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THE UNIVERSITY
OF ILLINOIS
LIBRARY
615.05
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URBANA-CHAMPÄ’I'GN**
■■
Archiv
für physikalische Medizin
und medizinische Technik
nebst Beiblatt
„p ortschritte und fleuheiten der physikalisch-chemischen
und photographischen Industrie in ihrer Anwendung auf
das Qesamtgebiet der praktischen /^edizin“
v
herausgegeben von
Privatdozent Dr. H. Kraft, und Dr. med. B. Wiesner,
Strassburg i. E. prakt. Arzt in Aschaffenburg.
—|. Band. <s ^—
OTTONEMNiCII
-V ERU10-
LEIPZIG.
1906 .
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Inhaltsverzeichnis.
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4
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I. Abhandlungen.
Seite
Bericht iib«sr den ersten Röntgenkongreß in Rerlin, vorn 30. April bis 3. Mai 1905,
von E. Sommer,... 3, 139 27(i
Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms, von
L, Brauner., 11
Ein Röptgeubild der Hella turcica bei Basistumor, von H. Hildebrand und 0. Heß . 15
Die Heilungsvorgänge beim Pneumothorax im Röntgenbild, von H. Hildebrand . . 17
Der JV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der Baineologen Österreichs
im Oktober 1904 in Abbazia, von K. Ullmann.21
Über ilie Sauerstoffinsuffiation der Gelenke und Weichteile zu radiologisch-diagnostischen
Zwecken, von J. Robinsohn und R. Werndorff.22
über den Nutzen des Röntgenbildes für die operative Behandlung des Lungenbrands,
von H. Lenhartz.24
Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen, von Levy-Dorn . . 26
Ziele der Röntgentechnik, von F. Dessauer.29
Rationelle Organotherapie, von P. C. Franzc.32
Neuere Untersuchungen über Colloide etc., von H. .T. Hamburger.83
Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild, von J. Riedinger ...... 98
Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgenstrahleu, von M. Levy-Dorn 104
Zur Kasuistik der Nephrolithiasis, von Wiesel.107
Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts, von Bela Alexander .... 108
Das röntgenographische Dunkelzimmer, von Ernst Sommer.122
Über Bier’sche Stauung und ihre Erfolge, von W. Weecke.129
Über die Wichtigkeit der Dosierung und die Methode der radiotherapeutischen Behand¬
lung einiger durch Neubildung hervorgerufener Prozesse, von J. Belot. . . 134
Technik, Wirkungen und Indikationen der Hydro-Elektrotherapie bei Anomalien des
Kreislaufs, von A. Hennig.152
Zur Frülidiagnose der multiplen Chondrome, von R. Kienböck.243
Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie, von Paul C. Franze . . . 248
Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie, von Wetterer.268
II. Kritik.
A. Bücher.
J. Belot: Traite de Radiotherapie.36
Dessauer und Wiesner: Kompendium der Röntgenographie.38
von Papius: Das Radium und die radioaktiven Stoffe.41
E. Sommer: Anatomischer Atlas in stereoskopischen Röntgenbildern .... 156
Albers-Schönberg: Die Röntgentechnik, 2. A.156
F. Dessauer: Röntgenologisches Hilfsbuch.157
J. Stark: Das Wesen der Kathoden- und Röntgenstrahlen.158
Zacharias und Müsch: Konstruktion und Handhabung elektromedizinischer Apparate . 159
Leo Vetter: Das Bad der Neuzeit und seine historische Entwicklung .... 299
Cohn: Die palpablcn Gebilde des normalen menschlichen Körpers und deren methodische
Palpation.
C. Francke: Die Orthodiagraphie.
300
302
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IV
B. Abhandlungen und Broschüren. Seite
B. Walter: Über das Röntgensche Absorptionsgesetz und seine Erklärung ... 42
F. Dessauer: Beiträge zur Bestrahlung tiefliegender Prozesse.414
Karzinom des Fingers infolge von Röntgenbestrahlung. . 44
Becldre: Sur la radioth6rapie appliquie aux Neoplasmes du sein.44
K. Kienböck: Über Röntgenbehandlung der Sarkome.159
v. Luzenberger: Die Franklin’sche Elektrizität in der medizinischen Wissenschaft und
Praxis. '162
Kurelia: Elektrische Gesundheitsschädigung am Telephon.163
C. H. Wind: Elektronen und Materie.164
Wertheim-Salomonson: Kleine und große Induktoren.166
F. Frankenhänser: Die Wärmestrahlung, ihre Gesetze und ihre Wirkungen . . . 167
St. Leduc: Die Jonen- oder elektrolytische Therapie.167
H. Becquerel: L’analyse du rayonnement des corps radioactifs.302
A. Keller: Untersuchungen über die bakterizide Wirkung des Quecksilberlichtes . 305
Rumpf: Beiträge zur Elektrotherapie.805
Kunert: Die Bedeutung der Röntgenstrahlen für die Zahnheilkunde .... 306
Fr. Erhard: Nachdenkliches zur heutigen Heilkunde.306
G. Beck: Therapeutisches Almanach.307
F. Schilling: Taschenbuch der Fortschritte der physikalisch-diätetischen Heilmethoden 307
E. v. Hippel: Ueber angeborenen Zentral- und Schichtstar.307
G. Flatau: Die Poliomyelitis anterior acuta.307
Cassirer: Die multiple Sklerose.308
0. Vulpius: Ueber die orthopädische Behandlung der Wirbelsäulenerkrankungen . 308
III. Referate.
Der 4. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der Balneologen Österreichs 45, 168
Balneotherapie. 55, 184, 339
Elektrotherapie und -diagnostik. 55, 56, 184, 334
Phototherapie und verschiedene physikalische Methoden. 56, 189, 335
Radiologie. 52, 173, 325
Hydrotherapie.184
Gemeinschaftlicher Kongreß der deutschen baineologischen Gesellschaft mit dein Zentral¬
verband der Balneologen Österreichs in Dresden vom 4.-6. März 1906 . . 309
Berichte über Ärztetage und Sitzungen medizinischer Gesellschaften .... 323
IV. Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
Die Wechselstromfrage im Röntgenbetricb.57
Neue Terminologie im Röntgenverfahren.57
Messungen an Induktoren.58
Preissteigerung des Radiums.58
Dr. Zauder-Saltsjöbaden, Rossel, Schwarz & Co., Wiesbadon.58
Zur Frage der Heilung der Psoriasis.58
Ausschuß zum Studium der Intensitätsfragen der Röntgeustrahlen.193
Reproduktionen von Röntgenaufnahmeu.193
Portugal und der Lissaboner Kongreß.193
Ärztliche Unterrichtskurse in Aschaffenburg.196
Filiale des Elektrotechnischen Laboratoriums Aschaffenburg in Berlin .... 197
Internationale Gesellschaft zur Unterdrückung des Krieges.197
Der 11. Kongreß der Deutschen Röntgengesellschaft.197
Vergleich von Röntgentrockenplatten.197
Wie soll der Arzt seine Röntgen-Negative aufbewahren?.204
Über Röntgenröhren System Bauer.205
Unfallversicherung und Röntgenschädigung.341
UI. internationaler Kongreß für medizinische Elektrologie und Radiologie zu Mailand . 341
Synthese des Eiweißes.342
Tarif für radiologische Untersuchungen.342
Neue Vorschläge für den Ersatz des elektrischen Vierzellenbades.342
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V
V. Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, Zuschriften, Antworten
auf Anfragen.
8oito
Aufforderung zur Beteiligung an einer Statistik zur Gewinnung von Unterlagen für
Liquidationstarife in Röntgenlaboratorien.59
Anzeigen von Kursen.60
Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und mediz. Technik.
Fortschritte der Technik.
A. Allgemeiner technischer Bericht-
61. 344
ß. Einzelberichte.
Dr. Adolf Alsbergs Schutzmasse.64
Über Schutzvorkehrungen für den Arzt bei Röntgenuntersuchungen .... 64
Über eine zweckmäßige WässcrungsVorrichtung für Platten.65
Über einen Registraturapparat für Negative.65
Neue Formen von Ortbodiagraphen.66
Über die Gundelach-Dessauer’sche Ideal-Röntgenröhre.67
Bcrgkristall zur Fassung von Radium.69
Der Einfluß des Elektrolyten auf die Wirksamkeit der Aluminium-Drosselzelle . . 207
Der Eisen-Nickel-Akkumulator nacli System Edison.209
Die Faszikelrohrblende nach Robinsohn.214
Die Sciilitzbinde nach Robinsohn.214
Ein Dämpfungskasten für den Elektrolytunterbrecher.215
Heißluft-Apparate nach Bier.216
„Anodynon“, schmerzstillender Wärmeapparat.217
Röntgenpapier für Radiogramme.218
Der neue Elektrolyt- (Wehnelt-) Unterbrecher des Elektr. Laboral. Aschaft'enhurg 218
Neuheiten von C. H. F. Müller-Hamburg.220
Ein neues elektromedizinisches Universal-Instrumentarium.345
Methode zur schnellen und billigen Herstellung von Projcktionsbildcrn .... 347
Panchromatische Zeitlichtpat.ronen und Pulver.348
Automatischer Lichthilderapparat.350
Lebram's kohlensaure Formica-Bäder.350
Kohlensäure Bäder.351
Vibrationsapparat mit Handbetrieb. 352
Lichtbäder, elektrische.352
Photographische Apparate für die Tropen.353
Ernemann’s Film- und Platten-Camera „HOB 111“.354
Automatischer Inhalationsapparat mit regulierbarem Sauerstoff-Verbrauch . . . 355
Sauerstoff-Narkoseapparat mit sicht- und hörbarem Tropfenfall.355
C. Chemisch-pharmazeutische Berichte. 70, 222, 356
Autorenregister . 72, 225, 362
Bezugsquellenliste. . . . 73, 226, 363
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Sachregister
A.
Ahbazia 49.
Absorptionsgesetz, röntgen-
sches 42.
Aethrok; 222.
Akromegalie 28.
Albuminurie 45, 47.
Aluminium-Drosselzelle 207.
Alypin 223.
Anllmien 356
Aneurysma 53.
Angina pectoris 311.
Ankylose 8.
Antidiabeticum fluid. 222.
Antiperistaltik 323.
Apparate, elektromedizinische
73, 226, 363.
Apparate, heilgymnastische
73, 226, 363.
Arthritis 23.
Ärztetage, Berichte über 323.
Atlas, anatomischer 156.
Autorenregister 72, 225, 362.
B.
Bäder 172, elektrische 55.
Bakterien 174, 328.
Baineologenkongreß 21, 45, 168,
309.
Balneologie 55,168,184, 299,319,
322, 339.
Basedow’sche Krankh. 311, 330.
Basistumoren 15.
Becken 8.
Bergkristall zur Fassung von
Radium 69.
Bezugsqnellenliste 73, 226, 363.
Blasenspalte 331.
Bleibeklystiere 307.
Bleiglasdoppelblende 5.
Blendenverfahren 30, 40.
Blut-, Einwirkg. der Rflntgcn-
strahlen auf das 178
Blutalkaleszenz 34, 35.
Brometon 222.
Bronchien 19.
Bronchoskopie 325.
Brustkrebs 288, 290.
Butipyrin 222.
C.
Cameras 73, 226, 303.
Cerebrin 33.
Chemisch-pharmazeutische
Berichte 70, 222, 356.
Chinesenfuß 9, 149.
Chlorose 312.
Cholin 33.
Chondrome 243.
Chorea 188.
Chromoradiotneter 62, 150.
Clavin 223.
Colloide 83, 87, 92.
Colloidlösungen 85.
Coxa vara 8.
D.
Dermatologie 12.
Dermatosen 170.
Diabetes 34, 188, 315.
Diät, vegetarische 51.
Dickdarm 285.
Digitalysatum 360.
Diplin 222.
Dissoziation 48.
Doppelmißbildungen HS.
Dosierung 31, 134, 288.
Druck, osmotischer 47.
Dunkelzimmer 122.
Durchleuchtungsapparate 282.
Durchleuchtungskomprcs-
sorium 62.
Dysenterie 170.
K.
Eisen-Nickel-Akkumulator 209.
Eiweiß, Synthese des 342.
Elektrodiagnostik 56, 184, 334.
Elektrolyse 56.
Elektrolyt-Unterbrecher,
Dämpfungskasten für den 215
Elektrolyt-Unterbrecher, neuer
218.
Elektronen 164.
Elektrotherapie 56,184,186,305,
334, 335.
Energie der Röntgenstrahlen
183.
Entladungskurve 32.
Enzyme 33.
Epilation 38.
Epiphysin 33.
F.
Faszikelrohrblende 214, 283.
Fermente 92.
Finsentherapie 335.
Fokus-Einstellung 5, 6.
Formaminttabletten 224.
Formicin 223.
Fortose 224.
Franklin’sche Elektrizität 162.
Frauenkrankheiten 51.
Fremdkörper 4, 139, 295, 3-’6.
Frequenz 39.
Fucol-Malzcxtrakt 356.
Funkenlänge 39.
Fußwurzel 139.
G.
Gallensteine 4, 328.
Gasterogen 224.
Gefäße 19.
Gelenke, 6, 8, 22, 49, 282.
Gelzustand 87.
Genu valgutn 9.
Genu varum 9.
Gesundheitsschädigungen am
Telephon 163.
Gewebsatmung 33, 34, 46.
Gibbus 8.
Gicht 315.
Glimmlichtröhre 62.
Gliihlichtbäder 189.
Gouttinum 222.
Grißon-Resonator 281.
Grunmachröhre 7.
H.
Hämorrhoiden 188.
Handossiflkation 112.
Handskelett. Entwicklunng des
menschlichen 108, 277.
Harukoeflizient 34
Harnstoff 34.
Heilkunde 306.
Heilmethoden, physikalisch-
diätetische 307.
Heißluftapparate 216.
Heißluftbäder 47.
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VII
Heißluftbehandlung 51, 216.
Heißwasscrbehandlung 51.
Herzdämpfung 6.
Herzklopfen 17.
Herzkrankheiten 168, 310, 811.
Hetrolin 356.
Hilfsbuch, röntgenologisches
157.
Hochfrequenzströme 55, 184,
185, 187.
Höhenklima 315, 316,
Höhlenbestrahlung 286.
Hüftgelenksluxation 8, 147.
Hydroelektrotherapie 152.
Hydrotherapie 187.
Hydrothermoregulal.or 169.
Hypophysis, 15, 54.
J.
Ichthyomenthol 223.
Idealröhre 67.
Immunität 35.
Induktoren, kleine u. große 166.
Iufundibiüum 16.
Inhalationstherapie 190, 355.
Instrumente, Chirurg. 74, 227,
364.
Insufflation, 23, 282.
Intensität der Röntgenstrahlen,
Messung der 62,149, 181, 193.
Intraorganoxydation 34.
Joncnprote'ule 83.
Jonentherapie 167, 334.
Ischias, Behandlung 192.
K.
Kaliglas 5.
Kaliumpermanganat-Paste 233.
Karbunkel 330.
Karzinom s. Krebs.
Karzinoderma 52.
Katalysatoren 33, 34.
Kathodenstrahlen 158, 292, 293.
Keraminseife 71.
Klumpfuß 8.
Klumphand 8,
Klima 46.
Knochenmark 9.
Knochenveränderungen 146.
Kompendium der Röntgeuogra-
phie 38.
Kompressionsblende 6, 328.
Kohlensäurebäder 6, 321, 350,
351.
Kondensatorentladungen 187.
Korrespondenz 59.
Krebs 14, 44,173, 174, 175, 285 i
288, 299, 327, 332.
Kreislauf, Anomalien 152.
Krelut.ion 222.
Kreuzbein 143,
Kritik 36, 156, 299.
Kühlvorrichtung 5.
Kurse 60, 196.
Kurve des Stromes 139.
L.
Laboratorium, Elektrotechn.
Aschaffenburg 192.
Lactoserve 224.
Lampe für Dunkelzimmer 127.
La Zyma 223.
Leber 4.
Leistungsmessungen an Induk¬
toren 149.
Lenden Wirbelsäule 145.
Levuretin 360.
Leukämie 5, 53, 54, 177, 182,
324, 327.
Leukomaine 33.
Lichen ruber planus 339.
Licht, ultraviolettes 292, 358.
Lichtbäder 55, 353.
Lichtbehandlung s. Photo¬
therapie.
Lieh tbi 1 d er Apparat 850.
Lipoma arborescons 23.
Liquidationstarife 59, 342.
Lochkamera 152.
Luftbäder, überhitzte 55.
Luftdruck 191.
Lungenbrand 10, 241.
Lungenchirurgie 10.
Lungenkrankheiten 4, 147, 169,
187.
Lungenschatten 19.
Lupus 38, 335.
Lymphadenitis 179.
9V.
Magenerkrankungen 140.
Magenkarzinom 11.
Malaria 169.
Malleolen 139.
Mammin 33.
Masernosteomyelitis 99, 144.
Meerwassser, innerlicher Ge¬
brauch von 50.
Meßmethoden 291.
Metakarpalossifikation 111.
Metallstrahlung 334.
Mineralwässer 47.
Mißbildungen 8.
Moorbäder 55, 321.
Mumien 148.
fl.
Nährmittelpräparate74,227,364.
Negative 64.
Neoplasma 14.
Nephritis 316, 317.
Neubildung s. Tumor.
Nervenkrankheiten 6.
Neurin 33,
Nieren 28, 143.
Nierensteine 4,104,107,142,143.
Novocain 223.
O.
(Idealisierung, Künstliche 190.
Operationsbeleucht iing 63.
Organotherapie 32, 320.
Orthodiagraphen 66.
Orthodiagraphie 248, 300, 329.
Orthopädie 7.
Orthophotographie 177, 295.
Ossification 8.
Ösophagusstriktur 56.
Osteomalazie 9, 10.
Oxydationskoefflzient 34.
Oxydationsvorgänge 33, 46,96
Ovarin 33.
Ozonbäder 55.
P.
Palpation 300.
Panchromatische Zeitlicht¬
patrone 348.
Parthenogenese 85.
Penetrationskraft 29, 30.
Peridiaskop 282.
Perugen 70.
Phagocytin 222.
Phonationserseheinungen 172.
Phototherapie 56, 189,191, 335,
336; s. auch Lichtbehaudlg.
Physiotherapie 268.
Plasmon 358.
Pneumothorax 17, 20.
Präparate, chemische 74, 227,
364.
Präzisionsapparat 5, 6.
Projektionsbilder 141, 347.
Prostatahypertrophie 177.
Proteol Doyen 222.
Prozesse, tiefliegende 31, 43.
Psoriasis 58, 314.
Pseudarthrose 188.
R.
Radioaktivität 53, 60, 182, 302,
318, 320.
Radiodermatitis 38.
Radiologie 173.
Radiotherapie 36, 159, 173, 174,
175, 176, 182, 333.
Radium 41, 52, 58, 69, 179, 186 t
286, 292.
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VHI
Radiumtherapie 52.
Referate 45, 168, 309.
Registraturapparat 64.
Reproduktionen 193.
Röhrenknochen 9.
Röntgenapparate 13, 226, 280.
Röntgenbilder, kinematogra-
phische 27.
Röntgendiagnostik 331.
— innerer Krankheiten 52,176.
Röntgengesellschaft, II Kon¬
greß der deutschen 197, 280.
Röntgenkongreß, I. 3, 139,276.
Röntgenlaboratoriumsartikel
73, 226, 363.
Röntgenleukotoxin 332.
Röntgenographie 4, 8, 10, 332.
Röntgenologie 73, 226, 363.
Röntgenpapier 218.
Röntgenröhre 39, v. Bauer & Co.
63, 73, 205, 220, 223, 226, 263,
280, 284.
Röntgenstrahlen, Dosierung 26,
— Sichtbarkeit 144.
Röntgentechnik 29, 156, 27H,
279, 283.
Riickcnmarkserkrankungen 3.
8 .
Sal physiologicnm-Poehl 34-
Sarkome 159, 286.
Sauerstofl'-Insufflationen 22.
Sauerstoff-Narkose-Appar. 355.
Secornin 222.
Seeklirna 49, 316.
Sehschärfe 15.
Sella turcica 15, 16, 28.
Sequester 8.
Skelett 7.
Sklerose, multiple 368.
Skoliose 8.
Sonnenlicht 338.
Spermin 33, 34.
Spondylitis 8.
Sulphatquellen 47.
Suprarenalin 33.
Synovialis 22.
Sch.
Schädel 66.
Schädelgrube 16.
Schädelröntgenograiniu 54, 148
Schiehtstaar 301.
Schirmbilder 140.
Schirmuntersuchungen 28.
Sehließungsinduktion 39.
Schlitzbinde 214.
Schutzmasse 64.
Schutzst.offe 202.
Schutzvorkehrungen 64, 1?3,
286, 291.
Schwefelbäder 55-
Schwefelseife 357.
8t.
Stauung, Bier’sche 129,191, 312,
313, 340.
Steine 28, 143.
Sterol 222.
Stickstoff 34.
Stoffe, radioaktive 40, s. auch
Radioaktivität.
Stromquellen 39.
Struma 328.
T.
Taeniol 222.
Tagesgeschichte 57, 193, 341.
Technik 61, 73, 20.’, 226, 311,
344, 363.
Teilungsprinzip 90.
Telephon, Gesundheitsschädi-
gungen durch das 163.
Terminologie,neue im Röntgen¬
verfahren 57.
Testikel-Emulsion von Brown-
Sequard 32.
Therapie 31, s. auch Radio¬
therapie etc.
Therapie physikalische 45.
Thermalbäder 55.
Thyreoidin 33.
Tiefenbestrahlung 31.
Tierheilkunde 142.
Toxine 33.
Trachom 52.
Transpositio viscerum 294.
Traumasin 222.
Trochoskop 62.
Trockenplatten 181, 192.
Tuberkulose 49, 146, 169, 175,
176, 180, 323, 324, 332.
Tumoren 4, 16, 54, 134, 289.
Türkensattel s. sella tnrcic.i.
Typus femininus 15.
U.
Ulcus roden» 179, 328.
Ultraviolett - Quecksilberlampe
189.
Unfallversicherung u. Röntgen¬
schädigung 341.
Universal-Instrumentarium 315.
Unterbrecher 39.
Uranpeehblende 53.
1 Ureterensteine 142, 179.
Uvioliampe 189, 305.
V.
Valvin 222.
Verbandartikel 74, 227, 364.
Verbrennung 31.
Vcrdauungstraktus 4.
Vibrationsmassage 340, 352.
Vichy-Bäder 55.
W.
Wachstumsstörungen 8.
Walterschaltung 39.
Wärmeapparat „Anodyuon“
217.
Wärmeerscheinungen in der
Röhre 150.
Wärmestrahlung 167.
Wärmetherapie 63, 217.
Wasserkühlröhre 220.
Wässerungsvorrichtung 64.
Wechselstrom 57, 63.
Wechselstrombad 154.
Weichteile 22.
Wiehmannröhre 221.
Wirbelerkrankungen 3, 308,324
Z.
Zahnheilkunde 141, 306.
Zeit- u. Streitfragen 57,193,341.
Zentralprojekt.ion 39.
Zentralstar 307.
Zwerchfellbewegung 294.
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Archiv
für physikalische Medizin u. medizinische Technik
nebst Beiblatt
„Fortschritte uod Neuheiten
der physikalisch-chemischen und photographischen Industrie in ihrer
Anwendung auf das Gesamtgebiet der praktischen Medizin“
herausgegeben von
Privatdozent Dr. H. Kraft, und Dr. med. B. Wiesner,
Straßburg i. E. prakt. Arzt in Aschaffenburg.
Verlag von Otto Nemnich In Leipzig.
I. Band. Heft I.
Inhaltsverzeichnis.
I. Abhandlungen.
Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1005 erstattet von Dr.
med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). (Nach eigenem Stenogramm.) I. Allge¬
meiner Bericht. (Fortsetzung folgt.)
Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms. Von Dr.
L. Brauner, Assistenten des Ambulatoriums. (Aus dem Ambulatorium für Magen-
und Darmkranke des Wiener k. k. allg. Krankenhauses [Dozent E. Schütz] und dem
Laboratorium für radiologische Diagnostik und Therapie des k. k. allg. Krankenhauses
zu Wien [Doz. G. Holzknecht].)
Ein Köutgcubild der sella turcica bei Basistumor. Von Prof. H. Hildebrand und
Privatdoc. Dr. 0. Heß. (Aus der Marburger Medizinischen Klinik.)
Die Heilungsvorgänge beim Pneumothorax im Röntgenbild. Von Prof. H. Hi 1 debrand,
Marburg.
Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der Balncologen Österreichs im
Oktober 1904 in Abbazia. Referiert von Privatdozent Dr. K. U11 man n-Wien.
Über die Sauerstoiiinsufflation der Gelenke und Weichteile zu radiologisch-diagnostischen
Zwecken (mit Demonstration von Röntgenbildern). Dr. I. Robinsohn und Dr. R.
Werndorff (Wien).
Über den Nutzen des Röntgenbildes für die operative Behandlung des Lungenbrands. Von
Prof. Dr. Hermann Lenhartz, Direktor des Eppeudorfer Krankenhauses.
Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. (Vortrag geh. auf dem
Röntgen-Kongreß zu Berlin 1905.) Von Dr. Levy-Dorn.
Ziele der Röntgentechnik. Nach einem Vortrag gehalten auf dem Röntgenkongreß in Berlin,
von Ingenieur Friedrich Dessauer, Aschaffenburg.
Rationelle Organotherapie. Eine Besprechung nach dem Buche A. von Poehl, Fürst J. von
Tarchanoff und P. Wachs. Von Dr. P. C. Franze.
II. Kritik.
A. Bücher.
J. Belot, Traite de Radiotherapie. (Ref. Prof. Dr. Solger.)
F. Dessauer und B. Wiesner, Kompendium der Röntgenographie. (Ref. Dozent Dr. H e ß,
Marburg.)
v. Papius, Das Radium. (Ref. G. Ge hl hoff.)
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Inhaltsverzeichnis.
B. Abhandlungen und Broschüren.
B. Walter, Über das Röntgensche Absorptionsgesetz. (Ref. G. Gehlhoff.)
Dessauer, Beitrüge zur Bestrahlung tiefliegender Prozesse. (Ref. P. Franze.)
Karzinom des Fingers infolge von Röntgenbestrahlung. (Ref. P. Franze.)
Beelöre, Sur la Radiotherapie appliquee aux Neoplastncs. (Ref. Trapp.)
IIL Referate.
Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der ßalneologen Ostreichs.
Vortrüge und Diskussionen von Kolisch, Strasser, Pölil, Kutliy, Winternitz, Samuely, Fischer,
Kolisch, Strasser, Kisch, v. Kostkovicz, Zörkendörfer, Porges, Haudeck, Tripold, Kuthy,
Fodor, Otter, Frankl.
Österreichische radiologische Literatur.
Arbeiten von Jakscli, Goldzieher, Böhm, Schein, Schiff,. Lang, Flescli, Hüdlmoser, Mache,
Wiek, Gerber, Holzkneclit, Herz, Sehweinbiirg, Fuchs.
Balneotherapie, elektrische Bäder etc.
Arbeiten von Bain, Edgecombe, Frankling.
Elektrodiagnostik und Elektrotherapie.
Wcbb. Elektrolytische Heilung von Ocsophagusstriktur.
Phototherapie.
Neuere Arbeiten über Lichtbehandlung.
IV. Tagcsgcschichtc, Zeit- und Streitfragen.
Die Wechselstromfrage im Röntgenbetrieb.
Neue Terminologie iin Röntgenverfahren.
Messungen an Induktorien.
Preissteigerung des Radiums.
Dr. Zander Saltsjöbaden; Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden.
Zur Frage der Heilung der Psoriasis.
V. Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, Zuschriften,
Antworten auf Anfragen.
Aufforderung zur Beteiligung an einer Statistik zur Gewinnung von Unterlagen für Liqui¬
dationstarife in Rüntgenlaboratorien. Redaktionelles.
Anzeigen von Kursen.
Beiblatt zum Archiv fiir physikal. Medizin und mediz. Technik.
Fortschritte der Technik.
A. Allgemeiner technischer Bericht.
B. Einzelberichte.
Dr. Adolf Alsbergs Schutzmasse fiir Röntgenbestrahlung.
Über Scliutzvorkelirungen fiir den Arzt bei Röntgen-Untersuchungen.
Über eine zweckmäßige Wüsserungsvorrichtung für Platten.
Über einen Registraturapparat fiir Negative.
Neue Formen von Orthodiagraplien.
Über die Gundelach-Dessauer’sche Ideal-Röntgenröhre. (Aus dem Elektrotechnischen Labo¬
ratorium Aschaffeuburg).
Bergkristall zur Fassung von Radium.
C. Chemisch-pharmazeutische Berichte.
über „Perugen“, synthetischer Perubalsam.
Über Kcramiuseife.
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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905.
I. Abhandlungen.
Bericht
über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905
erstattet von Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz).
(Nach eigenem Stenogramm.)
I. Allgemeiner Bericht.
Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Eberlein, Berlin, tagte in Berlin eine
imposante Versammlung, der erste Röntgenkongreß, um nach den Worten
des Eröffners, „nach Verlauf von 10 Jahren seit der Entdeckung einen kriti¬
schen Rückblick über die Erfolge und eine Aussprache über das, was von
der Ausgestaltung der Röntgenologie noch zu erwarten ist, zu veranstalten.“
An der Eröffnungstagung, am 30. April 1905, beteiligten sich Vertreter
der höchsten Staatsbehörden, Universitäten, medizinischen Korporationen etc.
Aus dem Ausland waren Vertreter der auf gleichem Gebiet tätigen wissen¬
schaftlichen Gesellschaften erschienen. Röntgen war nicht gekommen, was
jeder, der ihn kennt, erwartet hatte. Die erste wissenschaftliche Sitzung
war medizinischen Aufgaben gewidmet und nahm ihren Beginn Montag den
1. Mai 1905, vormittags 9 Uhr.
Das Verzeichnis der wissenschaftlichen Sitzungen des
Kongresses enthielt, auf 3 Kongreßtage ä 2 Sitzungen verteilt, 90 Vor¬
träge. Von der Fülle des Gebotenen kann sich nur derjenige eine richtige
Vorstellung machen, der von Anfang bis zu Ende ausharrte. Es würde den
uns zur Verfügung stehenden Raum um ein vielfaches überschreiten, wollten
wir an Hand unserer eigenen stenographischen Nachschrift auf alle Einzel¬
heiten eingehen. Wir müssen uns starke Beschränkung des Stoffes auf¬
erlegen und referieren nur das Wichtigste vom Wichtigen.
Den Reigen der Vorträge eröffnete Montag den 1. Mai 1905 Geh.
Medizinalrat Prof. Dr. v. Leyden. Er sprach über: Die Röntgen¬
photographie und die Wirbel- und Rückenmarkserkrankungen.
Schon am 6. Januar 1896 berichtete im Verein für innere Medizin in Berlin
Dr. Jastrowitz über die neu entdeckten X-Strahlen und würdigte dieselben
mit weitschauendem Blick in ihrer ganzen Tragweite. Besonders der
Chirurg war der „beglückte Mann“, ihm erwuchs aus den Strahlen ein
außerordentlich wichtiger, diagnostischer Faktor. Große Arbeit und
ganz besonders die Vervollkommnung der Apparate waren notwendig, um
das neue Agens auch für die innere Medizin heilbringend zu gestalten.
(Demonstration eines Röntgenogrammes einer Gichthand vom Jahre 1896.)
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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April -3. Hai 1905.
Redner will das Gebiet seines Vortrages über die ganze innere Medizin aus¬
dehnen. Er durchgeht systematisch die einzelnen Krankheitsgruppen
und schildert in beredten Worten den diagnostischen und zum Teil auch in
Bezug auf die Therapie wichtigen Einfluß der Röntgenuntersuchungen auf
dieselben. Die Rö n tge n og r aphi e erleichtert uns den Einblick beson¬
ders in die Gelenke und gibt uns in günstigen Fällen Fingerzeige für die
Ätiologie ihrer Erkrankung: Rheumatismus, Gonorrhoe, Arthritis deformans,
Gicht, Tuberkulose etc. Für die Knochenaffektionen gibt uns das
Röntgenbild wertvolle Aufschlüsse und entdeckt uns eine Reihe von Krank¬
heiten, die zu den Knochenveränderungon in Beziehung stehen. Das große
Gebiet der Herzkrankheiten und ihre Diagnostik ist in ein ganz anderes
Milieu gerückt, seitdem wir, wiederum mit Hilfe der Röntgenstrahlen, gelernt
haben, dem Menschen „direkt ins Herz zu sehen.“ Die Orthoröntgen¬
ographie zeigt uns das pulsierende Herz in seiner Lago und Form, und
leicht können w r ir seine wahre Größe ermitteln. Wir vermögen zu erkennen
Erkrankungen der Arterien, Erweiterungen der Aorta (Aneurysmen), Ver¬
änderungen der peripheren Schlagadern und unter Umständen sogar der
Venen. Über die Bewegungen des Herzens und dio Funktion seiner
einzelnen Teile sind wir allerdings noch auf weitere Untersuchungen ange¬
wiesen. In der Erkenntnis der Lungenkrankheiton sind wir durch die
Röntgenaufnahmen wesentlich gefördert worden. Wir sehen, besonders auf
der photographischen Platte, tuberkulöse Herde schon von ganz mäßiger
Ausdehnung und erkennen Tumoren der Lunge. Wir sind im stände, die
Ausdehnung verschiedenartiger Exsudate zu bestimmen, Fremdkörper in
der Lunge zu diagnostizieren, eine Vergrößerung derselben wahrzunehmen.
Die Bewegungen dos Zwerchfells und eventuelle Störungen derselben
werden scharf gezeichnet. Aber auch die Organe des Bauchraumes
sind für die neuen Strahlen zugänglich gemacht worden. Wir sehen die
Ausdehnung der Leber und erkennen sogar einzelne Krankheiten derselben^
obwohl diese sehr schwierig darzustellen sind. Auch der Nachweis von
Gallensteinen ist in manchen Fällen mit Sicherheit zu erbringen.
Nierensteine lassen sich auf der Platte darstellen, ebenso destruktive
Prozesso und Dislokation der Nieren. Die wunderbaren Strahlen beherrschen
neuerdings auch das Gebiet des Verdauungstraktus. Anwendung
besonderer Methoden erlauben uns das Erkennen einzelner Magenkrank¬
heiten und Affektionen des Digestionskanales. Größe und Lage¬
veränderungen des Magens nehmen wir wahr; Stenosen von Ösophagus
und Pylorus sind schwierig zu sehen: die einzelnen Gewebe sind zu gleich¬
mäßig in ihrer anatomischen Struktur, als daß sie sich differential-diagnostisch
durch die Röntgenographie bemerkbar machten. Gerne bedient man sich bei
solchen Magenuntersuchungen der Metall- oder metall-armierten Sonden oder
einer Aufschwemmung von Wismuth.
Die Hauptdomäne v. Leyden’s sind die Röntgenuntersuchungen bei
Erkrankungen der Wirbelsäule und des Rückenmarkes, die in
Gemeinschaft mit Prof. Grunmach unternommen wurden. Auch auf diesem
großen und wichtigen Gebiete ist die Röntgendiagnose noch schwierig; wir
können vorläufig der anderen Hülfsmittel, regionären Diagnose und Lumbal¬
punktion beispielsweise, nicht entraten. Der Vortragende gibt eine große
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Bericht über den ersten Röntgenkonpreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1903.
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Zahl von Röntgenphotographien herum über Erkrankungen und Verletzungen
der Wirbel (Frakturen, Caries, Tumoren) und des Rückenmarkes und erläutert
jeden Fall eingehend. Ganz besonders wichtig und wertvoll ist die Röntgen¬
diagnose in den Frühstadien einer Krankheit, wo sie Irrtiimer beseitigen,
diagnostische Zweifel lösen und für die Art der einzuschlagenden Therapie
wichtige Fingerzeige zu geben vermag.
Diskussion. Prof. Grün mach schildert eingehend die in Gemein¬
schaft mit v. Leyden ausgeführten Wirbelsäulenaufnahmen und ergeht sich
dann über die Therapie innerer Krankheiten mittelst Röntgenstrahlen,
v. Leyden sprach in seinem Schlußwort über die therapeutische Wir¬
kung der X-Strahlen bei Leukämie und machte noch interessante
Angaben über die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Zahnheilkunde zu
diagnostischen Zwecken.
Der nächste Redner ist Prof. Dr. Grunmach: Über diagnostische
Erfolge der Röntgenstrahlen bei inneren Leiden. Nicht mehr die
Chirurgie allein ist es, die, wie zu Beginn der Röntgenära, von der segens¬
reichen Entdeckung der Röntgenstrahlen den Hauptanteil derselben für sich
beansprucht, auch die verschiedenen Disziplinen der inneren Medizin machen
sich die neuen Strahlen mehr und mehr zu Nutze. Der Vortragende spricht
in erster Linie über neue, von ihm angegebene Apparate zur Röntgen-
forschuug: 1. Die neue Grunmach-Röhre und 2. einen Präzisions¬
apparat zur genauen Fokus - Einstellung der Vakuumröhre.
Als notwendige Voraussetzung für gutes Gelingen, Aufnahmen sowohl
wie Durchleuchtungen und therapeutische Anwendungen, gilt selbstredend
der Besitz vorzüglicher Apparate im Verein mit genauer Konnt-
nis der einschlägigen physikalischen Untersuch ungsmethoden.
Der Vortragende verfügt über ein Induktorium von einem Meter Schlagweite
in seinem Staatslaboratorium und empfiehlt als zweckmäßig einen Induktor
von 50—60 cm Funkenlänge, Vakuumröhren mit der nötigen Konstanz und
Unterbrecher mit großer Unterbrechungszahl. Die vom Sprechenden kon¬
struierte neue Röhre (Grunmach-Röhre) besitzt folgende Konstruktions-
Eigenschaften. Im Inneren der Röhre befindet sich eine kanalförmige
Bleiglas-Doppelblende, vor der Antikathode gelagert, welche nur ein
Strahlenbündel von ganz kleinem Durchmesser passieren läßt. Um das von
vielen Augen unangenehm und störend empfundene grünliche Fluoreszieren
der natronhaltigen Glaswand der Röhre zu vermeiden, wird bei dem neuen
Vakuumrohr die Kugel aus Kaliglas angefertigt und fluoresziort nun
in angenehm bläulicher Farbe; es soll dieselbe auch im Röntgenbild
schärfere Kontraste auslösen. Das Vakuum ist — wie es eigentlich bei jeder
Röhre der Fall sein sollte— regenerierbar, außerdem ist noch eine Kühl¬
vorrichtung angebracht, welche entweder durch Wasser oder, nach Art
der Ehrhard-Röhren, mittelst Metallstaubhinterlegung der Antikathode bewerk¬
stelligt wird.
Der fälschlich sogenannte Fokus der Antikathode ist kein mathe¬
matischer Punkt. Bei horizontaler Lage des aufzunehmenden Objektes genügt
zur genauen Fokus-Einstellung ein Lot. Bei anderer als horizontaler Lage¬
rung ist dasselbe nicht verwendbar, und für diese Zwecke hat Grunmach einen
besonderen kompendiösen Präzisionsapparat geschaffen, den er ständig im
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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1005.
Gebrauch hat und dem Kongreß in natura demonstriert. Dieser Präzisions¬
apparat zur genauen Fokuseinstellung der Röntgenröhre besteht in
seiner Hauptsache aus einem schweren Eisengestell mit horizontalem, ver¬
schiebbarem Arm, welcher mit verschieblichem Röhrenhalter und der sog.
Trichterblende versehen ist. An dieser Blende, vor und hinter derselben,
befinden sich zwei Kreuze aus Bleidraht, welche sich bei genauer Einstellung
des Fokus auf dem Durchleuchtungsschirm decken müssen. Nach genauer
Einstellung worden die Kreuze durch Umklappen entfernt, und nach Ein¬
schaltung der Blende kann die Röntgenuntersuchung vor sich gehen. Nach
diesen technischen Erörterungen geht Grumnach über auf die Schilderung
der Anwendung der Röntgenstrahlen in der inneren Medizin,
wobei die Röntgenoskopie in ausführlicher Darstellung als den übrigen Unter¬
suchungsmethoden zum Teil weit überlegen geschildert wird; sie dient uns
im besonderen zur Untersuchung der einzelnen Organe und ihrer Funktionen.
Dor wichtigste Teil bei der Untersuchung innerer Krankheiten ist der Ex¬
ploration des Herzens gewidmet. Die absolute Herzdämpfung als Maß
der wirklichen Herzgröße fällt mit der orthoröntgenographischen
nicht zusammen, während die Umgrenzung des Herzens mittelst Anwen¬
dung der relativen Dämpfung mit der durch die X-Strahlen ermittelten
wahren Größe schon weit mehr harmoniert. Bei einer Körperlänge des
untersuchten Individuums von 168—172 cm beträgt nach Grunmachs Erfah¬
rungen der längste Herzdurchmesser 13,5 cm und die Größe des Herzens
104 cm 2 . Der Vortragende hat weiterhin den Einfluß der Kohlensäure¬
bäder auf die Verkleinerung des Herzens an Hand orthoröntgenographischer
Bilder genauer studiert und kommt, obschon die Kohlensäurebäder sich in
der Praxis besonders bei Herzkranken sehr gut bewährt haben, zu dem Schluß,
daß dieselben nach seinen Erfahrungen auf die Verkleinerung des
Herzens keinen Einfluß haben, im Gegensatz zu der altbekannten
Medikation der Digitalis in Verbindung mit Morphium. Es werden nun die
Einflüsse einzelner Krankheiten der näheren und ferneren Umgebung des
Herzens auf das Herz und seine röntgenoskopischen Durchleuchtungsbilder
einer eingehenden Besprechung unterzogen, ebenso die Erkrankungen der
übrigen Zirkulations-, der Respirations- und Verdauungsorgane, der peripheren
Nerven und Gefäße. Er empfiehlt besondere Vorsicht bei Verwendung
der Kompressionsblende und erwähnt einen Fall von Nierenabszeß, dor
bei Anwendung der üblichen Kompressionsmethode sicher geplatzt wäre.
Die an den Vortrag sich anschließende Diskussion wird reichlich be¬
nutzt. Cassirer erwähnt eingehender die von ihm in Gemeinschaft mit
Opponheim ausgestellten Objekte, ausgewählto Röntgenaufnahmen neurolo¬
gischen Inhaltes mit besonderer Berücksichtigung der Erkran¬
kungen der Knochen und Gelenke imGefolge von Nervenkrank¬
heiten. Es fanden sich darunter wahre Kabinettstücke, durch die Selten¬
heit der Erkrankung und die vollendete Technik der Ausführung gleicher¬
weise ausgezeichnet. Wir erwähnen unter ihnen folgende: Tabische Arthro-
pathieen mit Spontanfrakturen und Spontanluxationon; abgelaufene Poliomye¬
litis ant. ac. (32 J. alter Patient) mit Atrophie des rechten Humerus und
Schlottern des rechten Schultergelonkes; Poliomyelits ant. ac. luinb. dex.
mit Atrophie der Knochen der rechten unteren Extremität; Sarkom der 7.
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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905.
linken Rippe mit Übergreifen auf die Wirbelsäule unter dom klinischen Bild
des endovortebralen Tumors (erfolgreiche Operation); maligner Tumor des 11.
Dorsalwirbels unter ischiasähnlichen Schmerzen und atrophischer Lähmung dos
linken Beines; Gliosis lumbosacralis doxtra mit Atrophie des rechten Beines
und Beteiligung des Knochenapparates: Gliosis spin. cerv. mit atrophischen
Vorgängen im Knochengewebe an den Phalangen; trophische Störungen an
den Füßen mit starker Beteiligung des Knochenapparates bei Tabes dors.;
akromegalischer Schädel mit Vergrößerung resp. Destruktion der Sella turcica;
Hypophysistumor; Hemiplegia spastica infant. sin. mit Atrophie des linken
Humerus; Costa spuria sinistra (aus den Nervensymptomen diagnostiziert);
Nervenlähmungen mit consekutiven oder causalen Knochenveränderungen;
Erythromelalgie mit atrophischen Knochenprozessen bes. an den Phalangen;
Bilder über Beteiligung der Knochen bei Sklerodaktylio und Raynaud’scher
Krankheit etc.
Gocht-Halle. Die im Inneren einer Röntgenröhre angebrachte
Blende ist schon zu wiederholten Malen „erfunden“ worden; unabhängig von
einander haben mehrere Röntgenologen die Erfindung als neu beschrieben.
Albers-Schönberg (Hamburg) erörtert Prioritätsansprüche über Bleiglas
enthaltende Blenden. Dessauer-Aschaffenburg findet das Prinzip der
Grunmach-Röhre bereits in seiner, vor mehreren Jahren ihm patentierten Ideal¬
röhre vertreten und nimmt die Priorität für diese Blendenkonstruktion für
sich in Anspruch. Levy-Dorn hat bereits 1897 einen Patentanspruch für
Blenden innerhalb und außerhalb der Röhre zurückgewiesen bekommen, weil
die Erfindung in Amerika schon patentiert war.*) Holzknecht-Wien
begrüßt ironisch die Anwendung kalihaltigen Glases zur Röhrenfabrikation und
findet in der dadurch erzeugten bläulichen Fluoreszenz eine Erleichterung
röntgenologischer Arbeiten. Robinsohn-Wien kritisiert den Einstellungs-
Präzisionsapparat von Grunmach und gibt seiner eigenen Erfindung den Vor¬
zug : Einstellung mit Hülfe einer Glühlampe, die mit der Röhrenantikathode kon¬
jugiert angebracht ist. In seinem S chluß wort betont Grunmach besonders
gegenüber Dessauer, daß zwischen der Idealröhre und seiner Erfindung ein
fundamentaler Unterschied bestehe, Dessauer verwende seine Blendenröhre
zwischen Antikathode und Kathode, während bei seiner Röhre die Blende
vor der Antikathode, in einem Winkel von 45° zu derselben angebracht sei.
Prof. Hoffa spricht über das Röntgen verfahren und sein.
Einfluß auf die Entwicklung der Orthopädie. Unstreitig hat die
Chirurgie im Entwicklungsgang der Röntgenstrahlen den Löwenanteil für
sich bekommen, und auch heute noch stellt sie das Hauptgebiet für die An¬
wendung derselben dar. Aber nicht minder fruchtbringend war die neue
Entdeckung für die Orthopädie: Die großartige Entwicklung der¬
selben in den letzten Jahren steht mit Röntgens genialer Entdeckung in
engem Zusammenhang. Die erste Aufgabe für den Röntgenologen auf dem
Gebiet der Orthopädie war die Prüfung des kindlichen Skelettos unter
*) Im Gegensatz zu Grunmach’s Ansicht, iler vor längerer Expositionszeit als eine
Minute warnt und so kurz als möglich bei Verwendung kräftiger Induktoren zu exponieren
ritt., event. zwischen 2 Respirationsphasen, tritt der Sprechende dieser allgemeinen Fassung
entgegen und betont, daß die Expositiouszeii von ,'lußeren Umständen und besonders auch
von der Ruhe des Patienten abhänge; wenn mau gute Resultate erhalten wolle, dürfe mau
dieselbe nicht zu kurz wählen.
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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905.
normalen Verhältnissen. Besonderes Studium erforderten die Frage
der Epiphysen und der normalen Ossification. (Os trigonum tarsi ist
kein abgesprengtes Knochenstück.) Da Röntgenbilder kindlicher Individuen
oft recht schwer zu beurteilen sind, erwächst daraus die Regel, immer beide
Seiten aufzunehmen und die erhaltenen Resultate miteinander zu vergleichen.
Manche Wachstumsstörungen beruhen auf Veränderungen der normalen
Ossification. Bei vielen Mißbildungen ist der angeborene Defekt zu
erkennen: Klumpfuß, Klumphand, Skoliose, angeborener Hochstand des
Schulterblattes etc. Letztere Affektion steht nicht immer mit einer Rück¬
gratsverkrümmung im Zusammenhang. Als Ursache der Skoliose sind ge¬
legentlich überzählige Wirbel aufgefunden worden. Halsrippen können, z. B.
bei schweren Neuralgien, diagnostische Schwierigkeiten bereiten.
Besonders bei der B ehan diu ng der Skoliosen finden die Röntgen¬
strahlen in der Orthopädie hervorragende Bedeutung: Messung der Skoliosen
in verschiedenen Intervallen nach einheitlichem Verfahren und Vergleichung
dieser temporär gewonnenen Resultate mit einander. Besondere Beachtung
verdient dabei auch die Struktur der Wirbel. Mit Hülfe der Röntgenographie
können wir die Wirkung und die Brauchbarkeit portativer Skoliosen¬
apparate, von Korsetten u. s. w., nicht minder auch von forcierter Extension
kontrollieren: im Röntgenbild besitzen wir eine wegleitende Handhabe für
unser diesbezügliches diagnostisches Vorgehen. Nicht minder wichtig sind
aber die X-Strahlen zur Erkennung tuberkulöser Spondylitiden und
spondylitischer Abscesse; sie ermöglichen die Frühdiagnose einer
Spondylitis, noch bevor ein Gibbus entstanden ist; sie sind von außer¬
ordentlicher Wichtigkeit für die Differentialdiagnose zwischen Spondy¬
litis tuberculosa und Spondylitis traumatica (Kümmel); sie lassen uns die
Bechterew’sehe Krankheit erkennen: Bildung brückenförmiger Knochen¬
spangen zwischen einzelnen Wirbelkörpern. Die Röntgenographie leistet
uns fernerhin außerordentlich wichtige Dienste bei der Diagnose der
Krankheiten im Bereiche des knöchernen Beckens und seiner
Adnexe, unter welchen für den Orthopäden die angeborenen Hü ft gelenk s-
verrenkungen eine besondere Rolle spielen. Sie können uns die Resul¬
tate der eingeschlagenen therapeutischen Maßnahmen deutlich und klar zur
Darstellung bringen und ermöglichen im gegebenen Fall die Lösung der
Frage, weshalb im einen oder anderen Fall eine speziell angewandte Methode
nicht zum Ziel führt. Sie hat uns ein ganz neues Krankheitsbild eigent¬
lich erst kennen gelehrt, den Symptomenkomplex der Coxa vara, deren
hauptsächlichstes Kennzeichen im Verlust des normalen Schenkelhalses be¬
steht. Ihre Anwendung gibt uns wichtige Aufschlüsse über chronisch-
entzündliche Gelenkveränderungen: chronischen Gelenkrheumatis¬
mus, Arthritis deformans, Gicht etc.; sie ermöglichtauch die Diagnose tuber¬
kulöser Gelenkerkrankungen. Aufhellung der normalen Knochenschatten
in der Epiphysengegend gibt sie als Kalksalzmangel im Knochengefügo
zu erkennen; tuberkulöse Herde lassen sich direkt nachweisen, ebenso
tuberkulöse Sequester bil düngen. Je mehr ein tuberkulöser Prozeß
seiner Heilung entgegengeht, um so größere Kalksalzablagerungen finden
statt, ein Prozeß, der mit dem Verschwinden der erwähnten hellen Stellen
Hand in Hand geht. Auch die Ankylosen werden in den Bereich der
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Bericht, über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, HO. April —3. Mai 1905.
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Röntgen-Untersuchungen einbezogen: ein gutes Röntgenogramm gibt uns
sicheren Aufschluß über ihre knöcherne oder fibröse Struktur. Auch die
Rhachitis mit ihren manigfaltigen Veränderungen spiegelt sich im Röntgeno¬
gramm recht schön wieder; wir erkennen die durch Kalksalzarmut bedingte
Aufhellung einzelner Knochenpartien, wir sehen dio Veränderungen an
den Epiphysenlinien, die Verdickung derselben, wir erhalten genauen Auf¬
schluß über begleitende Frakturen und Fissuren der Knochen. Mit zunehmen¬
der Heilungstendenz der Krankheit werden die Knochenschatten dunkler.
Beim Genu varum et valgum werden wir durch die Anwendung der
Röntgenographie und Röntgenoskopie orientiert über den genauen Sitz der
Verkrümmung, über den Anteil des Ober- und Unterschenkels an der Defor¬
mität und erhalten demgemäß für unsere therapeutischen Maßnahmen einen
guten Wegweiser. In guten Strukturbildern können wir am Lebenden direkt
nachweisen, daß veränderte statische Belastung im stände ist, die Deformität
zu veranlassen; wird dieses kausale Moment gehoben, so kann auch ihr Folge¬
zustand, eben diese Deformität, zum Verschwunden gebracht werden. Recht
instruktiv ist sodann die Vorweisung verschiedener Röntgenbilder, dar¬
stellend die Entwicklung des Chinesinnenfußes, welche in verschie¬
denen Stadien die durch die übliche Bandagierung erzeugte Verkrüppelung
— Deformität des Fußskelettes — deutlich illustrieren. Mit Worten des
Dankes an Röntgen für seine so vielseitige, segensreiche Entdeckung
schließt der Redner seine glänzende oratorische Leistung.
Bassenge bringt einen kasuistischen Beitrag zur Diagnose
der Osteomalacie mit Hülfe der Röntgenstrahlen. 1876 wurde
zum ersten Mal eine seltene Krankheit beschrieben, die Osteomalacia
hypertrophica deformans. Das Hauptkontingent für dieses Leiden
liefert das weibliche Geschlecht; zwar werden auch Männer von ihr er¬
griffen, aber immerhin doch ungleich viel seltener. In erster Linie ergreift
sie das Knochensystem, und zwar hauptsächlich die langen Röhren¬
knochen; die Beckenknochen sind fast in allen Fällen frei, an den Darm¬
beinen finden sich gelegentlich kleine Wucherungen. Der Gang der Krank¬
heit gestaltet sich gewöhnlich folgendermaßen. Erst werden die Unter-
schcnkelknochen befallen, hernach diejenigen der Oberschenkel. Dann steigt
die Krankheit aufwärts in die Unter- und die Oberarme, ergreift darauf die
Füße und zuletzt die Hände. Pathologisch- anatomisch ist der Krankheits¬
prozeß zu definieren als eine Resorption von Knochengewebe mit
Knochenneubildung. Aber in diesem neugebildeten Knochen werden
im Allgemeinen keine Kalksalze abgelagert, er wird weich und nach und
nach verbogen. Nur bei relativer Heilung pflegen sich mit der Zeit einige
Kalksalz-haltige Herde zu bilden. Das Knochenmark ist rötlich, es
verschwindet im Laufe der Krankheit mehr und mehr. Der Verlauf des
Leidens ist schleichend; Komplikationen mit Tumoren nicht selten, all¬
mählichtritt Marasmus hinzu und dauerndes Siechtum. Erkrankung der
Muskeln kann zum Krankheitsbild hinzutreten, weil diese an den biegsamen
osteomalacischen Knochen ihren Stützpunkt verloren haben. Sie erhalten
mehr und mehr eine bandartige Form. Sind auch noch die Interkostalmuskeln
ergriffen, so geht die Atmung in den abdominalen Typus über. Oft bestehen
ziehende Schmerzen; das Zentralnervensystem pflegt gewöhnlich frei zu
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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
bleiben. Der Vortragende berichtet u. a. über einen einschlägigen Fall von
Osteoraalacie, bei welchem die Untersuchung mit Röntgenstrahlen zur
sicheren Diagnose verhalt. Es handelte sich um eine 44jährige Frau ohne
hereditäre Belastung. 1898 brachte sie eine Totgeburt im 8. Monat zur Welt.
Einige Monate hernach stellten sich Schmerzen in der Kreuzbeingegend ein,
die sich im Laufe der Zeit anfallsweise wiederholten, einen rheumatoiden
Charakter annahmon und in die Beine ausstrahlten. Eine später sich ein¬
stellende Uteruserkrankung legte den Verdacht an Osteomalacie nahe, der
dann durch die Röntgenuntersuchung zur Gewißheit wurde. Die Frau wurde
nach und nach kleiner und verlor ihre Gehfähigkeit. Der Beginn der Krank¬
heit datiert seit der letzten Geburt einer unausgetragenen Frucht, wie es ja
bekannt ist, daß Osteomalacie oft entsteht bei einer Frau, die ihr Kind
nicht ausgetragen hat. Die inneren Organe zeigten keine krankhaften
Veränderungen; im Urin war Eiweiß nachzuweisen. Am auffälligsten war
die Erkrankung der Extremitäten, welche durch gute Röntgenbilder illustriert
wurden. Die langen Röhrenknochen, besonders der Unterarme, erwiesen sich
als verdickt, die distalen Enden dicker als die proximalen, die Knochen¬
oberfläche höckerig. Die Beine sind verkrümmt. Auch die Verbindungen
einzelner Knochen unter einander, die Gelenkgegenden, z. B. am Schlüssel¬
bein, wiesen erhebliche Verdickungen auf. Unter Ernährung mit kalk¬
haltigen Substanzen ist eine erhebliche Besserung eingetreten.
Lenhartz*) und Kißling-Hamburg: Über den Nutzen des
Röntgenbildes für die Lungenchirurgie. Der Vortrag von Prof.
Lenhartz zeigt auch dem Laien die außerordentliche Wichtigkeit der
Röntgenograp hie; haben doch mehrere seiner Patienten der Anwendung
der Röntgenstrahlen zu diagnostischen Zwecken direkt Loben und Ge¬
sundheit zu verdanken. Seine Untersuchungen gelten, wie es der Titel
besagt, speziell der operativen Behandlung von Lungenkrankheiten; eine
großartige Ausstellung einschlägiger Objekte finden sich vom Hamburger
Krankenhaus auf der mit dom Kongreß verbundenen Ausstellung. Die Haupt¬
ausführungen des Redners betreffenden Lungenbrand oder die Lungen¬
gangrän. Die Ante-Röntgen-Ara mußte sich oft mit der leeren Diagnose, wenn
es überhaupt intra vitam dazu kam, bescheiden; Beobachtung und sympto¬
matische Behandlung war in den meisten Fällen alles, was für den armen
Kranken getan werden konnte. Der Sitz der Krankheit war ziemlich gleichgültig,
einmal wegen der Mangelhaftigkeit und Schwierigkeit der topischen Dia¬
gnose, und sodann wäre ein direkter Eingriff noch vor nicht allzu langer Zeit
bei der totalen Aussichtslosigkeit des Bemühens verpönt gewesen: es war
doch nichts zu machen! Erst das Röntgenbild eröffnete einen
neuen Weg: es zeigt uns die Herddiagnose! Der Vortragende weist
Röntgenographieon von Lungengangrän von 1901 an vor. 61 Fälle von Lungen¬
gangrän hat er operiert, von 42 dieser Fälle sind Röntgenbilder angefertigt
worden und unter diesen von 27 vor und nach der Operation. Sind wir
wirklich durch solche Röntgenaufnahmen bei der operativen Behandlung
dieser schweren Krankheit erheblich gefördert worden? Gewiß; die glänzen¬
den Resultate des Vortragenden beweisen das zur Genüge: Die Sterblichkeit
beträgt im allgemeinen 75°/o; Lenhartz erzielt bei seinen Fällen in
*) Vortrag folgt in extenso unter den Originalien dieses Heftes.
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Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms. H
64°/o Heilungen! Bei der großen Mehrzahl war das Röntgenogramm für
den Operateur eine unschätzbare Förderung, besonders in der Beantwortung
der Frage nach dem Sitz des Leidens und der Art des operativen
Vorgehens; waren doch einzelne Fälle dabei, bei denen der Herd erst nach
15—20 cm tiefem Eindringen gefunden wurde; ja, in einem Fall war er sogar
22 cm von der Thoraxoberfläche entfernt. Wenn wir uns vor Augen halten,
daß besonders bei dem akuten Lungenbrand nicht immer die klassischen Er¬
scheinungen der Auskultation und Perkussion im Syniptomenbild vertreten
sind, gelegentlich nur eine leichte Schallabschwächung neben einigen Rassel¬
geräuschen zu hören und das ominöse Sputum noch nicht eingetreten ist,,
werden wir den Wert der Röntgenographie zu schätzen wissen und gerade
diese Fälle, die nur mittelst des Röntgenbildes nachzuweisen sind, erfordern
rasches Handeln. Bei 10 Fällen des Redners war dieselbe ein absolut
wesentlicher Faktor, in 8 derselben wäre auch die genaueste physika¬
lische Untersuchung ohne Benutzung der Röntgenstrahlen nicht im Stande
gewesen, eine genaue Herddiagnose zu stellen. Schon dieses Moment
größerer Sicherheit erleichtert die schwere Operation ungemein; allerdings
ist der Fall nicht ausgeschlossen, daß das Röntgenbild auch zu einer Fehl¬
diagnose Veranlassung geben kann! Die weiteren Betrachtungen gelten
den Fremdkörpern der Lunge, Kavernen etc. Kißling führte am Projektions¬
apparat die einschlägigen Bilder vor. Ganz besondere Beachtung wurde
einem Fall dargebracht, an dem verschiedene Stadien mehrmaliger
Operationen und die endliche glückliche Heilung zur bildlichen Dar¬
stellung gelangten. An der Diskussion beteiligten sich die Herren Orun-
mach, Weinberger und Levy-Dorn.
Inzwischen ist von Geheimrat Röntgen in München auf das ihm
am 30. IV. gesandte Huldigungstelegramm eine Antwort eingetroffen, die so
rocht die Bescheidenheit des großen Gelehrten zeigt. Es hatte folgenden
Wortlaut: Für den mir vom Ausschuß des Kongresses im Auftrag
der versammelten Teilnehmer gesandten Gruß danke ich ver¬
bindlichst. Ich bitte, die Versicherung entgegennehmen zu
wollen, daß ich von Bewunderung und Freude erfüllt bin
über das, was die Arbeiten Anderer, von denen so viele auf
dem Kongreß jetzt vereinigt sind, aus der Entdeckung der
X-Strahlcn gemacht haben. Röntgen. (Fortsetzung folgt.)
Aus dem Ambulatorium für Magen- und Darmkranke des Wiener k. k. allg. Krankenhauses (Dozent E. Schütz)
und dem Laboratorium für radlologlsche Diagnostik und Therapie des k k. allg. Krankenhauses zu Wien
(Dozent G. Holzknecht).
Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose
des Magenkarzinoms.
Von Dr. L. Brauner, Assistent des Ambulatoriums.
In der Wiener klinischen Rundschau*) haben Herr Dozent
Ilolzknocht und ich eine Methode der systematischen radiologischen Unter¬
suchung des Magens mitgeteilt und an einer Reihe von Fällen die Verwend-
*) 1905, Heft 16-23.
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12 Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms.
barkeit und die Ergebnisse dieser Methode gezeigt. Eine ausführliche
diesbezügliche Publikation brachte das 1. Heft der Mitteilungen aus dem
Laboratorium für radiologische Diagnostik und Therapie des k. k. allgemeinen
Krankenhauses zu Wien.*) Ich möchte speziell auf diese letztere Arbeit ver¬
wiesen haben, bevor ich daran gehe, hier an einem Fall von Karzinom des
Pylorus**) zu zeigen, was die radiologische Methode in diagnostischer Hinsicht
zu leisten vermag.
Am 9. Juni d. J. erscheint der 37jährige Weichenwärter T. H. im
obigen Ambulatorium und gibt an, daß er — früher stets gesund — seit
ungefähr 2 Wochen beständig einen Druck in der Magengrube, bei der Arbeit
daselbst leichtes Stechen verspüre. Der Appetit soll anhaltend gut sein, die
Nahrungsaufnahme (er hat eine gemischte, grobe Kost gegessen) soll keine
Beschwerden im Gefolge haben. Der Stuhl ist andauernd regelmäßig. In der
letzten Zeit will Patient abgemagert sein und viel schlechter als früher aussehen.
Die Untersuchung des Patienten ergibt folgenden Befund: fahle Ge¬
sichtsfarbe, mittel guter Ernährungszustand. Zwei Finger unterhalb des
Proc. xyphoideus findet man einen quergestellten, vom rechten bis fort zum
linken Rippenbogen verlaufenden, walzenförmigen, kleinfingerdicken, wenig
druckschmerzhaften Tumor, welcher keine respiratorische Verschieblichkeit
zeigt. Nach Verabreichung der Brausemischung ist der Tumor kaum etwas
weiter rechts und unten zu palpieren. Der Magen läßt sich auch jetzt per¬
kutorisch nicht eindeutig abgrenzen, da das in toto kugelig vorgetriebene
Abdomen überall laut tympanitischen Perkussionsschall gibt. Der übrige
Organbefund bietet nichts Abnormes, speziell sei angeführt, daß im Harn
sowohl Eiweiß als auch Zucker fehlen.
Eine Stunde nach dem Probefrühstück (ca. 400 cm 3 Tee und 1 Kaiser¬
semmel) enthält der Magen nur wenige Kubikzentimeter gallig gefärbten In¬
halt, der alkalisch reagiert. Die sofort angeschlossene Ausspülung fördert nur
einige Semmelbröckel zu Tage; auch das Spülwasser ist stark gallig gefärbt.
Am 14. Juni macht der Patient betreffs seines subjektiven Befindens
die gleichen Angaben wie am 9. Bei der Expression 1 Stunde nach Probe¬
frühstück erhält man diesmal ca. 20 cm 3 Inhalt, der aus einigen Semmel-
krümmeln und einer wasserklaren Flüssigkeit besteht, keinen Schleim ent¬
hält und alkalisch reagiert. Mikroskopischer Befund ohne Besonderheit.
Am 15. Juni vormittags wird von Herrn Dozenten Holzknecht und
mir die radiologischo Untersuchung vorgenommen. Der Patient ist nüchtern
und erhält zunächst 15 gr Bismuth. subnitr. in 50 cm 3 Wasser aufgeschwemmt
(zur Korrektur der obslipierenden Wirkung des ersteren wird noch 1 Eßlöffel
Milchzucker zugesetzt); da diese Wismutmenge in dem vorliegenden Fall
nicht ausreichend zu sein scheint, erhält Patient sofort nochmals die gleiche
Portion und trinkt hierauf noch eine mit 5 gr Acid. tartar. und 7 gr. Natr.
bicarb. bereitete Brausemischung. Die Durchleuchtung wird im Stehen vor¬
genommen, während der Patient an der (im technischen Teil der zitierten
Publikationen abgebildeten) Durchleuchtungswand lehnt. Man sieht nun
(vergl. die nebenstehende Figur), daß es sich um einen vertikal gestellten
*) S.„Fischer, Jena.
**) Über die Röntgeu-Untersuchung eines Falles von Pyloruskarzinom bei gleich¬
zeitig bestellender Ektasie berichten Holzknecht und Jonas iin gleichen Heft zitierter
Mitteilungen.
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Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms. 13
Magen handelt, dessen tiefster Punkt in Nabelhöho liegt. Die linke Zwerch¬
fellhälfte steht etwas höher als die rechte. Unmittelbar unter ihr befindet
sich eine mächtige Gasansammlung; sie enthält die Kohlensäure, welche sich
nach Einnahme der Brausemischung entwickelte. Die Gasblase wird nach
Dorsoventrale Durchleuchtung im Stehen nach Verabreichung von 30 gr
Bisin. subnitr. und einer Brausemischung. Gezeichnet sind: die Mittellinie
mit dem Nabel, die untersten Lungenpartien und die Herzkonturen. Vertikal
gestellter Magen; iin keplialen Teil desselben eine mächtige Gasansammlung,
im Korpusteil Flüssigkeit (etwas Wismut-haltig); im kaudalen Teil liegt die
dunkle Wismutmasse, welche einen schmalen Streifen nach rechts hin über
die Mittellinie schickt. Oberhalb dieses Streifens ist der Tumor palpabel
(schraffierte Partie). An der linken Seite des Magens liegt gashaltiges Kolon.
unten zu von einem Flüssigkeilsniveau begrenzt, welches bei Erschütterung
des Körpers deutliche Wellen zeigt. An die Gasblase schließt sich ein von
ihr scharf, von dem übrigen Abdomen sich nur wenig abhebendes Band an,
das noch eine geringe Menge Wismut enthaltende Wasser der Aufschwemmung
und der Brausemischung. Das Wismut ist bereits fast vollständig zu Boden
gefallen und hat sich in der tiefsten Partie des Magens, dem kandalen Teil,
angesammelt und erzeugt hier einen dichten Schatten. Es bildet die Form
eines Halbmondes, der sich nach rechts hin bis über die Mittellinie als schmaler,
keilförmiger Streifen fortgesetzt und nach pyloruswärts gerichteter Effleurage
des kandalen Teiles des Magens noch deutlicher wird. Knapp oberhalb dieses
Wismutstreifens palpieren wir den bereits früher beschriebenen länglichen
Tumor. Links neben dem Magen verläuft das infolge seines Gasgehaltes
deutlich sichtbare und durch die charakteristischen Haustra vom Dünndarm
sicher zu unterscheidende Kolon.
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14 Ein kasuistischer Beitrag zur radiologischen Frühdiagnose des Magenkarzinoms.
Übt man im Bereiche des sichtbaren Wismutniederschlages mittels
der Fingerspitzen einen senkrecht auf die Körperoberfläche gerichteten Druck
aus, so wird die dicke Wismutmasse beträchtlich nach oben gedrängt, während
ihr streifenförmiger Fortsatz eine ganz unbedeutende Dislokation in diesem
Sinne erfährt. Sehr auffallend ist in unserem Falle das Verhalten der Peri¬
staltik im Bereiche des kaudalen Teiles und der Parspylorika. Während
sonst die peristaltischen Wellen immer tiefer werden, jo mehr sie sich dem
Pylorus nähern, sehen wir hier mäßig tiefe peristaltische Einschnürungen
nur im Bereiche der großen Kurvatur, soweit sie die den kandalen Teil er¬
füllende große Wismutansammlung begrenzt, während in der Parspy¬
lorika (hier markiert durch den Wismutstreifen) jede Peristaltik fehlt.
Zur Erklärung des geschilderten radiologischen Befundes sei Folgendes
angeführt: während sonst der kandale Teil des Magens wesentlich breiter ist
und der Wismutniederschlag in demselben einen liegenden Halbmond, respektive
eine Sichel bildet, ist in unserem Fall die rechte Hälfte nicht so mächtig
ausgebildet wie die linke und läuft in einen zapfenförmigen Fortsatz aus.
Es ist also in der rechten Hälfte des kandalen Teiles nicht genügend Platz
für eine ungehinderte Ausbreitung des Wismuts vorhanden. Dieses Verhalten
läßt nach unseren in den obigen Arbeiten belegten Erfahrungen auf eine
raumbeongende Bildung in der Parspylorika schließen. Das Fehlen
der Peristaltik im Bereiche der Parspylorika berechtigt zur Annahme, daß
hier infolge von starrer Infiltration oder von flächenhaften Fixationen der
Magenwand an die Umgebung eine Peristaltik unmöglich ist.
Auf Grund dieses radiologischen Befundes stellten wir unter Berück¬
sichtigung der Ergebnisse der internen Untersuchung die Diagnose: Neo¬
plasma malignum pylori.
Die weitere internistische Beobachtung und Untersuchung stützton
diese Diagnose immer mehr.
Am 21. Juni ergibt die Expression 1 Stunde nach Probefrühstück
400 cm 3 (!) Inhalt von neutraler Reaktion; derselbe ist stark blutig tingiert.
Mikroskopische und chemische Blutproben positiv. Am 24. wird der Patient
nüchtern exprimiert. Man erhält einige Kubikzentimeter Blut mit Schleim
gemengt. Bei der mikroskopischen Untersuchung findet man massenhaft
fadenförmige Bazillen, welche zum teil vielfach verschlungene Massen bilden.
Am 1. Juli wird der Kranke auf der Klinik des Herrn Hofrat v.
Eiseisberg operiert (Operateur Herr Assistent Dr. Leischner), nachdem
man wenige Tage vorher im ausgeheberten Probefrühstück Milchsäure nach¬
gewiesen hatte. Wie ich dem uns von Herrn Assistenten Dr. Hab er er zur
Verfügung gestellten Operationsprotokoll entnehme, ließ sich am Pylorus ein
talergroßer, harter Tumor konstatieren, der mit den Bauchdecken fest ver¬
wachsen war.
Es sei noch kurz erwähnt, daß auch die Karzinome im Bereiche der
kleinen Kurvatur und der Kardia sowie die zur Sanduhrform des Magens
führenden Krebse — sanduhrförmige Magen findet man, wie die von Herrn
Dozent Holzknecht und mir durchgeführten radiologischen Untersuchungen
ergeben haben, viel häufiger als man mittels der bisherigen Untersuchungs¬
methoden feststellte — der radiologischen Untersuchung sehr zugänglich sind,
«Iby GOOglC
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Ein Röntgenbild der sella turcica bei Basistumor.
15
wie in unserer wiederholt zitierten letzten Arbeit an einer Reihe von Bei¬
spielen gezeigt wird.
Herrn Dozenten Schütz bin ich für die Überlassung dieses Falles für
dio Publikation zu vielem Dank verpflichtet; Herrn Dozenten Holzknecht
danke ich verbindlichst für die Erlaubnis, über die radiologische Untersuchung
hier berichten zu dürfen.
Aus der Marburger Medizinischen Klinik.
Ein Röntgenbild der sella turcica bei Basistumor.
Von Prof. H. Hildebrand und Privatdoc. Dr. 0. Heß.
(Hierzu Tafel i, 1 und 2.)
Figur 1 stellt das Röntgendiapositiv eines normalen Schädels bei fron¬
taler Aufnahme dar und soll zum Vergleiche mit dem Diapositiv in Figur 2
dienen, welches die klinisch vermutete und später durch die Sektion be¬
stätigte Diagnose eines Tumors der Hypophysengegond bereits intra
vitam sicherstellte.
Der interessante Fall wurde in hiesiger Augenklinik beobachtet und
wird von dort aus (Privatdoc. Dr. Bartels) eingehend publiziert werden;
wir beschränken uns daher auf einige uns freundlichst zur Verfügung ge¬
stellte klinische Daten:
G. K., Schneider, bei seinem Tode am 11. 3. 05 21 Jahre alt, bemerkte
zuerst im Jahre 1901 (seinem 16. Lebensjahre) eine Abnahme des Sehver¬
mögens; im Sommer 1903 traten cerebrale Symptome (Schwindel, Erbrechen,
p.d.
Kopfschmerz) auf; im September desselben Jahres fand sich bei der 1. Auf¬
nahme in die Augenklinik eine beträchtliche Herabsetzung der Seh¬
schärfe, rechts mehr als links infolge beiderseitiger Atrophia nervi optici
post neuritidem; das Sehvermögen besserte sich wieder, um Anfang Januar
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Ein Röntgenbild der sella turcica bei Basistuinor.
1905 gleichzeitig mit dem Auftreten einer starken Prominenz der Pnpillo,
Verengerung der Arterien und Erweiterung der Venen der Netzhaut rapid
zu sinken und Mitte Februar völlig zu erlöschen. — Neben diosem ophthal-
mologischen Befunde ergab die klinische Beobachtung eine eigentümliche
an „typus fomininus“ erinnernde Hemmung in der körperlichen Ent¬
wicklung, die schon im 14. Lebensjahre begonnen haben soll (Fettsucht,
weibliche Brüste, breites Becken, kümmerliche Genitalien, Fehlen der Körper¬
behaarung, hoho Stimme).
Dieser geschilderte Symptomonkomplex (Kopfschmerz, periodisch schwan¬
kende Sehstörungen — Borger — die eigentümlichen trophischen Störungen,
insbesondere die Fettsucht) mußten, wie Fröhlich zuerst nachwies, den
Verdacht auf Hypophysentumor oder wenigstens einen die Gehirnsubstanz
komprimierenden Tumor in der Gegend der Hypophyse (Erd heim) wach¬
rufen. — Eine Sicherung der Diagnose brachte, wie eingangs erwähnt, die
in der medizinischen Klinik vorgenommene Röntgenuntersuchung.
Die Betrachtung der abgebildeten Diapositive und der beiden Skizzen,
welche die auf den Diapositiven deutlich sichtbaren Conturen der Schädel¬
basis gesondert zur Anschauung bringen, ergibt leicht folgendes:
Man erkennt an dem normalen Schädel (1) (von vorn nach hinten) das
Orbitaldach (0. d.) und das planum sphenoidale (pl. sph.), welche sich am
limbus sphenoidalis (1. sph.) vereinigen, sodann die sclla turcica mit Sattel¬
lehne (L), darunter den Keilbeinkörper (K) und unter diesem den tiefen
Schatten des Bodens der mittleren Schädelgrube (B. d. in. Sch. g.), weiter
nach hinten den Clivus (CI) und die Felsenbeinpyramide (Py). — Auch an
dem pathologischen Schädel (2) sind diese Einzelheiten erkennbar; jedoch
springt ohne weiteres die Erweiterung und Vertiefung des Türken¬
sattels ins Auge: Die Sattellehne erscheint verkleinert, unscharf, nach
hinten gerückt; der Boden des Sattels liegt dem tiefon Schatten des Bodens
der mittleren Schädelgrube (Schüller’s basaler Schattenstufe, s. Schüller’s
Arbeit S. 7.) bedeutend näher wie bei dem normalen Schädel 1.
Dieser Befund (Erweiterung des Zugangs zum Satiel und Vertiefung
des Sattelbodens) sprach mit größter Wahrscheinlichkeit für einen Tumor,
der durch Usur die genannte Knochendefor m ität bewirkt hat.
Am 23. 2. 05 wurde zur Besserung der Hirndruckerscheinungen eine
Craniotomie in der rechten Schläfengegend vorgenommen; der exitus erfolgte
nach schnellem Kräfteverfall plötzlich am 11. 3. 05.
Die Sektion ergab einen walnußgroßen das Chiasma komprimierenden
Tumor in der Gegend des Infundibulum (ohne Vergrößerung der
Hypophyse) mit Ausbuchtung des Sattels und starker Abflachung
der Sattellehne; dieser anatomische Befund ist mit dem Röntgenbefund
in guten Einklang zu bringen.
Es liegen bereits eine Anzahl von Publikationen über radiologisch
konstatierte Veränderungen der sella turcica, teils bei Tumor, teils bei Akro¬
megalie vor (Oppenheim-Cassirer, Launois et Roy, Böclöre,
S chüller-Fuchs, Josefson, Alb er s-Schönberg, Grunmach-Eulen-
burg, Hudovernig u. Petzy-Popovits, Erdhe im-Schüller etc.)
Schüller gibt eine eingehende Darstellung der normalen Schädelbasis
im Röntgenbilde mit guten Abbildungen; Erdheim beschreibt des genaueren
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Tafel I.
Die Heilungsvorgänge beim Pneumothorax im Röntgenbild.
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die Veränderungen der Sella bei verschiedenem Sitze des Tumors: 1. Ver¬
tiefung der Sella bei Tumor der Hypophyse, 2. Erweiterung des Sellazugangs
bei Infundibulartumor (ein Befund, der nach Schüller allerdings auch bei
allgemeinen Hirndruckerscheinungen Vorkommen soll), 3. Vertiefung der
Sella mit gleichzeitiger Erweiterung des Zugangs (1+2) bei Sellatumoren,
welche gegen die Hirnbasis emporwuchern.
Dieser 3. Kategorie würde unser Tumor entsprechen; unser Bild ähnelt
durchaus den Abbildungen des 3. und 4. Falles von Erdheim auf Seite
176 und 177 seiner Publikation, sowie der Abbildung bei Fuchs.
Literatur.
1. Oppenheim-Cassirer, Neurol. Centralbl. 1899, S. 1113; s. ferner Oppenheims
Lehrbuch IV. Aull. S. 917; auf dem Röntgenkongreß in Berlin (30. 4. — 3. 5. 05) hat kürzlich
Cassirer einen Bericht über die neueren Beobachtungen Oppenheims gegeben.
2. A. Fröhlich, Ein Fall von Tumor der Hvpophysis cerebri ohne Akromegalie.
Wien. klin. Rundschau 1901, 47 u. 48.
3. A. Fuchs, Zur Frühdiagnose der Hypophysistumoren. Wien. klin. Wochenschr.
1903, S. 151.
4. A. Borger, Ein Fall von Tumor der Hypophyseugegend mit Obduktionsbefund.
Zeitschr. f. klin. Medizin, Bd. 54, 1904, S. 448.
5. A. Sc hül ler, Die Schädelbasis im Röntgenbilde. Fortschr. auf d. Gebiete der
Röntgenstr. Ergänz. Bd. 11, 1905.
6. J. Erdheim, Über Hypophysenganggeschwülste und Hirncholesteatomc. Siuber.
d. Kaiserl. Akad. der Wissensch. in Wien. Math.-naturw. Klasse Bd. 113, 111, Dez. 1904.
Die übrigen Literaturangaben finden sich in den Arbeiten 3-6.
Die Heilungsvorgänge beim Pneumothorax im Röntgenbild.
Von Prof. H. Hildebrand, Marburg.
(Hierzu Tafel I 3 und 4.)
Die Arbeit C ursch man ns in den Physikalisch-Medizinischen Monats¬
heften Jahrgang 1, Heft 5 „Zur Radiologie der Heilungsvorgänge beim un¬
komplizierten Pneumothorax“ gibt mir Veranlassung, über einen ganz ähn¬
lichen Fall zu berichten, welchen ich früher während meiner Tätigkeit am
Eppendorfer Krankenhaus zu beobachten Gelegenheit hatte. Herr Oberarzt
Rumpel, auf dessen Abteilung der Kranke lag, hat mir die Krankengeschichte
in freundlicher Weise zur Verfügung gestellt.
Bei der Beschreibung kann ich mich sehr kurz fassen, da selbst in
Einzelnheiten eine große Ähnlichkeit mit dem von Curschmann geschilderten
Fall besteht.
Es handelte sich um einen jungen Menschen von 22 Jahren, welcher
das Krankenhaus hauptsächlich wegen neurasthenischer Beschwerden auf¬
suchte. Nach Angabe hatte er früher „an Onanie gelitten 1 ', als Folge
davon traten noch häufig Pollutionen auf, und dadurch fühlte sich Patient
körperlich matt.
Seit 6 Tagen hatten sich Schmerzen auf der rechten Brust eingestellt,
es bestand leichtes Beklemmungsgefühl und etwas Herzklopfen. Das Treppen¬
steigen fiel ihm schwer. Husten und Auswurf bestand nur in geringem
Archiv f. phyaik. Medizin oto. 2
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Die HeilungsYorgiinge beim Pneumothorax im Riintgenbild.
Maße. Frost oder Hitzegefühl waren zu Beginn der Erkrankung nicht vor¬
handen gewesen. Auch war nach den Angaben des Patienten der Beginn
überhaupt kein plötzlicher und schwerer gewesen.
Schon im Jahre vorher hatte er einen ähnlichen Zustand mit denselben
Schmerzen und Beschwerden durchgemacht, der nach Verlauf von einiger
Zeit wieder geschwunden war.
Sonst hatte Patient sich bisher nicht krank gefühlt; als Kind hatte
er Masern durchgemacht, später Rheumatismus im rechten Bein; schwerere
Krankheiten waren aber nicht dagewesen; insbesondere wurde nichts von
länger dauerndem Husten etc. berichtet.
Status praesens.
Der Patient ist von mittelgroßer Statur, sein Ernährungszustand gut;
es besteht ein etwas abgespannter nervöser Gesichtsausdruck.
Der Thorax ist im ganzen gut gewölbt; bei der Atmung bleibt die
rechte Seite eine Spur gegen die linke zurück.
Die Herzgrenzen sind nach links verschoben; der Spitzenstoß liegt
außerhalb der Brustwarzenlinie im 4. J. c. R.; Herztöne rein.
Lungengrenzen: hinten rechts 12. Brustwirbel, nicht verschieblich,
hinten links 9. Brustwirbel, wenig verschieblich; vorn rechts 7. Interkostal¬
raum, nicht verschieblich.
Über der ganzen rechten Lunge, vorn und hinten, war der Perkussions¬
schall heller, fast tympanitisch. Eine Dämpfung bestand nirgends. Keinerlei
Zeichen eines Exsudates, Probepunktion negativ.
Das Atmungsgeräusch über der ganzen rechten Lunge sehr auffallend
leise und abgeschwächt, im allgemeinen von vesiculärem Charakter, rechts
hinten unten beim Exspirum ein amphorischer Beiklang.
Neben dem Sternum am Ansatz der dritten Rippe rechts an umschriebener
Stelle bronchiales Atmungsgeräusch.
Der untere Leberrand überragt den Rippenbogen um 2 Querfinger;
sonst am Abdomen nichts Besonderes.
Auch die übrige Untersuchung, besonders des Nervensystems, ergab
nichts Auffallendes.
Die Diagnose war keineswegs leicht zu stellen. Zwar wiesen eine
Reihe von Symptomen auf einen Pneumothorax hin; doch fehlten die klassi¬
schen Zeichen, auch sprach der ganze Krankheitsverlauf dagegen: Kein
plötzlicher Beginn der Erkrankung, keine schwere Allgemeinerscheinungen
im Anfang, nur verhältnismäßig geringe Beschwerden im weiteren Verlauf,
bestehend in leichter Beklemmung auf der Brust und etwas Schmerzen in
der rechten Seite. Dazu guter Ernährungszustand und anamnestisch kein
Anhalt für das Vorhandensein einer latenten Tuberkulose.
Immerhin wurde die Wahrscheinlichkeitsdiagnose „Pneumothorax“
gestellt und zur Sicherung derselben das Röntgenverfahren herangezogen.
Abbildung 1 zeigt die erste Aufnahme, welche von dem Patienten
gemacht wurde. Ein Blick auf das Bild genügt, um die Diagnose Pneu-
mathorax mit Sicherheit zu stellen.
Es fällt zunächst die Verlagerung des Herzens nach links auf, welche
so weit geht, daß das Herz völlig in die linke Thoraxhälfte gedrängt und
rechts neben der Wirbelsäule nichts mehr von ihm zu sehen ist.
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Die Heilungsvorgängc beim Pneumothorax im Röntgenbild.
19
Das Zwerchfell steht rechts außerordentlich tief, am Ansatz der 12. Rippe.
Der ganze über dem Zwerchfell rechts gelegene Raum ist abnorm hell
und völlig leer. Die Rippen sind sehr deutlich, eine Lungenzeichnung fehlt,
und es erhellt daraus, daß der Raum mit Luft angefüllt ist.
Neben der Wirbelsäule liegt ein dichter Schatten, in welchem man
eine unregelmäßige Zeichnung erkenuon kann und welcher sich mit scharfem
Rand gegen den übrigen leeren Brustraum absetzt. Der Schatten erstreckt
sich von der 2. bis zur 10. Rippe. Sein Rand bildet einen im Allgemeinen
nach außen konvexen, aber nicht ganz regelmäßigen Bogen. Offenbar handelt
es sich um die nach der Wirbelsäule und dem Hilus hin zusammengedrängte
Lunge. Im oberen Teil verläuft der Rand des Lungenschattens parallel, aber
etwas entfernt vom inneren Rand der Scapula, und so entsteht im Bild ein langer
heller Streifen, welcher sich als Fortsetzung des großen über dem Zwerchfell
gelegenen abnorm hellen Raumes nach oben bis zur 2. Rippe hinzieht.
Die Rippen der rechten Seite stehen mehr horizontal als links, die
Zwischenrippenräume rechts sind deutlich weiter. —
Im weiteren Verlauf der Erkrankung wurde Patient noch öfter mit
Röntgenstrahlen untersucht und eine Reihe Aufnahmen von ihm gemacht.
Wir waren so in der Lage, die Heilung, die allmähliche Entfaltung der
Lungen, direkt zu beobachten. Der an der Wirbelsäule gelegene Schatten
wurde immer größer und weniger dicht, in ihm trat deutlich die Zeichnung
der Gefäße und Bronchen auf, schließlich füllte der Schatten wieder die
ganze rechte Thoraxseite aus, und es waren normale Verhältnisse zurück¬
gekehrt.
Abbildung 2 zeigt die vorgeschrittene Entfaltung der Lunge nach
Verlauf einiger Wochen. Der Lungenschatten füllt jetzt schon mehr als die
Hälfte des Brustraumes aus. Der Rand ist gleichmäßiger geworden und bildet
einen regelmäßigen nach außen konvexen Bogen.
Der Schatten des Lungenrandes fällt jetzt über den inneren Rand der
Scapula hinaus, Lungenschatten und Schatten der Scapula fallen zum Teil
aufeinander, und infolgedessen erhalten wir hier im Gegensatz zum ersten
Bild einen langen dunklen Streifen, welcher bis hinauf zur 3. Rippe zieht.
Die Verzweigung der Gefäße und Bronchien im Lungenschatten ist
sehr deutlich geworden; dabei fällt auf, daß der Lungenschatten selbst noch
ungleichmäßig in der Dichtigkeit ist. Besonders im untern Teil ist der Schatten
dichter als in der Mitte; offenbar ist die Entfaltung der Lunge keine ganz
gleichmäßige und ist oben schon etwas weiter vorgeschritten als unten.
* Da der Druck im Brustraum nachgelassen hat, so ist auch das Zwerch¬
fell höher gestiegen, es steht mit dem oberen Rand in der Höhe der 10.
Rippe. Das Herz dagegen hat seine Lage noch nicht verändert und ist noch
völlig in die linke Seite der Brust verlagert.
Mit zunehmender Resorption der Luft dehnte sich die Lunge im
weitern Verlauf immer mehr aus, wie wir durch spätere Aufnahmen nach-
weisen konnten. Schließlich hatte sie sich völlig entfaltet und das Röntgen¬
bild zeigte keine Abweichung mehr von der Norm.
Ganz glatt ging jedoch die Heilung nicht von statten, sondern ehe es
zu dem erwähnten Schlußresultat kam, ereignete sich noch ein interessanter
Zwischenfall.
2 *
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20
Die Heilungsvorgilnge beim Pneumothorax im Röntgenbild.
Patient war, nocli ehe es zu einer völligen Wiederanlegung der Lunge
gekommen war, auf seinen Wunsch nach Hause entlassen worden, da er sich
subjektiv ganz wohl fühlte.
Schon nach 8 Tagen stellto er sich aber wieder ein mit genau den
gleichen Beschwerden wio hei der ersten Aufnahme. Die physikalische und
radiologische Untersuchung ergaben den gleichen Befund wie damals: cs
hatto sich also ein neuer Pneumothorax ausgebildet und die Lunge war wieder
am Hilus und der Wirbelsäule völlig zusammengedrängt.
Wir konnten nun den ganzen Verlauf der Entfaltung der Lunge
noch einmal im Röntgenbild beobachten. Diesmal blieb der Patient bis zur
völligen Heilung, und am Schluß der Behandlung hatte sich die Lunge völlig
angelegt, wio durch klinische Untersuchung und durch Röntgenaufnahme
konstatiert werden konnte.
Ich verzichte auf Wiedergabe der letzten Aufnahme, da das Bild sich
in nichts von einer gewöhnlichen Brustaufnahme unterscheidet.
Klinisch war in unserem Fall besonders interessant, daß die Be¬
schwerden des Patienten in gar keinem Verhältnis zu der Schwere der
Affektion standen. Trotzdem die ganze rechte Lunge anfangs völlig aus¬
geschaltet war, bestand keine erhebliche Atemnot, kein schwerer Allgemein¬
zustand. Die Beschwerden waren so gering, daß Patient von vornherein
mehr den Eindruck eines neurasthenischen Menschen machte und man durch
seine Angaben nicht mit Bestimmtheit auf die Lungen als den Sitz der Er¬
krankung hingewiesen wurde.
Eigenartig ist der Fall ferner insofern, als kein pleuritischer Erguß
vorhanden war und auch von einer sonstigen frischen Affektion der Pleura
nicht das geringste nachgewiesen werden konnte.
Perkutorisch ließ sich keine Dämpfung finden; verschiedene Probe¬
punktionen förderten nichts zu Tage; nirgends hörte man Reiben; auch das
Röntgenbild gab keinen Anhalt für die Annahme einer Pleuritis.
Nur der Umstand, daß die Lunge nicht nur in der Gegend des Hilus
zusammengedrängt war, sondern daß sich der Rand der geschrumpften Lunge
bis zur 2. Rippe hinauf deutlich erkennen ließ und ungleichmäßig gestaltet
war, machte es wahrscheinlich, daß die Lunge in ihrem oberen Teil an der
Wand fixiert war, daß hier also pleuritische Adhäsionen vorhanden waren.
Curschmann weist auf die große Seltenheit des Fehlens einer frischen
Pleuritis bei Pneumothorax hin und erwähnt, daß nur ganz wenige Fälle
dieser Art bisher bekannt seien.
Das Verhalten der Lunge, die Adhäsion an der Spitze weist uns auch
auf die Entstehungsursache des Pneumothorax hin, welche mit großer Wahr¬
scheinlichkeit in einem oberflächlichen tuberkulösen Herd besteht.
Jeder andere Grund für die Entstehung eines Pneumothorax fohlt
vollständig; es ist deshalb an sich schon sehr wahrscheinlich, daß hier wie
auch sonst bei spontanem Pneumothorax ein perforierter tuberkulöser Herd
Gelegenheit zum Luftaustritt in den Pleuraraum gegeben hat; zur Gewißheit
wird die Annahme durch den Nachweis der pleuritischen Verwachsung an
der Spitze, welche das Vorhandensein alter entzündlicher Vorgänge an dieser
Stelle beweist.
Merkwürdig bleibt immerhin, daß sich keino weiteren entzündlichen
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Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der Balneologen etc.
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Prozesse an der Pleura entwickelt haben, und ferner, daß nachher, als die
Luft des Pneumothorax resorbiert war und die Lunge sich entfaltet hatte,
nicht die geringsien Zeichen einer Lungenerkrankung gefunden werden
konnten. Denn auch das abnorme Atmungsgeräusch über dem Sternum in
der flöhe der 2. Rippe schwand später völlig und war offenbar nur durch
die Kompression der Lunge hervorgerufen.
Die Ähnlichkeit unseres Falles mit dem Curschmanns ist in die Augen
springend.
Auch dort fanden sich keine Spuren eines Exsudats; als Zeichen einer
Pleuritis nur Schwartenbildung an der Oberfläche der noch freien Lungen.
In beiden Fällen bestanden auffallend geringe subjektive Beschwerden
trotz der Schwere der Affektion; in unserm Falle nicht einmal ein schwerer
Allgemeinzustand im Beginn der Erkrankung.
Endlich hier wie dort glatte Heilung nach verhältnismäßig kurzer Zeit.
Die Heilungsdauer betrug in unserm Fall im Ganzen 3 Monate, wobei
zu berücksichtigen ist, daß der ganze Vorgang der Ausdehnung und Wieder¬
anlegung der Lunge sich 2 Mal abspielte. Die Zeit von der 2. Aufnahme bis
zur völligen Heilung betrug 6 Wochen, also um wenig mehr als im Falle
Curschmanns.
Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der
Balneologen Österreichs im Oktober 1904 in Abbazia.
Referiert, von Privatdozent Dr. K. Ullmann-Wien.
Der iiußcre Verlauf des letztjährigen
badeärztlichon Kongresses in Abbazia ge¬
staltete sich, wie nach dem reichhaltigen und
anregenden Programm auch von vornherein
zu erwarten, in jeder Beziehung überaus
glänzend. Günstige Herbstwitterung an den
schönsten Punkten der Adriaküste, eine über¬
aus liebenswürdige und gastfreundliche Auf¬
nahme der Teilnehmer in den verschiedenen
Kurorten, eine höchst animiert verlaufende
Küstenreise auf dem Dampfer Pannonia der
Seefahrtsgcsellschaft Hungar-Croata und last
not least, ein reich besetztes und gut beschicktes
wissenschaftliches Programm mit ca. beiläufig
40 Vorträgen und Demonstrationen, verbun¬
den mit einer sachlichen Ausstellung, ließen
die zahlreichen Teilnehmer die Mühen der
Reise an die südlichen Küsten des Reiches
gewiß nicht verdrießen. Gegen 300 Teil¬
nehmer, darunter etwa ’/s Nioht-Östcrreicher
und zahlreiche Damen, hatten sich meist mittelst
Separateilzugs ab Wien am 13. Abends in
Abbazia eingefunden, von wo ab sie nahezu
durch 8 Tage Gäste Abbazias und der ver¬
schiedenen Kurorte blieben und auch in Bezug
auf Quartier und Beköstigung allüberall
bestens aufgehoben waren. Unter Führung
des Referenten Ullmann, der als General¬
sekretär des Kongresses sein Möglichstes tat,
das Programm recht vergnüglich und lehrreich
zu gestalten und das sich hierbei glücklicher¬
weise des ausgedehntesten Entgegenkommens
der Behörden, Kurortvertretungen von Abbazia,
Cirkveniza, Lussin piccolo, Poia, Sant Pelagio-
Rovigno, Brioni, Grado und Triest, sowie
der beteiligten Verkehrsinstitute (Südbahn,
Hungaro-croata-Lagunendampfergesellschaft
in Grado etc. etc.) und aller übrigen hierbei
beteiligten Faktoren erfreute, kann der Ver¬
lauf der gesamten Veranstaltung als ein durch¬
weg gelungener bezeichnet werden. In 100
Tischreden und bei vielen Gelegenheiten,
immer wurde es betont, wie außerordentlich
lohnend und originell gerade der diesmalige
Kongreß und die sich anschliefscndc Kurort¬
reise sich gestaltet habe. Die Kurorte Abbazia,
Brioni und Grado — sie taten ihr Möglichstes
durch die Herzlichkeit u. Reichhaltigkeit der
Art ihrer Bewillkommnung. Die Besucher
werden die schönen dort verlebten Tage ge¬
wiß nicht sobald vergessen haben. Dem
Präsidenten und Einführenden des Kongresses
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22
Über die Sauerstoflinsufflation der Gelenke und Weichteile etc.
Prof. Dr. Julius Glax sei auch hierorts vom
Referenten für seine wackere Mitwirkung
des Ganzen schöner Dank gesagt.
Der Verlauf des Kongresses in Abbazia
selbst gewann ganz besonders durch den
Umstand, daß sich dieser herrliche Kurort
nicht umsonst die Perle Adrias genannt, am
Schlüsse einer bewegten Saison befindlich,
vollständig dem Kongresse selbst widmen
konnte. Die zahlreich erschienenen Gäste
ließen es sich übrigens angelegen sein, nicht
nur den sich oft und reichlich darbietenden
Tafelfreuden und Vergnügungen, sondern auch
der Besichtigung der neu errichteten Kur¬
anlagen des Ortes zu widmen.
In feierlicher Weise und im Beisein
vieler Landes- und Ortsbehörden eröffnet,
hatten die Teilnehmer Gelegenheit zu|erfahren,
wie sehr denVerwaltungen der österreichischen
Kurorten die Assanierung und Hygienisierung
am Herzen liegt, und wie eifrig sie betrieben
wird. In der ersten Sitzung wurde den
Manen der drei im letzten Jahre verstorbenen
Balneologen Prof. Josef Seegen, Badearzt in
Karlsbad, Prof. Konrad Blaar, Klimatologe
und Kurarzt in Gleichenberg und Peter
Detweiler, Kurarzt in Falkenstein am Taunus
ehrende und ihre Verdienste würdigende
Nekrologe dargebracht, welcher Aufgabe sich
die Herren Dozenten R. Kolisch (Karlsbad),
Prof. Glax und Hofrath Winternitz unter¬
zogen hatten.
(Wiss Bericht siehe unter Reforaten.)
Über die Sauerstoffinsufflation der Gelenke und Weichteile zu
radiologisch-diagnostischen Zwecken
(mit Demonstration von Röntgenbiidern).
Von Dr. I. Robinsohn und Dr. R. Werndorff (Wien). *)
Im Rahmen einer kurzen Demonstration wollen wir über eine von
uns in den Instituten des Herrn Doz. Holzknecht u. Herrn Prof. Lorenz
ausgearbeitete radiologisch-chirurgische Untersuchungsmethode j berichten,
welche es ermöglicht, im Röntgenbild sonst nicht sichtbare Weichteilgebilde
(Knorpel, Bänder, Synovialis) deutlich zur Darstellung zu bringen.
Die Methode beruht auf dem Prinzip der Interposition eines spezifisch
leichteren Mediums zwischen zwei spezifisch gleich schwere, sich daher
radiologisch nicht differenzierende Gewebsarten. Wir injizieren zu diesem
Behufe Sauerstoff in Gelenke, Schleirnbeutel, Sehnenscheiden, Bindege-
websinterstitien etc., wodurch bewirkt wird, daß die sich sonst berührenden
Weichteilgebilde von einander abgehoben werden und deren Schatten im
Röntgenbild, die sonst unmittelbar in einander konfluieren, sich von der
Schattenaussparung des Gases ebenso abheben, wie etwa im Thoraxradio¬
gramm der Schatten des Herzens auf dem hellen Grunde des Lungenfeldes.
Betrachten wir ein auf diese Weise gewonnenes Radiogramm z. B.
eines Kniegelenkes, so finden wir die Kapsel in der von Injektionspräparaten
her bekannten Weise aufgebläht, ihre einzelnen Abschnitte erkennen lassend;
wir sehen den eigentlichen Gelenksraum durch eine deutliche Falte von dem
oberen Recessus getrennt, wir sehen die hintere Ausbuchtung der Kapsel
entsprechend den Kondylen, können überhaupt die Ansatzstellen der Kapsel
im Röntgenbild genau verfolgen; ferner erkennen wir die Knorpelüberzüge
als Begleitschatten der knöchernen Gelenkskonstituentien, endlich die Menisci,
die Lig. cruciata, Lig. alaria und andere morphologische Details.
*) Ausgearbeitet nach einem Vortrag am Berliner Röntgenkongreß über das
gleiche Thema.
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Über die Sauerstoffiasufflation der Gelenke und Weichteile etc.
23
An den anderen Gelenken sind analoge Bilder zu erzielen, natürlich
für die Diagnostik weniger ergiebig, als beim Kniegelenk, welches unter
allen Gelenken den morphologisch am höchsten differenzierten Kapsel¬
apparat besitzt.
Diese Methode setzt uns in den Stand, pathologische Vorgänge an
den Gelenken, die man radiologisch bisher meist nur dann nachweisen konnte,
wenn sie zu sekundären Veränderungen (Atrophie, arthritische Deformie-
i'ungen) an den knöchernen Gelenkskonstituentien geführt hatten, direkt und
primär an den Veränderungen der Gelenks weichteile zu studieren.
Bei der chronis.chen Arthritis können wir nunmehr auch radio¬
logisch jene drei Typen unterscheiden, die uns die pathologische Anatomie
lehrt. Wir finden radiologisch-klinisch: a) Formen mit serösem Erguß ohne
Veränderungen an den Gelenkweichteilen und Knochen, b) Formen mit
Wucherungen oder Auflagerungen an der Synovialis mit oder ohne Betei¬
ligung des Knorpels und knöchernen Skeletes, c) Formen mit schwerer
fibromatöser Entartung der Kapsel, die zu teilweiser Obliteration des Gelenk¬
raumes führt, ohne daß selbst bei jahrelangem Bestehen am Knorpel- und
Knochenskelet radiologisch Veränderungen nachweisbar wären; letztere
Formen sind es besonders, welche sich bisher dem radiologischen Nachweis
vollständig entzogen haben.
Ebenso gelang es uns in einem Falle, durch die Insufflation das Be¬
stehen eines Lipoma arborescens nachzuweisen.
Die Wichtigkeit der Insufflationsmethode für die Frühdiagnose der
tuberkulösen Gelenksprozesse geht hervor aus der Gegenüberstellung von
Bildern einiger Fälle von Tuberkulose der knöchernen Gelenkskonstituentien
bei intaktem Kapselapparat einerseits, schweren Veränderungen der Gelenks¬
weichteile (beginnende Obliteration der Kapsel, Usurierung und Abhebung
des Knorpels etc.) bei intaktem Gelenk andererseits.
In Bezug auf die Technik sei auf unsere demnächst erscheinende
ausführliche Publikation besonders verwiesen, und zwar aus dem Grunde,
weil von deren Ausführung die Zulässigkeit der Ausübung des Verfahrens
am Lebenden abhängt.
Das Einführen der Injektionsnadel in die einzelnen Gelenke geschieht
nach allgemein chirurgischen Grundsätzen (Asepsis, Wahl der Einstichstelle,
Direktion der Nadel). Häufig wird der Insufflation die Punktion eines be¬
stehenden Ergusses vorausgeschickt. Die bekannte Schwierigkeit der Ent-
rierung des Hüftgelenkes konnten wir überwinden, indem wir diese Operation
unter Leitung des Auges während der Röntgendurchleuchtung (am Trochos-
kop) Vornahmen.
An die Ausführung der Insufflationsmethode am Lebenden konnten
wir umso eher herantreten, als die Tierexperimente Gärtners und die Er¬
fahrungen von Klinikern am Menschen die vollständige Ungefährlichkeit
selbst der direkten Injektion von Sauerstoff in die Blutbahn ergeben haben.
Doch müssen dabei bestimmte von Gärtner u. a. festgestellte Kautelen streng
eingehalten werden: 1. Verwendung chemisch reinsten Sauerstoffes, 2. Ein¬
haltung empirisch gefundener nicht zu überschreitender, oberster Grenzweite
für die Einströmungsgeschwindigkeit und Spannung des Gases (volumetrisch
und manometrisch zu kontrollieren).
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Uber den Nutzen des Röntgenbildes f. d. operat. Behandl. d. Lungenbrands.
Wie wichtig die Einhaltung dieser Kautelen ist, beweist der traurige
Ausgang (Luftembolie) eines von anderer Seite gegen unsere Einsprache
unternommenen Versuches, statt Sauerstoff unter den oben genannten Be¬
dingungen, Luft in nicht kontrollierter Menge und unter nicht kontrolliertem,
jedenfalls zu hohem Drucke in ein Gelenk zu injizieren.
Über den Nutzen des Röntgenbildes für die operative
Behandlung des Lungenbrands.*)
Von Prof. Dr. Herma an Len hart z, Direktor des Eppendorfer Krankenhauses.
Im Nachfolgenden möchte ich in kurzen Zügen Ihnen den Nutzen
schildern, den wir für die Diagnose und Behandlung des Lungen¬
brands durch das Röntgenverfahren erzielt haben. Selbstverständlich kann
es sich dabei im wesentlichen nur darum handeln, den Sitz eines Brand¬
herdes in der Lunge möglichst genau festzustellen. Diese feinere Herd¬
diagnose ist aber umso notwendiger, seit man die mit Lungenbrand behafteten
Kranken nicht mehr konservativ behandelt, sondern den Krankheitsherd, wo
die Chancen es nur irgend zulassen, operativ anzugreifen bestrebt ist. Früher
konnte man sich meist mit der Angabe begnügen, daß in diesem oder jenem
Lungenlappen mit Wahrscheinlichkeit der Brandherd seinen Sitz habe, und in
der erdrückenden Mehrzahl der Fälle wurde die exakte Herddiagnose erst
auf dem Sektionstisch gemacht. Seitdem die operative Behandlung einge¬
führt ist, ist die Stellung dieser Diagnose so scharf wie nur irgend möglich
schon vor dem Eingriff geboten, und in dieser Beziehung erscheint uns der
Nutzen des Röntgenhildes von größtem Wert, denn es leuchtet ein, daß man
um so sicherer den immerhin bedeutungsvollen Eingriff ausführen kann, je
klarer der Weg vorgezeichnet ist, auf dem man am kürzesten zu dem Herd
gelangen kann.
Ich möchte hier einschalten, daß die Mortalitätsziffer bei den von uns
operierten 61 Fällen von Lungengangrän rund 34 °/ 0 beträgt,
während die Sterbeziffer nach der Statistik der drei großen städtischen Ber¬
liner Hospitäler, aus denen genaue Zahlen über die Lungengangrän vor¬
liegen, rund 57 % beträgt und nicht selten über 70 °/ 0 gestiegen ist. Die
Gegenüberstellung dieser Zahlen lehrt ohne weiteres, daß die operative
Behandlung der Lungen gangränkranken einen großen Fort¬
schritt bedeutet.
Seit etwa 4 Jahren haben wir in größerem Umfange das Röntgen-
verfahren für die Herddiagnose bei Lungenbrand herangezogen, und ich be¬
sitze von 42 Fällen Röntgenbilder, und zwar von 27 Fällen solche vor und
nach der Operation, während von 7 Fällen nur nach der Operation und von
8 (verstorbenen) Bilder vorliegen, die vor der Operation gewonnen sind.
Es fragt sich, in welcher Beziehung durch das Röntgenbild ein Nutzen
für die Erkennung des Krankheitsherdes geboten ist. Hier läßt sich fol¬
gendes sagen:
*) Nach einem auf dem Röntgenkongresse gehaltenen Vortrage.
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Uber den Nutzen des Röntgenbildes f. d. operat. Behandl. d. Lungenbrands.
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Man sieht fast in allen Fällen von Lungengangrän an der Erkrankungs¬
stelle einen mehr oder weniger großen und dichten Schatten. Derselbe ist
hervorgerufen durch die pneumonische Infiltration, die bei den akuten Fällen
in der überwiegenden Mehrzahl vorhanden ist und den Brandherd umgibt.
Jo ausgedehnter und dichter diese pneumonische Infiltration ist, um so stärker
erscheint der Schatten. Selbstverständlich ist man doshalb aber noch nicht
in der Lage, auf die Größe des eigentlichen Brandherdes einen Schluß zu
ziehen, denn es kann auch ein kleiner Herd von einer verhältnismäßig dicken
pneumonischen Schicht umgeben bezw. in einem größeren hepatisierten
Lungenabschnitt nur ein kleiner Gangränherd vorhanden sein.
Weiterhin kann eine Höhlo abgestoßene Ge websfetzen und eino
größre Menge Flüssigkeit (Jauche) enthalten, die dichte Schatten hervorrufen.
Auch Fremdkörper, die eine Gangrän verursachen und unterhalten, können
selbst bei ziemlich dichter akuter oder chronischer Infiltration, die daneben
vorhanden ist, im Röntgenbild zur Wahrnehmung kommen. Daß man eine
Höhle als wirklichen lufthaltigen Raum inmitten eines dichten Schattens
wahrnehmen kann, ist selten, aber unzweifelhaft zu beobachten.
In den Bildern, die ich Ihnen gleich zur Illustration der Verhältnisse
durch meinen Assistenten Herrn Dr. Kissling mit dem Projektionsapparat
vorführen lassen werde, können Sie die eben angeführten Verhältnisse klar
erkennen. Sie werden sich aber auch gleich sagen können, daß man bei
einem ausgedehnten Schatten nicht ohne weiteres erkennen kann, in welchem
Teile des Lappens nun der eigentliche Brandherd gelegen ist. Andererseits
ist es verständlich, daß man unter Umständen auch dadurch einem Irrtum an¬
heimfallen kann, daß man die oberhalb des Schattens durchleuchtete Zone für
gesund hält, während in Wirklichkeit eine größere durchleuchtete Höhlo be¬
steht, deren Boden von infiltriertem Gewebe gebildet ist, das im Röntgen¬
bild einen Schatten hervorruft. So ist es mir in der Tat in einem Falle er¬
gangen, bei dem die Gangränhöhle die äußerste Spitze der linken Lungo
oinnahm, während die durch den Schatten angegebene und durch die physi-
kalischo Untersuchung erkennbare Infiltration nach abwärts reichte. Hier
hatte ich den Brandherd in dem infiltrierten Gewebe gesucht. Es ist also
geboten, auch das Röntgenbild der sorgfältigsten Kritik zu unter¬
ziehen und es nur zudeuten bei peinlichster Berücksichtigung
und Abwägung aller sonstigen durch die bisherige physi¬
kalische Untersuchungsmethode gewonnenen Befunde.
Zeigen diese Bemerkungen, daß das Röntgenbild nicht ohne weiteres
uns in allen Fällen von Lungenbrand ein untrüglicher Ratgeber gewesen ist,
so worden Sie sich insbesondere an den Bildern des Falles, wo ich nach
einander vier Brandhöhlen eröffnet habe, sofort von dem großen Wert des
Röntgenbildes für die Sitzbestimmung des Brandherdes überzeugen können.
Ich kann mit Bestimmtheit aussprechen, daß wir in etwa 10 Fällen von
Lungenbrand erst durch das Röntgenbild einen völlig klaren Einblick über
den Sitz des Herdes gewonnen haben und daß ich nicht den Mut zu einem
operativen Eingriff gehabt haben würde, wenn nicht der Röntgenstrahl mir
den Weg vorgezeichnet hätte, der zu gehen war.
Außer dem schon berührten Fall mit 4 Höhlen mache ich namentlich
auf einen Fall aufmerksam, bei dem der Krankheitsherd lateralwärts unter
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Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahleu.
der Schulterpartie verdeckt und durch die gewöhnliche physikalische Unter¬
suchung nicht zu ermitteln war. Sie werden auch in diesem Falle -Ats "Dia¬
positiv sehen.
Wie wertvoll es für den Operateur “«ein Trann, wenn er durch das
Röntgenbild in seinem Vorgehen ^sleh leiten läßt, dürfte auch durch die Tat¬
sache -WlencRtet werden, daß man nicht selten genötigt ist, 16 bis 20 cm mit
dem Paquelin in die Lunge einzudringen und Schichten von normalem oder
verdichtetem Lungengewebe zu durchtrennen, die 10 cm und mehr betragen.
Endlich sei hervorgehoben, daß es außerordentlich wichtig ist, durch das
Röntgenbild eine Kontrolle über den Grad der erzielten Heilung
zu üben. In dieser Beziehung werden die gleich vorzuführenden Bilder
besser als alle Worte zu Ihnen reden. Ich zweifle nicht daran, daß Sie bei
der Betrachtung der Bilder die Überzeugung gewinnen werden, daß das
Röntgenbild auch auf diesem Gebiete einen großen Nutzen gewährt und wir
allen Grund haben, dem Entdecker der Strahlen auch von unserm Standpunkt
aus innigst zu danken.
Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen*).
Von I)r. Levy-Dorn, Berlin.
Vorausgesetzt sei, daß ich mich nicht ganz streng an dem Wortlaut
des Themas hielt, weil ich neben Kritischem und Kasuistischem auch einiges
Neue bringen wollte.
1. Dosierung der Röntgenstrahlen.
Bisher sucht man in der Regel neben dem Härtegrad nur die Inten¬
sität der Röntgenstrahlen zu bestimmen, welche eine lokale Wirkung her¬
vorruft, und dies genügt auch, sobald nichts anderes in Betracht kommt, als
eben diese lokale Wirkung. Eine Anzahl Beobachtungen spricht aber dafür,
daß die X-Strahlen auch krankhafte Allgemeinerscheinungen, wie Zunahme
der Körpertemperatur, der Stickstoff - Ausscheidung hervorrufen können.
Unter anderem ist auch nicht entschieden, ob der günstige Einfluß bei Leu¬
kämie zum Teil wenigstens auf die Bestrahlung des kreisenden Blutes
zurückgeführt werden muß. Wir müssen daher neben der Intensität der
Röntgenstrahlen in höherem Grade als bisher die Größe der von ihnen ge¬
troffenen Hautstellen berücksichtigen. Denn um ein Beispiel zu geben, muß
es für den Allgemein-Zustand des Körpers auf dasselbe herauskommen, ob
wir auf einen qcm Haut Strahlen mit der Intensität a fallen lassen oder ob
auf 2 qcm Haut die Intensität */* “ wirkt. Das Maß der in den Körper
eindringenden Strahlen gleicht dem Produkt aus bestrahlter
Fläche und Strahlenintensität. Hierbei muß näher untersucht werden,
welche Intensitäten überhaupt noch irgend welche Wirkungen hervorrufen
(Wirkungsschwelle).
Auch die Dicke der durchstrahlten Teile müßte eigentlich für
die Dosierung berücksichtigt werden, denn je dicker ein Körper, desto mehr
*) Nacli einem im Berliner Kongreß gehaltenen Vortrage.
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Aus meinen Erfahrungen Tmf dem Gebiete der Röntgenstrahlen.
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Strahlen resorbiert er. Doch spielt dieser Faktor wenigstens beim Menschen
nicht dieselbe Rolle, wie die Größe der bestrahlten Fläche.
Einige praktische Gesichtspunkte, die aus unserer Darlegung ent¬
springen, seien kurz gezeichnet. Wenige intensive Röntgenstrahlen, -welche
den ungeschützten Untersucher Tag aus Tag ein, über den ganzen Körper
treffen, können schließlich im Laufe der Zeit üble Allgemeinerscheinungen
hervorrufen, ohne daß es zu einer Dermatitis zu kommen braucht. Denn
wir wissen bereits, daß sich einzelne Teile des Organismus, wie die Geno-
rations-, die Lyraph-Organe besonders leicht empfindlich gegen die Röntgen¬
strahlen verhalten, und wir müssen bei dem Schutz unseres Körpers die
Möglichkeit noch anderer Schädigungen im Auge behalten.
Wer Untersuchungen über die Allgemeinerscheinungen, welche die
Röntgenstrahlen hervorrufen können, anstellt, muß genaue Angaben über
den Umfang der bestrahlten Flächen machen, denn ganz intensive Bestrah¬
lung eines kleinen Hautgebietes muß eine geringere Allgemeinwirkung
haben, als eine geringere Bestrahlung einer verhältnismäßig großen Haut¬
fläche, vorausgesetzt, daß die „Wirkungsschwelle“ innegehalten wird.
In der Therapie tut man in geeigneten Fällen besser daran, eine
große Hautflächo verhältnismäßig wenig stark zu bestrahlen, als in umge¬
kehrter Weise zu verfahren.
2. Kinematographische Röntgenbilder.
Eine Reihe Ergebnisse läßt sich mit Hilfe des Röntgenverfahrens nur
erzielen, wenn man verschiedene Röntgenprojektionen desselben Gegen¬
standes in richtiger Weise mit einander verknüpft. Ich verweise in erster
Linie auf die Methoden, den Ort von Fremdkörpern, die Lage von Knochen¬
teilen zu einander u. dergl. zu bestimmen. Im Jahre 1897 habe ich in der
Berl. physiolog. Gesellschaft und bald darauf auf dem Chirurgenkongreß
die Verknüpfung zweier unter verschiedenem Gesichtswinkel aufgenommenen
Bilder zu einem Stereoskopbild gezeigt — eine Demonstration, die zur Zeit
auf recht fruchtbaren Boden fiel. — Es ist mir nunmehr auch gelungen, von
einigen beweglichen Körperteilen die in verschiedenen Phasen der Be¬
wegung aufgenommenen Röntgenbilder so anzuordnen und vorzuführen, daß
ein deutlicher kinematographischer Effekt entsteht.
Das Wesen des Verfahrens besteht darin, daß Röntgenbilder in mög¬
lichst geringem Phasen-Unterschied aufgenommen werden und daß die
gewonnenen Bilder später auf dio für die gewöhnliche kinematographischo
Projektion gebräuchlichen Filmstreifen in verkleinertem Maßstabe photo¬
graphisch übertragen werden. Letztere Übertragung hatte in dankenswerter
Weise die Firma „Meßter’s Projektion“ übernommen.
Die Röntgenbilder müssen aus großer Entfernung aufgenommen
werden, um die Bewegung möglichst rein ohne projektive Verschiebung zur
Darstellung zu bringen.
Da Moment-Aufnahmen bei dem jetzigen Stande der Technik in der
Regel nicht in Betracht kommen, so können fast nur Bewegungen radio-
graphiert werden, deren einzelne Phasen längere Zeit willkürlich oder künst¬
lich innegehalten werden können.
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Aus meinen Erfahrungen auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen.
Das Objekt muß natürlich wie bei der Stereoskopie so gelagert sein,
daß der Platten-Wochsel zu Stande gebracht werden kann, ohne daß es des¬
wegen seine Lage zu ändern braucht.
Vorgeführt wurden die ulnare und radiale Beugung im Handgelenk,
die Supination und Pronation des Radius, die Beugung des Kniees. Der
Wert der kinematographischen Röntgenbilder ist nicht allein ein wissen¬
schaftlicher, sondern auch ein didaktischer. Bisher vermochten wir die Be¬
wegungen nur auf dem Fluorescenzschirm zu studieren, der aber den Nach-
teil^hat, weniger Datails zu geben, als die photographische Platte. Außer¬
dem verlangt die Beobachtung auf dem Schirm jedesmal die Anwesenheit
des Objektes, und es können zugleich nur wenige das Schirmbild sehen.
Das Sehen selbst erfordert Übung und ist nicht ohne Gefahr. Alle genannten
Übelstände fehlen der kinematographischen Projektion. Sie empfiehlt sich
daher besonders zum Studium der feineren Details der Bewegung und zur
Vorführung schwer erfaßbarer oder oft übersehener Knochen-Stellungen
vor Schülern, wie z. B. der Bewegung der Patella, der Überkreuzung der
Ulna durch den Radius bei der Pronation, resp. Supination.
Auch die projektiven Verschiebungen in Folge von Bewegen des
Röntgenrohrs lassen sich leicht kinematographisch darstellen.
3. Kasuistische Belege für den Wert der Schirm - U nt e rsu chu n g.
Eine Zwerchfelladhäsion, die nur bei tiefer Inspiration deutlich in Er¬
scheinung trat (Demonstration des Radiogramms).
Ein Geschoß, das nach den gewöhnlichen Aufnahmen in zwei aufein¬
ander senkrechten Durchmessern innerhalb der Schädelhöhle dicht hei dem
Schädeldach lag, ließ sich während der Schirmuntersuchung durch gewisse
Stellungen des Röntgenrobres aus der Schädolhöhle herausprojizieren. Das
Geschoß lag also außerhalb. Die eigentümlichen Knochendeckungen der
Radiogramme lassen sich leicht aus den verschieden großen sagittalen Durch¬
messern des Schädels erklären.
4. Verschiedene Demonstrationen.
1) Kopf mit am Occiputt liegender Platte röntgenographiert,
der außerordentlich viele gute Details zeigt; unter anderem den
vorderen Rand des Os frontale, die Augenhöhlen, das Septum der Nase.
2) Knochen-Absplitterung vom Dorsum der Sella turcica;
3) Akromegalischo Hand und normale Sella turcica; 4)Aufnahmen
der Nieren-Gegend; a) Multiple Steine, darunter ein abnorm großer
Stein mit 3 großen Zacken (operiert); b) 2 Steine auf der kolikfreien Seite
gefunden. Die schmerzende Seite war gesund (operiert); c) zufälliger Stein-
Befund (nicht operiert); d) Aufnahme nach Nierenexstirpation mit eigen¬
tümlichen nach innen convexen Schatten.
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Ziele der Röntgentechnik.
29
Ziele der Röntgentechnik.*)
Von Ingenieur Friedrich Dessauer. Aschaffenburg.
In einem neuen Gebiete der Forschung, in dem soviel gearbeitet wird,
wie gerade in dem unsern, ist es wichtig, von Zeit zu Zeit den Versuch
zu machen, aus all den Erscheinungen, die uns der Tag bringt, aus dem
ständigen Wechsel mancher Anschauungen, aus der Fülle des immer Neu¬
gebotenen in ruhiger Stunde die Richtlinien zu erkennen, nach denen sich
tatsächlich die Entwicklung vollzieht. — Arbeiten ja doch hunderte an dom
Ausbau der Radiologie, sehen wir ja doch speziell in der Röntgentechnik
täglich Neues auftauchen, um Altes zu verdrängen oder neben ihm gleiche
Achtung und Bewertung zu fordern.
Und in der Tat gelingt es uns, auf Grund der Betrachtung vieler
Einzelheiten, durch Gruppierung des Gleichartigen Grundlagen zu gewinnen,
an die wir uns halten können. Auf diesen Grundlagen, wie sie uns Physik
und Technik bietet, aufbauend, können wir uns den Aufgaben widmen, den
Zielen nähern.
Zwei große Aufgaben stellt die praktische Anwendung der
Röntgenmethode der Technik, die nicht gleichartig sind, die diagnostische
und die therapeutische Anwendung der Strahlen. Dieser Dualis¬
mus wird meiner Überzeugung nach in Zukunft viel erheblichere Unter¬
scheidungen in den Apparatkonstruktionen zu Tage fördern, als bisher.
In der diagnostischen Anwendung muß auf Grund von Projek¬
tionen von Bildern geschlossen werden auf Anordnung und Zustand der zu
untersuchenden Körperteile. Wir müssen uns hier darüber klar sein, welcher
Zusammenhang besteht zwischen dem tatsächlich entstehenden Bilde und den
bildgebenden Eigenschaften der X-Strahlen. Wir wissen, daß die Strahlen nicht
unmittelbar Krankheitsformen zum Ausdruck bringen, aber wir schließen
aus dem Bilde auf den Zustand der Organe. Der Zusammenhang wird ge¬
bildet durch die ungleiche Penetration verschieden dichter Organe.
Die Strahlung oiner Röhre ist nicht homogen. Sie setzt sich zu¬
sammen aus Strahlen von verschieden starken Eigenschaften. Es entstehen
gleichzeitig sehr penetrante Strahlen von goringerom chemi¬
schem Effekt und Strahlen von kleiner Penetrationskraft und
großem chemischem Effekt.
Das Gesetz, das wir gewöhnlich den Angaben zugrunde legen, daß
nämlich die Durchdringung abnimmt mit der Dicke und Dichte, ist hinreichend
genau. Wir lernen aber daraus, daß die diagnostische Verwendung der
X-Strahlen nichts anderes ist als eine Differenzierung von Dichtigkeits-
Unterschieden. Mit dieser Definition ist die Grundlage gegeben. Ursprüng¬
lich mußte es möglich sein, alle Dichtigkeitsunterschiede zu differentiieron.
Alle diese und nur diese. Damit haben wir nun gleichzeitig die Grenze
des Verfahrens. Wo irgend eine pathologische Veränderung vorliegt, die eino
Veränderung einer normalen Dichtigkeit hervorbringt, da können wir sie er¬
kennen. Wenn aber z. B. ein Unterleibstumor ein ihm gleichdichtos Gewebe
verdrängt, so ist seine Erkennung unmöglich.
*) Nach einem Vortrag auf dem Röntgenkongreß.
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30 Ziele der Röntgentechnik.
Damit haben wir aber auch den Hauptgesichtspunkt für die weitere
Entwicklung der Technik. Immer feinere und feinere Differentiierung von
Dichtigkeitsunterschieden; der Ausbau des Röntgenapparates hat
sich in erster Linie dahin zu orstrocken. Immer feinere und
feinere Differentiierung von Dichtigkeitsunterschieden. Hinter
diesen Gesichtspunkten müssen alle anderen zurücktreten.
Zwei Momente möchte ich zur Illustration dieser Anschauung kurz
vortragen. Das Blendenverfahren ist eine Verfeinerungsmethode der
Differentiierung von Diclitigkcitsunterschieden. Dieser immer feineren und
feineren Differentiierung steht die Sekundärstrahlenbildung, auf die Röntgen
in seiner zweiten und dritten Mitteilung aufmerksam machte, entgegen, diffuse
Reflexion. Das Blendenverfahren, sowohl in Form der Blendenebene wie
der Kompression ist ein Fortschritt iin Sinne der Verfeinerung der Differen¬
tiierung der Dichtigkeitsunterschiode, deshalb in seinom jetzigen und zu¬
künftigen Ausbau eine Näherung an das Ziel.
In neuerer Zeit sind von verschiedener Seite Versuche zur direkten
Benutzung des Wechselstromes für Rönlgenzwecke gemacht worden,
und ich selbst habe auch in dieser Beziehung einige Arbeiten vorgenommen;
diese Versuche, insbesondere ihre Resultate zeigen uns nun hier etwas Ein¬
schlägiges von großer Bedeutung.
Wir sprachen vorhin davon, daß die X-Strahlung einer Röhre kom¬
plexer Natur sei, insofern als sie sich zusammensetzt aus Strahlen ver¬
schiedenen Penetrationsgrades. Viele Beobachtungen haben mich zur An¬
schauung geführt, daß die Aufgabe der Differentiierung von Dichtigkeits¬
unterschieden um so vollkommener gelöst wird, jo größere Unterschiede in
der Strahlenqualität gleichzeitig vorhanden sind. Mit anderen Worten: Das
Bild wird um so besser, je größere Abstufungen in der Pe¬
netrationskraft die Strahlung enthält. Das ist auch ganz plausibel;
denn je größer dieser Bereich, desto mehr wird die Voraussetzung erfüllt
sein, daß eine zur Abbildung jeder Abstufung in der Absorptionsfähigkeit
der Stoffe geeignete Strahlenqualität vorhanden ist.
Diese Zusammensetzung der Strahlung hängt nun abgesehen von der
Röhre ab von der Entladungskurve des Induktoriums. Ich kann nun hier nicht
ausführlich darlegen, wie sich dieser Zusammenhang ergibt und wie man ihn
im einzelnen verfolgt. Ich hoffe, das schon in nächster Zeit in einer aus¬
führlichen Publikation nachbolen zu können. Die Zusammensetzung der
Strahlung ist nach diesen Erfahrungen aber um so günstiger und reicher,
je rascher die Entladungskurve ihre Werte ändert, insbesondere von ihrem
Scheitelwert zu Null sinkt.
Deshalb bemühe ich mich auch, solche rasch gedämpften Entladungen
durch Bau geeigneter Induktorien zu erhalten und so auf Verbesserung der
Differentiierung hinzuarbeiten.
Wie wichtig gerade dieser Moment in der Erreichung unseres Zieles
ist, zeigen die obenerwähnten Versuche mit direkter Benutzung von W ech sol-
strom. Hier erhält man ein eminent helles Fluoreszieren der Röhre bei
geringer Wärmeentwicklung und ist enttäuscht, das Ergebnis der Durch¬
leuchtung, der Aufnahme zu sehen. Die Bilder sind stumpf, detailarm, ohne
Plastik und Modulation. Sie stehen qualitativ weit zurück hinter den bisher
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Ziele der Röntgentechnik. 31
erzielten Aufnahmen. Und der Grund liegt in dem unterschiedlichen Ver¬
lauf der Entladungskurve.
Während beim Induktorium die Entladung plötzlich abklingt, haben
wir bei den neuen Apparaten, wie sie Herr Koch in verdienstlicher Weise
angegeben hat, flache, mehr sinusförmig verlaufende Ströme. Die Strahlen,
welche hierbei in der Röhre erzeugt werden, sind viel gleichartiger, umfassen
nicht so grofse Differenzen in ihren Eigenschaften, wie die unserer heutigon
Apparate. Deswegen verspreche ich mir von den überaus interessanten und
verdienstlichen Arbeiten zur direkten Benutzung der Wechselströme nicht
viel für das diagnostische Ziel. Diese Neuerung ist wenigstens zunächst
kein Fortschritt in Bezug auf die Verfeinerung der Differentiierung.
Unter diesem Gesichtspunkte können wir fast alle wesentlichen Be¬
strebungen der Technik auffassen. Die Bemühungen zur Leistungssteigerung,
zur Vervollkommnung der Röntgenröhre sind zum wesentlichen Teile Methoden
zur Verbesserung der Differentiierung von Dichtigkeitsunterschieden.
Was aber außerdem noch an Zielen verfolgt wird, die Verein¬
fachung der Apparate, ihre Verbilligung unter Erhaltung der
Leistungsfähigkeit, der möglichst ökonomische Betrieb, das
Alles kommt, so wichtig und anerkennenswert es auch sein mag, als Ziel
erst in zweiter Linie in Betracht.
Wenden wir uns kurz zu den Aufgaben, welche die Therapie stellt.
Hier ist die prinzipielle Forderung ganz sicher eine andere. Es kommt hier
nicht auf Bildgabe und Bildfeinheit, nicht auf Differentiierung von Dichtig¬
keitsunterschieden an. Es kommt infolgedessen nicht so sehr auf Elimination
von Sekundärstrahlen an, im Gegenteil, ich möchte annehmen, daß diese eine
nicht unerhebliche erwünschte Rolle in der therapeutischen Wirkung spielen.
Und es kommt auch nicht auf möglichst große Unterschiede der gleichzei¬
tigen Strahlungen an; die Entladungskurve kann eine andere sein. Ich darf
hier an eine Arbeit anknüpfen, welche ich in den letzten Nummern der medi¬
zinischen Klinik*) des Herrn Brandenburg über die therapeutische Frage,
speziell über die Frage der Bestrahlung tiefliegender Prozesse, publizierte.
Ich versuchte zwei Aufgaben zu beleuchten: Die eine, wie man ein Ur¬
teil gewinnen kann über das Maß der in die Tiefe dringenden
Strahlen und ihre Wirkung, die andere, ob und wie es möglich
sei, ohne Verbrennung der zwischenliegenden Partien und
Schichten ein therapeutisch wirksames Maß von Strahlung
dem tiefliegenden Prozesse zuzuführen. Bei der Verfolgung dieser
Frage ergibt sich, daß wir bei der Therapie das Interesse haben dürften,
immer mit möglichst gleichmäßiger Strahlung zu arbeiten; das läßt sich auch
aus anderen Gesichtspunkten schließen. Während alle Dosierungsangaben,
wie primäre Stromstärke, Unterbrechungszahl u. s. w. wegen der Ver¬
schiedenartigkeit der Apparate und Röhren gar nichts aussagen, ja irreführen,
die richtig zeigenden Chromoradioineter aber bei Tiefenbestrahlung nicht
anwendbar sind, wäre eine Dosierung doch sicher ungemein erleichtert,
wenn wir einheitlichere Strahlungsarten erzeugen könnten. Diese Aufgabe,
möglichst homogene Strahlung zu erhalten und therapeutisch zu bewerten,
*) Beiträge zur Bestrahlung tiefliegender Prozesse. Med. Klinik Heft 2t und 22. 1905.
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32
Rationelle Organotherapie.
ist direkt entgegengesetzt uuserem diagnostischen Ziel. Aber sie ist nicht
so unlösbar, wie sie scheint.
Das zeigt uns hier gerade dio Koch’sche Erfindung. Bei Ver¬
wendung von Wechselströmen zur Erzeugung von Röntgonstrahlen fällt auf-
daß der Strahlencharakter sich in hohem Maße gleichbleibt, wie auch die be¬
nutzte Röntgenröhre beschaffen sein mag. Wir werden bestrebt sein müssen,
neue Apparattypen mit möglichst flachen Entladungskurven,
mit möglichst homogener Strahlenerzeugung hervorzubringen.
Das ist, meine Herren, das Wesentlichste, was ich in der kurzen Zeit
über mein Thema, Ziele der Röntgentechnik, mitteilen kann. Es ist damit
bei weitem nicht erschöpft. In der diagnostischen Anwendung steht
von allen Zielen, die wir erstreben, die immer größere Verfeinerung
in dor Differenzierung von Dichtigkeitsunterschieden oben¬
an. Hier arbeiten wir ruhig in den Bahnen weiter, dio wir beschritten haben.
In der Therapie werden wir meiner Anschauung nach, was die Röntgen¬
technik verlangt, unsere Marschroute ändern, nouo Ziele der Konstruk¬
tion in’s Auge fassen und im Bau der Apparate tiefgreifende
Änderungen erleben!
Rationelle Organotherapie.
Eine Besprechung nach dem Buche A. von Poelil, Fürst J. von Tarchanoff und P. Wachs*).
Von Dr. P. (J. F ranze.
Wenn es auch zweifellos noch weitere mühsame Arbeit erfordern
wird, um hinsichtlich des in Rede stehenden Themas das Hypothetische von
dem absolut Sicheren zu sichten, so steht es doch fest, daß uns in der vor¬
liegenden Schrift ein Werk von Wichtigkeit geboten worden ist. Bei einer
derartigen auf exakten Versuchen aufgebauten und durch zahlreiche Kranken¬
geschichten begründeten Arbeit kann natürlich von einem umfassenden Referat
nicht dio Rede sein. Dennoch mögen einige der wichtigsten und interessan¬
testen Stellen hervorgehoben und etwas ausführlicher wiedergegeben werden.
Die Grundlage der Berechtigung der Organotherapie erblicken dio
Verfasser in dem Satz, daß das Zellenleben auch bei Abwesenheit wahr¬
nehmbarer morphologischer Veränderungen beeinträchtigt sein kann, wenn
der Chemismus des Zellenstoffwechsels beeinträchtigt ist, und darin, daß die
Organotherapio diesen beeinflußt. Die Aufgaben einer rationellen Organo¬
therapie beruhen zunächst in der Isolierung der wirksamen Bestandteile der
Organe, und dies ist keine Utopie mehr! Die alte Methode (Brown-Söquard’s
Testikel-Emulsion), Organ au szüge zu benutzen, ist verwerflich, da solche
die Toxine etwaiger Krankheit trotz Filtration enthalten. Man soll stets
dem isolierten wirksamen Prinzip den Vorzug geben; dieses können wir aber
nur zu gewinnen hoffen, wenn die Organe der Tiere sich nicht sofort nach
dem Tode verändern. Tatsachen beweisen, daß dies nicht der Fall ist, denn
Muskeln reagieren noch nach Stunden post mortem auf den elektrischen Strom,
*) A. v. Poelil, Fürst J.v. Tarchanoff und P. Wachs: Rationelle Organotherapie
mit Berücksichtigung der Urosemiologie. Überestzt aus dem Russischen. Erste Hälfte. (Urban
und Schwarzenberg, Berlin, 1905, 6 Mark. 242 S.).
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Rationelle Organotherapie.
33
die Zilien des Flimmerepithels bewegen sich noch nach 3 Tagen, die Leuko¬
zyten behalten selbst länger dio Fähigkeit amöboider Bewegung. Selbst beim
Gehirn des guillotinierten Kopfes läßt sich die elektrische Erregbarkeit mittelst
Durchströmens mit defibriniertem Blute wieder herstellen, und durch Be¬
handlung mit Lockes Kochsalz-Traubenzuckerlösung kann man die Kontrak¬
tilität des Warmblüterherzens tagelang fast normal erhalten. Das Aufhören
der Organfunktion nach dem Tode ist daher nicht die Folge einer Zerstörung
der Substanz, sondern von Autointoxikationen. Daher ist es ein Prinzip der
Organotherapie, diese Giftstoffe wegzuschaffen.
Ferner wird nachgewiesen, daß die Wirkung der Fermente unabhängig
ist von ihrem Leben; denn man hat aus Hefezellen das wirksame Prinzip
isoliert (Büchner) und damit zugleich die Tatsache erklärt, wie sicher tote
Hefezellen noch Gärung hervorrufen können. Sodann werden die Wirkungen
der Katalysatoren und die Oxydationsprozesse im Organismus behandelt.
Katalysatoren sind Fermente, welche allein durch ihre Anwesenheit in mini¬
maler Menge eine Reaktion beschleunigen (positive Katalysatoren) oder hemmen
(negative K.), ohne dabei einen Gewichtsverlust zu erleiden; sie spielen eine
große Rolle im Haushalt der Natur, namentlich bei den Oxydationsvorgängen.
Spermin beschleunigt diese, Adrenalin die Reduktionen; wir haben also ein
Beispiel von zwei entgegengesetzt wirkenden Katalysatoren, und zwar sind
das auch die einzigen, die bisher in rein krystallinischer Form dargestellt
worden sind. Cerebrinum-Poehl beschleunigt die Fortschaffung der Zerfalls¬
produkte der Gewebsatmung, namentlich der Nervensubstanz. Thyreodin,
Epiphysin, Mammin, Ovarin, Luprarenalin sind Katalysatoren noch undefinier¬
barer Wirkungsweise.
Die Oxidationsprozesse der Gewebsatmung bilden den Selbstschutz de s
Organismus gegen Retention von Stoffwechselsprodukten, also gegen Auto¬
intoxikationen; denn diese beruhen umgekehrt auf der mangelhaften Fort¬
schaffung der Erzeugnisse der regressiven Metamorphose. Solche toxische
Substanzen sind: Neurin, Cholin etc. Die Gewebsatmung steht unter dem
Einfluß der Blutalkaleszenz und von Katalysatoren; so beschleunigen Spermin
die Oxydation, Cerebrin und Thyreoi'din die Exkretionen.
Die Oxydationsvorgänge im Organismus werden durch den „Oxyda¬
tionskoeffizienten“ gemessen; dieser drückt das Verhältnis des Harnstoff-
Stickstoffs zum Gesamt-Stickstoff des Harns aus. Denn der Harnstoff ist
das Endprodukt der Oxydation des Eiweißes. Je mehr intermediäre
N-haltige Oxydationsprodukte (Leukomai'ne) im Harn sind, desto geringer ist
natürlich die Intensität der Oxydationsprozesse. Es kommt also nicht auf
die absolute, sondern auf dis relative N-Bestimmung an.
Die aus England, Belgien und Deutschland stammenden Organpräparate
stellen nur eine getrocknete, entfettete und gepulverte Gewebsmasse dar und
sind daher nicht gut. Filtration durch Kaolinfilter beseitigt die Bakterien,
nicht aber die Toxine und Enzyme. Die isolierten Bestandteile oder syner¬
getischen Gruppen Poehls enthalten nur die normalen, physiologischen Teile
der Organe.
Nach diesen Vorbemerkungen lernen wir die Eigenschaften des Sper-
minum-Poehl kennen, seine Darstellung und die gebräuchlichen Präparate.
Es gibt deren drei: 1) Sperminum-P. pro injectione subcutaneo (in ampullis),
Archiv f. phyBik. Medizin otc. 3
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34
Rationelle Organotherapie.
eine sterilisierte 2°/o-ige Lösung in physiologischer Kochsalzlösung in zuge¬
schmolzenen Flaschen ä 2 ccm Inhalt vorrätig. Injektion einmal täglich sub¬
kutan (Schenkel, zwischon Schulterblätter) oder intraglutoeal (Technik s.
Original p. 69). 2) Essentia Spermini-P, eine 4"/o-ige alkoholische Lösung
von Sperminchlorid-Chlornatrium zum innerlichen Gebrauch; man nimmt
20—30 Tropfen pro dosi in alkalischem Mineralwasser (Vichy, Bilni etc.) 2 X tgl.
nüchtern; tonisiorende Wirkung, wie bei. der Injektion, aber langsamer).
3) Sperminum-P. siccum pro Clysma; trocken; ein Teil Spermin auf 4 Teile
„Sal physiologicum-Poehl“. Es dient zum Ersatz der Injektionen, wo diese
nicht anwendbar sind, wie bei schwerem Diabetes; in Tuben ä 1,0 g., ent¬
sprechend 0,2 Spermin. Wirkung auf Stoffwechsel und Oxydation angeblich
ebenso rasch wie bei Injektion.
Die charakteristischste Reaktion des Spermin ist sein Geruch nach
frischem Menschensperma bei Einwirkung von Gold- oder einem anderen
Metallchlorid und metallischem Magnesiumpulver auf Sperminlösung; ab¬
hängig ist die Reaktion von der Bildung von H.
Ferner besprechen die Autoren das Vorkommen des Spermin im Orga¬
nismus und seine Einwirkung auf den Stoffwechsel. Von praktischem Interesse
ist zunächst die empirische Beobachtung, daß Menschen und Tiere Chloro¬
formnarkosen unter Sperminbildung besser ortragen als sonst, dank seiner
erhöhenden Wirkung auf die Oxydationskraft des Bluts; donn Chloroform
setzt sie bekanntlich herab, und Spermin ist, wie wir erfahren, ein positiver
Katalysator der Oxydationen.
Auf den Stoffumsatz resp. den Harnkoeffizienten fanden die Autoren
bei interner, subkutaner und rektaler Darreichung dos Spermin folgende Wir¬
kungen :
1) Die Harnstoff-Stickstoffinenge steigt, und zwar schneller bei gleich¬
zeitiger Erhöhung dor Blutalkaleszenz auf medikamentösem Wege.
Bei durch Krankheit herabgesetzter Lungenfunktion läßt sich jedoch
auch durch Spermin der Oxydationskoeffizient nicht zur Norm heben,
fallen doch °j 7 der Oxydationsprozesse dem durch die Atmung aufge¬
nommenen 0 zur Last und nur '/? der Intraorganoxydation.
2) Das Verhältnis von Harnstoff zu den Chloriden verändert sich im
Sinne einer Erhöhung der letzteren.
3) Das Verhältnis der Gesamtphosphorsäure des Harns zum Dinatrium-
phosphat erleidet eine Änderung zu Gunsten des letzteren.
4) Die Proportion von Harnsäure zum Dinatriumphosphat nähert sich
der Norm.
5) Der osmotische Harnkoeffizient steigt im Verhältnis der zunehmenden
Intraorganoxydation.
Eingehender wird sodann die Immunität und der Einfluß des Spermins
auf ihre Erhöhung und auf die Entgiftung des Organismus von Toxinen be¬
handelt. Poehl glaubt nicht an das Spezifische der Autitoxine, sondern viel¬
mehr, daß bei natürlicher und erworbener Immunität einheitliche biologisch¬
chemische Momente ausschlaggebend sind, in erster Linie die Intraorganoxy¬
dation und die Gewebsatmung; diese wiederum hängen von dem Grade der
Blutalkaleszenz und der dadurch beeinflußten Aktivität des Spermins ab.
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Rationelle Organotherapie,
35
Spermin wird nämlich durch Säuren inaktiviert; diese, vorwiegend Milchsäure,
sind daher negative Katalysatoren der Gewebsatmung! P. fand bei Infek¬
tionskrankheiten eine Inaktivierung des Spermins mit konsekutiver Autoin¬
toxikation, was durch Sperminzufuhr wieder gehoben wurde.
Alle Momente, welche dio Blutalkaloszens herabsetzen, wie die ver¬
schiedenen Autointoxikationen, Resultate der Nervenüberreizung und -Über¬
müdung, setzen die Immunität herab durch Verminderung der Gewebs¬
atmung; daher dient das Spermin dem Selbstschutz des Organismus gegen
Autointoxikation und erhöht die Immunität.
Da von nukle'inhaltigen Gewebselemouten in der Norm abgesehen von
einigen Drüsenepithelien hauptsächlich nur Leukozyten zerfallen, so hängt
die Sperminbildung quantitativ von der Menge der zerfallenden Leukozyten
ab. Das Wesen der Immunität beruht nach Poehl in der boi normaler Blu-
talkaleszenz vor sich gehenden Leukozytose und dem folgenden Leukozyten¬
verfall. Bei herabgesetzter Blutalkaleszenz bildet sich oben hierbei nur in¬
aktives unlösliches Sperminphosphat ohne immunisierenden Wert. Dio Säuren
spielen dem Spermin gegenüber die Rolle von Antikatalysatoren. Bekannt¬
lich ist die Leukozytose die Abwehrbestrebung des Organismus gegen einge¬
drungene pathogene Mikroben. Es hängt also ihr Erfolg davon ab, daß sie
bei normaler Blutalkaleszenz vor sich geht; andernfalls mißlingt der Abwehr¬
versuch! (Das wäre allerdings eine gewaltige Stütze für den Wert vorwie¬
gend vegetabilischer Ernährung! Ref.).
Hieran schließen sich die Berichte und Krankengeschichten über die
praktisch mit Spermin erzielten Erfolge. Wir entnehmen ihnen, daTs die Au¬
toren u. A. bei folgenden Leiden günstige Wirkung hatten: Tuberkulose,
Typhus, Diabetes mellitus, Neurasthenie, Tabes dorsalis, Erkrankungen des
Herzens, der Lungen und der Nieren, Intoxikationen. Jedenfalls erscheint
oine baldige und umfassende Nachprüfung der Wirkungen des Spermin, wie
sie die Autoren schildern, von möglichst vielen Seiten dringend erwünscht!
Zusammenfassend ergibt sich folgendes: Voraussetzung ist, daß die Intra¬
organoxydation (die Gewebsatmung) den Hauptanteil an der Immunität hat.
Gesteigert wird die Oxidation durch Spermin als ihr positiver Katalysator;
Bedingung für dessen Wirkung ist die Alkaluität des Bluts, weil Säuren die
Sperminwirkung paralysieren; geliefert wird das Spermin normaler Weise
durch den Leukozytenzerfall. Es kann künstlich dargestellt — und dem
Organismus einverleibt werden. Es steht und fällt die Theorie mit der Vor¬
aussetzung. (Diese muß daher zunächst mit absoluter Sicherheit verifiziert
werden! Ref.) Franze-Nauheim.
Digitized bj
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3 *
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Kritik.
37
Zahl
Geheilt
Gebessert
3
L g
o c:
13
%
Stationär
geblieben
Rezidive
Aus dor Behand¬
lung getreten.
Noch in Be¬
handlung
Bemerkungen
Trichophytien
6
4
1
_
—
—
i
1
Favus
3
1
_
—
—
—
i
1
Sycosis
2
1
1
—
—
—
—
1
Hypertrickosis
3
1
—
1
—
i
Der als gebessert aufgef.
Pat. fast geheilt.
Pelades
3
—
1
—
—
—
2
1
Psoriasis
4
2
—
—
—
1
1
1
Seborrhoen
2
1
1
—
—
1
—
1
Pruritus sine materia
2
2
—
—
—
—
—
—
Lichenificationen
6
2
4
1
5
D. betr. Stellen haben
ihr. liehen. Charakter
verloren.
Prurigo Hebrae
1
—
1
—
—
—
—
1
Die betr. Stellen sind
geheilt.
Eczema en placards
4
1
—
—
—
—
—
3
Die betr. Stellen tat¬
sächlich geheilt.
Lichen planus
2
1
1
—
—
—
—
1
Lichen corne
i
1
—
—
—
—
Die behandelten Stellen
geheilt.
Scleroderma en plaques
2
2
—
2
Einige Plaques sehr
gebessert.
Keloide
5
2
i
—
—
_
3
Naevi
1
—
i
—
—
—
1
Warzen
6
5
—
—
—
—
1
—
Eine Kranke fast geheilt.
Lupus vulgaris
6
—
3
—
—
—
2
4
Lupus erythematosus
4
—
2
—
1
—
i
—
Mycosis fungoides
2
_
2
2
Die behandelten Afl'ek-
tionen fast ganz ge¬
schwunden.
Hautsarcome
i
~
i
Der Kranke ist, soweit
sich feststellen läßt,
geheilt.
Lymphosarcorne
i
—
i
—
—
—
—
i
Sarcome
2
—
2
—
—
—
—
2
Epithelioma cutaneum
27
15
7
—
—
—
—
8
Unter den 7 Gebesserten
sind einige fast geheilt.
Epitheliom der Zunge
2
—
i
—
—
—
—
2
Epithelium der Augenlider
1
i
—
—
—
—
1
Postoperat- Carcinom-Recidi v.
2
—
2
—
—
—
2
Brustkrebs
6
—
2
—
3
—
~
5
Ein Pat. an Pleuritis
gestorben.
Atypisches Carcinom
1
—
—
—
1
—
—
1
Draußen verstorben.
Essent. Teleangiectas.
1
—
—
—
—
i
—
Parapsoriasis ?
1
—
1
—
—
1
Die meisten d. behan¬
delten Stellen geheilt.
Keratosis pilaris
1
—
1
—
—
—
—
Raynaud’sche Krankheit
1
—
—
—
1
—
1
Scrofuloderma
1
1
—
—
—
—
—
Draußen verstorben.
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38
Kritik.
Sehen wir uns nun an der Hand des
Textes Belot’s Mitteilungen über Hypertri-
chosis und Lupus vulgaris etwas genauer an!
Bei der Behandlung der Hypertrichose handelt
es sich darum, einmal eine definitive Alopecie
hervorzurufen, dabei aber Hautveränderungen
zu vermeiden. Nun wissen wir zwar, daß der
Haarbalg gegen die Einwirkung der X-Strahlen
empfindlicher ist, als die Haut selbst. Allein
wir vermögen bei Anwendung der Radio¬
therapie. die zur Zeit noch weit entfernt ist,
die Elektrolyse zu ersetzen, diesen beiden
Anforderungen gleichzeitig noch nicht mit
Sicherheit zu genügen. Ist die Anwendung
zu schwach, so riskiert man, die Sache zu
verschlimmern, ist sie zu stark, so setzt man
zwar Alopecie, aber zugleich auch Ver¬
änderungen der Haut. Am meisten wird die
Bestrahlung für die schweren Fälle sich
eignen, also da,, wo ein wohlausgebildeter
Bart besteht, denn hier wird eine leichte
Hautatrophie weniger unangenehm wirken,
als das frühere Aussehen oder in den Fällen,
in denen die Hypertrichose sich durch einen
dunklen und dichten Flaum äußert, wo also die
Elektrolyse nicht anwendbar ist. Man lasse
wenig penetrierende Strahlen einwirken (No. 5
des Radiochromometer von Benoist bei einem
Äquivalentfunken von 2’/> cm. Die bestrahlte
Stelle muß so groß gewählt werden, daß sie
überall gleichmäßig belichtet wird. Ent¬
fernung der Haut 15 cm, Durchmesser des
bestrahlten, kreisförmigen Feldes etwa 7 cm.
Gekrümmte oder winkelige Partien müssen
möglichst geebnet werden, ebenso ist sorg¬
fältig darauf zu achten, daß man keine un¬
vermittelte Demarkationslinie zwischen den
behandelten und den nicht behandelten Haut¬
stellen erhält. — Um Epilation zu erhalten,
schwankt die Dosis für den behandelten Be¬
zirk zwischen 3 und 4 H, man muß aber da¬
bei die besondere Empfindlichkeit gewisser
Gegenden, speziell der Lippen, und dasColorit
der Haut der Patienten (brünetter Personen)
wohl berücksichtigen. Dreißig bis vierzig
Tage nach der ersten Applikation, nachdem
unterdessen Epilation erfolgte, bestrahle man
von Neuem. Um dem Nachwachsen der
Haare zu begegnen, mache man etwa in
Zwischenräumen von 2 Monaten eine neue
Applikation von 2 H in kurzen Sitzungen von
5—10 Minuten. Aber oft genug wird selbst
nach einer Behandlungsdauer von 1 Jahr das
Ergebnis durch eine partielle Hautatrophie
getrübt werden. Etwas günstiger gestaltet
sich das Resultat, bei umschriebener Hyper¬
trichose und hei Naevus pilosus.
Lupus. Das Studium der Literatur über
die Behandlung des Lupus vulgaris mit
X-Strahlen ergibt, daß man das allen Be¬
strebungen gemeinsame Ziel, die Lupusknötchen
zu beseitigen, auf zwei verschiedenen Wegen
zu erreichen suchte. Die Einen (Schiff u. A.)
gingen darauf aus, eine geringe oder gar
keine Reaktion hervorzubringen, die Andren
(Seholtz an ihrer Spitze) suchten dagegen in
der Mehrzahl der Fälle eine lebhafte Ent¬
zündung anzufachen, die von einer oberfläch¬
lichen Nekrose des Integuments gefolgt war,
beschränkten sich aber bei gutartigem, ober¬
flächlichem Lupus in der Mehrzahl der Fälle
darauf, nur eine leichte Röte und eine
schwache ödematöse Schwellung des er¬
krankten Bezirks hervorzubringen. — Daß
man die Umstünde berücksichtigen müsse, ist
auch Belot’s Meinung; er selbst kennzeichnet
seinen Standpunkt, der übrigens dem von
Schiff eingenommenen näher steht, als dem
von Seholtz, etwa folgendermaßen (S. 416):
Der Radiolherapie gebührt bei der Behand¬
lung des Lupus noch keineswegs der erste
Platz in dem Sinne, daß sie unbestritten prin¬
zipiell den übrigen Behandlnngsweisen vorzu¬
ziehen wäre. Sie scheint bei den schweren,
ausgebreiteten Fällen, die entweder mit tiefer
Infiltration einhergehen oder nicht ulzeriert
sind, angezeigt zu sein, und ebenso da, wo
andere Methoden versagten. Man appliziere
Strahlen von größerer oder geringerer Inten¬
sität, .je nach der Schwere der Affektion und
nach der Zeit, über die der Kranke verfügen
kann, vermeide aber im allgemeinen eine
schwere Radiodermatitis. Eine mäßige Hype¬
rämie gibt vielleicht eine weniger rasche
Besserung, allein die Reaktion gestaltet sich
für den Kranken dann viel weniger unan¬
genehm. Er stimmt Scholz zu, daß man in
jedem Fall diejenige Methode anwenden müsse,
die nach den Umständen die passendste
scheine, gibt aber den Rat, oberflächliche
Verschorfungen tunlichst zu vermeiden. Er
hält schließlich dafür, daß die Radio- und
Phototheraplc bei einem und demselben Pati¬
enten häufig nach einander angewandt worden
müsse, um ein befriedigendes Ergebnis zu er¬
halten. B. S o 1 g e r, Cöln-Lindenthal
(Ivr.-A. Lindenburg) )
Kompendium der Röntgenographie. Ein prak¬
tisches Handbuch von Ingenieur Friedrich
Dessauer und Dr. ined. B. Wicsner.
Verlag von Otto Nemnich, Leipzig 1905.
Das vorliegende groß angelegte Kompen¬
dium will in erster Linie eine auf wissen¬
schaftlicher Grundlage basierende
praktische Anleitung zum Röntgenauf-
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Kritik.
39
nahmeverfahren geben und sich dadurch einen
Platz unter den zahlreichen Lehrbüchern des
Röntgenverfahrens erwerben.
Das Buch zerfallt in 3 Teile; der erste
umfangreichste(224 S.)bringt die physikalischen
und elektrotechnischen Grundlagen des Rönt¬
genverfahrens, den Aufbau und Betrieb des
Röntgenapparates; der 2. Teil (84 S.l die
photochemischen Hilfsmethoden; der 3. Teil
(104 S.) endlich die Aufnahmemethodik. Das
Buch enthalt eine große Anzahl von Illu¬
strationen (201) im Text; dem 2. Teile sind
außerdem 11 Fehlertafeln der photographischen
Aufnahme in Autotypie beigefügt, und be¬
sonders reich ist Teil 3 illustriert; er enthält
im Texte Ansichtsbilder der Lagerung und
Fixierung des aufzunehmenden Körperteiles,
sowie orientierende anatomische Skizzen, und
endlich im Anhänge 12 Tafeln mit Röntgen¬
aufnahmen aller interessierender Körper¬
gegenden.
Bei einem näheren Studium des Werkes
finden wir im 1. Kapitel des I. Teiles zunächst
eine Geschichte der Röntgentechnik, einer
Technik auf physikalischer Grundlage, die
von dem Zeitpunkte datiert, als Röntgen seiner
schwerwiegenden Entdeckung erst die volle
Bedeutung für die Praxis dadurch gab, daß
er die Centralprojektion schuf. Diese.
Geschichte der Technik orientiert uns über
manche irrige dem Bau der Apparate zu
Grunde gelegte Anschauung (insbesondere die,
daß ein Apparat nach seiner Funkenlänge
beurteilt werden müsse), sie führt uns in
großen Zügen eine Reihe bedeutungsvoller
Ereignisse vor Augen: die Entdeckung des
Wehnolt’sehen Unterbrechers (1899), das Auf¬
tauchen der vielbekämpften und nicht besiegten
Aschaffenburger Richtung, welche einfache
bewegliche Instrumentarien mit reduzierter
Funkenlänge, exakten Betriebsvorschriften,
leichter Handhabung und von billigem Preise
anstrebt, — die Einführung der Orthodiagraphie
(Moritz), der Stereoskopic (Lcvy-Dorn, Hilde¬
brand) und andere mehr.
Das interessante 2. Kapitel ist ein
theoretisches, dem Wesen derX- und Bequerel-
strahlung gewidmet; es lehrt, daß die von
dem negativen Pole der Röhre ausgehenden
Kathodenstrahlen als kleinste Teilchen, als
die aus dem Atome gelösten negativen
Elektronen und die Röntgenstrahlen als ent¬
ladene an der Antikathode entstehende Elek¬
tronen aufgefaßt werden können, es schildert
uns weiter die Entdeckuug der Radioaktivität
(Becquerel, Ehepaar Curie), die Differenzieruug
der von den radioaktiven Stoffen ausgehenden
a ß y Strahlen, deren Beziehungen zu den
Kanal-, Kathoden-, Röntgenstrahlen und end¬
lich die Umbildungstheorie der radioaktiven
Stoffe.
Das 3. fast 100 Seiten umfassende Kapitel
des 1. Teiles gibt in einer Einleitung zunächst
die für die Röntgenmethode wichtigsten physi¬
kalischen grundlegenden Begriffe (Konden¬
sator, konstanter Stromverlauf, Okm’sches
Gesetz, Leiter und Nichtleiter, Dimensionsge¬
setz der Leiter, innerer Widerstand, Parallel-
und Hintereinanderschaltung von Elementen,
Wechselstrom, Wirkung des Stromes, die
Größe der elektrischen Leistung, magnetische
Wirkung des Stromes, Kraftlinienzahl, Induk¬
tion und das Maß der Induktion, Wirkungen
hochgespannter Ströme in evakuierten Räumen,
Geißler-Licht. Kathoden- und X-Strahlen,
Projektionsichre und Zentralprojektion), so¬
dann folgen nacheinander in übersichtlicher
Anordnung:
A. die Stromquellen (Dynamomaschine, Ele¬
ment, Batterie, Wechselstromzentrale);
B. das Induktorium (seine Hauptteile, die
Induktion im Eisenkern, in der primären
und sekundären Spirale, sein Bau,
Funkenlänge, Frequenz und die soge¬
nannte Walterschaltung);
C. die Unterbrecher, der Platin-, Queck¬
silber- und elektrolytische Unterbrecher
(ihr Prinzip, Konstruktion, ihre Quali¬
fikation hinsichtlich Stromstärke, Ent¬
ladungskurve und Frequenz);
D. die Hilfsapparate (insbesondere Konden¬
sator, Ampbremeter, Voltmeter, Regulier¬
ungsapparate) ;
E. die Röntgenröhre (ihre Konstruktion,
Evakuationsgrad, Projektionsschärfe,
Regenerierung, Volum und Lebensdauer)
F. und endlich die Mittel zur Unterdrückung
der schädlichen Schließungsinduktion.
(Drosselröhre und Funkenventil).
Der Inhalt dieses Kapitels ist von
großem Interesse; es seien hervorgehoben die
Ausführungen über die Selbstinduktion in der
Primärspule, die „Phasenverschiebung“, die
„Impedanz“, über die Eliminierung des Selbst¬
induktionsstromes im Momente der Unter¬
brechung durch die Einschaltung des Konden¬
sators, wodurch die Wechselstromkurve der
Sekundärspule der Kurve des pulsierenden
Gleichstroms genähert wird. — Die Wichtigkeit
der Kurve, des die Röhre passierenden
Stromes für die .Ausübung des Verfahrens wird
an verschiedenen Stellen eingehend erläutert. —
Es sollen möglichst gleichgerichtete und mög¬
lichst intensive Impulse die Röhre passieren,
es sollen genügend hochgespannte Ströme er¬
zeugt werden; überzeugend sind die Aus-
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Kritik.
fiihrungen, daß es unzweckmäßig ist, die
Schlagweite des Induktoriums weit über die
Schlagweite der Röntgenröhre zu steigern,
weil dadurch die Entladungskurve ungünstig
beeinflußt, die Durchdringungsfähigkeit der
X-Strahlen zu sehr gesteigert und der Röhren¬
verbrauch zu groß wird. — Es kommt bei
dem Bau eines Röntgenapparates nicht auf
Einzelheiten und Äußerlichkeiten, sondern
nur darauf an, daß der Apparat, nachdem
seine Hauptteile aufeinander abgestimmt sind,
(was sich beim Laufen des Apparates durch
ein interessantes akustisches Phänomen, einen
singenden Ton äußert) solche Ströme erzeugt,
welche dem Bildungsprozesse der Röntgen¬
strahlen in Spannung, Intensität und Kurve
entsprechen; dann wird der Apparat seine
Aufgabe erfüllen, eine gute Differenzier¬
ung von Dichtigkeitsunterschieden
ermöglichen.
Das 4. Kapitel des I. Teiles behandelt
den Bau und Betrieb der Röntgenstation, und
bespricht zunächst:
A. die Abhängigkeit der Röntgenstation
von Zweck (für innere Medizin,Chirurgie,
Dermatologie) und Stromquelle (Akumu-
latoren mit Platin-, Starkstromanschlüsse
mit Elektrolytunterbrecher);
B. sodann den Betrieb der Anlagen mit
verschiedenen Stromarten (Gleichstrom,
Wechselstrom, Drehstrom, Umformer-,
Batteriebetrieb etc.);
C. führt ferner eine Anzahl ausgeführter
Röntgenanlagen vor, welche durch viele
übersichtliche Abbildungen dem Ver¬
ständnisse näher gebracht werden
(Polyphos - München, Klingelfuß-Basel,
Nostiz und Koch-Chemnitz, Dessauer-
Aschaftenburg);
I). bringt weiter die Zubehörteile der
Röntgenstation (Röhrenhalter, Leucht-
schirin, Lagerungstisch, Aufnahmestuhl,
Schutzapparate);
E. das Blendenverfahren (das zur Unter¬
drückung der störenden Wirkung der
Sekundärstrahlen dient);
F. endlich Winke über die Ausstattung des
R o nt.ge n k ab i n e ttes.
Der II. die photochemischen Hilfsmethoden
behandelnde Teil des Kompendiums bespricht
in 7 Kapiteln:
1. die Grundlagen des photographischen
Prozesses,
2. die Einrichtungen und Apparate für den
Negativprozeß (Dunkelkammer etc.),
H. das Entwickeln der röntgenographischen
Negative,
4 das Betrachten der Negative und Platten¬
kritik,
5. die Korrektur und Fertigstellung
der Negative (Verstärkung und Ab-
scliwächung),
6. die Herstellung von Diapositiven und
7. den Kopierprozeß.
Hervorgehoben sei «aus diesem Teile
das Kapitel 4, welches die Fehler der Röntgen¬
bilder erkennen und deuten lehrt und die
eingangs erwähnten r Fehlertafeln“ im An¬
hänge enthält; in anschaulicher Weise orien¬
tiert es sowohl über die Felilerbei der photo¬
graphischen Aufnahme (falsche Lagerung und
Einstellung, Unruhe des Objektes, falsche
Expositionsdauer, falsche Röhrenwahl, mangel¬
hafte Schärfe des Strahlenausgangspunktes)
— wie ferner über die Fehler bei der Hervor-
rufung des Bildes (ungenügender Lichtschutz,
Unter-, Überentwicklung, zu harte, zu weiche
Entwicklung, mangelhafte Wässerung und
Fixage, Unreinlichkeitsfehler). — Das Kapitel
enthält ferner den Hinweis auf die Vorteile,
welche die Betrachtung der Platte in „Licht¬
schaukästen'* bietet und bringt Abbildungen
solcher sinnreich konstruierter Kästen.
Teil III endlich, welcher die Auf¬
nahme-Methodik enthält und den Schwer¬
punkt des Werkes darstellen soll, ist wie ein¬
gangs erwähnt, besonders anschaulich ausge¬
stattet. Die zahlreichen Ansichtsbilder im
Text orientieren auf den ersten Blick über
die zweckmäßigste Stellung, die der Kranke
fiir die Aufnahme einnehmen soll, über die
Anordnung der Platte und die Anbringung
der Fixierungsapparate (Bindenzügel und
Sandsäcke). — Ein allgemeiner Teil bringt
allgemeine Gesichtspunkte über Lagerung,
Röhrenwahl und -Stellung, Aufnahmerichtung
und Expositionszeit. — Ein spezieller die ge¬
naue Anweisung für jede einzelne Aufnahme;
die durch Aufeinanderprojektion der einzelnen
Teile erschwerte Deutung der Bilder wird
durch beigefügte anatomische Skizzen er¬
leichtert; Notizen über das Auftreten der
Knocheukerne und das Verschwinden der
Epiphysenlinien sind von Wert. Bei den
Aufnahmen der Extremitätengelenke sind «alle
in Frage kommenden Richtungen berücksich¬
tigt; der Schädelaufnahme ist die genügende
Bedeutung beigelegt; bei der Lendenwirbel-
aufnahme ist die Kompressionsblende in situ
abgebildet; die schwierigen Verhältnisse der
geraden und schrägen Thoraxdurchleuchtung
sind durch Skizzen verständlich gemacht; die
Darstellung von Konkrementen und Fremd¬
körpern ist auf verschiedene Weise erläutert.
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— Den Schluß bildet die radiographische
Lagebestimmung der Fremdkörper und die
Stereoskopie im Röntgenverfahren (Hilde-
brand’s stereoskopische Kassette, Koinpressi-
onsblende der Verfasser mit Vorrichtung zur
stereoskopischen Aufnahme).
Die Röntgenphotographien des Anhangs
sind fast durchweg gut gelungen; besonders
hingewiesen sei auf die Thoraxaufnahme Tafel
X (Xr. 5), auf welcher der Aortenbogen und
die aus ihm entspringenden Subclavia und
Carotis sinistra zu erkennen sind.
Der Leser legt das Buch mit Befriedi¬
gung aus der Hand; denn die Verfasser bieten
ihm durch ihre reiche Erfahrung gefestigte
Tatsachen in leichter flüssiger Darstellungs¬
weise.
Rez. möchte es als einen glücklichen
Griff bezeichnen, daß ein Ingenieur und ein
Arzt dies gemeinsame Werk unternommen
haben; denn auf diese Weise können einer¬
seits die physikalisch-technischen Grundlagen
und andererseits die medizinischen An¬
wendungsformen des Röntgenverfahrens in
gleichmäßiger Weise behandelt werden.
Die Darstellung des Stoffes in Vortrags¬
form. wie sie in vielen Kapiteln des I. und
II. Teiles in Anlehnung an die manchem
Arzte in gutem Andenken gebliebenen
Aschaft'enburger Kursvorträge durchgeführt
ist, bringt es mit sich, daß der Leser spielend
in die wissenschaftlichen Grundlagen des Ver¬
fahrens, in die Unsumme von technischen
Einzelheiten eingefiihrt und trotz dem ganz
erheblichen Umfange einzelner Teile nicht
ermüdet wird. — Gleichsam von selbst baut
sich der Apparat vor den Augen des Lesers
aus seinen Teilen auf, gleichsam von selbst
ergibt sielt seine Bestimmung, Handhabung
und Leistungsfähigkeit. — Auch Teil II und
III erläutern in ausführlichster und verständ¬
licher Darstellung alle nur denkbaren Einzel¬
heiten und Kautelen des photographischen
Prozesses und des Aufnahmeverfahrens.
Die Einheitlichkeit der Darstellung hat
durch die Doppelarbcit der Verfasser nicht
gelitten; Wiederholungen haben sich aller¬
dings nicht ganz vermeiden lassen; das ist
jedoch kaum ein Fehler; denn wenn auch
einerseits der physikalisch-technische Teil des
Werkes (Teil I) einem jeden zum angelegent¬
lichen Studium empfohlen werden kann, dem
Anfänger als unbedingt notwendige Grundlage
vor dem Herantreten an den Apparat, dem
Erfahrenen als Ratgeber in vielen Lagen
(Anschluß des Apparates, Erkennung von
Betriebsstörungen etc.), so wird der II. und
III. Teil seine wesentliche Bedeutung als
Nachschlagebuch haben. — Ein Lehrbuch
kann niemals, wie auch die Verfasser betonen,
persönliche durch praktische Übungen ge¬
wonnene Erfahrungen ersetzen; es ist ein
Helfer, der in vielen Lagen herangezogen
werden muß, — und das vorliegende Buch
ist ein guter Helfer; es ist ihm ein Platz in
jedem Röntgenlaboratorium zu wünschen!
Zum Schlüsse sei noch folgendes be¬
rührt: das Buch ist, wie leicht erklärlich, bei
aller Berücksichtigung anderer Systeme, ein
Kämpfer für die „Aschaflenburger Richtung“;
das ist nicht anders zu erwarten, denn überall,
auf die wissenschaftlichen Grundlagen des
Verfahrens, wie auf eine große Anzahl tech¬
nischer Dinge haben die Verfasser durch
eigene Arbeit befruchtend eingewirkt. — Das
Recht, ihre Richtung energisch zu vertreten
wird den Verfassern gern von jedem zuge¬
standen werden, der wie Rez. die Aschaften-
burger Richtung aus persönlicher Anschauung
kennt und längere Zeit mit dem System
Dessauer arbeitet und weiß, daß es damit
nicht allzu schwer ist, ein gutes Röntgenbild
wie z. B. das bereits erwähnte auf Tafel X,
Figur 5 abgebildete zu erzeugen.
Hess (Marburg).
von Papius: Das Radium und die radioak¬
tiven Stoffe. Gemeinverständliche Dar¬
stellung nach dem gegenwärtigen Stande
der Forschung mit Einflechtung von expe¬
rimentellen Versuchen und unter besonderer
Berücksichtigung der photographischen Be¬
ziehungen. (VIII. u. 90 Seiten, 36 Abbil¬
dungen. Gustav Schmidt. 1905.)
Das vorliegende Buch soll, wie Ver¬
fasser im Vorwort sagt, dem Bedürfnis nach
einer gemein verstand lichenGesamt-
darstellung der experimentellen Versuche
und der photographischen und physiologischen
Beziehung der radioaktiven Stoffe abhelfen-
Nachdem Verfasser in der Einleitung
einen Rückblick auf die Geschichte der
Faraday’schen und Crookes’schen Theorie von
der strahlenden Materie (4. Aggregat-Zustand)
gegeben hat, fährt er im 1. Abschnitt mit der
Geschichte der Entdeckung der Becquerel¬
strahlen fort. Er bespricht im 2. u. 3. Ab¬
schnitt die Radioaktivität des Uran, Thor,
Polonium, Radium, Aktinium und anderer
Stoffe, die Wirkungen der Radioaktivität und
die Untersuchungsmethoden (Photographische
Platte, Elektroskop), und wendet sich dann im
4. Abschnitt, der den weitaus größten Teil
des Buches einnimmt, zum Radium allein. Er
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gibt eine ausführliche Beschreibung des Vor¬
kommens, der Gewinnung und der Eigen¬
schaften des Radiums (Atomgewicht, Spek¬
trum, Emanation, Übertragung von Radio¬
aktivität); die Bequerelstrahlen werden dann
ihrer Zusammensetzung nacli charakterisiert
(a-, ß- und Y-Strahleu).
Eingehender beschäftigt sich Verfasser
dann mit den Wirkungen der Becquerel¬
strahlen: Den chemischen Wirkungen (Flu-
oreszenzerscheinungcn, Zersetzen der Silber¬
salze, des Wassers, Ozonisierung des Sauer¬
stoffes), den elektrischen Wirkungen (Auf¬
ladung, Ionisierung der Umgebung), ther¬
mischen Wirkungen, mechanischen Wirkungen
(„strahlende Materie“), den physiologischen
Wirkungen (Radiotherapie) und den Erschei¬
nungen der übertragenen Radioaktivität. Ein
besonderes Kapitel ist ferner der von Ramsav
entdeckten Eigenschaft der Emanation, sich
in Helium zu verwandeln, gewidmet. In
jedem Kapitel ist die praktische Anwendung
der betreffenden Eigenschaft des Radiums
auseinandergesetzt.
Im Schlußkapitel versucht Verfasser
dann noch die Erscheinung der Radioaktivität
durch Zerfall der Radiumatome in Elektronen¬
gruppen und Helium zu erklären.
Das Buch ist leichtfaßlich geschrieben,
enthält sich aller physikalisch wissenschaft¬
lichen Erklärungen und Auseinandersetzungen,
umfaßt alle Mitteilungen, die hierüber gebracht
worden sind, und ist mit vielen guten schema¬
tischen Zeichnungen und Photographien ver¬
sehen.
Alles in Allem dürfte der Verfasser
dem Bedürfnis nach einem Buche abgeholfen
haben, das sowohl sicli durch Gemeinver¬
ständlichkeit auszeichnet, als auch eine Ge¬
samtdarstellung alles bisher über Radio¬
aktivität mitgeteilten Materials gibt. Wird
der Laie über die erste Eigenschaft, die Ge¬
meinverständlichkeit des Buches erfreut sein,
so kommt der Arzt durch die zweite Eigen¬
schaft des Buches, auf nicht zu großem
Raume eine Gesamtdarstellung alles dessen
zu geben, was über dies wichtige Gebiet der
neuesten Physik bekannt ist, vollständig auf
seine Kosten.
Georg G c h 1 h o f f.
B. Abhandlungen und Broschüren.
B. Walter, über das Röntgensche Absorp¬
tionsgesetz und seine Erklärung. Fort¬
schritte auf dem Gebiete der Röntgen¬
strahlen 1905, Heft 5.
Unter dem Röntgenschen Absorptions¬
gesetz versteht man die Erscheinung, daß eine
Röntgenstrahlung, die durch eine bestimmte
SchichtAluminium, Glas oder Stanniol hindureh¬
gegangen ist, von einer zweiten ebenso dicken
Schicht desselben Stoffes zu einem erheblich
größeren Bruchteile hindurchgelassen wird,
als von der ersten. Die Erklärung hierfür
wurde von Röntgen gegeben: Aus dem Ge¬
misch von Strahlen verschiedener Härte, die
aus jeder Röhre kommen, werden die weicheren
relativ mehr abgeschwächt, als die härteren.
Dies Gesetz hat nun, wie Verfasser ge¬
funden hat, nicht allgemeine Bedeutung, son¬
dern erfährt eine Ausnahme beim Silber und
denjenigen Elementen, die hinsichtlich ihres
Atomgewichtes dem Silber nahestehen (Palla¬
dium, Cadmium, Zinn und Antimon), d. h. die
Strahlen werden nach dem Durchgänge durch
Silber weicher, wie Verfasser durch Photo¬
graphien beweist, wenn auch schon das richtig
bleibt, daß bei Silber in einer zweiten gleich
dicken Schicht weniger absorbiert wird, als
in der ersten.
Das Röntgensche Gesetz reicht also für
diesen Fall nicht aus. Da man durch die Auf¬
fassung, die man sich über die Zusammen¬
setzung und das Verhalten der direkten Strahlen
gebildet hat, bei der Erklärung dieser Er¬
scheinung im SLicli gelassen wird, so bleibt
nur übrig, die sekundäre Strahlung zu diesem
Zwecke heranzuziehen. Und da zeigte es
sich denn bei weiteren Versuchen des Ver¬
fassers, daß im Vergleich mit der direkten
Strahlung die Sekundärstrahlen des Alumi¬
niums außerordentlich viel leichter durch
Aluminium und die des Silbers außer¬
ordentlich viel leichter durch Silber hindurch¬
gehen. Verfasser hat daun auf Grund seiner
Versuche das Röntgensche Gesetz dahin prä¬
zisiert, daß die Strahlung einer Rönt¬
genröhre bei der Absorption durch
den Einfluß des absorbierenden
Atom es derartig verändert wird,
<1 aß sie allgemein für jeden belie¬
bigen Körper ein größeres Durch¬
dringungsvermögen, in ganz beson¬
derem Maße aber ein solches für
Atome derselben Art erhält.
Georg Gehlhoff.
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43
F. Dessauer (Aschafl'enburg): Beiträge zur
Bestrahlung tiefliegender Prozesse. (Medi¬
zinische Klinik, Nr. 21 u 22, 1905).
Verfasser sucht den Nachweis zu liefern,
daß es möglich ist, durch eine geeignete
Versuchsanordnung auch tief liegende bös¬
artige Neubildungen erfolgreich mit Röntgen¬
strahlen zu behandeln. Zunächst wird die
Dosierung besprochen. Die Wirkung der
X-Strahlen beruht wahrscheinlich auf der
Erzeugung von ultraviolettem Licht. Kathoden¬
strahlen und diffus verlaufenden sekundären
Röntgenstrahlen. Den Anteil dieser ver¬
schiedenen Strahlenarten an der sekundären
Strahlenbildung beeinflußt die Penetrations¬
kraft der primären Strahlung, also auch die
Art der Röhre. Daher kommt wahrscheinlich
den Strahlen je nach ihrer Durchdringungs¬
kraft eine spezifisch verschiedene Wirkung
zu. Aus diesem Grund ist eine genaue Dosie¬
rung zur Zeit unmöglich. Das Chrotnoradio-
nieter von Ilolzknecht. kann deshalb für
Dosierung der Tiefenbestrahlung nicht ver¬
wendet werden, weil cs einmal nicht im Innern
des Körpers angebracht werden kann, und weil
andererseits eben die Qualität der Strahlung
eine so große Rolle spielt, die Abhängigkeit
des Chromoradiometers von der Qualität aber
eine andere sein kann als die der Körper¬
zellen. Darauf gibt I). die Faktoren an, die
zu einer annähernden Bestimmung der Dosis
X-Strahlen für das Innere des Körpers führen
können. Angaben über Funkenlänge des
Induktors, Amperezahl etc. haben gar keinen
Wert nach dieser Richtung, da eine Menge
anderer Faktoren für die Menge und Durch¬
dringungskraft der Röntgenstrahlen ma߬
gebend sind. Es mufs fiir die Dosierung die
Emissionsgröße der Röhre bestimmt werden.
Diese setzt sich zusammen aus der Durch¬
dringungsfähigkeit (Härtegrad) und der Menge
der Strahlung. Zum Zweck der Bestimmung
muß das Instrumentarium so konstruiert sein,
daß die Röhre längere Zeit (eine halbe Stunde
lang) völlig konstant und ohne erhebliche
Erhitzung leuchtet.. Durch die Methoden
von Walter oder Benoist (D. empfiehlt der
Einheitlichkeit halber erstere) kann man
dann die Penetrationskraft und an der Hellig¬
keit des Leuchtschirms die Intensität, d. h. die
Menge der Strahlen, messen. Zu letzterem
Zweck dient das Photonieter. D. betrachtet
also lediglich die Qualität und Quantität der
Röntgenstrahlen als maßgebend für die Basis
und will diese in der eben geschilderten Art
bestimmen.
Der zweite Teil der Arbeit ist der
Methodik gewidmet. Nach unseren bisherigen
Erfahrungen in der Radiotherapie müssen wir
eine Elektivwirkung der Röntgenstrahlen
annehmen, d. h. wir sind der Ansicht, daß die
Jugendformen der Zellen, wie sie besonders
für Tumoren charakteristisch sind, den Strahlen
gegenüber weniger widerstandsfähig sind als
die ausgereiften, protoplasmaarmen, fixen Ge¬
webszellen. D. nimmt nun an, daß diese
Elektivwirkung bei härteren Strahlen größer
ist als bei weicheren, weil bei letzteren die
chemische Wirksamkeit eine so intensive ist,
daß auch die normalen Gewebe (Haut) schon
sehr rasch afficiert werden. Die penetranten
Strahlen dagegen durchdringen die Gewebe
viel gleichmäßiger, kümmern sich viel weniger
um Dichte und Absorptionskraft, und durch¬
dringen des weiteren die verschieden tief
liegenden Schichten homogen; auch die große
diffuse Sekundärstrahluug der harten Röhren
mag zu Gunsten ihrer größeren Elektivwirkung
angeführt werden.
Reagieren nun wirklich die Jugend¬
formen der Zellen anders als die fixen Gewebs-
elemente, so muß dieser Unterschied desto
mehr hervortreten, je homogener die Durch¬
strahlung ist. „Demnach läuft die Aufgabe,
tiefliegende geeignete Krankheitsformen thera¬
peutisch zu bestrahlen, darauf hinaus, die in
Frage kommende Körperpartie bis zu der
notwendigen Tiefe so homogen zu durch¬
strahlen, daß die scheinbare Elektivwirkung,
die Differenz in der Reaktion der kranken
und gesunden Partie, möglichst vollkommen
zur Geltung kommen kann.“
Es kommt also auf die Möglichkeit einer
entsprechenden Versuchsanordnung an. Dazu
ist zunächst erforderlich, daß bei der Strahl¬
ung Unterschiede in der Absorption in gleicher
Entfernung von der Röhre befindlicher Gewebe
nicht mehr vorhanden sind. Ferner kommt
in Betracht, daß die Wirkung der X-Strahlen
mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt.
