uns die Literatur in Hinsicht des beginnenden 
Ossifikationsprozesses in der Hand bietet, sind keineswegs derartig, daß uns 
die Verknöcherungsverhältnisse klar und deutlich erscheinen. 

Sowohl Anatomie als Mikroskopie, als auch Chemie (Kaliglyzerin¬ 
präparate) waren nicht im Stande, die Reihenfolge der Ossifikationen und 



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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 


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so das Verhältnis der einzelnen Ossifikationen zu einander — bei normaler 
Entwickelung festzustellen. 

Die Hand des Anatomen ist nicht genügend die anfänglichen, kleinen, 
dem auch durch das Vergrößerungsglas unterstützten Auge kaum sichtbaren, 
oberflächlichen Knochenpunkte auszuarbeiten, — um so weniger als dieselben 
in dem sie umgebenden Gewebe häufig verschwimmen. Aber auch das 
Mikroskop konnte, selbst bei genauer Schnittserie, keine übersichtlichen 
Bilder reichen. 

Es wäre noch die von Schultze zuerst angewandte Methode d. h. die 
Durchsichtigmachung der Weichteile zu beachten, wobei die Ossifikationen 
als dunkle, nicht durchsichtige Teilchen erscheinen. Täuschungen sind aber 
auch hier nicht ausgeschlossen — schon deshalb nicht, weil es leicht vor¬ 
kommt, daß die richtige Grenze des Durchsichtigmachens überschritten 
wird und das Bild der kleinen kaum sichtbaren Ossifikationen undeutlich 
werden und verschwinden kann und mit diesem Umstand die richtige 
Übersicht. 

Aber unstreitig sind bei Erforschung der Ossifikationsentwickelung 
die X-Strahlen dasjenige Forschungsmittel, welches selbständig und unüber¬ 
troffen in seiner Exaktheit die schönsten, aber auch sichersten Resultate 
bietet. 

Freilich können keineswegs aus Bildern einiger Embryos Schlüsse 
gezogen, und keineswegs kann die Länge des Embryo auch nur an¬ 
nähernd als maßgebend betrachtet werden in Hinsicht der Deutung der 
Ossifikationsverhältnisse, denn ein 5 cm langer — also dem Ende des zweiten 
Monates entsprechender Embryo kann im Allgemeinen vorgeschrittenere 
Ossifikationsverhältnisse zeigen als ein 8 cm langer — also dem Ende des 
dritten Monates entstammender Embryo. Aber es können auch — ohne daß 
äußerlich die geringsten abnormalen Verhältnisse nachweisbar sind — in den 
einzelnen Teilen der kleinen Körper die Ossifikationsverhältnisse ver¬ 
schieden sein; die Wirbelsäule des 5 cm langen Embryo kann schon be¬ 
deutend mehr Knochenpunkte zeigen, als die eines 8 cm langen, während 
die Hand des größeren Embryo die viel weiter vorgeschrittenen Verknöcher¬ 
ungen aufweisen wird und umgekehrt. 

Bei den Verschiedenheiten der Ossifikationsverhältnisse werden wir 
aber doch bei Gebrauch der Vergleichungsbilder von diesen, in Bezug auf 
die normale Knochenentwickelung wichtige Schlüsse ziehen müssen. 

Es ist immer notwendig, daß bei Erforschung der frühen Ossifi¬ 
kationsverhältnisse eine große Anzahl von Embryos untersucht wird, um 
richtig zu gehen und richtig zu schließen. Dies wird auch schon der Um¬ 
stand bestätigen, daß nicht nur die verschiedenen Längen des Embryos ver¬ 
kehrte Verhältnisse der Verknöcherungen zeigen können, sondern auch der 
Umstand, daß auch gleich lange, gleich ausgebildete, äußerlich einander ent¬ 
sprechende — also scheinbar aus gleicher Zeit stammende — Embryos'ent¬ 
weder im allgemeinen oder in den einzelnen Teilen des Körpers von einander 
abweichende, ganz verschiedene Verhältnisse der Knochensubstanzentwickel- 
ung zeigen. 

Und eben diese, bei der Erforschung der Ossifikation unabweisbar 
notwendige Übersichtlichkeit kann nur die Demonstration der X-Strahlen bieten, 


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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 


welcher Umstand allein schon die Berechtigung der X-Strahlen, als selbst¬ 
ständiges Forschungsmittel zu gelten, dokumentiert. 

Freilich fordert das richtige Bild auch das richtige Lesen desselben, 
und nur die richtige Vergleichung der verschiedenen oder gleich großen 
Bilder bietet die endgültigen, sicheren Schlußfolgerungen. 

Im allgemeinen muß man sagen, daß eine Biklerserie von Embryos, 
die z. B. für die Erklärung der Entwickelung der knöchernen Wirbelsäule 
richtig zusammengestellt ist, in Hinsicht auf die Reihenfolge der Bilder sehr 
geändert oder wohl auch ganz verworfen werden muß, sobald wir die Ossifi¬ 
kationsverhältnisse der Extremitäten richtig deuten wollen. 

Und gewiß ist, daß auch selbst bei exakter Erforschung der Ossifi¬ 
kationsverhältnisse nur eines einzigen Embryos, oft eine Bilderserie notwendig 
ist, weil man mit Nebenverhältnissen rechnen muß, deren sehr viele sind, die 
aber jeder, der mit den X-Strahlen forscht, zur Genüge kennt, die aber auch 
zur Genüge beweisen, wie es oft viel schwieriger ist, das klare, in jeder Be¬ 
ziehung tadellose Bild eines kleinen Embryo zu erhalten, als das eines 
größeren Körperteiles. 

Die Handossifikationen des embryonalen Lebens entwickeln sich ent¬ 
sprechend den betreffenden Knorpelteilen in vier Reihen. 

Die erste Reihe der Ossifikationen betrifft die fünf Endphalangen, 
in denen die Verknöcherung keineswegs auf einmal auftritt, sondern es er¬ 
scheint die Entwickelung des oberflächlichen Knochengewebes zuerst in der 
Endphalanx des Daumens und des Mittelfingers (Handaxe), an 
letzteres schließt sich gleich die Ossifikation i n d er E n d p h al an x 
des vierten Fingers an; darnach sehen wir die Ossifikation im Endgliede 
des Zeigefingers und endlich im Endgliede des kleinen Fingers auftreten. 
Freilich wird das Bild der frühen zwei oder drei Endgliedossifikationen 
(Daumen, dritter und vierter Finger) keineswegs scharf auf der Platte er¬ 
scheinen können; denn die Verknöcherung selbst ist viel zu zart. Doch wird 
das gute Auge — besonders bei Gebrauch des Vergrößerungsglases — die¬ 
selbe ganz deutlich sehen. Die Ossifikation der Endphalangen tritt bei 
normaler Entwicklung immer in dem distalen Teile der kleinen knorpeligen 
Diaphyse auf. 

Die Beobachtung, wonach die distale Epiphyse der kleinen Endphalanx 
zuerst ossifiziert (0. Schultze, Kaliglyzerinpräparat) kann keineswegs als 
Regel der normalen Ossifikation gelten, gewiß aber als abnormaler Zustand. 
Je mehr Embryos man aus der Zeit, in welcher die ersten Ossifikationen der 
Hand auftreten, untersucht, um so mehr wird man das Gesagte bestätigt 
finden; man wird aber auch die schon etwas gestreckte Diaphysenossifikation 
des Daumenendgliedes sehen, während die Ossifikation im Endgliede des 
kleinen Fingers — noch indifferent an Gestaltung — doch schon deutlich 
zeigt, daß sie nicht die distale Epiphyse betrifft. 

Nachdem diese Endstationen der peripherwärts schreitenden Ver¬ 
knöcherung in den Endgliedern der Finger aufgetreten ist, (es geschieht dies 
nicht gleich nach Auftreten der Radius- und Ulnaossifikation, sondern erst, 
nachdem diese die Länge von 1—1,5 mm erreicht haben) sehen wir die 
zweite Reihe der Ossifikationen entsprechend den vier knorpeligen 


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Die Entwickelung des menschlichen Kandskelettä. 


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Metacarpalien auftreten und können die bei normaler Entwicklung 
immer gleich bleibende Reihenfolge derselben beobachten. 

Zuerst tritt die Ossifikation auf der Oberfläche des den Zeigefinger 
stützenden knorpeligen ersten Metacarpale auf, dann folgt die Ossifikation 
des zweiten (dritter Finger), dritten (vierter Finger) und endlich des vierten 
Metacarpale (fünfter Finger). 

Die oberflächlichen anfänglichen Ossifikationen sind in Hinsicht auf die 
Gestaltung indifferent; aber sehrbald zeichnen die X-Strahlen ein kleines liegen¬ 
des Viereck, welches sich zum Quadrate und dieses zum stehenden Vierecke 
umwandelt; d. h. der oberflächliche Knochenpunkt wird zur kleinen Lamelle, 
die die Längsaxe des kleinen Knorpelgebildes kreuzend sich um dasselbe 
zum Ringe bildet (diese unvollständige oder vorgeschrittene Ringbildung 
des primären Knochengewebes wird als liegendes Viereck gezeichnet); 
dann geschieht die Verbreiterung des Ringes, bis endlich das Bild des stehen¬ 
den, der Längsaxe des Knorpels entsprechenden Viereckes auftritt d. h. der 
kleine unvollständige Zylinder des primären Knochengewebes. 

Verfolgen wir in den kleinen embryonalen Handgebilden der Reihe 
nach die Entwicklung der vier Metacarpal-Ossifikationen, so werden wir 
ganz klar die beschriebene Ausbildung des kleinen primären Knochenzylinders 
beobachten können, und oft werden wir auf einem Handbilde den ganzen 
Entwickelungsprozeß illustriert finden, die verschiedene Gestaltung der 
kleinen, zarten Knochengebilde. 

Nachdem die vierte und letzte Metacarpalossifikation 
(fünfter Finger) schon als kleines liegendes Viereck — also die Um- 
ringung des knorpeligen Metacarpale zeigend — auf der Platte zum Vor¬ 
schein kommt, zeigt sich die erste Ossifikation der dritten Reihe d. b. 
der oberflächliche Knochenpunkt der Dauinengrundphalanx an der 
radialen Oberfläche des betreffenden Knorpels. 

Immer finden wir dieses Verhältnis bei normaler Entwickelung der 
Ossifikationen und nie eine andere Reihenfolge. 

Oskar Schnitze sagt: „Die Verknöcherungen der Ossa metacarpi be¬ 
ginnt gewöhnlich an dem zweiten Metacarpus, dann folgt der dritte und 
darauf fast gleichzeitig der erste, vierte und fünfte.“ 

Wir sehen daraus wohl, daß erwähnter Autor fünf Metacarpalossi¬ 
fikationen annimmt, aber — wie erwähnt —nie werden wir bei regelmäßiger 
Knochenentwickelung finden, daß diejenige Ossifikation, welche 
Schultze die erste Metacarpalossifikation nennt, die aber in 
Wirklichkeit die Ossifikation des Daumengrundgliedes ist, vor 
der Ossifikation des Kleinfinger Metacarpus oder gar vor der 
Ossifikation des dritten Metacarpale (vierter Finger) auftritt,wie 
genannter Autor es angibt. 

Und so könnte man weitere Autoren und Forscher zitieren, und man 
hätte doch kein richtiges Bild aus der frühen Zeit des Ossifikationsprozesses 
in der Hand; die X-Strahlen aber geben uns ein klares und deut¬ 
liches Bild desselben, — sie zeichnen die Ossifikationen, die der Anatom 
nicht mehr findet, und die das Mikroskop auf beschränktem' Gesichtsfelde 


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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 


nicht mehr übersichtlich, orientierend, im Vergleiche mit den andern Ossi¬ 
fikationen, deuten kann. 

Nicht nur die normale Knochenbildung weist die Proximal-Ossifikation 
des Daumens direkt in die Reihe der Grundphalangen, sondern auch die ab¬ 
normale und verspätete oder direkt pathologische Entwicklung des primären 
Knochengewebes zeigt in jeder Beziehung dieselbe sehr instruktiv. 

Die vier Metacarpalossifikationen können — bei Vorhandensein der 
Endglied-Verknöcherungen — schon die Länge von 1,5 mm erreicht haben, 
der Daumen zeigt aber nur die kleine punktförmige Ossifikation der End¬ 
phalanx. Es kann dieses Verhältnis nicht anf einen Ausfall der sogenannten 
ersten dem Daumen entsprechenden Matacarpalossifikation weisen, sondern 
man wird erkennen müssen, daß der Verknöcherungsprozeß bis zum Auftreten 
der vier Metacarpalien sich regelrecht entwickelt hat und dann stehen ge¬ 
blieben ist in Folge pathologischer Zustände — vielleicht sehr zeitiger 
Rhachitis, denn die Metacarpalossifikationen geben verhältnismäßig sehr matte 
Bilder —, welche die Ossifikation betreffen. 

Daß die proximale Ossifikation meistenteils als Metacarpale und nicht 
als das, was sie in Wirklichkeit ist, nämlich als Phalanx*) aufgefaßt wird, 
dazu trägt auf jeden Fall die noch geltende Ansicht Welkers bei, der aus 
der Muskulatur und deren Anheftung an die Knochen Schlüsse zieht, aber 
nicht beweisen kann, welche Phalanx fehlt, wie dies auch kein Autor tun 
kann, der die Welker’sehe Ansicht vertritt. 

Der Welcker’schen Ansicht fehlt gänzlich der Beweis aus dem in¬ 
trauterinen Leben, der auch nie gesucht wurde; es wurde aber auch nie der 
Umstand in Betracht gezogen, daß die sich den Verhältnissen anpassende 
Muskulatur gewiß Stütze finden wird an der sich anpassenden Phalanx, so¬ 
bald der Metacarpus gänzlich aus der Entwickelung ausgefallen, in der mensch¬ 
lichen Hand nicht vorhanden ist. 

Die menschliche Hand braucht die Muskulatur des Dau¬ 
mens; das Metacarpale — den Stützknochen der Daumen¬ 
phalangen braucht sie nicht mehr, es hat dessen Stelle die 
Grundphalanx eingenommen. 

Nach dieser Abschweifung auf die normale Ossifikation des Daumens 
zurückkehrend können wir beobachten, daß der primäre Knochenpunkt 
immer auf der radialen Oberfläche des Knorpels entsteht; wir finden 
später das Bild eines liegenden, gestreckten Dreiecks, dessen Basis radial- 
wärts gerichtet ist zum Zeichen dafür, daß von hier aus das primäre 
Knochengewebe die Oberfläche des Knorpels zu umringen beginnt, nachträg¬ 
lich verbreitet sich aber auch das oberflächliche Knochengewebe in der 
Richtung der Längsaxe des Knorpels (d. h. nach dem Knochengewebsringe 
folgt die Verbreiterung desselben zum kleinen Knochenzylinder). 

Nach der Ossifikation der Daumengrundphalanx (Diaphyse) erscheint 
die Diaphysenossifikation der zweiten Grundphalanx (Zeigefinger), dann die 
der dritten, vierten und endlich die der fünften Grundphalanx. — 


*) Das Vorhandensein der Daumengrundphalanx und Fehlen des 
Hatacarpus wird auch durch die Entwicklung des knorpeligen Hand¬ 
skeletts und durch die Untersuchungen an Tieren bestätigt. 


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l)ie Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 


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Freilich muß bemerkt werden, daß der dritte Finger auch hier seine 
spätere Rolle als Handaxe manifestiert, — wie wir dies auch in der ent¬ 
wickelteren Ossifikation seiner Endphalanx sehen —; die Ossifikation seiner 
Grundphalanx übertrifft nur zu bald an Größe die des zweiten Fingers. 

Auch die letzteren 4 Oss'fikationen (2., 3., 4. und 5. Finger) zeigen deut¬ 
lich, wie sich der auf der Oberfläche des Knorpels liegende Ossi- 
fikationspunkt nach beiden Seiten hin zum oberflächlichen 
Knochenringe (Linienbild) und dieser zum niedern Cylinder aus¬ 
bildet. 

Die Verknöcherung der fünften Grundphalanx (kleiner Finger) zeigt 
häufig auch das Bild des liegenden, gestreckten Dreieckes, nur liegt dessen 
Basis ulnarwärts zum Zeichen, daß der Ossifikationsprozeß von hier aus seinen 
Anfang genommen hat. 

Die vierte Reihe der intrauterinen Handossifikationen 
beginnt wdeder im Daumen. In dessen mittlerem Phalanx erfolgt die Ossi¬ 
fikation des zweiten respektive des dritten Fingers, dann des vierten und 
endlich bildet sich die letzte H a n d o ssi f i katio n des embryonalen 
Lebens in dem mittleren Gliede des kleinen Fingers. 

Die Ossifikationsverhältnisse sind auf der Oberfläche der mittleren 
Knorpelphalangen dieselben, wie wir sie früher gesehen. 

Bevor wir weiter gehen, wird es gewiß interessant sein, wenigstens 
ein Vergleichsbild der Hand und des Fußes aus der frühen Zeit der Ver¬ 
knöcherungen zu betrachten. 

Wir finden die allgemeine Annahme über die Verknöcherung des 
Fußes, welche dahin geht, daß die Ossifikationen des Fußes wohl 
später, aber doch in derselben Reihenfolge auftrete n, wie in 
der Hand, nur zum Teile bestätigt. 

Wohl treten die Ossifikationen des Fußes später als in der Hand auf, 
aber die Reihenfolge istanders, denn noch bevor dievierteund 
fünfte Endphalanx des Fußes Ossifikation zeigt, tritt proximal¬ 
wärts von der zweiten Endphalanx-Ossifikation die des ersten 
Metatarsus auf; also der Unterschied der Reihenfolge wird deutlich durch 
die X-Strahlen demonstriert. 

Den Ossifikationsprozeß im Fuße weiter verfolgend finden wir scharfe 
Bilder, welche die Verknöcherungen in den Endphalangen noch 
nicht vollzählig zeigen, aber wohl schon das Vorhandensein 
allervierMetatarsalia, und nicht nur diese, sondern auch schon 
die primäre Ossifikation der Grundphalanx der ersten Zehe. 

Nach letzterer erscheinen nicht die Verknöcherungen der vier anderen 
Grundphalangen, sondern es wird auf die Platte die Mittelphalanx der 
großen Zehe in charakteristischem, horizontal gestrecktem 
Bilde gezeichnet, d. h. der oberflächliche Knochenpunkt bildet sich zum 
primären Knochenringe. 

Die Verknöcherungen in der Hand und im Fuße zeigen in ihrer 
Reihenfolge einen großen Unterschied, der auf jeden Fall zu beachten ist; 
er ist zu beachten, weil schon die Uranfänge der Ossifikationen deutlich auf 
den wichtigen Umstand hinweisen, daß bei der Hand die Entwickelung des 

Archiv f. physik. Medizin etc. 8 


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Pie Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 


Daumens und des dritten Fingers (Handaxe) voranschreitet, während bei 
dem Fuße allein die Ossifikationen der großen Zehe prävalieren. Der Fuß 
hört auf, vollständiges Greiforgan zu sein. 

Das Bild der Hand aus der Zeit, wo auch die letzte Ossifikation des 
intrauterinen Lebens — die anfängliche, oberflächliche Ossifikation der 
mittleren Phalanx des kleinen Finger — aufgetreten ist, bietet oft ein derartig 
buntes und datenreiches Bild, daß wir die ganze Art und Weise des Ossi¬ 
fikationsprozesses genau dargestellt sehen, weil ja während der sich ent¬ 
wickelnden Ossifikationen die früher aufgetretenen in der Entwickelung 
weiter schreiten. 

Wir können an derartigen Bildern die Ossifikation von dem sich 
auf der Oberfläche des Knorpels entwickelnden primären Knochenpunkte 
angofangen (letzte Ossifikation des intrauterinen Lebens in dem mittleren 
Gliede des kleinen Fingers) bis zur bleibenden Gestaltung der 
noch kleinen Knochengebilde verfolgen, denn wir finden schon bevor 
die X-Strahlen die Ossifikation in dem mittleren Gliede des kleinen Fingers 
zeichnen, also bei Embryos von 11 — 13 cm Länge, daß die kleine gestreckte 
Diaphyse der Endphalangen (zuerst Daumen und Mittelfinger nebst 
vierter Finger) an ihrem distalen Ende die Entwickelung der distalen Epiphyse 
in zierlichem Bilde zeigt. 

Es ist dies der Beweis dafür, daß die zuerst aufgetretenen Ossi¬ 
fikationen auch die ersten in der Gestaltung und in ihrem Ausbau*) sein 
werden trotz ihrer verhältnismäßigen Kleinheit gegenüber den andern später 
auftretenden Verknöcherungen. Freilich werden die X-Strahlen den Ausbau 
dieser Ossifikation wegen der Kleinheit der Gebilde nicht so zeichnen können 
wie bei den größeren Ossifikationen, z. B. bei den Verknöcherungen des 
Metacarpus. 

Auch die beginnende und vorgeschrittene Bildung des schmalen 
Ringes des primären Knochengewebes ist auf dem Bilde sichtbar, ebenso 
die Bildung des primären Knoche ngewebszylinders. 

Ferner sehen wir bei den größeren Ossifikationen, z. B. an den Bildern 
der vier Metacarpalien, auch schon die Differenzierung der Spongiosa von der 
peripheren Verknöcherung und bei letzterer die scharfe Differenzierung des 
licht gezeichneten primären Knochengewebes von dem dunkel gezeichneten 
sekundären Knochenringe, der sich an dem proximalen Teile der 
kleinen Metacarpusdiaphyse befindet (bleibendes Bild des festen Cortical- 
zylinders). 

Alle die erwähnten verschiedenen Bilder der Ossifikation sind in 
buntem Durcheinander auf der Platte sichtbar, freilich darf bei der Betracht¬ 
ung nie das Vergrößerungsglas fehlen; und auch das wenig geübte Auge 
wird bald das genaue Lesen der Bilder erlernen, bald das folgerichtige An¬ 
einanderreihen der Bilder herausfinden, w r elche auf der Kopie nur bei sehr 
genauem Vorgehen, aber auch dann nicht in der Schönheit des Plattenbildes 
wiedergegeben werden können. 

*) auch in ihrer Fertigstellung und Vollendung, denn wir werden später sehen, daß 
die Verschmelzung zwischen Diaphyse und proximaler Epiphyse zuerst 
in den Endphalangen auf tritt. 


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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 


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Noch lehrreicher werden die Beobachtungen, wenn die X-Strahlen 
in die sich auf der Platte in vollster Klarheit zeigenden, kleinen Knochen¬ 
bilder ebenso klar und scharf pathologische Verhältnisse hineinzeichnen und 
ihre unübertreffliche Demonstrationsfähigkeit dartun, wie dies bei der frühen 
Syphilis geschieht. 

Betrachten wir auf der Platte eine Metacarpalossifikation, welche die 
Syphilis wiederspiegelt, so sehen wir deutlich das fast weiße Bild der festen 
Corticalis, welche die normale assymmetrische Entwicklung zeigt; d.h. sie zeigt an 
beiden Seiten des Bildes nicht den gleichen Dickendurchinesser (siehe Tafel III). 

Wir sehen weiter, daß der größte Durchmesser der Corticalis keines¬ 
wegs der Mitte der Ossifikation entspricht, sondern auf den proximalen 
Teil der Diaphyse fällt; dieses Verhältnis ist auf den Verlauf des 
Ernährungsgefäßes zurückzuführen. 

Das Bild der den X-Strahlen den größten Widerstand bietenden festen 
Corticalis verschmälert sich also in distaler Richtung langsamer als in proxi¬ 
maler Richtung, bis es endlich in das scharf gezeichnete, doch weniger lichte 
Bild des primären corticalen Knochengewebes übergeht. 

Zwischen diesen Seitenbildern finden wir entsprechend dem dicksten 
Teile der Corticalis — also etwas proximalwärts — das dunkle ein¬ 
tönige Bild der weichen Marksubstanz, welche entlang den inneren 
Konturen der Corticalis in eine dunkle, fast schwarz ge¬ 
zeichnete, gut sichtbare Linie übergeht. Diese fast schwarze 
Linie trennt das Bild der Corticalis von der Spongiosa und entspricht sehr 
weicher Substanz, die für die X-Strahlen sehr leicht durchgängig ist (siehe 
Tafel III). 

An beiden Enden des Knochenbildes finden wir eine sehr helle Zone 
— proximale und distale äußere Syphilislinie —, auf welche eine 
dunkle Zone folgt, die gegen die Mitte des Bildes wieder durch eine helle 
Zone begrenzt wird — proximale und distale innere Syphilislinie; 
dieser folgt wieder eine dunkle Zone, und endlich sehen wir die zarten 
Längsfasern der Spongiosa, welche in das früher erwähnte dunkle und 
strukturlose Bild der Marksubstanz übergehen. 

Es sind dies genug Details, um dem Knochenbilde ein scheckiges 
Aussehen zu verleihen; von dem fast weißen Bilde der Corticalis bis zum 
fast schwarzen Bilde der die Fortsetzung des Markraumes bildenden Linie 
sehen wir alle Abstufungen der Schattierung von einander abgegrenzt. 

Wie weit die Deraonstrationsfähigkeit der X-Strahlen sich erstreckt, 
sehen wir dann, wenn wir das 6 mm lange und 1.5 mm breite Bild der be¬ 
schriebenen Metacarpalossifikation (4‘/a Monate alter Foetus) bei sehr starker 
Vergrößerung — mehrere Linsen hintereinander gestellt — betrachten. 

Die lichten Querstreifen (Syphilislinien) zeigen sich durch 
viele dunkle, feine Striche unterbrochen; ebenso finden wir 
zarte, aber leichte, ebenfalls der Längsaxe des Knochenbildes 
entsprechende Querstreifung der dunkeln Zone, welche zwischen 
den inneren Syphilislinien und dem deutlichen Bilde der 
normalen Spongiosa eingeschaltet ist. Unstreitig sind die lichten 
Striche der dunkeln Zone und die ganz hellen Striche der Syphilislinien als 
Fortsetzung der Spongiosafasern zu betrachten. 


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116 Die Entwickelung des menschlichen fTamlskeletts. 

Es löst sich also das Bild der makroskopisch sichtbaren Veränderungen 
in solche Details auf, die mit freiem Auge nicht mehr sichtbar sind. 

Zu bemerken ist, daß die zwei Syphilislinien und die den¬ 
selben gegen die Mitte des Knochens folgenden zwei dunkeln 
Zonen bei den M e tacar p al o ss ifik a t io n e n an beiden Enden zu 
finden sind; bei den Knochen bildern der Phalangen finden 
wir diese immer nur an dem proximalen Ende. 

Auch bei der proximalen Ossifikation des Dau mens finden 
wir die Syphilislinie nur an dem proximalen Ende, welcher Umstand als ein 
neuer Beweis dafür gelten kann, daß diese Ossifikation in die dritte Reihe 
der embryonalen Handverknöcherungen gehört, wirklich Grundphalanxist. 

Der Umstand, daß bei allen Phalanxossifikationen die 
Syphilislinie sich nur am proximalen Ende entwickelt, findet 
seine Begründung nicht etwa in der Kleinheit der Ossifikationen, sondern er 
ist charakteristisch (wie es für die 4 Metacarpalossifikationen charakteristisch 
ist, daß sie an beiden Enden derselben auftritt); denn auch aus späterer Zeit 
(6. Monat) stammende Handbilder zeigen das distale, die Epiphyse entwickelnde 
Ende der Phalanxossifikationen frei von der Syphilislinie. 

Wohl aber sehen wir manchmal, daß die im Vergleiche zu den anderen 
Ossifikationen sehr kleinen Verknöcherungen der Endphalangen eben in Folge 
ihrer Kleinheit oft auch am proximalen Ende die Syphilislinie nur als Spur 
oder garnicht zeigen, während dieselbe in den anderen größer entwickelten 
Verknöcherungen vorhanden ist. 

Ob die beschriebenen doppelten Syphilislinien nur dem frühen Alter 
zukommen und im späteren Alter, — wenn der Uterus die kranke Frucht 
noch eine Zeit lang lebend behält und nicht ausstößt —, zu einer Linie ver¬ 
schmelzen in Folge der Verkalkung der zwischen den zwei Syphilislinien 
vorhandenen Zone des weichen Gewebes, ob die Kalkablagerung der inneren 
Syphiliszone aufgesaugt wird, oder ob manchmal eine, manchmal zwei 
Syphilislinien sich entwickeln, dafür bringen meine Beobachtungen keinen 
Reweis; doch habe ich in diesen Fällen, welche sich auf das spätere Alter 
des Foetus beziehen, immer nur eine Syphilislinie gefunden, sowohl an den 
proximalen Enden der Phalanxossifikationen als auch an den proximalen und 
distalen Enden der vier Metacarpalossifikationen. 

Wahrscheinlich erscheint das langsame Verschwinden, die Aufsaugung 
der einen Zone oder Schichte; denn oft sehen wir bei den größeren Knochenge¬ 
bilden (Radius, Ulna, Humerus), daß das eine Ende noch das charakteristische 
Syphilisbild aufweist, währond das andere Ende der Ossifikation dieses Bild 
nur noch verschwommen, in Spuren zeigt. 

Daß die durch Syphilis bedingte charakteristische Ver¬ 
änderung d es Kn och e ng e w eb e s ähnlich der Ossifikation peripher¬ 
wärt s schreitet, zeigen Fälle von späterer Syphilis, wo alle Handossi¬ 
fikationen schon längst so groß sind, daß sie die klaren Bilder der Syphilis¬ 
linien wiedergeben könnten. Wir werden aber diese Linien nicht finden, 
während Ulna, Radius, Humerus, Femur, Tibia und Fibula ganz deutlich die 
durch Syphilis bedingten Veränderungen zeigen. 

Das Gegenteil werden wir aber nicht finden können, d. h., daß die 


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I. Intrauterines Leben. 

Rechte Hand eines fünfmonatlichen Foetus (natürliche Größe). 



II. Knochen¬ 
reihe. 

Diaphyscn der 
vier Metacarpa- 
lia mit proxi- 
maler Epi- 
physcnbildung. 


III. Knochen¬ 
reihe. 

Diaphyscn der 
fünf Grandpha- 
langcn mitdista- 
ler F.piphyscn- 
bildung. 


I. Knochenreihe. 

Diaphysen der fünf End- 
phalangcn mit distaler Epi¬ 
physenbildung 


II. Extrauterines 
Leben. 


Die aus eigenen Knochen¬ 
punkten sich entwickelnden 
Epiphysen in der Hand 
eines siebenjährigen Kin¬ 
des. Noch bevor die eine 
Epiphysenreihe fertig ist, 
tritt die Ossifikation der an¬ 
dern Reihe auf. (Die drei 
Daumenepiphysen entwik- 
keln sich in anderer Reihen¬ 
folge ) 




IV. Knochenreihe. 

Diaphysen der fünf Mittel¬ 
phalangen mit distaler Epi- 
physcnbildung. 


III. Epiphysenreihe (Epiphysis 
prox.) verschmilzt aber zuerst 
mit den Diaphyscn. 


IV'. Epiphysenreihe (Epiphysis 
prox.j. 


I. Epiphysenreihe (Epiphysis 
prox.j. 

II. Epiphysenreihe (Epiphysis 
dist.); vollständige Ver¬ 
schmelzung mit den Dia¬ 
physen zuletzt. 


I. Kalkzone (Syphilis¬ 
linie). 

II. Kalkzone (Syphilis- 
linic) dist. 

Sehr weiche, struktur¬ 
lose Schichte zwi¬ 
schen Corticalis und 
Spongiosa. 

Strukturloses Mark. 

Der ulnare dickere Teil 
der Corticalis. 


Spongiosa (Strukturhild 
der knochcnfasc- 


rung). 



I. weiche Zone. 

II. weiche Zone. 


Der radiale diinncrcTi 
der Corticalis. 


Innere Syphilislinie 
Außere / (prox.). 


Strukturloses 

Mark 



Distale Epiphyse. 


Inn. Syphilislinie (pr.). 
Äußere Syphilislinie 
(prox.). (Kalkzone.) 


Grundphalanx des linken Mittelfingers. 


Linkes Metacarpala II. 

III. Schematisches Bild (vierfache Vergrößerung) frühzeitiger, intrauteriner Knochen¬ 
syphilis (fünfter bis sechster Monat). 


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Originalzeiclmung von J)r. n. Alexander, Kesm.irk (Ungarn). 

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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 117 


Ossifikationen der Hand und des Fußes die Svphilislinien zeigen, ohne daß 
dieselben in den erwähnten größeren Ossifikationen aufgetreten wären. 

Es würde zu weit führen, die Vergleichungsbilder der frühen Syphilis, 
Rhachitis und anderer pathologischer Veränderungen des Knochengewebes in 
ihren markanten Verschiedenheiten zu beschreiben, doch muß betont werden, 
daß die frühe Syphilis die normale Entwickelung des primären 
Knochengewebes, die normale Entwickelung de r 0 ssif ikati on e n 
und die Gestaltung derselben in keiner Weise beeinflußt, wohl 
aber in das die normale Gestaltung des Knochens zeigende 
Bild ihr Vorhandensein hineinzeichnet. 

Bei den anderen pathologischen Veränderungen finden wir ganz 
andere Verhältnisse. 

Auf die Beobachtung der normalen Verknöcherung in der Hand zu¬ 
rückkehrend muß registriert werden, daß der sekundäre Knochenring 
(compacte Corticalis) sich bei den Phalangen immer in dem distalen Teile 
der Diaphysenossifikation entwickelt, während bei den vier Metacarpalossi¬ 
fikationen, wie schon erwähnt wurde, der proximale Teil der Diaphyse 
denselben zuerst zeigen wird; auf anderes, als auf den Verlauf der 
Blutgefäße kann die Ursache diesesVerhältnissesnichtzurück- 
geführt werden. 

Klar zeigen dieses Verhältnis auch die Bilder aus der späteren Zeit 
des Foetallebens und beweisen die Zugehörigkeit der proximalen Daumen¬ 
ossifikation in die dritte Reihe der Verknöcherungen, d. h. in 
die Reihe der Grundphalangen. 

Abgesehen von der langsamen Ausgestaltung der distalen Phalanx- 
und proximalen Metacarpusepiphysen ist zu erwähnen, daß der Cortical- 
zylinder der vier Metacarpalossifikationen sich nicht gleichmäßig entwickelt, 
welcher Umstand auch wieder nur auf die ErnährungsVerhält¬ 
nisse zu beziehen ist, d. h. auf den Verlauf der Gefäße. 

Der radiale Teil der Corticalis entwickelt sich bei dem ersten 
Metacar pale schnellerund in größerem Durchmesser, während die kräftigere 
Entwickelung bei den drei anderen Metacarpalossifikationen die ulnare 
Hälfte des Corticalcvlinders betrifft. 

Diese charakteristische assymetrische Entwickelung der Corticalis, 
(die auf dem Verlaufe der Gefäße basierend auch bei den größeren Ossi¬ 
fikationen wie Radius, Ulna etc. vorhanden ist), ist immer bis zu Ende des 
intrauterinen Lebens vorhanden, und der entsprechende Ausgleich dieser 
Assymetrie erfolgt nur spät im ex trauterinen Lehen, welches in 
der Hand nur enchondrale Ossifikationen, oder besser gesagt, 
solche Ossifikationen entstehen läßt, die sich aus enchon- 
dralen Kn ochen punkte n entwickeln. 

Die genaue Betonung des enchondralen Knochenpunktes 
(im extrauterinen Leben) ist deshalb notwendig, weil ja die distalen Phalanx¬ 
epiphysen und die vier proximalen Metacarpusepiphysen, deren Entwickelung 
wenigstens zum Teile dem intrauterinen Leben zukommmen, auchenchon- 
dra 1 entwickelt werden, nämlich vom axialen Teile der Spongiosa aus. 

Wir sehen bei der Verfolgung des Verknöcherungsprozesses die an 
den beiden Enden horizontal abgeschnittenen Ossifikationsbilder sich langsam 


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118 Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 


anders und zwar so gestalten, daß die horizontale distale Grenzlinie der 
Phalanxdiaphysen und horizontale proximale Grenzlinie der Metacarpus- 
ossifikationen convex wird. 

Auf anderes kann die Umgestaltung nicht hindeuten als darauf, daß die 
aus der Diaphyse sich bildende Epiphyse sich — besonders von dem axialen 
Teile der Spongiosa ausgehend — enchondral entwickelt. Man kann dies 
um so mehr sagen, als die Bilderserien die langsame, charakteristische Aus¬ 
gestaltung der distalen Phalanxepiphysen und vier proximalen Metacarpus- 
epiphysen innerhalb der knorpeligen Epiphysen zeigen. 

Dieser Vorgang ist freilich mehr an den Bildern der größeren Ver¬ 
knöcherungen sichtbar, und besonders werden in dieser Beziehung die proxi¬ 
malen Epiphysen der Metacarpalknochen deutlich Aufklärung geben und 
unter diesen besonders wieder die Bilder der charakteristischen 
Ausgestaltung der proximalen Epiphyse des ersten Meta¬ 
car p u s (Zeigefinger). 

Di e a u s e i g e n e n e n c h o n d r a 1 e n Knochenpunkten sich 
bildenden Verknöcherungen der Hand treten nur im extraute¬ 
rinen Leben auf. 

Wir finden diesen Vorgang im Carpus; er betrifft ferner die distalen 
Epiphysen der vier Metacarpalknochen und die proximalen Epiphysen der 
15 Phalangen, doch ebenso die in verschiedener Zahl auftretenden Sehnen¬ 
knochen*) (Pisiforme, 2 entsprechend der distalen Epiphyse des Daumen¬ 
grundphalanx, die andern in verschiedener Anzahl den distalen Metacarpal¬ 
epiphysen entsprechend) und die zum Handgelenk gehörige distalen Epiphyse 
des Radius und der Ulna. 

Allgemein wird angenommen, daß die Verknöcherung im Carpus erst 
um die Mitte oder in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres auftritt, 
doch kann die Ossifikation sehr frühzeitig einsetzen, wie dies 
ein von mir beobachteter Fall beweist, wo die freilich sehr 
kleinen, kaum bemerkbaren enchondralen Ossifikationspunkte 
des Capitatuin und Hamatum schon in den ersten Tagen des 
extrauterinen Lebens vorgefunden wurden. Auf jeden Fall ver¬ 
dient erwähnter Fall Beachtung, und derselbe ist nur mit der starken Ent¬ 
wickelung der Frucht in Verbindung zu bringen. 

Der Carpus ossificiert immer vom Capitatum und Hamatum aus; 
sehr häufig kann man nicht sagen, welcher Knochenpunkt zuerst aufgetreten 
ist; zieht man aber pathologische Verhältnisse als Vergleichsbilder in Be¬ 
tracht, dann findet man, daß man als Ausgangspunkt doch die Ossi- 
fikation des Capitatum annehmen muß. 

Bei früher, die Ossifikation stark verlangsamender Rhachitis finden 
wir nur allein die Ossifikation des Capitatum; auch selbst im zweiten und 
dritten Lebensjahre sehen wir nur das indifferente Bild der Capitatura-Ossi- 
fikation allein, während bei normaler Verknöcherung um diese Zeit das 
Capitatum schon seine anfängliche enchondrale Ausgestaltung zeigt. 

Wir können daraus folgern, daß der erste Knochenpunkt des Carpus 


*) Bei der Katze sehen wir entsprechend jeder distalen Metacarpalepiphyse zwei 
symmetrisch gelagerte Sehnenknochen. 


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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 119 

in seinem Uranfange doch dem Capitatum zukommt und gleich darnach er¬ 
scheint der Knochenpunkt des Hamatum. 

Freilich werden wir, wie erwähnt, häufig auch gleichzeitiges Auftreten 
beider Knochenpunkte beobachten können. 

Erinnern wir uns des Anfangs des Ossifikationsprozesses in der Hand 
und der weiteren Ausbildung der Verknöcherungen, dann wissen wir, daß 
der Mittelfinger mit seinem Stützknochen (zweites Metacarpale) 
sich deutlich zur Handaxe ausbildet; die Fortsetzung derselben im Carpus 
finden wir in der Ossifikation des Capitatum, welche sowohl in Hin¬ 
sicht auf die enchondrale Ausgestaltung als auf den inneren 
Ausbau immer voranschreitet. 

Im allgemeinen die Verknöcherung des Carpus betrachtend sehen 
wir, daß der ulnare Teil desselben immer früher das Auftreten des Knochen¬ 
gewebes zeigt als die radiale Hälfte, und zwar betreffen die ersten Ossi¬ 
fikationen die distal liegenden Knorpel; die radiale Hälfte des Carpus 
z e i gt ab er zu er st d i e Ossifikation der proximalwärts liegen¬ 
den Stütze der Carpalknorpel, nämlich die Verknöcherung der 
Radiusepiphyse*), die als dritte Ossifikation im Handgelenke 
gleich nach ihrem Auftreten auch die charakteristische mandelförmige Ge¬ 
staltung entwickelt. 

Nach der Ossifikation des Hamatum, respektive nach der Ossifikation 
in der Epiphyse des Radius erscheint die im Triquetrum und zwar zu 
einer Zeit,, wo schon die gegen einander gekehrten Seiten der 
Capitatum-undHamatu m-0 ssifikationdenAnfangihrer späteren, 
charakteristischen Ausgestaltung enchondral zeigen. 

Nach diesen erwähnten drei, immer gleichmäßig zuerst und in gleicher 
Reihenfolge auftretenden Carpusossifikationen können wir in Hinsicht auf 
die folgenden anderen Verknöcherungen keine Norm annehmen. 

Scheinbar finden wir in Hinsicht auf die weiteren Ossifikationen die 
verschiedensten Variationen, aber viel wahrscheinlicher ist es, daß die folgen¬ 
den Verknöcherungen der Carpalknorpel in verschiedenen Typen auf- 
treten, welche auf Vererbung zurückzuführen sind; freilich wird es schwer 
sein, die Frage zu beantworten, von welcher Seite die Vererbung ge¬ 
schah; aber in dieser Beziehung kann uns die Gestaltung der elterlichen 
Hände leiten. 

Nur das Ordnen vieler Daten und großes Material kann in dieser 
Richtung der Untersuchung aufklärend wirken; denn selbstverständlich 
dürfen pathologische Zustände im Carpus nicht in Betracht gezogen werden. 

Zur Annahme von Typen bei dem Ossifikationsprozesse des 
Carpus führen mich die Beobachtungen in zwei Familien. Fünf Kinder 
eines Ehepaares zeigten die Ossifikation im Carpus folgendermaßen: 

1. Capitatum, 2. Hamatum, 3. Triquetrum, 4. Lunatum, 5. Scapho- 
ideum, 6. Multangulum minus, 7. Multangulum maius. 


*) Die Ossifikation der Radiusepiphyse ist die erste Verknöcherung 
der radialen Hälfte des Handgelenkes, die Ossifikation der U1 naepiphyse 
ist die letzte der ulnaren Hälfte des Handgelenkes und des Handgelenkes 
überhaupt — abgesehen von der Sehnenossifikatiou (Os poriforinej. 


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120 


Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 


Bei vier Kindern eines zweiten Ehepaares war bis zur Ossifikation 
des Triquetrum die Reihenfolge dieselbe. Von dem Triquetrum sprang der 
Verknöcherungsprozeß auf das Multangulum minus, von hier in proximaler 
Richtung zurück auf das Lunatum und schritt dann zum Scaphoideum, um 
endlich zuletzt, wie in den erwähnten 5 Fällen, das Multangulum maius zu 
erreichen; die Reihenfolge war also: 

1. Capitatum, 2. Hamatum, 3. Triquetrum, 4. Mulangulum minus, 
5. Lunatum, 6. Scaphoideum, 7. Multangulum maius. 

Zu erwähnen ist bei der Verknöcherung des Carpus, daß die primäre 
Ossifikation der Knorpel, der enchondrale Knochenpunkt, immer an charak¬ 
teristischer Stelle auftritt, und zwar an der Stelle des Knorpelinnern, von wo 
aus später die sekundäre Verknöcherung, d. h. der innere Ausbau 
der primären Ossifikation beginnt. 

Gewöhnlich finden wir die Ossifikation des Capitatum in proximaler 
Richtung liegend, während der Knochenpunkt des Hamatum in distaler 
Richtung auftritt; diesem Umstande entsprechend sehen wir ja auch später, 
wie sich das Hamatum mehr in proximaler Richtung ausbildet. 

Die erste Ossifikation des Lunatum zeigt sich gewöhnlich im ulnaren 
Teile des Lunatumkörpers, und sehr interessant ist es, die, die vollendete Ge¬ 
staltung des Lunatum nachahmende, enchondrale Verknöcherung des Körpers 
und der Hörner zu verfolgen,*) 

Das Scaphoideum erhält seinen Ossifikationspunkt im distalen 
radialen Teile (Grenze zwischen Kopf und Hals), und von hier aus entwickelt 
sich die Verknöcherung in proximaler und ulnarer Richtung (Schaufel), aber 
ebenso entwickelt sich von hier aus die vollständige Verknöcherung der 
Tuberositas. 

Selbst Multangulum minus und Multangulum maius zeigen 
keine zentrale Ossifikation. 

Was die weiteren enchondralen Ossifikationen der Hand (15 proximale 
Phalangen- und 4 distale Metacarpalepiphysen) anbelangt, so zeigen uns die 
X-Strahlen, daß die proximale Epiphyse der zweiten (Zeigefinger) 
und dritten (Mittelfinger) Grundphalanx zuerst ihre Verknöcherung 
aufweist, und zwar sehr bald in charakteristisch keilförmiger Gestalt, 
das dickere Teil dieser Ossifikationen liegt radialwärts, und wir 
sehen dies häufig auch noch nach der Verschmelzung der vollendeten Dia- 
und Epiphyse; die in ihren Teilen verschiedene Dicke dieser zwei Epiphysen 
ist also bleibend. 

Die enchondrale Ossifikation der vierten und fünften Proximalepiphyse 
(4 und 5. Grundphalanx) entwickelt sich in gleichmäßiger Dicke und 
noch bevor beide letzteren Ossifikationen erscheinen, zeigen die X-Strahlen 
in der radialen Hälfte der ersten (Zeigefinger) und zweiten (dritter 
Finger) distalen Metacarpalepiphyse die primäre Ossifikation in Ge¬ 
stalt kaum wahrnehmbarer Knochenpunkte; sie tritt also in dem Teile 
der knorpeligen distalen Epiphyse auf, welcher dem dickeren 
Teile der keilförmig gestalteten proximalen zweiten und 
dritten Grundphalanx-Epiphyse entspricht. 

*) Über die, Ausbildung der enchondralen Ossifikationen irn Vergleiche zur vollendeten 
Gestalt der Carpalknochen an anderer Stelle. 


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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 


121 


Dann tritt der Verknöcherungsprozeß in den proximalen Epiphysen 
der Endphalangen auf in derselben Reihenfolge, wie die Dyaphysen- 
Ossifikationen (erste Ossifikationen der Hand) aufgetreten ist, d. h. zuerst dem 
Daumen und dem Mittelfinger entsprechend, gleich nach letzterer oder mit 
derselben zugleich in der vierten Endphalanx-Epiphyse; dann folgt die zweite 
und zuletzt die fünfte Epiphyse. 

Von hier springt der Ossifikationsprozeß auf die proximale Epiphyse 
des ersten d. h. Daumen-Grund phalanx über. 

Die letzte Reihe der proximalen Epiphysis-Ossifikationen betrifft die 
mittleren Phalangen und zwar in folgender Reihenfolge: zuerst erscheint 
die Ossifikation in der dritten mittleren Phalanx (Handaxe), dieser folgt 
die mittlere Daumenphalanx (manchmal erscheint sie früher als der Hand¬ 
axe entsprechend) und vierte Phalanx, dieser die mittlere Phalanx des 
Zeigefingers und zuletzt die des kleinen Fingers. 

Wie die mittlere Dyaphysen- Ossifikation des kleinen 
Fingers die letzte Han dossifikation des intrauterinen Lebens 
gewesen ist, so zeigt auch die mittlere Phalanx desselben 
Fingers die letzte proximale Epiphysenossifikation. 

Wenn wir die Verknöcherungen im Carpus und in den knorpeligen 
proximalen Epiphysen der Phalangen vergleichen, finden wir, daß auch bei 
ganz normaler Entwickelung des kindlichen Körpers schon alle proxi¬ 
malen Phalanxepiphysen die anfänglichen Ossifikationen zeigen können, 
noch bevor der enchondrale Knochenpunkt im T riqu etrum aufgetreten ist; 
aber die Ossifikation des Carpus kann auch derartig voraneilen, daß die 
X-Strahlen auch schon die Ossifikation des Lunatum zeichnen, noch bevor 
alle Ossifikationen der proximalen Phalanxepiphysen erschienen sind. 

Betrachten wir auch noch den Schlußakt des Verknöcherungsprozesses 
in der Hand d. h. die Fertigstellung, die vollständige Ossifikation der Phalangen 
und der vier Metacarpalknochen, so sehen wir, daß dort, wo die ersten 
Knochenpunkte aufgetreten, auch zuerst die vollständige Verknöcherung auf- 
tritt, nämlich in den Endphalangen (erste Reihe der Ossifikationen). 

Nach diesen verknöchern vollständig alle fünf Grundphalangen 
(dritte Reihe der Handossifikationen) und darnach die fünf mittleren 
Phalangen (vierte Reihe der Handossifikationen), endlich aber in derZeit, 
wo das innige Verhältnis zwischen Hamalum-, Capitatum- und Multangulum 
minus-Ossifikation durch die X-Strahlen gezeichnet wird, erfolgt die voll¬ 
ständige Verknöcherung der Stützknochen des zweiten, dritten, vierten und 
fünften Fingers, der vier Metacarpalien (zweite Reihe der Handossi¬ 
fikationen). 

Wenn auch während des ganzen Ossifikationsprozesses die Ver¬ 
knöcherungen des Mittelfingers als Handaxe und des Daumens (Antimanus) 
im Vordergründe stehen, werden doch die drei Phalangen desDaumens 
es sein, die zu allererst vollständig verknöchern und so die Wichtigkeit dieses 
Fingers als Antiraanus zeigen. 

Die Reihenfolge der vollständigen Verknöcherung der drei Daumen¬ 
phalangen im Vergleiche zur Verknöcherung der andern wird aber auch 
deutlich zeigen, daß die Verschmelzung zwischen Epi- und Diaphyse nicht 
derartig auftritt wie die einzelnen Reihen der primären Diaphysisossifikationen 


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122 


Das röntgenographische Dunkelzimmer etc. 


d. h. nach dem letzten Gliede der einen Reihe das erste Glied 
der folgenden Reihe, sondern daß die vollständige Verknöcherung der 
Grundphalanx des Daumens schon auftritt, noch bevor die vollständige Ver¬ 
knöcherung der fünften Endphalanx (kleiner Finger) vorhanden zu sein 
braucht. 

Die vollständige Verknöcherung der einzelnen Ossifikationsreihen 
erfolgt also nicht hinter einander, sondern sie greifen in einander. 

Zuerst erfolgt die Verschmelzung zwischen Epi- und Diaphyse der 
Endphalanx des Daumens und bald darauf, noch bevor die vier anderen 
Endphalangen die vollständige Verknöcherung zeigen, erfolgt 
die der Daumengrundphalanx, deren knorpelige proximale Epiphyse die primäre 
Ossifikation erst spät, manchmal auch erst nach dem Auftreten 
aller anderen Epiphysenkerne der Hand zeigt, und zwar aller 
Epiphysenkerne, mögen sie die Met acar palien oder die Pha¬ 
langen betreffe n.*) 

Die mittlere Phalanx des Daumens zeigt die vollständige Ver¬ 
schmelzung zwischen Diaphyse und proximaler Epiphyse noch bevor die 
Grundphalanx des kleinen Fingers gänzlich verknöchert ist, also zu 
einer Zeit, wo auch die Verschmelzung zwischen der Epi- und Diaphyse der 
vier Metacarpusknochen noch nicht, die Knorpelschichte zwischen der distalen 
Epi- und Diaphyse des Radius und der Ulna aber schon lange vorhanden ist. 

Wie die Diap hy sen o s si f ik atio n der mittleren Phalanx 
des kleinen Fingers die letzte Ossifikation des intrauterinen 
Lebens gewesen, wie deren Ossifikation der proximalen Epi¬ 
physe zuletzt aufgetreten, so bildet sich auch in dieser Phalanx 
zuletzt von allen anderen die vollstän dige Verschmelzung 
zwischen Diaphyse und proximaler Epiphyse aus; in dieser 
Phalanx verläuft der Schlußakt der Phalanxverknöcherung. 

Hierzu Tafel III. 


Das röntgenographische Dunkelzimmer und seine zweck¬ 
entsprechende Beleuchtung. 

Von Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). 

Die Literatur über das Röntgen verfahren in seinen verschiedenen 
Teilen ist zur Zeit fast überreichlich geworden. Für den Einzelnen wird es bald 
ein Ding der Unmöglichkeit werden, von all’ dem Wichtigen nur das Aller¬ 
wichtigste selbst zu verarbeiten. Ungemein groß ist die Zahl der Abhand¬ 
lungen, welche publiziert wurden über die verschiedenartigsten Röntgen¬ 
instrumentarien, über Induktoren und Unterbrecher, über Stromform und 
Röhren u. dergl. Trotzdem ich alle Neu-Erscheinungen auf röntgenologischem 
Gebiet eifrig verfolge, fand ich dieser reichen Auslese gegenüber eigentlich 
nur äußerst dürftige Notizen über verschiedene nicht unwesentliche Hülfs- 

*) Also es wird sich eine verschiedene Reihenfolge zeigen können in Hinsicht auf das 
Auftreten der proximalen Epiphysen des Daumens und der proximalen Epiphysen der anderen 
Finger; in dem Daumen zuerst die proximale Epiphyse der Endphalanx, dann die der mittleren, 
zuletzt die Epiphyse der Grundphalanx, in den anderen vier Fingern entsprechend den 
Diaphysenossinkationen zuerst die proximale Epiphyse der Endphalangen, dann die der 
Grundphalangen und endlich die der mittleren Phalangen. 


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Das röntgenographische Dunkelzimmer etc. 123 


apparate, die doch gewiß auch volle Berechtigung ihres Daseins bean¬ 
spruchen dürfen und notwendig Beachtung verdienen: hängt doch auch 
von ihnen das Ergebnis unseres Arbeitens oft in recht beträchtlichem Maße ab! 

Ich möchte versuchen, vom Standpunkt des praktisch arbeitenden 
Röntgenologen aus in einer zwanglosen Reihe kleinere Aufsätze mir 
wichtigerscheinende Nebengebiete der Röntgenologie oder ein¬ 
schlägige neue konstruktive Bestrebungen darzustellen, welche, ab¬ 
seits der großen Würdigung wichtiger Hauptteile unseres Röntgeninstrumen¬ 
tariums liegen und recht stiefmütterliche Behandlung empfangen, dennoch 
aber nicht unwichtige Gebiete darstellen. 

An manchen Stellen entsprechender Publikationen wird stets darauf 
aufmerksam gemacht, wie die erhöhte Empfindlichkeit der sogen. 
Röntgenplatten uns zwingt, ungleich viel mehr als bei der Ausübung 
der gewöhnlichen Photographie, auf peinlichsten Sc hu t z unserer photo¬ 
graphischen Platte vor fremden Lichteindrücken bedacht zu 
sein. Das Entwickeln einer Röntgenplatte darf nur in vollständig zu 
verfinsternden Räumen, unter sorgfältigstem Ausschluß von jeg¬ 
lichem Tageslichteiufall vor spektroskopisch geprüftem Rot¬ 
licht vorgenommen werden. Totale Verdunkelung des Entwicklungs¬ 
zimmers wird in praxi erreicht durch vollständige Abdichtung der 
Türen, Fenster (event. Verkleben derselben mit photographischem Rot¬ 
stoff oder dem schwarzen Papier der Röntgenplatten-Umhüllung), Schlüssel¬ 
löcher (Zustopfen mit hinreichender Menge Watte), Spalten und Ritzen, 
durch Anbringen genau passender Dop p el türen, Verdunke lungsl ä den 
oder lichtdichter Vorhänge, welche von Spezialhäusern fertig geliefert 
oder von kundigen Handwerkern nach besonderen Angaben zweckdienlich 
hergestellt werden. Besondere Sorgfalt ist auch auf peinlichste Abhaltung 
aller Reflexionseffekte im Dunkelzimmer zu richten. Für die Wände 
empfiehlt sich eine dunkle Farbe, am ehesten erfüllt ein matt-dunkel¬ 
roter Anstrich seinen Zweck. 

Abgesehen von der Möglichkeit der Herstellung vollständiger 
Lichtdichtigkeit des Entwicklungszimmers und der sorgfältigsten 
Ausschließung fremder, störender Lichtreflexe spielt eine geeignete 
Dunkelzimmerlampe im Inventar desselben die größte Rolle. Die all¬ 
gemeinen Gesichtspunkte, die für ihre Konstruktion wegleitend sein sollen, 
ergeben sich nach einfachen Überlegungen von selbst; die Lehrbücher über 
photographische Technik und die röntgenologischen Werke widmen dieser 
Frage gebührende Aufmerksamkeit. 

Am einfachsten und billigsten erscheint auf den ersten Blick natürlich 
das Tageslicht, das durch ein geprüftes Rotglas oder ein sogen. Lichtfilter 
passierend, das dunkle Entwicklungszimmer beleuchtet. Aber dieses Tageslicht 
ist, so paradox im ersten Moment die Behauptung erscheinen mag, nicht zu 
empfehlen. Es ist zu ungleichmäßig: bald lächelt heiterer Himmel, bald 
ist er bewölkt, das Licht, das er spendet, von rasch wechselnder Intensität, 
sowohl durch die tägliche Änderung des Sonnenstandes als auch durch die 
wechselnden Witterungs Verhältnisse. Wegen seiner außerordentlichen Ver¬ 
änderlichkeit eignet es sich demnach nicht wohl zur Beurteilung der feineren 
Nüancierungen und der Dichtigkeitsunterschiede des Negativs. Im Winter 


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124 


Das röntgenographische Dunkelzimmer etc. 


versagt es oft und des Nachts ist es nicht zu haben, gerade zu einer Zeit, 
in welcher gewöhnlich der Tags über beschäftigte Röntgenologe seine Platten 
entwickelt, falls er nicht vorzieht, diese Arbeit einem Photographen zu über¬ 
lassen, und der Patient das Resultat seiner Untersuchung gleich rnitnehmen 
möchte. Alle diese Umstünde nötigen uns, auf die Anwendung einer ratio¬ 
nellen künstlichen Lichtquelle im Entwicklungszimmer bedacht zu sein. 

Richtige Verdunkelung des Entwicklungsraumes und zweck¬ 
mäßige Beleuchtung desselben sind zwei Faktoren, welchen 
von den ihre Platten selbst entwickelnden Kollegen oft genug zu wenig 
Aufmerksamkeit geschenkt wird. Erst durch den derart unausbleiblichen 
Schleier auf ihren Negativen, der sich wie ein trübender Hauch über das 
Bild legt, kommen sie nach Ausschluß der übrigen Fehlerquellen auf die 
richtigeFährte: ungeniigenderLichtabschlußundaktinisches 
Licht. 

Welche Lichtqualität und welche Form derselben sollen wir 
wählen? Welche Anforderungen sind an ein gutes Rotlicht unseres 
Dunkelzimmers zu stellen? Der Amateurphotograph ist gewöhnlich 
mit wenigem zufrieden. Er „knipst“ an seinem Apparat und macht seine 
Aufnahmen, geht in’s nächste beste Lokal, das dunkel ist, schlüpft event. auch 
unter ein dunkles Tuch und beim trüben Schein seiner zusammenklappbaren 
Taschenlampe mit Kerzenbeleuchtung entwickelt und fixiert er seine Platten 
oder Films. Bei entsprechender Übung erzielt er mit diesen denkbar primi¬ 
tivsten Einrichtungen ganz ordentliche Bilder, die ihm für seinen Zweck voll¬ 
ständig genügen. Nicht also der Röntgenologe! Die ungemein hohe Em¬ 
pfindlichkeit unserer Röntgenplatten, namentlich bevor sie in die Ent¬ 
wicklungsflüssigkeit eingetaucht sind, verlangt sicheren Lichtabschluß und 
tadellos inaktinisches Rotlicht. Vielen Kollegen wird es gehen, wie es mir 
ging. „Als bestes Modell“ kaufte ich mir eine Kastenlampe mit Petrolbe¬ 
leuchtung für 20 Fr. mit 2 Scheiben, gelb und rot, ziemlich großem Lichtfeld, 
schrägem Ober- und Seitenlicht durch Mattglasscheiben. Erfreut über dieses 
Prunkstück ging ich an die Arbeit: an allen Ecken drang weißes Licht her¬ 
aus! Eine rigorose Prüfung, über deren Methodik ich später referieren 
werde, ließ die Lampe als gänzlich unbrauchbar erscheinen. Ersatz des 
gelben Lampencylinders durch einen sog. rubinroten hob den Übelstand nur 
wenig, außerdem wurde das-Liebt, sofort zu schwach und fast ganz im Dunkeln 
ist nicht gut entwickeln, weil man doch den Gang der Entwicklung periodisch 
kontrollieren muß. Eine andere Dunkelzimmerlampe, mehr als um die Hälfte 
teurer, ein anderes non plus ultra, hatte ein Lichtfilter: gelbe und rote 
Scheibe und zwischen ihnen eine glycerinähnliche Flüssigkeit. Mit dieser 
Lampe dasselbe Pech! Die flüssige Masse lief nach kurzem Gebrauch aus 
und zudem wies die Lampe eine Menge undichter Stellen auf; Folge davon war 
die Verschleierung fast aller Platten! Verschiedene andere Lampenmodelle, 
die ich in der Folge prüfte, und die für gewöhnliche Platten ausreichen 
mögen, versagten bei den hochempfindlichen Röntgen platten. 
Um das gleich hier zu erwähnen, möchte ich den Gebrauch der Schleußner- 
Platten in Röntgenpackung warm empfehlen, besonders die sogen, 
doppelt-dick gegossenen. Am Plattenmaterial sparen zu wollen, ist 
direkt Verschwendung! 


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Das röntgenographische Dunkelzimmer etc. 


125 


Die Handlungen photographischer Bedarfsartikel liefern u. a. folgende 
Arten von Dunkelzimmerlampen. a) Kerzenlampen, in denen als Licht¬ 
quelle eine Stearin-, Paraffin- etc. Kerze oder ein Nachtlicht aus Paraffin 
benutzt wird. In Amateurkreisen sind sie, weil besonders für die Reise 
praktisch, teilweise beliebt, für unsere Zwecke sind sie wohl völlig unbrauchbar. 
Sie sind entweder rund, aus Messing, zusammenschiebbar, oder mit drehbarer 
Blechbüchse und Messingkappe, beide mit rotem Cylinder oder halbrund, 
event. mit Doppelglas, gelb und rot, auch kombiniert, für Kerzen- und 01- 
gebrauch oder viereckig, nach Art der Dienstlaternen der Bahnbeamten, 
ebenfalls für Öl- und Kerzengebrauch, mit verdeckbarer Gelbscheibe. In 
dieser Kategorie bringt die Industrie eine große Zahl von Modellen auf den 
Markt, welche bis Briefkuvertgröße zusammengelegt und in die Tasche ge¬ 
steckt werden können. Meist bestehen sie dann aus Stoff und können event. 
nur über eine Kerze gestülpt werden, b) Petrollampen, entweder in 
Form gewöhnlicher Küchenlampen ohne Schirm oder als sog. Kastenlampen 
konstruiert, in denen die Lichtquelle in einem Kasten eingeschlossen ist. Das 
unter Amateuren gebräuchlichste Modell ist die Duplex lampe, be¬ 
stehend aus Gelbglas, Petrolbehälter, Rundbrenner, darüber ein Doppelcylinder; 
am Brenner direkt ein gelber, darüber ein rubinroter, letzterer mit besonderer 
Hebevorrichtung. Al len Petroleum-Dunkelzimmerlampen haften mancherlei 
Mängel an, die sie für röntgenographische Zwecke nur bei absolutem 
Mangel an etwas Besse rem Verwendung finden lassen. Mit oder ohne be¬ 
sonderes Kamin ist der Luftzutritt oft ein ungenügender; es entwickeln sich 
abnorme Verbrennungsgase, die den Aufenthalt in der Dunkelkammer 
direkt gesundheitsschädlich gestalten. Der rote Cylinder der erwähnten 
Lampe läßt nur wenig Licht mit geringem Lichtfeld durch und beim Höher¬ 
schrauben raucht die Lampe, flackert und verpestet die Luft. Anderen Aus¬ 
führungen haften ähnliche Fehler an und verschiedene kleinere Abänderungen, 
die getroffen wurden: Cylinderhütchen, verschiedene Arten von Kaminen etc. 
ändern am Prinzip nichts. Es werden auch — als Curiosum möge das er¬ 
wähnt werden—Riesendunkelzimmerlampen hergestellt, die zugleich 
als Öfen dienen können. Erwähnenswert ist auch ein besonderer Aufsatz 
über dem Lampencylinder zum Wärmen der Entwicklungsflüssigkeit in der 
kälteren Jahreszeit. Eher zu empfehlen sind die Petroleum-Kasten 1 ampe n 
mit verhältnismäßig großem Lichtfeld; sie teilen natürlich, mehr oder weniger, 
im allgemeinen auch die schlechten Eigenschaften, besonders die hygienischen 
Nachteile der Petrollampe überhaupt. Der Boden und einzelne Falze lassen 
gewöhnlich an zahlreichen Stellen Licht durch. Da es sich wahrscheinlich, 
trotz des erheblichen Preises, um Massenfabrikate handelt, und die einzelnen 
Stücke, nach meinen Erfahrungen zu urteilen, kaum vor Versandt geprüft 
werden, tut man jedenfalls gut, vor definitivem Kauf einer Lampe 
sich selbst an Hand der später zu schildernden „Plattenprobe“ 
vonderlnaktivität des von ihr produzierten Lichtes zu über¬ 
zeugen. c) Benzinlampen finden als Dunkelzimmerlampen wenig Ver¬ 
wendung. Das von ihnen erzeugte Licht ist hell, sie riechen gewöhnlich, 
und die Gefahr einer Explosion ist nicht mit absoluter Sicherheit auszu¬ 
schließen. Es werden meist sogen. Reiselampen fabriziert, gelegentlich auch 
solche mit elektrischer Zündung mittels eines Trockenelementes. Ähnlich 


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126 Das rSntgenographische Dunkelzinimer etc. 


liegen die Verhältnisse bei A cet yle nlampe n. d) Gas-(Leucht gas-) 
lampen mit den alten Schnittbrennern sind ganz zu verwerfen, für Glühlicht 
mit Kleinsteller unter Umständen empfehlenswert. Es können für unsere 
Zwecke natürlich nur Kasten lampen in Betracht fallen; unhygienisch ist der 
starke Sauerstoffkonsum und die daraus resultierende Verschlechterung der 
Luft; außerdem ist Leuchtgas nicht überall zu finden, e) Von den elek¬ 
trischen Lampen müssen wir als für röntgenographische Zwecke unge¬ 
eignet alle diejenigen Konstruktionen ausscheiden, welche kein helles Licht¬ 
feld geben: die hängenden Glühlampen mit Zugvorrichtung, mit oder ohne 
Tuchsack, die Doppelbirnen, mit oder ohne Aufklappvorrichtung, ferner die 
kleinen Lämpchen mit Trockenelementen und ähnliche. Eine passende 
elektrische Dunkelzimmerlampe ist das Ideal, das wir erstreben. Jeder 
Röntgenologe kann leicht die nötige elektrische Energie von seinem Apparat 
abnehmen — falls er nicht im gegebenen Fall eine besondere Zweigleitung 
legen lassen will —, und da die Aufnahme und Entwicklung in demselben 
Raume möglich sind, sollte der Verwendung der Elektrizität als Licht 
spendendes Medium in der Dunkelkammer nichts im Wege stehen, wenn wir 
eine wirklich gute Lampe besitzen 1 Was verlangen wir denn eigentlich von 
einer für unseren Gebrauch tauglichen Dunkelzimmerlampe? In erster Linie 
natürlich vollständige In aktivität des verwendeten Lichtes. Es darf außer 
den roten Strahlen keine anderen Teile des Spektrums durchlassen und sollte 
eigentlich vor seiner Verwendung einer spektroskopischen Prüfung 
unterzogen werden. Gewöhnlich besitzt nun der Arzt kein Spektroskop, ich 
empfehle daher die sog. Platten probe zur Prüfung der Rotlicht- 
Qualität. Unter strengstem Ausschluß jeder anderen Lichtquelle wird eine 
möglichst hochempfindliche Platte, z. B. eine Röntgenplatte aus ihrer Packung 
befreit und lose in nächster Nähe des zu prüfenden Rotlichtes einige Minuten 
exponiert. Nachher wird gleichzeitig mit dieser eine zweite Platte, die dem¬ 
selben Originalpacket entnommen wurde, in derselben Schale, und mit dem¬ 
selben Entwickler unter ganz denselben Bedingungen entwickelt 
und fixiert. Die dem zu prüfenden Licht ausgesetzte Platte darf nicht er¬ 
heblich schwärzer aussehen als die unbelichtete; ist die Differenz der 
schwarzen Tönung bedeutend, so ist das Rotlicht ungeeignet. In zweiter 
Linie wäre zu erwähnen die Notwendigkeit der Konstanz und Zuverlässigkeit 
der Lichtquelle zur Erzeugung gleichmäßiger Qualität der Negative bei hin¬ 
reichend großem und gleichmäßig hellem Lichtfeld, sodaß auch Platten 
größerer Formate vor der Lampe bequem in ganzer Ausdehnung oder doch 
wenigstens zum größeren Teil übersehen werden können. Die Lampe 
soll ausgiebiges Licht spenden (ganz dunkelrote Gläser sind nicht immer 
die besten und oft trotz ihrer dunklen Farbe untauglich), welches wenig 
Sauerstoff konsumiert und deswegen auch in hygienischem Sinne rationell 
ist; sie sei praktisch im Gebrauch und einfach in der Handhabung. 
Angenehm ist eine Reguliervorrichtung zur Variation der Lichthellig¬ 
keit und eine Ver dunkelun gsVorrichtung, die im Moment des Einlegens 
der Platte in die Entwicklungsflüssigkeit — eine trockene Platte ist ungleich 
viel empfindlicher als eine mit Entwickler befeuchtete — für Augenblicke 
in Tätigkeit treten könnte. 

Vollständige Inaktivität des benutzten Lichtes, völlige Reinheit von allen 


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Das röntgenographische Dunkelzimmer etc. 127 


chemisch auf die Emulsionsschicht der Platte wirkenden Strahlen, dabei aber 
reichliches und helles Rotlicht, womöglich regulierbar, das auch den An¬ 
forderungen der Hygiene insofern entspricht, als die ohnehin durch die ge¬ 
wöhnliche Kleinheit des Entwicklungsraumes beeinträchtigte Luft nicht noch 
mehr verdirbt, das nicht raucht und nicht rußt, diese berechtigten Forderungen 
lassen sich nur mit Hülfe elektrischer Dunkelzimmerlampen in rationeller 
Weise erzielen. 

Wenn wir absehen von all den früher besprochenen, für unsere 
Zwecke meist unbrauchbaren Lampen mit Kerzen, Öl, Petrol oder Gas etc., so 
war auch die elektrische Dunkelzimmerlampe bisher wirklich ein Schmerzens¬ 
kind. Unter den zahlreichen Modellen des Marktes war kaum eines zu finden, 
das den Anforderungen der Helligkeit und dennoch völligen Sicherheit gegen 
ungeeignete Strahlen völlig entsprochen hätte. Nach langen Bemühungen 
habe ich mir vor einiger Zeit eine elektrische Dunkelzimmerlampe ange¬ 
schafft, eine Neukonstruktion des elektrotechnischen Laboratoriums in 
Aschaffenburg, ungefähr in der Ausstattung, wie sie später von genannter 
Firma auf dem 1. Röntgenkongreß in Berlin ausgestellt war. Die Konstruktion 
ist gut durchdacht und befriedigt mich vollständig. Zu Nutz und Frommen 
vieler Kollegen möchte ich deshalb eine etwas eingehendere Schilderung 
folgen lassen. 

Die in Rede stehende Dunkelzimmerlampe ist in Kastenform, ca. 
39X39 cm Außenmaß, aus schwarzlackiertem Blech gefertigt und wird 
mittelst 2 Schrauben oder Nägeln etwas über dem Entwicklungstisch an der 
Wand befestigt, also nicht in Augenhöhe, sondern etwas tiefer. Die Rot¬ 
licht versendende Fläche ist genügend groß, um den Entwicklungsprozeß in 
aller Ruhe, während man die Platten in der Entwicklungsschule beläßt, über¬ 
wachen zu können. Man hat auch nicht nötig, das Fortschreiten der Ent¬ 
wicklung durch öfteres nahes Vorhalten des Negativs vor die Lichtquelle zu 
kontrollieren. Dieser letztere Umstand: oftmaliges „Vordaslichthalten“ der zu 
enl wickelnden Platten, der im Verein mit aktinischem Rotlicht die meisten 
Platten verschleiert, tritt gewöhnlich da ein, wo der Arzt aus Unerfahren¬ 
heit oder veranlaßt durch die Anpreisungen photographischer Handlungen 
eine minderwertige, billigere Dunkelzimmerlampe sich anschafft, die nur klein 
ist und in runder Form gehalten, zudem auch nur ein minimales und dazu 
noch dunkles Lichtfeld besitzt. Am allerpraktischsten von vielen probierten 
Modellen des Marktes finde ich die neue Aschaffenburger Lampe, 
deren in einem Kasten eingeschlossenes Licht durch wechselseitiges Vor¬ 
schieben resp. Vorklappen zweier verschieden gefärbten Glasscheiben, rot 
und gelb, mit wünschenswerter Raschheit heller oder dunkler gemacht werden 
kann. Die in einer beweglichen Türe eingelassene Rotscheibe von ge¬ 
prüft er Inaktivi t ät braucht man besonders zur Orientierung, während 
des Einlegens der Platte und zu Beginn des Entwicklungsprozesses. Hat sich 
dann die Platte genügend „gedeckt“, so kann dieselbe sodann, nach Auf¬ 
klappen der Rotscheibe in ihrer Fassung, mittelst Drehung eines kleinen 
Riegels, mit Vorteil und ohne erheblichen Schaden vor einer hinter der 
Rotscheibe gelegenen gelben Scheibe betrachtet werden. Eine an 
Charnieren an der oberen Kasten wand beweglich angebrachte« Ab blende- 
vorrichtung in Form eines Blechdeckels verhindert zudem noch eine Be- 


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T.)as röntgenograpliisclie Dunkelzimmer etc 


















Uber Bier’sche Stauung und ihre Erfolge. 


129 


lästigung des Auges durch das Rotlicht während der übrigen Entwicklungs¬ 
zeit, die sich auch bei den besten und empfindlichsten Platten unter Benutzung 
eines langsam arbeitenden Entwicklers auf 5—30 Minuten im Allgemeinen 
erstreckt. Wer öfter in einem Dunkelzimmer arbeiten muß, .weiß aus 
eigener Erfahrung, wie unangenehm nicht nur das fortwährende Hinein¬ 
schauen in’s Rotlicht empfunden wird, das zudem noch die Empfindlichkeit 
des Auges erheblich herabzusetzen vermag, sondern auch, wie oft dadurch 
nervöse Reizerscheinungen ausgelöst werden können. Die Gelbscheibe kann aus 
ihren mit Asbest gedichteten Fugen durch Abschalten eines kleinen Hebels 
herausgenommen werden. Hinter ihr ist der leere, mit weißer Farbe ge¬ 
strichene Kasten, in welchem, etwas vor der Mittellinie, eine [weiße Glüh¬ 
birne von oben hineinragt. Ein- und Ausschalten des Lichtes vollzieht sich • 

durch Drehen eines außen an der rechten Kastenwand angebrachten 
Schalters, der durch ein Kabel mit Stecker mit einer Dose der Lichtleitung 
etc. verbunden wird. Die zu benutzende Glühlampe muß natürlich der vor¬ 
handenen Spannung im Stromnetz entsprechen (110, 220 Volt etc.). 

Durch die Möglichkeit der Benutzung der oben geschilderten 
Kastenlampe mit elektrischer Beleuchtung und wirklich 
praktischer Konstruktion sind Bedingungen geschaffen, welche das 
Verweilen im Dunkelzimmer für den seine Platten selbst entwickelnden 
Arzt nicht mehr so verhaßt erscheinen lassen, wie es vordem der Fall 
sein mochte, als er unter schlechten Lichtverhältnissen in einer so wenig 
den hygienischen Anforderungen entsprechenden Umgebung zu arbeiten ge¬ 
zwungen war; die Güte des Lichtes vermindert den „eisernen Bestand von 
Schleierplatten“ ganz erheblich und gestaltet das röntgenographische Arbeiten 
zu einer wirklichen Freude, wenn nicht gar zu einem Genuß ! 

Ich gebe zur genaueren Orientierung nebenstehende 2 Abbildungen 
nach photographischen Aufnahmen wieder. Auf Grund eigener Er¬ 
fahrung empfehle ich die Anschaffung der Lampe bestens, 
zumal ihr Preis ein verhältnismäßig bescheidener ist. 


Über Bier’sche Stauung und ihre Erfolge. 

von Dr. W. W e e c k e. 

Vor reichlich 12 Jahren machte Bier seine ersten systematischen Ver¬ 
suche zur therapeutischen Verwendung der Stauungshyperämie. Wenn Bier 
auch bescheiden die Berechtigung der Bezeichnung „Bier’sche“ Stauung ab¬ 
lehnt, so folgt die erstere doch schon aus der Tatsache, daß die Stauungs¬ 
hyperämie von Bier lediglich in vereinzelten Fällen von Pseudarthrose zur 
Erzeugung von Gallus angewendet worden ist. 

Die erste Krankheit, gegen welche Bier die Hyperämie anwendete, war 
die Tuberkulose der Gelenke und Knochen. Der Versuch gründete sich auf 
die schon in letzterer Zeit bekannte Tatsache des häufigen Vorkommens von 
Lungentuberkulose bei Pulmonalstenose und andererseits des seltenen Vor¬ 
kommens der Lungentuberkulose bei allen Krankheiten des Herzens, welche 
zu einer Blutstauung in den Lungen führen. Heute jedoch ist die Zahl jener 
krankhaften Veränderungen, gegen welche die Hyperämie mit Erfolg ange¬ 
wendet wird, bereits eine erheblich größere. Freilich war es für Bier nicht 

Archiv f. i>hysik Medizin etc. 


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130 


Über Bier’sche Stauung und ihre Erfolge. 


leicht, der neuen Lehre die Bahn frei zu machen. Es waren die Vorurteile 
der antiphlogistischen Schule zu überwinden, deren Gedankengang bei der 
Behandlung entzündlicher Prozesse sich im Rahmen der Forderungen: „Ruhe, 
hoho Lage, Eis“ bewegte. Daneben wirkte eino übergroße Skepsis und ein 
gewisser Indifferentismus mit, die Anwendung der Hyperämie als Heilmittel 
weniger allgemein zu gestalten, als die Methode dies verdient. 

Ganz allgemein unterscheidet man aktive und passive d. h. Stauungs¬ 
hyperämie und nimmt im ersteren Falle die Durchströmung eines Körperab¬ 
schnittes durch eine größere Menge arteriellen Blutes an; im letzteren Falle 
bewirkt man die Blutfülle durch eine mehr oder minder vollständige Hemmung 
des venösen Abflusses. 

Wenn man hiernach die Begriffe aktive und arterielle und andererseits 
passive und venöse Hyperämie gleichsetzt, so ist dies zwar nicht immer 
richtig und genau, genügt aber für die meisten praktischen Zwecke. 

Aktive Hyperämie läßt sich auf verschiedene Weise hervorrufen, z. B. 
durch die in älterer Zeit viel gebrauchten Hautreizmittel und besonders durch 
die Wärme in jeder Form. Freilich macht man sich auch heute vielfach noch 
nicht klar, daß die Ilyperämio das wirksame Prinzip bei Anwendung dieser 
und ähnlicher Mittel ist. 

Das wirksamste Mittel, um eine ausgiebige aktive Hyperämie zur Be¬ 
handlung örtlicher Krankheiten zu erzeugen, ist die heiße Luft. Zur Erzeugung 
einer allgemeinen Hyperämie wurde dieselbe in Form des Quincke’schen 
Schwitzbettes schon seit längerer Zeit angewendet. 

Nach dem Prinzip desselben konstruierte Bier als Erster seinen Hei߬ 
luftapparat, welcher in überaus einfacher und praktischer Weise die Behand¬ 
lung erkrankter Körperteile mit heißer Luft ermöglicht. Der Apparat besteht 
im wesentlichen aus einem Kasten mit dem Quincke’schen Schornstein, welch’ 
letzterer ebenso wie die Lampe verstellbar ist, und auf diese höchst einfache 
Weise eine Regulierung der Wärmezufuhr gestattet. 

Wichtiger noch als die aktive ist die passive Hyperämie, weil sie eine 
größere Vielseitigkeit in der therapeutischen Verwendung gestattet. 

Die Wirkung der uralten Derivantia, der Noxen, des Glüheisens, der 
Alkoholverbände ist nach Bier nichts anderes, als die durch dieselben her¬ 
vorgerufene Hyperämie. 

Hierher gehört auch der früher viel gebrauchte und heute noch in 
manchen Fällen mit Vorteil zu verwendende trockene Schröpfkopf. 

Für die Verhältnisse der Praxis ist die wichtigste und einfachste 
Methode die, vermittelst einer Stauungsbinde die passive Hyperämie hervor¬ 
zurufen. Man legt oberhalb des Gliedabschnittes, welchen man der Wirkung 
der Hyperämie aussetzen will, eine Gummibinde in mehrfachen Touren an; 
docken sich die einzelnen Touren nicht vollständig, so wird der Druck der 
Binde auf eine größere Fläche verteilt und vom Patienten kaum lästig 
empfunden. Früher fügte Bier ganz allgemein eine elastische Einwicklung 
dos Gliedes bis unterhalb der zu hyperämisierenden Stelle hinzu, um die 
Blutstauung in den peripheren Teilen zu vermeiden; heute läßt Bier diese 
elastische Einwic.klung meist fort, ist auch der Ansicht, daß man die Stau¬ 
ungsbinde beliebig hoch anlegen kann, z. B. für das Handgelenk am Oberarm. 

Als Stauungsbinde empfiehlt es sich, die sogen. Martin’sche Gummi- 


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Über Bicr’sche Stauung und ihre Erfolge. 


131 


binde zu verwenden; für muskulöse Gliedmaßen eignet sich auch der sogen. 
Tourniquet gut. Um jede lokale Schädigung zu vermeiden, legt man die 
Stauungsbinde nicht immer an derselben Stelle an. Der Grad der Stauung 
soll ein mäßig kräftiger sein, dessen richtige Beurteilung erst durch eine 
größere Übung im Anlegen der Stauungsbinde erworben wird. 

Während der ganzen Dauer der Hyperämie muß sich die Haut des 
betreffenden Gliedabschnittes warm anfiihlen (sogen, heiße Stauung); ist die 
Haut kalt, so ist die Stauung eine zu reichliche, sei es durch zu festes An¬ 
ziehen der Stauungsbinde hervorgerufen, oder durch ein bei längerer Dauer 
der Stauung aufgelretenes starkes Oedem. 

Die Anzeichen einer zu starken Stauung sind auch Schmerzen, welche 
in dem gestauten Gliede auftreten, sowie Erscheinen von zinnoberroten und 
weißen Flecken in der Haut, deren sichere Erklärung noch aussteht. 

Die Farbe eines richtig gestauten Gliedabschnittes ist gleichmäßig 
blaurot bis blaugrau. Neben der Farbe und Temperatur des gestauten Gliedes 
sind die Schmerzen, welche der Patient angibt, für den weniger geübten 
immer ein sicheres Zeichen, daß die Stauungsbinde nicht richtig liegt und 
entfernt werden muß. 

Ganz allgemein aufgefaßt ist die Beschränkung der Stauung auf einen 
Zeitraum von etwa 1 Stunde täglich anzuraten, schon aus dem Grunde, weil dio 
Beaufsichtigung in diesem Falle nur geringe Mühe macht und die Bildung 
von chronischen Oedemen vermieden wird. In einigen speziellen Fällen ist 
jedoch ein längeres Liegen der Stauungsbinde notwendig. 

Die ausgiebigste passive Hyperämie wird durch die von Bier konstruierten 
Saugapparate erzeugt, deren Urbild der alte Junod’sche Schröpfstiefel ist. 
Der Apparat selbst ist von starkwandigera Glas, so daß das betreffende Glied 
während der Stauung von außen beobachtet werden kann. An einem oder 
auch an beiden Enden befindet sich eine Paragummistulpe, welche mit 
Gummibinde fest auf das betreffende Glied aufgewickelt wird. Die Luftver¬ 
dünnung im Apparate wird durch eine Saugzunge bewirkt. 

Die durch diesen Apparat bewirkte Hyperämie ist ebenso wie beim 
Schröpfkopf zum Teil und unter gewissen Umständen eine arterielle. 

Es ist ein glücklicher Umstand, daß die Wirkung einer richtig bewirkten 
Hyperämie sich sogleich als eine außerordentlich schmerzstillende zeigt. 
Arzt wie Kranke sind gleichmäßig überrascht, wenn etwa bei einem akuten 
Gelenkrheumatismus, einer gonorrhoischen Gelenksentzündung bald nach der 
Anlegung der Stauungsbinde, das erkrankte Gelenk wenigstens vorübergehend 
schmerzlos wird und sogar, was vorher unter keinen Umständen möglich 
war, gewisse passive Bewegungen gestattet. 

Es würde keineswegs ein zu großer Optimismus sein, wollte man die 
Schmerzstillung schon bei der ersten Anwendung der Hyperämie als Folge 
der Heilwirkung auffassen, doch dürfte jene meist als eine allgemeine Wirkung 
jeder Form von Hyperämie anzusehen sein. 

Eine «allseitig anerkannte Erklärung der Wirkung der Hyperämie ist 
noch nicht gefunden worden. Sicher ist, daß die sogen, baktericide Kraft des 
Blutes besonders durch die Stauungshyperämie enorm vermehrt wird; mag 
nun das wirksame Agens in einer vermehrten Ansammlung von Leukozyten 
am Infektionsorte, in einer Wirkung der Stoffwechselprodukta, in dem Kohlen- 

•J* 


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132 


Über Bier’sche Stauung und ihre Erfolge. 


säurereichtuin des Blutes zu suchen sein, oder mag nach Bier die Hyperämie 
nichts anderes sein, als die Nachahmung eines natürlichen Heilungsvorganges, 
welchen man neuerdings mehr und mehr in Entzündung und Fieber zu sehen 
sich gewöhnt. 

Neben der schmerzstillenden und bakteriziden Wirkung der Hyperämie 
ist die resorbierende und auflösende Wirkung derselben von größter Wichtig¬ 
keit und kommt in Betracht bei Ergüssen in Gelenke und Gewebe sowie bei 
Auflagerungen und Verdickungen in Sehnenscheiden, Gelenken und bei 
Gelenkversteifungen. Zweifellos ist die hier wirkende Kraft hauptsächlich 
die Aufsaugungsfähigkeit der Blutkapillaren, welche durch die Beschleunigung 
des Blutstromes vermehrt wird. 

Hinsichtlich der ernährenden Wirkung der Hyperämie steht fest, daß 
eine Vermehrung von Bindegewebe stattfinden kann, wie wir dies ja auch 
bei pathologischen Fällen von Stauung sehen. Dagegen ist ein eigentliches 
Organ-Wachstum am ausgebildeten gesunden Körper unter dem Einfluß 
der Hyperämie nicht nachweisbar. 

Für die Behandlung mit Hyperämie war die Tuberkulose der Gelenke 
und Knochen eine Zeit lang das einzige Gebiet. Fußend auf dem längst be¬ 
kannten Antagonismus zwischen Hyperämie und Tuberkulose schuf Bier zu¬ 
nächst für dieses häufige Leiden eine Behandlungsmethode. In Betracht 
kommt lediglich die Stauungshyperämie; die aktive Hyperämie, wie dieselbe 
z. B. durch die Heißluftapparate hervorgerufen wird, ist trotz einiger ent¬ 
gegenstehenden Beobachtungen allgemein als ungünstig für die Knochen¬ 
tuberkulose zu bezeichnen. Es gelten natürlich zunächst die allgemeinen 
Regeln, daß die Stauung Schmerzen und Parästhesieen im erkrankten Glied¬ 
abschnitte nicht hervorrufen soll. Die elastische Einwickelung bis zu der 
Umschnürungsstelle kann fortfallen, und die Gummibinde kann beliebig hoch 
über dem erkrankten Gelenke oder Gliedabschnitte angelegt werden. Hier¬ 
durch ist eine möglichst große Einfachheit der Methode und durch die Mög¬ 
lichkeit, den Ort der Umschnürung zu wechseln, Unschädlichkeit für Haut 
und Muskeln gewährleistet. 

Mißerfolge in Form von Abszessbildungen und akuten Entzündungen 
sind durch eine zu lange andauernde Stauung, bezw. durch das nachfolgende 
schädliche Oedem hervorgerufen worden. Beschränkt man die Stauung auf 
etwa 1 Stunde täglich, so sind üble Zufälle ausgeschlossen. 

Bestehende größere Abszesse eröffnet man durch Einschnitt; kleinere 
heilen sehr häufig unter dem Einflüsse der Stauungshyperämie ohne Eingriff 
aus; dasselbe läßt sich bei tuberkulösen Fisteln und Geschwüren konstatieren. 

Feststellende, abnehmbare Verbände sind nach meiner Erfahrung 
wenigstens in der ersten Zeit der Behandlung sehr nützlich, besonders bei 
der Gelenktuberkulose der unteren Gliedmaßen; später ist diese Ruhestellung 
nicht mehr so notwendig; ja, ich habe schwerste abszedierende Fußwurzel- 
knochentuherkulose bei Kindern lediglich durch ambulant ausgeführte Stauung 
zur völligen Ausheilung bringen können. Bei einer sehr großen Zahl von 
Knochentuberkulosen habe ich seit mehr als 10 Jahren die Stauungshyperämie 
systematisch durchgeführt, kaum je ohne Erfolg, und die chirurgischen Ein¬ 
griffe einschließlich der Jodoforminjektionen konnten auf eine sehr geringe 
Anzahl beschränkt werden. 


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über Bier’sche Stauung' und ihre Erfolge. 133 

Versteifungen der Gelenke lassen sich bei der Hyperämie-Behandlung 
in den meisten Fällen vermeiden. 

Es bietet ein großes Interesse, die fortschreitende Besserung der 
Knochenstruktur unter dem Einflüsse der Stauung im Röntgenbilde zu 
beobachten. 

Die Tuberkulose des Hodens, soweit nicht die Samenstränge ergriffen 
sind, wird allgemein durch die Hyperämie sehr günstig beeinflußt, selbst 
wenn schon Abszedierung des Hodens eingetreten ist. Die Hyperämie wird 
hergestellt durch Umlegen eines mittelstarken mit Klemme zu schließenden 
Gummischlauches um die Wurzel des Hodensackes. 

Lupus des Gesichtes wird in manchen Fällen durch die mittelst 
trockenen Schröpfkopfes hergestellte Hyperämie völlig zur Ausheilung ge¬ 
bracht, doch konkurieren hier je nach der Ausdehnung der Erkrankung 
chirurgische und Lichtbehandlung. 

Neben den tuberkulösen reagieren noch eine Anzahl anderer Er¬ 
krankungen der Knochen und Gelenke auf die Stauungshyperämie. 

Den gewöhnlichen Hydrops genu habe ich seit Langem nur mit diesem 
Mittel zur Heilung gebracht, in frischen Fällen in wenigen Tagen. Dieselbe 
Behandlung ist bei dem akuten Gelenkrheumatismus am Platze, sowohl in 
frischen Fällen zur Beseitigung des Schmerzes und des Ergusses, wie in alten 
Fällen zur Besserung der Gelenksteifigkeit. 

Selbst bei der Arthritis deformans und dem Zottengelenk sind be¬ 
achtenswerte Besserungen erzielt worden. Beide Erkrankungen erfordern ein 
längeres Liegen der Stauungsbinde. 

In manchen derartigen Fällen wird die Hyperämisierung der Gelenke 
mit Vorteil durch Heißluft- oder Saugapparate bewirkt. Glänzend ist auch 
die Wirkung der Stauungshyperämie auf gonorrhoisch entzündete Gelenke, 
sowohl was die schnelle Schmerzlinderung als auch die Erhaltung der Ge¬ 
lenkfunktion anbetrifft. 

Manches anscheinend völlig versteifte Gelenk kann durch längere 
Zeit angewendete Stauungshyperämie bezw. durch Behandlung mit dem 
Heißluft- oder Saugapparate einen erheblichen Grad von Beweglichkeit zu¬ 
rückerhalten. 

In neuerer Zeit hat Bier die Stauungshyperämie auch gegen akut 
entzündliche Prozesse bei Phlegmonen, Panaritien, Erysipel, Furunkel versucht, 
in einer Anzahl von Fällen zweifellos mit Erfolg. 

Ich habe seit etwa Jahresfrist sämtliche Fälle von Erysipel mit Stau¬ 
ungshyperämie behandelt und stets in 3—5 Tagen eine Heilung erzielt bezw. 
das Fortschreiten des Erysipels gehindert. Auffällig war mir bei allen diesen 
Fällen, daß die Temperatur schon nach der ersten Stauung herunterging und 
sich bis zum Schluß weit niedriger hielt, als es sonst üblich ist. 

Schwere Lymphangoitiden haben mir in allen Fällen, in denen ich die 
Stauungshyperämie gegen dieselben anwendete, prompt reagiert. 

Immerhin ist die Frage der Behandlung akut entzündlicher Prozesse 
mittelst Stauungshyperämie noch nicht so weit geklärt, daß man ihre An¬ 
wendung allgemein empfehlen könnte. Man darf aber von der Zukunft 
hoffen, daß das Anwendungsgebiet der Hyperämie ein immer größeres 
werden wird. 


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134 


Über die Wichtigkeit, der Dosierung und die Methode etc. 


Mitteilungen aus dem Laboratorium für medizinische Radiologie des Dr. B£clere. 

Über die Wichtigkeit der Dosierung und die Methode der 
radiotherapeutischen Behandlung einiger durch Neubildung 
hervorgerufener Prozesse. 

Von Dr. .T. Belot, Priiparator für Radiotherapie atu Hospital St. Antoine, Assistent am 
Laboratorium fiir Radiologie von Dr. lieclöre. 

Seitdem die Röntgenstrahlen in der Therapie einen hervorragenden 
Platz sich errungen haben, diskutiert man über die Frage, welchen Grad 
lokaler Reaktion man erreichen, aber nicht überschreiten soll. 

Manche Autoren schlagen vor, systematisch jede Entzündung der 
Haut zu vermeiden, andere, weniger ängstliche, fürchten sich nicht vor einer 
schwachen Hautröte; einige glauben sogar, daß es oft notwendig ist, eine 
gewisse Blasenbildung und oberflächliche Erosion hervorzurufen. 

Nicht allein der gewünschte Reaktionsgrad ändert sich je nach dem 
Autor; auch die Anwendungsart ist je nachdem eine verschiedene. 

Wollen wir die verschiedenen von den Spezialisten angewandten 
Methoden einteilen, so können wir sie in 2 große Abteilungen gruppieren: 

In der ersten sind alle Verfahren aufzunehmen, die dadurch charak¬ 
terisiert sind, daß die Bestrahlungen fortgesetzt werden, bis die ersten Zeichen 
einer Reaktion auftreten. Zu diesem Zwecke kann man jeden Tag sehr 
kurze Bestrahlungen vornehmen oder mit kurzen Sitzungen beginnen, die 
man schrittweise verlängert; endlich kann man auch gleich mit mittelstarken 
Bestrahlungen beginnen, deren Dauer man allmählich verkürzt. Sobald die 
Reaktion erscheint, hört inan mit der Behandlung ganz auf. 

Zur zweiten Gruppe kann man alle Methoden rechnen, welche be¬ 
zwecken, dem Patienten eine gewisse Menge Energie in Form von X-Strahlen 
aufnehmen zu lassen und dann das Auftreten der Reaktion abzuwarten. 
Diese Energiemenge kann in einer oder mehreren Sitzungen — im Mittel 2 
oder 3 — verabreicht werden. 

Die Methoden der ersten Gruppe werden von Tag zu Tag weniger 
angewendet: sie sind empirisch und gefährlich. Bei ihnen wird kein Meßapparat 
angewendet; oft ist die Anwendung eines solchen überhaupt unmöglich. 
Hoffentlich werden diese Methoden bald gänzlich aufgegeben werden. 

Die Methoden der zweiten Gruppe beruhen mehr auf wissenschaft¬ 
licher Grundlage. Man kann die angewandte Energie dosieren, und es wird 
wohl niemand die Notwendigkeit des Grundgesetzes in Frage stellen, das da 
lautet: „Jedes therapeutische Agens muß dosiert werden.“ 

Bekanntlich üben gewisse Arzneien verschiedene Wirkungen aus, je 
nachdem sie in großer oder kleiner Dosis verabreicht werden; bei manchen 
äußert sich die Wirkung erst dann, wenn das auf einmal aufgenommene 
Quantum relativ hoch ist. 

Verhält es sich mit den Röntgenstrahlen ähnlich? Soll die aufge¬ 
nommene Dosis immer geringer sein als diejenige, welche eine oberfläch¬ 
liche Radiodermatitis hervorrufen würde? Wird das therapeutische Resultat 
dasselbe sein, je nachdem die für notwendig erachtete Quantität der 
Strahlungen auf einmal vorgenommen werden, oder in etwa zehn Sitzungen, 
welche je 2 Tage auseinander liegen? 


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Über dio. Wichtigkeit der Dosierung und die Methode ctc. 135 


Man kann mit Bestimmtheit behaupten, daß die Radiodermatitis niemals 
notwendig ist zur Heilung der mit Röntgenstrahlen behandelten Prozesse. 
Sie ist nicht, wie man früher glaubte, ein Hiilfsinittel: Der Kranke wird 
nicht gesund, weil er Radiodermatitis hat. 

Um sich hiervon zu überzeugen, hat man nur zu beobachten, wie 
zahlreich die Prozesse sind, welche man mit Röntgenstrahlen zu heilen in 
der Lage ist, ohne die geringste Reaktion auf der Haut zu beobachten. 

Wenn die Röntgenstrahlen richtig angewendet und dosiert werden, 
rufen dieselben Haarausfall hervor; aber weder vor, noch während, noch 
nach dieser Erscheinung ist irgend welche lokale Entzündung wahrzunehmen. 
Gewisse Fälle von Adenie, Leukämie und sogar von Epitheliom bessern 
sich ohne örtliche Reaktion. 

Die Radiodermatitis darf also nur als zufällige Erscheinung betrachtet 
werden; aber sie ist oft unvermeidlich. 

Im Verlauf der Behandlung von Syphilis ändert man das angewandte 
Quecksilberquantum mit der individuellen Toleranz, und besonders auch mit 
der Bedenklichkeit der auftretenden Nebenerscheinungen. Die Stomatitis ist 
eine Begleiterscheinung, die man gewöhnlich zu vermeiden bestrebt ist; aber 
wenn die Symptome bedenklich sind, wenn sie das Leben des Patienten 
bedrohen, zögert man nicht, sich über erstere hinwegzusetzen; man fährt 
mit der Quecksilberkur fort trotz der Stomatitis. 

Die Radiodermatitis ist ebensowenig zur Heilung hartnäckiger Neu¬ 
bildungen erforderlich, wie die Stomatitis zu derjenigen der Syphilis; beide 
sind oft unvermeidlich; es sind kleine Übel im Verhältnis zur großen Wohltat. 

Die Radiodermatitis ist zuweilen ein notwendiges Übel, da manche bös¬ 
artigen Prozesse nur dann rückgängig werden, wenn die Dosis von Röntgen¬ 
strahlen, welche sie in einer einzigen Sitzung aufnehmen, gleich oder größer 
ist als diejenige, welche imstande ist, eine reaktive Entzündung des zwischen 
liegenden Integuments hervorzurufen. 

Zur Bestätigung dieser Behauptung möchte ich einige Fälle anführen, 
die mir sehr beweiskräftig erscheinen. Sie werden wohl auch gleichzeitig 
einen Beleg erbringen dafür, welche Bedeutung man der Dosierung und 
einem methodischem Vorgehen beilegen muß. 

Im November 1904 operierte Dr. Walter, Chirurg der Hospitäler von 
Paris, eine 47jährige Frau, welche mit einem Enchondrom der Ohr-Speichel¬ 
drüse behaftet war. Juni 1902 war die Eiterung von neuem aufgetreten. 
Sie hatte die Umgebung des Ohres ringsum ergriffen sowie die Wange bis 
in die Nähe des Auges. Die Kranke konnte den Mund nicht mehr vollständig 
öffnen. 

Einspritzungen eines besondere Serums waren resultatlos. Dr. Walter, 
den man zu Rate zog, weigerte sich, einen wiederholten Eingriff vorzu¬ 
nehmen und riet zur Anwendung der Radiotherapie. Er überwies dio 
Patientin Herrn Dr. Böclöre; bei der Bedenklichkeit des Falles hielt es dieser 
nicht für ratsam, die Behandlung vorzunehmen. 

Auf den Rat ihres Arztes wandte sich dann die Frau an einen 
Spezialarzt für Elektrotherapie und Radiologie, welcher an der Stelle der 
Eiterung 31 täglich auf einander folgende Röntgenbestrahlungen vornahm; 


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136 


Über die Wichtigkeit der Dosierung lind die Methode etc. 


es erfolgte keinerlei örtliche Modifikation, und statt abzunehraen, vergrößerte 
sich das Neoplasma fortgesetzt. 

Ein zweiter Spezialist setzte das Verfahren fort. Während 5 oder 6 
Wochen nahm er wöchentlich eine Bestrahlung von 5 Minuten Dauer vor. 
Das Resultat war nicht befriedigender. Daher setzte nun die Patientin mit 
jeder ärztlichen Behandlung aus. 

Da das Leiden immer mehr um sich griff, wurde sie einem dritten 
Spezialisten, Arzt an einem Pariser Krankenhause, überwiesen, welcher eben¬ 
falls wieder das Röntgenverfahren anwandte. Einen Monat lang hatte sie 
wöchentlich 3 mal Sitzungen von durchschnittlich 4—5 Minuten Dauer. Die 
Kur rief keinerlei Besserung hervor; die Eiterung griff immer mehr um sich. 

Zufällig wurde nun diese Frau unserm Oberarzt, Herrn Dr. Brocq, 
vorgestellt und dieser überwies uns die Kranke am 28. März 1904. 

Die Läsionen waren sehr bedenklich, eine voluminöse Masse saß 
rings um das Ohr herum, reichte oben bis in die Nähe des Auges und unten 
fast bis ans Kinn. Es bestand bereits Kachexie; die Kranke hatte den 
Appetit verloren und klagte über heftige lokale Schmerzen. 

Statt mit kurzen und wenig intensiven Bestrahlungen zu beginnen, 
wie es die früheren Spezialisten getan, statt aufs Geratewohl und ohne jeg¬ 
lichen genauen Maßstab zu handeln, anstatt ferner erst dann mit der Be¬ 
handlung aufzuhören, als eine Reaktion bemerkbar wurde, entschloß ich mich, 
eine große Dosis anzuwenden. Ich machte mich auf eine Rektion gefaßt, ja 
ich war sicher, daß sie eintreten würde; aber was konnte diese lokale Ent¬ 
zündung für eine Bedeutung haben im Vergleich zur Neubildung, die ich zu 
bekämpfen hatte? Ich durfte nicht schonend Vorgehen, ich mußte Zeit ge¬ 
winnen. Nachdem ich daher die gesunden Partien mit einer Bleifolie ge 
schützt hatte, ließ ich auf einmal 9 H-Einheiten einwirken, mit Strahlen Nr. 
6 bis 7. 

Vierzehn Tage später kam die Patientin wieder. Die Schmerzen hatten 
nachgelassen, das Allgemeinbefinden hatte sich geändert, die Geschwulst 
hatte sich bereits gelegt; die Haut war sehr rot. Trotzdem das Inte¬ 
gument sich in einem solchen Zustand befand, ließ ich noch einmal 6 bis 7 
H-Einheiten einwirken, und als die Kranke nach 14 Tagen zurückkam, hatte 
die Geschwulst nur noch 3 /i ihres früheren Umfangs. Die Haut war blau 
angelaufen und wie aufgeschürft, an manchen Stellen war die Epidermis so¬ 
gar völlig verschwunden. Nun ließ ich die Patientin sich während 14 
Tagen erholen und verordnete ihr für diese Zeit entsprechende Umschläge; 
Die Heilung vollzog sich rasch. Ich nahm dann die Behandlung wieder auf 
mit Dosen von je 6 bis 7 H alle 14 Tage und unterbrach die Sitzungen, 
wenn die Reaktion zu stark wurde. 

Das Allgemeinbefinden der Patientin besserte sich rasch; ihr Gewicht 
nahm zu, und die Geschwulst ging mehr und mehr zurück. Im Verlaufe der 
Behandlung bemerkten ich und auch die Patientin, daß die Bestrahlungen, 
welche die bedeutendste Verringerung der Neubildung hervorgerufen hatten, 
diejenigen waren, die am intensivsten gewirkt hatten und daher von der 
heftigsten Reaktion auf der Haut begleitet waren. 

Als jede Gefahr beschworen war, habe ich die Dosen verringert und 
seit einigen Monaten lasse ich an denselben Stellen alle 12 bis 14 Tage 4 


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137 


Über die Wichtigkeit der Dosierung und die Methode etc. 

bis 5 H einwirken. Heute ist bei der Patientin nur noch eine geringe Spur 
des Leidens zu erkennen, welches von Tag zu Tag abnimmt. 

Hier haben wir also das Beispiel einer Frau, bei welcher das Leiden 
schon sehr große Fortschritte gemacht hatte und die Radiotherapie erst 
dann merkliche Resultate ergab, als die aufgenommene Dosis gleich oder 
größer war als diejenige, welche gewöhnlich eine Reaktion auf der Haut 
bewirkt. 

Damit wollen wir nicht behaupten, daß die Radiodermatitis die Ursache 
der Heilung war; dieser Fall beweist nur, daß, um eine Abnahme gewisser 
Chondro-Sarkome zu bewirken, es zuweilen nötig ist, eine bedeutende Menge 
X-Strahlen auf sie einwirken zu lassen, welche Menge in einigen Fällen die 
gewöhnliche therapeutische Dosis sogar überschreiten kann. 

Ich habe auch einen 67-jährigen Mann in Behandlung gehabt. Er 
wies an der rechten Schläfenseite ein wachsendes Epitheliom von der Größe 
einer Nuß auf, welches von einem warzigen Naevus seinen Ausgang ge¬ 
nommen hatte. 

Dieser Kranke war vorher von einem Röntgentechniker der Hospitäler, 
der kein Arzt war, behandelt worden. 

Vierzehn Tage lang waren tägliche, 10 bis 15 Minuten dauernde Be¬ 
strahlungen vorgenommen worden; die Röhre befand sich hierbei 15 Centi- 
meter von der Haut entfernt; dann wurden die Bestrahlungen nur mehr 3 mal 
wöchentlich gemacht; im Ganzen waren mit dem Kranken 27 Sitzungen vor¬ 
genommen worden. 

Die Geschwulst nahm ein wenig ab; zugleich aber stellte sich fast 
vollständiger Haarausfall ein, sowohl auf dem Kopf als auch an der be¬ 
strahlten Seite des Bartes; der Spezialist hatte nämlich nicht die Vorsichts¬ 
maßregel gebraucht, die gesunden Stellen mit einer Bleifolie zu bedecken. 

Vier Monate lang unterließ nun der Kranke jede Behandlung; in der 
Zwischenzeit nahm die Geschwulst rapid zu. 

Die radiotherapeutische Behandlung wurde nun wieder aufgenommen: 
25 Bestrahlungen fanden statt, wöchentlich je 3. Die Neubildung nahm zu 
statt ab. 

Endlich infolge einer bei der Gesellschaft für Chirurgie vorgekommenen 
Debatte, wo einige Praktiker mit Staunen erfuhren, daß Technik und 
Methode bei Ausübung der Radiotherapie eine Hauptrolle spielen, wurde 
der Kranke unserm Lehrer, Herrn Dr. Böclöre, am Hospital St. Antoine, über¬ 
wiesen, und ich erhielt den Auftrag, den Mann zu behandeln. 

Das wuchernde Epitheliom hatte an seiner Basis 3 cm Durchmesser 
und war 3 cm hoch. 

Nachdem ich die kranken Gewebe gut abgegrenzt hatte, ließ ich in 
einer Sitzung auf die Geschwulst 10 H einwirken mit Strahlen Nr. 7 bis 8. 
Acht Tage später verabreichte ich wieder 8 H-Einheiten. Die Abnahme der 
Geschwulst ging nun rapid vor sich, und der Patient ist heute fast völlig 
geheilt; ich fahre mit der Behandlung fort, verwende aber weniger ener¬ 
gische Dosen. 

Ich hebe besonders hervor, daß in beiden Fällen die Spezialisten, 
welche vor mir behandelt hatten, geringe und wiederholte Mengen einwirken 
ließen (fraktionierte Dosen) und sich keiner Instrumente zur Messung be- 


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Über ilio Wichtigkeit der Dosierung und die Methode etc 


dienten; sie erzielten kein Resultat, sie konnten das Fortschroiten des Leidens 
nicht aufhalten. 

Endlich glaube ich noch einen Fall erwähnen zu müssen, welcher 
zwar nicht mit einer Heilung endigte, nichts desto weniger aber sehr interessant 
ist. Es handelte sich um ein ausgedehntes, stark exulzeriertes Epitheliom 
der Unterlippe; es war jauchig und übelriechend, mit scharf ausgesprochener 
Verhärtung der ganzen darunter liegenden Teile. Eine Veränderung 
erhielt ich erst dann, als ich in einer Sitzung eine starke Menge X-Strahlen, 
etwa 10 H-Einheiten, etwa 8 Tage später 7 bis 8 H-Einheiten einwirken ließ. 
Infolge dieser zwei Bestrahlungen trat eine unerwartete Besserung der Ge¬ 
schwulst ein. Die Verhärtung gab nach. Die Geschwulst verlor ihren torpiden 
Charakter und den üblen Geruch und verkleinerte sich; die Knoten lockerten 
sich. Die Reaktion war übrigens keine sehr heftige, und ich hoffte eine 
Heilung zu erzielen, als mein Patient an einer akuten Lungenentzündung starb. 

Die geringe Intensität der Reaktion bietet übrigens nichts Erstaun¬ 
liches. Ich habe bemerkt, daß gewisse Schleimhäute, entgegen der allgemein 
verbreiteten Ansicht stärkere Röntgenstrahlen-Dosen ertragen können als 
die Haut. Im vorigen Falle waren keine Schleimhäute mehr vorhanden, da 
es sich ja um eine Geschwürsbildung handelte. 

Gewöhnlich trage ich gar keine Bedenken, die Behandlung eines 
ulzerierten Epithelioms mit einer Dosis von 8 bis 10-Einheiten zu beginnen; 
ich bin dabei immer gut gefahren. Man kommt dabei schneller zu einem 
Resultat; es tritt hierbei keine beunruhigende Entzündung auf. 

Meines Erachtens gibt es also gewisse Neubildungen, 
welche erst dann rückgängig gemacht werden, wenn sie einer 
relativ großen Menge von Strahlen ausgesetzt waren. 

Es sind dies aber — ich möchte dies ausdrücklich betonen — 
geradezu Ausnahmen und ich bin davon überzeugt, daß die meisten Kranken 
geheilt werden können, ohne daß man sie einer Strahlung aussetzt, die so 
energisch wirkt, daß die Haut darunter eine Veränderung erleidet. Mit den 
bösartigen Geschwülsten ist es eben wie mit der Syphilis. Die einen heilen 
mit einer geringen Menge von Medikamenten, die andern verlangen eine sehr 
hohe Dosis des therapeutischen Agens. 

Daß man mir jedoch nicht behaupte, gewisse Neubildungen wären erst 
dann rückgängig zu machen, wenn man das Auftreten eines Schorfs bewirkt 
hat. Wenn es zuweilen gestattet ist, nicht heilen zu können, ist es darum noch 
nicht erlaubt zu schaden. Jede ernstliche Reaktion soll sorgfältig verhütet 
werden; unter ernstlicher Reaktion verstehe ich schorfbildende Radioder- 
matitis. 

Die Patienten, welche ich meiner Ansicht nach mit hohen Dosen be¬ 
handeln mußte, wiesen als reaktive Erscheinung immer nur mehr oder weniger 
ausgeprägte oberflächliche Erosionen auf. Ich halte es nicht für gerecht¬ 
fertigt, diesen Grad der Reaktion zu überschreiten. 

Die intensive Methode ist daher auch nur dort möglich, 
wo man die angewandte Energie dosieren kann; andernfalls ist 
•sie unbrauchbar, da der geringste Irrtum eine bedenkliche 
Folgeerscheinung zeitigen kann. 

Die Dosierung ist bei jeder Art radiotherapeutischer Behandlung gleich 


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Bericht über den ersten Riintgenkongroß in Berlin, 30. April—3. Mai 1005. 


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unentbehrlich ; sie allein gestattet, methodisch und schnell zu handeln und dabei 
jeder unangenehmen Überraschung aus dem Wege zu gelten; sie allein er¬ 
möglicht auch einen Vergleich der Methoden und der Resultate. Erst mit 
Anwendung der Dosierung in der Radiotherapie hat. diese die gewaltigen 
Fortschritte gemacht, die ihr ermöglichten, eine Umwälzung in der Therapie 
hervorzurufen. 

Zum Schluß möchte ich noch kurz die Methode angeben, welcher ich 
den Vorzug gebe: 

Auf einmal die zur Heilung erforderliche Menge einwirken lassen, 
wenn hierbei die Hautdecke und die Schleimhäute relativ unversehrt bleiben. 

Jede Bestrahlung so rasch zu Ende zu führen, als möglich ist, ohne 
Schädigungen hervorzurufen. 

Bei gewissen innern rapid fortschreitenden Läsionen ist es zuweilen 
erforderlich, daß man weniger nach der Integrität der Haut frägt als viel¬ 
mehr nach der Gefahr sich richtet, welche der Kranke durch den bei ihm vor¬ 
handenen Prozeß läuft, auch hier wird man aber jeden Fall von Radiodermalitis 
zu vermeiden haben. 


Bericht 

über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905 

erstattet von I)r. med. Ernst Sommer. Winterthur (Schweiz). 

(Nach eigenem Stenogramm.) 

(Fortsetzung.) 

I. Allgemeiner Bericht. 

Haret-Paris et Puffier: De la localisation des corps 
etrangers chez l’bomme. proeödö simple basd surla radioscopie. 
Haret-Paris schreibt über Fremdkörperlokalisation beim Menschen 
und zeigt einen bequemen Apparat vor, mit dessen Hülfe die Auf¬ 
findung von Fremdkörpern, besonders Geschossen im menschlichen 
Körper ermöglicht werden soll, und zwar durch einfache röntgenoskopische 
Betrachtung. Der Fremdkörper liegt im Schnittpunkt zweier Geraden, die 
durch ihn gehen. Diese beiden Geraden repräsentieren zwei sich kreuzende 
Strahlenbündel, die man durch horizontale Verschiebung der Röbre erhält. 
Eintritts- und Austrittsstelle werden auf dem Körper markiert. Dergestalt 
erhält man 4 Punkte, 2 Eintritts- und 2 Austrittspunkte, welche auf einen 
Metallstreifen, der die äußere Körperform genau wiedergibt, übertragen und 
je mit einer Nadel fixiert werden, deren Richtung während des operativen 
Eingriffs jederzeit einen zuverlässigen Wegweiser zur genauen Bestimmung 
der Lage des Fremdkörpers abgibt. 

Settegast: R ö n tge n-D iag n o s t i k bei Verletzungen der 
Malleolon und der Fußwurzelknochen. Viele sog. Fußverstauchungen 
und ähnliche Leiden, die unter allerlei Namen segeln und sich relativ häufig 
besonders beim Militär zeigen, hat die Röntgenuntersuchung als Knochen¬ 
leiden entdeckt. Oft handelt es sich weniger um Frakturen, als 
vielmehr um Verletzungen der Weich teile. Zerreißungen der 
Ligamente beispielsweise bedingen Läsionen des Periostes und können zur 
Entstehung von Osteophytcn Veranlassung geben. Neubildungen als direkte 


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140 Bericht, über den ersten Röntgenkongred in Berlin, 30. April—3. Mai lflOä. 


Folge einer Verletzung sind namentlich da anzunehmen, wo der andere 
Full frei ist oder die Verletzung von Anfang an genau verfolgt werden konnte. 
Bei Verletzungen, welche so häufig ohne röntgenologische Untersuchung als 
Knöchelbrüche bezeichnet werden, liegt meist eine Gewalteinwirkung vor 
gegen die Spongiosateile und die Ligamente. Maleolarfracturen geben heut¬ 
zutage gute Prognose. Eine reiche Serie gut gelungener R ö n t gen¬ 
bilder erläutert den Vortrag. 

Brauner -Wien: Radiologische Diagnostik der Magen¬ 
erkrankungen, an einigen Fällen erläutert. Als neue Unter¬ 
suchungsmethode für Magen- und Darmkrankheiten ist in letzter Zeit 
die röntgenologische hinzugekommen, die wegen der Unmöglichkeit der 
Differenzierung dieser Organe auf gewöhnlichem Weg unter Zuhilfenahme 
eines kleinen K uns t g rif f es ausgeführt wird. In die zu röntgenographieren- 
den Teile werden, je nachdem mit Wismuth vermischte Nahrungs¬ 
stoffe, oder Kapseln mit Wismuth-Pulver oder eine wässerige Auf¬ 
schwemmung derselben Substanz eingebracht, wodurch sie dann auf 
dem Röntgenbild sichtbar gemacht werden können. Der letzteren Methode 
bediente sich der Vortragende bei seinen Untersuchungen. Er bespricht ein¬ 
gehend an Hand der gewonnenen Bilder die Lage und Stellung des 
nüchternen, normalen Magens und die Größe und Form desselben Organes 
in aufgeblähtem Zustand; er erörtert den Einfluß verschiedener Füllungs¬ 
zustände und der respiratorischen Verschieblichkeit und zeigt 
die Wege, welche die Speisen im Magen und Darm passieren. Aus 
seiner Praxis referiert der Vortragende über 2 merkwürdige Fälle. Im 
ersten Fall wurde bei nüchternem Magen zuerst ein Wismuth-Bissen einge¬ 
geben; er beschrieb, wie die Kontrolle mit dem Schirm ergab, einen weiten 
Bogen mit scharfer Krümmung, bis über die Mamillarlinie hinaus und blieb 
dann liegen. Rätselhaftes Bild! Es wurde nun dem Patienten eine Wismuth- 
Aufschwemmung verordnet; statt aber, wie gewöhnlich, breite Streifen zu 
bilden und sich längs des Magens auszubreiten, fand man eine merkwürdige, 
und wie es den Anschein hatte, unerklärliche Zeichnung. Die Sektion er¬ 
gab alsdann ein kolossales Carcinom des Magens, ausgehend von der 
kleinen Curvatur und schürzenförmig zur großen sich erstreckend. Der zu¬ 
erst eingebrachte Bissen war hinuntergegangen und sodann, wahrscheinlich 
durch die Knollen der Krebsgeschwulst von seinem Weg abgebracht worden; 
Die Wismuth-Flüssigkeit war durch Spalten in die Tumoren hineingeflossen 
und hatte auf diese Weise die merkwürdige Durchleuchtungsfigur zu stände 
gebracht. In einem anderen Fall konnte durch die Röntgenuntersuchung ein 
Sanduhrmagen röntgenoskopisch direkt nachgewiesen werden aus der eigen¬ 
tümlichen Formation des Wismuthbreies auf seinem Weg durch den Magen. 

Diskussion: Holzknecht-Wien. Je weiter die Technik der 
Schirmbilder fortschreitet, um so mehr werden wir sie an Stelle der photogra¬ 
phischen Röntgenaufnahmen benutzen, schon im Interesse der Zeitersparnis; 
können wir doch in kurzer Zeit viele solche Untersuchungen vornehmen. Ganz 
besondere Zukunft wird die röntgenoskopische Untersuchung des 
Magens haben, und die Zeit liegt nicht mehr fern, wo eine Untersuchung des 
Magens ohne diagnostische Anwendung der Röntgenstrahlen (Röntgenoskopie) 
eine unvollständige genannt werden wird. Im Anschluß an seinen Vorredner 


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Bericht über den ersten Rönr.genkongreß in Berlin, 30. April—3 Mai 1905. 141 

verbreitete sich der Vortragende sodann eingehend über die Prinzipien 
der Magenuntersuchung mittelst Anwendung der Röntgenstrahlen. Der 
Magen wird mit festem oder flüssigem Inhalt unter Beigabe von Wismuth- 
perlen gefüllt oder mittelst Gas ausgedehnt. Die feste Füllung bleibt immer 
in den tiefsten Lagen und zeigt die Formveränderungen des Magens 
mit wünschenswerter Deutlichkeit. Magenfüllungen mit Gas (Auflösung 
mit CO* z. B.) können Aufschlüsse über die Dehnbarkeit der einzelnen 
Teile geben. Als beste Methode empfiehlt der Sprechende abwechselnde 
Füllung und Blähung und gibt noch Aufschluß über die Verwendung einzelner 
Durchleuchtungsrichtungen und verschiedener Kö rperstellungen. 
Grün mach schätzt die Zahl der Röntgenoskopien auf 5/6, der Röntgen- 
ographien auf 16. Eine Röntenphotographie bringt immer alle Verhältnisse 
zur Darstellung, und oft kommt man mit bloßer Schirmuntersuchung auch da 
noch zum Ziel, wo die Röntgonographie im Stiche läßt (z. B. Wanderleber). 
Bechterew wendet bei der Röntgenoskopie der Magentumoren einen 
kleinen „Kunstgriff“ an, einen mit Wismuth angefüllten oder mit einem 
Mandrin armierten Magenschlauch, der während der Röntgenoskopie Be¬ 
wegungen erlaubt. Krafft-Straßburg erwähnt als Mittel zu demselben 
Zweck einen mit metallischem Quecksilber gefüllten Schlauch, der 
sich nebenbei noch wegen seiner natürlichen Schwere, zur Dehnung von 
Strikturen eignet. Er weist ferner hin auf die Kußmaulsche Behand¬ 
lung des Ulcus ventriculi mit Wismuthaufschwemmung. Bei der Sektion er¬ 
gab sich, daß der Wismuth als feinste Schicht auf dem Ulcus lag. Dieser 
Befund gibt einen Fingerzeig für eventuellen röntgenoskopischen Nachweis 
eines Magengeschwüres durch Persistieren eines dunklen, vom Wismuth her¬ 
rührenden Fleckes an der Stelle des Ulcus im Gegensatz zu einer Tumoren¬ 
bildung, die nur äußerst wenig von der eingeführten Wismuthaufschwemmung 
erkennen läßt. H o lz kne cht gibt zu bedenken, daß eine Wismuthaufschwem¬ 
mung dünnflüssig ist und bei gestrecktem Magen abfließt. Wird ein 
mit Wismuth imprägnierter Bissen eingeführt, so sehen wir auf dem Fluoreszenz¬ 
schirm die Magenperistaltik die große Kurvatur des Magens entlang 
laufen, einer Welle vergleichbar von verschiedener Höhe und Tiefe; dann 
kontrahiert sich das Antrum pylori und preßt die Speisen in den Magen zu¬ 
rück. Sistierendo Peristaltik können wir als Ausdruck einer Wanderkrankung 
ansehen. 

Miller berichtet über die Anwendungdes Röntgen Verfahrens 
in der Zahnheilkunde unter Vorführung günstiger Projektionsbilder. 
Nach einem kurzen Abriß über die Topographie der Mundhöhle und die 
Pathologie der Zähne und der Kiefer betont er, wie eigentlich keine der 
bisher angewandten klinisch-diagnostischen Methoden in allen Fällen zum 
Ziele führe, sondern eine ganze Anzahl krankhafter Veränderungen in der 
Mundhöhle erst durch das Röntgenverfahren zu unserer genaueren Kenntnis 
gelangt und daraufhin zweckmäßiger Behandlung zugänglich gemacht werden 
können. Ganz besonders gilt das von Eiterungsprozessen in den 
Alveolen, Absceßhöhlen, Cystenbildungen, entzündlichen Vorgängen und Neu¬ 
bildungen in der Pulpa, Zahnwurzelabscessen, Cementauflagerungen, Zurück¬ 
haltung, Verirrung und abnormer Stellung einzelner Zähne, zur Auffindung 
von Wurzelspitzen, welche teilweise nur mit Hülfe des Röntgenverfahrens 


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142 Bericht über den ersten Rüntgenkongreli in Berlin. 30. April—3. Mai 1005 

nachgewiesen werden können. Ist die Diagnose gesichert, so kann eine 
rationelle Therapie Platz greifen und die oft unerträglichen Schmerzen 
beseitigen. Aber auch zu Studienzwecken über die Entwicklung 
und Architektur der Zähne eignen sich die Röntgenstrahlen sehr gut. 
Im Anschluß an den Vortrag bespricht Alber s- Sch ön berg (Hamburg) 
die allgemein üblichen Methoden der Röntgentechnik bei Zahnaufnahmen. 

Eber lein: Stand und Ziele derRöntgenologio in der Tier¬ 
heilkunde. Schon zu Anfang der Röntgen-Aera 1896 unternahm der Vor¬ 
tragende grundlegende Versuche über die Möglichkeit der Anwendung der 
Röntgenstrahlen zu diagnostischen Zwecken in der Tierheilkunde. Die Er¬ 
folge übertrafen die gehegten Erwartungen und lieferten namentlich bei den 
in früherer Zeit für die Therapie so schwer zugänglichen Gelenker¬ 
krankungen schöne Resultate. Bei kleineren Haustieren und bei 
Geflügel findet die Röntgenoskopie in hervorragendem Maß An¬ 
wendung, während die Verwertung derselben bei größeren Tieren 
immer noch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Hier kann die 
neue Untersuchungsmethode erst dann gute Resultate liefern, wenn 
die Energie der Strahlen erheblich verstärkt und die Durchleuch¬ 
tung in wesentlich kürzerer Zeit möglich geworden sein wird. Die Arbeit 
der Forscher auf diesem Gebiet wird in erster Linie darauf hinausgehen 
müssen, zweckentsprechende Instrumentarien zu bauen und besonders 
für die Röntgenröhre eine günstige Form zu finden. 

Leonard-Philadelphia: Meine Resultate bei derDiagnose 
der Nieren- und Ureteren stein e. Von oft ausschlaggebender 
Bedeutung ist die Anwendung der Röntgenstrahlen zu diagnosti¬ 
schen Zwecken bei der Untersuchung auf Nieren- oder Ureterensteine 
und die Ergebnisse ihrer Verwendung sind besonders auf diesem Gebiet 
außerordentlich gute, so daß man wohl die Behauptung aufstellen kann, 
die bei den Stein untersuch ungen erzielten Erfolge derRöntgen- 
strahlen seien am ehesten dazu angetan, den großen Wert 
und die segensreiche Wichtigkeit von Röntgens wunderbarer 
Entdeckung für d i e F ö r d e r u n g der wissenschaftlichen Medizin 
am besten zu demonstrieren. Sie geben für die Behandlung dieser 
recht schweren Leiden wichtige Aufschlüsse und erlauben oft, ohne Schaden, 
die Beibehaltung konservativer Behandlung, um abzuwarten, ob die Natur 
selbst sich derselben entledigen könne. Der Vortragende verfügt über das 
stattliche Material von 331 Fällen, bei welchen in nur 3 °/o der Fälle 
röntgenologische Fe hl diagn osen zu verzeichnen waren, ja, in einigen 
Fällen fanden sich auf der photographischen Platte Steine abgebildet, die 
der Operateur hernach nicht finden konnte. Steine der verschiedensten Art, 
Größe und Herkunft werden in hübscher Anordnung in Zirkulation ge¬ 
geben. Die Unterscheidung der Steine nach ihrem Sitz in den Nieren oder 
in einem Harnleiter war bis dahin nicht immer durchzuführen möglich 
gewesen; die Röntgenologie hat nun zu zeigen vermocht, daß gerade die 
Steine der Harnleiter häufiger verkommen, als gewöhnlich angenommen 
wird, gelegentlich sogar häufiger noch als die Nierensteine. Der Redner 
sprach englisch; zum besseren Verständnis wiederholte Cowl die Haupt¬ 
sätze in deutscher Sprache. 


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Bericht über den ersten RÖntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 143 

Prio & Comas, Barcelona: Beitrag zur Kasuistik der 
N ie r e n s t e i nd i agn ose mit Hülfe der Röntgenstrahlen. Da die 
beiden Herren der deutschen Sprache nicht mächtig sind, liest I in me 1 mann 
das übersetzte Referat vor. In ihren Folgerungen gehen sie fast noch 
weiter als der frühere Redner und formulieren ihre Meinung dahin, daß der 
negative Erfolg des Steinnachweises auf mehreren Platten bei sachverständiger 
Ausführung die Anwesenheit von Nierensteinen ausschließt. Die von ihnen 
vorgewiesenen Bilder sind durchweg recht schön. NichtdieNatur 
der röntgenographisch aufzunehmenden Steine an sich, noch auch ihre 
Größenverhältnisse, noch die Leibesbeschaffenheit der zu unter¬ 
suchenden Patienten bieten für den die Technik beherrschenden Röntgenologen 
unüberwindliche Schwierigkeiten. 

Cowl führte das Thema noch weiter aus und besprach seine Versuche 
über die Abbildung von Harnsäure- und anderen Steinen. Seinen Er¬ 
örterungen zufolge ist die Möglichkeit der Darstellung von Steinen 
durch ihr Atomgewicht bedingt. Bei Steinen mit beträchtlichem Gehalt 
von Natrium und Calcium steigert sich die Summe der Atomgewichte aus 
den einzelnen Komponenten und demgemäß auch die Chancen für deren 
Aufnahme-Möglichkeit, während z. B. die Harnsäuresteine fast gar keine 
Aussicht haben, abgebildet zu werden. Die Diskussion wird rege benutzt. 
Holzk necht-Wien warnt vor Täuschungen bei Nierensteinaufnahmen, die 
für den Patienten unter Umständen äußerst schlimme Folgen haben können. 
Er betont ausdrücklich, daß der Nachweis eines Konkrementes in der 
Niere noch kein Beweis für die Anwesenheit eines Steines ist 
und gedenkt der Möglichkeit, daß ein Konkrement auf dem Bild 
zu finden ist und die dauraufhin vorgenommene Operation doch keinen 
Nierenstein zu ergeben vermag. Wenn Steine abgebildet werden, soll 
man sich bemühen, eine topische Diagnose aufzustellen. 

Sträter-Aachen: In allen Fällen gelingt es, Teile der Nieren, mit 
Ausnahme vielleicht ihres oberen Poles, auf die Platte zu bekommen. Es lassen 
sich nachweisen Größen- und Lageveränderungen, Tumoren der 
Nieren, Steine, tuberkulöse Prozesse etc. Als einfachste Technik 
schlägt er vor, Aufnahmen in Rückenlage mit hochgehobenen Beinen und 
Kopf und Kompression der Aufnahmestelle mittelst eines durch eine Bindentur 
festgehaltenen Lofaschwammes; vorherige Darmentleerung ist wichtig! 

Albers-Schönberg (Hamburg) gedenkt der Fehlerquellen 
bei Nierensteinun tersuchungen; in erster Linie erwähnt er Ver¬ 
wechslungen mit Kotsteinen. Die Differentialdiagnose ergibt 
der Nierenkatheterismus und die Urinuntersuchung; Nierensteine sind 
homogen und zeigen keine Schichtung. Verwechslungen mit Verknöcher¬ 
ungen der Rippenbogen; gewöhnlich betrifft diese Abnormität mehrere 
Rippen. Er erwähnt ferner einen „Konkrementschatten“ über dem 
horizontalen Schambeinast gegen das Darmbein hin. Diese Bildung ist wohl 
nicht als Steinschatten aufzufassen; eine eindeutige Erklärung ihres 
Vorkommens ist zur Zeit noch nicht möglich; Böclöro betrachtet sie 
als knöcherne Einlagerungen in die hinteren Beckenbänder. 
Die Niere ist auch bei Fettleibigen gut zu sehen; das außen um die Nieren 
herum reichlich gelagerte Fett hebt sie gut ab, bei Mageren ist die Sache 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 

schon schwieriger. Die moderne Röntgenographie ist imstande, 
Nierensteine von Erbsengroße bei nicht zu korpulenten 
Leuten zur Darstel hing zu bringen. Cystin-und X a nth in stein e 
lassen sich gut abbilden, Harnsäuresteine bieten keine Chancen. Bei 
vermuteter Anwesenheit von Nierensteinen ist genaue Harnuntersuchung 
geboten, auch die Exploration des Blutes ist wichtig. Es sprechen 
weiterhin noch Cowl, Wertheim-Salomonson (Amsterdam); Stieda 
erklärt die von A lb e r s-S c h ön b e rg (Hamburg) beschriebenen Schatten 
über dem horizontalen Schambeinast als Knochenverdickungen an der 
Spina ischiadica. 

Crzellitzer sprach über die Sichtbarkeit der Röntgen¬ 
strahlen. Röntgen erklärte in einer seiner ersten Publikationen die von 
ihm entdeckten Röntgenstrahlen für unsichtbar. Seine Forschungen 
und besonders die Arbeiten des Vortragenden haben aber ergeben, daß die 
Röntgenstrah 1 en unzweifelhaft Wirkungen auf die Netzhaut aus¬ 
zuüben vermögen und zwar im Sinne einer direkten Reizung der Stäbchen¬ 
schicht derselben. Genügend harte Röhren senden solche auf die Netzhaut 
wirkende Strahlen aus und auch nach Abblendung aller Lichtstrahlen und 
Ausschaltung etwaiger elektrischer Reizung bleibt die spezifische Wirkung 
bestehen. 

Die Netzhaut vermag Röntgenstrahlen als Licht wahrzunehmen und 
auch die Form (rund, quadratisch u. s. w.) eines solchen Strahlenbüschels 
kann richtig erkannt und entsprechend nach außen projiziert werden. Es 
lag nun der Gedanke nahe, Blinden mit erhaltener Netzhaut bei Trübung 
der vorderen Augenmedien (die zwar in solchem Zustand für Lichtstrahlen 
undurchdringlich sind, Röntgenstrahlen dagegen passieren lassen,) unter 
B enutzung besonders konstruierter Bleischablonen ein allerdings modi¬ 
fiziertes Sehen zu ermöglichen. Diese Schablonen müßten so di¬ 
mensioniert sein, daß die passierenden Strahlen gerade die Macula lutea 
treffen könnten. Der Vortragende hat entsprechende Versuche angestellt. 
Die Größe des gelben Flecken schwankt in den Angaben der Anatomen 
beträchtlich, von 1—3 Millimeter; seine Durchschnittsgröße mag viel¬ 
leicht 2,25 mm betragen. Dünnere Strahlenbündel als 2,5 mm erwiesen 
sich wirkungslos. Aus den zahlreichen Versuchen ging als Resultat hervor, 
daß gerade das Netzhautzentrum für Röntgenstrahlen unem¬ 
pfindlich ist und daraus ergibt sich leider die Unmöglichkeit, Blinden 
mittelstRöntgenstrahlen eine auch noch so geringe und modifizierte Seh¬ 
kraft zu verleihen. Diskussion. Cowl glaubt auch an die Sichtbar¬ 
keit der Röntgen strahlen, hält aber ihre Lichtmenge für außer- 
odentlich gering; er taxiert sie auf den millionsten Teil einer Normalkerze. 
Grunmach bestätigt die Richtigkeit der in seinem Laboratorium ge¬ 
machten Versuche und Ergebnisse, die er durch photographische Auf¬ 
nahmen kontrollierte und weist auf die große Gefahr hin, denen 
sich der Experimentator bei Vornahme seiner Untersuchungen aussetzte. 

