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IV INHALT.
Sechstes Heft.
XII. Borchardt, Aus dem pathologischen Institut der Kgl. Tierärztlichen
Hochschule zu Berlin (Direktor: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schütz).
Der Gehalt an agglutinierenden, präzipitierenden und kom-
plementablenkenden Substanzen im Humor aquaeus und Humor
vitreus sowie anderer Körperflüssigkeiten rotzkranker Pferde . .
XIII. A. Klarenbeek, Aus der Klinik für kleine Haustiere zu Utrecht, Ab¬
teilung für Pharmakologie und Toxikologie (Direktor: Prof. Dr. Jakob).
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen bei
subkutaner und lumbaler Applikation von Alypin beim Hunde,
gleichzeitig ein Beitrag zur Anatomie des Lendenmarkes. (Mit
2 Abbildungen im Text.).
Seite
373
426
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1 .
Statistischer Bericht der Königlichen Tierärztlichen
Hochschule zu Berlin für das Jahr 1913/14.
Von
Prof. M. (’remer,
derzeit. Rektor.
An der Tierärztlichen Hochschule waren im Berichtsjahre
11 Professoren, 5 Dozenten im Nebenamte, 1 AbteilungsVorsteher,
1 Prosektor, 9 Repetitoren, 1 Apotheker, 16 Assistenten und 11 wissen¬
schaftliche Hilfsarbeiter tätig.
Im Sommersemester 1913 waren 383 Studierende (einschließlich
124 von der Militär-Veterinär-Akademie) immatrikuliert, der
Nationalität nach 330 Preußen, 47 aus anderen Bundesstaaten und
6 Ausländer. Dazu kommen noch 104 Fachprüfungskandidaten,
15 Hospitanten, 95 Studierende anderer Hochschulen, zu¬
sammen also 597 Studierende.
Im Wintersemester 1913/14 waren 418Studierende (einschließlich
126 von der Militär-Veterinär-Akademie) immatrikuliert, und
zwar 338 Preußen, 71 aus anderen Bundesstaaten und 9 Ausländer.
Hierzu 102Prüfungskandidaten, 6 Hospitanten, 197 Studierende
anderer Hochschulen und 2 zur Ausbildung für den Gestütsdienst
kommandierte Offiziere, zusammen also 725 Personen.
In die naturwissenschaftliche Prüfung nach alter Ordnung
sind Ostern 1913 41 Kandidaten eingetreten. Von diesen bestanden
4 „sehr gut“, 12 „gut“ und 12 „genügend“; dagegen erhielten 13 die
Zensur „ungenügend“. Im Juli 1913 traten in diese Prüfung ein
bzw. wiederholten dieselbe 24 Kandidaten. Von diesen bestanden
4 „gut“, 9 „genügend“, dagegen erhielten 6 die Zensur „ungenügend“;
5 haben die Prüfung unterbrochen. In die im Oktober 1913 abgehaltene
Prüfung sind 36 Kandidaten eingetreten. Diese erhielten folgende
Zensuren: 5 „sehr gut“, 14 „gut“, 11 „genügend“, 6 „ungenügend“.
Archiv f. wisseuseb. u. prakt. Tierheilk. BJ.4I. H. 1 u. 2. j
2
CREMER,
Im Januar 1914 haben sich 25 Kandidaten der Prüfung unterzogen;
davon erhielten die Zensuren „sehr gut“ 1, „gut“ 4, „genügend“ 10,
„ungenügend“ 10 Kandidaten.
Zur tierärztlichen Vorprüfung nach neuer Ordnung meldeten
sich während des ganzen Berichtsjahres 25 Kandidaten, von denen
21 den naturwissenschaftlichen Abschnitt und zwei Kandidaten auch
den anatomisch-physiologischen Abschnitt bestanden. Letztere erhielten
das Gesamturteil „gut“.
Die tierärztliche Fachprüfung haben in beiden Prüfungs¬
perioden, Ostern und Michaelis 1913, erledigt: „raitErfolg“ 79Kandidaten,
„ohne Erfolg“ 1 Prüfling. Am Schlüsse des Berichtsjahres hatten
66 Kandidaten die Fachprüfung noch nicht beendigt.
Die Würde eines Doktors der Veterinärmedizin wurde 60 Tier¬
ärzten bzw. Veterinären zuerkannt.
Der Tierzuchtinspektorprüfung haben sich 5 Tierärzte unter¬
zogen; einer erhielt die Zensur „sehr gut“, 4 die Zensur „gut“.
An dem Fortbildungskursus für beamtete Tierärzte im
Herbst 1913 haben 25 Herren teilgenommcn, darunter 20 Kreistierärzte
aus Preußen, 2 aus Mecklenburg-Schwerin, 1 ßezirkstierarzt aus
Sachsen-Meiningen, 1 aus Sachsen-Weimar und 1 beamteter Tierarzt
aus Finnland.
Den Kursus für Tierärzte, welche sich zur Prüfung für
beamtete Tierärzte melden wollen, besuchten im Sommer 1913
36 Herren.
An dem Fortbildungskursus in der Milchhygiene und
Fleischbeschau im Herbst 1913 haben 27 Tierärzte tcilgenomraen.
Aus Staatsmitteln wurden 4 Stipendien zu 300 M. und 6 Stipendien
zu 150 M. an Studierende gezahlt. 26 Studierende erhielten Honorarerlaß.
Verzeichnis der veterinärmedizinischen Dissertationen,
welche in der Zeit vom 1. April 1913 bis 31. März 1914 von der Tier-
ärztlichen Hochschule angenommen sind.
1. Berwig, Ernst, Ueber aas Verhalten der Glykolsäure, des Azetessigäthers und
des Urethans im Phlorhizindiabetes.
2. Brocki, Brunislaus, Untersuchungen über den Phlorhizindiabetes des Hundes und
über das Verhalten des Diuretins in demselben.
3. Vathaucr, Heinrich, Ueber das Verhalten des essigsauren Ammoniums und
der /7-Oxybuttersäure im Phlorhizindiabetes.
4. Foerster, Hubert, Ein weiterer Beitrag zum Verhalten des Azetamids im
Organismus phlorhizindiabetischer Hunde.
5. Köhler, Max, Ueber Neubildungen an den Ohrmuscheln des Pferdes.
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 3
6. Remmler, Walter, Untersuchungen über die Abhängigkeit der nach außen
ableitbaren, maximalen, elektromotorischen Kraft des Malopterurus electricus
von der Temperatur des Oszillographen.
7. Dross, Julius, Luxatio Femoris beim Hunde.
8. Dobrindt, Johann, Ueber die Entstehung von Zucker aus Glykolester.
9. Glamser, Fidel, Weiterer Beitrag zur Frage nach der Verwertung von tief
abgebautem Eiweiß im tierischen Organismus.
10. Held, Hans, Biologische Untersuchungen über Rauschbrand mit besonderer Be¬
rücksichtigung der Komplementbindung.
11. Schmidtmann, Adolf, Komplementbindung bei Rotlauf.
12. Leineweber, Johann, Ueber den monophasischen Aktionsstrom von Anodonta.
13. Becker, Willy, Untersuchungen über Dreiaform.
14. Beier, Friedrich, Untersuchungen über den Zahnstein beim Pferde und Hunde.
15. Drescher, Ludwig, Beiträge zur Kenntnis und Aetiologie der Skoliosen unseres
Hausgeflügels.
16. Kade, Georg, Antiformin als Anreicherungsverfahren für den Nachweis von
Tuberkelbazillen und seine Brauchbarkeit für den bakterioskopischen Nachweis
derselben im Blute.
17. Hagemeister, Wolfgang, Ueber die Züchtung pathogener Trypanosomen auf
künstlichen Nährböden.
18. Ferber, Friedrich, Beiträge zur Biologie der nur auf kulturellem Wege nach¬
weisbaren Flagellaten des Rinderblutes.
19. Heinichen, Walther, Ueber das Inkubationstadium und die Initialerscheinungcn
der Hundestaupe, über die Behandlung der Staupe mit Pferdenormalserum und
statistischer Beitrag zur Staupe.
20. Schmidt, Julius, Ueber die künstliche Erzeugung einer allgemeinen Leukozytose
bei Pferden durch örtliche Reizmittel (Kampferöl, Sonföl, Veratrin, Koffein,
Kantharidensalbe, Quecksilberbijodidsalbe).
21. Iwicki, Michael, Untersuchungen über die Verwertbarkeit der Präzipitation
zur Feststellung des Stäbchenrotlaufs der Schweine.
22. Habersang, Oskar, Die Dislokation desHufbeins bei der Rehekrankheit der Pferde.
23. Hinz, Wilhelm, Die Zucht des englischen Bulldoggs, ein Beitrag zur Frage
der Verwandschaftszucht
24. Voß, Walter, Studien über das Verhalten verschiedener Sera gegenüber ver¬
schiedenen Organen unter besonderer Berücksichtigung einiger tuberkulöser Fälle.
25. Wehrwoin, Erich, Verhalten des Serums verschiedener Tiere gegenüber ver¬
schiedenen Organen.
26. Grimmig, Johannes, Ueber das Verhalten von Traubenzucker und Harnstoff
im Phlorhizindiabetes beim Kaninchen.
27. Greßel, Emil, Ueber das Verhalten von Jodfettsäurederivaten des Cholesterins
im Organismus des Hundes.
28. Geddert, Heinrich, Darstellung optisch aktiver Polypeptide aus Razemkörpern.
29. Meyer, Otto, Ueber den Nachweis von aktivem Pepsin im Darminhalt mittelst
Elastin.
30. Roemer, Paul, Zur Behandlung von Neubildungen beim Pferde und Hunde
durch Röntgeostrahlen mit besonderer Berücksichtigung der histologischen
Veränderungen nach den Bestrahlungen.
31. Mann, Wilhelm, Untersuchungen über die Verwendbarkeit der Hefe in der
Veterinärchirurgie.
32. Dah 1 ke, Johannes, Untersuchungen über das Wesen des sogenannten Hufkrebses.
33. Haeberer, Fritz, Zur Kenntnis der Kniescheibenfraktur des Pferdes.
34. Henningfeld, Franz, Ueber die Isolierung einzelner Trypanosomen.
35. Rahn, Karl, Die Behandlung der Maul- und Klauenseuche mit Atoxyl.
36. Niklas, Max, Ueber die sogenannten Spontanfrakturen der Backenzähne des
Pferdes.
37. Nußhag, Wilhelm, Ueber die Bildung von Aethylendiisozyanat und dessen
Umwandelungsprodukte, nebst Studien über die physiologische und pharmako¬
logische Wirkung der dabei entstehenden Aethylenallophansäurcabkömmlinge.
1*
4
SCHMALTZ,
38. Katzfey, Jacob, Ueber ältere Glyzerinfütterungsversuche und das Verhalten
des Triazetins, des Tributyrins und Monobutyrins im Phlorhizindiabetes.
39. Nitsche, Otto, Ueber das Verhalten des Asparagins, des Phenylurethans und
des Aethylenaliophansäuremethylesters im Phlorhizindiabetes.
40. Grossien, Walter, Zur Kenntnis der Ellenbogenbeinfrakturen beim Pferde.
41. Salewski, Rudolf, Ueber den Einfluß des Blutgehaltes der Organe bei der
Anwendung des Abderhaldenschen Dialysierverfahrens.
42. Griese, Ernst, Versuche zum chemischen Nachweis kleinster Mengen von
Phlorhizin an sich und in Gemengen mit Phlorin.
43. Peiter, Otto, Ist die Zeiß-Wollnysche Refraktometrie eine exakte Methode
zur Fettgehaltbestimmung der Milch und kann sie den wissenschaftlichen
Methoden gleichwertig zur Seite gestellt werden?
44. Lanz, August, Die Kresolseifenlösungen des Handels und des Deutschen
Arzneibuches, Ausgabe 4 und 5.
45. Daners, Peter, Beitrag zur Regeneration der Huflederhaut des Pferdes.
46. Ganser, Friedrich, Ueber Fangobehandlung beim Pferde.
47. Sch eis, Otto, Untersuchungen über das Auftreten der Anaphylaxie nach
Impfungen gegen Milzbrand.
48. Bautz, Friedrich, Die Bedeutung der Labhemm-Probe für die sanitätspolizeiliche
Milchkunde.
49. Me wes, Wilhelm, Ueber den Wert der Pasteurisation hinsichtlich der Ab¬
tötung der in der Milch enthaltenen Tuberkelbazillen.
50. Pockrandt, Paul, Untersuchungen über die Biologie der Muskeltrichine.
51. Hannemann, Paul, Ueber die Wirkung der Bolus-Alkohol-Paste (Lierraann)
beim Pferde.
52. Fabische, Kurt, Das Verhalten des Aminoäthylalkohols und des Glykolaldehyds
im Organismus phlorhizindiabetischer Hunde.
53. Malze, Alfred, Beiträge zu den Zahnkrankheiten des Hundes (Zahnkaries).
54. Kröcher, Kurt, Versuche mit Salvarsan bei der Behandlung der Hundestaupe.
55. * Merten, Georg, Ueber die Wirkung des Benzanids und des benzoesauren
Natriums im Organismus phlorhizindiabetischer Hunde.
56. Schwenken, Friedrich, Ueber das Verhalten der Acrylsäure im Organismus
phlorhizindiabetischer Hunde.
57. Folger, Friedrich, Ueber das Verhalten von Azetyl-Glykokoll und Glykokoll-
esterchlorhydrat im Organismus phlorhizindiabetischer Hunde.
58. Roettinger, Hermann, Zur Kenntnis der Frakturen der kleinen Sprung¬
gelenksknochen des Pferdes.
59. Meyer, Emil, Ueber das Verhalten der Glyzerinsäure im Phlorhizindiabetes.
60. Blume, Georg, Die Phosphorsäureausscheidung im Phlorhizindiabetes.
Anatomisches Institut.
Von Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schmaltz.
Im Sommersemester 1913 wurden die histologischen
Uebungen abgehalten, an denen insgesamt 126 Studierende teil-
nahmen. Die große Teilnehmerzahl machte, wie gewöhnlich, eine
Trennung des Kursus in 2 wöchentlich abwechselnde Abteilungen
notwendig.
Die Präparierübungen im Wintersemester 1913/14 ver¬
einigten eine Zahl von 275 Studierenden zu gemeinsamer Arbeit. Für
diese Uebungen wurde folgendes Material verbraucht: 52 Pferde,
1 Rind, 34 Hunde, 2 Pferdeköpfe, 5 Pferdeschädel, 61 Pferdefüße,
SUlistiscliei ihn' ltnpigl. TkH'Sfci'zlJirhpn tlueft-sülx'ule zu Berlin. 5
(TRinderbeine. ti»> (linder fälle, 12 Kjpdemag«;», ..iTordcangen, ’i Schäfer
kilpfo,' % Hübter, 1 jlahn r Zu üd Öftrti'p^siraljöns-
0<tek<!n wurde eino größere .W.ahi" von inngcweiden verschiedener
ifäHtilere erworben. , - •
Flitter den im Institut beschäftigten vvissetisühaftlieheh Hilfskräften
Itü Februar- 1914
traf folgender Wechsel ein: Im Februar 1914 ..verließ Dr. \Ve|«kop(
das anatomi.se.be Institut ; um in gleicher Eigenschaft als Assislens
sid« der patbotogiseben Anatomie a»-'Widmen Seim- Stelle übernahm
mlenmisüseii, bis Zum 3A Marz, Tierarzt Slcinba.cii. Am 31. Mur?
schieden dann aas: Stabsveterinär Hahn, ' der drei Jahre hindurch
Kum Institut kommandiert und zwei .lahre lang mit Wahrnehmung der
hixMhäftC des IVosekior.s beauftragt gewesen war, ferner der Assistent
Zum t^osektdr wü rd e<
Tierarzt Schulz und Tierarzt Steiriba.$fr
ernannt Dr. Thi o k e „• biisfcef.- i^slsteqV.^b' dei- Poitklihik bml vordem
am vetcrinär-analomisfiji.eo Institut in CHcBcnF liib ^eß,ja@kiorsielle
hat mit Begißfl de* Elatsjahres 1914 die Fcnj ;>»•!,• uze>; vint-f Äirteilnngs-
vo.rstehcrst.elle erhalten. Zum Asshtie-ntcn wurde erurmfit Timr/t.
Dr. Drahn, vordem 'Assistent an der tustfisituschcri Klinik zu Hannover.
Vorn Krtegsmitiisfonum «erde zur Veterinär-Ahndende kommandiert
und vonjjfeef de® ■.anainnnschc» Institut (auf die Dauer von 2; Jahreni
überwiesen Ohcrvctennä* Dr, iniolial.
Mediztrtlsch'.töterisispb« Klinik für größere Haustiere.
T/ibcilaristMi«!/aisa rum f-n.stv: I der vou> i. April lijj# Ins $1. Mä r/> lÜli
irt der Klinik an i er *>u ehren und K d li rut d od i e a • Pfordo.
Von itöb. V't^Kui Prcvf. Dr, V? t»hncr,
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Zahl
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Pferde
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Transport
63
53
2
—
1
7
II. Krankheiten desNervensystems.
Hydrocephalus acutus ....
17
12
5
Hydrocephalus chronicus . . .
1
1
—
—
—
—
Nervosität.
5
4
—
1
—
—
Spinale Lähmung.
9
5
1
1
2
—
Drusenbildung am Sehnerven .
1
—
—
1
—
—
111. Krankheiten des Respirations¬
apparates.
Nasenbluten.
1
1
Katarrh der oberen Luftwege .
8
8
—
_
—
—
Empyem der Oberkieferhöhlen.
2
1
—
_
—
1
Glottisödem.
2
2
—
—
—
—
Laryngopharyngitis acuta . .
7
7
—
—
—
—
Laryngitis chronica.
1
—
1
—
—
—
Bronchitis acuta.
4
4
—
_
—
—
Bronchitis chronica . .
6
1
2
3
—
—
Sporadische akute Pneumonie .
33
33
—
—
—
—
Gangränöse Pneumonie ....
4
—
—
—
_
4
Pleuropneumonie.
4
4
—
—
—
—
Chronische Pneumonie ....
2
—
1
1
—
—
Pleuritis acuta serofibrinosa.
3
2
1
—
—
—
Pleuritis suppurativa.
1
—
—
—
—
1
Pleuritis granulosa chronica. .
1
—
—
—
—
1
Akutes Lungeneraphysem . . .
2
2
—
—
—
—
IV. Krankheiten des Zirkulations¬
apparates.
Akute Endocarditis.
1
—
1
_
—
—
V. Krankheiten des Digestions¬
apparates.
Stomatitis diphtherica ....
1
1
Speichelfistel.
1
1
—
—
—
—
Fremdkörper im Schlund . . .
2
2
—
—
—
—
Abszeß in der Schlundwand. .
1
—
—
; ~
—
1
Akuter Magendarmkatarrh . .
12
12
: —
—
—
—
Chronischer Magendarmkatarrh
3
2
1
l -
—
—
Magendarmentzündung ....
1
—
! —
—
—
1
Primäre Magenerweiterung . .
5
5
_ _
—
! —
—
Magenzerreißung.
4
—
—
3
1
Dünndarmverstopfung ....
322
301
—
l
1
1 1
20
Latus
530
464
| 15
7
7
i
j 37
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 7
Namen der Krankheiten
Zahl
der
Pferde
geheilt
gebessert >
cs
Cß
ungeheiltbzw. oq
ungebessert
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getötet ®
gestorben
Transport
530
464
15
7
7
37
Grimmdarmverstopfung ....
208
174
_
_
1
33
Blinddarmverstopfung ....
41
32
—
—
4
5
Mastdarmverstopfung.
3
3
—
—
—
—
Dickdarmverlagerung.
4
—
—
—
4
Dünndarmvolvulus.
6
—
—
1
5
Invagination des Leer- und Ilüft-
darms.
1
_
1
Fibrosarkom des Leerdarms . .
1
—
—
—
—
1
Mastdarmstenose.
1
—
—
—
1
Mastdarmruptur.
4
1
—
—
3
—
Kotstein im Mastdarm ....
1
1
—
—
—
Embolische Kolik.
8
—
—
_
—
8
Krampfkolik.
4
4
—
—
—
—
Windkolik.
3
3
—
—
—
—
Chronische Kolik.
1
—
1
—
—
Peritonitis.
4
1
—
—
—
3
Spulwürmer.
2
2
—
—
—
—
Gastruslarven.
5
5
—
—
.—
VI. Krankheiten des Urogenital¬
apparates.
Chronische Nierenentzündung .
1
1
Cystitis.
2
i
—
—
1
—
Nierenblutung.
1
1
—
—
—
—
Präputialkatarrh.
1
—
1
■
VII. Krankheiten der Muskeln.
Hämoglobinurie.
33
18
1
i
i
i «
8
Myositis rheumatica.
4
2
! 2
1
VIII. Verschiedene Krankheiten.
Rehe.
7
7
|
i
Ueberanstrengung.
5
4
— |
1 “ ^
1
—
Bruch des 3. Halswirbels . • .
1
— ,
— ;
1 1
- 1
—
Bruch der rechten Hüfte . . .
1
1
—
1 —
- i
—
Bruch des Darmbeins ....
2
— i
I — *
2
—
Zerreißung der Fesselbeinbeuger
1
— |
- !
1
—
Kachexie.
2
—
1
l ,
—
—
Periodische x\ugenentzündung .
2
— 1
1 _
1 !
! 2 I
i
IX. Allgemeine Untersuchungen .
5
5
1 _
!
— i
—
Summa
895
729
20
11
29
106
8
EBERLEIN,
Folgende Gewährmängel wurden untersucht:
Namen der Mängel
Zahl
der
Pferde
Namen der Mängel
Zahl
der
Pferde
Sämtliche Hauptmängel . . .
155
Transport
237
Dummkoller.
28
Dämpfigkeit.
! 15
Dummkoller und Kehlkopfpfeifen
1
Kehlkopfpfeifen.
31
Dämpfigkeit und Kehlkopfpfeifen
2
Periodische Augenentzündung .
1 5
Koppen und Kehlkopfpfeifen .
1
Koppen .
1 2
Zugfestigkeit.
l
Dummkoller und Dämpfigkeit .
1
Zungenstrecken.
1
Latus
237
Summa
243
Die Gesamtzahl der in die medizinisch-forensische Klinik ein¬
gestellten Pferde betrug demnach: 1188.
Chirurgische Klinik für große Haustiere.
Tabellarische Zusammenstellung der vom 1. April 1913 bis 31. März 19J4
behandelten bzw. untersuchten Tiere.
Von Prof. Dr. R. Eberlein.
Namen der Krankheiten
Zahl
der
Pferde
geheilt
gebessert >
c
s g än
N O
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H a
c3
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bßa
§ 3
ge
O
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gestorben
I. Krankheiten des Kopfes und
des Halses.
Wunde an den Lippen ....
4
4
_
Wunde am Nasenloch ....
1
1
—
—
—
—
Nasenbluten.
1
—
—
1
—
—
Adenofibrom der Nasenhöhle .
1
1
—
—
—
—
Wunde an der Stirn.
5
4
1
—
—
Fistel am Unterkiefer ....
1
1
—
—
—
Wunde am Halse.
2
2
—
—
1 —
—
Wunde an der Zunge ....
1
1
—
—
1 —
—
Abszeß im Genick.
1
1
—
—
I —
—
Abszeß in der Parotisgegend .
1
1
—
—
, —
—
Abszeß im Kehlgang.
1
1
—
—
i —
—
Fistel am Os occipitale. . .
2
2
—
I _
—
Fistel am Nackenband ....
1
1
—
I _
1
i —
Luxation der Halswirbelsäule .
1
—
—
1
—
1 —
Laryngitis .
3
3
1
i —
—
t —
Laryngitis et TracheVtis . . .
1
1
1 —
! —
—
Latus
27
24
—
1 3
1 —
1
!
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin.
0
Namen der Krankheiten
Zahl
der
Pferde
geheilt
gebessert ^
ungeheiltbzw.
unbehandelt p:
D
g o
o
:0
<V
bO
gestorben
Transport
27
24
3
—
—
Stenose der Trachea.
1
_
_
1
_
_
Kehlkopfpfeifen.
99
95
—
3
—
1
Chondritis et Perichondritis des
Kehlkopfes.
1
1
_
. .
_
__
Myositis suppurativa des M.
masseter.
1
1
_
_
Lähmung des N. facialis . • .
3
2
1
—
—
—
Fistel am Halse.
2
2
—
—
—
—
Fraktur des Oberkieferbeins. .
1
1
—
—
—
—
Fraktur des Unterkiefers . . .
1
i
—
—
—
—
Fraktur des Nasenbeins . . .
1
i
—
—
—
—
Fibrokarzinom der Oberkiefer¬
höhle .
1
1
_
Sarkom der Oberkieferhöhle . .
2
—
i
1
—
—
Empyem der Oberkieferhöhle .
4
3
1
—
—
Osteosarkom der Oberkiefer¬
höhle .
1
_
1
_
Spindelzellensarkom der Ober¬
kieferhöhle .
1
1
1 _
_
Osteom des Unterkiefers . . .
1
1
—
—
Fraktur des Arcus zygomaticus
1
—
—
—
j —
1
Struma.
2
2
—
| —
—
Lymphadenitis suppurativa der
retropharyngealen Lymph-
drüsen .
1
1
1
1
Ladendruck .
1
1
—
—
—
—
Lymphosarkom der Hals- und
Kehlgangslympkdrüsen . . .
1
_
_
1
_
_
Subfasciale Abszesse am Halse
1
1
i “
—
—
—
H. Krankheiten des Rumpfes.
Hämoglobinäraie.
2
1
!
1
Wunde an der Vorderbrust . .
3
3
—
—
—
Fistel an der Vorderbrust . .
1
1
| —
1
—
—
—
Phlegmone an der Seitenbrust
1
1
t
—
—
—
Abszeß an der Vorderbrust. .
1
1
! —
—
—
—
Tylom an der Vorderbrust . .
2
2
1 _
—
, —
—
Vorderbrustbeule.
1
1
—
—
—
—
Bugbeule.
19
19
I _
—
—
—
Spindelzellensarkom an der
Seitenbrust.
2
1
i
1
___
j _
i
i
Wunde an der Unterbrust . .
3
2
1
1 —■
, —
Wunde am Widerrist ....
3
2
1
j —
1 —
Tvlom am Widerrist.
1
1
1
—
—
Latus
193
172
I
; 3
1
1 15
1
I
2
i
10
EBERLEIN,
Namen der Krankheiten
Zahl
der
Pferde
©
Xi
©
bD
A u
u
&
03
Oft
©
Xi
©
bß
3 g ä n
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22 ö
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bß fl
§ 3
ge
©
ro
4^
©
bß
a
©
Xi
u,
o
Cß
©
bß
Transport
193
172
3
15
1
2
Geschirr- und Satteldruck:
a) Quetschung.
6
6
b) Bursitis.
2
2
—
—
—
—
c) Widerristfistel.
8
8
—
—
—
—
Wunde an der Schulter . . .
2
2
—
—
—
—
Wunde in der Flanke ....
6
6
—
—
—
—
Flankenhernie.
1
—
—
—
—
1
Ilernia umbilicalis.
2
2
—
—
—
—
Narbenkeloid in der Flanke. .
1
1
—
—
—
—
Wunde am Abdomen.
1
1
—
—
—
—
Fistel am Abdomen.
3
2
—
—
—
1
Darmvorfall.
1
1
—
—
—
—
Papillome am Abdomen . . .
2
2
—
—
—
—
Wunde auf der Kruppe . . .
4
4
—
—
—
—
Dekubitus am äußeren Darm¬
beinwinkel .
1
I
Fraktur der Lendenwirbelsäule
1
—
—
1
—
—
Fraktur des Tuber coxae. . .
8
3
2
2
—
1
Fraktur der Darmbeinsäule . .
6
2
—
3
—
1
Fistel am Hüfthöcker ....
1
1
—
—
—
Fraktur im Pfannengelenk . .
2
—
1
—
1
—
Fraktur des Beckenbodens . .
3
—
1
2
—
—
Fraktur des Os ischii ....
1
1
—
—
—
—
Wunde am Sitzbeinhöcker . .
9
9
—
—
—
—
Hämatom am Sitzbeinhöcker .
1
1
—
—
—
—
Myositis suppurativa der Lenden¬
muskeln .
1
.
1
Commotio spinalis.
2
1
1
—
—
—
Bursitis trochanterica ....
1
1
—
—
—
—
Lymphosarkom der Darmbein-
und Kniefaltendrüsen . . .
1
1
_
_
Paraproktaler Abszeß ....
3
3
—
—
—
—
Mastdarm-Scheidenfistel....
1
1
—
—
—
III. Krankheiten des Vorder¬
schenkels.
Wunde am Schultergelenk . .
2
Lähmung des N. suprascapularis
l
1
—
—
—
—
Kontusion des Plexus brachialis
1
1
— 1
—
—
1 —
Lähmung des N. radialis . . .
1
1
—
—
—
Omarthritis.
11
11
—
—
—
Tumor am Buggelenk ....
1
—
1
—
—
—
Bursitis intertubercularis . . .
1
1
—
—
—
—
Wunde am Vorarm.
1
1
—
— 1
—
—
Fraktur des Olecranon ....
3
1
—
2 .
—
—
Latus
296
251
10
26
|
1 2
i i
7
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 11
Namen der Krankheiten
Zahl
der
Pferde
geheilt
gebessert >
c
CO
ungeheiltbzw.
unbehandelt
D
getötet °
gestorben |
Transport
296
26
2
7
Ellenbogenbeule.
6
—
—
Phlegmone des Unterarmes . .
3
1
—
—
Wunde am Unterarm ....
4
1
—
—
Myositis suppurativa am Unter¬
amt .
1
1
Fistel am Unterarm.
1
i
—
—
Wunde am Carpus.
7
6
1
—
Abszeß am Carpus.
1
1
—
—
—
—
Phlegmone am Carpus ....
2
2
—
—
—
—
Bursitis praecarpalis.
4
—
4
—
—
—
Periarthritis des Carpalgelenks
6
—
5
1
—
—
Wunde am Metacarpus....
4
4
—
—
—
—
Periostitis am Metacarpus . .
7
6
—
1
—
—
Ueberbein am Metacarpus . .
2
2
—
* -
—
—
Tendinitis chronica des
a) Fesselbeinbeugers ....
1
1
_
_
_
b) Unterstützungsbandes des
Hufbeinbeugers.
30
26
2
2
-
_
c) Hufbeinbeugers.
3
3
—
—
—
—
d) Kronbeinbeugers ....
5
5
—
—
—
Sehnenstelzfuß.
7
5
1
i
—
—
Partielle Zerreißung des Huf¬
beinbeugers .
1
1
__
_
Partielle Zerreißung des Kron¬
beinbeugers .
1
1
_
_
Zerreißung des Fesselbein¬
beugers .
1
_
1
_
_
_
Tendovaginitis der gemeinschaft¬
lichen Sehnenscheide. . . .
4
4
_
_
_
_
Phlegmone des Metacarpus . .
)
1
—
—
—
—
Abszeß am Fessel.
1
—
—
—
—
1
Wunde am Fessel.
9
7
—
2
—
Frakturdes medialen Griffelbeins
1
—
i
—
—
j _
Bursitis an der Vorderfläche des
Fesselgelenks . ..
1
1
_
_
i _
1 _
Distorsion des Fesselgelenks .
4
4
—
—
--
Neuritis am Fessel.
1
1
—
1 -
—
Fraktur des Fessel bei ns . . .
5
2
—
1 3
i —
Periostitis an der Vorderfläche
des Fesselbeins.
3
3
i
i
j
_
Fistel in der Fesselbeuge. . .
3
—
3
1 —
; —
—
Distorsion des Krongelenks . .
1
1
—
! -
—
—
Arthritis chronica deformans
(Schale) des
a) Fesselgelcnks.
3
2
I
j 1
_
I
i
b) Krongelenks.
8
8
—
i —
1 “
Latus
438
362
1 29
37
i
l
i 2
■ 8
i
12
EBERLEIN,
Namen der Krankheiten
Zahl
der
Pferde
geheilt
gebessert >
ps
U)
ungeheiltbzw. er?
unbehandelt
p
ge
SO
■P
©
bß
gestorben
Transport
438
362
29
37
2
8
IV. Krankheiten des Hinter¬
schenkels.
Coxitis.
2
1
1
Quadricepslähmung.
1
—
1
—
—
—
Wunde in der Gegend des
Hüftgelenks.
i
_
_
1
Wunde am Oberschenkel . . .
1
1
_
—
—
—
% Wunde am Kniegelenk ....
1
1
—
—
—
—
Hämatom am Kniegelenk . . .
3
3
—
—
—
—
Wunde am Kniescheibengelenk
6
5
—
—
—
1
Wunde in der Kniefalte . . .
11
10
—
1
—
—
Fraktur der Patella.
1
—
_
1
_
—
Fraktur des Femurs.
2
—
_
2
_
—
Gonitis acuta.
1 1
1
_
—
—
—
Gonitis chronica.
l
_
_
1
_
_
Gonotrochlitis.
3
_
1
2
_
_
Wunde an der Tibia.
10
8
_
2
_
_
Hämatom an der Tibia. . . .
2
2
_
—
_
_
Fraktur der Tibia.
1
—
_
1
_
_
Phlegmone am Unterschenkel .
5
4
—
—
1
—
Wunde am Sprunggelenk . . .
14
11
—
1
1
1
Kontusion des Sprunggeienks .
1
1
—
—
—
—
Arthritis acuta serosa des Sprung¬
gelenks .
4
2
2
Distorsion des Sprunggelenks .
1
1
_
—
—
—
Arthritis purulenta des Talo-
cruralgelenks.
4
1
1
1
_
1
Sprunggelenksgalle.
4
4
— !
—
—
—
Hahnentritt.
1
1
—
—
—
Spat.
25
24
—
1
—
—
Wunde am Metatarsus ....
8
8
—
—
—
—
Zerreißung des M. extensor digi-
torum communis.
2
1
1
Abszedierende Phlegmone am
Metatarsus.
1
1
i
Ulkus am Metatarsus ....
1
1
—
—
—
—
Tendinitis chronica des
a) Unterstützungsbandes des
Hufbeinbeugers.
1
1
i
i
b) Huf- und Kronbeinbeugors
1
1
— i
—
—
—
Tendovaginitis chronica der
gemeinschaftlichen unteren
Sehnenscheide.
2
2
Tendovaginitis suppurativa der
gemeinschaftlichen unteren
Sehnenscheide.
1
— 1
1
1
I
1
i
1
Latus
561
456
36
52
4 1
13
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 13
Namen der Krankheiten
Zahl
der
Pferde
geheilt
gebessert >
ägän
£ ä*
N (Vj
±2 a
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■8.8
bß a
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O
bß
gestorben
Transport
561
456
36
52
4
13
Wunde ara Fesselgelenk . . .
1
1
—
—
—
Distorsion des Krongelenkes. .
1
—
1
—
—
—
Fraktur des Kronbeines . . .
1
—
—
1
—
—
Arthritis chronica deformans
des Fessel- und Krongelenkes
(Schale).
1
1
—
—
V. Krankheiten des Harn- und
Geschlechtsapparates.
Kastration.
59
58
1
Kryptorchismus
a) inguinaler.
13
12
_
_
_
1
b) abdominaler.
11
8
—
—
—
3
Samenstrangfistel.
10
9
1
—
—
Cystitis catarrhalis.
1
1
—
—
—
Botryoraykose in der Leisten-
gegend .
1
1
_
_
__
_
Botryomykose des Euters. . .
2
i
1
—
—
—
Oedem des Samenstranges . .
1
1
—
—
—
—
Melanom in der Leistengegend
1
1
—
i _
—
—
Abszess in der Leistengegend .
2
2
-
1 _
—
—
Wunde des Schlauches ....
1
i
—
1 _
: -
—
Karzinom des Schlauches . . .
1
1
—
—
1 —
—
Melanom des Schlauches . . .
2
1
—
—
1 1
—
Periorchitis .
l
1
—
—
| —
—
Penislähmung .
1
—
1
—
|
—
Hodensackbruch .
2
2
—
i
—
Mastitis .
1
1
—
—
Nymphomanie (Ovariotomie). .
2
2
—
—
| —
—
Geburt .
3
3
—
—
| —
—
Endometritis.
1
1
—
—
i —
—
Rißwunde der Geburtswege und
des Afters.
1
1
1 _
Lähmung des Mastdarms und
der Blase .
1
1
i
Abortus.
1
1
—
1
Trächtigkeit.
1
1
—
—
I
Hydrocele.
1
1
—
—
|
1
VI. Krankheiten des Hufes.
Wunde an der Krone ....
4
3
1
1
i
1
i
|
Kronentritt.
11
8
- '
l 2
1
■ 1
Abszeß an der Krone ....
2
2
_ 1
| —
—
1 —
Abszeß in der Ballengrube . .
3
3
— |
i —
1 —
Phlegmone des Strahlpolsters .
1
—
- ■
1 1
! —
i —
Latus
707
5S5
| 42
i 57
| *
18
14
EBERLEIN,
Namen der Krankheiten
Zahl
der
Pferde
geheilt
gebessert >
ungeheiltbzw.
unbehandelt Z
p
je
o
:0
0)
bß
gestorben
Transport
um*
585
42
57
5
18
Parachondrale Phlegmone. . .
■9
—
1
2
—
1
Hufknorpelfistel.
29
—
—
—
1
Hufknorpelverknöcherung . . .
IBfl
—
2
—
—
—
Pododermatitis aseptica acuta.
WmM
3
—
—
—
—
Pododermatitis aseptica chronica
4
_
—
—
—
Pododermatitis suppurativa . .
12
10
—
—
2
—
Pododermatitis gangraenosa . .
8
5
—
2
—
1
Pododermatitis hypcrplastica .
1
1
—
—
—
—
Arthritis suppurativa des Huf¬
gelenks .
_
1
_
_
Strahlkrebs.
3
—
1
1
Hufkrebs.
26
20
1
3
2
—
Strahlfaule.
2
2
—
—
—
—
Nageltritt.
10
8
—
1
—
1
Nekrose der Hufbeinbeugesehne
nach Nageltritt.
3
1
_
1
_
1
Podotrochlitis.
15
12
1
2
—
—
Hornspalte.
2
2
—
—
—
—
Hornsäule.
4
4
—
—
—
—
Hufgelenkschale.
3
3
—
—
—
—
Quetschung des Hufes ....
5
5
—
—
—
—
Abszeß im Strahlpolstcr . . .
2
—
—
1
—
1
VII. Krankheiten der Zähne.
Kantiges Gebiß.
3
3
__
Treppengebiß.
1
—
—
1
—
—
Zahnkaries.
2
2
—
—
—
—
Periodontitis.
1
1
—
' —
—
—
Zahnfistel.
8
7
—
1
—
—
Zahnfraktur.
1
1
—
—
—
—
VIII. Krankheiten des Auges.
Wunde am Augenlid.
3
2
1
i
Eitrige Panophthalmie ....
1
1
—
—
—
Periodische Augenentzündung .
2
2
—
i
i —
—
Phthisis bulbi.
1
1
—
—
—
—
Kleinzelliges Spindelzellen¬
sarkom am oberen Augenlid
1
1
—
—
—
—
IX. Krankheiten der Haut.
Dermatitis arteficialis ....
2
2
1
i
Dermatitis gangraenosa. . . •
3
—
—
—
1
Dermatitis eczematosa ....
3
—
—
—
—
Dermatitis verrucosa.
3
—
1
—
—
Latus
887
729
I 48
74
10
26
1
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 15
Namen der Krankheiten
m
geheilt
gebessert >
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§ 3
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o
bß
gestorben
Transport
887
729
48
i
74 ,
10
26
Hautwunde .
1
1
—
_ !
1 —
—
Papillomatosis.. .
1
1
—
— ;
l —
—
Brandmauke.
2
2
—
—
! —
—
Epitheliom.
1
1
1
—
1
—
X. Diversa.
Altersschwäche.
l
—
1
—
! —
—
Eiterfistel an der Schweifwurzel
1
1
—
—
i —
—
Melanokarzinom am Schweif¬
ansatz .
1
1
_
—
i
—
Summa
895
736
1 «
74
i 10
| 2G
Ferner 1 Kuh mit Bruch des
Metacarpus.
1
1
i
|
und 2 Bären zur Kastration .
2
2
—
—
—
!
Die Gesamtzahl der in die chirurgische Klinik eingestellten Tiere
beträgt: 895 Pferde, 1 Kuh und 2 Bären.
An diesen Tieren wurden 961 Operationen ausgeführt.
Ul
Lage der Pferde
T\_
Namen der Operationen
o 0
U
— ©
rtP-
N3
stehend
liegend
a 1 11 auf
— .2 ä; Matratze
> cö 1
L/avun
mit | ohne
Narkose
Trepanation:
a) der Oberkieferhöhle.
17
12
5
3
14
b) der Nasenhöhle.
2
2
—
—
—
2
Tracheotomie.
7
7
—
—
—
7
Exstirpation eines Osteosarkoms der Ober¬
kieferhöhle .
1
1
1
Exstirpation eines Strumas.
2
—
—
2
2
—
Exstirpation eines Tyloms.
2
2
—
—
2
Zahnextraktion.
12
3
—
1 9
12
—
Abraspeln der Zähne.
3
—
—
3
3
—
Resektion von Teilen des Unterkiefers. .
2
—
—
! 2
2
—
Resektion von Teilen des Oberkiefers . .
4
—
—
1 4
4
—
Resektion von Teilen des Nackenbandes .
3
—
—
3
3
—
Operation von Knochenfisteln.
11
2
7
2
9
2
Operation des Kehlkopfpfeifens: Exzision
der Morgagniseben Taschen.
99
—
—
99
99
_
Latus
165
29
1 7
I
129
137
28
16
EBERLEIN,
Lage der Pferde
r\
Namen der Operationen
Zahl dei
Pferde
stehend
liegend
a S S au *
— .S g; Matratze
> §1
jjavon
mit | ohne
Narkose
Transport
165
29
7
129
137
28
Exstirpation eines Fibroms.
3
2
1
_
1
2
Exstirpation von Botryomykomen ....
5
1
—
4
4
1
Exstirpation von Sarkomen.
10
2
3
5
8
2
Exstirpation von Papillomen.
2
2
—
—
—
2
Exstirpation von Karzinomen.
1
1
—
—
1
—
Exstirpation von Mclanosarkomen ....
2
—
—
2
2
—
Exstirpation der oberen Halslymphdrüsen
i
—
—
1
1
—
Operation der Bugbeule.
19
4
—
15
15
4
Operation dor Vorderbrustbeule ....
Spaltung von größeren Abszessen und
Erweiterung von Wunden und Kanälen
1
—
—
1
1
—
243
219
20
4
24
219
Spaltung von Hämatomen . ..
4
4!
—
—
—
4
Exstirpation der Bursa praecarpalis. . .
3
_
3
—
3
—
Operation der Hernia umbilicalis ....
2
—
—
2
2
—
Operation der Ellenbogenbeule.
9
—
—
9
9
—
Kastration von Hengsten.
Operation von Kryptorchiden:
59
13
46
59
a) inguinalen.
13
—
—
13
13
—
b) abdominalen.
11
—
—
11
11
—
Operation der Hydrozele.
1
—
—
1
1
—
Operation der Samenstrangfistel ....
Exstirpation botryomy ko tisch veränderter
10
—
10
10
Leistenlymphdrüsen.
Exstirpation melanotisch veränderter Lei¬
2
1
—
2
2
stenlymphdrüsen .
1
_
—
1
1
—
Geburtshilfe.
4
2
—
2
2
2
Ovariotomie.
Perforierend gebrannt:
2
—
—
2
2
—
a) Sehnenstelzfuß.
7
—
7
—
7
—
b) Tendinitis chronica.
23
—
23
—
23
—
c) Spat.
25
—
25
—
25
—
d) Exostosen am Metacarpus ....
Kutan gebrannt:
12
4
8
8
4
a) Tendinitis chronica.
24
—
24
—
24
—
b) Schale..
12
7
5
_
12
—
c) Podotrochlitis chronica.
15
8
7
—
8
7
Abmeißeln von Ueberbeinen.
2
—
2
—
2
—
Tenotomie.
Hahnentrittoperation (Durchschneidung des
2
—
—
! 2
2
—
M. extensor digitalis lateralis) ....
Neurektomie der
1
1
—
1 “
1
1
a) Nn. volares.
4
—
4
—
4
—
b) Nn. plantares.
3
—
3
—
3
—
c) Nn. tibialis et peronaeus ....
3
—
3
—
3
—
Diagnostische Anästhesie.
33
33
—
—
—
33
Scharfe Einreibungen: a) mit Distanzfeuer
21
21
—
—
—
21
b) ohne Distanzfeuer
G
G
—
1 —
—
G
Latus
7G6
359
145
2G2
431
335
•‘Statislisclu-r Bericht. d»>r König». Tierar/AlißliCit llot-hvöhulo zu in
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Poliklinik für große Haustiere-
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18
KAERNBACH,
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Namen der Krankheiten
<T3
3 fl £
'S Spu
CS3 3
Namen der Krankheiten
•"Ü >-•
3 fl £>
Cs. <x>
rfl
Transport
152
Transport
1019
5. Krankheiten des Re-
Nephritis chronica. . .
2
spirationsapparates.
Phlegmone am Präputium
2
Rhinitis.
13
Wunde am Penis . . .
1
Katarrh der oberen Luft-
Papillom am Penis . •
13
wege.
Laryngitis acuta. . . .
63
Kastrationswunde . . •
3
34
Phlegmone am Schlauch
5
Laryngitis chronica . .
7
Funiculitis botryomyco-
Laryngopharyngitis . •
32
tica.
7
Hemiplegia laryngis . .
47
Botryomykom des Euters
1
Bronchitis acuta. . . .
30
Blasensteine.
2
Bronchitis chronica . .
10
Endometritis catarrhalis
6
Bronchopneumonia. . .
7
Lobäre Pneumonie. . •
23
B. AeuBere Krankheiten.
Pleuropneumonie . • •
Chron. Lungenemphysem
Pleuritis.
5
6
4
1. Krankheiten d. Kopfes
und Halses.
C. Krankheiten des Di-
Wunde an der Oberlippe
Phlegmone an der Ober-
10
ge stionsap parates.
lippe.
2
Stomatitis catarrhalis .
20
Abszeß an der Oberlippe
2
Stomatitis ulcerosa . .
1
Phlegmone an der Unter-
Ptyalismus.:
2
lippe.
1
Gingivitis phlegmonosa . ,
2
Wunde an der Nase . .
13
Wunden an der Zunge .
15
Phlegmone an der Nase
4
Pharyngitis.
23
Nasenpolypen.
3
Akute Dyspepsie . . .
89
Polypoido Wucherungen
Chronische Dyspepsie
85
der Nasenschleimhaut
11
Gastroenteritis f acuta .
131
Abszeß am Maulwinkel .
5
catarrhalis \ chronica
7S
Wunde am Unterkiefer .
5
Enteritis acuta ....
31
Abszeß am Unterkiefer .
13
Enteritis catarrhalis
Geschwulst a. Unterkiefer
7
chronica.
18
Unterkieferfistel ....
3
Duodenalkatarrh. . . •
3
Empyem der Oberkiefer¬
Ueberfütterungskolik . .
Verstopfungskolik . . •
5
40
höhle .
Abszeß in der Kieferhöhle
2
1
Windkolik.
1
Neubildung in der Ober¬
2
Chronische Kolik . • •
3
kieferhöhle .
Ascaris megaloccphala .
26
Fraktur des Oberkiefers
1
Gastruslarven.
4
Fraktur des Unterkiefers
1
Taenien.
1
Wunde an der Stirn . .
7
Helminthiasis.
1
Abszeß am Schädeldach
1
Ladendruck .
21
7. Krankheiten desHarn-
Zerreißung des Frenulum
und Geschlechtsappa¬
linguae.
3
rates.
Abszeß in den Kehlgangs-
Stranguric.
Nephritis acuta ....
i
lymphdrüscn ....
Phlegmone im Kehlgang
11
2
Latus
1019
Latus
1192
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 19
Namen der Krankheiten
Namen der Krankheiten
a
© 2z ©
^3 © Tj
-Ü U
2SÄ
Transport
1192
Transport
1424
Abszeß im Kehlgang. .
3
Speichelgangfistel . . .
4
Wunde am Ohr ....
1
Papillom am Ohr . . .
1
Otitis externa.
4
Nekrose d. Nackenbandes
2
Abszedierung der retro-
pharyngealen Lyraph-
drüsen .
3
Struma hyperplastica
3
Wunde am Hals. . . .
8
Phlegmone am Hals . .
1
Abszeß am Hals. . . .
6
Hämatom am Hals. . .
1
Ekzem am Hals ....
1
Fraktur der Trachcal-
ringe.
1
Komplikationen nach
Tracheotomie ....
4
Krankheiten des
Rumpfes.
Wunden an der Brust . ,
15
Phlegmone an der Brust 1
7
Abszeß an der Brust . j
10
Papillom an der Brust.
2
Dermatitis in der Gc- ,
schirr läge.1
21
Geschirrdruck.
16
Bugbeule.
24
Fraktur der Rippen . .
1
Wunde am Rücken . .
3
Widerristfistel.
23
Satteldruck.
20
Oedem am Unterbauch . j
11
Wunde an der Bauch- |
wand. 1
12
Abszeß am Bauch . . . j
2
Phlegmone am Bauch .
1
Wunde in der Flanke .
7
Muskelhernie.’
1
Wunde am Schweif . .
2
Ekzem am Schweif . .
3
Nekrose der Schweifwirbel
5
Wunde am After . . .
2
Melanom an der Vagina
1
Latus
1424
Phlegmone an der Vagina
1
Fraktur der Halswirbel.
1
Dammriß.
1
Krankheiten der Ex-
tremitäten.
a) Vordergliedmaße.
Wunden.
56
Hämatome.
14
Phlegmone.
79
Oedeme.
14
Caro luxurians ....
11
Wunde an der Schulter
18
Phlegmone an d. Schulter
13
Abszeß an der Schulter
8
Kontusion der Schulter-
muskeln.
5
Myositis rheumatica . .
6
Kontusion des Schulter-
gelenks.
7
Distorsion de9 Schulter-
gelenks.
9
Omarthritis acuta . . . |
175
Omarthritis chronica . . !
97
Bursitis intertubercularis
3
Periostitis am Radius .
2
Wunde am Ellenbogen .
7
Fistel am Ellenbogen
5
Ellenbogenbeule....
70
Wunden am Vorarm . .
13
Kontusion am Unterarm
5
Subfasciale Phlegmone .
11
Hämatom am Karpus
9
Wunde am Karpus . .
24
Abszeß am Karpus . .
29
Kontusion des Karpal-
gelenks.
11
Arthritis und Periarthritis
des Karpalgelenks . .
14
Bursitis am Karpus . .
44
Wunde am Mctakarpus.
7
Periostitis am Metakarpus
39
Abszeß am Metakarpus. |
3
Exostose am Metakarpus
23
Tendinitis acuta. . . .
164
Tendinitis chronica . . |
70
Latus |
2*
2492
20
KAERNBACH,
Namen der Krankheiten
Zahl der
behandelten
Pferde
i
Namen der Krankheiten
Zahl der j
behandelten
Pferde
Transport
2492
Transport
3571
Tendovaginitis chronica.
26
Bursitis trochanterica .
1
Tendovaginitis suppura-
Wunde am Kniegelenk .
32
tiva.
12
Hämatom am Kniegelenk
9
Tendogener Stelzfuß . .
13
Abszeß am Kniegelenk .
3
Arthrogener Stelzfuß . .
9
Gonitis acuta.
35
Chronische Gleichbein-
Gonitis chronica de-
lähme.
6
formans.
66
Streichwunde am Fessel-
Gonotrochlitis chronica .
5
gelenk.
24
Bursitis praepateParis .
7
Phlegmone am Fessel-
Wunde an der Tibia. .
12
gelenk.
13
Abszeß an der Tibia . .
2
Abszeß am Fesselgelenk
11
Kontusion des Sprung-
Distorsion des Fessel-
gelenks.
9
gelenks.
140
Distorsion des Sprung-
Distorsion des Krön-
gelenks.
56
gelenks.
32
Wunde am Sprunggelenk
13
Distorsion des Krön- und
Phlegmone am Sprung-
Fesselgelenks ....
87
gelenk.
16
Arthritis und Periarthritis
Hämatom am Sprung-
chronica des Fessel-
gelenk.
2
gelenks. 1
106
Hahnentritt.
4
Arthritis und Periarthritis
Sprunggelenksgalle. . .
12
chronica des Kron-
Spat.
253
gelenks.
103
Hasenhacke.
7
Periostitis an der Vorder¬
Piephacke.
9
fläche des Fcsselbeins
122
Raspe.
6
Entzündung der volaren
Zerreißung des Musculus
Bänder d. Krongelenks
20
tibialis anterior . . .
! 6
Fissur des Fesselbeins .
2
Wunde am Metatarsus .
4
Hufgelenksehalc ....
1
Phlegmone am Metatarsus
j 12
j
Periostitis am Metatarsus
1
b) Hintergliedmaßc.
Arthritis und Periarthritis
Haut- und Muskel wunden
76
tarsi.
1 5
Hämatome.
64
Tendinitis acuta. . . .
43
Oedeme.
9
Tendinitis chronica . .
! 32
Phlegmone.
79
Tendovaginitis chronica.
16
Abszedierende Phlegmone
37
Tendogener Stelzfuß . .
17
Subfasciale Phlegmone .
11
Arthrogencr Stelzfuß . .
9
Fractura pelvis ....
1 7
Streichwunden am Fessel-
Abszeß an der Kruppe .
3
gelenk .
23
Fissur am Tuber coxae.
2
Abszeß am Fesselgelenk
3
Wunde an der Hüfte. .
3
Distorsion des Fessel¬
Dekubitus an der Hüfte
7
gelenks .
; 54
Abszeß an der Hüfte
3
Distorsion des Kron¬
Kontusion des Hüft¬
gelenks .
1 43
gelenks .
12
Distorsion des Krön- und
Koxitis.
39
Fesselgclenks ....
38
Latus
3571
Latus
| 4436
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 21
....
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Namen der Krankheiten
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Namen der Krankheiten
T3 ©
HZ t-
efl CL
N-g
Transport
4436
Transport
5448
A rthritis und Periarthritis
Sohlenbruch.
1
chronica des Fessel-
Eckstrebenbruch. . . .
3
gelenks.
54
Bockhuf.
5
Arthritis und Periarthritis
Vollhuf.
2
chronica des Krön-
Flachhuf.
7
gelenks.
76
Iiornkluft.
4
Periostitis an der Vorder-
Lose Wand.
14
fläche des Fesselbeins
23
Strahlfäule.
29
Bursitis am Fesselgelenk
Kontusion des Museulus
2
5. Krankheiten d. Zähne.
peronaeus.
2
Persistenz der Milchzähne
11
Kantiges Gebiß ....
215
4. Krankheiten d. Hufes.
Vorstehende Zähne . .
52
Steingalle (Hämorrhagie)
48
Lose Zähne.
7
Eiternde Stcingalle . .
37
Karpfengebiß.
1
Pododermatitis aseptica
Scherengebiß.
15
1. vorn.
216
Treppengebiß.
24
2. hinten.
52
Glattes Gebiß.
13
Pododermatitis suppura-
Wellenförmiges Gebiß .
11
tiva.
11
Caries dentium ....
32
Chronische Entzündung
Zahnfraktur.
1
des Fleischsaums und
Zahnfistel.
8
der Fleischkronc . .
13
Periostitis alveolaris . .
16
Akute Rehe.I
23
Epulis.
2
Chronische Rehe . . . j
35
Rehhuf.
33
6. Krankheiten d. Auges.
Kronen tritt.1
52
Wunden am oberen
Subkoronäre Phlegmone 1
43
Augenlid.j
28
Nagel tritt.!
9
Wunden am unteren :
Phlegmone des Strahl- |
Augenlid.|
5
polsters.
4
Entropium.
1
Hornsäule.
1
Ektropium.■
1
Hufkrebs.
17
Conjunctivitis catarrhalis 1
37
ParachondralePhlegmonc ;
14
Conjunctivitis parenchy- 1
Hufknorpelfistel . . . . 1
67
matosa.I
10
Hufknorpelverknöcherung *
23
Conjunctivitis purulenta |
2
Podotrochlitis chronica . j
3
Keratitis superficialis. . I
3
Vernagelung. j
1
Keratitis profunda. . . 1
6
Wunde an der Krone .
11
Keratitis pannosa . . .
32
Loslösung des Saum¬
Perforierende Wunde der
bandes .!
9
Cornea .
8
Zwanghuf 1
Ulcus corneae.1
4
1. Trachtenzwanghuf. '
32
Leukom. 1
20
2. Kronenzwanghuf .
13
Iritis.
3
3. Sohlenzwanghuf. .
5
Irisstaphylom. l
1
Hornspalte 1. vorn . .
47
Cataracta symptomatica
4
2. hinten .
36
Luxatio lentis. \
2
Latus
5448
Latus |
6083
22
KAERNBACH,
Namen der Krankheiten
Zahl der
behandelten
Pferde
Namen der Krankheiten
Zahl der
behandelten
Pferde
Transport
6088
Transport
6428
Panophthalmie ....
3
Dermatitis verrucosa
Periodische Augenent-
1. vorn .
18
zündung .
35
2. hinten.
34
Atrophie des Bulbus . .
2
Elephantiasis.
2
Neubildung a. den Augen¬
Alopecie.
2
lidern .
1
Urticaria.
2
Sommerräude.
2
7. Krankheiten der Haut.
Sarkoptesräude ....
2
Dermatitis artißcialis - .
105
Dermatokoptesräude . .
4
Dermatitis ekzematosa
Dermatophagusräude . .
5
l. vorn .
36
Fibrom der Haut . . •
9
2. hinten.
48
Melanosis der Haut . .
3
Dermatitis gangraenosa.
110
Latus
6428
Summa
6511
Bei den vorstehend aufgezählten Pferden sind folgende Operationen
ausgeführt worden:
Namen der Operationen
Zahl
der
Opera¬
tionen
Namen der Operationen
Zahl
der
Opera¬
tionen
Nähen der Wunden.
44
Transport
734
Aderlaß.
3
Trepanation der Stirn- und Ober-
Oeflhen von Hämatomen . . .
59
kieferhöh le.
2
Oeffnen von Abszessen ....
82
Totale Exstirpation des Bulbus
1
Spalten von Bugbeulen. . . .
13
Einsetzen von künstlichen Augen
2
Spalten von Ellenbogenbeulon.
27
Applikation des Glüheisens . .
112
Spalten von Fisteln.
1 33
Applikation von Scharfsalben .
185
Exstirpation von Tumoren
1 24
Nieten von Hornspalten . . .
59
Zahnextraktionen.
86
Regelung des Beschlages . . .
' 207
Abschneiden von Zähnen . . .
| 67
Kupieren des Schweifes . . .
i n
Abstoßen des kantigen Ge¬
Diagnostische Injektionen etwa
| 500
bisses oder sonstige Zahn¬
Tracheotomie.
51
operationen .
296
Applikation von Scharf pflastern
8
Latus
734
• Summa
1872
Behufs Feststellung des Alters bzw. von bestimmten Fehlern und
zur allgemeinen Untersuchung wurden der Poliklinik 536 Pferde zugeführt.
Außerdem wurden 13 Stuten zur Untersuchung auf Trächtigkeit zugeführt.
An Seuchen, welche der Anzeigepflicht nach Maßgabe des Reichs¬
viehseuchengesetzes unterliegen, sind Sarkoptesräude bei 2 Pferden und
Dermatokoptesräude bei 4 Pferden festgestellt worden.
3UlisU^.hi?r dßf lürmgl 'Vi^rmUi^tir« Uochsrbvile %i\ Lterliiv 2:3
Kastrat wurden 7 Ziegenhbckc umi iVJ Iüber.
Ferner wurden in der Paiikiiuife 6 lind/ n Schweine,. 5 Zif%et
und t Bär bel>an(klt . . ,• - \ 2>>/ :
Insgesamt sind iaut Journalhnch irv der Poliklinik für große Baus
riere 7058 Ffer-dß, $' Esel, 7' Zn^gen hocke. 5 Ziegen, 69 Eber
5 Schweine und l Bär v'orgesbdh. und Gehandelt hzw-heguu;chtet worden
An Pferden wurden 1872 Operationen vorgenorrimer».