Bei ziemlich großer Entfernung der Röhre
wird also der Unterschied des Effekts auf der
Körperoberfläche und in der Tiefe kaum mehr
bestehen, weil die Entfernung der beiden
letzten Punkte von einander gegenüber der
Gesamtdistanz von der Röhre kaum mehr ins
Gewicht fällt. Die Strahlung in der Tiefe
kann daher unter diesen Umständen als völlig
homogen betrachtet worden. Diese Homoge¬
nität ist also das Postulat, das wir stellen,
und wirerreichen es 1. durch Schaffung einer
Strahlung, bei der eine möglichst geringe
Absorptionsdifferenz verschieden dichter Ge¬
webe besteht — (harte Röhre) und 2. durch
Bestrahlung mit möglichst entfernter Röhre.
Zur Vorsicht kann mau aufserdem die Haut
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durch Bleiblech schützen (Filtration der
Strahlen).
Auf Grund dieser Überlegungen gelangt
D. zur Anschauung, daß wir Prozesse in der
Tiefe unter gerade so günstigen Bedingungen
bestrahlen können, wie oberflächliche. Die
Apparate müssen natürlich entsprechend ge¬
baut werden, wozu die Technik heute imstande
ist. Die Bestrahlnngsdauer ist entsprechend
der geringen Absorption der harten Strahlen
eine sehr große; allein, man kann die Apparate
unhörbar und unsichtbar für den Patienten
aufstellen. Die gesunde Umgebung muß sorg¬
fältig abgedeckt werden. Autor erklärt sich
zum Schlüsse in hochherziger Weise bereit,
aus den Mitteln des von ihm geleiteten elektro¬
technischen Laboratoriums Aschaffenburg die
Anstellung entsprechender Versuche nach
Möglichkeit zu unterstützen. (Möchte der
Gedanke des Autors das erstrebte Ziel, die
Heilung tiefliegender maligner Tumoren, er¬
reichen! Ref.)
Fra nze-Nauheim.
Karzinom des Fingers infolge von Röntgen¬
bestrahlung (aus „The Lancet“ 6. V. 05).
Es handelt sich um einen Chirurgen, der
1897 angefangen hatte, sich der Radiologie
zu widmen. Im Mai 1903 führte er eine Ope¬
ration unter Röntgenlicht aus, und dabei wurde
längere Zeit der linke Handrücken von den
Strahlen getroffen. Bald trat Blasenbildung
an dem zweiten und dritten Finger mit Ge-
schwiirsbildung auf. Die Geschwüre heilten
nach etwa 4 Monaten mit Hinterlassung von
Glanshaut und Teleangiektasien. Die Nägel
fielen aus; neue brüchige wuchsen nach. Nach
einer erneuten Bestrahlung traten wieder
Dermatitis und Geschwiirsbildung auf. Eines
heilte, aber ein anderes auf dem Rücken
des Zeigefingers verschlimmerte sich und
zeigte, im April 04 Erscheinungen maligner
Entartung, was die Amputation des Fingers
im Metacarpophalangeal-Gelenk nötig machte.
Die mikroskopische Untersuchung ergab Kar¬
zinom. Foulerton, der den Fall demonstrierte,
glaubt nicht, daß die Röntgenstrahlen einen
stimulierenden Einfluß auf das Wachstum von
Epithelzellen haben, da eher das Gegenteil
erwiesen zu sein scheint. Es handelt sich
vielmehr um eine Analogie zu der bekannten
Neigung, chronischen Reizen ausgesetzter
Stellen bösartige Geschwulstbildungen hervor¬
gehen zu lassen. Es ist dies der dritte der¬
artige Fall in London seit kurzer Zeit.
Franz e -Nauheim.
Biclöre. Sur la radiothirapie appliquie
aux nioplasmes du sein. (Arch. d’el. med.
No. 158.)
45 Fälle von Brustkrebs hat er bis jetzt
selbst mit Bestrahlungen behandelt. Seine
Erfahrungen lassen sich folgendermaßen zu¬
sammenfassen: 1. ln jeder Sitzung ist die größt¬
mögliche, für die Haut erträgliche Strahlen¬
dosis zu geben; gewöhnlich beträgt sie 4 H.
2. Zwischen je 2 Sitzungen muß genügender
Zwischenraum liegen, im allgemeinen 8 Tage.
3. Für rezidivierte Brustkrebse, welche ino¬
perabel sind, ist die Radiotherapie die beste
Behandlung. 4. Stets wird durch die Behand¬
lung eine lokale, meistens auch eine allgemeine
Besserung erzielt. Die Dauer der Heilung
ist aber sehr abhängig vom Zustand, in welchem
die Behandlung begonnen wird, indem ober¬
flächliche Hautmetastasen und Narbenrezidive
schnell und dauernd heilen, während alle
tieferliegenden Krebspartieen, besonders auch
die Achseldrüsen, nur wenig oder gar nicht
beeinflußt werden. 5. Skirrhose Karzinome
mit langsamem Wachstum werden weniger
beeinflußt als weiche, jedoch scheint ihr Wachs¬
tum durch die Bestrahlung noch mehr ver¬
langsamt zu werden. 6. Geschwürige Krebse
überhäuten sich bald ganz oder teilweise-
7. Schmerzen schwinden meist nach der ersten
Sitzung. 8. Irgend eine Gegenanzeige gegen
die Bestrahlung gibt es nicht. —a—
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46
Referate.
durch Krampf der Nierengefäße auch Ischämie
der Niere und damit Albuminurie verursachen.
Wie die gute Wirkung warmer Bilder erklärt
werden kann, darüber herrscht keine Klar¬
heit. Am wenigsten klar ist die Wirkung
schweißtreibender Prozeduren auf die Albu¬
minurie, trotzdem diese Methoden in der
Praxis sehr verbreitet sind. Zu starkes
Schwitzen kann sogar durch Eindickungen
des Blutes einer Albuminurie eher günstige
Bedingungen schaffen, als diese hiuteuanzu-
lialten, anderseits ist die diuretische Wirkung
der mit kühlen Prozeduren verbundenen
Schwitzbäder bekannt, und als diuretische
Mittel beeinflussen sie eine Albiminurie in
ähnlich günstiger Weise, wie dies Diuretika
überhaupt tun. Es ist weiter feststehend, daß
Muskelanstrengung Albuminurie provozieren
und eine vorhandene vermehren kann; ins¬
besondere gilt dies von erschöpfenden Be¬
wegungen, Sportübungen; hervorzuheben ist,
daß Training gegen die Wirkungen der
Muskelübungen weniger empfindlich machen
kann. Die Ursache der Albuminurie nach
Muskelübung ist auch nicht klar, aber auch
hier scheinen zirkulatorische Störungen in der
Niere die Hauptrolle zu spielen, wenn nicht
durch den gesteigerten Zerfall von Muskel¬
gewebe dyskrasische Momente im Blute in
den Vordergrund treten.
Eine einzige Art der Bewegung, näm¬
lich das Bergsteigen scheint auch nachweis¬
lich gute Wirkung auf Albuminurie zu haben.
S. meint im Gegensätze zu mehreren Autoren,
daß ilie systematische Apparatgymnastik, ja
selbst die von mehreren Seiten direkt für
schädlich gehaltene Massage auch, nicht nur
ohne Gefahr, sondern sogar mit Nutzen ver¬
wendbar wäre.
Der Einfluß klimatischer Faktoren ist
insofern klargestellt, als man weiß, daß warme,
trockene, windstille Klimata gut, feuchte,
kalte, windige dagegen schlecht wirken.
Bezüglich des alpinen Klimas scheint
noch eine feine Dill'ercnzieruug insofern mög¬
lich zu sein, als mau dasselbe für die zyklische
Albuminurie als ungünstig bezeichnet. Wie
weit die Blutveränderungen durch physi¬
kalische Heilmethoden, soweit eine solche
überhaupt nachweisbar ist, auf die Albuminurie
von Einfluß ist, entzieht sich vorläufig der
Beurteilung.
Von den Einzelformen der Albuminurie
behandelt S. vorerst die febrile Albuminurie,
und betont, daß eine bestehende Albuminurie
niemals davon abhalten darf, die für die
fieberhafte Affektion notwendigen hydrothera¬
peutischen Prozeduren durchzuführen, ja
selbst eine akute Nephritis kontraindiziert
die genannten Prozeduren nicht; so bei
Scharlach und andren Infektionskrankheiten,
welche am häutigsten zu Nierenerkrankungen
Veranlassung geben, soll man auf die Albu¬
minurie keine sehr weitgehende Rücksicht
nehmen, solange das Fieber kühle Bäder not¬
wendig macht. Bei Stauungsalbuminurie ist
die Ursache der Stauung zu beheben, und da
leistet die Hydro- und Mechanotlierapie Be¬
deutendes; ähnlich bei der zyklischen resp.
orthotischen Albuminurie, welche als Ent¬
wicklungskrankheit den physikalischen Heil¬
methoden die dankbarsten Behandlungsobjekte
liefert. Hochgebirgsklima, Bergsteigen ver¬
bunden mit Hydrotherapie leisten oft hier
Bedeutendes, nur muß Genauestes kontrolliert
werden, ob die orthodische Albuminurie nicht
etwa die eine in Entwicklung begriffene
Schrumpfniere maskiert. Bei physikalischer
Behandlung der nephritischen Albuminurie
tritt dieses Symptom gegenüber der Ödeme
der urämischen Intoxikation und hauptsäch¬
lich gegenüber dem Herzen zurück. Durch
Behandlung dieser letzten Symptome wird
Besserung der Albuminurie erzielt. Bei
akuter Nephritis ist kalte Applikation so¬
viel wie ganz auszuschalten, bei anderen
Formen von Nephritis sind Kombinationen
von Schwitzkuren mit Kälteprozeduren und
entsprechende mechanische Therapie von
großem Wert. Ein Augenmerk ist auf die
zeitlichen ateriosklerotischen und präguttösen
Albuminurien zu richten, da diese Zustände
entsprechend frühzeitig mit Erfolg angegangen
werden können.
In der sich an diese beiden Referate
anschließenden Diskussion wies Prof. v. Pöhl-
St. Petersburg auf die Wichtigkeit der Oxy¬
dationsvorgänge im Organismus, die nicht nur,
wie man früher glaubte, Wärme erzeugen,
sondern auch kynetische Kraft und damit osmo¬
tischen Druck liefern Das osmotisch indifferente
Eiweißmolekül bildet nämlich durch Oxydation
eine große Anzahl osmotisch aktiver Spal¬
tungsprodukte, unter denen die Harnstoff¬
moleküle die Hauptrolle spielen. Es ist also
bei allen Formen der Albuminerie die Er¬
höhung der Gewebsatmung die Hauptaufgabe,
weil dadurch dem Herzen wie auch den
Nieren die Arbeit erleichtert wird.
Kuthy macht auf die wohltätige Wirkung
dos Klimas Kairos und Egyptens auf den
Verlauf der chronischen Nephritis, ferner auf
die Seltenheit der Albuminurie bei Phthisikern
unter Behandlung derselben mittelst Hydro¬
therapie aufmerksam.
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Referate.
47
Winternitz bemerkt, daß er die während
Infektionskrankheiten z. B. Scharlacli auf-
tretenden Albuminurien durchwegs hydriatisch
behandle, und zwar mit besten Erfolgen. Er
gilbe laktovegetabilische Diät mit relativ
hoher Stickstoffzufuhr; durch methodisches
Wassertrinken könne man, wie er gezeigt
habe, in der Weise die Frage der Wasseraus¬
scheidung günstig beeinflussen, daß die Kranken
abwechselnd in kleineren Schlucken ihre ge¬
samte Wasserquantilät einnehmen, dann
wieder bestimmte längere Pausen der Wasscr-
enthaltung üben.
Samuely illustriert an einem genau be¬
obachteten Falle eines jungen Typhusrekon¬
valeszenten mit Nephritis den ausgezeichneten
Heilwert der Heißluftbilder auf ilie subakuten
Formen der Nephritis, die mit diätetischer
Behandlung kombiniert überraschende Erfolge
erzielen lassen und der medikamentösen Be¬
handlung entschieden vorzuziehen seien.
H. Fischer, Karlsbad, weist auf die mit
der Ansicht von Kolisch kollidierende Tat¬
sache hin, daß bei sogenannter Schwanger¬
schaftsniere Kochsalzinfusionen heilend wirk¬
ten, was darauf schließen lasse, daß entweder
die Schwangerschaftsniere keine Nephritis im
gewöhnlichen Sinne sei, also z. B. ganz andere
anatomisch und physikalische Bedingungen
darbiete, wie die so häutige Alkoholnephritis
der Männer, oder daß die Ansicht, daß die
Retention von Salzen und Wasser bei der
Nephritis die Ursache der Ödeme sei, nicht
oder nicht ausnahmslos gelte.
In seinem Schlußworte bekennt sich
Kolisch selbst zu einem Verehrer der vege¬
tabilen Diät, habe gegen Milchkuren nichts
einzuwenden, könne aber bei chronischer
Nephritis für die Dauer nicht des Fleisches
entbehren.
Gegen Fischer macht K. darauf auf¬
merksam, daß er niemals das Kochsalz für
die Entstehung der Ödeino im allgemeinen
verantwortlich mache, im Gegenteil, sogar für
die nephrogenen Ödeme die osmotische Ent¬
stehung nicht als ausschließliche Ursache
ansieht.
Ooz. Strasser als Korreferent bemerkt
gegenüber Exzellenz v. Pohl, daß er die Be¬
stimmung der Strömungsgeschwindigkeit durch
Vergleichung der Gefrierpunkterniedrigung
von Blut und Harn nicht für so weit ausgebildet
und weitreichend halte, daß davon fürdasWesen
der Albuminurie mehr Verständnis gewonnen
werden könne. Vorläufig lehnen die Forscher
die Rolle des hochmolekularen Eiweißes für das
Verhalten des Gefrierpunktes ab. Gegenüber
Samnelys guten Erfolg der Heißluftbehand¬
lung könne liier vielleicht nicht nur die Be¬
einflussung der Gefäße und der Zirkulation,
sondern auch ein Eiweißabgang durch den
Schweiß mitbeteiligt sein.
Prof. E. H. Kisch sprach über „Neue
Forschungen über die chemisch¬
physikalische Wirkungsweise der
Mi ne ra 1 wil ss e r“. Erbetont, daß die neuen
Methoden es gestatten, die in den Wässern
wirksamen Bestandteile festzustellen, weiter¬
hin den Effekt, der Heilquellen in neuer Weise
zu bewerten, endlich auch bisher unbekannte
Eigenschaften der balneologischen Mittel
aufzuschließen. Die chemische Analyse sei
ein Paß, den die Wissenschaft dem Mineral¬
wasser ausstelle, der aber in Bezug auf die
Treue des Bildes der Zusammensetzung gar
manches zu wünschen übrig lasse.
Von Thans Grundsatz, die chemischen
Mineralwasseranalysen nur so anzugeben, wie¬
viele Gramme der jeweilen Elemente Na Mg
wieviel SOs CI. etc., in einem Kilo des
Wassers enthalten sein, nicht aber wieviel
Natriumchlorid, Natriumsulfat etc. Diese
Änderung werde durch die Lehren von van
t'Hoff sehr gestützt. Salzlösungen resp. die
Mineralwässer repräsentieren eine gewisse
Menge Energie, die auch Arbeit leisten könne.
Sie sei eine mechanische und zwar Volumen¬
energie, deren beide Faktoren Volumen und
Druck als osmotischer Druck bezeichnet
werde, dieser sei abhängig von der Zahl der
von der Volumenseinheit gelösten Moleküle.
Der osm. Druck werde durch die Gefrier¬
punktsbestimmung ermittelt. Der G. einer
Lösung liegt umso tiefer unter Null Grad, jo
konzentrierter selbe sei. Äquimolekulare
Lösungen weisen die gleiche Go. Erniedrigung
auf. So könne man mittelst G. Bestimmung
(Kryoskopie) sehr einfach und leicht den
osm. Druck und damit die Anzahl der Gramm¬
moleküle einer Lösung bestimmen. Außer der
Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung
ist die wichtigste Methode der Analyse der
Mineralwässer die Messung ihrer elektrischen
Leitfälligkeit. Durch die Bestimmung der
elektr. Leitfähigkeit einer Lösung erhalten
wir Aufschluß über den Dissoziationszustand
der in der Lösung befindlichen Moleküle,
einen Wert für den Gehalt an Jonen. Ar-
rhenius hat die letzte Bezeichnung für die
in einer Lösung dissoziirten Atome gewählt,
welche er sich mit positiver, bez. negativer
Eick geladen denkt, zum Unterschiede von
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48
Referate,
den gewöhnlichen unelektrischen Atomen.
Die Salze sind nicht vollständig in ihre Jonen
gespalten, ein Teil ist undissoziiert und der An¬
teil des gespaltenen Salzes, der sogen. Disso-
tiationsgrad, wächst mit der Verdünnung.
Diesen Dissoziationsgrad bestimmt man direkt
mittelst der sehr bequemen Methode der elek.
Leitfähigkeit. Es sind nur die Jonen, welehe
die Elektrizität transportieren, und so erhält
man aus der Ziffer für die Leitfähigkeit zu¬
gleich die Jonenkonzentration, die Gramm-
.Jonen im Liter der Lösung. Die G. uud L.
Bestimmung zusammen hat H. Koppe bekannt¬
lich als physikal.-ehern. Analyse der Wässer
bezeichnet, da durch dieselben quantitativ im
Liter die Zahl der Moleküle, qualitativ der
Jonengehalt bestimmt werden kann. E. hält
diese Analyse für unbedingt nötig und fordert
die Vornahme an der Quelle selbst. Aueli
die vollkommenste Füllung bietet nicht mehr
dasselbe Molekularbild wie das Wasser an
der Quelle selbst. Auch die Wirkung «1er
Mineralwässer in physiologisch - therapeu¬
tischer Beziehung beruht auf den in den
Salzbestaudteilen liegenden, eigenen Kräften,
„osm. Strömungen“ in den Flüssigkeiten des
Organismus.
Je nach dieser Kraft hat von Kost-
hewicz die Mineralwässer in Gruppen geteilt;
die abführenden Bitterw'ässer, die Kochsalz-
haltigen Quellen besitzen einen stärkeren
osm. Druck als das Blut. Ganz nahe der
molekulären Konzentration stehen gewisse
Brunnen, wie Püllna, andere Quellen, wie
Karlsbad, Marienbad, Kissingen u. a. haben
eine geringere Konzentration als das Blut.
Sie werden als hypotonische gegenüber den
früher genannten isotonischen und hyper¬
tonischen bezeichnet. Kisch gibt nun die
bisherigen Anschauungen über Wirkungsweise
der Mineralwässer wie sie Strauss abzüglich
des Einflusses auf die Magensaftsekretion
nachgewiesen hat, und geht auf die Ansichten
Köppes über die Bestimmung des osm. Druckes
der Mineralwässer des Genaueren ein. Kisch
erwartet sich von dem Studium der physi¬
kalisch-chemischen Eigenschaften der Lö¬
sungen strikte Indikationen für deren Ge¬
brauch. Das in Jonen ausgedrückte analytische
Resultat von Wässern kommt der Wahrheit
näher, als die Angabe nach Salzen, auch sind
es vielfach gerade die Jonen, welche die
Reaktion und Wirkung ausüben. Nach Pro¬
fessor Krauss läßt sich diese Art von Analyse
nicht auch auf komplizierte tierische Flüssig¬
keiten ausdehnen. Der Hauptgewinn aus der
osmotischen Theorie würde sich erst dann
einstellen, wenn die spezielle Wirkung der
einzelnen Jonen im Organismus und die Ab¬
hängigkeit dieser Wirkung von ihrer Konzen¬
tration wirklich erkannt wäre.
Or. Zörkendörfer (Vorstand des hygienischen
und baineologischen Instituts, Marionbad;
sprach Uber „experimentelle Untersuch¬
ungen bezüglich der Wirkungsweise der
Sulfatquellen".
Nach einem Überblick über den jetzigen
Stand der Ansichten über die Wirkung der
Sulfate gibt der Vortragende einen Bericht
über die Literatur.
Da die Frage der Sulfatausscheidung
noch nicht vollständig geklärt ist, wurden
die chemisch-physikalischen Arbeiten abge¬
brochen und zunächst die Frage der Resorp¬
tion uud Ausscheidung der Sulfate an einem
Tierversuche geprüft.
Ein Hund wurde in Stickstott'gleichge-
wiclit gebracht, sodann die normale Schwefel¬
säureausscheidung geprüft uud in drei ver¬
schiedenen Versuchsperioden der Schwefel¬
säuregehalt des Harns bei Zufuhren ver-
schiedenerMengen Marienbader Kreuzbrunnens
bestimmt.
Im Vorversuche betrug während 9 Tagen
der S Os-Gehalt des Harns 0,247 g pro die.
Bei Zufuhr von 0,475 SOs in Kreuz¬
brunnen stieg die Ausscheidung auf 0,592 g
pro die, bei 0,950 g SOs-Zufuhr betrug die
Ausscheidung 1,023g SO« pro die, endlich bei
einer Zufuhr von 1,515 g SOs 1,288 pro die.
Bei der Nachperiode wurden am ersten
Tage noch 0,537 g S 0 s ausgeschieden, während
vom zweiten Tage au die Ausscheidung wieder
auf normale Werte sank.
Ferner wurden SO» Bestimmungen bei
dem im balneologischen Institute zur Unter¬
suchung cingelaufcnen Materiale ausgeführt,
wobei sich folgende Verhältnisse ergaben:
Der 24stündige Harn von Kurgästen,
welche noch nicht die Kur begonnen hatten,
enthielt
unter 1 g SOs in 1 Fall
von 1—2 g SOs in 3 Fällen
von 2—3 g SOs in 6 Fällen
etwas über 3 g SO« in 2 Fällen,
die Zahlen stimmten mit den als normal be¬
kannten Werten überein. Während des
Trinkens stieg die Ausscheidung namentlich.
Es wurden gefunden:
8—2 g SO in 2 Fällen,
2— 8 g SO in 14 Fällen,
3— 4 g S 0 in 22 Fällen,
4— 5 g S 0 in 8 Fällen,
5— 6 g SO in 3 Fällen,
6— 7 g SO in l Fall,
7— 8 g SU in 1 Fall,
über 8 g S O in 1 Fall.
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Referate. 49
Im Anschlüsse an den Vortrag Z’s
berichtet Max Porges (Marienbad) über
seine Untersuchungen „über Sulfataus¬
scheidung beim Gebrauch alkalisch-
s a 1 i n i s c h e r Wässer' 1 aus demselben
Laboratorium. P. studierte die Resorptions¬
und Ausscheidungsverhältnisse der Sulfate in
alkalisch-salinischen Wässern. Bisher hatte
man gefunden, daß die abführende Wirkung
desGlauber- und Bittersalzes auf deren höheren
endosmot. Aequi valenten und dadurch bedingter
schwerer Resorbierbarkeit beruht (Glax).
Porges bestimmte die Gesamtschwefelsäure
des Harns und der Faeces während einer
Vor- und während der Versuchsperiode
mittelst bestimmter Mengen Marienbader
Kreuzbrunnens bei normalen Personen, unter
bestimmten Kostverhältnissen, d. i. bei vor¬
wiegender Kohlenhydraternährung und auch
bei vorwiegender Eiweißkost. Seine Resultate
lauten:
1. die mit den alkal. sal. Wässern einge¬
führten Sulfate werden resorbiert und
erscheinen im Harn. Die Resorption
findet bald im Dickdarm bald höher oben
statt und schwankt diesbezüglich sehr.
2. Resorption und abführende Wirkung
stehen in einem antagonistischen Ver¬
hältnisse.
3. Die Ausscheidung von Aetherschwefel-
säuren erleidet in Fällen von normaler
Verdauung keine Veränderung.
Max Haudek (Orthopäde, Wien) be-
haudelte den Einfluß des Seeklimas auf die
Ausheilung tuberkulöser Gelenke und Knochen¬
affektionen im Kindesalter. Die Behandlung
der letzteren müsse eine vorwiegend konser¬
vative bleiben und frühzeitig beginnen. Die
Ruhigstellung der erkrankten Gelenke mit
Entlastung und e v. Extension derselben mittelst
Gypsverbänden oder Entlastungsapparaten sei
zweckmäßig, da die übrige Bewegung, eveut.
das Herumgehen gestattet sei. Hessings
Schienen hülse napparate ermöglichen
gleichzeitige Korrektur fehlerhafter Stellungen.
Bei ganz kleinen Kindern leistet das Gypsbett,
sonst das Gyps oder Lederkorsett die besten
Dienste z. B. bei Wirbelcaries. Als konser¬
vative Methoden kämen auch Injektionen von
Jodoformöl mit oder ohne vorausgehende
Punktion, ferner venöse Stauung, nur aus¬
nahmsweise auch operative Eingriffe in Be¬
tracht wie Abszeßöftüung, Excoehleation, Re¬
sektion kariöser Gelenksenden oder am tuber¬
kulösen Knochen selbst. Alle diese Eingriffe
werden durch günstige Einflußnahme des See-
klimas wesentlich besser zur Wirkung ge-
Archiv f. physik. Medizin etc.
langen und erweisen sich die wenigen bisher
bestehenden Seehospize als geradezu segens¬
reiche Heilstätten, wenn der Aufenthalt nur
genügend laug, oft allerdings Jahre hindurch
bis zur Heilung andauern kann. Der Vor¬
tragende hält die Zahl solcher Hospize für
viel zu gering.
Franz Tripold (Abbazia) unterzieht
das Sommerklima von Abbazia und
seine Indikationen einer ausführlichen
Erörterung. Abbazia sei sowohl Winter- wie
Sommerkurort. Die Sommersaison umfasse
die Monate Mai bis September. Das Monats¬
mittel im Mai sei aus 19 Jahren berechnet
16 8 /to Grad Celsius und schwanke zwischen
2S 6 /io und 6 Grad Celsius als Maximum und
Minimum. Das stärkste Monatsmittel inner¬
halb der Sommerszeit überhaupt betrug 25 4 |io
Grad Celsius, die höchst beobachtete Tages-
temperattir im Schatten 35 4 |io Grad. Strahlende
Wärme, Lichtbesonnung und Bewölkung ent¬
sprächen einem angenehmen gemäßigten Sce-
klirna. Die Luftfeuchtigkeit im Sommer sei
geringer als im Winter, sie betrage 78 6 |io °| 0
im Mai, 73 °|o im Juni. Von Niederschlägen
kommt nur der Regen in Betracht, da Hagel,
Tau und Nebel kaum jemals beobachtet
werden. Der Mai hat durchschnittlich 9°/io,
der August 6*/to Regentage. Der Sommer sei
größtenteils windstill, von den Seebrisen ab¬
gesehen. Von Winden seien Bora und Mestral
kühle Fallwinde vorherrschend, sie zeigen
sonnig-trockenes Wetter an. Abbazia ist im
Sommer für Nephritiker sehr indiziert, weil die
Transpiration gerade hier kontinuierlich und
stärker von statten geht, es empfiehlt sich
ganz besonders für die aus Egypten kommen¬
den Kranken, denen das nördliche und trockene
Sommerklima weniger beliagt. Spezifisch
günstig wirkt es bei Heufieber, da es nahezu
gar keine Gräser und Wiesenflora besitzt.
Was die Indikationen für den Wintcraufcnt-
halt betrifft, so teilt dieser Kurort dieselben
mit denen der Kurorte an der Riviera. Die
Mitteltemperatur ist durchschnittlich um 1 bis
2 Grade tiefer als die der Riviera.
Doz. Desider Kuthy (Budapest) be¬
sprach das Verhältnis „Seeklima zur
Tuberkulose.“ Unsere Tage seien für
die Lungenschwindsuchttherapie eine wahre
Sturm- und Drangperiode. Einerseits dränge
man eifrig nach einem Spezifikum, andrerseits
bestürme die Heilstättenbehandlung mit ihren
Prinzipien und Erfolgen manche bisherige
Anschauung. Es sei ratsam, in dieser Zeit¬
periode ebenfalls das Gleichgewicht unseres
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5Ö
Referate.
Urteiles fest zu behalten und uns vor jeder
Übertreibung zu hüten. Der „ubiquitäre“ Stand¬
punkt der modernen Tuberkulosenheilbe¬
strebungen: die Krankheit überall, vom Klima
unabhängig, zur Besserung führen zu wollen,
wenn nur entsprechende Anstaltsbehandlung
den Kranken geboten wird, sei wohl mehr
als Resultat des sozialen Zwanges zu betrach¬
ten, welcher erfordere, daß die Tausende
armer mittelloser Lungenkranker ebenfalls
einer Behandlung mittelst Luftkur teilhaftig
würden. Diejenigen Aerzte, die den obigen
Satz für alle Phtisikor verallgemeinern, als
ihren Standpunkt verkünden, geraten ent¬
schieden in eine Übertreibung, denn wie
einerseits fessteht, daß man bei weitem nicht
Alles vom Klima erwarten darf, so sei es
auch sicher, daß gewisse Tuberkulotiker für
die rauhen Jahreszeiten ein mildes Klima zu
ihrer Besserung erfordern und nach Möglich¬
keit die Kurorte milden Himmelsstriches auf-
zusuchen haben. Nach Ansicht von Weber
erfordern es die als aktive Lungenphthise be-
zeichneten Fälle, mit oder ohne Fieber, jeden¬
falls die mit einer beginnenden Kachexie und
die mit Kehlkopftuberkulose komplizierten
Fälle. Er,stere finden in der Quarnerogegend
und an den beiden Rivieras die gewünschten
klimatischen Vorteile, für letztere ist in erster
Reihe das milde Inselklima zu empfehlen.
Selbst in den giinstigst gelegenen Kurstationen
aber sollen die Phthisiker sich selber nicht
frei überlassen bleiben. Sie erfordern ge¬
nügende Kontrolle nnd Separation von den
übrigen Kurgästen. An der Diskussion be¬
teiligten sich Dr. Weber-Norderney,
Dr. S z i g e 11 i, Dr. Gorski-Abbazia,
Ne n ad ovicz-F ranzensbad und Di-.
K u t h y -B u d ap e s t und machten sämtlich auf
die Notwendigkeit aufmerksam, Isoliranstalten
in Sanatorien in Kurorten zur Verpflegung
von hochgradig Tuberkulosen zu errichten.
Gäza Fodor. Über den inneren Gebrauch
des Meerwassers.
Die Küstenvölker trinken seit uralten
Zeiten das Meerwasser als Abführmittel und
als Heilmittel gegen Drüsenleiden. In der
Literatur der ältesten Zeit finden sich schon
Angaben über den inneren Gebrauch des
Meerwassers, so bei Plinius, Avicenna u. s. w.
Der eigentliche Schöpfer der Thalassotherapie
ist der Engländer li. Rüssel.
Dr. Fodor — ermuntert durch die bis¬
herigen günstigen Erfahrungen — stellte eben¬
falls Versuche mit dem inneren Gebrauche
des Meerwassers an.
Bei früheren Versuchen wurde entweder
das Seewasser selbst gegeben, oder Präparate,
die mit dom Seewasser hergcstellt waren;
und zwar Meerwasserbrot (Rabuteau). Mecr-
wasser-Latwerge, und Meerwasserelixir (Isie).
Es wurde auch das Meerwasser zu
intravenösen Injektionen angewendet (Rabu¬
teau, Lubanski etc.). Bei seinen Versuchen
verwendete Dr. Fodor das Wasser des
Quarnero, dessen Salzgehalt nach Büchner
3.781, Chlornntriumgehalt 2,9 °/o beträgt; ihm
folgt das Chlormagnesium, schwefelsaures
Magnesium und in kleinen Mengen die
übrigen Salze.
Es ist, also ersichtlich, daß bei Anwendung
des Meerwassers die Hauptrolle das Chlor¬
natrium bei der Wirkung des Meerwassers
spielt. Dr. Fodor führt nun kurz die phar¬
makologischen und physiologischen Eigen¬
schaften des Kochsalzes an, bei seiner lokalen
Einwirkung auf die Magenschleimhaut, wie
die Allgemeinwirkung nach seiner Resorption.
Die anderen Bestandteile sowie die
Wasserwirkung können vernachlässigt werden.
Zur Trinkkur wurde das Seewasser weit von
der Küste geschöpft, sterilisiert und mit, Kohlen¬
säure imprägniert; es wurde angewendet bei
mehreren Fällen von chronischem Magendarm¬
katarrh, Exsudatum pleuritieum, Dyspepsie bei
einem Kinde (von anderthalb Jahren) und
Diabetes mellitus, außerdem wurde es als
Abführmittel versucht.
Das sterilisierte mit Kohlensäure ge¬
sättigte Meerwasser (Marina) wurde von den
Patienten gern genommen und gut vertragen.
Als Abführmittel gab es Dr. Fodor in großen
Dosen ('/» bis 1 Trinkglas, zur Hälfte mit
Wasser verdünnt), in den übrigen Fällen in
kleineren Dosen (‘1«, '/», '/>, Trinkglas), bei
Kindern 1 Kaffeelöffel bis 2—3 Eßlöffel. Bei
Erwachsenen haben kleine Dosen (I, 2 bis 3
Eßlöffel) eher eine obstipierende Wirkung.
In allen Fällen war eine auffallende
Besserung des Appetits und des Allgemein¬
befindens zu konstatieren, bei dem Exsudatum
pleuritieum wurde die Diurese gesteigert und
das Exsudat sank schnell, bei Diabetes mellitus
konnte eine rasche Abnahme der Glykosurie
und Zunahme des Körpergewichtes konstatiert
werden. Gestützt auf seine bisherigen Er¬
fahrungen empfiehlt Dr. Fodor Trinkkuren
mit Meerwasser in Abbazia in den Herbst-,
Winter- und Frühlingsmonaten. Das ver¬
hältnismäßig milde Klima Abbazias ermög¬
licht, in der erwähnten Jahreszeit durch den
längeren Aufenthalt der Kranken im Freien
die Wirklingen der Trinkkuren mit der Seeluft
zu unterstützen.
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Referate.
51
Dr. Offer, Wien. Über vegetarische Diät.
Öfter bezeichnet den Wert derselben
vom Standpunkte der Ernährungsphysiologie
als einen sehr geringen. Die Hauptmängel
bestehen in der Eiweisarmut, welche die Er¬
haltung des Stoft'wechselgleichgewichts er¬
schwert, und in der schlechten Ausnützung
derselben, welche den Calorienwert einer
derartigen Diät noch weiter herabsetzt und
nur den Verdauungstrakt beschwert, ln der
Therapie wird die vorübergehende vegetarische
Ernährung (Diätkur), manchmal sogar eine
bleibende Ernährung mit Pflanzenkost not¬
wendig. Bei Stoffwechsel, Diabetes, Gicht,
Fettleibigkeit, werden durch vegetarische Diät
häufig Erfolge erzielt. Auch Erkrankungen
des Darmes werden durch vegetarische Diät
günstig beeinflußt, doch ist in dieseu Fällen
streng zu individualisieren, und müssen die Kon¬
traindikationen sorgfältig beobachtet werden.
Ferner wird die vegetarische Diät bei
Nierenkrankheiten, bei der Ateriosklerose
angewendet. Der Vortragende kommt zum
Schlüsse, daß die vegetarische Diät sich in
der Therapie Beachtung verschafft hat und
ihre Durchführung von Erfolgen begleitet ist,
daß jedoch dieses Ernährungsregime bei ge¬
sunden Menschen den physiologischen An¬
forderungen nicht entspricht.
ln der anschließenden Diskussion, an der
sich die Herrn v. Pöh 1, Altm an n, S tr aße r
und der Vortr. beteiligt, wird einerseits auf
die Widerstandskraft der reinen Vegetarier
z. B. der Kulis in Indien hingewiesen, daß
die vegetarische Diät sich zeitweise und
durch längere Perioden zumal bei gewissen
Erkrankungsformen von großemWerte erweist,
zumal bei Nephritis, Arteriosklerose, einzelnen
Nervenkrankheiten, daß sie aber als regel¬
mäßige Regime gesunder Menschen weder
empfehlenswert noch berechtigt sei.
Dr. Oskar Frankl, Frauenarzt in Wien. Über
Heißluft- und Heiß Wasserbehand¬
lung von Frauenkrankheiten.
Es ist der Zeitpunkt gekommen, da nicht,
blos über die Technik, sondern auch über die
differenzielle Indikationsstellung für die ver¬
schiedenen thermischen Anwendungsformen
in der Gyniatrie einiges Positives ausgesagt
werden kann. Entsprechend ihrer ver¬
schiedenen physiologischen Wirkung sind die
vaginalen Anwendungen (kurze, prolongierte
Scheidenspülung, Thermophore, konstant
temperierte Thermoden) strickte von den
integumentären (Sitz- und Vollbäder, Moor¬
bäder, Thermophore, konstant temperierte
Umschläge, Heißluft) zu sondern. Fiir den
praktischen Gynäkologen ist der Heißluft¬
apparat von Hilzinger-Keiner in Stuttgart
recht zweckmäßig.
Das akute Stadium entzündlicher Er¬
krankungen verbietet jede Thermothorapie.
Das subakute Stadium schließt die intensive
vaginale Wärmeapplikation aus. Vorhanden¬
sein von Eiterherden läßt jedwede Wärme¬
anwendung unzweckmäßig erscheinen. An¬
sonsten ist von vaginalen Methoden nur die
kurzdauernde heiße Scheidespülung gestattet.
Hingegen sind warme Bäder, Moorbäder, zumal
Heißluft von vorzüglicher Wirkung, insbe¬
sondere, wenn die durch die Wärme bewirkte
Analgesie - Hyperämie durch sofort ange¬
schlossene Massage richtig und vollkommen
ausgenützt wird. Bis an die Bauchdecken
reichende Exsudate erheischen entsprechende
Dosierung der integumentären Wärmeapplika¬
tion wegen Gefahr eitriger Einschmelzung.
Ist die letztere erwünscht, so hat die Behand¬
lung unter bestimmten Kautclen vor sich
zu gehen.
Bei chronischen Entzündungen, bei
narbigen Veränderungen nach solchen mit
gleichzeitiger Uterusverlagerung, ist sowohl
Heißluft, als auch intensive vaginale The.rmo-
applikationen mit sofort angeschlossener
Massage, Dehnung etc. erfolgreich.
Die Thermotherapie der Frauenkrank¬
heiten bedeutet einen großen gyniatrischen
Fortschritt, welchen wir der Hydrotherapie
zu danken haben.
In der Diskussion betonte Dr. Ullmann.
daß der Vortragende die Methode der kon¬
stanten Wärmeapplikatiouen von den übrigen
Wärmemethodeu z. B. dem reizenden Heißluft¬
verfahren zu wenig abgegrenzt und in seine
speziellen Indikationen zu wenig scharf her¬
vorgehoben habe, ferner, daß seinen Er¬
fahrungen entsprechend rationell angewendet
konstante Wärme auch bei akuten Ent¬
zündungen auf infektiöser Basis Indikationen
finde. Frankl will jedoch die akute Salphin-
gitis und Oophoritis schon wegen der Möglich¬
keit des Platzens der Eitersäcke ausge¬
schaltet wissen.
(Fortsetzung folgt).
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52
■Referate.
Österreichische radiologische Literatur.
V. Jaksch. Die Röntgendiagnostik
innerer Erkrankungen. Verein deut¬
scher Arzte iu Prag. Sitzung vom 10. Fe¬
bruar 1905. Ref. Prager med. Wochcnschr.
1905. No. 7.
Auf Grund eines Materiales von 300
Fällen bespricht der Vortragende die Bedeutung
der Röntgendiagnostik und betont besonders
für die Untersuchung schwerer fieberhafter
Lungenkranker die Vorteile der ventrodorsalen
Aufnahme in Rückenlage. Ferner demonstriert
er eine Reihe von Röntgenplatten, welche
die Lungentuberkulose in ihren verschiedensten
Formen zeigen, einen Fall von tuberkulösem
Pyopneumothorax vor und nach der Bülau’schen
Drainage. Bei fortlaufenden Röntgenunter¬
suchungen von Pneumoniefällen ergab sich,
daß die Schatten in der Platte größer sind,
als die Dämpfungen, welche die physikalische
Untersuchung bietet, daß die Lösung einer
Pneumonie fast immer zentral in dem be¬
troffenen Lappen beginnt und von da nach
der Peripherie weiter fortschreitet, daß end¬
lich bereits in einer Zeit eine Abnahme der
Schatten stattfindet, in welcher weder der
Gang des Fiebers noch die Perkussion die
beginnende Krise anzeigen. Atelektase er¬
zeugt weniger intensive Schatten als die pneu¬
monische Infiltration.
Wilhelm Goldzieher (Budapest). Die Wir¬
kung der Röntgen strahlen auf
trachomatöse Infiltrate. Gesellsch.
der Spitalärzte VI. Sitzung vom 20. IV. 1904.
Ref. Bester Med G'hir. Presse 1905. No. 2.
Bei glattem Trachom verschlimmerte
sich der Reizzustand und die subjektiven Be¬
schwerden nach der Röntgenbehandlung, gut
bewährte sich dieselbe aber in zwei Fällen
von Trachoma mixtum und einem Fall von
reinem follikulärem Trachom. Die infiltrierte
Konjunktiva verdünnte sich schon nach kür¬
zester Zeit, die Knoten au der Übergangsfalte
verschwanden. Bei dem gemischten Trachom
ergab die chirurgische Behandlung augen¬
scheinlich einen besseren Erfolg, da keine
Vernarbung und Atrophie der Konjunktiva
wie nach der Röntgenbestrahlung auftrat. In
den Fällen von einfachem Trachom mit Knöt¬
chenbildung scheinen beide Methoden gleich¬
wertig zu sein.
In der Diskussion betont Alfred Huber
die Nützlichkeit des H o 1 z k n ec h t’schen
Chromoradiometers zur Vermeidung von unan¬
genehmen Nebenerscheinungen.
Rudolf Böhm (Prag). Ü berRadium, radio¬
aktive Substanzen, Radiumwir¬
kung und R a d i u m t h e r a p i e. Über¬
sichtsreferat. Prager medizin.
Wochcnschr. 1905. No. 7—9.
Der Autor bespricht in übersichtlicher
Weise die physikalischen und chemischen
Eigenschaften des Radiums und der radio¬
aktiven Substanzen überhaupt, die Wirkung
der Radiumstrahlen auf die Netzhaut; ferner
werden an der Hand der Literatur die Be¬
einflussung des Wachstums niederer Organismen
sowie die Veränderungen an inneren Or¬
ganen nach Radiumbestrahlung gewürdigt. Am
Schlüsse bespricht B ö h in die therapeutischen
Ei folge des Radiums. Er selbst hat au der
Klinik Pick mit einer 20 mg Radiumbromid
enthaltenden Kapsel gute Resultate besonders
bei Neoplasmen und Teleangiektasien erzielt.
Moriz Schein (Budapest). Rüntgenstra lilen
in der Dermatologi e. Pester Medizin.
Chir. Presse 1905. Nr. 2.
Bei der Anwendung der Röntgenstrahlen
müssen hauptsächlich drei Momente berück¬
sichtigt werden: 1. die kumulative Wirkung
der Röntgenstrahlen, 2. das latente Stadium
der Wirkuug des Röntgenlichtes, 3. die so¬
genannten sekundären Hautveränderungen:
Atrophie der Haut oder zahlreiche Teleangi¬
ektasien, wie sie von Riehl, Holzknccht
und Ehr mann beobachtet wurden. Doch
kann eine derartige starke Reaktion bei sorg¬
fältiger Kontrolle mit Sicherheit vermieden
werden. Der Autor bespricht des weiteren
ausführlich die Technik des Röntgenverfahrens
und bezeichnet das Holzknech t’sche Chromo-
radiometer für den größten Fortschritt in
der Radiotherapie.
Eduard Schiff. tSitzuug der k. k. Ge¬
sellschaft derAerzte in Wien vom 24. II. 1905.
Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 9) be¬
richtet über die von ihm bezüglich der W i r-
kupg des Radiums auf die Haut au
seinem eigenen Arm angestellten Versuche.
Er experimentierte mit einer Radiumkapsel
von 55 mgr. Aktivität 200.000. Am 5. Tage
wurde die Applikationsstelle leicht rosarot,
dann kupferrot und endlich zyanotisch. Nach
einigen weiteren Tagen bildete sich ein Schorf,
ähnlich dem nach einer Verbrennung, der sehr
schmerzhaft war und die Beweglichkeit des
Vorderarmes behinderte. Nach ßtägiger Dauer
ließen «lie Entzündungserscheinungen nach und
die Haut kehrte allmählich zur Norm zurück.
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Referate.
53
In der folgenden Diskussion bestritt
Holzknecht. die Neuheit der gemachten
Mitteilung und wies darauf hin, daß tiereits
vor 2 Jahren von ihm und A. Exil er der¬
artige Versuche angestellt und publiziert
wurden, die zu denselben Resultaten geführt
haben.
Eduard Lang. (Sitzung der k. k. Ge¬
sellschaft der Ärzte in Wien vom 17. II. 1805.
Wiener kliu. Wochenschr. 1905. No. 3) de¬
monstriert einen Fall von Karzinoderma pig¬
mentosum. Der 52jährige Mann wurde seit
einem halben Jahre mit Röntgenstrahlen be¬
handelt. Das Gesicht ist durch ausgedehnte
Ulcerationen zerstört, das rechte Augenlid
fehlend, Conjunctiva ectropioniert und herab¬
gezogen durch ein bis zur Nasenwurzel und
Wange reichendes Geschwür mit derber Basis
und wallartigen Rändern, ferner Geschwüre
am Ohr, Hals und den unteren Extremitäten.
Die Haut am ganzen übrigen Körper, mit Aus¬
nahme handtellergroßer isolierter Herde,
schmutzig graubraun verfärbt. Die Röntgen¬
behandlung kann in diesem Falle geradezu
als souverän bezeichnet werden. Ob sie aller¬
dings auf das Bestehen der Disposition zur
Karzinombildung einen Einfluß hat, ist un¬
gewiß.
Julius Flesch (Sitzung der k. k. Ge¬
sellschaft der Ärzte in Wien vom 3. II. 1905.
Wiener klin. Wochenschr. 1905. No. 6) demon¬
striert ein usuricrendes Aneurysma
der Aorta thoracica descendens bei
einem 43jährigen Buchhalter, der seit. 2 Jahren
an Tabes im praeataklischen Stadium leidet.
Die halbkugelige Geschwulst reicht einerseits
vom inneren Rande des linken Schulterblattes
und der Wirbelsäule, andrerseits von der
linken zweiten bis zur 4.-5. dorsalen Rippe
und zeigt exquisite transversale Pulsation.
Radioskopisch (Dozent Dr. Kienböck) ist
das linke Lungenfeld in seinem oberen Viertel
stark verdunkelt., indem sich beiläufig in
der Höhe in des zweiten Interkostalraumes
an den Mittelschatten nach links ein ebenso
intensiver Schatten anschließt. Es handelt
sich um mehrere 2-3 Mandarinen - große,
homogene dichte Massen, welche im Thorax¬
raum sitzen. Ungewöhnlich an dem Fall ist:
1. das subjektive Wohlbefinden, 2. der Mangel
aller Verdrängungs- und Kompressionserschei-
nungen, 3. das rasche Wachstum, 4. die schmerz¬
lose Destruktion des Knochens.
C. Hödlrnoser. Aneurysma der Aorta
ascondens und Aneurysma der Ar¬
te r i a in n o mina t a mit Durchbruch
in die Vena cava superior. Wiener
klin. Rundschau. 1905. No. 7.
In einem der beiden Fälle, einen 45,jäh¬
rigen Beamten betreffend, wurde von Regi¬
mentsarzt Dr. Richter eine röntgenographische
Untersuchung vorgenommen. Dieselbe ergab
das Vorhandensein eines breiten Schattens zu
beiden Seiten des Sternums, besonders aber
nach der rechten Seite bin (Durchleuchtung
ventro-dorsal). Die. Sektion ergab ein großes
sackförmiges Aneurysma des Anfangsteiles
der Arteria anonyma, welches den Truncus
der Vena cava superior komprimierte und in
denselben perforierte.
Heinrich Mache. Über die Radioaktivi¬
tät d e r Thermen von W i 1 d b a d —
Gastein. K. k. Gesellschaft der Arzte
in Wien, Sitzung vom 27. 1. 1905. Wiener
klin. Wochenschr. 1905.
Die Ursache der Radioaktivität vieler
Quellen ist ihr Gehalt an Emanationen Unter
diesen wirken die Quellen von Wildbad—
Gastein am stärksten radioaktiv infolge von
Radiumemanationen aus Gesteinsschichten,
welche das Quellwasser passiert. Die Menge
der Emanationen ist in jeder Quelle verschie¬
den und steht mit der Temperatur des Wassers
in keinem Zusammenhang.
In der Diskussion berichtet Neusser,
daß er mit Uranpechblende, die er aus Jo-
achimsthal in Böhmen bezogen, künstliches
Gasteinerwasser erzeugt habe. Es wird mit
5 kg der Uranrückstände ein Bad bereitet,
wobei die Wanne mit. einem gasdichten Stoff
bedeckt wird, damit die im Wasser entwickelte
Emanation nicht zum Teil an die umgebende
Luft abgegeben werde. Die Uranpechrück¬
stände wurden auch in Säcken als Umschläge
appliziert. Es wurden zwei Patientinnen mit
Peritonitis tubcrculora und ein Fall von Inter¬
kostalneuralgie mit gutem Erfolg behandelt.
Wiek betont, daß man zwischen der
Reaktion und der therapeutischen Wirkung
der Therme unterscheiden muß. Er sah unter
mehr als 3000 Fällen nur in I0 0 /o Reaktions¬
erscheinungen. Ob die Wirkung des Thermal¬
wassers mit der Wirkung der Radiumemanation
identisch ist, kann nur durch spezielle Experi¬
mente bewiesen werden.
Hugo Gerber (Gesellschaft für innere
Medizin und Kinderheilkunde, in Wien.
Sitzung vom 15. Dezember 1904. [Original-
berichtej) demonstriert einen Fall von lympha¬
tischer Leukämie, bei welchem durch Rönt¬
genbestrahlung ein fast vollständiger Sehwund
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54
Referate.
der Lymphdriisentumoren und Sinken der
Leukocytenzahl beinahe bis zur Norm
erzielt wurde. In den der Bestrahlung fol¬
genden Stunden schnellen die Leukocyten-
werte empor, was Gerber als Ausschwemm¬
ung von Leukocyten aus im Körper vorhan¬
denen Depots (Lymphdriisen) auffaßt. Später
erfolgt erst ein beträchtlicher Abfall der
Leukocytenanzahl.
Guido Holzknecht hat ll Fälle von Leu¬
kämie mit Röntgenstrablen behandelt, sämt¬
liche bis auf einen Fall lymphatische Leu¬
kämien. Es zeigte sich anfänglich steile
Zunahme, dann allmähliches Absinken der
Leukocytenwerte, nach längerem Aussetzen
Erhebungen der Curve, Verkleinerung der
Milz bis zum Verschwinden unter dein Rippen¬
bogen, Verkleinerung bis Verschwinden der
Drüsentumoren, Abnahme des Gewichtes in
den ersten Wochen um 1— l'/s kg, Zunahme
der Erythrocyten im ersten Monat bis um drei
Millionen, rasches Verschwinden vorhandener
subjekti verBesch werden, Nichtwiederauftreten
der Temperatursteigung, wo eine solche vor¬
handen war. Das Allgemeinbefinden besserte
sich, in einigen Fällen traten gleich nach der
ersten Bestrahlung Erbrechen und Kopf¬
schmerzen auf. Es handelt sich um keine
Heilung, sondern um eine weitgehende, aber
passagere Besserung. Aber auch als palliative
Therapie von so eminenter Wirkung müssen
wir die Röntgenbehandlung bei Leukämie be¬
grüßen.
A. Herz (Wien). Zur Röntgenbehand¬
lung der Leukämie. Wiener klin.
Wochenschr. 1905. No. 8.
Ein ööjähriger Gärtner, der an lympha¬
tischer Leukämie liit, wurde von Holz¬
knecht mit Röntgenstrahlen behandelt. Die
Lymphdriisen zeigten eine langsame aber
stetige Abnahme der Größe und der Konsistenz.
Die Leukocytenzahl im Blute schnellte un¬
mittelbar nach der Bestrahlung in die Höhe,
um nach weiteren Stunden bedeutend herab¬
zusinken. Das prozentuale Verhältnis der
einzelnen Leukocytenarten blieb vor und nach
der Behandlung so ziemlich das gleiche. Der
Patient, dessen Allgemeinbefinden sich nach
der Bestrahlung bedeutend gebessert hatte.
starb an einer interkurrenten Erkrankung.
Die Autopsie bestätigte die Diagnose der
lymphatischen Leukämie.
Ludwig Schweinburg (Zuckmantel). Lie-
nale Leukämie bei Einwirkung
von Röntgenstrahlen. Wiener med.
Wochenschr. 1905. No 8.
Kurzer Bericht über einen durch Radio¬
therapie bedeutend gebesserten Fall von Re¬
naler Leukämie mit großem Milztumor. Es
wurden 29 Bestrahlungen vorgenommen mit
mittelweichen Köhren, wobei die ganze Haut¬
fläche, unter welcher der Tumor lag, möglichst,
gleichmäßig bestrahlt wurde. Der Umfang
des Bauches verkleinerte sich unter der Be¬
handlung bedeutend, die Milz schwoll ab, das
Allgemeinbefinden des Patienten besserte sich
zusehends. Die Zahl der Leukocyten im Blute
nahm um das Dreifache ab.
A. Fuchs (Mitteilungen der Gesellschaft
für innere Medizin und Kinderheilkunde in
Wien. Sitzung vom 9. Febr. 1905) demonstriert
einen Fall vou Tumor der Hypophysis
bei einem lfijährigen Mädchen, welches intra¬
kranielle Drucksteigerung, temporale Hemi¬
anopsie und Cessieren der Menses fast gleich¬
zeitig mit dem Auftreten der ersten Symptome
zeigte. Arthur Schüller demonstriert, die
Sehädelröntgenogramme der Patientin, an
denen man erkennt, daß der Boden und die
Lehne des Türkensattels destruiert und die
pneumatischen Räume erweitert sind. Die
von Erdheini geforderte Unterscheidung der
Hypophysentumoren in intra- und extrasellare
kann auch in vivo röntgenographisch dar¬
gestellt werden. Bei intrasellaren Tumoren
zeigt die Schädelwand häutig akrornegalische
Veränderungen, bei extrasellaren Tumoren
finden sich infolge der Vertiefung der Impres¬
sionen Verstärkung der Juga cerebralia, ferner
Erweiterung der Emissarien und bei jugend¬
lichen Individuen verzögerte Verknöcherung
der basalen Synchondrosen. Wird der Sella-
boden durch die vordringenden Weichteile
völlig usuriert, so kann im Kontrast zu dem
Luftraum der Keilbeinhöhle der Kontur des
Schattens des betreffenden Weichteilgebildes
direkt im Bilde gesehen werden.
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Balneotherapie, elektrische Bäder etc.
W. Bain, W. Edgecombe und H. Frankling:
The effeet of certain baths and fornis of
electricity on tlie blood, blood pressure,
and metabolism. (The Lancet, 2'J. IV. 05.)
Die drei Autoren haben an sich selbst
wahrend eines Zeitraumes von 40 Tagen in
dem englischen Badeorte Harrogate Be¬
obachtungen über die Wirkung von elektrischen
Prozeduren und verschiedenen Bäderarten
angestellt, deren Resultate im Nachfolgenden
wiedergeguben werden. Untersucht wurden:
Die täglich ausgeschiedene Gesamtmenge von
Harnstoff, Harnsäure, Sulphaten, Phosphaten,
Chloriden und die Gesamtazidität. Ferner
machten die Autoren Hämoglobinbestimmungen
des Bluts und Zählungen der Blutkörperchen
sowie Blutdruckmessungen. Während der
Versuchszeit wurde eine bestimmte Diät cin-
gehalten, womit schon eine Woche vor Beginn
der Beobachtungen angefangen wurde, um das
Gleichgewicht des Stoffwechsels nicht zu
stören.
I. Hochfrequenz-Ströme.
Per Blutdruck bei „Autokondensation“
(gemeint ist wohl Auto-Konduktion. Ref.) steigt
zuerst und kehrt rasch zur Norm zurück;
daher Einfluß = 0; bei Applikation von
Büschelentladungen auf den ganzen Körper
trat eine Erniedrigung des Blutdrucks um
10—15 mm Hg. ein. Bei Anwendung auf das
Abdomen stieg er etwas, aber nicht bis ziir
ursprünglichen Höhe. Die Dauer der Druck¬
erniedrigung nach Aufhören des Stroms war
nur kurz. Funkenentladung mit leichter
Massage rufen stärkere Blutdruckerniedrigung
hervor, aber zugleich papulös-erythematösen
Ausschlag.
Der Haemoglobingehalt des Bluts
war an den Versuchstagen vermehrt bei einer
Abnahme in der Zahl derroteu Blutkörperchen.
Der Einfluß auf den Stoffwechsel, taxiert
nach dem Harnbefund, zeigte bei beiden ge¬
nannten Applikationsweisen Zunahme der
Harnmenge, des Harnstoffs, der Harndäure,
Sulphate, Phosphate und beträchtliche Ab¬
nahme der Azidität (Gesamtazidität oder relativ
zur gesteigerten Menge? Ref.).
2. Vollbäder mit Qielchstrom und Slnusoldalem Strom.
Hierzu benutzten die Autoren ein
„mildes alkalisch-sulphatischcs“ Wasser von
37° C. Dauer 20 Min. Stärke des Wechsel¬
stroms 60 M. A. Einfluß auf Blutdruck = 0
(d- h wie beim gewöhnlichen Schwefelbad zu¬
nächst ein Abfall um ca. 15 mm Hg, mit
sofortiger Einstellung auf die Norm nach dem
Bade.) Einfluß auf das Blut = 0, d 1 ^ auf den
Stoffwechsel. Beim galvanischen Bade wurden
200 M. A. verwendet; auch hier kein Einfluß
auf den Blutdruck, dagegen eine geringe Ver¬
mehrung des ausgeschiedenen Harnstoffs. (War
das Bad nicht ein „monopolares“, d. h. wurde
nicht eine Elektrode außerhalb des Wassers
auf den Körper appliziert, so ist es bei der
großen Leitfähigkeit derartiger Wässer mit
chemischen (npredienzen klar, daß der Badende
überhaupt, nichts vom Strom bekam! Ref.)
3. Licht- und Ozonbäder.
Hierbei handelt es sich um ein elek¬
trisches Lichtbad mit Hinzufügung von Hoch¬
frequenz-Strömen und Einatmung von ozoni¬
sierter Luft, dessen Technik im Original nach¬
zusehen ist. Auch hierbei fällt, der Blutdruck
beträchtlich, um bald nachher zur Norm zu¬
rückzukehren; ferner fand sich Zunahme der
roten Blutkörperchen. Die Urinmenge wurde
etwas vermindert,, ebenso diejenige des Harn¬
stoffs (durch Verlust im Schweiß.) Harnsäure
und Phosphate zeigten sich etwas vermehrt,
Sulphate unverändert.
4. Überhitzte Luftbäder nach Dowelng und Grevllle.
Der Blutdruck fällt; die roten Blut¬
körperchen nehmen ab und kehren nachher
sofort zur Norm zurück (d. h. sie verschwinden
teilweise nur aus dem Blutstrom ? Ref.) Die
Ausscheidung von Harnstoff und Harnsäure
wurde etwas vermehrt, ebenso die Urinmenge.
Beide Systeme unterscheiden sich ferner etwas
hinsichtlich ihrer Wirkung. Das Dowsitig-
systera, wobei Licht und Wärme zugleich ein-
wirken, bedingt Verminderung des Hämo¬
globins im Blut, das Grevillesystem — Wärme
ohne Licht — vermehrt es.
5. Bcrstle- und Vlchy-Bider.
Das Bad besteht in der aufeinander¬
folgenden Anwendung von Dampf, Massage,
„Spray-Douehe“ (ca. 37° C.) und endlich „Nadol-
douche“, die allmählich abgekühlt wird. Es
ergibt sich eine Erhöhung des Blutdrucks
und des Hämoglobingehalts und Vermehrung
des ausgeschiedenen Harnstoffs, der Sulphate
und der Harnsäure.
6. Moorbäder.
Autoren fanden Verminderung der
Menge des Harns und des Harnstoffs.
7. Thermal-Schwefelbfider.
Nur Vermehrung der Harnmenge war
das Resultat.
Die Autoren schließen mit einer Zu¬
sammenfassung der Resultate und der Indika¬
tionen der verschiedenen genannten Prozeduren.
Franzc-Nauheim.
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56
Referate.
Elektrodiagnostik und Elektrotherapie,
C. Webb: Some remarks on electrostatic
treatment („The Lancet“, June 10. 05.)
Autor plaidiert für die Einstellung der
Influenzmaschine in das Rüstzeug jedes
Elektrotherapeuten, trotz der hohen Kosten,
und behauptet, daß man alles damit erreichen
kann, was eine d’Arsonval-Einwirkung leistet,
und noch mehr. Die Influenzmaschine gibt
Elektrizität von hoher Spannung und geringer
Ampere-Zahl. W. rühmt als besonderen Vor¬
teil der Influenz-Elektrizität, daß man die
Spannung kontrollieren und zahlreiche Modi¬
fikationen der Anwendung benutzen kann, als
Funken- und Biischel-Entladungen, elektro¬
statischen Wind und statische Induktion mit
und ohne sekundären Unterbrechungen. Es be¬
steht ein großer Unterschied zwischen der
Wirkung des positiven und negativen Pols!
erstere ist stimulierend, letztere sedativ. Der
„statische Wellenstrom“ (Mortou’scher Induk¬
tionsstrom Ref.) wird hauptsächlich (nach W.)
als oszillierender einpoliger Strom, und zwar
entweder der positive oder der negative Pol,
angewendet. Spannung, Frequenz und Strom¬
stärke unterliegen der Willkür des Arztes.
Die Applikation ist schmerzlos. Der isolierte
Patient wird elektrisch geladen und entladen,
synchron mit den Unterbrechungen an der
Funkenstrecke ohne Schmerzempfindung, wobei
sowohl allgemeine Wirkungen als auch lokale
an den Elektroden zustande kommen. Als
lokale Beeinflussungen sieht W. folgende an:
Verminderung von Stauung, Absorption von
Plasma und Detritus unter Nachlaß von
Schmerzen. Der statische Induktionsstrom
bewirkt eine „histologische Massage“ d. h.
ein Pulsation jeder einzelnen Zelle an den
Elektroden synchron mit den Oszillationen
der Funken. Die Büschelentladung kann
Rötung hervorrufen. Handelt es sich um
eine ulzerierende Fläche oder Brandwunde,
so bedeckt sich bald die Oberfläche mit einer
kollodiumartigen Schicht, was von der Gerinn¬
ung des Albumins herrührt. Schlechtriechende
Absonderungen werden durch das erzeugte
Azon desodorisiert.
Als konstitutionelle Effekte sieht W.an:
Allgemeine Erniedrigung des Blutdrucks (bis
zu 30 mm Hg. an der Radialis) und Allgemein-
Wirkungen auf das Nervensystem —■ stimu¬
lierende oder sedative — je nach dem Pole.
Daher empfiehlt sich die Anwendung der
statischen Elektrizität bei folgenden Affek-
t.ionen: Akute und chronische Entzündungen
nicht - bakteriellen Ursprungs, Leberan-
schoppung, chronische Gelenkentzündungen,
Neuritis, Neuralgien. Ischias, Lumbago,
Geschwüre, Hautkrankheiten, entzündliche
Drüsengeschwülste, gewisse Keblkopfaffek-
tionen (chronische und subakute Stimmband¬
entzündung mit. Heiserkeit oder Aphonie.)
Die kontraktionserregeude Wirkung auf glatte
Muskelfasern bedingt gute Erfolge beiHaemor-
rhoiden. Ein dankbares Feld der Anwendung
sind nervöse Affektionen, so nervöse Dysmen¬
orrhoe, Neurasthenie, Kopfschmerzen, Mattig¬
keit, funktionelle Neurosen, Schlaflosigkeit
und Zerebrasthenie. Kurz, die Franklinisation
(denn so heißt diese Form der Elektrisation
Ref.) ist ein vorzügliches Tonicum.
Frau ze-Nauheim.
Elektrolytische Heilung von Oesophagus-
striktur.
4 Fälle elektrolytisch geheilter Oesopha-
gusstrictur. (Sitzung d. soc. de l’intcrnat
des höpit de Paris, 22. 12. 04) Corr. med. de
Paris No. 53. 04. 1. Junges Mädchen mit
fast undurchgängiger Oesophagusstrictur nach
Laugenverätzung, war nur noch durch Nähr-
klystiere zu erhalten und sehr herunterge¬
kommen. Die 7 cm lange, 3 mm weite Striktur
wird mit großer Schwierigkeit bougiert,, durch
16 elektrolytische Sitzungen geheilt. Jetzt
besteht volle Heilung seit 14 Jahren. 2. 30jähr.
Mann, 4 mm weite Verengung, ebenfalls nach
Laugenätzung, ln 5 Sitzungen wurde sie auf
14 mm erweitert. Heilung seit 6 Jahren.
3. 15jähriger Knabe, Verengung durch Laugen-
verät.zung, 2 mm starke Sonde passiert eben
noch. Heilung nach 5 Sitzungen soweit, daß
er wie früher schlucken kann. 4. Krebsige
Verengung wurde in 5 Sitzungen ebenfalls
so erweitert, daß Ernährung auf gewöhn¬
lichem Wege möglich ist. — Das Verfahren,
die „lineare“ Electrolyse, ist nicht mitgeteilt.
—a
Phototherapie,
Neuere Arbeiten über Lichtbehandlung
(Monatsschrift für praktische Wasserheilkunde
etc. 25. 3. 05.) Seldin wies die tötliche Wirkung
des Röntgen- und Radiumlichtes auf kleine
Säugetiere (Mäuse) nach. Meerschweinchen
wurden kaum beeinflußt. Albers-Schönberg
entdeckte den deletären Einfluß dieser Strah¬
lungen auf die Hoden von Tieren. Erbesteht
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Tagesgeschichte. — Zeit- und Streitfragen.
57
in Degeneration des Epitels der Samenkanäl¬
chen mit nachfolgender Nekro- und Azoo¬
spermie. Radium wirkt in dieser Hinsicht am
stärksten.
Der Einfitili der Sensibilisierung ist weit
geringer, als angenommen wurde; manche
(Forchhanimer) leugnen ihn ganz. Strebei redet
der therapeutischen Verwendung der aus einem
Lenard’schen Alurniniutnfenster der Röntgen¬
röhre austretenden Kathodenstrahlen das Wort
besonders für Photokaustik und Glimmlicht¬
behandlung der Blennorrhoe. Lupus und
Epitheliom sollen günstig beeinflußt worden
sein. Am wichtigsten erscheint die Behand¬
lung des Epithelioms mit Röntgenstrahlen.
Biscerie schreibt den Heilungsprozeß der
angeregten Phagozytose zu, Beclöre der
spezifischen Wirkung auf das epitheliomatöse
Gewebe. Sicher ist es, daß unter Röntgen¬
bestrahlung die Krebszellen zunächst zerstört
werden, aber auch das Zwischengewebe und
die tieferen Hautteile. Demnach ist weder
von einer elekt.iven (? Ref.) noch von einer
spezifischen Wirkung die Rede, denn auch
bindegewebige Neubildungen werden beein¬
flußt. Lerrödde schreibt deu Haupteffekt der
gleichzeitigen Ex udation zu. Hynek be¬
obachtete bei Leukämie Besserung mit Reazer-
bat.ion nach Aufhören der Bestrahlung. Er
findet die Wirkung der X-,Strahlen hierbei in
der Zerstörung der Lymphzellen, deren Hyper¬
plasie nach seiner Ansicht die Ursache aller
Leukämie wäre. Er erzielte auch bei perni¬
ziöser Anämie mit dieser Behandlung gute
Resultate, doch kann er sich hinsichtlich des
Dauererfolges noch nicht äußern. Ein Fall
von chronischer Lymphozythämie bot kein
therapeutisches Resultat, außer Verkleinerung
der Milz und der Leukozyteuzahl. H. glaubt,
daß durch Röntgenisierung das Leben der
Leukämiker am sichersten verlängert wird.
Franz e-Nauheim.
IV. Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
(Artikel unter eigener Verantwortung der Herren Einsender).
Die Wechselstromfrage im Röntgenbetrieb. — Neue Terminologie im Röntgenverfahren. —
Messungen an Induktorien. — Preissteigerung des Radiums. — Dr. Zander-Saltsjöbaden;
Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden. — Zur Frage der Heilung der Psoriasis.
O Oie Wechselstrom-Frage im Röntgen¬
betrieb hat auf dem Kongreß ausführliche Be¬
handlung gefunden. Es handelt sich darum,
nach einer Erfindung, die von dem Ingenieur
Koch in Chemnitz ausgeht, gewöhnlichen tech¬
nischen Wechselstrom in sehr hohe Spannung
zn transfoi inieren, so daß er den Widerstand der
Röntgenröhre ttbenvindet, und von diesem hoch¬
gespannten Wechselstrom dann die Impulse einer
Richtung der Röhre znznfübren. Die Aufgabe
ist in verschiedener Weise gelöst worden, doch
wurde anf dem Kongreß auch von seiten eines
Fachmannes bei den verschiedenen diesbezüg¬
lichen Vorträgen der Einwand erhoben, daß mit
allen diesen Wechselstromapparaten wahrschein¬
lich keine guten Röntgenaufnahmen erzielt werden
können. Die Begründung liegt darin, daß die
Qualität der Aufnahme von der Komplexität der
erzeugten Strahlen abhängt, diese aber von der
Entladungskurve, nnd daß die Wechselstrom-
entladungen keine solchen komplexen Strahlnngen
ergeben. Der Kritiker betonte auch ansdrlicklich,
daß bis jetzt nicht eine einzige wirklich gnte
derartige Aufnahme vorgezeigt worden sei, und
daß die Vertreter dieses neuen Systems den
Nachweis, daß auch mit diesen neuen Methoden
gnte Röntgenbilder erzeugt werden können, noch
zn erbringen hätten. Es wird Sache der Fabri¬
kanten der Apparate sein, diesen Nachweis
zn führen. Wir werden anf diese Frage in den
technischen Berichten noch eingehend zn sprechen
kommen.
□ Neue Terminologie im Röntgenverfahren.
Im Anschluß an den letzten Röntgenkongreß in
Berlin wurde eine Kommission damit beauftragt,
einheitliche Bezeichnungen für die Röntgenologie
aufznstellen. Das Ergebnis war folgendes:
Röntgenologie oder Röntgenlehre = Rönt¬
genwissenschaft.
Röntgenoskopie = Röntgendurchleuchtung.
Röntgenograpbie = Röntgenaufnahme. .
Röntgenogramm = Röntgenbild.
Orthoröntgenographie = Orthodiagraphie.
Röntgentherapie = Röntgenbehandlung.
Röntgenisieren = mit Röntgenstrahlen
behandeln.
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58
Tagesgeschichte. — Zeit- und Streitfragen.
Beferent vermag ein Bedürfnis Tür eine
derartige Terminologie bei der Eindeutigkeit der
Bezeichnungen nicht einzuseheu; denn wo die
Mannigfaltigkeit, des Ausdrucks nicht zu Ver¬
wechslungen Anlaß geben kann, muß sie nur
als willkommen erscheinen nnd erleichtert
dem literarisch tätigen die Anwendung eines
eleganteren, weniger monotonen Stils. An dem
berechtigten Freiheitsdrang des Menschen, der
sich nicht zum mindesten der Sprache gegen¬
über in schriftstellerischer Hinsicht äußert, wird
wohl daher anch diese Einführung „einheitlicher“
Bezeichnungen für die Röntgenologie scheitern.
Als direkte Verschlechterung erscheint jedenfalls
der Ausdruck „Orthoröntgenographie“. Orthodia¬
graphie ist gerade lang genug, aber wenigstens
exakt bezeichnend, was man von der „Ver¬
besserung“ nicht gerade behaupten kann, obwohl
das neue Wort etwas länger ist.*)
O Messung an Induktorien v. Herrn Prof.
Dr. W er th ei m -Saloinonson, Amsterdam, ange¬
stellt, teilweise in den „Fortschritten“ publiziert
und teilweise auf dem letzten Röntgenkongreß vor¬
getragen. Wir werden über diese dankens¬
werten IJntersnchnngen noch eingehend berichten.
O Preissteigerung des Radiums. Oer
Preis des reinen Radiumbromides ist in der letzten
Zeit außerordentlich gestiegen, nnd es steht zu
vermuten, dnß er noch mehr steigen wird.
Während noch vor etwa zwei Monaten 1 mg
Radiumbromid für 50 — 100 Mark erhältlich war.
werden jetzt 4—500 Mark für 1 mg bezahlt, nnd
selbst zu diesem Preise ist fast nichts mehr zu
haben. Die Ursache dieser enormen Preis¬
steigerung dürfte u. a. darin zu snchen sein, daß
die zur Herstellung von Radiumbromid mit ver¬
schiedenen aktiven Rohmaterialien nngestellten
Versuche bisher sämtlich ergebnislos ansgefallen
sind, daß von den österreichischen Erzen, soviel
nus bekannt ist, infolge Regiernngsverbotes nichts
ansgeführt werden darf, nnd daß die Herstellung,
welche eine Nebenfabrikation der Uranfärben-
Fabrikation ist, sich ohnehin außerordentlich
teuer stellt. Die verfügbaren Bestände in Roh¬
material siud wohl nahezu vollkommen auf-
gebraucht.
O Dr. Zander-Saltsjöbaden; Rossel,
Schwarz & Co.-Wiesbaden. Bekanntlich be¬
stand zwischen dem' Urheber der schwedischen
heilgymnastischen Apparate, Dr. Zander, nnd der
Firma Rossel, Schwarz & Co., die sehr viele
solcher Apparate herstellt, eine Differenz bezüg¬
lich der Berechtigung derselben hierzu, die sogar
zu einer Klage des Ersteren gegen letztere
führte. In dem gerichtlichen Streite behielten
R. Sch. & C. recht, und nunmehr durcheilt eine
Nachricht verschiedene Zeitschriften, wonach
eine gütliche Einignng beider Parteien erfolgt
sein soll, und Rossel, Schwarz & Co. von
Dr. Zander ausdrücklich zur Herstellung seiner
Original-Apparate autorisiert worden seien.
Zur Frage der Heilung der Psoriasis
nimmt B e l o t in seinem Buche Stellung (B e 1 o t,
Traitö de radiothörnpie, 3. Th., Kap. 111, S.
359 ff.)
Man kann zwar in sehr vielen Fällen von
Psotiasis durch die übliche äußere nnd innere
Medikation eine zeitweilige oder endgültige Hei¬
lung erzielen, allein es gibt gewisse Formen
dieser Krankheit, die diesen Mitteln hartnäckig
trotzen, nnd dann ist es vollkommen gerecht¬
fertigt, es mit der Radiotherapie zu versuchen,
da sie, wie Belot in seinem Buche auf Grund
zahlreicher fremder und eigener Erfahrungen
zeigt, in sehr vielen Fällen da noch zum Ziele
führt, wo andere Methoden versagten. Von seinen
Vorgängern (es werden fast 30 Antoren aufge-
fiihrt) sprechen sich weitaus die meisten über
die Erfolge der Radiotherapie der Psoriasis gegen¬
über günstig ans; diese Stimmen rühmen die
beqneme nnd sichere Art der Wirkung, die aller¬
dings Rezidive nicht vollkommen ansschließe,
allein man beobachte sie auch nicht häufiger,
als nach Anwendung der früheren Behandlungs¬
weise. Von verschiedenen Seiten wird über¬
einstimmend angegeben, daß eine der frühesten
Effekte der Bestrahlung dadurch sich manifestiere,
daß die sonst nach Ablösung der Schuppen anf-
tretende kapilläre Blutung ansbleibe. Doch fehlt
es auch nicht an Gutachten, die weniger günstig
lauten, indem manche Autoren der Radiotherapie
nur die Bedeutung eines die medikamentöse Be¬
handlung der Psoriasis unterstützenden Adjuvans
zugestehen, einige sogar der Radiotherapie dieser
Atfektior. jeden größeren Wert absprechen.
Was nun die Erfahrungen von Belot selbst
anlangt, so hat er mehrere Heilnngen durch
X-Strahlen in Fällen erzielt, in denen jede
andere Therapie sich als nutzlos erwiesen hatte.
Er benntzt wenig penetrierende Strahlen (No. 5
des Radiochromometers von Benoist). Bei iso¬
lierten nnd gut begrenzten Efflorenszenzen wird
die umgebende Haut durch eine Bleiplatte ge¬
schützt, während er bei den koufluierenden Formen
auf dieses Schutzmittel der gesunden Haut ver¬
zichtet, Die Behandlung der Psoriasis muß
*) Anm. d. Red. Wir möchten den Ausführungen unseres Q- Korrespondenten doch
entgegenhalten, daß mit Recht in allen exakten Wissensgebieten Einheit der Fachausdrücke er¬
strebt wird.
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Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, Zuschriften, Antworten auf Anfragen. 59
darauf gerichtet sein, die zeitigen Elemente der
Hont durch Reizung umznstimmen. Aber wäh¬
rend die Wirkung einer Salbe nur eine ober¬
flächliche sein kann, beeinflussen die X-Strahlen
gleichzeitig die oberflächlichen nnd die tiefen
Schichten des Integuments. B. erhielt die besten
Resultate bei Dosen zwischen 4 und 6 H, die
entweder in einer oder in zwei, durch ein Inter¬
vall von 24 Stunden getrennten Bestrahlungen
appliziert wurden. In leichteren Fällen kam er
jedoch auch mit einer Dosis von 3 H aus.
Scheinen zwei Sitzungen erforderlich, so geht
B. in der Weise vor, daß er znniiehst einmal
15 Minnten bestrahlt, bei einer Entfernung der
Antikathode von 12 cm von der erkrankten
Partie, wobei eine Dosis von etwa 4 H absorbiert
wird. Dnrch eine zweite Sitzung von 5 — 10
Minuten wird dann die Dosis vervollständigt.
In den meisten Fällen tritt 4 Wochen nach der
Bestrahlung an der Stelle der ehemaligen Psoriasis¬
herde eine leichte Pigmentierung auf, die aber
später wieder schwindet. Doch gibt es auch
Fälle, in denen di- <e erkrankt gewesenen Stellen
frei von Pigment bleiben, während nur die sie
umgebende gesunde Haut sich stark braun färbt,
aber auch diese Pigmentation bildet sich ver¬
hältnismäßig rasch zurück. Bemerkenswert ist
noch die Angabe, daß in einem Fall von P.
vnlgaris, wo beide Vorderarme ergriffen waren,
die Affektion an der einen Extremität, die man
bestrahlt hatte, schon gewichen war, während
sie an dem andren, mit Salben behandelten Arm
noch unverändert bestand.
Solger (Cöln-Lindenthal).
V. Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen,
Zuschriften, Antworten auf Anfragen.
* Aufforderung zur Beteiligung an einer
Statistik zur Gewinnung von Unterlagen für
Liquidationstarife in Röntgenlaboratorien.
Seitens der Redaktion des „Archivs für die
physikalische Medizin nnd medizinische Technik“
sollen zwecks Publikation Erhebungen angestellt
werden über die durchschnittliche Benutzung und
den durchschnittlichen Verbrauch der Röntgen¬
stationen an Krankenhäusern und bei Privat¬
ärzten. Diese Erhebungen sollen den Zweck
haben, einen Einblick in die Rentabilität der
Röutgenstationen zu gewinnen nnd auf Grund
dessen möglichst allgemein brauchbare Normal¬
tarife auszuarbeiten, nach welchen die Kranken¬
häuser nnd Privatinstitute ihre röntgenologischen
Untersuchungen nnd Applikationen liquidieren
können. — Es ist selbstverständlich, daß die
einzelnen Mitteilungen diskret bewahrt bleiben,
nnd nur zum Material beitragen. Die Redaktion
richtet daher an die Leser die Bitte, möglichst
approximativ Aufschluß zu geben über folgende
Punkte:
1. Wieviel Durchleuchtungen finden in Ihrem
Institut pro Monat, pro Jahr ungefähr
statt ?
2. Wieviel Aufnahmen etwa pro Monat,
pro Jahr?
3. Wieviel therapeutische Applikationen und
von welcher durchschnittlichen Applika¬
tionsdauer ?
4. Wie groß ist durchschnittlich Ihr Strom¬
verbrauch ? (Betriebsspannung nnd Primär-
Amperezahl ?)
5. Wieviel Röhren benötigen Sie ungefähr
pro Jahr und welche Sorten verwenden
Sie mit Vorliebe, bezw. welche bewähren
sich am besten ?
6. Wieviel kosten sonst durchschnittlich Er¬
gänzungen und Reparaturen am Apparate?
Haben Sie häufig Reparaturen?
7. Wieviel wenden Sie für Erneuerungen
und Ergänzungen im Jahr auf?
8. Wieviel kann ungefähr für Aufnahmen
und Durchleuchtungen,bezw. Bestrahlungen
liquidiert werden? Durchschnittswert im
Jahr?
9. Welches Apparat-System, bezw. welche
Systeme verwenden Sie?
10. Wie groß ist der Wert der ganzen
Anlage ungefähr?
• Die Herren Autoren erhalten 15 Separate
gratis. Weitere Seperata liefert die Druckerei
gegen billige Berechnung, wenn ein diesbezüg¬
licher Vermerk spätestens auf der Fahnen¬
korrektur angebracht wird.
• Die Redaktion ersucht die Fabriken und
Konstrukteure auf medizinischem Gebiete, über
Neuerungen von einiger Bedeutung möglichst
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60 Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, Zuschriften, Antworten auf Anfragen.
unter Einsendung von Modellen, Literatur oder
sonstigen klaren Unterlagen an die Kedaktion
Mitteilung zu machen. Objektive Prüfung ge¬
eigneter, einschlägiger Konstruktionen findet
statt, und es wird über die Resultate möglichst
rasch berichtet. Jedoch wird keine Gewähr lür
die Besprechung übernommen. Jedenfalls ist
stets vor Znseudnng von Mateiial die Redaktion
zu verständigen. Sendungen ohne vorher ein¬
geholtes Einverständnis der Redaktion werden
stets zuriickgewieseu. Es sind zu richten alle
das radiologische Gebiet betreffenden Sendungen
und Zuschriften an Dr. med. B. Wiesnei-
Aschaffenburg.
Alle Zuschriften bezgl. der gesamten
übrigen physikalischen Medizin an Privatdozent
Dr. Kraft-Straßburg.
Alle Zuschriften. Sendungen nnd Proben
chemischer Art, Arzneien, Präparate an Dr. W.
Keim»Wiesbaden.
Seitens der Redaktion werden Fragen
wissenschaftlich-technischer Art aus Abonnenten¬
kreisen, insbesondere ans dem Gebiete der
Radiologie an dieser Stelle behandelt, soweit sie
allgemeines Interesse haben.
Die ständigen Mitarbeiter erhalten die
Zeitschrift zu ermäßigtem Preise direkt vom
Verleger zugesandt. Es wird ersucht, sich dies¬
bezüglich direkt an ihn zu wenden.
Die folgende Nummer besitzt den doppelten
Umfang dieses Heftes. Redaktionsschlnß für
dieselbe ist der 15. Oktober.
Anzeigen von Kursen. Ende Oktober
ündet gelegentlich der ärztlichen Ferienkurse
in Berlin eiu von Dr. med. Weecke, Berlin,
und Ingenieur Friedrich Dessauer-Aschaffen¬
burg, gegebener ärztlicher Röntgenkurs statt.
Dem uns vorliegenden Programm entnehmen
wir Folgendes:
Der Kurs ist eingerichtet nach Muster
der bekannten Aschaffenburger Röntgenkurse
und soll die Aufgabe erfüllen, in vollkommen
objektiver Weise die wissenschaftliche und
technische Grundlage zur Ausübung des Rönt¬
genverfahrens zu geben und durch Benutzung
eines sehr guten und reichlichen Materials
Anleitungen für die praktische medizinische
Anwendung zu erteilen.
Der Kurs beginnt am Montag, den 23.
Oktober und schließt am 28. Die Vortrags-
stuuden sind, um die übrigen Kurse möglichst
wenig zu stören, auf abends 5'/>—8'/* Uhr
verlegt. Außerdem werden Übungsstunden an
die einzelnen Teilnehmer nach Übereinkunft
mit denselben bezüglich der Zeit, gegeben.
Das Honorar beträgt Mk. 50.— inkl. Übungs¬
beitrag. Alle näheren Mitteilungen gibt Herr
Dr. med. Weecke, Großlichterfelde b. Berlin,
Steglitzerstr. 33.
Der letzte Aschaffenburger Röntgenkurs
dieses Jahres beginnt am 8. Dezember. Die Dauer
des Kurses ist 5 bis 6 Tage, während dessen
vormittags und nachmittags je 3 bis 4 Stunden
gearbeitet wird.
Die Kursleitung hat verschiedentlich
geäußerten Wünschen entsprechend in das
Programm Vorträge Uber die neuere
Elektronentheorie und die Radium-
forschuug eiufügen lassen, welche von In¬
genieur Dessauer gehalten werden.
Das Programm ist im Übrigen das be¬
kannte. Ohne Vorkenntnisse vorauszusetzen,
werden die physikalischen Grundlagen kurz
durchgesprochen, dann eingehend die Technik
und zwar streng objektiv. Von ärztlicher
Seite wird die Anwendung des Verfahrens in
der Chirurgie, der inneren Medizin und der
Therapie theoretisch und praktisch vorge¬
tragen und demonstriert. Das zur Verfügung
stehende Krankenmaterial war in den letzten
Kursen sehr reichlich. Nähere Anfragen
sind zu richten an den Kursleiter, Herrn
Medizinalrat Dr. Roth, kgl. Landge-
richts-u. BezirksarztAschaffenburg.
Die folgenden Kurse beginnen am 1.
Februar und 23. März 1906.
R. N. Auf die Frage der Radioaktivität
der Mineralquellen wird in einer demnächst
erfolgenden ausführlichen, das gesamte Material
behandelnden Originalarbeit eingegangen.
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Fortschritte der Technik,
61
Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und
mediz. Technik.
r3
Fortschritte und Neuheiten der physikalischen, chemischen und
pharmazeutischen Industrie in ihrer Bedeutung und Anwendung für
das Gesamtgebiet der praktischen Medizin.
Fortschritte der Technik.
A. Allgemeiner technischer Bericht.
S Ohne Zweifel ist im Bau der diagnostischen Röntgonapparate
seit längerer Zeit ein gewisser Stillstand eingetreten, und die konstruktive
Tätigkeit der Ingenieure und Techniker hat sich mehr den Accidenzien
des Röntgenzimmers zugewendet. Besonders die Aufnahmegeräte
haben Beachtung gefunden, und im Gegensatz zu früher, — auch im Gegen-
Holzknecht-Kienböckscher Stuhl bei Aufnahme der obersten Halswirbel.
satz zu manchem jetzt noch üblichen Vorgehen, — wird auf bequeme
Lagerung, Fixierung, Einstellung des Objektes und der Röhre großes Gewicht
gelegt, und es werden hierfür eigens Apparate geschaffen.
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62
Fortschritte der Technik.
So ist der Holzknecht-Kienböck’sche Stuhl (Abbildung) vom
Aschaffenburger Laboratorium in vielen Röntgeninstituten eingeführt worden. —
Statt der ausschließlichen Verwendung der Sandsäcke findet ihre Kombination
mit einem Gaze-Streifen, dem Bindenzügel, überall Anwendung, insbesondere
auch die sehr hübsche, von Robinsohn angegebono Schlitzbinde, über
die der Kongreßbericht Näheres enthält. Wiederum von Wien aus geht ein
neues Aufnahmegerät. Der radiologische Untersuchungstisch
Ho lzkn echt’s, Trochoskop genannt. Unabhängig von ihm hat Perthes
ein ähnliches Aufnahmegerät angegeben: dicht unter der Tischplatte hewegt
sich unter einer Blende die Röntgenröhre in der Längs- und Querrichtung des
Tisches, so daß leicht jeder einzelne Punkt des Tisches eingestellt werden kann.
Die Seitenflächen des Tisches können mit undurchlässiger Masse abgedeckt
sein. Die Untersuchung mit diesem Apparate ist außerordentlich bequem,
besonders wenn man die gleichfalls von Holzknecht angegebenen Durch¬
leuch tun gskomp ress o rie n verwendet. Diese sind kleine Tuben von
etw T a 8—10 cm Durchmesser, aus Holz oder Metall, deren Boden von einem
Bariumplatincyanürschirm gebildet wird. Die Einschauöffnung an der andern
Seite des Rohres wird zweckmäßig verschlossen mit einem Bleiglas, um das
Auge zu schützen, und außerdem mit einem Schutzrande umgeben. Ein
solches Durchleuchtungskompressorium läßt sich leicht, insbesondere bei
Bauchuntersuchungen, in den Leib eindrücken, und ganz besonders bei Fremd¬
körpernachweisen im Magen gelangt man auf diese Weise sehr nahe an das
kritische Gebiet. — Sehr gut bewährt sich nach den Versuchen des Refe¬
renten die Wehnelt-Skala zur Messung der Durchdringungsfähigkeit der
X-Strahlen. Sie läßt eine bessere Unterscheidung und Abstufung zu, als die
bisher gebräuchlichen Skalen von Benoist und Walter.
Auf dem Kongreß ist die Frage zur Messung der Intensität der
Röntgenstrahlung aufgeworfen worden. Wie aus dem Kongreßbericht her¬
vorgeht, soll sich nach dem dort gestellten Anträge ein Komitö bilden,
welches aus Physikern, Technikern und Ärzten zusammengesetzt ist und auf
Grund der jetzt vorliegenden physikalischen Untersuchungen prüft, welche
Methode zur Messung bei der Therapie und evtl, bei der Aufnahme dem
Arzte vorgeschlagen werden kann. Es liegen eine ganze Reihe von Vor¬
schlägen vor. Walter empfahl die Anwendung eines Milliampere¬
meters zum Einschalten in den Röhrenstromkreis. Von Holzknecht
kennen wir schon längst das Chromoradiometer; Kienböck schlägt
unterempfindliches pho to graphisches N egativ-Papier vor; Klingel¬
fuß erinnert an das Voltameter (nicht Voltmeter, wie es irrtümlich in manchen
Kongreßberichten heißt). Jedenfalls steht der praktische Röntgenologe einer
großen Zahl von Vorschlägen gegenüber und besitzt dennoch, oder gerado
deswegen, kein klares Mittel zur Messung und Dosierung. Unter diesen
Umständen dürfte ein Vorschlag Beachtung finden, den Ruhm er in Berlin
gemacht hat. Er baute eine sogenannte „Glimmlichtröhre“, welche einen
langen Stab als negative Elektrode besitzt. Von einem Teil dieses Stabes
geht bei Durchgang des Stromes eine Glimmlichtentladung aus und die
Strecke des Stabes, die vom Glimmlicht überzogen ist, ist proportional oder
doch wenigstens nahezu proportional der Intensität des Stromes, der durch
die Röhre geht. Man hat so ein außerordentlich einfaches Maß für die durch
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Fortschritte der 'Technik.
63
die Röhre hindurch gehende Intensität und wenn auch damit über die Durch¬
dringungsfähigkeit und die chemische Kraft und schließlich auch über die
Menge der Röntgenstrahlen noch nichts Eindeutiges ausgesagt ist, so scheint
dieser Vorschlag doch jedenfalls viel vernünftiger, als die Benutzung eines
Milliamperemeters, das bei den außerordentlich variablen Frequenzen und
Induktionsformen sicher recht ungleichmäßige Werte ergeben muß. — Jeden¬
falls werden wir über die Versuche mit der Ruhmer’schen Gliramlichtröhre
Weiteres berichten.
Bei Durchsicht der vorliegenden Patentliteratur kann man be¬
merken, daß außer den intensiven Arbeiten zur Verwendung des tech¬
nischen Wechselstromes für Röntgen-Durchleuchtung und Röntgen-
Aufnahmen, die meisten Anmeldungen sich auf Verbesserungen von
Röntgenröhren erstrecken. Das größte Interesse verdienen unter den
verschiedenen Anmeldungen in prinzipieller Richtung die Röhren von
Heinz Bauer & Co., die der Referent auch praktisch ziemlich umfang¬
reichen Dauerversuchen unterzogen hat. Bis jetzt mit gutem Erfolg. Wir
werden hierauf noch zurückkommen.
Andere Bestrebungen auf dem Röhrengebiete beziehen sich auf die
Konstruktion neuer Bestrahlungsröhren. Die Firma Becker & Co.
sandte uns eine interessante Konstruktion, die ganz aus Bleiglas gebaut ist
und nur an einer Stelle, gegenüber der Antikathode, einen langen röhren¬
förmigen Ansatz besitzt, dessen Ende aus durchlässigem Glase gefertigt ist.
Nur an dieser Stelle treten wirksame Röntgenstrahlen aus. Das Ansatzrohr,
welches während der Bestrahlung kalt bleibt, wird mit seinem Ende un¬
mittelbar an der erkrankten Stelle aufgesetzt und kann auch in Körperhöhlen
eingeführt werden. /
Auf andern Gebieten physikalischer Medizin sind teilweise recht in¬
teressante Neuerungen zu Tage gefördert worden. — Zur Frage der
Operationsbeleuchtung liegen Vorschläge von Zeiss-Jena vor, die er
nach Ideen von Prof. Dr. D öd erlein in Tübingen macht. Aus einer
Soitenwand tritt das konzentrierte Licht einer Bogenlampe in den Operations¬
saal ein und trifft auf einen Spiegel, der auf einem hohen Stativ auf- und
abschiebbar angeordnet ist. Es kann dadurch eine außerordentliche Hellig¬
keit auf dem Operationstisch konzentriert werden, ohne daß im Zimmer selbst
das Rauschen und Zischen der Bogenlampen irgendwie hörbar ist. Diese
Anordnung ist jedenfalls zweckmäßiger als die früher übliche nach Krönig
und Siedentopf, bei welcher der Fangspiegel auf Schienen, an der Decke
des Saales, beweglich angebracht war.
Von verschiedenen Seiten werden neue Apparate zur Wärme¬
therapie anempfohlen, teilweise mit elektrischem, teilweise mit Dampfbe¬
trieb. Auf diese Konstruktionen einzugehen erlaubt uns für die vorliegende
Nummer der Platz nicht mehr; wir müssen uns dieso sowie die Besprechung
neuer elektromedizinischer Apparate und neuer Vorschläge zu den übrigen
physikalischen Therapien auf das nächste Mal verspüren.
Nachstehend folgen noch einzelne Berichte unserer Mitarbeiter.
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64
Fortschritte der Technik.
B. Einzelberichte.
T)r. Adolf Alsbergs Schutzmasse für Röntgenbestrahlung.
Die Schutzmasse besteht aus einer elastischen, feuchten, schneidbaren
Masse etwa ähnlich der Hektographenmasse. Den für Röntgenzwecke in
Betracht kommenden Wärmegraden widersteht sie. Sie ist etwa 3—4 mm
dick und schmiegt sich der Unterlage ziemlich an, ohne schärfere Biegungen
und einspringende Winkel auszufüllen. Für den praktischen Gebrauch wird
sie zwischen 2 Blätter von Billrothbattist gelegt, welche an den überstellenden
Bändern zusammengeklebt werden. Durch diesen Überzug ist sie auf der
Haut angenehm, kann mit antiseptischen Mitteln abgewaschen werden und
wird haltbarer. Durch Zusammenlegen einzelner Streifen kann man beliebig
geformte Felder zur Bestrahlung aussparen, auch kann man vorgeschnittene
und mit Billrothbattist überzogene rechte Winkel sehr zweckmäßig Zusammen¬
legen und so Blenden formen.
Die Masse ist für Röntgenstrahlen, selbst härtere Röhre, undurch¬
dringlich. Sowohl die Aufnahmen in Form von Blenden wie bei der Therapie
zum Schutz gesunder Teile kann sie mit Vorteil Verwendung finden. Während
die Masse die Vorteile der Leichtigkeit, Billigkeit und Schmiegsamkeit hat, ist
ein manchmal auftretender Nachteil das Ausschwitzen von Glyzerin, welches
vor Gebrauch erst abzuwaschen ist. — a—.
Über Schutzvorkehrungen für den Arzt bei Röntgen-Untersuchungen. *)
In neuerer Zeit, insbesondere auf vielseitige Anregung im letzten
Röntgen-Kongreß in Berlin, haben dio Konstrukteure den Schutzmaßregeln
erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt und einige besonders gute Konstruktionen
in dieser Beziehung, aus dem elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg
hervorgegangen, sollen im Nachfolgenden beschrieben worden.
Bei den gegenwärtig beliebt gewordenen Anordnungen dor Röntgen¬
apparate mit getrennten fahrbaren Reguliertischen, mit deren Hilfe der Arzt
imstande ist, von einer beliebigen Stelle des Zimmers aus, den Betrieb des
Induktors einzuleiten und zu regulieren, läßt sich ein vollständiger Schutz
des Untersuchers bei allen Aufnahmen zweckmäßig durch fahrbare Bleiglas¬
wände bewerkstelligen, wie es in Abbildung I dargestellt ist.
Zuerst von Gundelach, dann von Siebert wurden bleihaltige Gläser
auf den Markt gebracht, die gut durchsichtig sind, die Röntgenstrahlen da¬
gegen nahezu vollkommen absorbieren.
Aus solchen Schutzgläsern werden Rahmengestelle gebaut, die auf
Rollen fahrbar sind, auf, und hinter solchen Gestellen findet dor Untersucher
während der Aufnahme seinen Platz. Er ist dabei in der Lage, den ganzen
Raum zu übersehen und trotzdem vollständig außer dem Bereich der schäd¬
lichen Strahleneinflüsse. Da das Schutzgestell leicht beweglich ist, so kann
der Untersucher an jeden beliebigen Platz in seinem Untersuchungszimmer
es mitnehmen. Nicht unpraktisch ist es, dieses Schutzrahmengestell zu ver¬
binden mit einer davor befestigten Vorrichtung zur Prüfung der Röntgen¬
röhre. Diese mag in einer Wehnelt- oder Walterskala bestehen, oder auch
*) Aus dem Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg.
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Fortschritte der Technik.
65
aus einer Skeletthand, oder einigen Bleistiften mit einem Bariumplatinzyanlir-
schirm. Der Untersucher sieht durch die Bleiglaswand die Fluoreszens des
Leuchtschirmes und die auf ihm projizierte Skala, oder die Skeletthand,
oder den Bleistiftkern, ohne sich selbst der Strahlenwirkung auszusetzen.
Zum besonderen Schutze gegenüber der Gefahr der temporären oder
dauernden Sterilität werden elastische Bleischürzen angewendet, wie es die
Abbildung zeigt. Die Schürzen werden während der ganzen Dauer der radio¬
logischen Tätigkeit nicht abgelegt, insbesondere aber bedient man sich ihrer
während der Dauer der Durchleuchtung, wo die Gefahr der Schädigung am
größten ist.
Wir können noch darauf aufmerksam machen, daß man beim Prüfen
von Röntgenröhren, ebenso bei der Vornahme von Aufnahmen in horizontalen
Ebenen, die Röhre zweckmäßig so einstellt, daß ihre fluoreszierende Hälfte
der Wand zugerichtet ist. Wir sahen diese Anordnung in dem radiologischen
Institut des allgemeinen Krankenhauses in Wien (Dozent Dr. G. Holz¬
knecht) und können sie ganz allgemein empfehlen. Da, wie in verschiedenen
Publikationen unseres Institutes schon oft betont worden ist, es durchaus
nicht notwendig erscheint, die Röhre oder die Antikathode parallel zur Auf¬
nahmeebene zu stellen, wenn man nur darauf achtet, daß die Mitte der
Antikathode annähernd senkrecht über die Mitte der Aufnahmeebene sich
befindet, so beeinträchtigt eine solche Schrägstellung der Röhre die Qualität
des Bildes nicht. Sie nützt aber, weil sie das durchstrahlte Feld auf die
Seite führt, sodaß der Untersucher selbst in einem weniger durchstrahltem
Gebiete sich aufhält.
Bewährt hat sich in letzter Zeit für einfache Hautbestrahlung das
sogenannte französische Chromoradiometer, welches sich durch seinen billigen
Preis auszeichnet (Mk. 10.—).
Über eine zweckmäßige Wässerungsvorrichtung für Platten.
Dieselbe besteht aus etagenweise, unter geringer Neigung übereinander
angeordneten flachen Blechbehältern, die einzeln herausgenommen werden
können. Der Länge nach über der höchsten Stelle der obersten Etage be¬
findet sich das Zuflußrohr, durch welches, da es mit feinen Löchern in der
ganzen Länge versehen ist, das Wasser in feinen Strahlen auf die oberste
Platte rieselt. Es läuft herab auf die andere Seite der Platte und tropft von
da auf die 2. Etage, rieselt über die zweite Platte nach abwärts, gelangt auf
die 3. Etage und so fort. Jede einzelne Platte ist mit dem Blechgefäß heraus¬
nehmbar, ohne daß deshalb die Berieselung unterbrochen wird. Der Apparat
gestattet ein sehr erfolgreiches Auswässern mit größter Wasserersparnis und
ist deswegen sehr zu empfehlen.
Über einen Registraturapparat für Negative.
Bei sehr beschäftigten radiologischen Instituten ist das Anbringen
von Zeichen auf der Platte, die unzweideutig sind, Irrtümer ausschließen,
nicht immer ganz einfach. Wenn das Registratursystem so eingerichtet ist,
Archiv f. physik. Medizin uto. 5
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Fortschritte der Technik.
G6
(laß die Platten nur eine fortlaufende Nummer zu tragen brauchen, so läßt
sich der hier abgebildote Plattenregistratur-Apparat gut verwenden.
Er besteht aus scharfen, aus Blei gestanzten Ziffern, und zwar jeder
Kasten aus 3 Serien von 0 bis 9, sodaß mit einem Kasten alle Zahlen bis
999 einschließlich gebildet worden können. Diese Ziffern werden bei der
Aufnahme auf die Platten gelegt, so daß sie auf einem überragenden Rande
sich befinden und das Bild selbst nicht beeinträchtigen. Bei der Entwicklung
kommen dann die Ziffern klar und scharf zu Tage, und Verwechselungen
ist dann ein für alle mal vorgebeugt.
Aber diese Methode hat noch einen anderen Vorzug. Die Bleiziffern
dienen nämlich gleichzeitig als Schleiermarken, die mit Sicherheit angeben,
ob ein nach der Entwicklung auf der Platte konstatierter Schleier von der
Aufnahme, also von Sekundärstrahlen, oder eingedrungenem Licht, oder von
der Entwickelung stammt. Wenn nämlich nach der Entwickolung die Platten
verschleiert sind, die Ziffern aber klar erscheinen, so muß der Fehler von
der Aufnahme stammen. Denn wäre es Entwicklungsschleier, so müßten
auch die Ziffern schleierig erscheinen. Es handelt sich also bei klaren
Ziffern um Schleier durch Sekundärstrahlen, die durch die Ziffern an den
von ihnen belegten Stellen der Platten von diesen abgehalten wurden. Er¬
scheinen aber die Bleiziffern auch verschleiert, so ist offenkundig die Ent¬
wickelung schuld, sei es nun, daß der Entwickler zu warm, zu konzentriert
oder zu lange wirkte, sei es, daß die Rotlampe aktinische Strahlen gab.
Neue Formen von Orthodiagraphen.
In der Ausstellung des Röntgenkongresses zu Berlin hatte man auch
Gelegenheit, die neuesten Konstruktionen von Orthodiagraphen kennen zu
lernen, die hier kurz erwähnt werden sollen.
I. Der zur Zeit unstreitig am vollendetsten durchkonstruierte Ortho-
diagraph ist der nach Levy-Dorn der Firma Reiniger, Gebbert & Schall-
Erlangen. Die Führung ist die leichteste, das Trägheitsmoment auf ein
Minimum reduziert. Der Apparat ist mit beweglicher Blende und einer
Vorrichtung versehen, die sofort beim Gebrauch die größte Breite des Herzens
nach rechts und links sowie seine Höhe angibt, sodaß man diese Masse in
Zentimetern nach der Ausführung der Messung direkt an einer Skala ablesen
kann. Praktisch wird es allerdings nicht leicht sein, jede größere Exkursion
beim Zeichnen zu vermeiden, was unbedingt nötig ist, wenn man von dieser
Vorrichtung profitieren will. Der ganze Apparat zeichnet sich durch seine
Eleganz aus. Fixierung des Patienten geschieht durch Anschnallen mittelst
Ledergurten.
II. Den Orthodiagraphen mit feststehender Irisblende verbunden hat
Dessauer: Blendenorthodiagraph. Der Apparat besteht aus einem aufrecht¬
stehenden Gestell; in ihm gleitet ein die Irisblende tragender Rahmen auf
und ab. sodaß diese also in der Höhe verstellbar ist. An demselben Rahmen
ist der Orthodiagraph angebracht, sodaß er also, d. h. die Zeichonvorrichtung
und die Röhre, gleichzeitig mit der Blende verstellt werden. Man kann, wie
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Fortschritte der Technik.
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mit anderen Orthodiagraphen, direkt auf der Brust, oder auf einer besonderen
Zeichenfläche markieren. Auch läßt sich der Apparat als vertikale Durch¬
leuchtungsblende verwenden. Fixierung durch Achselstützen. Vom Elektr.
Labor. Aschaffenburg. *
III. Hirschmanns Ortliodiagraph. Entschieden die beste Fixier¬
vorrichtung kommt diesem Apparat zu; sie besteht in einem segeltuch¬
bespannten, etwas nach hinten geneigt stehenden Rahmen. Der Patient
lohnt sich stehend an dieses Gestell an und ist ohne weiteres absolut fixiert.
IV. Auf Wunsch Prof. Aug. Hoffmanns verband Dessauer dessen
Herzmeßstativ mit der Blende nach dem Prinzip seines Blendenorthodia-
graphen. Die Fixierung geschieht dadurch, daß der Patient sitzt. Auf der
Zeichenvorrichtung sind eine Anzahl horizontal und vertikal verschieblicher
Drähte angebracht, die auf bestimmte Punkte des Thorax oder des Herz¬
schattens eingestellt werden können. Auch kann derselbe Rahmen, der die
Zeichenvorrichtung trägt, zur Aufnahme einer Kasette mit photographischer
Platte verwendet werden. Franze-Nauheim.
Au» dem Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg.
Über die Gundelach-Dessauer'sche Ideal-Röntgenrölire.
Die Gestaltungen der Röntgenröhre haben sich in den letzten Jahren
stark vermehrt. Über die zur Zeit besten Röhrenarten finden sich übersicht¬
liche Sammelarbeiten im „Röntgenologischen Hilfsbuch“ von Dessauer (vergl.
Literaturverzeichnis), in dem Kompendium der Röntgenographie, in den
Physikalisch-Medizinischen Monatsheften und an anderen Stellen.
Unter all’ diesen Typen hebt sich als prinzipiell verschieden die
„Idealröhre“ heraus, die vor drei Jahren von Gundelach und Dessauer kon¬
struiert und vom Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg auf den
Markt gebracht wurde.
Das prinzipiell Neue lag in den praktischen Anwendungen der neueren
Theorien über die Vorgänge bei der Kathodenstrahlung, insbesondere des
Zusammenhanges zwischen Entladungspoteptial der Röhre und Penetrations¬
kraft der X-Strahlung. Die Antikathode der Röhro ist von einem Tubus
umgeben, der sich unter Einfluß der Kathodenstrahlung negativ lädt. Diese
Ladung ist besonders intensiv gemacht dadurch, daß der Tubus aus
Metall gemacht und gut isoliert auf Glas befestigt ist. Durch das statische
Abstoßungsmoment wird das Kathodenstrahlenbündel in seinem Innern zu¬
sammengedrängt, dadurch ein besonders kleiner und konstanter Ausgangs¬
punkt für die X-Strahlung hervorgebracht. Gleichzeitig tritt durch die Ab¬
stoßungswirkung des Tubus eine Erhöhung des Entladungspotentials, eine
Verstärkung der Durchdringungsfähigkeit ein. Durch eine seitlich angeordnete
Hilfsanode, der durch eine kleine Funkenstrecke von der positiven Seite des
Induktors mehr oder weniger Strom zugeführt wird, kann diese negative
statische Ladung ganz oder teilweise aufgehoben werden. Dabei wird die
Strahlung der Röhre weniger penetrant, „weicher“.
Es war dies das erste mal, daß ohne Gaszufuhr oder Absorption der
Charakter der Röhre in ziemlich weiten Grenzen verändert, sie während des
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Fortschritte der Technik.
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Betriebes beliebig oft und in beliebiger Reihenfolge durchdringungskräftiger
und weniger penetrierend, härter und weicher gestellt werden konnte, ohne
daß ihre Lebensdauer und Qualität dabei beeinträchtigt wurde. Dieses An¬
passungsvermögen des Strahlencharakters an das Objekt war natürlich ein
erheblicher Fortschritt. Ungefähr U/a Jahre später löste Wehnelt die gleiche
Aufgabe so, daß die Durchdringungskraft durch Verschieben eines Glastubus
über der Kathode veränderlich wurde. Diese Röhre hat indessen nicht die
Verbreitung der Idealröhre gefunden.
Nachdem — wie bei allen prinzipiellen Forschriften in unserem Gebiete
— zunächst über den Wert der Neuerung viel gestritten worden war, hat
die sogenannte „Idealröhre“ eine ruhige Entwicklung gefunden. Ihre charak¬
teristischen Vorteile, außerordentlich scharfe und detailreiche Bild¬
zeichnung und die Anpassungsfähigkeit des Strahlencharakters,
haben ihr von selbst in dieser Zeit eine Verbreitung von einigen Tausend
Exemplaren verschafft.
Dabei hat sich herausgestellt, daß tatsächlich in Bezug auf Bild¬
zeichnung in Durchleuchtung und Aufnahme kaum eine andere Röhre die
Idealröhre erreicht, was sich insbesondere bei Brustaufnahmen, Strukturauf¬
nahmen, Weichteilaufnahmen herausstellt, und daß die Regulierbarkeit während
des Betriebes ohne Vakuumänderung, ihre Anpassungsfähigkeit, ganz be¬
sonders bei Thoraxdurchleuchtungen ein sehr schätzenswerter Vorteil ist.
Ihre Lebensdauer hat sich als besonders groß herausgestellt.
Doch muß beim Betriebe berücksichtigt werden, daß diese Konstruktion
außergewöhnlich empfindlich gegen Schließungsinduktion ist. Sie bewährt
sich nicht bei Apparaten, bei denen die Wechselstromimpulse nicht eliminiert
sind. Ihr rasches Abnehmen ist geradezu typisch für mangelhafte Konstruktion
der Röntgenapparate, deren ungünstige Entladungsform sich in einem deut¬
lichen zackenförmlichon Bilde (Projektion des Rohrtubus durch die Hilfsanode)
auf der vorderen Glaswand darstellt. Außerdem muß die Röhre mit mäßiger
Belastung sorgsam gebraucht werden, darf nicht stark glühen. Werden aber
diese wenigen Bedingungen erfüllt, so bewährt sie sich durchaus.
Nach dreijährigen Erfahrungen stehen wir nicht an, zu erklären, daß,
schließungsfrei arbeitende Apparate und sorgfältigste Behandlung vorausge¬
setzt, unserer Überzeugung nach die Gundelach-Dessauer’sche Röhre für
Aufnahmen, bei denen es auf besonders feine Detailzeichnung
ankommt, also hinsichtlich Graduation und Schärfe wohl die
beste Röhre ist. Ihr Verwendungsgebiet ist Präzisionsaufnahme und
Durchleuchtung, insbesondere Thoraxdurchleuchtung. Nebenbei kommen auch
andere Vorteile, die geringe Zerstreuung der X-Strahlung, der dadurch ge¬
währleistete größere Schutz für den Arzt, die sehr große Lebensdauer
in Betracht.
Von den Äußerungen der Literatur seien nachstehend einige angeführt.
Literatur über die Idealröhre.
1. „Über eine neue Erfindung auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen“, Allgemeine medizinische
Zentralzeitung, Berlin 1902. No. 45, v. 4. Juni.
2. Annales d. Elektrobiologie et de Radiologie, herausgegeben von Prof. Dr. Doumer, Lille.
„Nouveau tube Röntgen“, 1903. Heft 1.
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3. ai&me Congrfes International d’Electrologie et de Radiologie Mödicales. Bern. Mitteilungen
über eine neue Röntgenröhre etc.
4. Verhandlungen der deutschen fisikalischen Gesellschaft, IV. Jahrgang, Nr. 13. Ȇber
einen Versuch, die Durchdringungsfähigkeit der X-Strahlen unabhängig vom Vakuum zu
regulieren.*
5. Zeitschrift für Elektrotherapie und physikalische Heilmethoden, IV. Jahrgang, Heft 9.
»Über Röntgenröhren“.
6. Mitteilungen des Elektrotechnischen Laboratoriums über Neuerungen auf dem Gebiete
der Röntgenstrahlen. No. 5 der Serie 1902/3. „Über die Idealröhre".
7. Grundrifs der gesamten Radiotherapie von Dr. Leopold Freund in Wien, pag. 174. (Verlag
Urban und Schwarzenberg).
8. Ingenieur Fr. Dessauer. Röntgenologisches Hilfsbuch (Gesammelte Aufsätze Band I),
Stübers Verlag, Würzburg 1905. Kap. 2. (Preis Mk. 4,50.)
9. Ingenieur Fr. Dessauer und Dr. med. B. Wiesner, Compendium der Röntgenographie,
ein praktisches Handbuch. O. Nemnich, Leipzig. I. Teil, Kap. 3 E., pag. 106 ff.
10. Dr. med. E Sommer, Winterthur, „Über Röntgenröhren“. Physikalisch Medizinische
Monatshefte, Heft 12. März 1905.
Bergkristall zur Fassung von Radium.
* Der bekannten Platinschmelze: W. C. Heraeus-Hanau, verdankt man
erfolgreiche Versuche, aus reinem Bergkristall Röhrchen und Apparate her¬
zustellen. Die Firma teilt darüber mit:
Fläschchen, Kölbchen, auch solche mit seitlichem Rohransatz (sog.
Hofmannskölbchen), Röhren, Luftthermometer-Gefäße, Tiegel u. s. w. bilden
z. Zt. einen von physikalischen und chemischen Instituten viel begehrten
Artikel, und zahlreiche Anfragen und Bestellungen von seiten der Industrie
beweisen, daß man auch in dieser den neuen Apparaten die allergrößte
Aufmerksamkeit schenkt. Und merkwürdig in der Tat wäre es, wenn ein
Körper, der sich im Äußeren von Glas in nichts, in seinem Verhalten aber
von diesem dadurch unterscheidet, daß sein Erweichungspunkt etwa 800°
höher liegt und daß auch die plötzlichsten und größten Temperaturunter¬
schiede ohne jeden Einfluß auf ihn bleiben, nicht einer weitgehenden Ver¬
wendung fähig wäre. Das einfache Experiment, daß man ein Kölbchen aus
geschmolzener Kieselsäure direkt in der Gebläseflamme zu heller Weißglut
erhitzt, in das weißglühende Gefäß dann Wasser gießt, ohne daß es im
geringsten Schaden leidet, ruft stets allgemeines Erstaunen hervor. Die
weitere Eigenschaft dieses Glases, daß es nicht hygroskopisch, nicht wasser¬
löslich, nicht säurelöslich ist, wird insbesondere auch für mannigfache wissen¬
schaftliche Arbeiten von Wichtigkeit sein. Von alkalischen Lösungen wird
das Quarzglas in geringerem Maße gelöst, als die besten Glasarten. Von
Metalloxyden und Alkalien wird dasselbe bei hoher Temperatur angegriffen.
Aus diesem Grunde sind Gefäße, welche hohen Temperaturen ausgesetzt
werden sollen, vorher sorgfältig zu reinigen und dann nicht mehr mit den
Händen zu berühren.
Ausführliches über Quarzglas findet sich in den Verhandlungen des
internationalen Kongresses für angewandte Chemie in Berlin 1903.
Es lassen sich im allgemeinen alle Gefäße und Apparate an fertigen,
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70
welche man aus gewöhnlichem Glase vor der Gebläseflamme herstellen kann,
d. h. man kann den Gefäßen beliebige, auch recht komplizierte Formen
geben, nur ist der Größe der Apparate vorläufig eine gewisse, jedoch nicht
allzu enge Grenze gezogen.“
Da Bergkrystall sehr durchlässig für kurzwellige (bes. violette und
ultraviolette) Strahlungen ist, so eignet es sich sehr gut für Aufnahmen
radioaktiver Präparate, deren Strahlung es weniger beeinträchtigt, als andere
Fassungen (Glas). Zur Einführung radioaktiver Substanzen in Körpcrhöblen
werden die neuen Quarzröhren zweckmäßig benutzt.
C. Chemisch-pharmazeutische Berichte.
Über „Perugen“, synthetischer Pcrubalsani.
Die aromatischen Balsame und Gummiharze, Perubalsam, Storax,
Tolubalsam und Benzoe sind im wesentlichen Harzester der Benzoe- oder
Zimmtsäure mit mehr oder weniger Benzoesäure- oder Zimmtsäure-Benzyl-
oder Styrilester. Je nach dem Gehalte an letzteren sind sie entweder
flüssig (Perubalsam), halbflüssig (Storax) oder fest (Benzoe). Nach dem Ver¬
fahren von Dr. F. Evers, Düsseldorf ist es möglich, durch geeignete Wahl
der oben genannten Gummiharze bez. Balsame in Verbindung mit Cinna-
rnei'n den wirksamen Zimmtsäure- und Benzoesäureester reinen Balsam
herzustellen, der chemisch wie physikalisch den natürlichen Perubalsamen
völlig gleich ist. Solcher synthetischer Perubalsam kommt unter dem Namen
„Perugen Dr. Evers“ seit kurzer Zeit in den Handel, nachdem langjährige
Versuche, klinische wie private, vorausgegangen sind.
Trotzdem zahlreiche Ersatzmittel für den natürlichen Perubalsam auf¬
tauchten, hat sich dieser aus dem Arzneischatz nicht verdrängen lassen. Peru¬
balsam gilt auch heute noch für das hervorragendste Mittel gegen Scabies
und wird neuerdings in der Wundbehandlung (Dr. Fr. Burger, Münch, med.
Wochenschrift 1904 S. 2331) mit großem Erfolg angewandt. Was den
Porubalsain gegenüber anderen antiskabiösen Mitteln z. B. ß-Naphtol oder
Schwefelhaltigen (siehe D. Ärzte-Ztg. 1903 Nr. 5) seinen besonderen Wert
verleiht, ist die völlige Unschädlichkeit und das Ausbleiben jeglicher Neben¬
wirkungen. Wenn neuerdings solche schädlichen Wirkungen beim Gebrauch
von Perubalsam wiederholt beobachtet worden sind (siehe Dr. A. Gaßrnann:
„Schwere Nephritis nach Einreibung eines Skabiosen mit Perubalsam“, Münch.
Med. Wochenschrift 1904 Nr. 30, ferner Dr. Deutsch: „Nierenentzündung mit
tätlichem Ausgange durch Perubalsam“, Zeitschrift für Medicinalbeamte 1905
Nr. 13), so liegt die Vermutung nahe, daß diese schädlichen Wirkungen des
Balsam eine Folge der massenhaften Verfälschungen mit nicht indifferenten
Mitteln sind. Es ist durch zahlreiche Untersuchungen festgestellt und in
pharmazeutischen Fachkreisen längst bekannt, daß der natürliche Perubalsam
ein Lieblingsobjekt der Fälscher ist. Weniger bekannt dürfte sein, daß die
Fälschungen seit einiger Zeit in solchem Maße betrieben werden, daß der
größero Teil des im Handel befindlichen „natürlichen Perubalsam“ als ge¬
fälscht zu bezeichnen ist. Die Verfälschung wird hauptsächlich in den
europäischen Hafenplätzen betrieben. Man macht hier den Balsam, wie man
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sich ausdrückt, „pharmacopoe gerecht“, d. h. man bringt den Balsam schein¬
bar auf den vorgeschriebenen Cinnamei'ngehalt. Beliebte Fälschungsmittel
sind Gurjunbalsam, Harzöl und dergl. Solche verfälschten Balsame lassen
sich nach den Prüfungsmethoden dos Arzneibuches nur schwer erkennen,
die genannten Fälschungsmittel sind aber keineswegs harmloser Natur. Das
ätherische 01 des Gurjunbalsam wirkt ähnlich wie Terpentinöl; ähnlich ver¬
hält sich auch das Harzöl, und daher dürfte es angezeigt sein, den Fälschungs¬
mitteln eine besondere Beachtung zu schenken, damit der reine Perubalsam,
der allerdings leider eine Seltenheit geworden ist, nicht unrechtmäßig in
Verruf komme.
Berücksichtigt man, daß in dem synthetischen Balsam, also dem
„Perugen“, ein Produkt gegeben ist, das nur Bestandteile der aromatischen
Balsame, also dem Perubalsam ganz nahe verwandte Stoffe und reines
Cinnamei'n enthält, so muß man die Verwendung des „Perugen“ derjenigen des
gewöhnlichen im Handel vorkommenden Perubalsam entschieden vorziehen.
Aber selbst dem reinen Naturbalsam verdient „Perugen“ den Vorrang einesteils,
weil es stets gleichmäßig zusammengesetzt ist (Cinnamei'ngehalt 02—63 °/o),
andernteils, weil es ca. 30 °/ 0 billiger ist als reiner Perubalsam und deshalb
auch in der Kassenpraxis an Stelle des klebrigen Storax verwendet werden kann.
Das Perugen ist klinisch geprüft worden und hat sich als ganz zu¬
verlässig und frei von schädlichen Nebenwirkungen gezeigt. (Siehe Prof.
0. Regenbogen: „Alte und neue Arzneimittel“, Monatsheft für praktische
Tierheilkunde 1905 Heft ll).
Über Keraminseife.
Die Firma C. A. Töpfer in Leipzig bringt seit einiger Zeit ein Peru¬
präparat unter dem Namen Keraminseife in den Handel, über das eine ganze
Reihe günstiger Urteile aus der ärztlichen Praxis vorliegen. Soweit ich
durch den Fabrikanten orientiert wurde, wird als Alkali bei der Herstellung
der Seife ein Gemisch von Kali- und Natronlauge verwendet. Ihre Wirkung
ist daher die einer Stückseife, vereinigt mit der stärkeren einer Kaliseife.
Als Medikament ist Perubalsam und als Geruchskorrigens Nelkenöl und
Zimmtöl beigemischt. Dr. Unna, der eingehende Versuche mit der Keramin¬
seife angestellt hat, schreibt: „Da wir die Wirkung des Perubalsam auf
Ekzem schon seit langem kennen und bisher einen direkt ekzemheilenden
Einfluß nur in sehr beschränktem Maße (z. B. bei Scabies) wahrzunehmen
Gelegenheit hatten, wendet sich mein Interesse naturgemäß dem relativ
hohen Zimmtölgehalt zu. Die desinfizierende Kraft des Zimmtöl ist wegen
seines Gehalts an Zimmtsäure jedenfalls bedeutend, und es ist noch sehr die
Frage, ob dieser Zusatz in Wirklichkeit nur die Bedeutung eines Geruchs¬
korrigens und nicht vielmehr die eines ursächlich ekzem heilenden Faktors
hat.“ Herr Dr. Unna schreibt dann an anderer Stelle weiter: „Jedenfalls
war eine Versuchsreihe mit reinen Zimmtölseifen indiziert, um hierüber ins
klare zu kommen. Ich habe dieselbe mit dem Seifenkörper der überfetteten
nicht parfümierten Basisseife durchgeführt und gefunden, daß diese Zimmt¬
ölseifen stark desodorisierend, desinfizierend und juckstillend wirken, aber
sowie man über 1 /-i - '/* u / 0 hinausgeht, auch stärkere Reizungssymtome,
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72
Fortschritte der Technik. — Autorenregister.
Hyperämie und Spannung der Haut hervorrufen.“ Außer den vorgenannten
Bestandteilen hat die Seife einen starken Zusatz von Talkum, und hierauf
glaubt Dr. Unna auch die sehr günstige Wirkung der Keraminseife beim
Ekzema crustosum und intertriginosum zurückzuführen.
„Weshalb“, schreibt Dr. Unna, „soll die gute eintrocknende Wirkung
des Puders, die wir in dem fast universellen Ersatz der Salben durch puder¬
haltige Pasten bei feuchten Dermatosen erlebt haben, nicht auch auf solche
Seifen ausgedehnt werden, deren Schaum auf der Haut zu bleiben bestimmt
ist? Weshalb sollen wir nicht zu „Pastenseifen“ im Gegensatz zu Salben¬
seifen fortschreiten? Ich sehe jedenfalls ein Hauptverdienst der Keramin¬
seife darin, die gute Idee einer Pastenseife angeregt zu haben.“
Dr. Unna urteilt über die Keraminseife: „Sie verbindet mit einer
starken Seifenwirkung durch ihren Kaligehalt eine für die Ekzembehandlung
sehr willkommene eintrocknende Puderwirkung und eine juckstillende, deso¬
dorisierende, desinfizierende Wirkung durch ihren Gehalt an aromatischen Ölen.“
Autorenregister.
Albers-Schönbei'g 7. 56. — Alsberg 64. — Arrhenius 47. — Bain 55. — Bartels 15. —
Bassenge 9. — Bauer & Co. 63. — BecUre 16. 44. — Becquerel 39. — Belot 36. 58. —
Benoist 38. 43. 62. — Berger 16. — Böhm 52. — Brauner 11. — Brocq 36. — Büchner 33. —
Cassirer 6 . 16. — Curie 39. — Curschmann 17. — Dessauer 7. 29. 38. 43. 66 . — Destot 36. —
Döderlein 63. — Eberlein 3. — Edgecombe 55. — Ehrhard 5. — v. Eiseisberg 14. — Erdheim
16. 54. — Eulenburg 16. — Evers 70. — Fischer 47. — Flesch 53. — Fodor 50. — Foulerton 44. —
Frankl 51. — Frankling 55. — Franze 32. 44. 55. 56. 57. 67. — Fröhlich 16. — Fuchs 16. 54.
— Gärtner 23. — Gehlhoff 36. 42. — Gerber 53. — Glax 22. — Gocht 7. — Goldzieher 52. —
Grunmach 4. 5. 7. 11. 16. — Gundelach 67. — Haberer 14. — Haudeck 49. — Heraeus 69. —
Herz 54. — Heß 15. 41. — Hildebrand 15. 17. 39. 41. — Hirschmann 67. — Hödlmoser 53. —
Hoft'a 7. — Hoffmann 67. — Holzknecht 7. 11. 12. 14. 22. 43. 54. 62. 65. — Hudovernig 16. —
v. Jackseh 52. — Jastrowitz 3. — Josefson 16. — Kienböck 61. 62. — Kisch 47. 48. — Kißling
11. — Koch 31. — Koppe 48. — Kolisch 22. 45. 47. — Kostkewicz 48. — Krauß 48. — Krönig
63. — Kuthy 46. 49. — Lang 53. — Launois 16. — Leischner 14. — Lenhartz 10. 24. — Levy-
I)orn 7. 11. 26. 39. 66 . — v. Leyden 3. 4. 5. — Lorenz 22. — Mache 53. — Moritz 39. —
Öfter 51. — Oppenheim 16. — v. Papius 41. — P 6 t,zy-Popovits 16. — v. Pöhl 32. 46. 47. —
Porges 49. — Ramsay 42. — Reiniger, Gebbert und Schall 66 . — Robinsohn 7. 22. 62. —
Röntgen 11. 39. 42. — Rossel, Schwarz & Co. 58. — Roy 16. — Ruhmer 62. — Rumpel 17. —
Rüssel 50. — Samuely 47. — Schein 5. — Schiff 5. — Schüller 16, 54. — Schütz II. —
Schweinburg 54. — Seldin 56. — Siedentopf 63. — Soddy 42. — Solger 36. 58. — Sommer 3.
— Strasser 45. 47. — Strauß 48. — v. Tarchanoff 32. — Thans 47. — Töpfer 71. — Tripold 49.
Ullmann 21. — Unna 71. — Van t’Hoff 47. — Villard 36. — Villiams 36. — Wachs 32. —
Walter 42. 43. 62. — Webb 56. — Wehnelt 68. — Weinberger 11. — Werndorff 22. — Wert-
heim-Salomonson 58. — Wiek 53. — Wiesner 38. — Winternitz 22. 47. — Zander 58. — Zeiß
63. — Zörkendörfer 48. —
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Bezugsquellenliste
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Max Becker & Co., Hamburg. (Siehe Inserat.)
Emil Gundelach, Gehlberg, (siehe Inserat.)
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Heinz Bauer & Co., Berlin, Lützowstraße.
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Job. Sachs & Co., Berlin.
Dr. C. Schieußner, A.-G., Frankfurt a. M.
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Unger & Holtmann, A.-G., Dresden.
Westendorp & Wehner, A.-G., Cöln.
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Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation,
Benin. (Siehe Inserat).
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W. Frankenhftuser, Hamburg.
Geka-Werke, Hanau.
F. Hrdliczka, Wien.
Rud. Siebert, Wien.
Dr. Lüttke & Arndt, Wandsbeck.
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Aktiengesellschaft H. Ernemann, Dresden und
Görlitz.
Aktiengesellschaft für photogr. Industrie’vorm.
E. Wünsche, Reick-Dresden.
Curt Bentzin, Görlitz.
Fabrik photogr. Apparate auf Aktien vorm.
R. Hiittig & Sohn, Dresden.
Alb. Glock & Co., Karlsruhe.
C. P. Goerz, Berlin-Friedenau.
R. A. Goldmann, Wien.
E. Suter, Basel.
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W. Hillinger-Reiner, Stuttgart.
Gebr. Lautenschläger, Berlin.
Josef Leiter, Wien.
Prometheus, Frankfurt a. Main.
H. Recknagel, München.
Elektromedizin. Apparate.
Elektrotechn. Institut, G. ui. b. H.,Frankfurt a.M.
Elektrizitätsgesellschaft Gebr. Ruhstrat,
Göttingen.
Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen.
Heilgymnastische (orthopäd.) Apparate.
Knocke & Drefsler, Dresden.
Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden. (Sieho
Inserat.)
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Bezugsquellenliste.
Chirurgische Instrumente uud
Verbandsartikel.
Deutsche Dampfgipsbindenfabrik, München.
Georg Haertel, Breslau.
Hermann Haertel. Breslau.
Alexander Schacdel, Leipzig.
Evens & Fistor, Cassel.
Chemische Präparate.
Chem. Fabrik vorm. Baier & Co., Elberfeld.
Chemische Fabrik Rhenania. Aaclien.
Chemische Fabrik J. 0. Riedel, Berlin.
Fabrikation von Duiig's Cliina-Calisaya-
Elixir (Inhaber: Alb. C. üung), Frei¬
burg i. Br. ISioho Insoral.'
Farbwerke vormals Meister, Lucius & Brüning,
Höchst.
Gebrüder Evers, ehern. Fabrik Reisholz,
Diisseldorf-Reisholz. (Siebo Inserat )
Gesellschaft fiir chem. Industrie. Basel.
F. Hoffmann, La Roche & Co., Basel.
E. Merck, Darmstadt.
Karl Töpfer, Fabrik chein.-pharm. Prftp.,
Leipzig. .Sioho Inserat.»
Vereinigte Chem.Werke, A.-G.,Charlottenburg
Nährmittelpräparate.
W. Mielek, Hamburg.
H. Niemoeller, Gütersloh.
Puro, mediz. chem. Institut., München.
Sanatogen-Werke, Bauer & Co., Berlin.
Sicco, G. m. b. H.. Berlin.
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Das Buch führt den Titel Kompendium der Röntgenographie nnd beschränkt sich anf
diesen Teil der Röntgenwissenschatt; Dnrchlenchtnng, Orthodiagraphie nnd Therapie sind nicht be¬
rücksichtigt. Viele eigene An ff assnn gen der Verff. treten hervor, deren reiche Erfah¬
rungen in Technik nnd Praxis der Röntgenographie in dem Buche niedergelegt siud-
Der Inhalt des Werkes zerfällt in drei Abschnitte: der erste macht den Leser mit den Apparaten
znr Erzeugung der Röntgenstrahlen, dem Betrieb einer Rüutgenstation, den Hiltsapparateu etc. be¬
kannt, der zweite erläutert die photoeberaiseben Hilfsmethoden, nnd der dritte gibt die Aufnahme-
Methodik. Wie die Verf. im Vorwort betonen, liegt der Schwerpunkt des Bnches im zweiten nnd
dritten Teil. Ans dem ersten Teil möchte Referent besonders die Kapitel über die Stromquellen,
das Indnktorinm nnd die Unterbrecher sowie über die Röntgenröhren hervorhebeu. Die wichtige
Frage: Wie mnß der Induktor diinensiert sein ? findet eingehende nnd einleuchtende Beantwortung
in der Darstellung S. 62 — 72. Demnach dürfte eine Fnnkenlänge von ca. 30 cm der Dessaner’scheu
Induktoren ceteris paribns die für den Betrieb günstigste sein.
In dem Kapitel „Beispiele ansgeführter Röntgeuaulngeu“ sind Einrichtungen der Firmen
„Polypbos“, „Klingelfnss & Co“, „Nostiz & Koch“, „elektrotechnisches Laboratorium Aschaffenbnrg“
von den betreffenden Ingenieuren derselben beschrieben. Unter diesen bietet das Apparatsystem
des Ingenieurs Koch vielleicht das meiste Interesse, da hier ganz nene Wege beschritten sind. Aus
dem zweiten Abschnitt sei das Kapitel über die Entwickelnng der röntgenographischen Negative
hervorgehoben, das alles in dieser Hinsicht Wissenswerte klar nnd ausführlich gibt. Negativeut-
wickelnng ist immer etwas Persönliches nnd jeder arbeitet nach seinem Geschmacke, da ist denn
die Besprechung einer Reihe von verschieden arbeitenden Entwicklern in mancher Richtnng nütz¬
lich. Betreffs des Auswaschens der entwickelten Platten vor dem Fixieren ist der Satz (S. 257):
„Für die Platte selbst ist dieses Answaschen ohne Bedentnng“ nicht für alle Entwickler richtig,
wie es anch Verff. beim Diphenal (Seite 267) selbst betonen. Dem Betrachten der Negative nud
der Plattenkritik ist ein eigenes Kapitel gewidmet; die verschiedenen Fehler, welche Vorkommen
können, sind besprochen nnd die Erkennung der Fehlerquellen unter Beifügung zwölf instruktiver
Fehlcrtafeln erläutert.
Der dritte Teil, Aufnahme-Methodik ist besonders reich mit Abbildnngen ansgestattet nnd
sind ihm 12 sehr schöne Tafeln, die eine größere Reihe typischer Röntgenbilder wiedergeben, bei-
gefiigt. Die Abbildung im Text veranschaulichen die Lagerung nnd Fixierung des Aufzunehmenden
und die Stellnng der Röntgenröhre etc., oder geben anatomische Skizzen, die znr Orientierung
dienen. In diesem Teile wird jeder praktisch mit Röntgenstrahlen Arbeitende sehr viel nützliche
Winke nnd für schwierige Aufnahmen gute Belehrung finden.
So stellt sich das Buch als ein wirklich praktisches Handbuch der Röntgenaufnahme dar,
das anf das beste empfohlen werden kann. Die Ausstattung des Bnches ist — bis anf wenige nicht
ganz scharfe Textbilder — hervorragend.
Winck e lm an n - Köln im Beichs-Mediziualanzeiger. 1905. Nr. 18.
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Die Verff. wollen ein praktisches Handbuch geben, das praktische Tatsachen nnd praktisch
brauchbare Kenntnisse nnd insbesondere eine erprobte, zuverlässige Methode der Aufnahme dem
Röntgenologen bringen soll. Diese ist in überaus anschanlicher Weise dargestellt durch drei Arten
von Abbildungen, welche die Lagerung nnd Fixierung von Objekt, Platte und Apparat, die ana¬
tomischen Verhältnisse und schließlich die eigentliche Aufnahme zeigen. Besonders lehrreich ist
auch eine Reihe beigegebener Fehlertafeln. Neben diesen durchaus praktischen Gesichtspunkten
kommen auch die Theorie über das Wesen der Röutgenstrahlen und die Forschung über Radio,
aktivität in diesem auf wissenschaftlicher Grundlage geschriebenen Buche nicht zu kurz, nnd so
wird das Werk D.’s, dessen Name in der Röntgenologie mit an erster Stelle steht, jedem, der sich
mit der jungen Wissenschaft beschäftigt, viele neue Gesichtspunkte eröffnen und gute Dienste leisten.
Zu r h e 11 e - Bonn im Zentralblatt für Gynäkologie. 1905. Nr. 36.
Ähnlich wie das Stechowsche Werk ist das vorliegende Handbuch vor allen Dingen für
den Praktiker bestimmt, dem es in klarer und dabei doch knapper Form alle zur Ausführung der
Röntgenphotographie erforderlichen, praktisch brauchbaren Kenntnisse und Anleitungen gibt. Eine
Fülle von Erfahrungen langjähriger eigener Versuchsarbeit im Laboratorium und in der Praxis mit
zahlreichen nenen Gesichtspunkten treten uns aus jedem Kapitel dieses originellen Werkes ent¬
gegen. In den beiden Kapiteln, welche sich mit der Ausführung der photographischen Methode
sowie mit der Aufnahmetechnik im allgemeinen und speziellen beschäftigen, liegt der Schwerpunkt
der vorliegenden Arbeit. Besonders eingehend ist das Aufnahmeverfahren der verschiedenen Körper¬
teile geschildert und durch Abbildungen, welche Lagerung, Fixierung zur Darstellung bringen
durch orientierende anatomische Skizzen sowie durch ganz vorzügliche Röntgenbilder veran¬
schaulicht. Der Zweck des Werkes „ein Handbuch der Aufnahme“ zu sein, das sich auf wissen¬
schaftlicher Basis unmittelbar in den Dienst der Praxis stellt, wird nnseres Erachtens voll erreicht.
Der praktische mit Röntgenstrahlen Arbeitende wird in dem voiliegenden Kompendium,
dessen Preis (26 Mk.) in Anbetracht seiner vorzüglichen 12 radiographischen Tafeln nnd der zahl¬
reichen übrigen Abbildungen (11 Tafeln Autotypie, 201 Textillustrationen) als keineswegs zu hoch
bezeichnet werden mui's, bei allen Aufgaben, welche das Röntgenverfahren stellt, einen durchaus
zuverlässigen Berater finden. Tobold in Deutsche Militärärztl. Zeitschrift. 1905. Nr. 9.
Die Verfasser haben die gestellte Aufgabe, dem Arzte die zur praktischen Ausübung des
Röntgenverfahrens nötigen Kenntnisse zu übermitteln, glänzend gelöst. Das hervorragende didak¬
tische Talent der Verfasser dokumentiert sich besonders in der Leichtigkeit nnd Sicherheit, mit
der die den meisten praktischen Ärzten nicht ganz geläufigen Begriffe der Elektrizitätslehre erörtert
werden. Die beigegebenen radiographischen Tatein illustrieren die Leistungsfähigkeit der modernen
Röntgenapparate. Dr. E n g e 1 e n - Düsseldorf in Arztl. Rundschan. 1905. Nr. 39.
Das vorliegende Werk ist von den Verfassern als ein praktisches Handbuch gedacht. Es
ninfußt drei große Abschnitte, von denen der erste die Geschichte der Technik, die Theorie der
X-Strahleu und eine Erklärung des elektrotechnischen Instrumentarium-», seine Einrichtung, Betrieb
nnd Ausbesserung enthält. Im zweiten Teil bespricht Verf. die photographische Methode nnd
Hilfsmethoden, im dritten die eigentliche Aufnahmetechnik.
Gute Abbildungen von Apparaten, Lagerung der Patienten zur jeweiligen Aufnahme und
anatomische Skizzen illustrieren den klar geschriebenen Text.
Die auf jahrelangen praktischen Studien basierende große Erfahrung der Verfasser bürgt
von vornherein dafür, daß der Zweck des Buches erreicht ist.
Baum (Kiel) in Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie.
Die auf dem Gebiete der Röntgenographie schon seit langen Jahren hervorragend tätigen
Verfasser haben das vorliegende praktische Handbuch herausgegeben als eine Frucht vieljähriger
Arbeit im Konstruktionsbnreau, im Versuchslaboratorium und in »1er Praxis. Vor etwas mehr als
einem Jahre haben D. nnd W. bereits einen Leitfaden des Röutgenverfahrens geschrieben, von dem
schon die 2. Auflage vorliegt. Wir sind sicher, daß sich auch das viel voluminösere Kompendium
der Röntgenographie rasch zahlreiche Freunde erwerben wird; denn es ist in der Tat ein praktisches
Handbuch, klar im Text, reich illustriert durch Textabbildungen nnd Tafeln.
Das von der Verlagsbuchhandlung vorzüglich ansgestattete Werk kann nur empfohlen
werden. P. Wagner-Leipzig in Schmidt’s Jahrbücher der Medizin. 1905. Oktoberheft.
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RÖNTGEN¬
PAPIER
hochempfindliches, glänzendes Bromsilberpapier, auf karton¬
starkem, rosa gefärbtem Rohstoff, das für direkte Röntgenauf¬
nahmen bestimmt ist. Die einzelnen Blätter sind in lichtdichten
Hüllen verpackt, so dafs dieselben ohne Dunkelkammer
verwendet werden können
N. F. G. Röntgen-Fapier
eignet sich vorzüglich für
direkte Röntgen-Aufnahmen
Es ist billiger und bequemer als Troekenplatten
Neue Photographische Gesellschaft
Aktiengesellschaft Steglitz-Berlin
Man verlange Prospekte bezw. Gebrauchsanweisungen
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Archiv
für physikalische Medizin u. medizinische Technik
nebst Beiblatt
„Fortschritte und Neuheiten
der physikalisch-chemischen und photographischen Industrie in ihrer
Anwendung auf das Gesamtgebiet der praktischen Medizin“
herausgegeben von
Privatdozent Dr. H. Kraft, und Dr. med. B. Wiesner,
Straßburg i. E. prakt. Arzt in Aschaftenburg.
Verlag von Otto Nemnich in Leipzig.
I. Band. Ausgegeben am 15 . März 1906 . Heft 2/3.
Inhaltsverzeichnis.
1. Abhandlungen.
Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung für die medizinischen Wissen¬
schaften. Von Prof. Dr. H. J. Hamburger.
Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild. Von Privatdozent Dr. J. Riedinger in Würzburg.
Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgenstrahlen. Von Dr. Max Levy-
Dorn, Berlin.
Zur Kasuistik der Nephrolithiasis. Von Dr. Wiesel, Ilmenau.
Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. Zuiri Teile vorgetragen in der am ‘2. Mai
abgehalteuen Sitzung des Berliner Röntgen-Kongresses. Von Dr. Bela Alexander,
Kesmärk tUngarn).
Das röntgenographische Dunkelzimmer und seine zweckentsprechende Beleuchtung. Von
Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz).
1 : ber Bier’sche Stauung und ihre Erfolge. Von Dr. W. Weecke.
Jber die Wichtigkeit der Dosierung und die Methode der radiotherapeutischen Behandlung
einiger durch Neubildung hervorgerufener Prozesse. Von Dr. J. Belot, Präparator
für Radiotherapie am Hospital St. Antoine, Assistent am Laboratorium für Radiologie
von Dr. Bdclöre. (Mitteilungen aus dem Laboratorium für medizinische Radiologie des
Di 1 . Beclöre).
Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April - 3. Mai 1905 erstattet von
Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). (Nach eigenem Stenogramm.)
I. Allgemeiner Bericht. (Fortsetzung.)
Technik, Wirkungen und Indikationen der Hydro-Elektrotherapie bei Anomalien des Kreis¬
laufs. Eine Besprechung nach dem gleichnamigen Buche von Dr. Paul C. Franze,
Bad Nauheim, von Dr. Artur Hennig, Königsberg i. P.
II. Kritik.
A. Bücher.
E. Sommer, Winterthur, Anatomischer Atlas in stereoskopischen Röntgenbildern. (Ref.
Franze, Nauheim.)
Albers-Schönberg, Die Röntgentechnik, Lehrbuch für Arzte und Studierende. (Ref. Franze.)
F. Dessauer, Röntgenologisches Hilfsbuch. (Ref. Trapp.)
Stark, Das Wesen der Kathoden- und Röntgenstrahlen. (Ref. Dessauer.)
Zacharias und Müsch. Konstruktion und Handhabung elektromedizinischer Apparate. (Ref.
F r a n z e.)
B. Abhandlungen und Broschüren.
Kienböck, Über Röntgenbehandlung der Sarkome. (Ref. Robinsohn).
von Lutzenberger, Die Franklinsche Elektrizität in der medizinischen Wissenschaft und
Praxis. (.Ref. W i e s n e r.)
Kurella, Elektrische Gesundheitsschädigungen am Telefon. (Ref. Wiesner.)
Wind, Elektronen und Materie. (Ref. Gehlhoff.)
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Inhaltsverzeichnis.
Wertheim-Salomonson, Kleine und große Induktoren, (lief. (1 eh 1 lioff.)
Krankenhäuser, Die Wärmestrahlung, ihre Gesetze und Wirkungen, t lief. Wicsner.)
Leduc, Die Jonen--oder elektrolytische Therapie, (lief. Wiesner.)
III. Referate.
Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentral verband* der Haineologen Ostreich».
Vorträge und Diskussionen von: Fellner, Löhelud, Klhnann, Lindheini, Sorgo, Krauß, Celebrun,
Hassenge., Strassor, Drain, Köhler, Klein-Hähringer, Holzknecht, Weiß.
Radiologie.
Arbeiten von: llagge, Holzknecht, Jastrani, Haret, Imhert. Xewcornet. Destol. Guthrnie, Helot,
Harjon, von daksch, Innmdinaiin, Moszkowicz, Stegniann, Iiosenbach, Heißer, Linser,
Adanison, Jefferiss, Wertheiin-Saloinonson, Krause. Görl, Wien.
Halneologie und Hydrotherapie.
Arbeiten von: Strasser, Williams.
Klektrodiagoostik und Elektrotherapie.
Arbeiten von: Somerville, Jones, Xeustaetter, Zanietowski, Gamlen.
Phototherapie und verschiedene physikalische Methoden.
Arbeiten von: Schott, Sommer, Joseph, Hill, Oeslin, Asmann, Danielsen.
IV. Tagesgescliiclite, Zeit- und Streitfragen.
Tagesgescliiclite.
Ausschuß zum Studium der Intensitätsfrage der Röntgenstrahlen.
Reproduktionen von Röntgenaufnahmen.
Portugal und der Lissaboner Kongreß.
Aerztliche Unterrichtskurse im Röntgenverfahren in Aschatfenburg.
Filiale des Elektrotechnischen Laboratoriums Aschatfenburg in Berlin.
Bankett, der internationalen Gesellschaft zur Unterdrückung des Krieges.
Der 2. Kongreß der deutschen Küntgengesellsehaft.
Zeit- und Streitfragen.
Vergleich von Röntgentrockenplatten.
Vergleich von Röntgenschutzstoffen.
Wie soll der Arzt seine Röntgen-Negative aufbewahren?
Über Röntgenröhren „System Bauer".
Beiblatt zum Archiv für physikalische Medizin und medizinische Technik.
Fortschritte der Technik.
Der Einfluß des Elektrolyten auf die Wirksamkeit der Aluminium-Drossclzelle.
Iler Eisennickel-Akkumulator nach System Edison.
Die Faszikelrohrblende nach l)r. Robinsohn.
Die Schlitzbinde nach Dr. Robinsohn.
Der Dämpfungskasten für den Elektrolyt-Unterbrecher.
Heißluft-Apparate nach Professor Bier.
Anodynon, schmerzstillender Wärmeapparat.
Röntgenpapier für Radiogramme.
Der neue Elektrolyt-Unterbrecher.
Neuheiten der Röutgenröhrenfabrik von G. H. F. Müller: 1. Neue Wasserkühlröhre 14 1.
2. Röhre mit doppelter Regenerierung. 3. Wichmanu-Köhre.
Chemisch-pharmazeutische Berichte.
Phagoeytin. — Butipyrinum - Gouttinum. — Proteol Doyen. — Traumasan. — Valvin. —
Antidiabeticum fiuid. — Taeniol. — Secornin. — Sterol. — Brometon. — Diplin. — Krelution
und Kremulsion. — Aethrole. — Ichthyomenthol. — Novocain. — Kalium permanganatpaste. —
Alypiu. — Clavin. — Formiein. — La Zyma. — Fortose. — Gasterogen. — Laotoserve. —
Form ainin ttable tto n.
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Neuere. Untersuchungen über Colloi'de uml ihre Bedeutung etc.
I. Abhandlungen.
Neuere Untersuchungen über ColloTde und ihre Bedeutung
für die medizinischen Wissenschaften*).
von Prof. Dr. H. J. Hamburger.
Seit lange pflegt inan die gelösten Stoffe in zwei Gruppen einzuteilen:
die Krystallo'ide und Colloi'de. Die Krystalloi'de gehen durch Pergamentpapier
hindurch, die Colloi'de nicht. Zu der ersten Gruppe gehören u. A.: Rohr¬
zucker, Traubenzucker, Kochsalz, Magnesiumsulfat, zu der zweiten: Leim,
Eiweiß und verschiedene eiweißartige Stoffe. So hat Graham es ausge¬
sprochen im Jahre 1851. Er sprach von zwei Welten von Substanzen, ich
erlaube mir, an dieser Stelle etwas aus der Weit der Colloi'de mitzuteilen.
In erster Linie möchte ich die Aufmerksamkeit auf eine Eigenschaft
der Colloi'de lenken, mit Metallen dissociabele Verbindungen zu bilden, die
von Pauli Jonenprotei'de genannt worden sind.
I. Jonenprotei'de.
Bedeutung für die Herzkontraktion, etc.
Der Namen Jonenprotei'd wurzelt in einer neuen Vorstellung über den
Bau von Lösungen.
Wenn man eine gewisse Kochsalzmenge in eine bedeutende Quantität Wasser auf¬
löst, so zersetzen sicli die meisten NaCl-Molecüie in Na und CI. Diese Spaltungsprodukte
nennt man Joneu. Dieselben sind mit einer bedeutenden Elektrizit.’ltsmenge geladen, das Na mit
positiver, das CI mit einer gleichen Quantität negativer Elektrizität. So muß man sicli auch
vorstellen, daß in verdünnter Salzsilure das HCl in elekt.ropositiven H-Jonen und elektro-
negativen Cl-Jonen gespalten ist, und in einer verdünnten KOH-Lösung, das KOH in elektro-
positiven K-Jonen und elektronegativen OH(Hydroxyl)-Jonen.
Verbindungen von Eiweißstoffen mit Metalljonen können also Jonen¬
protei'de heißen.
Durch die Vorstellung, daß solche Verbindungen in lebenden Ge¬
weben Vorkommen, kann man eine Anzahl merkwürdige Tatsachen erklären,
die durch Untersuchungen von Sidney Ringer und Anderen, aber insbe¬
sondere von J. Loeb in der letzten Zeit an’s Licht getreten sind und von
den ich an dieser Stelle einige mitteilen werde.
Wenn man Skeletmuskeln in eine reine Kochsalzlösung bringt, so
zeigen dieselben bald selbständige rhythmische Kontraktionen, die 24 bei 48
Stunden anhalten.
Setzt man aber dieser Kochsalzlösung ein wenig einer Calcium-,
am liebsten auch noch etwas von einem Magnesiumsalz hinzu, so hören die
*) Nach einem in der Niederländischen Gesellschaft, der Arzte gehaltenen Vortrag.
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Neuere Untersuchungen über Colloide und ihre Bedeutung etc.
Zuckungen auf. Diese Zusammenziehungen lassen sich dadurch erklären,
daß ein Austausch zwischen dem Na der umgebenden reinen NaCl-Lösung
und dem Ca und Mg der in der Muskelsubstanz vorhandenen Calcium- und
Magnesiumprote'ide stattfindet. Hierdurch erfährt der Muskel eine Modifikation
seiner ursprünglichen Zusammensetzung; es findet eine Art Desintegration
statt, diese wirkt als Reiz und demzufolge zuckt der Muskel.
Bringt man in die NaCl-Lösung Ca und Mg und zwar in ungefähr
derselben Konzentration, wie sie im Ca und Mg-Protei'd vorhanden sind, so
besteht für den Hinaustritt von Ca und Mg aus dem Muskel keine Veran¬
lassung und die rhythmischen Zuckungen treten nicht auf. Die Ursache, wes¬
halb die Skeletmuskeln, so lange sie einen Teil des normalen Körpers bilden,
keine spontane Zuckungen zeigen, wird wohl darin seinen Grund haben, daß
Blutflüssigkeit und Lymph die Metall-Jonen, Ca und Mg gerade in einer den
Jonenprote'fden der Muskeln entsprechenden Menge enthalten.
An der Hand dieser Betrachtung ist J. Loeb zu der Vorstellung ge¬
langt, daß eine reine NaCl-Lösung ein Gift ist.
Durch verschiedene interessante Experimente hat er diese Auffassung
illustriert.
Bringt man gerade ausgeschlüpfte Eier von Fundulus, einen See¬
fisch, ans Seewasser in eine damit isotonische NaCl-Lösung, so erliegt das
Tierchen schnell. Setzt man aber der reinen NaCl-Lösung ein wenig MgCl»
hinzu, so bleibt es einige Zeit im Leben; setzt man außerdem noch CaCL
hinzu, so bleibt es noch länger im Leben; insbesondere Hinzufügung von
KCl erhöht die Lebensdauer in erheblichem Maße.
Ähnliche Experimente stellte er mit Gonionemus, einer Meduse an.
Diese Tierchen bewegen sich durch rhythmische Zusammenziehungen einer
Art Schwimmblase. Führte Loeb sie aus Seewasser, ihrem natürlichen
Medium, in eine reine NaCl-Lösung hinüber, so hörten die Bewegungen bald
auf und sie starben. Um diese Gefahr zu kehren, hatte er der Kochsalz¬
lösung lediglich eine gewisse Menge KCl hinzuzufügen. Hinzufügung von
CaCIi und MgCL erschien überflüssig. Würden die Tierchen vielleicht keine
Ca- und Mg-Protei'de enthalten?
In gleicher Richtung liegen Untersuchungen am Herzmuskel.
Ein Schildkrötenherz hört mit Klopfen auf, wenn man es in eine reine
Kochsalzlösung bringt, schlägt aber durch, wenn man derselben ein wenig
KCl und CaCls hinzugefügt hat. Diese Untersuchungen wurden von
Langendorff und Hueck am Säugetierherzen fortgesetzt und bestätigt.
Die Forscher waren sogar im Stande, die Intensität der Herzkontraktionen
erheblich zu verstärken, indem dem Blute einfach eine geringe Menge Ca Cls
hinzugesetzt wurde.
Führten sie soviel CaClz in die Circulation ein, daß dadurch der
Chlorcalciumgehalt des Blutes theoretisch um 0.05 °/ 0 gestiegen sein konnte,
so erhob sich der Blutdruck sehr bedeutend.
Im Zusammenhang mit diesen Untersuchungen geben sie den prak¬
tischen Ärzten den Rat, bei der Injektion von Salzlösung, welche bei durch Blut¬
verlust und andere Ursachen hinabgesunkener Herztätigkeit so oft ausgeführt
zu werden pflegt, nicht mehr eine reine NaCl-Lösung zu benutzen, sondern
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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc.
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eine solche, die auch Calcium- und Kaliumsalz enthält. Am rationellsten ist
es, eine Salzlösung anzuwenden, die die Salzo in demselben Verhältnis ent¬
hält. wie sie im entsprechenden Serum enthalten sind. Solche Lösungen
werden auch Ringer’sche Lösungen genannt.
Für den Menschen wäre es empfehlenswert (Locke) 9 gr. NaCl. 0.24
gr. CaCL, 0.42 gr. KCl., 0.2 gr. NaCHOa, in ein Liter destilliertes Wasser
aufzulösen.
Inzwischen ist der Einfluß einfacher Lösungen lebenden Geweben
gegenüber komplizierter als ich es hier vorgestellt habe. Es stellt sich
namentlich heraus, daß man um die Giftwirkung einer NaCl-Lösung aufzu¬
heben, bezw. zu lindern, statt des in normalen Umständen im Gewebe vor¬
kommenden Metalles, ein ganz fremdes benutzen kann. So z. 13. kann statt
des Calciums, das verwandte Barium oder Strontium hineingesetzt werden.
Ja selbst kann die giftige Wirkung einer reinen Kochsalzlösung durch Zink
oder Kobaltchlorid und, was man nicht erwarten würde, durch das giftige Blei
mitigiert werden. Um dies und ähnliche Tatsachen erklären zu können, muß
ich erst eine andere Eigenschaft von Collo'fden besprechen. Diese hängt mit
ihrer Struktur zusammen.
II. Struktur der Collofdlösungen. Elektrische Ladung der
Colloidteilchen.
Künstliche Parthenogenesis.
Man muß annehmen, daß die Colloidlösungen aus in Flüssigkeit sus¬
pendierten Colloidteilchen bestehen. Nach den Untersuchungen von Ilelm-
hol tz, Quincke, Bodländer, Spring, Picton und Linder, Bredig,
Hardy und Anderen sind die Teilchen elektrisch geladen, während die jedes
Teilchen umgebende Flüssigkeitsschicht ebenfalls Elektrizität enthält und
zwar von gleicher Spannung aber entgegengesetztem Zeichen, sodaß die
Colloidlösung im Ganzen nicht elektrischerscheint. Je kleiner die Colloi'd-
teilchen sind, umso größer die elektrische Ladung und damit auch die Ladung
der umgebenden Flüssigkeitsschicht, welche, wie gesagt, ein entgegengesetztes
Zeichen hat. Umgekehrt hat eine Abnahme der Ladung ein Zusammen¬
packen von Colloidteilchen zur Folge, wodurch diese mit Hilfe des Mikroskops
sichtbar werden. Wird die Ladung vollständig entfernt, so errreicht die Zu¬
sammenpackung, die Agglutination das Maximum und sie flocken in mit un-
bewaffnetem Auge wahrnehmbaren Stücken aus.
Nehmen wir Hühnereiweiß als Beispiel. Wir denken uns das Weiß
eines Eies feingeschnitten, mit Wasser vermischt und dann filtriert. Die also
erhaltene wasserhelle Flüssigkeit reagiert schwach alkalisch. Bringt man
dieselbe in ein U-förmiges Rohr und senkt in je einen Schenkel eine Platin¬
elektrode und läßt den galvanischen Strom hindurchgehon, so sieht man an
der positiven Elektrode bald Eiweißpartikelchen sich absetzen, während in
der Umgebung der Elektrode die Flüssigkeit eine opaleszierende Trübung
annimmt. An der negativen Elektrode bleibt die Lösung vollkommen klar.
Warum haben sich an der positiven Elektrode Eiweißpartikelchen ab¬
gesetzt? Einfach deshalb, weil in der Eiweißlösung dio Colloi'dpartikelchen
negativ elektrisch sind. Die negative Elektrizität wird von der positiven
Elektrode angezogen und neutralisiert und damit ist die Bedingung für das
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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc.
Ausflocken erfüllt. Die von der positiven Eelektrode weiter entfernten Ei¬
weißpartikelchen erfahren auch wohl den Einfluß, aber zu einer voll¬
ständigen Entladung kommt es nicht. Daher, daß auf einiger Distanz der
Elektrode, die Eiweißlösung lediglich opaleszierend trübe wird.
Doch was man mittels des galvanischen Stromes erzielen kann, ist
auch durch Hinzufügung von Säuren zu erreichen. Bemerkten wir ja oben,
daß in einer Salzsäurelösung die HCl gespaltet gedacht werden kann in
positiv geladenen H-Jonen und negativ geladenen Cl-Jonen. Setzt man nun
zu einer Eiweißlösung, in der die Eiweißpartikelchen negativ geladen sind,
eine geringe HCl-Menge hinzu, so wird die positive Elektrizität der H-Jonen
die negative der Eiweißpartikelchen neutralisieren können (und die negative
Elektrizität des CI, die positive des Wassers) und das Eiweis flockt aus.
Führt man aber HCl im Übermaß hinzu, so empfangen die Eiweißteilchen
nach Vollziehung der Neutralisation noch positive Elektrizität der H-Jonen
und der Niederschlag löst sich wieder auf.
Bringt man nun, wie Hardv tat, diese Lösung wieder in ein U-förmiges
Rohr, in dem sich zwei Elektroden befinden und läßt man einen galvanischen
Strom hindurchgehen, so setzt sich jetzt das Eiweis nicht an der positiven,
sondern an der negativen Elektrode ab.
Mit, dieser Vorstellung ist völlig in Übereinstimmung was man z. B. bei der Aus¬
flockung von Casein in Milch beobachtet. Verdünnt man Milch mit Wasser und setzt eine
geringe, aber bestimmte Säuremenge hinzu, so schlägt das Casein in schöne Flocken nieder.
Filtriert man, so zeigt sich das Filtrat wasserklar. Hat man aber ein wenig Säure zu viel
hinzugeführt, so ist die Ausflockung weniger vollkommen und das Filtrat ist trübe, was
darauf hinweist, daß die Partikelchen wieder so klein geworden sind, daß sie durch die Poren
des Filters hindurch gehen konnten. Und so würde ich eine Anzahl anderer Beispiele
nennen können.
Doch nicht nur Säuren können Eiweißstoffe ausflocken, auch Salze
besitzen dieses Vermögen. Das stimmt, mit der gegebenen Vorstellung über¬
ein. Denn auch Salze sind elektrolytisch gespalten und zwar in positiven
Metalljonen und negativen Säurejonen. Und was nun die Auffassung noch
kräftig stützt, ist die Tatsache, daß Stoffe, welche nicht in Jonen spaltbar
sind und also die Ladung der Eiweißteilchen nicht ändern können, wie Rohr¬
zucker, Traubenzucker, Harnstoff und eine Menge anderer organischer Sub¬
stanzen, das Vermögen Eiweiß auszuflocken, vollständig entbehren.
Kehren wir jetzt zu unserem Ausgangspunkt zurück, der zu diesen
Betrachtungen Veranlassung gab, die Tatsache nämlich, das Barium, Strontium,
Zink, Kobalt, Blei, die Giftwirkung einer reinen Kochsalzlösung lindern können,
so verstehen wir jetzt, daß es sich handelt um etwas, das alle Metalle gemeinsam
haben, d. h. eine positive elektrische Ladung. Dieselbe ist im Stande, die
Größe der Colloi'dteilchen, m. a. W. deren Agglomeration zu modifi¬
zieren und dadurch die Lebenseigenschaften, welche von dem
Be wegl ichkoitsgr ade der Protoplasmateilchen abhängig sind,
zu beeinflussen.
Interessante Untersuchungen in dieser Richtung sind durch Loeb
über künstliche Parthenogenesis ausgeführt worden.
Eier von Chaetopteruss, einem Echinoderm, entwickeln sich in ihrem
normalen Medium, dem Meereswasser, ausschließlich durch Spermatozoa.
Bringt man aber, statt Spermatozoa ein wenig KCl- oder KNO:t-Lösung in das
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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc. 87
Meereswasser, so entwickeln sie sich innerhalb einiger Stunden zu schwimmen¬
den Larven, welche sich von den durch Spermatozoen ins Leben gerufenen
nicht unterscheiden.
Indessen hatLoeb hervorgehoben, daß die Chaetopterus-Eier sich im
normalen Meeres wasser doch noch zum Zwölf- bisweilen sogar zum
Sechzehnzellenstadium teilen können; kam dann aber kein Spermatozoon
hinzu, so starben sie ab. Im normalen Meereswasser besteht also bereits die
Neigung zur Entwicklung und diese wird offenbar durch Hinzufügung von
Kaliumjonen beschleunigt. Die Annahme ist hier berechtigt, daß dieselben
durch ihre elektrische Ladung die Agglutination der Colloidteilchen ver¬
mindern und demzufolge die Beweglichkeit befördern.
Es ist auffallend — es sei hier im Vorübergehen bemerkt — daß man
auch bei höheren Tieren die Neigung zur selbständigen Entwicklung der
Eier beobachtet. Hertwig fand sie bei Crustaceeen und Janosik bei Eiern
in Säugetierovarien. Letzterer Forscher fand in Säugetierovarien die Eier
mehrmals in einem Zweizellenstadium geteilt.
Die Frage liegt nun auf der Hand, ob vielleicht in den Spermatozoen,
eine Substanz sich vorfindet, welche auf die Zellenteilung beschleunigend
wirkt. In der Tat hat man versucht, solch eine Substanz daraus zu extrahieren,-
bis jetzt aber vergeblich.
Jetzt möchte ich den Leser bitten, die Colloi'de auf einem andern
Terrain zu studieren und zwar auf dom der Histiologie. Zu diesem Zweck
muß ich einige Bemerkungen über die Struktur der Colloi'dgele vorangehen
lassen.
III. Übergang von Colloideii in den Gclzustand.
Bedeutung für die Kenntnis von Gewebestrukturen.
Bekanntlich pflegt man behufs der mikroskopischen Untersuchung von
Zellen und Goweben, die Struktur dadurch zu fixieren, daß man dieselbe ent¬
weder im lebendigen Zustande, oder — wenn dies nicht möglich ist — mög¬
lichst rasch nach dom Tode in eine sogenannte Fixierflüssigkeit legt.
Als solche werden benutzt Osmiumsäure, Pikrinsäure, Sublimat,
Formalin und viele andere Substanzen. Aber bereits 1902 hob Flemming
hervor, daß, wenn man Pflanzenzellensaft mit Osmiumsäure versetzt, eine
netzförmige Figur entsteht, welche lebendig an die Struktur erinnert, die man
auch an Protoplasma zu beobachten pflegt.
Etwas gleichartiges erhielt der Botaniker Berthold, durch Einwirkung
von Pikrinsäure auf Iiühnereiweiß, und Schwarz bei Einwirkung von Fixier¬
mitteln auf Gelatin. Letzterer ist dann auch geneigt, das Bestehen einer
Struktur beim lebenden Protoplasma zu verwerfen.
In letzterer Zeit hat Hardy den Einfluss von Fixiermitteln auf Colloi'de
mehr systematisch untersucht. Die Beschreibung dieser Untersuchungen
würden mich zu weit führen. Ich werde nur die bedeutendsten Ergebnisse
mitteilen.
In erster Linie sei dann horvorgehoben, daß es ihm gelang, die
Bildung solch einer Netzstruktur unter dem Mikroskop zu verfolgen. Er legte
einen dünnen seidenen Faden, welcher mit einer Lösung von Chlorcalcium
getränkt war, auf einen Objektträger, und bedeckte dann den Faden mit einem
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88 Neuere Untersuchungen über ColloYde und ihre Bedeutung etc.
Deckgläschen. Weiter ließ er in den Capillarraum zwischen Objekt und
Deckglas eine Eiweißlösung aufsaugen. Nach einiger Zeit war an beiden
Seiten des Fadens eine makroskopische Trübung zu beobachten; mikroskopisch
aber waren im weißen Feld keine Körnchen zu entdecken. Diese kamen
erst später zum Vorschein. Noch später ordnen sich die Körnchen derweise,
daß sie ein Netz bilden. In den Maschen war dann die Flüssigkeit klar.
Überließ er nun weiter das Präparat sich selbst, indem er dafür sorgte, daß
keine Verdampfung stattfinden konnte, so verkleinerten sich die Maschen,
offenbar dadurch, daß die Körnchen sich dichter aneinander lagerten.
Schließlich war von einer Körnchenstruktur nichts mehr zu beobachten und
schien das Maschennetz aus Faden gebildet.
Bei diesem Versuch handelt es sich um eine allmähliche Zusammen¬
packung von ColloYdteilchen unter dem Einfluß eines Salzes, und es wird
dem Leser aufgefallen sein, daß dieses Experiment vollkommen übereinstimmt
mit der Auffassung, nach welcher Colloi'dteilchen in Folge von einem unter
dem Einfluß eines galvanischen Stromes verursachten Verlust elektrischer
Ladung agglomerieren können.
Was das Chlorcalcium tut, bewirkt auch Osmiumsäure, Pikrinsäure,
Sublimat etc.
Weiter stellte sich heraus, daß die Größe der Maschen in hohem
Maße von der Natur der Fixierflüssigkeit abhängig war.
So gab Osmiumsäure Dampf in einer Lösung von
Hühnereiweiß von 13 °/o Maschen von 0.5—0.7 ,u. Länge
KCNS . „ „ 1 „ „
Bichromas kalicus . . „ „ 1.3 „ „
Sublimat. „ „ 1.7 „ ,
Weiter war auch die Konzentration der Eiweißlösung nicht ohne Ein¬
fluß, ebensowenig die Natur des Colloids. Agar-agar z. B. gab wieder
Maschen von anderer Form und anderer Größe als Gelatin und Eiweiß; auch
war es von der Natur der ColloYde abhängig, ob die Maschen offen oder ge¬
schlossen w 7 aren.
Hardy hebt bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung hervor, die
Henneguy machte über die treffende Übereinstimmung zwischen den Ab¬
bildungen von Protoplamastrukturen, wie man diese in der ausgezeichneten in
Leuven herausgegebenen Zeitschrift „La cellule“ findet. Man fixiert da immer
mit Sublimat.
Die Furcht ist also nicht unbegründet, daß im Allge¬
meinen bei der Fixierung von lebendem Protoplasma, das ja
doch auch ein Colloi'd ist, Strukturen entstehen, die in vivo
nicht vorhanden sind.
Und w r as haben wir zu denken von der Struktur des Protoplasma’s.
das nicht fixiert, sondern einfach abgestorben ist? Auf diese Frage geben
andere Untersuchungen über ColloYde eine Antwmrt.
Wenn man eine warme Gelatinlösung abkühlen läßt, so coaguliert
dieselbe. Was man dann erhält, nennt man ein Gel und zw T ar, weil es eine
wässerige Lösung war, aus der dieser Gel entstand, ein Hydrogel. Solange
der flüssige Zustand obw r altet, spricht man von Sol (Abkürzung von Solution).
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Handelt es sich so wie hier, um eine wässrige Lösung, so spricht man von
Hydrosol. Ist nun solch ein Hydrosol durch Abkühlung in ein Hydrogel
übergegangen und untersucht man letzteren mikroskopisch, so stellt sich heraus,
daß eine Netzstructur entstanden ist. Das homogene Hvdrosol hat sich näm¬
lich bei Abkühlung in zwei Phasen getrennt: eine feste Phase und'eine flüssige.
Die feste Phase bildet das eigentliche Netzwerk, die flüssige den
Mascheninhalt. Die feste Phase besteht aus einor Lösung von Wasser in
Gelatin 1 ), die flüssige aus einer Lösung von Gelatin in Wasser. Wie groß
der Prozentgehalt des Gelatins in beiden Lösungen ist, hängt in hohem Maße
von der Temperatur ab.
Da nun das Absterben von Protoplasma auch mit Coagulation einher¬
geht — man denke an die Totenstarre — ist man verpflichtet, die Möglich¬
keit vor Augen zu halten, daß die Netzstruktur, die man an abgestorbenem
Protoplasma beobachtet, eine postmortale Erscheinung ist und daß während
des Lebens die Masse homogen war.
Hardy hat weiter auf die erstarrten Hydrogele, Fixiermittel ein¬
wirken lassen. Es stellte sich heraus, daß die Maschengröße in hohem Maße
von der Natur und der Konzentration der Fixierstoffe beeinflußt werden.
Man beachte: Nachdem die Maschen durch den Übergang in den Gelzustand
bereits gebildet sind, machen die Fixierungsstoffe noch ihren Einfluß auf
Größe und Form geltend.
Noch zwei andere Einflüsse auf die Struktur hat Hardy beobachtet.
In erster Linie den Einfluß fester Partikelchen im Hydrosol. Verteilte er in
einer heißen Gelatinlösung Carminkörnchen und ließ dann die Gelatin er¬
starren, so ergab sich, daß die Carminkörnchen die Kreuzpunkte der Fäden
bildeten. Je größer die Anzahl der vorhandenen Körnchen, desto kleiner
die Maschen. Ferner hing caeteris paribus die Dicke der Fäden von der
Größe der Körnchen ab. An diese Beobachtung hat man also auch zu
denken, wenn man die Struktur von Protoplasma sieht, in dem Pigment¬
körnchen und derartiges vorhanden sind.
In zweiter Linie hat Hardv auf das, was er den dynamischen
Einfluß nennt, aufmerksam gemacht. Man stelle sich einen Kork vor, mit einem
Loch in der Mitte; der Kork liegt flach; der obere Teil der Öffnung ist mit
einer Membran bedeckt, die aus einer homogenen Lösung von Hühnereiweiß
besteht. Es wird das sehr leicht erzielt, indem man den Kork in die Eiwei߬
lösung taucht und aus derselben entfernt. Auf die Mitte der Eiweißmembran
wird ein kleiner Quecksilbertropfen gelegt. Man sieht nun von diesem Tröpf¬
chen als Mittelpunkt, radiäre Streifen ausgehen, offenbar in Folge einer
Ziehung aus dem Zentrum. Fixiert man dann mittels eines der genannten
Fixiermittel, so zeigt die Eiweißmembran radiäre Streifen, die den Eindruck
geben, aus einer anderen Substanz zu bestehen als der übrige Teil der
Membran. Und doch, ursprünglich bestand die Membran aus einer homogenen
') Nach van ’tHoff nennt inan solche Lösungen feste Lösungen. Andere Bei¬
spiele dieser Art bilden Lösungen von Kohle in Porzellan, Zink in Blei, Ag in AgS. Legt
man ein Stück Zink auf Blei und hämmert, so verbreitet sich Blei in Zink: es bildet sich.eine
Lösung von Blei in Zink. Silber löst sich in geschmolzenes Jodsilber auf. Es ist meine Über¬
zeugung, daß feste Lösungen eine grolle Bedeutung fiir die Biologie haben müssen und daß
diese Bedeutung sich bald näher heransstollen wird. Wir kommen in vorliegendem Aufsatz
noch auf die Angelegenheit zurück.
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90 NYiio re Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc.
Masse. So ist. es dennoch möglich, daß man'in Folge dynamischer Ziehung
oder dynamischen Druckes in bestimmten Richtungen, den Eindruck bekommt,
daß es sich um zwei Substanzen handelt, während das in der Tat nicht
der Fall ist.
Bereits vor einigen Jahren habe ich versucht, dem Einfluß des gegen¬
wärtig für die Fixierung der Gewebe so allgemein angewandte Formalin. auf
das Volum der Zellen, näher zu treten. Zu diesem Zweck wählte ich rote
Blutkörperchen, von dem sich das Volum besser als von anderen Zellen be¬
stimmen läßt. Die Volumina blieben jedoch keineswegs unverändert. Nicht
geringen Einfluß hatte die Konzentration des Formalins, während die nach¬
trägliche Behandlung mit Alkohol und nachher mit Glyzerin und Wasser,
wie diese für die Konservierung von Präparaten vorgeschrieben ist, auch
noch ihren weiteren Einfluß auf das Volum geltend machte.
IV. Teilungsprinzip.
Bedeutung für die Färbung von Zellen, und für die
Pharmakologie.
Auch mit Bezug auf die histologische Färbung von Geweben
und Bakterien erfordern die Colloi'de unsere Aufmerksamkeit. Es sind drei
Theorien zur Erklärung der Färbung von Gewebeeleiuenten angeführt worden.
Nach Einigen würde die Farbstoffaufnahme auf Adsorption be¬
ruhen. Was versteht man darunter? Alle feste Körper besitzen das Ver¬
mögen Gase an ihre Oberfläche festzuhalten. Glas z. B. bindet an dessen
Oberfläche Sauerstoff und Stickstoff, aber nicht in demselben Verhältnis, wie
sie in der Luft Vorkommen. So können feste Körper auch Farbstoffe an-
ziehen und auf die Oberfläche fixieren, den einen Farbstoff besser als den
anderen. Diese Theorie kann gewiß für alle Fälle keine Giltigkeit besitzen,
denn die Färbung von Knorpelstücken z. B. ist sie nicht im Stande zu er¬
klären; nur die ihrer Oberfläche.
Die zweite Anschauungsweise erblickt in der histologischen Färbung
bloß einen chemischen Prozeß zwischen Gewebeelementen und Farbstoff-
Zweifellos werden chemische Reaktionen zwischen Gewebeoiementen und
Farbstoff abgespielt, aber es gibt auch Fälle, wo das gewiß nicht so ist.
In dritter Linie ist auch eine physikalisch-chemische Erklärung
aufgestellt worden.
Um diese deutlich zu machen, muß ich einen Augenblick die Auf¬
merksamkeit auf Experimente von Hofmeister lenken.
Hofmeister brachte Leimplättchen in eine 0,00125 prozentige Methyl¬
violettlösung. Nach einiger Zeit hatten die Plättchen Farbstoff aufgenommen
und zwar in so großer Menge, daß die Konzentration der Farbstoff in diesen
Plättchen 30,7 mal größer war als in der ursprünglichen Lösung. Mit anderen
Farbstoffen wurden ähnliche Experimente ausgeführt. Was ist die Art des
Prozesses, um den es sich hier handelt? Man hat gemeint, es sei ein
chemischer Prozeß; es würde sich eine chemische Verbindung zwischen
Gelatin und Farbstoff bilden. Das kann nicht richtig sein; denn erstens
nimmt die Konzentration des Farbstoffes im Plättchen in demselben Maße
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Neuere Untersuchungen über Colloi'do und ihre Bedeutung etc. 91
ab, in dem die Stärke der Methylviolettlösung abnimmt, lind zweitens kann
man den Farbstoff mittels Wasser allmählich aus dem Plättchen hinauswaschen.
Ein und Anderes redet gegen den Begriff „chemische Verbindung“
das Wort. Diese erfolgt ja nach festen Verhältnissen.
Spiro ist auf den glücklichen Gedanken gekommen, daß es sich hier
um einen T ei lungs prozeß handelt. Laß ich mit einem Beispiel verdeut¬
lichen, was man darunter versteht. Man bringe in ein Reagenzglas Schwefel¬
kohlenstoff und schichte darauf eine braune Lösung von Jodium in Wasser.
Durch das höhere spezifische Gewicht des Schwefelkohlenstoffs bleibt dieser,
die untere Schicht bilden. Nun schüttelt man und läßt ruhig stehen; bald
wird man sehen, daß die ursprünglich farblose Schwefelkohlenstoffschicht
violett geworden ist. Was ist geschehen? Das Jodium ist größtenteils in
den Schwefelkohlenstoff übergewandert und hat sich in denselben mit einer
violetten Farbe gelöst. Durch diesen Übergang wird das Wasser fast voll¬
ständig entfärbt. Die Ursache dieser Erscheinung liegt darin, daß Jodium
eine größere Löslichkeit in Schwefelkohlenstoff als in Wasser besitzt und nun
verteilt sich dieser Stoff in beide Medien im Verhältnis der Löslichkeit.
Das V erhältnis der Jodkonzentrationen in Wasser und in Schwefel¬
kohlenstoff ist immer dasselbe, unabhängig von der Jodmenge, die zwischen
beiden Medien zu verteilen ist. Dieses Verhältnis nennt man den Teilungs-
coefficient.
Mit diesem Begriff ist die intensive Färbung des Gelatinplättchen im
Hof m eis ter’schen Versuch leicht zu erklären. Es leuchtet ein, daß das
Methyl violett sich über Gelatin und Wasser verteilt und da die Löslichkeit
von Methylviolett in Gelatin größer ist als in Wasser, wird dementsprechend
auch die Farbstoffkonzentration in Gelatin größer sein, als in Wasser. 1 ) —
Nach dem Obenerwähnten wird das Konzentrationsverhältnis von Methyl¬
violettin Gelatin und in Wasser angegeben durch eine Zahl, die man mitTeilungs-
coefficient bezeichnet. Der Teilungscoefficient gegenüber Gelatin und
Wasser, ist nicht für alle Farbstoffe derselbe. So ist es für Bismarckbraun
und Methylenblau ein ganz anderer wie für Methylviolett. Auch ist die
Art des Colloides nicht gleichgültig, ebensowenig wie für ein und dasselbe
Colloid das Medium, in dem es sich befindet. So nehmen z. B. Leimplättchen
viel Methylenblau aus einer Lösung dieses Farbstoffes in Chloroform auf,
sehr wenig dagegen aus einer gleich konzentrierten Lösung von Methylen¬
blau in Alkohol. Das liegt wieder an der überwiegend großen Löslichkeit
von Methylenblau in Alkohol.
Welchen Einfluß die Art des Colloides hat, geht u. A. aus der Färb¬
barkeit von Bakterien hervor. Eine Methylviolettlösung färbt Cholera-
und Milzbrandbakterien etwa 100 mal stärker als Typhusbazillen. Wünscht
man also Typhusbazillen gleich stark zu färben, so muß man eine hundertmal
konzentriertere Methylviolettlösung anwenden als für Cholera und Milzbrand
erforderlich ist.
Eine Anzahl von Sachen, die der Histiologe und Bakteriologe täg¬
lich begegnet, sind durch dieses Prinzip verständlich und brauchen nicht
mehr einfach behalten zu werden. Viele Fehler werden auch durch die
Kenntnis vermieden werden können.
0 Oie Lösung von Metliylviolett in Gelatin ist wieder eine feste Lösung.
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Neuere Untersuchungen über Colloide und ihre Bedeutung etc.
Ich möchte noch horvorheben. daß dieses Teilungsprinzip nicht nur für
die histologische Färbung von Bedeutung ist, sondern auch auf anderen Ge¬
bieten eino bedeutende Rolle spielt. Wahrscheinlich wird es in der Zukunft
nirgendwo mehr dessen Einfluß geltend machen als in der Pharmakologie.
Muß es nicht unser Bestroben sein, Arzneien gerade da einwirken zu lassen,
wo sie nötig tun? Weiter wird es auch erwünscht sein, dieselben in der
Form den betreffenden Geweben vorzulegen, daß sie in relativ großer
Konzentration eben von diesen aufgenommen werden können.
Daß bestimmte chemische Verbindungen (Medikamente) vorzugsweise
in bestimmte Gewebe oder Gewebeelemente hineindringen, daß gleichsam
eine physiologische Selektion stattfindet, muß in vielen Fällen der
Tatsache zugeschrieben werden, daß gerade diese Gewebeelemente ein
relativ so großes Lösungsvermögen für die betreffende chemische Ver¬
bindung besitzen.
Es sind in dieser Richtung bereits merkwürdige Untersuchungen von
H. Meyer und E. Overton über die Narkose angestellt worden. U. A.
hat sich dabei herausgestellt, daß gerade die Ganglienzellen*) ein viel größeres
Lösungsvermögen für Chloroform und Aether besitzen als andere Zellen.
Weiter hat man gefunden, daß um Froschlarven zu narkotisieren, die Kon¬
zentration des Chloroforms und des Aethers in den Ganglienzellen dieselbe
sein soll wie beim Hund und beim Menschen. Das Protoplasma der Ganglien¬
zellen von Froschlarve und Mensch besitzt demnach die gleiche Empfindlich¬
keit gegenüber Chloroform und Aether. Das würde man nicht erwartet
haben; hat doch der Mensch ein soviel höher entwickeltes Zentralnervensystem!