Riedinger-Würzburg berichtet über ein recht seltenes Vor¬ 
kommnis: Masernosteomyelitisim Röntgenbild. Fibrinöse Exsudationen 
und Nekrotisierung des Markgewebes sind nachgewiesen worden im Gefolge 
von Typhus von Frankel (Osteomyelitis typhosa), bei Variola von 


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Bericht über den ersten Bfintgenkoiurreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


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Chiari (Osteomyelitis variolosa), bei Influenza von Franke; von 
Masernosteomyelitis finden sieb aber bislang noch keine An¬ 
gaben in der Literatur. Die im allgemeinen milde verlaufende Masern¬ 
erkrankung ist imstande, deletäreVeränder ungen im Knochen mark 
hervorzurufen. In dem besprochenen Fall handelte es sich um ein zwölf¬ 
jähriges Mädchen, bei welchem 14 Tage nach der Masernerkrankung eine 
Schwellung am ersten Metatarsale am linken Fuß auftrat unter dem 
Bild einer röntgenographisch nachgewiesenen Osteomyelitis mit Spina 
ventosa Charakter. Der Vortragende empfiehlt, alle Masernrekon¬ 
valeszenten, die über Schmerzen in den Füßen klagen, auf 
eventuelles Vorhandensein dieser Affektion zu untersuchen. Original¬ 
vortrag. 

Ludloff-Breslau behandelt das namentlich für Unfall- und Kassen¬ 
ärzte wichtige Kapitel der Rückenschmerzen nach Unfällen, die Ver¬ 
letzungen der Lendenwirbelsäule u'nd des Kreuz beins, Demonstra¬ 
tion von Photogrammen derV er letz ungen de r]Ha 1 s- undLenden- 
Wirbelsäule. Viele Arbeiter werden oft mit größtem Unrecht als Simulan¬ 
ten abgewiesen, wenn ein äußerlich erkennbarer, objektiver Befund nicht 
vorliegt, während bei guten Aufnahmen die Röntgenstrahlen in manchen 
Fällen in verblüffender Weise tatsächlich vorhandene und durch den Unfall 
direkt verursachte Verletzungen der Wirbel resp. des Kreuzbeins 
erkennen lassen: Frakturen, Verschiebungen, Schwartenbildungen tftc. 
Mit Hülfe des Röntgenverfahrens sind wir gelegentlich in der Lage, von 
diesen Leuten das Odium der Simultation zu nehmen. 

Levy-Dorn spricht aus dem reichen Schatz seiner Erfahrungen 
auf dem Gebiet der Röntgen strahlen (mit Demonstrationen) und 
verbreitet sich zunächst über die Frage der genauen Dosierung der zu 
therapeutischen Zwecken angewandten Röntgenstrahlen (Röntgentherapie). 
Die neueren Methoden messen nicht die direkte Strahlenmenge, 
sondern nur ihre Intensität und suchen zu bestimmen, wie viel zur Er¬ 
zeugung einer spezifischen Dermatitis notwendig sei. Diese Menge 
hängt aber außer von anderen Faktoren in besonderem Maße auch von der 
Grundfläche des Bestrahlungskegels ab, d. i. des Strahlenbündels, 
das bei der Bestrahlung die Haut des Patienten trifft. Weder für den 
Patienten noch für den Arzt, der die Untersuchung vornehmen muß, ist es 
gleichgültig, ob die Strahlen den ganzen Körper treffen oder nur einen Teil 
desselben. Von diesen Gesichtspunkten aus bespricht der Vortragende die 
Anforderungen an ein z u verlässig es Röntg e n s trahlen-M ess- 
instrument; als Maßstab für die angewendete Strahlenmenge sollte die 
Grundfläche des von der leuchtenden Röhre ausgesandten Lichtkegels, 
welcher bei der Bestrahlung die Haut trifft, angenommen werden. Als 
Unikum dürfen seine kinematographischenRöntgenbilder-Serien 
betrachtet werden, die unstreitig einen großen wissenschaftlichen und 
einen nicht zu unterschätzenden didaktischen Wert besitzen. Es werden 
mittelst eines Projektionsapparates vorgeführt kinem atograph ische Ge¬ 
lenkbewegungen d es Hand-, Ellbogen-und Kn ieg ele nkes. Levy- 
Dorn ist ein warmer Anhänger der Schirmuntersuchung, die er in 
allen angängigen Fällen angewendet wissen möchte, deren Wichtigkeit 

Archiv f. Physik. Medizin etc. 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


er an mehreren Beispielen aus der Praxis erläutert. Insbesondere gedachte 
er eines Falles, hei dem es nur durch die Röntgenoskopie möglich war, 
Verwachsungen des Zwerchfells nachzuweisen. 

Zondek bringt Beiträge zur Differential-Diagnose der 
Knochen Veränderungen im Hinblick auf das Röntgen bild und 
berichtet speziell über einen merkwürdigen Fall, bei dem allein das Rönt¬ 
genogramm darüber Aufschluß geben konnte, daß die Entstehung 
eines Aneurysmas durch eine Exostose bedingt worden war. 

Tuberkulose-Referate bilden den Schluß der heutigen Sitzung. 
Die eminente Wichtigkeit des von den berufensten Vertretern Vorgebrachten 
verlangt eigentlich eine ausführlichere Darstellung; bei der Knappheit des 
uns zur Verfügung stehenden Raumes beschränken wir uns auf das Not¬ 
wendigste und Wichtigste und behalten uns für eine der nächsten 
Nummern ein zusammenfassendes, einheitliches Referat vor. 

K ö h 1 e r - W i e s b a d e n erörtert die Frühdiagnose der kind¬ 
lichen Lungendrüsen tuberkulöse. An Hand zahlreicher, prächtiger 
Projektionsbilder weist er die Möglichkeit der frühzeitigen 
Diagnose der juvenilen Lungendrüsentuberkulose mittelst Anwendung der 
Röntgenstrahlen nach; der eminente Wert möglichst frühzeitiger Erkenntnis 
in den Anfangsstadien der Krankheit liegt ja auf der Hand, ist doch zu 
dieser Zeit das so heimtückische Leiden einer Heilung fähig. Normale 
oder entzündlich vergrößerte Lyinphdrüsen im Brustraum sind im 
allgemeinen durch die Röntgenstrahlen nicht wohl zu erkennen. Liegen sie 
aber haufenweise hintereinander beisammen in der Richtung der auftreffenden 
X-Strahlen, so können sie sich als leichte Schatten auf der Platte be¬ 
merkbar machen. Anders verkäste und verkalkte Lyinphdrüsen. 
Die Schirmuntersuchung bei der Durchleuchtung, daneben eventuell noch 
Aufnahmen, lassen uns diese Gebilde deutlich erkennen, ja sogar durch ein¬ 
fache Röntgenoskopie verkäste und verkalkte Lyinphdrüsen von 
einander unterscheiden. Eine harte Röhre zeigt uns verkalkte 
Lyinphdrüsen ganz deutlich, im Röntgenbild metallischen Fremdkörpern 
vergleichbar; verkäste Drüsen hingegen sind durch das von einer harten 
Röhre produzierte Röntgenlicht nicht zur Wahrnehmung zu bringen. Längere 
Betrachtung mit weicher Röhre läßt uns die Lungenfelder in aller 
Deutlichkeit erkennen; nach und nach treten die Schatten geschwollener 
Lymphdrüsenpackete hervor. Mit dem allmählich eintretenden Härter¬ 
werden der Röhre ändert sich das Bild successive, seine Deutlichkeit 
schwindet immer mehr, und nur die verkalkten Drüsen sind noch deutlich 
zu sehen. Projektionsbilder typischer Fälle erläutern die Ausführungen 
des Vortragenden, der ausdrücklich betont, es sollte eigentlich jeder gewissen¬ 
hafte Arzt es sich zur Aufgabe machen, bei Verdacht auf Drüsen¬ 
tuberkulose seine Patienten einer genauen Röntgenuntersuchung 
unterziehen zu lassen. 

Hennecart-Sedan: Contribution ä l’ötude du diagnostic 
de la tu bereu lose pulmonaire au döbut par les Rayons de Rönt¬ 
gen. Er wünscht zur Ergänzung der klinischen Untersuchungsmethoden, 
aber absolut nicht zur Umgehung derselben, bei der Untersuchung zweifel¬ 
hafter Tuberkulosefälle die Röntgenuntersuchung heranzuziehen. In 73% 


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Bericht über den ersten Böntgenkonarreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


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der Fälle ergab die Röntgenuntersuchung eine Verminderung derHellig- 
keit der kranken Spitze der affizierten Lunge und in 40 °/o einen Tief¬ 
stand des Zwerchfells auf der kranken Seite. In seinen Forderungen 
geht er weiter als seine Vorredner, er plädiert für periodische jährliche 
Röntgenuntersuchungen der Zöglinge höherer Lehranstalten 
und verlangt dieselbe Maßregel für Rekruten und Kandidaten für eine 
Lebensversicherung. 

Balsamoff-Sofia:Lesglandesconglomeröesdumediastine 
et les ganglions peribronchiques en radiographie; leurs importance 
pour le diagnostic pröcoce de la tuberculose. Er vertritt den¬ 
selben Standpunkt von der außerordentlichen Wichtigkeit der röntgen¬ 
ologischen Untersuchung für den diagnostischen Nachweis der Lungen¬ 
tuberkulose, besonders in ihren Früh Stadien, z. T. an Hand verschiedener 
Röntgenogramine. 

Die reichlich benutzte Diskussion bewegt sich ganz in dem Rahnen 
des Vorgetragenen. Weinberger-Wien berichtet über seine Erfahrungen 
betreffs des Nach weises von Krankheitsherden in der Lunge. Wolff 
betont die Wichtigkeit der Röntgenuntersuchung zum Nachweis früherer 
Tuberkulose und des Resultates der stattgefundenen Behandlung; er erwähnt 
Fälle, wo er den Erfolg von Impfungen mit Tuberkulin vom Röntgenbild 
bestätigt fand. Katholicky-Brünn zeigt Bilder der sog. Pagetschen 
Krankheit, eine Knochenerweichung am Schienbein, einhergehend mit 
säbelscheidenartiger Verbiegung desselben. Hand in Hand mit der Er¬ 
weichung resp. Zerstörung des Knochens geht eine Neubildung der Knochen¬ 
substanz, die sich durch ihre Kalkarmut auszeichnet; die Beschwerden waren 
trotz weitgehender Knochenveränderung nur geringe. 

Damit war ein schöner Teil der außerordentlich reichhaltigen Trak¬ 
tandenliste erschöpft. Das Comitö hatte den dankenswerten Beschluß gefaßt, 
den Kongreßteilnehmern die äußerst mannigfaltige Anwendung der Röntgen¬ 
strahlen und der durch dieselben erzielten Erfolge durch einen sehr 
reichhaltigen Projektionsabend vor Augen zu führen. Wir erwähnen 
u. a. folgende Projektionsvorträge: Rumpel demonstrierte die ver¬ 
schiedensten chirurgischen Affektionen aus der v. Bergmannschen 
Klinik. Joachimsthal führt die Dauerresultate der unblutigen 
Behandlung der angeborenen Hüftverrenkung im Röntgenbilde 
vor. Die großen Fortschritte der modernen Orthopädie, die an Stelle der 
eingreifenden blutigen Operation in vielen Fällen die unblutige Ein¬ 
renkung treten lassen kann, zeigen sich gerade bei dieser Krankheit in 
besonders augenfälliger Weise. Die Röntgenuntersuchung ergibt die Möglich¬ 
keit, jederzeit den genauen Zustand des erkrankten Gelenkes im Bild 
darzustellen und die zu verschiedenen Zeiten während der Behandlung auf¬ 
genommenen Röntgenbilder geben uns von dem Fortschreiten des 
Heilungsprozesses und zugleich auch von der Leistungsfähigkeit 
der Lorenzschen Methode beste Beweise. 

Bade-Hannover spricht an Hand seiner Bilder über die Be¬ 
deutung der Röntgenstrahlen für die Lehre der angeborenen 
Hüftenverrenkungen. V or der Möglichkeit der Anwendung der Röntgen- 

10* . 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


strahlen war die Diagnose dieser schweren Krankheit oft nicht möglich, 
wenn die von ihr befallenen Kinder laufen konnten; jetzt ist frühere 
Erkenntnis und zweckmäßige Behandlung möglich und eine Ver¬ 
wechslung mit anderen Affektionen auf einem guten Röntgenogramm kaum 
mehr möglich. Das Röntgenbild verhütet auch die sog. Scheineinrenkungen 
und gibt für die Weiterbehandlung wichtige Winke. Betreffend 
die Genese der Krankheit spricht sich der Vortragende dahin aus, es sei 
die angeborene Hüftverrenkung nicht als Verrenkung im eigentlichen Sinn 
des Wortes aufzufassen, sondern als eine Art Mißbildung resp. Bildungs- 
hemmung aller das Fußgelenk zusammenfassenden Teile. 

Sträter-Aachen führte hauptsächlich gute Röntgenogramme 
von Schädelaufnahmen vor. 

Das Hauptinteresse des Abends konzentrierte sich auf die Aus¬ 
führungen und Projektionsbilder von A1 bers-Schönberg (Ham¬ 
burg): Demonstration ägyptischer Mumien. Den Menschen ist nicht 
einmal mehr der tote Leib ihrer Vorfahren heilig: die Mumien sind Handels¬ 
stücke geworden, Artikel von großem Wert; ihr Erhaltungssystem steht 
bei der Preisbestimmung natürlich im Vordergrund. Es hat sich, besonders 
in Egypten, nach und nach eine Art Industrie gebildet: ein schwunghafter 
Handel mit falschen Mumien, der eine Art Strohpuppen in richtige 
Binden eingehüllt, als echt auf den Markt bringt, mit verschieden¬ 
artigstem Inhalt (Stroh, Lumpen, Tierknochen etc.). Aber die Röntgenstrahlen, 
die auch auf diesem Gebiet von wirklich praktischem Nutzen sich 
erweisen, decken den Betrug auf: Die Untersuchung des Inhaltes der eigen¬ 
artigen Umhüllung und Entdeckung einer eventl. Fälschung kann mittelst 
derselben leicht vorgenommen werden, da eine Eröffnung der durch viel¬ 
fache Umhüllungen zusammengehaltenen Mumie leicht deren Zerfall 
herbeiführen könnte. Die Aufnahmen, die Albers-Sc hönberg vorwies 
und die durchgehend das höchste Lob verdienen, stammen von der 
Mumie eines e g y p t, i s c h e n Priesters, die sich zur Zeit im Museum für 
Völkerkunde in Hamburg befindet. Ihr Alter wurde aus einer entzifferten 
Inschrift auf einem der Mumie beigegebenen sog. Scarabäus auf 2800 Jahre 
berechnet. Photographische Aufnahmen zeigen die Mumie von außen im 
Schmuck ihrer vielen Zierraten und Bänderumhüllungen. Die Röntgenbilder 
der verschiedenen Körperteile nötigen uns für die Kunst der egyptischen 
Einbalsamierung die größte Bewunderung ab. Der Mumienkopf ließ im 
Röntgenogramm noch einzelne Teile erkennen; Augapfel und Lidspalte 
waren zu unterscheiden, die Zunge und die Zähne deutlich zu erkennen; 
Weichteile und Skelett sind gut erhalten. Die Form und Struktur der ein¬ 
zelnen Knochen zeigt gegenüber den heutigen Verhältnissen keine prinzipi¬ 
ellen Unterschiede; die großen Körperhöhlon sind mit einer dichten Masse 
(Asphalt?) ausgefüllt. 

Straß mann brachte aus der pathologischen Sammlung der Berliner 
Charitd an Hand eines riesigen Materials Röntgenaufnahmen von 
menschlichen Doppelmißbildungen, Eb erlein ähnliche Mißbildungen aus dem 
Tierreich. 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, .SO. April—3. Mai 1 ‘K)5. 

Über den künstlichen Krüppelfuß (Stummelfuß) der Chinesinnen trug 
Frankel-Nürnberg an Hand entsprechender Röntgen-Projektionsbilder in¬ 
teressante Details vor, mit besonderer Berücksichtigung der anatomischen 
Konfiguration. 


Der zweite Kongreßtag, Dienstag, 2. Mai 1905, war hauptsächlich 
der Erörterung physikalisch-technischer Fragen auf dem Gebiet 
der Röntgenstrahlen gewidmet, die den ärztlichen Praktiker weniger 
interessieren dürften. Wir beschränken uns deshalb in der Berichterstattung 
auf das Wichtigste. 

Prof. Dr. Wertheim-Salomonson (Amsterdam): Über 
L eistungsinessu ngen an Induktorien. Bestimmung der Energiever¬ 
luste im primären Stromkreis, im Vorschaltwiderstand, im Unterbrecher und 
an den sekundären Klemmen lassen uns berechnen, wieviel von der in das 
Induktorium hineingegebenen Energie im sekundären Strom zurückerstattet 
wird; sie geben uns zugleich einen Überblick über den Nutzeffekt und 
die Leistungsfähigkeit desselben. Die an den sekundären Klemmen 
frei werdende Energie, mittelst einer besonderen kalorimetrischen Methode 
gemesson, ergibt unter Benutzung eines gewöhnlichen mechanischen Unter¬ 
brechers als Nutzeffekt 50—52 o/o der in den Apparat hineingegebenen 
Energie; wird ein Wehnelt-Unterbrecher benutzt, so sinkt der Nutz¬ 
effekt auf 26—32°/o. Der Redner verbreitet sich weiter über die Messung 
der Kapazität der sekundären Spirale, Messungen der Energie für bestimmte 
Funkenlängen, mit anderen Worten, er stellt sich die Frage: Wieviel Energie 
ist nötig, um ein bestimmtes Quantum Röntgenlicht zu erhalten, wieviel 
primäre Watt muß man an den Klemmen verbrauchen, zur Erzeugung 
einer gewünschten Menge Röntgenstrahlen ? Es liefern nun 100 Watt in der 
primären Spirale unter Benutzung eines mechanischen Unterbrechers Röntgen¬ 
licht von derselben chemischen Energie, auf der photographischen Platte ge¬ 
messen, wie wenn man 0,0426 Hefnerkerzen auf die Platte während der¬ 
selben Zeit und aus der gleichen Entfernung ein wirken läßt; bei Benutzung 
eines Wehnelt-Unterbrechers ist das erhaltene Resultat etwas kleiner, 0,024 
Hefnerkerzen. 

An den interessanten Vortrag schloß sich eine lebhafte Diskussion 
an. Dessauer (Aschaffenburg) spricht seine Befriedigung aus über 
die schönen Untersuchungen und die Versuche zu exakter Messung. Boas 
(Berlin) kritisiert einzelne Teile der Untersuchungsreihe und die erzielten 
Resultate. Es sei der Phasenwinkel zu wenig berücksichtigt, die vom Vor¬ 
tragenden berechneten Nutzeffekte von ca. 50°/o seien zu klein; an einem 
Induktorium von 80 cm Schlagweite habe er 75—80°/o Nutzeffekt gemessen. 
Prof. Werthei in- Salonionson erwidert in seinem Schlußwort auf die 
Ausstellungen von Boas. 

Walter (Hamburg): Über die Messung der Intensität der 
Röntgenstrahlen. Angesichts der deletären Einwirkung der Röntgen¬ 
strahlen auf den menschlichen Körper ist es ein Gebot der Notwendigkeit, den 
die Röntgenologie praktisch ausübenden Arzt in die Lage zu versetzen, die 
für jeden einzelnen Fall therapeuthisch notwendige Strahlendosis mittelst 


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Bericht über den ersten Röntgrenkongreß in Berlin, BO. April—3. Mai 1905. 


eines besonderen Verfahrens messen zu können. Das Problem der 
Messung der Intensität der Röntgenstrahlen, oder besser das Problem der 
Messung der von einer bestimmten Röhre ausgesandten Energie ist zuerst 
von Holzknecht (Wien) als direkte Methode mit der Konstruktion seines 
Chromoradiometers gelöst worden Seine Wirkung beruht auf der Ver¬ 
färbung gewisser Salzgemische unter dem Einfluß auftreffender X-Strahlen. 
Walter wirft dem Instrument vor, daß die verschiedenen Farben-Nüancie- 
rungen der Skala zuwenig von einander sich unterscheiden; einige Nummern, 
z. B. 6—8, zeigen für sein Auge eigentlich keinen Unterschied. Trotzdem 
bedeute der Apparat einen wichtigen Fortschritt. Mittelst desselben ist 
es möglich, die gesamte Menge Röntgenstrahlen in einer einzigen Sitzung zu 
applizieren; die Chromoradiometertabletten sind regenerierfähig. Die Me߬ 
methode nach Freund (Wien) benutzt eine 2°/ 0 ige Lösung von Jodoform in 
Chloroform. Die, frisch bereitet, hellgelbe Lösung wird durch die einwirkenden 
Röntgenstrahlen infolge von Jodabscheidung rot. Wenn auch die Freund’sche 
Methode empfindlicher ist als die llolzknecht’sche, so ist sie doch recht ungenau, 
weil sich bei längerem Stehen der Lösung spontan Jod abscheidet und die 
jedesmalige Bereitung einer frischen Lösung umständlich und zeitraubend ist. 
Sabourand & Noire benutzen bei ihrer direkten Meßmethode rundliche mit 
Bariumplatincyanür getränkte Papierblättchen als Reagenzkörper, welche 
ihre gelbgrüne Farbe unter der Strahlungswirkung in einen rötlichen Ton 
verwandeln. 

Als vierte direkte Meßmethode wäre der Einfluß der Röntgenstrahlen 
auf die Widerstandsverminderung des Selens zu erwähnen; aber es steht 
der Beweis noch aus, ob diese Wirkung der Intensität der Strahlung 
proportional geht. Die indirekten Methoden benutzen nicht die Inten¬ 
sität der Röntgenstrahlen, sondern einzelne, an der Röntgenröhre erscheinende 
Phänomene. 

Köhler (Wiesbaden) war der erste, der die Wärmeerscheinungen 
in der Röntgenröhre als Indikator gebrauchte. Dem Kathodenspiegel gegen¬ 
über ist bei der Köhler’schen Röhre ein Thermometer angebracht, dessen 
Temperatursteigerung nach Verfluß bestimmter Zeit abgelesen wird und 
einen Schluß auf die Intensitätswirkung der Strahlung erlauben soll. Ratio¬ 
neller erschien eine Abänderung in Gestalt einer Wasserkühlr ö h r e und 
Messung der Temperaturerhöhung des Kühlwassers. Die Methode erscheint 
noch unsicher. Besser und einfacher ist die Mi lliampöre-Methode, die 
direkte Messung der Stromstärke, aber auch diese ist nicht gegen alle 
Angriffe gefeit. Empfehlenswert erscheint dem Vortragenden die Ver¬ 
bindung des Holzknecht’schen Chromoradiometers mit der 
Milliainpöremethode. 

Diskussion. Kien b öck (Wien) spricht von der großen Bedeutung 
von Intensitütsmessungen für die Röntgentherapie und hebt den Vorzug der 
Holzknecht’schen Methode vor der Milliampöre-Methode hervor, und stellt 
überhaupt die direkten Messungen über die indirekten. Schon vor fünf 
Jahren beschrieb er seine photographische Methode, gab aber dann 
seine Versuche aus verschiedenen Gründen vorläufig wieder auf. Nach 
vielen Versuchen ist ihm dann die Konstruktion einer neuen Methode ge¬ 
lungen (über die er nachher einen Vortrag hielt). Ein unterempfindliches 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


151 


photographisches Papier wird in eine lichtdichte schwarze Umhüllung gelegt, 
während der ganzen Dauer der Exposition mitbestrahlt, und mit einer 
Normalskala verglichen. Derart ist es möglich, über die absorbierte Röntgen¬ 
lichtmenge genauen Aufschluß zu erhalten, v. Kowalski (Freiburg-Schweiz) 
macht den Vorschlag, der Kongreß solle über die Frage der Intensität der 
Röntgenstrahlen genaue Definitionen beschließen. Klingelfuß (Basel) be¬ 
merkt zur Messungsfrage, statt durch ein Milliampöreraeter könne die Inten¬ 
sität auch mittelst eines Voltmeters bestimmt werden. Cowl (Berlin) 
macht Bemerkungen über verschiedene von ihm angestellte Versuche zur 
Messung der Röntgenstrahlenmenge. Köhler (Wiesbaden) betont, die 
Dosierung der therapeutischen Röntgenstrahlenmenge betreffend, daß ihre 
Einwirkung auf das lebende Gewebe vermittelst des Baryumplatincyaniir- 
schirmes und der photographischen Platte nicht genau gemessen werden 
könne. Jede Methode müsse am lebenden Gewebe empirisch festgestellt 
werden, und bevor er seine Arbeit über die Dosierungsröhre bekannt gemacht, 
habe er viele Jahre lang einschlägige Versuche angestellt. Dessauer 
(Aschaffenburg) spricht für ein ausführliches Votum über die von Prof. v. Ko¬ 
walski angeregte Untersuchung über die Intensität der Röntgenstrahlen und 
schlägt seinerseits eine gemischte Kommission von Physikern, Technikern 
und Ärzten vor zum Studium dieser Frage. Berger (Erlangen) ist der An¬ 
sicht, die Strommessung in der Röhre sei immerhin ein relatives Maß für die 
photographische Aufnahme. Levy-Dorn (Berlin) hält eine Kommission 
nicht für geeignet, die schwebende Frage zu entscheiden. Es wäre das sehr 
einfach, Probleme so zu lösen; man brauchte nur Kommissionen zu ernennen. 

Holzknecht (Wien). Wir haben Methoden, welche wirkliche Mengen- 
Messungen sind und andere, welche nebenbei noch andere B'aktoren messen. 
Warum wird denn das Finsenlicht nicht gemessen? Die Röntgenlichtquelle 
ist aber inkonstant, weder die Qualität einer und derselben Röhre, noch die 
Intensität der von ihr gelieferten Strahlen ist konstant, während wir im 
Finsenlicht eine konstante Lichtintensität besitzen; wäre dem nicht so, so 
brauchten wir überhaupt kein Meßinstrument. Er verbreitet sich sodann ein¬ 
gehend über die Forderungen, welche an ein brauchbares Meßinstrument zu 
stellen sind. Dessauer (Aschaffenburg) nimmt gemeinsam mit Professor 
v. Kowalski dessen Antrag wieder auf und weist die Einwände Levy-Dorns 
zurück. Es handelt sich jetzt darum, die zur Zeit bestehenden Anschauungen 
physikalischer Art über die Frage der Intensität der Röntgenstrahlen kennen 
zu lernen. Diejenigen, die sich praktisch verwerten lassen, auszusondern und 
hernach praktische Regeln für die therapeutische Anwendung der Röntgen¬ 
strahlen in der Medizin abzuleiten. Er stellt den Antrag: Prof. v. Kowalski 
und Ingenieur Dessauer beantragen, es möge sogleich eine Kom¬ 
mission von Physikern, Technikern und Ärzten gewählt werden zur Ent¬ 
scheidung der Frage nach Intensität und Quantität der Röntgenstrahlen. 
Walter macht in seinem Schlußwort Bemerkungen zu den gemachten Ein¬ 
wänden. Levy-Dorn kann sich schließlich auch mit der Wahl einer Kom¬ 
mission befreunden: Die zu wählende Kommission ist ja unschädlich, aber 
ein gutes Sammelreferat bringt dasselbe zustande, was die Kommission im 
besten Fall. Hennig (Königsberg) spricht noch für den Antrag vom Stand¬ 
punkt des praktischen Röntgenologen. In der darauf folgenden Abstimmung 


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152 


Technik, Wirkungen und Indikationen der Hydro-Elektrotherapie etc. 


wird der Antrag Kowalski-Dessauer mit großem Mehr angenommen und die 
Bestellung der Kommissionsmitglieder dem Bureau überlassen. 

Gocht (Halle a. S.): Über Röntgenröhren und Untersuch¬ 
ungen mit der Lochkamera. Die Lochkamera cerschafftunsein genaues 
Bild desjenigen Fleckes der Antikathode, welche Röntgenstrahlen aussendet. 
Gocht’s Lochkamera besteht aus einem eisernen Kasten, der nach einer Seite 
hin aufklappbar ist; im Deckel des Kastens wird eine kleine Öffnung von 
3 /-i mm angebracht, ein Blendenloch. Im Innern des Kastens befindet sich 
ein in der Höhe verstellbares Tischchen zur Aufnahme der photographischen 
Platte. Die über dem Blendenloch des Deckels angebrachte Röntgenröhre 
wird so eingestellt, daß die Antikathode die gewünschte Stellung zur Tisch¬ 
platte erhält und die Entfernung zwischen Antikathode und Blendenloch 
gleich groß ist, wie die Distanz zwischen Blendenloch und Plattenoberfläche. 
Von vollzogener Exposition zeigt sich auf der entwickelten Platte als Abbild 
des Brennfleckes ein besonders im Zentrum intensiv geschwärzter Fleck, der 
z. T. in eine geringere, nach der Peripherie sich aufhellende Schwärzung 
— Protuberanzenzone Gocht’s — übergeht. Die Resultate seiner Untersuch¬ 
ungen faßt er in folgenden Sätzen zusammen. 1. Die Lochkamera-Aufnahmen 
sind vortrefflich geeignet, von der Güte der Röntgenröhre ein Bild zu 
geben. 2. Unter sonst gleichen Bedingungen ist zu empfehlen, bei Röntgen¬ 
aufnahmen den Platinspiegel mit der Plattenebene einen Winkel von 65° 
bilden zu lassen. 3. Eine Röhre gibt unscharfere Bilder, wenn sie zu hart 
ist und demgemäß sehr stark belastet werden muß. 4. Röhren mit verschieb¬ 
barer Kathode sind nicht zu empfehlen, da sie nur bei einer Einstellung 
ein Optimum des Brennfleckes und scharfer Bildzeichnung aufweisen. 5. 
Der günstige Einfluß der richtig eingeschalteten Drosselröhre wird bei der 
Lochkamera-Aufnahme verdeutlicht; der Brennfleck wird unter sonst gleichen 
Verhältnissen kleiner. 6. Halbkugelige Antikathoden scheinen zu röntgeno¬ 
graphischen Zwecken vorteilhaft zu sein. 

Diskussion. Holzknecht (Wien). Daß die Antikathode parallel zur 
Platte stehen müsse, ist eine unrichtige Meinung. Die Röhre kann, wie 
immer, stehen, nur muß das aufzunehmende Objekt in den Bezirk der leuch¬ 
tenden Halbkugel fallen. Rosenthal (München). Ablenkung der Röntgen¬ 
strahlen entsteht dadurch, daß jeder Körper, der von Kathodenstrahlen ge¬ 
troffen wird, selbst wieder Ausgangspunkt für Kathodenstrahlen wird. 
Metzner (Dessau) bestätigt den Irrtum, welcher wegen der Stellung der 
Antikathodenebene obwaltet und bekennt sich als s. Z. intellektueller Urheber. 


Technik, Wirkungen und Indikationen der hydro- 
Elektrotherapie bei Anomalien des Kreislaufs. 

Eine Besprechung; nach dem gleichnamigen Buche von Dr. Paul C. Franze (Bad Nauheim)' 
von Dr. Artur Henuig (Königsberg i. Pr.). 

Der auf dem Gebiete der Elektrotherapie, wie durch die Aschaffen¬ 
burger Röntgen-Kurse auf dem der Radiologie bestens bekannte und ge¬ 
schätzte Nauheimer Badearzt Franze hat uns in dieser neuesten Arbeit den 
heutigen Stand der Hydro-Elektrotherapie, durch eine große Reihe eigener 


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Technik. Wirkungen nnd Indikationen der Hydro-Eiektrotherapie etc. 


153 


bahnbrechender Untersuchungen und Versuche erweitert, bei Anomalien des 
Kreislaufs in kompendiöser, sehr sachlich und klar geschriebener Form dar¬ 
gelegt. 

Von dem allgemeinen Wert physikalischer Methoden ausgehend be¬ 
spricht er in gedrungener Form die Elektrotherapie im allgemeinen und 
speziell das Hydro- elektrische Bad und das elektrische Luftbad, das Volta¬ 
bad wie die Entwicklung der Hydro-Eiektrotherapie, geht dann auf die Wir¬ 
kung elektrischer Vollbäder mit faradischem und namentlich sinusoi'dalem 
Wechselstrom für die Behandlung von Herzkrankheiten ein und kommt 
schließlich zum Schnöe’schen Vierzellenbad. 

Ich kann diese Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, ohne für das 
hydro-elektrische Vollbad und zwar für das faradische, galvanische wie farado- 
galvanische wie fernerhin für das monopolare und bipolare hydro-elektrische 
Voll- wie Teilbad die Priorität für mich in Anspruch zu nehmen. Meine ersten 
Versuche in dieser Hinsicht, wie die therapeutische Anwendung der hydro-elek- 
trischen Bäder reichen bis in das Jahr 1879 zurück; im Sommer 1880 machte ich 
dann mit Herrn Geheimrat W esc he in Bernburg Versuche, der wohl unabhängig 
von mir in gleichem Sinne gearbeitet hatte, und im November 1880 habe ich 
dann in meiner Privat-Klinik Quisisana in Königsberg i. Pr. das erste hydro¬ 
elektrische Bad zu therapeutischen Zwecken in die Praxis eingeführt. Im 
Laufe der Jahre stellte ich dann Indikationen und Kontraindikationen fest, 
führte im Frühjahr 1883 auf der internationalen elektrischen Ausstellung in 
Königsberg i. Pr. ein hydro-elektrisches Vollbad vor und demonstrierte das¬ 
selbe zu wiederholten Malen daselbst, das Gleiche habe ich in demselben 
Jahre auf der internationalen elektrischen Ausstellung in Wien getan und in 
der Festschrift eine kurze Beschreibung des elektrischen Bades gegeben. 
Meines Wissens sind vor mir weder in Deutschland noch in Amerika, Eng¬ 
land, Belgien oder Frankreich hydro-elektrische Vollbäder zu therapeutischen 
Zwecken in Anwendung gezogen worden, und so nehme ich abermals die 
Priorität in dieser Hinsicht voll und ganz für mich in Anspruch. 

In einem der Materie entsprechenden, ausführlichen und dabei sehr 
übersichtlichen Abschnitt erläutert Franze die technische Einrichtung hydro¬ 
elektrischer Bäder, die Badeformen und die Stromverhältnisse im Bade, mit 
kurzem Hinweis auf die Wechselströme namentlich gegenüber dem fara- 
dischen und unter besonderer Berücksichtigung des sinusoi'dalen Wechsel¬ 
stroms, um alsdann auf die Badetechnik, die Häufigkeit der Applikationen, 
ihre Dauer, die Temperatur des Badewassers, die thermischen Einflüsse auf 
die Zirkulation und die Dosierung des Stromes einzugehen. 

Den breitesten Raum in der interessanten Arbeit nimmt der wohl¬ 
gelungene Abschnitt über die physiologischen Wirkungen der hydro-elek- 
trischen Bäder ein, in dem sich neben Altbekanntem sehr viel Neues aus 
den Untersuchungen Franze’s findet; die Wirkungen des galvanischen, fara- 
dischen wie des Bades mit sinusoi'dalem Wechselstrom nach eigenen ein¬ 
gehenden Untersuchungen werden ausführlicher besprochen. F'ranze hat 
versucht, die verschiedenen Möglichkeiten einer physiologischen Beeinflussung 
des Kreislaufs hauptsächlich durch das Wechselstrombad zu definieren und 
kommt zu folgendem Schlüsse. 


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154 


Technik, Wirkungen nnd Indikationen der Hydro-Elektrotherapie etc. 


Sichere Wirkungen auf den Kreislauf finden statt: 

1) durch den diffusen Hautreiz, 

2) durch die Muskelkontraktionen. 

Als wahrscheinliche Wirkungen auf den Kreislauf müssen hingestellt 
werden: 

1) die durch direkte Elektrisation der großen Nervenstämme, 

2) die durch direkte Elektrisation der Gefäße, 
und als mögliche Wirkungen: 

1) solche durch direkte Elektrisation des Herzens, 

2) solche durch Elektrisation der sympathischen Geflechte. 

Im Anschlüsse hieran handelt er dann die physiologischen Wirkungen 
des Vierzellenbades ab, und zwar des galvanischen wie des faradischen 
und des Wechselstromes und stellt das Wesen der Wirkung desselben fest, 
wobei er mit klaren Worten die übertriebenen Lobpreisungen des Vierzellen¬ 
bades auf das Tatsächliche reduziert. Ganz besonders hebt Franze hervor, 
daß auch diese Badeform eine Methode der allgemeinen, nicht der lokalen 
Elektrisation ist, und daß man beim Zellenbad den Strom zwar etwas mehr 
auf einzelne Organe konzentrieren kann aber keineswegs ganz und gar; bei 
ihm können wir die einzelnen Organe nach Willkür etwas ungleichmäßig be¬ 
einflussen aber durchaus nicht einzelne von ihnen allein. Das Vierzellenbad 
ist zweifellos eine Bereicherung der Technik der allgemeinen Elektrisation. 
Gegenüber dem hydro-elektrischen Vollbade bietet es zunächst den Vorzug 
größerer Bequemlichkeit, alsdann ist die Prozedur im Zellenbade eine viel 
mildere, weil der Hautreiz wegfällt — dies kann allerdings manchmal auch 
ein Nachteil sein —, und endlich ist die genaue Dosierbarkeit des galvani¬ 
schen Stromes bei ihm wohl der größte Vorzug des Verfahrens. In diesem 
Kapitel erwähnt Franze der letzten Untersuchungen Rosenbaums, die jetzt 
wohl endlich in Übereinstimmung mit meinen Behauptungen aus dem Jahre 
1880 den absolut sicheren Beweis erbracht haben, daß der Körper einen 
geringeren Widerstand, also einen bequemeren Stromweg darbietet als das 
gewöhnliche Leitungswasser. 

Weiterhin bespricht er ausführlicher die therapeutischen Wirkungen 
und allgemeinen Indikationen der elektrischen Voll- und Vierzellenbäder bei 
Kreislaufstörungen. In erster Linie können wir Neurasthenie oder mehr ver¬ 
einzelte nervöse Symptome, die sehr häufig Affektionen des Herzens und 
der Blutgefäße vorangehen, wie sie sich aber auch sehr häufig zu solchen 
gesellen, durch individualisierende Anwendung der allgemeinen Elektrisation 
außerordentlich günstig beeinflussen; ferner sind es Störungen des Stoff¬ 
wechsels, die Zirkulationsanomalien fast stets begleiten, da die allgemeine 
Elektrisation einen ausgesprochen beschleunigenden Einfluß auf den Stoff¬ 
wechsel hat. Deshalb ist es auch sehr rationell, die Elektrizität in Verbin¬ 
dung mit anderen ähnlich wirkenden physikalischen Prozeduren, wie der 
Anwendung kohlensaurer Soolbäder, zur Regulierung des Stoffwechsels bei 
Zirkulationsstörungen zu benutzen. In der speziellen Wirkung auf die Zir¬ 
kulation steht obenan die Behandlung der Herzmuskelinsuffizienz bezw. der 
durch Gefäßanomalien bedingten Herzerweiterungen durch Elektrizität und 
namentlich Bäder mit sinusoidalem Wechselstrom und auch mit faradischem 
Strom. Arteriosklerose und Aneurysmen müssen wir dagegen als Kontrain- 


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Technik, Wirknmcen nnd Indikationen der Hydro-Elektrotherapie etc. 


155 


dikation für das Wechselstromvollbad betrachten, wie fernerhin diejenigen 
Fälle, in denen die Gefäßneurose in Form von Angiospasmus auftritt, eine 
Form, die überhaupt zuerst von F ranze beschrieben worden ist. Recht 
günstig wirken auch oft die Wechselstrombäder bei Herzmuskelinsuffizienzen 
auf toxischer oder infektiöser Grundlage oder infolge von Überanstrengung, 
allerdings nur bei leichteren bis mitteren Graden. Doch muß inan im Ge¬ 
brauche dieser Bäder vorsichtig sein, weil sonst sehr leicht unerwünschte 
Erscheinungen wie Aufgeregtheit, schlechter Schlaf, vor allem Schwindel¬ 
sensationen, die sich bis zum Gefühl des Taumelns steigern können, auftreten 
können, und daher empfiehlt es sich, sie niemals länger als 12—14 Tage benutzen 
zu lassen mit nachfolgender Pause von 4—7 Tagen, die man am besten mit 
einer andern kreislaufförderlichen physikalischen Prozedur, z. B. kohlen- 
sauren Bädern, Massage, Heilgymnastik ausfüllt. Am praktischsten ist es 
überhaupt, wenn angänglich, diese einzelnen Methoden zu kombinieren, wie 
Franze es in Nauheim von vornherein tut, doch ist es notwendig, in jedem 
Falle streng zu individualisieren. Nach seinen Erfahrungen — und auf diesem 
Gebiete dürfte Franze zur Zeit der einzige kompetente Beurteiler sein — 
hat der galvanische Strom im Vierzellenbad vorwiegend indirekten Wert für 
die Behandlung der Kreislaufaffektionen durch seinen Einfluß auf das All¬ 
gemeinbefinden, den Stoffwechsel, das Nervensystem. Dagegen erleichtern 
und beschleunigen die unterbrochenen Ströme die Zirkulation direkt unter 
Verbesserung der Herztätigkeit. Abgesehen von Aneurysmen gibt es wohl 
keinen pathologischen Zustand am Herzen oder an den Gefäßen, der als solcher 
das Galvanisieren und Faradisieren im Zellenbade kontraindiziert. 

Franze hat noch niemals bei verständigem Gebrauche des Vierzellen¬ 
bades das geringste unerwünschte Symptom auftreten sehen, im Gegenteil 
war die Wirkung auf das Allgemeinbefinden stets und immer eine günstige, 
und daher kommt der erfahrene Nauheimer Badearzt zu dem absolut be¬ 
rechtigten Schlüsse, daß die Kombination von kohlensauren Thermalsol¬ 
bädern (Nauheim) mit Hydro-Elektrotherapie allen andern physikalischen 
Methoden der Behandlung von Kreislaufstörungen überlegen ist. 

Zum Schlüsse gibt Franze noch die speziellen Indikationen der fara- 
dischen und Wechselstromvollbäder, der galvanischen Vollbäder und der 
Vierzellenbäder an und bezeichnet als Kontraindikation der Hydro-Elektro¬ 
therapie alle schweren Kompensationsstörungen mit allgemeinem Hydrops, 
Anasarka, Ascites, stärkerer Stauungsniere etc., fortgeschrittene Arteriosklerose, 
Aneurysmen im allgemeinen, akute und subakute Myo- und Endokarditiden. 

Franze faßt das Resultat seiner Untersuchungen über den Wert der 
neueren hydro-elektrischen Methoden bei Zirkulationsstörungen in folgende 
Sätze zusammen: 

1) Den günstigsten Einfluß haben hydro-elektrische Prozeduren auf die 
funktionellen Störungen des kardio vaskulären Nervenapparates. 

2) Wegen ihrer günstigen Wirkung auf den Stoffwechsel, das 
Nervensystem, den Gesamtorganismus, sowie im Sinne der Er¬ 
leichterung und Beschleunigung der Zirkulation, können sie auch 
bei anderen Affektionen der Kreislaufsorgane mit Vorteil ver¬ 
wendet werden, namentlich zur Unterstützung anderer Prozeduren. 

3) Das Vierzellenbad wirkt milder als das Vollbad. 


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156 


Kritik. 


II. Kritik. 

A. Bücher. E. Sommer, Winterthur, Anatomischer Atlas in stereoskopischen Röntgenbildern. 
(Ref. Franze, Nauheim.) Albers-Schönberg, Die Röntgentechnik, Lehrbuch für Arzte und 
Studierende. (Ref. Franze.) F. Dessauer. Röntgenologisches Hilfsbuch. (Ref. Trapp.) 
Stark, Das Wesen der Kathoden- und Röntgenstrahlen. (Ref. Dessau er.> Zacharias und 
Müsch, Konstruktion und Handhabung elektromedizinischer Apparate. (Ref. Franze.) — 

B. Abhandlungen. Kienböck, Über Röntgenbehandlung der Sarkome. (Ref. Robinsolin.) 
v. Luzenberger, Die Franklinsche Elektrizität in der medizinischen Wissenschaft und Praxis. 
(Ref. Wiesner.) Kurelia, Elektrische Gesund hei t.sschädigungeu am Telefon. (Ref Wiesner.) 
Wind, Elektronen und Materie. (Ret. Gehlhoff.) Wertheim-Salomonsohu. Kleine und große 
Induktoren. (Ref. Gehlhoff.) Frankenhäuser, Die Wärmestrahlung, ihre Gesetze und 
Wirkungen. (Ref. Wiesner.) Lcduc, Die Jonen-oder elektrolytische Therapie. (Ref. Wiesner.) 


Neue Bücher. 

A. Bücher. 


E. S o m m e r - Winterthur: Anatomischer Atlas 
in stereoskopischen Röntgenbildern. 1. 

Normale Anatomie, 1. Abteilung: Knochen 
und Gelenke. Mit 20 Tafeln. A. Stübers 
Verlag, Würzburg. 

Mit vorliegendem Atlas ist ein eigen¬ 
artiges und, nach des Referenten Ansicht, 
einer glücklichen Idee entsprungenesWerk dem 
Arzte behufs Vervollständigung oder Wieder¬ 
holung seiner anatomischen Kenntnisse an die 
Hand gegeben worden Das Werk besteht aus 
einem kurzen Vorwort und aus 20 stereosko¬ 
pischen Röntgenbildern des normalen mensch¬ 
lichen Skeletts, die mittelst einfachen bei jedem 
Optiker für ca. 2 M. erhältlichen Stereoskops 
betrachtet werden sollen. Die einzelnen Radio¬ 
gramme sind auf kräftigem Pappdeckel montiert 
so, daß jedes eine einzelne Tafel für sieb dar- 
stellt Jede solche enthält oben eine kurze ana¬ 
tomische und röntgenologische Beschreibung 
des Bildes, die durch eine gute Skizze des 
letzteren anschaulich gemacht wird. Unten auf 
der Tafel befinden sich die Röntgenograimne. 
Das ganze befindet sich [in einem in Buchform 
ausgeführten Etui, und dieses, sowie die ganze 
Ausstattung muß als ebenso geschmackvoll 
und kompendiiis als auch praktisch bezeichnet 
werden. Da auch der Preis ein sehr mäßiger 
ist (6 M j, so kann man dem Werke nur die 
weiteste Verbreitung aufrichtig wünschen. 

Franze-Nauheim. 

Albers-Schönberg: Oie Röntgentechnik, Lehr¬ 
buch für Aerzte und Studierende. Mit 

• IG4 Abbildungen im Text und I Tafel. 
2. umgearbeitete Auflage. 422»Seiten. Preis 
ungeb. M. 11. (Verlag: Lucas Gräfe 
& Sill ein, Hamburg 190G. 


Wir entnehmen dem Inhalt, der uns vor¬ 
liegenden 2. Auflage des bekannten Lehrbuchs 
im nachfolgenden einige Ausführungen. 

Zunächst empfiehlt A S jedem Röntgeno¬ 
logen mit Recht die Verwendung des elektro¬ 
lytischen Unterbrechers. Nicht beistimmen 
können wir dem Verfasser darin, daß der 
Berliner Röntgenkongreß die Ueberlegenheit 
der großen Induktoren über die kleineren 
(ca. 20 bis 25 cm Funkenlänge) nachgewiesen 
habe, da überhaupt dieser Gegenstand dort 
nicht besprochen wurde und das Vorwiegen 
großer Apparate in der Ausstellung natürlich 
an sich nichts hinsichtlich ihrer Güte beweist. 

Es folgen ausführliche Beschreibungen 
der Walterschaltung und des elektrolytischen 
Unterbrechers. Im 2. Kapitel kommen wir 
zur Besprechung der Röntgenröhre; Verfasser 
empfiehlt die Walter’sche Härteskala als inter¬ 
nationales Verständigungsmittel hinsichtlich 
der Beurteilung des Härtegrades der Röhre 
Der Apparat besteht im wesentlichen aus einer 
Bleischeibe, die 8 runde Löcher enthält; diese 
sind ndt Platinscheibcn von verschiedener 
Dicke, welch’ letztere in geometrischer Pro¬ 
gression zunimmt, belegt. Die Härte der Röhre 
wird nun nach der Anzahl der auf dem Leucht- 
schirm erscheinenden Felder bestimmt. Bei 
der weichsten Röhre leuchtet nur ein Feld auf, 
bei der härtesten tun es alle acht. Mit der aus¬ 
führlichen Besprechung der Röntgenröhre, 
ihrer verschiedenen Konstruktionen und ihres 
richtigen Gebrauchs kommt Verfasser zweifel¬ 
los den Erfordernissen der Praxis sehr ent¬ 
gegen ; doch erscheint es hier unbegreiflich, 
warum neben den durch Abbildungen illu¬ 
strierten Fabrikaten fast aller bedeutenden 
Firmen eine der besten Röhren, die Gundelach- 
Dessauer’sche Idealröhre, keine Erwähnung 


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Kritik. 


157 


findet, umso mehr, als Verfasser die übrigen 
Typen der Gundelach’schen Röhren lobend 
an führt. Ebenso mußte bei der ausführlichen 
Darstellung des Kompressiousblenden - Ver¬ 
fahrens die Arbeit von Wiesner und sein 
Blendenuiodell Erwähnung finden. Sehr 
praktisch erscheint die vom Autor angegebene 
Anbringung von Bleiglasansiitzen an der 
Ivompressionsblende behufs Bestrahlung in 
der Therapie. Es folgen Angaben über die 
Einrichtung der Röntgen-Laboratorien, der 
Dunkelkammer und die Beschreibung des 
photographischen Verfahrens. 

Den zweiten Teil des Werkes nimmt die 
Darstellung der speziellen Technik ein; wir 
lernen das Aufnahme-Verfahren für alle ver¬ 
schiedenen Körperteile ausführlich kennen, 
sodann die Technik der Durchleuchtung, der 
Ortho-,.röntgeno“grapliie (wie die Orthodia¬ 
graphie seit dem Berliner Kongress auch ge¬ 
nannt wird), der Lokalisation von Fremd¬ 
körpern und des stereoskopischen Verfahrens. 
Internisten seien besonders auf die gute und 
ausführliche Darstellung der Orthodiagraphie 
aufmerksam gemacht Aus dem übrigen Inhalt 
möchte Referent auch noch die umfassende 
Besprechung der Schutzvorrichtungen als be¬ 
sonders zeitgemäß hervorheben. Die zahl¬ 
reichen Abbildungen sind sehr gut. 

Franze-Nauheitn. 

Röntgenologisches Hilfsbuch. Eine Sammlung 
von Aufsätzen über die Grundlagen und 
die wichtigsten H ilfsinethoden des Röntgen¬ 
verfahrens. Mit einem Anhang über Ra¬ 
dioaktivität. Von Ingenieur Friedrich 
Dessauer. A.StübersVerlag(CKabitzsch) 
Würzburg. litOö. 

L Der gegenwärtige Stand des 
R ö n t g e n v e r f a h r e n s. Das Wesen der Rönt¬ 
genstrahlen nach Wiecherts und Walters 
Erklärung wird erläutert; letzterer Anschauung 
schließt sich der Verfasser an. Die Kapazität 
der Röhre an Röntgenstrahlen, die Wirkung 
der Regeneration wird daran abgeleitet. Es 
folgt nun die Wirkung der Strahlen, die Pro¬ 
jektionsart, die Abhängigkeit der chemischen 
Wirkung von dem Absorbiertwerden der 
Strahlen und daher derGrundsatz: Die benutzte 
Röhre muß möglichst weich sein Die tech¬ 
nische Grundlage, die Stromarten, der Apparat¬ 
bau und seine Leistungen werden besprochen, 
letztere stets nach den eigenen Ansichten des 
Verfassers, der bekanntlich die Ansicht vertritt, 
daß lnduktorien bis höchstens 35 cm „Funken- 
läuge“ für alle vom menschlichen Körper dar¬ 
zustellenden radiographischen Aufnahmen ge¬ 


nügen. Die Röhren werden hinsichtlich der 
beim Betrieb wichtigen Vorgänge besprochen. 
Es folgen Grundsätze für Beurteilung der 
Unterbrecher, dann die grade von Dessauer 
so energisch vertretene Forderung, daß alle 
Teile des ganzen Apparates aufeinander ab¬ 
gestimmt sein sollen und die Begründung dieser 
Forderung; den Schluß bildet die Erklärung 
der Wirkung der Drosselröhre, der Blenden 
und des Chromoradiometers von Holzknecht. 

II. Einiges über die Röntgen¬ 
röhre. ihre Eigenschaften, Wahl und ihr 
Gebrauch. Die Röhre ist ein Energietrans¬ 
formator, ebenso der Induktor. Die Leistung 
des letzteren hängt vom ..Kupfergewicht“ ab. 
Die Schädlichkeit der Ueberlastung beider 
Transformatoren durch die Umwandlung der 
überschüssigen Energie in Wärme wird erläu¬ 
tert. Aus dem schon im vorigen Kapitel über die 
Entstellung der Röntgenstrahlcn Gesagten wird 
die Forderung hergeleitet, möglichst große 
Röhren, die möglichst viel Gasreste enthalten, 
anzuwenden; die Schwierigkeit ihres Baues, 
um gute Projektion zu erhalten und die Ueber- 
windung dieser Schwierigkeit durch den Bau 
der „Idealröhre“ von Gundelach und Des¬ 
sauer werden theoretisch dargelegt. In dem 
Abschnitt über Wahl und Gebrauch der Röhren 
werden, immer an der Hand der physikalischen 
Vorgänge in denselben, die für den praktischen 
Gebrauch notwendigen Anweisungen gegeben. 

III. Das Blenden verfahren und 
seine Kombination mit der Ortho¬ 
diagraphie. Die Grundlage des Bleuden¬ 
verfahrens ist die Abhaltung der Sekundär¬ 
strahlen. Die Albers-Schönbergsehe 
und die Wiesnersche Blende werden nach 
Konstruktion und Wirkungsweise besprochen, 
dann die irisblende und ihre Verwendung bei 
der Ortho-Röntgenoscopie und die zu letzterem 
Zweck gebauten Apparate. 

IV. Ueber Stromquellen in der 
Medizin mit. besonderer Berücksich¬ 
tigung der Röntgenapparate. Accu- 
mulatoren, ihre Bauart. Behandlungsweise, 
Leistungsfähigkeit und eine kleine Dynamo¬ 
maschine zur Ladung, welche durch einen 
Wassermotor getrieben wird, bilden den ersten 
Abschnitt. Gleichstrom, Wechselstrom, Dreh¬ 
strom, und wie. sie zum Betrieb der Riintgen- 
apparate sich eignen bezw. dazu geeignet ge¬ 
macht werden, sind im nächsten Abschnitt ab¬ 
gehandelt unter Anführung von Beispielen 
ausgeführter Anlagen. 

V. Einiges über Unterbrecher. 
Im Wesentlichen enthält dieses Kapitel die Be¬ 
gründung der Schädlichkeit der. Schließungs¬ 
induktion für die Röhren und den Nachweis, 


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Kritik. 


158 


wie sie bei den einzelnen Unterbrecherarten 
entsteht. Die Unterbrecherkonstruktionen des 
elektrotechnischen Laboratoriums Aschaft'en- 
burg werden näher beschrieben. 

VI. Die Schließungsinduktion, 
ihre Schädlichkeit und ihre Unter¬ 
drückung. Erklärung der Schlicßungsin- 
duktion, ihrer Entstehung, ihrer Wirkung auf 
die Röhre. Zur Vermeidung ihrer schädlichen 
Wirkung dienen 1) Induktorien mit reduzierter 
Funkeulänge, 2) Art des Betriebs: (Batterie, 
Platinunterbrecher), 3) Walterschaltung. 4) 
Funkenventil, 5) Drosselröhre. 

VII. Wie groß soll die Funken¬ 
länge des Induktors sein? Enthält den 
Streit der sogen. Aschaffenburger und Ham¬ 
burger Richtung Die durch ihn entstandene, 
ziemlich beträchtliche Literatur ist am Schluß 
angeführt. 

Anhang: Ueber Radioaktivität 
und Naturanschauung. Die Geschichte 
des Radiums, die theoretischen Forschungen 
und Ergebnisse derselben und die daran sich 
knüpfenden Spekulationen über Werden, Ver¬ 
geben, auf- oder absteigende. Entwicklung 
der Erde werden abgehandelt. Ein genaues 
kurzes Referat über diese auseinander hervor¬ 
gehenden und eng zusammenhängenden Dinge 
läßt sich nicht geben. 

Die Im vorliegenden Werkehen enthal¬ 
tenen kurzen Abhandlungen sind in gleicher 
oder ähnlicher Form in den verschiedensten 
Zeitschriften verstreut. Es ist dankenswert, 
daß Verfasser sie so zusammengestellt hat. 
Dem Anfänger wie dem Fortgeschrittenen 
werden sie manchen guten Wink geben; be¬ 
sonders angenehm werden sie ehemaligen 
Teilnehmern der Aschaffenburger Röntgen¬ 
kurse sein. - a— 

Stark, Dr. J. Privatdozent an der 
U n i v e r s i t ä t G ö 11 i n g e n: D a s W e s e n 
derKathoden- u. R ö u t g e n s t r a h 1 e n. 
Heft 1 der zwanglosen Abhand¬ 
lungen aus dem Gebiete der 
Elektrotherapie u. Rad iologieetc. 
Herausgeg. v. Dr. Kurella und Prof. A. v. 
Luzenberger. Leipzig Job. Ambrosius 
Barth. 

Der Autor ist ein hervorragender Ar¬ 
beiter auf dem Gebiete der Strahlungen. Dem 
Physiker ist besonders sein großes Werk über 
die Elektrizität in Gasen eine willkommene 
Darstellung dieses neuen und schon so reichen 
Gebietes geworden. Das vorliegende Heftchen 
von 25 Seiten Text ist ein Auszug eines Teiles 
des größeren Buches. 


Wie nicht anders zu erwarten, ist die 
Aufgabe einer knappen und doch klaren Dar¬ 
stellung vorzüglich gelöst. Selbst für den 
Fachmann ist die kleine Schrift eine genu߬ 
reiche und gerade durch die Knappheit der 
Darstellung auch wertvolle Lektüre. Der Laie 
wird manchmal Mühe haben zu folgen, aber 
auch wenn er nicht alles versteht — das ist 
bei der Kürze der Darstellung kaum möglich—, 
wird er doch einen Begriff bekommen von 
den gegenwärtigen Vorstellungen über das 
Wesen der neuen Phänomene und den Weg, 
wie man etwa zu diesen Vorstellungen ge¬ 
langte. Autoren sind gar keine genannt, viel¬ 
leicht wird mancher doch wünschen, zu wissen, 
wem wir eigentlich wenigstens die größeren 
Fortschritte in der Erkenntnis auf dem Strahlen¬ 
gebiete verdanken 

Zunächst führt der Verfasser uns dieGrund- 
begriffe der Dynamik, Beschleunigung. Masse, 
vor, definiert die Masse als Beschleunigungs¬ 
koeffizienten. Dann sucht er, uns die Vor¬ 
stellung der Elektrizität analog zu entwickeln. 
Nun kommt ein Abschnitt mit der Darstellung 
der kleinsten Bausteine: Elektron, Atom, Jon. 
Wir erfahren, wie das Elektron als elektrisches 
Elementarquantum mit seinesgleichen das Atom 
bildet und daß freie Elektronen ausstrahlen und 
durch ihre Ladung zu „Wandernden', zu Jonen 
werden. Analog dem freien Fall erörtert der 
Verf. die kinetische Energie des fliegenden 
Elektrons, welche es aus der durchlaufenen 
Spannungsdift’erenz gewinnt, so daß sie sich 
entweder als Geschwindigkeit in der freien 
Wegstrecke anhäuft, oder auf dem Wege an 
neutrale Moleküle oder Elektronen mehr oder 
weniger abgibt. Sofort auch erfahren wir 
die Geschwindigkeitsberechnung aus dem 
durchlaufenen Spannungsabfall. 

Die nächsten beiden Abschnitte ent¬ 
wickeln die Wirkung elektrischer und mag¬ 
netischer Felder auf die Bahn des Elektrons, 
sehr anschaulich gemacht durch die Analogie 
des Wurfes im Felde der Erdschwere. Dann 
werden wir mit der Vorstellung der Masse 
des freien negativen Elektrons (der Kathodcn- 
strahlen) bekannt gemacht, die sich als nicht 
konstant erweist, eine Vorstellung, die ja 
immerhin manche Schwierigkeit bereitet 
Außerordentlich anregend ist die Darstellung 
der Erzeugung der Kathodenstrahlen, ihrer 
Absorption bezw. Zerstreuung. 

Um das Phänomen der X-Strahlung auf 
Grund der Wiechertschen Theorie zu er¬ 
klären, macht der Verfasser uns durch das 
Experiment des schwingenden Seiles mit der 
Vorstellung der Wellenbewegung in einem 
Medium und mit den beiden „singulären 


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Kritik. 


Punkten“ des Mediums bekannt, entwickelt 
dann die elektromagnetische Strahlung, bei 
welcher der Aether als Medium, Elektronen 
als singulare Punkte wirken. Wir verstehen 
leicht den Zusammenhang zwischen der 
Energie, der Periode des Strahlenausgangs- 
puuktes und der Strahlung. Der qualitative 
Unterschied der Strahlungen wird uns klar. 

Der nächste Abschnitt handelt von der 
Lichtstrahlung gebundener Elektronen, der 
Absorption dieser Strahlung in ihnen und 
der Strahlung freier Jonen, die keine Eigen¬ 
schwingung besitzen. Auf Grund dieser Vor¬ 
stellung wird schließlich das Wesen der 
Röntgenstrahlung als äußerst rascher elektro¬ 
magnetischer Schwingung, entstanden durch 
den Jouenstoß der Kathodenstrahlung auf die 
Antikathode erklärt; die Eigenschaften, ins¬ 
besondere die Penetration, ergeben sich daraus 
zwanglos. 

Soll an der vorzüglichen kleinen Schrift 
etwas ausgestellt werden, so sind es ganz un¬ 
bedeutende Fehler in einigen Redewendungen, 
die dem Referenten als nicht recht geschmack¬ 
voll erscheinen. So, wenn es in der Einleitung 
heißt: „Die Entdeckung der Rüutgenstrahlen 
war der Böllerschuß, der . . Oder wenn 
die Elektrizität definiert wird: „Wir haben 
sie uns als ein Etwas vorzustellen, das im 
Raume existiert.“ Wortbildungen wie „Ab¬ 
sorber“ (Stelle, an der Absorption statttindet) 
sind doch eigentlich schrecklich. Freilich 
sagt man ebenso schrecklich „Cohärer“, aber 
man müßte dann auch „Producer“ (st. Produ- 
cent) „Rezenser“ (st Rezensent), Contraher 
(st. Contrahent) usw. sagen —, und das wollen 
wir doch lieber nicht. 

Diese kleinen Beanstandungen sollen die 
Beurteilung des Werkchens nicht beeinträch¬ 
tigen Vielmehr mögen sie, wie der Rezen¬ 
sent hofft, dem Autor willkommen sein. Allen 
aber, die das Phänomen der Strahlung täglich 
beobachten und benutzen, und die sich noch 
nicht über sein Wesen orientierten, sei diese 
Schrift warm empfohlen. Dessauer. 


159 


Zacharias und Müsch: Konstruktion und 
Handhabung elektro-medizinischer Appa¬ 
rate. Mit 209 Abbildungen. 296 Seiten. 
Preis broschiert 8 M, geh 9 M. (Verlag 
Job. Ambros. Barth. Leipzig, 1905). 

An sich muß das Erscheinen eines der¬ 
artigen Werkes von jedem Elekt.rotherapeuten 
mit Freuden begrüßt werden, und Referent 
zweifeltauch nicht, daß vorliegendes in vielen 
Fällen dem Praktiker wertvolle Aufschlüsse 
über die Handhabung und Konstruktion seiner 
elektro-medizinischen Apparate geben wird. 
Allein, oft hatte er bei der Lektüre des Buches 
doch den Eindruck, daß die Darstellung eine 
zu oberflächliche sei, um Einen, der das Be¬ 
treffende nicht ohnehin schon weiß, wirksam zu 
orientieren. Es wäre also den Verfassern zu 
raten, bei einer neuen Auflage ihr verdienst¬ 
volles Werk dadurch noch zweckentsprechen¬ 
der zu machen, daß sie stets auf größte Klarheit 
und Gründlichkeit der Darstellung achteten. 
Und Referent glaubtauch den Weg, dieses ohne 
Vergrößerung oder Verteuerung des Werkes 
zu erreichen, vorschlagen zu können. Erbe¬ 
steht darin, das ganze Kapitel über das Rönt¬ 
genverfahren einfach zu eliminieren. Es ist 
ganz unmöglich, auf dem beschränkten Raum, 
der naturgemäß in einem solchen Werk über 
die gesamten elektro-medizinischen Apparate 
für einen einzelnen Zweig von ihnen zur Ver¬ 
fügung stellt, das Röntgenverfahren auch nur 
skizzenhaft so darzustellen, daß der Neuling 
daraus irgend welchen Vorteil zieht; der 
Röutgenologe aber hat einschlägige Fach werke 
und gründliches Wissen sich bereits verschafft 
und benötigt derartige kurze Ueberblicke 
daher nicht. 

Der Wert des Buches als Ganzes soll 
aber durch diese Ausführungen keineswegs 
herabgesetzt, sondern es sollen nur einige 
Winke zu seiner Vervollkommnung gegeben 
worden sein. Besonders wertvoll sind die aus¬ 
führlichen Hinweise auf die einschlägige Fach¬ 


literatur. 


F ranze-N'auheim. 


B. Abhandlungen und Broschüren. 


R. Kienböck (Wien): Ueber Röntgenbe¬ 
handlung der Sarkome (Bericht., 
erstattet am I. internationalen Kongreß 
für Physiotherapie in Lüttich 1905). 

Das vorliegende Referat Kienböcks 
ist als in jeder Beziehung vorbildlich zu be¬ 
zeichnen, sowohl was die Gründlichkeit des 
Studiums der Literatur, die genaue Beobachtung 
der eigeuen Fälle, als die Verwertung dieser 


Erfahrungen und sorgfältige Abwägung der 
daraus sich ergebenden Schlüsse in Bezug auf 
Indikationsstellung und Technik bei der Rönt¬ 
gentherapie des Sarkoms betrifft. Es fällt 
schwer, einen Auszug aus einem Elaborate 
zu geben, in dem fast kein Wort gesagt ist, 
das nicht gesagt werden mußte. Es soll daher 
mein Referat nicht, wie häutig, das Lesen des 
Originaltextes überflüssig machen, sondern 


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Kritik. 


1150 


dazu anregen. Nur unter diesem Hinweise 
möchte ich die durch die Beschränkung des 
Raumes auferlegten Kürzungen vornehmen. 

Schon in den Jahren 1896/97 wurden 
Erfahrungen von schrumpfender Wirkung der 
Röntgenbestrahlung auf Tumoren bekannt, 
ln den Jahren 1809 und 1900 wurden ganz 
vereinzelte Fälle von Sarkomen mit günstiger 
Wirkung der Röntgenbestrahlung veröffent¬ 
licht, ferner stellten 1902 und 1903 zwei ame¬ 
rikanische Forscher eine größere Reihe von 
Versuchen an. Gegenwärtig ist K. in der 
Lage, eine tabellarische Uebersicht über 53 
gut, 15 unvollständig beobachte fremde, und 
10 eigene, zusammen über T8 Fälle zu geben. 

Danach kann man eine doppelte Wirkung 
der Röntgenbestrahlung auf Sarkome unter¬ 
scheiden, eine lokale und eine allgemeine. 
Die lokale Wirkung besteht in Verkleinerung 
der Geschwulst, in Heilung von etwa vor¬ 
handenen Ulzerationen und in Beseitigung von 
Schmerzen. Die analgesierende Wirkung kann 
erklärt werden entweder durch Schrumpfung 
des Tumors und Behebung des auf den Nerven 
lastenden Druckes oder durch direkte Ein¬ 
wirkung auf die Nerven; kennt man doch 
nicht durch Tumoren bedingte Neuralgien, die 
durch Röntgenbestrahlung günstig beeinflußt 
werden. Durch Kompression seitens des Tu¬ 
mors entstehende Symptome, wie Oedeme uud 
Bewegungsbehinderung einer Extremität durch 
Axillartumoren, Respirations- und Schluck¬ 
störungen, durch Tumoren am Halse und im 
Mediastinum werden naturgemäß durch Ver¬ 
kleinerung der Geschwülste beseitigt. Die 
Allgemeinwirk ting tritt in nicht, seltenen 
Fällen von Kachexie auf und besteht in einer 
Besserung des Allgemeinbefindens, Kräfte¬ 
zustandes, Appetites und Schlafes, der Auae- 
mie und Hebung des Körpergewichtes. Man 
kann sieh die günstige Wirkung durch die 
Annahme erklären, daß durch Nekrobiose 
und Degeneration von Sarkomgewebe der 
Uebertritt der in ihnen gebildeten schädlichen 
Produkte ins Blut eingeschränkt wird. An¬ 
dererseits tritt manchmal im Gefolge sehr 
kräftiger Bestrahlungen resp. sehr rapider 
Verkleinerung von Tumoren, Fieber und Ab- 
geschlagenheit auf, welche als toxaemische 
Erscheinungen aufgefaßt werden. Hinsichtlich 
des zeitlichen Verhaltens der Veränderungen 
wurde in manchen Fällen schon nach wenigen 
Wochen deutliche Schrumpfung bemerkt, 
während in anderen Fällen erst nach wieder¬ 
holten Bestrahlungen die Schrumpfung sicht¬ 
bar zu werden begann. 

Was das Verhältnis von Erfolg 
und Mißerfolg betrifft, so wurde eine 


Schrumpfung erregende Wirkung der Be¬ 
strahlung unter 49 Fällen 36 mal beobachtet, 
und blieb 13 mal aus (Verhältnis 3:1) In dem 
gleichen Verhältnis stand Schrumpfung zu 
vollkommenem Schwund (27:9 3:1). Die 

Mißerfolge dürften in einigen Fällen durch 
zu geringe Bestrahlung bedingt sein. 

Die Bedeutung der histolo¬ 
gischen Natur des Sarkoms kommt in 
dem verschiedenen Verhalten gegenüber der 
Bestrahlung zum Ausdruck. Es verhielt sich 
Erfolg zu Mißerfolg in Prozenten: Spindel¬ 
zellensarkome 71.5:28.5, Rundzellensarkome 
79:21, alveoläre und Dr.isensarkome 36 : 49. 
Bei Osteo- und Chondrosarkomen wurde in 
keiuem Falle Schwund, bei 40°|o Schrumpfung, 
bei 6Ü°/o refraktäres Verhalten beobachtet, 
was sich aus der geringen Durchlässigkeit 
dieser Gewebe für Röntgenlicht erklären lassen 
dürfte. 

Hinsichtlich des Einflusses der Ausgangs- 
stelle der Sarkome tritt bei den von der Haut 
und namentlich von den Lymphdrüseu aus¬ 
gehenden Sarkomen in der Regel bedeutendes 
Schrumpfen bis Schwund ein, während bei den 
von Muskeln und Faszien entspringenden Sar¬ 
komen die Röntgenbestrahlung erfolglos blieb. 
Uberkiefertumoreu schrumpften etwa in der 
Hälfte der Fälle Die Driisentumoren ver¬ 
halten sich noch günstiger als die Hautsar¬ 
kome und gleichen in ihrer Sensibilität der 
Mykosis fungoides, den malignen Lymphomen, 
der Leukämie uud Pseudoleukämie. 

Die Tiefenwirkung bei der Sar- 
kombestrahlung hängt ab 1) von der 
spezifischen Sensibilität (s. o.) und von der 
Schichtdicke des zu durchstrahlenden Gewebes. 
Kleine Tumoren schrumpfen leichter als große 
unil die großen schrumpfen zunächst in den 
oberflächlichen Schichten; ebenso werden ober¬ 
flächlich gelegene Tumoren leichter beeinflußt 
als tiefgelegene. Durch die Dichte und Zu¬ 
sammensetzung verhalten sich am ungünstigsten 
die Osteo- und Chondrosarkome, hierauf folgen 
die blutreichen und gut durchtränkten Tu¬ 
moren; am wenigsten Widerstand setzeu dem 
Durchtritt der Röntgenstrahlen entgegen die 
durch Degeneration trockenen und verfetteten 
Massen. Die histologische Zusammensetzung 
kommt insofern in Betracht, als rasch wachsen¬ 
des Gewebe, junge und in reger Proliferation 
befindliche Zellen weit empfindlicher sind 
als alte gewebereiche. Ferner kommt der 
Reichtum au bekanntlich für Röntgenstrahlen 
sehr empfindlichen Blutgefäßen in Betracht. 
Beide Zustände fällen in der Regel zusammen. 
Oberflächlich gelegene, vonLymph- 
drüsen ausgehende, in raschem 


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Kritik. 


161 


Wachstum begriffene, weiche Tu¬ 
moren werden durch Röntgenbe¬ 
strahlung am leie li testen zur 
Schrumpfung g c b r a c h t. 

Anlangend die Frage der Dauer¬ 
heilung desSarkoms durch Radio¬ 
therapie sind Fülle von Rezidivfreiheit mit 
längerer Beobachtung (4—17 Mouate) bekannt - 
ln einem Falle wurde ein histologisch fest¬ 
gestelltes Sarkom (der linken Brustseite) durch 
Röntgenbestrahlung zum Schwinden gebracht, 
später Exitus au Typhus. Au der Stelle, wo 
früher der Tumor saß, fand sich bei der Sektion 
blos normale Haut und Bindegewebe. 

Einen vielfach angenommenen u n - 
günstigen Einfluß der Röntgenbe¬ 
handlung a u f m a 1 i g n e Tumoren glaubt 
Autor in Uebereinstimmung mit den meisten 
Autoren von der Hand weisen zu können. 
Es ist zwar nicht selten vorgekommen, daß 
die Tumoren unter der Röntgenbestrahlung 
wuchsen, Metastasen und Kachexie auftraten, 
aber es wäre schwer zu verstehen, daß durch 
Schrumpfung einer Neubildung die Geschwulst¬ 
elemente in die Blutbahn kommen.'") 

Indikationen für Röntgenthe¬ 
rapie des Sarkoms. Bei allen Fällen von 
Sarkom sollte ein Versuch mit Radiotherapie 
der Operation vorausgehen. 

1. Bei operablen Fällen, wenn die 
Befürchtung des Eintrittes in ein inoperables 
Stadium durch Hinausschieben der Operation 
um mehrere Wochen nicht vorhanden ist. 
Ganz besonders sollen die von Lymphdrüsen 
ausgehenden Sarkome von vorneherein nicht 
operativ sondern radiotherapeutisch ange¬ 
gangen werden; ebenso sollen nach wieder¬ 
holten Operationen auftretende Rezidive, auch 
wenn sie operabel erscheinen, mit Röntgen¬ 
strahlen behandelt werden, da sich gerade sehr 
maligne Tumoren für Radiotherapie eignen. 

2. Bei inoperablen Sarkomen ist 
Radiotherapie in allen Fällen als einziges 
Mittel indiziert. Wenn der Chirurge bei der 
Operation die Unmöglichkeit einer vollstän¬ 
digen Ext.irpation des Tumors erkennt oder 
vermutet, ist Röntgenbestrahlung des noch 


offenen Operationsfeldes und radiologische. 
Nachbehandlung indiziert,.*) **) 

Technik der Radiotherapie der 
Sarkome. Der erste Grundsatz ist, nicht 
nur den Tumor selbst, sondern auch die in¬ 
filtrierten regionären Lymphdrüsen zu be¬ 
strahlen. Man verwendet mittelweiches bis 
hartes Röntgenlicht (4—6» Benoist-Walter) 
und wählt die Fokaldistanz größer oder kleiner 
nach der Konfiguration und Größe der zu be¬ 
strahlenden Region. Bei großen Tumoren ist 
die „mehrstellige Totalbestrahlung“ 
zu empfehlen; d. h. es ist bei jeder einzelnen 
Stellung der Röhre das übrige Gebiet des 
Tumors nicht zu decken. Der Vorschlag 
von Perthes, bei beabsichtigter großer Tiefen¬ 
wirkung große Entfernung der Röhre zu 
wählen und auf die Haut eine 1 mm dicke 
Alumiuiumplatte zu legen, wird als theoretisch 
richtig anerkannt, „doch dürfte der Vorteil 
durch die bedeutend längere Expositionszeit 
mehr als wettgemacht werden.“ Die Dockung 
der umgebenden nicht zu bestrahlenden Haut 
soll mit einer gut absorbierenden Masse vorge¬ 
nommen werden, mehrfache Staniolschicliten 
schützen nur bei weichen Röhren gut. 

Die Röntgenbehandlung des Sarkoms 
zerlege man in mehrere Etappen. Die erste 
Etappe soll bis zur Bildung einer Röntgen- 
dermatitis ersten Grades reichen, d. h. die 
Haut soll zunächst bis zum Auftreten von 
Rötung, Sclnvellung und Brauufärbung ex¬ 
poniert werden. Diese „normale Reaktion“ 
tritt bei einmaliger Verabreichung der „Nor- 
maldosis“ (3—4 H Ref.) nach einem etwa 14- 
tägigeu Latenzstadium auf. Diese „expeditive 
Methode“ ist die beste und die bisherigen Er¬ 
fahrungen haben gelehrt, daß die starken, in 
großen Intervallen gegebenen, spärlichen 
Sitzungen alles Erreichbare leisten. Aber 
auch gegen die fraktionirte Bestrahlung mit 
alle 2—3 Tage bis alle 1—3 Wochen erfolgenden 
Sitzungen ist nichts einzuwenden; nur muß 
man dabei entsprechend geringere Expositionen 
geben. Kienböck pflegt in wöchentlichen 
Intervallen „kleine Normaldosen“ zu verab¬ 
folgen, B e I o t empfiehlt 1 —2 wöchentliche 


*) Ref. möchte ergänzend darauf aufmerksam machen, daß ja bei der Röntgenbe¬ 
strahlung der Resorption der Gescliwmlstzellen eine Nekrobiose vorangebt, diese also ihre 
Vitalität und Proliferationsfähigkeit verlieren. Eine Dissemination von vital unversehrten 
Geschwulstelementen. wie sie bei der Zertrümmerung von Tumoren und Eröffnung von Blut¬ 
bahnen bei Operationen tatsächlich vorkommt, dürfte bei der Röntgentherapie ausge¬ 
schlossen sein. 

**) Bei tiefsitzenden, namentlich intraabdominalen Tumoren dürfte sich auch die An¬ 
wendung der Kompressionsblende gut empfehlen. Ref. sah vor kurzer Zeit prompte Wirkung 
dieser Bestrahlung auf heftige Schmerzen, die von intraabdominalen Lymphdrüsen der 
„Sternberg’schen unter dein Bilde der Pseudoleukämie verlaufenden Tuberkulose“ aus- 
gingeu. Dem vollständigen Sistieren der Schmerzen giug am dritten Tage nach der Be¬ 
strahlung eine Exazerbation voraus. 

Archiv f. phydik. Mudizin etc. u 


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162 


Kritik. 


Sitzungen, gibt aber jedesmal etwa 1'/* Nor¬ 
maldosis (<i—7 H.) 

Die zweite Etappe der Behandlung 
beginnt nach Ablauf der ersten Reaktion, also 
etwa 8—14 Tage nach Auftreten derselben, 
wenn die Pigmentation durch etwa eine Woche 
konstant geblieben. Man gibt nun in der 
zweiten Etappe nach der expeditiven Methode, 
also in der zweiten Sitzung, wieder eine volle 
Dosis, welche nur etwas schwacher ist, als 
das erste Mal. Weiterhin fahrt man in der¬ 
selben Weise mit der Behandlung etappen¬ 
weise fort. 

Unterexposition, bei welcher über¬ 
haupt keine Hautreaktiou eintritt, berechtigt 
nicht einen Fall als für die Röntgentherapie 
refraktär zu erklären. Ueberexposition 
soll ebenfalls vermieden werden, weil man 
dabei die Behandlung nicht in entsprechender 
Stärke fortsetzen kann. 

Die Dauer der Behandlung (Zahl der 
Etappen) hängt von der eingetretenen Wirkung 
ab. Es gibt nun drei Möglichkeiten. 

1. Ist hei richtiger Technik und Eintreten 
von Hautpigmentierung keine W i r k u n g 
der Bestrahlung auf den Tumor und die 
Schmerzen zu konstatieren, so setzt, man nach 
2—3 Monaten die Behandlung aus und ist wohl 
berechtigt, den Fall als für die Radiotherapie 
nicht geeignet zu betrachten. (Vorher kann 
man noch die „parzellierte Applikation“ des 
Röntgenlichtes versuchen. Diese besteht bei 
einem mittelgroßen Herd darin, daß man ihn 
in mehrere Quadrate von etwa 5 cm Seiten¬ 
lange eiuteilt und die einzelnen Parzellen 
nacheinander und unter jeweiliger Deckung 
der übrigen Parzellen gesondert bestrahlt.) 

2. Ist dagegen eine partielle 
Wirkung, d. h. ein günstiger Einfluß auf 
die Größe des Tumors oder die Schmerzen 
zu konstatieren, so wird man die Bestrahlungen 
so lange fortsetzen, als diese verhältnismäßig 
günstige Wirkung anhält und nach Möglich¬ 
keit noch 2 3 Monate länger. Ebenso setzt 
man die Behandlung fort, wenn nur eine 
günstige Wirkung auf die Schmerzen bei fort¬ 
schreitender Vergrößerung des Tumors, oder 
blos Stationärwerden des Wachstums beobach¬ 
tet wird. 

3. Ist volle Wirkung eingetreten, 
und ist es zu vollkommenem Schwund des 
Tumors gekommen, so wird man dennoch mit 
der Behandlung nicht vollkommen sistieren, 
vielmehr in monatlichen, später in mehrmonat¬ 
lichen Pausen, beiläufig volle Rönt.genlicht,- 
dosen applizieren. 

Die Anwendung der Radi o me t r i e 
in der Röntgentherapie auch des Sarkoms 


empfiehlt sich dringend. Man hat erstens die 
Q iia.ll tä t d. h. die Penetrationskraft oderHärte 
der Röntgenstrahleu zu messen; bei größeren 
Tumoren verwende man Grad 4—6 der Härte¬ 
skala von Be noist-Walter, zweitens die 
Stärke derEx Positionen (Röntgenlicht- 
dosis) mit den Apparaten von Holzknecht, 
S a b o ur a u d - N o i r £ oder K i e n b ü c k (Quan¬ 
timeter). Mit dem Sabouraud-Noire er¬ 
fahrt man blos die Oberflächenw-irkung, mit 
dem Holz kn echt die kombinierte Ober¬ 
flächen- und mäßige Tiefenwirkung. Das 
Kienböck 'sehe Quantimeter bietet zwar den 
Vorteil größerer Genauigkeit, Bekanntgabe 
der Tiefendosen umlAnwendbarkeit bei fraktio¬ 
nierter Bestrahlung, indem es auch kleine 
Dosen mißt, es bedarf aber bei seiner Ver¬ 
wendung großer Sorgfalt und eines größeren 
Zeitaufwandes. R o b i n s o h n. 

ProfessorDr. von Luzenberger. DieFrank- 
lin’sche Elektrizität in der medi¬ 
zinischen Wissenschaft und 
Praxis. (Zwanglose Abhandlungen aus 
dem Gebiete der Elektrotherapie und 
Radiologie. Leipzig 1304. Verlag von 
Job. Ambr. Barth.) 

Verfasser gibt im 1. Teil seiner Broschüre 
einen historischen Rückblick auf die Ent¬ 
wicklung der Franklinisation und der dazu 
notwendigen Produktiousmaschinen. Im 2. Teil 
bringt er eine sehr eingehende und sorgfältig 
zusammengestellte Literaturübersicht. Aus 
dieser ergibt sich ein Anschwellen des In¬ 
teresses für statische Elektrizität von der 
Mitte des 18. bis zur Mitte des 13. Jahrhun¬ 
derts, bis A. Duchenne, der berühmte Elektro- 
diagnostiker, dieselbe mit der Erklärung, daß 
die statische Elektrizität keinen Einfluß auf 
die innern Organe habe, und daß sie, da ihre 
therapeutische Wichtigkeit ebenso gering wie 
ihre physiologische sei, von allen mit Recht 
verlassen sei, scheinbar abgetan hatte 

Doch schon 10 Jahre später, mit der 
Verbesserung der Influenzmaschinen wurde 
die Verwendung der Spannungsströme durch 
Schwander und Fieber aufgenommen; in allen 
Landern brachte man derselben neues, er¬ 
höhtes Interesse entgegen. Bei dem Studium 
des Literaturberichtes drängt sich dem Leser 
die Ueberzeugung auf, daß man bei der thera¬ 
peutischen Verwertung der Franklinisation 
zuweilen über das Ziel hinausschoß, und daß 
eine nicht unwesentliche Reihe von Erfolgen 
sich durch suggestive Beeinflussung bei der 
Applikation ungezwungen erklären läßt. Ver¬ 
fasser berührt des weiteren den Wert resp. 


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Unwert der Franklinisation in der Elektro- 
diagnostik- Die Morton’schen Ströme erklärt 
derselbe als zur Hochfrequenz gehörig, als eine 
Hochfrequenzstromform, nur erzeugt durch 
eine statische Maschine als Energiequelle. 

Im 3. Teil bespricht Verfasser die Hilfs¬ 
mittel, welche uns in den Stand setzen, eine 
große Menge statischer Energie nach belieben 
in dem kranken Körper zu verteilen oder an 
einer gewünschten Stelle desselben zu kon¬ 
zentrieren. Er zieht als Elektrizitätsquelle 
das Wimshurst’sche Modell vor, verwirft den 
Quadrantenelektrometer zur Messung der 
Leistungsfähigkeit der Maschine und bedient 
sich des Mund’schen Franklinoineters zur Be¬ 
stimmung der Höhe des Potentials auch 
während der Applikation. 

Es folgt eine Beschreibung des Appa¬ 
rates: Eine Funkenlänge dieses Instrumentes 
von 10,5 mm entspricht einer Spannung von 
13 000 V. Mit einer solchen Spannung arbeitet 
Verfasser in der Kegel. Als Isolierschemel 
empfiehlt er einen isolierten Holzschemel mit 
Zinkplattenbelag. Alle Haken, welche au 
den Verbindungsvorrichtungen, auch au den 
Elektroden angebracht sind, sollen sphärisch 
endigen, um die Spitzenausströmung zu ver¬ 
meiden. Mit einer Angabe der von ihm ge¬ 
brauchten Elektroden beschließt Verfasser 
das Kapitel über die von ihm angewandten 
Apparate. 

Sodann folgt eine Erklärung der ein¬ 
zelnen Applikationsarteu: Das elektrische Luft¬ 
bad, der Frauklin’sche Wind, elektrische Mas¬ 
sage, Hervorlocken von Funken mittelst 
Metallkugeln, Franklinisation ohne Isolier¬ 
schemel mittelst isolierter Elektroden (wenig 
gebräuchlich). 

Verfaaser kommt dann noch kurz auf 
die Verwendung sogenannter dunkler Ent¬ 
ladungen, die Morton’schen Ströme zu sprechen, 
bei welcher der Patient jedoch keinem Strom 
sondern einer Oscillation untersteht, bei der 
sehr starke Ozonbilduug auftritt, welche von 
einigen Autoren als das Wesentliche bei der 
Applikation betrachtet wird. Bei der Mor- 
tou’schen Anordnung arbeitet man eigentlich 
mit Wechselstrom. 

Im Abschnitt IV’ bringt der Verfasser 
seine eigenen Erfahrungen über die Wirkungs¬ 
weise des Franklin’schen Stromes, belegt durch 
casnistische Beiträge. Verfasser ist ein be¬ 
geisterter Anhänger der Frauklin’schcn Be¬ 
handlung, was besonders aus letzterem Ab¬ 
schnitt hervorgeht. Manch’ eine der hier an¬ 
geführten Krankengeschichten und ein Teil 
der im 2. Abschnitt aufgczählten Fälle, auf 
die Verfasser am Schlüsse nochmals hiuweist, 


dürften jedoch nicht genügend überzeugende 
Kraft für den Leser haben. Sie weisen auf die 
teilweise suggestive Wirkung bei der Appli¬ 
kation hin. Für den, der sich mit Franklinisation 
beschäftigen will, ist diese Broschüre eine 
empfehlenswerte Lektüre. W. 

Kureila. Elektrische Gesundheits¬ 
seh ä d i g u n g e n a m T e 1 e p h on. (Zwang¬ 
lose Abhandlungen aus dem Gebiete der 
Elektrotherapie und Radiologie. Heft 5.) 

Verfasser bringt einige casuistische Bei¬ 
träge über Starkstromschädigung am Telephon. 
Die Schädigung des menschlichen Körpers 
durch hochgespannte Ströme kann eine vier¬ 
fache sein: 1. Schreckwirkung. 2. rein sug¬ 
gestive Wirkung. 3. schwere funktionelle oder 
tiefgreifende materielle Veränderungen am 
Nervengewebe. 4. Verbrennungen an der Ein¬ 
trittsstelle durch die Stromwärme, Verätzungen 
an den Kontaktstellen und in den ganzen im 
Körper gelegenen Strombahnen durch elektro¬ 
chemische Vorgänge. Ausschlaggebend für 
den Symptomenkomplex bei den vom Verfasser 
geschilderten Fällen war die Lokalisation der 
elektrischen Einwirkung. Im Anschluß an 
diese casuistisehen Mitteilungen bringt Ver¬ 
fasser einen Literatur-Bericht über die 
Wirkung der Hochspaunungsströme auf den 
Körper und führt besonders die experimentell 
pathologisch - anatomischen Untersuchungen 
J e 11 i n e k s an, welche zur Aufklärung dieser 
Frage wesentlich beitragen. Ihr wichtiges 
Resume lautet: Der Tod durch Elektrizität 
tritt in 3 Formen auf: a) blitzartig, b) durch 
primäre Herzlähmung, c) durch primäre At¬ 
mungslähmung. Die wichtigen anatomischen 
Untersuchungen Jellineks ergaben, daß da, wo 
der Strom die nervösen Zentralorgane durch¬ 
setzte, das Nervengewebe in Gestalt tiefer 
Risse zerstört wurde, zahlreiche Blutgefäße, 
zumal in der grauen Substanz der Rinde und den 
spinalen Vorderhörnern, ganz besonders häutig 
aber in der Medulla oblongata zerrissen, zahl¬ 
reiche Nervenzellen entweder zerrissen wurden 
oder eine Dislokation ihres Kerns erfuhren. 

Die Frage, ob das berufsmäßige Tele¬ 
phonieren fiir sich allein schon pathologische 
Zustände hervorrufen könne, kann Verfasser 
an der Hand zweier eigner Fälle dahin be¬ 
antworten, daß neuropathische Individuen 
durch diese Tätigkeit in ihrem Nervenleben 
stark gefähret werden. Ein Literaturbericht 
über das gesamte Thema ergibt Uebereiu- 
stimmung der Autoren in folgenden Punkten: 

l) Berufsmäßiges Telephonieren kann, 
falls es übertrieben wird, eine allgemeine 

11 * 


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164 


Kritik. 


Nervosität mit verschiedenen Symptomen lier- 
vorrufen. 

2) Stärkere elektrische Erregung des 
Telephons kann lediglich durch Einwirkung 
auf’s Ohr, neben anatomischen Schädigungen 
dieses Organs, allgemeine Nervosität hervor- 
rufen. 

3) Hochspannungsentladuugen, die in 
eine Telephonleitung gelangen, können schwere 
organische Läsionen des Nervensystems her- 
vorrufen, wie progressive Paralyse, multiple 
Sklerose, Muskelatrophie, M. Basedow’sche und 
ähnliche Zustände, Blutungen, Fissuren. 

Die Prognose bei Schädigungen durch 
Starkströme am Telephon ist sehr vorsichtig 
zu stellen. Die Therapie ergibt sich aus der 
Doppelnatur der Läsion und hat auf die bald 
hineinspielende Auto- und Fremdsuggestion 
Rücksicht zu nehmen. 

Mit einigen Forderungen für den Schutz der 
Telephonierenden und einem Anhang über die 
verschiedenen amtlichen Schutzverfügungen 
schließt die besonders für den Unfallgutachter 
wichtige Abhandlung. \V. 

C. H. Wind. Elektronen und Materie. 

Physikalische Zeitschrift, Jahrgang 6. 

No. 15. 1905. 

In einem Vortrage (Antrittsvorlesung 
bei Uebernahme der Professur an der Reichs¬ 
universität in Utrecht am 20. Februar 1905) 
hat Herr Wind einen sehr interessanten Rück¬ 
blick auf die Geschichte der Theorie der 
Elektrizität und des Magnetismus, d. h. all¬ 
gemeiner, auf die Vorstellung von dem Zu¬ 
sammenhang zwischen Elektronen und Materie 
gegeben. 

Die Entwicklung der Elektrizitätstheorie 
läßt sich als Aufbau einer Synthese aus einer 
These und einer Antithese ansehon. 

Die These ist die von Coulomb, Ampere 
und Weber sowie ihren Schülern entwickelte 
Lehre, welche die elektrischen und die mag¬ 
netischen Erscheinungen auf Anziehungen und 
Abstoßungen zwischen äußerst kleinen posi¬ 
tiven und negativen Teilchen oderzwischen den 
kleinsten Elementen der Stromleiter zuriiek- 
zuführen sucht. 

Die Antithese ist die hauptsächlich von 
Faraday und Maxwell aufgebaute Theorie, nach 
der die Wirkungen, die elektrisch geladene 
Körper, Stromleiter oder Magnete erfahren, 
nicht als wirkliche Fernwirkungen, sondern 
als Folge davon aufzufassen sind, daß sich 
an der Stelle, wo die Körper sich befinden, 
in einem den ganzen Raum erfüllenden Mittel 
besondere Spannungszustände bilden. Diese 


Spannungszustände pflanzen sich nach allen 
Seiten durch das Medium fort, welches hierbei 
ebenso wie bei dem Lichte die Hauptrolle 
spielt, nämlich den Aether. Das Arbeitsver¬ 
mögen eines elektromagnetischen Systems, 
d. h. die Eigenschaft, sich in mechanische 
Arbeit. Wärme oder chemische Wirkung um¬ 
zusetzen, hat nach dieser Theorie seinen Sitz 
nicht in den geladenen Körpern, Stromleitern 
oder Magneten selbst, sondern in dem um¬ 
gehenden Aether. 

Die hauptsächlichsten Argumente fiir 
die Richtigkeit dieser Theorie waren folgende: 
Die neuen Vorstellungen führten zu dem 
Schlüsse, daß elektromagnetische Wirkungen 
Zeit gebrauchen, um sich durch den Raum 
fortzupflanzen, und es konnte auf Grund 
früherer elektrischer Versuche ein Wert für 
diese Geschwindigkeit berechnet werden, der 
der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes 
gleich kam. So ließ sich auch das Licht als 
ein sich durch den Aether fortpflanzender 
elektromagnetischer Schwiiigungszustand er¬ 
klären. 

Diese Beweisgründe waren für einige 
(Boltzmann, Loreutz) hinreichend, während 
die Mehrzahl der Physiker erst daun für die 
neue Theorie gewonnen wurde, als die 
Hertz’schen Versuche 20 Jahre später die 
Maxwell’sehe Theorie in glänzendster Weise 
bestätigten. 

Lorentz hatte sich schon 10 Jahr früher 
zur Aufgabe gemacht, die neue Theorie auf 
die optischen Erscheinungen anzuwenden, zum 
Beispiel, aus ihr die Gesetze der Brechung 
und Reflexion des Lichtes abzuleiten. Als 
er jedoch kurze Zeit später versuchte, den 
Zusammenhang zwischen dem Brechungsindex 
der Körper und ihrer Zusammensetzung sowie 
die Erscheinung der Farbenvcrschiebung mit 
Hilfe dieser Theorie aufzuklären, kam er bald 
zu der Einsicht, daß diese fiir die Erklärung 
der Fortpflanzungsweise des Lichtes im 
Aether genüge, daß man aber von dem Ein¬ 
flüsse, den der Stoff auf die Liehtbewegting 
ausübt, nur dann eine befriedigende Vor¬ 
stellung erhalten kann, wenn man annimmt, daß 
im Innern der Moleküle elektrische Teilchen 
von einer gewissen Masse in Schwingungen 
geraten können. Eine Vorstellung, die auch 
hei allen späteren Untersuchungen über das 
Wesen der Lichtausstrahlung der kleinsten 
Körperteilchen als Ausgangspunkt diente. 

Nach Lorentz’ Auffassung setzt sich also 
das Atom aus einer Anzahl noch kleinerer 
Teile zusammen, sodaß innerhalb des Atoms 
Bewegungen auftreten können, z. B. beim Zu¬ 
sammentreffen mit einem Atom und unter dem 


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Kritik. 1(55 


Einflüsse der Temperatur des Körpers. Die 
Bewegungen im Atom bestehen aus einer An¬ 
zahl einfacher Schwingungen von bestimmter 
Schwingungszeit, sodaß jetzt begreiflich ist, 
warum die von den Atomen eines bestimmten 
Körpers ausgesandten Lichtstrahlen aus einer 
begrenzten Anzahl einfacher Farben zusammen¬ 
gesetzt sind. 

Ebenso ließen sich jetzt auch die Ver¬ 
änderungen erklären, die das Spektrum einer 
Lichtquelle zeigt, wenn sie unter dem Ein¬ 
flüsse magnetischer Kräfte sieht. Diese Kräfte, 
erzeugen in den Bewegungen der kleinsten 
Teilchen im Atom Variationen, und diese Ver¬ 
änderungen bestimmen dann die Art der Ver¬ 
änderungen desSpektrums. Auf diese Weise fand 
im Jahre 1895 die Zeemnnn’sche Beobachtung 
ihre Erklärung, und als es dann Zeemann auch 
gelang, verschiedene Besonderheiten in dieser 
Erscheinung durch das Experiment hervorzu¬ 
rufen, lenkte sich die Aufmerksamkeit aller 
Physiker auf die Lorentz’sche Theorie. 

Im Jahre 189t war Lorentz einen Schritt 
weiter gegangen, indem er die Annahme machte, 
daß die kleinsten elektrischen Teilchen sich 
zwischen den Molekülen eines Körpers hindurch 
bewegen und sich so uns als elektrischen 
Strom kund geben. 

Es kam dann die Entdeckung von Röntgen, 
die das Interesse der Physiker von neuem auf 
die Kathoden strahlen lenkte, ilie durch ihren 
Anprallgegeneine feste Wand Röntgenstrahlen 
erzeugen. Man bildete sich von den Kathoden¬ 
strahlen die Vorstellung, daß diese Ströme 
negativ elektrischer Teilchen seien, die sich 
mit sehr großer Geschwindigkeit im luft¬ 
verdünnten Raume fortbewegen. Es glückte 
Wiechert, die Geschwindigkeit dieser Be¬ 
wegung auf 50 bis 60000 km pro Sekunde zu 
bestimmen. Aus dieser Größe sowie aus der 
Krümmung eines Bündels Kathodenstrahlen 
im magnetischen Felde konnte dann die 
elektrische Ladung eines Teilchens für die 
Einheit seiner Masse abgeleitet werden, und 
man fand denselben Betrag, den Zeemann aus 
seinen optischen Versuchen abgeleitet hatte. 

Ferner fand man, daß die von Becquerel 
entdeckten Strahlen, sowie diejenigen, welche 
ein Metall unter dem Einflüsse ultravioletter 
Strahlen emittiert, aus denselben elektrischen 
Teilchen bestehen. 

Weitere Versuche haben dargetan, daß 
die Elektronen und Molekülaggregate in einem 
mit Wasserdampf übersättigten Raume als 
Kondensationskerne wirken. Da nun die ne¬ 
gativen Elektronen bereits bei einem geringen 
Grade von Uebersättigung ihre Wirkung 
äußern, so muß in der Atmosphäre bei der 


Kondensation eine Verschiebung der positiven 
und negativen Elektronen entstehen, die bei 
verschiedenen meteorologischen Erscheinungen 
eine Rolle spielen wird (Gewitter, Polarlicht, 
Veränderungen des Erdmagnetismus). 

lu diesem System spricht sich deutlich 
der ('harakter der neuen Theorie als Synthese 
zur Coulomb- Ampere- VVeber’schen These 
und zur Faraday-Maxwell’schcn Antithese 
aus. Der Acther und die kleinsten elektrischen 
Teilchen treten gleichmäßig in den Vorder¬ 
grund. 

Die jüngsten Untersuchungen von Lorentz 
lehren auch, wie weit man mit der Elektronen- 
Theorie sogar bei der Erklärung der im Innern 
der Körper auftretenden Erscheinungen 
kommen kann. Man gelangt ungezwungen zu 
der Erklärung des von Biedermann und Frantz 
entdeckten Zusammenhanges zwischen dem 
thermischen und elektrischen Leitvermögen, 
zur Erklärung der Jonle’schcn Wärme, der 
thermoelektrischen Kräfte und des Thomson- 
Effektes. 

Auf ein Elektron wirken in einem 
elektrischen und magnetischen Felde bestimmte 
Kräfte, womit, gemeint ist, daß die Masse des 
Elektrons in einem solchen Felde bestimmte 
Geschwindigkeit und daher eine gewisse 
kinetische Energie erhalten kann. Will man 
ein Elektron aus seinem Ruhestand in Be¬ 
wegung versetzen, so muß man Arbeit, ver¬ 
richten. Das hat zur Folge, daß ein Elektron 
solchen Ursachen gegenüber, die seinen Be¬ 
wegungszustand zu verändern suchen, sich so 
verhält, als ob cs eine gewisse Masse besäße, 
die sich aber aus einer scheinbaren (elektro¬ 
magnetischen) und einer wirklichen Masse 
zusammensetzen kann. 

Die gesamte Masse eines negativen 
Elektrons beträgt ungefähr 1/1000 der Masse 
eines Wasserstoft’atomes. 

Nun könnte man annehmen, daß die 
scheinbare Masse auch die gesamte Masse des 
Atomes ist, während von wirklicher Masse 
bei diesen Körperehen keine Spur vorhanden 
ist. Man hat gefunden, daß die elektro¬ 
magnetische Masse nicht konstant ist., sondern, 
wie es auch die Theorie verlangt, von der 
Geschwindigkeit des Elektrons abhängig ist.. Es 
kommen auch bei den verschiedenen Strahlen¬ 
sorten Elektronen mit Geschwindigkeiten, die 
bis nahe an die des Lichtes heranreichen, vor. 
Kauffiuann kam nun bei diesbezüglichen Ver¬ 
suchen zu dem Ergebnis, daß die totale Masse 
der negativen Elektronen derart von der Ge¬ 
schwindigkeit abhängig ist, daß die wirkliche 
Masse keine merkliche Rolle spielt, wozu man 
auch aunehmen muß, daß das gleiche für die 


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166 


Kritik. 


positivenElektronen gilt,, und daß gewöhnlicher 
Stoff vollständig aus positiven und negativen 
Elektronen besteht. Es existiert dann keine 
andere Masse mehr, als die scheinbare, und 
die Atome und Moleküle muß man sich als 
eine Art von Planetensystemen vorstellen, die 
durch elektromagnetische Kräfte zusamiiieu- 
gchalten werden und auf einander wirken. 

Die Ergebnisse des Interferenzversuches 
von Michelson und der Trouton’schen und 
Noble’schen Versuche bieten sich als Beweis¬ 
gründe für diese Hypothese dar. 

Es ergeben sich dann weitere Vor¬ 
stellungen über die Zusammensetzung eines 
Atoms, die Bewegung und Axenrotation der 
kleinen Planetensysteme, Bewegung der 
Elektronen gegen einander, über die Geschwin¬ 
digkeit und Energie der Elektronen u. s. w. 

Es war nun Poincare. der zuerst, ernste 
Bedenken gegen die weitgehenden Konse¬ 
quenzen dieser neuen Theorie äußerte, die 
sich hauptsächlich gegen die Annahme richten, 
jeder Stoff bestehe aus Elektronen, besitze 
nur scheinbare Masse. Das Prinzip von der 
Unveränderlichkeit der Masse wird umgestoßen, 
da die Masse eines Stoffes von der Geschwin- 
digkeitseiner Elektronen abhängt Das Gesetz 
von Wirkung und Gegenwirkung hört auf, 
richtig zu sein; die Theorie lehrt, daß ein 
Lichtstrahl auf einen Spiegel einen Druck 
ausübt, was auch durch die Experimente von 
Lebedew, Nichols und Hüll bewiesen ist, 
während inan die entsprechende Gegenwirkung 
auf einen anderen Körper vergebens sucht. 
Ein Körper, der Licht oder Wärme ausstrahlt, 
erfährt in Bezug auf diese Ausstrahlung von 
allen Seiten einen Druck, der bei einer be* 
stimmten Bewegungsrichtung des Körpers an 
der Vorderseite am größten sein wird, dem¬ 
zufolge der Körper einen Widerstand in seiner 
Bewegung erfahren wird; und wieder sucht 
man vergebens nach einer Rückwirkung auf 
einen anderen Körper Nach der Berechnung 
von Sommerfeld erfährt ein Elektron, dessen 
Geschwindigkeit größer ist, als die des Lichtes, 
eine Verzögerung ohne materielle Ursache, 
sodaß also auch das Trägheitsgesetz nicht 
mehr Stand hält. 

So sieht man. daß die Prinzipien der 
Mechanik in ernste Gefahr gebracht sind. 

Aber wer sagt uns, daß diese Prinzipien 
nicht nur angenähert, sondern absolut richtig 
sind, daß unsere bisherigen Beobachtungen 
nicht zu ungenau waren, daß wir bisher in 
dieser Rieht.nng nicht nur durch den Glaube n 
geleitet wurden, es müsse gewisse unver¬ 
änderliche Elemente geben ? 

So kam es. daß auf der Naturforscher- 


Versammlung IffOOin Aachen Wien den kühnen 
Vorschlag machte, dahin zu arbeiten, daß, 
von der Annahme ausgehend, jede Masse sei 
elektromagnetischen Ursprungs und mit Ver¬ 
zichtleistung auf die klassischen Grund¬ 
prinzipien, die Mechanik gänzlich auf die 
Grundlage der Elektronentheorie basiert werde. 

Auf diese Weise droht nun die Illusion 
von der absoluten Unverändorlichkeit der 
Masse und Bewegungsmenge zerstört zu 
werden. 

Wenn es aber gelingen würde, die 
Wirkungen der Schwerkraft und aller 
zwischen den Molekülen und Atomen wirkenden 
Kräfte als Ausflüsse, elektromagnetischer Er¬ 
scheinungen zu erklären, daun würde man das 
Ideal einer einfachen Beschreibung der physi¬ 
kalischen Erscheinungen von möglichster Voll¬ 
ständigkeit um einen großen Schritt weiter 
gebracht haben. Man wäre zwar um eine 
Illusion ärmer, wäre aber um ein System von 
Grundbegriffen und Prinzipien reicher ge¬ 
worden. das bereits einen Teil der Physik hat 
tragen müssen, dann aber gezeigt haben würde, 
daß es auch mit der ganzen Physik fertig wird. 

(ieorg Geh 1 hoff 

Professor Dr. Wertheim-Salomonsor, 

Amsterdam: Kleine nnd große In¬ 

duktoren. Fortschritte anf dem Gebiete 
der Röntgenstrahlen 1905, Heft 4. 

Die Frage, ob man im Röntgenbetriebe 
große oder kleine Induktoren benutzen soll, 
wurde von Dessaner-Aseh affenbnrg auf¬ 
geworfen nnd zn gnnsten der kleinen Induktoren 
beantwortet. Da man ihm deswegen hart be¬ 
gegnet nnd der Streit hierüber noch nicht znr 
Ruhe gekommen ist, so tritt Verfasser dieser 
Frage nochmals näher. 

Wenn sich die lineareu Dimensionen eines 
großen und kleinen Transformators mit ge¬ 
schlossenem Eisenkreis wie m ; n verhalten, so 
müßte nach den Theorien der Elektrotechnik die 
Leistnng des großen Transformators nm das 

('") 5 -fac.he größer sein, als die des kleinen. 

Sind Ki nnd Ka die Strennngskoeffizienten zweier 
offenen Transformatoren, so verhalten sich ihre 

Leistungen wie 1 zn ("')** -x (^ : )^- D' e ® r " 

fahrnng lehrt jedoch, daß dieser Wert niemals 
erreicht wird. 

Was nun den Gebrauch zweier Induktoren 
im Röntgenbetriebe anbetrifft, so wird der kleinere 
Induktor bisweilen ad maximnm belastet, der 
größere dagegen nie (weil keine Röntgenröhre 
dies vertragen wiinle), sondern im Dnrchschnitt 
zn etwa '/* der maximalen Leistnng. Beträgt nun 
der Nutzeffekt eines Indnktors etwa 60‘>, so 


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Kritik. 


167 


wird dieser Wert von dem kleineren Indnktor 
fast regelmäßig erreicht, beim größeren sinkt er 
nnt' etwa 40°|o herab. So ist also bei gleicher 
primär zngefiihrter Energie an den sekundären 
Klemmen des kleineren Induktors mehr Energie 
verfügbar, als an denen des großen. 

Für die Richtigkeit dieser Auffassung 
sprechen folgende Resultate: Bei gleicher pri¬ 
märer Belastung gab ein kleiner Indnktor 49 
Fnnken von HO cm Länge, ein großer 15 Fnnken 
von 50 cm Länge, d. h. der kleine Indnktor gab 
17°/o mehr Energie an den sekundären Klemmen. 

Ein Versuch mit derselben Röntgenröhre 
ergab bei gleicher primärer Belastnng für den 
kleineren Indnktor eine l,17mal größere Intensität, 
für den größeren Indnktor eine nnr 1,09 mal 
größere Penetrationskraft der Strahlen. 

Den Vorwnrf der schlechten Regnlierbaikeit 
der kleinen Induktoren bei Wehneltbetrieb weist 
Verfasser zurück. Ganz abgesehen davon, daß 
der kleine Indnktor sich auch mit Walterschaltnng 
versehen läßt, wird durch Vorschalten selbst- 
imlnktiver Widerstände eine vollkommene Re- 
gnlieibarkeit erreicht. 

Das Optimnm für die Konstruktion kleiner 
Indnktoron scheint Verfasser in der Nähe von 
25 cm Funkenlänge zu liegen. Das Benutzen 
von Induktoren mit weniger als 20 cm Fnnken- 
länge empfiehlt sich nicht, da die verfügbare 
Energie schlechter ansgenntzt wird, namentlich 
bei harten Röhren, sodaß man bei schwierigen 
Aufnahmen von ihnen ganz im Stiche gelassen wird. 

Alles in allem sind also bei dem heutigen 
Stande der Röhrentechnik Induktoren mit 
20-SO cm Funkenlänge den größeren vorznziehen, 
da sie schon mehr Energie liefern, als eine Röhre 
im Dauerbetrieb vertragen kann. Für die Zu¬ 
kunft dagegen erhofft Wertlieiin-Saloinonson, daß 
Industrie und Wissenschaft in absehbarer Zeit 
bessere Röhren bieten werden, die bedeutend 
höhere Engeriemengen anfnehmen und in Röntgen¬ 
licht transformieren können, und daß daun znm 
Gebrauch größerer Induktoren geraten werden 
müßte. Georg Gehlhoff. 

Fritz Frankenhaeuser. Die Wärme¬ 
strahlung, ihre Gesetze nnd ihre 
Wirkungen. (Zwanglose Abhandlungen 
ans dem Gebiete der Elektrotherapie nnd 
Radiologie. Leipzig 1904. Verlag von Johann 
Ambrosius Barth. 

Nachdem die Behandlung Kranker durch 
Wärmestrahlnng in d : e physikalischen Heil¬ 
methoden anfgenommen und sich dnrch die bahn¬ 
brechenden Arbeiten Finseus eine Art der 


Strahlentherapie als eine ganz besonders wertvolle 
Bereicherung unseres therapeutischen Könnens 
bewährt hat, ist es als ein Verdienst des Ver¬ 
fassers zu bezeichnen, den Arzt dnrch die vor¬ 
liegende Abhandlung mit den physikalischen 
Eigenschaften der Wärmestrahlung vertrant zu 
machen. In klarer, auch für den Nichtphysiker 
leicht verständlicher Schreibweise führt der Ver¬ 
fasser den Leser unter Berücksichtigung der neu¬ 
esten Forschungen in das interessante Gebiet ein. 

Der I. Abschnitt behandelt die Wärme als 
strahlende Kraft nnd die allgemeinen Strahlnngs- 
gesetze. Der II. Abschnitt behandelt die be¬ 
sonderen Bedingungen für die Wärmestrahlnng. 
Im 111. Abschnitt bespricht und erläutert der 
Verfasser die Wirkungen der Wärmestrahlen. 

Ein beigefügtes Literaturverzeichnis gibt 
dem, der einzelne Fragen weiter verfolgen will, 
die einschlägigen Arbeiten au. W. 

Professor Dr. St. Leduc. Die Jonen- oder 
elektrolytische Therapie. (Zwanglose 
Abhandlungen aus dem Gebiete der Elektro¬ 
therapie nnd Radiologie. Leipzig 1905. Ver¬ 
lag von Joh. Ambr. Barth.) 

Der Veifasaer führt den Leser in leicht 
Verständlicher Weise in das Wesen der Elektro¬ 
lyse eiu, belegt seine Erläuterungen nnd er¬ 
leichtert das Verständnis der elektrolytischen 
Vorgänge am lebenden Organisntns dnrch die 
Schildernng einer Reihe experimenteller Unter¬ 
suchungen. Einer Besprechung der physio¬ 
logischen Wirkungen der auf elektrolytischem 
Wege eingedrungenen Jonen folgt ein Kapitel 
über die elektrochemische Analyse der Gewebe 
am lebenden Menschen, sodann ein Kapitel über 
den elektrischen Widerstand des menschlichen 
Körpers und die Joneugeschwindigkeit im lebenden 
Gewebe, schließlich ein Kapitel über die An- 
ileinug der Nervenerregbarkeit dnrch die Jonen, 
erläntert dnrch eine Reihe von Zncknngsknrven, 
welche vor nnd nach der elektrolytischen Ein¬ 
führung von Morphinin-, Kokain-, Lithium- und 
Kakodyl-Jonen anfgenommen wnrden. 

Im letzten Abschnitt erläntert der Ver¬ 
fasser, wie die elektrolytischen Erkenntnisse am 
Organismus für die Diagnose nnd Therapie be¬ 
nutzt werden können. Die therapeutischen Er¬ 
folge dnrch die Elektrolyse sind ermntigend nnd 
der Verfasser hat Recht, wenn er die Ueber- 
zengnng ansspricht, daß die großen Fortschritte 
der Theorie dnrch die Klarheit nud Sicherheit, 
welche sie über die Methode verbreiten, eiue 
noch weit reichere Anwendung derselben veran¬ 
lassen. Das Stndinm dieses kleinen Wetkes ist 
sehr zu empfehlen. W, 


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168 


Referate. 


III. Referate. 

Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zent.ralverbamls der Balneologen Ostreichs. 

(Vorträge und Diskussionen von: Fellner, Löbchel, UUmanu, Lindlieirn, Sorgo, Krauss, Colobrun, 
liassenge, Strassur, Drain, Koblor, Klein-Bähringer. Holzknecht, Weiß.) Radiologie. 
(Arbeiten von: Bagge, Holzknecht, Jastram, Haret, Hubert, Newcornet, Destol, Gutlirnie, Belot, 
Bar.jon, von Jakscli. Immehnann, Moszkowicz, Steginann, Rosenbach, Helbcr, Linser, Adamson, 
Jefferis, Wertheim-Salomonson, Krause, Görl, Wien,) Balneologie und Hydrotherapie. 
(Arbeiten von: Strasser, Williams.) — Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. (Arbeiten 
von: Somerville, Jones, Xeustaetter, Zanietowski, Gamlen.) — Fhototherapie und ver¬ 
schiedene physikalische Methoden. (Arbeiten von: Schott, Sommer, Joseph, Hill, Ueslin, 

Asmann, Danielsen. 


Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der 

Balneologen Ostreichs. 

(Referat von Privatdozent Karl Ullmann-Wien. — Forts.) 


Leopold Fellner (Franzensbad) gibt einen 
Beitrag zurmechanischen undbalneo- 
therapeutischenBehandlungderchro- 
nischen Herzkrankheiten. Er geht zuerst 
auf die Wirkung der Kohlensäurebäder über und 
zeigt an der Hand von Tabellen die Änderungen 
des Pulses, des Blutdruckes, der Respiration 
der Eigenwärme unter der Einwirkung der COr- 
Bäder bei Gesunden und Kranken. Er zeigt den 
wohltätigen Eiuflnli der COa.Bäder in Bezug auf 
subjektive Beschwerden und auf den Puls, die 
Zahl, Qualität desselben. Auf Grand seiner 
eigenen Anstaltserfahrungen stellt er die Insuffi¬ 
zienz des Herzmuskels, Fettherz, Herzklappen¬ 
fehler, und Arteriosklerose als Indikationen für 
Kohlensäurebäder anf. 

Arthur Loebchel (Dorna) berichtet über 
baineotechnische Nenernngen. Die¬ 
selben beziehen sich zunächst anf die Art der 
Zubereitung von Kohlensänrebädern. Loebchel be¬ 
nützt in Dorna eine eigene Qnellenfassungstype, 
die in einem hermetischen Abschlüsse des Qnellen- 
gehänses besteht, den Umfang eines ausreichenden 
Badereservoirs erreicht, und aus welchem das 
gashaltige Badew-asser unterirdisch in die Wannen, 
und zwar kontinuierlich, znfließt. Durch Hebe¬ 
vorrichtungen wird das mit COs gesättigte Mine¬ 
ralwasser zugeführt, das nicht verwendete Bade¬ 
wasser läßt fortwährend COa-Gas entweichen, 
wodurch in den Reservoiren eine starke Gas¬ 
spannung entsteht. Das Badewasser wird in den 
Wannen selbst erwärmt. Die Bäder werden 


durch fortwährenden Wasserzufluß stetig erneuert. 
Dnrch eine Regnliervorrichtnng kann die Wärme 
des Badewassers nach Belieben geregelt werden. 
Was die Moorbädcrbereitnng in Dorna 
betrifft, so ist znnächst wichtig, dafs das Moor 
selbst in den Feldern dnrch Drainage derart 
kultiviert wird, daß das Rohmaterial dnrch Luft¬ 
zutritt besser oxydiert wird. Schon im Sommer 
wird das Moor der Sonne und Luft ansgesetzt, 
im Herbste in gutgedeckten, luftigen Holzge¬ 
bäuden gelüftet und getrocknet, fein gemahlen, 
schließlich in Heizräumen getrocknet. Durch 
diese Vorgänge wird die Löslichkeit der Moorerde 
wesentlich gesteigert und dadurch das Würme- 
leitungsvermögen des Bademediums erhöht. 

In der sich nun anschließenden Diskussion 
wird von den drei Franzensbader Kurärzten 
Nenadovic, Fellner nnd Fisch der Wert 
dieser Präpariernngsmethode der Dornaer Moor¬ 
erde einer eingehenden Kritik nnterzogen nnd 
darauf hingewieseu, daß das Franzensbader Moor 
im Gegensätze zum Dornaer genügende Menge 
löslicher Salze besitze, so daß es nicht notwendig 
sei, deren Menge zu steigern. Für die Radio¬ 
aktivität der Moorerde sei das längere Expo¬ 
nieren der letzteren an den atmosphärischen 
Agentien keinesfalls ein Vorteil. Was den Wert 
der Kohlensäurebäder betreffe, so sei derselbe 
nicht nach der COaMenge an der Qnelle, sondern 
nach der im Bade selbst zn bemessen. Indes 
seien die Verhältnisse in Frauzensbad ja wesentlich 
andere wie die in Dorna. 

In seinem Schlußwort bemerkt Lo ebcliel, 


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Referate. 


169 


daß er es bedanre, daß von den Vorrednern so 
unverhältnismäßig großer Wert anf die che¬ 
mischen and radioaktiven Potenzen der Moor¬ 
erde nnd der Bäder Gewicht gelegt, dem so 
wichtigen Pnnkte der exakten Temperierbarkeit 
gar keine Beriicksichtignng zn Teil geworden sei. 
Der Maßstab für die Bedentnng nnd die Wirk¬ 
samkeit der Moorbäder bernhe ja doch nnr in 
ihrem Heilwerte an Kranken, nnd da hätten sich 
die von ihm erwähnten baineotechnischen Neue¬ 
rungen schon recht gnt bewährt. 

DOC. K. Ullmann demonstriert seinen den 
Badeärzten ja ans früheren Vorstellungen be¬ 
kannten Wärmeappnrat Hydrothermoregn- 
lator, diesmal in einer einfachen Form, die das 
Erwärmen des zirkulierenden Wasserstromes auch 
mittelst Spiritus gestattet. Dieses Modell eignet 
sich zur Einführung in solche Heilstationen, Saua- 
torien, Tierarzueiinstitute oder für Spezialärzte, 
die weder über Gas noch über elektrischen Strom 
zum Betriebe des Apparates verfügen. (Firmen: 
J. Rohrbeck in Wien nnd M. Hanptner in 
Berlin liefern den Apparat). 

Der Vortragende demonstriert gleichzeitig 
eine Verwendnngsweise seiner Apparate znm 
Zwecke der Erwärmung von konstant bleibenden 
Wannen- oder Mineral-Bädern au einem von dem 
Verfertiger Ingenieur Zelle (Firma Novlli 
& Zelle, Wien XIX) in der Kongreßansstellnng 
exponierten Modelle. Die Erwärmung des Bade¬ 
wassers erfolgt durch ein unmittelbar an dem 
Boden der Badewanne angepaßtes und befestigtes 
System von Metallrfihren, mit denen der Zu- und 
Abflnß des Thermoregnlators in Verbindung steht, 
nnd durch welches derselbe das zur Erwärmntig 
bestimmte heiße Wasser treibt. Selbstverständlich 
eignet sich der Apparat nur für kleine Betriebe, 
einzelne Wannen und verhütet die zn starke Ab¬ 
kühlung des Badewassers bei prolongierten 
Bädern. Die Regnliervorrichtnng verhindert eben 
zu starke Erwärmung, dadurch auch die sonst 
leicht mögliche Entgasung von Mineralwässern 
und dient so auch zur Etablierung eines per¬ 
manenten Hebra’schen Wasserbettes. Für größere 
Betriebe, und wo warmes Wasser im Reservoir 
vorrätig ist, eignet sich dieser Apparat nicht. 

Der bekannte niederösterreichische Land¬ 
tags-Abgeordnete, Alfred von Lindheim, legt 
dem Kongreß seine Arbeit über die Gefahr¬ 
losigkeit. von Kurorten nnd Lungen¬ 
heilstätten für den Gesundheitszustand 
der umgebenden Bevölkerung vor. Der 
Antor bringt statistische Nachweise ans Kurorten 
Oesterreichs, Deutschlands, der Riviera und der 
Schweiz dafür, daß auch in offenen Kurorten 
und in der Nähe von Tuberkulose-Heilstätten 


die einheimische Bevölkerung bezw. das Pflege¬ 
personal keineswegs außergewöhnlich häufig an 
Tnberkulose erkranket. Im Gegenteile bewirkt die 
Steigerung der Wohlhabenheit der Bevölkerung, 
sowie passende Hygiene und Prophylaxe z. B. in 
Gleichenberg, Meran, Reichenhall, Davos, Görbers- 
dorf nnd Mentone ein zweifelloses Herabsinken 
der Tuberkulose-Morbidität- und -Mortalität. 

Privatdozent Sorgo (Alland) beschäftigte 
sich mit der A e t i o 1 o g i e nnd Hygiene 
des Nachtschweißes Tuberkulöser. 
Ungefähr die Hälfte der Phthisiker leidet an 
Nachtschweißen, die unabhängig vom Fieber 
bestehen. Unerklärt ist, warum die Schweiße 
anftreten, wenn die Teinperatnr abfällt. Infolge 
Freiluftbehandlung nnd Hydrotherapie komme 
dieses Symptom oft bald znm Schwinden. Bei 
der Tnberknlinbehandlnng, selbst wenn diese 
von großer Reaktion gefolgt sei, treten die 
Schweiße keineswegs immer anf. Den Bettdecken, 
der Bekleidung — mau verwende nnr Woll- 
wäsche — widme man größte Reinlichkeit (öftere 
Sterilisation), ebenso der Zimmertemperatur, die 
möglichst niedrig sei. Diaphoretica seien mög¬ 
lichst zn meiden, ebenso Blutverluste, Hnsten, 
Mnskelanstrengnngen. Die Kranken schwitzen 
hauptsächlich während des Schlafes, anch bei 
Tage, vielleicht weil die Regnlationsfähigkeit 
herabgesetzt ist, sowie bei anderen Rekonvales- 
zensen, z. B. nach Typbus und Malaria, bei denen 
sich anch ans ganz geringen Anlässen Fieber 
und Schweisse einstellen. 

KrauSS (Sanatorium Wiener Wald) be¬ 
leuchtet die prämenstruellen Störungen 
bei Lungentuberkulose. Anch bei sonst 
gesunden Frauen, vielmehr jedoch bei tuber¬ 
kulösen, ist eine prämenstrnelle Temperatnr- 
steigernng zn konstatieren, die in zweifelhaften 
Fällen diagnostisch verwertet werden könne. 
Das Verschwinden solcher Fieberreaktionen 
zeigt z. B. au, daß die Krankheit ansgeheilt ist. 
Anch Verwechselungen mit aknten Erkrankungen 
können durch dieses Fiebersymptom hervor- 
gernfen werden. Bekannt sind die hohen Tempe- 
ratnrsteigernngen bis 40° C., die man mitnnter 
bei Mädchen vor ihrer ersten Menstrnation 
beobachten kann. 

In seinem Vortrage: „Die Malaria im 
K ii s t e n I a n d e und ihre B e k ä m p f n n g u 
gibt Sanitätsinspektor des Küstenlandes n Triests 
Dr. von Celebrun interessante nud wertvolle 
prophylaktische Vorschläge. 

Die Petroleonisiernng der stagnierenden 
Süßwassertümpel sei wohl sehr wirksam, doch 
leider nicht immer durchführbar, weil diese 
z. B. wie im Küsteulande oft die einzige Vieh- 


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Referate. 


170 

tränke darstellen. Außerdem werden die kleinen 
Tümpel dabei leicht übersehen. Mechanischer 
Menschensclmtz in Fieberdistrikten durch Schutz- 
Ritter um die Wohnungen und Schntznetze für 
die in den Abendstunden ins Freie Gehenden 
werden von weniger intelligenten Landlenten 
nicht geDücend exakt ausgeführt. Es bewähre 
fich am besten konseqnente Chinindarreichnnsr, 
auch prophylaktisch. Der Erfolg für das Gebiet 
von Istrien und Südtirol sei glänzend. Die am 
schwersten versencht gewesenen Orte seien jetzt 
vollständig senchenfrei. 

Bassenge (Berlin) schlägt in der Dis- 
knssion vor, künstliche Brntstätten für Mücken 
anznlegen nnd sie dnnn mit Petrolenni zu iiber- 
gießen. 

Strasser emptielilt kalte Bäder, Strahl- 
donchen nnd Faradisation der Milzgegend bei 
fieberverdächtigen Leuten, weil dadurch die 
Plasmodien durch Milzkontraktionen in den 
Kreislauf getrieben würden. 

Bram (Wien) warnt vor zu langem Chinin¬ 
gebrauch (Ohrensausen und Gehörstörnngen) nnd 
empfiehlt Darreichung von Solntio Fowleri. 

Obersanitätsrat Hobler (Serajewo) be¬ 
richtet über Fälle von Dysenterie als Malaria- 
äqnivalent in Bosnien. 

Prof. Klein - Bähringer betrachtete d i e 
Adriaküste vom Standpunkte des 
Augenarztes für die Therapie. Er 
unterscheidet 3 Indikationsgruppen. Gradezu 
souverän wirke das Klima der Adriaküste bei 
skrofulöser Keratitis und Blepharitis, gleich¬ 
gültig ob solche Individuen noch andere skro¬ 
fulöse Erscheinungen böten oder nicht. Aber 
auch die Erkrankungen des Uvealtraktus, Kera¬ 
titis. Iritis, Iridokykiitis namentlich solche mit 
schleppendem Verlauf und unklarer Aetiologie 
und bei herabgekommenem Allgemeinzustand, 
auch solche mit irreparablen narbigen Verän¬ 
derungen, Trübungen, Schwarten, Synechien 
der Iris bessern sich unter der Einwirkung des 
Seeklimas alle so gut, wie es überhaupt möglich 
ist. Eine dritte Indikationsgruppe bilden die Er¬ 
krankungen des Gesichtsorganes infolge von 
Syphilis beiherabgekommenemAllgemeinzustand. 
Als Kontraindikationen seien hauptsächlich 
alle chronischen Katarrhe, das Trachom, der 
sogen. Frühjahrskatarrh sowie die Folge einer 
Malaria-lntermittens soweit sie das Auge be¬ 
treffen, hervorzuheben. 

Die für die baineologische Praxis 
wichtigsten Tatsachen derEönt- 
g e n 1 e h r e. 

Ueber dieses Thema sprach Guido 


Holzknecht. Er weist zunächst auf das er¬ 
freuliche Zunehmen des Interesses der Balne- 
ologen an der diagnostischen Radiologie hiu, 
sowie auf die Tatsache, daß in zahlreichen Kur¬ 
orten bereits gut eingerichtete und gut geleitete 
Röntgen-Laboratorien bestehen. Oft seien leider 
die gewählten Einrichtungen wegen mangelnder 
geeigneter Nebenbehelfe unzweckmäßig oder 
unbrauchbar. Wichtig Bei es, solche Ein¬ 
richtungen zu wählen, die möglichst einfach 
sind, und hauptsächlich auch die Untersuchung 
der Brusteiugeweide gestatten. Der Balueologe 
als Internist müsse das Aneurysma der Aorta 
gegebenen Falls auch radiologisch diagnosti¬ 
zieren können, auch wenn ihm Adipositas oder 
Emphysem dies auf gewöhnlich-physikalischem 
Wege unmöglich machen. Dasselbe gälte für 
das retrosternale Struma, welches durch Kom¬ 
pression der großen Gefäße schwere Herzsymp- 
tome bedinge. Um solche Dinge zu diagnosti¬ 
zieren, bedürfe es eines mittelgroßen Röotgeu- 
apparates, dessen Induktor am besten an einer 
Wand einer Zimmerecke befestigt sei, wobei 
der Wandarm für die Röhre zweckmäßig an der 
anderen Wand fixiert werde. Zwischen beiden 
hängen von der Decke auf gemeinsamem Pla¬ 
fondbrett Schirm und Blende herab, zwischen 
die der Patient gestellt wird; dabei bleibt die 
Bodentläche ganz frei; Der Quecksilberunter- 
brecher wird heutzutage im fernen Nebenraum 
oder Keller aufgestellt. Der Vortr. demonstriert 
nun an guten Photographien das normale Thorax¬ 
bild und seine Veränderung bei der Herzhyper¬ 
trophie, Dilatation, kardialer Stauung, Aorten¬ 
dehnung, Pulmonalisdehnung, dem Aneurysma 
der Aorta ascendeus, descendens, des Bogens und 
der Anonyma; dann beim retrosternalen Struma, 
bei mediastinalen Tumoren, Pleuraergüssen, 
Pneumothorax, isolierten Lappeninfiltraten, cir- 
eumscripten Lungenherden, Phthisis incip. und 
bei der Funktionsprüfuug des Oesophagus. 

Bezüglich der Röntgentherapie 
führt H. nur einige wenige Indikationen mit 
einfacher Technik an, insbesondere die gegen 
maligne inoperable Neoplasmen gerichteten, 
Schmerz und Sekretions stillenden Bestrahlungen, 
sowie den Vorgang bei Driisenschwelluugen 
und Leukaemie und erläutert die Technik dieser 
Bestrahlungen. 

Dozent Dr. K. Ullmann (Wien) referiert 
ausführlich .Ueber autotoxische und 
alimentäre Dermatosen“. Der Begriff 
der Autointoxikation an sich ist uralt, im Wesen 
das Prinzip der alten, nicht ganz mit Recht ver¬ 
worfenen Humoralpathologie darstellend, welche 
durch die Bakteriologie, besonders aber durch 


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Referate. 


171 


die Stoffwechselschemie wieder modern und so 
wieder in der ganzen Medizin, vorherrschend 
geworden sei. Ein solcher Zusammenhang lasse 
sich auch in der Dermatologie für ganze Gruppen 
der Dermatosen mit akutem und chronischem 
Verlauf leicht nachweisen. Juckende Nesseln, 
Erytheme, ekzematöse und seihst Blasen und 
Pusteln bildende Ausschläge seien zweifellos 
entweder Folgen der Resorption schädlicher 
Produkte aus dem Magendarmkanal oder mangel¬ 
hafter Verarbeitung der resorbierten Stoffe inner¬ 
halb des Blutes und der Gewebszellen, analog 
den Futterausschlägen der Rinder, der Schafe 
und anderer Haustiere. Der weite Begriff der 
Stoffwechselsanomalieu umfasse nebst den besser 
bekannten und bereits präzisierten Formen der 
gestörten Zuckeroxydation (Diabetes), der Harn¬ 
säureüberproduktion und Säureintoxikation 
zweifellos noch zahlreiche, aber weniger be¬ 
kannte und sich oft auch kombinierende che¬ 
mische Anomalien. Diese seien sowohl durch 
materielle als auch funktionelle Defekte gewisser 
lebenswichtiger Organe wie Leber, Pankreas, 
Schild- und Geschlechtsdrüsen, Nebennieren, 
Hypophysis cerebri und gewisser nervöser Cen¬ 
tralorgane (Ganglienzellen), als auch durch die in¬ 
dividuellen Verschiedenheiten und Abnormitäten 
des Zellchemismus im allgemeinen bedingt. 
Letzterer ist ebenso durch hereditäre und Racen- 
eigentümlichkeiten bestimmt, wie die grob anato¬ 
mischen Qualitäten, werde aber ganz besonders 
in einzelnen Entwicklungsphasen im Verlaufe 
des Lebensprozesses weiterhin modifiziert. Dem¬ 
entsprechend sind es vorwiegend nur relative 
Gifte und Schädlichkeiten, welche im gegebenen 
Falle einen gewissermaßen latenten Krankheits¬ 
prozeß auslösen. Disposition und Konstitution 
bilden meist die. Hauptsache. Von größter Be¬ 
deutung für die Auffassung mancher Haut¬ 
krankheiten ist die Lehre der sog. inneren 
Sektretion, d. i. der Lieferung spezifischer 
fermentartiger Eiweißkörper durch gewisse 
Drüsenzellen des menschlichen Körpers, welche 
bestimmt sind, die große Arbeit der Umwand- 
lungs- und Verbrennungsvorgänge, den Auf- 
und Abbau des Zellprotoplasmas aus dem in die 
Zirkulation aufgenommenen Nährmaterial zu 
besorgen oder doch zu erleichtern. Der Haut 
selbst mit ihrem Drüsenapparate fällt hierbei 
eine bedeutende passive wie aktive Rolle zu. 
Die Schwierigkeit der Analyse vieler soge¬ 
nannter Antointoxikationen liegt in der Com- 
plexität aller beim Zustandekommen einzelner 
Krankheitssymptome mitwirkenden ätiologischen 
Faktoren. 

Eine wichtige Rolle spiele weiterhin dabei 
die Dia zur sogeuannten Idiosynkrasie gesteigerte 


Reaktionsfähigkeit der Haut. Dieselbe äußere 
sich oft in mannigfachen, akut verlaufenden oder 
doch akut eiusetzenden Exanthemen fleckiger, 
papulöser, ervthematöser, auch wohl exanthema- 
tischer, also congestiv-entzündlicher Natur; all¬ 
tägliche Beobachtungen von Arzneiausschlägen 
nach äußerer oder innerer Anwendung gewisser 
Medikamente zeigen deutlich, daß die Reiz¬ 
barkeit der Haut in einer krankhaften labilen 
Erregbarkeit der Gefäße des Stratum vasculosum 
cutis, sowie der Foliculargefäße begründet sei, 
da die anatomischen Veränderungen stets dort 
einsetzen, allerdings von dort ab entlang der 
Gefäße fortgeleitet werden. Spezifisch auto¬ 
toxische Hautveränderungen in Bezug auf Mor¬ 
phologie, klinisches oder anatomisches Verhalten 
gebe es nicht. Die Analogie der Erscheinungen 
mit gewissen toxischen Erkrankungen trägt 
dazu bei, die Existenz besonderer autotoxiseber 
Erkrankungen überhaupt außer Frage zu stellen. 