Ainbulatonacbe KliriiJc*
Von (ich.--K^.-Rat P)of, Ür Kg^^.Hug.
in der Zeit vorn !. -April- VMH ins. zoto 31. März 1914 sind in
der auiholatonsehen Klinik der KöiiigUeheiV'Tierarztliehen Höchsc^l
in der Sradf Berlin und den benapblHtrien Omchaften
bi Besuche
gemacht worden.
Es wurden in Suoiruj uniers'uchl und behandelt:
*0 itegen Seuchen Uml’Herdc/k' iraök. ?>)' flögen emamer K raniii
heiter«: sutf yutoihm.fi von Sektionen .nie*.:
17 PferdeU^OjDäti., 1 G7 'Pferde,
74 ii11t»Jviotii*t;^c j ndo, 714 Rinder,
$} SiOuOfcmum, 7 Ziegen,
20 ^eniigeibe^tunder 1 .8 Schafe.
llie: Kräiikjicu^ii verteilen siel* der Zeit. ihres Vorkorumnns und
ihrer Art nach wie folgt:
7^1\lv) v v
WooäO
4r?ru
ajäit .
• Migül'l;.'.
Otb%/b*a; ’v.
.Uv.fnibei
rJMi&V ...
f'F , hrUä: r ;
ly^ry, >72
24
EGGELLNG,
Außer in veterinärpolizeilichen Fällen sind Pferde nur gelegentlich
auf den zur Untersuchung anderer kranker Tiere unternommenen Reisen
behandelt worden.
Untersuchungen auf Seuchen und Herdekrankheiten.
Namen der Krankheiten
Pferde¬
bestände
Rindvieh¬
bestände
Schweine¬
bestände
Geflügel¬
bestände
Milzbrand.
_ i
8
Rotz.
4
Räude .
7 !
_
Influenza.
6
__
Maul- und Klauenseuche.
40
3
Ansteckender Scheidenkatarrh . .
_
19
Infektiöser Abortus.
_
2
_
Tuberkulose.
_
4
_
Rotlauf.
_
32
Schweineseuche.
_
_
20
Schweinepest.
_
_
29
_
Geflügeldiphtherie.
i
■ ■
2
Hühnerpest.
__
3
Geflügelcholera.
_
_
_ J
15
Schlempemauke.
—
1
:
Summa
17 |
74
84 |
20
Einzelne Fälle von infektiösen und sporadischen Krankheiten,
Untersuchungen, Obduktionen und Operationen.
Namen der Krankheiten
Pferde
Rinder
cs
ahl der
i 49
’v
1 ac
Schafe,
Ziegen
OJ sc
1. Infektions- und Intoxikationskrank-
heiten.
Milzbrand.
3
!
Tuberkulose.
_
16
_
_ _
_
Räude .
15
_
_
_ _
T _ _
Influenza .
10
_
_
_ _
_
Ansteckender Scheidenkatarrh . .
_
23
_
_ _
_
Rotlauf inkl. Backsteinblattern . .
_
_
35
_ _
__
Schweineseuche.
_
_
33
'_ _
_
Schweinepest.
—
—
44
_
_
Geflügelcholera.
—
—
—
— —
138
Hühnerpest.
—
—
—
— —
18
Hühnerdiphtheric.
—
—
—
— —
13
Petechialfieber.
2
—
_
_ _
_
Kälberdiphtherie.
—
5
—
— _
_
Sarkomatose.
—
2
_ 1
_ _
_
Botryomvkose.
2
—
—
— _
__
Aktinomykose.
—
8
—
— — :
_
Bösartiges Katarrhal lieber ....
—
1 ,
—
—
—
Latus
29 j
58 ,
112 |
-;
169
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 25
Namen der Krankheiten
Pferde
Zahl der
& 1 % ifig
*2 | * So
a kr | c?
2 | 3 ,c«N
Ge¬
flügel
’ Transport
29
58
112
—
169
2. Konstitutionelle Krankheiten.
Leukämie.
2
Kachexie.
—
3
—
— 1
—
3. Krankheiten d. Zirkulationsapparates.
Pericarditis traumatica.
3
Dilatatio cordis.
_
2
_
_ —
_
Endokarditis.
—
1
—
—
—
4. Krankheiten d. Respirationsapparates.
Bronchitis catarrhaiis.
1
8
Pneumonia catarrhaiis.
2
14
_
— —
—
Pneumonia gangraenosa.
—
3
—
__ _
_
Lungenemphysem.
2
4
—
— —
—
5. Krankheiten des Digestionsapparates.
Stomatitis.
6
Pharyngitis.
—
3
—
—
Tympanitis acuta.
—
4
—
—
—
Tympanitis chronica.
—
5
—
— —
--
Dyspepsia acuta.
1
26
— —
—
Dyspepsia chronica .......
—
5
—
— —
—
Indigestio acuta.
—
34
—
— —
—
Indigestio chronica.
—
5
_
— —
—
Gastroenteritis catarrhaiis ....
—
10
_
— —
_
Toxische Magendarmentzündung .
1
—
— —
—
Mykotische Magendarraentziindung
—
7
—
— —
—
Kruppöse Darmentzündung....
—
4
—
l
—
Peritonitis.
9
_
_
Kolik.
5
3
_
_ _
_
Traumatische Hauben - Zwerchfell¬
entzündung .
8 1
- —
- 1
—
6. Krankheiten des Harn- u. Geschlechts¬
apparates.
Pyelonephritis.
_
!
2 1
!
i
Yaginitis catarrhaiis.
—
5 1
—
— —
_
Vaginitis diphtherica.
—
3 |
—
— —
—
Lipom der Scheide.
—
1
_
— _
_
Prolapsus vaginae.
—
12 1
—
— —
—
Prolapsus uteri. ...
—
5 1
—
— —
—
Gebärparese.
—
4 |
—
— —
—
Endometritis catarrhaiis.
_
18
_
_ _ ,
_
Endometritis septica.
_
13 1
_
_1
1 _
Mastitis catarrhaiis.
—
23
_
— _:
__
Mastitis phlegmonosa.
—
18
—
—
Mastitis parenchymatosa.
—
10
—
—
Latus
40
342
112
i
|— 1
169
26
EGGEL1NG,
Namen der Krankheiten
o
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O.
2
u
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iahl de
02
-SS
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cG bß
rfl &
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Ge¬
flügel
Transport
40
342
112
— 1
169
Ekzem an den Strichen.
_
3
Milchfistel.
_
3
_
_ _
_
Oedem am Euter..
_
1
_
_ _
Euteremphysem.
—
2
—
_ _
_
Retentio secundinarum.
—
21
_
_ _
_
Euterfurunkulose.
_
7
_
_ _
_
Hämatom am Euter.
—
1
—
—
—
7. Krankheiten der Haut und Unterhaut.
Ekzem.
3
5
7+2
Nekrose der Haut.
8
__
_
Sklerose.
_
1
_
_ _ ,
_
Phlegmone.
—
8
—
_ _
_
Herpes tonsurans.
—
5
—
- -
_
Hämatome.
_
4
_
_ _
_
Alopecia.
1
—
_ _
;
Läuse.
3
6
—
—
—
8. Krankheiten des Bewegungsapparates.
Nageltritt.
8
i
Vernagelung.
1
_
—
- -
_
Pododermatitis.
1
18
1 _
_ _
_
Distorsion des Krongelenks . . .
—
1
—
_ _
_
Distorsion des Fesselgelenks . . .
1
1
—
- -i
_
Arthritis rheuraatica.
_
4
_
_ _'
_
Karpalbeule.
—
2
—
- -
_
Luxatio feraoris.
_
4
_
_ _
_ _
Knochenfraktur.
_ 1
2
_
_ _
_
Phlegmone.
i i
1
—
- -
_
Omarthritis.
_ i
2
_
_ _
Hämatome am Hinterschenkcl . .
_
6
_
_ _
_
Bursitis aseptica.
—
3
_
- -
_
Panaritium.
—
32
_
_ _
_
Tendovaginitis aseptica.
2
3
—
—
—
9. Krankheiten des Nervensystems.
Akute Gehirnentzündung ....
2
1
Epilepsie.
—
1 1
—
1
—
Festliegen nach der Geburt . .
—
4 !
—
- -
—
Lähmung der Nachhand.
—
4
—
-!
—
10. Augenkrankheiten.
Keratitis traumatica.
1
3 l
1
i
j
__
Keratitis superficialis.
1
—
— —
—
Conjunctivitis.
—
5 i
—
—
Latus
60 |
509 j
112
7+3 |
169
Statistischer Berioht der Königl. Tierärztlichen Hoohschule zu Berlin. 27
Namen der Krankheiten
Pferde
Rinder
ahl dei
*4)
Ir
Schafe,
Ziegen
Ge¬
flügel
Transport
E
112
7+3
169
11. Allgemeine Untersuchung auf Ge¬
währmängel . ..
1
26
—
—
—
12. Untersuchungen auf
Brustseuche.
3
Tuberkulose.
24
_
_ _
_
Trächtigkeit.
i
13
_
_ _
_
Frischmilchendsein.
_
8
_
_ _
_
Euterfehler.
—
18
—
—
—
13. Obduktionen.
Milzbrand.
3
Maul- und Klauenseuche.
_
4
.
_ _
_
Tuberkulose.
_
8
8
_ _
_
Rotlauf.
_
mm
_ _
_
Schweineseuche.
_
_
22
_, _
_
Schweinepest.
—
—
29
_ _
_
Metritis.
_
7
_
_ _
_
Vaginitis diphtherica.
—
2
_
_ _
_
Enteritis.
_
4
_
_ _
_
Peritonitis.
_
2
_
_ _
___
Pericarditis.
_
2
.
_. _
_
Septico-Pyäraic.
—
4
1
_ _
_
Intoxikation.
_
1
_
_ _
_
Geflügelcholera.
—
—
—
17
14. Operationen.
Normale Geburten.
ii
1
Schwergeburten.
— ;
8
2
_1
_
Torsio uteri.
— 1
5
_
_ _j
_
Amputation einer Euterhälfte . .
.— i
1
_
__j
_
Strichkanal gespalten .....
—
1
—
_ _'
_
Kastrationen.
—
_
143
_ _
_
Prolapsus vaginae.
—
2
- -1
—
Impfungen.
—
—
125
- -1
5
Abszesse gespalten.
—
27
5
- -1
—
Hämatome gespalten.
—
15
—
- -
—
Fisteln gespalten.
_
4
—
- -’
_
Schweifamputation.
1 1
—
—
- -
—
Amputation von Klauen.
— j
3
—
- -
—
Kantiges Gebiß abgeraspelt . . .
1 1
—
—
- - '
—
Pansenstich.
— 1
2
—
—
—
Summa
67
714
477
7+3|
191
•28 RliGENßOüESj
Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere.
Tal>c I iarisi' liC Z u ä a ja b> « u s * 7: f. i. tv«t g' il <? r vom l A;** < i 1$13 bis 3i. Mrirz j?)4
ijeijandelt-CB &«■».-•ivft't« niueli.te» Tiere;
Von 'ioli.'.Re^-käii- l'r.a. Or. kegerjbogtvn.
I. Spitalkiiiiik.
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r' / [y&iV'h* - \.. * ’; ••. : {vv/ ‘ : > : ;&^;
IkrSl^ii - •
K ritk.i.iijt vifer'greife . :’V •
V^vhl.Vr •{M* tmt^mrvi^-H'v ;.*
FNÜVttr • :ik;* r
't ciütvr %s
IWfcW v; v
Fjr&fclur »)?:<•
Fraktur ife • •
Vvi£\w jj^Vf .
Jfyai&ixr ; V
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ii ife;
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 33
Nachstehende Operationen sind ausgeführt worden:
Namen der Operationen
Zahl
der
Opera¬
tionen
Namen der Operationen
Zahl
der
Opera¬
tionen
A. Hunde.
Transport
187
Vorfall und Neubildung der
Othäraatom.
19
Palpebra IIt.
19
Ohren koupiert.
3
Entropium .
10
Tumoren.
115
Exstirpation des Bulbus . . .
2
Reposition des Bulbus ....
3
ß. Katzen.
Zahnextraktion.
9
Kastration.
260
Epulis.
3
Othäraatom.
4
Ranula.
3
Abszeß.
2
Meliceris.
10
Amputation des Schwanzes . .
1
Hernia inguinalis.
2
Tumor.
3
Hernia umbilicalis.
18
Hernia ventralis .
1
('. Ziegen.
Hernia perinealis.
1
Kastration.
3
Laparotomie .
2
Punktion der Bauchhöhle . .
7
D. Schweine.
Punktion der Brusthöhle
i 1
Kastration.
l
Prolapsus recti.
1 2
Prolapsus vaginae .
i 5
E. Affen.
Harnröhrensteine
1 5
Kastration.
1
Kastration .
! 4
Tumor.
1
Repositio recti . .
i 1
Amputation des Schwanzes . .
2
Amputation des Schwanzes
14
Amputation der Afterklauen
1 5
F. Papageien.
Phlegmonen.
4
Tumoren.
2
Abszeß.
| 33
Fisteln und Ulcera.
! 13
ö. Hühner.
Hämatom.
! 10
Kropf gespalten.
12
Latus
j 187
Summa
GIG
II. Poliklinik.
Namen der Krankheiten
I
Zahl der
Kranken
Namen der Krankheiten
Zahl der |
Kranken j
A. Hunde.
1. Infektions- und Intoxi-
1
kationskrankheiten.
Transport
682
Staupe .. .
G53
Tuberkulose. 1
2
Hundeseuche .
17
Intoxikationen . . . . 1
5
Hundedruse und Lymph-
Zur Untersuchung auf
angitis . .
12
Tollwut .
38
Latus
682
Latus 1
i
727
Archiv f. wissensch. u. prakt. Tierheilk. Bd. 4L H. 1 u. 2 .
3
34
REGENBOGEN,
Namen der Krankheiten
Transport
2. Konstitutionelle
Krankheiten.
Anämie.*
Obesitas.!
Rachitis ......
Diabetes mellitus . . . I
Struma.;
3. Krankheiten d. Nerven- |
Systems. ■
Gehirnhyperämic u. ner¬
vöse Zuckungen . . . 1
Encephalitis.
Commotio cerebri . .
Myelitis und Meningitis
spinalis.
Epilepsie.
Epileptiforme Krämpfe .
Eklampsie.
Parese und Paralyse der
Nachhand .
Kollaps.
4. Krankheiten des Zir¬
kulationsapparates.
Endocarditis chronica
valvularis.
Hydropcricardium . . .
Dilatatio cordis ....
5. Krankheiten des Di¬
gestionsapparates.
Stomatitis catarrhalis
Stomatitis ulcerosa . .
Epulis . . ...
Doppeltes Gebiß . . .
Zahnsteinbildung . . .
Zahnkaries.
Alveolarperiostitis . .
Zahnfistel.
Hasenscharte . . .
Lähmungdes Unterkiefers
Strangulation der Zunge
Nekrose der Zunge . .
Ranul a.
Meliceris.
Fremdkörper in der Maul¬
höhle . .
<v
H3
ü
— a
•c «s
N2 W
Namen der Krankheiten
Zahl der
Kranken
Transport
1125
Fremdkörper in der '
Rachenhöhle . .
2
Fremdkörper im Schlund
3
Gastritis acuta ....
122
Gastritis chronica . . . i
17
Enteritis catarrhalis
50
Enteritis haemorrhagica j
14
Enteritis chronica . .
3
Fremdkörper im Magen
1
Fremdkörper im Darm . |
15
Tänien.
88
Askariden.
27
Obstipatio.1
20
Retentionszysten in den
Analdrüsen . . . .
17
Abszedierung der Anal- i
driisen ..I
16
Prolapsus recti ....
1
Tumor am Anus . . . ,
12
Ikterus . 1
6
Hepatitis.
5
Ascites.,
32
Tumor in der Bauchhöhle
7
Hernia ventralis . . .
1
Ilernia umbilicalis . . .
25
Hernia inguinalis • ■ •
6
Hernia perincalis . . .
5
Obesitas.
2
1
Krankheiten des Respi¬
rationsapparates.
Rhinitis .*
! io
Laryngopharyngitis
260
Tonsillitis.
18
Bronchitis acuta . . .
1 1S
Bronchitis chronica . .
! 25
Pneumonia catarrhalis . i
24
Pleuritis.'
1 2
Emphysema pulmonum . '
3
Krankheiten des Harn-
und (i es eh 1 ech tsappa¬
rates. 1
Nephritis.
37
Cystitis.
20
Blasensteine . . . . j
3
Harnröhrensteine . . .
5
Hämaturie
■ 1
727
2
2
24
2
14
37
25
2
33
19
13
2
41
1
18
9
2
37
17
5
4
4
21
19
15
1
5
4
2
5
9
6 .
Latus 1125
Latus I 2048
i
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 35
8 .
Namen der Krankheiten
Transport
Retentio urinae . .
Incontinentia urinae
Prostatitis . . .
Balanitis ....
Phimosis ...
Paraphimosis . .
Castrandi . . .
Eczema scroti . .
Endometritis
Vaginitis ....
Prolapsus vaginae
Schwergeburt . .
Abortus ....
Zur Untersuchung
Trächtigkeit
Mastitis ....
Tumor mamrnae .
Abnorme Laktation
Menstruation . . .
auf
Krankheiten des Auges
Zur Untersuchung auf
Augenkrankheiten . .
Blepharitis.
Entropium.
Ektropium .
Exophthalmus ....
Hypertrophie u. Prolapsus
der Palpebra III
Neubildung an der Pal¬
pebra III.
Conjunctivitis catarrhalis
Conjunctivitis suppura¬
tiva .
Conjunctivitis follicularis
Keratitis superficialis .
Keratitis parenchymatosa
Dermoid der Cornea . .
Keratitis pannosa . . .
Ulcus corneae ....
Blutung in die vordere
Augenkammer . . .
Leukoma corneae . . .
Prolapsus iridis ....
Atrophia bulbi ....
Cataracta.
Amaurosis.
Amblyopie.
Latus
Zahl der
Kranken
Namen der Krankheiten
Zahl der
Kranken
2048
Transport
2516
6
9. Krankheiten d. Ohres.
1
2
Ulkus an der Ohrspitze
24
16
Othäraatom . .
28
Otitis externa u. Otorrhoe
281
1
Perichondritis auricularis
2
3
Zur Untersuchung auf
12
Taubheit.
5
20
2
10. Krankheiten der Haut.
G
5
Sarkoptesräude ....
222
Q
Akarusräude.
209
Pulices........
12
19
Herpes.
10
(j
Abnormer Juckreiz . .
12
49
Exanthem.
14
(;
Urticaria.
6
1
Eczema rubrum ....
73
Eczema papulosum . .
16
Eczema pustulosum . .
15
Eczema madidans . . .
76
Eczema crustosum . . .
87
4
Eczema squamosum . .
34
15
Eczema chronicum dorsi
223
G
Seborrhoe.
12
1
Acanthosis.
4
7
Furunkulose.
92
Intertrigo.
57
9
Pachydermie.
25
Alopecie.
40
18
Hämatom ......
20
88
Vulnu9
106
Schnitt- und Operations¬
19
wunden .
72
15
Stichwunden.
12
28
Quetschwunden ....
47
15
Bißwunden .
66
1
Rißwunden.
18
10
Schußwunden.
6
16
Brandwunden.
4
Aetzwunden.
2
2
Phlegmone und Abszesse
83
12
Entzündliches Oedem .
14
2
Fistel .
25
2
Ulcera .
15
15
Ulkus an der Schwanz¬
18
spitze .
51
4
Zysten.
16
2516
Latus
4652
3*
36
REGENBOGEN,
Namen der Krankheiten
Zahl der
Kranken
Namen der Krankheiten
Zahl der
Kranken
Transport
4652
Transport
4898
11. Krankheiten des Be-
Bursitis.
4
wegungsapparates.
Hygroraa olccrani . . .
1
Zur Untersuchung auf
Arthritis ......
3
Lahmheit.
5
Omarthritis.
14
Periostitis.
13
Koxitis .
21
Fraktur des Nasenbeins
1
Gonitis chronica .
42
Fraktur der Wirbelsäule
1
Kontusion d. Wirbelsäule
13
Fraktur der Skapula
1
Kontusionen.
6
Fraktur im Schulter-
Distorsion des Schulter-
gelenk.
4
gelenks.
17
Fraktur des Humerus
7
Distorsion des Ellen-
Fraktur im Ellenbogen-
bogengelenks ....
9
gelenk.
13
Distorsion des Karpal-
Fraktur des Radius und
gelenks ...
2G
der Ulna .
43
Distorsion des Hüft¬
Fraktur im Karpalgelenk
3
gelenks .
24
Fraktur der Metakarpal¬
Distorsion des Knie¬
knochen .
2
gelenks .
G
Fraktur des Beckens
9
Distorsion des Tarsal-
Fraktur des Femur .
24
gelenks.
7
Fraktur im Kniegelenk
4
Distorsion d. Phalangen¬
Fraktur der Kniescheibe
2
gelenke .
G
Fraktur der Tibia und
Luxatio femoris ....
20
Fibula.
IG
Luxatio patellae ...
11
Fraktur im Tarsalgelenk
3
Zerrung und Zerreißung
Fraktur der Metatarsal¬
der Achillessehne . .
2
knochen .
8
Myositis rheumatica . .
69
Fraktur der Phalangen
21
Fraktur der Krallen . .
12
Komplizierte Fraktur
14
12. 1 umoren.
1 bD
Amputation der Zehen .
2
Eingewachsene Krallen .
30
13. Zur allgemeinen Unter-
Afterklauen
8
su ch ung .
144
Latus
4898
Latus
5508
B. Katzen.
Tuberkulose.;
1
Transport
20
Staupe. 1
9
Intoxikation.
6
Zahnfistel.
l
Innere Verblutung . .
1
Strangulation der Zunge
G
Commotio cerebri . . .
1
Fremdkörper in der
Encephalitis.
1
Rachenhöhle ....
12
Parese der Nachhand
3
Laryngopharyngitis . .
4
Nervöse Zuckungen
2
Gastritis.
30
Lose Zähne . . .
1
Enteritis.
11
Alveolarperiostitis
1
Fremdkörper im Darm
11
Latus
2G
Latus
107
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 37
Namen der Krankheiten
Zahl der
Kranken
Namen der Krankheiten
Zahl der
Kranken
Transport
107
Transport
458
Obs ti patio.
8
Intertrigo.
1
Hernia umbilicalis
3
Alopecie.
2
Ascites ....
4
Entzündliches Oedem
1
Ikterus.
3
Vulnus.
17
Askariden.
6
Abszeß.
15
Rhinitis .
4
Fistel.
1
Pneumonie .
5
Ekzem.
9
Cystitis.
2
Fraktur der Extremitäten
19
Phimosis
1
Fraktur der Wirbelsäule
1
Zur Kastration . .
260
Kontusion der Wirbel-
Endometritis.
5
säule.
1
Schwergeburt
1
Arthritis.
2
Conjunctivitis catarrhalis
6
Koxitis.
4
Keratitis
1
Gonitis.
1
Hyperplasie der Palpebra
tertia.
3
Distorsion des Karpal-
gelenks.
7
Hydrophthalmus . . .
2
Periostitis.
1
Amaurosis.
1
Hämatome.
5
Othämatom .
6
Tumoren.
10
Otitis externa ...
11
Zur Untersuchung auf
Sarkoptesräude . . .
8
Tollwut.
2
Dermatophagus ...
14
Zur allgemeinen Unter¬
Dermatokoptes . .
2
suchung . .
8
Latus
458
Summa
565
0. Andere kleine Haustiere.
Osteomalacie.
2
Transport |
80
Herzschwäche.i
2
Endometritis.
3
Encephalitis . . 1
4
Ohrräude.
5
Parese der Nachhand . 1
10
Ixodides .
1
Rhinitis.i
12
Sarkoptes.
1
Pneumonie . 1
2
Ekzem .
11
Conjunctivitis purulenta ,
1
Fraktur der Extremitäten
11
Keratitis.j
3
Arthritis.|
1
Lecksucht .
1
Gonitis. 1
1
Zu lange Schneidezähne (
10
Luxation des Karpal-
Laryngopharyngitis . .
2
gelenkes . . . . !
3
Gastritis .
8
Zu lange Krallen . . . }
1
Tympanitis.
2
Periostitis. 1
1
Enteritis .
4
Vulnus.
3
Askariden.
1
Abszeß.|
31
Obstipatio.
2
Ulkus.i
2
Coc-cidiose.
1
Fistel . i
1
Mastitis .
4
Tumoren.j
5
Zur Kastration ... |
9
Allgemeine Untersuchung |
6
i
Latus |
80
Summa |
167
38
REGENBOGEN,
Namen der Krankheiten
_ o
JS CG
CG »T
S3 «
Namen der Krankheiten
o
T3
JS
CG
CS3
a
CG
v-
S*
D. Affen.
Tuberkulose.
l
Transport
12
Encephalitis.
1
Operationswunde . . .
1
Paralyse.
1
Entzündliches Oedem
1
Gastritis.
3
Ulkus .
2
Enteritis.
2
Ulkus am Schwanz
5
Arthritis.
1
Nekrose der Steißwirbel
1
Kontusion der Lenden¬
Ekzem .
1
wirbelsäule ....
1
Tumoren.
2
Fraktur des Humerus .
1
Castrandi.
2
Katarakt.
1
Allgemeine Untersuchung
2
Latus
12
Summa
i 29
G. Hühner.
Geflügelcholera ....
10
Transport
231
Hühnerpest.
2
Diphtherie.
55
Entzündung des Eileiters
1
Geflügelpocken ....
10
Legenot .
13
Tuberkulose.
7
Dermanvssus avium
7
Myositis rheumatica . .
1
Tinea galli . .
14
Anämie.
3
Sarkoptes ....
2
Encephalitis.
1
Alopecie.
1
Conjunctivitis ....
5
Ekzem .
5
Dakryocystitis. .
17
Vulnus .
9
Katarrh der oberen Luft-
Abszeß.
7
wege ...
21
Arthritis urica ...
9
Infektiöser Katarrh der
Fraktur .
6
Kopfschleimhäute
31
Luxation .
2
Pneumonie
1
Distorsion
1 3
Fremdkörper im Schlund
4
Tendovaginitis . . . . ■
! 3
Kropfkatarrh.
22
Tumoren.
18
Harter Kropf .....
15
Abnormes Wachstum der
Gastroenteritis ....
: 19
Füße.
2
Würmer.
3
Mißbildung
1
Ascites.
3
Zur allgemeinen Unter¬
Hernie ...
1
suchung . . |
15
Latus
231
Summa
349
F. Tauben.
Tuberkulose.I 8
Diphtherie.| 2
Commotio cerebri ... 1
Conjunctivitis ... j 2
Infektiöser Katarrh der |
Kopfschleimhäute 2
Latus | 15
Transport 1 15
Katarrh d. ober. Luftwege 5
Kropfkatarrh. 3
Gastroenteritis . . . . i 2
Coccidium tenellum . . ! 2
Ekzem . . . . . j 1
Latus | 28
Statistischer Bericht der König). Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 39
Namen der Krankheiten
Zahl der
Kranken
Namen der Krankheiten
Zahl der
Kranken
Transport
28
Transport
33
Federnfressen . . . .
1
Abszeß.
7
Arthritis.
1
Tumor.
1
Fraktur .
3
Allgemeine Untersuchung
2
Latus ;
33
Summa
i «
(1. Papageien.
Tuberkulose.
33
Transport
154
Nervöse Zuckungen . .
4
Parese . . . .
2
Emphysem.
1
Abnormes Wachstum des
Ekzem .
2
Schnabels.
J 1
Alopecie.
3
Kropfkatarrh.
5
Ausrupfen der Federn .
11
Gastroenteritis ....
11
Dcrraanyssus avium . .
2
Enteritis.
11
Vulnus.
5
Würmer .
Abszeß.
1
Obstipatio.
i i
Myositis rhcumatica . .
1
Vorfall der Kloake
1 2
Arthritis urica ....
1
Fremdkörper im Magen
i 1
Fraktur .
3
Conjunctivitis . .
7
Luxation .
1
Keratitis.
1
Abnormes Wachstum der
Dakryocystitis ...
3
Krallen.
2
Katarrh der oberen Luft¬
Tumoren.
10
wege .
65
Zur allgemeinen Unter¬
Pneumonie
2
suchung . .
8
Latus ■
154
Summa
205
H. Andere Vögel.
Tuberkulose.
3
Transport
62
Diphtherie.
1
Bulbusatrophie ....
1
Kanarienseuche . .
1
Dyspnoe.
1
Rhachitis
1
Katarrh der oberen Luft-
Commotio cerebri . . .
9
wege .
27
Nervenshok.
1
Pneumonie.
4
Parese .
8
Ekzem.
17
Schnabelmißbildung . .
3
Alopecie.
14
Stomatitis.
i
Dermanyssus avium . .
22
Strangulation der Zunge
1
Ausrupfen der Federn .
2
Harter Kropf.
2
Vulnus.
9
Gastroenteritis . .
8
Abszeß.
11
Retentionszyste an der
Myositis rheumatica . .
7
Bürzeldrüse.
4
Arthritis.
12
Bluterguß in die Bauch¬
Luxation.
5
höhle .
1
Frakturen.
69
Obesitas.
1
Abnormes Wachstum der
Blepharitis .
5
Krallen.
15
Conjunctivitis.
9
Nekrose der Zehen . .
2
Keratitis.
1
Tumoren.. j
12
Katarakt . .
2
Allgemeine Untersuchung 1
16
Latus ,
62
Summa
308
40 REGENBOGEN,
Nachstehende Operationen wurden ausgeführt:
1. Hunde.
Verband
Wunde genäht . .
Nähte entfernt . .
Abszeß gespalten .
Hämatom gespalten
Neubildungen entfernt
Fremdkörper entfernt
Zahnextraktionen
Exartikulation der Zehe
Eingewachsene Krallen .
2. Katzen.
Verband.
Abszeß gespalten . .
Hämatom.
Zahnextraktion . . .
Fremdkörper entfernt
Neubildung entfernt .
3. Andere kleine Haustiere
und Affen.
Verband.
Abszeß gespalten.
Zähne gekürzt.
Nähte entfernt.
4. Hühner.
Verband.
Abszeß gespalten.
434
11
20
22
7
4
9
47
5
49
16
7
2
2
7
2
13
18
Latus | 701
Transport
Ei entfernt.
Nähte entfernt.
Punktion der Bauchhöhle
5. Tauben.
Abszeß gespalten . .
Verband.
6. Papageien.
Verband ...
Wunde genäht .
Nähte entfernt .
Tumor entfernt .
Abszeß gespalten
Schnabel verkürzt
Krallen gekürzt
Vorfall der Kloake reponiert
7. Andere Vögel.
13
4
1
! 10
j 1
Amputation eines Fußes ...
2
Abszeß gespalten.
7
Fremdkörper entfernt . . . . ,
2
Neubildung entfernt.
3
j 8
Schnabel verkürzt.
0
1 7
Krallen verkürzt.[
ii
Summa j 786
Behandelt wurden in der Klinik für kleine Haustiere:
Hunde
Katzen
Andere kleine j
Haustiere j
Affen
I
Hühner
Tauben
1'
Papageien
Andere Vögel
Summa
Spitalklinik . . .
Poliklinik ....
1400
5508
295 1
565 |
i
Summa
690S
860 | 174 34 i 364 45 j 207 308
8900
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 41
Pathologisches Institut.
Von Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schütz.
Vom 1. April 1913 bis 31. März 1914 wurden 148 Pferde, 1 Esel,
3 Rinder, 94 Hunde und 2 Katzen zerlegt.
Krankheiten
gestorben
getötet
Summa
I. Pferde.
Infektionskrankheiten.
Pferdetyphus.
3
i
3
Druse..
3
—
3
Hämoglobinämie..
8
—
8
Brustseuche.
7
—
7
Tetanus.
1
—
1
Rotz. .
1
5
6
Wegen Rotzverdachts getötet, jedoch rotzfrei befunden.
—
1
1
Rotlaufseuche.
1
—
1
Krankheiten des Respirationsapparates.
Gangränöse Bronchopneumonie. Jauchige Brustfell¬
entzündung .
,
1
1
Operationswunde am Kehlkopfe. Glottis- u. Lungenödem
1
—
1
Fibrinöse nekrotisierende Lungenentzündung. Fibrinöse
Brustfellentzündung (Kuh).
1
—
1
Krankheiten des Zirkulationsapparates.
Fettige Degeneration des Herzmuskels und der Körper¬
muskeln ohne nachweisbare Ursache
1
i
i -
l
Chronische eitrige Entzündung des Herzbeutels, bedingt
durch einen Fremdkörper (Kuh).
1
1
1
Krankheiten des Digestionsapparates.
Verstopfung des Zwölffingerdarms und Magenzerreißung
6
6
Verstopfung des Hüftdarms.
1
—
I
Verstopfung des Hüftdarms und Magenzerreißung . . .
mm
2
Stenose der Hüftblinddarmöffnung und Verstopfung des
Hüftdarms . . ..
■
1
5
Myom des Leerdarms und Verstopfung des Leerdarms .
1
—
1
Fibrosarkom des Leerdarms und Verstopfung des Leerdarms
1
—
1
Adenokarzinom des Leerdarms und Verstopfung des
Leerdarms.
1
1
Volvulus des Leerdarms.
2
—
2
Invagination des Leerdarms.
1
—
1
Abschnürung des Lecrdarms durch einen Strang des
großen Netzes.. .
1
i _
1
Perforierendes Leerdarmgeschwür durch Asearis raegalo-
cephala . . .
1
1
1
Erweiterung, Hypertrophie und Verstopfung des Blind¬
darms . .
1
1
Latus
52
6
58
42
SCHUETZ,
Krankheiten
1
getötet
Summa
Transport
52
6
58
Erweiterung, Hypertrophie, Verstopfung und Zerreißung
des Blinddarms.
6
—
6
Verstopfung der linken unteren Lage des Grimmdarms
2
—
2
Verstopfung der linken unteren Lage des Grimmdarms.
Magenzerreißung...
2
—
2
Verstopfung der linken unteren Lage des Griramdarras
und Volvulus des Leerdarms.
2
—
2
Verstopfung der linken unteren Lage des Grimmdarms
und Achsendrehung des Grimmdarms ...
1
—
1
Verstopfung der linken unteren Lage des Grimmdarms
und der magenähnlichen Erweiterung.
2
—
2
Verstopfung der Beckenflexur.
1
—
1
Verstopfung der Beckenflexur und Abschnürung des
Hüftdarms durch einen Strang des großen Netzes .
1
—
1
Verstopfung der magenähnlichen Erweiterung
3
—
3
Verstopfung der magenähnlichen Erweiterung. Magen*
Zerreißung.. .
7
—
7
Verstopfung der magenähnlichen Erweiterung, Zerreißung
derselben und Achsendrehung des Grimmdarms
3
—
3
Verstopfung der magenähnlichen Erweiterung und Zer-
reißung der rechten oberen Lage des Grimmdarms .
1
—
1
Verstopfung der magenähnlichen Erweiterung und der
linken unteren Lage des Grimmdarms .....
1
—
1
Verstopfung der magenähnlichen Erweiterung und des
Mastdarms durch Kotsteine.
2
—
2
Verstopfung der magenähnlichen Erweiterung und
Volvulus des Leerdarras.
7
—
7
Achsendrehung der Grimmdarmschleifc.
3
—
3
Blutige diphtherische Entzündung des Magens und
Dünndarms.
3
—
3
Blutige diphtherische Entzündung des Blind- und
Grimmdarms.
2
—
2
Blutige ulzeröse Entzündung des Grimmdarms
1
—
1
Partielle Totalnekrose des Dünndarms und Bauchfell¬
entzündung . .
1
—
1
Gangränöser Leistenbruch und Bauchfellentzündung
1
—
1
Gangräuöser Bauchbruch und Bauchfellentzündung .
1
—
1
Aneurysma und Thrombose der Hüftblindgrimmdarra-
arterie :
a) Embolie mehrerer Leerdarmarterien ....
4
—
4
b) Etagenartige Embolie der unteren Grimmdarm¬
arterie . ..
1
—
1
c) Etagenartige Embolie beider Grimmdarmarterien
1
—
1
d) Etagenartige Embolie der Blind- und Grimm¬
darmarterie .
3
—
3
e) Embolie zweier Mastdarmarterien . .
1
—
1
f) Embolie desDiinndarms, derMilz und derNieren
1
—
1
Akute Bauchfellentzündung infolge rctroperitonealer
Abszesse.
1
—
1
Latus
117
6
123
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 43
Krankheiten
a
©
JQ
o
an
©
faß 1
■4J
©
:0
■p
©
faß
Summa
Transport
117
6
123
5. Krankheiten des Gallenapparates.
Amyloidentartung der Leber und Zerreißung derselben
1
—
1
6. Krankheiten des Harn- und Geschlechtsapparates.
Jauchige Gebärmutterentzündung. Akute Bauchfell¬
entzündung ... . .
1
1
Blutige diphtherische Entzündung der Scheide und der
Gebärmutter. Diphtherie des Kehlkopfes, Broncho¬
pneumonie und fibrinöse Brustfellentzündung (Kuh)
1
1
Jauchige Kastrationswunden. Eitrige Bauchfel lentzündung
3
—
3
7. Krankheiten des Bewegungsapparates.
Bruch des 4. und 5. Halswirbels. Dura mater- Blutung
1
1
Splitterbruch des Karpus. Druckbrand. Septikämie .
1
—
1
Bruch der 8. bis 11. Rippe. Brustfellentzündung und
fibrinöse Lungenentzündung.
1
1
Bruch des Sitzbeinhöckers. Druckbrand. Septikämie
1
—
1
Bruch beider Darmbeinfliigel und des Querfortsatzes des
4. Lendenwirbels. Zerreißung der Muskeln und Blut¬
gefäße. Verblutung in die Bauchhöhle . .
1
1
Parachondrale Phlegmone und Nekrose der Hufbein¬
beugesehne. Druckbrand. Septikämie . .
1
1
Eitrige Entzündung der Huflederhaut. Septikämie .
1
—
1
Jauchige Entzündung der Huflederhaut. Venenthrombose.
Embolie der Lungen .
1
1
Jauchige Entzündung der Huflederhaut. Eitrige Ent¬
zündung der Scheiden der Beugesehne. Septikämie
1
_
1
Sprunggelenkswunde. Entzündung des Sprunggelenks.
Septikämie .......
1
_
1
Wunde am Fessel. Eitrige Entzündung der Sehnen¬
scheiden und des Fesselgelenks. Venenthrombose.
Embolie der Lungen.
1
_
1
8. Krankheiten der Haut und Unterhaut.
Jauchige Operationswunde. Subfasziale und inter-
muskuläre Phlegmone. Septikämie
1
_
1
Jauchige Operationswunde. Gangrän der Haut und
Unterhaut. Venenthrombose. Embolie der Lungen
1
1
Jauchige Operationswunde am Kopfe. Totalnekrose einer
Nasenmuschel. Eitrige Entzündung der harten
Hirnhaut .
1
1
Eitrige Entzündung der linken oberen Nasenmuschel¬
höhle und der linken Oberkiefcrhöhlc. Jauchige
Bronchopneumonie .
1
1
Jauchige Wunde am rechten Hüfthöcker. Eitrige Bauch¬
fellentzündung . . .
1
_
1
Jauchige Wunde in der linken Leistengegend. Phlegmone.
Septikämie.
1
—
1
Latus
140 j
6
146
44
SCH UETZ,
Krankheiten
a
<D
-e
3
OJ
ö
tc
■M
<D
:0
<D
bc
Summa
Transport
140
1 6
146
Eitrige Operationswunden in der Gegend des Ober¬
schenkels und der Kniekehle. Abszeß im inter¬
muskulären Bindegewebe. Verblutung durch die
Arteria femoris posterior . .
1
!
! _
1
Abszeß im intermuskulären Bindegewebe des Ober¬
schenkels. Perforation des Mastdarms. Bauchfell¬
entzündung .
1
1
Perforierende Wunde in der Flankengegend und in der
linken unteren Lage des Grimmdarms. Akute Bauch¬
fellentzündung .
1
1
Wunde in der Gegend der Tibia. Phlegmone. Septikämie
1
—
1
Wunde am Strahl und Ballen. Eitrige Parachondritis.
Phlegmone. Septikämie .
1 !
_
1
Gangrän an der Hufkrone. Venenthrombose. Embolie
der Lungen.
1
—
1
Summa
146
6
152
II. Hände.
1. Infektions- und Intoxikationskrankheiten.
a) Staupe.
39
39
b) Hundeseuche .
5
—
5
c) Tollwut.
1
—
1
2. Krankheiten des Nervensystems.
Entzündung der harten und weichen Hirnhaut, Wasser¬
sucht der Seitenventrikel und Oedera des Gehirns ,
1
1
Entzündung der weichen Hirnhaut, Wassersucht der
Seitenventrikel und Oedera des Gehirns ...
1
1
1
Blutungen auf und unter der harten Rückenmarkshaut
und rote Erweichung des Rückenmarks.
1
—
1
3. Krankheiten des Respirationsapparates.
Eitrige Bronchopneumonie.
2 i
—
2
4. Krankheiten des Zirkulationsapparates.
Chronische fibröse Eutzündung der zwei- und drei¬
zipfeligen Herzklappen, Herzerweiterung und Brust-
und Bauchwassersucht.
!
i
1
Warzige Entzündung der zweizipfeligen Herzklappe, Herz¬
erweiterung und Brustwassersucht.
> |
—
1
5. Krankheiten des Digestionsapparates.
Blutige Magen- und Darmentzündung.
9 i
9
Katarrhalische Magen- und Darmentzündung.
3
—
3
Blutige diphtherische Darmentzündung, verursacht durch
einen Fremdkörper.
2
_
2
Nekrose der Darmwand, bedingt durch einen Fremdkörper
1 1
—
1
Volvulus des Dünndarms.
1 1
—
1
Latus
67
1
68
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 45
Krankheiten
gestorben
getötet
Summa
Transport
67
1
68
Dünndarmstrikturen infolge von Verwachsungen mit dem
Netz, Verstopfung..
Perforierende Wunde im Mastdarm, jauchige Entzündung
1
*
1
des um letzteren gelegenen Gewebes und des Bauch¬
fells, Septikäraie..
1
—
1
G. Krankheiten des Gallenapparates.
Katarrhalische Entzündung der Schleimhaut des Zwölf-
fingerdarms und Ikterus.
2
—
2
Hypertrophische Leberzirrhose und Bauchwassersucht .
1
—
1
Leberzerreißung und Verblutung in die Bauchhöhle . .
1
—
1
7. Krankheiten des Harn -und Geschlechtsapparates.
Eitrige Gebärrautterentzündung mit Metastasen in Herz
und Lungen .
1
—
1
Jauchige Gebärmutterentzündung m. Bauchfellentzündung
1
—
1
Jauchige Gebärmutterentzündung. Septikämie . . .
Eitrige Prostataentzündung mit Durchbruch in die
2
2
Beckenhöhle und abgekapselter Bauchfellentzündung
Eitrige Prostataentzündung mit raetastatischer ulze-
1
1 ~
1
rierender Herzklappenentzündung.
Eitrige Prostataentzündung mit eitriger Harnblasen- und
1 1
.
1
Nierenentzündung.
i
1
Hypertrophie der Prostata, chronische Nierenentzündung
1
Eitrige Harnblasenentzündung.
i !
1
Zerreißung der Harnblase, Urämie.
Aszendierende eitrige Nierenentzündung, ulzerierende
2 1
i
2
Herzklappenentzündung.
1
—
1
8. Krankheiten der Haut und Unterhaut.
Eitrige Wunde im Bereiche der Mamma mit metastatischer,
i
deszendierender eitriger Nierenentzündung . . .
i !
—
1
Bißwunde mit Phlegmone der Unterhaut, Septikämie
9. Krankheiten der blutbildenden Organe.
i
i
1
Anämie ohne erkennbare Ursache (Herztod).
i 1
—
1
10. Geschwülste.
I
Primäre krebsige Entzündung des Brustfells und des Herz¬
beutels .
Karzinom der Mamma mit Metastasen in Lunge, Leber,
i
i ;
!
1
—
1
Milz und Rippenwand. ...
Osteosarkom der Lendenwirbcisäule mit Druckatrophie
1
j
—
1
des Lendenmarkes.
Adenokarzinom der Schilddrüse mit Metastasen in den
1
—
1
Lungen. Jauchige Wunde am Halse, Septikämie
Rundzellensarkom eines mesenterialen Lymphknotens mit
1 i
—
1
Verblutung in die Bauchhöhle.
Ranula mit Ocdem der Zunge und des Schlundkopfes.
1 1
1
Erstickung.
1
—
1
Summa
1
94 ,
1
95
46
FROSCH,
Hygienisches Institut
Von Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Frosch.
Vom 1. April 1913 bis 31. März 1914 kamen folgende von beamteten
und privaten Tierärzten eingesandten Objekte zur Untersuchung:
Zahl
! Zahl
Krankheiten
der
Krankheiten j der
Fälle
Fälle
a) Rinder.
Milzbrand (davon negativ 24)
40
Darmentzündung.
2
Wild- und Rinderscuchc . . .
1
Rauschbrand.
7
Septikämie.
2
Kälberdiphtheritis.
2
Bazillus Ghon-Sachs ....
13
Lungenentzündung.
3
Diplokokken.
2
Sarkom atose.
1
Tuberkulose.
4
Untersuchungsergebnis negativ
14
Summa |
91
b) Pferde.
Milzbrand (davon negativ 14)
15
Tuberkulose.
1
Untersuchungen mit negativem
Ausgang.
2
Summa
18
c) Schweine.
Milzbrand (davon negativ 8)
12
Rotlauf (davon negativ 118)
461
Schweineseuche.
18
Schweinepest.
11
Magen- und Darmentzündung .
5
Septikämie .
1
Lungenentzündung.
8
Sarkom.
1
Neubildung in der Leber . . .
1
Untersuchung negativ ....
15
Summa
533
d) Schafe.
Magen- und Darmentzündung .
1
Septikämie..
Summa j G
e) Geflügel.
Geflügelcholera(davon negativ48)
1G2
Darrazerreißung.,
17
Hühnerpest .1
3
Pilzinfektion.
2
Lungenentzündung.
2
Herzbeutelentzündung ....
2
Neubildung der Leber ....
•
Geflügeldiphtherie.
1
Kanarienseuche ...
3
Lymphosarkomato.se .
1
Tuberkulose ...
11
Summa
205
f) Rehe bzw. Organe davon.
Blutvergiftung.
2
Septikämie.
2
Lungenwurmseuche.
G
Abszesse.
1
Lcberegel seuche .....
1
Lungenentzündung.
3
Hypoderma diana.
3
Leberkrebs . . ....
1
Magen- und Darmentzündung .
1
Wild- und Rinderseuche
i
Summa
21
g) Hasen bzw. Organe davon.
Lungenwurmseuche.
1
Coceidiose .
1
Staphylokokkenseuche ...
3
Verblutung in die Brusthöhle .
i
Tod infolge eines Schusses
i
Summa
7
h) Hirsche.
Lungenwurmseuche.
o
Sonstige Untersuchungen.
Baz. Ghon-Sachs beim Pferd
2
Baz. Oedematis maligni (Koch)
2
Latus 4
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 47
Krankheiten.
Zahl
der
Fälle
Krankheiten.
Zahl
der
Fälle
Transport
4
Zusammenstellung.
Serum .
1
Rinder.
91
Endokarditis (Hund).
1
Pferde.
18
Coccidiose (Kaninchen) . . .
1
Schweine.
530
Baz. von Hibler VI . .
1
Schafe . . .
6
Baz. von Hibler VII ...
2
Geflügel.
205
Lungenwurmseuche (Wild¬
Wild.
31
schwein) .
1
Futtermittel.
120
Untersuchungen negativ
12
120
i 143
Verschiedenes.
12
Fischmehl (davon negativ 105)
Summa
zusammen 1013
Untersuchungen.
Institut für Nahrungsmittelkunde.
Von Prof. Bongert.
Vom 1. April 1913 bis 31. März 1914 wurden insgesamt *234 größere
und kleinere Untersuchungen ausgeführt.
I. 94 Untersuchungen auf den Keimgehalt notgeschlachteter Tiere.
A. 68 Rinder.
Davon ergaben:
2*2 Keimfreiheit des Fleisches;
46 Anwesenheit von Bakterien im Fleisch, und zwar
fanden sich: lmal Koli; 2mal Enteritidis Gärtner¬
bazillen; 2 mal paratyphusähnliche Bakterien, die
jedoch Paratyphusantiserum nicht agglutinierten;
4 mal Tuberkelbazillen; 2 mal Milzbrandbazillen;
9mal Streptokokken -f- Staphylokokken; 26 mal
Mischinfektionen mit den verschiedensten Keimen
[Streptokokken, Staphylokokken, Bakterien ver¬
schiedener Art 1 )].
B. *23 Schweine.
Davon ergaben:
5 Keimfreiheit des Fleisches;
3 Mieschersche Schläuche;
1 Schweinepest;
4 Tuberkulose;
1) In einem Falle handelt es sich um Erkrankung mehrerer Personen nach
dem Genuß von gekochtem Kuheuter. In histologischen Schnitten wurden Kalk¬
konkremente in den Milchkanälen nacbgewiesen. Bakterien wurden nicht gefunden.
Fütterungsversuche fielen ebenfalls negativ aus.
48
BONGERT,
5 Mischinfektionen 1 );
1 Kolibakterien;
1 cmbolische Infarkte in der Muskulatur;
1 Sarkomatosis;
2 Schrotausschlag.
C. Hammel.
Davon:
1 Keimfreiheit des Fleisches;
2 Mischinfektionen (Staphylokokken und plumpe be¬
wegliche Stäbchen).
II. 17 Geflügeluntersuchungen.
A. 11 Hühner.
Davon:
3mal Peritonitis;
lraal Geflügeldiphtherie;
5mal Geflügelcholera;
lraal Leberverfettung und Milzruptur;
lmal Leber- und Milztumor;
lmal Anwesenheit von Parasiten, und zwar Cytoleichus
sarcoptoides.
B. 4 Gänse.
2 auf Keimgehalt des Fleisches:
1 keimfrei;
1 Mischinfektion;
lmal Geflügelcholera;
lraal mehrere Stücke zur Feststellung ob Gänse- oder
Entenfleisch.
C. 2 Strauße.
Tuberkulose.
III. 53 Milchuntersuchungen:
Davon: 26 auf Fettgehalt;
1 Frauenmilch zur Untersuchung auf pathologische
Bestandteile;
13 Proben ergaben das Vorhandensein von Streptokokken;
5 Proben Tuberkelbazillen;
5 Proben zur Untersuchung auf Frischmilchendsein;
3 Proben, bei denen der Verdacht einer Mastitis vor¬
lag, bestätigten den Verdacht nicht.
1 ) In diesem Falle handelt es sich um Erkrankung von 8—12 Personen nach
dem Genuß von gekochtem Schweinefleisch. Bakterien aus der Gruppe der Fleisch¬
vergifter wurden nicht nachgewiesen und es wurde deshalb vom Institut der Ver¬
dacht ausgesprochen, daß es sich um eine postmortale Verunreinigung handeln
müßte. Dieser Verdacht wurde auch bestätigt, denn bei der Zubereitung des Fleisches
ist ein nicht gereinigter Kupferkessel benutzt worden.
Statistischer Bericht der Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 49
IV. 11 Wurstuntersuchungen.
* Davon:
1 keimfrei;
1 enthielt Fäulnisbakterien;
5 zeigten Mischinfektion;
1 ergab das Vorhandensein von Pferdefleisch;
3 ergaben das Nichtvorhandensein von Pferdefleisch.
V. 25 Fischuntersuchungen.
Davon: 2 Heringeinsendungen:
1 größerer Posten grüner Heringe: Polybaktcrielle
Infektion;
1 Hering: Fäulnisbakterien, Tyrosinkristalle und
allgemeine Fäulniserscheinungen;
Schellfische: keimfrei;
Schleierschwänzchen: schwere Magendarmentzündung;
VI.
5
1
1 Seezunge
1 Goldbarsch
1 Steinbutte
2 Makrelen
1 Flunder
2 Aale
Fäulniserscheinungen;
9 Teile verschiedener Fische zurüntersuchung aufFäulnis.
Untersuchungsbefund: negativ.
3 Kaninchen.
Coccidiosis.
VII. 2 Rehe.
Davon: 1 Rehkopf zur Geschlechtsbestimmung;
1 Anwesenheit von Parasiten, und zwarHypoderma diana.
VIII. 1 Hirsch.
Anwesenheit von Parasiten,und zwarFilaria flexdosaWcdl.
IX. 2 Meerschweinchen.
Gastroenteritis.
X. 1 Rinderdarra.
Vorhandensein von Oesophagostomum columbianum.
XI. 2 Untersuchungen von Butter auf Verfälschung.
XII. 1 Untersuchung von Käse auf Bakterien.
XIII. 38 Untersuchungen von Schweinefleisch auf Trichinen.
Davon waren:
8 Proben schwach trichinös;
8 Proben mittelstark trichinös;
22 Proben stark trichinös.
Archiv f. wissensch. a. prakt. Tierheilk. Bd. 41. H. 1 u. 2.
4
II.
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie
der Pferde. 1 )
Von
K. R. Seyderhelm, und Dr. racd. R. Seyderhelm,
Direktor des städt. Schlachtbofes Straüburg i. E. Straübug i. E.
A. Einleitung.
Von vergleichend-pathologischen Gesichtspunkten aus ist der eine
von uns vor 3 Jahren an die Frage herangetreten, ob die perniziöse,
infektiöse Anämie der Pferde in irgend welche Beziehung zur per¬
niziösen Anämie des Menschen zu bringen ist. Hutyra und Marek
haben bekanntlich in den beiden letzten Auflagen ihres Lehrbuches
diese Krankheit auf Grund der bisherigen Befunde hämatologisch und
klinisch als eine mit sekundärer Anämie einhergehende Sepsis aufgefaßt
und eine Analogie mit der menschlichen perniziösen Anämie in Abrede
gestellt. Sie ziehen aus diesem Grunde die Bezeichnung „infektiöse
Anämie“ vor und berichten im Anschluß hieran über die perniziöse
Anämie der Tiere, welche in direkte Analogie zur menschlichen ge¬
bracht wird. Einwandfreie Beschreibungen solcher Fälle, bei denen
hämatologisch und histologisch die für die „perniziöse Anämie“ charak¬
teristischen Befunde erhoben wurden, liegen hierfür allerdings nicht vor.
Der klinische Verlauf der perniziösen, infektiösen Anämie der
Pferde, die hohen und dauernden Fiebertemperaturen, vor allem aber
ihr epizootisches Auftreten ließen von vornherein eine Analogie mit
der perniziösen Anämie des Menschen sehr zweifelhaft erscheinen.
1) Ausführliche Publikation der Versuchsprotokolle findet sich in den an
anderer Stelle erschienenen Arbeiten: R. Seyderhelm, lieber die perniziöse
Anämie der Pferde. Beitrag zur vergleichenden Pathologie der Blutkrankheiten.
Beiträge zur pathol. Anatomie u. allgem. Pathologie. 1914. Bd. 58. S. 285. —
K. R. Seyderhelm und R. Seyderhelm, Die Ursache der perniziösen Anämie
der Pferde. Ein Beitrag zum Problem des ultravisiblen Virus. Arch. f. exp. Path.
u. Pharm. 1914. Bd. 76. S. 149.
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 51
Und es war a priori zu erwarten, daß ätiologisch ein wesentlich
anderes Moment in Frage kommt, als bei der menschlichen perni¬
ziösen Anämie. Demgegenüber ist aber zu erwägen, daß der Begriff
„perniziöse Anämie“ nicht mehr eine bestimmte Aetiologie in sich
schließt, daß vielmehr ganz verschiedenartige Ursachen zu dem Krank¬
heitsbilde führen können, das man schlechthin als „perniziöse Anämie“
bezeichnet. Erst durch die Ergebnisse der letzten Jahre hat sich her¬
ausgestellt, daß der Begriff „perniziöse Anämie“ in ätiologischer Be¬
ziehung einen Sammelbegriff darstellt, daß man nicht von der, son¬
dern von den perniziösen Anämien des Menschen sprechen sollte,
oder besser von Krankheiten mit dem hämatologisch und histologisch
charakteristischen, genau umschriebenen Blut- und Organbild. So
hat man die perniziösen Anämien mit bekannter Ursache, wie die
Bothriozephalus-Anäraie, manche Formen von Schwangerschafts- und
Luesanämie usw. der Bi er m ersehen Anämie, der perniziösen Anämie
xaj£l£oxqt' mit unbekannter Ursache gegenübergcstellt. Bei all diesen
ätiologisch verschiedenen Krankheiten finden sich in bezug auf die
Morphologie des Blutes und der Blutbildung die gleichen typischen
Veränderungen, wie sie dem Begriff „perniziöse oder primäre Anämie“
im Gegensatz zur „sekundären Anämie“ eigen sind.
Von diesem Gesichtspunkte aus ist also eine Analogie der per¬
niziösen Anämie der Pferde mit der des Menschen trotz einer ätiolo¬
gischen und klinischen Verschiedenheit nicht von vornherein ausge¬
schlossen. Ein Vergleich der perniziösen Anämie der Pferde mit der
des Menschen muß von den gleichen Gesichtspunkten aus angestellt
werden, von denen aus die verschiedenen perniziösen Anämien des
Menschen untereinander und miteinander verglichen werden.
Es ist hier nicht der Ort, eine nähere Beschreibung der Merk¬
male der perniziösen Anämie der Pferde zu geben [s. Friedberger-
Fröhner(l) und Hutyra-Marek (2)]. Erwähnt sei nur, daß die
Krankheit in ihrem Vorkommen an gewisse Gegenden gebunden ist,
Gegenden, die vor allem das Gemeinsame haben, daß sie im Zeichen
der Pferdezucht stehen und weitausgedchnte Weideplätze aufweisen.
In Deutschland trifft man die Krankheit vor allem in Lothringen, im
Kreise Trier, in Bayern. Es muß aber hervorgehoben werden, daß
sie auch im übrigen Deutschland, wenn auch meistens nur in verein¬
zelten Fällen, auftritt und dort gerade wegen ihrer Seltenheit und der
relativen Schwierigkeit der Diagnose häufig nicht erkannt wird. Den
größten Schaden verursacht sie wohl in Frankreich. Heimisch ist sic
4
52
K. R. SEYDERIIELM und R. SEYDERHELM,
weiterhin in Ungarn, Schweden, Amerika und anderen Ländern. Wegen
ihres epizootischen Auftretens hat man von einer Seuche gesprochen.
Obwohl in der Tat die Krankheit in gewissen Gegenden ganz be¬
sonders häufig auftritt, läßt sich nur in den wenigsten Fällen mit
Sicherheit das kranke Pferd als Infektionsquelle für die Umgebung
nachweisen. Nur überaus selten erkrankt das neben einem kranken
Pferde stehende gesunde Pferd. Speziell M. Francis und R. P. Mar-
steller (3) haben derartige Versuche angestellt und niemals die Ueber-
tragung auf die Umgebung beobachtet. Bemerkenswert ist weiterhin,
daß die Tiere sehr häufig im Anschluß an den Weidegang erkranken,
die Krankheit ist direkt an die Jahreszeit des Weidegangs gebunden:
von Monat Mai bis Ende September. Die Krankheitsfälle in den
übrigen Monaten lassen sich mit Regelmäßigkeit in ihrem Ursprung
auf diese Monate zurückführen und sind stets chronischer Natur.
Der Grad der Anämie ist meistens von der Dauer der Erkran¬
kung abhängig, in akut ^erlaufenden Fällen weniger ausgesprochen
als in den chronischen. Die Mortalität der Krankheit ist nahezu
100 pCt. Es werden öfters Remissionen beobachtet. Fälle von spon¬
taner Heilung sind äußerst selten.