V. Die Colloi'de als Fermente.
Collo'idales Silber.
Schließlich sei es mir erlaubt, noch eine Eigenschaft der Colloi'de
zu besprechen, nämlich die Colloi'de als Fermente.
Das Ptyalin des Speichels, das Pepsin des Magensaftes, das Trypsin
der Pankreasflüssigkeit und soviel andere Enzyme sind eiweißartige Stoffe,
es sind Colloi'de. Sie spielen eine bedeutende Rolle im Organismus. Reakti¬
onen, die bei Anwendung der gewöhnlichen Laboratoriummittel nicht statt¬
finden als bei sehr hoher Temperatur, oder mit Hilfe starker Säuren und
Alkalien in hohen Konzentrationen, unter Bedingungen also, die das Leben
unmittelbar zerstören würden, erfolgen mit Hilfe von Fermenten bei niedrigen
Temperaturen und bei nahezu vollkommener Neutralität.
Wie ist das möglich? Die Antwort ist, daß es sich hier handelt um
e : ne katalytische Wirkung.
Bereits Berzelius sprach von Katalyse und jeder, der die ersten
Grundlagen der Chemie kennt, hat von Katalyse gehört. Wenn man Sauer¬
stoff aus KClOn bereiten will, setzt man ein wenig Braunstein hinzu. Es
findet dann die Entwickelung viel schneller und bei niedriger Temperatur
statt, als wenn man das Mangansuperoxyd bei Seite läßt.
*» Diese Zellen enthalten eine bedeutende Menge Lecithin, Cholesterin und andere
Stoffe, die eine größere Lösungsfähigkeit für Chloroform und Aether besitzen. Diese Sub¬
stanzen kommen auch in anderen Zellen und in Lymphe vor, aber in viel geringerer Quantität.
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Es ist nun ganz merkwürdig, daß vom Braunstein nichts verbraucht
wird. Es scheint bloß durch dessen Anwesenheit wirksam.
Berzelius bezeichnete diesen Stoff mit dem Namen K atal ysator.
Später hat Schön bein die Katalyse näher studiert; insbesondere hatte die
Zersetzung von H 2 O 2 (Wasserstoffsuperoxyd) in IUO und 0 seine Aufmerk¬
samkeit erregt. Spuren Platinschwamm (fein verteiltes Platin) waren im
Stand , sehr große Mengen H 2 O 2 zur Zersetzung zu veranlassen: Platinmohr
wirkte als Katalysator. Aber nicht nur Platinschwamm wirkte katalysierend
auf die Zersetzung von H 2 O 2 , auch eine Anzahl eiweißartige Stoffe.
Der berühmte Physiologe Carl Ludwig war dermaßen von der
Wichtigkeit und der Tragweite derartiger Untersuchungen durchdrungen, daß
er nicht zögerte, in seinem bekannten Lehrbuch der Physiologie die Meinung
auszusprechen: „Es dürfte leicht dahin kommen, daß die physi¬
ologische Chemie ein Teil der katalytischen würde.“
Es mag fremd erscheinen, daß während der dreißig Jahre nach dieser
Äußerung das Problem der Katalyse kaum einigen Fortschritt machte. In Wahrheit
lag das an der Definition, welche, sobald sie von 0 st w al d modifiziert war, die
Katalyse einer fruchtbaren Untersuchung zugängig machte. Während nämlich
Berzelius, Schönbein und Andere die Katalyse als einen Prozeß be¬
trachteten, der ohne den Katalysator nicht zu Stande kommt, betrachtet
Oswald sie als einen chemischen Prozeß, der auch ohne Katalysator
zu Stande kommt, aber von derselben beschleunigt*) wird. So
erfolgt die Zersetzung von HaOa aus sich selbst, obgleich in kaum merkbarem
Maße, ohne Katalysator; in der Gegenwart von Platinmohr aber wird die
Zersetzung in sehr erheblichem Maße beschleunigt. Nach der älteren Auf¬
fassung war, wie gesagt, von Beschleunigung nicht die Rede, sondern von einer
Herbeiführung einer Reaktion; nach der älteren Anschauungsweise ermöglichte
der Katalysator die Reaktion die sonst nicht erfolgte und zwar durch seine
Anwesenheit.
Es leuchtet ein, daß Ostwald’s Definition es ermöglichte, den
katalytischen Prozeß messend zu verfolgen. Es erhebt sich ja unmittelbar
die Frage: In welchem Maße kann dann ein Katalysator eine bestimmte
Reaktion beschleunigen; welche ist hierbei der Einfluß von der Menge des
Katalysators, von der Temperatur, von der Anwesenheit anderer Stoffe und
von anderen Faktoren? Erst, nachdem man diese Einflüsso systematisch er¬
forscht hat, ist es möglich, das Wesen des katalytischen Prozesses kennen
zu lernen.
Bredig und Müller von Berneck haben in Ostwald’s Labora¬
torium mit diesem Studium einen Anfang gemacht. Sie begriffen, daß es
erwünscht war, einen Katalysator zu nehmen, der leicht dosiert werden konnte
und wührend des Prozesses nicht durch Gärung etc. zersetzt wurde. Ihre
Aufmerksamkeit fiel auf das Platin; die Verbindung, auf die das Platin ein¬
wirken sollte, sollte H 2 O 2 sein.
Die Kombination Platin — H 2 O 2 hatte bereits Schönbein „das Urbild
aller Gärungen“ genannt. Aber zu quantitativen Zwecken schien das Platin
wenig geeignet, weil es sich nicht fein verteilen und abmessen ließ. Sie be¬
reiteten dann colloidales Platin und zwar indem sie zwei Platindrähte auf
*) Zuweilen auch verlangsamt.
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einige Distanz in reines destilliertes Wasser tauchten und dann einen galva¬
nischen Strom durch die Drähte durchgehen ließen; es werden dabei äußerst
feine Platinpartikelchen vom negativen Pol (Kathode) abgeschleudert; diese
verteilen sich in das Wasser, das bald wie Tinte aussieht. Das Platin ver¬
hält sich ganz wie eine Colloi'd-Lösung. Es wird ausgeflockt durch Säuren
und Salze, scheidet sich ebenso wie Eiweiß aas einer Hiihnoreiweißlösung an
einer der Elektroden ab, wenn man einen elektrischen Strom hindurchgehen
läßt etc. Dieses äußerst fein verteilte Platin hat nun in hohem Maße das
Vermögen, die Zersetzung von PDOa zu katalysieren.
Um eine Vorstellung zu geben, in welchem Grade man das colloi'dale
Platin noch mit Wasser verdünnen kann, ohne die katalysierende Wirkung
aufzuheben, teile ich die folgende Beobachtung mit. 1 Grammatom Platin,
in 70000000 Liter Wasser gelöst, katalysierte nach Bredig und Müller
von Berneck noch deutlich eine HaOa-Lösung, welche ein Grammmolecül
dieser Verbindung in 30000000 Liter Wasser enthielt. Äußerst merkwürdig
war die Wirkung von Cyanwasserstoff. Es stellte sich heraus, daß diese
Substanz einen giftigen, lähmenden Einfluß auf die Katalyse ausübte. Hinzu¬
fügung von ‘/ioooo oouooo Gramm HON pro ccm verringerte die katalytische
Wirkung von '/«ooo ooo Gramm colloidalem Platin pro ccm um die Hälfte.
Mit Recht nennt Bredig das colloi'dale Platin ein anorganisches
Ferment.
Das Platin steht hier nicht isoliert: Gold, Silber, Quecksilber und
andere Metalle in colloidalem Zustande wirken ebenfalls katalysierend.
Vor kurzem fand Galeotti, daß eine Lösung von 1 Grammatom
colloidalem Kupfer in 20000000 destilliertem Wasser, eine kugelförmige
Zusammenschrumpfung des an der Seitenwand der Spirogyrafaden sich be¬
findenden Ohlorphyllbandes hervorruft, während destilliertes Wasser allein,
auf die Form des Bandes nicht den mindesten Einfluß ausübt.
Bredig und seine Mitarbeiter haben den Verlauf des katalytischen
Prozesses von Platin und H 2 O 2 systematisch verfolgt und sind dabei schon
zu wichtigen Ergebnissen gelangt.
Es ist von großem Interesse, die organischen Fermente in ähnlicher
Weise zu untersuchen. Die Verhältnisse liegen da aber mehr kompliziert;
denn schon bald zeigt es sich, daß das Ferment sich nicht selten leicht um¬
setzt und also die Quantität nicht unverändert bleibt.
Auch ist es äußerst schwierig, organische Fermente in reinem Zu¬
stande zu bekommen; und dadurch erhebt sich oft Zweifel, ob es sich um
ein oder um ein Gemisch von Fermenten handelt. Weiter wirken die
Produkte der Fermentwirkung zuweilen an sich wieder katalytisch, was
Ostwald mit dem Namen Autokatalyse bezeichnet. Und diese kann
positiv und negativ sein, d. h. beschleunigend oder verlangsamend.
Doch sind die Untersuchungen der allerletzten Zeit von V. Henri,
Herzog und A. W. Visser zufriedenstellend und gewähren gute Hoffnung.
Namentlich scheint es letzterem gelungen zu sein, die Wirkung
organischer Fermente (oder Enzyme, wie man sie auch nennt), in eine
mathematische Formel zu bringen, welche in sehr befriedigender Weise dem
von früheren Forschern und von ihm selbst studierten quantitativen Verlauf
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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc.
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von Enzymwirkungen beantwortet. Was den Wert dieser Untersuchungen
und mathematischen Auseinandersetzungen für die Mediziner in nicht ge¬
ringem Maße erhöht, ist, daß der Autor sich dabei auf den Standpunkt ge¬
stellt hat, daß die Enzym Wirkungen umkehrbare Reaktionen sein müssen.
Die Bedeutung davon möge aus einem Beispiel hervortreten. Das
Glukosid Salicin wird durch das Ferment Emulsin, in Saligenin und Glukose
umgewandelt; dasselbe Ferment aber ist auch im Stande, aus Saligenin und
Glukose, Salicin zurück zu bilden. Letztere Reaktion erfolgt aber mit einer
geringeren Geschwindigkeit als erstero. Ware die Geschwindigkeit der gegen¬
seitigen Reaktionen dieselbe, so würde das Emulsin keine sichtbare Ver¬
änderung herbeiführen.
Man hat Grund zu vermuten, daß etwas Ähnliches in der Leber ge¬
schieht. Bekanntlich werden Amylacaea im Darm in Zucker umgewandelt;
dieser wird durch die Vena portoo der Leber zugeführt, wo derselbe als
Glycogen festgelegt wird. Dieses Glycogen wird nach Bedürfnis wieder
in Zucker umgesetzt und den Organen zugeführt, welche ihn brauchen. Es
ist nicht unwahrscheinlich, daß es sich auch hier um die Wirkung eines
Enzyms handelt, das Zucker in Glycogen und umgekehrt Glycogen in Zucker
urawandeln kann. Durch welche Faktoren die sogenannte Gleichgewichts¬
reaktion :
OuHiaOi; + ► CV,HioO& + HsO, beherrscht wird,
Glucose Glycogen
m. a. W. von welchen Bedingungen es abhängt, ob das Enzym die Bildung
von Glycogen aus Zucker oder aber die Rückbildung von Zucker in Glycogen
begünstigt, muß noch untersucht werden.
Noch ein einziges Wort über ein colloidales Metall, das gegenwärtig
den praktischen Arzt besonders interessiert, nämlich das colloidale Silber
oder Collargol, das in der letzten Zeit bei Bacteriämien so warm empfohlen
wurde.
In erster Linie: wio ist es möglich, daß es in colloidalem Zustande in
der Blutbahn bleibt, während doch die Blutflüssigkeit so viel Salze enthält und
wie oben erwähnt, Salze Colloi'de zur Ausflockung bringen? Wie empfindlich
das colloidale Silber sogar iür Spuren Salz ist, möge hervorgehen aus der Tat-
soche, daß das colloidale Silber Cr öd 6 , das nach chemischer Methode durch
Einwirkung von FeSO< auf AgNOn bereitet wird, in Lösung bei weitem nicht
so lange colloi'dal bleibt wio das Bredig’sche, welches angefertigt wird,
indem man zwischen zwei in destilliertem Wasser getauchte Silberspitzen
einen galvanischen Strom durchgehen läßt. Das hat darin seinen Grund, daß
im auf chemischem Weg bereiteten Collargol immer noch Spuren Salz Zurück¬
bleiben. Löst mau dieses in Körnchen oder Stückchen käufliche Collargol in
destilliertes Wasser auf, so bleibt freilich die tintenähnliche homogene Flüssig¬
keit einige Stunden, zuweilen Tage gut, aber es dauert doch nicht lange ob
man sieht Silberpartikelchen auf dem Boden liegen und die obenstehende
Flüssigkeit sieht wie Wasser aus. Die suspendierten Silberpartikelchen haben
sich zu größeren Conglomeraten vereinigt und haben sich gesenkt. Die
Lösung ist nicht mehr colloi'dal. Man kann schütteln, aber unmittelbar senken
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Neuere Untersuchungen über Colloi'de nml ihre Bedeutung etc.
sich die Conglomeraten wieder zu Boden. Das von Bredig bereitete
Präparat bleibt viel länger colloi'dal, weil kein Salz sich in demselben vorfindet.
Trotzdem das Blutserum eine bedeutende Salzmenge enthält, bleibt
das colloi'dale Silber doch als solches darin bestehen. Das nun rührt von der
Anwesenheit anderer Colloi'de, nämlich von Eiweiß her.
Es handelt sich hier keineswegs um etwas Spezifisches, das nur für
das colloi'dale Silber Gültigkeit besitzt. Wenn man eine Lösung von nitras
Argenti mit einer warmen Gelatinlösung versetzt und man fügt eine Kochsalz¬
lösung hinzu, so entsteht kein Niederschlag von AgCl; gießt man die flüssige
Masse in eine Glasdose aus und läßt abkühlen, so trübt die Masse sich nicht,
sondern bleibt, obgleich opalescierend, vollkommen durchscheinend. Man
könnte meinen, im Gelatin-Medium finde keine Bildung von AgCl statt.
E. Cohen hat aber nachgewiesen, daß dies wohl der Fall ist. Die Reaktion
verläuft ganz zu Ende, aber das Chlorsilber ist in einem äußerst fein ver¬
teilten Zustande im Gelatin vorhanden; daher daß keine Trübung sichtbar ist.
Lobry de Bruin hat das Gleiche auch für eine Anzahl in Wasser
unlösliche Niederschläge nachgewiesen. Wenn man diese sich in Gelatin
bilden läßt, so verteilen sie sich so fein, daß sie das Gelatin nicht trüben;
das gewöhnliche Mikroskop ist nicht im Stande, Partikelchen in der Masse
zu entdecken. So sahen wir eine Lösung colloi'dalen Silbers nach Verteilung
in eine Gelatinlösung ebenfalls klar bleiben, selbst nachdem absichtlich Salz
hinzugefügt war.*)
Die andere Angelegenheit bezüglich des colloi'dalen Silbers, die ich
noch mit einem einzigen Wort besprechen will, ist dessen Wirkungsweise.
Es lag auf der Hand, anzunehinen, daß es sich um eine bakterizierte
Wirkung handelte. In der Tat wurden denn auch bald Untersuchungen in
dieser Richtung angestellt, zuweilen mit positivem, zuweilen mit negativem
Resultat. Versuche in meinem Laboratorium ausgeführt, lieferten ein ent¬
schieden negatives Ergebnis. Ich habe mir deshalb die Frage vorgelegt,
ob man hier nicht mit einem katalytischen Prozeß zu schaffen hat und zwar
in dem Sinne, daß die unter normalen Umständen erfolgende all¬
mähliche Oxydation toxischer Bakterienprodukte, durch das
colloi'dale Silber beschleunigt, katalysiert w r ird.
Zu diesem Zweck habe ich mich zu einer Mikrobe gewandt, deren
Wirkung gerade für eine Bekämpfung mittels Argentum Colloi'dale in Be¬
tracht kommt, dem Staphylococcus pyogenes.
Es lag nahe, folgenderweise zu experimentieren; eine Kultur in
Kaninchenserum bereiten und durch eine Chamberlandkerze filtrieren. Dann
das klare Serum in zw r ei gleiche Teile verteilen, zu dem einen Teil (a) ein
gewisses Volum einer wässerigen Lösung von Argentum colloi'dale hinzuzu¬
fügen, zum anderen Teil (6) das gleiche Volum Wasser. Durch beide sollte
*) Neuerdings haben M. Ne iß er und U. Friedeinan n in einem Aufsatz, in dem
u. A. auf die Analogie zwischen der Agglutination der Bakteriologen und den Ausflockungs¬
erscheinungen von C'olloiden und Suspensionen hingewiesen wird, die Hypothese aufgestellt,
nach welcher die Haltbarkeit von colloidalen Lösungen in Gelatin oder eiweißhaltigen Medien
daran zugeschrieben werden muß, daß die letzteren feine Membranen um die äußerst kleinen
Colloidkügelchcn bilden.
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Neuere Untersuchungen über Colloi'de und ihre Bedeutung etc.
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Sauerstoff hindurchgeleitet werden. Hatte das Argentum colloi'dale die
Oxydation der Toxinen befördert, so sollte in a nach einer bestimmten Zeit
weniger Toxin als in b vorhanden sein.
Nun hat die Messung der Toxinmenge durch vergleichende Injektionen
bei Tieren immer große Beschwerden. Ich habe es deshalb vorgezogen, die
Eigenschaft von Staphylococcen - Kulturen, rote Blutkörperchen zu zerstören,
zu benutzen. Je größer die Konzentration der Toxinen in der Kultur ist,
desto mehr Blutkörperchen werden in einem bestimmten Blutquantum zer¬
stört werden und das Quantum freien Farbstoff, welches nach Senkung der
noch unversehrten Blutkörperchen sicht- und meßbar wird, wird also ein
Maß für die Toxicität sein. Im Volum der zurückgebliebenen Blutkörperchen
wird man noch eine Kontrolle haben, da die Schatten ein zu vernachlässigendes
Volum einnehmen.
Zu meiner großen Befriedigung stellte sich nun heraus, daß, wenn zu
a und b gleiche Mengen Blutkörperchen hinzugesetzt waren, die freie Farb¬
stoffmenge in a (wo Argentum colloi'dale hinzugefügt war) viel geringer
erschien als in b. Hieraus geht hervor, daß das Argentum colloi'dale die
Oxydation des hämolytischen Toxins beschleunigt hatte. Die
Collargolmenge war sehr gering: 000000058 Grammatom Silber erwies sich
noch wirksam in 2 ccm toxischem Serum.
Diese Versuche, welche in Gemeinschaft mit dem Herrn Cand. Med.
J. J. Hekman in meinem Laboratorium ausgeführt wurden, beanspruchen
nicht, die therapeutische Wirkung in ihrem Ganzen erklären zu können; die¬
selben tragen nur einen vorläufigen Charakter und werden fortgesetzt. Der
Grund, weshalb ich bereits in diesem Stadium der Untersuchung etwas da¬
rüber mitteile, liegt in dem Wunsch eine Illustration der Bedeutung der
Katalyse zu geben.
Ich bitte also den Leser, diese Mitteilung nicht höher anzuschlagen,
als sie ist, d. h. sie zu betrachten als einen, meines Erachtens richtigen und
wie sich erwarten läßt, vielversprechenden Schritt auf dem Wege nach dem
Verständnis der so merkwürdigen Wirkung des colloi'dalen Silbers. Das Viel¬
versprechende scheint mir in’s besondere auch in der Möglichkeit gelegen,
mittels genauer Messung den Prozeß quantitativ zu verfolgen.
Und hiermit will ich die Besprechung der Colloi'de endigen. Es gibt
sonst noch eine andere Eigenschaft, die in hohem Maße unsere Aufmerksam¬
keit verdient, nämlich das Vermögen der Colloi'de, Wasser anzuziehen (einen
osmotischen Druck auszuüben), welches Vermögen eine bedeutende Rolle im
Resorptionsprozeß spielt und nach meiner Meinung auch beim Mechanismus
der Harnbildung in den Nieren. Doch die Behandlung würde zu viel Raum
erfordern*).
*) Vgl. über diese Angelegenheiten den zweiten Band meines Werkes: Osmotischer Druck
und Jonenlehre in den medizinischen Wissenschaften 1904, Wiesbaden .T. F. Bergmann.
Im dritten Bande wird man in den verschiedenen Kapiteln weitere Auseinander¬
setzungen und kritische Betrachtungen über das in diesem Aufsatz Besprochene finden.
Archiv f. physik- Medizin etc.
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Über Jfasernosteomyelitis im Röntgenbild .
Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild*)
von Privatdozent Dr. J. Rieding er in Würzburg.
(Mit l Abbildung.)
Krankhafte Erscheinungen seitens des Knochenmarkes im Verlauf der
akuten exanthematischen Erkrankungen beanspruchen im Allgemeinen selten
ein praktisches Interesse. Werden Knochenerkrankungen beobachtet, so
wird es sich meist um Tuberkulose handeln, die nicht erst durch die akute
Erkrankung hervorgerufen worden ist, sondern vorher schon bestand. In
anderen Fällen, in denen eine nähere Beziehung zwischen beiden Erkrankungen
anzunehmen ist, haben wir es in der Regel mit metastatischen Entzündungen,
d. li. Teilerscheinungen einer Sepsis oder Pyämie, also mit echten Kompli¬
kationen zu tun. In solchen Fällon darf es als wahrscheinlich betrachtet
werden, daß die affizierten Schleimhäute geeignete Eingangspforten für
pathogene Mikroben darbieten und zu sekundärer Infektion Gelgenheit bieten.
Spezifische Prozesse im Knochenmark, d. h. solche, welche bei keiner
anderen infektiösen Erkrankung Vorkommen, sind mit Sicherheit bei konta-
giösen Erkrankungen nicht nachgewiesen worden.
Daß aber primäre, pathologisch-anatomische Prozesse, direkt veranlaßt
durch ein Kontagium, sich im Knochenmark abspielen können, hat zuerst
Chiari 1 ) für die Pocken nachgewiesen. Chiari untersuchte in 22 Fällen von
Variola das Mark von Femur, Tibia, Rippen, Sternum und Wirbeln mikros¬
kopisch und fand fast regelmäßig eine deutlich erkennbare, weit verbreitete,
in dissiminierten kleinen Herden von weißlicher, graulicher oder gelblicher
Farbe auftretende Veränderung im Knochenmark. Die Enlziindungsherde,
die schon in der Eruptionsperiode des Exanthems zu erkennen sind, bestehen
aus veränderten Markzellen, spärlichen Leucocyten und Spuren fibrinösen
Exsudats; sie tendieren frühzeitig zur Nekrose, welche, wie bei den Primär¬
veränderungen in der Haut, vom Zentrum zur Peripherie fortschreitet, ohne
daß aber eine Vereiterung stattfindet.
Die Spezifität der von Chiari als Osteomyelitis variolosa bezeichneten
Erkrankung wurde von Eug. Fraenkel 2 ) in Frage gezogen, da er eine
analoge disseminierte Herderkrankung des Knochenmarks unter dem Bilde
einer umschriebenen Nekrose des Markgewebes auch bei Typhus abdominalis
konstant nachweisen konnte. Das Interesse an der variolösen Knochenmark¬
erkrankung wird aber nach Fraenkel dadurch nicht geringer, daß 2 sonst so
verschiedene Erkrankungen, wie Pockon und Abdominaltyphus, an einem und
demselben Organ, nämlich dem Knochenmark, analoge Veränderungen her¬
vorzurufen imstande sind. Große Bedeutung mißt Fraen kel insbesondere dem
konstanten Vorkommen von Fibrin bei. Bei starker Vergrößerung zeigt sich
dasselbe an Präparaten, welche nach der Weigert’schen Fibrinmethode ge¬
färbt sind, als meist außerordentlich zarte Fasern, welche zu zierlichen, fein¬
maschigen, im Zentrum des Herdes besonders dichten Netzen vereinigt sind.
Die Abbildungen, die Fraenkel veröffentlicht, sind außerordentlich instruktiv.
Derartige Befunde waren weder bei Diphtherie noch bei Scharlach, Erysipel,
Phlegmonen, Pneumonie und Peritonitis zu erheben gewesen. Fraenkel ist des¬
halb geneigt, den eigentümlichen Fibrinherden des Knochenmarks wenigstens
*) Nach einem Vortrag mit Demonstration auf dem I. Röntgenkongreß in Berlin, UWö-
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Ober Masern Osteomyelitis im Röntgenbild.
99
bis zu einem gewissen Grade eine spezifische Bedeutung zuzugestehen. Aus
dem konstanten Nachweis der Knochenmarkveränderung zieht Fraenkel
den Schluß, daß Knochenerkrankungen eine regelmäßige Begleiterscheinung
des Abdominaltyphus darstellen.
Der Nachweis eines fibrinösen Exsudates kann sogar von Bedeutung
sein für die pathologisch-anatomische Diagnose des Typhus. Fraenkel trug
auch kein Bedenken, einen osteomyelitischen Prozeß als Effekt des Typhus¬
bazillus anzunehmen, und schlug deshalb die Bezeichnung „Osteomyelitis
typhosa“ für die geschilderte Knochenerkrankung vor. Ferner ist zu er¬
wähnen, daß die Untersuchungen Fraenkels auch Aufklärung gebracht
haben über die Pathogenese der das Knochensystem betreffenden Nach¬
krankheiten des Typhus abdominalis.
Schon Ponfick 3 ) hat im Jahre 1893 auf die bei Typhus vorkommende
oberflächliche Usur der Kortikalis hingewiesen, sowie darauf, daß auch andere
spezifische Infektionskrankheiten, wie Scharlach, akuter Gelenkrheumatismus,
Endocarditis, Tuberkulose etc., bakterielle Metastasen im Knochenmark er¬
zeugen können. Ponfick wies ferner ebenfalls schon auf die Seltenheit der
Vereiterung dieser Metastasen im Knochenmark hin. Er vertrat die Ansicht,
daß die ausgestreuten virulenten Keime im Knochenmark infolge der leb¬
haften Zellentätigkeit zu Grunde gehen. „Die quantitative Inferiorität also
ist es wahrscheinlich, welche in den weitgestreckten Regionen der Beinhaut
die pflanzlichen Zellen unterliegen läßt gegenüber den Elementen des
tierischen Zellstaats.“ Somit stellt das Knochenmark für Bakterien gewisser¬
maßen eine Ausscheidungsstätte neben dem harnbereitenden und dem Ver¬
dauungsapparat dar. Ponfick sagt, daß jene pathogenen Mikroorganismen,
deren sich der Körper nach außen hin nicht entledigt, dem Menschen im
vollsten Sinne des Wortes in Mark und Bein übergehen. In den
Fällen, in denen eine plastisch vaskulöse Periostitis, z. B. schon nach einer
geringfügigen Verletzung, sich zu einer eiterigen umgestaltet, muß an eine
Mischinfektion gedacht werden.
Einige Jahre vorher (1885) hatte auf Ponficks Anregung C. S. Freund 1 )
auf die Beteiligung des Knochensystems beim Typhus abdominalis hinge¬
wiesen. Darauf folgten alsdann die durch bakteriologische Nachweise ge¬
stützten Untersuchungen E bermaier’s 5 ) in der Kieler medizinischen Klinik,
welchevon Quincke 6 ) fortgesetzt wurden. Nach den Untersuchungen Quincke’s
ist anzunehmen, daß im roten Knochenmark Typhuskranker sich der Typhus¬
bazillus mit derselben Konstanz findet wie in der Milz. Es sind alsdann
durch weitere bakteriologische Arbeiten, wie von W eichselbaum, 7 ) Fraenkel, 8 )
Perez“) und Anderen, die Erreger der verschiedensten Infektionskrankheiten
im Knochenmark nachgewiesen worden.
Auf klinische Beobachtungen über typhöse Knochenerkrankungen,
verschieden von eiterig-osteomyelitischen Prozessen, war hauptsächlich von
Klemm 10 ) hingewiesen worden. Bekanntlich war es dann wiederum Quincke, 11 )
der das Krankheitsbild der von ihm so benannten Spondylitis typhosa aufge¬
stellt hat. Diesem speziellen Kapitel wurde seither eine Reihe von Abhand¬
lungen gewidmet. Die Quincke’schen Beobachtungen waren denn auch für
Fraenkel der Anstoß, die Wirbelsäule von Typhusleichen eingehender zu
untersuchen.
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Über Masemosteomyelitis im Röntgenbild
Später konnte Quincke 12 ) auch eine Pneumo-, sowie eine Streptokokken-
spondylitis beobachten, die durch die Stärke und Ausdehnung der örtlichen
Schmerzen, die wahrnehmbare Schwellung der Weichteile, die geringe
Neigung zur Eiterbildung, die Prädilektion für die Lendenwirbel eine unver¬
kennbare Ähnlichkeit mit der Spondylitis typhosa auf wiesen. Quincke faßte
deshalb derartige Fälle zu einer Krankheitsgruppe unter der Bezeichnung
„Spondylitis infectiosa“ zusammen. Die bei der Gutartigkeit des Verlaufes be¬
obachtete leichte Gibbusbildung erklärt sich aus einer Höhenabnahme des
Wirbelkörpers durch Resorption besonders zahlreicher mikroskopischer
Nekroseherde. Schwere mikroskopische Veränderungen sind niemals vor¬
handen. Fraenkel betont besonders, daß es sich in seinen Fällen um Prozesse
gehandelt habe, welche nur mittels des Mikroskopes und am besten an nach
bestimmten Methoden gefärbten Schnitten durch entkalkte Wirbelstücke fest¬
zustellen sind.
Mit den nach Typhus vorkommenden Knochenerkrankungen stimmen
ferner die von Franke 13 ) beschriebenen proliferierenden Ostitiden und
Osteoperiostitiden anatomisch und klinisch ziemlich überein. Im Verlauf der
Influenza, oft schon im Anfang derselben, meist in der zweiten oder dritten
Woche, manchmal aber auch erst nach Monaten, treten scheinbar rheumatische
Schmerzen an verschiedenen Körperstellen, wie am Schienbein, am Fuß, am
Oberschenkel, am Becken, an den Lippen, Fingern, auch am Kopf etc. auf.
Es findet sich bei der Untersuchung ödematöse, auf Druck empfindliche, bald
mehr diffuse, bald mehr umschriebene Schwellung, die an Osteomyelitis er¬
innert. Die Erscheinungen gehen meist bald zurück. Nur selten kommt es
zu Eiterung und Fieber. Franke nimmt auf Grund seiner Erfahrungen und
bakteriologischen Untersuchungen an, daß die plastischen Formen der Ostitis
nach Influenza den Pfeiffer’schen Bazillen ihre Entstehung verdanken, die
eiterigen Formen dagegen auf Misch- oder Sekundärinfektion beruhen. Perez
ist auf Grund experimenteller Untersuchungen dieser Annahme beigetreten.
Bei der chronischen Influenza pflegen sich die Beschwerden und Erscheinungen
langsamer und ebenfalls ohne Fiebererscheinungen zu entwickeln. Am
Schädel können Verwechslungen mit Lues, an der Fußwurzel, an Zehen und
Fingern mit Tuberkulose oder auch mit Gicht Vorkommen. Die Pathologie
der Influenza hat durch die sorgfältigen Untersuchungen und Beobachtungen
Franke’s eine wesentliche Bereicherung erfahren.
Uber Masern findet sich in diesen Publikationen nichts. Auch in der
sonstigen Literatur habe ich keine verwertbaren Anhaltspunkte gefunden,
v. Jürgensen 11 ) spricht sich in Bezug anf das Verhalten der Gelenke und
Knochen bei Masern folgendermaßen aus: „Schwellung der Gelenke, Ent¬
zündungen der Knochen, über die in einzelnen Fällen berichtet wird, dürften,
wenn nicht immer, doch wohl meist als nur in entfernter Beziehung zu den
Masern stehend anzusehen sein.“ Nach v. J iirge nsen wissen wir aber auch
nichts Bestimmtes über den Zusammenhang anderer (sekundärer) Infektionen
mit Masern.
Nach Kaufmann (Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie
II. A. 1901) ist eine Knochenerkrankung, die im Verlauf von pyämischen
und Infektionskrankheiten auftritt, immer eine sekundäre und stellt eine
motastatische Entzündung dar. Diese Infektionskrankheiten sind vor allem:
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Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild.
101
Scharlach, Masern, Abdominaltyphus, Typhus recurrens, Pocken, Pneumonie
und andere.
Auch die Röntgenliteratur enthält keine näheren Mitteilungen über
Masernosteomyelitis. Es macht sich überhaupt in Bezug auf frische Oste¬
omyelitisfälle ein gewisser Mangel in der Röntgenliteratur bemerklich. Es
fehlt zwar nicht an guten Bildern verschiedener Formen von Osteomyelitis.
Dieselben betreffen aber, soweit ich die Literatur übersehen kann, nur vor¬
geschrittenere Fälle mit mehr oder weniger starker Destruktion des Knochens.
Es wird deshalb gestattet sein, die Aufmerksamkeit auf einen Befund liinzu-
weisen, von dem angenommen werden darf, daß er im direkten Anschluß an
die Masernerkrankung im Knochenmark aufgetreten ist. Aus letzterem
Grund wird ihm wohl auch mit vollem Recht die Bezeichnung „Masern¬
osteomyelitis“ zukommen. Ich weiß recht gut, daß ein einzelner Fall keine
ausschlaggebende Bedeutung für sich in Anspruch nehmen darf. Er kann
aber die Anregung geben, auch bei Todesfällen infolge von Masern patholo¬
gisch-anatomische Untersuchungen anzustellen, wie sie Fraenkel bei Typhus¬
leichen angestellt hat. Freilich steht hier der Umstand im Wege, daß die
Todesfälle infolge von Masern in der Regel auf Komplikationen zurückzu¬
führen sind, die an und für sich ebenfalls Veränderungen im Knochenmark
hervorrufen können. Das Befallensein des Metatarsus I in unserem Falle
weist vielleicht auf eine Prädilektionsstelle hin.
Die 12 J. a. Patientin, um die es sich handelt, wurde von mir in der
Zeit vom 15. Okt. bis 2. Dez. 19U2 wegen einer sogenannten Haltungsanomalie
leichten Grades behandelt. Außerdem hatte sie die Neigung, die Füße in
leichter Pronationsstellung aufzusetzen, weshalb ihr außer gymnastischen
Übungen auch entsprechende Einlagen für die Schuhe verordnet wurden.
Vor mehreren Wochen hatte sie auch beim Gehen wiederholt Schmerzen in
den Füßen und Müdigkeit verspürt, welche als Plattfußbeschwerden gedeutet
wurden. Im Übrigen war sie früher nie krank. Während der Dauer der
stationären Behandlung waren Schmerzen nicht aufgetreten. Entzündliche
Erscheinungen waren mit Sicherheit auszuschließen. Beim Austritt aus der
Behandlung konnte ein krankhafter Befund, auch was den Haltungsfehler
anbelangt, kaum noch erhoben werden. Die Patientin fühlte sich vollständig
gesund und hatte ein dementsprechendes Aussehen. Soweit ich die Anamnese
erheben konnte, waren Anhaltspunkte für Tuberkulose in der Familie nicht
gegeben.
Am 25. Mai stellte sich die Patientin gesund wieder vor.
In ihrer Heimat erkrankte sie alsdann nach Mitteilung des behandeln¬
den Hausarztes am 11. Juni 1903 an Masern, welche „einen guten Ver¬
lauf nahmen.“
Am 25. Juni 1903 bemerkte der Arzt eine deutliche, akut auftretende
Schwellung des rechten Fußrückens in der Gegend der Basis des I. Metatarsus,
welche bei Druck schmerzhaft, aber nicht gerötet und ohne sonstige heftige
Erscheinung war. Die Schwellung erstreckte sich scheinbar auch auf die
Gelenkverbindung zwischen Metatarsus I und Fußwurzel. Ferner waren die
Konturen des ganzen Fnßriickens verstrichen. Aspirin innerlich und Ichthyol
äußerlich hatten etwas Erfolg. Die Patientin verließ, ohne daß die Schwellung
ganz verschwunden war, das Bett, und da Verdacht auf Tuberkulose be-
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102
Über Masernosteomyelitis im Rönt.gcnbild.
stand, so empfahl der behandelnde Arzt Mitte Juli einen Aufenthalt, in
Reichenhall. Vor dieser Badereise sollte ein Röntgenbild aufgenommen
werden. Dasselbe wurde, als sich die Patientin am 18. Juli 1903 wieder vor¬
stellte, von mir aufgenommen.
Der äußere Befund war an diesem Tage geringfügig. Bei gutem
Körperbefinden zeigte sich der Fußrücken in der Gegend des hinteren Ab¬
schnittes des I. Metatarsus etwas verdickt. Die Weichteile zeigten keine
deutliche Schwellung. Druck rief etwas Schmerzen hervor. Die Gegend
war außerdem bei anhaltendem Gehen und Stehen etwas schmerzhaft.
Akute Entzündungserscheinungen fehlten gänzlich. Der Gang zeigte keine
Behinderung. Im Allgemeinen gewann man den Eindruck, daß nur eine
leichte Affektion am Knochen vorliegen könne, die allmählich im Rückgang
begriffen sei. Die Patientin war wenige Wochen später wieder hergestellt
und blieb bis jetzt gesund.
Das Röntgenbild Tafel II Fig. 1 und 2 zeigt, mit voller Deutlichkeit eine oste¬
omyelitische Erkrankung des rechten Metatarsus I. Der Knochen ist im Ganzen
verdickt, die Konturen sind verschwommen. Die Verdickung ist eine gleich¬
mäßige, sie betrifft hauptsächlich die hintere Hälfte des Knochens. Die Knochen¬
rinde läßt sich vom Knochenmarkraum deutlicher unterscheiden als auf der ge¬
sunden Seite. Dabei erscheint der Markraum nach der Epiphyse hin auf
Kosten des Knochengewebes kolbig erweitert. Der hintere Abschnitt der
Diaphyse stellt somit kein spongiöses Gefüge dar, sondern eine mit dem Mark¬
raum kommunizierende Knochenhöhle mit einer Knochenwandung, die schmaler
ist als die Kortikalis in der Mitte der Diaphyse. Soweit die Höhle sich er¬
streckt, ist der Knochen im Röntgenbild aufgehellt.. Die Höhle tritt deut¬
lich hervor, da die unmittelbare Umrandung derselben sich scharf ab¬
zeichnet und einen tieferen Schatten wirft als die übrigen Partien des
Knochens. Offenbar sind an der lichtdurchlässigeren Stelle Knochenbälkchen
zu Grunde gegangen und es bestand ein Exsudat, welches proximal von einer
sklerotischen Knochenwand umgeben war. Die Epiphysenlinie ist noch deut¬
lich erkennbar, besonders auf einer Vergrößerung des Bildes.
Die Röntgenaufnahme war so erfolgt, daß von der Antikathode aus
das Röntgenlicht jeden der beiden Füße von vorne her in möglichst gleicher
Verteilung traf.
Vergleichen wir den erhobenen Befund mit den von A. Köhler in
seinem Atlas mitgeteilten Befunden, so finden wir, daß jener am meisten den
bei der zentralen Form der Spina ventosa geschilderten Verhältnissen
entspricht. Köhler bespricht die Spina ventosa in einem besonderen Kapitel,
da sie mit dem Bild der Tuberkulose nicht recht übereinstimmt. Köhler
glaubt auch nicht, daß es sich um ein rein tuberkulöses Leiden handelt.
„Es scheint, als ob gewisse andere Krankheitserreger ebenso gut eine Spina
ventosa zu erzeugen imstande sind. Viele Fälle zeigen nämlich eine Ver¬
änderung des Knochens, wie sie bei Lues und eigentlicher chronischer Oste¬
omyelitis an anderen Knochen recht häufig, bei Tuberkulose aber so gut wie
nie vorkommt. Und es ist gar kein Grund zu finden, weshalb sich die
Tuberkulose an dem Phalangen und Metakarpen in ganz anderer Weise zeigen
sollte als an anderen Knochen.“
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Über Masernosteomyelitis im Röntgenbild. 103
Die Ähnlichkeit unseres Befundes mit der Spina ventosa, sowie der
Umstand, daß letztere so häufig in den Kinderjahren vorkommt, läßt an die
Möglichkeit einer Mischinfektion von akuten Infektionskrankheiten der Kinder¬
jahre einerseits und von Tuberkulose andererseits denken.
Der gutartige Verlauf in unserem Fall spricht allerdings gegen Tuber¬
kulose. Es ist auch kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß es sich um eine
eiterige Entzündung gehandelt hat. Um der Bezeichnung Eiter aus dem
Wege zu gehen, hat Klemm das durch den Typhusbazillus bedingte Exsudat
„als flüssige Metamorphose der abgelagerten pathologischen Bildungen“ be¬
zeichnet. Klein 10 ) läßt diese Definition nur für die nekrotisierende Wirkung
des Typhusbazillus gelten. Er weist auf die experimentellen Untersuchungen
Dmochowsky’s und Janowsky’s hin, welche ergeben haben, daß der Typhus¬
bazillus wie andere pyogene Pilze Eiter zu erzeugen imstande sind. Chronische
Formen verlaufen nach Art der kalten Abscesse. Selbstverständlich kann
aus dem Rötgenbild allein auf die Natur des vorhandenen Exsudates kein
Schluß gezogen worden. Soviel glauben wir aber behaupten zu können, daß
auch bei Masern das Knochenmark erkranken kann, so daß deletäre Ver¬
änderungen in der Spongiosa der Knochen auftreten. Selbst für den Fall,
daß es sich um eine latente Tuberkulose gehandelt hat, ist der Einfluß des
Masernkontagiums auf den latenten tuberkulösen Herd zuzugeben. Es soll
nicht behauptet werden, daß ein spezifischer anatomischer, nur bei Masern
zu beobachtender, Befund vorliegt.
Literatur.
I. Chiari, Ziegler’s Beitrüge zur patbol. Anatomie und allgm. Pathologie, Bd.
XIII, 1893.
•2. Eug. Fraenkel, Über Erkrankungen des roten Knochenmarks, besonders der
Wirbel bei Abdominaltyphus. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie,
Bd. XI, Heft 1. 1903.
3. Ponfick, Über Metastasen und deren Heilung. Berliner klinische Wochenschrift
1893, Nr. 4«.
4. C. S. Freund, Die Knochenentzündungen in der Rekonvaleseenz von Typhus ab¬
dominalis. J.-D. Breslau 1885.
5. Ebermaier, Über Knochenerkrankungen bei Typhus. Archiv f. klin. Medizin,
Bd. 44, 1889.
f>. Quincke, Zur Pathologie des Abdominaltyphus. Berliner klinische Wochenschrift
1894, Nr. 15.
7. Weichseibauin, Centralblatt f. allgem Path. 1904.
8. Fraenkel, Über Knochenmark und Infektionskrankheiten. Miiuch. med. Wochen¬
schrift 1902, Nr. 14.
9. Perez, Die Influenza in chirurgischer Beziehung. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie,
Bd. 59, 63. 64, 66.
10. P. Klemm, Die Knochenerkrankungen im Typhus. Archiv f. klin. Chirurgie.
Bd. 46. 1893.
II. Quin cke, Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Bd. IV, 1898.
12. Q u i n c k e, Über Spondvlitis infectiosa. Mitteilungen aus (len Grenzgebieten der
Medizin und Chirurgie, Bd. XI, Ilft. 5, 1903.
13. F. Franke, Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 49, 1895. Allgem. med. Centralzeitung
1896. Nr. 42. Mitteilungen aus den Grenzgebieten d. M u. Ch., Bd. V. Chirurg.-Kongr. 1899.
Archiv f. klin Chirurgie. Bd. 70. S. a. Mi ln er, Beitrag zur chirurgischen Bedeutung der
Influenza. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der M. und Ch., Bd. XI.
14. v. J iirge n se n, Akute Exantheme, Wien 1895. Notnagels „Spezielle Pathologie
und Therapie “ Bd. IV, II.
15. A. Köhler, Knochenerkrankungen im Röntgenbilde, Wiesbaden, J. F. Berg¬
mann. 1901.
16. A. Klein, Ostitis typhosa. I.-D. Kiel 1896.
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104
Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgenstrahlen.
Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels
Röntgenstrahlen.
Von Dr. Max Levy- Dorn Berlin.
(Hierzu 4 Röntgenbilder.)
Die Nierenstein-Aufnahmen gehören zu den schwierigsten und zugleich
wichtigsten unter den Maßnahmen der Röntgenuntersuchung. Ich möchte
daher in Kürze einige Erfahrungen und Vorschläge hierüber mitteilen.
Besonders durch die Bemühungen von Leonhard, Llaberia, Albers-
Schönberg, Rumpel u. a. sind wir dahin gelangt, daß wenigstens die meisten
Nierenkonkremente von einer Größe, die einen operativen Eingriff verlangt,
mit Hilfe der Röntgenstrahlen zum Ausdruck gebracht werden können.
Die chemische Zusammensetzung spielt ohne Frage für die Tiefe der
Schatten eine Rolle, aber dieselbe ist bei weitem überschätzt worden, da wir
es in der Praxis meist mit Mischsteinen zu tun haben. Allerdings bestehen
einige Verschiedenheiten in der Angabe der Autoren sowohl über die Häufig¬
keit des Vorkommens mehr oder weniger chemisch reiner Steine, wie über
den Grad ihrer Durchdringlichkeit für X-Strahlen. Anscheinend spielen hier
lokale Verhältnisse eine Rolle. Andererseits lassen sich die Mitteilungen der
Autoren nicht immer mit einander vergleichen, weil ihre Daten nicht genau
genug sind. So unterscheidet man meist schlechtweg harnsaure, phosphorsaure
und oxalsaure Steine und berücksichtigt wenig die Stoffe, mit welchen die
Säuren verbunden sind, obwohl von ihnen das Molekulargewicht, von dem
bekanntermaßen die Durchdringlichkeit der zusammengesetzten Körper ab-
häugt, wesentlich mit beeinflußt wird. Fantino*), der wohl das umfangreichste
Material in genannter Richtung durchgeprüft hat und nicht in den eben er¬
wähnten Fehler verfällt, fand, daß unter den Phosphaten nur die Verbindungen
mit Kalcium und den Erden die X-Strahlen, schwer durchlassen, während die
Magnesiumsalze und noch mehr Amoniak-Salze von ihnen leicht durchdrungen
werden. Derselbe Autor konnte, beiläufig bemerkt, unter 200 Steinen, von
denen 116 genau untersucht wurden, nur 28 chemisch rein hersteilen, und
zwar bestanden die meisten (17) aus Harnsäure.
Die Rumpel**)’schen Erfahrungen stehen in einem geringen Wider¬
spruch damit, da unter seinen untersuchten 15 Steinen nicht ein einziger sich
befand, der eine chemisch reine Substanz enthielt. Dementsprechend sah
auch Rumpel keine allzugroße Verschiedenheit der Schattenbildung in seinen
Fällen. Ich habe nun wiederholt auch überwiegend aus Harnsäure be¬
stehende Steine auf die Platte bekommen, möchte aber doch nicht behaupten,
daß ihre Darstellung immer gelingen muß, selbst wenn sie eine operations¬
reife Größe erlangt haben. Dasselbe gilt auch von den wenig durchlässigen
Phosphatsäure-Verbindungen, während man beim Überwiegen von Erdphos¬
phaten und Oxalaten wohl immer brauchbare Bilder erhalten wird. Jedenfalls
ist trotz dieser Einschränkungen ein positives Ergebnis des Röntgenverfahrens
bei Vorhandensein von Nierensteinen so häufig, daß dieser Untersuchung auch
bei negativem Ausfall eine große Bedeutung zugesprochen werden muß.
*) Fantino; Beitrag zum Studium der Harn- und Gallensteine. Arch. f. Klin. Chirurg.
Bd. XXV. H. 2. 1904 p. 353.
*‘) D. Rumpel. Die Diagnose des Nierensteins; Arch. u. Atl., der normal u. pathol.
Anatomie in typischen Röntgen bildern. Hamburg. Griife und Sillem 1903,
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Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgenstrahlen.
105
Bei der Untersuchung auf Nierenstein müssen in erster Linie alle
Momente peinlich beobachtet werden, die auch sonst in der Röntgentechnik
eine Rolle spielen. Einige Punkte verdienen aber wegen der Körpergegend,
die zur Darstellung kommen soll und der relativ leichten Durchgängigkeit
der Steine für Röntgenstrahlen besonders hervorgehoben zu werden. Die
Qualität der Röntgenstrahlen soll möglichst weich sein; Bilder, die die Ouer-
fortsätze der Wirbel, den Psoas, die letzten Rippen nicht zeigen, können bei
nicht vorhandenem Steinschatten keinen Wert beanspruchen. Aus weicheren
Röhren aber kann man schwerer für die Aufnahmen dickerer Körpergegenden
genügende Strahlenmengen hervorholen, als aus harten. Wir müssen daher
bei Nierenstein-Aufnahmen besonders widerstandsfähige Röntgen¬
röhren benutzen. Ein Fehler in dieser Hinsicht bildet meiner Erfahrung
nach am häufigsten die Schuld an Mißerfolgen.
Ohne Zweifel ist aber die Nierensteinuntersuchung, besonders dickerer
Personen, bei weitem zuverlässiger geworden, seitdem man noch einigen anderen
Momenten größere Aufmerksamkeit schenkte. Nach der Wichtigkeit, die mir
ihnen zuzukommen scheint, geordnet sind diese die Kompression des Abdo¬
mens, die Abblendung der Strahlen, die geeignete Lagerung der Kranken und
endlich die Vorbereitungskur.
Die Kompression des Abdomens wurde früher gelegentlich in primitiver
Weise ausgeführt, indem man z. B. den Patienten auf den Leib lagerte. Heute
benutzt man meist dazu nach dem Vorgang von Albers-Schönberg Kom-
pressionsblenden-Apparate, in denen, wie schon der Name verrät, das Kom¬
pressionsorgan mit der Blende vereinigt ist.
Ein zylindrisches metallenes Rohr wird mittelst fester Führungen vor¬
sichtig in den Leib hineingedrückt, dadurch werden die Gedärme von der
Nierengegend abgedrängt. Ich gebrauche jetzt zu meiner vollsten Zufrieden¬
heit ein Rohr, das ich in mein Universal-Schutz-Blendenstativ hineinstecke,
und kann so jedes besonders für den genannten Zweck gebauten Apparates
entbehren, wie er außer von Albers-Schönberg besonders von Wiesener und
Gocht angegeben wurde.
Wer sich keine spezielle Kompressionsvorrichtung anschaffen kann,
dem möchte ich einen kleinen Trik empfehlen, den ich wiederholt ange¬
wendet habe und noch gelegentlich benutze. Es bedarf dazu nur des Be¬
sitzes einiger glatt gehobelter Bretter von ca. 5 cm Dicke und von den
Dimensionen der zu belichtenden Platten etwa 13x18 und 18x24. Auf das
Brett lege man die Platte in Papier gehüllt. Bevor die Papierhülle, wie ge¬
wöhnlich, umgeschlagen wird, lege man 2 nicht mehr gebrauchte Platten von
derselben Größe gegen die Rückseite der Hülle. Alle 3 Platten umschließe
man endlich noch einmal mit Papier, damit sie unverrückt aneinander halten.
Nun bringe man das Plattenpacket auf den hohen Holzblock und lasse sich
den Kranken mit seiner Bauchseite darauf lagern. Die Platten werdenj so
nicht leicht zerbrochen, auch wenn sie, was leicht geschehen kann, von der
Unterlage etwas abgleiten. Die Kompression, die auf diesem Wege erzielt
wird, ist recht erheblich; allerdings ist es nicht möglich, unter dem Rippen¬
bogen schräg hinauf zu komprimieren.
Die Blende läßt sich ebenfalls leicht improvisieren, indem ’man
winkelig geschnittene Bleibleche von ca. 2 mm Dicke auf den Patienten legt.
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106
Beitrag zur Untersuchung auf Nierenstein mittels Röntgen strahlen.
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Falls die Wahl freisteht, wähle man zur Aufnahme die Rückenlage,
weil sich in dieser die Niere in größerer Nähe der Platte befindet, als in der
Bauchlage. Die individuell verschieden stark ausgeprägte Lordosis der Lenden¬
wirbelsäule wird durch Beugen der Oberschenkel und des Rumpfes ausgeglichen.
Bei Ubersichtsbildern und dem Gebrauch der Kompressionsblende
kommt kaum eine andere Lagerung ernstlich in Betracht. Dagegen bietet
dort, wo die Komprcssionsblende fehlt, die Lagerung auf die, der zu unter¬
suchenden Niere entgegengesetzten Körperseite den Vorteil, daß die Gedärme
von der aufzunehmenden Niere von selbst herabgleiten und dieselbe freigeben.
Allerdings müssen dann besondere Vorkehrungen getroffen werden, daß der
Patient ruhig liegt. Die Platte steht dann senkrecht zur Unterlage am Rücken
des Kranken. Eine einfache Blende läßt sich, wie leicht ersichtlich, auch an
seitlich liegenden Patienten anbringen.
Die Vorbereitungskur besteht darin, daß man den Darm vor der
Untersuchung gründlich entleeren läßt.
Man versäume auch nie, die Patienten zu fragen, welche Arzneien
sie etwa gebraucht und auch sonst zu erforschen, ob Eingriffe an ihnen vor¬
genommen wurden, die Anlaß zu abnormen Röntgenschatten geben können.
Einnahme von Magisterium bismuti, Injektion von Jodoform-Glyzerin bei
Fisteln, Injektion von Jodipin u. a. können Schatten hervorrufen, die gelegent¬
lich den auf Nierenstein fahndenden Untersucher zu täuschen vermögen.
Diese Contenta pflegen besonders lange im Cöcum zu verweilen, müssen also
besonders berücksichtigt werden, falls die rechte Niere in Frage kommt.
Ubersichtsaufnahmen lohnen sich nur, falls es sich nicht um stark
beleibte Patienten handelt. Die letzten Rippen, die Querfortsätze der Lenden¬
wirbel und der Schatten dos Psoas sollen, wie oben bereits erwähnt, auf den
Bildern zum Ausdruck kommen, weil sonst die Gefahr ziemlich groß ist, daß
man etwaige Konkremente durch den Gebrauch harter Strahlen nicht zu
Gesicht bekommt.
Bei positivem Ausfall der Röntgenuntersuchung wäre es aber Pedanterie,
den genannten Nebenzeichen eines guten Nierensteinbildes großen Wert
beizumessen.
Unter den Schatten, die leicht mit Nierensteinen verwechselt werden
können, stehen Plattenfehler obenan. Wiederholung der Aufnahmen lassen
den Irrtum erkennen. Verkalkungen in den Weichteilen außerhalb der
Nieren und Urethra wmrden gewiß häufiger rechtzeitig erkannt werden, wenn
man ihre topographische Lage genau betrachtet.
Zum Schluß möchte ich noch einige Bilder zeigen, die den Wert der
Untersuchung mit Röntgenstrahlen auf Nierensteine deutlich illustrieren.
Bild 1 (Tafel II Fig. 3) stammt von einer Patientin, die auf der linken, also
gesunden Seite ihre Schmerzanfälle hatte. Es fanden sich auf der rechten Seite 2
Steine, ein haselnußförmiger mit 2 cm langen Durchmesser, und 1 band¬
förmiger von 1 cm Länge, die aus einem Gemisch von Oxal- und Harnsäure
bestanden.
Die Aufnahmen 2, 3 und 4 (Tafel II Fig. 4, 5, 6) betreffen alle drei
dieselbe Patientin. Nr. 2 (Fig. 4) ist ein Übersichtsbild, das dartut, daß die
rechte Seite frei ist, die linke mehrere Steine, darunter einen außergewöhnlich
großen enthält. Die klinischen Symptome interessieren nicht an dieser Stelle.
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107
Zur Kasuistik der Nephrolithiasis.
Bild Nr. 3, (Fig. 5) eine Aufnahme mit Kompressionsblende, zeigt die ver¬
schiedenen Steine und ihre Form erheblich deutlicher als Nr. 2. Besonders
schön springt der größte Stein mit den Fortsätzen in die Augen. Die Operation
bestätigte vollständig den Röntgenbefund. Die Steine hatten den Charakter
der Phosphatsteine; eine genaue chemische Analyse fand nicht statt.
Die einige Zeit nach der Operation vorgenornmene Untersuchung er¬
gab einen nicht uninteressanten röntgenologischen Befund, den Bild Nr. 4 (Fig. 6)
widergibt. Man sieht dort einen großen nach außen konkaven Wulst, der
offenbar durch die Retraktion der Weichteile nach Ausheilen der Operations¬
wunde bedingt ist und von einem Betrachter des Bildes, der diese gelegent¬
liche Folgeerscheinung der Operation nicht kennt, schwerlich erklärt werden
kann.
Zur Kasuistik der Nephrolithiasis.
Von I)r. Wiesel, Ilmenau.
(Hierzu 1 Abbildung).
Der Fall, welchen die beiden Aufnahmen von Nierenstein betreffen,
ist nach mehrfacher Hinsicht ein interessanter und wohl auch ein seltener
zu nennen.
Es handelt sich um den 38jährigen Kaufmann G. M., der meine Hülfe
am 15. Mai 1904 erbat. Die Beschwerden des bettlägerigen Kranken be¬
standen in rasenden Schmerzen vom Rücken nach der rechten Weiche sich
erstreckend, und in Anurie.
Die Diagnose meinerseits wurde auf Nierenstein gestellt und alsbald
eine Injektion von Morph, mur. 0,025 mit Atropin 0,0005 appliziert. (11 Uhr
vormittags.) ■ Als ich den Kranken nachmittags 5 Uhr wieder besuchte, war
er ruhig; es war etwas Urin (100 ccm) entleert worden, dem einige Tropfen
Blut beigemengt waren. Die chemische Analyse des Harns ergab nichts
Abnormes. Anfälle, wie der oben geschilderte, wiederholten sich in der
Woche vom 15./V. bis 23.,/V.noch dreimal und wurden abermals durch subkutane
Injektion von Morphin mit Atropin bekämpft, mit gleich gutem Erfolge.
Anamnestisch ist noch nachzutragen, daß Pat. aus gesunder Familie stammt.
Schon im Alter von 5 Jahren sollen sich heftige Schmerzen in der rechten
Seite gezeigt haben, die als nervös bezeichnet worden seien. Bis zum Jahre
1901 bald häufiger, bald seltener auftretend, brachten die Beschwerden den
Kranken aufs äußerste herab, so daß er öfters auf längere Zeit seinen Be¬
rufsgeschäften nicht nachkommen konnte und sich, nachdem anderweitig die
Diagnose auf Typhlitis gestellt worden war, entschloß, das Leiden operativ
behandeln zu lassen. Die Blinddarm-Operation ergab keine Veränderungen
des Typhlons; merkwürdigerweise aber blieben für kürzere Zeit die Be¬
schwerden ganz aus. Als sie öfters wiederkehrten, begab sich M. in eine
Naturheilanstalt, wo er gleichfalls als Nervöser behandelt wurde. Da aber
die Schmerzen Zunahmen, kehrte er nach Hause zurück, und etwa eine Woche
nach der Rückkehr wurde ich das erste Mal zu ihm gerufen. Aus der
weiteren Beobachtung ließ sich ein klares Bild nicht gewinnen, und darum
veranlaßte ich den Kranken, als er nach dreiwöchentlichem Krankenlager sich
besser fühlte, sich in die Klinik nach J. zu weiterer Beobachtung aufnehmen
zu lassen. Daselbst kam man nach mehrwöchentlicher Behandlung zur Über-
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108 Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
zeugung, daß eine rechtsseitige Wanderniere vorliege (eine genaue Palpation
verbot sich s. Zt. für mich wegen der heftigen Schmerzen) und machte eine
Nephropexie. Nach dem mir vorliegenden Operationsbericht — die Operation
wurde von einem Chirurgen von anerkanntem Rufe ausgeführt — fand eine
genaue Abtastung des Nierenbeckens und der Ureteren statt, ohne jedoch
den Verdacht der Steinbildung bestätigt zu finden. Die Beschwerden ver¬
ringerten sich zunächst, kehrten aber sehr bald wieder. Erwähnen will ich
noch, daß bei der Operation ein doppelter Ureter gefunden wurde. Da in¬
zwischen ein neuer Röntgenapparat in der Klinik zur Anschaffung gekommen
war, wurde auf den Wunsch des Kranken, dessen Wunde sich nicht schließen
wollte, eine Aufnahme gemacht, welche die Anwesenheit eines Konkrementes
ergab. Die gleiche Annahme war drei Jahre vorher mit einer gewissen Wahr¬
scheinlichkeit auf Grund eines Röntgenogrammes bei einer Kur in Karlsbad
gemacht worden. Der Abzug der s. Zt. gefertigten Platte war mir durch
den Patienten zugänglich gemacht, besaß aber nach meinem Dafürhalten
noch nicht einmal den Verdacht einer Wahrscheinlichkeit. Auf Grund des
in Karlsbad erhobenen Befundes ließ sich Patient dann noch in B. cystos-
kopisch von autoritativer Seite beobachten. Indessen soll nach Angabe des
Kranken das cystoskopische Ergebnis die Wahrscheinlichkeit eines Konkre¬
mentes ausgeschlossen haben. Es ist meines Erachtens möglich, daß der bessere
Ausfall der röntgenographischen Bilder in der letzten Zeit (26./XII. 1904 bis
28./I.1 905) durch die operative Befestigung der Niere herbeigeführt worden ist.
Auf Grund der positiven Röntgenogramme (s. Tafel II Fig. 7) hat sich der Kranke
nun wiederum in chirurgische Behandlung begeben und soll, wie ich vernehme,
am 8./II. operiert worden sein. Während ich dies schreibe, geht.mir ein Bericht
des Herren Geheimrat R. in J. über die Operation zu, dem ich im Wesent¬
lichen Folgendes entnehme. Es mußte ein großer Teil der Niere gespalten
werden, um zu dem relativ großen Stein, welches im Nierenbecken des hoch
oben am Nierenpol einmündenden zweiten Ureters saß, zu gelangen. Der
zweite obere Ureter, besitzt eine sehr dünne Kommunikation mit dem ihm
zugehörigen Nierenbecken, welches den Stein enthielt, so daß, wie Geheimrat
R. schreibt, es sehr schwer hielt, den Austritt des Ureters aus dem recht
kleinen Nierenbecken aufzufinden. Nachdem nun die Operation glücklich
beendet, und der Verlauf bisher ein guter ist, darf man wohl sich der Hoff¬
nung hingeben, daß der Kranke von seinen Qualen befreit bleiben, und daß
er nach Kräftigung seines schwachen Körpers (44 kg im Juli 1905, jetzt 48
kg) seinen Beruf wieder wird ausfüllen können.
Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
Zum Teile vorgetragen in der am 2. Mai abgehaltenen Sitzung des Berliner Röntgen-Kongresses.
Von Dr. Bela Alexander, Kesmärk (Ungarn).
Die Daten, welche uns die Literatur in Hinsicht des beginnenden
Ossifikationsprozesses in der Hand bietet, sind keineswegs derartig, daß uns
die Verknöcherungsverhältnisse klar und deutlich erscheinen.
Sowohl Anatomie als Mikroskopie, als auch Chemie (Kaliglyzerin¬
präparate) waren nicht im Stande, die Reihenfolge der Ossifikationen und
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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
109
so das Verhältnis der einzelnen Ossifikationen zu einander — bei normaler
Entwickelung festzustellen.
Die Hand des Anatomen ist nicht genügend die anfänglichen, kleinen,
dem auch durch das Vergrößerungsglas unterstützten Auge kaum sichtbaren,
oberflächlichen Knochenpunkte auszuarbeiten, — um so weniger als dieselben
in dem sie umgebenden Gewebe häufig verschwimmen. Aber auch das
Mikroskop konnte, selbst bei genauer Schnittserie, keine übersichtlichen
Bilder reichen.
Es wäre noch die von Schultze zuerst angewandte Methode d. h. die
Durchsichtigmachung der Weichteile zu beachten, wobei die Ossifikationen
als dunkle, nicht durchsichtige Teilchen erscheinen. Täuschungen sind aber
auch hier nicht ausgeschlossen — schon deshalb nicht, weil es leicht vor¬
kommt, daß die richtige Grenze des Durchsichtigmachens überschritten
wird und das Bild der kleinen kaum sichtbaren Ossifikationen undeutlich
werden und verschwinden kann und mit diesem Umstand die richtige
Übersicht.
Aber unstreitig sind bei Erforschung der Ossifikationsentwickelung
die X-Strahlen dasjenige Forschungsmittel, welches selbständig und unüber¬
troffen in seiner Exaktheit die schönsten, aber auch sichersten Resultate
bietet.
Freilich können keineswegs aus Bildern einiger Embryos Schlüsse
gezogen, und keineswegs kann die Länge des Embryo auch nur an¬
nähernd als maßgebend betrachtet werden in Hinsicht der Deutung der
Ossifikationsverhältnisse, denn ein 5 cm langer — also dem Ende des zweiten
Monates entsprechender Embryo kann im Allgemeinen vorgeschrittenere
Ossifikationsverhältnisse zeigen als ein 8 cm langer — also dem Ende des
dritten Monates entstammender Embryo. Aber es können auch — ohne daß
äußerlich die geringsten abnormalen Verhältnisse nachweisbar sind — in den
einzelnen Teilen der kleinen Körper die Ossifikationsverhältnisse ver¬
schieden sein; die Wirbelsäule des 5 cm langen Embryo kann schon be¬
deutend mehr Knochenpunkte zeigen, als die eines 8 cm langen, während
die Hand des größeren Embryo die viel weiter vorgeschrittenen Verknöcher¬
ungen aufweisen wird und umgekehrt.
Bei den Verschiedenheiten der Ossifikationsverhältnisse werden wir
aber doch bei Gebrauch der Vergleichungsbilder von diesen, in Bezug auf
die normale Knochenentwickelung wichtige Schlüsse ziehen müssen.
Es ist immer notwendig, daß bei Erforschung der frühen Ossifi¬
kationsverhältnisse eine große Anzahl von Embryos untersucht wird, um
richtig zu gehen und richtig zu schließen. Dies wird auch schon der Um¬
stand bestätigen, daß nicht nur die verschiedenen Längen des Embryos ver¬
kehrte Verhältnisse der Verknöcherungen zeigen können, sondern auch der
Umstand, daß auch gleich lange, gleich ausgebildete, äußerlich einander ent¬
sprechende — also scheinbar aus gleicher Zeit stammende — Embryos'ent¬
weder im allgemeinen oder in den einzelnen Teilen des Körpers von einander
abweichende, ganz verschiedene Verhältnisse der Knochensubstanzentwickel-
ung zeigen.
Und eben diese, bei der Erforschung der Ossifikation unabweisbar
notwendige Übersichtlichkeit kann nur die Demonstration der X-Strahlen bieten,
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110
Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
welcher Umstand allein schon die Berechtigung der X-Strahlen, als selbst¬
ständiges Forschungsmittel zu gelten, dokumentiert.
Freilich fordert das richtige Bild auch das richtige Lesen desselben,
und nur die richtige Vergleichung der verschiedenen oder gleich großen
Bilder bietet die endgültigen, sicheren Schlußfolgerungen.
Im allgemeinen muß man sagen, daß eine Biklerserie von Embryos,
die z. B. für die Erklärung der Entwickelung der knöchernen Wirbelsäule
richtig zusammengestellt ist, in Hinsicht auf die Reihenfolge der Bilder sehr
geändert oder wohl auch ganz verworfen werden muß, sobald wir die Ossifi¬
kationsverhältnisse der Extremitäten richtig deuten wollen.
Und gewiß ist, daß auch selbst bei exakter Erforschung der Ossifi¬
kationsverhältnisse nur eines einzigen Embryos, oft eine Bilderserie notwendig
ist, weil man mit Nebenverhältnissen rechnen muß, deren sehr viele sind, die
aber jeder, der mit den X-Strahlen forscht, zur Genüge kennt, die aber auch
zur Genüge beweisen, wie es oft viel schwieriger ist, das klare, in jeder Be¬
ziehung tadellose Bild eines kleinen Embryo zu erhalten, als das eines
größeren Körperteiles.
Die Handossifikationen des embryonalen Lebens entwickeln sich ent¬
sprechend den betreffenden Knorpelteilen in vier Reihen.
Die erste Reihe der Ossifikationen betrifft die fünf Endphalangen,
in denen die Verknöcherung keineswegs auf einmal auftritt, sondern es er¬
scheint die Entwickelung des oberflächlichen Knochengewebes zuerst in der
Endphalanx des Daumens und des Mittelfingers (Handaxe), an
letzteres schließt sich gleich die Ossifikation i n d er E n d p h al an x
des vierten Fingers an; darnach sehen wir die Ossifikation im Endgliede
des Zeigefingers und endlich im Endgliede des kleinen Fingers auftreten.
Freilich wird das Bild der frühen zwei oder drei Endgliedossifikationen
(Daumen, dritter und vierter Finger) keineswegs scharf auf der Platte er¬
scheinen können; denn die Verknöcherung selbst ist viel zu zart. Doch wird
das gute Auge — besonders bei Gebrauch des Vergrößerungsglases — die¬
selbe ganz deutlich sehen. Die Ossifikation der Endphalangen tritt bei
normaler Entwicklung immer in dem distalen Teile der kleinen knorpeligen
Diaphyse auf.
Die Beobachtung, wonach die distale Epiphyse der kleinen Endphalanx
zuerst ossifiziert (0. Schultze, Kaliglyzerinpräparat) kann keineswegs als
Regel der normalen Ossifikation gelten, gewiß aber als abnormaler Zustand.
Je mehr Embryos man aus der Zeit, in welcher die ersten Ossifikationen der
Hand auftreten, untersucht, um so mehr wird man das Gesagte bestätigt
finden; man wird aber auch die schon etwas gestreckte Diaphysenossifikation
des Daumenendgliedes sehen, während die Ossifikation im Endgliede des
kleinen Fingers — noch indifferent an Gestaltung — doch schon deutlich
zeigt, daß sie nicht die distale Epiphyse betrifft.
Nachdem diese Endstationen der peripherwärts schreitenden Ver¬
knöcherung in den Endgliedern der Finger aufgetreten ist, (es geschieht dies
nicht gleich nach Auftreten der Radius- und Ulnaossifikation, sondern erst,
nachdem diese die Länge von 1—1,5 mm erreicht haben) sehen wir die
zweite Reihe der Ossifikationen entsprechend den vier knorpeligen
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Die Entwickelung des menschlichen Kandskelettä.
111
Metacarpalien auftreten und können die bei normaler Entwicklung
immer gleich bleibende Reihenfolge derselben beobachten.
Zuerst tritt die Ossifikation auf der Oberfläche des den Zeigefinger
stützenden knorpeligen ersten Metacarpale auf, dann folgt die Ossifikation
des zweiten (dritter Finger), dritten (vierter Finger) und endlich des vierten
Metacarpale (fünfter Finger).
Die oberflächlichen anfänglichen Ossifikationen sind in Hinsicht auf die
Gestaltung indifferent; aber sehrbald zeichnen die X-Strahlen ein kleines liegen¬
des Viereck, welches sich zum Quadrate und dieses zum stehenden Vierecke
umwandelt; d. h. der oberflächliche Knochenpunkt wird zur kleinen Lamelle,
die die Längsaxe des kleinen Knorpelgebildes kreuzend sich um dasselbe
zum Ringe bildet (diese unvollständige oder vorgeschrittene Ringbildung
des primären Knochengewebes wird als liegendes Viereck gezeichnet);
dann geschieht die Verbreiterung des Ringes, bis endlich das Bild des stehen¬
den, der Längsaxe des Knorpels entsprechenden Viereckes auftritt d. h. der
kleine unvollständige Zylinder des primären Knochengewebes.
Verfolgen wir in den kleinen embryonalen Handgebilden der Reihe
nach die Entwicklung der vier Metacarpal-Ossifikationen, so werden wir
ganz klar die beschriebene Ausbildung des kleinen primären Knochenzylinders
beobachten können, und oft werden wir auf einem Handbilde den ganzen
Entwickelungsprozeß illustriert finden, die verschiedene Gestaltung der
kleinen, zarten Knochengebilde.
Nachdem die vierte und letzte Metacarpalossifikation
(fünfter Finger) schon als kleines liegendes Viereck — also die Um-
ringung des knorpeligen Metacarpale zeigend — auf der Platte zum Vor¬
schein kommt, zeigt sich die erste Ossifikation der dritten Reihe d. b.
der oberflächliche Knochenpunkt der Dauinengrundphalanx an der
radialen Oberfläche des betreffenden Knorpels.
Immer finden wir dieses Verhältnis bei normaler Entwickelung der
Ossifikationen und nie eine andere Reihenfolge.
Oskar Schnitze sagt: „Die Verknöcherungen der Ossa metacarpi be¬
ginnt gewöhnlich an dem zweiten Metacarpus, dann folgt der dritte und
darauf fast gleichzeitig der erste, vierte und fünfte.“
Wir sehen daraus wohl, daß erwähnter Autor fünf Metacarpalossi¬
fikationen annimmt, aber — wie erwähnt —nie werden wir bei regelmäßiger
Knochenentwickelung finden, daß diejenige Ossifikation, welche
Schultze die erste Metacarpalossifikation nennt, die aber in
Wirklichkeit die Ossifikation des Daumengrundgliedes ist, vor
der Ossifikation des Kleinfinger Metacarpus oder gar vor der
Ossifikation des dritten Metacarpale (vierter Finger) auftritt,wie
genannter Autor es angibt.
Und so könnte man weitere Autoren und Forscher zitieren, und man
hätte doch kein richtiges Bild aus der frühen Zeit des Ossifikationsprozesses
in der Hand; die X-Strahlen aber geben uns ein klares und deut¬
liches Bild desselben, — sie zeichnen die Ossifikationen, die der Anatom
nicht mehr findet, und die das Mikroskop auf beschränktem' Gesichtsfelde
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112
Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
nicht mehr übersichtlich, orientierend, im Vergleiche mit den andern Ossi¬
fikationen, deuten kann.
Nicht nur die normale Knochenbildung weist die Proximal-Ossifikation
des Daumens direkt in die Reihe der Grundphalangen, sondern auch die ab¬
normale und verspätete oder direkt pathologische Entwicklung des primären
Knochengewebes zeigt in jeder Beziehung dieselbe sehr instruktiv.
Die vier Metacarpalossifikationen können — bei Vorhandensein der
Endglied-Verknöcherungen — schon die Länge von 1,5 mm erreicht haben,
der Daumen zeigt aber nur die kleine punktförmige Ossifikation der End¬
phalanx. Es kann dieses Verhältnis nicht anf einen Ausfall der sogenannten
ersten dem Daumen entsprechenden Matacarpalossifikation weisen, sondern
man wird erkennen müssen, daß der Verknöcherungsprozeß bis zum Auftreten
der vier Metacarpalien sich regelrecht entwickelt hat und dann stehen ge¬
blieben ist in Folge pathologischer Zustände — vielleicht sehr zeitiger
Rhachitis, denn die Metacarpalossifikationen geben verhältnismäßig sehr matte
Bilder —, welche die Ossifikation betreffen.
Daß die proximale Ossifikation meistenteils als Metacarpale und nicht
als das, was sie in Wirklichkeit ist, nämlich als Phalanx*) aufgefaßt wird,
dazu trägt auf jeden Fall die noch geltende Ansicht Welkers bei, der aus
der Muskulatur und deren Anheftung an die Knochen Schlüsse zieht, aber
nicht beweisen kann, welche Phalanx fehlt, wie dies auch kein Autor tun
kann, der die Welker’sehe Ansicht vertritt.
Der Welcker’schen Ansicht fehlt gänzlich der Beweis aus dem in¬
trauterinen Leben, der auch nie gesucht wurde; es wurde aber auch nie der
Umstand in Betracht gezogen, daß die sich den Verhältnissen anpassende
Muskulatur gewiß Stütze finden wird an der sich anpassenden Phalanx, so¬
bald der Metacarpus gänzlich aus der Entwickelung ausgefallen, in der mensch¬
lichen Hand nicht vorhanden ist.
Die menschliche Hand braucht die Muskulatur des Dau¬
mens; das Metacarpale — den Stützknochen der Daumen¬
phalangen braucht sie nicht mehr, es hat dessen Stelle die
Grundphalanx eingenommen.
Nach dieser Abschweifung auf die normale Ossifikation des Daumens
zurückkehrend können wir beobachten, daß der primäre Knochenpunkt
immer auf der radialen Oberfläche des Knorpels entsteht; wir finden
später das Bild eines liegenden, gestreckten Dreiecks, dessen Basis radial-
wärts gerichtet ist zum Zeichen dafür, daß von hier aus das primäre
Knochengewebe die Oberfläche des Knorpels zu umringen beginnt, nachträg¬
lich verbreitet sich aber auch das oberflächliche Knochengewebe in der
Richtung der Längsaxe des Knorpels (d. h. nach dem Knochengewebsringe
folgt die Verbreiterung desselben zum kleinen Knochenzylinder).
Nach der Ossifikation der Daumengrundphalanx (Diaphyse) erscheint
die Diaphysenossifikation der zweiten Grundphalanx (Zeigefinger), dann die
der dritten, vierten und endlich die der fünften Grundphalanx. —
*) Das Vorhandensein der Daumengrundphalanx und Fehlen des
Hatacarpus wird auch durch die Entwicklung des knorpeligen Hand¬
skeletts und durch die Untersuchungen an Tieren bestätigt.
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l)ie Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
113
Freilich muß bemerkt werden, daß der dritte Finger auch hier seine
spätere Rolle als Handaxe manifestiert, — wie wir dies auch in der ent¬
wickelteren Ossifikation seiner Endphalanx sehen —; die Ossifikation seiner
Grundphalanx übertrifft nur zu bald an Größe die des zweiten Fingers.
Auch die letzteren 4 Oss'fikationen (2., 3., 4. und 5. Finger) zeigen deut¬
lich, wie sich der auf der Oberfläche des Knorpels liegende Ossi-
fikationspunkt nach beiden Seiten hin zum oberflächlichen
Knochenringe (Linienbild) und dieser zum niedern Cylinder aus¬
bildet.
Die Verknöcherung der fünften Grundphalanx (kleiner Finger) zeigt
häufig auch das Bild des liegenden, gestreckten Dreieckes, nur liegt dessen
Basis ulnarwärts zum Zeichen, daß der Ossifikationsprozeß von hier aus seinen
Anfang genommen hat.
Die vierte Reihe der intrauterinen Handossifikationen
beginnt wdeder im Daumen. In dessen mittlerem Phalanx erfolgt die Ossi¬
fikation des zweiten respektive des dritten Fingers, dann des vierten und
endlich bildet sich die letzte H a n d o ssi f i katio n des embryonalen
Lebens in dem mittleren Gliede des kleinen Fingers.
Die Ossifikationsverhältnisse sind auf der Oberfläche der mittleren
Knorpelphalangen dieselben, wie wir sie früher gesehen.
Bevor wir weiter gehen, wird es gewiß interessant sein, wenigstens
ein Vergleichsbild der Hand und des Fußes aus der frühen Zeit der Ver¬
knöcherungen zu betrachten.
Wir finden die allgemeine Annahme über die Verknöcherung des
Fußes, welche dahin geht, daß die Ossifikationen des Fußes wohl
später, aber doch in derselben Reihenfolge auftrete n, wie in
der Hand, nur zum Teile bestätigt.
Wohl treten die Ossifikationen des Fußes später als in der Hand auf,
aber die Reihenfolge istanders, denn noch bevor dievierteund
fünfte Endphalanx des Fußes Ossifikation zeigt, tritt proximal¬
wärts von der zweiten Endphalanx-Ossifikation die des ersten
Metatarsus auf; also der Unterschied der Reihenfolge wird deutlich durch
die X-Strahlen demonstriert.
Den Ossifikationsprozeß im Fuße weiter verfolgend finden wir scharfe
Bilder, welche die Verknöcherungen in den Endphalangen noch
nicht vollzählig zeigen, aber wohl schon das Vorhandensein
allervierMetatarsalia, und nicht nur diese, sondern auch schon
die primäre Ossifikation der Grundphalanx der ersten Zehe.
Nach letzterer erscheinen nicht die Verknöcherungen der vier anderen
Grundphalangen, sondern es wird auf die Platte die Mittelphalanx der
großen Zehe in charakteristischem, horizontal gestrecktem
Bilde gezeichnet, d. h. der oberflächliche Knochenpunkt bildet sich zum
primären Knochenringe.
Die Verknöcherungen in der Hand und im Fuße zeigen in ihrer
Reihenfolge einen großen Unterschied, der auf jeden Fall zu beachten ist;
er ist zu beachten, weil schon die Uranfänge der Ossifikationen deutlich auf
den wichtigen Umstand hinweisen, daß bei der Hand die Entwickelung des
Archiv f. physik. Medizin etc. 8
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114
Pie Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
Daumens und des dritten Fingers (Handaxe) voranschreitet, während bei
dem Fuße allein die Ossifikationen der großen Zehe prävalieren. Der Fuß
hört auf, vollständiges Greiforgan zu sein.
Das Bild der Hand aus der Zeit, wo auch die letzte Ossifikation des
intrauterinen Lebens — die anfängliche, oberflächliche Ossifikation der
mittleren Phalanx des kleinen Finger — aufgetreten ist, bietet oft ein derartig
buntes und datenreiches Bild, daß wir die ganze Art und Weise des Ossi¬
fikationsprozesses genau dargestellt sehen, weil ja während der sich ent¬
wickelnden Ossifikationen die früher aufgetretenen in der Entwickelung
weiter schreiten.
Wir können an derartigen Bildern die Ossifikation von dem sich
auf der Oberfläche des Knorpels entwickelnden primären Knochenpunkte
angofangen (letzte Ossifikation des intrauterinen Lebens in dem mittleren
Gliede des kleinen Fingers) bis zur bleibenden Gestaltung der
noch kleinen Knochengebilde verfolgen, denn wir finden schon bevor
die X-Strahlen die Ossifikation in dem mittleren Gliede des kleinen Fingers
zeichnen, also bei Embryos von 11 — 13 cm Länge, daß die kleine gestreckte
Diaphyse der Endphalangen (zuerst Daumen und Mittelfinger nebst
vierter Finger) an ihrem distalen Ende die Entwickelung der distalen Epiphyse
in zierlichem Bilde zeigt.
Es ist dies der Beweis dafür, daß die zuerst aufgetretenen Ossi¬
fikationen auch die ersten in der Gestaltung und in ihrem Ausbau*) sein
werden trotz ihrer verhältnismäßigen Kleinheit gegenüber den andern später
auftretenden Verknöcherungen. Freilich werden die X-Strahlen den Ausbau
dieser Ossifikation wegen der Kleinheit der Gebilde nicht so zeichnen können
wie bei den größeren Ossifikationen, z. B. bei den Verknöcherungen des
Metacarpus.
Auch die beginnende und vorgeschrittene Bildung des schmalen
Ringes des primären Knochengewebes ist auf dem Bilde sichtbar, ebenso
die Bildung des primären Knoche ngewebszylinders.
Ferner sehen wir bei den größeren Ossifikationen, z. B. an den Bildern
der vier Metacarpalien, auch schon die Differenzierung der Spongiosa von der
peripheren Verknöcherung und bei letzterer die scharfe Differenzierung des
licht gezeichneten primären Knochengewebes von dem dunkel gezeichneten
sekundären Knochenringe, der sich an dem proximalen Teile der
kleinen Metacarpusdiaphyse befindet (bleibendes Bild des festen Cortical-
zylinders).
Alle die erwähnten verschiedenen Bilder der Ossifikation sind in
buntem Durcheinander auf der Platte sichtbar, freilich darf bei der Betracht¬
ung nie das Vergrößerungsglas fehlen; und auch das wenig geübte Auge
wird bald das genaue Lesen der Bilder erlernen, bald das folgerichtige An¬
einanderreihen der Bilder herausfinden, w r elche auf der Kopie nur bei sehr
genauem Vorgehen, aber auch dann nicht in der Schönheit des Plattenbildes
wiedergegeben werden können.
*) auch in ihrer Fertigstellung und Vollendung, denn wir werden später sehen, daß
die Verschmelzung zwischen Diaphyse und proximaler Epiphyse zuerst
in den Endphalangen auf tritt.
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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
115
Noch lehrreicher werden die Beobachtungen, wenn die X-Strahlen
in die sich auf der Platte in vollster Klarheit zeigenden, kleinen Knochen¬
bilder ebenso klar und scharf pathologische Verhältnisse hineinzeichnen und
ihre unübertreffliche Demonstrationsfähigkeit dartun, wie dies bei der frühen
Syphilis geschieht.
Betrachten wir auf der Platte eine Metacarpalossifikation, welche die
Syphilis wiederspiegelt, so sehen wir deutlich das fast weiße Bild der festen
Corticalis, welche die normale assymmetrische Entwicklung zeigt; d.h. sie zeigt an
beiden Seiten des Bildes nicht den gleichen Dickendurchinesser (siehe Tafel III).
Wir sehen weiter, daß der größte Durchmesser der Corticalis keines¬
wegs der Mitte der Ossifikation entspricht, sondern auf den proximalen
Teil der Diaphyse fällt; dieses Verhältnis ist auf den Verlauf des
Ernährungsgefäßes zurückzuführen.
Das Bild der den X-Strahlen den größten Widerstand bietenden festen
Corticalis verschmälert sich also in distaler Richtung langsamer als in proxi¬
maler Richtung, bis es endlich in das scharf gezeichnete, doch weniger lichte
Bild des primären corticalen Knochengewebes übergeht.
Zwischen diesen Seitenbildern finden wir entsprechend dem dicksten
Teile der Corticalis — also etwas proximalwärts — das dunkle ein¬
tönige Bild der weichen Marksubstanz, welche entlang den inneren
Konturen der Corticalis in eine dunkle, fast schwarz ge¬
zeichnete, gut sichtbare Linie übergeht. Diese fast schwarze
Linie trennt das Bild der Corticalis von der Spongiosa und entspricht sehr
weicher Substanz, die für die X-Strahlen sehr leicht durchgängig ist (siehe
Tafel III).
An beiden Enden des Knochenbildes finden wir eine sehr helle Zone
— proximale und distale äußere Syphilislinie —, auf welche eine
dunkle Zone folgt, die gegen die Mitte des Bildes wieder durch eine helle
Zone begrenzt wird — proximale und distale innere Syphilislinie;
dieser folgt wieder eine dunkle Zone, und endlich sehen wir die zarten
Längsfasern der Spongiosa, welche in das früher erwähnte dunkle und
strukturlose Bild der Marksubstanz übergehen.
Es sind dies genug Details, um dem Knochenbilde ein scheckiges
Aussehen zu verleihen; von dem fast weißen Bilde der Corticalis bis zum
fast schwarzen Bilde der die Fortsetzung des Markraumes bildenden Linie
sehen wir alle Abstufungen der Schattierung von einander abgegrenzt.
Wie weit die Deraonstrationsfähigkeit der X-Strahlen sich erstreckt,
sehen wir dann, wenn wir das 6 mm lange und 1.5 mm breite Bild der be¬
schriebenen Metacarpalossifikation (4‘/a Monate alter Foetus) bei sehr starker
Vergrößerung — mehrere Linsen hintereinander gestellt — betrachten.
Die lichten Querstreifen (Syphilislinien) zeigen sich durch
viele dunkle, feine Striche unterbrochen; ebenso finden wir
zarte, aber leichte, ebenfalls der Längsaxe des Knochenbildes
entsprechende Querstreifung der dunkeln Zone, welche zwischen
den inneren Syphilislinien und dem deutlichen Bilde der
normalen Spongiosa eingeschaltet ist. Unstreitig sind die lichten
Striche der dunkeln Zone und die ganz hellen Striche der Syphilislinien als
Fortsetzung der Spongiosafasern zu betrachten.
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116 Die Entwickelung des menschlichen fTamlskeletts.
Es löst sich also das Bild der makroskopisch sichtbaren Veränderungen
in solche Details auf, die mit freiem Auge nicht mehr sichtbar sind.
Zu bemerken ist, daß die zwei Syphilislinien und die den¬
selben gegen die Mitte des Knochens folgenden zwei dunkeln
Zonen bei den M e tacar p al o ss ifik a t io n e n an beiden Enden zu
finden sind; bei den Knochen bildern der Phalangen finden
wir diese immer nur an dem proximalen Ende.
Auch bei der proximalen Ossifikation des Dau mens finden
wir die Syphilislinie nur an dem proximalen Ende, welcher Umstand als ein
neuer Beweis dafür gelten kann, daß diese Ossifikation in die dritte Reihe
der embryonalen Handverknöcherungen gehört, wirklich Grundphalanxist.
Der Umstand, daß bei allen Phalanxossifikationen die
Syphilislinie sich nur am proximalen Ende entwickelt, findet
seine Begründung nicht etwa in der Kleinheit der Ossifikationen, sondern er
ist charakteristisch (wie es für die 4 Metacarpalossifikationen charakteristisch
ist, daß sie an beiden Enden derselben auftritt); denn auch aus späterer Zeit
(6. Monat) stammende Handbilder zeigen das distale, die Epiphyse entwickelnde
Ende der Phalanxossifikationen frei von der Syphilislinie.
Wohl aber sehen wir manchmal, daß die im Vergleiche zu den anderen
Ossifikationen sehr kleinen Verknöcherungen der Endphalangen eben in Folge
ihrer Kleinheit oft auch am proximalen Ende die Syphilislinie nur als Spur
oder garnicht zeigen, während dieselbe in den anderen größer entwickelten
Verknöcherungen vorhanden ist.
Ob die beschriebenen doppelten Syphilislinien nur dem frühen Alter
zukommen und im späteren Alter, — wenn der Uterus die kranke Frucht
noch eine Zeit lang lebend behält und nicht ausstößt —, zu einer Linie ver¬
schmelzen in Folge der Verkalkung der zwischen den zwei Syphilislinien
vorhandenen Zone des weichen Gewebes, ob die Kalkablagerung der inneren
Syphiliszone aufgesaugt wird, oder ob manchmal eine, manchmal zwei
Syphilislinien sich entwickeln, dafür bringen meine Beobachtungen keinen
Reweis; doch habe ich in diesen Fällen, welche sich auf das spätere Alter
des Foetus beziehen, immer nur eine Syphilislinie gefunden, sowohl an den
proximalen Enden der Phalanxossifikationen als auch an den proximalen und
distalen Enden der vier Metacarpalossifikationen.
Wahrscheinlich erscheint das langsame Verschwinden, die Aufsaugung
der einen Zone oder Schichte; denn oft sehen wir bei den größeren Knochenge¬
bilden (Radius, Ulna, Humerus), daß das eine Ende noch das charakteristische
Syphilisbild aufweist, währond das andere Ende der Ossifikation dieses Bild
nur noch verschwommen, in Spuren zeigt.
Daß die durch Syphilis bedingte charakteristische Ver¬
änderung d es Kn och e ng e w eb e s ähnlich der Ossifikation peripher¬
wärt s schreitet, zeigen Fälle von späterer Syphilis, wo alle Handossi¬
fikationen schon längst so groß sind, daß sie die klaren Bilder der Syphilis¬
linien wiedergeben könnten. Wir werden aber diese Linien nicht finden,
während Ulna, Radius, Humerus, Femur, Tibia und Fibula ganz deutlich die
durch Syphilis bedingten Veränderungen zeigen.
Das Gegenteil werden wir aber nicht finden können, d. h., daß die
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I. Intrauterines Leben.
Rechte Hand eines fünfmonatlichen Foetus (natürliche Größe).
II. Knochen¬
reihe.
Diaphyscn der
vier Metacarpa-
lia mit proxi-
maler Epi-
physcnbildung.
III. Knochen¬
reihe.
Diaphyscn der
fünf Grandpha-
langcn mitdista-
ler F.piphyscn-
bildung.
I. Knochenreihe.
Diaphysen der fünf End-
phalangcn mit distaler Epi¬
physenbildung
II. Extrauterines
Leben.
Die aus eigenen Knochen¬
punkten sich entwickelnden
Epiphysen in der Hand
eines siebenjährigen Kin¬
des. Noch bevor die eine
Epiphysenreihe fertig ist,
tritt die Ossifikation der an¬
dern Reihe auf. (Die drei
Daumenepiphysen entwik-
keln sich in anderer Reihen¬
folge )
IV. Knochenreihe.
Diaphysen der fünf Mittel¬
phalangen mit distaler Epi-
physcnbildung.
III. Epiphysenreihe (Epiphysis
prox.) verschmilzt aber zuerst
mit den Diaphyscn.
IV'. Epiphysenreihe (Epiphysis
prox.j.
I. Epiphysenreihe (Epiphysis
prox.j.
II. Epiphysenreihe (Epiphysis
dist.); vollständige Ver¬
schmelzung mit den Dia¬
physen zuletzt.
I. Kalkzone (Syphilis¬
linie).
II. Kalkzone (Syphilis-
linic) dist.
Sehr weiche, struktur¬
lose Schichte zwi¬
schen Corticalis und
Spongiosa.
Strukturloses Mark.
Der ulnare dickere Teil
der Corticalis.
Spongiosa (Strukturhild
der knochcnfasc-
rung).
I. weiche Zone.
II. weiche Zone.
Der radiale diinncrcTi
der Corticalis.
Innere Syphilislinie
Außere / (prox.).
Strukturloses
Mark
Distale Epiphyse.
Inn. Syphilislinie (pr.).
Äußere Syphilislinie
(prox.). (Kalkzone.)
Grundphalanx des linken Mittelfingers.
Linkes Metacarpala II.
III. Schematisches Bild (vierfache Vergrößerung) frühzeitiger, intrauteriner Knochen¬
syphilis (fünfter bis sechster Monat).
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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 117
Ossifikationen der Hand und des Fußes die Svphilislinien zeigen, ohne daß
dieselben in den erwähnten größeren Ossifikationen aufgetreten wären.
Es würde zu weit führen, die Vergleichungsbilder der frühen Syphilis,
Rhachitis und anderer pathologischer Veränderungen des Knochengewebes in
ihren markanten Verschiedenheiten zu beschreiben, doch muß betont werden,
daß die frühe Syphilis die normale Entwickelung des primären
Knochengewebes, die normale Entwickelung de r 0 ssif ikati on e n
und die Gestaltung derselben in keiner Weise beeinflußt, wohl
aber in das die normale Gestaltung des Knochens zeigende
Bild ihr Vorhandensein hineinzeichnet.
Bei den anderen pathologischen Veränderungen finden wir ganz
andere Verhältnisse.
Auf die Beobachtung der normalen Verknöcherung in der Hand zu¬
rückkehrend muß registriert werden, daß der sekundäre Knochenring
(compacte Corticalis) sich bei den Phalangen immer in dem distalen Teile
der Diaphysenossifikation entwickelt, während bei den vier Metacarpalossi¬
fikationen, wie schon erwähnt wurde, der proximale Teil der Diaphyse
denselben zuerst zeigen wird; auf anderes, als auf den Verlauf der
Blutgefäße kann die Ursache diesesVerhältnissesnichtzurück-
geführt werden.
Klar zeigen dieses Verhältnis auch die Bilder aus der späteren Zeit
des Foetallebens und beweisen die Zugehörigkeit der proximalen Daumen¬
ossifikation in die dritte Reihe der Verknöcherungen, d. h. in
die Reihe der Grundphalangen.
Abgesehen von der langsamen Ausgestaltung der distalen Phalanx-
und proximalen Metacarpusepiphysen ist zu erwähnen, daß der Cortical-
zylinder der vier Metacarpalossifikationen sich nicht gleichmäßig entwickelt,
welcher Umstand auch wieder nur auf die ErnährungsVerhält¬
nisse zu beziehen ist, d. h. auf den Verlauf der Gefäße.
Der radiale Teil der Corticalis entwickelt sich bei dem ersten
Metacar pale schnellerund in größerem Durchmesser, während die kräftigere
Entwickelung bei den drei anderen Metacarpalossifikationen die ulnare
Hälfte des Corticalcvlinders betrifft.
Diese charakteristische assymetrische Entwickelung der Corticalis,
(die auf dem Verlaufe der Gefäße basierend auch bei den größeren Ossi¬
fikationen wie Radius, Ulna etc. vorhanden ist), ist immer bis zu Ende des
intrauterinen Lebens vorhanden, und der entsprechende Ausgleich dieser
Assymetrie erfolgt nur spät im ex trauterinen Lehen, welches in
der Hand nur enchondrale Ossifikationen, oder besser gesagt,
solche Ossifikationen entstehen läßt, die sich aus enchon-
dralen Kn ochen punkte n entwickeln.
Die genaue Betonung des enchondralen Knochenpunktes
(im extrauterinen Leben) ist deshalb notwendig, weil ja die distalen Phalanx¬
epiphysen und die vier proximalen Metacarpusepiphysen, deren Entwickelung
wenigstens zum Teile dem intrauterinen Leben zukommmen, auchenchon-
dra 1 entwickelt werden, nämlich vom axialen Teile der Spongiosa aus.
Wir sehen bei der Verfolgung des Verknöcherungsprozesses die an
den beiden Enden horizontal abgeschnittenen Ossifikationsbilder sich langsam
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118 Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
anders und zwar so gestalten, daß die horizontale distale Grenzlinie der
Phalanxdiaphysen und horizontale proximale Grenzlinie der Metacarpus-
ossifikationen convex wird.
Auf anderes kann die Umgestaltung nicht hindeuten als darauf, daß die
aus der Diaphyse sich bildende Epiphyse sich — besonders von dem axialen
Teile der Spongiosa ausgehend — enchondral entwickelt. Man kann dies
um so mehr sagen, als die Bilderserien die langsame, charakteristische Aus¬
gestaltung der distalen Phalanxepiphysen und vier proximalen Metacarpus-
epiphysen innerhalb der knorpeligen Epiphysen zeigen.
Dieser Vorgang ist freilich mehr an den Bildern der größeren Ver¬
knöcherungen sichtbar, und besonders werden in dieser Beziehung die proxi¬
malen Epiphysen der Metacarpalknochen deutlich Aufklärung geben und
unter diesen besonders wieder die Bilder der charakteristischen
Ausgestaltung der proximalen Epiphyse des ersten Meta¬
car p u s (Zeigefinger).
Di e a u s e i g e n e n e n c h o n d r a 1 e n Knochenpunkten sich
bildenden Verknöcherungen der Hand treten nur im extraute¬
rinen Leben auf.
Wir finden diesen Vorgang im Carpus; er betrifft ferner die distalen
Epiphysen der vier Metacarpalknochen und die proximalen Epiphysen der
15 Phalangen, doch ebenso die in verschiedener Zahl auftretenden Sehnen¬
knochen*) (Pisiforme, 2 entsprechend der distalen Epiphyse des Daumen¬
grundphalanx, die andern in verschiedener Anzahl den distalen Metacarpal¬
epiphysen entsprechend) und die zum Handgelenk gehörige distalen Epiphyse
des Radius und der Ulna.
Allgemein wird angenommen, daß die Verknöcherung im Carpus erst
um die Mitte oder in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres auftritt,
doch kann die Ossifikation sehr frühzeitig einsetzen, wie dies
ein von mir beobachteter Fall beweist, wo die freilich sehr
kleinen, kaum bemerkbaren enchondralen Ossifikationspunkte
des Capitatuin und Hamatum schon in den ersten Tagen des
extrauterinen Lebens vorgefunden wurden. Auf jeden Fall ver¬
dient erwähnter Fall Beachtung, und derselbe ist nur mit der starken Ent¬
wickelung der Frucht in Verbindung zu bringen.
Der Carpus ossificiert immer vom Capitatum und Hamatum aus;
sehr häufig kann man nicht sagen, welcher Knochenpunkt zuerst aufgetreten
ist; zieht man aber pathologische Verhältnisse als Vergleichsbilder in Be¬
tracht, dann findet man, daß man als Ausgangspunkt doch die Ossi-
fikation des Capitatum annehmen muß.
Bei früher, die Ossifikation stark verlangsamender Rhachitis finden
wir nur allein die Ossifikation des Capitatum; auch selbst im zweiten und
dritten Lebensjahre sehen wir nur das indifferente Bild der Capitatura-Ossi-
fikation allein, während bei normaler Verknöcherung um diese Zeit das
Capitatum schon seine anfängliche enchondrale Ausgestaltung zeigt.
Wir können daraus folgern, daß der erste Knochenpunkt des Carpus
*) Bei der Katze sehen wir entsprechend jeder distalen Metacarpalepiphyse zwei
symmetrisch gelagerte Sehnenknochen.
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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts. 119
in seinem Uranfange doch dem Capitatum zukommt und gleich darnach er¬
scheint der Knochenpunkt des Hamatum.
Freilich werden wir, wie erwähnt, häufig auch gleichzeitiges Auftreten
beider Knochenpunkte beobachten können.
Erinnern wir uns des Anfangs des Ossifikationsprozesses in der Hand
und der weiteren Ausbildung der Verknöcherungen, dann wissen wir, daß
der Mittelfinger mit seinem Stützknochen (zweites Metacarpale)
sich deutlich zur Handaxe ausbildet; die Fortsetzung derselben im Carpus
finden wir in der Ossifikation des Capitatum, welche sowohl in Hin¬
sicht auf die enchondrale Ausgestaltung als auf den inneren
Ausbau immer voranschreitet.
Im allgemeinen die Verknöcherung des Carpus betrachtend sehen
wir, daß der ulnare Teil desselben immer früher das Auftreten des Knochen¬
gewebes zeigt als die radiale Hälfte, und zwar betreffen die ersten Ossi¬
fikationen die distal liegenden Knorpel; die radiale Hälfte des Carpus
z e i gt ab er zu er st d i e Ossifikation der proximalwärts liegen¬
den Stütze der Carpalknorpel, nämlich die Verknöcherung der
Radiusepiphyse*), die als dritte Ossifikation im Handgelenke
gleich nach ihrem Auftreten auch die charakteristische mandelförmige Ge¬
staltung entwickelt.
Nach der Ossifikation des Hamatum, respektive nach der Ossifikation
in der Epiphyse des Radius erscheint die im Triquetrum und zwar zu
einer Zeit,, wo schon die gegen einander gekehrten Seiten der
Capitatum-undHamatu m-0 ssifikationdenAnfangihrer späteren,
charakteristischen Ausgestaltung enchondral zeigen.
Nach diesen erwähnten drei, immer gleichmäßig zuerst und in gleicher
Reihenfolge auftretenden Carpusossifikationen können wir in Hinsicht auf
die folgenden anderen Verknöcherungen keine Norm annehmen.
Scheinbar finden wir in Hinsicht auf die weiteren Ossifikationen die
verschiedensten Variationen, aber viel wahrscheinlicher ist es, daß die folgen¬
den Verknöcherungen der Carpalknorpel in verschiedenen Typen auf-
treten, welche auf Vererbung zurückzuführen sind; freilich wird es schwer
sein, die Frage zu beantworten, von welcher Seite die Vererbung ge¬
schah; aber in dieser Beziehung kann uns die Gestaltung der elterlichen
Hände leiten.
Nur das Ordnen vieler Daten und großes Material kann in dieser
Richtung der Untersuchung aufklärend wirken; denn selbstverständlich
dürfen pathologische Zustände im Carpus nicht in Betracht gezogen werden.
Zur Annahme von Typen bei dem Ossifikationsprozesse des
Carpus führen mich die Beobachtungen in zwei Familien. Fünf Kinder
eines Ehepaares zeigten die Ossifikation im Carpus folgendermaßen:
1. Capitatum, 2. Hamatum, 3. Triquetrum, 4. Lunatum, 5. Scapho-
ideum, 6. Multangulum minus, 7. Multangulum maius.
*) Die Ossifikation der Radiusepiphyse ist die erste Verknöcherung
der radialen Hälfte des Handgelenkes, die Ossifikation der U1 naepiphyse
ist die letzte der ulnaren Hälfte des Handgelenkes und des Handgelenkes
überhaupt — abgesehen von der Sehnenossifikatiou (Os poriforinej.
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120
Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
Bei vier Kindern eines zweiten Ehepaares war bis zur Ossifikation
des Triquetrum die Reihenfolge dieselbe. Von dem Triquetrum sprang der
Verknöcherungsprozeß auf das Multangulum minus, von hier in proximaler
Richtung zurück auf das Lunatum und schritt dann zum Scaphoideum, um
endlich zuletzt, wie in den erwähnten 5 Fällen, das Multangulum maius zu
erreichen; die Reihenfolge war also:
1. Capitatum, 2. Hamatum, 3. Triquetrum, 4. Mulangulum minus,
5. Lunatum, 6. Scaphoideum, 7. Multangulum maius.
Zu erwähnen ist bei der Verknöcherung des Carpus, daß die primäre
Ossifikation der Knorpel, der enchondrale Knochenpunkt, immer an charak¬
teristischer Stelle auftritt, und zwar an der Stelle des Knorpelinnern, von wo
aus später die sekundäre Verknöcherung, d. h. der innere Ausbau
der primären Ossifikation beginnt.
Gewöhnlich finden wir die Ossifikation des Capitatum in proximaler
Richtung liegend, während der Knochenpunkt des Hamatum in distaler
Richtung auftritt; diesem Umstande entsprechend sehen wir ja auch später,
wie sich das Hamatum mehr in proximaler Richtung ausbildet.
Die erste Ossifikation des Lunatum zeigt sich gewöhnlich im ulnaren
Teile des Lunatumkörpers, und sehr interessant ist es, die, die vollendete Ge¬
staltung des Lunatum nachahmende, enchondrale Verknöcherung des Körpers
und der Hörner zu verfolgen,*)
Das Scaphoideum erhält seinen Ossifikationspunkt im distalen
radialen Teile (Grenze zwischen Kopf und Hals), und von hier aus entwickelt
sich die Verknöcherung in proximaler und ulnarer Richtung (Schaufel), aber
ebenso entwickelt sich von hier aus die vollständige Verknöcherung der
Tuberositas.
Selbst Multangulum minus und Multangulum maius zeigen
keine zentrale Ossifikation.
Was die weiteren enchondralen Ossifikationen der Hand (15 proximale
Phalangen- und 4 distale Metacarpalepiphysen) anbelangt, so zeigen uns die
X-Strahlen, daß die proximale Epiphyse der zweiten (Zeigefinger)
und dritten (Mittelfinger) Grundphalanx zuerst ihre Verknöcherung
aufweist, und zwar sehr bald in charakteristisch keilförmiger Gestalt,
das dickere Teil dieser Ossifikationen liegt radialwärts, und wir
sehen dies häufig auch noch nach der Verschmelzung der vollendeten Dia-
und Epiphyse; die in ihren Teilen verschiedene Dicke dieser zwei Epiphysen
ist also bleibend.
Die enchondrale Ossifikation der vierten und fünften Proximalepiphyse
(4 und 5. Grundphalanx) entwickelt sich in gleichmäßiger Dicke und
noch bevor beide letzteren Ossifikationen erscheinen, zeigen die X-Strahlen
in der radialen Hälfte der ersten (Zeigefinger) und zweiten (dritter
Finger) distalen Metacarpalepiphyse die primäre Ossifikation in Ge¬
stalt kaum wahrnehmbarer Knochenpunkte; sie tritt also in dem Teile
der knorpeligen distalen Epiphyse auf, welcher dem dickeren
Teile der keilförmig gestalteten proximalen zweiten und
dritten Grundphalanx-Epiphyse entspricht.
*) Über die, Ausbildung der enchondralen Ossifikationen irn Vergleiche zur vollendeten
Gestalt der Carpalknochen an anderer Stelle.
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Die Entwickelung des menschlichen Handskeletts.
121
Dann tritt der Verknöcherungsprozeß in den proximalen Epiphysen
der Endphalangen auf in derselben Reihenfolge, wie die Dyaphysen-
Ossifikationen (erste Ossifikationen der Hand) aufgetreten ist, d. h. zuerst dem
Daumen und dem Mittelfinger entsprechend, gleich nach letzterer oder mit
derselben zugleich in der vierten Endphalanx-Epiphyse; dann folgt die zweite
und zuletzt die fünfte Epiphyse.
Von hier springt der Ossifikationsprozeß auf die proximale Epiphyse
des ersten d. h. Daumen-Grund phalanx über.
Die letzte Reihe der proximalen Epiphysis-Ossifikationen betrifft die
mittleren Phalangen und zwar in folgender Reihenfolge: zuerst erscheint
die Ossifikation in der dritten mittleren Phalanx (Handaxe), dieser folgt
die mittlere Daumenphalanx (manchmal erscheint sie früher als der Hand¬
axe entsprechend) und vierte Phalanx, dieser die mittlere Phalanx des
Zeigefingers und zuletzt die des kleinen Fingers.
Wie die mittlere Dyaphysen- Ossifikation des kleinen
Fingers die letzte Han dossifikation des intrauterinen Lebens
gewesen ist, so zeigt auch die mittlere Phalanx desselben
Fingers die letzte proximale Epiphysenossifikation.
Wenn wir die Verknöcherungen im Carpus und in den knorpeligen
proximalen Epiphysen der Phalangen vergleichen, finden wir, daß auch bei
ganz normaler Entwickelung des kindlichen Körpers schon alle proxi¬
malen Phalanxepiphysen die anfänglichen Ossifikationen zeigen können,
noch bevor der enchondrale Knochenpunkt im T riqu etrum aufgetreten ist;
aber die Ossifikation des Carpus kann auch derartig voraneilen, daß die
X-Strahlen auch schon die Ossifikation des Lunatum zeichnen, noch bevor
alle Ossifikationen der proximalen Phalanxepiphysen erschienen sind.
Betrachten wir auch noch den Schlußakt des Verknöcherungsprozesses
in der Hand d. h. die Fertigstellung, die vollständige Ossifikation der Phalangen
und der vier Metacarpalknochen, so sehen wir, daß dort, wo die ersten
Knochenpunkte aufgetreten, auch zuerst die vollständige Verknöcherung auf-
tritt, nämlich in den Endphalangen (erste Reihe der Ossifikationen).
Nach diesen verknöchern vollständig alle fünf Grundphalangen
(dritte Reihe der Handossifikationen) und darnach die fünf mittleren
Phalangen (vierte Reihe der Handossifikationen), endlich aber in derZeit,
wo das innige Verhältnis zwischen Hamalum-, Capitatum- und Multangulum
minus-Ossifikation durch die X-Strahlen gezeichnet wird, erfolgt die voll¬
ständige Verknöcherung der Stützknochen des zweiten, dritten, vierten und
fünften Fingers, der vier Metacarpalien (zweite Reihe der Handossi¬
fikationen).
Wenn auch während des ganzen Ossifikationsprozesses die Ver¬
knöcherungen des Mittelfingers als Handaxe und des Daumens (Antimanus)
im Vordergründe stehen, werden doch die drei Phalangen desDaumens
es sein, die zu allererst vollständig verknöchern und so die Wichtigkeit dieses
Fingers als Antiraanus zeigen.
Die Reihenfolge der vollständigen Verknöcherung der drei Daumen¬
phalangen im Vergleiche zur Verknöcherung der andern wird aber auch
deutlich zeigen, daß die Verschmelzung zwischen Epi- und Diaphyse nicht
derartig auftritt wie die einzelnen Reihen der primären Diaphysisossifikationen
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122
Das röntgenographische Dunkelzimmer etc.
d. h. nach dem letzten Gliede der einen Reihe das erste Glied
der folgenden Reihe, sondern daß die vollständige Verknöcherung der
Grundphalanx des Daumens schon auftritt, noch bevor die vollständige Ver¬
knöcherung der fünften Endphalanx (kleiner Finger) vorhanden zu sein
braucht.
Die vollständige Verknöcherung der einzelnen Ossifikationsreihen
erfolgt also nicht hinter einander, sondern sie greifen in einander.
Zuerst erfolgt die Verschmelzung zwischen Epi- und Diaphyse der
Endphalanx des Daumens und bald darauf, noch bevor die vier anderen
Endphalangen die vollständige Verknöcherung zeigen, erfolgt
die der Daumengrundphalanx, deren knorpelige proximale Epiphyse die primäre
Ossifikation erst spät, manchmal auch erst nach dem Auftreten
aller anderen Epiphysenkerne der Hand zeigt, und zwar aller
Epiphysenkerne, mögen sie die Met acar palien oder die Pha¬
langen betreffe n.*)
Die mittlere Phalanx des Daumens zeigt die vollständige Ver¬
schmelzung zwischen Diaphyse und proximaler Epiphyse noch bevor die
Grundphalanx des kleinen Fingers gänzlich verknöchert ist, also zu
einer Zeit, wo auch die Verschmelzung zwischen der Epi- und Diaphyse der
vier Metacarpusknochen noch nicht, die Knorpelschichte zwischen der distalen
Epi- und Diaphyse des Radius und der Ulna aber schon lange vorhanden ist.
Wie die Diap hy sen o s si f ik atio n der mittleren Phalanx
des kleinen Fingers die letzte Ossifikation des intrauterinen
Lebens gewesen, wie deren Ossifikation der proximalen Epi¬
physe zuletzt aufgetreten, so bildet sich auch in dieser Phalanx
zuletzt von allen anderen die vollstän dige Verschmelzung
zwischen Diaphyse und proximaler Epiphyse aus; in dieser
Phalanx verläuft der Schlußakt der Phalanxverknöcherung.
Hierzu Tafel III.
Das röntgenographische Dunkelzimmer und seine zweck¬
entsprechende Beleuchtung.
Von Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz).
Die Literatur über das Röntgen verfahren in seinen verschiedenen
Teilen ist zur Zeit fast überreichlich geworden. Für den Einzelnen wird es bald
ein Ding der Unmöglichkeit werden, von all’ dem Wichtigen nur das Aller¬
wichtigste selbst zu verarbeiten. Ungemein groß ist die Zahl der Abhand¬
lungen, welche publiziert wurden über die verschiedenartigsten Röntgen¬
instrumentarien, über Induktoren und Unterbrecher, über Stromform und
Röhren u. dergl. Trotzdem ich alle Neu-Erscheinungen auf röntgenologischem
Gebiet eifrig verfolge, fand ich dieser reichen Auslese gegenüber eigentlich
nur äußerst dürftige Notizen über verschiedene nicht unwesentliche Hülfs-
*) Also es wird sich eine verschiedene Reihenfolge zeigen können in Hinsicht auf das
Auftreten der proximalen Epiphysen des Daumens und der proximalen Epiphysen der anderen
Finger; in dem Daumen zuerst die proximale Epiphyse der Endphalanx, dann die der mittleren,
zuletzt die Epiphyse der Grundphalanx, in den anderen vier Fingern entsprechend den
Diaphysenossinkationen zuerst die proximale Epiphyse der Endphalangen, dann die der
Grundphalangen und endlich die der mittleren Phalangen.
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Das röntgenographische Dunkelzimmer etc. 123
apparate, die doch gewiß auch volle Berechtigung ihres Daseins bean¬
spruchen dürfen und notwendig Beachtung verdienen: hängt doch auch
von ihnen das Ergebnis unseres Arbeitens oft in recht beträchtlichem Maße ab!
Ich möchte versuchen, vom Standpunkt des praktisch arbeitenden
Röntgenologen aus in einer zwanglosen Reihe kleinere Aufsätze mir
wichtigerscheinende Nebengebiete der Röntgenologie oder ein¬
schlägige neue konstruktive Bestrebungen darzustellen, welche, ab¬
seits der großen Würdigung wichtiger Hauptteile unseres Röntgeninstrumen¬
tariums liegen und recht stiefmütterliche Behandlung empfangen, dennoch
aber nicht unwichtige Gebiete darstellen.
An manchen Stellen entsprechender Publikationen wird stets darauf
aufmerksam gemacht, wie die erhöhte Empfindlichkeit der sogen.
Röntgenplatten uns zwingt, ungleich viel mehr als bei der Ausübung
der gewöhnlichen Photographie, auf peinlichsten Sc hu t z unserer photo¬
graphischen Platte vor fremden Lichteindrücken bedacht zu
sein. Das Entwickeln einer Röntgenplatte darf nur in vollständig zu
verfinsternden Räumen, unter sorgfältigstem Ausschluß von jeg¬
lichem Tageslichteiufall vor spektroskopisch geprüftem Rot¬
licht vorgenommen werden. Totale Verdunkelung des Entwicklungs¬
zimmers wird in praxi erreicht durch vollständige Abdichtung der
Türen, Fenster (event. Verkleben derselben mit photographischem Rot¬
stoff oder dem schwarzen Papier der Röntgenplatten-Umhüllung), Schlüssel¬
löcher (Zustopfen mit hinreichender Menge Watte), Spalten und Ritzen,
durch Anbringen genau passender Dop p el türen, Verdunke lungsl ä den
oder lichtdichter Vorhänge, welche von Spezialhäusern fertig geliefert
oder von kundigen Handwerkern nach besonderen Angaben zweckdienlich
hergestellt werden. Besondere Sorgfalt ist auch auf peinlichste Abhaltung
aller Reflexionseffekte im Dunkelzimmer zu richten. Für die Wände
empfiehlt sich eine dunkle Farbe, am ehesten erfüllt ein matt-dunkel¬
roter Anstrich seinen Zweck.
Abgesehen von der Möglichkeit der Herstellung vollständiger
Lichtdichtigkeit des Entwicklungszimmers und der sorgfältigsten
Ausschließung fremder, störender Lichtreflexe spielt eine geeignete
Dunkelzimmerlampe im Inventar desselben die größte Rolle. Die all¬
gemeinen Gesichtspunkte, die für ihre Konstruktion wegleitend sein sollen,
ergeben sich nach einfachen Überlegungen von selbst; die Lehrbücher über
photographische Technik und die röntgenologischen Werke widmen dieser
Frage gebührende Aufmerksamkeit.
Am einfachsten und billigsten erscheint auf den ersten Blick natürlich
das Tageslicht, das durch ein geprüftes Rotglas oder ein sogen. Lichtfilter
passierend, das dunkle Entwicklungszimmer beleuchtet. Aber dieses Tageslicht
ist, so paradox im ersten Moment die Behauptung erscheinen mag, nicht zu
empfehlen. Es ist zu ungleichmäßig: bald lächelt heiterer Himmel, bald
ist er bewölkt, das Licht, das er spendet, von rasch wechselnder Intensität,
sowohl durch die tägliche Änderung des Sonnenstandes als auch durch die
wechselnden Witterungs Verhältnisse. Wegen seiner außerordentlichen Ver¬
änderlichkeit eignet es sich demnach nicht wohl zur Beurteilung der feineren
Nüancierungen und der Dichtigkeitsunterschiede des Negativs. Im Winter
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124
Das röntgenographische Dunkelzimmer etc.
versagt es oft und des Nachts ist es nicht zu haben, gerade zu einer Zeit,
in welcher gewöhnlich der Tags über beschäftigte Röntgenologe seine Platten
entwickelt, falls er nicht vorzieht, diese Arbeit einem Photographen zu über¬
lassen, und der Patient das Resultat seiner Untersuchung gleich rnitnehmen
möchte. Alle diese Umstünde nötigen uns, auf die Anwendung einer ratio¬
nellen künstlichen Lichtquelle im Entwicklungszimmer bedacht zu sein.
Richtige Verdunkelung des Entwicklungsraumes und zweck¬
mäßige Beleuchtung desselben sind zwei Faktoren, welchen
von den ihre Platten selbst entwickelnden Kollegen oft genug zu wenig
Aufmerksamkeit geschenkt wird. Erst durch den derart unausbleiblichen
Schleier auf ihren Negativen, der sich wie ein trübender Hauch über das
Bild legt, kommen sie nach Ausschluß der übrigen Fehlerquellen auf die
richtigeFährte: ungeniigenderLichtabschlußundaktinisches
Licht.
Welche Lichtqualität und welche Form derselben sollen wir
wählen? Welche Anforderungen sind an ein gutes Rotlicht unseres
Dunkelzimmers zu stellen? Der Amateurphotograph ist gewöhnlich
mit wenigem zufrieden. Er „knipst“ an seinem Apparat und macht seine
Aufnahmen, geht in’s nächste beste Lokal, das dunkel ist, schlüpft event. auch
unter ein dunkles Tuch und beim trüben Schein seiner zusammenklappbaren
Taschenlampe mit Kerzenbeleuchtung entwickelt und fixiert er seine Platten
oder Films. Bei entsprechender Übung erzielt er mit diesen denkbar primi¬
tivsten Einrichtungen ganz ordentliche Bilder, die ihm für seinen Zweck voll¬
ständig genügen. Nicht also der Röntgenologe! Die ungemein hohe Em¬
pfindlichkeit unserer Röntgenplatten, namentlich bevor sie in die Ent¬
wicklungsflüssigkeit eingetaucht sind, verlangt sicheren Lichtabschluß und
tadellos inaktinisches Rotlicht. Vielen Kollegen wird es gehen, wie es mir
ging. „Als bestes Modell“ kaufte ich mir eine Kastenlampe mit Petrolbe¬
leuchtung für 20 Fr. mit 2 Scheiben, gelb und rot, ziemlich großem Lichtfeld,
schrägem Ober- und Seitenlicht durch Mattglasscheiben. Erfreut über dieses
Prunkstück ging ich an die Arbeit: an allen Ecken drang weißes Licht her¬
aus! Eine rigorose Prüfung, über deren Methodik ich später referieren
werde, ließ die Lampe als gänzlich unbrauchbar erscheinen. Ersatz des
gelben Lampencylinders durch einen sog. rubinroten hob den Übelstand nur
wenig, außerdem wurde das-Liebt, sofort zu schwach und fast ganz im Dunkeln
ist nicht gut entwickeln, weil man doch den Gang der Entwicklung periodisch
kontrollieren muß. Eine andere Dunkelzimmerlampe, mehr als um die Hälfte
teurer, ein anderes non plus ultra, hatte ein Lichtfilter: gelbe und rote
Scheibe und zwischen ihnen eine glycerinähnliche Flüssigkeit. Mit dieser
Lampe dasselbe Pech! Die flüssige Masse lief nach kurzem Gebrauch aus
und zudem wies die Lampe eine Menge undichter Stellen auf; Folge davon war
die Verschleierung fast aller Platten! Verschiedene andere Lampenmodelle,
die ich in der Folge prüfte, und die für gewöhnliche Platten ausreichen
mögen, versagten bei den hochempfindlichen Röntgen platten.
Um das gleich hier zu erwähnen, möchte ich den Gebrauch der Schleußner-
Platten in Röntgenpackung warm empfehlen, besonders die sogen,
doppelt-dick gegossenen. Am Plattenmaterial sparen zu wollen, ist
direkt Verschwendung!
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Das röntgenographische Dunkelzimmer etc.
125
Die Handlungen photographischer Bedarfsartikel liefern u. a. folgende
Arten von Dunkelzimmerlampen. a) Kerzenlampen, in denen als Licht¬
quelle eine Stearin-, Paraffin- etc. Kerze oder ein Nachtlicht aus Paraffin
benutzt wird. In Amateurkreisen sind sie, weil besonders für die Reise
praktisch, teilweise beliebt, für unsere Zwecke sind sie wohl völlig unbrauchbar.
Sie sind entweder rund, aus Messing, zusammenschiebbar, oder mit drehbarer
Blechbüchse und Messingkappe, beide mit rotem Cylinder oder halbrund,
event. mit Doppelglas, gelb und rot, auch kombiniert, für Kerzen- und 01-
gebrauch oder viereckig, nach Art der Dienstlaternen der Bahnbeamten,
ebenfalls für Öl- und Kerzengebrauch, mit verdeckbarer Gelbscheibe. In
dieser Kategorie bringt die Industrie eine große Zahl von Modellen auf den
Markt, welche bis Briefkuvertgröße zusammengelegt und in die Tasche ge¬
steckt werden können. Meist bestehen sie dann aus Stoff und können event.
nur über eine Kerze gestülpt werden, b) Petrollampen, entweder in
Form gewöhnlicher Küchenlampen ohne Schirm oder als sog. Kastenlampen
konstruiert, in denen die Lichtquelle in einem Kasten eingeschlossen ist. Das
unter Amateuren gebräuchlichste Modell ist die Duplex lampe, be¬
stehend aus Gelbglas, Petrolbehälter, Rundbrenner, darüber ein Doppelcylinder;
am Brenner direkt ein gelber, darüber ein rubinroter, letzterer mit besonderer
Hebevorrichtung. Al len Petroleum-Dunkelzimmerlampen haften mancherlei
Mängel an, die sie für röntgenographische Zwecke nur bei absolutem
Mangel an etwas Besse rem Verwendung finden lassen. Mit oder ohne be¬
sonderes Kamin ist der Luftzutritt oft ein ungenügender; es entwickeln sich
abnorme Verbrennungsgase, die den Aufenthalt in der Dunkelkammer
direkt gesundheitsschädlich gestalten. Der rote Cylinder der erwähnten
Lampe läßt nur wenig Licht mit geringem Lichtfeld durch und beim Höher¬
schrauben raucht die Lampe, flackert und verpestet die Luft. Anderen Aus¬
führungen haften ähnliche Fehler an und verschiedene kleinere Abänderungen,
die getroffen wurden: Cylinderhütchen, verschiedene Arten von Kaminen etc.
ändern am Prinzip nichts. Es werden auch — als Curiosum möge das er¬
wähnt werden—Riesendunkelzimmerlampen hergestellt, die zugleich
als Öfen dienen können. Erwähnenswert ist auch ein besonderer Aufsatz
über dem Lampencylinder zum Wärmen der Entwicklungsflüssigkeit in der
kälteren Jahreszeit. Eher zu empfehlen sind die Petroleum-Kasten 1 ampe n
mit verhältnismäßig großem Lichtfeld; sie teilen natürlich, mehr oder weniger,
im allgemeinen auch die schlechten Eigenschaften, besonders die hygienischen
Nachteile der Petrollampe überhaupt. Der Boden und einzelne Falze lassen
gewöhnlich an zahlreichen Stellen Licht durch. Da es sich wahrscheinlich,
trotz des erheblichen Preises, um Massenfabrikate handelt, und die einzelnen
Stücke, nach meinen Erfahrungen zu urteilen, kaum vor Versandt geprüft
werden, tut man jedenfalls gut, vor definitivem Kauf einer Lampe
sich selbst an Hand der später zu schildernden „Plattenprobe“
vonderlnaktivität des von ihr produzierten Lichtes zu über¬
zeugen. c) Benzinlampen finden als Dunkelzimmerlampen wenig Ver¬
wendung. Das von ihnen erzeugte Licht ist hell, sie riechen gewöhnlich,
und die Gefahr einer Explosion ist nicht mit absoluter Sicherheit auszu¬
schließen. Es werden meist sogen. Reiselampen fabriziert, gelegentlich auch
solche mit elektrischer Zündung mittels eines Trockenelementes. Ähnlich
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126 Das rSntgenographische Dunkelzinimer etc.
liegen die Verhältnisse bei A cet yle nlampe n. d) Gas-(Leucht gas-)
lampen mit den alten Schnittbrennern sind ganz zu verwerfen, für Glühlicht
mit Kleinsteller unter Umständen empfehlenswert. Es können für unsere
Zwecke natürlich nur Kasten lampen in Betracht fallen; unhygienisch ist der
starke Sauerstoffkonsum und die daraus resultierende Verschlechterung der
Luft; außerdem ist Leuchtgas nicht überall zu finden, e) Von den elek¬
trischen Lampen müssen wir als für röntgenographische Zwecke unge¬
eignet alle diejenigen Konstruktionen ausscheiden, welche kein helles Licht¬
feld geben: die hängenden Glühlampen mit Zugvorrichtung, mit oder ohne
Tuchsack, die Doppelbirnen, mit oder ohne Aufklappvorrichtung, ferner die
kleinen Lämpchen mit Trockenelementen und ähnliche. Eine passende
elektrische Dunkelzimmerlampe ist das Ideal, das wir erstreben. Jeder
Röntgenologe kann leicht die nötige elektrische Energie von seinem Apparat
abnehmen — falls er nicht im gegebenen Fall eine besondere Zweigleitung
legen lassen will —, und da die Aufnahme und Entwicklung in demselben
Raume möglich sind, sollte der Verwendung der Elektrizität als Licht
spendendes Medium in der Dunkelkammer nichts im Wege stehen, wenn wir
eine wirklich gute Lampe besitzen 1 Was verlangen wir denn eigentlich von
einer für unseren Gebrauch tauglichen Dunkelzimmerlampe? In erster Linie
natürlich vollständige In aktivität des verwendeten Lichtes. Es darf außer
den roten Strahlen keine anderen Teile des Spektrums durchlassen und sollte
eigentlich vor seiner Verwendung einer spektroskopischen Prüfung
unterzogen werden. Gewöhnlich besitzt nun der Arzt kein Spektroskop, ich
empfehle daher die sog. Platten probe zur Prüfung der Rotlicht-
Qualität. Unter strengstem Ausschluß jeder anderen Lichtquelle wird eine
möglichst hochempfindliche Platte, z. B. eine Röntgenplatte aus ihrer Packung
befreit und lose in nächster Nähe des zu prüfenden Rotlichtes einige Minuten
exponiert. Nachher wird gleichzeitig mit dieser eine zweite Platte, die dem¬
selben Originalpacket entnommen wurde, in derselben Schale, und mit dem¬
selben Entwickler unter ganz denselben Bedingungen entwickelt
und fixiert. Die dem zu prüfenden Licht ausgesetzte Platte darf nicht er¬
heblich schwärzer aussehen als die unbelichtete; ist die Differenz der
schwarzen Tönung bedeutend, so ist das Rotlicht ungeeignet. In zweiter
Linie wäre zu erwähnen die Notwendigkeit der Konstanz und Zuverlässigkeit
der Lichtquelle zur Erzeugung gleichmäßiger Qualität der Negative bei hin¬
reichend großem und gleichmäßig hellem Lichtfeld, sodaß auch Platten
größerer Formate vor der Lampe bequem in ganzer Ausdehnung oder doch
wenigstens zum größeren Teil übersehen werden können. Die Lampe
soll ausgiebiges Licht spenden (ganz dunkelrote Gläser sind nicht immer
die besten und oft trotz ihrer dunklen Farbe untauglich), welches wenig
Sauerstoff konsumiert und deswegen auch in hygienischem Sinne rationell
ist; sie sei praktisch im Gebrauch und einfach in der Handhabung.
Angenehm ist eine Reguliervorrichtung zur Variation der Lichthellig¬
keit und eine Ver dunkelun gsVorrichtung, die im Moment des Einlegens
der Platte in die Entwicklungsflüssigkeit — eine trockene Platte ist ungleich
viel empfindlicher als eine mit Entwickler befeuchtete — für Augenblicke
in Tätigkeit treten könnte.
Vollständige Inaktivität des benutzten Lichtes, völlige Reinheit von allen
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Das röntgenographische Dunkelzimmer etc. 127
chemisch auf die Emulsionsschicht der Platte wirkenden Strahlen, dabei aber
reichliches und helles Rotlicht, womöglich regulierbar, das auch den An¬
forderungen der Hygiene insofern entspricht, als die ohnehin durch die ge¬
wöhnliche Kleinheit des Entwicklungsraumes beeinträchtigte Luft nicht noch
mehr verdirbt, das nicht raucht und nicht rußt, diese berechtigten Forderungen
lassen sich nur mit Hülfe elektrischer Dunkelzimmerlampen in rationeller
Weise erzielen.
Wenn wir absehen von all den früher besprochenen, für unsere
Zwecke meist unbrauchbaren Lampen mit Kerzen, Öl, Petrol oder Gas etc., so
war auch die elektrische Dunkelzimmerlampe bisher wirklich ein Schmerzens¬
kind. Unter den zahlreichen Modellen des Marktes war kaum eines zu finden,
das den Anforderungen der Helligkeit und dennoch völligen Sicherheit gegen
ungeeignete Strahlen völlig entsprochen hätte. Nach langen Bemühungen
habe ich mir vor einiger Zeit eine elektrische Dunkelzimmerlampe ange¬
schafft, eine Neukonstruktion des elektrotechnischen Laboratoriums in
Aschaffenburg, ungefähr in der Ausstattung, wie sie später von genannter
Firma auf dem 1. Röntgenkongreß in Berlin ausgestellt war. Die Konstruktion
ist gut durchdacht und befriedigt mich vollständig. Zu Nutz und Frommen
vieler Kollegen möchte ich deshalb eine etwas eingehendere Schilderung
folgen lassen.
Die in Rede stehende Dunkelzimmerlampe ist in Kastenform, ca.
39X39 cm Außenmaß, aus schwarzlackiertem Blech gefertigt und wird
mittelst 2 Schrauben oder Nägeln etwas über dem Entwicklungstisch an der
Wand befestigt, also nicht in Augenhöhe, sondern etwas tiefer. Die Rot¬
licht versendende Fläche ist genügend groß, um den Entwicklungsprozeß in
aller Ruhe, während man die Platten in der Entwicklungsschule beläßt, über¬
wachen zu können. Man hat auch nicht nötig, das Fortschreiten der Ent¬
wicklung durch öfteres nahes Vorhalten des Negativs vor die Lichtquelle zu
kontrollieren. Dieser letztere Umstand: oftmaliges „Vordaslichthalten“ der zu
enl wickelnden Platten, der im Verein mit aktinischem Rotlicht die meisten
Platten verschleiert, tritt gewöhnlich da ein, wo der Arzt aus Unerfahren¬
heit oder veranlaßt durch die Anpreisungen photographischer Handlungen
eine minderwertige, billigere Dunkelzimmerlampe sich anschafft, die nur klein
ist und in runder Form gehalten, zudem auch nur ein minimales und dazu
noch dunkles Lichtfeld besitzt. Am allerpraktischsten von vielen probierten
Modellen des Marktes finde ich die neue Aschaffenburger Lampe,
deren in einem Kasten eingeschlossenes Licht durch wechselseitiges Vor¬
schieben resp. Vorklappen zweier verschieden gefärbten Glasscheiben, rot
und gelb, mit wünschenswerter Raschheit heller oder dunkler gemacht werden
kann. Die in einer beweglichen Türe eingelassene Rotscheibe von ge¬
prüft er Inaktivi t ät braucht man besonders zur Orientierung, während
des Einlegens der Platte und zu Beginn des Entwicklungsprozesses. Hat sich
dann die Platte genügend „gedeckt“, so kann dieselbe sodann, nach Auf¬
klappen der Rotscheibe in ihrer Fassung, mittelst Drehung eines kleinen
Riegels, mit Vorteil und ohne erheblichen Schaden vor einer hinter der
Rotscheibe gelegenen gelben Scheibe betrachtet werden. Eine an
Charnieren an der oberen Kasten wand beweglich angebrachte« Ab blende-
vorrichtung in Form eines Blechdeckels verhindert zudem noch eine Be-
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T.)as röntgenograpliisclie Dunkelzimmer etc
Uber Bier’sche Stauung und ihre Erfolge.
129
lästigung des Auges durch das Rotlicht während der übrigen Entwicklungs¬
zeit, die sich auch bei den besten und empfindlichsten Platten unter Benutzung
eines langsam arbeitenden Entwicklers auf 5—30 Minuten im Allgemeinen
erstreckt. Wer öfter in einem Dunkelzimmer arbeiten muß, .weiß aus
eigener Erfahrung, wie unangenehm nicht nur das fortwährende Hinein¬
schauen in’s Rotlicht empfunden wird, das zudem noch die Empfindlichkeit
des Auges erheblich herabzusetzen vermag, sondern auch, wie oft dadurch
nervöse Reizerscheinungen ausgelöst werden können. Die Gelbscheibe kann aus
ihren mit Asbest gedichteten Fugen durch Abschalten eines kleinen Hebels
herausgenommen werden. Hinter ihr ist der leere, mit weißer Farbe ge¬
strichene Kasten, in welchem, etwas vor der Mittellinie, eine [weiße Glüh¬
birne von oben hineinragt. Ein- und Ausschalten des Lichtes vollzieht sich •
durch Drehen eines außen an der rechten Kastenwand angebrachten
Schalters, der durch ein Kabel mit Stecker mit einer Dose der Lichtleitung
etc. verbunden wird. Die zu benutzende Glühlampe muß natürlich der vor¬
handenen Spannung im Stromnetz entsprechen (110, 220 Volt etc.).
Durch die Möglichkeit der Benutzung der oben geschilderten
Kastenlampe mit elektrischer Beleuchtung und wirklich
praktischer Konstruktion sind Bedingungen geschaffen, welche das
Verweilen im Dunkelzimmer für den seine Platten selbst entwickelnden
Arzt nicht mehr so verhaßt erscheinen lassen, wie es vordem der Fall
sein mochte, als er unter schlechten Lichtverhältnissen in einer so wenig
den hygienischen Anforderungen entsprechenden Umgebung zu arbeiten ge¬
zwungen war; die Güte des Lichtes vermindert den „eisernen Bestand von
Schleierplatten“ ganz erheblich und gestaltet das röntgenographische Arbeiten
zu einer wirklichen Freude, wenn nicht gar zu einem Genuß !
Ich gebe zur genaueren Orientierung nebenstehende 2 Abbildungen
nach photographischen Aufnahmen wieder. Auf Grund eigener Er¬
fahrung empfehle ich die Anschaffung der Lampe bestens,
zumal ihr Preis ein verhältnismäßig bescheidener ist.
Über Bier’sche Stauung und ihre Erfolge.
von Dr. W. W e e c k e.
Vor reichlich 12 Jahren machte Bier seine ersten systematischen Ver¬
suche zur therapeutischen Verwendung der Stauungshyperämie. Wenn Bier
auch bescheiden die Berechtigung der Bezeichnung „Bier’sche“ Stauung ab¬
lehnt, so folgt die erstere doch schon aus der Tatsache, daß die Stauungs¬
hyperämie von Bier lediglich in vereinzelten Fällen von Pseudarthrose zur
Erzeugung von Gallus angewendet worden ist.
Die erste Krankheit, gegen welche Bier die Hyperämie anwendete, war
die Tuberkulose der Gelenke und Knochen. Der Versuch gründete sich auf
die schon in letzterer Zeit bekannte Tatsache des häufigen Vorkommens von
Lungentuberkulose bei Pulmonalstenose und andererseits des seltenen Vor¬
kommens der Lungentuberkulose bei allen Krankheiten des Herzens, welche
zu einer Blutstauung in den Lungen führen. Heute jedoch ist die Zahl jener
krankhaften Veränderungen, gegen welche die Hyperämie mit Erfolg ange¬
wendet wird, bereits eine erheblich größere. Freilich war es für Bier nicht
Archiv f. i>hysik Medizin etc.
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130
Über Bier’sche Stauung und ihre Erfolge.
leicht, der neuen Lehre die Bahn frei zu machen. Es waren die Vorurteile
der antiphlogistischen Schule zu überwinden, deren Gedankengang bei der
Behandlung entzündlicher Prozesse sich im Rahmen der Forderungen: „Ruhe,
hoho Lage, Eis“ bewegte. Daneben wirkte eino übergroße Skepsis und ein
gewisser Indifferentismus mit, die Anwendung der Hyperämie als Heilmittel
weniger allgemein zu gestalten, als die Methode dies verdient.
Ganz allgemein unterscheidet man aktive und passive d. h. Stauungs¬
hyperämie und nimmt im ersteren Falle die Durchströmung eines Körperab¬
schnittes durch eine größere Menge arteriellen Blutes an; im letzteren Falle
bewirkt man die Blutfülle durch eine mehr oder minder vollständige Hemmung
des venösen Abflusses.
Wenn man hiernach die Begriffe aktive und arterielle und andererseits
passive und venöse Hyperämie gleichsetzt, so ist dies zwar nicht immer
richtig und genau, genügt aber für die meisten praktischen Zwecke.
Aktive Hyperämie läßt sich auf verschiedene Weise hervorrufen, z. B.
durch die in älterer Zeit viel gebrauchten Hautreizmittel und besonders durch
die Wärme in jeder Form. Freilich macht man sich auch heute vielfach noch
nicht klar, daß die Ilyperämio das wirksame Prinzip bei Anwendung dieser
und ähnlicher Mittel ist.
Das wirksamste Mittel, um eine ausgiebige aktive Hyperämie zur Be¬
handlung örtlicher Krankheiten zu erzeugen, ist die heiße Luft. Zur Erzeugung
einer allgemeinen Hyperämie wurde dieselbe in Form des Quincke’schen
Schwitzbettes schon seit längerer Zeit angewendet.
Nach dem Prinzip desselben konstruierte Bier als Erster seinen Hei߬
luftapparat, welcher in überaus einfacher und praktischer Weise die Behand¬
lung erkrankter Körperteile mit heißer Luft ermöglicht. Der Apparat besteht
im wesentlichen aus einem Kasten mit dem Quincke’schen Schornstein, welch’
letzterer ebenso wie die Lampe verstellbar ist, und auf diese höchst einfache
Weise eine Regulierung der Wärmezufuhr gestattet.
Wichtiger noch als die aktive ist die passive Hyperämie, weil sie eine
größere Vielseitigkeit in der therapeutischen Verwendung gestattet.
Die Wirkung der uralten Derivantia, der Noxen, des Glüheisens, der
Alkoholverbände ist nach Bier nichts anderes, als die durch dieselben her¬
vorgerufene Hyperämie.
Hierher gehört auch der früher viel gebrauchte und heute noch in
manchen Fällen mit Vorteil zu verwendende trockene Schröpfkopf.
Für die Verhältnisse der Praxis ist die wichtigste und einfachste
Methode die, vermittelst einer Stauungsbinde die passive Hyperämie hervor¬
zurufen. Man legt oberhalb des Gliedabschnittes, welchen man der Wirkung
der Hyperämie aussetzen will, eine Gummibinde in mehrfachen Touren an;
docken sich die einzelnen Touren nicht vollständig, so wird der Druck der
Binde auf eine größere Fläche verteilt und vom Patienten kaum lästig
empfunden. Früher fügte Bier ganz allgemein eine elastische Einwicklung
dos Gliedes bis unterhalb der zu hyperämisierenden Stelle hinzu, um die
Blutstauung in den peripheren Teilen zu vermeiden; heute läßt Bier diese
elastische Einwic.klung meist fort, ist auch der Ansicht, daß man die Stau¬
ungsbinde beliebig hoch anlegen kann, z. B. für das Handgelenk am Oberarm.
Als Stauungsbinde empfiehlt es sich, die sogen. Martin’sche Gummi-
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Über Bicr’sche Stauung und ihre Erfolge.
131
binde zu verwenden; für muskulöse Gliedmaßen eignet sich auch der sogen.
Tourniquet gut. Um jede lokale Schädigung zu vermeiden, legt man die
Stauungsbinde nicht immer an derselben Stelle an. Der Grad der Stauung
soll ein mäßig kräftiger sein, dessen richtige Beurteilung erst durch eine
größere Übung im Anlegen der Stauungsbinde erworben wird.
Während der ganzen Dauer der Hyperämie muß sich die Haut des
betreffenden Gliedabschnittes warm anfiihlen (sogen, heiße Stauung); ist die
Haut kalt, so ist die Stauung eine zu reichliche, sei es durch zu festes An¬
ziehen der Stauungsbinde hervorgerufen, oder durch ein bei längerer Dauer
der Stauung aufgelretenes starkes Oedem.
Die Anzeichen einer zu starken Stauung sind auch Schmerzen, welche
in dem gestauten Gliede auftreten, sowie Erscheinen von zinnoberroten und
weißen Flecken in der Haut, deren sichere Erklärung noch aussteht.
Die Farbe eines richtig gestauten Gliedabschnittes ist gleichmäßig
blaurot bis blaugrau. Neben der Farbe und Temperatur des gestauten Gliedes
sind die Schmerzen, welche der Patient angibt, für den weniger geübten
immer ein sicheres Zeichen, daß die Stauungsbinde nicht richtig liegt und
entfernt werden muß.
Ganz allgemein aufgefaßt ist die Beschränkung der Stauung auf einen
Zeitraum von etwa 1 Stunde täglich anzuraten, schon aus dem Grunde, weil dio
Beaufsichtigung in diesem Falle nur geringe Mühe macht und die Bildung
von chronischen Oedemen vermieden wird. In einigen speziellen Fällen ist
jedoch ein längeres Liegen der Stauungsbinde notwendig.
Die ausgiebigste passive Hyperämie wird durch die von Bier konstruierten
Saugapparate erzeugt, deren Urbild der alte Junod’sche Schröpfstiefel ist.
Der Apparat selbst ist von starkwandigera Glas, so daß das betreffende Glied
während der Stauung von außen beobachtet werden kann. An einem oder
auch an beiden Enden befindet sich eine Paragummistulpe, welche mit
Gummibinde fest auf das betreffende Glied aufgewickelt wird. Die Luftver¬
dünnung im Apparate wird durch eine Saugzunge bewirkt.
Die durch diesen Apparat bewirkte Hyperämie ist ebenso wie beim
Schröpfkopf zum Teil und unter gewissen Umständen eine arterielle.
Es ist ein glücklicher Umstand, daß die Wirkung einer richtig bewirkten
Hyperämie sich sogleich als eine außerordentlich schmerzstillende zeigt.
Arzt wie Kranke sind gleichmäßig überrascht, wenn etwa bei einem akuten
Gelenkrheumatismus, einer gonorrhoischen Gelenksentzündung bald nach der
Anlegung der Stauungsbinde, das erkrankte Gelenk wenigstens vorübergehend
schmerzlos wird und sogar, was vorher unter keinen Umständen möglich
war, gewisse passive Bewegungen gestattet.
Es würde keineswegs ein zu großer Optimismus sein, wollte man die
Schmerzstillung schon bei der ersten Anwendung der Hyperämie als Folge
der Heilwirkung auffassen, doch dürfte jene meist als eine allgemeine Wirkung
jeder Form von Hyperämie anzusehen sein.
Eine «allseitig anerkannte Erklärung der Wirkung der Hyperämie ist
noch nicht gefunden worden. Sicher ist, daß die sogen, baktericide Kraft des
Blutes besonders durch die Stauungshyperämie enorm vermehrt wird; mag
nun das wirksame Agens in einer vermehrten Ansammlung von Leukozyten
am Infektionsorte, in einer Wirkung der Stoffwechselprodukta, in dem Kohlen-
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132
Über Bier’sche Stauung und ihre Erfolge.
säurereichtuin des Blutes zu suchen sein, oder mag nach Bier die Hyperämie
nichts anderes sein, als die Nachahmung eines natürlichen Heilungsvorganges,
welchen man neuerdings mehr und mehr in Entzündung und Fieber zu sehen
sich gewöhnt.
Neben der schmerzstillenden und bakteriziden Wirkung der Hyperämie
ist die resorbierende und auflösende Wirkung derselben von größter Wichtig¬
keit und kommt in Betracht bei Ergüssen in Gelenke und Gewebe sowie bei
Auflagerungen und Verdickungen in Sehnenscheiden, Gelenken und bei
Gelenkversteifungen. Zweifellos ist die hier wirkende Kraft hauptsächlich
die Aufsaugungsfähigkeit der Blutkapillaren, welche durch die Beschleunigung
des Blutstromes vermehrt wird.
Hinsichtlich der ernährenden Wirkung der Hyperämie steht fest, daß
eine Vermehrung von Bindegewebe stattfinden kann, wie wir dies ja auch
bei pathologischen Fällen von Stauung sehen. Dagegen ist ein eigentliches
Organ-Wachstum am ausgebildeten gesunden Körper unter dem Einfluß
der Hyperämie nicht nachweisbar.
Für die Behandlung mit Hyperämie war die Tuberkulose der Gelenke
und Knochen eine Zeit lang das einzige Gebiet. Fußend auf dem längst be¬
kannten Antagonismus zwischen Hyperämie und Tuberkulose schuf Bier zu¬
nächst für dieses häufige Leiden eine Behandlungsmethode. In Betracht
kommt lediglich die Stauungshyperämie; die aktive Hyperämie, wie dieselbe
z. B. durch die Heißluftapparate hervorgerufen wird, ist trotz einiger ent¬
gegenstehenden Beobachtungen allgemein als ungünstig für die Knochen¬
tuberkulose zu bezeichnen. Es gelten natürlich zunächst die allgemeinen
Regeln, daß die Stauung Schmerzen und Parästhesieen im erkrankten Glied¬
abschnitte nicht hervorrufen soll. Die elastische Einwickelung bis zu der
Umschnürungsstelle kann fortfallen, und die Gummibinde kann beliebig hoch
über dem erkrankten Gelenke oder Gliedabschnitte angelegt werden. Hier¬
durch ist eine möglichst große Einfachheit der Methode und durch die Mög¬
lichkeit, den Ort der Umschnürung zu wechseln, Unschädlichkeit für Haut
und Muskeln gewährleistet.
Mißerfolge in Form von Abszessbildungen und akuten Entzündungen
sind durch eine zu lange andauernde Stauung, bezw. durch das nachfolgende
schädliche Oedem hervorgerufen worden. Beschränkt man die Stauung auf
etwa 1 Stunde täglich, so sind üble Zufälle ausgeschlossen.
Bestehende größere Abszesse eröffnet man durch Einschnitt; kleinere
heilen sehr häufig unter dem Einflüsse der Stauungshyperämie ohne Eingriff
aus; dasselbe läßt sich bei tuberkulösen Fisteln und Geschwüren konstatieren.
Feststellende, abnehmbare Verbände sind nach meiner Erfahrung
wenigstens in der ersten Zeit der Behandlung sehr nützlich, besonders bei
der Gelenktuberkulose der unteren Gliedmaßen; später ist diese Ruhestellung
nicht mehr so notwendig; ja, ich habe schwerste abszedierende Fußwurzel-
knochentuherkulose bei Kindern lediglich durch ambulant ausgeführte Stauung
zur völligen Ausheilung bringen können. Bei einer sehr großen Zahl von
Knochentuberkulosen habe ich seit mehr als 10 Jahren die Stauungshyperämie
systematisch durchgeführt, kaum je ohne Erfolg, und die chirurgischen Ein¬
griffe einschließlich der Jodoforminjektionen konnten auf eine sehr geringe
Anzahl beschränkt werden.
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über Bier’sche Stauung' und ihre Erfolge. 133
Versteifungen der Gelenke lassen sich bei der Hyperämie-Behandlung
in den meisten Fällen vermeiden.
Es bietet ein großes Interesse, die fortschreitende Besserung der
Knochenstruktur unter dem Einflüsse der Stauung im Röntgenbilde zu
beobachten.
Die Tuberkulose des Hodens, soweit nicht die Samenstränge ergriffen
sind, wird allgemein durch die Hyperämie sehr günstig beeinflußt, selbst
wenn schon Abszedierung des Hodens eingetreten ist. Die Hyperämie wird
hergestellt durch Umlegen eines mittelstarken mit Klemme zu schließenden
Gummischlauches um die Wurzel des Hodensackes.
Lupus des Gesichtes wird in manchen Fällen durch die mittelst
trockenen Schröpfkopfes hergestellte Hyperämie völlig zur Ausheilung ge¬
bracht, doch konkurieren hier je nach der Ausdehnung der Erkrankung
chirurgische und Lichtbehandlung.
Neben den tuberkulösen reagieren noch eine Anzahl anderer Er¬
krankungen der Knochen und Gelenke auf die Stauungshyperämie.
Den gewöhnlichen Hydrops genu habe ich seit Langem nur mit diesem
Mittel zur Heilung gebracht, in frischen Fällen in wenigen Tagen. Dieselbe
Behandlung ist bei dem akuten Gelenkrheumatismus am Platze, sowohl in
frischen Fällen zur Beseitigung des Schmerzes und des Ergusses, wie in alten
Fällen zur Besserung der Gelenksteifigkeit.
Selbst bei der Arthritis deformans und dem Zottengelenk sind be¬
achtenswerte Besserungen erzielt worden. Beide Erkrankungen erfordern ein
längeres Liegen der Stauungsbinde.
In manchen derartigen Fällen wird die Hyperämisierung der Gelenke
mit Vorteil durch Heißluft- oder Saugapparate bewirkt. Glänzend ist auch
die Wirkung der Stauungshyperämie auf gonorrhoisch entzündete Gelenke,
sowohl was die schnelle Schmerzlinderung als auch die Erhaltung der Ge¬
lenkfunktion anbetrifft.
Manches anscheinend völlig versteifte Gelenk kann durch längere
Zeit angewendete Stauungshyperämie bezw. durch Behandlung mit dem
Heißluft- oder Saugapparate einen erheblichen Grad von Beweglichkeit zu¬
rückerhalten.
In neuerer Zeit hat Bier die Stauungshyperämie auch gegen akut
entzündliche Prozesse bei Phlegmonen, Panaritien, Erysipel, Furunkel versucht,
in einer Anzahl von Fällen zweifellos mit Erfolg.
Ich habe seit etwa Jahresfrist sämtliche Fälle von Erysipel mit Stau¬
ungshyperämie behandelt und stets in 3—5 Tagen eine Heilung erzielt bezw.
das Fortschreiten des Erysipels gehindert. Auffällig war mir bei allen diesen
Fällen, daß die Temperatur schon nach der ersten Stauung herunterging und
sich bis zum Schluß weit niedriger hielt, als es sonst üblich ist.
Schwere Lymphangoitiden haben mir in allen Fällen, in denen ich die
Stauungshyperämie gegen dieselben anwendete, prompt reagiert.
Immerhin ist die Frage der Behandlung akut entzündlicher Prozesse
mittelst Stauungshyperämie noch nicht so weit geklärt, daß man ihre An¬
wendung allgemein empfehlen könnte. Man darf aber von der Zukunft
hoffen, daß das Anwendungsgebiet der Hyperämie ein immer größeres
werden wird.
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Über die Wichtigkeit, der Dosierung und die Methode etc.
Mitteilungen aus dem Laboratorium für medizinische Radiologie des Dr. B£clere.
Über die Wichtigkeit der Dosierung und die Methode der
radiotherapeutischen Behandlung einiger durch Neubildung
hervorgerufener Prozesse.
Von Dr. .T. Belot, Priiparator für Radiotherapie atu Hospital St. Antoine, Assistent am
Laboratorium fiir Radiologie von Dr. lieclöre.
Seitdem die Röntgenstrahlen in der Therapie einen hervorragenden
Platz sich errungen haben, diskutiert man über die Frage, welchen Grad
lokaler Reaktion man erreichen, aber nicht überschreiten soll.
Manche Autoren schlagen vor, systematisch jede Entzündung der
Haut zu vermeiden, andere, weniger ängstliche, fürchten sich nicht vor einer
schwachen Hautröte; einige glauben sogar, daß es oft notwendig ist, eine
gewisse Blasenbildung und oberflächliche Erosion hervorzurufen.
Nicht allein der gewünschte Reaktionsgrad ändert sich je nach dem
Autor; auch die Anwendungsart ist je nachdem eine verschiedene.
Wollen wir die verschiedenen von den Spezialisten angewandten
Methoden einteilen, so können wir sie in 2 große Abteilungen gruppieren:
In der ersten sind alle Verfahren aufzunehmen, die dadurch charak¬
terisiert sind, daß die Bestrahlungen fortgesetzt werden, bis die ersten Zeichen
einer Reaktion auftreten. Zu diesem Zwecke kann man jeden Tag sehr
kurze Bestrahlungen vornehmen oder mit kurzen Sitzungen beginnen, die
man schrittweise verlängert; endlich kann man auch gleich mit mittelstarken
Bestrahlungen beginnen, deren Dauer man allmählich verkürzt. Sobald die
Reaktion erscheint, hört inan mit der Behandlung ganz auf.
Zur zweiten Gruppe kann man alle Methoden rechnen, welche be¬
zwecken, dem Patienten eine gewisse Menge Energie in Form von X-Strahlen
aufnehmen zu lassen und dann das Auftreten der Reaktion abzuwarten.
Diese Energiemenge kann in einer oder mehreren Sitzungen — im Mittel 2
oder 3 — verabreicht werden.
Die Methoden der ersten Gruppe werden von Tag zu Tag weniger
angewendet: sie sind empirisch und gefährlich. Bei ihnen wird kein Meßapparat
angewendet; oft ist die Anwendung eines solchen überhaupt unmöglich.
Hoffentlich werden diese Methoden bald gänzlich aufgegeben werden.
Die Methoden der zweiten Gruppe beruhen mehr auf wissenschaft¬
licher Grundlage. Man kann die angewandte Energie dosieren, und es wird
wohl niemand die Notwendigkeit des Grundgesetzes in Frage stellen, das da
lautet: „Jedes therapeutische Agens muß dosiert werden.“
Bekanntlich üben gewisse Arzneien verschiedene Wirkungen aus, je
nachdem sie in großer oder kleiner Dosis verabreicht werden; bei manchen
äußert sich die Wirkung erst dann, wenn das auf einmal aufgenommene
Quantum relativ hoch ist.
Verhält es sich mit den Röntgenstrahlen ähnlich? Soll die aufge¬
nommene Dosis immer geringer sein als diejenige, welche eine oberfläch¬
liche Radiodermatitis hervorrufen würde? Wird das therapeutische Resultat
dasselbe sein, je nachdem die für notwendig erachtete Quantität der
Strahlungen auf einmal vorgenommen werden, oder in etwa zehn Sitzungen,
welche je 2 Tage auseinander liegen?
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Über dio. Wichtigkeit der Dosierung und die Methode ctc. 135
Man kann mit Bestimmtheit behaupten, daß die Radiodermatitis niemals
notwendig ist zur Heilung der mit Röntgenstrahlen behandelten Prozesse.
Sie ist nicht, wie man früher glaubte, ein Hiilfsinittel: Der Kranke wird
nicht gesund, weil er Radiodermatitis hat.
Um sich hiervon zu überzeugen, hat man nur zu beobachten, wie
zahlreich die Prozesse sind, welche man mit Röntgenstrahlen zu heilen in
der Lage ist, ohne die geringste Reaktion auf der Haut zu beobachten.
Wenn die Röntgenstrahlen richtig angewendet und dosiert werden,
rufen dieselben Haarausfall hervor; aber weder vor, noch während, noch
nach dieser Erscheinung ist irgend welche lokale Entzündung wahrzunehmen.
Gewisse Fälle von Adenie, Leukämie und sogar von Epitheliom bessern
sich ohne örtliche Reaktion.
Die Radiodermatitis darf also nur als zufällige Erscheinung betrachtet
werden; aber sie ist oft unvermeidlich.
Im Verlauf der Behandlung von Syphilis ändert man das angewandte
Quecksilberquantum mit der individuellen Toleranz, und besonders auch mit
der Bedenklichkeit der auftretenden Nebenerscheinungen. Die Stomatitis ist
eine Begleiterscheinung, die man gewöhnlich zu vermeiden bestrebt ist; aber
wenn die Symptome bedenklich sind, wenn sie das Leben des Patienten
bedrohen, zögert man nicht, sich über erstere hinwegzusetzen; man fährt
mit der Quecksilberkur fort trotz der Stomatitis.
Die Radiodermatitis ist ebensowenig zur Heilung hartnäckiger Neu¬
bildungen erforderlich, wie die Stomatitis zu derjenigen der Syphilis; beide
sind oft unvermeidlich; es sind kleine Übel im Verhältnis zur großen Wohltat.
Die Radiodermatitis ist zuweilen ein notwendiges Übel, da manche bös¬
artigen Prozesse nur dann rückgängig werden, wenn die Dosis von Röntgen¬
strahlen, welche sie in einer einzigen Sitzung aufnehmen, gleich oder größer
ist als diejenige, welche imstande ist, eine reaktive Entzündung des zwischen
liegenden Integuments hervorzurufen.
Zur Bestätigung dieser Behauptung möchte ich einige Fälle anführen,
die mir sehr beweiskräftig erscheinen. Sie werden wohl auch gleichzeitig
einen Beleg erbringen dafür, welche Bedeutung man der Dosierung und
einem methodischem Vorgehen beilegen muß.
Im November 1904 operierte Dr. Walter, Chirurg der Hospitäler von
Paris, eine 47jährige Frau, welche mit einem Enchondrom der Ohr-Speichel¬
drüse behaftet war. Juni 1902 war die Eiterung von neuem aufgetreten.
Sie hatte die Umgebung des Ohres ringsum ergriffen sowie die Wange bis
in die Nähe des Auges. Die Kranke konnte den Mund nicht mehr vollständig
öffnen.
Einspritzungen eines besondere Serums waren resultatlos. Dr. Walter,
den man zu Rate zog, weigerte sich, einen wiederholten Eingriff vorzu¬
nehmen und riet zur Anwendung der Radiotherapie. Er überwies dio
Patientin Herrn Dr. Böclöre; bei der Bedenklichkeit des Falles hielt es dieser
nicht für ratsam, die Behandlung vorzunehmen.
Auf den Rat ihres Arztes wandte sich dann die Frau an einen
Spezialarzt für Elektrotherapie und Radiologie, welcher an der Stelle der
Eiterung 31 täglich auf einander folgende Röntgenbestrahlungen vornahm;
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Über die Wichtigkeit der Dosierung lind die Methode etc.
es erfolgte keinerlei örtliche Modifikation, und statt abzunehraen, vergrößerte
sich das Neoplasma fortgesetzt.
Ein zweiter Spezialist setzte das Verfahren fort. Während 5 oder 6
Wochen nahm er wöchentlich eine Bestrahlung von 5 Minuten Dauer vor.
Das Resultat war nicht befriedigender. Daher setzte nun die Patientin mit
jeder ärztlichen Behandlung aus.
Da das Leiden immer mehr um sich griff, wurde sie einem dritten
Spezialisten, Arzt an einem Pariser Krankenhause, überwiesen, welcher eben¬
falls wieder das Röntgenverfahren anwandte. Einen Monat lang hatte sie
wöchentlich 3 mal Sitzungen von durchschnittlich 4—5 Minuten Dauer. Die
Kur rief keinerlei Besserung hervor; die Eiterung griff immer mehr um sich.
Zufällig wurde nun diese Frau unserm Oberarzt, Herrn Dr. Brocq,
vorgestellt und dieser überwies uns die Kranke am 28. März 1904.
Die Läsionen waren sehr bedenklich, eine voluminöse Masse saß
rings um das Ohr herum, reichte oben bis in die Nähe des Auges und unten
fast bis ans Kinn. Es bestand bereits Kachexie; die Kranke hatte den
Appetit verloren und klagte über heftige lokale Schmerzen.
Statt mit kurzen und wenig intensiven Bestrahlungen zu beginnen,
wie es die früheren Spezialisten getan, statt aufs Geratewohl und ohne jeg¬
lichen genauen Maßstab zu handeln, anstatt ferner erst dann mit der Be¬
handlung aufzuhören, als eine Reaktion bemerkbar wurde, entschloß ich mich,
eine große Dosis anzuwenden. Ich machte mich auf eine Rektion gefaßt, ja
ich war sicher, daß sie eintreten würde; aber was konnte diese lokale Ent¬
zündung für eine Bedeutung haben im Vergleich zur Neubildung, die ich zu
bekämpfen hatte? Ich durfte nicht schonend Vorgehen, ich mußte Zeit ge¬
winnen. Nachdem ich daher die gesunden Partien mit einer Bleifolie ge
schützt hatte, ließ ich auf einmal 9 H-Einheiten einwirken, mit Strahlen Nr.
6 bis 7.
Vierzehn Tage später kam die Patientin wieder. Die Schmerzen hatten
nachgelassen, das Allgemeinbefinden hatte sich geändert, die Geschwulst
hatte sich bereits gelegt; die Haut war sehr rot. Trotzdem das Inte¬
gument sich in einem solchen Zustand befand, ließ ich noch einmal 6 bis 7
H-Einheiten einwirken, und als die Kranke nach 14 Tagen zurückkam, hatte
die Geschwulst nur noch 3 /i ihres früheren Umfangs. Die Haut war blau
angelaufen und wie aufgeschürft, an manchen Stellen war die Epidermis so¬
gar völlig verschwunden. Nun ließ ich die Patientin sich während 14
Tagen erholen und verordnete ihr für diese Zeit entsprechende Umschläge;
Die Heilung vollzog sich rasch. Ich nahm dann die Behandlung wieder auf
mit Dosen von je 6 bis 7 H alle 14 Tage und unterbrach die Sitzungen,
wenn die Reaktion zu stark wurde.
Das Allgemeinbefinden der Patientin besserte sich rasch; ihr Gewicht
nahm zu, und die Geschwulst ging mehr und mehr zurück. Im Verlaufe der
Behandlung bemerkten ich und auch die Patientin, daß die Bestrahlungen,
welche die bedeutendste Verringerung der Neubildung hervorgerufen hatten,
diejenigen waren, die am intensivsten gewirkt hatten und daher von der
heftigsten Reaktion auf der Haut begleitet waren.
Als jede Gefahr beschworen war, habe ich die Dosen verringert und
seit einigen Monaten lasse ich an denselben Stellen alle 12 bis 14 Tage 4
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Über die Wichtigkeit der Dosierung und die Methode etc.
bis 5 H einwirken. Heute ist bei der Patientin nur noch eine geringe Spur
des Leidens zu erkennen, welches von Tag zu Tag abnimmt.
Hier haben wir also das Beispiel einer Frau, bei welcher das Leiden
schon sehr große Fortschritte gemacht hatte und die Radiotherapie erst
dann merkliche Resultate ergab, als die aufgenommene Dosis gleich oder
größer war als diejenige, welche gewöhnlich eine Reaktion auf der Haut
bewirkt.
Damit wollen wir nicht behaupten, daß die Radiodermatitis die Ursache
der Heilung war; dieser Fall beweist nur, daß, um eine Abnahme gewisser
Chondro-Sarkome zu bewirken, es zuweilen nötig ist, eine bedeutende Menge
X-Strahlen auf sie einwirken zu lassen, welche Menge in einigen Fällen die
gewöhnliche therapeutische Dosis sogar überschreiten kann.
Ich habe auch einen 67-jährigen Mann in Behandlung gehabt. Er
wies an der rechten Schläfenseite ein wachsendes Epitheliom von der Größe
einer Nuß auf, welches von einem warzigen Naevus seinen Ausgang ge¬
nommen hatte.
Dieser Kranke war vorher von einem Röntgentechniker der Hospitäler,
der kein Arzt war, behandelt worden.
Vierzehn Tage lang waren tägliche, 10 bis 15 Minuten dauernde Be¬
strahlungen vorgenommen worden; die Röhre befand sich hierbei 15 Centi-
meter von der Haut entfernt; dann wurden die Bestrahlungen nur mehr 3 mal
wöchentlich gemacht; im Ganzen waren mit dem Kranken 27 Sitzungen vor¬
genommen worden.
Die Geschwulst nahm ein wenig ab; zugleich aber stellte sich fast
vollständiger Haarausfall ein, sowohl auf dem Kopf als auch an der be¬
strahlten Seite des Bartes; der Spezialist hatte nämlich nicht die Vorsichts¬
maßregel gebraucht, die gesunden Stellen mit einer Bleifolie zu bedecken.
Vier Monate lang unterließ nun der Kranke jede Behandlung; in der
Zwischenzeit nahm die Geschwulst rapid zu.
Die radiotherapeutische Behandlung wurde nun wieder aufgenommen:
25 Bestrahlungen fanden statt, wöchentlich je 3. Die Neubildung nahm zu
statt ab.
Endlich infolge einer bei der Gesellschaft für Chirurgie vorgekommenen
Debatte, wo einige Praktiker mit Staunen erfuhren, daß Technik und
Methode bei Ausübung der Radiotherapie eine Hauptrolle spielen, wurde
der Kranke unserm Lehrer, Herrn Dr. Böclöre, am Hospital St. Antoine, über¬
wiesen, und ich erhielt den Auftrag, den Mann zu behandeln.
Das wuchernde Epitheliom hatte an seiner Basis 3 cm Durchmesser
und war 3 cm hoch.
Nachdem ich die kranken Gewebe gut abgegrenzt hatte, ließ ich in
einer Sitzung auf die Geschwulst 10 H einwirken mit Strahlen Nr. 7 bis 8.
Acht Tage später verabreichte ich wieder 8 H-Einheiten. Die Abnahme der
Geschwulst ging nun rapid vor sich, und der Patient ist heute fast völlig
geheilt; ich fahre mit der Behandlung fort, verwende aber weniger ener¬
gische Dosen.
Ich hebe besonders hervor, daß in beiden Fällen die Spezialisten,
welche vor mir behandelt hatten, geringe und wiederholte Mengen einwirken
ließen (fraktionierte Dosen) und sich keiner Instrumente zur Messung be-
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Über ilio Wichtigkeit der Dosierung und die Methode etc
dienten; sie erzielten kein Resultat, sie konnten das Fortschroiten des Leidens
nicht aufhalten.
Endlich glaube ich noch einen Fall erwähnen zu müssen, welcher
zwar nicht mit einer Heilung endigte, nichts desto weniger aber sehr interessant
ist. Es handelte sich um ein ausgedehntes, stark exulzeriertes Epitheliom
der Unterlippe; es war jauchig und übelriechend, mit scharf ausgesprochener
Verhärtung der ganzen darunter liegenden Teile. Eine Veränderung
erhielt ich erst dann, als ich in einer Sitzung eine starke Menge X-Strahlen,
etwa 10 H-Einheiten, etwa 8 Tage später 7 bis 8 H-Einheiten einwirken ließ.
Infolge dieser zwei Bestrahlungen trat eine unerwartete Besserung der Ge¬
schwulst ein. Die Verhärtung gab nach. Die Geschwulst verlor ihren torpiden
Charakter und den üblen Geruch und verkleinerte sich; die Knoten lockerten
sich. Die Reaktion war übrigens keine sehr heftige, und ich hoffte eine
Heilung zu erzielen, als mein Patient an einer akuten Lungenentzündung starb.
Die geringe Intensität der Reaktion bietet übrigens nichts Erstaun¬
liches. Ich habe bemerkt, daß gewisse Schleimhäute, entgegen der allgemein
verbreiteten Ansicht stärkere Röntgenstrahlen-Dosen ertragen können als
die Haut. Im vorigen Falle waren keine Schleimhäute mehr vorhanden, da
es sich ja um eine Geschwürsbildung handelte.
Gewöhnlich trage ich gar keine Bedenken, die Behandlung eines
ulzerierten Epithelioms mit einer Dosis von 8 bis 10-Einheiten zu beginnen;
ich bin dabei immer gut gefahren. Man kommt dabei schneller zu einem
Resultat; es tritt hierbei keine beunruhigende Entzündung auf.
Meines Erachtens gibt es also gewisse Neubildungen,
welche erst dann rückgängig gemacht werden, wenn sie einer
relativ großen Menge von Strahlen ausgesetzt waren.
Es sind dies aber — ich möchte dies ausdrücklich betonen —
geradezu Ausnahmen und ich bin davon überzeugt, daß die meisten Kranken
geheilt werden können, ohne daß man sie einer Strahlung aussetzt, die so
energisch wirkt, daß die Haut darunter eine Veränderung erleidet. Mit den
bösartigen Geschwülsten ist es eben wie mit der Syphilis. Die einen heilen
mit einer geringen Menge von Medikamenten, die andern verlangen eine sehr
hohe Dosis des therapeutischen Agens.
Daß man mir jedoch nicht behaupte, gewisse Neubildungen wären erst
dann rückgängig zu machen, wenn man das Auftreten eines Schorfs bewirkt
hat. Wenn es zuweilen gestattet ist, nicht heilen zu können, ist es darum noch
nicht erlaubt zu schaden. Jede ernstliche Reaktion soll sorgfältig verhütet
werden; unter ernstlicher Reaktion verstehe ich schorfbildende Radioder-
matitis.
Die Patienten, welche ich meiner Ansicht nach mit hohen Dosen be¬
handeln mußte, wiesen als reaktive Erscheinung immer nur mehr oder weniger
ausgeprägte oberflächliche Erosionen auf. Ich halte es nicht für gerecht¬
fertigt, diesen Grad der Reaktion zu überschreiten.
Die intensive Methode ist daher auch nur dort möglich,
wo man die angewandte Energie dosieren kann; andernfalls ist
•sie unbrauchbar, da der geringste Irrtum eine bedenkliche
Folgeerscheinung zeitigen kann.
Die Dosierung ist bei jeder Art radiotherapeutischer Behandlung gleich
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Bericht über den ersten Riintgenkongroß in Berlin, 30. April—3. Mai 1005.
139
unentbehrlich ; sie allein gestattet, methodisch und schnell zu handeln und dabei
jeder unangenehmen Überraschung aus dem Wege zu gelten; sie allein er¬
möglicht auch einen Vergleich der Methoden und der Resultate. Erst mit
Anwendung der Dosierung in der Radiotherapie hat. diese die gewaltigen
Fortschritte gemacht, die ihr ermöglichten, eine Umwälzung in der Therapie
hervorzurufen.
Zum Schluß möchte ich noch kurz die Methode angeben, welcher ich
den Vorzug gebe:
Auf einmal die zur Heilung erforderliche Menge einwirken lassen,
wenn hierbei die Hautdecke und die Schleimhäute relativ unversehrt bleiben.
Jede Bestrahlung so rasch zu Ende zu führen, als möglich ist, ohne
Schädigungen hervorzurufen.
Bei gewissen innern rapid fortschreitenden Läsionen ist es zuweilen
erforderlich, daß man weniger nach der Integrität der Haut frägt als viel¬
mehr nach der Gefahr sich richtet, welche der Kranke durch den bei ihm vor¬
handenen Prozeß läuft, auch hier wird man aber jeden Fall von Radiodermalitis
zu vermeiden haben.
Bericht
über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905
erstattet von I)r. med. Ernst Sommer. Winterthur (Schweiz).
(Nach eigenem Stenogramm.)
(Fortsetzung.)
I. Allgemeiner Bericht.
Haret-Paris et Puffier: De la localisation des corps
etrangers chez l’bomme. proeödö simple basd surla radioscopie.
Haret-Paris schreibt über Fremdkörperlokalisation beim Menschen
und zeigt einen bequemen Apparat vor, mit dessen Hülfe die Auf¬
findung von Fremdkörpern, besonders Geschossen im menschlichen
Körper ermöglicht werden soll, und zwar durch einfache röntgenoskopische
Betrachtung. Der Fremdkörper liegt im Schnittpunkt zweier Geraden, die
durch ihn gehen. Diese beiden Geraden repräsentieren zwei sich kreuzende
Strahlenbündel, die man durch horizontale Verschiebung der Röbre erhält.
Eintritts- und Austrittsstelle werden auf dem Körper markiert. Dergestalt
erhält man 4 Punkte, 2 Eintritts- und 2 Austrittspunkte, welche auf einen
Metallstreifen, der die äußere Körperform genau wiedergibt, übertragen und
je mit einer Nadel fixiert werden, deren Richtung während des operativen
Eingriffs jederzeit einen zuverlässigen Wegweiser zur genauen Bestimmung
der Lage des Fremdkörpers abgibt.
Settegast: R ö n tge n-D iag n o s t i k bei Verletzungen der
Malleolon und der Fußwurzelknochen. Viele sog. Fußverstauchungen
und ähnliche Leiden, die unter allerlei Namen segeln und sich relativ häufig
besonders beim Militär zeigen, hat die Röntgenuntersuchung als Knochen¬
leiden entdeckt. Oft handelt es sich weniger um Frakturen, als
vielmehr um Verletzungen der Weich teile. Zerreißungen der
Ligamente beispielsweise bedingen Läsionen des Periostes und können zur
Entstehung von Osteophytcn Veranlassung geben. Neubildungen als direkte
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140 Bericht, über den ersten Röntgenkongred in Berlin, 30. April—3. Mai lflOä.
Folge einer Verletzung sind namentlich da anzunehmen, wo der andere
Full frei ist oder die Verletzung von Anfang an genau verfolgt werden konnte.
Bei Verletzungen, welche so häufig ohne röntgenologische Untersuchung als
Knöchelbrüche bezeichnet werden, liegt meist eine Gewalteinwirkung vor
gegen die Spongiosateile und die Ligamente. Maleolarfracturen geben heut¬
zutage gute Prognose. Eine reiche Serie gut gelungener R ö n t gen¬
bilder erläutert den Vortrag.
Brauner -Wien: Radiologische Diagnostik der Magen¬
erkrankungen, an einigen Fällen erläutert. Als neue Unter¬
suchungsmethode für Magen- und Darmkrankheiten ist in letzter Zeit
die röntgenologische hinzugekommen, die wegen der Unmöglichkeit der
Differenzierung dieser Organe auf gewöhnlichem Weg unter Zuhilfenahme
eines kleinen K uns t g rif f es ausgeführt wird. In die zu röntgenographieren-
den Teile werden, je nachdem mit Wismuth vermischte Nahrungs¬
stoffe, oder Kapseln mit Wismuth-Pulver oder eine wässerige Auf¬
schwemmung derselben Substanz eingebracht, wodurch sie dann auf
dem Röntgenbild sichtbar gemacht werden können. Der letzteren Methode
bediente sich der Vortragende bei seinen Untersuchungen. Er bespricht ein¬
gehend an Hand der gewonnenen Bilder die Lage und Stellung des
nüchternen, normalen Magens und die Größe und Form desselben Organes
in aufgeblähtem Zustand; er erörtert den Einfluß verschiedener Füllungs¬
zustände und der respiratorischen Verschieblichkeit und zeigt
die Wege, welche die Speisen im Magen und Darm passieren. Aus
seiner Praxis referiert der Vortragende über 2 merkwürdige Fälle. Im
ersten Fall wurde bei nüchternem Magen zuerst ein Wismuth-Bissen einge¬
geben; er beschrieb, wie die Kontrolle mit dem Schirm ergab, einen weiten
Bogen mit scharfer Krümmung, bis über die Mamillarlinie hinaus und blieb
dann liegen. Rätselhaftes Bild! Es wurde nun dem Patienten eine Wismuth-
Aufschwemmung verordnet; statt aber, wie gewöhnlich, breite Streifen zu
bilden und sich längs des Magens auszubreiten, fand man eine merkwürdige,
und wie es den Anschein hatte, unerklärliche Zeichnung. Die Sektion er¬
gab alsdann ein kolossales Carcinom des Magens, ausgehend von der
kleinen Curvatur und schürzenförmig zur großen sich erstreckend. Der zu¬
erst eingebrachte Bissen war hinuntergegangen und sodann, wahrscheinlich
durch die Knollen der Krebsgeschwulst von seinem Weg abgebracht worden;
Die Wismuth-Flüssigkeit war durch Spalten in die Tumoren hineingeflossen
und hatte auf diese Weise die merkwürdige Durchleuchtungsfigur zu stände
gebracht. In einem anderen Fall konnte durch die Röntgenuntersuchung ein
Sanduhrmagen röntgenoskopisch direkt nachgewiesen werden aus der eigen¬
tümlichen Formation des Wismuthbreies auf seinem Weg durch den Magen.
Diskussion: Holzknecht-Wien. Je weiter die Technik der
Schirmbilder fortschreitet, um so mehr werden wir sie an Stelle der photogra¬
phischen Röntgenaufnahmen benutzen, schon im Interesse der Zeitersparnis;
können wir doch in kurzer Zeit viele solche Untersuchungen vornehmen. Ganz
besondere Zukunft wird die röntgenoskopische Untersuchung des
Magens haben, und die Zeit liegt nicht mehr fern, wo eine Untersuchung des
Magens ohne diagnostische Anwendung der Röntgenstrahlen (Röntgenoskopie)
eine unvollständige genannt werden wird. Im Anschluß an seinen Vorredner
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Bericht über den ersten Rönr.genkongreß in Berlin, 30. April—3 Mai 1905. 141
verbreitete sich der Vortragende sodann eingehend über die Prinzipien
der Magenuntersuchung mittelst Anwendung der Röntgenstrahlen. Der
Magen wird mit festem oder flüssigem Inhalt unter Beigabe von Wismuth-
perlen gefüllt oder mittelst Gas ausgedehnt. Die feste Füllung bleibt immer
in den tiefsten Lagen und zeigt die Formveränderungen des Magens
mit wünschenswerter Deutlichkeit. Magenfüllungen mit Gas (Auflösung
mit CO* z. B.) können Aufschlüsse über die Dehnbarkeit der einzelnen
Teile geben. Als beste Methode empfiehlt der Sprechende abwechselnde
Füllung und Blähung und gibt noch Aufschluß über die Verwendung einzelner
Durchleuchtungsrichtungen und verschiedener Kö rperstellungen.
Grün mach schätzt die Zahl der Röntgenoskopien auf 5/6, der Röntgen-
ographien auf 16. Eine Röntenphotographie bringt immer alle Verhältnisse
zur Darstellung, und oft kommt man mit bloßer Schirmuntersuchung auch da
noch zum Ziel, wo die Röntgonographie im Stiche läßt (z. B. Wanderleber).
Bechterew wendet bei der Röntgenoskopie der Magentumoren einen
kleinen „Kunstgriff“ an, einen mit Wismuth angefüllten oder mit einem
Mandrin armierten Magenschlauch, der während der Röntgenoskopie Be¬
wegungen erlaubt. Krafft-Straßburg erwähnt als Mittel zu demselben
Zweck einen mit metallischem Quecksilber gefüllten Schlauch, der
sich nebenbei noch wegen seiner natürlichen Schwere, zur Dehnung von
Strikturen eignet. Er weist ferner hin auf die Kußmaulsche Behand¬
lung des Ulcus ventriculi mit Wismuthaufschwemmung. Bei der Sektion er¬
gab sich, daß der Wismuth als feinste Schicht auf dem Ulcus lag. Dieser
Befund gibt einen Fingerzeig für eventuellen röntgenoskopischen Nachweis
eines Magengeschwüres durch Persistieren eines dunklen, vom Wismuth her¬
rührenden Fleckes an der Stelle des Ulcus im Gegensatz zu einer Tumoren¬
bildung, die nur äußerst wenig von der eingeführten Wismuthaufschwemmung
erkennen läßt. H o lz kne cht gibt zu bedenken, daß eine Wismuthaufschwem¬
mung dünnflüssig ist und bei gestrecktem Magen abfließt. Wird ein
mit Wismuth imprägnierter Bissen eingeführt, so sehen wir auf dem Fluoreszenz¬
schirm die Magenperistaltik die große Kurvatur des Magens entlang
laufen, einer Welle vergleichbar von verschiedener Höhe und Tiefe; dann
kontrahiert sich das Antrum pylori und preßt die Speisen in den Magen zu¬
rück. Sistierendo Peristaltik können wir als Ausdruck einer Wanderkrankung
ansehen.
Miller berichtet über die Anwendungdes Röntgen Verfahrens
in der Zahnheilkunde unter Vorführung günstiger Projektionsbilder.
Nach einem kurzen Abriß über die Topographie der Mundhöhle und die
Pathologie der Zähne und der Kiefer betont er, wie eigentlich keine der
bisher angewandten klinisch-diagnostischen Methoden in allen Fällen zum
Ziele führe, sondern eine ganze Anzahl krankhafter Veränderungen in der
Mundhöhle erst durch das Röntgenverfahren zu unserer genaueren Kenntnis
gelangt und daraufhin zweckmäßiger Behandlung zugänglich gemacht werden
können. Ganz besonders gilt das von Eiterungsprozessen in den
Alveolen, Absceßhöhlen, Cystenbildungen, entzündlichen Vorgängen und Neu¬
bildungen in der Pulpa, Zahnwurzelabscessen, Cementauflagerungen, Zurück¬
haltung, Verirrung und abnormer Stellung einzelner Zähne, zur Auffindung
von Wurzelspitzen, welche teilweise nur mit Hülfe des Röntgenverfahrens
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142 Bericht über den ersten Rüntgenkongreli in Berlin. 30. April—3. Mai 1005
nachgewiesen werden können. Ist die Diagnose gesichert, so kann eine
rationelle Therapie Platz greifen und die oft unerträglichen Schmerzen
beseitigen. Aber auch zu Studienzwecken über die Entwicklung
und Architektur der Zähne eignen sich die Röntgenstrahlen sehr gut.