In dem derzeitigen Kampfe zwischen der 
Bedeutung der Morphologie und Aetiologie ein¬ 
zelner Hautsymptome muß sich die Wissenschaft 
in der Zukunft zu Gunsten der Aetiologie ent¬ 
scheiden, da hauptsächlich oft ausschließlich 
die letztere für die Therapie in Frage kommt. 
Wichtig ist es deshalb, die Quellen der Autoin¬ 
toxikation kennen zu lernen. Gewiß mit Recht 
wird vielfach der Magendarmtrakt bezw. der 
Verdauungsprozeß als Hauptquelle angeführt. 
Gewiß ist, daß schon gestörte Magenverdauung 
zu deutlichen oft tiefgreifenden und bleibenden 
Veränderungen an der Hautdecke führt. (Ab¬ 
magerung, Trockenheit der Haut, Hautjucken, 
Angiektasie, Angiosklerose, Gelb- und Braun¬ 
färbung der Haut. Akne rosacea. Erytheme und 
Ekzeme). Inwieweit hier spezifische Toxine 
oder andere alimentäre chemische Schädlich¬ 
keiten direkt oder indirekt auf dem Wege des 
Nervensystems Einfluß haben, ist wohl noch 
lange nicht genügend festgcstellt. Hinlänglich 
feststehend ist jedoch die vasoparalytische Eigen¬ 
schaft des Alkohols und gewisser Alkaloide, 
des Koffeins und mancher Gewürze, ätherischer 
Oele etc. Gewiß unterschätzt werden vielfach 
auch die nachteiligen Wirkungen der Ueber- 
ernährung (Suralimentation), sei es, daß die 
Verdauungsorgane, Muskeln, Drüsen etc. durch 
übermäßig reichliche oder allzuhäufige oder 
zu stickstoffreiche Mahlzeiten überangestrengt, 
die aufuehmenden Zellen überlastet werden. 
Ein nicht geringerer Teil namentlich akuter 
Exantheme, Erytheme, Urticaria gehört der 
Idiosynkrasie gewissen speziellen Nahrungs¬ 
mitteln gegenüber an, fraglich aber ist, ob 
die betreffenden Schädlichkeiten auch wirk¬ 
lich bakterieller Natur sind. Wahrscheinlich 


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172 


Referate. 


ist dies in den seltensten Fällen zutreffend; 
denn diese zeigen ein anderes mit Fieberpm- 
stration und allgemein-toxischen Erscheinungen 
einhergebendes Bild. Und nur solche zeigen 
auch regelmäßig auffallende Vermehrung von 
Indoxyl und Scatoxyl, ferner Auftreten von 
Diaminen iin Harne. Selbstverständlich ist 
hierbei auch der Darm Sitz resp. Quelle 
der Autointoxikation. Fehlen aber klinische 
Darmstürungen und fehlen die Zeichen ver¬ 
mehrter Darmfäulnis, dann haben wir gar 
kein Recht., den Darm als Quelle der Autoin¬ 
toxikation anzusehen; dennoch geschieht dies 
bekanntlich nur zu oft in praxi. Man quält 
die Betreffenden wegen hartnäckiger Urticaria. 
Prurigo, Erythema mnltifonne, Eczem und Lichen- 
bildnngen, Pruritus, Erytrmlerinien, Keratoder¬ 
mien, Rosacea undSclerodermie mit systematischen 
Ahführktiren, selbstverständlich gänzlich erfolg¬ 
los, wenigstens qnoad sanationem. Dasselbe gilt 
von der Erfolglosigkeit der Darmdesinfektionen. 
Hingegen leisten diätetische Entziehungskuren, 
streng laktovegetabilisebe Diät und Salicylpräpa- 
rate mitnnter anch passende Brnnnenknren und 
klimatische Verändernngen, i. e. Entspannung des 
Nervensystems, häufig zweifellos mehr. Leider 
sind diese Ratschläge nicht immer durchführbar, 
da gerade solche Kuren dnrch Zeitaufwand 
kostspielig sind. 

In der sich darnn anschließenden Dis- 
knssion betonte anch v. Pähl im Sinne des Vor¬ 
tragenden die Bedentnng der mangelhaften Intra¬ 
organoxydation der Gewebe mit Bildnng von 
schädlichen Zwisehenstnfen der Eiweißkörper der 
Naltrnng nnter Ansschlnß der Darmverdannng 
als hauptsächlichste Qtielle der Antointoxikationen 
und betonte die Notwendigkeit der Bestimmnng 
einer Anzahl von Harnkoeffizienten insbesondere 
der Relationen zwischen Gesamtstickstoff, Harn- 
sänre, Harnstoff, löslichen nnd nnlöslichen Phos¬ 
phaten. den gesamten nnd den Aetherschwefel- 
sänren znr Klarstellung der Frage, ob objektiv 
im Harnbilde die Zeichen einer Antointoxikation 
vorlägen. Der einfache Nachweis von Indoxyl 
allein sei für die Annahme oder Ansschließnng 
einer Darmantointnxikation nicht genügend. 

Off er hestätigt, daß Prnrigo ohne Darm- 
erscheinnngen nnd ohne Vermehrnng von Indican 
einhergebe. Schließlich bemerkt Referent, daß 
er hier nnr einige Andentnngen über die Un¬ 
vollkommenheit unserer Erkenn'nis nnd leider 
anch unserer Methoden znr Sieherstellnng der 
Qnellen der zweifellos sehr wichtigen Antointoxi¬ 
kationen machen wollte, nnd daß er es für 
notwendig halte, diesen wichtigen Fragen 
systematisch vorerst dnrch Anfstellnng einer 
dahin gerichteten Methodik der Forsclmng eifriger 
als bisher nachzugehen. 


Dr. Eduard WeiSS (Pistyen): Wert der 
II ii il e r b e i G i c h t.. 

Vortragender kommt zu folgenden 
Schlüssen: Nachdem das Blut des Giclit.ikers 
Harnsäure aufstapelt, ohne daß man im Harn 
des chronischen Giclit.ikers ein entsprechendes 
Plus von Harnsäure finden könne, ist. es klar, 
daß die Niere des Gicht,ikers im Gegensatz 
znr normalen Niere nicht imstande ist, die 
Körpersäfte von der Harnsäure prompt zu 
befreien. Die Insuftizenz der Niere ist also 
beim Giclitiker, was Harnsäure betrifft, evi¬ 
dent. Die wichtigste Aufgabe der Therapie 
muß somit in der Schonung der Niere be¬ 
stehen, resp. darin, daß man die Tätigkeit 
der Niere durch die komplementäre Tätigkeit 
der Haut ersetzen müsse. Also nicht nur die 
praktische, Jahrhunderte alte Erfahrung allein, 
sondern auch die neuesten theoretischen Er¬ 
wägungen ergeben die These, daß es in der 
Therapie der Gicht keinen mächtigeren Fakt or 
gibt als Bäder. Speziell erweisen sich jene 
Bäder am wirksamsten, die wie z. B. Schwefel- 
ttnd Schlammbäder vermöge ihres chemischen 
Gehaltes und ihrer Konsistenz imstande sind, 
die Hauttätigkeit am besten anzuregen und 
die Niere in ausgiebigster Weise zu entlasten. 

Derselbe Autor lenkt, in seinem Vor¬ 
träge „ii her interkostale Pit o n a t. i o n s- 
E r s c h e i n u n g e n als B a s i s e i n e r neuen 
U n t e r su c h u ngsm e 11t o d e“ die Aufmerk¬ 
samkeit auf die durch ihn beobachteten Pho¬ 
nations-Erscheinungen, die sich beim Sprechen, 
besonders beim Ansatz und Buchstabieren in 
der Ltintbalgegend, am Abdomen, ferner in 
den Interkostalräumen bemerkbar machen. 
Klinisch bieten die piionatorischen Hervor- 
wölbungen in den Interkostalräumen das meiste 
Interesse. Man sieht dieselben besonders 
schön bei mageren Individuen mit breiten 
Interkostalräumen, am besten dort., wo die 
Interkostalniuskeln von anderen Muskelmassen 
nicht bedeckt sind. So im zweiten bis dritten 
Interkostalraum der Parasternallinie. Die 
phonatorischen Hervorwölbungen in den Inter- 
kostalräuinen sind durch den in der Lunge 
im Momente des Glottisschlusses gesteigerten 
Phonationsdruck hervorgerufen (bei konti- 
nuirlichem Sprechen erschöpft sich der Luft- 
strom und die Phonationserscheinungen gehen 
allmählich verloren). Es empfiehlt sich daher, 
bei der Untersuchung stets einzelne Buchstaben 
oder einzelne Worte, wie „D“, .,Kib“ u. s. w. 
sprechen zu lassen. Die Brustdrüsen und ein 
starker Panniculas adiposus wirken natürlich 
bei der Untersuchung in hohem Maße störend. 

Die klinische Bedeutung der inter¬ 
kostalen Phonationsersckeimingen liegt darin, 


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Referate. 


173 


daß sich Leber und Milz vermöge ihrer Kon¬ 
sistenz phonatorisch nicht hervorwölben 
können, indes das pleurale Transsudat und 
Exsudat sich durch Mitteilung der Bewegung 
bei der Phonation ebenfalls in den Interkostal- 
ritumen hervorwölben kann. Auf diese 
Weise ist man imstande, die untere 
Exsudatgrenze gegen Leber und 
Milz in sichtbarer Form abzugrenzen. 

Vortragender hat im Verein mit Dozent 
v. Kathy an der 2. mediz. Klinik in Budapest 
schwierige diagnostische Fragen bei pleu- 
ritischeu Exsudaten entscheiden und durch 
die Punktion bestätigen können. Betreffs 
weiterer Details verweist Y’ortr. auf die dies¬ 
bezüglichen Arbeiten in der ,.Deutschen Me¬ 
dizinischen Wochenschrift“, „Zeitschrift für 
klinische Medizin“, und im „Archiv für kli¬ 
nische Medizin“, Jahrgang lhOO—liiOl, ferner 


auf die Mitteilungen St i Ilers („Wiener 
Mediz. Wochenschrift“), und Struppelers, 
Letzterer hat vor 3 Jahren beim Kongreß für 
innere Medizin einen Fall von Zwergfells¬ 
hernie vorgeführt und dabei die Phonations¬ 
methode gut, verwerten können. In der Dis¬ 
kussion bemerkt Doz. Sorgo, daß das Phä¬ 
nomen häutig auch bei gesunden Menschen, 
nocli häufiger bei pathologischen Prozessen 
im Thoraxraume vermißt werde. Sein Vor¬ 
handensein beweist, daß der betreffende Inter¬ 
kostalraum im Bereiche des Brustraumes liege 
und insofern sei das Symptom allerdings bei 
positivem Ausfall von Wert bei Thoraco- 
zentesen. Es dürfe aber nicht geschlossen 
werden, daß ein luterkostalraum, der sich 
nicht verwölbe, dem Abdominalraum ent¬ 
spreche. In dieser Hinsicht sei nur der posi¬ 
tive Ausfall entscheidend. 


Radiologie. 


Ivar Bagge (Göteborg). Med de landen von 
behandling af K a ncer med R ö n t - 
genbestraluing (Mitteilungen über die 
Behandlung von Krebs mit Röntgenbe¬ 
strahlung). Hygiea 1905 S. 171—1H8. 

Nach einer kurzen Uebersicht über die 
gegenwärtige Lage der Röntgentherapie bei 
Krebs teilt Verf. verschiedene Fälle aus 
eigener Praxis mit. Verf. hat dieselben Er¬ 
fahrungen, wie die meisten Kadiotherapeuten, 
gemacht. Bei äußerlichen Prozessen wie 
Lippencareinomen, Ulcera rodenlia faciei u. dgl. 
sehr gute Resultate, in 2 Fällen sogar Heilung 
(Beobachtungszeit bis 16 Monate); sehr schönes 
Resultat zeigte auch die Bestrahlung an einem 
vorgeschrittenen Falle von Lupuskarzinom; 
bei tiefsitzenden Tumoren geringe oder keine 
Besserungen, von der zuweilen sehr bedeuten¬ 
den Sclimerzlinderuug abgesehen. Auch gibt 
Verf. eine Darstellung von bisher bekannten 
hystologischen Veränderungen in den verschie¬ 
denen Geweben. Als Urteil über seine eigenen 
Erfahrungen führt Verf. an, daß eine Röntgen¬ 
behandlung die operative niemals hindern darf. 
Nur in wenigen Fällen, wo keine Gefahr für 
Meiastasenbildung oder schnelle Progredienz 
vorhanden ist, kann der immer doch ziemlich 
unsichere Versuch mit Radiotherapie gemacht 
werden, zuweilen auch aus kosmetischen 
Gründen, wie z. B. bei Hachen Ulcera rodentia 
faciei. Bei inoperabelen Fällen kann man zu¬ 
weilen den Patienten bedeutende Schmerz¬ 
linderung bieten. Auch als Nachbehand¬ 


lung nach Operationen empfiehlt Verf. pro¬ 
phylaktische Bestrahlung, lieber die ange¬ 
wandte Technik enthält die Arbeit, wie so 
oft der Fall, all zu wenig. 

Haglund- Stockholm. 

Guido Holzknecht: Röntgen-Therapy as 
praktised in the RöntgenLabora- 
lory of the „Allgemeine Kranken¬ 
haus“ of Vienna. (Archives of the 
R. R. April 1005.) 

H. führt aus: Bei Bestrahlung der Haut 
rufen die Röntgenstrahlen einen pathologischen 
Prozeß in ihren Zellen hervor, der nach einer 
Latenzperiode von sekundärer entzündlicher 
Reaktion gefolgt ist; diese beruht auf dem 
toxischen Einfluß der Zerstöruugsprodukte. 
Der heilende Faktor ist nicht die Reaktion, 
sondern der pathologische Prozeß in den 
Zellen selbst, der in einem mikrospisch sicht¬ 
baren Degenerationsprozeß beruht. Degene¬ 
ration und Reaktion hängen nur von der 
Menge der absorbierten X-Strahlcn ab. Der 
Einfluß der Strahlen ist ein elektiver sowohl 
bei normalen als bei pathologischen Geweben. 
Protoplasmareiche, rasch wachsende Zellen 
sind empfindlicher. Man kann 4 Grade der 
Empfindlichkeit unterscheiden: 1) Hochemp¬ 
findlich sind: neue Psoriasisflecken, Myeosis, 
fungoides etc., 2) überempfindlich sind: epi¬ 
theliales Haargewebe, das mit Myeosis be¬ 
haftet ist, Hautpartien, die kürzlich der Sitz 
von Acne, Sycosis nd Lupus waren, 3) mäßig 


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174 


Referate. 


empfindlich sind: gesundes Epithel und dessen 
Gebilde, 4) unempfindlich sind: Bindegewebe, 
Blutgefäße, Heerde von Alopezie. 

Zu beachten haben wir die Latenz¬ 
periode und die Dauer der Reaktion. Je 
größer die Dosis, desto kürzer die Latenzzeit; 
vier Grade der Reaktion können unterschieden 
werden: 

1. Grad: Latenz 3 Wochen; Degene¬ 
ration ohne entzündliche Reaktion, Desqua¬ 
mation und Absorption pathologischen Ge¬ 
webes mit nachfolgender Heilung. 

2. Grad: Latenz 2 Woclien, Entzündung 
ohne Blilschenbildung + den Veränderungen 
sub. 1, Heilung ohne Narbenbildung. 

3. Grad: Latenz 1 Woche; Bläsehen- 
bilduug, Exfoliation und Absonderung +- den 
Symptomen sub. 2, Heilung ohne Narbe. Atro¬ 
phische Zustände der Haut können sich später 
einstellen. 

4. Grad: Latenz 3 bis 4Tage; 3 + Ne¬ 
krose und Narbenbildung. 

Therapeutisch werden nur der 1. und 
2. Grad, der 3. sehr selten, angewendet. 

Zwei Methoden der Applikation kommen 
zur Verwendung: 1) Man kann die ganze 
Dosis in einer Sitzung geben. Bei Alopecia 
arcata, Mycosis fungoides, Favus und Herpes 
tonsurans genügt einmalige Reaktion; bei 
Lupus, Scrophuloderma, Hypertrichosis muß 
nach Ablauf der ersten Reaktion, d. h. nach 
4—7 Wochen, die Bestrahlung wiederholt 
werden. 2) Man kann auch die Dosis auf 
zwei Bestrahlungen verteilen mit einem Inter¬ 
vall von 14 Tagen. Brauchen wir eine ver¬ 
längerte Reaktion, so wenden wir vier Be¬ 
strahlungen mit Zwischenräumen von je einer 
Woche an. Es soll nur die affizierte Partie 
den Strahlen ausgesetzt werden. 

H. gibt sodann Einzelheiten über die 
Technik, die sich nicht zum Referat eignen. 
Wir heben nur daraus hervor, daß die Härte 
der Röhre Nr. G der Walter-Skala entsprechen 
soll, und daß die benachbarten Teile durch 
Abdecken mit Bleifolie etc. zu schützen sind. 
Die Einheit der Menge der X-Strahlen ist 1 H, 
die '/> der Dosis darstellt, die nötig ist 
zur Hervorrufung der ersten Symptome von 
Reaktion auf dem Gesicht eines Erwachsenen. 
Diese Menge wird durch das Chromoradio- 
meter gemessen. 

Jastram : I ber die Einwirkung der 
Röntgenstrahlen auf Bakterien, 
Pflanzenaam e n und In fusorien 
(Sammelreferat). (Zeitschr. f. Elektro¬ 
therapie etc. ßd. VII. Heft 10). 

Die bakterizide Wirkung des gewöhn¬ 


lichen Lichtes beruht auf seinen chemisch 
wirksamen Strahlen; da die X-Strahlen mit 
diesen die Eigenschaft gemeinsam haben, die 
photographische Platte zu .Offizieren, so sollte 
man aprioristisch von ihnen auch bakterizide 
Wirkungen erwarten Um dies zu eruieren, 
haben eine Anzahl Forscher Versuche au- 
gest.ellt, jedoch mit teilweise negativen Re¬ 
sultaten. 

Versuche mit negativem Ergebnis wurden 
angestellt von: 1) Miuck bei Typhusbazillen ’/* 
Stunde lang, bezw. 2—8 Stunden. 2) Beck 
und Schultz mit Bac. pyocyancus, prodigiosus, 
Bac. der blauen Milch, Stapln aureus. B. coli 
20 Min. bis 2'/» St. 3) Berton mit Diphtherie¬ 
bazillen, die er 16, 32 und 64 Stunden (sic) 
lang bestrahlte 4) Somanis; verschiedene 
Bakterienarten, 6 Stunden und länger bestrahlt. 
5) Blakre. 6) Bauregard, Greichard, Blaise, 
Sambue; letztere bestrahlten u. a. Milzbrand - 
bazillen bis zu 3 Stunden lang. 7) Sabrazes 
und Riviöre; Bac. prodigiosus, 20 Tage lang, 
täglich 1 Stunde. 

Positive Resultate dagegen hatten: 

1) Minck in einem anderen Versuch mit 
Typhusbazillen; Bestrahlung nur 5 Min. 2) 
Lortet und Genoud; entwicklungshemmender 
Einfiuß auf experimentelle Tuberkulose. 3) 
Buorno und Gras. Abnahme der Virulenz 
verschiedener Mikroorganismen durch lang¬ 
dauernde Einwirkung von Röntgenstrahlen. 
4) Zwei französ. Forscher, sowie die Engländer 
Wolferden and Forbes Roß fanden, daß den 
X-Strahlen ein das Wachstum von Pflanzen- 
samen beschleunigender Einfluß inne wohne. 
Sie bestrahlen täglich eine Stunde laug ^wie 
lange, wird nicht angegeben) den Samen von 
Raute, Brunnenkresso und Hirse. 5) Fioren- 
tini und Luraschi: Wirkung auf experimentelle 
Tuberkulose. 6) Rieder hatte eine große An¬ 
zahl positiver Resultate mit Choleravibrionen. 
B. coli, Staphylococcus pyogenes aureus, Strep¬ 
tococcus pyogenes, Diphtheriebazillen, Typhus¬ 
bazillen. Bestrahlungsdauer bis zu einer 
Stunde. (Forts, folgt) 

Franze-Nauheim. 

Haret. Quelques symtoines d’apparence loxe- 
mique presentes aux cours du traitement 
radiotherapiques du cancer du sein. (Arch. 
d’61. med. No. 156). 

Bei drei Kranken, welche an nicht 
ulceriertem Brustkrebse litten, trat nach Be¬ 
strahlungen, welche eine Verkleinerung der 
Geschwülste herbeiführten, Uebelkeit, Kopf¬ 
schmerzen, Appetit- und Schlaflosigkeit, bei 
einer davon auch Fieber auf, welche nach 
Aussetzen oder Verminderung der Strahlen- 


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Referate. 


175 


dosis allmählich schwanden. Allo 3 hatten 
Strahlendosen von etwa 15 H. erhalten, ehe 
die Erscheinungen auftraten. H. faßt die 
Symptome als toxaemische, erzeugt durch 
Resorption von Zerfallsprodukten der Krebs¬ 
zellen auf, übereinstimmend mit Williams (The 
Röntgen rays in medicine & surgery S. 677). 
Die Beobachtungen von Baermann und Unser, 
die ähnliche Ergebnisse hatten, sind nicht 
erwähnt. 

0pinion des chirurgieus sur le trai- 
tenient radiothörapique du cancer 
(Soc. de cliir. de Paris. Sitz. 2. Nov. 04.) 

W a 11 h e r stellt einen schon am 10. Juni 
vorgestellten Kranken erneut vor. Es handelte 
sich um ein wiederholt chirurgisch behandeltes 
Osteosarcom des Oberkiefers, welches durch 
Radiotherapie geheilt wurde. Der Zustand 
seit Juni ist gleich geblieben, kein Rückfall, 
der Tumor saß tief- Berger. Ebenfalls 
recidlvierendes Sarkom beider Oberkiefer. 
Durch Röntgenbestrahlung ist kein Rückgang, 
wohl aber Aufenthalt im Wachstum erzielt. 
Tuf fier bespricht nochmals den Waltherschen 
Fall. Rückfall ist immer noch nicht ausge¬ 
schlossen. Die Sarkome verhalten sich sehr ver¬ 
schieden gegen Röutgenstrahlen. Kirmisson: 
Heilungen von Sarkomen durch X-Strahlen 
sind durch Totalentfernung der inneren weibl. 
Genitalien sehr unsicher und unvollständig. 
Spätere Vorstellung ist dringend erwünscht. 
R e y n i e r hat mehrfach Rückfälle von 
radiotherapeutisch geheilten Hautkrebsen ge¬ 
sehen. Rontier berichtet über ein nach zwei¬ 
maligem Rückfall operativ geheiltes, klein¬ 
zelliges Sarkom; Heilung besteht seit sieben 
Jahren. Ricard berichtet das Gleiche von 
einem Unterkiefersarkom. Quenu: Die Sar¬ 
kome sind sehr verschieden zu beurteilen und 
noch nicht genügend genau bekannt, daher 
Vorsicht in Beurteilung der Heilergebnisse. 
Sebileau: Ein Lymphosarkom des Halses 
wurde durch Röntgenbehandlung bis nahe zum 
Verschwinden gebracht, als es ganz plötzlich 
trotz der fortgesetzten Behandlung zu wachsen 
anting und zum Tode führte. Die X-Strahlen 
haben zwar eine verkleinernde, die Ernährung 
des Tumors störende Wirkung, aber wahr¬ 
scheinlich keine endgültig heilende. B ödere 
erklärt auf eine diesbezügl Frage von Lucas- 
Chainpionni&re, daß bei den jetzt an¬ 
gewandten Vorsichtsmaßregeln ein schnelleres 
Wachstum der Tumoren unter Wirkung 
der X-Strahlen ausgeschlossen erscheint. 
Tuffier: Die Wirkung der X-Strahlen auf 
primäre Hautkrebse ist elektivund führt sichere 


Heilung bei geringer Narbenbildung herbei, 
bei sekundären dagegen ist die Wirkung un¬ 
sicher; Sehleimhautkrebsed agegen sind der 
Röntgenbehandlung ganz unzugänglich. Da¬ 
gegen bilden die X-Strahlen ein Mittel, das 
nach Operationen zur Verhütung von Rück¬ 
fällen in der Narbe angewandt werden sollte. 
Poinier: Die Behandlung der Wahl für 
Sarkome und Carcinome ist die Extirpation, 
operabele Geschwülste mit X-Strahlen zu be¬ 
handeln, ist gänzlich zu verwerfen, da sie 
leicht inoperabel werden kö.nnen. Er führt 
für seine Behauptung zwei derartige Fälle an 

Imbert. A propos de la radiotherapie. (Arch. 
d’el. med. No. 157. 

1. steht auf einem etwas optimistischen 
Standpunkt. Er will die Radiotherapie nicht 
allein für inoperabele Tumoren angewandt 
wissen, sondern sie stets versuchen, ganz 
eilige Fälle ausgenommen. Er schlägt vor, die 
Röntgenbehandlung operabler Geschwülste 
unter Leitung eines Chirurgen vom Fache 
vorzunehmen und sofort zur Operation zu 
schreiten, sobald nicht baldiger Erfolg zu 
konstatieren ist. Auch innere Geschwülste will 
er so behandeln und berichtet über Erfolge 
bei Magen-, Prostata- und Uteruscarciuomen. 
Die Gefahr der Röntgenbehandlung schätzt 
er sehr gering ein. (Dem muß gegenüber ge¬ 
halten werden, daß in der Zeit, in welcher 
ein operabeler Tumor bestrahlt wird, sich 
leicht innere Metastasen bilden können, die 
bei sofortiger Operation vermeidbar wären. 
Ref). 

Mewcornet. Tuberculoso et rayons x. (nach 
Ref. aus Therapeut gazette. 15. 5. 04 in 
Arch. d’61. med. No. 157.) 

Drüsentuberkulose, solange geschlossen, 
ist durch Bestrahlung zu beeinflussen, Phthise 
nicht. Bei tuberkulösen Kehlkopfgeschwüren 
wird durch Bestrahlung .Schmerzlinderung 
erzielt. 

Destol. Sur le traitement du cancer par les 
rayons x. (Soc. natiou. de medicine. Lyon. 
Sitzung 31. Okt. 04. nach Arch. d’el. möd. 
No. 157). 

Es ist unwahrscheinlich, daß X-Strahlen 
eine elektive Wirkung auf Krebsgewebe haben. 
Die Gesichtshautkrebse sind so verschieden¬ 
artig, daß man nie Voraussagen kann, ob sie 
durch Bestrahlung beeinflußt werden odernicht. 
Außer dem Krebsgewebe werden auch Nerven 
und Gefäße beeinflußt; es entsteht Karyokinese; 
die Tumorengewebe werden umgeformt. 


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176 


Referate. 


Guthrnie. Radiotherapie dans les tuberculoses 
chirurgicales. (Nach Ruf. a. New. Orleans 
med. and surg. journ. Sept. 04 in Arch. 
d’el. med. No. 157). 

Die X-Strahlen töten die Tuberkel¬ 
bazillen nicht., bewirken aber eine reaktive 
Leucoeytose in den von ihnen getroffenen 
Teilen, welche schädlich auf die Bazillen 
wirkt. Für die Wirksamkeit führt er mehrere 
Hundert Lupusfälle an. die durch X-Strahlen 
geheilt wurden; ebenso hat er zwei Fälle tuber¬ 
kulöser Halsdrüsen mit sehr gutem Erfolg be¬ 
handelt. Bei einem Spondylitiskranken mit 
Fistelbildung nach kalten Abscessen schlossen 
sich die Fisteln bald nach Beginn der Röntgen¬ 
behandlung unter Hebung des Allgemein¬ 
befindens. 

Holzknecht. La Röntgentherapie. (Arch. d’el. 
med. No. 157 u. 158). 

Die bekannten Vorschriften H’s., wie sie 
in der „Röntgentherapie“ in dem Sammelwerk 
„Die physikal. Heilmethoden“. Deutike, Wien 
1904, enthalten sind. 

Belot. Quelques resultats obtenus par la thera- 
pie sur des aft'ections malignes, au double 
point de vue curatif & esthethique (Arch. 
d’el. med. No 157j. 

Besprechung der Vorteile gegenüber 
chirurgischem Eingriff', welche in manchen 
Fällen die Heilung von Geschwülsten u. dgl. 
durch Röntgenstrahlen mit sich bringt. Durch 
einige Bilder von Behandelten vor und nach 
der Heilung werden die aesthetisch sehr be¬ 
friedigenden Ergebnisse deutlich gemacht 
(Hautkrebse). Der interessanteste Fall ist ein 
solcher vou Mycosis fungoides des Gesichtes, 
der furchtbare Entstellung durch Geschwulst 
und Excoriation herbeigeführt hatte, und durch 
kein Mittel zu bessern war. Im Laufe eines 
Jahres wurde die Heilung durch etwa drei¬ 
wöchentlich vorgenommene Sitzungen erzielt, 
in denen jedesmal 7-9 H. verabreicht wurden. 
Diese hohen Dosen wurden von den tumor¬ 
artigen Partien gut vertragen, die erisypela- 
tösen bekamen nur 5—(i H. in einer Sitzung. 
Die Heilung war vollständig. 

Barjon Chassis porte-ampoule et porte-ecrau 
combine avec orthodiagraphe. (Arch. del. 
med. No. 157). 

Universalapparat zu allen radiologischen 
Anwendungen. Ohne Abbildung schwer zu be¬ 
schreiben. -a— 

Professor Dr. vonJaksch. Leber Röntgendiag¬ 
nostik und Therapie innerer Krankheiten. 
(B. Kl. W. No. 15). 

Verfasser beklagt in der Einleitung den 


Mangel an genügender Mitarbeit der Kliniker, 
als der berufensten Faktoren am Ausbau der 
Röntgendiagnostik in der inneren Medizin, 
ein Vorwurf, der teilweise berechtigt erscheint. 
Nach einer Besprechung seiner Technik, geht 
der Vefasser zum eigentlichen Thema über. 

1. Tuberkulose: Seine Erfahrungen decken 
sich mit denen anderer Autoren. 

2. Pneumonie: Im Röntgenbilde kann man 
manchmal schon früher den Beginn der zen¬ 
tralen Lösung der Pneumonie erkennen, als 
es durch die bisher übliche physikalische 
Untersuchung möglich war. Verfasser konnte 
bei einer Dipplokokken- und Streptokokken- 
Pneuuionie, die mit allmählichem lythischem 
Abfall verlief, im Röntgengebilde genau das 
wechselnde Ab- und Zunehmen der Infiltration 
beobachten, Vorgänge, welche mit der sonstigen 
physikalischen Untersuchung nicht verfolgt, 
werden können. Die Röntgenmethode läßt, 
außerdem mit Sicherheit, eine zentral sitzende 
Pneumonie erkennen. Die Schatten des Pneu¬ 
monieradiogrammes sind wesentlich größer 
als die entsprechenden percutorischen Pueu- 
monietiguren. 

8. Pleuritische Exsudate: Auftreten und 
Verschwinden der Exsudate lassen sich im 
Röntgenbild exaktest verfolgen. 

4. Lungentumoron: Sind nicht immer 
von Mediastinaltumoren diff'erentialdiagno- 
stisch durch die Röntgenmethode zu unter¬ 
scheiden. Bei Frauen wäre vor der Unter¬ 
suchung auf Mammacarcinom zu fahnden, da 
bei der Aufnahme ein solches mit seinem 
Schatten in die Lunge projiziert werden kaum 

5. Asthma bronchiale: Entsprechend den 
mit Fibrinmassen etc. erfüllten erweiterten 
Bronchien sah Verfasser ungleichmäßige 
Seliattenstreifen. 

ü. Herzaffektionen: Seine Erfahrungen 
faßt Verfasser dahin zusammen: 

a. Für die Untersuchung ist die Ra¬ 
dioskopie der Radiographie vorzuziehen. 

b. Unter gewissen Verhältnissen kann 
man auch ohne Orthodiagraph mit hin¬ 
reichender Genauigkeit sich über die relative 
Größe des Herzens orientieren. 

c. Schirmbild und Radiogramin geben 
über die Natur der am Herzen gesehenen Ver¬ 
änderungen, ob Hypertrophie oder Dilatation, 
desgleichen bezüglich der Lokalisation des 
Herzfehlers keinen Aufschluß. 

Von Bedeutung sind ferner die Bilder 
von verkalkten Gefäßen, besonders der Ti- 
bialis postica bezüglich des intermittierenden 
Hinkens. Wichtig ist das Röntgenverfahren 
zur Erkennung und zum Studium der ver¬ 
schiedenartigen Knochenerkrankuugen. 


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Referate, 


177 


Die Röntgenmethode ist für den Inter¬ 
nisten als selbständige Untersuchungsinethode 
nicht, brauchbar, leistet aber ganzWesentliches, 
wenn man sie mit den andern klinischen Me¬ 
thoden, der physikalischen, chemischen und 
bakteriologischen kombiniert. 

Verfasser verlangt, daß, falls in Be¬ 
ziehung auf Lungenerkrankungen weitere 
Fortschritte in der Diagnose gemacht werden 
sollen, folgende Gesichtspunkte maßgebend 
sein müssen: 

1. Man untersuche systematisch nur 
(? der Ref.) in einer Projektionsrichtung, 
nämlich in liegender Stellung bei ventrodor- 
salem Strahlengang und begnüge sich vor¬ 
läufig mit dem Studium der Veränderungen, 
welche diese Projektionsrichtung erzielt. 

2. Man vergleiche das so erhaltene 
Röntgenbild sorgfältig 

a) mit den Ergebnissen der Auskultation 

und Perkussion, 

b) mit dem anatomischen Befund. 

Mit der therapeutischen Verwertung der 
X-Strahlen auf dem Gebiete der inneren Krank¬ 
heiten hat Verfasser bisher wenig erfreuliche 
positive Erfahrungen gemacht. 

Immelmann. I ber Orthophotographie 
des Herzens. (M. M. W. 1905 X. 19.) 

Verfasser beschreibt' die von seinem 
Assistenten Lepper erfundene Methode der 
Orthophotographie des Herzens. Der Patient 
wird wie bei der Orthodiagraphie gelagert, 
Platte mit Verstärkungsschirm an Stelle des 
Zeichenpapiers eingestellt und nun während 
Atrnungsstillstand unter Kontrolle des Leucht¬ 
schirms das Herz mit dem senkrechten Röntgen¬ 
strahl umfahren. Die so erhaltenen Ortho- 
photogramme stimmen ziemlich genau mit den 
Orthodiagrammcn überein. 

Moszkowicz u. Stegmann. Die Behand¬ 
lung der Prostatahypertrophie 
mit Röntgenstrahlen. (M. M. W. 
Nr. 29, 1905.) 

Bei der Bestrahlung der hypertrophischen 
Prostata mit Röntgenstrahlen gingen die Ver¬ 
fasser von der Voraussetzungaus, daß die hyper¬ 
trophische Prostata ein Adenoidmyom (Socin) 
darstellt. Münch fand bei der Untersuchung 
exstirpierter hypertrophischer Prostaten eine 
vorwiegende Wucherung des Drüsengewebes, 
welches stellenweise größere und kleinere 
isolierte Adenome bildete. Sind nun diese 
adenoiden Wucherungen durch die Röntgeu- 
strahlen zum Sehw'inden zu bringen, dann 
werden auch die Beschwerden der Prostatiker, 

Archiv f. phrsik Medizin etc. 


welche aus dieser Drüsenvergrößerung resul¬ 
tieren, zu mildern oder zu beseitigen sein. 
Die V.V. sprechen dann noch die Vermutung 
aus, daß vielleicht der größere Lecithingehalt 
der Prostata die Einwirkung der Röntgen¬ 
strahlen begünstigen könnte. Die Erfolge, 
welche die V.V. in ihren Fällen erzielten, 
sind sehr erfreuliche: Verkleinerung der 
Prostata, Beseitigung resp. wesentliche Bes¬ 
serung der funktionellen Beschwerden. Was 
die Technik anlangt, so bedienten sich die 
V.V. eines Kelly’schen Spekulums, mit dem 
sie sich die Prostata zur Bestrahlung eiu- 
stellten. Bestrahlung in Pausen von 8—14 
Tagen; weiche und härtere Röhren; Be¬ 
strahlungsdauer 10—20 Minuten. (Ref. kann 
aus eigener Erfahrung die Erfolge nur be¬ 
stätigen, möchte aber zu großer Vorsicht in 
der Dosierung mahnen, da er schon nach 
10 Minuten langer Bestrahlung einige Male 
hohe Temperaturen für einige Tage auftreten 
sah, welche bei dem Alter mancher Patienten 
für nicht ganz unbedenklich zu halten sind.) 

0- Rosenbach. Bemerkung über die 
Behandlung der Leukaemie mit 
Röntgenstrahlen. M. M. W. No. 23. 

Verfasser knüpft au die experimentellen 
Forschungen von Baermann, Linser, Helber 
und Heinecke an. Bei der Abhandlung von 
Helber und Linser vermißt Verfasser eine 
eingehende mikroskopische Untersuchung über 
das Verhalten der Haut selbst nach Röntgen¬ 
bestrahlung. Er vermutet, daß ähnlich wie 
bei Entzündungen aus anderen Ursachen bei 
der Röntgenstrahlenentzündung nicht nur die 
Gefäße, sondern auch das Hautorgan, das 
Unterhautbindegewebe und das Perimysium 
beteiligt sind. Wenigstens hat Verfasser bei 
experimentellen Untersuchungen über Neuritis 
gefunden, daß im Hautorgan, im Unterhaut¬ 
bindegewebe, im Perimysium, in weiter Um¬ 
gebung der operierten Stellen, trotz des Fehlens 
aller makroskopischen Zeichen der Ent¬ 
zündung, eine sehr beträchtliche Vermehrung 
der färbbaren Elemente vorhanden war. Auch 
bei der Untersuchung der Haut von Personen, 
die nur an intensiven lokalisierten akuten 
Entzündungen des Hautorgans gelitten hatten, 
fanden sich die makroskopisch anscheinend 
intakten Hautpartien und die darunter liegende 
Muskulatur doch in der geschilderten Be¬ 
ziehung mehr oder weniger verändert. 
Während Helber und Linser die Verarmung 
der Milz u. Drüsen an Leukocyten, resp. die 
Ursache, warum unter dem Einfluß von Röut- 
genstrahlen temporär weniger weiße Blut- 

12 


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178 


Referate. 


körperclien gebildet werden, auf eine Insuffi¬ 
zienz der Milz und Drüsen zuriickfiihren, 
ninimt Verfasser keine Insuffizienz an, sondern 
eine Hemmung, bedingt entweder durch direkte 
Beeinflussung der Organe, oder reflektorische 
Hemmung von der Haut aus, oder durch die 
Veränderungsprodukte im zirkulierenden Blut. 
Nach Verfasser sprechen die Veränderungen 
der Niere bei Leukaemie für die entzündliche 
Beeinflussung des Hautorgans. Er resümiert: 

„Es ist sehr wahrscheinlich, daß bei der 
Bestrahlung weiße Blutzellen — und wohl 
auch rote — in gewisser Anzahl zu gründe 
gehen, während zugleich ein Teil der zir¬ 
kulierenden Leukoevteu, entsprechend der 
Reizung der Haut durch die Röntgenstrahlen, 
in das Hautorgan Übertritt. Es ist ferner 
wahrscheinlich, daß infolge dieser Vorgänge 
— durch Veränderung des Blutes, des Organs 
der Reize für die Oewebstätigkeit — die Be¬ 
strahlung eine gewisse Hemmung der Pro¬ 
duktion von Leukocyten bewirkt. Es ist aber 
noch nötig, experimentell festzustellen, ob die 
Bestrahlung au sich der hemmende Faktor ist, 
d. h., ob ein starker thermisch-mechanischer 
Reflex von der Haut aus oder die direkte oder 
die lokale Beeinflussung des strömenden Blutes 
die Produktion der Leukocyten hindert, oder 
ob erst die Zerfallsprodukte des Blutes als 
einziger Faktor der Hemmung wirken.“ 

Eine weitere Frage, die noch der Be¬ 
antwortung harrt, ist die, ob die Röntgen¬ 
strahlen causal oder symptomatisch wirken; 
die bisherigen Forschungen haben dieselbe 
noch nicht entschieden. Verfasser hält die 
erstere Art der Wirkung für unwahrscheinlich. 
Bei der Verwendung der Röntgenstrahlen in 
der Behandlung genannter Affektion warnt 
Verf. vor großen Dosierungen und mahnt zu 
langsamstem und vorsichtigstem Vorgehen. 

E. Helber und P. Unser. Experimentelle 
Unters u ch u n g e n über die Ein¬ 
wirkungen der Röntgenstrahlen 
auf das Blut. (M. M. W. No. 15). 

Die Verfasser fanden bei ihren experi¬ 
mentellen Untersuchungen an verschiedenen 
Tieren (Ratten, Kaninchen und Hunden) fol¬ 
gendes: genügend langes Bestrahlen der Tiere 
führt zu Leukopenie resp. Aleukocytose des 
Blutes und zwar um so rascher, je kleiner 
das Tier. An dem Verschwinden der Leuko¬ 
cyten im Blute ist eine Retention derselben 
in den blutbildenden Organen nicht Schuld, 
sondern dieselben gehen unter Einwirkung 
der X-Strahlen im Kreislauf zu gründe. 

Setzt man die Bestrahlung fort, so tritt 


ein ein- oder auch mehrmaliges Ansteigen des 
Leukocytengehalts auf, dem wieder ein lang¬ 
samer Rückgang folgt. Bei der Autopsie wird 
Milz und Knochenmark anscheinend voll¬ 
ständig erschöpft gefunden. 

Die Abnahme der Leukocyten betrifft 
zuerst, vorwiegend die Lymphocyten, dann 
erst in großem Maßstabe die polynucleären 
Formen. 

Dabei zeigen dieselben tinktorielle Ver¬ 
änderungen und zwar zuerst an den Kernen. 
Es tritt ein Absinken der Leukocytenzahl 
ebenfalls auf, wenn dem Versuchstier die MHz 
exstirpiert wurde und bei der Bestrahlung 
Kopf, Wirbelsäule und Extremitäten mit 
Bleiplatten geschützt waren. Diese Zer¬ 
störung der Leukocyten im Kreislauf führt, 
wenn dieser Vorgang zu lange und zu intensiv 
vor sich gellt, zu einer Insufficienz der 
Funktion der blutbildenden Organe. 

Die Einwirkung der X-Strahlen auf die 
roten Blutzellen äußert sich nach langer 
Behandlung in einer Anaemia Simplex (Ab¬ 
nahme der roten Blutzellen, einzelne Form¬ 
veränderungen). Die Blutplättchen ver¬ 
ändern sich nicht. 

Trotz des Zugrundegehens der meisten 
weißen Blutzellen, tritt keine konstante 
Steigerung der Blutplättchenzahl auf, was 
Helber und Linser als Beweis dafür ansehen, 
daß die Hauptzahl der Blutplättchen mit den 
Leukocyten nichts zu tun hat. 

Der Haemoglobingehalt erfährt 
ein Absinken nach längerer Bestrahlungszeit. 

ln den blutbildenden Organen 
fanden die Verfasser ähnliche Veränderungen, 
wie. Heinecke. 

In der Leber fanden sich dunkel- 
gefärbte Körper (Kernreste). 

Die Lungen waren normal. 

Die Nieren waren ausnahmslos unter 
dem Bilde einer akuten Nephritis erkrankt. 

Als Todesursache der nach längerer 
Bestrahlung zu gründe gegangenen Tiere 
kann die Nephritis herangezogen werden; es 
ist nicht ausgeschlossen, daß für diese bakte¬ 
rielle Einflüsse als Ursache zu betrachten sind, 
begünstigt durch die infolge der Leukopenie 
hervorgerufene Verarmung au Alexinen. 

W i e s n e r. 

H. G Adamson: On the treatment of ring- 
worm of the scalp by means of the 
x-rays. („The Laucct“ 24. 6. 05.) 

Autor empfiehlt die Behandlung des 
Herpes tonsurans mit Röntgenstrahlen und 
an Stelle der Holzknecht’schen Pastillen für 
die Dosierung solche aus dem Papier des 


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Referate. 


179 


Leuchtschirms; denn das Bariumplatinzyanür 
wird auch in seiner Farbe durcli die X-Stralilen 
verändert. Sabouraud hat daher auch aus 
diesem Stoff eine Standard-Skala augefertigt. 
A. gibt dann eine Anzahl anderer Angaben 
über die Stromstärke etc. Die Haare fangen 
14 Tage nach Applikation der wirksamen 
Dosis an auszufallen und wachsen dann vom 
Beginn der (5. bis 8. Woche wieder nach. A. 
wendet nunmehr nur noch die Sabouraud’schen 
Pastillen zur Dosierung an. und hält sie für 
das einzige sichere Mittel dazu, das uns z. Z. 
zur Verfügung steht. Sabourauds Angaben 
für die Behandlung des Herpes tonsurans 
sind nun folgende: Entfernung der Röhre 
von der erkrankten Stelle 15 cm (bis zur 
Anti-Kathode), von der Pastille 8 cm. So¬ 
bald letztere dem Buchstaben „B“ des „Radio¬ 
meters“ an Tiefe gleichgekommen ist, ist 
die Behandlung beendigt. Zum Schutz der 
gesunden Partien ist an der Röhre eine 
Metallblende nach Art der uns bekannten 
Bleiglasblenden angebracht. Die Pastille muß 
in schwarzem Papier eingeschlossen sein oder 
die Sitzung unter Ausschluß des Tageslichts 
statttinden, da die Pastillen durch dieses 
wieder entfärbt werden. A. beschreibt dann 
seine eigene ähnliche Methode. Merkwürdiger¬ 
weise findet er, daß harte Röhren eine größere 
chemische Wirksamkeit als weiche haben. 
Der Haarausfall fängt regelmäßig in der 
dritten Woche nach der Behandlung an. A. 
gibt nämlich die ganze Dosis in einer Sitzung. 
Wo die ganze Kopfhaut behandelt werden 
muß. ist es oft schwierig zu vermeiden, daß 
zwei Stellen nicht teilweise an ihrer Grenze 
doppelt bestrahlt werden. A. hat daher ein 
Drahtgestell konstruiert, welches dem Kopfe 
angepaßt, die Schädelffäciie in vier gleiche 
Bezirke abteilt. Die Lage der diese Felder 
abgrenzenden Drähte wird mit Dermatograpli 
aufgezeichnet und dann eines der Felder nach 
dem anderen bestrahlt, die anderen mit Blei¬ 
folie abgedeckt. Nach drei Monaten hat sich 
wieder ein vollständig frischer Haarwuchs 
eingestellt. 

Radium and vitality. („The Lancet. 24. 6.05.) 

Im Cavendish Laboratorium zu Cam¬ 
bridge hat J. Butler Burke Versuche an¬ 
gestellt, in sterilisierter Gelatine durch die 
Einwirkung von Radium Leben zu erzeugen. 
Wurde Radiumbromid angewendet, so entstand 
nach 24 Stunden, bei Radiumchlorid nach 
3-4 Tagen, ein eigentümliches kulturähnliches 
Wachstum auf der Oberfläche, welches all¬ 
mählich abwärts wuchs, bis es nach etwa 14 


Tagen eine Tiefe von 1 cm erreicht hatte. 
Kontrolversuche zeigten nichts. Mikrosko¬ 
pische Untersuchung zeigte scheinbar Bakte¬ 
rien, aber sekundäre Kulturen mit diesen Ge¬ 
bilden gelangen nicht. Daraus schloß B., daß 
sie nicht Bakterien sein konnten. B nimmt 
an, daß sie der Einwirkung des Radiums ihre 
Entstehung verdanken, und daß es sich der 
Struktur, dem Verhalten und der Entwicklung 
nach um hochorganisierte Körper, wenn auch 
nicht um Bakterien, handelt; daher nennt er 
sie „Radioben“. B ist davon überzeugt, daß 
es sich nicht um Produkte von Kristallisation 
handelt. Es hängt von dem Ergebnis weiterer 
sorgfältigster Untersuchungen ab zu ent¬ 
scheiden, ob es sich hier um wirkliche Gene¬ 
ratio aequivoca handelt, oder was sonst die 
Natur der Körper ist. 


F. B Jefferiss: Disappearance ofrodent ulcer 
linder the application of the x-rays. 
(„The Lancet“ 29. 7. 05 ) 

Es handelt sich um die Beseitigung eines 
Ulcus rodensder rechten Stirngegend bei einer 
alten Frau durch Röntgenisierung. Die Neu¬ 
bildung war 5-Markstiick groß. Die Be¬ 
handlung wurde im März 1904 angefangen 
und bestand aus zwei Applikationen mit X- 
Strahlen wöchentlich von je 5 Minuten Dauer. 
Nach der 5. Sitzung zeigte sich Reaktion der 
umgebenden Haut. Nach der 16. Sitzung 
wurde die Behandlung ausgesetzt und das 
Geschwür mit Borsalbe verbunden. Nach 4 
weiteren Bestrahlungen war die Heilung voll¬ 
ständig; im ganzen hatte die Behandlung drei 
Monate gedauert. Nach 7 Monaten war kein 
Zeichen eines Rezidivs und keine sichtbare 
Narbe vorhanden. 


C. L. Leonard : 40 cases of ureteral calculus 
in which the Roentgen-Diagnosis was 
contirmed by the recovery of the calculus. 
l'J’he Lancet. 17. 6. 05.] 

Zunächst bespricht L. den Wert der 
Difterentiahliagno.se zwischen Nieren- und 
Uretersteinen, die nur durch Radiographie 
gestellt werden kann, wobei es sich ergeben 
hat, daß letztere die häufigeren sind; sodann 
geht er zur Betrachtung des Mechanismus 
der Austreibung eines Uretersteines über: 
Bei der Einklemmung eines solchen kommt 
es zur Erweiterung des oberhalb liegenden 
Abschnitts des Ureters durch Harnstauung. Er 
kontrahiert sich, da er elastische Wandungen 
besitzt, um seinen Inhalt abwärts zu treiben; 

12 * 


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18Ö "Referate. 


dadurch wird ein hydrostatischer Druck auf 
den Stein ausgeiibt,, wodurch im Verein mit 
der Erweiterung eine Vorwärtsbewegung des¬ 
selben veranlaßt werden kann. Natürlich 
spielt aber hinsichtlich der Beweglichkeit 
auch seine Gestalt eine Rolle. Folgende Teile 
des Ureters sind der Reihe nach ain häutigsten 
Sitz der Einklemmung: die Stelle, wo der 
Ureter das Ileum kreuzt, sein der Blase be¬ 
nachbarter Abschnitt und die Einschnürung 
etwa 2'l* cm unterhalb des unteren Nierenpols. 

Was die differentielle Symptomatologie 
von Nieren- und Uretersteinen anlangt, so ist 
beiden gemeinsam ein dumpfer Schmerz in der 
Lumbalgegend; Koliken sind natürlich cha¬ 
rakteristisch für Stein im Ureter, kommen bei 
Sitz in der Niere nur vor, wenn Bluigerinsel 
den Ureter verstopfen. Wertvoll ist auch die 
Lokalisation des Schmerzes. Bei Ureterstein 
strahlt er sowohl nach der Niere als auch 
abwärts aus und wird hier in den Hoden, den 
großen Schamlippen, der Urethra, entlang der 
inneren Fläche der Schenkel bis zum Knie, 
ja sogar im Fuß empfunden. Übelkeit und 
Brechen kommen vor. Reflektorisch beugt 
der Patient oft bei Sitz des Steins oberhalb 
der art. iliaca das Bein im Hüftgelenk, um 
den Ureter dort, wo er den musc. ilio-psoas 
kreuzt, zu strecken; denn dies schafft bis¬ 
weilen Erleichterung und unterstützt unwill¬ 
kürlich die Vorwärtsbewegung des Steins. 
Bisweilen läßt sich der Stein an der Stelle 
der Kreuzung des Ureters mit der a. iliaca 
communis palpiercn. Man findet dort eine druck¬ 
empfindliche Stelle und fühlt manchmal den 
Stein. Verwechslungen mit Ovarialaffektionen 
lind Appendicitis sind nicht ungewöhnlich. 
Sitzt, der Stein in der Nähe der Eintrittsstelle 
des Ureters in die Blase, so ähneln die Symp¬ 
tome denen von Blasenstein-Schmerz nach der 
glans penis ausstrahlend etc. Autor bespricht 
sodann die Schwierigkeiten der klinischen 
Differential-Diagnose zwischen Ureter- und 
Nierensteinen und diejenigen der Auffindung 
dieser Steine überhaupt. So ist.es vorgekommen, 
daß Chirurgen selbst an der bloßgelegten 
Niere den Stein nicht finden konnten. Von 
allen diagnostischen Hilfsmitteln ist die Ra¬ 
diographie die genaueste und ungefährlichste. 

Was die Behandlung nach Lokalisation 
eines Steins durch sie anlangt, so ist bei 
Nierensteinen die. sofortige Operation indiziert, 
während Uretersteine unter expektativer The¬ 
rapie oft von selbst schon abgehen. Diese 
hängt natürlich in erster Linie von der Größe 
ab, welche ebenfalls durch das Radiogramm 
wiedergegeben wird. Die Indikationen für 
Operation bei Uretersteinen sind gegeben bei 


gleichzeitigem Vorhandensein eines Steins iii 
einer Niere, bei gänzlichem Verschluß des 
botr. Ureters, kenntlich an der Abnahme der 
Urinmenge und bei großen Steinen, deren 
spontane Vorwärtsbewegung ausgeschlossen 
erscheint. Sodann bespricht L. die palliativen 
und die die Expulsion unterstützenden Ma߬ 
regeln bei expektativer Behandlung. Zu ihnen 
rechnet er das Trinken großer Mengen von 
Flüssigkeit (alkalischen Mineralwassers), 
Glyzerin teelöfl'elweise (ohne sicheren Er¬ 
folgt, Urotropin für die Sterilerhaltung des 
Harns, Einläufe mit heißem Wasser bei links¬ 
seitigem Stein, Massage des Abdomens oder 
per vaginam sive rectum. Bei Phosphatnrie 
scheinen Milchsäure und Pepsin Neubildungen 
von Steinen entgegenzuwirken. Vor der Ope¬ 
ration, namentlich wenn seit der letzten 
Röntgenuntersuchung einige Zeit verstrichen 
ist, sollte die Blase mittelst eines Bigelow'schen 
Evakuat.ors ausgewaschen werden, um den 
vielleicht inzwischen abgegangenen Stein zu 
entdecken. 

Zum Schluß gibt Autor seine speziellen 
technischen Erfahrungen zum besten. Wichtig 
ist es natürlich, gerade nur hinlänglich durch¬ 
dringungsfähige Strahlen zu verwenden, damit 
auch weniger dichte Steine noch Schatten 
geben; ferner muß das Licht konstant bleiben, 
und lieber bei weichem Röhre etwas länger 
exponiert werden als bei härteren kurz. 


Behandlung tuberkulöser Lymphadenitis mit¬ 
telst Röntgenstrahlen (aus „The Lancet“ 
5. 8. 05.) 

Der erste Fall betrifft einen 50-jährigen 
an Tabes dorsalis incipiens und Lungentuber¬ 
kulose Leidenden, der eine große auf den 
Plexus brachialis drückende tuberkulöse 
Drüsenschwellung in der linken Supraklavi- 
kulargrube hatte. Die Behandlung mit X- 
Strahlcn dauerte drei Monate und führte 
zum vollständigen Schwinden der Driisen- 
sclnvellung, ohne die anderen Leiden zu be¬ 
einflussen. Die Wirkung machte sich schon 
nach den ersten Applikationen bemerkbar. 

Der zweite Fall ist ein 9 Jahre alter 
Knabe mit großer Drüsengeschwulst der linken 
Sternokleidoinastofd-Gegend. Bedeutende Re¬ 
duktion der Größe trat schon nach drei Tagen 
ein und vollständiger Schwund nach ca. ü 
Wochen. 

Der dritte Fall, ein 18-jähriges Mädchen, 
befindet sich bei bedeutender Besserung erst 
seit 8 Tagen in Behandlung. 

Franze-Nauheim. 


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Referate. 


181 


Prof J. K. A. Wertheim-Salomonson (Amster¬ 
dam). Funkenlänge und Röntgen¬ 
lichtintensität. Zeitschrift für Elektro¬ 
therapie und die physikalischen Heil¬ 
methoden, 1904, Heft 10. 

Wird bei einem bestimmten Induktor 
die primäre Stromstärke vergrößert, so nimmt, 
wie Walter gezeigt hat, die sekundäre 
Funkenlänge nahezu proportional zu, d. h. die 
Quantität Elektrizität, die in der Sekundär¬ 
spule in Bewegung gesetzt wird, nimmt pro¬ 
portional der Stromstärke im Augenblicke 
der Unterbrechung zu. Gleichzeitig nimmt 
aber die an den sekundären Klemmen verfüg¬ 
bare Energie quadratisch zu. Verfasser 
stellt sich nun die Frage: In welcher Weise 
ändert sich die Intensität des Röntgenlichtes 
bei zunehmender Intensität der Entladungen f 
Ist, die Röhre ein Energie- oder ein Quan¬ 
titätstransformator 'i 

Wenn die Quantität der Elektrizität 
zunimmt, kann eine größere Anzahl von 
Elektronen gegen die Antikathode geschleu¬ 
dert, eine größere Anzahl von Aetlierwellen 
erzeugt werden, oder bei beschränkter Elek¬ 
tronenzahl die Intensität der Strahlen ver¬ 
größert. werden. Jedenfalls ist bekannt, daß 
die Penetrationskraft der Strahlen mit der 
Funkenlänge wächst. 

Um der Frage nach der Abhängigkeit 
der Intensität der Röntgeustrahlen von der 
Funkenlänge näher zu kommen, verglich Ver¬ 
fasser die Wirkung der mit verschiedener 
Funkenlänge und verschiedenen Unterbrech¬ 
ungszahlen erzeugten Strahlen auf einer photo¬ 
graphischen Platte mit der einer geaichten 
Glühlampe. 

Er fand folgende Resultate: 


Tabelle I. 


Funkon- 

IHiigo 

Unter- 
! breebungs- 
zahl. 

8ok.-M- 

Kurz. 

Ai*([uivalt»nto 
Belichtungs- 
iiitensitfit 
einer Ent¬ 
ladung. 

17 

80 

0.8008 

' 0.0100 

20 

70 

1.149 

0.0164 

23.2 

61 

1.510 

0.0248 

27.fi 

45 

1.270 

0.0282 

34.5 

30 

1.400 

0.0467 

42.5 

21 

1.550 

0.0738 

46 

15 

1.465 

0.0977 


Tabelle II. 


Funkrn- 

iHngu. 

Untor- 

brechungs- 

zahl. 

Sok-M- 

Kerz. 

i Aequivalontü 
Belieb tun gs- 
intensitüt 

1 oinor Ent¬ 
ladung. 

15 

150 

1.169 

0.0078 

17 

100 

1.092 

0,0109 

20 

75 

1.286 

0.0172 

23 2 

60 j 

1.482 

0.0247 

27 fi 

45 

1588 

00353 

345 

30 

1.766 

0.0589 

42.5 

25 

2 483 | 

00993 

46 

18 

2.281 

0.1267 


Verfasser hat dann fiirdie Abhängigkeit der 
Intensität der Strahlen von der Funkenlänge 
empirisch folgende Gleichung gefunden; y — A 
(x l — B 1 ); d. h. die Intensität des Röntgen¬ 
lichtes wächst bei einem bestimmten Induktor 
mit dem Quadrate der Funkcnlänge, abzüglich 
einer Konstanten B\ die proportional dem 
Quadrate derjenigen Funkcnlänge ist, die er¬ 
forderlich ist, um die Röhre zum Leuchten 
zu bringen. 

Es ist somit erwiesen, daß die Röntgen¬ 
röhre ein Energietransformator ist. Ein pro¬ 
portionaler Teil der ihr zugeführten Energie 
wird in Röntgenlicht umgesetzt, während der 
Betrag, der einer Entladung der Funkenlänge 
entspricht, die durch die parallele Funken¬ 
länge dargestellt wird, zurückbleibt und nicht 
in Röntgenlicht transformiert wird. 

Georg Gehlhoff. 

Die Trockenplattenfabrik von Dr. C. 
Schleufsner in Frankfurt stellt mir ihre Pro¬ 
spekte, sowie eine, auf ihre Veranlassung 
geschriebene Broschüre: Zur Technik der me¬ 
dizinischen Rönfgenographie, von A. Köhler, 
Wiesbaden, zur Verfügung. Die Broschüre 
war auf dem Röntgenkongreß 1905 ausgelegt. 
K. betont mit Recht, daß für 9/10 aller Röntgen¬ 
untersuchungen der photographische Weg 
nicht zu umgehen sei. Von der Güte der 
photographischen Platte hängt selbstver¬ 
ständlich ungemein viel ab. Es folgt eine 
kurze Beschreibung der Aufnahme-Technik, 
wie sie Verfasser übt; die wesentlichsten Auf¬ 
nahmen werden besprochen und eine Reihe 
hübscher Photogramme zur Demonstration an- 
gefiigt. Einige Winke über die Behandlung 
der Platten beschließen den Aufsatz. 

Referent kann sich der Empfehlung der 
Schleußnerschen Trockenplatten, mit denen K. 
ausschließlich arbeitet, anschließen. 

R. Schild, Frankfurt a. Jd. 


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182 'Referate. 


Oessauer berichtet über Radioaktivität 

und ihre Beziehungen zu <1 »• n Mineral¬ 
quellen auf der XIII. Jahres Versammlung 
des allgemeinen deutschen Bilderverbandes 

Die Frage, warum Mineralbrunnen, an 
Ort und Stelle getrunken, soviel besser wirken, 
als in Flaschen verschickt oder gar in Surro¬ 
gaten genossen, war bisher eine ungelöste. 
Sicher ist, daß die sonst geltend gemachten 
Faktoren: Orts- und Luftwechsel, Ruhe, 
Diät etc. zur Erklärung dieses Phänomens 
nicht ausreichen. Namentlich geben die in¬ 
differenten Thermen hierbei Rätsel zu lösen. 
Warum wirkt, z. B. das heiße Wasser in Wild¬ 
bad. Gastein oder Wiesbaden ganz anders, 
als ein heißes Bad in der Badewanne? 

Elster und Geitel haben die Tatsache 
der r ad i o a k t. i v e n Quell enemana t i o n 
nachgewiesen und zur Erklärung der Wirkung 
der Heilquellen herangezogen. 

D. giebt einen kurzen, historischen 
Ueberblick über die Entwicklung der radio¬ 
aktiven Forschung und bespricht dann aus¬ 
führlicher die merkwürdigen Eigenschaften 
der radioaktiven Substanzen. Diese sind eigen¬ 
artig genug, aber noch interessanter ist. die 
theoretische Lösung des Problems, wieso ein 
nur aus Atomen zusammengesetzter Körper 
dauernd kinetische Energie entfalten könne, 
ohne daß dabei das Mayer’scho Gesetz in 
Kraft träte. 

Englische Forscher haben gefunden, daß 
dieser Widerspruch nur ein scheinbarer ist, 
und daß die radioaktiven Strahlen durch den 
Zerfall von Atomen in niedere Ein¬ 
heiten, in Elektronen, entstehen. Die 
ausgestrahlten Elektronen vereinigen sich 
dann wieder zu Atomen von niederer Wertig¬ 
keit. So entsteht z. B. das Helium. 

Sehr viel radioaktive Elemente — Körper 
von höchstem Atomgewicht, z. B. Radium — 
gibt es auf der Erdoberfläche vermutlich 
nicht mehr, aber es scheint, als berge die Erde 
in ihrer Tiefe Reservoire derselben. In einer 
Reihe von Heilquellen, die. bekanntlich aus 
tiefen Erdschichten stammen, läßt, sich Radio¬ 
aktivität nachweisen. Ist diese auch im Ver¬ 
gleich zu den Erzen gering, so ist es doch 
möglich, daß ein Teil der physiologischen 
Wirkungen der Heilquellen auf Radioaktivität 
beruht. „Jedenfalls'", sagt D, „sind wir be¬ 
rechtigt an die Untersuchung dieser Frage 
mit Ernst und Sorgfalt heranzutreten.“ Der 
sehr instruktive Vortrag kann jedem, der sich 
über die in Frage stehenden, interessanten 
Probleme orientieren will, warm empfohlen 
werden. 


Krause : Heber denjetzigenSt and der 
Röntge n t, h e r a p i e der Lenk ä m i e. 
fZeitschr. für Elektroth. etc. Bd. VII. 
Heft 10.) 

Bei myelogener Leukaemie ergeben 
sich als Resultat der Bestrahlung folgende 
Veränderungen: Objektive Besserung des 
Blutbefundes bestehend in Abnahme der Leu- 
kocyten bis zur Norm, Vermehrung der roten 
Blutkörperchen und Besserung der histo¬ 
logischen Blutbeschaffenheit auch darin be¬ 
stehend, daß die abnormen Formen zurück¬ 
gehen. Ferner: Kleinerwerden der Milz selbst, 
bis zur Norm, Gewichts-Zunahme und Besserung 
des Allgemeinbefindens. 

Bei lymphatischer Leukaemie zeigte 
sich ein ähnlicher, wenn auch geringerer Ein¬ 
fluß auf das Blut; die Drüsenschwellungen 
gingen zurück, das Allgemeinbefinden wurde 
besser, das Körpergewicht nahm nicht so stark 
zu wie bei der ersten Form. 

K liebt das Eintreten der Rezidive nach 
Aussetzen der Bestrahlung hervor, die nicht 
immer, wie bei der ersten Behandlung günstig 
reagieren. 

Er faßt seine Erfahrungen bei der 
myelogenen Leukämie dahin zusammen: 

1. Frische Fälle werden meist prompt 
günstig beeinflußt, eine Heilung wurde 
n i e erzielt. 

2. Rezidive können noch nach 14 Mo¬ 
naten eintreten. 

3. Weit vorgeschrittene und alte Fälle 
verhalten sich auch gegenüber ener¬ 
gischer, lang dauernder Bestrahlung 
ungünstig und kommen ad exitum. 

Auch bei der lymphat. Form hat die Be¬ 
strahlung einigen Wert. (Forts, folgt.) 

Franz e-Nauheim. 

Görl. Ein neues Feld für die Radio¬ 
therapie ? (Strumenbehandlung; M. 
M. W. 1005. N. 20.) 

Görl hat in 4 Fällen von Struma bei 
älteren und jüngeren Personen sehr schöne 
Erfolge mit der Röntgenbehandlung erzielt; 
ob sich alle Formen oder nur besondere Arten 
für diese Behandlung eignen, muß die weitere 
Nachprüfung von Fall zu Fall ergeben. Nach 
Erfahrung des Referenten scheinen alle die 
Fälle, welche der Schilddrüsenbehandlung zu¬ 
gänglich waren, für die Röntgenbehandlung 
sich zu eignen. Eint 1 andere Frage ist die 
der Dauerwirkung. Darüber zu entscheiden 
ist die Zeit seit der Inauguration dieser Be¬ 
handlungsmethode noch zu kurz. 

W i e s n e r. 


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Referate. 


183 


Arnethod of protection against the Röntgen 
Rays. („The Lancet“ 23. 9. 05) 

Es gibt bisher zwei Arten des Schutzes 
vor den Röntgenstrahlen: 1) undurchlässige 
Hüllen, die in der Höhe des Ernissionszentrums 
angebracht werden, und 2) Bedeckung der 
exponierten Körperteile des Operateurs mit 
solchen Stoffen ; hierher gehören Handschuhe. 
Schutzbrillen, Schürzen etc Beide Methoden 
aberhaben ihre Nachteile. Die Vorrichtungen 
erstorer Art verändern das elektrische Feld 
in der Umgebung der Röhre und benachteiligen 
so die Leistung des Apparates (V Ref.), die 
der zweiten Art sind hinderlich. M. J. Ber- 
gonie-Bordeaux schlägt daher vor, den Schutz 
des Operateurs in der Weise zu erreichen, 
daß er sich stets oberhalb einer horizontalen 
Ebene befindet, die durch die Antikathode 
gelegt ist; diese Ebene reicht höchstens bis 
zu den Knien des Untersuchers, indem das 
Bett oder der Untersuchungstisch, auf dem 
der Patient liegt, niedrig ist. Auf diese Weise 
wird ersterer nur unbedeutend von X-Strahlen 
getroffen. F ra n z e - Nauheim. 


W. Wien : „U e b e r d i e E n e r g i c d e r Rönt¬ 
genstrahlen“. Sitzungsberichte der 
Physikalisch - medizinischen Gesellschaft 
zu Wiirzburg. Jahrgang 1905. 

Nach der elektromagnetischen Theorie 
der Elektronen läßt sich folgern, daß die 
Röntgenstrahlen durch sehr starke Ver¬ 
zögerung der Geschwindigkeit der als Ka¬ 
thodenstrahlen auf die Antikathode auf¬ 
prallenden Elektronen erzeugt werden. Sie 
sind elektromagnetische Störungen, die in der 
Form einzelner Wellen von sehr geringer 
Breite mit der Geschwindigkeit des Lichtes 
sich ausbreiten. 

Für die Breite dieser Wellen ergibt 
sich unter Voraussetzung unveränderlicher 
kugelförmiger Elektronen die Beziehung: 


X= 


Ek 1 V*o e 
Er V c* 


2 + 3ko 2 ,8c. 

+ 2Vo log 


l + £l 


ko 2 


_ v» j ’ 

p. ' 


worin V die Spannung, mit der die Röntgen¬ 
röhre betrieben wird, v 0 die Geschwindigkeit 
der Kathodenstrahlen, die sich aus der 
Spannung ergibt, c ilie Geschwindigkeit des 
Lichtes, e das von Thomson bestimmte Ele- 
mentarquantum der negativen Elektrizität, ko 


die Größe \/ 1 — ' v, 

V c a 


endlich Ek die Energie 


der Kathodenstrahlen, Er die der Röntgen- 
st.rahlen bedeutet. Aus V, Ek und Er läßt 
sich X berechnen. Wenn man es bei den 
Röntgenstrahlen auch nicht mit zusammen¬ 
hängenden Wellenzügen zu tun hat, so ist 


doch die Größe X der Wellenlänge des Lichtes 
in jeder Beziehung analog. 

Verfasser unternahm die Bestimmung 
der drei verlangten Größen. Als Röntgen¬ 
röhre verwandte er eine von Müller in Hamburg 
mit einer Antikathode mit Wasserkühlung, 
sodaß er dieselbe gleichzeitig als Kalorimeter¬ 
gefäß für die Messung der Energie der Ka¬ 
thodenstrahlen verwenden konnte. Die Energie 
der Röntgenstrahlen wurde sowohl an einem 
Bolometer sowie an einer Thermosäule be¬ 
obachtet. Beide Apparate wurden gegen die 
Wärmestrahlung der Röntgenröhre durch 
Schirme aus dünnem Aluminium geschützt. 
Die Beobachtungen mit beiden Apparaten 
gaben ziemlich übereinstimmende Werte. 

Zur Bestimmung der Absorption der Rönt¬ 
genstrahlen durch die Glaswand der Röhre 
wurde sowohl eine Thermosäule als auch eine 
Sekundärstrahlenröhre verwandt Beide Me¬ 
thoden ergaben für die Absorption der Röhren¬ 
wand ziemlich übereinstimmend das Resultat, 
daß 68°/o der Röntgenstrahlen durch die Glas¬ 
wand hindurchgehen. Unter Berücksichtigung 
dieser Korrektur ergab sich für 

|'; r = 1,35 x 10 " 3 . 

Ek 

Setzt man diesen Wert in obige Formel 
und berücksichtigt die Größe der Spannung 
(V = 58700 Volth, so ergab sich 

X = 2,3 x l()- 10cm . 

Wenn diese Zahl ungefähr 60 mal so 
klein, als die von Sommerfeld aus Beugungs- 
be.obachtungen abgeleitete ist, so liegt dies 
wahrscheinlich an der Inhomogeuität der 
Strahlen; denn bei der Beugung kommen die 
längeren Wellen, für die Energiemessung die 
kürzeren in Betracht. Andererseits steht der 
gefundene Wert von X zur mittleren Wellen¬ 
länge des sichtbaren Lichtes in demselben 
Verhältnisse, wie die Dimensionen des Elektrons 
gegenüber denen des Moleküls 

Hieraus leuchtet ohne weiteres ein, daß 
so kurzen Wellen gegenüber die Körpermole- 
küle sich anders verhalten müssen, als gegen¬ 
über den gewöhnlichen Lichtwellen, da die 
Körpermoleküle durch die Lichtschwingungen 
in Mitschwingung versetzt werden, was bei 
den Röntgenstrahlen nicht eiutreten kann 

Ferneristanzunehmen, daß die Röntgen¬ 
strahlen vermöge ihrer kurzen Wellenlänge 
nur auf die Elektronen wirken, diese be¬ 
schleunigen und dadurch Sekundärstrahlen 
hervorrufen. Vermöge der großen Absorbier¬ 
barkeit werden diese aber fast vollständig 
im Körper absorbiert und ihre Energie in 
Wärme verwandelt, während nur ein kleiner 
Teil der sekundären Strahlen an die Ober¬ 
fläche gelangt. Georg Gehlhoff. 


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184 


Referate. 


Balneologie und Hydrotherapie. 


Alois Strasser. Hydrotherapie der In¬ 
fektionskrankheiten. (Blatter für 
klin. Hydrotherapie etc. März 05.) 

Es handelt sich um eine Übersicht, der 
Methoden der verschiedenen Autoren für die 
Anwendung der Hydrotherapie bei Infektions¬ 
krankheiten. 8. unterscheidet: 1. Die extremen 
H.vdriater, die das kalte Bad verwenden und 
jede innere Antipyrese verwerfen (Brand, 
Vogl, Winternitz), 2. die gemäßigten H.vdriater; 
sie verwenden lauwarme Bäder unter Aus¬ 
schluss innerer Antipyrese (Naunyn), 3. solche, 
die je nach Umständen strenge oder milde 
Hydrotherapie verwenden und auch Antipvre- 
tica geben (Jiirgensen, Liebermeister, Hieß), 
4. diejenigen, welche das Fieber als salutüre 
Maßregel erachten und jede Antipyrese, außer 
bei besonderer Indikation, vermeiden (Cursch- 
inann). ln erster Linie interessiert die Hydro¬ 
therapie des Abdominaltyphus. Hier em¬ 
pfehlen Jiirgensen und Liebermeister, durch 
kalte Bäder, die häutig bei Tag und Nacht 
(letzteres nach Liebermeister mit Vorliebe) 
gegeben werden, die. Intensität des Fiebers 
zu brechen, um dann späterhin mit selteneren 
Applikationen auszukommen. Die Vertreter 
der drei ersten obigen Gruppen plaidieren 
für möglichst frühzeitigen Beginn der Wasser¬ 
behandlung des Typhus, Curschmann dagegen 
greift auch hydrotherapeutisch erst bei be¬ 
sonderen Anlässen ein. Gegen die Richtig¬ 
keit, dieses Standpunktes spricht, daß man es 
einem Typhusfall nie von vornherein ansehen 
kann, ob er schwer oder leicht verlaufen 
wird. Nun beugt die Bäderbehandlung sicher 
vielen der schlimmsten Komplikationen des 
Typhus vor wie Hypostasen in den Lungen, 
Delirien, Decubitus. Warum will man daher 
die beste Prophylaxe dieser Ereignisse bei¬ 
seite lassen ? Winternitz fordert möglichst 
frühzeitige hydriatische Behandlung, ist aber 
hinsichtlich ihrer Methodik nicht extrem, 


vielmehr individualisierend (Waschungen, Um¬ 
schläge, gewechselte feuchte Packungen, Teil- 
waschung, Bäder). Autor erwähnt dann die 
v. Ziemssen’sche Methode des allmählich ab- 
gekühlten Bades und Matthes’ Verfahren 
mittelst kohlensaurer Bäder; diese sollen in¬ 
folge der Kombination von Reiz- und schonend 
abkühlender Wirkung besonders vorteilhaft 
sein. Bei Besprechung der Medikamente warnt 
S. vor Überschätzung des Pyrainidons. Nach 
Liebermeister ermöglicht die Einführung der 
mächtigen Antipyretica nur dem Patienten, 
fieberfrei zu sterben. Günstige Erfolge bringt 
die Hydrotherapie auch bei croupöser Pneu¬ 
monie, Influenza und Malaria in gegen Chinin 
refraktären Fällen. Bei Diphtherie beherrscht 
die Serumtherapie die Behandlung. Auch bei 
Masern und Scharlach wird eine geeignete 
Wasserbehandlung zur Verhütung der Lungen¬ 
komplikationen etc. mit Vorteil angewandt. 


L. Williams. The spa treatment of cir¬ 
ca latory disorders. („The Lancet” 
5. 8. 05.) 

W. nimmt an, daß die Wirkung der 
kohlensäurehaltigen Thermalsoolbäder eine 
Blutdruck steigernde und das Herz zu stärkeren 
Zusammenziehungen anregende ist. Demnach 
hält er den Einfluß für ähnlich dem der Di¬ 
gitalis. Er empfiehlt den Kurgebrauch in 
Bädern hauptsächlich als Prophylacticum bei 
Herzkranken, namentlich auch bei Kindern. 
Von den Klappenfehlern glaubt W., daß nur 
Mitralinsuffizienzen geeignet sind. Schlie߬ 
lich empfiehlt er unter den Kurorten haupt¬ 
sächlich Royat in Frankreich. 

(Der Artikel trägt einen etwas tenden¬ 
ziösen Charakter gegen Nauheim; auch sind 
die physiologischen Grundlagen von W.’s 
Anschauungen wahrscheinlich nicht ganz 
richtig. Ref.) Franze-Nauheim. 


Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. 


Finsen light, x-rays, and high-frequeney 
currents in certain diseases of the skin. 

(Referat, in „Treatment“. März 05.) 

Nach Duncan Bulkley sind die 
besseren Resultate mit Finsenlicht. in Kopen¬ 
hagen auf bessere Technik und sorgfältigere 
Anwendung zurückzuführen. Die. Patienten 
werden täglich 1 Stunde bestrahlt, wobei eine. 
Wärterin unausgesetzt das Linsenkompresso- 


riuni hält. Der Versuch, durch Anwendung 
stärkerer Lampen die Sitzungen abzukürzen, 
gibt, keine so guten Resultate. B’s Resultate 
mit X-Strahlen sind so gut, daß er von der 
umständlicheren Finsenbehandlung abrät. 

Hinsichtlich der X-Strahlen hält Autor 
•du abschließendes Urteil ihres therapeutischen 
Wertes für noch verfrüht, ihre Wirksamkeit 
aber für sicher; andererseits weiß man jetzt 


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Referate. 


185 


daß sie in einer Anzahl von Füllen nichts 
nützen, wo man anfänglich Nutzen von ihnen 
erwartete. Heilungen linden sicher statt bei 
oberflächlichen Karzinomen und Ulcus rodens. 
Boi tiefsitzenden Karzinomen und Sarkomen 
haben die Röntgenstrahlen wenig Wert, können 
•aber doch bisweilen, namentlich bei Rezidiven 
niitzen. 

B. hat in einem Jahre 7t Epitheliome, 
wovon 8 rezidivierende, mit Röntgenstrahlen 
behandelt. Davon sind 20 scheinbar geheilt, 
24 gebessert, 11 ungebessert; 7 entzogen sich 
der Behandlung. Bei fl Fällen von Lupus 
vulgaris war der Erfolg gut, ebenso bei 6 
Fällen mit Syphilis der Vola manus. 

Ferner hat B. die Radiotherapie bei 
folgenden Hautkrankheiten versucht: Lupus 
erythematosus, Warzen, Naevus pigmentosus, 
Lichen planus und pilaris, Psoriasis, Sklero¬ 
dermie, Sycosis fungoides, Ekzemen, Akne, 
Geschwüren, tuberkulösen Drüsen, Pseudo¬ 
leukämie. Ein definitives Urteil kann er über 
diese noch nicht abgeben. 

B. hat mittelst Hochfrequenzströmen 
27 Patienten mit 9 verschiedenem Arten von 
Hautleiden behandelt und günstige Erfolge 
bei Warzen und Naevus vasculosus erzielt. 
Bei letzteren benutzte er eine Kohlenelektrode 
in 2'/* cm Entfernung und erreichte in einem 
Fall Heilung nach 21 Sitzungen. Akne, Lupus 
erythematosus. Ekzem wurden gebessert. 

Radium verwandte B. bei inoperabelem 
Karzinom des Mundes und einigen externen 
Krebsen. Besserung (nicht Heilung) trat ein. 

T. J. Bokenham. Reflections on the 
Position of oscillatory currents 
in therapeutics, and the present 
state of our knowlcdge concer- 
n i n g t, h e m. (Archives of the Roentgen 
Ray, April 05.) 

B. beklagt die noch herrschende Unzu¬ 
verlässigkeit in der Beurteilung des thera¬ 
peutischen Wertes oszillierender Ströme, der 
noch großenteils als suggestiv angesehen 
wird. Um dem abzuhelfen, ist vor allem eine 
größere Übereinstimmung in den Apparaten 
selbst erforderlich. Zunächst muß der Arzt 
selbst eine gründliche Kenntnis seiner In¬ 
strumente haben, muß den Charakter des 
Stromes leicht und sicher modifizieren können. 
Therapeutisch beabsichtigen, wir teils allge¬ 
meine. teils lokale Wirkungen mittelst der 
Hochfreqenzbeliamllung zu erzielen. Es kommt 
der Einfluß derselben auf die Zirkulation, das 
Nervensystem (peripher und zentral), den 
Stoffwechsel in Frage. Bei der Applikation 
müssen wir folgende Faktoren kontrollieren 


können: Menge und iSpannung des Stroms, 
Wellenlänge, Wellengestalt, Frequenz der 
Oszillationen, Frequenz, Dauer und Art der 
Unterbrechungen zwischen aufeinander folgen¬ 
den Wellenziigen. Hüten muß man sich bei 
derartigen Messungen vor falschen Deutungen; 
so ist, z. B, das Milliamperemeter ein aus¬ 
gezeichneter Maßstab fiir eine gegebene In¬ 
stallation, erlaubt aber keine Vergleichswerte 
abzulesen, zwischen verschiedenen Einrich¬ 
tungen. Dies wäre nur bei Anwendung von 
„Standard“ Arbeits - Bedingungen möglich. 
Dasselbe gilt von der Länge und dem Volum 
des Effluviums. Alle diese Maße haben rela¬ 
tiven aber keinen absoluten Wert. 

W. T. Somerville. A case of severe hy- 
steria successfully treated by 
hig-frequency currents (Archives 
of the Roentgen Ray April 05.) 

Bericht über eine 35jährige Dame, die 
von Kindheit an eine schwache Konstitution 
hatte Im 20..Jahre traten die Symptome 
eines Magengeschwürs auf. Heftige Blutungen 
per os und per rectum mit zeitweiligem Kollaps 
legten den Gedanken an Perforation des 
Magens nahe. Der Abdomen wurde daher 
operativ geöffnet, der Magen aber ganz ge¬ 
sund gefunden. Dagegen fanden sich in der 
Gallenblasse 21 Gallensteine. Bald stellten 
sich die alten Beschwerden wieder ein; hart¬ 
näckige Verstopfung und Schmerzanfälle waren 
Begleiterscheinungen. S. nahm nun eine Be¬ 
handlung mit Hochfrequenzströmen vor. Be¬ 
nutzt wurden das Auto-Kondensationsbett 
und eine große Metallscheibe auf dem Ab¬ 
domen, welche mit einem der Pole verbunden 
war. Da die Dame außerdem an Colitis mu- 
cosa und externen Hämorrhoiden litt, so 
wurde außerdem eine Elektrode an der Zunge 
eine im Rec tum appliziert. Hierauf Schrumpf¬ 
ung der Hämorrhoiden und Aufhören des 
schleimigen Ausflusses aus dem Rectum. Im 
Ganzen wurden 51 Sitzungen vorgenommen. 
Patientin wurde dauernd (2 Jahre) geheilt. 

A new high tension transformer and a new 
form of radium Applicator. („The Lauect“, 
June 10 th 05.) 

Eine Londoner Firma (VVatson and 
Sons. 313, High-Holborn) bringt einen Apparat 
auf den Markt zur Erzeugung von X-Strahlen 
und Hochfrequenzströmen ohne Induktorium 
(¥ Kef.) oder, primärem Unterbrecher. Er kann 
direkt an eine Wechselstromanlage auge¬ 
schlossen werden oder an Gleichstrom, nach¬ 
dem dieser durch einen Gleichstrom-Wechsel¬ 
strom-Umformer in Wechselstrom umgewandelt 


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186 


Referate. 


worden ist; die Einrichtung ist folgende: 
Zuerst geht der Strom zu einem Schalt¬ 
brett und von hier zu einer Ventil-Zelle, 
welche mit dem Umformer in Serie geschaltet 
ist. Die Wirkung der Ventilzelle bestellt in 
der Unterdrückung der Stromimpulse der 
einen Richtung, so daß die primären Win¬ 
dungen des Transformators einen Strom er¬ 
halten, der „mehr oder weniger“ gleicher 
Richtung ist. So ist auch der sekundäre, 
hochgespannte Strom „mehr oder weniger“ 
von einer Richtung und kann ohne weiteres 
zur Erzeugung von X-Strahlen benutzt werden 
unter Verwendung einer besonderen Röhre 
mit zwei Kathoden (bi-cat.hodal tube). Be¬ 
nutzt man eine gewöhnliche Röhre, so muß 
eine Drosselröhre vorgeschaltet werden. Auch 
die»e ist von eigentümlicher Art. Das Licht 
soll sehr ruhig und hinsichtlich seiner In¬ 
tensität vollkommen kontrollierbar, der ganze 
Betrieb geräuschlos sein. Für Hochfrequenz¬ 
ströme läßt man die Ventilzelle weg. 

Des weiteren handelt der Bericht von 
einer Einrichtung für Radiumapplikation. Das 
Radium ist hermetisch an eine Quarztafel 
angelötet, mittelst einer silbernen Bedeckung. 
Dieser Apparat kann an verschiedene Träger 
behufs Anwendung im Oesophagus, Larynx etc. 
befestigt werden. Außerdem kann eine metal¬ 
lene Kapsel über dem Radium angebracht 
werden, welche eine offene Rinne an einer 
Seite trägt, sodaß man das Radium auf 
irgend ein bestimmt begrenztes Feld kann 
einwirken lassen. 

Lewis Jones. — On some new lines of 
work in electro-therapeutics. 
(„The Lancet.“ 2S 10. 05). 

Die allgemeine Verbreitung elektrischer 
Starkstromanlagen für Beleuchtung hat die 
allgemeine Verwendung der Elektrizität zu 
ärztlichen Zwecken wesentlich unterstützt; 
allein, nur dann haben elektrotherapeutische 
Methoden Aussicht auf dauerndes Bürger¬ 
recht im Rüstzeug des Therapeuten, wenn sie 
wirklich etwas leisten, was bisher mit anderen 
Methoden nicht erreichbar war. Autor führt 
eiu Beispiel an: die elektrolytische Behand¬ 
lung der Strikteren der Harnröhre liefert 
vorzügliche Resultate, ist ..her dennoch nicht 
adoptiert worden, eben weil dasselbe auf 
andere Art erreichbar ist. Andererseits ist 
das Cystoskop in allgemeiner Verwendung 
seitens der Urologen, weil es eben bedeutend 
mehr leistet, als andere Untersuchungsmethoden. 
Aus dem gleichen Grund wurden die Röntgen¬ 
strahlen sofort allgemein verwendet. Erbs 
systematische Methode der Nerven- und Mus¬ 


keluntersuchung durch Elektrodiagnost.ik ist 
ein weiterer Erfolg der Applikation der Elek¬ 
trizität. in der Medizin. 

Einen weiteren Fortschritt brachte der 
Medizin die Erfindung der Glühlampe durch 
Edison und Swan. ln der Elektrolyse haben 
wir ein Mittel, um Naevi und abnorme Be¬ 
haarung zu entfernen, und wenn das auch 
weniger ernste Störungen sind, so ist. das 
Verfahren deswegen doch wertvoll, weil die 
gleichen Resultate mit keiner der älteren 
Methoden erreichbar sind. 

Autor kommt sodann auf die X-Strahlen 
zu sprechen und zählt zunächst, die Affek- 
tionen auf, bei denen sie therapeutisch mit 
Erfolg verwendbar sind, als: Ulcus rodens, 
Lupus, Psoriasis, chronische Ekzeme, Herpes 
tonsurans, Sykosis, Akne, Pruritus und Leu¬ 
kämie. Auch die Finsenbehandlung des Lupus 
ist ein Erfolg der Elektrizität, wenn sie auch 
unter der Kostspieligkeit und der langen 
Dauer leidet Je mehr die Elektrotherapie 
sich das Gebiet wirklich ernster Erkrankungen 
erobert, desto mehr wird nach Verfassers 
Ansicht der Laien-Elektrotherapeut durch die 
Umstände selbst überwunden werden. Inter¬ 
essant sind J.’s Bemerkungen über Hoch¬ 
frequenz- und Lichtbehandlung. Erstere ist 
schon auf ein kleines Gebiet zusammen¬ 
geschrumpft; das rote, weiße und blaue Licht¬ 
bad ist dazu bestimmt, ein mehr oder 
weniger akzessorisches Zierstück in Anstalten 
für türkische Bäder zu werden, anstatt als 
Panazee für alle möglichen schmerzhaften 
und anderen Affektionen zu gelten 

Autor fährt dann fort,"die physiologisch- 
chemischen Vorgänge bei der Elektrolyse zu 
beschreiben und weist darauf hin, daß bei 
elektrolytisch (- kataphoretischer — Ref.) 
Einverleibung eines Medikaments die in der 
Nähe der Elektroden befindlichen'Körperzellen 
wirklich mit diesem imbibiert werden, während 
bei Einreibung auf der Haut oder bei sub¬ 
kutaner Injektion diesj nicht oder'doch nur 
weniger der Fall sein dürfte 

Er hat eine Anzahl Experimente bei 
Lupus und Ulcus rodens zum; Beweis des 
Gesagten angesiellt, bei denen er von Leduc’s 
Ausführungen ausging. Beim ersten Fall von 
Ulcus rodens führte J. die Jonen des Zinks 
auf elektrolytischem Wege in einer Sitzung 
in die erkrankte Stelle ein; nach 3 Wochen 
war vollständige Heilung da, und nach 9 Mo¬ 
naten war Patient noch vollkommen gesund, 
ohne jegliche Spur eines Rezidivs; in 6 anderen 
Fällen dieser Art waren die Resultate auch 
gut, wenn auch nicht so rasch und vollständig. 
Wichtig ist es, daß das Zink ganz gleicli- 


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Referate. 18( 


mäßig über die ganze Obertiiielie des Ge¬ 
schwürs verteilt wird, was natürlich oft auf 
Schwierigkeiten stößt. J. benutzt eine Chlor¬ 
zinklösung' von ca. 0,3 : 30,0 (l"|o>; es tritt 
weder Ätzwirkung noch von einer solchen 
abhängige Narbenbildung ein. Leduc benutzt 
einen Strom von 2. M -A. pro Quadratzenti¬ 
meter Fläche während 15-20 Min., J einen 
stärkeren bei kürzerer Dauer. Die Prozedur 
ist nur wenig schmerzhaft; ausnahmsweise 
war es nötig, zuvor auf gleichem Wege 
Kokain einzuführen. Bei Lupus hat J. noch 
keine unzweideutigen Resultate erzielt. Zum 
Schlüsse erwähnt er günstige Versuche von 
Anderen mit der Einführung von Lithium bei 
Gicht. 

Improved high-potential Apparatus in electro- 
therapeutic applications. („The Luneet”. 
1. T. 05.) 

Es handelt sich um die Beschreibung 
eines Apparats, welcher gleichzeitig zum Ge¬ 
brauch für das Röntgen verfahren, Hoch¬ 
frequenz-Behandlung, Erzeugung von Sinu- 
soi'dalstrom, für Vibrationsmassage, Kauteri¬ 
sation etc. dient. F ranze-Nauheim. 

Dr. 0. Neustaetter. Menschliche Haut und 
Elektrizität. M. M. W. 1905 Nr. 18. 

Verfasser kommt auf die Experimente, 
von Harnack und Sommer-Gießen zurück und 
geht auf die Deutung, welche beide Forscher 
denselben gaben, des näheren ein. Harnack 
gelang es, die Magnetnadel eines Kompasses 
durch Reibung des deckenden Glases mit der 
Fingerspitze abzulenken, welchen Versuch 
er unter dem Titel: „die menschliche Finger¬ 
spitze als Elektrizitätsquelle“ beschreibt. Das 
ungleichartige Gelingen des Experimentes 
glaubt Verfasser auf eine Disposition des In¬ 
dividuums zuriickfiihren zu müssen, bestehend 
in einer Art elektrischer Ladung, während 
die Erklärung von Bet, he, daß die Differenz 
von verschiedener Feuchtigkeit des reibenden 
Fingers herrühre und die Erscheinung selbst 
auf Reibungselektrizität zurückzuführen sei, 
wohl die richtigere ist. Sommer hat seine 
Experimente unter dem Titel: „Lichterschei¬ 
nung nach Reibung der menschlichen Haut, 
mit Glühlampen“ veröffentlicht. Sommer nahm 
wahr, daß, als er nachts nach der elektrischen 
Lampe griff, bei der Berührung seiner Hand 
mit den Glasbirnen diese Lichterscheinungen 
auftraten. Die Wiederholung dieses Ver¬ 
suches gelang nicht immer, auch nicht mit 
allen Glühlampen Verfasser hat. die Ver¬ 
suche nachgeprüft und kommt zu dem Schlüsse, 
daß die ganz eigentümlichen Erscheinungen 


sich physikalisch hinreichend erklären lassen, 
ohne daß es notwendig ist, wie Sommer es 
tat, physiologischeErklärungen herbeizuziehen. 
Es handelt sich um Erscheinungen statischer 
Elektrizität. Verfasser macht auf die Gefahren 
aufmerksam, welche derartige Veröffentlich¬ 
ungen von solch’ autoritativer Seite mit sich 
bringen, da Mystizismus und Aberglauben 
dadurch leicht in Laienkreisen gefördert 
werden. W i e s n e r. 

Zanietowski. Weitere Versuche über 
K ond ensatorentladungen. (Zeitsehr.f. 
Elektrotherapie etc. Bd. VII, Heft 10.) 

Diese Arbeit eignet sich nicht zum 
Referat und besteht, im Wesentlichen in der 
Empfehlung der Methode Z’s, Kondensator- 
Entladungen sowohl zu elektro-diagnostischen 
als auch — therapeutischen Zwecken zu be¬ 
nutzen. 

Gamlen: A report on the general utilit.v of 
highfrequcncy currents (Archive.« of the 
Roentgen-Ray Jan. & Fuhr. 1900.) 

Phthise. 

G. berichtet hier über 7 verschieden 
weit fortgeschrittene Fälle von Lungentuber¬ 
kulose, in denen er die Hochfrequenzbehand¬ 
lung versuchte. Die Art ihrer Anwendung 
war folgende: einmal wurden 8 Wochenlang 
tägliche Sitzungen zu 20 Minuten vorgenom¬ 
men, ein ander Mal jeden dritten Tag 30 
Minuten lange Applikationen bis 40 im ganzen, 
ein drittes Mal 30 Sitzungen in gleichen 
Zwischenräumen u. s. w. Was die Art der 
Applikation anlangt, so erwähnt Autor nur, 
daß er gewöhnlich nach einer anfänglichen, 
nicht näher gekennzeichneten Verwendung 
von Hochfrequenzströmen zur Benutzung von 
Bürst,en-Elektroden überging und so die Hoch¬ 
frequenzströme auf die vorher mit Kreosot 
eingeriebene Brusthaut über der Stelle des 
vermuteten phthisischen Heerdes einwirken 
ließ. Der Erfolg war ein sehr verschiedener; 
Gewichtszunahme, Abnahme und Verschwinden 
der Tuherkelhazillen, Besserung des physi¬ 
kalischen Befundes und des Allgemeinbefinden« 
werden notiert. Eine Patientin scheint dau¬ 
ernd geheilt worden zu sein; andere starben. 
Irgend einen zuverlässigen Erfolg scheint 
die Behandlung nicht zu haben, mag aber 
zur Kräftigung und Hebung des Allgemein¬ 
betindens einen gewissen Wert, besitzen. 

A n d e r e L u n g e n a f f e k t i o n e n. 

Bronchiektasie, Asthma. 

G. wandte bei Bronchiektasie die Hoch¬ 
frequenzströme mittelst des Kondensatorbettes 


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188 


Referate. 


(couch) an und erzielte sehr befriedigende 
Erfolge, indem der Auswurf zwar zuerst 
zunalun, aber dünnflüssiger und leichter ex- 
pektorierbar wurde, um dann geringer zu 
werden und die, Eigenschaften anzunehmen, 
wie sie dem Auswurf bei einfachem Bronchial¬ 
katarrh zukommen. 

Bei zwei Asthmatikern erreichte er 
bedeutende Besserung, Gewichtszunahme und 
Abnahme der dyspnoischen Anfälle. 

Schmerzhafte Muskel- und Nerven- 
affektion en. 

Bei Ischias und Lumbago rühmt G. die 
Hochfrequenzbehandlung. Er wendet die 
Bürsten-Elektrode in etwa 2'/» cm. Entfernung 
von der Haut an und gibt Sitzungen von 10 
Minuten täglich, später alle zwei Tage, bis¬ 
weilen in Verbindung mit Vibrationsmassage. 


C h orea. 


G. verfügt nur über einen derartigen 
Fall, hei dem das Urteil durch den Umstand 
noch erschwert wird, daß Patient ein Jahr 
lang zuvor Arsen genommen hatte. Allein, 
da dieses ohne jeden Erfolg war, scheint es 
berechtigt zu sein, die nach Vornahme der 
Behandlung mit Hochfrequenzströmen erfol¬ 
gende Heilung dieser zuzuschreiben. Jedoch 
enthält sich Autor einer Schlußfolgerung. 

Bei folgenden Fällen versuchte er 
Hochfrequenzbehandlung sowohl allgemein als 
auch lokal und erzielte, mit einer Ausnahme, 
keinen Erfolg: 


Lähmung des X. 


1 Fall von Bleilähmung, 

1 Fall „ traumatischer 

radialis, 

2 Fälle „ Augenmuskellähmung, 

4 Fälle „ Kinderlähmung (einer dieser Fälle 
war die Ausnahme), 

1 Fall , Poliomyelitis anterior, 

1 Fall „ Torticollis spasmodica, 

2 Fälle „ Facialislähmung, 

1 Fall „ Paralysis agitans. 

Bei Neurasthenie, und Hysterie hält G. 
die Behandlung für aussichtsvoll, scheint aber 
die Erfolge hauptsächlich der Suggestion zu¬ 
zuschreiben. 

Bei einem Fall von Herzneurose, schein¬ 
bar infolge von Nikotinintoxikation erzielte 
Autor durch 24 Applikationen (nicht näher 
definiertI, die dreimal wöchentlich gegeben 
wurden, Heilung. 

Bei einem Fall von Stimmbandlähmung 
nach Influenza erzielte G. durch Hochfrequenz 
in Verbindung mit Suggestion Heilung. Die 
Technik war folgende: 15 Minuten dauernde 
Sitzungen fanden an 30 auf einander folgenden 


Tagen statt; es folgten 20 weitere (ob mit 
oder ohne Intervall, ist nicht angegeben 
Ref.). Nun ging Autor, nachdem er so die 
Restitution der Flüsterstimme erreicht hatte, 
zur lokalen Behandlung über. Diese bestand 
in täglichen Applikationen innen und außen 
am Halse, vom Resonator abgenommen, mit¬ 
telst einer Vakuum-Röhren-Elektrode; hierauf 
folgte Heilung. (Nähere Angaben über Metho¬ 
dik fehlen.) 

Ein Fall von Neurasthenie: Applikationen 
mittelst, Kondensatorbettes, zweimal täglich, 
namentlich abends, brachten guten Schlaf, 
der nach drei Wochen auch ohne Behandlung 
eintrat. Bedeutende Besserung des Allge¬ 
meinbefindens. 

Fall von allgemeiner Schwäche und 
Anaemie: Hochfrequenzbehandlung, unregel¬ 
mäßig, während dreier Monate. Bedeutende 
Besserung. 

Die Hochfrequenzbehandlung von 

bösartigen Neubildungen. 

Ein mittelst zehn kurzer Applikationen 
mit gläserner Vakuum-Elektrode in Angriff 
genommenes Ulcus rodens verschwand schein¬ 
bar, rezividierte aber nach acht Monaten; 
das Rezidiv wurde durch X-Strahlen geheilt. 

Bei Karzinomen erzielte Autor nur bei 
einem rezidivierenden Scirrlms Mammae 
mittelst Hochfrequenz einen Erfolg. 

Diabetes. 

G. hält Hochfrequenzströme hier für 
wertvoll, ln einem für hoffnungslos gehaltenen 
Fall gab er zweimal täglich Sitzungen von 
10- 15 Minuten Dauer. Gewichtszunahme 
und Abnahme der Zuckerausscheidung. Diät 
wurde während der Behandlung in der vorher 
gewohnten Weise eingehalten. Patient ent¬ 
zog sich dann der weiteren Beobachtung. 

Haem or r ho ide n. 

Man behandelt diese Affektion erfolg¬ 
reich mittelst gläserner Rekal-Elektrode in 
Sitzungen von fünf bis zehn Minuten Dauer, 
zweimal wöchentlich. Zunächst tritt eine 
entzündliche Reaktion (Kongestion, Zunahme 
der Schmerzhaftigkeit) ein; darauf folgt die 
Besserung. Jedoch kann Autor die Methode 
nur bedingt empfehlen. 

V enerische Erkrankungen. 

Fall von ehren. Gonnorhoe: Bougie wird 
mit Resonator verbunden und so Hoch¬ 
frequenzbehandlung lokal eingeleitet, zugleich 
auch allgemein. Nach IG derartigen kom¬ 
binierten Applikationen Heilung. Die lokale 
Behandlung fand jeden zweiten Tag zu je 


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Tieferat«. 


1H!) 


fünf Minuten Dauer, ohne unangenehme Sen¬ 
sationen auszulösen, statt. Bei einer mit 
Gonnorrhoe behafteten Frau wurde ein gleich 
günstiges Resultat erzielt. 

Eine Frau mit drei syphilitischen Ge¬ 
schwüren wurde der Behandlung unterzogen. 
Ein Geschwür wurde nicht behandelt, eines 
mit den Entladungen einer glilsernen Elek¬ 
trode und das dritte mit diesen plus grauer 
Salbe. Ersteres zeigte keine Änderung, das 
zweite besserte sich, das dritte verschwand 
rapid. Nach 20 Applikationen der letzten 
Art vollständige Heilung aller l'leera. 

P s e u d a r t h r o s e. 

Nach erfolglosen Operationen trat 
knöcherne Vereinigung hei einem Fall von 


Pseudarthrose ein, nachdem eine weitere 
Operation mit vorheriger Hochfrequenzbe¬ 
handlung (scheinbar allgemein, Bef.) ausge¬ 
führt worden war. 

Indigest io n. 

Fall von chron. Obstipation. Die Be¬ 
handlung bestand in Anwendung der Hochfre¬ 
quenz (scheinbar allgemein), dreimal wöchent¬ 
lich, je zehn Minuten lang, zugleich mit einer 
lokalen Applikation über den ganzen Ab¬ 
domen mittelst Bürstenelektrode vom Reso¬ 
nator; nach Zuhilfenahme von Vibrations¬ 
massage vollständige Heilung; Besserung 
war durch die Hochfrequenzströme allein 
erzielt worden. 

F r a nze-Nauheim. 


Phototherapie und verschiedene physikalische Methoden. 


0. Schott: Lieber eine neue Ultravio¬ 
lett-Quecksilberlampe. (Uviol- 
Lampe; Monatsschrift für Praktische 
Wasserheilkunde etc. 25. März 05.) 

Arons wies nach, daß man in einer 
luftleeren mit etwas Quecksilberdampf ge¬ 
füllten Glasröhre ein intensiv leuchtendes 
Lieht, durch Gleichstrom zu erzeugen vermag. 
Die Pole bestehen aus flüssigem Quecksilber. 
Howitt ersetzte die positive Quecksilber- 
idektrode durch eine eiserne und zeigte den 
Zusammenhang der Lichtintensität des Queck- 
silberdampfes mit dessen Dichte. S. wendet 
das Wort „Uviol“ für .Ultraviolett“ an. Man 
hat nun die Möglichkeit, dieses Quecksilber¬ 
lieht zu verwenden durch Gebrauch gewisser 
für Uviol durchlässiger Gläser. So kann man 
den größten Teil des in der Röhre entstehenden 
kurzwelligen Lichtes (Uviol) anstreten lassen. 
S. beschreibt die Uviollampe wie folgt: .Die 
neue Uviollampe besteht aus einer passend 
gestalteten, in der Regel geradlinigen, uviol- 
dnrchlässigen Glasröhre von 8-30 mm Durch¬ 
messer und einer Länge von 20- 130 cm. An 
den Enden sind Platindrähte eingeschmolzen, 
die im Inneren der Röhre zu Kohlenknöpfen 
auslaufen und gestatten, jeden Pol als nega¬ 
tiven und positiven zu gebrauchen. Im in¬ 
neren bedarf die Lampe je nach ihrer Größe 
einer Quecksilberfüllung von 50—150 g. Diese 
letztere hat. nicht hlos die Aufgabe, die zum 
Leuchten nötigen Quecksilberdämpfe zu liefern, 
sondern auch noch die Zündung zu bewirken 
und die zur Kühlung des negativen Poles 
erforderliche Ableitung der Wärme zu ver¬ 
mitteln.“ Bei richtiger Dimensionierung und 
entsprechendem Vorschaltwiderstand kann die 


Lampe an 110 bezw. 220 V. allgeschlossen 
werden. Die Zündung, d. h. Inbetrieb¬ 
setzung der Lampe geschieht durch Ein- 
schalten unter gleichzeitigem Neigen der 
Lampe so, daß das Hg. beide Pole verbindet. 
Der Betrieb einer Lampe von 400 — 800 Hefner- 
Flammen Lichtstärke kostet ungefähr 10 bis 
20 Pfg. pro Stunde, das Kilowatt, pro Stunde 
zu 30- 40 Pfg. gerechnet. Das Licht tötet 
kleinere Lebewesen, z. B. eine Stubenfliege 
in 1 Minute bei 1,5 cm Entfernung, wo also 
eine schädliche Wärmewirkung noch nicht, in 
in Betracht kommt.. Ebenso ist der Effekt 
bakterizid. Daher ist die liviollampe hei der 
Therapie von Hautkrankheiten an Stelle des 
Finsenlichtes verwendbar, und hat den Vorteil, 
daß man größere Strecken und in größerer 
Nähe (infolge der geringen Wärmeentwicklung) 
bestrahlen kann. Die Augen müssen stets 
durch eine Brille geschützt werden. Bis jetzt 
wurden Ekzeme, Erysipel, Lupus und andere 
Hautkrankheiten günstig beeinflußt. Ob die 
Uviollampe das Finsenlicht zu verdrängen 
berufen ist. kann erst nach längerer Prüfung 
beantwortet werden. Sie hat neben obigen 
Vorzügen den des billigeren Preises und der 
Zeitersparnis. Bei geeigneter Behandlung 
hält eine solche Lampe Ö000 Brennstunden aus. 

E. Sommer (Winterthur): Ucher Glüh- 
1 i c li t h ä d e r mit regulierbarer 
Licht- und Wärmestrahlung; mit 
9 Figuren im Test. (Zeitschrift für 
experimentelle Pathologie und Therapie 
2. Band.) 

8. geht von der Erwägung aus, daß hei 
den gebräuchlichen Glühlichtbädern eine Re- 


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isö 


TReterate. 


gulierung nicht anders möglich ist, als da¬ 
durch, daß man eine Anzahl Lampen aus¬ 
schaltet; dann empfindet der Patient aber an 
der betr. Stelle eine unangenehme Kälte- 
wirkung. Daher empfiehlt S. die Benutzung 
von Regulierwiderständen, wie sie zu diesem 
Zweck zuerst von Dessauer beschrieben und 
auch von Reiniger, Gebbert und Schall sowie 
der „Sanitas“ angefertigt wurden. Vermittelst 
dieser Widerstünde kann man die Intensität 
der Licht- und Wärmestrahlung der Lampe 
regulieren. 

S. stellte nun damit Versuche au, um 
den Grad der Regulierfülligkeit der Tempe¬ 
ratur festzustellen, deren Ergebnisse er durch 
Kurven zum Ausdruck bringt. Das Resultat 
ist die Möglichkeit, gleichmäßigen An- und 
Abstieg sowie vollständige Konstanz der 
Temperatur erzielen zu können. Außerdem 
betont er, daß ein Glühlichtbad auf diese 
Weise nahezu in ein Heißluftbad umgewandelt 
werden kann. Daneben ergeben sich aber 
einige Nachteile: der Regulator erwärmt sich 
ziemlich rasch und intensiv, seine Anwendung 
ist nicht ökonomisch, weil in jeder Stellung 
der Kontaktknöpfe dieselbe Menge elektrischer 
Energie verbraucht wird. Diese Mängel fallen 
aber nicht sehr ins Gewicht. 

Zum Schluß betont S. die Notwendigkeit, 
bei jedem Lichtbad außer dem gewöhnlichen, 
die Lufttemperatur markierenden Thermometer 
noch ein geschwärztes Strahlungstliermometer 
anzuwenden, um nicht über den Wert der 
Wärmeapplikation zu falschen Schlüssen zu 
gelangen. 

Das Gesamtergebnis ist eine Empfehlung 
der Verbindung des Glühlichtbades mit einem 
in den Stromkreis eingeschalteten Widerstand 
(Rheostat), wodurch es an Anpassungsfähigkeit 
gewinnt. F ran ze-Nauheim. 

Inhalationstherapie. 

Seit dem Anfänge dieses Jahrhunderts 
ist die bis dahin sehr vernachlässigte Inlia- 
lationstherapie durch die Arbeiten von Bul- 
1 i u g- München, H e ry u g- Warschau und 
Re itz-Bad Elster in das richtige Fahrwasser 
gekommen; die sinnreich erdachten und den 
praktischen Bedürfnissen Rechnung tragenden 
Apparate besonders der beiden letztgenannten 
Forscher dürften derselben nun auch all¬ 
gemeinen Eingang in die Praxis verschaffen. 
Daß mit Hilfe dieser Apparate in erster Linie 
die Erkrankungen d^r oberen Luftwege, des 
Obres, der Nebenhöhlen wie ih r Lungen zur 
Behandlung gelangen, ist wohl selbstver¬ 
ständlich; aber Reitz hat der Inbalatious- 
therapie noch einen weiteren Wirkungskreis 


angewiesen, uud so werden im Laufe der 
letzten Zeit in zweiter Linie eine Reihe innerer 
Krankheiten wie Chlorose, Anämie, Lues etc 
vermittelst Inhalationen von Eisen und 
Quecksilberpräparaten behandelt Es 
werden auf diese Weise verschiedene Arznei¬ 
körper auf dein Inhalationswege dem Blute 
zugefiihrt, ohne daß die chemische Natur a 
priori Veränderungen eingeht, die wir bei der 
Aufnahme durch den Magen und Intestinal¬ 
kana) durch die Wirkung der Salzsäure wie 
der mannigfachen spaltenden Fermente wohl 
mit Bestimmtheit annehmen müssen. Dr. Hen- 
nigs Beobachtungen mit den von Reitz an¬ 
gegebenen Eisen- und Qiiecksilber-InhalaLions- 
tabletten haben sehr günstige uud schnelle 
Erfolge aufzuweisen gehabt, und daher kann 
diese moderne Therapie auf’s wärmste empfoh¬ 
len werden. 

Die Tatsache, daß skrophulöse Kinder, 
die doch mehr oder minder alle insgesamt au 
katarrhalischen Affektionen der Nasenschleim¬ 
haut. des Nasenrachenraumes, Hyperplasie der 
Tonsillen und häufig auch an chronischen 
Kehlkopf- und Lungenkatarrhen leiden, sielt 
gemeinhin am wohlsten an der See fühlen, 
und ihre skrophuläsen Erscheinungen der 
Luftwege und anderer Körperteile fast nur 
unter dein Gebrauche warmer oder kalter 
Seebäder, von Duschen mit Meerwasser und 
der unbewußten und unfreiwilligen Inhalation 
feinst zerteilten Meerwassers am schnellsten 
verlieren, brachte Dr. H e n n i g - Königs¬ 
berg i. Pr. auf den Gedanken, 1 u li a 1 a t i o n e n 
an der See. einztiricbten, da die See das 
größte und natürlichste Inhalatorium in der 
Welt ist. Zu diesem Zwecke hat er nun ein 
mit allem Komfort der modernen Hygiene 
ausgestattetes Inhalatorium im 0 s t s e e b a d e 
Cranz, unweit Königsberg i. Pr. errichtet, 
in dem außer katarrhalischen Affektionen der 
Atmungsorgane auch Skrophulose, Chlorose, 
Anämie, Neurasthenie und Lues in Verbindung 
mit anderen therapeutischen Maßnahmen 
durch geeignete Inhalationen zur Behandlung 
gelangen. H e n nig-Königsberg. 

(Auto-referat.) 

Joseph. Einige Wirkungen des natiir- 
lichenOedemsundderkünstliche n 
Oedemisierung (M. M. W. Nr. 40.1905.) 

Das Öedetn, ein hervorragender Faktor 
bei der Entzündung, hatte bis auf die neueste 
Zeit recht wenig Beachtung gefunden. Erst 
durch die Arbeiten Bier’s uud Nötzel.s lernte 
man allgemeiner den Einfluß des Oedents auf 
die Infektion kennen. Das Oedem bei der 
Bindenstauung ist ein statisches. Das (Jedem, 


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"Referate. 


191 


auch das durch Stauungshyperämie hervor¬ 
gerufene, wirkt entgiftend. Die Hauptarbeit 
der Entgiftung besorgt die große verdünnte 
Flüssigkeitsmenge des Oedeins. Neben dieser 
dilliierenden Wirkung des Oedeins auf das 
Bakteriengift macht sich noch eine resorp- 
tionshemmende geltend; es stört ein großes 
Oedem die Cirkulation durch Raumbeengung, 
verschafft durch die Anämie den Giften die 
Resorption und wirkt auch auf diese Weise 
entgiftend. Die Stauungsödeme sind Gift¬ 
lösungen ; führt man diese durch Suspension 
in die Saftbahn zurück, so überschütten sie 
den Körper mit toxischen Substanzen; das wird 
im allgemeinen gut ertragen, bewirkt aber 
manchmal, worauf schon Bier hingewiesen. 
Temperatursteigerungen. Neben dem günstigen 
Einflüsse auf die Bakteriengifte gewährt die 
künstliche Oedemisierung noch den Vorteil 
einer einfacheren und sclionenderen Wund¬ 
behandlung. Die Inzisionswunde unterliegt 
bei der Stauung einer Art inneren natürlichen 
Wundspülung durch die Oedemfliissigkeit. 
Die häutigen schmerzhaften Manipulationen an 
der Wunde sind überflüssig, ebenso der aus¬ 
trocknende Tampon. W i e s n e r. 

Leonard Erskine Hill: The inthienee of at- 
mosplioric pressure on man. („The Lancet“ 
1. 7. 05). 

Die Arbeit bestellt aus der Aufzählung 
der Untersuchungsresultate der besten Forscher 
betreffs Feststellung des Einflusses des Luft¬ 
drucks aut den menschlichen Körper, und 
eignet sich demgemäß nicht zum Referat 
Franze-Nauheim 

Oeslin. Beitrag zur Behandlung 
akuterEiterungen mitBierscher 
Stauungshyperemie. (M. M. W. 
Nr. 29, 1905.) 

Verfasser berichtet über2 Fälle schwerer 
Sehnenphlegmone, welche er mit Bierscher 
Stauungshyperämie erfolgreich behandelte. 

Dr. Asmann (Erfurt). Lichtbehandlung 
mittels bestimmter Strahlen- 
gruppen. (D. M. W. 1905. Nr. 22). 

Verfasser berichtet über seine thera¬ 
peutischen Erfolge mit der Uviollampe. (Dr. 
Schott-Jena). Die Uviollampe besteht aus 
einer luftleeren, bis meterlangen dicken Glas¬ 
röhre aus dem von Schott erfundenen Material, 
welches genügend durchlässig für ultraviolettes 
Licht ist.. An beiden Enden sitzen Kohlen¬ 
spitzen, zwischen denen der Lichtbogen spielt, 
nachdem das eingeschlossene Quecksilber, 
welches durch Stromschluß verdampft, intensiv 


leuchtend geworden ist. Geringer Strom¬ 
verbrauch, minimale Wärmestrahlung. Ver¬ 
fasser hat Ekzeme. Akne vulgaris, Fuß- 
geschwüre und Alopecie in verhältnismäßig 
kurzer Zeit mit Erfolg behandelt. 

W i e s n e r. 

Danielsen, W. Über die Bedeutung der 
Bier’sclien Stauungsbehandlung 
akuter Entzündungen für die chirur¬ 
gisch e Poliklinik und den prak¬ 
tischen Arzt. (Aus der chirnrg. Univer¬ 
sitätspoliklinik in Marburg; Direktor: Prof. 
Dr.H. Küttuer. Münch, ined. Wochenschr., 
52. Jahrg., Nr. 48, S. 2315 2318.) 

Danielsen berichtet über die ungemein 
günstigen Ergebnisse, welche in der Marburger 
Poliklinik durch Anwendung der Bier’schen 
Stauungsbehandlung bei akuten Entzündungen 
und Eiterungen erzielt wurden. Behandelt 
wurden in der angegebenen Weise 105 Fülle, 
darunter außer einer großen Anzahl von Pa- 
naritien, PÜegmonen, infizierten Wunden auch 
43 Furunkel und 5 Karbunkel. Gerade durch 
die Angaben über die beiden zuletzt, aufge¬ 
führten Atfektionen reiht sich das vorliegende 
Referat ungezwungen dem vorhergehenden 
Bericht über Evler’s Arbeit an, und auf 
ihren wesentlichen Inhalt möchte sich daher 
auch Ref. an dieser Stelle beschränken. 
Im Allgemeinen hält sich D. an die von Bier 
und Klapp aufgestellten technischen Regeln. 
Bei Furunkeln und Karbunkeln bleibt der am 
unteren Rand mit Salbe etwas eingefettete 
Schröpfkopf unter beständiger Kontrolle a |« 
Stunden sitzen. Durch eine zweckmäßige, in 
regelmäßigen Zeitintervallen (nach je 2 Mi¬ 
nuten) ausgeführte Regulierung der Hyperae- 
mie tZusammendrücken und vorsichtiges Los- 
lassen des Saugballons) läßt sich Stagnation 
des angesogenen Bluts und Gangrän der 
oberflächlichsten Hautschichten vermeiden; 
auch Schmerzen darf die Applikation des 
Schröpfkopfs nicht hervorrufen. Bei absz- 
dierenden Furunkeln wird mit einer Piucette 
das oberste Häutchen entfernt und unter 
Chloraethylspray eine 1-2 mm lange Stichin¬ 
zision gemacht. Unter der Saugwirkung des 
Schröpfkopfs entleert sich dann aus der Wunde 
Eiter und Blut, bisweilen in großer Menge, 
und sehr bald folgt auch der nekrotische 
Pfropf. Die Tamponade bleibt weg. Unter 
43 in dieser Weise behandelten Furunkeln, 
die teils in Entwicklung begriffen waren, teils 
deutlich Eiter enthielten, gelang es, in 25 
Fällen die Eiterung zu verhindern, ln der 
Mehrzahl der Fälle waren die Furunkeln nach 
3 Sitzungen verschwunden, bei einigen ge- 


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Referate. 


192 


mieten sogar schon 2, resp. 1 Sitzung, in einem 
Falle waren 4 Sitzungen nötig. Andrerseits 
erforderten 17 Furunkel, die entweder schon 
Eiter enthielten oder zu weit vorgeschritten 
waren, als daß sie zu coupieren gewesen 
witren, bis zur Heilung 3-5 Sitzungen; bei 
einem weiteren Fall nahm die Heilung ti Sitz¬ 
ungen in Anspruch. Bei den 5 zur Behand¬ 
lung gekommenen Karbunkeln unterblieb der 
übliche Kreuzschnitt; ihre Behandlung er¬ 
streckte sich auf 8, 11, 13, 14 und 21 Tage. 
Die Vorteile, die sich bei der Behandlung 
dieser und der anderen oben aufgeführten 
Atfektionen nach Bier’s Grundsätzen heraus¬ 
stellten, sind also nach des Verf. Zusammen¬ 
fassung folgende: 1. Die schmerzhaften 
großen Inzisionen fa 11 en wog, ebenso 
2. die Ta m p o n a d e. 3. Schwer e Be¬ 
wegungsstörungen bei Gelenk- und 
Sehnenscheiden-Affektionen werden 
vermieden. 4 Die Behandlungsdauer 
wird meist verkürzt. 5. Mit den großen 
Inzisionen füllt auch die Ursache für 
häßliche Narbenbildungen fort. 

Solger -Gre i fs wa 1 d. 

E. Sommer (Winterthur). Über Ischiasbehand- 
lung mittelst physikalisch-therapeutischer 
Heilmethoden. (Zeitsehr. f. diätetische und 
physikalische Therapie; 1905/0Ö. Bd. IX.) 

8. gibt eine detaillierte Beschreibung 
der in der hydrotherapeutischen Anstalt der 
Berliner Universität unter Geh.-Kat Prof. I)r. 
Brieger üblichen physikalischen Behandlungs¬ 
methoden der Ichias; diese Beschreibung kann 
natürlich nicht im Referat wiedergegeben, 
sondern muß im Original nachgelesen werden. 
Nur auf einige Punkte sei aufmerksam ge¬ 
macht. Als besonders geeignet für die Iirio- 
ger’schc Therapie bezeichnet S. die Fälle pri¬ 
märer idiopathischer Ischias: aber auch, wo 
diese sekundär auftritt., läßt die Bt handhmg 
gewöhnlich nicht im Stich. Die sukzessive 
zur \ erwendung kommenden Methoden sind 
folgende: Zuerst geistige und körperliche, 
wo möglich, Bettruhe und erregende Um¬ 
schläge nach Winternitz (kalte Einwicklung 
des ganzen Beines); wenn dies nicht ver¬ 
tragen wird, feuchtheiße Umschläge (sogen. 
Dampf kompressen), Dield’sehe Watte Um¬ 
schläge, oder wenn diese Prozeduren nicht 


vertragen werden, Umschläge nur entlang dem 
Verlaufe des Nerven oder Salzwedel’sche Al¬ 
koholumschläge oder auch nur trockene Ein¬ 
wicklung des kranken Körperteils in Watte 
und Flanell. Dazu kommen Vollbäder, in 
denen systematische und methodische Bewe¬ 
gungen gemacht werden. Das Bad hat eine 
Temperatur von 37—40° C. Die Bewegungen 
bestellen zuerst in passiven, dann aktiven und 
zuletzt Widerstandsbewegungen als: Bein¬ 
heben, Beinrotation, Ruinpfdrehen, Heben und 
Senken im Kreuz, in Rücken- und Bauchlage. 
Die Dauer des Bades beträgt 10 Minuten bis 
"I* Stunden. Später, wenn die Beschwerden 
schon etwas nachgelassen haben, kommt nach 
dem Bade manuelle Massage hinzu. Der 
Hauptzweck aller dieser Prozeduren ist, eine 
Dehnung der Nerven zu erreichen. Daneben 
muß auf ausgiebige tägliche Stuhlentleerungen 
Rücksicht genommen werden. 

Später kommt dann noch die schottische 
Dusche hinzu, d. li. die abwechselnde Appli¬ 
kation von Dampfstrald und Kaltwasserstrahl. 
Oft wird diese, namentlich bei poliklinischen 
Patienten, auch von vornherein angewendet. 

Als wichtig bezeichnet, es S., den Pa¬ 
tienten nach Abschluß der Behandlung Ver¬ 
haltungsmaßregeln zur Verhütung von Rezi¬ 
diven mitzugeben. In erster Linie sind Er¬ 
kältungen zu vermeiden, die häutig die Ur¬ 
sache des Leidens sind. Ferner ist schädlich 
das Sitzen auf harten und mit Leder überzo¬ 
genen Sitzen, welch’ letzteres in mehreren der 
beobachteten Fälle als Ursache einer Ver¬ 
schlimmerung nachgewiesen werden konnte. 

Die Resultate dieser Behandlung waren 
sehr gute, etwa 80 90°|o Heilungen. Mißer¬ 
folge waren am häutigsten bei Komplikationen 
vorhanden, namentlich oft bei Neurasthenie. 
Notwendig ist große Ausdauer von Seiten des 
Arztes und Patienten zur Herbeiführung von 
guten Resultaten. 

Es folgen 8 Krankengeschichten. 

Die nach schweren Ischiasfällen manch¬ 
mal zurückbleibenden Skoliosen erfordern eine 
orthopädische Behandlung, die konsekutiven 
Parästhesien Massage. 

(I >ie sehr sorgfältige und praktisch wich¬ 
tige Arbeit, verdient im Original nacligelesen 
zu werden. Ref) 

Franz e- Nauheim. 


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Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 


193 


IV. Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 

(Artikel unter eigener Verantwortung der Herren Einsender). 

Tagesgeschichte. Ausschuß zum Studium der Intensitätsfrage der Röntgenstrahlen. Re¬ 
produktionen von Röntgenaufnahmen. Portugal und der Lissaboner Kongreß. Ärztliche 
Unterrichtskurse im Röntgenverfahren in Aschaffenburg. Filiale des Elektrotechnischen 
Laboratoriums Aschaffenburg in Berlin. Bankett der internationalen Gesellschaft zur Unter¬ 
drückung des Krieges. Der 2. Kongreß der deutschen Röntgengesellschaft. /eit- und 
Streitfragen. Vergleich von Röntgentrockenplatten. Vergleich von Röntgenschutzstoffen. 
Wie soll der Arzt seine Röntgen-Negative auf bewahren? Über Röntgenröhren „System Bauer.“ 


T agesgeschichte. 


Ausschuss zum Studium der Intensitätsfragen 
der Röntgenstrahlen. 

Der Berliner Röntgenkongreß hat sich 
u. a. auch mit der Frage über die Grund¬ 
lagen d e r Bes t r a h 1 n n g mit R öntgen¬ 
strahlen befaßt. Anknüpfend an den Vortrag 
von Walter-Hamburg, über die Messung 
der Intensität der Röntgenstrah1en 
wurde betont, wie schwierig es zur Zeit 
noch sei, die Quantität der Strahlen in zu¬ 
verlässiger Weise zu messen. Wohl haben 
wir dazu verschiedene Methoden: Holz- 
knecht’s Chroiuoradiometer, die Freund¬ 
sehe Chloroform-Jodoformlösung, das Kien¬ 
böck sehe Quantimeter (noch nicht im Handel), 
das Radiometer von Sabouraud & Noire, 
die Milliampere -Methode, die Methode 
nach Alban Köhler (Temperaturablesung) 
u. s. w., alter mit Ausnahme des Holzknecht- 
schen Chromoradiometers haben die neueren 
Methoden noch lange nicht allgemeinen Ein¬ 
gang gefunden, und auch dieses Instrument 
ist trotz seiner unleugbaren großen Vorzüge, 
die es bereits besitzt, doch noch im .Stadium 
der Unvollkommenheit. 

Um nun einheitliche Normen und 
Anse li a u u n g e n zu schaffen, beantragte 
Prof, von Kowalski (Freiburg,Schweiz),der 
Kongreß wolle über die Frage der Inten¬ 
sität der Röntgenstrahlen genaue De¬ 
finitionen beschließen. Des sau er (Aschaffen¬ 
burg) nahm den Antrag auf, machte Bemer¬ 
kungen über die angeregte Untersuchung 
und schlug eine Kommission zum Stu- 
dium dieser Frage vor. Die Diskussion 
war dem Antrag nicht gerade günstig ge¬ 
stimmt; vielfach wurde er als verfrüht be¬ 
zeichnet. Trotzdem nahm ihn Dessauer wieder 
auf und beantragte gemeinsam mit Prof, von 
Kowalski: es solle sofort eine Kommis¬ 
sion von Physikern, Technikern und 
Ärzten gewählt werden zur Feststel¬ 
lung bestimmter Normen für die 

Archiv f. physik. Medizin otc. 


Messung der Intensität der Röntgen¬ 
strahlen. Wieder war die Diskusion, 
bald für, bald gegen den Antrag. Als zuletzt 
noch Hennig-Königsberg vom Standpunkt 
des Praktikers aus sprach und dringend An¬ 
nahme empfahl, ergab die Abstimmung ein 
gewaltiges Mehr für die Annahme. 

Wir erwarten von der bestellten K o m- 
mission gründliche Arbeit und versprechen 
uns viel von ihrer Tätigkeit. Es wird sich 
für dieselbe besonders darum handeln, die zur 
Zeit bestehenden Anschauungen physikalischer 
Natur über den in Rede stehenden Gegen¬ 
stand kennen zu lernen, diejenige auszusondern, 
die sie für die beste und praktisch am 
ehesten verwertbare hält, und hernach be¬ 
sonders für die therapeutische Anwendung 
der Röntgenstrahlen in der Medizin allge¬ 
meine, praktische Regeln abzuleiten. 

Ernst Sommer-Winterthur (Schweiz). 

Reproduktionen von Röntgen-Aufnahmen. 

Außer den bewährten Reproduktionen 
der „Neuen photographischen Gesellschaft 
Berlin-Steglitz“ befassen sich unseres Wissens 
noch drei andere Gesellschaften, die „Meehano- 
phot-Gesellschaft“, die „Aristophot-Gesell- 
scliaft“ und die „Rotophot-Gesellschaft“ mit 
der Herstellung ähnlicher Reproduktionen. 

Portugal und der Lissaboner Kongress. 

Die „Deutsche medizinische Wochen¬ 
schrift bringt in den Januarheften 1 und 2 
ein interessantes Feuilleton von Prof. Dr. 
Richard Greef, Berlin, über obiges Thema. 

Wie bekannt, ündet der XV. inter¬ 
nationale incdiz. Kongreß im kommenden 
Frühjahr vom 19. bis 26 April in Lissabon statt. 

Verfasser, ein feiner Kenner des Landes, 
das er so lebendig zu schildern weiß, will 
dem Kongreßreisenden Führer und Ratgeber 
sein; er will ihm einen vorausschauenden 
Blick in die Herrlichkeiten des Reiches der 
Lusitanen am Oeean gönnen, ihn mit Art und 

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194 


Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 


Sitte des Volkes vertraut machen, das er dort 
linden wird. 

Wer nach Lissabon reist, tut am besten, 
den Seeweg zu wählen, der nicht nur billiger 
als die Eisenbahnstrecke (Rundreisebillet 
Heidin - Paris Iran—Lissabon - Madrid—Bar¬ 
celona-Marseille—Genf—Berlin I. Kl. 424,90 
Mark., II. Kl. Mk. 333,20), sondern auch weit 
angenehmer ist. 

Wer den Besuch des Kongresses mit 
einer Vergnügungsreise zur See verbinden 
will, mag den Dampfer „Oceana“ der Hamburg- 
Siidamerika-Gesellschaft benützen, der am 
Morgen des T. April Hamburg verläßt,, Dover— 
Funchal (Madeira)—Santa Cruz (Teneriffa)— 
Tanger—Gibraltar anläuft, am 19. in Lissabon 
ankommt, dort bis zum 26. als Hötelschitf 
dient und am 30. abends wieder in Hamburg 
eintritft. Fahrpreis inkl. Verpflegung 700 Dis 
1300 Mk., je nach Lage der Kabinen. 

Von anderen Linien kommen die Sloman- 
Linie (meist. Frachtdampfer) oder die Deutsch- 
Ostafrika-Linie mit schönen, modernen Schiffen 
in Frage. Fahrzeit 6— H Tage. Preis 150 bis 
ISO Mark, ferner die Brasildampfer des Bremer 
Lloyd, Fahrpreis 150 Mk., ab Antwerpen 130 
Mark, doch nur Kabinen II. Klasse und end¬ 
lich für Seebären, die wetterfest sind und 
Zeit haben, die kleineren Schiffe der olden* 
burgisch-portugiesischen I »ampfschiffrhedorei 
in Oldenburg. Fahrt 8—9 Tage. Preis 120 Mk. 
Rückfahrkarten 200 Mk. inkl. Beköstigung. 

Als dritte Lösung der Reisefrage käme 
noch der Hinweg per Schiff', der Rückweg 
per Bahn in Betracht, wobei man allerdings 
der Ermäßigung verlustig geht, andererseits 
aber eine Fülle neuer Eindrücke gewinnt. 
Preis: Hamburg Porto löOMk. Porto—Lisa- 
bon (Bahn) 12 Mk. Lissabon Madrid J. Kl. 
dann II. Kl. etwa 290 Mk. Also Reisebillct 
rund 5(X) Mk. 

Wer nicht nur den Kongreß und Lissa¬ 
bon abmachen will, sondern auch mehr von dem 
Lande, in dem er sich nun einmal belindet, 
kennen lernen möchte, der möge schon in 
Porto das Schiff verlassen und zu Lande nach 
Lissabon Weiterreisen. Diese Strecke ist voll 
von Schönheit und Originalität. Namentlich 
Porto selbst, von Douro steil aufsteigend, 
eng, voll alter winkliger Gassen, in denen sich 
buntbewegtes Leben drängt; Wasserträgerin- 
nen, barfuß, in langen bunten Gewändern, 
tönerne Gefäße auf dem Kopfe, an maurische 
Gestalten erinnernd. Malerische Fischermäd¬ 
chen, ihre Waren ausbietend. Rufe aller 
Tonarten und Rhythmen, die die Luft erfüllen. 
Oben auf dem Berge liegt die alte Kathedrale 
von St. Fe, die herrliche Altäre, aus Holz 


geschnitzt und reich vergoldet, birgt. Und 
das Wunder Portugals: Die bunten Azulei'os 
im Kreuzgang, das Leben Abrahams dar¬ 
stellend. Azulei'os sind Fliesen zur Be¬ 
kleidung der Wände. Sie stammen aus der 
maurischen Architektur und sind in ganz 
Portugal verbreitet. Kirchtürme, Wohnhäuser, 
Treppen, Säulen findet man mit Azulei'os ver¬ 
kleidet, die ihren Namen der meist blauen 
Farbe ihres Dekors verdanken. 

Die schönsten, für Portugal besonders 
charakteristischen Bauwerke liegen im Lande 
zwischen Porto und Lissabon zerstreut. Sie 
gehören der Epoche des Emanuelstils an, 
der nach Emanuel dem Glücklichen (1495 bis 
1521), indessen Regierungszeit die kurze aber 
hohe Blütezeit des Reiches fiel, benannt ist. 

Es ist nicht ganz leicht, den Emanuelstil 
zu charakterisieren. Er bildet den Übergang 
einer üppigen Spätgotik zu den ersten An¬ 
fängen der Renaissance, mit Überresten mau¬ 
rischen Stils und indischen Formen stark 
versetzt. Alle diese verschiedenen Elemente 
vereinigen sich zu einer Architektur größter 
Prachtentfaltung, die in dem weißen Kalk¬ 
stein des Landes ein wundervolles Material 
fand, das ihren Bedürfnissen vollendet ent¬ 
sprach. 

Die glänzendsten Beispiele dieser Bau¬ 
kunst bieten uns Batalha, das Schlachten¬ 
kloster im lieblichen, von Ölbäumen und 
Pinienwäldern umfriedeten Tale. Und die 
Christenritterburg Thomar, die an Pracht der 
Komposition ihresgleichen in der Welt sucht, 

Coimbra! 

Aus Olivenheinen steigt die Stadt em¬ 
por, die uralte Universitätsstadt, am steilen 
Berghang aufgebaut. „Wer könnte deinen 
Reiz erschöpfend schildern, du sonniges 
farbiges Coimbra, so lieblich und doch so 
ehrwürdig durch dein Alter! Alles ist sehr 
einfach und bescheiden und doch so inter¬ 
essant und originell. Auf dem Gang nach 
der steil gelegenen Universität begegnen 
uns Studenten, die ohne Kopfbedeckung und 
in weitem wallendem Schal gehüllt, mittel¬ 
alterliche Stimmung bringen.“ Von dem um 
die Aula laufenden Ruiulgang schweift der 
Blick weit hinaus ins blühende Tal. 

Streng ist die Zucht der Musensöhne in 
der alten Universitätsstadt. Der Besuch der 
Vorlesungen steht unter Kontrolle, und am 
Ende eines Jahres werden Prüfungen über 
die gehörten Gegenstände abgehalten. 