Die Angaben über den Blutbefund, die sich in der Literatur
vorfinden, widersprechen sich zwar in den Einzelheiten, stimmen im
wesentlichen aber überein. Sie lassen sich kurz folgendermaßen zu¬
sammenfassen: Die Gerinnungszeit ist verlängert (Friedberger-
Fröhner, Hutyra-Marek), die Zahl der Erythrozyten wird vor
allem in chronischen Fällen stark reduziert gefunden [2 Millionen,
Carre und Vallöe(4), Finzi(5), 1 Million, P. Meier (6), 980000,
Mack (7)J.
Form- und Größen Veränderungen der roten Blutkör¬
perchen werden zum Teil als ausgesprochen bezeichnet [Carre-
Vallee (4), Finzi (5), Fröhner (8), P. Meier (6)], zum Teil in mäßigem
Maße befunden [I. Herapel (9)], von anderen wieder bestritten [Ma¬
rek (2), v. Ostertag (10), Schlathölter (11)]. Marek (2) beschreibt
basophile Granula in den roten Blutkörperchen.
Das Hämoglobin erfährt ebenfalls starke Verminderung (um
40—60 pCt.). van Es, Schalk (12), Harvis und Carre-Vallce (4)
geben an, daß in ganz akuten Fällen oft keine Anämie auftritt.
Ueber den Färbeindex finden sich keinerlei Angaben, ebenso¬
wenig wie auch über den Färbeindex des normalen Pferdeblutes keine
genaueren Angaben vorliegen (s. unten S. 54).
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde.
53
Die Zahl der weißen Blutkörperchen wird meistens ver¬
mindert gefunden. Finzi (5), Carre-Vallee (4) und Fricdberger-
Fröhner(l) finden im Durchschnitt 7000—7500. Als Minimum werden
gefunden: von T. Kinslcy(13) 3200, von P. Meyer(6) 2800, von
I. Hempel (9) 2100 pro Kubikmillimeter. Bei der akuten Form sollen
meistens die polymorphkernigen Leukozyten vorwiegen: 75—90 pCt.
[Carre-Vallöe (4), Friedberger-Fröhner (1)], in den chronischen
Fällen soll meistens eine Lymphozytose bestehen. Die Zahl der
eosinophilen Zellen wird durchweg in vorgeschrittenen Fällen redu¬
ziert bis fehlend angegeben und zur Prognose des Falles verwendet
[Finzi (5)].
Ueber die Blutplättchen liegen keine Angaben vor.
Kernhaltige rote Blutkörperchen werden zum Teil gefunden
[Fröhner(8), T. Kinsley(13), Mack(7), P. Meyer(6)]. Megalo¬
blasten wurden niemals gefunden.
Die in der Literatur sich findenden Angaben über den Sektions¬
befund ergeben makroskopisch eine mehr oder ipinder ausgesprochene
Anämie aller Organe, subseröse Blutungen, Lymphdrüsenschwellungen,
Milztumor, Leberschwellung, Blutungen im Magendarmtraktus, auf dem
Perikard und Endokard, endlich eine Umwandlung des Knochenmarks,
vor allem des Femurs in eine ziegelrote bis schwarze, weiche Masse.
Histologische Untersuchungen, die bisher nur spärlich vorliegen
[Carre-Vallee (4), Finzi (5)], berichten von einer mehr oder minder
starken parenchymatösen Degeneration der Organe.
B. Pathologisch-anatomische und hämatologische Untersuchungen.
Es leuchtet ein, daß auf Grund dieser hier kurz angeführten,
bisher in der Literatur festgelegten Daten eine Entscheidung der oben
gestellten Frage, ob es sich um eine primäre oder eine sekundäre
Anämie handelt, ob eine Analogie zwischen der perniziösen Anämie
der Pferde und der des Menschen besteht, nicht einwandfrei mög¬
lich ist. Es wurden an einem Material von 12 Pferden, die in Lo¬
thringen an der perniziösen Anämie erkrankt waren, zur Klärung dieser
Frage genauere hämatologische und histologische Untersuchungen an¬
gestellt. Die Tiere wurden zum Teil in Lothringen untersucht, zum
Teil angekauft und hier an Ort und Stelle bei ihnen täglich der Blut¬
status aufgenommen.
Die Resultate, die hierbei gewonnen wurden, setzen sich in ein¬
zelnen Punkten in Widerspruch zu den oben erwähnten früheren An-
54
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
gaben. Das Ergebnis möge aus der hier folgenden tabellarischen
Uebersicht, in der sich die Befunde bei der perniziösen Anämie der
Pferde und der des Menschen gegenübergestellt finden, hervorgehen:
Anaemia perniciosa
Normales Pferd
(eigene Untersuchungen
an 100 Pferden)
hominis
e q u i
Gerinnung des Blutes
herabgesetzt
herabgesetzt
__
Blutplättchen .
Erythrozyten:
vermindert
vermindert
beobachtetes Minimum .
110000 (Ziegler)
750000 pro cbm
8 Millionen pro cbm
Größenunterschiede . . .
deutlich
deutlich
vorhanden
Poikilozytose.
do.
nur selten
nicht vorhanden
Polychromasie.
wechselnd
wechselnd
do.
Ery throbl asten.
do.
do.
do.
Megaioblasten.
Hämoglobin:
meist vorhanden
n iemals
—
beobachtetes Minimum .
7 pCt. (Naegeli) i
12 pCt. (Sahli)
50—75pCt. (Sahli.
Durchschnittswert = f '0
Eärbeindex.
Leukozyten:
stets erhöht
stets erhöht
= 60 Hgb. : 8 Mill ion-.n
Erythrozyten = 1
Zahl.
vermindert
vermindert
7000-11000
beobachtetes Minimum .
2500 (Naegeli)
2100
—
Zusammensetzung ....
Polymorphk. 20—50 pCt.
Lymphozyt. 50—70 pCt.
Eosinophile 0—1 pCt.
Polymorphk.40—60pCt.
Lymphozyt. 40—58pCt.
Eosinophile 0—1 pCt.
Polymorphk.55—TopCt.
Lymphozyt. 20—41 pCt.
Eosinophile 0,5— 5pCt
Knochenmark.
hochgradige Regenerat.,
Myeloblastenmark
hochgradigste Regene¬
ration, myeloblastisches
lymphozytäres Mark
Milz ..
myeloid.Pulpawucherung
[E.Meyer-Heineke(14)]
hochgradigste myeloide
Umwandlung
—
Leber .
myeloide Metaplasie
(intraazinös u. adventitiell)
[E.Meyer-Heineke(14)]
hochgradige myeloide
Umwandlung (intra-
kapill. u. extravaskul.)
Aus dieser Gegenüberstellung geht hervor, daß die Analogie
zwischen der perniziösen Anämie der Pferde und der des Menschen
in bezug auf die Veränderungen des Blut- und Organbildes eine größere
ist, als sich a priori erwarten ließ. Abgesehen davon, daß sich hier
wie da extreme Verminderungen der Erythrozyten- sowie der Hämo¬
globinzahlen finden, ist vor allem bemerkenswert die Erhöhung des
Färbeindex der roten Blutkörperchen, lieber den Färbeindex
des normalen Pferdeblutes finden sich in der Literatur keine näheren
Angaben. Es wurden, um Anhaltspunkte für eine solche zu gewinnen,
an 100 normalen Pferden aus der Gegend von Straßburg Erythro¬
zyten- und Hämoglobinwert bestimmt und aus dem durchschnittlichen
gegenseitigen Verhältnis dieser Werte als Färbeindex des normalen
Plerdeblutes der Wert 8 Millionen Erythrozyten : 60 Hämoglobin (Sahli)
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 55
= 1 gefunden. Legt man diesen Durchschnittswert den bei den
perniziös-anämischen Pferden gefundenen Zahlen zugrunde, so ergibt
sich durchwegs eine mehr oder minder starke Erhöhung des Färbe¬
index. Der Gehalt des einzelnen Erythrozyten ist demnach nicht
vermindert wie bei einer sekundären Anämie, sondern im Gegenteil
erhöht, wie es den primären Anämien eigen ist. Es war diese Er¬
scheinung um so deutlicher ausgeprägt, je länger die betreffenden
Tiere krank gewesen waren.
Eine weitere Ucbereinstimraung zwischen der perniziösen Anämie
der Pferde und der des Menschen ist dann ferner die Verminderung
der Leukozytenzahl. Auch diese fand sich am deutlichsten aus¬
gesprochen bei chronischen Fällen. Fälle mit Mischinfektion, deren
im ganzen nur 2 beobachtet werden konnten, weisen im Gegensatz
hierzu keine Leukopenie, sondern eine leichte Leukozytose auf.
Weiterhin charakteristisch ist die in den meisten Fällen beobachtete
Lymphozytose und der Eosinophilenschwund. Vor allem der
letztere findet sich bei akuten, sowie bei chronischen Fällen stets im
Endstadium deutlich ausgesprochen. Fälle, deren Blut keine eosino¬
philen Zellen mehr aufweist, bieten eine durchaus ungünstige Prognose.
Die Blutplättchen erfahren stets eine starke Verminderung und
können gegen Ende völlig fehlen. Einhergehend damit ist die Ge¬
rinnungsfähigkeit des Blutes vermindert.
Kernhaltige rote Blutkörperchen fanden sich nur in einigen
Fällen und auch hier nur vermindert.
Während sich in all diesen Punkten eine Uebereinstimmung
zwischen der perniziösen Anämie der Pferde und der des Menschen
ergibt, besteht zwischen beiden Anämien ein strikter Gegensatz in
bezug auf das Vorkommen von Megalo.blasten. Letztere finden sich
bei der perniziösen Anämie der Pferde niemals. Schon von Ehrlich
ist auf das überaus typische Vorkommen der Megaloblasten im per¬
niziös-anämischen Blute hingewiesen worden. Andererseits gibt es
viele Fälle von perniziöser Anämie des Menschen ohne Megaloblasten.
Immerhin ist das Fehlen von Megaloblasten im Blute der per¬
niziös-anämischen Pferde bemerkenswert.
Weist demnach das Blut bei der perniziösen Anämie der Pferde
im wesentlichen die Merkmale des perniziös-anämischen Blutbildes auf,
so wird diese Analogie zur menschlichen perniziösen Anämie durch
die aufgefundenen histologischen Veränderungen der Organe in
bezug auf die Erythro- und Leukopoese zu einer noch weitergehenden.
56
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
Es findet sich nämlich, abgesehen von dem in vollster Regeneration
befindlichen Knochenmark eine hochgradige myeloide Umwandlung
der sekundär blutbildenden Organe, vor allem der Milz und
der Leber. Man trifft diese Organe vollgepfropft von enormen Zell-
raasscn. Sämtliche Stadien der Erythro- und Leukopoese finden sich
nebeneinander gereiht.
Die Regeneration, die sich durchweg im Knochenmark
vorfindet, weist mit dem Knochenmark des perniziös-anämischen
Menschen eine weitgehende Analogie auf. Hier wie dort ist charak¬
teristisch die Unfertigkeit und Jugendlichkeit der produzierten Zellen,
die sich vor allem in dem völligen Mangel an Granulationen äußert.
Im Vergleich zu den zahlreichen Lymphoidzellen treten die Myelozyten
und fertigen Leukozyten in den Hintergrund. Megaloblasten sind auch
hier relativ wenig vorhanden.
Die meistens sehr hochgradige myeloide Umwandlung der
Milz findet makroskopisch fast stets in einer mehr oder minder
starken Vergrößerung dieses Organes ihren Ausdruck. Dabei ist ge¬
wöhnlich die Konsistenz fest und fleischartig. Die Pulpa ist im
Schnitte stark gewuchert und sehr zellreich. Neben den kleinen
Lymphozyten finden sich stets massenhaft größere Lymphoidzellen,
daneben Myeloblasten, Myelozyten, eosinophile und basophile Zellen.
Die Follikel sind in der Regel mehr oder minder reduziert.
Ganz besonders auffällig sind die Veränderungen, die sich mit
Regelmäßigkeit in der Leber vorfinden. Das makroskopisch meist
stark vergrößerte Organ weist mikroskopisch die hochgradigste
myeloide Umwandlung auf. Die Leberbalken erscheinen durch
ein zwischengelagertes ungemein zellreiches Gewebe an vielen Stellen
wie auseinander gedrängt. Die Anordnung dieses Gewebes ist eine
herdförmige, am stärksten in der Peripherie der Acini. Eine Be¬
ziehung zu dem Lebergewebe ist nicht zu erkennen. Die Herde
erscheinen wie fremdartig zwischengelagert. Außerdem sieht man
längs der periportalen Gefäße sehr starke zelluläre Anhäufungen. Bei
näherer Untersuchung ergibt sich, daß es sich um zwei Gruppen von
Zelleinlagerungen handelt: um extravaskuläre, periportale, aus Myelo¬
zyten und Leukozyten bestehend, ferner intrakapilläre Zellen, vor¬
wiegend aus Lymphoidzellen und Normoblasten bestehend. Während
die periportalen Herde wie fremdartiges Gewebe zwischengelagert
erscheinen und jede Beziehung zum Lebergewebe vermissen lassen,
ist im Gegensatz hierzu ein Uebcrgang von Endothelicn zu Blut-
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 57
zellen, wenigstens in einigen der untersuchten Fälle, überaus wahr¬
scheinlich.
Eine gewisse Sonderstellung nehmen in bezug auf die hier kurz
beschriebenen myeloiden Veränderungen in Leber und Milz die ganz
akut verlaufenden Fälle ein, bei denen es offenbar nicht zur Aus¬
bildung einer derartigen Myelose kommt. Es liegt daher nahe, diese
oben beschriebenen myeloiden Umwandlungen als Ausdruck einer
Regenerationsbestrebung des Organismus aufzufassen. Immerhin
ist der Grad dieser Veränderungen ein so ausgesprochener, wie er
sonst eigentlich nur bei der Leukämie zur Beobachtung gelangt, und
es ist daher auch die Möglichkeit, daß es sich um pathologische
Reizungsvorgänge handelt, nicht ganz von der Hand zu weisen.
Im höchsten Grade auffällig ist der Gegensatz zwischen dem
Blutbefund und den Veränderungen, die sich in den Organen linden.
Im Blute finden sich nämlich, abgesehen von dem erhöhten Färbe¬
index, abgesehen von einzelnen kernhaltigen roten Blutkörperchen und
Lymphoidzellen keinerlei Andeutungen einer gesteigerten Blutbildung.
Der gleiche Gegensatz zwischen Blut und Gewebe wurde auch speziell
in manchen Fällen von perniziöser Anämie des Menschen gefunden
[E. Meyer-Heineke (14)].
Zusammenfassend ergibt sich also nicht nur in bezug auf den
Blutbefund, sondern ganz besonders auch in bezug auf die hämato-
poetischcn Veränderungen der Organe eine weitgehende Analogie
der perniziösen Anämie der Pferde mit der des Menschen.
In bezug auf die myeloide Umwandlung in den Organen ist diese
Analogie allerdings eine mehr qualitative als quantitative. Wie er¬
wähnt, besteht in bezug auf letztere eine größere Aehnlichkeit mit
den Veränderungen bei Leukämie, als wie bei der perniziösen Anämie
des Menschen.
Es wurde weiterhin festzustellen gesucht, ob ein ähnlicher Paralle¬
lismus, wie er sich bei der menschlichen perniziösen Anämie zwischen
den myeloiden Veränderungen und den Vorgängen der Blutbildung
beim Embryo durch die Untersuchungen von E. Meyer und
Heineke (14) ergeben hat, auch für die perniziöse Anämie der Pferde
besteht. Bei drei darauf untersuchten Pferdeembryonen zwischen dem
vierten und siebenten Monat ergab sich in der Tat eine außerordent¬
liche Aehnlichkeit in der Anordnung und im Aufbau der Blut¬
bildungsherde mit den bei der perniziösen Anämie der Pferde ge¬
fundenen Veränderungen, nur mit dem Unterschied allerdings, daß
58 K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
sich auch hier quantitativ zugunsten der Veränderungen bei der per¬
niziösen Anämie der Pferde ein bedeutender Unterschied feststellen
ließ. Hier wie dort finden sich die beiden Typen der Blutbildung:
extravaskuläre periportale Anhäufungen von Myelozyten und Leuko¬
zyten auf der einen Seite, intrakapilläre unreife Zellen, aus Lyraphoid-
zellen und Normoblasten bestehend auf der anderen Seite. Speziell
diese Analogie ist auch für die perniziöse Anämie des Menschen für
die Annahme geltend gemacht worden, daß es sich bei den myeloiden
Veränderungen in den Organen um eine Teilerscheinung allgemeiner
Kompensationsvorrichtungen des Organismus gegen schwere Blut¬
schädigung handle.
Auch die Frage nach der Entstehung dieser oben beschriebenen
myeloiden Umwandlungen sollte durch einige Uebertragungs-
versuche experimentell näher untersucht werden. Es wurden zu diesem
Zwecke drei gesunde Pferde mit infektiösem Blute krank gemacht in
der Absicht, diese Tiere in einem frühen Stadium zu töten. Es ließ
sich dabei feststellen, daß auch dasjenige Pferd, welches 14 Tage
nach der Seruminjektion und am dritten Tage der klinischen Er¬
krankung (die Inkubationszeit dauerte in diesem Falle 10 Tage) getötet
wurde, bereits eine vorgeschrittene myeloide Umwandlung im Knochen¬
mark, in der Leber und Milz aufwies. Dennoch waren speziell die
Leberschnitte dieses Falles geeignet, den direkten Uebergang von
Leberendothelzellen zu Blutzellen wahrscheinlich zu machen.
Es wird Aufgabe weiterer Versuche sein, künstlich infizierte Pferde
in einem noch früheren Stadium, d. h. noch während der Inku¬
bation zu töten, um speziell diese Frage einer Lösung zuzuführen.
Fassen wir diese hier nur in Kürze aufgeführten Resultate zu¬
sammen, so ergibt sich, daß wider Erwarten zwischen der perniziösen
Anämie der Pferde und der des Menschen eine weitgehende Analogie
besteht. Wenn sich auch mancherlei Unterschiede ergeben haben,
wie z. B. das Fehlen der Megaloblasten im Blute der perniziös¬
anämischen Pferde, vor allem aber der Grad in der Ausbildung der
myeloiden Umwandlung hauptsächlich in der Leber der perniziös¬
anämischen Pferde, so ist andererseits der Umstand, dass es über¬
haupt zu solchen myeloiden Umwandlungen in den sekundär blut¬
bildenden Organen kommt, ferner das Bestehen einer Leukopenie,
einer Lymphozytose, eines Eosinophilenschwundes, vor allem aber eine
Erhöhung des Färbeindexes der roten Blutkörperchen im Sinne einer
Analogie mit der perniziösen Anämie des Menschen aufzufassen. Schon
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 59
oben wurde darauf hingewiesen, daß sich bereits auf Grund des
klinischen Verlaufes, des epizootischen Auftretens eine Identität
der perniziösen Anämie der Pferde und der des Menschen von vorn¬
herein ausschließen läßt, andererseits ergibt sich jetzt, daß auch
trotz der offenbar verschiedenen Aetiologie eine Analogie in bezug
auf die Veränderungen des Blutes und der Organe, so wie sie für
den Begriff „perniziöse Anämie“ typisch sind, zwischen den beiden
Krankheiten besteht, und daß daher die perniziöse Anämie der Pferde
diesen ihren Namen mit Recht führt.
Wenn auch zurzeit das Bestreben dahingeht, die Bezeichnung
„perniziöse Anämie der Pferde“ durch den Namen „infektiöse
Anämie der Pferde“ zu ersetzen, so liegt wohl hierfür kein Grund
vor. Denn wie schon oben wiederholt hervorgehoben wurde, ist die
Verschiedenheit der Aetiologie, die offenbar besteht, kein Grund,
die Bezeichnung „perniziöse Anämie“ fallen zu lassen. All den
ätiologisch verschiedenen Krankheiten, die man als „perniziöse
Anämie“ schlechtweg bezeichnet, ist eben die in ganz spezifischer
Weise blutschädigende Wirkung von Giften verschiedenen Ursprungs
gemeinsam. Und von diesem Gesichtspunkt aus ist wohl auf Grund
der gewonnenen Resultate der Schluß berechtigt, daß in der Tat
auch bei der perniziösen Anämie der Pferde eine Causa efficiens be¬
steht, deren Blutschädigungen in Analogie zu setzen sind zu dem bei
der Biermersehen Anämie wirksamen Gift, ferner zum Bothrioce-
phalusgift, sowie auch endlich zu den experimentellen Blutgiften,
wie Phenylhydrazin, Pyrogallol, Toluylendiamin usw., mit denen be¬
kanntlich ebenfalls primäre Anämien zu erzeugen sind.
C. Die Ursache der perniziösen Anämie der Pferde.
Seit den grundlegenden Untersuchungen von Carre und Vallee (4),
die späterhin durch die Untersuchungen von v. Ostertag (10) und
Marek (2) vollauf bestätigt worden sind, geht die Annahme bezüglich
der Aetiologie dieser Erkrankung dahin, daß ein nicht nachweisbarer
Mikroorganismus, ein ultravisibles Virus, die Krankheit erzeugt. Blut,
welches Chamberland-Berkefcld-Filter passiert hat, ruft beim gesunden
Pferde die Krankheit hervor. Auch Urin- und Darmentleerungen
sollen in der gleichen Weise den Krankheitserreger enthalten. In
einer größeren Reihe von Versuchen konnte die Uebertragbarkeit
durch filtriertes Serum bestätigt werden. Mittels Urin kranker Pferde
gelang es uns nicht, die Krankheit hervorzurufen. Offenbar benötigt
60 K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
man zur Infektion mit Urin, sowie auch mit Darmentleerungen relativ-
großer Mengen solchen Materials. Die herrschende Anschauung geht
dahin, daß gesunde Pferde durch die Aufnahme von Trinkwasser oder
Futterstoffen, die mit Darmentleerungen oder Urin perniziös-anämischer
Pferde verunreinigt sind, erkranken.
Gegen diese Annahme schienen uns jedoch auf Grund unserer
klinischen Beobachtungen eine Menge von Tatsachen über Auftreten
und Verbreitung der Krankheit zu sprechen. Zunächst bedarf es zur
Infektion mit Urin oder mit durch Darmentleerungen verunreinigtem
Futter so großer Mengen, wie sie für gewöhnlich von den Pferden
nicht aufgenommen werden. Weiterhin ist unerklärlich, warum die
Krankheit meistens im Anschluß an den Weidegang und immer nur
in der Jahreszeit des Weidegangs auftritt. Und endlich ist von jeher
auffällig gewesen, daß fast niemals das neben dem kranken Pferde
stehende gesunde erkrankt. In einem Stalle, wo etwa 20 Pferde
stehen, erkranken beispielsweise zwei, die an ganz entgegengesetzten
Enden stehen.
Aus ähnlichen Betrachtungen heraus ist schon wiederholt die
Vermutung ausgesprochen worden, daß irgend welche Zwischenträger
der betreffenden in Frage kommen sollenden ultravisiblen Mikro¬
organismen existieren. Von verschiedenen Forschern ist diese Frage
experimentell in Angriff genommen worden, bisher ohne Erfolg. Es
seien im Folgenden die wichtigsten dieser Versuche herausgegriffen:
Vor allem in Nordamerika, wo die Krankheit in einzelnen Teilen
besonders häufig zu sein scheint, wurden derartige Versuche ange¬
stellt. Th. Kinsley(13) gelangte bei solchen Untersuchungen zu
keinem Resultat und ist, ebenso wie auch Carre und Vallee (4) in
Frankreich, zu der Ansicht gekommen, daß Insekten die Krankheit
nicht vermitteln. John R. Möhler (15) erwähnt 1909, daß Unter¬
suchungen im Gange seien, die Natur des Zwischenwirtes, dessen
Existenz wahrscheinlich sei, festzustellen, er denkt dabei an Fliegen,
Insekten oder Darmparasiten. Besonders eingehende Untersuchungen
haben M. Francis und R. P. Marsteller(3) über die Frage ange¬
stellt: Ihre Vermutungen gingen dahin, daß gewisse Zecken (Boophilus
annulatus) als Zwisehwirte in Frage kämen. Sie sammelten Zecken
von einem Pferde, von dem sie wußten, daß sein Blut infektiös sei,
ließen dieselben im Laboratorium sich weiter entwickeln und versuchten
dann, ein gesundes Pferd, dem sie die jungen Zecken ansetzten, zu
infizieren. Die Forscher stellten Versuche mit 20 reifen weiblichen
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 61
Zecken an. Bei dem Versuchspferde wurden 70 Tage lang genaue
Temperaturmessungen angestellt, es erfolgte keine Spur von Erkran¬
kung. Ries (16) (Ettelbrück) hat die Vermutung aufgestellt, es könnten
die betreffenden Erreger der perniziösen Anämie der Pferde durch
Bremsenlarven oder durch Mücken, event. auch durch Helminthen,
vermittelt werden. Er führt für diese Ansicht eine Menge klinischer
Beobachtungen ins Feld, Beobachtungen, die vor allem für eine Ueber-
tragung durch die Gastrophiluslarven sprechen; Ries hat allerdings
in dieser Richtung keine experimentellen Untersuchungen angestellt,
und aus diesem Grunde fand seine Hypothese in der Literatur keine
Anerkennung. Carre-Vallee (4) z. B. erwähnen sie nur „zur Voll¬
ständigkeit der Literaturangabe“. Daß gerade diese letztere Vermu¬
tung von Ries, daß die Gastruslarven beim Zustandekommen der
Erkrankung eine gewisse Rolle spielen, in der Tat richtig gewesen
ist, werden die im. Folgenden angeführten, eigenen Untersuchungen
dartun.
Ueberblickt man diese nur kurz zitierten Untersuchungen und
Hypothesen, so ergibt sich, daß in der Tat mancherlei klinische Beob¬
achtungen zu der Vermutung geführt haben, daß irgend ein Zwischen¬
wirt existiert, der die Krankheit vermittelt. Immerhin ist es trotz
mannigfacher Versuche nicht gelungen, diese Frage zu lösen. Alle
Versuche, einen Zwischenwirt aufzufinden, sind fehlgeschlagen.
Wie schon oben erwähnt, sind wir auf Grund unserer klinischen
Beobachtungen ebenfalls zu der Annahme gelangt, daß der Infektions¬
stoff nicht von gesunden Pferden durch verunreinigtes Tränkwasser
oder Futter aufgenommen wird, sondern, daß die Uebertragung der
Krankheit auf indirektem Wege, durch die Vermittlung irgend welcher
Parasiten stattfindet. Vor allem die Berichte einzelner Lothringer Tier¬
besitzer bestätigten uns diese Vermutung und veranlaßten uns, expe¬
rimentell diese Frage in Angriff zu nehmen.
Eigene Versuche.
Die Versuche wurden an einer größeren Anzahl älterer, höch¬
stens mit äußeren Fehlern behafteter Pferde angestellt. Die Pferde
waren teils vom Militär ausrangiert, zum größten Teil im Elsaß auf¬
gezogen.
Zunächst suchten wir nähere Anhaltspunkte dafür zu gewinnen,
welche Parasiten als Zwischenwirte in Frage kommen könnten. In
diesem Sinne wurden bei jeder einzelnen Sektion Haarkleid und In-
62
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
testinaltraktus einer genauen Inspektion in bezug auf die Anwesenheit
von Parasiten, und zwar makroskopisch sowie mikroskopisch unter¬
zogen. Von Darmparasiten fanden sich mit wechselnder Regelmäßig¬
keit Askaris, Strongylus, Skierostoraura usw., einmal diese, ein ander
Mal jene. Von Anfang an fiel uns auf, daß sich mit absoluter
Regelmäßigkeit Fall für Fall auf der Magenwand der verendeten
Pferde haftend, die Larven der Pferdebremse, auch Pferdebiesfliege
genannt, aus der Familie der Oestriden, vorfanden. Wir konnten
diesen Befund bis jetzt in allen mehr als 90 sezierten Fällen erheben.
Es lag darum die Vermutung nahe, daß die Gastruslarven in irgend
welche Beziehung zur Krankheit der betreffenden Pferde gebracht
werden möchten. Die Wahrscheinlichkeit hierfür war schon aus dem
Grunde eine besonders hohe, da ja die Gastruslarven ein Stadium in
der Entwicklung von fliegenden Insekten sind, und mancherlei Beob¬
achtungen für eine Uebertragung der Krankheit durch Fliegen sprachen.
Weiterhin stimmte damit überein, daß die Krankheit speziell auf der
Weide, und speziell in den Sommermonaten, wo die Fliegen ihre Eier
ablegen, auftritt.
Von diesem Gesichtspunkte aus war es unsere nächste Aufgabe,
experimentell festzustellen, ob sich durch Injektion von Gastruslarven,
d. h. von deren Extrakten, und zwar von solchen Gastruslarven, die
von perniziös-anämischen Pferden gesammelt waren, die Krankheit
auf gesunde Pferde übertragen läßt.
Es wurden zunächst vier durch wiederholtes Abwaschen sorgfältig gereinigte
Gastruslarven, unter allmählichem Zusatz von 50 ccm physiologischer Kochsalz¬
lösung fein zerrieben, die Mischung filtriert und einem gesunden Pferde langsam
in die Vena jugularis injiziert. Es war der Ausgang dieses Versuches überraschend:
Nach wenigen Minuten wurde das Tier äußerst unruhig, der Puls stieg auf 60,
zahlreiche Defakationen erfolgten, und nach einigen weiteren Minuten begann das
Tier am ganzen Leibe zu zittern, die Zahl der Atemzüge stieg auf 32 pro Minute,
am ganzen Körper brach profuser Schweiß hervor, das Tier zeigte deutlichen
Brechreiz, die Nüstern wurden beim Einatmen weit geöffnet, die Konjunktiven der
Augen erschienen dunkelrot injiziert, Speichel und Nasenschleim flössen abundant,
die Augen tränten und die Dyspnoe nahm immermehr zu, desgleichen wurde der
Puls dauernd schneller und schwächer und war 6 Minuten nach der Injektion
nicht mehr fühlbar. In den hinteren Extremitäten, an denen die fibrillären
Zuckungen der Muskulatur am ausgeprägtesten waren, stellte sich eine auf¬
fallende Schwäche ein, und das Tier begann zu wanken und knickte wiederholt
im Kreuze ein. Die Unsicherheit der Hinterhand nahm rasch zu und in 8 Minuten
nach der Injektion brach das Pferd zusammen. Nach weiteren 4 Minuten erfolgte
der Exitus.
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 63
Die Sektion bot das Bild einer schwersten Intoxikation: die Gefäße auf
der Oberfläche des enthäuteten Kadavers sind stark erweitert, und ungeronnenes,
schwarzrotes Blut strömt teerartig aus ihnen heraus. Sämtliche Schleimhäute sind
blutig imbibiert, von weit ausgedehnten Hämorrhagien durchsetzt. Vor allem die
Schleimhäute des Magens, des Grimm*, des Blind- und das Mastdarms bieten das
Bild der hochgradigsten akuten hämorrhagischen Entzündung. Alle Organe sind
blutüberfüllt, überall strömt auf dem Querschnitt ungeronnenes, teerfarbenes Blut
hervor; vor allem die Milz ist erweicht und gleicht auf dem Querschnitt einem
schwarzen Brei. Die Nieren sind von zahlreichen Hämorrhagien durchsetzt. Das
Herz ist auf seiner Oberfläche wie mit Blut bespritzt, von zahlreichen, bis fünf¬
markstückgroßen Hämorrhagien bedeckt, und das gleiche Bild bietet sioh auf dem
Endokard.
Ehe weitere Schlußfolgerungen aus dem Ausgange dieses Ver¬
suches gezogen wurden, injizierten wir einen auf gleiche Weise her¬
gestellten Extrakt aus anderen vier Larven, die vom gleichen Pferde
stammten, intravenös einem Kaninchen. Das Kaninchen vertrug
diese Injektion, ohne irgend eine Reaktion zu zeigen. Ana¬
loge Versuche stellten wir an Hunden, an Mäusen, an Hühnern und
an Tauben an, ohne jemals eine schädliche Wirkung wahrzunehmen.
Auch größere Haustiere, wie Schaf und Kuhverhielten sich vollkommen
refraktär. Das einzige Tier, welches außer dem Pferde auf die Gastrus-
extrakte reagierte, war, um es hier gleich vorweg zu nehmen, der zu
den Equiden gehörige Esel.
Es wurden nun, um die Natur der Giftigkeit dieser Larven¬
extrakte näher zu ermitteln, einer großen Anzahl von Pferden solche
Extrakte "unter mannigfacher Aenderung der Versuchsbedingungen
injiziert. Bezüglich der Einzelheiten der hierbei gewonnenen Resultate
müssen wir auch hier auf unsere ausführliche Publikation (siehe oben)
verweisen. Es mögen die wichtigsten Folgerungen hier in Kürze an¬
geführt werden.
Es ergab sich zunächst, dass die Gastruslarve eine spezi¬
fisch für das Pferd toxische Substanz, ein bisher unbekanntes
tierisches Gift enthält, dem wir den Namen Oestrin gegeben
haben. Die gleiche Extraktmenge, die ein Kaninchen intravenös wie
physiologische Kochsalzlösung verträgt, tötet ein Pferd.
Es erhob sich nun für uns die Frage: Ist' dieser Befund in irgend¬
welchen Zusammenhang mit der perniziösen Anämie der Pferde zu
bringen oder nicht. Wir waren oben ausgegangen von der Vermutung,
daß vielleicht die bei perniziös-anämischen Pferden Vorgefundenen
Gastruslarven die Erreger der perniziösen Anämie der Pferde ent-
64
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
hielten. Wir erwarteten demnach, daß nach Ablauf einer 8—14tägigen
Inkubationszeit nach der Injektion des betreffenden Extraktes sich bei
positivem Ausfälle des Versuches die Krankheit entwickeln würde.
Das Resultat des daraufhin angcstellten Versuches führte dann zu der
Feststellung, daß, zunächst in den Gastruslarven der perniziös-anä¬
mischen Pferde ein bisher unbekanntes, ausschließlich das Pferd
schädigendes Gift, enthalten ist. Um nun festzustellen, ob dieses
Gift bei der Entstehung der perniziösen Anämie der Pferde eine Rolle
spielt, oder ob neben diesem Gifte pathogene Mikroorganismen in den
Gastruslarven enthalten sind, welche ihrerseits die perniziöse Anämie
der Pferde verursachen, galt es zunächst, genauere Untersuchungen
darüber anzustellen, welche Wirkung kleinere, untertödliche Extrakt¬
mengen auf das Pferd ausüben, welcher Natur das Oestrin ist, weiter¬
hin, ob sich ein Unterschied in der Wirkung von Gastruslarven-
Extrakten von perniziös-anämischen Pferden einerseits und solchen von
gesunden Pferden andererseits ergibt. Wir haben, in erster Linie bei
unseren später ausgeführten Versuchen zur Immuniserung mit diesem
Gifte, hunderte von Larven Pferden injiziert und dabei Gelegenheit
gehabt, die enorme Giftigkeit der Gastrusextrakte, die Natur ihrer
Giftigkeit nach allen Richtungen hin näher zu untersuchen.
Besonders wichtig war zunächst, darüber Aufschluß zu erhalten,
ob auch Larven, die von einem gesunden Pferde gesammelt waren,
eine ähnliche Wirkung auf das Pferd ausüben.
Zu diesem Zwecke erhielt Versuchspferd Nr. 10 intravenös den in oben ge¬
schilderter Weise hergestellten Extrakt von drei derartigen Gastruslarven. Das
Tier zeigte im unmittelbaren Anschluß an diese Injektion keine weitere Reaktion.
Am folgenden Tage jedoch zeigte sich das Tier sehr matt, legte sich nieder und
Versuche, wieder aufzustehen, blieben vergeblich. Dabei wurde der Puls merklich
schwächer und frequenter (60 pro Minute). Der Appetit hingegen war in keiner
Weise beeinträchtigt, das Tier fraß einen Liter Hafer. Die Hinterhand blieb weiter¬
hin gelähmt, auch die Sensibilität war deutlich herabgesetzt. Am folgenden Tage,
abends 7 Uhr, erfolgte der Exitus. Die Sektion ergab im wesentlichen den gleichen
Befund wie bei dem vorigen Pferde, im Magen und im Darm fanden sich zahl¬
reiche subseröse Blutungen, die Milz war stark geschwollen. Nierenrinde, Peri-
und Endokard waren von Blutungen durchsetzt.
Es ergibt sich also aus dem Ausgange dieses Versuches, daß
auch Larven, die von gesunden Pferden stammen, in der gleichen
Weise toxisch auf das Pferd wirken. Zahlreiche weitere Versuche,
die mit untertödlichen Dosen von derartigen von gesunden Pferden
gesammelten Gastruslarven angestellt wurden, bestätigten diese Tat¬
sache vollauf.
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 65
Der folgende Versuch möge zeigen, daß auch die subkutane
Injektion von Gastruslarven-Extrakten im Prinzip die gleiche Gift¬
wirkung zur Folge hat.
Versuchspferd Nr. 19 erhielt subkutan den Extrakt einer Gastruslarve. Auch
in diesem Falle trat zunächst am Tage der Injektion, abgesehen von einer leiohten
Puls- und Temperatursteigerung keine sichtbare Reaktion ein. Am nächsten Tage
stieg die Temperatur auf 41, hielt sich in den beiden nächsten Tagen ungefähr
auf der gleichen Höhe, am folgenden Tage trat wieder die typische Lähmung der
hinteren Extremitäten auf und unter ähnlichen Erscheinungen, wie in den beiden
vorigen Fällen, stellte sich der Exitus ein. Auch hier bot der Sektionsbefund das
gleiche Bild wie in den beiden oben beschriebenen Fällen mit tödlichem Ausgange.
Der einzige Unterschied war also hier, daß vielleicht infolge der
verlangsamten Resorption der letale Verlauf nach der Injektion ein
noch protrahierterer war. Allen drei hier nur kurz beschriebenen
Fällen war die charakteristische terminale Lähmung der hinteren
Extremitäten gemeinsam.
Sehr bald zeigte sich bei unseren weiteren in dieser Richtung
vorgenoraraenen Untersuchungen, daß ein bedeutender Unterschied
in der Giftigkeit der Extrakte der einzelnen Gastrusarten
besteht. Es erwies sich nämlich die kleinste unter den Gastrus¬
arten, nämlich Gastrus haemorrhoidalis, ganz besonders giftig,
und zwar um ein Vielfaches toxischer als die für gewöhnlich Vor¬
gefundene Art Gastrus equi. So verendete z. B. Versuchspferd Nr. 41
nach intravenöser Injektion des Extraktes einer Larve von Gastrus
haemorrhoidalis unter den allerschwersten Erscheinungen der akuten
Vergiftung. Das Tier verendete nach 20 Minuten. Die Sektion ergab
auch hier wiederum das gleiche typische Bild, die gleichen schweren
Hämorrhagicn wie bei den obigen Fällen. Auch in diesem Falle
erwies sich die Extraktlösung völlig unwirksam bei der intravenösen
Injektion am Kaninchen. Daß dieser exquisiten Giftigkeit der
Art Gastrus haemorrhoidalis, und wir konnten diese in weiteren
Fällen des öfteren beobachten, von besonderer Wichtigkeit für die
oben gestellte Aufgabe ist, darauf wird später noch eingehender hin¬
gewiesen werden.
Die untertödliche Dosis der Gastruslarven-Extrakte ist eben¬
falls in ihrer Wirkung charakteristisch. Die Pferde beginnen nach
mehr oder weniger langer Zeit im Anschluß an die Injektion sehr
unruhig zu werden, scharren, der Puls steigt und wird meistens kleiner,
die Tiere sinken vorübergehend plötzlich im Kreuze ein, und kurze
Zeit später beginnen sie auf der Hinterhand zu schwanken, wobei
Archiv f. wissenscli u.prakt. Tierheilk. Bd. 41. 11. 1 u. 2. r.
66 K. R. SEYDERHELM and R. SEYDERHELM,
sämtliche Muskeln der Hinterhand, event. auch der vorderen Extremi¬
täten, eine zitternde Bewegung, die unter Umständen einen flimmernden
Eindruck macht, aufweisen. Gleichzeitig erscheinen die Konjunktiven
der Augen deutlich injiziert. Die Reaktion dauert 1—3 Stunden,
unter Umständen auch länger. Gegen Ende der Reaktion ist meistens
die Körpertemperatur auf 40—41° gestiegen. Besonders bemerkens¬
wert ist weiterhin die bis zum nächsten Tage festzustellende Abnahme
des Hämoglobin wertes, daneben auch des Körpergewichtes. Die
Reaktion nach Injektion einer untertödlichen Dosis ist quantitativ von
Fall zu Fall ziemlich verschieden und naturgcmäss in erster Linie
abhängig vom Quantum der injizierten Dosis. Daneben aber besteht
auch, wie sich in mehreren Parallelversuchen deutlich nachweisen
ließ, ein unter Umständen sehr beträchtlicher Unterschied in der
Reaktionsfähigkeit der einzelnen Tiere nach Injektion der gleichen
Dosis des gleichen Extraktes. Dieser Unterschied kann zuweilen so
groß sein, daß das eine Tier nach einer Injektion nur eine leichte
Pulssteigerung zeigt, das andere Tier hingegen die heftige und typische
Reaktion aufweist, wie sie oben beschrieben wurde. Worauf diese
Verschiedenheit in der Reaktion des näheren beruht, läßt sich mit
Sicherheit nicht sagen, und die Erklärung, daß es sich um eine ver¬
schiedene Disposition der einzelnen Pferde handelt, bedeutet natürlich
keine Erklärung, sondern nur eine Umschreibung der Tatsache.
Es bleibt noch ein Punkt zu erwähnen, der zunächst ebenfalls
schwer erklärlich scheint und nur bei regelmäßiger Temperatur-
raessung der Versuchspferdc auch in den Tagen nach den jeweiligen
Injektionen untertödlicher Dosen auffällt, das sind „spontan“ auf¬
tretende Fiebertemperaturen, 3—4 event. mehr Tage nach der be¬
treffenden Injektion. Diese später auftretenden Temperatursteige¬
rungen verlaufen ebenfalls einhergehend mit regelmäßiger Hämoglobin-
und Körpergewichtsabnahme.
Betrachtet man derartige Kurven, so gewinnt man den Eindruck }
cs habe eine Infektion mit irgend welchen pathogenen Mikroorganismen
stattgefunden, die je nach dem Grade ihrer Vermehrung das wechselnde
Bild der Temperaturkurve erzeugen. Aus diesen und ähnlichen Be¬
obachtungen ergab sich die Aufgabe, festzustcllen, ob die oben ge¬
schilderte Wirkung, speziell untertödlichcr Dosen von Gastruslarven-
Extrakten, eine reine Giftwirkung darstellt, oder ob eventuell Bak¬
terien in den Larven an dieser Wirkung mitbeteiligt sind. Von diesem
Gesichtspunkt aus wurden Gaslrusextraktc den verschiedensten physi-
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 67
kalischen sowie auch chemischen Einwirkungen ausgesetzt,
bevor sie zur Injektion gelangten. Es zeigte sich, dass auch nach
mehrstündigem Erhitzen der Gastrusextrakte im Autoklaven die
Wirkung derselben auf das Pferd die typische war. Auch die in den
darauffolgenden Tagen auftretenden Temperatursteigerungen waren in
diesem Falle zu beobachten.
Ebensowenig Einfluß auf die Wirksamkeit der Extrakte
hatte die Behandlung derselben mit den verschiedenartigsten Chemi¬
kalien. Eine tagelange Einwirkung von Alkohol (50 und 96 pCt.),
eine Behandlung mit Aether, Chloroform, Azeton, Jodtrichlorid, Chlor¬
kalzium usw. war ohne Effekt. Eine später folgende Abhandlung
wird über die chemischen Eigenschaften, die Löslichkeitsverhältnisse,
sowie die Natur des Ocstrins berichten.
Aus diesen hier nur kurz angeführten Versuchen geht hervor, daß
die Wirkung der Gastruslarven-Extrakte, wie sic oben beschrieben
wurde, als die pharmakologische Wirkung eines tierischen Giftes, des in
den Gastruslarven enthaltenen Oestrins aufzufassen ist, und daß die¬
selbe ohne Mitbeteiligung von Bakterien zustande kommt.
Weiterhin war cs von Wichtigkeit zu erfahren, ob das Oestrin
vom Magendarrakanale der Pferde aus resorbiert werden kann.
Zu diesem Zweck wurde der Extrakt von Gastruslarven in Keratinkapseln
eingeschlossen und Versuchspferd Nr. 16 per os verabreicht. Bereits nach 4 bis
5 Stunden trat auch in diesem Fall die typische Wirkung ein: Puls 50, Temp. 39,1°.
Am folgenden Tage stieg die Temperatur auf 40,1°, am nächstfolgenden Tage
auf 40,5° und blieb dann 3 Tage in dieser Höhe. Der Puls stieg dabei auf 60.
Gleichzeitig fiel das Gewicht von 429 auf 415 kg und das Hämoglobin von 50 auf 44.
Die Sektion ergab die übrigen hämorrhagischen Entzündungen.
Aus diesem und ähnlichen Versuchen folgt, daß das Oestrin
vom Intestinaltraktus der Pferde aus aufgenommen wird
und dann seine Wirkung entfaltet. Im Gegensatz hierzu konnte eine
Resorption des Oestrins vom Dickdarm aus nicht konstatiert werden.
Von besonderer Wichtigkeit war es, festzustellcn, ob die von
lebenden Gastruslarven spontan ausgeschiedenen Stoffe eben¬
falls eine giftige Wirkung für das Pferd besitzen.
In dieser Absicht wurden 10 lebende Gastruslarven 5 Tage lang in 25 ccm
steriler Ringerlösung aufbewabrt. Die Tiere blieben die ganze Zeit am Leben. Die
Lösung, die nach kurzer Zeit eine bläulich opaleszierende Trübung aufwies, wurde
sorgfältig filtriert, und 5 ccm hiervon gelangten zur intravenösen Injektion auf Ver¬
suchspferd Nr. 38. Die Wirkung war sehr augenfällig: das Tier begann nach
15 Minuten stark zu zittern, zeigte leichten Schweißausbruch und hochgerötete
Konjunktiven. Das Zittern dauerte 2 Stunden. Die Temperatur stieg von 37,3 auf
68
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
39,0°, der Puls von 36 auf 56. Bis zum nächsten Tage war die Reaktion wieder
abgeklungen. Von der gleichen Lösung erhielt ein Kaninchen 10 ccm intravenös,
ohne irgend eine Reaktion zu zeigen.
Weitere Versuche wurden wegen des großen Risikos bei der Un¬
möglichkeit, solche Gastrussekretlösungen zu dosieren, nicht unter¬
nommen. Der eine Versuch, zumal wenn man den Kontrollversuch
beim Kaninchen in Betracht zieht, macht es äußerst wahrscheinlich,
beinahe gewiß, daß das Oestrin von den Gastruslarven in
ihren Exkreten abgesondert wird.
Die wichtigste Frage war nun, welche Wirkung erzielt man beim
gesunden Pferde durch oftmalige Injektionen von Gastrus-
larven-Extrakten und zwar von untertödlichen Dosen. Im ganzen
wurden 3 Pferde systematisch lange Zeit hindurch der Wirkung solcher
intravenös verabreichter Gastrusextrakte ausgesetzt.
Das Resultat ist im grossen und ganzen bei all diesen 3 Pferden
übereinstimmend und von Bedeutung für die Pathogenese der perni¬
ziösen Anämie der Pferde gewesen. Oftmalige Verabreichung unter¬
tödlicher Dosen bewirkt zunächst vorübergehende Einzelreaktionen,
Nach einiger Zeit jedoch beginnen die betreffenden Pferde zu kränkeln,
in den Intervallen zwischen den einzelnen Injektionen treten spontane
Temperatursteigerungen auf, das Hämoglobin und die Zahl der Erythro¬
zyten sinken mehr und mehr, und von einem gewissen Punkte ab
verschlimmert sich auch ohne weitere Injektionen das Krankheitsbild
und führt unter ständig zunehmender Anämie, die die äußersten Grade
erreicht, im einen Falle 40 (Erythrozyten 4 200 000), im anderen
Falle 32 (Erythrozyten 3 230 000), im letzten Falle 18 (Erythrozyten
1 830 000) und unter hohem Fieber zum Tode. Das Blutbild dieser
Tiere zeigt absolut die gleiche Veränderung wie die in natura er¬
krankten perniziös-anämischen Pferde: Leukopenie, Lymphozytose,
Eosinophilenschwund usw., vor allem auch die Erhöhung des Färbe¬
index. Als Beispiel möge hier der Blutstatus vom Versuchspferd Nr. 9
2 Stunden vor dem Exitus angeführt sein:
Hämoglobin.18
Erythrozyten. 1250000
Leukozyten. 4930
Polymorphkerne.48,5 pCt.
Lymphozyten.51,5 „
Eosinophile.0,0 „
Mastzellen.0,0 „
Uebergangsformen.0,0 „
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 69
Der pathologisch-anatomische Befund macht diese Analogie
mit der perniziösen Anämie der Pferde zu einer vollständigen. Die
Uebereinstimmung erstreckt sich sowohl auf den makroskopischen
Befund: Hämorrhagien der Schleimhäute, des Perikards und Endo¬
kards, Milztumor, Leberschwellung, Umwandlung des Knochenmarks
in eine schwarze breiige Masse usw., als auch auf die mikroskopischen
Veränderungen: hochgradige myeloide Umwandlung in Milz und Leber,
hochgradige Regeneration im Knochenmark, ganz analog wie bei der
in natura beobachteten perniziösen Anämie der Pferde. In bezug auf
die Einzelheiten sei auch hier auf die ausführliche Beschreibung (s. o.)
verwiesen.
Der Schluß, daß es sich um die gleiche Krankheit handelt,
wäre gegeben, wenn nicht noch ein wichtiger Einwand bestanden
hätte: die Ucbertragbarkeit der Krankheit durch Blut usw.
Ohne zunächst an eine Erklärung einer solchen Uebertragbarkeit
zu denken, suchten wir festzustellen, ob sich auch diese durch Gastrus-
larven- Extrakte künstlich erzeugte Anämie durch Serum auf ge¬
sunde Pferde übertragen läßt. Es war der Ausgang der diesbezüg¬
lichen Vesuche von besonderer Wichtigkeit und a priori nicht zu er¬
warten: Es gelingt in der Tat, mit dem Blute eines durch
Gastrusextrakte künstlich perniziös-anämisch gemachten
Pferdes bei einem gesunden Pferde eine in gleicher Weise
unter fieberhaftem Verlauf zum Tode führende perniziöse
Anämie zu erzeugen. Es gelang dies an den Versuchspferden Nr. 31
und 35. Der klinische Verlauf war in diesen Fällen der gleiche, der
sich nach Uebertragung von Blut von natürlich perniziös-anämischen
Pferden einstellt. Der Sektionsbefund ließ es ebenfalls außer jedem
Zweifel, daß die Tiere an perniziöser Anämie zugrunde gegangen
waren. Die myeloide Umwandlung in der Leber und in der Milz
waren in beiden Fällen sehr ausgedehnt. Das Serum übrigens, das
in beiden Fällen zur Verwendung gelangte, erwies sich als völlig keim¬
frei und zeigte bei der intravenösen Uebertragung auf ein Kaninchen
keine Wirkung. Die Serumwirkung war demnach ebenfalls spezifisch
für das Pferd.
Wichtig ist, daß auch die Uebertragung von Blut des einen dieser
auf diese Weise künstlich krank gemachten Pferde auf ein gesundes
(Versuchspferd Nr. 39) den gleichen Krankheitsverlauf erzielte. Die Ver¬
änderungen, die Blut- und Organbild erfuhren, entsprechen ebenfalls dem
typischen Befunde, wie er beim perniziös-anämischen Pferde zu erheben ist.
70
K. R. SEVDERHELM und R. SEYDERHELM,
Fassen wir die obigen Resultate kurz zusammen, so ergibt sich
im wesentlichen folgendes: Durch oftmalige Injektionen einer in den
Gastruslarven enthaltenen, spezifisch für das Pferd toxischen Substanz,
des Oestrins, gelingt es, beim Pferde eine schwere Anämie zu er¬
zeugen, die, unter fieberhaftem Verlauf klinisch das Bild einer Infek¬
tionskrankheit bietend, zum Tode führt. Es läßt sich diese künstlich
auf solche Weise erzeugte Krankheit durch Blut auf gesunde Pferde,
nicht hingegen auf andere Tiere, übertragen. Der Charakter der Krank¬
heit bleibt dabei der gleiche. Auch die durch Uebertragung hervor¬
gerufene Krankheit verläuft tödlich. Auf Grund der Tatsache, daß
sich diese durch Gastrusextrakte erzeugte Krankheit der Pferde kli¬
nisch, hämatologisch, pathologisch-anatomisch, speziell histologisch
genau wie die perniziöse Anämie der Pferde verhält, auf Grund der
weiteren Tatsache, daß sich auch diese künstlich erzeugte Krankheit
mittelst Blut auf gesunde Pferde und von diesen ebenfalls weiter über¬
tragen läßt, auf Grund der weiteren Tatsache endlich, daß sich in
allen Fällen von perniziöser Anämie der Pferde Gastruslarven auf der
Magenwand haftend finden, dürfte der Schluß zwingend sein: die
perniziöse Anämie der Pferde wird durch eine von der
Gastruslarve abgesonderte, spezifisch für das Pferd toxische
Substanz, das Oestrin, erzeugt.
Während unsere Untersuchungen von der Frage ausgegangen
waren, ob die perniziöse Anämie der Pferde durch die Gastruslarven bzw.
Oestrusfliegen übertragen würde, d. h. ob die Gastruslarven den un¬
bekannten Erreger dieser Krankheit, das ultra visible Virus in sich
bergen und vermitteln, stellte sich also heraus, daß die Gastruslarven
zwar eine Rolle spielen bei der Entstehung der Krankheit, aber nicht
in der Weise, daß sie den Infektionserreger vermitteln, nach
Analogie der Uebertragung der Malariaparasiten durch die Anopheles-
miieken usw., sondern auf die Weise, daß sie ein Gift absondern,
welches die perniziöse Anämie zur Folge hat. Es N war dieser Aus¬
gang der Versuche, wie erwähnt, nicht erwartet, vor allem des¬
wegen nicht, weil der klinische Verlauf, in erster Linie aber die
Uebertragbarkeit, von vornherein für Infektionserreger sprachen.
Daß die Krankheit, die durch chronische Verabreichung eines
Giftes künstlich erzeugt ist, mittelst Blut auf gesunde Pferde über¬
tragbar und von diesen aus abermals übertragbar ist, hierfür läßt
sich zunächst keine Analogie, auch keine Erklärung, die den Anspruch
auf Gewißheit erheben könnte, aufstellen. Es braucht wohl nicht her-
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde.
71
vorgehoben zu werden, daß wir uns dieses Widerspruches in vollem
Maße bewußt geworden sind. Andererseits sind unsere obigen Ver¬
suche so eindeutig und stets im gleichen Sinne ausgefallen, daß wir,
obwohl wir hierfür auf den ersten Blick keine beweiskräftige Erklä¬
rung fanden, die Tatsache der Aetiologie dennoch für bewiesen er¬
achten müssen.
Ehe wir auf die Frage der Uebertragbarkeit in diesem Falle des
näheren eingehen, mögen noch kurz diejenigen Momente aneinander
gereiht werden, die gegen die Mitwirkung von pathogenen
Mikroorganismen in den obigen zur Verwendung gelangenden Gastrus-
larven-Extrakten sprechen:
1. Die Einzelwirkung des erhitzten und sonstwie chemischen und
physikalischen Einflüssen ausgesetzten Extraktes ist die gleiche typi¬
sche wie die des nicht erhitzten: hochgradige motorische Erregung,
Fieber, Häraoglobinabnahmc usw., ferner Auftreten spontaner Fieber¬
temperaturen in den folgenden Tagen.
2. Wenn pathogene Mikroorganismen in den Gastruslarven die
Ursache der perniziösen Anämie wären, so würde der Wirkungsmecha¬
nismus ein anderer sein: Im Anschluß an die einmalige Injektion
eines Extraktes würde sich nach Ablauf einer Inkubationszeit
die perniziöse Anämie der Pferde entwickeln. Die Extrakte wirken
jedoch stets in direktem Anschluß an die Injektion im Sinne einer
Giftwirkuug, und erst bei oftmaliger Verabreichung entwickelt sich
allmählich das Krankheitsbild, das als perniziöse Anämie identifiziert
werden muß.
3. Die noch nicht abgeschlossenen Versuche bezüglich der chemi¬
schen Zusammensetzung des Oestrins, die der eine von uns zurzeit im
chemisch-physiologischen Institut von Herrn Prof. Dr. Hofmeister
in Straßburg ausführt, lassen schon jetzt mit Bestimmtheit sagen,
daß es auch mit dem nahezu isolierten Gifte gelingt, die Krankheit
zu erzeugen.
Aus all den genannten Gründen geht mit Sicherheit hervor, daß
pathogene Mikroorganismen bei dem Zustandekommen der Krankheit
keine Rolle spielen.
Während sich auf der einen Seite experimentell der Nachweis
erbringen ließ, daß die perniziöse Anämie der Pferde durch ein von
den Gastruslarven abgesondertes Gift, das Ocstrin, hervorgerufen wird,
finden andererseits zahlreiche klinische Beobachtungen, die bisher
72
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
unerklärlich waren, jetzt ihre Erklärung. Es seien im Folgenden
diese Momente angeführt:
1. Die Krankhheit ist in ihrem Auftreten, wenigstens im Auf¬
treten der akuten Form an die Monate Mai bis Oktober gebunden.
Es ist dies die Zeit, in der die Oestriden fliegen und ihre Eier auf
die Pferde ablegen.
2. Die Krankheit ist in bezug auf ihre Häufigkeit von Jahr zu
Jahr wechselnd. Auch die Oestriden weisen analoge, offenbar von
den Witterungs Verhältnissen abhängige Schwankungen ira Vorkommen
auf (vgl. Maikäferjahre).
3. Immer werden Pferde aus Stallungen, in denen noch kein Fall
von perniziöser Anämie vörgekommen ist, im Anschluß an den
Weidegang von der Krankheit befallen.
4. Fast niemals überträgt sich die Krankheit von einem kranken
Pferde auf das danebenstehende gesunde. Von jeher sprach diese
Beobachtung für eine Uebertragung des Krankheitserregers durch
Zwischenwirte. Der Zwischenwirt selbst ist aber der Krankheitserreger.
Sehr häufig werden von 20—30 Pferden in einer Stallung z. B. nur
zwei Tiere von der Krankheit befallen, die nicht nebeneinander stehen.
5. In manchen Fällen scheint die Krankheit an eine Stallung
gebunden. Eventl. finden sich im gleichen Dorfe sonst keine Krank¬
heitsfälle. Es erklärt sich dies daraus, daß, wenn die Gastruslarven, und
zwar in diesem Falle meistens die besonders toxische Gastrus haemor-
rhoidalis, ira Stallboden zur Verpuppung gelangen, die ausschlüpfenden
Fliegen dann ihre Eier im gleichen Stalle ablegen. Völlige Zemen¬
tierung eines solchen Stalles bringt sehr oft die Krankheit zum
Erlöschen; eine Verpuppung dieser Larven ist dann weniger leicht
möglich.
6. Die Krankheit ist bei Militärpferden, auch in den Garni¬
sonen, die mitten in den verseuchten Gegenden liegen (Dieuze, Mör-
chingen, Metz usw.) noch niemals beobachtet worden. Durch die
bei den Militärpferden vorgenommene sorgfältige und regelmäßige Säu¬
berung des Haarkleides (Striegeln) wird die Möglichkeit einer Infektion
mit Gastruseiern ausgeschaltet. Zu dem kommt, daß die Militärpferde
nicht auf die Weide getrieben werden. Auch in Frankreich ist das
Vorkommen der perniziösen Anämie bei Militärpferden selten und nur
während der Manöver beobachtet worden.
7. Auch in Stallungen von Privaten, wo die Pferde sorgfältig
und regelmäßig gestriegelt werden, tritt die Krankheit nicht auf.