Im Anschluß an den Vortrag bespricht Alber s- Sch ön berg (Hamburg)
die allgemein üblichen Methoden der Röntgentechnik bei Zahnaufnahmen.
Eber lein: Stand und Ziele derRöntgenologio in der Tier¬
heilkunde. Schon zu Anfang der Röntgen-Aera 1896 unternahm der Vor¬
tragende grundlegende Versuche über die Möglichkeit der Anwendung der
Röntgenstrahlen zu diagnostischen Zwecken in der Tierheilkunde. Die Er¬
folge übertrafen die gehegten Erwartungen und lieferten namentlich bei den
in früherer Zeit für die Therapie so schwer zugänglichen Gelenker¬
krankungen schöne Resultate. Bei kleineren Haustieren und bei
Geflügel findet die Röntgenoskopie in hervorragendem Maß An¬
wendung, während die Verwertung derselben bei größeren Tieren
immer noch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Hier kann die
neue Untersuchungsmethode erst dann gute Resultate liefern, wenn
die Energie der Strahlen erheblich verstärkt und die Durchleuch¬
tung in wesentlich kürzerer Zeit möglich geworden sein wird. Die Arbeit
der Forscher auf diesem Gebiet wird in erster Linie darauf hinausgehen
müssen, zweckentsprechende Instrumentarien zu bauen und besonders
für die Röntgenröhre eine günstige Form zu finden.
Leonard-Philadelphia: Meine Resultate bei derDiagnose
der Nieren- und Ureteren stein e. Von oft ausschlaggebender
Bedeutung ist die Anwendung der Röntgenstrahlen zu diagnosti¬
schen Zwecken bei der Untersuchung auf Nieren- oder Ureterensteine
und die Ergebnisse ihrer Verwendung sind besonders auf diesem Gebiet
außerordentlich gute, so daß man wohl die Behauptung aufstellen kann,
die bei den Stein untersuch ungen erzielten Erfolge derRöntgen-
strahlen seien am ehesten dazu angetan, den großen Wert
und die segensreiche Wichtigkeit von Röntgens wunderbarer
Entdeckung für d i e F ö r d e r u n g der wissenschaftlichen Medizin
am besten zu demonstrieren. Sie geben für die Behandlung dieser
recht schweren Leiden wichtige Aufschlüsse und erlauben oft, ohne Schaden,
die Beibehaltung konservativer Behandlung, um abzuwarten, ob die Natur
selbst sich derselben entledigen könne. Der Vortragende verfügt über das
stattliche Material von 331 Fällen, bei welchen in nur 3 °/o der Fälle
röntgenologische Fe hl diagn osen zu verzeichnen waren, ja, in einigen
Fällen fanden sich auf der photographischen Platte Steine abgebildet, die
der Operateur hernach nicht finden konnte. Steine der verschiedensten Art,
Größe und Herkunft werden in hübscher Anordnung in Zirkulation ge¬
geben. Die Unterscheidung der Steine nach ihrem Sitz in den Nieren oder
in einem Harnleiter war bis dahin nicht immer durchzuführen möglich
gewesen; die Röntgenologie hat nun zu zeigen vermocht, daß gerade die
Steine der Harnleiter häufiger verkommen, als gewöhnlich angenommen
wird, gelegentlich sogar häufiger noch als die Nierensteine. Der Redner
sprach englisch; zum besseren Verständnis wiederholte Cowl die Haupt¬
sätze in deutscher Sprache.
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Bericht über den ersten RÖntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 143
Prio & Comas, Barcelona: Beitrag zur Kasuistik der
N ie r e n s t e i nd i agn ose mit Hülfe der Röntgenstrahlen. Da die
beiden Herren der deutschen Sprache nicht mächtig sind, liest I in me 1 mann
das übersetzte Referat vor. In ihren Folgerungen gehen sie fast noch
weiter als der frühere Redner und formulieren ihre Meinung dahin, daß der
negative Erfolg des Steinnachweises auf mehreren Platten bei sachverständiger
Ausführung die Anwesenheit von Nierensteinen ausschließt. Die von ihnen
vorgewiesenen Bilder sind durchweg recht schön. NichtdieNatur
der röntgenographisch aufzunehmenden Steine an sich, noch auch ihre
Größenverhältnisse, noch die Leibesbeschaffenheit der zu unter¬
suchenden Patienten bieten für den die Technik beherrschenden Röntgenologen
unüberwindliche Schwierigkeiten.
Cowl führte das Thema noch weiter aus und besprach seine Versuche
über die Abbildung von Harnsäure- und anderen Steinen. Seinen Er¬
örterungen zufolge ist die Möglichkeit der Darstellung von Steinen
durch ihr Atomgewicht bedingt. Bei Steinen mit beträchtlichem Gehalt
von Natrium und Calcium steigert sich die Summe der Atomgewichte aus
den einzelnen Komponenten und demgemäß auch die Chancen für deren
Aufnahme-Möglichkeit, während z. B. die Harnsäuresteine fast gar keine
Aussicht haben, abgebildet zu werden. Die Diskussion wird rege benutzt.
Holzk necht-Wien warnt vor Täuschungen bei Nierensteinaufnahmen, die
für den Patienten unter Umständen äußerst schlimme Folgen haben können.
Er betont ausdrücklich, daß der Nachweis eines Konkrementes in der
Niere noch kein Beweis für die Anwesenheit eines Steines ist
und gedenkt der Möglichkeit, daß ein Konkrement auf dem Bild
zu finden ist und die dauraufhin vorgenommene Operation doch keinen
Nierenstein zu ergeben vermag. Wenn Steine abgebildet werden, soll
man sich bemühen, eine topische Diagnose aufzustellen.
Sträter-Aachen: In allen Fällen gelingt es, Teile der Nieren, mit
Ausnahme vielleicht ihres oberen Poles, auf die Platte zu bekommen. Es lassen
sich nachweisen Größen- und Lageveränderungen, Tumoren der
Nieren, Steine, tuberkulöse Prozesse etc. Als einfachste Technik
schlägt er vor, Aufnahmen in Rückenlage mit hochgehobenen Beinen und
Kopf und Kompression der Aufnahmestelle mittelst eines durch eine Bindentur
festgehaltenen Lofaschwammes; vorherige Darmentleerung ist wichtig!
Albers-Schönberg (Hamburg) gedenkt der Fehlerquellen
bei Nierensteinun tersuchungen; in erster Linie erwähnt er Ver¬
wechslungen mit Kotsteinen. Die Differentialdiagnose ergibt
der Nierenkatheterismus und die Urinuntersuchung; Nierensteine sind
homogen und zeigen keine Schichtung. Verwechslungen mit Verknöcher¬
ungen der Rippenbogen; gewöhnlich betrifft diese Abnormität mehrere
Rippen. Er erwähnt ferner einen „Konkrementschatten“ über dem
horizontalen Schambeinast gegen das Darmbein hin. Diese Bildung ist wohl
nicht als Steinschatten aufzufassen; eine eindeutige Erklärung ihres
Vorkommens ist zur Zeit noch nicht möglich; Böclöro betrachtet sie
als knöcherne Einlagerungen in die hinteren Beckenbänder.
Die Niere ist auch bei Fettleibigen gut zu sehen; das außen um die Nieren
herum reichlich gelagerte Fett hebt sie gut ab, bei Mageren ist die Sache
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144
Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
schon schwieriger. Die moderne Röntgenographie ist imstande,
Nierensteine von Erbsengroße bei nicht zu korpulenten
Leuten zur Darstel hing zu bringen. Cystin-und X a nth in stein e
lassen sich gut abbilden, Harnsäuresteine bieten keine Chancen. Bei
vermuteter Anwesenheit von Nierensteinen ist genaue Harnuntersuchung
geboten, auch die Exploration des Blutes ist wichtig. Es sprechen
weiterhin noch Cowl, Wertheim-Salomonson (Amsterdam); Stieda
erklärt die von A lb e r s-S c h ön b e rg (Hamburg) beschriebenen Schatten
über dem horizontalen Schambeinast als Knochenverdickungen an der
Spina ischiadica.
Crzellitzer sprach über die Sichtbarkeit der Röntgen¬
strahlen. Röntgen erklärte in einer seiner ersten Publikationen die von
ihm entdeckten Röntgenstrahlen für unsichtbar. Seine Forschungen
und besonders die Arbeiten des Vortragenden haben aber ergeben, daß die
Röntgenstrah 1 en unzweifelhaft Wirkungen auf die Netzhaut aus¬
zuüben vermögen und zwar im Sinne einer direkten Reizung der Stäbchen¬
schicht derselben. Genügend harte Röhren senden solche auf die Netzhaut
wirkende Strahlen aus und auch nach Abblendung aller Lichtstrahlen und
Ausschaltung etwaiger elektrischer Reizung bleibt die spezifische Wirkung
bestehen.
Die Netzhaut vermag Röntgenstrahlen als Licht wahrzunehmen und
auch die Form (rund, quadratisch u. s. w.) eines solchen Strahlenbüschels
kann richtig erkannt und entsprechend nach außen projiziert werden. Es
lag nun der Gedanke nahe, Blinden mit erhaltener Netzhaut bei Trübung
der vorderen Augenmedien (die zwar in solchem Zustand für Lichtstrahlen
undurchdringlich sind, Röntgenstrahlen dagegen passieren lassen,) unter
B enutzung besonders konstruierter Bleischablonen ein allerdings modi¬
fiziertes Sehen zu ermöglichen. Diese Schablonen müßten so di¬
mensioniert sein, daß die passierenden Strahlen gerade die Macula lutea
treffen könnten. Der Vortragende hat entsprechende Versuche angestellt.
Die Größe des gelben Flecken schwankt in den Angaben der Anatomen
beträchtlich, von 1—3 Millimeter; seine Durchschnittsgröße mag viel¬
leicht 2,25 mm betragen. Dünnere Strahlenbündel als 2,5 mm erwiesen
sich wirkungslos. Aus den zahlreichen Versuchen ging als Resultat hervor,
daß gerade das Netzhautzentrum für Röntgenstrahlen unem¬
pfindlich ist und daraus ergibt sich leider die Unmöglichkeit, Blinden
mittelstRöntgenstrahlen eine auch noch so geringe und modifizierte Seh¬
kraft zu verleihen. Diskussion. Cowl glaubt auch an die Sichtbar¬
keit der Röntgen strahlen, hält aber ihre Lichtmenge für außer-
odentlich gering; er taxiert sie auf den millionsten Teil einer Normalkerze.
Grunmach bestätigt die Richtigkeit der in seinem Laboratorium ge¬
machten Versuche und Ergebnisse, die er durch photographische Auf¬
nahmen kontrollierte und weist auf die große Gefahr hin, denen
sich der Experimentator bei Vornahme seiner Untersuchungen aussetzte.
Riedinger-Würzburg berichtet über ein recht seltenes Vor¬
kommnis: Masernosteomyelitisim Röntgenbild. Fibrinöse Exsudationen
und Nekrotisierung des Markgewebes sind nachgewiesen worden im Gefolge
von Typhus von Frankel (Osteomyelitis typhosa), bei Variola von
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Bericht über den ersten Bfintgenkoiurreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
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Chiari (Osteomyelitis variolosa), bei Influenza von Franke; von
Masernosteomyelitis finden sieb aber bislang noch keine An¬
gaben in der Literatur. Die im allgemeinen milde verlaufende Masern¬
erkrankung ist imstande, deletäreVeränder ungen im Knochen mark
hervorzurufen. In dem besprochenen Fall handelte es sich um ein zwölf¬
jähriges Mädchen, bei welchem 14 Tage nach der Masernerkrankung eine
Schwellung am ersten Metatarsale am linken Fuß auftrat unter dem
Bild einer röntgenographisch nachgewiesenen Osteomyelitis mit Spina
ventosa Charakter. Der Vortragende empfiehlt, alle Masernrekon¬
valeszenten, die über Schmerzen in den Füßen klagen, auf
eventuelles Vorhandensein dieser Affektion zu untersuchen. Original¬
vortrag.
Ludloff-Breslau behandelt das namentlich für Unfall- und Kassen¬
ärzte wichtige Kapitel der Rückenschmerzen nach Unfällen, die Ver¬
letzungen der Lendenwirbelsäule u'nd des Kreuz beins, Demonstra¬
tion von Photogrammen derV er letz ungen de r]Ha 1 s- undLenden-
Wirbelsäule. Viele Arbeiter werden oft mit größtem Unrecht als Simulan¬
ten abgewiesen, wenn ein äußerlich erkennbarer, objektiver Befund nicht
vorliegt, während bei guten Aufnahmen die Röntgenstrahlen in manchen
Fällen in verblüffender Weise tatsächlich vorhandene und durch den Unfall
direkt verursachte Verletzungen der Wirbel resp. des Kreuzbeins
erkennen lassen: Frakturen, Verschiebungen, Schwartenbildungen tftc.
Mit Hülfe des Röntgenverfahrens sind wir gelegentlich in der Lage, von
diesen Leuten das Odium der Simultation zu nehmen.
Levy-Dorn spricht aus dem reichen Schatz seiner Erfahrungen
auf dem Gebiet der Röntgen strahlen (mit Demonstrationen) und
verbreitet sich zunächst über die Frage der genauen Dosierung der zu
therapeutischen Zwecken angewandten Röntgenstrahlen (Röntgentherapie).
Die neueren Methoden messen nicht die direkte Strahlenmenge,
sondern nur ihre Intensität und suchen zu bestimmen, wie viel zur Er¬
zeugung einer spezifischen Dermatitis notwendig sei. Diese Menge
hängt aber außer von anderen Faktoren in besonderem Maße auch von der
Grundfläche des Bestrahlungskegels ab, d. i. des Strahlenbündels,
das bei der Bestrahlung die Haut des Patienten trifft. Weder für den
Patienten noch für den Arzt, der die Untersuchung vornehmen muß, ist es
gleichgültig, ob die Strahlen den ganzen Körper treffen oder nur einen Teil
desselben. Von diesen Gesichtspunkten aus bespricht der Vortragende die
Anforderungen an ein z u verlässig es Röntg e n s trahlen-M ess-
instrument; als Maßstab für die angewendete Strahlenmenge sollte die
Grundfläche des von der leuchtenden Röhre ausgesandten Lichtkegels,
welcher bei der Bestrahlung die Haut trifft, angenommen werden. Als
Unikum dürfen seine kinematographischenRöntgenbilder-Serien
betrachtet werden, die unstreitig einen großen wissenschaftlichen und
einen nicht zu unterschätzenden didaktischen Wert besitzen. Es werden
mittelst eines Projektionsapparates vorgeführt kinem atograph ische Ge¬
lenkbewegungen d es Hand-, Ellbogen-und Kn ieg ele nkes. Levy-
Dorn ist ein warmer Anhänger der Schirmuntersuchung, die er in
allen angängigen Fällen angewendet wissen möchte, deren Wichtigkeit
Archiv f. Physik. Medizin etc.
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146
Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
er an mehreren Beispielen aus der Praxis erläutert. Insbesondere gedachte
er eines Falles, hei dem es nur durch die Röntgenoskopie möglich war,
Verwachsungen des Zwerchfells nachzuweisen.
Zondek bringt Beiträge zur Differential-Diagnose der
Knochen Veränderungen im Hinblick auf das Röntgen bild und
berichtet speziell über einen merkwürdigen Fall, bei dem allein das Rönt¬
genogramm darüber Aufschluß geben konnte, daß die Entstehung
eines Aneurysmas durch eine Exostose bedingt worden war.
Tuberkulose-Referate bilden den Schluß der heutigen Sitzung.
Die eminente Wichtigkeit des von den berufensten Vertretern Vorgebrachten
verlangt eigentlich eine ausführlichere Darstellung; bei der Knappheit des
uns zur Verfügung stehenden Raumes beschränken wir uns auf das Not¬
wendigste und Wichtigste und behalten uns für eine der nächsten
Nummern ein zusammenfassendes, einheitliches Referat vor.
K ö h 1 e r - W i e s b a d e n erörtert die Frühdiagnose der kind¬
lichen Lungendrüsen tuberkulöse. An Hand zahlreicher, prächtiger
Projektionsbilder weist er die Möglichkeit der frühzeitigen
Diagnose der juvenilen Lungendrüsentuberkulose mittelst Anwendung der
Röntgenstrahlen nach; der eminente Wert möglichst frühzeitiger Erkenntnis
in den Anfangsstadien der Krankheit liegt ja auf der Hand, ist doch zu
dieser Zeit das so heimtückische Leiden einer Heilung fähig. Normale
oder entzündlich vergrößerte Lyinphdrüsen im Brustraum sind im
allgemeinen durch die Röntgenstrahlen nicht wohl zu erkennen. Liegen sie
aber haufenweise hintereinander beisammen in der Richtung der auftreffenden
X-Strahlen, so können sie sich als leichte Schatten auf der Platte be¬
merkbar machen. Anders verkäste und verkalkte Lyinphdrüsen.
Die Schirmuntersuchung bei der Durchleuchtung, daneben eventuell noch
Aufnahmen, lassen uns diese Gebilde deutlich erkennen, ja sogar durch ein¬
fache Röntgenoskopie verkäste und verkalkte Lyinphdrüsen von
einander unterscheiden. Eine harte Röhre zeigt uns verkalkte
Lyinphdrüsen ganz deutlich, im Röntgenbild metallischen Fremdkörpern
vergleichbar; verkäste Drüsen hingegen sind durch das von einer harten
Röhre produzierte Röntgenlicht nicht zur Wahrnehmung zu bringen. Längere
Betrachtung mit weicher Röhre läßt uns die Lungenfelder in aller
Deutlichkeit erkennen; nach und nach treten die Schatten geschwollener
Lymphdrüsenpackete hervor. Mit dem allmählich eintretenden Härter¬
werden der Röhre ändert sich das Bild successive, seine Deutlichkeit
schwindet immer mehr, und nur die verkalkten Drüsen sind noch deutlich
zu sehen. Projektionsbilder typischer Fälle erläutern die Ausführungen
des Vortragenden, der ausdrücklich betont, es sollte eigentlich jeder gewissen¬
hafte Arzt es sich zur Aufgabe machen, bei Verdacht auf Drüsen¬
tuberkulose seine Patienten einer genauen Röntgenuntersuchung
unterziehen zu lassen.
Hennecart-Sedan: Contribution ä l’ötude du diagnostic
de la tu bereu lose pulmonaire au döbut par les Rayons de Rönt¬
gen. Er wünscht zur Ergänzung der klinischen Untersuchungsmethoden,
aber absolut nicht zur Umgehung derselben, bei der Untersuchung zweifel¬
hafter Tuberkulosefälle die Röntgenuntersuchung heranzuziehen. In 73%
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Bericht über den ersten Böntgenkonarreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
147
der Fälle ergab die Röntgenuntersuchung eine Verminderung derHellig-
keit der kranken Spitze der affizierten Lunge und in 40 °/o einen Tief¬
stand des Zwerchfells auf der kranken Seite. In seinen Forderungen
geht er weiter als seine Vorredner, er plädiert für periodische jährliche
Röntgenuntersuchungen der Zöglinge höherer Lehranstalten
und verlangt dieselbe Maßregel für Rekruten und Kandidaten für eine
Lebensversicherung.
Balsamoff-Sofia:Lesglandesconglomeröesdumediastine
et les ganglions peribronchiques en radiographie; leurs importance
pour le diagnostic pröcoce de la tuberculose. Er vertritt den¬
selben Standpunkt von der außerordentlichen Wichtigkeit der röntgen¬
ologischen Untersuchung für den diagnostischen Nachweis der Lungen¬
tuberkulose, besonders in ihren Früh Stadien, z. T. an Hand verschiedener
Röntgenogramine.
Die reichlich benutzte Diskussion bewegt sich ganz in dem Rahnen
des Vorgetragenen. Weinberger-Wien berichtet über seine Erfahrungen
betreffs des Nach weises von Krankheitsherden in der Lunge. Wolff
betont die Wichtigkeit der Röntgenuntersuchung zum Nachweis früherer
Tuberkulose und des Resultates der stattgefundenen Behandlung; er erwähnt
Fälle, wo er den Erfolg von Impfungen mit Tuberkulin vom Röntgenbild
bestätigt fand. Katholicky-Brünn zeigt Bilder der sog. Pagetschen
Krankheit, eine Knochenerweichung am Schienbein, einhergehend mit
säbelscheidenartiger Verbiegung desselben. Hand in Hand mit der Er¬
weichung resp. Zerstörung des Knochens geht eine Neubildung der Knochen¬
substanz, die sich durch ihre Kalkarmut auszeichnet; die Beschwerden waren
trotz weitgehender Knochenveränderung nur geringe.
Damit war ein schöner Teil der außerordentlich reichhaltigen Trak¬
tandenliste erschöpft. Das Comitö hatte den dankenswerten Beschluß gefaßt,
den Kongreßteilnehmern die äußerst mannigfaltige Anwendung der Röntgen¬
strahlen und der durch dieselben erzielten Erfolge durch einen sehr
reichhaltigen Projektionsabend vor Augen zu führen. Wir erwähnen
u. a. folgende Projektionsvorträge: Rumpel demonstrierte die ver¬
schiedensten chirurgischen Affektionen aus der v. Bergmannschen
Klinik. Joachimsthal führt die Dauerresultate der unblutigen
Behandlung der angeborenen Hüftverrenkung im Röntgenbilde
vor. Die großen Fortschritte der modernen Orthopädie, die an Stelle der
eingreifenden blutigen Operation in vielen Fällen die unblutige Ein¬
renkung treten lassen kann, zeigen sich gerade bei dieser Krankheit in
besonders augenfälliger Weise. Die Röntgenuntersuchung ergibt die Möglich¬
keit, jederzeit den genauen Zustand des erkrankten Gelenkes im Bild
darzustellen und die zu verschiedenen Zeiten während der Behandlung auf¬
genommenen Röntgenbilder geben uns von dem Fortschreiten des
Heilungsprozesses und zugleich auch von der Leistungsfähigkeit
der Lorenzschen Methode beste Beweise.
Bade-Hannover spricht an Hand seiner Bilder über die Be¬
deutung der Röntgenstrahlen für die Lehre der angeborenen
Hüftenverrenkungen. V or der Möglichkeit der Anwendung der Röntgen-
10* .
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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
strahlen war die Diagnose dieser schweren Krankheit oft nicht möglich,
wenn die von ihr befallenen Kinder laufen konnten; jetzt ist frühere
Erkenntnis und zweckmäßige Behandlung möglich und eine Ver¬
wechslung mit anderen Affektionen auf einem guten Röntgenogramm kaum
mehr möglich. Das Röntgenbild verhütet auch die sog. Scheineinrenkungen
und gibt für die Weiterbehandlung wichtige Winke. Betreffend
die Genese der Krankheit spricht sich der Vortragende dahin aus, es sei
die angeborene Hüftverrenkung nicht als Verrenkung im eigentlichen Sinn
des Wortes aufzufassen, sondern als eine Art Mißbildung resp. Bildungs-
hemmung aller das Fußgelenk zusammenfassenden Teile.
Sträter-Aachen führte hauptsächlich gute Röntgenogramme
von Schädelaufnahmen vor.
Das Hauptinteresse des Abends konzentrierte sich auf die Aus¬
führungen und Projektionsbilder von A1 bers-Schönberg (Ham¬
burg): Demonstration ägyptischer Mumien. Den Menschen ist nicht
einmal mehr der tote Leib ihrer Vorfahren heilig: die Mumien sind Handels¬
stücke geworden, Artikel von großem Wert; ihr Erhaltungssystem steht
bei der Preisbestimmung natürlich im Vordergrund. Es hat sich, besonders
in Egypten, nach und nach eine Art Industrie gebildet: ein schwunghafter
Handel mit falschen Mumien, der eine Art Strohpuppen in richtige
Binden eingehüllt, als echt auf den Markt bringt, mit verschieden¬
artigstem Inhalt (Stroh, Lumpen, Tierknochen etc.). Aber die Röntgenstrahlen,
die auch auf diesem Gebiet von wirklich praktischem Nutzen sich
erweisen, decken den Betrug auf: Die Untersuchung des Inhaltes der eigen¬
artigen Umhüllung und Entdeckung einer eventl. Fälschung kann mittelst
derselben leicht vorgenommen werden, da eine Eröffnung der durch viel¬
fache Umhüllungen zusammengehaltenen Mumie leicht deren Zerfall
herbeiführen könnte. Die Aufnahmen, die Albers-Sc hönberg vorwies
und die durchgehend das höchste Lob verdienen, stammen von der
Mumie eines e g y p t, i s c h e n Priesters, die sich zur Zeit im Museum für
Völkerkunde in Hamburg befindet. Ihr Alter wurde aus einer entzifferten
Inschrift auf einem der Mumie beigegebenen sog. Scarabäus auf 2800 Jahre
berechnet. Photographische Aufnahmen zeigen die Mumie von außen im
Schmuck ihrer vielen Zierraten und Bänderumhüllungen. Die Röntgenbilder
der verschiedenen Körperteile nötigen uns für die Kunst der egyptischen
Einbalsamierung die größte Bewunderung ab. Der Mumienkopf ließ im
Röntgenogramm noch einzelne Teile erkennen; Augapfel und Lidspalte
waren zu unterscheiden, die Zunge und die Zähne deutlich zu erkennen;
Weichteile und Skelett sind gut erhalten. Die Form und Struktur der ein¬
zelnen Knochen zeigt gegenüber den heutigen Verhältnissen keine prinzipi¬
ellen Unterschiede; die großen Körperhöhlon sind mit einer dichten Masse
(Asphalt?) ausgefüllt.
Straß mann brachte aus der pathologischen Sammlung der Berliner
Charitd an Hand eines riesigen Materials Röntgenaufnahmen von
menschlichen Doppelmißbildungen, Eb erlein ähnliche Mißbildungen aus dem
Tierreich.
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14!)
Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, .SO. April—3. Mai 1 ‘K)5.
Über den künstlichen Krüppelfuß (Stummelfuß) der Chinesinnen trug
Frankel-Nürnberg an Hand entsprechender Röntgen-Projektionsbilder in¬
teressante Details vor, mit besonderer Berücksichtigung der anatomischen
Konfiguration.
Der zweite Kongreßtag, Dienstag, 2. Mai 1905, war hauptsächlich
der Erörterung physikalisch-technischer Fragen auf dem Gebiet
der Röntgenstrahlen gewidmet, die den ärztlichen Praktiker weniger
interessieren dürften. Wir beschränken uns deshalb in der Berichterstattung
auf das Wichtigste.
Prof. Dr. Wertheim-Salomonson (Amsterdam): Über
L eistungsinessu ngen an Induktorien. Bestimmung der Energiever¬
luste im primären Stromkreis, im Vorschaltwiderstand, im Unterbrecher und
an den sekundären Klemmen lassen uns berechnen, wieviel von der in das
Induktorium hineingegebenen Energie im sekundären Strom zurückerstattet
wird; sie geben uns zugleich einen Überblick über den Nutzeffekt und
die Leistungsfähigkeit desselben. Die an den sekundären Klemmen
frei werdende Energie, mittelst einer besonderen kalorimetrischen Methode
gemesson, ergibt unter Benutzung eines gewöhnlichen mechanischen Unter¬
brechers als Nutzeffekt 50—52 o/o der in den Apparat hineingegebenen
Energie; wird ein Wehnelt-Unterbrecher benutzt, so sinkt der Nutz¬
effekt auf 26—32°/o. Der Redner verbreitet sich weiter über die Messung
der Kapazität der sekundären Spirale, Messungen der Energie für bestimmte
Funkenlängen, mit anderen Worten, er stellt sich die Frage: Wieviel Energie
ist nötig, um ein bestimmtes Quantum Röntgenlicht zu erhalten, wieviel
primäre Watt muß man an den Klemmen verbrauchen, zur Erzeugung
einer gewünschten Menge Röntgenstrahlen ? Es liefern nun 100 Watt in der
primären Spirale unter Benutzung eines mechanischen Unterbrechers Röntgen¬
licht von derselben chemischen Energie, auf der photographischen Platte ge¬
messen, wie wenn man 0,0426 Hefnerkerzen auf die Platte während der¬
selben Zeit und aus der gleichen Entfernung ein wirken läßt; bei Benutzung
eines Wehnelt-Unterbrechers ist das erhaltene Resultat etwas kleiner, 0,024
Hefnerkerzen.
An den interessanten Vortrag schloß sich eine lebhafte Diskussion
an. Dessauer (Aschaffenburg) spricht seine Befriedigung aus über
die schönen Untersuchungen und die Versuche zu exakter Messung. Boas
(Berlin) kritisiert einzelne Teile der Untersuchungsreihe und die erzielten
Resultate. Es sei der Phasenwinkel zu wenig berücksichtigt, die vom Vor¬
tragenden berechneten Nutzeffekte von ca. 50°/o seien zu klein; an einem
Induktorium von 80 cm Schlagweite habe er 75—80°/o Nutzeffekt gemessen.
Prof. Werthei in- Salonionson erwidert in seinem Schlußwort auf die
Ausstellungen von Boas.
Walter (Hamburg): Über die Messung der Intensität der
Röntgenstrahlen. Angesichts der deletären Einwirkung der Röntgen¬
strahlen auf den menschlichen Körper ist es ein Gebot der Notwendigkeit, den
die Röntgenologie praktisch ausübenden Arzt in die Lage zu versetzen, die
für jeden einzelnen Fall therapeuthisch notwendige Strahlendosis mittelst
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150
Bericht über den ersten Röntgrenkongreß in Berlin, BO. April—3. Mai 1905.
eines besonderen Verfahrens messen zu können. Das Problem der
Messung der Intensität der Röntgenstrahlen, oder besser das Problem der
Messung der von einer bestimmten Röhre ausgesandten Energie ist zuerst
von Holzknecht (Wien) als direkte Methode mit der Konstruktion seines
Chromoradiometers gelöst worden Seine Wirkung beruht auf der Ver¬
färbung gewisser Salzgemische unter dem Einfluß auftreffender X-Strahlen.
Walter wirft dem Instrument vor, daß die verschiedenen Farben-Nüancie-
rungen der Skala zuwenig von einander sich unterscheiden; einige Nummern,
z. B. 6—8, zeigen für sein Auge eigentlich keinen Unterschied. Trotzdem
bedeute der Apparat einen wichtigen Fortschritt. Mittelst desselben ist
es möglich, die gesamte Menge Röntgenstrahlen in einer einzigen Sitzung zu
applizieren; die Chromoradiometertabletten sind regenerierfähig. Die Me߬
methode nach Freund (Wien) benutzt eine 2°/ 0 ige Lösung von Jodoform in
Chloroform. Die, frisch bereitet, hellgelbe Lösung wird durch die einwirkenden
Röntgenstrahlen infolge von Jodabscheidung rot. Wenn auch die Freund’sche
Methode empfindlicher ist als die llolzknecht’sche, so ist sie doch recht ungenau,
weil sich bei längerem Stehen der Lösung spontan Jod abscheidet und die
jedesmalige Bereitung einer frischen Lösung umständlich und zeitraubend ist.
Sabourand & Noire benutzen bei ihrer direkten Meßmethode rundliche mit
Bariumplatincyanür getränkte Papierblättchen als Reagenzkörper, welche
ihre gelbgrüne Farbe unter der Strahlungswirkung in einen rötlichen Ton
verwandeln.
Als vierte direkte Meßmethode wäre der Einfluß der Röntgenstrahlen
auf die Widerstandsverminderung des Selens zu erwähnen; aber es steht
der Beweis noch aus, ob diese Wirkung der Intensität der Strahlung
proportional geht. Die indirekten Methoden benutzen nicht die Inten¬
sität der Röntgenstrahlen, sondern einzelne, an der Röntgenröhre erscheinende
Phänomene.
Köhler (Wiesbaden) war der erste, der die Wärmeerscheinungen
in der Röntgenröhre als Indikator gebrauchte. Dem Kathodenspiegel gegen¬
über ist bei der Köhler’schen Röhre ein Thermometer angebracht, dessen
Temperatursteigerung nach Verfluß bestimmter Zeit abgelesen wird und
einen Schluß auf die Intensitätswirkung der Strahlung erlauben soll. Ratio¬
neller erschien eine Abänderung in Gestalt einer Wasserkühlr ö h r e und
Messung der Temperaturerhöhung des Kühlwassers. Die Methode erscheint
noch unsicher. Besser und einfacher ist die Mi lliampöre-Methode, die
direkte Messung der Stromstärke, aber auch diese ist nicht gegen alle
Angriffe gefeit. Empfehlenswert erscheint dem Vortragenden die Ver¬
bindung des Holzknecht’schen Chromoradiometers mit der
Milliainpöremethode.
Diskussion. Kien b öck (Wien) spricht von der großen Bedeutung
von Intensitütsmessungen für die Röntgentherapie und hebt den Vorzug der
Holzknecht’schen Methode vor der Milliampöre-Methode hervor, und stellt
überhaupt die direkten Messungen über die indirekten. Schon vor fünf
Jahren beschrieb er seine photographische Methode, gab aber dann
seine Versuche aus verschiedenen Gründen vorläufig wieder auf. Nach
vielen Versuchen ist ihm dann die Konstruktion einer neuen Methode ge¬
lungen (über die er nachher einen Vortrag hielt). Ein unterempfindliches
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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
151
photographisches Papier wird in eine lichtdichte schwarze Umhüllung gelegt,
während der ganzen Dauer der Exposition mitbestrahlt, und mit einer
Normalskala verglichen. Derart ist es möglich, über die absorbierte Röntgen¬
lichtmenge genauen Aufschluß zu erhalten, v. Kowalski (Freiburg-Schweiz)
macht den Vorschlag, der Kongreß solle über die Frage der Intensität der
Röntgenstrahlen genaue Definitionen beschließen. Klingelfuß (Basel) be¬
merkt zur Messungsfrage, statt durch ein Milliampöreraeter könne die Inten¬
sität auch mittelst eines Voltmeters bestimmt werden. Cowl (Berlin)
macht Bemerkungen über verschiedene von ihm angestellte Versuche zur
Messung der Röntgenstrahlenmenge. Köhler (Wiesbaden) betont, die
Dosierung der therapeutischen Röntgenstrahlenmenge betreffend, daß ihre
Einwirkung auf das lebende Gewebe vermittelst des Baryumplatincyaniir-
schirmes und der photographischen Platte nicht genau gemessen werden
könne. Jede Methode müsse am lebenden Gewebe empirisch festgestellt
werden, und bevor er seine Arbeit über die Dosierungsröhre bekannt gemacht,
habe er viele Jahre lang einschlägige Versuche angestellt. Dessauer
(Aschaffenburg) spricht für ein ausführliches Votum über die von Prof. v. Ko¬
walski angeregte Untersuchung über die Intensität der Röntgenstrahlen und
schlägt seinerseits eine gemischte Kommission von Physikern, Technikern
und Ärzten vor zum Studium dieser Frage. Berger (Erlangen) ist der An¬
sicht, die Strommessung in der Röhre sei immerhin ein relatives Maß für die
photographische Aufnahme. Levy-Dorn (Berlin) hält eine Kommission
nicht für geeignet, die schwebende Frage zu entscheiden. Es wäre das sehr
einfach, Probleme so zu lösen; man brauchte nur Kommissionen zu ernennen.
Holzknecht (Wien). Wir haben Methoden, welche wirkliche Mengen-
Messungen sind und andere, welche nebenbei noch andere B'aktoren messen.
Warum wird denn das Finsenlicht nicht gemessen? Die Röntgenlichtquelle
ist aber inkonstant, weder die Qualität einer und derselben Röhre, noch die
Intensität der von ihr gelieferten Strahlen ist konstant, während wir im
Finsenlicht eine konstante Lichtintensität besitzen; wäre dem nicht so, so
brauchten wir überhaupt kein Meßinstrument. Er verbreitet sich sodann ein¬
gehend über die Forderungen, welche an ein brauchbares Meßinstrument zu
stellen sind. Dessauer (Aschaffenburg) nimmt gemeinsam mit Professor
v. Kowalski dessen Antrag wieder auf und weist die Einwände Levy-Dorns
zurück. Es handelt sich jetzt darum, die zur Zeit bestehenden Anschauungen
physikalischer Art über die Frage der Intensität der Röntgenstrahlen kennen
zu lernen. Diejenigen, die sich praktisch verwerten lassen, auszusondern und
hernach praktische Regeln für die therapeutische Anwendung der Röntgen¬
strahlen in der Medizin abzuleiten. Er stellt den Antrag: Prof. v. Kowalski
und Ingenieur Dessauer beantragen, es möge sogleich eine Kom¬
mission von Physikern, Technikern und Ärzten gewählt werden zur Ent¬
scheidung der Frage nach Intensität und Quantität der Röntgenstrahlen.
Walter macht in seinem Schlußwort Bemerkungen zu den gemachten Ein¬
wänden. Levy-Dorn kann sich schließlich auch mit der Wahl einer Kom¬
mission befreunden: Die zu wählende Kommission ist ja unschädlich, aber
ein gutes Sammelreferat bringt dasselbe zustande, was die Kommission im
besten Fall. Hennig (Königsberg) spricht noch für den Antrag vom Stand¬
punkt des praktischen Röntgenologen. In der darauf folgenden Abstimmung
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152
Technik, Wirkungen und Indikationen der Hydro-Elektrotherapie etc.
wird der Antrag Kowalski-Dessauer mit großem Mehr angenommen und die
Bestellung der Kommissionsmitglieder dem Bureau überlassen.
Gocht (Halle a. S.): Über Röntgenröhren und Untersuch¬
ungen mit der Lochkamera. Die Lochkamera cerschafftunsein genaues
Bild desjenigen Fleckes der Antikathode, welche Röntgenstrahlen aussendet.
Gocht’s Lochkamera besteht aus einem eisernen Kasten, der nach einer Seite
hin aufklappbar ist; im Deckel des Kastens wird eine kleine Öffnung von
3 /-i mm angebracht, ein Blendenloch. Im Innern des Kastens befindet sich
ein in der Höhe verstellbares Tischchen zur Aufnahme der photographischen
Platte. Die über dem Blendenloch des Deckels angebrachte Röntgenröhre
wird so eingestellt, daß die Antikathode die gewünschte Stellung zur Tisch¬
platte erhält und die Entfernung zwischen Antikathode und Blendenloch
gleich groß ist, wie die Distanz zwischen Blendenloch und Plattenoberfläche.
Von vollzogener Exposition zeigt sich auf der entwickelten Platte als Abbild
des Brennfleckes ein besonders im Zentrum intensiv geschwärzter Fleck, der
z. T. in eine geringere, nach der Peripherie sich aufhellende Schwärzung
— Protuberanzenzone Gocht’s — übergeht. Die Resultate seiner Untersuch¬
ungen faßt er in folgenden Sätzen zusammen. 1. Die Lochkamera-Aufnahmen
sind vortrefflich geeignet, von der Güte der Röntgenröhre ein Bild zu
geben. 2. Unter sonst gleichen Bedingungen ist zu empfehlen, bei Röntgen¬
aufnahmen den Platinspiegel mit der Plattenebene einen Winkel von 65°
bilden zu lassen. 3. Eine Röhre gibt unscharfere Bilder, wenn sie zu hart
ist und demgemäß sehr stark belastet werden muß. 4. Röhren mit verschieb¬
barer Kathode sind nicht zu empfehlen, da sie nur bei einer Einstellung
ein Optimum des Brennfleckes und scharfer Bildzeichnung aufweisen. 5.
Der günstige Einfluß der richtig eingeschalteten Drosselröhre wird bei der
Lochkamera-Aufnahme verdeutlicht; der Brennfleck wird unter sonst gleichen
Verhältnissen kleiner. 6. Halbkugelige Antikathoden scheinen zu röntgeno¬
graphischen Zwecken vorteilhaft zu sein.
Diskussion. Holzknecht (Wien). Daß die Antikathode parallel zur
Platte stehen müsse, ist eine unrichtige Meinung. Die Röhre kann, wie
immer, stehen, nur muß das aufzunehmende Objekt in den Bezirk der leuch¬
tenden Halbkugel fallen. Rosenthal (München). Ablenkung der Röntgen¬
strahlen entsteht dadurch, daß jeder Körper, der von Kathodenstrahlen ge¬
troffen wird, selbst wieder Ausgangspunkt für Kathodenstrahlen wird.
Metzner (Dessau) bestätigt den Irrtum, welcher wegen der Stellung der
Antikathodenebene obwaltet und bekennt sich als s. Z. intellektueller Urheber.
Technik, Wirkungen und Indikationen der hydro-
Elektrotherapie bei Anomalien des Kreislaufs.
Eine Besprechung; nach dem gleichnamigen Buche von Dr. Paul C. Franze (Bad Nauheim)'
von Dr. Artur Henuig (Königsberg i. Pr.).
Der auf dem Gebiete der Elektrotherapie, wie durch die Aschaffen¬
burger Röntgen-Kurse auf dem der Radiologie bestens bekannte und ge¬
schätzte Nauheimer Badearzt Franze hat uns in dieser neuesten Arbeit den
heutigen Stand der Hydro-Elektrotherapie, durch eine große Reihe eigener
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Technik. Wirkungen nnd Indikationen der Hydro-Eiektrotherapie etc.
153
bahnbrechender Untersuchungen und Versuche erweitert, bei Anomalien des
Kreislaufs in kompendiöser, sehr sachlich und klar geschriebener Form dar¬
gelegt.
Von dem allgemeinen Wert physikalischer Methoden ausgehend be¬
spricht er in gedrungener Form die Elektrotherapie im allgemeinen und
speziell das Hydro- elektrische Bad und das elektrische Luftbad, das Volta¬
bad wie die Entwicklung der Hydro-Eiektrotherapie, geht dann auf die Wir¬
kung elektrischer Vollbäder mit faradischem und namentlich sinusoi'dalem
Wechselstrom für die Behandlung von Herzkrankheiten ein und kommt
schließlich zum Schnöe’schen Vierzellenbad.
Ich kann diese Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, ohne für das
hydro-elektrische Vollbad und zwar für das faradische, galvanische wie farado-
galvanische wie fernerhin für das monopolare und bipolare hydro-elektrische
Voll- wie Teilbad die Priorität für mich in Anspruch zu nehmen. Meine ersten
Versuche in dieser Hinsicht, wie die therapeutische Anwendung der hydro-elek-
trischen Bäder reichen bis in das Jahr 1879 zurück; im Sommer 1880 machte ich
dann mit Herrn Geheimrat W esc he in Bernburg Versuche, der wohl unabhängig
von mir in gleichem Sinne gearbeitet hatte, und im November 1880 habe ich
dann in meiner Privat-Klinik Quisisana in Königsberg i. Pr. das erste hydro¬
elektrische Bad zu therapeutischen Zwecken in die Praxis eingeführt. Im
Laufe der Jahre stellte ich dann Indikationen und Kontraindikationen fest,
führte im Frühjahr 1883 auf der internationalen elektrischen Ausstellung in
Königsberg i. Pr. ein hydro-elektrisches Vollbad vor und demonstrierte das¬
selbe zu wiederholten Malen daselbst, das Gleiche habe ich in demselben
Jahre auf der internationalen elektrischen Ausstellung in Wien getan und in
der Festschrift eine kurze Beschreibung des elektrischen Bades gegeben.
Meines Wissens sind vor mir weder in Deutschland noch in Amerika, Eng¬
land, Belgien oder Frankreich hydro-elektrische Vollbäder zu therapeutischen
Zwecken in Anwendung gezogen worden, und so nehme ich abermals die
Priorität in dieser Hinsicht voll und ganz für mich in Anspruch.
In einem der Materie entsprechenden, ausführlichen und dabei sehr
übersichtlichen Abschnitt erläutert Franze die technische Einrichtung hydro¬
elektrischer Bäder, die Badeformen und die Stromverhältnisse im Bade, mit
kurzem Hinweis auf die Wechselströme namentlich gegenüber dem fara-
dischen und unter besonderer Berücksichtigung des sinusoi'dalen Wechsel¬
stroms, um alsdann auf die Badetechnik, die Häufigkeit der Applikationen,
ihre Dauer, die Temperatur des Badewassers, die thermischen Einflüsse auf
die Zirkulation und die Dosierung des Stromes einzugehen.
Den breitesten Raum in der interessanten Arbeit nimmt der wohl¬
gelungene Abschnitt über die physiologischen Wirkungen der hydro-elek-
trischen Bäder ein, in dem sich neben Altbekanntem sehr viel Neues aus
den Untersuchungen Franze’s findet; die Wirkungen des galvanischen, fara-
dischen wie des Bades mit sinusoi'dalem Wechselstrom nach eigenen ein¬
gehenden Untersuchungen werden ausführlicher besprochen. F'ranze hat
versucht, die verschiedenen Möglichkeiten einer physiologischen Beeinflussung
des Kreislaufs hauptsächlich durch das Wechselstrombad zu definieren und
kommt zu folgendem Schlüsse.
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154
Technik, Wirkungen nnd Indikationen der Hydro-Elektrotherapie etc.
Sichere Wirkungen auf den Kreislauf finden statt:
1) durch den diffusen Hautreiz,
2) durch die Muskelkontraktionen.
Als wahrscheinliche Wirkungen auf den Kreislauf müssen hingestellt
werden:
1) die durch direkte Elektrisation der großen Nervenstämme,
2) die durch direkte Elektrisation der Gefäße,
und als mögliche Wirkungen:
1) solche durch direkte Elektrisation des Herzens,
2) solche durch Elektrisation der sympathischen Geflechte.
Im Anschlüsse hieran handelt er dann die physiologischen Wirkungen
des Vierzellenbades ab, und zwar des galvanischen wie des faradischen
und des Wechselstromes und stellt das Wesen der Wirkung desselben fest,
wobei er mit klaren Worten die übertriebenen Lobpreisungen des Vierzellen¬
bades auf das Tatsächliche reduziert. Ganz besonders hebt Franze hervor,
daß auch diese Badeform eine Methode der allgemeinen, nicht der lokalen
Elektrisation ist, und daß man beim Zellenbad den Strom zwar etwas mehr
auf einzelne Organe konzentrieren kann aber keineswegs ganz und gar; bei
ihm können wir die einzelnen Organe nach Willkür etwas ungleichmäßig be¬
einflussen aber durchaus nicht einzelne von ihnen allein. Das Vierzellenbad
ist zweifellos eine Bereicherung der Technik der allgemeinen Elektrisation.
Gegenüber dem hydro-elektrischen Vollbade bietet es zunächst den Vorzug
größerer Bequemlichkeit, alsdann ist die Prozedur im Zellenbade eine viel
mildere, weil der Hautreiz wegfällt — dies kann allerdings manchmal auch
ein Nachteil sein —, und endlich ist die genaue Dosierbarkeit des galvani¬
schen Stromes bei ihm wohl der größte Vorzug des Verfahrens. In diesem
Kapitel erwähnt Franze der letzten Untersuchungen Rosenbaums, die jetzt
wohl endlich in Übereinstimmung mit meinen Behauptungen aus dem Jahre
1880 den absolut sicheren Beweis erbracht haben, daß der Körper einen
geringeren Widerstand, also einen bequemeren Stromweg darbietet als das
gewöhnliche Leitungswasser.
Weiterhin bespricht er ausführlicher die therapeutischen Wirkungen
und allgemeinen Indikationen der elektrischen Voll- und Vierzellenbäder bei
Kreislaufstörungen. In erster Linie können wir Neurasthenie oder mehr ver¬
einzelte nervöse Symptome, die sehr häufig Affektionen des Herzens und
der Blutgefäße vorangehen, wie sie sich aber auch sehr häufig zu solchen
gesellen, durch individualisierende Anwendung der allgemeinen Elektrisation
außerordentlich günstig beeinflussen; ferner sind es Störungen des Stoff¬
wechsels, die Zirkulationsanomalien fast stets begleiten, da die allgemeine
Elektrisation einen ausgesprochen beschleunigenden Einfluß auf den Stoff¬
wechsel hat. Deshalb ist es auch sehr rationell, die Elektrizität in Verbin¬
dung mit anderen ähnlich wirkenden physikalischen Prozeduren, wie der
Anwendung kohlensaurer Soolbäder, zur Regulierung des Stoffwechsels bei
Zirkulationsstörungen zu benutzen. In der speziellen Wirkung auf die Zir¬
kulation steht obenan die Behandlung der Herzmuskelinsuffizienz bezw. der
durch Gefäßanomalien bedingten Herzerweiterungen durch Elektrizität und
namentlich Bäder mit sinusoidalem Wechselstrom und auch mit faradischem
Strom. Arteriosklerose und Aneurysmen müssen wir dagegen als Kontrain-
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Technik, Wirknmcen nnd Indikationen der Hydro-Elektrotherapie etc.
155
dikation für das Wechselstromvollbad betrachten, wie fernerhin diejenigen
Fälle, in denen die Gefäßneurose in Form von Angiospasmus auftritt, eine
Form, die überhaupt zuerst von F ranze beschrieben worden ist. Recht
günstig wirken auch oft die Wechselstrombäder bei Herzmuskelinsuffizienzen
auf toxischer oder infektiöser Grundlage oder infolge von Überanstrengung,
allerdings nur bei leichteren bis mitteren Graden. Doch muß inan im Ge¬
brauche dieser Bäder vorsichtig sein, weil sonst sehr leicht unerwünschte
Erscheinungen wie Aufgeregtheit, schlechter Schlaf, vor allem Schwindel¬
sensationen, die sich bis zum Gefühl des Taumelns steigern können, auftreten
können, und daher empfiehlt es sich, sie niemals länger als 12—14 Tage benutzen
zu lassen mit nachfolgender Pause von 4—7 Tagen, die man am besten mit
einer andern kreislaufförderlichen physikalischen Prozedur, z. B. kohlen-
sauren Bädern, Massage, Heilgymnastik ausfüllt. Am praktischsten ist es
überhaupt, wenn angänglich, diese einzelnen Methoden zu kombinieren, wie
Franze es in Nauheim von vornherein tut, doch ist es notwendig, in jedem
Falle streng zu individualisieren. Nach seinen Erfahrungen — und auf diesem
Gebiete dürfte Franze zur Zeit der einzige kompetente Beurteiler sein —
hat der galvanische Strom im Vierzellenbad vorwiegend indirekten Wert für
die Behandlung der Kreislaufaffektionen durch seinen Einfluß auf das All¬
gemeinbefinden, den Stoffwechsel, das Nervensystem. Dagegen erleichtern
und beschleunigen die unterbrochenen Ströme die Zirkulation direkt unter
Verbesserung der Herztätigkeit. Abgesehen von Aneurysmen gibt es wohl
keinen pathologischen Zustand am Herzen oder an den Gefäßen, der als solcher
das Galvanisieren und Faradisieren im Zellenbade kontraindiziert.
Franze hat noch niemals bei verständigem Gebrauche des Vierzellen¬
bades das geringste unerwünschte Symptom auftreten sehen, im Gegenteil
war die Wirkung auf das Allgemeinbefinden stets und immer eine günstige,
und daher kommt der erfahrene Nauheimer Badearzt zu dem absolut be¬
rechtigten Schlüsse, daß die Kombination von kohlensauren Thermalsol¬
bädern (Nauheim) mit Hydro-Elektrotherapie allen andern physikalischen
Methoden der Behandlung von Kreislaufstörungen überlegen ist.
Zum Schlüsse gibt Franze noch die speziellen Indikationen der fara-
dischen und Wechselstromvollbäder, der galvanischen Vollbäder und der
Vierzellenbäder an und bezeichnet als Kontraindikation der Hydro-Elektro¬
therapie alle schweren Kompensationsstörungen mit allgemeinem Hydrops,
Anasarka, Ascites, stärkerer Stauungsniere etc., fortgeschrittene Arteriosklerose,
Aneurysmen im allgemeinen, akute und subakute Myo- und Endokarditiden.
Franze faßt das Resultat seiner Untersuchungen über den Wert der
neueren hydro-elektrischen Methoden bei Zirkulationsstörungen in folgende
Sätze zusammen:
1) Den günstigsten Einfluß haben hydro-elektrische Prozeduren auf die
funktionellen Störungen des kardio vaskulären Nervenapparates.
2) Wegen ihrer günstigen Wirkung auf den Stoffwechsel, das
Nervensystem, den Gesamtorganismus, sowie im Sinne der Er¬
leichterung und Beschleunigung der Zirkulation, können sie auch
bei anderen Affektionen der Kreislaufsorgane mit Vorteil ver¬
wendet werden, namentlich zur Unterstützung anderer Prozeduren.
3) Das Vierzellenbad wirkt milder als das Vollbad.
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156
Kritik.
II. Kritik.
A. Bücher. E. Sommer, Winterthur, Anatomischer Atlas in stereoskopischen Röntgenbildern.
(Ref. Franze, Nauheim.) Albers-Schönberg, Die Röntgentechnik, Lehrbuch für Arzte und
Studierende. (Ref. Franze.) F. Dessauer. Röntgenologisches Hilfsbuch. (Ref. Trapp.)
Stark, Das Wesen der Kathoden- und Röntgenstrahlen. (Ref. Dessau er.> Zacharias und
Müsch, Konstruktion und Handhabung elektromedizinischer Apparate. (Ref. Franze.) —
B. Abhandlungen. Kienböck, Über Röntgenbehandlung der Sarkome. (Ref. Robinsolin.)
v. Luzenberger, Die Franklinsche Elektrizität in der medizinischen Wissenschaft und Praxis.
(Ref. Wiesner.) Kurelia, Elektrische Gesund hei t.sschädigungeu am Telefon. (Ref Wiesner.)
Wind, Elektronen und Materie. (Ret. Gehlhoff.) Wertheim-Salomonsohu. Kleine und große
Induktoren. (Ref. Gehlhoff.) Frankenhäuser, Die Wärmestrahlung, ihre Gesetze und
Wirkungen. (Ref. Wiesner.) Lcduc, Die Jonen-oder elektrolytische Therapie. (Ref. Wiesner.)
Neue Bücher.
A. Bücher.
E. S o m m e r - Winterthur: Anatomischer Atlas
in stereoskopischen Röntgenbildern. 1.
Normale Anatomie, 1. Abteilung: Knochen
und Gelenke. Mit 20 Tafeln. A. Stübers
Verlag, Würzburg.
Mit vorliegendem Atlas ist ein eigen¬
artiges und, nach des Referenten Ansicht,
einer glücklichen Idee entsprungenesWerk dem
Arzte behufs Vervollständigung oder Wieder¬
holung seiner anatomischen Kenntnisse an die
Hand gegeben worden Das Werk besteht aus
einem kurzen Vorwort und aus 20 stereosko¬
pischen Röntgenbildern des normalen mensch¬
lichen Skeletts, die mittelst einfachen bei jedem
Optiker für ca. 2 M. erhältlichen Stereoskops
betrachtet werden sollen. Die einzelnen Radio¬
gramme sind auf kräftigem Pappdeckel montiert
so, daß jedes eine einzelne Tafel für sieb dar-
stellt Jede solche enthält oben eine kurze ana¬
tomische und röntgenologische Beschreibung
des Bildes, die durch eine gute Skizze des
letzteren anschaulich gemacht wird. Unten auf
der Tafel befinden sich die Röntgenograimne.
Das ganze befindet sich [in einem in Buchform
ausgeführten Etui, und dieses, sowie die ganze
Ausstattung muß als ebenso geschmackvoll
und kompendiiis als auch praktisch bezeichnet
werden. Da auch der Preis ein sehr mäßiger
ist (6 M j, so kann man dem Werke nur die
weiteste Verbreitung aufrichtig wünschen.
Franze-Nauheim.
Albers-Schönberg: Oie Röntgentechnik, Lehr¬
buch für Aerzte und Studierende. Mit
• IG4 Abbildungen im Text und I Tafel.
2. umgearbeitete Auflage. 422»Seiten. Preis
ungeb. M. 11. (Verlag: Lucas Gräfe
& Sill ein, Hamburg 190G.
Wir entnehmen dem Inhalt, der uns vor¬
liegenden 2. Auflage des bekannten Lehrbuchs
im nachfolgenden einige Ausführungen.
Zunächst empfiehlt A S jedem Röntgeno¬
logen mit Recht die Verwendung des elektro¬
lytischen Unterbrechers. Nicht beistimmen
können wir dem Verfasser darin, daß der
Berliner Röntgenkongreß die Ueberlegenheit
der großen Induktoren über die kleineren
(ca. 20 bis 25 cm Funkenlänge) nachgewiesen
habe, da überhaupt dieser Gegenstand dort
nicht besprochen wurde und das Vorwiegen
großer Apparate in der Ausstellung natürlich
an sich nichts hinsichtlich ihrer Güte beweist.
Es folgen ausführliche Beschreibungen
der Walterschaltung und des elektrolytischen
Unterbrechers. Im 2. Kapitel kommen wir
zur Besprechung der Röntgenröhre; Verfasser
empfiehlt die Walter’sche Härteskala als inter¬
nationales Verständigungsmittel hinsichtlich
der Beurteilung des Härtegrades der Röhre
Der Apparat besteht im wesentlichen aus einer
Bleischeibe, die 8 runde Löcher enthält; diese
sind ndt Platinscheibcn von verschiedener
Dicke, welch’ letztere in geometrischer Pro¬
gression zunimmt, belegt. Die Härte der Röhre
wird nun nach der Anzahl der auf dem Leucht-
schirm erscheinenden Felder bestimmt. Bei
der weichsten Röhre leuchtet nur ein Feld auf,
bei der härtesten tun es alle acht. Mit der aus¬
führlichen Besprechung der Röntgenröhre,
ihrer verschiedenen Konstruktionen und ihres
richtigen Gebrauchs kommt Verfasser zweifel¬
los den Erfordernissen der Praxis sehr ent¬
gegen ; doch erscheint es hier unbegreiflich,
warum neben den durch Abbildungen illu¬
strierten Fabrikaten fast aller bedeutenden
Firmen eine der besten Röhren, die Gundelach-
Dessauer’sche Idealröhre, keine Erwähnung
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Kritik.
157
findet, umso mehr, als Verfasser die übrigen
Typen der Gundelach’schen Röhren lobend
an führt. Ebenso mußte bei der ausführlichen
Darstellung des Kompressiousblenden - Ver¬
fahrens die Arbeit von Wiesner und sein
Blendenuiodell Erwähnung finden. Sehr
praktisch erscheint die vom Autor angegebene
Anbringung von Bleiglasansiitzen an der
Ivompressionsblende behufs Bestrahlung in
der Therapie. Es folgen Angaben über die
Einrichtung der Röntgen-Laboratorien, der
Dunkelkammer und die Beschreibung des
photographischen Verfahrens.
Den zweiten Teil des Werkes nimmt die
Darstellung der speziellen Technik ein; wir
lernen das Aufnahme-Verfahren für alle ver¬
schiedenen Körperteile ausführlich kennen,
sodann die Technik der Durchleuchtung, der
Ortho-,.röntgeno“grapliie (wie die Orthodia¬
graphie seit dem Berliner Kongress auch ge¬
nannt wird), der Lokalisation von Fremd¬
körpern und des stereoskopischen Verfahrens.
Internisten seien besonders auf die gute und
ausführliche Darstellung der Orthodiagraphie
aufmerksam gemacht Aus dem übrigen Inhalt
möchte Referent auch noch die umfassende
Besprechung der Schutzvorrichtungen als be¬
sonders zeitgemäß hervorheben. Die zahl¬
reichen Abbildungen sind sehr gut.
Franze-Nauheitn.
Röntgenologisches Hilfsbuch. Eine Sammlung
von Aufsätzen über die Grundlagen und
die wichtigsten H ilfsinethoden des Röntgen¬
verfahrens. Mit einem Anhang über Ra¬
dioaktivität. Von Ingenieur Friedrich
Dessauer. A.StübersVerlag(CKabitzsch)
Würzburg. litOö.
L Der gegenwärtige Stand des
R ö n t g e n v e r f a h r e n s. Das Wesen der Rönt¬
genstrahlen nach Wiecherts und Walters
Erklärung wird erläutert; letzterer Anschauung
schließt sich der Verfasser an. Die Kapazität
der Röhre an Röntgenstrahlen, die Wirkung
der Regeneration wird daran abgeleitet. Es
folgt nun die Wirkung der Strahlen, die Pro¬
jektionsart, die Abhängigkeit der chemischen
Wirkung von dem Absorbiertwerden der
Strahlen und daher derGrundsatz: Die benutzte
Röhre muß möglichst weich sein Die tech¬
nische Grundlage, die Stromarten, der Apparat¬
bau und seine Leistungen werden besprochen,
letztere stets nach den eigenen Ansichten des
Verfassers, der bekanntlich die Ansicht vertritt,
daß lnduktorien bis höchstens 35 cm „Funken-
läuge“ für alle vom menschlichen Körper dar¬
zustellenden radiographischen Aufnahmen ge¬
nügen. Die Röhren werden hinsichtlich der
beim Betrieb wichtigen Vorgänge besprochen.
Es folgen Grundsätze für Beurteilung der
Unterbrecher, dann die grade von Dessauer
so energisch vertretene Forderung, daß alle
Teile des ganzen Apparates aufeinander ab¬
gestimmt sein sollen und die Begründung dieser
Forderung; den Schluß bildet die Erklärung
der Wirkung der Drosselröhre, der Blenden
und des Chromoradiometers von Holzknecht.
II. Einiges über die Röntgen¬
röhre. ihre Eigenschaften, Wahl und ihr
Gebrauch. Die Röhre ist ein Energietrans¬
formator, ebenso der Induktor. Die Leistung
des letzteren hängt vom ..Kupfergewicht“ ab.
Die Schädlichkeit der Ueberlastung beider
Transformatoren durch die Umwandlung der
überschüssigen Energie in Wärme wird erläu¬
tert. Aus dem schon im vorigen Kapitel über die
Entstellung der Röntgenstrahlcn Gesagten wird
die Forderung hergeleitet, möglichst große
Röhren, die möglichst viel Gasreste enthalten,
anzuwenden; die Schwierigkeit ihres Baues,
um gute Projektion zu erhalten und die Ueber-
windung dieser Schwierigkeit durch den Bau
der „Idealröhre“ von Gundelach und Des¬
sauer werden theoretisch dargelegt. In dem
Abschnitt über Wahl und Gebrauch der Röhren
werden, immer an der Hand der physikalischen
Vorgänge in denselben, die für den praktischen
Gebrauch notwendigen Anweisungen gegeben.
III. Das Blenden verfahren und
seine Kombination mit der Ortho¬
diagraphie. Die Grundlage des Bleuden¬
verfahrens ist die Abhaltung der Sekundär¬
strahlen. Die Albers-Schönbergsehe
und die Wiesnersche Blende werden nach
Konstruktion und Wirkungsweise besprochen,
dann die irisblende und ihre Verwendung bei
der Ortho-Röntgenoscopie und die zu letzterem
Zweck gebauten Apparate.
IV. Ueber Stromquellen in der
Medizin mit. besonderer Berücksich¬
tigung der Röntgenapparate. Accu-
mulatoren, ihre Bauart. Behandlungsweise,
Leistungsfähigkeit und eine kleine Dynamo¬
maschine zur Ladung, welche durch einen
Wassermotor getrieben wird, bilden den ersten
Abschnitt. Gleichstrom, Wechselstrom, Dreh¬
strom, und wie. sie zum Betrieb der Riintgen-
apparate sich eignen bezw. dazu geeignet ge¬
macht werden, sind im nächsten Abschnitt ab¬
gehandelt unter Anführung von Beispielen
ausgeführter Anlagen.
V. Einiges über Unterbrecher.
Im Wesentlichen enthält dieses Kapitel die Be¬
gründung der Schädlichkeit der. Schließungs¬
induktion für die Röhren und den Nachweis,
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Kritik.
158
wie sie bei den einzelnen Unterbrecherarten
entsteht. Die Unterbrecherkonstruktionen des
elektrotechnischen Laboratoriums Aschaft'en-
burg werden näher beschrieben.
VI. Die Schließungsinduktion,
ihre Schädlichkeit und ihre Unter¬
drückung. Erklärung der Schlicßungsin-
duktion, ihrer Entstehung, ihrer Wirkung auf
die Röhre. Zur Vermeidung ihrer schädlichen
Wirkung dienen 1) Induktorien mit reduzierter
Funkeulänge, 2) Art des Betriebs: (Batterie,
Platinunterbrecher), 3) Walterschaltung. 4)
Funkenventil, 5) Drosselröhre.
VII. Wie groß soll die Funken¬
länge des Induktors sein? Enthält den
Streit der sogen. Aschaffenburger und Ham¬
burger Richtung Die durch ihn entstandene,
ziemlich beträchtliche Literatur ist am Schluß
angeführt.
Anhang: Ueber Radioaktivität
und Naturanschauung. Die Geschichte
des Radiums, die theoretischen Forschungen
und Ergebnisse derselben und die daran sich
knüpfenden Spekulationen über Werden, Ver¬
geben, auf- oder absteigende. Entwicklung
der Erde werden abgehandelt. Ein genaues
kurzes Referat über diese auseinander hervor¬
gehenden und eng zusammenhängenden Dinge
läßt sich nicht geben.
Die Im vorliegenden Werkehen enthal¬
tenen kurzen Abhandlungen sind in gleicher
oder ähnlicher Form in den verschiedensten
Zeitschriften verstreut. Es ist dankenswert,
daß Verfasser sie so zusammengestellt hat.
Dem Anfänger wie dem Fortgeschrittenen
werden sie manchen guten Wink geben; be¬
sonders angenehm werden sie ehemaligen
Teilnehmern der Aschaffenburger Röntgen¬
kurse sein. - a—
Stark, Dr. J. Privatdozent an der
U n i v e r s i t ä t G ö 11 i n g e n: D a s W e s e n
derKathoden- u. R ö u t g e n s t r a h 1 e n.
Heft 1 der zwanglosen Abhand¬
lungen aus dem Gebiete der
Elektrotherapie u. Rad iologieetc.
Herausgeg. v. Dr. Kurella und Prof. A. v.
Luzenberger. Leipzig Job. Ambrosius
Barth.
Der Autor ist ein hervorragender Ar¬
beiter auf dem Gebiete der Strahlungen. Dem
Physiker ist besonders sein großes Werk über
die Elektrizität in Gasen eine willkommene
Darstellung dieses neuen und schon so reichen
Gebietes geworden. Das vorliegende Heftchen
von 25 Seiten Text ist ein Auszug eines Teiles
des größeren Buches.
Wie nicht anders zu erwarten, ist die
Aufgabe einer knappen und doch klaren Dar¬
stellung vorzüglich gelöst. Selbst für den
Fachmann ist die kleine Schrift eine genu߬
reiche und gerade durch die Knappheit der
Darstellung auch wertvolle Lektüre. Der Laie
wird manchmal Mühe haben zu folgen, aber
auch wenn er nicht alles versteht — das ist
bei der Kürze der Darstellung kaum möglich—,
wird er doch einen Begriff bekommen von
den gegenwärtigen Vorstellungen über das
Wesen der neuen Phänomene und den Weg,
wie man etwa zu diesen Vorstellungen ge¬
langte. Autoren sind gar keine genannt, viel¬
leicht wird mancher doch wünschen, zu wissen,
wem wir eigentlich wenigstens die größeren
Fortschritte in der Erkenntnis auf dem Strahlen¬
gebiete verdanken
Zunächst führt der Verfasser uns dieGrund-
begriffe der Dynamik, Beschleunigung. Masse,
vor, definiert die Masse als Beschleunigungs¬
koeffizienten. Dann sucht er, uns die Vor¬
stellung der Elektrizität analog zu entwickeln.
Nun kommt ein Abschnitt mit der Darstellung
der kleinsten Bausteine: Elektron, Atom, Jon.
Wir erfahren, wie das Elektron als elektrisches
Elementarquantum mit seinesgleichen das Atom
bildet und daß freie Elektronen ausstrahlen und
durch ihre Ladung zu „Wandernden', zu Jonen
werden. Analog dem freien Fall erörtert der
Verf. die kinetische Energie des fliegenden
Elektrons, welche es aus der durchlaufenen
Spannungsdift’erenz gewinnt, so daß sie sich
entweder als Geschwindigkeit in der freien
Wegstrecke anhäuft, oder auf dem Wege an
neutrale Moleküle oder Elektronen mehr oder
weniger abgibt. Sofort auch erfahren wir
die Geschwindigkeitsberechnung aus dem
durchlaufenen Spannungsabfall.
Die nächsten beiden Abschnitte ent¬
wickeln die Wirkung elektrischer und mag¬
netischer Felder auf die Bahn des Elektrons,
sehr anschaulich gemacht durch die Analogie
des Wurfes im Felde der Erdschwere. Dann
werden wir mit der Vorstellung der Masse
des freien negativen Elektrons (der Kathodcn-
strahlen) bekannt gemacht, die sich als nicht
konstant erweist, eine Vorstellung, die ja
immerhin manche Schwierigkeit bereitet
Außerordentlich anregend ist die Darstellung
der Erzeugung der Kathodenstrahlen, ihrer
Absorption bezw. Zerstreuung.
Um das Phänomen der X-Strahlung auf
Grund der Wiechertschen Theorie zu er¬
klären, macht der Verfasser uns durch das
Experiment des schwingenden Seiles mit der
Vorstellung der Wellenbewegung in einem
Medium und mit den beiden „singulären
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Kritik.
Punkten“ des Mediums bekannt, entwickelt
dann die elektromagnetische Strahlung, bei
welcher der Aether als Medium, Elektronen
als singulare Punkte wirken. Wir verstehen
leicht den Zusammenhang zwischen der
Energie, der Periode des Strahlenausgangs-
puuktes und der Strahlung. Der qualitative
Unterschied der Strahlungen wird uns klar.
Der nächste Abschnitt handelt von der
Lichtstrahlung gebundener Elektronen, der
Absorption dieser Strahlung in ihnen und
der Strahlung freier Jonen, die keine Eigen¬
schwingung besitzen. Auf Grund dieser Vor¬
stellung wird schließlich das Wesen der
Röntgenstrahlung als äußerst rascher elektro¬
magnetischer Schwingung, entstanden durch
den Jouenstoß der Kathodenstrahlung auf die
Antikathode erklärt; die Eigenschaften, ins¬
besondere die Penetration, ergeben sich daraus
zwanglos.
Soll an der vorzüglichen kleinen Schrift
etwas ausgestellt werden, so sind es ganz un¬
bedeutende Fehler in einigen Redewendungen,
die dem Referenten als nicht recht geschmack¬
voll erscheinen. So, wenn es in der Einleitung
heißt: „Die Entdeckung der Rüutgenstrahlen
war der Böllerschuß, der . . Oder wenn
die Elektrizität definiert wird: „Wir haben
sie uns als ein Etwas vorzustellen, das im
Raume existiert.“ Wortbildungen wie „Ab¬
sorber“ (Stelle, an der Absorption statttindet)
sind doch eigentlich schrecklich. Freilich
sagt man ebenso schrecklich „Cohärer“, aber
man müßte dann auch „Producer“ (st. Produ-
cent) „Rezenser“ (st Rezensent), Contraher
(st. Contrahent) usw. sagen —, und das wollen
wir doch lieber nicht.
Diese kleinen Beanstandungen sollen die
Beurteilung des Werkchens nicht beeinträch¬
tigen Vielmehr mögen sie, wie der Rezen¬
sent hofft, dem Autor willkommen sein. Allen
aber, die das Phänomen der Strahlung täglich
beobachten und benutzen, und die sich noch
nicht über sein Wesen orientierten, sei diese
Schrift warm empfohlen. Dessauer.
159
Zacharias und Müsch: Konstruktion und
Handhabung elektro-medizinischer Appa¬
rate. Mit 209 Abbildungen. 296 Seiten.
Preis broschiert 8 M, geh 9 M. (Verlag
Job. Ambros. Barth. Leipzig, 1905).
An sich muß das Erscheinen eines der¬
artigen Werkes von jedem Elekt.rotherapeuten
mit Freuden begrüßt werden, und Referent
zweifeltauch nicht, daß vorliegendes in vielen
Fällen dem Praktiker wertvolle Aufschlüsse
über die Handhabung und Konstruktion seiner
elektro-medizinischen Apparate geben wird.
Allein, oft hatte er bei der Lektüre des Buches
doch den Eindruck, daß die Darstellung eine
zu oberflächliche sei, um Einen, der das Be¬
treffende nicht ohnehin schon weiß, wirksam zu
orientieren. Es wäre also den Verfassern zu
raten, bei einer neuen Auflage ihr verdienst¬
volles Werk dadurch noch zweckentsprechen¬
der zu machen, daß sie stets auf größte Klarheit
und Gründlichkeit der Darstellung achteten.
Und Referent glaubtauch den Weg, dieses ohne
Vergrößerung oder Verteuerung des Werkes
zu erreichen, vorschlagen zu können. Erbe¬
steht darin, das ganze Kapitel über das Rönt¬
genverfahren einfach zu eliminieren. Es ist
ganz unmöglich, auf dem beschränkten Raum,
der naturgemäß in einem solchen Werk über
die gesamten elektro-medizinischen Apparate
für einen einzelnen Zweig von ihnen zur Ver¬
fügung stellt, das Röntgenverfahren auch nur
skizzenhaft so darzustellen, daß der Neuling
daraus irgend welchen Vorteil zieht; der
Röutgenologe aber hat einschlägige Fach werke
und gründliches Wissen sich bereits verschafft
und benötigt derartige kurze Ueberblicke
daher nicht.
Der Wert des Buches als Ganzes soll
aber durch diese Ausführungen keineswegs
herabgesetzt, sondern es sollen nur einige
Winke zu seiner Vervollkommnung gegeben
worden sein. Besonders wertvoll sind die aus¬
führlichen Hinweise auf die einschlägige Fach¬
literatur.
F ranze-N'auheim.
B. Abhandlungen und Broschüren.
R. Kienböck (Wien): Ueber Röntgenbe¬
handlung der Sarkome (Bericht.,
erstattet am I. internationalen Kongreß
für Physiotherapie in Lüttich 1905).
Das vorliegende Referat Kienböcks
ist als in jeder Beziehung vorbildlich zu be¬
zeichnen, sowohl was die Gründlichkeit des
Studiums der Literatur, die genaue Beobachtung
der eigeuen Fälle, als die Verwertung dieser
Erfahrungen und sorgfältige Abwägung der
daraus sich ergebenden Schlüsse in Bezug auf
Indikationsstellung und Technik bei der Rönt¬
gentherapie des Sarkoms betrifft. Es fällt
schwer, einen Auszug aus einem Elaborate
zu geben, in dem fast kein Wort gesagt ist,
das nicht gesagt werden mußte. Es soll daher
mein Referat nicht, wie häutig, das Lesen des
Originaltextes überflüssig machen, sondern
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Kritik.
1150
dazu anregen. Nur unter diesem Hinweise
möchte ich die durch die Beschränkung des
Raumes auferlegten Kürzungen vornehmen.
Schon in den Jahren 1896/97 wurden
Erfahrungen von schrumpfender Wirkung der
Röntgenbestrahlung auf Tumoren bekannt,
ln den Jahren 1809 und 1900 wurden ganz
vereinzelte Fälle von Sarkomen mit günstiger
Wirkung der Röntgenbestrahlung veröffent¬
licht, ferner stellten 1902 und 1903 zwei ame¬
rikanische Forscher eine größere Reihe von
Versuchen an. Gegenwärtig ist K. in der
Lage, eine tabellarische Uebersicht über 53
gut, 15 unvollständig beobachte fremde, und
10 eigene, zusammen über T8 Fälle zu geben.
Danach kann man eine doppelte Wirkung
der Röntgenbestrahlung auf Sarkome unter¬
scheiden, eine lokale und eine allgemeine.
Die lokale Wirkung besteht in Verkleinerung
der Geschwulst, in Heilung von etwa vor¬
handenen Ulzerationen und in Beseitigung von
Schmerzen. Die analgesierende Wirkung kann
erklärt werden entweder durch Schrumpfung
des Tumors und Behebung des auf den Nerven
lastenden Druckes oder durch direkte Ein¬
wirkung auf die Nerven; kennt man doch
nicht durch Tumoren bedingte Neuralgien, die
durch Röntgenbestrahlung günstig beeinflußt
werden. Durch Kompression seitens des Tu¬
mors entstehende Symptome, wie Oedeme uud
Bewegungsbehinderung einer Extremität durch
Axillartumoren, Respirations- und Schluck¬
störungen, durch Tumoren am Halse und im
Mediastinum werden naturgemäß durch Ver¬
kleinerung der Geschwülste beseitigt. Die
Allgemeinwirk ting tritt in nicht, seltenen
Fällen von Kachexie auf und besteht in einer
Besserung des Allgemeinbefindens, Kräfte¬
zustandes, Appetites und Schlafes, der Auae-
mie und Hebung des Körpergewichtes. Man
kann sieh die günstige Wirkung durch die
Annahme erklären, daß durch Nekrobiose
und Degeneration von Sarkomgewebe der
Uebertritt der in ihnen gebildeten schädlichen
Produkte ins Blut eingeschränkt wird. An¬
dererseits tritt manchmal im Gefolge sehr
kräftiger Bestrahlungen resp. sehr rapider
Verkleinerung von Tumoren, Fieber und Ab-
geschlagenheit auf, welche als toxaemische
Erscheinungen aufgefaßt werden. Hinsichtlich
des zeitlichen Verhaltens der Veränderungen
wurde in manchen Fällen schon nach wenigen
Wochen deutliche Schrumpfung bemerkt,
während in anderen Fällen erst nach wieder¬
holten Bestrahlungen die Schrumpfung sicht¬
bar zu werden begann.
Was das Verhältnis von Erfolg
und Mißerfolg betrifft, so wurde eine
Schrumpfung erregende Wirkung der Be¬
strahlung unter 49 Fällen 36 mal beobachtet,
und blieb 13 mal aus (Verhältnis 3:1) In dem
gleichen Verhältnis stand Schrumpfung zu
vollkommenem Schwund (27:9 3:1). Die
Mißerfolge dürften in einigen Fällen durch
zu geringe Bestrahlung bedingt sein.
Die Bedeutung der histolo¬
gischen Natur des Sarkoms kommt in
dem verschiedenen Verhalten gegenüber der
Bestrahlung zum Ausdruck. Es verhielt sich
Erfolg zu Mißerfolg in Prozenten: Spindel¬
zellensarkome 71.5:28.5, Rundzellensarkome
79:21, alveoläre und Dr.isensarkome 36 : 49.
Bei Osteo- und Chondrosarkomen wurde in
keiuem Falle Schwund, bei 40°|o Schrumpfung,
bei 6Ü°/o refraktäres Verhalten beobachtet,
was sich aus der geringen Durchlässigkeit
dieser Gewebe für Röntgenlicht erklären lassen
dürfte.
Hinsichtlich des Einflusses der Ausgangs-
stelle der Sarkome tritt bei den von der Haut
und namentlich von den Lymphdrüseu aus¬
gehenden Sarkomen in der Regel bedeutendes
Schrumpfen bis Schwund ein, während bei den
von Muskeln und Faszien entspringenden Sar¬
komen die Röntgenbestrahlung erfolglos blieb.
Uberkiefertumoreu schrumpften etwa in der
Hälfte der Fälle Die Driisentumoren ver¬
halten sich noch günstiger als die Hautsar¬
kome und gleichen in ihrer Sensibilität der
Mykosis fungoides, den malignen Lymphomen,
der Leukämie uud Pseudoleukämie.
Die Tiefenwirkung bei der Sar-
kombestrahlung hängt ab 1) von der
spezifischen Sensibilität (s. o.) und von der
Schichtdicke des zu durchstrahlenden Gewebes.
Kleine Tumoren schrumpfen leichter als große
unil die großen schrumpfen zunächst in den
oberflächlichen Schichten; ebenso werden ober¬
flächlich gelegene Tumoren leichter beeinflußt
als tiefgelegene. Durch die Dichte und Zu¬
sammensetzung verhalten sich am ungünstigsten
die Osteo- und Chondrosarkome, hierauf folgen
die blutreichen und gut durchtränkten Tu¬
moren; am wenigsten Widerstand setzeu dem
Durchtritt der Röntgenstrahlen entgegen die
durch Degeneration trockenen und verfetteten
Massen. Die histologische Zusammensetzung
kommt insofern in Betracht, als rasch wachsen¬
des Gewebe, junge und in reger Proliferation
befindliche Zellen weit empfindlicher sind
als alte gewebereiche. Ferner kommt der
Reichtum au bekanntlich für Röntgenstrahlen
sehr empfindlichen Blutgefäßen in Betracht.
Beide Zustände fällen in der Regel zusammen.
Oberflächlich gelegene, vonLymph-
drüsen ausgehende, in raschem
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161
Wachstum begriffene, weiche Tu¬
moren werden durch Röntgenbe¬
strahlung am leie li testen zur
Schrumpfung g c b r a c h t.
Anlangend die Frage der Dauer¬
heilung desSarkoms durch Radio¬
therapie sind Fülle von Rezidivfreiheit mit
längerer Beobachtung (4—17 Mouate) bekannt -
ln einem Falle wurde ein histologisch fest¬
gestelltes Sarkom (der linken Brustseite) durch
Röntgenbestrahlung zum Schwinden gebracht,
später Exitus au Typhus. Au der Stelle, wo
früher der Tumor saß, fand sich bei der Sektion
blos normale Haut und Bindegewebe.
Einen vielfach angenommenen u n -
günstigen Einfluß der Röntgenbe¬
handlung a u f m a 1 i g n e Tumoren glaubt
Autor in Uebereinstimmung mit den meisten
Autoren von der Hand weisen zu können.
Es ist zwar nicht selten vorgekommen, daß
die Tumoren unter der Röntgenbestrahlung
wuchsen, Metastasen und Kachexie auftraten,
aber es wäre schwer zu verstehen, daß durch
Schrumpfung einer Neubildung die Geschwulst¬
elemente in die Blutbahn kommen.'")
Indikationen für Röntgenthe¬
rapie des Sarkoms. Bei allen Fällen von
Sarkom sollte ein Versuch mit Radiotherapie
der Operation vorausgehen.
1. Bei operablen Fällen, wenn die
Befürchtung des Eintrittes in ein inoperables
Stadium durch Hinausschieben der Operation
um mehrere Wochen nicht vorhanden ist.
Ganz besonders sollen die von Lymphdrüsen
ausgehenden Sarkome von vorneherein nicht
operativ sondern radiotherapeutisch ange¬
gangen werden; ebenso sollen nach wieder¬
holten Operationen auftretende Rezidive, auch
wenn sie operabel erscheinen, mit Röntgen¬
strahlen behandelt werden, da sich gerade sehr
maligne Tumoren für Radiotherapie eignen.
2. Bei inoperablen Sarkomen ist
Radiotherapie in allen Fällen als einziges
Mittel indiziert. Wenn der Chirurge bei der
Operation die Unmöglichkeit einer vollstän¬
digen Ext.irpation des Tumors erkennt oder
vermutet, ist Röntgenbestrahlung des noch
offenen Operationsfeldes und radiologische.
Nachbehandlung indiziert,.*) **)
Technik der Radiotherapie der
Sarkome. Der erste Grundsatz ist, nicht
nur den Tumor selbst, sondern auch die in¬
filtrierten regionären Lymphdrüsen zu be¬
strahlen. Man verwendet mittelweiches bis
hartes Röntgenlicht (4—6» Benoist-Walter)
und wählt die Fokaldistanz größer oder kleiner
nach der Konfiguration und Größe der zu be¬
strahlenden Region. Bei großen Tumoren ist
die „mehrstellige Totalbestrahlung“
zu empfehlen; d. h. es ist bei jeder einzelnen
Stellung der Röhre das übrige Gebiet des
Tumors nicht zu decken. Der Vorschlag
von Perthes, bei beabsichtigter großer Tiefen¬
wirkung große Entfernung der Röhre zu
wählen und auf die Haut eine 1 mm dicke
Alumiuiumplatte zu legen, wird als theoretisch
richtig anerkannt, „doch dürfte der Vorteil
durch die bedeutend längere Expositionszeit
mehr als wettgemacht werden.“ Die Dockung
der umgebenden nicht zu bestrahlenden Haut
soll mit einer gut absorbierenden Masse vorge¬
nommen werden, mehrfache Staniolschicliten
schützen nur bei weichen Röhren gut.
Die Röntgenbehandlung des Sarkoms
zerlege man in mehrere Etappen. Die erste
Etappe soll bis zur Bildung einer Röntgen-
dermatitis ersten Grades reichen, d. h. die
Haut soll zunächst bis zum Auftreten von
Rötung, Sclnvellung und Brauufärbung ex¬
poniert werden. Diese „normale Reaktion“
tritt bei einmaliger Verabreichung der „Nor-
maldosis“ (3—4 H Ref.) nach einem etwa 14-
tägigeu Latenzstadium auf. Diese „expeditive
Methode“ ist die beste und die bisherigen Er¬
fahrungen haben gelehrt, daß die starken, in
großen Intervallen gegebenen, spärlichen
Sitzungen alles Erreichbare leisten. Aber
auch gegen die fraktionirte Bestrahlung mit
alle 2—3 Tage bis alle 1—3 Wochen erfolgenden
Sitzungen ist nichts einzuwenden; nur muß
man dabei entsprechend geringere Expositionen
geben. Kienböck pflegt in wöchentlichen
Intervallen „kleine Normaldosen“ zu verab¬
folgen, B e I o t empfiehlt 1 —2 wöchentliche
*) Ref. möchte ergänzend darauf aufmerksam machen, daß ja bei der Röntgenbe¬
strahlung der Resorption der Gescliwmlstzellen eine Nekrobiose vorangebt, diese also ihre
Vitalität und Proliferationsfähigkeit verlieren. Eine Dissemination von vital unversehrten
Geschwulstelementen. wie sie bei der Zertrümmerung von Tumoren und Eröffnung von Blut¬
bahnen bei Operationen tatsächlich vorkommt, dürfte bei der Röntgentherapie ausge¬
schlossen sein.
**) Bei tiefsitzenden, namentlich intraabdominalen Tumoren dürfte sich auch die An¬
wendung der Kompressionsblende gut empfehlen. Ref. sah vor kurzer Zeit prompte Wirkung
dieser Bestrahlung auf heftige Schmerzen, die von intraabdominalen Lymphdrüsen der
„Sternberg’schen unter dein Bilde der Pseudoleukämie verlaufenden Tuberkulose“ aus-
gingeu. Dem vollständigen Sistieren der Schmerzen giug am dritten Tage nach der Be¬
strahlung eine Exazerbation voraus.
Archiv f. phydik. Mudizin etc. u
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162
Kritik.
Sitzungen, gibt aber jedesmal etwa 1'/* Nor¬
maldosis (<i—7 H.)
Die zweite Etappe der Behandlung
beginnt nach Ablauf der ersten Reaktion, also
etwa 8—14 Tage nach Auftreten derselben,
wenn die Pigmentation durch etwa eine Woche
konstant geblieben. Man gibt nun in der
zweiten Etappe nach der expeditiven Methode,
also in der zweiten Sitzung, wieder eine volle
Dosis, welche nur etwas schwacher ist, als
das erste Mal. Weiterhin fahrt man in der¬
selben Weise mit der Behandlung etappen¬
weise fort.
Unterexposition, bei welcher über¬
haupt keine Hautreaktiou eintritt, berechtigt
nicht einen Fall als für die Röntgentherapie
refraktär zu erklären. Ueberexposition
soll ebenfalls vermieden werden, weil man
dabei die Behandlung nicht in entsprechender
Stärke fortsetzen kann.
Die Dauer der Behandlung (Zahl der
Etappen) hängt von der eingetretenen Wirkung
ab. Es gibt nun drei Möglichkeiten.
1. Ist hei richtiger Technik und Eintreten
von Hautpigmentierung keine W i r k u n g
der Bestrahlung auf den Tumor und die
Schmerzen zu konstatieren, so setzt, man nach
2—3 Monaten die Behandlung aus und ist wohl
berechtigt, den Fall als für die Radiotherapie
nicht geeignet zu betrachten. (Vorher kann
man noch die „parzellierte Applikation“ des
Röntgenlichtes versuchen. Diese besteht bei
einem mittelgroßen Herd darin, daß man ihn
in mehrere Quadrate von etwa 5 cm Seiten¬
lange eiuteilt und die einzelnen Parzellen
nacheinander und unter jeweiliger Deckung
der übrigen Parzellen gesondert bestrahlt.)
2. Ist dagegen eine partielle
Wirkung, d. h. ein günstiger Einfluß auf
die Größe des Tumors oder die Schmerzen
zu konstatieren, so wird man die Bestrahlungen
so lange fortsetzen, als diese verhältnismäßig
günstige Wirkung anhält und nach Möglich¬
keit noch 2 3 Monate länger. Ebenso setzt
man die Behandlung fort, wenn nur eine
günstige Wirkung auf die Schmerzen bei fort¬
schreitender Vergrößerung des Tumors, oder
blos Stationärwerden des Wachstums beobach¬
tet wird.
3. Ist volle Wirkung eingetreten,
und ist es zu vollkommenem Schwund des
Tumors gekommen, so wird man dennoch mit
der Behandlung nicht vollkommen sistieren,
vielmehr in monatlichen, später in mehrmonat¬
lichen Pausen, beiläufig volle Rönt.genlicht,-
dosen applizieren.
Die Anwendung der Radi o me t r i e
in der Röntgentherapie auch des Sarkoms
empfiehlt sich dringend. Man hat erstens die
Q iia.ll tä t d. h. die Penetrationskraft oderHärte
der Röntgenstrahleu zu messen; bei größeren
Tumoren verwende man Grad 4—6 der Härte¬
skala von Be noist-Walter, zweitens die
Stärke derEx Positionen (Röntgenlicht-
dosis) mit den Apparaten von Holzknecht,
S a b o ur a u d - N o i r £ oder K i e n b ü c k (Quan¬
timeter). Mit dem Sabouraud-Noire er¬
fahrt man blos die Oberflächenw-irkung, mit
dem Holz kn echt die kombinierte Ober¬
flächen- und mäßige Tiefenwirkung. Das
Kienböck 'sehe Quantimeter bietet zwar den
Vorteil größerer Genauigkeit, Bekanntgabe
der Tiefendosen umlAnwendbarkeit bei fraktio¬
nierter Bestrahlung, indem es auch kleine
Dosen mißt, es bedarf aber bei seiner Ver¬
wendung großer Sorgfalt und eines größeren
Zeitaufwandes. R o b i n s o h n.
ProfessorDr. von Luzenberger. DieFrank-
lin’sche Elektrizität in der medi¬
zinischen Wissenschaft und
Praxis. (Zwanglose Abhandlungen aus
dem Gebiete der Elektrotherapie und
Radiologie. Leipzig 1304. Verlag von
Job. Ambr. Barth.)
Verfasser gibt im 1. Teil seiner Broschüre
einen historischen Rückblick auf die Ent¬
wicklung der Franklinisation und der dazu
notwendigen Produktiousmaschinen. Im 2. Teil
bringt er eine sehr eingehende und sorgfältig
zusammengestellte Literaturübersicht. Aus
dieser ergibt sich ein Anschwellen des In¬
teresses für statische Elektrizität von der
Mitte des 18. bis zur Mitte des 13. Jahrhun¬
derts, bis A. Duchenne, der berühmte Elektro-
diagnostiker, dieselbe mit der Erklärung, daß
die statische Elektrizität keinen Einfluß auf
die innern Organe habe, und daß sie, da ihre
therapeutische Wichtigkeit ebenso gering wie
ihre physiologische sei, von allen mit Recht
verlassen sei, scheinbar abgetan hatte
Doch schon 10 Jahre später, mit der
Verbesserung der Influenzmaschinen wurde
die Verwendung der Spannungsströme durch
Schwander und Fieber aufgenommen; in allen
Landern brachte man derselben neues, er¬
höhtes Interesse entgegen. Bei dem Studium
des Literaturberichtes drängt sich dem Leser
die Ueberzeugung auf, daß man bei der thera¬
peutischen Verwertung der Franklinisation
zuweilen über das Ziel hinausschoß, und daß
eine nicht unwesentliche Reihe von Erfolgen
sich durch suggestive Beeinflussung bei der
Applikation ungezwungen erklären läßt. Ver¬
fasser berührt des weiteren den Wert resp.
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Unwert der Franklinisation in der Elektro-
diagnostik- Die Morton’schen Ströme erklärt
derselbe als zur Hochfrequenz gehörig, als eine
Hochfrequenzstromform, nur erzeugt durch
eine statische Maschine als Energiequelle.
Im 3. Teil bespricht Verfasser die Hilfs¬
mittel, welche uns in den Stand setzen, eine
große Menge statischer Energie nach belieben
in dem kranken Körper zu verteilen oder an
einer gewünschten Stelle desselben zu kon¬
zentrieren. Er zieht als Elektrizitätsquelle
das Wimshurst’sche Modell vor, verwirft den
Quadrantenelektrometer zur Messung der
Leistungsfähigkeit der Maschine und bedient
sich des Mund’schen Franklinoineters zur Be¬
stimmung der Höhe des Potentials auch
während der Applikation.
Es folgt eine Beschreibung des Appa¬
rates: Eine Funkenlänge dieses Instrumentes
von 10,5 mm entspricht einer Spannung von
13 000 V. Mit einer solchen Spannung arbeitet
Verfasser in der Kegel. Als Isolierschemel
empfiehlt er einen isolierten Holzschemel mit
Zinkplattenbelag. Alle Haken, welche au
den Verbindungsvorrichtungen, auch au den
Elektroden angebracht sind, sollen sphärisch
endigen, um die Spitzenausströmung zu ver¬
meiden. Mit einer Angabe der von ihm ge¬
brauchten Elektroden beschließt Verfasser
das Kapitel über die von ihm angewandten
Apparate.
Sodann folgt eine Erklärung der ein¬
zelnen Applikationsarteu: Das elektrische Luft¬
bad, der Frauklin’sche Wind, elektrische Mas¬
sage, Hervorlocken von Funken mittelst
Metallkugeln, Franklinisation ohne Isolier¬
schemel mittelst isolierter Elektroden (wenig
gebräuchlich).
Verfaaser kommt dann noch kurz auf
die Verwendung sogenannter dunkler Ent¬
ladungen, die Morton’schen Ströme zu sprechen,
bei welcher der Patient jedoch keinem Strom
sondern einer Oscillation untersteht, bei der
sehr starke Ozonbilduug auftritt, welche von
einigen Autoren als das Wesentliche bei der
Applikation betrachtet wird. Bei der Mor-
tou’schen Anordnung arbeitet man eigentlich
mit Wechselstrom.
Im Abschnitt IV’ bringt der Verfasser
seine eigenen Erfahrungen über die Wirkungs¬
weise des Franklin’schen Stromes, belegt durch
casnistische Beiträge. Verfasser ist ein be¬
geisterter Anhänger der Frauklin’schcn Be¬
handlung, was besonders aus letzterem Ab¬
schnitt hervorgeht. Manch’ eine der hier an¬
geführten Krankengeschichten und ein Teil
der im 2. Abschnitt aufgczählten Fälle, auf
die Verfasser am Schlüsse nochmals hiuweist,
dürften jedoch nicht genügend überzeugende
Kraft für den Leser haben. Sie weisen auf die
teilweise suggestive Wirkung bei der Appli¬
kation hin. Für den, der sich mit Franklinisation
beschäftigen will, ist diese Broschüre eine
empfehlenswerte Lektüre. W.
Kureila. Elektrische Gesundheits¬
seh ä d i g u n g e n a m T e 1 e p h on. (Zwang¬
lose Abhandlungen aus dem Gebiete der
Elektrotherapie und Radiologie. Heft 5.)
Verfasser bringt einige casuistische Bei¬
träge über Starkstromschädigung am Telephon.
Die Schädigung des menschlichen Körpers
durch hochgespannte Ströme kann eine vier¬
fache sein: 1. Schreckwirkung. 2. rein sug¬
gestive Wirkung. 3. schwere funktionelle oder
tiefgreifende materielle Veränderungen am
Nervengewebe. 4. Verbrennungen an der Ein¬
trittsstelle durch die Stromwärme, Verätzungen
an den Kontaktstellen und in den ganzen im
Körper gelegenen Strombahnen durch elektro¬
chemische Vorgänge. Ausschlaggebend für
den Symptomenkomplex bei den vom Verfasser
geschilderten Fällen war die Lokalisation der
elektrischen Einwirkung. Im Anschluß an
diese casuistisehen Mitteilungen bringt Ver¬
fasser einen Literatur-Bericht über die
Wirkung der Hochspaunungsströme auf den
Körper und führt besonders die experimentell
pathologisch - anatomischen Untersuchungen
J e 11 i n e k s an, welche zur Aufklärung dieser
Frage wesentlich beitragen. Ihr wichtiges
Resume lautet: Der Tod durch Elektrizität
tritt in 3 Formen auf: a) blitzartig, b) durch
primäre Herzlähmung, c) durch primäre At¬
mungslähmung. Die wichtigen anatomischen
Untersuchungen Jellineks ergaben, daß da, wo
der Strom die nervösen Zentralorgane durch¬
setzte, das Nervengewebe in Gestalt tiefer
Risse zerstört wurde, zahlreiche Blutgefäße,
zumal in der grauen Substanz der Rinde und den
spinalen Vorderhörnern, ganz besonders häutig
aber in der Medulla oblongata zerrissen, zahl¬
reiche Nervenzellen entweder zerrissen wurden
oder eine Dislokation ihres Kerns erfuhren.
Die Frage, ob das berufsmäßige Tele¬
phonieren fiir sich allein schon pathologische
Zustände hervorrufen könne, kann Verfasser
an der Hand zweier eigner Fälle dahin be¬
antworten, daß neuropathische Individuen
durch diese Tätigkeit in ihrem Nervenleben
stark gefähret werden. Ein Literaturbericht
über das gesamte Thema ergibt Uebereiu-
stimmung der Autoren in folgenden Punkten:
l) Berufsmäßiges Telephonieren kann,
falls es übertrieben wird, eine allgemeine
11 *
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164
Kritik.
Nervosität mit verschiedenen Symptomen lier-
vorrufen.
2) Stärkere elektrische Erregung des
Telephons kann lediglich durch Einwirkung
auf’s Ohr, neben anatomischen Schädigungen
dieses Organs, allgemeine Nervosität hervor-
rufen.
3) Hochspannungsentladuugen, die in
eine Telephonleitung gelangen, können schwere
organische Läsionen des Nervensystems her-
vorrufen, wie progressive Paralyse, multiple
Sklerose, Muskelatrophie, M. Basedow’sche und
ähnliche Zustände, Blutungen, Fissuren.
Die Prognose bei Schädigungen durch
Starkströme am Telephon ist sehr vorsichtig
zu stellen. Die Therapie ergibt sich aus der
Doppelnatur der Läsion und hat auf die bald
hineinspielende Auto- und Fremdsuggestion
Rücksicht zu nehmen.
Mit einigen Forderungen für den Schutz der
Telephonierenden und einem Anhang über die
verschiedenen amtlichen Schutzverfügungen
schließt die besonders für den Unfallgutachter
wichtige Abhandlung. \V.
C. H. Wind. Elektronen und Materie.
Physikalische Zeitschrift, Jahrgang 6.
No. 15. 1905.
In einem Vortrage (Antrittsvorlesung
bei Uebernahme der Professur an der Reichs¬
universität in Utrecht am 20. Februar 1905)
hat Herr Wind einen sehr interessanten Rück¬
blick auf die Geschichte der Theorie der
Elektrizität und des Magnetismus, d. h. all¬
gemeiner, auf die Vorstellung von dem Zu¬
sammenhang zwischen Elektronen und Materie
gegeben.
Die Entwicklung der Elektrizitätstheorie
läßt sich als Aufbau einer Synthese aus einer
These und einer Antithese ansehon.
Die These ist die von Coulomb, Ampere
und Weber sowie ihren Schülern entwickelte
Lehre, welche die elektrischen und die mag¬
netischen Erscheinungen auf Anziehungen und
Abstoßungen zwischen äußerst kleinen posi¬
tiven und negativen Teilchen oderzwischen den
kleinsten Elementen der Stromleiter zuriiek-
zuführen sucht.
Die Antithese ist die hauptsächlich von
Faraday und Maxwell aufgebaute Theorie, nach
der die Wirkungen, die elektrisch geladene
Körper, Stromleiter oder Magnete erfahren,
nicht als wirkliche Fernwirkungen, sondern
als Folge davon aufzufassen sind, daß sich
an der Stelle, wo die Körper sich befinden,
in einem den ganzen Raum erfüllenden Mittel
besondere Spannungszustände bilden. Diese
Spannungszustände pflanzen sich nach allen
Seiten durch das Medium fort, welches hierbei
ebenso wie bei dem Lichte die Hauptrolle
spielt, nämlich den Aether. Das Arbeitsver¬
mögen eines elektromagnetischen Systems,
d. h. die Eigenschaft, sich in mechanische
Arbeit. Wärme oder chemische Wirkung um¬
zusetzen, hat nach dieser Theorie seinen Sitz
nicht in den geladenen Körpern, Stromleitern
oder Magneten selbst, sondern in dem um¬
gehenden Aether.
Die hauptsächlichsten Argumente fiir
die Richtigkeit dieser Theorie waren folgende:
Die neuen Vorstellungen führten zu dem
Schlüsse, daß elektromagnetische Wirkungen
Zeit gebrauchen, um sich durch den Raum
fortzupflanzen, und es konnte auf Grund
früherer elektrischer Versuche ein Wert für
diese Geschwindigkeit berechnet werden, der
der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes
gleich kam. So ließ sich auch das Licht als
ein sich durch den Aether fortpflanzender
elektromagnetischer Schwiiigungszustand er¬
klären.
Diese Beweisgründe waren für einige
(Boltzmann, Loreutz) hinreichend, während
die Mehrzahl der Physiker erst daun für die
neue Theorie gewonnen wurde, als die
Hertz’schen Versuche 20 Jahre später die
Maxwell’sehe Theorie in glänzendster Weise
bestätigten.
Lorentz hatte sich schon 10 Jahr früher
zur Aufgabe gemacht, die neue Theorie auf
die optischen Erscheinungen anzuwenden, zum
Beispiel, aus ihr die Gesetze der Brechung
und Reflexion des Lichtes abzuleiten. Als
er jedoch kurze Zeit später versuchte, den
Zusammenhang zwischen dem Brechungsindex
der Körper und ihrer Zusammensetzung sowie
die Erscheinung der Farbenvcrschiebung mit
Hilfe dieser Theorie aufzuklären, kam er bald
zu der Einsicht, daß diese fiir die Erklärung
der Fortpflanzungsweise des Lichtes im
Aether genüge, daß man aber von dem Ein¬
flüsse, den der Stoff auf die Liehtbewegting
ausübt, nur dann eine befriedigende Vor¬
stellung erhalten kann, wenn man annimmt, daß
im Innern der Moleküle elektrische Teilchen
von einer gewissen Masse in Schwingungen
geraten können. Eine Vorstellung, die auch
hei allen späteren Untersuchungen über das
Wesen der Lichtausstrahlung der kleinsten
Körperteilchen als Ausgangspunkt diente.
Nach Lorentz’ Auffassung setzt sich also
das Atom aus einer Anzahl noch kleinerer
Teile zusammen, sodaß innerhalb des Atoms
Bewegungen auftreten können, z. B. beim Zu¬
sammentreffen mit einem Atom und unter dem
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Kritik. 1(55
Einflüsse der Temperatur des Körpers. Die
Bewegungen im Atom bestehen aus einer An¬
zahl einfacher Schwingungen von bestimmter
Schwingungszeit, sodaß jetzt begreiflich ist,
warum die von den Atomen eines bestimmten
Körpers ausgesandten Lichtstrahlen aus einer
begrenzten Anzahl einfacher Farben zusammen¬
gesetzt sind.
Ebenso ließen sich jetzt auch die Ver¬
änderungen erklären, die das Spektrum einer
Lichtquelle zeigt, wenn sie unter dem Ein¬
flüsse magnetischer Kräfte sieht. Diese Kräfte,
erzeugen in den Bewegungen der kleinsten
Teilchen im Atom Variationen, und diese Ver¬
änderungen bestimmen dann die Art der Ver¬
änderungen desSpektrums. Auf diese Weise fand
im Jahre 1895 die Zeemnnn’sche Beobachtung
ihre Erklärung, und als es dann Zeemann auch
gelang, verschiedene Besonderheiten in dieser
Erscheinung durch das Experiment hervorzu¬
rufen, lenkte sich die Aufmerksamkeit aller
Physiker auf die Lorentz’sche Theorie.
Im Jahre 189t war Lorentz einen Schritt
weiter gegangen, indem er die Annahme machte,
daß die kleinsten elektrischen Teilchen sich
zwischen den Molekülen eines Körpers hindurch
bewegen und sich so uns als elektrischen
Strom kund geben.
Es kam dann die Entdeckung von Röntgen,
die das Interesse der Physiker von neuem auf
die Kathoden strahlen lenkte, ilie durch ihren
Anprallgegeneine feste Wand Röntgenstrahlen
erzeugen. Man bildete sich von den Kathoden¬
strahlen die Vorstellung, daß diese Ströme
negativ elektrischer Teilchen seien, die sich
mit sehr großer Geschwindigkeit im luft¬
verdünnten Raume fortbewegen. Es glückte
Wiechert, die Geschwindigkeit dieser Be¬
wegung auf 50 bis 60000 km pro Sekunde zu
bestimmen. Aus dieser Größe sowie aus der
Krümmung eines Bündels Kathodenstrahlen
im magnetischen Felde konnte dann die
elektrische Ladung eines Teilchens für die
Einheit seiner Masse abgeleitet werden, und
man fand denselben Betrag, den Zeemann aus
seinen optischen Versuchen abgeleitet hatte.
Ferner fand man, daß die von Becquerel
entdeckten Strahlen, sowie diejenigen, welche
ein Metall unter dem Einflüsse ultravioletter
Strahlen emittiert, aus denselben elektrischen
Teilchen bestehen.
Weitere Versuche haben dargetan, daß
die Elektronen und Molekülaggregate in einem
mit Wasserdampf übersättigten Raume als
Kondensationskerne wirken. Da nun die ne¬
gativen Elektronen bereits bei einem geringen
Grade von Uebersättigung ihre Wirkung
äußern, so muß in der Atmosphäre bei der
Kondensation eine Verschiebung der positiven
und negativen Elektronen entstehen, die bei
verschiedenen meteorologischen Erscheinungen
eine Rolle spielen wird (Gewitter, Polarlicht,
Veränderungen des Erdmagnetismus).
lu diesem System spricht sich deutlich
der ('harakter der neuen Theorie als Synthese
zur Coulomb- Ampere- VVeber’schen These
und zur Faraday-Maxwell’schcn Antithese
aus. Der Acther und die kleinsten elektrischen
Teilchen treten gleichmäßig in den Vorder¬
grund.
Die jüngsten Untersuchungen von Lorentz
lehren auch, wie weit man mit der Elektronen-
Theorie sogar bei der Erklärung der im Innern
der Körper auftretenden Erscheinungen
kommen kann. Man gelangt ungezwungen zu
der Erklärung des von Biedermann und Frantz
entdeckten Zusammenhanges zwischen dem
thermischen und elektrischen Leitvermögen,
zur Erklärung der Jonle’schcn Wärme, der
thermoelektrischen Kräfte und des Thomson-
Effektes.
Auf ein Elektron wirken in einem
elektrischen und magnetischen Felde bestimmte
Kräfte, womit, gemeint ist, daß die Masse des
Elektrons in einem solchen Felde bestimmte
Geschwindigkeit und daher eine gewisse
kinetische Energie erhalten kann. Will man
ein Elektron aus seinem Ruhestand in Be¬
wegung versetzen, so muß man Arbeit, ver¬
richten. Das hat zur Folge, daß ein Elektron
solchen Ursachen gegenüber, die seinen Be¬
wegungszustand zu verändern suchen, sich so
verhält, als ob cs eine gewisse Masse besäße,
die sich aber aus einer scheinbaren (elektro¬
magnetischen) und einer wirklichen Masse
zusammensetzen kann.
Die gesamte Masse eines negativen
Elektrons beträgt ungefähr 1/1000 der Masse
eines Wasserstoft’atomes.
Nun könnte man annehmen, daß die
scheinbare Masse auch die gesamte Masse des
Atomes ist, während von wirklicher Masse
bei diesen Körperehen keine Spur vorhanden
ist. Man hat gefunden, daß die elektro¬
magnetische Masse nicht konstant ist., sondern,
wie es auch die Theorie verlangt, von der
Geschwindigkeit des Elektrons abhängig ist.. Es
kommen auch bei den verschiedenen Strahlen¬
sorten Elektronen mit Geschwindigkeiten, die
bis nahe an die des Lichtes heranreichen, vor.
Kauffiuann kam nun bei diesbezüglichen Ver¬
suchen zu dem Ergebnis, daß die totale Masse
der negativen Elektronen derart von der Ge¬
schwindigkeit abhängig ist, daß die wirkliche
Masse keine merkliche Rolle spielt, wozu man
auch aunehmen muß, daß das gleiche für die
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166
Kritik.
positivenElektronen gilt,, und daß gewöhnlicher
Stoff vollständig aus positiven und negativen
Elektronen besteht. Es existiert dann keine
andere Masse mehr, als die scheinbare, und
die Atome und Moleküle muß man sich als
eine Art von Planetensystemen vorstellen, die
durch elektromagnetische Kräfte zusamiiieu-
gchalten werden und auf einander wirken.
Die Ergebnisse des Interferenzversuches
von Michelson und der Trouton’schen und
Noble’schen Versuche bieten sich als Beweis¬
gründe für diese Hypothese dar.
Es ergeben sich dann weitere Vor¬
stellungen über die Zusammensetzung eines
Atoms, die Bewegung und Axenrotation der
kleinen Planetensysteme, Bewegung der
Elektronen gegen einander, über die Geschwin¬
digkeit und Energie der Elektronen u. s. w.
Es war nun Poincare. der zuerst, ernste
Bedenken gegen die weitgehenden Konse¬
quenzen dieser neuen Theorie äußerte, die
sich hauptsächlich gegen die Annahme richten,
jeder Stoff bestehe aus Elektronen, besitze
nur scheinbare Masse. Das Prinzip von der
Unveränderlichkeit der Masse wird umgestoßen,
da die Masse eines Stoffes von der Geschwin-
digkeitseiner Elektronen abhängt Das Gesetz
von Wirkung und Gegenwirkung hört auf,
richtig zu sein; die Theorie lehrt, daß ein
Lichtstrahl auf einen Spiegel einen Druck
ausübt, was auch durch die Experimente von
Lebedew, Nichols und Hüll bewiesen ist,
während inan die entsprechende Gegenwirkung
auf einen anderen Körper vergebens sucht.
Ein Körper, der Licht oder Wärme ausstrahlt,
erfährt in Bezug auf diese Ausstrahlung von
allen Seiten einen Druck, der bei einer be*
stimmten Bewegungsrichtung des Körpers an
der Vorderseite am größten sein wird, dem¬
zufolge der Körper einen Widerstand in seiner
Bewegung erfahren wird; und wieder sucht
man vergebens nach einer Rückwirkung auf
einen anderen Körper Nach der Berechnung
von Sommerfeld erfährt ein Elektron, dessen
Geschwindigkeit größer ist, als die des Lichtes,
eine Verzögerung ohne materielle Ursache,
sodaß also auch das Trägheitsgesetz nicht
mehr Stand hält.
So sieht man. daß die Prinzipien der
Mechanik in ernste Gefahr gebracht sind.
Aber wer sagt uns, daß diese Prinzipien
nicht nur angenähert, sondern absolut richtig
sind, daß unsere bisherigen Beobachtungen
nicht zu ungenau waren, daß wir bisher in
dieser Rieht.nng nicht nur durch den Glaube n
geleitet wurden, es müsse gewisse unver¬
änderliche Elemente geben ?
So kam es. daß auf der Naturforscher-
Versammlung IffOOin Aachen Wien den kühnen
Vorschlag machte, dahin zu arbeiten, daß,
von der Annahme ausgehend, jede Masse sei
elektromagnetischen Ursprungs und mit Ver¬
zichtleistung auf die klassischen Grund¬
prinzipien, die Mechanik gänzlich auf die
Grundlage der Elektronentheorie basiert werde.
Auf diese Weise droht nun die Illusion
von der absoluten Unverändorlichkeit der
Masse und Bewegungsmenge zerstört zu
werden.
Wenn es aber gelingen würde, die
Wirkungen der Schwerkraft und aller
zwischen den Molekülen und Atomen wirkenden
Kräfte als Ausflüsse, elektromagnetischer Er¬
scheinungen zu erklären, daun würde man das
Ideal einer einfachen Beschreibung der physi¬
kalischen Erscheinungen von möglichster Voll¬
ständigkeit um einen großen Schritt weiter
gebracht haben. Man wäre zwar um eine
Illusion ärmer, wäre aber um ein System von
Grundbegriffen und Prinzipien reicher ge¬
worden. das bereits einen Teil der Physik hat
tragen müssen, dann aber gezeigt haben würde,
daß es auch mit der ganzen Physik fertig wird.
(ieorg Geh 1 hoff
Professor Dr. Wertheim-Salomonsor,
Amsterdam: Kleine nnd große In¬
duktoren. Fortschritte anf dem Gebiete
der Röntgenstrahlen 1905, Heft 4.
Die Frage, ob man im Röntgenbetriebe
große oder kleine Induktoren benutzen soll,
wurde von Dessaner-Aseh affenbnrg auf¬
geworfen nnd zn gnnsten der kleinen Induktoren
beantwortet. Da man ihm deswegen hart be¬
gegnet nnd der Streit hierüber noch nicht znr
Ruhe gekommen ist, so tritt Verfasser dieser
Frage nochmals näher.
Wenn sich die lineareu Dimensionen eines
großen und kleinen Transformators mit ge¬
schlossenem Eisenkreis wie m ; n verhalten, so
müßte nach den Theorien der Elektrotechnik die
Leistnng des großen Transformators nm das
('") 5 -fac.he größer sein, als die des kleinen.
Sind Ki nnd Ka die Strennngskoeffizienten zweier
offenen Transformatoren, so verhalten sich ihre
Leistungen wie 1 zn ("')** -x (^ : )^- D' e ® r "
fahrnng lehrt jedoch, daß dieser Wert niemals
erreicht wird.
Was nun den Gebrauch zweier Induktoren
im Röntgenbetriebe anbetrifft, so wird der kleinere
Induktor bisweilen ad maximnm belastet, der
größere dagegen nie (weil keine Röntgenröhre
dies vertragen wiinle), sondern im Dnrchschnitt
zn etwa '/* der maximalen Leistnng. Beträgt nun
der Nutzeffekt eines Indnktors etwa 60‘>, so
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167
wird dieser Wert von dem kleineren Indnktor
fast regelmäßig erreicht, beim größeren sinkt er
nnt' etwa 40°|o herab. So ist also bei gleicher
primär zngefiihrter Energie an den sekundären
Klemmen des kleineren Induktors mehr Energie
verfügbar, als an denen des großen.
Für die Richtigkeit dieser Auffassung
sprechen folgende Resultate: Bei gleicher pri¬
märer Belastung gab ein kleiner Indnktor 49
Fnnken von HO cm Länge, ein großer 15 Fnnken
von 50 cm Länge, d. h. der kleine Indnktor gab
17°/o mehr Energie an den sekundären Klemmen.
Ein Versuch mit derselben Röntgenröhre
ergab bei gleicher primärer Belastnng für den
kleineren Indnktor eine l,17mal größere Intensität,
für den größeren Indnktor eine nnr 1,09 mal
größere Penetrationskraft der Strahlen.
Den Vorwnrf der schlechten Regnlierbaikeit
der kleinen Induktoren bei Wehneltbetrieb weist
Verfasser zurück. Ganz abgesehen davon, daß
der kleine Indnktor sich auch mit Walterschaltnng
versehen läßt, wird durch Vorschalten selbst-
imlnktiver Widerstände eine vollkommene Re-
gnlieibarkeit erreicht.
Das Optimnm für die Konstruktion kleiner
Indnktoron scheint Verfasser in der Nähe von
25 cm Funkenlänge zu liegen. Das Benutzen
von Induktoren mit weniger als 20 cm Fnnken-
länge empfiehlt sich nicht, da die verfügbare
Energie schlechter ansgenntzt wird, namentlich
bei harten Röhren, sodaß man bei schwierigen
Aufnahmen von ihnen ganz im Stiche gelassen wird.
Alles in allem sind also bei dem heutigen
Stande der Röhrentechnik Induktoren mit
20-SO cm Funkenlänge den größeren vorznziehen,
da sie schon mehr Energie liefern, als eine Röhre
im Dauerbetrieb vertragen kann. Für die Zu¬
kunft dagegen erhofft Wertlieiin-Saloinonson, daß
Industrie und Wissenschaft in absehbarer Zeit
bessere Röhren bieten werden, die bedeutend
höhere Engeriemengen anfnehmen und in Röntgen¬
licht transformieren können, und daß daun znm
Gebrauch größerer Induktoren geraten werden
müßte. Georg Gehlhoff.
Fritz Frankenhaeuser. Die Wärme¬
strahlung, ihre Gesetze nnd ihre
Wirkungen. (Zwanglose Abhandlungen
ans dem Gebiete der Elektrotherapie nnd
Radiologie. Leipzig 1904. Verlag von Johann
Ambrosius Barth.
Nachdem die Behandlung Kranker durch
Wärmestrahlnng in d : e physikalischen Heil¬
methoden anfgenommen und sich dnrch die bahn¬
brechenden Arbeiten Finseus eine Art der
Strahlentherapie als eine ganz besonders wertvolle
Bereicherung unseres therapeutischen Könnens
bewährt hat, ist es als ein Verdienst des Ver¬
fassers zu bezeichnen, den Arzt dnrch die vor¬
liegende Abhandlung mit den physikalischen
Eigenschaften der Wärmestrahlung vertrant zu
machen. In klarer, auch für den Nichtphysiker
leicht verständlicher Schreibweise führt der Ver¬
fasser den Leser unter Berücksichtigung der neu¬
esten Forschungen in das interessante Gebiet ein.
Der I. Abschnitt behandelt die Wärme als
strahlende Kraft nnd die allgemeinen Strahlnngs-
gesetze. Der II. Abschnitt behandelt die be¬
sonderen Bedingungen für die Wärmestrahlnng.
Im 111. Abschnitt bespricht und erläutert der
Verfasser die Wirkungen der Wärmestrahlen.
Ein beigefügtes Literaturverzeichnis gibt
dem, der einzelne Fragen weiter verfolgen will,
die einschlägigen Arbeiten au. W.
Professor Dr. St. Leduc. Die Jonen- oder
elektrolytische Therapie. (Zwanglose
Abhandlungen aus dem Gebiete der Elektro¬
therapie nnd Radiologie. Leipzig 1905. Ver¬
lag von Joh. Ambr. Barth.)
Der Veifasaer führt den Leser in leicht
Verständlicher Weise in das Wesen der Elektro¬
lyse eiu, belegt seine Erläuterungen nnd er¬
leichtert das Verständnis der elektrolytischen
Vorgänge am lebenden Organisntns dnrch die
Schildernng einer Reihe experimenteller Unter¬
suchungen. Einer Besprechung der physio¬
logischen Wirkungen der auf elektrolytischem
Wege eingedrungenen Jonen folgt ein Kapitel
über die elektrochemische Analyse der Gewebe
am lebenden Menschen, sodann ein Kapitel über
den elektrischen Widerstand des menschlichen
Körpers und die Joneugeschwindigkeit im lebenden
Gewebe, schließlich ein Kapitel über die An-
ileinug der Nervenerregbarkeit dnrch die Jonen,
erläntert dnrch eine Reihe von Zncknngsknrven,
welche vor nnd nach der elektrolytischen Ein¬
führung von Morphinin-, Kokain-, Lithium- und
Kakodyl-Jonen anfgenommen wnrden.
Im letzten Abschnitt erläntert der Ver¬
fasser, wie die elektrolytischen Erkenntnisse am
Organismus für die Diagnose nnd Therapie be¬
nutzt werden können. Die therapeutischen Er¬
folge dnrch die Elektrolyse sind ermntigend nnd
der Verfasser hat Recht, wenn er die Ueber-
zengnng ansspricht, daß die großen Fortschritte
der Theorie dnrch die Klarheit nud Sicherheit,
welche sie über die Methode verbreiten, eiue
noch weit reichere Anwendung derselben veran¬
lassen. Das Stndinm dieses kleinen Wetkes ist
sehr zu empfehlen. W,
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168
Referate.
III. Referate.
Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zent.ralverbamls der Balneologen Ostreichs.
(Vorträge und Diskussionen von: Fellner, Löbchel, UUmanu, Lindlieirn, Sorgo, Krauss, Colobrun,
liassenge, Strassur, Drain, Koblor, Klein-Bähringer. Holzknecht, Weiß.) Radiologie.
(Arbeiten von: Bagge, Holzknecht, Jastram, Haret, Hubert, Newcornet, Destol, Gutlirnie, Belot,
Bar.jon, von Jakscli. Immehnann, Moszkowicz, Steginann, Rosenbach, Helbcr, Linser, Adamson,
Jefferis, Wertheim-Salomonson, Krause, Görl, Wien,) Balneologie und Hydrotherapie.
(Arbeiten von: Strasser, Williams.) — Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. (Arbeiten
von: Somerville, Jones, Xeustaetter, Zanietowski, Gamlen.) — Fhototherapie und ver¬
schiedene physikalische Methoden. (Arbeiten von: Schott, Sommer, Joseph, Hill, Ueslin,
Asmann, Danielsen.
Der IV. wissenschaftliche Kongreß des Zentralverbands der
Balneologen Ostreichs.
(Referat von Privatdozent Karl Ullmann-Wien. — Forts.)
Leopold Fellner (Franzensbad) gibt einen
Beitrag zurmechanischen undbalneo-
therapeutischenBehandlungderchro-
nischen Herzkrankheiten. Er geht zuerst
auf die Wirkung der Kohlensäurebäder über und
zeigt an der Hand von Tabellen die Änderungen
des Pulses, des Blutdruckes, der Respiration
der Eigenwärme unter der Einwirkung der COr-
Bäder bei Gesunden und Kranken. Er zeigt den
wohltätigen Eiuflnli der COa.Bäder in Bezug auf
subjektive Beschwerden und auf den Puls, die
Zahl, Qualität desselben. Auf Grand seiner
eigenen Anstaltserfahrungen stellt er die Insuffi¬
zienz des Herzmuskels, Fettherz, Herzklappen¬
fehler, und Arteriosklerose als Indikationen für
Kohlensäurebäder anf.
Arthur Loebchel (Dorna) berichtet über
baineotechnische Nenernngen. Die¬
selben beziehen sich zunächst anf die Art der
Zubereitung von Kohlensänrebädern. Loebchel be¬
nützt in Dorna eine eigene Qnellenfassungstype,
die in einem hermetischen Abschlüsse des Qnellen-
gehänses besteht, den Umfang eines ausreichenden
Badereservoirs erreicht, und aus welchem das
gashaltige Badew-asser unterirdisch in die Wannen,
und zwar kontinuierlich, znfließt. Durch Hebe¬
vorrichtungen wird das mit COs gesättigte Mine¬
ralwasser zugeführt, das nicht verwendete Bade¬
wasser läßt fortwährend COa-Gas entweichen,
wodurch in den Reservoiren eine starke Gas¬
spannung entsteht. Das Badewasser wird in den
Wannen selbst erwärmt. Die Bäder werden
durch fortwährenden Wasserzufluß stetig erneuert.
Dnrch eine Regnliervorrichtnng kann die Wärme
des Badewassers nach Belieben geregelt werden.
Was die Moorbädcrbereitnng in Dorna
betrifft, so ist znnächst wichtig, dafs das Moor
selbst in den Feldern dnrch Drainage derart
kultiviert wird, daß das Rohmaterial dnrch Luft¬
zutritt besser oxydiert wird. Schon im Sommer
wird das Moor der Sonne und Luft ansgesetzt,
im Herbste in gutgedeckten, luftigen Holzge¬
bäuden gelüftet und getrocknet, fein gemahlen,
schließlich in Heizräumen getrocknet. Durch
diese Vorgänge wird die Löslichkeit der Moorerde
wesentlich gesteigert und dadurch das Würme-
leitungsvermögen des Bademediums erhöht.
In der sich nun anschließenden Diskussion
wird von den drei Franzensbader Kurärzten
Nenadovic, Fellner nnd Fisch der Wert
dieser Präpariernngsmethode der Dornaer Moor¬
erde einer eingehenden Kritik nnterzogen nnd
darauf hingewieseu, daß das Franzensbader Moor
im Gegensätze zum Dornaer genügende Menge
löslicher Salze besitze, so daß es nicht notwendig
sei, deren Menge zu steigern. Für die Radio¬
aktivität der Moorerde sei das längere Expo¬
nieren der letzteren an den atmosphärischen
Agentien keinesfalls ein Vorteil. Was den Wert
der Kohlensäurebäder betreffe, so sei derselbe
nicht nach der COaMenge an der Qnelle, sondern
nach der im Bade selbst zn bemessen. Indes
seien die Verhältnisse in Frauzensbad ja wesentlich
andere wie die in Dorna.
In seinem Schlußwort bemerkt Lo ebcliel,
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Referate.
169
daß er es bedanre, daß von den Vorrednern so
unverhältnismäßig großer Wert anf die che¬
mischen and radioaktiven Potenzen der Moor¬
erde nnd der Bäder Gewicht gelegt, dem so
wichtigen Pnnkte der exakten Temperierbarkeit
gar keine Beriicksichtignng zn Teil geworden sei.
Der Maßstab für die Bedentnng nnd die Wirk¬
samkeit der Moorbäder bernhe ja doch nnr in
ihrem Heilwerte an Kranken, nnd da hätten sich
die von ihm erwähnten baineotechnischen Neue¬
rungen schon recht gnt bewährt.
DOC. K. Ullmann demonstriert seinen den
Badeärzten ja ans früheren Vorstellungen be¬
kannten Wärmeappnrat Hydrothermoregn-
lator, diesmal in einer einfachen Form, die das
Erwärmen des zirkulierenden Wasserstromes auch
mittelst Spiritus gestattet. Dieses Modell eignet
sich zur Einführung in solche Heilstationen, Saua-
torien, Tierarzueiinstitute oder für Spezialärzte,
die weder über Gas noch über elektrischen Strom
zum Betriebe des Apparates verfügen. (Firmen:
J. Rohrbeck in Wien nnd M. Hanptner in
Berlin liefern den Apparat).
Der Vortragende demonstriert gleichzeitig
eine Verwendnngsweise seiner Apparate znm
Zwecke der Erwärmung von konstant bleibenden
Wannen- oder Mineral-Bädern au einem von dem
Verfertiger Ingenieur Zelle (Firma Novlli
& Zelle, Wien XIX) in der Kongreßansstellnng
exponierten Modelle. Die Erwärmung des Bade¬
wassers erfolgt durch ein unmittelbar an dem
Boden der Badewanne angepaßtes und befestigtes
System von Metallrfihren, mit denen der Zu- und
Abflnß des Thermoregnlators in Verbindung steht,
nnd durch welches derselbe das zur Erwärmntig
bestimmte heiße Wasser treibt. Selbstverständlich
eignet sich der Apparat nur für kleine Betriebe,
einzelne Wannen und verhütet die zn starke Ab¬
kühlung des Badewassers bei prolongierten
Bädern. Die Regnliervorrichtnng verhindert eben
zu starke Erwärmung, dadurch auch die sonst
leicht mögliche Entgasung von Mineralwässern
und dient so auch zur Etablierung eines per¬
manenten Hebra’schen Wasserbettes. Für größere
Betriebe, und wo warmes Wasser im Reservoir
vorrätig ist, eignet sich dieser Apparat nicht.
Der bekannte niederösterreichische Land¬
tags-Abgeordnete, Alfred von Lindheim, legt
dem Kongreß seine Arbeit über die Gefahr¬
losigkeit. von Kurorten nnd Lungen¬
heilstätten für den Gesundheitszustand
der umgebenden Bevölkerung vor. Der
Antor bringt statistische Nachweise ans Kurorten
Oesterreichs, Deutschlands, der Riviera und der
Schweiz dafür, daß auch in offenen Kurorten
und in der Nähe von Tuberkulose-Heilstätten
die einheimische Bevölkerung bezw. das Pflege¬
personal keineswegs außergewöhnlich häufig an
Tnberkulose erkranket. Im Gegenteile bewirkt die
Steigerung der Wohlhabenheit der Bevölkerung,
sowie passende Hygiene und Prophylaxe z. B. in
Gleichenberg, Meran, Reichenhall, Davos, Görbers-
dorf nnd Mentone ein zweifelloses Herabsinken
der Tuberkulose-Morbidität- und -Mortalität.
Privatdozent Sorgo (Alland) beschäftigte
sich mit der A e t i o 1 o g i e nnd Hygiene
des Nachtschweißes Tuberkulöser.
Ungefähr die Hälfte der Phthisiker leidet an
Nachtschweißen, die unabhängig vom Fieber
bestehen. Unerklärt ist, warum die Schweiße
anftreten, wenn die Teinperatnr abfällt. Infolge
Freiluftbehandlung nnd Hydrotherapie komme
dieses Symptom oft bald znm Schwinden. Bei
der Tnberknlinbehandlnng, selbst wenn diese
von großer Reaktion gefolgt sei, treten die
Schweiße keineswegs immer anf. Den Bettdecken,
der Bekleidung — mau verwende nnr Woll-
wäsche — widme man größte Reinlichkeit (öftere
Sterilisation), ebenso der Zimmertemperatur, die
möglichst niedrig sei. Diaphoretica seien mög¬
lichst zn meiden, ebenso Blutverluste, Hnsten,
Mnskelanstrengnngen. Die Kranken schwitzen
hauptsächlich während des Schlafes, anch bei
Tage, vielleicht weil die Regnlationsfähigkeit
herabgesetzt ist, sowie bei anderen Rekonvales-
zensen, z. B. nach Typbus und Malaria, bei denen
sich anch ans ganz geringen Anlässen Fieber
und Schweisse einstellen.
KrauSS (Sanatorium Wiener Wald) be¬
leuchtet die prämenstruellen Störungen
bei Lungentuberkulose. Anch bei sonst
gesunden Frauen, vielmehr jedoch bei tuber¬
kulösen, ist eine prämenstrnelle Temperatnr-
steigernng zn konstatieren, die in zweifelhaften
Fällen diagnostisch verwertet werden könne.
Das Verschwinden solcher Fieberreaktionen
zeigt z. B. au, daß die Krankheit ansgeheilt ist.
Anch Verwechselungen mit aknten Erkrankungen
können durch dieses Fiebersymptom hervor-
gernfen werden. Bekannt sind die hohen Tempe-
ratnrsteigernngen bis 40° C., die man mitnnter
bei Mädchen vor ihrer ersten Menstrnation
beobachten kann.
In seinem Vortrage: „Die Malaria im
K ii s t e n I a n d e und ihre B e k ä m p f n n g u
gibt Sanitätsinspektor des Küstenlandes n Triests
Dr. von Celebrun interessante nud wertvolle
prophylaktische Vorschläge.
Die Petroleonisiernng der stagnierenden
Süßwassertümpel sei wohl sehr wirksam, doch
leider nicht immer durchführbar, weil diese
z. B. wie im Küsteulande oft die einzige Vieh-
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Referate.
170
tränke darstellen. Außerdem werden die kleinen
Tümpel dabei leicht übersehen. Mechanischer
Menschensclmtz in Fieberdistrikten durch Schutz-
Ritter um die Wohnungen und Schntznetze für
die in den Abendstunden ins Freie Gehenden
werden von weniger intelligenten Landlenten
nicht geDücend exakt ausgeführt. Es bewähre
fich am besten konseqnente Chinindarreichnnsr,
auch prophylaktisch. Der Erfolg für das Gebiet
von Istrien und Südtirol sei glänzend. Die am
schwersten versencht gewesenen Orte seien jetzt
vollständig senchenfrei.
Bassenge (Berlin) schlägt in der Dis-
knssion vor, künstliche Brntstätten für Mücken
anznlegen nnd sie dnnn mit Petrolenni zu iiber-
gießen.
Strasser emptielilt kalte Bäder, Strahl-
donchen nnd Faradisation der Milzgegend bei
fieberverdächtigen Leuten, weil dadurch die
Plasmodien durch Milzkontraktionen in den
Kreislauf getrieben würden.
Bram (Wien) warnt vor zu langem Chinin¬
gebrauch (Ohrensausen und Gehörstörnngen) nnd
empfiehlt Darreichung von Solntio Fowleri.
Obersanitätsrat Hobler (Serajewo) be¬
richtet über Fälle von Dysenterie als Malaria-
äqnivalent in Bosnien.
Prof. Klein - Bähringer betrachtete d i e
Adriaküste vom Standpunkte des
Augenarztes für die Therapie. Er
unterscheidet 3 Indikationsgruppen. Gradezu
souverän wirke das Klima der Adriaküste bei
skrofulöser Keratitis und Blepharitis, gleich¬
gültig ob solche Individuen noch andere skro¬
fulöse Erscheinungen böten oder nicht. Aber
auch die Erkrankungen des Uvealtraktus, Kera¬
titis. Iritis, Iridokykiitis namentlich solche mit
schleppendem Verlauf und unklarer Aetiologie
und bei herabgekommenem Allgemeinzustand,
auch solche mit irreparablen narbigen Verän¬
derungen, Trübungen, Schwarten, Synechien
der Iris bessern sich unter der Einwirkung des
Seeklimas alle so gut, wie es überhaupt möglich
ist. Eine dritte Indikationsgruppe bilden die Er¬
krankungen des Gesichtsorganes infolge von
Syphilis beiherabgekommenemAllgemeinzustand.
Als Kontraindikationen seien hauptsächlich
alle chronischen Katarrhe, das Trachom, der
sogen. Frühjahrskatarrh sowie die Folge einer
Malaria-lntermittens soweit sie das Auge be¬
treffen, hervorzuheben.
Die für die baineologische Praxis
wichtigsten Tatsachen derEönt-
g e n 1 e h r e.
Ueber dieses Thema sprach Guido
Holzknecht. Er weist zunächst auf das er¬
freuliche Zunehmen des Interesses der Balne-
ologen an der diagnostischen Radiologie hiu,
sowie auf die Tatsache, daß in zahlreichen Kur¬
orten bereits gut eingerichtete und gut geleitete
Röntgen-Laboratorien bestehen. Oft seien leider
die gewählten Einrichtungen wegen mangelnder
geeigneter Nebenbehelfe unzweckmäßig oder
unbrauchbar. Wichtig Bei es, solche Ein¬
richtungen zu wählen, die möglichst einfach
sind, und hauptsächlich auch die Untersuchung
der Brusteiugeweide gestatten. Der Balueologe
als Internist müsse das Aneurysma der Aorta
gegebenen Falls auch radiologisch diagnosti¬
zieren können, auch wenn ihm Adipositas oder
Emphysem dies auf gewöhnlich-physikalischem
Wege unmöglich machen. Dasselbe gälte für
das retrosternale Struma, welches durch Kom¬
pression der großen Gefäße schwere Herzsymp-
tome bedinge. Um solche Dinge zu diagnosti¬
zieren, bedürfe es eines mittelgroßen Röotgeu-
apparates, dessen Induktor am besten an einer
Wand einer Zimmerecke befestigt sei, wobei
der Wandarm für die Röhre zweckmäßig an der
anderen Wand fixiert werde. Zwischen beiden
hängen von der Decke auf gemeinsamem Pla¬
fondbrett Schirm und Blende herab, zwischen
die der Patient gestellt wird; dabei bleibt die
Bodentläche ganz frei; Der Quecksilberunter-
brecher wird heutzutage im fernen Nebenraum
oder Keller aufgestellt. Der Vortr. demonstriert
nun an guten Photographien das normale Thorax¬
bild und seine Veränderung bei der Herzhyper¬
trophie, Dilatation, kardialer Stauung, Aorten¬
dehnung, Pulmonalisdehnung, dem Aneurysma
der Aorta ascendeus, descendens, des Bogens und
der Anonyma; dann beim retrosternalen Struma,
bei mediastinalen Tumoren, Pleuraergüssen,
Pneumothorax, isolierten Lappeninfiltraten, cir-
eumscripten Lungenherden, Phthisis incip. und
bei der Funktionsprüfuug des Oesophagus.
Bezüglich der Röntgentherapie
führt H. nur einige wenige Indikationen mit
einfacher Technik an, insbesondere die gegen
maligne inoperable Neoplasmen gerichteten,
Schmerz und Sekretions stillenden Bestrahlungen,
sowie den Vorgang bei Driisenschwelluugen
und Leukaemie und erläutert die Technik dieser
Bestrahlungen.
Dozent Dr. K. Ullmann (Wien) referiert
ausführlich .Ueber autotoxische und
alimentäre Dermatosen“. Der Begriff
der Autointoxikation an sich ist uralt, im Wesen
das Prinzip der alten, nicht ganz mit Recht ver¬
worfenen Humoralpathologie darstellend, welche
durch die Bakteriologie, besonders aber durch
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Referate.
171
die Stoffwechselschemie wieder modern und so
wieder in der ganzen Medizin, vorherrschend
geworden sei. Ein solcher Zusammenhang lasse
sich auch in der Dermatologie für ganze Gruppen
der Dermatosen mit akutem und chronischem
Verlauf leicht nachweisen. Juckende Nesseln,
Erytheme, ekzematöse und seihst Blasen und
Pusteln bildende Ausschläge seien zweifellos
entweder Folgen der Resorption schädlicher
Produkte aus dem Magendarmkanal oder mangel¬
hafter Verarbeitung der resorbierten Stoffe inner¬
halb des Blutes und der Gewebszellen, analog
den Futterausschlägen der Rinder, der Schafe
und anderer Haustiere. Der weite Begriff der
Stoffwechselsanomalieu umfasse nebst den besser
bekannten und bereits präzisierten Formen der
gestörten Zuckeroxydation (Diabetes), der Harn¬
säureüberproduktion und Säureintoxikation
zweifellos noch zahlreiche, aber weniger be¬
kannte und sich oft auch kombinierende che¬
mische Anomalien. Diese seien sowohl durch
materielle als auch funktionelle Defekte gewisser
lebenswichtiger Organe wie Leber, Pankreas,
Schild- und Geschlechtsdrüsen, Nebennieren,
Hypophysis cerebri und gewisser nervöser Cen¬
tralorgane (Ganglienzellen), als auch durch die in¬
dividuellen Verschiedenheiten und Abnormitäten
des Zellchemismus im allgemeinen bedingt.
Letzterer ist ebenso durch hereditäre und Racen-
eigentümlichkeiten bestimmt, wie die grob anato¬
mischen Qualitäten, werde aber ganz besonders
in einzelnen Entwicklungsphasen im Verlaufe
des Lebensprozesses weiterhin modifiziert. Dem¬
entsprechend sind es vorwiegend nur relative
Gifte und Schädlichkeiten, welche im gegebenen
Falle einen gewissermaßen latenten Krankheits¬
prozeß auslösen. Disposition und Konstitution
bilden meist die. Hauptsache. Von größter Be¬
deutung für die Auffassung mancher Haut¬
krankheiten ist die Lehre der sog. inneren
Sektretion, d. i. der Lieferung spezifischer
fermentartiger Eiweißkörper durch gewisse
Drüsenzellen des menschlichen Körpers, welche
bestimmt sind, die große Arbeit der Umwand-
lungs- und Verbrennungsvorgänge, den Auf-
und Abbau des Zellprotoplasmas aus dem in die
Zirkulation aufgenommenen Nährmaterial zu
besorgen oder doch zu erleichtern. Der Haut
selbst mit ihrem Drüsenapparate fällt hierbei
eine bedeutende passive wie aktive Rolle zu.
Die Schwierigkeit der Analyse vieler soge¬
nannter Antointoxikationen liegt in der Com-
plexität aller beim Zustandekommen einzelner
Krankheitssymptome mitwirkenden ätiologischen
Faktoren.
Eine wichtige Rolle spiele weiterhin dabei
die Dia zur sogeuannten Idiosynkrasie gesteigerte
Reaktionsfähigkeit der Haut. Dieselbe äußere
sich oft in mannigfachen, akut verlaufenden oder
doch akut eiusetzenden Exanthemen fleckiger,
papulöser, ervthematöser, auch wohl exanthema-
tischer, also congestiv-entzündlicher Natur; all¬
tägliche Beobachtungen von Arzneiausschlägen
nach äußerer oder innerer Anwendung gewisser
Medikamente zeigen deutlich, daß die Reiz¬
barkeit der Haut in einer krankhaften labilen
Erregbarkeit der Gefäße des Stratum vasculosum
cutis, sowie der Foliculargefäße begründet sei,
da die anatomischen Veränderungen stets dort
einsetzen, allerdings von dort ab entlang der
Gefäße fortgeleitet werden. Spezifisch auto¬
toxische Hautveränderungen in Bezug auf Mor¬
phologie, klinisches oder anatomisches Verhalten
gebe es nicht. Die Analogie der Erscheinungen
mit gewissen toxischen Erkrankungen trägt
dazu bei, die Existenz besonderer autotoxiseber
Erkrankungen überhaupt außer Frage zu stellen.
In dem derzeitigen Kampfe zwischen der
Bedeutung der Morphologie und Aetiologie ein¬
zelner Hautsymptome muß sich die Wissenschaft
in der Zukunft zu Gunsten der Aetiologie ent¬
scheiden, da hauptsächlich oft ausschließlich
die letztere für die Therapie in Frage kommt.
Wichtig ist es deshalb, die Quellen der Autoin¬
toxikation kennen zu lernen. Gewiß mit Recht
wird vielfach der Magendarmtrakt bezw. der
Verdauungsprozeß als Hauptquelle angeführt.
Gewiß ist, daß schon gestörte Magenverdauung
zu deutlichen oft tiefgreifenden und bleibenden
Veränderungen an der Hautdecke führt. (Ab¬
magerung, Trockenheit der Haut, Hautjucken,
Angiektasie, Angiosklerose, Gelb- und Braun¬
färbung der Haut. Akne rosacea. Erytheme und
Ekzeme). Inwieweit hier spezifische Toxine
oder andere alimentäre chemische Schädlich¬
keiten direkt oder indirekt auf dem Wege des
Nervensystems Einfluß haben, ist wohl noch
lange nicht genügend festgcstellt. Hinlänglich
feststehend ist jedoch die vasoparalytische Eigen¬
schaft des Alkohols und gewisser Alkaloide,
des Koffeins und mancher Gewürze, ätherischer
Oele etc. Gewiß unterschätzt werden vielfach
auch die nachteiligen Wirkungen der Ueber-
ernährung (Suralimentation), sei es, daß die
Verdauungsorgane, Muskeln, Drüsen etc. durch
übermäßig reichliche oder allzuhäufige oder
zu stickstoffreiche Mahlzeiten überangestrengt,
die aufuehmenden Zellen überlastet werden.
Ein nicht geringerer Teil namentlich akuter
Exantheme, Erytheme, Urticaria gehört der
Idiosynkrasie gewissen speziellen Nahrungs¬
mitteln gegenüber an, fraglich aber ist, ob
die betreffenden Schädlichkeiten auch wirk¬
lich bakterieller Natur sind. Wahrscheinlich
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172
Referate.
ist dies in den seltensten Fällen zutreffend;
denn diese zeigen ein anderes mit Fieberpm-
stration und allgemein-toxischen Erscheinungen
einhergebendes Bild. Und nur solche zeigen
auch regelmäßig auffallende Vermehrung von
Indoxyl und Scatoxyl, ferner Auftreten von
Diaminen iin Harne. Selbstverständlich ist
hierbei auch der Darm Sitz resp. Quelle
der Autointoxikation. Fehlen aber klinische
Darmstürungen und fehlen die Zeichen ver¬
mehrter Darmfäulnis, dann haben wir gar
kein Recht., den Darm als Quelle der Autoin¬
toxikation anzusehen; dennoch geschieht dies
bekanntlich nur zu oft in praxi. Man quält
die Betreffenden wegen hartnäckiger Urticaria.
Prurigo, Erythema mnltifonne, Eczem und Lichen-
bildnngen, Pruritus, Erytrmlerinien, Keratoder¬
mien, Rosacea undSclerodermie mit systematischen
Ahführktiren, selbstverständlich gänzlich erfolg¬
los, wenigstens qnoad sanationem. Dasselbe gilt
von der Erfolglosigkeit der Darmdesinfektionen.
Hingegen leisten diätetische Entziehungskuren,
streng laktovegetabilisebe Diät und Salicylpräpa-
rate mitnnter anch passende Brnnnenknren und
klimatische Verändernngen, i. e. Entspannung des
Nervensystems, häufig zweifellos mehr. Leider
sind diese Ratschläge nicht immer durchführbar,
da gerade solche Kuren dnrch Zeitaufwand
kostspielig sind.
In der sich darnn anschließenden Dis-
knssion betonte anch v. Pähl im Sinne des Vor¬
tragenden die Bedentnng der mangelhaften Intra¬
organoxydation der Gewebe mit Bildnng von
schädlichen Zwisehenstnfen der Eiweißkörper der
Naltrnng nnter Ansschlnß der Darmverdannng
als hauptsächlichste Qtielle der Antointoxikationen
und betonte die Notwendigkeit der Bestimmnng
einer Anzahl von Harnkoeffizienten insbesondere
der Relationen zwischen Gesamtstickstoff, Harn-
sänre, Harnstoff, löslichen nnd nnlöslichen Phos¬
phaten. den gesamten nnd den Aetherschwefel-
sänren znr Klarstellung der Frage, ob objektiv
im Harnbilde die Zeichen einer Antointoxikation
vorlägen. Der einfache Nachweis von Indoxyl
allein sei für die Annahme oder Ansschließnng
einer Darmantointnxikation nicht genügend.
Off er hestätigt, daß Prnrigo ohne Darm-
erscheinnngen nnd ohne Vermehrnng von Indican
einhergebe. Schließlich bemerkt Referent, daß
er hier nnr einige Andentnngen über die Un¬
vollkommenheit unserer Erkenn'nis nnd leider
anch unserer Methoden znr Sieherstellnng der
Qnellen der zweifellos sehr wichtigen Antointoxi¬
kationen machen wollte, nnd daß er es für
notwendig halte, diesen wichtigen Fragen
systematisch vorerst dnrch Anfstellnng einer
dahin gerichteten Methodik der Forsclmng eifriger
als bisher nachzugehen.
Dr. Eduard WeiSS (Pistyen): Wert der
II ii il e r b e i G i c h t..
Vortragender kommt zu folgenden
Schlüssen: Nachdem das Blut des Giclit.ikers
Harnsäure aufstapelt, ohne daß man im Harn
des chronischen Giclit.ikers ein entsprechendes
Plus von Harnsäure finden könne, ist. es klar,
daß die Niere des Gicht,ikers im Gegensatz
znr normalen Niere nicht imstande ist, die
Körpersäfte von der Harnsäure prompt zu
befreien. Die Insuftizenz der Niere ist also
beim Giclitiker, was Harnsäure betrifft, evi¬
dent. Die wichtigste Aufgabe der Therapie
muß somit in der Schonung der Niere be¬
stehen, resp. darin, daß man die Tätigkeit
der Niere durch die komplementäre Tätigkeit
der Haut ersetzen müsse. Also nicht nur die
praktische, Jahrhunderte alte Erfahrung allein,
sondern auch die neuesten theoretischen Er¬
wägungen ergeben die These, daß es in der
Therapie der Gicht keinen mächtigeren Fakt or
gibt als Bäder. Speziell erweisen sich jene
Bäder am wirksamsten, die wie z. B. Schwefel-
ttnd Schlammbäder vermöge ihres chemischen
Gehaltes und ihrer Konsistenz imstande sind,
die Hauttätigkeit am besten anzuregen und
die Niere in ausgiebigster Weise zu entlasten.
Derselbe Autor lenkt, in seinem Vor¬
träge „ii her interkostale Pit o n a t. i o n s-
E r s c h e i n u n g e n als B a s i s e i n e r neuen
U n t e r su c h u ngsm e 11t o d e“ die Aufmerk¬
samkeit auf die durch ihn beobachteten Pho¬
nations-Erscheinungen, die sich beim Sprechen,
besonders beim Ansatz und Buchstabieren in
der Ltintbalgegend, am Abdomen, ferner in
den Interkostalräumen bemerkbar machen.
Klinisch bieten die piionatorischen Hervor-
wölbungen in den Interkostalräumen das meiste
Interesse. Man sieht dieselben besonders
schön bei mageren Individuen mit breiten
Interkostalräumen, am besten dort., wo die
Interkostalniuskeln von anderen Muskelmassen
nicht bedeckt sind. So im zweiten bis dritten
Interkostalraum der Parasternallinie. Die
phonatorischen Hervorwölbungen in den Inter-
kostalräuinen sind durch den in der Lunge
im Momente des Glottisschlusses gesteigerten
Phonationsdruck hervorgerufen (bei konti-
nuirlichem Sprechen erschöpft sich der Luft-
strom und die Phonationserscheinungen gehen
allmählich verloren). Es empfiehlt sich daher,
bei der Untersuchung stets einzelne Buchstaben
oder einzelne Worte, wie „D“, .,Kib“ u. s. w.
sprechen zu lassen. Die Brustdrüsen und ein
starker Panniculas adiposus wirken natürlich
bei der Untersuchung in hohem Maße störend.
Die klinische Bedeutung der inter¬
kostalen Phonationsersckeimingen liegt darin,
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Referate.
173
daß sich Leber und Milz vermöge ihrer Kon¬
sistenz phonatorisch nicht hervorwölben
können, indes das pleurale Transsudat und
Exsudat sich durch Mitteilung der Bewegung
bei der Phonation ebenfalls in den Interkostal-
ritumen hervorwölben kann. Auf diese
Weise ist man imstande, die untere
Exsudatgrenze gegen Leber und
Milz in sichtbarer Form abzugrenzen.
Vortragender hat im Verein mit Dozent
v. Kathy an der 2. mediz. Klinik in Budapest
schwierige diagnostische Fragen bei pleu-
ritischeu Exsudaten entscheiden und durch
die Punktion bestätigen können. Betreffs
weiterer Details verweist Y’ortr. auf die dies¬
bezüglichen Arbeiten in der ,.Deutschen Me¬
dizinischen Wochenschrift“, „Zeitschrift für
klinische Medizin“, und im „Archiv für kli¬
nische Medizin“, Jahrgang lhOO—liiOl, ferner
auf die Mitteilungen St i Ilers („Wiener
Mediz. Wochenschrift“), und Struppelers,
Letzterer hat vor 3 Jahren beim Kongreß für
innere Medizin einen Fall von Zwergfells¬
hernie vorgeführt und dabei die Phonations¬
methode gut, verwerten können. In der Dis¬
kussion bemerkt Doz. Sorgo, daß das Phä¬
nomen häutig auch bei gesunden Menschen,
nocli häufiger bei pathologischen Prozessen
im Thoraxraume vermißt werde. Sein Vor¬
handensein beweist, daß der betreffende Inter¬
kostalraum im Bereiche des Brustraumes liege
und insofern sei das Symptom allerdings bei
positivem Ausfall von Wert bei Thoraco-
zentesen. Es dürfe aber nicht geschlossen
werden, daß ein luterkostalraum, der sich
nicht verwölbe, dem Abdominalraum ent¬
spreche. In dieser Hinsicht sei nur der posi¬
tive Ausfall entscheidend.
Radiologie.
Ivar Bagge (Göteborg). Med de landen von
behandling af K a ncer med R ö n t -
genbestraluing (Mitteilungen über die
Behandlung von Krebs mit Röntgenbe¬
strahlung). Hygiea 1905 S. 171—1H8.
Nach einer kurzen Uebersicht über die
gegenwärtige Lage der Röntgentherapie bei
Krebs teilt Verf. verschiedene Fälle aus
eigener Praxis mit. Verf. hat dieselben Er¬
fahrungen, wie die meisten Kadiotherapeuten,
gemacht. Bei äußerlichen Prozessen wie
Lippencareinomen, Ulcera rodenlia faciei u. dgl.
sehr gute Resultate, in 2 Fällen sogar Heilung
(Beobachtungszeit bis 16 Monate); sehr schönes
Resultat zeigte auch die Bestrahlung an einem
vorgeschrittenen Falle von Lupuskarzinom;
bei tiefsitzenden Tumoren geringe oder keine
Besserungen, von der zuweilen sehr bedeuten¬
den Sclimerzlinderuug abgesehen. Auch gibt
Verf. eine Darstellung von bisher bekannten
hystologischen Veränderungen in den verschie¬
denen Geweben. Als Urteil über seine eigenen
Erfahrungen führt Verf. an, daß eine Röntgen¬
behandlung die operative niemals hindern darf.
Nur in wenigen Fällen, wo keine Gefahr für
Meiastasenbildung oder schnelle Progredienz
vorhanden ist, kann der immer doch ziemlich
unsichere Versuch mit Radiotherapie gemacht
werden, zuweilen auch aus kosmetischen
Gründen, wie z. B. bei Hachen Ulcera rodentia
faciei. Bei inoperabelen Fällen kann man zu¬
weilen den Patienten bedeutende Schmerz¬
linderung bieten. Auch als Nachbehand¬
lung nach Operationen empfiehlt Verf. pro¬
phylaktische Bestrahlung, lieber die ange¬
wandte Technik enthält die Arbeit, wie so
oft der Fall, all zu wenig.
Haglund- Stockholm.
Guido Holzknecht: Röntgen-Therapy as
praktised in the RöntgenLabora-
lory of the „Allgemeine Kranken¬
haus“ of Vienna. (Archives of the
R. R. April 1005.)
H. führt aus: Bei Bestrahlung der Haut
rufen die Röntgenstrahlen einen pathologischen
Prozeß in ihren Zellen hervor, der nach einer
Latenzperiode von sekundärer entzündlicher
Reaktion gefolgt ist; diese beruht auf dem
toxischen Einfluß der Zerstöruugsprodukte.
Der heilende Faktor ist nicht die Reaktion,
sondern der pathologische Prozeß in den
Zellen selbst, der in einem mikrospisch sicht¬
baren Degenerationsprozeß beruht. Degene¬
ration und Reaktion hängen nur von der
Menge der absorbierten X-Strahlcn ab. Der
Einfluß der Strahlen ist ein elektiver sowohl
bei normalen als bei pathologischen Geweben.
Protoplasmareiche, rasch wachsende Zellen
sind empfindlicher. Man kann 4 Grade der
Empfindlichkeit unterscheiden: 1) Hochemp¬
findlich sind: neue Psoriasisflecken, Myeosis,
fungoides etc., 2) überempfindlich sind: epi¬
theliales Haargewebe, das mit Myeosis be¬
haftet ist, Hautpartien, die kürzlich der Sitz
von Acne, Sycosis nd Lupus waren, 3) mäßig
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174
Referate.
empfindlich sind: gesundes Epithel und dessen
Gebilde, 4) unempfindlich sind: Bindegewebe,
Blutgefäße, Heerde von Alopezie.
Zu beachten haben wir die Latenz¬
periode und die Dauer der Reaktion. Je
größer die Dosis, desto kürzer die Latenzzeit;
vier Grade der Reaktion können unterschieden
werden:
1. Grad: Latenz 3 Wochen; Degene¬
ration ohne entzündliche Reaktion, Desqua¬
mation und Absorption pathologischen Ge¬
webes mit nachfolgender Heilung.
2. Grad: Latenz 2 Woclien, Entzündung
ohne Blilschenbildung + den Veränderungen
sub. 1, Heilung ohne Narbenbildung.
3. Grad: Latenz 1 Woche; Bläsehen-
bilduug, Exfoliation und Absonderung +- den
Symptomen sub. 2, Heilung ohne Narbe. Atro¬
phische Zustände der Haut können sich später
einstellen.
4. Grad: Latenz 3 bis 4Tage; 3 + Ne¬
krose und Narbenbildung.
Therapeutisch werden nur der 1. und
2. Grad, der 3. sehr selten, angewendet.
Zwei Methoden der Applikation kommen
zur Verwendung: 1) Man kann die ganze
Dosis in einer Sitzung geben. Bei Alopecia
arcata, Mycosis fungoides, Favus und Herpes
tonsurans genügt einmalige Reaktion; bei
Lupus, Scrophuloderma, Hypertrichosis muß
nach Ablauf der ersten Reaktion, d. h. nach
4—7 Wochen, die Bestrahlung wiederholt
werden. 2) Man kann auch die Dosis auf
zwei Bestrahlungen verteilen mit einem Inter¬
vall von 14 Tagen. Brauchen wir eine ver¬
längerte Reaktion, so wenden wir vier Be¬
strahlungen mit Zwischenräumen von je einer
Woche an. Es soll nur die affizierte Partie
den Strahlen ausgesetzt werden.
H. gibt sodann Einzelheiten über die
Technik, die sich nicht zum Referat eignen.
Wir heben nur daraus hervor, daß die Härte
der Röhre Nr. G der Walter-Skala entsprechen
soll, und daß die benachbarten Teile durch
Abdecken mit Bleifolie etc. zu schützen sind.
Die Einheit der Menge der X-Strahlen ist 1 H,
die '/> der Dosis darstellt, die nötig ist
zur Hervorrufung der ersten Symptome von
Reaktion auf dem Gesicht eines Erwachsenen.
Diese Menge wird durch das Chromoradio-
meter gemessen.
Jastram : I ber die Einwirkung der
Röntgenstrahlen auf Bakterien,
Pflanzenaam e n und In fusorien
(Sammelreferat). (Zeitschr. f. Elektro¬
therapie etc. ßd. VII. Heft 10).
Die bakterizide Wirkung des gewöhn¬
lichen Lichtes beruht auf seinen chemisch
wirksamen Strahlen; da die X-Strahlen mit
diesen die Eigenschaft gemeinsam haben, die
photographische Platte zu .Offizieren, so sollte
man aprioristisch von ihnen auch bakterizide
Wirkungen erwarten Um dies zu eruieren,
haben eine Anzahl Forscher Versuche au-
gest.ellt, jedoch mit teilweise negativen Re¬
sultaten.
Versuche mit negativem Ergebnis wurden
angestellt von: 1) Miuck bei Typhusbazillen ’/*
Stunde lang, bezw. 2—8 Stunden. 2) Beck
und Schultz mit Bac. pyocyancus, prodigiosus,
Bac. der blauen Milch, Stapln aureus. B. coli
20 Min. bis 2'/» St. 3) Berton mit Diphtherie¬
bazillen, die er 16, 32 und 64 Stunden (sic)
lang bestrahlte 4) Somanis; verschiedene
Bakterienarten, 6 Stunden und länger bestrahlt.
5) Blakre. 6) Bauregard, Greichard, Blaise,
Sambue; letztere bestrahlten u. a. Milzbrand -
bazillen bis zu 3 Stunden lang. 7) Sabrazes
und Riviöre; Bac. prodigiosus, 20 Tage lang,
täglich 1 Stunde.
Positive Resultate dagegen hatten:
1) Minck in einem anderen Versuch mit
Typhusbazillen; Bestrahlung nur 5 Min. 2)
Lortet und Genoud; entwicklungshemmender
Einfiuß auf experimentelle Tuberkulose. 3)
Buorno und Gras. Abnahme der Virulenz
verschiedener Mikroorganismen durch lang¬
dauernde Einwirkung von Röntgenstrahlen.
4) Zwei französ. Forscher, sowie die Engländer
Wolferden and Forbes Roß fanden, daß den
X-Strahlen ein das Wachstum von Pflanzen-
samen beschleunigender Einfluß inne wohne.
Sie bestrahlen täglich eine Stunde laug ^wie
lange, wird nicht angegeben) den Samen von
Raute, Brunnenkresso und Hirse. 5) Fioren-
tini und Luraschi: Wirkung auf experimentelle
Tuberkulose. 6) Rieder hatte eine große An¬
zahl positiver Resultate mit Choleravibrionen.
B. coli, Staphylococcus pyogenes aureus, Strep¬
tococcus pyogenes, Diphtheriebazillen, Typhus¬
bazillen. Bestrahlungsdauer bis zu einer
Stunde. (Forts, folgt)
Franze-Nauheim.
Haret. Quelques symtoines d’apparence loxe-
mique presentes aux cours du traitement
radiotherapiques du cancer du sein. (Arch.
d’61. med. No. 156).
Bei drei Kranken, welche an nicht
ulceriertem Brustkrebse litten, trat nach Be¬
strahlungen, welche eine Verkleinerung der
Geschwülste herbeiführten, Uebelkeit, Kopf¬
schmerzen, Appetit- und Schlaflosigkeit, bei
einer davon auch Fieber auf, welche nach
Aussetzen oder Verminderung der Strahlen-
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Referate.
175
dosis allmählich schwanden. Allo 3 hatten
Strahlendosen von etwa 15 H. erhalten, ehe
die Erscheinungen auftraten. H. faßt die
Symptome als toxaemische, erzeugt durch
Resorption von Zerfallsprodukten der Krebs¬
zellen auf, übereinstimmend mit Williams (The
Röntgen rays in medicine & surgery S. 677).
Die Beobachtungen von Baermann und Unser,
die ähnliche Ergebnisse hatten, sind nicht
erwähnt.
0pinion des chirurgieus sur le trai-
tenient radiothörapique du cancer
(Soc. de cliir. de Paris. Sitz. 2. Nov. 04.)
W a 11 h e r stellt einen schon am 10. Juni
vorgestellten Kranken erneut vor. Es handelte
sich um ein wiederholt chirurgisch behandeltes
Osteosarcom des Oberkiefers, welches durch
Radiotherapie geheilt wurde. Der Zustand
seit Juni ist gleich geblieben, kein Rückfall,
der Tumor saß tief- Berger. Ebenfalls
recidlvierendes Sarkom beider Oberkiefer.
Durch Röntgenbestrahlung ist kein Rückgang,
wohl aber Aufenthalt im Wachstum erzielt.
Tuf fier bespricht nochmals den Waltherschen
Fall. Rückfall ist immer noch nicht ausge¬
schlossen. Die Sarkome verhalten sich sehr ver¬
schieden gegen Röutgenstrahlen. Kirmisson:
Heilungen von Sarkomen durch X-Strahlen
sind durch Totalentfernung der inneren weibl.
Genitalien sehr unsicher und unvollständig.
Spätere Vorstellung ist dringend erwünscht.
R e y n i e r hat mehrfach Rückfälle von
radiotherapeutisch geheilten Hautkrebsen ge¬
sehen. Rontier berichtet über ein nach zwei¬
maligem Rückfall operativ geheiltes, klein¬
zelliges Sarkom; Heilung besteht seit sieben
Jahren. Ricard berichtet das Gleiche von
einem Unterkiefersarkom. Quenu: Die Sar¬
kome sind sehr verschieden zu beurteilen und
noch nicht genügend genau bekannt, daher
Vorsicht in Beurteilung der Heilergebnisse.
Sebileau: Ein Lymphosarkom des Halses
wurde durch Röntgenbehandlung bis nahe zum
Verschwinden gebracht, als es ganz plötzlich
trotz der fortgesetzten Behandlung zu wachsen
anting und zum Tode führte. Die X-Strahlen
haben zwar eine verkleinernde, die Ernährung
des Tumors störende Wirkung, aber wahr¬
scheinlich keine endgültig heilende. B ödere
erklärt auf eine diesbezügl Frage von Lucas-
Chainpionni&re, daß bei den jetzt an¬
gewandten Vorsichtsmaßregeln ein schnelleres
Wachstum der Tumoren unter Wirkung
der X-Strahlen ausgeschlossen erscheint.
Tuffier: Die Wirkung der X-Strahlen auf
primäre Hautkrebse ist elektivund führt sichere
Heilung bei geringer Narbenbildung herbei,
bei sekundären dagegen ist die Wirkung un¬
sicher; Sehleimhautkrebsed agegen sind der
Röntgenbehandlung ganz unzugänglich. Da¬
gegen bilden die X-Strahlen ein Mittel, das
nach Operationen zur Verhütung von Rück¬
fällen in der Narbe angewandt werden sollte.
Poinier: Die Behandlung der Wahl für
Sarkome und Carcinome ist die Extirpation,
operabele Geschwülste mit X-Strahlen zu be¬
handeln, ist gänzlich zu verwerfen, da sie
leicht inoperabel werden kö.nnen. Er führt
für seine Behauptung zwei derartige Fälle an
Imbert. A propos de la radiotherapie. (Arch.
d’el. med. No. 157.
1. steht auf einem etwas optimistischen
Standpunkt. Er will die Radiotherapie nicht
allein für inoperabele Tumoren angewandt
wissen, sondern sie stets versuchen, ganz
eilige Fälle ausgenommen. Er schlägt vor, die
Röntgenbehandlung operabler Geschwülste
unter Leitung eines Chirurgen vom Fache
vorzunehmen und sofort zur Operation zu
schreiten, sobald nicht baldiger Erfolg zu
konstatieren ist. Auch innere Geschwülste will
er so behandeln und berichtet über Erfolge
bei Magen-, Prostata- und Uteruscarciuomen.
Die Gefahr der Röntgenbehandlung schätzt
er sehr gering ein. (Dem muß gegenüber ge¬
halten werden, daß in der Zeit, in welcher
ein operabeler Tumor bestrahlt wird, sich
leicht innere Metastasen bilden können, die
bei sofortiger Operation vermeidbar wären.
Ref).
Mewcornet. Tuberculoso et rayons x. (nach
Ref. aus Therapeut gazette. 15. 5. 04 in
Arch. d’61. med. No. 157.)
Drüsentuberkulose, solange geschlossen,
ist durch Bestrahlung zu beeinflussen, Phthise
nicht. Bei tuberkulösen Kehlkopfgeschwüren
wird durch Bestrahlung .Schmerzlinderung
erzielt.
Destol. Sur le traitement du cancer par les
rayons x. (Soc. natiou. de medicine. Lyon.
Sitzung 31. Okt. 04. nach Arch. d’el. möd.
No. 157).
Es ist unwahrscheinlich, daß X-Strahlen
eine elektive Wirkung auf Krebsgewebe haben.
Die Gesichtshautkrebse sind so verschieden¬
artig, daß man nie Voraussagen kann, ob sie
durch Bestrahlung beeinflußt werden odernicht.
Außer dem Krebsgewebe werden auch Nerven
und Gefäße beeinflußt; es entsteht Karyokinese;
die Tumorengewebe werden umgeformt.
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176
Referate.
Guthrnie. Radiotherapie dans les tuberculoses
chirurgicales. (Nach Ruf. a. New. Orleans
med. and surg. journ. Sept. 04 in Arch.
d’el. med. No. 157).
Die X-Strahlen töten die Tuberkel¬
bazillen nicht., bewirken aber eine reaktive
Leucoeytose in den von ihnen getroffenen
Teilen, welche schädlich auf die Bazillen
wirkt. Für die Wirksamkeit führt er mehrere
Hundert Lupusfälle an. die durch X-Strahlen
geheilt wurden; ebenso hat er zwei Fälle tuber¬
kulöser Halsdrüsen mit sehr gutem Erfolg be¬
handelt. Bei einem Spondylitiskranken mit
Fistelbildung nach kalten Abscessen schlossen
sich die Fisteln bald nach Beginn der Röntgen¬
behandlung unter Hebung des Allgemein¬
befindens.
Holzknecht. La Röntgentherapie. (Arch. d’el.
med. No. 157 u. 158).
Die bekannten Vorschriften H’s., wie sie
in der „Röntgentherapie“ in dem Sammelwerk
„Die physikal. Heilmethoden“. Deutike, Wien
1904, enthalten sind.
Belot. Quelques resultats obtenus par la thera-
pie sur des aft'ections malignes, au double
point de vue curatif & esthethique (Arch.
d’el. med. No 157j.
Besprechung der Vorteile gegenüber
chirurgischem Eingriff', welche in manchen
Fällen die Heilung von Geschwülsten u. dgl.
durch Röntgenstrahlen mit sich bringt. Durch
einige Bilder von Behandelten vor und nach
der Heilung werden die aesthetisch sehr be¬
friedigenden Ergebnisse deutlich gemacht
(Hautkrebse). Der interessanteste Fall ist ein
solcher vou Mycosis fungoides des Gesichtes,
der furchtbare Entstellung durch Geschwulst
und Excoriation herbeigeführt hatte, und durch
kein Mittel zu bessern war. Im Laufe eines
Jahres wurde die Heilung durch etwa drei¬
wöchentlich vorgenommene Sitzungen erzielt,
in denen jedesmal 7-9 H. verabreicht wurden.
Diese hohen Dosen wurden von den tumor¬
artigen Partien gut vertragen, die erisypela-
tösen bekamen nur 5—(i H. in einer Sitzung.
Die Heilung war vollständig.
Barjon Chassis porte-ampoule et porte-ecrau
combine avec orthodiagraphe. (Arch. del.
med. No. 157).
Universalapparat zu allen radiologischen
Anwendungen. Ohne Abbildung schwer zu be¬
schreiben. -a—
Professor Dr. vonJaksch. Leber Röntgendiag¬
nostik und Therapie innerer Krankheiten.
(B. Kl. W. No. 15).
Verfasser beklagt in der Einleitung den
Mangel an genügender Mitarbeit der Kliniker,
als der berufensten Faktoren am Ausbau der
Röntgendiagnostik in der inneren Medizin,
ein Vorwurf, der teilweise berechtigt erscheint.
Nach einer Besprechung seiner Technik, geht
der Vefasser zum eigentlichen Thema über.
1. Tuberkulose: Seine Erfahrungen decken
sich mit denen anderer Autoren.
2. Pneumonie: Im Röntgenbilde kann man
manchmal schon früher den Beginn der zen¬
tralen Lösung der Pneumonie erkennen, als
es durch die bisher übliche physikalische
Untersuchung möglich war. Verfasser konnte
bei einer Dipplokokken- und Streptokokken-
Pneuuionie, die mit allmählichem lythischem
Abfall verlief, im Röntgengebilde genau das
wechselnde Ab- und Zunehmen der Infiltration
beobachten, Vorgänge, welche mit der sonstigen
physikalischen Untersuchung nicht verfolgt,
werden können. Die Röntgenmethode läßt,
außerdem mit Sicherheit, eine zentral sitzende
Pneumonie erkennen. Die Schatten des Pneu¬
monieradiogrammes sind wesentlich größer
als die entsprechenden percutorischen Pueu-
monietiguren.
8. Pleuritische Exsudate: Auftreten und
Verschwinden der Exsudate lassen sich im
Röntgenbild exaktest verfolgen.
4. Lungentumoron: Sind nicht immer
von Mediastinaltumoren diff'erentialdiagno-
stisch durch die Röntgenmethode zu unter¬
scheiden. Bei Frauen wäre vor der Unter¬
suchung auf Mammacarcinom zu fahnden, da
bei der Aufnahme ein solches mit seinem
Schatten in die Lunge projiziert werden kaum
5. Asthma bronchiale: Entsprechend den
mit Fibrinmassen etc. erfüllten erweiterten
Bronchien sah Verfasser ungleichmäßige
Seliattenstreifen.
ü. Herzaffektionen: Seine Erfahrungen
faßt Verfasser dahin zusammen:
a. Für die Untersuchung ist die Ra¬
dioskopie der Radiographie vorzuziehen.
b. Unter gewissen Verhältnissen kann
man auch ohne Orthodiagraph mit hin¬
reichender Genauigkeit sich über die relative
Größe des Herzens orientieren.
c. Schirmbild und Radiogramin geben
über die Natur der am Herzen gesehenen Ver¬
änderungen, ob Hypertrophie oder Dilatation,
desgleichen bezüglich der Lokalisation des
Herzfehlers keinen Aufschluß.
Von Bedeutung sind ferner die Bilder
von verkalkten Gefäßen, besonders der Ti-
bialis postica bezüglich des intermittierenden
Hinkens. Wichtig ist das Röntgenverfahren
zur Erkennung und zum Studium der ver¬
schiedenartigen Knochenerkrankuugen.
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Referate,
177
Die Röntgenmethode ist für den Inter¬
nisten als selbständige Untersuchungsinethode
nicht, brauchbar, leistet aber ganzWesentliches,
wenn man sie mit den andern klinischen Me¬
thoden, der physikalischen, chemischen und
bakteriologischen kombiniert.
Verfasser verlangt, daß, falls in Be¬
ziehung auf Lungenerkrankungen weitere
Fortschritte in der Diagnose gemacht werden
sollen, folgende Gesichtspunkte maßgebend
sein müssen:
1. Man untersuche systematisch nur
(? der Ref.) in einer Projektionsrichtung,
nämlich in liegender Stellung bei ventrodor-
salem Strahlengang und begnüge sich vor¬
läufig mit dem Studium der Veränderungen,
welche diese Projektionsrichtung erzielt.
2. Man vergleiche das so erhaltene
Röntgenbild sorgfältig
a) mit den Ergebnissen der Auskultation
und Perkussion,
b) mit dem anatomischen Befund.
Mit der therapeutischen Verwertung der
X-Strahlen auf dem Gebiete der inneren Krank¬
heiten hat Verfasser bisher wenig erfreuliche
positive Erfahrungen gemacht.
Immelmann. I ber Orthophotographie
des Herzens. (M. M. W. 1905 X. 19.)
Verfasser beschreibt' die von seinem
Assistenten Lepper erfundene Methode der
Orthophotographie des Herzens. Der Patient
wird wie bei der Orthodiagraphie gelagert,
Platte mit Verstärkungsschirm an Stelle des
Zeichenpapiers eingestellt und nun während
Atrnungsstillstand unter Kontrolle des Leucht¬
schirms das Herz mit dem senkrechten Röntgen¬
strahl umfahren. Die so erhaltenen Ortho-
photogramme stimmen ziemlich genau mit den
Orthodiagrammcn überein.
Moszkowicz u. Stegmann. Die Behand¬
lung der Prostatahypertrophie
mit Röntgenstrahlen. (M. M. W.
Nr. 29, 1905.)
Bei der Bestrahlung der hypertrophischen
Prostata mit Röntgenstrahlen gingen die Ver¬
fasser von der Voraussetzungaus, daß die hyper¬
trophische Prostata ein Adenoidmyom (Socin)
darstellt. Münch fand bei der Untersuchung
exstirpierter hypertrophischer Prostaten eine
vorwiegende Wucherung des Drüsengewebes,
welches stellenweise größere und kleinere
isolierte Adenome bildete. Sind nun diese
adenoiden Wucherungen durch die Röntgeu-
strahlen zum Sehw'inden zu bringen, dann
werden auch die Beschwerden der Prostatiker,
Archiv f. phrsik Medizin etc.
welche aus dieser Drüsenvergrößerung resul¬
tieren, zu mildern oder zu beseitigen sein.
Die V.V. sprechen dann noch die Vermutung
aus, daß vielleicht der größere Lecithingehalt
der Prostata die Einwirkung der Röntgen¬
strahlen begünstigen könnte. Die Erfolge,
welche die V.V. in ihren Fällen erzielten,
sind sehr erfreuliche: Verkleinerung der
Prostata, Beseitigung resp. wesentliche Bes¬
serung der funktionellen Beschwerden. Was
die Technik anlangt, so bedienten sich die
V.V. eines Kelly’schen Spekulums, mit dem
sie sich die Prostata zur Bestrahlung eiu-
stellten. Bestrahlung in Pausen von 8—14
Tagen; weiche und härtere Röhren; Be¬
strahlungsdauer 10—20 Minuten. (Ref. kann
aus eigener Erfahrung die Erfolge nur be¬
stätigen, möchte aber zu großer Vorsicht in
der Dosierung mahnen, da er schon nach
10 Minuten langer Bestrahlung einige Male
hohe Temperaturen für einige Tage auftreten
sah, welche bei dem Alter mancher Patienten
für nicht ganz unbedenklich zu halten sind.)
0- Rosenbach. Bemerkung über die
Behandlung der Leukaemie mit
Röntgenstrahlen. M. M. W. No. 23.
Verfasser knüpft au die experimentellen
Forschungen von Baermann, Linser, Helber
und Heinecke an. Bei der Abhandlung von
Helber und Linser vermißt Verfasser eine
eingehende mikroskopische Untersuchung über
das Verhalten der Haut selbst nach Röntgen¬
bestrahlung. Er vermutet, daß ähnlich wie
bei Entzündungen aus anderen Ursachen bei
der Röntgenstrahlenentzündung nicht nur die
Gefäße, sondern auch das Hautorgan, das
Unterhautbindegewebe und das Perimysium
beteiligt sind. Wenigstens hat Verfasser bei
experimentellen Untersuchungen über Neuritis
gefunden, daß im Hautorgan, im Unterhaut¬
bindegewebe, im Perimysium, in weiter Um¬
gebung der operierten Stellen, trotz des Fehlens
aller makroskopischen Zeichen der Ent¬
zündung, eine sehr beträchtliche Vermehrung
der färbbaren Elemente vorhanden war. Auch
bei der Untersuchung der Haut von Personen,
die nur an intensiven lokalisierten akuten
Entzündungen des Hautorgans gelitten hatten,
fanden sich die makroskopisch anscheinend
intakten Hautpartien und die darunter liegende
Muskulatur doch in der geschilderten Be¬
ziehung mehr oder weniger verändert.
Während Helber und Linser die Verarmung
der Milz u. Drüsen an Leukocyten, resp. die
Ursache, warum unter dem Einfluß von Röut-
genstrahlen temporär weniger weiße Blut-
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178
Referate.
körperclien gebildet werden, auf eine Insuffi¬
zienz der Milz und Drüsen zuriickfiihren,
ninimt Verfasser keine Insuffizienz an, sondern
eine Hemmung, bedingt entweder durch direkte
Beeinflussung der Organe, oder reflektorische
Hemmung von der Haut aus, oder durch die
Veränderungsprodukte im zirkulierenden Blut.
Nach Verfasser sprechen die Veränderungen
der Niere bei Leukaemie für die entzündliche
Beeinflussung des Hautorgans. Er resümiert:
„Es ist sehr wahrscheinlich, daß bei der
Bestrahlung weiße Blutzellen — und wohl
auch rote — in gewisser Anzahl zu gründe
gehen, während zugleich ein Teil der zir¬
kulierenden Leukoevteu, entsprechend der
Reizung der Haut durch die Röntgenstrahlen,
in das Hautorgan Übertritt. Es ist ferner
wahrscheinlich, daß infolge dieser Vorgänge
— durch Veränderung des Blutes, des Organs
der Reize für die Oewebstätigkeit — die Be¬
strahlung eine gewisse Hemmung der Pro¬
duktion von Leukocyten bewirkt. Es ist aber
noch nötig, experimentell festzustellen, ob die
Bestrahlung au sich der hemmende Faktor ist,
d. h., ob ein starker thermisch-mechanischer
Reflex von der Haut aus oder die direkte oder
die lokale Beeinflussung des strömenden Blutes
die Produktion der Leukocyten hindert, oder
ob erst die Zerfallsprodukte des Blutes als
einziger Faktor der Hemmung wirken.“
Eine weitere Frage, die noch der Be¬
antwortung harrt, ist die, ob die Röntgen¬
strahlen causal oder symptomatisch wirken;
die bisherigen Forschungen haben dieselbe
noch nicht entschieden. Verfasser hält die
erstere Art der Wirkung für unwahrscheinlich.
Bei der Verwendung der Röntgenstrahlen in
der Behandlung genannter Affektion warnt
Verf. vor großen Dosierungen und mahnt zu
langsamstem und vorsichtigstem Vorgehen.
E. Helber und P. Unser. Experimentelle
Unters u ch u n g e n über die Ein¬
wirkungen der Röntgenstrahlen
auf das Blut. (M. M. W. No. 15).
Die Verfasser fanden bei ihren experi¬
mentellen Untersuchungen an verschiedenen
Tieren (Ratten, Kaninchen und Hunden) fol¬
gendes: genügend langes Bestrahlen der Tiere
führt zu Leukopenie resp. Aleukocytose des
Blutes und zwar um so rascher, je kleiner
das Tier. An dem Verschwinden der Leuko¬
cyten im Blute ist eine Retention derselben
in den blutbildenden Organen nicht Schuld,
sondern dieselben gehen unter Einwirkung
der X-Strahlen im Kreislauf zu gründe.
Setzt man die Bestrahlung fort, so tritt
ein ein- oder auch mehrmaliges Ansteigen des
Leukocytengehalts auf, dem wieder ein lang¬
samer Rückgang folgt. Bei der Autopsie wird
Milz und Knochenmark anscheinend voll¬
ständig erschöpft gefunden.
Die Abnahme der Leukocyten betrifft
zuerst, vorwiegend die Lymphocyten, dann
erst in großem Maßstabe die polynucleären
Formen.
Dabei zeigen dieselben tinktorielle Ver¬
änderungen und zwar zuerst an den Kernen.
Es tritt ein Absinken der Leukocytenzahl
ebenfalls auf, wenn dem Versuchstier die MHz
exstirpiert wurde und bei der Bestrahlung
Kopf, Wirbelsäule und Extremitäten mit
Bleiplatten geschützt waren. Diese Zer¬
störung der Leukocyten im Kreislauf führt,
wenn dieser Vorgang zu lange und zu intensiv
vor sich gellt, zu einer Insufficienz der
Funktion der blutbildenden Organe.
Die Einwirkung der X-Strahlen auf die
roten Blutzellen äußert sich nach langer
Behandlung in einer Anaemia Simplex (Ab¬
nahme der roten Blutzellen, einzelne Form¬
veränderungen). Die Blutplättchen ver¬
ändern sich nicht.
Trotz des Zugrundegehens der meisten
weißen Blutzellen, tritt keine konstante
Steigerung der Blutplättchenzahl auf, was
Helber und Linser als Beweis dafür ansehen,
daß die Hauptzahl der Blutplättchen mit den
Leukocyten nichts zu tun hat.
Der Haemoglobingehalt erfährt
ein Absinken nach längerer Bestrahlungszeit.
ln den blutbildenden Organen
fanden die Verfasser ähnliche Veränderungen,
wie. Heinecke.
In der Leber fanden sich dunkel-
gefärbte Körper (Kernreste).
Die Lungen waren normal.
Die Nieren waren ausnahmslos unter
dem Bilde einer akuten Nephritis erkrankt.
Als Todesursache der nach längerer
Bestrahlung zu gründe gegangenen Tiere
kann die Nephritis herangezogen werden; es
ist nicht ausgeschlossen, daß für diese bakte¬
rielle Einflüsse als Ursache zu betrachten sind,
begünstigt durch die infolge der Leukopenie
hervorgerufene Verarmung au Alexinen.
W i e s n e r.
H. G Adamson: On the treatment of ring-
worm of the scalp by means of the
x-rays. („The Laucct“ 24. 6. 05.)
Autor empfiehlt die Behandlung des
Herpes tonsurans mit Röntgenstrahlen und
an Stelle der Holzknecht’schen Pastillen für
die Dosierung solche aus dem Papier des
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Referate.
179
Leuchtschirms; denn das Bariumplatinzyanür
wird auch in seiner Farbe durcli die X-Stralilen
verändert. Sabouraud hat daher auch aus
diesem Stoff eine Standard-Skala augefertigt.