Von Coimbra führt der Weg nach 
Leiria, einem reizvollen Landstädtchen. Hier 
entfaltet sich ein charakteristisches Leben 
voll fremdartiger Originalität. Da sehen wir 


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Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 


195 


ahends Frauen und Mädchen in ihren bunten 
Gewändern zum Brunnen gehen und Wasser 
schöpfen, ein liebliches Bild — Rebekka 
mit den Mägden! 

Und wenn wir weiter wandern, kommen 
wir immer durch fruchtbares, liebliches Land, 
dem man gleichsam ansieht, wie es unter der 
neugesehaffenen Ordnung aufzublühen beginnt. 

Alcobaga. Eine uralte Zisterzienser¬ 
abtei, einst eines der größten Klöster der 
Welt. Da sangen neunhundert Mönche ab¬ 
wechselnd Tag und Nacht ohne Unterbrechung 
ihre Bußpsalmen. Da war auch die Grab¬ 
stätte der Könige. Und in der Capella des 
Tumulos, aus griinschillerndem Sandstein 
wundervoll erbaut, ruht Peter 1. mit seiner 
geliebten Gemahlin, der sagenumwobenen 
Inez de Castro. 

Noch einem herrlichen Denkmal des 
Emanuelstils begegnen wir: dem Convento 
dos Jeronymos de Belem, dicht am Tajo 
gelegen. 

Und dann sind wir in Lissabon ange¬ 
langt. 

Lissabon, Lisboa (spr. Lisehboa, mit 
weichem sch.), die Stadt mit der stolzdahin- 
gleitenden Fregatte, worauf zwei Vögel 
ruhend sitzen, im Wappen. 

„Die schönste Stadt Europas, nach Kon¬ 
stantinopel und Neapel“, wie Lord Byron sie 
einst genannt. Kühn und reizvoll steigt sie 
von der mächtigen Tajomündung zu dem sie 
umfassenden Bergkranz empor. 

bi dieser Stadt, die eine Fülle des In¬ 
teressanten bietet, wird also im Frühling der 
Kongreß tagen. Es ist eine gastliche liebens¬ 
würdige Stadt. Unangenehme Zustände und 
Überteuerungen wie beim Kongreß in Madrid, 
werden dort nicht zu befürchten sein. „Sie 
werden in den Portugiesen die ehrlichsten 
und höflichsten Menschen der Welt finden, 
wenn Sie sie recht nehmen“; „man hüte sich 
also, die Portugiesen falsch zu beurteilen. 
Ordnung und Sauberkeit findet man überall. 
Vorher nach dem Preise zu fragen, auch in 
Hotels, ist Sitte und nicht auffallend. Die 
Portugiesen sind sehr höfliche Leute, wie ich 
schon sagte, für unseren Geschmack vielleicht 
manchmal zu sehr, — einerlei, sie verlangen 
aber, daß man ihnen wieder so begegnet; wohl 
mit Recht. Richtet man sich darnach, so wird 
man schon bei den umständlichen Zollerle¬ 
digungen seinen Vorteil davon haben.“ 

Was die Sprachverhältnisse anbetrifft, 
ist es natürlich sehr angenehm, wenigstens 
einige Kenntnisse von dem schönen und nicht 
besonders schwierigen Idiom des Landes zu 
besitzen. Gut ist es jedenfalls, Mayers Sprach¬ 


führer „Portugiesisch“ mit auf die Reise zu 
nehmen und die Aussprache zu lernen. Fast 
überall wird etwas Französisch und Englisch 
gesprochen, vielfach auch Deutsch. Wer 
jedoch wirklichen Reisegenuß haben will, darf 
die Landessprache nicht unberücksichtigt 
lassen, da sich ihm sonst nie die Eigenart des 
fremden Volkes erschließt. 

In Lissabon verabschiedet sich der freund¬ 
liche Führer, dem wir bisher so gerne folgten 
von uns und überläßt es jedem Einzelnen, die 
noch iibrigbleibende Zeit nach Belieben aus¬ 
zunützen. 

Und er rät zum Schluß: Genießen wir 
die Schönheiten des Landes, in das eine 
günstige Gelegenheit uns führte, mit Muße 
und weiser Beschränkung. Man muß nicht 
alles sehen, sonst verwischt ein Eindruck den 
andern. Spanien noch im Fluge erhaschen 
zu wollen, wäre sicher eine Tortur, fast eine 
Barbarei. Außerdem steht Spanien an land¬ 
schaftlicher Schönheit Portugal weit nach. 
Kehren wir lieber mit wenigen, aber desto 
klareren Bildern nach Hause zurück, und wir 
werden uns noch lange erfreuen an der Herr¬ 
lichkeit des frühlingsprangenden Landes im 
Süden, an der Küste des ewigen Meeres. — 
Es folgen nun spezielle Angaben über den 
Kongreß: 

Die Kongreßmitglieder sollen gegen 
Vorzeigung ihrer Legitimation in den Haupt¬ 
plätzen von Frankreich und Spanien Fahr¬ 
karten zum Preise einer einfachen Fahrt nach 
Lissabon erhalten, die in Lissabon während 
der Zeit des Kongresses durch Abstempelung 
ohne weitere Nachzahlung für die Rückfahrt 
gültig werden. 

Um der Reise vergünstigungen teilhaftig 
zu werden, sind vorherige Anmeldung und 
Einsendung von 20 M. an den Generalsekretär 
Prof. Miguel Bombarda, Hospital de Ril- 
hafolles, Lisboa, notwendig, worauf die Zu¬ 
sendung der Teilnehmerkarte erfolgt. Verf. 
empfiehlt deutschen Kollegen die Einsendung 
von 21 M. und einer Visitenkarte mit genauer 
Adresse an das Verkehrsbureau, Hamburg- 
Amerika-Linie, Berlin W., Unter den 
Linden 8. 

Der Kongreß zerfällt in 17 Sektionen, 
an denen man teinelunen kann. Wer einen 
Vortrag zu halten wünschte, mußte ihn be¬ 
reits vor dem 1. Januar an den Präsidenten 
der betreffenden Sektion einschicken. 

Liste des Sectio ns. 

1. Anatomie (Anatomie descritptive 
et comparee, Anthropologie, Embryologie, 
Histologie). President: Mattoso dos 

13* 


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196 


Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 


Santos (Lishonne); Secretaire resp.: Marek 
Athias (Lisbonne, Kua de Santa Martha 
144). 2. Physiologie. President: Philo- 

meno ila C'amara (Coinibra); Secretaire 
resp.: Arthur Cardoso Pereira (Lis¬ 
bonne, Kua Conselheiro Pedro Pranco 42 1 . 
3. Patliologie gendrale, Baetüriologie et 
Anatomie pathologique. President: Pedro 
Bettencourt Raposo (Lisbonne); Secre¬ 
taire resp.: Annibal Bettencourt (Lis¬ 
bonne, Real Institute Bacteriologico). 4. 
Therapeutique et Pharmacologie (avec un 
einbranchemeut pour l’electricite medicale). 
President: Raymundo Motta (Coinibra); 
Secretaire resp.: .Jose Ponte et Sousa 
(Lisbonne, Rua Nova do Almada 801. 5. 

Medeeine. President: Bettencourt Pitta 
(Lisbonne); Secretaire resp.: Benjamin 
Arrobas (Lisbonne, Campos dos Martyres 
da Patria 28). 6. Pediatrie. a) Medeeine, b) 
Cbirurgie. President: Dias d’Almeida 
(Porto); Secretaire resp.: Jayme. Salazar 
de Sousa (Lisbonne, Avenida Fontes Pereira 
de Mello, D). 7. Neurologie, Psychiatrie et 
Anthropologie criminelle. President: Cae- 
tano Beiraro (Lisbonne); Secretaire resp.: 
Virgilio Machado (Lisl)onne), Avenida da 
Liberdade 200). 8. Dermatologie et Syphili- 
graphie. President: Zeferino Falcao (Lis¬ 
bonne); Secretaire resp.: Mello Breyner 
(Lisbonne, Rua da Junqueira 59). 1). Chirur¬ 
gie. President: Oliveira Feijao (Lisbonne); 
Secretaire resp.: Augusto de Vascon- 
cellos (Lisbonne, Rua Nova do Almada 
80). 10. Medeeine et Chirurgie des voies 

urinaires. President: Moraes CaldasiPorto); 
Secretaire resp.: Arthur Furtado (Lis¬ 
bonne, Rua de S. Roque 1(X)). 11. Oph¬ 

thalmologie. President: Sousa Refoios 
(Coinibra); Secretaire resp.: Xavier da 
Costa (Lisbonne, Travessa da Amoreira 
12/14). 12. a) Laryngologie, Rhinologie et 

Otologie, l>) Stomatologie. President: Gre- 
gorio Fernandes (Lisbonne); Secretaire 
resp.: Avelino Monteiro (Lisbonne, Aveni¬ 
da da Liverdade 91). 13. Obstetrique et 
GynOcologie. President: Candido de Pinho- 
Foz (Porto); Secretaire resp.: Daniel de 
Mattos (Lislionne, Höpital de Rilhafolles). 
14. Hygiene et Epidemiologie. President: 
Ricardo Jorge (Lisbonne); Secretaire resp.: 
Guilherme Ennes (Lisbonne, Rua do Liv- 
ramento). 15. Medeeine militaire. President: 
Carlos Moniz Tavares (Lisbonne); Secre¬ 
taire resp.: Manoel Giäo (Lislionne, Avenida 
da Liberdade 115). IG. Medeeine legale. Pre¬ 
sident: Silva Amado (Lisbonne); Secretaire 
resp.: Lima Duque (Lisbonne), Calcada da 


Estrella 131). 17. Medeeine coloniale et navale. 
President: Cons. Ramada Curto(Lisbonne); 
Secretaire resp.: Silva Teiles (Lisbonne, 
Rua Saraiva de Carvalho 14). 

Wet t ere r-Mannheim. 

Ärztliche Unterrichtskurse im Röntgenver¬ 
fahren in Aschaffenburg. 

Im Laufe dieses Jahres finden in 
Asehaffenlmrg unter Leitung des Herrn Medi¬ 
zinalrats Dr. Rotli Röntgenkurse im März, 
Juni, August, Oktober und Dezember statt. 
Sie werden, wie bisher, im Hörsaal und in 
den Übungsrilumen des Elektrotechnischen 
Laboratoriums allgehalten vom Lehrkörper, 
der aus den Herren Dr. ined. Wiesner, Chef¬ 
ingenieur Direktor F. Dessauer, Dr. med. P. 
C. Franze und den Ingenieuren des Labora¬ 
toriums bestellt. 

Diese seit etwa zwei Jahren bestehenden 
Kurse haben bereits einer großen Anzahl Arzte 
und Anstaltsleiter eine gediegene Ausbildung 
im Röntgenverfahren zuteil werden lassen und 
erfreuen sich eines großen stets zunehmenden 
Ansehens über die Grenzen des Reiches hinaus. 

Dies hat inner- und außerwesentliche 
Gründe. Die ersten sind natürlich die maß- 
geltenden, und sie wollen wir hier zunächst 
und hauptsächlich charakterisieren. 

Die Seele der Kurse, ist der durch seine 
wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiete 
der Röntgenologie bekannte Chefingenieur des 
Laboratoriums, Herr F. Dessauer. Sein Pensum 
bei den Kursen besteht in dem Vortragen der 
physikalischen Grundlagen des Röntgenver¬ 
fahrens und seines gesamten technisch-physi¬ 
kalischen Teiles. Mit glänzender Rednergabe 
verbindet er ein seltenes didaktisches Talent, 
und wohl noch keiner ist ohne Bewunderung 
für die ilurcli diese Fälligkeiten des Lehrers 
bedingte gründliche theoretische Einführung 
in das ihm noch neue Gebiet von der Teil¬ 
nahme an einem der Kurse wieder aus 
Aschaffenburg geschieden. 

Die genannten Ärzte behandeln zunächst, 
in Vorträgen in gleich wissenschaftlicher 
Weise die medizinische .Seite der Radiologie: 
das Röntgenverfahren in der inneren Medizin 
und Chirurgie und die Orthodiagraphie. Wohl¬ 
gelungene Abbildungen, Schemata und Radio¬ 
gramme erläutern die Vorträge. 

An diese die ersten 4—5 Tage einneh¬ 
menden Vorträge schließen die praktischen 
Übungen au. .1 oder einzelne Kursteilnehmer 
findet hierbei Gelegenheit, selbst das ganze 
Gebiet praktisch durchzumachen, zu photo¬ 
graphieren, zu orthodiagraphieren, sich mit 
der Handhabung der Apparate vertraut zu 


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197 


Tagesgeschiclite, Zeit.- und Streitfragen. 


machen, zu entwickeln, zu kopieren etc. etc. 
Alles in allem umfaßt also ein solcher etwa 
8 Tage dauernder Kurs eine gründliche theo¬ 
retische und praktische Ausbildung in 
allen Teilen des Röntgenverfahrens. 

Die außerwesentlichen Gründe eines be¬ 
friedigten Andenkens an die Aschaffenburger 
Röntgenkurse seitens ihrer Teilnehmer wur¬ 
zeln in mannigfachen, nun einmal von den 
Kursen untrennbaren Nebenumständen. Da 
ist zunächst der landschaftliche Reiz des im 
Sommer herrlich an den Ausläufern des 
Spessart und an dem durch grünende Wiesen 
zum Glück nocli „unkorrigiert“ sich dahin¬ 
windenden Mainflusse gelegenen, altertüm¬ 
lich-interessanten Städtchens Aschaffenburg. 
Der Verlockung eines Ausflugs in jene Um¬ 
gebung vermögen gewöhnlich am Ende der 
Kurse nur wenige Teilnehmer zu widerstehen. 
Aber auch während ihrer Dauer muß die 
geistige Spannkraft der untertags hart Arbei¬ 
tenden durch fröhliche Geselligkeit mit ihrer 
Entfesselung des kameradschaftlichen und 
humoristischen Ego’s des Abends wenigstens 
von neuem sich anzusammeln, Gelegenheit 
finden. 

Am nächsten Morgen aber gehts mit 
frischer Kraft wieder an die Arbeit. 

So scheidet denn selten einer von 
Aschaffenburg, ohne es in lebhafter Erinnerung 
zu behalten. 

Die bekannte Spezial-Fabrik für Rönt¬ 
genapparate „Elektrotechnisches Laborato¬ 
rium Aschaffenburg“ hat eine Filiale in 
Berlin N.24., Friedrichstraße 131 A. gegen¬ 
über der Johannisstraße, errichtet. 

Man schreibt aus Paris: 

Am 15. Dezember 1905 fand im Hotel 
Continental zu Paris das erste offizielle 
Banket der internationalen Gesellschaft zur 
Unterdrückung des Krieges statt. 

An dem Banket nahmen 50 Ärzte der 


verschiedensten Nationalitäten teil mit dem 
Vorsitz von Doktor J. A. Riviöre (Paris), 
dem Begründer und Vorsitzenden der Ver¬ 
einigung. 

Die Verhandlungen waren gerichtet 
gegen den Krieg. Man hat besonderes Ge¬ 
wicht darauf gelegt, daß die Ärzte der 
ganzen Welt berufen seien, dank ihres 
sozialen Einflusses, das Werk der Verwirk¬ 
lichung des Weltfriedens zu fördern. 

Es sprachen: Professor Langlois, Dok¬ 
tor J. A. Rio vif-re, Marechal Grellety, Suarez 
de Mendoza, Mazery, Cogrel, Berillon und 
am Schluß Professor Ch. Riebet, welcher das 
erste Banket der Gesellschaft mit seiner 
Gegenwart beehrte. 

Die Gesellschaft besteht erst ein Jahr, 
zählt bereits mehr als 600 Mitglieder, nur 
Ärzte, darunter 200 Professoren aller Natio¬ 
nalitäten. 

Der II. Kongress der Deutschen Rönt¬ 
gen-Gesellschaft findet beschlußgemäß im 
Anschluß an den Chirurgen-Kongreß am 1. 
und 2. April d. .T. in Berlin statt. 

Vorläufige Tagesordnung: Sonntag, den 
1. April, vormittags: Geschäftssitzung des 
Vorstandes. Montag, den 2. April, Vormittags: 
1. General-Versammlung, insbesondere Be¬ 
ratung und Annahme der Statuten. 2. Vorträge 
und Demonstrationen. Nachmittags: Vorträge 
und Demonstrationen. Abends: Projektions¬ 
abend und nachher gesellige Zusammenkunft. 

Anmeldungen für Vorträge und Demon¬ 
strationen sowie Anfragen werden an den 
derzeitigen Vorsitzenden, Herrn Prof. Dr. 
Eberlein, Berlin NW. 6, Luisenstraße 56, oder 
den Schriftführer, Herrn Dr. Max Lmuelmann, 
Berlin W. 35, Liitzowstraße 72, bis spätestens 
zum 1. März d. J. erbeten, damit das defini¬ 
tive Programm rechtzeitig fertiggestellt 
werden kann. 

Berlin, den 1. Januar 1906. 

R. Eberlein. Vorsitzender. 


Zeit- und Streitfragen. 

Aus dem Elektrotechnischen Laboratorium Aschatfenburg. 

Vorstand Ingenieur Friedrich Dessauer. 

Vergleich von Röntgentrockenplatten. 

Von Georg Gehlhoff. 

Bei dem heutigen Stande der Röntgenologie und der allgemein ver¬ 
breiteten Anwendung der Photographie in derselben gewinnt die Fabrikation 
guter, empfindlicher Röntgenplatten erhöhtes Interesse. Bedingung für gute 
kontrast- und detailreiche Röntgenphotographieen „ist die für die Struktur 


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198 


Tafresgoschiclite, Zeit- und Streitfragen. 


des Bildes wichtige Feinheit der Körnelung, ihre Reinheit, Freiheit von Bläs¬ 
chen und fremden Stoffen, endlich aber in ganz besonderem Maße ihre Em¬ 
pfindlichkeit. Da im Röntgenverfahren die Erzeugung der wirksamen Strahlen 
mit einem Materialverbrauch verbunden ist, da ferner die Lagerung des Pa¬ 
tienten eine zwangsweise, oft nicht bequeme, endlich die Dauer der Belich¬ 
tung an und für sich viel größer ist als heim Tageslicht, so muß darnach 
gestrebt werden, die Empfindlichkeit der Platten zu erhöhen.“*) Ferner 
hängt von der Empfindlichkeit der Platten die Deckung (maximale Schwärz¬ 
ung) bei Strahlen verschiedener Penetrationskraft ab. 

Die Empfindlichkeit der Platten hängt nun ihrerseits hauptsächlich 
von der Dicke der Emulsionsschicht, dem Silbergehalt derselben und von 
ihrer Absorptionskraft ab, wobei dann noch das Verfahren der Herstellung, 
das Geheimnis jeder Firma ist, einen nicht geringen Einfluß auf Empfindlich¬ 
keit, Feinheit des Kornes und Bildung von Schleiern hat. 

Die Erzeugnisse der einzelnen Röntgenplattenfabriken weisen nun 
sehr verschiedene Eigenschaften namentlich bezüglich der Empfindlichkeit 
auf. Ich habe versucht, Platten der verschiedensten Firmen einwandfrei zu 
vergleichen, und wurde hierin durch die Liebenswürdigkeit der einzelnen 
(unten näher angeführten) Firmen unterstützt, welche Platten für diese Ver¬ 
suche in ausgiebigster Weise zur Verfügung stellten, wofür ihnen an dieser 
Stelle gedankt sei. 



Die Versuchsanordnung war zunächst folgende: Ein Rahmen (Fig. 1) 
w r ar mit Stanniolblättern verschiedener Dicke überzogen. Die Dicke der 
einzelnen Blätter betrug 0,00, 0,01, 0,02, 0,04, 0,08, 0,16, 0,32 und 0,6 mm. 
Dieser Rahmen w-urde über je zwei zu vergleichende Platten gelegt, sodaß 
durch die Berührungsfläche der Platten die Streifen halbiert wurden. Die 
Platten w r urden dann, nachdem sie mit Bleinummern versehen waren, 
mit einer mittelweichen Röhre, die auf dem Bariumplatincyanürschirm 
von den Handknochen einen grauen, von den Armknochen einen schw'arzen 
Schatten gaben, in einem Abstande von 35 cm im Durchschnitt 40 Sekunden 
belichtet. Für alle Platten wurde (mit einer unten näher zu beschreibenden 
Ausnahme) derselbe Entwickler benutzt, dessen Zusammensetzung folgende 
w r ar: 100 ccm Wasser, 5 ccm konzentrierter Glycinentwickler, 5 Tropfen 
Bromkalium (1 : 10). Der Entwickler wurde für jeden Versuch frisch an¬ 
gesetzt. Die Entwicklungszeit betrug im Durchschnitt 20 Minuten. Im 
Fixierbad von unterschwefligsaurem Natron lagen die Platten ungefär 12 
Minuten. Die Wässerung in fließendem Wasser dauerte etwa 1 Stunde. 


*) Dessauer und Wiesner, Kompendium der Riintgenographie, Seite 226. 


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Kranz. 


Tagosgcsehiehte, Zeit- und Streitfragen. 


199 



Fig VII. 


Die Namen der Firmen, deren Platten verglichen wurden, sind folgende: 
A.-G. für Anilinfabrikation, Berlin (Agfa-Platten). 

Richard Jahr, Dresden. 

Kranseder & Co., München (Kranz-Platten). 

Otto Perutz, München. 

Sachs & Co., Berlin. 

A.-G. vorm. Dr. C. Schleußner, Frankfurt a. M. 

Unger & Hoff mann, Dresden (Apollo-Platten). 
Westendorp & Wehner, Köln a. Rh. 

Es wurden zuerst sämtliche Platten mit Schleußner-Platten verglichen 
und nach ihrer Empfindlichkeit, die sich durch Photographie der oben be¬ 
schriebenen Skala graduell bestimmen ließ, in 2 Gruppen geteilt, nachdem 


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Wehner. 


200 


Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 


zunächst von Neuem festgestellt war, daß keine Platte an Empfindlichkeit 
und Deckkraft die Schleußnerschen Platten erreichte. 

Aus dem Unterschied zwischen Schleußner-Platten und den übrigen 
konnte man sofort beim Vergleich sagen, welche der Platten von Schleußner 
sei. Dann wurden die empfindlicheren Platten mit größerer Deckkraft von 
den anderen gesondert und folgende Einteilung getroffen: 

1. Gruppe. 

Kranseder, Apollo, Agfa, Sachs. 

2. Gruppe. 

Wehn er, Perutz, Jahr. 

D. h. die Kranseder-Platten kamen bei dieser Versuchsreihe den 
Schleußner-Platten an Empfindlichkeit und Deckkraft am nächsten, Jahr 
war dabei am weitesten von der Schleußner-Platte entfernt.*) Zum Ver¬ 
gleich sind einige Platten reproduziert, und zwar zeigt Fig. II Schleußner 
und Kranseder, Fig. III Schleußner und Wehner, Fig. IV Schleußner und 
Jahr. Fig. V, VI und VII zeigen noch mit den soeben aufgeführten Ver¬ 
gleichsplatten hergestellte Handaufnahmen. Auch hier sieht man, daß in 
allen Fällen die Schleußner-Platte ein besseres und kontrastreicheres 
Bild gibt, als eine der anderen Platten. Die Reproduktionen geben die Unter¬ 
schiede allerdings kaum wahrnehmbar wieder. 

Zur weiteren genauen Feststellung der Reihenfolge in den einzelnen 
Gruppen wurden die Platten derselben untereinander nach derselben Methode 
verglichen. Es wurde folgende Reihenfolge erhalten: 

Kranseder, Apollo, Agfa, Sachs, Wehner, Perutz, Jahr. 

Wie Fig. IV zeigt, gab die Platte von Jahr mit Glycinentwickler 
auf unbelichteten Stellen starke Schleier. (Die Platten sind sehr silberhaltig). 
Es wurde deshalb ein Versuch mit dem von der Firma Jahr für ihre Platten 
vorgeschriebenen Entwickler gemacht, dessen Zusammensetzung folgende 
war: Konzentrierte Pyrolösung: 100gr Wasser, 10 gr Pyrogallol, 2,5 gr Kaliurn- 
metabisulfat. Es wurde 150 ccm Pyrolösung mit einem Liter Wasser ge¬ 
mischt und diese Lösung mit gleichen Teilen folgender Lösung gemischt: 
100 gr Wasser, 8 gr kohlensaures Natrium. Dazu wurde noch auf 100 ccm 
fertige Entwicklerlösung 3 Tropfen Bromkali (1: 10) gegeben. Das Resultat 
war, daß die Jahr-Platte nicht schieierte und bedeutend besser war, als die 
mit Glycin entwickelte. Eine mit demselben Pyrogallol entwickelte Schleußner- 
Platte war etwas schlechter, als die Jahr-Platte, wobei allerdings bemerkt 
werden muß, daß die Schleußner-Platte nicht durchentwickelt war. — 

Es wurde nun ein 2. Versuch folgendermaßen angestellt: 

Je 4 Platten wurden zu gleicher Zeit unter einer quadratischen Skala 
aus verschieden dicken Stanniolblättchen (0,01, 0,02, 0,04, 0,08, 0,16, 0,32 mm 
dick) mit einer mittelweichen Röhre in einem Abstande von 40 cm eine 
Minute lang belichtet. Die übrigen 4 Platten wurden sofort danach mit der¬ 
selben Röhre und derselben Stromstärke ebensolange belichtet, sodaß also 


*) In neuerlichen Versuchen hat. sich dieses Verhältnis sehr zu gunsten der Jahr- 
Platte geändert (Anm- d. Red.), 


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Tagesgpschicht.p, Zeit- und Streitfragen. 


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201 


Kranz. 



Fig. 2. 
Schleußner. 



Fig. 2. 
Schleußner. 



Fig. 3. 

W ebner. 



Fig. 

Schleußner. 



Fig. 4. 
Jahr. 



Fig. 4 



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Tngesgoschichte, Zeit- und Streitfragen. 


202 


die den Platten zugeführte Intensität der Strahlen in beiden Fällen gleich 
war. Die Platten wurden zusammen in demselben Bade 15 Minuten lang ent¬ 
wickelt. Der Entwickler war etwas konzentrierter und enthielt statt des Brom¬ 
kalis Ätznatron (30 ccm konz. Glycinentwickler, 500 ccm Wasser, 15 Tropfen 
Ätznatron 1 : 10). Im Fixierbad lagen die Platten 8 Minuten. Sie wurden 
dann wiederum im Lichtschaukasten verglichen; es ergab sich folgende 
Reihenfolge: 

1. Schleußner, 2. Apollo. 3. Sachs, 4. Agfa, 5. Wehner, 6. Jahr, 7. Perutz, 
8. Kranseder. 

Das sicherste Ergebnis war von Versuch III zu erwarten. Belichtung 
und Röhrenhärte waren dieselben wie im vorigen Versuche. Die Platten 
wurden dann eine Stunde lang mit Hauffschem Glycinstandentwickler behandelt, 
der im Verhältnis von 1:30 verdünnt war. (Die Zusammensetzung des kon¬ 
zentrierten Hauffstandentwicklers ist Fabrikgeheimnis). Das Fixieren dauerte 
10 Minuten. Es wurde durch Vergleich im Lichtschaukasten nachstehende 
Reihenfolge erhalten: 

1. Schleußner, 2. Apollo, 3. Kranseder, 4. Perutz, 5. Wehner, 6. Jahr, 
7. Agfa, 8. Sachs. 

Folgende Tabelle gibt über die Preise der Platten Aufschluß. Es 


kostet 1 Dutzend Röntgenplatten 13:18: 

Perutz .Mk. 3.50 

Agfa .„ 3.50 

Schleußner .„ 3.84 

Kranseder .„ 3,85 

Sachs .. 3.85 

Wehner. •.„ 3.85 

Unger & Hoffmann (Apollo) „ 4.— 

Jahr . „ 4.25 


(Bemerkt sei noch, daß sich die oben angeführten Firmen mit der 
Verwendung des Glyzinentwicklers zur Entwicklung ihrer Platten einver¬ 
standen erklärt hatten.) 

Der Wert der oben dargestellten Versuche ist naturgemäß in Hin¬ 
sicht auf die Beurteilung der Platten ein begrenzter. Zweck dieser Arbeit 
ist wesentlich, zu weiteren Vergleichsversuchen Anregung zu geben. Wesent¬ 
lich ist, daß die Versuchsbedingungen für die verglichenen Platten voll¬ 
kommen gleich seien. Keineswegs aber soll durch die obigen Versuche ein 
entgültiges Urteil über die eine oder andere Plattensorte gefällt werden. 
Dazu ist das ganze Gebiet viel zu sehr im Flusse. Zur Zeit halten wir die 
Schleußnersche doppelt gegossene Röntgenplatte noch für die vollkommenste. 


Aus (1er Versuchsabteilung des Elektrotechnischen Laboratoriums Aschati'enburg. 
Vorstand Ingenieur Friedrich Dessauer. 

Vergleich von Röntgen-Scliutzstoffen. 

Von Georg Gehlhoff. 

Als die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Therapie zunahm und 
sich die Notwendigkeit des Schutzes gesunder Partien herausstellte, suchte 
man nach geeigneten Schutzmitteln. Als solches benutzte man zunächst 


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203 


Tagesgpschichte, Zeit- und Streitfragen. 


Bleiplatten; diese verursachen aber auf bloßem Körper ein unangenehmes 
Gefühl und sind insofern gefährlich, als sie Infektion und Bleivergiftung be¬ 
günstigen und die Entladungen leicht hinüber schlagen. Deswegen wurde 
von Dr. Holzknecht der erste Schutzstoff mit gummiartigem Überzug ange¬ 
geben, ihm folgte die Alsbergsche Masse, der Schutzstoff von Dr. Traun und 
in neuester Zeit der von Dr. Levy und Müller. Man wendet dieselben an, 
um bei Bestrahlung gesunde Stellen des Patienten zu decken, den Arzt und 
Techniker zu schützen und durch Abblendung die sekundäre Strahlenbildung 
zu beeinträchtigen. Es handelt sich meist um Massen, die Röntgenstrahlen 
stark absorbieren, z. B. mit Guttapercha belegte Bleibleche, mit Mennige und 
anderen Bleisalzen imprägnierte Stoffe u. s. w. Ich habe nun versucht, die 
schützende Wirkung der einzelnen oben angeführten Schutzstoffe einwand¬ 
frei zu prüfen. 



Fig. I. Fig. II. 



IFig.'ni. 


Die Versuchsanordnung war folgende: Die Schutzstoffe wurden in 
gleicher Größe nebeneinander auf eine lichtdicht eingewickelte Schleußner- 
Platte gelegt; über sämtliche lief noch ein 2 nun dicker Bleistreifen. Fig. I 
veranschaulicht die Wirkung der Stoffe bei weicher Röhre; der Abstand 
von Platte bis Antikathode betrug 40 cm, die Belichtungsdauer war 1 Minute 
15 Sekunden. 

Die mit H (Holzknecht), T (Traun), M (Müller), L (Levy) und A 
(Alsberg) bezeichneten Schutzmassen absorbieren bei dieser Röhre alle 
Strahlen. 

Fig II zeigt eine Platte, die mit einer mittelharten Röhre (Abstand 
40 cm) 8 Minuten lang belichtet wurde. A ist gar nicht von H und T in 
der Wirkung verschieden. Weniger gut absorbiert L, eine noch geringere 
Wirkung zeigt M. 

Fig. III endlich zeigt die Wirkung der Schutzmassen, wenn die Platte 
10 Minuten lang mit einer harten Röhre kräftig belichtet wurde. Sämtliche 
Schutzmassen haben Strahlen durchgelassen, A wenig mehr als H und T; 
geringe Wirkung zeigen L und besonders M. Man beachte namentlich die 
Striche bei L und die schwarzen Punkte bei M, welche einerseil s auf Ge- 
websfasern andererseits auf Löcher und weniger dichte Stellen deuten, und 


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204 


Tagesgesehichte, Zeit,- und Streitfragen. 


vergleiche auch die Wirkung des 2 mm dicken Bleistoffes gegenüber der 
Wirkung der Schutzmassen. 

Es sei noch folgende Tabelle zum weiteren Vergleiche angeführt: 


Picke 

Gewicht 
Plattengröße 
3x7,5 cm 

Pi eis 
pro 1 qm 

Absorptions¬ 

fähigkeit 

Traun . . 

. . . 1,45 mm 

16 gr 

10.- Mk. 

gut 

Holzknecht 

. . . 1,45 „ 

16 „ 

25.— „ 

V 

Alsberg*) . 

. . . 5,1 

25,5 „ 

55.60 „ 

V 

Levy . . 

. . - 5,1 „ 

17,0 „ 

30.- „ 

minder 

Müller . . 

, . . 1,45 „ 

10 „ 

33.33 „ 

V 

Eine 

weitere Kritik 

obiger Figuren 

Angaben und 

Resultate er- 


tibrigt sich. 

Bei größerer Reproduktion würden die Fig., namentl. 3, mehr De¬ 
tails zeigen. 


Wie soll der Arzt seine Röntgen-Negative 
aufbewahren? 

Wenn der Röntgenologe eine Platte 
entwickelt, fixiert und gewassert hat, so stellt 
er sie zum Trocknen auf seinen Plattenhock. 
Allmählich sammelt sich hier ein stattliches 
Material an, das den verfügbaren Teil des 
Gestelles füllt,, und nun kommt die Frage: 
Wohin mit, den Platten? und: Wie bewahrt, 
man die Negative am zweckmäßigsten auf? 
Auch hier soll in erster Linie Ordnung herr¬ 
schen, und die Art der Aufbewahrung so ge¬ 
wählt werden, daß die Platten keinen Be¬ 
schädigungen ausgesetzt sind und sich jeder¬ 
zeit leicht wieder auffinden lassen. 

Schöne Negative, besonders solche zu 
Demonstrationszwecken, werden mit Deck¬ 
gläsern versehen. Eine der Plattengröße ent¬ 
sprechende, gereinigte Glasscheibe wird auf 
die Schichtseite des Negatives, dessen Rück¬ 
seite von allen anhaftenden Unreinigkeiten 
befreit wurde, aufgelegt, und über die Ränder 
beider Platten ein gummierter 2—4 cm breiter 
Papierstreifen gleichmäßig aufgeklebt, indem 
er allen 4 Seiten entlang geführt wird; 
hierzu kann die schwarze Plattenpackung 
Verwendung finden. Ein kleiner Zettel oder 
die später noch zu erwähnende Etiquette wird, 
mit den entsprechenden Angaben beschrieben, 
aufgeklebt. 


Die Berufsphotographen bewahren Tau¬ 
sende und Abertausende von Platten auf. 
Meißt werden dieselben lackiert, je zwischen 
2 Platten ein Papierstück eingefiigt, und jene 
reihenweise aufbewahrt. Das Lackieren darf 
nur mit besonders präpariertem, säurefreiem, 
sogenanntem Negativlack ausgeführt werden. 
Durch diese Behandlung ist aber die Platte 
vor Zerkratzungen etc. nicht geschützt. Am 
einfachsten sind die sogenannten Negativ¬ 
taschen, eine Art Kouverts aus zähem, hell- 
durchsichtigem Papier hergestellt, in welche 
die Negative hineingeschoben werden. Die 
nötigen Daten (Name, Objekt, Exposition etc.) 
pflegen nun gewöhnlich mit Bleistift oder 
Tinte auf die Tasche aufgeschrieben zu 
werden; aber eine solche Aufschrift läßt 
sich nicht gut lesen. Darum sind nach 
meinen Angaben besonders bedruckte Eti- 
quetten bergest,eilt, worden,**) auf welchen 
der Röntgenologe nur die einzelnen Ru¬ 
briken auszufüllen hat. Diese Zettel werden 
auf die. Taschen aufgeklebt. Dadurch, daß 
sie alle gleichartig bedruckt sind, gewöhnt 
sich der Arzt an einen bestimmten Gang 
seiner Arbeit. Ich beschreibe die Etiquette, 
soweit möglich, vor der Aufnahme, klebe sie 
auf eine Negativtasche auf und lege in diese 
hinein das Negativ nach seiner Fertigstellung? 
die leeren Rubriken der Etiquette werden 


*) Alsbergsohe Schutzmasse wird nur in Kartons zu ß Platten 13x18 verkauft. 

**) Bezugsquelle: Elektrotechnisches Laboratorium Aschaft'enburg, 


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Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 


205 


noch ausgefüllt. Damit die Platten nicht mit 
einander verwechselt werden können, wird 
vor der Entwicklung im Dunkelziminer jede 
Platte an einem schmalen Hand von der 
Papieminhüllung befreit und mit gut ge¬ 
spitztem Bleistift auf der Schichtseite mit den 
nötigen Bemerkungen beschrieben. (Datum, 
Name, Objekt, Expositionsdauer etc.). Die 
Negative werden alsdann, mit etiquettier- 
ten Taschen versehen, in sogenannten Platten¬ 
archiven aufbewahrt. Es empfiehlt sich, um 
das Archiv vor nutzlosem Ballast zu säubern, 
periodisch das Plattenmaterial durchzugeben, 
wertlose Platten, unscharfe Duplikate etc. 
auszuschließen. Die ausrangierten Platten 
werden entweder im Wasser längere Zeit 
mazeriert und hernach die inzwischen weich 
gewordene Schicht abgebürstet oder in Salz¬ 
säure gelegt, worin die schwarze Emulsions¬ 
schicht nach kurzer Zeit abfiießt.; Nach¬ 
waschen in fließendem Wasser und Trocknen. 
Solche Glasplatten können als Deckgläser 
Verwendung finden. 

Die in den Taschen verwahrten und 
mit Aufschrift, versehenen Negative werden 
nun, nach gleichen Gesichtspunkten geordnet, 
in leeren Plattenschachteln aufbewahrt. Die 
Gesichtspunkte der Einteilung können ab¬ 
zielen entweder auf einzelne Körperreviere 
(topographisch) oder die Art der Afl'ektion, 
die auf der Platte abgebildet ist. Tm ersteren 
Falle kommen alle Krankheiten und Ver¬ 
letzungen z. B. der rechten Hand oder des 
rechten Vorderarmes oder des rechten Ober¬ 
armes, also je einer Gegend für sich, in be¬ 
sondere Schachteln, lind die einzelnen Platten 
werden mit besonderen, fortlaufenden Nummern 
versehen und zwar derart, daß z. B. für rechts¬ 
seitige Handaufnahmen die Nummer 1 —100, 
Vorderarm 101 200 oder entsprechend ge¬ 
wählt werden. Dieselben Nummern, mit denen 
die einzelnen Platten bezeichnet sind, werden 
auch außen auf deu sie enthaltenden Aufbe¬ 
wahrungs-Schachteln aufgeschrieben. Aus dem 
Journal, in welchem der gesamte Plattenbe¬ 
stand ebenfalls aufgezeichnet ist, findet, man 
bei dieser Anordnung jede gewünschte Platte 
leicht heraus. Die Plattenschachteln werden 
entweder flach aufeinander gelegt oder neben¬ 
einander aufgestellt. 

Das andere Einteilungsprinzip, auf dia¬ 
gnostischer Grundlage, wurde derart durch¬ 
geführt, daß z. B. alle Frakturen, Luxationen, 
Tuberkulosen (Knochen) etc. zusammengestellt 
wurden, ohne Rücksicht auf die Örtlichkeit 
der Affektion. Bei großem Plattenmaterial 
eignet sich diese Methode kaum. 

Ernst Sommer-Winterthur (Schweiz). 


Ober Röntgenröhren, System Bauer. 

Ingenieur Heinz Bauer-Berlin be¬ 
richtete beim Berliner Röntgenkongreß über 
den konstruktiven Ausbau von Röntgenröhren 
und wies verschiedene eigene Modelle vor, 
die sieli infolge ihrer Neuheit nach verschie¬ 
denen Richtungen Hin vorteilhaft präsentierten. 
Oft schon nach kurzer Inanspruchnahme wird 
eine Röntgenröhre infolge der Gasabsorption 
hart und infolgedessen für den gewöhnlichen 
Gebrauch untauglich. Die Techniker führten 
die sog. Regenerierung ein, welche, aus 
einem in der Röhre aufgespeicherten Gas¬ 
vorrat, ein minimales Quantum in das Vacuuui 
abgeben kann. Die Röhre wird wieder weich. 
Dieser gleiche Vorgang der Luftabsorption 
vollzieht sich beim Betrieb immer wieder von 
neuem; durch Anwendung der Regenerier¬ 
vorrichtung ist die Röhre wieder für einige 
Zeit gebrauchsfähig, ihr definitives Ende 
aber, der totale Verbrauch, wird nur hinaus¬ 
geschoben, nicht aufgehalten. Das Hart¬ 
werden hat seine Ursache hauptsächlich in 
der Zerstäubung des Platinspiegels der 
Antikathode. Glühende Partikelchen desselben 
dringen in den an und für sich schon mini¬ 
malen Luftraum und binden einen Teil des 
Gasinlialtes. Man könnte an den Ersatz 
dieses Platinbleches über der Antikathode 
durch ein anderes Metall denken. Als nicht 
zerstäubende Metalle kämen nur Alu¬ 
minium und Magnesium in Betracht, 
aber keines von beiden wäre imstande, die 
hohen Temperaturgrade im Krümmungsmittel- 
punkt der Kathode auszuhalten. In der 
gewöhnlichen Anordnung ist die Antikathode, 
der Röntgenröhre zur Anode gemacht, und 
diese anodische Verbindung ist die unmittel¬ 
bare Quelle der Zerstäubung. Die 
Antikathode in der jetzigen Form kann aus 
dem eigentlichen Entladungsvorgang weg¬ 
gelassen werden; sie kann frei endigen, 
ohne daß deswegen die Entstehung der 
Röntgenstrahlen unmöglich gemacht würde. 
Aber in diesem Fall würden die Kathoden¬ 
strahlen die Antikathode negativ laden, es 
käme zu einem Wandern des Brenn¬ 
punktes und daraus resultierender U n - 
schärfe des Bild e s. Eine solche Röhre 
wäre für therapeutische Bestrahlungen ganz 
wohl zu verwenden, für Aufnahmen und Durch¬ 
leuchtungen hingegen völlig unbrauchbar. 
Heinz Bauer verwendet nun, um zu ver¬ 
meiden. daß die Antikathode zur Anode 
wird, eine Drosselspule (umwickelter 
Eisenkern) als Verbindung zwischen Anode 
und Antikathode. Die Entladung bleibt als¬ 
dann auf die Anode und Kathode beschränkt. 


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Tagesgoschiclite, Zeit- und Streitfragen. 


206 


und trotzdem ist der statischen Ladung der 
Antikathode Gelegenheit zum Ausgleich ge¬ 
geben. Außer dieser Drosselspule besitzt 
die sog. Normalröhre-Bauer eine kegel¬ 
förmige Anode, und ihr Antikathoden- 
spiegel ist in eine massive Kupferhinter- 
1 e g u n g eingelassen; die neuen K u g e 1- 
kontakte erleichtern das Einschalten der 
Röhre, und die eigenartige Regenerierung 
funktioniert prompt und hält lange vor. 

Die W ä r in e e n t w i c k 1 u n g im Kriim- 
mungsmittelpunkt der Antikathode wurde u. a. 
durch Wasserkühlung zu beseitigen ver¬ 
sucht: Wasserkühlröhren. Ihnen haften ver¬ 
schiedene Nachteile an: sie sind nur in 
einer Stellung zu gebrauchen;*) während des 
Kochens des Kühlwassers schwankt der 
Brennpunkt; die Gefahr des Verbrühens 
durch ausfließendes kochendes Wasser bei 
langem Betrieb der Röhre oder die Mög¬ 
lichkeit des Platzens der Röhre ist nicht von 
der Hand zu weisen. Heinz Bauer über¬ 
läßt die Kühlung der Luft. Die Platinanti¬ 
kathode dieser Röhrenart ist mit einem mas¬ 
siven, rippenförmigen (geblätterten) Kupfer¬ 
klotz hinterlegt; dessen röhrenförmiges Ende 


ist ausgebohrt und sitzt auf einem durch die 
Außenatmosphäre gekühlten Glasrohr. Eine 
solche. Röhre soll jeder Beanspruchung und 
Betriebsdauer, wie die Praxis sie erfordert, 
ohne Schaden zu nehmen, gewachsen sein 
(Röntgenröhre mit geblätterter Antikathode, 
Luftkühlung und Kugelkontakten). Die Re¬ 
generierung ist dieselbe wie hei der Normal¬ 
röhre-Bauer. 

Ich besitze seit einiger Zeit ein Exem¬ 
plar der Bauerschen Normalröhre, das ich 
wegen seiner guten Eigenschaften (neben der 
Dessauer’sehen Idealröhre) ausschließlich zu 
röntgenographisclien Arbeiten verwende, und 
das sich bis ietzt gut bewährt hat. Die Röhre 
besitzt scharfe Teilung, gibt ruhiges Licht 
bei ziemlich langer konstant bleibender Strah¬ 
lungsintensität, liefert scharfe Bilder, und ihre 
Lebensdauer scheint bei sachgemäßer Behand¬ 
lung eine lange zu sein; die Regenerierung ist 
gut. Diese Normalröhre eignet sich aber nur für 
mäßige Beanspruchung und kurze Belastung; 
für starke Inanspruchnahme (z. B. Therapie) 
dient zweckmäßiger das andere Modell mit 
geblätterter Antikathode und Luftkühlung. 

Ernst Sommer-Winterthur (Schweiz). 


*) Diesem Übelstand ist bei der neuen Wasserkühlröhre von C. H. F. Müller ab¬ 
geholfen. (Anmerk, der Red.) 


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"Fortschritte der Technik. 


207 


Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und 

mediz. Technik. 


Fortschritte und Neuheiten der physikalischen, chemischen und 
pharmazeutischen Industrie in ihrer Bedeutung und Anwendung für 
das Gesamtgebiet der praktischen Medizin. 


Fortschritte der Technik. 

Dr. Franz Peters und I)r. A. E. Lange. 

Der Einfluß des Elektrolyten auf die Wirksamkeit der Aluminium- 

Drosselzelle. 

Elektrotechnische Zeitschrift 1 !)05. Heft 32. 

Während die Aluminium-Drosselzelle vom technischen Gesichtspunkte 
aus weitgehende Bearbeitung erfahren hat, fehlten bis jetzt fast gänzlich 
genaue systematische Untersuchungen über den Einfluß des Elektrolyten auf 
die Drosselwirkung der Aluminiuraanode, auf dessen Wichtigkeit zuerst 
William Roy Mott hingewiesen hat. Die Verfasser haben es unternommen, 
den Einfluß verschiedener Elektrolyten auf die Drosselwirkung der Aluminium¬ 
zelle genau zu untersuchen. 

Zunächst stellten sie fest, daß die Drosselwirkung der Säuren bezw. 
ihrer Salze wesentlich beeinflußt werden durch die Basizität der Säuren. 
So zeigten die Salze der dreibasischen Phosphorsäure eine bei weitem bessere 
Drosselwirkung als die der zweibasischen Schwefelsäure. Bezeichnet man mit 
„kritischer Spannung“ diejenige, bei der die Stromstärke nicht mehr unter 
den im Schließungsaugenblick herrschenden Wert heruntergeht (dieser 
Punkt läßt sich sehr gut beobachten), so mag folgende Tabelle das soeben 


Gesagte erläutern: 

Elektrolyt Kritische Spannung Temperatur der Anode 

Volt Örad 

Phosphorsäure. 146 40 

Trikaliumphosphat. 147 30 

Dikaliumphosphat. 150 24 

Monokaliumphosphat. 150 27 

Natrium-Ammoniumphosphat . . 149 26 

Dinatriumphosphat. 124 22 

Natriumpyrophosphat (Salz einer 
vierbasischen Säure. 122 32 


An dieser Stelle sei erwähnt, daß schon Roy Mott angeführt hat, daß 
die Salze der zweibasischen Kohlensäure sich besser verhalten, als die der 
ebenfalls zweibasischen Schwefelsäure. 


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208 


Fortschritte der Technik. 


Von obiger Regel kommen noch Ausnahmen vor. So verhalten sich 
manche Salze der einbasischen Essigsäure und einige zweibasische orga¬ 
nische Säuren besser als die der zweibasischen Schwefelsäure. Bei gleicher 
Basizität scheinen die Salze der organischen Säuren diejenigen der anorgani¬ 
schen an Drosselwirkung bedeutend zu übertreffen. 

Von grossem Einflüsse auf die Bildung der isolierenden Schicht auf 
der Aluminiumanode ist auch das Kathion. Eine sehr günstige Wirkung er¬ 
geben die Acetate (essigsauren Salze) von: 

Kritische Spannung Temperatur der Anode 


Volt Grad 

Silber. 122 72 

Calcium. 120 80 

Kalium.115 65 

Ammonium .... 113 38 

Strontium.110 72 

Zink. 105 64 

Eine weniger gute Wirkung zeigten: 

Aluminium. 65 50 

Natrium. 40 22 

Kobalt. 34 23 

Kadmium. 29 75 

Eine schlechte oder gar keine Wirkung zeigten: 

Kupfer.19 30 

Blei.17 18 

Lithium.12 21 

Barium.12 18 

Nickel.10 19 

Magnesium .... 8 19 

Mangan. 5 18 

Uran. 0 19 


Man sieht hieraus, daß Kathionen, die chemisch einander näher stehen, 
nicht immer ähnliche Wirkungen hervorbringen. Diese verschiedene Ab¬ 
hängigkeit der Wirkung des Elektrolyten von dem in ihm enthaltenen Kathion 


zeigen auch die folgenden Tabellen 



Elektrolyt 

Kritische Spannung 

Temperatur der Anode 



Volt 

Grad 

Benzoesaures Calcium . . 

. 126 

19,5 


Barium . . 

. . 8—10 

14 

Salicylsaures Calcium . . 

. . 121 

20 

>> 

Barium . . 

. . 65,5 

42 

Gallussaures 

Calcium . . 

. . 145 

23 

V 

Barium . . 

. . 0 

18 

Bernsteinsaures Ammonium 

. . 121 

56 


Calcium . 

. . 145 

40 


Barium 

. . 0 

19 

Apfelsaures Ammonium 

. . 128 

61 


Calcium . . . 

. . 128 

44 


Barium . . . 

. . 0 

20 

Weinsaures 

Ammonium 

. . 126 

40 


Calcium . . . 

. . 126 

40 


Barium . . . 

. . 0 

14 


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20Ö 


Fortschritte der Technik. 


Besonders auffällig ist, daß Barium im Gegensatz zu Calcium eine 
sehr geringe oder gar keine Wirkung zeigt. 

Verfasser haben dann weiter den Einfluß, den der Eintritt eines 
Halogens, einer Amido- und einer Oxygruppe in das Säureradikal verursacht, 
untersucht. Es seien hier die gut wirkenden Elekrolyte aufgezählt: 


Elektrolyt Kritische Spannung 

Volt 

Temperatur der Anode 
Grad 

Essigsäure. 

43 

20 

Ammonsalz der Essigsäure . . . 

113 

38 

Dioxybernsteinsäure (Weinsäure) . 

128 

39 

Ammonsalz der Bernsteinsäure . . 

121 

56 

Apfelsäure. 

128 

61 

W einsäure. 

126 

40 

Calciumsalz der Bernsteinsäure 

145 

40 

Apfelsäure. 

128 

44 

Weinsäure . 

126 

40 


Schließlich haben die Verfasser dann gefunden, daß die kritische 
Spannung eines Gemisches von Elektrolyten abhängig ist von dem Mengen¬ 
verhältnis der einzelnen Elektrolyten und erst bei verhältnismäßig größeren 
Mengen des schlecht wirkenden auf dessen niedrigen Wert kommen kann. 
Bei Verwendung einer ‘/io Normal. Strontiumacetat- und */io Normal. Barium¬ 
acetatlösung erhielten die Verfasser folgende Werte: 


Elektrolyt Kritische Spannung Temperatur der Anode 

Volt Grad 

Strontium: Barium 

1 : '/*o. 65 40 

1: V‘0 . 40 29 

1 : V«. 24 25 

1 : 7*. 15 24,5 


Die Verfasser behalten sich eine Weitererforschung des Einflusses 
des Elektrolyten auf die Wirkung der Drosselzelle vor. 

Die systematischen Untersuchungen sind freudig zu begrüßen. 


Der Eisen-Nickelakkuniulator nach System Edison. 

Von M. U. Schoop. (Elektrotechnische Zeitschrift. 1905. Heft 33). 

Seit dem Jahre 1900 sind viele Veröffentlichungen über den Edison- 
Akkumulator mit Elektroden aus Eisen und Nickel in Ätzkalilauge er¬ 
schienen. Da man längst das Bedürfnis nach einem leistungsfähigeren, trans¬ 
portableren Akkumulator, als es der Bleiakkumulator ist, empfand, so brachte 
man diesen Mitteilungen lebhaftes Interesse entgegen. 

Nach vielen Versuchen mit den verschiedensten Metallen hatte 
Edison einen Akkumulator aus Nickeloxyd und Eisenoxyd konstruiert. Es 
handelt sich bei der Wirkungsweise dieses Akkumulators nicht wie bei den 
Bleiakkumulatoren um eine Sulfatbildung, sondern der stromliefernde Vor¬ 
gang besteht in einem Sauerstofftransport von der einen zu der anderen 
Elektrode. 

Archiv, f. Physik. Medizin etc. 14 


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Fortschritte der Technik. 


210 


Die für den Edison-Akkumulator charakteristischen Daten sind: 

Höhe 310, Breite 65, Länge 127 mm, 

Gewicht mit Elektrolyt 5,45 kg, 

Gewicht ohne Elektrolyt 4,5 kg, 

6 Nickel- und 12 Eisenelektroden (235X120 mm), 

Gewicht einer Nickelelektrode 160 gr, 

Gewicht einer Eisenelektrode 164 gr. 

Das Gefäß. 

Das Gefäß besteht aus 0,4 mm dünnem Stahlblech, das innen und 
außen vernickelt ist und zur Erhöhung der mechanischen Widerstandsfähig¬ 
keit eingepreßte wagerechte Wellungen besitzt. Die Kanten werden elek¬ 
trisch zusammengeschweißt; das ganze Gefäß ist zur Verhinderung der 
Wärmeabgabe mit Lack überzogen, denn der Edison-Akkumulator hat mit 
dem Bleiakkumulator die Eigentümlichkeit gemein, bei erwärmtem Elektrolyt 
eine erhöhte Kapazität zu besitzen. 

Da beim Ladungsvorgang eine starke Gasentwicklung unvermeidlich 
ist, so wird das Herausspritzen der Lauge dadurch verhindert, daß der Deckel 
mit einem Gasventil versehen ist. Außerdem besitzt der Deckel eine Muffe 
aus Kautschuk zum Nachfüllen der Flüssigkeit. 

Der Stahlblechkasten ist hinsichtlich Gewicht und Dauerhaftigkeit dem 
besten Hartgummi-Fabrikat sehr überlegen und bei Massenfabrikation in der 
Herstellung billiger. 

Elektroden. 

Die Eisenelektroden unterscheiden sich nach einer gewissen Betriebs¬ 
dauer von den Nickelelektroden, die ihr anfängliches blankes Aussehen bei¬ 
behalten, durch einen bräunlichen Anlauf. Zur Aufnahme der wirksamen 
Massen dienen kleine taschenförmige Behälter aus dünnem vernickeltem Blei¬ 
blech, die in ein Gitter eingesetzt sind, das ebenfalls aus vernickeltem Stahl¬ 
blech besteht. Die aus dünnem Band aus Federstahl hergestellten, in Plätt¬ 
chen geschnittenen und zu Näpfchen geformten Seitenwände werden, nach¬ 
dem sie mit den gefüllten Taschen beschickt sind, durch hydraulischen Druck 
zusammengepreßt und die Taschenränder über die Kanten der Gitteröffnung 
gekrampt. Nach dem Pressen unter glatten Flächen werden die Gitter noch 
geriffelt und gewellt, sowohl zur Vergrößerung der Oberfläche sowie des 
Kontaktes der Masse mit dem Trägerblech, als auch zur Versteifung der 
Taschenwände. 

Die positive Elektrode besteht aus Nickeloxydhydrat, welches aus 
Nickelnitrat gefällt wird und ausgezeichnete Leitfähigkeit besitzt. Neuerdings ist 
es Edison gelungen, die Kapazität der Nickelmasse durch Zusatz von Wismut¬ 
hydroxyd um 20°/o zu erhöhen, was deshalb von Wichtigkeit ist, weil bei 
gleichem Volumen und Gewicht das fein verteilte, mit Wasserstoff reduzierte 
Eisen etwa doppelt so große Kapazität besitzt, wie das Nickeloxydhydrat. 

Für die Herstellung von elektrolytisch hoch aktivem Eisen bringt 
Edison folgendes Verfahren in Anwendung: Über reines getrocknetes Eisen¬ 
oxyd in einer geschlossenen Kammer wird bei 260 Grad einige Stunden lang 
Wasserstoff geleitet. Zur Verhinderung der Rückoxydation des sauerstoffarmen 
Gemenges von Eisenoxydul wird in die abgekühlte Retorte Wasser gespritzt. 


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Fortschritte der Technik. 


211 


Bei den früheren Typen wurde zur Verbesserung der Leitfähigkeit 
der Massen und zur Vergrößerung der Porosität Graphit verwandt, dies aber 
in letzter Zeit durch Queoksilber ersetzt. 

Das Gewicht eines vollständigen Eisenbriketts ist 7,053 gr, dasjenige 
der Eiseninasse allein 5,14 gr, das der Trägertaschen 1,91 gr. Die Masse ent¬ 
hält etwa 20% Quecksilber. Das Gewicht der gesamten wirksamen Masse 
einer Eisenelektrode mit 24 Briketts beträgt 89 gr. Die Platten werden 
durch viereckige Hartgummistäbe voneinander isoliert, die Elektroden stehen 
auf parallelen oben eingeschnittenen Hartgummistäben. 

Elektrolyt. 

Wenn auch die Schwefelsäure der Kalilauge an Leitfähigkeit wesent¬ 
lich überlegen ist, so wird dieser Nachteil dadurch ausgeglichen, daß man 
im Edison-Akkumulator die Elektroden sehr nahe (1,5 mm) zusammenbringen 
kann. Die Konzentration beträgt aus praktischen Gründen 20%. Besonderes 
Gewicht ist auf große Reinheit des Elektrolyten zu legen. Der Deckel schließt 
hermetisch, sodaß die Flüssigkeit niemals mit der atmosphärischen Luft in 
Berührung kommt, da sonst durch Absorption der Luftkohlensäure sich Kar¬ 
bonat bilden würde. Zur Nachfüllung wird nie etwas anderes als reines 
Wasser benutzt (es kommt sehr auf die Reinlichkeit des Elektrolyten an). 
Die Dichtigkeit des Elektrolyten geht nach Versuchen des Verfassers selbst 
bei Ladungen mit 80 und 100 Ampere sehr wenig zurück. 

Versuche. 

Die Spannung des Edison-Akkumulators steigt hei der Ladung von 
1,5 Volt auf 1,72 Volt, sinkt dann langsam auf 1,7 Volt und erreicht bei an¬ 
haltender Überladung 1,86 Volt. Wird der Ladestromkreis geöffnet, so nimmt 
die Spannung nach einigen Stunden einen konstanten Wert von 1,5 Volt an. 

Bei Beginn der Entladung mit 40 Ampere fällt die Spannung rasch 
von 1,5 Volt auf 1,3 Volt, sinkt dann langsam auf 1,15 Volt und fällt nach 
Entnahme von 135 Ampörestunden plötzlich auf 0,65 Volt. Der Unterschied 
dieses Akkumulators gegen den Bleiakkumulator besteht darin, daß hei 
ersterem die Entladung noch einige Zeit weiter geführt werden kann, wobei 
sich die Spannung auf 0,65 Volt bis 0,75 Volt hält. Diese charakteristische 
„Restentladung“ beträgt etwa den 10. Teil der gesamten Entladung. 

Ein weiterer Unterschied des Edison-Akkumulators vom Bleiakkumu¬ 
lator besteht darin, daß bei ersterem der Einfluß der Entladedauer auf die 
Kapazität nicht vorhanden ist. Über die hei starken Überladungen er¬ 
haltenen Kapazitäten gibt nachfolgende Tabelle Aufschluß. 


1 

Enlladestroinstärke 
in Ampere 

1 

Ampere-Stnnden 

1 

Ampere-Ständen 
für 1 kg 

Spannung 

Wattstunden für 

1 kg bei 1 V als 
Entladegrenze. 

80 

133 

24,10 

1,145 

27,59 

50 

144 

26,18 

1,220 

31,93 

40 

138,7 

25,20 

1,242 

31,29 

30 

144 

26,18 

1,262 

33,00 

20 

128,7 

23,40 

1,290 

30,18 

10 

145 

26,36 • 

1,320 

34,79 


(Bleiakkumulator: Kapazität für 1 kg 5—7 Wattstunden.) 

U* 


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212 


Fortschritte der Technik. 


Von Einfluß auf Kapazität und Spannung ist die Temperatur des 
Elektrolyten, und zwar anscheinend stärker als beiin Bleiakkumulator. Bei 
diesen schwankt die Kapazitätsänderung pro Grad zwischen 1—2 1 /a°/ 0 (bei 
einer Außentemperatur von —30°, Säuretemperatur von 0° betrug die Kapa¬ 
zitätsverminderung 40—50%). 

Der innere Widerstand des Edison-Akkumulators war für das erste 
Viertel der Entladungen mit 10 und 80 Ampere bei 25° Laugentem¬ 
peratur 0,002 Ohm, d. li. wesentlich kleiner als beim Bleiakkumulator bei 
gleicher Kapazität. Der gesamte Widerstand des Akkumulators wird in erster 
Linie durch die Eisenelektrode veranlaßt; während die wirksame Eisenmasse 
selbst nach Amalgamierung und Graphitzusatz schlecht leitet, leitet die 
Nickelhydroxydmasse ausgezeichnet. 

Die Volumenänderung bei Entladung wurde zu 0,16 ccm pro Ampere¬ 
stunde beobachtet. 


Wirkungsgrad und Nutzeffekt. 

Wie wir bis jetzt gesehen haben, ist der Edison-Akkumulator 
dem Bleiakkumulator in verschiedener Hinsicht überlegen; doch steht er ihm 
an Wirkungsgrad und Nutzeffekt erheblich nach. Die dies betreffenden bei 
einer Ladungs- und Entladungsstromstärke von 40 Ampere ermittelten Er¬ 
gebnisse sind folgende: 


Gineingeladen 


Herausgenommen 


Wirkungsgrad Nutzeffekt 


Ampere-Stunden 

Watt-Stunden 

Ampere-Stnndeni 

Watt-Stunden | 

in °/o 

in °/o 

258 

425 

143 

177 

55,5 

40,0 

212 

375 

141 

175 

66,6 

46,7 

186 

323 

138 

171 

74,0 

53,0 

164 

315 

135 

167 

79,1 

56,0 


Man sieht hieraus, daß die maximale Kapazität und Wattstunden¬ 
leistung nur bei kräftiger Überladung und niedrigem Nutzeffekt erhalten 
werden können. Doch spricht nichts gegen die Vermutung, daß bei 
geringerer Stromstärke ähnlich wie beim Bleiakkumulator ein günstigerer 
Nutzeffekt zu erzielen ist (der Nutzeffekt des Bleiakkumulators beträgt 
70-85%). 

Bei über 50 Entladungen des Edison-Akkumulators Type E konnte 
ein Kapazitätsrückgang nicht festgestellt werden. Nach 300 Entladungen 
wurde eine Abnahme von nur wenigen Prozent festgestellt. 

Was bei dem Studium des Edison-Akkumulators überrascht, ist dessen 
Fähigkeit, jede beliebige Mißhandlung ohne nachteilige Folgen zu er¬ 
tragen. Man kann den Akkumulator beliebig lange entladen stehen 
lassen, um polarisieren, kurzschließen, ohne daß man etwas anderes 
wahrnimmt, als daß zur Erzielung der normalen Kapazität kräftigere Über¬ 
ladungen nötig sind, während beim Bleiakkumulator derartige Experimente 
ausgeschlossen sind. 


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Fortschritte der Technik. 


213 


Wie verhält sieh nun der E d i s o n-Akkumulator im Vergleich zum 
Bleiakkumulator bei gleicher Wattstundenleistung? 

Hat man zwei Batterien, die eine aus Bleizellen und die andere aus 
E d i s o n-Zellen bestehend, mit gleicher Spannung und gleicher Leistung, so 
entspricht der Edison-Akkumulator bei einer Leistung von 178 Wattstunden 
einem Gefäßvolumen von 14,3 ccm für die Wattstunde, wogegen der Blei¬ 
akkumulator unter gleichen Bedingungen 16 ccm für die Wattstunde hat. 

Noch ungünstiger wird der Vergleich für die Bleiakkumulatoren, wenn 
man gleiche Anzahl von Zellen voraussetzt. Doch wird voraussichtlich bei 
kompletten Batterien der Vorsprung der Edison-Zelle wieder dadurch auf¬ 
gehoben, daß man diese Zellen nicht dicht zusammenstellen kann. 

Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlußbetrachtung. 

Herr Schoop faßt die Resultate seiner Untersuchungen folgender¬ 
maßen kurz zusammen: 

1. Die Kapazität ist beim Edison-Akkumulator unter normalen Tem¬ 
peraturverhältnissen von der Stromstärke unabhängig. Die Leistung schwankt 
zwischen 31 und 35 Wattstunden auf 1 kg Zellengewicht (beim Bleiakkumulator 
5—7 Wattstunden pro kg Zellengewicht). Als Grenzwert der Spannung gilt 
1 Volt. 

2. Eine rohe, unsachgemäße Behandlung erträgt der Akkumulator ohne 
Schaden. Besonders ist der Akkumulator gegen mechanische Erschütte¬ 
rungen äußerst widerstandsfähig, was ihn aucli namentlich zur Verwendung 
im Automobilwesen sehr geeignet macht. 

3. Wirkungsgrad und Nutzeffekt sind schlechter als beim Bleiakku¬ 
mulator und betragen im Mittel 55—75°/ 0 . Doch ist hinzuzufügen, daß bei 
sehr kurzen Ladungen und Entladungen, welche der Edison-Akkumulator 
ohne jeden Nachteil erträgt, der Nutzeffekt von obigem Werte wenig 
abweicht. 

4. Unter Zugrundelegung gleicher Leistung ist das Volumen des 
Edison-Akkumulators kleiner als das des Bleiakkumulators. Dieser Unter¬ 
schied wird vielleicht bei ganzen Batterien dadurch ausgeglichen, daß die 
einzelnen Zellen nicht dicht zusammenstehen dürfen. 

5. Die Bedienung einer Edison-Batterie beschränkt sich auf das Nach¬ 
füllen von reinem Wasser. 

Ob der Edison-Akkumulator den an ihn geknüpften Erwartungen im 
praktischen Dauerbetrieb entsprechen wird, ist eine Frage, deren Beant¬ 
wortung noch in der Zukunft liegt. 

Durch den Edison-Akkumulator ist ein neues Prinzip nicht geschaffen. 
Die Bedeutung der Edisonschen Erfindung liegt darin, daß sie zeigt, wie mit 
zäher Energie auf alten, schon als gänzlich aussichtslos betrachteten Wegen 
sehr beachtenswerte Erfolge zu erzielen sind. Georg (iehlhoff. 


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214 


Fortschritte <ler Technik. 


Die Faszikelrohrblende nach Dr. Robinsohn 

(Wien). 

Damit die Wirkung des Kompres¬ 
sion s b 1 e n d e n v e r f a h r e n s in richtiger 
Weise zielbewußt ausgenutzt werden kann, 
muß die untere Apertur des Blondenrohres nach 
Albers-Schönberg resp. des Kompressionsringes 
nach Dessauer-jWiesuer mit der Oberfläche 
der zu röntgenographierenden Körperteile in 
möglichst innigen Kontakt gebracht werden 
und zwar, wenn immer möglich, mit seinre 
ganzen Circumferenz. Bei der Aufnahme nach¬ 
giebiger Weichteile, auf nahezu ebenen Flächen 
oder am Schädel gelingt die Erfüllung dieser 
Forderung meist ohne besondere Schwierig¬ 
keiten. Bei Schrägstellung der Blenden oder 
über winkligen Ebenen (Tibiakante) hat das 
aber seine Schwierigkeit; Bei einseitiger Be¬ 
rührung weicht die Kompressionsvorrichtung 
gerne aus und die Fixationsmöglichkeit ist 
gering. Wenn auch vielfache Verbesserungen 
resp. Veränderungen an dem Apparat vor¬ 
genommen wurden, so ließ docli nach der 
Meinung des Autors (Vortrag auf dem Ber¬ 
liner Röntgenkongreß; ferner: Wiener klinische 
Rundschau 1905 Nr. IG) die Adaptationsfähigkeit 
des Blendenrohres noch viel zu wünschen 
übrig. Winkelblende (Robinsohn) undTrochos- 
kop (Holzknecht und Robinsohn) erlauben 
exakte Einstellung und Abblendung, die Schlit.z- 
binde (Robinsohn) eine kaum zu übertreffende 
Fixierung. Die ungenügende Adaptirungs- 
möglichkeit, welche auf die Anwendung der 
sonst so vorzüglichen Kompressionsblende in 
manchen Fällen zu verzichten zwang, legte 
dem Autor den Gedanken nahe, für diese be¬ 
sonderen Fälle noch einen Ersatz zu suchen, 
und er glaubt. Ihn in seiner Faszikalrohrblende 
gefunden zu haben 

Um das starre Rohr der Kompressions- 
Vorrichtung in guten Kontakt mit der Ober¬ 
fläche des aufzuneiimendeu Objektes bringen 
zu können, wurde dasselbe in gesonderte, neben 
einander gleitende und verschiebbare, stäbchen- 
artige L ängsteile zerlegt, die durch eine 
Klemmvorrichtung in jeder beliebigen 
Stellung festgehalten werden können. Um 
eiii radiäres Z u s a in m e n f a 11 e n des Fas¬ 
zikelblendenrohres zu v e r li ii t e n , wird in 
das zusammengesetzte Hauptrohr ein federndes 
mit einem Schlitz versehenes Innen rohr 
hineingesteckt. Die einzelnen Stäbchen des 
Blendenrohres lassen sich nach Lösung der 
Klemmvorrichtung derartig verschieben, resp. 
sie gleiten ihrer Schwere nach fast selbsttätig 
in eine solche Lage, daß die unteren Enden 
der Teilstücke überall der Oberfläche des 


Untersuchungsobjektes aufliegen. Wird nun 
die Klemmvorrichtung festgeschraubt, so 
fügen sich die Teile des zerlegbaren Rohres 
in der gewollten Stellung vollständig fest, zu 
einem starren Rohr zusammen. 

Die Anwendung der Faszikel rohr- 
blendc ist einfach: nach Lösung der Klemm¬ 
vorrichtung zieht man das früher erwähnte 
Innenrohr soviel zurück, als man das Fas¬ 
zikelrohr adaptieren will. Ist die Adaptie¬ 
rung vollzogen, so wird dir Klemmvorrichtung 
wieder fcstgcschrauht. 

Als wesentliche Vorteile seiner Kon¬ 
struktion führt, der Autor folgende an: 1. die 
Möglichkeit, die untere Apertur des Blenden¬ 
rohres an jede Oborflächenform und in jeder 
Stellung, senkrecht oder schief, anpassen und 
rasch von einerStellung in eine andere, ebenso 
von einer schrägen zur symetrisch-schrägen 
(Stereoskop-) Aufnahme, übergehen zu können, 
2. die Regulierbarkcit des Druckes der ein¬ 
zelnen Teilstücke des Rohres auf das Objekt. 
Bezugsquelle: Si eitert - Wien und ein¬ 
schlägige Geschäfte. 

Die Schlitzbinde nach Dr. Robinsohn (Wien). 

1 >iese neue Methode der Fixie¬ 
rung in der röntgenologischen Tech¬ 
nik ist einfach, in ihrer Anwendbarkeit 
vielseitig und gestattet bei guter Ruhe 
des Objektes nicht, nur der gewöhnlichen 
Reinlichkeit, sondern auch der oft so 
nötigen Asepsis Rechnung zu tragen. (Ich 
entnehme meine Angaben zum Teil meinen 
eigenen stenographischen Aufzeichnungen 
des vom erwähnten Autor auf dem Berliner 
Röntgenkongreß über dieses Thema gehal¬ 
tenen Vortrages, teils seiner, in den Fort¬ 
schritten auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen, 
Band VIII, enthaltenen Arbeit: Zur Technik 
der Fixation des Objektes bei radiologischen 
Aufnahmen; die Schlitzbinde). 

Die 1)i h herigen FixationRmittel 
waren wohl in der übergroßen Mehrzahl der 
Fälle die bekannten Sandsäcke; weniger 
im Gebrauch waren die Pelotten; von vor¬ 
züglicher Wirkung sind die verschiedenen 
Modelle der Kompressionsblenden, und 
verschiedene Art,en von Bindenfixation 
erfreuen sich großer Beliebtheit. Elastische 
Binden sind weniger zu empfehlen; sie ab¬ 
sorbieren zu viel Röntgenstrahlen. Unelas¬ 
tisch e B i n de n Anden zur Zeit in z weierlei 
Form vielfache Anwendung: 1. Die photo¬ 
graphische Platte und das darauf gelegte 
Objekt werden zusammen durch vielfache 
Bimlenumwicklung fixiert und auf das Ob- 


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215 


Fortschritte der Technik. 


jekt noch ein oder mehrere Samlsücke gelegt; 
2. Objekt und Platte oder das Objekt allein 
werden aut' eine feste Unterlage gebunden 
(Strftter). Diese beiden Methoden Italien ihre 
Vor- und Nachteile, aber das (tute muß dem 
Besseren weichen. Ein Bindenzug kam bis¬ 
her in der vom Autor vorgnschlagenen Form 
nicht zur Verwendung, wenn auch einzelne Ver¬ 
suche dazu gemacht wurden (Wilma, Carol). 

I{ o b i n s o li n laßt, bei seiner Methode, 
Fixierung mittelst sog. Schlitzbinde, 
eine Binde in einer Tour um das Objekt her¬ 
umlegen, den rückläufigen Schenkel derselben 
durch einen Längsschlitz des umfassen¬ 
den Schenkels hindurehtreten und d i e he i den 
Enden bei entgegengesetzter Verlaufs- und 
Wirkungsrichtung mit gleich schweren Ge¬ 
wichten belasten. 

Die Vorteile dieser neuen Kobin¬ 
sohnsehen Schlitzbinde zeigen sielt in 
überraschender Weise besonders bei schwie¬ 
rigen A ufnahmen: bei S c h ä d e 1 - und Beck e n - 
auf nah men, bei der Röntgenographie wink¬ 
liger Ankylose n und K o n t r a k t u r e n, bes. 
am Knie- und Ellbogengelenk, des Thorax, 
der Schulter tt. s. w. Die Anwendung der 
Schlitzbinde sichert gleichmäßige, ruhige, sanft 
sich einschleichende Kontraktion, fast 
immer ohne Schmerzen in den kranken 
Partieen, nur ist darauf besonderes Gewicht 
zu legen, daß die Beschwerung durch Ge¬ 
wichtstücke etc. an beiden Enden der Binde 
gleichgroß gewählt, und daß man jene zu 
gleicher Zeit sinken lasse. Es ist auch darauf 
zu a c, h t e n, daß z. B. bei frischen Frakturen, 
wo die Fragmente durch die Umschnürung fin¬ 
den Heilungsverlauf in ungünstiger Weise 
disloziert werden könnten, selbstverständ¬ 
lich von einer direkten Umwicklung der 
verletzten Teile Umgang zu nehmen ist. 

Bei Kinderaufnahmen, die allgemein 
von den Autoren als mit besonderen Schwie¬ 
rigkeiten verbunden dargestellt werden, be¬ 
währt sich die Schlitzbinde, die unter 
Umständen in mehreren Exemplaren 


angelegt werden kann, besonders gut, weil 
sie absolute Fixation von beliebiger 
D a u e l- gestattet. 

Aber nicht die Aufnahmetechnik allein 
macht das Anwendungsgebiet der neuen 
Fixationsmethode aus; auch bei therapeu¬ 
tischen Bestrahlungen und chirur¬ 
gischen Eingriffen ist ihre Verwendung 
t on großem Vorteil. 

Über die Anwendung der Schlitz¬ 
binde sind folgende Angaben wichtig. Die 
Länge der Binde soll die Breite des Auf¬ 
nahmetisches um 1 1 1 * Meter überschreiten; 

für Kopf und Extremitäten genügen kürzere 
Binden, für Rumpfaufnahmen sind längere 
nötig. Als beste Breite hat sich eine solche 
von 15 cm erwiesen; ist die Binde zu schmal, 
so schneidet sie wie eine Schnur ein; event. 
kann sie noch mit wenig Watte unter¬ 
polstert werden. Mittelst der Schlitzbinde wird 
nun der aufzunehmende Teil einmal um¬ 
schlungen und über der Konvexität des be¬ 
treffenden Körperteiles der eine Schenkel der 
Binde, durch einen in den anderen Teil der¬ 
selben eingerissenen Läugsschlitz hindurch¬ 
gezogen. Mit je einer Hand hält eine Person 
ein Bindenende fest, befestigt daran, eventuell 
vermittelst eines besonderen Hakens, beider¬ 
seits ein gleich schweres Gewicht von je 
ca. 3—4 kg, bei Kindern entsprechend weniger, 
und läßt dasselbe mit der einen Hand lang¬ 
sam und vorsichtig sinken, ohne daß die andere 
Hand die Binde losläßt, um Erschütterungen 
zu vermeiden. Beide Bindenschenkel folgen 
dem Zug und spannen sich gleichmäßig an. 
Aber auch eine einzelne Person ist bei 
einiger Übung imstande, die Schlitzbinde kunst¬ 
gerecht anzulegen. 

Ich habe die Schlitzbinde nach den ge¬ 
schilderten Vorschriften in Verwendung ge¬ 
zogen und bin mit ihren Leistungen recht zu¬ 
frieden, so daß ich ihre Anwendung den 
Kollegen warm empfehlen kann; die an sich 
einfache Technik lernt sich rasch. 

Ernst So mm er-Winterthur (Schweiz). 


Ein Dänipfungskasten für den Elektrolytunterbrecher. 

Um das störende Geräusch des elektrolytischen Unterbrechers mög¬ 
lichst zu reduzieren, wurde vom Elektrotechnischen Laboratorium 
Aschaffenburg ein sehr sinnreicher Dämpfungskasten ausgeführt, wie 
die umstehende Fig. zeigt. *Er besteht aus Holz. Der Deckel ist aufklappbar, 
der Hohlraum paßt genau für bequemes Einsetzen des elektrolytischen 


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Fortschritte der Technik. 


Unterbrechergefäßes. Der ganzen Länge nach läßt sich der Kasten, der auf 
beiden Seiten mit Fenster versehen ist, durchschauen, der Unterbrechungs¬ 
vorgang kontrollieren. 



Das Innere des Kastens ist mit Sägespänen oder dergl. schalldämpfen¬ 
den Materialien ausgefüllt. Schließt man den Kasten, so ist das Geräusch 
des Unterbrechers kaum mehr vernehmlich. 


Heißluft-Apparate nach Professor Bier. 

Der wichtigste Faktor bei der Behandlung chronischer Gelenker¬ 
krankungen, welche mit Ergüssen, Auflagerungen, Verdickungen oder auch 
Zerstörungen der das Gelenk zusammensetzenden Teile einhergehen, ist die 
Wärme und zwar für hohe Wärmegrade allein in der Form der heißen Luft. 

Das Verdienst, für diesen Zweig der physikalischen Therapie außer¬ 
ordentlich brauchbare, einfache und billige Apparte gaschaffen zu haben, 
gebührt dem Bonner Chirurgen Bier. 

Gegenüber der Tatsache, daß in Verbindung mit der Heißluft-Thera¬ 
pie meist die sehr teueren, komplizierten und wenig praktischen Tallermann- 
schen Apparate genannt werden, muß man betonen, daß Bier, der mit den 
Apparaten seit 1891 arbeitet, durchaus die Priorität auf diesem Gebiete gebührt. 

Die Apparate, welche für jedes Gelenk, sowie für Brust und Ober¬ 
körper besonders konstruiert sind, bestehen aus einem Kasten von harzfreiem 
Holz, der außen mit dichtem Stoff überzogen ist und an dem zur Aufnahme 
des Körperteils bestimmten Ende eine Filzmanschette zur Abdichtung trägt. 
Ein sog. Quinckescher Schornstein mit verstellbarer und dadurch regulierbarer 
Heizvorrichtung (Gas, Spiritus) führt dem Kasten 1 die Wärme zu. Ein Ther¬ 
mometer ragt frei in den Kasten. 


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Fortschritte' der Technik. 


217 


Der Raumgehalt; der Bierschen Heißluftkästen steht wegen des 
besseren Heizeffektes in einem bestimmten Verhältnis zu dem Volumen 
des zu behandelnden Körperteiles. Die Apparate werden von der bekannten 
Firma F. A. Eschbaum in Bonn geliefert. 


„Anodynon“, schmerzstillender Wärmeapparat. 

Unter diesem Namen bringt Gg. R. Bielitz, München, Schwanthaler¬ 
straße 171 einen Wasserdampfapparat in den Handel, der sich überall da an¬ 
wenden läßt, wo für längere Zeit die Applikation konstanter Wärme ange¬ 
zeigt erscheint. Der Apparat ist einfach in seiner Konstruktion und Bedienung 




und hat sich in der Praxis wohl bewährt. Die in der dem Apparate beige¬ 
gebenen Broschüre aufgezählten Vorteile bestätigen sich beim Gebrauch. 
Man ist in der Lage, mit einem geringen Aufwand an Spiritus für viele 


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Fortschritte dev Technik. 


Stunden eine Wärme von ca. 50° C auf jeden beliebigen Körperteil einwirken 
zu lassen. 

Die Handhabung des Wärmeapparates ist folgende: Man 
füllt den Dampfkessel mit heißem Wasser, welches in kurzer Zeit durch die 
ganz hoch brennende Spiritusflamme auf Thermometerstand 100° C erhitzt, 
ist. Ungefähr ein Meter vom Patienten entfeint auf einem Schemel stellt 
der Kessel, von welchem weg der Dampfschlauch zur Dainpfscliiissel führt. 
Am Ableitungsröhrchen derselben ist der abführende Schlauch befestigt, der 
zum Eimer geht. Zeigt das Thermometer 100° C, so öffnet man dem Dampfe 
den Weg zur Dampfschüssel, die nach kürzester Zeit die gewünschte Tem¬ 
peratur aufweist. Alsdann legt man, nachdem die Spiritusflamme um die 
Hälfte verkleinert worden und das Thermometer 95° C angibt, die Dampf¬ 
schüssel unter Vermeidung von Abknickungen der Schläuche auf den be¬ 
treffenden kranken Körperteil des Patienten. So bleibt sie die gewünschte 
Zeit liegen, und man hat nicht nötig, irgend welche weitere Manipulationen 
vorznehmen, als eventuell den Spiritus nach etwa 10 Stunden zu erneuern. 

Der Dampf kühlt sich auf seinem Wege durch den Schlauch be¬ 
deutend ab, erfährt eine weitere Abkühlung in der dem Körper anliegenden 
Form und wird mit 50° C vom Körper selbst empfunden. Die Formen sind 
mit Tuch umkleidet, so daß eine Verbrennung völlig ausgeschlossen 
ist. Für die einzelnen Körperteile hat man verschiedene Formen von Dampf¬ 
schüsseln. Durch Dazwischenlegen von Tüchern etc. zwischen Körper und Dampf- 
schiissel kann man die Temperatur beliebig vermindern. Ist der Apparat 
im Gange, dann funktioniert er ohne Bedienung tadellos weiter und kann er 
z. B. die ganze Nacht in Betrieb bleiben ohne Störung für den Patienten 
und das Wartepersonal. Auch kann der Apparat an jede Dampfheizung 
angeschlossen werden. 


Röntgenpapier für Radiogramme. 

Die Neue „photographischeGesellschaft“ in Steglitz bringt ein .Röntgen¬ 
papier“ auf den Markt, das bei Herstellung der Negative, anstatt der sonst 
üblichen Glasplatten verwendet werden soll. Wir haben einige Vergleichs¬ 
aufnahmen gegenüber Schleußner-Platten gemacht und gefunden, daß für 
leichtere Aufnahmen (z. B. Hand) und gröbere Veränderungen dieses Papier 
wohl genügt, aber doch viel Struktur verloren geht, sodaß es nach unseren 
bisherigen Versuchen zu urteilen, nicht für den Nachweis feiner Veränderungen 
oder bei schwierigen Aufnahmen in Konkurrenz treten kann. 


Der neue Elektrolyt- (Wehnelt-) Unterbrecher 

des Elektrotechnischen Laboratoriums Aschaffeniiurg. 

Das Modell des Eleklrolytunterbrechers mit aufsteigender Gasblase, 
welches von Dessauer seit einigen Jahren eingeführt worden ist, wurde neuer¬ 
dings erheblich verbessert. 

Um die Unterbrechungsblase frei nach oben aufsteigen zu lassen, muß 
die Anode in einem U-förmig gekrümmten Rohr durch die Säure geführt 


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Fortschritte der Technik 


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werden. Trotz sorgfältigster Isolation der Drahtseele in diesem Rohr kam 
es doch hin und wieder vor, daß das Hartgummi des Einführungsrohres von 
der erwärmten Säure verbogen oder allmählich erweicht und unzuverlässig 
gemacht wurde. Insbesondere die Stelle, an der die Porzellanhülle über das 
freie Ende der Anode geführt wird und jene andere, wo der Zusammenstoß 
des U-förmigen Hartgummirohres mit dem aufsteigenden Teile erfolgte, 
gab nach längerer Betriebsdauer hin und wieder zur Reparatur Veranlassung. 



Fig. I. 



Andererseits hat das Prinzip der aufsteigenden Gasblase, insbesondere 
kombiniert mit der Unterbrechung in einem begrenzten Raume, seine großen 
Vorteile. Das freie Ende der Anode mündet in eine Höhlung, in die die 
Säure von beiden Seiten eindringt. In diesem begrenzten Raum spielt sich 
der Unterbrechungsvorgang ab. Die Temperatur in diesem Raum ist immer 
etwas erhöht, überschreitet aber nicht die Grenze des Optimums, weil die 
Zii-kulation der Säure eine ganz energische ist. 

Durch diese beiden Umstände, freies Aufsteigen der Unterbrechungs¬ 
blase und Verlauf des Unterbrechungsvorganges in einem begrenzten Raume 
von etwas erhöhter Temperatur, arbeitet der Unterbrecher außerordentlich 
geräuschlos und sparsam. 

Die Verbesserung besteht nun darin, daß es nach langer Mühe 
gelang, den ganzen U-förmigen Körper bis zu der Stelle, wo der Platinstift 
ansetzt, aus einem Poi’zellanrohr herzustellen, in die Höhlung dieses Rohres 
die Stromzuführung säuredicht zu befestigen und die zur Regulierung dienende 
Porzellanhülle dicht darüber zu führen. 

Das hierzu verwandte beste Material von vollkommener Säurebe¬ 
ständigkeit und höchster Isolationsfähigkeit gewährleistet nun einen reparatur- 
losen Betrieb. 


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Fortschritte der Technik. 


Am vorhandenen Unterbrecher kann dieses Porzellanrohr eingesetzt 
werden, ebenso kann ein vorhandener Wehneltunterbrecher durch Einsendung 
des Deckels mit der gesamten Armatur nach diesem Prinzip umgearbeitet 
werden. Die Skizze I veranschaulicht die wenigen Teile des Unterbrecher¬ 
modells, Skizze II zeigt den Unterbrecher zusammengestellt. 


Die bekannte Röntgenröhren-Fabrik von C. H. F. Müller in Hamburg 

bringt einige bemerkenswerte Neuheiten auf den Markt, die wir im Nach¬ 
folgenden unseren Lesern kurz bekannt geben wollen. 

1. Neue Wasserkühlröhre 141. 

Mit der zunehmenden Verwendung von Operations- und Unter¬ 
suchungstischen, bei denen sich die Röntgenröhre unterhalb des Objektes be¬ 
findet, ergab sich die Notwendigkeit, eine modifizierte Wasserkühlröhre ein¬ 
zuführen, da die bisherige Form eine derartige Verwendung nicht gestattet. 
Die hier abgebildete Form wurde von der Müllerschen Fabrik zu diesem 
Zwecke konstruiert und gestattet, nicht nur die Durchleuchtung von unten, 



(Fig. I). 


sondern auch, wie die bisherigen Modelle, in allen übrigen Stellungen. Die 
neue Form weicht nur wenig von der früheren ab. Der Wasserbehälter ist 
oben mit zwei Öffnungen versehen, von denen eine, die sich unten befindet, 
durch einen Stöpsel verschlossen wird, um ein Auslaufen des Wassers zu 
verhindern. Die andere nach oben gerichtete Öffnung bleibt offen. 

Beim Gebrauch darf die Röhre niemals ganz horizontal stehen, 
sondern die Kathode muß stets tiefer als der Wasserbehälter sich befinden; 
denn nur so wird eine Zirkulation des Kühlwassers ermöglicht (Fig. I). 

2. Röhre mit doppelter Regulierung. 

Um die Lebensdauer der Wasserkühlröhre noch mehr zu erhöhen, 
fertigt die Fabrik Röhren mit zwei von einander unabhängigen Regulierungen 
an. Nach Erschöpfung der einen Regulierung wird der Regulierdraht von 
ihr entfernt und an dem entsprechenden Ansatz der zweiten Regulierung 
befestigt. Dann steht ein vollkommen neues und ungebrauchtes Material 
zum Weichermachen der Röhre zur Verfügung. 


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'Fortschritte der Technik. 

3. Wichmannröhre. 

Ferner bringt die Fabrik die auf dem Berliner Röntgenkongreß 
demonstrierte Wichmann-Röhre für Therapie und Aufnahmezwecke in den 
Handel. ' 

Diese Röhre hat den Zweck, einen sicheren Röntgenschutz für Arzt 
und Patienten, sowie die günstigste Einstellung zu gewährleisten. 



(Fig. 11). 


Mit Ausnahme eines Kreisabschnittes, dessen Mittelpunkt genau der 
Mitte der Antikathode gegenüber steht, ist die der letzteren gegenüber 
liegende Glaswand mit einem angeblich sicheren Schutzstoff versehen. Auf 
diesen Kreisausschnitt kann ein Tubensystem, welches auf den Mittelpunkt 
der Antikathode zentriert ist, aufgesetzt werden. Hierdurch ergehen sich 
folgende Vorzüge: 

1. Da auch die Tuben als Schutzvorrichtung ausgeführt sind, so ist 
jeder weitere Röntgenschutz für Arzt und Patient unnötig. 

2. Die Tuben dienen bei der Durchleuchtung und der Aufnahme zu¬ 
gleich auch als Blenden; die Strahlung läßt sich nämlich noch durch eingelegte 
Bleiausschnitte beliebig begrenzen. 

3. Allen Anforderungen der Therapie wird genügt insofern, als eine 
genaue Lokalisation der Strahlen ermöglicht wird; auch sind die Tuben leicht 
desinfizierbar und sterilisierbar. 

Als Grundform der Röhre können alle bekannten Modelle der Müller¬ 
röhre verwendet werden. Für obige Form wird ein Aufschlag von Mk. 15.— 
berechnet, von denen Mk. 5.— bei Zurücksendung der Röhre und Neube¬ 
stellung vergütet werden. Zu empfehlen sind besonders die Röhren No. 13 a 
(Preis nach Wichmann Mk. 65. — ) und die Wasserkühlröhre No. 14 (Preis 
nach Wichmann Mk. 100.—); aber es werden auf Wunsch auch die billigeren 
Röhrentypen mit dieser Ausrüstung geliefert (Fig. II). 

4. Endlich bringt diese Firma einen neuen Röntgenschutz auf den 
Markt. Es ist dies ein für Röntgenstrahlen angeblich undurchlässiger Gummi- 
schutzstoff, der den Vorteil hat, nicht leitend zu sein, ein Durschscblagen 
des Funkens auszuschließen und daher zum Auskleiden der Blendenkästen 



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Fortschritte der Technik. 


besonders geeignet sein soll. Er soll sich auch für die Anfertigung von 
Handschuhen. Schürzen und ähnlichen Schutzvorrichtungen verwenden lassen; 
ebenso natürlich auch zum Abdecken der Körperteile des Patienten. Breite: 
60 cm; Preis per Meter Mk/ 20.—. 


Chemisch-pharmazeutische Berichte. 

Phagocytin. Die Firma Hugo Rosenberg Berlin bringt unter diesem 
Namen nucleinsaures Natrium in steriler Lösung fertig in den Handel. Seine 
Anwendung wird empfohlen zur Anregung des Nervensystems; auch soll es 
die Ernährung günstig beeinflussen. 

Nähere Mitteilungen folgen in aller Kürze. 

Die Firma G. & R. Fritz in Wien bringt neuerdings in den Handel: 

Butipyrinum, eine Verbindung von Pyramiden mit Butylchloralhydrat, 
also identisch mit dem Trigemin; es wird als Antineuralgikum empfohlen. 

Gouttinnni ist chemisch als anhydromethylen-zitronensaures Natron 
aufzufassen und wird als Gichtmittel empfohlen. 

Proteol Doyen ist eine Eiweiß-Formaldehyd-Verbindung und dient als 
Antiseptikum. 

.Weitere Mitteilungen über die genannten Präparate folgen. 

Ferner sind noch in den letzten Wochen an neuen Arzneimitteln be¬ 
kannt geworden: 

Traumasan, eine zusammengesetzte Wundsalbe. Fabrikant: B. Kraus 
in Eßlingen am Neckar. 

Valviu eine Salbengrundlage. 

Antidiabeticum fluid., soll aus Sonecioextrakt und Salicylsäure be¬ 
stehen und wird bei Diabetes empfohlen. Fabrikant: Willi. M. Stock, Düsseldorf. 

Taeniol von der Firma Krewel & Co., G. m. b. H., Köln a. Rh. her¬ 
gestellt, wird von Dr. Goldmann als Wurmmittel sehr empfohlen. Es besteht 
aus Dithymolsalicylat, Terpentinöl und Sebirol, dem wirksamen Bestandteil 
einer Embeliaart. Das Präparat kommt in Gelatinekapseln in den Handel. 

Secornin ist der neue Name für Ergotin Keller, ein schon lange be¬ 
kanntes Fluidextrakt-Präparat. Dasselbe wird nach den Angaben des Fabri¬ 
kanten Hoffmann-La Roche & Co. in Basel so eingestellt, daß 1 gr Secornin 
4 gr Secale coenutum entspricht. 

Sterol ist eine neue Salbengrundlage. 

Broineton ein neues Narkotikum, ist tertiärer Tibroinbutylalcohol. 
CiHiOBnt. Es stellt ein kampferartig schmeckendes und riechendes weißes 
kristallinisches Pulver dar; es soll in Dosen zu 0,3—0,6 bei Schlaflosigkeit 
und Nervenleiden gute Dienste tun. 

Von der Firma Dr. H. Nördlinger, Flörsheim a. M., sind folgende neue 
Präparate in den Handel gebracht worden: 

Diplin, ein durch Harzseife löslich gemachtes Teeröl. 

Krelulion und Kremulsion sind beide Kresolseifenpräparate. 

Aetlirole, wasserlösliche Antiseptika, welche zur Zerstäubung in 
Zimmern und für Waschungen Anwendung finden sollen. Die Bestandteile sind : 
Eucalyptol, Menthol und ätherische Öle ähnlich der Zusammensetzung des 
Eau de Cologne, sowie Spiritus. 


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Port,schritte der Technik. 

Ichthyoraenthol ist durch Sokal (Wiener Med. Pr., 1905, Nr. 43) mit 
gutem Erfolg bei rheumatischen Neuralgien, Muskelschmerzen und neural¬ 
gischen Kopfschmerzen als Einreibung angewendet worden; es stellt ein 
Präparat dar, das aus Ichthyol, Menthol, salicylsaurem Menthol und Alkohol 
bestehen soll. 

Novocain p. Aminobenzoyldiaethylaminoaethanol, ist ein von den 
Höchster Farbwerken hergestelltes, von H. Braun in den Arzneischutz ein¬ 
geführtes neues Lokalanästhetikum. Das Präparat besteht aus feinen Nüdel¬ 
chen, die bei einer Temperatur von 156° schmelzen, ln Wasser löst sich 
Novocain im Verhältnis 1 : 1 und erleidet beim Aufkochen der Lösung in keiner 
Weise eine Zersetzung; nach tagelangem Stehen in lose verstopften Glas¬ 
flaschen bleibt dieselbe völlig klar; die Reaktion ist neutral. Aus der 
Lösung wird durch ätzende und kohlensaure Alkalien die freie Base in 
Form eines farblosen Öls, das sehr bald kristallinisch erstarrt, ausgeschieden. 
Natriumcarbonatlösung ruft dagegen keine Veränderung hervor. 

Die Alkaloidreagentien wie Kaliumquecksilberjodid, Jodjodkalium, 
Pikrinsäure rufen selbst in sehr verdünnten Lösungen noch Niederschläge 
hervor. 

In kaltem Alkohol löst sich das Salz im Verhältnis 1:30. Subkutan 
injiziert wirkt das Novocain sehr stark anästhesierend, allerdings ohne lange 
Dauer, doch läßt sich die Wirkung mit Vorteil erhöhen durch Zusatz von 
Suprarenin. 

Eine absolute Reizlosigkeit wurde von Braun festgestellt. Dieser läßt 
0,1 gr Novocain in 10 oder 5 gr physiologischer Kochsalzlösung unter Zusatz 
von 10 Tropfen Suprareninlösung (1 : 1000) verwenden. 

Kalium permanganatpaste wird von der Firma J. D. Riedel A.-G. 
Berlin in den Handel gebracht. Sie besteht aus 2 Teilen Kal. permanganat, 
1 Teil Kieselgur und 1 Teil Ung. paraffin. H. Vörne empfiehlt dieselbe bei 
kleineren Operationen als bestes Hämostatikum und bei Nasenblutungen. 

Alypin, ein Lokalanästhetikum an Stelle des Cocain; es ist chemisch 
das salzsaure Salz von Benzoyltetramethyldiaminoaethyldimethylcarbinol. 
Es stellt in Wasser leicht lösliche Kristalle dar, deren Lösungen ohne Zer¬ 
setzung sterilisiert werden können; es findet Anwendung in 10°/ 0 iger Lösung zu 
Injektionen und Einpinselungen. Von der Firma Friedrich Bayer & Co. 
Elberfeld wird es hergestellt. 

Clavin wird von der Firma E. Merck in Darmstadt fabriziert und stellt 
ein Mutterkornpräparat dar, das besonders geeignet ist, heftige Wehen her- 
vorzurufon, ohne Gangrän oder Krämpfe zu erzeugen. Es stellt ein weißes 
kristallinisches Pulver dar, das in Wasser leicht löslich ist; es findet in Form 
von Tabletten zu 0,02 pro dosi innerlich Anwendung, ebenso aber auch als 
Injektion zu 0,02 pro 1 ccm Wasser. 

Formicin, ein Ersatzpräparat für Jodoform, ist chemisch Formal- 
dehydacetamid; es ist ein kristallinischer aber sehr hygroskopischer Körper, 
der aus diesem Grund in Form einer dicken Flüssigkeit in den Handel kommt. 
Es findet Anwendung als Desinficiens und Antiseptikum. Fabrikant: Kalle 
& Co., Biebrich a. Rh. 

La Zyma, ein Gallensteinmittel der Akt.-Ges. La Zyma in Montreux. 
Nach Angabe der Fabrik enthält es: Natr. choleinicum, Carduus inarinus, 


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Fortschritte der Technik. 


Taraxacum, Nasturtium, Chinarinde und ein Ferment, das aus den Lebern 
gallensteinkranker Tiere gewonnen wird. 

Fortose, ein aromatisiertes Fleischnährpräparat, das durch die Firma 
Brückner, Lampe & Co. in Berlin vertrieben wird. Es besteht hauptsächlich 
aus Fleisch hergestellter Hemialbumose. In wässrigen Flüssigkeiten löst es 
sich sehr leicht auf. ist geschmaek- und geruchlos und soll leicht vertragen 
werden. Man reicht es kaffeelöffelweise in Fleischbrühe, Milch, Tee u. dergl. 

Gasterogen ist ein Stomachikum, welches vom chemischen Labora¬ 
torium Weydenberg in Berlin, NW 21, hergestellt wird. Das Präparat enthält 
Hundemagensaft und wird auch mit Zusätzen von Rad. rhei oder Cort. chinae 
oder Cort. condurango geliefert. 

Lactoserve ist ein vornehmlich in der Kinderpraxis Anwendung fin¬ 
dendes Präparat von der Firma C. F. Böhringer & Söhne in Mannheim-Wald¬ 
hof. Es stellt eine in Pulverform umgewandelte Buttermilch dar, zu deren Be¬ 
reitung pasteurisierte Milch (1 Teil Vollmich und 2 Teile Magermilch) durch 
Milchsäurebakterien der Säuerung unterworfen wird. Die entstandene Sauer¬ 
milch wird dann im Vakuum bei 50° zum Trocknen gebracht und mit einem 
Zusatz von Zucker, Mehl und Pflanzeneiweiß zu einem feinen Pulver ver¬ 
rieben. Das Präparat mit Wasser verrührt und geschüttelt stellt eine an¬ 
genehm säuerlich schmeckende Emulsion dar. 

Die Bestandteile sind: Stickstoffsubstanz 22%, Wasser 12%, Fett 
10%, Kohlenhydrate 46%, Asche 5%. In letzterer 0,7% Phosphorsäure, 
3% Milchsäure. 

Formaminttabletten. 

Von der Firma Lüthi & Buhtz in Berlin kommt seit kurzem unter 
dem Namen „Formaminttabletten“ ein Präparat in den Handel, das in guter 
Dosierung 0,01 Formaldehyd mit Saccharum und Gummi verarbeitet enthält. 
Als Geschmackskorrigens dient etwas Zitronensäure und Orangenblütenöl, 
während kleine Mengen von Pepsin-Salzsäure die Abspaltung des gebundenen 
Formaldehyds im Speichel des Mundes bei Auflösung ermöglichen. Prof. 
Seifert in Würzburg hat mit dem Präparat experimentelle Untersuchungen, 
mit Aufschwemmungen von Streptokokken, Pneumokokken, Typhus und 
Diphtheriebazillen angestellt und sehr gute Resultate erzielt. Er berichtet 
wie folgt: „Eine Tablette in 10 ebem Wasser gelöst war imstande, in 5— 
10 Minuten sämtliche Keime abzutöten. Angestellte Kulturversuche in 
Bouillon, Agar und Gelatine fielen negativ aus, d. h. die Nährböden blieben 
steril, während Kontrollversuche deutliche Entwicklung der Kulturen auf¬ 
wiesen. Auch Tierversuche führten zu einem gleichen Resultate.“ 

Prof. Seifert schreibt weiter: „Im speziellen eignen sich die Forma- 
mintlabletten in erster Linie zur Behandlung infektiöser Halserkrankungen, 
wo sie wegen ihrer Doppelwirkung innerlich auf den Gesamtorganismus und 
lokal als Ersatz desinfizierender Gurgelwässer bei ihrer hohen baktericiden 
Fähigkeit ein hervorragendes therapeutisches Präparat darstellen. 

Ihr Wert für die allgemeine Praxis wird noch erhöht durch die 
nicht geringen Schwierigkeiten, die das Gurgeln nicht allein bei Kindern, 
sondern gar nicht selten auch bei Erwachsenen bei der Behandlung bereitet. 
Ich habe bei einer nicht geringen Zahl von Angina lacunaris, die ich im Laufe 
des Winters und des Frühjahrs zu beobachten und mit Formaminttabletten 


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Fortschritte der Technik. — Autorenregister. 


225 


zu behandeln Gelegenheit hatte, den therapeutischen Wert dieser Tabletten 
sehr schätzen gelernt, insbesondere bei kleinen Kindern, die noch nicht gurgeln 
können. Ganz besonders gute Dienste leisteten mir die Tabletten bei einem 
Fall von traumatischem Ulcus an der hinteren Rachenwand bei einem drei¬ 
jährigen Kinde, das nicht gurgeln konnte, und sehr schwer unter den Schling¬ 
beschwerden litt. Dabei bestand ein sehr intensiver Foetor ex ore. Ich ließ 
alle zwei Stunden eine halbe Tablette nehmen und fand schon nach 24 
Stunden eine wesentliche Erleichterung der Schlingbeschwerden, fast völliges 
Verschwinden des Foetors; nach 6 Tagen war das Ulcus geheilt. 

In einem Falle von Bronchitis foetida hatte Robert (Deutsche Militär¬ 
ärztliche Zeitschrift 1905, Nr. 5) durch längeren Gebrauch einen überraschend 
guten Erfolg. Über den Wert des Formaldehyds für die interne Therapie 
sind von einer großen Anzahl von Forschern zahlreiche Versuche angestellt 
worden, die in einer Arbeit von Dr. Paul Rosenberg in „Therapie der Gegen¬ 
wart“ näher beschrieben sind. 


Autorenregister. 

Adamson 178. — Albers-Schönberg 156. - Alexander 108. — Alsberg 203. -- Arons 189. — 
Asmann 191. — Bade 204. — Bagge 173. - Baennann 175. — Balsamott' 147. — Barion 176. — 
Bassenge 170. — Bauer 205. — Bauregard 174. — Bayer & Co. 223. — Bechterew 141. — Beck 174. — 
Beclöre 134. — Becquerel 165. — Belot 134. — Benoist 161. — Berger 151. — v. Bergmann 147. — 
Bergonie 183. — Berzelius 92. — Berillon 197 — Berneck 93. — Berthold 87. — Berton 174. — 
Bethe 187. -Biedermann 165 Bielitz217.- Bier 129.- Blaise 174. — Blakre 174. — Boos 149. — 
Bodliinder 85. — Böhringer 224. — Bokenhain 185. — Boltzmann 164. — Bram 170.— Brand 184.— 
Brauner 140. - Bredig 85. — Brieger 192. — Brocg 136. Brückner 224. — de Bruin 96. — 
Bulkley 184. - Bulling 190. Buorno 174. — Burke 179. — v. Celebrun 169 — Championuiere 175. — 
Chiari 98. — Cogrel 197. — Cohen 96. — Comas 143 Cowl 142. — Crzellitzer 144. — Cursch- 
maun 184. — Danielsen 191. — Dessauer 157. — Destol 175. — Diehl 192. — Duchenne 162. — Eher¬ 
lein 197. — Ebennaier 99. — Edison 209. — Elster. — Eschbaum 217. — Evlerlltl. — Fandino 104. — 
Fellner 168. Einsen 184. - Fiorentini 174. — Fisch 168. — Flemming 87. — Forbes-Ross 174 — 
Fraenkel 98. Franke 100. — Frankenhäuser 167. — Frantz 165. — Franze 152. — Freund 99. — 
Friedemaun 96. — Fritz 222. — Galeott.i 94. — Gamlen 187. — Gehlhoff 197. — Geitel 182. — 
Genoud 174. - Gocht 105. — Goldinann. 222 - Giirl 182. — Graham 83. — Gras 174. — Greef 193. - 
Greichard 174 Grunmach 144. — Gut,lirnie 176. — Haglund 173. — Hamburger 83. - Hardy 85. — 
Haret. 174. — Harnack 18". — Heinecke 177. — Hekmaun 97. — Helber 178 — Helmholtz 85. — 
Hennecart 146. — Heunegug 88. — Hennig 152. — Henri 94. — Hertwig 87. — Herzog 94. — 
Hewitt 189. — Hill 191. — van t’Hofl'89. — Holzknecht 173. — Hueck 84. — Hüll 166. — Hubert 175. — 
Immelmann 177. — Jahr 197. — v. Jakscli 176. — Janosik 87. — Jastram 174. — Jefl'eriss 179. — 
Jellinek 163. — Joachimsthal 147.— Jones 186. - Joseph 190. - v. Jürgensen 100. — Junod 131.— 
Kalle 223. Katholicky 147. — v. Kathy 173. — Kaufmann 100. — Kienböck 159. — Kirmisson 175. 

— Klein 103. — Klein-Bähringer 170. — Klingelfuss 151. — Kobler 170. — Köhler 146. — 
v. Kowalsky 151. — Krafft 141. — Kranzeder 197. — Kraus 222. — Krause. — Kurelia 163. — 
Kussinaul 141. — Lampe 224. — Lange 207. — Langlois 197. — La Roche & Co. 222. — Leonard 179. 

- Lepper 177. — Levy 202. — Levy-Dorn 104. — Liebermeister 184. — Unser 178. — Loeb 83. — 
Loebchel 168. — Liithi &. Buhts 224. — v. Luzenberger 162. — Maröchol 197. — Mathes 184. — 
Mazery 197. — de Mendoza 197. — Merck 223. — Metzner 152. — Meyer 92. — Michelson 166. — 
Miller 141. — Milner 103. — Minck 174. — Moszkowicz 177. — Mott 207. Müller 220. — Münch 177. 

Mund 163. — Müsch 159. — Neissen 96. — Nenadovic 168. — Neustätter 187. — Neweornet 175. — 
Niehols 166. — Noble 166. — Noire 150. — Nordlinger 222.- Nötzel 190. —Oeslin 191. — Öfter 172. — 
Ostwald 93. — Overton 92. — Pauli 83. — Perez 103. - Perthes 161. — Pcrutz 197. — Peters 207. — 
v. Pöhl 172. - Poineare 166. •— Poinier 175. — Ponfick 99. — Prio 143. — Puffier 139. — Puton 85. — 
Querin 175. — Quincke 85. — Reiniger, Gebbert & Schall 190. — Reitz 190. — Reynier 175. — 
Ricard 175. - Riebet 197. — Riedel 223. — Rieder 174. — Riedinger 98 — Riess 184. — Ringer83. — 
Riviere 174. — Robert 225. — Robinsohn 162. — kontier 175 — Rosenbach 177. — Rosenberg 222 — 
Rosenthal 152. — Rumpel 104. — Sabouraud 150. — Sabrazes 174. — Sachs 197. — Salzwedel 192. — 
Sainbue 174. — Schi Id 181. — Schleussner 181. — Schnee 153. — Schönbein 92 — Schoop 209. — 
Schott 189. — Schultz 174 — Schnitze HO. — Schwarz 87. — Sebilon 175. — Seifert 224. — 
Sidney 83. — Siebert 214. — Sokal 223. — Solger 192. — Sotnanis 174. — Somerville 185. — 
Sommer 122. 139. — Sorgo 109. — Spiro 90. — Spring 85. — Stark 158. — Stegmann 177. — 
Settegast 139. — Stieda 144. — Stiller 173. — Stock 222. — Strasser 170. — Strassmann 148. — 
Sträter 148. — Struppeler 173. — Tallermann 216. — Trapp 158. — Traun 202. — Trouton 166. — 
Tuffier 175. — Ullmann 168. — Unger & Hoffmann 197. — V’isser 94. - Vogl 184. — Vörne 223. — 
Walter 149. — Walther 175. — Weecke 129. — Wehner 197. — Weichselbaum 99. — Weigert. — 
Weinberger 147. — Weiss 172. — Welker 112. — Wertheim-Salomonson li>6. — Wesche 153. — 
Westendorp 197. Werterer 193. — Weydenberg 224. —Wichmaun 221.— Wiechert 165. — 
Wien 183. — Wiesel 107. — Wiesner 105 — Williams 184. — Wilms 215. — Wind 164. — 
Winternitz 192. — Wolfenden 174. — Wolff 147. — Zacharias 159. — Zanietowsky 187. — 
Zeemann 165. — Zelle 169. — v. Zicinssen 184. — Zondeck 146. — 


Archiv f physik. Medizin etc. 


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226 Bezngsquellenliste. 


Bezugsquellenliste 

für den Gesamtbedarf der praktischen Medizin. 

Bei (len in fetter Schrift gedruckten Firmen bitten wir die entsprechenden Anzeigen 

im Inseratenteile zu beachten. 


Röntgenologie. 

Röntgenapparate. 

Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation 
vorm. Ernst Herbst & Firl, Görlitz. 

(Sieh« Inserat.) 

Elektrotechn. Laboratorium, Asehaffen- 

blll’g. (Siehe Inserat.) 

Fr. Klingeifuü & Co., Basel. (Siehe Inserat.) 
Max Kohl, Chemnitz in Sachsen. 
Mitteldeutsche Elektrizitätswerke, Berlin. 
Polyphos, G. in. b. H., München. 

Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen. 


Röntgenröhren. 

Heinz Bauer & Co., Berlin, Lützowstraße. 

(Siehe Inserat.» 

Max Becker & Co., Hamburg. (Siehe Inserat.) 
Emil Gundelach, Gehlberg. (Siehe Inserat.« 
C. H. E Müller, Hamburg. (Siehe Inserat) 


Röntgenplatten. 

Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation, 
Berlin. (Siehe Inserat.) 

J. Hauff «St Co., Feuerbach. 

Adolf Herzka, Dresden. 

Richard Jahr, Dresden. (Siehe Inserat) 
Kranseder & Co., Müucheu. (Siehe Inserat) 
Lumiöre et son ffls, Lyon. 

Otto Perut-z, München. 

Joh. Sachs & Co., Berlin. 

Dr. C. Schleuiiner, A.-G., Frankfurt a. M. 

(Siehe Inserat.» 

Walter Talbot, Berlin. (Siehe Inserat.) 
Unger & Hoft'mann, A.-(f., Dresden. 
Westendorp «5t Wehner, A.-G., Cöln. 


Röntgenlahoratoriumsartikel. 

Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation, 
Benin. (Siehe Inserat). 

Aktiengesellschaft, f. Camera-Fabrikation 
vorm. Ernst Herbst & Firl, Görlitz. 

(Siehe Inserat) 

Client Fabrik vorm. E. Schering, A.-G., Berlin. 
W. Frankenhäuser, Hamburg. 

Gcka-Werke, Hanau. 

F. Hrdliczka, Wien. 

Dr. Lüttke & Arndt, Wandsbeck. 

E. Merck, Darmstadt. 

Mene Photographische Gesellschaft, Ber¬ 
lin-Steglitz. (Siehe Inserat.) 

Rud. Siebert, Wien. 

Walter Talbot, Berlin. (Siehe Inserat.) I 


Photogr. Cameras. 

Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation 
vorm. Ernst Herbst & Firl. Görlitz. 

(Siehe Inserat) 

Aktiengesellschaft für photogr. Industrie vorm. 

E. Wünsche, Reick-Dresden. 

Curt Bentzin, Görlitz. 

Fabrik photogr. Apparate auf Aktien vorm. 

R. Hüttig «5t Sohn, Dresden. 

Alb. Glock <!t Co., Karlsruhe. 

C. P. Goerz, Rerlin-Friedenau. 

R. A. Goldmann, Wien. 

E. Suter. Basel. 

Carl Zeifs, Jena. 


Elektromedizin. Technik. 

Radeapparate, Koch- und Heizapparate. 

Carl Rihlmaier.ßrannschweig. siehe Beilag».) 
Gg. R. Bielitz, München. 

F. A. Eschbaum, Bonn a. Rh. 

C. «5t E. Fein, Stuttgart. 

W. Hillinger-Reiner, Stuttgart. 

Junkers & Co.. Dessau. (Siehe Inserat.) 

Gehr. Lautensehlilger, Berlin. 

Josef Leiter, Wien. 

Prometheus, Frankfurt a. Main. 

H. Recknagel, München. 


Elektromedizin. Apparate. 

Carl ßihliuaier.Braunschweig. (Siehe Beilage i 
Elektrotechn. Institut, G. m. b. H., Frank- 
tlirt a. M. (Siehe Inserat.) 
Elektrizitätsgesellschaft Gehr. Ruhstrat, 
Göttingen. 

Reiniger, Gebbert «St Schall, Erlangen. 


Heilgymnastisehe (orthopäd.) Apparate. 

Knocke «5t Drefsler, Dresden. 

Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden, «siehe 
Inserat.) 


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Bezugsquellen liste. 


227 


Chirurgisch« Instrnniente und 
Verbandsartikel. 

Deutsche Dainpfgipsbindenfabrik, München. 
Georg Haertel, Breslau. 

Hermann Haertel. Breslau. 

Alexander Schaedel. Leipzig. 

Evens & Pistor, Cassel. 


Chemische Präparate. 

Chem. Fabrik vorm. Baier & Co., Elberfeld. 
Chemische Fabrik Rhenania. Aachen. 
Chemische Fabrik J. D. Riedel, Berlin. 

Chemisch-pharmazeutisch. Laboratorium 
Bauer, Kötzschenhroda, Bez.Dresden. 

(Siehe Inserat.' 

Chein. Laboratorium Weydenberg. Berlin. 
Gebrüder Kvers, chem. Fabrik Reisholz, 
Diisseldorf-Reisholz. (Sioho Inserat) 
Fabrikation von Dung’s China-Calisaya- 
Elixir (Inhaber: Alb. C. Dung), Frei¬ 
burg i. Br. iSieho Inserat.! 

Farbwerke vormals Meister, Lucius & Brüning, 
Höchst,. 

E. Feigel, Laboratorium u. Fabrik, Lauter¬ 
bach bei Mülhausen (Elsaß). Siche Inserat.! 


G. & R. Fritz, Wien. 

Gesellschaft fiir chem. Industrie. Basel. 

F. Hoffmaun, La Roche & Co., Basel. 

Kalle & Co., Biebrich a. Rh. 

B. Kraus, Eßlingen. 

Krewel & Co., G. in. b. H., Cöln a. Rh. 

Liithi & Buhtz, Berlin. 

E. Merck, Darmstadt. 

Dr. H. Nördlinger, Flörsheim a. M. 

Willi. M. Stock, Düsseldorf. 

Karl Töpfer, Fabrik chem.-pharm. Präp., 
Leipzig. .Siehe Inserat.' 

Vereinigte Chem.Werke. A.-G.,Charlottenburg 
Aktiengesellschaft La Zvino, Montreux. 


Nährmittelpräparate. 

C. F. Böhringer & Söhne, Mannheim-Waldhof. 
Brückner, Lampe & Co., Berlin. 

W. Mielek, Hamburg. 

H. Niemoeller, Gütersloh. 

Puro, mediz. chem. Institut, München. 

Hugo Rosenberg, Berlin. 

Sanatogen-Werke, Bauer & Co., Berlin. 
Sicco, G. m. b. H.. Berlin. 


Auf den dem Hefte beiliegenden Prospekt der Finna Carl Rihlmaier, ßraunschweig, 
betreffend den Kohlensäure-Mischapparat „Iduna“ machen wir besonders aufmerksam. 


Die Listen werden ständig ergänzt. 


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Max Becker & Oo., Hamburg 21, Humboidtstr. 16. 

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1004, 39. Bd.) und dem Gutachten vieler praktischer Aerzte indiziert bei: vesiko-papultlsen 
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(Siehe Repertorium der praktischen Medizin 1905 , II.) 

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Botanisches Vademecum. für Studierende, Lehrer 

-und Freunde der 

Pflanzenkunde. Mit zahlreichen Abbildungen. Geb. Mk. 7.—. 

In sieben Abschnitten behandelt der Autor die Morphologie, Anatomie, Physiologie, 
Systematik, Entwicklung, Geographie und Biologie der Pflanzenwelt. Dem Zwecke des Buches 
entsprechend konnte der Text desselben nnr knapp gefallt sein; eine Ausnahme von dieser Regel 
machen die Resultate nenerer nnd nenester Forschungen, welche durchweg so ausführlich behandelt 
sind, daß die Verständlichkeit überall gewährleistet ist. Das sehr nrnfangreiche Verzeichnis der 
Stichworte ermöglicht ein schnelles Znrechtfinden in dem Bache, das in den interessierten Kreisen 
gewiß eine gute Aufnahme finden wird. 

Migula, Dr. w., p r0 f. an der Großherzogi. Hochschule in Karlsruhe. 

Bakteriologisches Praktikum die praktisch-wich- 

-—-tigen bakteriolo¬ 
gischen Untersuchungs-Methoden. Mit 9 Abbildungen im Text und 
2 Tafeln mit Photogrammen. Mk. 4.50, geh. Mk. 5.50. 


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Von den ersten Autoritäten des In- und Auslandes als unübertroffen anerkannt. 


Warnung: Infolge unbefugter Nachahmungen meiner Fabrikate mache ich 
darauf aufmerksam, daß nach § 4 des Patentgesetzes meine Lizenznehmer und ich 
ausschließlich befugt sind, gewerbsmäßig die mir durch die Patente 113431) und 16t 514 
geschützten Röntgenröhren mit durch Wasser gekühlte Antikathode und Luft¬ 
regulierungsvorrichtung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten und zu 
gebrauchen. — Ich werde daher mir zur Kenntnis gelangende Patentverletzungen 
mit allen gesetzlichen Mitteln verfolgen. 


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Fr. Klingelfuss & Co, Basel (Schweiz). 

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Dieselben besitzen infolge der günstigen Kapazitilts- und Selbstinduk¬ 
tionsverhaltnisse eine sehr geringe Dämpfung und geben daher die für die 
Röntgenröhren besonders geeigneten kräftigen Kapazitätsfunken. 

Die Spiralstaffelwicklung lässt Starke Überlastung der lnduktorien 
ohne Beschädigung der Wicklung zu. 

Für Röntgenapparate bauen wir besonders abgestimmte lnduktorien, 
deren Primärspule eine 9—16 fache Abstufung besitzt, so dass die langsamere 
und schnellere Frequenz des elektrolytischen Unterbrechers leicht eingestellt 
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ausser oben genannten Vorzügen durch geringen Stromverbrauch aus. 


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Anerkannt das beste Werk der Röntgenographie 


Im Verlag von Otto Nemnich, Leipzig erschien vor Kurzem: 

Kompendium «er Röntgenographie. 

Ein praktisches Handbuch 

von 

Ingenieur Friedrich Dessauer und Dr. med. B. Wiesner 

in Aschaffenburg. 

gr. 8 ° und 415 Seiten. Mit 201 Illustrationen im Text, 11 Fehlertafeln in Autotypie und 

12 radiographischen Tafeln. 

Preis gebunden in halb Leder Mk. 25. — . 


Bisher eingelaufene Urteile: 

Das Bach führt den Titel Kompendium der Röntgenographie nnd beschränkt sich anf 
diesen Teil der Röntgenwissenschaft; Dnrchlenchtnng, Orthodiagraphie nnd Therapie sind nicht be¬ 
rücksichtigt. Viele eigene Auffassungen derVerff. treten hervor, deren reiche Erfah¬ 
rungen in Technik nnd Praxis der Röntgenographie in dem Buche niedergelegt sind- 
Der Inhalt des Werkes zerfällt in drei Abschnitte: der erste macht den Leser mit den Apparaten 
zur Erzengnng der Röntgenstrahlen, dem Betrieb einer Röntgenstatiou, den Hilfsapparaten etc. be¬ 
kannt, der zweite erläutert die photochemischen Hilfsmethoden, nnd der dritte gibt die Anfnahme- 
Methodik. Wie die Verf. im Vorwort betonen, liegt der Schwerpunkt des Buches iin zweiten nnd 
dritten Teil. Ans dem ersten Teil möchte Referent besonders die Kapitel über die Stromquellen, 
das Indnktorinm nnd die Unterbrecher sowie über die Röntgenröhren hervorhebeu. Pie wichtige 
Frage: Wie muß der Induktor dimensiert sein? findet eingehende und einleuchtende Beantwortung 
in der Darstellung S. 62 — 72. Demnach dürfte eine Fnnkenlänge von ca. 30 cm der Dessauer’schen 
Induktoren ceteris paribns die für den Betrieb günstigste sein. 

In dem Kapitel „Beispiele ansgeführter Röntgenanlagen“ sind Einrichtungen der Finnen 
„Polyphos“, „Klingelfass & Co“, „Nostiz & Koch“, „elektrotechnisches Laboratorium Aschaffenburg“ 
von den betreffenden Ingenieuren derselben beschrieben. Unter diesen bietet das Apparatsystem 
des Ingenieurs Koch vielleicht das meiste Interesse, da hier ganz neue Wege beschritten sind. Aus 
dem zweiten Abschnitt sei das Kapitel über die Entwickelnng der röntgenographischen Negative 
hervorgehoben, das alles in dieser Hinsicht Wissenswerte klar nnd ausführlich gibt. Negativent- 
wickelnng ist immer etwas Persönliches nnd jeder arbeitet nach seinem Geschmacke, da ist denn 
die Besprechung einer Reihe von verschieden arbeitenden Entwicklern in mancher Richtung nütz¬ 
lich. Betreffs des Auswaschens der entwickelten Platten vor dem Fixieren ist der Satz (S. 257): 
„Für die Platte selbst ist dieses Answaschen ohne Bedeutung“ nicht für alle Entwickler richtig, 
wie es auch Verff. beim Diphenal (Seite 267) selbst betonen. Dem Betrachten der Negative und 
der Plattenkritik ist ein eigenes Kapitel gewidmet; die verschiedenen Fehler, welche Vorkommen 
können, sind besprochen nnd die Erkennung der Fehlerquellen unter Beifügung zwölf instruktiver 
Feblertafeln erläutert. 

Der dritte Teil, Aufnahme-Methodik ist besonders reich mit Abbildungen aasgestattet und 
sind ihm 12 sehr schöne Tafeln, die eine größere Reihe typischer Röntgenbilder wiedergeben, bei¬ 
gefügt Die Abbildnng im Text veranschaulichen die Lagerung nnd Fixierung des Anfznnebmenden 
nnd die Stellung der Röntgenröhre etc., oder geben anatomische Skizzen, die zur Orientierung 
dienen. In diesem Teile wird jeder praktisch mit Röntgenstrahlen Arbeitende sehr viel nützliche 
Winke nnd für schwierige Aufnahmen gute Belehrung finden. 

So stellt sich das Buch als ein wirklich praktisches Handbuch der Röntgenaufnahme dar, 
das anf das beste empfohlen werden kann. Die Ausstattung des Baches ist — bis auf wenige nicht 
ganz scharfe Textbilder — hervorragend. 

Winckelmann-Köln im Reichs-Medizinalanzeiger. 1905. Nr. 18. 


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Pie Verff. wollen ein praktisches Handbnchjgeben, das praktische Tatsachen und praktisch 
brauchbare Kenntnisse nnd insbesondere eine erprobte, zuverlässige Methode der Aufnahme dem 
Röntgenologen bringen soll. Diese ist in überaus anschaulicher Weise dargestellt durch drei Arten 
von Abbildungen, welche die Lagerung und Fixierung von Objekt, Platte und Apparat, die ana¬ 
tomischen Verhältnisse und schließlich die eigentliche Aufnahme zeigen. Besonders lehrreich ist 
auch eine Reihe beigegebener Fehlertafeln. Neben diesen durchaus praktischen Gesichtspunkten 
kommen auch die Theorie über das Wesen der Röntgenstrahlen und die Forschung über Radio¬ 
aktivität in diesem auf wissenschaftlicher Grundlage geschriebenen Buche nicht zu kurz, und so 
wird das Werk D.’s, dessen Name in der Röntgenologie mit an erster Stelle steht, jedem, der sich 
mit der jungen Wissenschaft beschäftigt, viele nene Gesichtspunkte eröffnen nnd gute Dienste leisten. 

Zurhelle -Bonn im Zentralblatt für Gynäkologie. 1905. Nr. 36. 

Ähnlich wie das Stechowsche Werk ist das vorliegende Handbuch vor allen Dingen für 
den Praktiker bestimmt, dem es in klarer nnd dabei doch knapper Form alle zur Ausführung der 
Röntgenphotographie erforderlichen, praktisch branchbaren Kenntnisse und Anleitungen gibt. Eiue 
Fülle von Erfahrungen langjähriger eigener Versuchsarbeit im Laboratorium und in der Praxis mit 
zahlreichen nenen Gesichtspunkten treten uns aus jedem Kapitel dieses originellen Werkes ent¬ 
gegen. In den beiden Kapiteln, welche sich mit der Ausführung der photographischen Methode 
sowie mit der Aufnahmetechnik im allgemeinen und speziellen beschäftigen, liegt der Schwerpunkt 
der vorliegenden Arbeit. Besonders eingehend ist das Abnahmeverfahren der verschiedenen Körper¬ 
teile geschildert und durch Abbildungen, welche Lagerung, Fixierung zur Darstellung bringen, 
durch orientierende anatomische Skizzen sowie durch ganz vorzügliche Röntgenbilder veran¬ 
schaulicht. Der Zweck des Werkes „ein Handbuch der Aufnahme“ zu sein, das sich auf wissen¬ 
schaftlicher Basis unmittelbar in den Dienst der Praxis stellt, wird unseres Erachtens voll erreicht. 

Der praktische mit Röntgenstrahlen Arbeitende wird in dem voiliegenden Kompendium, 
dessen Preis (25 Mk.) in Anbetracht seiner vorzüglichen 12 radiographischen Tafeln und der zahl¬ 
reichen übrigen Abbildungen (11 Tafeln Autotypie, 201 Textillnstrationen) als keineswegs zu hoch 
bezeichnet werden mnis, bei allen Anfgaben, welche das Röntgenverfahren stellt, einen durchaus 
zuverlässigen Berater finden. Tobold in Deutsche Militärärztl. Zeitschrift. 1905. Nr. 9. 

Die Verfasser haben die gestellte Aufgabe, dem Arzte die zur praktischen Ausübung des 
Röntgen Verfahrens nötigen Kenntnisse zu übermitteln, glänzend gelöst. Das hervorragende didak¬ 
tische Talent der Verfasser dokumentiert sich besonders in der Leichtigkeit und Sicherheit, mit 
der die den meisten praktischen Ärzten nicht ganz geläufigen Begriffe der Elektrizitätslehre erörtert 
werden. Die beigegebenen radiographischen Tafeln illustrieren die Leistungsfähigkeit der modernen 
Röntgenapparate. Dr. E n g e 1 e n - Düsseldorf in Arzt], Rundschau. 1905. Nr. 39. 


Das vorliegende Werk ist von den Verfassern als ein praktisches Handbuch gedacht. Es 
umfaßt drei große Abschnitte, von denen der erste die Geschichte der Technik, die Theorie der 
X-Strahlen nnd eine Erklärung des elektrotechnischen Instrumentariums, seine Einrichtung, Betrieb 
nnd Ausbesserung enthält. Im zweiten Teil bespricht Verf. die photographische Methode und 
Hillsmethoden, im dritten die eigentliche Aufnahmetechnik. 

Gute Abbildungen von Apparaten, Lagerung der Patienten zur jeweiligen Aufnahme und 
anatomische Skizzen illustrieren den klar geschriebenen Text. 

Die auf jahrelangen praktischen Studien basierende große Erfahrung der Verfasser bürgt 
von vornherein dafür, daß der Zweck des Buches erreicht ist. 

Baum (Kiel) in Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie. 


Die auf dem Gebiete der Röntgenographie schon seit langen Jahren hervorragend tätigen 
Verfasser haben das vorliegende praktische Handbuch herausgegeben als eine Frucht vieljähriger 
Arbeit im Konstrnktionsbnreau, im Versuchslaboratorinm nnd in der Praxis. Vor etwas mehr als 
einem Jahre haben D. nnd W. bereits einen Leitfaden des Röntgen Verfahrens geschrieben, von dem 
schon die 2. Auflage vorliegt. Wir sind sicher, daß sich auch das viel voluminösere Kompendium 
der Röntgenographie rasch zahlreiche Freunde erwerben wird; denn es ist in der Tat ein praktisches 
Handbuch, klar im Text, reich illnstiiert durch Textabbildungen nnd Tafeln. 

Das von der Verlagsbuchhandlung vorzüglich ansgestattete Werk kann nur empfohlen 
werden. P. Wagner-Leipzig in Schmidt’s Jahrbücher der Medizin. 1905. Oktoberheft. 


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Berücksichtigung der medizinischen Technik. 

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Professor F. Schmidfs 

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Mit 154 Abbildungen im Text und 14 Tafeln. 

Preis gebunden Mk. 6.—. 

Photographisches Lehr- und Nachschlagebuch ersten Ranges! Unüber¬ 
troffen in bezug auf Klarheit, Zuverlässigkeit und Reichhaltigkeit wichtiger 
Vorschriften; enthält alle, für den vorgeschrittenen Amateur in Betracht 
kommenden, wertvollen Verfahren, sowie Angaben über Bezugsquellen, 
Preise, Vereine, photographische Litei’atur u. s. w. 

Unentbehrlich für jeden strebsamen Amateur; selbst für Besitzer 
anderer Lehrbücher nicht überflüssig. 

ln über 25(XX) Exemplaren (in deutscher Sprache) verbreitet, außerdem 
in mehrere fremde Sprachen übersetzt. 


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Elektrotechnisches Laboratorium Aschaffenburg. 


Arbeitsgebiete: 

1. Ausbau der physikalischen Grundlagen der Medizin mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung des Röntgenverfahrens. 

2. Lehrinstitut für Aerzte zur Ausbildung im Röntgen verfahren. 

3. Elektrotechnisches Ingenieurbureau zur Projektierung, Prüfung, 
Bauleitung und Begutachtung. 

4. Fabrik von Röntgenapparaten (System Dessauer). 

Die Fabrikations-Abteilung empfiehlt: 

Bau von Röntgenstationen für alle Zwecke und Stromarten nach 
Originalsystem Dessauer, Idealröhren D. R. P. nach Gundelach und 
Dessauer, Specialapparate für Röntgentherapie, Elektromedizinische 
Apparate für Galvanisation, Faradisation, Endoskopie und Kaustik; 
elektrische Badeanlagen, Lichtbadeinrichtungen, Finsenanlagen. 

Neuheiten: 

Neue Wässerungsapparate für Negative; neue Schutzapparate für Ärzte und Patienten; Auf¬ 
nahmegeräte (Holzknecht-Kienböckscher Stuhl); Dr. Alsbergsche Schutzmasse; französische 
Chromoradiometer (Preis Mk. 10.—); Negativ-Studienapparate; Dämpfungskasten für 
elektrolytische Unterbrecher. Durchleuchtungskompressorien. 

Radiumbrcmid, Feinst. crisf. in {Fassung $on J§eF£l<FisiallFÖbFen. 

Die wissenschaftliche Abteilung 

empfiehlt sich zur Revision und Begutachtung von ärztlichen, speziell 
elektromedizinischen und Röntgenanlagen; Gesanitkrankeuhausanlagen; 
zur Bauleitung und Begutachtung elektrischer Zentralen. 

Die wissenschaftliche Abteilung gibt Arbeitsplätze und Privatunterrichtskurse. 

Aerztliche Röntgen Kurse 

(theoretisch und praktisch) 

Dauer 5—8 Tage. — Täglich 6—7 Stunden im Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg. 
Unter Leitung von Med.-Rat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und Bezirksarzt in Aschaftenburg, ab¬ 
gehalten von Dr. med. B. Wiesner, Ingenieur Friedrich Dessauer, Dr. med. P. C. Franze. 
1906 finden Kurse statt im Februar, März, Juni, August, Oktober Dezember. 
Kursbeitrag inkl. Uebungsgeld Mk. 50 —, 

Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch: 

Itled.'Rat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und Bezirksarzt. Aschaffenburg. 

Berliner ärztliche Röntgenkurse 

(theoretisch und praktisch) 

nach Art der Aschaffenburger ärztlichen Röntgenkurse 
(gelegentlich der ärztlichen Fortbildungskurse und des Chirurgenkongresses) gegeben von Dr. 
med. Weecke, Berlin-Grossliehterfelde, und Ingenieur Friedrich Dessauer, Asehaffenburg. 
Kursbeitrag Mk. 50 .— (inkl. Uebungsgeld). 

Im Anschluss daran Einzeliibung in der Privatklinik von Dr. Weecke. 

Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch; 

Df. med. Uleecke, Berlin-Grosslichterfelde, Steglitzerstrasse Nr. 33. 
PRIVAT-KURSE 

im Röntgenverfahren und anderen physikalischen Methoden (Elektromedizin) im Elektrotechnischen 
Laboratorium Aschaffenburg nach Vereinbarung. (Honorar Mk. 100 .— bis Mk. 150 .—.) 


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Elektrotechnisches Institut Frankfurt 

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FRANKFURT a. M. 4. 

BERLIN N. 24, Friedrichstrasse 131 A. 

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und Bogenlichtbäder. 

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nach Prof. Dr. Schlösser. 

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Preisbuch-Ausgabe 1906 (soeben erschienen) auf Wunsch kostenlos. 



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In A. Stübers Verlag (C. Kabitzsch) Würzburg ist erschienen: 

Röntgenologisches Hilfsbuch 

Eine Sammlung von Aufsätzen über die Grundlagen und die wichtigsten 
Hilfsmethoden des Röntgenverfahrens. 