Wesen, Ursaohe and Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 73
Aus der kurzen Aufstellung dieser verschiedenen Punkte möge
hervorgehen, daß alle bisher immer wieder gemachten Beobachtungen
über Art der Verbreitung und des Vorkommens jetzt restlos ihre
Erklärung finden.
Ein großer Widerspruch zu den oben gewonnenen Resultaten
scheint sich zunächst aus der Tatsache zu ergeben, daß Gastrus-
larven bekanntlich auch bei völlig gesunden Pferden angetroffen
werden, ein Einwurf, der ganz besonders berechtigt erscheint, da die
Zahl der Gastruslarven, die man bei gesunden Pferden antrifft, zu¬
weilen über 100 betragen kann. Wir glauben eine Reihe stichhaltiger
Momente anführen zu können, die in dieser Hinsicht zwar keine Er¬
klärung bedeuten, jedoch die Richtung angeben, in der die Erklärung
hierfür zu suchen ist. Es erinnert diese Tatsache an die ganz analoge
Frage: Warum erkrankt nur ein Teil der Menschen, die den Bothrio-
zephalus beherbergen, an der perniziösen Anämie? Von 1000 Bothrio-
zephalusträgem erkranken (speziell in den nordischen Ländern) nur
einige wenige an dieser Krankheit. Die Auffindung dieser Aetiologie
ist relativ spät gelungen, da man seit langem wußte, daß so viel
gesunde Menschen den Bothriozephalus beherbergen. Erst als man
die perniziöse Anämie der betreffenden Bothriozephaluswirte durch Ab¬
treiben der Parasiten prompt zur Heilung bringen konnte, war hier¬
durch die Aetiologie gesichert, dafür aber das Problem entstanden:
Warum erkrankt nur ein Teil der Bothriozephalusträger an der per¬
niziösen Anämie?
Es scheint uns unumgänglich, die wichtigsten der Theorien, die
zur Erklärung dieser merkwürdigen Tatsache aufgestellt worden sind,
in Kürze aufzuführen 1 ), sie zu unseren Erfahrungen mit der perniziösen
Anämie der Pferde in Beziehung zu bringen und event. einen Rück¬
schluß auf die Verhältnisse bei der equinen Anämie zu ziehen.
Eine ältere Theorie, die seit den Forschungen von T. W. Tall-
quist (1907) (17) und E. St. Faust und T. W. Tallquist (18) von
den meisten Autoren verlassen ist, nimmt an, daß durch die Ver¬
mittlung der Parasiten einer Invasion von Bakterien und anderen
Mikroorganismen in das Blut Vorschub geleistet werde (Reyher). Sie
hat für die menschliche perniziöse Anämie nie durch reale Tatsachen
gestützt werden können (Grawitz) und ist auch für die equine per-
1) Im Anschluß an die zusammenfassende Arbeit von Tallquist, Zeitschr.
f. klin. Med. Bd. 61.
74
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
niziöse Anämie deswegen nicht in Betracht zu ziehen, weil aus den
obigen Versuchen eindeutig hervorgeht, daß eine chemisch noch näher
zu definierende, toxisch wirkende Leibessubstanz der Gastruslarven
das wirksame Agens ist. Daneben wird in einem Teile der Fälle
allerdings eine sekundäre Infektion mit den verschiedensten Eiter¬
erregern durch die im Verlauf der Krankheit auftretende Vulnerabilität
der Magen- und Darmschleimhaut begünstigt (vgl. unsere pathologisch¬
anatomische Arbeit, 1. c., Fälle VIII und IX). Auch für die equine
perniziöse Anämie können demnach nur solche Hypothesen in Betracht
kommen, die eine direkte Intoxikation von seiten der betreffenden
Parasiten voraussetzen. Die Intoxikationshypothese ist zuerst
von Schapiro (20) für die Bothriozephalusanämie aufgestellt worden.
Der Wurm erzeugt nach ihm nur unter besonderen Bedingungen einen
toxischen Stoff, der, vom Organismus des Wirtes resorbiert, die Anämie
bewirkt. Er vermutet z. B., daß eine Krankheit des Parasiten
Veranlassung zur Bildung des betreffenden toxischen Stoffes sein
könnte. Letztere Annahme ist ebenfalls, seit es Faust und Tall-
quist (18) gelungen ist, die toxische Substanz als eine chemisch
definierbare Leibessubstanz des Bothriozephalus überhaupt nachzu¬
weisen, fallen gelassen worden, und sie kommt auch aus dem ent¬
sprechenden Grunde, weil sich in allen, auch von gesunden Pferden
stammenden Gastrophiluslarven die toxische Substanz, das Oestrin,
auffinden läßt, ebenfalls nicht für die perniziöse Anämie der Pferde
in Frage.
Dehio (21) nimmt an, daß sich die hämotoxische Substanz erst
infolge des Todes des Parasiten bildet. Und auch Schaumann (22)
schließt sich dieser Auffassung insofern an, als er die Möglichkeit in
Betracht zieht, es könne unter gewissen Umständen eine Darminfektion
auf den Wurm einwirken und ihm toxische Eigenschaften verleihen.
Auch Orlowsky (23), Courmont (24) und Andre und Bard (25)
glauben, daß eine krankhafte Veränderung oder eine Zersetzung des
Wurmes die anämisierende Wirkung haben könnte. Lazarus nimmt
ebenfalls an, daß der Bothriozephalus nur dann die schwere Anämie
hervorrufe, wenn er absterbe, oder wenn er krank sei. Vom Grade
der Zersetzung, von der Menge der resorbierten Verwesungsprodukte
sei dann auch die Schwere der Erkrankung des Wirtes abhängig.
Selbst wenn man noch lebende, wohl erhaltene Parasiten im Darme
vorfände, spräche nichts gegen die Annahme, daß es zur Resorption
abgestorbener und verfaulter Wurmglieder gekommen sei. In der Tat
Weson, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 75
hat man sehr häufig bei der Sektion von Fällen von Bothriozephalus-
anämie des Menschen zerfallene, resp. in ihrer Konsistenz veränderte
Parasiten gefunden.
Vergleichen wir diese Hypothese in bezug auf die equine per¬
niziöse Anämie mit unseren Beobachtungen bei Sektionsfällen von
perniziös-anämischen Pferden, so muß zunächst betont werden, daß
wir niemals in Fäulnis begriffene, abgestorbene Gastrophiluslarven,
auch bei genauer Inspektion des Darmes, gefunden haben. Trotzdem
stünde auch hier analog der Ansicht von Lazarus über den Bothrio-
zephalus „der Annahme nichts im Wege, daß es zur Resorption ab¬
gestorbener“ Gastrophiluslarven gekommen ist; und diese für die
menschliche Bothriozephalusanämie von den meisten Autoren an¬
genommene Hypothese, daß die Resorption von abgestorbenen
Parasiten zur Anämie führt, würde auch für die perniziöse Anämie
der Pferde in erster Linie in Betracht kommen, wenn es nicht in den
obigen Versuchen gelungen wäre, die Anwesenheit der toxischen Sub¬
stanz, des Oestrins, in den physiologischen Exkreten der Gastro¬
philuslarven, und zwar auch solcher, die von gesunden Pferden stammen,
nachzuweisen (vgl. oben S. 64). Die Annahme, daß zur Ent¬
stehung der Anämie eine Resorption abgestorbener Gastrus-
larven stattgefunden haben muß, ist aus diesem Grunde
hinfällig.
Für die Beurteilung der Frage, warum nur ein Teil der Parasiten¬
träger erkrankt, kommen demnach nur solche Hypothesen in Frage,
die ein Absterben, resp. teilweise Fäulnis der Parasiten nicht voraus¬
setzen. So nimmt z. B. Askanazy (26) an, daß der Parasit be¬
ständig häraotoxische Substanzen abgebe und glaubt, daß sich eine
Anämie nur in den Fällen entwickle, in denen die Wurminfektion
alten Datums sei und daher eine Einwirkung schon lange Zeit be¬
standen habe. Auch diese Hypothese ist für die equine perniziöse
Anämie hinfällig. Die Zeit, die die Gastruslarven im Magen der
Pferde verbringen, läßt sich genau bestimmen und beträgt für alle
Pferde ca. 10 Monate. In manchen Fällen finden sich sogar ganz
jugendliche, höchstens 1—2 Monate alte Larvenstadien vor. Die Zeit¬
dauer, die der Parasit im Magen der Pferde verweilt, spielt
also ebenfalls für das Zustandekommen der Erkrankung
keine Rolle.
In Frage käme in dieser Hinsicht allerdings die Möglichkeit, daß
Pferde, speziell in den Gegenden, wo die Gastruslarven so häutig sind,
76
K. R. SEYDEKHELM und R. SEYDERHELM,
wie z. B. in Lothringen, mehrere Jahre hindurch immer wieder
von neuem von Gastruslarven befallen werden, und auf diese Weise
mit der Zeit ein Maximum der Giftwirkung eintreten könnte. Daß
Pferde in der Tat eine oftmalige Invasion von Gastruslarven durch¬
machen, das lehrt die Untersuchung der Schleimhäute der zahlreichen
von uns bei den Sektionen perniziös-anämischer Pferde daraufhin
untersuchten Mägen, die neben den frischen „Narben“ alte und ältere
von früheren Jahren her deutlich erkennen lassen. Es ist dies Moment
vielleicht unter anderem von Bedeutung für die Pathogenese dieser
Krankheit.
Andere Forscher haben zur Erklärung noch andere Faktoren
herangezogen, so z. B. Litten (27) und v. Noorden (28) klima-
tologische Einflüsse, v. Noorden weist vor allem daraufhin, daß die
Anämie in manchen Gegenden nicht vorzukoramen scheine, wo der
Bothriozephalus gleichwohl gewöhnlich sei, wie z. B. in Japan. Und
Tallquist (17) bemerkt zu diesem Punkte, daß man, falls diese geo¬
graphische Differenz bei der Krankheit wirklich bestehe, solchen un¬
bekannten Momenten eventuell die Ursache zum Tode oder zur
Degeneration der Parasiten zuschreiben könne. Sehen wir von
letzterem aus den oben genannten Gründen ab, so muß darauf hin¬
gewiesen werden, daß bei der perniziösen Anämie analoge geo¬
graphische Differenzen zum mindesten nicht nachgewiesen sind, wenn¬
gleich es den Anschein hat, als ob die perniziöse Anämie der Pferde
in manchen Gegenden nicht vorzukommen scheint, wo die Gastro-
philuslarven gewöhnlich sind. Ueber die geographische Verbreitung
der Gastruslarven, speziell in bezug auf die Frequenz ihres Vor¬
kommens, liegen allerdings keine genaueren Angaben vor. Die Gastro-
philuslarven finden sich in ganz Deutschland. Vergleicht man aber
ihre Häufigkeit in Lothringen mit der im Elsaß, so ergibt sich
schätzungsweise ein Verhalten von 20 zu 1. Diese Zahlen stützen
sich auf eine Statistik, die wir an den zur Schlachtung kommenden
Pferden aufgestellt haben, und die einer Erweiterung auch auf andere
Gegenden Deutschlands bedarf. Die enorme Verbreitung der Gastrus¬
larven gerade in Lothringen erklärt sich außer aus klimatologischen
Gründen durch den Umstand, daß in Lothringen eine ausgedehnte Pferde¬
zucht getrieben wird und die Pferde die meiste Zeit auf der Weide ver¬
bringen, die Larven also hier optimale Bedingungen zur Fortentwicklung
finden. Auch in den von der perniziösen Anämie der Pferde heim-
gesuchten Departements Frankreichs sind die Gastrophiluslarven eben-
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 77
falls überaus häufig. Ueber die Häufigkeit ihres Vorkommens in den
Hauptzuchtgebieten Norddeutschlands fehlen uns nähere Angaben. Zur
Beurteilung der obigen Frage sind auf jeden Fall noch genauere
statistische Erhebungen anzustellen. So weit unsere eigenen Er¬
fahrungen reichen (Lothringen, Elsaß, Baden), gehen freilich Vor¬
kommen der perniziösen Anämie der Pferde und Häufigkeit der Gastro-
philuslarven Hand in Hand. Eine nähere Statistik, die noch im
Entstehen begriffen ist, wird hierüber genaue Auskunft geben. Auch
im Elsaß, wo, wie gesagt, Gastruslarven viel seltener sind, trifft man
hier und da Fälle von perniziöser Anämie. Wir hatten Gelegenheit,
solche Fälle auf dem hiesigen Schlachthofe zu sehen, und die Fest¬
stellung zu machen, daß die Diagnose „perniziöse Anämie“ zu Leb¬
zeiten der Tiere in keinem der Fälle gestellt worden war.
Da mangels näherer Statistiken über die Häufigkeit der Gastrus¬
larven auch ein etwaiger klimatologischer Faktor zur Erklärung
der Frage, warum nur ein Teil der Parasitenträger erkrankt, eben¬
falls nicht herangezogen werden kann, bleibt nur noch die letzte
Theorie, die bezüglich des Bothriozephalus aufgestellt worden ist, mit
den Verhältnissen bei der equinen perniziösen Anämie zu vergleichen:
Verschiedene Autoren [Bloch (29), Schaumann (22)] haben nämlich
in der jeweiligen Konstitution des betreffenden Wurm befallenen den
Grund dafür gesehen, warum nur ein Teil erkrankt. Positive Beweise
haben sie für diese Anschauung nicht bringen können. Und dement¬
sprechend hat dieselbe auch nur wenig Anhänger finden können.
Tallquist (17) meint z. B., daß es recht fraglich sei, bis zu welchem
Grade die vielen allgemeinen Einflüsse, die man gewöhnlich als die
Widerstandskraft des Organismus herabsetzende anzuführen pflege, für
die Erklärung irgend einer abnormen Blutveränderung ins Feld geführt
werden können.
Wir sind auf Grund unserer sehr zahlreichen Injektionen von
Gastruslarven-Extrakten der verschiedensten Art zu der Ueberzeugung
gelangt, daß eine individuelle Verschiedenheit bezüglich der
Reaktionsfähigkeit gegenüber Gastrusextrakten in der Tat besteht, und
zuweilen ganz besonders ausgesprochen erschienen ist. Speziell unter
unsern 11 Immunisierungs-Vcrsuchspfcrden befanden sich einzelne, die
sich wenigstens bis zu einem gewissen Grade überaus refraktär gegen¬
über der in den Gastruslarven enthaltenen toxischen Substanz ver¬
hielten. Und es konnte dieser Unterschied mit Extrakten, die jeweilig
zur Hälfte zwei verschiedenen Pferden gleichzeitig injiziert wurden,
78
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
als sehr auffällig befunden werden. Wir glauben daher auf Grund
unserer experimentellen Beobachtungen in der verschiedenen
Konstitution einen der Gründe dafür sehen zu müssen,
warum nur ein Teil der Pferde an der perniziösen Anämie
erkrankt. Wir sehen uns hier genau analogen Verhältnissen gegen¬
über, wie sie von manchen pathogenen Mikroorganismen her be¬
kannt sind. Wie auch hier die Anwesenheit der betreffenden Krank¬
heitserreger allein nicht zur Entstehung einer Infektion genügt, hat
in übersichtlicherWeise Paul Th. Müller (30) in der Einleitung zu
seinen „Vorlesungen über Infektion und Immunität“ mit folgenden
kurzen Beispielen zusammenfassend dargetan:
„Auf der Haut der meisten Menschen, in der Gegend der Lippen
und an den Nasenflügeln, die ja so häufig der Ausgangspunkt von
Erysipelen sind, an den Fingern, unter den Nägeln finden sich regel¬
mäßig die als Eitererreger bekannten Staphylokokken, manchmal
sogar auch Streptokokken. Auf der vollkommen normalen Konjunk-
tiva hat man in etwa 4 pCt. der untersuchten Fälle den Pneumo¬
kokkus angetroffen. In der Nasenhöhle fand man Staphylokokken,
Streptokokken und Pneumokokken, bei Krankenwärtern, die viel mit
Phthisikern zu tun hatten, sogar gelegentlich Tuberkelbazillen. In der
Mundhöhle hat man neben einer Fülle der verschiedensten, teils
pathogenen, teils unschädlichen Mikroorganismen, echte vollvirulentc
Diphtheriebazillen nachweisen können, und zwar bemerkenswerterweise
viel häufiger (nämlich in 8 pCt. der Fälle) bei Personen, die in der
Umgebung von Diphtheriekranken lebten, als bei solchen, die keine
Gelegenheit hatten, mit derartigen Kranken zu verkehren (etwa 2 1 / 2 pCt.).
Ja, Osterrnann und andere Forscher haben sogar in überraschend
zahlreichen Fällen im Nasenrachenraum von vollkommen gesunden
Individuen, die in der Umgebung von Genickstarrekranken lebten,
'Meningokokken nachweisen können, derart, daß etwa 2—4 „Bazillen¬
träger“ auf einen Kranken kamen; nach anderen Beobachtern ist dieses
Verhältnis sogar unter Umständen noch krasser, indem 20 mal, ja
selbst 40 mal soviel Bazillenträger ermittelt wurden als Genickstarre-
kranke. Besonders reichlich ist aber die Ausbeute an pathogenen
Mikroorganismen, wenn man die Bakterienflora des Darmkanals
daraufhin einer Untersuchung unterzieht. Abgesehen von dem vulgären
Bacterium coli, das ja unter Umständen auch pathogene Wirkungen
entfalten kann, und von den gewöhnlichen Eitererregern, Staphylo¬
kokken und Streptokokken, die man gelegentlich im Darminhalt an-
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde.
79
trifft, finden sich besonders bei Pflanzenfressern fast regelmäßig die
Erreger des Tetanus und malignen Oedems in den Fäzes vor, ohne
daß diese so empfänglichen Tiere, die einer subkutanen Infektion mit
den genannten Mikroorganismen unfehlbar erliegen würden, irgend¬
welche Krankheitserscheinungen aufweisen. Ferner hat man zur Zeit
von Choleraepidemien die Erfahrung gemacht, daß auch Individuen,
die gänzlich verschont geblieben waren und nicht die geringsten Ver¬
dauungsstörungen erlitten hatten, ohne Schaden virulente Vibrionen in
ihrem Darmkanale beherbergen können, und ähnliche Beispiele ließen
sich noch in Hülle und Fülle beibringen. Das Gesagte genügt jedoch
vollkommen, um uns davon zu überzeugen, daß neben der gewiß
unumgänglich notwendigen Anwesenheit von pathogenen
Keimen noch andere Bedingungen erfüllt sein müssen, damit
eine Infektionskrankheit zum Ausbruch kommt.“ P. Th. Müller
kommt dann weiter zu dem Schluß: „daß der einseitige Standpunkt,
welcher das Hauptgewicht auf die Mikroorganismen legt
und die Eigenschaften des infizierten Tierkörpers in den
Hintergrund drängt, eine der so häufigen unerlaubten Verein¬
fachungen wissenschaftlicher Probleme darstellt.“
Berücksichtigt man nun, daß von zahllosen Pferden, welche
Gastrophiluslarven beherbergen, nur ein minimaler Bruchteil an der
perniziösen Anämie erkrankt, zieht man ferner in Erwägung, daß nach¬
weislich auch die normale Gastrophiluslarve diejenigen toxischen Stoffe,
die das Zustandekommen der perniziösen Anämie bewirken, für ge¬
wöhnlich in ihren Exkreten ausscheidet (für den Bothriozophalus wurde
ein Absterben vorausgesetzt), so ergibt sich hieraus eine direkte Ana¬
logie mit den eben angeführten Beispielen von dem Verhalten patho¬
gener Bakterien. Und in der gleichen Weise wie für die bakterielle
Infektion gilt der folgende Satz P. Th. Müllers auch für die Rolle
vielzelliger Parasiten als Krankheitserreger: „Wenn man die mathe¬
matische Einkleidung biologischer Probleme liebt, so kann man sagen,
daß die Infektion nach Art und Intensität als Funktion dreier
Variablen anzusehen ist, deren eine unabhängig, durch die
äußeren Bedingungen dargestellt ist, während die beiden
anderen, die durch die pathogenen Eigenschaften der Mikro¬
organismen und durch die reaktiven Fähigkeiten des betreffenden
Tierlebens repräsentiert werden, gleichzeitig von der ersten
Variablen abhängen und mit dieser sich in ihrem Werte
ändern“.
80 K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
Daß die eine der drei Variablen, die Konstitution des betreffenden
Organismus in der Tat für das Zustandekommen der perniziösen
Anämie der Pferde von Bedeutung ist, dafür haben wir eine Reihe
von Beobachtungen anstellen können: Sehr häufig erkranken mit Vor¬
liebe Pferde in schlechtem Ernährungszustände, vor allem solche, die
wenig oder gar keinen Hafer bekommen. Solche Tiere erkranken
meist besonders schwer. Ferner haben wir sehr häufig die Krankheit
bei Pferden auftreten sehen, die trächtig waren oder vor kurzem ge¬
fohlt hatten. Im ersteren Falle wurde meist abortiert. Es waren
diese Fälle relativ so häufig, daß die Annahme, durch diese voraus¬
gegangene Schwächung sei die Entstehung der Krankheit begünstigt
worden, wohl möglich erscheint. Daß auch bei Parasitenträgern der
Konstitution eine große Bedeutung für das Zustandekommen einer Er¬
krankung zukommt, hat vor allem Schaumann (22) hervorgehoben.
Die gleichen Ueberlegungen kommen für die Entstehung der per¬
niziösen Anämie der Pferde in Betracht.
Auf der anderen Seite hat aber entschieden auch das Verhalten
der zweiten Variablen, die Virulenz der betreffenden Parasiten,
einen Einfluß auf das Zustandekommen einer Erkrankung. Auch viel¬
zellige Parasiten können offenbar ganz analog wie Bakterien Schwan¬
kungen in ihrer Virulenz aufweisen. Eine derartige Annahme hat man
für den Bothriozephalus, seitdem die Voraussetzung eines, wenn auch
nur partiellen Verfalls des Wurms nötig erschien, nicht sonderlich in
Frage gezogen, weil es hierfür an eigentlichen experimentellen Be¬
weisen fehlte. Es sei hier aber erwähnt, daß schon Schaumann
und Tallquist (31) auf die Möglichkeit hingedeutet haben: Sie be¬
merken, „daß es von besonderer Bedeutung sein wird, zu erforschen,
ob die Virulenz der Würmer eine sehr variierende ist, und nament¬
lich, ob Parasiten^, die von Individuen mit Bothriozephalusanämic
stammen, giftiger sind als andere Exemplare. In der Tat hat es sich
bei fortgesetzten Reagenzglasversuchen gezeigt, daß der Wurmauszug
nicht immer eine ausgesprochene Auflösung der Hundeblutkörperchen
erzeugt“.
In unseren obigen Versuchen haben wir feststellen können, daß
bei den Gastruslarven ganz ähnliche Verhältnisse vorliegen, daß sich
eine sehr beträchtliche Differenz in der Virulenz der einzelnen Exemplare
nachweisen läßt. Und zwar zeigt sich dieser Unterschied in der Wirk¬
samkeit erstens innerhalb der gleichen Unterart von Gastrophiluslarven,
dann aber ganz besonders von Unterart zu Unterart. Es ist außer
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 81
Zweifel, daß Larven, die von anämiekranken Pferden stammen, sich
bedeutend toxischer erwiesen als die von gesunden im Durchschnitt.
Es seien aus der Reihe unserer zahlreichen diesbezüglichen Versuche
mehrere Beispiele herausgegriffen, die dies erläutern mögen, zunächst
bezüglich der verschiedenen Giftigkeit innerhalb der gleichen Gastro-
philuslarvenart:
Versuchspferd Nr. 9 erhält am 16. 11. 1911 intravenös den Extrakt von
2 Gastrophilus equi, von gesunden Pferden stammend.
Reaktion: Puls von 36 auf 52. Temp. von 38,1 auf 40,2. Am 23. 11.
intravenös den Extrakt von 2 Gastrophilus equi, vom gleichen Pferde wie
oben stammend.
Reaktion: Geringe Pulssteigerung (auf 40), Temp. von 37,5 auf 38,3.
Versuchspferd Nr. ig erhält am 8. 4. 1912 subkutan den Extrakt von
l / 2 Gastrophilus equi, von gesundem Pferde stammend.
Reaktion: Leichte Pulssteigerung. Temp. von 38,1 auf 38,3, sonst keine
Wirkung. Darauf am 15. 4. abermals subkutan l / 2 Gastrophilus equi.
Reaktion: Temp. steigt noch am gleichen Tage von 37,2 auf 39,5, unter
gleichzeitiger Pulsbeschleunigung auf 60. Am nächsten Tage (16. 4.) steigt
Temp. weiter bis auf 41, am 17. 4. und 18. 4. schwankt Temp. zwischen 40,9
und 39,7. Am 19. 4. bricht das Tier zusammen, die hinteren Extremitäten sind
gelähmt.
Am nächsten Morgen Exitus.
Diese beiden Doppelversuche, herausgegriffen aus einer großen
Anzahl ähnlicher Beispiele, charakterisieren deutlich, wie verschieden
die Wirkung von einzelnen Exemplaren derselben Unterart, an ein und
demselben Versuchspferde ausprobiert, sein kann. Besonders typisch
ist der zweite Versuch, wo von Versuchspferd Nr. 19 eine halbe
Gastrus equi (subkutan) fast völlig reaktionslos vertragen wurde, wäh¬
rend 8 Tage später die gleiche Injektion (subkutan) das Tier tötete.
Analoge Versuche wurden dann auch, wie schon oben angedeutet,
mit den verschiedenen Unterarten der Gastrophiluslarven an-
gestcllt, von denen hier nur die beiden folgenden kurz einander gegen¬
übergestellt sein mögen:
Bei dem an perniziöser Anämie erkrankten Versuchspferd Nr. 28 wurden
Exemplare von Gastrophilus equi, daneben solche von Gastrophilus haemorrhoi-
dalis im Magen gefunden: Die Wirkung dieser beiden verschiedenen Arten, in
diesem Falle also von dem gleichen, kranken Pferde stammend, wurde an Ver¬
suchspferd Nr. 17 ausprobiert:
Versuchspferd Nr. 17 erhält am 4. 12. 1912 intravenös den Extrakt von
Gastrus equi (von Pferd Nr. 28).
Reaktion: Puls von 44 auf 60, Temp. von 38,1 auf 39,2, Gewicht von 445
auf 430 kg. Wirkung nur vorübergehend.
Archiv f. wissensch. u. prakt. Tierheilk. Bd. 41. II. 1 u. 2.
0
82
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
Am 16. 12. intravenös den Extrakt von 1 Gastrus baemorrhoidalis
von Pferd Nr. 28.
Reaktion: Puls steigt auf 60, Temp. von 38,5 auf 39,1. Die Wirkung ist
anhaltend, in den folgenden Tagen starke Fieberungen unter Abnahme von Hämo¬
globin und Erythrozytenzahl. Die Eosinophilen am 2. 1. 1913 gleioh Null.
Am 19. 1. Exitus.
Weitere Beispiele für die enorme Toxicität der Art Gastrus
haemorrhoidalis im Vergleich zu Gastrus equi finden sich in der oben
genannten ausführlicheren Publikation. Schon oben haben wir darauf
hingewiesen, daß diese enorme Giftigkeit von Gastrus haemorrhoidalis
für die Pathogenese der Krankheit von besonderer Bedeutung ist. In
dieser Annahme wurden wir besonders dadurch gestärkt, daß wir bei fast
allen Sektionen, allerdings nicht bei allen, neben sehr zahlreichen Exem¬
plaren von Gastrus equi solche von Gastrus haemorrhoidalis vorfanden.
Und diese Tatsache erhält dadurch besonderen Wert, daß sich unter
ca. 5000 Larven, die wir im Laufe der Jahre 1912 —13 aus den
übrigen Teilen Deutschlands (Königreich und Provinz Sachsen, West¬
falen, Rheinprovinz, Baden und Elsaß) kommen ließen, nur ganz
vereinzelte Exemplare von Gastrus haemorrhoidalis fanden.
Aus alledem erhellt, daß in der Tat für die Entscheidung der
Frage, warum nur ein Teil der Gastruslarven beherbergenden Pferde
erkrankt, nicht die Disposition der betreffenden Pferde, sondern
auch der Grad der Giftigkeit der einzelnen Gastruslarven — sowohl
Individuen als Unterarten — als wichtige Variable anzusehen ist. Es
sind dies, wie sich experimentell zeigen ließ, zwei Faktoren, die je nach
ihrer gegenseitigen Kombination das Erkranken des einen, das Nicht-
erkranken des anderen Pferdes bis zu einem gewissen Grade erklären.
Berücksichtigt man dann im obigen Sinne noch das Vorhandensein
einer dritten unbekannten Variablen, die durch die äußeren Bedin¬
gungen dargestellt wird, so ist cs sehr wahrscheinlich, daß sich für
die vielzelligen Parasiten die Frage, ob Erkrankung oder nicht, auf
die gleichen Verhältnisse wie bei den pathogenen Bakterien, ob Infek¬
tionen oder nicht, zurückführen läßt. Aufgabe wird sein, in weiteren
Versuchen diese Analogie zwischen den vielzelligen Parasiten und den
pathogenen Mikroorganismen in bezug auf diese Frage zu einer voll¬
ständigen zu machen.
Wenn nach alledem die Frage, warum nur ein Teil der Pferde,
die Gastruslarven aufweisen, an der perniziösen Anämie erkrankt,
trotz der mannigfachen, oben geltend gemachten Momente noch nicht
als völlig aufgeklärt betrachtet werden kann, so ist sie wenigstens
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 83
einem allgemeinen, wenn auch gleichfalls nicht restlos gelösten Pro¬
blem zu unterstellen, und die mannigfachen Analogien, die sich ergeben
haben, lassen ungefähr die Richtung erkennen, in der die Beantwor¬
tung der Frage zu suchen ist.
Größere Schwierigkeit bietet die Erklärung der Tatsache, daß,
wie sich aus unseren obigen Versuchen ergeben hat, die künstlich,
mittelst Gastruslarven-Extrakten beim Pferd erzeugte Anämie durch
Blut auf gesunde Pferde übertragbar ist. Diese Uebertragbarkeit,
die ursprünglich frühere Autoren bezüglich der Aetiologie zur Annahme
eines ultravisiblen Infektionserregers geführt hat, ist zunächst ganz
unerklärlich und steht ohne Analogie da. Schon oben wurden die
Gründe auseinandergesetzt, die eine Mitbeteiligung von Mikroorganismen
in den Extrakten ausgeschlossen erscheinen lassen. Da sich eine
bessere Beurteilung der Verhältnisse erst auf Grund einer genaueren
chemischen und pharmakologischen Kenntnis des Oestrins ergeben wird
und die Arbeit des einen von uns hierüber demnächst erscheinen wird,
möge an dieser Stelle auf diesen Punkt noch nicht näher eingegangen
werden. Nur so viel sei angedeutet, daß eine rein chemische Natur
des „ultravisiblen Virus“ im Fall der perniziösen Anämie der Pferde
a priori nicht undenkbar wäre. Es wäre möglich, daß unter der
dauernden Einwirkung des Oestrins und im Verlauf des hierbei resul¬
tierenden Krankheitszustandes ein abnormes Stoffwechselprodukt von
seiten des Pferdeorganismus gebildet würde — über seine Natur sei
gar nichts präjudiziert (z. B. Ferment, Hämolysin usw.) —, das, auf
ein gesundes Pferd übertragen, bei diesem die gleiche Störung der
betreffenden Stoffwechselvorgänge bewirkte, wobei es wiederum zur
Bildung des gleichen abnormen Stoffwechselproduktes, des „Virus“
käme. Es ließe sich auf diese Weise auch ohne Annahme eines lebenden,
sich fortpflanzenden pathogenen Mikroorganismus eine serienweise
Uebertragung der Krankheit denken. Wir sind uns bewußt, hierfür
zunächst ebensowenig Beweise anführen zu können, als wie sie für
die Annahme des ultravisiblen Virus als eines Lebewesens vorgebracht
werden können. Der einzige „Beweis“, der für die Lebensnatur des
ultravisiblen Virus spricht, ist eben nur die serienweise Uebertrag¬
barkeit. Daß diese, wenn auch zunächst weniger leicht vorstellbar,
ebenso auf rein chemischem Wege denkbar ist, wurde oben aus¬
einandergesetzt. Es wird diese Frage, obwohl sie uns prinzipiell
die wichtigste aller hier aufgeworfenen Fragen zu sein scheint, erst
in einer späteren Publikation des näheren behandelt werden.
84
K. R. SEYDERHELM nnd R. SEYDERHELM,
D. Therapeutische Versuche.
I. Heilung durch Entfernung der Gastruslarven?
Nachdem festgestellt war, daß die perniziöse Anämie der Pferde
durch ein Toxin der Gastruslarven, das Oestrin, hervorgerufen wird,
war in bezug auf die Therapie zunächst die B’rage zu stellen: Läßt
sich durch Abtreiben der Gastruslarven die Krankheit zur Heilung
bringen?
Es war dies von vornherein nicht zu erwarten auf Grund
der folgenden Ueberlegung: es gelingt, wie oben gezeigt worden ist,
durch eine bzw. mehrere Injektionen von Gastruslarven-Extrakt das
Krankheitsbild der perniziösen Anämie künstlich zu erzeugen, und
zwar eine in sich abgeschlossene Krankheit, die unweigerlich zum
Tode führt. Es wird demnach durch die Injektionen, eventuell genügt
eine einzige, eine fortlaufende Reihe von krankhaften Stoffwechselver¬
änderungen ausgelöst, die durch nichts mehr aufgehalten werden kann
und den Tod des Tieres herbeiführt. Daraus folgt: Es existiert eine
Dosis des in den Gastruslarven enthaltenen Toxins, des Oestrins, die,
einmal in den Organismus des Pferdes eingedrungen, denselben unter
dem Verlauf einer fieberhaften Anämie tödlich erkranken läßt.
Hieraus folgt eindeutig, daß das an perniziöser Anämie erkrankte
Pferd, das in seinem Magen Gastruslarven enthält, durch Abtreiben
der letzteren nur dann geheilt werden kann, wenn die bereits resor¬
bierte, in den Organismus eingedrungene Toxinmenge dieses Maß, das
den tödlichen Verlauf in sich birgt, nicht überschritten hat. Ein
solcher Fall wäre in Parallele zu setzen mit den oben angeführten
Versuchspferden, wo Gastruslarven-Extrakte eine zwar typische, aber
vorübergehende Wirkung gezeitigt haben. Es läßt sich also theoretisch
erwarten, daß es leichte Fälle von perniziöser Anämie der Pferde
geben muß, wo die Krankheit durch eine erfolgreiche Abtreibekur
zum Stillstand gebracht wird. Andererseits ist zu erwarten, daß
die Tiere, bei denen sich die Krankheit in einem weiteren Stadium
befindet, eventuell von Anfang an progredient aufgetreten ist, durch
die Abtreibekur nicht gerettet werden können.
Diese rein theoretisch sich aus den obigen Aetiologieversuchen
ergebenden Erwartungen haben sich bestätigen lassen: Es gelingt bei
Pferden, die leichten Grades an perniziöser Anämie erkrankt sind,
durch Entfernung der Gastruslarven die Krankheit zum Stillstand zu
bringen. Andererseits ist die gleiche Abtreibekur in der weitaus
Wesen, Ursaohe und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 85
größeren Anzahl von weiter vorgeschrittenen Fällen vergeblich. Die
Krankheit geht ihren bereits eingeschlagenen Weg zum Tode unauf¬
haltsam weiter. Als Beleg hierfür führen wir 2 leichte Fälle an, die
durch Abtreiben der Gastruslarven geheilt wurden, und 4 schwere
Fälle, in denen die Abtreibekur vergeblich war. Um diese Versuche
einwandfrei durchführen zu können, wurden die betreffenden Pferde
— sie stammen .durchweg aus Lothringen — angekauft.
a) Durch Abtreiben geheilte leichte Fälle.
1 . Versuchspferd Nr. 22, 3jähr. brauner Hengst.
Vorgeschichte: Das Pferd ist nach Angaben des Besitzers vor 2 Wochen
erkrankt. Es hat mehrere Fieberattacken gehabt. Ein weiteres Pferd im gleichen
Stall, ebenfalls an perniziöser Anämie erkrankt, ist bereits verendet. Bei der Auf¬
nahme am 5. 7. 1912: Pferd in gutem Ernährungszustand. Allgemeine Mattigkeit.
Konjunktiven der Augen injiziert. Gewicht 535 kg, Temp. 38,5, Puls 48, Resp. 12.
Urin frei von Albumen, deutlich schwach sauer.
Polymorphkernige.44,5 pCt.
Lymphozyten.52,5 „
Eosinophile.3,0 „
Mastzellen.0,0 „
Uebergangsformen.0,0 „
Am 7.7. gehen infolge eines Abtreibemittels 1 ) zahlreiche Gastruslarven ab.
Am 9. 7.: Puls zum ersten Male 36 pro Minute. Hämoglobin 60, Erythro¬
zyten 7100000, Leukozyten 11100.
Polymorphkernige.
. 60,8 pCt.
Lymphozyten.
• 31,5 „
Urin noch schwach sauer.
Eosinophile.
• * i { n
Mastzellen.
. 0,0 „
Uebergangsformen.
. 0,0 „
Ab 10.7.: Urin wieder alkalisoh. Keine neue Temperatursteigerung. Das
Pferd wurde wieder aufs Land gegeben und ist bis zum heutigen Tage (April 1914)
gesund geblieben.
Es handelt sich hier also um einen ganz initialen Fall, in dem
es zur Ausbildung einer Anämie noch nicht gekommen war, und wo
die Beseitigung der Gastruslarven die Genesung des Tieres zur Folge
hatte. Ein ähnlicher Fall ist der nächste, bei dem die Krankheit
etwas weiter vorgeschritten war, wo trotzdem die Beseitigung der
Gastruslarven schließlich die Krankheit aufzuhalten imstande war.
1) Ueber die Abtreibekur siehe S. 95 Anmerkung.
86
K. R. SEYDERHELfii und R. SEYDERHELM,
2 . Versuchspferd Nr. 25 , 3 1 / 2 jähr. Muskat-Schimmelhengst.
Vorgeschichte: Das Tier ist vor 8 Tagen unter allgemeiner Schwäche und
Appetitlosigkeit erkrankt. Es zeigte vorübergehend Temp. bis 40,9, Puls 80,
Resp. 26.
Bei der Aufnahme am 19. 7. 1912: Mäßig gut ernährtes Pferd, Konjunktiven
der Augen stark gerötet. Körpergewicht 440 kg, Temp. 38,4, Puls 48, Resp. 14.
Urin alkalisch, kein Eiweiß.
Hämoglobin 40, Erythrozyten 4275000, Leukozyten 10200.
Polymorphkernige.26,7 pCt.
Lymphozyten.67,2 „
Eosinophile.5,1 „
Mastzellen.1,0 „
Uebergangsformen.0,0 „
Das Tier wurde einer Abtreibekur unterzogen, infolge deren zahlreiche
Gastruslarven abgingen.
Das Pferd wurde in der Folgezeit gut ernährt, es erhielt pro Tag 12 Liter
Hafer. Neue Fieberattacken traten nicht auf. Das Tier nahm bedeutend an Körper¬
gewicht zu. Der Puls betrug sehr bald 40 und bei der Entlassung 36 pro Minute.
Status bei der Entlassung am 4. 11.: Körpergewichtszunahme von 440
auf 520 kg. Temp. 37,7, Puls 36, Resp. 12.
Hämoglobin 45, Erythrozyten 6118000, Leukozyten 9500.
Polymorphkernige.53,5 pCt.
Lymphozyten. 41,5 „
Eosinophile.4,0 „
Mastzellen.1,0 „
Uebergangsformen.0,0 „
Das Tier wurde aufs Land verkauft und ist bis heute (April 1914) gesund
geblieben.
Diese beiden Fälle, denen die Leichtigkeit der Erkrankung, das
initiale Stadium gemeinsam ist, sind die einzigen von 6, bei denen
die Heilung durch eine Abtreibekur gelungen ist. Die anderen 4 Fälle
waren sämtlich weiter vorgeschritten.
b) Durch Abtreiben nicht zu heilende Fälle.
1 . Versuchspferd Nr. 23 J ), 18 Monate alter brauner Hengst. Das Tier
ist nach Angabe des Besitzers erst seit 4 Tagen krank.
Bei der Aufnahme am 2. 7. 1912: Guter Ernährungszustand, Oedeme an
Bauch und Brust. Blutflecken auf der Nasenschleimhaut. Bindehäute der Augen
injiziert. Starke Polyurie. Urin sauer, Albumen 0, Temp. 40,4, Puls 84, Resp. 16.
Am 4. 7.: Temp. 40,9—41,1. Hämoglobin 56, Erythrozyten 7720000, Leuko¬
zyten 24532.
1) Dieser Fall ist in der pathologisch-anatomischen Arbeit als Fall 10 be¬
schrieben, s. S. 1 1. c.
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde.
87
Polymorphkernige.53,0 pCt.
Lymphozyten.46,0 „
Eosinophile.0,0 „
Mastzellen.0,0 „
Uebergangsformen.1,0 „
Am 5. 7. Temp. 41,1—40,9. Abtreibekur.
Am 6. 7. Temp. 40,0—40,9, Hämoglobin 58, Leukozyten 12400. Es gehen
Gastruslarven ab.
Am 7. 7. Puls zeitweise 120 pro Minute.
Temp. 41,7, Puls 120, Resp. 26. Hämoglobin 62, Erythrozyten 7460000,
Leukozyten 9650.
Polymorphkernige.65,0 pCt.
Lymphozyten.35.0 „
Eosinophile.0,0 „
Mastzellen.0,0 „
Uebergangsformen.0,0 „
Am 11. 7. 3 Uhr Exitus unter den Zeichen von Herzschwäche.
Die Sektion 1 ) ergab den üblichen Befund: Milztumor, Leberschwellung,
starke Parenchymdegeneration, vor allem in Leber und Nieren. Myokarditis, Endo¬
karditis. Keine myeloide Umwandlung in Milz und Leber, wohl aus dem Grunde
nicht, weil eine Anämie nicht zur Ausbildung gelangt war.
2 . Versuchspferd Nr. 24, 11 jährige Fuchsstute.
Vorbericht: Tier ist angeblich seit l x / 2 Jahr krank, es war tragend, hat
im Verlauf der Krankheit abortiert. Seit x / 4 Jahr starke Oedeme am Bauch, dabei
Polyurie.
Bei der Aufnahme am 9.7.1912: Tier in mäßigem Ernährungszustände. Sehr
starke Oedeme an Brust und Bauch. Bindehäute der Augen weiß. Körpergewicht
474 kg. Temp. 38,9. Puls 52. Resp. 15. Urin alkalisch, Albumen stark positiv,
Kochprobe gibt starken flockigen Niederschlag, Zylinder, Leukozyten -|—|-.
Am 9. 7. Hämoglobin 36, Erythrozyten 4610000, Leukozyten 14600.
Polymorphkernige.52,5 pCt.
Lymphozyten.41,0 „
Eosinophile.5,5 „
Mastzellen.1,0 „
Uebergangsformen.0,0 „
Am 15. 7. Gewicht 461 kg. Temp. 38,2-38,4. Puls 60.
Am 16. 7. Abtreibekur, in deren Folge am 18. 7. Gastruslarven abgingen.
Am 19. 8. Tier auf der Hinterhand sehr schwach, fällt schließlich um. Im
Hängeapparat aufrecht gehalten.
Am 29. 8. Tier als unheilbar getötet.
Die Sektion ergab den typischen Befund: Milz- und Leberschwellung. Mye¬
loide Umwandlung in Milz und Leber. Starke Nierenparenchym-Degeneration. Peri¬
karditis, Myokarditis und Endokarditis.
1 ) Siehe genauen Bericht in der pathologisch-anatomischen Arbeit: S. 1.1. c.
88
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
3 . Versuchspferd Nr. 26 , 5 Jahre alte braune Stute.
Vorbericht: Tier ist angeblich seit 3 Wochen krank. Es hat oftmalige
Fieberattacken bis 40,2.
Bei der Aufnahme am 19. 7. 1912: Tier in schlechtem Ernährungszustände,
sehr abgemagert. Oedeme am Bauch. Bindehäute der Augen schmutzig rot ver¬
waschen. Körpergewicht 316 kg. Temp. 38,3. Puls 72. Resp. 12. Urin schwach
sauer, Albumen, vereinzelte Zylinder.
Hämoglobin 41. Leukozyten 7500.
Das Tier wurde zunächst einige Wochen kräftig ernährt, um es für die Ab¬
treibekur vorzubereiten. Das Tier zeigte in dieser Zeit wiederholte Fiebertempe¬
raturen zwischen 39 und 40. Das Hämoglobin war am 4. 8 . = 39. Das Körper¬
gewicht nahm ab, betrug am 7. 8 . 300 kg.
Am 14. 8 . Abtreibekur. In den folgenden Tagen wurde der Abgang von
Gastruslarven beobachtet.
Am 12. 8 . Tier liegt morgens auf dem Boden, unfähig aufzustehen, Lähmung
der hinteren Extremitäten. Das Tier wird am selben Tage als unheilbar getötet.
Die Sektion ergab den charakteristischen Befund: Milztumor, Leberschwel¬
lung. Myeloide Umwandlung in Milz und Leber. Schwere Nierenschädigung.
Endokarditis.
4 . Versuchspferd Nr. 27 ! ), 9jähriger brauner Wallach.
Vorgeschichte: Das Tier ist seit Ende Mai 1912 hochgradig an akuter
Anämie erkrankt, hat öfters Temperaturen bis 41, Puls 72 gezeigt. 14 Tage nach
Beginn der Krankheit nahm dieselbe einen chronischen Verlauf an.
Bei der Aufnahme: Tier in mäßig gutem Ernährungszustände. Oedeme an
Bauch und Gliedmaßen. Bindehäute der Augen und Maulschleimhaut gelblich weiß.
Am 9. 8 .: Temp. 39,5. Puls 72. Resp. 16. Hämoglobin 30.
Polymorphkernige.67,5 pCt.
Lymphozyten. 28,0 „
Eosinophile.4,5 „
Mastzellen. 0,0 „
Uebergangsformen. 0,0 „
Inden folgenden Tagen wurde dasTier einer Abtreibekur unterzogen, im Verlauf
deren der Abgang von Gastruslarven beobachtet wurde. Das Tier schien sich in
der Folgezeit anfangs wesentlich zu bessern: Am 19. 10. betrug Hgb. 50 und
die Temperatur war seit 14 Tagen normal geblieben. Als das Tier später wieder
eingespannt war und leichte Arbeit zu verrichten hatte, bekam es einen Rückfall:
am 1. 11. Temp. 40,0. Puls 44. Hgb. 46. Das Hämoglobin sank von jetzt ab
dauernd unter heftigen Fiebertemperaturen und erreichte am 15.11. sein Minimum
von 14. Am 16. 11. verendete das Tier.
Die Sektion ergab den typischen Befund: Milztumor, Leberschwellung.
Myeloide Umwandlung in Milz, Leber und Knochenmark. Parenchymschädigung
vor allem in Leber und Nieren-).
1) In der pathologisch-anatomischen Arbeit als Fall 1 beschrieben, cf. 1. c.
2) Der genaue Befund ist in der oben zitierten Arbeit zu finden.
Wesen, Ursache nnd Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 89
Zusammenfassend ergibt sich also, daß von sechs an perniziöser
Anämie erkrankten Pferden zwei, die sich im Anfangsstadium der
Krankheit befanden, durch Entfernung der Gastruslarven geheilt
worden, die vier übrigen hingegen, die bereits schwer krank waren,
trotz Beseitigung der Gastruslarven verendet sind. Es hat sich
demnach die oben aufgestellte Vermutung bestätigt. Wir verfügen
nur über sechs Fälle, bei denen die Abtreibekur allein angewendet
wurde, weil alle übrigen Fälle auf andere Weise, und zwar mit besserem
Erfolge therapeutisch behandelt worden sind (s. unten).
II. Heilungsversuche mittelst Heilserums.
Von verschiedenen Autoren sind bereits früher zahlreiche Ver¬
suche unternommen worden, durch Behandlung gesunder Pferde und
Rinder mit Serum von perniziös-anämischen Pferden ein Serum zu
gewinnen. Vor allem Carrö und Vallee(4) haben in dieser Richtung
zahlreiche Experimente angestellt, sind aber, ebenso wie mehrere
amerikanische Forscher, zu keinem positiven Resultat gelangt. Die
gesunden Versuchspferde erkrankten auf die Dauer regelmäßig, und
auch das Serum von scheinbar genesenen Pferden ließ nicht nur jeg¬
liche Heilkraft vermissen, erwies sich im Gegenteil sogar als infek¬
tiös. Auch mit „abgeschwächtem“ Virus ließ sich nicht immunisieren.
Wir haben nun im Laufe der beiden letzten Jahre versucht, durch
chronische Verabreichung von Oestrin enthaltenden Extrakten bei
gesunden Tieren ein Serum gegen die perniziöse Anämie der Pferde
zu gewinnen. Diese Versuche, Tiere gegen das Oestrin zu immuni¬
sieren, blieben lange Zeit erfolglos, bis es schließlich doch unter be¬
stimmten Modifikationen gelungen ist. Ueber die nähere Herstellung
dieses Serums wird ebenfalls erst später berichtet werden.
Es bot sich Gelegenheit, vor allem durch das gütige Entgegen¬
kommen von Herrn Kreistierarzt Dr. Beckmann in Remilly, eine
Reihe von perniziös-anämischen Pferden in der Weise zu behandeln,
daß zunächst eine Abtreibekur der Gastruslarven und darauf eine In¬
jektion (event. mit Wiederholung) des oben genannten Serums vor¬
genommen wurde. Die Resultate, die hierbei gewonnen wurden, sind
sehr ermutigend, und es möge daher eine kurze Zusammenstellung
derselben hier gebracht werden. Im ganzen wurden 16 Pferde ohne
jegliche Auswahl, d. h. ohne jede Rücksicht auf die Schwere des Falles
und seine Prognose, in der genannten Weise behandelt. Von diesen
16 Pferden sind 9 völlig geheilt worden. Zieht man in Be-
90
K. II. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
tracht, daß die Mortalität der Krankheit bisher nahezu 100 pCt. be¬
tragen hat, so ergibt sich wohl hieraus mit einiger Sicherheit, daß die
obige Therapie den Anspruch auf den einer kausalen erheben kann.
l. Versuchspferd Nr. 42, 6 jährige Schimmelstute.
Vorgeschichte: Seit 8 Wochen krank, von der Versicherungsgesellschaft
als „unheilbar“ dem Besitzer vergütet Das Tier wurde von uns der Versicherungs¬
gesellschaft abgekauft. Das Tier hatte in der letzten Zeit stark an Körpergewicht
verloren, wiederholt heftige Fieberattacken bis 41° bei entsprechender Schädigung
des Allgemeinbefindens durchgemacht.
Am 26. 2. 1913 Gewicht 513 kg. Abgemagert, Rippen sichtbar. Konjunk¬
tiven der Augen entzündlich gerötet. Mattigkeit. Temp. 38,1. Puls 48. Resp. 12.
Urin Albumen. Hämoglobin 32. Leukozyten 1400.
Polymorphkernige.47,7 pCt.
Lymphozyten.51,0 „
Eosinophile.0,7 „
Mastzellen.0,0 „
Uebergangsformen.0,6 „
Das Tier wird zunächst mehrere Tage beobachtet, Puls- und Temperatur¬
kurve aufgenommen. Darauf am 1. 3. einer Abtreibekur zwecks Entfernung der
Gastruslarven unterzogen. In den folgenden Tagen wird der Abgang von etwa
10 Gastruslarven beobachtet. Das Allgemeinbefinden des Tieres verschlechtert sioh
zunächst, das Tier erholt sich jedoch wieder. Um die Wirkung, die die Entfernung
der Gastruslarven allein zur Folge hat, zunächst zu beobachten, erhielt das Tier
jetzt noch kein Serum, sondern bloß reichliche Ernährung und 1 g Acid. arsenic.
pro die.
Eine Besserung trat jetzt nicht ein, bei der geringsten Bewegung bzw.
Arbeitsleistung setzten neue Fiebersteigerungen ein. Der Puls blieb dauernd 48
bis 52, das Hämoglobin ging vorübergehend auf 48, fiel dann wieder auf 43. So
war der Zustand des Tieres bis zum 15. 4., also P/g Monate nach der Abtreibe¬
kur, im wesentlichen der gleiche geblieben.
Am 15. 4. erhielt das Tier 250 g Heilserum. Von demselben Tage ab keine
neue Fieberung mehr. Nach 8 Tagen: tägliches Einspannen des Tieres, ebenfalls
ohne Fieberung.
Am 27. 4. betrug das Hämoglobin 55!
Das Tier wurde noch bis zum 22. 5. behalten, des öfteren eingespannt. Es
nahm stark an Körpergewicht zu, zeigte keine Fiebersteigerungen mehr (täglic h
zweimal gemessen). Auch der Herzschlag wurde langsamer: 30—40 pro Minute.
17. 5. Hgb. auf 58 gestiegen.
Am 22. 5. wurde das Tier zu schwerer Arbeit verkauft. Es ist bis heute ge
sund geblieben.
Kurz zusammengefaßt ist
der Erfolg der
Kur folgender:
Temp.
Puls
Hgb.
Gew.
vor der Behandlung:
Fieber bis 40°
48-52
42
513 kg
nach der Behandlung:
normal
36-40
58 (70)
622 kg.
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 91
Am 23. 11. wurde das Pferd abermals untersucht und dabei vollkommen ge¬
sund befunden: Temp. 38,0. Puls 36. Resp. 12. Hämoglobin 70!
Polymorphkernige.61,5 pCt.
Lymphozyten.30,0 „
Eosinophile ..3,5 „
Mastzellen.0,0 „
Uebergangsformen.5,0 „
Durch Entfernung der Gastruslarven und einmalige Injektion
unseres Heilserums ist es also gelungen, Versuchspferd Nr. 42, das
an perniziöser Anämie „unheilbar“ erkrankt war, wieder herzustellen.
Hervorzuheben ist hier, daß die Beseitigung der Gastruslarven
allein die Krankheit nicht zum Stillstand bringen konnte, wie
z. B. in den beiden oben beschriebenen Fällen (siehe S. 85/86). Um diese
Möglichkeit genau festzustellen, wurde das Heilserum nicht gleich nach
der Abtreibekur injiziert, es wurde das Tier vielmehr IV 2 Monate bei
guter Ernährung und Arsen weiter beobachtet. Eine Besserung trat
in dieser Zeit nicht ein. Ein völliger und rascher Umschwung
setzte jedoch nach der schließlich gemachten Injektion des
Heilserums ein: weitere Fiebertemperaturen blieben aus, der Puls
ging herunter, das Hämoglobin stieg auf normale Werte (von 42 auf
58), das Allgemeinbefinden des Tieres wurde wieder ein völlig normales.
Es sollte dieser Fall deswegen etwas ausführlicher geschildert
werden, weil er der erste war, bei dem unser Heilserum mit Erfolg
angewendet wurde, und weil das Tier während dieser Zeit dauernd
unter unserer Beobachtung stand. Im Gegensatz hierzu sind die
übrigen Pferde, über deren Heilung berichtet werden soll, nicht käuflich
erworben worden, sondern an Ort und Stelle, d. h. in Lothringen, von
dem einen von uns in Gemeinschaft mit Herrn Kreistierarzt Dr. Beck¬
mann untersucht und behandelt worden.
2. 9 Jahre alter Rotschimmel-Wallach in Villerstoncourt (Besitzer
Hocquart).
Vorgeschichte: Pferd ist angeblich seit 6 Wochen krank, hat zahlreiche
Fieberanfälle bis 41° durcbgemacht und stark an Gewicht verloren. Es ist mit
Merkur-Arsen ohne Erfolg behandelt worden und bot bei Beginn unserer Behand¬
lung eine absolut ungünstige Prognose dar.
Am 12. 8. 1913: Temp. 38,3, Puls 48, Resp. 18, Hämoglobin 40. Bindehäute
stark injiziert. Im Urin kein Eiweiß.
Am 13.8.: Abtreibekur mit Schwefelkohlenstoff in Kapseln 1 ).
1) Ueber die Abtreibekur selbst vgl. S. 95, Anmerkung.
92
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
Am 23. 8.: Allgemeinstatus der gleiche. Temp. 38,0, Puls 52. 50 com Heil¬
serum intravenös, 100 ocm subkutan.
Am 31. 8.: Tier hat bedeutend an Gewicht zugenommen und ist viel
munterer als früher. Puls 48.
Am 7. 9.: Die Besserung hat angehalten. Keine neuen Fiebertemperaturen
(tägliche Messungen!). Puls 48.
Am 12. 10.: Das Tier ist seither ohne Fieber geblieben, bereits wiederholt
zu leichter Arbeit angespannt worden, hat weiter an Gewicht zugenommen. All¬
gemeinbefinden völlig normal. Temp. 38,0, Puls 42. Das Hämoglobin ist auf
77 gestiegen.
Am 24. 10. Gelegenheitsbesuch: Pferd ist gesund geblieben.
Auch in diesem Falle ist also ein an perniziöser Anämie er¬
kranktes Pferd mit absolut ungünstiger Prognose durch Abtreibekur
und einmalige Heilseruminjektion völlig geheilt worden. Das Hämo¬
globin stieg dabei von 40 auf 77. Das Tier ist bis zum heutigen
Tage (15. 6. 1914) gesund geblieben.
3. 11 Jahre alte braune Stute in Germingen (Lothringen), Besitzer Peltre.
Vorgeschichte: Das Pferd ist angeblich seit 4 Wochen krank. Es zeigt
den typischen Verlauf der Krankheit, hohe Fiebertemperaturen, Anämie. Das Tier
ist nicht vorbebandelt. Seine Prognose absolut ungünstig.
Am 12. 8. 1913: Temp. 38,4, Puls 50, Resp. 18, Hämoglobin 45. Er¬
nährungszustand mäßig, Rippen sichtbar. Im Urin kein Eiweiß.
Am 15. 8.: Abtreibekur mit Schwefelkohlenstoff.
Am 16.8.: Temp. 41,5, Puls 60, Resp. 20. Das Tier stöhnt des öfteren,
zeigt große Mattigkeit. Appetit dabei gut.
Am 18. 8.: Temp. 40,0, Puls 60, Resp. 18. 150 ccm Heilserum subkutan.
Am 25. 8.: Das Tier ist bedeutend munterer, hat nur noch geringe vorüber¬
gehende Temperatursteigerungen gehabt. Temp. 38,2, Puls 46.
Am 1. 9. wird gemeldet: Tier sehr munter, kein Fieber mehr.
Auch in der Folgezeit kein Fieber mehr aufgetreten (täglich gemessen!).
Vom 22. 9. ab wurde das Pferd täglich eingespannt, ohne daß Fieber
auftrat. Die Temperatur schwankte zwischen 37 und 38°. Pferd sehr munter
(täglich 18 Liter Hafer).
Am 2. 10.: Temp. 38,1, Puls 42, Hämoglobin 56. Sehr starke Gewichts¬
zunahme. Bindehäute der Augen von normaler Farbe. Allgemeinstatus völlig
normal. Das Tier ist bis zum heutigen Tage gesund geblieben.
Auch in diesem Falle wurde durch die Injektion unseres Heil¬
serums unter gleichzeitiger Entfernung der Gastruslarven die Krankheit,
die bereits in einem prognostisch absolut ungünstigem Stadium war,
vollkommen geheilt. Das Hämoglobin stieg dabei von 45 auf 56.
4. 4 Jahre alte braune Stute in Germingen (Lothringen), im gleichen
Stalle wie das vorige Pferd. Das Tier ist angeblich seit 5 Wochen von der perni¬
ziösen Anämie befallen. Der Krankheitsverlauf ist der charakteristische: hohe
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 93
Temperaturen, Anämie, Mattigkeit. Das Tier ist nicht vorbehandelt. Prognose ab¬
solut ungünstig.
Am 12. 7. 1913: Temp. 38,3, Puls 54. Resp. 18, Hämoglobin 46. Rippen
deutlich sichtbar. Bindehäute der Augen mit einem Stich ins Gelbliche. Im Urin
kein Eiweiß.
Am 15. 8.: Abtreibekur mit Schwefelkohlenstoff.
Am 18. 8.: Temp. 38,0, Puls 50, Resp. 14.