A. gibt dann eine Anzahl anderer Angaben
über die Stromstärke etc. Die Haare fangen
14 Tage nach Applikation der wirksamen
Dosis an auszufallen und wachsen dann vom
Beginn der (5. bis 8. Woche wieder nach. A.
wendet nunmehr nur noch die Sabouraud’schen
Pastillen zur Dosierung an. und hält sie für
das einzige sichere Mittel dazu, das uns z. Z.
zur Verfügung steht. Sabourauds Angaben
für die Behandlung des Herpes tonsurans
sind nun folgende: Entfernung der Röhre
von der erkrankten Stelle 15 cm (bis zur
Anti-Kathode), von der Pastille 8 cm. So¬
bald letztere dem Buchstaben „B“ des „Radio¬
meters“ an Tiefe gleichgekommen ist, ist
die Behandlung beendigt. Zum Schutz der
gesunden Partien ist an der Röhre eine
Metallblende nach Art der uns bekannten
Bleiglasblenden angebracht. Die Pastille muß
in schwarzem Papier eingeschlossen sein oder
die Sitzung unter Ausschluß des Tageslichts
statttinden, da die Pastillen durch dieses
wieder entfärbt werden. A. beschreibt dann
seine eigene ähnliche Methode. Merkwürdiger¬
weise findet er, daß harte Röhren eine größere
chemische Wirksamkeit als weiche haben.
Der Haarausfall fängt regelmäßig in der
dritten Woche nach der Behandlung an. A.
gibt nämlich die ganze Dosis in einer Sitzung.
Wo die ganze Kopfhaut behandelt werden
muß. ist es oft schwierig zu vermeiden, daß
zwei Stellen nicht teilweise an ihrer Grenze
doppelt bestrahlt werden. A. hat daher ein
Drahtgestell konstruiert, welches dem Kopfe
angepaßt, die Schädelffäciie in vier gleiche
Bezirke abteilt. Die Lage der diese Felder
abgrenzenden Drähte wird mit Dermatograpli
aufgezeichnet und dann eines der Felder nach
dem anderen bestrahlt, die anderen mit Blei¬
folie abgedeckt. Nach drei Monaten hat sich
wieder ein vollständig frischer Haarwuchs
eingestellt.
Radium and vitality. („The Lancet. 24. 6.05.)
Im Cavendish Laboratorium zu Cam¬
bridge hat J. Butler Burke Versuche an¬
gestellt, in sterilisierter Gelatine durch die
Einwirkung von Radium Leben zu erzeugen.
Wurde Radiumbromid angewendet, so entstand
nach 24 Stunden, bei Radiumchlorid nach
3-4 Tagen, ein eigentümliches kulturähnliches
Wachstum auf der Oberfläche, welches all¬
mählich abwärts wuchs, bis es nach etwa 14
Tagen eine Tiefe von 1 cm erreicht hatte.
Kontrolversuche zeigten nichts. Mikrosko¬
pische Untersuchung zeigte scheinbar Bakte¬
rien, aber sekundäre Kulturen mit diesen Ge¬
bilden gelangen nicht. Daraus schloß B., daß
sie nicht Bakterien sein konnten. B nimmt
an, daß sie der Einwirkung des Radiums ihre
Entstehung verdanken, und daß es sich der
Struktur, dem Verhalten und der Entwicklung
nach um hochorganisierte Körper, wenn auch
nicht um Bakterien, handelt; daher nennt er
sie „Radioben“. B ist davon überzeugt, daß
es sich nicht um Produkte von Kristallisation
handelt. Es hängt von dem Ergebnis weiterer
sorgfältigster Untersuchungen ab zu ent¬
scheiden, ob es sich hier um wirkliche Gene¬
ratio aequivoca handelt, oder was sonst die
Natur der Körper ist.
F. B Jefferiss: Disappearance ofrodent ulcer
linder the application of the x-rays.
(„The Lancet“ 29. 7. 05 )
Es handelt sich um die Beseitigung eines
Ulcus rodensder rechten Stirngegend bei einer
alten Frau durch Röntgenisierung. Die Neu¬
bildung war 5-Markstiick groß. Die Be¬
handlung wurde im März 1904 angefangen
und bestand aus zwei Applikationen mit X-
Strahlen wöchentlich von je 5 Minuten Dauer.
Nach der 5. Sitzung zeigte sich Reaktion der
umgebenden Haut. Nach der 16. Sitzung
wurde die Behandlung ausgesetzt und das
Geschwür mit Borsalbe verbunden. Nach 4
weiteren Bestrahlungen war die Heilung voll¬
ständig; im ganzen hatte die Behandlung drei
Monate gedauert. Nach 7 Monaten war kein
Zeichen eines Rezidivs und keine sichtbare
Narbe vorhanden.
C. L. Leonard : 40 cases of ureteral calculus
in which the Roentgen-Diagnosis was
contirmed by the recovery of the calculus.
l'J’he Lancet. 17. 6. 05.]
Zunächst bespricht L. den Wert der
Difterentiahliagno.se zwischen Nieren- und
Uretersteinen, die nur durch Radiographie
gestellt werden kann, wobei es sich ergeben
hat, daß letztere die häufigeren sind; sodann
geht er zur Betrachtung des Mechanismus
der Austreibung eines Uretersteines über:
Bei der Einklemmung eines solchen kommt
es zur Erweiterung des oberhalb liegenden
Abschnitts des Ureters durch Harnstauung. Er
kontrahiert sich, da er elastische Wandungen
besitzt, um seinen Inhalt abwärts zu treiben;
12 *
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18Ö "Referate.
dadurch wird ein hydrostatischer Druck auf
den Stein ausgeiibt,, wodurch im Verein mit
der Erweiterung eine Vorwärtsbewegung des¬
selben veranlaßt werden kann. Natürlich
spielt aber hinsichtlich der Beweglichkeit
auch seine Gestalt eine Rolle. Folgende Teile
des Ureters sind der Reihe nach ain häutigsten
Sitz der Einklemmung: die Stelle, wo der
Ureter das Ileum kreuzt, sein der Blase be¬
nachbarter Abschnitt und die Einschnürung
etwa 2'l* cm unterhalb des unteren Nierenpols.
Was die differentielle Symptomatologie
von Nieren- und Uretersteinen anlangt, so ist
beiden gemeinsam ein dumpfer Schmerz in der
Lumbalgegend; Koliken sind natürlich cha¬
rakteristisch für Stein im Ureter, kommen bei
Sitz in der Niere nur vor, wenn Bluigerinsel
den Ureter verstopfen. Wertvoll ist auch die
Lokalisation des Schmerzes. Bei Ureterstein
strahlt er sowohl nach der Niere als auch
abwärts aus und wird hier in den Hoden, den
großen Schamlippen, der Urethra, entlang der
inneren Fläche der Schenkel bis zum Knie,
ja sogar im Fuß empfunden. Übelkeit und
Brechen kommen vor. Reflektorisch beugt
der Patient oft bei Sitz des Steins oberhalb
der art. iliaca das Bein im Hüftgelenk, um
den Ureter dort, wo er den musc. ilio-psoas
kreuzt, zu strecken; denn dies schafft bis¬
weilen Erleichterung und unterstützt unwill¬
kürlich die Vorwärtsbewegung des Steins.
Bisweilen läßt sich der Stein an der Stelle
der Kreuzung des Ureters mit der a. iliaca
communis palpiercn. Man findet dort eine druck¬
empfindliche Stelle und fühlt manchmal den
Stein. Verwechslungen mit Ovarialaffektionen
lind Appendicitis sind nicht ungewöhnlich.
Sitzt, der Stein in der Nähe der Eintrittsstelle
des Ureters in die Blase, so ähneln die Symp¬
tome denen von Blasenstein-Schmerz nach der
glans penis ausstrahlend etc. Autor bespricht
sodann die Schwierigkeiten der klinischen
Differential-Diagnose zwischen Ureter- und
Nierensteinen und diejenigen der Auffindung
dieser Steine überhaupt. So ist.es vorgekommen,
daß Chirurgen selbst an der bloßgelegten
Niere den Stein nicht finden konnten. Von
allen diagnostischen Hilfsmitteln ist die Ra¬
diographie die genaueste und ungefährlichste.
Was die Behandlung nach Lokalisation
eines Steins durch sie anlangt, so ist bei
Nierensteinen die. sofortige Operation indiziert,
während Uretersteine unter expektativer The¬
rapie oft von selbst schon abgehen. Diese
hängt natürlich in erster Linie von der Größe
ab, welche ebenfalls durch das Radiogramm
wiedergegeben wird. Die Indikationen für
Operation bei Uretersteinen sind gegeben bei
gleichzeitigem Vorhandensein eines Steins iii
einer Niere, bei gänzlichem Verschluß des
botr. Ureters, kenntlich an der Abnahme der
Urinmenge und bei großen Steinen, deren
spontane Vorwärtsbewegung ausgeschlossen
erscheint. Sodann bespricht L. die palliativen
und die die Expulsion unterstützenden Ma߬
regeln bei expektativer Behandlung. Zu ihnen
rechnet er das Trinken großer Mengen von
Flüssigkeit (alkalischen Mineralwassers),
Glyzerin teelöfl'elweise (ohne sicheren Er¬
folgt, Urotropin für die Sterilerhaltung des
Harns, Einläufe mit heißem Wasser bei links¬
seitigem Stein, Massage des Abdomens oder
per vaginam sive rectum. Bei Phosphatnrie
scheinen Milchsäure und Pepsin Neubildungen
von Steinen entgegenzuwirken. Vor der Ope¬
ration, namentlich wenn seit der letzten
Röntgenuntersuchung einige Zeit verstrichen
ist, sollte die Blase mittelst eines Bigelow'schen
Evakuat.ors ausgewaschen werden, um den
vielleicht inzwischen abgegangenen Stein zu
entdecken.
Zum Schluß gibt Autor seine speziellen
technischen Erfahrungen zum besten. Wichtig
ist es natürlich, gerade nur hinlänglich durch¬
dringungsfähige Strahlen zu verwenden, damit
auch weniger dichte Steine noch Schatten
geben; ferner muß das Licht konstant bleiben,
und lieber bei weichem Röhre etwas länger
exponiert werden als bei härteren kurz.
Behandlung tuberkulöser Lymphadenitis mit¬
telst Röntgenstrahlen (aus „The Lancet“
5. 8. 05.)
Der erste Fall betrifft einen 50-jährigen
an Tabes dorsalis incipiens und Lungentuber¬
kulose Leidenden, der eine große auf den
Plexus brachialis drückende tuberkulöse
Drüsenschwellung in der linken Supraklavi-
kulargrube hatte. Die Behandlung mit X-
Strahlcn dauerte drei Monate und führte
zum vollständigen Schwinden der Driisen-
sclnvellung, ohne die anderen Leiden zu be¬
einflussen. Die Wirkung machte sich schon
nach den ersten Applikationen bemerkbar.
Der zweite Fall ist ein 9 Jahre alter
Knabe mit großer Drüsengeschwulst der linken
Sternokleidoinastofd-Gegend. Bedeutende Re¬
duktion der Größe trat schon nach drei Tagen
ein und vollständiger Schwund nach ca. ü
Wochen.
Der dritte Fall, ein 18-jähriges Mädchen,
befindet sich bei bedeutender Besserung erst
seit 8 Tagen in Behandlung.
Franze-Nauheim.
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Referate.
181
Prof J. K. A. Wertheim-Salomonson (Amster¬
dam). Funkenlänge und Röntgen¬
lichtintensität. Zeitschrift für Elektro¬
therapie und die physikalischen Heil¬
methoden, 1904, Heft 10.
Wird bei einem bestimmten Induktor
die primäre Stromstärke vergrößert, so nimmt,
wie Walter gezeigt hat, die sekundäre
Funkenlänge nahezu proportional zu, d. h. die
Quantität Elektrizität, die in der Sekundär¬
spule in Bewegung gesetzt wird, nimmt pro¬
portional der Stromstärke im Augenblicke
der Unterbrechung zu. Gleichzeitig nimmt
aber die an den sekundären Klemmen verfüg¬
bare Energie quadratisch zu. Verfasser
stellt sich nun die Frage: In welcher Weise
ändert sich die Intensität des Röntgenlichtes
bei zunehmender Intensität der Entladungen f
Ist, die Röhre ein Energie- oder ein Quan¬
titätstransformator 'i
Wenn die Quantität der Elektrizität
zunimmt, kann eine größere Anzahl von
Elektronen gegen die Antikathode geschleu¬
dert, eine größere Anzahl von Aetlierwellen
erzeugt werden, oder bei beschränkter Elek¬
tronenzahl die Intensität der Strahlen ver¬
größert. werden. Jedenfalls ist bekannt, daß
die Penetrationskraft der Strahlen mit der
Funkenlänge wächst.
Um der Frage nach der Abhängigkeit
der Intensität der Röntgeustrahlen von der
Funkenlänge näher zu kommen, verglich Ver¬
fasser die Wirkung der mit verschiedener
Funkenlänge und verschiedenen Unterbrech¬
ungszahlen erzeugten Strahlen auf einer photo¬
graphischen Platte mit der einer geaichten
Glühlampe.
Er fand folgende Resultate:
Tabelle I.
Funkon-
IHiigo
Unter-
! breebungs-
zahl.
8ok.-M-
Kurz.
Ai*([uivalt»nto
Belichtungs-
iiitensitfit
einer Ent¬
ladung.
17
80
0.8008
' 0.0100
20
70
1.149
0.0164
23.2
61
1.510
0.0248
27.fi
45
1.270
0.0282
34.5
30
1.400
0.0467
42.5
21
1.550
0.0738
46
15
1.465
0.0977
Tabelle II.
Funkrn-
iHngu.
Untor-
brechungs-
zahl.
Sok-M-
Kerz.
i Aequivalontü
Belieb tun gs-
intensitüt
1 oinor Ent¬
ladung.
15
150
1.169
0.0078
17
100
1.092
0,0109
20
75
1.286
0.0172
23 2
60 j
1.482
0.0247
27 fi
45
1588
00353
345
30
1.766
0.0589
42.5
25
2 483 |
00993
46
18
2.281
0.1267
Verfasser hat dann fiirdie Abhängigkeit der
Intensität der Strahlen von der Funkenlänge
empirisch folgende Gleichung gefunden; y — A
(x l — B 1 ); d. h. die Intensität des Röntgen¬
lichtes wächst bei einem bestimmten Induktor
mit dem Quadrate der Funkcnlänge, abzüglich
einer Konstanten B\ die proportional dem
Quadrate derjenigen Funkcnlänge ist, die er¬
forderlich ist, um die Röhre zum Leuchten
zu bringen.
Es ist somit erwiesen, daß die Röntgen¬
röhre ein Energietransformator ist. Ein pro¬
portionaler Teil der ihr zugeführten Energie
wird in Röntgenlicht umgesetzt, während der
Betrag, der einer Entladung der Funkenlänge
entspricht, die durch die parallele Funken¬
länge dargestellt wird, zurückbleibt und nicht
in Röntgenlicht transformiert wird.
Georg Gehlhoff.
Die Trockenplattenfabrik von Dr. C.
Schleufsner in Frankfurt stellt mir ihre Pro¬
spekte, sowie eine, auf ihre Veranlassung
geschriebene Broschüre: Zur Technik der me¬
dizinischen Rönfgenographie, von A. Köhler,
Wiesbaden, zur Verfügung. Die Broschüre
war auf dem Röntgenkongreß 1905 ausgelegt.
K. betont mit Recht, daß für 9/10 aller Röntgen¬
untersuchungen der photographische Weg
nicht zu umgehen sei. Von der Güte der
photographischen Platte hängt selbstver¬
ständlich ungemein viel ab. Es folgt eine
kurze Beschreibung der Aufnahme-Technik,
wie sie Verfasser übt; die wesentlichsten Auf¬
nahmen werden besprochen und eine Reihe
hübscher Photogramme zur Demonstration an-
gefiigt. Einige Winke über die Behandlung
der Platten beschließen den Aufsatz.
Referent kann sich der Empfehlung der
Schleußnerschen Trockenplatten, mit denen K.
ausschließlich arbeitet, anschließen.
R. Schild, Frankfurt a. Jd.
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182 'Referate.
Oessauer berichtet über Radioaktivität
und ihre Beziehungen zu <1 »• n Mineral¬
quellen auf der XIII. Jahres Versammlung
des allgemeinen deutschen Bilderverbandes
Die Frage, warum Mineralbrunnen, an
Ort und Stelle getrunken, soviel besser wirken,
als in Flaschen verschickt oder gar in Surro¬
gaten genossen, war bisher eine ungelöste.
Sicher ist, daß die sonst geltend gemachten
Faktoren: Orts- und Luftwechsel, Ruhe,
Diät etc. zur Erklärung dieses Phänomens
nicht ausreichen. Namentlich geben die in¬
differenten Thermen hierbei Rätsel zu lösen.
Warum wirkt, z. B. das heiße Wasser in Wild¬
bad. Gastein oder Wiesbaden ganz anders,
als ein heißes Bad in der Badewanne?
Elster und Geitel haben die Tatsache
der r ad i o a k t. i v e n Quell enemana t i o n
nachgewiesen und zur Erklärung der Wirkung
der Heilquellen herangezogen.
D. giebt einen kurzen, historischen
Ueberblick über die Entwicklung der radio¬
aktiven Forschung und bespricht dann aus¬
führlicher die merkwürdigen Eigenschaften
der radioaktiven Substanzen. Diese sind eigen¬
artig genug, aber noch interessanter ist. die
theoretische Lösung des Problems, wieso ein
nur aus Atomen zusammengesetzter Körper
dauernd kinetische Energie entfalten könne,
ohne daß dabei das Mayer’scho Gesetz in
Kraft träte.
Englische Forscher haben gefunden, daß
dieser Widerspruch nur ein scheinbarer ist,
und daß die radioaktiven Strahlen durch den
Zerfall von Atomen in niedere Ein¬
heiten, in Elektronen, entstehen. Die
ausgestrahlten Elektronen vereinigen sich
dann wieder zu Atomen von niederer Wertig¬
keit. So entsteht z. B. das Helium.
Sehr viel radioaktive Elemente — Körper
von höchstem Atomgewicht, z. B. Radium —
gibt es auf der Erdoberfläche vermutlich
nicht mehr, aber es scheint, als berge die Erde
in ihrer Tiefe Reservoire derselben. In einer
Reihe von Heilquellen, die. bekanntlich aus
tiefen Erdschichten stammen, läßt, sich Radio¬
aktivität nachweisen. Ist diese auch im Ver¬
gleich zu den Erzen gering, so ist es doch
möglich, daß ein Teil der physiologischen
Wirkungen der Heilquellen auf Radioaktivität
beruht. „Jedenfalls'", sagt D, „sind wir be¬
rechtigt an die Untersuchung dieser Frage
mit Ernst und Sorgfalt heranzutreten.“ Der
sehr instruktive Vortrag kann jedem, der sich
über die in Frage stehenden, interessanten
Probleme orientieren will, warm empfohlen
werden.
Krause : Heber denjetzigenSt and der
Röntge n t, h e r a p i e der Lenk ä m i e.
fZeitschr. für Elektroth. etc. Bd. VII.
Heft 10.)
Bei myelogener Leukaemie ergeben
sich als Resultat der Bestrahlung folgende
Veränderungen: Objektive Besserung des
Blutbefundes bestehend in Abnahme der Leu-
kocyten bis zur Norm, Vermehrung der roten
Blutkörperchen und Besserung der histo¬
logischen Blutbeschaffenheit auch darin be¬
stehend, daß die abnormen Formen zurück¬
gehen. Ferner: Kleinerwerden der Milz selbst,
bis zur Norm, Gewichts-Zunahme und Besserung
des Allgemeinbefindens.
Bei lymphatischer Leukaemie zeigte
sich ein ähnlicher, wenn auch geringerer Ein¬
fluß auf das Blut; die Drüsenschwellungen
gingen zurück, das Allgemeinbefinden wurde
besser, das Körpergewicht nahm nicht so stark
zu wie bei der ersten Form.
K liebt das Eintreten der Rezidive nach
Aussetzen der Bestrahlung hervor, die nicht
immer, wie bei der ersten Behandlung günstig
reagieren.
Er faßt seine Erfahrungen bei der
myelogenen Leukämie dahin zusammen:
1. Frische Fälle werden meist prompt
günstig beeinflußt, eine Heilung wurde
n i e erzielt.
2. Rezidive können noch nach 14 Mo¬
naten eintreten.
3. Weit vorgeschrittene und alte Fälle
verhalten sich auch gegenüber ener¬
gischer, lang dauernder Bestrahlung
ungünstig und kommen ad exitum.
Auch bei der lymphat. Form hat die Be¬
strahlung einigen Wert. (Forts, folgt.)
Franz e-Nauheim.
Görl. Ein neues Feld für die Radio¬
therapie ? (Strumenbehandlung; M.
M. W. 1005. N. 20.)
Görl hat in 4 Fällen von Struma bei
älteren und jüngeren Personen sehr schöne
Erfolge mit der Röntgenbehandlung erzielt;
ob sich alle Formen oder nur besondere Arten
für diese Behandlung eignen, muß die weitere
Nachprüfung von Fall zu Fall ergeben. Nach
Erfahrung des Referenten scheinen alle die
Fälle, welche der Schilddrüsenbehandlung zu¬
gänglich waren, für die Röntgenbehandlung
sich zu eignen. Eint 1 andere Frage ist die
der Dauerwirkung. Darüber zu entscheiden
ist die Zeit seit der Inauguration dieser Be¬
handlungsmethode noch zu kurz.
W i e s n e r.
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Referate.
183
Arnethod of protection against the Röntgen
Rays. („The Lancet“ 23. 9. 05)
Es gibt bisher zwei Arten des Schutzes
vor den Röntgenstrahlen: 1) undurchlässige
Hüllen, die in der Höhe des Ernissionszentrums
angebracht werden, und 2) Bedeckung der
exponierten Körperteile des Operateurs mit
solchen Stoffen ; hierher gehören Handschuhe.
Schutzbrillen, Schürzen etc Beide Methoden
aberhaben ihre Nachteile. Die Vorrichtungen
erstorer Art verändern das elektrische Feld
in der Umgebung der Röhre und benachteiligen
so die Leistung des Apparates (V Ref.), die
der zweiten Art sind hinderlich. M. J. Ber-
gonie-Bordeaux schlägt daher vor, den Schutz
des Operateurs in der Weise zu erreichen,
daß er sich stets oberhalb einer horizontalen
Ebene befindet, die durch die Antikathode
gelegt ist; diese Ebene reicht höchstens bis
zu den Knien des Untersuchers, indem das
Bett oder der Untersuchungstisch, auf dem
der Patient liegt, niedrig ist. Auf diese Weise
wird ersterer nur unbedeutend von X-Strahlen
getroffen. F ra n z e - Nauheim.
W. Wien : „U e b e r d i e E n e r g i c d e r Rönt¬
genstrahlen“. Sitzungsberichte der
Physikalisch - medizinischen Gesellschaft
zu Wiirzburg. Jahrgang 1905.
Nach der elektromagnetischen Theorie
der Elektronen läßt sich folgern, daß die
Röntgenstrahlen durch sehr starke Ver¬
zögerung der Geschwindigkeit der als Ka¬
thodenstrahlen auf die Antikathode auf¬
prallenden Elektronen erzeugt werden. Sie
sind elektromagnetische Störungen, die in der
Form einzelner Wellen von sehr geringer
Breite mit der Geschwindigkeit des Lichtes
sich ausbreiten.
Für die Breite dieser Wellen ergibt
sich unter Voraussetzung unveränderlicher
kugelförmiger Elektronen die Beziehung:
X=
Ek 1 V*o e
Er V c*
2 + 3ko 2 ,8c.
+ 2Vo log
l + £l
ko 2
_ v» j ’
p. '
worin V die Spannung, mit der die Röntgen¬
röhre betrieben wird, v 0 die Geschwindigkeit
der Kathodenstrahlen, die sich aus der
Spannung ergibt, c ilie Geschwindigkeit des
Lichtes, e das von Thomson bestimmte Ele-
mentarquantum der negativen Elektrizität, ko
die Größe \/ 1 — ' v,
V c a
endlich Ek die Energie
der Kathodenstrahlen, Er die der Röntgen-
st.rahlen bedeutet. Aus V, Ek und Er läßt
sich X berechnen. Wenn man es bei den
Röntgenstrahlen auch nicht mit zusammen¬
hängenden Wellenzügen zu tun hat, so ist
doch die Größe X der Wellenlänge des Lichtes
in jeder Beziehung analog.
Verfasser unternahm die Bestimmung
der drei verlangten Größen. Als Röntgen¬
röhre verwandte er eine von Müller in Hamburg
mit einer Antikathode mit Wasserkühlung,
sodaß er dieselbe gleichzeitig als Kalorimeter¬
gefäß für die Messung der Energie der Ka¬
thodenstrahlen verwenden konnte. Die Energie
der Röntgenstrahlen wurde sowohl an einem
Bolometer sowie an einer Thermosäule be¬
obachtet. Beide Apparate wurden gegen die
Wärmestrahlung der Röntgenröhre durch
Schirme aus dünnem Aluminium geschützt.
Die Beobachtungen mit beiden Apparaten
gaben ziemlich übereinstimmende Werte.
Zur Bestimmung der Absorption der Rönt¬
genstrahlen durch die Glaswand der Röhre
wurde sowohl eine Thermosäule als auch eine
Sekundärstrahlenröhre verwandt Beide Me¬
thoden ergaben für die Absorption der Röhren¬
wand ziemlich übereinstimmend das Resultat,
daß 68°/o der Röntgenstrahlen durch die Glas¬
wand hindurchgehen. Unter Berücksichtigung
dieser Korrektur ergab sich für
|'; r = 1,35 x 10 " 3 .
Ek
Setzt man diesen Wert in obige Formel
und berücksichtigt die Größe der Spannung
(V = 58700 Volth, so ergab sich
X = 2,3 x l()- 10cm .
Wenn diese Zahl ungefähr 60 mal so
klein, als die von Sommerfeld aus Beugungs-
be.obachtungen abgeleitete ist, so liegt dies
wahrscheinlich an der Inhomogeuität der
Strahlen; denn bei der Beugung kommen die
längeren Wellen, für die Energiemessung die
kürzeren in Betracht. Andererseits steht der
gefundene Wert von X zur mittleren Wellen¬
länge des sichtbaren Lichtes in demselben
Verhältnisse, wie die Dimensionen des Elektrons
gegenüber denen des Moleküls
Hieraus leuchtet ohne weiteres ein, daß
so kurzen Wellen gegenüber die Körpermole-
küle sich anders verhalten müssen, als gegen¬
über den gewöhnlichen Lichtwellen, da die
Körpermoleküle durch die Lichtschwingungen
in Mitschwingung versetzt werden, was bei
den Röntgenstrahlen nicht eiutreten kann
Ferneristanzunehmen, daß die Röntgen¬
strahlen vermöge ihrer kurzen Wellenlänge
nur auf die Elektronen wirken, diese be¬
schleunigen und dadurch Sekundärstrahlen
hervorrufen. Vermöge der großen Absorbier¬
barkeit werden diese aber fast vollständig
im Körper absorbiert und ihre Energie in
Wärme verwandelt, während nur ein kleiner
Teil der sekundären Strahlen an die Ober¬
fläche gelangt. Georg Gehlhoff.
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184
Referate.
Balneologie und Hydrotherapie.
Alois Strasser. Hydrotherapie der In¬
fektionskrankheiten. (Blatter für
klin. Hydrotherapie etc. März 05.)
Es handelt sich um eine Übersicht, der
Methoden der verschiedenen Autoren für die
Anwendung der Hydrotherapie bei Infektions¬
krankheiten. 8. unterscheidet: 1. Die extremen
H.vdriater, die das kalte Bad verwenden und
jede innere Antipyrese verwerfen (Brand,
Vogl, Winternitz), 2. die gemäßigten H.vdriater;
sie verwenden lauwarme Bäder unter Aus¬
schluss innerer Antipyrese (Naunyn), 3. solche,
die je nach Umständen strenge oder milde
Hydrotherapie verwenden und auch Antipvre-
tica geben (Jiirgensen, Liebermeister, Hieß),
4. diejenigen, welche das Fieber als salutüre
Maßregel erachten und jede Antipyrese, außer
bei besonderer Indikation, vermeiden (Cursch-
inann). ln erster Linie interessiert die Hydro¬
therapie des Abdominaltyphus. Hier em¬
pfehlen Jiirgensen und Liebermeister, durch
kalte Bäder, die häutig bei Tag und Nacht
(letzteres nach Liebermeister mit Vorliebe)
gegeben werden, die. Intensität des Fiebers
zu brechen, um dann späterhin mit selteneren
Applikationen auszukommen. Die Vertreter
der drei ersten obigen Gruppen plaidieren
für möglichst frühzeitigen Beginn der Wasser¬
behandlung des Typhus, Curschmann dagegen
greift auch hydrotherapeutisch erst bei be¬
sonderen Anlässen ein. Gegen die Richtig¬
keit, dieses Standpunktes spricht, daß man es
einem Typhusfall nie von vornherein ansehen
kann, ob er schwer oder leicht verlaufen
wird. Nun beugt die Bäderbehandlung sicher
vielen der schlimmsten Komplikationen des
Typhus vor wie Hypostasen in den Lungen,
Delirien, Decubitus. Warum will man daher
die beste Prophylaxe dieser Ereignisse bei¬
seite lassen ? Winternitz fordert möglichst
frühzeitige hydriatische Behandlung, ist aber
hinsichtlich ihrer Methodik nicht extrem,
vielmehr individualisierend (Waschungen, Um¬
schläge, gewechselte feuchte Packungen, Teil-
waschung, Bäder). Autor erwähnt dann die
v. Ziemssen’sche Methode des allmählich ab-
gekühlten Bades und Matthes’ Verfahren
mittelst kohlensaurer Bäder; diese sollen in¬
folge der Kombination von Reiz- und schonend
abkühlender Wirkung besonders vorteilhaft
sein. Bei Besprechung der Medikamente warnt
S. vor Überschätzung des Pyrainidons. Nach
Liebermeister ermöglicht die Einführung der
mächtigen Antipyretica nur dem Patienten,
fieberfrei zu sterben. Günstige Erfolge bringt
die Hydrotherapie auch bei croupöser Pneu¬
monie, Influenza und Malaria in gegen Chinin
refraktären Fällen. Bei Diphtherie beherrscht
die Serumtherapie die Behandlung. Auch bei
Masern und Scharlach wird eine geeignete
Wasserbehandlung zur Verhütung der Lungen¬
komplikationen etc. mit Vorteil angewandt.
L. Williams. The spa treatment of cir¬
ca latory disorders. („The Lancet”
5. 8. 05.)
W. nimmt an, daß die Wirkung der
kohlensäurehaltigen Thermalsoolbäder eine
Blutdruck steigernde und das Herz zu stärkeren
Zusammenziehungen anregende ist. Demnach
hält er den Einfluß für ähnlich dem der Di¬
gitalis. Er empfiehlt den Kurgebrauch in
Bädern hauptsächlich als Prophylacticum bei
Herzkranken, namentlich auch bei Kindern.
Von den Klappenfehlern glaubt W., daß nur
Mitralinsuffizienzen geeignet sind. Schlie߬
lich empfiehlt er unter den Kurorten haupt¬
sächlich Royat in Frankreich.
(Der Artikel trägt einen etwas tenden¬
ziösen Charakter gegen Nauheim; auch sind
die physiologischen Grundlagen von W.’s
Anschauungen wahrscheinlich nicht ganz
richtig. Ref.) Franze-Nauheim.
Elektrodiagnostik und Elektrotherapie.
Finsen light, x-rays, and high-frequeney
currents in certain diseases of the skin.
(Referat, in „Treatment“. März 05.)
Nach Duncan Bulkley sind die
besseren Resultate mit Finsenlicht. in Kopen¬
hagen auf bessere Technik und sorgfältigere
Anwendung zurückzuführen. Die. Patienten
werden täglich 1 Stunde bestrahlt, wobei eine.
Wärterin unausgesetzt das Linsenkompresso-
riuni hält. Der Versuch, durch Anwendung
stärkerer Lampen die Sitzungen abzukürzen,
gibt, keine so guten Resultate. B’s Resultate
mit X-Strahlen sind so gut, daß er von der
umständlicheren Finsenbehandlung abrät.
Hinsichtlich der X-Strahlen hält Autor
•du abschließendes Urteil ihres therapeutischen
Wertes für noch verfrüht, ihre Wirksamkeit
aber für sicher; andererseits weiß man jetzt
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Referate.
185
daß sie in einer Anzahl von Füllen nichts
nützen, wo man anfänglich Nutzen von ihnen
erwartete. Heilungen linden sicher statt bei
oberflächlichen Karzinomen und Ulcus rodens.
Boi tiefsitzenden Karzinomen und Sarkomen
haben die Röntgenstrahlen wenig Wert, können
•aber doch bisweilen, namentlich bei Rezidiven
niitzen.
B. hat in einem Jahre 7t Epitheliome,
wovon 8 rezidivierende, mit Röntgenstrahlen
behandelt. Davon sind 20 scheinbar geheilt,
24 gebessert, 11 ungebessert; 7 entzogen sich
der Behandlung. Bei fl Fällen von Lupus
vulgaris war der Erfolg gut, ebenso bei 6
Fällen mit Syphilis der Vola manus.
Ferner hat B. die Radiotherapie bei
folgenden Hautkrankheiten versucht: Lupus
erythematosus, Warzen, Naevus pigmentosus,
Lichen planus und pilaris, Psoriasis, Sklero¬
dermie, Sycosis fungoides, Ekzemen, Akne,
Geschwüren, tuberkulösen Drüsen, Pseudo¬
leukämie. Ein definitives Urteil kann er über
diese noch nicht abgeben.
B. hat mittelst Hochfrequenzströmen
27 Patienten mit 9 verschiedenem Arten von
Hautleiden behandelt und günstige Erfolge
bei Warzen und Naevus vasculosus erzielt.
Bei letzteren benutzte er eine Kohlenelektrode
in 2'/* cm Entfernung und erreichte in einem
Fall Heilung nach 21 Sitzungen. Akne, Lupus
erythematosus. Ekzem wurden gebessert.
Radium verwandte B. bei inoperabelem
Karzinom des Mundes und einigen externen
Krebsen. Besserung (nicht Heilung) trat ein.
T. J. Bokenham. Reflections on the
Position of oscillatory currents
in therapeutics, and the present
state of our knowlcdge concer-
n i n g t, h e m. (Archives of the Roentgen
Ray, April 05.)
B. beklagt die noch herrschende Unzu¬
verlässigkeit in der Beurteilung des thera¬
peutischen Wertes oszillierender Ströme, der
noch großenteils als suggestiv angesehen
wird. Um dem abzuhelfen, ist vor allem eine
größere Übereinstimmung in den Apparaten
selbst erforderlich. Zunächst muß der Arzt
selbst eine gründliche Kenntnis seiner In¬
strumente haben, muß den Charakter des
Stromes leicht und sicher modifizieren können.
Therapeutisch beabsichtigen, wir teils allge¬
meine. teils lokale Wirkungen mittelst der
Hochfreqenzbeliamllung zu erzielen. Es kommt
der Einfluß derselben auf die Zirkulation, das
Nervensystem (peripher und zentral), den
Stoffwechsel in Frage. Bei der Applikation
müssen wir folgende Faktoren kontrollieren
können: Menge und iSpannung des Stroms,
Wellenlänge, Wellengestalt, Frequenz der
Oszillationen, Frequenz, Dauer und Art der
Unterbrechungen zwischen aufeinander folgen¬
den Wellenziigen. Hüten muß man sich bei
derartigen Messungen vor falschen Deutungen;
so ist, z. B, das Milliamperemeter ein aus¬
gezeichneter Maßstab fiir eine gegebene In¬
stallation, erlaubt aber keine Vergleichswerte
abzulesen, zwischen verschiedenen Einrich¬
tungen. Dies wäre nur bei Anwendung von
„Standard“ Arbeits - Bedingungen möglich.
Dasselbe gilt von der Länge und dem Volum
des Effluviums. Alle diese Maße haben rela¬
tiven aber keinen absoluten Wert.
W. T. Somerville. A case of severe hy-
steria successfully treated by
hig-frequency currents (Archives
of the Roentgen Ray April 05.)
Bericht über eine 35jährige Dame, die
von Kindheit an eine schwache Konstitution
hatte Im 20..Jahre traten die Symptome
eines Magengeschwürs auf. Heftige Blutungen
per os und per rectum mit zeitweiligem Kollaps
legten den Gedanken an Perforation des
Magens nahe. Der Abdomen wurde daher
operativ geöffnet, der Magen aber ganz ge¬
sund gefunden. Dagegen fanden sich in der
Gallenblasse 21 Gallensteine. Bald stellten
sich die alten Beschwerden wieder ein; hart¬
näckige Verstopfung und Schmerzanfälle waren
Begleiterscheinungen. S. nahm nun eine Be¬
handlung mit Hochfrequenzströmen vor. Be¬
nutzt wurden das Auto-Kondensationsbett
und eine große Metallscheibe auf dem Ab¬
domen, welche mit einem der Pole verbunden
war. Da die Dame außerdem an Colitis mu-
cosa und externen Hämorrhoiden litt, so
wurde außerdem eine Elektrode an der Zunge
eine im Rec tum appliziert. Hierauf Schrumpf¬
ung der Hämorrhoiden und Aufhören des
schleimigen Ausflusses aus dem Rectum. Im
Ganzen wurden 51 Sitzungen vorgenommen.
Patientin wurde dauernd (2 Jahre) geheilt.
A new high tension transformer and a new
form of radium Applicator. („The Lauect“,
June 10 th 05.)
Eine Londoner Firma (VVatson and
Sons. 313, High-Holborn) bringt einen Apparat
auf den Markt zur Erzeugung von X-Strahlen
und Hochfrequenzströmen ohne Induktorium
(¥ Kef.) oder, primärem Unterbrecher. Er kann
direkt an eine Wechselstromanlage auge¬
schlossen werden oder an Gleichstrom, nach¬
dem dieser durch einen Gleichstrom-Wechsel¬
strom-Umformer in Wechselstrom umgewandelt
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Referate.
worden ist; die Einrichtung ist folgende:
Zuerst geht der Strom zu einem Schalt¬
brett und von hier zu einer Ventil-Zelle,
welche mit dem Umformer in Serie geschaltet
ist. Die Wirkung der Ventilzelle bestellt in
der Unterdrückung der Stromimpulse der
einen Richtung, so daß die primären Win¬
dungen des Transformators einen Strom er¬
halten, der „mehr oder weniger“ gleicher
Richtung ist. So ist auch der sekundäre,
hochgespannte Strom „mehr oder weniger“
von einer Richtung und kann ohne weiteres
zur Erzeugung von X-Strahlen benutzt werden
unter Verwendung einer besonderen Röhre
mit zwei Kathoden (bi-cat.hodal tube). Be¬
nutzt man eine gewöhnliche Röhre, so muß
eine Drosselröhre vorgeschaltet werden. Auch
die»e ist von eigentümlicher Art. Das Licht
soll sehr ruhig und hinsichtlich seiner In¬
tensität vollkommen kontrollierbar, der ganze
Betrieb geräuschlos sein. Für Hochfrequenz¬
ströme läßt man die Ventilzelle weg.
Des weiteren handelt der Bericht von
einer Einrichtung für Radiumapplikation. Das
Radium ist hermetisch an eine Quarztafel
angelötet, mittelst einer silbernen Bedeckung.
Dieser Apparat kann an verschiedene Träger
behufs Anwendung im Oesophagus, Larynx etc.
befestigt werden. Außerdem kann eine metal¬
lene Kapsel über dem Radium angebracht
werden, welche eine offene Rinne an einer
Seite trägt, sodaß man das Radium auf
irgend ein bestimmt begrenztes Feld kann
einwirken lassen.
Lewis Jones. — On some new lines of
work in electro-therapeutics.
(„The Lancet.“ 2S 10. 05).
Die allgemeine Verbreitung elektrischer
Starkstromanlagen für Beleuchtung hat die
allgemeine Verwendung der Elektrizität zu
ärztlichen Zwecken wesentlich unterstützt;
allein, nur dann haben elektrotherapeutische
Methoden Aussicht auf dauerndes Bürger¬
recht im Rüstzeug des Therapeuten, wenn sie
wirklich etwas leisten, was bisher mit anderen
Methoden nicht erreichbar war. Autor führt
eiu Beispiel an: die elektrolytische Behand¬
lung der Strikteren der Harnröhre liefert
vorzügliche Resultate, ist ..her dennoch nicht
adoptiert worden, eben weil dasselbe auf
andere Art erreichbar ist. Andererseits ist
das Cystoskop in allgemeiner Verwendung
seitens der Urologen, weil es eben bedeutend
mehr leistet, als andere Untersuchungsmethoden.
Aus dem gleichen Grund wurden die Röntgen¬
strahlen sofort allgemein verwendet. Erbs
systematische Methode der Nerven- und Mus¬
keluntersuchung durch Elektrodiagnost.ik ist
ein weiterer Erfolg der Applikation der Elek¬
trizität. in der Medizin.
Einen weiteren Fortschritt brachte der
Medizin die Erfindung der Glühlampe durch
Edison und Swan. ln der Elektrolyse haben
wir ein Mittel, um Naevi und abnorme Be¬
haarung zu entfernen, und wenn das auch
weniger ernste Störungen sind, so ist. das
Verfahren deswegen doch wertvoll, weil die
gleichen Resultate mit keiner der älteren
Methoden erreichbar sind.
Autor kommt sodann auf die X-Strahlen
zu sprechen und zählt zunächst, die Affek-
tionen auf, bei denen sie therapeutisch mit
Erfolg verwendbar sind, als: Ulcus rodens,
Lupus, Psoriasis, chronische Ekzeme, Herpes
tonsurans, Sykosis, Akne, Pruritus und Leu¬
kämie. Auch die Finsenbehandlung des Lupus
ist ein Erfolg der Elektrizität, wenn sie auch
unter der Kostspieligkeit und der langen
Dauer leidet Je mehr die Elektrotherapie
sich das Gebiet wirklich ernster Erkrankungen
erobert, desto mehr wird nach Verfassers
Ansicht der Laien-Elektrotherapeut durch die
Umstände selbst überwunden werden. Inter¬
essant sind J.’s Bemerkungen über Hoch¬
frequenz- und Lichtbehandlung. Erstere ist
schon auf ein kleines Gebiet zusammen¬
geschrumpft; das rote, weiße und blaue Licht¬
bad ist dazu bestimmt, ein mehr oder
weniger akzessorisches Zierstück in Anstalten
für türkische Bäder zu werden, anstatt als
Panazee für alle möglichen schmerzhaften
und anderen Affektionen zu gelten
Autor fährt dann fort,"die physiologisch-
chemischen Vorgänge bei der Elektrolyse zu
beschreiben und weist darauf hin, daß bei
elektrolytisch (- kataphoretischer — Ref.)
Einverleibung eines Medikaments die in der
Nähe der Elektroden befindlichen'Körperzellen
wirklich mit diesem imbibiert werden, während
bei Einreibung auf der Haut oder bei sub¬
kutaner Injektion diesj nicht oder'doch nur
weniger der Fall sein dürfte
Er hat eine Anzahl Experimente bei
Lupus und Ulcus rodens zum; Beweis des
Gesagten angesiellt, bei denen er von Leduc’s
Ausführungen ausging. Beim ersten Fall von
Ulcus rodens führte J. die Jonen des Zinks
auf elektrolytischem Wege in einer Sitzung
in die erkrankte Stelle ein; nach 3 Wochen
war vollständige Heilung da, und nach 9 Mo¬
naten war Patient noch vollkommen gesund,
ohne jegliche Spur eines Rezidivs; in 6 anderen
Fällen dieser Art waren die Resultate auch
gut, wenn auch nicht so rasch und vollständig.
Wichtig ist es, daß das Zink ganz gleicli-
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Referate. 18(
mäßig über die ganze Obertiiielie des Ge¬
schwürs verteilt wird, was natürlich oft auf
Schwierigkeiten stößt. J. benutzt eine Chlor¬
zinklösung' von ca. 0,3 : 30,0 (l"|o>; es tritt
weder Ätzwirkung noch von einer solchen
abhängige Narbenbildung ein. Leduc benutzt
einen Strom von 2. M -A. pro Quadratzenti¬
meter Fläche während 15-20 Min., J einen
stärkeren bei kürzerer Dauer. Die Prozedur
ist nur wenig schmerzhaft; ausnahmsweise
war es nötig, zuvor auf gleichem Wege
Kokain einzuführen. Bei Lupus hat J. noch
keine unzweideutigen Resultate erzielt. Zum
Schlüsse erwähnt er günstige Versuche von
Anderen mit der Einführung von Lithium bei
Gicht.
Improved high-potential Apparatus in electro-
therapeutic applications. („The Luneet”.
1. T. 05.)
Es handelt sich um die Beschreibung
eines Apparats, welcher gleichzeitig zum Ge¬
brauch für das Röntgen verfahren, Hoch¬
frequenz-Behandlung, Erzeugung von Sinu-
soi'dalstrom, für Vibrationsmassage, Kauteri¬
sation etc. dient. F ranze-Nauheim.
Dr. 0. Neustaetter. Menschliche Haut und
Elektrizität. M. M. W. 1905 Nr. 18.
Verfasser kommt auf die Experimente,
von Harnack und Sommer-Gießen zurück und
geht auf die Deutung, welche beide Forscher
denselben gaben, des näheren ein. Harnack
gelang es, die Magnetnadel eines Kompasses
durch Reibung des deckenden Glases mit der
Fingerspitze abzulenken, welchen Versuch
er unter dem Titel: „die menschliche Finger¬
spitze als Elektrizitätsquelle“ beschreibt. Das
ungleichartige Gelingen des Experimentes
glaubt Verfasser auf eine Disposition des In¬
dividuums zuriickfiihren zu müssen, bestehend
in einer Art elektrischer Ladung, während
die Erklärung von Bet, he, daß die Differenz
von verschiedener Feuchtigkeit des reibenden
Fingers herrühre und die Erscheinung selbst
auf Reibungselektrizität zurückzuführen sei,
wohl die richtigere ist. Sommer hat seine
Experimente unter dem Titel: „Lichterschei¬
nung nach Reibung der menschlichen Haut,
mit Glühlampen“ veröffentlicht. Sommer nahm
wahr, daß, als er nachts nach der elektrischen
Lampe griff, bei der Berührung seiner Hand
mit den Glasbirnen diese Lichterscheinungen
auftraten. Die Wiederholung dieses Ver¬
suches gelang nicht immer, auch nicht mit
allen Glühlampen Verfasser hat. die Ver¬
suche nachgeprüft und kommt zu dem Schlüsse,
daß die ganz eigentümlichen Erscheinungen
sich physikalisch hinreichend erklären lassen,
ohne daß es notwendig ist, wie Sommer es
tat, physiologischeErklärungen herbeizuziehen.
Es handelt sich um Erscheinungen statischer
Elektrizität. Verfasser macht auf die Gefahren
aufmerksam, welche derartige Veröffentlich¬
ungen von solch’ autoritativer Seite mit sich
bringen, da Mystizismus und Aberglauben
dadurch leicht in Laienkreisen gefördert
werden. W i e s n e r.
Zanietowski. Weitere Versuche über
K ond ensatorentladungen. (Zeitsehr.f.
Elektrotherapie etc. Bd. VII, Heft 10.)
Diese Arbeit eignet sich nicht zum
Referat und besteht, im Wesentlichen in der
Empfehlung der Methode Z’s, Kondensator-
Entladungen sowohl zu elektro-diagnostischen
als auch — therapeutischen Zwecken zu be¬
nutzen.
Gamlen: A report on the general utilit.v of
highfrequcncy currents (Archive.« of the
Roentgen-Ray Jan. & Fuhr. 1900.)
Phthise.
G. berichtet hier über 7 verschieden
weit fortgeschrittene Fälle von Lungentuber¬
kulose, in denen er die Hochfrequenzbehand¬
lung versuchte. Die Art ihrer Anwendung
war folgende: einmal wurden 8 Wochenlang
tägliche Sitzungen zu 20 Minuten vorgenom¬
men, ein ander Mal jeden dritten Tag 30
Minuten lange Applikationen bis 40 im ganzen,
ein drittes Mal 30 Sitzungen in gleichen
Zwischenräumen u. s. w. Was die Art der
Applikation anlangt, so erwähnt Autor nur,
daß er gewöhnlich nach einer anfänglichen,
nicht näher gekennzeichneten Verwendung
von Hochfrequenzströmen zur Benutzung von
Bürst,en-Elektroden überging und so die Hoch¬
frequenzströme auf die vorher mit Kreosot
eingeriebene Brusthaut über der Stelle des
vermuteten phthisischen Heerdes einwirken
ließ. Der Erfolg war ein sehr verschiedener;
Gewichtszunahme, Abnahme und Verschwinden
der Tuherkelhazillen, Besserung des physi¬
kalischen Befundes und des Allgemeinbefinden«
werden notiert. Eine Patientin scheint dau¬
ernd geheilt worden zu sein; andere starben.
Irgend einen zuverlässigen Erfolg scheint
die Behandlung nicht zu haben, mag aber
zur Kräftigung und Hebung des Allgemein¬
betindens einen gewissen Wert, besitzen.
A n d e r e L u n g e n a f f e k t i o n e n.
Bronchiektasie, Asthma.
G. wandte bei Bronchiektasie die Hoch¬
frequenzströme mittelst des Kondensatorbettes
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Referate.
(couch) an und erzielte sehr befriedigende
Erfolge, indem der Auswurf zwar zuerst
zunalun, aber dünnflüssiger und leichter ex-
pektorierbar wurde, um dann geringer zu
werden und die, Eigenschaften anzunehmen,
wie sie dem Auswurf bei einfachem Bronchial¬
katarrh zukommen.
Bei zwei Asthmatikern erreichte er
bedeutende Besserung, Gewichtszunahme und
Abnahme der dyspnoischen Anfälle.
Schmerzhafte Muskel- und Nerven-
affektion en.
Bei Ischias und Lumbago rühmt G. die
Hochfrequenzbehandlung. Er wendet die
Bürsten-Elektrode in etwa 2'/» cm. Entfernung
von der Haut an und gibt Sitzungen von 10
Minuten täglich, später alle zwei Tage, bis¬
weilen in Verbindung mit Vibrationsmassage.
C h orea.
G. verfügt nur über einen derartigen
Fall, hei dem das Urteil durch den Umstand
noch erschwert wird, daß Patient ein Jahr
lang zuvor Arsen genommen hatte. Allein,
da dieses ohne jeden Erfolg war, scheint es
berechtigt zu sein, die nach Vornahme der
Behandlung mit Hochfrequenzströmen erfol¬
gende Heilung dieser zuzuschreiben. Jedoch
enthält sich Autor einer Schlußfolgerung.
Bei folgenden Fällen versuchte er
Hochfrequenzbehandlung sowohl allgemein als
auch lokal und erzielte, mit einer Ausnahme,
keinen Erfolg:
Lähmung des X.
1 Fall von Bleilähmung,
1 Fall „ traumatischer
radialis,
2 Fälle „ Augenmuskellähmung,
4 Fälle „ Kinderlähmung (einer dieser Fälle
war die Ausnahme),
1 Fall , Poliomyelitis anterior,
1 Fall „ Torticollis spasmodica,
2 Fälle „ Facialislähmung,
1 Fall „ Paralysis agitans.
Bei Neurasthenie, und Hysterie hält G.
die Behandlung für aussichtsvoll, scheint aber
die Erfolge hauptsächlich der Suggestion zu¬
zuschreiben.
Bei einem Fall von Herzneurose, schein¬
bar infolge von Nikotinintoxikation erzielte
Autor durch 24 Applikationen (nicht näher
definiertI, die dreimal wöchentlich gegeben
wurden, Heilung.
Bei einem Fall von Stimmbandlähmung
nach Influenza erzielte G. durch Hochfrequenz
in Verbindung mit Suggestion Heilung. Die
Technik war folgende: 15 Minuten dauernde
Sitzungen fanden an 30 auf einander folgenden
Tagen statt; es folgten 20 weitere (ob mit
oder ohne Intervall, ist nicht angegeben
Ref.). Nun ging Autor, nachdem er so die
Restitution der Flüsterstimme erreicht hatte,
zur lokalen Behandlung über. Diese bestand
in täglichen Applikationen innen und außen
am Halse, vom Resonator abgenommen, mit¬
telst einer Vakuum-Röhren-Elektrode; hierauf
folgte Heilung. (Nähere Angaben über Metho¬
dik fehlen.)
Ein Fall von Neurasthenie: Applikationen
mittelst, Kondensatorbettes, zweimal täglich,
namentlich abends, brachten guten Schlaf,
der nach drei Wochen auch ohne Behandlung
eintrat. Bedeutende Besserung des Allge¬
meinbefindens.
Fall von allgemeiner Schwäche und
Anaemie: Hochfrequenzbehandlung, unregel¬
mäßig, während dreier Monate. Bedeutende
Besserung.
Die Hochfrequenzbehandlung von
bösartigen Neubildungen.
Ein mittelst zehn kurzer Applikationen
mit gläserner Vakuum-Elektrode in Angriff
genommenes Ulcus rodens verschwand schein¬
bar, rezividierte aber nach acht Monaten;
das Rezidiv wurde durch X-Strahlen geheilt.
Bei Karzinomen erzielte Autor nur bei
einem rezidivierenden Scirrlms Mammae
mittelst Hochfrequenz einen Erfolg.
Diabetes.
G. hält Hochfrequenzströme hier für
wertvoll, ln einem für hoffnungslos gehaltenen
Fall gab er zweimal täglich Sitzungen von
10- 15 Minuten Dauer. Gewichtszunahme
und Abnahme der Zuckerausscheidung. Diät
wurde während der Behandlung in der vorher
gewohnten Weise eingehalten. Patient ent¬
zog sich dann der weiteren Beobachtung.
Haem or r ho ide n.
Man behandelt diese Affektion erfolg¬
reich mittelst gläserner Rekal-Elektrode in
Sitzungen von fünf bis zehn Minuten Dauer,
zweimal wöchentlich. Zunächst tritt eine
entzündliche Reaktion (Kongestion, Zunahme
der Schmerzhaftigkeit) ein; darauf folgt die
Besserung. Jedoch kann Autor die Methode
nur bedingt empfehlen.
V enerische Erkrankungen.
Fall von ehren. Gonnorhoe: Bougie wird
mit Resonator verbunden und so Hoch¬
frequenzbehandlung lokal eingeleitet, zugleich
auch allgemein. Nach IG derartigen kom¬
binierten Applikationen Heilung. Die lokale
Behandlung fand jeden zweiten Tag zu je
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Tieferat«.
1H!)
fünf Minuten Dauer, ohne unangenehme Sen¬
sationen auszulösen, statt. Bei einer mit
Gonnorrhoe behafteten Frau wurde ein gleich
günstiges Resultat erzielt.
Eine Frau mit drei syphilitischen Ge¬
schwüren wurde der Behandlung unterzogen.
Ein Geschwür wurde nicht behandelt, eines
mit den Entladungen einer glilsernen Elek¬
trode und das dritte mit diesen plus grauer
Salbe. Ersteres zeigte keine Änderung, das
zweite besserte sich, das dritte verschwand
rapid. Nach 20 Applikationen der letzten
Art vollständige Heilung aller l'leera.
P s e u d a r t h r o s e.
Nach erfolglosen Operationen trat
knöcherne Vereinigung hei einem Fall von
Pseudarthrose ein, nachdem eine weitere
Operation mit vorheriger Hochfrequenzbe¬
handlung (scheinbar allgemein, Bef.) ausge¬
führt worden war.
Indigest io n.
Fall von chron. Obstipation. Die Be¬
handlung bestand in Anwendung der Hochfre¬
quenz (scheinbar allgemein), dreimal wöchent¬
lich, je zehn Minuten lang, zugleich mit einer
lokalen Applikation über den ganzen Ab¬
domen mittelst Bürstenelektrode vom Reso¬
nator; nach Zuhilfenahme von Vibrations¬
massage vollständige Heilung; Besserung
war durch die Hochfrequenzströme allein
erzielt worden.
F r a nze-Nauheim.
Phototherapie und verschiedene physikalische Methoden.
0. Schott: Lieber eine neue Ultravio¬
lett-Quecksilberlampe. (Uviol-
Lampe; Monatsschrift für Praktische
Wasserheilkunde etc. 25. März 05.)
Arons wies nach, daß man in einer
luftleeren mit etwas Quecksilberdampf ge¬
füllten Glasröhre ein intensiv leuchtendes
Lieht, durch Gleichstrom zu erzeugen vermag.
Die Pole bestehen aus flüssigem Quecksilber.
Howitt ersetzte die positive Quecksilber-
idektrode durch eine eiserne und zeigte den
Zusammenhang der Lichtintensität des Queck-
silberdampfes mit dessen Dichte. S. wendet
das Wort „Uviol“ für .Ultraviolett“ an. Man
hat nun die Möglichkeit, dieses Quecksilber¬
lieht zu verwenden durch Gebrauch gewisser
für Uviol durchlässiger Gläser. So kann man
den größten Teil des in der Röhre entstehenden
kurzwelligen Lichtes (Uviol) anstreten lassen.
S. beschreibt die Uviollampe wie folgt: .Die
neue Uviollampe besteht aus einer passend
gestalteten, in der Regel geradlinigen, uviol-
dnrchlässigen Glasröhre von 8-30 mm Durch¬
messer und einer Länge von 20- 130 cm. An
den Enden sind Platindrähte eingeschmolzen,
die im Inneren der Röhre zu Kohlenknöpfen
auslaufen und gestatten, jeden Pol als nega¬
tiven und positiven zu gebrauchen. Im in¬
neren bedarf die Lampe je nach ihrer Größe
einer Quecksilberfüllung von 50—150 g. Diese
letztere hat. nicht hlos die Aufgabe, die zum
Leuchten nötigen Quecksilberdämpfe zu liefern,
sondern auch noch die Zündung zu bewirken
und die zur Kühlung des negativen Poles
erforderliche Ableitung der Wärme zu ver¬
mitteln.“ Bei richtiger Dimensionierung und
entsprechendem Vorschaltwiderstand kann die
Lampe an 110 bezw. 220 V. allgeschlossen
werden. Die Zündung, d. h. Inbetrieb¬
setzung der Lampe geschieht durch Ein-
schalten unter gleichzeitigem Neigen der
Lampe so, daß das Hg. beide Pole verbindet.
Der Betrieb einer Lampe von 400 — 800 Hefner-
Flammen Lichtstärke kostet ungefähr 10 bis
20 Pfg. pro Stunde, das Kilowatt, pro Stunde
zu 30- 40 Pfg. gerechnet. Das Licht tötet
kleinere Lebewesen, z. B. eine Stubenfliege
in 1 Minute bei 1,5 cm Entfernung, wo also
eine schädliche Wärmewirkung noch nicht, in
in Betracht kommt.. Ebenso ist der Effekt
bakterizid. Daher ist die liviollampe hei der
Therapie von Hautkrankheiten an Stelle des
Finsenlichtes verwendbar, und hat den Vorteil,
daß man größere Strecken und in größerer
Nähe (infolge der geringen Wärmeentwicklung)
bestrahlen kann. Die Augen müssen stets
durch eine Brille geschützt werden. Bis jetzt
wurden Ekzeme, Erysipel, Lupus und andere
Hautkrankheiten günstig beeinflußt. Ob die
Uviollampe das Finsenlicht zu verdrängen
berufen ist. kann erst nach längerer Prüfung
beantwortet werden. Sie hat neben obigen
Vorzügen den des billigeren Preises und der
Zeitersparnis. Bei geeigneter Behandlung
hält eine solche Lampe Ö000 Brennstunden aus.
E. Sommer (Winterthur): Ucher Glüh-
1 i c li t h ä d e r mit regulierbarer
Licht- und Wärmestrahlung; mit
9 Figuren im Test. (Zeitschrift für
experimentelle Pathologie und Therapie
2. Band.)
8. geht von der Erwägung aus, daß hei
den gebräuchlichen Glühlichtbädern eine Re-
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isö
TReterate.
gulierung nicht anders möglich ist, als da¬
durch, daß man eine Anzahl Lampen aus¬
schaltet; dann empfindet der Patient aber an
der betr. Stelle eine unangenehme Kälte-
wirkung. Daher empfiehlt S. die Benutzung
von Regulierwiderständen, wie sie zu diesem
Zweck zuerst von Dessauer beschrieben und
auch von Reiniger, Gebbert und Schall sowie
der „Sanitas“ angefertigt wurden. Vermittelst
dieser Widerstünde kann man die Intensität
der Licht- und Wärmestrahlung der Lampe
regulieren.
S. stellte nun damit Versuche au, um
den Grad der Regulierfülligkeit der Tempe¬
ratur festzustellen, deren Ergebnisse er durch
Kurven zum Ausdruck bringt. Das Resultat
ist die Möglichkeit, gleichmäßigen An- und
Abstieg sowie vollständige Konstanz der
Temperatur erzielen zu können. Außerdem
betont er, daß ein Glühlichtbad auf diese
Weise nahezu in ein Heißluftbad umgewandelt
werden kann. Daneben ergeben sich aber
einige Nachteile: der Regulator erwärmt sich
ziemlich rasch und intensiv, seine Anwendung
ist nicht ökonomisch, weil in jeder Stellung
der Kontaktknöpfe dieselbe Menge elektrischer
Energie verbraucht wird. Diese Mängel fallen
aber nicht sehr ins Gewicht.
Zum Schluß betont S. die Notwendigkeit,
bei jedem Lichtbad außer dem gewöhnlichen,
die Lufttemperatur markierenden Thermometer
noch ein geschwärztes Strahlungstliermometer
anzuwenden, um nicht über den Wert der
Wärmeapplikation zu falschen Schlüssen zu
gelangen.
Das Gesamtergebnis ist eine Empfehlung
der Verbindung des Glühlichtbades mit einem
in den Stromkreis eingeschalteten Widerstand
(Rheostat), wodurch es an Anpassungsfähigkeit
gewinnt. F ran ze-Nauheim.
Inhalationstherapie.
Seit dem Anfänge dieses Jahrhunderts
ist die bis dahin sehr vernachlässigte Inlia-
lationstherapie durch die Arbeiten von Bul-
1 i u g- München, H e ry u g- Warschau und
Re itz-Bad Elster in das richtige Fahrwasser
gekommen; die sinnreich erdachten und den
praktischen Bedürfnissen Rechnung tragenden
Apparate besonders der beiden letztgenannten
Forscher dürften derselben nun auch all¬
gemeinen Eingang in die Praxis verschaffen.
Daß mit Hilfe dieser Apparate in erster Linie
die Erkrankungen d^r oberen Luftwege, des
Obres, der Nebenhöhlen wie ih r Lungen zur
Behandlung gelangen, ist wohl selbstver¬
ständlich; aber Reitz hat der Inbalatious-
therapie noch einen weiteren Wirkungskreis
angewiesen, uud so werden im Laufe der
letzten Zeit in zweiter Linie eine Reihe innerer
Krankheiten wie Chlorose, Anämie, Lues etc
vermittelst Inhalationen von Eisen und
Quecksilberpräparaten behandelt Es
werden auf diese Weise verschiedene Arznei¬
körper auf dein Inhalationswege dem Blute
zugefiihrt, ohne daß die chemische Natur a
priori Veränderungen eingeht, die wir bei der
Aufnahme durch den Magen und Intestinal¬
kana) durch die Wirkung der Salzsäure wie
der mannigfachen spaltenden Fermente wohl
mit Bestimmtheit annehmen müssen. Dr. Hen-
nigs Beobachtungen mit den von Reitz an¬
gegebenen Eisen- und Qiiecksilber-InhalaLions-
tabletten haben sehr günstige uud schnelle
Erfolge aufzuweisen gehabt, und daher kann
diese moderne Therapie auf’s wärmste empfoh¬
len werden.
Die Tatsache, daß skrophulöse Kinder,
die doch mehr oder minder alle insgesamt au
katarrhalischen Affektionen der Nasenschleim¬
haut. des Nasenrachenraumes, Hyperplasie der
Tonsillen und häufig auch an chronischen
Kehlkopf- und Lungenkatarrhen leiden, sielt
gemeinhin am wohlsten an der See fühlen,
und ihre skrophuläsen Erscheinungen der
Luftwege und anderer Körperteile fast nur
unter dein Gebrauche warmer oder kalter
Seebäder, von Duschen mit Meerwasser und
der unbewußten und unfreiwilligen Inhalation
feinst zerteilten Meerwassers am schnellsten
verlieren, brachte Dr. H e n n i g - Königs¬
berg i. Pr. auf den Gedanken, 1 u li a 1 a t i o n e n
an der See. einztiricbten, da die See das
größte und natürlichste Inhalatorium in der
Welt ist. Zu diesem Zwecke hat er nun ein
mit allem Komfort der modernen Hygiene
ausgestattetes Inhalatorium im 0 s t s e e b a d e
Cranz, unweit Königsberg i. Pr. errichtet,
in dem außer katarrhalischen Affektionen der
Atmungsorgane auch Skrophulose, Chlorose,
Anämie, Neurasthenie und Lues in Verbindung
mit anderen therapeutischen Maßnahmen
durch geeignete Inhalationen zur Behandlung
gelangen. H e n nig-Königsberg.
(Auto-referat.)
Joseph. Einige Wirkungen des natiir-
lichenOedemsundderkünstliche n
Oedemisierung (M. M. W. Nr. 40.1905.)
Das Öedetn, ein hervorragender Faktor
bei der Entzündung, hatte bis auf die neueste
Zeit recht wenig Beachtung gefunden. Erst
durch die Arbeiten Bier’s uud Nötzel.s lernte
man allgemeiner den Einfluß des Oedents auf
die Infektion kennen. Das Oedem bei der
Bindenstauung ist ein statisches. Das (Jedem,
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"Referate.
191
auch das durch Stauungshyperämie hervor¬
gerufene, wirkt entgiftend. Die Hauptarbeit
der Entgiftung besorgt die große verdünnte
Flüssigkeitsmenge des Oedeins. Neben dieser
dilliierenden Wirkung des Oedeins auf das
Bakteriengift macht sich noch eine resorp-
tionshemmende geltend; es stört ein großes
Oedem die Cirkulation durch Raumbeengung,
verschafft durch die Anämie den Giften die
Resorption und wirkt auch auf diese Weise
entgiftend. Die Stauungsödeme sind Gift¬
lösungen ; führt man diese durch Suspension
in die Saftbahn zurück, so überschütten sie
den Körper mit toxischen Substanzen; das wird
im allgemeinen gut ertragen, bewirkt aber
manchmal, worauf schon Bier hingewiesen.
Temperatursteigerungen. Neben dem günstigen
Einflüsse auf die Bakteriengifte gewährt die
künstliche Oedemisierung noch den Vorteil
einer einfacheren und sclionenderen Wund¬
behandlung. Die Inzisionswunde unterliegt
bei der Stauung einer Art inneren natürlichen
Wundspülung durch die Oedemfliissigkeit.
Die häutigen schmerzhaften Manipulationen an
der Wunde sind überflüssig, ebenso der aus¬
trocknende Tampon. W i e s n e r.
Leonard Erskine Hill: The inthienee of at-
mosplioric pressure on man. („The Lancet“
1. 7. 05).
Die Arbeit bestellt aus der Aufzählung
der Untersuchungsresultate der besten Forscher
betreffs Feststellung des Einflusses des Luft¬
drucks aut den menschlichen Körper, und
eignet sich demgemäß nicht zum Referat
Franze-Nauheim
Oeslin. Beitrag zur Behandlung
akuterEiterungen mitBierscher
Stauungshyperemie. (M. M. W.
Nr. 29, 1905.)
Verfasser berichtet über2 Fälle schwerer
Sehnenphlegmone, welche er mit Bierscher
Stauungshyperämie erfolgreich behandelte.
Dr. Asmann (Erfurt). Lichtbehandlung
mittels bestimmter Strahlen-
gruppen. (D. M. W. 1905. Nr. 22).
Verfasser berichtet über seine thera¬
peutischen Erfolge mit der Uviollampe. (Dr.
Schott-Jena). Die Uviollampe besteht aus
einer luftleeren, bis meterlangen dicken Glas¬
röhre aus dem von Schott erfundenen Material,
welches genügend durchlässig für ultraviolettes
Licht ist.. An beiden Enden sitzen Kohlen¬
spitzen, zwischen denen der Lichtbogen spielt,
nachdem das eingeschlossene Quecksilber,
welches durch Stromschluß verdampft, intensiv
leuchtend geworden ist. Geringer Strom¬
verbrauch, minimale Wärmestrahlung. Ver¬
fasser hat Ekzeme. Akne vulgaris, Fuß-
geschwüre und Alopecie in verhältnismäßig
kurzer Zeit mit Erfolg behandelt.
W i e s n e r.
Danielsen, W. Über die Bedeutung der
Bier’sclien Stauungsbehandlung
akuter Entzündungen für die chirur¬
gisch e Poliklinik und den prak¬
tischen Arzt. (Aus der chirnrg. Univer¬
sitätspoliklinik in Marburg; Direktor: Prof.
Dr.H. Küttuer. Münch, ined. Wochenschr.,
52. Jahrg., Nr. 48, S. 2315 2318.)
Danielsen berichtet über die ungemein
günstigen Ergebnisse, welche in der Marburger
Poliklinik durch Anwendung der Bier’schen
Stauungsbehandlung bei akuten Entzündungen
und Eiterungen erzielt wurden. Behandelt
wurden in der angegebenen Weise 105 Fülle,
darunter außer einer großen Anzahl von Pa-
naritien, PÜegmonen, infizierten Wunden auch
43 Furunkel und 5 Karbunkel. Gerade durch
die Angaben über die beiden zuletzt, aufge¬
führten Atfektionen reiht sich das vorliegende
Referat ungezwungen dem vorhergehenden
Bericht über Evler’s Arbeit an, und auf
ihren wesentlichen Inhalt möchte sich daher
auch Ref. an dieser Stelle beschränken.
Im Allgemeinen hält sich D. an die von Bier
und Klapp aufgestellten technischen Regeln.
Bei Furunkeln und Karbunkeln bleibt der am
unteren Rand mit Salbe etwas eingefettete
Schröpfkopf unter beständiger Kontrolle a |«
Stunden sitzen. Durch eine zweckmäßige, in
regelmäßigen Zeitintervallen (nach je 2 Mi¬
nuten) ausgeführte Regulierung der Hyperae-
mie tZusammendrücken und vorsichtiges Los-
lassen des Saugballons) läßt sich Stagnation
des angesogenen Bluts und Gangrän der
oberflächlichsten Hautschichten vermeiden;
auch Schmerzen darf die Applikation des
Schröpfkopfs nicht hervorrufen. Bei absz-
dierenden Furunkeln wird mit einer Piucette
das oberste Häutchen entfernt und unter
Chloraethylspray eine 1-2 mm lange Stichin¬
zision gemacht. Unter der Saugwirkung des
Schröpfkopfs entleert sich dann aus der Wunde
Eiter und Blut, bisweilen in großer Menge,
und sehr bald folgt auch der nekrotische
Pfropf. Die Tamponade bleibt weg. Unter
43 in dieser Weise behandelten Furunkeln,
die teils in Entwicklung begriffen waren, teils
deutlich Eiter enthielten, gelang es, in 25
Fällen die Eiterung zu verhindern, ln der
Mehrzahl der Fälle waren die Furunkeln nach
3 Sitzungen verschwunden, bei einigen ge-
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Referate.
192
mieten sogar schon 2, resp. 1 Sitzung, in einem
Falle waren 4 Sitzungen nötig. Andrerseits
erforderten 17 Furunkel, die entweder schon
Eiter enthielten oder zu weit vorgeschritten
waren, als daß sie zu coupieren gewesen
witren, bis zur Heilung 3-5 Sitzungen; bei
einem weiteren Fall nahm die Heilung ti Sitz¬
ungen in Anspruch. Bei den 5 zur Behand¬
lung gekommenen Karbunkeln unterblieb der
übliche Kreuzschnitt; ihre Behandlung er¬
streckte sich auf 8, 11, 13, 14 und 21 Tage.
Die Vorteile, die sich bei der Behandlung
dieser und der anderen oben aufgeführten
Atfektionen nach Bier’s Grundsätzen heraus¬
stellten, sind also nach des Verf. Zusammen¬
fassung folgende: 1. Die schmerzhaften
großen Inzisionen fa 11 en wog, ebenso
2. die Ta m p o n a d e. 3. Schwer e Be¬
wegungsstörungen bei Gelenk- und
Sehnenscheiden-Affektionen werden
vermieden. 4 Die Behandlungsdauer
wird meist verkürzt. 5. Mit den großen
Inzisionen füllt auch die Ursache für
häßliche Narbenbildungen fort.
Solger -Gre i fs wa 1 d.
E. Sommer (Winterthur). Über Ischiasbehand-
lung mittelst physikalisch-therapeutischer
Heilmethoden. (Zeitsehr. f. diätetische und
physikalische Therapie; 1905/0Ö. Bd. IX.)
8. gibt eine detaillierte Beschreibung
der in der hydrotherapeutischen Anstalt der
Berliner Universität unter Geh.-Kat Prof. I)r.
Brieger üblichen physikalischen Behandlungs¬
methoden der Ichias; diese Beschreibung kann
natürlich nicht im Referat wiedergegeben,
sondern muß im Original nachgelesen werden.
Nur auf einige Punkte sei aufmerksam ge¬
macht. Als besonders geeignet für die Iirio-
ger’schc Therapie bezeichnet S. die Fälle pri¬
märer idiopathischer Ischias: aber auch, wo
diese sekundär auftritt., läßt die Bt handhmg
gewöhnlich nicht im Stich. Die sukzessive
zur \ erwendung kommenden Methoden sind
folgende: Zuerst geistige und körperliche,
wo möglich, Bettruhe und erregende Um¬
schläge nach Winternitz (kalte Einwicklung
des ganzen Beines); wenn dies nicht ver¬
tragen wird, feuchtheiße Umschläge (sogen.
Dampf kompressen), Dield’sehe Watte Um¬
schläge, oder wenn diese Prozeduren nicht
vertragen werden, Umschläge nur entlang dem
Verlaufe des Nerven oder Salzwedel’sche Al¬
koholumschläge oder auch nur trockene Ein¬
wicklung des kranken Körperteils in Watte
und Flanell. Dazu kommen Vollbäder, in
denen systematische und methodische Bewe¬
gungen gemacht werden. Das Bad hat eine
Temperatur von 37—40° C. Die Bewegungen
bestellen zuerst in passiven, dann aktiven und
zuletzt Widerstandsbewegungen als: Bein¬
heben, Beinrotation, Ruinpfdrehen, Heben und
Senken im Kreuz, in Rücken- und Bauchlage.
Die Dauer des Bades beträgt 10 Minuten bis
"I* Stunden. Später, wenn die Beschwerden
schon etwas nachgelassen haben, kommt nach
dem Bade manuelle Massage hinzu. Der
Hauptzweck aller dieser Prozeduren ist, eine
Dehnung der Nerven zu erreichen. Daneben
muß auf ausgiebige tägliche Stuhlentleerungen
Rücksicht genommen werden.
Später kommt dann noch die schottische
Dusche hinzu, d. li. die abwechselnde Appli¬
kation von Dampfstrald und Kaltwasserstrahl.
Oft wird diese, namentlich bei poliklinischen
Patienten, auch von vornherein angewendet.
Als wichtig bezeichnet, es S., den Pa¬
tienten nach Abschluß der Behandlung Ver¬
haltungsmaßregeln zur Verhütung von Rezi¬
diven mitzugeben. In erster Linie sind Er¬
kältungen zu vermeiden, die häutig die Ur¬
sache des Leidens sind. Ferner ist schädlich
das Sitzen auf harten und mit Leder überzo¬
genen Sitzen, welch’ letzteres in mehreren der
beobachteten Fälle als Ursache einer Ver¬
schlimmerung nachgewiesen werden konnte.
Die Resultate dieser Behandlung waren
sehr gute, etwa 80 90°|o Heilungen. Mißer¬
folge waren am häutigsten bei Komplikationen
vorhanden, namentlich oft bei Neurasthenie.
Notwendig ist große Ausdauer von Seiten des
Arztes und Patienten zur Herbeiführung von
guten Resultaten.
Es folgen 8 Krankengeschichten.
Die nach schweren Ischiasfällen manch¬
mal zurückbleibenden Skoliosen erfordern eine
orthopädische Behandlung, die konsekutiven
Parästhesien Massage.
(I >ie sehr sorgfältige und praktisch wich¬
tige Arbeit, verdient im Original nacligelesen
zu werden. Ref)
Franz e- Nauheim.
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Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
193
IV. Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
(Artikel unter eigener Verantwortung der Herren Einsender).
Tagesgeschichte. Ausschuß zum Studium der Intensitätsfrage der Röntgenstrahlen. Re¬
produktionen von Röntgenaufnahmen. Portugal und der Lissaboner Kongreß. Ärztliche
Unterrichtskurse im Röntgenverfahren in Aschaffenburg. Filiale des Elektrotechnischen
Laboratoriums Aschaffenburg in Berlin. Bankett der internationalen Gesellschaft zur Unter¬
drückung des Krieges. Der 2. Kongreß der deutschen Röntgengesellschaft. /eit- und
Streitfragen. Vergleich von Röntgentrockenplatten. Vergleich von Röntgenschutzstoffen.
Wie soll der Arzt seine Röntgen-Negative auf bewahren? Über Röntgenröhren „System Bauer.“
T agesgeschichte.
Ausschuss zum Studium der Intensitätsfragen
der Röntgenstrahlen.
Der Berliner Röntgenkongreß hat sich
u. a. auch mit der Frage über die Grund¬
lagen d e r Bes t r a h 1 n n g mit R öntgen¬
strahlen befaßt. Anknüpfend an den Vortrag
von Walter-Hamburg, über die Messung
der Intensität der Röntgenstrah1en
wurde betont, wie schwierig es zur Zeit
noch sei, die Quantität der Strahlen in zu¬
verlässiger Weise zu messen. Wohl haben
wir dazu verschiedene Methoden: Holz-
knecht’s Chroiuoradiometer, die Freund¬
sehe Chloroform-Jodoformlösung, das Kien¬
böck sehe Quantimeter (noch nicht im Handel),
das Radiometer von Sabouraud & Noire,
die Milliampere -Methode, die Methode
nach Alban Köhler (Temperaturablesung)
u. s. w., alter mit Ausnahme des Holzknecht-
schen Chromoradiometers haben die neueren
Methoden noch lange nicht allgemeinen Ein¬
gang gefunden, und auch dieses Instrument
ist trotz seiner unleugbaren großen Vorzüge,
die es bereits besitzt, doch noch im .Stadium
der Unvollkommenheit.
Um nun einheitliche Normen und
Anse li a u u n g e n zu schaffen, beantragte
Prof, von Kowalski (Freiburg,Schweiz),der
Kongreß wolle über die Frage der Inten¬
sität der Röntgenstrahlen genaue De¬
finitionen beschließen. Des sau er (Aschaffen¬
burg) nahm den Antrag auf, machte Bemer¬
kungen über die angeregte Untersuchung
und schlug eine Kommission zum Stu-
dium dieser Frage vor. Die Diskussion
war dem Antrag nicht gerade günstig ge¬
stimmt; vielfach wurde er als verfrüht be¬
zeichnet. Trotzdem nahm ihn Dessauer wieder
auf und beantragte gemeinsam mit Prof, von
Kowalski: es solle sofort eine Kommis¬
sion von Physikern, Technikern und
Ärzten gewählt werden zur Feststel¬
lung bestimmter Normen für die
Archiv f. physik. Medizin otc.
Messung der Intensität der Röntgen¬
strahlen. Wieder war die Diskusion,
bald für, bald gegen den Antrag. Als zuletzt
noch Hennig-Königsberg vom Standpunkt
des Praktikers aus sprach und dringend An¬
nahme empfahl, ergab die Abstimmung ein
gewaltiges Mehr für die Annahme.
Wir erwarten von der bestellten K o m-
mission gründliche Arbeit und versprechen
uns viel von ihrer Tätigkeit. Es wird sich
für dieselbe besonders darum handeln, die zur
Zeit bestehenden Anschauungen physikalischer
Natur über den in Rede stehenden Gegen¬
stand kennen zu lernen, diejenige auszusondern,
die sie für die beste und praktisch am
ehesten verwertbare hält, und hernach be¬
sonders für die therapeutische Anwendung
der Röntgenstrahlen in der Medizin allge¬
meine, praktische Regeln abzuleiten.
Ernst Sommer-Winterthur (Schweiz).
Reproduktionen von Röntgen-Aufnahmen.
Außer den bewährten Reproduktionen
der „Neuen photographischen Gesellschaft
Berlin-Steglitz“ befassen sich unseres Wissens
noch drei andere Gesellschaften, die „Meehano-
phot-Gesellschaft“, die „Aristophot-Gesell-
scliaft“ und die „Rotophot-Gesellschaft“ mit
der Herstellung ähnlicher Reproduktionen.
Portugal und der Lissaboner Kongress.
Die „Deutsche medizinische Wochen¬
schrift bringt in den Januarheften 1 und 2
ein interessantes Feuilleton von Prof. Dr.
Richard Greef, Berlin, über obiges Thema.
Wie bekannt, ündet der XV. inter¬
nationale incdiz. Kongreß im kommenden
Frühjahr vom 19. bis 26 April in Lissabon statt.
Verfasser, ein feiner Kenner des Landes,
das er so lebendig zu schildern weiß, will
dem Kongreßreisenden Führer und Ratgeber
sein; er will ihm einen vorausschauenden
Blick in die Herrlichkeiten des Reiches der
Lusitanen am Oeean gönnen, ihn mit Art und
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194
Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
Sitte des Volkes vertraut machen, das er dort
linden wird.
Wer nach Lissabon reist, tut am besten,
den Seeweg zu wählen, der nicht nur billiger
als die Eisenbahnstrecke (Rundreisebillet
Heidin - Paris Iran—Lissabon - Madrid—Bar¬
celona-Marseille—Genf—Berlin I. Kl. 424,90
Mark., II. Kl. Mk. 333,20), sondern auch weit
angenehmer ist.
Wer den Besuch des Kongresses mit
einer Vergnügungsreise zur See verbinden
will, mag den Dampfer „Oceana“ der Hamburg-
Siidamerika-Gesellschaft benützen, der am
Morgen des T. April Hamburg verläßt,, Dover—
Funchal (Madeira)—Santa Cruz (Teneriffa)—
Tanger—Gibraltar anläuft, am 19. in Lissabon
ankommt, dort bis zum 26. als Hötelschitf
dient und am 30. abends wieder in Hamburg
eintritft. Fahrpreis inkl. Verpflegung 700 Dis
1300 Mk., je nach Lage der Kabinen.
Von anderen Linien kommen die Sloman-
Linie (meist. Frachtdampfer) oder die Deutsch-
Ostafrika-Linie mit schönen, modernen Schiffen
in Frage. Fahrzeit 6— H Tage. Preis 150 bis
ISO Mark, ferner die Brasildampfer des Bremer
Lloyd, Fahrpreis 150 Mk., ab Antwerpen 130
Mark, doch nur Kabinen II. Klasse und end¬
lich für Seebären, die wetterfest sind und
Zeit haben, die kleineren Schiffe der olden*
burgisch-portugiesischen I »ampfschiffrhedorei
in Oldenburg. Fahrt 8—9 Tage. Preis 120 Mk.
Rückfahrkarten 200 Mk. inkl. Beköstigung.
Als dritte Lösung der Reisefrage käme
noch der Hinweg per Schiff', der Rückweg
per Bahn in Betracht, wobei man allerdings
der Ermäßigung verlustig geht, andererseits
aber eine Fülle neuer Eindrücke gewinnt.
Preis: Hamburg Porto löOMk. Porto—Lisa-
bon (Bahn) 12 Mk. Lissabon Madrid J. Kl.
dann II. Kl. etwa 290 Mk. Also Reisebillct
rund 5(X) Mk.
Wer nicht nur den Kongreß und Lissa¬
bon abmachen will, sondern auch mehr von dem
Lande, in dem er sich nun einmal belindet,
kennen lernen möchte, der möge schon in
Porto das Schiff verlassen und zu Lande nach
Lissabon Weiterreisen. Diese Strecke ist voll
von Schönheit und Originalität. Namentlich
Porto selbst, von Douro steil aufsteigend,
eng, voll alter winkliger Gassen, in denen sich
buntbewegtes Leben drängt; Wasserträgerin-
nen, barfuß, in langen bunten Gewändern,
tönerne Gefäße auf dem Kopfe, an maurische
Gestalten erinnernd. Malerische Fischermäd¬
chen, ihre Waren ausbietend. Rufe aller
Tonarten und Rhythmen, die die Luft erfüllen.
Oben auf dem Berge liegt die alte Kathedrale
von St. Fe, die herrliche Altäre, aus Holz
geschnitzt und reich vergoldet, birgt. Und
das Wunder Portugals: Die bunten Azulei'os
im Kreuzgang, das Leben Abrahams dar¬
stellend. Azulei'os sind Fliesen zur Be¬
kleidung der Wände. Sie stammen aus der
maurischen Architektur und sind in ganz
Portugal verbreitet. Kirchtürme, Wohnhäuser,
Treppen, Säulen findet man mit Azulei'os ver¬
kleidet, die ihren Namen der meist blauen
Farbe ihres Dekors verdanken.
Die schönsten, für Portugal besonders
charakteristischen Bauwerke liegen im Lande
zwischen Porto und Lissabon zerstreut. Sie
gehören der Epoche des Emanuelstils an,
der nach Emanuel dem Glücklichen (1495 bis
1521), indessen Regierungszeit die kurze aber
hohe Blütezeit des Reiches fiel, benannt ist.
Es ist nicht ganz leicht, den Emanuelstil
zu charakterisieren. Er bildet den Übergang
einer üppigen Spätgotik zu den ersten An¬
fängen der Renaissance, mit Überresten mau¬
rischen Stils und indischen Formen stark
versetzt. Alle diese verschiedenen Elemente
vereinigen sich zu einer Architektur größter
Prachtentfaltung, die in dem weißen Kalk¬
stein des Landes ein wundervolles Material
fand, das ihren Bedürfnissen vollendet ent¬
sprach.
Die glänzendsten Beispiele dieser Bau¬
kunst bieten uns Batalha, das Schlachten¬
kloster im lieblichen, von Ölbäumen und
Pinienwäldern umfriedeten Tale. Und die
Christenritterburg Thomar, die an Pracht der
Komposition ihresgleichen in der Welt sucht,
Coimbra!
Aus Olivenheinen steigt die Stadt em¬
por, die uralte Universitätsstadt, am steilen
Berghang aufgebaut. „Wer könnte deinen
Reiz erschöpfend schildern, du sonniges
farbiges Coimbra, so lieblich und doch so
ehrwürdig durch dein Alter! Alles ist sehr
einfach und bescheiden und doch so inter¬
essant und originell. Auf dem Gang nach
der steil gelegenen Universität begegnen
uns Studenten, die ohne Kopfbedeckung und
in weitem wallendem Schal gehüllt, mittel¬
alterliche Stimmung bringen.“ Von dem um
die Aula laufenden Ruiulgang schweift der
Blick weit hinaus ins blühende Tal.
Streng ist die Zucht der Musensöhne in
der alten Universitätsstadt. Der Besuch der
Vorlesungen steht unter Kontrolle, und am
Ende eines Jahres werden Prüfungen über
die gehörten Gegenstände abgehalten.
Von Coimbra führt der Weg nach
Leiria, einem reizvollen Landstädtchen. Hier
entfaltet sich ein charakteristisches Leben
voll fremdartiger Originalität. Da sehen wir
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Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
195
ahends Frauen und Mädchen in ihren bunten
Gewändern zum Brunnen gehen und Wasser
schöpfen, ein liebliches Bild — Rebekka
mit den Mägden!
Und wenn wir weiter wandern, kommen
wir immer durch fruchtbares, liebliches Land,
dem man gleichsam ansieht, wie es unter der
neugesehaffenen Ordnung aufzublühen beginnt.
Alcobaga. Eine uralte Zisterzienser¬
abtei, einst eines der größten Klöster der
Welt. Da sangen neunhundert Mönche ab¬
wechselnd Tag und Nacht ohne Unterbrechung
ihre Bußpsalmen. Da war auch die Grab¬
stätte der Könige. Und in der Capella des
Tumulos, aus griinschillerndem Sandstein
wundervoll erbaut, ruht Peter 1. mit seiner
geliebten Gemahlin, der sagenumwobenen
Inez de Castro.
Noch einem herrlichen Denkmal des
Emanuelstils begegnen wir: dem Convento
dos Jeronymos de Belem, dicht am Tajo
gelegen.
Und dann sind wir in Lissabon ange¬
langt.
Lissabon, Lisboa (spr. Lisehboa, mit
weichem sch.), die Stadt mit der stolzdahin-
gleitenden Fregatte, worauf zwei Vögel
ruhend sitzen, im Wappen.
„Die schönste Stadt Europas, nach Kon¬
stantinopel und Neapel“, wie Lord Byron sie
einst genannt. Kühn und reizvoll steigt sie
von der mächtigen Tajomündung zu dem sie
umfassenden Bergkranz empor.
bi dieser Stadt, die eine Fülle des In¬
teressanten bietet, wird also im Frühling der
Kongreß tagen. Es ist eine gastliche liebens¬
würdige Stadt. Unangenehme Zustände und
Überteuerungen wie beim Kongreß in Madrid,
werden dort nicht zu befürchten sein. „Sie
werden in den Portugiesen die ehrlichsten
und höflichsten Menschen der Welt finden,
wenn Sie sie recht nehmen“; „man hüte sich
also, die Portugiesen falsch zu beurteilen.
Ordnung und Sauberkeit findet man überall.
Vorher nach dem Preise zu fragen, auch in
Hotels, ist Sitte und nicht auffallend. Die
Portugiesen sind sehr höfliche Leute, wie ich
schon sagte, für unseren Geschmack vielleicht
manchmal zu sehr, — einerlei, sie verlangen
aber, daß man ihnen wieder so begegnet; wohl
mit Recht. Richtet man sich darnach, so wird
man schon bei den umständlichen Zollerle¬
digungen seinen Vorteil davon haben.“
Was die Sprachverhältnisse anbetrifft,
ist es natürlich sehr angenehm, wenigstens
einige Kenntnisse von dem schönen und nicht
besonders schwierigen Idiom des Landes zu
besitzen. Gut ist es jedenfalls, Mayers Sprach¬
führer „Portugiesisch“ mit auf die Reise zu
nehmen und die Aussprache zu lernen. Fast
überall wird etwas Französisch und Englisch
gesprochen, vielfach auch Deutsch. Wer
jedoch wirklichen Reisegenuß haben will, darf
die Landessprache nicht unberücksichtigt
lassen, da sich ihm sonst nie die Eigenart des
fremden Volkes erschließt.
In Lissabon verabschiedet sich der freund¬
liche Führer, dem wir bisher so gerne folgten
von uns und überläßt es jedem Einzelnen, die
noch iibrigbleibende Zeit nach Belieben aus¬
zunützen.
Und er rät zum Schluß: Genießen wir
die Schönheiten des Landes, in das eine
günstige Gelegenheit uns führte, mit Muße
und weiser Beschränkung. Man muß nicht
alles sehen, sonst verwischt ein Eindruck den
andern. Spanien noch im Fluge erhaschen
zu wollen, wäre sicher eine Tortur, fast eine
Barbarei. Außerdem steht Spanien an land¬
schaftlicher Schönheit Portugal weit nach.
Kehren wir lieber mit wenigen, aber desto
klareren Bildern nach Hause zurück, und wir
werden uns noch lange erfreuen an der Herr¬
lichkeit des frühlingsprangenden Landes im
Süden, an der Küste des ewigen Meeres. —
Es folgen nun spezielle Angaben über den
Kongreß:
Die Kongreßmitglieder sollen gegen
Vorzeigung ihrer Legitimation in den Haupt¬
plätzen von Frankreich und Spanien Fahr¬
karten zum Preise einer einfachen Fahrt nach
Lissabon erhalten, die in Lissabon während
der Zeit des Kongresses durch Abstempelung
ohne weitere Nachzahlung für die Rückfahrt
gültig werden.
Um der Reise vergünstigungen teilhaftig
zu werden, sind vorherige Anmeldung und
Einsendung von 20 M. an den Generalsekretär
Prof. Miguel Bombarda, Hospital de Ril-
hafolles, Lisboa, notwendig, worauf die Zu¬
sendung der Teilnehmerkarte erfolgt. Verf.
empfiehlt deutschen Kollegen die Einsendung
von 21 M. und einer Visitenkarte mit genauer
Adresse an das Verkehrsbureau, Hamburg-
Amerika-Linie, Berlin W., Unter den
Linden 8.
Der Kongreß zerfällt in 17 Sektionen,
an denen man teinelunen kann. Wer einen
Vortrag zu halten wünschte, mußte ihn be¬
reits vor dem 1. Januar an den Präsidenten
der betreffenden Sektion einschicken.
Liste des Sectio ns.
1. Anatomie (Anatomie descritptive
et comparee, Anthropologie, Embryologie,
Histologie). President: Mattoso dos
13*
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196
Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
Santos (Lishonne); Secretaire resp.: Marek
Athias (Lisbonne, Kua de Santa Martha
144). 2. Physiologie. President: Philo-
meno ila C'amara (Coinibra); Secretaire
resp.: Arthur Cardoso Pereira (Lis¬
bonne, Kua Conselheiro Pedro Pranco 42 1 .
3. Patliologie gendrale, Baetüriologie et
Anatomie pathologique. President: Pedro
Bettencourt Raposo (Lisbonne); Secre¬
taire resp.: Annibal Bettencourt (Lis¬
bonne, Real Institute Bacteriologico). 4.
Therapeutique et Pharmacologie (avec un
einbranchemeut pour l’electricite medicale).
President: Raymundo Motta (Coinibra);
Secretaire resp.: .Jose Ponte et Sousa
(Lisbonne, Rua Nova do Almada 801. 5.
Medeeine. President: Bettencourt Pitta
(Lisbonne); Secretaire resp.: Benjamin
Arrobas (Lisbonne, Campos dos Martyres
da Patria 28). 6. Pediatrie. a) Medeeine, b)
Cbirurgie. President: Dias d’Almeida
(Porto); Secretaire resp.: Jayme. Salazar
de Sousa (Lisbonne, Avenida Fontes Pereira
de Mello, D). 7. Neurologie, Psychiatrie et
Anthropologie criminelle. President: Cae-
tano Beiraro (Lisbonne); Secretaire resp.:
Virgilio Machado (Lisl)onne), Avenida da
Liberdade 200). 8. Dermatologie et Syphili-
graphie. President: Zeferino Falcao (Lis¬
bonne); Secretaire resp.: Mello Breyner
(Lisbonne, Rua da Junqueira 59). 1). Chirur¬
gie. President: Oliveira Feijao (Lisbonne);
Secretaire resp.: Augusto de Vascon-
cellos (Lisbonne, Rua Nova do Almada
80). 10. Medeeine et Chirurgie des voies
urinaires. President: Moraes CaldasiPorto);
Secretaire resp.: Arthur Furtado (Lis¬
bonne, Rua de S. Roque 1(X)). 11. Oph¬
thalmologie. President: Sousa Refoios
(Coinibra); Secretaire resp.: Xavier da
Costa (Lisbonne, Travessa da Amoreira
12/14). 12. a) Laryngologie, Rhinologie et
Otologie, l>) Stomatologie. President: Gre-
gorio Fernandes (Lisbonne); Secretaire
resp.: Avelino Monteiro (Lisbonne, Aveni¬
da da Liverdade 91). 13. Obstetrique et
GynOcologie. President: Candido de Pinho-
Foz (Porto); Secretaire resp.: Daniel de
Mattos (Lislionne, Höpital de Rilhafolles).
14. Hygiene et Epidemiologie. President:
Ricardo Jorge (Lisbonne); Secretaire resp.:
Guilherme Ennes (Lisbonne, Rua do Liv-
ramento). 15. Medeeine militaire. President:
Carlos Moniz Tavares (Lisbonne); Secre¬
taire resp.: Manoel Giäo (Lislionne, Avenida
da Liberdade 115). IG. Medeeine legale. Pre¬
sident: Silva Amado (Lisbonne); Secretaire
resp.: Lima Duque (Lisbonne), Calcada da
Estrella 131). 17. Medeeine coloniale et navale.
President: Cons. Ramada Curto(Lisbonne);
Secretaire resp.: Silva Teiles (Lisbonne,
Rua Saraiva de Carvalho 14).
Wet t ere r-Mannheim.
Ärztliche Unterrichtskurse im Röntgenver¬
fahren in Aschaffenburg.
Im Laufe dieses Jahres finden in
Asehaffenlmrg unter Leitung des Herrn Medi¬
zinalrats Dr. Rotli Röntgenkurse im März,
Juni, August, Oktober und Dezember statt.
Sie werden, wie bisher, im Hörsaal und in
den Übungsrilumen des Elektrotechnischen
Laboratoriums allgehalten vom Lehrkörper,
der aus den Herren Dr. ined. Wiesner, Chef¬
ingenieur Direktor F. Dessauer, Dr. med. P.
C. Franze und den Ingenieuren des Labora¬
toriums bestellt.
Diese seit etwa zwei Jahren bestehenden
Kurse haben bereits einer großen Anzahl Arzte
und Anstaltsleiter eine gediegene Ausbildung
im Röntgenverfahren zuteil werden lassen und
erfreuen sich eines großen stets zunehmenden
Ansehens über die Grenzen des Reiches hinaus.
Dies hat inner- und außerwesentliche
Gründe. Die ersten sind natürlich die maß-
geltenden, und sie wollen wir hier zunächst
und hauptsächlich charakterisieren.
Die Seele der Kurse, ist der durch seine
wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiete
der Röntgenologie bekannte Chefingenieur des
Laboratoriums, Herr F. Dessauer. Sein Pensum
bei den Kursen besteht in dem Vortragen der
physikalischen Grundlagen des Röntgenver¬
fahrens und seines gesamten technisch-physi¬
kalischen Teiles. Mit glänzender Rednergabe
verbindet er ein seltenes didaktisches Talent,
und wohl noch keiner ist ohne Bewunderung
für die ilurcli diese Fälligkeiten des Lehrers
bedingte gründliche theoretische Einführung
in das ihm noch neue Gebiet von der Teil¬
nahme an einem der Kurse wieder aus
Aschaffenburg geschieden.
Die genannten Ärzte behandeln zunächst,
in Vorträgen in gleich wissenschaftlicher
Weise die medizinische .Seite der Radiologie:
das Röntgenverfahren in der inneren Medizin
und Chirurgie und die Orthodiagraphie. Wohl¬
gelungene Abbildungen, Schemata und Radio¬
gramme erläutern die Vorträge.
An diese die ersten 4—5 Tage einneh¬
menden Vorträge schließen die praktischen
Übungen au. .1 oder einzelne Kursteilnehmer
findet hierbei Gelegenheit, selbst das ganze
Gebiet praktisch durchzumachen, zu photo¬
graphieren, zu orthodiagraphieren, sich mit
der Handhabung der Apparate vertraut zu
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197
Tagesgeschiclite, Zeit.- und Streitfragen.
machen, zu entwickeln, zu kopieren etc. etc.
Alles in allem umfaßt also ein solcher etwa
8 Tage dauernder Kurs eine gründliche theo¬
retische und praktische Ausbildung in
allen Teilen des Röntgenverfahrens.
Die außerwesentlichen Gründe eines be¬
friedigten Andenkens an die Aschaffenburger
Röntgenkurse seitens ihrer Teilnehmer wur¬
zeln in mannigfachen, nun einmal von den
Kursen untrennbaren Nebenumständen. Da
ist zunächst der landschaftliche Reiz des im
Sommer herrlich an den Ausläufern des
Spessart und an dem durch grünende Wiesen
zum Glück nocli „unkorrigiert“ sich dahin¬
windenden Mainflusse gelegenen, altertüm¬
lich-interessanten Städtchens Aschaffenburg.
Der Verlockung eines Ausflugs in jene Um¬
gebung vermögen gewöhnlich am Ende der
Kurse nur wenige Teilnehmer zu widerstehen.
Aber auch während ihrer Dauer muß die
geistige Spannkraft der untertags hart Arbei¬
tenden durch fröhliche Geselligkeit mit ihrer
Entfesselung des kameradschaftlichen und
humoristischen Ego’s des Abends wenigstens
von neuem sich anzusammeln, Gelegenheit
finden.
Am nächsten Morgen aber gehts mit
frischer Kraft wieder an die Arbeit.
So scheidet denn selten einer von
Aschaffenburg, ohne es in lebhafter Erinnerung
zu behalten.
Die bekannte Spezial-Fabrik für Rönt¬
genapparate „Elektrotechnisches Laborato¬
rium Aschaffenburg“ hat eine Filiale in
Berlin N.24., Friedrichstraße 131 A. gegen¬
über der Johannisstraße, errichtet.
Man schreibt aus Paris:
Am 15. Dezember 1905 fand im Hotel
Continental zu Paris das erste offizielle
Banket der internationalen Gesellschaft zur
Unterdrückung des Krieges statt.
An dem Banket nahmen 50 Ärzte der
verschiedensten Nationalitäten teil mit dem
Vorsitz von Doktor J. A. Riviöre (Paris),
dem Begründer und Vorsitzenden der Ver¬
einigung.
Die Verhandlungen waren gerichtet
gegen den Krieg. Man hat besonderes Ge¬
wicht darauf gelegt, daß die Ärzte der
ganzen Welt berufen seien, dank ihres
sozialen Einflusses, das Werk der Verwirk¬
lichung des Weltfriedens zu fördern.
Es sprachen: Professor Langlois, Dok¬
tor J. A. Rio vif-re, Marechal Grellety, Suarez
de Mendoza, Mazery, Cogrel, Berillon und
am Schluß Professor Ch. Riebet, welcher das
erste Banket der Gesellschaft mit seiner
Gegenwart beehrte.
Die Gesellschaft besteht erst ein Jahr,
zählt bereits mehr als 600 Mitglieder, nur
Ärzte, darunter 200 Professoren aller Natio¬
nalitäten.
Der II. Kongress der Deutschen Rönt¬
gen-Gesellschaft findet beschlußgemäß im
Anschluß an den Chirurgen-Kongreß am 1.
und 2. April d. .T. in Berlin statt.
Vorläufige Tagesordnung: Sonntag, den
1. April, vormittags: Geschäftssitzung des
Vorstandes. Montag, den 2. April, Vormittags:
1. General-Versammlung, insbesondere Be¬
ratung und Annahme der Statuten. 2. Vorträge
und Demonstrationen. Nachmittags: Vorträge
und Demonstrationen. Abends: Projektions¬
abend und nachher gesellige Zusammenkunft.
Anmeldungen für Vorträge und Demon¬
strationen sowie Anfragen werden an den
derzeitigen Vorsitzenden, Herrn Prof. Dr.
Eberlein, Berlin NW. 6, Luisenstraße 56, oder
den Schriftführer, Herrn Dr. Max Lmuelmann,
Berlin W. 35, Liitzowstraße 72, bis spätestens
zum 1. März d. J. erbeten, damit das defini¬
tive Programm rechtzeitig fertiggestellt
werden kann.
Berlin, den 1. Januar 1906.
R. Eberlein. Vorsitzender.
Zeit- und Streitfragen.
Aus dem Elektrotechnischen Laboratorium Aschatfenburg.
Vorstand Ingenieur Friedrich Dessauer.
Vergleich von Röntgentrockenplatten.
Von Georg Gehlhoff.
Bei dem heutigen Stande der Röntgenologie und der allgemein ver¬
breiteten Anwendung der Photographie in derselben gewinnt die Fabrikation
guter, empfindlicher Röntgenplatten erhöhtes Interesse. Bedingung für gute
kontrast- und detailreiche Röntgenphotographieen „ist die für die Struktur
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198
Tafresgoschiclite, Zeit- und Streitfragen.
des Bildes wichtige Feinheit der Körnelung, ihre Reinheit, Freiheit von Bläs¬
chen und fremden Stoffen, endlich aber in ganz besonderem Maße ihre Em¬
pfindlichkeit. Da im Röntgenverfahren die Erzeugung der wirksamen Strahlen
mit einem Materialverbrauch verbunden ist, da ferner die Lagerung des Pa¬
tienten eine zwangsweise, oft nicht bequeme, endlich die Dauer der Belich¬
tung an und für sich viel größer ist als heim Tageslicht, so muß darnach
gestrebt werden, die Empfindlichkeit der Platten zu erhöhen.“*) Ferner
hängt von der Empfindlichkeit der Platten die Deckung (maximale Schwärz¬
ung) bei Strahlen verschiedener Penetrationskraft ab.
Die Empfindlichkeit der Platten hängt nun ihrerseits hauptsächlich
von der Dicke der Emulsionsschicht, dem Silbergehalt derselben und von
ihrer Absorptionskraft ab, wobei dann noch das Verfahren der Herstellung,
das Geheimnis jeder Firma ist, einen nicht geringen Einfluß auf Empfindlich¬
keit, Feinheit des Kornes und Bildung von Schleiern hat.
Die Erzeugnisse der einzelnen Röntgenplattenfabriken weisen nun
sehr verschiedene Eigenschaften namentlich bezüglich der Empfindlichkeit
auf. Ich habe versucht, Platten der verschiedensten Firmen einwandfrei zu
vergleichen, und wurde hierin durch die Liebenswürdigkeit der einzelnen
(unten näher angeführten) Firmen unterstützt, welche Platten für diese Ver¬
suche in ausgiebigster Weise zur Verfügung stellten, wofür ihnen an dieser
Stelle gedankt sei.
Die Versuchsanordnung war zunächst folgende: Ein Rahmen (Fig. 1)
w r ar mit Stanniolblättern verschiedener Dicke überzogen. Die Dicke der
einzelnen Blätter betrug 0,00, 0,01, 0,02, 0,04, 0,08, 0,16, 0,32 und 0,6 mm.
Dieser Rahmen w-urde über je zwei zu vergleichende Platten gelegt, sodaß
durch die Berührungsfläche der Platten die Streifen halbiert wurden. Die
Platten w r urden dann, nachdem sie mit Bleinummern versehen waren,
mit einer mittelweichen Röhre, die auf dem Bariumplatincyanürschirm
von den Handknochen einen grauen, von den Armknochen einen schw'arzen
Schatten gaben, in einem Abstande von 35 cm im Durchschnitt 40 Sekunden
belichtet. Für alle Platten wurde (mit einer unten näher zu beschreibenden
Ausnahme) derselbe Entwickler benutzt, dessen Zusammensetzung folgende
w r ar: 100 ccm Wasser, 5 ccm konzentrierter Glycinentwickler, 5 Tropfen
Bromkalium (1 : 10). Der Entwickler wurde für jeden Versuch frisch an¬
gesetzt. Die Entwicklungszeit betrug im Durchschnitt 20 Minuten. Im
Fixierbad von unterschwefligsaurem Natron lagen die Platten ungefär 12
Minuten. Die Wässerung in fließendem Wasser dauerte etwa 1 Stunde.
*) Dessauer und Wiesner, Kompendium der Riintgenographie, Seite 226.
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Kranz.
Tagosgcsehiehte, Zeit- und Streitfragen.
199
Fig VII.
Die Namen der Firmen, deren Platten verglichen wurden, sind folgende:
A.-G. für Anilinfabrikation, Berlin (Agfa-Platten).
Richard Jahr, Dresden.
Kranseder & Co., München (Kranz-Platten).
Otto Perutz, München.
Sachs & Co., Berlin.
A.-G. vorm. Dr. C. Schleußner, Frankfurt a. M.
Unger & Hoff mann, Dresden (Apollo-Platten).
Westendorp & Wehner, Köln a. Rh.
Es wurden zuerst sämtliche Platten mit Schleußner-Platten verglichen
und nach ihrer Empfindlichkeit, die sich durch Photographie der oben be¬
schriebenen Skala graduell bestimmen ließ, in 2 Gruppen geteilt, nachdem
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Wehner.
200
Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
zunächst von Neuem festgestellt war, daß keine Platte an Empfindlichkeit
und Deckkraft die Schleußnerschen Platten erreichte.
Aus dem Unterschied zwischen Schleußner-Platten und den übrigen
konnte man sofort beim Vergleich sagen, welche der Platten von Schleußner
sei. Dann wurden die empfindlicheren Platten mit größerer Deckkraft von
den anderen gesondert und folgende Einteilung getroffen:
1. Gruppe.
Kranseder, Apollo, Agfa, Sachs.
2. Gruppe.
Wehn er, Perutz, Jahr.
D. h. die Kranseder-Platten kamen bei dieser Versuchsreihe den
Schleußner-Platten an Empfindlichkeit und Deckkraft am nächsten, Jahr
war dabei am weitesten von der Schleußner-Platte entfernt.*) Zum Ver¬
gleich sind einige Platten reproduziert, und zwar zeigt Fig. II Schleußner
und Kranseder, Fig. III Schleußner und Wehner, Fig. IV Schleußner und
Jahr. Fig. V, VI und VII zeigen noch mit den soeben aufgeführten Ver¬
gleichsplatten hergestellte Handaufnahmen. Auch hier sieht man, daß in
allen Fällen die Schleußner-Platte ein besseres und kontrastreicheres
Bild gibt, als eine der anderen Platten. Die Reproduktionen geben die Unter¬
schiede allerdings kaum wahrnehmbar wieder.
Zur weiteren genauen Feststellung der Reihenfolge in den einzelnen
Gruppen wurden die Platten derselben untereinander nach derselben Methode
verglichen. Es wurde folgende Reihenfolge erhalten:
Kranseder, Apollo, Agfa, Sachs, Wehner, Perutz, Jahr.
Wie Fig. IV zeigt, gab die Platte von Jahr mit Glycinentwickler
auf unbelichteten Stellen starke Schleier. (Die Platten sind sehr silberhaltig).
Es wurde deshalb ein Versuch mit dem von der Firma Jahr für ihre Platten
vorgeschriebenen Entwickler gemacht, dessen Zusammensetzung folgende
war: Konzentrierte Pyrolösung: 100gr Wasser, 10 gr Pyrogallol, 2,5 gr Kaliurn-
metabisulfat. Es wurde 150 ccm Pyrolösung mit einem Liter Wasser ge¬
mischt und diese Lösung mit gleichen Teilen folgender Lösung gemischt:
100 gr Wasser, 8 gr kohlensaures Natrium. Dazu wurde noch auf 100 ccm
fertige Entwicklerlösung 3 Tropfen Bromkali (1: 10) gegeben. Das Resultat
war, daß die Jahr-Platte nicht schieierte und bedeutend besser war, als die
mit Glycin entwickelte. Eine mit demselben Pyrogallol entwickelte Schleußner-
Platte war etwas schlechter, als die Jahr-Platte, wobei allerdings bemerkt
werden muß, daß die Schleußner-Platte nicht durchentwickelt war. —
Es wurde nun ein 2. Versuch folgendermaßen angestellt:
Je 4 Platten wurden zu gleicher Zeit unter einer quadratischen Skala
aus verschieden dicken Stanniolblättchen (0,01, 0,02, 0,04, 0,08, 0,16, 0,32 mm
dick) mit einer mittelweichen Röhre in einem Abstande von 40 cm eine
Minute lang belichtet. Die übrigen 4 Platten wurden sofort danach mit der¬
selben Röhre und derselben Stromstärke ebensolange belichtet, sodaß also
*) In neuerlichen Versuchen hat. sich dieses Verhältnis sehr zu gunsten der Jahr-
Platte geändert (Anm- d. Red.),
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Tagesgpschicht.p, Zeit- und Streitfragen.
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Kranz.
Fig. 2.
Schleußner.
Fig. 2.
Schleußner.
Fig. 3.
W ebner.
Fig.
Schleußner.
Fig. 4.
Jahr.
Fig. 4
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Tngesgoschichte, Zeit- und Streitfragen.
202
die den Platten zugeführte Intensität der Strahlen in beiden Fällen gleich
war. Die Platten wurden zusammen in demselben Bade 15 Minuten lang ent¬
wickelt. Der Entwickler war etwas konzentrierter und enthielt statt des Brom¬
kalis Ätznatron (30 ccm konz. Glycinentwickler, 500 ccm Wasser, 15 Tropfen
Ätznatron 1 : 10). Im Fixierbad lagen die Platten 8 Minuten. Sie wurden
dann wiederum im Lichtschaukasten verglichen; es ergab sich folgende
Reihenfolge:
1. Schleußner, 2. Apollo. 3. Sachs, 4. Agfa, 5. Wehner, 6. Jahr, 7. Perutz,
8. Kranseder.
Das sicherste Ergebnis war von Versuch III zu erwarten. Belichtung
und Röhrenhärte waren dieselben wie im vorigen Versuche. Die Platten
wurden dann eine Stunde lang mit Hauffschem Glycinstandentwickler behandelt,
der im Verhältnis von 1:30 verdünnt war. (Die Zusammensetzung des kon¬
zentrierten Hauffstandentwicklers ist Fabrikgeheimnis). Das Fixieren dauerte
10 Minuten. Es wurde durch Vergleich im Lichtschaukasten nachstehende
Reihenfolge erhalten:
1. Schleußner, 2. Apollo, 3. Kranseder, 4. Perutz, 5. Wehner, 6. Jahr,
7. Agfa, 8. Sachs.
Folgende Tabelle gibt über die Preise der Platten Aufschluß. Es
kostet 1 Dutzend Röntgenplatten 13:18:
Perutz .Mk. 3.50
Agfa .„ 3.50
Schleußner .„ 3.84
Kranseder .„ 3,85
Sachs .. 3.85
Wehner. •.„ 3.85
Unger & Hoffmann (Apollo) „ 4.—
Jahr . „ 4.25
(Bemerkt sei noch, daß sich die oben angeführten Firmen mit der
Verwendung des Glyzinentwicklers zur Entwicklung ihrer Platten einver¬
standen erklärt hatten.)
Der Wert der oben dargestellten Versuche ist naturgemäß in Hin¬
sicht auf die Beurteilung der Platten ein begrenzter. Zweck dieser Arbeit
ist wesentlich, zu weiteren Vergleichsversuchen Anregung zu geben. Wesent¬
lich ist, daß die Versuchsbedingungen für die verglichenen Platten voll¬
kommen gleich seien. Keineswegs aber soll durch die obigen Versuche ein
entgültiges Urteil über die eine oder andere Plattensorte gefällt werden.
Dazu ist das ganze Gebiet viel zu sehr im Flusse. Zur Zeit halten wir die
Schleußnersche doppelt gegossene Röntgenplatte noch für die vollkommenste.
Aus (1er Versuchsabteilung des Elektrotechnischen Laboratoriums Aschati'enburg.
Vorstand Ingenieur Friedrich Dessauer.
Vergleich von Röntgen-Scliutzstoffen.
Von Georg Gehlhoff.
Als die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Therapie zunahm und
sich die Notwendigkeit des Schutzes gesunder Partien herausstellte, suchte
man nach geeigneten Schutzmitteln. Als solches benutzte man zunächst
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203
Tagesgpschichte, Zeit- und Streitfragen.
Bleiplatten; diese verursachen aber auf bloßem Körper ein unangenehmes
Gefühl und sind insofern gefährlich, als sie Infektion und Bleivergiftung be¬
günstigen und die Entladungen leicht hinüber schlagen. Deswegen wurde
von Dr. Holzknecht der erste Schutzstoff mit gummiartigem Überzug ange¬
geben, ihm folgte die Alsbergsche Masse, der Schutzstoff von Dr. Traun und
in neuester Zeit der von Dr. Levy und Müller. Man wendet dieselben an,
um bei Bestrahlung gesunde Stellen des Patienten zu decken, den Arzt und
Techniker zu schützen und durch Abblendung die sekundäre Strahlenbildung
zu beeinträchtigen. Es handelt sich meist um Massen, die Röntgenstrahlen
stark absorbieren, z. B. mit Guttapercha belegte Bleibleche, mit Mennige und
anderen Bleisalzen imprägnierte Stoffe u. s. w. Ich habe nun versucht, die
schützende Wirkung der einzelnen oben angeführten Schutzstoffe einwand¬
frei zu prüfen.
Fig. I. Fig. II.
IFig.'ni.
Die Versuchsanordnung war folgende: Die Schutzstoffe wurden in
gleicher Größe nebeneinander auf eine lichtdicht eingewickelte Schleußner-
Platte gelegt; über sämtliche lief noch ein 2 nun dicker Bleistreifen. Fig. I
veranschaulicht die Wirkung der Stoffe bei weicher Röhre; der Abstand
von Platte bis Antikathode betrug 40 cm, die Belichtungsdauer war 1 Minute
15 Sekunden.
Die mit H (Holzknecht), T (Traun), M (Müller), L (Levy) und A
(Alsberg) bezeichneten Schutzmassen absorbieren bei dieser Röhre alle
Strahlen.
Fig II zeigt eine Platte, die mit einer mittelharten Röhre (Abstand
40 cm) 8 Minuten lang belichtet wurde. A ist gar nicht von H und T in
der Wirkung verschieden. Weniger gut absorbiert L, eine noch geringere
Wirkung zeigt M.
Fig. III endlich zeigt die Wirkung der Schutzmassen, wenn die Platte
10 Minuten lang mit einer harten Röhre kräftig belichtet wurde. Sämtliche
Schutzmassen haben Strahlen durchgelassen, A wenig mehr als H und T;
geringe Wirkung zeigen L und besonders M. Man beachte namentlich die
Striche bei L und die schwarzen Punkte bei M, welche einerseil s auf Ge-
websfasern andererseits auf Löcher und weniger dichte Stellen deuten, und
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204
Tagesgesehichte, Zeit,- und Streitfragen.
vergleiche auch die Wirkung des 2 mm dicken Bleistoffes gegenüber der
Wirkung der Schutzmassen.
Es sei noch folgende Tabelle zum weiteren Vergleiche angeführt:
Picke
Gewicht
Plattengröße
3x7,5 cm
Pi eis
pro 1 qm
Absorptions¬
fähigkeit
Traun . .
. . . 1,45 mm
16 gr
10.- Mk.
gut
Holzknecht
. . . 1,45 „
16 „
25.— „
V
Alsberg*) .
. . . 5,1
25,5 „
55.60 „
V
Levy . .
. . - 5,1 „
17,0 „
30.- „
minder
Müller . .
, . . 1,45 „
10 „
33.33 „
V
Eine
weitere Kritik
obiger Figuren
Angaben und
Resultate er-
tibrigt sich.
Bei größerer Reproduktion würden die Fig., namentl. 3, mehr De¬
tails zeigen.
Wie soll der Arzt seine Röntgen-Negative
aufbewahren?
Wenn der Röntgenologe eine Platte
entwickelt, fixiert und gewassert hat, so stellt
er sie zum Trocknen auf seinen Plattenhock.
Allmählich sammelt sich hier ein stattliches
Material an, das den verfügbaren Teil des
Gestelles füllt,, und nun kommt die Frage:
Wohin mit, den Platten? und: Wie bewahrt,
man die Negative am zweckmäßigsten auf?
Auch hier soll in erster Linie Ordnung herr¬
schen, und die Art der Aufbewahrung so ge¬
wählt werden, daß die Platten keinen Be¬
schädigungen ausgesetzt sind und sich jeder¬
zeit leicht wieder auffinden lassen.
Schöne Negative, besonders solche zu
Demonstrationszwecken, werden mit Deck¬
gläsern versehen. Eine der Plattengröße ent¬
sprechende, gereinigte Glasscheibe wird auf
die Schichtseite des Negatives, dessen Rück¬
seite von allen anhaftenden Unreinigkeiten
befreit wurde, aufgelegt, und über die Ränder
beider Platten ein gummierter 2—4 cm breiter
Papierstreifen gleichmäßig aufgeklebt, indem
er allen 4 Seiten entlang geführt wird;
hierzu kann die schwarze Plattenpackung
Verwendung finden. Ein kleiner Zettel oder
die später noch zu erwähnende Etiquette wird,
mit den entsprechenden Angaben beschrieben,
aufgeklebt.
Die Berufsphotographen bewahren Tau¬
sende und Abertausende von Platten auf.
Meißt werden dieselben lackiert, je zwischen
2 Platten ein Papierstück eingefiigt, und jene
reihenweise aufbewahrt. Das Lackieren darf
nur mit besonders präpariertem, säurefreiem,
sogenanntem Negativlack ausgeführt werden.
Durch diese Behandlung ist aber die Platte
vor Zerkratzungen etc. nicht geschützt. Am
einfachsten sind die sogenannten Negativ¬
taschen, eine Art Kouverts aus zähem, hell-
durchsichtigem Papier hergestellt, in welche
die Negative hineingeschoben werden. Die
nötigen Daten (Name, Objekt, Exposition etc.)
pflegen nun gewöhnlich mit Bleistift oder
Tinte auf die Tasche aufgeschrieben zu
werden; aber eine solche Aufschrift läßt
sich nicht gut lesen. Darum sind nach
meinen Angaben besonders bedruckte Eti-
quetten bergest,eilt, worden,**) auf welchen
der Röntgenologe nur die einzelnen Ru¬
briken auszufüllen hat. Diese Zettel werden
auf die. Taschen aufgeklebt. Dadurch, daß
sie alle gleichartig bedruckt sind, gewöhnt
sich der Arzt an einen bestimmten Gang
seiner Arbeit. Ich beschreibe die Etiquette,
soweit möglich, vor der Aufnahme, klebe sie
auf eine Negativtasche auf und lege in diese
hinein das Negativ nach seiner Fertigstellung?
die leeren Rubriken der Etiquette werden
*) Alsbergsohe Schutzmasse wird nur in Kartons zu ß Platten 13x18 verkauft.
**) Bezugsquelle: Elektrotechnisches Laboratorium Aschaft'enburg,
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Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
205
noch ausgefüllt. Damit die Platten nicht mit
einander verwechselt werden können, wird
vor der Entwicklung im Dunkelziminer jede
Platte an einem schmalen Hand von der
Papieminhüllung befreit und mit gut ge¬
spitztem Bleistift auf der Schichtseite mit den
nötigen Bemerkungen beschrieben. (Datum,
Name, Objekt, Expositionsdauer etc.). Die
Negative werden alsdann, mit etiquettier-
ten Taschen versehen, in sogenannten Platten¬
archiven aufbewahrt. Es empfiehlt sich, um
das Archiv vor nutzlosem Ballast zu säubern,
periodisch das Plattenmaterial durchzugeben,
wertlose Platten, unscharfe Duplikate etc.
auszuschließen. Die ausrangierten Platten
werden entweder im Wasser längere Zeit
mazeriert und hernach die inzwischen weich
gewordene Schicht abgebürstet oder in Salz¬
säure gelegt, worin die schwarze Emulsions¬
schicht nach kurzer Zeit abfiießt.; Nach¬
waschen in fließendem Wasser und Trocknen.
Solche Glasplatten können als Deckgläser
Verwendung finden.
Die in den Taschen verwahrten und
mit Aufschrift, versehenen Negative werden
nun, nach gleichen Gesichtspunkten geordnet,
in leeren Plattenschachteln aufbewahrt. Die
Gesichtspunkte der Einteilung können ab¬
zielen entweder auf einzelne Körperreviere
(topographisch) oder die Art der Afl'ektion,
die auf der Platte abgebildet ist. Tm ersteren
Falle kommen alle Krankheiten und Ver¬
letzungen z. B. der rechten Hand oder des
rechten Vorderarmes oder des rechten Ober¬
armes, also je einer Gegend für sich, in be¬
sondere Schachteln, lind die einzelnen Platten
werden mit besonderen, fortlaufenden Nummern
versehen und zwar derart, daß z. B. für rechts¬
seitige Handaufnahmen die Nummer 1 —100,
Vorderarm 101 200 oder entsprechend ge¬
wählt werden. Dieselben Nummern, mit denen
die einzelnen Platten bezeichnet sind, werden
auch außen auf deu sie enthaltenden Aufbe¬
wahrungs-Schachteln aufgeschrieben. Aus dem
Journal, in welchem der gesamte Plattenbe¬
stand ebenfalls aufgezeichnet ist, findet, man
bei dieser Anordnung jede gewünschte Platte
leicht heraus. Die Plattenschachteln werden
entweder flach aufeinander gelegt oder neben¬
einander aufgestellt.
Das andere Einteilungsprinzip, auf dia¬
gnostischer Grundlage, wurde derart durch¬
geführt, daß z. B. alle Frakturen, Luxationen,
Tuberkulosen (Knochen) etc. zusammengestellt
wurden, ohne Rücksicht auf die Örtlichkeit
der Affektion. Bei großem Plattenmaterial
eignet sich diese Methode kaum.
Ernst Sommer-Winterthur (Schweiz).
Ober Röntgenröhren, System Bauer.
Ingenieur Heinz Bauer-Berlin be¬
richtete beim Berliner Röntgenkongreß über
den konstruktiven Ausbau von Röntgenröhren
und wies verschiedene eigene Modelle vor,
die sieli infolge ihrer Neuheit nach verschie¬
denen Richtungen Hin vorteilhaft präsentierten.
Oft schon nach kurzer Inanspruchnahme wird
eine Röntgenröhre infolge der Gasabsorption
hart und infolgedessen für den gewöhnlichen
Gebrauch untauglich. Die Techniker führten
die sog. Regenerierung ein, welche, aus
einem in der Röhre aufgespeicherten Gas¬
vorrat, ein minimales Quantum in das Vacuuui
abgeben kann. Die Röhre wird wieder weich.
Dieser gleiche Vorgang der Luftabsorption
vollzieht sich beim Betrieb immer wieder von
neuem; durch Anwendung der Regenerier¬
vorrichtung ist die Röhre wieder für einige
Zeit gebrauchsfähig, ihr definitives Ende
aber, der totale Verbrauch, wird nur hinaus¬
geschoben, nicht aufgehalten. Das Hart¬
werden hat seine Ursache hauptsächlich in
der Zerstäubung des Platinspiegels der
Antikathode. Glühende Partikelchen desselben
dringen in den an und für sich schon mini¬
malen Luftraum und binden einen Teil des
Gasinlialtes. Man könnte an den Ersatz
dieses Platinbleches über der Antikathode
durch ein anderes Metall denken. Als nicht
zerstäubende Metalle kämen nur Alu¬
minium und Magnesium in Betracht,
aber keines von beiden wäre imstande, die
hohen Temperaturgrade im Krümmungsmittel-
punkt der Kathode auszuhalten. In der
gewöhnlichen Anordnung ist die Antikathode,
der Röntgenröhre zur Anode gemacht, und
diese anodische Verbindung ist die unmittel¬
bare Quelle der Zerstäubung. Die
Antikathode in der jetzigen Form kann aus
dem eigentlichen Entladungsvorgang weg¬
gelassen werden; sie kann frei endigen,
ohne daß deswegen die Entstehung der
Röntgenstrahlen unmöglich gemacht würde.
Aber in diesem Fall würden die Kathoden¬
strahlen die Antikathode negativ laden, es
käme zu einem Wandern des Brenn¬
punktes und daraus resultierender U n -
schärfe des Bild e s. Eine solche Röhre
wäre für therapeutische Bestrahlungen ganz
wohl zu verwenden, für Aufnahmen und Durch¬
leuchtungen hingegen völlig unbrauchbar.
Heinz Bauer verwendet nun, um zu ver¬
meiden. daß die Antikathode zur Anode
wird, eine Drosselspule (umwickelter
Eisenkern) als Verbindung zwischen Anode
und Antikathode. Die Entladung bleibt als¬
dann auf die Anode und Kathode beschränkt.
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Tagesgoschiclite, Zeit- und Streitfragen.
206
und trotzdem ist der statischen Ladung der
Antikathode Gelegenheit zum Ausgleich ge¬
geben. Außer dieser Drosselspule besitzt
die sog. Normalröhre-Bauer eine kegel¬
förmige Anode, und ihr Antikathoden-
spiegel ist in eine massive Kupferhinter-
1 e g u n g eingelassen; die neuen K u g e 1-
kontakte erleichtern das Einschalten der
Röhre, und die eigenartige Regenerierung
funktioniert prompt und hält lange vor.
Die W ä r in e e n t w i c k 1 u n g im Kriim-
mungsmittelpunkt der Antikathode wurde u. a.
durch Wasserkühlung zu beseitigen ver¬
sucht: Wasserkühlröhren. Ihnen haften ver¬
schiedene Nachteile an: sie sind nur in
einer Stellung zu gebrauchen;*) während des
Kochens des Kühlwassers schwankt der
Brennpunkt; die Gefahr des Verbrühens
durch ausfließendes kochendes Wasser bei
langem Betrieb der Röhre oder die Mög¬
lichkeit des Platzens der Röhre ist nicht von
der Hand zu weisen. Heinz Bauer über¬
läßt die Kühlung der Luft. Die Platinanti¬
kathode dieser Röhrenart ist mit einem mas¬
siven, rippenförmigen (geblätterten) Kupfer¬
klotz hinterlegt; dessen röhrenförmiges Ende
ist ausgebohrt und sitzt auf einem durch die
Außenatmosphäre gekühlten Glasrohr. Eine
solche. Röhre soll jeder Beanspruchung und
Betriebsdauer, wie die Praxis sie erfordert,
ohne Schaden zu nehmen, gewachsen sein
(Röntgenröhre mit geblätterter Antikathode,
Luftkühlung und Kugelkontakten). Die Re¬
generierung ist dieselbe wie hei der Normal¬
röhre-Bauer.
Ich besitze seit einiger Zeit ein Exem¬
plar der Bauerschen Normalröhre, das ich
wegen seiner guten Eigenschaften (neben der
Dessauer’sehen Idealröhre) ausschließlich zu
röntgenographisclien Arbeiten verwende, und
das sich bis ietzt gut bewährt hat. Die Röhre
besitzt scharfe Teilung, gibt ruhiges Licht
bei ziemlich langer konstant bleibender Strah¬
lungsintensität, liefert scharfe Bilder, und ihre
Lebensdauer scheint bei sachgemäßer Behand¬
lung eine lange zu sein; die Regenerierung ist
gut. Diese Normalröhre eignet sich aber nur für
mäßige Beanspruchung und kurze Belastung;
für starke Inanspruchnahme (z. B. Therapie)
dient zweckmäßiger das andere Modell mit
geblätterter Antikathode und Luftkühlung.
Ernst Sommer-Winterthur (Schweiz).
*) Diesem Übelstand ist bei der neuen Wasserkühlröhre von C. H. F. Müller ab¬
geholfen. (Anmerk, der Red.)
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"Fortschritte der Technik.
207
Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und
mediz. Technik.
Fortschritte und Neuheiten der physikalischen, chemischen und
pharmazeutischen Industrie in ihrer Bedeutung und Anwendung für
das Gesamtgebiet der praktischen Medizin.
Fortschritte der Technik.
Dr. Franz Peters und I)r. A. E. Lange.
Der Einfluß des Elektrolyten auf die Wirksamkeit der Aluminium-
Drosselzelle.
Elektrotechnische Zeitschrift 1 !)05. Heft 32.
Während die Aluminium-Drosselzelle vom technischen Gesichtspunkte
aus weitgehende Bearbeitung erfahren hat, fehlten bis jetzt fast gänzlich
genaue systematische Untersuchungen über den Einfluß des Elektrolyten auf
die Drosselwirkung der Aluminiuraanode, auf dessen Wichtigkeit zuerst
William Roy Mott hingewiesen hat. Die Verfasser haben es unternommen,
den Einfluß verschiedener Elektrolyten auf die Drosselwirkung der Aluminium¬
zelle genau zu untersuchen.
Zunächst stellten sie fest, daß die Drosselwirkung der Säuren bezw.
ihrer Salze wesentlich beeinflußt werden durch die Basizität der Säuren.
So zeigten die Salze der dreibasischen Phosphorsäure eine bei weitem bessere
Drosselwirkung als die der zweibasischen Schwefelsäure. Bezeichnet man mit
„kritischer Spannung“ diejenige, bei der die Stromstärke nicht mehr unter
den im Schließungsaugenblick herrschenden Wert heruntergeht (dieser
Punkt läßt sich sehr gut beobachten), so mag folgende Tabelle das soeben
Gesagte erläutern:
Elektrolyt Kritische Spannung Temperatur der Anode
Volt Örad
Phosphorsäure. 146 40
Trikaliumphosphat. 147 30
Dikaliumphosphat. 150 24
Monokaliumphosphat. 150 27
Natrium-Ammoniumphosphat . . 149 26
Dinatriumphosphat. 124 22
Natriumpyrophosphat (Salz einer
vierbasischen Säure. 122 32
An dieser Stelle sei erwähnt, daß schon Roy Mott angeführt hat, daß
die Salze der zweibasischen Kohlensäure sich besser verhalten, als die der
ebenfalls zweibasischen Schwefelsäure.
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Fortschritte der Technik.
Von obiger Regel kommen noch Ausnahmen vor. So verhalten sich
manche Salze der einbasischen Essigsäure und einige zweibasische orga¬
nische Säuren besser als die der zweibasischen Schwefelsäure. Bei gleicher
Basizität scheinen die Salze der organischen Säuren diejenigen der anorgani¬
schen an Drosselwirkung bedeutend zu übertreffen.
Von grossem Einflüsse auf die Bildung der isolierenden Schicht auf
der Aluminiumanode ist auch das Kathion. Eine sehr günstige Wirkung er¬
geben die Acetate (essigsauren Salze) von:
Kritische Spannung Temperatur der Anode
Volt Grad
Silber. 122 72
Calcium. 120 80
Kalium.115 65
Ammonium .... 113 38
Strontium.110 72
Zink. 105 64
Eine weniger gute Wirkung zeigten:
Aluminium. 65 50
Natrium. 40 22
Kobalt. 34 23
Kadmium. 29 75
Eine schlechte oder gar keine Wirkung zeigten:
Kupfer.19 30
Blei.17 18
Lithium.12 21
Barium.12 18
Nickel.10 19
Magnesium .... 8 19
Mangan. 5 18
Uran. 0 19
Man sieht hieraus, daß Kathionen, die chemisch einander näher stehen,
nicht immer ähnliche Wirkungen hervorbringen. Diese verschiedene Ab¬
hängigkeit der Wirkung des Elektrolyten von dem in ihm enthaltenen Kathion
zeigen auch die folgenden Tabellen
Elektrolyt
Kritische Spannung
Temperatur der Anode
Volt
Grad
Benzoesaures Calcium . .
. 126
19,5
Barium . .
. . 8—10
14
Salicylsaures Calcium . .
. . 121
20
>>
Barium . .
. . 65,5
42
Gallussaures
Calcium . .
. . 145
23
V
Barium . .
. . 0
18
Bernsteinsaures Ammonium
. . 121
56
Calcium .
. . 145
40
Barium
. . 0
19
Apfelsaures Ammonium
. . 128
61
Calcium . . .
. . 128
44
Barium . . .
. . 0
20
Weinsaures
Ammonium
. . 126
40
Calcium . . .
. . 126
40
Barium . . .
. . 0
14
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20Ö
Fortschritte der Technik.
Besonders auffällig ist, daß Barium im Gegensatz zu Calcium eine
sehr geringe oder gar keine Wirkung zeigt.
Verfasser haben dann weiter den Einfluß, den der Eintritt eines
Halogens, einer Amido- und einer Oxygruppe in das Säureradikal verursacht,
untersucht. Es seien hier die gut wirkenden Elekrolyte aufgezählt:
Elektrolyt Kritische Spannung
Volt
Temperatur der Anode
Grad
Essigsäure.
43
20
Ammonsalz der Essigsäure . . .
113
38
Dioxybernsteinsäure (Weinsäure) .
128
39
Ammonsalz der Bernsteinsäure . .
121
56
Apfelsäure.
128
61
W einsäure.
126
40
Calciumsalz der Bernsteinsäure
145
40
Apfelsäure.
128
44
Weinsäure .
126
40
Schließlich haben die Verfasser dann gefunden, daß die kritische
Spannung eines Gemisches von Elektrolyten abhängig ist von dem Mengen¬
verhältnis der einzelnen Elektrolyten und erst bei verhältnismäßig größeren
Mengen des schlecht wirkenden auf dessen niedrigen Wert kommen kann.
Bei Verwendung einer ‘/io Normal. Strontiumacetat- und */io Normal. Barium¬
acetatlösung erhielten die Verfasser folgende Werte:
Elektrolyt Kritische Spannung Temperatur der Anode
Volt Grad
Strontium: Barium
1 : '/*o. 65 40
1: V‘0 . 40 29
1 : V«. 24 25
1 : 7*. 15 24,5
Die Verfasser behalten sich eine Weitererforschung des Einflusses
des Elektrolyten auf die Wirkung der Drosselzelle vor.
Die systematischen Untersuchungen sind freudig zu begrüßen.
Der Eisen-Nickelakkuniulator nach System Edison.
Von M. U. Schoop. (Elektrotechnische Zeitschrift. 1905. Heft 33).
Seit dem Jahre 1900 sind viele Veröffentlichungen über den Edison-
Akkumulator mit Elektroden aus Eisen und Nickel in Ätzkalilauge er¬
schienen. Da man längst das Bedürfnis nach einem leistungsfähigeren, trans¬
portableren Akkumulator, als es der Bleiakkumulator ist, empfand, so brachte
man diesen Mitteilungen lebhaftes Interesse entgegen.
Nach vielen Versuchen mit den verschiedensten Metallen hatte
Edison einen Akkumulator aus Nickeloxyd und Eisenoxyd konstruiert. Es
handelt sich bei der Wirkungsweise dieses Akkumulators nicht wie bei den
Bleiakkumulatoren um eine Sulfatbildung, sondern der stromliefernde Vor¬
gang besteht in einem Sauerstofftransport von der einen zu der anderen
Elektrode.
Archiv, f. Physik. Medizin etc. 14
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Fortschritte der Technik.
210
Die für den Edison-Akkumulator charakteristischen Daten sind:
Höhe 310, Breite 65, Länge 127 mm,
Gewicht mit Elektrolyt 5,45 kg,
Gewicht ohne Elektrolyt 4,5 kg,
6 Nickel- und 12 Eisenelektroden (235X120 mm),
Gewicht einer Nickelelektrode 160 gr,
Gewicht einer Eisenelektrode 164 gr.
Das Gefäß.
Das Gefäß besteht aus 0,4 mm dünnem Stahlblech, das innen und
außen vernickelt ist und zur Erhöhung der mechanischen Widerstandsfähig¬
keit eingepreßte wagerechte Wellungen besitzt. Die Kanten werden elek¬
trisch zusammengeschweißt; das ganze Gefäß ist zur Verhinderung der
Wärmeabgabe mit Lack überzogen, denn der Edison-Akkumulator hat mit
dem Bleiakkumulator die Eigentümlichkeit gemein, bei erwärmtem Elektrolyt
eine erhöhte Kapazität zu besitzen.
Da beim Ladungsvorgang eine starke Gasentwicklung unvermeidlich
ist, so wird das Herausspritzen der Lauge dadurch verhindert, daß der Deckel
mit einem Gasventil versehen ist. Außerdem besitzt der Deckel eine Muffe
aus Kautschuk zum Nachfüllen der Flüssigkeit.
Der Stahlblechkasten ist hinsichtlich Gewicht und Dauerhaftigkeit dem
besten Hartgummi-Fabrikat sehr überlegen und bei Massenfabrikation in der
Herstellung billiger.
Elektroden.
Die Eisenelektroden unterscheiden sich nach einer gewissen Betriebs¬
dauer von den Nickelelektroden, die ihr anfängliches blankes Aussehen bei¬
behalten, durch einen bräunlichen Anlauf. Zur Aufnahme der wirksamen
Massen dienen kleine taschenförmige Behälter aus dünnem vernickeltem Blei¬
blech, die in ein Gitter eingesetzt sind, das ebenfalls aus vernickeltem Stahl¬
blech besteht. Die aus dünnem Band aus Federstahl hergestellten, in Plätt¬
chen geschnittenen und zu Näpfchen geformten Seitenwände werden, nach¬
dem sie mit den gefüllten Taschen beschickt sind, durch hydraulischen Druck
zusammengepreßt und die Taschenränder über die Kanten der Gitteröffnung
gekrampt. Nach dem Pressen unter glatten Flächen werden die Gitter noch
geriffelt und gewellt, sowohl zur Vergrößerung der Oberfläche sowie des
Kontaktes der Masse mit dem Trägerblech, als auch zur Versteifung der
Taschenwände.
Die positive Elektrode besteht aus Nickeloxydhydrat, welches aus
Nickelnitrat gefällt wird und ausgezeichnete Leitfähigkeit besitzt. Neuerdings ist
es Edison gelungen, die Kapazität der Nickelmasse durch Zusatz von Wismut¬
hydroxyd um 20°/o zu erhöhen, was deshalb von Wichtigkeit ist, weil bei
gleichem Volumen und Gewicht das fein verteilte, mit Wasserstoff reduzierte
Eisen etwa doppelt so große Kapazität besitzt, wie das Nickeloxydhydrat.
Für die Herstellung von elektrolytisch hoch aktivem Eisen bringt
Edison folgendes Verfahren in Anwendung: Über reines getrocknetes Eisen¬
oxyd in einer geschlossenen Kammer wird bei 260 Grad einige Stunden lang
Wasserstoff geleitet. Zur Verhinderung der Rückoxydation des sauerstoffarmen
Gemenges von Eisenoxydul wird in die abgekühlte Retorte Wasser gespritzt.
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Fortschritte der Technik.
211
Bei den früheren Typen wurde zur Verbesserung der Leitfähigkeit
der Massen und zur Vergrößerung der Porosität Graphit verwandt, dies aber
in letzter Zeit durch Queoksilber ersetzt.
Das Gewicht eines vollständigen Eisenbriketts ist 7,053 gr, dasjenige
der Eiseninasse allein 5,14 gr, das der Trägertaschen 1,91 gr. Die Masse ent¬
hält etwa 20% Quecksilber. Das Gewicht der gesamten wirksamen Masse
einer Eisenelektrode mit 24 Briketts beträgt 89 gr. Die Platten werden
durch viereckige Hartgummistäbe voneinander isoliert, die Elektroden stehen
auf parallelen oben eingeschnittenen Hartgummistäben.
Elektrolyt.
Wenn auch die Schwefelsäure der Kalilauge an Leitfähigkeit wesent¬
lich überlegen ist, so wird dieser Nachteil dadurch ausgeglichen, daß man
im Edison-Akkumulator die Elektroden sehr nahe (1,5 mm) zusammenbringen
kann. Die Konzentration beträgt aus praktischen Gründen 20%. Besonderes
Gewicht ist auf große Reinheit des Elektrolyten zu legen. Der Deckel schließt
hermetisch, sodaß die Flüssigkeit niemals mit der atmosphärischen Luft in
Berührung kommt, da sonst durch Absorption der Luftkohlensäure sich Kar¬
bonat bilden würde. Zur Nachfüllung wird nie etwas anderes als reines
Wasser benutzt (es kommt sehr auf die Reinlichkeit des Elektrolyten an).
Die Dichtigkeit des Elektrolyten geht nach Versuchen des Verfassers selbst
bei Ladungen mit 80 und 100 Ampere sehr wenig zurück.
Versuche.
Die Spannung des Edison-Akkumulators steigt hei der Ladung von
1,5 Volt auf 1,72 Volt, sinkt dann langsam auf 1,7 Volt und erreicht bei an¬
haltender Überladung 1,86 Volt. Wird der Ladestromkreis geöffnet, so nimmt
die Spannung nach einigen Stunden einen konstanten Wert von 1,5 Volt an.
Bei Beginn der Entladung mit 40 Ampere fällt die Spannung rasch
von 1,5 Volt auf 1,3 Volt, sinkt dann langsam auf 1,15 Volt und fällt nach
Entnahme von 135 Ampörestunden plötzlich auf 0,65 Volt. Der Unterschied
dieses Akkumulators gegen den Bleiakkumulator besteht darin, daß hei
ersterem die Entladung noch einige Zeit weiter geführt werden kann, wobei
sich die Spannung auf 0,65 Volt bis 0,75 Volt hält. Diese charakteristische
„Restentladung“ beträgt etwa den 10. Teil der gesamten Entladung.
Ein weiterer Unterschied des Edison-Akkumulators vom Bleiakkumu¬
lator besteht darin, daß bei ersterem der Einfluß der Entladedauer auf die
Kapazität nicht vorhanden ist. Über die hei starken Überladungen er¬
haltenen Kapazitäten gibt nachfolgende Tabelle Aufschluß.
1
Enlladestroinstärke
in Ampere
1
Ampere-Stnnden
1
Ampere-Ständen
für 1 kg
Spannung
Wattstunden für
1 kg bei 1 V als
Entladegrenze.
80
133
24,10
1,145
27,59
50
144
26,18
1,220
31,93
40
138,7
25,20
1,242
31,29
30
144
26,18
1,262
33,00
20
128,7
23,40
1,290
30,18
10
145
26,36 •
1,320
34,79
(Bleiakkumulator: Kapazität für 1 kg 5—7 Wattstunden.)
U*
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Fortschritte der Technik.
Von Einfluß auf Kapazität und Spannung ist die Temperatur des
Elektrolyten, und zwar anscheinend stärker als beiin Bleiakkumulator. Bei
diesen schwankt die Kapazitätsänderung pro Grad zwischen 1—2 1 /a°/ 0 (bei
einer Außentemperatur von —30°, Säuretemperatur von 0° betrug die Kapa¬
zitätsverminderung 40—50%).
Der innere Widerstand des Edison-Akkumulators war für das erste
Viertel der Entladungen mit 10 und 80 Ampere bei 25° Laugentem¬
peratur 0,002 Ohm, d. li. wesentlich kleiner als beim Bleiakkumulator bei
gleicher Kapazität. Der gesamte Widerstand des Akkumulators wird in erster
Linie durch die Eisenelektrode veranlaßt; während die wirksame Eisenmasse
selbst nach Amalgamierung und Graphitzusatz schlecht leitet, leitet die
Nickelhydroxydmasse ausgezeichnet.
Die Volumenänderung bei Entladung wurde zu 0,16 ccm pro Ampere¬
stunde beobachtet.
Wirkungsgrad und Nutzeffekt.
Wie wir bis jetzt gesehen haben, ist der Edison-Akkumulator
dem Bleiakkumulator in verschiedener Hinsicht überlegen; doch steht er ihm
an Wirkungsgrad und Nutzeffekt erheblich nach. Die dies betreffenden bei
einer Ladungs- und Entladungsstromstärke von 40 Ampere ermittelten Er¬
gebnisse sind folgende:
Gineingeladen
Herausgenommen
Wirkungsgrad Nutzeffekt
Ampere-Stunden
Watt-Stunden
Ampere-Stnndeni
Watt-Stunden |
in °/o
in °/o
258
425
143
177
55,5
40,0
212
375
141
175
66,6
46,7
186
323
138
171
74,0
53,0
164
315
135
167
79,1
56,0
Man sieht hieraus, daß die maximale Kapazität und Wattstunden¬
leistung nur bei kräftiger Überladung und niedrigem Nutzeffekt erhalten
werden können. Doch spricht nichts gegen die Vermutung, daß bei
geringerer Stromstärke ähnlich wie beim Bleiakkumulator ein günstigerer
Nutzeffekt zu erzielen ist (der Nutzeffekt des Bleiakkumulators beträgt
70-85%).
Bei über 50 Entladungen des Edison-Akkumulators Type E konnte
ein Kapazitätsrückgang nicht festgestellt werden. Nach 300 Entladungen
wurde eine Abnahme von nur wenigen Prozent festgestellt.
Was bei dem Studium des Edison-Akkumulators überrascht, ist dessen
Fähigkeit, jede beliebige Mißhandlung ohne nachteilige Folgen zu er¬
tragen. Man kann den Akkumulator beliebig lange entladen stehen
lassen, um polarisieren, kurzschließen, ohne daß man etwas anderes
wahrnimmt, als daß zur Erzielung der normalen Kapazität kräftigere Über¬
ladungen nötig sind, während beim Bleiakkumulator derartige Experimente
ausgeschlossen sind.
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213
Wie verhält sieh nun der E d i s o n-Akkumulator im Vergleich zum
Bleiakkumulator bei gleicher Wattstundenleistung?
Hat man zwei Batterien, die eine aus Bleizellen und die andere aus
E d i s o n-Zellen bestehend, mit gleicher Spannung und gleicher Leistung, so
entspricht der Edison-Akkumulator bei einer Leistung von 178 Wattstunden
einem Gefäßvolumen von 14,3 ccm für die Wattstunde, wogegen der Blei¬
akkumulator unter gleichen Bedingungen 16 ccm für die Wattstunde hat.
Noch ungünstiger wird der Vergleich für die Bleiakkumulatoren, wenn
man gleiche Anzahl von Zellen voraussetzt. Doch wird voraussichtlich bei
kompletten Batterien der Vorsprung der Edison-Zelle wieder dadurch auf¬
gehoben, daß man diese Zellen nicht dicht zusammenstellen kann.
Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlußbetrachtung.
Herr Schoop faßt die Resultate seiner Untersuchungen folgender¬
maßen kurz zusammen:
1. Die Kapazität ist beim Edison-Akkumulator unter normalen Tem¬
peraturverhältnissen von der Stromstärke unabhängig. Die Leistung schwankt
zwischen 31 und 35 Wattstunden auf 1 kg Zellengewicht (beim Bleiakkumulator
5—7 Wattstunden pro kg Zellengewicht). Als Grenzwert der Spannung gilt
1 Volt.
2. Eine rohe, unsachgemäße Behandlung erträgt der Akkumulator ohne
Schaden. Besonders ist der Akkumulator gegen mechanische Erschütte¬
rungen äußerst widerstandsfähig, was ihn aucli namentlich zur Verwendung
im Automobilwesen sehr geeignet macht.
3. Wirkungsgrad und Nutzeffekt sind schlechter als beim Bleiakku¬
mulator und betragen im Mittel 55—75°/ 0 . Doch ist hinzuzufügen, daß bei
sehr kurzen Ladungen und Entladungen, welche der Edison-Akkumulator
ohne jeden Nachteil erträgt, der Nutzeffekt von obigem Werte wenig
abweicht.
4. Unter Zugrundelegung gleicher Leistung ist das Volumen des
Edison-Akkumulators kleiner als das des Bleiakkumulators. Dieser Unter¬
schied wird vielleicht bei ganzen Batterien dadurch ausgeglichen, daß die
einzelnen Zellen nicht dicht zusammenstehen dürfen.
5. Die Bedienung einer Edison-Batterie beschränkt sich auf das Nach¬
füllen von reinem Wasser.
Ob der Edison-Akkumulator den an ihn geknüpften Erwartungen im
praktischen Dauerbetrieb entsprechen wird, ist eine Frage, deren Beant¬
wortung noch in der Zukunft liegt.
Durch den Edison-Akkumulator ist ein neues Prinzip nicht geschaffen.
Die Bedeutung der Edisonschen Erfindung liegt darin, daß sie zeigt, wie mit
zäher Energie auf alten, schon als gänzlich aussichtslos betrachteten Wegen
sehr beachtenswerte Erfolge zu erzielen sind. Georg (iehlhoff.
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Fortschritte <ler Technik.
Die Faszikelrohrblende nach Dr. Robinsohn
(Wien).
Damit die Wirkung des Kompres¬
sion s b 1 e n d e n v e r f a h r e n s in richtiger
Weise zielbewußt ausgenutzt werden kann,
muß die untere Apertur des Blondenrohres nach
Albers-Schönberg resp. des Kompressionsringes
nach Dessauer-jWiesuer mit der Oberfläche
der zu röntgenographierenden Körperteile in
möglichst innigen Kontakt gebracht werden
und zwar, wenn immer möglich, mit seinre
ganzen Circumferenz. Bei der Aufnahme nach¬
giebiger Weichteile, auf nahezu ebenen Flächen
oder am Schädel gelingt die Erfüllung dieser
Forderung meist ohne besondere Schwierig¬
keiten. Bei Schrägstellung der Blenden oder
über winkligen Ebenen (Tibiakante) hat das
aber seine Schwierigkeit; Bei einseitiger Be¬
rührung weicht die Kompressionsvorrichtung
gerne aus und die Fixationsmöglichkeit ist
gering. Wenn auch vielfache Verbesserungen
resp. Veränderungen an dem Apparat vor¬
genommen wurden, so ließ docli nach der
Meinung des Autors (Vortrag auf dem Ber¬
liner Röntgenkongreß; ferner: Wiener klinische
Rundschau 1905 Nr. IG) die Adaptationsfähigkeit
des Blendenrohres noch viel zu wünschen
übrig. Winkelblende (Robinsohn) undTrochos-
kop (Holzknecht und Robinsohn) erlauben
exakte Einstellung und Abblendung, die Schlit.z-
binde (Robinsohn) eine kaum zu übertreffende
Fixierung. Die ungenügende Adaptirungs-
möglichkeit, welche auf die Anwendung der
sonst so vorzüglichen Kompressionsblende in
manchen Fällen zu verzichten zwang, legte
dem Autor den Gedanken nahe, für diese be¬
sonderen Fälle noch einen Ersatz zu suchen,
und er glaubt. Ihn in seiner Faszikalrohrblende
gefunden zu haben
Um das starre Rohr der Kompressions-
Vorrichtung in guten Kontakt mit der Ober¬
fläche des aufzuneiimendeu Objektes bringen
zu können, wurde dasselbe in gesonderte, neben
einander gleitende und verschiebbare, stäbchen-
artige L ängsteile zerlegt, die durch eine
Klemmvorrichtung in jeder beliebigen
Stellung festgehalten werden können. Um
eiii radiäres Z u s a in m e n f a 11 e n des Fas¬
zikelblendenrohres zu v e r li ii t e n , wird in
das zusammengesetzte Hauptrohr ein federndes
mit einem Schlitz versehenes Innen rohr
hineingesteckt. Die einzelnen Stäbchen des
Blendenrohres lassen sich nach Lösung der
Klemmvorrichtung derartig verschieben, resp.
sie gleiten ihrer Schwere nach fast selbsttätig
in eine solche Lage, daß die unteren Enden
der Teilstücke überall der Oberfläche des
Untersuchungsobjektes aufliegen. Wird nun
die Klemmvorrichtung festgeschraubt, so
fügen sich die Teile des zerlegbaren Rohres
in der gewollten Stellung vollständig fest, zu
einem starren Rohr zusammen.
Die Anwendung der Faszikel rohr-
blendc ist einfach: nach Lösung der Klemm¬
vorrichtung zieht man das früher erwähnte
Innenrohr soviel zurück, als man das Fas¬
zikelrohr adaptieren will. Ist die Adaptie¬
rung vollzogen, so wird dir Klemmvorrichtung
wieder fcstgcschrauht.
Als wesentliche Vorteile seiner Kon¬
struktion führt, der Autor folgende an: 1. die
Möglichkeit, die untere Apertur des Blenden¬
rohres an jede Oborflächenform und in jeder
Stellung, senkrecht oder schief, anpassen und
rasch von einerStellung in eine andere, ebenso
von einer schrägen zur symetrisch-schrägen
(Stereoskop-) Aufnahme, übergehen zu können,
2. die Regulierbarkcit des Druckes der ein¬
zelnen Teilstücke des Rohres auf das Objekt.
Bezugsquelle: Si eitert - Wien und ein¬
schlägige Geschäfte.
Die Schlitzbinde nach Dr. Robinsohn (Wien).
1 >iese neue Methode der Fixie¬
rung in der röntgenologischen Tech¬
nik ist einfach, in ihrer Anwendbarkeit
vielseitig und gestattet bei guter Ruhe
des Objektes nicht, nur der gewöhnlichen
Reinlichkeit, sondern auch der oft so
nötigen Asepsis Rechnung zu tragen. (Ich
entnehme meine Angaben zum Teil meinen
eigenen stenographischen Aufzeichnungen
des vom erwähnten Autor auf dem Berliner
Röntgenkongreß über dieses Thema gehal¬
tenen Vortrages, teils seiner, in den Fort¬
schritten auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen,
Band VIII, enthaltenen Arbeit: Zur Technik
der Fixation des Objektes bei radiologischen
Aufnahmen; die Schlitzbinde).
Die 1)i h herigen FixationRmittel
waren wohl in der übergroßen Mehrzahl der
Fälle die bekannten Sandsäcke; weniger
im Gebrauch waren die Pelotten; von vor¬
züglicher Wirkung sind die verschiedenen
Modelle der Kompressionsblenden, und
verschiedene Art,en von Bindenfixation
erfreuen sich großer Beliebtheit. Elastische
Binden sind weniger zu empfehlen; sie ab¬
sorbieren zu viel Röntgenstrahlen. Unelas¬
tisch e B i n de n Anden zur Zeit in z weierlei
Form vielfache Anwendung: 1. Die photo¬
graphische Platte und das darauf gelegte
Objekt werden zusammen durch vielfache
Bimlenumwicklung fixiert und auf das Ob-
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215
Fortschritte der Technik.
jekt noch ein oder mehrere Samlsücke gelegt;
2. Objekt und Platte oder das Objekt allein
werden aut' eine feste Unterlage gebunden
(Strftter). Diese beiden Methoden Italien ihre
Vor- und Nachteile, aber das (tute muß dem
Besseren weichen. Ein Bindenzug kam bis¬
her in der vom Autor vorgnschlagenen Form
nicht zur Verwendung, wenn auch einzelne Ver¬
suche dazu gemacht wurden (Wilma, Carol).
I{ o b i n s o li n laßt, bei seiner Methode,
Fixierung mittelst sog. Schlitzbinde,
eine Binde in einer Tour um das Objekt her¬
umlegen, den rückläufigen Schenkel derselben
durch einen Längsschlitz des umfassen¬
den Schenkels hindurehtreten und d i e he i den
Enden bei entgegengesetzter Verlaufs- und
Wirkungsrichtung mit gleich schweren Ge¬
wichten belasten.
Die Vorteile dieser neuen Kobin¬
sohnsehen Schlitzbinde zeigen sielt in
überraschender Weise besonders bei schwie¬
rigen A ufnahmen: bei S c h ä d e 1 - und Beck e n -
auf nah men, bei der Röntgenographie wink¬
liger Ankylose n und K o n t r a k t u r e n, bes.
am Knie- und Ellbogengelenk, des Thorax,
der Schulter tt. s. w. Die Anwendung der
Schlitzbinde sichert gleichmäßige, ruhige, sanft
sich einschleichende Kontraktion, fast
immer ohne Schmerzen in den kranken
Partieen, nur ist darauf besonderes Gewicht
zu legen, daß die Beschwerung durch Ge¬
wichtstücke etc. an beiden Enden der Binde
gleichgroß gewählt, und daß man jene zu
gleicher Zeit sinken lasse. Es ist auch darauf
zu a c, h t e n, daß z. B. bei frischen Frakturen,
wo die Fragmente durch die Umschnürung fin¬
den Heilungsverlauf in ungünstiger Weise
disloziert werden könnten, selbstverständ¬
lich von einer direkten Umwicklung der
verletzten Teile Umgang zu nehmen ist.
Bei Kinderaufnahmen, die allgemein
von den Autoren als mit besonderen Schwie¬
rigkeiten verbunden dargestellt werden, be¬
währt sich die Schlitzbinde, die unter
Umständen in mehreren Exemplaren
angelegt werden kann, besonders gut, weil
sie absolute Fixation von beliebiger
D a u e l- gestattet.
Aber nicht die Aufnahmetechnik allein
macht das Anwendungsgebiet der neuen
Fixationsmethode aus; auch bei therapeu¬
tischen Bestrahlungen und chirur¬
gischen Eingriffen ist ihre Verwendung
t on großem Vorteil.
Über die Anwendung der Schlitz¬
binde sind folgende Angaben wichtig. Die
Länge der Binde soll die Breite des Auf¬
nahmetisches um 1 1 1 * Meter überschreiten;
für Kopf und Extremitäten genügen kürzere
Binden, für Rumpfaufnahmen sind längere
nötig. Als beste Breite hat sich eine solche
von 15 cm erwiesen; ist die Binde zu schmal,
so schneidet sie wie eine Schnur ein; event.
kann sie noch mit wenig Watte unter¬
polstert werden. Mittelst der Schlitzbinde wird
nun der aufzunehmende Teil einmal um¬
schlungen und über der Konvexität des be¬
treffenden Körperteiles der eine Schenkel der
Binde, durch einen in den anderen Teil der¬
selben eingerissenen Läugsschlitz hindurch¬
gezogen. Mit je einer Hand hält eine Person
ein Bindenende fest, befestigt daran, eventuell
vermittelst eines besonderen Hakens, beider¬
seits ein gleich schweres Gewicht von je
ca. 3—4 kg, bei Kindern entsprechend weniger,
und läßt dasselbe mit der einen Hand lang¬
sam und vorsichtig sinken, ohne daß die andere
Hand die Binde losläßt, um Erschütterungen
zu vermeiden. Beide Bindenschenkel folgen
dem Zug und spannen sich gleichmäßig an.
Aber auch eine einzelne Person ist bei
einiger Übung imstande, die Schlitzbinde kunst¬
gerecht anzulegen.
Ich habe die Schlitzbinde nach den ge¬
schilderten Vorschriften in Verwendung ge¬
zogen und bin mit ihren Leistungen recht zu¬
frieden, so daß ich ihre Anwendung den
Kollegen warm empfehlen kann; die an sich
einfache Technik lernt sich rasch.
Ernst So mm er-Winterthur (Schweiz).
Ein Dänipfungskasten für den Elektrolytunterbrecher.
Um das störende Geräusch des elektrolytischen Unterbrechers mög¬
lichst zu reduzieren, wurde vom Elektrotechnischen Laboratorium
Aschaffenburg ein sehr sinnreicher Dämpfungskasten ausgeführt, wie
die umstehende Fig. zeigt. *Er besteht aus Holz. Der Deckel ist aufklappbar,
der Hohlraum paßt genau für bequemes Einsetzen des elektrolytischen
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Fortschritte der Technik.
Unterbrechergefäßes. Der ganzen Länge nach läßt sich der Kasten, der auf
beiden Seiten mit Fenster versehen ist, durchschauen, der Unterbrechungs¬
vorgang kontrollieren.
Das Innere des Kastens ist mit Sägespänen oder dergl. schalldämpfen¬
den Materialien ausgefüllt. Schließt man den Kasten, so ist das Geräusch
des Unterbrechers kaum mehr vernehmlich.
Heißluft-Apparate nach Professor Bier.
Der wichtigste Faktor bei der Behandlung chronischer Gelenker¬
krankungen, welche mit Ergüssen, Auflagerungen, Verdickungen oder auch
Zerstörungen der das Gelenk zusammensetzenden Teile einhergehen, ist die
Wärme und zwar für hohe Wärmegrade allein in der Form der heißen Luft.
Das Verdienst, für diesen Zweig der physikalischen Therapie außer¬
ordentlich brauchbare, einfache und billige Apparte gaschaffen zu haben,
gebührt dem Bonner Chirurgen Bier.
Gegenüber der Tatsache, daß in Verbindung mit der Heißluft-Thera¬
pie meist die sehr teueren, komplizierten und wenig praktischen Tallermann-
schen Apparate genannt werden, muß man betonen, daß Bier, der mit den
Apparaten seit 1891 arbeitet, durchaus die Priorität auf diesem Gebiete gebührt.
Die Apparate, welche für jedes Gelenk, sowie für Brust und Ober¬
körper besonders konstruiert sind, bestehen aus einem Kasten von harzfreiem
Holz, der außen mit dichtem Stoff überzogen ist und an dem zur Aufnahme
des Körperteils bestimmten Ende eine Filzmanschette zur Abdichtung trägt.
Ein sog. Quinckescher Schornstein mit verstellbarer und dadurch regulierbarer
Heizvorrichtung (Gas, Spiritus) führt dem Kasten 1 die Wärme zu. Ein Ther¬
mometer ragt frei in den Kasten.
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Der Raumgehalt; der Bierschen Heißluftkästen steht wegen des
besseren Heizeffektes in einem bestimmten Verhältnis zu dem Volumen
des zu behandelnden Körperteiles. Die Apparate werden von der bekannten
Firma F. A. Eschbaum in Bonn geliefert.
„Anodynon“, schmerzstillender Wärmeapparat.
Unter diesem Namen bringt Gg. R. Bielitz, München, Schwanthaler¬
straße 171 einen Wasserdampfapparat in den Handel, der sich überall da an¬
wenden läßt, wo für längere Zeit die Applikation konstanter Wärme ange¬
zeigt erscheint. Der Apparat ist einfach in seiner Konstruktion und Bedienung
und hat sich in der Praxis wohl bewährt. Die in der dem Apparate beige¬
gebenen Broschüre aufgezählten Vorteile bestätigen sich beim Gebrauch.
Man ist in der Lage, mit einem geringen Aufwand an Spiritus für viele
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Fortschritte dev Technik.
Stunden eine Wärme von ca. 50° C auf jeden beliebigen Körperteil einwirken
zu lassen.
Die Handhabung des Wärmeapparates ist folgende: Man
füllt den Dampfkessel mit heißem Wasser, welches in kurzer Zeit durch die
ganz hoch brennende Spiritusflamme auf Thermometerstand 100° C erhitzt,
ist. Ungefähr ein Meter vom Patienten entfeint auf einem Schemel stellt
der Kessel, von welchem weg der Dampfschlauch zur Dainpfscliiissel führt.
Am Ableitungsröhrchen derselben ist der abführende Schlauch befestigt, der
zum Eimer geht. Zeigt das Thermometer 100° C, so öffnet man dem Dampfe
den Weg zur Dampfschüssel, die nach kürzester Zeit die gewünschte Tem¬
peratur aufweist. Alsdann legt man, nachdem die Spiritusflamme um die
Hälfte verkleinert worden und das Thermometer 95° C angibt, die Dampf¬
schüssel unter Vermeidung von Abknickungen der Schläuche auf den be¬
treffenden kranken Körperteil des Patienten. So bleibt sie die gewünschte
Zeit liegen, und man hat nicht nötig, irgend welche weitere Manipulationen
vorznehmen, als eventuell den Spiritus nach etwa 10 Stunden zu erneuern.
Der Dampf kühlt sich auf seinem Wege durch den Schlauch be¬
deutend ab, erfährt eine weitere Abkühlung in der dem Körper anliegenden
Form und wird mit 50° C vom Körper selbst empfunden. Die Formen sind
mit Tuch umkleidet, so daß eine Verbrennung völlig ausgeschlossen
ist. Für die einzelnen Körperteile hat man verschiedene Formen von Dampf¬
schüsseln. Durch Dazwischenlegen von Tüchern etc. zwischen Körper und Dampf-
schiissel kann man die Temperatur beliebig vermindern. Ist der Apparat
im Gange, dann funktioniert er ohne Bedienung tadellos weiter und kann er
z. B. die ganze Nacht in Betrieb bleiben ohne Störung für den Patienten
und das Wartepersonal. Auch kann der Apparat an jede Dampfheizung
angeschlossen werden.
Röntgenpapier für Radiogramme.
Die Neue „photographischeGesellschaft“ in Steglitz bringt ein .Röntgen¬
papier“ auf den Markt, das bei Herstellung der Negative, anstatt der sonst
üblichen Glasplatten verwendet werden soll. Wir haben einige Vergleichs¬
aufnahmen gegenüber Schleußner-Platten gemacht und gefunden, daß für
leichtere Aufnahmen (z. B. Hand) und gröbere Veränderungen dieses Papier
wohl genügt, aber doch viel Struktur verloren geht, sodaß es nach unseren
bisherigen Versuchen zu urteilen, nicht für den Nachweis feiner Veränderungen
oder bei schwierigen Aufnahmen in Konkurrenz treten kann.
Der neue Elektrolyt- (Wehnelt-) Unterbrecher
des Elektrotechnischen Laboratoriums Aschaffeniiurg.
Das Modell des Eleklrolytunterbrechers mit aufsteigender Gasblase,
welches von Dessauer seit einigen Jahren eingeführt worden ist, wurde neuer¬
dings erheblich verbessert.
Um die Unterbrechungsblase frei nach oben aufsteigen zu lassen, muß
die Anode in einem U-förmig gekrümmten Rohr durch die Säure geführt
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Fortschritte der Technik
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werden. Trotz sorgfältigster Isolation der Drahtseele in diesem Rohr kam
es doch hin und wieder vor, daß das Hartgummi des Einführungsrohres von
der erwärmten Säure verbogen oder allmählich erweicht und unzuverlässig
gemacht wurde. Insbesondere die Stelle, an der die Porzellanhülle über das
freie Ende der Anode geführt wird und jene andere, wo der Zusammenstoß
des U-förmigen Hartgummirohres mit dem aufsteigenden Teile erfolgte,
gab nach längerer Betriebsdauer hin und wieder zur Reparatur Veranlassung.
Fig. I.
Andererseits hat das Prinzip der aufsteigenden Gasblase, insbesondere
kombiniert mit der Unterbrechung in einem begrenzten Raume, seine großen
Vorteile. Das freie Ende der Anode mündet in eine Höhlung, in die die
Säure von beiden Seiten eindringt. In diesem begrenzten Raum spielt sich
der Unterbrechungsvorgang ab. Die Temperatur in diesem Raum ist immer
etwas erhöht, überschreitet aber nicht die Grenze des Optimums, weil die
Zii-kulation der Säure eine ganz energische ist.
Durch diese beiden Umstände, freies Aufsteigen der Unterbrechungs¬
blase und Verlauf des Unterbrechungsvorganges in einem begrenzten Raume
von etwas erhöhter Temperatur, arbeitet der Unterbrecher außerordentlich
geräuschlos und sparsam.
Die Verbesserung besteht nun darin, daß es nach langer Mühe
gelang, den ganzen U-förmigen Körper bis zu der Stelle, wo der Platinstift
ansetzt, aus einem Poi’zellanrohr herzustellen, in die Höhlung dieses Rohres
die Stromzuführung säuredicht zu befestigen und die zur Regulierung dienende
Porzellanhülle dicht darüber zu führen.
Das hierzu verwandte beste Material von vollkommener Säurebe¬
ständigkeit und höchster Isolationsfähigkeit gewährleistet nun einen reparatur-
losen Betrieb.
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Fortschritte der Technik.
Am vorhandenen Unterbrecher kann dieses Porzellanrohr eingesetzt
werden, ebenso kann ein vorhandener Wehneltunterbrecher durch Einsendung
des Deckels mit der gesamten Armatur nach diesem Prinzip umgearbeitet
werden. Die Skizze I veranschaulicht die wenigen Teile des Unterbrecher¬
modells, Skizze II zeigt den Unterbrecher zusammengestellt.
Die bekannte Röntgenröhren-Fabrik von C. H. F. Müller in Hamburg
bringt einige bemerkenswerte Neuheiten auf den Markt, die wir im Nach¬
folgenden unseren Lesern kurz bekannt geben wollen.
1. Neue Wasserkühlröhre 141.
Mit der zunehmenden Verwendung von Operations- und Unter¬
suchungstischen, bei denen sich die Röntgenröhre unterhalb des Objektes be¬
findet, ergab sich die Notwendigkeit, eine modifizierte Wasserkühlröhre ein¬
zuführen, da die bisherige Form eine derartige Verwendung nicht gestattet.
Die hier abgebildete Form wurde von der Müllerschen Fabrik zu diesem
Zwecke konstruiert und gestattet, nicht nur die Durchleuchtung von unten,
(Fig. I).
sondern auch, wie die bisherigen Modelle, in allen übrigen Stellungen. Die
neue Form weicht nur wenig von der früheren ab. Der Wasserbehälter ist
oben mit zwei Öffnungen versehen, von denen eine, die sich unten befindet,
durch einen Stöpsel verschlossen wird, um ein Auslaufen des Wassers zu
verhindern. Die andere nach oben gerichtete Öffnung bleibt offen.
Beim Gebrauch darf die Röhre niemals ganz horizontal stehen,
sondern die Kathode muß stets tiefer als der Wasserbehälter sich befinden;
denn nur so wird eine Zirkulation des Kühlwassers ermöglicht (Fig. I).
2. Röhre mit doppelter Regulierung.
Um die Lebensdauer der Wasserkühlröhre noch mehr zu erhöhen,
fertigt die Fabrik Röhren mit zwei von einander unabhängigen Regulierungen
an. Nach Erschöpfung der einen Regulierung wird der Regulierdraht von
ihr entfernt und an dem entsprechenden Ansatz der zweiten Regulierung
befestigt. Dann steht ein vollkommen neues und ungebrauchtes Material
zum Weichermachen der Röhre zur Verfügung.
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'Fortschritte der Technik.
3. Wichmannröhre.
Ferner bringt die Fabrik die auf dem Berliner Röntgenkongreß
demonstrierte Wichmann-Röhre für Therapie und Aufnahmezwecke in den
Handel. '
Diese Röhre hat den Zweck, einen sicheren Röntgenschutz für Arzt
und Patienten, sowie die günstigste Einstellung zu gewährleisten.
(Fig. 11).
Mit Ausnahme eines Kreisabschnittes, dessen Mittelpunkt genau der
Mitte der Antikathode gegenüber steht, ist die der letzteren gegenüber
liegende Glaswand mit einem angeblich sicheren Schutzstoff versehen. Auf
diesen Kreisausschnitt kann ein Tubensystem, welches auf den Mittelpunkt
der Antikathode zentriert ist, aufgesetzt werden. Hierdurch ergehen sich
folgende Vorzüge:
1. Da auch die Tuben als Schutzvorrichtung ausgeführt sind, so ist
jeder weitere Röntgenschutz für Arzt und Patient unnötig.
2. Die Tuben dienen bei der Durchleuchtung und der Aufnahme zu¬
gleich auch als Blenden; die Strahlung läßt sich nämlich noch durch eingelegte
Bleiausschnitte beliebig begrenzen.
3. Allen Anforderungen der Therapie wird genügt insofern, als eine
genaue Lokalisation der Strahlen ermöglicht wird; auch sind die Tuben leicht
desinfizierbar und sterilisierbar.
Als Grundform der Röhre können alle bekannten Modelle der Müller¬
röhre verwendet werden. Für obige Form wird ein Aufschlag von Mk. 15.—
berechnet, von denen Mk. 5.— bei Zurücksendung der Röhre und Neube¬
stellung vergütet werden. Zu empfehlen sind besonders die Röhren No. 13 a
(Preis nach Wichmann Mk. 65. — ) und die Wasserkühlröhre No. 14 (Preis
nach Wichmann Mk. 100.—); aber es werden auf Wunsch auch die billigeren
Röhrentypen mit dieser Ausrüstung geliefert (Fig. II).
4. Endlich bringt diese Firma einen neuen Röntgenschutz auf den
Markt. Es ist dies ein für Röntgenstrahlen angeblich undurchlässiger Gummi-
schutzstoff, der den Vorteil hat, nicht leitend zu sein, ein Durschscblagen
des Funkens auszuschließen und daher zum Auskleiden der Blendenkästen
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Fortschritte der Technik.
besonders geeignet sein soll. Er soll sich auch für die Anfertigung von
Handschuhen. Schürzen und ähnlichen Schutzvorrichtungen verwenden lassen;
ebenso natürlich auch zum Abdecken der Körperteile des Patienten. Breite:
60 cm; Preis per Meter Mk/ 20.—.
Chemisch-pharmazeutische Berichte.
Phagocytin. Die Firma Hugo Rosenberg Berlin bringt unter diesem
Namen nucleinsaures Natrium in steriler Lösung fertig in den Handel. Seine
Anwendung wird empfohlen zur Anregung des Nervensystems; auch soll es
die Ernährung günstig beeinflussen.
Nähere Mitteilungen folgen in aller Kürze.
Die Firma G. & R. Fritz in Wien bringt neuerdings in den Handel:
Butipyrinum, eine Verbindung von Pyramiden mit Butylchloralhydrat,
also identisch mit dem Trigemin; es wird als Antineuralgikum empfohlen.
Gouttinnni ist chemisch als anhydromethylen-zitronensaures Natron
aufzufassen und wird als Gichtmittel empfohlen.
Proteol Doyen ist eine Eiweiß-Formaldehyd-Verbindung und dient als
Antiseptikum.
.Weitere Mitteilungen über die genannten Präparate folgen.
Ferner sind noch in den letzten Wochen an neuen Arzneimitteln be¬
kannt geworden:
Traumasan, eine zusammengesetzte Wundsalbe. Fabrikant: B. Kraus
in Eßlingen am Neckar.
Valviu eine Salbengrundlage.
Antidiabeticum fluid., soll aus Sonecioextrakt und Salicylsäure be¬
stehen und wird bei Diabetes empfohlen. Fabrikant: Willi. M. Stock, Düsseldorf.
Taeniol von der Firma Krewel & Co., G. m. b. H., Köln a. Rh. her¬
gestellt, wird von Dr. Goldmann als Wurmmittel sehr empfohlen. Es besteht
aus Dithymolsalicylat, Terpentinöl und Sebirol, dem wirksamen Bestandteil
einer Embeliaart. Das Präparat kommt in Gelatinekapseln in den Handel.
Secornin ist der neue Name für Ergotin Keller, ein schon lange be¬
kanntes Fluidextrakt-Präparat. Dasselbe wird nach den Angaben des Fabri¬
kanten Hoffmann-La Roche & Co. in Basel so eingestellt, daß 1 gr Secornin
4 gr Secale coenutum entspricht.
Sterol ist eine neue Salbengrundlage.
Broineton ein neues Narkotikum, ist tertiärer Tibroinbutylalcohol.
CiHiOBnt. Es stellt ein kampferartig schmeckendes und riechendes weißes
kristallinisches Pulver dar; es soll in Dosen zu 0,3—0,6 bei Schlaflosigkeit
und Nervenleiden gute Dienste tun.
Von der Firma Dr. H. Nördlinger, Flörsheim a. M., sind folgende neue
Präparate in den Handel gebracht worden:
Diplin, ein durch Harzseife löslich gemachtes Teeröl.
Krelulion und Kremulsion sind beide Kresolseifenpräparate.
Aetlirole, wasserlösliche Antiseptika, welche zur Zerstäubung in
Zimmern und für Waschungen Anwendung finden sollen. Die Bestandteile sind :
Eucalyptol, Menthol und ätherische Öle ähnlich der Zusammensetzung des
Eau de Cologne, sowie Spiritus.
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Port,schritte der Technik.
Ichthyoraenthol ist durch Sokal (Wiener Med. Pr., 1905, Nr. 43) mit
gutem Erfolg bei rheumatischen Neuralgien, Muskelschmerzen und neural¬
gischen Kopfschmerzen als Einreibung angewendet worden; es stellt ein
Präparat dar, das aus Ichthyol, Menthol, salicylsaurem Menthol und Alkohol
bestehen soll.
Novocain p. Aminobenzoyldiaethylaminoaethanol, ist ein von den
Höchster Farbwerken hergestelltes, von H. Braun in den Arzneischutz ein¬
geführtes neues Lokalanästhetikum. Das Präparat besteht aus feinen Nüdel¬
chen, die bei einer Temperatur von 156° schmelzen, ln Wasser löst sich
Novocain im Verhältnis 1 : 1 und erleidet beim Aufkochen der Lösung in keiner
Weise eine Zersetzung; nach tagelangem Stehen in lose verstopften Glas¬
flaschen bleibt dieselbe völlig klar; die Reaktion ist neutral. Aus der
Lösung wird durch ätzende und kohlensaure Alkalien die freie Base in
Form eines farblosen Öls, das sehr bald kristallinisch erstarrt, ausgeschieden.
Natriumcarbonatlösung ruft dagegen keine Veränderung hervor.
Die Alkaloidreagentien wie Kaliumquecksilberjodid, Jodjodkalium,
Pikrinsäure rufen selbst in sehr verdünnten Lösungen noch Niederschläge
hervor.
In kaltem Alkohol löst sich das Salz im Verhältnis 1:30. Subkutan
injiziert wirkt das Novocain sehr stark anästhesierend, allerdings ohne lange
Dauer, doch läßt sich die Wirkung mit Vorteil erhöhen durch Zusatz von
Suprarenin.
Eine absolute Reizlosigkeit wurde von Braun festgestellt. Dieser läßt
0,1 gr Novocain in 10 oder 5 gr physiologischer Kochsalzlösung unter Zusatz
von 10 Tropfen Suprareninlösung (1 : 1000) verwenden.
Kalium permanganatpaste wird von der Firma J. D. Riedel A.-G.
Berlin in den Handel gebracht. Sie besteht aus 2 Teilen Kal. permanganat,
1 Teil Kieselgur und 1 Teil Ung. paraffin. H. Vörne empfiehlt dieselbe bei
kleineren Operationen als bestes Hämostatikum und bei Nasenblutungen.
Alypin, ein Lokalanästhetikum an Stelle des Cocain; es ist chemisch
das salzsaure Salz von Benzoyltetramethyldiaminoaethyldimethylcarbinol.
Es stellt in Wasser leicht lösliche Kristalle dar, deren Lösungen ohne Zer¬
setzung sterilisiert werden können; es findet Anwendung in 10°/ 0 iger Lösung zu
Injektionen und Einpinselungen. Von der Firma Friedrich Bayer & Co.
Elberfeld wird es hergestellt.
Clavin wird von der Firma E. Merck in Darmstadt fabriziert und stellt
ein Mutterkornpräparat dar, das besonders geeignet ist, heftige Wehen her-
vorzurufon, ohne Gangrän oder Krämpfe zu erzeugen. Es stellt ein weißes
kristallinisches Pulver dar, das in Wasser leicht löslich ist; es findet in Form
von Tabletten zu 0,02 pro dosi innerlich Anwendung, ebenso aber auch als
Injektion zu 0,02 pro 1 ccm Wasser.
Formicin, ein Ersatzpräparat für Jodoform, ist chemisch Formal-
dehydacetamid; es ist ein kristallinischer aber sehr hygroskopischer Körper,
der aus diesem Grund in Form einer dicken Flüssigkeit in den Handel kommt.
Es findet Anwendung als Desinficiens und Antiseptikum. Fabrikant: Kalle
& Co., Biebrich a. Rh.
La Zyma, ein Gallensteinmittel der Akt.-Ges. La Zyma in Montreux.
Nach Angabe der Fabrik enthält es: Natr. choleinicum, Carduus inarinus,
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Fortschritte der Technik.
Taraxacum, Nasturtium, Chinarinde und ein Ferment, das aus den Lebern
gallensteinkranker Tiere gewonnen wird.
Fortose, ein aromatisiertes Fleischnährpräparat, das durch die Firma
Brückner, Lampe & Co. in Berlin vertrieben wird. Es besteht hauptsächlich
aus Fleisch hergestellter Hemialbumose. In wässrigen Flüssigkeiten löst es
sich sehr leicht auf. ist geschmaek- und geruchlos und soll leicht vertragen
werden. Man reicht es kaffeelöffelweise in Fleischbrühe, Milch, Tee u. dergl.
Gasterogen ist ein Stomachikum, welches vom chemischen Labora¬
torium Weydenberg in Berlin, NW 21, hergestellt wird. Das Präparat enthält
Hundemagensaft und wird auch mit Zusätzen von Rad. rhei oder Cort. chinae
oder Cort. condurango geliefert.
Lactoserve ist ein vornehmlich in der Kinderpraxis Anwendung fin¬
dendes Präparat von der Firma C. F. Böhringer & Söhne in Mannheim-Wald¬
hof. Es stellt eine in Pulverform umgewandelte Buttermilch dar, zu deren Be¬
reitung pasteurisierte Milch (1 Teil Vollmich und 2 Teile Magermilch) durch
Milchsäurebakterien der Säuerung unterworfen wird. Die entstandene Sauer¬
milch wird dann im Vakuum bei 50° zum Trocknen gebracht und mit einem
Zusatz von Zucker, Mehl und Pflanzeneiweiß zu einem feinen Pulver ver¬
rieben. Das Präparat mit Wasser verrührt und geschüttelt stellt eine an¬
genehm säuerlich schmeckende Emulsion dar.
Die Bestandteile sind: Stickstoffsubstanz 22%, Wasser 12%, Fett
10%, Kohlenhydrate 46%, Asche 5%. In letzterer 0,7% Phosphorsäure,
3% Milchsäure.