Hit einem Anhang über Radioaktivität. 

— Mit 33 Abbildungen. 

Gesammelte Aufsätze von Ingenieur Friedrich Dessauer. 

BAND i. 


Inhaltsverzeichnis. 

1. Der gegenwärtige Stand des Röntgenverfahrens.i 

2. Das wichtigste über die Röntgenröhre, ihre Wahl, Erprobung und Behandlung 29 

3. Das Blendenverfahren und seine Kombination mit der Orthodiagraphie ... 50 

A. Grundlagen und grundlegende Experimente. 

B. Die gegenwärtigen konstruktiven Grundlagen. 

C. Einige Modelle. 

D. Die Blende in der Orthodiagraphie. 


4. Ueber Stromquellen in der Medizin mit besonderer Berücksichtigung der Röntgenapparate 74 

5. Einiges über Unterbrecher ..92 

6. Die Schliessungsinduktion, ihre Schädlichkeit und ihre Unterdrückung. (Ein Beitrag 

zum rationellen Röhrenbetrieb) ... .103 

7. Welche Funkenlänge soll der Induktor des Röntgenapparates haben? . . . .113 

8. Literatur über die Frage der Funkenlänge.114 

Anhang. 

9. Ueber Radioaktivität und Naturanschauung.126 


Aus den Rezensionen: 


... ergiebt sich ohne weiteres, wie eminent wichtig 
dies BUchlein fUr jeden Praktiker ist. der tiefer in 
das Wesen dos Wöntgenapparates und seine wunder¬ 
baren Strahlen eindringen will. Ganz abgesehen da¬ 
von. dass es fUr die Wahl und Zusammenstellung des 
Instrumentariums sehr beherzigenswerte Wiuke giobt, 
dass es jeden Pratiker Uber viele bis dato gänzlich 
rätselhafte Fehler soinos Apparates auf klärt, dass es 
den mit Köntgenstrahlen sich t'osebäftigeuden Arzt 
nach besten Kräften vom Techniker zu emancipieren 
sucht, ist die ganze Art der Vorstellung eine 
so klare und erschöpfende, dass nicht nur der, 
welcher dem fesselnden Vortrag dos Verfassers in 
seinen AscbafTenburger Kursen gelauscht hat, sondern 
jeder, der sich Uber die kompliziertesten Fragen des 
Köntgenbetriebes Hat und Aufklärung holen will, dies 
Buch mit grosser Befriedigung lesen wird . 

. . . . Alle Fragen werden mit wissenschaftlicher 
GrUudlichkeit untersucht etc. . . 

Archiv für Or|bopadl<>, Mechanotheraple 
and Unfallchirurgie. UI. 2. 

. . .’ . Das vorliegende Buoh bietet demnach sowohl 
in Bezug auf die praktische Seite des Köntgenbe¬ 
triebes wie in theoretischer Hinsicht manche wert¬ 
volle Anregung. 

Allgemeine med. Centralieltong 1905. No. 37. 

. . . . und niemand ist berufener als Dessauer, 
um die komplizierten, physikalischen und technischen 
Probleme vorzutragen. 

Centralblatt f. d. gesamte Therapie. 

. . . . Alles dieses wird auch der physikalisch nicht 
geschulte Arzt, der sich mit Röntgenologie theo¬ 
retisch und praktisch befassen will, aus dem vor¬ 
liegenden sehr klar und präzis gefassten Hilfs¬ 
buch erlernen 

Pester niedlz. Presse. 

. . .-. Jeder Anfängor wird das Werk mit Nutzen 
studioren können und anderwärts übergangene 
Fragen hier behandelt finden. 

Wiener klin. Wochenschrift. 

. . . . Der auf dem Gebiete der Röntgentechnik wohl- 
bekannte Verfasser bat in dem vorliegenden Bande 

folgende Aufsätze zusammongestellt. Zur 

Förderung des Röntgenverlahrens werden auch diese 
Arbeiten beitragen. 

Schmidts Jahrbücher der Medizin. 

Eine Reihe interessanter Aufsätze^ die fUr alle 
.wertvolle Beiträge zu einschlägigen physika¬ 
lischen Fragen und zum rationellen Betriebe dos 
Röntgenverlahrens liefern. 

Korresp. d. arstl. Vereine Sachsens. 

Preis des Buches geheftet Mk. 


... Behandelt auch Themata, die bisher keine Be¬ 
sprechung gefunden haben, und ist infolge seiner 
klaren Diction und Ueb ersieht lieh keil jedem 
Lernenden wärmste ns zu empfehlen 

Centralülutt für die Grenzgrb. der Medizin u. Chirurgie. 

Gesammelte Aufsätze eines hervorragenden 

Fachmannes. Von grossem praktischen 

Interesse sind vor allem die Kapitel Uber.etc 

Ont ralUUtt für Gynäkologie. 

. . . . Die Darstellung zeichnet sich durch ausseror¬ 
dentliche Klarheit lind leichte Verständlichkeit 
aus, das Werk ist fliessend und doch höchst 
exakt geschrieben, seine Lektüre ein Genuas. ...... 

Ihm ganz besonders, aber auch allen, die sich für 
Radiologie interessieren, sei das Werkelten wHrrastens 
empfohlen. Es ist ein Hilfsbuch im buchstäb¬ 
lichen Sinne des Wortes 

Berliner klinische Wochenschrift. 

Der Inhalt dieses Buches beruht ersichtlich 
(11)01 all auf eingehender eigener Erfahrung des Verf. 

Zeitschrift f. physik. Chemie. 

• . . . Dem Röntgenpraktikor wird das Buch ein nütz¬ 
licher Ratgeber sein. 

Naturwissenschaft!. Rundschau. 

. . . . Die Aufsätze verraten die grosse Erfahrung und 
werden dom Arzte, der sieb bereit« praktisch mit 
X-Strahlen beschäftigt hat, sehr nützlich sein. 

Beiblatter su den Annalen der Physik. 

• • • • inoet ik toch verklären, het boek inet gonoegen 
golezen te beleben. Dessauer toch weet de dingen 

aardig te reggen. Het is werk van con overt- 

nigt man. 

Nederlauduch Tydschrlft voor geneeskunde. 

. . . . The volumo doals vory thoroughly with tho 
whole technique of radiography, and can be con- 
fidently recomtnended to Ihose undertaking the higher 
branchos of art, .... 

Archive» of the Roentgen Ray. 

The author is an eloctrical engineer, who has 
devofced great attention to the application of the 
Röntgen ray apparatus to medical purposos. He is 
the invontor of a form of apparatus which is exten- 
sively employed in Gormany. 

The Edinburgh Med. Journal. 


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Knlthandlnngen sich darstellenden hygienischen Maßnahmen nnd Gebräuche bei den alten Hebräern, 
ohne in den Fehler zu verfallen, hinter allem ans noch hente zweckmäßig Erscheinenden nnn auch 
hygienische Anschauungen und Bestrebungen von großer Weisheit za Sachen nnd zn finden. Bei 
den Krankenheilnngen Christi weist er darauf hin, daß Vieles, wenn nicht das Meiste, sich natür¬ 
lich erklären lasse, während der Rest anverständlicher Heilnngen offensichtiger, leicht erkennbarer 
Krankheitsznstände dem frommen Glauben freies Feld läßt. 

Zu beziehen durch jede ßuchhandlung, sowie direkt vom Verlage. 


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der physikalisch-chemischen und photographischen Industrie in ihrer 
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lierausgegeben von 

Privatdozent Dr. H. Kraft, und Dr. med. B. Wiesner, 

Straßburg i. E. prakt. Arzt in Asohaft'enburg. 

Verlag von Otto Nemnich in Leipzig. 

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1. Band. Ausgegeben am 20. Mai 1906. Heft 4. 


Inhaltsverzeichnis. 


I. Abhandlungen. 

Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome. Von Dozent Dr. R. Kienböck. (Aus dein 
radiologischen Institut der allgemeinen Poliklinik in Wien.) 

Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. Von Dr. Paul C. Franze, Bad Nauheim. 
Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttieh am 12 . bis 15 . August 11 ) 05 . Referiert 
von Dr. Wett er er, Mannheim. 

Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Rcrlin. 50 . April — 3 . Mai 1905 , erstattet von 
Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). (Nach eigenem Stenogramm.) (Schluß.) 

II. Kritik. 

A. Bücher. 

Leo Vetter, Das Bad der Neuzeit, und seine historische Entwicklung. (Ref. Franze, Nauheim.) 
T. Colin, Die palpablen Gebilde des normalen menschlichen Körpers etc. (Ref. Solger, Berlin ) 
K. Francke, Die Orthodiagraphie. (Ref. Franze, Nauheim.) 

B. Abhandlungen und Broschüren. 

H. Becquerel, L’analyse du rayonneinent des corps radioactifs. (Ref. Wette rer, Mannheim.) 
Ad. Keller, Untersuchungen über die bakterizide Wirkung des Diiecksilberliclit.es. (Ref. 
Wi e s n e r.) 

Rumpf, Beitrüge zur Elektrotherapie. (Ref. Franze.) 

Kunert, Die Bedeutung der Röntgenstralilen für die Zalinhcilkunde. (Ref. Franze.) 

Fr. Erhard, Nachdenkliches zur heutigen Heilkunde. (Ref. Wetterer.) 

G. Beck, Therapeutisches Almanach. (Ref. Wiesner.) 

F. Schilling, Taschenbuch der Fortschritte der physikalisch-diätetischen Heilmethoden. (Ref. 

Wiesner.) 

E. v. Hippel, lieber angeborenen Zentral- und Schichtstar. (Ref. Wiesner). 

G. Flatau, Die Poliomyelitis anterior acuta. (Ref. Wiesner.) 

Cassirer, Die multiple Sklerose. (Ref. Wiesner.) 

O. Vulpius, Ueber die orthopädische Behandlung der Wirbelsäulenerkrankungen. (Ref. 
Wi e s n e r.) 

III. Referate. 

Gemeinschaftlicher Kongreß der deutschen haineologischen Gesellschaft mit dem 
Zentralverband der Balneologen Oesterreichs in Dresden vom 4.—G. März 1906. 

Vorträge und Diskussionen von: Cursclunann, F. A. Hoffniaiin, A Schmidt, Winternitz, 
U. Burwinkel, Jacob, M. Siegfried, Bach, A. Bum, K. Ullmann, E. Weiss, M. Gulir, 
Leunö, Grimm, E. Epstein, R. Fischl, A. Strasser, Polatscbek, J. Brodzki, Sieveking, 
L. Wiek, J. Kugler, Heinsheimer, Kiseli, K. Pariser, Liebelt, M. Rheinboldt, Münz, v. Pöhl, 

A. Löbel, F. Kisch jun., Tuszkai, M. Hirsch, L. Nenadovic, Galewski, v. Szabok.v, 

B. Tausz, F. Stammler, V. Klimek. 


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242 


Inhal tsverzeichnis. 


Gongres pour la repressiou de l’exercice illegal de la medicine ä Paris. 

Berichte über Ärztetage und Sitzungen medizinischer Gesellschaften. 

Mitti'lfriinkischer Ärztetag in Nürnberg am 3. XII. 05. 

Gesellschaft für innere Medizin in Wien; Sitzungen vom 9 und 23. XL. 05. 

K. K. Gesellschaft der Arzte in Wien; Sitzung vom 27. XI. 05. 

Medizin Sektion der schlesischen Gesellschaft für vaterländ Kultur in Breslau, Sitzungen 
vom 15. XII. 05, 12. I. und 2. II. Ofi ) 

Radiologie. 

Arbeiten von: Belot, Tuffier, Beclere, Krause, Williams, Holland, Brickner, Jastram. Kingscote, 
Guilleminot, Sliield und .Tones, Freund und Oppenheim. Lange, von Mikulicz, Sehyerning, 
Rumpf, Freund, Schmidt, Reyher, Miller, von Bardelehen. Levy-Dorn, Beck, Lennhof 
und Levy-Dorn. Evler, Hinterstoisser, Völker und Lichtenberg, (Jahn, Marie, Haret., 
Redard, Curschmann u. Gaupp, Ledingham, Bruel, Wichmann, Arnetli, Müller u. Respinger, 

Elektrotherapie und Elektrodiagnostik. 

Arbeiten von: Streintz, Leduc, K. Winternitz, Witte, Blocbaum. 

Phototherapie. 

Arbeiten von: Graham, Wichmann, Fleischmann. 

IV. Tagesgescliichte, Zeit- mul Streitfragen. 

Unfallversicherung und Röntgenschädigung. 

lll. internationaler Kongreß für medizin. Elektrologie und Radiologie zu Mailand am 5.-9. 
Sept. 06. 

Synthese des Eiweißes. 

Tarif für radiologische Untersuchungen. 

Neue Vorschläge für den Ersatz des elektrischen Vierzellenbades. 


Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und mediz. Technik. 

Fortschritte der Technik. 

A. Allgemeiner technischer Bericht 

Sur la rege ne. rat ion et la rdcuperation du platino-cyannre de baryum des ecrans brunis. 
H. Bordier et J. Galimard. (Archives d'electricile medicale, experimentales et cliniques. 
Nov. 1905. No. 177.) 


B. Einzelberichte. 

Ein neues elektromedizinisches l'niversal-Instrumentarium 

Methode zur schnellen und billigen Herstellung von Projektionsbildern. 

Panchromatische Zeitlichtpatronen und Pulver. Von ür. G. Krebs, Ottenbach a/Main. 
Automatischer Lichtbilderapparat 
Lehram’s kohlensaure Formiea-Bäder. 

Kohlensäure Bäder. 

Vibrationsapparat mit Handbetrieb 

Photographische Apparate für die Tropen. Von Heinrich Ernemann, A. G. f. Kamerafabrikation, 
Dresden. 

Ernemann’s Film- und I’latten-Camera „BOB lll“, eine hervorragende Neuheit, speziell für 
Touristen. Von H. Ernemann, A.-G., Dresden. 

□ Automatischer Inhalationsapparat mit regulierbarem Sauerstoff-Verbrauch. 
Saucrsloft'-Narkose-Apparate mit siclit- und hörbarem Tropfeufall. 

C. Chemisch-pharmazeutische Berichte. 

Hetralin. — Anäinin. — Fucol-Malzextrakt. — Liebes Neutralnahrung. — Nenndorfer Schwe.fel- 
soife. — Plasmon. — Candol. — Levuretin. — Digitalysatum Bürger. 


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Zur Frühdiagnose 1 der multiplen Chondrome. 


243 


I. Abhandlungen. 


Aus dem Radiologisehen Institut (1er Allgemeinen Poliklinik in Wien. 

Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome. 

Von Dozent Dr. R. Kienböck. 

Der Ursprung der multiplen Chondrome liegt im Epi¬ 
physenknorpel gleich den mu ltip len kar t i 1 agin är en Exostosen. 
In beiden Fällen führt die chondrale Dysplasie der Knochen 
zu knorpeligen Geschwülsten und Verringerung des Längen¬ 
wachstums; die Exostosen erreichen aber mit dom Abschluß 
des Kör per wachstu ms ihre definitive Größe, bleiben verhält¬ 
nismäßig klein und gutartig; die Chondrome wachsen dagegen 
zu sehr bedeutender Größe heran und wandeln sich endlich zu¬ 
weilen in metastasierende maligne Tumoren um. Exostosen 
und Chondrome kommen familiär vor und können sowohl mit 
einander als auch mit anderen Geschwulstformen und Mi߬ 
bildungen kombiniert sein. 

Multiple Chondrome sind selten, verhältnismäßig am häufigsten 
kommen sie an den Händen und Füßen vor, wo sie schon in der Kindheit 
aufzutreten beginnen. 

Einer der bemerkenswertesten Fälle ist der von Stendel (Multiple Encliondroine 
der Knochen in Verbindung mit venösen Angiomen der Weichteile. Beiträge zur klinischen 
Chirurgie Bd. Vlll 1891/92 p. 503), der von verschiedenen Autoren durch 25 Jahre beobachtet 
und mehrfach abgebildet wurde. Die Erkrankung begann um das 6. Lebensjahr am 3. und 4. 
Finger der rechten Hand; im 12.— lö. Jahre wurden die Füße ergriffen, auch hier zunächst 
die peripheren Teile. Im 20. Lebensjahre mußte der rechte Vorderarm amputiert werden, im 
31. bildeten sich Geschwülste im Gesicht, im 44. ein großer Abdominaltumor, mit Exitus. 
Ein Bruder des Pat. soll ähnliche Mißbildungen gezeigt haben. Nasse (Über multiple 
kartilaginäre Exostosen und multiple Encliondroine. Volkmanns Sammlg. klin. Vorträge. 
N. F. No. 124. 189Ö) beschrieb multiple Chondrome bei einem 13jährigen Mädchen, die sehr 
bald nach der Geburt zuerst am linken Zeigefinger und Daumen beobachtet wurden. Sämtliche 
lange Knochen beider Hände und Füße waren mit Chondromen besetzt, auch Radius, Ulna 
und Humerus der linken Seite. Die Geschwülste saßen stets an den Epiphysenenden, die 
Knochen waren verkürzt. 

Sokolewski demonstrierte im Verein f. wissensch. Heilk. Königsberg ll./XII 1899 
einen Fall von Enchondromen am 3. und 5. Finger der r. Hand, durch deren Größe und 
Schwere es zu Verbiegung des Radius und Fraktur der Ulna kam (mit Radiogramm). 

Nun sei unsere eigene Beobachtung mitgeteilt, bei welcher 
multiples Chondrom im Beginne der Entstehung an der rechten 
Hand vorzufinden und die Frühdiagnose mittelst Röntgenstrahlen 
zu stellen war. 

Es handelt sich um M K., ein Sjähriges, sonst gut gewachsenes und ge¬ 
sundes Mädchen, das uns von der chirurgischen Abteilung Prof. A. Fränkel gesandt wurde. 
Körperlänge 85 cm, Kopfumfang 48'/» cm, siebentes Kind, hei Geschwistern und Eltern ist 
keine ähnliche Affektion bekannt Das Kind hat mit 10 Monaten laufen gelernt und an keiner 

lö* 


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244 


Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome. 


stärkeren Rachitis gelitten. Die Untersuchung des ganzen Skelettes ergibt normalen Be¬ 
fund, nur an der rechten Hand sind mehrere kleine, knochenharte, nicht schmerzhafte Ver¬ 
dickungen bei normaler und verschieblicher Haut zu fühlen, u. zw. in der Gegend der Meta- 
carpophalangealgclenke des 3. bis 5. Fingers. Die Finger sind etwas kürzer als an der 
linken Hand. 

Rad io gram m der rechten Hand, 31. Oktober 1905 (Figur 1 u. 2). An den 
Konturen der Weichteile zeigt sich eine geringe Verdickung des Mittelgliedes des 3. und 
4., des Grundgliedes des 3. und 5. Fingers; die Finger sind verkürzt (Vergleich mit dem Radio¬ 
gramm der linken Hand) An dem Skelettbild sind multiple, höchst auffallende Abnormitäten 
zu sehen, und zwar an den ulnar gelegenen Knochen, an Ulna sowie 3., 4. und 5. Hand¬ 
strahl, während an Radius, 1. und 2. Handstrahl keine Veränderungen vor¬ 
handen sind. Das distale Ende der Ulnadiaphyse ist in 1 cm Länge ulnarwärts verdickt, 
dabei ein wenig heller mit zwei abnormen Schattenstrichen, von denen der eine der Länge 
nach verläuft, der andere den gesunden und kranken Teil des Knochens quer abgrenzt. Auch 
die Epiphysengrenze scheint etwas uneben, die Diaphyse ist zugleich leicht verbogen. 



Figur 1. Kreidezeichnung nach dem 
Radiogramm (Zeichner K. Hirsch). 



Figur 2. Konturzeichnung derselben Hand 
mit Markierung attizierter Stellen. 


Strahl 3; Der distale Teil des Metacarpus ist ein wenig verdickt, ferner 
mit einem ulnaren Defekt und einem Aufhellungsherd versehen. Der proximale Teil 
der Grund- und Mittelphalanx zeigt einen Aufhellungsherd mit strichförmiger, ziemlich 
scharfer Begrenzung. 

Ähnlich sind die pathologischen Veränderungen am 4. und 5. Strahl; auch hier 
ist der distale Teil der Metakarpen, der proximale Teil der Grund- und Mittelphalangen 
verändert. Dabei sind die mit Auftreibung, Aufhellung, abnormer Innenzeichnung und Kontur¬ 
defekt versehenen Herde am distalen Diaphysenemle des Metacarpus 4, die lochförmigen, 
hanfkorngroßen, scharf kouturierten Aufhellungsherde in der Basis der Grund- und Mittel¬ 
phalanx des 4. Fingers und die Deformation an der Basis der Diaphyse der Grundphalanx 
des 5. Fingers besonders auffallend. Mau findet hier ebenfalls einen hantkorngroßen Auf¬ 
hellungsherd, der an die Epiphysenzone angrenzt, von ulnaren und radialen Knochenschatten 
umgeben ist. Dabei sieht es so aus, als ob der Knochen vom Zentrum aus gesprengt 
worden wäre, indem die radiale und ulnare Kuochenschale vorgetrieben, geknickt und unter¬ 
brochen ist. Die Diaphyse wurde also in 3 bis 4 Teile zertrümmert, der basale Epiphysenkern 
aber ist intakt. Sämtliche ergriffene Handknochen sind deutlich verkürzt. 

Die Ossifikation des Skelettes entspricht dem A11er des Kindes, 3 Jahre. 
Große Knochenkerne liegen in der Radiusepiphyse, im Kapitatum und Hamatuin, kleine 


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Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome. 


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Knochenkerno Im Triquetrum, in den Köpfchen von Metacarpus 2 bis 5 und in den Basen 
aller Phalangen. 

Die Radiogramme der übrigen Teile der rechten Oberextremitat, sowie des linken 
Armes und der Unterextremitäten zeigen normalen Befund. 

Man findet somit bei einem normal gewachsenen 3jährigen Mädchen 
Knochenveränderungen an der rechten Hand mit eigentümlicher Lokalisation 
vor: es sind nur die ulnar gelegenen Knochen affiziert, Ulna und 3. bis 5. 
Handstrahl, und zwar 10 Knochen. Bei der Inspektion und Palpation der 
Hand konstatiert man kleine knochenharte Verdickungen, die schmerzlos 
sind und die Bewegungen der Fingergelenke nicht wesentlich beeinträchtigen. 
Im Radiogramm sind die kleinen, offenbar jüngeren Geschwülste als dunkel 
begrenzte, scharfrandige, homogene Aufhellungsherde im nicht verbreiterten 
Knochenschatten zu sehen, als ob die Knochen Löcher oder Zysten bergen 
würden. Bei den größeren, offenbar älteren Geschwülsten ist der Knochen 
aufgetrieben, der Schatten zeigt Kouturdefekte, stellenweise ist es sogar zur 
Sprengung mit Zertrümmerung des Knochens gekommen. Es ist nach dem 
Sitze der Bildungen, an den Epiphysenknorpeln (an Ulna und Meta- 
karpen distal, an den Phalangen proximal) kein Zweifel, daß es sich um 
Chondrome handelt. Sie erstrecken sich von der Epiphysenzone gegen 
die Diaphyse und nicht etwa gegen die Epiphyse, in welcher auch der 
Knochenkern intakt ist. Die ergriffenen Knochen sind im Wachstum 
deutlich zurückgeblieben. 

Aus der Multiplizität und Lage der Herde bei unserer Kranken, sowie 
aus der gleichmäßigen Schattenaufhellung mit scharfen dunklen Konturen 
geht hervor, daß es sich nicht um entzündliche Erkrankung, Osteomyelitis, 
Tuberkulose und Syphilis handelt. Auch von Gicht und Rheumatismus kann 
nicht die Rede sein. 

Differenzialdiagnostisch kommt wohl nur die chondrale 
Dysplasie derKnochen mitmultiplen cartilaginären Exostosen 
in Betracht, doch unterscheiden sich die klinischen Bilder, noch mehr die 
Radiogramme der beiden Affektionen wesentlich; selbst im Frühstadium 
(Kind) ist der Unterschied deutlich. Beistehendes Bild 3 zeigt die Hand eines 
8jährigen Kindes mit beginnenden Exostosen; man erkennt eigentümliche, 
bei oberflächlicher Betrachtung an Rachitis erinnernde, zackige Epiphysen¬ 
zonen, stellenweise auch Abschrägung derselben und Verdickung des 
Knochens namentlich an den Metakarpen und an der Mittelphalanx des 3. 
Fingers (Holzknecht-Grünfeldsches Frühsymptom); das Diaphysen- 
ende des Radius trägt bereits eine größere Wucherung, die in charakteristischer 
Weise einem durchaus veränderten Diaphysenende aufsitzt (Verbreiterung und 
Aufhellung des Schattens mit abnormer Struktur). 

Fig. 4 zeigt im Röntgenbild die Finger eines 19jährigen Burschen mit 
multiplen cartilaginären Exostosen, die Grundphalanx des Mittelfingers trägt 
einen dunkel-abgegrenzten Aufhellungsherd: eine Chondrexostose — ein Bild, 
das sehr an Enchondrom erinnert.*) 

Die richtige Stellung der Diagnose in unserem Falle ist von 
prognostischer Bedeutung; wir müssen annehmen, daß es nicht bei 

•) Vergleiche R. Kienböck: „Zur radiographischen Anatomie und Klinik der chon¬ 
dralen Dysplasie der Knochen mit multiplen cartilaginären Exostosen -1 . Wiener Medizinische 
Wochenschrift 1903. No. 4T ff. — 


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Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome. 


den äußerlich geringfügigen Knochenverdickungen bleiben werde, und daß 
noch an anderen Teilen der Hand und des Skeletts überhaupt 
neue Geschwülste au ftreten, schließlich vielleicht stellenweise 
malign degenerieren werden. 



Figur 3. Figur 4. 

Cartilaginäre Exostosen. Aus Cartilaginitre Exostosen- Aus 

Kien hock, W. m. W. l'J03. Kienböck, \V. in. W. 1903. 


Zu welcher Größe multiple Chondrome heran wachsen können und 
wie sie sich dann im Radiogramm darstellen, zeigt der Fall W. J. Herd- 
man’svon dem in den „Archives of the Roentgen ray“, Bd. IX, No. 8, 
Januar 1905, das Radiogramm beider Hände abgebildet ist. An jeder 
Hand zeigen sich über ein Dutzend, zum Teil exzessive Wucherungen, die 
vom Autor irrtümlich als rarefizierende Ostitis bezeichnet wurden, 
aber offenbar Chondrome darstellen. Angaben über Alter, Geschlecht 
des Individuums und Dauer der Affektion fehlen, doch sieht man aus den 
verstrichenen Epiphysenfugen, daß es sich um ein erwachsenes, und aus 
der Form der Knochen, daß es sich um ein männliches Individuum 
handeln dürfte. 

Beistehend reproduziere ich mit freundlicher Bewilligung seitens Re¬ 
daktion und Verlag des englischen Archives das interessante Rad io gram in 
(Figur 5). 

Die bei dem Original fehlende Beschreibung trage ich hier nach. 

Die Affektion ist, wie im Bild ersichtlich, fast vollkommen symmetrisch lokali¬ 
siert und ausgebildet. Die Tumoren sitzen, an allen Metakarpalknochen, Grund- und Mittel¬ 
phalangen, während die Endphalangen, die Karpal- und Vorderarmknochen frei sind. Au 



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allen betroffenen Knochen ist der der Epiphyse angrenzende Teil der Diaphyse 
verändert, das gegenüberliegende Knochenende dagegen intakt. So finden sich die Auf¬ 
treibungen an den Metakarpalknochen des II.—V. Fingers mehr dista 1, am Metacarpus 
pritnus der linken Hand und an allen Phalangen mehr proximal; die Gelenkflächen 
sind intakt, daher ist anzunehmen, daß die Fingerbewegungen nicht nennenswert einge¬ 
schränkt waren. Die jüngsten Tumoren dürften an Metakarpus und Grundplialanx des linken 
Daumens sein, an denen wir das mittlere und proximale Diaphysendrittel verhältnismäßig 
wenig verändert finden. Es handelt sich meist um Aufhellungsherde im Knochenschatten mit 
grobmaschiger Innenzeichnung und Verbreiterung des Knochenschattens. Stellenweise zeigt 



Rechte Hand. Figur 5. Linke Hand. 

Beobachtung Herdman’s. Reproduziert aus „Archives of the Roentgen ray“, 
wo das Bild unter unrichtiger Diagnose veröffentlicht ist. 

sich außen ein dünner, scharf begrenzter Schattenstreifen, das Bild der Knochenschale, bezw. 
aufgetriebenen C'orticalis. Die Grenze gegen den normalen Knochenteil ist ziemlich gut zu 
erkennen. An mehreren Phalangen sieht man vom gesunden Köpfchen aus proximalwärts 
eine allmählich zunehmende Verbreiterung des Knochenschattens mit Aufhellung, es entsteht 
eine Flaschenform, wobei sieb der dunkle Kortikalisschatten proximalwärts verbreiternd in 
fächerförmigen Streifen eine Strecke über den zarten Tumorschatten erstreckt. Noch weiter 
proximal fehlt eine Knochenschale überhaupt. 

Verbreiterung des Knochenschattens, zum Teil in exzessiver, 
knolliger Form mit starker Aufhellung und grobmasc h iger Innenzeichn u n g 
(zahlreiche, sich zum Teil überdeckende hanfkorn- und linsengroße, rund¬ 
liche Aufhellung» her de) charakterisieren auch die übrigen Geschwülste. Sie sind 
besonders groß am Metakarpus II der rechten Hand, an Mittelphalanx des III. Fingers der 
linken Hand, der größte Tumor zeigt, sich im Bilde in der Gegend der Grundphalangen des 
IV. und V. Fingers der linken Hand, er dürfte dem IV. Finger angehören und erscheint, wo 
er sich mit dem V. Finger in der Projektion überdeckt, recht dunkel. Möglicherweise sind 
hier beide Finger miteinander verwachsen, was aus dem Bild nicht sicher zu erkennen ist. 
Die Mittelfinger der beiden Hände sind ulnarwärts, die Zeige- und Ringfinger radialwärts 
gekrümmt, die Metakarpen auseinandergedrängt. Manche Knochen scheinen bedeutend ver¬ 
kürzt zu sein. 

Die Auffassung, daß es sich in diesem Falle Herdman’s um von 
den Epiphysenknorpeln ausgehende, also auf das Entwicklungsalter 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


des Individuums zurückreichende Tumoren handelt, läßt sich dadurch be¬ 
gründen, daß sie jedesmal den der Epiphysengrenze anliegenden Teil der 
Diaphyse betreffen, das gegenüberliegende Ende der Diaphyse, das Köpfchen 
der Phalangen, die Basis der Metakarpen freilassen. Aus diesem Sitz der 
Tumoren, sowie aus dem ganzen Habitus des Bildes geht die chondromatöse 
Natur der Erkrankung hervor; aus der bedeutenden Durchlässigkeit der 
Tumoren für Röntgenlicht und der grob-netzförmigen Innenzeichnung ist 
ersichtlich, daß die Tumoren nur wenig Knochensubstanz enthalten und nur 
von spärlichem Knochengerüst durchzogen sind. Stellenweise sind die Chon¬ 
drome vielleicht cystisch degeneriert. 


Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 

Von Dr. Paul C. Franzo, Bad Nauheim. 


Die Orthodiagraphie ist die Methode, mittelst deren wir durch Rönt¬ 
genstrahlen eine Parallelprojektion und somit eine genaue Wiedergabe der 
Größe des Objektes im Bild erreichen. 

Zum besseren Verständnisse hiervon muß ich kurz auf die Projektion 
im Röntgenverfahren eingehen. 

Entwirft eine Lichtquelle das Schattenbild eines Körpers auf eine 
Ebene, die wir die Projektionsebene nennen, so besteht ein prinzipieller 
Unterschied in der Bildgabe, je nachdem die Strahlen von einer begrenzten 
Fläche, einem Flammenkörper oder gar nur einem mathematischen Punkte 
einerseits ausgehen und daher divergierend, radiär verlaufen, oder anderer¬ 
seits nachdem sie parallel einfallen. 

Im ersten Fall haben wir eine Zentralprojektion (Fig. 1), weil 
die Strahlen von einem Projektionszentrum ausgehen; im zweiten handelt 
es sich um eine Parallelprojektion (Fig. 2), weil sie pa rallel einfallen. 




Letzteres ist nur bei den Sonnenstrahlen der Fall, da wir diese infolge der 
sehr großen Entfernung der Sonne als parallel ansehen können. Alle 
irdischen Projektionen dagegen sind Zentralprojektionen, und zwar reden 
wir von einer echten Zen tralpro j ektion, wenn das Projektions¬ 
zentrum tatsächlich ein mathematischer Punkt ist, von einer un¬ 
echten Zentralprojektion dagegen, w r enn ein Flammenkörper, z. B. ein 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie, 


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Kerzenlicht, oder eine leuchtende Fläche, Projektionszentrum ist. In 
diesem Falle ist natürlich in Wahrheit jeder der unendlich zahlreichen 
mathematischen Punkte dieses Flammenkörpers oder der leuchtenden Fläche 
Projektionszentrum und entwirft ein Bild für sich. 

Die Projektion mit Röntgenstrahlen ist also auch eine Zentral¬ 
projektion, bei der die Strahlen mehr oder weniger genau nur von dem 
Zentrum der Antikathode der Röhre ausgehen. Von hier aus verlaufen 
sie radiär nach allen Richtungen des vor der Antikathode liegenden Teiles 
des Raumes. 

Es ist nun klar, daß, wenn bei der Zentralprojektion die Strahlen das 
Schattenbild eines Objektes entwerfen, es vergrößert ist, und zwar umso 
mehr, je näher das Objekt dem Projektionszentrum sich befindet, und umso 
weniger, je weiter entfernt es davon ist. 

Anders bei der Parallelprojektion. Hier sieht man sofort, daß Bild 
und Objekt gleich groß sind. 

Bei der gewöhnlichen radiographischen Aufnahme nun, dem Radio¬ 
gramm, fällt die Vergrößerung kaum ins Gewicht; denn hier handelt es sich 
doch meist um Skeletteile, um Fremdkörper oder um Konkrementbildungen, 
bei denen eine geringe Vergrößerung für diagnostische Zwecke irrelevant 
ist, und andererseits befinden sich die betreffenden Teile sehr nahe der 
photographischen Platte, die ja hier die Projektionsebene bildet, sodaß die 
Vergrößerung an sich nur gering ist. 

Beim Herzen jedoch herrschen andere Verhältnisse. 

Hier machen wir einerseits röntgenologische Untersuchungen fast nur 
zu dem Zwecke, den genauen Umfang des Organes festzustellen, und anderer¬ 
seits liegt der größte Frontalschnitt des Herzens etwa 7—10 cm hinter der 
vorderen Brustwand, sodaß schon eine ziemliche Vergrößerung beim gewöhn¬ 
lichen Radiogramm zustande kommt. 

So ist es denn begreiflich, daß, als die Röntgenstrahlen ihren Sieges¬ 
zug zurch die Medizin hielten, man alsbald auf Mittel und Wege sann, um 
das Herz ohne Vergrößerung im Röntgenbild wiedergeben zu können. 

Zunächst möchte ich aus historischem Interesse die verschiedenen 
Methoden aufzählen, die hierzu vorgeschlagen und benutzt worden sind, ehe 
die Orthodiagraphie erfunden wurde. 

Vorher aber wollen wir uns darüber klar werden, was wir überhaupt 
am Herzen mittelst Röntgenstrahlen messen wollen und können. 

Es geht der obere Rand des Herzens unmerklich in den Schatten der 
großen Gefäße, Aorta, Lungenarterien, oberen Hohlvene über und ist daher 
nicht im Schattenbild sichtbar; ebenso verschwindet sein unterer Rand im 
Schatten des Zwerchfells; obere und untere Grenze des Organs können wir 
also nicht wahrnehmen. 

Die wir sehen können, sind lediglich der rechte und der linke Schatten¬ 
rand des Herzens. Wir müssen also die Messung auf gewisse Grenzen, die 
Punkte auf diesen beziehen. Da ergibt sich nun als hauptsächlichste Norm 
des zu Messenden die äußerste Ausdehnung des Herzens nach rechts und 
nach links, und wir bezeichnen die Entfernung dieser beiden Punkte von 
einander entweder mit Levy-Dorn als „größten Querdurchmesser“ 
oder nach Moritz als „transversale Dimension“ des Organes. 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


Die verschiedenen früher zur Bestimmung des wahren Herzumfanges 
verwendeten Methoden sind nun folgende: 

1. Man schlug vor, das gewöhnliche Radiogramm des Herzens aufzu¬ 
nehmen und es dann mathematisch auf die wahre Größe zu reduzieren. Diese 
Methode hat aber folgende Mängel: 1. ist die Umrechnung umständlich, 2. kannte 
man nicht die Entfernung des Herzens von der Brustwand und konnto die Be¬ 
rechnung daher doch nicht genau machen, 3. entsprechen die projizierten 
Konturen ganz verschiedenen Stellen der Herzoberfläche und zwar solcher, 
die umso weiter nach hinten liegen, je näher die Röhre dem Rücken des zu 
Untersuchenden sich befindet, und Stellen, die umso mehr nach vorne, also 
den wahren gesuchten Herzgrenzen nahe liegen, je weiter entfernt die Röhre 
ist; es geht das aus dem divergierenden Verlauf der Strahlen bei der Zen¬ 
tralprojektion hervor. Infolge dieser Mängel wird diese Methode nicht mehr 
angewendet. 

Die zweite und dritte Methode gingen von der Tendenz aus, den Ver¬ 
hältnissen der Parallelprojektion möglichst nahe zu kommen, dadurch, daß 
man die Röhre — also das Projektionszentrum — möglichst entfernt an¬ 
brachte; man mußte dazu natürlich eine ziemlich harte und stark leuchtende 
Röhre wählen. Diese beiden Verfahren stammen von Levy-Dorn und von 
Holzknecht. Ersterer verfuhr folgendermaßen: er machte auf dem Leuchtschirm 
eine vertikale Marke; diese brachte er zunächst an den einen Schattenrand des 
Herzens und bezeichnete mit Dermatographen diese Stelle auf der Haut des 
Patienten; dann ging er mit der Marke an den anderen Schattenrand und 
verfuhr in gleicher Weise. Holzknecht brachte eine Mattglasscheibe auf dem 
Leuchtschirm an und markierte auf dieser die beiden seitlichen Schattenränder. 

Man erhält durch diese beiden Verfahren zwar nur approximativ 
richtige Werte, aber doch solche, die einen Vergleich bei verschiedenen unter 
den gleichen Bedingungen gemachten Aufnahmen gestatten. 

Immerhin müssen wir aber Mo ritz Recht geben, der diesen Methoden 
vorwirft, daß sie eine Genauigkeit vortäuschen, wo keine solche wirklich be¬ 
steht, und deshalb nicht empfehlenswert sind. 

Wir verwenden daher heute nur noch das allein exakte Verfahren, 
die Orthodiagraphie nach Moritz. 

Ihre Theorie ist die folgende: 

Unter allen von der Mitte der Antikathode ausgehenden Strahlen 
verläuft einer senkrecht zur Projektionsebene. Wenn es nun möglich wäre, 
diesen senkrechten Strahl auszusondern und - Beweglichkeit der Röhre vor¬ 
ausgesetzt — um den Rand des zu untersuchenden Organes herumzuführen, 
und ferner, in jedem Augenblick die mittelst dieses senkrechten Strahls 
projizierten Schattengrenzen aufzuzeichnen, dann ist es klar, daß wir so eine 
Parallelprojektion in der Aufeinanderfolge und somit eine genaue Wieder¬ 
gabe der Größe des Bildes erreichen würden. Denn, wenn eine Senkrechte 
sich auf einer Ebene verschiebt, so bleibt sie sich selbst parallel. Diese 
Postulate erfüllen war nun tatsächlich mit der Orthodiagraphie, w T ie sie von 
Moritz erfunden und hauptsächlich ausgebildet worden ist. 

Betrachten wir zunächst ihre Theorie etwas näher (Fig. 3). Wir haben 
also die Möglichkeit, die Röhre zu verschieben, vorausgesetzt. Zuerst nun 
stehe sie mit der Antikathode bei a, sodaß der senkrechte Strahl d die 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


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linke Grenze des Objektes (et) bei e trifft; dann projiziert er den Punkt e 
nach g, und wir haben nur noch nötig, diese Stelle zu bezeichnen. 
Dann verschieben wir die Röhre, sodaß die Antikathode bei a' zu stehen 
kommt. Der Grenzstrahl d' geht nun an dem anderen Rand des Objektes 
bei t vorbei und projiziert diesen Punkt nach h; auch er wird bezeichnet. 
Es leuchtet nun ein, daß der Durchmesser des Bildes g h gleich dem des 
Objektes e t ist. Wir müssen uns das nun planimetrisch vorstellen, nicht 
nur in bezug auf den einen Durchmesser, sondern auf den ganzen Umfang 
des Objektes; sein Rand wird mit dem senkrechten Strahl umfahren und 
dessen Schattenprojektion kontinuierlich markiert; dann ist der Umfang ge¬ 
treulich in natürlicher Größe aufgezeichnet worden. Allerdings trifft dies 
ganz genau nur zu, wenn die Ebene des größten Durchmessers des Objektes 
und der Leuchtschirm, bezw. die Zeichenfläche, ganz genau parallel zu ein¬ 
ander stehen. Ist dies nicht der Fall, so fällt das Bild etwas kleiner aus als 
das Objekt, und dieser Fehler ist umso größer, je weniger parallel die 
Zeichenfläche zur Ebene des größten Umfanges des Objektes steht, wie aus 
der Linie i k in Fig. 3 ersichtlich ist. Der Durchmesser (g h) des Bildes ist 
kleiner als ik. 



Dieser Fehler kommt gerade bei Herzaufnahraen etwas in betracht, 
da wir vorläufig noch kein Mittel besitzen, um festzustellen, in welcher 
Ebene der größte Umfang des Herzens liegt (außer etwa durch sehr um¬ 
ständliche Tiefenbestimmungen) und daher die Zeichenfläche und den Leucht¬ 
schirm nicht genau parallel zu ihm einzuslellen vermögen. Bei normalem 
Herzen oder seiner vorwiegenden Vergrößerung nach rechts wird der Fehler 
allerdings nur sehr gering oder kaum vorhanden sein. Er tritt umso mehr 
hervor, je mehr das Herz nach links vergrößert ist, weil sein größter Durch¬ 
messer sich dann umso mehr von der Frontalebene der Thoraxoberfläche 
entfernt. Allein, dieser Fehler ist auch im ungünstigsten Fall geringer als 
der in der Vergrößerung bei der Zentralprojektion beruhende, und die Ortho¬ 
diagraphie bleibt trotzdem das beste Mittel zur Bestimmung der Größe 
innerer Organe, speziell des Herzens. 

Die Konstruktion eines Apparates nun, der gestattet, die Röhre 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


zu verschieben und außerdem die Projektion mittelst des einen senkrechten 
Strahles allein aufzuzeichnen, geschieht nach folgendem Prinzip: 

Ein aus drei senkrecht zusarainengefügten Schenkeln bestehender, 
steifer, U-förmiger Halter trägt an dem hinteren Schenkel die Röhre, an dem 
vorderen den Leuchtschirm. Dieser hat in der Mitte eine Öffnung, durch 
die der Zeichenstift, der an einem Halter hier befestigt ist, hindurchgeht. 



Durch das Augenmaß oder durch eine besondere Zentriervorrichtung wird 
nun die Spitze des Stiftes genau gegenüber der Mitte der Antikathode ein¬ 
gestellt, und die Arme werden dann starr gegen einander fixiert. Es fällt 
also jetzt der senkrechte Strahl auf die Stiftspitzo. Dieses ganze starre 
System —. Röhre und Leuchtschirm mit Stift — ist um eine Axe beweglich, 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 

sodaß die Röhre einerseits, Schirm mit Stift andererseits, nach allen Richtungen 
je einer Ebene verschieblich sind, in der sie bezw. liegen. Diese Ebenen 
sind einander natürlich parallel. Ein mit Gewichten versehenes Hebelsystem 

garantiert die Aufrechterhaltung 
eines möglichst indifferenten 
Gleichgewichtes. 

Der Patient steht zwischen 
Röhre und Schirm, die Brust 
letzterem zugekehrt. Auf dem 
Schirm erblickt man beim Leuch¬ 
ten der Röhre den Herzschatten; 
man bringt nun unter beständiger 
Bewegung des Systems mit der 
Zeichenvorrichtung entlang den 
Schattengrenzen des Herzens 
Punkte an und markiert so, wie 
wir gesehen haben, immer nur 
die Schattenprojektion des senk¬ 
rechten Strahls, also die wahren 
Herzgrenzen; denn wir erhalten 
durch das Verfahren von diesen 
eine Parallelprojektion in der Auf¬ 
einanderfolge. 

Die Fig. 4, 5, 6 und 7 stellen 
moderne Typen von Orthodia- 
graphen dar. 

Jetzt müssen wir uns aber 

r i- i ii • u i noch etwas näher mit einigen 

Figur 5. Orthouiagraph nach Ingenieur Boas und . . . ° 

Dr. Levy-Dorn; für Vertikalaufnahmen eingestellt, einschlägigen anatomischen 

(Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen.) Fragen und mit der Technik 

des orthodiagraphischen 

Aufnahme Verfahrens selbst beschäftigen. Außer auf meine eigenen 

Erfahrungen muß ich mich hierbei in erster Linie auf die grundlegenden 

Arbeiten von Moritz berufen und habe auch einige 

wertvolle Winke dem Lehrbuche von Albers- 

Schönberg sowie dem Werke von Holzknecht*) 

entnommen. 

Zunächst fragt es sich in anatomischer Hin¬ 
sicht, ob die dünneren Randpartien des Herzens 
nicht etwa so stark durchstrahlt werden, daß sie 
keinen genügend dunklen Schatten geben, um sich 
von den helleren Lungenfeldern sichtbar abzu¬ 
heben. Wir würden dann eine Zeichnung erhalten, 
. die nicht den wahren Herzrändern, sondern einem 
für Horizontalaufnalunen weiter einwärts auf dem Organ befindlichen Um¬ 
eingestellt. riß entsprächen. Moritz hat indes diese Frage 

*) s. Literaturverzeichnis am .Schlüsse. 




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Theorie, Technik und Methodik (1er Orthodiagraphie. 



durch Versuche an der Leiche mit nachfolgender Kontrolle durch Autopsie und 
durch solche an isolierten, mit Wasser gefüllten, in abgedunkelter Umgebung 
liegenden Herzen beantwortet. Durch diese Versuche wurde der Beweis ge¬ 
liefert, daß tatsächlich der äußere Herzrand schattenbildend ist und das 
Orthodiagramm somit den wahren Umfang des Organs wiedergibt. 

Ferner müssen wir darüber 
orientiert sein, welche Ge¬ 
bilde des Mediastinums für 
den Schalten „randbildend“ 
sind. Es verhält sich das 
folgendermaßen : durch¬ 

leuchtet man die Brust eines 
Menschen von hinten nach 
vorne, so erblickt man auf 
dem Leuchtschirm außen 
auf beiden Seiten die hellen 
Lungenfelder, hell des¬ 
wegen, weil das normalo 
Lungengewebe nur in sehr 
geringem Maße Röntgen¬ 
strahlen absorbiert. Die 
beiden Lungenfelder werden 
von einander in ihrer ganzen 
Ausdehnung durch einen 
vertikalen Schatten geschie¬ 
den, der unten auf einem 
horizontal verlaufenden 
Schalten, demjenigen des 
Zwerchfells, aufsitzt. Der 
erstere ist der sogenannte 
,,M ittelschatte n“ und 
hat in folgenden Gebilden 
sein Substrat: erstens nimmt 
in ganzer Ausdehnung die 
Wirbelsäule an seiner 
Bildung Teil, zweitens das 
Brustbein, aber nur in geringem Grade, da es infolge seiner Zusammensetzung 
aus spongiöser Knochenmasse nur wenige Röntgenstrahlen absorbiert; drittens 
sind im Mittelschatten etwas weiter nach abwärts das Herz und die großen 
Gefäße vertreten; ihre Schatten überragen natürlich seitlich die der Wirbel¬ 
säule und des Brustbeines, und sie werden daher von hier ab randbildend. 
Diese Randbildung geschieht nun für beide Seiten gesondert betrachtet 
folgendermaßen: 1. rechts wird der Rand des Mittelschattens oben von der 
Wirbelsäule, dann weiter abwärts durch die zwar gerade, aber die Wirbelsäule 
nach außen überragende Vena cava superior mit der rechten Vena anonyma 
und jugularis gebildet; hieran schließt sich nach abwärts ein nach außen 
konvexer, großer Bogen an, dem der rechte Vorhof zugrunde liegt. Dieser 
Bogen wird nach unten durch den Zwerchfellschatten begrenzt. Links ist 


Figur 7. Orthodiagraph nach Ingenieur Dessauer. 
(Elektrotechnisches Laboratorium, Aschaffenburg.) 


edby CjOOglC 


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Theorie, Technik uml Methodik der Orthodiagraphie. 255 


die Reihenfolge folgende: oben wieder Wirbelsäule, hieran anschließend ein 
kleiner nach außen konvexer Bogen, der durch den Arcus aortae und einen 
Teil der Aorta descendens gebildet wird; dieser Bogen trifft im stumpfen 
Winkel auf einen sich nach unten an ihn anschließenden, ebenfalls nach 
außen konvexen kleinen Bogen, der gewöhnlich von der linken Art. pulmo- 
nalis und einem Teil des rechten Ventrikels, bisweilen von jener und einem 
Teil des linken Herzrohrs gebildet wird, wobei der rechte Ventrikel dann 
von der Randbildung ausgeschlossen bleibt. Nach unten schließt sich hieran 
ein großer auch auswärts konvexer Bogen an, der ganz vom linken Ventrikel 
zustande gebracht wird; nur bei starker Erweiterung des rechten Ventrikels 
kann der linke ganz nach hinten gedrängt und somit der unterste linke Bogen 
vollständig vom rechten Ventrikel gebildet werden. 

Die allgemeine Technik der praktischen Ausübung des Verfahrens 
ist folgende: 

Man benützt aus Gründen, die ich unten erklären werde, mittlere 
Respirationsstellung für die Aufnahme und zeichnet, wenn möglich, stets 
während der Diastole des Herzens. Doch braucht man in Fällen, wo dies 
schwer fällt, z. B. bei sehr rascher Herzaktion, nicht ängstlich hierauf zu 
achten; da nämlich die Diastole die zeitlich längere Phase der Herzarbeit ist, 
so benutzt man sie in solchen Fällen wahrscheinlich unwillkürlich zum 
Markieren. Auch ist der Unterschied der Flächenausdehnung des Organs bei 
Systole und Diastole ein geringer, zumal bei erregter, schwacher Aktion. 

Man markiert nun in der Weise, daß man entlang den Schattenrändern 
des Herzens Punkte auf der Haut anbringt. „Diese Art“, sagt Moritz, „die 
Grenzen aufzunehmen, ist viel genauer, als wenn man stets dem Rande des 
Schaltens entlang fahren wollte“. Nach meiner Erfahrung ist das fortlaufende 
Zeichnen ganz verwerflich, da man unmöglich die ganze Linie in allen ihren 
Punkten genau dem Schattenrand des Organs entsprechend ausführen kann; 
dann aber liegt die Gefahr nahe, gerade an den wichtigen Punkten, auf die 
es für die Messung ankommt, eine UngeDauigkeit zu begehen. Punktiert man 
dagegen, indem man sich der Stellen, auf die es am meisten ankommt, bewußt 
bleibt, so kann man diese mit Exaktheit markieren. Ein fernerer Grund ist der 
folgende: das dichte Geäst der Bronchien und Blutgefäße in den Hilus der 
Lungen bedingt normalerweise eine teilweise Verdunkelung der Lungenfelder 
zu beiden Seiten des Herzens. Diesen „Begleit sc hatten“ beobachtet man 
besonders rechts, da er links vom Herzen selbst zum Teil verdeckt wird. 
Zwischen Herz- und Begleitschatten liegt nun eine schmale helle Zone, welche 
die Abgrenzung des Herzens erleichtert; diese ist aber oft bei seitlich stehender 
Röhre deutlicher, als wenn letztere senkrecht unter dem Herzrande sich be¬ 
findet. In diesen Fällen erleichtert es also die Aufnahme, für jeden Punkt 
zuerst mit der Röhre in das helle Lungenfeld hinaus und dann auf den Herz¬ 
rand zuzugehen, somit also den Schattenrand diskontinuierlich durch Punkte 
zur Darstellung zu bringen. Auch ist aus optischen Gründen der Schatten¬ 
rand in dem Augenblick besonders deutlich perzipierbar, wo er auf dem 
Leuchtschirm mit dem Zeichenstift zusammenfällt (Moritz). 

Die beste Technik der Orthodiagraphie besteht also 
darin, bei mittlerer Respirationsstellung die Diastole des 
Herzens aufzuzeichnen, indem man entlang seines Schatten- 


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256 


Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


randes Punkte anbringt, unter besonderer Beachtung der für die spätere 
Ausmessung des Bildes wichtigen Stellen; für jeden einzelnen Punkt 
geht man mit der Zeichenvorrichtung erst in das helle Lungenfeld hin¬ 
aus und wandert dann auf den Herzrand zu. 

Mit Recht betont Albers-Schönberg, daß für eine ersprießliche 
Ausnützung der Orthodiagraphie in der Praxis der Apparat mit passend aus¬ 
gesuchter Röhre versehen stets gebrauchsfertig dastehen muß. Man braucht 
eine mittelweiche Röhre, mit der man fast in allen Fällen auskommt; ferner 
muß sie eine starke Belastung vertragen und eine zu dem Zweck passend 
gebaute Antikathode besitzen. Ich benutze die Müllerröhren mit und ohne 
Wasserkühlung mit Vorliebe gerade für Orthodiagraphie. Starkstromanschluß 
ist hier ein entschiedener Vorteil, da er mit Elektrolytunterbrecher ent¬ 
schieden hellere Durchleuchtungen gibt, als Akkumulatorenbetrieb mit 
Platinunterbrecher; allerdings ist der Röhrenverbrauch ein größerer; doch das 
darf bei diesem technisch schwersten Teil der ganzen Röntgenologie, wo es 
zugleich so sehr auf Genauigkeit ankommt, nicht ins Gewicht fallen. Stets 
soll der Orthodiagraph mit einer Blende versehen sein und der Leuchtschirm 
eine gute Bleiglasschutztafel tragen, da man sonst die ganzen Strahlen 
direkt ins Gesicht bekommt; auch die Hände sind durch Bleiblechansätze an 
den Handgriffen zu schützen. Vor Beginn der Aufnahme muß das Auge sich 
völlig an die Dunkelheit gewöhnt haben. Hierzu ist 2—5 Minuten langes 
Verweilen im dunklen Zimmer nötig, ehe man die Arbeit anfängt. Sonst ist 
das Auge für das Fluoreszenslicht des Leuchtschirmes zu unempfindlich, um 
scharf zu differenzieren. 

Nehmen wir nun, ehe wir fortfahren, an, wir hätten ein Orthodiagramm 
(Fig. 8) aufgenommen. Unsere nächste Aufgabe ist es dann, es nach be¬ 
stimmten Gesichtspunkten auszumessen und auf Papier zu übertragen. Zu¬ 
nächst ergänzen wir nach dem Augenmaß die obere und untere Grenzünie 
des Organs, indem wir sie im Sinne der Bogenrichtung der seitlichen Ränder 
ausziehen. 

Wir zeichnen dann die Mittellinie des Körpers, d. h. die Linie vom 
Jugulum zum Nabel, und fällen auf diese je eine Senkrechte von dem 
äußersten Punkte des rechten (a) und des linken Randes (b); letzterer Punkt 
entspricht gewöhnlich der Herzspitze; er kann aber, namentlich bei steil ge¬ 
stelltem Herzen, verschieden weit oberhalb ihrer liegen. Wir bezeichnen 
nach Moritz diese Senkrechten als „Medianabstand“ rechts (ac) und links (b e) 
und ihre Summe als „transversale Dimension“ des Herzens. Ferner ver¬ 
binden wir die Herzspitze mit dem oberen Teil des rechten Herzrandes und 
zwar mit der Stelle, wo der Vena-cava-superior-Rand in den Bogen des 
rechten Vorhofs übergeht (d). Es entspricht gewöhnlich schätzungsweise 
dieser Punkt der 4. Rippe. Die Linie df stellt den „Längsdurchmesser“ 
des Herzens dar. Es muß vor dem Irrtum gewarnt werden, bei Ortho- 
diagrammen von liegenden Personen die Herzspitze da zu suchen, wo der 
linke Herzrand auf das Zwerchfell trifft; vielmehr liegt die Spitze ein Stück 
weit in dem Schatten des Zwerchfells versenkt. Man erkennt sie aber bei 
richtigem Lichte trotzdem, und zwar am besten an ihrer Pulsation im Zwerch¬ 
fellschatten. Nun fällt man ferner noch zwei Senkrechte auf den Längs¬ 
durchmesser; die eine geht von der Grenze zwischen unterstem und mittlerem 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


25? 


linken Bogen (g) und die andere von der rechten unteren „Herzecke“ (h) aus; 
dieses ist die Übergangsstelle des rechten Seitenrandes in den unteren Rand 
des Organs. Die Summe dieser Linien (ho-fgp) heißt „Breitendimension“. 
Nach Moritz kommt sie der Breite des rechten Ventrikels gleich; die anderen 
Abmessungen aber entsprechen nach ihm keinen anatomisch einheitlichen 
Dimensionen. Da die rechte untere Herzecke nicht immer wahrnehmbar ist, 
so empfehle ich in solchen Fällen, statt ihrer, wie Albers-Schönberg es bei 
seiner gleich zu erwähnenden Messung tut, den Punkt zu wählen, wo der 
Rand des rechten Vorhofs mit dem Zwerchfellschatten zusammentrifft (i). 



Figur 8. 

Von hier aus wird also die eine Senkrechte auf den Längsdurchmesser 
gefällt und die andere wie oben angegeben. Albers-Schönberg zieht an 
Stelle der die Breitendimension nach Moritz bezeichnenden zwei Linien eine 
einzige von der eben genannten Stelle (i) aus nach „der größten Konkavität 
links oben“ (g) und gibt folgende Annäherungswerte für die Messungen 
an: die zuletzt genannte Linie entspricht dem Querdurchmesser des rechten 
Ventrikels, der Medianabstand links dem Querdurchmesser des linken Ven- 

Archiv f. physik. Medizin otc. 17 


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258 


Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie- 

trikels, derjenige rechts dem des rechten Vorhofs und der Längsdurchmesser 
der Gesamtlänge des Herzens. 

Endlich kann man nach Moritz noch eine transversale Linie (kl) durch 
das ganze Bild legen und den Winkel « a) messen, den sie mit dem Längs¬ 
durchmesser bildet; dieser heißt der „Neigungswinkel' 1 des Herzens und gibt 
über den Grad seiner Steilstellung Aufschluß, indem er bei steiler gestelltem 
Organe größer ist und umgekehrt. 

Alle diese Linien werden nun in Zentimetern gemessen und die Zahlen 
am besten in das Orthodiagramm eingetragen, eventuell auch noch be¬ 
sonders notiert. 

Nun muß aber die Zeichnung auf bestimmte feste Punkte des Thorax 
bezogen werden können; die Mammillen sollen hierzu nicht benutzt werden, 
weil die Haut verschieblich ist, und sie daher keinen sicheren Anhaltspunkt 
gewähren; auch der Zwerchfellstand läßt sich dazu nicht verwerten, weil er 
natürlich ganz wechselnd ist. Es sind sehr umständliche Methoden ange¬ 
geben worden, um die topographische Festlegung des Orlhodiagramms zu 
erreichen, die jedoch ganz überflüssig sind. Alles was nötig ist, ist folgendes: 
man bezeichnet vor der Aufnahme mittelst schwarzen Dermatographen auf 
der Haut des Patienten die Mittellinie des Körpers und außerdem noch die 
untere ThoraxaperLur. Orthodiagraphiert man nun nicht direkt auf der 
Haut, so benutze man als Projektionsebene eine Mattglasscheibe allein 
(ohne Hinterlegung irgend welcher Art). Durch diese kann man jetzt dio 
Linien auf der Haut sehen und sie vor oder nach Aufnahme des Orthodia- 
gramms, solange der Patient noch in situ ist, hei ausgeschalteter 
Röhre und gewöhnlicher Beleuchtung einzeichnen. Benetzt man die Matt¬ 
glasscheibe mit einem nassen Schwamm oder mit 01, so sieht man noch 
besser durch. Diese zwei Linien genügen zur topographisch-anatomischen 
Festlegung der Beziehungen des Orthodiagramms zum Körper; alles andere 
ist unnötige Polypragmasie. Von der Mattscheibe kann man natürlich leicht 
und exakt die Figur auf Pauspapier und dann weiter übertragen. 

Das Durchpausen geschieht, wenn man auf die Thorax wand 
projiziert hat dadurch, daß man eine Mattglasscheibe frontal an die Brust anlegt, 
die Punkte und Linien der Haut durchvisiert und zugleich auf die Glasscheibe 
aufzeichnet. Hierbei muß man allerdings sehr vorsichtig zu Werke gehen, um 
erstens jede Verschiebung der Haut durch das Andrücken des Glases, anderer¬ 
seits Ungenauigkeiten beim Visieren zu vermeiden; auch müssen die Auf¬ 
zeichnungen der Merkpunkte des Thoraxskeletts auf der Haut, das Ortho- 
diagraphieren selbst und endlich die Übertragung auf die Glasscheibe alle in 
der gleichen Körperstellung und der gleichen Respirationsphase (bei ruhiger 
Atmung) vorgenommen werden. 

Albers-Schönberg empfiehlt noch eine andere Art der Übertragung 
des Orthodiagramms von der Brusthaut auf Papier, nämlich die Blitzlicht- 
photographie. Sie eignet sich natürlich besonders für Fälle, die stehend 
aufgenommen worden sind, da bei Horizontalaufnahmen eine Verschiebung 
der Brusthaut beim Übergang zur aufrechten Stellung eintreten könnte; 
jedoch soll man nach dem Autor „bei kräftigen nicht fettleibigen Personen, 
bei denen ein Herabsinken der Brusthaut bei aufrechter Lage nicht zu be¬ 
fürchten ist“, von der allgemeinen Regel Abstand nehmen können, in der- 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 2oÖ 


selben Lage zu' übertragen, in der orthodiagraphiert worden ist. Hier 
muß aber betont werden, daß auch die Thor axform selbst im Stehen etwas 
anders als im Liegen ist (Moritz). Das Verfahren ist kurz folgendes: man 
zeichnet alle zu übertragenden Linien auf der Brustwand des Patienten mit 
einem schwarzen (nicht blauen) Fettstift auf. Der Patient wird aufrecht 
gegen eine Wand, an ein Kissen angelehnt, aufgestellt und mittelst Blitz¬ 
lichtes photographiert. Für (aufeinander folgende) Vergleichsaufnahmen ist 
es natürlich notwendig, stets in genau derselben Entfernung zu photo¬ 
graphieren. Zu diesem Zwecke muß eine Marke auf dem Fußboden ange¬ 
bracht werden, „auf welcher der ein für allemal gleichmäßig eingestellte 
photographische Apparat postiert wird.“ Man sieht ohne weiteres, daß die 
Methode nur in großen Röntgeninstituten, denen Raum ad libitum zur Ver¬ 
fügung steht, anwendbar ist. 

Hinsichtlich der speziellen Aufnahmetechnik des Herzortho- 
diagramms nun ist die erste Frage, über die wir uns zu entscheiden haben, 
die, ob wir den Patienten im Liegen oder im Stehen aufnehmen wollen. Es 
machen sich nämlich einige bemerkenswerte Unterschiede für die beiden 
Körperlagen geltend, welche die Wahl nicht gleichgültig erscheinen lassen, 
und über die wir uns auseinander setzen müssen. Um Klarheit zu erlangen, 
können wir die auftretenden Unterschiede am besten in zwei Gruppen ein¬ 
teilen; die erste umfaßt dann gewisse Punkte, die für die Aufnahmetechnik 
von Einfluß sind. In der zweiten behandeln wir anatomisch-physiologische 
Verhältnisse. Wenden wir uns zunächst der technischen Seite der Frage zu, 
so spielt in erster Linie die Fixation des Patienten bei der orthodia- 
graphischen Aufnahme eine sehr wichtige Rolle. Denkbar sind Bewegungen 
des zu Untersuchenden nach drei Richtungen: 1. in der Richtung der Längs- 
axe seines Körpers, also nach oben und nach unten, 2. in der Richtung der 
frontalen Körperaxe, d. h. seitliche Schwankungen und 3. Drehungen um die 
vertikale Axe des Körpers. 

Die erste Art von Verschiebung kann naturgemäß nur bei aufrechter 
Stellung Vorkommen, wenn etwa der Patient absichtlich die Kniee beugen 
und strecken würde; da sich das durch den Willen allein gänzlich vermeiden 
läßt, so können wir bei Erwachsenen diese Fehlerquelle überhaupt ignorieren; 
bei kleineren, unruhigeu Kindern fällt sie aber sehr ins Gewicht und trägt 
dazu bei, die orthodiagraphische Untersuchung von solchen anders als in 
liegender Stellung überhaupt zu kontraindizieren. Die seitlichen Schwankungen 
bilden eine sehr bedeutende Fehlerquelle, wenn man auf eine vom Körper 
unabhängige Zeichenebene projiziert. Projiziert man dagegen direkt auf die 
Brustwand des Patienten, so bedingen sie keinen Fehler in der Bildgabe, da 
jener bei seitlicher Verschiebung ja sein auf dem Körper gezeichnetes Bild 
mitnimmt. Die seitlichen Verschiebungen des Körpers brauchen also nur 
dann ängstlich vermieden zu werden, wenn man nicht direkt auf den Körper 
projiziert. Die Drehungen des Aufzunehmenden um seine vertikale Axe 
wiederum sind in jedem Falle eine Fehlerquelle und müssen daher bei jeder 
Art der Aufnahmetechnik mit Sorgfalt vermieden werden. 

Wie verhalten sich nun die verschiedenen Körperlagen 
zu diesen Forderungen? 

Am sichersten fixiert ist der Patient zweifellos, wenn er liegt 

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260 Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie . 


und zwar auf einem Tisch, der, statt eine Tischplatte zu tragen, mit Segel¬ 
tuch überzogen ist; dieses schmiegt sich den Körperformen an, und alle 
Arten von Bewegung werden so vermieden. Nach diesen Gesichtspunkten 
ist der Apparat von Moritz für Horizontalaufnahmen konstruiert. Dagegen 
sind die Lungenfelder in dieser Lage nicht so hell wie im Stehen, die Herz¬ 
ränder also nicht ganz so deutlich sichtbar. Auch sitzt das Herz dem 
Zwerchfell breiter auf, seine Spitze ist im Zwerchfellschatten versenkt, und 
wenn sie trotzdem optisch von letzterem differenziert werden kann, so ist 
das doch mit größeren Schwierigkeiten verbunden als bei aufrechter Stellung. 
Der Vorteil des Liegens in technischer Hinsicht ist also die einwand¬ 
freie Fixierung, sein Nachteil die schwerere optische Wahrnehmbarkeit 
der Herzgrenzen. Daß Herzkranke die horizontale Lage oft nicht gut ver¬ 
tragen, ist ein mehr theoretisch konstruierter Einwand. 

Steht der Patient, so müssen ganz besondere FixierungsVor¬ 
richtungen gebraucht werden, wenn anders das erhaltene Resultat nicht 
jeden Wert verlieren soll. Mir persönlich ist keine andere Vorrichtung 
bekannt geworden, die eine effektive Feststellung des zu Untersuchenden 
garantiert, als die von Moritz angegebene. 

Sie besteht in einem aufrecht stehenden mit Segeltuch überzogenen 
Rahmen, gegen welch* ersteres der Aufzunehmende mit dem Rücken sich 
anlehnt; zugleich wird er an den Schultern durch mit einer Rinne versehene 
und der Höhe nach an dem Rahmen verstellbare Holzkeile fixiert. Alle stören¬ 
den Bewegungen können so verhindert werden; projiziert man außerdem 
direkt auf den Thorax, so ist es ja ohnehin nur die Drehung des Körpers 
um seine vertikale Axe, die zu Ungenauigkeiten Anlaß geben kann; diese 
wird aber durch die angegebene Fixierung, ebenso wie die seitliche 
Schwankung auch, vermieden. 

Beim Stehen erscheinen die Lungenfelder heller, das Zwerchfell ist 
mehr gesenkt, das Herz daher freier. Seine Ränder sind optisch besser 
differenzierbar. 

Die Vorteile des Orthodiagraphierens in aufrechter Stellung 
liegen also in dem zuletzt Gesagten. Der Nachteil dieser Methode ist die 
nicht ohne weiteres einwandfreie Fixation. Dieser läßt sich aber durch ge¬ 
eignete Vorrichtungen kompensieren. 

Nach diesen Überlegungen muß zugegeben werden, daß rein tech¬ 
nisch, sofern die Moritz’sche Fixierungsmethode in Anwendung kommt, 
keine Bedenken gegen das Orthodi agraphier en im Stehen vor¬ 
handen sind, dieses aber den Vorteil der besseren Sichtbarkeit der Herz¬ 
grenzen hat. 

Wir haben nun die anat omisch-ph ysiologische n Unterschiede 
am Herzen bei liegender und aufrechter Stellung zu betrachten. 

Orthodiagraphiert man das Herz derselben Person hintereinander bei 
aufrechter und liegender Körperstellung, so bemerkt man folgendes: (Fig. 9) 
I. im Stehen: 

1. Das Herz ist oft steiler gestellt, der Neigungswinkel also größer als 

im Liegen. 

2. Fast immer sind ein oder beide Medianabstände und somit auch 

die transversale Dimension kleiner als bei horizontaler Aufnahme- 


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Thoorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 261 


Stellung. Diese Verkleinerung der transversalen Dimension beträgt 
0,4 bis 2,5 cm. 

3. In der Mehrzahl der Fälle nimmt auch die Breitendimension ab. 

4. Auch der Längsdurchmesser ist bisweilen, der Flächeninhalt der 
ganzen Figur gewöhnlich, verkleinert; oft ist der Längsdurchmesser 
aber größer. 

5. Stets liegt das Herz tiefer nach abwärts im Brustkorb als in hori¬ 
zontaler Lage. 

Es ist also die Herzsilhouette im Stehen verschmälert. 



ein im Liegen mitgenommenes Orthodiagramm desselben Herzens dar. 

II. im Liegen herrschen die umgekehrten Verhältnisse. 

Welche sind nun die Gründe für die Verkleinerung des Herzens im 
Stehen? 

Denkbar sind folgende Ursachen: 

1. die Steilstellung läßt die transversale Dimension des Organs ab¬ 
nehmen, 


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262 


Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


2. (las Herz kann sich um seine vertikale Axe, die oben durch den Ge- 

fäßtrunkus, unten durch die Vena cava inferior geht, so drehen, daß 

ein kleinerer Querschnitt sich in die Frontalebene einstellt, 

3. das Herz kann tatsächlich an Volumen abnehmen, oder endlich 

4. mehrere dieser Ursachen können sich kombinieren. 

Von diesen steht die Steilstellung fest; sie läßt die transversale 
Dimension kleiner werden, reicht also nicht zur Erklärung der gesamten 
Verkleinerung aus. Auch ist sie nicht die einzige Ursache der Abnahme der 
transversalen Dimension; denn diese findet bisweilen auch ohne Zunahme 
des Neigungswinkels statt. 

Der zweite Grund würde dazu genügen. Moritz führt jedoch zahl¬ 
reiche Motivierungen an, um nachzuweisen, daß eine solche Verdrehung nicht 
stattfindet. 

Der dritte Grund endlich wird von Moritz als der in erster Linie 
wirkliche für die Verkleinerung des Herzbildes bei aufrechter Stellung an¬ 
genommen. Hierfür führt er verschiedene Beweise, auch die Resultate 
seiner Tierversuche an, unter ersteren namentlich auch die Beobachtung, 
daß auch beim Orthodiagraphieren bei seitlicher Durchleuchtung, also in 
der frontalen Körperaxe, die Herzsilhouette kleiner ist. Das ist in der Tat 
beweisend. 

Auf Grund dieser Anschauung, daß tatsächlich oft das Volumen des 
Herzens in vertikaler Körperlage kleiner als in horizontaler ist, erklärt Moritz 
die horizontale Rückenlage für die allein richtige zur Herstellung von Ortho- 
diagrammen. 

Ich lasse eine Tabelle von Moritz über Horizontal-Orthodiagramme 
folgen, die für drei verschiedene Körpergrößen die gefundenen Durch¬ 
schnitts-, Maximal- und Minimalwerte für die Herzgröße Gesunder wiedergibt 
(aus Albers-Schönberg: „Die Röntgentechnik“): 


Körpergröße 

Median¬ 

ahstand 

rechts 

cm 

Median¬ 

ahstand 

links 

cm 

Längs- Quer- 

d urch messen durchmesser 

cm cm 

Oberfläche 

qcm. 

Ü 

Durchschnitt . . . 

4,4 

7,9 

13,0 

10,2 

98 

£ J 

T 

Maximum .... 

4,8 

8,0 

13,5 

10,5 

100 


.Minimum .... 

4,0 

7.8 

11,5 

10,0 

80 

s 

o 

Durchschnitt . . . 

4.4 

8,3 

13,4 

10,5 

102 

f ■ 

Maximum .... 

5,0 

9,3 

14,5 

10,8 

108 


Minimum .... 

3,5 

7,5 

12,8 

9,0 

87 

-178 cm 

Durchschnitt . . . 

Maximum .... 

4,0 

5,9 

8,8 

9,7 

14,0 

15,3 

10,3 

11,0 

100 

126 

i 

T— < 

I~ 

Minimum .... 

3,0 

7,8 

12,5 

9,0 

92 


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Thi'ori(>, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


203 


Ich habe selbst neun vergleichende Unlersnchungen zwischen vertikaler 
und horizontaler Lage bei einer Anzahl herzleidender männlicher Individuen 
gemacht und führe die gefundenen Zahlen in folgender Tabelle an: 


Alter 

Klinische 

Diagnose 

M.A. M.A. 
rechts links 
cm | cm 

Tr.D.Br.D. 

| 

cm 1 cm 

» = | 

bi i c |j Körper- 

11 -i f ll läse 

^ 5?, l! 

Bemerkungen 

36 

Herzerweiterung, 
Töne unrein, kein 
Geräusch 

5,0 

6,0 

11,0 

12,0 

16,0 

18,0 

14,0 16,0 

15,5 17,0 

1 1 , 

47° j| stehend 

40° |i liegend 

|[ 

1 

25 

Chron. Nierenent¬ 
zündung; Herzhy- 
pertropliie; lautes 
systol. Geräusch 

6,0 

7,0 

10,0 

10,5 

! 

16,0 

17,5 

12,5 

14,0 

16,5 

1 17,0 

30° 

25° 

stehend 

liegend 


37 

Neurasthenie 

3,8 

5,0 

9,0 
j 7,0 

12,8 

12,6 

12,0 

11,0 

12,5 

' 14.0 

35° 

37° 

stehend 

liegend 

Herzlage sehr 
veränderlich beim 

1 Uehergang vom 
Liegen znmStehen 

57 

Myocarditis 

3,6 

4,0 

9,0 

9,8 

12,6 

13,8 

,i0 

12,0 

15,0 

16,0 

400 

44° 

stehend 

liegend 


23 

Mitralinsuffizienz 

6,0 

6,5 

8,8 

9,5 

14,8 

16,0 

11,5 

11,7 

14,5 
! 15,0 

32° 

35° 

stehend 

liegend 


30 

Leises systolisches 
Geräusch an der 
Spitze 

5,0 

5,5 

8.3 

8.4 

13,3 
!3,9 | 

10,5 

11,0 

14,0 

15,0 

42° 

39° 

stehend 

liegend 


18 

Mitralinsuffizienz 

5,0 

5,0 

6,5 

6,5 

11,5 

11,5 

10,0 

10,0 

12,0 

12,0 

32° 

32° 

stehend 

liegend 

Das Herz ist 
liegend u. stehend 
gleich groß 

27 

Verlagerung dea 
Herzens nach rechts 
durch linksseitigen 
, Hy dropneumot horax 

10,5 

11,0 

3,0 

3,5 

E CO 

CT» CT» 

10,5 

11,0 

14,0 

15,0 i 1 

48° 

45° 

stehend 

liegend 

1 

27 

Dilatation des 

Herzens 

5,2 

6,0 

8,5 

9,4 

13,7 

15,4 

12,0 

12,9 

13.5 

14.5 

39° 

36° 

stehend 

liegend 



Nehmen wir es nun als gegeben an, daß das Gesamtvolumen des 
Herzens in vertikaler Lage etwas geringer als in horizontaler ist, sOjiniissen 
wir zunächst überlegen, ob nicht noch andere Voraussetzungen in Betracht 
gezogen werden müssen, ehe wir eine Schlußfolgerung hinsichtlich einer für 
die Orthodiagraphie als allein richtig anzusehenden Körperstellung ziehen 
können; und da ergibt sich in der Tat, daß noch andere Momente Berück¬ 
sichtigung verdienen. 

Erstens fragt es sich, ob die ganz horizontale Lage a priori mehr als 
Norm angesehen zu werden verdient, als die vertikale. 

Zweitens will es scheinen, ols ob für die Möglichkeit, eine Abnormität 
der Herzgröße nach stehend aufgenoinmenen Orthodiagramineu zu beurteilen, 


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264 


Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


nichts Anderes nötig wäre, als an der Hand einer sehr großen Untersuchungs¬ 
serie bei herzgesunden Individuen die normale Durchschnittsgröße des Ver- 
tikalorthodiagramnis zu ermitteln; wir müßten dann einen ebenso konstanten 
(bezw. ebenso wenig konstanten) Wert erhalten, als dies bei Horizontalauf¬ 
nahmen der Fall ist, und könnten ihn als Basis unserer Schlußfolgerungen 
mit gleichem Recht wie hier verwerten. 

Das dritte und wichtigste Moment ist aber das, daß sich a priori über¬ 
haupt keine normale Herzgröße für ein gegebenes Individuum annehmen läßt. 

Wir wollen nun gleich hier die allgemeinen Angaben über die 
Größenverhältnisse des Herzens überhaupt hinzufügen. Seine Maße hängen 
von der Körpergröße, dem Alter und dem Zustand der übrigen Muskulatur 
ab. Die Größe des Organs bei Frauen entspricht derjenigen gleich großer 
Männer, nur der Medianabstand rechts ist bei ihnen oft ca. 1 cm kleiner als 
beim Manne von gleicher Größe (Moritz). 

Hyrtl sagt: „Kein Organ bietet so auffallende Schwankungen seiner 
Größe und seines Gewichtes dar, wie das Herz“ (zitiert nach Franke: Die 
Orthodiagraphie). 

Ein sinngemäßes Lesen der Moritzschen Tabelle würde für ein will¬ 
kürlich gewähltes Beispiel folgendes ergeben: 

Untersuche ich heute zum erstenmal meinen Patienten X und finde 
bei einer Körperlänge von 155 cm die entsprechenden Minimalwerte der 
Tabelle: Medianabstand rechts = 4,0, links = 7,8 etc, so darf ich mit 
Sicherheit annehmen, daß sein Herz nicht vergrößert ist: finde ich die Durch¬ 
schnittswerte, so ist es nur noch wahrscheinlich, daß keine Vergrößerung 
besteht, und ergeben sich endlich die Maximalwerte, dann ist diese Wahr¬ 
scheinlichkeit bereits beträchtlich geringer; denn diese Maximalwerte sollen 
doch offenbar nur bedeuten, daß bei einer Anzahl sicher herzgesunder In¬ 
dividuen sich jene Zahlen als maximale Werte der Herzgröße fanden; sie 
sagen aber nicht etwa aus, daß, wenn ich sie konstatiere, hieraus der Rück¬ 
schluß gestattet ist, daß das Herz nicht erweitert sei; dies gilt nur für die 
Minimalwerte; denn Patient X, bei dem ich die Maximalwerte konstatiere, 
kann natürlich früher, (in gesunden Tagen) ein kleineres Herz gehabt haben, 
und dieselben Werte, die sich bei einer Anzahl Herzgesunder fanden, be¬ 
deuten für ihn eine pathologische Vergrößerung des Organes. 

Wenn nun aber eine Normalgröße des menschlichen Herzens sich für 
ein gegebenes Inividuum doch nicht zugrunde legen läßt, so erscheint es 
irrelevant für die Beurteilung des Orthodiagramms, ob das Herz im Liegen 
und im Stehen etwas verschiedener Größe ist. 

Das Resultat unserer Überlegungen wäre also, daß sach¬ 
lich Horizontal- und Vertikalorthodiagrainm einwandsfrei 
sind und man nur für dieselbe Person sich stets an die gleiche 
Methode zu halten hat, natürlich sie nicht abwechselnd im 
Liegen und Stehen aufnehmen darf, daß aber die vertikale 
Aufnahmestellung nicht unwesentliche technische Vorteile 
bietet. 

Ungefähr analog der Körperstellung beeinflußt auch forcierte In- und 
Exspiration die Gestalt und Lage der Herzsilhouette. 

Die Inspiration entspricht hierbei der aufrechten Körperstellung; das 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


265 


Herz rückt also nach abwärts im Brustkorb, ist steiler gestellt (Zunahme des 
Neigungswinkels), und seine Silhouette oft verschmälert; die Herzspitze be¬ 
wegt sich also gegen die Mittellinie. Bisweilen steht das Herz nur tiefer, 
ohne daß die linearen Maße eine Veränderung erleiden. Ob im erstge¬ 
nannten Fall auch hier eine wirkliche Volumsverminderung des Organs 
zustande kommt, sodaß es sich also um eine volle Analogie mit der Beein¬ 
flussung durch die vertikale Körperlage handelt, oder ob bloß seine Lage¬ 
veränderung das Herz nur in der Frontalebene (Aufnahmerichtung dorso- 
ventral) verkleinert erscheinen läßt, darüber sind noch keine Untersuchungen 
veröffentlicht worden. Bei der inspiratorischen Verschiebung ist es haupt¬ 
sächlich der linke Rand des Organes, der die Exkursion macht; der rechte 
steigt gewöhnlich nur auf und ab, ohne erhebliche seitliche Verschiebung. 



Figur 10. 

Orthodiagramm desselben Herzens bei extremster In- (fortlaufende Linie-) 

und Exspiration (unterbrochene Linie - ) Projektion auf den Thorax. 

Die inspiratorische Abwärtsbewegung des Herzens ist aber wesentlich 
kleiner als die des Zwerchfells, andererseits bewegt sich die Brustwand 
bei Inspiration nach oben. Bei Projektion auf die Brusthaut des Patienten 
findet man daher infolge dieser Lageveränderung der Brustwand einen größeren 
Unterschied in dem Ort des in- und exspiratorischen Orthodiagramms, als der 
wirklichen Veränderung der Herzlage entspricht. Um daher den Einfluß 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 


der Atmung auf diese festzustellen, muß man auf eine Zeichenebene projizieren 
(Moritz). Fig. 10 und 1L veranschaulichen die Lage- und Gestaltveränderungen 
des Herzens bei der Atmung. Die vertikale Verschiebung ist zufällig bei 
Fig. 11 (Projektionsebene) in diesem Falle ebenso beträchtlich wie bei der 
Projektion auf den Thorax (Fig. 10). Übrigens betreffen Fig. 10 und 11 ver¬ 
schiedene Individuen. 



Figur 11. 

Orthodiagraniin ein und desselben Herzens bei tiefster In- (fortlaufende Linie -- ) 

und Exspiration (unterbrochene Linie — ). Projektion auf besondere Ebene. 

Die Lungenfelder sind natürlich bei tiefer Inspiration bedeutend 
heller, als bei Exspiration. 

Bei forcierter Exspiration kehren sich die oben geschilderten Ver¬ 
hältnisse um, sodaß diese also in ihrer Wirkung der horizontalen Lage gleicht. 

Es ist die Regel bei ruhiger Atmung des Patienten in 
mittlerer Respirationsstellung zu orthodiagrapliieren. Diese 


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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 2G7 


erreicht inan praktisch am vollkommensten dadurch, daß man ihn gar nicht 
auf seine Atmung aufmerksam macht; denn bekanntlich atmet der Mensch 
am ruhigsten und oberflächlichsten, wenn er nicht darauf achtet. Bei ruhiger 
Atmung sind auch die Ortsveränderungen des Herzens und die Verschiebungen 
der Brustwand so minimal, daß sie nicht stören, letztere auch nicht bei 
Projeklion auf den Thorax. 

Da aber die meisten Patienten bei der Untersuchung doch mehr oder 
weniger unruhig atmen, was sehr störend ist, so möchte ich es vorläufig 
dennoch dahingestellt sein lassen, ob es in praxi nicht doch am besten wäre, 
stets bei tiefer Inspiration und angehaltenem Atem (in Pausen) zu ortho- 
diagraphieren. 

Man würde dann wenigstens technisch sicher gehen, und das erscheint 
mir nicht unwesentlich. 

Bei sehr starken Individuen läßt sich bisweilen der Thorax auch bei 
richtiger Röhrenwahl nicht genügend durchstrahlen, um die Herzränder 
unterscheiden zu können; hier erreicht man mitunter noch sein Ziel bei tief¬ 
ster Inspirationsstellung der Lungen, da diese dann infolge ihrer Entfaltung 
und ihres Luftgehaltes, wie wir sahen, bedeutend durchlässiger für Röntgen¬ 
strahlen werden. 

Die letzte Frage, die wir zu beantworten haben, ist die, ob die in¬ 
direkte Projektion auf die Brustwand oder die direkte auf 
eine besondere Zeichen ehe ne den Vorzug verdient. 

Zweifellos hat das indirekte Aufzeichnen des Herzbildes auf den 
Thorax große Vorteile. Erstens läßt, es eine unmittelbare direkte topo¬ 
graphische Orientierung in situ zu; man kann sich nach der optischen 
Wahrnehmung ohne weiteres einen Begriff von der Lage, Gestalt und Aus¬ 
dehnung des Herzens im Verhältnis zu den übrigen Organen machen und 
das Orthodiagramm eventuell mit dem Resultate der Perkussion vergleichen. 
Zweitens bleiben seitliche Schwankungen des Körpers während der Aufnahme 
irrelevant. Drittens kann man bei der Übertragung des Bildes die ana¬ 
tomischen Merkpunkte (s. o.) ohne weiteres mit abzeichnen. Ein Nachteil 
andererseits liegt gerade in der Notwendigkeit des Übertragens. Hierbei 
können leicht Ungenauigkeiten entstehen (s. o). 

Das Orthodiagraphieren auf eine besondere Zeichenebene vermeidet 
die zuletzt genannte Fehlerquelle; man erhält das Bild des Herzens direkt 
und bedarf keines Abzeichnens von der Brustwand. 

Nötig ist es bei der Projektion auf eine besondere Ebene, unter allen 
Umständen sich gewisse feste Merkpunkte im Bilde zu verschaffen. Zu 
diesem Zwecke befestigt man Bleimarken mittelst Heftpflasters auf die ent¬ 
sprechenden Stellen der Brustwand, also jedenfalls der Mittellinie entlang. 
Diese Bleimarken orthodiagraphiert man dann gleich mit, oder man be¬ 
nutzt noch einfacher das von mir angegebene Verfahren mittelst Matt¬ 
glasscheibe. 

Alles in allem ergibt sich, daß die Projektion auf eine 
besondere Ebene bei vollkommener Fixation des zu Unter¬ 
suchenden das genaueste Verfahren ist. 

Von der Perkussionsfigur weicht das Orthodiagramm gewöhnlich 
etwas ab, und zwar ist erstere dann größer. 


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268 


Der erste intern. Kongreß für Pliysiotheraphie in Lüttich. 


Besonders links kommt man bei etwas starker Perkussion leicht über 
den Herzrand hinaus; auch der Spitzenstoß befindet sich oft außerhalb der 
orthodiagraphischen Umgrenzung. Es hängt ersteres von der Krümmung 
des Thorax und davon ab, daß man bei der gewöhnlichen Perkussion nicht 
sagittal, sondern senkrecht zur Tangente der Brustwand perkutiert. Der 
Spitzenstoß aber überragt die Herzgrenze um so viel, als die Dicke der 
Brustwand beträgt. (Moritz). 


Literatur. 

Prof. Dr. F. Moritz: „Über Veränderungen in der Form, Größe und Lage des 
Herzens beim Übergang aus horizontaler in vertikale Körperstellung. Zugleich ein Beitrag 
zur Methodik der Orthodiagraphie etc.“ (Deutsches Archiv für Klinische Medizin; Bd. 82). 

„Methodisches und Technisches zur Orthodiagraphie.“ (Deutsches Archiv für 
Klinische Medizin ; Bd. 81). 

„Über orthodiagraphische Untersuchungen am Herzen.“ (Münchener Med. Wochen¬ 
schrift No. 1. 1902). 

„Ergebnisse der Orthodiagraphie für die Herzperkussion.“ (19. Kongreß für 
innere Medizin). 

„Eine einfache Methode etc. und die Bestimmung der Herzgröße etc.“ (18. Kongreß 
für innere Medizin). 

„Eine Methode etc. (Orthodiagraphie) und die exakte Bestimmung der Herzgrößc 
nach diesem Verfahren.“ (Münchener Med. Wochenschrift No. 29, 1900). 

Prof. Dr. Aug. Hotfinann: „Über skiamctrische Untersuchungen am Herzen. 
(16. Kongreß für innere Medizin). 

Dr. Albers-Schönberg: „Die Röntgentechnik.“ 

Dozent Dr. Holzknecht: „Die Röntgenologische Diagnostik der Erkrankungen der 
ßrusteingeweide. 


Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie 

in Lüttich am 12. bis 15. August 1905. 

Referiert von Dr. Wetterer-Manuheim. 

Der Lütticher Kongreß war von einer großen Zahl bekannter Fach¬ 
männer aller Länder besucht. 

Aus den Kongreßberichten, die in den Zeitschriften „Le Radium“ und 
der „Zeitschrift für Elektrotherapie“ erschienen sind, will.Referent versuchen, 
das Wichtigste zu sammeln und die Hauptmomente zu besprechen. 

Die Kongreßarbeiten waren gewidmet der: 

Kinesiotherapie, 

Hydrotherapie, 

Elektrotherapie, 

Radiologie. 

Unter Leitung von Dr. Lejeune (Lüttich) war eine Ausstellung von 
einschlägigen Apparaten für die Kongreßbesucher arrangiert worden, die 
einige bemerkenswerte Objekte enthielt, z. B. mehrere Unterbrechertypen 
(Turbinenunterbrecher modifiziert), Radiometer nach Benoist etc. und endlich 
eine große Anzahl von Röntgenbildern. 

E. K. Müller und Ruttimann (Zürich) sprechen über „Wider- 
staiidsbestimmungen des menschlichen Körpers“. Autoren glauben — unter 


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"Der erste intern. Kongreß für Physiotlierapie iu Lüttich. 269 


Hinweis auf ihre, durch vielfache Versuche gewonnenen Kurven der Wider¬ 
standswerte — daß zweckmäßige Durchführungen der Widerstandsbestimm¬ 
ungen des menschlichen Körpers für die Verwertung in der Physiologie und 
Diagnostik von großem Nutzen seien, speziell bei den Forschungen auf dem 
Gebiete der Hypnose. 

Von den vorgelegten Kurven scheinen besonders interessant die 
Messungswerte beim gesunden und andrerseits die Messungswerte beim 
kranken Menschen, ferner die Kurven während des Schlafes, bez. Traumes 
die Konversationskurve und eine Messung während eines hypnotischen 
Schlafzustandes. 

Es scheint aus diesen Kurven hervorzugehen, daß ihre Höhe und ihr 
Verlauf abhängig sind von dem momentanen Befinden der betreffenden Per¬ 
sönlichkeit, an der die Messungen vorgenommen wurden; ferner daß sich 
der individuelle Widerstand infolge elektromagnetischer Behandlung ver¬ 
größert, während gleichzeitig eine Herabsetzung der nervösen Erregbarkeit 
stattfindet. 

Balsamoff (Sofia) betont den Wert des hydroelektrischen 
Bades (29—32° und 10 Minuten Dauer). Er hat dieses Bad gegen die lanzi- 
nierenden Schmerzen der Tabiker mit großem Erfolge angewandt. Ebenso 
gegen Ischias und Gelenkrheumatismus. 

F. Piccinino und F. Blasi berichten über die Indikationen 
und Erfolge des hydroelektrischen Bades. Autoren wollen das 
hydroelektrische Bad in der Behandlung der Herz- und rheumatischen Er¬ 
krankungen als unentbehrliches Hülfsmittel immer mehr eingeführt wissen. 

Bekanntlich besteht dieses Bad aus einer vom Boden sorgfältig iso¬ 
lierten Wanne (Granit oder Cement) in die sinusoidaler Wechselstrom einge¬ 
leitet wird. Den einen Pol stellt eine Drahtspitze dar, die aus einem Hart¬ 
gummirohr hervorragt, der andere schwimmt in der Wanne, die zur Hälfte 
mit 30—34° warmem Wasser gefüllt wird. Ein Regulierwiderstand gestattet 
die Abstufung der Stromstärke. Dieses Bad soll vom Patienten sehr angenehm 
empfunden werden, im Gegensatz zu den Bädern mit faradischen Strömen, 
die Unbehagen verursachen. 

Aus der Beschreibung mehrerer Fälle, bei denen dieses Bad mit 
Erfolg angewandt wurde, sollen zwei besonders hervorgehoben werden. In 
ersterem handelte es sich um eine schwere Endocarditis, die durch eine 
Reihe von Bädern so günstig beeinflußt wurde, daß die Autoren bald ein 
Nachlassen der endocard. Symptome, Verschwinden der Zirkulationsstörungen, 
sowie eine auffällige Besserung des Allgemeinbefindens konstatieren konnten. 
Im zweiten Falle wurde ein schöner Erfolg bei Neuroarthritis einer 60jährigen 
Patientin erreicht; die vor der Behandlung bestehende starke Reizbarkeit 
und Schmerzhaftigkeit verschwand vollständig nach ungefähr 20 Bädern und 
das Allgemeinbefinden hob sich rasch. 

Stenbeck (Stockholm) bespricht die „Bedeutung fluores¬ 
zierender Substanzen bei der Behandlung der Lungentuber¬ 
kulose mit Hochfrequenzströmen.“ 

Der Vortragende bemerkt, daß er im Jahre 1904 dem Naturforscher¬ 
kongreß in Breslau einen Bericht über den günstigen Einfluß der Tesla¬ 
ströme auf Lungentuberkulose hatte geben können und dabei Gelegenheit 


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270 


T)or erste Intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich. 


gefunden hatte, die bahnbrechenden Versuche von Doumer in Lille zu er¬ 
wähnen. Um festzustellen ob fluoreszierende Substanzen im Stande wären, 
die gute Wirkung der Teslaströme zu steigern, kombinierte Autor die elek¬ 
trische Behandlung mit der Darreichung von Fluorescin (Fluoriscus natricus) 
in Dosen von 5—10 Tropfen einer wässrigen Lösung 1 : 30 eine Stunde vor 
Beginn der Sitzung. 

Es scheint, als ob dadurch etwas kürzere Sitzungen bei schwächeren 
Strömen in einzelnen Fällen ermöglicht würden. Einfluß auf Gewichtsver¬ 
änderung war nicht zu bemerken. Die Bedeutung des Fluorescins mag 
von einigem Wert für die Behandlung der Tuberkulose mit Hochfrequenz¬ 
strömen dadurch sein, daß diese etwas kräftigere Symptome geben, doch 
darf sie für die Therapie keineswegs überschätzt werden. 

„DieWertschätzungderphysikalischenTherapie, speziell 
in Deutschland“ ist nach Ansicht Lossens (Darmstadt) trotz der großen 
Zahl vorzüglicher Lehrbücher, Originalarbeiten und Fachzeitschriften, die 
den Zweck haben, die physische Therapie in ihren Einzelheiten zu begründen 
und weiter auszubauen, noch immer nicht der Wichtigkeit der Materie ent¬ 
sprechend. Als Ursache dieser „Indolenz“, sei die immer noch mangelhafte 
Kenntnis, das geringe Vertrautsein mit der Sache zu bezeichnen. 

Trotzdem eine Reihe hervorragender Gelehrter sich der physikalischen 
Therapie angenommen und sie zur wissenscaftlichen Disziplin herausgebildet 
hat, überläßt die Mehrzahl der Ärzte ihre Anwendung öffentlichen Bade¬ 
anstalten ohne ärztliche Aufsicht oder dem Kurpfuschertum. 

Um diesem Übelstande abzuhelfen, verlangt Lossen, daß durch ihre 
Einführung als obligatorisches Lehr- und Prüfungsfach, die physikalische 
Therapie Gemeingut aller Ärzte werde, oder daß wenigstens jeder Arzt 
allgemeine Kenntnisse in diesem Gebiete erwerbe. 

L. begründet durch Beispiele, wie Einseitigkeit, und mangelhafte 
Übersicht nicht nur den Kranken schadet, sondern auch dem Ansehen des 
die falschen Direktiven gebenden Arztes. 

Der Mahnruf Lossens, der sich an die ganze ärztliche Welt richtet, 
verdient allgemeine Beachtung und es wäre gewiß nicht unzweckmäßig, 
wenn Autor seine Ausführungen in Form einer Broschüre weiteren Kreisen 
zugänglich machen wollte. 


Ingenieur E. K. Müller berichtet über seinen neuen, Apparat „Vibrator 
Müller“, der zur „Verwertung des magnetischen Wechsel feldes 
in der 0 scillationstherapie“ dient. 

Hiermit sei die Beschreibung der Anordnung wiedergegeben: 

Ein zylindrischer Wechselstrom-Elektromagnet wirkt mit seiner 
Stirnfläche auf eine schwingbar angeordnete Pelotte aus magnetischem 
Material, also attraktiv, oder auf Scheiben und Ringe aus nichtmagnetischem 
Material repulsiv. 

Auf diesem Wege wird die oscillierende Bewegung der Pellotte für 
Oscillationsmassagezwecke benützt. 

Außer dieser rein mechanischen Wirkung kann nun in geeigneten 
Fällen gleichzeitig ein thermischer Effekt zur Anwendung gelangen. Durch 


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Dßr erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich. 


271 


Ersatz der vibrierenden Platten aus magnetischem Material durch solche aus 
Aluminium, Kupfer etc. wird neben der oscillierenden Wirkung, infolge 
induzierter „Foucaultströme“, in diesem schwingenden Metall Wärme erzeugt. 
Ähnlich wie bei der Polarisation der strahlenden Wärme scheint diese 
Wärme durch das intensive magnetische Wechselfeld modifiziert und thera¬ 
peutisch wirksamer zu werden, als wenn die vibrierenden Platten durch 
andere Mittel, durch flachgeformte Glühlampen etc. auf die nämliche Tem¬ 
peratur gebracht würden. 

Kräftige Erregung des Elektromagneten wird entsprechend starke 
Vibration und Erwärmung der Massierpelotte veranlassen. Werden nur 
kräftiges Feld und hohe Temperatur des Massierkörpers, aber geringe 
mechanische Effekte, schwache Vibration verlangt, so wird diese Regulier¬ 
fähigkeit dadurch erreicht, daß mit der nichtmagnetischen schwingenden 
Platte oder Pelotte eine magnetische Platte von geeigneter Abmessung kom¬ 
biniert wird, wobei nun auf diese beiden verbundenen Platten anziehende 
und abstoßende Kräfte zugleich einwirken. So wird die resultierende Be¬ 
wegung auf ein gewünschtes Maß eingestellt werden können. Da der 
Apparat mit selbständiger, regulierbarer Wasserkühlung ausgestattet ist, 
erlaubt er eine ununterbrochene Anwendung. Als Massierkörper ohne Wärme¬ 
effekt überhaupt kommen radial aufgeschnittene Scheiben aus weichem Eisen, 
oder Pelotten aus organischem Material zur Verwendung. Ferner ermöglicht 
der Apparat auch Wärme- und bimagnetische Effekte ohne Vibration. 

Der Wert des „Vibrator Müller“ besteht darin, daß verschiedene 
therapeutische Maßnahmen gleichzeitig in Wirksamkeit treten können. 

Die Diskussion über die Radiologie und Radiotherapie 
war eine sehr anregende, ohne allerdings viele neue Gesichtspunkte zu 
Tage zu fördern. Erwähnenswert sind vor allem die Ausführungen Belot’s 
(Paris) der hinsichtlich der Ausbildung des Arztes in der Radiologie den 
Schwerpunkt mit Recht auf die klinischen Kenntnisse gelegt wissen will. 
Weniger wichtig sei das theoretische und technische Wissen, als die Fähigkeit 
radiologische Bilder zu verstehen, sie vom klinischen Standpunkte aus zu 
deuten. Dazu könne nur eine längere spezielle Ausbildung des Arztes in 
diesem neuen Zweig der medizinischen Wissenschaft, der Radiologie, führen. 

Bordier und Galimard (Lyon), berichten über ihre Untersuchungen 
in der Frage, ob die X-Strahlen chemische Wirkung auszuüben 
imstande seien. Sie kamen zu einer Verneinung dieser Frage, ganz im 
Gegensatz zu Belot, der die Wirkung auf die photographische Platte nur 
auf chemischem Wege erklärt. 

Bordier (Lyon) bespricht die Regenerierung der Barium- 
Platincyanürsch irme. Auf Grund der Tatsache, daß die Röntgenstrahlen 
den Wassergehalt der Krystalle allmählich aufzehren, hält Autor es für not¬ 
wendig, bei der Regenerierung der Leuchtschirme den Bariumsalzen Wasser 
zuzuführen. 

Belot erklärt die Anordnung seines neuen Lokalisators und 
bespricht die von ihm angegebenen Schutzstoffe für Röntgentherapie (siehe 
Ref. der „Electricitö mödicale). 

Den Schutz des Arztes gegen X-Strahlen will Freund (Wien) 
dadurch gewährleistet wissen, daß er Röhre und Patienten hinter einem 


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272 


Der erste intern. Kongreß fiir Physiotherapie in Lüttich. 


undurchlässigen Bleischirm aufstellt. Der Schirm enthält ein Bleiglasfenster, 
durch das die Funktion der Apparate beobachtet werden kann. 

Dr. de Nobele entgegnet, daß der Bleischirm wohl gegen direkte 
Röntgenstrahlen, nicht aber gegen Sekundärstrahlen schütze. Er weist auf 
die Notwendigkeit der Bleikabine hin, wie sie Albers-Schönberg angegeben 
hat, worauf Belot einwendet, daß nach seinem Gefühl die Patienten über eine 
derartige Maßnahme erschrecken würden, bei der der Arzt sich ängstlich 
vor der Röhre verbirgt, deren Strahlen sie selbst ausgesetzt sind. Was 
jedoch die Sekundärstrahlen anbetreffe, so würde ihre Wirkung wohl über¬ 
schätzt, da sie in Wirklichkeit nur sehr geringe Penetrationskraft besäßen. 

Köhler (Wiesbaden) bemerkt, es sei das gute Recht des Radiologen, 
sich nach Möglichkeit zu schützen, da er im Laufe der Zeit unendliche Dosen 
Röntgenstrahlen erhalte. 

Kassabian (Philadelphia) hält es für angezeigt, daß der Arzt sich 
während der Bestrahlung im Nebenraum aufhalte. Die Überwachung des 
Apparates ermöglicht ein Spiegelsystem; der Patient wird durch Bleifolien 
geschützt. 

Diesen Anschauungen gegenüber begnügt sich Deslonchamps mit 
einem dreiteiligen Bleiglasschirm. 

Weil (Paris) bringt die Behandlung der Hypertrichosis zur Sprache. 
Er hat in den zwei Jahren, während denen er zahlreiche Fälle von Hyper¬ 
trichosis bestrahlte, noch keinen einzigen Unfall erlebt. Die Behandlung ist 
palliativ, manchmal tritt wieder Neubehaarung auf, jedoch in schwächerer 
Weise. Der einzige Übelstand besteht darin, daß von Zeit zu Zeit die Be¬ 
strahlungen wiederholt werden müssen. 

Köhler zeigt auf seinem Arm zwei Stellen vor, die eine schwach 
bestrahlt, weist Wiederbehaarung auf, die andere stärker bestrahlt, ist haar¬ 
frei, trägt jedoch leichte Narben. 

Luraschi und Carabelli (Mailand) sprechen über die Wirkung der 
Röntgenstrahlen auf Prostatahypertrophie. Verschiedene Fälle kamen zur 
Behandlung und wiesen gute Resultate auf. Während 2 — 3 Monaten 
wöchentlich eine Sitzung. Die Perinealregion wurde bestrahlt, selbstver¬ 
ständlich unter sorgfältiger Abdeckung der Umgebung, Bestrahlung mittels 
Analspekulums erachten Autoren als nicht notwendig. 

Luraschi und Fiorentini (Mailand) haben durch Versuche nachge¬ 
wiesen, daß die X-Strahlen keinerlei Einfluß auf Struma des Hundes 
ausüben. 

Michaux (Dijon) versuchte, die Strumabehandlung mit Röntgenstrahlen 
am Menschen und fand, daß die Geschwulst zurückging, wenn es sich um 
Hypertrophie der Schilddrüse handelte, daß sie jedoch wieder wuchs, sobald 
die Bestrahlungen sistiert wurden. 

Belot fordert, daß in allen Fällen, bei denen es sich um Tumoren 
des Halses, gleichgültig welcher Art, handelt, jedesmal eine Blutuntersuchung 
vorgenommen werde. Denn es können auch Lyphadenome (resp. Leukämie) 
in Frage kommen, die durch X-Strahlen leicht zu beeinflussen sind. 

Kobolko (Petersburg) berichtet über einen Fall von Heilung von Struma. 

Freund und Oppenheimer (Wien) beschreiben einen Fall von Lichen 
corn., der durch Röntgenbehandlung geheilt wurde. 


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Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich. 


273 


Sie besprechen ferner den Einfluß des Radiums auf das Nervensystem. 
Sie bedienen sich bei Radiumapplikationen eines stempelförmigen Instrumentes, 
das durch ein Glimmern plättchen abgeschlossen ist. 

Belot zieht einen Lack vor, der im Laboratorium Curie’s gebraucht 
wird. Dieser Lack hält das Radiumbromid auf einem Mettalplättchen- oder 
Griff fein verteilt fest. Da der Lack sehr wenig Absorptionsvermögen besitzt, 
wird die Radiumstrahlung vorzüglich ausgenutzt. 

Über die Behandlung der Drüsentuberkulose durch Rönt¬ 
genstrahlen spricht Desplats (Lille). Er beschreibt zwei Fälle, die zur 
Heilung gebracht wurden. 

Fall 1, ein 50jähriger Mann, mit einem apfelgroßen, verkästen Tumor 
in der Karotisgegend, der bereits über ein Jahr besteht, kommt zur Be¬ 
handlung. 

Nachdem Hochfrequenzströme erfolglos versucht worden waren, 
erhielt Patient 3 Röntgenbestrahlungen von je ungefähr 3 H. Nach 14 Tagen 
zeigt sich reichliche Exsudation und eine merkliche Abnahme des Volumens. 

Nach drei weiteren Bestrahlungen tritt Erythem, Alopecie und noch 
stärkere Exsudation auf, die mit starker Volumenverminderung einhergeht. 

Nach ungefähr drei Wochen ist der Tumor vollständig erweicht. 
Abheilung stellt sich nach Lokalbehandlung ein, und Patient behält außer 
einigen kleinen Verhärtungen keine Spuren der einstigen Affektion zurück. 

Fall 2, ein 20jähriger junger Mann, leidet an doppelseitiger Drüsen¬ 
tuberkulose des Halses. 

Jeder Tumor ist ungefähr eiergroß. Beginn der Erkrankung liegt 
über zwei Jahre zurück. 

Patient erhält auf jeder Seite eine Dosis von 8 H in zwei Sitzungen. 

Nach 14 Tagen ist die Drüsenmasse auf Nußgröße zusammenge¬ 
schmolzen. Nach 2 weiteren Bestrahlungen von je 8 H erscheint die Haut 
14 Tage später braun gefärbt, es zeigt sich Desquamation, und die Drüsen 
sind bis auf Haselnußgröße zurückgegangen, fühlen sich aber noch ziemlich 
hart an. Zwei Sitzungen von je 4 H bringen sie jedoch vollständig zum 
Schwinden, und der Patient darf als genesen betrachtet werden. 

Piccinino (Neapel) spricht über den gege n w ärtig en Stand der 
Röntg en the rapie. 

Autor bemerkt, daß der Horizont der Röntgentherapie sich immer 
mehr vergrößert und bereits jetzt Gebiete umfaßt, die weit über die anfäng¬ 
liche Sphäre hinausgehen. 

Nachdem P. die Behandlung der Epitheliome, Sarkome, der chro¬ 
nischen Exzeme und des Favus gestreift, schildert er einen Fall von malig¬ 
nem Lymphom des Halses, das durch eine Reihe von Röntgenbestrahlungen 
zum Verschwinden gebracht wurde. In einem anderen Falle — bei dem es 
sich um zwei citronengroße Lymphome des Halses handelte — kam 
eines davon zur Heilung, während das zweite ungefähr auf die Hälfte 
zusammenschmolz. 

Ein dritter Fall wies Drüsentuberkulose des Halses auf. Ein sehr 
großer Tumor, unter dem ein angeschwollenes Drüsenbündel bis über die 
Clavikel herabreichte, kam zur Bestrahlung. Nach ungefähr 15 Sitzungen, 
im Laufe von 40 Tagen, wurde der Tumor zusehends kleiner und löste sich 

Archiv f. physik. Me<lizin etc. 18 


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274 Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich. 


in einzelne Drüsen auf, die nachher teils verschwanden, teils einschrumpf- 
ten. Da der Patient noch immer etwas fieberte, wurden die Bestrahlungen 
alle 8—10 Tage wiederholt, bis das Fieber verschwand. 

Belot verbreitet sich über die Technik der Radiotherapie. Nachdem 
Redner die verschiedenen Apparate durchgegangen, welche die Röntgenröhre 
mit Strom versehen, kommt er zu dem Ergebnis, daß die Erzeugungsart der 
Strahlen gleichgültig und nur die Strahlen selbst, ihrer Qualität und Quan¬ 
tität'nach, wichtig seien. Unter den Röhren scheinen ihm die mit Osmo- 
regulierung als die besten, da sie eine lange Lebensdauer und leichte Regulier¬ 
fähigkeit besäßen. Was die Strahlenmessung anbelangt, kommen zwei Ver¬ 
fuhren in Frage: Bestimmung ihrer Qualität nach Benoist und ihrer Quan¬ 
tität nach den verschiedenen, noch ziemlich ungenauen Chromoradiometern. 

Da die X-Strahlen eine zweischneidige Waffe darstellen, die ebenso 
gut zur Abwehr gewisser Krankeitsprozesse dienen, als schwere Schädigungen 
herbeiführen kann, ist es angezeigt, Arzt und Patient vor Fährlichkeiten zu 
bewahren. Dazu bedienen wir uns verschiedener Schutzmittel, als da sind: 
Brillen, Handschuhe, Lokalisatoren, Bleistoffe und -Glas. 

Zuletzt streift B. die Technik der Radiotherapie und verlangt, daß in 
Zukunft jeder Autor in seinen Berichten genau Härtegrad der Röhre und 
Dosis der verabreichten Strahlen angebe. 

Henrard (Brüssel) schließt sich den Ausführungen Belot’s an und ist 
gleich ihm der Ansicht, daß die Chromoradiometer bis jetzt noch sehr unzu¬ 
verlässig seien. Er hält den Radiometer X von Sabouraud sogar für gefähr¬ 
lich. Die Osmoregulierung erscheint ihm zu umständlich, um praktisch zu 
sein. Er stellt die Regulierung mittels des elektrischen Funkens, wie sie die 
Müllerröhre und tube-monopole aufweisen, in erste Reihe. 

In Erwiderung der Ausführungen Henrards betont Hauchamps 
(Brüssel), daß er bei einer großen Anzahl von Bestrahlungen sich stets des 
Radiometers Sabouraud mit Erfolg bedient habe. 

Im weiteren Verlauf der Diskussion, stellt Freund als Prinzip der 
Röntgenbehandlung die „dosis refracta“ auf. Nobele schließt sich ihm an. 

Belot verwirft die „dosis refracta“ und fordert Verabreichung der 
„dosis plena“. 

Harret (Paris) spricht über die Indikationen der Radiotherapie. 
Referent glaubt, im Hinblick auf den bereits ausführlich wiedergegebenen 
Vortrag Piecinino’s, mit dessen Ausführungen sich im Großen und Ganzen 
die Harret’s decken, auf eine spez. Inhaltsangabe verzichten zu können. 
Curchaud (Basel) behandelt in seinem Vortrag die Dosierungsarten der X- 
strahlen. Er führt das Spintermeter von Böclere, das Radiochromometer 
Benoist, die Chromoradiometer Holzknecht und Sabouraud und das Milliam- 
pöremeter Gaiffe an. Er bestreitet nicht, daß die genannten Dosierungs¬ 
apparate von großer Wichtigkeit seien, hebt jedoch hervor, daß sie den 
Anforderungen, die der Radiologe stellen müsse, noch nicht genügen. Es 
bleibe wohl der Zukunft Vorbehalten, dasjenige Instrument zu finden, das 
eine mechanisch genaue Dosierung ermöglicht. 

Jones (London) hebt die Vorteile des Miliamperemeters hervor. 

Es folgen noch Vorträge der Herren Guilleminot (Paris) über die 
Orlhodiaskopie zur Diagnose der Thoraxaffektionen und Hauchamps über 


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T)er erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich. 


275 


die Radiodiagnostik. H. vertritt den Standpunkt, daß die Durchleuchtung im 
allgemeinen der photographischen Aufnahme vorzuziehen sei, da sie ein 
lebendigeres Bild der Organverhältnisse gäbe. 

Henrard demonstriert seine Oesophaguszange mit gleitenden Teilen, 
die es ihm ermöglicht, unter Kontrolle der Durchleuchtung Fremdkörper aus 
dem Oesophagus zu entfernen. 

Nobele übt diese Technik seit langem aus und hat selten einen 
Mißerfolg dabei zu verzeichnen gehabt. 

Oudin und Romeaux (Paris) sprechen über die Behandlung von 
Ulcerationen und entzündlichen Prozessen mittels Hochfre- 
quenzströmen. Autoren legen eine große Zahl Aufzeichnungen und Be¬ 
obachtungen vor, welche die rasch heilende Wirkung dieser Ströme 
bestätigen. 

Im Anschluß an diesen Vortrag äußert sich Libotte (Brüssel) über die 
physiologische Wirkung der Hochfrequenzströme. Diese Ströme wirken 
schmerzlos, da sie keine Muskelkontraktionen verursachen. Sie beeinflussen 
den Ernährungsprozeß und die Atmung, sowie auch die Blutzirkulation, 
indem sie die arterielle Spannung herabsetzen. 

Vom mikrobiologischen Standpunkte aus betrachtet wirken sie 
schwächend auf gewisse Toxine ein. 

Doumer betont namentlich ihre Wirkung auf die Zelle. 

Weil schneidet eine spezielle Frage an, indem er darauf hinweist, 
daß es bei den Hochfrequenzströmen vor allen Dingen auf die Anwendungs¬ 
art ankomme, da ihre Wirkung hiervon abhängig sei. 

A. Moutier gibt in seinen Ausführungen über „le traitement de 
1’hype rtension arterielle par les agents phyisques,“ einen lehr¬ 
reichen Überblick über ein wichtiges Gebiet der Physiotherapie. 

Noch vor relativ kurzer Zeit wußte man der arteriellen Hypertension 
durch nichts anderes als durch strenge Diät (Verminderung der Fleisch¬ 
ration, Wein- und Kaffeeverbot, Bevorzugung der veget. Lebensweise) zu 
begegnen. Medikationen waren höchstens im Stande eine vorübergehende 
symptomatische Besserung hervorzurufen. 

Heute sind die Aussichten in der Behandlung der arter. Hyperten¬ 
sion weit besser. Die Heilfaktoren der Physiotherapie, als da sind: kohlen¬ 
saure Bäder, Wasserbehandlung, Massage und nicht zuletzt die Elektro¬ 
therapie, geben in Verbindung mit der stets wichtigen Diät, ganz andere 
Resultate. Hauptbedingung des Erfolges ist selbstverständlich die Anpassung 
der therapeutischen Faktoren an den gegebenen Fall. 

M. ist der Ansicht, daß bei einem Kranken mit oscillierender arter. 
Hypertension — wenn also noch keine ausgeprägte Arteriosklerose vorliegt, 
alle obengenannten Arten der Physiotherapie zur Anwendung kommen 
können. Dagegen soll bei vorgeschrittener Arteriosklerose mit mehr oder 
weniger stark ausgeprägten Komplikationserscheinungen, nur die Anwendung 
von Hochfrequenzströmen in Betracht kommen. (d’Arsonvalisation.) 

Diese Art der elektrotherapeutischen Behandlung soll in bezug auf die 
Wiederherstellung des arteriellen Druckes die günstigsten Bedingungen bieten. 

Die anderen genannten Methoden kämen dann erst in zweiter Linie 
zur Unterstützung der Wirkung in Betracht. Es erscheint angezeigt, nach 

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276 Bericht über den ersten "Riintgenkougreß in Berlin 30. April — 3. Mai 1905. 


einer Etappe wenig erfolgreicher Behandlung den Pat ienten einige Zeit der Ruhe 
zu überlassen, bevor die Weiterbehandlung mit einem anderen physiothera¬ 
peutischen Faktor beginnt. 

Von dem Vortrag Giinzbourg’s über die physische Wirkung 
und die Indikationen der Mechanotherapie soll die vom Autor 
selbst gegebene Zusammenstellung der Hauptpunkte angeführt werden: 

1. Die Mechanotherapie ist die Anwendung der dosierten und 
begrenzten Bewegung als therapeutisches Moment. 

2. Als dosierte Bewegung vermeidet sie die Ermüdung. Als begrenzte 
Bewegung vermeidet sie das Zusammenarbeiten aller Muskeln des Körpers: 
sie lokalisiert also. 

3. Die auf wissenschaftlicher Basis ruhende Mechanotherapie ist eine 
ideale Kombination von Apparat und Gehilfen. 

4. Die Mechanotherapie ist ein unentbehrliches Hilfsmittel bei der 
Nachbehandlung von Verletzungen, von kompensierten Herzaffektionen. 
Ferner in der Bekämpfung gewisser Magen- und Darmerkrankungen (Atonie) 
und endlich der Verkrümmungen der Wirbelsäule. 

5. Die Fälle, bei denen die Mechanotherapie kontraindiziert ist, sind nicht 
zahlreich und bei ärztlicher Untersuchung leicht herauszufinden. 


Bericht 

über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905 

erstattet von Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). 

(Nacli eigenem Stenogramm). 

(Schluß). 

Prof. Grün mach (Berlin). Über neue Apparate zur Rönt¬ 
ge n forsch u n g. Beschreibung einer neuen R öntge nröhre aus kalihal¬ 
tigem Bleiglas angefertigt, welche angenehm bläulich fluoresziert. Vor ihrer 
Antikathode geht in einem Winkel von 45° eine röhrenförmige Bleiglasblende 
ab. Durch eine Öffnung in derselben von Markstückgröße treten die 
Strahlen aus. Ihr Vakuum ist regenerierbar; außerdem besitzt sie eine durch 
zirkulierendes Wasser oder Metallstaubhinterlegung kühlbare Antikathode 
und gestattet dadurch Dauerbetrieb. 

Zur Vermeidung falsch zeichnender Focusstrahlen, — da eben die 
Antikathode in keiner Röhre mathematisch genau im Krümmungsmittelpunkt 
der Kathode gelegt werden kann — konstruierte der Vortragende einen Prä- 
zisio nsapparat zur exakten Einstellung des Focus für Röntgenunter¬ 
suchungen. Dieser Apparat besteht aus einem Stativ mit durch Trieb ver¬ 
stellbarer Stahlstange. Vorne an derselben befindet sich eine trichterförmige 
Metallblende und am Ein- und Ausgang derselben zwei sich deckende Kreuze 
aus Bleidraht. Hinter der Blende ist der Röhrenhalter angebracht, welcher 
durch Trieb und Schraube ohne Ende jede Stellung der Röhre erlaubt. Der 
Focus ist genau eingestellt, wenn sich die beiden Kreuze auf dem Durch¬ 
leuchtungsschirm decken. Durch Einklappen werden sie sodann aus dem 


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Bericht über den ersten Rüntgenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905. 277 


Gang der Strahlung herausgedreht und die Trichterblende eingeschaltet, 
worauf die Aufnahme oder Durchleuchtung vor sich gehen kann. 

Diskussion: Gocht (Halle a. S.) teilt mit, daß diese Blendenröhre 
bereits zum fünften mal erfunden worden sei. Albers-Schönberg (Ham¬ 
burg) macht Prioritätsrechte geltend: eine Röhre von Bleiglas mit innerer 
Blende habe zuerst Gun de lach (Gehlberg i. Th.) erfunden. Dessauer 
(Aschaffenburg) besitzt seit mehreren Jahren ein Patent für eine Röntgen¬ 
röhre mit innerer Blende, welche in den Gang der Strahlen eingeschaltet ist 
(Idealröhre). Er verliest den Text der diesbezüglichen Patenturkunde und 
verlangt gestützt darauf die Priorität für seine Erfindung. Levy macht 
eine Mitteilung, der zufolge von ihm 1897 ein Patent auf eine innerhalb und 
außerhalb der Röhre anzubringende Blende angemeldet wurde, sein Anspruch 
aber auf Grund eines schon vorliegenden amerikanischen Patentes abge¬ 
wiesen worden sei. Holzknecht (Wien) begrüßt dies angenehm bläuliche, 
den Augen wohltuende Licht; die Umwandlung der grünlichen Fluoreszenz 
in blau ist ein schon längst empfundenes Bedürfnis! Robinsohn (Wien) 
demonstriert und beschreibt seinen Apparat zum Visieren, und Einstellen 
des zentralen Lichtes; er gibt ihm den Vorzug vor dem Grunmachschen 
Stativapparat. Grunmach bemerkt in seinem Schlußwort gegenüber Dessauer, 
daß dieser seine Blende zwischen Kathode und Antikathode angebracht 
habe, während die neue Grunmach-Röhre die Blende vor der Antikathode 
unter einem Winkel von 45° zur Ebene derselben trägt. 

Rosenthal (München). Über einige Neuerungen am Rönt¬ 
geninstrumentarium. Zunächst lenkt der Vortragende die Aufmerksam¬ 
keit auf einen neuen Apparat, das auf Veranlassung von Dr. Grashey kon¬ 
struierte Periröntgenoskop und erläutert dessen physikalische Grund¬ 
lagen. Es ist derselbe als verbesserter Orthodiagraph (oder, wie die neue 
Bezeichnung lautet Orthoröntgenograph) anzusehen, und hat vor demselben 
verschiedene Vorzüge voraus. Beim Orthoröntgenographen wandert der sog. 
Normalstrahl parallel zu sich selbst um den aufzunehmenden Körper herum. 
Wir erhalten dergestalt von dem Objekt eine Parallelprojektion. Das 
Peridiaskop oder (wie er nach der neuen Nomenklatur heißt) das Peri¬ 
röntgenoskop verwendet auch den Normalstrahl, der aber im Gegensatz zum 
Orthoröntgenographen nicht parallel zu sich selbst geführt, sondern um eine 
Axe gedreht wird, die senkrecht auf seiner eigenen Richtung steht: der 
Normalstrahl dreht sich also bei dieser Anordnung um den zu untersuchen¬ 
den Körper herum. Der Vortragende gedenkt sodann einiger anderer Zube¬ 
hörteile zu Röntgenapparaten und weist zwei gemeinsam mit Prof. Dr. Rieder- 
München aufgenommene Lungen-Röntgenogramme eines dreißigjährigen 
Mannes vor, die bei einer Expositionszeit vor nur 0.14 resp. 0.11 Sekunden 
aufgenommen wurden und deutliche Lungenstruktur aufweisen; durch die 
unglaublich kurze Expositionszeit suchte man die durch die Herzbewegungen 
verursachte Unschärfe der Lungengefäße zu eliminieren. Die prächtigen 
Bilder sind wohl die höchste und beste Leistung, die bis jetzt auf dem 
Gebiet der Moment-Röntgenaufnahmen zu verzeichnen ist. 

Böla Alexander (Kösmärk-Ungarn): Die Entwicklung des 
menschlichen Handskelettes vom Beginn der ersten Knochen¬ 
punkte an. An Hand langjährigen Studiums und einer großen Zahl schöner 


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278 Bericht über den ersten Röntgcnkongrcß in Berlin, 30. April —2. Mai 190/>. 


Röntgenbilder referiert Alexander über die erste Anlage der Knochenkerne 
und ihr allmähliches Fortschreiten. Da der Vortrag in extenso in diesem 
Archiv erschienen ist, verweisen wir auf die Originalarbeit. 

Dessauer (Aschaffenburg): Ziele der Röntgentechnik. In 
seinem Vortrage erörterte der Redner mit weitschauendem Blick die Aus¬ 
gestaltung der Röntgentechnik in der nächsten Zukunft. Die praktische An¬ 
wendung des Röntgenverfahrens in Diagnose und Therapie verursacht einen 
Dualismus in den technischen Grundlagen, der sich in Zukunft noch viel 
mehr wie bis jetzt geltend machen w T ird. Der Zusammenhang zwischen dem 
Bild, aus welchem die Diagnose gestellt wird und den bildgebenden Eigen¬ 
schaften der X-Strahlen zeigt, daß in der Human-Medizin die diagnostische 
Anwendung des Röntgenverfahrens als eine Methode der Differenzierung 
von Dichtigkeitsunterschieden definiert werden kann. Hierdurch ist das 
Wesen, die Grenze und das Ziel der diagnostischen Anwendung gegeben. 
Das Ziel der Röntgentechnik ist die Ermöglichung immer feinerer Diffe¬ 
renzierung. Der Vortragende zeigt, wie die wichtigsten Arbeiten der Neu¬ 
zeit unter diesem Gesichtspunkt aufgefaßt werden können und sich damit 
ihr Wert oder Unwert dartun läßt. Die Feinheit der Bildgabe (Graduation, 
Detailreichtum der Platten) hängt sehr wesentlich ab von der Zusammen¬ 
setzung der Strahlung einer Röhre. Diese ist nicht homogen, umfaßt'viel¬ 
mehr Strahlen verschiedener Penetration und verschiedener chemischer 
Fähigkeiten. Je komplexer die Strahlung einer Röhre ist, desto feinere 
Abstufungen zeigt die Platte, desto mehr Details gibt sie, desto besser ist 
die Differenzierung von Dichtigkeitsunterschieden. Diese Zusammensetzung 
des Strahlencharakters hängt nun sehr wesentlich ab von der Entladungs¬ 
kurve des Induktoriums. Je rascher die Entladung ihren Wert ändert, ins¬ 
besondere, je plötzlicher sie abklingt, desto komplexer ist die Strahlung, 
desto detailreicher das Bild, desto feiner differenziert sind die Dichtigkeits¬ 
unterschiede. Dagegen hat die Aufgabe, welche die therapeutische Anwen¬ 
dung stellt, mit Bilddarstellung und Differenzierung von Dichtigkeitsunter¬ 
schieden gar nichts zu tun. Im Gegenteil! Der Redner hat durch eine 
Reihe von Arbeiten nachgewiesen, daß eine möglichst große Homogenität 
der Strahlen von Wichtigkeit ist. Deshalb arbeiten wir darauf hin, möglichst 
flache Entladungskurven der Röhre zuzuführen, wodurch eine sehr viel 
homogenere Strahlung erzeugt wird. Die Wichtigkeit dieser Aufgabe ergibt 
sich auch aus der Dosierungsfrage. Beim Durchgang flacher, gleichgerich¬ 
teter, hochgespannter Entladungen, wie sie z. B. durch Transformation 
am Wechselstrom unter sekundärer Ausschaltung der entgegengerichleten 
Phasen gewonnen wird, bilden sich Strahlungen aus, deren Charakter viel 
weniger abhängig ist von dem Zustand der Röhre, die relativ sehr penetrant 
sind und sehr viel homogener erscheinen, als die durch das Induktorium 
erzeugten. Sie sind daher weniger für diagnostische Anwendung, wohl aber 
in Zukunft für therapeutische Anwendung geeignet. Der Vortragende glaubt 
daher, daß schon in absehbarer Zeit im Bau der therapeutischen Apparate 
eine große Umwälzung bevorsteht. 

Pasche (Bern): Uber die Ausschaltung der Sekundär¬ 
strahlung durch bewegliche Blendensysteme (mit Demonstration am 
Modell der A. E. G.) Blenden dienen zur Ausschaltung der Sekundärstrahlen 


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279 


"Bericht über (Ion ersten RöntgenkonKroß in Berlin. 30. April —3. Mai 1005. 

durch Abblendung mittelst Anwendung für Röntgenstrahlen undurchlässiger 
Materialien. Die bisherigen Modelle derselben erlaubten nur ein kleines 
Gesichtsfeld und dementsprechend Bilder von geringem Umfang. Die neue 
Blende soll Bilder von beliebiger Größe und großer Schärfe erlauben. Der 
Autor will den Zweck erreichen mit Hülfe von zwei beweglichen Blenden, 
von denen sich die eine in der Nähe der Röhre, die andere über der photo¬ 
graphischen Platte bewegt. 


Nachmittags-Sitzung. 

Max Levy (Berlin): Neues aus der Röntgentechnik; a) ein 
neues Unterbrechersystem (Rollenunterbrecher), b) Röntgenbetrieb ohne 
Unterbrecher. Der Vortragende bespricht und demonstriert in erster 
Linie seine Schutzvorrichtungen gegen ungewollte Wirkungen der 
Röntgenstrahlen. Die Absorption überflüssiger Röntgenstrahlen ist schädlich, 
sie müssen auf irgend eine Weise eliminiert werden. Zu ihrer Eliminierung 
benutzt man Schutzmaterialien, welche bis dahin gewöhnlich aus Metallblech, 
eventuell in Verbindung mit waschbaren Überzügen, bestanden, in seinem 
Fall aber aus einem elastischen, desinfizierbaren Material (Gummi, weiches 
Leder etc.) bestehen, das mit für Röntgenstrahlen undurchlässigen Schwer¬ 
metallsalzen imprägniert ist. Der Stoff ist waschbar (also stets sauber zu 
halten), weich, leicht und handlich und ohne Metall. Aus demselben können 
beliebige Schutzvorrichtungen angefertigt werden: Röhrenblenden in Form 
eines um die Röhre herumgelegten Sackes, welcher? mit Tuben versehen 
werden kann; Schutzkleidungen für den ganzen Körper, ferner Schürzen, 
Gesichtsmasken, Kopfkappen zum Schutz für die Haare, Bartbinden, große 
Schutzwände, hinter denen der Arzt gegen schädliche Einwirkungen der 
Strahlen gesichert durch ein in den Stoff eingesetztes Bleiglasfenster die 
Bestrahlungen etc. überwachen kann. Seinen neuen Unterbrecher, 
Friktionsunterbrecher genannt, beschreibt der Redner wie folgt. Eine von 
einem Motor angetriebene, horizontale, rotierende Kontaktscheibe versetzt 
durch Reibung eine vertikal rotierende zweite Scheibe in Drehung. Diese, 
am Rand geriffelt, taucht mit ihrem unteren Rand in .Quecksilber ein und 
die Riffelung genügt, eine Spur Quecksilber festzuhalten und gegen die Kon¬ 
taktscheibe zu fördern. Die eine Scheibe besitzt nun abwechselnd leitende 
und nicht leitende Stellen; es können dadurch Kontaktbildung und Unter¬ 
brechung in regelmäßigem Wechsel ausgelöst werden. Der Unterbrecher, 
der sehr wenig Quecksilber braucht, arbeitet ohne Pumpen, ohne Düsen und 
ohne Quecksilberstrahl; er bedarf nur selten der Reinigung, weil er der Ver¬ 
stopfung oder schnellen Verschlammung viel weniger als andere Queck- 
silberunterbrecher ausgesetzt ist. Sodann geht er über auf die Beschreibung 
seines Röntgeninstrumentariums ohne Unterbrecher und ohne 
Kondensator. Zum Betrieb der Röntgenröhren gelangt hochgespannter 
Wechselstrom zur Verwendung. Der mittelst eines Transformators hochge¬ 
spannte Wechselstrom wird unter Zwischenschaltung eines Stromspalters 
direkt in eine gewöhnliche Röntgenröhre geleitet. Der Stromspalter besteht 
aus 2 einfachen Funkenstrecken, durch welche die eine Stromrichtung zur 
Erde abgeleitet wird. Rotierende Teile und elektrolytische Zellen sind ver¬ 
mieden worden, und der Stromverbrauch ist ein geringer. 


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280 Bericht iiher den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 90. April — 3. Mai 1905. 


Diskussion. Boas (Berlin) wünscht zu wissen, wie sich der Vor¬ 
tragende die Erde als Kapazität denke, welche die ihr zugeführten 50 pCt. 
der Energie wiedergebe. Levy behält sich wegen der Kürze der Zeit weitere 
Mitteilungen vor. Dessauer (Aschaffenburg) betont, daß kein direkter 
Wechselstrom bis jetzt eine reliefartige Bildzeichnung zu produzieren ver¬ 
möge. Er selbst hat vor einiger Zeit eine bessere Lösung des Wechselstrom- 
prinzipes publiziert. Für die Anwendung des Wechselstromes gebühre Walter 
(Hamburg) die Priorität. Levy und Walters Projekte seien nur durch die 
Erdung in dem letzteren von einander verschieden. Levy betont in seinem 
Schlußwort die Vorzüge seines Systems. 

Koch (Dresden): Über neue Röntgenapparate. Sein System 
besteht in der Kombination eines Hoehspannu ngstransf ormators in Ver¬ 
bindung mit einer Grätz’schen Zelle, welche die nicht gewollte Strom¬ 
richtung aufnimmt und dabei nur geringer Abnutzung unterliegt. Bewegte 
Teile sind keine vorhanden. Ein Unterbrecher fällt als überflüssig weg. 
Der Apparat kann direkt an ein Wechsel- oder Drehstromnetz angeschlossen 
werden. Das von einer solchen Einrichtung gelieferte Röntgenlicht ist gleich¬ 
mäßig und ruhig. Die Koch’sche Hochspannungsventil röhre erwärmt 
sich beim Gebrauch nicht und zeichnet sich durch lange Lebensdauer aus. 
An der Diskussion beteiligen sich Levy und Dessauer. Wir können 
uns in den Referaten über den direkten Wechselstrombetrieb für röntgen¬ 
ologische Zwecke hier kurz fassen, weil demnächst an dieser Stelle eine 
ausführliche Abhandlung über dieses Thema erscheinen wird. 

Wichmann (Hamburg): Demonstration einer Röntgenröhre 
für Therapie. Der Vortragende bespricht und demonstriert seine Rönt¬ 
genröhre, die für Arzt und Patient absoluten Schutz gegen ungewollte 
Nebenwirkungen bei der Anwendung der Röntgenstrahlen bietet. Die ganze 
Röhre ist aus Bleiglas geblasen und außerdem noch mit einem besonderen 
Schutzmantel umgeben. Auf einen Glasausschnitt, welcher die zur An¬ 
wendung kommenden Röntgenstrahlen austreten läßt, kann ein Bleiglas- 
Tubus aufgesetzt werden, um tiefer liegende Teile, Höhlen etc. direkt 
bestrahlen zu können. Für photographische Zwecke läßt sich die Röhre 
zugleich als Blende benutzen. Das Ansatzrohr ist sterilisierbar und erlaubt 
für therapeutische Zwecke beliebige Abgrenzung des Strahlenfeldes. 

Diskussion: Pasche und Prof. Grunmach. 