Am 25.8.: Allgemeinbefinden gleich geblieben. Wechselnde Fiebertempera¬
turen. Temp. 38,2, Puls 54. 150 ccm Heilserum subkutan.
Am 1. 9.: Tier ist bedeutend munterer, hat kein Fieber mehr gehabt.
Appetit sehr gut.
Vom 22. 9. ab wurde das Pferd wieder eingespannt. Auch jetzt keine neuen
Fiebertemperaturen mehr. Tier sehr munter.
Am 2. 10.: Temp. 37,1 (!), Puls 46, Hämoglobin 61. Das Tier hat sehr stark
an Körpergewicht zugenommen, in der Zwischenzeit kein Fiober mehr gehabt.
Augenbindehäute normal. Allgemeinstatus mit Ausnahme einer leichten Puls-
besohleunigung völlig normal.
Auch dieses Tier ist bis zum heutigen Tage völlig gesund ge¬
blieben. Auch in diesem Falle ist die Heilung trotz der durchaus
ungünstigen Prognose der Erfolg des Heilserums und der gleichzeitigen
Entfernung der Gastruslarven gewesen. Das Hämoglobin ist von 46
auf 61 gestiegen.
5. 11 Jahre alter brauner Wallach, Landschlag, in Roncourt (bei
Amanweiler), Besitzer Mahou.
Vorgeschichte: Pferd ist angeblich vor 4 Wochen unter den typischen
Zeichen der perniziöseu Anämie erkrankt. Es ist bereits vorbehandelt mit Merkur-
Arsen (Dr. Beckmann), jedoch ohne Erfolg.
Am 2. 9. 1913: Temp. 38,2, Puls 44, Hämoglobin 46. Tier ist deutlich ab¬
gemagert. Die Konjunktiven der Augen stark injiziert, Mattigkeit. Abtreibekur mit
Schwefelkohlenstoff.
Am 6.9.: Allgemeinstatus derselbe. 50 ccrc Heilserum intravenös, 100 ccm
subkutan.
In den folgenden Tagen noch vereinzelte Fiebertemperaturen bis 39,2.
Vom 11. 9. ab kein Fieber mehr. Besserung des Allgemeinbefindens, Ge¬
wichtszunahme.
Am 4. 10.: Tier hat enorm an Umfang zugenommen, kaum wiederzuerkennen.
Temp. 38,0, Puls 36, Resp. 12, Hämoglobin 60. Die Bindehäute der Augen von
normaler Farbe. Tier gesund.
Von jetzt ab wird das Tier eingespannt. Es wurde bis zum 9.11. regelmäßig
gemessen, ohne wieder Fieber zu zeigen. Es ist bis zum heutigen Tage gesund
geblieben.
Auch in diesem Falle Heilung eines prognostisch ungünstigen
Falles durch einmalige Verabreichung von Heilserum nach voraus-
94
K. R. SEVDERHELM und R. SEYDERHELM,
gegangener Entfernung der Gastruslarven. Das Hämoglobin ist in
diesem Falle von 46 auf 60 gestiegen.
6. 3 Jahre alte braune Stute in Villerstoncourt (Besitzer Lerond).
Vorgeschichte: Das Tier ist angeblich seit 3 Wochen krank und vor¬
behandelt mit Merkur-Arsen, jedoch ohne Erfolg.
Am 21. 8. 1913: Temp. 39,0, Puls 48, Hämoglobin 42. Tier abgemagert,
sehr matt. — Das Tier wurde aus äußeren Gründen zunächst nicht behandelt.
Am 7. 9.: Status noch derselbe. Puls 48, Temp. 38,5.
Anfangs Oktober erkrankte das Tier stärker und unsere Behandlung setzte dar¬
auf am 19. 10. ein. Der Status an dem Tage war: Puls 60, Temp. 38,8, Hämo¬
globin 50. Im Harn kein Eiweiß. Bindehäute der Augen deutlich ikterisch. Ab¬
treibekur mit Schwefelkohlenstoff.
Am 25. 10.: Status idem. Injektion von 150 g Serum subkutan.
Am 4.11.: Befinden besser.
Am 25.11.: Fortschreitende Besserung. Keine neuen Temperatursteigerungen.
Pferd ist gesund geblieben.
7. 4 Jahre alte Schimmelstute in Alben (Lothringen), Besitzer Francois
Mangin.
Vorgeschichte: Das Tier ist angeblich am 12.11. 1913 frisch akut erkrankt
mit Temp. 40,1, Puls 54, Hämoglobin 42.
Am 13. 11.: Abtreibekur mit Schwefelkohlenstoff.
Am 21.11.: Temp. 38,9, Puls 54. Subkutane Injektion von 150 g Heilserum.
Am 13.12.: Tier hat an Gewicht zugenommen, keine Temperatursteigerungen
mehr, auch in der Folgezeit gesund geblieben.
In ganz analoger Weise vollzog sich die Heilung bei zwei weiteren
Tieren, die ebenfalls aus Lothringen stammten, dort aufgekauft
wurden und hier an Ort und Stelle auf die oben angegebene Weise
(kombinierte Behandlung) behandelt worden sind. Auch diese beiden
Pferde sind bis heute gesund geblieben.
Während bei diesen genannten 9 Tieren, die insgesamt mehr
oder weniger hochgradig an der perniziösen Anämie der Pferde er¬
krankt waren, mit Hilfe der Abtreibekur und der darauffolgenden
Injektion unseres Heilserums eine völlige Heilung eingetreten ist, darf
nicht verschwiegen werden, daß bei weiteren 7 Pferden, bei denen
die gleiche Therapie angewandt wurde, keine Besserung eingetreten
ist. Wie die bei der Mehrzahl derselben vorgenommene Sektion er¬
geben hat, war in einem Teil dieser Fälle bereits eine Mischinfektion
cingetreten, bei den übrigen war die parenchymatöse Degeneration
der Organe, vor allem der Nieren und der Leber bereits so hoch¬
gradig vorgeschritten, daß eine restitutio ad integrum durch Injektion
einer relativ geringen Menge Heilserums völlig ausgeschlossen er¬
scheinen mußte. Es ist diese Gruppe von unheilbaren Fällen in
Wesen, Ursache nnd Therapie der perniziösen Anämie der Pferde.
95
erster Linie dadurch ausgezeichnet, daß sich im Urin zu Lebzeiten
sehr viel Eiweiß nachweisen läßt. Zudem ist eine Pulsfrequenz von
über 80—90 ebenfalls für die Serumbehandlung als prognostisch über¬
aus ungünstig zu bezeichnen.
Demgegenüber muß aber darauf hingewiesen werden, daß bei dem
jetzigen Standpunkt der Therapie der perniziösen Anämie der Pferde
auch die Prognose der obigen auf die geschilderte Weise geheilten
9 Fälle a priori eine überaus ungünstige war. Es handelte sich
durchweg um Pferde, die bereits seit mehreren Wochen und länger
krank waren, d. h. zahlreiche Fieberperioden durchgemacht und unter
allgemeiner Reduzierung der Körperkräfte einen mehr oder minder
ausgeprägten Grad von Anämie erreicht hatten. Dann aber war die
Prognose vor allem deswegen als ungünstig zu bezeichnen, weil die
Mortalität der Krankheit eine sehr hohe ist. Die Tierärzte in Loth¬
ringen, denen wohl die größte Erfahrung hierüber zu Gebote steht,
behaupten in der Mehrzahl, daß die Mortalität der perniziösen Anämie
der Pferde nahezu als 100 pCt. anzunehmen ist. Einige wollen hin
und wieder einen Fall von Heilung beobachtet haben; aber auch von
diesen Fällen ist ein Teil sicher durch Remissionen vorgetäuscht
worden. Nimmt man die Mortalität zu 100 pCt. an, so kommt jedem
einzelnen Falle, bei dem die Heilung gelingt, Beweiskraft zu. Die
Möglichkeit von Remissionen ist bei den obigen geheilten Fällen bei
der Länge der Bcobachtungsdauer auszuschließen. Daß von 16 Pferden
9 geheilt worden sind, bedeutet eine Reduzierung der Mortalität der
Krankheit auf 44 pCt.
Es wurde fernerhin, um die Wirkung des obigen Heilserums
einer experimentellen Prüfung auch in prophylaktischer Hinsicht
zu unterziehen, in zwei Doppelversuchen (Versuchspferde Nr. 53—54
und 59—60) je zwei Pferden infektiöses Serum allein und je zweien
gleichzeitig Heilserum injiziert. Im ersten Versuch erkrankte nur
dasjenige Pferd, das kein Heilserum erhalten hatte, im anderen war
der Unterschied ebenfalls deutlich, allerdings zeigte das Tier, das
gleichzeitig Heilserum erhalten hatte, einige vorübergehende Temperatur¬
steigerungen, hingegen keine Hämoglobinabnahme. Diese Versuche
müssen fortgesetzt werden, und es soll über sie später ausführlich im
Zusammenhang berichtet werden 1 ).
1) An dieser Stelle sei noch einiges über die Abtreibekur der Gastrophilus-
larven mittels Schwefelkohlenstoffkapseln gesagt. Da wir zweimal bei solchen
Kuren den Tod der betreffenden Pferde zu beklagen hatten, geben wir im folgenden
96
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
Durch die obigen Untersuchungen sind die Gastruslarven, d. h.
das in ihnen enthaltene Oestrin in pathogenetischer Beziehung in die
Reihe der Gifte gerückt worden, die imstande sind, perniziöse
Anämie zu erzeugen. Es mag in diesem Zusammenhang angebracht
sein, zusammenfassend einen kurzen Bericht über das, was bisher in
pathogenetischer Beziehung über die Gastruslarven bekannt gewesen
ist, zu geben.
E. Zusammenfassung über die Pathogenese der Gastrophiluslarven.
Schon von jeher hat man das Vorhandensein größerer Mengen
von Grastruslarven im Magen der Pferde mit verschiedenen Krank¬
heitszuständen in Zusammenhang gebracht. Eine genaue Literatur¬
angabe über die diesbezüglichen Mitteilungen aus dem vorigen Jahr¬
hundert findet sich bei Seiffert (32). Es seien nach Seiffert folgende
Angaben zitiert:
Gurlt (1831) bringt Kolikanfälle in Zusammenhang mit größeren Mengen
Gastruslarven.
Roll (1860) berichtet über Perforation und Kolikanfälle durch Gastruslarven.
Gerlach (1862) berichtet von Verdauungsstörungen bloß bei Anwesenheit
von ungewöhnlich großen Mengen von Gastruslarven.
Bruckmüller (Pathol. Zootomie, 1869) führt chronischen Magenkatarrh
und papilläre Wucherungen im Pförtnerteile auf größere Gastruslarvenmengen
zurück.
Anacker (Spez. Pathol. u. Ther., 1879) beobaohtet chronische Kolik bei
Anwesenheit von Gastruslarven.
Dieckerhoff spricht die Gastruslarven für absolut harmlose Parasiten an,
er hält die Angaben älterer Autoren über Todesfälle für nicht genügend erwiesen.
unsere Verabreichungsweise wieder, die sich in allen unseren Fällen vortrefflich
bewährt hat:
1. Tag: Morgens nur tränken, sonst am ganzen Tag kein Futter und kein Wasser.
2. Tag: In Zwischenräumen von je einer Stunde ist morgens nüchtern 3mal je
eine Kapsel von 12 g Schwefelkohlenstoff mittels Maulgatters einzugeben.
Vier Stunden nach dem Eingeben der dritten Kapsel erhält das Tier als
Futter 3 Liter grobe Weizenkleie gemischt mit 3 Liter warmen Wassers.
3. Tag: Mittels Maulgatters wird eine Aloepille (20 g Aloeextrakt mit grüner
Seife) morgens nüchtern eingegeben. Mittags und abends je 4 Liter grobe
Weizenkleie mit 2 Liter lauwarmem Wassers angerührt und Trinkwasser.
4. und 5. Tag: Je 3mal 4 Liter mit Wasser angefeuchtete grobe Weizenkleie,
Heu und Trinkwasser.
6. Tag und folgende: Hafer, Heu und Wasser wie gewöhnlich.
7. Tag: Subkutane Injektion von 60 g Heilserum an der Brust; nach weiteren
8—10 Tagen nochmals 60 g Heilserum subkutan. Das Serum wird kosten¬
los von uns abgegeben.
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 97
Dammann beobachtete Magenkatarrh nur bei außergewöhnlich großer Menge
von Gastruslarven.
Seiffert (1904) gibt eine kasuistische Mitteilung: 3jähriges Pferd, in kurzer
Zeit abgemagert, Konjunktiven leicht gelblich verfärbt, Puls schwach, gegen Ende
Gang schwankend. Trotz Abtreibens der Gastruslarven naoh 14 Tagen Exitus. Bei
derObduktion: Körperorgane blutarm. Seröse Häute blaß. Magen katarrhalisch ent¬
zündet. Am Hüftdarm handlange Stenose und Verdickung der Darmwand. Seiffert
sieht in letzterer ein mechanisches Hindernis, und darin die Todesursache.
Ueber die durch die Gastruslarven in der Magenwand der Pferde
hervorgerufenen Veränderungen liegt eine größere Anzahl von genauen
histologischen Untersuchungen vor, speziell von französischer Seite.
I. Guyot (33) (1901) gibt zunächst eine genaue historische Uebersicht, dann
eine genaue Beschreibung und Systematik der Eier, Larven und Fliegen der ver¬
schiedenen Gastrophilusarten und berichtet dann über die von ihm erhobenen
anatomischen Befunde, betr. der durch die Gastruslarven verursachten Magen¬
schleimhaut-Läsionen. Verfasser gibt in diesor Arbeit auch einige erklärende Ab¬
bildungen.
Eine besonders eingehende Untersuchung in dieser Richtung liegt von
M. Weinberg (34) vor (1907). Seine Resultate seien im folgenden kurz referiert:
1. Meistens fanden sich mehr oder minder unbedeutende Läsionen, wie sie
Guyot beschreibt, und zwar im Magen und Duodenum.
2. In einigen Fällen verursacht der Kopfteil der Larve eine Invasion von
Bakterien (Gram-, Thioninfärbungen).
3. Bei subakuter oder chronischer Entzündung findet man u. a. Endarteriitis
oder Endomesarteriitis der kleinen Arterien. Diese Läsionen sind nicht
bloße Fremdkörperprodukte, sondern die Folge einer Infektion (vgl. die
Abbildungen).
4. Zuweilen findet man fernerhin eine sehr bedeutende Läsion auf den Rän¬
dern der Ulzerationen, vor allem in der linken Magensackhälfte. Es
handelt sich dabei um eine echte Leukoplasie, die vor allem die epider¬
malen Zellen der Epithelknospenleiste betrifft.
Der Verfasser schließt aus alledem, daß die Larve von Gastrophilus, wenn
sie auch meistens an der Fixationsstelle eine banale aseptische Reaktion hervor¬
ruft, mitunter wie ein septischer Fremdkörper wirken und eine akute oder sub¬
akute Entzüdung hervorrufen kann dadurch, daß sie pathogenen Mikroben Eintritt
in das Innere der Magenwand verschafft. Mit einem Wort, die Rolle der Larven
ist vergleichbar mit der, welche die Würmer spielen, die sich in der Schleimhaut
des Darmkanals festsetzen. Es sei sehr möglich, daß gewisse Fälle von Septikämie
beim Pferde durch Mikroben verursacht werden, die durch diese Larven inokuliert
werden. Es wird die Hypothese von M. Ries angeführt, welcher den Gastrophilen
eine Rolle bei der Uebertragung der Erreger der perniziösen Anämie der Pferde
zuspricht. Diese Hypothese von M. Ries wird nicht akzeptiert, weil „er leider
keine Argumente anführe, welche seine Theorie beweisen können“. Zum Schlüsse
werden dann noch die oben genannten epithelialen Wucherungen in Beziehung zu
Archiv f. wissenscb. u. prakt. Tierlicilk. Bd. 41. H. 1 u. 2. r
98
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
Tumorenbildung gebracht und mit ähnlichen Vorgängen verglichen, wie sie z. B.
durch Zystizerkus hervorgerufen werden.
Speziell von diesem Gesichtspunkte aus hat dann später Petit (35) (Alfort
1910) die durch die Gastrophiluslarven verursachten Gewebswucherungen in der
Magenschleimhaut einer näheren Betrachtung unterzogen. Er beschreibt ebenfalls
den mikroskopischen Aufbau der Leukoplasien, welche zum Teil einen echten
papillomatösen Aufbau aufweisen und teilweise sogar an eine karzinomatösc Neu¬
bildung erinnern. Der Verfasser bringt zum Schluß die Hypothese, daß die Larven
von Gastrophilus ein krebsbildendes Gift (Virus cancereux) transportieren und
inokulieren.
Eine ebenfalls genaue Beschreibung der pathologischen Veränderungen der
Magenwand, durch die Gastrophiluslarven hervorgerufen, gibt Perroncito (3G)
(Turin 1903). Er ist der Ansicht, daß die durch die Gastruslarven bedingten Ver¬
änderungen mehr indirekt als direkt Veranlassung zu erheblichen Störungen der
Gesundheit der Parasitenträger geben, insofern nämlich, als es in seltenen Fällen zu
einer Magenzerreißung komme, in anderen Fällen eine Eintrittspforte für pathogene
Mikroorganismen (Typhus, Influenza usw.) geschaffen werde.
Einen beachtenswerten kasuistischen Beitrag zu der Frage der Pathogenese
der Gastruslarven gibt Rexilius (37) (1906). Verfasser gibt den Sektionsbericht
eines Pferdes, das er zu Lebzeiten nicht selbst beobachtet hat, das gegen Ende
einen gespannten und schwankenden Gang gehabt haben soll. Der Kadaver ist
stark abgemagert. An der Unterbrust und den oberen äußeren Partien der Vorder¬
gliedmaßen gelblich wässerige Infiltrate in der Unterhaut. Kadaver überhaupt an
seiner ganzen Oberfläche von leicht gelblicher Farbe und wässerigem Glanz. Die
subkutanen Venen vollständig blutleer. In der Brusthöhle klare rötliche Flüssig¬
keit. Darmkanal sehr blaß. Leber und Milz ohne Besonderheiten, blutleer und
trocken. Im Herzbeutel 150 g gelbrötliche, leicht getrübte Flüssigkeit. Herz ver¬
größert, Muskulatur graurot. Im Magen und Zwölffingerdarm chronische, indu-
rierende Entzündung. Letzterer ist durch Schrumpfungen seiner Wand in seinem
Lumen auf Daumenstärke reduziert. In der Mitte dieses Abschnittes findet sich
eine gänseeigroße, mit Gastruslarven angefüllte Ausbuchtung. Die übrige graublau
gefärbte Schleimhaut ist mit von Gastruslarven herrührenden runden Löchern be¬
deckt. Verfasser erklärt den Fall so, „daß Futterstoffe die Stelle nicht passieren
konnten u und auf diese Weise durch die Stenose der Nährzustand des Tieres in¬
folge verminderter Futteraufnahme immer schlechter wurde, Inanition eintrat, die
dann schließlich den Tod zur Folge hatte.
Eine für unsere durch die oben angeführten Versuche gewonnene Auffassung von
dem Wesen und der Aetiologie der perniziösen Anämie der Pferde gans besonders
wichtige Arbeit ist die Abhandlung von M. Ries (16) (Ettelbrück 1906 und 1908):
„Sur lapathogcnie etle traitementde Panemic pcrnicieuse et infectieuso du cheval.“
Ries ist auf Grund langjähriger praktischer Erfahrungen zu der Annahme gelangt,
daß der Erreger der perniziösen Anämie der Pferde durch Gastruslarven vermittelt
wird, daß den Gastruslarven die Hauptrolle für die Verbreitung und Uebertragung
jenes ätiologisch wirksamen ultravisiblen Mikroorganismus zukomme. Wir refe¬
rieren hier kurz einige seiner Beweisgründe. „Bei den verendeten Tieren findet
man stets, ohne Ausnahme, die Larven entweder am Ende ihrer Entwicklung
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 99
oder seit kurzem erst festgesetzt auf der Mukosa des Magens, und zwar teils frische
Ulzerationen, teils solche, die schon in Vernarbung begriffen sind a . „Sind diese
Larven die Träger der Infektionserreger oder öffnen sie einer Infektion die Pforten,
indem sie durch die allgemeine Abschwächung des Tieres, vor allem wenn sie in
größerer Zahl vorhanden sind, die Infektion begünstigen? 14 Ries glaubt übrigens,
daß auch Helminthen des Darmes die gleiche Rolle spielen können. „Das häufige
Vorkommen der Anämie auf isoliert gelegenen Farmen, in waldigen Gedenden, wo
reichlich Bremsenfliegen Vorkommen, macht es sehr wahrscheinlich, daß die Krank¬
heit von solchen Fliegen übertragen wird, deren Stich von einem Blutfließen be¬
gleitet ist 441 ). Ries führt dann eine große Anzahl von Beispielen an, die eine
Uebertragbarkeit der Krankheit durch Bremsen, bzw. ihre Larven beweisen sollen.
Im Jahre 1906 z. B. machte er während eines gehäuften Auftretens perniziöser
Anämie folgende Beobachtungen: Bei allen kranken Tieren waren die Haare der
Knie dicht bedeckt mit leeren Eierschalen von Bremsen. Ein weiteres Beispiel ist
folgendes: In einer Stallung standen vier Pferde, von denen zwei schwer krank
waren. Diese beiden hatten die Knie über und über von Eiern besät. Die beiden
anderen Pferde waren gesund, das eine war eine wertvolle Stute, das andere ihr
einjähriges Fohlen, letzteres war noch nie auf der Weide gewesen, ersteres erfuhr
eine sorgfältige Haut- und Haarpflege und hatte keine Eier von Pferdebremsen.
Ries zitiert dann eine besonders beachtenswerte Arbeit aus älterer Zeit von
Cambron (38) (1866), welcher eine Krankheit beschreibt, die seit 3 Jahren in
seiner Gegend unter den Pferden wütet, und die als perniziöse Anämie der Pferde
zu identifizieren ist. Cambron fand bei allen diesen Pferden bei der Sektion
Gastruslarven: „So habe ich in 7 Pferden, die ich seziert habe, 727 Larven ge-
funden u . Cambron bringt die Krankheit mit der Anwesenheit dieser Larven in
Zusammenhang: „Es ist ganz klar, daß diese Larven die Ursache der Krankheit
sind, welche zuweilen latent oder verborgen bleibt und unbemerkt vorübergeht,
zuweilen aber manifest wird und alle die Phänomene zeigt, die weiter unten be¬
schrieben werden. Aber warum verursachen sie diese Krankheit und wie soll
man sich diese Unterschiede erklären? 44 Daß es sich bei dieser von Cambron
beschriebenen, mit den Gastruslarven in Zusammenhang gebrachten Krankheit
tatsächlich um die perniziöse Anämie der Pferde handelt, geht aus seiner Schilde¬
rung der Symptome hervor, von der wir folgendes im Auszug wiedergeben. „Der
Appetit wird unregelmäßig, wählerisch. Die Ernährung leidet not, die Flanken
fallen ein. Die Schleimhäute werden sehr blaß. Das Blut verändert sich, wird
wässerig. Die Innervation leidet not, die Muskelkräfte schwinden, der ganze Orga-
ganismus verfällt einer allgemeinen Schwäche. Das kranke Tier kann sich nicht
mehr auf den Beinen halten, es legt sich, zappelt und lebt so noch den kleinen
Rest seines Lebens in kurzer Zeit 44 . Um die Eier zu zerstören, gibt Cambron
den Rat, sie mit einer Flamme zu verbrennen und fügt hinzu: „Durch dieses ein¬
fache und leichte Vorgehen könnten sich die Bauern manche Sorge und Verluste 14
ersparen.
Aus dieser genauen Beschreibung jener Krankheit folgt mit Sicherheit, daß
es sich wirklich um die perniziöse Anämie der Pferde gehandelt hat. Die
1) Verwechslung mit den Tabaniden, auch Bremsen genannt? Die Oestriden
stechen bekanntlich nicht.
100
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
Beobachtungen Cambrons, die den direkten Zusammenhang zwischen Gastruslarven
und perniziöser Anämie beweisen sollen, sind dann später durch ein ebenso reich*
liches Beobachtungsmaterial von M. Ries ergänzt worden. Auf Grund der etwa
gleichzeitig angestellten Versuche von Carrd und Vallöe, die ergaben, daß die
perniziöse Anämie der Pferde durch einen ultra-niikroskopischen Mikroorganismus
erzeugt wird, lag die Kombination nahe, daß eben in Hinsicht auf das von Cam-
bron und M. Ries angeführte Beobachtungsmaterial die Pferdebremsen, bzw.
ihre Larven diesen ätiologisch in Frage kommenden ultra-mikroskopischen Mikro¬
organismus verbreiteten. Carrö und Vallöo haben diese von M. Ries vertretene
Hypothese als nicht bewiesen bestritten. M. Ries hat dann später (1908) noch¬
mals eine Zusammenstellung seines Beobachtungsmaterials veröffentlicht, ohne
allerdings experimentell dieser Frage näher getreten zu sein.
Wir haben schon oben angeführt (S. 60), daß derartige experimentelle Ver¬
suche, die Natur des Zwischenwirtes festzustellen, von John R. Möhler (15) und
von M. Francis und R. P. Marsteller (3) angestellt worden sind, allerdings
ohne Erfolg.
Von anderem Gesichtspunkte aus, d. h. ohne einen Zusammenhang der
Gastruslarven mit der perniziösen Anämie der Pferde zu mutmaßen, sind später von
Weinberg (39) (1908) die Larven der Oestriden in bezug auf hämotoxische Sub¬
stanzen untersucht worden. Es sei in Kürze das Wichtigste referiert: Die Einge¬
weide der Oestridenlarven enthalten im allgemeinen kein Blut. Indessen wenn
man die Larven einer großen Anzahl von Pferden untersucht, findet man solche,
deren Darm ganz von hämolysiertem Blut angefülit ist. Die Gastruslarven ernähren
sich also vom Blute ihres Wirtes, aber ihr Saugen findet intermittierend statt. Sie
sezernieren Substanzen, welche imstande sind, die Gerinnung des Blutes zu
hemmen und die roten Blutkörperchen aufzulösen. Diese Substanzen sind nicht
spezifisch und scheinen thermostabil zu sein. Das vergleichende Studium der ver¬
schiedenen Organe der Larven zeigt, daß der Extrakt des Corpus adiposum eben¬
falls hämotoxische Eigenschaften besitzt. Der rote Teil erweist sich viel wirk¬
samer als die gelben Zellen dieses Organes. Verfasser schließt daraus, daß ge¬
wisse Insekten, wie die Fliegen, die Stechmücken usw., welche sich vom Blute
anderer Tiere ernähren, auch selbst Stoffe sezernieren, die hämotoxisch wirken.
Andererseits sei es sehr wahrscheinlich, daß die Gastruslarven, wenn sie sehr
zahlreich, bei ihrem Wirte einen gewissen Grad von Anämie hervorrufen können.
Aus all diesen hier kurz angeführten Arbeiten über die Patho¬
genese der Gastruslarven, zu denen noch diejenigen von Kröning (40),
Wessel (41), Kersting (42), Thomas (43) u. a. 1 ) zu zählen sind, geht
hervor, daß von verschiedenen Autoren gewisse Krankheitszustände
der Pferde in einen direkten Zusammenhang mit den Gastrophilus-
larven gebracht worden sind, in erster Linie aber, wenn sie in größeren
Mengen vorgefunden wurden, dieser Zusammenhang rein mechanisch
gedeutet worden ist. Auf diese Weise wurden Kolikanfälle, Magen-
1) Siehe Literaturverzeichnis bei Friedberger-Frükner.
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 101
darmentzündungen, Perforation und Stenose als durch die Gastrus-
larven verursacht erkannt. Auf der anderen Seite ist von M. Ries (16)
und vor ihm schon von Cambron (38) (1866) auf Grund eines sehr
großen Beobachtungsmaterials die Hypothese aufgestellt worden, daß
die Oestriden, speziell die Gastruslarven, als Zwischenwirte für den
Erreger der perniziösen Anämie der Pferde anzusprechen seien, aller¬
dings ohne daß hierfür ein experimenteller Beweis erbracht werden
konnte. Aus diesem Grunde ist diese Hypothese von anderen Autoren
nicht angenommen worden.
Fassen wir nochmals zusammen, was über die Pathogenese der
Gastruslarven zurzeit bekannt ist, so ergibt sich in Anlehnung an
die Lehrbücher von Friedberger-Fröhner und Hutyra-Marek
folgende Zusammenstellung der Symptome: 1. Bei abnorm großer
Ansammlung der Larven: Verdauungsstörungen, Kolikerscheinungen,
wechselnde Freßlust, schlechteres Aussehen, Abmagerung, blasse
Färbung der Schleimhäute. 2. Perforation der Magenwandung durch
die Larven mit nachfolgender tödlicher Bauchfellentzündung oder ad¬
häsiver Peritonitis in der Umgebung des Magens. 3. Verirrungen der
Larven, z. B. ins Gehirn (Gehirnentzündung, apoplektische Anfälle),
in den Kehlkopf (Dyspnoe, Erstickung), in die Blase (Kolik, Harn¬
verhaltung) und endlich in die Subkutis.
F. Rückblick.
Vergleicht man die obigen Resultate der experimentellen Ver¬
suche bezüglich der Wirkung der Gastruslarven-Extrakte mit den be¬
kannten Wirkungen der Extrakte anderer Darmparasiten, sei es der
Pferde oder anderer Tiere, so ergibt sich von vornherein ein dia¬
metraler Gegensatz in der Spezifizität der Giftigkeit der Gastrus¬
larven-Extrakte für das Pferd (resp. den Esel). Während es bekannt
ist, daß mittelst anderer Parasitenextrakte, z. B. von Ascaris, eben¬
falls Anämien erzeugt werden können, ist zu beachten, daß letztere
Anämien den Typus einer sekundären Anämie aufweisen und in
keiner Weise, weder im Blut- noch Organbild, an die perniziöse, d. h.
sogenannte primäre Anämie erinnern. Während es in den Askaris-
extrakten [vgl. Flury (44)] ungesättigte Fettsäuren usw. sind, die
ganz allgemein in unspezifischer Weise anämische Zustände herbei¬
führen, handelt es sich hier um eine spezifisch für das Pferd toxische
Substanz, die ausschließlich beim Pferde die Anämie herbeiführt.
Weiterhin ist es der klinische Verlauf der Erkrankung nach lang-
102
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
dauernden Gastrusextrakt-Injektionen, der die Wirkung der letzteren
aus der Reihe der übrigen Helminthenextrakte heraushebt, vor allem
die Fiebertemperaturen, die dem Ganzen den Charakter einer Infek¬
tionskrankheit verleihen. Und dies überrascht zunächst ebenso wie
die oben festgestellte Uebertragbarkeit dieses Krankheitszustandes, eine
Uebertragbarkeit, die, wie wir oben schon erwähnt haben (vgl. S. 70),
noch ihrer endgültigen Erklärung harrt.
Wir haben uns auch in diesem nur zusararaenfassenden Bericht
darauf beschränkt, über Tatsachen zu berichten, und es unterlassen,
des näheren uns in Hypothesen, speziell betreffs der Uebertragbar¬
keit, einzulassen. Wir glauben uns erst nach Anstellung weiterer dies¬
bezüglicher Versuche hierzu berechtigt. Aus den obigen Unter¬
suchungen möge hervorgehen, daß dem Oestrin der Gastruslarven in
der Reihe der Parasitengifte eine besonders wichtige, allgemein patho¬
logische Bedeutung zugesprochen werden muß. In einer demnächst
erscheinenden Arbeit des einen von uns (aus dem chemisch-physio¬
logischen Institut von Herrn Prof. Hofmeister) wird über die
chemischen Eigenschaften und die sonstige Natur dieses Giftes Bericht
erstattet werden.
(1. Nachtrag.
Nach Fertigstellung unserer Arbeit gelangte der Bericht der
japanischen Untersuchungskoramission über die perniziöse Anämie der
Pferde, der im vorigen Monat erschienen ist, in unsere Hände (Report
on the results obtained by the special Committee for the Investigation
of infectious anemia among horses, Tokyo 1914. 59 Seiten, 13 Tafeln).
Wir können nicht umhin, die Resultate der Arbeiten dieser Kom¬
mission, die aus 17 Mitgliedern (unter anderem Shiga) bestand, hier
nur kurz anzuführen und in Beziehung zu unseren oben mitgeteilten
Untersuchungen zu bringen. Die umfassende Arbeit dieser Kommission
erstreckte sich auf 4 Jahre 10 Monate und dauerte von Juli 1909
bis März 1914. Die Versuche wurden bei der Bedeutung, die dieser
Krankheit in Japan zukommt (jährlich über 500 Fälle), an einem
Material von 980 Pferden, 1 Esel, 7 Kälbern, 5 Ziegen, 6 Schafen,
7 Schweinen und anderem Kleintier ausgeführt. Die Kosten beliefen
sich insgesamt auf über 80 000 Yen (= etwa 170 000 M.).
Die wichtigsten Resultate sind, kurz zusammengefaßt, folgende:
Mikroskopischer oder kultureller Nachweis eines Infektionserregers mißlang.
Das Virus passiert ßerkefeld- und Chamberland-l'ilter. Das Virus konnte
mittelst Verimpfung auf gesunde Pferde nachgewiesen werden in Blut, Milz, Leber,
Wesen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 103
Nieren, Rückenmark, Lymphdrüsen, Speicheldrüsen, Muskeln, Lungen und Knochen¬
mark, desgleichen in Milch und Urin, nicht hingegen in den Fäzes und im
Schweiß.
Die Inkubationszeit nach Serumübertragung schwankt zwischen 3 und
29 Tagen und scheint abhängig von der Menge des injizierten Serums.
Das Virus wird unwirksam durch 2,5—5,0 pCt. gallensaures Natrium, durch
Erhitzen auf 60° 1 Stunde lang, durch 2 Stunden dauernde volle Sonnen¬
belichtung. Es wird nicht beeinflußt durch Chloroform und Toluol, ebenfalls nicht
durch Kälte (—9°, monatelang).
Das Virus bleibt im Blute von Rekonvaleszenten auf Jahre hinaus virulent
für andere Pferde, in einem Fall z. B. 3 Jahre (Inkubation nach Uebertragung von
normaler Dauer), in einem anderen Fall 4 Jahre (Inkubationszeit 65 Tage!), endlich
in einem weiteren Falle erwies sich das Blut nach 5 Jahren avirulent.
Die Krankheit ist übertragbar auf Esel, ferner auf Schweine. Auch junge
Ziegen und Schafe zeigen leichte, febrile Temperatursteigerungen. Andere Tiere
sind völlig unempfänglich.
Ueber den Infektionsmodus wurde festgestellt: Es wurden relativ wenig
Stallinfektionen beobachtet, die Mehrzahl der Pferde erkrankte auf der Weide.
Eine Erkrankung gesunder Pferde nach Urinübertragung per os trat nicht
immer mit Sicherheit auf und nur nach längerer Verabreichung großer Mengen
(z. B. täglich 100 ccm 30 Tage lang). Ein Tier erhielt 2mal täglich 100 ccm über
120 Tage lang, ohne zu erkranken.
Eine Uebertragung der Krankheit mittelst Fäzes per os ließ sich niemals er¬
zielen.
Durch sinnreiche Experimente mittelst großer, von feiner Drahtgaze oin-
geschlossener, im Freien errichteter Boxen ließ sich mit Wahrscheinlichkeit, die
nahezu an Gewißheit grenzt, der Nachweis führen, daß die Krankheit nur durch
die Vermittlung fliegender Insekten übertragen werden kann.
Ein sicherer Nachweis, welche Fliegen hierfür verantwortlich zu machen
sind, konnte nicht erbracht werden. Als in Betracht kommend werden erachtet:
Ixodidae, Gastrophilus equi, Culecidae, Simulium, Stomoxis calcitrans und endlich
die Tabanidae. Die Ixodidae (Zecken) kommen nicht in Betracht, weil sie nicht
fliegen, und weil durch eine Uebertragung der Zecken von kranken Pferden auf
gesunde keine Uebertragung der Krankheit erzielt werden konnte. Gastrophilus
equi schien unwahrscheinlich aus dem Grunde, weil diese Fliegen nicht zu den
blutsaugenden Insekten gehören. Es wurden einige Larven aus dem Magen eines
an perniziöser Anämie verendeten Pferdes zerrieben, filtriert und einmalig hiervon
eine kleine Menge davon auf gesunde Pferde injiziert, das Resultat war negativ.
Die Culecidae (Moskitos) werden nur im Stall gefunden und kommen daher auch
nicht in Frage. Simulium (Sandfliege) wurde ebenfalls ausgeschlossen, da alle
diesbezüglichen Experimente negativ ausfielen. Und in gleichem Sinne negativ
fielen die Versuche, die in gleicher Weise mit Stomoxis calcitrans (Stallfliegen) an¬
gestellt wurden, aus. Es blieben demnach nur noch die Tabanidae (Pferdebremsen)
übrig. Da es nicht gelang, diese Fliegen längere Zeit am Leben zu erhalten, mi߬
langen auch mit diesen Insekten alle Uebertragungsversuc-he. Ausgehend von der
Tatsache, daß die Krankheit zeitlich zusammenfällt mit dem Auftreten der
104
K. R. SEYDERHELM und R. SEYDERHELM,
Tabaniden und im Zusammenhang damit, daß die anderen obengenannten blut¬
saugenden Insekten wahrscheinlich nicht für eine UebertraguDg in Frage kommen,
glauben sich die japanischen Forsoher zu dem Schluß berechtigt, daß die
perniziöse Anämie der Pferde durch die Vermittlung der Tabaniden,
der sogenannten Pferdebremsen, vermittelt wird.
Pathologisch-anatomische Untersuchungen ergaben u. a.:
a) Makroskopisch: Anämie, Hydrämie, Blutungen, Hydrops des Herzbeutels,
Milzvergrößerung, Leberschwellung, Umwandlung des Knochenmarks in eine
schwarze Masse usw.
b) Histologisch: Parenchymatöse Degeneration, Knochenmark sehr blutreich,
von Rundzellen infiltriert. Milz: Blutungen, Proliferation von großen mono¬
nukleären Zellen. Leber: Fettinfiltration, Leberzellenatrophie, Kapillarerweite¬
rung, Hämosiderose, ferner Infiltration von Rundzellen im Interstitium
und in den Läppchen. Nieren: Blutungen, zuweilen Rundzelleninfiltration.
Herzmuskel: zuweilen fettige Degeneration.
Zusammenfassend wird bemerkt, daß die Krankheit in manchen Befunden,
vor allem in dem Vorkommen der genannten Rundzelleninfiltrationen in der Leber,
den Nieren und in der Proliferation der Pulpazellen der Milz an das Bild der
Leukämie erinnert (vgl. auch Abbildung auf Tafel IV).
Blutuntersuchungen ergaben u.a.: Gerinnung verzögert. Hämoglobin¬
verminderung bis herab zu 25—15pCt. Zahlreiche Mikrozyten, wenig Makrozyten
und Poikilozyten. Erythrozytenzahl vermindert, unter Umständen bis 1120000.
Leukozyten meist vermindert, Mononukloäre vermehrt.
Klinischer Verlauf: Akut, subakut oder chronisch. Prognose nahezu
lOOpCt. Mortalität.
Diagnose: In zweifelhaften Fällen nur durch Uebertragung von Blut auf
gesunde Pferde möglich.
Therapie: Zahlreiche Medikamente wurden versucht, alle ohne Erfolg:
Perubalsam, Chinin, Natrium salicylicum, Ichthyol, Jodnatrium, Merkurol (diese
Medikamente, die je 12 Wochen lang an je 5 bis 6 Pferden), Kollargol, Arseno-
phenylglyzin, Salvarsan, Atoxyl, Eisenkakodylat, Veratrin, Thymol, Holzteer, Anti-
monsulphat, Lezithin, Cholesterin, Nukleinsäure, Antifebrin, Phenazetin, Knochen¬
markextrakt, Natrium bicarbonicum u. a.
Immunisierungsversuche: Weder mit Serum von genesenen Pferden,
noch mit durch Erhitzen oder sonstwie „abgeschwächtem“ Serum (Tierpassago usw.)
gelang es, ein Immunserum zu gewinnen.
Diese Resultate der japanischen Untersuchungskommission sind
insofern von großem Wert, als sie nicht nur die Resultate von Carre-
Vallee, v. Ostertag, Marek u. a. 1 ) bestätigen, sondern auch
eine Reihe neuer Tatsachen ans Licht gefördert haben, vor allem:
Die Uebertragbarkeit der Krankheit auf Schweine, die Abhängigkeit
der Inkubationszeit nach Blutübertragung von der Menge des inji-
1) In der genannten japanischen Arbeit fehlen diesbezügliche Literatur¬
angaben.
Wosen, Ursache und Therapie der perniziösen Anämie der Pferde. 105
zierten Serums, die für die Uebertragung in natura geringe Bedeutung
der Urinvirulenz, die A Virulenz der Fäzes.
Eine Reihe weiterer Befunde sind dann speziell in Beziehung zu
den obigen von uns gewonnenen Resultaten zu setzen: Die Rund¬
zelleninfiltrationen in der Leber und zuweilen in den Nieren werden
mit Recht mit leukämischen Verhältnissen verglichen; die Verfasser
haben also im gleichen Sinne gedeutet, was durch die obige Arbeit
als myeloide Umwandlung der genannten Organe von uns des näheren
analysiert worden ist.
Das Wichtigste der Arbeit ist jedoch der experimentelle Nach¬
weis, daß die Uebertragung, bzw. das Auftreten der Krank¬
heit von der Existenz fliegender Insekten abhängig ist.
Der weitere Schluß, daß es die Tabaniden (Pferdebremsen) sind,
denen diese Rolle zuzuschreiben ist, erscheint uns hingegen völlig
unbewiesen. Es seien Form und Begründung dieses Schlusses hier
angeführt:
„But deducing from the fact that the iofection takes place both in the mixed
pasturing and in thee wood enclosures at the periode of the appearance of horse-
flies and that other bloodsuckung insects are not likely to be the virus-transmit-
ters, as was already discribed, we canot ascape from the conclusion that the in-
fection of the disease is accomplished trough the agency of the borse-fly“.
Dem muß gegenüber gehalten werden: Daß der Versuch der Ueber¬
tragung durch einmalige (!) Injektion von Gastrusextrakt (von Larven
eines perniziös-anämischen Pferdes) nicht gelungen ist, hat die japa¬
nischen Forscher davon abgehalten, die Gastruslarven weiter in Frage
zu ziehen. Daß sich auf der anderen Seite eine Uebertragung durch
Tabaniden ebensowenig experimentell nachweisen ließ, hat sie hin¬
gegen nicht davon abgehalten, letztere für die Verbreitung der Krank¬
heit verantwortlich zu machen. Als einziger „Beweis“ für diese letz¬
tere Annahme bleibt die Tatsache bestehen, daß das Auftreten der
Krankheit und das Fliegen der Tabaniden in die gleiche Jahreszeit
fallen. Es leuchtet ein, daß a priori von diesem Gesichtspunkt
aus mit dem gleichen Recht die Oestriden, die Gastruslarven, in Be¬
tracht gezogen werden müssen. Bedeutungsvoll für die von uns ge¬
wonnenen Resultate ist die Tatsache, daß sich in der Tat auch in
Japan bei den perniziös-anämischen Pferden die Gastruslarven finden.
Alles in allem bedeutet demnach die genannte japanische Arbeit
in gewissem Sinne bereits eine Bestätigung nicht nur unserer histo¬
logischen Untersuchungen, speziell bezüglich der leukämischen Verände¬
rungen in den Organen, sondern auch, wenn auch zunächst nur in-
106 K. R. SEYDERHELM u. R. SEYDERHELM, Perniziöse Anämie der Pferde.
direkt, eine Bestätigung unserer obigen Resultate hinsichtlich der
Verursachung der Krankheit durch die Oestriden.
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21) Dehio, Verh. d. Kongresses f. innere Med. 1892. — 22) Schaumann, Hel-
singfors 1894 und Volkmanns Sammlung klin. Vorträge Nr. 287. — 23) Orlowsky,
Wratsch. 1903. No. 22. — 24) Courmont u. Andr6, Semaine m<$d. 1903 und
Journ. de physiol. et de path. g6n. 1903. p. 353. — 25) Bard, Sem. med. 1902.
p. 241. — 26) Askanazy, Zeitschr. f. klin. Med. 1895. Bd. 27. — 27) Litten
u. Michaelis, Fortschritte der Med. 1904. Nr. 38. — 28) v. Noorden, Handb.
der Pathol. des Stoffwechsels. 1906. S. 509. — 29) Bloch, Deutsches Arch. f.
klin. Med. 1903. Heft 3—4. — 30) P. Th. Müller, Vorlesungen über Infektion
und Immunität. 1912. —31) Schaumann u. Tallquist, Deutsche med. Wochen¬
schrift. 1898. Nr. 20. —32) Soiffert, Zeitschr. f. Veterinärkde. Bd. 16. S. 117. —
33) Guyot, Arch. de parasitologie. 1901. T. 4. — 34) M. Weinberg, Annalcs
de l’inst. Pasteur. 1907. T. 21. — 35) Petit, Receueil de med. vet. 1910. T. 57.
p. 633. — 36) Perron cito, Fortschritte der Veterinärhygiene. 1903. Heft 1. —
37) Rexilius, Zeitschr. f. Veterinärkde. 1905. S. 15. — 38) Cambron, Ann.
vet. 1866. p. 454. — 39) M. Weinberg, Comptes rend. de soc. biol. 1908. T.65.
p. 75. — 40) Kröning, Zeitschr. f. Veterinärkde. 1906. S. 202. —41) Wessel,
Berliner tierärztl. Wochenschr. 1901. S. 156. — 42) Kersting, Nachgelassene
Manuskripte. 1818. S. 216. — 43) Thomas, Sachs. Jahresber. 1895. S. 158. —
44) Flury, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmak. Bd. 67. S. 275. — 45) R. Seyder-
helm, Ueber die perniziöse Anämie der Pferde. Beitrag zur vergl. Pathologie der
Blutkrankbeiten. Beiträge zur path. Anat. und allgem. Pathologie. 1914. Bd. 58.
S. 285. — 46) K. R. Seyderhelm u. R. Seyderhelm, Die Ursache der perni¬
ziösen Anämie der Pferde. Ein Beitrag zum Problem des ultravisiblen Virus.
Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmak. 1914. Bd. 76. S. 149.
III.
Aus dem pathologischen Institut der Kgl. Tierärztl. Hochschule zu Berlin
(Direktor: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. W. Schütz).
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
Von
Stabsveterinär Karl Schulz,
Dr. med. vot der Universität Bern.
(Hierzu Tafel I und 5 Abbildungen ira Text.)
Unsere Kenntnisse über die pathologischen Veränderungen, die
bei der Katarakt der Pferdelinse vorliegen, sind bisher recht mangel¬
haft. Die Angaben in der Literatur und besonders in den tierärzt¬
lichen Lehrbüchern über Augenheilkunde reichen nicht aus, um diese
Veränderungen kennen zu lernen; sie sind im allgemeinen nicht
die Ergebnisse besonderer und eingehender Untersuchungen kata’rak-
töser Pferdelinsen, sondern meist nur Uebertragungen von Befunden,
die an Linsen von Menschen und an Linsen kleiner Versuchstiere ge¬
legentlich gemacht worden sind. Die einzigen Untersuchungen über
die Katarakt in Pferdelinsen hat Mette gemacht. Seiner Arbeit sind
die histologischen Veränderungen von 19 kataraktösen Linsen zugrunde
gelegt.
Dieselbe Aufgabe hat mir Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schütz
während meines Aufenthaltes im pathologischen Institut zur Bearbei¬
tung übertragen. Dabei bin ich zu Ergebnissen gekommen, die für
die Veterinärophthalmologie nicht ohne Bedeutung sind und hoffentlich
sehr vielen Kollegen zur Mitarbeit auf diesem Gebiete Anlaß geben
werden.
Geschichte.
Unter „Katarakt“ oder „Star“ verstehen wir im allgemeinen
Trübungen der Linse, die mit Sehstörungen verbunden sind. Das Wort
„Katarakt“ (von xai«${,)}yn/u = herabfallen) bedeutet herabfließendes
Wasser (Wasserfall).
108 SCHULZ,
Es scheint bei den alten Griechen für eine Krankheit der Augen nicht im
Gebrauche gewesen zu sein, wenigstens finden sich in den Aphorismen des Hippo-
krates und in den Schriften anderer griechischer Autoren nur die Ausdrücke
yXavxtoöic, yXarxcofia {ykavxoc = meergrün) und vttöxvCic oder vTtöxvfia
(vn 0 x ^(0 = ich gieße herab) vor. Von diesen griechischen Bezeichnungen haben
die römischen Schriftsteller, wie Celsus in seiner Enzyklopädie oder Plinius in
seiner „Historia naturalis u das Wort„glaucoma u beibehalten und „tVro^rovc“ mit
suffusio (von suffundere = heruntergießen) übersetzt. Aus dieser Uebersetzung
muß man folgern, daß die Griechen den Sitz der Krankheit nicht in der Linse,
sondern vor derselben gesucht haben. Sie haben das Auge durch einen allmäh¬
lich sich ausbreitenden Schleier erblinden gesehen und sich die Entstehung so
gedacht, daß vom Hirn in den Sehraum ein schleimiger Flüssigkeitstropfen herab¬
gefallen sei, der zu einem grauen Häutchen gerann. Auch nach Galens Ansicht
war die Veränderung durch ein kleines Häutchen in der Pupille gedacht, das sich
aus dem Humor aquaeus gebildet haben sollte.
Das Wort „Cataracta“ kommt zuerst in einer Schrift des salernitanischen
Arztes Matteus Platearius um 1150 vor und bedeutet offenbar dasselbe, wie
die viröxvGtg der Griechen oder die „suffusio“ der Römer.
Die deutsche Bezeichnung „Star“ ist sehr alt. In dem aus dem achten Jahr¬
hundert stammenden „Glossarium Keronis“ (Kero Benediktinermönch in St.Gallen
um 750) beißt es „hyaena bestia staraplint, cuius pupillae lapideae sunt“.
Nach dem Wörterbuch von Weigand wird „Star“ von dem gotischen Worte
„staöran“ oder „störan“ (= unbeweglich, stehen) abgeleitet, aus dem später
Staren oder starn (= die Augen unbeweglich auf etwas richten, starren) gemacht
worden ist. „Star“ bedeutete also so viel wie Augenstarre.
In späterer Zeit ist das Wort für verschiedene Augenkrankheiten angewandt
worden, die durch Beiwörter, wie weißer, grüner, grauer, schwarzer“ Star ausein¬
gehalten wurden. Um 1500 glaubte man sogar, daß der mit dem Namen „Star“
bezeicbnete Vogel mit diesen Augenkrankheiten in ätiologische Verbindung ge¬
bracht werden müsse. Es wurde angenommen, daß der Star dadurch entstehe, daß
man den erwähnten Vogel häufig esse oder Wasser trinke, von dem er getrunken
oder in dem er sich gebadet habe.
Die Auffassung Galens über den Sitz der Katarakt ist bis zum Anfänge des
18. Jahrhunderts maßgebend gewesen. Erst Brisseau und Maitre Jean in den
Verhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Paris (1705 bislTOB) sprachen
die Ansicht aus, daß die Ursache der Sehstörung in der Linse liege. Indes schon
vorher hatten Werner Rolfing, Professor in Jena, Franz Quarrd und Emil
Lasnier in Paris, sowie Boerhaave in Leiden gelehrt, daß die Katarakt nichts
anderes als der getrübte Kristall sei, und daß es unrichtig sei, die Krankheit auf
eine Trübung in der vorderen Augenkammer zurückzuführen. Diese Auffassung
fand jedoch bei den Zeitgenossen keinen Anklang. Nur Lorenz Heister, Pro¬
fessor in Altdorf und Helmstedt, trat in seinen „Tractatus de cataracta glaucomate
et amaurosi“ Altdorf 1713 mit Entschiedenheit für diese neue Lehre ein.
Die Ophthalmologen des 18. Jahrhunderts haben ihr Augenmerk im wesent¬
lichen auf die Vervollkommnung der Staroperation gerichtet. Aber auch dabei
waren sie imstande, Kenntnisse über die Krankheiten des Linsensystems bzw. die
Stadien über die Katarakt in Pferdelinsen.
109
Katarakt zu sammeln. Dagegen konnten sie für die Lösung der Frage über die der
Krankheit zu Grunde liegenden anatomischen Veränderungen ohne Hilfe feinerer
Untersuohungsmittel nur wenig beitragen.
Wesentliche Fortschritte wurden erst gemacht, als mit der Einführung des
Mikroskops in die anatomische Untersuchung die Möglichkeit für eine feinere histo¬
logische Forschung geboten war. Von den Arbeiten des 18. Jahrhunderts über die
normale Anatomie des Sehorgans sind besonders die von Jacques Benigne
Winslow (1733) und die von Johann Gottfried Zinn (1755) erwähnenswert,
weil diese Autoren versucht haben, die Struktur der Linse zu ergründen.
Ueber die Kenntnisse jener Zeit in der pathologischen Anatomie des Auges
gibt uns das klassische Werk von Morgagni 1761 (de sedibus morborum) Auf¬
schluß. Morgagni kannte schon die Verkalkung der Linse, die Verwachsung
derselben mit der Hornhaut, den Schwund der Linse u. a. Er sagt, daß der ge¬
meine Star, Cataracta, nicht auf einem Herabsinken zäher Materie aus dem Hirn
ins Auge beruhe, sondern daß die Kristallinse trocken und undurchsichtig werden
müsse, wie wenn sie aus dem Auge herausgenommen worden wäre, sobald die
Absonderung wässeriger Feuchtigkeit unter der Linsenkapsel aufgehört habe.
Die ersten umfangreicheren Veröffentlichungen über die pathologische Anatomie
kataraktöser Linsen sind in der Mitte des vorigen Jahrhunderts aus Anlaß einer
Streitfrage über den Sitz der Trübung bei der Kapselkatarakt von zwei jungen
deutschen Aerzten, Höring und Stricker, verfaßt worden.
Von den später erschienenen Arbeiten sind hauptsächlich die von Jäger
über Schichtstar, von Schweigger über Kapselstar, von Förster über senilen
Star und vor allem Beckers „Pathologie und Therapie des Linsensystems“ und
„Zur Anatomie der gesunden und kranken Linse“ zu nennen. Durch diese
Arbeiten sind unsere Kenntnisse über die Kataraktbildung wesentlich gefördert
worden.
Ueber den jetzigen Stand der Kenntnisse auf dem Gebiete der Augenheil¬
kunde gibt dasHandbuch für die gesamteAugenheilkunde von Graefe-Saemisch
genaue Auskunft, dessen einzelne Kapitel durch die hervorragendsten deutschen
Ophthalmologen bearbeitet worden sind.
In der Veterinärmedizin haben sich Möller, Beyer, Berlin, Evers-
busch, Schlampp, Zietzschmann u. a. gleichfalls große Verdienste um die
Augenheilkunde erworben. Diese Verdiensteliegen aber mehr auf praktischem Gebiete;
denn in den Arbeiten der genannten Forscher sind in derHauptsache die klinischen
und therapeutischen Gesichtspunkte beachtet worden. Es reicht jedoch nicht aus,
die klinischen Erscheinungen der Krankheiten zu ermitteln, sondern wir wollen
auch die pathologisch-anatomischen Veränderungen kennen lernen, auf die diese
Erscheinungen zu beziehen sind. Die Lehrbücher über Augenheilkunde von
Möller und Beyer geben weder ein klares Bild von den Abweichungen, die den
verschiedenen Linsentrübungen zugrunde liegen, noch besprechen sie die Entwick¬
lung derselben. Dazu kommt, daß sie die Frage, ob die krankhaften Prozesse bei
den verschiedenen Tierarten wechseln, wie aus den zum Teil nicht unerheblichen
Abweichungen in der normalen Beschaffenheit ihrer Linsen zu erwarten ist, ganz
unberücksichtigt lassen. Sie bedarf deshalb weiterer wesentlicher Vervollstän¬
digung.
110
SCHULZ,
Die Erkenntnis dieser Mängel hat die Berliner Tierärztliche Hochschule im
Jahre 1906 zur Stellung einer Preisaufgabe veranlaßt, deren Bearbeitung eine
Klärung der pathologisch-histologischen Veränderungen der Linse bei den ver¬
schiedenen Kataraktformen des Pferdes herbeiführen sollte. An der Lösung dieser
Aufgabe hat sich Mette unter Leitung des Prof. Dr. Eberlein beteiligt. Mette
hat als Ergebnis seiner Untersuchungen unterschieden zwischen Veränderungen:
1. an der Linsenkapsel, Cataracta capsularis; 2. an der Linsensubstanz, Cataracta
lenticularis, die wiederum als Cataracta corticalis und Cataracta nuclearis auf-
treten können, und 3. an der Linsenkapsel und der Linsensubstanz, Cataracta cap-
sulo-lenticularis. Im Einzelnen hat er folgendes angegeben:
1. An der Linsenkapsel:
a) Auflagerungen an der vorderen Kapsel. Die Auflagerungen be¬
standen aus dem Gewebe, dessen Struktur mit der der Kapsel übereinstimmte,
und das sich Farbstoffen (Hämatoxylin, Hämalaun) gegenüber ebenso verhielt,
wie die Kapsel. Gewebsfetzen und zahlreiche eingelagerte Pigmentkörnchen
deuteten darauf hin, daß eine Iritis bei der Bildung dieser kataraktösen Verände¬
rungen eine Rolle gespielt hatte. Unter den Auflagerungen konnte eine Atrophie
der Kapsel zustande kommen, die bis zu einer Zusammenhangstrennung der Kapsel¬
substanz an den verdünnten Stellen führte. Auch konnte das in die anschließende
Kortikalis hineindringende Stargewebe leicht zu weiteren Veränderungen Anlaß
geben.
b) In Bildung von fibrösem Gewebe an der Innenfläche der Kapsel.
Das fibröse Gewebe war der Struktur der Kapsel ähnlich und nahm bisweilen eine
größere Ausdehnung und Schichtung an, so daß sich die Kapsel von der eigent¬
lichen Linsensubstanz abhob und Vorsprünge und Falten bildete.
c) In Wucherungen des Epithels an der Innenfläche der Linse.
Das Epithel lag gewöhnlich in mehreren Schichten der Kapselsubstanz an, fand
sich aber auch unter der hinteren Kapsel und sandte bisweilen größere und kleinere
zapfenartige Fortsätze in die Linsenmasse hinein. Die letzteren erstreckten sich
gewöhnlich nicht über die Kortikalis hinaus, lenkten aber die Fasern von ihrem
normalen Verlaufe ab. Die Zeliwucherungen ragten auch bis in den Linsenkern
hinein und verursachten strichförmige Linsentrübungen. Oft fand sich an den
Zellen eine helle Zone, die den Kern umgab. Diese Zellen zeichneten sich durch
eine auffallend helle Beschaffenheit aus.
In einem Falle beobachte Mette faserartige gelbe Einlagerungen auf
der Innenfläche der Vorderkapsel, die er für organisierte Fibrin¬
massen hielt.
2. An der Linsensubstanz
fanden sich folgende anatomische Zustände:
a) Ausgedehnte Sklerose und Zerfall der Linsenfasern. Diese
Abweichung fand sich sehr häufig. Die Linsenfasern erschienen hierbei dick, auf¬
gequollen und mehr oder weniger intensiv gefärbt. Bisweilen enthielten sie auch
stärker lichtbrechende Tröpfchen. Ihre Konturen waren unregelmäßig und ihr
Verlauf geschlängelt. Zwischen den Fasern sab man tröpfchenförmige, rundliche
Gebilde, Morgagnische Kugeln, kleine, stark lichtbrechende Kristalle, sowie dunkle
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
111
Chromatinkörperchen, die Ueberreste zerfallener Kerne. Mitunter umschlossen die
Fasern kleinere und größere, längliche und runde Hohlräume.