Formaminttabletten.
Von der Firma Lüthi & Buhtz in Berlin kommt seit kurzem unter
dem Namen „Formaminttabletten“ ein Präparat in den Handel, das in guter
Dosierung 0,01 Formaldehyd mit Saccharum und Gummi verarbeitet enthält.
Als Geschmackskorrigens dient etwas Zitronensäure und Orangenblütenöl,
während kleine Mengen von Pepsin-Salzsäure die Abspaltung des gebundenen
Formaldehyds im Speichel des Mundes bei Auflösung ermöglichen. Prof.
Seifert in Würzburg hat mit dem Präparat experimentelle Untersuchungen,
mit Aufschwemmungen von Streptokokken, Pneumokokken, Typhus und
Diphtheriebazillen angestellt und sehr gute Resultate erzielt. Er berichtet
wie folgt: „Eine Tablette in 10 ebem Wasser gelöst war imstande, in 5—
10 Minuten sämtliche Keime abzutöten. Angestellte Kulturversuche in
Bouillon, Agar und Gelatine fielen negativ aus, d. h. die Nährböden blieben
steril, während Kontrollversuche deutliche Entwicklung der Kulturen auf¬
wiesen. Auch Tierversuche führten zu einem gleichen Resultate.“
Prof. Seifert schreibt weiter: „Im speziellen eignen sich die Forma-
mintlabletten in erster Linie zur Behandlung infektiöser Halserkrankungen,
wo sie wegen ihrer Doppelwirkung innerlich auf den Gesamtorganismus und
lokal als Ersatz desinfizierender Gurgelwässer bei ihrer hohen baktericiden
Fähigkeit ein hervorragendes therapeutisches Präparat darstellen.
Ihr Wert für die allgemeine Praxis wird noch erhöht durch die
nicht geringen Schwierigkeiten, die das Gurgeln nicht allein bei Kindern,
sondern gar nicht selten auch bei Erwachsenen bei der Behandlung bereitet.
Ich habe bei einer nicht geringen Zahl von Angina lacunaris, die ich im Laufe
des Winters und des Frühjahrs zu beobachten und mit Formaminttabletten
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Fortschritte der Technik. — Autorenregister.
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zu behandeln Gelegenheit hatte, den therapeutischen Wert dieser Tabletten
sehr schätzen gelernt, insbesondere bei kleinen Kindern, die noch nicht gurgeln
können. Ganz besonders gute Dienste leisteten mir die Tabletten bei einem
Fall von traumatischem Ulcus an der hinteren Rachenwand bei einem drei¬
jährigen Kinde, das nicht gurgeln konnte, und sehr schwer unter den Schling¬
beschwerden litt. Dabei bestand ein sehr intensiver Foetor ex ore. Ich ließ
alle zwei Stunden eine halbe Tablette nehmen und fand schon nach 24
Stunden eine wesentliche Erleichterung der Schlingbeschwerden, fast völliges
Verschwinden des Foetors; nach 6 Tagen war das Ulcus geheilt.
In einem Falle von Bronchitis foetida hatte Robert (Deutsche Militär¬
ärztliche Zeitschrift 1905, Nr. 5) durch längeren Gebrauch einen überraschend
guten Erfolg. Über den Wert des Formaldehyds für die interne Therapie
sind von einer großen Anzahl von Forschern zahlreiche Versuche angestellt
worden, die in einer Arbeit von Dr. Paul Rosenberg in „Therapie der Gegen¬
wart“ näher beschrieben sind.
Autorenregister.
Adamson 178. — Albers-Schönberg 156. - Alexander 108. — Alsberg 203. -- Arons 189. —
Asmann 191. — Bade 204. — Bagge 173. - Baennann 175. — Balsamott' 147. — Barion 176. —
Bassenge 170. — Bauer 205. — Bauregard 174. — Bayer & Co. 223. — Bechterew 141. — Beck 174. —
Beclöre 134. — Becquerel 165. — Belot 134. — Benoist 161. — Berger 151. — v. Bergmann 147. —
Bergonie 183. — Berzelius 92. — Berillon 197 — Berneck 93. — Berthold 87. — Berton 174. —
Bethe 187. -Biedermann 165 Bielitz217.- Bier 129.- Blaise 174. — Blakre 174. — Boos 149. —
Bodliinder 85. — Böhringer 224. — Bokenhain 185. — Boltzmann 164. — Bram 170.— Brand 184.—
Brauner 140. - Bredig 85. — Brieger 192. — Brocg 136. Brückner 224. — de Bruin 96. —
Bulkley 184. - Bulling 190. Buorno 174. — Burke 179. — v. Celebrun 169 — Championuiere 175. —
Chiari 98. — Cogrel 197. — Cohen 96. — Comas 143 Cowl 142. — Crzellitzer 144. — Cursch-
maun 184. — Danielsen 191. — Dessauer 157. — Destol 175. — Diehl 192. — Duchenne 162. — Eher¬
lein 197. — Ebennaier 99. — Edison 209. — Elster. — Eschbaum 217. — Evlerlltl. — Fandino 104. —
Fellner 168. Einsen 184. - Fiorentini 174. — Fisch 168. — Flemming 87. — Forbes-Ross 174 —
Fraenkel 98. Franke 100. — Frankenhäuser 167. — Frantz 165. — Franze 152. — Freund 99. —
Friedemaun 96. — Fritz 222. — Galeott.i 94. — Gamlen 187. — Gehlhoff 197. — Geitel 182. —
Genoud 174. - Gocht 105. — Goldinann. 222 - Giirl 182. — Graham 83. — Gras 174. — Greef 193. -
Greichard 174 Grunmach 144. — Gut,lirnie 176. — Haglund 173. — Hamburger 83. - Hardy 85. —
Haret. 174. — Harnack 18". — Heinecke 177. — Hekmaun 97. — Helber 178 — Helmholtz 85. —
Hennecart 146. — Heunegug 88. — Hennig 152. — Henri 94. — Hertwig 87. — Herzog 94. —
Hewitt 189. — Hill 191. — van t’Hofl'89. — Holzknecht 173. — Hueck 84. — Hüll 166. — Hubert 175. —
Immelmann 177. — Jahr 197. — v. Jakscli 176. — Janosik 87. — Jastram 174. — Jefl'eriss 179. —
Jellinek 163. — Joachimsthal 147.— Jones 186. - Joseph 190. - v. Jürgensen 100. — Junod 131.—
Kalle 223. Katholicky 147. — v. Kathy 173. — Kaufmann 100. — Kienböck 159. — Kirmisson 175.
— Klein 103. — Klein-Bähringer 170. — Klingelfuss 151. — Kobler 170. — Köhler 146. —
v. Kowalsky 151. — Krafft 141. — Kranzeder 197. — Kraus 222. — Krause. — Kurelia 163. —
Kussinaul 141. — Lampe 224. — Lange 207. — Langlois 197. — La Roche & Co. 222. — Leonard 179.
- Lepper 177. — Levy 202. — Levy-Dorn 104. — Liebermeister 184. — Unser 178. — Loeb 83. —
Loebchel 168. — Liithi &. Buhts 224. — v. Luzenberger 162. — Maröchol 197. — Mathes 184. —
Mazery 197. — de Mendoza 197. — Merck 223. — Metzner 152. — Meyer 92. — Michelson 166. —
Miller 141. — Milner 103. — Minck 174. — Moszkowicz 177. — Mott 207. Müller 220. — Münch 177.
Mund 163. — Müsch 159. — Neissen 96. — Nenadovic 168. — Neustätter 187. — Neweornet 175. —
Niehols 166. — Noble 166. — Noire 150. — Nordlinger 222.- Nötzel 190. —Oeslin 191. — Öfter 172. —
Ostwald 93. — Overton 92. — Pauli 83. — Perez 103. - Perthes 161. — Pcrutz 197. — Peters 207. —
v. Pöhl 172. - Poineare 166. •— Poinier 175. — Ponfick 99. — Prio 143. — Puffier 139. — Puton 85. —
Querin 175. — Quincke 85. — Reiniger, Gebbert & Schall 190. — Reitz 190. — Reynier 175. —
Ricard 175. - Riebet 197. — Riedel 223. — Rieder 174. — Riedinger 98 — Riess 184. — Ringer83. —
Riviere 174. — Robert 225. — Robinsohn 162. — kontier 175 — Rosenbach 177. — Rosenberg 222 —
Rosenthal 152. — Rumpel 104. — Sabouraud 150. — Sabrazes 174. — Sachs 197. — Salzwedel 192. —
Sainbue 174. — Schi Id 181. — Schleussner 181. — Schnee 153. — Schönbein 92 — Schoop 209. —
Schott 189. — Schultz 174 — Schnitze HO. — Schwarz 87. — Sebilon 175. — Seifert 224. —
Sidney 83. — Siebert 214. — Sokal 223. — Solger 192. — Sotnanis 174. — Somerville 185. —
Sommer 122. 139. — Sorgo 109. — Spiro 90. — Spring 85. — Stark 158. — Stegmann 177. —
Settegast 139. — Stieda 144. — Stiller 173. — Stock 222. — Strasser 170. — Strassmann 148. —
Sträter 148. — Struppeler 173. — Tallermann 216. — Trapp 158. — Traun 202. — Trouton 166. —
Tuffier 175. — Ullmann 168. — Unger & Hoffmann 197. — V’isser 94. - Vogl 184. — Vörne 223. —
Walter 149. — Walther 175. — Weecke 129. — Wehner 197. — Weichselbaum 99. — Weigert. —
Weinberger 147. — Weiss 172. — Welker 112. — Wertheim-Salomonson li>6. — Wesche 153. —
Westendorp 197. Werterer 193. — Weydenberg 224. —Wichmaun 221.— Wiechert 165. —
Wien 183. — Wiesel 107. — Wiesner 105 — Williams 184. — Wilms 215. — Wind 164. —
Winternitz 192. — Wolfenden 174. — Wolff 147. — Zacharias 159. — Zanietowsky 187. —
Zeemann 165. — Zelle 169. — v. Zicinssen 184. — Zondeck 146. —
Archiv f physik. Medizin etc.
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226 Bezngsquellenliste.
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für den Gesamtbedarf der praktischen Medizin.
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im Inseratenteile zu beachten.
Röntgenologie.
Röntgenapparate.
Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation
vorm. Ernst Herbst & Firl, Görlitz.
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Elektrotechn. Laboratorium, Asehaffen-
blll’g. (Siehe Inserat.)
Fr. Klingeifuü & Co., Basel. (Siehe Inserat.)
Max Kohl, Chemnitz in Sachsen.
Mitteldeutsche Elektrizitätswerke, Berlin.
Polyphos, G. in. b. H., München.
Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen.
Röntgenröhren.
Heinz Bauer & Co., Berlin, Lützowstraße.
(Siehe Inserat.»
Max Becker & Co., Hamburg. (Siehe Inserat.)
Emil Gundelach, Gehlberg. (Siehe Inserat.«
C. H. E Müller, Hamburg. (Siehe Inserat)
Röntgenplatten.
Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation,
Berlin. (Siehe Inserat.)
J. Hauff «St Co., Feuerbach.
Adolf Herzka, Dresden.
Richard Jahr, Dresden. (Siehe Inserat)
Kranseder & Co., Müucheu. (Siehe Inserat)
Lumiöre et son ffls, Lyon.
Otto Perut-z, München.
Joh. Sachs & Co., Berlin.
Dr. C. Schleuiiner, A.-G., Frankfurt a. M.
(Siehe Inserat.»
Walter Talbot, Berlin. (Siehe Inserat.)
Unger & Hoft'mann, A.-(f., Dresden.
Westendorp «5t Wehner, A.-G., Cöln.
Röntgenlahoratoriumsartikel.
Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation,
Benin. (Siehe Inserat).
Aktiengesellschaft, f. Camera-Fabrikation
vorm. Ernst Herbst & Firl, Görlitz.
(Siehe Inserat)
Client Fabrik vorm. E. Schering, A.-G., Berlin.
W. Frankenhäuser, Hamburg.
Gcka-Werke, Hanau.
F. Hrdliczka, Wien.
Dr. Lüttke & Arndt, Wandsbeck.
E. Merck, Darmstadt.
Mene Photographische Gesellschaft, Ber¬
lin-Steglitz. (Siehe Inserat.)
Rud. Siebert, Wien.
Walter Talbot, Berlin. (Siehe Inserat.) I
Photogr. Cameras.
Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation
vorm. Ernst Herbst & Firl. Görlitz.
(Siehe Inserat)
Aktiengesellschaft für photogr. Industrie vorm.
E. Wünsche, Reick-Dresden.
Curt Bentzin, Görlitz.
Fabrik photogr. Apparate auf Aktien vorm.
R. Hüttig «5t Sohn, Dresden.
Alb. Glock <!t Co., Karlsruhe.
C. P. Goerz, Rerlin-Friedenau.
R. A. Goldmann, Wien.
E. Suter. Basel.
Carl Zeifs, Jena.
Elektromedizin. Technik.
Radeapparate, Koch- und Heizapparate.
Carl Rihlmaier.ßrannschweig. siehe Beilag».)
Gg. R. Bielitz, München.
F. A. Eschbaum, Bonn a. Rh.
C. «5t E. Fein, Stuttgart.
W. Hillinger-Reiner, Stuttgart.
Junkers & Co.. Dessau. (Siehe Inserat.)
Gehr. Lautensehlilger, Berlin.
Josef Leiter, Wien.
Prometheus, Frankfurt a. Main.
H. Recknagel, München.
Elektromedizin. Apparate.
Carl ßihliuaier.Braunschweig. (Siehe Beilage i
Elektrotechn. Institut, G. m. b. H., Frank-
tlirt a. M. (Siehe Inserat.)
Elektrizitätsgesellschaft Gehr. Ruhstrat,
Göttingen.
Reiniger, Gebbert «St Schall, Erlangen.
Heilgymnastisehe (orthopäd.) Apparate.
Knocke «5t Drefsler, Dresden.
Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden, «siehe
Inserat.)
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Bezugsquellen liste.
227
Chirurgisch« Instrnniente und
Verbandsartikel.
Deutsche Dainpfgipsbindenfabrik, München.
Georg Haertel, Breslau.
Hermann Haertel. Breslau.
Alexander Schaedel. Leipzig.
Evens & Pistor, Cassel.
Chemische Präparate.
Chem. Fabrik vorm. Baier & Co., Elberfeld.
Chemische Fabrik Rhenania. Aachen.
Chemische Fabrik J. D. Riedel, Berlin.
Chemisch-pharmazeutisch. Laboratorium
Bauer, Kötzschenhroda, Bez.Dresden.
(Siehe Inserat.'
Chein. Laboratorium Weydenberg. Berlin.
Gebrüder Kvers, chem. Fabrik Reisholz,
Diisseldorf-Reisholz. (Sioho Inserat)
Fabrikation von Dung’s China-Calisaya-
Elixir (Inhaber: Alb. C. Dung), Frei¬
burg i. Br. iSieho Inserat.!
Farbwerke vormals Meister, Lucius & Brüning,
Höchst,.
E. Feigel, Laboratorium u. Fabrik, Lauter¬
bach bei Mülhausen (Elsaß). Siche Inserat.!
G. & R. Fritz, Wien.
Gesellschaft fiir chem. Industrie. Basel.
F. Hoffmaun, La Roche & Co., Basel.
Kalle & Co., Biebrich a. Rh.
B. Kraus, Eßlingen.
Krewel & Co., G. in. b. H., Cöln a. Rh.
Liithi & Buhtz, Berlin.
E. Merck, Darmstadt.
Dr. H. Nördlinger, Flörsheim a. M.
Willi. M. Stock, Düsseldorf.
Karl Töpfer, Fabrik chem.-pharm. Präp.,
Leipzig. .Siehe Inserat.'
Vereinigte Chem.Werke. A.-G.,Charlottenburg
Aktiengesellschaft La Zvino, Montreux.
Nährmittelpräparate.
C. F. Böhringer & Söhne, Mannheim-Waldhof.
Brückner, Lampe & Co., Berlin.
W. Mielek, Hamburg.
H. Niemoeller, Gütersloh.
Puro, mediz. chem. Institut, München.
Hugo Rosenberg, Berlin.
Sanatogen-Werke, Bauer & Co., Berlin.
Sicco, G. m. b. H.. Berlin.
Auf den dem Hefte beiliegenden Prospekt der Finna Carl Rihlmaier, ßraunschweig,
betreffend den Kohlensäure-Mischapparat „Iduna“ machen wir besonders aufmerksam.
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Systematik, Entwicklung, Geographie und Biologie der Pflanzenwelt. Dem Zwecke des Buches
entsprechend konnte der Text desselben nnr knapp gefallt sein; eine Ausnahme von dieser Regel
machen die Resultate nenerer nnd nenester Forschungen, welche durchweg so ausführlich behandelt
sind, daß die Verständlichkeit überall gewährleistet ist. Das sehr nrnfangreiche Verzeichnis der
Stichworte ermöglicht ein schnelles Znrechtfinden in dem Bache, das in den interessierten Kreisen
gewiß eine gute Aufnahme finden wird.
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darauf aufmerksam, daß nach § 4 des Patentgesetzes meine Lizenznehmer und ich
ausschließlich befugt sind, gewerbsmäßig die mir durch die Patente 113431) und 16t 514
geschützten Röntgenröhren mit durch Wasser gekühlte Antikathode und Luft¬
regulierungsvorrichtung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten und zu
gebrauchen. — Ich werde daher mir zur Kenntnis gelangende Patentverletzungen
mit allen gesetzlichen Mitteln verfolgen.
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tionsverhaltnisse eine sehr geringe Dämpfung und geben daher die für die
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deren Primärspule eine 9—16 fache Abstufung besitzt, so dass die langsamere
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Anerkannt das beste Werk der Röntgenographie
Im Verlag von Otto Nemnich, Leipzig erschien vor Kurzem:
Kompendium «er Röntgenographie.
Ein praktisches Handbuch
von
Ingenieur Friedrich Dessauer und Dr. med. B. Wiesner
in Aschaffenburg.
gr. 8 ° und 415 Seiten. Mit 201 Illustrationen im Text, 11 Fehlertafeln in Autotypie und
12 radiographischen Tafeln.
Preis gebunden in halb Leder Mk. 25. — .
Bisher eingelaufene Urteile:
Das Bach führt den Titel Kompendium der Röntgenographie nnd beschränkt sich anf
diesen Teil der Röntgenwissenschaft; Dnrchlenchtnng, Orthodiagraphie nnd Therapie sind nicht be¬
rücksichtigt. Viele eigene Auffassungen derVerff. treten hervor, deren reiche Erfah¬
rungen in Technik nnd Praxis der Röntgenographie in dem Buche niedergelegt sind-
Der Inhalt des Werkes zerfällt in drei Abschnitte: der erste macht den Leser mit den Apparaten
zur Erzengnng der Röntgenstrahlen, dem Betrieb einer Röntgenstatiou, den Hilfsapparaten etc. be¬
kannt, der zweite erläutert die photochemischen Hilfsmethoden, nnd der dritte gibt die Anfnahme-
Methodik. Wie die Verf. im Vorwort betonen, liegt der Schwerpunkt des Buches iin zweiten nnd
dritten Teil. Ans dem ersten Teil möchte Referent besonders die Kapitel über die Stromquellen,
das Indnktorinm nnd die Unterbrecher sowie über die Röntgenröhren hervorhebeu. Pie wichtige
Frage: Wie muß der Induktor dimensiert sein? findet eingehende und einleuchtende Beantwortung
in der Darstellung S. 62 — 72. Demnach dürfte eine Fnnkenlänge von ca. 30 cm der Dessauer’schen
Induktoren ceteris paribns die für den Betrieb günstigste sein.
In dem Kapitel „Beispiele ansgeführter Röntgenanlagen“ sind Einrichtungen der Finnen
„Polyphos“, „Klingelfass & Co“, „Nostiz & Koch“, „elektrotechnisches Laboratorium Aschaffenburg“
von den betreffenden Ingenieuren derselben beschrieben. Unter diesen bietet das Apparatsystem
des Ingenieurs Koch vielleicht das meiste Interesse, da hier ganz neue Wege beschritten sind. Aus
dem zweiten Abschnitt sei das Kapitel über die Entwickelnng der röntgenographischen Negative
hervorgehoben, das alles in dieser Hinsicht Wissenswerte klar nnd ausführlich gibt. Negativent-
wickelnng ist immer etwas Persönliches nnd jeder arbeitet nach seinem Geschmacke, da ist denn
die Besprechung einer Reihe von verschieden arbeitenden Entwicklern in mancher Richtung nütz¬
lich. Betreffs des Auswaschens der entwickelten Platten vor dem Fixieren ist der Satz (S. 257):
„Für die Platte selbst ist dieses Answaschen ohne Bedeutung“ nicht für alle Entwickler richtig,
wie es auch Verff. beim Diphenal (Seite 267) selbst betonen. Dem Betrachten der Negative und
der Plattenkritik ist ein eigenes Kapitel gewidmet; die verschiedenen Fehler, welche Vorkommen
können, sind besprochen nnd die Erkennung der Fehlerquellen unter Beifügung zwölf instruktiver
Feblertafeln erläutert.
Der dritte Teil, Aufnahme-Methodik ist besonders reich mit Abbildungen aasgestattet und
sind ihm 12 sehr schöne Tafeln, die eine größere Reihe typischer Röntgenbilder wiedergeben, bei¬
gefügt Die Abbildnng im Text veranschaulichen die Lagerung nnd Fixierung des Anfznnebmenden
nnd die Stellung der Röntgenröhre etc., oder geben anatomische Skizzen, die zur Orientierung
dienen. In diesem Teile wird jeder praktisch mit Röntgenstrahlen Arbeitende sehr viel nützliche
Winke nnd für schwierige Aufnahmen gute Belehrung finden.
So stellt sich das Buch als ein wirklich praktisches Handbuch der Röntgenaufnahme dar,
das anf das beste empfohlen werden kann. Die Ausstattung des Baches ist — bis auf wenige nicht
ganz scharfe Textbilder — hervorragend.
Winckelmann-Köln im Reichs-Medizinalanzeiger. 1905. Nr. 18.
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Pie Verff. wollen ein praktisches Handbnchjgeben, das praktische Tatsachen und praktisch
brauchbare Kenntnisse nnd insbesondere eine erprobte, zuverlässige Methode der Aufnahme dem
Röntgenologen bringen soll. Diese ist in überaus anschaulicher Weise dargestellt durch drei Arten
von Abbildungen, welche die Lagerung und Fixierung von Objekt, Platte und Apparat, die ana¬
tomischen Verhältnisse und schließlich die eigentliche Aufnahme zeigen. Besonders lehrreich ist
auch eine Reihe beigegebener Fehlertafeln. Neben diesen durchaus praktischen Gesichtspunkten
kommen auch die Theorie über das Wesen der Röntgenstrahlen und die Forschung über Radio¬
aktivität in diesem auf wissenschaftlicher Grundlage geschriebenen Buche nicht zu kurz, und so
wird das Werk D.’s, dessen Name in der Röntgenologie mit an erster Stelle steht, jedem, der sich
mit der jungen Wissenschaft beschäftigt, viele nene Gesichtspunkte eröffnen nnd gute Dienste leisten.
Zurhelle -Bonn im Zentralblatt für Gynäkologie. 1905. Nr. 36.
Ähnlich wie das Stechowsche Werk ist das vorliegende Handbuch vor allen Dingen für
den Praktiker bestimmt, dem es in klarer nnd dabei doch knapper Form alle zur Ausführung der
Röntgenphotographie erforderlichen, praktisch branchbaren Kenntnisse und Anleitungen gibt. Eiue
Fülle von Erfahrungen langjähriger eigener Versuchsarbeit im Laboratorium und in der Praxis mit
zahlreichen nenen Gesichtspunkten treten uns aus jedem Kapitel dieses originellen Werkes ent¬
gegen. In den beiden Kapiteln, welche sich mit der Ausführung der photographischen Methode
sowie mit der Aufnahmetechnik im allgemeinen und speziellen beschäftigen, liegt der Schwerpunkt
der vorliegenden Arbeit. Besonders eingehend ist das Abnahmeverfahren der verschiedenen Körper¬
teile geschildert und durch Abbildungen, welche Lagerung, Fixierung zur Darstellung bringen,
durch orientierende anatomische Skizzen sowie durch ganz vorzügliche Röntgenbilder veran¬
schaulicht. Der Zweck des Werkes „ein Handbuch der Aufnahme“ zu sein, das sich auf wissen¬
schaftlicher Basis unmittelbar in den Dienst der Praxis stellt, wird unseres Erachtens voll erreicht.
Der praktische mit Röntgenstrahlen Arbeitende wird in dem voiliegenden Kompendium,
dessen Preis (25 Mk.) in Anbetracht seiner vorzüglichen 12 radiographischen Tafeln und der zahl¬
reichen übrigen Abbildungen (11 Tafeln Autotypie, 201 Textillnstrationen) als keineswegs zu hoch
bezeichnet werden mnis, bei allen Anfgaben, welche das Röntgenverfahren stellt, einen durchaus
zuverlässigen Berater finden. Tobold in Deutsche Militärärztl. Zeitschrift. 1905. Nr. 9.
Die Verfasser haben die gestellte Aufgabe, dem Arzte die zur praktischen Ausübung des
Röntgen Verfahrens nötigen Kenntnisse zu übermitteln, glänzend gelöst. Das hervorragende didak¬
tische Talent der Verfasser dokumentiert sich besonders in der Leichtigkeit und Sicherheit, mit
der die den meisten praktischen Ärzten nicht ganz geläufigen Begriffe der Elektrizitätslehre erörtert
werden. Die beigegebenen radiographischen Tafeln illustrieren die Leistungsfähigkeit der modernen
Röntgenapparate. Dr. E n g e 1 e n - Düsseldorf in Arzt], Rundschau. 1905. Nr. 39.
Das vorliegende Werk ist von den Verfassern als ein praktisches Handbuch gedacht. Es
umfaßt drei große Abschnitte, von denen der erste die Geschichte der Technik, die Theorie der
X-Strahlen nnd eine Erklärung des elektrotechnischen Instrumentariums, seine Einrichtung, Betrieb
nnd Ausbesserung enthält. Im zweiten Teil bespricht Verf. die photographische Methode und
Hillsmethoden, im dritten die eigentliche Aufnahmetechnik.
Gute Abbildungen von Apparaten, Lagerung der Patienten zur jeweiligen Aufnahme und
anatomische Skizzen illustrieren den klar geschriebenen Text.
Die auf jahrelangen praktischen Studien basierende große Erfahrung der Verfasser bürgt
von vornherein dafür, daß der Zweck des Buches erreicht ist.
Baum (Kiel) in Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie.
Die auf dem Gebiete der Röntgenographie schon seit langen Jahren hervorragend tätigen
Verfasser haben das vorliegende praktische Handbuch herausgegeben als eine Frucht vieljähriger
Arbeit im Konstrnktionsbnreau, im Versuchslaboratorinm nnd in der Praxis. Vor etwas mehr als
einem Jahre haben D. nnd W. bereits einen Leitfaden des Röntgen Verfahrens geschrieben, von dem
schon die 2. Auflage vorliegt. Wir sind sicher, daß sich auch das viel voluminösere Kompendium
der Röntgenographie rasch zahlreiche Freunde erwerben wird; denn es ist in der Tat ein praktisches
Handbuch, klar im Text, reich illnstiiert durch Textabbildungen nnd Tafeln.
Das von der Verlagsbuchhandlung vorzüglich ansgestattete Werk kann nur empfohlen
werden. P. Wagner-Leipzig in Schmidt’s Jahrbücher der Medizin. 1905. Oktoberheft.
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1. Ausbau der physikalischen Grundlagen der Medizin mit be¬
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3. Elektrotechnisches Ingenieurbureau zur Projektierung, Prüfung,
Bauleitung und Begutachtung.
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Die Fabrikations-Abteilung empfiehlt:
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Originalsystem Dessauer, Idealröhren D. R. P. nach Gundelach und
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zur Bauleitung und Begutachtung elektrischer Zentralen.
Die wissenschaftliche Abteilung gibt Arbeitsplätze und Privatunterrichtskurse.
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Dauer 5—8 Tage. — Täglich 6—7 Stunden im Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg.
Unter Leitung von Med.-Rat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und Bezirksarzt in Aschaftenburg, ab¬
gehalten von Dr. med. B. Wiesner, Ingenieur Friedrich Dessauer, Dr. med. P. C. Franze.
1906 finden Kurse statt im Februar, März, Juni, August, Oktober Dezember.
Kursbeitrag inkl. Uebungsgeld Mk. 50 —,
Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch:
Itled.'Rat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und Bezirksarzt. Aschaffenburg.
Berliner ärztliche Röntgenkurse
(theoretisch und praktisch)
nach Art der Aschaffenburger ärztlichen Röntgenkurse
(gelegentlich der ärztlichen Fortbildungskurse und des Chirurgenkongresses) gegeben von Dr.
med. Weecke, Berlin-Grossliehterfelde, und Ingenieur Friedrich Dessauer, Asehaffenburg.
Kursbeitrag Mk. 50 .— (inkl. Uebungsgeld).
Im Anschluss daran Einzeliibung in der Privatklinik von Dr. Weecke.
Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch;
Df. med. Uleecke, Berlin-Grosslichterfelde, Steglitzerstrasse Nr. 33.
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im Röntgenverfahren und anderen physikalischen Methoden (Elektromedizin) im Elektrotechnischen
Laboratorium Aschaffenburg nach Vereinbarung. (Honorar Mk. 100 .— bis Mk. 150 .—.)
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In A. Stübers Verlag (C. Kabitzsch) Würzburg ist erschienen:
Röntgenologisches Hilfsbuch
Eine Sammlung von Aufsätzen über die Grundlagen und die wichtigsten
Hilfsmethoden des Röntgenverfahrens.
Hit einem Anhang über Radioaktivität.
— Mit 33 Abbildungen.
Gesammelte Aufsätze von Ingenieur Friedrich Dessauer.
BAND i.
Inhaltsverzeichnis.
1. Der gegenwärtige Stand des Röntgenverfahrens.i
2. Das wichtigste über die Röntgenröhre, ihre Wahl, Erprobung und Behandlung 29
3. Das Blendenverfahren und seine Kombination mit der Orthodiagraphie ... 50
A. Grundlagen und grundlegende Experimente.
B. Die gegenwärtigen konstruktiven Grundlagen.
C. Einige Modelle.
D. Die Blende in der Orthodiagraphie.
4. Ueber Stromquellen in der Medizin mit besonderer Berücksichtigung der Röntgenapparate 74
5. Einiges über Unterbrecher ..92
6. Die Schliessungsinduktion, ihre Schädlichkeit und ihre Unterdrückung. (Ein Beitrag
zum rationellen Röhrenbetrieb) ... .103
7. Welche Funkenlänge soll der Induktor des Röntgenapparates haben? . . . .113
8. Literatur über die Frage der Funkenlänge.114
Anhang.
9. Ueber Radioaktivität und Naturanschauung.126
Aus den Rezensionen:
... ergiebt sich ohne weiteres, wie eminent wichtig
dies BUchlein fUr jeden Praktiker ist. der tiefer in
das Wesen dos Wöntgenapparates und seine wunder¬
baren Strahlen eindringen will. Ganz abgesehen da¬
von. dass es fUr die Wahl und Zusammenstellung des
Instrumentariums sehr beherzigenswerte Wiuke giobt,
dass es jeden Pratiker Uber viele bis dato gänzlich
rätselhafte Fehler soinos Apparates auf klärt, dass es
den mit Köntgenstrahlen sich t'osebäftigeuden Arzt
nach besten Kräften vom Techniker zu emancipieren
sucht, ist die ganze Art der Vorstellung eine
so klare und erschöpfende, dass nicht nur der,
welcher dem fesselnden Vortrag dos Verfassers in
seinen AscbafTenburger Kursen gelauscht hat, sondern
jeder, der sich Uber die kompliziertesten Fragen des
Köntgenbetriebes Hat und Aufklärung holen will, dies
Buch mit grosser Befriedigung lesen wird .
. . . . Alle Fragen werden mit wissenschaftlicher
GrUudlichkeit untersucht etc. . .
Archiv für Or|bopadl<>, Mechanotheraple
and Unfallchirurgie. UI. 2.
. . .’ . Das vorliegende Buoh bietet demnach sowohl
in Bezug auf die praktische Seite des Köntgenbe¬
triebes wie in theoretischer Hinsicht manche wert¬
volle Anregung.
Allgemeine med. Centralieltong 1905. No. 37.
. . . . und niemand ist berufener als Dessauer,
um die komplizierten, physikalischen und technischen
Probleme vorzutragen.
Centralblatt f. d. gesamte Therapie.
. . . . Alles dieses wird auch der physikalisch nicht
geschulte Arzt, der sich mit Röntgenologie theo¬
retisch und praktisch befassen will, aus dem vor¬
liegenden sehr klar und präzis gefassten Hilfs¬
buch erlernen
Pester niedlz. Presse.
. . .-. Jeder Anfängor wird das Werk mit Nutzen
studioren können und anderwärts übergangene
Fragen hier behandelt finden.
Wiener klin. Wochenschrift.
. . . . Der auf dem Gebiete der Röntgentechnik wohl-
bekannte Verfasser bat in dem vorliegenden Bande
folgende Aufsätze zusammongestellt. Zur
Förderung des Röntgenverlahrens werden auch diese
Arbeiten beitragen.
Schmidts Jahrbücher der Medizin.
Eine Reihe interessanter Aufsätze^ die fUr alle
.wertvolle Beiträge zu einschlägigen physika¬
lischen Fragen und zum rationellen Betriebe dos
Röntgenverlahrens liefern.
Korresp. d. arstl. Vereine Sachsens.
Preis des Buches geheftet Mk.
... Behandelt auch Themata, die bisher keine Be¬
sprechung gefunden haben, und ist infolge seiner
klaren Diction und Ueb ersieht lieh keil jedem
Lernenden wärmste ns zu empfehlen
Centralülutt für die Grenzgrb. der Medizin u. Chirurgie.
Gesammelte Aufsätze eines hervorragenden
Fachmannes. Von grossem praktischen
Interesse sind vor allem die Kapitel Uber.etc
Ont ralUUtt für Gynäkologie.
. . . . Die Darstellung zeichnet sich durch ausseror¬
dentliche Klarheit lind leichte Verständlichkeit
aus, das Werk ist fliessend und doch höchst
exakt geschrieben, seine Lektüre ein Genuas. ......
Ihm ganz besonders, aber auch allen, die sich für
Radiologie interessieren, sei das Werkelten wHrrastens
empfohlen. Es ist ein Hilfsbuch im buchstäb¬
lichen Sinne des Wortes
Berliner klinische Wochenschrift.
Der Inhalt dieses Buches beruht ersichtlich
(11)01 all auf eingehender eigener Erfahrung des Verf.
Zeitschrift f. physik. Chemie.
• . . . Dem Röntgenpraktikor wird das Buch ein nütz¬
licher Ratgeber sein.
Naturwissenschaft!. Rundschau.
. . . . Die Aufsätze verraten die grosse Erfahrung und
werden dom Arzte, der sieb bereit« praktisch mit
X-Strahlen beschäftigt hat, sehr nützlich sein.
Beiblatter su den Annalen der Physik.
• • • • inoet ik toch verklären, het boek inet gonoegen
golezen te beleben. Dessauer toch weet de dingen
aardig te reggen. Het is werk van con overt-
nigt man.
Nederlauduch Tydschrlft voor geneeskunde.
. . . . The volumo doals vory thoroughly with tho
whole technique of radiography, and can be con-
fidently recomtnended to Ihose undertaking the higher
branchos of art, ....
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The author is an eloctrical engineer, who has
devofced great attention to the application of the
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lierausgegeben von
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Straßburg i. E. prakt. Arzt in Asohaft'enburg.
Verlag von Otto Nemnich in Leipzig.
-— j— - — » * mm m m mm ■■ ■ m ■■ ■■■■*. ■ ■■ ** —
1. Band. Ausgegeben am 20. Mai 1906. Heft 4.
Inhaltsverzeichnis.
I. Abhandlungen.
Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome. Von Dozent Dr. R. Kienböck. (Aus dein
radiologischen Institut der allgemeinen Poliklinik in Wien.)
Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. Von Dr. Paul C. Franze, Bad Nauheim.
Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttieh am 12 . bis 15 . August 11 ) 05 . Referiert
von Dr. Wett er er, Mannheim.
Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Rcrlin. 50 . April — 3 . Mai 1905 , erstattet von
Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz). (Nach eigenem Stenogramm.) (Schluß.)
II. Kritik.
A. Bücher.
Leo Vetter, Das Bad der Neuzeit, und seine historische Entwicklung. (Ref. Franze, Nauheim.)
T. Colin, Die palpablen Gebilde des normalen menschlichen Körpers etc. (Ref. Solger, Berlin )
K. Francke, Die Orthodiagraphie. (Ref. Franze, Nauheim.)
B. Abhandlungen und Broschüren.
H. Becquerel, L’analyse du rayonneinent des corps radioactifs. (Ref. Wette rer, Mannheim.)
Ad. Keller, Untersuchungen über die bakterizide Wirkung des Diiecksilberliclit.es. (Ref.
Wi e s n e r.)
Rumpf, Beitrüge zur Elektrotherapie. (Ref. Franze.)
Kunert, Die Bedeutung der Röntgenstralilen für die Zalinhcilkunde. (Ref. Franze.)
Fr. Erhard, Nachdenkliches zur heutigen Heilkunde. (Ref. Wetterer.)
G. Beck, Therapeutisches Almanach. (Ref. Wiesner.)
F. Schilling, Taschenbuch der Fortschritte der physikalisch-diätetischen Heilmethoden. (Ref.
Wiesner.)
E. v. Hippel, lieber angeborenen Zentral- und Schichtstar. (Ref. Wiesner).
G. Flatau, Die Poliomyelitis anterior acuta. (Ref. Wiesner.)
Cassirer, Die multiple Sklerose. (Ref. Wiesner.)
O. Vulpius, Ueber die orthopädische Behandlung der Wirbelsäulenerkrankungen. (Ref.
Wi e s n e r.)
III. Referate.
Gemeinschaftlicher Kongreß der deutschen haineologischen Gesellschaft mit dem
Zentralverband der Balneologen Oesterreichs in Dresden vom 4.—G. März 1906.
Vorträge und Diskussionen von: Cursclunann, F. A. Hoffniaiin, A Schmidt, Winternitz,
U. Burwinkel, Jacob, M. Siegfried, Bach, A. Bum, K. Ullmann, E. Weiss, M. Gulir,
Leunö, Grimm, E. Epstein, R. Fischl, A. Strasser, Polatscbek, J. Brodzki, Sieveking,
L. Wiek, J. Kugler, Heinsheimer, Kiseli, K. Pariser, Liebelt, M. Rheinboldt, Münz, v. Pöhl,
A. Löbel, F. Kisch jun., Tuszkai, M. Hirsch, L. Nenadovic, Galewski, v. Szabok.v,
B. Tausz, F. Stammler, V. Klimek.
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242
Inhal tsverzeichnis.
Gongres pour la repressiou de l’exercice illegal de la medicine ä Paris.
Berichte über Ärztetage und Sitzungen medizinischer Gesellschaften.
Mitti'lfriinkischer Ärztetag in Nürnberg am 3. XII. 05.
Gesellschaft für innere Medizin in Wien; Sitzungen vom 9 und 23. XL. 05.
K. K. Gesellschaft der Arzte in Wien; Sitzung vom 27. XI. 05.
Medizin Sektion der schlesischen Gesellschaft für vaterländ Kultur in Breslau, Sitzungen
vom 15. XII. 05, 12. I. und 2. II. Ofi )
Radiologie.
Arbeiten von: Belot, Tuffier, Beclere, Krause, Williams, Holland, Brickner, Jastram. Kingscote,
Guilleminot, Sliield und .Tones, Freund und Oppenheim. Lange, von Mikulicz, Sehyerning,
Rumpf, Freund, Schmidt, Reyher, Miller, von Bardelehen. Levy-Dorn, Beck, Lennhof
und Levy-Dorn. Evler, Hinterstoisser, Völker und Lichtenberg, (Jahn, Marie, Haret.,
Redard, Curschmann u. Gaupp, Ledingham, Bruel, Wichmann, Arnetli, Müller u. Respinger,
Elektrotherapie und Elektrodiagnostik.
Arbeiten von: Streintz, Leduc, K. Winternitz, Witte, Blocbaum.
Phototherapie.
Arbeiten von: Graham, Wichmann, Fleischmann.
IV. Tagesgescliichte, Zeit- mul Streitfragen.
Unfallversicherung und Röntgenschädigung.
lll. internationaler Kongreß für medizin. Elektrologie und Radiologie zu Mailand am 5.-9.
Sept. 06.
Synthese des Eiweißes.
Tarif für radiologische Untersuchungen.
Neue Vorschläge für den Ersatz des elektrischen Vierzellenbades.
Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und mediz. Technik.
Fortschritte der Technik.
A. Allgemeiner technischer Bericht
Sur la rege ne. rat ion et la rdcuperation du platino-cyannre de baryum des ecrans brunis.
H. Bordier et J. Galimard. (Archives d'electricile medicale, experimentales et cliniques.
Nov. 1905. No. 177.)
B. Einzelberichte.
Ein neues elektromedizinisches l'niversal-Instrumentarium
Methode zur schnellen und billigen Herstellung von Projektionsbildern.
Panchromatische Zeitlichtpatronen und Pulver. Von ür. G. Krebs, Ottenbach a/Main.
Automatischer Lichtbilderapparat
Lehram’s kohlensaure Formiea-Bäder.
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Zur Frühdiagnose 1 der multiplen Chondrome.
243
I. Abhandlungen.
Aus dem Radiologisehen Institut (1er Allgemeinen Poliklinik in Wien.
Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome.
Von Dozent Dr. R. Kienböck.
Der Ursprung der multiplen Chondrome liegt im Epi¬
physenknorpel gleich den mu ltip len kar t i 1 agin är en Exostosen.
In beiden Fällen führt die chondrale Dysplasie der Knochen
zu knorpeligen Geschwülsten und Verringerung des Längen¬
wachstums; die Exostosen erreichen aber mit dom Abschluß
des Kör per wachstu ms ihre definitive Größe, bleiben verhält¬
nismäßig klein und gutartig; die Chondrome wachsen dagegen
zu sehr bedeutender Größe heran und wandeln sich endlich zu¬
weilen in metastasierende maligne Tumoren um. Exostosen
und Chondrome kommen familiär vor und können sowohl mit
einander als auch mit anderen Geschwulstformen und Mi߬
bildungen kombiniert sein.
Multiple Chondrome sind selten, verhältnismäßig am häufigsten
kommen sie an den Händen und Füßen vor, wo sie schon in der Kindheit
aufzutreten beginnen.
Einer der bemerkenswertesten Fälle ist der von Stendel (Multiple Encliondroine
der Knochen in Verbindung mit venösen Angiomen der Weichteile. Beiträge zur klinischen
Chirurgie Bd. Vlll 1891/92 p. 503), der von verschiedenen Autoren durch 25 Jahre beobachtet
und mehrfach abgebildet wurde. Die Erkrankung begann um das 6. Lebensjahr am 3. und 4.
Finger der rechten Hand; im 12.— lö. Jahre wurden die Füße ergriffen, auch hier zunächst
die peripheren Teile. Im 20. Lebensjahre mußte der rechte Vorderarm amputiert werden, im
31. bildeten sich Geschwülste im Gesicht, im 44. ein großer Abdominaltumor, mit Exitus.
Ein Bruder des Pat. soll ähnliche Mißbildungen gezeigt haben. Nasse (Über multiple
kartilaginäre Exostosen und multiple Encliondroine. Volkmanns Sammlg. klin. Vorträge.
N. F. No. 124. 189Ö) beschrieb multiple Chondrome bei einem 13jährigen Mädchen, die sehr
bald nach der Geburt zuerst am linken Zeigefinger und Daumen beobachtet wurden. Sämtliche
lange Knochen beider Hände und Füße waren mit Chondromen besetzt, auch Radius, Ulna
und Humerus der linken Seite. Die Geschwülste saßen stets an den Epiphysenenden, die
Knochen waren verkürzt.
Sokolewski demonstrierte im Verein f. wissensch. Heilk. Königsberg ll./XII 1899
einen Fall von Enchondromen am 3. und 5. Finger der r. Hand, durch deren Größe und
Schwere es zu Verbiegung des Radius und Fraktur der Ulna kam (mit Radiogramm).
Nun sei unsere eigene Beobachtung mitgeteilt, bei welcher
multiples Chondrom im Beginne der Entstehung an der rechten
Hand vorzufinden und die Frühdiagnose mittelst Röntgenstrahlen
zu stellen war.
Es handelt sich um M K., ein Sjähriges, sonst gut gewachsenes und ge¬
sundes Mädchen, das uns von der chirurgischen Abteilung Prof. A. Fränkel gesandt wurde.
Körperlänge 85 cm, Kopfumfang 48'/» cm, siebentes Kind, hei Geschwistern und Eltern ist
keine ähnliche Affektion bekannt Das Kind hat mit 10 Monaten laufen gelernt und an keiner
lö*
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244
Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome.
stärkeren Rachitis gelitten. Die Untersuchung des ganzen Skelettes ergibt normalen Be¬
fund, nur an der rechten Hand sind mehrere kleine, knochenharte, nicht schmerzhafte Ver¬
dickungen bei normaler und verschieblicher Haut zu fühlen, u. zw. in der Gegend der Meta-
carpophalangealgclenke des 3. bis 5. Fingers. Die Finger sind etwas kürzer als an der
linken Hand.
Rad io gram m der rechten Hand, 31. Oktober 1905 (Figur 1 u. 2). An den
Konturen der Weichteile zeigt sich eine geringe Verdickung des Mittelgliedes des 3. und
4., des Grundgliedes des 3. und 5. Fingers; die Finger sind verkürzt (Vergleich mit dem Radio¬
gramm der linken Hand) An dem Skelettbild sind multiple, höchst auffallende Abnormitäten
zu sehen, und zwar an den ulnar gelegenen Knochen, an Ulna sowie 3., 4. und 5. Hand¬
strahl, während an Radius, 1. und 2. Handstrahl keine Veränderungen vor¬
handen sind. Das distale Ende der Ulnadiaphyse ist in 1 cm Länge ulnarwärts verdickt,
dabei ein wenig heller mit zwei abnormen Schattenstrichen, von denen der eine der Länge
nach verläuft, der andere den gesunden und kranken Teil des Knochens quer abgrenzt. Auch
die Epiphysengrenze scheint etwas uneben, die Diaphyse ist zugleich leicht verbogen.
Figur 1. Kreidezeichnung nach dem
Radiogramm (Zeichner K. Hirsch).
Figur 2. Konturzeichnung derselben Hand
mit Markierung attizierter Stellen.
Strahl 3; Der distale Teil des Metacarpus ist ein wenig verdickt, ferner
mit einem ulnaren Defekt und einem Aufhellungsherd versehen. Der proximale Teil
der Grund- und Mittelphalanx zeigt einen Aufhellungsherd mit strichförmiger, ziemlich
scharfer Begrenzung.
Ähnlich sind die pathologischen Veränderungen am 4. und 5. Strahl; auch hier
ist der distale Teil der Metakarpen, der proximale Teil der Grund- und Mittelphalangen
verändert. Dabei sind die mit Auftreibung, Aufhellung, abnormer Innenzeichnung und Kontur¬
defekt versehenen Herde am distalen Diaphysenemle des Metacarpus 4, die lochförmigen,
hanfkorngroßen, scharf kouturierten Aufhellungsherde in der Basis der Grund- und Mittel¬
phalanx des 4. Fingers und die Deformation an der Basis der Diaphyse der Grundphalanx
des 5. Fingers besonders auffallend. Mau findet hier ebenfalls einen hantkorngroßen Auf¬
hellungsherd, der an die Epiphysenzone angrenzt, von ulnaren und radialen Knochenschatten
umgeben ist. Dabei sieht es so aus, als ob der Knochen vom Zentrum aus gesprengt
worden wäre, indem die radiale und ulnare Kuochenschale vorgetrieben, geknickt und unter¬
brochen ist. Die Diaphyse wurde also in 3 bis 4 Teile zertrümmert, der basale Epiphysenkern
aber ist intakt. Sämtliche ergriffene Handknochen sind deutlich verkürzt.
Die Ossifikation des Skelettes entspricht dem A11er des Kindes, 3 Jahre.
Große Knochenkerne liegen in der Radiusepiphyse, im Kapitatum und Hamatuin, kleine
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Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome.
245
Knochenkerno Im Triquetrum, in den Köpfchen von Metacarpus 2 bis 5 und in den Basen
aller Phalangen.
Die Radiogramme der übrigen Teile der rechten Oberextremitat, sowie des linken
Armes und der Unterextremitäten zeigen normalen Befund.
Man findet somit bei einem normal gewachsenen 3jährigen Mädchen
Knochenveränderungen an der rechten Hand mit eigentümlicher Lokalisation
vor: es sind nur die ulnar gelegenen Knochen affiziert, Ulna und 3. bis 5.
Handstrahl, und zwar 10 Knochen. Bei der Inspektion und Palpation der
Hand konstatiert man kleine knochenharte Verdickungen, die schmerzlos
sind und die Bewegungen der Fingergelenke nicht wesentlich beeinträchtigen.
Im Radiogramm sind die kleinen, offenbar jüngeren Geschwülste als dunkel
begrenzte, scharfrandige, homogene Aufhellungsherde im nicht verbreiterten
Knochenschatten zu sehen, als ob die Knochen Löcher oder Zysten bergen
würden. Bei den größeren, offenbar älteren Geschwülsten ist der Knochen
aufgetrieben, der Schatten zeigt Kouturdefekte, stellenweise ist es sogar zur
Sprengung mit Zertrümmerung des Knochens gekommen. Es ist nach dem
Sitze der Bildungen, an den Epiphysenknorpeln (an Ulna und Meta-
karpen distal, an den Phalangen proximal) kein Zweifel, daß es sich um
Chondrome handelt. Sie erstrecken sich von der Epiphysenzone gegen
die Diaphyse und nicht etwa gegen die Epiphyse, in welcher auch der
Knochenkern intakt ist. Die ergriffenen Knochen sind im Wachstum
deutlich zurückgeblieben.
Aus der Multiplizität und Lage der Herde bei unserer Kranken, sowie
aus der gleichmäßigen Schattenaufhellung mit scharfen dunklen Konturen
geht hervor, daß es sich nicht um entzündliche Erkrankung, Osteomyelitis,
Tuberkulose und Syphilis handelt. Auch von Gicht und Rheumatismus kann
nicht die Rede sein.
Differenzialdiagnostisch kommt wohl nur die chondrale
Dysplasie derKnochen mitmultiplen cartilaginären Exostosen
in Betracht, doch unterscheiden sich die klinischen Bilder, noch mehr die
Radiogramme der beiden Affektionen wesentlich; selbst im Frühstadium
(Kind) ist der Unterschied deutlich. Beistehendes Bild 3 zeigt die Hand eines
8jährigen Kindes mit beginnenden Exostosen; man erkennt eigentümliche,
bei oberflächlicher Betrachtung an Rachitis erinnernde, zackige Epiphysen¬
zonen, stellenweise auch Abschrägung derselben und Verdickung des
Knochens namentlich an den Metakarpen und an der Mittelphalanx des 3.
Fingers (Holzknecht-Grünfeldsches Frühsymptom); das Diaphysen-
ende des Radius trägt bereits eine größere Wucherung, die in charakteristischer
Weise einem durchaus veränderten Diaphysenende aufsitzt (Verbreiterung und
Aufhellung des Schattens mit abnormer Struktur).
Fig. 4 zeigt im Röntgenbild die Finger eines 19jährigen Burschen mit
multiplen cartilaginären Exostosen, die Grundphalanx des Mittelfingers trägt
einen dunkel-abgegrenzten Aufhellungsherd: eine Chondrexostose — ein Bild,
das sehr an Enchondrom erinnert.*)
Die richtige Stellung der Diagnose in unserem Falle ist von
prognostischer Bedeutung; wir müssen annehmen, daß es nicht bei
•) Vergleiche R. Kienböck: „Zur radiographischen Anatomie und Klinik der chon¬
dralen Dysplasie der Knochen mit multiplen cartilaginären Exostosen -1 . Wiener Medizinische
Wochenschrift 1903. No. 4T ff. —
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246
Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome.
den äußerlich geringfügigen Knochenverdickungen bleiben werde, und daß
noch an anderen Teilen der Hand und des Skeletts überhaupt
neue Geschwülste au ftreten, schließlich vielleicht stellenweise
malign degenerieren werden.
Figur 3. Figur 4.
Cartilaginäre Exostosen. Aus Cartilaginitre Exostosen- Aus
Kien hock, W. m. W. l'J03. Kienböck, \V. in. W. 1903.
Zu welcher Größe multiple Chondrome heran wachsen können und
wie sie sich dann im Radiogramm darstellen, zeigt der Fall W. J. Herd-
man’svon dem in den „Archives of the Roentgen ray“, Bd. IX, No. 8,
Januar 1905, das Radiogramm beider Hände abgebildet ist. An jeder
Hand zeigen sich über ein Dutzend, zum Teil exzessive Wucherungen, die
vom Autor irrtümlich als rarefizierende Ostitis bezeichnet wurden,
aber offenbar Chondrome darstellen. Angaben über Alter, Geschlecht
des Individuums und Dauer der Affektion fehlen, doch sieht man aus den
verstrichenen Epiphysenfugen, daß es sich um ein erwachsenes, und aus
der Form der Knochen, daß es sich um ein männliches Individuum
handeln dürfte.
Beistehend reproduziere ich mit freundlicher Bewilligung seitens Re¬
daktion und Verlag des englischen Archives das interessante Rad io gram in
(Figur 5).
Die bei dem Original fehlende Beschreibung trage ich hier nach.
Die Affektion ist, wie im Bild ersichtlich, fast vollkommen symmetrisch lokali¬
siert und ausgebildet. Die Tumoren sitzen, an allen Metakarpalknochen, Grund- und Mittel¬
phalangen, während die Endphalangen, die Karpal- und Vorderarmknochen frei sind. Au
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Zur Frühdiagnose der multiplen Chondrome.
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allen betroffenen Knochen ist der der Epiphyse angrenzende Teil der Diaphyse
verändert, das gegenüberliegende Knochenende dagegen intakt. So finden sich die Auf¬
treibungen an den Metakarpalknochen des II.—V. Fingers mehr dista 1, am Metacarpus
pritnus der linken Hand und an allen Phalangen mehr proximal; die Gelenkflächen
sind intakt, daher ist anzunehmen, daß die Fingerbewegungen nicht nennenswert einge¬
schränkt waren. Die jüngsten Tumoren dürften an Metakarpus und Grundplialanx des linken
Daumens sein, an denen wir das mittlere und proximale Diaphysendrittel verhältnismäßig
wenig verändert finden. Es handelt sich meist um Aufhellungsherde im Knochenschatten mit
grobmaschiger Innenzeichnung und Verbreiterung des Knochenschattens. Stellenweise zeigt
Rechte Hand. Figur 5. Linke Hand.
Beobachtung Herdman’s. Reproduziert aus „Archives of the Roentgen ray“,
wo das Bild unter unrichtiger Diagnose veröffentlicht ist.
sich außen ein dünner, scharf begrenzter Schattenstreifen, das Bild der Knochenschale, bezw.
aufgetriebenen C'orticalis. Die Grenze gegen den normalen Knochenteil ist ziemlich gut zu
erkennen. An mehreren Phalangen sieht man vom gesunden Köpfchen aus proximalwärts
eine allmählich zunehmende Verbreiterung des Knochenschattens mit Aufhellung, es entsteht
eine Flaschenform, wobei sieb der dunkle Kortikalisschatten proximalwärts verbreiternd in
fächerförmigen Streifen eine Strecke über den zarten Tumorschatten erstreckt. Noch weiter
proximal fehlt eine Knochenschale überhaupt.
Verbreiterung des Knochenschattens, zum Teil in exzessiver,
knolliger Form mit starker Aufhellung und grobmasc h iger Innenzeichn u n g
(zahlreiche, sich zum Teil überdeckende hanfkorn- und linsengroße, rund¬
liche Aufhellung» her de) charakterisieren auch die übrigen Geschwülste. Sie sind
besonders groß am Metakarpus II der rechten Hand, an Mittelphalanx des III. Fingers der
linken Hand, der größte Tumor zeigt, sich im Bilde in der Gegend der Grundphalangen des
IV. und V. Fingers der linken Hand, er dürfte dem IV. Finger angehören und erscheint, wo
er sich mit dem V. Finger in der Projektion überdeckt, recht dunkel. Möglicherweise sind
hier beide Finger miteinander verwachsen, was aus dem Bild nicht sicher zu erkennen ist.
Die Mittelfinger der beiden Hände sind ulnarwärts, die Zeige- und Ringfinger radialwärts
gekrümmt, die Metakarpen auseinandergedrängt. Manche Knochen scheinen bedeutend ver¬
kürzt zu sein.
Die Auffassung, daß es sich in diesem Falle Herdman’s um von
den Epiphysenknorpeln ausgehende, also auf das Entwicklungsalter
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
des Individuums zurückreichende Tumoren handelt, läßt sich dadurch be¬
gründen, daß sie jedesmal den der Epiphysengrenze anliegenden Teil der
Diaphyse betreffen, das gegenüberliegende Ende der Diaphyse, das Köpfchen
der Phalangen, die Basis der Metakarpen freilassen. Aus diesem Sitz der
Tumoren, sowie aus dem ganzen Habitus des Bildes geht die chondromatöse
Natur der Erkrankung hervor; aus der bedeutenden Durchlässigkeit der
Tumoren für Röntgenlicht und der grob-netzförmigen Innenzeichnung ist
ersichtlich, daß die Tumoren nur wenig Knochensubstanz enthalten und nur
von spärlichem Knochengerüst durchzogen sind. Stellenweise sind die Chon¬
drome vielleicht cystisch degeneriert.
Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
Von Dr. Paul C. Franzo, Bad Nauheim.
Die Orthodiagraphie ist die Methode, mittelst deren wir durch Rönt¬
genstrahlen eine Parallelprojektion und somit eine genaue Wiedergabe der
Größe des Objektes im Bild erreichen.
Zum besseren Verständnisse hiervon muß ich kurz auf die Projektion
im Röntgenverfahren eingehen.
Entwirft eine Lichtquelle das Schattenbild eines Körpers auf eine
Ebene, die wir die Projektionsebene nennen, so besteht ein prinzipieller
Unterschied in der Bildgabe, je nachdem die Strahlen von einer begrenzten
Fläche, einem Flammenkörper oder gar nur einem mathematischen Punkte
einerseits ausgehen und daher divergierend, radiär verlaufen, oder anderer¬
seits nachdem sie parallel einfallen.
Im ersten Fall haben wir eine Zentralprojektion (Fig. 1), weil
die Strahlen von einem Projektionszentrum ausgehen; im zweiten handelt
es sich um eine Parallelprojektion (Fig. 2), weil sie pa rallel einfallen.
Letzteres ist nur bei den Sonnenstrahlen der Fall, da wir diese infolge der
sehr großen Entfernung der Sonne als parallel ansehen können. Alle
irdischen Projektionen dagegen sind Zentralprojektionen, und zwar reden
wir von einer echten Zen tralpro j ektion, wenn das Projektions¬
zentrum tatsächlich ein mathematischer Punkt ist, von einer un¬
echten Zentralprojektion dagegen, w r enn ein Flammenkörper, z. B. ein
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie,
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Kerzenlicht, oder eine leuchtende Fläche, Projektionszentrum ist. In
diesem Falle ist natürlich in Wahrheit jeder der unendlich zahlreichen
mathematischen Punkte dieses Flammenkörpers oder der leuchtenden Fläche
Projektionszentrum und entwirft ein Bild für sich.
Die Projektion mit Röntgenstrahlen ist also auch eine Zentral¬
projektion, bei der die Strahlen mehr oder weniger genau nur von dem
Zentrum der Antikathode der Röhre ausgehen. Von hier aus verlaufen
sie radiär nach allen Richtungen des vor der Antikathode liegenden Teiles
des Raumes.
Es ist nun klar, daß, wenn bei der Zentralprojektion die Strahlen das
Schattenbild eines Objektes entwerfen, es vergrößert ist, und zwar umso
mehr, je näher das Objekt dem Projektionszentrum sich befindet, und umso
weniger, je weiter entfernt es davon ist.
Anders bei der Parallelprojektion. Hier sieht man sofort, daß Bild
und Objekt gleich groß sind.
Bei der gewöhnlichen radiographischen Aufnahme nun, dem Radio¬
gramm, fällt die Vergrößerung kaum ins Gewicht; denn hier handelt es sich
doch meist um Skeletteile, um Fremdkörper oder um Konkrementbildungen,
bei denen eine geringe Vergrößerung für diagnostische Zwecke irrelevant
ist, und andererseits befinden sich die betreffenden Teile sehr nahe der
photographischen Platte, die ja hier die Projektionsebene bildet, sodaß die
Vergrößerung an sich nur gering ist.
Beim Herzen jedoch herrschen andere Verhältnisse.
Hier machen wir einerseits röntgenologische Untersuchungen fast nur
zu dem Zwecke, den genauen Umfang des Organes festzustellen, und anderer¬
seits liegt der größte Frontalschnitt des Herzens etwa 7—10 cm hinter der
vorderen Brustwand, sodaß schon eine ziemliche Vergrößerung beim gewöhn¬
lichen Radiogramm zustande kommt.
So ist es denn begreiflich, daß, als die Röntgenstrahlen ihren Sieges¬
zug zurch die Medizin hielten, man alsbald auf Mittel und Wege sann, um
das Herz ohne Vergrößerung im Röntgenbild wiedergeben zu können.
Zunächst möchte ich aus historischem Interesse die verschiedenen
Methoden aufzählen, die hierzu vorgeschlagen und benutzt worden sind, ehe
die Orthodiagraphie erfunden wurde.
Vorher aber wollen wir uns darüber klar werden, was wir überhaupt
am Herzen mittelst Röntgenstrahlen messen wollen und können.
Es geht der obere Rand des Herzens unmerklich in den Schatten der
großen Gefäße, Aorta, Lungenarterien, oberen Hohlvene über und ist daher
nicht im Schattenbild sichtbar; ebenso verschwindet sein unterer Rand im
Schatten des Zwerchfells; obere und untere Grenze des Organs können wir
also nicht wahrnehmen.
Die wir sehen können, sind lediglich der rechte und der linke Schatten¬
rand des Herzens. Wir müssen also die Messung auf gewisse Grenzen, die
Punkte auf diesen beziehen. Da ergibt sich nun als hauptsächlichste Norm
des zu Messenden die äußerste Ausdehnung des Herzens nach rechts und
nach links, und wir bezeichnen die Entfernung dieser beiden Punkte von
einander entweder mit Levy-Dorn als „größten Querdurchmesser“
oder nach Moritz als „transversale Dimension“ des Organes.
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
Die verschiedenen früher zur Bestimmung des wahren Herzumfanges
verwendeten Methoden sind nun folgende:
1. Man schlug vor, das gewöhnliche Radiogramm des Herzens aufzu¬
nehmen und es dann mathematisch auf die wahre Größe zu reduzieren. Diese
Methode hat aber folgende Mängel: 1. ist die Umrechnung umständlich, 2. kannte
man nicht die Entfernung des Herzens von der Brustwand und konnto die Be¬
rechnung daher doch nicht genau machen, 3. entsprechen die projizierten
Konturen ganz verschiedenen Stellen der Herzoberfläche und zwar solcher,
die umso weiter nach hinten liegen, je näher die Röhre dem Rücken des zu
Untersuchenden sich befindet, und Stellen, die umso mehr nach vorne, also
den wahren gesuchten Herzgrenzen nahe liegen, je weiter entfernt die Röhre
ist; es geht das aus dem divergierenden Verlauf der Strahlen bei der Zen¬
tralprojektion hervor. Infolge dieser Mängel wird diese Methode nicht mehr
angewendet.
Die zweite und dritte Methode gingen von der Tendenz aus, den Ver¬
hältnissen der Parallelprojektion möglichst nahe zu kommen, dadurch, daß
man die Röhre — also das Projektionszentrum — möglichst entfernt an¬
brachte; man mußte dazu natürlich eine ziemlich harte und stark leuchtende
Röhre wählen. Diese beiden Verfahren stammen von Levy-Dorn und von
Holzknecht. Ersterer verfuhr folgendermaßen: er machte auf dem Leuchtschirm
eine vertikale Marke; diese brachte er zunächst an den einen Schattenrand des
Herzens und bezeichnete mit Dermatographen diese Stelle auf der Haut des
Patienten; dann ging er mit der Marke an den anderen Schattenrand und
verfuhr in gleicher Weise. Holzknecht brachte eine Mattglasscheibe auf dem
Leuchtschirm an und markierte auf dieser die beiden seitlichen Schattenränder.
Man erhält durch diese beiden Verfahren zwar nur approximativ
richtige Werte, aber doch solche, die einen Vergleich bei verschiedenen unter
den gleichen Bedingungen gemachten Aufnahmen gestatten.
Immerhin müssen wir aber Mo ritz Recht geben, der diesen Methoden
vorwirft, daß sie eine Genauigkeit vortäuschen, wo keine solche wirklich be¬
steht, und deshalb nicht empfehlenswert sind.
Wir verwenden daher heute nur noch das allein exakte Verfahren,
die Orthodiagraphie nach Moritz.
Ihre Theorie ist die folgende:
Unter allen von der Mitte der Antikathode ausgehenden Strahlen
verläuft einer senkrecht zur Projektionsebene. Wenn es nun möglich wäre,
diesen senkrechten Strahl auszusondern und - Beweglichkeit der Röhre vor¬
ausgesetzt — um den Rand des zu untersuchenden Organes herumzuführen,
und ferner, in jedem Augenblick die mittelst dieses senkrechten Strahls
projizierten Schattengrenzen aufzuzeichnen, dann ist es klar, daß wir so eine
Parallelprojektion in der Aufeinanderfolge und somit eine genaue Wieder¬
gabe der Größe des Bildes erreichen würden. Denn, wenn eine Senkrechte
sich auf einer Ebene verschiebt, so bleibt sie sich selbst parallel. Diese
Postulate erfüllen war nun tatsächlich mit der Orthodiagraphie, w T ie sie von
Moritz erfunden und hauptsächlich ausgebildet worden ist.
Betrachten wir zunächst ihre Theorie etwas näher (Fig. 3). Wir haben
also die Möglichkeit, die Röhre zu verschieben, vorausgesetzt. Zuerst nun
stehe sie mit der Antikathode bei a, sodaß der senkrechte Strahl d die
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
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linke Grenze des Objektes (et) bei e trifft; dann projiziert er den Punkt e
nach g, und wir haben nur noch nötig, diese Stelle zu bezeichnen.
Dann verschieben wir die Röhre, sodaß die Antikathode bei a' zu stehen
kommt. Der Grenzstrahl d' geht nun an dem anderen Rand des Objektes
bei t vorbei und projiziert diesen Punkt nach h; auch er wird bezeichnet.
Es leuchtet nun ein, daß der Durchmesser des Bildes g h gleich dem des
Objektes e t ist. Wir müssen uns das nun planimetrisch vorstellen, nicht
nur in bezug auf den einen Durchmesser, sondern auf den ganzen Umfang
des Objektes; sein Rand wird mit dem senkrechten Strahl umfahren und
dessen Schattenprojektion kontinuierlich markiert; dann ist der Umfang ge¬
treulich in natürlicher Größe aufgezeichnet worden. Allerdings trifft dies
ganz genau nur zu, wenn die Ebene des größten Durchmessers des Objektes
und der Leuchtschirm, bezw. die Zeichenfläche, ganz genau parallel zu ein¬
ander stehen. Ist dies nicht der Fall, so fällt das Bild etwas kleiner aus als
das Objekt, und dieser Fehler ist umso größer, je weniger parallel die
Zeichenfläche zur Ebene des größten Umfanges des Objektes steht, wie aus
der Linie i k in Fig. 3 ersichtlich ist. Der Durchmesser (g h) des Bildes ist
kleiner als ik.
Dieser Fehler kommt gerade bei Herzaufnahraen etwas in betracht,
da wir vorläufig noch kein Mittel besitzen, um festzustellen, in welcher
Ebene der größte Umfang des Herzens liegt (außer etwa durch sehr um¬
ständliche Tiefenbestimmungen) und daher die Zeichenfläche und den Leucht¬
schirm nicht genau parallel zu ihm einzuslellen vermögen. Bei normalem
Herzen oder seiner vorwiegenden Vergrößerung nach rechts wird der Fehler
allerdings nur sehr gering oder kaum vorhanden sein. Er tritt umso mehr
hervor, je mehr das Herz nach links vergrößert ist, weil sein größter Durch¬
messer sich dann umso mehr von der Frontalebene der Thoraxoberfläche
entfernt. Allein, dieser Fehler ist auch im ungünstigsten Fall geringer als
der in der Vergrößerung bei der Zentralprojektion beruhende, und die Ortho¬
diagraphie bleibt trotzdem das beste Mittel zur Bestimmung der Größe
innerer Organe, speziell des Herzens.
Die Konstruktion eines Apparates nun, der gestattet, die Röhre
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
zu verschieben und außerdem die Projektion mittelst des einen senkrechten
Strahles allein aufzuzeichnen, geschieht nach folgendem Prinzip:
Ein aus drei senkrecht zusarainengefügten Schenkeln bestehender,
steifer, U-förmiger Halter trägt an dem hinteren Schenkel die Röhre, an dem
vorderen den Leuchtschirm. Dieser hat in der Mitte eine Öffnung, durch
die der Zeichenstift, der an einem Halter hier befestigt ist, hindurchgeht.
Durch das Augenmaß oder durch eine besondere Zentriervorrichtung wird
nun die Spitze des Stiftes genau gegenüber der Mitte der Antikathode ein¬
gestellt, und die Arme werden dann starr gegen einander fixiert. Es fällt
also jetzt der senkrechte Strahl auf die Stiftspitzo. Dieses ganze starre
System —. Röhre und Leuchtschirm mit Stift — ist um eine Axe beweglich,
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
sodaß die Röhre einerseits, Schirm mit Stift andererseits, nach allen Richtungen
je einer Ebene verschieblich sind, in der sie bezw. liegen. Diese Ebenen
sind einander natürlich parallel. Ein mit Gewichten versehenes Hebelsystem
garantiert die Aufrechterhaltung
eines möglichst indifferenten
Gleichgewichtes.
Der Patient steht zwischen
Röhre und Schirm, die Brust
letzterem zugekehrt. Auf dem
Schirm erblickt man beim Leuch¬
ten der Röhre den Herzschatten;
man bringt nun unter beständiger
Bewegung des Systems mit der
Zeichenvorrichtung entlang den
Schattengrenzen des Herzens
Punkte an und markiert so, wie
wir gesehen haben, immer nur
die Schattenprojektion des senk¬
rechten Strahls, also die wahren
Herzgrenzen; denn wir erhalten
durch das Verfahren von diesen
eine Parallelprojektion in der Auf¬
einanderfolge.
Die Fig. 4, 5, 6 und 7 stellen
moderne Typen von Orthodia-
graphen dar.
Jetzt müssen wir uns aber
r i- i ii • u i noch etwas näher mit einigen
Figur 5. Orthouiagraph nach Ingenieur Boas und . . . °
Dr. Levy-Dorn; für Vertikalaufnahmen eingestellt, einschlägigen anatomischen
(Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen.) Fragen und mit der Technik
des orthodiagraphischen
Aufnahme Verfahrens selbst beschäftigen. Außer auf meine eigenen
Erfahrungen muß ich mich hierbei in erster Linie auf die grundlegenden
Arbeiten von Moritz berufen und habe auch einige
wertvolle Winke dem Lehrbuche von Albers-
Schönberg sowie dem Werke von Holzknecht*)
entnommen.
Zunächst fragt es sich in anatomischer Hin¬
sicht, ob die dünneren Randpartien des Herzens
nicht etwa so stark durchstrahlt werden, daß sie
keinen genügend dunklen Schatten geben, um sich
von den helleren Lungenfeldern sichtbar abzu¬
heben. Wir würden dann eine Zeichnung erhalten,
. die nicht den wahren Herzrändern, sondern einem
für Horizontalaufnalunen weiter einwärts auf dem Organ befindlichen Um¬
eingestellt. riß entsprächen. Moritz hat indes diese Frage
*) s. Literaturverzeichnis am .Schlüsse.
Digitizeö by Go o
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Digiti;
Theorie, Technik und Methodik (1er Orthodiagraphie.
durch Versuche an der Leiche mit nachfolgender Kontrolle durch Autopsie und
durch solche an isolierten, mit Wasser gefüllten, in abgedunkelter Umgebung
liegenden Herzen beantwortet. Durch diese Versuche wurde der Beweis ge¬
liefert, daß tatsächlich der äußere Herzrand schattenbildend ist und das
Orthodiagramm somit den wahren Umfang des Organs wiedergibt.
Ferner müssen wir darüber
orientiert sein, welche Ge¬
bilde des Mediastinums für
den Schalten „randbildend“
sind. Es verhält sich das
folgendermaßen : durch¬
leuchtet man die Brust eines
Menschen von hinten nach
vorne, so erblickt man auf
dem Leuchtschirm außen
auf beiden Seiten die hellen
Lungenfelder, hell des¬
wegen, weil das normalo
Lungengewebe nur in sehr
geringem Maße Röntgen¬
strahlen absorbiert. Die
beiden Lungenfelder werden
von einander in ihrer ganzen
Ausdehnung durch einen
vertikalen Schatten geschie¬
den, der unten auf einem
horizontal verlaufenden
Schalten, demjenigen des
Zwerchfells, aufsitzt. Der
erstere ist der sogenannte
,,M ittelschatte n“ und
hat in folgenden Gebilden
sein Substrat: erstens nimmt
in ganzer Ausdehnung die
Wirbelsäule an seiner
Bildung Teil, zweitens das
Brustbein, aber nur in geringem Grade, da es infolge seiner Zusammensetzung
aus spongiöser Knochenmasse nur wenige Röntgenstrahlen absorbiert; drittens
sind im Mittelschatten etwas weiter nach abwärts das Herz und die großen
Gefäße vertreten; ihre Schatten überragen natürlich seitlich die der Wirbel¬
säule und des Brustbeines, und sie werden daher von hier ab randbildend.
Diese Randbildung geschieht nun für beide Seiten gesondert betrachtet
folgendermaßen: 1. rechts wird der Rand des Mittelschattens oben von der
Wirbelsäule, dann weiter abwärts durch die zwar gerade, aber die Wirbelsäule
nach außen überragende Vena cava superior mit der rechten Vena anonyma
und jugularis gebildet; hieran schließt sich nach abwärts ein nach außen
konvexer, großer Bogen an, dem der rechte Vorhof zugrunde liegt. Dieser
Bogen wird nach unten durch den Zwerchfellschatten begrenzt. Links ist
Figur 7. Orthodiagraph nach Ingenieur Dessauer.
(Elektrotechnisches Laboratorium, Aschaffenburg.)
edby CjOOglC
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Theorie, Technik uml Methodik der Orthodiagraphie. 255
die Reihenfolge folgende: oben wieder Wirbelsäule, hieran anschließend ein
kleiner nach außen konvexer Bogen, der durch den Arcus aortae und einen
Teil der Aorta descendens gebildet wird; dieser Bogen trifft im stumpfen
Winkel auf einen sich nach unten an ihn anschließenden, ebenfalls nach
außen konvexen kleinen Bogen, der gewöhnlich von der linken Art. pulmo-
nalis und einem Teil des rechten Ventrikels, bisweilen von jener und einem
Teil des linken Herzrohrs gebildet wird, wobei der rechte Ventrikel dann
von der Randbildung ausgeschlossen bleibt. Nach unten schließt sich hieran
ein großer auch auswärts konvexer Bogen an, der ganz vom linken Ventrikel
zustande gebracht wird; nur bei starker Erweiterung des rechten Ventrikels
kann der linke ganz nach hinten gedrängt und somit der unterste linke Bogen
vollständig vom rechten Ventrikel gebildet werden.
Die allgemeine Technik der praktischen Ausübung des Verfahrens
ist folgende:
Man benützt aus Gründen, die ich unten erklären werde, mittlere
Respirationsstellung für die Aufnahme und zeichnet, wenn möglich, stets
während der Diastole des Herzens. Doch braucht man in Fällen, wo dies
schwer fällt, z. B. bei sehr rascher Herzaktion, nicht ängstlich hierauf zu
achten; da nämlich die Diastole die zeitlich längere Phase der Herzarbeit ist,
so benutzt man sie in solchen Fällen wahrscheinlich unwillkürlich zum
Markieren. Auch ist der Unterschied der Flächenausdehnung des Organs bei
Systole und Diastole ein geringer, zumal bei erregter, schwacher Aktion.
Man markiert nun in der Weise, daß man entlang den Schattenrändern
des Herzens Punkte auf der Haut anbringt. „Diese Art“, sagt Moritz, „die
Grenzen aufzunehmen, ist viel genauer, als wenn man stets dem Rande des
Schaltens entlang fahren wollte“. Nach meiner Erfahrung ist das fortlaufende
Zeichnen ganz verwerflich, da man unmöglich die ganze Linie in allen ihren
Punkten genau dem Schattenrand des Organs entsprechend ausführen kann;
dann aber liegt die Gefahr nahe, gerade an den wichtigen Punkten, auf die
es für die Messung ankommt, eine UngeDauigkeit zu begehen. Punktiert man
dagegen, indem man sich der Stellen, auf die es am meisten ankommt, bewußt
bleibt, so kann man diese mit Exaktheit markieren. Ein fernerer Grund ist der
folgende: das dichte Geäst der Bronchien und Blutgefäße in den Hilus der
Lungen bedingt normalerweise eine teilweise Verdunkelung der Lungenfelder
zu beiden Seiten des Herzens. Diesen „Begleit sc hatten“ beobachtet man
besonders rechts, da er links vom Herzen selbst zum Teil verdeckt wird.
Zwischen Herz- und Begleitschatten liegt nun eine schmale helle Zone, welche
die Abgrenzung des Herzens erleichtert; diese ist aber oft bei seitlich stehender
Röhre deutlicher, als wenn letztere senkrecht unter dem Herzrande sich be¬
findet. In diesen Fällen erleichtert es also die Aufnahme, für jeden Punkt
zuerst mit der Röhre in das helle Lungenfeld hinaus und dann auf den Herz¬
rand zuzugehen, somit also den Schattenrand diskontinuierlich durch Punkte
zur Darstellung zu bringen. Auch ist aus optischen Gründen der Schatten¬
rand in dem Augenblick besonders deutlich perzipierbar, wo er auf dem
Leuchtschirm mit dem Zeichenstift zusammenfällt (Moritz).
Die beste Technik der Orthodiagraphie besteht also
darin, bei mittlerer Respirationsstellung die Diastole des
Herzens aufzuzeichnen, indem man entlang seines Schatten-
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
randes Punkte anbringt, unter besonderer Beachtung der für die spätere
Ausmessung des Bildes wichtigen Stellen; für jeden einzelnen Punkt
geht man mit der Zeichenvorrichtung erst in das helle Lungenfeld hin¬
aus und wandert dann auf den Herzrand zu.
Mit Recht betont Albers-Schönberg, daß für eine ersprießliche
Ausnützung der Orthodiagraphie in der Praxis der Apparat mit passend aus¬
gesuchter Röhre versehen stets gebrauchsfertig dastehen muß. Man braucht
eine mittelweiche Röhre, mit der man fast in allen Fällen auskommt; ferner
muß sie eine starke Belastung vertragen und eine zu dem Zweck passend
gebaute Antikathode besitzen. Ich benutze die Müllerröhren mit und ohne
Wasserkühlung mit Vorliebe gerade für Orthodiagraphie. Starkstromanschluß
ist hier ein entschiedener Vorteil, da er mit Elektrolytunterbrecher ent¬
schieden hellere Durchleuchtungen gibt, als Akkumulatorenbetrieb mit
Platinunterbrecher; allerdings ist der Röhrenverbrauch ein größerer; doch das
darf bei diesem technisch schwersten Teil der ganzen Röntgenologie, wo es
zugleich so sehr auf Genauigkeit ankommt, nicht ins Gewicht fallen. Stets
soll der Orthodiagraph mit einer Blende versehen sein und der Leuchtschirm
eine gute Bleiglasschutztafel tragen, da man sonst die ganzen Strahlen
direkt ins Gesicht bekommt; auch die Hände sind durch Bleiblechansätze an
den Handgriffen zu schützen. Vor Beginn der Aufnahme muß das Auge sich
völlig an die Dunkelheit gewöhnt haben. Hierzu ist 2—5 Minuten langes
Verweilen im dunklen Zimmer nötig, ehe man die Arbeit anfängt. Sonst ist
das Auge für das Fluoreszenslicht des Leuchtschirmes zu unempfindlich, um
scharf zu differenzieren.
Nehmen wir nun, ehe wir fortfahren, an, wir hätten ein Orthodiagramm
(Fig. 8) aufgenommen. Unsere nächste Aufgabe ist es dann, es nach be¬
stimmten Gesichtspunkten auszumessen und auf Papier zu übertragen. Zu¬
nächst ergänzen wir nach dem Augenmaß die obere und untere Grenzünie
des Organs, indem wir sie im Sinne der Bogenrichtung der seitlichen Ränder
ausziehen.
Wir zeichnen dann die Mittellinie des Körpers, d. h. die Linie vom
Jugulum zum Nabel, und fällen auf diese je eine Senkrechte von dem
äußersten Punkte des rechten (a) und des linken Randes (b); letzterer Punkt
entspricht gewöhnlich der Herzspitze; er kann aber, namentlich bei steil ge¬
stelltem Herzen, verschieden weit oberhalb ihrer liegen. Wir bezeichnen
nach Moritz diese Senkrechten als „Medianabstand“ rechts (ac) und links (b e)
und ihre Summe als „transversale Dimension“ des Herzens. Ferner ver¬
binden wir die Herzspitze mit dem oberen Teil des rechten Herzrandes und
zwar mit der Stelle, wo der Vena-cava-superior-Rand in den Bogen des
rechten Vorhofs übergeht (d). Es entspricht gewöhnlich schätzungsweise
dieser Punkt der 4. Rippe. Die Linie df stellt den „Längsdurchmesser“
des Herzens dar. Es muß vor dem Irrtum gewarnt werden, bei Ortho-
diagrammen von liegenden Personen die Herzspitze da zu suchen, wo der
linke Herzrand auf das Zwerchfell trifft; vielmehr liegt die Spitze ein Stück
weit in dem Schatten des Zwerchfells versenkt. Man erkennt sie aber bei
richtigem Lichte trotzdem, und zwar am besten an ihrer Pulsation im Zwerch¬
fellschatten. Nun fällt man ferner noch zwei Senkrechte auf den Längs¬
durchmesser; die eine geht von der Grenze zwischen unterstem und mittlerem
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
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linken Bogen (g) und die andere von der rechten unteren „Herzecke“ (h) aus;
dieses ist die Übergangsstelle des rechten Seitenrandes in den unteren Rand
des Organs. Die Summe dieser Linien (ho-fgp) heißt „Breitendimension“.
Nach Moritz kommt sie der Breite des rechten Ventrikels gleich; die anderen
Abmessungen aber entsprechen nach ihm keinen anatomisch einheitlichen
Dimensionen. Da die rechte untere Herzecke nicht immer wahrnehmbar ist,
so empfehle ich in solchen Fällen, statt ihrer, wie Albers-Schönberg es bei
seiner gleich zu erwähnenden Messung tut, den Punkt zu wählen, wo der
Rand des rechten Vorhofs mit dem Zwerchfellschatten zusammentrifft (i).
Figur 8.
Von hier aus wird also die eine Senkrechte auf den Längsdurchmesser
gefällt und die andere wie oben angegeben. Albers-Schönberg zieht an
Stelle der die Breitendimension nach Moritz bezeichnenden zwei Linien eine
einzige von der eben genannten Stelle (i) aus nach „der größten Konkavität
links oben“ (g) und gibt folgende Annäherungswerte für die Messungen
an: die zuletzt genannte Linie entspricht dem Querdurchmesser des rechten
Ventrikels, der Medianabstand links dem Querdurchmesser des linken Ven-
Archiv f. physik. Medizin otc. 17
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trikels, derjenige rechts dem des rechten Vorhofs und der Längsdurchmesser
der Gesamtlänge des Herzens.
Endlich kann man nach Moritz noch eine transversale Linie (kl) durch
das ganze Bild legen und den Winkel « a) messen, den sie mit dem Längs¬
durchmesser bildet; dieser heißt der „Neigungswinkel' 1 des Herzens und gibt
über den Grad seiner Steilstellung Aufschluß, indem er bei steiler gestelltem
Organe größer ist und umgekehrt.
Alle diese Linien werden nun in Zentimetern gemessen und die Zahlen
am besten in das Orthodiagramm eingetragen, eventuell auch noch be¬
sonders notiert.
Nun muß aber die Zeichnung auf bestimmte feste Punkte des Thorax
bezogen werden können; die Mammillen sollen hierzu nicht benutzt werden,
weil die Haut verschieblich ist, und sie daher keinen sicheren Anhaltspunkt
gewähren; auch der Zwerchfellstand läßt sich dazu nicht verwerten, weil er
natürlich ganz wechselnd ist. Es sind sehr umständliche Methoden ange¬
geben worden, um die topographische Festlegung des Orlhodiagramms zu
erreichen, die jedoch ganz überflüssig sind. Alles was nötig ist, ist folgendes:
man bezeichnet vor der Aufnahme mittelst schwarzen Dermatographen auf
der Haut des Patienten die Mittellinie des Körpers und außerdem noch die
untere ThoraxaperLur. Orthodiagraphiert man nun nicht direkt auf der
Haut, so benutze man als Projektionsebene eine Mattglasscheibe allein
(ohne Hinterlegung irgend welcher Art). Durch diese kann man jetzt dio
Linien auf der Haut sehen und sie vor oder nach Aufnahme des Orthodia-
gramms, solange der Patient noch in situ ist, hei ausgeschalteter
Röhre und gewöhnlicher Beleuchtung einzeichnen. Benetzt man die Matt¬
glasscheibe mit einem nassen Schwamm oder mit 01, so sieht man noch
besser durch. Diese zwei Linien genügen zur topographisch-anatomischen
Festlegung der Beziehungen des Orthodiagramms zum Körper; alles andere
ist unnötige Polypragmasie. Von der Mattscheibe kann man natürlich leicht
und exakt die Figur auf Pauspapier und dann weiter übertragen.
Das Durchpausen geschieht, wenn man auf die Thorax wand
projiziert hat dadurch, daß man eine Mattglasscheibe frontal an die Brust anlegt,
die Punkte und Linien der Haut durchvisiert und zugleich auf die Glasscheibe
aufzeichnet. Hierbei muß man allerdings sehr vorsichtig zu Werke gehen, um
erstens jede Verschiebung der Haut durch das Andrücken des Glases, anderer¬
seits Ungenauigkeiten beim Visieren zu vermeiden; auch müssen die Auf¬
zeichnungen der Merkpunkte des Thoraxskeletts auf der Haut, das Ortho-
diagraphieren selbst und endlich die Übertragung auf die Glasscheibe alle in
der gleichen Körperstellung und der gleichen Respirationsphase (bei ruhiger
Atmung) vorgenommen werden.
Albers-Schönberg empfiehlt noch eine andere Art der Übertragung
des Orthodiagramms von der Brusthaut auf Papier, nämlich die Blitzlicht-
photographie. Sie eignet sich natürlich besonders für Fälle, die stehend
aufgenommen worden sind, da bei Horizontalaufnahmen eine Verschiebung
der Brusthaut beim Übergang zur aufrechten Stellung eintreten könnte;
jedoch soll man nach dem Autor „bei kräftigen nicht fettleibigen Personen,
bei denen ein Herabsinken der Brusthaut bei aufrechter Lage nicht zu be¬
fürchten ist“, von der allgemeinen Regel Abstand nehmen können, in der-
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 2oÖ
selben Lage zu' übertragen, in der orthodiagraphiert worden ist. Hier
muß aber betont werden, daß auch die Thor axform selbst im Stehen etwas
anders als im Liegen ist (Moritz). Das Verfahren ist kurz folgendes: man
zeichnet alle zu übertragenden Linien auf der Brustwand des Patienten mit
einem schwarzen (nicht blauen) Fettstift auf. Der Patient wird aufrecht
gegen eine Wand, an ein Kissen angelehnt, aufgestellt und mittelst Blitz¬
lichtes photographiert. Für (aufeinander folgende) Vergleichsaufnahmen ist
es natürlich notwendig, stets in genau derselben Entfernung zu photo¬
graphieren. Zu diesem Zwecke muß eine Marke auf dem Fußboden ange¬
bracht werden, „auf welcher der ein für allemal gleichmäßig eingestellte
photographische Apparat postiert wird.“ Man sieht ohne weiteres, daß die
Methode nur in großen Röntgeninstituten, denen Raum ad libitum zur Ver¬
fügung steht, anwendbar ist.
Hinsichtlich der speziellen Aufnahmetechnik des Herzortho-
diagramms nun ist die erste Frage, über die wir uns zu entscheiden haben,
die, ob wir den Patienten im Liegen oder im Stehen aufnehmen wollen. Es
machen sich nämlich einige bemerkenswerte Unterschiede für die beiden
Körperlagen geltend, welche die Wahl nicht gleichgültig erscheinen lassen,
und über die wir uns auseinander setzen müssen. Um Klarheit zu erlangen,
können wir die auftretenden Unterschiede am besten in zwei Gruppen ein¬
teilen; die erste umfaßt dann gewisse Punkte, die für die Aufnahmetechnik
von Einfluß sind. In der zweiten behandeln wir anatomisch-physiologische
Verhältnisse. Wenden wir uns zunächst der technischen Seite der Frage zu,
so spielt in erster Linie die Fixation des Patienten bei der orthodia-
graphischen Aufnahme eine sehr wichtige Rolle. Denkbar sind Bewegungen
des zu Untersuchenden nach drei Richtungen: 1. in der Richtung der Längs-
axe seines Körpers, also nach oben und nach unten, 2. in der Richtung der
frontalen Körperaxe, d. h. seitliche Schwankungen und 3. Drehungen um die
vertikale Axe des Körpers.
Die erste Art von Verschiebung kann naturgemäß nur bei aufrechter
Stellung Vorkommen, wenn etwa der Patient absichtlich die Kniee beugen
und strecken würde; da sich das durch den Willen allein gänzlich vermeiden
läßt, so können wir bei Erwachsenen diese Fehlerquelle überhaupt ignorieren;
bei kleineren, unruhigeu Kindern fällt sie aber sehr ins Gewicht und trägt
dazu bei, die orthodiagraphische Untersuchung von solchen anders als in
liegender Stellung überhaupt zu kontraindizieren. Die seitlichen Schwankungen
bilden eine sehr bedeutende Fehlerquelle, wenn man auf eine vom Körper
unabhängige Zeichenebene projiziert. Projiziert man dagegen direkt auf die
Brustwand des Patienten, so bedingen sie keinen Fehler in der Bildgabe, da
jener bei seitlicher Verschiebung ja sein auf dem Körper gezeichnetes Bild
mitnimmt. Die seitlichen Verschiebungen des Körpers brauchen also nur
dann ängstlich vermieden zu werden, wenn man nicht direkt auf den Körper
projiziert. Die Drehungen des Aufzunehmenden um seine vertikale Axe
wiederum sind in jedem Falle eine Fehlerquelle und müssen daher bei jeder
Art der Aufnahmetechnik mit Sorgfalt vermieden werden.
Wie verhalten sich nun die verschiedenen Körperlagen
zu diesen Forderungen?
Am sichersten fixiert ist der Patient zweifellos, wenn er liegt
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260 Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie .
und zwar auf einem Tisch, der, statt eine Tischplatte zu tragen, mit Segel¬
tuch überzogen ist; dieses schmiegt sich den Körperformen an, und alle
Arten von Bewegung werden so vermieden. Nach diesen Gesichtspunkten
ist der Apparat von Moritz für Horizontalaufnahmen konstruiert. Dagegen
sind die Lungenfelder in dieser Lage nicht so hell wie im Stehen, die Herz¬
ränder also nicht ganz so deutlich sichtbar. Auch sitzt das Herz dem
Zwerchfell breiter auf, seine Spitze ist im Zwerchfellschatten versenkt, und
wenn sie trotzdem optisch von letzterem differenziert werden kann, so ist
das doch mit größeren Schwierigkeiten verbunden als bei aufrechter Stellung.
Der Vorteil des Liegens in technischer Hinsicht ist also die einwand¬
freie Fixierung, sein Nachteil die schwerere optische Wahrnehmbarkeit
der Herzgrenzen. Daß Herzkranke die horizontale Lage oft nicht gut ver¬
tragen, ist ein mehr theoretisch konstruierter Einwand.
Steht der Patient, so müssen ganz besondere FixierungsVor¬
richtungen gebraucht werden, wenn anders das erhaltene Resultat nicht
jeden Wert verlieren soll. Mir persönlich ist keine andere Vorrichtung
bekannt geworden, die eine effektive Feststellung des zu Untersuchenden
garantiert, als die von Moritz angegebene.
Sie besteht in einem aufrecht stehenden mit Segeltuch überzogenen
Rahmen, gegen welch* ersteres der Aufzunehmende mit dem Rücken sich
anlehnt; zugleich wird er an den Schultern durch mit einer Rinne versehene
und der Höhe nach an dem Rahmen verstellbare Holzkeile fixiert. Alle stören¬
den Bewegungen können so verhindert werden; projiziert man außerdem
direkt auf den Thorax, so ist es ja ohnehin nur die Drehung des Körpers
um seine vertikale Axe, die zu Ungenauigkeiten Anlaß geben kann; diese
wird aber durch die angegebene Fixierung, ebenso wie die seitliche
Schwankung auch, vermieden.
Beim Stehen erscheinen die Lungenfelder heller, das Zwerchfell ist
mehr gesenkt, das Herz daher freier. Seine Ränder sind optisch besser
differenzierbar.
Die Vorteile des Orthodiagraphierens in aufrechter Stellung
liegen also in dem zuletzt Gesagten. Der Nachteil dieser Methode ist die
nicht ohne weiteres einwandfreie Fixation. Dieser läßt sich aber durch ge¬
eignete Vorrichtungen kompensieren.
Nach diesen Überlegungen muß zugegeben werden, daß rein tech¬
nisch, sofern die Moritz’sche Fixierungsmethode in Anwendung kommt,
keine Bedenken gegen das Orthodi agraphier en im Stehen vor¬
handen sind, dieses aber den Vorteil der besseren Sichtbarkeit der Herz¬
grenzen hat.
Wir haben nun die anat omisch-ph ysiologische n Unterschiede
am Herzen bei liegender und aufrechter Stellung zu betrachten.
Orthodiagraphiert man das Herz derselben Person hintereinander bei
aufrechter und liegender Körperstellung, so bemerkt man folgendes: (Fig. 9)
I. im Stehen:
1. Das Herz ist oft steiler gestellt, der Neigungswinkel also größer als
im Liegen.
2. Fast immer sind ein oder beide Medianabstände und somit auch
die transversale Dimension kleiner als bei horizontaler Aufnahme-
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Thoorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 261
Stellung. Diese Verkleinerung der transversalen Dimension beträgt
0,4 bis 2,5 cm.
3. In der Mehrzahl der Fälle nimmt auch die Breitendimension ab.
4. Auch der Längsdurchmesser ist bisweilen, der Flächeninhalt der
ganzen Figur gewöhnlich, verkleinert; oft ist der Längsdurchmesser
aber größer.
5. Stets liegt das Herz tiefer nach abwärts im Brustkorb als in hori¬
zontaler Lage.
Es ist also die Herzsilhouette im Stehen verschmälert.
ein im Liegen mitgenommenes Orthodiagramm desselben Herzens dar.
II. im Liegen herrschen die umgekehrten Verhältnisse.
Welche sind nun die Gründe für die Verkleinerung des Herzens im
Stehen?
Denkbar sind folgende Ursachen:
1. die Steilstellung läßt die transversale Dimension des Organs ab¬
nehmen,
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262
Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
2. (las Herz kann sich um seine vertikale Axe, die oben durch den Ge-
fäßtrunkus, unten durch die Vena cava inferior geht, so drehen, daß
ein kleinerer Querschnitt sich in die Frontalebene einstellt,
3. das Herz kann tatsächlich an Volumen abnehmen, oder endlich
4. mehrere dieser Ursachen können sich kombinieren.
Von diesen steht die Steilstellung fest; sie läßt die transversale
Dimension kleiner werden, reicht also nicht zur Erklärung der gesamten
Verkleinerung aus. Auch ist sie nicht die einzige Ursache der Abnahme der
transversalen Dimension; denn diese findet bisweilen auch ohne Zunahme
des Neigungswinkels statt.
Der zweite Grund würde dazu genügen. Moritz führt jedoch zahl¬
reiche Motivierungen an, um nachzuweisen, daß eine solche Verdrehung nicht
stattfindet.
Der dritte Grund endlich wird von Moritz als der in erster Linie
wirkliche für die Verkleinerung des Herzbildes bei aufrechter Stellung an¬
genommen. Hierfür führt er verschiedene Beweise, auch die Resultate
seiner Tierversuche an, unter ersteren namentlich auch die Beobachtung,
daß auch beim Orthodiagraphieren bei seitlicher Durchleuchtung, also in
der frontalen Körperaxe, die Herzsilhouette kleiner ist. Das ist in der Tat
beweisend.
Auf Grund dieser Anschauung, daß tatsächlich oft das Volumen des
Herzens in vertikaler Körperlage kleiner als in horizontaler ist, erklärt Moritz
die horizontale Rückenlage für die allein richtige zur Herstellung von Ortho-
diagrammen.
Ich lasse eine Tabelle von Moritz über Horizontal-Orthodiagramme
folgen, die für drei verschiedene Körpergrößen die gefundenen Durch¬
schnitts-, Maximal- und Minimalwerte für die Herzgröße Gesunder wiedergibt
(aus Albers-Schönberg: „Die Röntgentechnik“):
Körpergröße
Median¬
ahstand
rechts
cm
Median¬
ahstand
links
cm
Längs- Quer-
d urch messen durchmesser
cm cm
Oberfläche
qcm.
Ü
Durchschnitt . . .
4,4
7,9
13,0
10,2
98
£ J
T
Maximum ....
4,8
8,0
13,5
10,5
100
.Minimum ....
4,0
7.8
11,5
10,0
80
s
o
Durchschnitt . . .
4.4
8,3
13,4
10,5
102
f ■
Maximum ....
5,0
9,3
14,5
10,8
108
Minimum ....
3,5
7,5
12,8
9,0
87
-178 cm
Durchschnitt . . .
Maximum ....
4,0
5,9
8,8
9,7
14,0
15,3
10,3
11,0
100
126
i
T— <
I~
Minimum ....
3,0
7,8
12,5
9,0
92
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Thi'ori(>, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
203
Ich habe selbst neun vergleichende Unlersnchungen zwischen vertikaler
und horizontaler Lage bei einer Anzahl herzleidender männlicher Individuen
gemacht und führe die gefundenen Zahlen in folgender Tabelle an:
Alter
Klinische
Diagnose
M.A. M.A.
rechts links
cm | cm
Tr.D.Br.D.
|
cm 1 cm
» = |
bi i c |j Körper-
11 -i f ll läse
^ 5?, l!
Bemerkungen
36
Herzerweiterung,
Töne unrein, kein
Geräusch
5,0
6,0
11,0
12,0
16,0
18,0
14,0 16,0
15,5 17,0
1 1 ,
47° j| stehend
40° |i liegend
|[
1
25
Chron. Nierenent¬
zündung; Herzhy-
pertropliie; lautes
systol. Geräusch
6,0
7,0
10,0
10,5
!
16,0
17,5
12,5
14,0
16,5
1 17,0
30°
25°
stehend
liegend
37
Neurasthenie
3,8
5,0
9,0
j 7,0
12,8
12,6
12,0
11,0
12,5
' 14.0
35°
37°
stehend
liegend
Herzlage sehr
veränderlich beim
1 Uehergang vom
Liegen znmStehen
57
Myocarditis
3,6
4,0
9,0
9,8
12,6
13,8
,i0
12,0
15,0
16,0
400
44°
stehend
liegend
23
Mitralinsuffizienz
6,0
6,5
8,8
9,5
14,8
16,0
11,5
11,7
14,5
! 15,0
32°
35°
stehend
liegend
30
Leises systolisches
Geräusch an der
Spitze
5,0
5,5
8.3
8.4
13,3
!3,9 |
10,5
11,0
14,0
15,0
42°
39°
stehend
liegend
18
Mitralinsuffizienz
5,0
5,0
6,5
6,5
11,5
11,5
10,0
10,0
12,0
12,0
32°
32°
stehend
liegend
Das Herz ist
liegend u. stehend
gleich groß
27
Verlagerung dea
Herzens nach rechts
durch linksseitigen
, Hy dropneumot horax
10,5
11,0
3,0
3,5
E CO
CT» CT»
10,5
11,0
14,0
15,0 i 1
48°
45°
stehend
liegend
1
27
Dilatation des
Herzens
5,2
6,0
8,5
9,4
13,7
15,4
12,0
12,9
13.5
14.5
39°
36°
stehend
liegend
Nehmen wir es nun als gegeben an, daß das Gesamtvolumen des
Herzens in vertikaler Lage etwas geringer als in horizontaler ist, sOjiniissen
wir zunächst überlegen, ob nicht noch andere Voraussetzungen in Betracht
gezogen werden müssen, ehe wir eine Schlußfolgerung hinsichtlich einer für
die Orthodiagraphie als allein richtig anzusehenden Körperstellung ziehen
können; und da ergibt sich in der Tat, daß noch andere Momente Berück¬
sichtigung verdienen.
Erstens fragt es sich, ob die ganz horizontale Lage a priori mehr als
Norm angesehen zu werden verdient, als die vertikale.
Zweitens will es scheinen, ols ob für die Möglichkeit, eine Abnormität
der Herzgröße nach stehend aufgenoinmenen Orthodiagramineu zu beurteilen,
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264
Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
nichts Anderes nötig wäre, als an der Hand einer sehr großen Untersuchungs¬
serie bei herzgesunden Individuen die normale Durchschnittsgröße des Ver-
tikalorthodiagramnis zu ermitteln; wir müßten dann einen ebenso konstanten
(bezw. ebenso wenig konstanten) Wert erhalten, als dies bei Horizontalauf¬
nahmen der Fall ist, und könnten ihn als Basis unserer Schlußfolgerungen
mit gleichem Recht wie hier verwerten.
Das dritte und wichtigste Moment ist aber das, daß sich a priori über¬
haupt keine normale Herzgröße für ein gegebenes Individuum annehmen läßt.
Wir wollen nun gleich hier die allgemeinen Angaben über die
Größenverhältnisse des Herzens überhaupt hinzufügen. Seine Maße hängen
von der Körpergröße, dem Alter und dem Zustand der übrigen Muskulatur
ab. Die Größe des Organs bei Frauen entspricht derjenigen gleich großer
Männer, nur der Medianabstand rechts ist bei ihnen oft ca. 1 cm kleiner als
beim Manne von gleicher Größe (Moritz).
Hyrtl sagt: „Kein Organ bietet so auffallende Schwankungen seiner
Größe und seines Gewichtes dar, wie das Herz“ (zitiert nach Franke: Die
Orthodiagraphie).
Ein sinngemäßes Lesen der Moritzschen Tabelle würde für ein will¬
kürlich gewähltes Beispiel folgendes ergeben:
Untersuche ich heute zum erstenmal meinen Patienten X und finde
bei einer Körperlänge von 155 cm die entsprechenden Minimalwerte der
Tabelle: Medianabstand rechts = 4,0, links = 7,8 etc, so darf ich mit
Sicherheit annehmen, daß sein Herz nicht vergrößert ist: finde ich die Durch¬
schnittswerte, so ist es nur noch wahrscheinlich, daß keine Vergrößerung
besteht, und ergeben sich endlich die Maximalwerte, dann ist diese Wahr¬
scheinlichkeit bereits beträchtlich geringer; denn diese Maximalwerte sollen
doch offenbar nur bedeuten, daß bei einer Anzahl sicher herzgesunder In¬
dividuen sich jene Zahlen als maximale Werte der Herzgröße fanden; sie
sagen aber nicht etwa aus, daß, wenn ich sie konstatiere, hieraus der Rück¬
schluß gestattet ist, daß das Herz nicht erweitert sei; dies gilt nur für die
Minimalwerte; denn Patient X, bei dem ich die Maximalwerte konstatiere,
kann natürlich früher, (in gesunden Tagen) ein kleineres Herz gehabt haben,
und dieselben Werte, die sich bei einer Anzahl Herzgesunder fanden, be¬
deuten für ihn eine pathologische Vergrößerung des Organes.
Wenn nun aber eine Normalgröße des menschlichen Herzens sich für
ein gegebenes Inividuum doch nicht zugrunde legen läßt, so erscheint es
irrelevant für die Beurteilung des Orthodiagramms, ob das Herz im Liegen
und im Stehen etwas verschiedener Größe ist.
Das Resultat unserer Überlegungen wäre also, daß sach¬
lich Horizontal- und Vertikalorthodiagrainm einwandsfrei
sind und man nur für dieselbe Person sich stets an die gleiche
Methode zu halten hat, natürlich sie nicht abwechselnd im
Liegen und Stehen aufnehmen darf, daß aber die vertikale
Aufnahmestellung nicht unwesentliche technische Vorteile
bietet.
Ungefähr analog der Körperstellung beeinflußt auch forcierte In- und
Exspiration die Gestalt und Lage der Herzsilhouette.
Die Inspiration entspricht hierbei der aufrechten Körperstellung; das
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
265
Herz rückt also nach abwärts im Brustkorb, ist steiler gestellt (Zunahme des
Neigungswinkels), und seine Silhouette oft verschmälert; die Herzspitze be¬
wegt sich also gegen die Mittellinie. Bisweilen steht das Herz nur tiefer,
ohne daß die linearen Maße eine Veränderung erleiden. Ob im erstge¬
nannten Fall auch hier eine wirkliche Volumsverminderung des Organs
zustande kommt, sodaß es sich also um eine volle Analogie mit der Beein¬
flussung durch die vertikale Körperlage handelt, oder ob bloß seine Lage¬
veränderung das Herz nur in der Frontalebene (Aufnahmerichtung dorso-
ventral) verkleinert erscheinen läßt, darüber sind noch keine Untersuchungen
veröffentlicht worden. Bei der inspiratorischen Verschiebung ist es haupt¬
sächlich der linke Rand des Organes, der die Exkursion macht; der rechte
steigt gewöhnlich nur auf und ab, ohne erhebliche seitliche Verschiebung.
Figur 10.
Orthodiagramm desselben Herzens bei extremster In- (fortlaufende Linie-)
und Exspiration (unterbrochene Linie - ) Projektion auf den Thorax.
Die inspiratorische Abwärtsbewegung des Herzens ist aber wesentlich
kleiner als die des Zwerchfells, andererseits bewegt sich die Brustwand
bei Inspiration nach oben. Bei Projektion auf die Brusthaut des Patienten
findet man daher infolge dieser Lageveränderung der Brustwand einen größeren
Unterschied in dem Ort des in- und exspiratorischen Orthodiagramms, als der
wirklichen Veränderung der Herzlage entspricht. Um daher den Einfluß
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26G
Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie.
der Atmung auf diese festzustellen, muß man auf eine Zeichenebene projizieren
(Moritz). Fig. 10 und 1L veranschaulichen die Lage- und Gestaltveränderungen
des Herzens bei der Atmung. Die vertikale Verschiebung ist zufällig bei
Fig. 11 (Projektionsebene) in diesem Falle ebenso beträchtlich wie bei der
Projektion auf den Thorax (Fig. 10). Übrigens betreffen Fig. 10 und 11 ver¬
schiedene Individuen.
Figur 11.
Orthodiagraniin ein und desselben Herzens bei tiefster In- (fortlaufende Linie -- )
und Exspiration (unterbrochene Linie — ). Projektion auf besondere Ebene.
Die Lungenfelder sind natürlich bei tiefer Inspiration bedeutend
heller, als bei Exspiration.
Bei forcierter Exspiration kehren sich die oben geschilderten Ver¬
hältnisse um, sodaß diese also in ihrer Wirkung der horizontalen Lage gleicht.
Es ist die Regel bei ruhiger Atmung des Patienten in
mittlerer Respirationsstellung zu orthodiagrapliieren. Diese
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Theorie, Technik und Methodik der Orthodiagraphie. 2G7
erreicht inan praktisch am vollkommensten dadurch, daß man ihn gar nicht
auf seine Atmung aufmerksam macht; denn bekanntlich atmet der Mensch
am ruhigsten und oberflächlichsten, wenn er nicht darauf achtet. Bei ruhiger
Atmung sind auch die Ortsveränderungen des Herzens und die Verschiebungen
der Brustwand so minimal, daß sie nicht stören, letztere auch nicht bei
Projeklion auf den Thorax.
Da aber die meisten Patienten bei der Untersuchung doch mehr oder
weniger unruhig atmen, was sehr störend ist, so möchte ich es vorläufig
dennoch dahingestellt sein lassen, ob es in praxi nicht doch am besten wäre,
stets bei tiefer Inspiration und angehaltenem Atem (in Pausen) zu ortho-
diagraphieren.
Man würde dann wenigstens technisch sicher gehen, und das erscheint
mir nicht unwesentlich.
Bei sehr starken Individuen läßt sich bisweilen der Thorax auch bei
richtiger Röhrenwahl nicht genügend durchstrahlen, um die Herzränder
unterscheiden zu können; hier erreicht man mitunter noch sein Ziel bei tief¬
ster Inspirationsstellung der Lungen, da diese dann infolge ihrer Entfaltung
und ihres Luftgehaltes, wie wir sahen, bedeutend durchlässiger für Röntgen¬
strahlen werden.
Die letzte Frage, die wir zu beantworten haben, ist die, ob die in¬
direkte Projektion auf die Brustwand oder die direkte auf
eine besondere Zeichen ehe ne den Vorzug verdient.
Zweifellos hat das indirekte Aufzeichnen des Herzbildes auf den
Thorax große Vorteile. Erstens läßt, es eine unmittelbare direkte topo¬
graphische Orientierung in situ zu; man kann sich nach der optischen
Wahrnehmung ohne weiteres einen Begriff von der Lage, Gestalt und Aus¬
dehnung des Herzens im Verhältnis zu den übrigen Organen machen und
das Orthodiagramm eventuell mit dem Resultate der Perkussion vergleichen.
Zweitens bleiben seitliche Schwankungen des Körpers während der Aufnahme
irrelevant. Drittens kann man bei der Übertragung des Bildes die ana¬
tomischen Merkpunkte (s. o.) ohne weiteres mit abzeichnen. Ein Nachteil
andererseits liegt gerade in der Notwendigkeit des Übertragens. Hierbei
können leicht Ungenauigkeiten entstehen (s. o).
Das Orthodiagraphieren auf eine besondere Zeichenebene vermeidet
die zuletzt genannte Fehlerquelle; man erhält das Bild des Herzens direkt
und bedarf keines Abzeichnens von der Brustwand.
Nötig ist es bei der Projektion auf eine besondere Ebene, unter allen
Umständen sich gewisse feste Merkpunkte im Bilde zu verschaffen. Zu
diesem Zwecke befestigt man Bleimarken mittelst Heftpflasters auf die ent¬
sprechenden Stellen der Brustwand, also jedenfalls der Mittellinie entlang.
Diese Bleimarken orthodiagraphiert man dann gleich mit, oder man be¬
nutzt noch einfacher das von mir angegebene Verfahren mittelst Matt¬
glasscheibe.
Alles in allem ergibt sich, daß die Projektion auf eine
besondere Ebene bei vollkommener Fixation des zu Unter¬
suchenden das genaueste Verfahren ist.
Von der Perkussionsfigur weicht das Orthodiagramm gewöhnlich
etwas ab, und zwar ist erstere dann größer.
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268
Der erste intern. Kongreß für Pliysiotheraphie in Lüttich.
Besonders links kommt man bei etwas starker Perkussion leicht über
den Herzrand hinaus; auch der Spitzenstoß befindet sich oft außerhalb der
orthodiagraphischen Umgrenzung. Es hängt ersteres von der Krümmung
des Thorax und davon ab, daß man bei der gewöhnlichen Perkussion nicht
sagittal, sondern senkrecht zur Tangente der Brustwand perkutiert. Der
Spitzenstoß aber überragt die Herzgrenze um so viel, als die Dicke der
Brustwand beträgt. (Moritz).
Literatur.
Prof. Dr. F. Moritz: „Über Veränderungen in der Form, Größe und Lage des
Herzens beim Übergang aus horizontaler in vertikale Körperstellung. Zugleich ein Beitrag
zur Methodik der Orthodiagraphie etc.“ (Deutsches Archiv für Klinische Medizin; Bd. 82).
„Methodisches und Technisches zur Orthodiagraphie.“ (Deutsches Archiv für
Klinische Medizin ; Bd. 81).
„Über orthodiagraphische Untersuchungen am Herzen.“ (Münchener Med. Wochen¬
schrift No. 1. 1902).
„Ergebnisse der Orthodiagraphie für die Herzperkussion.“ (19. Kongreß für
innere Medizin).
„Eine einfache Methode etc. und die Bestimmung der Herzgröße etc.“ (18. Kongreß
für innere Medizin).
„Eine Methode etc. (Orthodiagraphie) und die exakte Bestimmung der Herzgrößc
nach diesem Verfahren.“ (Münchener Med. Wochenschrift No. 29, 1900).
Prof. Dr. Aug. Hotfinann: „Über skiamctrische Untersuchungen am Herzen.
(16. Kongreß für innere Medizin).
Dr. Albers-Schönberg: „Die Röntgentechnik.“
Dozent Dr. Holzknecht: „Die Röntgenologische Diagnostik der Erkrankungen der
ßrusteingeweide.
Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie
in Lüttich am 12. bis 15. August 1905.
Referiert von Dr. Wetterer-Manuheim.
Der Lütticher Kongreß war von einer großen Zahl bekannter Fach¬
männer aller Länder besucht.
Aus den Kongreßberichten, die in den Zeitschriften „Le Radium“ und
der „Zeitschrift für Elektrotherapie“ erschienen sind, will.Referent versuchen,
das Wichtigste zu sammeln und die Hauptmomente zu besprechen.
Die Kongreßarbeiten waren gewidmet der:
Kinesiotherapie,
Hydrotherapie,
Elektrotherapie,
Radiologie.
Unter Leitung von Dr. Lejeune (Lüttich) war eine Ausstellung von
einschlägigen Apparaten für die Kongreßbesucher arrangiert worden, die
einige bemerkenswerte Objekte enthielt, z. B. mehrere Unterbrechertypen
(Turbinenunterbrecher modifiziert), Radiometer nach Benoist etc. und endlich
eine große Anzahl von Röntgenbildern.
E. K. Müller und Ruttimann (Zürich) sprechen über „Wider-
staiidsbestimmungen des menschlichen Körpers“. Autoren glauben — unter
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"Der erste intern. Kongreß für Physiotlierapie iu Lüttich. 269
Hinweis auf ihre, durch vielfache Versuche gewonnenen Kurven der Wider¬
standswerte — daß zweckmäßige Durchführungen der Widerstandsbestimm¬
ungen des menschlichen Körpers für die Verwertung in der Physiologie und
Diagnostik von großem Nutzen seien, speziell bei den Forschungen auf dem
Gebiete der Hypnose.
Von den vorgelegten Kurven scheinen besonders interessant die
Messungswerte beim gesunden und andrerseits die Messungswerte beim
kranken Menschen, ferner die Kurven während des Schlafes, bez. Traumes
die Konversationskurve und eine Messung während eines hypnotischen
Schlafzustandes.
Es scheint aus diesen Kurven hervorzugehen, daß ihre Höhe und ihr
Verlauf abhängig sind von dem momentanen Befinden der betreffenden Per¬
sönlichkeit, an der die Messungen vorgenommen wurden; ferner daß sich
der individuelle Widerstand infolge elektromagnetischer Behandlung ver¬
größert, während gleichzeitig eine Herabsetzung der nervösen Erregbarkeit
stattfindet.
Balsamoff (Sofia) betont den Wert des hydroelektrischen
Bades (29—32° und 10 Minuten Dauer). Er hat dieses Bad gegen die lanzi-
nierenden Schmerzen der Tabiker mit großem Erfolge angewandt. Ebenso
gegen Ischias und Gelenkrheumatismus.
F. Piccinino und F. Blasi berichten über die Indikationen
und Erfolge des hydroelektrischen Bades. Autoren wollen das
hydroelektrische Bad in der Behandlung der Herz- und rheumatischen Er¬
krankungen als unentbehrliches Hülfsmittel immer mehr eingeführt wissen.
Bekanntlich besteht dieses Bad aus einer vom Boden sorgfältig iso¬
lierten Wanne (Granit oder Cement) in die sinusoidaler Wechselstrom einge¬
leitet wird. Den einen Pol stellt eine Drahtspitze dar, die aus einem Hart¬
gummirohr hervorragt, der andere schwimmt in der Wanne, die zur Hälfte
mit 30—34° warmem Wasser gefüllt wird. Ein Regulierwiderstand gestattet
die Abstufung der Stromstärke. Dieses Bad soll vom Patienten sehr angenehm
empfunden werden, im Gegensatz zu den Bädern mit faradischen Strömen,
die Unbehagen verursachen.
Aus der Beschreibung mehrerer Fälle, bei denen dieses Bad mit
Erfolg angewandt wurde, sollen zwei besonders hervorgehoben werden. In
ersterem handelte es sich um eine schwere Endocarditis, die durch eine
Reihe von Bädern so günstig beeinflußt wurde, daß die Autoren bald ein
Nachlassen der endocard. Symptome, Verschwinden der Zirkulationsstörungen,
sowie eine auffällige Besserung des Allgemeinbefindens konstatieren konnten.
Im zweiten Falle wurde ein schöner Erfolg bei Neuroarthritis einer 60jährigen
Patientin erreicht; die vor der Behandlung bestehende starke Reizbarkeit
und Schmerzhaftigkeit verschwand vollständig nach ungefähr 20 Bädern und
das Allgemeinbefinden hob sich rasch.
Stenbeck (Stockholm) bespricht die „Bedeutung fluores¬
zierender Substanzen bei der Behandlung der Lungentuber¬
kulose mit Hochfrequenzströmen.“
Der Vortragende bemerkt, daß er im Jahre 1904 dem Naturforscher¬
kongreß in Breslau einen Bericht über den günstigen Einfluß der Tesla¬
ströme auf Lungentuberkulose hatte geben können und dabei Gelegenheit
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270
T)or erste Intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich.
gefunden hatte, die bahnbrechenden Versuche von Doumer in Lille zu er¬
wähnen. Um festzustellen ob fluoreszierende Substanzen im Stande wären,
die gute Wirkung der Teslaströme zu steigern, kombinierte Autor die elek¬
trische Behandlung mit der Darreichung von Fluorescin (Fluoriscus natricus)
in Dosen von 5—10 Tropfen einer wässrigen Lösung 1 : 30 eine Stunde vor
Beginn der Sitzung.
Es scheint, als ob dadurch etwas kürzere Sitzungen bei schwächeren
Strömen in einzelnen Fällen ermöglicht würden. Einfluß auf Gewichtsver¬
änderung war nicht zu bemerken. Die Bedeutung des Fluorescins mag
von einigem Wert für die Behandlung der Tuberkulose mit Hochfrequenz¬
strömen dadurch sein, daß diese etwas kräftigere Symptome geben, doch
darf sie für die Therapie keineswegs überschätzt werden.
„DieWertschätzungderphysikalischenTherapie, speziell
in Deutschland“ ist nach Ansicht Lossens (Darmstadt) trotz der großen
Zahl vorzüglicher Lehrbücher, Originalarbeiten und Fachzeitschriften, die
den Zweck haben, die physische Therapie in ihren Einzelheiten zu begründen
und weiter auszubauen, noch immer nicht der Wichtigkeit der Materie ent¬
sprechend. Als Ursache dieser „Indolenz“, sei die immer noch mangelhafte
Kenntnis, das geringe Vertrautsein mit der Sache zu bezeichnen.
Trotzdem eine Reihe hervorragender Gelehrter sich der physikalischen
Therapie angenommen und sie zur wissenscaftlichen Disziplin herausgebildet
hat, überläßt die Mehrzahl der Ärzte ihre Anwendung öffentlichen Bade¬
anstalten ohne ärztliche Aufsicht oder dem Kurpfuschertum.
Um diesem Übelstande abzuhelfen, verlangt Lossen, daß durch ihre
Einführung als obligatorisches Lehr- und Prüfungsfach, die physikalische
Therapie Gemeingut aller Ärzte werde, oder daß wenigstens jeder Arzt
allgemeine Kenntnisse in diesem Gebiete erwerbe.
L. begründet durch Beispiele, wie Einseitigkeit, und mangelhafte
Übersicht nicht nur den Kranken schadet, sondern auch dem Ansehen des
die falschen Direktiven gebenden Arztes.
Der Mahnruf Lossens, der sich an die ganze ärztliche Welt richtet,
verdient allgemeine Beachtung und es wäre gewiß nicht unzweckmäßig,
wenn Autor seine Ausführungen in Form einer Broschüre weiteren Kreisen
zugänglich machen wollte.
Ingenieur E. K. Müller berichtet über seinen neuen, Apparat „Vibrator
Müller“, der zur „Verwertung des magnetischen Wechsel feldes
in der 0 scillationstherapie“ dient.
Hiermit sei die Beschreibung der Anordnung wiedergegeben:
Ein zylindrischer Wechselstrom-Elektromagnet wirkt mit seiner
Stirnfläche auf eine schwingbar angeordnete Pelotte aus magnetischem
Material, also attraktiv, oder auf Scheiben und Ringe aus nichtmagnetischem
Material repulsiv.
Auf diesem Wege wird die oscillierende Bewegung der Pellotte für
Oscillationsmassagezwecke benützt.
Außer dieser rein mechanischen Wirkung kann nun in geeigneten
Fällen gleichzeitig ein thermischer Effekt zur Anwendung gelangen. Durch
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Dßr erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich.
271
Ersatz der vibrierenden Platten aus magnetischem Material durch solche aus
Aluminium, Kupfer etc. wird neben der oscillierenden Wirkung, infolge
induzierter „Foucaultströme“, in diesem schwingenden Metall Wärme erzeugt.
Ähnlich wie bei der Polarisation der strahlenden Wärme scheint diese
Wärme durch das intensive magnetische Wechselfeld modifiziert und thera¬
peutisch wirksamer zu werden, als wenn die vibrierenden Platten durch
andere Mittel, durch flachgeformte Glühlampen etc. auf die nämliche Tem¬
peratur gebracht würden.
Kräftige Erregung des Elektromagneten wird entsprechend starke
Vibration und Erwärmung der Massierpelotte veranlassen. Werden nur
kräftiges Feld und hohe Temperatur des Massierkörpers, aber geringe
mechanische Effekte, schwache Vibration verlangt, so wird diese Regulier¬
fähigkeit dadurch erreicht, daß mit der nichtmagnetischen schwingenden
Platte oder Pelotte eine magnetische Platte von geeigneter Abmessung kom¬
biniert wird, wobei nun auf diese beiden verbundenen Platten anziehende
und abstoßende Kräfte zugleich einwirken. So wird die resultierende Be¬
wegung auf ein gewünschtes Maß eingestellt werden können. Da der
Apparat mit selbständiger, regulierbarer Wasserkühlung ausgestattet ist,
erlaubt er eine ununterbrochene Anwendung. Als Massierkörper ohne Wärme¬
effekt überhaupt kommen radial aufgeschnittene Scheiben aus weichem Eisen,
oder Pelotten aus organischem Material zur Verwendung. Ferner ermöglicht
der Apparat auch Wärme- und bimagnetische Effekte ohne Vibration.
Der Wert des „Vibrator Müller“ besteht darin, daß verschiedene
therapeutische Maßnahmen gleichzeitig in Wirksamkeit treten können.
Die Diskussion über die Radiologie und Radiotherapie
war eine sehr anregende, ohne allerdings viele neue Gesichtspunkte zu
Tage zu fördern. Erwähnenswert sind vor allem die Ausführungen Belot’s
(Paris) der hinsichtlich der Ausbildung des Arztes in der Radiologie den
Schwerpunkt mit Recht auf die klinischen Kenntnisse gelegt wissen will.
Weniger wichtig sei das theoretische und technische Wissen, als die Fähigkeit
radiologische Bilder zu verstehen, sie vom klinischen Standpunkte aus zu
deuten. Dazu könne nur eine längere spezielle Ausbildung des Arztes in
diesem neuen Zweig der medizinischen Wissenschaft, der Radiologie, führen.
Bordier und Galimard (Lyon), berichten über ihre Untersuchungen
in der Frage, ob die X-Strahlen chemische Wirkung auszuüben
imstande seien. Sie kamen zu einer Verneinung dieser Frage, ganz im
Gegensatz zu Belot, der die Wirkung auf die photographische Platte nur
auf chemischem Wege erklärt.
Bordier (Lyon) bespricht die Regenerierung der Barium-
Platincyanürsch irme. Auf Grund der Tatsache, daß die Röntgenstrahlen
den Wassergehalt der Krystalle allmählich aufzehren, hält Autor es für not¬
wendig, bei der Regenerierung der Leuchtschirme den Bariumsalzen Wasser
zuzuführen.
Belot erklärt die Anordnung seines neuen Lokalisators und
bespricht die von ihm angegebenen Schutzstoffe für Röntgentherapie (siehe
Ref. der „Electricitö mödicale).
Den Schutz des Arztes gegen X-Strahlen will Freund (Wien)
dadurch gewährleistet wissen, daß er Röhre und Patienten hinter einem
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272
Der erste intern. Kongreß fiir Physiotherapie in Lüttich.
undurchlässigen Bleischirm aufstellt. Der Schirm enthält ein Bleiglasfenster,
durch das die Funktion der Apparate beobachtet werden kann.
Dr. de Nobele entgegnet, daß der Bleischirm wohl gegen direkte
Röntgenstrahlen, nicht aber gegen Sekundärstrahlen schütze. Er weist auf
die Notwendigkeit der Bleikabine hin, wie sie Albers-Schönberg angegeben
hat, worauf Belot einwendet, daß nach seinem Gefühl die Patienten über eine
derartige Maßnahme erschrecken würden, bei der der Arzt sich ängstlich
vor der Röhre verbirgt, deren Strahlen sie selbst ausgesetzt sind. Was
jedoch die Sekundärstrahlen anbetreffe, so würde ihre Wirkung wohl über¬
schätzt, da sie in Wirklichkeit nur sehr geringe Penetrationskraft besäßen.
Köhler (Wiesbaden) bemerkt, es sei das gute Recht des Radiologen,
sich nach Möglichkeit zu schützen, da er im Laufe der Zeit unendliche Dosen
Röntgenstrahlen erhalte.
Kassabian (Philadelphia) hält es für angezeigt, daß der Arzt sich
während der Bestrahlung im Nebenraum aufhalte. Die Überwachung des
Apparates ermöglicht ein Spiegelsystem; der Patient wird durch Bleifolien
geschützt.
Diesen Anschauungen gegenüber begnügt sich Deslonchamps mit
einem dreiteiligen Bleiglasschirm.
Weil (Paris) bringt die Behandlung der Hypertrichosis zur Sprache.
Er hat in den zwei Jahren, während denen er zahlreiche Fälle von Hyper¬
trichosis bestrahlte, noch keinen einzigen Unfall erlebt. Die Behandlung ist
palliativ, manchmal tritt wieder Neubehaarung auf, jedoch in schwächerer
Weise. Der einzige Übelstand besteht darin, daß von Zeit zu Zeit die Be¬
strahlungen wiederholt werden müssen.
Köhler zeigt auf seinem Arm zwei Stellen vor, die eine schwach
bestrahlt, weist Wiederbehaarung auf, die andere stärker bestrahlt, ist haar¬
frei, trägt jedoch leichte Narben.
Luraschi und Carabelli (Mailand) sprechen über die Wirkung der
Röntgenstrahlen auf Prostatahypertrophie. Verschiedene Fälle kamen zur
Behandlung und wiesen gute Resultate auf. Während 2 — 3 Monaten
wöchentlich eine Sitzung. Die Perinealregion wurde bestrahlt, selbstver¬
ständlich unter sorgfältiger Abdeckung der Umgebung, Bestrahlung mittels
Analspekulums erachten Autoren als nicht notwendig.
Luraschi und Fiorentini (Mailand) haben durch Versuche nachge¬
wiesen, daß die X-Strahlen keinerlei Einfluß auf Struma des Hundes
ausüben.
Michaux (Dijon) versuchte, die Strumabehandlung mit Röntgenstrahlen
am Menschen und fand, daß die Geschwulst zurückging, wenn es sich um
Hypertrophie der Schilddrüse handelte, daß sie jedoch wieder wuchs, sobald
die Bestrahlungen sistiert wurden.
Belot fordert, daß in allen Fällen, bei denen es sich um Tumoren
des Halses, gleichgültig welcher Art, handelt, jedesmal eine Blutuntersuchung
vorgenommen werde. Denn es können auch Lyphadenome (resp. Leukämie)
in Frage kommen, die durch X-Strahlen leicht zu beeinflussen sind.
Kobolko (Petersburg) berichtet über einen Fall von Heilung von Struma.
Freund und Oppenheimer (Wien) beschreiben einen Fall von Lichen
corn., der durch Röntgenbehandlung geheilt wurde.
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Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich.
273
Sie besprechen ferner den Einfluß des Radiums auf das Nervensystem.
Sie bedienen sich bei Radiumapplikationen eines stempelförmigen Instrumentes,
das durch ein Glimmern plättchen abgeschlossen ist.
Belot zieht einen Lack vor, der im Laboratorium Curie’s gebraucht
wird. Dieser Lack hält das Radiumbromid auf einem Mettalplättchen- oder
Griff fein verteilt fest. Da der Lack sehr wenig Absorptionsvermögen besitzt,
wird die Radiumstrahlung vorzüglich ausgenutzt.
Über die Behandlung der Drüsentuberkulose durch Rönt¬
genstrahlen spricht Desplats (Lille). Er beschreibt zwei Fälle, die zur
Heilung gebracht wurden.
Fall 1, ein 50jähriger Mann, mit einem apfelgroßen, verkästen Tumor
in der Karotisgegend, der bereits über ein Jahr besteht, kommt zur Be¬
handlung.
Nachdem Hochfrequenzströme erfolglos versucht worden waren,
erhielt Patient 3 Röntgenbestrahlungen von je ungefähr 3 H. Nach 14 Tagen
zeigt sich reichliche Exsudation und eine merkliche Abnahme des Volumens.
Nach drei weiteren Bestrahlungen tritt Erythem, Alopecie und noch
stärkere Exsudation auf, die mit starker Volumenverminderung einhergeht.
Nach ungefähr drei Wochen ist der Tumor vollständig erweicht.
Abheilung stellt sich nach Lokalbehandlung ein, und Patient behält außer
einigen kleinen Verhärtungen keine Spuren der einstigen Affektion zurück.
Fall 2, ein 20jähriger junger Mann, leidet an doppelseitiger Drüsen¬
tuberkulose des Halses.
Jeder Tumor ist ungefähr eiergroß. Beginn der Erkrankung liegt
über zwei Jahre zurück.
Patient erhält auf jeder Seite eine Dosis von 8 H in zwei Sitzungen.
Nach 14 Tagen ist die Drüsenmasse auf Nußgröße zusammenge¬
schmolzen. Nach 2 weiteren Bestrahlungen von je 8 H erscheint die Haut
14 Tage später braun gefärbt, es zeigt sich Desquamation, und die Drüsen
sind bis auf Haselnußgröße zurückgegangen, fühlen sich aber noch ziemlich
hart an. Zwei Sitzungen von je 4 H bringen sie jedoch vollständig zum
Schwinden, und der Patient darf als genesen betrachtet werden.
Piccinino (Neapel) spricht über den gege n w ärtig en Stand der
Röntg en the rapie.
Autor bemerkt, daß der Horizont der Röntgentherapie sich immer
mehr vergrößert und bereits jetzt Gebiete umfaßt, die weit über die anfäng¬
liche Sphäre hinausgehen.
Nachdem P. die Behandlung der Epitheliome, Sarkome, der chro¬
nischen Exzeme und des Favus gestreift, schildert er einen Fall von malig¬
nem Lymphom des Halses, das durch eine Reihe von Röntgenbestrahlungen
zum Verschwinden gebracht wurde. In einem anderen Falle — bei dem es
sich um zwei citronengroße Lymphome des Halses handelte — kam
eines davon zur Heilung, während das zweite ungefähr auf die Hälfte
zusammenschmolz.
Ein dritter Fall wies Drüsentuberkulose des Halses auf. Ein sehr
großer Tumor, unter dem ein angeschwollenes Drüsenbündel bis über die
Clavikel herabreichte, kam zur Bestrahlung. Nach ungefähr 15 Sitzungen,
im Laufe von 40 Tagen, wurde der Tumor zusehends kleiner und löste sich
Archiv f. physik. Me<lizin etc. 18
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274 Der erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich.
in einzelne Drüsen auf, die nachher teils verschwanden, teils einschrumpf-
ten. Da der Patient noch immer etwas fieberte, wurden die Bestrahlungen
alle 8—10 Tage wiederholt, bis das Fieber verschwand.
Belot verbreitet sich über die Technik der Radiotherapie. Nachdem
Redner die verschiedenen Apparate durchgegangen, welche die Röntgenröhre
mit Strom versehen, kommt er zu dem Ergebnis, daß die Erzeugungsart der
Strahlen gleichgültig und nur die Strahlen selbst, ihrer Qualität und Quan¬
tität'nach, wichtig seien. Unter den Röhren scheinen ihm die mit Osmo-
regulierung als die besten, da sie eine lange Lebensdauer und leichte Regulier¬
fähigkeit besäßen. Was die Strahlenmessung anbelangt, kommen zwei Ver¬
fuhren in Frage: Bestimmung ihrer Qualität nach Benoist und ihrer Quan¬
tität nach den verschiedenen, noch ziemlich ungenauen Chromoradiometern.
Da die X-Strahlen eine zweischneidige Waffe darstellen, die ebenso
gut zur Abwehr gewisser Krankeitsprozesse dienen, als schwere Schädigungen
herbeiführen kann, ist es angezeigt, Arzt und Patient vor Fährlichkeiten zu
bewahren. Dazu bedienen wir uns verschiedener Schutzmittel, als da sind:
Brillen, Handschuhe, Lokalisatoren, Bleistoffe und -Glas.
Zuletzt streift B. die Technik der Radiotherapie und verlangt, daß in
Zukunft jeder Autor in seinen Berichten genau Härtegrad der Röhre und
Dosis der verabreichten Strahlen angebe.
Henrard (Brüssel) schließt sich den Ausführungen Belot’s an und ist
gleich ihm der Ansicht, daß die Chromoradiometer bis jetzt noch sehr unzu¬
verlässig seien. Er hält den Radiometer X von Sabouraud sogar für gefähr¬
lich. Die Osmoregulierung erscheint ihm zu umständlich, um praktisch zu
sein. Er stellt die Regulierung mittels des elektrischen Funkens, wie sie die
Müllerröhre und tube-monopole aufweisen, in erste Reihe.
In Erwiderung der Ausführungen Henrards betont Hauchamps
(Brüssel), daß er bei einer großen Anzahl von Bestrahlungen sich stets des
Radiometers Sabouraud mit Erfolg bedient habe.
Im weiteren Verlauf der Diskussion, stellt Freund als Prinzip der
Röntgenbehandlung die „dosis refracta“ auf. Nobele schließt sich ihm an.
Belot verwirft die „dosis refracta“ und fordert Verabreichung der
„dosis plena“.
Harret (Paris) spricht über die Indikationen der Radiotherapie.
Referent glaubt, im Hinblick auf den bereits ausführlich wiedergegebenen
Vortrag Piecinino’s, mit dessen Ausführungen sich im Großen und Ganzen
die Harret’s decken, auf eine spez. Inhaltsangabe verzichten zu können.
Curchaud (Basel) behandelt in seinem Vortrag die Dosierungsarten der X-
strahlen. Er führt das Spintermeter von Böclere, das Radiochromometer
Benoist, die Chromoradiometer Holzknecht und Sabouraud und das Milliam-
pöremeter Gaiffe an. Er bestreitet nicht, daß die genannten Dosierungs¬
apparate von großer Wichtigkeit seien, hebt jedoch hervor, daß sie den
Anforderungen, die der Radiologe stellen müsse, noch nicht genügen. Es
bleibe wohl der Zukunft Vorbehalten, dasjenige Instrument zu finden, das
eine mechanisch genaue Dosierung ermöglicht.
Jones (London) hebt die Vorteile des Miliamperemeters hervor.
Es folgen noch Vorträge der Herren Guilleminot (Paris) über die
Orlhodiaskopie zur Diagnose der Thoraxaffektionen und Hauchamps über
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T)er erste intern. Kongreß für Physiotherapie in Lüttich.
275
die Radiodiagnostik. H. vertritt den Standpunkt, daß die Durchleuchtung im
allgemeinen der photographischen Aufnahme vorzuziehen sei, da sie ein
lebendigeres Bild der Organverhältnisse gäbe.
Henrard demonstriert seine Oesophaguszange mit gleitenden Teilen,
die es ihm ermöglicht, unter Kontrolle der Durchleuchtung Fremdkörper aus
dem Oesophagus zu entfernen.
Nobele übt diese Technik seit langem aus und hat selten einen
Mißerfolg dabei zu verzeichnen gehabt.
Oudin und Romeaux (Paris) sprechen über die Behandlung von
Ulcerationen und entzündlichen Prozessen mittels Hochfre-
quenzströmen. Autoren legen eine große Zahl Aufzeichnungen und Be¬
obachtungen vor, welche die rasch heilende Wirkung dieser Ströme
bestätigen.
Im Anschluß an diesen Vortrag äußert sich Libotte (Brüssel) über die
physiologische Wirkung der Hochfrequenzströme. Diese Ströme wirken
schmerzlos, da sie keine Muskelkontraktionen verursachen. Sie beeinflussen
den Ernährungsprozeß und die Atmung, sowie auch die Blutzirkulation,
indem sie die arterielle Spannung herabsetzen.
Vom mikrobiologischen Standpunkte aus betrachtet wirken sie
schwächend auf gewisse Toxine ein.
Doumer betont namentlich ihre Wirkung auf die Zelle.
Weil schneidet eine spezielle Frage an, indem er darauf hinweist,
daß es bei den Hochfrequenzströmen vor allen Dingen auf die Anwendungs¬
art ankomme, da ihre Wirkung hiervon abhängig sei.
A. Moutier gibt in seinen Ausführungen über „le traitement de
1’hype rtension arterielle par les agents phyisques,“ einen lehr¬
reichen Überblick über ein wichtiges Gebiet der Physiotherapie.
Noch vor relativ kurzer Zeit wußte man der arteriellen Hypertension
durch nichts anderes als durch strenge Diät (Verminderung der Fleisch¬
ration, Wein- und Kaffeeverbot, Bevorzugung der veget. Lebensweise) zu
begegnen. Medikationen waren höchstens im Stande eine vorübergehende
symptomatische Besserung hervorzurufen.
Heute sind die Aussichten in der Behandlung der arter. Hyperten¬
sion weit besser. Die Heilfaktoren der Physiotherapie, als da sind: kohlen¬
saure Bäder, Wasserbehandlung, Massage und nicht zuletzt die Elektro¬
therapie, geben in Verbindung mit der stets wichtigen Diät, ganz andere
Resultate. Hauptbedingung des Erfolges ist selbstverständlich die Anpassung
der therapeutischen Faktoren an den gegebenen Fall.
M. ist der Ansicht, daß bei einem Kranken mit oscillierender arter.
Hypertension — wenn also noch keine ausgeprägte Arteriosklerose vorliegt,
alle obengenannten Arten der Physiotherapie zur Anwendung kommen
können. Dagegen soll bei vorgeschrittener Arteriosklerose mit mehr oder
weniger stark ausgeprägten Komplikationserscheinungen, nur die Anwendung
von Hochfrequenzströmen in Betracht kommen. (d’Arsonvalisation.)
Diese Art der elektrotherapeutischen Behandlung soll in bezug auf die
Wiederherstellung des arteriellen Druckes die günstigsten Bedingungen bieten.
Die anderen genannten Methoden kämen dann erst in zweiter Linie
zur Unterstützung der Wirkung in Betracht. Es erscheint angezeigt, nach
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276 Bericht über den ersten "Riintgenkougreß in Berlin 30. April — 3. Mai 1905.
einer Etappe wenig erfolgreicher Behandlung den Pat ienten einige Zeit der Ruhe
zu überlassen, bevor die Weiterbehandlung mit einem anderen physiothera¬
peutischen Faktor beginnt.
Von dem Vortrag Giinzbourg’s über die physische Wirkung
und die Indikationen der Mechanotherapie soll die vom Autor
selbst gegebene Zusammenstellung der Hauptpunkte angeführt werden:
1. Die Mechanotherapie ist die Anwendung der dosierten und
begrenzten Bewegung als therapeutisches Moment.
2. Als dosierte Bewegung vermeidet sie die Ermüdung. Als begrenzte
Bewegung vermeidet sie das Zusammenarbeiten aller Muskeln des Körpers:
sie lokalisiert also.
3. Die auf wissenschaftlicher Basis ruhende Mechanotherapie ist eine
ideale Kombination von Apparat und Gehilfen.
4. Die Mechanotherapie ist ein unentbehrliches Hilfsmittel bei der
Nachbehandlung von Verletzungen, von kompensierten Herzaffektionen.
Ferner in der Bekämpfung gewisser Magen- und Darmerkrankungen (Atonie)
und endlich der Verkrümmungen der Wirbelsäule.
5. Die Fälle, bei denen die Mechanotherapie kontraindiziert ist, sind nicht
zahlreich und bei ärztlicher Untersuchung leicht herauszufinden.
Bericht
über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905
erstattet von Dr. med. Ernst Sommer, Winterthur (Schweiz).
(Nacli eigenem Stenogramm).
(Schluß).
Prof. Grün mach (Berlin). Über neue Apparate zur Rönt¬
ge n forsch u n g. Beschreibung einer neuen R öntge nröhre aus kalihal¬
tigem Bleiglas angefertigt, welche angenehm bläulich fluoresziert. Vor ihrer
Antikathode geht in einem Winkel von 45° eine röhrenförmige Bleiglasblende
ab. Durch eine Öffnung in derselben von Markstückgröße treten die
Strahlen aus. Ihr Vakuum ist regenerierbar; außerdem besitzt sie eine durch
zirkulierendes Wasser oder Metallstaubhinterlegung kühlbare Antikathode
und gestattet dadurch Dauerbetrieb.
Zur Vermeidung falsch zeichnender Focusstrahlen, — da eben die
Antikathode in keiner Röhre mathematisch genau im Krümmungsmittelpunkt
der Kathode gelegt werden kann — konstruierte der Vortragende einen Prä-
zisio nsapparat zur exakten Einstellung des Focus für Röntgenunter¬
suchungen. Dieser Apparat besteht aus einem Stativ mit durch Trieb ver¬
stellbarer Stahlstange. Vorne an derselben befindet sich eine trichterförmige
Metallblende und am Ein- und Ausgang derselben zwei sich deckende Kreuze
aus Bleidraht. Hinter der Blende ist der Röhrenhalter angebracht, welcher
durch Trieb und Schraube ohne Ende jede Stellung der Röhre erlaubt. Der
Focus ist genau eingestellt, wenn sich die beiden Kreuze auf dem Durch¬
leuchtungsschirm decken. Durch Einklappen werden sie sodann aus dem
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Bericht über den ersten Rüntgenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905. 277
Gang der Strahlung herausgedreht und die Trichterblende eingeschaltet,
worauf die Aufnahme oder Durchleuchtung vor sich gehen kann.
Diskussion: Gocht (Halle a. S.) teilt mit, daß diese Blendenröhre
bereits zum fünften mal erfunden worden sei. Albers-Schönberg (Ham¬
burg) macht Prioritätsrechte geltend: eine Röhre von Bleiglas mit innerer
Blende habe zuerst Gun de lach (Gehlberg i. Th.) erfunden. Dessauer
(Aschaffenburg) besitzt seit mehreren Jahren ein Patent für eine Röntgen¬
röhre mit innerer Blende, welche in den Gang der Strahlen eingeschaltet ist
(Idealröhre). Er verliest den Text der diesbezüglichen Patenturkunde und
verlangt gestützt darauf die Priorität für seine Erfindung. Levy macht
eine Mitteilung, der zufolge von ihm 1897 ein Patent auf eine innerhalb und
außerhalb der Röhre anzubringende Blende angemeldet wurde, sein Anspruch
aber auf Grund eines schon vorliegenden amerikanischen Patentes abge¬
wiesen worden sei. Holzknecht (Wien) begrüßt dies angenehm bläuliche,
den Augen wohltuende Licht; die Umwandlung der grünlichen Fluoreszenz
in blau ist ein schon längst empfundenes Bedürfnis! Robinsohn (Wien)
demonstriert und beschreibt seinen Apparat zum Visieren, und Einstellen
des zentralen Lichtes; er gibt ihm den Vorzug vor dem Grunmachschen
Stativapparat. Grunmach bemerkt in seinem Schlußwort gegenüber Dessauer,
daß dieser seine Blende zwischen Kathode und Antikathode angebracht
habe, während die neue Grunmach-Röhre die Blende vor der Antikathode
unter einem Winkel von 45° zur Ebene derselben trägt.
Rosenthal (München). Über einige Neuerungen am Rönt¬
geninstrumentarium. Zunächst lenkt der Vortragende die Aufmerksam¬
keit auf einen neuen Apparat, das auf Veranlassung von Dr. Grashey kon¬
struierte Periröntgenoskop und erläutert dessen physikalische Grund¬
lagen. Es ist derselbe als verbesserter Orthodiagraph (oder, wie die neue
Bezeichnung lautet Orthoröntgenograph) anzusehen, und hat vor demselben
verschiedene Vorzüge voraus. Beim Orthoröntgenographen wandert der sog.
Normalstrahl parallel zu sich selbst um den aufzunehmenden Körper herum.
Wir erhalten dergestalt von dem Objekt eine Parallelprojektion. Das
Peridiaskop oder (wie er nach der neuen Nomenklatur heißt) das Peri¬
röntgenoskop verwendet auch den Normalstrahl, der aber im Gegensatz zum
Orthoröntgenographen nicht parallel zu sich selbst geführt, sondern um eine
Axe gedreht wird, die senkrecht auf seiner eigenen Richtung steht: der
Normalstrahl dreht sich also bei dieser Anordnung um den zu untersuchen¬
den Körper herum. Der Vortragende gedenkt sodann einiger anderer Zube¬
hörteile zu Röntgenapparaten und weist zwei gemeinsam mit Prof. Dr. Rieder-
München aufgenommene Lungen-Röntgenogramme eines dreißigjährigen
Mannes vor, die bei einer Expositionszeit vor nur 0.14 resp. 0.11 Sekunden
aufgenommen wurden und deutliche Lungenstruktur aufweisen; durch die
unglaublich kurze Expositionszeit suchte man die durch die Herzbewegungen
verursachte Unschärfe der Lungengefäße zu eliminieren. Die prächtigen
Bilder sind wohl die höchste und beste Leistung, die bis jetzt auf dem
Gebiet der Moment-Röntgenaufnahmen zu verzeichnen ist.
Böla Alexander (Kösmärk-Ungarn): Die Entwicklung des
menschlichen Handskelettes vom Beginn der ersten Knochen¬
punkte an. An Hand langjährigen Studiums und einer großen Zahl schöner
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278 Bericht über den ersten Röntgcnkongrcß in Berlin, 30. April —2. Mai 190/>.
Röntgenbilder referiert Alexander über die erste Anlage der Knochenkerne
und ihr allmähliches Fortschreiten. Da der Vortrag in extenso in diesem
Archiv erschienen ist, verweisen wir auf die Originalarbeit.
Dessauer (Aschaffenburg): Ziele der Röntgentechnik. In
seinem Vortrage erörterte der Redner mit weitschauendem Blick die Aus¬
gestaltung der Röntgentechnik in der nächsten Zukunft. Die praktische An¬
wendung des Röntgenverfahrens in Diagnose und Therapie verursacht einen
Dualismus in den technischen Grundlagen, der sich in Zukunft noch viel
mehr wie bis jetzt geltend machen w T ird. Der Zusammenhang zwischen dem
Bild, aus welchem die Diagnose gestellt wird und den bildgebenden Eigen¬
schaften der X-Strahlen zeigt, daß in der Human-Medizin die diagnostische
Anwendung des Röntgenverfahrens als eine Methode der Differenzierung
von Dichtigkeitsunterschieden definiert werden kann. Hierdurch ist das
Wesen, die Grenze und das Ziel der diagnostischen Anwendung gegeben.
Das Ziel der Röntgentechnik ist die Ermöglichung immer feinerer Diffe¬
renzierung. Der Vortragende zeigt, wie die wichtigsten Arbeiten der Neu¬
zeit unter diesem Gesichtspunkt aufgefaßt werden können und sich damit
ihr Wert oder Unwert dartun läßt. Die Feinheit der Bildgabe (Graduation,
Detailreichtum der Platten) hängt sehr wesentlich ab von der Zusammen¬
setzung der Strahlung einer Röhre. Diese ist nicht homogen, umfaßt'viel¬
mehr Strahlen verschiedener Penetration und verschiedener chemischer
Fähigkeiten. Je komplexer die Strahlung einer Röhre ist, desto feinere
Abstufungen zeigt die Platte, desto mehr Details gibt sie, desto besser ist
die Differenzierung von Dichtigkeitsunterschieden. Diese Zusammensetzung
des Strahlencharakters hängt nun sehr wesentlich ab von der Entladungs¬
kurve des Induktoriums. Je rascher die Entladung ihren Wert ändert, ins¬
besondere, je plötzlicher sie abklingt, desto komplexer ist die Strahlung,
desto detailreicher das Bild, desto feiner differenziert sind die Dichtigkeits¬
unterschiede. Dagegen hat die Aufgabe, welche die therapeutische Anwen¬
dung stellt, mit Bilddarstellung und Differenzierung von Dichtigkeitsunter¬
schieden gar nichts zu tun. Im Gegenteil! Der Redner hat durch eine
Reihe von Arbeiten nachgewiesen, daß eine möglichst große Homogenität
der Strahlen von Wichtigkeit ist. Deshalb arbeiten wir darauf hin, möglichst
flache Entladungskurven der Röhre zuzuführen, wodurch eine sehr viel
homogenere Strahlung erzeugt wird. Die Wichtigkeit dieser Aufgabe ergibt
sich auch aus der Dosierungsfrage. Beim Durchgang flacher, gleichgerich¬
teter, hochgespannter Entladungen, wie sie z. B. durch Transformation
am Wechselstrom unter sekundärer Ausschaltung der entgegengerichleten
Phasen gewonnen wird, bilden sich Strahlungen aus, deren Charakter viel
weniger abhängig ist von dem Zustand der Röhre, die relativ sehr penetrant
sind und sehr viel homogener erscheinen, als die durch das Induktorium
erzeugten. Sie sind daher weniger für diagnostische Anwendung, wohl aber
in Zukunft für therapeutische Anwendung geeignet. Der Vortragende glaubt
daher, daß schon in absehbarer Zeit im Bau der therapeutischen Apparate
eine große Umwälzung bevorsteht.
Pasche (Bern): Uber die Ausschaltung der Sekundär¬
strahlung durch bewegliche Blendensysteme (mit Demonstration am
Modell der A. E. G.) Blenden dienen zur Ausschaltung der Sekundärstrahlen
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279
"Bericht über (Ion ersten RöntgenkonKroß in Berlin. 30. April —3. Mai 1005.
durch Abblendung mittelst Anwendung für Röntgenstrahlen undurchlässiger
Materialien. Die bisherigen Modelle derselben erlaubten nur ein kleines
Gesichtsfeld und dementsprechend Bilder von geringem Umfang. Die neue
Blende soll Bilder von beliebiger Größe und großer Schärfe erlauben. Der
Autor will den Zweck erreichen mit Hülfe von zwei beweglichen Blenden,
von denen sich die eine in der Nähe der Röhre, die andere über der photo¬
graphischen Platte bewegt.
Nachmittags-Sitzung.
Max Levy (Berlin): Neues aus der Röntgentechnik; a) ein
neues Unterbrechersystem (Rollenunterbrecher), b) Röntgenbetrieb ohne
Unterbrecher. Der Vortragende bespricht und demonstriert in erster
Linie seine Schutzvorrichtungen gegen ungewollte Wirkungen der
Röntgenstrahlen. Die Absorption überflüssiger Röntgenstrahlen ist schädlich,
sie müssen auf irgend eine Weise eliminiert werden. Zu ihrer Eliminierung
benutzt man Schutzmaterialien, welche bis dahin gewöhnlich aus Metallblech,
eventuell in Verbindung mit waschbaren Überzügen, bestanden, in seinem
Fall aber aus einem elastischen, desinfizierbaren Material (Gummi, weiches
Leder etc.) bestehen, das mit für Röntgenstrahlen undurchlässigen Schwer¬
metallsalzen imprägniert ist. Der Stoff ist waschbar (also stets sauber zu
halten), weich, leicht und handlich und ohne Metall. Aus demselben können
beliebige Schutzvorrichtungen angefertigt werden: Röhrenblenden in Form
eines um die Röhre herumgelegten Sackes, welcher? mit Tuben versehen
werden kann; Schutzkleidungen für den ganzen Körper, ferner Schürzen,
Gesichtsmasken, Kopfkappen zum Schutz für die Haare, Bartbinden, große
Schutzwände, hinter denen der Arzt gegen schädliche Einwirkungen der
Strahlen gesichert durch ein in den Stoff eingesetztes Bleiglasfenster die
Bestrahlungen etc. überwachen kann. Seinen neuen Unterbrecher,
Friktionsunterbrecher genannt, beschreibt der Redner wie folgt. Eine von
einem Motor angetriebene, horizontale, rotierende Kontaktscheibe versetzt
durch Reibung eine vertikal rotierende zweite Scheibe in Drehung. Diese,
am Rand geriffelt, taucht mit ihrem unteren Rand in .Quecksilber ein und
die Riffelung genügt, eine Spur Quecksilber festzuhalten und gegen die Kon¬
taktscheibe zu fördern. Die eine Scheibe besitzt nun abwechselnd leitende
und nicht leitende Stellen; es können dadurch Kontaktbildung und Unter¬
brechung in regelmäßigem Wechsel ausgelöst werden. Der Unterbrecher,
der sehr wenig Quecksilber braucht, arbeitet ohne Pumpen, ohne Düsen und
ohne Quecksilberstrahl; er bedarf nur selten der Reinigung, weil er der Ver¬
stopfung oder schnellen Verschlammung viel weniger als andere Queck-
silberunterbrecher ausgesetzt ist. Sodann geht er über auf die Beschreibung
seines Röntgeninstrumentariums ohne Unterbrecher und ohne
Kondensator. Zum Betrieb der Röntgenröhren gelangt hochgespannter
Wechselstrom zur Verwendung. Der mittelst eines Transformators hochge¬
spannte Wechselstrom wird unter Zwischenschaltung eines Stromspalters
direkt in eine gewöhnliche Röntgenröhre geleitet. Der Stromspalter besteht
aus 2 einfachen Funkenstrecken, durch welche die eine Stromrichtung zur
Erde abgeleitet wird. Rotierende Teile und elektrolytische Zellen sind ver¬
mieden worden, und der Stromverbrauch ist ein geringer.
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280 Bericht iiher den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 90. April — 3. Mai 1905.
Diskussion. Boas (Berlin) wünscht zu wissen, wie sich der Vor¬
tragende die Erde als Kapazität denke, welche die ihr zugeführten 50 pCt.
der Energie wiedergebe. Levy behält sich wegen der Kürze der Zeit weitere
Mitteilungen vor. Dessauer (Aschaffenburg) betont, daß kein direkter
Wechselstrom bis jetzt eine reliefartige Bildzeichnung zu produzieren ver¬
möge. Er selbst hat vor einiger Zeit eine bessere Lösung des Wechselstrom-
prinzipes publiziert. Für die Anwendung des Wechselstromes gebühre Walter
(Hamburg) die Priorität. Levy und Walters Projekte seien nur durch die
Erdung in dem letzteren von einander verschieden. Levy betont in seinem
Schlußwort die Vorzüge seines Systems.
Koch (Dresden): Über neue Röntgenapparate. Sein System
besteht in der Kombination eines Hoehspannu ngstransf ormators in Ver¬
bindung mit einer Grätz’schen Zelle, welche die nicht gewollte Strom¬
richtung aufnimmt und dabei nur geringer Abnutzung unterliegt. Bewegte
Teile sind keine vorhanden. Ein Unterbrecher fällt als überflüssig weg.
Der Apparat kann direkt an ein Wechsel- oder Drehstromnetz angeschlossen
werden. Das von einer solchen Einrichtung gelieferte Röntgenlicht ist gleich¬
mäßig und ruhig. Die Koch’sche Hochspannungsventil röhre erwärmt
sich beim Gebrauch nicht und zeichnet sich durch lange Lebensdauer aus.
An der Diskussion beteiligen sich Levy und Dessauer. Wir können
uns in den Referaten über den direkten Wechselstrombetrieb für röntgen¬
ologische Zwecke hier kurz fassen, weil demnächst an dieser Stelle eine
ausführliche Abhandlung über dieses Thema erscheinen wird.
Wichmann (Hamburg): Demonstration einer Röntgenröhre
für Therapie. Der Vortragende bespricht und demonstriert seine Rönt¬
genröhre, die für Arzt und Patient absoluten Schutz gegen ungewollte
Nebenwirkungen bei der Anwendung der Röntgenstrahlen bietet. Die ganze
Röhre ist aus Bleiglas geblasen und außerdem noch mit einem besonderen
Schutzmantel umgeben. Auf einen Glasausschnitt, welcher die zur An¬
wendung kommenden Röntgenstrahlen austreten läßt, kann ein Bleiglas-
Tubus aufgesetzt werden, um tiefer liegende Teile, Höhlen etc. direkt
bestrahlen zu können. Für photographische Zwecke läßt sich die Röhre
zugleich als Blende benutzen. Das Ansatzrohr ist sterilisierbar und erlaubt
für therapeutische Zwecke beliebige Abgrenzung des Strahlenfeldes.
Diskussion: Pasche und Prof. Grunmach.
Es folgte nun ein Intermezzo außerhalb des Programms! Der Vor¬
zitzende machte nämlich die Mitteilung, der Vorstand der Berliner Röntgen¬
vereinigung habe in Verbindung mit anderen Kongressisten eine deutsche
Röntgengesellschaft gegründet, die alle 3 Jahre zu gegenseitiger Aus¬
sprache und Belehrung einen Röntgenkongreß veranstalten werde. Die dem
Kongreß vorgelegte Resolution lautete: Am heutigen Tage, am 2. Mai 1905 ist
von den Unterzeichneten die deutsche Röntgengesellschaft gegründet worden.
Die Geschäftsführung wird vorläufig von dem Vorstand der Berliner Rönt¬
genvereinigung geführt. Die Geschäftsführung wird beauftragt, entsprechende
Satzungen auszuarbeiten. Die Mitglieder des in Berlin stattfindenden Kon¬
gresses werden eingeladen, Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Professor
Wertheim-Salomonson (Amsterdum) als Präsident des nächsten inter¬
nationalen Kongresses für Elektrologie und Radiologie, der 1908 in Araster-
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281
Bericht, über den ersten Riintgenkonpreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1005.
dam tagen wird, befürchtet einen Konflikt zwischen den Kongressen dieser
Korporation und denen der deutschen Röntgengesellschaft; sei doch der
internationale Kongreß mit Rücksicht auf die gegenwärtige Jubiläumstagung
in Berlin verschoben worden. Der Vorsitzende gibt Herrn Prof. Wertheim-
Salomorison zu bedenken, daß es sich um eine spezifisch deutsche Gründung
und Einrichtung handle, die sich event. später mit der internationalen Ge¬
sellschaft vereinigen könne. Er dankt im Namen des Röntgenkongresses für
die bei der Verschiebung gezeigte Rücksichtnahme und verspricht das Mög¬
lichste für gedeihliches Zusammenarbeiten beider Vereinigungen zu tun. In der
Abstimmung wird der Antrag des Vorstandes mit Akklamation angenommen.
Es wurde am vorigen Tage eine Kommission gewählt, welche Vor¬
schläge zur Aufstellung einer einheitlichen Nomenklatur in der Röntgen¬
lehre ausarbeiten sollte. Dieselbe bestand aus folgenden Herren: Albers-
Schönberg (Hamburg), Cowl (Berlin), Eberlein (Berlin), Gocht (Halle a. S.),
Grashey (München), Immelmann (Berlin), Köhler (Wiesbaden), Rieder (München)
und Walter (Hamburg). Sie beantragt, in Zukunft einheitlich in Wort und
Schrift folgende Bezeichnungen als allgemein verbindlich einzuführen:
Röntgenologie — Röntgenlehre, Röntgenwissenschaft.
Röntgenoskopie = Röntgendurchleuchtung.
Röntgenographie = Röntgenaufnahme.
Röntgenogramm = Röntgenbild (Röntgennegativ, Röntgenpositiv,
Röntgendiapositiv).
Orthoröntgenographie =■ Orthodiagraphie.
Röntgentherapie = Röntgenbehandlung.
röntgenisieren = mit Röntgenstrahlen behandeln.
Diese von A1 bers-Schön berg (Hamburg) verlesene Resolution der
Nomenklaturfrage-Kommission ruft eine kurze Diskussion hervor. Levy-
Dorn (Berlin) wünscht die allgemeinen Bezeichnungen Diagraphie, Dia¬
gramm, Skiagraphie etc. beizubehalten. Gocht (Halle a. S.) will gerade
diese allgemeinen, oft mehrdeutigen Bezeichnungen verschwinden lassen und
sie nur auf die wenigen der Kommission beschränken. Mit allen gegen 2
Stimmen wird der Vorschlag der Kommission zum Beschluß erhoben.
Haret (Paris) Präsentation d’un nouveau „porte-radiom&tre.“
Um die Baryumplatincyanürtablette des Radiometers von Sabouraud und
Noirö an der gewünschten Stelle, nämlich in der Mitte zwischen Anti¬
kathode und der zu bestrahlenden Fläche applizieren zu können, hat der
Vortragende einen besonderen Apparat konstruieren lassen, der sich rasch
und bequem an jeder beliebigen Röhre an bringen läßt. Die nach und nach
an der Pastille unter dem Einfluß auftreffender Röntgenstrahlen eintretendo
Verfärbung gestattet eine genaue Überwachung der Bestrahlung; als Normal-
Vergleicliungsobjekt dient eine gefärbte Skala.
Grisson (Dresden): Grisson-Resonator für Röntgenbetrieb
ohne Unterbrecher. Der Grisson-Resonator ist eine Kombination von
Apparaten, nicht nur zum Betrieb von Röntgenröhren, sondern außerdem
noch verwendbar für Hochfrequenzapparate, elektro-medizinische Apparate,
drahtlose Telegraphie etc. Nach der Verbindung kann er Verwendung
finden, um Gleichstrom in pulsierenden Gleichstrom, in Wechselstrom etc. um¬
zuwandeln. Der Resonator besteht aus einem Kommutator, der eine wech-
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282 Bericht über den ersten THintgeukongrcft in Berlin, 30. April — 3. Mai 1305.
selweise Ladung eines Kondensators mit Gleichstrom herbeiführt. Durch
die Abstimmung des ganzen Systems auf Resonanz wird erreicht, daß jeder
Stromanschhiß nicht nur eine Funkenentladung liefert, sondern daß die durch
die Resonanzschwingungen erzeugten Obertöne sämtlich ungedämpft trans¬
formiert und zur Entladung gebracht werden. Der Grisson-Resonator erzeugt
also in dieser Schaltung ausschließlich gleich gerichtete Schließungs¬
funken. Grisson’s System ist in dem Sinn etwas prinzipiell Neues,
als er nicht,^ wie gewöhnlich, den Öffnungsfunken der Induktion ausnützt,
sondern den bis jetzt so gefürchteten Schließungsfunken, den wir bis jetzt
ängstlich zu unterdrücken bestrebt waren. Es haben sich in dem neuen
Apparat die Schließungsströme als zur Erzeugung von Röntgenstrahlen
geeignet erwiesen. Den Nachweis dafür will der Erfinder des Systems in
dem geringeren Stromkonsuin zur Erzeugung gleicher Lichtstärke sowie der
Möglichkeit der Herabsetzung der Belichtungszeit bei Anwendung seiner
Apparate erblicken. Durch die praktisch vorgeführten Demonstrationen
konnten sich die Kongreßteilnehmer überzeugen, daß der Grisson-Resonator
ohne Geräusch, ohne Erwärmung, geruchlos auch im Dauerbetrieb gut
arbeitet. Lediglich durch Bewegung eines Regulierhebels wird der Apparat
in Tätigkeit versetzt, ein Unterbrecher fällt ganz weg.
Grashey (München): Demonstration eines Durchleucht¬
ungsapparates (Peridiaskop oder nach der neuen Nomenklatur Peri-
röntgenoskop). Das Periröntgenoskop ist eine Art verbesserten Orthoröntgeno-
graphen von dem schon in der Vormitttagssitzung die Rede war (Rosenthal).
Der Apparat erlaubt den stehenden oder liegenden Körper mit der leuchtenden
Röhre zu umkreisen und eignet sich deswegen besonders zu diagnostischen
Schirmbildern, Kontrolle der Lagerung der Bruchenden bei Frakturen, des
Sitzes von Fremdkörpern etc., weil der verletzte Teil nicht bewegt zu wer¬
den braucht.
Robinsohn und Werndorff (Wien): Über eine neue radio¬
logische Methode zur Untersuchung der Gelenke und Weich¬
teile und über deren Bedeutung für die Chirurgie. Vortragender
ist Robinsohn (Wien). Die neue Methode ist eine röntgenologisch-chirurgische
und bezweckt die Vergrößerung der Differenzierungsmöglichkeit
durch Einführung von Gas in Sehnenscheiden, Schleimbentel und Gelenke.
Wo keine natürlichen Höhlen bestehen, kann man das Gas auf einem künst¬
lichen Weg in die Spalten des Gewebes einführen. Als einzuführendes Gas
ist reiner Sauerstoff gewählt worden, eventuell eignet sich auch Kohlensäure
nicht aber, wegen der Gefahr der Embolie, gewöhnliche Luft. (Vortragender
erwähnt einen Fall, in welchem ein Chirurg Injektionen von Luft, dazu noch
ohne Druckmessung, vorgenommen hatte; das Resultat wmr der sofort
eintretende Tod!) Das Instrumentarium ist einfach. An Utensilien sind
notwendig eine geprüfte Sauerstoffflasche mit Manometer und Ventil, ein
Irrigator; durch einen Hahn strömt Wasser ein, der den Sauerstoffinhalt
verdrängt, der nun durch eine feine Nadel in die Gewebe hinein getrieben
wird. Dieser Einlauf von Sauerstoff, den die Autoren als Insufflation
bezeichnen, muß natürlich vollständig aseptisch vorgenommen werden. Die
nach solcher Vorbereitung gewonnenen Röntgenogramme, von denen eine
Anzahl zirkulieren, zeigen Gelenkpartieen normaler und pathologischer Fälle
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Bericht über den ersten Rrinlgonkoiigreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905.
283
mit noch nie gesehener, wunderbarer Darstellung: die Gelenkknorpel, die Ge¬
lenkkapsel mit ihren Ausbuchtungen, die inneren Gelenkbänder etc. erscheinen
deutlich. Bei einzelnen Gelenken sind solche Insufflationen nur unter Vor¬
nahme gleichzeitiger Röntgendurchleuchtung möglich.
Diskussion: Gocht (Halle a. S.) empfiehlt die Anwendung der
Melhcde wann. Pertz (Kailsiuhe) tpiicht als Chiiurg und betont, daß die
Punktion eint s Gelenkes mit gießen Gefallen veibvnden sei, ganz besonders
im Hinblick auf Infektionen. Er warnt dringend vor allgemeiner Anwendung
der Sauerstoffinsufflation und will die Verwendung der neuen Methode
höchstens dem gut eingerichteten Fachmann zugestehen. Holzknecht
(Wien) meint, es sei am besten, von einer Verallgemeinerung abzusehen, jeden
Fall für sich zu behandeln und jedesmal Gefahr und Nutzen streng gegen¬
einander abzuwägen. W ein berge r spricht über die Pathologie der Ge¬
lenke. Werndorff empfiehlt als Orthopäd die Anwendung der Insufflations-
methode unter aseptischen Kautelen.
Faulhaber (Würzburg): Über die Kombination einer Reihe
von Rö n tgenhilfsapparaten zu einem Apparat. Der Vortragende
referiert über das bekannte Blendenkästchen (der Polyphosgesellschaft) mit
Revolverblende, Röhrenhalter, Centrierungsvorrichtung und Vorrichtung zum
höher- und tieferstellen. Das damit in Verbindung gebrachte Stativ dient
auch bei der Übersichtsaufnahme von Brusteingevveiden etc. oder in Ver¬
bindung mit einem vertikalen Orthoröntgenographen. Durch Einfügen zweier
Beine kann der Apparat als Aufnahmetisch benutzt werden. In der Dis¬
kussion wird als Nachteil des Kästchens hervorgehobeD, daß die Drehblende
aus Metall angefertigt sei und der Patient unter Umständen Funken erhalten
könne. Der Vortragende bemerkt dagegen in seinem Schlußwort, es befinde
sich zur Verhütung dieses Übelstandes oben an der Blende eine Klammer
zur Anbringung der Ableitung an die Wasserleitung.
Robinsohn (Wien): Über einige wesentliche Verbes¬
serungen und Vereinfachungen der Röntgentechnik. Als ein¬
fache, bequeme und sozusagen kostenlose Fixationsmethode empfiehlt er die
Schlitzbinde. Um den zu fixierenden Körperteil herum wird eine breite
Binde, z. B. Gazebinde, gelegt, in den einen Schenkel, der Länge nach, ein
mehrere Zentimeter langes lineares Loch geschnitten und der andere, nicht
durchlochte Teil durch diese Öffnung hindurchgezogen. An den beiden
herunterhängenden freien Enden werden an Ringen angebrachte Gewichte
oder auch schwere Sandsäcke befestigt und diese Beschwerung auf beiden
Seiten gleichzeitig heruntergelassen. Die Methode ist absolut nicht schmerz¬
haft und es können nach Bedarf gleichzeitig mehrere Binden bei demselben
Objekt angelegt werden. Bei der Verwendung der Schlitzbinde am Becken
wird eine Watteunterlage zur möglichsten Abhaltung der Sekundär¬
strahlung empfohlen. Als Modifikation der Kompressionsblende empfiehlt
der Vortragende seine Fascikel- oder Stel 1 rohrblende. Ein Metall-
Zylinderrohr ist durch Längsschnitte in einzelne Lamellen zerlegt, welche
durch einen Reifen festgehalten und durch Klemmen fixiert werden können.
Das so entstandene, gewissermaßen plastische Rohr kann durch Lösung der
Klemmvorrichtung und Umstellung der Lamellen mit jeder auch unregel¬
mäßigen Körperoberfläche in Kongruenz gebracht werden. Durch Anziehen
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284 Bericht, über (len ersten Köntfrenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905.
der Klemmschraube wird die Blende zum starren System. Werden die
Lamellen, welche sie bedecken, soweit als nötig, zurückgezogen, so kann
mittelst dieser Blende auch ein circumscripter entzündlicher Prozeß rönt¬
genographisch aufgenommen werden. In der Diskussion empfiehlt Holz¬
knecht die Schlitzbinde warm. In seinem Schlußwort empfiehlt der Vor¬
tragende seine Schlitzbinde zur allgemeinen Anwendung behufs Fixation bei
chirurgischen Eingriffen.
Heinz Bauer (Berlin): Über den Konstruktionsausbau von
Röntgenröhren.
In der in gewöhnlichen Röntgenröhren bestehenden anodischen Ver¬
bindung der Antikathode, welche dieselbe zur Anode macht, sieht der Vor¬
tragende die unmittelbare Quelle der Platinzerstäubung, welche ihrerseits
wieder die Hauptschuld an dem Härterwerden der Röhre trägt. Diese Zer¬
stäubung könnte durch Ersetzung des Platinbleches der Antikathode durch
ein nicht zerstäubendes Metall, Aluminium oder Magnesium, vermieden
werden; leider aber sind gerade diese Metalle Temperaturgraden, wie sie im
Kathodenfokus entstehen, nicht gewachsen. Fehlen der anodischen Ver¬
bindung würde sich im Wandern des Brennpunktes und störender Unschärfe
des Bildes kundgeben. Um nun trotz des Bestehens einer anodischen Ver¬
bindung zwischen Anode und Antikathode die geschilderten Folgen der anodi¬
schen Verbindung zu umgehen, führt der Vortragende in seiner neuen Röhre
zwischen Anode und Antikathode als Verbindungsleitung eine Dross eispule
ein, und die praktische Erfahrung mit dieser Wahl zeigt — wie auch der Referent
völlig bestätigen kann — bei derartig konstruierten Röhren große Konstanz
der Strahlungsintensität und lange Lebensdauer. Zur Vermeidung über¬
großer Wärmebildung im Kathodenfokus und Abschmelzens des Antikathoden¬
spiegels sind unter anderem Wasserkühlröhren erfunden worden, die neben
ihren' unleugbaren Vorteilen aber auch ihre Nachteile aufweisen. So kann
die Wasserkühlröhre beispielsweise nur in einer einzigen Stellung gebraucht
werden, ihr Brennpunkt schwankt während des Kochens des Kühlwassers
und die Gefahr des Auslaufens und Verbrühens durch auskochendes Wasser
ist nicht von der Hand zu weisen, desgleichen ein Zerspringen des Glas¬
gefäßes. Bauer erdachte nun die Luftkühlung. Die Antikathode, mit
einem Platinblech überdeckt, ist teilweise in einen Kupferklotz umgewandelt,
dessen Oberfläche durch rippenförmige Ansätze vergrößert ist. Das röhren¬
förmige, nach außen gerichtete Ende der Antikathode sitzt auf einem un¬
mittelbar von der Außenluft gekühlten Glasrohr. Eine solche Bauer’scho
Luftkühlröhre ist jeder Anforderung der Praxis gewachsen. Die Röhre
wird vom Vortragenden im Betrieb vorgeführt, ebenso eine seinen Werk¬
stätten entstammende Riesenröhre von 38 cm Kugeldurchmesser; beide
funktionieren tadellos.
Damit sind die Verhandlungen des 2. Kongreßtages zu Ende und am
Abend vereinigte nach des Tages Mühe und Arbeit ein Festmahl die
Kongressisten.
III. Kongreßtag, Mittwoch den 3. Mai 1905.
Am dritten Kongreßtag waren beide Sitzungen, am Vormittag und
am Nachmittag, medizinischen Erörterungen über den therapeutischen
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285
'Bericht, über den ersten Rontgonkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
Effekt (1er Röntgenstrahlen gewidmet, einem Gebiet, auf welchem ganz
besonders in letzter Zeit große und überraschende Erfolge' erzielt
worden sind. Da das Gebiet für den Praktiker von besonderer Bedeutung
ist, soll es eine ausführlichere Behandlung erfahren als die : beiden
anderen Teile.
In der Vormittagssitzung sprach als erster Las sar-Berlin mit
gewohnter Meisterschaft über die Röntgentherapie bei Krebs. Das
allgemeine Erstaunen, das der Entdeckung der heilkräftigen Wirk¬
ung der Röntgenstrahlen folgte, verwandelte sich gelegentlich in Furcht
und Entsetzen, als nach und nach auch ihre zerstörenden Eigenschaften
bekannt wurden: neben ihrer therapeutischen Einwirkung machten sich,
hauptsächlich infolge des Mangels an geeigneter Schulung, nach und nach
deletäre Einwirkungen geltend; es sind dieselben als eine Art chemischer
Verbrennung anzusehen; dieso „Kunstkrankheit“ ist äußerst schwierig zu
heilen. Zu Beginn der Röntgenära, ehe man sich über die Wirkungen der
X-Strahlen auf die Haut und tiefer liegende Gebilde klar war, wurden
dieselben oft kritiklos angewendet. Die betrübenden Folgen blieben nicht
aus, und schwere Schädigungen der Haut, oft bei nur kosmetischen Bestrah¬
lungen z. B. wegen Hypertrichosis, mahnten zur größten Vorsicht. Dank
zahlreicher grundlegender, zumeist experimenteller Arbeiten sind wir heute
einen bedeutenden Schritt weiter gekommen: in den Röntgenstrahlen besitzen
wir ein unschätzbares und unentbehrliches Heilmittel, und nach tausenden
zählen die Kranken, die demselben Leben und Gesundheit verdanken. Aller¬
dings darf die Röntgentherapie nur auf strenge Indikationsstellung hin ange¬
wendet werden und hat nur unter durchaus sachkundiger Leitung sehr vor¬
sichtig und zugleich derart zu geschehen, daß keine ungewollten Neben¬
erscheinungen eintreten können.
Ganz besonders ist es der flache Hautkrebs, das sog. Kankroid,
das durch Röntgenstrahlen vollständig geheilt werden kann; wenige
Sitzungen genügen meistens zu anstandsloser Heilung. Rezidive sind nicht
häufig und weichen sofort wieder der Bestrahlung. Unbestritten bleiben
die Erfolge der chirurgischen Operationen bei Karzinomen; die Röntgen¬
methode tritt bei Krebsgeschwülsten, von Kankroid abgesehen, nur da in
Anwendung, wo andere Methoden versagen. Die Röntgenstrahlen können
infolge ihrer elektiven Wirkung einen Zerfall des Krebsgewebes herbei¬
führen. Tiefer sitzende Karzinome bleiben nach den heutigen Anschau¬
ungen vom Einfluß der Röntgenstrahlen so gut wie unberührt; die Heilkraft
derselben scheint nicht mehr als etwa '/* cm in die Tiefe zu dringen.
Die Röntgenstrahlen bewähren sich oft bei Krebsrezidiven
nach Operation; sie vermindern die Sekretion ulcerierter Carcinome
und sind imstande, die oft äußerst quälenden Krebsschmerzen zu stillen und
die Wunde zu schließen. Geht dann die Metastasenbildung trotzdem weiter,
so vermag die Röntgenbestrahlung doch oft dem Kranken die Schmerzen seiner
letzten Tage und Stunden zu verringern (Euthanasie). Redner schlägt vor,
nach Karzinomoperationen prophylaktisch einige Zeit hindurch das Ope¬
rationsfeld zu röntgenisieren.
Bei inoperablen Carcinomen kommen als Heilmitttel die Rönt¬
genstrahlen in Frage: sie können vorübergehend Besserung bringen, gele-
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286 Bericht über den ersten Röntgonkongroß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905.
gentlich einmal auch einen Pall heilen; die Geschwürsflächen werden des¬
odorisiert und können sich überhäuten. Von allergrößter Bedeutung ist natür¬
lich möglichst frühzeitige Anwendung der Bestrahlung.
Unter den Hunderten von Fällen, die mit Röntgenstrahlen behandelt
wurden, erlebte der Vortragende 3 Todesfälle. Es handelte sich um Patien¬
ten von 83, 75 und 70 Jahren; wie weit die Röntgenstrahlen angeschuldigt
werden dürfen, wagt er nicht zu entscheiden. Sarkome reagieren im allge¬
meinen günstig auf Röntgenbestrahlung. Ebenso können eine ganze Anzahl
entzündlicher Hautkrankheiten durch die Anwendung der Röntgenstrahlen
gebessert und geheilt werden. Im Lepraheim in Memel hat der Vor¬
tragende mit Bestrahlungen Versuche gemacht; der Ausfall derselben war
ein günstiger.
Radium wirkt besonders bei Gesichts- und Lippenkrebsen in ganz
auffälliger Weise; es kann diese Affektionen rasch zu bleibendem Verschwin¬
den bringen.
Eine entscheidende Wendung in der Behandlung der Krebsleiden
haben die Röntgenstrahlen allerdings nicht gebracht; sie liefern aber doch
eine gute Ergänzung der bisherigen Methoden und eröffnen eine großartigo
Perspektive für die Zukunft. Die Erfolge der Röntgen- und Radium¬
therapie, wie Lassar sie — vor und nach der Behandlung — demonstriert,
sind großartig. Die Demonstration einer großen Zahl geheilter Kranker und
prächtiger, zum Teil farbiger Projektionsbilder und Moulagen, schloß den
mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag.
Al be rs-S ch ö n her g (Hamburg): Zur Therapie der Sarkome.
Schutzvorrichtungen. Der Vortragende stellt ein geheiltes großes
Sarkom der Kopfhaut (Diagnose mikroskopisch bestätigt!) vor. Bei
einein 44jährigen sonst gesunden Manne entwickelte sich eine rundliche,
etwa nußgroße Geschwulst, trotz ärztlicher Hülfe, zu mehreren, bis apfel¬
großen Tumoren von weicher Konsistenz, die teilweise ulceriert waren.
Die Größe der Tumoren ließ einen operativen Eingriff zum Voraus hoff¬
nungslos erscheinen, probeweise wurde nun die Röntgenbestrahlung einge¬
leitet (Kompressionsblende des Verfassers, mittelweiche Müller-Röhre; kon¬
stanter Abstand zwischen Hautoberfläche und Focus 36 cm). In 28 Sitz¬
ungen wurden im Ganzen 168 Minuten lang bestrahlt. Eine Reaktion trat
nicht ein. Außer einigen wenig auffallenden Narben sind die Geschwulst¬
massen verschwunden, ein Rezidiv ist nicht eingetreten.
Leonard (Philadelphia) demonstriert an Projektionsbildern ähnliche
Heilungen.
Bouchacourt und Haret (Paris): „De 1’ endodiatherapie.
Beschreibung der für besondere Fälle konstruierten Vorrichtungen, die
Höhlenbestrahlungen, zum Beispiel in den natürlichen Körperöffnungen,
gestatten.
Haret (Paris): Cancer du col de l’uterus, au debut traitö
avec succös par la radiothö rap ie. Bericht über erfolgreiche Be¬
handlung mittelst Röntgenstrahlen in einem Fall von Carcinoma colli
uteri. Nachdem eine Operation von ärztlicher Seite abgelehnt worden war
erzielte der Vortragende nach 2 Sitzungen Schmerzlinderung; nach
6 Bestrahlungen trat bereits Vernarbung der ulcerierten Stellen ein.
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Bericht über ilon ersten TtSntgenkonKreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 287
Prio und Comas (Barcelona): Die Röntgenstrahlen bei der
Behandlung der Krebskrankheiten. Ergebnisse und Indi¬
kationen derselben. Für die beiden, der deutschen Sprache nicht mäch¬
tigen Herren referiert I m in el mann-Berlin. Die Verfasser verfügen über
65 Fälle von Carcinomen, die folgende Lokalisationen aufwiesen: Sitz an
der Stirne 2, an den Augenlidern 5, in der Augenhöhle 1, am Unterkiefer 1,
in der Zunge 7, an den Mandeln 1, im Larnyx 1, in der Mamma 15, an
der Nase 12, der Wange 5, den Lippen 7, im Magen 1, im Rektum 1, im
Uterus, 3, an den Gliedmaßen 3. Davon sind 19 Fälle ausgeheilt oder
in Heilung begriffen. In 12 weiteren Fällen zeigte sich eine Besserung. 30
Fälle kamen in äußerst desolatem Zustand in Behandlung. Patienten, bei
denen schon von vornherein jede Hoffnung auf Heilung oder auch nur Bes¬
serung aufgegeben werden mußte; die Bestrahlungen sollten lediglich nur
zu dem Zwecke unternommen werden, palliativ wenigstens die heftigsten
Schmerzen zu bekämpfen. In Behandlung befanden sich noch 7 Fälle mit
zum Teil gutem Erfolg. Bei 4 Patienten wurden Bestrahlungen nach chirur¬
gischen Operationen vorgenommen, um, wenn irgend möglich, auf diese
Weise Rezidiven vorzubeugen. Die meisten PTille betrafen bösartige Neu¬
bildungen der Haut oder in geringer Tiefe unter derselben gelegen. Die
Zahl der im einzelnen Fall applizierten Sitzungen war im allgemeinen eine
geringe; starke Reaktion trat nie ein.