Es folgte nun ein Intermezzo außerhalb des Programms! Der Vor¬ 
zitzende machte nämlich die Mitteilung, der Vorstand der Berliner Röntgen¬ 
vereinigung habe in Verbindung mit anderen Kongressisten eine deutsche 
Röntgengesellschaft gegründet, die alle 3 Jahre zu gegenseitiger Aus¬ 
sprache und Belehrung einen Röntgenkongreß veranstalten werde. Die dem 
Kongreß vorgelegte Resolution lautete: Am heutigen Tage, am 2. Mai 1905 ist 
von den Unterzeichneten die deutsche Röntgengesellschaft gegründet worden. 
Die Geschäftsführung wird vorläufig von dem Vorstand der Berliner Rönt¬ 
genvereinigung geführt. Die Geschäftsführung wird beauftragt, entsprechende 
Satzungen auszuarbeiten. Die Mitglieder des in Berlin stattfindenden Kon¬ 
gresses werden eingeladen, Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Professor 
Wertheim-Salomonson (Amsterdum) als Präsident des nächsten inter¬ 
nationalen Kongresses für Elektrologie und Radiologie, der 1908 in Araster- 


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Bericht, über den ersten Riintgenkonpreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1005. 

dam tagen wird, befürchtet einen Konflikt zwischen den Kongressen dieser 
Korporation und denen der deutschen Röntgengesellschaft; sei doch der 
internationale Kongreß mit Rücksicht auf die gegenwärtige Jubiläumstagung 
in Berlin verschoben worden. Der Vorsitzende gibt Herrn Prof. Wertheim- 
Salomorison zu bedenken, daß es sich um eine spezifisch deutsche Gründung 
und Einrichtung handle, die sich event. später mit der internationalen Ge¬ 
sellschaft vereinigen könne. Er dankt im Namen des Röntgenkongresses für 
die bei der Verschiebung gezeigte Rücksichtnahme und verspricht das Mög¬ 
lichste für gedeihliches Zusammenarbeiten beider Vereinigungen zu tun. In der 
Abstimmung wird der Antrag des Vorstandes mit Akklamation angenommen. 

Es wurde am vorigen Tage eine Kommission gewählt, welche Vor¬ 
schläge zur Aufstellung einer einheitlichen Nomenklatur in der Röntgen¬ 
lehre ausarbeiten sollte. Dieselbe bestand aus folgenden Herren: Albers- 
Schönberg (Hamburg), Cowl (Berlin), Eberlein (Berlin), Gocht (Halle a. S.), 
Grashey (München), Immelmann (Berlin), Köhler (Wiesbaden), Rieder (München) 
und Walter (Hamburg). Sie beantragt, in Zukunft einheitlich in Wort und 
Schrift folgende Bezeichnungen als allgemein verbindlich einzuführen: 

Röntgenologie — Röntgenlehre, Röntgenwissenschaft. 

Röntgenoskopie = Röntgendurchleuchtung. 

Röntgenographie = Röntgenaufnahme. 

Röntgenogramm = Röntgenbild (Röntgennegativ, Röntgenpositiv, 
Röntgendiapositiv). 

Orthoröntgenographie =■ Orthodiagraphie. 

Röntgentherapie = Röntgenbehandlung. 

röntgenisieren = mit Röntgenstrahlen behandeln. 

Diese von A1 bers-Schön berg (Hamburg) verlesene Resolution der 
Nomenklaturfrage-Kommission ruft eine kurze Diskussion hervor. Levy- 
Dorn (Berlin) wünscht die allgemeinen Bezeichnungen Diagraphie, Dia¬ 
gramm, Skiagraphie etc. beizubehalten. Gocht (Halle a. S.) will gerade 
diese allgemeinen, oft mehrdeutigen Bezeichnungen verschwinden lassen und 
sie nur auf die wenigen der Kommission beschränken. Mit allen gegen 2 
Stimmen wird der Vorschlag der Kommission zum Beschluß erhoben. 

Haret (Paris) Präsentation d’un nouveau „porte-radiom&tre.“ 
Um die Baryumplatincyanürtablette des Radiometers von Sabouraud und 
Noirö an der gewünschten Stelle, nämlich in der Mitte zwischen Anti¬ 
kathode und der zu bestrahlenden Fläche applizieren zu können, hat der 
Vortragende einen besonderen Apparat konstruieren lassen, der sich rasch 
und bequem an jeder beliebigen Röhre an bringen läßt. Die nach und nach 
an der Pastille unter dem Einfluß auftreffender Röntgenstrahlen eintretendo 
Verfärbung gestattet eine genaue Überwachung der Bestrahlung; als Normal- 
Vergleicliungsobjekt dient eine gefärbte Skala. 

Grisson (Dresden): Grisson-Resonator für Röntgenbetrieb 
ohne Unterbrecher. Der Grisson-Resonator ist eine Kombination von 
Apparaten, nicht nur zum Betrieb von Röntgenröhren, sondern außerdem 
noch verwendbar für Hochfrequenzapparate, elektro-medizinische Apparate, 
drahtlose Telegraphie etc. Nach der Verbindung kann er Verwendung 
finden, um Gleichstrom in pulsierenden Gleichstrom, in Wechselstrom etc. um¬ 
zuwandeln. Der Resonator besteht aus einem Kommutator, der eine wech- 


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282 Bericht über den ersten THintgeukongrcft in Berlin, 30. April — 3. Mai 1305. 


selweise Ladung eines Kondensators mit Gleichstrom herbeiführt. Durch 
die Abstimmung des ganzen Systems auf Resonanz wird erreicht, daß jeder 
Stromanschhiß nicht nur eine Funkenentladung liefert, sondern daß die durch 
die Resonanzschwingungen erzeugten Obertöne sämtlich ungedämpft trans¬ 
formiert und zur Entladung gebracht werden. Der Grisson-Resonator erzeugt 
also in dieser Schaltung ausschließlich gleich gerichtete Schließungs¬ 
funken. Grisson’s System ist in dem Sinn etwas prinzipiell Neues, 
als er nicht,^ wie gewöhnlich, den Öffnungsfunken der Induktion ausnützt, 
sondern den bis jetzt so gefürchteten Schließungsfunken, den wir bis jetzt 
ängstlich zu unterdrücken bestrebt waren. Es haben sich in dem neuen 
Apparat die Schließungsströme als zur Erzeugung von Röntgenstrahlen 
geeignet erwiesen. Den Nachweis dafür will der Erfinder des Systems in 
dem geringeren Stromkonsuin zur Erzeugung gleicher Lichtstärke sowie der 
Möglichkeit der Herabsetzung der Belichtungszeit bei Anwendung seiner 
Apparate erblicken. Durch die praktisch vorgeführten Demonstrationen 
konnten sich die Kongreßteilnehmer überzeugen, daß der Grisson-Resonator 
ohne Geräusch, ohne Erwärmung, geruchlos auch im Dauerbetrieb gut 
arbeitet. Lediglich durch Bewegung eines Regulierhebels wird der Apparat 
in Tätigkeit versetzt, ein Unterbrecher fällt ganz weg. 

Grashey (München): Demonstration eines Durchleucht¬ 
ungsapparates (Peridiaskop oder nach der neuen Nomenklatur Peri- 
röntgenoskop). Das Periröntgenoskop ist eine Art verbesserten Orthoröntgeno- 
graphen von dem schon in der Vormitttagssitzung die Rede war (Rosenthal). 
Der Apparat erlaubt den stehenden oder liegenden Körper mit der leuchtenden 
Röhre zu umkreisen und eignet sich deswegen besonders zu diagnostischen 
Schirmbildern, Kontrolle der Lagerung der Bruchenden bei Frakturen, des 
Sitzes von Fremdkörpern etc., weil der verletzte Teil nicht bewegt zu wer¬ 
den braucht. 

Robinsohn und Werndorff (Wien): Über eine neue radio¬ 
logische Methode zur Untersuchung der Gelenke und Weich¬ 
teile und über deren Bedeutung für die Chirurgie. Vortragender 
ist Robinsohn (Wien). Die neue Methode ist eine röntgenologisch-chirurgische 
und bezweckt die Vergrößerung der Differenzierungsmöglichkeit 
durch Einführung von Gas in Sehnenscheiden, Schleimbentel und Gelenke. 
Wo keine natürlichen Höhlen bestehen, kann man das Gas auf einem künst¬ 
lichen Weg in die Spalten des Gewebes einführen. Als einzuführendes Gas 
ist reiner Sauerstoff gewählt worden, eventuell eignet sich auch Kohlensäure 
nicht aber, wegen der Gefahr der Embolie, gewöhnliche Luft. (Vortragender 
erwähnt einen Fall, in welchem ein Chirurg Injektionen von Luft, dazu noch 
ohne Druckmessung, vorgenommen hatte; das Resultat wmr der sofort 
eintretende Tod!) Das Instrumentarium ist einfach. An Utensilien sind 
notwendig eine geprüfte Sauerstoffflasche mit Manometer und Ventil, ein 
Irrigator; durch einen Hahn strömt Wasser ein, der den Sauerstoffinhalt 
verdrängt, der nun durch eine feine Nadel in die Gewebe hinein getrieben 
wird. Dieser Einlauf von Sauerstoff, den die Autoren als Insufflation 
bezeichnen, muß natürlich vollständig aseptisch vorgenommen werden. Die 
nach solcher Vorbereitung gewonnenen Röntgenogramme, von denen eine 
Anzahl zirkulieren, zeigen Gelenkpartieen normaler und pathologischer Fälle 


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Bericht über den ersten Rrinlgonkoiigreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905. 


283 


mit noch nie gesehener, wunderbarer Darstellung: die Gelenkknorpel, die Ge¬ 
lenkkapsel mit ihren Ausbuchtungen, die inneren Gelenkbänder etc. erscheinen 
deutlich. Bei einzelnen Gelenken sind solche Insufflationen nur unter Vor¬ 
nahme gleichzeitiger Röntgendurchleuchtung möglich. 

Diskussion: Gocht (Halle a. S.) empfiehlt die Anwendung der 
Melhcde wann. Pertz (Kailsiuhe) tpiicht als Chiiurg und betont, daß die 
Punktion eint s Gelenkes mit gießen Gefallen veibvnden sei, ganz besonders 
im Hinblick auf Infektionen. Er warnt dringend vor allgemeiner Anwendung 
der Sauerstoffinsufflation und will die Verwendung der neuen Methode 
höchstens dem gut eingerichteten Fachmann zugestehen. Holzknecht 
(Wien) meint, es sei am besten, von einer Verallgemeinerung abzusehen, jeden 
Fall für sich zu behandeln und jedesmal Gefahr und Nutzen streng gegen¬ 
einander abzuwägen. W ein berge r spricht über die Pathologie der Ge¬ 
lenke. Werndorff empfiehlt als Orthopäd die Anwendung der Insufflations- 
methode unter aseptischen Kautelen. 

Faulhaber (Würzburg): Über die Kombination einer Reihe 
von Rö n tgenhilfsapparaten zu einem Apparat. Der Vortragende 
referiert über das bekannte Blendenkästchen (der Polyphosgesellschaft) mit 
Revolverblende, Röhrenhalter, Centrierungsvorrichtung und Vorrichtung zum 
höher- und tieferstellen. Das damit in Verbindung gebrachte Stativ dient 
auch bei der Übersichtsaufnahme von Brusteingevveiden etc. oder in Ver¬ 
bindung mit einem vertikalen Orthoröntgenographen. Durch Einfügen zweier 
Beine kann der Apparat als Aufnahmetisch benutzt werden. In der Dis¬ 
kussion wird als Nachteil des Kästchens hervorgehobeD, daß die Drehblende 
aus Metall angefertigt sei und der Patient unter Umständen Funken erhalten 
könne. Der Vortragende bemerkt dagegen in seinem Schlußwort, es befinde 
sich zur Verhütung dieses Übelstandes oben an der Blende eine Klammer 
zur Anbringung der Ableitung an die Wasserleitung. 

Robinsohn (Wien): Über einige wesentliche Verbes¬ 
serungen und Vereinfachungen der Röntgentechnik. Als ein¬ 
fache, bequeme und sozusagen kostenlose Fixationsmethode empfiehlt er die 
Schlitzbinde. Um den zu fixierenden Körperteil herum wird eine breite 
Binde, z. B. Gazebinde, gelegt, in den einen Schenkel, der Länge nach, ein 
mehrere Zentimeter langes lineares Loch geschnitten und der andere, nicht 
durchlochte Teil durch diese Öffnung hindurchgezogen. An den beiden 
herunterhängenden freien Enden werden an Ringen angebrachte Gewichte 
oder auch schwere Sandsäcke befestigt und diese Beschwerung auf beiden 
Seiten gleichzeitig heruntergelassen. Die Methode ist absolut nicht schmerz¬ 
haft und es können nach Bedarf gleichzeitig mehrere Binden bei demselben 
Objekt angelegt werden. Bei der Verwendung der Schlitzbinde am Becken 
wird eine Watteunterlage zur möglichsten Abhaltung der Sekundär¬ 
strahlung empfohlen. Als Modifikation der Kompressionsblende empfiehlt 
der Vortragende seine Fascikel- oder Stel 1 rohrblende. Ein Metall- 
Zylinderrohr ist durch Längsschnitte in einzelne Lamellen zerlegt, welche 
durch einen Reifen festgehalten und durch Klemmen fixiert werden können. 
Das so entstandene, gewissermaßen plastische Rohr kann durch Lösung der 
Klemmvorrichtung und Umstellung der Lamellen mit jeder auch unregel¬ 
mäßigen Körperoberfläche in Kongruenz gebracht werden. Durch Anziehen 


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284 Bericht, über (len ersten Köntfrenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905. 


der Klemmschraube wird die Blende zum starren System. Werden die 
Lamellen, welche sie bedecken, soweit als nötig, zurückgezogen, so kann 
mittelst dieser Blende auch ein circumscripter entzündlicher Prozeß rönt¬ 
genographisch aufgenommen werden. In der Diskussion empfiehlt Holz¬ 
knecht die Schlitzbinde warm. In seinem Schlußwort empfiehlt der Vor¬ 
tragende seine Schlitzbinde zur allgemeinen Anwendung behufs Fixation bei 
chirurgischen Eingriffen. 

Heinz Bauer (Berlin): Über den Konstruktionsausbau von 
Röntgenröhren. 

In der in gewöhnlichen Röntgenröhren bestehenden anodischen Ver¬ 
bindung der Antikathode, welche dieselbe zur Anode macht, sieht der Vor¬ 
tragende die unmittelbare Quelle der Platinzerstäubung, welche ihrerseits 
wieder die Hauptschuld an dem Härterwerden der Röhre trägt. Diese Zer¬ 
stäubung könnte durch Ersetzung des Platinbleches der Antikathode durch 
ein nicht zerstäubendes Metall, Aluminium oder Magnesium, vermieden 
werden; leider aber sind gerade diese Metalle Temperaturgraden, wie sie im 
Kathodenfokus entstehen, nicht gewachsen. Fehlen der anodischen Ver¬ 
bindung würde sich im Wandern des Brennpunktes und störender Unschärfe 
des Bildes kundgeben. Um nun trotz des Bestehens einer anodischen Ver¬ 
bindung zwischen Anode und Antikathode die geschilderten Folgen der anodi¬ 
schen Verbindung zu umgehen, führt der Vortragende in seiner neuen Röhre 
zwischen Anode und Antikathode als Verbindungsleitung eine Dross eispule 
ein, und die praktische Erfahrung mit dieser Wahl zeigt — wie auch der Referent 
völlig bestätigen kann — bei derartig konstruierten Röhren große Konstanz 
der Strahlungsintensität und lange Lebensdauer. Zur Vermeidung über¬ 
großer Wärmebildung im Kathodenfokus und Abschmelzens des Antikathoden¬ 
spiegels sind unter anderem Wasserkühlröhren erfunden worden, die neben 
ihren' unleugbaren Vorteilen aber auch ihre Nachteile aufweisen. So kann 
die Wasserkühlröhre beispielsweise nur in einer einzigen Stellung gebraucht 
werden, ihr Brennpunkt schwankt während des Kochens des Kühlwassers 
und die Gefahr des Auslaufens und Verbrühens durch auskochendes Wasser 
ist nicht von der Hand zu weisen, desgleichen ein Zerspringen des Glas¬ 
gefäßes. Bauer erdachte nun die Luftkühlung. Die Antikathode, mit 
einem Platinblech überdeckt, ist teilweise in einen Kupferklotz umgewandelt, 
dessen Oberfläche durch rippenförmige Ansätze vergrößert ist. Das röhren¬ 
förmige, nach außen gerichtete Ende der Antikathode sitzt auf einem un¬ 
mittelbar von der Außenluft gekühlten Glasrohr. Eine solche Bauer’scho 
Luftkühlröhre ist jeder Anforderung der Praxis gewachsen. Die Röhre 
wird vom Vortragenden im Betrieb vorgeführt, ebenso eine seinen Werk¬ 
stätten entstammende Riesenröhre von 38 cm Kugeldurchmesser; beide 
funktionieren tadellos. 

Damit sind die Verhandlungen des 2. Kongreßtages zu Ende und am 
Abend vereinigte nach des Tages Mühe und Arbeit ein Festmahl die 
Kongressisten. 

III. Kongreßtag, Mittwoch den 3. Mai 1905. 

Am dritten Kongreßtag waren beide Sitzungen, am Vormittag und 
am Nachmittag, medizinischen Erörterungen über den therapeutischen 


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'Bericht, über den ersten Rontgonkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


Effekt (1er Röntgenstrahlen gewidmet, einem Gebiet, auf welchem ganz 
besonders in letzter Zeit große und überraschende Erfolge' erzielt 
worden sind. Da das Gebiet für den Praktiker von besonderer Bedeutung 
ist, soll es eine ausführlichere Behandlung erfahren als die : beiden 
anderen Teile. 

In der Vormittagssitzung sprach als erster Las sar-Berlin mit 
gewohnter Meisterschaft über die Röntgentherapie bei Krebs. Das 
allgemeine Erstaunen, das der Entdeckung der heilkräftigen Wirk¬ 
ung der Röntgenstrahlen folgte, verwandelte sich gelegentlich in Furcht 
und Entsetzen, als nach und nach auch ihre zerstörenden Eigenschaften 
bekannt wurden: neben ihrer therapeutischen Einwirkung machten sich, 
hauptsächlich infolge des Mangels an geeigneter Schulung, nach und nach 
deletäre Einwirkungen geltend; es sind dieselben als eine Art chemischer 
Verbrennung anzusehen; dieso „Kunstkrankheit“ ist äußerst schwierig zu 
heilen. Zu Beginn der Röntgenära, ehe man sich über die Wirkungen der 
X-Strahlen auf die Haut und tiefer liegende Gebilde klar war, wurden 
dieselben oft kritiklos angewendet. Die betrübenden Folgen blieben nicht 
aus, und schwere Schädigungen der Haut, oft bei nur kosmetischen Bestrah¬ 
lungen z. B. wegen Hypertrichosis, mahnten zur größten Vorsicht. Dank 
zahlreicher grundlegender, zumeist experimenteller Arbeiten sind wir heute 
einen bedeutenden Schritt weiter gekommen: in den Röntgenstrahlen besitzen 
wir ein unschätzbares und unentbehrliches Heilmittel, und nach tausenden 
zählen die Kranken, die demselben Leben und Gesundheit verdanken. Aller¬ 
dings darf die Röntgentherapie nur auf strenge Indikationsstellung hin ange¬ 
wendet werden und hat nur unter durchaus sachkundiger Leitung sehr vor¬ 
sichtig und zugleich derart zu geschehen, daß keine ungewollten Neben¬ 
erscheinungen eintreten können. 

Ganz besonders ist es der flache Hautkrebs, das sog. Kankroid, 
das durch Röntgenstrahlen vollständig geheilt werden kann; wenige 
Sitzungen genügen meistens zu anstandsloser Heilung. Rezidive sind nicht 
häufig und weichen sofort wieder der Bestrahlung. Unbestritten bleiben 
die Erfolge der chirurgischen Operationen bei Karzinomen; die Röntgen¬ 
methode tritt bei Krebsgeschwülsten, von Kankroid abgesehen, nur da in 
Anwendung, wo andere Methoden versagen. Die Röntgenstrahlen können 
infolge ihrer elektiven Wirkung einen Zerfall des Krebsgewebes herbei¬ 
führen. Tiefer sitzende Karzinome bleiben nach den heutigen Anschau¬ 
ungen vom Einfluß der Röntgenstrahlen so gut wie unberührt; die Heilkraft 
derselben scheint nicht mehr als etwa '/* cm in die Tiefe zu dringen. 

Die Röntgenstrahlen bewähren sich oft bei Krebsrezidiven 
nach Operation; sie vermindern die Sekretion ulcerierter Carcinome 
und sind imstande, die oft äußerst quälenden Krebsschmerzen zu stillen und 
die Wunde zu schließen. Geht dann die Metastasenbildung trotzdem weiter, 
so vermag die Röntgenbestrahlung doch oft dem Kranken die Schmerzen seiner 
letzten Tage und Stunden zu verringern (Euthanasie). Redner schlägt vor, 
nach Karzinomoperationen prophylaktisch einige Zeit hindurch das Ope¬ 
rationsfeld zu röntgenisieren. 

Bei inoperablen Carcinomen kommen als Heilmitttel die Rönt¬ 
genstrahlen in Frage: sie können vorübergehend Besserung bringen, gele- 


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286 Bericht über den ersten Röntgonkongroß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905. 


gentlich einmal auch einen Pall heilen; die Geschwürsflächen werden des¬ 
odorisiert und können sich überhäuten. Von allergrößter Bedeutung ist natür¬ 
lich möglichst frühzeitige Anwendung der Bestrahlung. 

Unter den Hunderten von Fällen, die mit Röntgenstrahlen behandelt 
wurden, erlebte der Vortragende 3 Todesfälle. Es handelte sich um Patien¬ 
ten von 83, 75 und 70 Jahren; wie weit die Röntgenstrahlen angeschuldigt 
werden dürfen, wagt er nicht zu entscheiden. Sarkome reagieren im allge¬ 
meinen günstig auf Röntgenbestrahlung. Ebenso können eine ganze Anzahl 
entzündlicher Hautkrankheiten durch die Anwendung der Röntgenstrahlen 
gebessert und geheilt werden. Im Lepraheim in Memel hat der Vor¬ 
tragende mit Bestrahlungen Versuche gemacht; der Ausfall derselben war 
ein günstiger. 

Radium wirkt besonders bei Gesichts- und Lippenkrebsen in ganz 
auffälliger Weise; es kann diese Affektionen rasch zu bleibendem Verschwin¬ 
den bringen. 

Eine entscheidende Wendung in der Behandlung der Krebsleiden 
haben die Röntgenstrahlen allerdings nicht gebracht; sie liefern aber doch 
eine gute Ergänzung der bisherigen Methoden und eröffnen eine großartigo 
Perspektive für die Zukunft. Die Erfolge der Röntgen- und Radium¬ 
therapie, wie Lassar sie — vor und nach der Behandlung — demonstriert, 
sind großartig. Die Demonstration einer großen Zahl geheilter Kranker und 
prächtiger, zum Teil farbiger Projektionsbilder und Moulagen, schloß den 
mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag. 

Al be rs-S ch ö n her g (Hamburg): Zur Therapie der Sarkome. 
Schutzvorrichtungen. Der Vortragende stellt ein geheiltes großes 
Sarkom der Kopfhaut (Diagnose mikroskopisch bestätigt!) vor. Bei 
einein 44jährigen sonst gesunden Manne entwickelte sich eine rundliche, 
etwa nußgroße Geschwulst, trotz ärztlicher Hülfe, zu mehreren, bis apfel¬ 
großen Tumoren von weicher Konsistenz, die teilweise ulceriert waren. 
Die Größe der Tumoren ließ einen operativen Eingriff zum Voraus hoff¬ 
nungslos erscheinen, probeweise wurde nun die Röntgenbestrahlung einge¬ 
leitet (Kompressionsblende des Verfassers, mittelweiche Müller-Röhre; kon¬ 
stanter Abstand zwischen Hautoberfläche und Focus 36 cm). In 28 Sitz¬ 
ungen wurden im Ganzen 168 Minuten lang bestrahlt. Eine Reaktion trat 
nicht ein. Außer einigen wenig auffallenden Narben sind die Geschwulst¬ 
massen verschwunden, ein Rezidiv ist nicht eingetreten. 

Leonard (Philadelphia) demonstriert an Projektionsbildern ähnliche 
Heilungen. 

Bouchacourt und Haret (Paris): „De 1’ endodiatherapie. 
Beschreibung der für besondere Fälle konstruierten Vorrichtungen, die 
Höhlenbestrahlungen, zum Beispiel in den natürlichen Körperöffnungen, 
gestatten. 

Haret (Paris): Cancer du col de l’uterus, au debut traitö 
avec succös par la radiothö rap ie. Bericht über erfolgreiche Be¬ 
handlung mittelst Röntgenstrahlen in einem Fall von Carcinoma colli 
uteri. Nachdem eine Operation von ärztlicher Seite abgelehnt worden war 
erzielte der Vortragende nach 2 Sitzungen Schmerzlinderung; nach 
6 Bestrahlungen trat bereits Vernarbung der ulcerierten Stellen ein. 


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Bericht über ilon ersten TtSntgenkonKreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 287 


Prio und Comas (Barcelona): Die Röntgenstrahlen bei der 
Behandlung der Krebskrankheiten. Ergebnisse und Indi¬ 
kationen derselben. Für die beiden, der deutschen Sprache nicht mäch¬ 
tigen Herren referiert I m in el mann-Berlin. Die Verfasser verfügen über 
65 Fälle von Carcinomen, die folgende Lokalisationen aufwiesen: Sitz an 
der Stirne 2, an den Augenlidern 5, in der Augenhöhle 1, am Unterkiefer 1, 
in der Zunge 7, an den Mandeln 1, im Larnyx 1, in der Mamma 15, an 
der Nase 12, der Wange 5, den Lippen 7, im Magen 1, im Rektum 1, im 
Uterus, 3, an den Gliedmaßen 3. Davon sind 19 Fälle ausgeheilt oder 
in Heilung begriffen. In 12 weiteren Fällen zeigte sich eine Besserung. 30 
Fälle kamen in äußerst desolatem Zustand in Behandlung. Patienten, bei 
denen schon von vornherein jede Hoffnung auf Heilung oder auch nur Bes¬ 
serung aufgegeben werden mußte; die Bestrahlungen sollten lediglich nur 
zu dem Zwecke unternommen werden, palliativ wenigstens die heftigsten 
Schmerzen zu bekämpfen. In Behandlung befanden sich noch 7 Fälle mit 
zum Teil gutem Erfolg. Bei 4 Patienten wurden Bestrahlungen nach chirur¬ 
gischen Operationen vorgenommen, um, wenn irgend möglich, auf diese 
Weise Rezidiven vorzubeugen. Die meisten PTille betrafen bösartige Neu¬ 
bildungen der Haut oder in geringer Tiefe unter derselben gelegen. Die 
Zahl der im einzelnen Fall applizierten Sitzungen war im allgemeinen eine 
geringe; starke Reaktion trat nie ein. 

Aus ihrem reichlichen und gut verarbeiteten Material leiten die Ver¬ 
fasser folgende Bemerkungen ab. Wenn auch eine Beeinflussung der Krebs¬ 
krankheit durch die Röntgenstrahlen unzweifelhaft feststeht, so ist doch 
diese Wirkung nicht konstant oder stets von Erfolg begleitet. Oberfläch¬ 
liche Leiden werden am günstigsten beeinflußt. Die starke Absorption der 
Röntgenstrahlen in den oberflächlichen Gewebsschichten und die Änderungen 
ihres Charakters beim Passieren derselben schwächen ihre Wirkungen in 
tieferen Teilen bis zur gänzlichen Aufhebung ab. Neubildungen mit starker 
Vaskularisation oder aus weichen Gewebsmassen bestehend, eignen sich nur 
wenig für Röntgenstrahlenbehandlung; Formen mit langsamem Verlauf und 
stationärem Charakter sind dankbare Objekte. Als Nebenerscheinungen 
bei der Röntgentherapie beobachteten sie gelegentlich Temperaturerhöhungen, 
Ödeme, Kräfteverfall. Veränderungen im Harn werden nicht beobachtet; im 
Blut zeigte sich in allen Fällen eine leichte Leukocytose. Betreffend die Tech¬ 
nik wurden im allgemeinen die weichen Röhren bevorzugt; härtere fanden 
nur bei Abschluß der Behandlung Verwendung. Die Sitzungen wurden einen 
Tag um den andern vorgenommen, bis 7 oder 8. Schritt die Behandlung 
weiter, so wurden die Pausen zwischen den einzelnen Sitzungen verlängert. 
Interposition absorbierender Aluminiumfolien zwischen Bestrahlungsfläche 
und Röntgenröhre, für Tiefenwirkungen, brachten keinen Vorteil, ebenso¬ 
wenig die gleichzeitige innerliche Darreichung von Chinin. 

Auf Grund ihrer Erfahrung formulieren die beiden Herren fol¬ 
gende Schlüsse: 

1) Die Röntgenstrahlen sind bei Neubildungen der Haut und bei solchen 
von so erheblicher Oberflächen-Ausdehnung, daß ihre Exstirpation mit großen 
Schwierigkeiten verbunden ist, angezeigt. Besonders sind dieselben mit Be¬ 
zug auf solche Krankheitssitze anzuraten, bei welchen der chirurgische 


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288 Bericht über (len ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


Eingriff zu Narbenzerrungen Anlaß geben könnte, welche die Funktion des 
betreffenden Organs einschränken würden (Augenlider). 

2) Die Röntgenbehandlung ist ferner angebracht bei interstitiellen 
Neubildungen, wie auch bei solchen an Drüsen und an inneren Organen, 
sofern diese nicht sehr umfangreich, dagegen scharf begrenzt, von lang¬ 
samem Verlauf und nur von geringer Drüsenschwellung begleitet sind; das 
Allgemeinbefinden des Patienten soll auch ein gutes sein. 

3) In das Gebiet der Röntgentherapie fallen noch die inoperablen 
Neubildungen: ihre einzige Zuflucht, weil immerhin von dieser Behandlung 
noch ein Erfolg zu erwarten ist, zum mindestens Schmerzlinderung, Vermin¬ 
derung oder Unterdrückung des jauchenden Sekretes, partielle Vernarbung 
der ulcerierten Teile und Einschränkung des fortschreitenden Verlaufes der 
Krankheit, wobei stets die heftigen Reaktionen möglichst zu vermeiden sind, 
eine Forderung, die allerdings nicht immer ausführbar ist. 

4) Desgleichen sind der Röntgentherapie zu unterziehen junge Rezi¬ 
dive operierter Fälle, welche fast immer zum Rückgang resp. zum Stillstand 
gebracht werden -können, ferner auch die Operationsnarben nach Exstir¬ 
pation eines Krebsgeschwüres. Wir halten dafür, daß auf diese Weise die 
Zahl der Rezidive stark eingeschränkt werden könne. 

5. Bei großen Massen von Neubildungen, wie auch bei internen Ge¬ 
schwüren, scheint uns noch dem Chirurgen die erste Stelle zuzukommen, 
einmal um die größeren Massen erkrankter Gewebe zu entfernen, welche 
die Wirkung der Röntgenstrahlen beeinträchtigen und sodann auch, um neue 
Bahnen nach Gegenden im Organismus zu eröffnen, wohin die Strahlen 
normaler Weise schwer gelangen resp. ein wirken können. 

Belot-Paris: De l’importanee du dosage et de la methode 
dans le traitement radiothdrapeutique de quelques affections 
n eoplasiqu es. Der Vortragende verbreitet sich eingehend über die 
Dosierung der Röntgenstrahlen bei ihrer therapeutischen Verwendung unter 
Anführung einschlägiger Fälle. 

U n g e r - Berlin: Wirkung der Röntgenstrahlen auf den 
Brustkrebs. Tumorenbehandlung mittelst Röntgenstrahlen ist eine noch 
neue Methode und die mit ihr erzielten Erfolge sind skeptisch aufzunehmen. 
Sind wir doch gewohnt, ein operiertes Carcinoin erst nach 3jähriger 
Beobachtungszeit als rezidivfrei zu taxieren. Allgemein ist jedoch 
anerkannt, daß die Röntgenstrahlen Carcinomgewebe zum Schrumpfen 
bringen können. Der Vortragende schildert seine Erfahrungen, die er durch 
Bestrahlung einer Reihe von Mam m a car ci n o m e n der v. Bergrnann’schen 
Klinik gewonnen hat. Über die dabei angewendete Technik macht er fol¬ 
gende Bemerkungen: Benutzt wurde ein Apparat von Hirschmann, sowie 
dessen Monopolröhre mit Doppelregenorierung. Die von einer weichen 
Röhre produzierten Strahlen werden bereits in den oberflächlichen 
Schichten der Haut absorbiert; die Strahlen einer harten Röhre 
dagegen können in einer Tiefe von ca. 2 cm noch Wirkungen ausiiben, darüber 
hinaus aber nicht mehr. Für Tiefenwirkung werden die weichen 
Strahlen, um einer event. Verbrennung der Haut vorzubeugen, mittelst auf 
die Haut gelegten Staniolpapiers „abfiltriert“. Dauer einer Sitzung 10 Minu¬ 
ten; Abstand zwischen Focus und bestrahlter Haut 15—20 cm. Sitzungen 


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Bericht iiher (len ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 289 


jeden zweiten Tag. Ein Strahlenmesser wurde nicht angewendet. Die Ab¬ 
blendung der gesunden Umgebung erfolgte anfangs durch Bleiplatten, nach¬ 
her mit dem Hirschmannschen Schutzschirm. Als Resultat seiner Studien 
fand der Vortragende, daß unter dem Einfluß der Strahlung oberflächliche 
Krebsknoten, insbesondere kleine Metastasen, verschwinden können. Dieser 
Effekt reicht jedoch nur bis zu einer Tiefe von ca. 5 mm, darüber hinaus 
wird die Weiterentwicklung des Carcinoms nicht wesentlich behindert. In¬ 
folge dos Brustkrebses metastatisch erkrankte Drüsen können durch Rönt¬ 
genstrahlen nicht beseitigt oder in ihrer Weiterentwicklung gehemmt 
werden. Mikroskopische Bilder bestätigen diese Befunde, die sich mit der¬ 
jenigen der Autoren decken. Die Wirkung der Röntgenbestrahlung faßt 
er in folgende Sätze zusammen: 

1) Die Schmerzen, sowohl in den Tumoren selbst wie in den Narben, 
nach Mamaamputation lassen sich durch Röntgenstrahlen bisweilen günstig 
beeinflussen. 

2) Defekte der Haut, granulierend oder durch Ulceration bedingt, 
verkleinern sich oft, vernarben bisweilen. 

8) Oberflächliche Hautmetastasen verkleinern sich; ihr Wachstum 
in die Tiefe wird nicht gehemmt. 

4) Die Strahlen wirken auf das Carcinom bis etwa 5 mm in die Tiefe; 
carcinomatöse Drüsen werden nicht beeinflußt, ebensowenig Metastasen im 
Knochen. Intensive Wirkung bis zur Erzeugung größerer Nekrosen schützt 
nicht vor Rezidiven. 

So lange noch eine Operation Aussicht auf Erfolg bietet, meint der 
Vortragende, ist die Anwendung der Röntgenstrablen bei Brustkrebs nicht 
indiziert. 

Sjögren-Stockholm: Die palliative Röntgentherapie bei 
malignen Tumoren. Der Vortragende empfiehlt die Nachbehandlung 
operierter maligner Tumoren mit R ö ntgen strah len zumZwecke 
der Vorbeugung von Rezidiven. Die Röntgenstrahlen besitzen 
elektive Wirkungen auf pathologische Zellen, die unter dem Einfluß 
der Bestrahlung einer Degeneration anheimfallen können; zur Zerstörung 
des gesunden Gewebes braucht es eine ungleich viel stärkere Strahlungs¬ 
intensität. Nicht alle malignen Neubildungen verhalten sich der Röntgen¬ 
bestrahlung gegenüber gleich; woran das liegt, wissen wir noch nicht. Der 
destruierende Einfluß kann zur gänzlichen Zerstörung der Tumoren führen. 
Der Nutzen der Röntgentherapie bei inoperablen Geschwülsten liegt in 
der Möglichkeit der Verkleinerung derselben und dem auch in ungünstigen 
Fällen oft eintretenden temporären Verschwinden der Schmerzen; der chirur¬ 
gische Eingriff bleibt trotz alledem das souveräne Mittel. Aber der Operateur 
ist nie sicher, ob nicht ein Rezidiv erfolgt. Es lag deshalb der Gedanke 
nahe, beide Methoden der Behandlung zu vereinigen: erst die chirurgische 
Entfernung des Tumors und hernach die Bestrahlung der Narbe und ihrer 
Umgebung mit Röntgenstrahlen. Durch diese Manipulation erwarten wir die 
Vernichtung etwa zurückgebliebener evtl, auch nur mikroskopisch kleiner 
pathologischer Zellreste. 

Notwendig ist intensive Bestrahlung mit ziemlich harten Röhren und 
Schutz der gesunden Umgebung mittelst Staniol. Ob diese Methode leistet, 
Archiv f. physik. Medizin etc. 19 


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290 Bericht über den ersten Ttöntgenkougreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905. 


was man von ihr erwartet, wird erst nach Jahren genau eruiert werden 
können. Der Vortragende berichtet über 10 Fälle von operiertem Mamma- 
carcinom und 2 Fälle von Sarkom, bei welchen Präventivbestrahlungen 
appliziert worden waren. Die zwischen der Operation und der Bestrahlung 
liegende Zeit betrug 1—3 Monate. Ein Rezidiv ist in allen Fällen noch ans- 
geblieben, die Beobochtun gszeit ist allerdings nur gering, in einem Fall sind 
allerdings mehr als 6 Monate seit der Operation verstrichen. Die Präven- 
tivbestrahlungen eröffnen der Anwendung der Röntgentherapie ein 
neues Feld; vielleicht dürften sie berufen sein, die Zahl der Rezidive 
nach der Operation maligner Tumoren zu beschränken. 

Wohlge muth-Berlin : Ein durch Röntgenstrahl en geheiltes 
M am macar ein o m. (Demonstration). 

Allgemein ist die Tatsache anerkannt, daß die Röntgenstrahlen im¬ 
stande sind, die flachen Hautkrebse zur Heilung zu bringen. Tiefere 
Carcinome können unter Umständen günstig beeinflußt werden. Die auf 
dem Kongreß von berufenen Autoren vertretene Meinung wollte den Strahlen 
eine Tiefenwirkung von nur l / 2 c,n zuschreiben. Es könnte also beispiels¬ 
weise ein ulceriertes Carcinom oberflächlich ausheilen, während in den 
tieferen Partieen der Krankheitsprozeß unbeeinflußt fortschreitet. Jeder 
einzelne Fall bietet angesichts der noch nicht genügend geklärten Sachlage 
(betr. die Tiefenwirkung) Interesse. Der Vortragende stellt ein Mamma- 
carcinom vor, das von den Röntgenstrahlen bis in eine Tiefe von 3—dein 
günstig beeinflußt wurde. Es handelt sich um eine Töjährige Dame. Beginn 
des Leidens vor 7 Jahren, fortschreitender Zerfall. Operative Entfernung 
wurde angesichts des hohen Alters der Patientin ab ge lehnt. Als der Vor¬ 
tragende mit der Röntgentherapie begann, war der Tumor apfelgroß, seine Aus¬ 
dehnung 5—ü cm; er war ulceriert, hart, nicht festsitzend, die Umgebung unver¬ 
ändert, in der gleichseitigen Achselhöhle eine haselnußgroße Drüse. Röntgen¬ 
bestrahlung unter Abblendung in drei wöchentlichen Sitzungen von je 5 
Minuten Dauer, vorsichtige Dosierung ohne Hautreaktion, harte Röhre, 
25—30 cm Abstand. Die Schmerzen ließen rasch nach und waren nach ca. 
4 Wochen verschwunden. Das flacher werdende Geschwür überhäutete sich 
vorn Rand her; nach 52 Sitzungen war der Tumor verschwunden. 
Patientin wird vorgestellt. An Stelle des Tumors findet sich eine flache, 
weiche Narbe. Achselhöhlendrüsen nach 2'/* Monaten verschwunden; das 
Carcinom war ohne Sekretion eingeschrumpft. Über der 1. Clavi- 
cula befindet sich eine vergrößerte Lymphdrüse. Der Vortragende will zwar 
den Fall noch nicht als definitiv geheilt bezeichnen, aber mit demselben 
den Beweis dafür bringen, daß die Röntgenstrahlen bei geeigneter 
Technik auch tiefe Carcinome zu beeinflussen vermögen. Er er¬ 
wähnt ferner 2 weitere Fälle: inoperables Uteruskarzinom und schwere 
allen bisher angewandten Methoden trotzende Occipitalneuralgie, welche 
beide durch Röntgenbestrahlung gebessert resp. geheilt wurden. 

H. E. Schmidt-Berlin: Vorstellung von mit Röntgenstrahlen 
behandelten Kranken. Nicht nur auf maligne Tumoren haben die 
Röntgenstrahlen heilkräftige Wirkung, sie beeinflussen auch in eklatanter 
Weise die verschiedensten Krankheiten der Haut; einzelne Dermatosen 
heilen sogar schneller unter Röntgentherapie als mittelst der bisherigen 


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Bericht, über Jen ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905. 291 


Methoden. Der Vortragende demonstriert und erläutert eine Anzahl ein¬ 
schlägiger Fälle, die er in dem Lesser’schen Universitätsinstitut für Lichtbe¬ 
handlung in Behandlung hatte. 2 Fälle von Ulcus rodens, am Auge und 
an der Stirne. Der erste Fall ist seit 1 '/*, der zweite seit 2 Jahren rezidiv¬ 
frei. Trotzdem so gut wie nach der chirurgischen Exstirpation auch bei An¬ 
wendung der Röntgenmethode Rezidive möglich sind, will der Vortragende 
doch der Röntgentherapie vor der Operation den Vorzug geben. Multiple 
Warzen auf dem Handrücken atrophierten und verschwanden ohne Narben¬ 
bildung unter dem Einfluß der Bestrahlung. Ein Markstück großes Ulcus 
tuherculosum ist mit schöner Narbe geheilt und bis jetzt über ein Jahr 
lang rezidivfrei geblieben. Tiefe Drüsentuberkulose mit Abszeß- und 
Fistelbildung auf der rechten Halsseite ist völlig ausgeheilt. Lupus 
vulgaris tumidus und Lupus exulcerans sind zur Heilung resp. Ver¬ 
narbung gekommen. Eine andere Lupusform, bei welcher die Krankheit sich 
äußert in Gestalt flacher, im Niveau der Haut liegender Knötchen, ist der 
Finsenbehandlung mit besserem Erfolg zugänglich. Beide Methoden, 
Finsenbehandlung und Röntgenbostrahlung, können einander wirksam er¬ 
gänzen. Ein vor>restellter Fall liefert dafür den Beweis: ein ausgedehnter 
Lupus tumidus war durch Röntgenbehandlung bis auf einige kleine 
Knötchen zurückgegangen, die sodann durch Finsenbehandlung rasch be¬ 
seitigt wurden. Ein Lichen ruber verrucosus ist zum Teil geheilt, des¬ 
gleichen eine über Handteller große Psoriasis auf dem Rücken. Akne- 
keloid (Dermatisis papillaris) ist eine den gewöhnlichen Methoden nur schwer 
zugängliche und äußerst hartnäckige Krankheit: ein Fall ist durch Röntgen¬ 
therapie geheilt und seit über einem Jahr rezidivfrei, ein anderer erheblich 
gebessert und noch in Behandlung. 2 Fälle von Sykosis sind durch Rönt¬ 
genbehandlung geheilt und jetzt seit einem halben Jahr rezidivfrei. 

Gocht (Halle a./S.): Plastische Schutzmasken für die Rönt¬ 
gentherapie. Kleine Partien von schwer zugänglichen Orten (Mund¬ 
winkel, Naseneingang, innerer Augenwinkel etc.) sind schwer zu bestrahlen, 
weil die Abdeckung nicht vollkommen genug möglich ist. Diesem Übelstand 
abzuhelfen, empfiehlt der Vortragende, für diesen Zweck plastische Mas¬ 
ken anzufertigen und zwar aus einer auch von den Zahnärzten zur Her¬ 
stellung von Zahnmodellen benutzten Masse, „Trilbi“ geheißen. In Wasser 
von 50° wird die Masse weich, sodann mit nassen Händen plattenförmig ge¬ 
knetet, der zu bestrahlenden Stelle genau angepaßt und mit dem Finger ent¬ 
sprechend der Größe der zu bestrahlenden Stelle durchlocht. Die Masse 
erhärtet rasch. Die Weckuhr dient dazu, durch Klingeln das Ende der 
Sitzung anzuzeigen und zugleich den primären Strom automatisch zu unter¬ 
brechen. Verfertiger ist Max Kohl in Chemnitz. 

Kien böc k-Wien: Eine neue Meßmethode in der Röntgen¬ 
therapie. Im Jahre 1900 schon berichtete K., die Wirkung der Rönt¬ 
genbestrahlung auf das lebende Gewebe sei von der in der Sitzung ab¬ 
sorbierten Röntgenlichtmenge abhängig und könne vergleichsweise nach 
der Schwärzung einer photographischen Platte geschätzt werden. 
Berger und Horn von der Firma Reiniger, Gebbert und Schall haben den 
Grundsatz in die Praxis umgesetzt und als neues Meßinstrument für Rönt¬ 
genstrahlen das Quantimeter konstruiert. Nach Modifikationen des Vor- 

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Bericht über den ersten Kiintgenkongrrß in Berlin, HO. April—3. Mai 1905. 


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Exposition schon nach 24 Stunden. Zentrale Epithelabstoßung, die bei langer 
Exposition die ganze Strahlungsfläche ergreift. Sekretion gering. Krusten¬ 
bildung. Reaktionen heilen nach einigen Wochen, stärkere erst nach Monaten, 
alle mit häßlicher Weißfärbung der deutlichen Narbe und mit Einlagerung 
von Blutgefäßen in dieselbe. 

4. Kathodenstrahlen erzeugen je nach Dauer und Stärke der 
Exposition Entzündungen schon nach 10 Stunden bis zur Dauer von einigen 
Wochen bis zu einigen Monaten mit rascher und sehr deutlich auftretender 
zentraler Epithelabhebung und Verkrustung ohne deutliche Sekretion; Rötung 
und Infiltration der Umgebung der Blase innerhalb des bestrahlten Feldes. 
Abheilung mit kosmetisch tadelloser Narbe ohne alle Einlagerungen von 
Pigment oder Blutgefäßen. 

Als Vorteile der Kathodenstrahlentherapie führt Dr. Strebei an, daß 
die Kathodenstrahlenreaktion rasch eintrete, ziemlich lange bestehe, gut heile 
und ideale Narbenbildung zurücklasse. Die Wirkung der Kathodenstrahlen 
ist tiefgehend; als Indikationsgebiet gibt er vorläufig Lupus, Hautcar- 
zinome, Naevi und Teleangiectasien an; die Strahlen lassen sich 
auch in Höhlen einführen. Als Begleiterscheinung wurde Haarausfall 
beobachtet; vielleicht könnten die Kathodenstrahlen mit der Zeit ein ein¬ 
faches Epilationsmittel abgeben. 

An diese therapeutischen Vorträge schloß sich eine äußerst rege Dis¬ 
kussion an ; wir bringen von derselben nur das Wichtigste. Prof Grunmach- 
Berlin. Betr. die röntgentherapeutische Beeinflussung der Psoriasis ist zu 
bemerken, daß nicht alle Fälle unter Röntgenbehandlung heilen. Er erwähnt 
einen Patient, bei welchem diese Behandlung erfolglos war, die Dermatose 
aber prompt durch die alte Arsenik-Medikation heilte. Als unangenehme 
Nebenerscheinungen bei Röntgenbestrahlungen erwähnt er er¬ 
höhte Pulsfrequenz (bis auf die doppelte Zahl), verbunden mit Schwächezu- 
ständen, welche eine Unterbrechung der Behandlung erforderten. 

Co lley-Insterburg. Alle noch operablen bösartigen Geschwülste ge¬ 
hören in den Bereich des Chirurgen, primäre sowohl wie rezidivierende. Erst 
wenn der Tumor inoperabel geworden ist, mag die Röntgenbehandlung 
Platz greifen. 

Stein-Wiesbaden empfiehlt, inoperable Tumoren mit Ausdauer zu 
bestrahlen. Als Resultat der Bestrahlung erwartet er Schmerzlinderung, 
Aufhaltung oder Einschränkung des weiteren Wachstums, Verhütung des 
Aufbrechens nach außen und konsekutiver Geschwüre. 

Levy-Dorn-Berlin empfiehlt jede 3. Woche bei Bestrahlungen Blut¬ 
untersuchungen vorzunehmen, weil er gesehen, wie bei kräftiger Bestrahlung 
bei einigen Patienten das vorher normale Blut leukämische Eigenschaften 
angenommen hatte. Als Allgemeinerscheinungen nach Bestrahlung sind 
ihm aufgefallen: Vermehrung des Stickstoffumsatzes und Temperaturerhöhung. 
Er schildert die Art und Weise, wie er Bestrahlungen vorzunehmen pflegt. 

Schild-Magdeburg gedenkt der durch Röntgenbestrahlung bewirkten 
Heilung eines aus Xeroderma pigmentosum hervorgegangenen inoperablen 
Carcinoms; die Pigmentierung des Xeroderma nahm merklich ab. 

Unger-Berlin ist der Meinung, es sollten auch die erfolglos be¬ 
handelten Fälle publiziert werden, erst dann könnte man einen richtigen 


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294 Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905. 


Überblick gewinnen. Die Heilungen sind mit großer Vorsicht und skeptisch 
aufzunehmen. 

Wich m an n-Hamburg erinnert an sein Tubensystem, das bei Rönt¬ 
genbestrahlungen in der Tiefe, in Höhlen etc. nutzbringende Verwendung 
findet. Durch successives Ausziehen der Tuben können verschiedene Tiefen 
bestrahlt werden. 

Pfeiffer-Tübingen: Im Anschluß an Röntgenbestrahlungen sind 
mehrere Todesfälle bekannt geworden. Lassar erwähnte 3, dem Vor¬ 
tragenden sind weitere 3 bekannt, darunter einer aus seiner eigenen Praxis. 
Noch nicht aufgeklärt ist der Zusammenhang zwischen Bestrahlung und 
eingetretenem Tod. Denkbar wäre Nierenreizung, deshalb die Empfehlung, 
vor und nach der Bestrahlung den Harn zu untersuchen. 

Moser-Zittau: Es ist von Wichtigkeit, bei Röntgenbestrahlungen 
regelmäßige Untersuchungen des Herzens und des Harns vorzunehmen. 

Hahn-Hamburg hat in einer Statistik 2008 mit Röntgenstrahlen be¬ 
handelte Krankheitsfälle übersichtlich zusammengestellt. Ein Todesfall, der 
mit der Röntgenbehandlung in irgend welchem Zusammenhang stände, ist 
darunter nicht enthalten. 

Vor gelichteten Reihen begann die Nachmittags- und zugleich Schlu߬ 
sitzung mit einem Vortrag von Hen n ec ar t-Sedan : Necessitö d’une lögis- 
lation spöciale pour les Rayons de Röntgen. Der Redner verbreitete 
sich in längerem Votum über die Notwendigkeit einer speziellen Gesetz¬ 
gebung für die Anwendung der Röntgenstrahlen, namentlich im Hinblick 
auf die Sterilität, die durch genügend lange Bestrahlungen ohne ent¬ 
sprechende Schutzmaßregeln eintreten kann. Die Verwendung der 
X-Strahlen zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken gehöre unter 
allen Umständen in die Hände des Arztes. Im Interesse des ärztlichen 
Standes verlangt er eine entsprechende Ergänzung der Gesetzgebung 
aller Länder. 

Die lebhafte Diskussion führte zu einem diesbezüglichen Antrag, 
und der Kongreß genehmigte folgende Resolution: Die Untersuchung 
und Behandlung mit Röntgenstrahlen ist eine rein ärztliche 
Leistung. Es wird der Antrag dem Ausschuß zur Übermittelung an die ver¬ 
schiedenen Staatsbehörden überwiesen. 

Ehrenfeld-Berlin: Zur Kasuistik d er T r ans p o si t io viscerum 
omnium. Der Vortragende demonstriert einen 20jährigen gesunden Mann 
mit Transpositio viscerum lateralis und weist auch von demselben 
aufgenommene Röntgen-Diapositive vor. Es handelt sich dabei nicht etwa 
bloß um eine mechanische Verschiebung, sondern um eine vollständige 
Umformung, die auf einer embryonalen Störung beruhen soll: der 
Embryo soll auf einem gewissen Entwicklungsstadium durch eine Drehung 
statt seiner rechten Seite die linke dem Dotter zukehren. Seit 12 Jahren 
hat der Redner den jungen Mann beobachtet. Als 8jähriger Junge kam er in 
Behandlung wegen eines Ohrenleidens; er klagte damals über Herzklopfen 
und auf die Frage, wo er dasselbe spüre, zeigte er seine rechte Körperseite. 
Funktionsstörungen bestehen keine. 

Schürmayer - Berlin: Die normale und pathologische 
Zwerchfellbewegung im Röntgenbild. Die Kuppe des Zwerchfells 


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295 


Bericht über (len ersten Röntgriikongreü in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


reicht bei tiefster Exspiration in eine Ebene hinauf, welche durch die 
beiden vierten Rippen resp. deren Interkostalräume gelegt ist und zwar durch 
deren Schnittpunkt mit der Mamillarlinie. Die Zwerchfellkuppe sinkt bei 
tiefster Inspiration hinab in eine Ebene, welche durch die beiden siebenten 
Rippen, resp. deren Zwischenrippenräume, geht. A n d eru n gen dieser Worte 
können bedingt werden durch individuelle Verschiedenheiten, Berufsart, ver¬ 
schiedene Füllungszustände am Magen und Darm etc. Die respiratorisch e 
Differenz schwankt zwischen 5—10—15 cm. Die extreme Exspirations¬ 
stellung der Leichenbefunde kommt am Lebenden nicht vor. Demonstration 
und Erklärung einzelner Bilder. 

Diskussion. Holzknecht-Wien weist darauf hin, daß er in Gemein¬ 
schaft mit Hofbauer gefunden, daß man mit der Zwerchfellhälfte jener Seite 
atme, auf der man liegt. 

Kraft-Straßburg erwähnt den Einfluß von Herzkrankheiten auf die 
Gestaltung und Bewegung des Zwerchfells. 

J m me 1 m ann-Berlin. ÜberdieOrthophotograhiedesHerzens. 
Redner erläutert seine neue Methode der direkten Photographie des 
Herzens in senkrechter Projektion; das dadurch erhaltene photographische 
Bild entspricht genau der wahren Größe des Herzens. An Stelle des Zeichen- 
papieres am Orthoröntgenographen tritt eine photographische Platte mit Ver- 
stärkungsschirm. Bei feststehendem Zwerchfell wird nun das Herz mit dem 
senkrechten Röntgenstrahl unter Kontrolle des Durchleuchtungsschirmes um¬ 
zogen und dadurch auf die Platte geworfen. Das derart erhaltene Herzbild 
stimmt mit dem orthoröntgenograpbischen überein, bat vor demselben aber 
den Vorzug der Übersicht und Plastik. 

In der Diskussion bemerkt Levy-Dorn (Berlin), das neue Ver¬ 
fahren scheine ihm vor dem alten keinen Vorteil zu besitzen. 

D rü n e r-Frankfurt a./M.: Über die Lagebestimmung von 
Fremdkörpern. Die souveräne Methode für Aufnahmen von Fremdkörpern 
ist die stereoskopische, die aber wegen ihrer Umständlichkeit leider noch viel 
zu wenig im Gebrauch ist. Der Vortragende hat einzelne Apparate kon¬ 
struiert zur Aufnahme stereoskopischer Röntgenogramme: Kassette und 
Gestell für Schädelaufnahmen und Lampenhalter, Gestell und Kassette für 
Aufnahmen anderer Körperteile, ein großes Spiogelstereoskop nach dmn 
Prinzip des Telestereoskopes von Helmholtz, Apparate zur stereoskopischen 
Messung; stereometrischer Maßstab, Meßzirkel. Demonstration der Methode. 

Reitter und Wein her ge r-Wien : Beitrag zur Röntgenogra- 
phie des Dick dar ms. Während die Röntgendiagnostik der Brust organe 
beträchtliche Fortschritte gemacht bat, ist die Ausbeute in Bezug auf die 
Abdominalorgane, besonders des Verdauungstraktus, noch recht gering. Be¬ 
sonders Rieder hat in neuerer Zeit nach Darreichung wismuthaltiger Nahrung 
oder Eingießen wismuthaltiger Flüssigkeiten die topographischen Verhält¬ 
nisse am Dickdarm studiert. Die Einläufe gaben uns Aufschluß über die 
Lage und Weite des Dickdarms, über seine Motilität und indirekt auch über 
die Beschaffenheit der Darmwände. Die Einführung von Sonden hat sich 
wohl bei Magenuntersuchungen bewährt, bei Explorationen des Dickdarms 
aber nicht. Die Sonde rollt sich hier meistens schon in der Ampulle des 
Rectum auf; sie dringt überhaupt nicht in das Colon ein und weitet höchstens 


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296 Bericht, über den ersten Riintgenkongreß in Berlin, 30. April— 3. Mai 1905. 

noch das S romanum aus. Der Vortragende demonstriert ein Röntgenogramm 
eines 52jährigen Mannes. Der Patient war erkrankt unter außerordentlich 
heftigen Schmerzen in der rechten Oberbauchgegend, bis in das Kreuz und 
die Schulter ausstrahlend; daneben hochgradige Abmagerung und Stuhlver¬ 
stopfung. Nach Entleerung des Darmes und Aufblähung des Dickdarmes 
wurde ein Übersichtsbild mittelst Röntgenstrahlen aufgenommen und dabei 
besonders Leber und Niere nach Konkrementschatten abgesucht. Das Bild 
zeigte nun einen ganz auffälligen Befund. Entsprechend dem Verlauf des 
Colon mit seinen Haustren verläuft, aus dem Becken auf und wieder in das¬ 
selbe hinabsteigend, ein Schattenband, wie die Autoren es bis jetzt noch 
nicht gesehen hatten. Verwechslung mit Scybala war unmöglich, da der 
Darm vor der Aufnahme entleert und mit Gas aufgebläht worden war. Die 
vorgenommene Probelaparotomie ergab multiple Geschwulstbildungen 
am Dickdarm (unentschieden ob Fibrome, adenomatöse Polypen oder Venec- 
tasien). Wegen der weiten Ausdehnung der Affektion, welche im übrigen 
die Darnipassage nicht veränderte, wurde von einem weiteren Eingriff Ab¬ 
stand genommen. Die röntgenographische Diagnose: Geschwulstbildung am 
Dickdarm, wurde also durch den Operationsbefund bestätigt. 

Als Letzter sprach noch Destot-Lyon: Lösions traumatiques de 
Poignet, und hernach über: Des modifications de la forme et du volume du 
coeur dans les differentes affections — et de l’eraploi de 1’Orthodiagraphie. 

Damit war die Traktandenliste erschöpft. Noch einmal ergreift der 
Vorsitzende das Wort zu einem kurzen Rückblick auf die Leistungen 
des Kongresses. 77 Vorträge sind gehalten worden; das Ziel, das der Kon¬ 
greß erstrebte, eine Übersicht über die Entwicklung der Röntgenologie in 
den zehn Jahren ihres Bestehens darzulegen, erreicht. Sein Dank gilt den 
Ausstellern, die würdig vertreten waren, der Presse, den ausländischen Ver¬ 
tretern und allen Teilnehmern. 

Gocht-Halle a./S. und Hennecart-Sedan danken dem Vorstand 
und insbesondere dem Vorsitzenden für ihre mühevolle Arbeit. 

Prof. Eber lein: Schlußwort. 

Wenn wir am Schlüsse unserer Betrachtungen noch einmal einen 
vorurteilslosen Blick auf die Gesamtleistungen der 3 Kongreßtage zu¬ 
rückwerfen, so dürfen wir uns gestehen, daß tüchtig und mit Erfolg gearbeitet 
worden ist. Die imposante Versammlung, unter ihnen die ersten Kapazitäten 
auf röntgenologischem Gebiet, Praktiker und Techniker, die Qualität ihrer 
Vorträge und Domonstrationen und nicht zuletzt die großartige Ausstellung 
von Apparaten, Utensilien, photographischen Reproduktionen, Anschauungs¬ 
und Lehrmitteln — die wir wegen Raummangel leider nicht eingehend 
würdigen können — mußten auch auf denjenigen einen überwältigenden Ein¬ 
druck machen, der noch nicht tiefer in unser großes Gebiet eingedrungen ist. 
Der Umfang der Röntgenologie ist ein gewaltiger und groß ist die Zahl der 
Disziplinen, welche aus der neuen Entdeckung Nutzen zieht. 

Die praktische Anwendung der Entdeckung der Röntgenstrahlen 
steht zur Zeit tatsächlich im Brennpunkte des Interesses der medizinischen 
Forschung. Wohl selten hat ein einziges Spezialgebiet eine so imposante 
Gelehrtenversammlung zur Behandlung der vorliegenden Fragen und Forschungs¬ 
ergebnisse zusammengebracht und allen Verhandlungen, nicht zum wenigsten 


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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April— 3. Mai 1905. 297 


auch denen technischen Inhalts, war der Charakter eifrigster, fast fieber¬ 
hafter Arbeit aufgeprägt. Freilich läuft unter einer solchen Fülle Manches 
von weniger Bedeutung mit unter; auch manches Irrige muß mit in den Kauf 
genommen werden. Aber im Großen und Ganzen ist auch viel Positives ge¬ 
leistet worden, und der Kongreß kann auf wirkliche Resultate zurück¬ 
blicken. 

Was die diagnostische Anwendung des Verfahrens betrifft, so 
gewann der Teilnehner ein Bild von dem gewaltigen Umfang, den die An¬ 
wendung der Röntgen’schen Methode in allen Disziplinen gewonnen hat. 
Die übliche Anwendung in der Chirurgie gehört so sehr zum Altäglichen, 
daß darüber nicht mehr viele Worte zu verlieren sind. Die sch wierigsten 
Aufnahmegebiete, die Untersuchungen der Wirbelsäule, der Weichteile 
des Beckens, die Conturdarstellung der Nieren, die Steinuntersuchungen etc. 
haben große Fortschritte zu Tage gefördert. Die Arbeiten über Fracturen, 
Knochenverrenkungen, dann besonders die Untersuchungen über Osteomye¬ 
litis und Coxa vara, die Darstellung verschiedener Gelenke, mit ihrem 
fibrösen Bandapparat waren anerkennenswerte Leistungen, eigentlich neu 
nur die letztere Methode (Robinsohn und Werndorff). Wirklich Neues 
produzierten Rieder, Brauner, Holzknecht, Iteitter und Weinberger durch ihre 
Vorträge und Bilder über Darm Vorgänge. War es doch vor einigen 
Jahren noch eine viel und ernstlich diskutierte Streitfrage, ob Lungenunter¬ 
suchungen, die Diagnose von Tuberkulose und Tumoren ein wesentliches 
Anwendungsgebiet der Röntgenstrahlen werden könnten! So aber zeigten 
die Verhandlungen klar, daß für die Zukunft auch auf diesem Gebiet das 
Röntgenverfahren ein unentbehrliches Mittel der physikalischen Diagnostik 
sein werde. 

Das höchste Interesse von sämtlichen medizinischen Gebieten bean¬ 
sprucht und fand auch die Therapie, und Lassar konnte es aussprechen, 
daß durch Anwendung dieser neuen Methode Heilerfolge erreicht wurden, 
an deren Möglichkeit noch vor wenigen Jahren auch die kühnste Phantasie 
sich nicht heranwagte. Die Anwendung in der Zahnheilkunde ist größer, 
als man vermutet (Miller, Erklärung von entzündlichen Vorgängen, Abscessen, 
ganz besonders die diagnostische Anwendung in der konservativen Odon¬ 
tologie). Die Anwendung in der Tierheilkunde fand leider nur durch 
einen, aber dafür um so maßgebenderen Vortrag Darstellung. 

Von der fast fieberhaften Arbeit der Technik zeugte der zweite 
Tag und die großartige Ausstellung. Aus den vielen Einzelvorträgen hoben 
sich 3 Fragen heraus: Die Anwendung des Wechselstroms zum Röntgen¬ 
betrieb, die Frage der Schutzmittel und die Frage der Dosierung ver¬ 
bunden mit derjenigen der therapeutischen Grundlagen. Noch scheint die 
Anwendung des Wechselstromes ohne Unterbrechung im Primär¬ 
stromkreis, wenigstens für therapeutische Zwecke, der Lösung nicht näher 
gerückt: konnte doch bis jetzt keine einzige, beweisende Aufnahme oder 
Durchleuchtung mit derart gebauten Apparaten vorgezeigt werden. Die 
Schutzmittel sind um viele vermehrt, und durch ihre Vermehrung wird 
der Anwendung des Verfahrens immer mehr der Charakter des Gefährlichen 
und Unheimlichen für Arzte und Techniker genommen. Dio Dosierungs¬ 
vorschläge, die mannigfaltig gemacht und verworfen wurden, entbehren 


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298 Bericht über den ersten Röntgcnkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 


vielfach noch einer klaren, physikalischen Grundlage und es ist deshalb 
zu begrüßen, daß der Kongreß auf Antrag von Kowalski und Dessauer zur 
Bildung eines aus Physikern, Technikern und Ärzten zusammengesetzten 
Ausschusses zur Klärung der Grundlagen und Prüfung der 
D osieru ngs vorsc h läge schritt. 

Hoffen wir von diesen Arbeiten einen Erfolg, umsomehr, als sich 
gerade in den Grundlagen der therapeutischen Anwendung eine Umbildung 
vorzubereiten scheint! Sind erst die Aufgaben des Röntgeninstrumontariums 
für die Therapie klar erkannt, kennen wir den Zusammenhang des Strahlen¬ 
charakters, der therapeutisch wirkt, so kann mit um so größerer Sicherheit 
an die Aufgabe der Behandlung großer und besonders auch tiefliegender 
Tumoren geschritten werden. 

Angesichts der vielen Schädigungen und Gefahren, welche un¬ 
sachgemäße Ausübung des Verfahrens mit sich brachte und bringt, kam der 
Kongreß zu dem Beschluß, es müsse in Zukunft die Untersuchung 
und Behandlung mit Röntgenstrahlen eine rein ärztliche 
Leistung bleiben. Eine mehr äußerliche Leistung war die Festsetzung 
einer internationalen Nomenklatur für alle Fachausdrücke, die ja nun 
wohl feststeht, aber immerhin nicht Alle zu befriedigen scheint. 

Dio große Arbeit, von der die Kongreßverhandlungen ein Bild ent¬ 
rollten, geben ihrerseits wieder eine große Anregung für den weiteren Aus¬ 
bau der Röntgenologie. In 3 Jahren finden sich die Röntgenologen der 
ganzen Welt wiederum auf dem internationalen Kongreß für Elektrologie 
und Radiologie in Amsterdam unter dem Vorsitz des Prof. Dr. Wertheim- 
Salomonson zusammen. 


Druckfehler-Berichtigung. 

Im lotzten Heft pag. 151 (fCongroßboricht) ist leider ein sinnstörendor Druckfehler stehen geblieben, 
d»*n wir zu berichtigen bitten. 

Zeile 8 von oben muß es heißen Voltameter, nicht Voltmeter. Ein Voltameter schlügt Klingolfuß zur 
Dosiorung vor und ein solches kann auch nur gemeint sein. Hei ihm wird die Stromgrößo aus dem Maße des 
durch ihn ausgeschiedenen Wasserstoffes und Sauerstoffes bestimmt. 


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Kritik 


299 


II. Kritik. 

A. Bücher. Leo Vetter, Das Bad der Neuzeit und seine historische Entwicklung. (Kid'. Kranze, 
Nauheim.) T. Cohn, Die palpabien Gebilde des normalen menschlichen Körpers etc. (lief. Solgcr, 
Berlin). K. Franke, Die Orthodiagraphie. (Kef. Kranze, Nauheim).— B. Abhandlungen. 
H. Becquerel, L’analyse du rayonneinent des corps radioactifs. (Rif. Wetterer, Mannheim.) 
Ad. Keller, Untersuchungen über die bakterizide Wirkung des Quecksilberlichtes. (Rcf. 
Wiesner.) Rumpf, Beiträge zur Elektrotherapie. (Rcf. Franze.) Kunert, Die Bedeutung 
der Röntgenstrahlen t'iir die Zahnheilkundc. (Kef. Kranze.) Fr. Erhard, Nachdenkliches zur 
heutigen Heilkunde. (Kef. Wetterer.) G. Beck, Therapeutisches Almanach. (Ref. Wiesner.) 

F. Schilling, Taschenbuch der Fortschritte der physikalisch-diätetischen Heilmethoden. (Ref. 
Wiesner.» E. v. Hippel, Feber angeborenen Zentral- und Schichtstar. (Ref. Wiesner). 

G. Flat.au, Die Poliomyelitis anterior acuta. (Ref. Wiesner.) (’assirer, Die multiple Sklerose. 
(Ref. Wiesner.) O. Vulpius, Ueber die orthopädische Behandlung der Wirbelsäulen¬ 
erkrankungen. (Ref. W i e sn e r.) 


Neue Bücher und Abhandlungen. 

A. Bücher. 


Leo Vetter: Das Bad der Neuzeit und seine 
historische Entwicklung. (261 Seiten. Stutt¬ 
gart und Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt, 
1904.) 

Tn vorliegendem, elegant ausgestattetem 
Werke gibt Verfasser in fesselnder, schöner 
Darstellung zunächst einen eingehenden Über¬ 
blick über die Bedeutung, den Stand und die 
Entwicklung des Badewesens von den ältesten 
Zeiten, bei Indern, Egyptorn, Babyloniern, 
Assyriern, Juden, Griechen, Römern, im Mittel- 
alter und bis zur Neuzeit. Wir erfahren daraus, 
daß außer im klassischen Altertume nament¬ 
lich im Mittelalter die Sitte des Badens in 
hohen Ehren stand und allgemein geübt ward. 
Für den Verfall des mittelalterlichen Bade¬ 
wesens kommen namentlich folgende Ursachen 
in Betracht: die Ausbreitung der Pest und 
anderer Seuchen, die das — damals gewöhn¬ 
lich geübte — gemeinsame Baden gefährlich 
erscheinen ließen, die Wirren des 30-jährigen 
Krieges und das Überhandnehmen des Mi߬ 
brauchs der Badeanstalten zum Zwecke des 
geschlechtlichen Verkehrs, was die Macht 
der Kirche gegen diese aufzutreten ver- 
anlaßte. 

Verfasser kommt dann zur Beschreibung 
des Stuttgarter Bades, das 1889 eröffnet, 1893 
weiter ausgebaut und 1904 abermals bedeutend 
erweitert wurde. Es ist dies das erste große 
Bad Süddeutschlands, das auf der Grund¬ 
lage der Gemeinnützigkeit durch private Ini¬ 
tiative errichtet das Problem der Selbst¬ 
erhaltung ohne Zuhilfenahme von Schen¬ 
kungen mit vollem Erfolg durchgeführt hat. 
Verfasser steht entschieden auf dem Stand¬ 
punkte, daß das Problem der Beschaffung von 
Volksbädern nicht auf dem Wege der Her¬ 


stellung zahlreicher Brausebäder in verschie¬ 
denen Teilen der Stadt (Dezentralisation), 
sondern durch Errichtung eines — oder 
weniger — Schwimmbäder für Sommer- und 
Winterbetrieb im Zentrum der Stadt zu lösen 
sei. Alle autbringbaren Mittel sollen zum mög¬ 
lichst vollkommenen Ausbau dieser einen An¬ 
stalt verwendet werden, da das Schwimmbad 
wegen seines ethischen und erzieherischen, 
sportlichen, kraft- und gesundheitsfördernden 
Wertes entschieden als das in erster Linie 
anzustrebende gelten soll. 

Das Bad soll allen Schichten der Be¬ 
völkerung gleicherweise zugänglich sein, und 
seine Kosten müssen daher gering sein. Nun 
werden die Brausebäder gewöhnlich zu 10 
Pfennig verabreicht; es ist daher im Stuttgarter 
Bade die Einrichtung getroffen, daß sogenannte 
„Volksschwimmbäder“ Mittwochs und Sams¬ 
tags auch zu 10 Pfennig abgegeben werden. 

An der Hand von 21 Tabellen erläutert 
sodann der Verfasser die Erfahrungen, die 
von der Stuttgarter Badegesellschaft im Laufe 
der Jahre seit Eröffnung des Bades gemacht 
worden sind. Es sind das im höchsten Grade 
erfreuliche Ergebnisse. Obwohl alle Bade¬ 
formen der Anstalt in doppelten Anlagen, 
für Frauen sowohl als für Männer, eingerichtet 
sind, sieht sich Verfasser gezwungen, die 
Rückständigkeit des weiblichen Geschlechts 
in der Würdigung des Wertes von Bädern 
tief zu beklagen. 

Besondere Beachtung verdient die schöne 
Ausstattung der Dampf badehallen. wie die vor¬ 
trefflichen Bilder zeigen. Ferner besitzt die 
Anstalt noch ein besonderes Volksschwitzbad. 
Sehr beherzigenswert sind die praktisch leicht 
durchführbaren Vorschläge des Verfassers zur 


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300 


Kritik. 


Errichtung von billigen Dampfbadestubcn auch 
allenthalben auf dein Lande. 

Höchst sympatisch muß es jeden be¬ 
rühren zu erfahren, daß die Trinkgeld-Unsitte 
im Stuttgarter Bad gründlich beseitigt ist. 
Referent möchte die entsprechenden Maßregeln 
namentlich auch den Badeverwaltungen in 
Kurorten angelegentlichst empfehlen! 

Wir können diesen Teil nicht verlassen, 
ohne noch besonders darauf aufmerksam zu 
machen, daß auch hinsichtlich der Anlage 
und des Ausbaues solcher Bäder die wert¬ 
vollsten speziellen Angaben darin enthalten 
sind, die wohl als Richtschnur von Interes¬ 
senten dankbar begrüßt werden dürften, und 
schließlich noch die interessante Tatsache 
daraus anzuführen, daß der Betrieb im Stutt¬ 
garter Bad ein rentabler ist, indem es trotz 
allen Aufwands möglich war, Abschreibungen 
vorzunehmen. 

Im zweiten Teil gibt Verfasser die 
Beschreibung der baulichen und technischen 
Einrichtungen des modernen Hallenbades. 
Wir müssen es lins versagen, im Referat auf 
diese Punkte einzugehen, wie denn dieses 
überhaupt nur als eine Anregung zum 
genauen Studium des ganzen vortrefflichen 
Werkes aufzufassen ist. 

Das eben Gesagte findet auch auf den 
dritten Teil, der von der Einrichtung des 
Kassen- und Rechnungswesens größerer Bade¬ 
anstalten, von der Verwaltung und Betriebs¬ 
leitung handelt. Anwendung. 

Der zweite Hauptteil des Buches ist. 
der Darstellung alter und neuer Heilverfahren 
gewidmet; sein erster Teil handelt von der 
Hydrotherapie, auch wieder mit einem his¬ 
torischen Überblick beginnend. Schon in den 
Veden des Susrotas wird des Wassers als 
diätetischen Heilmittels gedacht; bei den 
Indern war der Ganges, bei den Ägyptern der 
Nil ein heiliger Fluss. Daß die Griechen 
auch zu Heilzwecken vom Wasser Gebrauch 
machten, ist selbstverständlich. Schon Hip- 
pokrates kannte zum Teil dessen physio¬ 
logische Wirkungen. Dasselbe war bei den 
Römern der Fall, und auch im Mittelalter 
war die Hydrotherapie keineswegs unbekannt; 
mit ihr verknüpft sind die Namen: Ambroise 
Rare, Floyer, Hancoke, Lucas, Riedlin, 
Fischer, Hufeland, Wright, t'urric und ver¬ 
schiedene andere, in neuerer Zeit hauptsäch¬ 
lich Frießnitz (1799 in Österreichisch- 
Schlesien geboren), Winternitz, Kneipp. 

Sodann beschreibt Verfasser die einzelnen 
hydrotherapeutischen Methoden als: Abreib¬ 
ung und Abklatschung, Regen-, Strahl-, 
Fächerdusche, Güsse, schottische und Dampf¬ 


dusche, Halbbad und Vollbad, fließendes Sitz¬ 
end Kumpfbad, Fußbad, feuchte Einpackung, 
Wellen-, Strom- und Quellbäder. 

Im zweiten Kapitel dieses Abschnittes 
wendet sich Verfasser den verschiedenen 
Formen moderner Heilbäder zu: den Kohlen¬ 
sä urebädern, der lokalen An Wendung von 
Dampf und feuchter Wärme, der Fango¬ 
behandlung, der lokalen Applikation trockener 
Jlitze durch heiße Luft (Elektrotherm, Hei߬ 
end Kaltluftdusche), der Lichttherapie (Luft- 
uud Sonnenbad, elektr. Lichtbad), dem Inhala¬ 
torium (System Waßmuth), der Elektro¬ 
therapie; hier möchte Referent, da er seihst 
als erster nach Smith und Hornung mittels 
einwandsfreier Untersiichungsmethoden an der 
Feststellung der Wirkung der Wechselst,rom- 
bäder etc mitgearbeitet hat. nicht verfehlen 
hervorzuheben, daß auch Verfasser die günsti¬ 
gen 'Wirkungen dieser Methoden bei geeignet 
ausgewählten Zirkulationsstörungen betont. 
Auch von der elektromagnetischen Therapie 
(System Eugen Konrad) berichtet Verfasser 
Günstiges. Nach Untersuchungen ärztlicher 
Autoritäten sollen f>7 78 °lo aller mit dieser 
Therapie behandelten Fälle günstig beeinflußt 
worden sein. Es folgen Darstellungen der 
Massage in ihren verschiedenen Formen. 

Der dritte Hauptteil des Buches endlich 
ist einer eingehenden Beschreibung des 
Schwimmsports gewidmet. 

Das Werk enthält einen Anhang voll 
Grundrissen von Musterbadeanstalten. 

Wir können dieses ausgezeichnete Werk 
nur jedem angelegentlichst empfehlen; be¬ 
sonders wertvoll ist es aber natürlich fiir 
Ärzte einerseits, für diejenigen andererseits, 
denen es obliegt, fiir die Einrichtung von 
Volksbädern Sorge zu tragen. 

(Franze- Nauheim.) 

Cohn, Toby. Die palpablen Gebilde 
des normalen menschlichen Kör¬ 
pers und deren methodische Pal¬ 
pation. Nach eigenen Untersuchungen 
an der Leiche und am Lebenden. I Teil: 
Obere Extremität. 214 Seiten, 21 Ab¬ 
bildungen im Text, Berlin, S. Karger, 
1905. 

Die Palpation, so führt Verfasser im 
Vorwort seines sehr empfehlenswerten Buches 
aus, ist eine Kunst, die zwar nur am Leben- 
d e n gelernt werden kann; aber sie bedarf 
wie jede Kunst, einer Anleitung, einer wissen¬ 
schaftlichen Grundlage, die den Interessenten 
hier in Form eines Lehrbuches geboten wird. 
Da die Palpation in die Tiefe dringt und 
nicht wie die Inspektion an der Oberliäehe 


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Kritik. 


301 


haften bleibt, so deckt sich der Begriff der 
plastischen Anatomie nicht mit dem der pal- 
patorischen. Überzeugend weist Verfasser 
nach, daß er bei aller Wertschätzung der 
Hülfe, die er für seine Zwecke in den Lehr¬ 
büchern der systematischen, topographischen 
und plastischen Anatomie fand, doch für das 
eigentliche Thema seines Buches, das seine 
Entstehung in erster Linie der Beschäftigung 
mit der Massage verdankt, so gut wie ganz 
auf eigene Untersuchungen angewiesen war. 

Daß zur Erlernung der Palpation die 
Übung am lebenden Modell unerläßlich ist, 
wurde schon oben angedeutet. Leichenver- 
suclie genügen allein bei weitem nicht; denn 
eine Fülle von Erscheinungen und Bezieh¬ 
ungen kommen am Kadaver nicht mehr zur 
Geltung. Man braucht nur an die Verän¬ 
derungen zu erinnern, welche Muskeln und 
Gefäße erleiden, und es ist überflüssig, aus¬ 
drücklich zu bemerken, daß nach dem Tode 
mit den übrigen Funktionen des Organismus 
auch die Sensibilität der Nerven erlischt, die 
an Lebenden öfters nicht unwichtige Finger¬ 
zeige gibt. Nach den Geweben, die für die 
Palpation vorwiegend in Betracht kommen, 
lassen sich die Modelle in drei Hauptgruppen 
teilen: in Knochen-, Muskel- und Integument- 
modelle. Jeder dieser drei menschlichen 
Typen, zu denen noch der kindliche Körper 
hinzukonnnt, hat seine Besonderheiten, mit 
denen man rechnen muß. Bei der großen 
Variabilität der menschlichen Formen erscheint 
es bemerkenswert, daß die Breite der drei 
mittleren Finger des untersuchten Individu¬ 
ums ein relativ zuverlässiges Maß abgibt, 
um unter Zuhilfenahme von mathematischen 
Konstruktionen (Dreieck, Viereck, Halbier¬ 
ungslinie etc.) bestimmte Anhaltspunkte für 
die Aufsuchung gewisser Gebilde (N. ischia- 
dicus, Femurkopf und dergl.) zu liefern. Auch 
von dem Studium der pathologischen Fälle 
sind manche Aufschlüsse zu erwarten. Wie 
Verfasser über das Röntgen verfahren, 
das er als das „hervorragendste Unter¬ 
stützungsmittel nicht nur für die Ortsbe¬ 
stimmung, sondern auch für die Deutung 
zweifelhafter palpatorischer Befunde 1 ' bezeich¬ 
net, auf Seite 9 urteilt, soll hier wörtlich 
aufgefülirt werden: „In der plastischen 
Unzweideutigkeit seiner Bilder 
ist es der Palpation gewisser Teile, 
namentlich des Skeletts und einzel¬ 
ner innerer Organe, nicht nur gleich¬ 
wertig, sondern sogar überlegen. 
Dafür versagt es zur Erkeunung der 
meisten Weich teile so gut wie gänz¬ 
lich oder kann nur als „Adjuvans“ 


für die Orientierung der palpieren¬ 
den Hand benutzt werden“. Die 
Frage: Wie soll man palpieren ? wird aus¬ 
führlich erörtert. Es kommt natürlich viel 
darauf an, ob man es mit direkt oder indirekt 
(perkutan) palpablen Teilen zu tun hat; in 
letzteren Fällen, welche natürlich die über¬ 
wiegende Mehrzahl der Gebilde umfassen, 
werden Faktoren wie Hautnähe, Härte und 
Durchmesser eine wichtige Rolle spielen. 
Von großer Bedeutung ist ferner die Berück¬ 
sichtigung der Ruhelage oder der Ausführung 
bestimmter Bewegungen. Was die Palpation 
selbst betrifft, so führt in einzelnen Fällen nur 
die Anwendung einer gewissen Gewalt zum 
Ziele. Versagt die flache Palpation mit auf¬ 
gelegter Handfläche, so soll man versuchen, 
„steil" zu palpieren, und dabei die Finger¬ 
spitzen korkzieherartig in die Tiefe bohren. 
Mau vergesse schließlich nicht, gewisse Teile 
zwischen den Fingern rollen zu lassen, oder 
sie auf bimanuellem Wege dem Tastsinn zu¬ 
gänglich zu machen. 

Der zur Zeit vollendet vorliegende 
Teil des Buches umfaßt die sieben natür¬ 
lich gegebenen Abschnitte der oberen Extre¬ 
mität: Schulter, Oberarm, Ellenbogen, Hand¬ 
wurzel, Mittelhand, Finger, und diese Ab¬ 
schnitte zerfallen wieder in 1(5 Unterabteil¬ 
ungen. Ich glaube, jeder unbefangene Kri¬ 
tiker wird mit mir darin übereinstimmen, daß 
Verfasser seine Aufgabe sehr gut gelöst hat. 
Wer mit den anatomischen Verhältnissen 
einigermaßen vertraut ist, wird das Buch 
nur mit Befriedigung aus der Hand legen, 
und wer sie zu kennen glaubt, wird nicht 
nur manches noch hinzulernen, sondern die 
Lektüre gewisser Kapitel wird ihm sicherauch 
einen geistigen Genuß bereiten. Soll ich einige 
gut gelungene Kapitel besonders hervorheben, 
so seien die über die Palpation des axillaren 
und brachialen Gefäßnervenbündels genannt. 
Nur wäre Figur 11 durch ein gelungeneres 
Schema zu ersetzen. 

Einige Ausstellungen, die hier folgen, 
und die ich eigentlich nur anführe, um zu 
zeigen, daß ich die Lektüre des Buches ernst 
nahm, werden den Wert des Buches gewiß 
nicht beeinträchtigen und sollen es auch 
nicht tun. .So scheint mir der auf Seite 19 
bezüglich der Nn. supraclaviculares geäußerte 
Zweifel nicht begründet. Ich wüßte wenig¬ 
stens nicht, wie man das Schmerzgefühl, das 
bei Druck auf die Vorderfläche und den 
oberen Rand des Schlüsselbeins bei vielen 
Menschen sich einstellt, anders erklären 
könnte, als durch Quetschungen der an den 
Knochen angepreßten Ausstrahlungen der 


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302 


Kritik 


Xn. supraclaviculares. Dagegen ist der 
Schmerzpunkt „an der Hinterseite des 
Humerus ca. Handbreit unterm Gelenkspalt“ 
nicht, wie Verfasser Seite öS bemerkt, mit 
der Umschlagstelle des X. axillaris in Be- 
ziehung zu bringen, wohl aber, wie mir 
scheint, mit einem Hautast, der sehr häufig 
den hinteren Rand des M. deltoideus um¬ 
greift. Durch einen Lapsus calami wird 
auf Seite 48 von der Arteria transversa colli 
ausgesagt, was der Art, transversa scapulae 
zukommt. Wenn schließlich vom Erbsen¬ 
bein bemerkt wird, es liege „wie ein Ei im 
Eierbecher auf dem Os triquetrum“ (Seite 
155), so ist dieser Vergleich nicht ganz zu¬ 
treffend. Die einander zugekehrten Gelenk- 
flachen sind beide nahezu plan. Daher 
kommt es auch, daß man das Pisiforme mit 
Leichtigkeit in transversaler (radio-ulnarer) 
Richtung verschieben kann. 

Der erste Teil berechtigt, wie Referent 
nochmals ausdrücklich bemerken möchte, zu 
den schönsten Erwartungen bezüglich der 
Fortsetzung eines Werkes, wie es unserer 
medizinischen Literatur schon lange fehlte. 
Halten sich die folgenden Teile auf derselben 
wissenschaftlichen Höhe, so wird das Buch 
nach seinem Abschluß einen sicheren und 
vielbegehrteu Führer auf den verschiedensten 
Gebieten der Praxis darstellen. 

Beruh. So lg er-Berlin. 

Dr. Carl Francke: Die Orthodiagraphie Ein 
Lehrbuch für Arzte Mit 75 Abbildungen 
und 3 Tafeln. 95 Seiten Preis broschiert 
Mk. 4.— gebunden Mk. 5.-. Verlag: J. 
F. Lehmann, München. 1900). 

Referent, möchte zunächst mit Befrie¬ 
digung konstatieren, daß Autor die alte Be¬ 
zeichnung „Orthodiagraphie“ beibehält, worin 
er durch eine Zuschrift von Herrn Professor 
Dr. Moritz bestärkt worden ist Referent hat. 


nämlich schon in No 1 des „Archiv fiir physi¬ 
kalische Medizin etc.“ gelegentlich einer Be¬ 
sprechung der neuen beim 1. Röntgenkongreß 
aufgestellten Xormenklatur die Beibehaltung 
der alten Bezeichnung empfohlen. 

Die Einteilung des Stoffes ist folgende: 
Der erste Teil behandelt allgemeine Gesichts¬ 
punkte und Apparate; der zweite die spezielle 
Technik der Orthodiagraphie. Hier kann 
Referent nicht in allem den Anschauungen 
des Autors beipflichten; insbesondere glaubt 
er, mit einer wesentlich einfacheren Auf¬ 
nahmetechnik die vollkommenste Exaktheit 
erreichen zu können und hält auch die Pro¬ 
jektion auf die Brusthaut des Patienten für 
die klinische Beurteilung des Zustandes für 
sehr wertvoll, wenn auch bei vollkommener 
Fixierung des Untersuchten die direkte Pro¬ 
jektion auf eine Zeichenebene den Vorzug 
der größeren Exaktheit für die Übertragung 
und Ausmessung des Bildes beanspruchen muß. 

Der dritte Teil des Werkes ist. betitelt : 
Besondere Gesichtspunkte, und handelt von 
dem Einfluß des Atmens und der Stellung 
aut die Lagerung der Organe in der Brust¬ 
höhle, von der Orthodiagraphie des Herzens 
im besonderen, dem Mittelschatten, der Ortho¬ 
diagraphie der Lungen und der Pleura und 
von dem radioskopischen Zwerchfellsbild. 

Der vierte Teil besteht aus einer 
großen Anzahl von orthodiagraphischen Ab¬ 
bildungen besonders des Herzens, aber auch 
von Lungenaffektionen. Es folgen zum 
Schluß Tabellen, unter denen die Tafeln zu 
verstehen sind, enthaltend die bei einer 
großen Zahl von orthodiagraphischen Herz- 
aufnahmeu gefundenen Werte. 

Im ganzen handelt es sich um eine 
recht fleißige Arbeit, mit der sich Autor 
sicherlich den Dank vieler Kollegen erwerben 
wird. 

F ranze -Nauheim. 


B. Abhandlungen und Broschüren. 


Henry Becquerel L’analyse du rayonnement 
des corps radioactifs. (Archives d’elee- 
tricite medieale, experimentales et clini- 
ques. Heft No. 177. Nov. 1905.) 

In einem längeren Vortrag bespricht B. 
die Strahlungsphänomone der radioaktiven 
Körper und gibt der Ansicht Ausdruck, daß 
ihre Analyse eine Wissenschaft darstelle, die 
der Spektralanalyse des Lichtes vergleich¬ 
bar sei. 

Diese Analyse ermöglicht es, besondere 
Eigentümlichkeiten der Materie zu beobachten. 


Sie hat zur Entdeckung neuer Körper geführt 
und zur Erkenntnis gewisser Arten der Ener- 
gietransformation. 

Man findet in der Ausstrahlung der 
radioaktiven Körper drei Strahlengat¬ 
tu n g e. n ganz verschiedener Natur, 
die gleichzeitig oder getrennt auftreten 
können. 

Jede einzelne Gattung kann außerdem 
Strahlen enthalten, die untereinander ebenso 
verschieden sind, wie Lichtstrahlung ver¬ 
schiedener Wellenlänge. 


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Kritik. 


303 


Schon anläßlich der ersten Beobacht- 
ungen über die Radioaktivität des Urnnium 
zeigten die Absorptionserscheinnngen, daß die 
ausgesandten Strahlen nicht homogen waren. 

Als nun 3 Jahre später Polonium- und 
Radiumpräparate zur Untersuchung kamen, 
erwies sich, daß ihre Strahlungen sich von 
denen des Uranium vollständig verschieden 
verhielten. 

Ein Experiment hatte folgendes Resultat 
ergeben: auf einer photographischen Platte 
waren eine Anzahl cylinderförmiger Papier- 
hiilsen, unten teils durch Glimmer, teils durch 
ganz dünne Aluminiumplättchen verschlossen, 
aufgestellt, die einige Körner Radiumsalz, 
Polonium und pulverisiertes Uranium ent¬ 
hielten. Nach 50 Minuten Expositiouszeit 
zeigte sich, daß das Radium nicht nur eine 
starke kreisrunde Spur, sondern auch durch 
Ausstrahlung durch die Papierwände hindurch, 
große diffuse Flecken auf der Platte hervor¬ 
gerufen hatte, während das Polonium nur 
kreisrunde Flecken (stärker durch das Alu¬ 
minium, schwächer durch den Glimmer hin¬ 
durch) hinterlassen und das Uranium noch 
gar keinen Eindruck hervorgebracht hatte. 

Die gleichen in Hülsen enthaltenen Sub¬ 
stanzen, andern Tages wieder auf die photo¬ 
graphische Platte gebracht und von ihr durch 
einen 2 mm dicken Aluminiumstreifen getrennt, 
ergaben nach 48 Stunden : starke Schwärzung 
durch Uranium, noch stärkere durch Radium, 
aber keine Veränderung durch Polonium. Die 
Ausstrahlung des Polonium wird also viel mehr 
absorbiert als die des Uranium und des Radium. 

Zur gleichen Zeit fand Rutherford in 
der Strahlung des Uranium einen sehr absor¬ 
bierbaren und einen durehdringungsfähigeren 
Teil. Er nannte den ersteren «-Strahlen und 
den zweiten ß-Strahlen. Diese Benennung ist 
seither beibehalten worden mit dem Unter¬ 
schied, daß die Strahlen heute nicht mehr 
als der Ausstrahlung des Uranium zugehörig 
betrachtet werden. Sie machen vielmehr einen 
Bestandteil der Polonium- und Radiumaus- 
strahlung aus. Auch das Thorium entsendet 
«-Strahlen. 

Nachdem Giesel gezeigt hatte, daß die 
Strahlen einer radioaktiven Materie, die er für 
Polonium hielt, durch ein magnetisches Feld 
wie Kathodenstrahlen abgelenkt und dann 
wieder auf ihre Quelle zurückgeführt werden, 
wies Becquerel nach, daß die Ausstrahlung 
des Radium im ungleich gerichteten magne¬ 
tischen Felde den Kraftlinien folgen und sich 
auf die Pole konzentrieren kann, während 
sie gleichzeitig senkrecht zum Felde abge¬ 
lenkt wird. 


Kurze Zeit darauf kam ein durch die 
Curie’s hergeslelltes Poloniumpräparat zur 
Untersuchung. Dabei stellte sich heraus, daß 
seine Strahlung nicht dem gleichen Einfluß 
unterlag, sondern sich unter den obenge¬ 
nannten Verhältnissen unablenkbar verhielt. 
Diese Erfahrung zeigte noch deutlicher als 
die Absorptionserscheinungen die Verschieden¬ 
artigkeit der beiden Strahlengaltungen, ln 
der Strahlung des Radium treten a- und ß- 
Strahlen gleichzeitig auf, von denen die «- 
Strahlen ähnlich der Ausstrahlung des Polo¬ 
nium, sich als leicht absorbierbar erwiesen. 
Das Thorium entsendet gleich dem Radium 
beide Strahlengattungen. Die «- und ß-Strahlen 
bestehen aus bewegten Teilchen, die bei den 
«-Strahlen positiv, bei den ß-Strahlen negativ 
geladen sind und sich mit einer Geschwindig¬ 
keit fortpflanzen, die derjenigen des Lichtes 
gleichkommt. 

Außerdem tritt noch eine dritte Strahlen¬ 
art auf, deren Eigenschaften — wie die Unter¬ 
suchungen Villards ergaben — denjenigen der 
X-Strahlen gleich sind. Sie können selbst 
durch die stärksten magnetischen Felder nicht 
abgelenkt werden und sind von ungemein 
großer Penetrationskraft. 

Bezüglich der Eigenschaften dieser 3 
verschiedenen Strahlengruppen führt Becquerel 
im Wesentlichen folgendes aus: 

Die ß-Strahlen sind mit den Kathoden¬ 
strahlen identisch. Ihr Bündel ist aus einer 
Anzahl von Strahlen zusammengesetzt, die 
durch das magnetische Feld ungleich abge¬ 
lenkt werden. Wenn man eine einzelne 
Gruppe daraus absondert, findet man. daß die 
Strahlenbahn geradlinig verläuft, so lange 
kein magnetischer Einfluß auf sie wirkt. Tritt 
sie senkrecht in ein magnetisches Feld ein, 
gestaltet die Bahn sich kreisförmig. Tritt sie 
schräg ein, rollt sie sich um die Kraftlinien 
auf („s’enroule sur les ligues de force“). 

Ein Experiment, das interessante Auf¬ 
schlüsse über die Eigentümlichkeiten der ß- 
Strahlen gibt, bietet folgendes anschauliche 
Bild. 

Ein Bleiblock, der in einer punktförmigen 
Vertiefung wenige Körner Radiumsalz ent¬ 
hielt, wurde auf eine phot. Platte gelegt. 
Auf der Platte befanden sich außerdem kleine 
Papier-, Aluminium- und dünne Metallstreifen. 
Das Ganze wurde in ein intensives magne¬ 
tisches Feld gebracht. Bald zeigte sich, daß 
die durch das Fidd allgelenkte und dann 
wieder im Kreisbogen zur punktförmigen 
Quelle zurückgeführte Strahlung, die ausge¬ 
legten Streifen sehr verschieden durchdrungen 
hatte: diejenigen Strahlen, die den weitesten 


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304 


Kritik. 


Kreisbogen beschrieben hatten, waren am 
kräftigsten absorbiert worden. Dadurch ergibt 
sich deutlich, daß wir es nicht mit einem 
homogenen Strahlenbündel zu tun haben. 
Außerdem aber hatte die Quelle durch das 
Blei hindurch ihre Spur auf der Platte zu- 
riickgelassen und dadurch das Vorhandensein 
sehr durchdringungskräftiger Strahlen an- 
gezeigt. 

Um einfache, homogene Strahlungen aus 
der ß-Strahlengruppe abzusondern, wird fol¬ 
gende experimentelle Anordnung getroffen: 
in eine tiefe, wenige mm lange Kinne, die in 
einen Bleistreifen eingegraben ist, bringt man 
einige Körner Radiumsalz und gewinnt so eine 
strichförmige Quelle. Über der Quelle wird 
eine photographische Platte senkrecht aufge¬ 
stellt, auf der — parallel zur Quelle — Blei¬ 
streifen, die kleine senkrechte Spalten auf¬ 
weisen, angebracht sind. Zwischen den ersten 
Spalten, welche die aus der Quelle aufsteigen¬ 
den Strahlen treffen, gehen reine Spektrumieile 
hindurch. Wenn diese, durch ein intensives 
Feld abgelenkte Büschel eine neue Spalte 
passieren, scheidet sich ein kreisförmiges 
Strahlenbündel von bestimmtem Radius ab, das 
wiederum durch Spalten zurückkehrt und den 
Schnittpunkt zwischen Plattenwand und Quelle 
trifft. 

Nicht unerwähnt darf der Curie’sche 
Versuch bleiben, durch den bewiesen wurde, 
daßdicß-Strahlen negative elektrische Ladung 
mit sich führen, während die Quelle sich 
spontan positiv aufladet. Die Anordnung be¬ 
dingt, daß die Strahlungsquelle selbst, sowie 
die Körper, welche die Ladungen aufnehmen, 
mit einer isolierenden Masse umgeben sind, 
oder besser noch, sich im Vakuum betimlen. 

Die a-Strahlen stellen eine der haupt¬ 
sächlichsten Arten der Energieabgabe durch 
Strahlung dar. 

Als man dazu gelangt war, sie durch 
Einwirkung eines magnetischen Feldes von 
den ß-Strahleu abzusondern, wiesen die beiden 
Uttrie’s zwei charakteristische Eigenschaften 
dieser Strahlengattung nach: 

1. daß ihr ionisierender Effekt sich nur 
auf ganz kleine Entfernungen von der Quelle 
in die Luft erstreckt, (ca. 7 cm bei Radium-, 
4—0 bei Poloniumausstrahlung.) 

2. daß das Gesetz der Absorbierung 
durch zunehmende Dichtigkeiten einer gleichen 
Materie ganz verschieden ist. von dem bei 
anderen Strahlungen beobachteten. Nachdem 
die a-Strahlen zuerst eine kleine Luftschicht 
durchwandert haben, werden sie, in dem 


Maße als sie durch neue Schichten hindurch¬ 
gehen, immer kräftiger absorbiert. 

Sie verhalten sich wie ein Geschoß, das 
immer mehr von seiner Durchschlagskraft ein- 
büßf, je öfter es Wiederstände überwinden muß- 

Die «-Strahlen wurden zuerst als durch 
das magnetische Feld nicht ablenkbar be¬ 
trachtet; das kam daher, daß die angewandte 
Feldstärke, welche zwar genügt hatte die a- 
Strahlen von den ß-Strahlen zu scheiden, 
immer noch zu schwach war, um auch ihre 
Ablenkung zu bewirken. Rutherford jedoch, 
der eine Idee Strutts, daß nämlich die a- 
Strahlen positive Ladung mit sich führen 
mußten, aufgegriffen hatte, versuchte — von 
diesem Gedanken ausgehend — die a-Strahlen 
in umgekehrter Richtung zu den negativ ge¬ 
ladenen ß-Strahlen abzulenken. Der Versuch 
gelang und wurde später von Becquerel durch 
eine Reihe sehr genauer Experimente nach¬ 
geprüft. 

Die a-Strahlen müssen demnach als 
Träger positiver elektrischer Ladungen ange¬ 
sehen werden und sind, gleich den Kanal¬ 
strahlen, kleine Stoff'teilchen, deren Geschwin¬ 
digkeit sehr groß, aber immerhin bedeutend 
geringer ist, als jene der ß-Strahlen. 

Über die Y-Strahlen ist uns weit weniger 
bekannt als über die beiden vorgenannten 
Strahlenarten. 

Die Y-Strahlen sind durch eine ungemein 
große Durchdringungsfähigkeit charakterisiert 
und können selbst durch die stärksten magne¬ 
tischen Felder nicht abgelenkt werden. Diese 
Eigenschaften zeigen ihre Verwandschaft mit 
den X-Strahlen an. 

Die Wiedergabe eines Experimentes, 
das ähnlich den vorherbeschriebenen ange¬ 
ordnet war, zeigt uns auf der phot. Platte 
die Spur der durch ein Quarzprisma abge¬ 
lenkten Lichtstrahlen eines Radiumpräparates. 
Außerdem sehen wir die ß-Strablen, durch 
ein magnetisches Feld abgelenkt und die y- 
Strahlen unbeeinflußt sowohl durch die mag¬ 
netische Kraft als durch das Brechungsver¬ 
mögen des Quarzprismas, ihren Weg durch 
das Prisma hindurch gradlinig fortsetzen. 

Da die Y-Strahlen nur wenig absorbiert 
werden, üben sie auch nur geringe chemische 
Wirkung aus. Es bedarf daher einer unge¬ 
mein langen Expositionszeit, um ihre Spur 
auf der phot. Platte darzustellen. 

Wir haben bereits gesehen, daß die y- 
Strahlen weder der Brechung noch der Ab¬ 
lenkung unterliegen; es bleibt also zu der 
Erforschung ihrer Eigenart nur die Betracht¬ 
ung ihrer AbsorptionsphUiiomene übrig. Und 


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Kritik. 


805 


da diese nur gering sind, geben sie keine 
rechte Vorstellung von den Energiemengen, 
die diese Strahlen mit sich fuhren. 

Es dürfte jedoch immerhin feststehen, 
daß das Y-Strahlenbiindel sich aus ungleich 
absorbierbaren Strahlen zusammensetzt. 

Hat ein Bündel zuerst eine gewisse 
Mntallschicht, von nicht, allzugeringer Dich¬ 
tigkeit durchdrungen, so bleiben in diesen 
Bündel Strahlen zurück, die teilweise aufge¬ 
halten oder umgewandelt werden, sobald das 
Bündel durch weitere Schichten hindurchgeht. 

Die erwähnten Tatsachen zeigen, wie 
wichtig es in der Erforschung der radioaktiven 
Körper und ihrer Eigenschaften ist, die Wirk¬ 
ungen der verschiedenen Strahlenarten aus¬ 
einanderzuhalten. 

Die drei genannten Strahlenarten treten 
übrigens nicht in jedem radioaktiven Körper 
gleichzeitig auf. Das Uranium z. B. gibt nur 
ß und Y-Strahlen ab, während Thorium und 
Radium alle drei Arten aussenden. 

Ruft ein Körper in einem anderen 
Radioaktivität hervor, so sendet der akti¬ 
vierte Körper die gleichen .Strahlenarten 
aus wie derjenige, der ihm die Radioaktivität 
mitgeteilt hat. 

Das Aufhören der Strahlung in dem 
aktivierten Körper unterliegt für jede der 
drei Strahlengattuugen besonderen Gesetzen. 
Die Intensitätskurve der a-Strahlenaussenduug 
durch einen aktivierten Körper zeigt zuerst 
einen raschen Abfall, dann eine von der Ex¬ 
positionszeit abhängige Mittelstufe und zuletzt 
eine langsame, regelmäßige Abnahme. Die 
Kurve der ß-Strahlen weist zuerst einen raschen 
Anstieg dann eine stetige Abnahme, die von 
der Expositionszeit gänzlich unabhängig ist 
und nach einem allgemeinen Gesetze verläuft; 
schließlich die Curve der Y-Strahlen, die sich 
gleich der Curve der ß-,Strahlen gestaltet und 
zur selben Zeit ihr Maximum erreicht. 

Diese summarischen Betrachtungen er¬ 
klären, inwiefern das Sonderstudium der ver¬ 
schiedenen Strahlengattungen Fingerzeige über 
ihre wechselseitige Abhängigkeit und Un¬ 
abhängigkeit, sowie über die interessanten 
Probleme der aufeinanderfolgenden Trans¬ 
formationen der Materie in den radioaktiven 
Körpern zu geben vermag. 

W ot.t e r e r-Mannheim. 

Ad. Keller. Untersuchungen über die bakterizide 
Wirkung des Quecksilberlichtes (Uviol- 
Quarz-Quecksilberlampe.) Zeitschrift f. 
Elektrotherapie Band Vil. Heft 7. 

K. machte im hygienischen Institut der 
Universität Zürich auf der bakteriologischen 

Archiv f. physik. Medizin etc. 


Abteilung von Privatdozent Dr. W. Silber¬ 
schmidt Untersuchungen über die bakterizide 
Wirkung des Quecksilberlichtes und zwar bei 
Gebrauch der Uviollampe nach Dr. Schott und 
der Quarzquecksilberlampe der Firma W. C. 
Heraeus in Hanau. Die Resultate dieser 
fleißigen Arbeit sind folgende: Die Quarz Hg- 
Lampe hat eine viel stärkere bakterizide 
Wirkung als die Uviollampe. Die Wirkung 
beider war keine reine Lichtwirkung, da der 
Einfluß der Temperatur, die Einwirkung, des 
Ozons nicht völlig ausgeschlossen war. 
Immerhin beweisen die mit Quarzdeckel vor¬ 
genommenen Versuche, daß die von der Quarz¬ 
lampe gelieferten Lichtstrahlen an und für 
sicli eine deutliche, schädliche Wirkung auf 
Bakterien ausüben. 

Die bakterizide Wirkung der untersuchten 
Lichtstrahlen wird beim Passieren durch ge¬ 
wöhnliches Glas fast völlig aufgehoben, so daß 
die Annahme, die wirksamen Strahlen seien 
hauptsächlich ultraviolette, berechtigt er¬ 
scheint. 

Während die bakterizide Wirkung der 
Quarz Hg-Lampe also stärker ist als die der 
Uviollampe, haben die Versuche jedoch des 
weiteren noch ergeben, daß die schädigende 
Wirkung der Uviollampe auf Versuchstiere 
größer ist als die der Quarz Hg-Lampe. 

W. 

Rumpf-Bonn: Beiträge zur Elektrotherapie. 
(Zeitschrift für Elektrotherapie etc 
Bd. VIII. l'JU6). 

a) Ü b e r die Vcrwcn d u n g hoc h- 
gespannter Ströme in neuer Form 

Autor hatte mit den von d’Arsonval 
empfohlenen hochgespannten, sogen. Tesla- 
Strömen, keine guten Resultate und verwendet 
sie deshalb nicht mehr; dagegen benutzt er 
eine neue Art hochgespannter Ströme, zu 
deren Erzeugung er einen Induktor, der 50—80 
mm lange Funken gibt und von einer Akku¬ 
mulatorenbatterie von vier großen Zellen bei 
einer Spannung von etwa 12 Volt und 2 
Ampere Stromstärke in Betrieb gesetzt wird, 
verwendet. Der Strom von der einen Klemme 
des Induktors wird in eine dünnwandige 
Flasche geleitet, wie sie in chemischen Labo¬ 
ratorien im Gebrauch sind. Diese Flasche ist 
mit zusammengeballtem Staniolpapier ange. 
füllt, das mittelst eines Drahtes mit der Pol¬ 
klemme des Induktors in Verbindung stellt. 
Die Flasche dient als Elektrode. 

Per zweite Pol wird durch ein Galvano¬ 
meter, durch einen Flüssigkeits-Rheostaten und 
dann zu einer Platte auf dem Boden geleitet, 
die als indifferente Elektrode dient. 

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306 


Kritik. 


Boi Aufsetzen der Flasche auf die Herz¬ 
gegend stieg der Arteriendruck um 20 mtn 
Hg. Vielleicht, meint Rumpf, ist die Wirkung 
dieser Ströme aufs Herz eine ähnliche wie 
die der sinusoVdalen; er hat schon bei einer 
Reihe von Herzkrankheiten günstige Erfahr¬ 
ungen mit ihnen gemacht; dasselbe gilt von 
Neuralgien, besonders der Muskeln und des 
Periostes. Arteriosklerose und Aneurysmen 
sind natürlich Kontraindikationen (was Ref. 
auch für die Sinnsoidalströme betont hat.) 

b) Ü b e r d i e Wirkung m a g n e t- 
elektrischer Ströme, System Trüb. 

Die Resultate Rumpfs waren keine 
günstigen. 

Kunert. Die Bedeutung der Röntgenstrahlen 
für die Zahnheilkunde (Zeitschrift für 
Elektrotherapie und Elektrodiagnostik etc 
Bd. VIIL. 1906 Heft 1). 

Verfasser gibt eine ausführliche und 
wohl vollständige Übersicht über die bisherigen 
Arbeiten auf diesem Gebiete und berichtet 
sodann über neun einzelne Fälle, in denen er 
die Röntgenstrahlen in der Zahnheilkunde 
anwandte. Diese Ausführungen müssen natur¬ 
gemäß im Original nachgelesen werden. Eine 
Tafel gut gelungener Radiogramine ist der 
Arbeit beigegeben. Doch seien einige Be¬ 
merkungen des Verfassers hier mitgeteilt. 

Verfasser empfiehlt die Röntgenstrahlen 
zur Behandlung der Alveolarpyorrhoe, da sie 
mit den üblichen Behandlungsmethoden so 
häufig vergeblich bekämpft wird. Allerdings 
sind auch hierbei die Aussichten nur gering 
in den Fällen, wo die Alveolarpyorrhoe Be¬ 
gleiterscheinung einer konstitutionellen Er¬ 
krankung wie Diabetes, chronischer Nephritis 
etc, ist.. Rei lokalen Ursachen aber erzielt 
man auch mit anderen Methoden Erfolge. 

Aufnahmen bis zum ersten Molaren 
werden am besten mit Films, die im Munde 
der Zahnreihe angedrückt werden, gemacht; 
für den 2. und 3. Molaren aber verwendet 
man sicherer Platten von außen. 

Die Projektion beider Kieferhälften in 
verschiedene Ebenen ist vielleicht bei Be¬ 
nutzung der Blende weniger gut möglich, als 
ohne solche; im ersteren Falle nämlich kommt 
es zu einer störenden Deckung beider Seiten, 
was ohne Blende vermieden werden kann. 

F ran ze-Naubeim. 

Fr. Erhard. Nachdenkliches zur heutigen 
Heilkunde, für Laien, Ärzte und die es 
werden wollen. Verl. Benno Konegen, 
Leipzig. 

Im ersten Teil seiner Auslassungen ge¬ 
fällt sich der Verfasser darin, über der Medizin 


und den Medizinern die Geisel seines Spottes 
zu schwingen. Die meisten Hiebe gehen in die 
Luft — einige sitzen. 

„So jemand eine Rede reden will, der 
schweige. Kann er sich jedoch nicht be¬ 
zähmen . . .“ Nach diesem Rezept redet der 
Verfasser dem Jüngling, dem der Sinn nach 
Erlernung der Heilkunde steht, gütlich zu. 
Er schildert ihm den Studiengang — Schab¬ 
lone statt System, Dressur statt Schulung, 
totes Wort statt lebendigmachenden Geist. 
Die Überfüllung und wirtschaftliche Schädi¬ 
gung des Standes, die auch den Schaden des 
Kranken nach sich zieht; denn nur der mate¬ 
riell unabhängige Arzt kann, wenn es das 
Interesse des Patienten verlangt — etwas 
tun oder unterlassen, was gegen seinen Vor¬ 
teil geht. 

Staatshülfe! Sperrt das Studium mit 
Gewalt, wenn es anders nicht gehen will, bis 
sich im Laufe der Jahre das richtige Ver¬ 
hältnis zwischen Arztezahl und Bevölkerungs- 
ziffer eingestellt hat. 

Im zweiten Teil läßt der Verfasser „die 
Errungenschaften der Medizin“ Spießruten 
laufen. 

Die Chirurgie? Sie ist noch das tüch¬ 
tigste Kind ihrer Mutter. Sie kann etwas. 
Aber stiftet sie nicht oft mehr Schaden als 
Nutzen? Sie erhält Individuen am Leben, 
die ihren Platz an der Sonne besser Stär¬ 
keren einräumten. 

Die Geburtshülfe? Hätten die Frauen 
noch die gesunden Leiber wie iu alten Zeiten, 
wäre sie überhaupt entbehrlich. Der Ge¬ 
burtshelfer verschlechtert die Rasse, indem 
er Mütter erhält, die nur noch schwächliche 
Kinder gebären können und Kinder, die einen 
zweifelhaften Zuwachs für die ohnehin über¬ 
völkerte Welt bedeuten. 

Das letztere gilt auch für die Kinder¬ 
heilkunde. Während früher Säuglingskrank¬ 
heiten, Blattern, Masern, Scharlach eine sich 
rasch vollziehende Auslese hielten, wachsen 
jetzt Kümmerlinge heran, die dem gesunden 
Individuum die Existenzbedingungen ver¬ 
schlechtern. 

Augenheilkunde? Ihr Stolz sind die 
Staroperationen und die Augengläser. Alles 
Andere ist ein großes Fragezeichen. 

Die Hautkrankheiten? Was darunter 
nicht sozusagen dem Körper von Außen an- 
geflogen ist und deshalb ohne großen Kunstauf- 
wand zu beseitigen ist, heilt ja doch nicht! 
Also spare man sich die Mühe. 

Und die innere Medizin? ln ihr ist 
vieles was der Arzt kann — noch mehr aber 
was er nicht kann. „Er kann nicht mit la- 


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Kritik. 


307 


teinisclien Worten die Sünden vergeben, die 
der Patient gegen seine Gesundheit begangen 
hat.“ Er kann nur Diener der Natur, der 
vis medicatrix naturae sein, aus der Erkenntnis 
heraus, daß der kranke Körper die Heilung 
in der Hauptsache selbst vollbringen muß. 

Was nun <1 ie Fortschritte in der 
Medizin betrifl't, so bestrebt sieb Verfasser 
etwaigen unverständigen Überschwung heil¬ 
sam zu dämpfen. Viel Neues kommt und gellt. 
Wenig Gutes ist darunter. Einige Medika¬ 
mente, die Schutzpockenimpfnng, die Anti- 
und Asepsis — das ist wohl so ziemlich alles 
was vor strengem Urteil bestehen bleibt. 

Und was es sonst etwa noch Annehm¬ 
bares gibt: es ist alles schon einmal dage¬ 
wesen. wenn auch in anderer Form. Krank¬ 
heiten verschwinden, andere treten dafür auf. 
r.d'iza päi. 

Brüstet euch nicht, ihr Ärzte — werdet 
bescheiden kehrt zurück zur Natur. 

Und ihr, o Jünglinge, die ihr Ärzte 
werden wollt —, laßt es lieber sein. Vergeudet 
eure Kräfte nicht in einem Berufe, der euch 
weder klingenden Gewinn, noch Erfolg, noch 
Befriedigung bringen wird. Es sei denn, einer 
unter euch habe Talent zum — Charlatan. 
Der schlage diese Uarriere ein und es wird 
ihm Wohlergehen auf Erden. 

Nun, lieber Leser, habe ich Dir genug 
erzählt von diesem Büchlein. Sei nicht so 
unvorsichtig es selbst zu lesen, Du könntest 
Dir am Ende darüber die Augen verderben 
und dann vermöchte Dir — wie Du gesehen 
hast — der Augenarzt docli nicht zu helfen! 

W e 11. e r e r-Nauheim. 


Dr. G. Beck. Therapeutisches Almanach. 

Herausgegeben vom Generaloberarzt Dr. 
Schill, Dresden. 33. Jahrgang. 190fi. 
I. Semesterheft. Preis 1,50 Mk. Verlag 
von Bruno Konegen, Leipzig. 

Der therapeutische Almanach soll den 
praktischen Arzt über die therapeutischen 
Fortschritte der Gesamtmedizin orientieren. 
Das, was in den einzelnen Zeitschriften in 
dieser Richtung uiedergelegt ist, ist im (iriginal 
dem praktischen Arzt nur beschränkt zugäng¬ 
lich, das was ihm zugänglich ist, entfällt, 
wenn er es momentan nicht verwerten kann, 
leicht dem Gedächtnis. Dieses Büchlein soll 
als Sammelstelle für all diese Neuerungen 
dienen und erfüllt in diesem Sinne seinen 
Zweck. Wünschenswert wäre, wenn auch 
dem I. Semesterheft ein ausführliches Sach¬ 
register beigegeben würde. W. 


Dr. F. Schilling. Taschenbuch der Fort¬ 
schritte der physikalisch - diätetischen 
Heilmethoden. V. Jahrgang. Preis 2,40 
Mk., geh. 3,00 Mk. Verlag von Benno 
Konegen, Leipzig. 

Das Taschenbuch ist vorwiegendad usum 
des praktischen Arztes geschrieben, den es 
über die Fortschritte in der physikalisch- 
diätetischen Heilmethode auf dem Laufenden 
erhalten soll. Der Stoff ist alphabetisch nach 
Stichworten geordnet-, so daß man sich leicht 
Aufschluß holen kann. Ein Autoren- und 
Sachregister dient zur weiteren raschen 
Orientierung. Wer sich für die einzelnen 
Neuerungen näher interessiert, findet bei den 
einzelnen Absätzen die betreffende Quellen¬ 
angabe. Bei der Wichtigkeit dieses neueren 
Zweiges der Therapie ist das handliche Büch¬ 
lein als ein empfehlenswerter Begleiter, be¬ 
sonders für den praktischen Arzt zu begrüßen. 

W. 

Prof. C. v. Hippel. Ober angeborenen Zentral- 
und Schichtstar. (Zweiunddreißigste Ver¬ 
sammlung der Ophthalmologischen Ge¬ 
sellschaft.) 

H. gelang es angegebenen Schicht- und 
Zentralstar durch Einwirkung von Röutgen- 
strahlen auf den Bauch der tüchtigen Mutter¬ 
tiere zu erzeugen und hat somit experimentell 
bewiesen, daß ein Zentral- bezw. Schichtstar 
intrauterin entstehen kann, wie es die 
Horner-Schirmer’sche Theorie annimmt. 

W. 

G. Flatau-Berlin. Die Poliomyelitis anterior 
acuta. Heft 5, Preis l Mk. Die Chorea. 
6. Heft, Preis 0,50 Mk. Verlag von 
Konegen, Leipzig. 190ß. 

Flat.au hat es unternommen, die wich¬ 
tigsten Nervenkrankheiten in Einzeldar¬ 
stellungen für den praktischen Arzt heraus¬ 
zugeben, welcher ihm dafür dankbar sein 
wird, da er durch diese Monographien rasch 
über das Wesen und den Verlauf der Krankheit 
und in genügend ausführlicher W T eiso über 
die einschlägige Therapie orientiert wird. Bei 
der spinalen Kinderlähmung werden nach Ab¬ 
lauf des akuten Stadiums die Massage und 
Übungstherapie, die orthopädische Behandlung 
und Sehnentransplantationen empfohlen. Bei 
der Chorea empfiehlt V. hydrotherapeutische 
Maßnahmen, der bei eingetretener Besserung 
vorsichtige Gymnastik folgen soll. Neben 
roborierender Diät (bei Ausschluß von Alko¬ 
hol), ist die weitere psychische Beeinflussung 
als wesentlicher Heilfactor zu betrachten. 

20 * 


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308 


"Kritik. 


Dr. Cassirer. Die multiple Sklerose. Verlag 
von Konegen, Leipzig. Preis 0,90 Mk. 

Die Monographie ist. als Nr. 3 obiger 
Sammlung erschienen. Dieselbe bringt dem 
praktischen Arzt, für den sie ja in erster 
Linie geschrieben ist, alles für das Krank¬ 
heitsbild Wissenswerte sowohl in klinischer 
als in pathologisch-anatomischer und auch 
in therapeutischer Beziehung. Therapeutisch 
steht die elektrische Behandlung (Galvani¬ 
sation), hydriatische Prozeduren und Übungs¬ 
therapie im Vordergrund. W. 

0 . Vulpius-Heidelberg: Über die orthopädische 
Behandlung der Wirbelsäulenerkran¬ 
kungen. Leipzig 1905. 

Vulpius hat sich in der vorliegenden 
Arbeit die Aufgabe gestellt, die für den prak¬ 
tischen Arzt wichtigen Erkrankungen der 
Wirbelsäule und ihre Behandlung zu schildern, 
hauptsächlich, um dem Hausarzt eine frühzeitige 
Diagnose und prophylaktische Maßnahmen zu 
ermöglichen. Er gibt hier einen ausreichend 
detaillierten Überblick über den heutigen 
Stand der orthopädischen Therapie auf diesem 
wichtigen Gebiete unserer Spezial Wissenschaft. 
Ausgehend von den verschiedenen Haltungs¬ 
typen und ihren pathologischen Steigerungen 
bespricht er in leicht verständlicher Form die 
antero-posterioren Verkrümmungen derWirbel- 
säule: die rhaehitische Kyphose, die Spondy¬ 


litis tuberculosa, die sog. traumatische Spon¬ 
dylitis und die chronische Versteifung der 
Wirbelsäule, um sodann auf die nummerisch 
wichtigeren seitlichen Verkrümmungen der 
Wirbelsäule, die so vielgestaltige Skoliose 
einzugehen. Nach seinen Erfahrungen, denen 
wohl die meisten Orthopäden beistimmen 
können, sind leichte Skoliosen bei genügen¬ 
der Ausdauer von Seiten des Patienten und 
des Arztes völlig heilbar; dasselbe gilt 
von beginnenden Skoliosen zweiten Grades. 
Schwerere Fälle mit ausgeprägten Thorax¬ 
deformitäten sind wenigstens besserungsfähig 
und selbst in schwersten Fällen ist es noch 
möglich, durch die heute in allen orthopä¬ 
dischen Instituten geübte forcierte Extensions- 
beliandlung im Gypsverbande eine größere 
Symmetrie des Kumpfes herbeizuführen. 
Selbstverständlich lassen sich solche Erfolge 
nur durch eine Anstaltsbehandlung erzielen. 
Auf Einzelheiten der Therapie einzugehen 
würde zu weit führen, hier sei nur die Stellung 
erwähnt, die Vulpius in der früher viel um¬ 
strittenen Corsettfrage einnimmt. Auch er 
verordnet, wie es jetzt noch fast überall ge¬ 
schieht, das Corsett. nur in schweren Fällen 
und als Ergänzung und Abschluß der Anstalts¬ 
kur und verlangt, daß durch lange Zeit, fort¬ 
gesetzte Massage und Gymnastik die un¬ 
günstigen Nebenwirkungen des Corsetts auf 
die Rückenmuskulatur nach Möglichkeit ver¬ 
mieden werden W. 


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Referate, 


300 


III. Referate. 

Gemeinschaftlicher Kongreß der deutschen balneologischen Gesellscliaft mit dem 
Zentralverband der Balucologen Oesterreichs in Dresden vom 4.-6. Mürz UMHi. 

(Vortrage und Diskussionen von: Curscbmann, F. A. Hoffmann, A. Schmidt, Wintornit.z, 
O. Burwinkel, Jacob, M. Siegfried, Bach, A. Bum, K. Ulmann, E. Weiß, M. Guhr, Lenne, 
Grimm, E. Epstein, R Fischl, A. Strassen, Polatschek. J. Brodzki, Sieveking, L. Wiek, 
J. Kugler, Heinsheimer, Kisch, K. Pariser, Liebelt,. M. Rheinbold, Münz. v. Pöhl. A. Löbel, 
F. Kisch jun., Tuszkai, M. Hirsch, L. Nenadovic, Galewski, v. Szabokv, B. Tausz. F. Stammler. 
V. Kliinek. — (’ongres pour la repression de l’exercice illegal de la medicine a Paris. 
— Berichte über Aerztetage und Sitzungen medizinischer Gesellschaften (Mittel- 
fränkischer Aerztetag in Nürnberg am 3. XII. 05. — Gesellschaft fiir innere Medizin in Wien; 
Sitzungen vom !). und 23. XI. 05; - K. K. Gesellschaft der Aerzte in Wien; Sitzung vom 
27. XL 05- — Medizin. Sektion der schlesischen Gesellscliaft. für vaterlflnd. Kultur in Breslau, 
Sitzungen vom 15. XII. 05, 12. I. und 2. ll. OB.) — Radiologie (Arbeiti n von: Bclot. Tuffier, 
Beelere. Krause, Williams, Holland, Brickner, Jastrarn, Kinpscote, Guilleminot, Shiold und 
Jones, Freund und Oppenheim, Lange, von Mikulicz, Schyerning, Kumpf, Freund, Schmidt, 
Ke.vlier, Miller, von Bardeleben, Levy-Dorn, Beck, Lennhof und Levy-Dorn, Evler, Hinter- 
stoisser, Völker und Lichtenberg, Gähn, Marie, Haret, Redard, Gnrschmann und Gaupp, 
Lcdingham, Bruel, Wichmann, Arneth, Müller und Respinger. — Elektrotherapie und 
Klekti'odiagnostik (Arbeiten von: Streintz, Leduc, K. Winternitz, Witte, Bloebaum.) — 
Pliototherapie (Arbeiten von: Graham, Wichmann, Fleischmaun). 


Gemeinschaftlicher Kongreß der deutschen baineologischen 
Gesellschaft mit dem Zentralverband der Baineologen 
Österreichs in Dresden vom 4.—6. März 1906. 

Sammel-Referat von Doz. Dr. K. Ul 1 mann in Wien.*) 


Herr Curscbmann -Leipzig: An der 
Hand zahlreicher Gipsabgüsse, anatomischer 
Präparate und kolorierter Abbildungen und 
Riintgonbilder, schildert Prof. Gnrschmann 
die Tnitialstadien einer vorwiegend die Ge- 
lenksbestandteile betreffenden und zur De¬ 
formation derselben führenden Affektion, die 
er mit dem Namen Polyarthritis chro¬ 
nica deformans bezeichnet. Sie stellt 
eine besondere Gruppe der unter der Be¬ 
zeichnung Arthritis deformans bisher 
geschilderten Knochengelenksaffektionen dar 
und ist dadurch charakterisiert, daß sie fast 
ausnahmslos an den kleinen Gelenken der 
Fußzehen, Finger, die beiden Extremitäten 
symmetrisch befassend, au ft ritt, von da all- 
mählich auf Ellbogen und Schulter re«p. 
Tibialgelenk und Knie übergeht; Hüften- und 
Wirbels!iulengelenke werden fast nie in Mit¬ 
leidenschaft gezogen. Zunächst ist cs der 
Bänderapparat, und die Kapsel, dann der 
Knorpel,die Veränderungen erleiden. Zwischen 
diesen Bestandteilen und in den Weichteilen 
kommt es zu sulzigen Schwellungen, die im 
Röntgenbilde wohl nicht, dagegen im ana¬ 
tomischen Präparate nachweisbar sind. Früh¬ 
zeitig entwickelt sich auch eine Dystrophie 
bezw. Atrophie der angrenzenden Muskeln. 
Der Prozeß führt weiterhin zur Deformierung 
mit sekundärer Verschiebung und Verbildung 


der Gelenkkörper, zur Subluxation und zu 
Pseudokontrakturen der Sehnen der Strcck- 
seite häufiger als der Beugeseite. Mitunter zeigt 
sicli vollständige Ankylose der kleinen Ge¬ 
lenke; die Knochen sind in den den Gelenken 
proximalenPartien schon früher deutlich porös. 
Die Entstellungen, die durch diese Krankheit 
entstehen, sind meist bedeutend und führen 
schon nach wenigen Jahren nach Beginn zu 
Invalidität. Der Prozeß schreitet langsam, 
meist unaufhaltsam vor. Unter 167 Fällen 
waren 62 Frauen; meist werden Individuen 
vom 14. —35. Lebensjahre befallen. In einer 
Reihe von Fällen bestellt im Beginne leichtes 
Fieber. Die mitunter primäre Atrophie der 
befallenen Muskelgmppe spricht nicht fiir eine 
zentrale Ätiologie. Es besteht keine Ent- 
artungsreaktion. Mitunter kommt es zu einer 
derben,Sklerodermie-ähnlichen Verdickungmit, 
gleichzeitiger Atrophie in der Haut und zu 
oberflächlichen, gt'schwürigcn Zerfällen, na¬ 
mentlich rings um die Nagelphalangen. Die 
Ätiologie dieses Leidens betrachtet der Vor¬ 
tragende nach genauen Beobachtungen als 
völlig unklar; wahrscheinlich dürfte es auf eine 
Vielheit ätiologischer Faktoren bei vorhan¬ 
dener Anlage znriiekzuführen sein. 

Tn der Diskussion erwähnt Dozent. Ul 1- 
mann das Zuammentreffen von Fällen von 
Sklerodaktylie mit Basedow-Symptomen, wo- 


*) Die Originale erscheinen sämtlich in der Berl. klin. Wochenschrift 1906. 


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310 


Referate. 


rauf er zufällig jüngst in Wien in der Gesell¬ 
schaft der Ärzte hingewiesen habe, und stellt 
die Frage an den Vortragenden, ob das Ver¬ 
halten der Schild- und anderer Blutgefäß- 
driisen in diesen Fällen geprüft worden sei, 
worauf der Vortragende erwidert, daß dies 
wiederholt und exakt geschehen sei, daß sich 
jedoch in keinem dieser Fällen, auch nicht 
jenen, wo die Haut mit betroffen war, irgend¬ 
welche Beziehungen zur Schilddrüse, Ver¬ 
größerung oder Verkleinerung der letzteren 
ergeben hätten. 

Die interessante Demonstration er¬ 
streckte sich auf <‘in Material, mit dessen 
Sichtung der Vortragende seit Dezennien 
beschäftigt ist. Das Material dürfte einen 
großen Anteil solcher Fälle von Arthritis 
deformans enthalten, wie sie auch sonst unter 
diesem Titel von zahlreichen Autoren be¬ 
schrieben wurden, nur daß den meisten 
Autoren die Frühstadien, die Muskelatrophie, 
die Hautbeteiligung und somit die ganze 
Entstehungsweise dieser Krankheitsgruppe 
entgangen oder mindestens in ihrem Zusam¬ 
menhänge nicht so klar geworden sind. 

Herr F. A. Hoffmann-Leipzig spricht 
über dicBehandlung derchronischen 
Herzkrankheiten. Er betrachtet zu¬ 
nächst drei Mittel: Digitalis, Jod und kaltes 
Wasser, die er für gewisse, bestimmte Formen 
der Herzaffektionen als geradezu spezifisch 
wirkende Heilmittel ansieht. Nach seinen 
eigenen Erfahrungen lehre insbesondere eine 
Vergleichung der menschlichen Herztöne 
untereinander in Bezug auf ihre Stärke und 
ihren Akzent sehr viel zur Indikationsstellung 
für diese drei Mittel. Eine bedeutende Rolle 
spielen ferner die Trias: Balneotherapie, 
Respirationsübungen und Hygiene bei den 
Kranken. Sie seien auf den allgemeinen Zu¬ 
stand wirksam und je nach dem Stadium der 
Herzaffektion von größerem oder geringerem 
Werte. Während die bisherigen Mittel direkte 
Herzheilmittel seien, betrachte er alle übrigen 
aus dem Medikamentenschatze für Syinpto- 
matica, die nur vorübergehend nützlich werden 
können. 

Abfällig äußerte er sich über das 
Antiskierosin sowie über die Herzmassage. 
Zum Schlüsse brachte er noch einige Be¬ 
obachtungen, welche den Einfluß des Magens 
auf die Lage des Herzens zeigen, und sagte, 
daß eine forme fruste von Eventratio diaphrag- 
matica nicht gar so selten vorkomme, was er 
der Beachtung der Ärzte besonders empfehle. 

In der Diskusion möchte Herr A. 
Strasser bei der allgemeinen Iudikations- 


stellnng gegenüber der Einteilung von Hoff- 
mann eine Verschiebung in dem Sinne ein- 
treten lassen, daß für die lokale Kältean¬ 
wendung in bestimmten Herzsymptomen strikte 
Indikationen vorliegen, die sonstigen hydro¬ 
therapeutischen Mittel jedoch mehr allgemein 
wirkende Eingriffe sind, welche die Zirkulation 
frei machen und reflektorisch auch das Herz 
kräftigen. 

Entgegen dem Einwurf eines der Redner 
sei das Calomol bei all seinem großen thera¬ 
peutischen Wert ein symptomatisches Mittel, 
dessen Anwendbarkeit umsomehr genauer Er¬ 
wägung unterworfen sei, als Exitus gerade 
nach großen Calomelentwüsserungen nicht, zu 
selten sei. 

Herr Adolf Schmidt-Dresden: Über 
die Wechselbeziehungen zwischen 
Herz und Magen- Dar in leiden. 

Unter der allgemeinen Blutstauung in¬ 
folge von Hersinsuftizienz leiden der Magen 
und der Darm verhältnismäßig wenig, weil 
das vorgeschaltete Pfortaderkapillarsystem 
den venösen Druck abschwächt. Das einzige 
Zeichen verschlechterter Zirkulation bildet 
häufig die Gasansammlung im Verdauungs¬ 
schlauch, welche, wie Vortragender beweist, 
auf verminderter Resorption und nicht auf ver¬ 
mehrter Zersetzung beruht. DieGasansammlung 
wirkt wieder auf die Herztätigkeit im un¬ 
günstigen Sinne zurück und hilft so einen 
circulus vitiosus bilden. Subjektiv' können 
die von der Gasansammlung ausgehenden 
Beschwerden das Krankheitsbild vollständig 
beherrschen. 

Primäre Erkrankungen des Magens und 
Darines führen nur selten zu Störungen der 
Herztätigkeit, diese seltenen Fälle zeigen 
aber dann oft alarmierende Symptome. Man 
kann die gastrogenen resp. enterogenen Herz- 
stürungen in 3 Gruppen teilen: taekykar- 
dische und allorhytmische Zustände, Angina 
pectorisartige Zustände und das sogenannte 
Asthma dyspepticum. Au der Hand von 
Beispielen bespricht der Vortragende diese 
verschiedenen Typen, wobei er betont, daß 
eine strenge Trennung nicht durchführbar ist, 
und daß insbesondere das Asthma dyspep¬ 
ticum seinen Namen mit. Unrecht trägt. Zur 
Erklärung muß man auf Vagusreflexe und 
auf die Hochdrängung des Zwerchfelles durch 
das angesainmelte Gas zuriiekgreifen. Der 
letztere Faktor wird durch die Röntgenbilder 
des Vorredners trefflich illustriert. 

Hinsichtlich der Frage, ob die hier 
genannten Herzstörungen auch bei völlig 
normalem Verhalten des Herzens Vorkommen, 


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Referate. 


311 


ist S. auf Grund kritischer Sichtung des 
Materials und eigener Erfahrungen zu der 
Ansicht gelangt, daß wohl schon immer eine 
Schädigung des Herzens resp. der Herzinner¬ 
vation vorausgegangen ist Dieselbe wird 
nur manchmal erst durch die Magenaffektion 
manifest. Auch für diesen Kausalnexus wur¬ 
den Beispiele angeführt. 

Endlich bespricht S. die Diagnose, 
Prognose und Therapie; letztere liefert hier 
die paradoxe Erscheinung, daß ein Herz¬ 
leiden vom Magen aus und ein Magen- 
leiden vom Herzen aus kuriert werden muß. 

Herr Winternitz (Altes und Neues 
zur hydria tischen Technik) sucht die 
Ursachen für das so langsame Eindringen 
der Hydrotherapie in den Heilschatz des 
praktischen Arztes in Abhängigkeit von ge¬ 
schultem Wartpersonal und spezialistisclieu 
Anstalten, weiterhin in dem Vorurteil, das 
Wasser gehöre zu den sogenannten „reser¬ 
vierten“ Heilmitteln, deren Maximaldosis mit 
„lau und kühl“ und wie „Gift“ signiert wer¬ 
den müßte. 