An den Faserkernen zeigten sich die bekannten Degenerationsvorgänge. Die
Chromatinsubstanzen hoben sich als intensiver gefärbte Massen von dem übrigen
Kerninhalt ab. Die Konturen der Kerne waren unregelmäßig, runzelig, bisweilen
verschwommen. Mitunter waren als Ueberbleibsel der Kerne nur noch Nukleus¬
masse und kleine Chromatinkörperchen zu erkennen.
b) Vakuolenbildung. Dieselbe war sehr häufig. Motte fand Vakuolen
vorzugsweise in der Kortikalis, aber auch zwischen Linsenkapsel und Rinden¬
schicht, unregelmäßig angeordnet. Oefters waren sie auf eine den Kern ringförmig
umgebende Zone beschränkt (Cat. zonularis). Seltener traten sie im Kerne zer¬
streut auf. Meist waren sie von Chromatinkörperchen umlagert oder ausgefüllt.
c) Morgagnische Kugeln. Diese Kugeln zeigten sich als rundliche Ge¬
bilde von verschiedener Größe und waren mit dem Liquor Morgagni, sowie mit
Detritusmassen, welche meist zu einer strukturlosen Substanz koaguliert waren,
mehr oder weniger angefüllt. Sie fanden sich in den Spalten zwischen den Linsen¬
fasern reihenförmig, rosenkranzartig oder zu Häufchen und Klümpchen angeordnet.
Oft waren sie so dicht aneinander gelagert, daß sie das Aussehen von Schollen
annahmen. llämatoxylin färbte sie gleichmäßig dunkelblau, van Gieson braun¬
rot. In einem Präparate zeigten mehrere dieser Gebilde hellere Stellen, als ob sie
in ihrem Innern Bläschen enthielten. Die bandartigen, intensiv gefärbten Streifen,
die in manchen Präparaten von der Mitte nach der Peripherie zogen, stellten von
den Linsenfasern stammende Detritusmassen dar, die sich in Spalten der Linsen¬
substanz ergossen hatten und hier koaguliert waren. Die hierin bisweilen sich
zeigenden Granula waren Chromatinkörperchen.
d) Fettige Degeneration der Linsenfasern. Die Fettkügelchen waren
durch die Behandlung der Linse aufgelöst, so daß ihr Nachweis sehr schwer war.
Der Autor will jedoch in zwei Fällen Fett in Form kleiner, zu traubenartigen Ge¬
bilden vereinigter Kügelchen einwandsfrei nachgewiesen und in einem atro¬
phischen Bulbus Fettzellen angetroffen haben.
e) Cholesterinkristalle. Wiederholt fanden sich Kristalle, die ihrer
Form nach von Mette als Cholesterinkristalle bezeichnet wurden. Der Nachweis
des Cholesterins durch Zusatz von Lugolscher Lösung und Schwefelsäure ist ihm
jedoch nicht gelungen.
f) Kalkablagerungen in die Linsensubstanz waren häufig und bei
reichlichem Vorhandensein schon an dem Knirschen des Mikrotommessers beim
Schneiden zu erkennen. An Präparaten, die mit Lugolscher Lösung gefärbt waren,
erkannte man Kalkkristalle und Kalkschichten leicht, da sie sich als starke, licht-
brechende, glänzende, bisweilen weiße Gebilde von der übrigen Linsenmasse ab¬
hoben. Kohlensäuren Kalk konnte Mette nicht nachweisen.
g) HämatoYdinkristallc zeigten sich als golbrote bis rubinrote Kristalle
und waren in großer Anzahl in den mit Cataracta symptomatica behafteten Linsen
enthalten. Mette hat sie nicht allein in den oberflächlichen, sondern auch in den
tieferen Schichten der kranken Linsen gefunden. Die Blutbcstandteile sollen nach
Ansicht von Motte mit dem Lymphstrome in die Linse gelangt sein.
112 SCHULZ,
b) Bindegewebige Entartung. In zwei atrophischen Augäpfeln waren
die Linsen vollkommen bindegewebig entartet. Glatte Muskelfasern durchsetzten
die Linsensubstanz. Ein arterielles Blutgefäß trat in einer dieser Linsen besonders
deutlich hervor.
3. Bei der Cataracta capsulo-lenticularis
fanden sich anatomische Veränderungen an der Linsenkapsel und der
Linsensubstaz gleichzeitig vor. Die Veränderungen entsprachen im allge¬
meinen denen, die oben an der Linsenkapsel und der Linsensubstanz mitgeteilt
worden sind.
Zum richtigen Verständnis pathologischer Veränderungen eines
Organs ist eine genaue Kenntnis der normalen Verhältnisse desselben
notwendig. Die Angaben über den histologischen Bau der Linse des
Pferdes in unseren Lehrbüchern sind durchaus unzureichend und zum
Teil sogar unrichtig. Ich muß deshalb vorerst die Anatomie und
Histologie der gesunden Linse des Pferdes sowie die Ernährungsver¬
hältnisse derselben besprechen, ehe ich die Ergebnisse meiner patho¬
logisch-anatomischen Untersuchungen mitteilen kann.
Anatomie und Histologie.
Die Linse (Lens crystallina) ist ein glasheller, vollkommen durohsichtiger
Körper von bikonvexer Form, dessen beide Flächen in einem kreisförmigen abge¬
rundeten Rande (Aequator) ineinander übergehen (Abb. 1). Ihre vordere Fläche
(Facies anterior) ist weniger gewölbt als die hintere (Facies posterior). Bei Fohlen
sind die Flächen gewölbter als bei älteren Tieren, so daß die Linsen der ersteren
nahezu kugelig erscheinen. Ihre Scheitelpunkte werden als „vorderer und hinterer
Pol“, die Verbindungslinie der beiden Pole als „Linsenaxe“ bezeichnet.
Die Linse wird durch das Strahlenbändchen (Lig. Suspensorium lentis, Zonula
Zinnii) an dem Faltenkranze (Corpus ciliare) befestigt und in ihrer Lage erhalten.
Die Ziiiarfortsätze (Processus ciliares) des Faltenkranzes berühren den Linsenrand
nicht, sondern es bleibt ein Raum zwischen ihnen und der Linse übrig. Dieser
ringförmige (zirkumlentale) Raum ist beim Pferd etwa 0,5 mm breit.
Mit ihrer hinteren (vitrealen) Fläche liegt die Linse in der tellerförmigen
Grube des Glaskörpers (Fossa patellaris), mit ihrer vorderen (kornealen) steht sie
mit dem Kammerwasser der beiden Augenkammern und mit dem rückseitigen Rande
der Regenbogenhaut in Berührung. Letztere wölbt sie etwas nach vorne; es bleibt
jedoch ein kapillarer Spalt zwischen Regenbogenhaut und Linse, durch den die
hintere und die vordere Augenkammer miteinander in Verbindung stehen. Das von
hinten durch die Linse ausgefüllte und von dem Irisrande ringsherum begrenzte
querovale Loch heißt „Sehloch oder Pupille“.
Ueber Gewicht und Große der Linse sind wiederholt Untersuchungen ange¬
stellt worden. Es muß jedoch bemerkt werden, daß die Größe der Angenbulbi und
ihrer Teile mit der Größe der Pferde wechselt, und daß sich auch individuelle
Größenverschiedenheiten feststellen lassen. Auch ist zu beachten, daß Vorbehand-
Studiert \iher dte Katarakt m Pfcrö^iHsen
bjr^on der Linse »Ofttrierenla^se.n, Harten tu n,) di?.ijrn%. dnr JMiMeire:n vofhmteni
krauen
Oie L>Tirehsctiin'tts^ah!cn, wobei Foblenuu^en fiiohf in Heirat hi ‘/'wjgen
Manien sind. 'brtragtn nach mein*n P*si$u?liu!iiren:
‘des Augapfels.g
Cmubeht der Linse . . . . L8 5 B g
Ä ure h messer - . , :. . •* iL-ii? mki
Ad^e:ntiLn-!m*fsstM - H>- LJ rtüt*
Om M:ilr und rnnvieiito ' sind von mir an Violen nur»; ni« ht mit Omroi-
!uW>es lu a. teTänrtidien Fferiteaügen 4 l'O Suu-i oi narb dem Tode
9 ■■'■■ ivn. OamThab? Mi de- IteLb *•*» her om den MnsMa vcdiMönd'g TTeT Tot
r». ruo^iiohn hii ^ .u-.'M.oiM-o ond. iiie von den /onvGaLi,-m epr. rnnt.
; V^rtikdi^ Meriilinnuliidinitv durch <i'fe•
1 Zu.;ütiiO»rtur. , stJ’!!f na*’ii S^Oriir-ten duivh n-v.;o tooosV
Keilten# hat *T| der Logo) eine girnnsre Abnahme des Acniiaiori.ihhuvhnus^er: u.-d
/•M^UrOi;: d t “ /U;iumoiihv)im,ve.! 0 :-: /ui 'Tl;-*.
An :i0 * ianso ntUrraedieidir man du; Kap-M mit tldtD K am rLnUdT dtyibdteU
f-'rOL die Idnsensubsian?.. Die LinsensüLUanz tsi eine ;n)M-r; v/mdK. fej •<;•- :•
Ma.um, du, W\ Onudu Zug ii-w. inn.aLj e .io Kap i IfjW> f o ...
’&fotef a • L^um fUiru iTirnhsfrlntfiden I.iebi *<» arn-Mu,-;. W&huuid •;.*•• f >K-
r.*»xM5cTi« Teil Idiehk d^m trennendvn AL>sor aoodfiriLL Lr.-u,: f% ßifä
lirdvnlMide tfaxte rimt ist- :»-» aUo» Linsen f ; » : ; • • jjfjj.■; .- • ..•-.
To."hi :ö:tn die Luise naeh Krdtfntmg ihrer Kapsel /AVtWluu -a'Ui'-:r;o,.i /;,* ?rr*
r"f», so Ku\ smh die weiche AosseoM'hiFhf ab, m hhuuoi tite Lm;:r^s :•: oouxteü
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A' * d' :VV.Vr «: ;. L j's ,v|? $ ZT ' ■
114
SCHULZ,
Im kochenden Wasser gerinnt die Linsensubstanz wie Eiweiß. Bei längerem
Kochen löst sich die Rindensubstanz in kleine Teilchen auf, während der Kern ge¬
wöhnlich ganz bleibt. Durch chemische Substanzen, die Eiweiß zur Gerinnung
bringen, wird die Linsensubstanz hart. Eine chemische Analyse der Pferdelinse
ist bisher nicht bekannt. Bei Rinder- und Schaflinsen sind etwaSöpCt. Albumin-
stolTe und 65 pCt. II 2 0 ermittelt worden; daneben in geringen Mengen: Lezithin,
Cholesterin, Fett und lösliche und unlösliche Salze. Die Hälfte der Eiweißkörper
ist in Wasser und verdünnter Kochsalzlösung löslich. Der unlösliche Rest hat
ebenfalls die Zusammensetzung und Reaktion der Eiweißkörper und wird als
Albuminoid bezeichnet. Die Menge der löslichen Eiweißsubstanzen nimmt in der
Linse von außen nach innen ab, die der unlöslichen dagegen zu. Die löslichen
Eiweißkörper sind hauptsächlich globulinartige Substanzen, von denen man be¬
sonders das ic - und //-Kristallin unterscheidet. Der wässerige Auszug der Linse
reagiert alkalisch.
Legt man die Linse in eine schwache Silbernitratlösung (1:500—1000), so
treten an ihren beiden Flächen von den Polen nach der Peripherie hin verlaufende
schwarze Linien auf braunem Grunde hervor (Abb. 2a u. b). Diese Linien heißen
„Linsennähte“ und bilden in ihrer Gesamtheit die „Linsensterne“. Bei jüngeren
Pferden stellen die Linsensterne in der Regel dreistrahlige Figuren dar, die einem
([uerliegenden Ypsilon entsprechen, dessen einzelne Schenkel an der vorderen
Linsenlläche vom Pol temporal, an der hinteren vom Pol nasal verlaufen. Denkt
man sich beide Linsensterne in einer Fläche übereinander, so liegt ein Strahl der
einen Linsenlläche ungefähr in der Mitte zwischen zwei Strahlen der anderen. Bei
älteren Pferden sind die Sternstrahlen meist 2—3mal geteilt oder mehr oder
weniger baumartig verästelt; auch verlaufen die Strahlen oft nicht geradlinig,
sondern unregelmäßig gezackt. Mitunter ist die Zahl der Hauptstrahlen vermehrt.
Eine gewisse Regelmäßigkeit der Form ist bei den vielstrahligen Linsenfiguren
älterer Pferde gewöhnlich nicht nachzuweisen. Die Figur am Linsenpole ist selten
die eines wahren Sternes, da die Winkel zwischen den auslaufenden Strahlen meist
verschieden groß sind. Manchmal gehen die Strahlen auch von einer Linie anstatt
von einem gemeinsamen Pole aus. Die Bilder auf der vorderen und hinteren Fläche
der Linse stimmen daher häufig nicht überein.*
An herausgeschnittenen Augäpfeln kann man bei schräger Beleuchtung die
hintere Sternfigur in der Regel, die vordere dagegen nur häufig erkennen. Die
vorderen Strahlen erscheinen dabei als ein System dunkler Linien, während die
hinteren einen silbernen Glanz zeigen. Auch bei der klinischen Untersuchung sind
die Linsensterne mitunter deutlich sichtbar, wenn man eine genügend helle Licht¬
quelle möglichst dicht an die vordere Linsenlläche bringt.
Wird die Linse getrocknet oder gehärtet, so bildet sich auf ihren beiden
Flächen eine größere Anzahl bis zum Linsenrande verlaufender Strahlen, die zum
Teil direkt-vom Pol ausgehen, zum Teil auch sich als Nebenstrahlen abzweigen.
Von diesem gehen beiderseits wieder feine, manchmal kaum wahrnehmbare, nach
dem Aequator hin konkav gekrümmte Linien ab, so daß in ihrem Bereiche zierliche
wirbelartige Bilder, „die Linsenwirbel“ (Vertices lentis) entstehen. Treten in diesen
Wirbelfiguren die drei ursprünglichen Hauptstrahlen besonders deutlich hervor, so
lassen sich „Hauptwirbel“ und „Nebenwirbel“ unterscheiden.
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*r<WJ>i -/ WV* ' ; riiWv.?«VVi; ,?ife , 4,
ü -' t *•«
116
SCHULZ,
Bei Mazeration, beim Kochen und beim Behandeln mit Säuren klaffen die
Strahlen mehr oder weniger weit und tief auseinander. Reichen die so ent¬
standenen Spalten bis zur Kernmitte, so zerfällt die Linse in keilförmige Sektoren,
deren Spitzen in der Linsenaohse Zusammentreffen, während ihre gewölbte Basis
am Linsenrande gelegen ist.
Getrocknete oder gehärtete Linsen, die nachher kurze Zeit im Wasser gelegen
haben, lassen sich leicht in konzentrische Stücke zerlegen, die man wie die
Schalen einer Zwiebel abblättern kann. Die Dicke dieser Blätter ist verschieden
und gänzlich vom Zufall abhängig. Der harte Kern nimmt meist an dieser Blätter¬
spaltung nicht teil, sondern läßt sich nur in kleine Schüppchen zerlegen. Jedes
dieser Linsenblätter ist aus Fasern zusammengesetzt, deren Verlauf sich leicht dar¬
stellen läßt. Man darf nur mit der Pinzette ein Faserbündel an einer beliebigen
Stelle (am Pol, am Ende einer Naht oder in der Mitte zwischen beiden) erfassen
und seinen Verlauf über den Aequator bis zur anderen Linsenfläche verfolgen, so
wird man finden, daß es um so entfernter von einem Pole endet, je näher es an
dem anderen Pol beginnt. Keine Faser umfaßt die ganze Hälfte einer Linse. Sie
verlaufen in der Richtung gegen die beiden Pole, stoßen mit ihren Enden in den
Linsennähten zusammen und bilden auf diese Weise die Linsensterne. Unter dem
Linseustern haben wir also diejenige Figur zu verstehen, die durch Aneinander-
legon der natürlichen Enden der Linsenfasern gebildet wird.
Die Linsenkapsel (Capsula lentis) umgibt die Linse allseitig und erhält
sie durch ihre Festigkeit in Spannung. Sie ist aber mit der Linsensubstanz nur
locker verbunden und letztere quillt nach Anschneiden der Kapsel leicht heraus.
Bei Verletzungen zieht die Kapsel sich unter Faltenbildung zurück.
Am äquatorialen Rande der Kapsel setzt sich das fächerförmig ausgebreitete,
annähernd dreieckige Aufhängeband der Linse an, das mit der Spitze nach
dem Ziliarkörper, mit der Basis linsenwärts gerichtet ist. Es besteht aus einzelnen
Fasern und Faserbündelchen, die untereinander durch eine strukturlose Kittmasse
innig verbunden sind. Die Fasern treten hauptsächlich aus den Ziliartälern her¬
vor, ziehen zu beiden Seiten der Ziliarfortsätze vorbei und vereinigen sich zu
Bündeln. Die Fäden sind nach allen Seiten durch größere und kleinere Spalten
(Spatia zonularia) getrennt, in denen die Kittmasse fehlt, und die nach vorn mit
der hinteren Augenkammer und nach hinten mit den Lymphräumen des Glas¬
körpers in Verbindung stehen. Ein „Canalis Petiti“, der zwischen zwei membran¬
artigen Blättern der Zonula oder auch zwischen der Zonula und dem Glaskörper
vorhanden sein soll, ist beim Pferde nicht nachzuweisen.
Die Zonulafasern erleiden kurz vor ihrer Anheftung eine büschelförmige Auf¬
splitterung in Fibrillen, die, wie Wolfrun an der Zonula des menschlichen Auges
festgestellt hat, mit den oberflächlichsten Schichten der Kapsel innigst ver¬
schmolzen und deshalb nicht weiter zu verfolgen sind.
Die Kapsel zeigt von der Geburt bis zum erwachsenen Zustande des Pferdes
eine fortwährende Massenzunahme sowohl in der Fläche als in der Dicke; sie
nimmt gleichmäßig mit dem Wachstum der Linse zu. Ihre Dicke wechselt aber an
den verschiedenen Abschnitten. Ich habe sie an den in gleicher Weise vor¬
behandelten Linsen von 2 ein halbes Jahr alten Fohlen, 3 vier Jahre alten und lf>
über 10 Jahre alten Pferden gemessen und dabei folgendes ermittelt: Während die
iUw <lio Kutiiralc.t U» I’tyf'jeliiv1 17
yttersebfjiite gvsciieifiL iti» Kzvpee] völlig strukttirb?. RaUi hatigwar »»i
>). i Kapsel einet erül-ry^nuKM' )’ft-»-h-i = ah \ a- «im-s lamtilläreti Aul'baups
eine k«<ra'H.iisehe Sttetiung gHtunlen; ich jmlorfi .las Vor(iatid.etiseirt «in-
SflKlro bei ältere« Linseit ninK' bestätigen JoHnven. habe ich aber an-
•ter AüKoo&sifftvier Knpjtal fliite» <l>iek><-. .goto Men Santa gft&ilaen, Her einet ’’
•vlt*e:}>t rntsprecjien jiftifin. ut Hi« t-UHgßn Aüiotc» (A rtütlH,: Berger,
{/<«!) die Zctnniafasern nsjsiatiien.
lieber Hie Kniwli'klnn-r Her |yap-.oi »st frßhAf viel «es't'iu-ti wer Jen. Die
iälierflft Autoren (L»plim 1, ö h tv, Ai tu*t<11 Ule« sie lor :ftne linwanuiuttg aüe Her
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wenÜH’b lisii- c!a>tm\U Ur.s» halft;hhr-n urni fitnvh i|><. chpriMsj'b^ Ver*
iuU-f*. 25».«.'fc UuM ht iii* \v.»in/f npinjirh u>n \u>^cJ 1 »vi»11uifiroüUilit'or.'
I in^rn'iui-fo.f:/.. ^Pl <*a< i»^»rw »y.Ttt<:n U»»K tini-
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118
SCHULZ,
die Kerne nachzuweisen ist. Nach der Epithelgrenze zu ordnen sie sich allmählich
so an, daß sie zuletzt reihenförmig hintereinander stehen.
Im Querschnitte erscheinen die Epithelien in der Polgegend flach und platt-
gedruckt, nach dem Aequator zu werden sie aber allmählich höher und schmäler,
kubisch und an der Epithelgrenze sogar zylindrisch, so daß der Abnahme in der
Zellbreite eine Zunahme in der Zellhöhe entspricht (Abb. 1). Die Höhe der Epithel¬
zellen beträgt durchschnittlich am vorderen Pol 5 fit und am Aequator 17/1; dem¬
nach sind sie am Aequator über dreimal so hoch als am vorderen Pol. Bei 3 vier
Jahre alten Pferden waren die Epithelien am Aequator nur zweimal so hoch als
am vorderen Pol und bei einem halbjährigen Fohlen nur um ein Geringes höher.
Am Aequator stehen die' Epithelien senkrecht zur Oberfläche der Kapsel;
hinter demselben jedoch nehmen sie mehr und mehr eine schräge Stellung von
außen und hinten nach innen und vorn ein.
Die Kerne der Epithelien sind in der Polgegend länglich-oval und nehmen
fast die ganze Dicke der Zellen ein, während sie am Aequator mehr abgerundet
sind und der Durchmesser derselben kaum mehr als ein Drittel der Epithelhöhe
beträgt (B,5 : 17 fi). Auch liegen sie hier nicht in der Nähe der Zellbasis, sondern
sind mehr in das zentrale Zellende gerückt.
Die Innenfläche der Hinterkapsel ist epithelfrei, wenn wir von ihren
Endteilen am Aequator absehen. Bei Flächenansicht bemerkt man häufig auf ihr
zierliche netzartige Zeichnungen, die Epithelien vortäuscben können, aber als post¬
mortale Gerinnungsschichten zwischen der hinteren Rindenschicht und der Kapsel
aufzufassen sind. Sie entstehen durch Austritt von Flüssigkeit aus der Linsensub¬
stanz und stellen den Abdruck der Linsenfaserenden dar.
Durch eigentümliches Längenwachstum der Epithelzellen kommt es zur
Bildung von Linsenfasern, die in ihrer Gesamtheit die Linsen Substanz aus¬
machen. Bei mikroskopischer Untersuchung der frischen, ungehärteten Linsensub¬
stanz erscheinen die Fasern in der Flächenansicht als breite, von der Seite be¬
trachtet als schmale, eng aneinander liegende Bänder, ln Zupfpräparaten haben
sie im allgemeinen in ihrer ganzen Länge fast dieselbe Breite. An ihren Enden
pflegen sie leicht angeschwollen zu sein. Ihre Ränder sind meist glatt, manchmal
jedoch fein gezähnelt. Im letzteren Falle erscheinen sie wie mit kleinen Aus¬
wüchsen oder Buckeln besetzt. Den oberflächlich gelegenen Fasern fehlt die
Zähnelung in der Regel gänzlich, dagegen läßt sie sich an den schmalen Kanten
der zentralen Fasern gewöhnlich deutlich erkennen. Die Zähne sind entweder auf
größere Strecken gleichmäßig groß, oder es wechseln längere und kürzere Zähne
miteinander ab.
Die innere Einrichtung der Linsenfasern hat zu vielfachen Erörte¬
rungen Anlaß gegeben. Die Behauptungen, daß es Röhren oder solide, aus
Fibrillen zusammengesetzte Bänder seien, trifl’t jedoch nicht zu. Die heutige Auf¬
lassung geht dahin, daß die Fasern eine Hülle besitzen, die die weiche und in den
peripherischen Fasern der Linse zähflüssige Substanz umschließt. Diese Hülle ist
aber nicht im Sinne einer Membran anzusehen, die von der Inhaltsmasse ver¬
schieden ist, sondern als die festere Schicht einer weicheren, völlig homogenen
Zellsubstanz. Mit zunehmendem Alter der Fasern wird die Zellsubstanz fester und
fester, so daß in Zupfpräparaten aus den Fasern des Linsenkerns keine Tröpfchen
Studien über die Katarakt in Pferdeli nsen.
119
mehr heraustreten. Dadurch wird die harte Konsistenz des Linsenkerns ver¬
ständlich.
Zuweilen kann man an einzelnen Fasern Längs- und Querstreifung wahr¬
nehmen. Die Längsstreifen sind sehr fein, liegen ziemlich dicht nebeneinander
und verlaufen parallel mit den Rändern der Fasern. Bei unregelmäßiger Lagerung
der Fasern verlaufen sio mehr wellig. Die Querstreifen liegen in ungleichen Ab¬
ständen voneinander oder verlaufen in schiefer Richtung. Beide Streifungen sind
postmortale Erscheinungen.
Von dem Aufbau der Linse aus den Linsenfasern können wir uns leicht
eine richtige Auffassung verschaffen, wenn wir uns nach Brücke die Linse als
einen Kreis vorstellen, in dem vom Mittelpunkte 3 Strahlen so ausgehen, daß je
2 Strahlen einen Winkel von 120° bilden (Abb. 4). Der Mittelpunkt, der dem
vorderen Pol der Linse entsprechen soll, wird mit 0 bezeichnet, und von da aus
werden auf jeden Strahl in gleichen Abständen voneinander und in der Richtung
Abb. 4.
Brück csche Figur über den Verlauf der Linsenfasern.
gegen die Peripherie die Zahlen 1 — 5 aufgeschrieben. An der Rückseite des als
Linse gedachten Kreises nimmt Brücke einen dem hinteren Pol entsprechenden
Punkt an, von dem aus gleichfalls 3 Strahlen ausgehen wie vom vorderen Pol, die
aber mit den Strahlen an der vorderen Fläche in der Weise abwechseln, daß ihre
Verlängerungen im Umfange des Kreises von den Strahlen an der vorderen Fläche
immer um eine Bogenweite von 60° abstehen. Auf diese den Strahlen der hinteren
Fläche entsprechenden Verlängerungen werden ebenfalls in gleichen Abständen die
Zahlen 1—5 geschrieben, aber so, daß 1 am Rande des Kreises und 5 am Ende
des Strahls steht. Wird nun jede Zahl der Vorderstrahlen mit der ihr zunächst
liegenden gleichnamigen der 11 interstrahlen verbunden, so entsteht eine Figur, die
in ihrem Kreisfelde die geometrische Projektion der Faserung der Vorderfläche und
deren 3 Lappen nach rückwärts zusammengeklappt die Faserung der hinteren
Fläche darstcllen.
ln dieser Weise ist der Kern der menschlichen Linse und der vieler Säuge¬
tiere eingerichtet.
m
Ihn* Bau (Irr Berlin Faser-climlden wijpä nal«ii!ich l(<mt}«irz,i.;fk 4 r t wenn die
I iriM'nTintiie-ich \ »n < vveigen, so dal’ sie imc noch \V.i.tekd von. GO oder 40° oirr*
xf*ViIk l4€Mi Bei vviedrrbolicn Teilungen der IIanf>islrahlvi» bis %n boumförmigcr Ver-
JiMtdung kommt |i sogar häufig ior, ciais die iiii.kv aut dm* vorderen Fläche '.lener;
pp doy h.ifiioron Flüche der Luise duroh.Hus niehi em.sp recken.
Oie grobe Mehrzahl der Imstm fasern istht in S-torntiger Biegung von mnei
l.iosenlbu.he zur andern, wobei von dev durch die KonvoxuaT der Unsen flächen
tmdmgu n Krüuiinung, die sich natürlich an aller» konziMitrisrhou Fasern zeigt, ab-*
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Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
121
Eine geringe Anzahl von Fasern hat einen gestreckten Verlauf; sie verbindet
den Pol einer Linsenfläche mit den peripheren Enden der Sternstrahlen der anderen
Fläche.
Aus diesen Eigentümlichkeiten des Faserverlaufs ergibt sich, daß die An¬
ordnung der Fasern in Aequatorialschnitten eine andere sein muß als in Meri-
dionalschnitten der Linse. In Aequatorialsohnitten (Abb. 5) sieht man nur Quer¬
schnitte der Fasern, die mit ihren breiten, parallel zur Linsenoberfläche gerichteten
Seiten so aneinander gelagert sind, daß sie radiäre Faserreihen bzw. Radiär¬
lamellen bilden, ln der Regel sind die Faserquerschnitte sechseckig. Ihre schmalen
Seiten, die in spitzen Winkeln auslaufen, liegen immer in tangentialer Ebene und
sind mit ihren Spitzen so ineinander geschoben, daß radiäre Zickzacklinien zu¬
stande kommen, die die Grenzen der einzelnen Radiärlamellen darstellen. Rabl
hat in der Linse des Pferdes etwa 4300 Radiärlamellen gezählt. Häufig erscheinen
jedoch die Querschnitte der Fasern in einem und demselben Schnittpräparate mehr
Kreisen oder Rechtecken als Sechsecken ähnlich, und bei anderen wieder sind die
breiten Seiten nach außen oder innen konkav. Rabl schließt aus dieser Viel¬
gestaltigkeit, daß die Linsenfasern aus einer weichen Substanz bestehen, die auf
den leisesten Druck ihre Gestalt verändern kann.
Dicht unter der Oberfläche der Linse sind die Querschnittsbilder breiter und
dicker als in den tieferen Schichten. Die Dimensionen der Linsenfasern nehmen
demnach in der Richtung von aussen nach dem Linsenkern zu ab. Die Breite der
peripheren Fasern beträgt beim Pferd bis 12 /i, die Dicke bis 6 /*, während tiefer
gelegene Fasern nur 8 (J breit und 3 4 u dick sind. Manchmal kommt vereinzelt
dazwischen ein auffallend starker oder feiner Querschnitt einer Faser vor. Arnold
hat dieses mit einer ungleichmäßigen Gerinnung des Faserinhaltes bei der Kon¬
servierung der Linse in Zusammenhang gebracht, während Ilenle u.a. behaupten,
daß die Linsenfasern sich in ihrem weiteren Verlaufe verjüngen und spitz zulaufen.
Die Radiärlamellen verlaufen in der Regel ungeteilt bis zur Linsenoberfläche;
einige wenige jedoch teilen sich. In diesem Falle findet man vor der Teilungs¬
stelle sehr breite und hinter derselben sehr schmale Querschnitte der Fasern vor,
andererseits kommt, wenn auch nur außerordentlich selten, die Vereinigung zweier
Lamellen zu einer vor, die entweder ungeteilt zur Oberfläche verläuft oder sich kurz
darauf wieder teilt. Diese Anordnung der Linsenfasern zu Radiärlamellen ist nur
in den peripheren Linsenteilen zu erkennen. Querschnitte der Fasern aus der
Mitte älterer Pferdelinsen darzustellen, ist mir nicht gelungen. Nach Rabl sind
die zentralen Querschnitte der Fasern ungeordnet. Der Uebergang zwischen den
zentralen und den peripheren Fasern soll durch Querschnitte hergestellt werden,
die sich allmählich zu Lamellen ordnen. Dies würde der Anordnung der Kapsel-
epithelien bei der Flächenansicht entsprechen. Rabl hat demzufolge Hauptfasern,
Zentralfasern und Uebergangsfasern unterschieden.
Auf Meridionalschnitten verlaufen die Linsenfasern im allgemeinen in der
Längsrichtung. Dabei ist eine scharfe Abgrenzung der Rinden- von der Ueber-
gangsschicht oder der letzteren von der Kernschicht nirgends angedcutet. Sie sind
mit Ausnahme der ältesten in der Kernmitte und der jüngsten am Aequator ge¬
legenen, in konkaven Bögen um einen zentralen Kernpunkt herum angeordnet. Je
mehr die Faserschichten nach innen liegen, desto mehr nähern sie sich der Kugel-
122
SCHULZ,
form. Der Kernpunkt liegt nicht genau in einer Linie, die die beiden Pole mit¬
einander verbindet, sondern etwas hinter derselben. Die Ränder der peripheren
Fasern sind glatt, die Ränder der nach derKernmitte zu gelegenen Fasern gezackt
und gewellt. Die in der Aequatorialgegend gelegenen Fasern verlaufen in einem
konkav nach außen gekehrten Bogen. Sie sind um so schärfer gebogen, je näher
sie der Epithelgreuze liegen, uud stellen durch diese Anordnung eine wirbelförmige
Figur dar (Abb. 1). Diese Wirbel werden zum Unterschied von den bereits ge¬
nannten Linsenwirbeln als „Randwirbel 14 bezeichnet. Die Fasern des Kernpunktes
bilden keine Bögen, sondern ziehen in der Richtung der Linsenachse gerade von
hinten nach vorne.
In manchen Meridionalschuitten sind im Linsenzentrum zwei (lmal sogar 3)
Kernpunkte vorhanden. Es hat den Anschein, als ob zunächst jeder Kernpunkt
für sich von den nächsten Fasern umzogen wird und die dazwischen gelegenen
Fasern sich kreuzen. In der Peripherie jedoch sind die Fasern wieder in der ge¬
wöhnlichen Weise konkav um beide Kerne wie um einen einzigen herum ange¬
ordnet. Ich halte diese Erscheinungen für embryonale Bildungsanoraalien.
Meridionalschnitte geben den besten Aufschluß über die Umbildung der
Epithelzellen zu Linsenfasern.
Die im Kernzentrum gelegenen Fasern sind durch Auswachsen des Zellbelags
der hinteren Wand des embryonalen Linsenbläschens entstanden und haben da¬
durch zur Umgestaltung des hohlen Bläschens in eine solide Kugel geführt. Das
spätere Fehlen der Epithelien an der Hinterkapsel bedarf infolgedessen keiner
weiteren Erklärung.
Alle anderen Linsenfasern entstehen aus den Epithelien der vorderen Linsen-
lläche, und zwar geschieht diese Umbildung an der Epithelgrenze. Wir haben
schon gesehen, daß die Epithelien in der Nähe des Aequators allmählich höher
und schlanker werden und nach der Epithelgrenze zu aus einer Stellung, die zur
Kapsel senkrecht ist, in eine schräge Stellung übergehen und sich immer mehr
gegen die Kapsel neigen. Dabei strecken sie sich in die Länge, so daß sie mit
den vorderen Enden an das Epithel der Vorderkapsel stoßen. Auf diese Weise
wachsen sie allmählich zu Fasern aus, und zw'ar schiebt sich stets die jüngste
ausgewachsene Faserzelle zwischen die nächst ältere und das Kapselepithel ein.
Die älteren Fasern werden so von den jüngeren umwachsen. Dabei legt sich jede
neugebildete Faser genau über die vorhergehende, so daß alle Fasern einer meri-
dionalgestellten Zellreihe eine radiäre Lamelle zusammensetzen. Die vorderen
Enden der jüngsten Fasern sind spitz und liegen an dem Epithel der vorderen
Kapsel dichter zusammen als die breiten basalen Enden an der Hinterkapsel.
Bei der weiteren Entwicklung legen sich die Linsenlasern zum Teil an die
vordere, zum Teil an die hintere Linsenfläche an, indem jede Linsenfaser den
Aequator umkreist. L>adurch nimmt die Linse in den äquatorialen Durchmessern
zu und verliert allmählich ihre jugendliche, nahezu kugelige Gestalt. Da aber
nur diejenigen Linsenfasern, die ihre vollständige Länge bereits erreicht haben,
bis zu den Polen bzw. den Linsennähten Vordringen, so trägt das Ansetzen immer
neuer Fasern vom Aequator her nur wenig für eine Zunahmo des axialen Durch¬
messers der Linse bei. Die Oberflächen der älteren Linsen sind daher weniger
gekrümmt als die der jüngeren.
Studien iibor die Katarakt in Pferdelinsen.
123
Die Zellnatur zeigen die Linsenfasern deutlich durch den Besitz eines Kernes,
der ein üerüst aufweist, 1—2 Kernkörperchen besitzt und aus der kugeligen Form
allmählich in die elliptische übergeht. In den letzten Wirbelzellen und den
jüngsten Fasern ist diese elliptische Form der Kerne bereits deutlich ausgesprochen.
Sie passen sich der Form der auswachsenden Fasern an, werden länger und dünner
und sind zuweilen in der Mitte etwas eingeschnürt. In Meridionalschnitten liegen
die Kerne am Aequator in großer Anzahl in einer Bogenlinic (Meyers Kern¬
zone), die sich bald hinter der Epithelgrenze nach innen und vorne umbiegt und
mit korneawärts gerichteter Konvexität ins Innere der Linse zieht. Dieser „Kern¬
bogen* (nach Becker) kommt dadurch zustande, daß die Längszutiabme der
Zellen des Handvvirbels anfangs vornehmlich den basalen Teil derselben betrifft,
dann aber im Kopfteil und zuletzt wieder im Basalteile in überwiegendem Maße
stattfindet.
In den tiefer gelegenen, konkav nach innen gerichteten Lagen der peri¬
pheren Fasern werden die Kerne kleiner und kleiner, und schließlich zerfällt das
Kerngerüst in Körnchen und Kugeln, die sich intensiv färben, während die Kern-
konturen immer mehr abblassen. Endlich ist weiter nach innen von den Kernen
nichts mehr zu entdecken, so daß die fester gefügten zentralen Linsen fasern kernlos
sind. Der Kernschwund fällt zeitlich mit dem Aufhören des Faserwachstums zu¬
sammen, das zum Abschluß kommt, sobald die Fasern mit ihren Enden an einem
Sternstrahl angelangt sind.
Durch ungleiches Längenwachstum der neugebildeten und von außen auf¬
gelagerten Fasern werden die beschriebenen Unregelmäßigkeiten in der Zahl und
in dem Verlaufe der Linsennähte gebildet. Gelegentlich werden in einer Linsen¬
faser zwei Kerne beobachtet. Das Vorkommen solcher mehrkerniger Fasern wird
von einer Seite behauptet, von der anderen entschieden in Abrede gestellt.
Für die Vermehrung der Epithelien wird allgemein angenommen, daß
sie durch mitotische Teilung vor sich geht; denn man findet gelegentlich hio und
da Kerne, die sich zur Teilung vorbereiten, und soeben erst geteilte Kerne und
Zellen vor.
Durch die Einlagerung neuer Zellen mitten zwischen die vorhandenen werden
letztere über den Aequator nach der Zellgrenze hin weitergeschoben, wo die jedes¬
malige letzte Zelle zur Faser auswächst. An der Epithelgrenze erfolgt also nur
eine Neubildung von Fasern, aber keine Zollvermehrung.
Die oppositionelle Vergrößerung der Linse am Aequator dauert während des
ganzens Lebens fort. Eine Abstoßung der ältesten Fasern kann natürlich in der
vollständig in sich geschlossenen Linse nicht stattfinden, sondern die andauernde
Bildung neuer Linsenfasern findet nur dadurch einen Ausgleich, daß gleichzeitig
in der Linse eine physiologische Rückbildung der älteren Fasern und eine dadurch
bedingte Verkleinerung des Volumens der Linse stattfindet. Die älteren Fasern
nehmen allmählich nach innen an Breite und Dicke ab und bekommen infolge der
Schrumpfung einen gezahnten Rand (Wasserverlust?).
Die Verbindung der Linsenfasern untereinander geschieht durch
eine homogene Kittmasse, die sich an der frischen Linsenmasse leicht darstellen
läßt. Legt man ein Stück Kapsel mit etwas daranhaftender Linsensuhstanz auf
kurze Zeit in schwache Hollenstcinlüsung, so tritt die Kittmasse zwischen den
124 SCHULZ,
Fasern in Form brauner Linien hervor, die die Faserränder in ihrem Verlaufe um-
säumen. Auf Aequatorialschnitten zeigt sich, daß zwisohen den schmalen Seiten
der Fasern mehr Kittmasse liegt als zwischen den breiten. Das reichlichere Vor¬
handensein von Kittsubstanz an den schmalen Seiten und das innige Ineinander¬
greifen der Kanten und Winkel wird als Ursache dafür angesehen, daß die Fasern
an den schmalen Seiten fester verbunden sind, als an den breiten radiär benach¬
barten Seiten. Hieraus erklärt sich der bekannte Zerfall getrockneter oder ge¬
härteter Linsen in zwiebelschalenartige Blätter.
Auch in den Linsennähten wird die Verbindung durch Kittsubstanz ver¬
mittelt, die hier oft in solcher Menge auftritt, daß in gehärteten Linsen die Faser¬
enden auseinander getrennt werden. Für die festere Verbindung der älteren, mehr
oder weniger geschrumpften Fasern sollen außerdem noch die Zähne an den
schmalen Seiten derselben von Bedeutung sein. Die Zähne greifen ineinander wie
diejenigen bei den Nähten der Knochen.
Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß Schirmer dieZähne nicht für Pro¬
dukte der Schrumpfung der Fasern hält. Nach seiner Meinung sind die Zähne das
Produkt der Auflagerung, die in Form von Tropfen erfolgt und zur Verkittung
der Fasern beiträgt. An den Rändern der Linsenfasern der Pferdelinse habe ich
jedoch ganz deutlich erkennen können, daß die meist spitzen Zähnchen keine Auf¬
lagerungen der Linsenfasern sind, und daß sich mitunter auf ihnen eine Substanz
nachweisen läßt, die den Eindruck von Kittsubstanz macht.
Ernährnngsverhältiiisse der Linse.
Ucber die Ernährungsverbältnisse der gefäß- und nervenlosen Linse herrscht
bis jetzt trotz der großen Zahl von experimentellen Untersuchungen, die darüber
vorliegen, keine vollständige Klarheit. Während der ganzen Dauer der Entwick¬
lung der Linse wird das Ernährungsmaterial für die Vermehrung und das Wachs¬
tum der Zellen und Fasern von der embryonalen Gefäßhaut (Membrana vasculosa
lentis) geliefert. Nach der Rückbildung der letzteren aber steht die durch die
Kapsel in sich abgeschlossene Linse mit den übrigen Teilen des Auges nur noch
mittels der Zonula in Verbindung, die ebenfalls weder Nerven, noch Blut- oder
Lymphgefäße besitzt. Das Ernährungsmaterial kann daher nur durch die intakte
Kapsel eintreten, und auf demselben W r ege müssen auch ohne Zweifel die Um¬
setzungsprodukte die Linse wieder verlassen. Von der Verbindung mit der Zonula
ist die Ernährung und Durchsichtigkeit der Linse sicher unabhängig, denn bei
einer Luxation der Linse in den Glaskörper, die nach Ablösung von der Zonula
eintritt, kann ihre Durchsichtigkeit andauernd erhalten bleiben. Früher hat man
angenommen, daß die Nährflüssigkeit durch Poren der Kapsel in die Linse ein¬
dringe, und daß die Umsetzungsprodukte auf demselben Wege letztere wieder ver¬
lassen. In der Linse selbst sollte die Nährflüssigkeit in präformierten Kanälchen
sich bewegen. Diese Annahme ist aber unrichtig, denn einerseits ist die Kapsel
frei vonPoren und andererseits liegen dieFasern so dicht aneinander, daß zwischen
ihnen keine Lücken nachweisbar sind.
Nach den Ausführungen von Leber, denen ich nachstehend folge, bedürfe
die ausgebildete Linse zu ihrer rein optischen Funktion, bei der kein Stoffverbrauch
stattfinde, keiner Zufuhr von Ernährungsmaterial. Das gehe schon daraus hervor,
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
125
daß tote Linsen in den Augenflüssigkeiten oder nach Herausnahme aus dem Auge
iu einer geeigneten Lösung einige Zeit hindurch vollkommen durchsichtig erhalten
werden können, bis die eintretende Fäulnis ihre Zusammensetzung ändere. Eine
Zufuhr sei nur zur Unterhaltung des Wachstums erforderlich, das bei der Linse
noch über die Zeit hinaus fortdauere, in der das Wachstum des übrigen Körpers
bereits beendigt sei. Dieses fortdauernde Wachstum diene dazu, den Raum, der
durch physiologische Schrumpfung (Sklerosierung) der Linsenfasern zustande
kommt, zu ersetzen. Dabei beobachte man, daß das Volumen der Linse nicht nur
keine Verkleinerung erfahre, sondern sogar noch an Umfang allmählich zunehme.
Bei der großen Langsamkeit dieses Wachstums könnte jedoch das Ernährungs¬
bedürfnis der ausgebildeten Linse nicht sehr bedeutend sein. Dafür spreche schon
die Gefäßlosigkeit der Linse, die doch gewiß nur der Ausdruck eines geringen
Ernährungsbedürfnisses sei. Leber schließt in Anbetracht der rein statischen
Funktion der Linse eine reichliche Ernährungszufuhr geradezu aus, da sonst ein
die Funktion der Linse störendes Zellenwachstum angeregt werden könnte. Der
Mangel an Gefäßen wiederspreche auch dem Vorhandensein eines Flüssigkeits-
stroraes in der Linse, denn von einem Strome könne nur in denjenigen Geweben
die Rede sein, die mit abführenden Gefäßen versehen seien. Leber stellt sich
demzufolge vor, daß die in der Linse enthaltene Flüssigkeit sich nicht bewege
und die Abgabe ihrer Nährstoffe an die Linsenelementc auf dem Wege der Diffusion
erfolge.
Die Stoffzufuhr von außen in die von der Kapsel umschlossene Linse sei nur
als Endosmose denkbar. Ein Filtrationsvorgang könne es nicht sein, weil sich die
Linsenkapsel in einem gewissen Spannungsverhältnisse befinde und der Druck
innerhalb derselben den von außerhalb übertreffe. Nach den gewöhnlichen Gesetzen
der Diffusion könne die Zufuhr aber auch nicht erfolgen, denn es finde während
des Lebens ein chemischer Ausgleich zwischen der Linsenflüssigkeit und dem
Kammerwasser bzw. Glaskörper nicht statt. Ein solcher Austausch beginne erst
nach dem Tode und veranlasse die Trübung. Man müsse daher vermuten, daß
während des Lebens die für die Erhaltung der Durchsichtigkeit der Linse nicht
dienlichen Substanzen, insbesondere ein Ueberschuß an II 2 0, von ihr abgehalten
werden. Das Eindringen von Nährflüssigkeit in die Linse erfolge sehr langsam
und diese Flüssigkeit verweile lange Zeit in den oberflächlichsten Schichten der
Linse, ebenso wie umgekehrt die einmal eingedrungenen Stoffe auffallend lange in
der Linse zurückgehalten werden. Das langsame Eindringen und Wiederaustreten
von Nährflüssigkeit beruhe auf der physikalischen Beschaffenheit der Linsensubstanz,
auf der Zähigkeit und Viskosität derselben.
Die Verbreitung der in die Linse eingedrungenen Substanzen erfolge zunächst
in der Kittsubstanz, die zwischen den Zellen des Epithels und den Linsen¬
fasern liegt; erst später finde ein Uebergang derselben in die Fasern selbst statt.
Manche Stoffe dürften aber von Anfang an in die Fasern eindringen. Die Frage,
an welcher Stelle das Ernährungsmaterial durch die Linsenkapsel eintritt, sei
noch nicht entschieden. Vermutlich werde dies nicht nur am Aecjuator, sondern
auch an der hinteren Fläche der Linse erfolgen, während der Anteil, den die
vordere Fläche daran nehme, zweifelhaft bleibe. An der vorderen Fläche scheine
das Kapselepithel den StolTzutritt zu erschweren.
126
SCHULZ,
Die eigentliche Quelle für die Nährstoffe dürfte das Ziliarsekret sein, dessen
Gehalt an Nährsubstanzen nirgends erhebliche Verschiedenheiten zeige.
Material und Technik.
Meine ersten Versuche habe ich mit Linsen von Pferdekadavern angestellt,
die mir im pathologischen Institute 4—15 Stunden nach dem Tode zur Ver¬
fügung standen. Dabei habe ich aber häufig eine Flüssigkeitsansammlung zwischen
der Linsenkapsel und der Epithelschicht bzw. zwischen der Epithelschicht und der
Linsensubstanz oder Tröpfchen und Vakuolen in den äußersten Teilen der Rinden¬
schicht angetroffen, die nach der Ansicht maßgebender Ophthalmologen infolge
postmortaler Diffusionsströme entstehen. Um solche kadaveröse Erscheinungen zu
vermeiden, habe ich später nur noch Augäpfel benutzt, die möglichst bald nach
der Tötung der Pferde herausgeschnitten worden waren. Zur Auswahl geeigneter
Augen bot sich reichlich Gelegenheit in der Zentralroßschlächterei. Leider waren
die dortigen Schlächter nicht dazu zu bewegen, längere Zeit erfordernde Unter¬
suchungen der Pferde auf Augenfehler mit den gebräuchlichen Hilfsmitteln zu ge¬
statten, weil der Geschäftsbetrieb der Roßschlächterei hierdurch gestört worden
wäre. Deshalb mußte die klinische Untersuchung der Augen meistens auf eine ein¬
fache Besichtigung mit .bloßem Auge bei einfallendem Tageslichte beschränkt
werden. Nach dem Herausschneiden eines von mir ausgewählten Augapfels war
der weitere Gang der Prüfung folgender: Zunächst wurden sämtliche Muskel¬
massen vom Augapfel entfernt. Dann wurden die durchsichtigen Augenmedien mit
bloßem Auge, mit dem Augenspiegel und im Dunkeln mit der Pristley-Lampe
untersucht und insbesondere die Linse auf das Vorhandensein von Trübungen u. a.
geprüft. Das Auffinden von Trübungen und die Feststellung ihrer Lage in der
Linse ist am herausgeschnittenen Augapfel bei dieser Untersuchungsweise sehr
leicht zu ermitteln. Auch die Besichtigung des Augenhintergrundes solcher Aug¬
äpfel bietet keine Schwierigkeit. Zu diesem Zwecke empfehle ich den Augapfel mit
beiden Händen so zu umschließen, daß er sich in denselben wie die Linsen eines
Fernrohrs in dem Tubus befindet, das Licht also von den Seiten her abgeschlossen
ist. Wenn man den so gehaltenen Augapfel dicht vor das untersuchende Auge
bringt und in axialer Richtung gegen eine Lichtquelle (helles Tageslicht am
Fenster oder künstliches Licht) in denselben hineinsieht, so tritt bei durchsichtigen
Augenmedien der Augonhintergrund mit seinen Teilen wie ein Gemälde in Er¬
scheinung.
Nach der Feststellung der etwa vorliegenden krankhaften Veränderungen wird
nunmehr der Augapfel in die Fixierungsflüssigkeit gebracht (siehe unten!) oder zur
weiteren Sicherung der festgestellten Befunde eröffnet und zerlegt, so daß eine
direkte Besichtigung seiner einzelnen Teile stattfinden kann. Atrophierte Augäpfel
werden am besten nicht zerlegt, sondern im ganzen geschnitten, um die'abnormen
Lageverhältnisse und Verbindungen ihrer Teile nicht zu zerstören. Durch die Er¬
öffnung und Zerlegung der Augäpfel wird es nicht nur ermöglicht, die Form, Aus¬
dehnung und Lage der Linsentrübungen genauer beurteilen zu können als mit den
uns zu Gebote stehenden klinischen Hilfsmitteln, sondern ich habe dabei noch
häufig geringfügige Trübungen auffinden können, die ich klinisch gar nicht be¬
merkt hatte.
Studien über die Katarakt in Pferdeiinsen.
127
Das Aufsebneiden und Zerlegen des Augapfels geschieht in der Weise, daß
derselbe im Aequator mit einem spitzen Messer angestochen und mit einer Schere
in der Richtung des Aequators in einen vorderen und hinteren Abschnitt zerlegt
wird. Das Halbieren im Aequator ist vorteilhafter als das Durchschneiden in meri-
dionaler Richtung, weil im letzteren Falle die Linse leicht aus ihrer Lage und Be¬
festigung gebracht werden kann. Hierauf wird der Glaskörper mit einer Pinzette
vorsichtig entfernt und die Hornhaut und die Regenbogenhaut mit einer kleinen
spitzen und etwas gebogenen Scheere im Hornhautfalze bzw. dicht am Ziliarkörper
abgetrennt. Es bleibt so ein schmaler Skleraring übrig, an dem sich innen der
Ziliarkörper befindet, und in dem die Linse mittelst des Aufhängebändchens frei¬
schwebend aufgehängt ist. Die weitere Untersuchung der beiden Seiten der Linse
findet nunmehr auf dunklem Grunde statt. Waren pathologische Veränderungen
an der Iris oder eine iridozyklitische Auflagerung in der Pupille ermittelt, so habe
ich von der Abtrennung der Kornea und Iris abgesehen und die ganze vordere
Bulbushälfte nach Besichtigung der Linse von hinten weiter behandelt und ge¬
schnitten 2 ).
Das Verfahren der Gefriermethode eignet sich für die histologische Unter¬
suchung von Pferdelinsen nicht; die Objekte sind zu groß, so daß sie nicht gleich¬
mäßig durchfrieren, und der Zusammenhang zwischen der Kapsel und der Linsen¬
substanz bzw. der Linsenfasern untereinander ist zu lose. Mir ist es wenigstens
nicht möglich gewesen, von frischen oder fixierten Linsen Gefriermikrotomschnitte
durch die ganze Linse herzustellen, nicht einmal die größeren Stücke von den
Schnitten konnte ich verwenden, denn sie fielen beim Auftauen auseinander.
Die Weiterbehandlung besteht in: 1. Fixieren und Härten, 2. Auswaschen,
o. Nachhärten, 4. Einbetten, 5. Schneiden, 6. Färben, 7. Entwässern, S. Auf¬
hellen und 9. Einschließen.
Die Herstellung hinreichend feiner Schnittpräparate ist in der Hauptsache
von einer zweckmäßigen Härtung und Einbettung abhängig. Die Linse bietet hier¬
bei erhebliche Schwierigkeiten, weil ihre Konsistenz eine durchaus ungleichmäßige
ist, was sich bei der verhältnismäßig großen Pferdelinse ganz besonders bemerkbar
macht. Diese ungleichmäßige Konsistenz ist durch eine passende Härtungsflüssig¬
keit, deren Wirkung sich allmählich von außen nach innen zu geltend machen muß,
einigermaßen auszugleichen. Es dürfte zu weit führen, hier alle Fixations- und
Härtungsmethoden sowie ihre Vorzüge und Nachteile aufzuzählen, mit denen ich
mich lange Zeit abgemüht habe, ohne brauchbare Präparate zu erhalten. Ich ver¬
weise in dieser Beziehung auf die Anleitungen über Technik der Augenunter¬
suchung von Greef und Seligmann. Auch die von Mette als „am besten“
empfohlenen 4—5proz. Formalinlösungen sind für Pferdelinsen nicht geeignet,
denn die Linsen schrumpfen zu sehr und zeigen nachher beim Schneiden eine fast
vollständige Auffaserung der Uebergangsschicht. Mette hat übrigens diese For-
1) Zur Orientierung am Pferdeauge dienen folgende Merkmale: 1. Der tempo¬
rale Rand der Kornea bildet einen spitzen Winkel, während der nasale sich mehr
einem Halbkreise nähert. 2. Der Sehnerveneintritt in den Bulbus befindet sich
unten und hinten (temporal). 3. Der obere Pupillarrand ist an den Traubenkörnern
erkennbar. 4. Der Ziliarkranz ist nasal schmäler als temporal.
128
SCHULZ,
malinlösung nur bei den Augen des 1., 2. und 4. Pferdes angewandt, während er
in allen übrigen Fällen nach seinen eigenen Angaben Müll ersehe Flüssigkeit ge¬
nommen hat.
Die Müll ersehe Flüssigkeit war früher in der Ophthalmologie zum Härten
der Linsen sehr gebräuchlich. Jedoch müssen die Linsen mindestens 6—8 Wochen
lang bei Zimmertemperatur im Dunkeln oder 14 Tage im Thermostaten bei 37° in
dieser Flüssigkeit bleiben, bis sie genügend vorbehandelt sind. Dabei ist die
Flüssigkeit in der ersten Zeit täglich (4—5mal) zu erneuern, bis sie nicht mehr
trübe wird. Für Linsen, deren Untersuchung man nicht zu lange Zeit hinaus¬
schieben möchte, ist die Müllersche Flüssigkeit daher nicht geeignet. Hierzu
kommt noch, daß die Linsen in dieser Flüssigkeit ganz erheblich aufquellen und
nachher bei der Alkoholnachhärtung um so stärker zusammenschrumpfen. Ich ge¬
brauche nur noch die von Orth vorgeschlagene Mischung von Formol und
Müllerscher Flüssigkeit, die besteht aus:
Kal. bichrom. 2,5
Natr. sulfuric. 1,0
Formaldehyd, sol. 10,0
Aqua dest. 100,0
Diese Fixierungsflüssigkeit besitzt die Eigenschaft der leichten Diffusions-
fähigkeit und verursacht wieder eine Aufquellung noch eine Schrumpfung der Linse,
ln einer reichlichen Menge dieses Gemisches, das stets frisch zu bereiten ist, ver¬
bleibt das Objekt 2—2 x / 2 Tage lang im Thermostaten bei 37°, wobei die Flüssig¬
keit zur Vermeidung kristallinischer Niederschläge mit beginnendem Trübewerden,
mindestens aber einmal erneuert werden muß. Hierauf wird das Objekt 24 Stunden
lang in fließendem Wasser ausgewaschen. Das Auswaschen geschieht am
schonendsten, w r enn man das Objekt nicht direkt dem Strahle aus der Wasser¬
leitung aussetzt, sondern das Wasser unter sorgfältiger Regulierung des Druckes
durch einen Gummischlauch auf ein mit Gaze bedecktes Gefäß leitet, das das Ob¬
jekt enthält. Nach dem Auswaschen bringt man das Objekt zum Nachhärten und
Entwässern in Alkohol von steigender Konzentration und zw r ar je 24 Stunden lang
in 50-, 75-, 90- und 96prozentigen und absoluten Alkohol, aus dem es dann noch
vor der Einbettung auf 1 j 2 — 1 Stunde in eine Mischung von absolutem Alkohol und
Aether zu gleichen Teilen gelegt wird. Ein längeres Verweilen des Objektes in
den hochprozentigen Alkoholen ist schädlich, während es im 75proz. Alkohol ohne
Nachteil einige Tage belassen w T erdon kann. Die Alkoholhärtung ohne vorherige
Vorfixierung in dem Orth sehen Gemische, ebenso wie die Nachhärtung, die mit
mehr als 50proz. Alkohol beginnt, sind nicht zu empfehlen, weil die plötzliche
Wasserentziehung der Gewebe durch Alkohol oft starkes Schrumpfen bewirkt und
so zahlreiche Einzelheiten verloren gehen. Die für die Alkoholbehandlung er¬
forderlichen Glasgefäße müssen mit w r eitem Halse und mit gut eingeschlifFenem
Deckel versehen sein. Die völlige Entwässerung in absolutem Alkohol und Aether-
alkohol geschieht zweckmäßig in einem Exsikkator, dessen Boden mit pulveri¬
siertem und ausgeglühtem Kupfervitriol bedeckt ist. Sobald das stark hydrophile
Kupfervitriol pul ver durch Wasseraufnahme seine blaue Färbung wrieder ange-
nommnen hat, muß es von neuem ausgeglüht und wasserfrei gemacht werden. Ich
habe mir einen Exsikkator zu diesem Zwecke aus einem großen Teller, einer Glas-
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
129
schale und einer sogenannten Käseglocke konstruiert. Die Glasschale wird auf den
Teller gestellt und ihr Boden mit Kupfervitriolpulver bestreut. Auf das Kupfer¬
vitriol stellt man dann die Gefäße mit Alkohol oder Aetheralkohol, bedeckt das
Ganze mit der Glasglocke und gießt zum Zwecke eines hermetischen Abschlusses
an den Rand derselben auf den Teller Paraffinöl. Nunmehr ist das gehärtete und
vollständig wasserfrei gemachte Objekt zum Einbetten fertig.
Von den für histologische Untersuchungen gebräuchlichen Einbettungs¬
massen ist das Paraffin für die Linse unbrauchbar, weil es sehr schlecht in sie ein¬
dringt und das bei dieser Methode unumgängliche lange Erhitzen starke
Schrumpfung zur Folge hat. Das geeignetste Material für die Einbettung des Aug¬
apfels und insbesondere der Linse ist das Zelloidin. Die Zelloidineinbettung hat
den großen Vorteil, daß sie bei gewöhnlicher Temperatur vorgenommen werden
kann und deshalb die Gewebsstruktur möglichst schont. Auch gelingt es mit
keinem anderen Verfahren, Schnitte durch den ganzen Bulbus herzustellen.