Aus ihrem reichlichen und gut verarbeiteten Material leiten die Ver¬
fasser folgende Bemerkungen ab. Wenn auch eine Beeinflussung der Krebs¬
krankheit durch die Röntgenstrahlen unzweifelhaft feststeht, so ist doch
diese Wirkung nicht konstant oder stets von Erfolg begleitet. Oberfläch¬
liche Leiden werden am günstigsten beeinflußt. Die starke Absorption der
Röntgenstrahlen in den oberflächlichen Gewebsschichten und die Änderungen
ihres Charakters beim Passieren derselben schwächen ihre Wirkungen in
tieferen Teilen bis zur gänzlichen Aufhebung ab. Neubildungen mit starker
Vaskularisation oder aus weichen Gewebsmassen bestehend, eignen sich nur
wenig für Röntgenstrahlenbehandlung; Formen mit langsamem Verlauf und
stationärem Charakter sind dankbare Objekte. Als Nebenerscheinungen
bei der Röntgentherapie beobachteten sie gelegentlich Temperaturerhöhungen,
Ödeme, Kräfteverfall. Veränderungen im Harn werden nicht beobachtet; im
Blut zeigte sich in allen Fällen eine leichte Leukocytose. Betreffend die Tech¬
nik wurden im allgemeinen die weichen Röhren bevorzugt; härtere fanden
nur bei Abschluß der Behandlung Verwendung. Die Sitzungen wurden einen
Tag um den andern vorgenommen, bis 7 oder 8. Schritt die Behandlung
weiter, so wurden die Pausen zwischen den einzelnen Sitzungen verlängert.
Interposition absorbierender Aluminiumfolien zwischen Bestrahlungsfläche
und Röntgenröhre, für Tiefenwirkungen, brachten keinen Vorteil, ebenso¬
wenig die gleichzeitige innerliche Darreichung von Chinin.
Auf Grund ihrer Erfahrung formulieren die beiden Herren fol¬
gende Schlüsse:
1) Die Röntgenstrahlen sind bei Neubildungen der Haut und bei solchen
von so erheblicher Oberflächen-Ausdehnung, daß ihre Exstirpation mit großen
Schwierigkeiten verbunden ist, angezeigt. Besonders sind dieselben mit Be¬
zug auf solche Krankheitssitze anzuraten, bei welchen der chirurgische
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288 Bericht über (len ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
Eingriff zu Narbenzerrungen Anlaß geben könnte, welche die Funktion des
betreffenden Organs einschränken würden (Augenlider).
2) Die Röntgenbehandlung ist ferner angebracht bei interstitiellen
Neubildungen, wie auch bei solchen an Drüsen und an inneren Organen,
sofern diese nicht sehr umfangreich, dagegen scharf begrenzt, von lang¬
samem Verlauf und nur von geringer Drüsenschwellung begleitet sind; das
Allgemeinbefinden des Patienten soll auch ein gutes sein.
3) In das Gebiet der Röntgentherapie fallen noch die inoperablen
Neubildungen: ihre einzige Zuflucht, weil immerhin von dieser Behandlung
noch ein Erfolg zu erwarten ist, zum mindestens Schmerzlinderung, Vermin¬
derung oder Unterdrückung des jauchenden Sekretes, partielle Vernarbung
der ulcerierten Teile und Einschränkung des fortschreitenden Verlaufes der
Krankheit, wobei stets die heftigen Reaktionen möglichst zu vermeiden sind,
eine Forderung, die allerdings nicht immer ausführbar ist.
4) Desgleichen sind der Röntgentherapie zu unterziehen junge Rezi¬
dive operierter Fälle, welche fast immer zum Rückgang resp. zum Stillstand
gebracht werden -können, ferner auch die Operationsnarben nach Exstir¬
pation eines Krebsgeschwüres. Wir halten dafür, daß auf diese Weise die
Zahl der Rezidive stark eingeschränkt werden könne.
5. Bei großen Massen von Neubildungen, wie auch bei internen Ge¬
schwüren, scheint uns noch dem Chirurgen die erste Stelle zuzukommen,
einmal um die größeren Massen erkrankter Gewebe zu entfernen, welche
die Wirkung der Röntgenstrahlen beeinträchtigen und sodann auch, um neue
Bahnen nach Gegenden im Organismus zu eröffnen, wohin die Strahlen
normaler Weise schwer gelangen resp. ein wirken können.
Belot-Paris: De l’importanee du dosage et de la methode
dans le traitement radiothdrapeutique de quelques affections
n eoplasiqu es. Der Vortragende verbreitet sich eingehend über die
Dosierung der Röntgenstrahlen bei ihrer therapeutischen Verwendung unter
Anführung einschlägiger Fälle.
U n g e r - Berlin: Wirkung der Röntgenstrahlen auf den
Brustkrebs. Tumorenbehandlung mittelst Röntgenstrahlen ist eine noch
neue Methode und die mit ihr erzielten Erfolge sind skeptisch aufzunehmen.
Sind wir doch gewohnt, ein operiertes Carcinoin erst nach 3jähriger
Beobachtungszeit als rezidivfrei zu taxieren. Allgemein ist jedoch
anerkannt, daß die Röntgenstrahlen Carcinomgewebe zum Schrumpfen
bringen können. Der Vortragende schildert seine Erfahrungen, die er durch
Bestrahlung einer Reihe von Mam m a car ci n o m e n der v. Bergrnann’schen
Klinik gewonnen hat. Über die dabei angewendete Technik macht er fol¬
gende Bemerkungen: Benutzt wurde ein Apparat von Hirschmann, sowie
dessen Monopolröhre mit Doppelregenorierung. Die von einer weichen
Röhre produzierten Strahlen werden bereits in den oberflächlichen
Schichten der Haut absorbiert; die Strahlen einer harten Röhre
dagegen können in einer Tiefe von ca. 2 cm noch Wirkungen ausiiben, darüber
hinaus aber nicht mehr. Für Tiefenwirkung werden die weichen
Strahlen, um einer event. Verbrennung der Haut vorzubeugen, mittelst auf
die Haut gelegten Staniolpapiers „abfiltriert“. Dauer einer Sitzung 10 Minu¬
ten; Abstand zwischen Focus und bestrahlter Haut 15—20 cm. Sitzungen
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Bericht iiher (len ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905. 289
jeden zweiten Tag. Ein Strahlenmesser wurde nicht angewendet. Die Ab¬
blendung der gesunden Umgebung erfolgte anfangs durch Bleiplatten, nach¬
her mit dem Hirschmannschen Schutzschirm. Als Resultat seiner Studien
fand der Vortragende, daß unter dem Einfluß der Strahlung oberflächliche
Krebsknoten, insbesondere kleine Metastasen, verschwinden können. Dieser
Effekt reicht jedoch nur bis zu einer Tiefe von ca. 5 mm, darüber hinaus
wird die Weiterentwicklung des Carcinoms nicht wesentlich behindert. In¬
folge dos Brustkrebses metastatisch erkrankte Drüsen können durch Rönt¬
genstrahlen nicht beseitigt oder in ihrer Weiterentwicklung gehemmt
werden. Mikroskopische Bilder bestätigen diese Befunde, die sich mit der¬
jenigen der Autoren decken. Die Wirkung der Röntgenbestrahlung faßt
er in folgende Sätze zusammen:
1) Die Schmerzen, sowohl in den Tumoren selbst wie in den Narben,
nach Mamaamputation lassen sich durch Röntgenstrahlen bisweilen günstig
beeinflussen.
2) Defekte der Haut, granulierend oder durch Ulceration bedingt,
verkleinern sich oft, vernarben bisweilen.
8) Oberflächliche Hautmetastasen verkleinern sich; ihr Wachstum
in die Tiefe wird nicht gehemmt.
4) Die Strahlen wirken auf das Carcinom bis etwa 5 mm in die Tiefe;
carcinomatöse Drüsen werden nicht beeinflußt, ebensowenig Metastasen im
Knochen. Intensive Wirkung bis zur Erzeugung größerer Nekrosen schützt
nicht vor Rezidiven.
So lange noch eine Operation Aussicht auf Erfolg bietet, meint der
Vortragende, ist die Anwendung der Röntgenstrablen bei Brustkrebs nicht
indiziert.
Sjögren-Stockholm: Die palliative Röntgentherapie bei
malignen Tumoren. Der Vortragende empfiehlt die Nachbehandlung
operierter maligner Tumoren mit R ö ntgen strah len zumZwecke
der Vorbeugung von Rezidiven. Die Röntgenstrahlen besitzen
elektive Wirkungen auf pathologische Zellen, die unter dem Einfluß
der Bestrahlung einer Degeneration anheimfallen können; zur Zerstörung
des gesunden Gewebes braucht es eine ungleich viel stärkere Strahlungs¬
intensität. Nicht alle malignen Neubildungen verhalten sich der Röntgen¬
bestrahlung gegenüber gleich; woran das liegt, wissen wir noch nicht. Der
destruierende Einfluß kann zur gänzlichen Zerstörung der Tumoren führen.
Der Nutzen der Röntgentherapie bei inoperablen Geschwülsten liegt in
der Möglichkeit der Verkleinerung derselben und dem auch in ungünstigen
Fällen oft eintretenden temporären Verschwinden der Schmerzen; der chirur¬
gische Eingriff bleibt trotz alledem das souveräne Mittel. Aber der Operateur
ist nie sicher, ob nicht ein Rezidiv erfolgt. Es lag deshalb der Gedanke
nahe, beide Methoden der Behandlung zu vereinigen: erst die chirurgische
Entfernung des Tumors und hernach die Bestrahlung der Narbe und ihrer
Umgebung mit Röntgenstrahlen. Durch diese Manipulation erwarten wir die
Vernichtung etwa zurückgebliebener evtl, auch nur mikroskopisch kleiner
pathologischer Zellreste.
Notwendig ist intensive Bestrahlung mit ziemlich harten Röhren und
Schutz der gesunden Umgebung mittelst Staniol. Ob diese Methode leistet,
Archiv f. physik. Medizin etc. 19
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290 Bericht über den ersten Ttöntgenkougreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905.
was man von ihr erwartet, wird erst nach Jahren genau eruiert werden
können. Der Vortragende berichtet über 10 Fälle von operiertem Mamma-
carcinom und 2 Fälle von Sarkom, bei welchen Präventivbestrahlungen
appliziert worden waren. Die zwischen der Operation und der Bestrahlung
liegende Zeit betrug 1—3 Monate. Ein Rezidiv ist in allen Fällen noch ans-
geblieben, die Beobochtun gszeit ist allerdings nur gering, in einem Fall sind
allerdings mehr als 6 Monate seit der Operation verstrichen. Die Präven-
tivbestrahlungen eröffnen der Anwendung der Röntgentherapie ein
neues Feld; vielleicht dürften sie berufen sein, die Zahl der Rezidive
nach der Operation maligner Tumoren zu beschränken.
Wohlge muth-Berlin : Ein durch Röntgenstrahl en geheiltes
M am macar ein o m. (Demonstration).
Allgemein ist die Tatsache anerkannt, daß die Röntgenstrahlen im¬
stande sind, die flachen Hautkrebse zur Heilung zu bringen. Tiefere
Carcinome können unter Umständen günstig beeinflußt werden. Die auf
dem Kongreß von berufenen Autoren vertretene Meinung wollte den Strahlen
eine Tiefenwirkung von nur l / 2 c,n zuschreiben. Es könnte also beispiels¬
weise ein ulceriertes Carcinom oberflächlich ausheilen, während in den
tieferen Partieen der Krankheitsprozeß unbeeinflußt fortschreitet. Jeder
einzelne Fall bietet angesichts der noch nicht genügend geklärten Sachlage
(betr. die Tiefenwirkung) Interesse. Der Vortragende stellt ein Mamma-
carcinom vor, das von den Röntgenstrahlen bis in eine Tiefe von 3—dein
günstig beeinflußt wurde. Es handelt sich um eine Töjährige Dame. Beginn
des Leidens vor 7 Jahren, fortschreitender Zerfall. Operative Entfernung
wurde angesichts des hohen Alters der Patientin ab ge lehnt. Als der Vor¬
tragende mit der Röntgentherapie begann, war der Tumor apfelgroß, seine Aus¬
dehnung 5—ü cm; er war ulceriert, hart, nicht festsitzend, die Umgebung unver¬
ändert, in der gleichseitigen Achselhöhle eine haselnußgroße Drüse. Röntgen¬
bestrahlung unter Abblendung in drei wöchentlichen Sitzungen von je 5
Minuten Dauer, vorsichtige Dosierung ohne Hautreaktion, harte Röhre,
25—30 cm Abstand. Die Schmerzen ließen rasch nach und waren nach ca.
4 Wochen verschwunden. Das flacher werdende Geschwür überhäutete sich
vorn Rand her; nach 52 Sitzungen war der Tumor verschwunden.
Patientin wird vorgestellt. An Stelle des Tumors findet sich eine flache,
weiche Narbe. Achselhöhlendrüsen nach 2'/* Monaten verschwunden; das
Carcinom war ohne Sekretion eingeschrumpft. Über der 1. Clavi-
cula befindet sich eine vergrößerte Lymphdrüse. Der Vortragende will zwar
den Fall noch nicht als definitiv geheilt bezeichnen, aber mit demselben
den Beweis dafür bringen, daß die Röntgenstrahlen bei geeigneter
Technik auch tiefe Carcinome zu beeinflussen vermögen. Er er¬
wähnt ferner 2 weitere Fälle: inoperables Uteruskarzinom und schwere
allen bisher angewandten Methoden trotzende Occipitalneuralgie, welche
beide durch Röntgenbestrahlung gebessert resp. geheilt wurden.
H. E. Schmidt-Berlin: Vorstellung von mit Röntgenstrahlen
behandelten Kranken. Nicht nur auf maligne Tumoren haben die
Röntgenstrahlen heilkräftige Wirkung, sie beeinflussen auch in eklatanter
Weise die verschiedensten Krankheiten der Haut; einzelne Dermatosen
heilen sogar schneller unter Röntgentherapie als mittelst der bisherigen
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Bericht, über Jen ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April — 3. Mai 1905. 291
Methoden. Der Vortragende demonstriert und erläutert eine Anzahl ein¬
schlägiger Fälle, die er in dem Lesser’schen Universitätsinstitut für Lichtbe¬
handlung in Behandlung hatte. 2 Fälle von Ulcus rodens, am Auge und
an der Stirne. Der erste Fall ist seit 1 '/*, der zweite seit 2 Jahren rezidiv¬
frei. Trotzdem so gut wie nach der chirurgischen Exstirpation auch bei An¬
wendung der Röntgenmethode Rezidive möglich sind, will der Vortragende
doch der Röntgentherapie vor der Operation den Vorzug geben. Multiple
Warzen auf dem Handrücken atrophierten und verschwanden ohne Narben¬
bildung unter dem Einfluß der Bestrahlung. Ein Markstück großes Ulcus
tuherculosum ist mit schöner Narbe geheilt und bis jetzt über ein Jahr
lang rezidivfrei geblieben. Tiefe Drüsentuberkulose mit Abszeß- und
Fistelbildung auf der rechten Halsseite ist völlig ausgeheilt. Lupus
vulgaris tumidus und Lupus exulcerans sind zur Heilung resp. Ver¬
narbung gekommen. Eine andere Lupusform, bei welcher die Krankheit sich
äußert in Gestalt flacher, im Niveau der Haut liegender Knötchen, ist der
Finsenbehandlung mit besserem Erfolg zugänglich. Beide Methoden,
Finsenbehandlung und Röntgenbostrahlung, können einander wirksam er¬
gänzen. Ein vor>restellter Fall liefert dafür den Beweis: ein ausgedehnter
Lupus tumidus war durch Röntgenbehandlung bis auf einige kleine
Knötchen zurückgegangen, die sodann durch Finsenbehandlung rasch be¬
seitigt wurden. Ein Lichen ruber verrucosus ist zum Teil geheilt, des¬
gleichen eine über Handteller große Psoriasis auf dem Rücken. Akne-
keloid (Dermatisis papillaris) ist eine den gewöhnlichen Methoden nur schwer
zugängliche und äußerst hartnäckige Krankheit: ein Fall ist durch Röntgen¬
therapie geheilt und seit über einem Jahr rezidivfrei, ein anderer erheblich
gebessert und noch in Behandlung. 2 Fälle von Sykosis sind durch Rönt¬
genbehandlung geheilt und jetzt seit einem halben Jahr rezidivfrei.
Gocht (Halle a./S.): Plastische Schutzmasken für die Rönt¬
gentherapie. Kleine Partien von schwer zugänglichen Orten (Mund¬
winkel, Naseneingang, innerer Augenwinkel etc.) sind schwer zu bestrahlen,
weil die Abdeckung nicht vollkommen genug möglich ist. Diesem Übelstand
abzuhelfen, empfiehlt der Vortragende, für diesen Zweck plastische Mas¬
ken anzufertigen und zwar aus einer auch von den Zahnärzten zur Her¬
stellung von Zahnmodellen benutzten Masse, „Trilbi“ geheißen. In Wasser
von 50° wird die Masse weich, sodann mit nassen Händen plattenförmig ge¬
knetet, der zu bestrahlenden Stelle genau angepaßt und mit dem Finger ent¬
sprechend der Größe der zu bestrahlenden Stelle durchlocht. Die Masse
erhärtet rasch. Die Weckuhr dient dazu, durch Klingeln das Ende der
Sitzung anzuzeigen und zugleich den primären Strom automatisch zu unter¬
brechen. Verfertiger ist Max Kohl in Chemnitz.
Kien böc k-Wien: Eine neue Meßmethode in der Röntgen¬
therapie. Im Jahre 1900 schon berichtete K., die Wirkung der Rönt¬
genbestrahlung auf das lebende Gewebe sei von der in der Sitzung ab¬
sorbierten Röntgenlichtmenge abhängig und könne vergleichsweise nach
der Schwärzung einer photographischen Platte geschätzt werden.
Berger und Horn von der Firma Reiniger, Gebbert und Schall haben den
Grundsatz in die Praxis umgesetzt und als neues Meßinstrument für Rönt¬
genstrahlen das Quantimeter konstruiert. Nach Modifikationen des Vor-
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Bericht über den ersten Kiintgenkongrrß in Berlin, HO. April—3. Mai 1905.
293
Exposition schon nach 24 Stunden. Zentrale Epithelabstoßung, die bei langer
Exposition die ganze Strahlungsfläche ergreift. Sekretion gering. Krusten¬
bildung. Reaktionen heilen nach einigen Wochen, stärkere erst nach Monaten,
alle mit häßlicher Weißfärbung der deutlichen Narbe und mit Einlagerung
von Blutgefäßen in dieselbe.
4. Kathodenstrahlen erzeugen je nach Dauer und Stärke der
Exposition Entzündungen schon nach 10 Stunden bis zur Dauer von einigen
Wochen bis zu einigen Monaten mit rascher und sehr deutlich auftretender
zentraler Epithelabhebung und Verkrustung ohne deutliche Sekretion; Rötung
und Infiltration der Umgebung der Blase innerhalb des bestrahlten Feldes.
Abheilung mit kosmetisch tadelloser Narbe ohne alle Einlagerungen von
Pigment oder Blutgefäßen.
Als Vorteile der Kathodenstrahlentherapie führt Dr. Strebei an, daß
die Kathodenstrahlenreaktion rasch eintrete, ziemlich lange bestehe, gut heile
und ideale Narbenbildung zurücklasse. Die Wirkung der Kathodenstrahlen
ist tiefgehend; als Indikationsgebiet gibt er vorläufig Lupus, Hautcar-
zinome, Naevi und Teleangiectasien an; die Strahlen lassen sich
auch in Höhlen einführen. Als Begleiterscheinung wurde Haarausfall
beobachtet; vielleicht könnten die Kathodenstrahlen mit der Zeit ein ein¬
faches Epilationsmittel abgeben.
An diese therapeutischen Vorträge schloß sich eine äußerst rege Dis¬
kussion an ; wir bringen von derselben nur das Wichtigste. Prof Grunmach-
Berlin. Betr. die röntgentherapeutische Beeinflussung der Psoriasis ist zu
bemerken, daß nicht alle Fälle unter Röntgenbehandlung heilen. Er erwähnt
einen Patient, bei welchem diese Behandlung erfolglos war, die Dermatose
aber prompt durch die alte Arsenik-Medikation heilte. Als unangenehme
Nebenerscheinungen bei Röntgenbestrahlungen erwähnt er er¬
höhte Pulsfrequenz (bis auf die doppelte Zahl), verbunden mit Schwächezu-
ständen, welche eine Unterbrechung der Behandlung erforderten.
Co lley-Insterburg. Alle noch operablen bösartigen Geschwülste ge¬
hören in den Bereich des Chirurgen, primäre sowohl wie rezidivierende. Erst
wenn der Tumor inoperabel geworden ist, mag die Röntgenbehandlung
Platz greifen.
Stein-Wiesbaden empfiehlt, inoperable Tumoren mit Ausdauer zu
bestrahlen. Als Resultat der Bestrahlung erwartet er Schmerzlinderung,
Aufhaltung oder Einschränkung des weiteren Wachstums, Verhütung des
Aufbrechens nach außen und konsekutiver Geschwüre.
Levy-Dorn-Berlin empfiehlt jede 3. Woche bei Bestrahlungen Blut¬
untersuchungen vorzunehmen, weil er gesehen, wie bei kräftiger Bestrahlung
bei einigen Patienten das vorher normale Blut leukämische Eigenschaften
angenommen hatte. Als Allgemeinerscheinungen nach Bestrahlung sind
ihm aufgefallen: Vermehrung des Stickstoffumsatzes und Temperaturerhöhung.
Er schildert die Art und Weise, wie er Bestrahlungen vorzunehmen pflegt.
Schild-Magdeburg gedenkt der durch Röntgenbestrahlung bewirkten
Heilung eines aus Xeroderma pigmentosum hervorgegangenen inoperablen
Carcinoms; die Pigmentierung des Xeroderma nahm merklich ab.
Unger-Berlin ist der Meinung, es sollten auch die erfolglos be¬
handelten Fälle publiziert werden, erst dann könnte man einen richtigen
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294 Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April —3. Mai 1905.
Überblick gewinnen. Die Heilungen sind mit großer Vorsicht und skeptisch
aufzunehmen.
Wich m an n-Hamburg erinnert an sein Tubensystem, das bei Rönt¬
genbestrahlungen in der Tiefe, in Höhlen etc. nutzbringende Verwendung
findet. Durch successives Ausziehen der Tuben können verschiedene Tiefen
bestrahlt werden.
Pfeiffer-Tübingen: Im Anschluß an Röntgenbestrahlungen sind
mehrere Todesfälle bekannt geworden. Lassar erwähnte 3, dem Vor¬
tragenden sind weitere 3 bekannt, darunter einer aus seiner eigenen Praxis.
Noch nicht aufgeklärt ist der Zusammenhang zwischen Bestrahlung und
eingetretenem Tod. Denkbar wäre Nierenreizung, deshalb die Empfehlung,
vor und nach der Bestrahlung den Harn zu untersuchen.
Moser-Zittau: Es ist von Wichtigkeit, bei Röntgenbestrahlungen
regelmäßige Untersuchungen des Herzens und des Harns vorzunehmen.
Hahn-Hamburg hat in einer Statistik 2008 mit Röntgenstrahlen be¬
handelte Krankheitsfälle übersichtlich zusammengestellt. Ein Todesfall, der
mit der Röntgenbehandlung in irgend welchem Zusammenhang stände, ist
darunter nicht enthalten.
Vor gelichteten Reihen begann die Nachmittags- und zugleich Schlu߬
sitzung mit einem Vortrag von Hen n ec ar t-Sedan : Necessitö d’une lögis-
lation spöciale pour les Rayons de Röntgen. Der Redner verbreitete
sich in längerem Votum über die Notwendigkeit einer speziellen Gesetz¬
gebung für die Anwendung der Röntgenstrahlen, namentlich im Hinblick
auf die Sterilität, die durch genügend lange Bestrahlungen ohne ent¬
sprechende Schutzmaßregeln eintreten kann. Die Verwendung der
X-Strahlen zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken gehöre unter
allen Umständen in die Hände des Arztes. Im Interesse des ärztlichen
Standes verlangt er eine entsprechende Ergänzung der Gesetzgebung
aller Länder.
Die lebhafte Diskussion führte zu einem diesbezüglichen Antrag,
und der Kongreß genehmigte folgende Resolution: Die Untersuchung
und Behandlung mit Röntgenstrahlen ist eine rein ärztliche
Leistung. Es wird der Antrag dem Ausschuß zur Übermittelung an die ver¬
schiedenen Staatsbehörden überwiesen.
Ehrenfeld-Berlin: Zur Kasuistik d er T r ans p o si t io viscerum
omnium. Der Vortragende demonstriert einen 20jährigen gesunden Mann
mit Transpositio viscerum lateralis und weist auch von demselben
aufgenommene Röntgen-Diapositive vor. Es handelt sich dabei nicht etwa
bloß um eine mechanische Verschiebung, sondern um eine vollständige
Umformung, die auf einer embryonalen Störung beruhen soll: der
Embryo soll auf einem gewissen Entwicklungsstadium durch eine Drehung
statt seiner rechten Seite die linke dem Dotter zukehren. Seit 12 Jahren
hat der Redner den jungen Mann beobachtet. Als 8jähriger Junge kam er in
Behandlung wegen eines Ohrenleidens; er klagte damals über Herzklopfen
und auf die Frage, wo er dasselbe spüre, zeigte er seine rechte Körperseite.
Funktionsstörungen bestehen keine.
Schürmayer - Berlin: Die normale und pathologische
Zwerchfellbewegung im Röntgenbild. Die Kuppe des Zwerchfells
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Bericht über (len ersten Röntgriikongreü in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
reicht bei tiefster Exspiration in eine Ebene hinauf, welche durch die
beiden vierten Rippen resp. deren Interkostalräume gelegt ist und zwar durch
deren Schnittpunkt mit der Mamillarlinie. Die Zwerchfellkuppe sinkt bei
tiefster Inspiration hinab in eine Ebene, welche durch die beiden siebenten
Rippen, resp. deren Zwischenrippenräume, geht. A n d eru n gen dieser Worte
können bedingt werden durch individuelle Verschiedenheiten, Berufsart, ver¬
schiedene Füllungszustände am Magen und Darm etc. Die respiratorisch e
Differenz schwankt zwischen 5—10—15 cm. Die extreme Exspirations¬
stellung der Leichenbefunde kommt am Lebenden nicht vor. Demonstration
und Erklärung einzelner Bilder.
Diskussion. Holzknecht-Wien weist darauf hin, daß er in Gemein¬
schaft mit Hofbauer gefunden, daß man mit der Zwerchfellhälfte jener Seite
atme, auf der man liegt.
Kraft-Straßburg erwähnt den Einfluß von Herzkrankheiten auf die
Gestaltung und Bewegung des Zwerchfells.
J m me 1 m ann-Berlin. ÜberdieOrthophotograhiedesHerzens.
Redner erläutert seine neue Methode der direkten Photographie des
Herzens in senkrechter Projektion; das dadurch erhaltene photographische
Bild entspricht genau der wahren Größe des Herzens. An Stelle des Zeichen-
papieres am Orthoröntgenographen tritt eine photographische Platte mit Ver-
stärkungsschirm. Bei feststehendem Zwerchfell wird nun das Herz mit dem
senkrechten Röntgenstrahl unter Kontrolle des Durchleuchtungsschirmes um¬
zogen und dadurch auf die Platte geworfen. Das derart erhaltene Herzbild
stimmt mit dem orthoröntgenograpbischen überein, bat vor demselben aber
den Vorzug der Übersicht und Plastik.
In der Diskussion bemerkt Levy-Dorn (Berlin), das neue Ver¬
fahren scheine ihm vor dem alten keinen Vorteil zu besitzen.
D rü n e r-Frankfurt a./M.: Über die Lagebestimmung von
Fremdkörpern. Die souveräne Methode für Aufnahmen von Fremdkörpern
ist die stereoskopische, die aber wegen ihrer Umständlichkeit leider noch viel
zu wenig im Gebrauch ist. Der Vortragende hat einzelne Apparate kon¬
struiert zur Aufnahme stereoskopischer Röntgenogramme: Kassette und
Gestell für Schädelaufnahmen und Lampenhalter, Gestell und Kassette für
Aufnahmen anderer Körperteile, ein großes Spiogelstereoskop nach dmn
Prinzip des Telestereoskopes von Helmholtz, Apparate zur stereoskopischen
Messung; stereometrischer Maßstab, Meßzirkel. Demonstration der Methode.
Reitter und Wein her ge r-Wien : Beitrag zur Röntgenogra-
phie des Dick dar ms. Während die Röntgendiagnostik der Brust organe
beträchtliche Fortschritte gemacht bat, ist die Ausbeute in Bezug auf die
Abdominalorgane, besonders des Verdauungstraktus, noch recht gering. Be¬
sonders Rieder hat in neuerer Zeit nach Darreichung wismuthaltiger Nahrung
oder Eingießen wismuthaltiger Flüssigkeiten die topographischen Verhält¬
nisse am Dickdarm studiert. Die Einläufe gaben uns Aufschluß über die
Lage und Weite des Dickdarms, über seine Motilität und indirekt auch über
die Beschaffenheit der Darmwände. Die Einführung von Sonden hat sich
wohl bei Magenuntersuchungen bewährt, bei Explorationen des Dickdarms
aber nicht. Die Sonde rollt sich hier meistens schon in der Ampulle des
Rectum auf; sie dringt überhaupt nicht in das Colon ein und weitet höchstens
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296 Bericht, über den ersten Riintgenkongreß in Berlin, 30. April— 3. Mai 1905.
noch das S romanum aus. Der Vortragende demonstriert ein Röntgenogramm
eines 52jährigen Mannes. Der Patient war erkrankt unter außerordentlich
heftigen Schmerzen in der rechten Oberbauchgegend, bis in das Kreuz und
die Schulter ausstrahlend; daneben hochgradige Abmagerung und Stuhlver¬
stopfung. Nach Entleerung des Darmes und Aufblähung des Dickdarmes
wurde ein Übersichtsbild mittelst Röntgenstrahlen aufgenommen und dabei
besonders Leber und Niere nach Konkrementschatten abgesucht. Das Bild
zeigte nun einen ganz auffälligen Befund. Entsprechend dem Verlauf des
Colon mit seinen Haustren verläuft, aus dem Becken auf und wieder in das¬
selbe hinabsteigend, ein Schattenband, wie die Autoren es bis jetzt noch
nicht gesehen hatten. Verwechslung mit Scybala war unmöglich, da der
Darm vor der Aufnahme entleert und mit Gas aufgebläht worden war. Die
vorgenommene Probelaparotomie ergab multiple Geschwulstbildungen
am Dickdarm (unentschieden ob Fibrome, adenomatöse Polypen oder Venec-
tasien). Wegen der weiten Ausdehnung der Affektion, welche im übrigen
die Darnipassage nicht veränderte, wurde von einem weiteren Eingriff Ab¬
stand genommen. Die röntgenographische Diagnose: Geschwulstbildung am
Dickdarm, wurde also durch den Operationsbefund bestätigt.
Als Letzter sprach noch Destot-Lyon: Lösions traumatiques de
Poignet, und hernach über: Des modifications de la forme et du volume du
coeur dans les differentes affections — et de l’eraploi de 1’Orthodiagraphie.
Damit war die Traktandenliste erschöpft. Noch einmal ergreift der
Vorsitzende das Wort zu einem kurzen Rückblick auf die Leistungen
des Kongresses. 77 Vorträge sind gehalten worden; das Ziel, das der Kon¬
greß erstrebte, eine Übersicht über die Entwicklung der Röntgenologie in
den zehn Jahren ihres Bestehens darzulegen, erreicht. Sein Dank gilt den
Ausstellern, die würdig vertreten waren, der Presse, den ausländischen Ver¬
tretern und allen Teilnehmern.
Gocht-Halle a./S. und Hennecart-Sedan danken dem Vorstand
und insbesondere dem Vorsitzenden für ihre mühevolle Arbeit.
Prof. Eber lein: Schlußwort.
Wenn wir am Schlüsse unserer Betrachtungen noch einmal einen
vorurteilslosen Blick auf die Gesamtleistungen der 3 Kongreßtage zu¬
rückwerfen, so dürfen wir uns gestehen, daß tüchtig und mit Erfolg gearbeitet
worden ist. Die imposante Versammlung, unter ihnen die ersten Kapazitäten
auf röntgenologischem Gebiet, Praktiker und Techniker, die Qualität ihrer
Vorträge und Domonstrationen und nicht zuletzt die großartige Ausstellung
von Apparaten, Utensilien, photographischen Reproduktionen, Anschauungs¬
und Lehrmitteln — die wir wegen Raummangel leider nicht eingehend
würdigen können — mußten auch auf denjenigen einen überwältigenden Ein¬
druck machen, der noch nicht tiefer in unser großes Gebiet eingedrungen ist.
Der Umfang der Röntgenologie ist ein gewaltiger und groß ist die Zahl der
Disziplinen, welche aus der neuen Entdeckung Nutzen zieht.
Die praktische Anwendung der Entdeckung der Röntgenstrahlen
steht zur Zeit tatsächlich im Brennpunkte des Interesses der medizinischen
Forschung. Wohl selten hat ein einziges Spezialgebiet eine so imposante
Gelehrtenversammlung zur Behandlung der vorliegenden Fragen und Forschungs¬
ergebnisse zusammengebracht und allen Verhandlungen, nicht zum wenigsten
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Bericht über den ersten Röntgenkongreß in Berlin, 30. April— 3. Mai 1905. 297
auch denen technischen Inhalts, war der Charakter eifrigster, fast fieber¬
hafter Arbeit aufgeprägt. Freilich läuft unter einer solchen Fülle Manches
von weniger Bedeutung mit unter; auch manches Irrige muß mit in den Kauf
genommen werden. Aber im Großen und Ganzen ist auch viel Positives ge¬
leistet worden, und der Kongreß kann auf wirkliche Resultate zurück¬
blicken.
Was die diagnostische Anwendung des Verfahrens betrifft, so
gewann der Teilnehner ein Bild von dem gewaltigen Umfang, den die An¬
wendung der Röntgen’schen Methode in allen Disziplinen gewonnen hat.
Die übliche Anwendung in der Chirurgie gehört so sehr zum Altäglichen,
daß darüber nicht mehr viele Worte zu verlieren sind. Die sch wierigsten
Aufnahmegebiete, die Untersuchungen der Wirbelsäule, der Weichteile
des Beckens, die Conturdarstellung der Nieren, die Steinuntersuchungen etc.
haben große Fortschritte zu Tage gefördert. Die Arbeiten über Fracturen,
Knochenverrenkungen, dann besonders die Untersuchungen über Osteomye¬
litis und Coxa vara, die Darstellung verschiedener Gelenke, mit ihrem
fibrösen Bandapparat waren anerkennenswerte Leistungen, eigentlich neu
nur die letztere Methode (Robinsohn und Werndorff). Wirklich Neues
produzierten Rieder, Brauner, Holzknecht, Iteitter und Weinberger durch ihre
Vorträge und Bilder über Darm Vorgänge. War es doch vor einigen
Jahren noch eine viel und ernstlich diskutierte Streitfrage, ob Lungenunter¬
suchungen, die Diagnose von Tuberkulose und Tumoren ein wesentliches
Anwendungsgebiet der Röntgenstrahlen werden könnten! So aber zeigten
die Verhandlungen klar, daß für die Zukunft auch auf diesem Gebiet das
Röntgenverfahren ein unentbehrliches Mittel der physikalischen Diagnostik
sein werde.
Das höchste Interesse von sämtlichen medizinischen Gebieten bean¬
sprucht und fand auch die Therapie, und Lassar konnte es aussprechen,
daß durch Anwendung dieser neuen Methode Heilerfolge erreicht wurden,
an deren Möglichkeit noch vor wenigen Jahren auch die kühnste Phantasie
sich nicht heranwagte. Die Anwendung in der Zahnheilkunde ist größer,
als man vermutet (Miller, Erklärung von entzündlichen Vorgängen, Abscessen,
ganz besonders die diagnostische Anwendung in der konservativen Odon¬
tologie). Die Anwendung in der Tierheilkunde fand leider nur durch
einen, aber dafür um so maßgebenderen Vortrag Darstellung.
Von der fast fieberhaften Arbeit der Technik zeugte der zweite
Tag und die großartige Ausstellung. Aus den vielen Einzelvorträgen hoben
sich 3 Fragen heraus: Die Anwendung des Wechselstroms zum Röntgen¬
betrieb, die Frage der Schutzmittel und die Frage der Dosierung ver¬
bunden mit derjenigen der therapeutischen Grundlagen. Noch scheint die
Anwendung des Wechselstromes ohne Unterbrechung im Primär¬
stromkreis, wenigstens für therapeutische Zwecke, der Lösung nicht näher
gerückt: konnte doch bis jetzt keine einzige, beweisende Aufnahme oder
Durchleuchtung mit derart gebauten Apparaten vorgezeigt werden. Die
Schutzmittel sind um viele vermehrt, und durch ihre Vermehrung wird
der Anwendung des Verfahrens immer mehr der Charakter des Gefährlichen
und Unheimlichen für Arzte und Techniker genommen. Dio Dosierungs¬
vorschläge, die mannigfaltig gemacht und verworfen wurden, entbehren
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298 Bericht über den ersten Röntgcnkongreß in Berlin, 30. April—3. Mai 1905.
vielfach noch einer klaren, physikalischen Grundlage und es ist deshalb
zu begrüßen, daß der Kongreß auf Antrag von Kowalski und Dessauer zur
Bildung eines aus Physikern, Technikern und Ärzten zusammengesetzten
Ausschusses zur Klärung der Grundlagen und Prüfung der
D osieru ngs vorsc h läge schritt.
Hoffen wir von diesen Arbeiten einen Erfolg, umsomehr, als sich
gerade in den Grundlagen der therapeutischen Anwendung eine Umbildung
vorzubereiten scheint! Sind erst die Aufgaben des Röntgeninstrumontariums
für die Therapie klar erkannt, kennen wir den Zusammenhang des Strahlen¬
charakters, der therapeutisch wirkt, so kann mit um so größerer Sicherheit
an die Aufgabe der Behandlung großer und besonders auch tiefliegender
Tumoren geschritten werden.
Angesichts der vielen Schädigungen und Gefahren, welche un¬
sachgemäße Ausübung des Verfahrens mit sich brachte und bringt, kam der
Kongreß zu dem Beschluß, es müsse in Zukunft die Untersuchung
und Behandlung mit Röntgenstrahlen eine rein ärztliche
Leistung bleiben. Eine mehr äußerliche Leistung war die Festsetzung
einer internationalen Nomenklatur für alle Fachausdrücke, die ja nun
wohl feststeht, aber immerhin nicht Alle zu befriedigen scheint.
Dio große Arbeit, von der die Kongreßverhandlungen ein Bild ent¬
rollten, geben ihrerseits wieder eine große Anregung für den weiteren Aus¬
bau der Röntgenologie. In 3 Jahren finden sich die Röntgenologen der
ganzen Welt wiederum auf dem internationalen Kongreß für Elektrologie
und Radiologie in Amsterdam unter dem Vorsitz des Prof. Dr. Wertheim-
Salomonson zusammen.
Druckfehler-Berichtigung.
Im lotzten Heft pag. 151 (fCongroßboricht) ist leider ein sinnstörendor Druckfehler stehen geblieben,
d»*n wir zu berichtigen bitten.
Zeile 8 von oben muß es heißen Voltameter, nicht Voltmeter. Ein Voltameter schlügt Klingolfuß zur
Dosiorung vor und ein solches kann auch nur gemeint sein. Hei ihm wird die Stromgrößo aus dem Maße des
durch ihn ausgeschiedenen Wasserstoffes und Sauerstoffes bestimmt.
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Kritik
299
II. Kritik.
A. Bücher. Leo Vetter, Das Bad der Neuzeit und seine historische Entwicklung. (Kid'. Kranze,
Nauheim.) T. Cohn, Die palpabien Gebilde des normalen menschlichen Körpers etc. (lief. Solgcr,
Berlin). K. Franke, Die Orthodiagraphie. (Kef. Kranze, Nauheim).— B. Abhandlungen.
H. Becquerel, L’analyse du rayonneinent des corps radioactifs. (Rif. Wetterer, Mannheim.)
Ad. Keller, Untersuchungen über die bakterizide Wirkung des Quecksilberlichtes. (Rcf.
Wiesner.) Rumpf, Beiträge zur Elektrotherapie. (Rcf. Franze.) Kunert, Die Bedeutung
der Röntgenstrahlen t'iir die Zahnheilkundc. (Kef. Kranze.) Fr. Erhard, Nachdenkliches zur
heutigen Heilkunde. (Kef. Wetterer.) G. Beck, Therapeutisches Almanach. (Ref. Wiesner.)
F. Schilling, Taschenbuch der Fortschritte der physikalisch-diätetischen Heilmethoden. (Ref.
Wiesner.» E. v. Hippel, Feber angeborenen Zentral- und Schichtstar. (Ref. Wiesner).
G. Flat.au, Die Poliomyelitis anterior acuta. (Ref. Wiesner.) (’assirer, Die multiple Sklerose.
(Ref. Wiesner.) O. Vulpius, Ueber die orthopädische Behandlung der Wirbelsäulen¬
erkrankungen. (Ref. W i e sn e r.)
Neue Bücher und Abhandlungen.
A. Bücher.
Leo Vetter: Das Bad der Neuzeit und seine
historische Entwicklung. (261 Seiten. Stutt¬
gart und Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt,
1904.)
Tn vorliegendem, elegant ausgestattetem
Werke gibt Verfasser in fesselnder, schöner
Darstellung zunächst einen eingehenden Über¬
blick über die Bedeutung, den Stand und die
Entwicklung des Badewesens von den ältesten
Zeiten, bei Indern, Egyptorn, Babyloniern,
Assyriern, Juden, Griechen, Römern, im Mittel-
alter und bis zur Neuzeit. Wir erfahren daraus,
daß außer im klassischen Altertume nament¬
lich im Mittelalter die Sitte des Badens in
hohen Ehren stand und allgemein geübt ward.
Für den Verfall des mittelalterlichen Bade¬
wesens kommen namentlich folgende Ursachen
in Betracht: die Ausbreitung der Pest und
anderer Seuchen, die das — damals gewöhn¬
lich geübte — gemeinsame Baden gefährlich
erscheinen ließen, die Wirren des 30-jährigen
Krieges und das Überhandnehmen des Mi߬
brauchs der Badeanstalten zum Zwecke des
geschlechtlichen Verkehrs, was die Macht
der Kirche gegen diese aufzutreten ver-
anlaßte.
Verfasser kommt dann zur Beschreibung
des Stuttgarter Bades, das 1889 eröffnet, 1893
weiter ausgebaut und 1904 abermals bedeutend
erweitert wurde. Es ist dies das erste große
Bad Süddeutschlands, das auf der Grund¬
lage der Gemeinnützigkeit durch private Ini¬
tiative errichtet das Problem der Selbst¬
erhaltung ohne Zuhilfenahme von Schen¬
kungen mit vollem Erfolg durchgeführt hat.
Verfasser steht entschieden auf dem Stand¬
punkte, daß das Problem der Beschaffung von
Volksbädern nicht auf dem Wege der Her¬
stellung zahlreicher Brausebäder in verschie¬
denen Teilen der Stadt (Dezentralisation),
sondern durch Errichtung eines — oder
weniger — Schwimmbäder für Sommer- und
Winterbetrieb im Zentrum der Stadt zu lösen
sei. Alle autbringbaren Mittel sollen zum mög¬
lichst vollkommenen Ausbau dieser einen An¬
stalt verwendet werden, da das Schwimmbad
wegen seines ethischen und erzieherischen,
sportlichen, kraft- und gesundheitsfördernden
Wertes entschieden als das in erster Linie
anzustrebende gelten soll.
Das Bad soll allen Schichten der Be¬
völkerung gleicherweise zugänglich sein, und
seine Kosten müssen daher gering sein. Nun
werden die Brausebäder gewöhnlich zu 10
Pfennig verabreicht; es ist daher im Stuttgarter
Bade die Einrichtung getroffen, daß sogenannte
„Volksschwimmbäder“ Mittwochs und Sams¬
tags auch zu 10 Pfennig abgegeben werden.
An der Hand von 21 Tabellen erläutert
sodann der Verfasser die Erfahrungen, die
von der Stuttgarter Badegesellschaft im Laufe
der Jahre seit Eröffnung des Bades gemacht
worden sind. Es sind das im höchsten Grade
erfreuliche Ergebnisse. Obwohl alle Bade¬
formen der Anstalt in doppelten Anlagen,
für Frauen sowohl als für Männer, eingerichtet
sind, sieht sich Verfasser gezwungen, die
Rückständigkeit des weiblichen Geschlechts
in der Würdigung des Wertes von Bädern
tief zu beklagen.
Besondere Beachtung verdient die schöne
Ausstattung der Dampf badehallen. wie die vor¬
trefflichen Bilder zeigen. Ferner besitzt die
Anstalt noch ein besonderes Volksschwitzbad.
Sehr beherzigenswert sind die praktisch leicht
durchführbaren Vorschläge des Verfassers zur
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300
Kritik.
Errichtung von billigen Dampfbadestubcn auch
allenthalben auf dein Lande.
Höchst sympatisch muß es jeden be¬
rühren zu erfahren, daß die Trinkgeld-Unsitte
im Stuttgarter Bad gründlich beseitigt ist.
Referent möchte die entsprechenden Maßregeln
namentlich auch den Badeverwaltungen in
Kurorten angelegentlichst empfehlen!
Wir können diesen Teil nicht verlassen,
ohne noch besonders darauf aufmerksam zu
machen, daß auch hinsichtlich der Anlage
und des Ausbaues solcher Bäder die wert¬
vollsten speziellen Angaben darin enthalten
sind, die wohl als Richtschnur von Interes¬
senten dankbar begrüßt werden dürften, und
schließlich noch die interessante Tatsache
daraus anzuführen, daß der Betrieb im Stutt¬
garter Bad ein rentabler ist, indem es trotz
allen Aufwands möglich war, Abschreibungen
vorzunehmen.
Im zweiten Teil gibt Verfasser die
Beschreibung der baulichen und technischen
Einrichtungen des modernen Hallenbades.
Wir müssen es lins versagen, im Referat auf
diese Punkte einzugehen, wie denn dieses
überhaupt nur als eine Anregung zum
genauen Studium des ganzen vortrefflichen
Werkes aufzufassen ist.
Das eben Gesagte findet auch auf den
dritten Teil, der von der Einrichtung des
Kassen- und Rechnungswesens größerer Bade¬
anstalten, von der Verwaltung und Betriebs¬
leitung handelt. Anwendung.
Der zweite Hauptteil des Buches ist.
der Darstellung alter und neuer Heilverfahren
gewidmet; sein erster Teil handelt von der
Hydrotherapie, auch wieder mit einem his¬
torischen Überblick beginnend. Schon in den
Veden des Susrotas wird des Wassers als
diätetischen Heilmittels gedacht; bei den
Indern war der Ganges, bei den Ägyptern der
Nil ein heiliger Fluss. Daß die Griechen
auch zu Heilzwecken vom Wasser Gebrauch
machten, ist selbstverständlich. Schon Hip-
pokrates kannte zum Teil dessen physio¬
logische Wirkungen. Dasselbe war bei den
Römern der Fall, und auch im Mittelalter
war die Hydrotherapie keineswegs unbekannt;
mit ihr verknüpft sind die Namen: Ambroise
Rare, Floyer, Hancoke, Lucas, Riedlin,
Fischer, Hufeland, Wright, t'urric und ver¬
schiedene andere, in neuerer Zeit hauptsäch¬
lich Frießnitz (1799 in Österreichisch-
Schlesien geboren), Winternitz, Kneipp.
Sodann beschreibt Verfasser die einzelnen
hydrotherapeutischen Methoden als: Abreib¬
ung und Abklatschung, Regen-, Strahl-,
Fächerdusche, Güsse, schottische und Dampf¬
dusche, Halbbad und Vollbad, fließendes Sitz¬
end Kumpfbad, Fußbad, feuchte Einpackung,
Wellen-, Strom- und Quellbäder.
Im zweiten Kapitel dieses Abschnittes
wendet sich Verfasser den verschiedenen
Formen moderner Heilbäder zu: den Kohlen¬
sä urebädern, der lokalen An Wendung von
Dampf und feuchter Wärme, der Fango¬
behandlung, der lokalen Applikation trockener
Jlitze durch heiße Luft (Elektrotherm, Hei߬
end Kaltluftdusche), der Lichttherapie (Luft-
uud Sonnenbad, elektr. Lichtbad), dem Inhala¬
torium (System Waßmuth), der Elektro¬
therapie; hier möchte Referent, da er seihst
als erster nach Smith und Hornung mittels
einwandsfreier Untersiichungsmethoden an der
Feststellung der Wirkung der Wechselst,rom-
bäder etc mitgearbeitet hat. nicht verfehlen
hervorzuheben, daß auch Verfasser die günsti¬
gen 'Wirkungen dieser Methoden bei geeignet
ausgewählten Zirkulationsstörungen betont.
Auch von der elektromagnetischen Therapie
(System Eugen Konrad) berichtet Verfasser
Günstiges. Nach Untersuchungen ärztlicher
Autoritäten sollen f>7 78 °lo aller mit dieser
Therapie behandelten Fälle günstig beeinflußt
worden sein. Es folgen Darstellungen der
Massage in ihren verschiedenen Formen.
Der dritte Hauptteil des Buches endlich
ist einer eingehenden Beschreibung des
Schwimmsports gewidmet.
Das Werk enthält einen Anhang voll
Grundrissen von Musterbadeanstalten.
Wir können dieses ausgezeichnete Werk
nur jedem angelegentlichst empfehlen; be¬
sonders wertvoll ist es aber natürlich fiir
Ärzte einerseits, für diejenigen andererseits,
denen es obliegt, fiir die Einrichtung von
Volksbädern Sorge zu tragen.
(Franze- Nauheim.)
Cohn, Toby. Die palpablen Gebilde
des normalen menschlichen Kör¬
pers und deren methodische Pal¬
pation. Nach eigenen Untersuchungen
an der Leiche und am Lebenden. I Teil:
Obere Extremität. 214 Seiten, 21 Ab¬
bildungen im Text, Berlin, S. Karger,
1905.
Die Palpation, so führt Verfasser im
Vorwort seines sehr empfehlenswerten Buches
aus, ist eine Kunst, die zwar nur am Leben-
d e n gelernt werden kann; aber sie bedarf
wie jede Kunst, einer Anleitung, einer wissen¬
schaftlichen Grundlage, die den Interessenten
hier in Form eines Lehrbuches geboten wird.
Da die Palpation in die Tiefe dringt und
nicht wie die Inspektion an der Oberliäehe
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Kritik.
301
haften bleibt, so deckt sich der Begriff der
plastischen Anatomie nicht mit dem der pal-
patorischen. Überzeugend weist Verfasser
nach, daß er bei aller Wertschätzung der
Hülfe, die er für seine Zwecke in den Lehr¬
büchern der systematischen, topographischen
und plastischen Anatomie fand, doch für das
eigentliche Thema seines Buches, das seine
Entstehung in erster Linie der Beschäftigung
mit der Massage verdankt, so gut wie ganz
auf eigene Untersuchungen angewiesen war.
Daß zur Erlernung der Palpation die
Übung am lebenden Modell unerläßlich ist,
wurde schon oben angedeutet. Leichenver-
suclie genügen allein bei weitem nicht; denn
eine Fülle von Erscheinungen und Bezieh¬
ungen kommen am Kadaver nicht mehr zur
Geltung. Man braucht nur an die Verän¬
derungen zu erinnern, welche Muskeln und
Gefäße erleiden, und es ist überflüssig, aus¬
drücklich zu bemerken, daß nach dem Tode
mit den übrigen Funktionen des Organismus
auch die Sensibilität der Nerven erlischt, die
an Lebenden öfters nicht unwichtige Finger¬
zeige gibt. Nach den Geweben, die für die
Palpation vorwiegend in Betracht kommen,
lassen sich die Modelle in drei Hauptgruppen
teilen: in Knochen-, Muskel- und Integument-
modelle. Jeder dieser drei menschlichen
Typen, zu denen noch der kindliche Körper
hinzukonnnt, hat seine Besonderheiten, mit
denen man rechnen muß. Bei der großen
Variabilität der menschlichen Formen erscheint
es bemerkenswert, daß die Breite der drei
mittleren Finger des untersuchten Individu¬
ums ein relativ zuverlässiges Maß abgibt,
um unter Zuhilfenahme von mathematischen
Konstruktionen (Dreieck, Viereck, Halbier¬
ungslinie etc.) bestimmte Anhaltspunkte für
die Aufsuchung gewisser Gebilde (N. ischia-
dicus, Femurkopf und dergl.) zu liefern. Auch
von dem Studium der pathologischen Fälle
sind manche Aufschlüsse zu erwarten. Wie
Verfasser über das Röntgen verfahren,
das er als das „hervorragendste Unter¬
stützungsmittel nicht nur für die Ortsbe¬
stimmung, sondern auch für die Deutung
zweifelhafter palpatorischer Befunde 1 ' bezeich¬
net, auf Seite 9 urteilt, soll hier wörtlich
aufgefülirt werden: „In der plastischen
Unzweideutigkeit seiner Bilder
ist es der Palpation gewisser Teile,
namentlich des Skeletts und einzel¬
ner innerer Organe, nicht nur gleich¬
wertig, sondern sogar überlegen.
Dafür versagt es zur Erkeunung der
meisten Weich teile so gut wie gänz¬
lich oder kann nur als „Adjuvans“
für die Orientierung der palpieren¬
den Hand benutzt werden“. Die
Frage: Wie soll man palpieren ? wird aus¬
führlich erörtert. Es kommt natürlich viel
darauf an, ob man es mit direkt oder indirekt
(perkutan) palpablen Teilen zu tun hat; in
letzteren Fällen, welche natürlich die über¬
wiegende Mehrzahl der Gebilde umfassen,
werden Faktoren wie Hautnähe, Härte und
Durchmesser eine wichtige Rolle spielen.
Von großer Bedeutung ist ferner die Berück¬
sichtigung der Ruhelage oder der Ausführung
bestimmter Bewegungen. Was die Palpation
selbst betrifft, so führt in einzelnen Fällen nur
die Anwendung einer gewissen Gewalt zum
Ziele. Versagt die flache Palpation mit auf¬
gelegter Handfläche, so soll man versuchen,
„steil" zu palpieren, und dabei die Finger¬
spitzen korkzieherartig in die Tiefe bohren.
Mau vergesse schließlich nicht, gewisse Teile
zwischen den Fingern rollen zu lassen, oder
sie auf bimanuellem Wege dem Tastsinn zu¬
gänglich zu machen.
Der zur Zeit vollendet vorliegende
Teil des Buches umfaßt die sieben natür¬
lich gegebenen Abschnitte der oberen Extre¬
mität: Schulter, Oberarm, Ellenbogen, Hand¬
wurzel, Mittelhand, Finger, und diese Ab¬
schnitte zerfallen wieder in 1(5 Unterabteil¬
ungen. Ich glaube, jeder unbefangene Kri¬
tiker wird mit mir darin übereinstimmen, daß
Verfasser seine Aufgabe sehr gut gelöst hat.
Wer mit den anatomischen Verhältnissen
einigermaßen vertraut ist, wird das Buch
nur mit Befriedigung aus der Hand legen,
und wer sie zu kennen glaubt, wird nicht
nur manches noch hinzulernen, sondern die
Lektüre gewisser Kapitel wird ihm sicherauch
einen geistigen Genuß bereiten. Soll ich einige
gut gelungene Kapitel besonders hervorheben,
so seien die über die Palpation des axillaren
und brachialen Gefäßnervenbündels genannt.
Nur wäre Figur 11 durch ein gelungeneres
Schema zu ersetzen.
Einige Ausstellungen, die hier folgen,
und die ich eigentlich nur anführe, um zu
zeigen, daß ich die Lektüre des Buches ernst
nahm, werden den Wert des Buches gewiß
nicht beeinträchtigen und sollen es auch
nicht tun. .So scheint mir der auf Seite 19
bezüglich der Nn. supraclaviculares geäußerte
Zweifel nicht begründet. Ich wüßte wenig¬
stens nicht, wie man das Schmerzgefühl, das
bei Druck auf die Vorderfläche und den
oberen Rand des Schlüsselbeins bei vielen
Menschen sich einstellt, anders erklären
könnte, als durch Quetschungen der an den
Knochen angepreßten Ausstrahlungen der
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302
Kritik
Xn. supraclaviculares. Dagegen ist der
Schmerzpunkt „an der Hinterseite des
Humerus ca. Handbreit unterm Gelenkspalt“
nicht, wie Verfasser Seite öS bemerkt, mit
der Umschlagstelle des X. axillaris in Be-
ziehung zu bringen, wohl aber, wie mir
scheint, mit einem Hautast, der sehr häufig
den hinteren Rand des M. deltoideus um¬
greift. Durch einen Lapsus calami wird
auf Seite 48 von der Arteria transversa colli
ausgesagt, was der Art, transversa scapulae
zukommt. Wenn schließlich vom Erbsen¬
bein bemerkt wird, es liege „wie ein Ei im
Eierbecher auf dem Os triquetrum“ (Seite
155), so ist dieser Vergleich nicht ganz zu¬
treffend. Die einander zugekehrten Gelenk-
flachen sind beide nahezu plan. Daher
kommt es auch, daß man das Pisiforme mit
Leichtigkeit in transversaler (radio-ulnarer)
Richtung verschieben kann.
Der erste Teil berechtigt, wie Referent
nochmals ausdrücklich bemerken möchte, zu
den schönsten Erwartungen bezüglich der
Fortsetzung eines Werkes, wie es unserer
medizinischen Literatur schon lange fehlte.
Halten sich die folgenden Teile auf derselben
wissenschaftlichen Höhe, so wird das Buch
nach seinem Abschluß einen sicheren und
vielbegehrteu Führer auf den verschiedensten
Gebieten der Praxis darstellen.
Beruh. So lg er-Berlin.
Dr. Carl Francke: Die Orthodiagraphie Ein
Lehrbuch für Arzte Mit 75 Abbildungen
und 3 Tafeln. 95 Seiten Preis broschiert
Mk. 4.— gebunden Mk. 5.-. Verlag: J.
F. Lehmann, München. 1900).
Referent, möchte zunächst mit Befrie¬
digung konstatieren, daß Autor die alte Be¬
zeichnung „Orthodiagraphie“ beibehält, worin
er durch eine Zuschrift von Herrn Professor
Dr. Moritz bestärkt worden ist Referent hat.
nämlich schon in No 1 des „Archiv fiir physi¬
kalische Medizin etc.“ gelegentlich einer Be¬
sprechung der neuen beim 1. Röntgenkongreß
aufgestellten Xormenklatur die Beibehaltung
der alten Bezeichnung empfohlen.
Die Einteilung des Stoffes ist folgende:
Der erste Teil behandelt allgemeine Gesichts¬
punkte und Apparate; der zweite die spezielle
Technik der Orthodiagraphie. Hier kann
Referent nicht in allem den Anschauungen
des Autors beipflichten; insbesondere glaubt
er, mit einer wesentlich einfacheren Auf¬
nahmetechnik die vollkommenste Exaktheit
erreichen zu können und hält auch die Pro¬
jektion auf die Brusthaut des Patienten für
die klinische Beurteilung des Zustandes für
sehr wertvoll, wenn auch bei vollkommener
Fixierung des Untersuchten die direkte Pro¬
jektion auf eine Zeichenebene den Vorzug
der größeren Exaktheit für die Übertragung
und Ausmessung des Bildes beanspruchen muß.
Der dritte Teil des Werkes ist. betitelt :
Besondere Gesichtspunkte, und handelt von
dem Einfluß des Atmens und der Stellung
aut die Lagerung der Organe in der Brust¬
höhle, von der Orthodiagraphie des Herzens
im besonderen, dem Mittelschatten, der Ortho¬
diagraphie der Lungen und der Pleura und
von dem radioskopischen Zwerchfellsbild.
Der vierte Teil besteht aus einer
großen Anzahl von orthodiagraphischen Ab¬
bildungen besonders des Herzens, aber auch
von Lungenaffektionen. Es folgen zum
Schluß Tabellen, unter denen die Tafeln zu
verstehen sind, enthaltend die bei einer
großen Zahl von orthodiagraphischen Herz-
aufnahmeu gefundenen Werte.
Im ganzen handelt es sich um eine
recht fleißige Arbeit, mit der sich Autor
sicherlich den Dank vieler Kollegen erwerben
wird.
F ranze -Nauheim.
B. Abhandlungen und Broschüren.
Henry Becquerel L’analyse du rayonnement
des corps radioactifs. (Archives d’elee-
tricite medieale, experimentales et clini-
ques. Heft No. 177. Nov. 1905.)
In einem längeren Vortrag bespricht B.
die Strahlungsphänomone der radioaktiven
Körper und gibt der Ansicht Ausdruck, daß
ihre Analyse eine Wissenschaft darstelle, die
der Spektralanalyse des Lichtes vergleich¬
bar sei.
Diese Analyse ermöglicht es, besondere
Eigentümlichkeiten der Materie zu beobachten.
Sie hat zur Entdeckung neuer Körper geführt
und zur Erkenntnis gewisser Arten der Ener-
gietransformation.
Man findet in der Ausstrahlung der
radioaktiven Körper drei Strahlengat¬
tu n g e. n ganz verschiedener Natur,
die gleichzeitig oder getrennt auftreten
können.
Jede einzelne Gattung kann außerdem
Strahlen enthalten, die untereinander ebenso
verschieden sind, wie Lichtstrahlung ver¬
schiedener Wellenlänge.
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Kritik.
303
Schon anläßlich der ersten Beobacht-
ungen über die Radioaktivität des Urnnium
zeigten die Absorptionserscheinnngen, daß die
ausgesandten Strahlen nicht homogen waren.
Als nun 3 Jahre später Polonium- und
Radiumpräparate zur Untersuchung kamen,
erwies sich, daß ihre Strahlungen sich von
denen des Uranium vollständig verschieden
verhielten.
Ein Experiment hatte folgendes Resultat
ergeben: auf einer photographischen Platte
waren eine Anzahl cylinderförmiger Papier-
hiilsen, unten teils durch Glimmer, teils durch
ganz dünne Aluminiumplättchen verschlossen,
aufgestellt, die einige Körner Radiumsalz,
Polonium und pulverisiertes Uranium ent¬
hielten. Nach 50 Minuten Expositiouszeit
zeigte sich, daß das Radium nicht nur eine
starke kreisrunde Spur, sondern auch durch
Ausstrahlung durch die Papierwände hindurch,
große diffuse Flecken auf der Platte hervor¬
gerufen hatte, während das Polonium nur
kreisrunde Flecken (stärker durch das Alu¬
minium, schwächer durch den Glimmer hin¬
durch) hinterlassen und das Uranium noch
gar keinen Eindruck hervorgebracht hatte.
Die gleichen in Hülsen enthaltenen Sub¬
stanzen, andern Tages wieder auf die photo¬
graphische Platte gebracht und von ihr durch
einen 2 mm dicken Aluminiumstreifen getrennt,
ergaben nach 48 Stunden : starke Schwärzung
durch Uranium, noch stärkere durch Radium,
aber keine Veränderung durch Polonium. Die
Ausstrahlung des Polonium wird also viel mehr
absorbiert als die des Uranium und des Radium.
Zur gleichen Zeit fand Rutherford in
der Strahlung des Uranium einen sehr absor¬
bierbaren und einen durehdringungsfähigeren
Teil. Er nannte den ersteren «-Strahlen und
den zweiten ß-Strahlen. Diese Benennung ist
seither beibehalten worden mit dem Unter¬
schied, daß die Strahlen heute nicht mehr
als der Ausstrahlung des Uranium zugehörig
betrachtet werden. Sie machen vielmehr einen
Bestandteil der Polonium- und Radiumaus-
strahlung aus. Auch das Thorium entsendet
«-Strahlen.
Nachdem Giesel gezeigt hatte, daß die
Strahlen einer radioaktiven Materie, die er für
Polonium hielt, durch ein magnetisches Feld
wie Kathodenstrahlen abgelenkt und dann
wieder auf ihre Quelle zurückgeführt werden,
wies Becquerel nach, daß die Ausstrahlung
des Radium im ungleich gerichteten magne¬
tischen Felde den Kraftlinien folgen und sich
auf die Pole konzentrieren kann, während
sie gleichzeitig senkrecht zum Felde abge¬
lenkt wird.
Kurze Zeit darauf kam ein durch die
Curie’s hergeslelltes Poloniumpräparat zur
Untersuchung. Dabei stellte sich heraus, daß
seine Strahlung nicht dem gleichen Einfluß
unterlag, sondern sich unter den obenge¬
nannten Verhältnissen unablenkbar verhielt.
Diese Erfahrung zeigte noch deutlicher als
die Absorptionserscheinungen die Verschieden¬
artigkeit der beiden Strahlengaltungen, ln
der Strahlung des Radium treten a- und ß-
Strahlen gleichzeitig auf, von denen die «-
Strahlen ähnlich der Ausstrahlung des Polo¬
nium, sich als leicht absorbierbar erwiesen.
Das Thorium entsendet gleich dem Radium
beide Strahlengattungen. Die «- und ß-Strahlen
bestehen aus bewegten Teilchen, die bei den
«-Strahlen positiv, bei den ß-Strahlen negativ
geladen sind und sich mit einer Geschwindig¬
keit fortpflanzen, die derjenigen des Lichtes
gleichkommt.
Außerdem tritt noch eine dritte Strahlen¬
art auf, deren Eigenschaften — wie die Unter¬
suchungen Villards ergaben — denjenigen der
X-Strahlen gleich sind. Sie können selbst
durch die stärksten magnetischen Felder nicht
abgelenkt werden und sind von ungemein
großer Penetrationskraft.
Bezüglich der Eigenschaften dieser 3
verschiedenen Strahlengruppen führt Becquerel
im Wesentlichen folgendes aus:
Die ß-Strahlen sind mit den Kathoden¬
strahlen identisch. Ihr Bündel ist aus einer
Anzahl von Strahlen zusammengesetzt, die
durch das magnetische Feld ungleich abge¬
lenkt werden. Wenn man eine einzelne
Gruppe daraus absondert, findet man. daß die
Strahlenbahn geradlinig verläuft, so lange
kein magnetischer Einfluß auf sie wirkt. Tritt
sie senkrecht in ein magnetisches Feld ein,
gestaltet die Bahn sich kreisförmig. Tritt sie
schräg ein, rollt sie sich um die Kraftlinien
auf („s’enroule sur les ligues de force“).
Ein Experiment, das interessante Auf¬
schlüsse über die Eigentümlichkeiten der ß-
Strahlen gibt, bietet folgendes anschauliche
Bild.
Ein Bleiblock, der in einer punktförmigen
Vertiefung wenige Körner Radiumsalz ent¬
hielt, wurde auf eine phot. Platte gelegt.
Auf der Platte befanden sich außerdem kleine
Papier-, Aluminium- und dünne Metallstreifen.
Das Ganze wurde in ein intensives magne¬
tisches Feld gebracht. Bald zeigte sich, daß
die durch das Fidd allgelenkte und dann
wieder im Kreisbogen zur punktförmigen
Quelle zurückgeführte Strahlung, die ausge¬
legten Streifen sehr verschieden durchdrungen
hatte: diejenigen Strahlen, die den weitesten
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304
Kritik.
Kreisbogen beschrieben hatten, waren am
kräftigsten absorbiert worden. Dadurch ergibt
sich deutlich, daß wir es nicht mit einem
homogenen Strahlenbündel zu tun haben.
Außerdem aber hatte die Quelle durch das
Blei hindurch ihre Spur auf der Platte zu-
riickgelassen und dadurch das Vorhandensein
sehr durchdringungskräftiger Strahlen an-
gezeigt.
Um einfache, homogene Strahlungen aus
der ß-Strahlengruppe abzusondern, wird fol¬
gende experimentelle Anordnung getroffen:
in eine tiefe, wenige mm lange Kinne, die in
einen Bleistreifen eingegraben ist, bringt man
einige Körner Radiumsalz und gewinnt so eine
strichförmige Quelle. Über der Quelle wird
eine photographische Platte senkrecht aufge¬
stellt, auf der — parallel zur Quelle — Blei¬
streifen, die kleine senkrechte Spalten auf¬
weisen, angebracht sind. Zwischen den ersten
Spalten, welche die aus der Quelle aufsteigen¬
den Strahlen treffen, gehen reine Spektrumieile
hindurch. Wenn diese, durch ein intensives
Feld abgelenkte Büschel eine neue Spalte
passieren, scheidet sich ein kreisförmiges
Strahlenbündel von bestimmtem Radius ab, das
wiederum durch Spalten zurückkehrt und den
Schnittpunkt zwischen Plattenwand und Quelle
trifft.
Nicht unerwähnt darf der Curie’sche
Versuch bleiben, durch den bewiesen wurde,
daßdicß-Strahlen negative elektrische Ladung
mit sich führen, während die Quelle sich
spontan positiv aufladet. Die Anordnung be¬
dingt, daß die Strahlungsquelle selbst, sowie
die Körper, welche die Ladungen aufnehmen,
mit einer isolierenden Masse umgeben sind,
oder besser noch, sich im Vakuum betimlen.
Die a-Strahlen stellen eine der haupt¬
sächlichsten Arten der Energieabgabe durch
Strahlung dar.
Als man dazu gelangt war, sie durch
Einwirkung eines magnetischen Feldes von
den ß-Strahleu abzusondern, wiesen die beiden
Uttrie’s zwei charakteristische Eigenschaften
dieser Strahlengattung nach:
1. daß ihr ionisierender Effekt sich nur
auf ganz kleine Entfernungen von der Quelle
in die Luft erstreckt, (ca. 7 cm bei Radium-,
4—0 bei Poloniumausstrahlung.)
2. daß das Gesetz der Absorbierung
durch zunehmende Dichtigkeiten einer gleichen
Materie ganz verschieden ist. von dem bei
anderen Strahlungen beobachteten. Nachdem
die a-Strahlen zuerst eine kleine Luftschicht
durchwandert haben, werden sie, in dem
Maße als sie durch neue Schichten hindurch¬
gehen, immer kräftiger absorbiert.
Sie verhalten sich wie ein Geschoß, das
immer mehr von seiner Durchschlagskraft ein-
büßf, je öfter es Wiederstände überwinden muß-
Die «-Strahlen wurden zuerst als durch
das magnetische Feld nicht ablenkbar be¬
trachtet; das kam daher, daß die angewandte
Feldstärke, welche zwar genügt hatte die a-
Strahlen von den ß-Strahlen zu scheiden,
immer noch zu schwach war, um auch ihre
Ablenkung zu bewirken. Rutherford jedoch,
der eine Idee Strutts, daß nämlich die a-
Strahlen positive Ladung mit sich führen
mußten, aufgegriffen hatte, versuchte — von
diesem Gedanken ausgehend — die a-Strahlen
in umgekehrter Richtung zu den negativ ge¬
ladenen ß-Strahlen abzulenken. Der Versuch
gelang und wurde später von Becquerel durch
eine Reihe sehr genauer Experimente nach¬
geprüft.
Die a-Strahlen müssen demnach als
Träger positiver elektrischer Ladungen ange¬
sehen werden und sind, gleich den Kanal¬
strahlen, kleine Stoff'teilchen, deren Geschwin¬
digkeit sehr groß, aber immerhin bedeutend
geringer ist, als jene der ß-Strahlen.
Über die Y-Strahlen ist uns weit weniger
bekannt als über die beiden vorgenannten
Strahlenarten.
Die Y-Strahlen sind durch eine ungemein
große Durchdringungsfähigkeit charakterisiert
und können selbst durch die stärksten magne¬
tischen Felder nicht abgelenkt werden. Diese
Eigenschaften zeigen ihre Verwandschaft mit
den X-Strahlen an.
Die Wiedergabe eines Experimentes,
das ähnlich den vorherbeschriebenen ange¬
ordnet war, zeigt uns auf der phot. Platte
die Spur der durch ein Quarzprisma abge¬
lenkten Lichtstrahlen eines Radiumpräparates.
Außerdem sehen wir die ß-Strablen, durch
ein magnetisches Feld abgelenkt und die y-
Strahlen unbeeinflußt sowohl durch die mag¬
netische Kraft als durch das Brechungsver¬
mögen des Quarzprismas, ihren Weg durch
das Prisma hindurch gradlinig fortsetzen.
Da die Y-Strahlen nur wenig absorbiert
werden, üben sie auch nur geringe chemische
Wirkung aus. Es bedarf daher einer unge¬
mein langen Expositionszeit, um ihre Spur
auf der phot. Platte darzustellen.
Wir haben bereits gesehen, daß die y-
Strahlen weder der Brechung noch der Ab¬
lenkung unterliegen; es bleibt also zu der
Erforschung ihrer Eigenart nur die Betracht¬
ung ihrer AbsorptionsphUiiomene übrig. Und
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805
da diese nur gering sind, geben sie keine
rechte Vorstellung von den Energiemengen,
die diese Strahlen mit sich fuhren.
Es dürfte jedoch immerhin feststehen,
daß das Y-Strahlenbiindel sich aus ungleich
absorbierbaren Strahlen zusammensetzt.
Hat ein Bündel zuerst eine gewisse
Mntallschicht, von nicht, allzugeringer Dich¬
tigkeit durchdrungen, so bleiben in diesen
Bündel Strahlen zurück, die teilweise aufge¬
halten oder umgewandelt werden, sobald das
Bündel durch weitere Schichten hindurchgeht.
Die erwähnten Tatsachen zeigen, wie
wichtig es in der Erforschung der radioaktiven
Körper und ihrer Eigenschaften ist, die Wirk¬
ungen der verschiedenen Strahlenarten aus¬
einanderzuhalten.
Die drei genannten Strahlenarten treten
übrigens nicht in jedem radioaktiven Körper
gleichzeitig auf. Das Uranium z. B. gibt nur
ß und Y-Strahlen ab, während Thorium und
Radium alle drei Arten aussenden.
Ruft ein Körper in einem anderen
Radioaktivität hervor, so sendet der akti¬
vierte Körper die gleichen .Strahlenarten
aus wie derjenige, der ihm die Radioaktivität
mitgeteilt hat.
Das Aufhören der Strahlung in dem
aktivierten Körper unterliegt für jede der
drei Strahlengattuugen besonderen Gesetzen.
Die Intensitätskurve der a-Strahlenaussenduug
durch einen aktivierten Körper zeigt zuerst
einen raschen Abfall, dann eine von der Ex¬
positionszeit abhängige Mittelstufe und zuletzt
eine langsame, regelmäßige Abnahme. Die
Kurve der ß-Strahlen weist zuerst einen raschen
Anstieg dann eine stetige Abnahme, die von
der Expositionszeit gänzlich unabhängig ist
und nach einem allgemeinen Gesetze verläuft;
schließlich die Curve der Y-Strahlen, die sich
gleich der Curve der ß-,Strahlen gestaltet und
zur selben Zeit ihr Maximum erreicht.
Diese summarischen Betrachtungen er¬
klären, inwiefern das Sonderstudium der ver¬
schiedenen Strahlengattungen Fingerzeige über
ihre wechselseitige Abhängigkeit und Un¬
abhängigkeit, sowie über die interessanten
Probleme der aufeinanderfolgenden Trans¬
formationen der Materie in den radioaktiven
Körpern zu geben vermag.
W ot.t e r e r-Mannheim.
Ad. Keller. Untersuchungen über die bakterizide
Wirkung des Quecksilberlichtes (Uviol-
Quarz-Quecksilberlampe.) Zeitschrift f.
Elektrotherapie Band Vil. Heft 7.
K. machte im hygienischen Institut der
Universität Zürich auf der bakteriologischen
Archiv f. physik. Medizin etc.
Abteilung von Privatdozent Dr. W. Silber¬
schmidt Untersuchungen über die bakterizide
Wirkung des Quecksilberlichtes und zwar bei
Gebrauch der Uviollampe nach Dr. Schott und
der Quarzquecksilberlampe der Firma W. C.
Heraeus in Hanau. Die Resultate dieser
fleißigen Arbeit sind folgende: Die Quarz Hg-
Lampe hat eine viel stärkere bakterizide
Wirkung als die Uviollampe. Die Wirkung
beider war keine reine Lichtwirkung, da der
Einfluß der Temperatur, die Einwirkung, des
Ozons nicht völlig ausgeschlossen war.
Immerhin beweisen die mit Quarzdeckel vor¬
genommenen Versuche, daß die von der Quarz¬
lampe gelieferten Lichtstrahlen an und für
sicli eine deutliche, schädliche Wirkung auf
Bakterien ausüben.
Die bakterizide Wirkung der untersuchten
Lichtstrahlen wird beim Passieren durch ge¬
wöhnliches Glas fast völlig aufgehoben, so daß
die Annahme, die wirksamen Strahlen seien
hauptsächlich ultraviolette, berechtigt er¬
scheint.
Während die bakterizide Wirkung der
Quarz Hg-Lampe also stärker ist als die der
Uviollampe, haben die Versuche jedoch des
weiteren noch ergeben, daß die schädigende
Wirkung der Uviollampe auf Versuchstiere
größer ist als die der Quarz Hg-Lampe.
W.
Rumpf-Bonn: Beiträge zur Elektrotherapie.
(Zeitschrift für Elektrotherapie etc
Bd. VIII. l'JU6).
a) Ü b e r die Vcrwcn d u n g hoc h-
gespannter Ströme in neuer Form
Autor hatte mit den von d’Arsonval
empfohlenen hochgespannten, sogen. Tesla-
Strömen, keine guten Resultate und verwendet
sie deshalb nicht mehr; dagegen benutzt er
eine neue Art hochgespannter Ströme, zu
deren Erzeugung er einen Induktor, der 50—80
mm lange Funken gibt und von einer Akku¬
mulatorenbatterie von vier großen Zellen bei
einer Spannung von etwa 12 Volt und 2
Ampere Stromstärke in Betrieb gesetzt wird,
verwendet. Der Strom von der einen Klemme
des Induktors wird in eine dünnwandige
Flasche geleitet, wie sie in chemischen Labo¬
ratorien im Gebrauch sind. Diese Flasche ist
mit zusammengeballtem Staniolpapier ange.
füllt, das mittelst eines Drahtes mit der Pol¬
klemme des Induktors in Verbindung stellt.
Die Flasche dient als Elektrode.
Per zweite Pol wird durch ein Galvano¬
meter, durch einen Flüssigkeits-Rheostaten und
dann zu einer Platte auf dem Boden geleitet,
die als indifferente Elektrode dient.
20
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URBANA-CHAMPAIGN
306
Kritik.
Boi Aufsetzen der Flasche auf die Herz¬
gegend stieg der Arteriendruck um 20 mtn
Hg. Vielleicht, meint Rumpf, ist die Wirkung
dieser Ströme aufs Herz eine ähnliche wie
die der sinusoVdalen; er hat schon bei einer
Reihe von Herzkrankheiten günstige Erfahr¬
ungen mit ihnen gemacht; dasselbe gilt von
Neuralgien, besonders der Muskeln und des
Periostes. Arteriosklerose und Aneurysmen
sind natürlich Kontraindikationen (was Ref.
auch für die Sinnsoidalströme betont hat.)
b) Ü b e r d i e Wirkung m a g n e t-
elektrischer Ströme, System Trüb.
Die Resultate Rumpfs waren keine
günstigen.
Kunert. Die Bedeutung der Röntgenstrahlen
für die Zahnheilkunde (Zeitschrift für
Elektrotherapie und Elektrodiagnostik etc
Bd. VIIL. 1906 Heft 1).
Verfasser gibt eine ausführliche und
wohl vollständige Übersicht über die bisherigen
Arbeiten auf diesem Gebiete und berichtet
sodann über neun einzelne Fälle, in denen er
die Röntgenstrahlen in der Zahnheilkunde
anwandte. Diese Ausführungen müssen natur¬
gemäß im Original nachgelesen werden. Eine
Tafel gut gelungener Radiogramine ist der
Arbeit beigegeben. Doch seien einige Be¬
merkungen des Verfassers hier mitgeteilt.
Verfasser empfiehlt die Röntgenstrahlen
zur Behandlung der Alveolarpyorrhoe, da sie
mit den üblichen Behandlungsmethoden so
häufig vergeblich bekämpft wird. Allerdings
sind auch hierbei die Aussichten nur gering
in den Fällen, wo die Alveolarpyorrhoe Be¬
gleiterscheinung einer konstitutionellen Er¬
krankung wie Diabetes, chronischer Nephritis
etc, ist.. Rei lokalen Ursachen aber erzielt
man auch mit anderen Methoden Erfolge.
Aufnahmen bis zum ersten Molaren
werden am besten mit Films, die im Munde
der Zahnreihe angedrückt werden, gemacht;
für den 2. und 3. Molaren aber verwendet
man sicherer Platten von außen.
Die Projektion beider Kieferhälften in
verschiedene Ebenen ist vielleicht bei Be¬
nutzung der Blende weniger gut möglich, als
ohne solche; im ersteren Falle nämlich kommt
es zu einer störenden Deckung beider Seiten,
was ohne Blende vermieden werden kann.
F ran ze-Naubeim.
Fr. Erhard. Nachdenkliches zur heutigen
Heilkunde, für Laien, Ärzte und die es
werden wollen. Verl. Benno Konegen,
Leipzig.
Im ersten Teil seiner Auslassungen ge¬
fällt sich der Verfasser darin, über der Medizin
und den Medizinern die Geisel seines Spottes
zu schwingen. Die meisten Hiebe gehen in die
Luft — einige sitzen.
„So jemand eine Rede reden will, der
schweige. Kann er sich jedoch nicht be¬
zähmen . . .“ Nach diesem Rezept redet der
Verfasser dem Jüngling, dem der Sinn nach
Erlernung der Heilkunde steht, gütlich zu.
Er schildert ihm den Studiengang — Schab¬
lone statt System, Dressur statt Schulung,
totes Wort statt lebendigmachenden Geist.
Die Überfüllung und wirtschaftliche Schädi¬
gung des Standes, die auch den Schaden des
Kranken nach sich zieht; denn nur der mate¬
riell unabhängige Arzt kann, wenn es das
Interesse des Patienten verlangt — etwas
tun oder unterlassen, was gegen seinen Vor¬
teil geht.
Staatshülfe! Sperrt das Studium mit
Gewalt, wenn es anders nicht gehen will, bis
sich im Laufe der Jahre das richtige Ver¬
hältnis zwischen Arztezahl und Bevölkerungs-
ziffer eingestellt hat.
Im zweiten Teil läßt der Verfasser „die
Errungenschaften der Medizin“ Spießruten
laufen.
Die Chirurgie? Sie ist noch das tüch¬
tigste Kind ihrer Mutter. Sie kann etwas.
Aber stiftet sie nicht oft mehr Schaden als
Nutzen? Sie erhält Individuen am Leben,
die ihren Platz an der Sonne besser Stär¬
keren einräumten.
Die Geburtshülfe? Hätten die Frauen
noch die gesunden Leiber wie iu alten Zeiten,
wäre sie überhaupt entbehrlich. Der Ge¬
burtshelfer verschlechtert die Rasse, indem
er Mütter erhält, die nur noch schwächliche
Kinder gebären können und Kinder, die einen
zweifelhaften Zuwachs für die ohnehin über¬
völkerte Welt bedeuten.
Das letztere gilt auch für die Kinder¬
heilkunde. Während früher Säuglingskrank¬
heiten, Blattern, Masern, Scharlach eine sich
rasch vollziehende Auslese hielten, wachsen
jetzt Kümmerlinge heran, die dem gesunden
Individuum die Existenzbedingungen ver¬
schlechtern.
Augenheilkunde? Ihr Stolz sind die
Staroperationen und die Augengläser. Alles
Andere ist ein großes Fragezeichen.
Die Hautkrankheiten? Was darunter
nicht sozusagen dem Körper von Außen an-
geflogen ist und deshalb ohne großen Kunstauf-
wand zu beseitigen ist, heilt ja doch nicht!
Also spare man sich die Mühe.
Und die innere Medizin? ln ihr ist
vieles was der Arzt kann — noch mehr aber
was er nicht kann. „Er kann nicht mit la-
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Kritik.
307
teinisclien Worten die Sünden vergeben, die
der Patient gegen seine Gesundheit begangen
hat.“ Er kann nur Diener der Natur, der
vis medicatrix naturae sein, aus der Erkenntnis
heraus, daß der kranke Körper die Heilung
in der Hauptsache selbst vollbringen muß.
Was nun <1 ie Fortschritte in der
Medizin betrifl't, so bestrebt sieb Verfasser
etwaigen unverständigen Überschwung heil¬
sam zu dämpfen. Viel Neues kommt und gellt.
Wenig Gutes ist darunter. Einige Medika¬
mente, die Schutzpockenimpfnng, die Anti-
und Asepsis — das ist wohl so ziemlich alles
was vor strengem Urteil bestehen bleibt.
Und was es sonst etwa noch Annehm¬
bares gibt: es ist alles schon einmal dage¬
wesen. wenn auch in anderer Form. Krank¬
heiten verschwinden, andere treten dafür auf.
r.d'iza päi.
Brüstet euch nicht, ihr Ärzte — werdet
bescheiden kehrt zurück zur Natur.
Und ihr, o Jünglinge, die ihr Ärzte
werden wollt —, laßt es lieber sein. Vergeudet
eure Kräfte nicht in einem Berufe, der euch
weder klingenden Gewinn, noch Erfolg, noch
Befriedigung bringen wird. Es sei denn, einer
unter euch habe Talent zum — Charlatan.
Der schlage diese Uarriere ein und es wird
ihm Wohlergehen auf Erden.
Nun, lieber Leser, habe ich Dir genug
erzählt von diesem Büchlein. Sei nicht so
unvorsichtig es selbst zu lesen, Du könntest
Dir am Ende darüber die Augen verderben
und dann vermöchte Dir — wie Du gesehen
hast — der Augenarzt docli nicht zu helfen!
W e 11. e r e r-Nauheim.
Dr. G. Beck. Therapeutisches Almanach.
Herausgegeben vom Generaloberarzt Dr.
Schill, Dresden. 33. Jahrgang. 190fi.
I. Semesterheft. Preis 1,50 Mk. Verlag
von Bruno Konegen, Leipzig.
Der therapeutische Almanach soll den
praktischen Arzt über die therapeutischen
Fortschritte der Gesamtmedizin orientieren.
Das, was in den einzelnen Zeitschriften in
dieser Richtung uiedergelegt ist, ist im (iriginal
dem praktischen Arzt nur beschränkt zugäng¬
lich, das was ihm zugänglich ist, entfällt,
wenn er es momentan nicht verwerten kann,
leicht dem Gedächtnis. Dieses Büchlein soll
als Sammelstelle für all diese Neuerungen
dienen und erfüllt in diesem Sinne seinen
Zweck. Wünschenswert wäre, wenn auch
dem I. Semesterheft ein ausführliches Sach¬
register beigegeben würde. W.
Dr. F. Schilling. Taschenbuch der Fort¬
schritte der physikalisch - diätetischen
Heilmethoden. V. Jahrgang. Preis 2,40
Mk., geh. 3,00 Mk. Verlag von Benno
Konegen, Leipzig.
Das Taschenbuch ist vorwiegendad usum
des praktischen Arztes geschrieben, den es
über die Fortschritte in der physikalisch-
diätetischen Heilmethode auf dem Laufenden
erhalten soll. Der Stoff ist alphabetisch nach
Stichworten geordnet-, so daß man sich leicht
Aufschluß holen kann. Ein Autoren- und
Sachregister dient zur weiteren raschen
Orientierung. Wer sich für die einzelnen
Neuerungen näher interessiert, findet bei den
einzelnen Absätzen die betreffende Quellen¬
angabe. Bei der Wichtigkeit dieses neueren
Zweiges der Therapie ist das handliche Büch¬
lein als ein empfehlenswerter Begleiter, be¬
sonders für den praktischen Arzt zu begrüßen.
W.
Prof. C. v. Hippel. Ober angeborenen Zentral-
und Schichtstar. (Zweiunddreißigste Ver¬
sammlung der Ophthalmologischen Ge¬
sellschaft.)
H. gelang es angegebenen Schicht- und
Zentralstar durch Einwirkung von Röutgen-
strahlen auf den Bauch der tüchtigen Mutter¬
tiere zu erzeugen und hat somit experimentell
bewiesen, daß ein Zentral- bezw. Schichtstar
intrauterin entstehen kann, wie es die
Horner-Schirmer’sche Theorie annimmt.
W.
G. Flatau-Berlin. Die Poliomyelitis anterior
acuta. Heft 5, Preis l Mk. Die Chorea.
6. Heft, Preis 0,50 Mk. Verlag von
Konegen, Leipzig. 190ß.
Flat.au hat es unternommen, die wich¬
tigsten Nervenkrankheiten in Einzeldar¬
stellungen für den praktischen Arzt heraus¬
zugeben, welcher ihm dafür dankbar sein
wird, da er durch diese Monographien rasch
über das Wesen und den Verlauf der Krankheit
und in genügend ausführlicher W T eiso über
die einschlägige Therapie orientiert wird. Bei
der spinalen Kinderlähmung werden nach Ab¬
lauf des akuten Stadiums die Massage und
Übungstherapie, die orthopädische Behandlung
und Sehnentransplantationen empfohlen. Bei
der Chorea empfiehlt V. hydrotherapeutische
Maßnahmen, der bei eingetretener Besserung
vorsichtige Gymnastik folgen soll. Neben
roborierender Diät (bei Ausschluß von Alko¬
hol), ist die weitere psychische Beeinflussung
als wesentlicher Heilfactor zu betrachten.
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308
"Kritik.
Dr. Cassirer. Die multiple Sklerose. Verlag
von Konegen, Leipzig. Preis 0,90 Mk.
Die Monographie ist. als Nr. 3 obiger
Sammlung erschienen. Dieselbe bringt dem
praktischen Arzt, für den sie ja in erster
Linie geschrieben ist, alles für das Krank¬
heitsbild Wissenswerte sowohl in klinischer
als in pathologisch-anatomischer und auch
in therapeutischer Beziehung. Therapeutisch
steht die elektrische Behandlung (Galvani¬
sation), hydriatische Prozeduren und Übungs¬
therapie im Vordergrund. W.
0 . Vulpius-Heidelberg: Über die orthopädische
Behandlung der Wirbelsäulenerkran¬
kungen. Leipzig 1905.
Vulpius hat sich in der vorliegenden
Arbeit die Aufgabe gestellt, die für den prak¬
tischen Arzt wichtigen Erkrankungen der
Wirbelsäule und ihre Behandlung zu schildern,
hauptsächlich, um dem Hausarzt eine frühzeitige
Diagnose und prophylaktische Maßnahmen zu
ermöglichen. Er gibt hier einen ausreichend
detaillierten Überblick über den heutigen
Stand der orthopädischen Therapie auf diesem
wichtigen Gebiete unserer Spezial Wissenschaft.
Ausgehend von den verschiedenen Haltungs¬
typen und ihren pathologischen Steigerungen
bespricht er in leicht verständlicher Form die
antero-posterioren Verkrümmungen derWirbel-
säule: die rhaehitische Kyphose, die Spondy¬
litis tuberculosa, die sog. traumatische Spon¬
dylitis und die chronische Versteifung der
Wirbelsäule, um sodann auf die nummerisch
wichtigeren seitlichen Verkrümmungen der
Wirbelsäule, die so vielgestaltige Skoliose
einzugehen. Nach seinen Erfahrungen, denen
wohl die meisten Orthopäden beistimmen
können, sind leichte Skoliosen bei genügen¬
der Ausdauer von Seiten des Patienten und
des Arztes völlig heilbar; dasselbe gilt
von beginnenden Skoliosen zweiten Grades.
Schwerere Fälle mit ausgeprägten Thorax¬
deformitäten sind wenigstens besserungsfähig
und selbst in schwersten Fällen ist es noch
möglich, durch die heute in allen orthopä¬
dischen Instituten geübte forcierte Extensions-
beliandlung im Gypsverbande eine größere
Symmetrie des Kumpfes herbeizuführen.
Selbstverständlich lassen sich solche Erfolge
nur durch eine Anstaltsbehandlung erzielen.
Auf Einzelheiten der Therapie einzugehen
würde zu weit führen, hier sei nur die Stellung
erwähnt, die Vulpius in der früher viel um¬
strittenen Corsettfrage einnimmt. Auch er
verordnet, wie es jetzt noch fast überall ge¬
schieht, das Corsett. nur in schweren Fällen
und als Ergänzung und Abschluß der Anstalts¬
kur und verlangt, daß durch lange Zeit, fort¬
gesetzte Massage und Gymnastik die un¬
günstigen Nebenwirkungen des Corsetts auf
die Rückenmuskulatur nach Möglichkeit ver¬
mieden werden W.
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URBANA-CHAMPAIGN
Referate,
300
III. Referate.
Gemeinschaftlicher Kongreß der deutschen balneologischen Gesellscliaft mit dem
Zentralverband der Balucologen Oesterreichs in Dresden vom 4.-6. Mürz UMHi.
(Vortrage und Diskussionen von: Curscbmann, F. A. Hoffmann, A. Schmidt, Wintornit.z,
O. Burwinkel, Jacob, M. Siegfried, Bach, A. Bum, K. Ulmann, E. Weiß, M. Guhr, Lenne,
Grimm, E. Epstein, R Fischl, A. Strassen, Polatschek. J. Brodzki, Sieveking, L. Wiek,
J. Kugler, Heinsheimer, Kisch, K. Pariser, Liebelt,. M. Rheinbold, Münz. v. Pöhl. A. Löbel,
F. Kisch jun., Tuszkai, M. Hirsch, L. Nenadovic, Galewski, v. Szabokv, B. Tausz. F. Stammler.
V. Kliinek. — (’ongres pour la repression de l’exercice illegal de la medicine a Paris.
— Berichte über Aerztetage und Sitzungen medizinischer Gesellschaften (Mittel-
fränkischer Aerztetag in Nürnberg am 3. XII. 05. — Gesellschaft fiir innere Medizin in Wien;
Sitzungen vom !). und 23. XI. 05; - K. K. Gesellschaft der Aerzte in Wien; Sitzung vom
27. XL 05- — Medizin. Sektion der schlesischen Gesellscliaft. für vaterlflnd. Kultur in Breslau,
Sitzungen vom 15. XII. 05, 12. I. und 2. ll. OB.) — Radiologie (Arbeiti n von: Bclot. Tuffier,
Beelere. Krause, Williams, Holland, Brickner, Jastrarn, Kinpscote, Guilleminot, Shiold und
Jones, Freund und Oppenheim, Lange, von Mikulicz, Schyerning, Kumpf, Freund, Schmidt,
Ke.vlier, Miller, von Bardeleben, Levy-Dorn, Beck, Lennhof und Levy-Dorn, Evler, Hinter-
stoisser, Völker und Lichtenberg, Gähn, Marie, Haret, Redard, Gnrschmann und Gaupp,
Lcdingham, Bruel, Wichmann, Arneth, Müller und Respinger. — Elektrotherapie und
Klekti'odiagnostik (Arbeiten von: Streintz, Leduc, K. Winternitz, Witte, Bloebaum.) —
Pliototherapie (Arbeiten von: Graham, Wichmann, Fleischmaun).
Gemeinschaftlicher Kongreß der deutschen baineologischen
Gesellschaft mit dem Zentralverband der Baineologen
Österreichs in Dresden vom 4.—6. März 1906.
Sammel-Referat von Doz. Dr. K. Ul 1 mann in Wien.*)
Herr Curscbmann -Leipzig: An der
Hand zahlreicher Gipsabgüsse, anatomischer
Präparate und kolorierter Abbildungen und
Riintgonbilder, schildert Prof. Gnrschmann
die Tnitialstadien einer vorwiegend die Ge-
lenksbestandteile betreffenden und zur De¬
formation derselben führenden Affektion, die
er mit dem Namen Polyarthritis chro¬
nica deformans bezeichnet. Sie stellt
eine besondere Gruppe der unter der Be¬
zeichnung Arthritis deformans bisher
geschilderten Knochengelenksaffektionen dar
und ist dadurch charakterisiert, daß sie fast
ausnahmslos an den kleinen Gelenken der
Fußzehen, Finger, die beiden Extremitäten
symmetrisch befassend, au ft ritt, von da all-
mählich auf Ellbogen und Schulter re«p.
Tibialgelenk und Knie übergeht; Hüften- und
Wirbels!iulengelenke werden fast nie in Mit¬
leidenschaft gezogen. Zunächst ist cs der
Bänderapparat, und die Kapsel, dann der
Knorpel,die Veränderungen erleiden. Zwischen
diesen Bestandteilen und in den Weichteilen
kommt es zu sulzigen Schwellungen, die im
Röntgenbilde wohl nicht, dagegen im ana¬
tomischen Präparate nachweisbar sind. Früh¬
zeitig entwickelt sich auch eine Dystrophie
bezw. Atrophie der angrenzenden Muskeln.
Der Prozeß führt weiterhin zur Deformierung
mit sekundärer Verschiebung und Verbildung
der Gelenkkörper, zur Subluxation und zu
Pseudokontrakturen der Sehnen der Strcck-
seite häufiger als der Beugeseite. Mitunter zeigt
sicli vollständige Ankylose der kleinen Ge¬
lenke; die Knochen sind in den den Gelenken
proximalenPartien schon früher deutlich porös.
Die Entstellungen, die durch diese Krankheit
entstehen, sind meist bedeutend und führen
schon nach wenigen Jahren nach Beginn zu
Invalidität. Der Prozeß schreitet langsam,
meist unaufhaltsam vor. Unter 167 Fällen
waren 62 Frauen; meist werden Individuen
vom 14. —35. Lebensjahre befallen. In einer
Reihe von Fällen bestellt im Beginne leichtes
Fieber. Die mitunter primäre Atrophie der
befallenen Muskelgmppe spricht nicht fiir eine
zentrale Ätiologie. Es besteht keine Ent-
artungsreaktion. Mitunter kommt es zu einer
derben,Sklerodermie-ähnlichen Verdickungmit,
gleichzeitiger Atrophie in der Haut und zu
oberflächlichen, gt'schwürigcn Zerfällen, na¬
mentlich rings um die Nagelphalangen. Die
Ätiologie dieses Leidens betrachtet der Vor¬
tragende nach genauen Beobachtungen als
völlig unklar; wahrscheinlich dürfte es auf eine
Vielheit ätiologischer Faktoren bei vorhan¬
dener Anlage znriiekzuführen sein.
Tn der Diskussion erwähnt Dozent. Ul 1-
mann das Zuammentreffen von Fällen von
Sklerodaktylie mit Basedow-Symptomen, wo-
*) Die Originale erscheinen sämtlich in der Berl. klin. Wochenschrift 1906.
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URBANA-CHAMPAIGN
310
Referate.
rauf er zufällig jüngst in Wien in der Gesell¬
schaft der Ärzte hingewiesen habe, und stellt
die Frage an den Vortragenden, ob das Ver¬
halten der Schild- und anderer Blutgefäß-
driisen in diesen Fällen geprüft worden sei,
worauf der Vortragende erwidert, daß dies
wiederholt und exakt geschehen sei, daß sich
jedoch in keinem dieser Fällen, auch nicht
jenen, wo die Haut mit betroffen war, irgend¬
welche Beziehungen zur Schilddrüse, Ver¬
größerung oder Verkleinerung der letzteren
ergeben hätten.
Die interessante Demonstration er¬
streckte sich auf <‘in Material, mit dessen
Sichtung der Vortragende seit Dezennien
beschäftigt ist. Das Material dürfte einen
großen Anteil solcher Fälle von Arthritis
deformans enthalten, wie sie auch sonst unter
diesem Titel von zahlreichen Autoren be¬
schrieben wurden, nur daß den meisten
Autoren die Frühstadien, die Muskelatrophie,
die Hautbeteiligung und somit die ganze
Entstehungsweise dieser Krankheitsgruppe
entgangen oder mindestens in ihrem Zusam¬
menhänge nicht so klar geworden sind.
Herr F. A. Hoffmann-Leipzig spricht
über dicBehandlung derchronischen
Herzkrankheiten. Er betrachtet zu¬
nächst drei Mittel: Digitalis, Jod und kaltes
Wasser, die er für gewisse, bestimmte Formen
der Herzaffektionen als geradezu spezifisch
wirkende Heilmittel ansieht. Nach seinen
eigenen Erfahrungen lehre insbesondere eine
Vergleichung der menschlichen Herztöne
untereinander in Bezug auf ihre Stärke und
ihren Akzent sehr viel zur Indikationsstellung
für diese drei Mittel. Eine bedeutende Rolle
spielen ferner die Trias: Balneotherapie,
Respirationsübungen und Hygiene bei den
Kranken. Sie seien auf den allgemeinen Zu¬
stand wirksam und je nach dem Stadium der
Herzaffektion von größerem oder geringerem
Werte. Während die bisherigen Mittel direkte
Herzheilmittel seien, betrachte er alle übrigen
aus dem Medikamentenschatze für Syinpto-
matica, die nur vorübergehend nützlich werden
können.
Abfällig äußerte er sich über das
Antiskierosin sowie über die Herzmassage.
Zum Schlüsse brachte er noch einige Be¬
obachtungen, welche den Einfluß des Magens
auf die Lage des Herzens zeigen, und sagte,
daß eine forme fruste von Eventratio diaphrag-
matica nicht gar so selten vorkomme, was er
der Beachtung der Ärzte besonders empfehle.
In der Diskusion möchte Herr A.
Strasser bei der allgemeinen Iudikations-
stellnng gegenüber der Einteilung von Hoff-
mann eine Verschiebung in dem Sinne ein-
treten lassen, daß für die lokale Kältean¬
wendung in bestimmten Herzsymptomen strikte
Indikationen vorliegen, die sonstigen hydro¬
therapeutischen Mittel jedoch mehr allgemein
wirkende Eingriffe sind, welche die Zirkulation
frei machen und reflektorisch auch das Herz
kräftigen.
Entgegen dem Einwurf eines der Redner
sei das Calomol bei all seinem großen thera¬
peutischen Wert ein symptomatisches Mittel,
dessen Anwendbarkeit umsomehr genauer Er¬
wägung unterworfen sei, als Exitus gerade
nach großen Calomelentwüsserungen nicht, zu
selten sei.
Herr Adolf Schmidt-Dresden: Über
die Wechselbeziehungen zwischen
Herz und Magen- Dar in leiden.
Unter der allgemeinen Blutstauung in¬
folge von Hersinsuftizienz leiden der Magen
und der Darm verhältnismäßig wenig, weil
das vorgeschaltete Pfortaderkapillarsystem
den venösen Druck abschwächt. Das einzige
Zeichen verschlechterter Zirkulation bildet
häufig die Gasansammlung im Verdauungs¬
schlauch, welche, wie Vortragender beweist,
auf verminderter Resorption und nicht auf ver¬
mehrter Zersetzung beruht. DieGasansammlung
wirkt wieder auf die Herztätigkeit im un¬
günstigen Sinne zurück und hilft so einen
circulus vitiosus bilden. Subjektiv' können
die von der Gasansammlung ausgehenden
Beschwerden das Krankheitsbild vollständig
beherrschen.
Primäre Erkrankungen des Magens und
Darines führen nur selten zu Störungen der
Herztätigkeit, diese seltenen Fälle zeigen
aber dann oft alarmierende Symptome. Man
kann die gastrogenen resp. enterogenen Herz-
stürungen in 3 Gruppen teilen: taekykar-
dische und allorhytmische Zustände, Angina
pectorisartige Zustände und das sogenannte
Asthma dyspepticum. Au der Hand von
Beispielen bespricht der Vortragende diese
verschiedenen Typen, wobei er betont, daß
eine strenge Trennung nicht durchführbar ist,
und daß insbesondere das Asthma dyspep¬
ticum seinen Namen mit. Unrecht trägt. Zur
Erklärung muß man auf Vagusreflexe und
auf die Hochdrängung des Zwerchfelles durch
das angesainmelte Gas zuriiekgreifen. Der
letztere Faktor wird durch die Röntgenbilder
des Vorredners trefflich illustriert.
Hinsichtlich der Frage, ob die hier
genannten Herzstörungen auch bei völlig
normalem Verhalten des Herzens Vorkommen,
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URBANA-CHAMPAIGN
Referate.
311
ist S. auf Grund kritischer Sichtung des
Materials und eigener Erfahrungen zu der
Ansicht gelangt, daß wohl schon immer eine
Schädigung des Herzens resp. der Herzinner¬
vation vorausgegangen ist Dieselbe wird
nur manchmal erst durch die Magenaffektion
manifest. Auch für diesen Kausalnexus wur¬
den Beispiele angeführt.
Endlich bespricht S. die Diagnose,
Prognose und Therapie; letztere liefert hier
die paradoxe Erscheinung, daß ein Herz¬
leiden vom Magen aus und ein Magen-
leiden vom Herzen aus kuriert werden muß.
Herr Winternitz (Altes und Neues
zur hydria tischen Technik) sucht die
Ursachen für das so langsame Eindringen
der Hydrotherapie in den Heilschatz des
praktischen Arztes in Abhängigkeit von ge¬
schultem Wartpersonal und spezialistisclieu
Anstalten, weiterhin in dem Vorurteil, das
Wasser gehöre zu den sogenannten „reser¬
vierten“ Heilmitteln, deren Maximaldosis mit
„lau und kühl“ und wie „Gift“ signiert wer¬
den müßte.
Vortragender erzählt ein Faktum, daß
einem Arzte seine bisher durch zehn Jahre
mit Erfolg applizierten wechselwarmen Brause¬
bäder von Amts wegen auf Grund einer Ver¬
ordnung nur bis 20° C. abzukiihlen gestattet
wurde, und fragt, welcher Arzt es dulden
würde, seine erprobte Dosierung in seinem
Rezepte von Amtswegen zu reduzieren. Trotz
des Einzuges der physikalischen Methoden in
die Universitäten halte man die Anwendung
des Wassers noch immer für kuratelbediirftig.
Das Mittel, die Hydrotherapie zur verdienten
Würdigung zu bringen, liegt darin, eine solche
Kur im Hause des Patienten selbst, durch¬
führen zu können, ohne geschultes Wartper¬
sonal. Der Hausarzt selbst, der mit den
thermischen und mechanischen Einflüssen auf
den Organismus sich vertraut gemacht hat,
muß die Kur im Hause des Patienten einleiten
und durchführen können.
Winternitz hegt diese Anschauung
seit Jahren und ist überzeugt, daß ein Erfolg
in dieser Richtung für den praktischen Arzt,
den Anstaltsarzt und das Wartpersonal von
größtem Nutzen wäre. Er selbst hat eine
Menge Apparate und Vorrichtungen zu guter
Hydrotherapie im Hause angegeben, die er,
da sie nicht genügend bekannt geworden sind,
im Bilde oder in Natura vorführt.
Es sind dies, um sie hier zu nennen, ein
im J. 1864 von ihm konstruierter, trans¬
portabler Dampfbadekasten samt
Dusche, eine einfache Vorrichtung fürDampf-
b ä d e r in jeder Badewanne, trans¬
portable Duschapparate, ohne Ver¬
bindung mit einer Wasserleitung, neu kon¬
struierte Apparate zur thermischen
und mechanischen Behandlung von
Rektum u n d V a g i n a, d e n P s y c h r o p h o r
für die Harnröhre, den einzigen Apparat, der
eine größere Verbreitung erlangte, ferner
Kühlkappen, Kühlschläuche für alle
Körperteile, Kopf, Herz, Magen, Leber, Milz,
Rücken etc.; auch diese Apparate fanden eine
größere Anwendung. Von den Umschlags¬
formen werden viele zu wenig benutzt.
Hier neune er namentlich die verschiedenen
Longettenarten bei Brandwunden und Ge¬
schwüren, deren Anwendung er schon im
Jahre 1869 beschrieb und seither immer er¬
probt fand. Auch für die Kreuzbinde halte
er in jüngster Zeit eine Modifikation ange¬
geben, die er hier in Natur vorzeige.
Winternitz glaubt, daß mit der Ver¬
allgemeinerung der Hydrotherapie im Hause
nicht nur der Heilschatz des Praktikers eine
wesentliche Bereicherung, das Kurpfuschertum
eine wirksame Einschränkung erfahren müßte,
sondern auch die Hydrotheraphie ein reiches
Beobachtungsfeld.
Herr 0. Burwinkel-Nauhoim hat über
Angina pectoris, soweit sie durch Koro¬
narsklerose bedingt ist, an 117 Kranken Er¬
fahrungen gesammelt. Jn seiner Praxis fand
er speziell bei Juden das Verhältnis zwischen
Männern und Frauen wie 7 : 1, und das Auf¬
treten nicht selten schon in der zweiten Hälfte
der 30-er Jahre, selbst noch etwas früher.
Als ätiologisches Moment konnte er
in 20 °/o Lues feststellen; sie begünstigt offen¬
bar ein frühzeitiges Entstehen der Krankheit;
weiterhin Fettsucht, Diabetes und Gicht
Mitunter habe er Fälle von A. p. im An¬
schluß an forcierte Entfettungskuren be¬
obachtet. Klappenfehler an der Aorta: bei
dieser Komplikation standen die Leute in
relativ jugendlichem Alter. Influenza und
wahrscheinlich auch Malaria, endlich Here¬
dität Der Vortragende bespricht Einiges
aus eigener Erfahrung bezüglich Symptomato¬
logie und Prognose und empfiehlt therapeu¬
tisch dreiste Morphiumdosen als gänzlich
ungefährlich, Vermeidung aller den Blutdruck
steigernden Mittel und Anlässe, Beschränkung
der Nahrung und Flüssigkeiten zur Ver¬
minderung der arteriellen Hypertension und
vegetarische Lebensweise. Kurativ kam Jod
und Diuretin, ebenso periodischer Aderlaß und
Massage des Unterleibes in Betracht. Nau¬
heim und ähnliche Bäder wirken bei gehöriger
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Referate,
Vorsicht günstig, ebenso wie Aufenthalt an
der See.
In der Diskussion bemerkte Herr
A. v. Poehl-St. Petersburg, daß er zur Be¬
stimmung der Anomalien der Darmgärungen
den Morax-Baumannschen Harnkoeffizenten,
d. i. das Verhältnis <ler prüforinierten zur
gepaarten Schwefelsäure anwende, sowie zur
Beurteilung der Leberfunktion den von Bou-
chard empfohlenen Koeffizienten des Ver¬
hältnisses des gesamten Kohlenstoffes zum
Stickstoffgehalt des Harns.
Herr Jacob-Kudowa berichtet, über seine
Erfahrungen bei Morbus Basedowi.
Nach ausführlicher Darlegung der nach
seiner Ansicht für die Pathologie wichtigen,
in letzter Zeit erbrachten Tatsachen durch
Moebius, Magnus —Levy, Boas, E.
Bau mann u. A. bezüglich der Stoffwechscl-
veränderungen von Basedow — Kranken
erblickt der Vortragende in den Stoffwechsel-
Untersuchungen von Friedrich Möller, welcher
bei solchen Kranken erhöhten Eiweißumsatz
nachwies, den ersten entscheidensten Fort¬
schritt bis zur Erkenntnis vor Moebius, welch’
letzterer die Ursache dieser klinisch und
therapeutisch wichtigen Tatsache durch die
Annahme einer krankhaft gesteigerten Pro¬
duktion aus der vergrößerten Schilddrüse
erklärt habe. Sein eigener praktischer Stand¬
punkt lehre ihn, daß man die Kranken derzeit
noch immer am besten bloß mit Rücksicht
auf ihre erhöhte Temperatur, gesteigerten
Körpereinsatz, also symptomatisch behandeln
müsse.
In der Diskussion bemerkt u. a. A.
v. Poe hl, daß die Wirkung des Thyreoidins
nicht vom Jodgehalte abhänge, da es Thyre¬
oidea-Drüsen gebe, die gar kein Jod ent¬
halten und doch ebenso kräftig stoft'wechsel-
vermehrend wirken. Das Jod wie auch das
Arsen werde aus der Nahrung vorübergehend
in der Schilddrüse fixiert. Toxinfreies Thyre-
oidin könne jahrelang ohne Schaden gereicht
werden, mit therapeutisch gutem Effekte ohne
unerwünschte Nebenwirkungen. Es bewirke
die Fortschaffung der Stoffwechselprodukte
aus den Geweben ähnlich wie hydrothera¬
peutische Mittel-
Herr Martin Siegfried-Nauheim macht
in seinem Vortrag über die Veränderung
des physiologischen Verhaltens zwi¬
schen Atmung und Pulsbeschaffen¬
beit bei Herzkrankheiten und ihre
Bedeutung für Prognose und Therapie
darauf aufmerksam, daß die dauernde Be¬
obachtung der Atmung bei der Behandlung
Herzkranker von derselben Wichtigkeit, sei
wie die der Herz- und Pulsbefunde. Er
empfiehlt ihre graphische Registrierung mittels
einer Modifikation des Jaquet’schen Sphygmo-
chronograplien, welchen Professor Jaquet
selbst für diesen Zweck angegeben hat, und
durch welche es möglich wird, gleichzeitig
die Atmungsphasen mit den Pulskurven zur
Erscheinung zu bringen.
Es stellt sich dabei heraus, daß eine
Reihe sogenannter „Abnormitäten“ des Ver¬
haltens zwischen Atmung und Puls relativ
häufig Vorkommen (so z. B. der Pulsus
paradoxes), und zweitens, daß eine Reihe
anscheinend schwerer Störungen der Herz¬
tätigkeit bei Klappenfehlern und Herzmuskel¬
erkrankungen eine unverhältnismäßig gute
Prognose geben, wenn die Respiration keine
beträchtliche Störung aufweist.
Herr Bach-BadjElster spricht über Bei-
träge zur Chlorose und ihrer Be¬
handlung. Er behandelt hauptsächlich die
Frage, warum Eisen innerlich genommen
häufig Magenbeschwerden verursacht. Er
meint, daß der Mangel an freier Salzsäure bei
den Magenbescbwerden eine Rolle spiele und
berichtet über Mageninhaltuntersuchungen bei
C’blorotischen, welche er im Vereine mit
dem Wiener Arzte Dr. Reicher gemacht
habe, und bei denen die Kranken verschiedene
Eisenpräparate bekommen haben. Die Unter¬
suchungen hätten ergeben, daß bei innerem
Gebrauche von Pillulae Blaudii, Liquor ferri
albuminati und Eisenwässern die Azidität des
Magens abzunehmen scheine, während dies
bei innerem Gebrauch von Ferroglutin nicht
sicher nachweisbar war.
Unter 224 Krankengeschichten von
Chlorotischen zeigte es sich, daß nur eine
verschwindend kleine Anzahl von primär
Chlorotischen nicht, genügend Salzsäure
aufwies.
Wenn weitere Untersuchungen bestä¬
tigen sollten, daß der interne Gebrauch
mancher Eisenpräparate den Salzsäuregehalt
des Magens herabsetzt, dann werden sich
hauptsächlich nur solche Hämoglobinarme
für die interne Therapie eignen, die genügende
Mengen Salzsäure produzieren. Der Umstand,
daß chlorotische Personen Eisenpräparate per
os recht gut vertragen, erklärt sich möglicher¬
weise daraus, daß diese Kranken fast stets
genügenden Salzsäuregehalt haben.
Herr A- Bum berichtet über seine mehr¬
jährigen Erfahrungen mit der Methode der
Bier’schen Hyperämisierung mittels
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Referate.
313
S t a u u n g und zwar bei Erkrankungen
oder Verletzungen der Muskel- oder
S e hnc n sc h ei den, Gelenk e u. Kn ochen.
Die liest,en Erfolge erzielt er bei gon. Arthri¬
tiden, wo das Verfahren die Möglichkeit
frühzeitiger Mobilisierung der erkrankten
Gebiete schafft und damit der drohenden An-
kylosicrung vorbeugt. Ähnliches gelte für
Gelenksversteifungen. I>ie Methode bewähre
sich ferner bei akuten Gichtanfällen, akuten
und subakutem Gelenksrheuinatismus, Gelenk¬
traumen und wirke dort schmerzstillend und
bakterizid. Letztere Wirkung zeige sich am
klarsten hei Formen von Gelenkstuberkulose.
Sehr deutlich trete der ernährungsbefördernde
Effekt der Stasiotherapie bei der Prophylaxe
und Therapie der Pseudarthrose in Erschei¬
nung. Pie Einfachheit des Verfahrens, das
von jedem gelernt werden könne, seine
Schmerzstillung und die Möglichkeit, dasselbe
mit baineotherapeutischen Prozeduren zweck¬
mäßig zu verbinden, sei Ursache, es hier noch
mehr zu propagieren.
Herr K Ullmann berichtet über Er¬
fahrungen m i t der Stauung s- u n d
Saugtherapie bei einigen Häut¬
end Geschlechtskrankheiten. Die
Bier’sche Methode erwies sich dem Vor¬
tragenden bis jetzt bei einem Material von
etwas über SO Fällen als überaus verwend¬
bar und vielversprechend Mit der Stauungs¬
therapie habe der Vortragende auf persönliche
Anregung Prof. Dier’s schon 1!)01 begonnen,
in der ersten Periode dieser Zeit wegen
mangelhafter Technik aber minder gute Re¬
sultate erzielt.
In 5 Fällen von Hodentuberkulose,
von denen er 3 in der Wiener Gesellschaft
der Ärzte vorgestellt,, habe er erhebliche
Besserungen, in 1 Falle evidente Heilung
erhalten. Auch am Hoden lasse sich die
beiße Stauung mit Bindenwicklung durch¬
führen ; einfacher und immer durchführbar sei
dort die ebenfalls sehr wirksame Saugthera¬
pie, Auffallend sei darunter der sofortige
Rückgang der dünnflüssigen Sekretion aus
Hodenfisteln. Die Fortsetzung der tuber¬
kulösen Infiltrate in die Leistenkanäle oder
auf die Prostata bilde keine Gegenindikation
gegen die venöse Hyperämisierung der zu¬
gänglichen Partien. Die Technik für Prosta¬
tastauung. die der Vortragende eingehend
bespricht, sei schwierig, das Verfahren dort
kaum anwendbar. Wegen der Berücksichtig¬
ung der allgemeinen Konstitutionsbesserung
sei die B i e r’ sehe Methode zur Lokalbehand¬
lung in Kurorten bei skrophulösen Kranken
von besonderem Werte, ganz besonders am
Hoden, wo es eine wirksame konservative
Therapie bis jetzt nicht gegeben habe.
Die Erfolge mit kräftiger Saugung bei
L ii p ii s seien wohl etwas besser als mit
Umschnürung. Bei Hautlupus habe er wenig
Günstiges gesehen, gerade hier sei man
übrigens so verwöhnt, durch die Erfolge der
schon bestehenden Methoden, daß dort das
Verfahren keine hervorragende Bedeutung
gewinnen werde, zumal es lange fortgesetzt
werden müsse und doch umständlicher sei
als z. B. die Licht- und Röntgenbehandlung.
Weitere Erfahrungen seien hier zu sammeln.
Bezüglich Furunkulose könne Vor¬
tragender nur die guten Resultate Anderer
bestätigen. In manchen Fällen habe sich ihm
die konstante Wärme sowohl in Bezug
auf Schmerzstillung als auf die rasch erwei¬
chende Wirkung als besser erwiesen.
Bei schweren Akne formen wirke die
Saugung im Sinne einer angenehmen, keine
Narben hinterlassenden Eiterentleerung und
außerdem auf das Infiltrat resorptionsbe¬
fördernd. Dasselbe gelte für vereiterte
A t. h e r o m e.
Sycosis subnasalis en plaques,
Acne rosacea sowie eitrige oberflächliche
Folliculitis und A iiszeß formen gäben
unter Bicr’s Saugbehandluug einen gün¬
stigen, raschen, narbenlosen Verlauf. Hier
komme wie bei der Anwendung von konst.
Wärme auch die sekundäre aktive Hype¬
rämisierung in Betracht.. Zu erwarten sei
derselbe Nutzeffekt bei Sycosis parasi¬
taria, zumal bei tiefgreifenden Formen, wo
das Verfahren vielleicht die bisher unübertrof¬
fene, sicher wirkende, aber allerdings um¬
ständliche Applikation konstanterWärme er¬
setzen dürfte.
Mit Vorsicht seien vereinzelnte günstige
Resultate bei E k z e in Schwielen und Alo¬
pecia areata aufzufassen; Vortragender
werde an anderer Stelle noch über Erfolg bei
diesen Erkrankungen berichten.
Bei Geschlechtskrankheiten sei es vor
allem die beginnende oder eiternde Periu¬
rethritis gon.. ferner gon Bartho¬
linitis und Entzündung des Barth olini-
schen Ausfiihrungsganges, der gon, der
venerische, insbesondere aber der stru-
möse scrophulüse Bubo und die Ade-
nitis simplex (sympathica), bei deren Be¬
handlung die B i e r’ sehe Saugtherapie mittels
der passenden und bekannten Sauggläser
unter allen bisherigen Methoden der Adenitis-
bchandlung wohl die besten weil raschesten,
schmerz- und nahezu narbeniosen Resultate
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314
Referate.
z ii Tage gefördert habe. Dies gelte für die
meisten Fülle. (Demonstration von Photo¬
graphien geheilter Fülle.)
Ähnliches gelte für, zumal beginnende,
heiße und kalte P ori n e alab s z esse (Cow-
perit.is), z. li. für solche, welche, im An¬
schluß an eine Gon entstanden, besonders
bei tuberkulöser Konstitution des Individuums.
Ein großer Vorteil bei der Anwendung der
lJier’schen Methode liege hier jedenfalls
auch schon darin, daß man viel mehr Patien¬
ten ambulatorisch durchbringe als sonst,
sowie in der Schmerzlosigkeit und Schmerz¬
stillung.
Die Ausfüllung der Wunde mit Blut¬
plasma wirkte im Sinne Bier’s undSchede’s
zunächst Bakterien aufsaugend und tötend,
sowie gewebsbihlend.
Bei Epididymitis wirke das Ver¬
fahren nicht immer schmerzlos aber doch
häutig in der V). Woche sehr resorptionsbe¬
fördernd. und zwar auf die zeitigen Infiltrate
viel besser als auf flüssige Exsudate. In
manchen Fällen habe sich hier konstante
feuchte Wärme (40° C) weit besser und zwar
nach jeder Richtung, auch in schmerz¬
stillender, bewährt.
Bei noch vorhandener virulenter Go-
norhoc könne man vorübergehende Besser¬
ungen erzielen; es hindere aber das Ver¬
fahren nicht, daß Nachschübe erfolgten.
Gegen akute Gonorhoe sei nach des
Vortragenden Ansicht die Methode nicht an¬
zuwenden ; er habe davon in seinen aller¬
dings nicht zahlreichen aber ausgewählten
Fällen verschiedener Phasen keine Erfolge
gesehen. Auch zur Abortion erwecke das¬
selbe jedenfalls seine Bedenken.
Jedenfalls aber sei die künstliche venöse
Hyperämisierung ein Heilmittel allerersten
Ranges, das der Erfindung der Antisepsis
in praktischer Beziehung gleichwertig sei
und die Buchner’scheLehre von den Schutz-
stoffen im eigenen Blute in überzeugender
Weise bestätige.
Herr Ed. WeiSS-Pistyan liefert einen
Beitrag zur Messung der Haut¬
temper a tu r. Seine Versuchsreihen wurden
an der zweiten medizinischen Klinik in Buda¬
pest gemacht und führten ihn zu folgenden
Konklusionen: Jeder Hautbezirk hat unab¬
hängig von seiner Nachbarschaft, seine eigene
Wännebewegung, die meist rasch wechsle
und fortwährend auf- und niedersteige. Eine
fixe Relation zwischen zwei symmetrischen
Körperstellen der rechten und linken Seite
scheine nicht zu bestehen, wiewohl mitunter
ein gewisses antagonistisches Verhalten nicht
zu verkennen sei. Nebst den bekannten
Motiven der Blutgefäßverteilung zieht Vor¬
tragender das Verhalten der Hautporen bezw.
Scliweißdrüsenaiisfiilirungsgäuge heran. Die¬
selben wirken bald als Luftkanäle respektive
Wärmereservoire, welche kleinere oder grö¬
ßere Wärmemengen mit einer gewissen Spann¬
kraft nach außen führen, bald wieder bei
kontrahierter Haut als Wärmeschutzorgane
zur Verhinderung der Wärmeabgabe. So
besitzt, jede Hautstelle für sicli in den Poren
Sicherheitsventile zur Erhaltung der Konstanz
der Körpertemperatur im allgemeinen inner¬
halb gewisser Grenzen. Die Regulation steht
natürlich unter dem Einfluß der glatten Mus¬
keln resp. Nerven. Aus den zahlreichen
demonstrierten Kurven von systematischen
Temperaturmessungen geht hervor, daß die
die Haut umgehende Luft,menge steten
Schwankungen unterworfen sei, welche die
Schwankungen der Zimmertemperatur einer¬
seits und der Hauttemperatur andererseits
wesenlich übertreffen, insbesondere wenn die
betreffenden Hautstellen thermisch gereizt
wurden. Die Wärmeabgabe resp. Heizkraft,
stehe mit der Hauttemperatur nicht immer in
Proportion.
In der Diskussion skiziert Herr
Strasser die physiologischen Verhältnisse der
Wärmeregulation und mißt den Messungen
von Dr. Weiss großen Wert zu; sofern
aber die Poren, d. i. die Ausführungsgänge
der Schweißdriißen hei der Regulation mit-
wirken sollen, bemerkt Strasser, daß die
Poren bei Menschen wohl niemals leer oder
nur mit, Luft gefüllt sind, sondern stets mit
Sekret und daher, wenn sie sich öffnen oder
schließen, dies nur auf eine Art der Wärme¬
abgabe von großem Einfluß sein kann d. i.
auf die Wärmeabgabe durch Wasserver¬
dunstung (Perspiration).
Herr Michael Guhr, Badearzt in Tätra-
Szeplak, berichtet Uber den Einfluß von syste¬
matischer Heliotherapie (partiellen Sonnen¬
bädern) auf Psoriasis vulgaris. Unter
dem Einflüsse der ersten Sonnenbäder komme
es unter Schweißausbruch zur Abschuppung,
und im weiteren Verlauf werde die psoria¬
tische Plaque in einen pigmentlosen, anä¬
mischen Flecken verwandelt; unter weiteren
Bädern bräune sich erst derselbe, und die
Pigmentierung schwinde erst nach Monaten.
Ein- bis zweimalige Anwendung im Jahre
verhüte die Rezidive.
In der D i sku ssion weist Herr Ul 1-
mann darauf hin, daß die günstige Wirkung
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Heferate.
315
schweißtreibender Mittel auf Psoriasis nicht,
unbekannt sei, daß nach den Erfahrungen
aus den Finseninstituten Psoriasis durch
Phototherapie aber nicht spezifisch günstig
beeinflußt werde, daß aber eine langsame
Umstimmung bis zur Überpigmentierung der
Haut ganz wohl eine Vermehrung des Stoff¬
wechsels inderseiben zur Folge haben könne,
insbesondere, wenn sie mit starker Diaphorese
verbunden sei. Für gewisse, hartnäckige Fülle
könne die Heliotherapie eine nutzbringende
und vielleicht ebenso wirksame Behandlung
darstellen wie die umstimmende Behandlung
mit Arsenik, die in vielen, ja den meisten
Fällen im Stiche lasse, mitunter aber zur
Schädigung (Arsenicismus) führe. Der Vorteil
einer solchen Behandlung liege jedenfalls in
der Verbindung der lokalen mit der Allgc-
meinbehandlung. Man müsse diesbezüglich
jedoch noch Erfahrungen sammeln.
Herr Lenn6-Ncuenahr berichtet über die
Diätregelnng bei Diabetes mellitus.
Die heutige Ernährungslehre des Diabetikers
erfordere an erster Stelle das, was er bereits
vor einem Dezennium verlangt habe, das sei
eine genaue Festsetzung des Eiweißkostmaßes.
Dasselbe sei aber nicht schätzungsweise, wie
üblich, sondern nach festen Anhaltspunkten zu
bestimmen und zwar pro kg. Körpergewicht.
Diese Größe betrage in der Norm jene Ei¬
weißmenge, welche einer Harnstoftmenge von
0,37 g. pro kg. in der 24 ständigen Harnmenge
entspreche oder einem Eiweißumsatz von
1,1 g.; falls in gewissen Fällen die Normal-
große nicht zu erreichen sei, müsse die ge¬
ringste Eiweißzufuhr platz greifen, welche ge¬
nüge, Stickstoffgleichgewicht herbeizuführen
oder zn erhalten. Qualitativ äußerten die
verschiedenen Eiweißarten keinen Einfluß
auf die Zuckerausscheidung.
In seinen übrigen Ausführungen weicht
der Vortragende von den überall üblichen
Grundsätzen bei der Diabetosbehandlunp nicht
wesentlich ab.
Tn der Diskussion verweist A. v.
Poehl auf die vor 50 Jahren von Bibra auf¬
gestellten Tabellen über das verschiedene
Verhalten von Stärkemehlarten gegenüber
dem Saccharifikationsprozeß. Gerade dies sei
aber bei dem D. zu berücksichtigen. Bei D.
infolge Pankreas-Insuffizienz sei deshalb nach
von Noor den, Weintraut u. A. eine
Pankreatintherapie, hei Leberinsuffizienz das
Hepatin in Form von Blcibeklysmen am
Platze. Neuerdings sei auch das Entherin
(Sekretin), die synergetische Gruppe des
Schleiinhautsckretes des Duodenums und
Jejunums bei D. infolge von Pankroasinsuf-
flzieuz in Anwendung gebracht worden.
Herr A. Strasser bemerkt, daß die
neueren Theorien von Pflüger die Zucker¬
bildung aus Fett betreffend vorläufig auf die
Therapie von keinem großen Einflüße seien;
theoretisch seien sie wahrscheinlich imstande,
manches bisher,. Dunkle zu erklären. Bezüg¬
lich der Kohlehydrattoleranz erinnert Dr.
Strasser an die Vorschriften der Kiilz’-
sclien Schule, welche nach Bestimmung der
Toleranzhölle darauf Gewicht gelegt habe,
daß die Pat'ent.en die gestattete Menge nicht,
nur konsumieren durften sondern mußten,
damit, dem Organismus möglichst viel Kohle¬
hydrate zugeführt würden. Die Differenzen
der Toleranz gegen verschiedene Kohle¬
hydrate sei sicher beachtenswert und zu be¬
rücksichtigen, alier wenn man von der Tole¬
ranz gegen Weißbrod ausgelie, seien große
Fehler in der Therapie unwahrscheinlich.
Herr Grimitl-Sauerbrunn (Ung.) berichtet,
über seine günstigen Erfahrungen, welche er in
dem von ihm geleiteten Kurorte resp. seiner
Anstalt bei Kranken mit harnsaurer Dia-
these und unter Anwendung der Kombi¬
nation von rationeller Trinkkur mit Hydro¬
therapie und Heißluftbehandlung gemacht hat.
Nach dem Gutachten Dozent Vamossy’s
sei das Sauerbrunn-Quellwasser ein erdig-
salinisclies, dessen Wirkungen auf den
darin enthaltenen Schwefelsäuren Alkalien
und kohlensauren Erdmineralien beruhen.
Speziell ihre Lösungsfälligkeit für Nierensteine
sei hervorzuheben.
Herr Emil Epstein gibt in seinem
Thema über Höhenklima mit beson¬
derer Berücksichtigung der deut¬
schen Alpen Österreichs eine kurze
Übersicht über den geologischen Aufbau
speziell des Semmering und Schneeberggebietes
und weist auf die Kontraste zwischen Nie-
derungs- und Höhenklima hin. Das Höhen¬
klima sei charakterisiert durch gesetzmäßige
Temperaturabnahme mit Hnhenzunahme. Der
Vortragende gibt, nun eine Reihe sehr inte¬
ressanter spezieller Verhältnisse für ver¬
schiedene Hölien. Die Dauer einer konti¬
nuierlichen Schneedecke betrage für die Um¬
gebung Wiens durchschnittlich 5*/*, für die
äußeren Alpentäler 10, für die inneren 13
Wochen, wodurch schon durch eine kaum 2-
stiindige Eisenbahnfahrt fundamentaler Klima¬
wechsel von Wien aus erfolgen könne.
Nach kurzer Besprechung der physiolo¬
gischen Wirkungen des Höhenklimas und
seiner Indikationen gibt der Vortragende
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316
Referate.
eine Liste der Höllenstationen in den deut¬
schen Alpentälern; außer Semmering und
Schneeberg sind es: Mönniehkirchen in
N.-ö. (980 in), Neumarkt 1844 in). St. Lam-
precht in Steiermark (1072 m), Wildbad-
Gastein in Salzburg ('012 m), Malnitz in
Kärnten (1145 ml, ßrennerbad (1909 in), (los¬
sensaß (1065 in), St. Anton (1309 in), Karersee-
hotel (1001 in), Trafoi ('541 m) und Sulden
(1845 in) in Tirol, Stuben am Arlberg (1409 in)
und Gargellen (1574 m) in Vorarlberg.
Herr Rud. Fischl-Prag spricht über
Höhenklima und Seeluft als Heil-
potenzen bei Kinderkrankheiten. Anä¬
mische Zustände auf rliaehitischer Basis mit
Atonie der Digestionsorgane und Übererreg¬
barkeit des Nervensystems bei Kindern der
ersten Lebensjahre aus dem Binnenlande
fänden ihre wirksamste Beeinflussung «lurcli
mehrmonatliehen Aufenthalt an der Ostsee¬
oder Mittelmeerküste (je nach der Jahreszeit),
während sich auch milde Gebirgsklimate
fiir solche Patienten weniger gut, eigneten
Eine notwendige Voraussetzung des Erfolges
bilde aber häusliche Menage, da diese
allein die Darreichung einer tadellosen und
den jeweiligen Bedürfnissen angepaßten Kost
verbürge.
Mittelgebirgsgegenden, am besten relativ
tief gelegene, an Seekecken geschützt, situierte
Orte träten erst bei älteren Kindern, etwa
vom 6 Lebensjahre an, in ihre Rechte, deren
Gehfähigkeit, bereits eine so vollkommene sei,
daß ihnen die in solchen Stationen unerlä߬
lichen weiteren Wege keine körperliche Er¬
müdung verursachten, und denen ihre höhere
Wetterwiderstandsfähigkeit die im Gebirge
unvermeidlichen Temperaturwechsel über¬
winden helfe.
Der Keuchhusten verlaufe hingegen in
milden Gebirgsklimaten leichter als an der
Meeresküste, während sein katarrhalisches
Ausgangsstadiiim in beiderlei Gegenden rasch
beendet werde. Auch Katarrhe der oberen
Luftwege, rezidivierende exsudative Anginen
und chronische Hypertrophien des lympha¬
tischen Rachenringes würden durch protra¬
hierten Aufenthalt in Binnenmeerbädern ent¬
schieden gebessert, nicht selten definitiv ge¬
heilt. Bei chronischen Reizzuständen der
tieferen Luftwege ist es wünschenswert, die
Wahl des Aufenthaltsortes vom Alter der
Kinder abhängig zu machen und die jüngeren
Jahrgänge an die Ostsee oder das Mittel¬
meer, die älteren in das Mittelgebirge zu
senden.
Lymphatische Individuen sowie solche
mit lokaler Tuberkulose der Knochen, Drüsen
und der Haut linden wiederum in den Binnen¬
meerstationen die besten Heilungsbedin¬
gungen.
Manifeste Tukerkulosen innerer Organe,
besonders der Lungen, sollten jedenfalls einem
Versuch der Freilufttherapie unterworfen
werden, die allerdings bei dem rapiden Ver¬
lauf der infantilen Phthise weniger günstige
Erfolge zeitigt als in späterem Alter.
Schwindsuchtskandidaten, die nach die¬
ser Richtung hin stigmatisiert sind oder die
Erkrankungen durchgemacht haben, welche
erfahrungsgemäß eine okkulte Tuberkulose
mobilisieren, sollen durch protrahierten
Aufenthalt in mildem See- oder Gebirgsklima
in ihrem Kampfe gegen diese Gefahren unter¬
stützt werden.
Nordseebäder sind fiir blutarme in ihrer
Entwicklung zurfickgeliebene Kinder aus dem
Binnenlande wenigstens im Laufe, der ersten
7—8 Lebensjahre nicht geeignet, da sie
durch Akklimatisationsschwierigkeiten den¬
selben nicht selten einen direkten Schaden
zufügen können. Ans diesen Gründen und
ihrer ungünstigen Terrainbeschaffenheit wegen
sind auch größere Höhenlagen für jüngere
Kinder nicht zu empfehlen.
Herr A. Strasser .zur Therapie
der Nephritis“ bespricht die Resultate
der in Gemeinschaft mit Dr. Blumenkranz
( Wien) gemachten Versuche, betreffend die
Zirkulationsverhältnisse und die Chancen der
besten Blut«trömungen in der Niere. Die
Literatur sowie die von Strasser und Wolf
gemachten Erfahrungen in der Onkometrie der
Niere lassen erkennen, daß Ischaemie und
Stase unfehlbar zu Störungen führen, wäh¬
rend bei Abhaltung aller Reize von der
Körperoberfläche die Zirkulation sich, solange
die Herzkraft nicht wesentlich alterniert ist,
in gleichmäßiger Weise in rascher Strömung
abspielt und selbst Insuffizienz der Niere (in
Wasser, Stickstoff und Kocbsalzbildune) aus¬
zugleichen vermag. Strasser und Blumen¬
kranz fanden als Wirkung von 1 bis 1 '/*
Stunden fortgesetzten Bädern von 37° C (ein-
bis zweimal täglich) diesen hervorragenden
Einfluß auf die Niereninsuffizienz und zwar
sowohl bei orthotischer Albuminurie wie bei
chronisch-parenchymatöser Nephritis und auch
bei akuter hämorrhagischer N. nach Scharlach
und fühlen sich nun berechtigt., die Wirkungs¬
weise der sog. thermisch indifferenten Bäder
in anderem Lichte darzustellen, als es bisher
geschehen ist, indem man einfach auf eine
„Steigerung der Herztätigkeit.“ hinwies. Auch
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"Referate.
317
stellte sich bei Kontrolle der Wirkung der
Sehwitzprozeduren die theoretisch außer¬
ordentlich interessante Tatsache heraus, daß
entgegen der neuen Ansicht über Entstehung
des Oedeins der Nephritiker allein durch
Kochsalzwasserretention die Lehre von pri-
rniirer toxischer Schädigung der Gefäßwände
im Sinne der alten Cohnheim’sehen Auf¬
fassung für viele Fälle und Stadien der N.
gewiß noch Geltung hat. und daß die gefä߬
schädigende Substanz in der Richtung der
uraemischen Intoxikation zu suchen sei.
ln der Diskussion bemerkt Herr A.
v. Poe hl, daß durch Erhöhung der Oxydations-
vorgänge, sei es durch Sperinintherapie oder
durch physikalisch-diätetische Mittel, die
osmotischen Spannungen im Organismus erhöht
würden, wodurch dem Herzen und den Nieren
die Arbeit erleichtert werde. Neuerdings sei
die synergetische Gruppe der Niere, das
Reuin, von Korson und Poelil jun. bei
Nephritis in Anwendung gebracht worden
und zwar mit sehr gutem Erfolge. Das
Reniu Poelil sei geradezu ein spezifisches
Mittel; es werde per os gegeben drei- bis
viermal täglich und habe keine unerwünsch¬
ten Nebenwirkungen.
B u m bemerkt, daß in den Tierexperi¬
menten nach Massage der unteren Extremi¬
täten die Diurese ganz plötzlich in die Höhe
schnelle, um dann etwas abzufallen und dann
in einer dem Normalen gegenüber erhöhten
Linie zu verbleiben.
Strasser erwidert, daß die Erklärung
Bum’s fiir seine Resultate im Laboratorium
Basch seinerzeit so gelautet habe, daß durch
die Massage harnfähige Substanzen in die
Blutbahn gepreßt worden seien. Es sei dies
wohl auch richtig, aber die neu propagierten
Lehren über Nieren-Sekretion und -Suftizienz
wollten unsere ganzen Anschauungen über
die sog. harnfähigen Substanzen umändern;
allerdings reagierten Tiere auf Infusionen
von Kochsalz anders als Menschen, aber die
Klinik lehre uns noch immer, an der Berech¬
tigung der Harnfähigkeit gewisser Substanzen
festzuhalten. Strasser erwähnt die Kom¬
bination von Nephritis und Glykosurie, wobei
die letztere als die Diurese fördernd die
Ne.plir tis erleichtern könne.
Strasser’s und Blumenkranz Re¬
sultate werfen neues Licht auf die Wirkung
der sogenannten indifferenten Bäder.
Auf Grund seiner 15jährigen Erfahrung
präzisiert Herr PolatSChek-Karlsbad das Indi¬
kationsgebiet sowohl als die Anwendungs¬
weise der von ihm seiner Zeit in die Thera¬
pie emgeführten Eingießungen von kleinen
Mengen hochtemperierten Karlsbader Mineral¬
wassers, der Bleibeklystier e. Die¬
selben erweisen sich nützlich bei allen chro¬
nischen Diarrhöen, ausgenommen denjenigen,
die von Stauungen im Pfortadersystem her-
riihren. Zu diesem Zwecke müssen sie lange
Zeit hindurch 1—3 mal täglicli angewendet
werden, haben aber nur dann Nutzen, wenn
sie vom Darme zurückbehalten und nicht
wieder ausgestoßen werden. Sie beruhigen
den Darm und können auch gegen schmerz¬
hafte Affektionen vorübergehende Anwendung
linden. Bei ulzerösen Dickdarmprozessen ist
ihre Wirkung besonders auffällig. Die ge¬
bräuchliche Dosis sind 50—150 g. pro Clysma,
bei Kindern 20—50 g., die Temperatur 48°
bis 52° C. Vortragender verwendet diese
Kl.vstiere in hartnäckigen Fällen als Unter¬
stützung der Karlsbader Trinkkur und ver¬
ordnet sie auch gegebenen Falls für die Nach¬
kur. Sie erwiesen sich aber auch in der all¬
gemeinen und pädiatrischen Praxis als nütz¬
lich. Das Karlsbader Mineralwasser kaun
event. durch eine andere Flüssigkeit, so durch
Kochsalzlösungen, ersetzt werden.
Als Ersatz für die bei schwierigen
Untersuchungen der Abdominalorgano behufs
Entspannung der Bauchdecken in Anwendung
kommende „Palpation im Bade“ empfiehlt
Vortragender eine ausgiebige, genügend warme
Kataplasmierung des Abdomens. Die¬
selbe ist in jedem Hause in der Bettlage
durchführbar und auch für den Untersucher
viel bequemer. Es kann dabe,i auch die die
Betastung beeinträchtigende Muskelanstreng¬
ung vermieden werden, die eintritt, wenn der
Palpator in der zumeist tiefer gelegenen
Badewanne in gebeugter Körperstellung
untersuchen muß.
Herr J, Brodzki-Kiulowa spricht über
experimentelle Untersuchungen über
den Ein fl u ß d e r Nah r u n g a u f d e n
Blutdruck bei Nephritis. Der Autor
habe im Laboratorium der Klinik Senator’s
die bloße Tatsache der Blutdrucksteigerung
einwandsfrei experimentell festzustellen sieh
bemüht und den Blutdruck dabei nicht tono-
metrisch, sondern mittels Quecksilbermano¬
meters gemessen. 25 Kaninchen wurden
untersucht (große Tiere). Es wurde eine
Glomerulo-N. mittels Kantharidin erzeugt,
welches nach vorheriger Bestimmung des
normalen Blutdruckes in die Gefäßbahn inji¬
ziert wurde. Gleichzeitig wurden die Tiere
auf eine bestimmte Nahrung, auf die es eben
ankam, gesetzt, der Urin täglicli gemessen, auf
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318
■Referate.
Eiweilt täglich kontrolliert; am 5 —6. Tage, so¬
bald die nepliritischen Erscheinungen bedroh¬
lich wurden, wurde das Tier zum zweitenmal
operiert und der Blutdruck an der anderen
Karotis bestimmt. Dies geschah jedesmal
vor Eintritt von Herzschwäche und Anurie.
Das Tier wurde nach dem Versuche entblutet
und seziert, das Blut kryoskopiert und die
Niere mikroskopisch untersucht. Es zeigte
sich, daß weder Wasser noch Kochsalzlösung,
Milch oder Fleischextrakt irgendwelche ar¬
terielle Drucksteigerung bewirkten trotz der
vorhandenen schweren, diffusen Nierenver¬
änderungen. Hingegen bewirkte das Uran
allein schon eine Blutdrucksteigerung um
12 mm Hg., während das bei Kantharidin nicht
der Fall war. Bei Fleischextrakt sank sogar
der Blutdruck um 6 mm, wahrscheinlich, weil
die darin enthaltenen Kalisalze auf den Herz¬
muskel schwächend eingewirkt hätten. Es
konnte vom Autor demnach die blutdruck¬
steigernde Wirkung des Kochsalzes nicht be¬
stätigt werden.
ln der Diskussion fragt Liebreich,
in welchen Dosen Kantharidin angewandt
wurde. Er halte es in Öl suspendiert für
ein ungeeignetes Mittel, um eine akute
Nephritis hervorzurufen. Es entstehe kolos¬
sale Hyperämie, die das Bild einer akuten N.
nicht aufkommen lasse. Auch wären Kanin¬
chen kaum geeignete Tiere zu diesen Ver¬
suchen, da sie zu klein seien.
Brodzki entgegnet, die angewendete
Dosis habe im Ganzen 1 cg betragen. Was
die Hyperämie betreffe, gebe er zu, daß er bei
der Sektion an den Nadelstich stellen
Suggilationen an der Haut bemerkt habe;
was aber die Erzeugung der experimentellen
akuten N. anbelange, verweise er auf die liier
ausgestellten mikroskopischen Präparate, die
zur Genüge dartun, daß es sich um wirkliche
Nephritis handle. Man sehe deutlich Zylinder,
ülomeruloexsudate, nekrotische Zellmassen,
also diffuse parenchymatisclie Veränderungen
u. s. w. Im Übrigen habe er in der Mehr¬
zahl der Fälle Urannephritis erzeugt, Kan¬
tharidin diente ihm gewissermaßen nur als
Kontrollversuch.
Autor erklärt zum Schluß, daß er bei
allen Versuchen nur große Kaninchen ver¬
wendet habe.
Herr Päs s 1 er-Dresden spricht dem
Verfasser seine Anerkennung aus und würdigt,
die Schwierigkeit von Versuchen dieser Art.
Die tonometrischen Messungen seien mit
Rücksicht auf die jedesmalige physische Er¬
regung des Patienten ungenau und deshalb
der Versuch einer manometrischen Blutdruck¬
messung zu begrüßen.
Herr Sieveking-Karlsruhc über die
Radioaktivität der Mineralquellen
gibt eine Übersicht über die älteren Versuche,
heilkräftige Wirkungen der Mineral- und
Thermalquellen auf ihre physikalischen Eigen¬
schaften zurückzuführen. Er bespricht die
Grundzüge der Radioaktivität, das Wesen
der radionietrischen Analyse, deren Empfind¬
lichkeit die der Spektralanalyse weit iiber-
treffe. Nach weiteren historischen Bemerk¬
ungen erläutert er die Methoden der Unter¬
suchung des Wassers auf Emanationsgehalt
und demonstriert einen von ihm mit Engler-
Karlsruhe konstruierten Apparat, auch als
Reiseapparat gut verwendbar, auf dem Prin¬
zip beruhend, durch Schütteln die Emanation
aus dem Wasser zu treiben und die erhöhte
Leistungsfähigkeit der Luft alsdann mittels
eines aufgesetzten Elektroskops (Fontaktos-
kop bei Günther und T. Z. Meyer in Braun¬
schweig) zu messen. Der Vortragende hat
mit diesem Apparat die Quellen zahlreicher
hervorragender Badeorte Europas auf Radio¬
aktivität geprüft und gefunden, daß kalte
Quellen stärkere Emanation besäßen, als
wärmere. Jn Österreich sei die stärkste
Radium führende (150 Einheiten) die Graben¬
buckerquelle in Gastein, in Deutschland die
Buttquelle in Baden-Baden.
Herr L. Wick-Bad Gastein behandelt die
Beziehungen der Gasteiner Therme zu deren
Heilkraft. Die günstigen therapeutischen Wir¬
kungen seien selbst für den Objektivsten ge¬
rade bei der sonst ganz indifferenten Gasteiner
Quelle und hei dem unter allen bisher be¬
kannten Quellen reichsten Emanationskoef¬
fizienten durchaus plausibel. Bei dem Bade¬
gebrauche käme nicht der Emanationsgehalt
der Quelle selbst, sondern nur dessen Rest¬
betrag in der Badewanne in Betracht, außer
bei ev. Trinkkuren. Die bekannten Radium¬
wirkungen seien mit denen der ungemein
diluierten Emanation von vornherein kaum
vergleichbar. Es sei unbekannt, ob die Ema¬
nationswirkung in den Körper dringe, ob sie
Verwandlungen erleide; bei Prüfung der
therapeutischen Wirkungen nach der Richtung,
ob sie wohl auf Emanationsgehalt zurückzu¬
führen seien, wie sie Vortragender gemacht
habe, käme gerade in G. außer der relativ
beträchtlichen Höhenlage kein anderes
störendes resp. komplizierendes Moment in
Betracht. Die experimentellen Beobachtungen
des Vortragenden nach dieser Richtung gäbeu
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Referate.
319
leider noch keine bestimmten Anhaltspunkte
für gewisse Relationen. Autor bleibe in
dieser Richtung bemüht.
Herr J. Kugler-Marienbad gibt in seinem
balneologisclien Berichte ausführlich den
historischen Nachweis für die Unrichtigkeit
der am letzten KissingerBalneologen-Kongroß
aufgestellten These, es sei die balneocheinische
und -technische Untersuchung der Quellen
eine Forderung der Neuzeit. Denn »der erste,
der derartige metereologisch-chemisch-tech-
nisehen Untersuchungen zur Ergänzung der
Balneologie empfahl und selbst ausführte,
war Franz Ambros Rennes, Arzt. Chemiker
und Geologe in einer Person“. Unter Hin¬
weis aut' die Bedeutung derartiger Unter¬
suchungen an Ort und Stelle verweist der
Vortragende auf die in Marienbad bereits
bestehende Institution, durch welche fort¬
währende Beobachtungen an allen Brunnen¬
arten ausgeführt wurden.
In seinem Vortrage »Das Experi¬
ment in der Balneotherapie berichtet
Herr Heinsheimer-Badcn-Baden über eine
große Serie von experimentellen Untersuch¬
ungen, die er gemeinsam mit Biekell u. A.
im Berliner pathologischen Institut gemacht
habe, um den Einfluß verschiedener Mineral¬
wässer und medikamentöser Substanzen auf die
Magensaftsekretion in möglichst reiner Form,
namentlich am Pawlow’schen Fistelhunde
zu studieren. Der Autor gibt die Technik
seiner Experimentiermethode und Art der
hier verwendeten Stoffe an. Durch die Ex¬
perimente wird auch der Einfluß psychischer
Affekte auf die Magensekretion nachgewiesen.
Autor betont die Berechtigung der Paw¬
low’schen Methode auch für gewisse baineo¬
therapeutisch wichtige Fragen, wenn auch,
wie er ausdrücklich hervorhebt, die erste In¬
stanz zur Entscheidung derartiger Fragen
nach wie vor die ärztliche Beobachtung
bleiben solle.
In seinem Thema über rhytmisch
auf trete n de pathologische Symp¬
tome im Geschlechtsleben des Weibes
und deren Balneotherapie hebt Herr
Kisch-Marienbad hervor, daß ein gewisser
Rhytmus im Auftreten gewisser patholo¬
gischer Erscheinungen zum Beginne und beim
Erlöschen der Geschlechtstätigkeit des Weibes,
in der Epoche der Menorrhoe und Menopause
sich nacliweisen lasse, bestimmte Beschwer¬
den nervöser und funktioneller Art, wahr¬
scheinlich reflektorische Vorgänge, die ihren
Ausgangspunkt von Evolutions- und Invo¬
lutionsvorgängen der Ovarien nähmen. Patho¬
logische Erscheinungen bei dazu dispo¬
nierten Personen träten schon zur Zeit der
ersten Menses auf, um während der Zeit der
Vollentwicklung herabzusinken oder zu ver¬
schwinden und plötzlich in derZeit der Klimax
oder bei Irregularität der Menses wieder
mächtig anschwellend zu Tage zu treten.
Hierher seien zu beziehen kardiale Symp¬
tome, zumeist nervöses Herzklopfen, Tachy¬
kardie in Anfällen, Dyspepsie mit verringer¬
ter Darmperistaltik, Flatulenz, Chlorose, Al¬
buminurien , Hauterkrankungen, besonders
Ekzeme, weiterhin Neurosen. Psychosen in
Form von Depressionszuständen und mit Vor¬
walten des erotischen Momentes. Vortragen¬
der unterzieht einzelne besonders wichtige
Vorkommnisse eingehender Besprechung. Es
ließen sich mitunter prognostische Schlüsse
aus dem günstigen oder ungünstigen Verlaufe
aer Pubertätsepoche auf einen glatten oder
stürmischen Verlauf des Klimakteriums ziehen.
In diesen beiden Entwicklungsperioden gäben
derartige Beschwerden oft Ursache zur An¬
wendung von Balneotherapie. Wild-, kohlen¬
saure, Moor-, Sool-, Seebäder, Hydriatik mit
oder ohne gleichzeitiger Trinkkur und Ein¬
wirkung klimatischer und diätetischer Heil¬
faktoren, ferner Ubungs- und Schonungs¬
therapie leisteten hier oft recht Gutes.
Im Aufträge des Homburger medizi¬
nischen Vereines referiert Herr Kurt Pariser
über die Art, wie die Frage kurgemäßer
Diät in Homburg geregelt sei. Man pflege
einen Modus, auf den schon Ewald am letz¬
ten Kongreß i. .J. 1900 hingewiesen habe.
Nach gewissen Krankheiten und Krankheits¬
gruppen geordnet, seien 4 Diätformen mit
Unterabteilungen von dieser Arztevereinigung
aufgestellt worden und die dieser Diät ent¬
sprechenden Speisen je nach Jahreszeit,
Gegend etc in reichster Auswahl, für Ärzte,
Kranke und Hotelbesitzer zum Verständnis
in gleicherweise dienend, eingesetzt worden.
Diese Diäten würden von dem Vereine den
Ärzten zugestellt, welche sie an ihre Kranken
beim Beginne der Kur zu verteilen hätten.
Sämtliche Speisehäuscr hätten sich verpflich¬
tet., dieser Auswahl nach Tunlichkeit Rech¬
nung zu tragen. Zu diesem Zwecke wurden
drei große Plakate gedruckt, welche auf¬
gezogen in die Küche gehängt werden, in
großer Schrift vom Herde aus lesbar, den
Extrakt der Diätformen I—III enthalten.
Das Empfohlene ist schwarz gedruckt, das
Verbotene rot; Hinweise auf besondere Zu¬
bereitungsarten erfolgen in schräger, fetter
Schrift. Nur für die Diät IV’ (Diabetiker,)
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320 Referate.
wurde in Übereinkunft mit Ärzten und Ga¬
stronomen keine besondere Küchentafel ent¬
worfen. Die Arzte Homburgs sind dadurch
in der Lage, ilire Klienten nicht nur mit
Diätschematen, die sie schwarz auf weiß
nachhause tragen, auszustatten, sondern den¬
selben auch einen wertvollen Einblick in die
Bedeutung und praktische Ausführung des
diätetischen Lehens im Kurorte unter Berück¬
sichtigung ihrer Zustände, ihrer Wohlhaben¬
heit etc. zu gewähren. Der recht interessante
Vortrag wurde durch Verteilung der ver¬
schiedenen Muster derartiger Diätzettel ver¬
schiedenster Ausführung sowie durch die
Mitteilung der damit bereits erzielten Resul¬
tate beendet.
Herr Liebelt -Bad Flinsberg bespricht
die Aufgaben der Baupolizei in Kur¬
orten. Er timiet, daß die jetzigen gesetz¬
lichen Bestimmungen über das Maß von
Bauhygiene, welche in Kurorten heute zur
Anwendung gelange, nocli in keinem Verhält¬
nis stellen zu den immer mehr wachsenden
Verkehrs- und Besuchsverhältnissen der letz¬
teren. Drei Momente seien wichtig. Die
Bauten müßten der Bauhygiene Genüge
leisten in Bezug auf Feuchtigkeit, Schutz
vor Staub, Lärm, Gefahr etc. Vortragender
bevorzuge villenartige Bebauung gegenüber
der Anlage von Wohnkasernen. Bauverbote
für die Zeit des stärksten Besuches seien
unbedingt notwendig, ebenso tadellose Bau¬
ausführung. Schalldichtungen zwischen ein¬
zelnen Zimmern resp. Quartieren. Mindestens
25 m* Luftraum für den Einzelbedarf gelte
erst als ein für Vermietung taugliches Luft¬
quantum. Von großer Wichtigkeit seien diu
Abort- und Wasserversorgungsanlagen und
die Vorkehrungen zur Beseitigung der Ab¬
fallstoffe. Außerdem sei das Schönheitsgefühl
bei dem Bau in Kurorten bisher nicht immer
entsprechend berücksichtigt worden.
Herr M. Rheinboldt-Bad Kissingen, Zur
biologischen Wirkung radioaktiver Mineral¬
wässer, untersuchte den Einfluß des stark
radio-aktiven Kissinger Racoczy auf das
biologische Verhalten des in demselben auf-
geschwemmten Bacillus prodigiosus, wobei
er einen stark wnchstumhemmenden Einfluß
des frischen emanationshaltigcn Wassers
konstatieren konnte. Der Einfluß wuchs mit
der Zeit der Einwirkung und fehlte in alten
entgasten Wässern. Das Resultat ist dem
analog, welches man bei Wässern mit künst¬
lichem Radium-Emanations-Zusatze erhalten
hatte; mit dem Unterschiede jedoch, daß bei
künstlichem Emanationszusatz die wachs¬
tumhemmende Wirkung viel früher wich.
Herr Münz-Bad Kissingen entwickelt
ein Bild über die gegenwärtige Lage des
Kinderheilstättenwesens in Deutschland.
Nach kurzem historischen Rückblick gibt er
folgende Daten: in den derzeit bestehenden
fiO Kinderheilstätten in Deutschland i. J. 1!)04
fanden 23000 Kinder Verpflegung. Sämt¬
liche Anstalten sind private Institutionen,
ohne staatliche Subvention. Der Vortragende,
Leiter einer solchen Kinderheilstätte in Bad
Kissingen, gibt nun den Unterschied zwischen
Kinderheilstätten, Ferienkolonien,Waldschulen
und Walderholungsstätten. Das Alter schwankt
zwischen 5—16 Jahren. Die meisten Anstal¬
ten nehmen die Kinder unentgeltlich auf.
Einzelne sind ganzjährig, andere nur im Som¬
mer geöffnet. Fast alle derartigen Anstalten
liegen an der See, abgesehen von ihrem
Wohlfahrtszwecke seien diese Anstalten als
prophylaktische Heilstätten gegen Skrot'ulo-
tuberkulose zu betrachten.
Herr v. Pöhl-St. Petersburg sprach über
die Vorzüge der Kombination der Organo¬
therapie mit den physikalisch-diätetischen
Mitteln und einige Beweise dafür.“ Die
Beobachtungen von Ostwald ergeben, (laß
2 oder mehrere Katalysatoren bei gemein¬
samer Wirkung einen ganz unverhältnismäßig
größeren Effekt hervorrufeu, als der Summie¬
rung ihrer Einzelwirkungen entspräche. Auf
diesem Gesetze dürfte die oft wunderbare
therapeutische Wirkung von Kombinations¬
methoden basieren. Ebenso wie. physikalisch¬
diätetische und baineotherapeutische Methoden
vermag auch Organotherapie in manchen
Fällen die herabgesetzte Gewebsatmung ex¬
quisit zu erhöhen, wie es durch zahlreiche
Experimente und klinische Beobachtungen nicht
nur durcli den Vortragenden, sondern durch
Senator, Gau t i e r, Fürst Tarchanow,
Löwy und Richter, Matzner u. A. be¬
wiesen wurde. Für die rasche Fortschaffung
der Stoffwechselprodukte diene das Thyreodin,
für die speziell aus dem Nervengewebe das
Cerebrin, wofür die moderne Harnunter-
suchungsmethode mit Anwendung des Harn¬
koeffizienten ziffernmäßige Belege, zumal bei
Autointoxikationen ergebe. Die Kombination
der Balneotherapie mit der Organotherapie
sei zweckmäßig und gäbe Aufschluß über
katalytisch-physiologische Vorgänge.
Herr Arthur Löbel-Dorua präzisiert die
Indikationen von Trink- und Badekuren bei
Erkrankungen des Wurmfortsatzes in folgeu-
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Referate.
321
der Weise: Im Hinblick darauf, daß die Ope¬
rateure zwischen der Eröffnung: der perit.v-
phlitischen Eiterherde oder der radikalen
Entfernung des Wurmfortsatzes und den ersten
Symptomen ilire Kranken mit Vorliebe in
Bilder schicken, ferner daß auch die Inter¬
nisten derartige Kranke dem Quellen- und
Bildergebrauche zuführen, um sie der Gefahr
eines Rezidives zu entrücken, stellt der Vor-
Iragende in diesem Sinne folgende Indikationen
auf: in der anfallsfreien Zeit, Rekonvaleszenz
nacli Ablauf der fieberhaften Entzündungs¬
symptome tles Wurmfortsatzes methodischer
Gebrauch von Glaubersalz — Bitterwässern,
ebenso von Molken- und Eisenkuren, ferner
bei umschriebenen Bauehfellentzündungeu, die
ohne Operationen geheilt sind, sobald sie kein
objektiv nachweisbares Exsudat hinterlassen
haben (Moorbäder); bei soliden größeren oder
kleineren Anschwellungen, also bei eiternden
Wurmfortsatzentziimlungeu mit. nachfolgenden
Verwachsungen und Schwartenbildung: Ge¬
brauch von Moorbädern, jedoch nur nach
Entleerung der Eiterherde. Die Temperatur
der Moorbäder soll in solchen Fällen mög¬
lichst hoch gesteigert werden.
Herr Franz Kisch jun. Marienbad bringt
nach kritischer Betrachtung der wichtigsten,
die Wirkung künstlicher Kohlensäurebäder
auf den normalen Zirkulationsapparat be¬
treffenden Literaturangabeu seine eigenen an
natürlichen Kohlensäurebädern gemachten Be¬
obachtungen, die er in folgender Weise
resümiert: CÖs-Bäder von 3o,5°—37,5° C be¬
wirken im allgemeinen eine Blutdrucksteige¬
rung mit gleichzeitiger Herabminderung der
Puls- und Respirationsfrequenz ; die bewirkte
Pulsveriangsamung schafft dem Herzen die
Möglichkeit einer ausreichenden Erholung,
die es benötigt, um eine größere Arbeitsleistung
zu vollbringen, welche ihm die Erhöhung des
Blutdrucks auferlegt Das Herz hat Zeit, sich
langsamer und gründlicher zu kontrahieren,
wozu das kühle CO»-Bad durch Schaffung
eines vorteilhaften Verhältnisses zwischen
Meli rarbeit und größerer Erholungsbedürftig¬
keit beiträgt. Bei Steigerung der Temperatur
bis 40° C kommt es zur Pulsbcschleunigung,
wodurch das Herz zu einer, in jeder Be¬
ziehung gesteigerten Mehrleistung getrieben
wird, aber ohne hinreichende Erholungsmög¬
lichkeit. Die meßbaren Wirkungen dauern
noch bis 2 Stunden nach dem Bade, immer
schwächer werdend an.
Herr Tuszkai-Marienbad berichtet Uber
das Resultat von Tierversuchen, die er zur
Klarstellung des Einflusses von Moorbädern
Archiv f. physik. Medizin etc.
auf den Stoffwechsel im Marienbader hygie¬
nisch - baineologischen Institut ausgeführt
habe. Im wesentlichen fand er folgendes: das
protrahierte (mitteldicke) Moorbad von 39° C
wirke mächtig stimulierend und damit wahr¬
scheinlich resorbierend und regenerierend. Es
bewirke Polyglobulin, damit sei seine blut¬
bildende Wirkung bei anämischen Prozessen
erklärt. Es vermindere ilie Azidität des
Urins. Es vermehre die Chloridausfuhr dureli
die Niere ohne Vermehrung der Wasseraus¬
scheidung, vermindere demnach die osmotische
Konzentration des Blutes. Zu seiner Wirkung
kämen physikalische Faktoren wahrscheinlich
im Sinne der aktiven und passiven Hyper-
ätnisierung (Stauung) in Betracht.
Herr Max Mirsch-Kudowa kam bei der
Nachprüfung der Frage von der Beeinflussung
von Kranken durch das Vierzellenbad, die er
an der 2. medizinischen Klinik von Herrn Geh.
Rat Kraus in Berlin gemacht zu Konklusionen
welche den Behauptungen Schnee’s, daß
durch das Vierzellenbad der Blutdruck günstig
beeinflußt werde, direkt widersprechen. Da¬
bei hatte er sorgfältig alle Faktoren ausge-
schaltot, die auch sonst den Blutdruck be¬
einflussen könnten. Angewendet wurde gal¬
vanischer, faradiseher und sinusoidaler Wech¬
selstrom. Es gelang ihm nicht, unter irgend
einer der Versuchsbedingungeil den Blutdruck
merklich herabzusetzen, was bekanntlich
Schnee behauptet hat!
Herr L. Nenadovic-Frauzeubad behandelt
2 gynaekologische Fragen aus der kurärzt-
lichen Praxis. Die erste: welches Bad soll
in der Behandlung der Uterusmyome bevor¬
zugt werden ? beantwortet er nicht, wie es
meist geschieht, mit Soolbädern, sondern mit
Moorbädern, da die letzteren sowohl kausal
als auch symptomatisch besser indiziert
seien. Sowohl die Blutableitung vom Uterus,
Herabsetzung des Blutdruckes,dieblutstillende
und Muskel kontrahierende Wirkung auf den
Uterus seien gerade beim Moorbad von großem
Werte. Außerdem seien solche Bäder ge¬
eignet, gleichzeitig bestellende Anämie mit
sekundären Herzbeschwerden günstig zu be¬
einflussen. Die zweite Frage bezieht sich auf
den Zeitpunkt, von wo ab exsudativ entzünd¬
liche Prozesse balneo-therapeutisch behandelt
werden dürfen. Als Antwort ergebe ihm
seine Erfahrung, daß nicht so sehr die Dauer
der Erkrankung, als nur der Umstand hier¬
für maßgebend sei, ob solche Kranke noch
fiebern. Fieber schalte alle balneo-therapeu-
tisehe Prozeduren aus, nicht aber Schmerz¬
haftigkeit oder ein frisches Exsudat.
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322
Referate.
Herr Galewski-Drosden Das Säuglings¬
ekzem und seine Behandlung. Unter Demon¬
stration mehrerer Moulagen von Hauterkran¬
kungen bei Säuglingen aus dem Dresdener
Säuglingsheim und bei älteren Kindern, be¬
spricht. Vortragender einige Fragen der
Therapie des Ekzems mit Berücksichtigung
der Balneotherapie.
Trotz sorgfältiger und langdauernder
Behandlung des Säuglingsekzems bleiben oft
Reste zurück, die bis in das 2. Kindesalter
reichen und gerne rezidivieren. Bei diesen
auf skrofulöser oder arthritiseher Basis be¬
ruhenden E. empfiehlt Vortragender Sohwefel-
oder Salzbäder, namentlich in chronischen
Stadien.
Herr v. Szaboky-Gleichenbcrg beschreibt
die Resultate seiner mit dem gewöhnlichen
Gleichenberger Konstantins- und Emmawasser
angestellten Tierversuche, sowie der Experi¬
mente am Menschen mit diesen Wässern und
einigen Bitterwässern. Die Resultate waren
folgende: die Harnkonzentration verringerte
sich nach Darreichung von Donauwässern, so¬
wie auch nach Darreichung von liypo- und
hypertonischen Wässern. Die hypotonischen
Wässer konzentrierten sich in 4—5 Stunden,
die hypertonischen schon in 2—3 Stunden.
Das Donauwasser behielt die Konzentration
auch noch in 48 Stunden. Nach allen anderen
Wässern trat aber wieder Dilution ein. Be¬
züglich der übrigen Daten wird auf das
Original verwiesen.
Herr B£la Tausz-Bad Lipik glaubt die
Frage: Kann der Einfluß der Mineralwässer
auf die Magenfunktion auf dem Wege physi¬
kalischer Gesetze erklärt werden? derzeit
noch negativ entscheiden zu sollen. Durch
die von Strauß eingefiihrte Benennung der
Wässer in liyper-, iso- und hypotonische
werde wohl ein Moment zur genauen Kenn¬
zeichnung der Mineralwässer gegeben, hin¬
gegen damit über deren Einfluß auf die
Magenfunktion nichts Entscheidendes gesagt.
Herr F. Stammler-Bad Ems kommt in
seinem zum Teile auf Experimenten, zum Teile
auf Krankenbeobaehtung an einem über 1000
Fälle betragenden Materiale in der Frage nach
dem Mechanismus und dem therapeutischen
Wert feinzerstäubter Inhalationsflüssigkeiten
bei Bronchialerkranklingen zu den heute
wohl kaum mehr bestrittenen Tatsachen, daß
erstens feinzerstäubte Flüssigkeiten durch
Inhalation auf dem Wege der Bronchien
bis in die Lungenalveolen gelangen, daß
speziell der chronische Brouchialkatarrh hier¬
durch genügend therapeutisch beeinflußt
werde und diese günstige Wirkung durch
Behebung der .Sekretbehinderung zustande
komme.
Herr Viktor Klimek-Darkau. In seinem
Thema: die Skrofulöse und ihre Behandlung
mit besonderer Berücksichtigung der Jodsool-
bädertherapie kommt. Vortragender zunächst
auf das Verhältnis von Skrofulöse zu Tuber¬
kulose zu sprechen, präzisiert den Begriff der
Skrofulöse auf eine Gruppe von vorwiegend,
wenn auch nicht ausschließlich, in Lymph-
driisen lokalisierten Erkrankungen, deren ge¬
meinsame Eigenschaften beständen in Hart¬
näckigkeit, Neigung zu Rezidiven, Vielfältig¬
keit, und die sich aus 3 Gruppen zusammen¬
setzt. Die erste werde bestimmt durch den
Tuberkelbazillus hervorgerufen, der dort nach¬
weisbar sei, die zweite entstehe durch pyogene
Bakterien, nicht, durch den Tuberkelbazillus,
die 3. Gruppe bestehe aus Mischformen, ln
Bezug auf die Therapie dieser Erkrankungen
gibt Vortragender eine Übersicht, betont da¬
bei den Wert der Soolbäder, besonders aber
der jodbromhaltigen Kochsalzquellen mit be¬
sonderer Berücksichtigung von Darkau.
Congrfes pour la Impression de l’exercice
illegal de ia mädicine ä Paris. Archives
d’electricite medicale, experimentales et
cliniques. No. 177. Nov. 1905.
L. teilt mit, daß dom vom 30. April bis
3. Mai 1906 in Paris tagendeu Kongresse zur
Unterdrückung der unberechtigten Ausübung
der Medizin, u. a. ein Antrag vorgelegt
werden soll:
„XI — Unberechtigte Ausübung durch
Personen, die medizinische Elektrizität be¬
treiben.“
Es ist das jedenfalls lebhaft, zu be¬
grüßen !
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Referate.
323
Berichte über Ärztetage und Sitzungen medizinischer
Gesellschaften.
Mittelfränkischer Arztetag in Nürnberg
am 3. XII. 1905.
TheodorSchilling-Nürnbergdemonstriert
einen von ihm angegebenen Härtegrad-
inesser für Röntgenröhren, den sicli
jeder leicht Herstellen kann, wenn er eine
Skleletthand in einen Handschuh steckt, und
denselben mit Wachs aiisgießt; ein zurecht¬
geschnittenes Stück Blech, wie man es zum
Abdecken fiir die Strahlen immer zur Ver¬
fügung hat, dient zum Schutz der Hand des
Untersuchers und als Griff; über dem Schutz¬
blech wird der Handschuh zugeknöpft. Die
Waclishand soll die fiir gewisse Zwecke
wichtigen, teueren Apparate nicht ersetzen,
hat aber gegenüber der sonst wohl manchmal
benutzten Skeletthand ein hübsches Aussehen
und besonders das voraus, daß sie ein rich¬
tiges Schattenbild der Hand gibt; das Wachs
hat nämlich das gleiche spezifische Gewicht
wie die in Betracht kommenden menschlichen
Weichteile und damit die gleiche Durch¬
lässigkeit für Röntgenstrahlen. Man
hat also den wichtigen Vergleich zwischen
Weichteilen und Knochensubstanz, der früher
als der Röntgenarbeiter die Gefahr noch
nicht kannte, durch Benutzung der eignen
Hand so beliebt war, und der jedem geläufig
ist. In dem Wachs kann man Nadelstückchen
einbetten. Sind dieselben mit der untersuchten
Röhre gut zu sehen, so ist dies ein Zeichen,
das die Röhre die richtige Qualität zum Auf¬
suchen von Fremdkörpern in den Weichteilen
des Patienten hat, wodurch mau noch weniger
in die Gefahr kommt, mit zu harten Röhren
zu suchen und dadurch unter Umständen zu
einem negativen Resultat zu kommen.*)
Gesellschaft für innere Medizin in Wien;
Sitzung vom 9. XI. 1905 und 23. XI. 1905.
D. G. Holzknecht und D. Siegfried Jonas; Ein
Fall von Antiperistaltik des
Magens.
Ein 6ty übriger Mann, der vor Jahren
an Ulcus ventriculi gelitten hatte, kam
wegen Verdachtes auf eine raumbeengende
Bildung ain Pylorus zur Röntgendurchleuch¬
tung. An dem durch Rieder’sche Wismut-
Milchspeise sichtbar gemachten Magen lassen
*) Die Wachshand wird durch die
Erlangen in den Handel gebracht.
sich peristaltische Wellen erkennen, welche
eine, der Norm entgegengesetzte Richtung
zeigten, indem sie von rechts nach links ver¬
liefen, also im Sinne einer Antiperistaltik des
Magens. Bei je einer Durchleuchtung trat
nach Einnahme von NaCl-Lösung keine, nach
Soda-Lösung starke Antiperistaltik auf. Die
Antiperistaltik wurde von den Vortragenden
seither au zwei weiteren Fällen von Pylorus¬
stenose gesehen. Die bisherige Literatur
kennt weder klinisch, noch bei Laparatomie,
noch radiologisch Antiperistaltik am Magen.
D. Heinrich Schur: Demonstration der Lyraph-
drUseti und der mit Knoten durchsetzten
Lunge eines Falles von „eigenartiger,
unter der Form der Pseudoleu¬
kämie auftretenden Tuberkulose
des lymphatischen Apparates.
Therapeutisch wurde ohne Erfolg Arsen
verwendet; in diesem und einem zweiten letal
verlaufenden Fall auch die Radiotherapie
versucht, in beiden Fällen ohne den gering¬
sten Erfolg. Die Lymphome reagierten
absolut nicht und „es scheint sich auch darin
der wesentliche Unterschied zwischen dem ent¬
zündlichen Lymphom und dem hyperplastisehen
zu manifestieren.“ Diese Konstatierung deckt
sich mit den vom Referenten (im Institute
Holzknechts) bei der gleichen Affektion
gemachten Erfahrungen nicht. Aus dem Be¬
richte geht nicht hervor, von wem die Be¬
strahlung ausgeführt wurde und wie intensiv.
Vor kurzer Zeit hat ein bekannter Wiener
Kliniker an der radiologischen Beeinflußbar¬
keit der Leukämie gezweifelt, weil ihm „sein
Radiologe“ einen Fall 14mal (!) ohne den
geringsten Effekt bestrahlt hatte.
Rudolf Schmidt: Ein Fall von Verenge¬
rung der oberen H o h 1 v e n e.
Der bei diesem Fall von Holzknecht
erhobene radiologische Befund lautete: Der
vom Mediastinum gebildete Mittelschatten
zeigte zwei Abweichungen von der Norm:
der vom Vorhof gebildete Teil des Herz¬
schattens ist auffallend klein, die hauptsäch¬
lich von den großen Gefäßen bezeichnete
obere Hälfte des Mittelschattens ist plump,
verbreitert; die Aorta zeigt radiologisch
normale Dimensionen.
Firma Reiniger, Gebbert & Schall in
21 *
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324
Referate.
Hermann v.Schrotter: Demonstration
von mikroskopischen Präparaten, die
von Köhler in Jena mittels ultravio¬
letten Lichtes aufgenommen wurden. Nach
kurzer Erläuterung der Methode und Be¬
tonung ihrer hohen praktischen Bedeutung
werden Präparate von Milzbrand, Trypano¬
soma, Malaria und Leukämie gezeigt und
weitere Anregungen zu Forschungen aut'die¬
sem Gebiete gegeben. Robinsohn-Wien.
K. K. Gesellschaft der Ärzte in Wien; Sitzung vom 27. XI. 1905.
Wilhelm Fink: Ein Fall von myeloider Leukämie mit submyelämischem Blut-
b e f u n d e.
Die Änderung des Blutbefundes nach weniger als 1 monatlicher Röntgenbehandlung
(Institut Holzknecht) ergibt sich aus folgender Zusammenstellung: Bote Blutkörperchen
5,104,000 : 4,924,000, Hämoglobin nachSabli 115°/o : 106"/o; Leukozyten 81,000 : 14,000 (später
9800). Davon (1000 Zellen gezählt):
25. Oktober 20. November
pCt.
absolut in mm*
pCt.
absolut
Neutrophile Myelozyten
7,9
2450
1,6
230
Gelapptkernige Neutrophile.
4,ß
-
2,4
-
Polymorphkernige Neutrophile.
68,4
21200
76,3
11140
Gelappt- und polymorphkernige Eosinophile
6,1
1900
—
—
Eosinophyle Myelozyten.
vereinzelte Exemplare
8,2
1200
Markzellen (zumeist abnorm groß) . . .
4,7
14(10
3,6
520
Lymphoide Markzellen.
0,6
—
0,1
—
Große mononukleäre Leukozyten ....
3,3
KHK)
3,2
—
Lymphozyten.
4,4
I960
4,5
—
Es haben also vor allem die unreifen (einkernigen und gelapptkernigen) neutrophilen
Elemente abgenommen, die polymorphkernigen sind entsprechend relativ reichlicher, die
übrigen Verhältniszahlen zeigen keine wesentliche Verschiebung.
S. Ehrmann. Demonstration dreier Fälle von atypischer Impftuberkulose
beim Menschen, die sich durch hohe Empfindlichkeit gegen Röntgenbe¬
strahlung auszeichnet, sowie dadurch, daß sie vollkommen mit der Impftuberkulose des
Affen, wie sie Rudolf Kraus (Wien) zum ersten Male erzeugt hat, übereinstimmt. Zwei
ähnliche Fälle hat Ehrmann schon früher in der Dermatologischen Gesellschaft in Wien
demonstriert. Bei allen handelte es sich um ein ursprünglich vorhanden gewesenes Iinpfge-
schwür an der Lippe oder im Mundwinkel, an welches sich in der nächsten Umgebung die
Eroruption einer teils charakteristischen Form von Lupus papulosus und tumidus anschloß,
teils blaurote eigentümliche Narben, aber auch eine chronische Infiltration der Lymphgefäße
und Lymphknoten, die von diesen ausging, mit palpabler Härte und mit Anschwellungen.
Der Lupus ist in allen Fällen ein aus der Tiefe kommender mit kugelschalenförmig vorge¬
wölbten, an der Oberfläche emporragenden Effloreszenzen und ist dadurch deutlich von einem
typischen oberflächlich sitzenden Lupus unterschieden. Nur dort, wo die Veränderungen ganz
an die Oberfläche gekommen sind, findet man das gelblichrote Aussehen und die morsche
Konsistenz der oberflächlichen Lupusknötchen. Robinsohn-Wien.
Medizin. Sektion der Schlesischen Gesell¬
schaft für vaterländische Kultur in Breslau;
Sitzung vom 15. XII. 1905 u. 12. I. und 2. II. 1906.
2. Herr Drehmann. Über Cer vicodor-
salskoliose und Halsrippe Vortragen¬
der bespricht kurz die Sympiomatologie der
Cervicodorsalskoliose, macht sonach auf den
hohen Sitz derselben, den starren, kurzen
Buckel sowie auf den häufig damit verbundenen
Torticollis aufmerksam. Er geht sodann aut
die Literatur, besonders auf die Arbeiten von
Barre und seiner Schule, auch jene von
Helbing und Ranzi ein. Vortragender
selbst hat 10 einschlägige Fälle beobachtet,
von denen er acht durch schöne Röntge n-
ogram me mit beigefügten erklärenden Zeich¬
nungen demonstrieren konnte. Ein Fall wurde
ihm mit der Diagnose ..maligner Tumor“ (der
Rippenbuekel war gemeint) zugeschickt, in
einem anderen war in der Kindheit die Ex¬
stirpation des Kopfnickers des Torticollis
wegen ohne Erfolg ausgeführt worden, ln
allen Fällen konnte man im Röntgenbilde die
Halsrippe sehr deutlich nachweisen. Ein Fall
zeigte noch eine rudimentäre Lumbalrippe der
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Referate.
325
entgegengesetzten Seite. Interessant und
wichtig ist es nun, daß es in vielen Fallen
gelang, kleine, rudimentäre, keilförmige, ein¬
geschaltete, überzählige Wirbel nachzuweisen,
welche für die Entstehung der Halsrippe und
die Bildung der Skoliose von Bedeutung sein
dürften. Als weiteres ätiologisch wichtiges
Moment wies D. die hereditäre Belastung
nach, die in seiner Kasuistik wiederholt (in
einer Familie bis 200 Jahre zurück) unzwei¬
deutig nachgewiesen werden konnte.