Vortragender erzählt ein Faktum, daß 
einem Arzte seine bisher durch zehn Jahre 
mit Erfolg applizierten wechselwarmen Brause¬ 
bäder von Amts wegen auf Grund einer Ver¬ 
ordnung nur bis 20° C. abzukiihlen gestattet 
wurde, und fragt, welcher Arzt es dulden 
würde, seine erprobte Dosierung in seinem 
Rezepte von Amtswegen zu reduzieren. Trotz 
des Einzuges der physikalischen Methoden in 
die Universitäten halte man die Anwendung 
des Wassers noch immer für kuratelbediirftig. 
Das Mittel, die Hydrotherapie zur verdienten 
Würdigung zu bringen, liegt darin, eine solche 
Kur im Hause des Patienten selbst, durch¬ 
führen zu können, ohne geschultes Wartper¬ 
sonal. Der Hausarzt selbst, der mit den 
thermischen und mechanischen Einflüssen auf 
den Organismus sich vertraut gemacht hat, 
muß die Kur im Hause des Patienten einleiten 
und durchführen können. 

Winternitz hegt diese Anschauung 
seit Jahren und ist überzeugt, daß ein Erfolg 
in dieser Richtung für den praktischen Arzt, 
den Anstaltsarzt und das Wartpersonal von 
größtem Nutzen wäre. Er selbst hat eine 
Menge Apparate und Vorrichtungen zu guter 
Hydrotherapie im Hause angegeben, die er, 
da sie nicht genügend bekannt geworden sind, 
im Bilde oder in Natura vorführt. 

Es sind dies, um sie hier zu nennen, ein 
im J. 1864 von ihm konstruierter, trans¬ 
portabler Dampfbadekasten samt 
Dusche, eine einfache Vorrichtung fürDampf- 


b ä d e r in jeder Badewanne, trans¬ 
portable Duschapparate, ohne Ver¬ 
bindung mit einer Wasserleitung, neu kon¬ 
struierte Apparate zur thermischen 
und mechanischen Behandlung von 
Rektum u n d V a g i n a, d e n P s y c h r o p h o r 
für die Harnröhre, den einzigen Apparat, der 
eine größere Verbreitung erlangte, ferner 
Kühlkappen, Kühlschläuche für alle 
Körperteile, Kopf, Herz, Magen, Leber, Milz, 
Rücken etc.; auch diese Apparate fanden eine 
größere Anwendung. Von den Umschlags¬ 
formen werden viele zu wenig benutzt. 
Hier neune er namentlich die verschiedenen 
Longettenarten bei Brandwunden und Ge¬ 
schwüren, deren Anwendung er schon im 
Jahre 1869 beschrieb und seither immer er¬ 
probt fand. Auch für die Kreuzbinde halte 
er in jüngster Zeit eine Modifikation ange¬ 
geben, die er hier in Natur vorzeige. 

Winternitz glaubt, daß mit der Ver¬ 
allgemeinerung der Hydrotherapie im Hause 
nicht nur der Heilschatz des Praktikers eine 
wesentliche Bereicherung, das Kurpfuschertum 
eine wirksame Einschränkung erfahren müßte, 
sondern auch die Hydrotheraphie ein reiches 
Beobachtungsfeld. 

Herr 0. Burwinkel-Nauhoim hat über 
Angina pectoris, soweit sie durch Koro¬ 
narsklerose bedingt ist, an 117 Kranken Er¬ 
fahrungen gesammelt. Jn seiner Praxis fand 
er speziell bei Juden das Verhältnis zwischen 
Männern und Frauen wie 7 : 1, und das Auf¬ 
treten nicht selten schon in der zweiten Hälfte 
der 30-er Jahre, selbst noch etwas früher. 

Als ätiologisches Moment konnte er 
in 20 °/o Lues feststellen; sie begünstigt offen¬ 
bar ein frühzeitiges Entstehen der Krankheit; 
weiterhin Fettsucht, Diabetes und Gicht 
Mitunter habe er Fälle von A. p. im An¬ 
schluß an forcierte Entfettungskuren be¬ 
obachtet. Klappenfehler an der Aorta: bei 
dieser Komplikation standen die Leute in 
relativ jugendlichem Alter. Influenza und 
wahrscheinlich auch Malaria, endlich Here¬ 
dität Der Vortragende bespricht Einiges 
aus eigener Erfahrung bezüglich Symptomato¬ 
logie und Prognose und empfiehlt therapeu¬ 
tisch dreiste Morphiumdosen als gänzlich 
ungefährlich, Vermeidung aller den Blutdruck 
steigernden Mittel und Anlässe, Beschränkung 
der Nahrung und Flüssigkeiten zur Ver¬ 
minderung der arteriellen Hypertension und 
vegetarische Lebensweise. Kurativ kam Jod 
und Diuretin, ebenso periodischer Aderlaß und 
Massage des Unterleibes in Betracht. Nau¬ 
heim und ähnliche Bäder wirken bei gehöriger 


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312 


Referate, 


Vorsicht günstig, ebenso wie Aufenthalt an 
der See. 

In der Diskussion bemerkte Herr 
A. v. Poehl-St. Petersburg, daß er zur Be¬ 
stimmung der Anomalien der Darmgärungen 
den Morax-Baumannschen Harnkoeffizenten, 
d. i. das Verhältnis <ler prüforinierten zur 
gepaarten Schwefelsäure anwende, sowie zur 
Beurteilung der Leberfunktion den von Bou- 
chard empfohlenen Koeffizienten des Ver¬ 
hältnisses des gesamten Kohlenstoffes zum 
Stickstoffgehalt des Harns. 

Herr Jacob-Kudowa berichtet, über seine 
Erfahrungen bei Morbus Basedowi. 
Nach ausführlicher Darlegung der nach 
seiner Ansicht für die Pathologie wichtigen, 
in letzter Zeit erbrachten Tatsachen durch 
Moebius, Magnus —Levy, Boas, E. 
Bau mann u. A. bezüglich der Stoffwechscl- 
veränderungen von Basedow — Kranken 
erblickt der Vortragende in den Stoffwechsel- 
Untersuchungen von Friedrich Möller, welcher 
bei solchen Kranken erhöhten Eiweißumsatz 
nachwies, den ersten entscheidensten Fort¬ 
schritt bis zur Erkenntnis vor Moebius, welch’ 
letzterer die Ursache dieser klinisch und 
therapeutisch wichtigen Tatsache durch die 
Annahme einer krankhaft gesteigerten Pro¬ 
duktion aus der vergrößerten Schilddrüse 
erklärt habe. Sein eigener praktischer Stand¬ 
punkt lehre ihn, daß man die Kranken derzeit 
noch immer am besten bloß mit Rücksicht 
auf ihre erhöhte Temperatur, gesteigerten 
Körpereinsatz, also symptomatisch behandeln 
müsse. 

In der Diskussion bemerkt u. a. A. 
v. Poe hl, daß die Wirkung des Thyreoidins 
nicht vom Jodgehalte abhänge, da es Thyre¬ 
oidea-Drüsen gebe, die gar kein Jod ent¬ 
halten und doch ebenso kräftig stoft'wechsel- 
vermehrend wirken. Das Jod wie auch das 
Arsen werde aus der Nahrung vorübergehend 
in der Schilddrüse fixiert. Toxinfreies Thyre- 
oidin könne jahrelang ohne Schaden gereicht 
werden, mit therapeutisch gutem Effekte ohne 
unerwünschte Nebenwirkungen. Es bewirke 
die Fortschaffung der Stoffwechselprodukte 
aus den Geweben ähnlich wie hydrothera¬ 
peutische Mittel- 

Herr Martin Siegfried-Nauheim macht 
in seinem Vortrag über die Veränderung 
des physiologischen Verhaltens zwi¬ 
schen Atmung und Pulsbeschaffen¬ 
beit bei Herzkrankheiten und ihre 
Bedeutung für Prognose und Therapie 
darauf aufmerksam, daß die dauernde Be¬ 


obachtung der Atmung bei der Behandlung 
Herzkranker von derselben Wichtigkeit, sei 
wie die der Herz- und Pulsbefunde. Er 
empfiehlt ihre graphische Registrierung mittels 
einer Modifikation des Jaquet’schen Sphygmo- 
chronograplien, welchen Professor Jaquet 
selbst für diesen Zweck angegeben hat, und 
durch welche es möglich wird, gleichzeitig 
die Atmungsphasen mit den Pulskurven zur 
Erscheinung zu bringen. 

Es stellt sich dabei heraus, daß eine 
Reihe sogenannter „Abnormitäten“ des Ver¬ 
haltens zwischen Atmung und Puls relativ 
häufig Vorkommen (so z. B. der Pulsus 
paradoxes), und zweitens, daß eine Reihe 
anscheinend schwerer Störungen der Herz¬ 
tätigkeit bei Klappenfehlern und Herzmuskel¬ 
erkrankungen eine unverhältnismäßig gute 
Prognose geben, wenn die Respiration keine 
beträchtliche Störung aufweist. 

Herr Bach-BadjElster spricht über Bei- 
träge zur Chlorose und ihrer Be¬ 
handlung. Er behandelt hauptsächlich die 
Frage, warum Eisen innerlich genommen 
häufig Magenbeschwerden verursacht. Er 
meint, daß der Mangel an freier Salzsäure bei 
den Magenbescbwerden eine Rolle spiele und 
berichtet über Mageninhaltuntersuchungen bei 
C’blorotischen, welche er im Vereine mit 
dem Wiener Arzte Dr. Reicher gemacht 
habe, und bei denen die Kranken verschiedene 
Eisenpräparate bekommen haben. Die Unter¬ 
suchungen hätten ergeben, daß bei innerem 
Gebrauche von Pillulae Blaudii, Liquor ferri 
albuminati und Eisenwässern die Azidität des 
Magens abzunehmen scheine, während dies 
bei innerem Gebrauch von Ferroglutin nicht 
sicher nachweisbar war. 

Unter 224 Krankengeschichten von 
Chlorotischen zeigte es sich, daß nur eine 
verschwindend kleine Anzahl von primär 
Chlorotischen nicht, genügend Salzsäure 
aufwies. 

Wenn weitere Untersuchungen bestä¬ 
tigen sollten, daß der interne Gebrauch 
mancher Eisenpräparate den Salzsäuregehalt 
des Magens herabsetzt, dann werden sich 
hauptsächlich nur solche Hämoglobinarme 
für die interne Therapie eignen, die genügende 
Mengen Salzsäure produzieren. Der Umstand, 
daß chlorotische Personen Eisenpräparate per 
os recht gut vertragen, erklärt sich möglicher¬ 
weise daraus, daß diese Kranken fast stets 
genügenden Salzsäuregehalt haben. 

Herr A- Bum berichtet über seine mehr¬ 
jährigen Erfahrungen mit der Methode der 
Bier’schen Hyperämisierung mittels 


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Referate. 


313 


S t a u u n g und zwar bei Erkrankungen 
oder Verletzungen der Muskel- oder 
S e hnc n sc h ei den, Gelenk e u. Kn ochen. 
Die liest,en Erfolge erzielt er bei gon. Arthri¬ 
tiden, wo das Verfahren die Möglichkeit 
frühzeitiger Mobilisierung der erkrankten 
Gebiete schafft und damit der drohenden An- 
kylosicrung vorbeugt. Ähnliches gelte für 
Gelenksversteifungen. I>ie Methode bewähre 
sich ferner bei akuten Gichtanfällen, akuten 
und subakutem Gelenksrheuinatismus, Gelenk¬ 
traumen und wirke dort schmerzstillend und 
bakterizid. Letztere Wirkung zeige sich am 
klarsten hei Formen von Gelenkstuberkulose. 
Sehr deutlich trete der ernährungsbefördernde 
Effekt der Stasiotherapie bei der Prophylaxe 
und Therapie der Pseudarthrose in Erschei¬ 
nung. Pie Einfachheit des Verfahrens, das 
von jedem gelernt werden könne, seine 
Schmerzstillung und die Möglichkeit, dasselbe 
mit baineotherapeutischen Prozeduren zweck¬ 
mäßig zu verbinden, sei Ursache, es hier noch 
mehr zu propagieren. 

Herr K Ullmann berichtet über Er¬ 
fahrungen m i t der Stauung s- u n d 
Saugtherapie bei einigen Häut¬ 
end Geschlechtskrankheiten. Die 
Bier’sche Methode erwies sich dem Vor¬ 
tragenden bis jetzt bei einem Material von 
etwas über SO Fällen als überaus verwend¬ 
bar und vielversprechend Mit der Stauungs¬ 
therapie habe der Vortragende auf persönliche 
Anregung Prof. Dier’s schon 1!)01 begonnen, 
in der ersten Periode dieser Zeit wegen 
mangelhafter Technik aber minder gute Re¬ 
sultate erzielt. 

In 5 Fällen von Hodentuberkulose, 
von denen er 3 in der Wiener Gesellschaft 
der Ärzte vorgestellt,, habe er erhebliche 
Besserungen, in 1 Falle evidente Heilung 
erhalten. Auch am Hoden lasse sich die 
beiße Stauung mit Bindenwicklung durch¬ 
führen ; einfacher und immer durchführbar sei 
dort die ebenfalls sehr wirksame Saugthera¬ 
pie, Auffallend sei darunter der sofortige 
Rückgang der dünnflüssigen Sekretion aus 
Hodenfisteln. Die Fortsetzung der tuber¬ 
kulösen Infiltrate in die Leistenkanäle oder 
auf die Prostata bilde keine Gegenindikation 
gegen die venöse Hyperämisierung der zu¬ 
gänglichen Partien. Die Technik für Prosta¬ 
tastauung. die der Vortragende eingehend 
bespricht, sei schwierig, das Verfahren dort 
kaum anwendbar. Wegen der Berücksichtig¬ 
ung der allgemeinen Konstitutionsbesserung 
sei die B i e r’ sehe Methode zur Lokalbehand¬ 
lung in Kurorten bei skrophulösen Kranken 


von besonderem Werte, ganz besonders am 
Hoden, wo es eine wirksame konservative 
Therapie bis jetzt nicht gegeben habe. 

Die Erfolge mit kräftiger Saugung bei 
L ii p ii s seien wohl etwas besser als mit 
Umschnürung. Bei Hautlupus habe er wenig 
Günstiges gesehen, gerade hier sei man 
übrigens so verwöhnt, durch die Erfolge der 
schon bestehenden Methoden, daß dort das 
Verfahren keine hervorragende Bedeutung 
gewinnen werde, zumal es lange fortgesetzt 
werden müsse und doch umständlicher sei 
als z. B. die Licht- und Röntgenbehandlung. 
Weitere Erfahrungen seien hier zu sammeln. 

Bezüglich Furunkulose könne Vor¬ 
tragender nur die guten Resultate Anderer 
bestätigen. In manchen Fällen habe sich ihm 
die konstante Wärme sowohl in Bezug 
auf Schmerzstillung als auf die rasch erwei¬ 
chende Wirkung als besser erwiesen. 

Bei schweren Akne formen wirke die 
Saugung im Sinne einer angenehmen, keine 
Narben hinterlassenden Eiterentleerung und 
außerdem auf das Infiltrat resorptionsbe¬ 
fördernd. Dasselbe gelte für vereiterte 
A t. h e r o m e. 

Sycosis subnasalis en plaques, 
Acne rosacea sowie eitrige oberflächliche 
Folliculitis und A iiszeß formen gäben 
unter Bicr’s Saugbehandluug einen gün¬ 
stigen, raschen, narbenlosen Verlauf. Hier 
komme wie bei der Anwendung von konst. 
Wärme auch die sekundäre aktive Hype¬ 
rämisierung in Betracht.. Zu erwarten sei 
derselbe Nutzeffekt bei Sycosis parasi¬ 
taria, zumal bei tiefgreifenden Formen, wo 
das Verfahren vielleicht die bisher unübertrof¬ 
fene, sicher wirkende, aber allerdings um¬ 
ständliche Applikation konstanterWärme er¬ 
setzen dürfte. 

Mit Vorsicht seien vereinzelnte günstige 
Resultate bei E k z e in Schwielen und Alo¬ 
pecia areata aufzufassen; Vortragender 
werde an anderer Stelle noch über Erfolg bei 
diesen Erkrankungen berichten. 

Bei Geschlechtskrankheiten sei es vor 
allem die beginnende oder eiternde Periu¬ 
rethritis gon.. ferner gon Bartho¬ 
linitis und Entzündung des Barth olini- 
schen Ausfiihrungsganges, der gon, der 
venerische, insbesondere aber der stru- 
möse scrophulüse Bubo und die Ade- 
nitis simplex (sympathica), bei deren Be¬ 
handlung die B i e r’ sehe Saugtherapie mittels 
der passenden und bekannten Sauggläser 
unter allen bisherigen Methoden der Adenitis- 
bchandlung wohl die besten weil raschesten, 
schmerz- und nahezu narbeniosen Resultate 


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314 


Referate. 


z ii Tage gefördert habe. Dies gelte für die 
meisten Fülle. (Demonstration von Photo¬ 
graphien geheilter Fülle.) 

Ähnliches gelte für, zumal beginnende, 
heiße und kalte P ori n e alab s z esse (Cow- 
perit.is), z. li. für solche, welche, im An¬ 
schluß an eine Gon entstanden, besonders 
bei tuberkulöser Konstitution des Individuums. 
Ein großer Vorteil bei der Anwendung der 
lJier’schen Methode liege hier jedenfalls 
auch schon darin, daß man viel mehr Patien¬ 
ten ambulatorisch durchbringe als sonst, 
sowie in der Schmerzlosigkeit und Schmerz¬ 
stillung. 

Die Ausfüllung der Wunde mit Blut¬ 
plasma wirkte im Sinne Bier’s undSchede’s 
zunächst Bakterien aufsaugend und tötend, 
sowie gewebsbihlend. 

Bei Epididymitis wirke das Ver¬ 
fahren nicht immer schmerzlos aber doch 
häutig in der V). Woche sehr resorptionsbe¬ 
fördernd. und zwar auf die zeitigen Infiltrate 
viel besser als auf flüssige Exsudate. In 
manchen Fällen habe sich hier konstante 
feuchte Wärme (40° C) weit besser und zwar 
nach jeder Richtung, auch in schmerz¬ 
stillender, bewährt. 

Bei noch vorhandener virulenter Go- 
norhoc könne man vorübergehende Besser¬ 
ungen erzielen; es hindere aber das Ver¬ 
fahren nicht, daß Nachschübe erfolgten. 

Gegen akute Gonorhoe sei nach des 
Vortragenden Ansicht die Methode nicht an¬ 
zuwenden ; er habe davon in seinen aller¬ 
dings nicht zahlreichen aber ausgewählten 
Fällen verschiedener Phasen keine Erfolge 
gesehen. Auch zur Abortion erwecke das¬ 
selbe jedenfalls seine Bedenken. 

Jedenfalls aber sei die künstliche venöse 
Hyperämisierung ein Heilmittel allerersten 
Ranges, das der Erfindung der Antisepsis 
in praktischer Beziehung gleichwertig sei 
und die Buchner’scheLehre von den Schutz- 
stoffen im eigenen Blute in überzeugender 
Weise bestätige. 

Herr Ed. WeiSS-Pistyan liefert einen 
Beitrag zur Messung der Haut¬ 
temper a tu r. Seine Versuchsreihen wurden 
an der zweiten medizinischen Klinik in Buda¬ 
pest gemacht und führten ihn zu folgenden 
Konklusionen: Jeder Hautbezirk hat unab¬ 
hängig von seiner Nachbarschaft, seine eigene 
Wännebewegung, die meist rasch wechsle 
und fortwährend auf- und niedersteige. Eine 
fixe Relation zwischen zwei symmetrischen 
Körperstellen der rechten und linken Seite 
scheine nicht zu bestehen, wiewohl mitunter 


ein gewisses antagonistisches Verhalten nicht 
zu verkennen sei. Nebst den bekannten 
Motiven der Blutgefäßverteilung zieht Vor¬ 
tragender das Verhalten der Hautporen bezw. 
Scliweißdrüsenaiisfiilirungsgäuge heran. Die¬ 
selben wirken bald als Luftkanäle respektive 
Wärmereservoire, welche kleinere oder grö¬ 
ßere Wärmemengen mit einer gewissen Spann¬ 
kraft nach außen führen, bald wieder bei 
kontrahierter Haut als Wärmeschutzorgane 
zur Verhinderung der Wärmeabgabe. So 
besitzt, jede Hautstelle für sicli in den Poren 
Sicherheitsventile zur Erhaltung der Konstanz 
der Körpertemperatur im allgemeinen inner¬ 
halb gewisser Grenzen. Die Regulation steht 
natürlich unter dem Einfluß der glatten Mus¬ 
keln resp. Nerven. Aus den zahlreichen 
demonstrierten Kurven von systematischen 
Temperaturmessungen geht hervor, daß die 
die Haut umgehende Luft,menge steten 
Schwankungen unterworfen sei, welche die 
Schwankungen der Zimmertemperatur einer¬ 
seits und der Hauttemperatur andererseits 
wesenlich übertreffen, insbesondere wenn die 
betreffenden Hautstellen thermisch gereizt 
wurden. Die Wärmeabgabe resp. Heizkraft, 
stehe mit der Hauttemperatur nicht immer in 
Proportion. 

In der Diskussion skiziert Herr 
Strasser die physiologischen Verhältnisse der 
Wärmeregulation und mißt den Messungen 
von Dr. Weiss großen Wert zu; sofern 
aber die Poren, d. i. die Ausführungsgänge 
der Schweißdriißen hei der Regulation mit- 
wirken sollen, bemerkt Strasser, daß die 
Poren bei Menschen wohl niemals leer oder 
nur mit, Luft gefüllt sind, sondern stets mit 
Sekret und daher, wenn sie sich öffnen oder 
schließen, dies nur auf eine Art der Wärme¬ 
abgabe von großem Einfluß sein kann d. i. 
auf die Wärmeabgabe durch Wasserver¬ 
dunstung (Perspiration). 

Herr Michael Guhr, Badearzt in Tätra- 
Szeplak, berichtet Uber den Einfluß von syste¬ 
matischer Heliotherapie (partiellen Sonnen¬ 
bädern) auf Psoriasis vulgaris. Unter 
dem Einflüsse der ersten Sonnenbäder komme 
es unter Schweißausbruch zur Abschuppung, 
und im weiteren Verlauf werde die psoria¬ 
tische Plaque in einen pigmentlosen, anä¬ 
mischen Flecken verwandelt; unter weiteren 
Bädern bräune sich erst derselbe, und die 
Pigmentierung schwinde erst nach Monaten. 
Ein- bis zweimalige Anwendung im Jahre 
verhüte die Rezidive. 

In der D i sku ssion weist Herr Ul 1- 
mann darauf hin, daß die günstige Wirkung 


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Heferate. 


315 


schweißtreibender Mittel auf Psoriasis nicht, 
unbekannt sei, daß nach den Erfahrungen 
aus den Finseninstituten Psoriasis durch 
Phototherapie aber nicht spezifisch günstig 
beeinflußt werde, daß aber eine langsame 
Umstimmung bis zur Überpigmentierung der 
Haut ganz wohl eine Vermehrung des Stoff¬ 
wechsels inderseiben zur Folge haben könne, 
insbesondere, wenn sie mit starker Diaphorese 
verbunden sei. Für gewisse, hartnäckige Fülle 
könne die Heliotherapie eine nutzbringende 
und vielleicht ebenso wirksame Behandlung 
darstellen wie die umstimmende Behandlung 
mit Arsenik, die in vielen, ja den meisten 
Fällen im Stiche lasse, mitunter aber zur 
Schädigung (Arsenicismus) führe. Der Vorteil 
einer solchen Behandlung liege jedenfalls in 
der Verbindung der lokalen mit der Allgc- 
meinbehandlung. Man müsse diesbezüglich 
jedoch noch Erfahrungen sammeln. 

Herr Lenn6-Ncuenahr berichtet über die 
Diätregelnng bei Diabetes mellitus. 
Die heutige Ernährungslehre des Diabetikers 
erfordere an erster Stelle das, was er bereits 
vor einem Dezennium verlangt habe, das sei 
eine genaue Festsetzung des Eiweißkostmaßes. 
Dasselbe sei aber nicht schätzungsweise, wie 
üblich, sondern nach festen Anhaltspunkten zu 
bestimmen und zwar pro kg. Körpergewicht. 
Diese Größe betrage in der Norm jene Ei¬ 
weißmenge, welche einer Harnstoftmenge von 
0,37 g. pro kg. in der 24 ständigen Harnmenge 
entspreche oder einem Eiweißumsatz von 
1,1 g.; falls in gewissen Fällen die Normal- 
große nicht zu erreichen sei, müsse die ge¬ 
ringste Eiweißzufuhr platz greifen, welche ge¬ 
nüge, Stickstoffgleichgewicht herbeizuführen 
oder zn erhalten. Qualitativ äußerten die 
verschiedenen Eiweißarten keinen Einfluß 
auf die Zuckerausscheidung. 

In seinen übrigen Ausführungen weicht 
der Vortragende von den überall üblichen 
Grundsätzen bei der Diabetosbehandlunp nicht 
wesentlich ab. 

Tn der Diskussion verweist A. v. 
Poehl auf die vor 50 Jahren von Bibra auf¬ 
gestellten Tabellen über das verschiedene 
Verhalten von Stärkemehlarten gegenüber 
dem Saccharifikationsprozeß. Gerade dies sei 
aber bei dem D. zu berücksichtigen. Bei D. 
infolge Pankreas-Insuffizienz sei deshalb nach 
von Noor den, Weintraut u. A. eine 
Pankreatintherapie, hei Leberinsuffizienz das 
Hepatin in Form von Blcibeklysmen am 
Platze. Neuerdings sei auch das Entherin 
(Sekretin), die synergetische Gruppe des 
Schleiinhautsckretes des Duodenums und 


Jejunums bei D. infolge von Pankroasinsuf- 
flzieuz in Anwendung gebracht worden. 

Herr A. Strasser bemerkt, daß die 
neueren Theorien von Pflüger die Zucker¬ 
bildung aus Fett betreffend vorläufig auf die 
Therapie von keinem großen Einflüße seien; 
theoretisch seien sie wahrscheinlich imstande, 
manches bisher,. Dunkle zu erklären. Bezüg¬ 
lich der Kohlehydrattoleranz erinnert Dr. 
Strasser an die Vorschriften der Kiilz’- 
sclien Schule, welche nach Bestimmung der 
Toleranzhölle darauf Gewicht gelegt habe, 
daß die Pat'ent.en die gestattete Menge nicht, 
nur konsumieren durften sondern mußten, 
damit, dem Organismus möglichst viel Kohle¬ 
hydrate zugeführt würden. Die Differenzen 
der Toleranz gegen verschiedene Kohle¬ 
hydrate sei sicher beachtenswert und zu be¬ 
rücksichtigen, alier wenn man von der Tole¬ 
ranz gegen Weißbrod ausgelie, seien große 
Fehler in der Therapie unwahrscheinlich. 

Herr Grimitl-Sauerbrunn (Ung.) berichtet, 
über seine günstigen Erfahrungen, welche er in 
dem von ihm geleiteten Kurorte resp. seiner 
Anstalt bei Kranken mit harnsaurer Dia- 
these und unter Anwendung der Kombi¬ 
nation von rationeller Trinkkur mit Hydro¬ 
therapie und Heißluftbehandlung gemacht hat. 
Nach dem Gutachten Dozent Vamossy’s 
sei das Sauerbrunn-Quellwasser ein erdig- 
salinisclies, dessen Wirkungen auf den 
darin enthaltenen Schwefelsäuren Alkalien 
und kohlensauren Erdmineralien beruhen. 
Speziell ihre Lösungsfälligkeit für Nierensteine 
sei hervorzuheben. 

Herr Emil Epstein gibt in seinem 
Thema über Höhenklima mit beson¬ 
derer Berücksichtigung der deut¬ 
schen Alpen Österreichs eine kurze 
Übersicht über den geologischen Aufbau 
speziell des Semmering und Schneeberggebietes 
und weist auf die Kontraste zwischen Nie- 
derungs- und Höhenklima hin. Das Höhen¬ 
klima sei charakterisiert durch gesetzmäßige 
Temperaturabnahme mit Hnhenzunahme. Der 
Vortragende gibt, nun eine Reihe sehr inte¬ 
ressanter spezieller Verhältnisse für ver¬ 
schiedene Hölien. Die Dauer einer konti¬ 
nuierlichen Schneedecke betrage für die Um¬ 
gebung Wiens durchschnittlich 5*/*, für die 
äußeren Alpentäler 10, für die inneren 13 
Wochen, wodurch schon durch eine kaum 2- 
stiindige Eisenbahnfahrt fundamentaler Klima¬ 
wechsel von Wien aus erfolgen könne. 

Nach kurzer Besprechung der physiolo¬ 
gischen Wirkungen des Höhenklimas und 
seiner Indikationen gibt der Vortragende 


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316 


Referate. 


eine Liste der Höllenstationen in den deut¬ 
schen Alpentälern; außer Semmering und 
Schneeberg sind es: Mönniehkirchen in 
N.-ö. (980 in), Neumarkt 1844 in). St. Lam- 
precht in Steiermark (1072 m), Wildbad- 
Gastein in Salzburg ('012 m), Malnitz in 
Kärnten (1145 ml, ßrennerbad (1909 in), (los¬ 
sensaß (1065 in), St. Anton (1309 in), Karersee- 
hotel (1001 in), Trafoi ('541 m) und Sulden 
(1845 in) in Tirol, Stuben am Arlberg (1409 in) 
und Gargellen (1574 m) in Vorarlberg. 

Herr Rud. Fischl-Prag spricht über 
Höhenklima und Seeluft als Heil- 
potenzen bei Kinderkrankheiten. Anä¬ 
mische Zustände auf rliaehitischer Basis mit 
Atonie der Digestionsorgane und Übererreg¬ 
barkeit des Nervensystems bei Kindern der 
ersten Lebensjahre aus dem Binnenlande 
fänden ihre wirksamste Beeinflussung «lurcli 
mehrmonatliehen Aufenthalt an der Ostsee¬ 
oder Mittelmeerküste (je nach der Jahreszeit), 
während sich auch milde Gebirgsklimate 
fiir solche Patienten weniger gut, eigneten 
Eine notwendige Voraussetzung des Erfolges 
bilde aber häusliche Menage, da diese 
allein die Darreichung einer tadellosen und 
den jeweiligen Bedürfnissen angepaßten Kost 
verbürge. 

Mittelgebirgsgegenden, am besten relativ 
tief gelegene, an Seekecken geschützt, situierte 
Orte träten erst bei älteren Kindern, etwa 
vom 6 Lebensjahre an, in ihre Rechte, deren 
Gehfähigkeit, bereits eine so vollkommene sei, 
daß ihnen die in solchen Stationen unerlä߬ 
lichen weiteren Wege keine körperliche Er¬ 
müdung verursachten, und denen ihre höhere 
Wetterwiderstandsfähigkeit die im Gebirge 
unvermeidlichen Temperaturwechsel über¬ 
winden helfe. 

Der Keuchhusten verlaufe hingegen in 
milden Gebirgsklimaten leichter als an der 
Meeresküste, während sein katarrhalisches 
Ausgangsstadiiim in beiderlei Gegenden rasch 
beendet werde. Auch Katarrhe der oberen 
Luftwege, rezidivierende exsudative Anginen 
und chronische Hypertrophien des lympha¬ 
tischen Rachenringes würden durch protra¬ 
hierten Aufenthalt in Binnenmeerbädern ent¬ 
schieden gebessert, nicht selten definitiv ge¬ 
heilt. Bei chronischen Reizzuständen der 
tieferen Luftwege ist es wünschenswert, die 
Wahl des Aufenthaltsortes vom Alter der 
Kinder abhängig zu machen und die jüngeren 
Jahrgänge an die Ostsee oder das Mittel¬ 
meer, die älteren in das Mittelgebirge zu 
senden. 

Lymphatische Individuen sowie solche 


mit lokaler Tuberkulose der Knochen, Drüsen 
und der Haut linden wiederum in den Binnen¬ 
meerstationen die besten Heilungsbedin¬ 
gungen. 

Manifeste Tukerkulosen innerer Organe, 
besonders der Lungen, sollten jedenfalls einem 
Versuch der Freilufttherapie unterworfen 
werden, die allerdings bei dem rapiden Ver¬ 
lauf der infantilen Phthise weniger günstige 
Erfolge zeitigt als in späterem Alter. 

Schwindsuchtskandidaten, die nach die¬ 
ser Richtung hin stigmatisiert sind oder die 
Erkrankungen durchgemacht haben, welche 
erfahrungsgemäß eine okkulte Tuberkulose 
mobilisieren, sollen durch protrahierten 
Aufenthalt in mildem See- oder Gebirgsklima 
in ihrem Kampfe gegen diese Gefahren unter¬ 
stützt werden. 

Nordseebäder sind fiir blutarme in ihrer 
Entwicklung zurfickgeliebene Kinder aus dem 
Binnenlande wenigstens im Laufe, der ersten 
7—8 Lebensjahre nicht geeignet, da sie 
durch Akklimatisationsschwierigkeiten den¬ 
selben nicht selten einen direkten Schaden 
zufügen können. Ans diesen Gründen und 
ihrer ungünstigen Terrainbeschaffenheit wegen 
sind auch größere Höhenlagen für jüngere 
Kinder nicht zu empfehlen. 

Herr A. Strasser .zur Therapie 
der Nephritis“ bespricht die Resultate 
der in Gemeinschaft mit Dr. Blumenkranz 
( Wien) gemachten Versuche, betreffend die 
Zirkulationsverhältnisse und die Chancen der 
besten Blut«trömungen in der Niere. Die 
Literatur sowie die von Strasser und Wolf 
gemachten Erfahrungen in der Onkometrie der 
Niere lassen erkennen, daß Ischaemie und 
Stase unfehlbar zu Störungen führen, wäh¬ 
rend bei Abhaltung aller Reize von der 
Körperoberfläche die Zirkulation sich, solange 
die Herzkraft nicht wesentlich alterniert ist, 
in gleichmäßiger Weise in rascher Strömung 
abspielt und selbst Insuffizienz der Niere (in 
Wasser, Stickstoff und Kocbsalzbildune) aus¬ 
zugleichen vermag. Strasser und Blumen¬ 
kranz fanden als Wirkung von 1 bis 1 '/* 
Stunden fortgesetzten Bädern von 37° C (ein- 
bis zweimal täglich) diesen hervorragenden 
Einfluß auf die Niereninsuffizienz und zwar 
sowohl bei orthotischer Albuminurie wie bei 
chronisch-parenchymatöser Nephritis und auch 
bei akuter hämorrhagischer N. nach Scharlach 
und fühlen sich nun berechtigt., die Wirkungs¬ 
weise der sog. thermisch indifferenten Bäder 
in anderem Lichte darzustellen, als es bisher 
geschehen ist, indem man einfach auf eine 
„Steigerung der Herztätigkeit.“ hinwies. Auch 


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"Referate. 


317 


stellte sich bei Kontrolle der Wirkung der 
Sehwitzprozeduren die theoretisch außer¬ 
ordentlich interessante Tatsache heraus, daß 
entgegen der neuen Ansicht über Entstehung 
des Oedeins der Nephritiker allein durch 
Kochsalzwasserretention die Lehre von pri- 
rniirer toxischer Schädigung der Gefäßwände 
im Sinne der alten Cohnheim’sehen Auf¬ 
fassung für viele Fälle und Stadien der N. 
gewiß noch Geltung hat. und daß die gefä߬ 
schädigende Substanz in der Richtung der 
uraemischen Intoxikation zu suchen sei. 

ln der Diskussion bemerkt Herr A. 
v. Poe hl, daß durch Erhöhung der Oxydations- 
vorgänge, sei es durch Sperinintherapie oder 
durch physikalisch-diätetische Mittel, die 
osmotischen Spannungen im Organismus erhöht 
würden, wodurch dem Herzen und den Nieren 
die Arbeit erleichtert werde. Neuerdings sei 
die synergetische Gruppe der Niere, das 
Reuin, von Korson und Poelil jun. bei 
Nephritis in Anwendung gebracht worden 
und zwar mit sehr gutem Erfolge. Das 
Reniu Poelil sei geradezu ein spezifisches 
Mittel; es werde per os gegeben drei- bis 
viermal täglich und habe keine unerwünsch¬ 
ten Nebenwirkungen. 

B u m bemerkt, daß in den Tierexperi¬ 
menten nach Massage der unteren Extremi¬ 
täten die Diurese ganz plötzlich in die Höhe 
schnelle, um dann etwas abzufallen und dann 
in einer dem Normalen gegenüber erhöhten 
Linie zu verbleiben. 

Strasser erwidert, daß die Erklärung 
Bum’s fiir seine Resultate im Laboratorium 
Basch seinerzeit so gelautet habe, daß durch 
die Massage harnfähige Substanzen in die 
Blutbahn gepreßt worden seien. Es sei dies 
wohl auch richtig, aber die neu propagierten 
Lehren über Nieren-Sekretion und -Suftizienz 
wollten unsere ganzen Anschauungen über 
die sog. harnfähigen Substanzen umändern; 
allerdings reagierten Tiere auf Infusionen 
von Kochsalz anders als Menschen, aber die 
Klinik lehre uns noch immer, an der Berech¬ 
tigung der Harnfähigkeit gewisser Substanzen 
festzuhalten. Strasser erwähnt die Kom¬ 
bination von Nephritis und Glykosurie, wobei 
die letztere als die Diurese fördernd die 
Ne.plir tis erleichtern könne. 

Strasser’s und Blumenkranz Re¬ 
sultate werfen neues Licht auf die Wirkung 
der sogenannten indifferenten Bäder. 

Auf Grund seiner 15jährigen Erfahrung 
präzisiert Herr PolatSChek-Karlsbad das Indi¬ 
kationsgebiet sowohl als die Anwendungs¬ 
weise der von ihm seiner Zeit in die Thera¬ 


pie emgeführten Eingießungen von kleinen 
Mengen hochtemperierten Karlsbader Mineral¬ 
wassers, der Bleibeklystier e. Die¬ 
selben erweisen sich nützlich bei allen chro¬ 
nischen Diarrhöen, ausgenommen denjenigen, 
die von Stauungen im Pfortadersystem her- 
riihren. Zu diesem Zwecke müssen sie lange 
Zeit hindurch 1—3 mal täglicli angewendet 
werden, haben aber nur dann Nutzen, wenn 
sie vom Darme zurückbehalten und nicht 
wieder ausgestoßen werden. Sie beruhigen 
den Darm und können auch gegen schmerz¬ 
hafte Affektionen vorübergehende Anwendung 
linden. Bei ulzerösen Dickdarmprozessen ist 
ihre Wirkung besonders auffällig. Die ge¬ 
bräuchliche Dosis sind 50—150 g. pro Clysma, 
bei Kindern 20—50 g., die Temperatur 48° 
bis 52° C. Vortragender verwendet diese 
Kl.vstiere in hartnäckigen Fällen als Unter¬ 
stützung der Karlsbader Trinkkur und ver¬ 
ordnet sie auch gegebenen Falls für die Nach¬ 
kur. Sie erwiesen sich aber auch in der all¬ 
gemeinen und pädiatrischen Praxis als nütz¬ 
lich. Das Karlsbader Mineralwasser kaun 
event. durch eine andere Flüssigkeit, so durch 
Kochsalzlösungen, ersetzt werden. 

Als Ersatz für die bei schwierigen 
Untersuchungen der Abdominalorgano behufs 
Entspannung der Bauchdecken in Anwendung 
kommende „Palpation im Bade“ empfiehlt 
Vortragender eine ausgiebige, genügend warme 
Kataplasmierung des Abdomens. Die¬ 
selbe ist in jedem Hause in der Bettlage 
durchführbar und auch für den Untersucher 
viel bequemer. Es kann dabe,i auch die die 
Betastung beeinträchtigende Muskelanstreng¬ 
ung vermieden werden, die eintritt, wenn der 
Palpator in der zumeist tiefer gelegenen 
Badewanne in gebeugter Körperstellung 
untersuchen muß. 

Herr J, Brodzki-Kiulowa spricht über 
experimentelle Untersuchungen über 
den Ein fl u ß d e r Nah r u n g a u f d e n 
Blutdruck bei Nephritis. Der Autor 
habe im Laboratorium der Klinik Senator’s 
die bloße Tatsache der Blutdrucksteigerung 
einwandsfrei experimentell festzustellen sieh 
bemüht und den Blutdruck dabei nicht tono- 
metrisch, sondern mittels Quecksilbermano¬ 
meters gemessen. 25 Kaninchen wurden 
untersucht (große Tiere). Es wurde eine 
Glomerulo-N. mittels Kantharidin erzeugt, 
welches nach vorheriger Bestimmung des 
normalen Blutdruckes in die Gefäßbahn inji¬ 
ziert wurde. Gleichzeitig wurden die Tiere 
auf eine bestimmte Nahrung, auf die es eben 
ankam, gesetzt, der Urin täglicli gemessen, auf 


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318 


■Referate. 


Eiweilt täglich kontrolliert; am 5 —6. Tage, so¬ 
bald die nepliritischen Erscheinungen bedroh¬ 
lich wurden, wurde das Tier zum zweitenmal 
operiert und der Blutdruck an der anderen 
Karotis bestimmt. Dies geschah jedesmal 
vor Eintritt von Herzschwäche und Anurie. 
Das Tier wurde nach dem Versuche entblutet 
und seziert, das Blut kryoskopiert und die 
Niere mikroskopisch untersucht. Es zeigte 
sich, daß weder Wasser noch Kochsalzlösung, 
Milch oder Fleischextrakt irgendwelche ar¬ 
terielle Drucksteigerung bewirkten trotz der 
vorhandenen schweren, diffusen Nierenver¬ 
änderungen. Hingegen bewirkte das Uran 
allein schon eine Blutdrucksteigerung um 
12 mm Hg., während das bei Kantharidin nicht 
der Fall war. Bei Fleischextrakt sank sogar 
der Blutdruck um 6 mm, wahrscheinlich, weil 
die darin enthaltenen Kalisalze auf den Herz¬ 
muskel schwächend eingewirkt hätten. Es 
konnte vom Autor demnach die blutdruck¬ 
steigernde Wirkung des Kochsalzes nicht be¬ 
stätigt werden. 

ln der Diskussion fragt Liebreich, 
in welchen Dosen Kantharidin angewandt 
wurde. Er halte es in Öl suspendiert für 
ein ungeeignetes Mittel, um eine akute 
Nephritis hervorzurufen. Es entstehe kolos¬ 
sale Hyperämie, die das Bild einer akuten N. 
nicht aufkommen lasse. Auch wären Kanin¬ 
chen kaum geeignete Tiere zu diesen Ver¬ 
suchen, da sie zu klein seien. 

Brodzki entgegnet, die angewendete 
Dosis habe im Ganzen 1 cg betragen. Was 
die Hyperämie betreffe, gebe er zu, daß er bei 
der Sektion an den Nadelstich stellen 
Suggilationen an der Haut bemerkt habe; 
was aber die Erzeugung der experimentellen 
akuten N. anbelange, verweise er auf die liier 
ausgestellten mikroskopischen Präparate, die 
zur Genüge dartun, daß es sich um wirkliche 
Nephritis handle. Man sehe deutlich Zylinder, 
ülomeruloexsudate, nekrotische Zellmassen, 
also diffuse parenchymatisclie Veränderungen 
u. s. w. Im Übrigen habe er in der Mehr¬ 
zahl der Fälle Urannephritis erzeugt, Kan¬ 
tharidin diente ihm gewissermaßen nur als 
Kontrollversuch. 

Autor erklärt zum Schluß, daß er bei 
allen Versuchen nur große Kaninchen ver¬ 
wendet habe. 

Herr Päs s 1 er-Dresden spricht dem 
Verfasser seine Anerkennung aus und würdigt, 
die Schwierigkeit von Versuchen dieser Art. 
Die tonometrischen Messungen seien mit 
Rücksicht auf die jedesmalige physische Er¬ 
regung des Patienten ungenau und deshalb 


der Versuch einer manometrischen Blutdruck¬ 
messung zu begrüßen. 

Herr Sieveking-Karlsruhc über die 
Radioaktivität der Mineralquellen 
gibt eine Übersicht über die älteren Versuche, 
heilkräftige Wirkungen der Mineral- und 
Thermalquellen auf ihre physikalischen Eigen¬ 
schaften zurückzuführen. Er bespricht die 
Grundzüge der Radioaktivität, das Wesen 
der radionietrischen Analyse, deren Empfind¬ 
lichkeit die der Spektralanalyse weit iiber- 
treffe. Nach weiteren historischen Bemerk¬ 
ungen erläutert er die Methoden der Unter¬ 
suchung des Wassers auf Emanationsgehalt 
und demonstriert einen von ihm mit Engler- 
Karlsruhe konstruierten Apparat, auch als 
Reiseapparat gut verwendbar, auf dem Prin¬ 
zip beruhend, durch Schütteln die Emanation 
aus dem Wasser zu treiben und die erhöhte 
Leistungsfähigkeit der Luft alsdann mittels 
eines aufgesetzten Elektroskops (Fontaktos- 
kop bei Günther und T. Z. Meyer in Braun¬ 
schweig) zu messen. Der Vortragende hat 
mit diesem Apparat die Quellen zahlreicher 
hervorragender Badeorte Europas auf Radio¬ 
aktivität geprüft und gefunden, daß kalte 
Quellen stärkere Emanation besäßen, als 
wärmere. Jn Österreich sei die stärkste 
Radium führende (150 Einheiten) die Graben¬ 
buckerquelle in Gastein, in Deutschland die 
Buttquelle in Baden-Baden. 

Herr L. Wick-Bad Gastein behandelt die 
Beziehungen der Gasteiner Therme zu deren 
Heilkraft. Die günstigen therapeutischen Wir¬ 
kungen seien selbst für den Objektivsten ge¬ 
rade bei der sonst ganz indifferenten Gasteiner 
Quelle und hei dem unter allen bisher be¬ 
kannten Quellen reichsten Emanationskoef¬ 
fizienten durchaus plausibel. Bei dem Bade¬ 
gebrauche käme nicht der Emanationsgehalt 
der Quelle selbst, sondern nur dessen Rest¬ 
betrag in der Badewanne in Betracht, außer 
bei ev. Trinkkuren. Die bekannten Radium¬ 
wirkungen seien mit denen der ungemein 
diluierten Emanation von vornherein kaum 
vergleichbar. Es sei unbekannt, ob die Ema¬ 
nationswirkung in den Körper dringe, ob sie 
Verwandlungen erleide; bei Prüfung der 
therapeutischen Wirkungen nach der Richtung, 
ob sie wohl auf Emanationsgehalt zurückzu¬ 
führen seien, wie sie Vortragender gemacht 
habe, käme gerade in G. außer der relativ 
beträchtlichen Höhenlage kein anderes 
störendes resp. komplizierendes Moment in 
Betracht. Die experimentellen Beobachtungen 
des Vortragenden nach dieser Richtung gäbeu 


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Referate. 


319 


leider noch keine bestimmten Anhaltspunkte 
für gewisse Relationen. Autor bleibe in 
dieser Richtung bemüht. 

Herr J. Kugler-Marienbad gibt in seinem 
balneologisclien Berichte ausführlich den 
historischen Nachweis für die Unrichtigkeit 
der am letzten KissingerBalneologen-Kongroß 
aufgestellten These, es sei die balneocheinische 
und -technische Untersuchung der Quellen 
eine Forderung der Neuzeit. Denn »der erste, 
der derartige metereologisch-chemisch-tech- 
nisehen Untersuchungen zur Ergänzung der 
Balneologie empfahl und selbst ausführte, 
war Franz Ambros Rennes, Arzt. Chemiker 
und Geologe in einer Person“. Unter Hin¬ 
weis aut' die Bedeutung derartiger Unter¬ 
suchungen an Ort und Stelle verweist der 
Vortragende auf die in Marienbad bereits 
bestehende Institution, durch welche fort¬ 
währende Beobachtungen an allen Brunnen¬ 
arten ausgeführt wurden. 

In seinem Vortrage »Das Experi¬ 
ment in der Balneotherapie berichtet 
Herr Heinsheimer-Badcn-Baden über eine 
große Serie von experimentellen Untersuch¬ 
ungen, die er gemeinsam mit Biekell u. A. 
im Berliner pathologischen Institut gemacht 
habe, um den Einfluß verschiedener Mineral¬ 
wässer und medikamentöser Substanzen auf die 
Magensaftsekretion in möglichst reiner Form, 
namentlich am Pawlow’schen Fistelhunde 
zu studieren. Der Autor gibt die Technik 
seiner Experimentiermethode und Art der 
hier verwendeten Stoffe an. Durch die Ex¬ 
perimente wird auch der Einfluß psychischer 
Affekte auf die Magensekretion nachgewiesen. 
Autor betont die Berechtigung der Paw¬ 
low’schen Methode auch für gewisse baineo¬ 
therapeutisch wichtige Fragen, wenn auch, 
wie er ausdrücklich hervorhebt, die erste In¬ 
stanz zur Entscheidung derartiger Fragen 
nach wie vor die ärztliche Beobachtung 
bleiben solle. 

In seinem Thema über rhytmisch 
auf trete n de pathologische Symp¬ 
tome im Geschlechtsleben des Weibes 
und deren Balneotherapie hebt Herr 
Kisch-Marienbad hervor, daß ein gewisser 
Rhytmus im Auftreten gewisser patholo¬ 
gischer Erscheinungen zum Beginne und beim 
Erlöschen der Geschlechtstätigkeit des Weibes, 
in der Epoche der Menorrhoe und Menopause 
sich nacliweisen lasse, bestimmte Beschwer¬ 
den nervöser und funktioneller Art, wahr¬ 
scheinlich reflektorische Vorgänge, die ihren 
Ausgangspunkt von Evolutions- und Invo¬ 


lutionsvorgängen der Ovarien nähmen. Patho¬ 
logische Erscheinungen bei dazu dispo¬ 
nierten Personen träten schon zur Zeit der 
ersten Menses auf, um während der Zeit der 
Vollentwicklung herabzusinken oder zu ver¬ 
schwinden und plötzlich in derZeit der Klimax 
oder bei Irregularität der Menses wieder 
mächtig anschwellend zu Tage zu treten. 
Hierher seien zu beziehen kardiale Symp¬ 
tome, zumeist nervöses Herzklopfen, Tachy¬ 
kardie in Anfällen, Dyspepsie mit verringer¬ 
ter Darmperistaltik, Flatulenz, Chlorose, Al¬ 
buminurien , Hauterkrankungen, besonders 
Ekzeme, weiterhin Neurosen. Psychosen in 
Form von Depressionszuständen und mit Vor¬ 
walten des erotischen Momentes. Vortragen¬ 
der unterzieht einzelne besonders wichtige 
Vorkommnisse eingehender Besprechung. Es 
ließen sich mitunter prognostische Schlüsse 
aus dem günstigen oder ungünstigen Verlaufe 
aer Pubertätsepoche auf einen glatten oder 
stürmischen Verlauf des Klimakteriums ziehen. 
In diesen beiden Entwicklungsperioden gäben 
derartige Beschwerden oft Ursache zur An¬ 
wendung von Balneotherapie. Wild-, kohlen¬ 
saure, Moor-, Sool-, Seebäder, Hydriatik mit 
oder ohne gleichzeitiger Trinkkur und Ein¬ 
wirkung klimatischer und diätetischer Heil¬ 
faktoren, ferner Ubungs- und Schonungs¬ 
therapie leisteten hier oft recht Gutes. 

Im Aufträge des Homburger medizi¬ 
nischen Vereines referiert Herr Kurt Pariser 
über die Art, wie die Frage kurgemäßer 
Diät in Homburg geregelt sei. Man pflege 
einen Modus, auf den schon Ewald am letz¬ 
ten Kongreß i. .J. 1900 hingewiesen habe. 
Nach gewissen Krankheiten und Krankheits¬ 
gruppen geordnet, seien 4 Diätformen mit 
Unterabteilungen von dieser Arztevereinigung 
aufgestellt worden und die dieser Diät ent¬ 
sprechenden Speisen je nach Jahreszeit, 
Gegend etc in reichster Auswahl, für Ärzte, 
Kranke und Hotelbesitzer zum Verständnis 
in gleicherweise dienend, eingesetzt worden. 
Diese Diäten würden von dem Vereine den 
Ärzten zugestellt, welche sie an ihre Kranken 
beim Beginne der Kur zu verteilen hätten. 
Sämtliche Speisehäuscr hätten sich verpflich¬ 
tet., dieser Auswahl nach Tunlichkeit Rech¬ 
nung zu tragen. Zu diesem Zwecke wurden 
drei große Plakate gedruckt, welche auf¬ 
gezogen in die Küche gehängt werden, in 
großer Schrift vom Herde aus lesbar, den 
Extrakt der Diätformen I—III enthalten. 
Das Empfohlene ist schwarz gedruckt, das 
Verbotene rot; Hinweise auf besondere Zu¬ 
bereitungsarten erfolgen in schräger, fetter 
Schrift. Nur für die Diät IV’ (Diabetiker,) 


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320 Referate. 


wurde in Übereinkunft mit Ärzten und Ga¬ 
stronomen keine besondere Küchentafel ent¬ 
worfen. Die Arzte Homburgs sind dadurch 
in der Lage, ilire Klienten nicht nur mit 
Diätschematen, die sie schwarz auf weiß 
nachhause tragen, auszustatten, sondern den¬ 
selben auch einen wertvollen Einblick in die 
Bedeutung und praktische Ausführung des 
diätetischen Lehens im Kurorte unter Berück¬ 
sichtigung ihrer Zustände, ihrer Wohlhaben¬ 
heit etc. zu gewähren. Der recht interessante 
Vortrag wurde durch Verteilung der ver¬ 
schiedenen Muster derartiger Diätzettel ver¬ 
schiedenster Ausführung sowie durch die 
Mitteilung der damit bereits erzielten Resul¬ 
tate beendet. 

Herr Liebelt -Bad Flinsberg bespricht 
die Aufgaben der Baupolizei in Kur¬ 
orten. Er timiet, daß die jetzigen gesetz¬ 
lichen Bestimmungen über das Maß von 
Bauhygiene, welche in Kurorten heute zur 
Anwendung gelange, nocli in keinem Verhält¬ 
nis stellen zu den immer mehr wachsenden 
Verkehrs- und Besuchsverhältnissen der letz¬ 
teren. Drei Momente seien wichtig. Die 
Bauten müßten der Bauhygiene Genüge 
leisten in Bezug auf Feuchtigkeit, Schutz 
vor Staub, Lärm, Gefahr etc. Vortragender 
bevorzuge villenartige Bebauung gegenüber 
der Anlage von Wohnkasernen. Bauverbote 
für die Zeit des stärksten Besuches seien 
unbedingt notwendig, ebenso tadellose Bau¬ 
ausführung. Schalldichtungen zwischen ein¬ 
zelnen Zimmern resp. Quartieren. Mindestens 
25 m* Luftraum für den Einzelbedarf gelte 
erst als ein für Vermietung taugliches Luft¬ 
quantum. Von großer Wichtigkeit seien diu 
Abort- und Wasserversorgungsanlagen und 
die Vorkehrungen zur Beseitigung der Ab¬ 
fallstoffe. Außerdem sei das Schönheitsgefühl 
bei dem Bau in Kurorten bisher nicht immer 
entsprechend berücksichtigt worden. 

Herr M. Rheinboldt-Bad Kissingen, Zur 
biologischen Wirkung radioaktiver Mineral¬ 
wässer, untersuchte den Einfluß des stark 
radio-aktiven Kissinger Racoczy auf das 
biologische Verhalten des in demselben auf- 
geschwemmten Bacillus prodigiosus, wobei 
er einen stark wnchstumhemmenden Einfluß 
des frischen emanationshaltigcn Wassers 
konstatieren konnte. Der Einfluß wuchs mit 
der Zeit der Einwirkung und fehlte in alten 
entgasten Wässern. Das Resultat ist dem 
analog, welches man bei Wässern mit künst¬ 
lichem Radium-Emanations-Zusatze erhalten 
hatte; mit dem Unterschiede jedoch, daß bei 


künstlichem Emanationszusatz die wachs¬ 
tumhemmende Wirkung viel früher wich. 

Herr Münz-Bad Kissingen entwickelt 
ein Bild über die gegenwärtige Lage des 
Kinderheilstättenwesens in Deutschland. 
Nach kurzem historischen Rückblick gibt er 
folgende Daten: in den derzeit bestehenden 
fiO Kinderheilstätten in Deutschland i. J. 1!)04 
fanden 23000 Kinder Verpflegung. Sämt¬ 
liche Anstalten sind private Institutionen, 
ohne staatliche Subvention. Der Vortragende, 
Leiter einer solchen Kinderheilstätte in Bad 
Kissingen, gibt nun den Unterschied zwischen 
Kinderheilstätten, Ferienkolonien,Waldschulen 
und Walderholungsstätten. Das Alter schwankt 
zwischen 5—16 Jahren. Die meisten Anstal¬ 
ten nehmen die Kinder unentgeltlich auf. 
Einzelne sind ganzjährig, andere nur im Som¬ 
mer geöffnet. Fast alle derartigen Anstalten 
liegen an der See, abgesehen von ihrem 
Wohlfahrtszwecke seien diese Anstalten als 
prophylaktische Heilstätten gegen Skrot'ulo- 
tuberkulose zu betrachten. 

Herr v. Pöhl-St. Petersburg sprach über 
die Vorzüge der Kombination der Organo¬ 
therapie mit den physikalisch-diätetischen 
Mitteln und einige Beweise dafür.“ Die 
Beobachtungen von Ostwald ergeben, (laß 
2 oder mehrere Katalysatoren bei gemein¬ 
samer Wirkung einen ganz unverhältnismäßig 
größeren Effekt hervorrufeu, als der Summie¬ 
rung ihrer Einzelwirkungen entspräche. Auf 
diesem Gesetze dürfte die oft wunderbare 
therapeutische Wirkung von Kombinations¬ 
methoden basieren. Ebenso wie. physikalisch¬ 
diätetische und baineotherapeutische Methoden 
vermag auch Organotherapie in manchen 
Fällen die herabgesetzte Gewebsatmung ex¬ 
quisit zu erhöhen, wie es durch zahlreiche 
Experimente und klinische Beobachtungen nicht 
nur durcli den Vortragenden, sondern durch 
Senator, Gau t i e r, Fürst Tarchanow, 
Löwy und Richter, Matzner u. A. be¬ 
wiesen wurde. Für die rasche Fortschaffung 
der Stoffwechselprodukte diene das Thyreodin, 
für die speziell aus dem Nervengewebe das 
Cerebrin, wofür die moderne Harnunter- 
suchungsmethode mit Anwendung des Harn¬ 
koeffizienten ziffernmäßige Belege, zumal bei 
Autointoxikationen ergebe. Die Kombination 
der Balneotherapie mit der Organotherapie 
sei zweckmäßig und gäbe Aufschluß über 
katalytisch-physiologische Vorgänge. 

Herr Arthur Löbel-Dorua präzisiert die 
Indikationen von Trink- und Badekuren bei 
Erkrankungen des Wurmfortsatzes in folgeu- 


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Referate. 


321 


der Weise: Im Hinblick darauf, daß die Ope¬ 
rateure zwischen der Eröffnung: der perit.v- 
phlitischen Eiterherde oder der radikalen 
Entfernung des Wurmfortsatzes und den ersten 
Symptomen ilire Kranken mit Vorliebe in 
Bilder schicken, ferner daß auch die Inter¬ 
nisten derartige Kranke dem Quellen- und 
Bildergebrauche zuführen, um sie der Gefahr 
eines Rezidives zu entrücken, stellt der Vor- 
Iragende in diesem Sinne folgende Indikationen 
auf: in der anfallsfreien Zeit, Rekonvaleszenz 
nacli Ablauf der fieberhaften Entzündungs¬ 
symptome tles Wurmfortsatzes methodischer 
Gebrauch von Glaubersalz — Bitterwässern, 
ebenso von Molken- und Eisenkuren, ferner 
bei umschriebenen Bauehfellentzündungeu, die 
ohne Operationen geheilt sind, sobald sie kein 
objektiv nachweisbares Exsudat hinterlassen 
haben (Moorbäder); bei soliden größeren oder 
kleineren Anschwellungen, also bei eiternden 
Wurmfortsatzentziimlungeu mit. nachfolgenden 
Verwachsungen und Schwartenbildung: Ge¬ 
brauch von Moorbädern, jedoch nur nach 
Entleerung der Eiterherde. Die Temperatur 
der Moorbäder soll in solchen Fällen mög¬ 
lichst hoch gesteigert werden. 

Herr Franz Kisch jun. Marienbad bringt 
nach kritischer Betrachtung der wichtigsten, 
die Wirkung künstlicher Kohlensäurebäder 
auf den normalen Zirkulationsapparat be¬ 
treffenden Literaturangabeu seine eigenen an 
natürlichen Kohlensäurebädern gemachten Be¬ 
obachtungen, die er in folgender Weise 
resümiert: CÖs-Bäder von 3o,5°—37,5° C be¬ 
wirken im allgemeinen eine Blutdrucksteige¬ 
rung mit gleichzeitiger Herabminderung der 
Puls- und Respirationsfrequenz ; die bewirkte 
Pulsveriangsamung schafft dem Herzen die 
Möglichkeit einer ausreichenden Erholung, 
die es benötigt, um eine größere Arbeitsleistung 
zu vollbringen, welche ihm die Erhöhung des 
Blutdrucks auferlegt Das Herz hat Zeit, sich 
langsamer und gründlicher zu kontrahieren, 
wozu das kühle CO»-Bad durch Schaffung 
eines vorteilhaften Verhältnisses zwischen 
Meli rarbeit und größerer Erholungsbedürftig¬ 
keit beiträgt. Bei Steigerung der Temperatur 
bis 40° C kommt es zur Pulsbcschleunigung, 
wodurch das Herz zu einer, in jeder Be¬ 
ziehung gesteigerten Mehrleistung getrieben 
wird, aber ohne hinreichende Erholungsmög¬ 
lichkeit. Die meßbaren Wirkungen dauern 
noch bis 2 Stunden nach dem Bade, immer 
schwächer werdend an. 

Herr Tuszkai-Marienbad berichtet Uber 
das Resultat von Tierversuchen, die er zur 
Klarstellung des Einflusses von Moorbädern 

Archiv f. physik. Medizin etc. 


auf den Stoffwechsel im Marienbader hygie¬ 
nisch - baineologischen Institut ausgeführt 
habe. Im wesentlichen fand er folgendes: das 
protrahierte (mitteldicke) Moorbad von 39° C 
wirke mächtig stimulierend und damit wahr¬ 
scheinlich resorbierend und regenerierend. Es 
bewirke Polyglobulin, damit sei seine blut¬ 
bildende Wirkung bei anämischen Prozessen 
erklärt. Es vermindere ilie Azidität des 
Urins. Es vermehre die Chloridausfuhr dureli 
die Niere ohne Vermehrung der Wasseraus¬ 
scheidung, vermindere demnach die osmotische 
Konzentration des Blutes. Zu seiner Wirkung 
kämen physikalische Faktoren wahrscheinlich 
im Sinne der aktiven und passiven Hyper- 
ätnisierung (Stauung) in Betracht. 

Herr Max Mirsch-Kudowa kam bei der 
Nachprüfung der Frage von der Beeinflussung 
von Kranken durch das Vierzellenbad, die er 
an der 2. medizinischen Klinik von Herrn Geh. 
Rat Kraus in Berlin gemacht zu Konklusionen 
welche den Behauptungen Schnee’s, daß 
durch das Vierzellenbad der Blutdruck günstig 
beeinflußt werde, direkt widersprechen. Da¬ 
bei hatte er sorgfältig alle Faktoren ausge- 
schaltot, die auch sonst den Blutdruck be¬ 
einflussen könnten. Angewendet wurde gal¬ 
vanischer, faradiseher und sinusoidaler Wech¬ 
selstrom. Es gelang ihm nicht, unter irgend 
einer der Versuchsbedingungeil den Blutdruck 
merklich herabzusetzen, was bekanntlich 
Schnee behauptet hat! 

Herr L. Nenadovic-Frauzeubad behandelt 
2 gynaekologische Fragen aus der kurärzt- 
lichen Praxis. Die erste: welches Bad soll 
in der Behandlung der Uterusmyome bevor¬ 
zugt werden ? beantwortet er nicht, wie es 
meist geschieht, mit Soolbädern, sondern mit 
Moorbädern, da die letzteren sowohl kausal 
als auch symptomatisch besser indiziert 
seien. Sowohl die Blutableitung vom Uterus, 
Herabsetzung des Blutdruckes,dieblutstillende 
und Muskel kontrahierende Wirkung auf den 
Uterus seien gerade beim Moorbad von großem 
Werte. Außerdem seien solche Bäder ge¬ 
eignet, gleichzeitig bestellende Anämie mit 
sekundären Herzbeschwerden günstig zu be¬ 
einflussen. Die zweite Frage bezieht sich auf 
den Zeitpunkt, von wo ab exsudativ entzünd¬ 
liche Prozesse balneo-therapeutisch behandelt 
werden dürfen. Als Antwort ergebe ihm 
seine Erfahrung, daß nicht so sehr die Dauer 
der Erkrankung, als nur der Umstand hier¬ 
für maßgebend sei, ob solche Kranke noch 
fiebern. Fieber schalte alle balneo-therapeu- 
tisehe Prozeduren aus, nicht aber Schmerz¬ 
haftigkeit oder ein frisches Exsudat. 

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322 


Referate. 


Herr Galewski-Drosden Das Säuglings¬ 
ekzem und seine Behandlung. Unter Demon¬ 
stration mehrerer Moulagen von Hauterkran¬ 
kungen bei Säuglingen aus dem Dresdener 
Säuglingsheim und bei älteren Kindern, be¬ 
spricht. Vortragender einige Fragen der 
Therapie des Ekzems mit Berücksichtigung 
der Balneotherapie. 

Trotz sorgfältiger und langdauernder 
Behandlung des Säuglingsekzems bleiben oft 
Reste zurück, die bis in das 2. Kindesalter 
reichen und gerne rezidivieren. Bei diesen 
auf skrofulöser oder arthritiseher Basis be¬ 
ruhenden E. empfiehlt Vortragender Sohwefel- 
oder Salzbäder, namentlich in chronischen 
Stadien. 

Herr v. Szaboky-Gleichenbcrg beschreibt 
die Resultate seiner mit dem gewöhnlichen 
Gleichenberger Konstantins- und Emmawasser 
angestellten Tierversuche, sowie der Experi¬ 
mente am Menschen mit diesen Wässern und 
einigen Bitterwässern. Die Resultate waren 
folgende: die Harnkonzentration verringerte 
sich nach Darreichung von Donauwässern, so¬ 
wie auch nach Darreichung von liypo- und 
hypertonischen Wässern. Die hypotonischen 
Wässer konzentrierten sich in 4—5 Stunden, 
die hypertonischen schon in 2—3 Stunden. 
Das Donauwasser behielt die Konzentration 
auch noch in 48 Stunden. Nach allen anderen 
Wässern trat aber wieder Dilution ein. Be¬ 
züglich der übrigen Daten wird auf das 
Original verwiesen. 

Herr B£la Tausz-Bad Lipik glaubt die 
Frage: Kann der Einfluß der Mineralwässer 
auf die Magenfunktion auf dem Wege physi¬ 
kalischer Gesetze erklärt werden? derzeit 
noch negativ entscheiden zu sollen. Durch 
die von Strauß eingefiihrte Benennung der 
Wässer in liyper-, iso- und hypotonische 
werde wohl ein Moment zur genauen Kenn¬ 


zeichnung der Mineralwässer gegeben, hin¬ 
gegen damit über deren Einfluß auf die 
Magenfunktion nichts Entscheidendes gesagt. 

Herr F. Stammler-Bad Ems kommt in 
seinem zum Teile auf Experimenten, zum Teile 
auf Krankenbeobaehtung an einem über 1000 
Fälle betragenden Materiale in der Frage nach 
dem Mechanismus und dem therapeutischen 
Wert feinzerstäubter Inhalationsflüssigkeiten 
bei Bronchialerkranklingen zu den heute 
wohl kaum mehr bestrittenen Tatsachen, daß 
erstens feinzerstäubte Flüssigkeiten durch 
Inhalation auf dem Wege der Bronchien 
bis in die Lungenalveolen gelangen, daß 
speziell der chronische Brouchialkatarrh hier¬ 
durch genügend therapeutisch beeinflußt 
werde und diese günstige Wirkung durch 
Behebung der .Sekretbehinderung zustande 
komme. 

Herr Viktor Klimek-Darkau. In seinem 
Thema: die Skrofulöse und ihre Behandlung 
mit besonderer Berücksichtigung der Jodsool- 
bädertherapie kommt. Vortragender zunächst 
auf das Verhältnis von Skrofulöse zu Tuber¬ 
kulose zu sprechen, präzisiert den Begriff der 
Skrofulöse auf eine Gruppe von vorwiegend, 
wenn auch nicht ausschließlich, in Lymph- 
driisen lokalisierten Erkrankungen, deren ge¬ 
meinsame Eigenschaften beständen in Hart¬ 
näckigkeit, Neigung zu Rezidiven, Vielfältig¬ 
keit, und die sich aus 3 Gruppen zusammen¬ 
setzt. Die erste werde bestimmt durch den 
Tuberkelbazillus hervorgerufen, der dort nach¬ 
weisbar sei, die zweite entstehe durch pyogene 
Bakterien, nicht, durch den Tuberkelbazillus, 
die 3. Gruppe bestehe aus Mischformen, ln 
Bezug auf die Therapie dieser Erkrankungen 
gibt Vortragender eine Übersicht, betont da¬ 
bei den Wert der Soolbäder, besonders aber 
der jodbromhaltigen Kochsalzquellen mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung von Darkau. 


Congrfes pour la Impression de l’exercice 
illegal de ia mädicine ä Paris. Archives 
d’electricite medicale, experimentales et 
cliniques. No. 177. Nov. 1905. 

L. teilt mit, daß dom vom 30. April bis 
3. Mai 1906 in Paris tagendeu Kongresse zur 
Unterdrückung der unberechtigten Ausübung 


der Medizin, u. a. ein Antrag vorgelegt 
werden soll: 

„XI — Unberechtigte Ausübung durch 
Personen, die medizinische Elektrizität be¬ 
treiben.“ 

Es ist das jedenfalls lebhaft, zu be¬ 
grüßen ! 


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Referate. 


323 


Berichte über Ärztetage und Sitzungen medizinischer 

Gesellschaften. 


Mittelfränkischer Arztetag in Nürnberg 
am 3. XII. 1905. 

TheodorSchilling-Nürnbergdemonstriert 
einen von ihm angegebenen Härtegrad- 
inesser für Röntgenröhren, den sicli 
jeder leicht Herstellen kann, wenn er eine 
Skleletthand in einen Handschuh steckt, und 
denselben mit Wachs aiisgießt; ein zurecht¬ 
geschnittenes Stück Blech, wie man es zum 
Abdecken fiir die Strahlen immer zur Ver¬ 
fügung hat, dient zum Schutz der Hand des 
Untersuchers und als Griff; über dem Schutz¬ 
blech wird der Handschuh zugeknöpft. Die 
Waclishand soll die fiir gewisse Zwecke 
wichtigen, teueren Apparate nicht ersetzen, 
hat aber gegenüber der sonst wohl manchmal 
benutzten Skeletthand ein hübsches Aussehen 
und besonders das voraus, daß sie ein rich¬ 
tiges Schattenbild der Hand gibt; das Wachs 
hat nämlich das gleiche spezifische Gewicht 
wie die in Betracht kommenden menschlichen 
Weichteile und damit die gleiche Durch¬ 
lässigkeit für Röntgenstrahlen. Man 
hat also den wichtigen Vergleich zwischen 
Weichteilen und Knochensubstanz, der früher 
als der Röntgenarbeiter die Gefahr noch 
nicht kannte, durch Benutzung der eignen 
Hand so beliebt war, und der jedem geläufig 
ist. In dem Wachs kann man Nadelstückchen 
einbetten. Sind dieselben mit der untersuchten 
Röhre gut zu sehen, so ist dies ein Zeichen, 
das die Röhre die richtige Qualität zum Auf¬ 
suchen von Fremdkörpern in den Weichteilen 
des Patienten hat, wodurch mau noch weniger 
in die Gefahr kommt, mit zu harten Röhren 
zu suchen und dadurch unter Umständen zu 
einem negativen Resultat zu kommen.*) 

Gesellschaft für innere Medizin in Wien; 

Sitzung vom 9. XI. 1905 und 23. XI. 1905. 

D. G. Holzknecht und D. Siegfried Jonas; Ein 

Fall von Antiperistaltik des 
Magens. 

Ein 6ty übriger Mann, der vor Jahren 
an Ulcus ventriculi gelitten hatte, kam 
wegen Verdachtes auf eine raumbeengende 
Bildung ain Pylorus zur Röntgendurchleuch¬ 
tung. An dem durch Rieder’sche Wismut- 
Milchspeise sichtbar gemachten Magen lassen 


*) Die Wachshand wird durch die 
Erlangen in den Handel gebracht. 


sich peristaltische Wellen erkennen, welche 
eine, der Norm entgegengesetzte Richtung 
zeigten, indem sie von rechts nach links ver¬ 
liefen, also im Sinne einer Antiperistaltik des 
Magens. Bei je einer Durchleuchtung trat 
nach Einnahme von NaCl-Lösung keine, nach 
Soda-Lösung starke Antiperistaltik auf. Die 
Antiperistaltik wurde von den Vortragenden 
seither au zwei weiteren Fällen von Pylorus¬ 
stenose gesehen. Die bisherige Literatur 
kennt weder klinisch, noch bei Laparatomie, 
noch radiologisch Antiperistaltik am Magen. 

D. Heinrich Schur: Demonstration der Lyraph- 
drUseti und der mit Knoten durchsetzten 
Lunge eines Falles von „eigenartiger, 
unter der Form der Pseudoleu¬ 
kämie auftretenden Tuberkulose 
des lymphatischen Apparates. 

Therapeutisch wurde ohne Erfolg Arsen 
verwendet; in diesem und einem zweiten letal 
verlaufenden Fall auch die Radiotherapie 
versucht, in beiden Fällen ohne den gering¬ 
sten Erfolg. Die Lymphome reagierten 
absolut nicht und „es scheint sich auch darin 
der wesentliche Unterschied zwischen dem ent¬ 
zündlichen Lymphom und dem hyperplastisehen 
zu manifestieren.“ Diese Konstatierung deckt 
sich mit den vom Referenten (im Institute 
Holzknechts) bei der gleichen Affektion 
gemachten Erfahrungen nicht. Aus dem Be¬ 
richte geht nicht hervor, von wem die Be¬ 
strahlung ausgeführt wurde und wie intensiv. 
Vor kurzer Zeit hat ein bekannter Wiener 
Kliniker an der radiologischen Beeinflußbar¬ 
keit der Leukämie gezweifelt, weil ihm „sein 
Radiologe“ einen Fall 14mal (!) ohne den 
geringsten Effekt bestrahlt hatte. 

Rudolf Schmidt: Ein Fall von Verenge¬ 
rung der oberen H o h 1 v e n e. 

Der bei diesem Fall von Holzknecht 
erhobene radiologische Befund lautete: Der 
vom Mediastinum gebildete Mittelschatten 
zeigte zwei Abweichungen von der Norm: 
der vom Vorhof gebildete Teil des Herz¬ 
schattens ist auffallend klein, die hauptsäch¬ 
lich von den großen Gefäßen bezeichnete 
obere Hälfte des Mittelschattens ist plump, 
verbreitert; die Aorta zeigt radiologisch 
normale Dimensionen. 

Firma Reiniger, Gebbert & Schall in 

21 * 


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324 


Referate. 


Hermann v.Schrotter: Demonstration 
von mikroskopischen Präparaten, die 
von Köhler in Jena mittels ultravio¬ 
letten Lichtes aufgenommen wurden. Nach 
kurzer Erläuterung der Methode und Be¬ 


tonung ihrer hohen praktischen Bedeutung 
werden Präparate von Milzbrand, Trypano¬ 
soma, Malaria und Leukämie gezeigt und 
weitere Anregungen zu Forschungen aut'die¬ 
sem Gebiete gegeben. Robinsohn-Wien. 


K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien; Sitzung vom 27. XI. 1905. 

Wilhelm Fink: Ein Fall von myeloider Leukämie mit submyelämischem Blut- 
b e f u n d e. 

Die Änderung des Blutbefundes nach weniger als 1 monatlicher Röntgenbehandlung 
(Institut Holzknecht) ergibt sich aus folgender Zusammenstellung: Bote Blutkörperchen 
5,104,000 : 4,924,000, Hämoglobin nachSabli 115°/o : 106"/o; Leukozyten 81,000 : 14,000 (später 
9800). Davon (1000 Zellen gezählt): 

25. Oktober 20. November 



pCt. 

absolut in mm* 

pCt. 

absolut 

Neutrophile Myelozyten 

7,9 

2450 

1,6 

230 

Gelapptkernige Neutrophile. 

4,ß 

- 

2,4 

- 

Polymorphkernige Neutrophile. 

68,4 

21200 

76,3 

11140 

Gelappt- und polymorphkernige Eosinophile 

6,1 

1900 

— 

— 

Eosinophyle Myelozyten. 

vereinzelte Exemplare 

8,2 

1200 

Markzellen (zumeist abnorm groß) . . . 

4,7 

14(10 

3,6 

520 

Lymphoide Markzellen. 

0,6 

— 

0,1 

— 

Große mononukleäre Leukozyten .... 

3,3 

KHK) 

3,2 

— 

Lymphozyten. 

4,4 

I960 

4,5 

— 


Es haben also vor allem die unreifen (einkernigen und gelapptkernigen) neutrophilen 
Elemente abgenommen, die polymorphkernigen sind entsprechend relativ reichlicher, die 
übrigen Verhältniszahlen zeigen keine wesentliche Verschiebung. 

S. Ehrmann. Demonstration dreier Fälle von atypischer Impftuberkulose 
beim Menschen, die sich durch hohe Empfindlichkeit gegen Röntgenbe¬ 
strahlung auszeichnet, sowie dadurch, daß sie vollkommen mit der Impftuberkulose des 
Affen, wie sie Rudolf Kraus (Wien) zum ersten Male erzeugt hat, übereinstimmt. Zwei 
ähnliche Fälle hat Ehrmann schon früher in der Dermatologischen Gesellschaft in Wien 
demonstriert. Bei allen handelte es sich um ein ursprünglich vorhanden gewesenes Iinpfge- 
schwür an der Lippe oder im Mundwinkel, an welches sich in der nächsten Umgebung die 
Eroruption einer teils charakteristischen Form von Lupus papulosus und tumidus anschloß, 
teils blaurote eigentümliche Narben, aber auch eine chronische Infiltration der Lymphgefäße 
und Lymphknoten, die von diesen ausging, mit palpabler Härte und mit Anschwellungen. 
Der Lupus ist in allen Fällen ein aus der Tiefe kommender mit kugelschalenförmig vorge¬ 
wölbten, an der Oberfläche emporragenden Effloreszenzen und ist dadurch deutlich von einem 
typischen oberflächlich sitzenden Lupus unterschieden. Nur dort, wo die Veränderungen ganz 
an die Oberfläche gekommen sind, findet man das gelblichrote Aussehen und die morsche 
Konsistenz der oberflächlichen Lupusknötchen. Robinsohn-Wien. 


Medizin. Sektion der Schlesischen Gesell¬ 
schaft für vaterländische Kultur in Breslau; 
Sitzung vom 15. XII. 1905 u. 12. I. und 2. II. 1906. 

2. Herr Drehmann. Über Cer vicodor- 
salskoliose und Halsrippe Vortragen¬ 
der bespricht kurz die Sympiomatologie der 
Cervicodorsalskoliose, macht sonach auf den 
hohen Sitz derselben, den starren, kurzen 
Buckel sowie auf den häufig damit verbundenen 
Torticollis aufmerksam. Er geht sodann aut 
die Literatur, besonders auf die Arbeiten von 
Barre und seiner Schule, auch jene von 


Helbing und Ranzi ein. Vortragender 
selbst hat 10 einschlägige Fälle beobachtet, 
von denen er acht durch schöne Röntge n- 
ogram me mit beigefügten erklärenden Zeich¬ 
nungen demonstrieren konnte. Ein Fall wurde 
ihm mit der Diagnose ..maligner Tumor“ (der 
Rippenbuekel war gemeint) zugeschickt, in 
einem anderen war in der Kindheit die Ex¬ 
stirpation des Kopfnickers des Torticollis 
wegen ohne Erfolg ausgeführt worden, ln 
allen Fällen konnte man im Röntgenbilde die 
Halsrippe sehr deutlich nachweisen. Ein Fall 
zeigte noch eine rudimentäre Lumbalrippe der 


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Referate. 


325 


entgegengesetzten Seite. Interessant und 
wichtig ist es nun, daß es in vielen Fallen 
gelang, kleine, rudimentäre, keilförmige, ein¬ 
geschaltete, überzählige Wirbel nachzuweisen, 
welche für die Entstehung der Halsrippe und 
die Bildung der Skoliose von Bedeutung sein 
dürften. Als weiteres ätiologisch wichtiges 
Moment wies D. die hereditäre Belastung 
nach, die in seiner Kasuistik wiederholt (in 
einer Familie bis 200 Jahre zurück) unzwei¬ 
deutig nachgewiesen werden konnte. 

Herr Hinsberg bespricht zunächst die 
Bronchoskopie im Allgemeinen, demon¬ 
striert das Instrumentarium und seine An¬ 
wendung an einem Phantom. Dabei betont 
er, daß man fast für jeden Fall eines be¬ 
sonderen Instrumentes zur Extraktion des 
Fremdkörpers bedürfe. Sodann berichtet er 
über drei Fälle von Fremdkörperextraktion 
aus den Bronchien. Dieselben sind in Kürze 
rekapituliert folgende: 

1. Ein älterer Mann hatte ein drei 
Zentimeter großes Stück Knochen aspiriert, 
welches auf der Bifurkationsstelle saß. Es 
gelang, dasselbe in dem Bronchoskop ein¬ 
zustellen und mit einem Häkchen zu ex¬ 
trahieren. 

2. Ein Kind hatte ein Stück Wallnu߬ 
kern aspiriert. Auch hier gelang es, mittels 
der Bronchoskopia superior den Fremdkörper 
zu sehen, die Extraktion mißlang jedoch. 
Deshalb wurde die Tracheotomie ausgeführt 
und mittels Häkchens die Extraktion versucht; 
dabei zerbrach der Fremdkörper, und es 
konnte nur ein Teil desselben herausbefördert 


werden. Trotzdem wurde das Kind gesund 
und beschwerdefrei, sodaß H. vermutet, daß 
der zurückgebliebene Rest expektoriert wor¬ 
den sei. 

3. Der dritte Patient, den H. geheilt 
vorstellte, hatte bei der letzten Kirschenernte 
einen Kirschkern aspiriert. Es folgte ein 
heftiger Krampfhusten und Patient fühlte 
seitdem in der rechten Seite etwas sich hin 
und her bewegen. Dabei bestanden die An¬ 
zeigen eines Lungenkatarrhes. Die Broncho- 
scopia superior stellte in Entfernung von 
37 cm von der Zahnreihe im rechten Bronchus 
den Kirschkern fest; es gelang, ihn aber weder 
mit dem Häkchen noch mit einer Luftpumpe 
zu aspirieren, da bei ersterem Versuch der 
Fremdkörper in einen Seitenbronchus schlüpfte, 
bei letzterem sielt der Tubus als zu eng er¬ 
wies und auch bei Aspiration mit gleich¬ 
zeitigem Zurückziehen des Tubus der Kern 
wieder abglitt. Deshalb wurde die Tracheo¬ 
tomie gemacht bei der infolge eines Husten¬ 
stoßes der Kern spontan herausflog. Heilung. 

Herr Koleski referiert, u. A. radiolo¬ 
gische Versuche von Schwarz in Wien. Er 
füllte den Sahli’schen Beutel mit Wismut, 
und konnte alsdann das Übergehen des 
distinkten schwarzen Fleckes in einen diffusen 
Schatten, also die Auflösung der Kapsel im 
Röntgenbilde verfolgen und aus der Schnellig¬ 
keit dieses Prozesses auch Schlüsse auf den 
höheren oder niedrigeren Säuregrad ziehen. 
Alles in Allem sieht K. in der Sahli’schen 
Desmoi'dreaktion ein wichtiges Unterstützungs¬ 
mittel funktioneller Magendiagnostik. 


Radiologie. 


J. Belot. Nouveau modele de localisateur 
pour radiotherapie Nouvelles ötofles 
protectrices. (Archives d’electricite niedi- 
cale, experimentales et cliniques. Nov. 
1905. No. 177.) 

B. hat einen neuen Lokalisator für 
Röntgenbestrahlungen angegeben und durch 
Gaiffe in Paris ausführen lassen, der manche 
Vorzüge aufzuweisen scheint. 

Er besteht aus einer sehr großen 
Schutzkappe, die aus einem nicht näher bc- 
zeichneten. für X-Strahlen beinahe undurch¬ 
lässigen Material hergestellt ist. (Durch¬ 
lässigkeit er. 2°/o) Dieses Material wirkt 
zugleich isolierend, wodurch der Patient vor 
Schlägen geschützt ist. 

Der Unterschied zwischen dem neuen 
Lokalisator und den bekannten Bleiglas- oder 


Metallkappen besteht darin, daß ersterer zu 
jeder Röhrentvpe verwendet werden kann> 
ohne Rücksicht auf ihre Größe und Regene¬ 
riervorrichtung. (Röhrendurchmesser bis zu 
105 mml.’ Neu ist außerdem ein Zentrierungs¬ 
apparat, aus einer an der Kappe angebrachten 
Röhre bestehend, in deren Innern sich 2 kleine 
Metallnetze befinden, welche ihre Schatten 
auf eine im Visier befestigte Barium-Plat.in- 
cyanürscheibe werfen. Die beiden Schatten 
werden zur Deckung gebracht, indem man die 
Röhre mit der auf einem drehbaren Gestell 
montierten Kappe so lange verschiebt, bis die 
Einstellung richtig ist. 

Die Zentriermigsvorrichtung wird nach 
erfolgter Einstellung durch einfaches Heraus¬ 
ziehen entfernt. Die kreisrunde Öffnung in 
der Kappe dient jetzt als Ausstrahlungspforte; 


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Referate. 


326 


Ansatzrohrc verschiedener Größe und Länge, 
können außerdem an die Öffnung angeschraubt 
werden. Die Kappe ist. auch mit einer 
sinnreichen Vorrichtung zur Aufnahme ver¬ 
schiedener Reagenzkörper versehen. 

Dieser Lokalisator soll keinerlei Ein¬ 
fluß auf die Funktion der Röhre ausiiben, 
während z. B. die Metallschutzhüllen ein 
rasches Hartwerden oder Schwanken der 
Röhre herbcifiihren. 

Dr. Belot. hat ferner einen Schutzstoft’ 
angegeben, der trotz seiner bedeutenden 
Widerstandsfähigkeit gegen Röntgenstrahlen 
verhältnismäßig leicht und schmiegsam ist. 
Ein Stück 40x50 dieses Stoffes wiegt unge¬ 
fähr 900 gr. 

Aus diesem Schutzstoff werden auch 
Handschuhe, Schürzen, Anzüge gefertigt, 
Oder man kann Westen, Röcke und Schürzen 
damit füttern lassen, um die Lächerlichkeit 
der „radiologischen Rüstung“ zu vermeiden. 

Wetterer. 

Tuffier. Methode et. Loc.alisatonr pour la lo- 
calisation et. 1’ext.raction des Projectiles. 
(Archiven d’Electricite medieale No. 180. 

Tuffier vermehrt die große Zahl der 
Apparate und Methoden der Lokalisation um 
eine weitere. 

Das Prinzip dabei ist dasselbe wie bei 
den meisten andern. Orthodiagraphische 
Projektion des Fremdkörpers auf die Haut in 
zwei auf einander senkrechten Richtungen, 
Bezeichnung der Eintrittsstelle des senkrechten 
Strahles bei den beiden Projektionen auf be¬ 
kannte Weise. 

Ein schmiegsames zweiteiliges, durch 
Charnier verbundenes Met,allband, wird nun 
dem Körper in der Region der 4 Punkte, die 
ja in einer Ebene liegen, angepaßt, die Stellen 
der 4 Punkte am Band markiert, sodann das 
Band vorsichtig abgenommen, so daß es seine 
Form behält. Die, mit einander korrespon¬ 
dierenden je 2 Punkte werden nun durch 
einen Faden verbunden; der Kreuzungspunkt 
beider Fäden ist die Stelle, wo der Fremd¬ 
körper liegt. Bringt man an dem Band 
einen aufrechten Metallarm an, an welchem 
eine entsprechend lange Orientierungsnadel 
nach allen Richtungen beweglich und fest¬ 
stellbar angebracht ist, so kann diese Nadel 
bei der folgenden Operation als Wegweiser 
für die Operation dienen. Man legt dann bei 
der Operation das Metallband dem Körper 
wieder an, richtet in der (legend, wo der Ein¬ 
schnitt, am besten geschieht, die Nadel an 
ihrem Arm genau nach dem vorher festge- 
stellteu Kreuzungspunkt der beiden Fäden 


und schiebt sic bis zu der vorher eruierten 
Tiefe, d. i. Entfernung von ihrer Einstellung am 
Stativarm zum Kreuzungspunkt., vor. W. 

A. Beclere. La radiologie medieale au.\ m6dc- 
cins. (Archive« d’electrieite medieale, 
experimentales et cliniques. No. 177. 
November 1905.) 

ln einem längeren Artikel, der zwar 
nicht viel Neues bringt, aber als berechtigter 
Mahnruf Beachtung verdient, wendet, sich 
Beclere gegen die Unwissenden und Unvor¬ 
sichtigen, die sich — ohne mit den nötigen 
Vorkenntnissen ausgerüstet zu sein — der 
Radiologie zuwenden und dadurch ihre 
Patienten ernsten, Schädigungen aussetzen. 

Beclere weist, darauf hin, wie die junge 
Wissenschaft der Radiologie sich in zwei 
scharf begrenzte Gebiete geteilt, hat: Radio¬ 
therapie und Radiodiagnostik, und wie aus 
letzterem sich wiederum die Radiographie und 
Radioskopi e abspa 11eten. 

Es scheint, daß sich im Laufe der Zeit 
die Radioskopie auf Kosten ihres Schwester¬ 
verfahrens entwickelt, trotzdem die Radio¬ 
graphie bedeutende technische Fortschritte 
gemacht hat. 

Während die Photographie nur ein 
totes Bild gibt, allerdings von einer Feinheit, 
der Details und einer Präzision der Konturen, 
wie sie kein Durchleucht.ungsschattenaufwe.ist, 
enthiilt die Radioskopie verborgene Organe 
in ihrer lebendigen Tätigkeit. Sie zeigt das 
Spiel der Gelenke, dieJExpansion der Lunge, 
die Bewegungen des Zwerchfells und des 
Herzens. Wir können die Wanderung des 
Bismuthbissens durch die Speiseröhre ver¬ 
folgen und sehen die peristaltischen Kontrak¬ 
tionen des Magens. Die Radioskopie gestattet 
sogar gewissermaßen einen Rundblick um ein 
Organ zu tun und in wenigen Augenblicken 
eine Serie von Bildern zu gewinnen, die sich 
gegenseitig ergänzen und berichtigen. 

Was die Radiotherapie betrifft, so ver¬ 
langt sie zuerst eine genaue Kenntnis der 
Wirkungen der zur Anwendung gelangenden 
Strahlen. Während die Röntgenstrahlen als 
Heilfaktoren bei Dermatosen, Sykosis, Psori¬ 
asis, Prurigo, Ekzem u. s. w.. namentlich aber 
in der Bekämpfung der Leukämie, der Karci- 
cinoine und Sarkome eine hervorragende 
Rolle spielen, ist andererseits ihre zerstörende 
Tätigkeit bekannt. Sie beschränkt sich nicht 
allein auf die menschliche Haut, 'wie lange 
angenommen wurde; sondern sie erstreckt 
sieh auch auf die inneren Organe, und trifft 
namentlich Augenhintergrund, die Genital¬ 
drüsen, die blutbildenden Organe. 


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Referate. 


327 


Ihre Anwendung fordert weiter genaue 
Dosierung des therapeutischen Agens. Die 
Mißachtung dieser Forderung und die Un¬ 
kenntnis der radiotherapeutischen Einstellung 
(Lagerung des Patienten, Schutz des Gesunden, 
Röhrenabstand) rufen Unfälle hervor, deren 
Folgen unberechenbar sein können. 

Um die Radiologie richtig auszuiiben 
und den größtmöglichen Nutzen aus der An¬ 
wendung der X-Strahlen ziehen zu können, 
bedarf es einer Summe anatomischer, physi¬ 
ologischer, pathologischer und klinischer 
Kenntnisse, die nur durch langes Studium er¬ 
worben werden. So leicht es ist, auf dem 
Fluorescenzschirm oder der photographischen 
Platte ein Bild hervorzurufen, so schwer ist 
es, dieses Bild auch richtig zu deuten. Es ist 
die Intelligenz des Arztes, sein Wissen, das 
die gegebenen Indikationen gegeneinander 
abwiegt, sie vergleicht und verbindet. 

Um Radiologe werden zu können, muß 
man daher zuvörderst Arzt sein. Und es ist 
nicht eindringlich genug davor zu warnen, 
daß diese junge Wissenschaft, die mit einem 
das Gute und Böse gleich mächtig wirkenden 
Agens umgeht, Unberufenen ausgeliefert 
werde. Wett er er. 

Privatdozent Dr. Krause. Über den jetzigen 
Stand der Röntgentherapie der Leukämie 
(Zeitschrift für Elektrotherapie und Elek- 
trodiagnostik; Bd. VII. 1905. Heft 12). 

Verfasser kommt zu folgender Zusammen¬ 
fassung seiner ausführlichen Abhandlung: In 
manchen Fällen ist während der ersten zwei 
bis drei Wochen der Behandlung ein größerer 
therapeutischer Erfolg noch nicht wahrnehm¬ 
bar; bisweilen tritt er aber bei Fortsetzung 
der Behandlung doch noch ein; man darf also 
solche Fälle nicht als aussichtslos aufgeben. 

Auf den Blutbefund wirken die Röntgen¬ 
strahlen auch in solchen fortgeschrittenen 
Fällen, in denen die Milz nicht mehr reagiert, 
allerdings auch auf jenen nicht so stark wie 
in frischen Fällen. 

Wo die Milztumoren sich auch energischer 
Bestrahlung gegenüber refraktär verhalten, 
handelt es sich wahrscheinlich nicht um reine 
Lymphombildung, sondern auch um Bindcge- 
webswucherung. 

Nacli Versuchen von Heinecke und den 
eigenen des Autors im Verein mit Dr. Ziegler 
an Mäusen, Meerschweinchen, Kaninchen, 
Hunden ausgeführten, stellt fest, daß die Rönt¬ 
genstrahlen in erster Linie auf das Iymphoi'de 
Gewebe in Milz, Lymphdriisen und Darm- 
follikelu wirken. Die Beeinflussung des Binde¬ 


gewebes fehlt meist oder tritt in den Hinter¬ 
grund. 

Es muß daher bei Leukämikern lym- 
phoi'des Gewebe (Milz oder Knochenmark) be¬ 
strahlt werden; Bestrahlung der Leber ist 
unwirksam. 

Es gibt sich absolut refraktär verhal¬ 
tende Fälle von myelogener Leukämie. 

In einem Fall von chronischer lymphati¬ 
scher Leukämie war die Wirkung auf die 
Driisenpackete eine hervorragend günstige, 
die auf das Blut aber geringer als bei myelo¬ 
gener Leukämie. 

Der am längsten behandelte Patient be¬ 
kam sehr heftige Schmerzen in beiden Armen. 
Ein Radiogramm der Arme ergab eine auf¬ 
fallende Aufhellung des Radius und der Ulna. 
Dies deutet Verfasser als Rariflkation der 
zölligen Elemente dieser Knochen, wie er sie 
experminentell am Knochenmark von Tieren 
hervorrufen konnte. 

Autor kennt noch keinen Fall von Leu¬ 
kämie, in welchem ein wandsfrei durch Röntgen¬ 
strahlen eine vollständige Heilung erzielt 
wurde. 

Williams : X-Rays in the treatment of cancer. 

The Lancet 4. 11. 05. 

Autor weist zunächst darauf hin, daß 
viele der schlechten Resultate der Röntgeni- 
sierung bei Karzinom auf den hoffnungslosen 
Zustand zurückzuführen sind, in dem der 
Patient dem Radiologen zugesandt wurde, und 
auf die Minderwertigkeit der Apparate in 
früherer Zeit, sowie die mangelhafte Er¬ 
fahrung. Er hält es für falsch, die gesunden 
Partien abzudecken, da die nicht, abgehaltenen 
Strahlen doch verborgene Heerde treffen 
können; dagegen empfiehlt er, das ganze 
bestrahlte Gebiet mit einer dünnen Lage Gaze 
oder Ähnlichem zu bedecken, weil so die Ent¬ 
stehung von Dermatitis hintangehalten wird. 
W. beobachtete unter Bestrahlung die Rück¬ 
bildung vergrößerter Drüsen und empfiehlt, 
bei Karzinom in allen Fällen vor der Opera¬ 
tion einige Wochen zu bestrahlen, weil da¬ 
durch die Infektion aufgehalten wird. Ebenso 
empfiehlt er die postoperative Bestrahlung 
zur Vermeidung von Rezidiven. Er betont, 
daß man eine Heilung nur bei kleinen ober¬ 
flächlichen Tumoren versprechen kann; je¬ 
doch kann man fast immer Besserung er¬ 
zielen. Autor verwendet die fraktionierte 
Methode der Behandlung, d h- mehrmals 
wöchentlich kurze Sitzungen von 5 his ID 
Minuten. Es folgt die Aufführung von 10 
Krank engeschichten. 


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328 


Referate. 


Thurston Holland: on the usr ofthe dinphragm 
compressor (Archives of the Roentgen 
Ray. Febr. 1906). 

Beschreibung und Empfehlung einer 
einfachen und billigen Kompressionsblende, 
die sich Autor hat anfertigen lassen. Sie 
bestellt aus einer Metallröhre, die von einem 
Arm getragen wird, der am Röhrenstativ be¬ 
festigt ist. Diaphragmen verschiedener Weite 
lassen sich über der oberen Apertur des 
Rohrs anbringen; das Rohr besteht, aus zwei 
getrennten Teilen, soilaß der untere Teil an 
dem oberen festgemacht wird; dadurch ist es 
möglich, diesen letzteren von verschiedener 
Gestalt und Weite zu wählen, .je nach der 
Eigentümlichkeit des Falles. Der Arbeit ist 
eine Tafel mit drei Radiogrammen beige¬ 
geben, nämlich von einem Finger, einem 
Ellenbogengeienk und einem Fremdkörper im 
Ösophagus. 

Thurston Holland : A case of gall-stones with 
radiograph. (Archives of the Röntgen- 
Ray, Febr. 1906). 

Bericht, über einen Fall von Gallen¬ 
steinen, wo diese (2) durch Radiogramm 
kenntlich gemacht und bei der darauf folgen¬ 
den Operation gefunden wurden. Eine Auf¬ 
nahme wurde dorso-ventral, die andere vent.ro- 
dorsal gemacht, beide mit positivem Ergebnis. 

Walter M. Brickner: An x-ray tube-stand; 
a new x-ray fable. (Archives of the 
Röntgen-Ray, Febr. 1906). 

Beschreibung je eines neuen Modells 
für Röhrenstativ und Aufnahmetisch, die sich 
nicht zum Referate eignet. 

M. Jastram: Über die Einwirkung der Röntgen- 
strahlen auf Bakterien, Pflanzensamen 
und Infusorien. (Zeitschr. f. Elektro¬ 
therapie und Elektrodiagn. Band VII. 
Heft 11 und 12, Forts, und Schluß). 

1. Cholerakulturen; 48stiindige Be¬ 
strahlung; Resultat = Null. 

2. Cholerabouillonkultur, 2stündige Be¬ 
strahlung. Kontrolkultur wird den Strahlen 
mehr abseits von der Röhre ausgesetzt. Re¬ 
sultat: erstere ging bei der Aussaat nicht 
an, letztere wuchs. 

2. Colibazilleu; 1 -ständige Bestrahlung; 
Resultat: in den bestrahlten Teilen wachsen 
halb soviel Kulturen, als in den nicht be¬ 
strahlten. 

4. Colibouillonkultur; 2-stiindige Be¬ 
strahlung; Resultat positiv im Sinne einer 
Schädigung der Bakterien. 

5. Tuberkelbazilion; mehr als 1-stiindige 
Bestrahlung; Resultat positiv. 


Zu positiven Resultaten kam auch 
Rieder in einer weiteren Arbeit. Durch Vor¬ 
kehrungen sind dabei etwaige Fehlerquellen 
infolge Wärmewirkung, chemischer Verände¬ 
rung des Nährbodens oder elektrischer 
Wirkung ausgeschaltet worden. Fünf weitere 
Versuche mit positivem Resultat werden mit¬ 
geteilt, darunter einer, bei dem besondere 
Vorsichtsmaßregeln zur Vermeidung der 
Wirkung von Elektrizität, Ozon, Wärme und 
Licht getroffen wurden. Von fünf ferneren Ex¬ 
perimenten zeigten drei positiven, zwei nega¬ 
tiven Ausfall. Ein fernerer Versuch betreffs 
der bakteriziden Wirkung elektrischer Ent¬ 
ladungen und iles Ozons fiel negativ für diese 
aus. Es folgen weitere drei negative und ein 
positives Ergebnis. Bei Bestrahlung zweier 
Kolonien mit konzentriertem Bogenlicht zeigte 
sich in einem Fall eine entwicklungshemmende, 
jedoch nicht bakterientötende Wirkung dieses 
Agens, im anderen Fall aber eine bakterizide. 

Die Resultate auderer Forscher sind 
folgende: Zu positiven Ergebnissen kamen 
Holzknecht und Spieler, zu negativen 
Grunmach, Pott und Scholt.z, zu unbestimmten 
Niihsom. Freund untersuchte, oh eine etwa 
vorhandene bakterientötende Wirkung der 
Röntgenstrahlen auf die sog stillen elek¬ 
trischen Entladungen zurückzuführen sei; es 
zeigte sich hierbei, daß dies der Fall ist. 
Auch Belboi fand keine Abschwächung der 
Virulenz durch Belichtung mit Röntgen¬ 
strahlen. 

Die Reaktion von Protozoen auf Rönt¬ 
genbelichtung ist eine wechselnde. 

Somit sind Holzknecht, Rieder und 
Spieler die einzigen, die eine bakterizido 
Wirkung von Röntgenstrahlen feststellten; 
alle anderen Autoren hatten negative Erfolge. 

The Radium Treatment of Rodent Ulcer 

(Referat in „Treatment“ Dez 05). 

Bei zwei Fällen von Ulcus rodens 
wurden tägliche Bestrahlungen von halb¬ 
stündiger Dauer mit Radium vorgenommen, 
ln einem Fall trat. Heilung in weniger als drei 
Wochen ein; der zweite Fall verlief ebenso 
günstig. Mißerfolge werden auf fehlerhafte 
Technik oder Anwendung eines unreinen 
Präparates zurückgeführt. 

A rare case of goitre treated with x-rays 

(Referiert in „Treatment“ Dez 05.) 

Ein mit großem Struma geborener 
Hund wurde der Einwirkung der Röntgen¬ 
strahlen ausgesetzt; es wurden im ganzen 2t) 
Bestrahlungen von 10—15 Min. Dauer vorge- 
noimneu bei einer Penetrationskraft von 


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Referate. 


329 


„XIV nach Brandt’s Posometer.“ Der Erfolg 
war gleich Null. Unter Zunahme der Ge¬ 
schwulst traten Asphyxie und der Tod ein. 
Interessant ist dieses Experiment, weil die 
vorgenommene mikroskopische Untersuch¬ 
ung keine Beschränkung des Wachstums der 
epithelialen Elemente durch die Röntgen¬ 
strahlen nachwies. 


Kingscote: On the diagnostic valuo of the 
Roent.gen ray for the soft Organs of 
the body. (Archives of the Röntgen- 
Ray etc. Jan. 06.) 

Bericht über einen durch Radiogramm 
diagnostizierten Fall von Herzerweiterung 
nebst zwei Zeichnungen. 


Guilleminot: The exploration of the tliorax 
by ortho-diagraphy (Archives of the 
Röntgen Ray. Jan. 06. Forts) 

Die Messung der Zwerchfells¬ 
bewegung. 

Autor kommt auf Grund von ortho- 
diagraphischen Messungen der Zwerchfells¬ 
bewegung zu folgenden Resultaten: l) Rechts 
befindet sich die mittlere Lage der Kurve 
(? Ref.) des Zwerchfells 16.5 cm und links 
18.5 cm unterhalb der „Supra-sternallinie“ 
(? Ret'.). 2) Die mittlere Amplitude der 
Zwerchfellsbewegung beträgt zwischen 1,6 bis 
1,8 cm und ist auf beiden Seiten ungefähr 
gleich. 3) Abweichungen von dieser Zahl 
sind pathologisch und deuten gewöhnlich 
ernstere Störungen an. G. führt dann einige 
Fälle an, die das Gesagte illustrieren; in einem 
Fall von Tuberkulose der Lungen z. B. war 
die Bewegungsbreite des Zwerchfells nur 0,3 
bezw. 1,0 cm. 


Die Messung des Rippenbogen¬ 
winkels. 

G. hat gezeigt, wie man durch Gebrauch 
eines automatischen Unterbrechers bei der 
Radiographie die Phasen der Atmung getrennt 
aufnehmen kann und so ein Kinemato-rndio- 
gramm der Atmungsbewegung erhält. Er 
beschreibt dann seine Methode der Messung 
des Rippenbogenwinkels bei Inspiration und 
Exspiration, was im Original nachgelesen 
werden muß. Er erhält folgende, Werte: 

T . * ( Inspiration 77'/«° J ... , 

L,nk 'f Exspiration Tüvt *««*»*♦ 

Rechts ! I"Mr»tion 7«V j 
t Exspiration 73° 1 

Die Differenz zwischen Inspirations¬ 
und Exspirationswert stellt den „funktionellen 
Rippenwinkel“ dar. Dieser ist normaler 
Weise auf beiden Seiten gleich. Verschieden¬ 


heiten der beiden Seiten deuten auf Tuber¬ 
kulose hin. 

Shield und Lewis Jones: A case of ad- 
vanced mammary caneer treat.ed by a 
combination of operations and the x- 
rays. („The Lancet“ 18. 11. 05.) 

Es handelt sich um eine 46 Jahre alte 
Frau, die an vorgeschrittenem Brustkrebs 
litt, für welche die Radikaloperation ausge¬ 
führt wurde. Trotzdem trat bald ein Re¬ 
zidiv in Gestalt multipler Knoten auf, die 
wiederum entfernt wurden; es traten aber 
immer wieder Rezidive der geschilderten Art 
auf, die zwei weitere Operationen notwendig 
machten Dessen ungeachtet war der Zustand 
der Patientin */< Jahre nach der ersten Ope¬ 
ration ein sehr schlechter. 

Nun wurde zu Röntgen-Bestrahlungen 
übergegangen, die während der ersten zwei 
Monate zweimal, später nur einmal wöchent¬ 
lich appliziert wurden. Drei Wochen nach 
Beginn der Behandlung trat eine Wendung 
zum Besseren ein. Am Morgen jeder Be 
Strahlung wurden 0,3 g. Chinin-hydrochlor. 
innerlich verabreicht. Die Dauer der Sitz¬ 
ungen war jeweils 12 Minuten bei Benutzung 
weicher oder mittelweicher Röhren. Mit Aus¬ 
nahme des Gesichts wurden die umgebenden 
Teile nicht geschützt; es trat keine Derma¬ 
titis sondern nur leichte Pigmentierung auf. 
DasResnltat ist bis jetzt eine vollständige 
lokale Heilung unter Zunahme des Körper¬ 
gewichts und Wiederherstellung eines guten 
Allgemeinbefindens. Es*darf allerdings nicht 
außer Acht gelassen werden, daß die erste 
Operation im Juli 1904 und der Beginn der 
Röntgenisierung am 11. April 1905 stattfand. 
(Die Frage der Rezidivfreiheit kann also erst 
später beantwortet werden. Ref ) 

Frauze-Nauheim. 

Privatdozent Dr. L. Freund u. Dr M Oppenheim. 

Die Röntgenstrahlenbehandlungdes Lichen 
ruber planus. (Zeitschrift für Elektro¬ 
therapie. (Band VII, Heft 7/8) 

Die Verfasser schildern von einem 
Fall von Lichen rubar planus den mikros¬ 
kopischen Befund vor und nach der Behand- 
lnng mit Röntgenstrahlen. Eine typische 
Lichen-ruber-Eftlorescenz läßt eine allge¬ 
meine Verbreitung der Epidermis erkennen, 
welche vorwiegend das Rete Malpighi betrifft, 
besonders die intrapapillären Retezapfen. Die 
Verhornung des Epithels beginnt in der Mitte 
über dem Epithelzapfen, früher als in der 
Peripherie. Degeneration der Staehelzellon ist. 
nicht, sichtbar. An der Grenze zwischen 


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330 


Referate. 


Cutis und Epidermis Melanoplasten. Papillen 
verlängert., verbreitert einerseits durch Oedem 
der Lymphräume, andererseits durch dichtes 
Zellintiltrat, das scharf gegen das Stratum 
reticulare abgesetzt ist. Die übrige Cutis ist 
bis auf geringe Zellinfiltration um die Gefäße 
und Drüsen nicht verändert. Die elastischen 
Fasern fehlen iin Bereich der Papillen. Die 
histologischen Veränderungen nach der Be¬ 
strahlung entsprechen einer Organisierung 
des Kundzelleninfiltrates zu Bindegewebe, mit 
welcher die reparat.orischen Vorgänge im 
Epithel Hand in Hand gehen. Die Intensität 
der in 11 Sitzungen verabreichten Röntgen¬ 
strahlen mit mittelweichen Röhren entsprach 
je 1,18—2,35 mg. Jod aus 5 ccm eines 2°/o 
Jodoform-Chloroformlösung. W. 

Prof. Dr. F. Lange. Die Bedeutung der Rönt¬ 
genbilder für die Orthopädie. M. M. W. 
1905 N. 17-18. 

Verfasser beweist an der Hand eines 
großen orthopädischen Materials die Bedeu¬ 
tung des Röntgenverfahrens für die Diagnose 
und das einzuschlagende orthopädische Heil¬ 
verfahren und schließt seine Arbeit mit fol¬ 
genden Worten: 

„Ohne Röntgenbild hätte die Orthopädie 
niemals die überraschend schnelle Entwicklung 
innerhalb 10 Jahren von einem Handwerk zu 
einer vollwertigen Wissenschaft nehmen 
können, und ich glaube nicht zu viel zu be¬ 
haupten, wenn ich sage: „„Was der Augen¬ 
spiegel von Helmholtz für die Ophthalmologie, 
das ist die Entdeckung Röntgens für dio 
Orthopädie geworden.““ W. 

Prof. Dr. von Mikulicz. Die Bedeutung 
der Röntgen«t,rahlen für die Chirurgie. 

Dr. Schyerning. Die Verwendung der 
Röntgenstrahlen im Kriege. 

Prof. Dr. Rumpf. Die Ergebnisse der 
Röntgenstrahlen für die innere Medizin. 

Prof. Dr. H. Freund. Die Bedeutung 
der Röntgcnst.rahlen für die Geburtshilfe und 
Gynäkologie. 

Dr. h. Schmidt. Die Röntgenstrahlen 
in der Dermatotherapie. 

Dr. Reyher. Über die Bedeutung der 
Röntgenstrahlen in der Kinderheilkunde. 

Prof. Dr. W. Miller. Die Röntgen¬ 
strahlen im Dienste der Zahnheilkunde. 

Prof. Dr. von Bardeleben. Die Röntgen¬ 
strahlen in der Anatomie. 

Dr. M. Levy-Dorn. Die Entwicklung 
der Technik des Röntgenverfahrens. 

Mit den Arbeiten genannter Autoren 


hat die D. M. W. die in der Röntgenkongre߬ 
woche fällige Nummer herausgegeben. Die 
sämtlichen Arbeiten geben, wie das bei dem 
der einzelnen Arbeit zugewiesenen Umfang 
für eine Wochenschriftsnummer nicht anders 
möglich ist, nur in kurzen Zügen einen Über¬ 
blick über das Erreichte und eine Perspektive 
für das noch zu Erstrebende. W. 

Beck-New-York: Über die Kombination von 
Exzision und Röntgen-Therapie bei Morbus 
Basedow. B. Kl W. 1905. N 20. 

Verfasser hat in einem Falle von sehr 
schwerem Basedow an die halbseitige Opera¬ 
tion der Schilddrüse die Röntgenbehandlung 
angeschlossen und damit erreicht, daß die 
Symptome, welche nach der Operation und 
Wnndheilnng noch hochgradig persistierten. 
auffallend rasch zurückgingen. Tachycardie 
und Exophthalmus verschwanden vollkommen, 
die zurückgebliebene Drüsenhälfte war nicht 
mehr zu entdecken, das Allgemeinbefinden 
vortrefflich. Verfasser rät. deshalb, ohne aus 
diesem Falle verallgemeinern zu wollen, in 
leichten Fällen neben der allgemeinen Thera¬ 
pie zu röntgenisieren, in schweren Fällen die 
halbseitige Sehilddriiscnoperation zu machen 
und postoperativ die Röntgenbehandlung an¬ 
zuschließen. W. 

Dr. R. Lennhof und Dr. Levy-Dorn. Unter¬ 
suchungen an Ringkämpfern. D. M. W. 
1905. N. 22. 

Die Verfasser stellen durch wiederholte 
Untersuchungen an Ringkämpfern fest, daß 
auch nach den schwersten Kämpfen in keinem 
Falle eine Zunahme des Herzumfanges ortlio- 
diagraphisch nachzuweisen sei. wenngleich 
mehrmals die Perkussion eine größere Dämpf¬ 
ung nach dem Ringkampf ergab, als vor dem¬ 
selben. Diese Zunahme der perkussorischen 
Dämpfungsfigur erklärt sich durch einen 
exspiratorischen Hochstand 'des Zwerchfells, 
wodurch eine Verschiebung des Herzens be¬ 
wirkt wird, aus welcher dann die schein¬ 
bare perkussorische Vergrößerung resultiert. 
Dieses orthodiagraphische Resultat steht im 
Einklang mit dem orthodiagraphischen Be¬ 
fund, den seinerzeit Levy-Dorn an dem Sieger 
im Dauermarsch Dresden-Berlin erheben 
konnte. W. 

Evler, C., Über günstige Beein¬ 
flussung eines Karbunkels 
durch Röntgenbehandlung, M e - 
dizin. Klinik, Jahrg. I (1905), No. 52, 
S. 1342. 

Evler berichtet über günstige Beein¬ 
flussung eines 13 cm breiten, 7 cm langen 


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Referate. 


331 


Karbunkels durch Röntgcnstrahlen. Der Ge¬ 
schwulstknoten war bei einem 62'/»jährigen 
Hann mit chronischen, seit mehreren Jahren 
bestellenden Herzbeschwerden aufgetreten, 
und zunächst bei Bettruhe, Einführung von 
Coffein, natriobenzoieum und Pyramiden mit 
Spiritus-Umschlägen (unter Gummipapier) be¬ 
handelt worden. Nach 0 Tagen (20. Okt.) 
schien zwar die bisher vermiedene Zircutn- 
zision im Gesunden kaum mehr zu umgehen, 
doch sollte vorher noch ein Versuch mit 
einer Röntgenbestrahlung gemacht werden 
Über die Ausführung ist Folgendes zu bemerken: 
Röhre mittelweich, Dauer der Exposition 2 
Minuten, bei 20 cm Abstand, Induktorium 
von 60 cm, Welinelt-Unterbrecher; Schutz 
der gesunden Haut durch Bedecken mit Blei¬ 
platten von 0,5 cm Dicke. Sofort sank die 
Temperatur von 38,1° auf 37,2°, der Puls 
(bisher 110—120, klein, leicht und unregel¬ 
mäßig) hob sich und es machte sich in Folge 
beginnenden Zerfalls des Karbunkels ein 
auffallender Geruch bemerkbar, so daß von 
nun an Verbände mit 3"/o Wasserstoff¬ 
superoxydlösung appliziert wurden, ln den 
nächsten Tagen folgte je eine Bestrahlung 
von 3 Minuten Dauer. Vom 21. Okt. (Tag 
nach der ersten Bestrahlung) ah Temperatur 
normal. Nur in der Mitte des Karbunkels 
zeigte sich ein Hautstiick von 1,5 cm Länge 
und 1 cm Breite, die Muskelfasern aber in 
etwas größerer Ausdehnung nekrotisch ge¬ 
worden. Die schnelle Einschmelzung, welche 
in dein anscheinend verzweifelten Falle schon 
nach der ersten, das erkrankte Gewebe 
stärker schädigenden Applikation der Strah¬ 
len eintrat, hatte den raschen, günstigen Aus¬ 
gang herheigeführt. Verfasser nimmt eine 
direkte und eine indirekte Wirkung der Rönt- 
genstrahleu an, erstere führt zu einem Zer¬ 
fall der in dem Karbunkel massenhaft vor¬ 
handenen Eiterkörperchen, letztere, die wir 
uns vielleicht als eine fermentative, auto¬ 
lytische Aktion vorzustellen haben, durch 
Vermittelung von Zerfallsprodukten zur 
Bildung von Antitoxinen, jedenfalls zu einer 
Begünstigung der natürlichen Heilungs- 
Vorgänge. B. Sol ger-Greifswald. 

Hermann Hinterstoisser-Teschen: Zur Thera¬ 
pie der angeborenen Blasen- 
spalte. (Wiener klinische Wochen¬ 
schrift 1906. No. 1.) 

Kasuistische Mitteilung eines vom Ver¬ 
fasser operierten Falles. Aus der Literatur 
E nder 1 en: Über Blasenectopie (.1- F.) 
Bergmann-Wiesbaden 190t) und Verh. d. 
D. Ges. f. Chir. 1903. II., 184) geht hervor, 


daß bei der vollständigen Blasenspalt.e die 
Symphysis ossis pubis fast vollständig fehlt, 
die Rudimente der Schambeinästc weit atts- 
einanderstelien und eine mehr oder minder 
breite Spalte des Beckenringes bestellt,. In 
dem mitgeteilt.cn Falle stehen inPRön t ge ri¬ 
ll i 1 d e die Knochen 8 bis 10 cm weit aus¬ 
einander.“ (Das in Autotypie verkleinert, 
wiedergegebene Radiogramm läßt die synt- 
physealen Anteile des Beckenskelettes so un¬ 
vollständig erkennen, daß der Beckenring 
beiderseits schon vor dem Foramcn obtura- 
tum aufztthören scheint. Eine solche Repro¬ 
duktion ist ein „trauriger Zeuge“ und wäre 
vorteilhaft, durch eilte Konturzeichnung zu 
ersetzen. Oder sollte der Symphysenspalt auch 
am Original nicht verläßlich zu sehen sein; 
wie ist es sonst zu verstehen, daß er 8-10 cm 
breit ist? Ref.) Robinsohn-Wien. 

F. Völker und A. Lichtenberg, Pyelographie. 
M. M. W. 1906 No. 3. 

Die Verf. haben mittelst eines bis in’s 
Nierenbecken vorgeschobenen Ureterenkatlie- 
ters unter Benützung des Casperscheu Urc- 
terenkvstoskops eine 5°/oige Kollargollösung 
injiciert (5—60 ccm.). Die Injektion wurde 
ohne schlimme Folgeerscheinungen ertragen. 
In 4 von 11 Fällen bekamen die Verf. bei 
der Röntgenaufnahme sehr klare Bilder, 
welche durch zeichnerische Widergabe mit¬ 
telst Storchschnabel der Arbeit beigegeben 
sind und sehr schön die Form vom Nieren¬ 
becken und Ureteren wiedergeben. 

W. 

A. Cahn-Straßburg: Über die diagnostische 
Verwertung der Röntgenstrahlen und der 
Gebrauch der Quecksilbersonde bei 
Speiseröhrenerkrankungen. (M. M. W. 
1906 No. 2.) 

Verf. beschreibt das Durchleuchtungs¬ 
bild des Schluckaktes bei einer Oesophagus- 
lähmttng, welche erst durch die Durchleuch¬ 
tung (Bismuthprobe) vollkommen klar/wurde. 
Desgleichen beschreibt, er das Durchletich- 
tungsbild des Oesophagusspasinus, den er durch 
Quecksilbersondenbehandlung heilte. Verfas¬ 
ser stellte des weiteren durch die Röntgen¬ 
durchleuchtung einen Fall von spindelför¬ 
miger Erweiterung des Oesophagus bei einem 
8jährigen Jungen fest. Der Fall'wurde von 
ihm ebenfalls behufs Erweiterung der Cardia 
mit der Quecksilbersonde behandelt und zwar 
mit vorzüglichem Erfolg. Bei krebsigen 
Stricturen des Oesophagus gelang manchmal 
die Bougierung mit der Quecksilbersonde, wo 
andere versagten, der therapeutische Erfolg 


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332 


Referate. 


war jeHocIi ebenso unbefriedigend wie bei 
letzteren. Über Sondenbehandlung bei Ver¬ 
ätzungen hat Verf. keine Erfahrung. W. 

T. Marie. Des Avantages de la Radiographie 
stereoscopique sur la Radiographie simple 
pour l’examen de pied. (Archives d’Elec- 
tricite niedicale ect. No. 180. 

Verfasser macht an der Hand eines 
Falles auf die Wichtigkeit einer stereos¬ 
kopischen Röntgenaufnahme für die sichere 
Feststellung einer traumatischen Veränderung 
am Fuße aufmerksam. Die vielen Knochen und 
Gelenke mit ihren mancherlei Abnormitäten, 
die Schwierigkeit einer exakt gleichartigen 
Lagerung und Röhrenstellung, auch bei den 
typischen Aufnahmen begünstigen die Mög¬ 
lichkeit einer Fehldiagnose. So erhielt M. in 
einem Falle aus den 3 nicht stereoskopischen 
Aufnahmen die Möglichkeit einer trauma¬ 
tischen Affektion am Fuße, während die stere¬ 
oskopische Aufnahme die völlige Intaktheit 
der Fußknochen zeigte. Man kann dem Ver¬ 
fasser nur beipflichten, daß stereoskopische. 
Aufnahmen bei Atfektionen bes. am Fuß im In¬ 
teresse sicherer Diagnosen mehr als bisher 
üblich geübt werden mögen. W. 

G. Haret. Cancer du col de l’ut.erus t.raite 
avec suecös par la Radiotherapie fAr- 
chives d’ Electricite medicale No. 180. 

Verfasser berichtet über einen klinisch, 
allerdings nicht histologisch, festgestellten 
Fall von Krebs des Uterushalses, den er mit 
Röntgenstrahlen erfolgreich behandelt hat, 
nachdem der Chirurg die Operation abgelehnt, 
hatte, einmal w T egen des hohen Alters der Patien¬ 
tin und w r eil die Scheiden wand mit befallen war. 
Die Behandlung bestand in der Applikation 
einer Strahlen-Dosis von durchschnittlich je 
4 H, jede Woche in einer Sitzung mit einer 
Röhre von der Härte No. 6 des Radiochromo¬ 
meters Benoist, die kranke Partie wurde mit¬ 
telst. Speculum eingestellt. Dauer der Be¬ 
handlung 6 Wochen. Nach der 2. Woche 
waren die Schmerzen geringer, nach der 4. 
waren sie vollkommen verschwunden und die 
Ulcerat.ion am Collum war vernarbt. Nach 
der 6. Sitzung war auch die Tnduration in der 
Scheide nicht mehr zu fühlen. W. 

P.Redard. Radiotherapie dans los adenopat.hies 
tuberculeuses. (Archives d’Eloctricitö me¬ 
dicale No. 180.) 

Verf. referiert über seine Erfahrungen 
mit Röntgenstrahlen bei der Behandlung 
tuberkulöser Drüsenerkrankungen und faßt 
dieselben dahin zusammen; 


Die Röntgentherapie ist in einer großen 
Anzahl von Fällen der üblichen Behandlung, 
auch der Operation vorzuziehen. Sie ist 
besonders angezeigt bei den chronischen 
Formen der Drüsenerkrankung, den alten 
fibrösen, welche, keine Neigung zur Er¬ 
weichung zeigen. Die Behandlung dauert 
lange (bis zu 7 Monaten), und man erreicht 
gewöhnlich nahezu völliges Verschwinden 
des Tumors. Weniger eignet sich die Be¬ 
handlung für die subacuten Formen mit den 
Zeichen der Verkäsung und entzündlichen 
Infiltration der Haut. Dagegen bringt die 
Röntgenbehandlung rasche Heilung bei Ver¬ 
eiterung der Drüsen und Fistelbildung. Die 
Fisteln schlossen sich bald und die Narben¬ 
bildung an der Haut. ist. eine w r enig auf¬ 
fallende. 

Die applicierte Strahlendosis war: alle 
12—14 Tage 4-5 H mit einer Röhre von 
der Härte No. 6 des Radiochromometers 
Benoist’s. W. 

Dr.'hans Curschmann und Otto Gaupp: Über 
den Nachweis des Röntgenleukot.oxins im 
Blute bei lymphatischer Leukämie. Münch, 
med. Wochensehr. 1905, No. 50 pag. 2409. 

Ein an lymphatischer Leukämie leiden¬ 
der Kranker wurde in 16 Tagen 7 mal 
bestrahlt in Sitzungen von wechselnder 
Dauer. Die Leukocytenzahl ging daraufhin 
von 150000 auf 44 000 herunter, die Lym- 
phocyt.henzahl sank von 94°/ 0 auf 85—84°/ 0 . 
Die Zahl der Erythrocyten — es bestand 
mäßige Poikilocytose — wurde nicht wesent¬ 
lich verändert Von dem vor der Bestrahlung 
des Kranken erhaltenen Blutserum wurden 
einem Kaninchen 5 ccm. einem anderen 4,5 
ccm injiziert; eine Abnahme der Leucocyten- 
zahl trat hiernach nicht auf. Nach der Be¬ 
strahlung wurden von dem wiederum ent¬ 
nommenen Serum 4 Kaninchen teils sub¬ 
kutan teils in die Ohrvene 2—5 ccm injiziert 
und darnach eine Abnahme der Leukocyten 
nach 4—6 Stunden beobachtet. Außerdem 
trat eine erhebliche Verminderung d<*r Leu¬ 
kocytenzahl meist schon nach 10 Minuten ein. 
die nach 1—2 Stunden längstens wieder ver¬ 
schwunden war und von den Verff. auf die 
Wirkung des injizierten artfremden Eiwcisses 
znrückgefiihrt wurde. Nach 6—7 1 /* Stunden 
ging die Leukocytenzahl wieder zur Norm 
zurück. Neben der Disposition der Tiere 
schien die Mpnge des injizierten Serums ent¬ 
scheidend zu sein für den Grad der ent¬ 
standenen Leukopenie. Zwei Versuche zeig¬ 
ten, daß Injektionen von bei 60° inaktiviertem 
Serum des bestrahlten Leukämikers keine 


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Referate. 


333 


Verminderung: der Leukocyten machten, eben¬ 
sowenig Injektionen von normalem Menschen¬ 
blutserum. Durch Versuche in vitro wurde 
gezeigt, daß das Serum des bestrahlten Leu- 
kämikers imstande ist, auch menschliche 
Leukocyten zu zerstören, nach der Inak¬ 
tivierung diese Eigenschaft aber verliert und 
dann normalem Menschenblutserum gleicht- 
Die Verff. schließen aus diesen Versuchen 
daß durch die Röntgenstrahleneinwirkung mit 
dem Zugrundegehen der Leukocyten im Blute 
des Leukamikers ein spezifisches Leukotoxin 
entsteht, das imstande ist. Leukocyten im 
kreisenden Blute von Versuchstieren und 
menschliche in vitro electiv zu zerstören. 

G. Lefmann-Heidelberg. 

J. C. G. Ledingham: Haematological and 
Chemical observations in a case of spleno- 
medullary leukaemia under x-Ray treat- 
ment. („The Lancet“ 1Ü. 2 06.) 

Bericht über einen mit Röntgenstrahlen 
behandelten Fall von lienaler Leukämie nebst 
Autopsiebefund. Eignet sicli nicht zum 
Referat. 

W. J. Bruel: Two cases of leukaemia treated 
by the Roentgen rays („The Lancet“ 
27. 1. 06.) 

Es handelt sich um zwei mit Röntgen¬ 
strahlen behandelte Fälle von Leukämie. 

1) 5 -jährige Frau: Wöchentlich 6 
Sitzungen, bestehend in Bestrahlung der Milz¬ 
gegend, 10 Minuten lang, des Sternums 5 
Minuten lang und der Kniee 10 Minuten lang 
mit harter Röhre. Zugleich wurden intra¬ 
muskuläre Injektionen mit Arsenik ausge¬ 
führt. Nach einer Unterbrechung Fortsetzung 
der Behandlung. Bedeutende Besserung 
objektiv und subjektiv. 

2) 23-jährige Frau: Behandlung und 
Resultat ähnlich wie beim ersten Fall. 

Es folgen allgemeine Bemerkungen zur 
Behandlung der Leukämie mit X-Strahlen. 
Beim zweiten Fall schützte Autor die Haut 
der bestrahlten Stellen mittelst Leinwand 
von der Dicke eines Tischtuches und glaubt, 
daß ein derartiger Schutz nicht ohne 
Wert sei. Franze-Nauheim. 

Dr. C. Wichmann. Zur Röntgentherapie M. 
M. W. 1905 No. 34. 

Verf. beschreibt eine Schutzvorrichtung 
für Bestrahlungszwecke, welche an der Röhre 
angebracht wird, ähnlich wie der von Gundelacb 
vor bald 2 dahren angegebene Bleiglasschutz. 
Neu ist die Einführung von Bestrahlungs- 
Rohransätzen in Fisteln und Geschwülste. 

W. 


Arneth. Zum Verständnis des Verhaltens der 
weißen und roten Blutzellen bei der Be¬ 
handlung der Leukämie mit Röntgen¬ 
strahlen. M. M. W. 1905, No. 33 und 34. 

Verf. vertritt, wie viele andere, den 
Standpunkt, daß die Einwirkung der Rönt- 
genstrahlen bei der Leukämie auf einer 
Schädigung und Abschwächung des das Krank¬ 
heitsbild auslösenden hypothetischen Lebe¬ 
wesens beruht. Er betrachtet also die Rönt¬ 
genbehandlung als eine ätiologische, nicht 
als eine symptomatische. Die Deutung welche 
V. den einzelnen Veränderungen des Blutes 
durch die Röntgenbehandlung gibt, ist zu 
kurzem Referat nicht geeignet. W. 

Dr. Müller und Dr. Respinger. Über die Ein¬ 
wirk ungder Röntgenstrahlen bei Leukämie, 
(Ivorrespondenzblatt für Schweizer Arzte 
1905 No. 19). 

Die Verfasser bringen einen kasuisti¬ 
schen Beitrag zur Röntgenbehandlung der 
Leukämie und schließen daran eine Über¬ 
sicht über die therapeutischen Erfahr¬ 
ungen der sonstigen Autoren auf diesem 
Gebiete. Die meisten Beobachter kommen 
darin überein, daß die Verminderung der 
Leukozyten sämtliche vorhandene Leukozyten- 
formen, ungefähr proportional ihrer Zahl be¬ 
trifft. Die pathologischen Formen, die Mye¬ 
lozyten resp. Lymphozyten, zeigen stärkere 
Neigung zum Verschwinden. Einem Ansteigen 
der Leukozyten unmittelbar nach der Be¬ 
strahlung folgt ein Abfall unter den vor¬ 
herigen Wert. Manchmal läßt der Rückgang 
längere Zeit auf sich warten. In vielen Fällen 
bleibt das Blut leukämisch trotz normaler 
Gesamtleukozytenzahl. Die roten Blutzellen 
nehmen in der Regel konstant langsam zu und 
mit ihnen der Hgl.-Gehalt. Der Rückgang 
der Milz- und Lebertumoren erfolgt meist 
langsam, oft erst nach Wochen und Monaten. 
Die Verfasser geben eine genaue Beschreibung 
ihrer Technik, aus der hervorgeht, daß sie 
sich des Holzknecht’schen Chromoradiometers 
bedienen und zwar einmal zur Verhütung von 
Verbrennungen, dann aber auch um ein an¬ 
näherndes Vergleichsmaß für die anzuwendende 
Strahlenintensität zu haben. So wertvoll nun 
das Chromoradiometer für die Angabe der 
angewandten Intensität bei Hauterkrankungen 
ist, so läßt sich dasselbe für die Abschätzung 
der angewandten Strahlenintensität bei der 
Behandlung tiefer gelegener Prozesse nicht so 
ohne weiteres verwenden. Will man hier ein 
ungefähres Maß erhalten, so muß man den 


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334 


Referate. 


Härtegrad der gebrauchten Röhre nach irgend 
einer Härteskala mit angeben. — Am Schlüsse 
ihrer Arbeit fassen die Verfasser den heutigen 
Standpunkt der Röntgenbehandlung der Leu¬ 
kämie dahin zusammen: 

1. Die Röntgenstrahlen bilden zur Zeit 
das mächtigste therapeutische Agens zur Be¬ 
einflussung der leukämischen Veränderungen, 
sowohl was Blutbefund, Milz- und Leber- 
sclnvellungen als Allgemeinbefinden betrifft. 

"2. Die Wirkung ist eine symptomatische, 


nicht eine ätiologische; demgemäß fehlen 
Dauerresultate. 

3. Als Methode der Bestrahlung sind 
tägliche Sitzungen mit relativ kleinen Dosen 
seltneren Applikationen von großen Dosen 
vorzuziehen. 

4. Die Röntgenwirkung beruht auf einer 

Destruktion der weißen Blutkörperchen, welche 
wahrscheinlich sowohl im Kreislauf 'als in 
den hämopoetischen Organen und im Lymph¬ 
system stattfindet. W. 


Elektrotherapie und Elektrodiagnostik. 


Franz Streintz -Graz: Über Mctall- 
strahlung (Wiener klin. Wochenschr. 
1305, No. 51). 

Es gibt eine Reihe von Metallen, 
welche ähnlich wie das Radium, auf ihre 
nächste [ Umgebung chemisch wirken und 
außerdem den angrenzenden Luftschichten 
ein gewisses elektrische Leitvermögen er¬ 
teilen. Diese Eigenschaften bezeichnet man 
als Metallstrahlung. Autor, Professor der 
Physik in Graz, teilt seine diesbezüglichen 
physikal. Experimente mit, in der Hoffnung, 
dadurch Anregung zu erfolgreichen Versuchen 
auf dem Gebiete der in Vergessenheit ge¬ 
ratenen Metailotherapie, der bisher 
jede wissenschaftliche Grundlage fehlte, zu 
geben. 

Man teilt die Metalle in elektropositive 
und elektronegative. Die elektropositiven 
zerlegen Wasser und oxydieren sich an der 
Luft mit verschiedener, aus der nachfolgenden 
„Spannungsreihe“ hervorgehenden Energie: 

+ K, Na, Li Ba, Sr, Ca, Mg, Al, Zn, 
Cd, Fe, Co, Ni, Sn, Pb, Cu, Bi, Sb, Hg, Pt, Au. 

Die Metalie Mg, Al, Zn und Cd besitzen 
die Eigenschaft, sich auf mit .Todkalium ge¬ 
tränktem Papier leicht, weniger gut auf der 
photographischen Bromsilberplatte, abzu¬ 
bilden, solange ihre Oberfläche vollkommen 
glatt, nicht oxydiert ist. Unter günstigen 
Verhältnissen genügen folgende Einwirkungs¬ 
zeiten: Auf Jodkaliumpapier erzeugt Mg 
nach einer halben Minute, Al nach ‘2 Minuten, 
Zu nach einer Stunde, Cd nach 2 Stunden 
ein deutliches Bild; auf der photographischen 
Platte erzeugt in 24 Stunden: Al ein sehr 
kräftiges, Zn ein schwaches, Mg ein sehr 
schwaches Bild. Die magnetischen Metalle 
Fe, Co und Ni sowie die rechts in der Reihe 
stehenden Metalle lassen Jodkalium unver¬ 
ändert. K und Na erzeugen, blauk geschnitten 
in Petroläther, auf der photographischen 


Platte nach 3 Stunden ein sehr deutliches 
Bild. Die Wirkung kommt nicht nur bei 
direktem Kontakt zustande, sondern auch aus 
einiger Entfernung, z. B. 0,5 Millimeter. 