Das käufliche Zelloidin (Schering) ist ein Dinitrat der Zellulose, also chemisch
mit dem Kollodium identisch. Es kommt in gelatineartigen Tafeln in verlöteten
Blechkapseln in den Handel. Da es meistens etwas wasserhaltig und infolgedessen
undurchsichtig ist, werden die Tafeln in ganz kleine Würfel zerschnitten, die man
dann im Thermostaten oder im Zimmer unter Staubabschluß ein bis mehrere Tage
lang trocknen läßt, bis sie hart geworden sind. Nunmehr wird das getrocknete
Zelloidin in einer weithalsigen Flasche mit vollständig reinem absoluten Alkohol
übergossen und nach gutem Korkverschluß so lange kräftig durchgeschüttelt, bis
die Zelloidinstückchen aufquellen und schlüpfrig werden. Dann fügt man dem
Alkohol entsprechend dieselbe Menge Aether hinzu und schüttelt wieder tüchtig um,
bis sich das ganze Zelloidin in dem Aetheralkohol zu einer sirupdicken Masse ge¬
löst hat. Zu 10 g des getrockneten Zelloidins sind etwa 120 ccm absoluten Alko¬
hols und ebensoviel Aether erforderlich. Die Lösung muß häufig umgeschüttelt
werden, damit sich das Zelloidin nicht auf dem Boden der Flasche ansetzt; aus
demselben Grunde wird auch die Flasche nicht hingestellt, sondern hingelegt und
ab und zu auf die andere Seite gedreht. Als Flaschenverschluß werden nur gut¬
schließende Korke benutzt, weil eingeschliffene Glasstöpsel sich schwer entfernen
lassen, wenn etwas Zelloidin beim Ausgießen in dem Flaschenhalse haften ge¬
blieben ist.
Damit nun das Zelloidin sich nicht wie ein Mantel um das Objekt herumlegt,
sondern in dasselbe gut eindringt, wird das Objekt zuerst in eine dünnflüssige
und nachher in eine dicke Zelloidinlösung gebracht. Das dünne Zelloidin hat
etwa die Konsistenz wie Oel und wird aus der sirupdicken Lösung durch Zusatz
von Aetheralkohol und Umschütteln hergestellt.
Für die dünne Zelloidinlösung gebrauche ich ein größeres Glasgefäß mit ein¬
geschliffenem Deckel, in das mehrere Objekte (signiert) zugleich hineingelegt werden
können. In derselben verbleibt jedes Objekt mindestens 6—8 Tage lang. Je länger
man es darin liegen lassen kann, um so besser dringt das Zelloidin durch und um
so leichter schneidet sich nachher das Präparat.
Endlich folgt das Einlegen in die dicke Zelloidinlösung, wobei jedes Objekt
für sich allein in einem Gefäße eingebettet wird. Ich habe zu diesem Zwecke etwa
7 cm hohe und ebenso breite Glasgefäße mit gut eingeschliffenen Deckeln im Ge-
Arehi? f. wissenseh. u. prakt. Tierheilk. Bd. 41. H. 1 u. ü. <j
130 SCHULZ,
brauche. Hierbei ist zu beachten, daß das Objekt in dem Gefäße gleich die Lage
erhält, in der man es später zu schneiden beabsichtigt. Will man also Aequa-
torialschnitte einer Linse anfertigen, so muß dieselbe auf einer der beiden Flächen
liegen, während sie für die gewöhnlichen Meridionalschnitte in dem Gefäße eine
aufrechte Stellung einzunehmen hat. Um dies zu ermöglichen, ist ein Zurecht¬
schneiden der Objekte erforderlich, was aber schon vor dem Einlegen derselben in
Aetheralkohol geschehen muß, da andernfalls die Präparate wieder Feuchtigkeit
annehmen können. So schneide ich von einem ganzen Augapfel oder von einer
vorderen Augapfelhälfte mit einem Rasiermesser zwei periphere Dritteile (die beiden
seitlichen oder das obere und untere) in der Weise ab, daß das Objekt beim Hin¬
legen durch die Schnittfläche eine feste Lage erhält und nicht mehr Umfallen
kann. Dabei werden die vordere Augenkammer und der Glaskörperraum von
zwei Seiten geöffnet, so daß das Zelloidin überall gut zur Linse hinzutreten kann,
ohne daß letztere aus ihrer natürlichen Verbindung gelöst ist. Legt man keinen
Wert auf die Lage und den Zusammenhang der Linse mit ihren umgebenden Teilen,
so durchtrenne man mit einer kleinen gebogenen Schere die Fasern des Aufhänge¬
bandes und schneide von der Linse im Aequator an zwei gegenüberliegenden
Stellen zwei kleine Kuppen ab (Vorsicht, da die Kapsel leicht abplatzt!). Und da
es häufig vorkommt, daß die Linse infolge der Ungleichheit des Gefäßbodens
immer wieder umfällt, so helfe ich mir damit, daß ich sie von obenher mit einem
schmalen Pappestückchen in der gewünschten aufrechten Stellung festklemme, ln
dem Gefäße muß das Objekt von einer ziemlich dicken Zelloidinschicht bedeckt
sein und ringsherum von der Gefäßwand genügend weit abstehen. Auch darf
nicht unterlassen werden, Luftblasen durch mehrmaliges Umwenden des Objektes
zu entfernen.
Nun wird das Gefäß gut verschlossen und zur Erhärtung des Zelloidins
ebenfalls in einen Exsikkator gestellt. Das Erhärten kommt durch Verdunstung
des Aetheralkohols zustande. Es ist dabei von größter Wichtigkeit, daß die Ver¬
dunstung so langsam wie möglich vor sich geht. Erfolgt sie zu schnell, so erstarrt
die Zelloidinlösung ungleichmäßig, die Oberfläche wird bald hart und die Ver¬
dunstung der unteren Schichten wird infolgedessen verhindert, so daß sie flüssig
bleiben. Ist die Zelloidinmasse soweit gehärtet, daß ihre Konsistenz annähernd
der des Präparates entspricht, so gelingen die Mikrotomschnitte am besten. Ich
lasse das Objekt ebenso wie in dem dünnen Zelloidin 6 bis 8 Tage in dem gut
verschlossenen Gefäß unberührt liegen und darauf die Verdunstung ganz langsam
eintreten, indem ich Papierstreifen zwischen Gefäß und Deckel lege; dabei fange
ich mit einem Papierstreifen an und nehme täglich einen mehr. Sehr vorteilhaft
für die Härtung ist das Aufstellen einer kleinen Schale mit Chloroform. Die sich
entwickelnden und in das Zelloidin eindringenden Chloroformdämpfe rufen eine
schnelle und gleichmäßige Härtung des Zelloidins hervor. Vom Beginn desLüftens
nimmt das Härtungsverfahren gewöhnlich eine Zeit von 3—4 Tagen in Anspruch.
Hat das Zelloidin die erforderliche Konsistenz angenommen, so wird es an
der Wand des Gefäßes Umschnitten und durch vorsichtiges Hebeln mit dem Messer
und durch Klopfen des umgedrehten Gefäßes auf den Handteller herausgebracht.
Hierauf wird der Zelloidinblock so zurecht geschnitten, daß die Schnittfläche nicht
unnötig groß w r ird und doch rings um das Objekt herum noch reichlich Zelloidin
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
131
vorhanden ist, und bis zum Aufkleben auf eine feste Unterlage in 75proz. Alkohol
auf bewahrt. Stärker darf der Alkohol nicht sein, weil sonst das Zelloidin weich
wird. Das abgeschnittene Zelloidin wird wieder getrocknet und kann von neuem
aufgelöst und zur Einbettung verwendet werden.
Als Unterlage ist nur Stabilit 1 ) zu verwenden, weil Holz und Korkklötzchen
Gerbsäure enthalten, die mit dem Alkohol in die Objekte einzieht und ihre Färb¬
barkeit beeinträchtigt. Zum Aufkleben wird der Zelloidinblock aus dem Alkohol
nach vorherigem Abtrocknen einige Minuten in Aetheralkohol gebracht, bis er
klitschig ist, darauf mit einer Hakenpinzette auf die mit dicker Zelloidinlösung
bedeckte Stabilitplatte gelegt und ganz leicht angedruckt. Nach kurzem Verweilen
an der Luft wird das Präparat zur Nachhärtung am besten nochmals im Exsik¬
kator 1 bis 2 Stunden Chloroformdämpfen ausgesetzt und ist dann zum Schneiden
fertig oder muß bis zum Schneiden wieder in 75proz. Alkohol aufbewahrt werden.
Zum Schneiden großer Zelloidinpräparate ist eine fast senkrechte Messer¬
stellung erforderlich. Ich benutze ein längeres, planes Mikrotommesser, das in
einem ganz spitzen Winkel zum Schlitten des Mikrotoms festgestellt wifd, um
möglichst die ganze Klinge ausnutzen zu können. Das Messer muß stets fettfrei
sein und darf deshalb nicht zum Schneiden von Paraffinpräparaten gebraucht
werden. Vor jedem Schnitt werden Präparat und Messerklinge mit einem kleinen
Pinsel reichlich mit Alkohol befeuchtet. Die Schnittdicke ist, gute Härtung und
gelungene Einbettung vorausgesetzt, von der Größe des Objekts abhängig. Schnitte
durch die ganze Pferdelinse lassen sich in einer Dicke von 20 bis 25 herstellen;
dünnere Schnitte habe ich ohne Herausfallen des Linsenkerns nicht erzielen können.
Jeder einzelne Schnitt wird mit Hilfe eines breiten Spatels und einer Nadel sofort
von der Messerklinge in 75proz. Alkohol gebracht und kann darin bis zur Fär¬
bung beliebig lange aufbewahrt werden.
Beim Schneiden merkt man mitunter, daß die Linse kalkhaltig ist. Starke
Kalkablagerung kann das Schneiden der Linse mit dem Mikrotommesser sehr er¬
schweren oder unmöglich machen. Dann ist es notwendig, die Kalksalze durch
Entkalkungsflüssigkeiten zu entfernen. Zu diesem Zwecke muß das Zelloidin durch
Aetheralkohol ana wieder aufgelöst und das Präparat durch die Reihe der Alkohole
in Wasser gebracht werden, um dann in eine Entkalkungsflüssigkeit zu kommen.
Ich habe die Müllersche Flüssigkeit und die Haugsche Lösung (Acid. nitric.
15,0; Alcol. absolut. 300,0; Aqu. dest. 100,0; Natr. chlor. 1,0) mit gutem Erfolge
gebraucht. Nach der Entkalkung wird das Präparat wieder, wie angegeben, ge¬
wässert, gehärtet, entwässert und eingebettet.
Zum Färben werden die Zelloidinschnitte bei Anwendung wässeriger Farb¬
lösungen aus dem Alkohol zuerst in destilliertes Wasser gebracht, in dem sie sich
unter drehenden Bewegungen ausbreiten. Bei alkoholischen Farblösungen unter¬
bleibt dies natürlich. Hierauf werden sie eine bestimmte Zeitlang gefärbt. Von
den gebräuchlichsten Farbstoffen habe ich gewöhnlich Alaunkarmin, Hämatoxilin-
1) Stabilit ist ein Isolierungsmaterial von roter Farbe und homogener Be¬
schaffenheit. Im Handel (Leitz, Altmann) ist es in Form kleiner Klötzchen mit
oder ohne Platten käuflich, die der Mikrotomklammer angepaßt sind. Ihre Ober¬
fläche ist mit Längs- und Querriefen versehen, damit das Zelloidin besser haftet.
( J*
132
SCHULZ,
Eosin und 3as Farbgemissh nach van Gieson benutzt, deren Herstellungs- und
Anwendungsweise in jeder histologischen Technik angegeben ist. Die Farblösungen
sind vor jedem Gebrauche stets aufs neue zu filtrieren!
Alaunkarmin (Grenacher) dient zur Färbung der Kerne und des Protoplasmas
zugleich und gibt sehr zarte Bilder. Färbungsdauer am besten mehrere Stunden,
da eine Ueberfärbung nicht eintritt. Aus der Färbefliissigkeit kommt der Schnitt
kurzo Zeit zum Auswaschen in destilliertes Wasser.
Bei der Doppelfärbung mit Hämatoxylin-Eosin dient die Vorfärbung mit
Hämatoxylin zur Kernfärbung, während bei der Nachfärbung mit Eosin Gewebe
und Protoplasma eine diffuse rote Farbe annehmen. Ich gebrauche Hämatoxylin-
Delafield. Je alter die Farblösung wird, desto intensiver ist ihre Färbekraft. Es
läßt sich deshalb ohne weiteres nicht sagen, wie lange gefärbt werden muß (einige
Minuten bis y 4 Stunde und darüber). Nach längerer Zeit tritt Zersetzung der
Farblösung ein, so daß sie unbrauchbar wird. Eine leichte Ueberfärbung der
Schnitte schadet nichts; viele behaupten sogar, daß die Färbung schöner ausfallt,
wenn man überfärbt und nachher mit salzsaurem Alkohol differenziert. Der ge¬
färbte Schnitt wird zuerst Y 2 —1 Stunde gewässert, dann in l / 2 —lproz. salzsauren
Alkohol gelegt, bis das Zelloidin entfärbt ist und der Schnitt rötlich aussieht, und
darauf mehrere Stunden lang nochmals gewässert, bis er wieder blau geworden
ist. Letzteres kann duroh Zusatz einigorTropfen Salmiakgeist beschleunigt werden.
An diese Auswässerung schließt sich die Nachfärbung des Schnittes in lproz.
wässriger Eosinlösung (Y 4 bis 1 / 2 Minute) und nochmaliges Abspülen des über¬
schüssigen Farbstoffes in destilliertem Wasser an.
In dem Farbgemisch nach van Gieson haben wir zwei Plasmafarben zu¬
gleich (Pikrinsäure und Säurefuchsin), die das Gewebe tiefrot bis orangerot und
gelbrot färben. Diese Färbung empfiehlt sich überall da, wo zwei verschieden¬
artige Gewebe soharf voneinander zu trennen sind. Es gibt wohl kaum eine
bessere Färbemethode, bei der die kataraktös veränderten Stellen in der Linse
von dem gesunden Gewebe so scharf hervortreten. Der Sohnitt wird, wie oben,
mit Hämatoxylin vorgefärbt und leicht überfärbt. Eine Wiederaufhellung im
salzsauren Alkohol findet jedoch nicht statt, sondern der überfärbte Schnitt wird
nach gründlichem Abspülen des überschüssigen Farbstoffes aus dem Wasser sofort
3—5 Minuten in die van Gieson-Farolösung gelegt. Nach der Färbung darf der
Schnitt aber nur einen Moment in destilliertem Wasser abgespült werden, weil
sonst der Farbstoff sofort wieder ausgezogen wird.
Nachdem die Schnitte, wie angegeben, gefärbt und der überschüssige Farb¬
stoff in Wasser abgespült worden ist, müssen sie vor dem Einschließen wieder ent¬
wässert und aufgehellt werden. Das Entwässern geschieht mittelst Alkohol. Um
ein Zusammonkräuseln zu verhüten, bringt man die Schnitte aus dem Wasser in
75proz., dann in 96proz. und zuletzt einen Augenblick in absoluten Alkohol,
wobei daran zu denken ist, daß letzterer das Zelloidin auflöst. Für Schnitte, die
mit Eosin nachgefärbt sind, muß dem 75proz. Alkohol eine Spur dieses Farbstoffs
zugesetzt werden, um Ausziehen der Farbe zu verhindern.
Für das Aufhellen der entwässerten Schnitte eignet sich das Karbolxylol am
besten (1 Teil Acid. carbol. crystall. calore liquefact. und 3 Teile Xylol), weil
reines Xylol gegen die geringsten Wasserreste äußerst empfindlich ist und die
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
133
Schnitte dabei häufig trübe und undurchsichtig bleiben. Das Aufhellen in Kar¬
bolxylol erfordert nur wenige Minuten. Dann zieht man den feuchten Schnitt vor¬
sichtig auf den Objektträger, trocknet ihn mit4fachem Fließpapier unter leichtem,
glättendem Darüberstreichen und schließt ihn in Kanädabalsam ein. Um keine
dicke Balsamschicht zwischen dem Schnitte und dem Deckglase zu haben, die
optisch störend sein würde, beschwere ich letzteres mit Bleikugeln. Dadurch wird
das Deckglas auf die Oberfläche des Schnittes heruntergedrückt und der über¬
schüssige Balsam nebst event. Luftblasen seitlich herausgepresst.
Pathologisch-anatomische Befunde.
1 u. 2. Zwei Augäpfel eines 25jährigen Pferdes. Makroskopisch: Horn¬
haut, vordere Augenkammer und Regenbogenhaut beider Augen ohne pathologische
Veränderungen. Pupillarränder glatt, Pupillen von gewöhnlicher Weite. In beiden
Linsen im Pupillarbereiche zahlreiche, glänzende Pünktchen von Stecknadelspitzen¬
größe, die vom vorderen bis zum hinteren Pole durch die ganze Linse zerstreut
liegen. Im übrigen sind beide Linsen durchsichtig, so daß man Tapetum, Papille
und Aderhautgefäße deutlich erkennen kann. Nach äquatorialer Teilung der Aug¬
äpfel fallen bei auffallendem Lichte die glänzenden Pünktchen besonders scharf
auf. Der Aequatorialdurchmesser beider Linsen beträgt 18 mm, der Achsendurch¬
messer 10 bzw. 11 mm.
Mikroskopisch: Die Schnittfläche der Kapseln hat in den einzelnen Prä¬
paraten im allgemeinen die gewöhnliche Breite, ihre Beschaffenheit jedoch ist nioht
homogen, wie sie bei jugendlichen Tieren zu erscheinen pflegt, sondern hat mehr
ein scholliges Aussehen. Das Kapselepithel ist in der vorderen Polgegend 5 (i
hoch; an den Aequatoren aber erlangt es nur eine Höhe von 14 /u, so daß es hier
niedriger ist als in der Regel. Auch nehmen die rundlichen Kerne der Epithel¬
zellen fast die halbe Zollhohe ein. Das Protoplasma der äquatorialen Zellen hat
die Farbe gut angenommen, an den Zellen der vorderen Polgegend dagegen
erscheint es heller und läßt zum Teil kleine Vakuolen erkennen.
Die Kernzone reicht nur ungefähr bis zur Uebergangsschicht. Während die
mehr peripher gelegenen Kerne etwa doppelt so lang wie breit sind und neben
1—2 dunkelgefärbten Kernkörperchen ein heller gefärbtes, feingekörntes Proto¬
plasma besitzen, werden sie nach dem Linseninnern hin rundlich und ihr Proto¬
plasma sehr grobkernig.
Das Linsengewebe der Rindenschicht erscheint unverändert. Zwischen den
Fasern der supranukleären Sohicht dagegen sieht man in großer Menge sehr feine,
spindelförmige Lücken und Spalten, deren Längsrichtung dem Faserverlauf parallel
ist. Die größten von ihnen haben eine Länge von 140 fi und eine Breite von 10 ft.
Vielfach ist einer ihrer Ränder stärker gefärbt als das umgebende Linsengewebe.
Bei schwacher Vergrößerung (Zeiß, Ok. 2, Objekt. AA) erscheint der Innenraum
der Lücken ungefärbt. Bei stärkerer Vergrößerung (Zeiß, Ok. 4, Objekt. DD u.
l / l2 Imm.) jedoch findet sich in den meisten Lücken ein homogener Inhalt, der
in der Regel durch eine sehr schmale, ungefärbte Zone von dem einen Spalten¬
rande abgegrenzt ist und die erwähnten stärker gefärbten Konturen vorgetäuscht
hat. Manche Lücken sind ohne Inhalt und dementsprechend ungefärbt. Vereinzelt
134
SCHULZ,
troten solche kleine Spalten auch in den peripheren Teilen des Linsenkerns auf,
in den zentralen Teilen dagegen sind keine zu bemerken.
Diagnose: Schollige Beschaffenheit der Linsenkapsel; degenerative Ver¬
änderungen am Kapselepithel; Bildung kleinster Lücken und Spalten in der Ueber-
gangsschicht.
3 u. 4 . Zwei Augäpfel eines 25jährigen Pferdes. Makroskopisch: Der
linke Augapfel ist kleiner als der rechte; Hornhaut und vordere Augenkammer
sind ohne Abweichungen. Pupille mäßig weit. Am oberen Pupillarrande fehlen
die Traubenkörner. Der nasale Pupillarrand ist gezackt; die Iris ist hier mehr¬
mals eingerissen und mit der vorderen Linsenfläche fest verbunden. Die Linse
ist grauweiß und undurchsichtig, so daß der Augenhintergrund nicht betrachtet
werden kann. Gewicht des linken Bulbus 44,5 g. Nach Halbierung des Augapfels
erweist sich die grauweiße Linse von hinten besehen mit zahlreichen, radiär ver¬
laufenden Zügen ausgcstattot. Ihr Aequatorialdurchmesser beträgt 17 mm und ihr
Achsendurchmesser 10 mm.
Die Untersuchung des rechten Auges ergiebt einen negativen Befund. Ins¬
besondere ist die Linse gut durchsichtig, so daß alle Teile des Augenhintergrundes
deutlich zu erkennen sind. Das Gewicht des rechten Augapfels beträgt 56 g, der
Aequatorialdurchmesser der Linse 18 mm und der Achsendurchmesser 11 mm.
Mikroskopisch: Linke Linse. Die Regenbogenhaut ist mit der Vorder¬
fläche der Linsenkapsel verwachsen; mit ihrem Pigment liegt sie teilweise der
Kapsel fest an, teilweise ist sie von ihr durch kleine, mit Pigmentkörnchen gefüllte
Hohlräume getrennt.
Die Kapsel selbst hat überall eine homogene Beschaffenheit. Die Breite
ihrer Schnittfläche beträgt am vorderen Pole 70 ji, nach den Seiten hin 83 /w und
am Aequator 16 ft ; am hinteren Pole ist sie nur 9 fi breit und verdickt sich von
hier seitwärts bis zu 33 t u. Mithin ist sie durchweg dünner als gewöhnlich.
Hinter dem einen Aequator zeigt die Kapsel eine Strecke weit ziemlich starke
Faltenbildung. Das Kapselepithel ist bis auf wenige vereinzelte Kerne geschwunden;
auch sind in der Gegend der Aequatoren keine Kernzonen vorzufinden.
Die Linsensubstanz zeigt erhebliche pathologische Veränderungen, die ganz
besonders an jenen Stellen auftreton, wo die Iris mit der Kapsel verwachsen ist.
Die erkrankten Stellen weichen in der Färbbarkeit von dem noch gesunden Gewebe
auffallend ab. Am meisten und deutlichsten sehen wir diesen Unterschied bei der
van Gieson-Färbung, bei der das gesunde Linsengewebe braungelb, die Kapsel
aber ähnlich dem Bindegewebe rosa bis rot gefärbt ist, während die Kerne dunkel¬
graubraun erscheinen. Im vorliegenden Falle schließt sich in so gefärbten Präpa¬
raten unmittelbar an die hellrote Kapsel eine etwas dunkelrot gefärbte, bis 0,34 mm
breite Gewebsschicht an, die lange, konzentrisch verlaufende Fasern mit spindel¬
förmigen Kernen erkennen läßt. Sie zieht sich weit über die Aequatoren hinweg
auf die Innenfläche der Hinterkapsel und erreicht hier unter den erwähnten
Kapselfalten eine Breite von 0,3 mm. Von diesem randständigen Gewebe geht an
der vordem Linsenhälfte zunächst ein enges, dann aber allmählich sich immer
mehr erweiterndes Netzwerk von Zügen in die Rindenschicht hinein und schließt
viele Inseln von Linsengewebe in sich ein. Die Züge sind zum Teil fein, zum Teil
grob und klumpen sich, so daß sie mehr homogen und strukturlos erscheinen;
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
135
letztere lassen auch fast gar keine Kerne erkennen, während die feinen Faserzüge
in der Regel außerordentlich viele Kerne besitzen. Vielfach drängen sich die Fasern
in langen, schmalen Zügen sogar zwischen die Linsenfasern, so daß die Linse ein
aufgeblättertes Aussehen bekommt (Abb. 6). Zuweilen scheinen beide Gewebsarten
ohne Grenze ineinander überzugehen. Am Ende der Züge sieht man häufig einen
Spalt mit mehr oder weniger körnigem oder homogenem Inhalte. Ferner ziehen
von der Rindenschicht aus breite und tiefe, die Linse quer zur Faserrichtung
durchsetzende Risse ins Innere der Linse, in denen meistens bröckeliger Inhalt
liegt, der sich mit Vorliebe am Rande und in der Tiefe des Risses vorfindet. Das
an die Spalten und Risse angrenzende Linsengewebe ist im allgemeinen stark ver¬
ändert und zeigt einen kugeligen und scholligen Zerfall, was besonders an der
hinteren Linsenhälfte auffällig in die Erscheinung tritt. Auch sehen wir einen
Verflüssigungsstrom von hier aus keilförmig tief in den Linsenkern eindringen, der
zum Teil noch seitlich in die konzentrisch auseinander getriebene Linsensubstanz
hineinzieht.
Bei der Färbung mit Hämatoxylin-Eosin haben die Randteile der veränderten
Linsenmassen und die Ränder der Spalten fast regelmäßig einen dunkelblauen
Farbenton angenommen und lassen kleinste oder größere eingelagerte Krümelchen
und Körnchen erkennen (Kalkablagerungen). Am meisten sehen wir solche Ein¬
lagerungen an dem einen Aequator, wo sie stellenweise in Form von Kugeln und
vereinzelten Schollen in die Augen fallen.
Schnitte, die mit Alaunkarmin gefärbt sind, lassen deutlich erkennen, daß
das krankhaft veränderte Linsengewebe eine bedeutend hellere Färbung aufweist
als das gesunde Gewebe. Diese verschiedene Farbstoffannahme ist als Ausdruck
einer chemischen Veränderung des erkrankten Linsengewebes zu deuten.
Das gesamte supranukleäre Gewebe zeigt an den weniger veränderten Teilen
kleine Lücken und Hohlräume von verschiedener Größe und Form, zum Teil mit
und zum Teil ohne körnigen oder scholligen Inhalt. Im eigentlichen Kern sind
keine pathologischen Veränderungen zu sehen.
Diagnose: Hintere Synechie; allgemeine Verdünnung der Kapsel sowie
Faltenbildung derselben; Cataracta capsularis anterior et posterior; Cataracta
corticalis et supranuclearis; Kalkeinlagerungen; Bildung kleiner Lücken und
Spalten in der Uebergangsschicht.
An der rechten Linse sind keine pathologischen Veränderungen vorhanden.
Ihre Kapsel ist am vorderen Pol 87 ( u, seitwärts davon 132 fi und an den Aequa-
toren 20 fi dick; am hinteren Pol beträgt ihre Dicke 17 /j und nach den Aeqna-
toren hin 50 Die Beschaffenheit der Kapsel ist mehr schollig.
Das Kapselepithel und besonders die Kerne desselben treten nach Härna-
toxylin-Eosinfärbung zwischen Kapsel und Linsensubstanz scharf hervor. Die
Breite der Zellen beträgt am vorderen Pol 4// und am Aequator 17 (t ; ihre Kerne
nehmen am Pol fast die ganze Zellbreite ein, während sie am Aequator 7—8 //
messen. Die Kernbögen sind gut gefärbt. In der Linsensubstanz finden sich neben
einigen größeren konzentrisch verlaufenden Rissen, die als Kunstprodukto anzu¬
sehen sein dürften, besonders in der supranukleären Tebergangsschicht zahlreiche
kleinste Lücken und Spalten, wie wir sie in den Linsen 1 und 2 angetroffen und
als physiologische Altersveränderungen angesehen haben.
136 SCHULZ,
Diagnose: Schollige Beschaffenheit der Kapsel; Bildung zahlreicher
kleinster Lücken und Spalten in der Uebergangsschioht.
5 . löjähriges Pferd. Makroskopisch: Die Hornhaut des rechten Auges
ist getrübt und bläulich-weiß. Ihre Vorderfläche ist glatt und feuchtglänzend. Die
Pupille ist bis auf einen schmalen Spalt verengt, ihre Ränder sind uneben und
gezackt. Hinter der Sehspalte liegt die Linse, die jedoch undurchsichtig und grau¬
weiß erscheint. Das Gewicht des Augapfels beträgt 58,5 g. Von Aequator zu
Aequator mißt die Linse 18 mm, von Pol zu Pol 11 mm.
Mikroskopisch: Die Iris ist mit der Linsenkapsel an zahlreichen Stellen
verwachsen und zwar in der Weise, daß entweder pigmenthaltige Zellen epithel-
ähnlich der Kapsel unmittelbar anliegen oder aber gewucherte Zellhaufen sich in
flacher Ausdehnung zwischen Iris und Kapsel eingeschoben haben. Die Kapsel ist
leicht gefaltet und hat ein homogenes Aussehen. Ihre Dickenmaße betragen am
vorderen Pole 88/i, seitwärts davon 120/u und am Aequator 24 ;u, während sie
am hinteren Pol 12 p breit ist und sich von hier äquatorwärts bis zu 66/i verdickt.
Das Kapselepithel ist an der vorderen Kapsel nur stellenweise in einfacher
Lage vorhanden. Meist ist es mehrschichtig oder durch eine dicke Gewebswuche¬
rung ersetzt, die sich entweder in Form von kleinen Zellhaufen zeigt, die aus
spindeligen Zellen mit ebensolchen oder mehr rundlichen Kernen bestehen, oder
aus mehr runden Zellen mit gleichen Kernen. Mitunter liegt das gewucherte Ge¬
webe zwischen Kapsel und Epithelschroht, so daß man letztere, die an der Form
ihrer Kerne deutlich zu erkennen ist, eine ganze Strecke weit unter dem neuge¬
bildeten Gewebe (nach der Kortikalis zu) verfolgen kann. Dabei haben die Epithel¬
zellen mehr den hohen Charakter der äquatorialen Epithelien angenommen.
Stellenweise ist die gewucherte Gewebsschicht ziemlich breit und ausgedehnt; be¬
sonders unter den Irisverwachsungen erreicht sie eine Dicke von 0,58 mm. In der
Regel ist sie in der Weise angeordnet, daß am Rande der Linsensubstanz dichte,
kernreiche bindegewebeähnliche Faserzüge liegen, die nach der Kapsel hin in
grobes, kernarmes Gewebe übergehen, das häufig homogene Massen abgesprengter
Linsensubstanz wie Inseln einschließt.
Eine Epithclgrenze mit Kernzone ist nur an dem einen Aequator vorhanden;
letzterer reicht jedoch nur eine kurze Strecke in das Linseninnere hinein. Am
anderen Aequator setzt sich die Epithelschicht ohne Unterbrechung auf die Innen¬
fläche der hinteren Kapselhälfte weiter fort: von einer Epithelgrenze und einer
Kernzone ist hier nichts zu bemerken. Die Epithelien treten hier meist in mehreren
Lagen auf (keine Schrägschnitte!) oder in Form ähnlicher, aber nicht so großer
Wucherungen wie an der vorderen Kapsel (Abb. 7). An einzelnen Stellen ist die
Epithelschicht unterbrochen, besonders in der Richtung nach dem noch mit Kern¬
zone versehenen Aequator. Dafür sind aber neben diesen Unterbrechungsstellen
die Zellen gewuchert, so daß sie sich hier in kleinen Haufen vorfinden.
Die Linsensubstanz selbst weist die stärksten Veränderungen in ihrer hinteren
Hälfte auf und zwar hauptsächlich in der Rindenschicht. Während wir in der
vorderen Hälfte die Linsensubstanz im allgemeinen nur unter den Irisver¬
wachsungen und nach dem einen Aequator zu aufgequollen, aufgefasert und in
krümelige und kugelige Massen umgewandelt sehen, die bis weit nach dem Linsen¬
kern hin kleine, runde Hohlräume oder teilweise mit homogenen Kugeln (Mor-
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
137
gagniscbe) ausgefüllte Spalten einschließen, liegen in der hinteren Linsenhälfte
überall neben und zwischen gequollenen Faserzügen ganze Reihen und Haufen von
kugeligen oder scholligen, homogenen Detritusmassen, in die ab und zu Kalk-
krümelchen und -Körnchen eingelagert sind, und unzählige kleine, kugelige
Vakuolen. Ferner sehen wir vom hinteren Pol aus homogene, heller tingierte
Hassen keilförmig bis tief in den Kern der hier füllhornartig auseinander ge¬
drängten Linse hineinziehen und sich noch seitlich nach den Aequatoren hin ver¬
zweigen (Abb. 8). Zerfallsmassen sind jedoch in der Mitte des Linsenkernes nicht
vorhanden.
Diagnose: Hintere Synechie; Verdünnung der vorderen Kapselhälfte;
mäßige Faltenbildung der Kapsel. Cataraota oapsularis anterior et posterior;
Cataracta corticalis et supranuclearis; Kalkeinlagerungen.
6. Linkes Auge eines 18jährigen Pferdes. Makroskopisch: Leukom auf
der Hornhaut, das schräg von unten und nasal nach oben und temporal verläuft.
Kammerwasser klar und durchsichtig. Bei seitlicher Beleuchtung sieht man unter
dem Leukom die schwach getrübte Linse in der gewöhnlich weiten Sehspalte.
Pupillarränder der Iris ohne Defekt. Die Trübung der Linse ist rauchartig,
schwachgrau, in der vorderen Polgegend gelegen.
Der Aequatorialdurchmesser der Linse beträgt 20 mm, der Axialdurohmesser
12 mm.
Mikroskopisch: Die Kapsel ist überall homogen und hat an den einzelnen
Teilen eine regelmäßige Breite. Die Kapselepithelien weisen keine Veränderungen
auf. Zellkerne und Kernbögen treten deutlich hervor.
Die Rindenschicht ist frei von irgendwelchen Veränderungen. Die Ueber-
gangsschicht dagegen hat sich, abgesehen von kleinsten Lücken und Spalten, rund
um den Linsenkern herum in mehr oder weniger große Räume netzähnlich auf¬
gefasert, deren Längsrichtung dem Verlauf der Linsenfasern entspricht, und deren
Wände vielfach durch Quer- und Schrägbalken von Linsensubstanz verbunden
sind. Diese netzähnliche Auffaserung ist besonders stark in der hinteren Hälfte
der Linse anzutreffen. Da jedoch in den Räumen kein Inhalt nachzuweisen ist, so
dürfte anzunehmen sein, daß die Auffaserung prämortal nur in geringem Grade
bestanden hat, die großen Maschen also in der Hauptsache Kunstprodukte sind.
Bei Hämatoxylin-Eosinfärbung haben Rinde und Kern den Farbstoff weniger
angenommen als die Uebergangsschicht, deren Farbenton infolgedessen mehr blau
ist. Am stärksten ist diese dunklere Färbung an der Grenze nach der Rinde hin,
und zwar ist sie an der vorderen und hinteren Linsenseite wieder auffälliger als
in den äquatorialen Gegenden. Hier sehen wir auch die Linsensubstanz auf¬
gequollen und aufgefasert und zum Teil in ihrem Faserverlaufe verändert Außer¬
dem finden sich in ihr gefärbte und ungefärbte Vakuolen mit und ohne Inhalt,
sowie ziemlich viel kleine und kleinste Tröpfchen vor. Die Vakuolen treten ver¬
einzelt auf oder sind zu mehreren zusammengeflossen. Die Tröpfchen liegen meist
haufenweise beieinander und haben sich gut gefärbt. Ihr Inhalt macht den Ein¬
druck einer homogenen Masse, die sich von der Umgebung etwas zurückgezogen
hat. Der Kern der Linse weist keine Veränderungen auf.
Diagnose: Cataracta supranuclearis; Bildung kleiner Lücken und Spalten
in der Uebergangsschicht.
138
SCHULZ
7 . Linkes Auge eines 20jährigen Pferdes. Makroskopisch: Hornhaut
überall durchsichtig. Im Kammerwasser schwimmt ein Traubenkorn. Am oberen
Pupillarrande nur ein Traubenkorn, der untere Rand glatt. Pupille von gewöhn¬
licher Weite. In der vorderen Polgegend der Linse zwei hirsekorngroße, silber¬
glänzende Pünktchen. Linse im allgemeinen durchsichtig, die Farbe des Tapetums
jedoch weniger leuchtend. Bei Betrachtung der Linse von hinten nach Halbierung
des Augapfels eine sohwache, hauohartige Trübung in der Umgebung des
hinteren Pols.
Mikroskopisch: Die Linsenkapsel ist von teils homogener, teils scholliger
Beschaffenheit und in ihren einzelnen Teilen von normaler Breite. Das Kapsel¬
epithel mit seinen Kernen und die Kernzonen sind deutlich sichtbar. Während
jedoch die vordere Kapsel mit der Linsensubstanz mittels des Kapselepithels in der
Norm in innigem Zusammenhänge steht, sehen wir hier an 4 Stellen die Epithel¬
schicht sich bogenförmig in die Linsensubstanz einbiegen, so daß sich zwischen
ihr und der Kapsel ein halbkreisförmiger Hohlraum befindet, der nur am Rande
wenig ungefärbten, strukturlosen Inhalt erkennen läßt. Die Linsenfasern um die
Hohlräume herum zeigen statt des nach auswärts konvexen einen konkaven Verlauf
und machen den Eindruck, als wären sie nach innen zusammengedrückt. Die
Längsdurchmesser dieser Hohlräume betragen 199 bzw. 249 bzw. 448 bzw. 581
während die Querdurchmesser 50 bzw. 66 bzw. 116 bzw. 166 (jl ausmachen.
Außerdem findet sich an einer anderen Steile noch eine solche Epitheleinstülpung
im Beginn. An den Kapselepithelien sind noch einige besondere Abweichungen zu
beobachten. Während dieselben an den Aequatoren wie gewöhnlich eine mehr
kubische Form mit gutgefärbtem Zellprotoplasma und Kernen haben und polwärts
entsprechend niedriger und ihre Kerne spindelförmig werden, nimmt hier das Zell¬
protoplasma an Färbbarkeit ab. Ferner treten im Zelleib neben feinen amorphen
Massen kleine Hohlräume (Vakuolen) auf, die nach dem Pol hin immer mehr zu¬
nehmen, so daß man nur noch die durch die Vakuolen aufgetriebenen großleibigen
Zollen und darin den ebenfalls schwächer gefärbten Kern wahrnimmt. Es ist sicher
kein Zufall, daß diese Erscheinungen in unmittelbarer Nachbarschaft der vorher
erwähnten Epitheleinsenkungen am deutlichsten in die Augen fallen, und daß
gleichzeitig das darunter gelegene Linsengewebe chemisch verändert ist; denn es
zeigt sich im Vergleich zum übrigen Linsengewebe streifenförmig etwas heller
tingiert.
In der Uebergangsschicht und zum Teil auch in der Rindenschicht der
hinteren Linsenhälfte ist die Linsensubstanz stellenweise aufgequolien und auf¬
gefasert. Daneben tritt in beiden Schichten hin und wieder Vakuolenbildung auf,
von denen wieder einzelne einen homogenen Inhalt haben.
Im Kern der Linse sind keine Veränderungen zu erkennen.
Diagnose: Schollige Beschaffenheit der Kapsel; Zystenbildung unter der
vorderen Kapsel mit degenerativen Veränderungen an den Epithelzellen; Cataracta
corticalis et supranuclearis incipiens.
8. Linkes Auge eines 15jährigen Pferdes. Makroskopisch: Hornhaut und
vordere Augenkammer ohne Abweichungen. Pupille mäßig weit. Unterer Pupillar-
rand glatt, am oberen nur ein Traubenkorn, und der Rand schläfenwärts davon
etwas verdickt. In der Mitte der Pupille auf der vorderen Linsenkapsel 2 schwarze
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
139
Pünktchen und in den tieferen Teilen der Linse eine schwach wolkige Trübung.
Letztere hat die Form eines Dreiecks, dessen Basis in der Mitte des oberen Pupillen¬
randes liegt, während seine Spitze bis zur Linsenaohse herabreicht. Zeichnung
des Augenhintergrundes deutlich erkennbar.
Mikroskopisch: Der vorderen Linsenkapsel sind in der Polgegend schwarze
Pigmentmassen angelagert, die zu beiden Seiten mit ihr unmittelbar verbunden
sind und in der Mitte einen schmalen, inhaltlosen Spalt einschließen. Der innere
Spaltrand, der durch die Kapsel gebildet wird, ist mit einem feinen, aus schwarz¬
braunen Körnern bestehenden Saume besetzt. Diese Körnchen sind im Bereiche
der Pigmentauflagerung auch durch die ganze Kapsel bis zum Kapselepithel hin
zerstreut zu bemerken. Die Beschaffenheit der Kapsel ist überall homogen. Während
sie im allgemeinen auch ihre gewöhnliche Breite besitzt, ist sie unter den Auf¬
lagerungen bzw. Verwachsungen schmäler und zwar besonders dort, wo die Spalt¬
bildung zu beobachten ist. An der schmälsten Stelle beträgt diese Verdünnung
über die Hälfte der normalen Kapselbreite dieser Gegend (70 : 157 ju). Der äußere
Kapselrand zeigt hier ein gewelltes Aussehen. In der Tiefe der kleinen Buchten
sind die Pigmentmassen ganz besonders dioht.
Am Kapselepithel sind keine pathologischen Veränderungen vorhanden.
Die Kernzone ist deutlich erkennbar und läßt sich weit in das Linseninnere
hinein verfolgen. Rinden- und Uebergangsschicht weisen in der vorderen Hälfte
keine pathologischen Veränderungen auf. Dagegen sehen wir in der hintoren
Linsenhälfte unter der intakten Kapsel in einem verhältnismäßig kleinen Abschnitte
der Rinden- und Uebergangsschicht beginnende Kataraktbildung. Die Erscheinungen
derselben sind durch die bereits mehrfach beschriebene Spaltbildung, Aufquellung
und Auffaserung des Linsengewebes in Verbindung mit Bildung scholliger und
kugeliger Massen und einem durch die verschiedenartige Färbung wahrzunehmenden
veränderten Chemismus des erkrankten Gewebes zu erkennen. Im übrigen sind
auch hier in der Uebergangssohicht und den äußersten Kernteilen viele kleine
Lücken und Spalten vorhanden, die einen durch die Färbung deutlich gemachten
Inhalt erkennen lassen.
Diagnose: Cataracta accreta mit Arrosion der Linsenkapsel; Cataracta
corticalis et supranuclearis posterior incipiens; Bildung kleiner Lücken und Spalten
in der Uebergangsschicht und den äußersten Kernteilen.
9 . Rechtes Auge eines 12jährigen Pferdes. Makroskopisch: Die Unter¬
suchung der Hornhaut der vorderen Augenkammer und Regenbogenhaut ergibt
einen negativen Befund. Pupille gewöhnlich weit, Papillarränder glatt. Die Linse
ist gut durchsichtig, so daß man Tapetum, Papille und Aderhautgefäße deutlich
erkennen kann, ln der Gegend des vorderen Pols jedoch sehen wir in der Linse
2 feine, silbernglänzende Pünktchen von Hirsekorngröße. Außerdem kann man bei
seitlicher Beleuchtung des herausgeschnittenen Augapfels die Nähte des hinteren
Linsensternes als weißglänzende Linien sehr schön wahrnehmen.
Mikroskopisch: Während die Linsenkapsel an der hinteren Linsenfläche
keine bemerkenswerten Veränderungen aufweist, ist sie in ihrer vorderen Hälfte
ungewöhnlich dünn. Ihre Breite beträgt am Pole nur 99 fi und nimmt nach den
Seiten hin bis zu 116 fi zu. In der Struktur erscheint sie überall homogen.
140
SCHULZ,
Das Kapselepithel ist an beiden Aequatoren zum Teil normal, mit großen,
rundliohen, kräftig gefärbten Kernen, zum Teil ist es jedoch schon hier, mehr
aber noch nach den Seitenteilen der Vorderkapsel hin zwei- und mehrschichtig.
Dabei werden die einzelnen Epithelzellen blasig und ebenso wie ihre Kerne größer,
sind weniger färbbar und zeigen beginnende Degeneration in Form von Vakuolen¬
bildung und stärker hervortretende Körnelung der Kerne. In der Nähe des Poles
finden wir an zwei Stellen die Epithelschicht halbkreisförmig nach der Linsen¬
substanz hin eingebuohtet, so daß, wie im Fall Nr. 7, zystische Hohlräume ent¬
stehen, die an ihrem Rande einen etwas homogenen Inhalt besitzen. Die Hohl¬
räume sind bis 20 fi breit und bis 10 (i tief. Die Kapsel zieht wie eine Brücke
über sie hinweg, ist aber an diesen Stellen um 15 fi verdünnt.
Die Kernzonen lassen sich weit in die Linsensubstanz hinein verfolgen. Die
Rindenschicht ist weniger gefärbt als die übrigen Teile der Linse. Die Uebergangs-
schioht und die peripheren Teile des Kernes sind mit vielen kleinen und mit
Inhalt gefüllten Lücken und Spalten besetzt, während das Kerninnere, das um
zwei Kernpunkte herum angeordnet ist, keine Veränderungen erkennen läßt.
Diagnose: Verdünnung der vorderen Kapselbälfte; Zystenbildung unter
derselben; Cataracta oapsularis anterior incipiens; degenerative Veränderung an
den Epithelien; Bildung kleiner Lücken und Spalten in der Uebergangsschicht
und in den peripheren Teilen des Kernes.
10 . Linkes Auge eines 15jährigen Pferdes. Makroskopisch: Kornea,
vordere Augenkammer und Iris ohne pathologische Veränderungen. Pupille mittel¬
weit. Pupillarrand glatt. In der Gegend des vorderen Poles der Linse sieht man
zwei grießkorngroße, runde, glänzende Punkte und etwas mehr oberhalb davon
ein schwarzes Pünktchen von gleicher Größe. In der Tiefe besitzt die Linse einen
grauen Schein, der die Zeichnung des Augenhintergrundes wie mit einem Schleier
überzogen erscheinen läßt.
Mikroskopisch: Die Linsenkapsel besitzt eine homogene Struktur, ist aber
an ihren einzelnen Stellen erheblich verdickt. Am vorderen Pole hat sie eine
Breite von 166/i, seitwärts davon von 182 p und am Aequator von 45 /u. Die
hintere Kapsel ist am Pole 19 fi und an ihren Seitenteilen 68 fi dick. Auf der
einen Seite der Vorderkapsel bat sich eine schwarze Pigmentmasse dicht auf¬
gelagert, die 340 [x lang und 58 /r breit ist. Unter derselben sieht man bei Stärkerer
Vergrößerung im äußeren Kapseldrittel einige verstreute, kleine braune Körnchen
liegen.
Das Kapselepithel an der Vorderfläche der Linse ist meist einschichtig und
der Kapsel unmittelbar anliegend. An 4 Stellon jedoch hat es sich, wie in den
Fällen Nr. 7 und 9, bogenförmig nach der Kortikalis zu eingestülpt, so daß eben¬
solche Zysten mit homogenem Inhalte an den Wänden entstanden sind. Die größte
Zyste ist 150 /i tief und 581 ft breit. An einzelnen Schnitten sieht man in diesen
Hohlräumen das Epithel zum Teil geschichtet, zum Teil dieselben fast ganz aus¬
füllend, so daß nur wenig epithelfreier Raum nahe der Kapsel übrig bleibt.
Nach den Aequatoren hin wird das Epithel gleichfalls mehrschichtig. Während
aber an dem einen Aequator die Epitholschicht in normaler Weise bis zur Epithel¬
grenze auf die hintere Kapsel hinzieht und der Kornbogen regelmäßig entwickelt
ist, sehen wir an der entgegengesetzten Seite eine schwach entwickelte Kernzone
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
141
schon vor dem Aequator und hinter letzterem noch eine zweite, gut ausgebildete.
In manchen Präparaten ist dabei die mehrschichtige Epithellage gänzlich unter¬
brochen, so daß man eine Strecke weit zwischen den beiden Kernzonen überhaupt
keine Epithelien findet. Verschiedene Präparate weisen auch an der Innenfläche
der hintereu Kapsel stellenweise einen meist mehrschichtigen Epithelbelag oder
vereinzelte Epithelinseln auf. An den Stollen, wo mehrere Epithelzellen über¬
einander liegen, zeigen dieselben Degenerationserscheinungen, die in blasenartigem
Aufquellen und geringerer Färbbarkeit ihres Protoplasmas, Vakuolenbiidung und
gröberer Körnelung der Kerne bestehen.
Von der Linsensubstanz ist die Rindenschicht an den Aequatoren stark
kat&raktös erkrankt, während in den Seitenteilen der Linse diese Veränderungen
nur geringgradig sind. Die Linsenfasern erscheinen an verschiedenen Stellen
mannigfach aufgetrieben und aufgefasert. Ihre Grenzen sind zum Teil gleichmäßig
gewellt, zum Teil aber auch ganz ungleichmäßig gestaltet. Stärkere Rißbildungen
und Auffaserungen sind nur in mäßiger Ausdehnung vorhanden, dagegen tritt die
chemische Veränderung der krankhaften Abschnitte in der Färbung scharf hervor.
Außerdem begegnen wir in der Rindensubstanz einzelnen kleinen Tröpfchen und
an dem einen Aequator, auf einen kleinen Herd beschränkt, einer Kalkablagerung
in Form von kleinen Kügelchen und Kernchen, die sich mit Hämatoxylin tief
dunkelblau gefärbt haben.
ln der Uebergangsschicht der Linse sind zahlreiche kleine, konzentrisch
verlaufende Lücken und Spalten zu sehen, die manchmal zu größeren Spalten
zusammengeflossen sind und leer oder mit homogenem Inhalte ausgefüllt erscheinen.
Sie lassen sich bis in die äußeren Kernschichten hinein verfolgen.
Diagnose: Cataracta accreta mit Pigmentverstreuung in die Kapsel; all¬
gemeine Verdickung der Kapsel; Zystenbildung unter der Vorderkapsel; Unter¬
brechung der Epithelschioht; Cataracta capsularis anterior et posterior incipiens
mit Degeneration der Epithelien; Cataracta corticalis mit Kalkeinlagerung; Bildung
kleiner Lücken und Spalten in der Uebergangsschicht.
11 u. 12 . Beide Augen eines 12jährigen Pferdes. Makroskopisch: Linkes
Auge: An der Hornhaut, der vorderen Augenkammer und der Regenbogenhaut sind
keine krankhaften Erscheinungen festzustellen. Pupille mäßig weit; Pupillarränder
glatt. Im Pupillarbereiche der Linse mehrere bis hirsekorngroße, glänzende, durch¬
scheinende Pünktchen, in deren Umgebung die Linsensubstanz hauchartig getrübt
erscheint. Tapetum wenig leuchtend; Papille und Aderhautgefäße aber gut sicht¬
bar. Nach Halbierung des Augapfels lassen sich die Trübungen in der Linse
schärfer erkennen; sie haben die Form einer Scheibe und liegen in der vorderen
Hälfte. Rechtes Auge: Untersuchungsbefund der vorderen Augenmedien negativ.
Im Pupillarbereiche gleichfalls mehrere silberglänzende Pünktchen bis zur Größe
eines Hirsekorns. Trübungen in der Linse jedoch sind nicht aufzufinden. Augen¬
hintergrund deutlich erkennbar.
Mikroskopisch: Linkes Auge: Die Kapsel ist von gewöhnlicher Dicke,
jedoch stellenweise von scholliger Beschaffenheit. Sie läßt gegenüber don bisher
beschriebenen Kapseln in verschiedenen Präparaten einen äußeren Saum erkennen.
Letzterer läßt sich auch auf die hintere Kapsel verfolgen und verhält sich an den
verschiedenen Stellen zum Gesamtdurchmesser wie 1 : 10—15. Im Vergleich zu
142
SCHULZ,
der übrigen Kapselbeschaffenheit hat derselbe eine intensivere Farbe angenommen,
ähnlich wie die Zonulafasern, die direkt in den Saum übergehen, und an deren
Ansatz er etwas starker erscheint als nach dem Pole hin. Die Kapsel weist außer¬
dem nach dem einen Aequator hin schräg zu der Außenfläche verlaufende, riß-
ähnliche Linien von hellerer Färbung und einige ebenso gerichtete Risse auf, deren
größter eine Länge von 0,9 mm und eine Breite von 0,03 mm besitzt. In den
größeren Rissen ist deutlich ein sohwachgefärbter homogener Inhalt wahrzunehmen.
Das Kapselepithel liegt überall in einfacher Lage. Die einzelnen Epithelzellen und
ihre Kerne sind im allgemeinen normal. Dagegen fallt schon bei oberflächlicher
Betrachtung der Schnitte die große Zahl von verschieden großen, halbkreisförmigen
Einsenkungen der Epithelschicht in die Linsensubstanz auf, von denen die größto
614 fi breit und 249 [i tief ist. In der Regel findet sich in ihnen etwas homogener
Inhalt vor. Die dicht neben diesen Einbuchtungen liegenden Epithelien zeigen
wieder Degenerationserscheinungen wie Aufquellung und Vakuolenbildung, während
ihre Kerne noch unverändert erscheinen. Ferner zeigt sich unter der ganzen Kapsel
eine reichliche Flüssigkeitsansammlung in Form von meist tröpfchenförmig ge¬
ronnenen Massen.
An der Linsensubstanz erkennt man nur am vorderen Pole in der Rinden-
sohicht gerade beginnende kataraktöse Veränderung in Form von mäßiger Kugel¬
bildung, Aufquellung und Auffaserung. Auch ist wieder die veränderte Färb¬
barkeit der erkrankten Linsensubstanz besonders in die Augen fallend. Die Ueber-
gangsschicht zeigt wenig kleine Spalten mit Inhalt und der Kern der Linse ist
unverändert.
Die rechte Linse läßt an ihrer Kapsel höchstens einen angedeuteten Saum er¬
kennen, der aber immerhin als etwas von der übrigen Kapsel Verschiedenes an¬
gesprochen werden muß, weil in einem Präparate die zum Teil abgerissene Kapsel nur
noch an diesem Saume hängt. Im übrigen zeigt die Kapsel keine Abweichungen.
Die Epithelsohioht besitzt die gleichen Einbuchtungen wie in der linken
Linse, nur nicht in so großer Anzahl. Letztere erreichen eine Breite von 415 fi und
eine Tiefe von 99 fi.
In der Linsensubstanz sind in der vorderen Linsenhälfte wenige Tröpfchen
und Spaltbildungen in der Rindenscbicht mit einem zum Teil körnigen und zum
Teil homogenen Inhalte. Sonst erweist sich dieselbe, von kleinen Lücken und
Spalten in der Uebergangsschicht abgesehen, überall unverändert.
Diagnose: Links: Scholliges Aussehen und Rißbildung der Kapsel; Saum
an der Außenseite der Kapsel; Flüssigkeitsansamralung zwischen Kapsel und
Epithelschicht; Zystenbildung unter der Vorderkapsel; degenerative Veränderung
am Kapselepithel; Cataracta corticalis anterior incipiens; wenige kleine Spalten
mit Inhalt in der Uebergangsschicht.
Rechts: Saum an der Außenseite der Kapsel; Zystenbildung unter der Vorder¬
kapsel, Cataracta corticalis anterior incipiens; kleine Lücken und Spalten in der
Uebergangsschicht.
13 u. 14 . Beide Augen eines 20jährigen Pferdes. Makroskopisch: Horn¬
haut, vordere Augenkammer und Regenbogenhaut an beiden Augen ohne Ver¬
änderungen. Pupillen gewöhnlich weit, Pupillenränder glatt.
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
143
In der Mitte der linken Linse eine geringgradige raucbartige Trübung, die
sich temporalwärts hinzieht und in den vorderen Teilen der Linse liegt. In der
rechten Linse zwei hirsekorngroße glänzende Pünktchen nahe dem unteren Pupillar-
rande mit ganz feiner Strichelung in dem umgebenden Linsengewebe. Tapetum,
Aderhautgefäße und Papille sind in beiden Linsen deutlich zu erkennen. Während
nach der Halbierung der Augäpfel bei Betrachtung von hinten die Linsentrübung
in der linken Linse korneawärts ihre Lage hat, fällt in der rechten Linse außer
den an der vorderen Kapsel befindlichen Pünktchen noch eine feine Trübung in
der hinteren Polgegend auf.
Mikroskopisch: Linke Linse: Die Schnittfläche der Kapsel ist von ge¬
wöhnlicher Breite und homogener BeschafTenheit. Das Kapselepithel ist im all¬
gemeinen der Norm entsprechend; nur an dem einen Aequator zeigt es Aufhellung
des Zellprotoplasmas, Vakuolenbildung und ab und zu verminderte Färbbarkeit der
Kerne. Auch in dieser Linse begegnen wir wieder einzelnen halbkreisförmigen
Einsenkungen der Epithelschicht in die Linsensubstanz, die in den so gebildeten
Hohlräumen einen etwas krümeligen oder homogenen Inhalt nachweisen läßt. Die
größte Breite derselben beträgt 215 /f und die Tiefe 66 [i. (Diese Zysten waren,
weil unter der Iris gelegen, für das untersuchende Auge nicht sichtbar!)
Die Linsensubstanz ist in der vorderen Polgegend, in geringem Maße aber
auch in der hinteren Polgegend, an der Grenze zwischen Rinden- und Uebergangs-
schicht kataraktös verändert. Der Prozeß ist gerade noch im Beginne, so daß wir
nur mäßige Aufquellung und Auffaserung der Linsensubstanz und ganz geringe
Kugel- und Vakuolenbildung finden. Besonders auffallend ist noch die ausgedehnte
Spaltbildung, die in konzentrischer Anordnung vorn in der Uebergangsschicht die
ganze Linsenbreite einnimmt, während sie hinten mehr in Form kleiner Spalten
und Lücken auftritt und sich bis tief in den Linsenkern hinein erstreckt. Hier be¬
sitzen dieselben außerdem meist eine rundliche Form.
Im Kern der Linse sind weitere krankhafte Veränderungen der Linse nicht
wabrzunehmen, jedoch fällt auch hier wieder eine konzentrische Anordnung der
Linsenfasern um zwei Kernpunkte, gleichsam um Brennpunkte des elliptischen
Linsenschnittes auf.
Rechte Linse: Das Epithel unter der normalen Kapsel zeigt die gleichen Ein¬
buchtungen wie in der linken Linse, nur sind sie zahlreicher und bis zu 498 fi
breit bzw. 116 fi tief. Zwei größere Einbuchtungen und eine kleine liegen im
Pupillargebiet.
Die Kernzonen treten scharf hervor; ihre Kerne haben sich gut gefärbt.
Rinden- wie Uebergangsschicht der Linsensubstanz weisen besonders in der vorderen
Hälfte der Linse viele kleine und kleinste Lücken und Spalten auf. Da, wo in
ihnen ein Inhalt erkennbar ist, findet er sich in Form kleinster Körnchen. Außer¬
dem sehen wir in der Rindenschicht am hinteren Pole beginnende Kataraktbildung,
die sich in Aufquellung und Auffaserung des Linsengewebes und in veränderter
Färbbarkeit äußert.
Am Kern der Linse sind keine Abweichungen von der Norm erkennbar.
Diagnose: Links: Zystenbildung unter der Vorderkapsel; degenerativo Ver¬
änderung am Kapselepithel, Cataracta corticalis anterior et posterior incipicns;
Bildung kleiner und größerer Lücken und Spalten in der Uebergangsschicht.
144
SCHULZ,
Rechts: Zystenbildung unter der vorderen Kapsel; Cataracta corticalis
posterior; viele kleine Lücken und Spalten in der Riuden- und Uebergangsschicht.
15 . Rechtes Auge eines 18jährigen Pferdes. Makroskopisch: Vordere
Augenmedien ohne Abweichungen. Pupille mittelweit, Pupillarrand glatt. In der
Linse im Pupillarbereiche viele kleinste, schwach durchscheinende Pünktchen, die
besonders zahlreich im inneren oberen Pupillarwinkel auftroten. Nach Halbierung
des Augapfels von hinten betrachtet erscheinen sie wie eine in der vorderen Kapsel¬
gegend liegende feine Trübung.