Herr Hinsberg bespricht zunächst die
Bronchoskopie im Allgemeinen, demon¬
striert das Instrumentarium und seine An¬
wendung an einem Phantom. Dabei betont
er, daß man fast für jeden Fall eines be¬
sonderen Instrumentes zur Extraktion des
Fremdkörpers bedürfe. Sodann berichtet er
über drei Fälle von Fremdkörperextraktion
aus den Bronchien. Dieselben sind in Kürze
rekapituliert folgende:
1. Ein älterer Mann hatte ein drei
Zentimeter großes Stück Knochen aspiriert,
welches auf der Bifurkationsstelle saß. Es
gelang, dasselbe in dem Bronchoskop ein¬
zustellen und mit einem Häkchen zu ex¬
trahieren.
2. Ein Kind hatte ein Stück Wallnu߬
kern aspiriert. Auch hier gelang es, mittels
der Bronchoskopia superior den Fremdkörper
zu sehen, die Extraktion mißlang jedoch.
Deshalb wurde die Tracheotomie ausgeführt
und mittels Häkchens die Extraktion versucht;
dabei zerbrach der Fremdkörper, und es
konnte nur ein Teil desselben herausbefördert
werden. Trotzdem wurde das Kind gesund
und beschwerdefrei, sodaß H. vermutet, daß
der zurückgebliebene Rest expektoriert wor¬
den sei.
3. Der dritte Patient, den H. geheilt
vorstellte, hatte bei der letzten Kirschenernte
einen Kirschkern aspiriert. Es folgte ein
heftiger Krampfhusten und Patient fühlte
seitdem in der rechten Seite etwas sich hin
und her bewegen. Dabei bestanden die An¬
zeigen eines Lungenkatarrhes. Die Broncho-
scopia superior stellte in Entfernung von
37 cm von der Zahnreihe im rechten Bronchus
den Kirschkern fest; es gelang, ihn aber weder
mit dem Häkchen noch mit einer Luftpumpe
zu aspirieren, da bei ersterem Versuch der
Fremdkörper in einen Seitenbronchus schlüpfte,
bei letzterem sielt der Tubus als zu eng er¬
wies und auch bei Aspiration mit gleich¬
zeitigem Zurückziehen des Tubus der Kern
wieder abglitt. Deshalb wurde die Tracheo¬
tomie gemacht bei der infolge eines Husten¬
stoßes der Kern spontan herausflog. Heilung.
Herr Koleski referiert, u. A. radiolo¬
gische Versuche von Schwarz in Wien. Er
füllte den Sahli’schen Beutel mit Wismut,
und konnte alsdann das Übergehen des
distinkten schwarzen Fleckes in einen diffusen
Schatten, also die Auflösung der Kapsel im
Röntgenbilde verfolgen und aus der Schnellig¬
keit dieses Prozesses auch Schlüsse auf den
höheren oder niedrigeren Säuregrad ziehen.
Alles in Allem sieht K. in der Sahli’schen
Desmoi'dreaktion ein wichtiges Unterstützungs¬
mittel funktioneller Magendiagnostik.
Radiologie.
J. Belot. Nouveau modele de localisateur
pour radiotherapie Nouvelles ötofles
protectrices. (Archives d’electricite niedi-
cale, experimentales et cliniques. Nov.
1905. No. 177.)
B. hat einen neuen Lokalisator für
Röntgenbestrahlungen angegeben und durch
Gaiffe in Paris ausführen lassen, der manche
Vorzüge aufzuweisen scheint.
Er besteht aus einer sehr großen
Schutzkappe, die aus einem nicht näher bc-
zeichneten. für X-Strahlen beinahe undurch¬
lässigen Material hergestellt ist. (Durch¬
lässigkeit er. 2°/o) Dieses Material wirkt
zugleich isolierend, wodurch der Patient vor
Schlägen geschützt ist.
Der Unterschied zwischen dem neuen
Lokalisator und den bekannten Bleiglas- oder
Metallkappen besteht darin, daß ersterer zu
jeder Röhrentvpe verwendet werden kann>
ohne Rücksicht auf ihre Größe und Regene¬
riervorrichtung. (Röhrendurchmesser bis zu
105 mml.’ Neu ist außerdem ein Zentrierungs¬
apparat, aus einer an der Kappe angebrachten
Röhre bestehend, in deren Innern sich 2 kleine
Metallnetze befinden, welche ihre Schatten
auf eine im Visier befestigte Barium-Plat.in-
cyanürscheibe werfen. Die beiden Schatten
werden zur Deckung gebracht, indem man die
Röhre mit der auf einem drehbaren Gestell
montierten Kappe so lange verschiebt, bis die
Einstellung richtig ist.
Die Zentriermigsvorrichtung wird nach
erfolgter Einstellung durch einfaches Heraus¬
ziehen entfernt. Die kreisrunde Öffnung in
der Kappe dient jetzt als Ausstrahlungspforte;
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Referate.
326
Ansatzrohrc verschiedener Größe und Länge,
können außerdem an die Öffnung angeschraubt
werden. Die Kappe ist. auch mit einer
sinnreichen Vorrichtung zur Aufnahme ver¬
schiedener Reagenzkörper versehen.
Dieser Lokalisator soll keinerlei Ein¬
fluß auf die Funktion der Röhre ausiiben,
während z. B. die Metallschutzhüllen ein
rasches Hartwerden oder Schwanken der
Röhre herbcifiihren.
Dr. Belot. hat ferner einen Schutzstoft’
angegeben, der trotz seiner bedeutenden
Widerstandsfähigkeit gegen Röntgenstrahlen
verhältnismäßig leicht und schmiegsam ist.
Ein Stück 40x50 dieses Stoffes wiegt unge¬
fähr 900 gr.
Aus diesem Schutzstoff werden auch
Handschuhe, Schürzen, Anzüge gefertigt,
Oder man kann Westen, Röcke und Schürzen
damit füttern lassen, um die Lächerlichkeit
der „radiologischen Rüstung“ zu vermeiden.
Wetterer.
Tuffier. Methode et. Loc.alisatonr pour la lo-
calisation et. 1’ext.raction des Projectiles.
(Archiven d’Electricite medieale No. 180.
Tuffier vermehrt die große Zahl der
Apparate und Methoden der Lokalisation um
eine weitere.
Das Prinzip dabei ist dasselbe wie bei
den meisten andern. Orthodiagraphische
Projektion des Fremdkörpers auf die Haut in
zwei auf einander senkrechten Richtungen,
Bezeichnung der Eintrittsstelle des senkrechten
Strahles bei den beiden Projektionen auf be¬
kannte Weise.
Ein schmiegsames zweiteiliges, durch
Charnier verbundenes Met,allband, wird nun
dem Körper in der Region der 4 Punkte, die
ja in einer Ebene liegen, angepaßt, die Stellen
der 4 Punkte am Band markiert, sodann das
Band vorsichtig abgenommen, so daß es seine
Form behält. Die, mit einander korrespon¬
dierenden je 2 Punkte werden nun durch
einen Faden verbunden; der Kreuzungspunkt
beider Fäden ist die Stelle, wo der Fremd¬
körper liegt. Bringt man an dem Band
einen aufrechten Metallarm an, an welchem
eine entsprechend lange Orientierungsnadel
nach allen Richtungen beweglich und fest¬
stellbar angebracht ist, so kann diese Nadel
bei der folgenden Operation als Wegweiser
für die Operation dienen. Man legt dann bei
der Operation das Metallband dem Körper
wieder an, richtet in der (legend, wo der Ein¬
schnitt, am besten geschieht, die Nadel an
ihrem Arm genau nach dem vorher festge-
stellteu Kreuzungspunkt der beiden Fäden
und schiebt sic bis zu der vorher eruierten
Tiefe, d. i. Entfernung von ihrer Einstellung am
Stativarm zum Kreuzungspunkt., vor. W.
A. Beclere. La radiologie medieale au.\ m6dc-
cins. (Archive« d’electrieite medieale,
experimentales et cliniques. No. 177.
November 1905.)
ln einem längeren Artikel, der zwar
nicht viel Neues bringt, aber als berechtigter
Mahnruf Beachtung verdient, wendet, sich
Beclere gegen die Unwissenden und Unvor¬
sichtigen, die sich — ohne mit den nötigen
Vorkenntnissen ausgerüstet zu sein — der
Radiologie zuwenden und dadurch ihre
Patienten ernsten, Schädigungen aussetzen.
Beclere weist, darauf hin, wie die junge
Wissenschaft der Radiologie sich in zwei
scharf begrenzte Gebiete geteilt, hat: Radio¬
therapie und Radiodiagnostik, und wie aus
letzterem sich wiederum die Radiographie und
Radioskopi e abspa 11eten.
Es scheint, daß sich im Laufe der Zeit
die Radioskopie auf Kosten ihres Schwester¬
verfahrens entwickelt, trotzdem die Radio¬
graphie bedeutende technische Fortschritte
gemacht hat.
Während die Photographie nur ein
totes Bild gibt, allerdings von einer Feinheit,
der Details und einer Präzision der Konturen,
wie sie kein Durchleucht.ungsschattenaufwe.ist,
enthiilt die Radioskopie verborgene Organe
in ihrer lebendigen Tätigkeit. Sie zeigt das
Spiel der Gelenke, dieJExpansion der Lunge,
die Bewegungen des Zwerchfells und des
Herzens. Wir können die Wanderung des
Bismuthbissens durch die Speiseröhre ver¬
folgen und sehen die peristaltischen Kontrak¬
tionen des Magens. Die Radioskopie gestattet
sogar gewissermaßen einen Rundblick um ein
Organ zu tun und in wenigen Augenblicken
eine Serie von Bildern zu gewinnen, die sich
gegenseitig ergänzen und berichtigen.
Was die Radiotherapie betrifft, so ver¬
langt sie zuerst eine genaue Kenntnis der
Wirkungen der zur Anwendung gelangenden
Strahlen. Während die Röntgenstrahlen als
Heilfaktoren bei Dermatosen, Sykosis, Psori¬
asis, Prurigo, Ekzem u. s. w.. namentlich aber
in der Bekämpfung der Leukämie, der Karci-
cinoine und Sarkome eine hervorragende
Rolle spielen, ist andererseits ihre zerstörende
Tätigkeit bekannt. Sie beschränkt sich nicht
allein auf die menschliche Haut, 'wie lange
angenommen wurde; sondern sie erstreckt
sieh auch auf die inneren Organe, und trifft
namentlich Augenhintergrund, die Genital¬
drüsen, die blutbildenden Organe.
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Referate.
327
Ihre Anwendung fordert weiter genaue
Dosierung des therapeutischen Agens. Die
Mißachtung dieser Forderung und die Un¬
kenntnis der radiotherapeutischen Einstellung
(Lagerung des Patienten, Schutz des Gesunden,
Röhrenabstand) rufen Unfälle hervor, deren
Folgen unberechenbar sein können.
Um die Radiologie richtig auszuiiben
und den größtmöglichen Nutzen aus der An¬
wendung der X-Strahlen ziehen zu können,
bedarf es einer Summe anatomischer, physi¬
ologischer, pathologischer und klinischer
Kenntnisse, die nur durch langes Studium er¬
worben werden. So leicht es ist, auf dem
Fluorescenzschirm oder der photographischen
Platte ein Bild hervorzurufen, so schwer ist
es, dieses Bild auch richtig zu deuten. Es ist
die Intelligenz des Arztes, sein Wissen, das
die gegebenen Indikationen gegeneinander
abwiegt, sie vergleicht und verbindet.
Um Radiologe werden zu können, muß
man daher zuvörderst Arzt sein. Und es ist
nicht eindringlich genug davor zu warnen,
daß diese junge Wissenschaft, die mit einem
das Gute und Böse gleich mächtig wirkenden
Agens umgeht, Unberufenen ausgeliefert
werde. Wett er er.
Privatdozent Dr. Krause. Über den jetzigen
Stand der Röntgentherapie der Leukämie
(Zeitschrift für Elektrotherapie und Elek-
trodiagnostik; Bd. VII. 1905. Heft 12).
Verfasser kommt zu folgender Zusammen¬
fassung seiner ausführlichen Abhandlung: In
manchen Fällen ist während der ersten zwei
bis drei Wochen der Behandlung ein größerer
therapeutischer Erfolg noch nicht wahrnehm¬
bar; bisweilen tritt er aber bei Fortsetzung
der Behandlung doch noch ein; man darf also
solche Fälle nicht als aussichtslos aufgeben.
Auf den Blutbefund wirken die Röntgen¬
strahlen auch in solchen fortgeschrittenen
Fällen, in denen die Milz nicht mehr reagiert,
allerdings auch auf jenen nicht so stark wie
in frischen Fällen.
Wo die Milztumoren sich auch energischer
Bestrahlung gegenüber refraktär verhalten,
handelt es sich wahrscheinlich nicht um reine
Lymphombildung, sondern auch um Bindcge-
webswucherung.
Nacli Versuchen von Heinecke und den
eigenen des Autors im Verein mit Dr. Ziegler
an Mäusen, Meerschweinchen, Kaninchen,
Hunden ausgeführten, stellt fest, daß die Rönt¬
genstrahlen in erster Linie auf das Iymphoi'de
Gewebe in Milz, Lymphdriisen und Darm-
follikelu wirken. Die Beeinflussung des Binde¬
gewebes fehlt meist oder tritt in den Hinter¬
grund.
Es muß daher bei Leukämikern lym-
phoi'des Gewebe (Milz oder Knochenmark) be¬
strahlt werden; Bestrahlung der Leber ist
unwirksam.
Es gibt sich absolut refraktär verhal¬
tende Fälle von myelogener Leukämie.
In einem Fall von chronischer lymphati¬
scher Leukämie war die Wirkung auf die
Driisenpackete eine hervorragend günstige,
die auf das Blut aber geringer als bei myelo¬
gener Leukämie.
Der am längsten behandelte Patient be¬
kam sehr heftige Schmerzen in beiden Armen.
Ein Radiogramm der Arme ergab eine auf¬
fallende Aufhellung des Radius und der Ulna.
Dies deutet Verfasser als Rariflkation der
zölligen Elemente dieser Knochen, wie er sie
experminentell am Knochenmark von Tieren
hervorrufen konnte.
Autor kennt noch keinen Fall von Leu¬
kämie, in welchem ein wandsfrei durch Röntgen¬
strahlen eine vollständige Heilung erzielt
wurde.
Williams : X-Rays in the treatment of cancer.
The Lancet 4. 11. 05.
Autor weist zunächst darauf hin, daß
viele der schlechten Resultate der Röntgeni-
sierung bei Karzinom auf den hoffnungslosen
Zustand zurückzuführen sind, in dem der
Patient dem Radiologen zugesandt wurde, und
auf die Minderwertigkeit der Apparate in
früherer Zeit, sowie die mangelhafte Er¬
fahrung. Er hält es für falsch, die gesunden
Partien abzudecken, da die nicht, abgehaltenen
Strahlen doch verborgene Heerde treffen
können; dagegen empfiehlt er, das ganze
bestrahlte Gebiet mit einer dünnen Lage Gaze
oder Ähnlichem zu bedecken, weil so die Ent¬
stehung von Dermatitis hintangehalten wird.
W. beobachtete unter Bestrahlung die Rück¬
bildung vergrößerter Drüsen und empfiehlt,
bei Karzinom in allen Fällen vor der Opera¬
tion einige Wochen zu bestrahlen, weil da¬
durch die Infektion aufgehalten wird. Ebenso
empfiehlt er die postoperative Bestrahlung
zur Vermeidung von Rezidiven. Er betont,
daß man eine Heilung nur bei kleinen ober¬
flächlichen Tumoren versprechen kann; je¬
doch kann man fast immer Besserung er¬
zielen. Autor verwendet die fraktionierte
Methode der Behandlung, d h- mehrmals
wöchentlich kurze Sitzungen von 5 his ID
Minuten. Es folgt die Aufführung von 10
Krank engeschichten.
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328
Referate.
Thurston Holland: on the usr ofthe dinphragm
compressor (Archives of the Roentgen
Ray. Febr. 1906).
Beschreibung und Empfehlung einer
einfachen und billigen Kompressionsblende,
die sich Autor hat anfertigen lassen. Sie
bestellt aus einer Metallröhre, die von einem
Arm getragen wird, der am Röhrenstativ be¬
festigt ist. Diaphragmen verschiedener Weite
lassen sich über der oberen Apertur des
Rohrs anbringen; das Rohr besteht, aus zwei
getrennten Teilen, soilaß der untere Teil an
dem oberen festgemacht wird; dadurch ist es
möglich, diesen letzteren von verschiedener
Gestalt und Weite zu wählen, .je nach der
Eigentümlichkeit des Falles. Der Arbeit ist
eine Tafel mit drei Radiogrammen beige¬
geben, nämlich von einem Finger, einem
Ellenbogengeienk und einem Fremdkörper im
Ösophagus.
Thurston Holland : A case of gall-stones with
radiograph. (Archives of the Röntgen-
Ray, Febr. 1906).
Bericht, über einen Fall von Gallen¬
steinen, wo diese (2) durch Radiogramm
kenntlich gemacht und bei der darauf folgen¬
den Operation gefunden wurden. Eine Auf¬
nahme wurde dorso-ventral, die andere vent.ro-
dorsal gemacht, beide mit positivem Ergebnis.
Walter M. Brickner: An x-ray tube-stand;
a new x-ray fable. (Archives of the
Röntgen-Ray, Febr. 1906).
Beschreibung je eines neuen Modells
für Röhrenstativ und Aufnahmetisch, die sich
nicht zum Referate eignet.
M. Jastram: Über die Einwirkung der Röntgen-
strahlen auf Bakterien, Pflanzensamen
und Infusorien. (Zeitschr. f. Elektro¬
therapie und Elektrodiagn. Band VII.
Heft 11 und 12, Forts, und Schluß).
1. Cholerakulturen; 48stiindige Be¬
strahlung; Resultat = Null.
2. Cholerabouillonkultur, 2stündige Be¬
strahlung. Kontrolkultur wird den Strahlen
mehr abseits von der Röhre ausgesetzt. Re¬
sultat: erstere ging bei der Aussaat nicht
an, letztere wuchs.
2. Colibazilleu; 1 -ständige Bestrahlung;
Resultat: in den bestrahlten Teilen wachsen
halb soviel Kulturen, als in den nicht be¬
strahlten.
4. Colibouillonkultur; 2-stiindige Be¬
strahlung; Resultat positiv im Sinne einer
Schädigung der Bakterien.
5. Tuberkelbazilion; mehr als 1-stiindige
Bestrahlung; Resultat positiv.
Zu positiven Resultaten kam auch
Rieder in einer weiteren Arbeit. Durch Vor¬
kehrungen sind dabei etwaige Fehlerquellen
infolge Wärmewirkung, chemischer Verände¬
rung des Nährbodens oder elektrischer
Wirkung ausgeschaltet worden. Fünf weitere
Versuche mit positivem Resultat werden mit¬
geteilt, darunter einer, bei dem besondere
Vorsichtsmaßregeln zur Vermeidung der
Wirkung von Elektrizität, Ozon, Wärme und
Licht getroffen wurden. Von fünf ferneren Ex¬
perimenten zeigten drei positiven, zwei nega¬
tiven Ausfall. Ein fernerer Versuch betreffs
der bakteriziden Wirkung elektrischer Ent¬
ladungen und iles Ozons fiel negativ für diese
aus. Es folgen weitere drei negative und ein
positives Ergebnis. Bei Bestrahlung zweier
Kolonien mit konzentriertem Bogenlicht zeigte
sich in einem Fall eine entwicklungshemmende,
jedoch nicht bakterientötende Wirkung dieses
Agens, im anderen Fall aber eine bakterizide.
Die Resultate auderer Forscher sind
folgende: Zu positiven Ergebnissen kamen
Holzknecht und Spieler, zu negativen
Grunmach, Pott und Scholt.z, zu unbestimmten
Niihsom. Freund untersuchte, oh eine etwa
vorhandene bakterientötende Wirkung der
Röntgenstrahlen auf die sog stillen elek¬
trischen Entladungen zurückzuführen sei; es
zeigte sich hierbei, daß dies der Fall ist.
Auch Belboi fand keine Abschwächung der
Virulenz durch Belichtung mit Röntgen¬
strahlen.
Die Reaktion von Protozoen auf Rönt¬
genbelichtung ist eine wechselnde.
Somit sind Holzknecht, Rieder und
Spieler die einzigen, die eine bakterizido
Wirkung von Röntgenstrahlen feststellten;
alle anderen Autoren hatten negative Erfolge.
The Radium Treatment of Rodent Ulcer
(Referat in „Treatment“ Dez 05).
Bei zwei Fällen von Ulcus rodens
wurden tägliche Bestrahlungen von halb¬
stündiger Dauer mit Radium vorgenommen,
ln einem Fall trat. Heilung in weniger als drei
Wochen ein; der zweite Fall verlief ebenso
günstig. Mißerfolge werden auf fehlerhafte
Technik oder Anwendung eines unreinen
Präparates zurückgeführt.
A rare case of goitre treated with x-rays
(Referiert in „Treatment“ Dez 05.)
Ein mit großem Struma geborener
Hund wurde der Einwirkung der Röntgen¬
strahlen ausgesetzt; es wurden im ganzen 2t)
Bestrahlungen von 10—15 Min. Dauer vorge-
noimneu bei einer Penetrationskraft von
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Referate.
329
„XIV nach Brandt’s Posometer.“ Der Erfolg
war gleich Null. Unter Zunahme der Ge¬
schwulst traten Asphyxie und der Tod ein.
Interessant ist dieses Experiment, weil die
vorgenommene mikroskopische Untersuch¬
ung keine Beschränkung des Wachstums der
epithelialen Elemente durch die Röntgen¬
strahlen nachwies.
Kingscote: On the diagnostic valuo of the
Roent.gen ray for the soft Organs of
the body. (Archives of the Röntgen-
Ray etc. Jan. 06.)
Bericht über einen durch Radiogramm
diagnostizierten Fall von Herzerweiterung
nebst zwei Zeichnungen.
Guilleminot: The exploration of the tliorax
by ortho-diagraphy (Archives of the
Röntgen Ray. Jan. 06. Forts)
Die Messung der Zwerchfells¬
bewegung.
Autor kommt auf Grund von ortho-
diagraphischen Messungen der Zwerchfells¬
bewegung zu folgenden Resultaten: l) Rechts
befindet sich die mittlere Lage der Kurve
(? Ref.) des Zwerchfells 16.5 cm und links
18.5 cm unterhalb der „Supra-sternallinie“
(? Ret'.). 2) Die mittlere Amplitude der
Zwerchfellsbewegung beträgt zwischen 1,6 bis
1,8 cm und ist auf beiden Seiten ungefähr
gleich. 3) Abweichungen von dieser Zahl
sind pathologisch und deuten gewöhnlich
ernstere Störungen an. G. führt dann einige
Fälle an, die das Gesagte illustrieren; in einem
Fall von Tuberkulose der Lungen z. B. war
die Bewegungsbreite des Zwerchfells nur 0,3
bezw. 1,0 cm.
Die Messung des Rippenbogen¬
winkels.
G. hat gezeigt, wie man durch Gebrauch
eines automatischen Unterbrechers bei der
Radiographie die Phasen der Atmung getrennt
aufnehmen kann und so ein Kinemato-rndio-
gramm der Atmungsbewegung erhält. Er
beschreibt dann seine Methode der Messung
des Rippenbogenwinkels bei Inspiration und
Exspiration, was im Original nachgelesen
werden muß. Er erhält folgende, Werte:
T . * ( Inspiration 77'/«° J ... ,
L,nk 'f Exspiration Tüvt *««*»*♦
Rechts ! I"Mr»tion 7«V j
t Exspiration 73° 1
Die Differenz zwischen Inspirations¬
und Exspirationswert stellt den „funktionellen
Rippenwinkel“ dar. Dieser ist normaler
Weise auf beiden Seiten gleich. Verschieden¬
heiten der beiden Seiten deuten auf Tuber¬
kulose hin.
Shield und Lewis Jones: A case of ad-
vanced mammary caneer treat.ed by a
combination of operations and the x-
rays. („The Lancet“ 18. 11. 05.)
Es handelt sich um eine 46 Jahre alte
Frau, die an vorgeschrittenem Brustkrebs
litt, für welche die Radikaloperation ausge¬
führt wurde. Trotzdem trat bald ein Re¬
zidiv in Gestalt multipler Knoten auf, die
wiederum entfernt wurden; es traten aber
immer wieder Rezidive der geschilderten Art
auf, die zwei weitere Operationen notwendig
machten Dessen ungeachtet war der Zustand
der Patientin */< Jahre nach der ersten Ope¬
ration ein sehr schlechter.
Nun wurde zu Röntgen-Bestrahlungen
übergegangen, die während der ersten zwei
Monate zweimal, später nur einmal wöchent¬
lich appliziert wurden. Drei Wochen nach
Beginn der Behandlung trat eine Wendung
zum Besseren ein. Am Morgen jeder Be
Strahlung wurden 0,3 g. Chinin-hydrochlor.
innerlich verabreicht. Die Dauer der Sitz¬
ungen war jeweils 12 Minuten bei Benutzung
weicher oder mittelweicher Röhren. Mit Aus¬
nahme des Gesichts wurden die umgebenden
Teile nicht geschützt; es trat keine Derma¬
titis sondern nur leichte Pigmentierung auf.
DasResnltat ist bis jetzt eine vollständige
lokale Heilung unter Zunahme des Körper¬
gewichts und Wiederherstellung eines guten
Allgemeinbefindens. Es*darf allerdings nicht
außer Acht gelassen werden, daß die erste
Operation im Juli 1904 und der Beginn der
Röntgenisierung am 11. April 1905 stattfand.
(Die Frage der Rezidivfreiheit kann also erst
später beantwortet werden. Ref )
Frauze-Nauheim.
Privatdozent Dr. L. Freund u. Dr M Oppenheim.
Die Röntgenstrahlenbehandlungdes Lichen
ruber planus. (Zeitschrift für Elektro¬
therapie. (Band VII, Heft 7/8)
Die Verfasser schildern von einem
Fall von Lichen rubar planus den mikros¬
kopischen Befund vor und nach der Behand-
lnng mit Röntgenstrahlen. Eine typische
Lichen-ruber-Eftlorescenz läßt eine allge¬
meine Verbreitung der Epidermis erkennen,
welche vorwiegend das Rete Malpighi betrifft,
besonders die intrapapillären Retezapfen. Die
Verhornung des Epithels beginnt in der Mitte
über dem Epithelzapfen, früher als in der
Peripherie. Degeneration der Staehelzellon ist.
nicht, sichtbar. An der Grenze zwischen
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330
Referate.
Cutis und Epidermis Melanoplasten. Papillen
verlängert., verbreitert einerseits durch Oedem
der Lymphräume, andererseits durch dichtes
Zellintiltrat, das scharf gegen das Stratum
reticulare abgesetzt ist. Die übrige Cutis ist
bis auf geringe Zellinfiltration um die Gefäße
und Drüsen nicht verändert. Die elastischen
Fasern fehlen iin Bereich der Papillen. Die
histologischen Veränderungen nach der Be¬
strahlung entsprechen einer Organisierung
des Kundzelleninfiltrates zu Bindegewebe, mit
welcher die reparat.orischen Vorgänge im
Epithel Hand in Hand gehen. Die Intensität
der in 11 Sitzungen verabreichten Röntgen¬
strahlen mit mittelweichen Röhren entsprach
je 1,18—2,35 mg. Jod aus 5 ccm eines 2°/o
Jodoform-Chloroformlösung. W.
Prof. Dr. F. Lange. Die Bedeutung der Rönt¬
genbilder für die Orthopädie. M. M. W.
1905 N. 17-18.
Verfasser beweist an der Hand eines
großen orthopädischen Materials die Bedeu¬
tung des Röntgenverfahrens für die Diagnose
und das einzuschlagende orthopädische Heil¬
verfahren und schließt seine Arbeit mit fol¬
genden Worten:
„Ohne Röntgenbild hätte die Orthopädie
niemals die überraschend schnelle Entwicklung
innerhalb 10 Jahren von einem Handwerk zu
einer vollwertigen Wissenschaft nehmen
können, und ich glaube nicht zu viel zu be¬
haupten, wenn ich sage: „„Was der Augen¬
spiegel von Helmholtz für die Ophthalmologie,
das ist die Entdeckung Röntgens für dio
Orthopädie geworden.““ W.
Prof. Dr. von Mikulicz. Die Bedeutung
der Röntgen«t,rahlen für die Chirurgie.
Dr. Schyerning. Die Verwendung der
Röntgenstrahlen im Kriege.
Prof. Dr. Rumpf. Die Ergebnisse der
Röntgenstrahlen für die innere Medizin.
Prof. Dr. H. Freund. Die Bedeutung
der Röntgcnst.rahlen für die Geburtshilfe und
Gynäkologie.
Dr. h. Schmidt. Die Röntgenstrahlen
in der Dermatotherapie.
Dr. Reyher. Über die Bedeutung der
Röntgenstrahlen in der Kinderheilkunde.
Prof. Dr. W. Miller. Die Röntgen¬
strahlen im Dienste der Zahnheilkunde.
Prof. Dr. von Bardeleben. Die Röntgen¬
strahlen in der Anatomie.
Dr. M. Levy-Dorn. Die Entwicklung
der Technik des Röntgenverfahrens.
Mit den Arbeiten genannter Autoren
hat die D. M. W. die in der Röntgenkongre߬
woche fällige Nummer herausgegeben. Die
sämtlichen Arbeiten geben, wie das bei dem
der einzelnen Arbeit zugewiesenen Umfang
für eine Wochenschriftsnummer nicht anders
möglich ist, nur in kurzen Zügen einen Über¬
blick über das Erreichte und eine Perspektive
für das noch zu Erstrebende. W.
Beck-New-York: Über die Kombination von
Exzision und Röntgen-Therapie bei Morbus
Basedow. B. Kl W. 1905. N 20.
Verfasser hat in einem Falle von sehr
schwerem Basedow an die halbseitige Opera¬
tion der Schilddrüse die Röntgenbehandlung
angeschlossen und damit erreicht, daß die
Symptome, welche nach der Operation und
Wnndheilnng noch hochgradig persistierten.
auffallend rasch zurückgingen. Tachycardie
und Exophthalmus verschwanden vollkommen,
die zurückgebliebene Drüsenhälfte war nicht
mehr zu entdecken, das Allgemeinbefinden
vortrefflich. Verfasser rät. deshalb, ohne aus
diesem Falle verallgemeinern zu wollen, in
leichten Fällen neben der allgemeinen Thera¬
pie zu röntgenisieren, in schweren Fällen die
halbseitige Sehilddriiscnoperation zu machen
und postoperativ die Röntgenbehandlung an¬
zuschließen. W.
Dr. R. Lennhof und Dr. Levy-Dorn. Unter¬
suchungen an Ringkämpfern. D. M. W.
1905. N. 22.
Die Verfasser stellen durch wiederholte
Untersuchungen an Ringkämpfern fest, daß
auch nach den schwersten Kämpfen in keinem
Falle eine Zunahme des Herzumfanges ortlio-
diagraphisch nachzuweisen sei. wenngleich
mehrmals die Perkussion eine größere Dämpf¬
ung nach dem Ringkampf ergab, als vor dem¬
selben. Diese Zunahme der perkussorischen
Dämpfungsfigur erklärt sich durch einen
exspiratorischen Hochstand 'des Zwerchfells,
wodurch eine Verschiebung des Herzens be¬
wirkt wird, aus welcher dann die schein¬
bare perkussorische Vergrößerung resultiert.
Dieses orthodiagraphische Resultat steht im
Einklang mit dem orthodiagraphischen Be¬
fund, den seinerzeit Levy-Dorn an dem Sieger
im Dauermarsch Dresden-Berlin erheben
konnte. W.
Evler, C., Über günstige Beein¬
flussung eines Karbunkels
durch Röntgenbehandlung, M e -
dizin. Klinik, Jahrg. I (1905), No. 52,
S. 1342.
Evler berichtet über günstige Beein¬
flussung eines 13 cm breiten, 7 cm langen
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Referate.
331
Karbunkels durch Röntgcnstrahlen. Der Ge¬
schwulstknoten war bei einem 62'/»jährigen
Hann mit chronischen, seit mehreren Jahren
bestellenden Herzbeschwerden aufgetreten,
und zunächst bei Bettruhe, Einführung von
Coffein, natriobenzoieum und Pyramiden mit
Spiritus-Umschlägen (unter Gummipapier) be¬
handelt worden. Nach 0 Tagen (20. Okt.)
schien zwar die bisher vermiedene Zircutn-
zision im Gesunden kaum mehr zu umgehen,
doch sollte vorher noch ein Versuch mit
einer Röntgenbestrahlung gemacht werden
Über die Ausführung ist Folgendes zu bemerken:
Röhre mittelweich, Dauer der Exposition 2
Minuten, bei 20 cm Abstand, Induktorium
von 60 cm, Welinelt-Unterbrecher; Schutz
der gesunden Haut durch Bedecken mit Blei¬
platten von 0,5 cm Dicke. Sofort sank die
Temperatur von 38,1° auf 37,2°, der Puls
(bisher 110—120, klein, leicht und unregel¬
mäßig) hob sich und es machte sich in Folge
beginnenden Zerfalls des Karbunkels ein
auffallender Geruch bemerkbar, so daß von
nun an Verbände mit 3"/o Wasserstoff¬
superoxydlösung appliziert wurden, ln den
nächsten Tagen folgte je eine Bestrahlung
von 3 Minuten Dauer. Vom 21. Okt. (Tag
nach der ersten Bestrahlung) ah Temperatur
normal. Nur in der Mitte des Karbunkels
zeigte sich ein Hautstiick von 1,5 cm Länge
und 1 cm Breite, die Muskelfasern aber in
etwas größerer Ausdehnung nekrotisch ge¬
worden. Die schnelle Einschmelzung, welche
in dein anscheinend verzweifelten Falle schon
nach der ersten, das erkrankte Gewebe
stärker schädigenden Applikation der Strah¬
len eintrat, hatte den raschen, günstigen Aus¬
gang herheigeführt. Verfasser nimmt eine
direkte und eine indirekte Wirkung der Rönt-
genstrahleu an, erstere führt zu einem Zer¬
fall der in dem Karbunkel massenhaft vor¬
handenen Eiterkörperchen, letztere, die wir
uns vielleicht als eine fermentative, auto¬
lytische Aktion vorzustellen haben, durch
Vermittelung von Zerfallsprodukten zur
Bildung von Antitoxinen, jedenfalls zu einer
Begünstigung der natürlichen Heilungs-
Vorgänge. B. Sol ger-Greifswald.
Hermann Hinterstoisser-Teschen: Zur Thera¬
pie der angeborenen Blasen-
spalte. (Wiener klinische Wochen¬
schrift 1906. No. 1.)
Kasuistische Mitteilung eines vom Ver¬
fasser operierten Falles. Aus der Literatur
E nder 1 en: Über Blasenectopie (.1- F.)
Bergmann-Wiesbaden 190t) und Verh. d.
D. Ges. f. Chir. 1903. II., 184) geht hervor,
daß bei der vollständigen Blasenspalt.e die
Symphysis ossis pubis fast vollständig fehlt,
die Rudimente der Schambeinästc weit atts-
einanderstelien und eine mehr oder minder
breite Spalte des Beckenringes bestellt,. In
dem mitgeteilt.cn Falle stehen inPRön t ge ri¬
ll i 1 d e die Knochen 8 bis 10 cm weit aus¬
einander.“ (Das in Autotypie verkleinert,
wiedergegebene Radiogramm läßt die synt-
physealen Anteile des Beckenskelettes so un¬
vollständig erkennen, daß der Beckenring
beiderseits schon vor dem Foramcn obtura-
tum aufztthören scheint. Eine solche Repro¬
duktion ist ein „trauriger Zeuge“ und wäre
vorteilhaft, durch eilte Konturzeichnung zu
ersetzen. Oder sollte der Symphysenspalt auch
am Original nicht verläßlich zu sehen sein;
wie ist es sonst zu verstehen, daß er 8-10 cm
breit ist? Ref.) Robinsohn-Wien.
F. Völker und A. Lichtenberg, Pyelographie.
M. M. W. 1906 No. 3.
Die Verf. haben mittelst eines bis in’s
Nierenbecken vorgeschobenen Ureterenkatlie-
ters unter Benützung des Casperscheu Urc-
terenkvstoskops eine 5°/oige Kollargollösung
injiciert (5—60 ccm.). Die Injektion wurde
ohne schlimme Folgeerscheinungen ertragen.
In 4 von 11 Fällen bekamen die Verf. bei
der Röntgenaufnahme sehr klare Bilder,
welche durch zeichnerische Widergabe mit¬
telst Storchschnabel der Arbeit beigegeben
sind und sehr schön die Form vom Nieren¬
becken und Ureteren wiedergeben.
W.
A. Cahn-Straßburg: Über die diagnostische
Verwertung der Röntgenstrahlen und der
Gebrauch der Quecksilbersonde bei
Speiseröhrenerkrankungen. (M. M. W.
1906 No. 2.)
Verf. beschreibt das Durchleuchtungs¬
bild des Schluckaktes bei einer Oesophagus-
lähmttng, welche erst durch die Durchleuch¬
tung (Bismuthprobe) vollkommen klar/wurde.
Desgleichen beschreibt, er das Durchletich-
tungsbild des Oesophagusspasinus, den er durch
Quecksilbersondenbehandlung heilte. Verfas¬
ser stellte des weiteren durch die Röntgen¬
durchleuchtung einen Fall von spindelför¬
miger Erweiterung des Oesophagus bei einem
8jährigen Jungen fest. Der Fall'wurde von
ihm ebenfalls behufs Erweiterung der Cardia
mit der Quecksilbersonde behandelt und zwar
mit vorzüglichem Erfolg. Bei krebsigen
Stricturen des Oesophagus gelang manchmal
die Bougierung mit der Quecksilbersonde, wo
andere versagten, der therapeutische Erfolg
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Referate.
war jeHocIi ebenso unbefriedigend wie bei
letzteren. Über Sondenbehandlung bei Ver¬
ätzungen hat Verf. keine Erfahrung. W.
T. Marie. Des Avantages de la Radiographie
stereoscopique sur la Radiographie simple
pour l’examen de pied. (Archives d’Elec-
tricite niedicale ect. No. 180.
Verfasser macht an der Hand eines
Falles auf die Wichtigkeit einer stereos¬
kopischen Röntgenaufnahme für die sichere
Feststellung einer traumatischen Veränderung
am Fuße aufmerksam. Die vielen Knochen und
Gelenke mit ihren mancherlei Abnormitäten,
die Schwierigkeit einer exakt gleichartigen
Lagerung und Röhrenstellung, auch bei den
typischen Aufnahmen begünstigen die Mög¬
lichkeit einer Fehldiagnose. So erhielt M. in
einem Falle aus den 3 nicht stereoskopischen
Aufnahmen die Möglichkeit einer trauma¬
tischen Affektion am Fuße, während die stere¬
oskopische Aufnahme die völlige Intaktheit
der Fußknochen zeigte. Man kann dem Ver¬
fasser nur beipflichten, daß stereoskopische.
Aufnahmen bei Atfektionen bes. am Fuß im In¬
teresse sicherer Diagnosen mehr als bisher
üblich geübt werden mögen. W.
G. Haret. Cancer du col de l’ut.erus t.raite
avec suecös par la Radiotherapie fAr-
chives d’ Electricite medicale No. 180.
Verfasser berichtet über einen klinisch,
allerdings nicht histologisch, festgestellten
Fall von Krebs des Uterushalses, den er mit
Röntgenstrahlen erfolgreich behandelt hat,
nachdem der Chirurg die Operation abgelehnt,
hatte, einmal w T egen des hohen Alters der Patien¬
tin und w r eil die Scheiden wand mit befallen war.
Die Behandlung bestand in der Applikation
einer Strahlen-Dosis von durchschnittlich je
4 H, jede Woche in einer Sitzung mit einer
Röhre von der Härte No. 6 des Radiochromo¬
meters Benoist, die kranke Partie wurde mit¬
telst. Speculum eingestellt. Dauer der Be¬
handlung 6 Wochen. Nach der 2. Woche
waren die Schmerzen geringer, nach der 4.
waren sie vollkommen verschwunden und die
Ulcerat.ion am Collum war vernarbt. Nach
der 6. Sitzung war auch die Tnduration in der
Scheide nicht mehr zu fühlen. W.
P.Redard. Radiotherapie dans los adenopat.hies
tuberculeuses. (Archives d’Eloctricitö me¬
dicale No. 180.)
Verf. referiert über seine Erfahrungen
mit Röntgenstrahlen bei der Behandlung
tuberkulöser Drüsenerkrankungen und faßt
dieselben dahin zusammen;
Die Röntgentherapie ist in einer großen
Anzahl von Fällen der üblichen Behandlung,
auch der Operation vorzuziehen. Sie ist
besonders angezeigt bei den chronischen
Formen der Drüsenerkrankung, den alten
fibrösen, welche, keine Neigung zur Er¬
weichung zeigen. Die Behandlung dauert
lange (bis zu 7 Monaten), und man erreicht
gewöhnlich nahezu völliges Verschwinden
des Tumors. Weniger eignet sich die Be¬
handlung für die subacuten Formen mit den
Zeichen der Verkäsung und entzündlichen
Infiltration der Haut. Dagegen bringt die
Röntgenbehandlung rasche Heilung bei Ver¬
eiterung der Drüsen und Fistelbildung. Die
Fisteln schlossen sich bald und die Narben¬
bildung an der Haut. ist. eine w r enig auf¬
fallende.
Die applicierte Strahlendosis war: alle
12—14 Tage 4-5 H mit einer Röhre von
der Härte No. 6 des Radiochromometers
Benoist’s. W.
Dr.'hans Curschmann und Otto Gaupp: Über
den Nachweis des Röntgenleukot.oxins im
Blute bei lymphatischer Leukämie. Münch,
med. Wochensehr. 1905, No. 50 pag. 2409.
Ein an lymphatischer Leukämie leiden¬
der Kranker wurde in 16 Tagen 7 mal
bestrahlt in Sitzungen von wechselnder
Dauer. Die Leukocytenzahl ging daraufhin
von 150000 auf 44 000 herunter, die Lym-
phocyt.henzahl sank von 94°/ 0 auf 85—84°/ 0 .
Die Zahl der Erythrocyten — es bestand
mäßige Poikilocytose — wurde nicht wesent¬
lich verändert Von dem vor der Bestrahlung
des Kranken erhaltenen Blutserum wurden
einem Kaninchen 5 ccm. einem anderen 4,5
ccm injiziert; eine Abnahme der Leucocyten-
zahl trat hiernach nicht auf. Nach der Be¬
strahlung wurden von dem wiederum ent¬
nommenen Serum 4 Kaninchen teils sub¬
kutan teils in die Ohrvene 2—5 ccm injiziert
und darnach eine Abnahme der Leukocyten
nach 4—6 Stunden beobachtet. Außerdem
trat eine erhebliche Verminderung d<*r Leu¬
kocytenzahl meist schon nach 10 Minuten ein.
die nach 1—2 Stunden längstens wieder ver¬
schwunden war und von den Verff. auf die
Wirkung des injizierten artfremden Eiwcisses
znrückgefiihrt wurde. Nach 6—7 1 /* Stunden
ging die Leukocytenzahl wieder zur Norm
zurück. Neben der Disposition der Tiere
schien die Mpnge des injizierten Serums ent¬
scheidend zu sein für den Grad der ent¬
standenen Leukopenie. Zwei Versuche zeig¬
ten, daß Injektionen von bei 60° inaktiviertem
Serum des bestrahlten Leukämikers keine
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Verminderung: der Leukocyten machten, eben¬
sowenig Injektionen von normalem Menschen¬
blutserum. Durch Versuche in vitro wurde
gezeigt, daß das Serum des bestrahlten Leu-
kämikers imstande ist, auch menschliche
Leukocyten zu zerstören, nach der Inak¬
tivierung diese Eigenschaft aber verliert und
dann normalem Menschenblutserum gleicht-
Die Verff. schließen aus diesen Versuchen
daß durch die Röntgenstrahleneinwirkung mit
dem Zugrundegehen der Leukocyten im Blute
des Leukamikers ein spezifisches Leukotoxin
entsteht, das imstande ist. Leukocyten im
kreisenden Blute von Versuchstieren und
menschliche in vitro electiv zu zerstören.
G. Lefmann-Heidelberg.
J. C. G. Ledingham: Haematological and
Chemical observations in a case of spleno-
medullary leukaemia under x-Ray treat-
ment. („The Lancet“ 1Ü. 2 06.)
Bericht über einen mit Röntgenstrahlen
behandelten Fall von lienaler Leukämie nebst
Autopsiebefund. Eignet sicli nicht zum
Referat.
W. J. Bruel: Two cases of leukaemia treated
by the Roentgen rays („The Lancet“
27. 1. 06.)
Es handelt sich um zwei mit Röntgen¬
strahlen behandelte Fälle von Leukämie.
1) 5 -jährige Frau: Wöchentlich 6
Sitzungen, bestehend in Bestrahlung der Milz¬
gegend, 10 Minuten lang, des Sternums 5
Minuten lang und der Kniee 10 Minuten lang
mit harter Röhre. Zugleich wurden intra¬
muskuläre Injektionen mit Arsenik ausge¬
führt. Nach einer Unterbrechung Fortsetzung
der Behandlung. Bedeutende Besserung
objektiv und subjektiv.
2) 23-jährige Frau: Behandlung und
Resultat ähnlich wie beim ersten Fall.
Es folgen allgemeine Bemerkungen zur
Behandlung der Leukämie mit X-Strahlen.
Beim zweiten Fall schützte Autor die Haut
der bestrahlten Stellen mittelst Leinwand
von der Dicke eines Tischtuches und glaubt,
daß ein derartiger Schutz nicht ohne
Wert sei. Franze-Nauheim.
Dr. C. Wichmann. Zur Röntgentherapie M.
M. W. 1905 No. 34.
Verf. beschreibt eine Schutzvorrichtung
für Bestrahlungszwecke, welche an der Röhre
angebracht wird, ähnlich wie der von Gundelacb
vor bald 2 dahren angegebene Bleiglasschutz.
Neu ist die Einführung von Bestrahlungs-
Rohransätzen in Fisteln und Geschwülste.
W.
Arneth. Zum Verständnis des Verhaltens der
weißen und roten Blutzellen bei der Be¬
handlung der Leukämie mit Röntgen¬
strahlen. M. M. W. 1905, No. 33 und 34.
Verf. vertritt, wie viele andere, den
Standpunkt, daß die Einwirkung der Rönt-
genstrahlen bei der Leukämie auf einer
Schädigung und Abschwächung des das Krank¬
heitsbild auslösenden hypothetischen Lebe¬
wesens beruht. Er betrachtet also die Rönt¬
genbehandlung als eine ätiologische, nicht
als eine symptomatische. Die Deutung welche
V. den einzelnen Veränderungen des Blutes
durch die Röntgenbehandlung gibt, ist zu
kurzem Referat nicht geeignet. W.
Dr. Müller und Dr. Respinger. Über die Ein¬
wirk ungder Röntgenstrahlen bei Leukämie,
(Ivorrespondenzblatt für Schweizer Arzte
1905 No. 19).
Die Verfasser bringen einen kasuisti¬
schen Beitrag zur Röntgenbehandlung der
Leukämie und schließen daran eine Über¬
sicht über die therapeutischen Erfahr¬
ungen der sonstigen Autoren auf diesem
Gebiete. Die meisten Beobachter kommen
darin überein, daß die Verminderung der
Leukozyten sämtliche vorhandene Leukozyten-
formen, ungefähr proportional ihrer Zahl be¬
trifft. Die pathologischen Formen, die Mye¬
lozyten resp. Lymphozyten, zeigen stärkere
Neigung zum Verschwinden. Einem Ansteigen
der Leukozyten unmittelbar nach der Be¬
strahlung folgt ein Abfall unter den vor¬
herigen Wert. Manchmal läßt der Rückgang
längere Zeit auf sich warten. In vielen Fällen
bleibt das Blut leukämisch trotz normaler
Gesamtleukozytenzahl. Die roten Blutzellen
nehmen in der Regel konstant langsam zu und
mit ihnen der Hgl.-Gehalt. Der Rückgang
der Milz- und Lebertumoren erfolgt meist
langsam, oft erst nach Wochen und Monaten.
Die Verfasser geben eine genaue Beschreibung
ihrer Technik, aus der hervorgeht, daß sie
sich des Holzknecht’schen Chromoradiometers
bedienen und zwar einmal zur Verhütung von
Verbrennungen, dann aber auch um ein an¬
näherndes Vergleichsmaß für die anzuwendende
Strahlenintensität zu haben. So wertvoll nun
das Chromoradiometer für die Angabe der
angewandten Intensität bei Hauterkrankungen
ist, so läßt sich dasselbe für die Abschätzung
der angewandten Strahlenintensität bei der
Behandlung tiefer gelegener Prozesse nicht so
ohne weiteres verwenden. Will man hier ein
ungefähres Maß erhalten, so muß man den
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Referate.
Härtegrad der gebrauchten Röhre nach irgend
einer Härteskala mit angeben. — Am Schlüsse
ihrer Arbeit fassen die Verfasser den heutigen
Standpunkt der Röntgenbehandlung der Leu¬
kämie dahin zusammen:
1. Die Röntgenstrahlen bilden zur Zeit
das mächtigste therapeutische Agens zur Be¬
einflussung der leukämischen Veränderungen,
sowohl was Blutbefund, Milz- und Leber-
sclnvellungen als Allgemeinbefinden betrifft.
"2. Die Wirkung ist eine symptomatische,
nicht eine ätiologische; demgemäß fehlen
Dauerresultate.
3. Als Methode der Bestrahlung sind
tägliche Sitzungen mit relativ kleinen Dosen
seltneren Applikationen von großen Dosen
vorzuziehen.
4. Die Röntgenwirkung beruht auf einer
Destruktion der weißen Blutkörperchen, welche
wahrscheinlich sowohl im Kreislauf 'als in
den hämopoetischen Organen und im Lymph¬
system stattfindet. W.
Elektrotherapie und Elektrodiagnostik.
Franz Streintz -Graz: Über Mctall-
strahlung (Wiener klin. Wochenschr.
1305, No. 51).
Es gibt eine Reihe von Metallen,
welche ähnlich wie das Radium, auf ihre
nächste [ Umgebung chemisch wirken und
außerdem den angrenzenden Luftschichten
ein gewisses elektrische Leitvermögen er¬
teilen. Diese Eigenschaften bezeichnet man
als Metallstrahlung. Autor, Professor der
Physik in Graz, teilt seine diesbezüglichen
physikal. Experimente mit, in der Hoffnung,
dadurch Anregung zu erfolgreichen Versuchen
auf dem Gebiete der in Vergessenheit ge¬
ratenen Metailotherapie, der bisher
jede wissenschaftliche Grundlage fehlte, zu
geben.
Man teilt die Metalle in elektropositive
und elektronegative. Die elektropositiven
zerlegen Wasser und oxydieren sich an der
Luft mit verschiedener, aus der nachfolgenden
„Spannungsreihe“ hervorgehenden Energie:
+ K, Na, Li Ba, Sr, Ca, Mg, Al, Zn,
Cd, Fe, Co, Ni, Sn, Pb, Cu, Bi, Sb, Hg, Pt, Au.
Die Metalie Mg, Al, Zn und Cd besitzen
die Eigenschaft, sich auf mit .Todkalium ge¬
tränktem Papier leicht, weniger gut auf der
photographischen Bromsilberplatte, abzu¬
bilden, solange ihre Oberfläche vollkommen
glatt, nicht oxydiert ist. Unter günstigen
Verhältnissen genügen folgende Einwirkungs¬
zeiten: Auf Jodkaliumpapier erzeugt Mg
nach einer halben Minute, Al nach ‘2 Minuten,
Zu nach einer Stunde, Cd nach 2 Stunden
ein deutliches Bild; auf der photographischen
Platte erzeugt in 24 Stunden: Al ein sehr
kräftiges, Zn ein schwaches, Mg ein sehr
schwaches Bild. Die magnetischen Metalle
Fe, Co und Ni sowie die rechts in der Reihe
stehenden Metalle lassen Jodkalium unver¬
ändert. K und Na erzeugen, blauk geschnitten
in Petroläther, auf der photographischen
Platte nach 3 Stunden ein sehr deutliches
Bild. Die Wirkung kommt nicht nur bei
direktem Kontakt zustande, sondern auch aus
einiger Entfernung, z. B. 0,5 Millimeter.
Für therapeutische Versuche empfiehlt
Autor das geschmeidige Magnesium mehr als
das zähe Aluminium. Man muß dafür
Sorge tragen, die obersten Schichten in
angemessenen Zeiträumen auf mechanischem
Wege, z. B. durch ein schleifendes Messer¬
chen, zu entfernen. Unter allen Umständen
muß man dafür Sorge tragen, daß frische
Luft möglichst ausgeschlossen bleibe, da die
Wirkung durch sie rasch herabgesetzt wird.
(Literatur: F. Streintz: lieber die
Wirkung einiger elektropositiver Metalie auf
Jodkalium (Physikal. Zeitsehr. 1304, Bd. 5,
S. <38; F. Streintz und 0. Stroh¬
schneider: Versuche über Metallstrahlung
(Arm. d. Physik 1305, Bd. 18, S. 198); F.
Streintz: Über Metallstrahlen (Physik.
Zeitschr. 1905 Bd. 6,)J
Robinsohn - Wien.
Stephane Leduc. Gnörison d’un ric doulonrenx
de la face datant de trerite-cinque ans, par
trois seances d’introdnction de l’ion sali-
cyliqne, (Archive» d’electricite mödicale,
experimentales et cliuiqnes. 10. November
1905. No. 177.)
Heilnng eines seit 35 Jahren bestehenden
tic donlonrenx des Gesichtes durch dreimalige
Anwendung ionisierter Salicylsänre.
Eine große, indifferente Anode ans einer
I2fachen Schicht hydrophiler Baumwolle be¬
stehend wnrde mit Natriumchlorid getränkt und
mittels einer darübergelegten Metallplatte mir.
dem + Pol verbunden. Diese Anode wird an
irgend einem Körperteil, am besten atn Btiir,
durch geeignete Halter befestigt.
Eine wie die Anode zusammengesetzte,
aber mit einer warmen 2°/o Lösung salicylsauern
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Natriums getränkte Kathode bedeckt die ganze
schmerzende Partie.
Man steigert vorsichtig das Potential und
vermag so in ungefähr 10 Minnten eine Strom-
stärke'ivou 2 m A. pro Qnadratzentimeter Elek¬
trode zn geben, ohne daß der Patient Be¬
schwerden fühlte.
Man läßt den Strom 20—40 Minnten eiu-
wirken nnd verringert dann langsam das Po¬
tential.
Der Patient soll die Wirkung der Elek¬
trode ganz gleichmäßig fühlen ; zeigt sich irgend¬
wo Stechen oder Brennen, so ist die Sitznng zn
miterbrechen nnd der schmerzende Pnnkt mit
einem Tropfen Collodimn zn bedecken.
Die ionisierte Salicylsänre wird von dem
Gewebe gnt ertragen und ihre elektrolytische
Einführung ist oft von überraschendem Erfolge
in der Behandlung schmerzhafter, nervöser
Affektioueu.
Folgt Beschreibung eines Falles von tic
doulourenx des Gesichtes, der innerhalb 14
Tagen, nach drei Sitzungen von ca. 1 Stunde
Dauer zur Heilung kam und bis jetzt ohne
Rezidiv blieb. Wetterer.
Privatdozent Dr. K. Winternitz-Halle. Über
einen einfachen Ersatz des elektrischen Vier¬
zellenbades. M. M. W. No. 38. 1905.
Das sog. Vierzellenbad ist kein Bad, sondern
die 4 Zellen füngieren einfach als Elektroden.
W. führt an, daß übrigens die Sache an und für sich
absolut nicht ganz neu ist, sondern daß schon
Weisflog (1876) nnd Edison (1894) sich der
Schüsselelektroden bedienten, und etwas anderes
stellen die Vier-Zellen auch nicht dar. W. hat
nun diese 4 Zellenelektroden durch vier große
Plattenelektrodeu ersetzt, und zwar nimmt er
große Zinkschalen, die mit Wachstnch überzogen
nnd mit einem Mooskissen ausgelegt sind. Als
Indikationen gelten die von Beard und Rochwell,
Ziemssen, Erb n. a. anfgestellten Indikationen für
die allgemeine Elektrisation. Die allzuweit ge¬
steckten Schnee’schen Indikationen können nach
W. vor einer objektiven Prüfung kaum bestehen.
W.
Witte-Charlottenburg. Zur faradischen Behand¬
lung der Fibromyome des Uterus. D. M. W.
1905. No. 10.
Verfasser macht wiederholt auf die äußerst
günstigen Resultate der faradis.’hen Behandlung
von Uteiustibromyomen aufmerksam, durch die
nicht nur die subjektiven Beschweiden, Blutungen
und Druckerscheinungen beseitigt, sondern auch
die Tumoren fast völlig zum Schwiudeu ge¬
bracht wurden. Die Behandlung bestand in
4—6 wöchentlicher täglicher Applikation (30
Minnten) eines Stromes von 3—4 \ olt Stärke
(? d. R.) primären Strom und 5 Zentimeter Rollen-
abstand. (? d Ref.) W.
Bloebaum-Köln. Ein weiterer Beitrag zur
Radikalbehandlung des Rhinophyms durch
Galvanokaustik M. M. W. 1905 S. 47.
V. beschreibt einen Fall von Rhinophym
mit Illustrationen vor nnd nach der Behandlung mit
galvanokaustischem Messer und Nadel. W.
Phototherapie.
G. H. Graham: Aesculin in conjunction with
Finsen Light in the Treatment of Lupus
vulgaris. („The Lancet“ 16. 12. 05).
Autor benutzte das Aesculin, ein aus
dem inneren Teil der Rinde von Aesculus
hippocastanum (Roßkastanie) gewonnenes
Glykosid, um die Gewebe zu sensibilisieren.
Er spritzte subkutan Dosen von 0,05 bis 0,25 g
einer 5°|ogen Lösung ein; man verwendet am
besten eine solche, die nicht älter als 2 Tage
ist. Die Nadel wird nun unter die Haut,
nicht tiefer, eingestochen, und zwar gerade
an der zu behandelnden Stelle. Während
nach einer gewöhnlichen Sitzung mit Finsen-
lieht die Reaktion meistens am dritten Tag vor¬
über ist, hält sie nach Sensibilisierung mit
Aesculin 4—7 Tage an. G. nimmt auch an,
dal) dieser Stoff einige Tage lang in den Ge¬
weben liegen bleibt, da er nach Finsen¬
behandlungen, die erst einige Tage nach der
Injektion vorgenomnien wurden, stärkere
Reaktionen beobachtete als ohne Injektion.
Hei Lupus vulgaris hat G. über 100
Injektionen ohne üble Nebenwirkungen ge¬
geben, und er glaubt, den Wert des Mittels
hierbei hauptsächlich darin zu erblicken, dal)
vereinzelte Knoten, die der gewöhnlichen Be¬
handlung getrotzt haben, nach Sensibilisierung
rasch beseitigt werden. Auch soll Aesculin
die Resorption harten Narbengewebes, wie es
sich oft nach der Kurettierung von lupösen
Heerden bildet, befördern. Autor bringt zum
Schluß eine Hypothese für die Erklärung der
Wirkung. Franz e-Nauheim.
Dr. P. Wichmann. „Ueber eine technische Ein¬
richtung znr Erleichterung der Finsen-
therapie.“ (Deutsche medizinische Wochen¬
schrift).
Bekanntlich konzentriert die Finaeitlampe
das Licht eines Kohleubogens. Dieses Licht
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336 Referate.
geht durch ein Liusensystem aus Bergkrystall
hindurch. Das erste Linsenpaar sammelt die
divergierenden Strahlen des Bogens, richtet sie
parallel, schickt sie durch Wasserkammern hin¬
durch, wobei die dunkeln Wärmestrahlen aufge-
saugt werden. Das letzte Linsenpaar nimmt die
parallelgerichteten Strahlen anf und lädt sie als
konvergierende Strahlen ans dem tubusförmigen
Konzentrator anstreten. Dieser Strahlenkegel
soll nun etwas innerhalb des Fokus durch eine
Wasserkühldrucklinse anfgefangen werden, die
mittels Wärterhand auf der Haut des Patienten
festzulialten ist.
Es erfordert nun nicht geringe Geduld
und Aufmerksamkeit, die Drncklinse während
mindestens einer Stunde gleichmäßig und in
richtiger Lage der Haut aufzupressen.
Wichmann hat einen kleinen Apparat an¬
gegeben, der das Amt des Wärters übernimmt,
indem er die Drncklinse durch ein am Tubus
angebrachtes Schienenpaar festhält. Die Ein¬
stellung des an dem Schienenpaar befestigten
Druckglases in die richtige Entfernung und
Lage, ermöglicht eine Vorrichtung zum Vor¬
schieben des Schienenpaares in der Richtung
der Längsaxe des Tubus, und nach erfolgter
Einstellung wird das Ganze fixiert.
l T m die nötige Druckwirkung zu erzielen,
kann das Gewicht des um ein Scheibengelenk
drehbaren Apparates auf den Krankheitsherd
übertragen werden; zur Regulierung der Be¬
lastung dient ein Hebel, der an dem Scheiben¬
gelenk angebracht ist.
Es ist außerdem ein automatischer Aus¬
schalter vorgesehen, der den Strom unterbricht,
sobald die beiden Kohlenelektroden der Diffe-
rential-Gleichstrom-Bogeulampe in nurichtigem
Abstand von einander stehen. Hierdurch wird
ein Durchbreuueu der Regulierungsvorrichtang
verhindert.
Die Vorteile dieses neuen Systems be¬
stehen erstens in der Verbilligung des Finsen-
verfahrens durch Wegfall des kostspieligen Be¬
triebspersonals. Zweitens in der großen Präcision,
womit der Apparat arbeitet.
Es scheint mir jedoch, als ob diese
Methode nur bei bequemen Flächen, wie sie
Wangen, Hals, Stirn, Kinn z. B. bieten, in An¬
wendung treten könne.
Die Belichtung des Naseninnern, der
Augenwinkel, des Nasenrückens mittels der
Sattelzange, des Ohrmnschelrandes, wobei es
auf feinste Feinheiten ankommt, wird wohl
immer der geübten Hand Vorbehalten bleiben.
Im Anschluß an den technischen Bericht
bespricht Autor die Therapie des Lupus. Er
warnt davor, das Finsenlicht als Allheilmittel
gegen den Lupus zu betrachten. Er will viel¬
mehr überall da, wo ein kosmetisch gutes Re¬
sultat durch chirurgischen Eingriff möglich ist,
circumscripte Lupusherde exzidiert wissen. Er
empfiehlt ferner die Anwendung des Röutgen-
verfahrens bei den ulcerativen Formen, auch in
der Bekämpfung des Schleimhantlupus, fügt
jedoch bei, daß starke Reaktionen nötig seien,
um gute Resultate zu erzielen.
Autor versuchte die Sensibilisation der
Herde vor der Bestrahlung durch Eosin, ohne
Erfolg in Kombination mit Finsenbehandlung,
während sie bei Röntgenbehandlung insofern
günstig zu wirken schien, als die Abheilung
rascher verlief. Zur Unterstützung der Finsen¬
behandlung rät Autor, die Herde mit Paqneliu
oder Holländerscher Heißluftmethode vorznbe-
haudeln.
Referent sieht sich jedoch auf Grund
eigener Erfahrungen veranlaßt, von diesem Ver¬
fahren ganz entschieden abzuraten.
Vorbehandlung eines Lnpusherdes mittels
der letztgenannten Methoden gibt immer schlechte
Resultate, weil die dadurch hervorgerufene
Narbeubildnng dem Eindringen der Finsenstrahlen
in das Gewebe Hindernisse entgegenstellt.
Tieferliegeude Lupusknötchen werden in diesem
Falle durch das Finsenlicht gar nicht mehr er¬
reicht. Wenn die Oberfläche der Haut auch
abheilt und scheinbar gesundet, so schießen
nach kurzer Zeit aus tieferen Gewebsschichten
Lupusknötchen empor, die sich sehr viel wider¬
standsfähiger verhalten, als die, welche auf nicht
vorbehaudeltem Gewebe entstehen.
Bez. der Exzision circumscripter Lnpus-
lierde sei bemerkt, daß gerade diese Herde die
dankbarsten Objekte für Finsenbehandlung sind;
es wird nicht nur ein ausgezeichnetes kosme¬
tisches Resultat erzielt, sondern auch rasche
Ausheilung und soweit es Referent an dem
Material des Kopenhagener Finseninstitutes so¬
wie an eigenem Krankenmaterial beobachten
konnte, ohne Rezidiv.
Was die Röntgenbehandlung des Lupus
anbelangt, stimmt Referent dem Autor bei,
möchte dieselbe aber namentlich auch auf den
L. hyperthroph. ausgedehnt wissen.
W e 11 e r e r.
P. Fleischmann. Die bei der Präcipitatiou be¬
teiligten Substanzen in ihrem Verhalten
gegenüber photodynamischen Stoffeu. M.
M. W. No. 15. 1905.
Verfasser kommt auf Grund seiner Ver¬
suche mit Eosin, Safranin, Methylazurlösnng zu
folgendem Resultat: Eosin etc. vermag bei
hinreichender Belichtung präcipitierende Sera
ihres spezifischen präcipitierenden, präcipitable
Substanzen ihrer präcipitablen Gruppen zu be-
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Referate.
33?
rauben, während die Fähigkeit der reziproken
Bindung erhalten bleibt. Auch ein nicht mit
Eosiu versetztes präcipitierendes Serum kann
durch intensive Belichtung allein derart ver¬
ändert werden, daß es einen spezifisch hemmen¬
den Einfluß aut' die Präcipitation ansübt. Beider
präcipitablen Substanz konnte ein derartiger
Vorgang nicht beobachtet werden. W.
A. Jodelhauer und Tappeiner. Ueber die Be¬
ziehung der Wirkung der pbotodynamischen
Stoffe zu ihrer Konzentration. M. M. W.
19115. No. 47.
Verfasser knüpfen an die Mitteilungen
Stranb’s an, welcher in seiner ersten Mit¬
teilung zu dem Ergebnis kam, daß von einem
gewissen minimalen Grenzwert ab die Jodab-
spaltnng ans der Jodkaliumlösung proportional
der Eosinconcentration wächst und in einer 2.
Mitteilung, daß man mit ein und derselben
Menge Eosin bei gleicher Dauer der Belichtung
nm so mehr Jod abspalten kann, je verdünnter
die Eosinlösung ist. Nach den Untersuchungen
der Verfasser kommt in keinem dieser Sätze der
wahre Sachverhalt zum Ausdruck. Das Resultat
ihrer Versuche mit Jodkalium und Invertin¬
lösungen (Schalen- und Schüttelversnche) ist
folgendes: Sowohl die Jod a bs p a 1 tu n g
ausJodkalium als auch die Schädigung
des Invertins steigt mit abnehmender
Konzentration des Eosins zu einem
Maximum an und fällt sodann zunächst
langsam, dann schwach. Die Lage des
Maximumsist nahebei Konzentration
1(2000 normal. Die Verfasser ziehen daraus
Folgerungen für die therapeutische Verwendung.
W.
R. Werner. Zur chemischen Imitation der bio¬
logischen Strahlenwirkung. M. M. W. No.
1905.
Verfasser hat bei seinen Versuchen mit
Radium gefunden, daß die Reaktionszone um ein
beträchtliches über die Zone des bestrahlten
Beziiks hinausgeht, besonders nach vorheriger
Sensibilisiernng des betreffenden Hautbezirks,
die in der Anwendung thermischer, chemischer
und mechanischer Reize besteht. Daraus schließt
Verfasser, daß im Bestrahlungsbereich toxisches
Agens gebildet werde, welches die durch die
Radiumbestrahlung hervorgernfene biologische
Veränderung auf die Nachbarschaft propagiert.
Versuche mit Lecithin, das nach Be¬
strahlung mit Radium dem Körper intrakutan
einverleibt wurde, erzeugt eine der Iiadium-
dermatitis gleiche Hantverändernng, während un¬
bestraftes Lecithin reaktionslos ertragen wurde.
Eine ähnliche Aktivierung des Lecithins
Archiv f. nhysik. Medizin etc.
gelang auch durch Röntgenstrahlen. Eine weitere
Reihe von Versuchen mit Lecithin, das durch
längere Zeit der Wirkung einer Salzsäurepepsin¬
lösung ansgesetzt wurde, deren Ferment dann
bei der Neutralisierung durch Alkali seiner
Eigenwirknng beraubt wurde, ergab dieselbe
Aktivität wie bestrahltes Lecithin. Ein ähn¬
licher Effekt wurde durch Ozonisierung einer
Lösung von Lecithin in Alkohol und Öl erzielt,
Verfasser versuchte die Ozonisierung auch anderer
Substanzen (Cholestearin, Terpentinöl) mit ähn¬
lichen Resnltaten wie bei dem Lecithin und kam
zu dem Schlüsse, daß die Einbringung von Sauer-
8tofl'iiberträgern in das Gewebe oder die Ab¬
spaltung von solchen in letzterem den gemein¬
schaftlichen Berührungspunkt zwischen den
Prozessen bilden, welche bei der direkten Be¬
strahlung einerseits und bei den Imitationsver-
snchen andererseits hervorgerufen werden. Die
Rolle des Lecithins im Körper bei der Bestrahlung
würde sich dann etwa so gestalten, daß es durch
die Strahlen oder das von diesen gebildete Ozon
labilisiert oder eventuell auch, falls es in nicht
zu festen Bindungen Vorkommen sollte, direkt
abgebaut, wahrscheinlich aber sodann von den
Fermenten angegriffen und weiter zerstört wird.
Hierbei würden Sauerstoff Überträger frei, die
ihrerseits wieder den Prozeß zu pro pagieren
vermögen. W.
R. Werner. Erworbene Photoaktivität dei Ge¬
webe als Faktor der biologischen Strahlen¬
wirkung und ihre Imitation (M. M. W.
1906. No. 1.)
V. bringt durch photographische Versuche
den Nachweis, daß normales Körper- sowie thera¬
peutisch nicht beeinflußtes Tnmorgewebe nur eine
sehr schwache Photoaktivität besitzt, während
Haut, welche mit Radium bestrahlt oder mit
Cholin lokal injiciert wurde, zum mindesten im
Stadium beträchtlicher Reaktion ein sehr kräftiges
Lichtemissionsvermögen erkennen läßt; das
letztere ist auch bei Tnmorgewebe der Fall,
das durch X Strahlen erweicht war. Die Er¬
höhung der Gewebsphotoaktivität ist somit ein
sowohl der Reaktion der Gewebe auf Strahlen¬
wirkung, wie den diese imitierenden Prozessen
gemeinsames und für beide bis zu einem ge¬
wissen Grade sicherlich auch charakteristisches
Moment. Es gelingt die Imitation der Strahlen¬
wirkung am besten mit jenen Substanzen,
welche bei langsamer Oxydation im alkalischen
Medium, unter Bedingungen also die im leben¬
den Gewebe erfüllbar sind, selbstleuchtend
werden (Radziszewsky).
Der ganze Prozeß der biologischen
Strahlenwirkung erweist sich als ein Vorgang,
der einmal von der direkten Wirkung auf die
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338
Referate.
Fermente, oder allgemein gesagt von direkter
Beeinflnssnng des Zellstoffwechsels, ferner vod der
photochemischen Labilisierung des Lecithins
etc., sowie endlich von der Bildung von Ozon in
den Geweben eingeleitet wird. Das langsame
Anscbwellen der Intensität des ganzen Vorgangs
durch die gegenseitige Förderung der einzelnen
Komponenten erklärt wohl auch die lange
Latenszeit schwacher Strahlendosen. V. führt
desgleichen die schwere Heilbarkeit der radiogenen
Ulcerationen darauf zurück, daß das nachwach¬
sende Gewebe unter dem Einflnß des histolytischen
Prozesses immer wieder zerstört wird, bis eine
Generation von Zellen entsteht, die den un¬
günstigen Bedingungen angepaßt ist, so daß sie
weiter vegetieren und schließlich die erkrankten
Partien abstoßen oder resorbieren kann. W.
Die Behandlung von Tabes dorsalis mittelst
ultra-violetten Lichtes. (Referiert in „Treat¬
ment“, Jan. 06).
Dr. J. Monroe Liebermann hat 36 Fälle
von Tabes dorsalis mittelst ultravioletten Lichtes
behandelt und folgende Resultate erzielt: vier
Patienten erlangten scheinbar die Gesundheit
wieder und konnten ihren Berufen nacbgehen;
zwölf wurden sehr gebessert. Achtzehn erlangten
einen Stillstand im Krankheitsprozeß nnd
lassen auf weitere Besserung hoffen.“ Zwei
starben, der eine an Pneumonie, der andere an
Erysipel des Kopfes.
Die Art der Behandlung war folgende:
1. Ein warmes Halbbad abends mit leichter
Massage, 2. Anwendung ultra violetten Lichtes
in Sitzungen von zehn bis dreißig Min. Dauer,
dreimal wöchentlich. Da angeblich die Licht¬
strahlen bei Blutleere der Haut die Fähigkeit
erhalten, in die Tiefe zu dringen, so wurde
jene vorher durch kataphoretische Einverleibung
von „Adrenalin Chloride“ (1 : 1000) blutleer ge¬
macht. Die mit Gaze überzogene Elektrode
wurde mit dieser Lösung getränkt, nnd an der
zu behandelnden Stelle aufgesetzt, die andere
auf das Abdomen. Benutzt wurde eine Ultra¬
violett-Lampe mit großen Leydener Flaschen
versehen und durch eine statische Maschine in
Funktion gesetzt. In einer Sitzung sollen nur
zwei Stellen in Angriff genommen nnd mit den
Stellen in den folgenden Sitzungen abgewechselt
werden. Nötig waren deren zahlreiche. Ein Fall
bedurfte 146, ein anderer 258 Applikationen.
Franze-Nauheim.
Prof. Dr. Edlefsen. Weitere Untersuchungen
über die Einwirkung des Sonnenlichtes auf
flnoresziereude Substanzen. (M. M. W.
1905. No. 41.)
V. gibt eine einfache Methode zum Nach¬
weis der oxydierenden Kraft bei der photo¬
dynamischen Wirknng der fluoreszierenden Sub¬
stanzen an. Setzt man eine etwa 1-prozentige
frische neutrale wässerige Lösung des leicht
oxydierbaren Pyrogallols mit der Lösung des
fluoreszierenden Stoffes vermischt einige Zeit
der Einwirkung des Lichtes aus, so genügt das
einfache Ausschütteln mit Aether, um die einge¬
tretene Oxydation nachzuweisen, die sich darin
zn erkennen gibt, daß der Aether sich durch
Aufnahme des Oxydationsprodnktes mehr oder
weniger dunkel zitronengelb färbt. Weniger
gnt eignet sich das Pyrogallol zmn Nachweise
des in reinen verdünnten wässerigen Lösungen
fluoreszierender Stoffe bei der Belichtung oder
rascher bei der Besonnung entstehenden und an
den fluoreszierenden Körper in Peroxydform an¬
gelagerten Sauerstoffs (Straub, Luther und
Schilow). Zu diesem Zwecke hat sich dem Ver¬
fasser immer noch das schwefelsaure Eisen¬
oxydul am besten bewährt. — Des weiteren be¬
richtet Verfasser über einige besondere unter
der Wirkung des Lichtes sich vollziehende
chemische Vorgänge. Der ätherische Auszug bei
der Pyrogallolprobe zeigt fast immer dieselbe
Fluoreszenz wie der benutzte Farbstoff, die
jedoch fast ausnahmslos erst auf Zusatz einiger
Tropfen Alkohol deutlich hervortritt. Dieser
Vorgang erklärt sich dadnrch, daß neben dem
Oxydationsprodukt auch etwas von dem ange¬
wandten Farbstoff in den Aether übergeht. In
einzelnen Fällen kommt es, wie man beim Aus¬
schütteln mit Aether erkennt, auch zur Bildung
neuerFarbstoffe. W.
Dr. 0. Bernhard-Samaden: Therapeutische Ver¬
wertung des Sonnenlichtes in der Chirurgie,
(Zeitschrift für diätetische und physikalische
Therapie.)
Verfasser schildert nach einer orientierenden
physikalischen Einleitung über Wärme resp.
Lichtstrahlen seine Erfolge bei der Nachbe¬
handlung einer großen Reihe chirurgischer Er¬
krankungen, speziell die überaus günstige Be¬
einflnssnng der Heilung granulierender Wunden,
sowohl was Kosmetik anhelangt, als auch die
günstige Beeinflussung des zeitlichen Heilungs-
verlaufs dnrch Insolation Verfasser macht auf-
nierk-am auf die für die Sounenlichtbehaudlung
äußerst günstigen Verhältnisse iu der Höhen¬
lage — die aktinische Wirkung der Sonne
nimmt ab mit dem Quadrat der Entfernung des
Strahleuspenders von der bestrahlten Fläche —
und hebt hervor, daß auch im Winter die In-
solationsbehaudlung für einige Stunden des
Tages ganz gut durchzufilhren sei, da selbst bei
einer Lufttemperatur von —20° das Strahlungs¬
thermometer noch eine Temperatur von 25—30°
Wärme anzeigt.
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Tieferate.
339
Verfasser läßt die Frage offen, welche
Momente bei der Insolationsbehandlnng ans-
schlaggebend sind, ob die anstrocknende Wirkung,
ob die bakterizide Wirkung, ob die chemische
Wirkung der Sonnenstrahlen. Es scheint, daß
durch die chemische Wirkung des Ultravioletts
im Verein mit der anstrocknenden Wirknng der
Luft, wenigstens bei der Behandlung granu¬
lierender Wunden, die Heilung heibeigeführt
wird. Die baktericide Wirkung scheint eine Rolle
hierbei nicht zu spielen. W.
Balneologie und verschiedene physikalische Methoden.
Luff, M. D., II. Sc. etc. Sonic diseases in
Relation t.o Spa treatnient („The Lancet“
!). 12. OK.)
Autor bespricht einige Erkrankungen
in ihren Beziehungen zur Behandlung in Bade¬
orten. Zu diesen Behandlungsmethoden rech¬
net er das Trinken der Mineralwässer und ihren
Gebrauch zu Bildern, ferner Diät,, Bewegung
und „akzessorische“ Methoden wie elektrische
Lichtbäder, Elektrotherapie und Massage.
Zunächst weist er den Vorwurf zurück, daß
der Wert des innerlichen Gebrauchs der
Mineralquellen nur in der Flüssigkeitszufuhr
liegt. L. setzt dann kurz die Jonentheorie
auseinander und führt — wie oft betont
worden ist — den größeren therapeutischen
Erfolg der an der (Quelle getrunkenen Wässer
auf ihre Radioaktivität zurück, die bekannt¬
lich beim Lagern in Flaschen verloren geht.
Den Wert der Bäder erblickt Autor haupt¬
sächlich in der Verbesserung der Hauttätig¬
keit und beklagt, daß in den englischen Bade¬
orten die Diät vernachlässigt werde und sie
auch in Bezug auf Unterhaltung hinter den
Kontinentalen zurückstehen. Sodann geht er
zur Besprechung einiger Krankheiten Uber.
Gicht.
Die Ursache der Gicht erblickt L. in
einem fehlerhaften Stoffwechsel wahrschein¬
lich des Darms und der Leber als deren Re¬
sultat es zur Autointoxikation kommt. Hier¬
auf folgt die Abscheidung von Natriumbiurat,
womit es zur Klimax des typischen Gichtan-
falls kommt. Dabei glaubt L. in der Harn-
säureablageruug mehr ein Symptom als das
eigentliche Wesen der Krankheit erblicken zu
müssen. Dieses hat seine Wurzeln nacli seiner
Anschauung im lntestinaltrakt, was er u. a.
daraus schließt, das Colchicum, wie aus Ver¬
giftungen damit hervorgeht, eine starke
Wirkung auf die Därme hat; daraus gehe
hervor, daß es bei Gicht ebenfalls vom Darme
aus wirke.
Bei der Trinkkur gegen Gicht muß
Rücksicht bei der Wahl der Quelle darauf
genommen werden, ob man beabsichtigt, in erster
Linie die gichtischen Ablagerungen zu besei¬
tigen, eine träge Leber anzuregen, die
begleitende Dyspepsie anzugreifen, einen
chronischen Gastro-intestinalkatarrh zu heben,
die Nieren zu beeinflussen oder endlicli die
gichtischen Affektionen der Haut zu be¬
seitigen.
Clironischer Gelen krJieumatismus.
Das Wesen dieser Erkrankung erblickt
L. in der Anwesenheit von Mikroorganismen
im Blut, wohin sie meistens vom Darm aus
gelangen, sich dann in den Gelenken ansiedeln,
und die bekannten pathologisch-anatomischen
Veränderungen hervorrufen. Autor hält die
Erkrankung für heilbar im Anfangsstadium.
Im Gegensatz zur Gicht bedürfen die Patienten
einer kräftigen Ernährung; daher ist eine
Verwechslung folgenschwer. Obwohl die
medikamentöse Behandlung unentbehrlich ist,
so sind Trinkkuren, lokale Hitzeanwendungeu
in Gestalt, von überhitzter Luft, elektrische
Lichtbäder etc. nützlich. Am wirksamsten
ist die Duscben-Massage mit heißem Wasser,
ferner Moor- und Salzbäder; gute Dienste
tun aucli gymnastische Bewegungen und
Massage.
Andere chronische rheumatische
Affektionen.
L. fast hierunter nicht die eigentlichen
rheumatischen Gelenk Veränderungen, sondern
die Zustände, die wir als chronischen Muskel¬
rheumatismus bezeichnen, zusammen. Patho¬
logisch-anatomisch handelt es sicli hierbei
um eine Hyperplasie des Bindegewebes der
Gelenke, Muskeln und Knochen, hauptsächlich
also der Aponeurosen, Faszien, Insertionen
der Muskeln und des Periosteums. Die
Fibrosierung tritt herdweise auf und wird
durch Erkältungsursachen hervorgerufen
sowie durch Trauma oder den Reiz von
Mikroben und Toxinen; solche Indurations¬
herde finden sich auch in den Muskeln zer¬
streut und geben zu Schmerzen Anlaß.
Außer den erwähnten ursächlichen Momenten
schreibt Autor auch der Resorption von
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340
"Referate.
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Giften aus dem Gastrointestinaltrakt eine
Rolle in der Ätiologie des chronischen Muskel-
rheumatismus zu. Als Behandlungsmethoden
kommen in Betracht: heiße Bäder, Dampf-,
Salz-, Moor-, elektrische Lichtbäder, überhitzte
Luft, Massage, Elektrotherapie. Eine besondere
Diät ist nicht nötig. Emphatisch wendet sich
L. gegen die Anschauung, daß die Harnsäure
irgend etwas mit diesen Affektionen zu
tun habe. Franze-Nauheim.
Witthauer K. Retroflexio und Vibrations-
massage. M. M. W. 1905 No. 47.
W. steht auf dem Standpunkt, daß eine
unkomplizierte mobile Retroflexio keine Be¬
schwerden macht. Wenn nicht Erkrank¬
ungen des Uterus und der Adnexe vorhanden
sind, sind die Beschwerden nicht Folgen der
Retroflexio an sich, sondern der para- oder
perimetritischen Stränge. Werden diese mit
Vibrations-Massage behandelt, dann verschwin¬
den die Beschwerden, selbst wenn der Uterus
für die Folge in seiner falschen Lage ver¬
bleibt. Für die Vibrationsmassage gelten als
Contraindieationen entzündliche Prozesse,
Schwangerschaft, Abszesse etc. V. macht die
Vibrationsmassago mit dem Bihlmaier’schen
Apparat mittelst einer vibrierenden Hart-
gummikugel, die langsam (unter 1000 Schwin¬
gungen p. h.) vibriert, dehnt nur ganz lang¬
sam unter Leitung des Fingers und erzielt in
14 Tagen bis 3 Wochen vollen Erfolg. Sind
die Stränge sehr dick, so läßt er auch heiße
Vaginaldouchen machen oder spritzt Fibro-
lysin ein. Eine Applikation der Kugel auf
den Uterus selbst macht den schlaffen Uterus
härter und erhält ihn leichter reponiert. W.
Renner. Über Bier’sche Staunngshyperämie
bei Augenkrankheiten. (M. M. W.
1906 No. 2.)
V. versuchte Bier’sche Stauung durch
Anlegen des Halsbandes bei verschiedenen
Augenerkrankungen und erzielte wesentliche
Erfolge bei Keratitis parenchymatosa. Ge¬
ringer Erfolg bei Ulcus serpens. Kein Erfolg
bei ekzematös-phlyktänulösen und katarrhali¬
schen Geschwüren der Cornea; desgleichen
bei alten Hornhauttrübungen ohne gleich¬
zeitige Gefäßentwicklung. W.
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Tagesgcscliichte, Zeit- und Streitfragen.
841
IV. Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen.
(Artikel unter eigener Verantwortung der Herren Einsender.)
Unfallversicherung und Röntgenschädigung. III. Internationaler Kongreß für mediz. Elektrologie
und Radiologie zu Mailand am 5.—9. Sept. 06. Synthese des Eiweißes. Tarif für radiologische
Untersuchungen. Neue Vorschläge für den Ersatz des elektrischen Vier-Zellen-Bades.
Unfallversicherung und ROntgenschädi-
gung. Mit der zunehmenden Beschäftigung von
Aerzten mit Röntgenstrahlen ist es begreif¬
licherweise nicht ansgeblieben, daß eine Anzahl
Aerzte Schädigungen, namentlich'.die bekannten
HautTerändemngen an den Händen, infolge ihrer
beruflichen Tätigkeit auf dem Gebiete der Radi¬
ologie davongetragen haben. Eine Anzahl der
Geschädigten hat von den Gesellschaften, bei
denen sie gegen Unfall versichert waren, Ent¬
schädigungen verlangt, was seitens dieser Ge¬
sellschaften in vielen Fällen abgelehnt wurde;
es kam dann zu Prozessen, in denen die ge¬
schädigten Aerzte Recht behielten und die Ge¬
sellschaften zur Entschädigung verurteilt wurden.
Daraufhin haben diese letzteren ausdrücklich die
Gesundheitsstörungen infolge von Beschäftigung
mit Röntgenstrahlen von der Entschädigung
durch eine besondere Klausel in der Police
ausgeschlossen.
Demgegenüber hat sich die Kölnische
Unfallversicherungsgesellschaft ausdrücklich be¬
reit erklärt, ohne Mehrzahlung allen bei ihr
gegen Unfall versicherten Radiologen auch die
Schädigung durch Röntgenstrahlen zu vergüten.
Die betreffende Klausel, die der Police hinzuge-
fügt wird, lautet:
„Schädigungen durch Röntgenstrahlen
werden von der Gesellschaft wie haftpflicht-
mäßige Unfälle entschädigt.“
In der Annahme, daß unsere geschätzten
Leser ein bedeutendes Interesse haben dürften,
hiervon in Kenntnis gesetzt zu werden, haben
wir diese Tatsachen hiermit bekannt gegeben.
III. Internationaler Kongress für medizinische
Elektrologie und Radiologie zn Mailand
5.-9. September 1906.
Der III. internationale Kongreß für
medizinische Elektrologie und Radiologie, welcher
1905 in Amsterdam stattfinden sollte, ist be¬
kanntlich wegen des gleichzeitig tagenden Berliner
Röntgenkougresses ausgefallen.
Das Hauptkomitee hat nun in seiner
Sitzung vom 16. November 1905 beschlossen, um
die periodische Wiederkehr des Kongresses nicht
zn lange zu unterbrechen, den nächsten Kongreß
noch in diesem Jahre in Mailand vom 5.—9.
September stattfinden zu lassen.
Präsident des Kongresses ist Prof. Bozzolo-
Turin, Generalsekretär Dr. Lnraschi-Mailand.
Für das Hauptkomitee zeichnen Prof.
Triepier als Präsident, Prof. Doumer als General¬
sekretär.
Folgende Themata sind bisher zum Referat
bestimmt:
1. Das Gesetz der elektrischen Nerven-
reizung (Ref.: Cluzet-Toulonse).
2. Ueber die Erregbarkeit der verschie¬
denen Muskeln und Nerven (Ref.:
Joteyko-Brüssel).
3. Die Grundprinzipien der modernen
Elektrotherapie (Ref.: Donmer-Lille).
4. Die Elektrizität bei Hautkrankheiten
(Ref.: v. Lnzenberger-Neapel).
5. Behandlung der chirurgischen Tuber¬
kulose mit Hochfrequenzströmen (Ref.:
Denoyes).
6. Messung der faradischen Ströme (Ref :
Wertheim-Salomonson-Amsterdam).
7. Ueber stereoskopische Radiographie
(Ref.: Guilloz-Nancy).
8. Behandlung der oberflächlichen Carzi-
nome (Ref.: Schiff-Wien).
9. Behandlung der tiefen Carzinome.
10. Therapeutische Wirkungen des Radium
(Ref.: Ondin-Paris).
11. Der gegenwärtige Stand der Photo¬
therapie.
Mit dem Kongreß wird eine Ausstellung
verbunden sein. Besichtigungen der Kunstdenk-
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342
Tagesgescliichte. Zi-il- mul Streitfragen.
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mäler Mailands werden unter sachverständiger
Führung stattfinden. Der Beittag beträgt für
ordentliche Mitglieder 25 Franken, für außer¬
ordentliche 12,50 Franken. Xur die ersteren sind
berechtigt, in den Sitzungen das Wort zn
ergreifen.
Anmeldungen von Vorträgen sind an Prof.
Donmer, Lille, 57 Rne Nicolas Leblanc, zu richten.
Anmeldungen zur Teilnahme und Sendung des
Beitrages entweder an den zweiten Schriftführer
des Hauptkomitees, Dr. Montier, Paris, Rne de
Miromesnell 11 oder an Dr. Lnraschi, Mailand,
Via St. Andrea 11.
Der Unterzeichnete, welcher von dem
Hauptbomitee die ehrenvolle Aufforderung er¬
halten hat, als „correspondent pour l’Allemagne“
des Kongresses zu fungieren, wird gern nähere
Auskunft über alle den Kongreß betreffenden
Angelegenheiten erteilen.
Privatdozent Dr. Ludwig Mann, Breslau.
Synthese des Eiweisses, Der Münch.
Med. W. No. 3. 1906 entnehmen wir folgende
Notiz: Am 6. Januar hielt Prof. Emil Fischer
in Berlin vor der deutschen chemischen Gesell¬
schaft ein Vortrag über seine Arbeiten zur
Synthese des Eiweißes. Wenn anch die
Kommentare der Tagespresse über das Ziel
hinaus gehen, so steht es doch fest, daß Fischer
in der Richtnng der Synthese des Eiweißmoleküls
ein bedeutendes Stück vorwärts gekommen ist.
Es gelang ihm nämlich, gewisse peptonähnliche,
von ihm Polypeptide genannte Körper, die die
wichtigsten Reaktionen des Peptons geben,
synthetisch herznstellen.
Tarif für radiologische Untersuchungen.
Im Novemberheft No. 177 der Archives d’elec-
tricitd müdicale, experimentales et cliniques. ist
ein Honorartarif des Verbandes der
Aerzte der Gironde enthalten, der sich anf
radiologische Untersuchungen bei Betriebsunfällen
bezieht.
Es dürfte vielleicht interessieren, diese
Honorarsätze kennen zu lernen:
Durchleuchtung.10 Frcs.
Aufnahmen:
Hand.20 „
Vorderarm, Ellbogen, Arm, Faß, Knie 30 „
2 Aufnahmen.50 „
Oberschenkel, Schulter.40 „
Thorax, Schädel.50 „
2 Aufnahmen.70 „
Kindliches Becken unter 15 Jahren . 50 r
Beckenanfuabmen bei Erwachsenen . 70 .
Neue Vorschläge für den Ersatz des
elektrischen Vier-Zellen-Bades. Die Einführung
des elektrischen Vier-Zellen-Bades durch Schnee
ist zweifellos eine nützliche Bereicherung der
Technik der allgemeinen Elektrisation. Es ist
eine bequeme, exakte, für den Patienten ange¬
nehme und milde Applikationsart der gebräuch¬
lichen elektrischen Ströme. Selbstverständlich
ist es kein Bad im eigentlichen Sinne des
Wortes, sondern das Wasser dient blos als
stromznfiihrendes Agens. Es verteilt sich anf
diese Weise der Strom über sehr große Eintritts¬
flächen: denn als Elektroden sind natürlich die
vom Wasser umspiilten Hautoberflächeu der Arme
und Füße nebst Unterschenkel zn betrachten.
So ist es möglich, große Stromstärken ohne
Schmerz in den Körper einzuführen und des
weiteren, den Strom genau zu dosieren und auf
bestimmten Bahnen durch den Körper zn leiten.
In den Berichten über das Vierzellen-Bad
sind ihm aber viele übertriebenen, reklaraehaften
Lobpreisungen zuteil geworden, die, wie immer
in solchen Fällen, den kritischen nnd ernsten
Forscher eher abschrecken als anziehen. Die
wahren Vorzüge des Verfahrens, wie sie im
Obigen kurz, wenn anch nicht erschöpfend, an-
gedentet wurden, erleiden selbstverständlich da¬
durch keinen Abbruch.
Weniger angenehm berührt der Umstand,
daß in der Patentschrift das Verfahren als
solches geschützt ist, da, wenn es allgemeiner
üblich würde, derartige Patente für ein bloßes
therapeutisches Verfahren an sich zu nehmen,
«lies zu einer ernsten Beeinträchtigung der Frei¬
heit des ärztlichen Handelns und*somit zn einer
Beeinträchtigung der leidenden Menschheit
führen würde.
Von diesem Gesichtspunkte aus müssen
wir es mit Freuden begrüßen, daß von Winter¬
nitz in Halle der Versuch gemacht worden ist,
einen einfachen Ersatz des elektrischen Vier-
zellen-Bades einznführen. (Münchener Med.
Wochenschr. 19. 9 05.) Es handelt sich um
einen sogenannten Elektrodentisch. Gewiß kann
dieser Tisch nach manchen Richtungen hin das
Vierzellen-Bad ersetzen. Jedoch mnß betont
werden, daß ihm keineswegs alle Vorteile des
letzteren znkommen, geschweige denn eine
Ueberlegenheit über es. Es muß auch betont
werden, daß, wer gesonnen ist, das Vierzellen-
Bad in dieser Weise zn ersetzen, dazu nnr 4
große Elektroden, aber keinen besonderen „Elek¬
trodentisch“ anznschaffen braucht.
Fast in denselben Tagen wie jene Nummer
der Münchener M. W. erschien meine Broschüre:
„Technik, Wirkungen nnd Indikationen der
Hydro-Elektrotherapie etc.“, in der ich bei meiner
Kritik des Vierzellenbades in ähnlicher Weise
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Tagesgeschichte, Zeit- und Streitfragen,
343
die übertriebenen Lobpreisungen dieses Apparates
auf ihren wahren Wert znrückznführen ver¬
sucht habe.
Ferner hat Philippson in Hamburg in No.
8 der Deutschen Med. Wochenschrift 1906 einen
anderen Ersatz des Vierzellen-Bades vorge¬
schlagen, Er wendet einfach 4 Gefäde aus
Nickel bezw. ans Zinn an nnd läßt den Patienten
anf einem gewöhnlichen Stuhl sitzen.
Referent begrüßt an sich diesen nahe¬
liegenden nnd einfachen Vorschlag znr Verall¬
gemeinerung des wertvollen Verfahrens mit
Freuden, möchte es aber dahin gestellt sein
lassen, ob solche, die diesem Beispiele folgen,
nicht mit dem Patentrechte in Kollision geraten
könnten. Es wird in ihrem eigenen Interesse
liegen, sich vorher ganz genau hierüber zu
orientieren; denn — mirabile dictn — nach der
Patentschrift ist, wie schon erwähnt, „das Ver¬
fahren“ selbst (nicht etwa bloß der gebrauchte
Apparat) geschützt.
Franz e-Nauheim.
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344
Fortschritte der Technik.
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Beiblatt zum Archiv für physikal. Medizin und
mediz. Technik.
Fortschritte und Neuheiten der physikalischen, chemischen und
pharmazeutischen Industrie in ihrer Bedeutung und Anwendung für
das Gesamtgebiet der praktischen Medizin.
Fortschritte der Technik.
A. Allgemeiner technischer Bericht.
H.. Bordier et J. Galimanl.
Sur la rrgeneration et la recuperation du platino-cyanure de baryum
des 6crans brunis.
(Archive» dV.lectricite me.dicale, experimentales et cliniqucs. Nov. 190i>. No. 177.)
Die Autoren geben ein Verfahren an, wodurch das Bariumplatin-
cyanür der Leuchtschirme, das durch Röntgenstrahlen oder Hitze gebräunt
wurde, regeneriert werden kann.
Der Schirm wird in kleine Stücke geschnitten und in destilliertem
Wasser gekocht. Man läßt die Stücke 1—2 Tage in diesem Wasser ziehen
und erhitzt es einigemale bis zum Siedepunkt. Dann filtriert man die Brühe
und fährt mit Wässern fort, bis kein Baryumsalz mehr auf dem Carton zu¬
rückbleibt.
Alles abgegossene Wasser muß gesammelt und darauf im Wasser¬
bade bis zum vollständigen Eintrocknen des Salzes verdampft werden. Das
braune, mehr oder weniger gut krystallisierte Salz wird in einem möglichst
geringen Quantum kochenden Wassers aufgelöst. In dem Augenblick der
vollständigen Auflösung gießt man das doppelte Quantum 93° Alkohols hin¬
ein, worauf sich schmutzigweiße Flocken bilden. Das Ganze wird nochmals
filtriert und verdampft, bis sich beginnende Krystallisierung zeigt. Durch
mechanische Hin- und Herbewegung gewinnt man nun feste, hellgrüne
Krystalle; das B.-Platincyanür ist vollständig regeneriert.
Mit der letzten Reinigungsbrühe wird nun wiederum verfahren wie
oben beschrieben, d. h. sie wird verdampft, mit Alkohol versetzt lind
krystallisiert.
Das so regenerierte B.-Platincyanür kann dann zur Fabrikation neuer
Leuchtschirme verwendet werden. Die Regenerierung wäre weit weniger
mühsam und zeitraubend, wenn die Bariumsalzkrystalle auf dem Schirm mit
Wasser in Verbindung gebracht werden könnten. Es wäre demnach zu
wünschen, daß in Zukunft die Schirmfabrikanten diesen Punkt berück¬
sichtigten, der in praktischer Hinsicht von großer Bedeutung ist.
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Fortschritte der Technik. 345
B. Einzelberichte.
Ein neues elektromedizinisches ITniversal-Instrumentarium.
Die in der ärztlichen Praxis zur Anwendung gelangenden elektro-
medizinischen Methoden lassen sich in zwei Gruppen teilen, von denen die
eine Gruppe, die sogenannte alte Elektromedizin, sich auf die Anwendung
galvanischer und faradischer Ströme beschränkt und allenfalls die Elektrizität
noch zur Beleuchtung (Endoskopie) und zum Brennen (Kaustik) benutzt.
Zu diesen alten bewährten Methoden haben die letzten Jahre neue
gebracht. Man verwendet den elektrischen Strom therapeutisch anders als
bisher, und zwar, indem man andere Formen des Stromes zur Anwendung
bringt. Es charakterisiert sich ja jede
Erscheinung elektrischer Art in drei
Dimensionen, der Stromspannung, der
Stromstärke und der Stromart oder
Stromform. Von den verschiedenen
Stromformen aber haben die Alten fast
nur den Gleichstrom gekannt und be¬
nützt.
In unserer modernen Technik sind
nun die Gleichströme in ihrer Anwendung
gegenüber der anderen Stromform, den
Wechselströmen, zurückgetreten. Des¬
wegen wurden bald Versuche gemacht,
technische Wechselströme physiologisch
zu benutzen. Man bekam dabei ein
Resultat, das etwa der Mittellinie zwischen
der alten Galvanisation und der alten
Faradisation entsprach. Es ist ein Gal¬
vanisieren, aber kein solches mit gleich¬
gerichteten Strömen, sondern ein vibrie¬
rendes Galvanisieren. Es ist auch ein
Faradisieren, aber wiederum keines mit
den zuckenden, flatternden, aufreizenden
Impulsen, wie sie der Dubois-Reymond
gibt und die in der disruptiven Arbeit
der mechanischen Unterbrecher ihre
Ursache haben.
Von der Benutzung der Wechsel¬
ströme ging man dann über zur Benut¬
zung schwingender Gleichströme. Damit
erhielt man noch mildere Wirkungen
weil diese Ströme sich nur in Spannung und Stärke, nicht aber in der
Richtung ihres Impulses ändern. Es ist der pulsierende Gleichstrom, ein
Mittelding zwischen der alten Galvanisation und der Benutzung der technischen
(sinusförmigen) Wechselströme. Ein weiterer bedeutender Fortschritt in der
Entwicklung des elektromedizinischen Kabinetts der ärztlichen Praxis wurde
durch den weitgehenden Ausbau der elektrischen Bäder getan. Das Schnöe’sche
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346
Fortschritte der Technik.
Vier-Zellen-Bad — eine meines Erachtens durchaus praktische Erfindung,
wie ich an dieser Stelle erwähnen möchte — hat sich nach langen Kämpfen
doch ziemliche Verbreitung verschafft. Neuerdings ist es ersetzt worden
durch verschiedene Modifikationen der Stromzuführung (mit Hülfe von
Platten statt durch Wannen u. dergl.). Daß diese Ersatzmittel brauchbar
sind, ist ebensowenig zweifelhaft oder strittig, wie, daß sie vom physikalischen
Standpunkt aus nicht so gut sind wie die Original-Idee des Vier-Zellen-Bades.
Auch bei der Benutzung der Bäder wird nun von allen diesen neuen
Methoden der Stromapplikation Gebrauch gemacht. Man gibt, wie früher,
galvanische und faradisc.he Bäder, aber man gibt noch viel mehr Wechsel¬
strom-Bäder und Bäder mit pulsierendem Gleichstrom. Man gibt diese Bäder
in verschiedenen Formen als Wannenbäder, Zellenbäder, monopolare Bäder.
Aber noch etwas hat die letzte Entwicklung dem Elektrotechniker in
der physikalischen Therapie an die Hand gegeben. Man benutzt die zur
Erzeugung der verschiedenen Stromformen nötigen Umformer gleichzeitig
als Kraftquellen für Vibrationsmassage, und dabei kommt die weitgehende
Regulierbarkeit und Anpassungsfähigkeit des Elektromotors als Kraftquelle
sehr zu statten.
Es ist also eine ganz große Reihe von Apparaten, die das Inventar
des modernen elektromedizinischen Kabinetts ausmachen, und es resultiert
selbstverständlich daraus das Bestreben, diese Apparate alle geschickt zu
kombinieren und daraus ein Universal-Instrumentarium zu bilden. Tatsäch¬
lich sind in dieser Beziehung von verschiedenen Konstrukteuren auch ver¬
schiedene Wege eingeschlagen worden.
Eine der vollkommensten oder vielleicht die vollkommenste Lösung
in dieser Beziehung stammt von Ingenieur Carl Beez, und wird von dem
Elektrotechnischen Laboratorium Aschaffenburg und Elektrotechnischen
Institut Frankfurt G. m. b. H., Frankfurt am Main, zur Ausführung gebracht.
Soll ein Instrumentarium — das ist die erste Idee für die Konstruktion —,
wirklich in so weitgehendem Maße universal sein, dann darf es vor allen
Dingen nicht an einen bestimmten Platz im Raume gebunden sein. Es muß
beweglich bleiben, womöglich auf Rollen ruhen, denn es ist unwahrschein¬
lich, daß in der Praxis alle Methoden an der gleichen Stelle des Zimmers
angewendet werden können und in der Regel werden sogar die Applikationen
lokaler Art in einem anderen Raume erfolgen als die in Bädern. Des
weiteren muß ein solches Instrumentarium eine nach allen Seiten hin zu¬
gängliche Konstruktion besitzen, sodaß man die verschiedenen zur Betätigung
kommenden Abteilungen des Apparates mit einem Blicke klar übersieht, und
zugleich wiederum so, daß man durch falsche Schaltungen oder falsche
Griffe nichts oder nicht viel verderben kann. Die Hauptschwierigkeit in¬
dessen ist anderer Art und besteht darin, alle die mannigfaltigen Leitungen,
Einzelapparate, Transformatoren, Condensatoren, Wicklungen am Motor und
Umformer, Vorschaltwiderstände, Abzweigwiderstände, untereinander so zu
kombinieren, daß es ein möglichst einfaches und billiges und dabei absolut
zuverlässiges Ganzes ergibt.
Der wegen seiner Vielseitigkeit „Multiplex“ genannte Apparat des
oben erwähnten Instituts besteht nun aus einem fahrbaren Holzuntergestell,
auf dem nach vier Seiten kleine Schalttafeln angeordnet sind. Die Schalt-
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Fortschritte der Technik.
tafeln tragen die zur Betätigung der einzelnen Abteilungen notwendigen
Schalt-, Regulier- und Meßapparate, wobei in dem von ihnen umschlossenen
Hohlraume sich die gesamten Leitungen, Hilfsgeräte, Spulen usw. befinden.
Über dem Ganzen ist ein Elektromotor aufgestellt, der aber nicht als
einfacher Elektromotor arbeitet, sondern mehrere Wicklungen besitzt und so
zur Erzeugung der neueren Stromarten Verwendung findet. Steht z. B. als
Primär - Stromquelle 110 Volt Gleichstrom zur Verfügung, dann läuft
diese Maschine mit 110 Volt entweder als Motor zum Betriebe einer bieg¬
samen Welle für Vibrationsmassage oder für Trephinen- oder Bohrhand¬
stücke, oder aber die Maschine läuft als Erzeugerin von technischen (sinus-
oidalen) Wechselströmen, oder sie läuft als Erzeugerin von pulsierendem
Gleichstrom. Alle diese Stromformen kann man nach Belieben an den seit¬
lichen Taldeaux in regulierbarer Stärke abnehmen. Aber damit nicht genug,
erzeugt dieser Motor auch den für die Kaustik notwendigen Strom, und zwar
lassen sich mit Hilfe einer geschickten Transformatoren-Anordnung aus einem
solchen Apparate bis zu 30 und 45 Ampere Stromstärke entnehmen, also
Ströme, die für die stärksten Brenner ausreichen, ohne daß deshalb die Ent¬
nahme von Primär-Strom aus der Lichtleitung 3 Ampere überstiege. Des¬
wegen kann man dieses Universal-Instrumentarium auch an jede Lichtleitung,
im allgemeinen ohne besondere Maßnahmen anschließen.
Um nun nochmals aufzuzählen, was alles mit diesem neuen Modell
möglich ist, so seien zuerst die alten elektromedizinischen Methoden genannt:
Galvanisation, Elektrolyse, Kataphorese, Endoskopie. Kaustik. Hierzu kommen
nun die neuen Methoden: sinusoidaler Wechselstrom, der die Stelle des
gewöhnlichen faradischen Stromes vertritt; pulsierender Gleichstrom zur
lokalen Anwendung. Beide Methoden können auch in Bädern zur Ver¬
wendung kommen. Der Apparat wird auf Wunsch mit einem Schalter für
Vier-Zellen-Bäder eingerichtet. Dann liefert er Kraft zum Betriebe der bieg¬
samen Wellen für Vibrationsmassage, für Operationen u. dergl. Er ist also
wirklich ein Universal-Apparat.
Das punktum saliens bei solchen Einrichtungen ist aber nicht zuletzt
der Preis. Die Geschicklichkeit des Konstrukteurs in günstiger Kombination
der inneren Teile eines solchen Apparates manifestiert sich im Preise. Kon¬
struiert er ungeschickt, so wird der Apparat teuer. Konstruiert er geschickt,
so wird er billiger innerhalb gewisser Grenzen, die denn endlich durch das
verwendete Material gezogen sind. Das Universal-Instrumentarium kostet
ca. 5—600 Mk., mit allen den Vorrichtungen, die oben erwähnt sind. Deshalb
darf es als ein wesentlicher Fortschritt bezeichnet werden und hat als
solcher tatsächlich auch in der kurzen Zeit, welche seit dem Herausbringen
dieses Modelles verstrichen ist, schon in ca. 30 Kliniken und Anstalten Auf¬
nahme gefunden.
Oberstabsarzt Prof. Dr. Schumburg, Hannover, berichtete in der
deutschen medizinischen Wochenschrift über eine Methode zur schnellen
und billigen Herstellung von Projektionsbildern.
Nachdem man mit einem Glaserdiamanten aus nicht zu dickem,
weißem Glas (alte photograph. Platten) passende Gläser zugeschnitten hat,
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348
Fortschritte der Technik
berußt man die eine Seite dieser Glasplatten möglichst gleichzeitig über
einer Lampe, in die man. statt Spiritus, Xylol einfüllt. Einige Übung zur
Erlangung der Gleichmäßigkeit ist erforderlich.
Nun werden die Platten in eine dünne, Spirituose Schellacklösung
eingetaucht, wodurch der Ruß etwas fixiert wird.
Nachdem die Platten so vorbereitet sind, ritzt man mittels eines
spitzen Gegenstandes (Nadel, Bleistift, Stahlfeder oder dergl.) Tabellen, Buch¬
staben oder Zeichnungen in die Rußschicht ein. Will man die Zeichnung
farbig anlegen, so bestreicht man die Rückwand mit Farben oder farbigen
Tinten. Retouchen führt man init schwarzer Druckfarbe mühelos aus.
Durch Auflegen einer durchsichtigen Glasplatte von derselben Größe
auf die Rußschicht und Umkleben der Ränder mit gummiertem Papier, wird
die Zeichnung geschützt.
A. hat sich auf diese Weise für ganze Vortragsserien in kürzester
Zeit sein Demonstrationsmaterial beschafft.
Panchromatische Zeitlichtpatronen und Pulver.
Von l)r. (i. Krebs, Ottenbach a.JMain.
Handelt es sich darum, Gegenstände mit richtiger Farbenwiedergabe
zu photographieren, so müssen bis jetzt ortho- und panchromatische Platten
nebst Einschaltung eines viel Licht verschluckenden Gelbfilters verwendet
werden, damit konnte man aber, wenn Blitzlicht die Lichtquelle darstellte,
keine oder nur unvollkommene Aufnahmen erzielen.
Die Verwendung von panchromatischen Zeitlichtpatronen und Pulver
beseitigt diese Mißstände: Das Licht derselben ist so reich an gelben, grünen
und roten Strahlen, daß es möglich ist, ohne Gelbfilter die Helligkeitswerte
für alle Farben, selbst für das tiefste Rot, vollkommen richtig zu bekommen.
Zu solchen Aufnahmen müssen selbstverständlich sog. panchromatische
Platten verwendet werden.
Bekannt ist, daß weder das zerstreute Tageslicht noch das Sonnen¬
licht im Stande ist, auf panchromatischen Platten ohne Einschaltung eines
Gelbfilters die völlig wichtige Wiedergabe der Helligkeitswerte für alle
Farben zu geben.
Die panchromatischen Zeitlichtpatronen und Pulver von Dr. G. Krebs
stellen also nicht nur die künstliche Lichtquelle dar (Ersatz für Tages- bezw.
Sonnenlicht) sondern sie ersetzen auch die sonst notwendige Anwendung
einer Gelbscheibe. Wir haben also bei Verwendung von panchromatischen
Zeitlichtpatronen und Pulver eine Kombination von Lichtquelle und Farb¬
filter zu Aufnahmen auf farbenempfindlichen Platten mit richtiger Helligkeits¬
wiedergabe der Farben der aufgenommenen Objekte, bei solch kurzer Expo¬
sition, wie bisher mit keiner Lichtquelle möglich war.
Man kann aber auch mit panchromatischen Zeitlichtpatronen Auf¬
nahmen auf gewöhnlichen Platten machen, nur muß man dann auf die richtige
Farbenwertwiedergabe verzichten.
Ein Vorzug der panchromatischen Zeitlichtpatronen ist, daß sie mit
einer Brenndauer von 2—120 Sekunden hergestellt werden, man kann also
(z. B. von 2 Sekunden Brenndauer ab) mehrere Aufnahmen nach einander
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Fortschritte der Technik.
349
machen. Da die Lichtstärke dieser Patronen den besten Blitzlichtpulvern
gleichkommt, so gestatten sie selbstverständlich Momentaufnahmen von V 2
Sekunde Expositionszeit an. Ein weiterer Vorzug der panchromatischen
Zeitlichtpatronen und Pulver ist der, daß sie vollständig unempfindlich sind
gegen Reibung, Schlag oder Stoß, ferner ist die Haltbarkeit derselben in allen
Zonen und Klimaten eine unbegrenzte. Während es Zeitlichtmischungen
gibt, die beim Verbrennen giftige Gase und giftigen Rauch entwickeln, sind
die neuen panchromatischen Zeitlichtpatronen und Pulver selbst ungiftig,
ebenso sind deren Verbrennungsprodukte und der bei der Verbrennung ent¬
stehende geringe Rauch absolut unschädlich.
Aufnahme Aufnahme
mit gewöhnlicher Blitzlichtpatrone. mit panchromatischer Blitzlichtpatrone
auf Percliroino-Platten.
Ganz besonders hervorzuheben ist die praktische Aufmachung der
Zeitlichtpatrone, sie stellt einen fertigen Körper vor, der an dem angebrachten
Zünder einfach mit einem Streichholz vollkommen gefahrlos entzündet werden
kann, es ist also kein vorheriges Mischen des Pulvers, Abwiegen oder Ein¬
füllen nötig.
Die Verwendbarkeit der panchromatischen Zeitlichtpatronen und
Pulver ist eine vielseitige, wir nennen hier nur: Personen und Gruppenauf¬
nahmen, kombinierte Tages- und Kunstlichtbeleuchtung, Aufnahmen von
Kostümen, Militärs, Theaterscenen, anatomische, dermatologische und
pathologische Aufnahmen, kinematographische Aufnahmen, Aufnahmen
von Höhlen, Bergwerken etc. als Lichtquelle für mikrophotographische
Aufnahmen, Aufnahmen von Maschinen, technischen Objekten, Kunstgegen¬
ständen, alten Gräbern etc. und sonst überall, wo es auf die richtige Farben¬
wertwiedergabe ankommt.
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Fortschritte der Technik.
350
Automatischer Lichtbilderapparat. '
Eine bemerkenswerte Neukonstruktion auf dem Gebiete der Licht-
bildervorführung bringt die Spezialfabrik Ed. Liesegang in Düsseldorf.
Bei Lichtbilder-Vorträgen nimmt bekanntlich das Einsetzen und Wechseln
der Lichtbilder die Aufmerksamkeit des Vortragenden ziemlich stark in An¬
spruch, sodaß in den meisten Fällen eine zweite Person diese mechanische
Vorrichtung übernehmen muß. Ferner läßt es sich auch bei Anwendung be¬
sonderer Sorgfalt nicht immer vermeiden, daß einmal ein Bild in falscher
Reihenfolge oder gar verkehrt stehend erscheint. Bei dem neuen automa¬
tischen Bildwechsler werden die Diapositive vor der Vorführung richtig
eingesetzt, vielleicht nochmals durchgesehen, und die ganze Vorrichtung als¬
dann mittelst eines Schutzgehäuses staubdicht verschlossen. Es erübrigt nur
noch das Einschalten der elektrischen Zuleitung, um die Vorführurg von 60
und mehr Lichtbildern erfolgen zu lassen, ohne daß jemand sich irgendwie
um den Apparat zu kümmern brauchte. Jedes Bild bleibt etwa 10 bis lö
Sekunden bewegungslos stehen, worauf alsdann in angenehmem Übergang
das nächste erscheint. Den Antrieb des automatischen Wechselapparates
besorgt ein kleiner elektrischer Motor, der in dieselbe Leitung eingeschaltet
wird, wie die Bogenlampe des Lichtbilderapparates.
Lebram’s Kohlensäure Forniica-Bäder.
Einer Mitteilung der Firma Norddeutsche Chemische Werke Berlin,
G. m. b. H. Berlin entnehmen wir folgende interessanten Notizen: Kohlen¬
säurehaltige Bäder spielen heutzutage eine bedeutende Rolle in der Therapie
zahlreicher organischer, nervöser oder konstitutioneller Krankheiten. Die
große Wertschätzung, deren sie sich erfreuen, gründet sich auf die überaus
günstigen Heilerfolge, die man bei Erkrankungen des Herzens, der Arterien
und Nerven bei Neurasthenie, Hysterie, Hautkrankheiten, Frauenkrankheiten,
Skrofulöse etc. ei zielt hat, und schon lange ist die Wirkung der bekanntesten
natürlichen Mineralquellen (Nauheim, Kissingen, Oeynhausen, Schwalbach,
Pyrmont, Soden, Elster, KudowaJ der medizinischen Wissenschaft bekannt.
Was die Kohlensäurebäder vor allen anderen Bädern auszeichnet, ist
der Umstand, daß sie bei einer verhältnismäßig wenig differenten Bade¬
temperatur einen ganz eigentümlichen und sehr intensiven Hautreiz ausüben,
als dessen Ursache vielfach eine durch die aufsteigenden Bläschen bewirkte
Massage angesehen wird. Auf diesen Hautreiz wird von vielen Beobachtern
hauptsächlich ihre therapeutische Wirkung zurückgeführt, während andere
dem thermischen Reiz eine ausschlaggebende Bedeutung beimessen, denn
es findet in den kohlensäurehaltigen Bädern nicht nur ein häufiger Wechsel
zwischen Kälte- und Wärmereizen statt, sondern es bestehen beide auch
gleichzeitig an zahlreichen Stellen der Haut dicht nebeneinander. Es kommt
daher zu ganz ausgeprägten thermischen Kontrastwirkungen, w r ie sie keinem
anderen balneo-therapeutischen und hydro-therapeutischen Mittel für sich
allein eigen sind und welche dementsprechend auch eine kräftige und eigen¬
artige Reaktion herbeiführen müssen.
Die Frage, ob die Kohlensäure einen eigentümlichen chemischen
percutanen Reiz ausübt (Winternitz: „Über die Wirkung verschiedener
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Portschritte der Technik.
351
Bäder etc.“ deutsches Archiv für klinische Medizin Band 72) wird heute
nur noch von Wenigen bejaht. Zweifellos ist aber, daß eine Unterstützung
der Reizwirkung der Kohlensäurebläschen, wie sie z. B. die Ameisensäure
leistet, für den Heilerfolg von ganz wesentlicher Bedeutung ist.
Dr. Franz Rosenfeld, Berlin sagt hierüber:
„Es bleibt demnach nichts anderes übrig, als anzunehmen, daß
durch das Zusammenwirken der Ameisensäure resp. des ameisen¬
sauren Natriums und der Kohlensäure eine so günstige Wirkung
erzielt wird, wie weder durch die Ameisensäure oder ihr Natrium¬
salz noch durch die Kohlensäure allein.“
Die kohlcnsauren Bäder sind ein unentbehrliches Hilfsmittel der
modernen medizinischen Wissenschaft geworden und da es der großen Masse
selbstverständlich unmöglich ist, die kohlensäurehaltigen Mineralquellen auf¬
zusuchen und sich dort einer längeren Kur zu unterziehen, so ist die Chemie
helfend eingespiungen, indem sie künstliche kohlensaure Bäder herstellte,
die dem Patienten erlauben, die Kur in seiner Wohnung zu brauchen.
Neuerdings werden von den Norddeutschen chemischen Werken
G. m. b. H., Berlin, Friedrichstr. 59 60 Ingredienzien zu künstlichen kohlen¬
sauren Bädern, den sog. Formica-Bädern hergestellt, die sich die Vorteile der
Ameisensäure, mit der die Bäder präpariert werden, zu Nutze machen; denn
1. wird die Kohlensäure durch ein Ameisensäure-Präparat in Freiheit
gesetzt, also durch eine organische Säure, die nicht ätzend wirkt
und auch die Badegefäße nicht im geringsten angreift,
2. tritt die Kohlensäure-Entwickelung im ganzen Bade gleichzeitig
auf (also nicht nur örtlich),
3. sind die Bäder mit medizinischen Zusätzen, wie Fichtennadelextrakt,
Stahl, Ichthyol, Parfüms und ätherischen Ölen zu kombinieren, ohne
daß diese Zusätze zersetzt werden,
4. schließlich findet auch die den älteren Bädern eigentümliche plötz¬
liche und stürmische Kohlensäure-Entwickelung nicht statt, sodaß
ein Erschrecken nervöser Personen, was früher sehr häufig der
Fall war, ausgeschlossen ist.
Kohlensäure Bäder werden auf mannigfache Art hergestellt, um
einen Ersatz der natürlichen Heilquellen zu schaffen. Von den Methoden
verdienen jedenfalls die den Vorzug, welche solche COa Bäder hersteilen,
die den natürlichen Heilquellen gleichkommen. Diese Verfahren bestehen
darin, daß die in den bekannten Stahlzylindern käufliche Kohlensäure auf
mechanischem Wege in Wasser gelöst wird. Dagegen bilden solche Methoden
nur einen Notbehelf, wo z. B. CO2 während des Badens durch das Wasser
blasig hindurchgepufft wird. Das Wasser aber enthält keine Kohlensäure,
und kann nie dieselbe Wirkung haben, wie die natürlichen Heilquellen. Ein
anderes Verfahren besteht darin, daß die COa dem Wasser mittels Chemikalien
beigefügt und darin freigemaclit wird. Zur künstlichen Erzeugung natür¬
licher COa Bäder ist es nötig, daß sich Wasser und COa innig unter möglichst
hohem Druck berühren. Dazu hat man Rührwerke und solche Apparate
konstruiert, bei denen in aufrecht stehenden Cylindern beide Stoffe über
Filterschichten, z. B. Koks geleitet werden. All diese Apparate sind noch
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352
Fortschritte der Technik.
verbesserungsbedürftig, weil sie teils sehr umfangreich sind, meist äußerst
sorgfältiger Behandlung bedürfen, nicht ohne Wasserdruck oder Pumpwerk
arbeiten und vor allem sehr viel kosten.
Erst neuerdings ist ein Apparat aufgetaucht, der das Ideal erreicht
zu haben scheint (Lieferant Carl Bihlmaier, Braunschweig). Die Herstellung
der CO 2 Bäder ist durch ein ganz neues Prinzip erreicht, wodurch der Apparat
viel geringeren Umfang bekommen hat, kinderleicht zu bedienen ist, wenig
kostet und das Wasser tadellos und beliebig stark mit CO 2 sättigt. Sein
größter Vorzug aber besteht darin, daß er mit und ohne Wasserleitungsdruck
selbsttätig und gleich gut arbeitet, und mithin auch ohne Pumpwerk da be¬
nützt werden kann, wo nur ein Wasserbehälter vorhanden ist. Es fällt auf,
daß bei diesem Apparat die Kohlensäure mit sehr starkem Druck ein¬
strömen und der Wasserdruck ganz gering sein kann, während sich bei den
bisherigen Systemen Wasser- und CO» Druck die Wage halten müssen.
Vibrationsapparat mit Handbetrieb.
„Prospero“, Vibrationsapparat, nur von Hand zu betreiben.
Dieser Apparat wird überall da angebracht sein, wo die Kosten für einen
elektrischen Apparat gescheut werden, oder das Be¬
dürfnis zur Anwendung in ambulanter Praxis vorhanden
war, auch da, wo Elektrizität nicht zu haben ist. Der
Apparat wirkt ebensogut wie elektrisch betriebene Appa¬
rate, wenn er auch solche nicht voll zu ersetzen vermag.
Die Abbildung zeigt seine Form. Das Gehäuse schließt
alle sich bewegenden Teile ein, abgesehen von der Kurbel
und der Pelotte. Die Bewegungen der Pelotte geher
hin und her, sodaß die Wirkung mehr nach der Tiefe
erfolgt. Der Mechanismus geht außerordentlich leicht,
die Handhabung ist so einfach, daß der Arzt den Apparat
leicht den Patienten selbst in die Hand zu geben oder
verordnen vermag. Die elektrisch betriebenen Apparate
gen. Firma sind bekannt; neuerdings aber weiterhin be¬
deutend verbessert. Neu ist insbesondere die Verbindung
dieser Apparate mit der Einrichtung zur pneumatischen
Massage der Haut und anderer Körperteile nach Professor
Zabludowski, sowie des pneumat. Uterusvibrators nach
Dr. Grussendorf.
„Iduna I, II, III und IV. Ü Elektrische Licht¬
bäder. Neu ist an diesem System die Form und An¬
ordnung der Fassungen, Lampen, Reflektoren und des
Wandbelages. Die Fassungen bestehen aus einem Stück
Porzellan, das alle Metallteile umschließt, und da die
Lampen in Röhrenform nach unten stehen, kann niemals
Schmutz, Schweiß oder Flüssigkeit ins Innere dringen
und durch Oxyd Kurzschluß hervorrufen. Der üble Geruch alten Schweißes
ist bei diesen Lichtbädern aus gleichem Grunde in Verbindung mit der Art
Vibrationsapparat
mit Handbetrieb.
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353
Fortschritte der Technik.
des Wandbelages vermieden. Dieser besteht aus weißen angekitteten Metall¬
fließen, sodaß Ecken, Nägel, Schrauben und Leisten fehlen, und das Innere
wie aus einem Stück gegossen aussieht. Das Bad ist also außerordentlich
reinlicher. Hinter den Lampen, von den Fassungen gehalten, befinden sich
Elektr. Lichtbad „Iduna“. Lichtwirkung hei „Iduna“.
Aluminiumreflektoren, die gerade die wirksamen Strahlen besonders reflek¬
tieren und verstärken. Erreicht wird dadurch Intensivbestrahlung, ohne den
Badenden anzustrengen; er schwitzt leichter und schneller, schon bei ge¬
ringerer Temperatur als im gewöhnlichen Lichtbad. Kongestionen, Herz¬
klopfen usw. bleiben aus und es wird ca. 1 ja elektr. Strom gespart. (Bezugs¬
quelle: Karl Bihlmaier, Braunschweig).
Photographische Apparate für die Tropen.
Von Heinrich Ernemann, A. G. f. Kamerafabrikation, Dresden.
Die Trockenplatten für die Tropen müssen von hervorragender
Qualität sein und überaus sicher verpackt werden, will man nicht die schlech¬
testen Erfahrungen machen. Vor Allem ist es aber der Aufnahme-Apparat,
der einer besonders sorgfältigen Ausführung bedarf. Das bisher auch für
Tropen-Cameras verwendete Holz mit Leder-Überzug quillt in den feuchten
Gegenden der Tropen übermäßig auf, die Verbindungsstellen werden undicht
und es ist keine Gewähr mehr für unbedingt zuverlässiges Funktionieren vor¬
handen. Deshalb hat es sich die bekannte Firma Heinrich Ernemann Aktien-
Gesellschaft für Camera-Fabrikation, Dresden, angelegen sein lassen, eine
Spezial-Tropen-Klapp-Camera herzustellen, die allen klimatischen Einflüssen
standhält. Der Camerakasten besteht aus Magnolium, welches die Haltbar¬
keit des Messings mit dem geringen Gewicht des Aluminiums vereinigt, und
zwar ist er aus einem einzigen Stück ohne Nietung und Lötung hergestellt
Archiv f. Physik. Medizin etc. 23
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Fortschritte der Technik.
und mit einem Kunslprodukt überzogen, welches das bisher verwendete Leder
vertritt, denn Leder schimmelt in den Tropen. Die übrigen Teile der Camera,
wie das Objektivbreit, sind teils aus Magnolium, teils aus Aluminium ge¬
fertigt, und die im inneren Mechanismus eines gewöhnlichen Schlitzver¬
schlusses befindlichen Stahlteile und Federn sind entweder durch Neusilber
oder ähnliche Legierungen ersetzt oder so stark vernickelt, daß sie auf alle
Fälle gegen ein Rosten geschützt sind. Auf diese Weise ist auch der Schlitz¬
verschluß tropensicher gemacht, die Schlitzbreite desselben ist von außen
beliebig verstellbar und ablesbar, und er arbeitet ohne jede Erschütterung:
seine Regulierbarkeit geht bis zu 1 3500 Sekunde herab. Die Auslösung des
Verschlusses erfolgt mit dem patentierten BOB-Auslöser (zweier ineinander¬
liegender Messing-Spiraldrähte), der in keinem Klima dem Verderben unter¬
liegt, immer sicher funktioniert und somit die großen Mängel der Gummibälle
und Schläuche vermeidet.
Erneinann's Film- und Platten-Camera „BOB III“,
eine hervorragende Neuheit, speziell für Touristen.
Von H. Erneraann, A.-G. Dresden.
Unter den vielen bekannten Apparaten der Firma Heinrich Ernemann
nehmen die BOB-Typs einen hervorragenden Rang ein. Bei ihrer Kon¬
struktion wurde das Hauptgewicht auf geringstes Volumen und größte Leich¬
tigkeit bei höchster Leistungsfähigkeit gelegt. Dieses heikle Problem, an
dem schon mancher Camerabau scheiterte — denn irgend ein offener oder
geheimer Mangel haftete allen bisher von anderer Seite auf den Markt ge¬
brachten ähnlichen Cameras an — ist auf das Glücklichste durch den Haupt¬
typ der Serie, der BOB III, gelöst. Man hat sie mit vollem Recht als die
langgesuchte Ideal-Camera für Touristen bezeichnet, denn nicht nur ihr aufs
Äußerste beschränktes, handliches und gefälliges Format, die elegante Aus¬
stattung und die präzise Arbeit, sondern auch die durch ihre Konstruktion
gewährleistete universelle Verwendbarkeit haben ihr zahlreiche begeisterte
Freunde verschafft.
Es ist tatsächlich die dünnste Rollfilms-Camera mit längstem Aus¬
zug, ist sie ja geschlossen nur 4 cm dick trotz des dreifachen Auszugs! Man
kann sie leicht und unauffällig tragen und bequem in der Tasche unter¬
bringen. Dies ist für Touristen bekanntlich von eminentem Wert, denn die
„freie Hand“ hat auch der enragierteste Amateur-Photograph gern. Der
dreifache, in jeder Entfernung verstellbare Bodenauszug gestattet die Ver¬
wendung der hinteren Linse allein. Der Tourist, dessen Aufnahmen sich
fast ausschließlich auf landwirtschaftlichem Gebiete bewegen, weiß diesen
großen Vorteil besonders zu schätzen.
Die BOB III zeigt die bei allen Ernemann-Cameras selbstverständliche
exakte Arbeit und vollendete Mechanik. Sie ist fast ganz aus Aluminium
gearbeitet und mit bestem amerikanischen Rindlederüberzug versehen. Der
Objektivteil ist horizontal und vertikal verstellbar, die Einstellung des Ob¬
jektivs kann durch Zahnbetrieb auf alle Entfernungen nach Skala erfolgen.
In der Hauptsache ist die Camera auf Verwendung von Rollfilms im Formate
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8X10,5 zugeschnitten; ebenso ist auch ein Adapter für Vidilfilrae vorge¬
sehen. Man kann aber auch mit Platten 9x12 arbeiten, in welchem Fall
man eine bequeme und billige Visierscheiben-Einrichtung mit Einstell-Licht-
klappe und drei Metallkassetten 9X12 im Etui mitführt. Namentlich wird
man die BOB III als Hand-Camera benutzen, sie besitzt aber auch zwei
Bodenmuttern für Hoch- und Queraufnahmen auf Stativ. Ein drehbarer
Brillantsucher für Hoch- und Queraufnahmen mit Libelle, der das Bild auf¬
recht zeigt, ermöglicht bequemes Einstellen ohne Mattscheibe.
Meist wird die BOB UI mit dem Ernemann-Detektiv-Aplanat F. 6,8
oder mit den Ernemann-Doppel-Anastigmaten F. 6,8 und F. 5,5, beide von
120 mm Brennweite, verlangt. An alle Objektive sind der Ernemann-Patent-
BOB-Verschluß und Patent-BOB-Auslöser montiert. Der BOB-Verschluß ist
nicht zu verwechseln mit Massenfabrikaten, er repräsentiert vielmehr Präzi¬
sionsarbeit eigener Fabrikation der Firma Ernemann. Viele gute Objektive
besitzen leider oft minderwertige Verschlüsse, welche die volle Leistungs¬
fähigkeit des Objektivs auszunutzen nicht gestatten. Durch die sinnreiche
Blendenordnung im BOB-Verschluß ist dagegen die rationellste Belichtung
gewährleistet. Bei jeder Zeit- oder Momentaufnahme springen die Blenden
plötzlich auf volle Öffnung auf und schließen sich ebenso plötzlich wieder
nach erfolgter Belichtung. Der BOB-Verschluß funktioniert durch den
Ernemann-Patent-BOB-Auslöser, jener ingeniösen kleinen Vorrichtung, die
den Gummiball mit seinen sattsam bekannten mannigfachen Mängeln aufs
Trefflichste ersetzt und von unbegrenzter Haltbarkeit ist. Ernemanns BOB
III kostet: Mit Ernemann-Detektiv-Aplanat F. 6,8 Mk. 105.—, mit Ernemann-
Doppel-Anastigmat F. 6,8 Mk. 165.—, mit Ernemann-Doppel-Anastigmat
F, 5,5 Mk. 185.—. Visierscheiben-Einrichtung mit Einstell-Lichtklappe und 3
Metallkassetten 9X12 im Etui Mk. 7,50, Adapter für Vidilfilms Mk. 5.—
□ Automatischer Inhalationsapparat mit regulierbarem
Sauerstoff-Verbrauch.
Die Firma Fr. Dröll, Heidelberg, bringt zum Preise von 42 Mk. einen
Apparat zur automatischen Regulation des Sauerstoffverbrauchs bei der
Inhalation in den Handel. Er wird am Sauerstoff-Zylinder befestigt und läßt
durch ein Ventil den Sauerstoff austreten. Die intermittierende Zuströmung
desselben besorgen zwei andere Ventile automatisch. Die Firma stellt diesen
Apparat auch leihweise für monatlich 5 Mk. zur Verfügung unter besonderer
Berechnung des verbrauchten Sauerstoffs.
Sauerstoff-Narkose-Apparate mit sicht- und hörbarem Tropfenfall.
Die eben genannte Firma bringt einen Hand- und einen Tischapparat
zur Sauerstoff-Chloroform-Narkose auf den Markt. Preis Mk. 145—170 für
ersteren und Mk. 295 für letzteren. Die Apparate bestehen im Wesentlichen
aus: Chloroform-Apparat, Sparapparat, 1,10 m Metallschlauch, Masken, Chloro¬
formgläser etc., und in letzterem Fall noch aus dem Tisch.
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C. Chemisch-pharmazeutische Berichte.
Unter dem Namen Hetralin kommt von der Firma Chas. Zimmer¬
mann & Co. Hamburg ein internes Harnantisepticum in den Handel, welches
chemisch ein Hexamethylentetramin Derivat also ein Abkömmling des Urotropin
ist und nach seiner chemischen Konstitution Dioxybenzolhexametylentelramin
darstellt; es ist ein in Nadeln krystallisierender weißer, luftbeständiger
Körper, der sich leicht in Wasser und Alkohol auflöst, der Geschmack ist
süßlich, nicht unangenehm.
Herr Dr. Ludwig Eberlein, Assistent der neueren Abteilung des
Krankenhauses am Friedricbsheim in Berlin schreibt:
In allen genannten Fällen hat uns Hetralin gute Dienste geleistet, die
Kranken nehmen das Mittel gern und wir suhen niemals eine unerwünschte
Nebenwirkung. Wir konnten feststellen, daß das Hetralin in oft überraschend
kurzer Zeit die objektiven und subjektiven Erscheinungen der akuten und
chronischen Cvstitis bessert oder beseitigt, ob der cystitische Harn sauer oder
alkalisch reagierte, ob es sich um alte Leute mit chronischen Blasen¬
katarrhen oder um einen Diabetiker oder Typhuskranken mit akuten Blasen¬
erkrankungen handelte. Besonders eklatant war die Wirkung des Hetralin
in zwei Fällen von akuter hochfieberhafter Cystitis und Pyelitis, bei denen
in steilen Staffeln das Fieber absank, die Schmerzen schwanden und in
wenigen Tagen der Harn klar, sauer und eiweißfrei wurde.
Anilmin wird von Paul Liebe in Dresden seit kurzem unter patent¬
amtlichem Schutz in den Handel gebracht.
Wie der Name schon sagt, wird es bei Bleichsucht, Blutarmut und
Verdauungsschwäche angewendet. Es stellt ein flüssiges Eisenpräparat dar,
das in 100 Teilen enthält: 0,2 °,' 0 Eisen als Ferrisaccharat, 2,5 °/o Pepsin,
10 °/o Zucker, 13,5 °/o Weingeist, 0,5 °/o aromatische Tinkturen und 73,3 °/o
dest. Wasser. Der Fabrikant hebt als besonderen Vorzug des Anämin die
leichte Verdaulichkeit hervor, indem er sagt: Es enthält das Eisen in leicht
assimilierbarer Form, das Pepsin in aktivem Zustand, ist haltbar, wohl¬
schmeckend, regt den Appetit an und bewirkt rasche Vermehrung der roten
Blutkörperchen ohne nachteilige Einwirkung auf Zähne, Schleimhäute oder
Magen auszuüben. Aus der Praxis liegen eine ganze Reihe sehr günstiger
Beurteilungen vor und wird wohl Anämin gewiß ein geschätztes und beliebtes
Eisenpräparat werden umsomehr, da der Preis ein mäßiger zu nennen ist.
300 gr Fl. = Mk. 1,50, 1 Weinflasche 750 gr == Mk. 3,00.
Fucol-Matzextrakt wird gleichfalls von Paul Liebe in Dresden her¬
gestellt; es ist eine Emulsion von zwei Teilen Extr. malti mit 1 Teil Fucol.
Fucol ist der von den deutschen Fucol-Werken G. m. b. H. in Bremen
nach patentier!em Verfahren mittels Sesam, Erdnuß oder anderem feinen Öl
bereitete Auszug von präpariertem Fucus vesiculosus und anderen jodhaltigen
Seealgen. Fucol hat als Säurezahl 52,7
Verseifungszahl 210,9
Jodzahl 104,8.
Als vor zwei Jahren durch den großen Mangel an Leberthran der
Preis desselben ins unermeßliche stieg, hat sich Fucol in der Praxis gut ein-
geführt und scheint nun festen Boden sich errungen zu haben, da es trotz
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der nun wieder auf normale Höhe gesunkenen Leberthranpreise sein Absatz¬
gebiet zu behaupten scheint.
In jedem Fall ist Fucol bei Kindern, die einen ausgesprochenen Wider¬
willen gegen Leberthran haben oder Verdauungsstörungen oder Erbrechen
zeigen, ein vorzüglicher Ersatz und dürfte die Komposition Fucol-Malzextrakt
sich ebenfalls aus diesen Gründen bald in der Praxis eingebürgert haben.
Liebes Neutralnahrung, gleichfalls von Paul Liebe in Dresden her-
gestellt, hat sich schon seit einer langen Reihe von Jahren vorzüglich be¬
währt und ist es deshalb angebracht, von neuem auf dieses besonders in der
Kinderpraxis mit sehr gutem Erfolg angewandte Präparat hinzuweisen. Das¬
selbe stellt eine von Stärkemehl gänzlich freie Malzweizennahrung dar,
die einen sehr hohen Gehalt an Maltose zeigt.
Man hat gerade in neuester Zeit wieder auf die Liebig’scben Grund¬
sätze der Kinderernährung in den ersten Monaten zurückgegriffen. Durch
Versuche in der königl. Universitätskinderklinik zu Breslau hat Geheimrat
Prof. Czerny nachgewiesen, daß die Maltose unter allen Zuckerarten — auch
Milchzucker nicht ausgenommen — dadurch ausgezeichnet ist, daß sie beim
Verdauungsgange die höchste Ausnutzung der Eiweißstoffe vermittelt und
dabei Magenstörungen hintenan hält. Siehe Jahrbuch für Kinderheilkunde
XLVIII Heft 4, ferner Deutsche mediz. Wochenschrift 1898 S. 39 und 40 und
1899 Nr. 22.
In der Tat haben die in Breslau angestellten zahlreichen Nährver¬
suche an magendarmkranken Kindern ergeben, daß über zweidrittel derselben
der Genesung zugeführt wurden.
Solche Erfahrungen machen es erklärlich, daß die Liebig’sche Suppe
bez. die als Trockenextrakt in den Handel gebrachte Liebes Neutral¬
nahrung immer mehr Eingang nicht allein in Kinderkliniken, sondern auch
in den Familien zur Ernährung der Monatskinder findet und die sog. Kinder¬
mehle von oft sehr zweifelhafter Beschaffenheit zu verdrängen sucht. Die
Analyse der Liebes Neutralnahrung lautet:
Fett 0,49
Stickstoffsubstanz 8,85
Mineralwasser 2,26
Lösliche Kohlehydrate 86,02
Wasser 2,38
100,00 °/u
Nenndorfer Schwefelseife, hergestellt von Apotheker Jakobi in Bad
Nenndorf bei Honnover.
In Bad Nenndorf bei Hannover sind bekanntlich die stärksten
Schwefelquellen Deutschlands, sie enthalten in einem Liter Wasser 0,1016
Schwefel und wird, wie bekannt ist, die Quelle zu Trink- und Badekuren
schon seit alters mit Erfolg aufgesucht. Neuerdings hat man den reichen
Schwefelgehall noch weiter therapeutisch auszunutzen gesucht, indem man
das natürliche Sediment der Quelle zu einer Seife verarbeitet.
Das Sediment besteht nach vorliegender Analyse aus freiem Schwefel,
Schwefelkalium, schwefelsaurem und kohlensaurem Kalk und Magnesia-Salzen
und Aluminiumverbindungen neben Spuren von Eisen und Mangan. Dieser
Schlamm wird zur Herstellung der Seife auf mechanischem Weg von Sand
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und dergl. gereinigt und fein durch Schlemmen verarbeitet und getrocknet
und hierauf einer neutralen Kernseife mittelst der Piliermaschine zuge¬
mischt. Sie wird in 2 Stärken hergestellt, eine solche mit 16 °/o und eine
stärkere mit 36 o/o Quellenniederschlag.
Herr Dr. Leo Forchheimer Spezialarzt für Hautkrankheiten in Würz¬
burg hat mit der Nenndorfer Schwefelseife wiederholt Versuche angestellt
und recht befriedigende Resultate damit erzielt; er schreibt, nachdem er
einige Fälle näher beschrieben hat: Die übrigen von mir beobachteten Fälle
haben ein ähnliches günstiges Resultat ergeben, und wenn ich, gestützt auf
meine bisherigen Erfahrungen mit der Nenndorfer Schwefelseife, mir ein
LTrteil erlauben darf, so möchte ich sie als ein schätzenswertes Hilfsmittel
bei der Behandlung von Acne vulgaris faciei, Ekzema seborrhoicum, Komedonen
und Pigmentationen der Gesichtshaut den Kollegen für weitere Versuche
dringend empfehlen. Dr. Rahn Berlin empfiehlt die Seife ganz besonders in
der modernen Kosmetik und hat nach seinem Bericht vorzügliche Resultate
erzielt und hebt besonders die günstige Wirkung bei Kopfschuppenbildung
hervor, cf. Ärztliche Rundschau Nr. 47.
Bei Krankheitserscheinungen, gegen die man gewöhnlich Schwefel¬
präparate zu Hilfe ruft d. i. also in allen Fällen, wo es sich darum handelt, die
Epidermis bis auf eine gewisse Tiefe hin zu zerstören, also bei den ver¬
schiedensten Pigmentationen, bei abnormer Abschuppung der Epidermis, bei
Seborrhoe und bei gewissen Erkrankungen der Haut, die mit Erweiterung
der Kapillargefäße und Vaskularisation einhergehen, dürften die beiden
Nenndorfer Schwefelseifen, die neben freiem Schwefel auch Schwefelver¬
bindungen enthalten, sich besonders wirksam erweisen und diesen der Vor¬
zug gegenüber den gewöhnlichen Schwefelseifen ganz entschieden gegeben
w erden.
Plasmon von der Plasmon-Gesellschaft m. b. H. in Neubrandenburg
i M. gehört zwar nicht zu den Präparaten, die in allerneuster Zeit auf den
Markt gekommen sind, sondern es hat schon eine Reihe von Jahren sich in der
Praxis bewährt, und es dürfte gerade deshalb angezeigt sein, dieses vor¬
zügliche Nährmittel von neuem unter den zahlreichen Fabrikaten auf diesem
Gebiete hervorzuheben.
Plasmon ist ein Milchcasein, das durch eine bis zur Löslichmachung
eben ausreichende Menge Natrium bicarbonat verarbeitet ist und durch
Trocknung und Mahlung mittelst geeigneter Vorrichtungen als weißes fast
geschmackloses Pulver in den Handel kommt.
Nach den Analysen des physiologischen Instituts der Berliner land¬
wirtschaftlichen Hochschule besteht Plasmon aus:
Eiweiß 74,54
Fett 1,76
Milchzucker 2,75
Asche 8,39
Wasser 12,56
Das Präparat enthält demnach nicht allein das Eiweiß der Milch
sondern auch die Nährsalze derselben.
Schon die Arbeiten von Prof. Rohmann und Marcuse haben gezeigt, daß
das Casein Eiweiß, welches Phosphor in organischer Verbindung enthält und
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in bedeutend höherem Maße als die andern Eiweißarten die Tendenz besitzt,
aus der Nahrung in den Eiweißbestand des Körpers überzutreten, am Körper
angesetzt zu werden.
Die Untersuchungen von Caspari und Zuntz haben den unzweideutigen
Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme erbracht, indem sie bei Verab¬
reichung von Plasmon eine doppelt hohe Eiweißretention im Körper nach-
weisen konnten als bei Ernährung mit anderen Eiweißarten. Hieraus folgt
eine ganz spezielle Indikation für die Darreichung von Plasmon in allen
Fällen, wo ein starker Eiweißzerfall gehemmt oder hintenangehalten werden
soll und wo der Eiweißbestand des Körpers einer Aufbesserung bedarf.
Für die Verwendung eines Nährpräparates am Krankenbette sind
neben solchen eben angeführten Eigenschaften eine Anzahl anderer Momente
von ausschlaggebender Bedeutung, das ist in erster Linie der Geschmack
und die Möglichkeit das Präparat anderen Nahrungsmitteln in unmerklicher
Weise zusetzen zu können. Nährpräparate von schlechtem Geschmack sind
natürlich ohne weiteres unbrauchbar, aber auch solche ohne schlechtem aber
doch spezifischem Geschmack werden in den meisten Fällen von den Patienten
nach kurzem Gebrauche verweigert.
Wenn das Präparat länger im Gebrauch bleiben soll, muß es von in¬
differentem Geschmack sein, ferner muß es löslich sein, damit seine An¬
wendung mit anderen Nahrungsmitteln unmerkbar vorgenommen werden kann.
Nach diesen Richtungen entspricht Plasmon allen Anforderungen, indem es
sowohl geschmack- und geruchfrei als auch löslich ist.
Die Fabrik hat auf Anregung aus ärztlichen Kreisen hin Plasmon
auch in verschiedene Formen gebracht; sie stellt Plasmon-Schokolade, Plasmon-
Hafer-Cacao, Plasmon-Zwieback, Plasmon-Cacao und Plasmon-Biskuits dar
und hat damit allen jeweiligen Bedürfnissen am Krankenbette entsprochen.
Noch ein großer Vorzug gegenüber anderen Nährpräparaten sei noch
zuletzt erwähnt und das ist der billige Preis, der die Verwendbarkeit des
Plasmon auch in der Armenpraxis gestattet. 100 gr kosten 60 Pfg., 500 gr
kosten 2,70 Mk.
Canilol. Von der deutschen Diamalt-Gesellschaft m. b. H. in München
gelangt seit kurzem unter dem Namen Candol ein Malzextrakt in den Handel
sowohl in trockner als in dickflüssiger Form, die sich beide durch ihren
reinen vorzüglichen Geschmack besonders auszeichnen. Das trockne kristalli¬
nische Candol, eine Form des Malzextrakt wie sie schon vor einigen Jahren
auch von Dr. Brunnengräber in Rostock auf den Markt gebracht wurde, hat
vor dem flüssigen Extrakt den Vorzug angenehmer Darreichungsform und
leichterer Dosierung.
Bei der Herstellung des Candols legt die Fabrik besonderen Wert
darauf, daß der große Gehalt der Eiweißstoffe des Malzes in löslicher Form
erhalten bleibt, wodurch dem Präparat im Verein mit löslichen Kohlehydraten
sowie Phosphaten ein so hoher Nährwert verliehen wird, daß der Kalorien¬
wert von einem Eßlöffel Candol dem Nähreffekt eines Hühnereies entspricht,
diesem aber der besonders leicht resorbierbaren Form der Nährwerte wegen
vorzuziehen ist. Ferner ist hervorzuheben, daß durch den hohen Gehalt an
Diastase die stärkehaltigen Nahrungsmittel bei Zusatz von Candol weit besser
ausgenutzt werden, indem die nicht verdauliche Stärke in Zucker aufgespaltet
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Fortschritte der Technik.
wird. Seine Anwendung dürfte daher bei Typhus, Skrofulosis, Rhacbitis etc.,
kurz dann, wenn es dem Organismus an Diastase mangelt, zu empfehlen sein.
Levuretin von Apotheker E. Feigel in Luttersbach bei Mühlhausen
im Elsaß.
In der Therapie wird schon seit Jahren Bierhefe mit gutem Erfolg
bei Furunkulose, Anthrax, Exzem und dergl. in Anwendung gebracht. Auch
bei Diabetes und typhösem Fieber wurde sie in neuester Zeit mit sehr guten
Resultaten verwendet. Ihre Wirkung besteht bekanntlich in ihrem Gehalt
an Zymase und Nucleinsäure. Ersteres ist ein Enzym, welches im Stande ist,
die Verdauung der Kohlehydrate und stickstoffhaltigen Nahrungsmittel zu
fördern, eine Eigenschaft, die besonders bei Diabetikern ganz außerordent¬
lich günstig wirkt und den Zuckergehalt im Harn schon sehr bald auf ein
Minimum herabsinken läßt. Der Gehalt an Nucleinsäure scheint die micro-
biciden Eigenschaften der Hefe zu bedingen, über deren eigentliches Wesen
die Forschungen bis jetzt noch nicht abgeschlossen sind; aber auf jeden Fall
ist die Anwendung der Hefe bei verschiedenen infektiösen Krankheiten mit
guten Resultaten vorgenommen worden, wenn die Hefe frisch und völlig rein
war, eine Bedingung, die bisher eine Ursache gewesen ist, die Verwendung
nicht in dem Maße geschehen zu lassen, wie man hätte erwarten dürfen.
Levuretin soll nun diesem Mangel abhelfen, indem der Fabrikant
reine Hefe aus den Reinzuchtapparaten der Brauerei Bock & Co. in Lutter¬
bach verwendet und durch eine geeignete Behandlung beim Trockenprozeß
die Wirksamkeit nicht zu beeinträchtigen sucht. Eine Tablettenform er¬
leichtert die Dosierung.
Eingehende Arbeiten sind von Dr. Galiner Therapeutische Monats¬
hefte August 1903 und von D. Hedrich in der Deutschen Ärztezeitung Februar
1904 Heft 3 erschienen.
Letzterer schreibt: Levuretin erscheint somit als eine tadellose Trocken¬
hefe vorzüglich für therapeutische Zwecke geeignet. Durch seine außer¬
ordentliche Reinheit unterscheidet es sich vorteilhaft von der großen Mehr¬
zahl der Trockenhefen und ebenso durch die gute Konservierung seiner
Hefezellen, während die meisten Trockenhefen des Handels eine Überzahl
von zerstoßenen und verstümmelten Zellen aufweisen, wenn nicht gar alle
Zellen abgestorben sind. Die rasche und vollkommene Trocknung sichert
dem Levuretin eine lange Dauerhaftigkeit und Lebensfähigkeit, vorausgesetzt
natürlich, daß dasselbe in trockenen Behältern und geschützt vor Feuchtig¬
keit aufbewahrt werde, behält es seine latente Lebenskraft, anders gesagt
seine Gährungsfähigkeit, sehr lange bei. Das Levuretin hat ferner nicht den
widerwärtigen Geschmack, welche gewöhnlich den Trockenhefen eigen ist.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß dank der erwähnten Eigenschaften das
Levuretin bald als das vorzüglichste Hefepräparat allgemeine Anerkennung
finden wird.
Digitalysatuiii Bürger. In den letzten Jahren sind mehrere Digitalis-
Präparate aus dem Auslände bei uns eingeführt worden wie Digitalis-Golaz,
Digalen-Cloeta und Digitalon von Park, Davis & Co., die mit Recht sich bald
großer Beliebtheit in der Ärztewelt erfreuten, weil ihr Digitoxingehalt genau
eingestellt ist und somit einen wesentlichen Vorteil zeigen gegenüber einem
aus Blättern hergestellten Infusum. Die Preise dieser Präparate sind jedoch
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wie alle ausländischen Fabrikate enorm hohe, sodaß an eine Verwendung in
der weniger gut situierten Praxis nicht zu denken ist. Apotheker Bürger in
Wernigerode im Harz hat nun das Verdienst, als erster in Deutschland diesen
ausländischen Fabrikaten ein mindestens gleichwertigr s aber um die Hälfte
billigeres entgegenzustellen, und bringt solches unter dem Namen Digitaly-
satum in den Handel. Es enthält nicht nur die wirksamen Digitalisbestand¬
teile, sondern alle wirksamen Bestandteite der frischen Blätter und be¬
sonders die in Wasser löslichen Teile, was durch den nur geringen Gehalt
an Alkohol ermöglicht ist. Sodann dürfte sehr hervorzuheben sein, daß das
Ausgangsmaterial, die Digitalisblätter, gerade im Harz als das beste weithin
anerkannt ist.
Einen weiteren Vorzug bringt das Präparat, daß es nicht auf seinen
Digitoxingehalt eingestellt ist, sondern auf seinen physiologischen Wirkungs¬
wert und hat diese Kontrolle der durch Arbeiten über Digitalis bekannte
Dr. med. Focke in Düsseldorf übernommen, der dafür genügende Gewähr
leisten dürfte. Dr. Focke sagt in Bezug auf die häufig beobachtete ungleich¬
mäßige Wirkung der Digitalispräparate: Die Ungleichmäßigkeit in der Stärke
der Digitalispräparate als Ursache einer schädlichen Kumulation ist heute
leicht dadurch zu vermeiden, daß man nur solche Präparate benutzt, für
deren Gleichmäßigkeit zuverlässige Firmen Gewähr leisten.
Es wäre ja besser, wenn man sagen könnte: Präparate für deren
Gleichmäßigkeit die Pharmacopoe gewährleistet. Aber so lange das ein
frommer Wunsch ist, besteht die Pflicht, den Praktikus wissen zu lassen,
welche Präparate resp. Firmen die obige Voraussetzung erfüllen. Da die
deutsche Digitalis purpurea von keiner fremden übertroffen wird und weil
dasselbe auch für ihre Präparate gilt, so nenne ich zunächst nur die gleich¬
mäßigen deutschen Präparate:
1. die Folia Digital, titrata von Caesar & Loretz in Halle,
2. „ „ Dr. Siebert & Dr. Ziegenbein in Marburg,
3. die Tinctura Digital, titrat. von denselben Firmen,
4. das Digitalysat von J. Bürger in Wernigerode,
5. Digitoxin v. E. Merck in Darm stadt.
Die Wahl unter diesen genannten gleichmäßigen Präparaten, führt
Dr. Focke fort, könnte nun dem Belieben des einzelnen anheim gestellt
werden, wenn sie uns geringe qualitative Unterschiede zeigten. Diese
Unterschiede sind aber so groß, daß es nötig ist, bei ihnen etwas zu ver¬
weilen. Es muß erörtert werden, welche Präparate die besseren sind, be¬
sonders wegen der etwa leichteren Vermeidbarkeit der toxischen Kumulation!
Dr. Focke kommt dann in seiner Betrachtung zu dem Resultat, daß
die toxische Wirkung des Digitoxin in den Blättern durch die Anwesenheit
von wasserlöslichen wahrscheinlich saponinähnlichen Substanzen herabgesetzt
wird, und sagt hierzu weiter: die Identität der Wirkung des Digi¬
toxins mit der der Bätter ist eine Legende, die hoffentlich bald
verschwindet. Es wirken die Blätter nicht bloß rascher und andauernder;
sie haben auch in ihrer therapeutischen Wirkung einen größeren Spielraum
und daher ist bei ihnen die Vermeidung der toxischen Kumulation leichter.
Als ungefähr gleichwertig mit den Blättern kann dagegen ein gutes
Dialysat des ausgepreßten frischen Blättersaftes mit nachheriger Einstellung
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Fortschritte der Technik. — Autorenregister.
betrachtet werden, weil dem Safte durch die Dialyse ja nur die der Konser¬
vierung hinderliche kolloide Substanz entzogen wird, während sonst alles
Gelöste darin bleibt.
In Bezug auf das Bürger’sche Digitalysat sagt Dr. Focks weiter: Vor
allem hat es sämtliche Wirkungen der Blätter besonders auch die volle Puls¬
verlangsamung gezeigt. Somit wird das deutsche Dialysat (unter dem Namen
Digitalysat geschützt) wohl seinen Platz in unserem Arzneischatz behalten.
Autorenregister.
Arneth 338. — d’Arsonval 305. — Bach 312. — v. Bardeleben 330. — Bascli 317. —
Baumann 312. — Beck 307. 330 Beclbre 326. — Becquerel 302. 303. — Belot, 325. — Bern"
hard 338. — Bibra 315 — Bickell 319. — Bier 312. 340. — Bloebauin 335. — Blumenkranz
316. — Boas 312. — Bouchard 312. — Brandt 326. — Brickner 328. — Brodzki 318 — Bruel
333. — Büchner 314. — Bum 312. 317. — Burwinkel 311 — Cahn 331. — Cassirer 308. —
Cohn 800. — Curie 303. — Curschmann 309. 332. — Edison 335. — Edlefsen 338. — Ehrmann
324. — Engler 318. — Epstein 315. — Erb 335. — Erhard 306. — Evler 330. — Ewald 319. —
Fink 324. — Fischer 342. — Fischl 316. — Flatau 307. — Fleischmann 336 — Francke 302.
— Franze 300 302. 329 333. 335. 338. 340. 343. - Freund 329. 330. - Gaiffe 325. — Galewski
322. — Garre 324. — Gaupp 332.— Gautier 320. — Giesel 303. — Graham 335. — Grimm 315. —
Gunmach 328. — Gulir 314. — Guilleminot329. — Harct332. — Hcinecko327. — Heinsheimer 319. —
Helbing 324. — W. C. Heraeus (Firma) 305 — Hinsberg 324. — Hinterst.oisser 331. —
Hippel 307. — Hirsch 321. — Hoffmann 310. — Holland 328. — Holzknecht 323. 328. _ Horner
307. — Jacol) 312. — Jaquet 312. — Jastram 328. — Jodlhaur 337. — Jonas 323. — Jones 329. —
Karger 300. — Keller 305. — Kingscote 329. — Kisch 321. — Klimek 322. — Koleski 325. —
Konegen 306. 307. 308 — Korson 317 — Krause 327. — Kugler 319. — Külz 315. — Kunert 306. —
Lange 330. — Ledingham 333 — Leduc 334. — Lcfinann 333. — Lehmann 302. — Lenne 315. —
Lennhof 330 — Levy 312. — Levy-Dorn 330. — Lichtenberg 331. — Liebelt 320. — Liebreich
318. — Lobei 320. — Löwy 320. — Luft' 339. — Mann 342. — Marie 332. — Matzner 320. —
v. Mikulicz 330. — Miller 330. — Moebius 312. — Moeller 312. — Morax 312. — Moritz 302.
Müller 333. — Münz 320. — Nenadovic 321. — v. Noonlen 315. — Niilisom 328. — Oppenheim
329. — Ostwald 320. — Pariser 319. •— Piissler 318. — Pawlow 319. — Pflüger 315. — Philippson
343. — v. Poehl 312. 315. 317. 320. — Polatschek 317. — Pott 328. — Ranzi 324. — Redard
332. — Reicher 312. — Renner 340. — Reyhcr 330. — Rcspinger 333. — Rheinboldt 320. —
Richter 320 — Rieder 323. — Robinsohn 324. 331. 334. — Rumpf 305. 330. — Rutherford 303.
304. — Sahli 325. — Senator 317. 320. — Siegfried 312. — Sieveking 318. — Sliield 329. —
Silherschmidt 305. — Solger 302. 331. — Spieler 328. — Strutt 304 — Szaboky 322. — Schede
314. — Schill 307. — Schilling 807. 323. — Schirmer 307. — Schmidt-Adolf 310. — Schmidt
323. 330 — Scholtz 328. — Schott 805.— v. Schroetter 324. — Schur 323. — Schwarz 325.
— Schyerning 330. — Stammler 322. — Strasser 810. 314 315. 316. 317. — Straub 337. —
Streintz 331. 332. — Strohschneider 331. — Tappeiner 337. — v. Tarchanow 320. — Tansz
322. — Tesla 305. — Trüb 306. — Tuff'ier 326. — Tuszkai 321. — Ullmann 309. 313. 314. —
Vanossy 315. — Vetter 299. — Villard 303. — Völker 331. — Vulpius 308. — Wein traut 315.
— Weisflog 335. — Weiß 314. — Werner 337. — Weiterer 305. 307. 326. 327. 335 336. —
Wiek 318. — Wichmann 333. 335. — Wiesner 299. — Williams 827. — Winternitz 311. 335.
342. — Witte 335. — Witthauer 340. — Wolf 316. — Ziegler 327. — v. Ziemssen 335.
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Bezugsquellenliste.
363
Bezugsquellenliste
für den Gesamtbedarf der praktischen Medizin.
Bei den in fetter Schrift gedruckten Finnen bitten wir die entsprechenden Anzeigen
im Inseratenteile zu beachten.
Röntgenapparate.
Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation
vorm. Ernst Herbst & Fiel, Görlitz.
(Siche Inserat )
Elektrotechn. Laboratorium, Aschaffen-
hlirg. (Siehe Inserat.)
Fr. Klingelfuß & Co., Basel. (Sielio Inserat.)
Max Kohl, Chemnitz in Sachsen.
Mitteldeutsche Elektrizitätswerke, Berlin.
Polyphos, G. m. b. H., München.
Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen.
Röntgenröhren.
Heinz Bauer & Co., Berlin, Liitzowstraße.
(Siehe Inserat.»
Max Becker & Co., Hamburg. (Siehe Inserat.)
Emil Gundelack, Gehlberg. (Siehe Inserat.)
C. H. E. Müller, Hamburg. (Siehe Inserat.)
Röutgenplatten.
Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation,
Berlin. (Siehe Inserat.)
.1. Hauff“ & Co., Feuerbach. (Siehe Inserat.)
Adolf Herzka, Dresden.
Richard Jahr, Dresden. (Siehe Inserat)
Kranseder & Co., München. (Siebo Inserat)
Lumi^re et son fils, Lyon.
Th. Matter, Mannheim. (Sioho iuserat.)
Otto Perutz, München.
Josef Eduard Rigler, Act.-Ges., Budapest.
(Siehe Inserat.)
Joh. Sachs & Co., Berlin.
Dr. C. Schleußner, A.-G., Frankfurt a. M.
(Siehe Inserat.)
Walter Talbot, Berlin. (Siehe Inserat)
IJnger & Hortmann, A.-G., Dresden.
Westendorp & Wehner, A.-G., Cöln.
Röntgenlaboratoriumsartikel.
Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation,
Berlin. (Sicho Inserat).
Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation
vorm. Ernst Herbst & Firl, Görlitz.
(Siehe Inserat )
Chetn. Fabrik vorm. E. Schering, A.-G., Berlin.
W. Frankenhäuser, Hamburg.
Geka-Werke, Hanau.
J. Hauff & Co., Feuerbacli. (Siehe Inserat.'
F. Hrdliczka, Wien.
Dr. Liittke & Arndt, Wandsbeck.
E. Merck, Darmstadt.
Neue Photographische Gesellschaft, Ber¬
lin-Steglitz. (Siehe Inserat.)
Rud. Sichert, Wien.
Walter Talbot, Berlin. (Sicho Inserat.)
Pliotogr. Cameras u. Projektionsapparate.
Aktiengesellschaft f. Camera-Fabrikation
vorm. Ernst Herbst & Firl, Görlitz.
(Siche Inserat )
Heinrich Eruemann, A.-G., Dresden. (Siehe
Inserat.'
Aktiengesellschaft für photogr. Industrie vorm.
E. Wünsche, Reick-Dresden.
Gurt Bentzin, Görlitz.
Fabrik photogr. Apparate auf Aktien vorm.
R. Hiittig & Sohn, Dresden.
Alb. Glock «fe Go., Karlsruhe.
C. P. Goerz, Berlin-Friedenau.
R. A. Goldmann, Wien.
Ed. Liesegang, Düsseldorf.
E. Suter, Basel.
Carl Zeifs, Jena.
Badeapparate, Koch- und Heizapparate.
Carl Bihlinaier, Braunschweig.
Gg. R. Bielitz, München.
F. A. Eschbaum, Bonn a. Rh.
C. & E. Fein, Stuttgart.
W. Hillinger-Reiner, Stuttgart.
Junkers & Co., Dessau. iSieho Inserat)
Gebe. Lautenschlüger, Berlin.
Josef Leiter, Wien.
Norddeutsche Chem. Werke, Berlin.
Prometheus, Frankfurt a. Main.
H. Recknagel. München.
G. Sittig & Co., Berlin. (Siehe Inserat)
Elektromedizin. Apparate.
Carl Bihlinaier, Braunschweig.
Fr. Dröll, Heidelberg.
Elektrotechn. Institut, G. m. b. II., Frank¬
furt a. M. (Sioho Inserat.'
Elektrizitiltsgesellschaft Gebr. Rulistrat,
Göttingen.
Reiniger, Gebbert & Schall, Erlangen.
Heilgymnastische (orthopäd.) Apparate.
Knocke & Drefsler, Dresden.
Rossel, Schwarz & Co., Wiesbaden. eSiehe
Inserat.)
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364
Bezugsquellenliste.
Chirurgische Instrumente und
Verbandsartikel.
Deutsche Dampfgipsbindenfabrik, München.
Georg Haertel, Breslau.
Hermann Haertel. Breslau.
Alexander Schaedql. Leipzig.
Evens & Pistor, Cassel.
Chemische Präparate.
J. Bürger, Wernigerode.
Caesar & Loretz, Halle.
Chem. Fabrik vorm. Baier & Co., Elberfeld.
Chemische Fabrik Rhenania. Aachen.
Chemische Fabrik J. D. Riedel, Berlin.
Chem. Laboratorium Weydenberg. Berlin.
Gebrüder Evers, chem. Fabrik Reisholz,
Diisseldorf-Reisholz. (Siehe Inserat)
Fabrikation von Dung’s China-Calisaya-
Elixir (Inhaber: Alb. C. Dung), Frei¬
burg i. Br. (Siehe Inserato
Farbwerke vormals Meister, Lucius & Brüning,
Höchst.
E. Feigel, Laboratorium u. Fabrik, Lauter-
haeh bei Mülhausen (Elsaß). (Siehe Inserate
G. & R. Fritz, Wien.
Gesellschaft für chem. Industrie. Basel.
F. Hoffmann, La Roche & Co., Basel.
Jakobi, Bad Nenudorf bei Hannover.
Kalle & Co., Biebrich a. Rh.
B. Kraus, Eßlingen.
Krewel & Co., G. m. b. H., Cöln a. Rh.
Paul Liebe, Dresden
Liithi & Buhtz, Berlin.
E. Merck, Darmstadt.
Dr. H. Nördlinger, Flörsheim a. M.
Dr. Siebert «Jfc Dr. Ziegenbein, Marburg.
Willi. M. Stock, Düsseldorf.
Karl Töpfer, Fabrik chem.-pharm. Präp.,
Leipzig. «Siehe Inserat/»
Vereinigte Chem.Werke. A.-G.,Charlottenburg
Clias. Zimmerinann & Co., Hamburg.
Aktiengesellschaft La Z.vmo, Montreux.
Nährmittelprä parate.
C. F. Böhringer & Söhne, Mannheiin-Waldhof.
Brückner, Lampe & Co., Berlin.
Deutsche Diamalt - Gesellschaft m. b. H ,
München.
Paul Liebe, Dresden
W. Mielek, Hamburg.
H. Niemoeller, Gütersloh.
Plasmon-Gesrllschaft m. b. H., Neubranden¬
burg i. M
Puro, mediz. chem. Institut, München.
Hugo Rosenberg, Berlin.
Sanatogen-Werke, Bauer & Co., Berlin.
Sicco, G. in. b. H., Berlin.
Auf den dem Hefte beiliegenden Prospekt der Verlagsbuchhandlung von Ferdinand
Enke, Stuttgart, machen wir besonders aufmerksam.
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Anerkannt das beste Werk der Röntgenographie
Verlag von Otto Nemnich, Leipzig.
Kompendium der Röntgenographie.
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gr. 8 " und 415 Seiten. Mit 201 Illustrationen im Text, 11 Fehlertafeln in Autotypie und
12 radiographischen Tafeln.
Preis gebunden in halb Leder Mk. 25.-.
Bisher eingelaufene Urteile:
Das Bnch führt (len Titel Kompendinm der Röntgenographie nnd beschränkt sich auf
diesen Teil der Röntgenwissenschaft; Dnrchlenchtnug, Orthodiagraphie nnd Therapie sind nicht be¬
rücksichtigt. Viele eigene Auffassungen derVerff. treten hervor, deren reiche Erfah¬
rungen in Technik und Praxis der Röntgenographie in dem Buche niedergelegt sind.
Der Inhalt des Werkes zerfällt in drei Abschnitte: der erste macht den Leser mit den Apparaten
zur Erzeugung der Röntgenstrahlen, dem Betrieb einer Röntgenstation, den Hilfsapparaten etc. be¬
kannt, der zweite erläutert die photochemischen Hilfsmethoden, und der dritte gibt die Aufnahme-
Methodik. Wie die Verf. im Vorwort betonen, liegt der Schwerpunkt des Buches im zweiten und
dritten Teil. Ans dem ersten Teil möchte Referent besonders die Kapitel über die Stromquellen,
das Iuduktorinm nnd die Unterbrecher sowie über die Röntgenröhren hervorhebeu. Die wichtige
Frage: Wie mnß der Induktor dimensiert sein? findet eingehende und einleuchtende Beantwortung
in der Darstellung S. 62 — 72. Demnach dürfte eine Fnnkenlänge von ca. 30 cm der DessauePschen
Induktoren ceteris paribus die für den Betrieb günstigste sein.
In dem Kapitel „Beispiele ansgeführter Röntgeuanlagen“ sind Einrichtungen der Firmen
„Polyphos“, „Klingelfnss & Co/, „Nostiz & Koch“, „elektrotechnisches Laboratorium Aschaffenbnrg“
von den betreffenden Ingenieuren derselben beschrieben. Unter diesen bietet das Apparatsystem
des Ingenieurs Koch vielleicht das meiste Interesse, da hier ganz neue Wege beschritten sind. Ans
dem zweiten Abschnitt sei das Kapitel über die Entwickelung der röntgenographischen Negative
hervorgehoben, das alles in dieser Hinsicht Wissenswerte klar nnd ausführlich gibt. Negativent¬
wickelung ist immer etwas Persönliches nnd jeder arbeitet nach seinem Geschmacke, da ist denn
die Besprechung einer Reihe von verschieden arbeitenden Entwicklern in mancher Richtung nütz¬
lich. Betreffs des Answaschens der entwickelten Platten vor dem Fixieren ist der Satz (S. 257):
„Für die Platte selbst ist dieses Aaswaschen ohne Bedentnng“ nicht für alle Entwickler richtig,
wie es anch Verff. beim Diphenal (Seite 267) selbst betonen. Dem Betrachten der Negative nnd
der Plattenkritik ist ein eigenes Kapitel gewidmet; die verschiedenen Fehler, welche Vorkommen
können, sind besprochen und die Erkennung der Fehlerquellen unter Beifügung zwölf instruktiver
Fehlertafeln erläutert.
Der dritte Teil, Anfuahrae-jfethodik ist besonders reich mit Abbildungen ansgestattet nnd
sind ihm 12 sehr schöne Tafeln, die eine größere Reihe typischer Röntgenbilder wiedergeben, bei¬
gefügt. Die Abhihlnng im Text veranschaulichen die Lagerung nnd Fixierung des Aufzunehmenden
nnd die Stellnug der Röntgenröhre etc., oder geben anatomische Skizzen, die znr Orientierung
dienen. In diesem Teile wird jeder praktisch mit Röntgenstrahlen Arbeitende sehr viel nützliche
Winke nnd für schwierige Aufnahmen gute Belehrung finden.
So stellt sich das Bach als ein wirklich praktisches Handbnch der Röntgenaufnahme dar,
das auf das beste empfohlen werden kann. Die Ausstattung des Buches ist — bis auf wenige nicht
ganz scharfe Textbilder — hervorragend.
Winckelmann-Köln im Reichs-Medizinalanzeiger. 1905. Nr. 18.
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Pie Verff. wollen ein praktisches Handbuch geben, das praktische Tatsachen und praktisch
brauchbare Kenntnisse nnd insbesondere eine erprobte, zuverlässige Methode der Aufnahme dem
Röntgenologen bringen soll. Diese ist in ttberans anschaulicher Weise dargestellt durch drei Arten
von Abbildungen, welche die Lagerung nnd Fixierung von Objekt, Platte nnd Apparat, die ana¬
tomischen Verhältnisse nud schließlich die eigentliche Aufnahme zeigen. Besonders lehrreich ist
auch eine Reihe beigegebener Fehlertafeln. Neben diesen durchaus praktischen Gesichtspunkten
kommen anch die Theorie über das Wesen der Röntgeustrahlen nnd die Forschung über Radio,
aktivität in diesem auf wissenschaftlicher Grundlage geschriebenen Buche nicht zu kurz, nnd so
wird das Werk D.’s, dessen Name in der Röntgenologie mit an erster Stelle steht, jedem, der sich
mit der jnngen Wissenschaft beschäftigt, viele neue Gesichtspunkte eröffnen und gnte Dienste leisten.
Zurhell e-Bonn im Zentralblatt für Gynäkologie. 1905. Nr. 36.
Ähnlich wie das Stechowsche Werk ist das vorliegende Handbuch vor allen Dingen für
den Praktiker bestimmt, dem es in klarer nnd dabei doch knapper Form alle zur Ausführung der
Röntgenphotographie erforderlichen, praktisch brauchbaren Kenntnisse nnd Anleitnngen gibt. Eine
Fülle von Erfahrungen langjähriger eigener Versuchsarbeit im Laboratorinm nnd in der Praxis mit
zahlreichen neuen Gesichtspunkten treten nns ans jedem Kapitel dieses originellen Werkes ent¬
gegen. In den beiden Kapiteln, welche sich mit der Ausführung der photographischen Methode
sowie mit der Aufnahmetechnik im allgemeinen nnd speziellen beschäftigen, liegt der Schwerpunkt
der vorliegenden Arbeit. Besonders eingehend ist das Aufnahmeverfahren der verschiedenen Körper¬
teile geschildert und durch Abbildungen, welche Lagerung, Fixierung znr Darstellnng bringen,
durch orientierende anatomische Skizzen sowie durch ganz vorzügliche Röntgenbilder veran¬
schaulicht. Der Zweck des Werkes „ein Handbuch der Aufnahme“ zu sein, das sich anf wissen¬
schaftlicher Basis unmittelbar in den Dienst der Praxis stellt, wird unseres Erachtens voll erreicht.
Der praktische mit Röntgenstrahlen Arbeitende wird in dem vorliegenden Kompendium,
dessen Preis (25 Mk.) in Anbetracht seiner vorzüglichen 12 radiographischen Tafeln und der zahl¬
reichen übrigen Abbildungen (11 Tafeln Autotypie, 201 Textillustrationen) als keineswegs zu hoch
bezeichnet werden mnfs, bei allen Aufgaben, welche das Röntgenverfahren stellt, einen durchaus
zuverlässigen Berater finden. Tobold in Deutsche Militärärztl. Zeitschrift. 1905. Nr. 9.
Die Verfasser haben die gestellte Aufgabe, dem Arzte die znr praktischen Ausübung des
Röntgenverfahrens nötigen Kenntnisse zu übermitteln, glänzend gelöst. Das hervorragende didak¬
tische Talent der Verfasser dokumentiert sich besonders in der Leichtigkeit und Sicherheit, mit
der die den meisten praktischen Ärzten nicht ganz geläufigen Begriffe der Elektrizitätslehre erörtert
werden. Die beigegebeneu radiographischen Tafeln illustrieren die Leistungsfähigkeit der modernen
Röntgenapparate. Dr. En g el e n- Düsseldorf in Ärztl. Rundschau. 1905. Nr. 39.
Das vorliegende Werk ist von den Verfassern als ein praktisches Handbuch gedacht. Es
umfaßt drei große Abschnitte, von denen der erste die Geschichte der Technik, die Theorie der
X-Strahlen nnd eine Erklärung des elektrotechnischen Instrumentariums, seine Einrichtung, Betrieb
und Ausbesserung enthält. Im zweiten Teil bespricht Verf. die photographische Methode und
Hilfsmethodeu, im dritten die eigentliche Aufnahmetechnik.
Gute Abbildungen von Apparaten, Lagerung der Patienten zur jeweiligen Aufnahme und
anatomische Skizzen illustrieren den klar geschriebenen Text.
Die auf jahrelangen praktischen Studien basierende große Erfahrung der Verfasser bürgt
von vornherein dafür, daß der Zweck des Buches erreicht ist.
Baum (Kiel) in Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie.
Die anf dem Gebiete der Röntgenographie schon seit langen Jahren hervorragend tätigen
Verfasser haben das vorliegende praktische Handbuch herausgegebeu als eine Frucht vieljähriger
Arbeit im Konstruktionsbnreau, im Versuchslaboratorinm nnd in der Praxis. Vor etwas mehr als
einem Jahre haben D. und W. bereits einen Leitfaden des Röntgenverfahrens geschrieben, von dem
schon die 2. Auflage vorliegt. Wir sind sicher, daß sich anch das viel voluminösere Kompendium
der Röntgenographie rasch zahlreiche Freunde erwerben wird; denn es ist in der Tat ein praktisches
Handbuch, klar im Text, reich illustriert durch Textabbildungen und Tafeln.
Das von der Verlagsbuchhandlung vorzüglich ansgestattete Werk kann nur empfohlen
werden. P. Wagner-Leipzig in Schmidt’s Jahrbücher der Medizin. 1905. Oktoberheft.
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des In- und Auslandes als unübertroffen anerkannt.
Warnung: Infolge unbefugter Nachahmungen meiner Fabrikate mache ich
darauf aufmerksam, daß nach § 4 des Patentgesetzes meine Lizenznehmer und ich
ausschließlich befugt sind, gewerbsmäßig die mir durch die Patente 113430 und 161614
geschützten Röntgenröhren mit durch Wasser gekühlte Antikathode und Luft-
regulierungsvorricntung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten und zu
gebrauchen. — Ich werde daher mir zur Kenntnis gelangende Patentverletzungen
mit allen gesetzlichen Mitteln verfolgen.
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E lektrotechnisches Laboratorium Aschaffenbur g.
Arbeitsgebiete:
1. Ausbau der physikalischen Grundlagen der Medizin mit be¬
sonderer Berücksichtigung des Röntgenverfahrens.
2. Lehrinstitut für Aerzte zur Ausbildung im Röntgen verfahren.
3. Elektrotechnisches Ingenieurbureau zur Projektierung, Prüfung,
Bauleitung und Begutachtung.
4. Fabrik von Röntgenapparaten (System Dessauer).
Die Fabrikations-Abteilung empfiehlt:
Bau von Röntgenstationen für alle Zwecke und Stromarten nach
Originalsystem Dessauer, Idealröhren D. R. P. nach Gundelach und
Dessauer, Specialapparate für Röntgentherapie, Elektromedizinische
Apparate für Galvanisation, Faradisation, Endoskopie und Kaustik;
elektrische Badeanlagen, Lichtbadeinrichtungen, Finsenanlagen.
Neuheiten:
Neue Wässerungsapparate für Negative; neue Schutzapparate für Ärzte und Patienten; Auf¬
nahmegeräte (Holzknecht-Kienböckscher Stuhl); Or. Alsbergsche Schutzmasse; französische
Chromoradiometer (Preis Mk. 10.—); Negativ-Studienapparate; Oämpfungskasten für
elektrolytische Unterbrecher. Durchleuchtungskompressorien.
Radiumbpomid, reinst. crist. in f£assun£ tfon jScp^ristallFÖbren.
Die wissenschaftliche Abteilung
empfiehlt sich zur Revision und Begutachtung von ärztlichen, speziell
elektroniedizinischen und Röntgenanlagen; Gesanitkrankenhausanlagen;
zur Bauleitung und Begutachtung elektrischer Zentralen.
Die wissenschaftliche Abteilung gibt Arbeitsplätze und Privatunterrichtskurse.
Aerzlliche Röntgenkurse
(theoretisch und praktisch)
Dauer 5—8 Tage. — Täglich 6—7 Stunden im Elektrotechnischen Laboratorium AschafFenburg.
Unter Leitung von Med.-Rat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und Bezirksarzt in Aschaffenburg, ab¬
gehalten von Dr. med. B. Wiesner, Ingenieur Friedrich Dessauer, Dr. med. P. C. Franze.
1906 finden Kurse statt im Februar, März, Juni, August, Oktober Dezember.
Kursbeitrag inkl. Uebungsgeld Mk. so.—,
Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch:
med.-Kat Dr. Roth, kgl. Landgerichts- und Bezirksarzt. Aschaffenburg.
Berliner ärztliche Röntgenkurse
(theoretisch und praktisch)
nach Art der Aschaflenburger ärztlichen Röntgenkurse '
(gelegentlich der ärztlichen Fortbildungskurse und des Chirurgenkongresses) gegeben von Dr.
med. Weecke, Berlin-Grosslichterfelde, und Ingenieur Friedrich Dessauer, Aschaflenburg.
Kursbeitrag Mk. 50.— (inkl. Uebungsgeld).
Im Anschluss daran Einzeliibung in der Privatklinik von Dr. Weecke.
Vorherige Anmeldung erforderlich. Alles Nähere durch:
Dr. med. Wtecke, Berlin-Grosslichterfelde, Steglitzerstrasse Nr. 33.
PRIVAT-KURSE
im Röntgenverfahren und anderen physikalischen Methoden (Elektromedizin) im Elektrotechnischen
Laboratorium Aschaflenburg nach Vereinbarung. (Honorar Mk. 100.— his Mk. 150.—.)
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
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PAPIE
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hochempfindliches, glänzendes Bromsilberpapier, auf karton-
starkem, rosa gefärbtem Rohstoff, das für direkte Röntgenauf¬
nahmen bestimmt ist. Die einzelnen Blätter sind in lichtdichten
Hüllen verpackt, so daß dieselben ohne Dunkelkammer
verwendet werden können
N. P. G. Röntgen-Papier
eignet sich vorzüglich für
direkte Röntgen-Aufnahmen
Es ist billiger und bequemer als Trockenplatten
Neue Photographische Gesellschaft
Aktiengesellschaft Steglitz-Berlin
Man verlange Prospekte bezw. Gebrauchsanweisungen
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