Für therapeutische Versuche empfiehlt 
Autor das geschmeidige Magnesium mehr als 
das zähe Aluminium. Man muß dafür 
Sorge tragen, die obersten Schichten in 
angemessenen Zeiträumen auf mechanischem 
Wege, z. B. durch ein schleifendes Messer¬ 
chen, zu entfernen. Unter allen Umständen 
muß man dafür Sorge tragen, daß frische 
Luft möglichst ausgeschlossen bleibe, da die 
Wirkung durch sie rasch herabgesetzt wird. 

(Literatur: F. Streintz: lieber die 
Wirkung einiger elektropositiver Metalie auf 
Jodkalium (Physikal. Zeitsehr. 1304, Bd. 5, 

S. <38; F. Streintz und 0. Stroh¬ 
schneider: Versuche über Metallstrahlung 
(Arm. d. Physik 1305, Bd. 18, S. 198); F. 
Streintz: Über Metallstrahlen (Physik. 
Zeitschr. 1905 Bd. 6,)J 

Robinsohn - Wien. 

Stephane Leduc. Gnörison d’un ric doulonrenx 
de la face datant de trerite-cinque ans, par 
trois seances d’introdnction de l’ion sali- 
cyliqne, (Archive» d’electricite mödicale, 
experimentales et cliuiqnes. 10. November 
1905. No. 177.) 

Heilnng eines seit 35 Jahren bestehenden 
tic donlonrenx des Gesichtes durch dreimalige 
Anwendung ionisierter Salicylsänre. 

Eine große, indifferente Anode ans einer 
I2fachen Schicht hydrophiler Baumwolle be¬ 
stehend wnrde mit Natriumchlorid getränkt und 
mittels einer darübergelegten Metallplatte mir. 
dem + Pol verbunden. Diese Anode wird an 
irgend einem Körperteil, am besten atn Btiir, 
durch geeignete Halter befestigt. 

Eine wie die Anode zusammengesetzte, 
aber mit einer warmen 2°/o Lösung salicylsauern 


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Referate. 


335 


Natriums getränkte Kathode bedeckt die ganze 
schmerzende Partie. 

Man steigert vorsichtig das Potential und 
vermag so in ungefähr 10 Minnten eine Strom- 
stärke'ivou 2 m A. pro Qnadratzentimeter Elek¬ 
trode zn geben, ohne daß der Patient Be¬ 
schwerden fühlte. 

Man läßt den Strom 20—40 Minnten eiu- 
wirken nnd verringert dann langsam das Po¬ 
tential. 

Der Patient soll die Wirkung der Elek¬ 
trode ganz gleichmäßig fühlen ; zeigt sich irgend¬ 
wo Stechen oder Brennen, so ist die Sitznng zn 
miterbrechen nnd der schmerzende Pnnkt mit 
einem Tropfen Collodimn zn bedecken. 

Die ionisierte Salicylsänre wird von dem 
Gewebe gnt ertragen und ihre elektrolytische 
Einführung ist oft von überraschendem Erfolge 
in der Behandlung schmerzhafter, nervöser 
Affektioueu. 

Folgt Beschreibung eines Falles von tic 
doulourenx des Gesichtes, der innerhalb 14 
Tagen, nach drei Sitzungen von ca. 1 Stunde 
Dauer zur Heilung kam und bis jetzt ohne 
Rezidiv blieb. Wetterer. 

Privatdozent Dr. K. Winternitz-Halle. Über 
einen einfachen Ersatz des elektrischen Vier¬ 
zellenbades. M. M. W. No. 38. 1905. 

Das sog. Vierzellenbad ist kein Bad, sondern 
die 4 Zellen füngieren einfach als Elektroden. 
W. führt an, daß übrigens die Sache an und für sich 
absolut nicht ganz neu ist, sondern daß schon 
Weisflog (1876) nnd Edison (1894) sich der 


Schüsselelektroden bedienten, und etwas anderes 
stellen die Vier-Zellen auch nicht dar. W. hat 
nun diese 4 Zellenelektroden durch vier große 
Plattenelektrodeu ersetzt, und zwar nimmt er 
große Zinkschalen, die mit Wachstnch überzogen 
nnd mit einem Mooskissen ausgelegt sind. Als 
Indikationen gelten die von Beard und Rochwell, 
Ziemssen, Erb n. a. anfgestellten Indikationen für 
die allgemeine Elektrisation. Die allzuweit ge¬ 
steckten Schnee’schen Indikationen können nach 
W. vor einer objektiven Prüfung kaum bestehen. 

W. 

Witte-Charlottenburg. Zur faradischen Behand¬ 
lung der Fibromyome des Uterus. D. M. W. 
1905. No. 10. 

Verfasser macht wiederholt auf die äußerst 
günstigen Resultate der faradis.’hen Behandlung 
von Uteiustibromyomen aufmerksam, durch die 
nicht nur die subjektiven Beschweiden, Blutungen 
und Druckerscheinungen beseitigt, sondern auch 
die Tumoren fast völlig zum Schwiudeu ge¬ 
bracht wurden. Die Behandlung bestand in 
4—6 wöchentlicher täglicher Applikation (30 
Minnten) eines Stromes von 3—4 \ olt Stärke 
(? d. R.) primären Strom und 5 Zentimeter Rollen- 
abstand. (? d Ref.) W. 

Bloebaum-Köln. Ein weiterer Beitrag zur 
Radikalbehandlung des Rhinophyms durch 
Galvanokaustik M. M. W. 1905 S. 47. 

V. beschreibt einen Fall von Rhinophym 
mit Illustrationen vor nnd nach der Behandlung mit 
galvanokaustischem Messer und Nadel. W. 


Phototherapie. 


G. H. Graham: Aesculin in conjunction with 
Finsen Light in the Treatment of Lupus 
vulgaris. („The Lancet“ 16. 12. 05). 

Autor benutzte das Aesculin, ein aus 
dem inneren Teil der Rinde von Aesculus 
hippocastanum (Roßkastanie) gewonnenes 
Glykosid, um die Gewebe zu sensibilisieren. 
Er spritzte subkutan Dosen von 0,05 bis 0,25 g 
einer 5°|ogen Lösung ein; man verwendet am 
besten eine solche, die nicht älter als 2 Tage 
ist. Die Nadel wird nun unter die Haut, 
nicht tiefer, eingestochen, und zwar gerade 
an der zu behandelnden Stelle. Während 
nach einer gewöhnlichen Sitzung mit Finsen- 
lieht die Reaktion meistens am dritten Tag vor¬ 
über ist, hält sie nach Sensibilisierung mit 
Aesculin 4—7 Tage an. G. nimmt auch an, 
dal) dieser Stoff einige Tage lang in den Ge¬ 
weben liegen bleibt, da er nach Finsen¬ 
behandlungen, die erst einige Tage nach der 


Injektion vorgenomnien wurden, stärkere 
Reaktionen beobachtete als ohne Injektion. 

Hei Lupus vulgaris hat G. über 100 
Injektionen ohne üble Nebenwirkungen ge¬ 
geben, und er glaubt, den Wert des Mittels 
hierbei hauptsächlich darin zu erblicken, dal) 
vereinzelte Knoten, die der gewöhnlichen Be¬ 
handlung getrotzt haben, nach Sensibilisierung 
rasch beseitigt werden. Auch soll Aesculin 
die Resorption harten Narbengewebes, wie es 
sich oft nach der Kurettierung von lupösen 
Heerden bildet, befördern. Autor bringt zum 
Schluß eine Hypothese für die Erklärung der 
Wirkung. Franz e-Nauheim. 

Dr. P. Wichmann. „Ueber eine technische Ein¬ 
richtung znr Erleichterung der Finsen- 
therapie.“ (Deutsche medizinische Wochen¬ 
schrift). 

Bekanntlich konzentriert die Finaeitlampe 
das Licht eines Kohleubogens. Dieses Licht 


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336 Referate. 


geht durch ein Liusensystem aus Bergkrystall 
hindurch. Das erste Linsenpaar sammelt die 
divergierenden Strahlen des Bogens, richtet sie 
parallel, schickt sie durch Wasserkammern hin¬ 
durch, wobei die dunkeln Wärmestrahlen aufge- 
saugt werden. Das letzte Linsenpaar nimmt die 
parallelgerichteten Strahlen anf und lädt sie als 
konvergierende Strahlen ans dem tubusförmigen 
Konzentrator anstreten. Dieser Strahlenkegel 
soll nun etwas innerhalb des Fokus durch eine 
Wasserkühldrucklinse anfgefangen werden, die 
mittels Wärterhand auf der Haut des Patienten 
festzulialten ist. 

Es erfordert nun nicht geringe Geduld 
und Aufmerksamkeit, die Drncklinse während 
mindestens einer Stunde gleichmäßig und in 
richtiger Lage der Haut aufzupressen. 

Wichmann hat einen kleinen Apparat an¬ 
gegeben, der das Amt des Wärters übernimmt, 
indem er die Drncklinse durch ein am Tubus 
angebrachtes Schienenpaar festhält. Die Ein¬ 
stellung des an dem Schienenpaar befestigten 
Druckglases in die richtige Entfernung und 
Lage, ermöglicht eine Vorrichtung zum Vor¬ 
schieben des Schienenpaares in der Richtung 
der Längsaxe des Tubus, und nach erfolgter 
Einstellung wird das Ganze fixiert. 

l T m die nötige Druckwirkung zu erzielen, 
kann das Gewicht des um ein Scheibengelenk 
drehbaren Apparates auf den Krankheitsherd 
übertragen werden; zur Regulierung der Be¬ 
lastung dient ein Hebel, der an dem Scheiben¬ 
gelenk angebracht ist. 

Es ist außerdem ein automatischer Aus¬ 
schalter vorgesehen, der den Strom unterbricht, 
sobald die beiden Kohlenelektroden der Diffe- 
rential-Gleichstrom-Bogeulampe in nurichtigem 
Abstand von einander stehen. Hierdurch wird 
ein Durchbreuueu der Regulierungsvorrichtang 
verhindert. 

Die Vorteile dieses neuen Systems be¬ 
stehen erstens in der Verbilligung des Finsen- 
verfahrens durch Wegfall des kostspieligen Be¬ 
triebspersonals. Zweitens in der großen Präcision, 
womit der Apparat arbeitet. 

Es scheint mir jedoch, als ob diese 
Methode nur bei bequemen Flächen, wie sie 
Wangen, Hals, Stirn, Kinn z. B. bieten, in An¬ 
wendung treten könne. 

Die Belichtung des Naseninnern, der 
Augenwinkel, des Nasenrückens mittels der 
Sattelzange, des Ohrmnschelrandes, wobei es 
auf feinste Feinheiten ankommt, wird wohl 
immer der geübten Hand Vorbehalten bleiben. 

Im Anschluß an den technischen Bericht 
bespricht Autor die Therapie des Lupus. Er 
warnt davor, das Finsenlicht als Allheilmittel 
gegen den Lupus zu betrachten. Er will viel¬ 


mehr überall da, wo ein kosmetisch gutes Re¬ 
sultat durch chirurgischen Eingriff möglich ist, 
circumscripte Lupusherde exzidiert wissen. Er 
empfiehlt ferner die Anwendung des Röutgen- 
verfahrens bei den ulcerativen Formen, auch in 
der Bekämpfung des Schleimhantlupus, fügt 
jedoch bei, daß starke Reaktionen nötig seien, 
um gute Resultate zu erzielen. 

Autor versuchte die Sensibilisation der 
Herde vor der Bestrahlung durch Eosin, ohne 
Erfolg in Kombination mit Finsenbehandlung, 
während sie bei Röntgenbehandlung insofern 
günstig zu wirken schien, als die Abheilung 
rascher verlief. Zur Unterstützung der Finsen¬ 
behandlung rät Autor, die Herde mit Paqneliu 
oder Holländerscher Heißluftmethode vorznbe- 
haudeln. 

Referent sieht sich jedoch auf Grund 
eigener Erfahrungen veranlaßt, von diesem Ver¬ 
fahren ganz entschieden abzuraten. 

Vorbehandlung eines Lnpusherdes mittels 
der letztgenannten Methoden gibt immer schlechte 
Resultate, weil die dadurch hervorgerufene 
Narbeubildnng dem Eindringen der Finsenstrahlen 
in das Gewebe Hindernisse entgegenstellt. 
Tieferliegeude Lupusknötchen werden in diesem 
Falle durch das Finsenlicht gar nicht mehr er¬ 
reicht. Wenn die Oberfläche der Haut auch 
abheilt und scheinbar gesundet, so schießen 
nach kurzer Zeit aus tieferen Gewebsschichten 
Lupusknötchen empor, die sich sehr viel wider¬ 
standsfähiger verhalten, als die, welche auf nicht 
vorbehaudeltem Gewebe entstehen. 

Bez. der Exzision circumscripter Lnpus- 
lierde sei bemerkt, daß gerade diese Herde die 
dankbarsten Objekte für Finsenbehandlung sind; 
es wird nicht nur ein ausgezeichnetes kosme¬ 
tisches Resultat erzielt, sondern auch rasche 
Ausheilung und soweit es Referent an dem 
Material des Kopenhagener Finseninstitutes so¬ 
wie an eigenem Krankenmaterial beobachten 
konnte, ohne Rezidiv. 

Was die Röntgenbehandlung des Lupus 
anbelangt, stimmt Referent dem Autor bei, 
möchte dieselbe aber namentlich auch auf den 
L. hyperthroph. ausgedehnt wissen. 

W e 11 e r e r. 

P. Fleischmann. Die bei der Präcipitatiou be¬ 
teiligten Substanzen in ihrem Verhalten 
gegenüber photodynamischen Stoffeu. M. 
M. W. No. 15. 1905. 

Verfasser kommt auf Grund seiner Ver¬ 
suche mit Eosin, Safranin, Methylazurlösnng zu 
folgendem Resultat: Eosin etc. vermag bei 
hinreichender Belichtung präcipitierende Sera 
ihres spezifischen präcipitierenden, präcipitable 
Substanzen ihrer präcipitablen Gruppen zu be- 


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Referate. 


33? 


rauben, während die Fähigkeit der reziproken 
Bindung erhalten bleibt. Auch ein nicht mit 
Eosiu versetztes präcipitierendes Serum kann 
durch intensive Belichtung allein derart ver¬ 
ändert werden, daß es einen spezifisch hemmen¬ 
den Einfluß aut' die Präcipitation ansübt. Beider 
präcipitablen Substanz konnte ein derartiger 
Vorgang nicht beobachtet werden. W. 

A. Jodelhauer und Tappeiner. Ueber die Be¬ 
ziehung der Wirkung der pbotodynamischen 
Stoffe zu ihrer Konzentration. M. M. W. 
19115. No. 47. 

Verfasser knüpfen an die Mitteilungen 
Stranb’s an, welcher in seiner ersten Mit¬ 
teilung zu dem Ergebnis kam, daß von einem 
gewissen minimalen Grenzwert ab die Jodab- 
spaltnng ans der Jodkaliumlösung proportional 
der Eosinconcentration wächst und in einer 2. 
Mitteilung, daß man mit ein und derselben 
Menge Eosin bei gleicher Dauer der Belichtung 
nm so mehr Jod abspalten kann, je verdünnter 
die Eosinlösung ist. Nach den Untersuchungen 
der Verfasser kommt in keinem dieser Sätze der 
wahre Sachverhalt zum Ausdruck. Das Resultat 
ihrer Versuche mit Jodkalium und Invertin¬ 
lösungen (Schalen- und Schüttelversnche) ist 
folgendes: Sowohl die Jod a bs p a 1 tu n g 
ausJodkalium als auch die Schädigung 
des Invertins steigt mit abnehmender 
Konzentration des Eosins zu einem 
Maximum an und fällt sodann zunächst 
langsam, dann schwach. Die Lage des 
Maximumsist nahebei Konzentration 
1(2000 normal. Die Verfasser ziehen daraus 
Folgerungen für die therapeutische Verwendung. 

W. 

R. Werner. Zur chemischen Imitation der bio¬ 
logischen Strahlenwirkung. M. M. W. No. 
1905. 

Verfasser hat bei seinen Versuchen mit 
Radium gefunden, daß die Reaktionszone um ein 
beträchtliches über die Zone des bestrahlten 
Beziiks hinausgeht, besonders nach vorheriger 
Sensibilisiernng des betreffenden Hautbezirks, 
die in der Anwendung thermischer, chemischer 
und mechanischer Reize besteht. Daraus schließt 
Verfasser, daß im Bestrahlungsbereich toxisches 
Agens gebildet werde, welches die durch die 
Radiumbestrahlung hervorgernfene biologische 
Veränderung auf die Nachbarschaft propagiert. 

Versuche mit Lecithin, das nach Be¬ 
strahlung mit Radium dem Körper intrakutan 
einverleibt wurde, erzeugt eine der Iiadium- 
dermatitis gleiche Hantverändernng, während un¬ 
bestraftes Lecithin reaktionslos ertragen wurde. 

Eine ähnliche Aktivierung des Lecithins 

Archiv f. nhysik. Medizin etc. 


gelang auch durch Röntgenstrahlen. Eine weitere 
Reihe von Versuchen mit Lecithin, das durch 
längere Zeit der Wirkung einer Salzsäurepepsin¬ 
lösung ansgesetzt wurde, deren Ferment dann 
bei der Neutralisierung durch Alkali seiner 
Eigenwirknng beraubt wurde, ergab dieselbe 
Aktivität wie bestrahltes Lecithin. Ein ähn¬ 
licher Effekt wurde durch Ozonisierung einer 
Lösung von Lecithin in Alkohol und Öl erzielt, 
Verfasser versuchte die Ozonisierung auch anderer 
Substanzen (Cholestearin, Terpentinöl) mit ähn¬ 
lichen Resnltaten wie bei dem Lecithin und kam 
zu dem Schlüsse, daß die Einbringung von Sauer- 
8tofl'iiberträgern in das Gewebe oder die Ab¬ 
spaltung von solchen in letzterem den gemein¬ 
schaftlichen Berührungspunkt zwischen den 
Prozessen bilden, welche bei der direkten Be¬ 
strahlung einerseits und bei den Imitationsver- 
snchen andererseits hervorgerufen werden. Die 
Rolle des Lecithins im Körper bei der Bestrahlung 
würde sich dann etwa so gestalten, daß es durch 
die Strahlen oder das von diesen gebildete Ozon 
labilisiert oder eventuell auch, falls es in nicht 
zu festen Bindungen Vorkommen sollte, direkt 
abgebaut, wahrscheinlich aber sodann von den 
Fermenten angegriffen und weiter zerstört wird. 
Hierbei würden Sauerstoff Überträger frei, die 
ihrerseits wieder den Prozeß zu pro pagieren 
vermögen. W. 

R. Werner. Erworbene Photoaktivität dei Ge¬ 
webe als Faktor der biologischen Strahlen¬ 
wirkung und ihre Imitation (M. M. W. 
1906. No. 1.) 

V. bringt durch photographische Versuche 
den Nachweis, daß normales Körper- sowie thera¬ 
peutisch nicht beeinflußtes Tnmorgewebe nur eine 
sehr schwache Photoaktivität besitzt, während 
Haut, welche mit Radium bestrahlt oder mit 
Cholin lokal injiciert wurde, zum mindesten im 
Stadium beträchtlicher Reaktion ein sehr kräftiges 
Lichtemissionsvermögen erkennen läßt; das 
letztere ist auch bei Tnmorgewebe der Fall, 
das durch X Strahlen erweicht war. Die Er¬ 
höhung der Gewebsphotoaktivität ist somit ein 
sowohl der Reaktion der Gewebe auf Strahlen¬ 
wirkung, wie den diese imitierenden Prozessen 
gemeinsames und für beide bis zu einem ge¬ 
wissen Grade sicherlich auch charakteristisches 
Moment. Es gelingt die Imitation der Strahlen¬ 
wirkung am besten mit jenen Substanzen, 
welche bei langsamer Oxydation im alkalischen 
Medium, unter Bedingungen also die im leben¬ 
den Gewebe erfüllbar sind, selbstleuchtend 
werden (Radziszewsky). 

Der ganze Prozeß der biologischen 
Strahlenwirkung erweist sich als ein Vorgang, 
der einmal von der direkten Wirkung auf die 

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338 


Referate. 


Fermente, oder allgemein gesagt von direkter 
Beeinflnssnng des Zellstoffwechsels, ferner vod der 
photochemischen Labilisierung des Lecithins 
etc., sowie endlich von der Bildung von Ozon in 
den Geweben eingeleitet wird. Das langsame 
Anscbwellen der Intensität des ganzen Vorgangs 
durch die gegenseitige Förderung der einzelnen 
Komponenten erklärt wohl auch die lange 
Latenszeit schwacher Strahlendosen. V. führt 
desgleichen die schwere Heilbarkeit der radiogenen 
Ulcerationen darauf zurück, daß das nachwach¬ 
sende Gewebe unter dem Einflnß des histolytischen 
Prozesses immer wieder zerstört wird, bis eine 
Generation von Zellen entsteht, die den un¬ 
günstigen Bedingungen angepaßt ist, so daß sie 
weiter vegetieren und schließlich die erkrankten 
Partien abstoßen oder resorbieren kann. W. 

Die Behandlung von Tabes dorsalis mittelst 
ultra-violetten Lichtes. (Referiert in „Treat¬ 
ment“, Jan. 06). 

Dr. J. Monroe Liebermann hat 36 Fälle 
von Tabes dorsalis mittelst ultravioletten Lichtes 
behandelt und folgende Resultate erzielt: vier 
Patienten erlangten scheinbar die Gesundheit 
wieder und konnten ihren Berufen nacbgehen; 
zwölf wurden sehr gebessert. Achtzehn erlangten 
einen Stillstand im Krankheitsprozeß nnd 
lassen auf weitere Besserung hoffen.“ Zwei 
starben, der eine an Pneumonie, der andere an 
Erysipel des Kopfes. 

Die Art der Behandlung war folgende: 
1. Ein warmes Halbbad abends mit leichter 
Massage, 2. Anwendung ultra violetten Lichtes 
in Sitzungen von zehn bis dreißig Min. Dauer, 
dreimal wöchentlich. Da angeblich die Licht¬ 
strahlen bei Blutleere der Haut die Fähigkeit 
erhalten, in die Tiefe zu dringen, so wurde 
jene vorher durch kataphoretische Einverleibung 
von „Adrenalin Chloride“ (1 : 1000) blutleer ge¬ 
macht. Die mit Gaze überzogene Elektrode 
wurde mit dieser Lösung getränkt, nnd an der 
zu behandelnden Stelle aufgesetzt, die andere 
auf das Abdomen. Benutzt wurde eine Ultra¬ 
violett-Lampe mit großen Leydener Flaschen 
versehen und durch eine statische Maschine in 
Funktion gesetzt. In einer Sitzung sollen nur 
zwei Stellen in Angriff genommen nnd mit den 
Stellen in den folgenden Sitzungen abgewechselt 
werden. Nötig waren deren zahlreiche. Ein Fall 
bedurfte 146, ein anderer 258 Applikationen. 

Franze-Nauheim. 

Prof. Dr. Edlefsen. Weitere Untersuchungen 
über die Einwirkung des Sonnenlichtes auf 
flnoresziereude Substanzen. (M. M. W. 
1905. No. 41.) 

V. gibt eine einfache Methode zum Nach¬ 
weis der oxydierenden Kraft bei der photo¬ 


dynamischen Wirknng der fluoreszierenden Sub¬ 
stanzen an. Setzt man eine etwa 1-prozentige 
frische neutrale wässerige Lösung des leicht 
oxydierbaren Pyrogallols mit der Lösung des 
fluoreszierenden Stoffes vermischt einige Zeit 
der Einwirkung des Lichtes aus, so genügt das 
einfache Ausschütteln mit Aether, um die einge¬ 
tretene Oxydation nachzuweisen, die sich darin 
zn erkennen gibt, daß der Aether sich durch 
Aufnahme des Oxydationsprodnktes mehr oder 
weniger dunkel zitronengelb färbt. Weniger 
gnt eignet sich das Pyrogallol zmn Nachweise 
des in reinen verdünnten wässerigen Lösungen 
fluoreszierender Stoffe bei der Belichtung oder 
rascher bei der Besonnung entstehenden und an 
den fluoreszierenden Körper in Peroxydform an¬ 
gelagerten Sauerstoffs (Straub, Luther und 
Schilow). Zu diesem Zwecke hat sich dem Ver¬ 
fasser immer noch das schwefelsaure Eisen¬ 
oxydul am besten bewährt. — Des weiteren be¬ 
richtet Verfasser über einige besondere unter 
der Wirkung des Lichtes sich vollziehende 
chemische Vorgänge. Der ätherische Auszug bei 
der Pyrogallolprobe zeigt fast immer dieselbe 
Fluoreszenz wie der benutzte Farbstoff, die 
jedoch fast ausnahmslos erst auf Zusatz einiger 
Tropfen Alkohol deutlich hervortritt. Dieser 
Vorgang erklärt sich dadnrch, daß neben dem 
Oxydationsprodukt auch etwas von dem ange¬ 
wandten Farbstoff in den Aether übergeht. In 
einzelnen Fällen kommt es, wie man beim Aus¬ 
schütteln mit Aether erkennt, auch zur Bildung 
neuerFarbstoffe. W. 

Dr. 0. Bernhard-Samaden: Therapeutische Ver¬ 
wertung des Sonnenlichtes in der Chirurgie, 
(Zeitschrift für diätetische und physikalische 
Therapie.) 

Verfasser schildert nach einer orientierenden 
physikalischen Einleitung über Wärme resp. 
Lichtstrahlen seine Erfolge bei der Nachbe¬ 
handlung einer großen Reihe chirurgischer Er¬ 
krankungen, speziell die überaus günstige Be¬ 
einflnssnng der Heilung granulierender Wunden, 
sowohl was Kosmetik anhelangt, als auch die 
günstige Beeinflussung des zeitlichen Heilungs- 
verlaufs dnrch Insolation Verfasser macht auf- 
nierk-am auf die für die Sounenlichtbehaudlung 
äußerst günstigen Verhältnisse iu der Höhen¬ 
lage — die aktinische Wirkung der Sonne 
nimmt ab mit dem Quadrat der Entfernung des 
Strahleuspenders von der bestrahlten Fläche — 
und hebt hervor, daß auch im Winter die In- 
solationsbehaudlung für einige Stunden des 
Tages ganz gut durchzufilhren sei, da selbst bei 
einer Lufttemperatur von —20° das Strahlungs¬ 
thermometer noch eine Temperatur von 25—30° 
Wärme anzeigt. 


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Tieferate. 


339 


Verfasser läßt die Frage offen, welche 
Momente bei der Insolationsbehandlnng ans- 
schlaggebend sind, ob die anstrocknende Wirkung, 
ob die bakterizide Wirkung, ob die chemische 
Wirkung der Sonnenstrahlen. Es scheint, daß 
durch die chemische Wirkung des Ultravioletts 


im Verein mit der anstrocknenden Wirknng der 
Luft, wenigstens bei der Behandlung granu¬ 
lierender Wunden, die Heilung heibeigeführt 
wird. Die baktericide Wirkung scheint eine Rolle 
hierbei nicht zu spielen. W. 


Balneologie und verschiedene physikalische Methoden. 


Luff, M. D., II. Sc. etc. Sonic diseases in 
Relation t.o Spa treatnient („The Lancet“ 
!). 12. OK.) 

Autor bespricht einige Erkrankungen 
in ihren Beziehungen zur Behandlung in Bade¬ 
orten. Zu diesen Behandlungsmethoden rech¬ 
net er das Trinken der Mineralwässer und ihren 
Gebrauch zu Bildern, ferner Diät,, Bewegung 
und „akzessorische“ Methoden wie elektrische 
Lichtbäder, Elektrotherapie und Massage. 
Zunächst weist er den Vorwurf zurück, daß 
der Wert des innerlichen Gebrauchs der 
Mineralquellen nur in der Flüssigkeitszufuhr 
liegt. L. setzt dann kurz die Jonentheorie 
auseinander und führt — wie oft betont 
worden ist — den größeren therapeutischen 
Erfolg der an der (Quelle getrunkenen Wässer 
auf ihre Radioaktivität zurück, die bekannt¬ 
lich beim Lagern in Flaschen verloren geht. 
Den Wert der Bäder erblickt Autor haupt¬ 
sächlich in der Verbesserung der Hauttätig¬ 
keit und beklagt, daß in den englischen Bade¬ 
orten die Diät vernachlässigt werde und sie 
auch in Bezug auf Unterhaltung hinter den 
Kontinentalen zurückstehen. Sodann geht er 
zur Besprechung einiger Krankheiten Uber. 

Gicht. 

Die Ursache der Gicht erblickt L. in 
einem fehlerhaften Stoffwechsel wahrschein¬ 
lich des Darms und der Leber als deren Re¬ 
sultat es zur Autointoxikation kommt. Hier¬ 
auf folgt die Abscheidung von Natriumbiurat, 
womit es zur Klimax des typischen Gichtan- 
falls kommt. Dabei glaubt L. in der Harn- 
säureablageruug mehr ein Symptom als das 
eigentliche Wesen der Krankheit erblicken zu 
müssen. Dieses hat seine Wurzeln nacli seiner 
Anschauung im lntestinaltrakt, was er u. a. 
daraus schließt, das Colchicum, wie aus Ver¬ 
giftungen damit hervorgeht, eine starke 
Wirkung auf die Därme hat; daraus gehe 
hervor, daß es bei Gicht ebenfalls vom Darme 
aus wirke. 

Bei der Trinkkur gegen Gicht muß 
Rücksicht bei der Wahl der Quelle darauf 
genommen werden, ob man beabsichtigt, in erster 


Linie die gichtischen Ablagerungen zu besei¬ 
tigen, eine träge Leber anzuregen, die 
begleitende Dyspepsie anzugreifen, einen 
chronischen Gastro-intestinalkatarrh zu heben, 
die Nieren zu beeinflussen oder endlicli die 
gichtischen Affektionen der Haut zu be¬ 
seitigen. 

Clironischer Gelen krJieumatismus. 

Das Wesen dieser Erkrankung erblickt 
L. in der Anwesenheit von Mikroorganismen 
im Blut, wohin sie meistens vom Darm aus 
gelangen, sich dann in den Gelenken ansiedeln, 
und die bekannten pathologisch-anatomischen 
Veränderungen hervorrufen. Autor hält die 
Erkrankung für heilbar im Anfangsstadium. 
Im Gegensatz zur Gicht bedürfen die Patienten 
einer kräftigen Ernährung; daher ist eine 
Verwechslung folgenschwer. Obwohl die 
medikamentöse Behandlung unentbehrlich ist, 
so sind Trinkkuren, lokale Hitzeanwendungeu 
in Gestalt, von überhitzter Luft, elektrische 
Lichtbäder etc. nützlich. Am wirksamsten 
ist die Duscben-Massage mit heißem Wasser, 
ferner Moor- und Salzbäder; gute Dienste 
tun aucli gymnastische Bewegungen und 
Massage. 

Andere chronische rheumatische 
Affektionen. 

L. fast hierunter nicht die eigentlichen 
rheumatischen Gelenk Veränderungen, sondern 
die Zustände, die wir als chronischen Muskel¬ 
rheumatismus bezeichnen, zusammen. Patho¬ 
logisch-anatomisch handelt es sicli hierbei 
um eine Hyperplasie des Bindegewebes der 
Gelenke, Muskeln und Knochen, hauptsächlich 
also der Aponeurosen, Faszien, Insertionen 
der Muskeln und des Periosteums. Die 
Fibrosierung tritt herdweise auf und wird 
durch Erkältungsursachen hervorgerufen 
sowie durch Trauma oder den Reiz von 
Mikroben und Toxinen; solche Indurations¬ 
herde finden sich auch in den Muskeln zer¬ 
streut und geben zu Schmerzen Anlaß. 
Außer den erwähnten ursächlichen Momenten 
schreibt Autor auch der Resorption von 

22 * 


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340 


"Referate. 


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Giften aus dem Gastrointestinaltrakt eine 
Rolle in der Ätiologie des chronischen Muskel- 
rheumatismus zu. Als Behandlungsmethoden 
kommen in Betracht: heiße Bäder, Dampf-, 
Salz-, Moor-, elektrische Lichtbäder, überhitzte 
Luft, Massage, Elektrotherapie. Eine besondere 
Diät ist nicht nötig. Emphatisch wendet sich 
L. gegen die Anschauung, daß die Harnsäure 
irgend etwas mit diesen Affektionen zu 
tun habe. Franze-Nauheim. 

Witthauer K. Retroflexio und Vibrations- 
massage. M. M. W. 1905 No. 47. 

W. steht auf dem Standpunkt, daß eine 
unkomplizierte mobile Retroflexio keine Be¬ 
schwerden macht. Wenn nicht Erkrank¬ 
ungen des Uterus und der Adnexe vorhanden 
sind, sind die Beschwerden nicht Folgen der 
Retroflexio an sich, sondern der para- oder 
perimetritischen Stränge. Werden diese mit 
Vibrations-Massage behandelt, dann verschwin¬ 
den die Beschwerden, selbst wenn der Uterus 
für die Folge in seiner falschen Lage ver¬ 
bleibt. Für die Vibrationsmassage gelten als 
Contraindieationen entzündliche Prozesse, 


Schwangerschaft, Abszesse etc. V. macht die 
Vibrationsmassago mit dem Bihlmaier’schen 
Apparat mittelst einer vibrierenden Hart- 
gummikugel, die langsam (unter 1000 Schwin¬ 
gungen p. h.) vibriert, dehnt nur ganz lang¬ 
sam unter Leitung des Fingers und erzielt in 
14 Tagen bis 3 Wochen vollen Erfolg. Sind 
die Stränge sehr dick, so läßt er auch heiße 
Vaginaldouchen machen oder spritzt Fibro- 
lysin ein. Eine Applikation der Kugel auf 
den Uterus selbst macht den schlaffen Uterus 
härter und erhält ihn leichter reponiert. W. 

Renner. Über Bier’sche Staunngshyperämie 
bei Augenkrankheiten. (M. M. W. 
1906 No. 2.) 

V. versuchte Bier’sche Stauung durch 
Anlegen des Halsbandes bei verschiedenen 
Augenerkrankungen und erzielte wesentliche 
Erfolge bei Keratitis parenchymatosa. Ge¬ 
ringer Erfolg bei Ulcus serpens. Kein Erfolg 
bei ekzematös-phlyktänulösen und katarrhali¬ 
schen Geschwüren der Cornea; desgleichen 
bei alten Hornhauttrübungen ohne gleich¬ 
zeitige Gefäßentwicklung. W. 


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Tagesgcscliichte, Zeit- und Streitfragen. 


841 


IV. Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen. 

(Artikel unter eigener Verantwortung der Herren Einsender.) 


Unfallversicherung und Röntgenschädigung. III. Internationaler Kongreß für mediz. Elektrologie 
und Radiologie zu Mailand am 5.—9. Sept. 06. Synthese des Eiweißes. Tarif für radiologische 
Untersuchungen. Neue Vorschläge für den Ersatz des elektrischen Vier-Zellen-Bades. 


Unfallversicherung und ROntgenschädi- 
gung. Mit der zunehmenden Beschäftigung von 
Aerzten mit Röntgenstrahlen ist es begreif¬ 
licherweise nicht ansgeblieben, daß eine Anzahl 
Aerzte Schädigungen, namentlich'.die bekannten 
HautTerändemngen an den Händen, infolge ihrer 
beruflichen Tätigkeit auf dem Gebiete der Radi¬ 
ologie davongetragen haben. Eine Anzahl der 
Geschädigten hat von den Gesellschaften, bei 
denen sie gegen Unfall versichert waren, Ent¬ 
schädigungen verlangt, was seitens dieser Ge¬ 
sellschaften in vielen Fällen abgelehnt wurde; 
es kam dann zu Prozessen, in denen die ge¬ 
schädigten Aerzte Recht behielten und die Ge¬ 
sellschaften zur Entschädigung verurteilt wurden. 
Daraufhin haben diese letzteren ausdrücklich die 
Gesundheitsstörungen infolge von Beschäftigung 
mit Röntgenstrahlen von der Entschädigung 
durch eine besondere Klausel in der Police 
ausgeschlossen. 

Demgegenüber hat sich die Kölnische 
Unfallversicherungsgesellschaft ausdrücklich be¬ 
reit erklärt, ohne Mehrzahlung allen bei ihr 
gegen Unfall versicherten Radiologen auch die 
Schädigung durch Röntgenstrahlen zu vergüten. 
Die betreffende Klausel, die der Police hinzuge- 
fügt wird, lautet: 

„Schädigungen durch Röntgenstrahlen 
werden von der Gesellschaft wie haftpflicht- 
mäßige Unfälle entschädigt.“ 

In der Annahme, daß unsere geschätzten 
Leser ein bedeutendes Interesse haben dürften, 
hiervon in Kenntnis gesetzt zu werden, haben 
wir diese Tatsachen hiermit bekannt gegeben. 

III. Internationaler Kongress für medizinische 
Elektrologie und Radiologie zn Mailand 

5.-9. September 1906. 

Der III. internationale Kongreß für 
medizinische Elektrologie und Radiologie, welcher 


1905 in Amsterdam stattfinden sollte, ist be¬ 
kanntlich wegen des gleichzeitig tagenden Berliner 
Röntgenkougresses ausgefallen. 

Das Hauptkomitee hat nun in seiner 
Sitzung vom 16. November 1905 beschlossen, um 
die periodische Wiederkehr des Kongresses nicht 
zn lange zu unterbrechen, den nächsten Kongreß 
noch in diesem Jahre in Mailand vom 5.—9. 
September stattfinden zu lassen. 

Präsident des Kongresses ist Prof. Bozzolo- 
Turin, Generalsekretär Dr. Lnraschi-Mailand. 

Für das Hauptkomitee zeichnen Prof. 
Triepier als Präsident, Prof. Doumer als General¬ 
sekretär. 

Folgende Themata sind bisher zum Referat 
bestimmt: 

1. Das Gesetz der elektrischen Nerven- 
reizung (Ref.: Cluzet-Toulonse). 

2. Ueber die Erregbarkeit der verschie¬ 
denen Muskeln und Nerven (Ref.: 
Joteyko-Brüssel). 

3. Die Grundprinzipien der modernen 
Elektrotherapie (Ref.: Donmer-Lille). 

4. Die Elektrizität bei Hautkrankheiten 
(Ref.: v. Lnzenberger-Neapel). 

5. Behandlung der chirurgischen Tuber¬ 
kulose mit Hochfrequenzströmen (Ref.: 
Denoyes). 

6. Messung der faradischen Ströme (Ref : 
Wertheim-Salomonson-Amsterdam). 

7. Ueber stereoskopische Radiographie 
(Ref.: Guilloz-Nancy). 

8. Behandlung der oberflächlichen Carzi- 
nome (Ref.: Schiff-Wien). 

9. Behandlung der tiefen Carzinome. 

10. Therapeutische Wirkungen des Radium 
(Ref.: Ondin-Paris). 

11. Der gegenwärtige Stand der Photo¬ 
therapie. 

Mit dem Kongreß wird eine Ausstellung 
verbunden sein. Besichtigungen der Kunstdenk- 


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342 


Tagesgescliichte. Zi-il- mul Streitfragen. 


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mäler Mailands werden unter sachverständiger 
Führung stattfinden. Der Beittag beträgt für 
ordentliche Mitglieder 25 Franken, für außer¬ 
ordentliche 12,50 Franken. Xur die ersteren sind 
berechtigt, in den Sitzungen das Wort zn 
ergreifen. 

Anmeldungen von Vorträgen sind an Prof. 
Donmer, Lille, 57 Rne Nicolas Leblanc, zu richten. 
Anmeldungen zur Teilnahme und Sendung des 
Beitrages entweder an den zweiten Schriftführer 
des Hauptkomitees, Dr. Montier, Paris, Rne de 
Miromesnell 11 oder an Dr. Lnraschi, Mailand, 
Via St. Andrea 11. 

Der Unterzeichnete, welcher von dem 
Hauptbomitee die ehrenvolle Aufforderung er¬ 
halten hat, als „correspondent pour l’Allemagne“ 
des Kongresses zu fungieren, wird gern nähere 
Auskunft über alle den Kongreß betreffenden 
Angelegenheiten erteilen. 

Privatdozent Dr. Ludwig Mann, Breslau. 


Synthese des Eiweisses, Der Münch. 
Med. W. No. 3. 1906 entnehmen wir folgende 
Notiz: Am 6. Januar hielt Prof. Emil Fischer 
in Berlin vor der deutschen chemischen Gesell¬ 
schaft ein Vortrag über seine Arbeiten zur 
Synthese des Eiweißes. Wenn anch die 
Kommentare der Tagespresse über das Ziel 
hinaus gehen, so steht es doch fest, daß Fischer 
in der Richtnng der Synthese des Eiweißmoleküls 
ein bedeutendes Stück vorwärts gekommen ist. 
Es gelang ihm nämlich, gewisse peptonähnliche, 
von ihm Polypeptide genannte Körper, die die 
wichtigsten Reaktionen des Peptons geben, 
synthetisch herznstellen. 


Tarif für radiologische Untersuchungen. 

Im Novemberheft No. 177 der Archives d’elec- 
tricitd müdicale, experimentales et cliniques. ist 
ein Honorartarif des Verbandes der 
Aerzte der Gironde enthalten, der sich anf 
radiologische Untersuchungen bei Betriebsunfällen 
bezieht. 

Es dürfte vielleicht interessieren, diese 


Honorarsätze kennen zu lernen: 

Durchleuchtung.10 Frcs. 

Aufnahmen: 

Hand.20 „ 

Vorderarm, Ellbogen, Arm, Faß, Knie 30 „ 

2 Aufnahmen.50 „ 

Oberschenkel, Schulter.40 „ 

Thorax, Schädel.50 „ 

2 Aufnahmen.70 „ 

Kindliches Becken unter 15 Jahren . 50 r 
Beckenanfuabmen bei Erwachsenen . 70 . 


Neue Vorschläge für den Ersatz des 
elektrischen Vier-Zellen-Bades. Die Einführung 
des elektrischen Vier-Zellen-Bades durch Schnee 
ist zweifellos eine nützliche Bereicherung der 
Technik der allgemeinen Elektrisation. Es ist 
eine bequeme, exakte, für den Patienten ange¬ 
nehme und milde Applikationsart der gebräuch¬ 
lichen elektrischen Ströme. Selbstverständlich 
ist es kein Bad im eigentlichen Sinne des 
Wortes, sondern das Wasser dient blos als 
stromznfiihrendes Agens. Es verteilt sich anf 
diese Weise der Strom über sehr große Eintritts¬ 
flächen: denn als Elektroden sind natürlich die 
vom Wasser umspiilten Hautoberflächeu der Arme 
und Füße nebst Unterschenkel zn betrachten. 
So ist es möglich, große Stromstärken ohne 
Schmerz in den Körper einzuführen und des 
weiteren, den Strom genau zu dosieren und auf 
bestimmten Bahnen durch den Körper zn leiten. 

In den Berichten über das Vierzellen-Bad 
sind ihm aber viele übertriebenen, reklaraehaften 
Lobpreisungen zuteil geworden, die, wie immer 
in solchen Fällen, den kritischen nnd ernsten 
Forscher eher abschrecken als anziehen. Die 
wahren Vorzüge des Verfahrens, wie sie im 
Obigen kurz, wenn anch nicht erschöpfend, an- 
gedentet wurden, erleiden selbstverständlich da¬ 
durch keinen Abbruch. 

Weniger angenehm berührt der Umstand, 
daß in der Patentschrift das Verfahren als 
solches geschützt ist, da, wenn es allgemeiner 
üblich würde, derartige Patente für ein bloßes 
therapeutisches Verfahren an sich zu nehmen, 
«lies zu einer ernsten Beeinträchtigung der Frei¬ 
heit des ärztlichen Handelns und*somit zn einer 
Beeinträchtigung der leidenden Menschheit 
führen würde. 

Von diesem Gesichtspunkte aus müssen 
wir es mit Freuden begrüßen, daß von Winter¬ 
nitz in Halle der Versuch gemacht worden ist, 
einen einfachen Ersatz des elektrischen Vier- 
zellen-Bades einznführen. (Münchener Med. 
Wochenschr. 19. 9 05.) Es handelt sich um 
einen sogenannten Elektrodentisch. Gewiß kann 
dieser Tisch nach manchen Richtungen hin das 
Vierzellen-Bad ersetzen. Jedoch mnß betont 
werden, daß ihm keineswegs alle Vorteile des 
letzteren znkommen, geschweige denn eine 
Ueberlegenheit über es. Es muß auch betont 
werden, daß, wer gesonnen ist, das Vierzellen- 
Bad in dieser Weise zn ersetzen, dazu nnr 4 
große Elektroden, aber keinen besonderen „Elek¬ 
trodentisch“ anznschaffen braucht. 

Fast in denselben Tagen wie jene Nummer 
der Münchener M. W. erschien meine Broschüre: 
„Technik, Wirkungen nnd Indikationen der 
Hydro-Elektrotherapie etc.“, in der ich bei meiner 
Kritik des Vierzellenbades in ähnlicher Weise 


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Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen, 


343 


die übertriebenen Lobpreisungen dieses Apparates 
auf ihren wahren Wert znrückznführen ver¬ 
sucht habe. 

Ferner hat Philippson in Hamburg in No. 
8 der Deutschen Med. Wochenschrift 1906 einen 
anderen Ersatz des Vierzellen-Bades vorge¬ 
schlagen, Er wendet einfach 4 Gefäde aus 
Nickel bezw. ans Zinn an nnd läßt den Patienten 
anf einem gewöhnlichen Stuhl sitzen. 

Referent begrüßt an sich diesen nahe¬ 
liegenden nnd einfachen Vorschlag znr Verall¬ 


gemeinerung des wertvollen Verfahrens mit 
Freuden, möchte es aber dahin gestellt sein 
lassen, ob solche, die diesem Beispiele folgen, 
nicht mit dem Patentrechte in Kollision geraten 
könnten. Es wird in ihrem eigenen Interesse 
liegen, sich vorher ganz genau hierüber zu 
orientieren; denn — mirabile dictn — nach der 
Patentschrift ist, wie schon erwähnt, „das Ver¬ 
fahren“ selbst (nicht etwa bloß der gebrauchte 
Apparat) geschützt. 

Franz e-Nauheim. 


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344 


Fortschritte der Technik. 


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Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und 

mediz. Technik. 

Fortschritte und Neuheiten der physikalischen, chemischen und 
pharmazeutischen Industrie in ihrer Bedeutung und Anwendung für 
das Gesamtgebiet der praktischen Medizin. 


Fortschritte der Technik. 

A. Allgemeiner technischer Bericht. 

H.. Bordier et J. Galimanl. 

Sur la rrgeneration et la recuperation du platino-cyanure de baryum 

des 6crans brunis. 

(Archive» dV.lectricite me.dicale, experimentales et cliniqucs. Nov. 190i>. No. 177.) 

Die Autoren geben ein Verfahren an, wodurch das Bariumplatin- 
cyanür der Leuchtschirme, das durch Röntgenstrahlen oder Hitze gebräunt 
wurde, regeneriert werden kann. 

Der Schirm wird in kleine Stücke geschnitten und in destilliertem 
Wasser gekocht. Man läßt die Stücke 1—2 Tage in diesem Wasser ziehen 
und erhitzt es einigemale bis zum Siedepunkt. Dann filtriert man die Brühe 
und fährt mit Wässern fort, bis kein Baryumsalz mehr auf dem Carton zu¬ 
rückbleibt. 

Alles abgegossene Wasser muß gesammelt und darauf im Wasser¬ 
bade bis zum vollständigen Eintrocknen des Salzes verdampft werden. Das 
braune, mehr oder weniger gut krystallisierte Salz wird in einem möglichst 
geringen Quantum kochenden Wassers aufgelöst. In dem Augenblick der 
vollständigen Auflösung gießt man das doppelte Quantum 93° Alkohols hin¬ 
ein, worauf sich schmutzigweiße Flocken bilden. Das Ganze wird nochmals 
filtriert und verdampft, bis sich beginnende Krystallisierung zeigt. Durch 
mechanische Hin- und Herbewegung gewinnt man nun feste, hellgrüne 
Krystalle; das B.-Platincyanür ist vollständig regeneriert. 

Mit der letzten Reinigungsbrühe wird nun wiederum verfahren wie 
oben beschrieben, d. h. sie wird verdampft, mit Alkohol versetzt lind 
krystallisiert. 

Das so regenerierte B.-Platincyanür kann dann zur Fabrikation neuer 
Leuchtschirme verwendet werden. Die Regenerierung wäre weit weniger 
mühsam und zeitraubend, wenn die Bariumsalzkrystalle auf dem Schirm mit 
Wasser in Verbindung gebracht werden könnten. Es wäre demnach zu 
wünschen, daß in Zukunft die Schirmfabrikanten diesen Punkt berück¬ 
sichtigten, der in praktischer Hinsicht von großer Bedeutung ist. 


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Fortschritte der Technik. 345 

B. Einzelberichte. 

Ein neues elektromedizinisches ITniversal-Instrumentarium. 

Die in der ärztlichen Praxis zur Anwendung gelangenden elektro- 
medizinischen Methoden lassen sich in zwei Gruppen teilen, von denen die 
eine Gruppe, die sogenannte alte Elektromedizin, sich auf die Anwendung 
galvanischer und faradischer Ströme beschränkt und allenfalls die Elektrizität 
noch zur Beleuchtung (Endoskopie) und zum Brennen (Kaustik) benutzt. 

Zu diesen alten bewährten Methoden haben die letzten Jahre neue 
gebracht. Man verwendet den elektrischen Strom therapeutisch anders als 
bisher, und zwar, indem man andere Formen des Stromes zur Anwendung 

bringt. Es charakterisiert sich ja jede 
Erscheinung elektrischer Art in drei 
Dimensionen, der Stromspannung, der 
Stromstärke und der Stromart oder 
Stromform. Von den verschiedenen 
Stromformen aber haben die Alten fast 
nur den Gleichstrom gekannt und be¬ 
nützt. 

In unserer modernen Technik sind 
nun die Gleichströme in ihrer Anwendung 
gegenüber der anderen Stromform, den 
Wechselströmen, zurückgetreten. Des¬ 
wegen wurden bald Versuche gemacht, 
technische Wechselströme physiologisch 
zu benutzen. Man bekam dabei ein 
Resultat, das etwa der Mittellinie zwischen 
der alten Galvanisation und der alten 
Faradisation entsprach. Es ist ein Gal¬ 
vanisieren, aber kein solches mit gleich¬ 
gerichteten Strömen, sondern ein vibrie¬ 
rendes Galvanisieren. Es ist auch ein 
Faradisieren, aber wiederum keines mit 
den zuckenden, flatternden, aufreizenden 
Impulsen, wie sie der Dubois-Reymond 
gibt und die in der disruptiven Arbeit 
der mechanischen Unterbrecher ihre 
Ursache haben. 

Von der Benutzung der Wechsel¬ 
ströme ging man dann über zur Benut¬ 
zung schwingender Gleichströme. Damit 
erhielt man noch mildere Wirkungen 
weil diese Ströme sich nur in Spannung und Stärke, nicht aber in der 
Richtung ihres Impulses ändern. Es ist der pulsierende Gleichstrom, ein 
Mittelding zwischen der alten Galvanisation und der Benutzung der technischen 
(sinusförmigen) Wechselströme. Ein weiterer bedeutender Fortschritt in der 
Entwicklung des elektromedizinischen Kabinetts der ärztlichen Praxis wurde 
durch den weitgehenden Ausbau der elektrischen Bäder getan. Das Schnöe’sche 



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346 


Fortschritte der Technik. 


Vier-Zellen-Bad — eine meines Erachtens durchaus praktische Erfindung, 
wie ich an dieser Stelle erwähnen möchte — hat sich nach langen Kämpfen 
doch ziemliche Verbreitung verschafft. Neuerdings ist es ersetzt worden 
durch verschiedene Modifikationen der Stromzuführung (mit Hülfe von 
Platten statt durch Wannen u. dergl.). Daß diese Ersatzmittel brauchbar 
sind, ist ebensowenig zweifelhaft oder strittig, wie, daß sie vom physikalischen 
Standpunkt aus nicht so gut sind wie die Original-Idee des Vier-Zellen-Bades. 

Auch bei der Benutzung der Bäder wird nun von allen diesen neuen 
Methoden der Stromapplikation Gebrauch gemacht. Man gibt, wie früher, 
galvanische und faradisc.he Bäder, aber man gibt noch viel mehr Wechsel¬ 
strom-Bäder und Bäder mit pulsierendem Gleichstrom. Man gibt diese Bäder 
in verschiedenen Formen als Wannenbäder, Zellenbäder, monopolare Bäder. 

Aber noch etwas hat die letzte Entwicklung dem Elektrotechniker in 
der physikalischen Therapie an die Hand gegeben. Man benutzt die zur 
Erzeugung der verschiedenen Stromformen nötigen Umformer gleichzeitig 
als Kraftquellen für Vibrationsmassage, und dabei kommt die weitgehende 
Regulierbarkeit und Anpassungsfähigkeit des Elektromotors als Kraftquelle 
sehr zu statten. 

Es ist also eine ganz große Reihe von Apparaten, die das Inventar 
des modernen elektromedizinischen Kabinetts ausmachen, und es resultiert 
selbstverständlich daraus das Bestreben, diese Apparate alle geschickt zu 
kombinieren und daraus ein Universal-Instrumentarium zu bilden. Tatsäch¬ 
lich sind in dieser Beziehung von verschiedenen Konstrukteuren auch ver¬ 
schiedene Wege eingeschlagen worden. 

Eine der vollkommensten oder vielleicht die vollkommenste Lösung 
in dieser Beziehung stammt von Ingenieur Carl Beez, und wird von dem 
Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg und Elektrotechnischen 
Institut Frankfurt G. m. b. H., Frankfurt am Main, zur Ausführung gebracht. 
Soll ein Instrumentarium — das ist die erste Idee für die Konstruktion —, 
wirklich in so weitgehendem Maße universal sein, dann darf es vor allen 
Dingen nicht an einen bestimmten Platz im Raume gebunden sein. Es muß 
beweglich bleiben, womöglich auf Rollen ruhen, denn es ist unwahrschein¬ 
lich, daß in der Praxis alle Methoden an der gleichen Stelle des Zimmers 
angewendet werden können und in der Regel werden sogar die Applikationen 
lokaler Art in einem anderen Raume erfolgen als die in Bädern. Des 
weiteren muß ein solches Instrumentarium eine nach allen Seiten hin zu¬ 
gängliche Konstruktion besitzen, sodaß man die verschiedenen zur Betätigung 
kommenden Abteilungen des Apparates mit einem Blicke klar übersieht, und 
zugleich wiederum so, daß man durch falsche Schaltungen oder falsche 
Griffe nichts oder nicht viel verderben kann. Die Hauptschwierigkeit in¬ 
dessen ist anderer Art und besteht darin, alle die mannigfaltigen Leitungen, 
Einzelapparate, Transformatoren, Condensatoren, Wicklungen am Motor und 
Umformer, Vorschaltwiderstände, Abzweigwiderstände, untereinander so zu 
kombinieren, daß es ein möglichst einfaches und billiges und dabei absolut 
zuverlässiges Ganzes ergibt. 

Der wegen seiner Vielseitigkeit „Multiplex“ genannte Apparat des 
oben erwähnten Instituts besteht nun aus einem fahrbaren Holzuntergestell, 
auf dem nach vier Seiten kleine Schalttafeln angeordnet sind. Die Schalt- 


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347 


Fortschritte der Technik. 


tafeln tragen die zur Betätigung der einzelnen Abteilungen notwendigen 
Schalt-, Regulier- und Meßapparate, wobei in dem von ihnen umschlossenen 
Hohlraume sich die gesamten Leitungen, Hilfsgeräte, Spulen usw. befinden. 

Über dem Ganzen ist ein Elektromotor aufgestellt, der aber nicht als 
einfacher Elektromotor arbeitet, sondern mehrere Wicklungen besitzt und so 
zur Erzeugung der neueren Stromarten Verwendung findet. Steht z. B. als 
Primär - Stromquelle 110 Volt Gleichstrom zur Verfügung, dann läuft 
diese Maschine mit 110 Volt entweder als Motor zum Betriebe einer bieg¬ 
samen Welle für Vibrationsmassage oder für Trephinen- oder Bohrhand¬ 
stücke, oder aber die Maschine läuft als Erzeugerin von technischen (sinus- 
oidalen) Wechselströmen, oder sie läuft als Erzeugerin von pulsierendem 
Gleichstrom. Alle diese Stromformen kann man nach Belieben an den seit¬ 
lichen Taldeaux in regulierbarer Stärke abnehmen. Aber damit nicht genug, 
erzeugt dieser Motor auch den für die Kaustik notwendigen Strom, und zwar 
lassen sich mit Hilfe einer geschickten Transformatoren-Anordnung aus einem 
solchen Apparate bis zu 30 und 45 Ampere Stromstärke entnehmen, also 
Ströme, die für die stärksten Brenner ausreichen, ohne daß deshalb die Ent¬ 
nahme von Primär-Strom aus der Lichtleitung 3 Ampere überstiege. Des¬ 
wegen kann man dieses Universal-Instrumentarium auch an jede Lichtleitung, 
im allgemeinen ohne besondere Maßnahmen anschließen. 

Um nun nochmals aufzuzählen, was alles mit diesem neuen Modell 
möglich ist, so seien zuerst die alten elektromedizinischen Methoden genannt: 
Galvanisation, Elektrolyse, Kataphorese, Endoskopie. Kaustik. Hierzu kommen 
nun die neuen Methoden: sinusoidaler Wechselstrom, der die Stelle des 
gewöhnlichen faradischen Stromes vertritt; pulsierender Gleichstrom zur 
lokalen Anwendung. Beide Methoden können auch in Bädern zur Ver¬ 
wendung kommen. Der Apparat wird auf Wunsch mit einem Schalter für 
Vier-Zellen-Bäder eingerichtet. Dann liefert er Kraft zum Betriebe der bieg¬ 
samen Wellen für Vibrationsmassage, für Operationen u. dergl. Er ist also 
wirklich ein Universal-Apparat. 

Das punktum saliens bei solchen Einrichtungen ist aber nicht zuletzt 
der Preis. Die Geschicklichkeit des Konstrukteurs in günstiger Kombination 
der inneren Teile eines solchen Apparates manifestiert sich im Preise. Kon¬ 
struiert er ungeschickt, so wird der Apparat teuer. Konstruiert er geschickt, 
so wird er billiger innerhalb gewisser Grenzen, die denn endlich durch das 
verwendete Material gezogen sind. Das Universal-Instrumentarium kostet 
ca. 5—600 Mk., mit allen den Vorrichtungen, die oben erwähnt sind. Deshalb 
darf es als ein wesentlicher Fortschritt bezeichnet werden und hat als 
solcher tatsächlich auch in der kurzen Zeit, welche seit dem Herausbringen 
dieses Modelles verstrichen ist, schon in ca. 30 Kliniken und Anstalten Auf¬ 
nahme gefunden. 


Oberstabsarzt Prof. Dr. Schumburg, Hannover, berichtete in der 
deutschen medizinischen Wochenschrift über eine Methode zur schnellen 
und billigen Herstellung von Projektionsbildern. 

Nachdem man mit einem Glaserdiamanten aus nicht zu dickem, 
weißem Glas (alte photograph. Platten) passende Gläser zugeschnitten hat, 


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348 


Fortschritte der Technik 


berußt man die eine Seite dieser Glasplatten möglichst gleichzeitig über 
einer Lampe, in die man. statt Spiritus, Xylol einfüllt. Einige Übung zur 
Erlangung der Gleichmäßigkeit ist erforderlich. 

Nun werden die Platten in eine dünne, Spirituose Schellacklösung 
eingetaucht, wodurch der Ruß etwas fixiert wird. 

Nachdem die Platten so vorbereitet sind, ritzt man mittels eines 
spitzen Gegenstandes (Nadel, Bleistift, Stahlfeder oder dergl.) Tabellen, Buch¬ 
staben oder Zeichnungen in die Rußschicht ein. Will man die Zeichnung 
farbig anlegen, so bestreicht man die Rückwand mit Farben oder farbigen 
Tinten. Retouchen führt man init schwarzer Druckfarbe mühelos aus. 

Durch Auflegen einer durchsichtigen Glasplatte von derselben Größe 
auf die Rußschicht und Umkleben der Ränder mit gummiertem Papier, wird 
die Zeichnung geschützt. 

A. hat sich auf diese Weise für ganze Vortragsserien in kürzester 
Zeit sein Demonstrationsmaterial beschafft. 


Panchromatische Zeitlichtpatronen und Pulver. 

Von l)r. (i. Krebs, Ottenbach a.JMain. 

Handelt es sich darum, Gegenstände mit richtiger Farbenwiedergabe 
zu photographieren, so müssen bis jetzt ortho- und panchromatische Platten 
nebst Einschaltung eines viel Licht verschluckenden Gelbfilters verwendet 
werden, damit konnte man aber, wenn Blitzlicht die Lichtquelle darstellte, 
keine oder nur unvollkommene Aufnahmen erzielen. 

Die Verwendung von panchromatischen Zeitlichtpatronen und Pulver 
beseitigt diese Mißstände: Das Licht derselben ist so reich an gelben, grünen 
und roten Strahlen, daß es möglich ist, ohne Gelbfilter die Helligkeitswerte 
für alle Farben, selbst für das tiefste Rot, vollkommen richtig zu bekommen. 
Zu solchen Aufnahmen müssen selbstverständlich sog. panchromatische 
Platten verwendet werden. 

Bekannt ist, daß weder das zerstreute Tageslicht noch das Sonnen¬ 
licht im Stande ist, auf panchromatischen Platten ohne Einschaltung eines 
Gelbfilters die völlig wichtige Wiedergabe der Helligkeitswerte für alle 
Farben zu geben. 

Die panchromatischen Zeitlichtpatronen und Pulver von Dr. G. Krebs 
stellen also nicht nur die künstliche Lichtquelle dar (Ersatz für Tages- bezw. 
Sonnenlicht) sondern sie ersetzen auch die sonst notwendige Anwendung 
einer Gelbscheibe. Wir haben also bei Verwendung von panchromatischen 
Zeitlichtpatronen und Pulver eine Kombination von Lichtquelle und Farb¬ 
filter zu Aufnahmen auf farbenempfindlichen Platten mit richtiger Helligkeits¬ 
wiedergabe der Farben der aufgenommenen Objekte, bei solch kurzer Expo¬ 
sition, wie bisher mit keiner Lichtquelle möglich war. 

Man kann aber auch mit panchromatischen Zeitlichtpatronen Auf¬ 
nahmen auf gewöhnlichen Platten machen, nur muß man dann auf die richtige 
Farbenwertwiedergabe verzichten. 

Ein Vorzug der panchromatischen Zeitlichtpatronen ist, daß sie mit 
einer Brenndauer von 2—120 Sekunden hergestellt werden, man kann also 
(z. B. von 2 Sekunden Brenndauer ab) mehrere Aufnahmen nach einander 


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Fortschritte der Technik. 


349 


machen. Da die Lichtstärke dieser Patronen den besten Blitzlichtpulvern 
gleichkommt, so gestatten sie selbstverständlich Momentaufnahmen von V 2 
Sekunde Expositionszeit an. Ein weiterer Vorzug der panchromatischen 
Zeitlichtpatronen und Pulver ist der, daß sie vollständig unempfindlich sind 
gegen Reibung, Schlag oder Stoß, ferner ist die Haltbarkeit derselben in allen 
Zonen und Klimaten eine unbegrenzte. Während es Zeitlichtmischungen 
gibt, die beim Verbrennen giftige Gase und giftigen Rauch entwickeln, sind 
die neuen panchromatischen Zeitlichtpatronen und Pulver selbst ungiftig, 
ebenso sind deren Verbrennungsprodukte und der bei der Verbrennung ent¬ 
stehende geringe Rauch absolut unschädlich. 



Aufnahme Aufnahme 

mit gewöhnlicher Blitzlichtpatrone. mit panchromatischer Blitzlichtpatrone 
auf Percliroino-Platten. 


Ganz besonders hervorzuheben ist die praktische Aufmachung der 
Zeitlichtpatrone, sie stellt einen fertigen Körper vor, der an dem angebrachten 
Zünder einfach mit einem Streichholz vollkommen gefahrlos entzündet werden 
kann, es ist also kein vorheriges Mischen des Pulvers, Abwiegen oder Ein¬ 
füllen nötig. 

Die Verwendbarkeit der panchromatischen Zeitlichtpatronen und 
Pulver ist eine vielseitige, wir nennen hier nur: Personen und Gruppenauf¬ 
nahmen, kombinierte Tages- und Kunstlichtbeleuchtung, Aufnahmen von 
Kostümen, Militärs, Theaterscenen, anatomische, dermatologische und 
pathologische Aufnahmen, kinematographische Aufnahmen, Aufnahmen 
von Höhlen, Bergwerken etc. als Lichtquelle für mikrophotographische 
Aufnahmen, Aufnahmen von Maschinen, technischen Objekten, Kunstgegen¬ 
ständen, alten Gräbern etc. und sonst überall, wo es auf die richtige Farben¬ 
wertwiedergabe ankommt. 


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Fortschritte der Technik. 


350 


Automatischer Lichtbilderapparat. ' 

Eine bemerkenswerte Neukonstruktion auf dem Gebiete der Licht- 
bildervorführung bringt die Spezialfabrik Ed. Liesegang in Düsseldorf. 
Bei Lichtbilder-Vorträgen nimmt bekanntlich das Einsetzen und Wechseln 
der Lichtbilder die Aufmerksamkeit des Vortragenden ziemlich stark in An¬ 
spruch, sodaß in den meisten Fällen eine zweite Person diese mechanische 
Vorrichtung übernehmen muß. Ferner läßt es sich auch bei Anwendung be¬ 
sonderer Sorgfalt nicht immer vermeiden, daß einmal ein Bild in falscher 
Reihenfolge oder gar verkehrt stehend erscheint. Bei dem neuen automa¬ 
tischen Bildwechsler werden die Diapositive vor der Vorführung richtig 
eingesetzt, vielleicht nochmals durchgesehen, und die ganze Vorrichtung als¬ 
dann mittelst eines Schutzgehäuses staubdicht verschlossen. Es erübrigt nur 
noch das Einschalten der elektrischen Zuleitung, um die Vorführurg von 60 
und mehr Lichtbildern erfolgen zu lassen, ohne daß jemand sich irgendwie 
um den Apparat zu kümmern brauchte. Jedes Bild bleibt etwa 10 bis lö 
Sekunden bewegungslos stehen, worauf alsdann in angenehmem Übergang 
das nächste erscheint. Den Antrieb des automatischen Wechselapparates 
besorgt ein kleiner elektrischer Motor, der in dieselbe Leitung eingeschaltet 
wird, wie die Bogenlampe des Lichtbilderapparates. 


Lebram’s Kohlensäure Forniica-Bäder. 

Einer Mitteilung der Firma Norddeutsche Chemische Werke Berlin, 
G. m. b. H. Berlin entnehmen wir folgende interessanten Notizen: Kohlen¬ 
säurehaltige Bäder spielen heutzutage eine bedeutende Rolle in der Therapie 
zahlreicher organischer, nervöser oder konstitutioneller Krankheiten. Die 
große Wertschätzung, deren sie sich erfreuen, gründet sich auf die überaus 
günstigen Heilerfolge, die man bei Erkrankungen des Herzens, der Arterien 
und Nerven bei Neurasthenie, Hysterie, Hautkrankheiten, Frauenkrankheiten, 
Skrofulöse etc. ei zielt hat, und schon lange ist die Wirkung der bekanntesten 
natürlichen Mineralquellen (Nauheim, Kissingen, Oeynhausen, Schwalbach, 
Pyrmont, Soden, Elster, KudowaJ der medizinischen Wissenschaft bekannt. 

Was die Kohlensäurebäder vor allen anderen Bädern auszeichnet, ist 
der Umstand, daß sie bei einer verhältnismäßig wenig differenten Bade¬ 
temperatur einen ganz eigentümlichen und sehr intensiven Hautreiz ausüben, 
als dessen Ursache vielfach eine durch die aufsteigenden Bläschen bewirkte 
Massage angesehen wird. Auf diesen Hautreiz wird von vielen Beobachtern 
hauptsächlich ihre therapeutische Wirkung zurückgeführt, während andere 
dem thermischen Reiz eine ausschlaggebende Bedeutung beimessen, denn 
es findet in den kohlensäurehaltigen Bädern nicht nur ein häufiger Wechsel 
zwischen Kälte- und Wärmereizen statt, sondern es bestehen beide auch 
gleichzeitig an zahlreichen Stellen der Haut dicht nebeneinander. Es kommt 
daher zu ganz ausgeprägten thermischen Kontrastwirkungen, w r ie sie keinem 
anderen balneo-therapeutischen und hydro-therapeutischen Mittel für sich 
allein eigen sind und welche dementsprechend auch eine kräftige und eigen¬ 
artige Reaktion herbeiführen müssen. 

Die Frage, ob die Kohlensäure einen eigentümlichen chemischen 
percutanen Reiz ausübt (Winternitz: „Über die Wirkung verschiedener 


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Portschritte der Technik. 


351 


Bäder etc.“ deutsches Archiv für klinische Medizin Band 72) wird heute 
nur noch von Wenigen bejaht. Zweifellos ist aber, daß eine Unterstützung 
der Reizwirkung der Kohlensäurebläschen, wie sie z. B. die Ameisensäure 
leistet, für den Heilerfolg von ganz wesentlicher Bedeutung ist. 

Dr. Franz Rosenfeld, Berlin sagt hierüber: 

„Es bleibt demnach nichts anderes übrig, als anzunehmen, daß 
durch das Zusammenwirken der Ameisensäure resp. des ameisen¬ 
sauren Natriums und der Kohlensäure eine so günstige Wirkung 
erzielt wird, wie weder durch die Ameisensäure oder ihr Natrium¬ 
salz noch durch die Kohlensäure allein.“ 

Die kohlcnsauren Bäder sind ein unentbehrliches Hilfsmittel der 
modernen medizinischen Wissenschaft geworden und da es der großen Masse 
selbstverständlich unmöglich ist, die kohlensäurehaltigen Mineralquellen auf¬ 
zusuchen und sich dort einer längeren Kur zu unterziehen, so ist die Chemie 
helfend eingespiungen, indem sie künstliche kohlensaure Bäder herstellte, 
die dem Patienten erlauben, die Kur in seiner Wohnung zu brauchen. 

Neuerdings werden von den Norddeutschen chemischen Werken 
G. m. b. H., Berlin, Friedrichstr. 59 60 Ingredienzien zu künstlichen kohlen¬ 
sauren Bädern, den sog. Formica-Bädern hergestellt, die sich die Vorteile der 
Ameisensäure, mit der die Bäder präpariert werden, zu Nutze machen; denn 

1. wird die Kohlensäure durch ein Ameisensäure-Präparat in Freiheit 
gesetzt, also durch eine organische Säure, die nicht ätzend wirkt 
und auch die Badegefäße nicht im geringsten angreift, 

2. tritt die Kohlensäure-Entwickelung im ganzen Bade gleichzeitig 
auf (also nicht nur örtlich), 

3. sind die Bäder mit medizinischen Zusätzen, wie Fichtennadelextrakt, 
Stahl, Ichthyol, Parfüms und ätherischen Ölen zu kombinieren, ohne 
daß diese Zusätze zersetzt werden, 

4. schließlich findet auch die den älteren Bädern eigentümliche plötz¬ 
liche und stürmische Kohlensäure-Entwickelung nicht statt, sodaß 
ein Erschrecken nervöser Personen, was früher sehr häufig der 
Fall war, ausgeschlossen ist. 

Kohlensäure Bäder werden auf mannigfache Art hergestellt, um 
einen Ersatz der natürlichen Heilquellen zu schaffen. Von den Methoden 
verdienen jedenfalls die den Vorzug, welche solche COa Bäder hersteilen, 
die den natürlichen Heilquellen gleichkommen. Diese Verfahren bestehen 
darin, daß die in den bekannten Stahlzylindern käufliche Kohlensäure auf 
mechanischem Wege in Wasser gelöst wird. Dagegen bilden solche Methoden 
nur einen Notbehelf, wo z. B. CO2 während des Badens durch das Wasser 
blasig hindurchgepufft wird. Das Wasser aber enthält keine Kohlensäure, 
und kann nie dieselbe Wirkung haben, wie die natürlichen Heilquellen. Ein 
anderes Verfahren besteht darin, daß die COa dem Wasser mittels Chemikalien 
beigefügt und darin freigemaclit wird. Zur künstlichen Erzeugung natür¬ 
licher COa Bäder ist es nötig, daß sich Wasser und COa innig unter möglichst 
hohem Druck berühren. Dazu hat man Rührwerke und solche Apparate 
konstruiert, bei denen in aufrecht stehenden Cylindern beide Stoffe über 
Filterschichten, z. B. Koks geleitet werden. All diese Apparate sind noch 


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verbesserungsbedürftig, weil sie teils sehr umfangreich sind, meist äußerst 
sorgfältiger Behandlung bedürfen, nicht ohne Wasserdruck oder Pumpwerk 
arbeiten und vor allem sehr viel kosten. 

Erst neuerdings ist ein Apparat aufgetaucht, der das Ideal erreicht 
zu haben scheint (Lieferant Carl Bihlmaier, Braunschweig). Die Herstellung 
der CO 2 Bäder ist durch ein ganz neues Prinzip erreicht, wodurch der Apparat 
viel geringeren Umfang bekommen hat, kinderleicht zu bedienen ist, wenig 
kostet und das Wasser tadellos und beliebig stark mit CO 2 sättigt. Sein 
größter Vorzug aber besteht darin, daß er mit und ohne Wasserleitungsdruck 
selbsttätig und gleich gut arbeitet, und mithin auch ohne Pumpwerk da be¬ 
nützt werden kann, wo nur ein Wasserbehälter vorhanden ist. Es fällt auf, 
daß bei diesem Apparat die Kohlensäure mit sehr starkem Druck ein¬ 
strömen und der Wasserdruck ganz gering sein kann, während sich bei den 
bisherigen Systemen Wasser- und CO» Druck die Wage halten müssen. 


Vibrationsapparat mit Handbetrieb. 

„Prospero“, Vibrationsapparat, nur von Hand zu betreiben. 
Dieser Apparat wird überall da angebracht sein, wo die Kosten für einen 
elektrischen Apparat gescheut werden, oder das Be¬ 
dürfnis zur Anwendung in ambulanter Praxis vorhanden 
war, auch da, wo Elektrizität nicht zu haben ist. Der 
Apparat wirkt ebensogut wie elektrisch betriebene Appa¬ 
rate, wenn er auch solche nicht voll zu ersetzen vermag. 
Die Abbildung zeigt seine Form. Das Gehäuse schließt 
alle sich bewegenden Teile ein, abgesehen von der Kurbel 
und der Pelotte. Die Bewegungen der Pelotte geher 
hin und her, sodaß die Wirkung mehr nach der Tiefe 
erfolgt. Der Mechanismus geht außerordentlich leicht, 
die Handhabung ist so einfach, daß der Arzt den Apparat 
leicht den Patienten selbst in die Hand zu geben oder 
verordnen vermag. Die elektrisch betriebenen Apparate 
gen. Firma sind bekannt; neuerdings aber weiterhin be¬ 
deutend verbessert. Neu ist insbesondere die Verbindung 
dieser Apparate mit der Einrichtung zur pneumatischen 
Massage der Haut und anderer Körperteile nach Professor 
Zabludowski, sowie des pneumat. Uterusvibrators nach 
Dr. Grussendorf. 

„Iduna I, II, III und IV. Ü Elektrische Licht¬ 
bäder. Neu ist an diesem System die Form und An¬ 
ordnung der Fassungen, Lampen, Reflektoren und des 
Wandbelages. Die Fassungen bestehen aus einem Stück 
Porzellan, das alle Metallteile umschließt, und da die 
Lampen in Röhrenform nach unten stehen, kann niemals 
Schmutz, Schweiß oder Flüssigkeit ins Innere dringen 
und durch Oxyd Kurzschluß hervorrufen. Der üble Geruch alten Schweißes 
ist bei diesen Lichtbädern aus gleichem Grunde in Verbindung mit der Art 



Vibrationsapparat 
mit Handbetrieb. 


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des Wandbelages vermieden. Dieser besteht aus weißen angekitteten Metall¬ 
fließen, sodaß Ecken, Nägel, Schrauben und Leisten fehlen, und das Innere 
wie aus einem Stück gegossen aussieht. Das Bad ist also außerordentlich 
reinlicher. Hinter den Lampen, von den Fassungen gehalten, befinden sich 



Elektr. Lichtbad „Iduna“. Lichtwirkung hei „Iduna“. 


Aluminiumreflektoren, die gerade die wirksamen Strahlen besonders reflek¬ 
tieren und verstärken. Erreicht wird dadurch Intensivbestrahlung, ohne den 
Badenden anzustrengen; er schwitzt leichter und schneller, schon bei ge¬ 
ringerer Temperatur als im gewöhnlichen Lichtbad. Kongestionen, Herz¬ 
klopfen usw. bleiben aus und es wird ca. 1 ja elektr. Strom gespart. (Bezugs¬ 
quelle: Karl Bihlmaier, Braunschweig). 


Photographische Apparate für die Tropen. 

Von Heinrich Ernemann, A. G. f. Kamerafabrikation, Dresden. 

Die Trockenplatten für die Tropen müssen von hervorragender 
Qualität sein und überaus sicher verpackt werden, will man nicht die schlech¬ 
testen Erfahrungen machen. Vor Allem ist es aber der Aufnahme-Apparat, 
der einer besonders sorgfältigen Ausführung bedarf. Das bisher auch für 
Tropen-Cameras verwendete Holz mit Leder-Überzug quillt in den feuchten 
Gegenden der Tropen übermäßig auf, die Verbindungsstellen werden undicht 
und es ist keine Gewähr mehr für unbedingt zuverlässiges Funktionieren vor¬ 
handen. Deshalb hat es sich die bekannte Firma Heinrich Ernemann Aktien- 
Gesellschaft für Camera-Fabrikation, Dresden, angelegen sein lassen, eine 
Spezial-Tropen-Klapp-Camera herzustellen, die allen klimatischen Einflüssen 
standhält. Der Camerakasten besteht aus Magnolium, welches die Haltbar¬ 
keit des Messings mit dem geringen Gewicht des Aluminiums vereinigt, und 
zwar ist er aus einem einzigen Stück ohne Nietung und Lötung hergestellt 

Archiv f. Physik. Medizin etc. 23 


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und mit einem Kunslprodukt überzogen, welches das bisher verwendete Leder 
vertritt, denn Leder schimmelt in den Tropen. Die übrigen Teile der Camera, 
wie das Objektivbreit, sind teils aus Magnolium, teils aus Aluminium ge¬ 
fertigt, und die im inneren Mechanismus eines gewöhnlichen Schlitzver¬ 
schlusses befindlichen Stahlteile und Federn sind entweder durch Neusilber 
oder ähnliche Legierungen ersetzt oder so stark vernickelt, daß sie auf alle 
Fälle gegen ein Rosten geschützt sind. Auf diese Weise ist auch der Schlitz¬ 
verschluß tropensicher gemacht, die Schlitzbreite desselben ist von außen 
beliebig verstellbar und ablesbar, und er arbeitet ohne jede Erschütterung: 
seine Regulierbarkeit geht bis zu 1 3500 Sekunde herab. Die Auslösung des 
Verschlusses erfolgt mit dem patentierten BOB-Auslöser (zweier ineinander¬ 
liegender Messing-Spiraldrähte), der in keinem Klima dem Verderben unter¬ 
liegt, immer sicher funktioniert und somit die großen Mängel der Gummibälle 
und Schläuche vermeidet. 


Erneinann's Film- und Platten-Camera „BOB III“, 
eine hervorragende Neuheit, speziell für Touristen. 

Von H. Erneraann, A.-G. Dresden. 

Unter den vielen bekannten Apparaten der Firma Heinrich Ernemann 
nehmen die BOB-Typs einen hervorragenden Rang ein. Bei ihrer Kon¬ 
struktion wurde das Hauptgewicht auf geringstes Volumen und größte Leich¬ 
tigkeit bei höchster Leistungsfähigkeit gelegt. Dieses heikle Problem, an 
dem schon mancher Camerabau scheiterte — denn irgend ein offener oder 
geheimer Mangel haftete allen bisher von anderer Seite auf den Markt ge¬ 
brachten ähnlichen Cameras an — ist auf das Glücklichste durch den Haupt¬ 
typ der Serie, der BOB III, gelöst. Man hat sie mit vollem Recht als die 
langgesuchte Ideal-Camera für Touristen bezeichnet, denn nicht nur ihr aufs 
Äußerste beschränktes, handliches und gefälliges Format, die elegante Aus¬ 
stattung und die präzise Arbeit, sondern auch die durch ihre Konstruktion 
gewährleistete universelle Verwendbarkeit haben ihr zahlreiche begeisterte 
Freunde verschafft. 

Es ist tatsächlich die dünnste Rollfilms-Camera mit längstem Aus¬ 
zug, ist sie ja geschlossen nur 4 cm dick trotz des dreifachen Auszugs! Man 
kann sie leicht und unauffällig tragen und bequem in der Tasche unter¬ 
bringen. Dies ist für Touristen bekanntlich von eminentem Wert, denn die 
„freie Hand“ hat auch der enragierteste Amateur-Photograph gern. Der 
dreifache, in jeder Entfernung verstellbare Bodenauszug gestattet die Ver¬ 
wendung der hinteren Linse allein. Der Tourist, dessen Aufnahmen sich 
fast ausschließlich auf landwirtschaftlichem Gebiete bewegen, weiß diesen 
großen Vorteil besonders zu schätzen. 

Die BOB III zeigt die bei allen Ernemann-Cameras selbstverständliche 
exakte Arbeit und vollendete Mechanik. Sie ist fast ganz aus Aluminium 
gearbeitet und mit bestem amerikanischen Rindlederüberzug versehen. Der 
Objektivteil ist horizontal und vertikal verstellbar, die Einstellung des Ob¬ 
jektivs kann durch Zahnbetrieb auf alle Entfernungen nach Skala erfolgen. 
In der Hauptsache ist die Camera auf Verwendung von Rollfilms im Formate 


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Fortschritte der Technik. 


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8X10,5 zugeschnitten; ebenso ist auch ein Adapter für Vidilfilrae vorge¬ 
sehen. Man kann aber auch mit Platten 9x12 arbeiten, in welchem Fall 
man eine bequeme und billige Visierscheiben-Einrichtung mit Einstell-Licht- 
klappe und drei Metallkassetten 9X12 im Etui mitführt. Namentlich wird 
man die BOB III als Hand-Camera benutzen, sie besitzt aber auch zwei 
Bodenmuttern für Hoch- und Queraufnahmen auf Stativ. Ein drehbarer 
Brillantsucher für Hoch- und Queraufnahmen mit Libelle, der das Bild auf¬ 
recht zeigt, ermöglicht bequemes Einstellen ohne Mattscheibe. 

Meist wird die BOB UI mit dem Ernemann-Detektiv-Aplanat F. 6,8 
oder mit den Ernemann-Doppel-Anastigmaten F. 6,8 und F. 5,5, beide von 
120 mm Brennweite, verlangt. An alle Objektive sind der Ernemann-Patent- 
BOB-Verschluß und Patent-BOB-Auslöser montiert. Der BOB-Verschluß ist 
nicht zu verwechseln mit Massenfabrikaten, er repräsentiert vielmehr Präzi¬ 
sionsarbeit eigener Fabrikation der Firma Ernemann. Viele gute Objektive 
besitzen leider oft minderwertige Verschlüsse, welche die volle Leistungs¬ 
fähigkeit des Objektivs auszunutzen nicht gestatten. Durch die sinnreiche 
Blendenordnung im BOB-Verschluß ist dagegen die rationellste Belichtung 
gewährleistet. Bei jeder Zeit- oder Momentaufnahme springen die Blenden 
plötzlich auf volle Öffnung auf und schließen sich ebenso plötzlich wieder 
nach erfolgter Belichtung. Der BOB-Verschluß funktioniert durch den 
Ernemann-Patent-BOB-Auslöser, jener ingeniösen kleinen Vorrichtung, die 
den Gummiball mit seinen sattsam bekannten mannigfachen Mängeln aufs 
Trefflichste ersetzt und von unbegrenzter Haltbarkeit ist. Ernemanns BOB 
III kostet: Mit Ernemann-Detektiv-Aplanat F. 6,8 Mk. 105.—, mit Ernemann- 
Doppel-Anastigmat F. 6,8 Mk. 165.—, mit Ernemann-Doppel-Anastigmat 
F, 5,5 Mk. 185.—. Visierscheiben-Einrichtung mit Einstell-Lichtklappe und 3 
Metallkassetten 9X12 im Etui Mk. 7,50, Adapter für Vidilfilms Mk. 5.— 


□ Automatischer Inhalationsapparat mit regulierbarem 
Sauerstoff-Verbrauch. 

Die Firma Fr. Dröll, Heidelberg, bringt zum Preise von 42 Mk. einen 
Apparat zur automatischen Regulation des Sauerstoffverbrauchs bei der 
Inhalation in den Handel. Er wird am Sauerstoff-Zylinder befestigt und läßt 
durch ein Ventil den Sauerstoff austreten. Die intermittierende Zuströmung 
desselben besorgen zwei andere Ventile automatisch. Die Firma stellt diesen 
Apparat auch leihweise für monatlich 5 Mk. zur Verfügung unter besonderer 
Berechnung des verbrauchten Sauerstoffs. 


Sauerstoff-Narkose-Apparate mit sicht- und hörbarem Tropfenfall. 

Die eben genannte Firma bringt einen Hand- und einen Tischapparat 
zur Sauerstoff-Chloroform-Narkose auf den Markt. Preis Mk. 145—170 für 
ersteren und Mk. 295 für letzteren. Die Apparate bestehen im Wesentlichen 
aus: Chloroform-Apparat, Sparapparat, 1,10 m Metallschlauch, Masken, Chloro¬ 
formgläser etc., und in letzterem Fall noch aus dem Tisch. 


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C. Chemisch-pharmazeutische Berichte. 

Unter dem Namen Hetralin kommt von der Firma Chas. Zimmer¬ 
mann & Co. Hamburg ein internes Harnantisepticum in den Handel, welches 
chemisch ein Hexamethylentetramin Derivat also ein Abkömmling des Urotropin 
ist und nach seiner chemischen Konstitution Dioxybenzolhexametylentelramin 
darstellt; es ist ein in Nadeln krystallisierender weißer, luftbeständiger 
Körper, der sich leicht in Wasser und Alkohol auflöst, der Geschmack ist 
süßlich, nicht unangenehm. 

Herr Dr. Ludwig Eberlein, Assistent der neueren Abteilung des 
Krankenhauses am Friedricbsheim in Berlin schreibt: 

In allen genannten Fällen hat uns Hetralin gute Dienste geleistet, die 
Kranken nehmen das Mittel gern und wir suhen niemals eine unerwünschte 
Nebenwirkung. Wir konnten feststellen, daß das Hetralin in oft überraschend 
kurzer Zeit die objektiven und subjektiven Erscheinungen der akuten und 
chronischen Cvstitis bessert oder beseitigt, ob der cystitische Harn sauer oder 
alkalisch reagierte, ob es sich um alte Leute mit chronischen Blasen¬ 
katarrhen oder um einen Diabetiker oder Typhuskranken mit akuten Blasen¬ 
erkrankungen handelte. Besonders eklatant war die Wirkung des Hetralin 
in zwei Fällen von akuter hochfieberhafter Cystitis und Pyelitis, bei denen 
in steilen Staffeln das Fieber absank, die Schmerzen schwanden und in 
wenigen Tagen der Harn klar, sauer und eiweißfrei wurde. 

Anilmin wird von Paul Liebe in Dresden seit kurzem unter patent¬ 
amtlichem Schutz in den Handel gebracht. 

Wie der Name schon sagt, wird es bei Bleichsucht, Blutarmut und 
Verdauungsschwäche angewendet. Es stellt ein flüssiges Eisenpräparat dar, 
das in 100 Teilen enthält: 0,2 °,' 0 Eisen als Ferrisaccharat, 2,5 °/o Pepsin, 
10 °/o Zucker, 13,5 °/o Weingeist, 0,5 °/o aromatische Tinkturen und 73,3 °/o 
dest. Wasser. Der Fabrikant hebt als besonderen Vorzug des Anämin die 
leichte Verdaulichkeit hervor, indem er sagt: Es enthält das Eisen in leicht 
assimilierbarer Form, das Pepsin in aktivem Zustand, ist haltbar, wohl¬ 
schmeckend, regt den Appetit an und bewirkt rasche Vermehrung der roten 
Blutkörperchen ohne nachteilige Einwirkung auf Zähne, Schleimhäute oder 
Magen auszuüben. Aus der Praxis liegen eine ganze Reihe sehr günstiger 
Beurteilungen vor und wird wohl Anämin gewiß ein geschätztes und beliebtes 
Eisenpräparat werden umsomehr, da der Preis ein mäßiger zu nennen ist. 
300 gr Fl. = Mk. 1,50, 1 Weinflasche 750 gr == Mk. 3,00. 

Fucol-Matzextrakt wird gleichfalls von Paul Liebe in Dresden her¬ 
gestellt; es ist eine Emulsion von zwei Teilen Extr. malti mit 1 Teil Fucol. 

Fucol ist der von den deutschen Fucol-Werken G. m. b. H. in Bremen 
nach patentier!em Verfahren mittels Sesam, Erdnuß oder anderem feinen Öl 
bereitete Auszug von präpariertem Fucus vesiculosus und anderen jodhaltigen 
Seealgen. Fucol hat als Säurezahl 52,7 

Verseifungszahl 210,9 
Jodzahl 104,8. 

Als vor zwei Jahren durch den großen Mangel an Leberthran der 
Preis desselben ins unermeßliche stieg, hat sich Fucol in der Praxis gut ein- 
geführt und scheint nun festen Boden sich errungen zu haben, da es trotz 


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der nun wieder auf normale Höhe gesunkenen Leberthranpreise sein Absatz¬ 
gebiet zu behaupten scheint. 

In jedem Fall ist Fucol bei Kindern, die einen ausgesprochenen Wider¬ 
willen gegen Leberthran haben oder Verdauungsstörungen oder Erbrechen 
zeigen, ein vorzüglicher Ersatz und dürfte die Komposition Fucol-Malzextrakt 
sich ebenfalls aus diesen Gründen bald in der Praxis eingebürgert haben. 

Liebes Neutralnahrung, gleichfalls von Paul Liebe in Dresden her- 
gestellt, hat sich schon seit einer langen Reihe von Jahren vorzüglich be¬ 
währt und ist es deshalb angebracht, von neuem auf dieses besonders in der 
Kinderpraxis mit sehr gutem Erfolg angewandte Präparat hinzuweisen. Das¬ 
selbe stellt eine von Stärkemehl gänzlich freie Malzweizennahrung dar, 
die einen sehr hohen Gehalt an Maltose zeigt. 

Man hat gerade in neuester Zeit wieder auf die Liebig’scben Grund¬ 
sätze der Kinderernährung in den ersten Monaten zurückgegriffen. Durch 
Versuche in der königl. Universitätskinderklinik zu Breslau hat Geheimrat 
Prof. Czerny nachgewiesen, daß die Maltose unter allen Zuckerarten — auch 
Milchzucker nicht ausgenommen — dadurch ausgezeichnet ist, daß sie beim 
Verdauungsgange die höchste Ausnutzung der Eiweißstoffe vermittelt und 
dabei Magenstörungen hintenan hält. Siehe Jahrbuch für Kinderheilkunde 
XLVIII Heft 4, ferner Deutsche mediz. Wochenschrift 1898 S. 39 und 40 und 
1899 Nr. 22. 

In der Tat haben die in Breslau angestellten zahlreichen Nährver¬ 
suche an magendarmkranken Kindern ergeben, daß über zweidrittel derselben 
der Genesung zugeführt wurden. 

Solche Erfahrungen machen es erklärlich, daß die Liebig’sche Suppe 
bez. die als Trockenextrakt in den Handel gebrachte Liebes Neutral¬ 
nahrung immer mehr Eingang nicht allein in Kinderkliniken, sondern auch 
in den Familien zur Ernährung der Monatskinder findet und die sog. Kinder¬ 
mehle von oft sehr zweifelhafter Beschaffenheit zu verdrängen sucht. Die 
Analyse der Liebes Neutralnahrung lautet: 

Fett 0,49 

Stickstoffsubstanz 8,85 

Mineralwasser 2,26 

Lösliche Kohlehydrate 86,02 
Wasser 2,38 

100,00 °/u 

Nenndorfer Schwefelseife, hergestellt von Apotheker Jakobi in Bad 
Nenndorf bei Honnover. 

In Bad Nenndorf bei Hannover sind bekanntlich die stärksten 
Schwefelquellen Deutschlands, sie enthalten in einem Liter Wasser 0,1016 
Schwefel und wird, wie bekannt ist, die Quelle zu Trink- und Badekuren 
schon seit alters mit Erfolg aufgesucht. Neuerdings hat man den reichen 

Schwefelgehall noch weiter therapeutisch auszunutzen gesucht, indem man 
das natürliche Sediment der Quelle zu einer Seife verarbeitet. 

Das Sediment besteht nach vorliegender Analyse aus freiem Schwefel, 
Schwefelkalium, schwefelsaurem und kohlensaurem Kalk und Magnesia-Salzen 
und Aluminiumverbindungen neben Spuren von Eisen und Mangan. Dieser 
Schlamm wird zur Herstellung der Seife auf mechanischem Weg von Sand 


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Fortschritte der Technik. 


und dergl. gereinigt und fein durch Schlemmen verarbeitet und getrocknet 
und hierauf einer neutralen Kernseife mittelst der Piliermaschine zuge¬ 
mischt. Sie wird in 2 Stärken hergestellt, eine solche mit 16 °/o und eine 
stärkere mit 36 o/o Quellenniederschlag. 

Herr Dr. Leo Forchheimer Spezialarzt für Hautkrankheiten in Würz¬ 
burg hat mit der Nenndorfer Schwefelseife wiederholt Versuche angestellt 
und recht befriedigende Resultate damit erzielt; er schreibt, nachdem er 
einige Fälle näher beschrieben hat: Die übrigen von mir beobachteten Fälle 
haben ein ähnliches günstiges Resultat ergeben, und wenn ich, gestützt auf 
meine bisherigen Erfahrungen mit der Nenndorfer Schwefelseife, mir ein 
LTrteil erlauben darf, so möchte ich sie als ein schätzenswertes Hilfsmittel 
bei der Behandlung von Acne vulgaris faciei, Ekzema seborrhoicum, Komedonen 
und Pigmentationen der Gesichtshaut den Kollegen für weitere Versuche 
dringend empfehlen. Dr. Rahn Berlin empfiehlt die Seife ganz besonders in 
der modernen Kosmetik und hat nach seinem Bericht vorzügliche Resultate 
erzielt und hebt besonders die günstige Wirkung bei Kopfschuppenbildung 
hervor, cf. Ärztliche Rundschau Nr. 47. 

Bei Krankheitserscheinungen, gegen die man gewöhnlich Schwefel¬ 
präparate zu Hilfe ruft d. i. also in allen Fällen, wo es sich darum handelt, die 
Epidermis bis auf eine gewisse Tiefe hin zu zerstören, also bei den ver¬ 
schiedensten Pigmentationen, bei abnormer Abschuppung der Epidermis, bei 
Seborrhoe und bei gewissen Erkrankungen der Haut, die mit Erweiterung 
der Kapillargefäße und Vaskularisation einhergehen, dürften die beiden 
Nenndorfer Schwefelseifen, die neben freiem Schwefel auch Schwefelver¬ 
bindungen enthalten, sich besonders wirksam erweisen und diesen der Vor¬ 
zug gegenüber den gewöhnlichen Schwefelseifen ganz entschieden gegeben 
w erden. 

Plasmon von der Plasmon-Gesellschaft m. b. H. in Neubrandenburg 
i M. gehört zwar nicht zu den Präparaten, die in allerneuster Zeit auf den 
Markt gekommen sind, sondern es hat schon eine Reihe von Jahren sich in der 
Praxis bewährt, und es dürfte gerade deshalb angezeigt sein, dieses vor¬ 
zügliche Nährmittel von neuem unter den zahlreichen Fabrikaten auf diesem 
Gebiete hervorzuheben. 

Plasmon ist ein Milchcasein, das durch eine bis zur Löslichmachung 
eben ausreichende Menge Natrium bicarbonat verarbeitet ist und durch 
Trocknung und Mahlung mittelst geeigneter Vorrichtungen als weißes fast 
geschmackloses Pulver in den Handel kommt. 

Nach den Analysen des physiologischen Instituts der Berliner land¬ 
wirtschaftlichen Hochschule besteht Plasmon aus: 

Eiweiß 74,54 

Fett 1,76 

Milchzucker 2,75 
Asche 8,39 

Wasser 12,56 

Das Präparat enthält demnach nicht allein das Eiweiß der Milch 
sondern auch die Nährsalze derselben. 

Schon die Arbeiten von Prof. Rohmann und Marcuse haben gezeigt, daß 
das Casein Eiweiß, welches Phosphor in organischer Verbindung enthält und 


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Fortschritte der Technik. 


359 


in bedeutend höherem Maße als die andern Eiweißarten die Tendenz besitzt, 
aus der Nahrung in den Eiweißbestand des Körpers überzutreten, am Körper 
angesetzt zu werden. 

Die Untersuchungen von Caspari und Zuntz haben den unzweideutigen 
Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme erbracht, indem sie bei Verab¬ 
reichung von Plasmon eine doppelt hohe Eiweißretention im Körper nach- 
weisen konnten als bei Ernährung mit anderen Eiweißarten. Hieraus folgt 
eine ganz spezielle Indikation für die Darreichung von Plasmon in allen 
Fällen, wo ein starker Eiweißzerfall gehemmt oder hintenangehalten werden 
soll und wo der Eiweißbestand des Körpers einer Aufbesserung bedarf. 

Für die Verwendung eines Nährpräparates am Krankenbette sind 
neben solchen eben angeführten Eigenschaften eine Anzahl anderer Momente 
von ausschlaggebender Bedeutung, das ist in erster Linie der Geschmack 
und die Möglichkeit das Präparat anderen Nahrungsmitteln in unmerklicher 
Weise zusetzen zu können. Nährpräparate von schlechtem Geschmack sind 
natürlich ohne weiteres unbrauchbar, aber auch solche ohne schlechtem aber 
doch spezifischem Geschmack werden in den meisten Fällen von den Patienten 
nach kurzem Gebrauche verweigert. 

Wenn das Präparat länger im Gebrauch bleiben soll, muß es von in¬ 
differentem Geschmack sein, ferner muß es löslich sein, damit seine An¬ 
wendung mit anderen Nahrungsmitteln unmerkbar vorgenommen werden kann. 
Nach diesen Richtungen entspricht Plasmon allen Anforderungen, indem es 
sowohl geschmack- und geruchfrei als auch löslich ist. 

Die Fabrik hat auf Anregung aus ärztlichen Kreisen hin Plasmon 
auch in verschiedene Formen gebracht; sie stellt Plasmon-Schokolade, Plasmon- 
Hafer-Cacao, Plasmon-Zwieback, Plasmon-Cacao und Plasmon-Biskuits dar 
und hat damit allen jeweiligen Bedürfnissen am Krankenbette entsprochen. 

Noch ein großer Vorzug gegenüber anderen Nährpräparaten sei noch 
zuletzt erwähnt und das ist der billige Preis, der die Verwendbarkeit des 
Plasmon auch in der Armenpraxis gestattet. 100 gr kosten 60 Pfg., 500 gr 
kosten 2,70 Mk. 

Canilol. Von der deutschen Diamalt-Gesellschaft m. b. H. in München 
gelangt seit kurzem unter dem Namen Candol ein Malzextrakt in den Handel 
sowohl in trockner als in dickflüssiger Form, die sich beide durch ihren 
reinen vorzüglichen Geschmack besonders auszeichnen. Das trockne kristalli¬ 
nische Candol, eine Form des Malzextrakt wie sie schon vor einigen Jahren 
auch von Dr. Brunnengräber in Rostock auf den Markt gebracht wurde, hat 
vor dem flüssigen Extrakt den Vorzug angenehmer Darreichungsform und 
leichterer Dosierung. 

Bei der Herstellung des Candols legt die Fabrik besonderen Wert 
darauf, daß der große Gehalt der Eiweißstoffe des Malzes in löslicher Form 
erhalten bleibt, wodurch dem Präparat im Verein mit löslichen Kohlehydraten 
sowie Phosphaten ein so hoher Nährwert verliehen wird, daß der Kalorien¬ 
wert von einem Eßlöffel Candol dem Nähreffekt eines Hühnereies entspricht, 
diesem aber der besonders leicht resorbierbaren Form der Nährwerte wegen 
vorzuziehen ist. Ferner ist hervorzuheben, daß durch den hohen Gehalt an 
Diastase die stärkehaltigen Nahrungsmittel bei Zusatz von Candol weit besser 
ausgenutzt werden, indem die nicht verdauliche Stärke in Zucker aufgespaltet 


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wird. Seine Anwendung dürfte daher bei Typhus, Skrofulosis, Rhacbitis etc., 
kurz dann, wenn es dem Organismus an Diastase mangelt, zu empfehlen sein. 

Levuretin von Apotheker E. Feigel in Luttersbach bei Mühlhausen 
im Elsaß. 

In der Therapie wird schon seit Jahren Bierhefe mit gutem Erfolg 
bei Furunkulose, Anthrax, Exzem und dergl. in Anwendung gebracht. Auch 
bei Diabetes und typhösem Fieber wurde sie in neuester Zeit mit sehr guten 
Resultaten verwendet. Ihre Wirkung besteht bekanntlich in ihrem Gehalt 
an Zymase und Nucleinsäure. Ersteres ist ein Enzym, welches im Stande ist, 
die Verdauung der Kohlehydrate und stickstoffhaltigen Nahrungsmittel zu 
fördern, eine Eigenschaft, die besonders bei Diabetikern ganz außerordent¬ 
lich günstig wirkt und den Zuckergehalt im Harn schon sehr bald auf ein 
Minimum herabsinken läßt. Der Gehalt an Nucleinsäure scheint die micro- 
biciden Eigenschaften der Hefe zu bedingen, über deren eigentliches Wesen 
die Forschungen bis jetzt noch nicht abgeschlossen sind; aber auf jeden Fall 
ist die Anwendung der Hefe bei verschiedenen infektiösen Krankheiten mit 
guten Resultaten vorgenommen worden, wenn die Hefe frisch und völlig rein 
war, eine Bedingung, die bisher eine Ursache gewesen ist, die Verwendung 
nicht in dem Maße geschehen zu lassen, wie man hätte erwarten dürfen. 

Levuretin soll nun diesem Mangel abhelfen, indem der Fabrikant 
reine Hefe aus den Reinzuchtapparaten der Brauerei Bock & Co. in Lutter¬ 
bach verwendet und durch eine geeignete Behandlung beim Trockenprozeß 
die Wirksamkeit nicht zu beeinträchtigen sucht. Eine Tablettenform er¬ 
leichtert die Dosierung. 

Eingehende Arbeiten sind von Dr. Galiner Therapeutische Monats¬ 
hefte August 1903 und von D. Hedrich in der Deutschen Ärztezeitung Februar 
1904 Heft 3 erschienen. 

Letzterer schreibt: Levuretin erscheint somit als eine tadellose Trocken¬ 
hefe vorzüglich für therapeutische Zwecke geeignet. Durch seine außer¬ 
ordentliche Reinheit unterscheidet es sich vorteilhaft von der großen Mehr¬ 
zahl der Trockenhefen und ebenso durch die gute Konservierung seiner 
Hefezellen, während die meisten Trockenhefen des Handels eine Überzahl 
von zerstoßenen und verstümmelten Zellen aufweisen, wenn nicht gar alle 
Zellen abgestorben sind. Die rasche und vollkommene Trocknung sichert 
dem Levuretin eine lange Dauerhaftigkeit und Lebensfähigkeit, vorausgesetzt 
natürlich, daß dasselbe in trockenen Behältern und geschützt vor Feuchtig¬ 
keit aufbewahrt werde, behält es seine latente Lebenskraft, anders gesagt 
seine Gährungsfähigkeit, sehr lange bei. Das Levuretin hat ferner nicht den 
widerwärtigen Geschmack, welche gewöhnlich den Trockenhefen eigen ist. 
Es unterliegt keinem Zweifel, daß dank der erwähnten Eigenschaften das 
Levuretin bald als das vorzüglichste Hefepräparat allgemeine Anerkennung 
finden wird. 

Digitalysatuiii Bürger. In den letzten Jahren sind mehrere Digitalis- 
Präparate aus dem Auslände bei uns eingeführt worden wie Digitalis-Golaz, 
Digalen-Cloeta und Digitalon von Park, Davis & Co., die mit Recht sich bald 
großer Beliebtheit in der Ärztewelt erfreuten, weil ihr Digitoxingehalt genau 
eingestellt ist und somit einen wesentlichen Vorteil zeigen gegenüber einem 
aus Blättern hergestellten Infusum. Die Preise dieser Präparate sind jedoch 


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Fortschritte der Technik. 


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wie alle ausländischen Fabrikate enorm hohe, sodaß an eine Verwendung in 
der weniger gut situierten Praxis nicht zu denken ist. Apotheker Bürger in 
Wernigerode im Harz hat nun das Verdienst, als erster in Deutschland diesen 
ausländischen Fabrikaten ein mindestens gleichwertigr s aber um die Hälfte 
billigeres entgegenzustellen, und bringt solches unter dem Namen Digitaly- 
satum in den Handel. Es enthält nicht nur die wirksamen Digitalisbestand¬ 
teile, sondern alle wirksamen Bestandteite der frischen Blätter und be¬ 
sonders die in Wasser löslichen Teile, was durch den nur geringen Gehalt 
an Alkohol ermöglicht ist. Sodann dürfte sehr hervorzuheben sein, daß das 
Ausgangsmaterial, die Digitalisblätter, gerade im Harz als das beste weithin 
anerkannt ist. 

Einen weiteren Vorzug bringt das Präparat, daß es nicht auf seinen 
Digitoxingehalt eingestellt ist, sondern auf seinen physiologischen Wirkungs¬ 
wert und hat diese Kontrolle der durch Arbeiten über Digitalis bekannte 
Dr. med. Focke in Düsseldorf übernommen, der dafür genügende Gewähr 
leisten dürfte. Dr. Focke sagt in Bezug auf die häufig beobachtete ungleich¬ 
mäßige Wirkung der Digitalispräparate: Die Ungleichmäßigkeit in der Stärke 
der Digitalispräparate als Ursache einer schädlichen Kumulation ist heute 
leicht dadurch zu vermeiden, daß man nur solche Präparate benutzt, für 
deren Gleichmäßigkeit zuverlässige Firmen Gewähr leisten. 

Es wäre ja besser, wenn man sagen könnte: Präparate für deren 
Gleichmäßigkeit die Pharmacopoe gewährleistet. Aber so lange das ein 
frommer Wunsch ist, besteht die Pflicht, den Praktikus wissen zu lassen, 
welche Präparate resp. Firmen die obige Voraussetzung erfüllen. Da die 
deutsche Digitalis purpurea von keiner fremden übertroffen wird und weil 
dasselbe auch für ihre Präparate gilt, so nenne ich zunächst nur die gleich¬ 
mäßigen deutschen Präparate: 

1. die Folia Digital, titrata von Caesar & Loretz in Halle, 

2. „ „ Dr. Siebert & Dr. Ziegenbein in Marburg, 

3. die Tinctura Digital, titrat. von denselben Firmen, 

4. das Digitalysat von J. Bürger in Wernigerode, 

5. Digitoxin v. E. Merck in Darm stadt. 

Die Wahl unter diesen genannten gleichmäßigen Präparaten, führt 
Dr. Focke fort, könnte nun dem Belieben des einzelnen anheim gestellt 
werden, wenn sie uns geringe qualitative Unterschiede zeigten. Diese 
Unterschiede sind aber so groß, daß es nötig ist, bei ihnen etwas zu ver¬ 
weilen. Es muß erörtert werden, welche Präparate die besseren sind, be¬ 
sonders wegen der etwa leichteren Vermeidbarkeit der toxischen Kumulation! 

Dr. Focke kommt dann in seiner Betrachtung zu dem Resultat, daß 
die toxische Wirkung des Digitoxin in den Blättern durch die Anwesenheit 
von wasserlöslichen wahrscheinlich saponinähnlichen Substanzen herabgesetzt 
wird, und sagt hierzu weiter: die Identität der Wirkung des Digi¬ 
toxins mit der der Bätter ist eine Legende, die hoffentlich bald 
verschwindet. Es wirken die Blätter nicht bloß rascher und andauernder; 
sie haben auch in ihrer therapeutischen Wirkung einen größeren Spielraum 
und daher ist bei ihnen die Vermeidung der toxischen Kumulation leichter. 

Als ungefähr gleichwertig mit den Blättern kann dagegen ein gutes 
Dialysat des ausgepreßten frischen Blättersaftes mit nachheriger Einstellung 


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362 


Fortschritte der Technik. — Autorenregister. 


betrachtet werden, weil dem Safte durch die Dialyse ja nur die der Konser¬ 
vierung hinderliche kolloide Substanz entzogen wird, während sonst alles 
Gelöste darin bleibt. 

In Bezug auf das Bürger’sche Digitalysat sagt Dr. Focks weiter: Vor 
allem hat es sämtliche Wirkungen der Blätter besonders auch die volle Puls¬ 
verlangsamung gezeigt. Somit wird das deutsche Dialysat (unter dem Namen 
Digitalysat geschützt) wohl seinen Platz in unserem Arzneischatz behalten. 


Autorenregister. 

Arneth 338. — d’Arsonval 305. — Bach 312. — v. Bardeleben 330. — Bascli 317. — 
Baumann 312. — Beck 307. 330 Beclbre 326. — Becquerel 302. 303. — Belot, 325. — Bern" 
hard 338. — Bibra 315 — Bickell 319. — Bier 312. 340. — Bloebauin 335. — Blumenkranz 
316. — Boas 312. — Bouchard 312. — Brandt 326. — Brickner 328. — Brodzki 318 — Bruel 
333. — Büchner 314. — Bum 312. 317. — Burwinkel 311 — Cahn 331. — Cassirer 308. — 
Cohn 800. — Curie 303. — Curschmann 309. 332. — Edison 335. — Edlefsen 338. — Ehrmann 
324. — Engler 318. — Epstein 315. — Erb 335. — Erhard 306. — Evler 330. — Ewald 319. — 
Fink 324. — Fischer 342. — Fischl 316. — Flatau 307. — Fleischmann 336 — Francke 302. 

— Franze 300 302. 329 333. 335. 338. 340. 343. - Freund 329. 330. - Gaiffe 325. — Galewski 

322. — Garre 324. — Gaupp 332.— Gautier 320. — Giesel 303. — Graham 335. — Grimm 315. — 
Gunmach 328. — Gulir 314. — Guilleminot329. — Harct332. — Hcinecko327. — Heinsheimer 319. — 
Helbing 324. — W. C. Heraeus (Firma) 305 — Hinsberg 324. — Hinterst.oisser 331. — 
Hippel 307. — Hirsch 321. — Hoffmann 310. — Holland 328. — Holzknecht 323. 328. _ Horner 
307. — Jacol) 312. — Jaquet 312. — Jastram 328. — Jodlhaur 337. — Jonas 323. — Jones 329. — 
Karger 300. — Keller 305. — Kingscote 329. — Kisch 321. — Klimek 322. — Koleski 325. — 
Konegen 306. 307. 308 — Korson 317 — Krause 327. — Kugler 319. — Külz 315. — Kunert 306. — 
Lange 330. — Ledingham 333 — Leduc 334. — Lcfinann 333. — Lehmann 302. — Lenne 315. — 
Lennhof 330 — Levy 312. — Levy-Dorn 330. — Lichtenberg 331. — Liebelt 320. — Liebreich 
318. — Lobei 320. — Löwy 320. — Luft' 339. — Mann 342. — Marie 332. — Matzner 320. — 
v. Mikulicz 330. — Miller 330. — Moebius 312. — Moeller 312. — Morax 312. — Moritz 302. 
Müller 333. — Münz 320. — Nenadovic 321. — v. Noonlen 315. — Niilisom 328. — Oppenheim 
329. — Ostwald 320. — Pariser 319. •— Piissler 318. — Pawlow 319. — Pflüger 315. — Philippson 
343. — v. Poehl 312. 315. 317. 320. — Polatschek 317. — Pott 328. — Ranzi 324. — Redard 
332. — Reicher 312. — Renner 340. — Reyhcr 330. — Rcspinger 333. — Rheinboldt 320. — 
Richter 320 — Rieder 323. — Robinsohn 324. 331. 334. — Rumpf 305. 330. — Rutherford 303. 
304. — Sahli 325. — Senator 317. 320. — Siegfried 312. — Sieveking 318. — Sliield 329. — 
Silherschmidt 305. — Solger 302. 331. — Spieler 328. — Strutt 304 — Szaboky 322. — Schede 
314. — Schill 307. — Schilling 807. 323. — Schirmer 307. — Schmidt-Adolf 310. — Schmidt 

323. 330 — Scholtz 328. — Schott 805.— v. Schroetter 324. — Schur 323. — Schwarz 325. 

— Schyerning 330. — Stammler 322. — Strasser 810. 314 315. 316. 317. — Straub 337. — 
Streintz 331. 332. — Strohschneider 331. — Tappeiner 337. — v. Tarchanow 320. — Tansz 
322. — Tesla 305. — Trüb 306. — Tuff'ier 326. — Tuszkai 321. — Ullmann 309. 313. 314. — 
Vanossy 315. — Vetter 299. — Villard 303. — Völker 331. — Vulpius 308. — Wein traut 315. 

— Weisflog 335. — Weiß 314. — Werner 337. — Weiterer 305. 307. 326. 327. 335 336. — 
Wiek 318. — Wichmann 333. 335. — Wiesner 299. — Williams 827. — Winternitz 311. 335. 
342. — Witte 335. — Witthauer 340. — Wolf 316. — Ziegler 327. — v. Ziemssen 335. 



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Bezugsquellenliste. 


363 


Bezugsquellenliste 

für den Gesamtbedarf der praktischen Medizin. 

Bei den in fetter Schrift gedruckten Finnen bitten wir die entsprechenden Anzeigen 

im Inseratenteile zu beachten. 


Röntgenapparate. 

Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation 
vorm. Ernst Herbst & Fiel, Görlitz. 

(Siche Inserat ) 

Elektrotechn. Laboratorium, Aschaffen- 
hlirg. (Siehe Inserat.) 

Fr. Klingelfuß & Co., Basel. (Sielio Inserat.) 
Max Kohl, Chemnitz in Sachsen. 
Mitteldeutsche Elektrizitätswerke, Berlin. 
Polyphos, G. m. b. H., München. 

Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen. 


Röntgenröhren. 

Heinz Bauer & Co., Berlin, Liitzowstraße. 

(Siehe Inserat.» 

Max Becker & Co., Hamburg. (Siehe Inserat.) 
Emil Gundelack, Gehlberg. (Siehe Inserat.) 
C. H. E. Müller, Hamburg. (Siehe Inserat.) 


Röutgenplatten. 

Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation, 
Berlin. (Siehe Inserat.) 

.1. Hauff“ & Co., Feuerbach. (Siehe Inserat.) 
Adolf Herzka, Dresden. 

Richard Jahr, Dresden. (Siehe Inserat) 
Kranseder & Co., München. (Siebo Inserat) 
Lumi^re et son fils, Lyon. 

Th. Matter, Mannheim. (Sioho iuserat.) 

Otto Perutz, München. 

Josef Eduard Rigler, Act.-Ges., Budapest. 

(Siehe Inserat.) 

Joh. Sachs & Co., Berlin. 

Dr. C. Schleußner, A.-G., Frankfurt a. M. 

(Siehe Inserat.) 

Walter Talbot, Berlin. (Siehe Inserat) 
IJnger & Hortmann, A.-G., Dresden. 
Westendorp & Wehner, A.-G., Cöln. 


Röntgenlaboratoriumsartikel. 

Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation, 
Berlin. (Sicho Inserat). 

Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation 
vorm. Ernst Herbst & Firl, Görlitz. 

(Siehe Inserat ) 

Chetn. Fabrik vorm. E. Schering, A.-G., Berlin. 
W. Frankenhäuser, Hamburg. 

Geka-Werke, Hanau. 

J. Hauff & Co., Feuerbacli. (Siehe Inserat.' 
F. Hrdliczka, Wien. 

Dr. Liittke & Arndt, Wandsbeck. 

E. Merck, Darmstadt. 

Neue Photographische Gesellschaft, Ber¬ 
lin-Steglitz. (Siehe Inserat.) 

Rud. Sichert, Wien. 

Walter Talbot, Berlin. (Sicho Inserat.) 


Pliotogr. Cameras u. Projektionsapparate. 

Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation 
vorm. Ernst Herbst & Firl, Görlitz. 

(Siche Inserat ) 

Heinrich Eruemann, A.-G., Dresden. (Siehe 

Inserat.' 

Aktiengesellschaft für photogr. Industrie vorm. 

E. Wünsche, Reick-Dresden. 

Gurt Bentzin, Görlitz. 

Fabrik photogr. Apparate auf Aktien vorm. 

R. Hiittig & Sohn, Dresden. 

Alb. Glock «fe Go., Karlsruhe. 

C. P. Goerz, Berlin-Friedenau. 

R. A. Goldmann, Wien. 

Ed. Liesegang, Düsseldorf. 

E. Suter, Basel. 

Carl Zeifs, Jena. 


Badeapparate, Koch- und Heizapparate. 

Carl Bihlinaier, Braunschweig. 

Gg. R. Bielitz, München. 

F. A. Eschbaum, Bonn a. Rh. 

C. & E. Fein, Stuttgart. 

W. Hillinger-Reiner, Stuttgart. 

Junkers & Co., Dessau. iSieho Inserat) 
Gebe. Lautenschlüger, Berlin. 

Josef Leiter, Wien. 

Norddeutsche Chem. Werke, Berlin. 
Prometheus, Frankfurt a. Main. 

H. Recknagel. München. 

G. Sittig & Co., Berlin. (Siehe Inserat) 


Elektromedizin. Apparate. 

Carl Bihlinaier, Braunschweig. 

Fr. Dröll, Heidelberg. 

Elektrotechn. Institut, G. m. b. II., Frank¬ 
furt a. M. (Sioho Inserat.' 
Elektrizitiltsgesellschaft Gebr. Rulistrat, 
Göttingen. 

Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen. 


Heilgymnastische (orthopäd.) Apparate. 

Knocke & Drefsler, Dresden. 

Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden. eSiehe 

Inserat.) 


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364 


Bezugsquellenliste. 


Chirurgische Instrumente und 
Verbandsartikel. 

Deutsche Dampfgipsbindenfabrik, München. 
Georg Haertel, Breslau. 

Hermann Haertel. Breslau. 

Alexander Schaedql. Leipzig. 

Evens & Pistor, Cassel. 


Chemische Präparate. 

J. Bürger, Wernigerode. 

Caesar & Loretz, Halle. 

Chem. Fabrik vorm. Baier & Co., Elberfeld. 
Chemische Fabrik Rhenania. Aachen. 
Chemische Fabrik J. D. Riedel, Berlin. 

Chem. Laboratorium Weydenberg. Berlin. 
Gebrüder Evers, chem. Fabrik Reisholz, 
Diisseldorf-Reisholz. (Siehe Inserat) 
Fabrikation von Dung’s China-Calisaya- 
Elixir (Inhaber: Alb. C. Dung), Frei¬ 
burg i. Br. (Siehe Inserato 
Farbwerke vormals Meister, Lucius & Brüning, 
Höchst. 

E. Feigel, Laboratorium u. Fabrik, Lauter- 

haeh bei Mülhausen (Elsaß). (Siehe Inserate 
G. & R. Fritz, Wien. 

Gesellschaft für chem. Industrie. Basel. 

F. Hoffmann, La Roche & Co., Basel. 


Jakobi, Bad Nenudorf bei Hannover. 

Kalle & Co., Biebrich a. Rh. 

B. Kraus, Eßlingen. 

Krewel & Co., G. m. b. H., Cöln a. Rh. 

Paul Liebe, Dresden 
Liithi & Buhtz, Berlin. 

E. Merck, Darmstadt. 

Dr. H. Nördlinger, Flörsheim a. M. 

Dr. Siebert «Jfc Dr. Ziegenbein, Marburg. 

Willi. M. Stock, Düsseldorf. 

Karl Töpfer, Fabrik chem.-pharm. Präp., 
Leipzig. «Siehe Inserat/» 

Vereinigte Chem.Werke. A.-G.,Charlottenburg 
Clias. Zimmerinann & Co., Hamburg. 
Aktiengesellschaft La Z.vmo, Montreux. 


Nährmittelprä parate. 

C. F. Böhringer & Söhne, Mannheiin-Waldhof. 
Brückner, Lampe & Co., Berlin. 

Deutsche Diamalt - Gesellschaft m. b. H , 
München. 

Paul Liebe, Dresden 
W. Mielek, Hamburg. 

H. Niemoeller, Gütersloh. 
Plasmon-Gesrllschaft m. b. H., Neubranden¬ 
burg i. M 

Puro, mediz. chem. Institut, München. 

Hugo Rosenberg, Berlin. 

Sanatogen-Werke, Bauer & Co., Berlin. 

Sicco, G. in. b. H., Berlin. 


Auf den dem Hefte beiliegenden Prospekt der Verlagsbuchhandlung von Ferdinand 
Enke, Stuttgart, machen wir besonders aufmerksam. 


Die Listen werden ständig ergänzt. 


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Ein praktisches Handbuch 

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Ingenieur Friedrich Dessauer nnd Dr. med. B. Wiesner 

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12 radiographischen Tafeln. 

Preis gebunden in halb Leder Mk. 25.-. 


Bisher eingelaufene Urteile: 

Das Bnch führt (len Titel Kompendinm der Röntgenographie nnd beschränkt sich auf 
diesen Teil der Röntgenwissenschaft; Dnrchlenchtnug, Orthodiagraphie nnd Therapie sind nicht be¬ 
rücksichtigt. Viele eigene Auffassungen derVerff. treten hervor, deren reiche Erfah¬ 
rungen in Technik und Praxis der Röntgenographie in dem Buche niedergelegt sind. 
Der Inhalt des Werkes zerfällt in drei Abschnitte: der erste macht den Leser mit den Apparaten 
zur Erzeugung der Röntgenstrahlen, dem Betrieb einer Röntgenstation, den Hilfsapparaten etc. be¬ 
kannt, der zweite erläutert die photochemischen Hilfsmethoden, und der dritte gibt die Aufnahme- 
Methodik. Wie die Verf. im Vorwort betonen, liegt der Schwerpunkt des Buches im zweiten und 
dritten Teil. Ans dem ersten Teil möchte Referent besonders die Kapitel über die Stromquellen, 
das Iuduktorinm nnd die Unterbrecher sowie über die Röntgenröhren hervorhebeu. Die wichtige 
Frage: Wie mnß der Induktor dimensiert sein? findet eingehende und einleuchtende Beantwortung 
in der Darstellung S. 62 — 72. Demnach dürfte eine Fnnkenlänge von ca. 30 cm der DessauePschen 
Induktoren ceteris paribus die für den Betrieb günstigste sein. 

In dem Kapitel „Beispiele ansgeführter Röntgeuanlagen“ sind Einrichtungen der Firmen 
„Polyphos“, „Klingelfnss & Co/, „Nostiz & Koch“, „elektrotechnisches Laboratorium Aschaffenbnrg“ 
von den betreffenden Ingenieuren derselben beschrieben. Unter diesen bietet das Apparatsystem 
des Ingenieurs Koch vielleicht das meiste Interesse, da hier ganz neue Wege beschritten sind. Ans 
dem zweiten Abschnitt sei das Kapitel über die Entwickelung der röntgenographischen Negative 
hervorgehoben, das alles in dieser Hinsicht Wissenswerte klar nnd ausführlich gibt. Negativent¬ 
wickelung ist immer etwas Persönliches nnd jeder arbeitet nach seinem Geschmacke, da ist denn 
die Besprechung einer Reihe von verschieden arbeitenden Entwicklern in mancher Richtung nütz¬ 
lich. Betreffs des Answaschens der entwickelten Platten vor dem Fixieren ist der Satz (S. 257): 
„Für die Platte selbst ist dieses Aaswaschen ohne Bedentnng“ nicht für alle Entwickler richtig, 
wie es anch Verff. beim Diphenal (Seite 267) selbst betonen. Dem Betrachten der Negative nnd 
der Plattenkritik ist ein eigenes Kapitel gewidmet; die verschiedenen Fehler, welche Vorkommen 
können, sind besprochen und die Erkennung der Fehlerquellen unter Beifügung zwölf instruktiver 
Fehlertafeln erläutert. 

Der dritte Teil, Anfuahrae-jfethodik ist besonders reich mit Abbildungen ansgestattet nnd 
sind ihm 12 sehr schöne Tafeln, die eine größere Reihe typischer Röntgenbilder wiedergeben, bei¬ 
gefügt. Die Abhihlnng im Text veranschaulichen die Lagerung nnd Fixierung des Aufzunehmenden 
nnd die Stellnug der Röntgenröhre etc., oder geben anatomische Skizzen, die znr Orientierung 
dienen. In diesem Teile wird jeder praktisch mit Röntgenstrahlen Arbeitende sehr viel nützliche 
Winke nnd für schwierige Aufnahmen gute Belehrung finden. 

So stellt sich das Bach als ein wirklich praktisches Handbnch der Röntgenaufnahme dar, 
das auf das beste empfohlen werden kann. Die Ausstattung des Buches ist — bis auf wenige nicht 
ganz scharfe Textbilder — hervorragend. 

Winckelmann-Köln im Reichs-Medizinalanzeiger. 1905. Nr. 18. 


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Pie Verff. wollen ein praktisches Handbuch geben, das praktische Tatsachen und praktisch 
brauchbare Kenntnisse nnd insbesondere eine erprobte, zuverlässige Methode der Aufnahme dem 
Röntgenologen bringen soll. Diese ist in ttberans anschaulicher Weise dargestellt durch drei Arten 
von Abbildungen, welche die Lagerung nnd Fixierung von Objekt, Platte nnd Apparat, die ana¬ 
tomischen Verhältnisse nud schließlich die eigentliche Aufnahme zeigen. Besonders lehrreich ist 
auch eine Reihe beigegebener Fehlertafeln. Neben diesen durchaus praktischen Gesichtspunkten 
kommen anch die Theorie über das Wesen der Röntgeustrahlen nnd die Forschung über Radio, 
aktivität in diesem auf wissenschaftlicher Grundlage geschriebenen Buche nicht zu kurz, nnd so 
wird das Werk D.’s, dessen Name in der Röntgenologie mit an erster Stelle steht, jedem, der sich 
mit der jnngen Wissenschaft beschäftigt, viele neue Gesichtspunkte eröffnen und gnte Dienste leisten. 

Zurhell e-Bonn im Zentralblatt für Gynäkologie. 1905. Nr. 36. 


Ähnlich wie das Stechowsche Werk ist das vorliegende Handbuch vor allen Dingen für 
den Praktiker bestimmt, dem es in klarer nnd dabei doch knapper Form alle zur Ausführung der 
Röntgenphotographie erforderlichen, praktisch brauchbaren Kenntnisse nnd Anleitnngen gibt. Eine 
Fülle von Erfahrungen langjähriger eigener Versuchsarbeit im Laboratorinm nnd in der Praxis mit 
zahlreichen neuen Gesichtspunkten treten nns ans jedem Kapitel dieses originellen Werkes ent¬ 
gegen. In den beiden Kapiteln, welche sich mit der Ausführung der photographischen Methode 
sowie mit der Aufnahmetechnik im allgemeinen nnd speziellen beschäftigen, liegt der Schwerpunkt 
der vorliegenden Arbeit. Besonders eingehend ist das Aufnahmeverfahren der verschiedenen Körper¬ 
teile geschildert und durch Abbildungen, welche Lagerung, Fixierung znr Darstellnng bringen, 
durch orientierende anatomische Skizzen sowie durch ganz vorzügliche Röntgenbilder veran¬ 
schaulicht. Der Zweck des Werkes „ein Handbuch der Aufnahme“ zu sein, das sich anf wissen¬ 
schaftlicher Basis unmittelbar in den Dienst der Praxis stellt, wird unseres Erachtens voll erreicht. 

Der praktische mit Röntgenstrahlen Arbeitende wird in dem vorliegenden Kompendium, 
dessen Preis (25 Mk.) in Anbetracht seiner vorzüglichen 12 radiographischen Tafeln und der zahl¬ 
reichen übrigen Abbildungen (11 Tafeln Autotypie, 201 Textillustrationen) als keineswegs zu hoch 
bezeichnet werden mnfs, bei allen Aufgaben, welche das Röntgenverfahren stellt, einen durchaus 
zuverlässigen Berater finden. Tobold in Deutsche Militärärztl. Zeitschrift. 1905. Nr. 9. 


Die Verfasser haben die gestellte Aufgabe, dem Arzte die znr praktischen Ausübung des 
Röntgenverfahrens nötigen Kenntnisse zu übermitteln, glänzend gelöst. Das hervorragende didak¬ 
tische Talent der Verfasser dokumentiert sich besonders in der Leichtigkeit und Sicherheit, mit 
der die den meisten praktischen Ärzten nicht ganz geläufigen Begriffe der Elektrizitätslehre erörtert 
werden. Die beigegebeneu radiographischen Tafeln illustrieren die Leistungsfähigkeit der modernen 
Röntgenapparate. Dr. En g el e n- Düsseldorf in Ärztl. Rundschau. 1905. Nr. 39. 


Das vorliegende Werk ist von den Verfassern als ein praktisches Handbuch gedacht. Es 
umfaßt drei große Abschnitte, von denen der erste die Geschichte der Technik, die Theorie der 
X-Strahlen nnd eine Erklärung des elektrotechnischen Instrumentariums, seine Einrichtung, Betrieb 
und Ausbesserung enthält. Im zweiten Teil bespricht Verf. die photographische Methode und 
Hilfsmethodeu, im dritten die eigentliche Aufnahmetechnik. 

Gute Abbildungen von Apparaten, Lagerung der Patienten zur jeweiligen Aufnahme und 
anatomische Skizzen illustrieren den klar geschriebenen Text. 

Die auf jahrelangen praktischen Studien basierende große Erfahrung der Verfasser bürgt 
von vornherein dafür, daß der Zweck des Buches erreicht ist. 

Baum (Kiel) in Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie. 


Die anf dem Gebiete der Röntgenographie schon seit langen Jahren hervorragend tätigen 
Verfasser haben das vorliegende praktische Handbuch herausgegebeu als eine Frucht vieljähriger 
Arbeit im Konstruktionsbnreau, im Versuchslaboratorinm nnd in der Praxis. Vor etwas mehr als 
einem Jahre haben D. und W. bereits einen Leitfaden des Röntgenverfahrens geschrieben, von dem 
schon die 2. Auflage vorliegt. Wir sind sicher, daß sich anch das viel voluminösere Kompendium 
der Röntgenographie rasch zahlreiche Freunde erwerben wird; denn es ist in der Tat ein praktisches 
Handbuch, klar im Text, reich illustriert durch Textabbildungen und Tafeln. 

Das von der Verlagsbuchhandlung vorzüglich ansgestattete Werk kann nur empfohlen 
werden. P. Wagner-Leipzig in Schmidt’s Jahrbücher der Medizin. 1905. Oktoberheft. 


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Warnung: Infolge unbefugter Nachahmungen meiner Fabrikate mache ich 
darauf aufmerksam, daß nach § 4 des Patentgesetzes meine Lizenznehmer und ich 
ausschließlich befugt sind, gewerbsmäßig die mir durch die Patente 113430 und 161614 
geschützten Röntgenröhren mit durch Wasser gekühlte Antikathode und Luft- 
regulierungsvorricntung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten und zu 
gebrauchen. — Ich werde daher mir zur Kenntnis gelangende Patentverletzungen 
mit allen gesetzlichen Mitteln verfolgen. 


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E lektrotechnisches Laboratorium Aschaffenbur g. 


Arbeitsgebiete: 

1. Ausbau der physikalischen Grundlagen der Medizin mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung des Röntgenverfahrens. 

2. Lehrinstitut für Aerzte zur Ausbildung im Röntgen verfahren. 

3. Elektrotechnisches Ingenieurbureau zur Projektierung, Prüfung, 
Bauleitung und Begutachtung. 

4. Fabrik von Röntgenapparaten (System Dessauer). 

Die Fabrikations-Abteilung empfiehlt: 

Bau von Röntgenstationen für alle Zwecke und Stromarten nach 
Originalsystem Dessauer, Idealröhren D. R. P. nach Gundelach und 
Dessauer, Specialapparate für Röntgentherapie, Elektromedizinische 
Apparate für Galvanisation, Faradisation, Endoskopie und Kaustik; 
elektrische Badeanlagen, Lichtbadeinrichtungen, Finsenanlagen. 

Neuheiten: 

Neue Wässerungsapparate für Negative; neue Schutzapparate für Ärzte und Patienten; Auf¬ 
nahmegeräte (Holzknecht-Kienböckscher Stuhl); Or. Alsbergsche Schutzmasse; französische 
Chromoradiometer (Preis Mk. 10.—); Negativ-Studienapparate; Oämpfungskasten für 
elektrolytische Unterbrecher. Durchleuchtungskompressorien. 

Radiumbpomid, reinst. crist. in f£assun£ tfon jScp^ristallFÖbren. 

Die wissenschaftliche Abteilung 

empfiehlt sich zur Revision und Begutachtung von ärztlichen, speziell 
elektroniedizinischen und Röntgenanlagen; Gesanitkrankenhausanlagen; 
zur Bauleitung und Begutachtung elektrischer Zentralen. 

Die wissenschaftliche Abteilung gibt Arbeitsplätze und Privatunterrichtskurse. 


Aerzlliche Röntgenkurse 

(theoretisch und praktisch) 

Dauer 5—8 Tage. — Täglich 6—7 Stunden im Elektrotechnischen Laboratorium AschafFenburg. 
Unter Leitung von Med.-Rat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und Bezirksarzt in Aschaffenburg, ab¬ 
gehalten von Dr. med. B. Wiesner, Ingenieur Friedrich Dessauer, Dr. med. P. C. Franze. 
1906 finden Kurse statt im Februar, März, Juni, August, Oktober Dezember. 
Kursbeitrag inkl. Uebungsgeld Mk. so.—, 

Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch: 

med.-Kat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und Bezirksarzt. Aschaffenburg. 


Berliner ärztliche Röntgenkurse 

(theoretisch und praktisch) 

nach Art der Aschaflenburger ärztlichen Röntgenkurse ' 

(gelegentlich der ärztlichen Fortbildungskurse und des Chirurgenkongresses) gegeben von Dr. 
med. Weecke, Berlin-Grosslichterfelde, und Ingenieur Friedrich Dessauer, Aschaflenburg. 
Kursbeitrag Mk. 50.— (inkl. Uebungsgeld). 

Im Anschluss daran Einzeliibung in der Privatklinik von Dr. Weecke. 

Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch: 

Dr. med. Wtecke, Berlin-Grosslichterfelde, Steglitzerstrasse Nr. 33. 

PRIVAT-KURSE 


im Röntgenverfahren und anderen physikalischen Methoden (Elektromedizin) im Elektrotechnischen 
Laboratorium Aschaflenburg nach Vereinbarung. (Honorar Mk. 100.— his Mk. 150.—.) 


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• • 



PAPIE 


EN- 

R 


hochempfindliches, glänzendes Bromsilberpapier, auf karton- 
starkem, rosa gefärbtem Rohstoff, das für direkte Röntgenauf¬ 
nahmen bestimmt ist. Die einzelnen Blätter sind in lichtdichten 
Hüllen verpackt, so daß dieselben ohne Dunkelkammer 
verwendet werden können 


N. P. G. Röntgen-Papier 

eignet sich vorzüglich für 

direkte Röntgen-Aufnahmen 


Es ist billiger und bequemer als Trockenplatten 


Neue Photographische Gesellschaft 

Aktiengesellschaft Steglitz-Berlin 


Man verlange Prospekte bezw. Gebrauchsanweisungen 



& 


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