Mikroskopisch: Die Linsenkapsel zeigt hinsichtlich ihrer Breite und Be¬
schaffenheit keine pathologischen Veränderungen. Die Zellen der Epithelschicht
sind nach den beiden Aequatoren hin gut gefärbt und mit rundliohen, dunklen
Kernen versehen. Nach dem vorderen Pole hin jedoch zeigen sie die schon mehr¬
fach angeführten Degenerationserscheinungen. Ferner bildet die Epithelschicht
nach der Linsensubstanz zu viele halbkreisförmige, bis 199 ft breite und 83 tiefe
Einsenkungen mit mehr oder weniger krümeligem oder homogenem Inhalt.
Die Linsensubstanz läßt in der vorderen Hälfte der Linse krankhafte Er¬
scheinungen nicht erkennen. Dagegen sind besonders in der hinteren Hälfte in
großer Menge konzentrisch angeordnete, kleine, rundliche oder spindelförmige
Lücken und Spalten vorhanden, die sich bis weit in den Kern der Linse ver¬
folgen lassen.
Diagnose: Zystenbildung unter der vorderen Kapsel; degenerative Ver¬
änderung des Kapselepithels; Bildung kleiner Lücken und Spalten.
16 . Rechtes Augo eines 10—12jährigen Pferdes. Makroskopisch: Kornea
leicht wolkig getrübt. Vordere Augenkammer und Regenbogenhaut ohne Ab¬
weichungen. Pupille gewöhnlich weit; Pupillarränder glatt. In der Linse trübe,
graue, radiär verlaufende Streifen und nach dem oberen Pupillarrande zu mehrere
hirsekorngroße, glänzende Pünktchen. Der hintere Linsenstern tritt bei seitlicher
Beleuchtung klar hervor, während sich die Zeichnung des Augenhintergrundes bei
einfallendem Lichte nur undeutlich erkennen läßt.
Mikroskopisch: Die Kapsel ist größtenteils von der Rindenschicht ab¬
gelöst. Sie besitzt an den einzelnen Stellen eine normale Breite; ihr Gewebe zeigt
aber nicht überall einen homogenen Charakter, sondern erscheint teilweise schollig
und am Rande leicht rissig. Das Kapselepithel liegt auf der Rindenoberfläche und
ist durchgängig stark verändert. Die einzelnen Zelleiber sind infolge ausgedehnter
Vakuolenbildung iu der vorderen Polgegend um ein Drittel höher als gewöhnlich.
Dabei finden sich die Zellkerne mehr im Kopfteile der Zellen, so daß zwischen
ihnen und der Kapsel ein heller Saum entsteht.
Auch in dieser Linse begegnen wir mehr oder weniger ausgedehnten halb¬
kreisförmigen Einsenkungen des Epithels in die Linsensubstanz, in denen in geringer
Menge ein schwachgefärbter Inhalt liegt. Die Maße der größten Einsenkung be¬
tragen 664 : 166 ju.
Die Linsenrinde ist, besonders in den Aequatorialgegenden, stark kataraktös
verändert. Die Linsenfasern sind weniger gefärbt, stark aufgequollen und in ihrem
Verlaufe auffallend wellenförmig; zum Teil sind dieselben kugelig und schollig
zerfallen und ragen büschel- und zottenförmig in das schon stärker zerfallene
Linsengewebe hinein. In einigen Präparaten sehen wir auch Spalten in der
Stadien über die Katarakt in Pferdelinsen.
145
Kortikalis, die in reichlicher Menge schwach gefärbten homogenen Inhalt besitzen
und deren Wandung von bereits kataraktös verändertem Linsengewebe gebildet
wird. Die Kernbögen finden sich als solche nicht mehr vor, sondern die Kerne
liegen überall zerstreut und manchmal auch in Häufchen in der äquatorialen
Rindensubstanz. Die oberflächlichsten, jüngsten Linsenfasern fallen als helle,
dicke, blasenformige Gebilde in die Augen (hydropische Fasern nach 0. Becker),
die die regelmäßige Anordnung eines Randwirbels nicht mehr orkennen lassen.
Die kataraktöse Veränderung der Linsensubstanz ist aber nicht nur auf die Rinden¬
schicht beschränkt, sondern wir begegnen ihr auch in der Uebergangsschioht und
sogar im Kerne. In ersterer zeigt sie sich in Form von Spaltbildungen, die sich
verschieden groß und klaffend in konzentrischer Anordnung, dem Faserverlaufe
entsprechend, vorfinden, oder in Form von Vakuolenbildung und feinkugeligem oder
scholligem Zerfall. Die Spalten enthalten fast durchgängig einen feinkörnigen Inhalt.
Im Kern der Linse treffen wir neben feinen auch einige außerordentlich breite
Spaltbildungen mit kugeligem und scholligem Inhalte an.
Diagnose: Schollige Beschaffenheit der Kapsel; Zystenbildung unter der
Vorderkapsel; degenerative Veränderung der Epithelien; Cataracta totalis; Bildung
kleiner und größerer Spalten.
17 . Linkes Auge eines 15jährigen Pferdes. Makroskopisch: Kornea, vor¬
dere Augenkammer und Iris ohne pathologische Veränderungen. Papillenöffnung
normal weit; Pupillarrand glatt. In der Nähe der vorderen Kapsel einige glän¬
zende, durchscheinende, bis hirsekorngroße Pünktchen. * In der Tiefe der Linse
schwachwolkige Trübung, die Zeichnung des Augenhintergrundes jedoch gut er¬
kennbar.
Mikroskopisch: Unter der pathologisch unveränderten Kapsel zeigt das
Epithel die schon wiederholt erwähnten Degenerationserscheinungen, die hier be¬
reits in der Nähe der Aequatoren beginnen. Außerdem senkt sich auch hier die
Epithelscbicht an mehreren Stellen halbkreisförmig in die Linsensubstanz ein. Die
dadurch gebildeten Hohlräume, deren größter 448 ^ breit und 108 /tr tief ist, lassen
nur wenig feinkörnigen Inhalt erkennen.
Die Linsensubstanz ist in der Rinden- und Uebergangsschicht der hinteren
Linsenhälfte ziemlich stark kataraktös verändert. Wir finden hier Aufquellung,
Auffaserung, kugeligen, scholligen und krümeligen Zerfall der Linsenfasern, sowie
dadurch bedingten und durch die Färbung schön sichtbar gemachten veränderten
Chemismus des Gewebes (Abb. 9). In der Uebergangsschicht der vorderen Linsen¬
hälfte sind nur zwei kleine Herde vorhanden, die gequollene Linsenfasern mit ge¬
rade beginnendem kugeligem Zerfall erkennen lassen. Ferner weist die Linse
feinste Spaltbildung in dichtem Mantel um den unveränderten Kern auf, und letz¬
terer läßt zwei vollständig ausgebildete Kernzentren erkennen, die besonders bei
Färbung nach van Gieson deutlich in die Augen fallen.
Diagnose: Zystenbildung unter der Vorderkapsel; degenerative Verände¬
rung der Epithelien; Cataracta corticalis et supranuclearis incipiens; feinste Spalt¬
bildung um den Linsenkern herum.
18 . Rechtes Auge eines 18—20jährigenPferdes. Makroskopisch: Kornea,
Vorderkammer und Iris lassen keine krankhaften Veränderungen erkennen, Pupillen¬
öffnung nur mäßig weit; Pupillenränder glatt. In der Linse sehen wir in der
Archiv f. wissenscli. u. prakt. Tiorlieilk. Lid 4L 11.1 u 2.
10
146 SCHULZ,
Gegend des vorderen Poles einen grauen, undurchsichtigen, über stecknadelkopf¬
großen Punkt und hinter demselben nooh einen zweiten, der aber etwas glänzt.
Die Linien des hinteren Linsenkernes treten scharf hervor. Zwischen ihnen be¬
finden sich nooh mehrere kleinste, glänzende Pünktchen. Im übrigen ist die Linse
gut durchsichtig, so daß das Tapetum, die Papille und die Aderhautgefäße leicht
zu betraohten sind.
Mikroskopisch: Die Linsenkapsel zeigt die gewöhnliche Breite und Be¬
schaffenheit. Das unter ihr liegende Kapselepithel ist überall einschichtig und zeigt
eine deutliche Kernzeichnung.
An der Linsensubstanz sind in der Rindenschicht keine Veränderungen wahr¬
zunehmen, nur nimmt ihre Färbung nach der Uebergangsschicht zu einen helleren
Ton an. Die Uebergangsschicht bildet eine ringförmige Zone von mehr oder
weniger kammerartig gestalteten Räumen, wobei die hintere Linsenhälfte mehr ge¬
troffen ist als die vordere. Die Wände dieser Räume werden durch Züge von
Linsenfasern gebidet. In den Räumen ist fast durchweg ein Inhalt nachzuweisen,
der weniger körnig als homogen erscheint und in mäßiger Menge Tröpfchen und
Morgagnische Kugeln einschließt. Letztere finden sich besonders in den schmä¬
leren und kleineren Räumen und Spalten der beiden Aequatoren nach dem Linsen-
innern zu vor.
Der Kern der Linse ist unverändert.
Diagnoso: Cataracta supranuclearis.
19. Rechtes Augtf eines 20jährigen Pferdes. Makroskopisch: Kornea
und Vorderkammer ohne Abweichungen. Regenbogenhaut rostfarben. Pupille
stark verengt. Zwischen der engen Pupillarspalte scheint die undurchsichtige,
grauweiße Linse hindurch.
Mikroskopisch: Zwischen der entzündlich veränderten Iris (Intimawuche¬
rungen an den Gefäßen!) und der Linsenkapsel liegt ein mehr oder weniger zell¬
reiches Bindegewebe, das zu Verwachsungen zwischen beiden geführt hat. Die
Linsenkapsel selbst besitzt an ihren einzelnen Teilen die gewöhnliche Dicke und
Beschaffenheit; in der vorderen Hälfte jedoch ist sie stark gefaltet, so daß sie an
Schrägschnitten zuweilen bedeutend breiter erscheint.
Das Kapselepithel fehlt überall. An seiner Stelle finden wir ein bis zu 0,9mm
dickes, kernarmes Gewebe, das sich in dichten Zügen zwischen der Kapsel und
der Rindenschicht ausgebreitet hat und in färberischer Hinsicht dem Bindegewebe
ähnelt. An einigen Stellen, besonders nach dem Aequator zu, wird dieses Gewebe
durch kataraktöse zerfallene Massen der Rindenschicht unterbrochen, die in Form
von hydropischen Zellen, Morgagnisehen Kugeln und Schollen manchmal der
Linsenkapsel noch direkt anliegen.
Die Rindenschicht ist in der vorderen Hälfte der Linse, an den Stellen der
Iris-Kapselverwachsungen, vor allem aber in der ganzen hinteren Linsenhälfte
vollständig kataraktös und macht den Eindruck einer breiartigen Masse, in der
sich Morgagnische Kugeln und Vakuolen vorfinden. Von hier aus erstrecken
sich bereits Verflüssigungsströme in keilförmigen Spalten bis zur Kernmitte, in die
von den Seiten aus gequollene Linsenfasern hineinragen. In dem übrigen Linsen¬
gewebe sind außerdem noch Spalten verschiedenster Grüße vorhanden, deren Rich¬
tung meistenteils dem Verlaufe der Fasern entspricht. In diesen Spalten sind
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
147
neben einem homogenen Inhalte stellenweise in außergewöhnlich großer Anzahl
Morgagnische Kugeln anzutreffen (Abb. 10).
Im eigentlichen Kernzentrum begegnet man ausschließlich langen, radiärge¬
stellten Spalten.
Diagnose: Pupillarschwarte mit hinterer Synechie; Cataracta capsularis;
Cataracta totalis; kleine und große Spaltbildung.
20 u. 21. Beide blinden Augen eines 18jährigen Pferdes. Makrosko¬
pisch: Die Augapfel sind kleiner als gewöhnlich und fühlen sich weich an.
Linkes Auge: Kornea graublau getrübt, kaum durchsichtig. Vorderkammer
und Glaskörper stehen mittels der Pupillarspalte in direkter Verbindung. Die Linse
ist nicht aufzufinden. Die vereinigton Bulbusräume enthalten eine farblose Flüssig¬
keit, in der grauweiße Flocken herumschwimmen. Die Regenbogenhaut ist rost¬
farben und glatt; ihre zirkulären Falten sind vollständig verstrichen. Bei Bewe¬
gung des Augapfels flottiert dieselbe wie ein bewegliches Segel in der Augen¬
flüssigkeit. Der Augenhintergrund ist nicht zu erkennen, nur ein rötlicher Schein
leuchtet durch die Pupille hindurch.
Rechtes Auge: Die Kornea ist bis auf einen erbsengroßen Fleck auf der Höhe
ihrer Wölbung gut durchsichtig. In der unteren Irishälfte sieht man zwei fast runde
Löcher, die über stecknadelkopfgroß sind, und in dem oberen nasalen Teile des
Pupillarrandes eine Einkerbung von der Größe einer Erbse. Auch bei diesem Aug¬
apfel sieht man von vom keine Linse und auch hier liegt Glaskörperflüssigkeit
und Irisschlottern vor.
Nach Eröffnung der Augäpfel finden sich beide Linsen im unteren Glaskörper¬
raume vor und sind zum Teil in gallertiges Gewebe (zyklische Schwarte) einge¬
bettet. Bei der Weiterbehandlung sind sie jedoch aus ihrer Lage herausgefallen,
so daß sie nicht im Zusammenhänge mit ihrer Umgebung geschnitten werden
konnten. Beide Linsen haben eine mehr rundliche Form und besitzen einen
Aequatorialdurohmesser von je 1,6 cm, während der Achsendurchmesser der linken
1,3 cm und der der rechten nur 1,1 cm beträgt.
Mikroskopisch: LinkeLinse: Die Breitenmaße der Kapsel sind am Aequator
30 jti, am vorderen Pole 133/i und seitwärts davon 148 ju ; die des hinteren Polos
16,6 fi und der seitlichen Teile 66,4 fi. Ihre Beschaffenheit ist meist schollig. In
der Gegend der Aequatoren bildet sie mehr oder weniger Falten.
Eine Kapselepithelschicht ist nirgends vorhanden. Dafür findet sich, beson¬
ders an der Seite des Aequators, wo die Zonulafasern noch in innigem Zusammen¬
hänge mit der Kapsel standen, ein ziemlich stark ausgebildetes kernarmes Gewebe
vom Charakter des Bindegewebes, das dicht an der Kapsel vereinzelte Haufen
blasig aufgequollener Zellen einschließt (Wedels Blasenzellen). Das Gewebe zieht
sich auch weit unter der hinteren Kapsel nach dem Pole hin und ist von ihr selbst
nur durch feine bindegewebsartige Faserzüge zu unterscheiden. Unter der vorderen
Kapselhälfte erreicht es an den dicksten Stellen einen Durchmesser von 0,42 mm
und hinten an einerStelle in derNähe des einen Aequators eine Breite von 0,38mm.
Nach der Kortikalis hin finden wir in den faserigen Gewebsmassen vielfach
Inseln von in Zerfall begriffener Linsensubstanz vor.
Die Linsensubstanz weist im großen und ganzen gleiche Veränderungen auf,
wie Linse Nr. 19 (teilweise Verflüssigung der Kortikalis, Aufquellung, Kugel- und
10*
148
SCHULZ,
Schollenbildung der degenerierenden Linsenfasern, keilförmige Verflüssigungs¬
ströme ins Kerninnere, ausgedehnte Bildung kleiner Spalten in dem sonst noch
unveränderten Linsengewebe).
Diagnose: Verdickung und Faltenbildung der Kapsel; schollige Beschaffen¬
heit derselben; Cataracta capsularis anterior et posterior, Cataracta totalis; Bil¬
dung kleiner Spalten.
Rechte Linse: Die Linsenkapsel ist gleichfalls dicker als gewöhnlich. Die
Breite ihrer Schnittfläche beträgt am vorderen Pole 152 [i, seitwärts davon 166 4 u
und am Aequator 32 /i, am hinteren Pole 16 [x und an den Seitenteilen 66 ju.
Auch sie zeigt im allgemeinen mehr schollige Beschaffenheit und ist da, wo die
Linse noch mit dem Aufhängebande verbunden war, an der Vorder- wie Hinter¬
fläche mäßig stark gefaltet. In gleioher Weise finden wir hier eine Kapselkatarakt
mit teils kernarmem, teils kernreichem Gewebe, die weitauf die vordere und hintere
Linsenfläche übergreift und vorn eine Breite von 0,83 mm, hinten eine solche von
0,36 mm erreicht. An den Stellen der Kapselkatarakt ist von einer Kapselepithel¬
schicht nichts nachzuweisen. Aber auch unter den übrigen Teilen der Kapsel, die
keinen solchen Gewebsbelag haben, finden wir nur noch stellenweise Epithelien vor,
die völlig degeneriert sind und große Vakuolen aufweisen.
Die Rindenschicht der Linsensubstanz ist fast vollständig in Starmassen um¬
gewandelt und zeigt an der zonulafreien Aequatorhälfte ausgedehnte Kalkablage¬
rung in Form von Körnchen und kleinen Kügelchen. Die übrige Linsensubstanz
wird von der Hinterfläohe aus durch einen großen, keilförmigen Verflüssigungs¬
strom auseinandergedrängt, in dessen unmittelbarster Umgebung die Linsenfasern
sich im Quellungszustande befinden. Im übrigen zeigt die Linse außer Spalt¬
bildungen keine weiteren Veränderungen.
Diagnose: Verdickung und Faltenbildung, sowie scholliges Aussehen der
Kapsel; Cataracta capsularis anterior et posterior; Cataracta totalis; Kalkablage¬
rung, kleine und größere Spaltbildung.
22. Ein ^jähriges Pferd. Makroskopisch: Eine klinische Untersuchung
vor der Tötung hat nicht stattgefunden. Der Augapfel ist mir in Müllerscher
Flüssigkeit übergeben worden, so daß die Durchsichtigkeit der Linse nicht mehr
geprüft werden konnte. Die Linse hat einen äquatorialen Durchmesser von 1,3 cm
und einen axialen von 1 cm. Ihre Flächen sind dem jugendlichen Zustand ent¬
sprechend gewölbt. Der Abstand des vorderen Poles von der Kornea beträgt 0,5cm.
Mikroskopisch: Die Kapsel ist im ganzen sehr dünn. Die Breite ihrer
Schnittfläche beträgt am vorderen Pole 27 /u, am Aequator 5 fi und am hinteren
Pole 4 f j. Unter ihr liegt das gut erhaltene Kapselepithel mit dunkel gefärbten
Kernen. Die Kernbögen treten besonders schön hervor. i
Die Linsensubstanz weist in der Rindenschicht keine Veränderungen auf. |
Unter ihr liegt eine ungefähr ebenso starke, der Uebergangsschicht entsprechende |
Zone, die bei den verschiedenen Färbungen stets gleich deutlich einen veränderten |
Chemismus erkennen läßt, insofern sie bedeutend heller gefärbt erscheint. In ,
dieser Zone sind die Linsenfasern gequollen und stellenweise etwas aufgefasert.
Kugelbildung oder Erscheinungen, die auf Verflüssigungen deuten, finden sich
nirgends einwandsfrei. Die innerhalb dieser Zone gelegene Linsensubstanz ist
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
149
unverändert und zeigt nur verhältnismäßig wenig gezackte Fasern, die auch hier
wieder um zwei Kernpunkte herum angeordnet sind.
Diagnose: Cataracta supranuclearis incipiens.
23. Linkes Auge eines 18jährigen Pferdes. Makroskopisch: Hornhaut,
vordere Augenkammer und Kegenbogenhaut zeigen keine krankhaften Verände¬
rungen. Pupille gewöhnlich weit, Pupillarränder glatt. In der Linse sieht man
ganz feine, radiäre, durchscheinende Linien vom vorderen Pol nach dem Aequator
hinziehen. Außerdem liegen in der Gegend der vorderen Kapsel zwischen den
radiären Linien einige silberglänzende, stecknadelspitzengroße Pünktchen.
Der Augenhintergrund ist deutlich sichtbar und ohne Abweichungen.
Mikroskopisoh: Unter der Kapsel, die die gewöhnliche Breite und Be¬
schaffenheit hat, ist das Epithel überall gut erhalten. Die Zellkerne haben sich
intensiv gefärbt, erscheinen aber nach dem einen Aequator zu ebenso wie das Zell¬
protoplasma etwas heller. Eigentliche Vakuolenbildung ist nicht zu erkennen.
Ferner sieht man in den einzelnen Schnitten vom Pole nach dem einen Aequator
hin das Epithel sich stellenweise halbkreisförmig in die Kortikalis einsenken, so
daß die schon wiederholt beschriebenen zystischen Räume entstanden sind, die
von der Kapsel überbrückt werden, und in denen man teilweise noch geronnene
Inhaltsmassen erkennen kann. Die Zahl der Einsenkungen wechselt in den ver¬
schiedenen Schnitten. Die größten sind bis 150 fi lang und 50 (jl tief, während die
kleinsten etwa 50 fi lang und 4 fi tief sind. Das Epithel in den Zysten zeigt in
gleicher Weise die erwähnten Erscheinungen von Degeneration.
An der Linsensubstanz selbst sind, abgesehen von kleinsten Lücken und
Spalten, besondere pathologische Veränderungen nicht wahrzunehmen.
Diagnose: Zystenbildung unter der Vorderkapsel; beginnende degenerative
Veränderung der Kapselepithelien; Bildung kleinster Lücken und Spalten.
24. Rechtes Auge eines 10jährigen Pferdes. Makroskopisch: Kornea und
vordere Augenkammer ohne Abweichungen. Iris rostfarben und fast ohne Zirkulär¬
falten. Pupille eng. Quer über der Linse liegen schwarzbraune Auflagerungen,
zwischen und hinter denen sich einige stecknadelspitzen- bis steoknadelkopfgroße,
weißgraue Pünktchen und feine weiße Züge wahrnehmen lassen. Die Zeichnung
des Augenhintergrundes ist nur schwach erkennbar.
Mikroskopisch: Die Iris ist zum großen Teil mit der vorderen Kapsel ver¬
wachsen, und auf letzterer finden sich im Pupillarbereiche einige Pigmentreste.
Die Breite und die Beschaffenheit der Kapsel zeigen keine Abweichungen. Dagegen
ist das unter ihr liegende Epithel sowohl hinsichtlich seiner Anordnung als auch
seiner Form außerordentlich stark verändert. Unter der Vorderkapsel begegnen wir
meist den wie gewöhnlich flachen Epithelien mit ebenso flachen Kernen. Doch
macht es den Eindruck, als ob die Epithelschicht aus mehreren Zellagen besteht.
Sach dem einen Aequator hin nehmen die Zellen der Regel entsprechend all¬
mählich einen mehr kubischen bzw. zylindrischen Charakter an, und an der
Epithelgrenze bilden die Kerne der Linsenfasern eine gut ausgeprägte Kernzone.
Verfolgen wir jedoch die Epithelschicht vom Pol aus nach dem anderen Aequator
hin, so läßt sio an mehreren Stellen, wo die unter ihr liegende Kortikalis katarak-
töse Veränderungen aufweist, Mehrschichtigkeit erkennen. Der Epithelbelag endet
außerdem auf dieser Seite schon vor dem Aequator in der Gegend des Zonula-
150
SCHULZ,
ansatzes, nachdem er noch kurz vorher eine Unterbrechung erfahren hat, da an
einer Strecke von 0,13 mm keine Epithelien vorzufinden sind. Ferner sind in der
Gegend der Kernzone nur verhältnismäßig wenig Kerne in der Linsensubstanz
wahrzunehmen; auch sind sie nicht in einem Bogen angeordnet, sondern liegen
unregelmäßig zerstreut in der Rindenschioht.
Unter der hinteren Kapselhälfte begegnen wir der auffallenden Tatsache, daß
an verschiedenen Stellen Epithelien in Form von Haufen oder belagartigen Reihen
auftreten. Sie haben einen kubischen bzw. zylindrischen Charakter und besitzen
eine Höhe von 20 /i. ihre rundlichen Kerne liegen in dem nach der Linsensubstanz
zu gerichteten Zellteil; zum Teil sind sie intensiv, teils weniger stark gefärbt.
Die Kortikalis ist in der Umgebung dieser Epithelhaufen und -reihen überall
hochgradig kataraktös verändert. Neben scholligen und kugeligen Massen sehen
wir besonders schön die Auffaserung der Linsensubstanz in der Form eines
Schweifes hervortreten, wobei das spitze Ende nach dem Linseninnern zu liegt.
Auffallend ist noch die Erscheinung, daß in jenen Zonen, die schon beginnende
degenerativeVeränderungen erkennen lassen, und in ihrer unmittelbaren Nachbar¬
schaft im Linsengowebe Zellkerne sichtbar sind, die aber keine lange flache Form
haben, sondern rundlich und mehr oder weniger stark gefärbt erscheinen. An einer
Stelle, unweit der Kernzone des einen Aequators, treten sie so zahlreich und in
solcher Anordnung auf, daß man sie für eine zweite Kernzone ansehen kann. An
einer anderen, mehr nach dem Linseninnern zu gelegenen Stelle wieder liegen drei
vakuolenartige Gebilde dicht nebeneinander inmitten des scheinbar normalen
Linsengewebes, von denen zwei deutlich einen bereits im höheren Grade ver¬
änderten Kern zeigen. Das dritte Gebilde ist ohne Kern, jedoch findet sich in ge¬
ringem Abstande davon ein intensiv gefärbter Kern in der Linsensubstanz.
Außer den erwähnten Veränderungen weist die Rindenschicht noch breite
konzentrische Spaltbildungen mit homogenem Inhalt auf, während die übrige
Linsensubstanz von pathologischen Veränderungen frei ist.
Diagnose: Cataracta accreta und hintere Synechie; Cataracta capsularis
anterior et posterior; Cataracta corticalis posterior; breite Spaltbildung in der
Rindenschicht.
25. Rechtes Auge eines 20jährigen Pferdes. Makroskopisch: Kornea,
vordere Augenkammer und Iris keine Abweichungen, Pupille gewöhnlich weit,
Pupillarränder glatt. In der Tiefe der Linse mehrere glänzende Punkte, die meist
hirsekorngroß sind. Im übrigen zeigt die Linse noch eine feine Radiärstreifung,
die vom Pol nach dem Aequator hin ausläuft. Während der hintere Linsenstern
sehr gut sichtbar ist, erscheint der Augenhintergrund undeutlich und weniger
leuchtend als normal. Der Farbenton des Tapetums ist schmutzig-graugrün und
die Durchtrittsstellen der Aderhautgefäße treten nur schwach hervor.
Mikroskopisch: Die Iris ist an einer Stelle mit der Linsenkapsel ver¬
wachsen. Die Kapsel besitzt die gewöhnliche Beschaffenheit und Breite. An der
Stelle der Verwachsung mit der Iris und in der Nähe davon liegt das Kapselepitbel
zwei- bis dreischichtig, während es sonst unter der vorderen Kapsel überall nur in
einfacher Lage vorhanden ist. Dabei erscheinen die Zellen der mehrschichtigen
Epithellage höher als die der einfachen Schicht und ihre Kerne mehr rundlich.
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
151
Ihr Protoplasma ist heller und neigt zur Bildung von Vakuolen, auch ist ihr Kern
größer und blasser.
Unter der hinteren Kapselhälfte begegnen wir ungefähr in der Nähe des
hinteren Pols in den verschiedenen Schnitten teils vereinzelten, teils einer ganzen
Reihe von Epithelien der gleichen Beschaffenheit wie die zuletzt erwähnten; meist
besitzen sie eine Höhe von 7—8 /i.
Die Rindenschicht unter diesen Stellen weist Veränderungen auf, die in Auf¬
quellung, Auffaserung, Kugel- und Schollenbildung besteht. Auch an der Grenze
zwischen Kortikalis und Uebergangsschicht sehen wir neben Riß- und Lücken¬
bildung beginnende Aufquellung und veränderte Färbbarkeit des Linsengewebes.
In der übrigen Linsensubstanz sind keine besonderen Veränderungen.
Diagnose: Hintere Synechie; Cataracta capsularis anterior et posterior;
Degenerationserscheinungen an den Kapselepithelien; Cataracta corticalis posterior
incipiens; Riß- und Lückenbildung.
26. Linkes Auges eines 15jährigen Pferdes. Makroskopisch: Die Horn¬
haut ist am Rande blauweiß und undurchsichtig. Die vordere Augenkammer ist
vollständig aufgehoben und steht mit dem Glaskörperraum in unmittelbarer Ver¬
bindung. Im flüssigen Inhalt dieser vereinigten Räume schwimmen weiße und
schwarze Flocken. Sehspalte sehr weit; ihr unterer Rand ist glatt, der obere da¬
gegen wellig und im temporalen Teil ausgebuchtet. Hinter dem oberen Pupillar-
rande sieht man bewegliche, nach unten und in die Tiefe sich hinziehende, grau¬
weiße Stränge von verschiedener Stärke, deren Endigungen nicht zu erkennen sind.
Bei Eröffnung des Augapfels findet sich die graue, undurchsichtige Linse im
unteren Glaskörperraume in einem glasigen Gerinnsel eingebettet vor. Sie hat eine
kugelige Form. Ihr Aequatorialdurchmesser beträgt 1,6 cm, ihr Achsendurchmesser
1,3 cm.
Mikroskopisch: Die Regenbogenhaut ist teilweise mit der hinteren Fläche
der Hornhaut durch dazwischen gelagertes Bindegewebe fest verwachsen. Die
Kapsel der Linse ist hinsichtlich ihrer Beschaffenheit und Breite unverändert. Die
unter ihr liegende Epithelschicht bedeckt nicht nur wie gewöhnlich die Innenfläche
der vorderen, sondern auch vollständig die der hinteren Kapselhälfte.
Die Epithelien lassen weitgehende Veränderungen erkennen. An der vorderen
Kapselhälfte sind sie nur an ganz wenigen Stellen in einfacher Lage zu finden.
Meist sehen wir sie in mehreren Schichten angeordnet, wobei ihre Kerne die ge¬
wöhnliche dunkle Färbung vermissen lassen und auch ihr Protoplasma bell aus¬
sieht. Zum Teil erscheinen sie stark vergrößert, hydropisch (Wedels Blasenzellen)
oder sind von Vakuolen eingenommen. Wenn im letzteren Fall ein Kern vorhanden
ist, so ist er an die Zellwand gedrückt und platt. An anderen Stellen sind die
Epithelien in dichten Haufen gewuchert und ganz unregelmäßig angeordnet.
Wieder an anderen Stellen lassen sich Zelleiber kaum noch wahrnehmen. Die
Kerne der Zellen werden hier durch ein mehr oder weniger homogenes Gewebe
miteinander verbunden, das durch feine Stränge mit einem darunter- oder daneben-
iiegenden kernreichen, bindegewebsäbnlichen Gewebe im innigen Zusammenhang
steht. Ueber diesem bis zu 114 dicken Gewebe, vor allem aber da, wo es zell-
ärmer ist, zeigt die Kapsel wellenförmige Fältelung.
152
SCHULZ,
Unter der hinteren Kapselhälfte treten die beschriebenen Abweichungen ganz
besonders in Erscheinung, so daß wir solche Gewebszüge, die hier eine Dicke von
150 n erreichen, weit unter der mehr oder weniger gefalteten Kapsel hinziehen
sehen. Auch die Epithelzellen zeigen hier die gleichen Eigenschaften wie in der
vorderen Linsenhälfte.
Die Linsensubstanz weist in der an die Epithelzellen anstoßenden Rinden¬
schicht, ganz besonders aber im Bereich der Aequatoren, die eine Kernzone ver¬
missen lassen, ziemlich vorgeschrittene kataraktöse Veränderungen in Form von
Auffaserung, Quellung und Bildung von Vakuolen, Morgagnischen Kugeln und
Sohollen auf. Die hiermit eingetretene chemisohe Veränderung der Linsensubstanz
macht sioh überall durch die Färbung kenntlich, und ihre degenerierende Wirkung
kann man an einigen Stellen deutlich an den kernwärts gerichteten Verflüssigungs¬
strömen wahrnehmen’ die wie Keile ins Innere der Linse eingedrungen sind.
Das übrige Linsengewebe ist, von kleinen Lücken- und Spaltbildungen ab¬
gesehen, frei von nachweisbaren pathologischen Veränderungen.
Diagnose: Vordere Synechie; Luxation der Linse; zyklitische Schwarte;
Faltenbildung der Kapsel; Cataracta capsularis anterior et posterior und degene-
rative Veränderungen an den Kapselepithelien; Cataracta corticalis; kleine Lücken
und Spalten.
27. Linkes Auge eines 12jährigen Pferdes. Makroskopisch: Kornea und
vordere Augenkammer ohne Abweichungen. Pupille gewöhnlich weit. In der Mitte
des unteren Pupillarrandes erhebt sich ein kleiner dreieckiger Irislappen, der mit
der Linsenkapsel in fester Verbindung zu stehen scheint. Die Linse ist undurch¬
sichtig, grauweiß, so daß der Augenhintergrund nicht zu erkennen ist.
Nach Eröffnung des Augapfels siebt man, daß die Linsenkapsel mit dem
Faltenkranze innig verbunden ist. An Stelle der Fasern des Aufhängebandes der
Linse findet sich mehr festes, graues Gewebe vor, das in den unteren Teilen be¬
sonders stark entwickelt ist. Beim Entfernen des Glaskörpers reißt letzteres zum
Teil in Verbindung mit einem Stück Linsenkapsel ab, so daß man in den Kapsel¬
sack hineinsehen kann, der von der Linsensubstanz nicht ganz ausgefüllt wird.
Die Oberfläche der Linsensubstanz läßt mehr oder weniger tiefe Einkerbungen er¬
kennen.
Mikroskopisch: In den horizontalen Meridionalschnitten der Linse liegt
in der vorderen Polgegend ein längeres Irisstück der vorderen Kapselhälfte dicht
auf, während sich an den beiden Seitenteilen zwischen der Iris und der Kapsel
ein schmaler Spalt befindet. Die Kapsel selbst hat sich an den Aequatoren von
der Linsensubstanz abgehoben, so daß hier große Hohlräume ohne Inhalt ent¬
standen sind. In der vorderen Hälfte läßt die Kapsel hinsichtlich ihrer Struktur
und Breite keine pathologischen Veränderungen erkennen. In der hinteren Hälfte
jedoch bildet sie viele Falten und ist nach den Aequatoren hin erheblich ver¬
breitert. Auf der Außenfläche weist sie Gewebsauflagerungen auf, die von der
Zonula ihren Ausgang nehmen und sich polwärts mehr und mehr verdünnen, ln
der Nähe des einen Aequators sind die Auflagerungen bis 150 fi breit; sie haben
den Charakter des Bindegewebes, lassen aber keine Kerne erkennen.
Vom Kapselepithel sind nur noch einige ganz kleine Reste mit undeutlicher
Kernzeichnung unter der vorderen Kapsel vorhanden, die zwei- und dreischichtig
Studien über *die Katarakt in Pferdelinsen.
153
gelagert sind. Statt des Epithels sehen wir fast überall eine verschieden breite,
meist aber mächtige, bis zn 0,3 mm dicke Gewebslage unter der vorderen Kapsel,
die in den äußeren Schichten mehr homogen oder feinfaserig und kernarm, in den
inneren grobfaserig und kernreich ist. Nach den Aequatoren hin verliert sich
dieses Gewebe mehr und liegt hier nur in ganz dünnen Schichten der Kapsel an,
während es sich unter der hinteren Kapsel wieder ganz bedeutend verbreitert und
sogar stellenweise eine Breite von 0,58 mm erlangt.
Die Linsensubstanz ist von vielen radiären und konzentrischen Rissen und
Spalten durchsetzt. Insbesondere erstrecken sich von der hinteren Polgegend zwei
breite, klaffende Spalten keilförmig bis in die Linsenmitte und lassen sich von hier
aus als feine Spalte in die vordere Linsenhälfte weiter verfolgen, wo sie naoh der
Gegend des vorderen Pols zu wieder keilförmig auseinandergehen. In den Spalten
und Rissen liegen viele kleine und große Uorgagnische Kugeln und einige
Schollen. An den Rändern der Spalten ist die Linsensubstanz stark aufgefasert.
Während aber die Faserenden im allgemeinen einen linearen Verlauf nehmen,
zeigen sie sich bemerkenswerterweise in der hinteren Linsenhälfte manchmal in Form
dunkler gefärbter Spiralen, die wie Fransen in den keilförmigen Spalt hineinragen.
Diagnose: Hintere Synechie; zyklitische Sohwarte an den Aequatoren; Ver¬
dickung der hinteren Kapselhälfte; Faltenbildung der Kapsel; Abhebung der
Kapsel von der Linsensubstanz an den Aequatoren; Cataraota capsularis anterior
et posterior; Cataracta totalis; Spalt- und Rißbildung.
28. Rechtes Auge eines 12—15jährigen Pferdes. Makroskopisch: Kornea,
vordere Augenkammer und Iris zeigen keine pathologischen Veränderungen.
Pupillenöffnung gewöhnlich weit, Pupillarränder glatt, ln der Linse mehrere graue,
undurchsichtige Punkte, die unregelmäßig gestaltet und etwa stecknadelkopfgroß
sind. Sie liegen sowohl in der vorderen als auch in den tieferen Linsenschichten.
Die Zeichnung des Augenhintergrundes ist deutlich erkennbar.
Mikroskopisch: Die Linsenkapsel hat an den einzelnen Teilen die ge¬
wöhnliche Breite und eine homogene Beschaffenheit. Die unter ihr liegende Epithel¬
schicht ist überall gut entwickelt und ihre Zellkerne haben sich intensiv gefärbt;
auch sind die Kernbögen deutlich ausgeprägt.
Die Rindenschicht der Linsensubstanz bietet ebenfalls nichts Ungewöhnliches,
nur ist sie nach der Uebergangsschicht hin bei den verschiedenen Färbemethoden
heller gefärbt. Die Uebergangsschicht besteht aus verschiedenen, kammerartigen
Räumen, deren Wände durch Züge von Linsenfasern gebildet werden. Nach dem
Linsenkern zu nehmen sie an Größe ab und werden mehr spaltförmig. In ihrer
Verteilung auf die vordere und hintere Linsenhälfte ist insofern ein Unterschied
vorhanden, als die größten Räume sich vorn befinden. Fast durchgängig sind sie
mehr oder weniger vollständig mit feinkörnigem Inhalte gefüllt, der nur in den
kleinsten Räumen homogen erscheint. Neben diesem Inhalte finden sich mitunter
Morgagnische Kugeln darin vor.
Im Linsenkern sind außer mäßiger Spaltbildung, die wohl hier als Wirkung
der Härtungsflüssigkeit aufzufassen ist, keine weiteren Veränderungen nachzuweisen.
Diagnose: Bildung mehr oder weniger großer, kammerartiger Räume und
Spalten in der Uebergangsschicht, die kernigen oder homogenen Inhalt mit einigen
Morgagnischen Kugeln besitzen; Cataracta supranuclearis.
154
SCHULZ,
29. Atrophisoher Augapfel eines 15jährigen Pferdes. Sein Durchmesser be¬
trägt horizontal 4,3 cm, vertikal 4 cm und axial 3,8 cm. Makroskopisch: Kornea
durchsichtig. Vordere Augenkammer sehr flach. Pupillarränder uneben. Die Seh¬
spalte wird durch eine grauweiße, flockige Masse ausgefüllt, die in die vordere
Augenkammer hineinragt und einen Einblick in das Augeninnere verhindert, ln
der Masse sind viele kleine, schwarze Pünktchen enthalten. Die Linse liegt hinter
diesen grauweißen Gewebsmassen und ist grau und undurchsichtig.
Mikroskopisch: Die weit in die Vorderkammer vorgedrängte Iris ist in
größerer Ausdehnung mit der Vorderfläche der Linsenkapsel verwachsen. Letztere
läßt im Pupillarteile und in ganz besonderem Maße in ihrem übrigen Umfange
hinter der Iris Auflagerungen erkennen, die im allgemeinen bindegewebigen
Charakter haben und stark mit Pigment durchsetzt sind. Die Kapsel ragt in
starker Wölbung weit in die Vorderkammer hinein. Ihre Beschaffenheit ist teils
homogen, teils schollig, und ihre Breitenmaße bleiben an den einzelnen Stellen
wesentlich gegen die Norm zurück. Am vorderen Pole ist sie 83 /u, an den Seiten¬
teilen der Vorderkapsel 114 fi und am Aequator 11 ju breit, während die Messung
der hinteren Kapsel am Pole 3,8 u und in der Gegend des Zonulaansatzes auf der
einen Seite 19 [i und auf der anderen 49 /i (Schrägschnitt) ergibt. Vorder- wie
Hinterkapsel sind stark in Falten gelegt.
Kapselepithel ist nirgends mehr vorhanden, und von einer Kernzone ist in
der Gegend der Aequatoren auch nichts wahrzunehmen. Dagegen finden sich an
der ganzen inneren Fläche der Kapsel flächenhafte, mehr oder weniger kernreiche,
meist aber kernarme Gewebsfaserzüge, <Jie vorn einen Dickendurchmesser bis zu
0,5 mm erlangen.
Die Linsensubstanz zeigt in der Rinden- und Uebergangsschicht hochgradige
Veränderungen in Form von Quellung, büschel- und sohweifförmiger Auffaserung,
Zerfall und Verflüssigung (Morgagnisohe Kugeln, Schollen, Tröpfchen und Vaku¬
olen). Dazwischen klaffen zum Teil recht erheblich weite Lücken mit und ohne
Inhalt. Zwischen den Detritusmassen sind in Menge Kalkablagerungen (Krümelchen,
Körner und Herde) vorhanden, die stellenweise außerordentlich großen Umfang
annehmen und vereinzelt unter der Kapsel liegen. Von der hinteren Rindenschiebt
aus erstreckt sich ferner noch ein Verflüssigungsstrom keilförmig zentralwärts in
den Linsenkern hinein, der im übrigen keine weiteren Abweichungen erkennen läßt.
Diagnose: Hintere Synechie; irido-zyklitische Schwarte; allgemeine Ver¬
dünnung der Kapsel mit Faitenbildung und teilweise scholligem Aussehen; Cata¬
racta capsularis anterior et posterior; Cataracta totalis.
30. Linkes Auge eines 20jährigen Pferdes. Augapfel atrophisch. Makro¬
skopisch: Kornea grauweiß, strichig, undurchsichtig. Nach Eröffnung des Aug¬
apfels sieht man, daß Kornea, Iris und Ziliarfortsätze untereinander eng Zusammen¬
hängen, und daß die graue und undurchsichtige Linse weit in den Glaskörperraum
zurückgesunken ist. Zum großen Teil ist sie in ein graugelbliches, gallertiges
Gewebe eingebettet, das sie mit den unteren Teilen des Ziliarkörpers verbindet.
Der Glaskörper ist verflüssigt.
Mikroskopisch (horizontale Meridionalschnitte): Hinter der fest mit der
Kornea verwachsenen Iris liegt die Linse, die von letzterer durch einen schmalen
Spalt getrennt ist. Sie hat eine mehr rundliche Form; ihr Aequatorialdurchmesser
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
155
beträgt 1,7 cm, ihr Axialdurchmesser 1,4 cm. An der Rückseite der Iris findet sich
eine breite, kernreiche, mit Rundzellen infiltrierte Bindegewebsmasse vor, die den
Spalt zwisohen Iris und Linse zum Teil ausfüllt und in einigen Schnitten auoh in
dünner Lage die Außenfläche der Kapsel überzieht.
Die Kapsel ist mehrfach zerrissen und erweist sich bedeutend dünner als
gewöhnlich. Im allgemeinen beträgt ihre Breite an der vorderen Hälfte 76 /a und
an der hinteren 15 fi. Ihre Beschaffenheit ist teils homogen, teils schollig.
Eine Epithelschicht oder eine Kernzone sind nicht vorhanden. Statt des
Epithels sehen wir unter der ganzen Kapsel und zwar besonders dort, wo die
Linse hinter der entzündlich veränderten Iris liegt, eine bis 0,63 mm breite Schicht
meist kernarmen Gewebes, das überall mit der Kapsel in fester Verbindung steht.
In dem Gewebe sind stellenweise schmale Züge von dicht gestellten, langgestreckten
und teilweise in der Mitte eingezogcnen Kernen zu erkennen, die nach der Linsen¬
substanz hin mehr und mehr über das kernarme Gewebe die Oberhand gewinnen.
Die Rindenschicht der Linsensubstanz ist in strukturlose Detritusmassen um¬
gewandelt, in denen sich in reichlicher Menge spitz auslaufende Spalten auffinden
lassen, die für vorhanden gewiesene Cholosterinkristalle typisch sind. Lücken von
rhombischer Form, die gleichfalls für Cholesterinkristallücken sprechen, sind nur
ganz vereinzelt in den hochgradig zerfallenen Massen wahrzunehmen.
Von der Rindenschicht ziehen ferner neben feinen radiären Spalten breito
Verflüssigungszüge keilförmig in die Kernmitte hinein, die an der helleren Färbung
zu erkennen sind und homogen aussehen. In diesen homogenen Zügen lassen sich
neben gequollenen Linsenfasern schollig und kugelig zerfallenes Linsengewebe und
besonders an den Rändern Reihen und Haufen von Tröpfchen nachweisen.
Diagnose: Vordere Synechie; irido-zyklitische Schwartenbildung; Sub¬
luxation der Linse; Verdünnung der Linsenkapsel; scholliges Aussehen ihrer
Schnittflächen; Cataracta capsularis anterior et posterior; Cataracta totalis;
Cholesterinkristallücken in der hochgradig zerfallenen Linsensubstanz.
31. Rechter atrophischer Augapfel eines 20jährigen Pferdes. Makro¬
skopisch: Auf der Höhe der Kornea eine etwa pfennigstückgroße, weiße, rund¬
liche Trübung, in deren Umgebung radiäre, grauweiße Strahlen abgehen. Vordor-
kammer und Glaskörperraum stehen durch das aufs äußerste erweiterte Sehloch in
direkter Verbindung. Die Linse ist nicht aufzufinden. Im unteren nasalen Pupillar-
bereiche liegt hinter der Iris eine grauweiße, flockige Gewebsmasse, von der ein
Band nach dem oberen temporalen Pupillenwinkel hinzieht. Nach Eröffnung des
Augapfels findet sioh die Linse als ein grauer, rundlicher Körper am Boden des
Glaskörperraumes in dichtes Gewebe eingebettet vor, das mit der Retina fest ver¬
bunden ist.
Mikroskopisch: Auf der Linsenkapsel liegen rund herum kernreiche
Bindegewebsmassen in verschieden dicker Lage, die auf der einen Seite nach vorn
mit den Ziliarfortsätzen und nach hinten mit der Retina in fester Verbindung
stehen. Die Struktur der Kapsel ist im allgemeinen homogen, nur an einer kleinen
Strecke der vorderen Hälfte hat sie ein mehr scholliges Aussehen. Eine Faserung
oder Schichtung ist an ihr nirgends zu beobachten. Ihre Breite beträgt in der
vorderen Hälfte durchgängig 100/u, in der hinteren 19 fi und am Aequator 25 /i.
15«
SCHULZ,
Die vordere Kapselhälfte ist mithin dünner als in der Regel, während die hintere
dicker erscheint.
Das Kapselepithel ist verschwunden. Dafür sehen wir unter der ganzen
Kapsel eine meist kernarme, bindegewebsartige Schicht von verschiedener Breite,
zwischen deren faserigen Zügen sich stellenweise zerfallene Linsenmassen, sowie
Herde von Kalkkrümeln und -körnchen befinden. Vorn erreicht diese Schicht eine
Breite von 0,25 mm, hinten von 0,21 mm. Erst unter dieser Gewebsschicht liegt
die an der Struktur und Färbung erkennbare Rindenschioht, die hochgradig kata-
raktös verändert und größtenteils, besonders hinten, verflüssigt ist. Das Bild, das
sie bietet, ist ein außerordentlich verschiedenartiges. Neben büschelförmig auf¬
gefasertem Linsengewebe und dichten homogenen Massen liegen kleinere und
kleinste Trümmer in Form von Schollen, Kugeln, Faserteilchen und andersartigen
Detritusmassen. Von dioser Zerfallszone aus geht an der hinteren und vorderen
Linsenhälfte je ein an der Färbung deutlich erkennbarer Verflüssigungsstrom keil¬
förmig nach der Kernmitte, von denen letzterer auf jeder Seite noch einen kon¬
zentrisch verlaufenden und gleichfalls spitz endigenden Arm abgibt. In diese
Verflüssigungsströme reichen die gequollenen und aufgefaserten Linsenfasern hinein.
Daneben finden sich noch mehr oder weniger große und breite Spalten bis ins
Linsenzentrum hinein, die mit verflüssigten und gequollenen Faserresten aus¬
gefüllt sind.
Diagnose: Luxation der Linse mit zyklischer Schwartenbildung; Ver¬
dünnung der vorderen und Verdickung der hinteren Hälfte der Kapsel sowie teil¬
weise schollige Beschaffenheit derselben; Cataracta capsularis anterior et posterior;
Cataracta totalis mit Kalkablagerung; Spaltbildungen.
Die Veränderungen der Linse, die die Durchsichtigkeit derselben
beeinträchtigen, werden in anatomischer Hinsicht in Kapselstar
(Cataracta capsularis) und Li ns enstar (Cataracta lenticularis) zerlegt.
Den Linsenstar trennt man wieder nach den drei Schichten der Linse
in Rindenstar (Cataracta corticalis), Schichtstar (Cataracta supra-
nuclearis) und Kern st ar (Cataracta nuclearis). Sind alle drei Schichten
der Linse zugleich betroffen, so spricht man von Cataracta totalis,
und ist gleichzeitig Kapsel- und Linsenstar vorhanden, so bezeichnet
man den Prozeß als Cataracta capsulo-lenticularis. Cataracta
axialis und Cataracta polaris anterior sive posterior geben
gleichfalls den Sitz der Trübung in der Linse an, während Cataracta
accreta für Pigmentreste auf der Außenfläche der Vorderkapsel infolge
von hinterer Synechie und Cataracta pyramidalis für pyramiden¬
förmige Bindcgewebsauflagerung von außen im Gebrauche sind.
Wahrscheinlich sind die Veränderungen in der Linse ohne Aus¬
nahme auf Ernährungsstörungen zurückzuführen, deren Ursache nach
Urenkel in lokale und allgemeine zu trennen sind. Die lokalen Ursachen
bestehen in einer funktionellen Störung des Ziliarkörperepithels, die
Stadien über die Katarakt in Pferdelinsen.
157
eine pathologische Zusammensetzung der Ernährungsflüssigkeit zur Folge
hat, und die allgemeinen Ursachen in einer Anhäufung von chemischen
oder toxischen Giften im Blut und in den Körpersäften (Cytotoxine
nach Römer und Cyclotoxine bzw. Lentitoxine nach Frenkel). Bei
solchen Ernährungsstörungen werden pathologische Veränderungen in
der Regel zuerst in der aus den jüngsten Fasern bestehenden Rinden¬
schicht auftreten. Entsprechend dieser Ansicht läßt Schirmer den
Schicht- und Kernstar schon zur Zeit der Entwicklung der Linsenfasern
entstehen. Die Schädlichkeit rufe schon zu dieser Zeit die Ver¬
änderungen an den Linsenfasern hervor, die von später gebildeten
normalen, durchsichtigen Fasern umgeben würden.
Nach ihrem Wesen müssen wir 1. physiologische und 2. patho¬
logische Veränderungen unterscheiden.
Die physiologischen Veränderungen beruhen auf Rück¬
bildungsvorgängen an den Linsenelementen, die mit zunehmendem Alter
entstehen. Die Linsenfasern können nicht abgestoßen werden wie
z. B. die Epithelien an der Hautoberfläche, sondern sie unterliegen in
der abgeschlossenen Linsenkapsel einer allmählich von innen nach
außen fortschreitenden Sklerosierung. Dabei nehmen sie an Breite und
Dicke ab und werden an ihren Rändern zackig. Die Linsensubstanz
wird trockener und härter. Auf diese Weise kommt die Kernbildung
zustande. Die Verkleinerung, die die Linse durch diesen Schrumpfungs¬
prozeß erfährt, wird durch andauernde Neubildung von Fasern am
Aequator wieder ausgeglichen. Die jungen nachwachsenden Fasern
drängen die älteren unter stetig zunehmendem Druck nach dem
Zentrum der Linse hin. Während der Linsenkern nach und nach an
Größe zunimrat, erlischt gleichzeitig mit zunehmendem Alter der Trieb
zur Bildung neuer Linsenfasern. Demnach wird die Rindenschicht
schmäler. Hiermit in Uebereinstimmung steht die Beobachtung, daß
die Anzahl der Kerne in den Linsenfasern des Kernbogens kleiner
wird, und daß der Kernbogen weniger weit ins Innere der Linse reicht
und seine Krümmung abnimmt. Dadurch wird es erklärlich, daß in
der alternden Linse durch die Schrumpfung der zentralen Kernteile
und durch den Zug, den die Zonula auf die peripheren Teile der Linse
in der entgegengesetzten Richtung ausübt, ein Spannungsverhältnis ent¬
steht, das zur Bildung kleiner Spalten und Lücken zwischen den Linsen¬
fasern führt. Ich habe diese feinen Lücken in allen Linsen älterer
Pferde vorgefunden, ohne daß klinisch irgendwelche Trübung in den¬
selben festzustellen war. In mikroskopischen Präparaten stellen sie
158
SCHULZ,
sich als kleinste spindelförmige oder rundliche Spalten oder Lücken
dar, die in der Richtung des Faserverlaufes gelagert und zum Teil mit
Inhalt angefüllt sind. Der Inhalt erscheint homogen oder feingekörnt
und ist stärker gefärbt als die Nachbarschaft. Häufig tritt die Färbung
des Inhaltes aber auch nur am Rande der Spalten ein oder bleibt
ganz aus. Die Lückenbildung ist vornehmlich in den äquatorialen
Schichten der Linse nachzuweisen, auf die der oben erörterte Zug
zwischen dem zentralen und peripheren Teile in der Linse besonders
einwirkt; sie kommt aber auch in den Polgegenden der Linse vor.
Der Inhalt in den Lücken ist offenbar eine Ansammlung von Flüssigkeit
aus dem Gewebe der Linse, die nur schwer in die trockene, dichte
Kernmasse der Linse eindringen kann und deshalb in diesen Hohl-
räuraen sich ansammelt (Hydrops ex vacuo). Die in Rede stehenden
Lücken sind mithin physiologische Alterserscheinungen. Makroskopisch
sind sie zuweilen als glänzende, stecknadelspitzengroße Pünktchen
wahrnehmbar (Linse Nr. 1 u. 2).
Infolge der Ansammlung dieser Flüssigkeit in den Lücken kann
aber später eine abnorme Diffusion zwischen ihr und dem Inhalte der
Linsenfasern entstehen. Die Flüssigkeit entzieht den Linsenfasern
einen Teil ihres Inhalts und gibt andererseits eigene Bestandteile an
die Linsenfasern ab. Dadurch ändern beide ihre Beschaffenheit und
damit auch ihr Brechungsvermögen. Auf diesen Vorgängen beruht die
Entstehung der senilen Katarakt. In den von mir untersuchten
Augen älterer Pferde habe ich senile Katarakt bis jetzt nicht sicher
nachweisen können.
Die pathologisch-anatomischen Prozesse in der Linse sind
teils degenerativer, teils proliferativer Art. In den Begriff der
Entzündung (Phakitis) können diese Prozesse nicht gerechnet werden,
weil exsudative Vorgänge bei der Gefäßlosigkeit der Linse nicht cin-
treten.
Die degenerativen Veränderungen der Linse beginnen mit
einer Lockerung des Zusammenhanges zwischen den einzelnen
Schichten und den Fasern der Linse, wobei sich Lücken und Spalten
bilden, die sich in derselben Weise wie bei der physiologischen Rück¬
bildung mit Gewebsflüssigkeit anfüllen. Dabei sind sowohl die Linsen¬
fasern als auch die in den Lücken befindliche Flüssigkeit zunächst
noch vollkommen durchsichtig. Diese Lockerung ist zurückzuführen
auf die Zufuhr einer pathologischen Flüssigkeit in die Linse. Ihre
pathologische Veränderung kann, wie schon oben erwähnt ist, sowohl
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
159
chemischer (Zuckerstar, Naphthalinstar) als auch toxischer Natur (nach
Infektionskrankheiten) sein. Folglich hat die Flüssigkeit, die sich in
den Lücken ansammelt, eine von der normalen abweichende Be¬
schaffenheit, und deshalb treten auch nach einiger Zeit abnorme
Diffusionsvorgänge zwischen ihr und den Linsenfasern ein. Damit ist
eine Störung in der Ernährung hergestellt, die gleichfalls zu Ver¬
änderungen in der chemischen Zusammensetzung der Gewebsflüssigkeit
und der Linsenfasern und demnach auch zu einer Veränderung des
Brechungsvermögens führt (Becker). Dieses veränderte Brechungs¬
vermögen ist das erste Zeichen der Degeneration der Linse, die sich
klinisch als eine feinstaubige oder hauchartige Trübung bemerkbar
macht. Die chemische Natur dieser molekularen Trübung (Fett!) ist
bis jetzt noch nicht sichergestellt worden (Ginsberg).
Gleichzeitig findet eine nicht unbeträchtliche Wasseraufnahme
in die Linse statt, die das Volumen derselben durch Quellung der
Fasern erheblich vergrößern kann (Blähung der Linse).
In mikroskopischen Präparaten ist der veränderte Chemismus an
der helleren Färbung der Linsensubstanz deutlich erkennbar, die bei
van Gieson-Färbung besonders in die Augen fällt (Abb. 9). Bei
Hämatoxylin-Eosinfärbung erscheinen die Fasern und der geronnene
Inhalt manchmal homogen, manchmal feinkörnig.
Ist das Volumen der Linse durch Wasseraufnahme vergrößert, so
kommen die ersten Degenerationsvorgänge der Fasern in einer Ver¬
änderung ihrer Form zum Ausdruck. Wir finden die sonst schlanken,
regelmäßig angeordneten Fasern spindelförmig aufgetrieben; kürzere
Fasern treten als keulen- oder flaschenförmige Gebilde auf und nehmen
bei noch stärkerer Aufquellung den Charakter von „Bläschenzellen“
an. Im Schnitt verlaufen ihre Grenzen bald gleichmäßig wellenförmig,
bald sind sie unregelmäßig gestaltet. Hauptsächlich sind die Rinden¬
fasern und in erster Linie die am Aequator gelegenen von dieser Ver¬
änderung betroffen, weil sie als die jüngsten verhältnismäßig wenig
widerstandsfähig sind und deshalb beim Absterben ziemlich umfang¬
reiche Alterationen erfahren können. Je älter die Linsenfasern sind,
um so weniger ausgesprochene anatomische Veränderungen werden die
pathologischen Prozesse verursachen (Heß).
Mit dem Aufquellen der Linsenfasern sind, vermutlich infolge ver¬
änderter Löslichkeitsbedingungen, Ansammlungen von Flüssigkeit in
den Fasern in Form von feinen Tröpfchen verbunden (Becker). Die
Oberfläche der Tröpfchen soll mit einer dünnen, aus lipoiden
160
SCHULZ,
Substanzen bestehenden Hülle umkleidet sein. Die Tröpfchen ver¬
größern sich nach und nach und bilden kleine Vakuolen, die in
Haufen zusammenliegen oder zusammenfließen können (Abb. 8), so daß
größere mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume in der Linsensubstanz ent¬
stehen (hydropische oder vakuoläre Degenerationen).
Das Fortschreiten der Kataraktbildung besteht nun in Auf¬
faserung, Zerfall und Verflüssigung der Linsensubstanz.
Bei der Auffaserung der gequollenen und stellenweise von
Tröpfchen und Vakuolen durchsetzten Linsensubstanz tritt eine voll¬
ständige Trennung des Zusammenhanges zwischen den einzelnen
Schichten und Fasern der Linse ein. Die Fasern weichen einzeln oder
in Bündeln auseinander. Durch Zerreißen einzelner Fasern oder Faser¬
gruppen entstehen größere Risse und Spalten, die an den Rändern
ein zerfressenes Aussehen zeigen, und in denen sich mehr oder weniger
kerniger oder homogener Inhalt vorfindet. Die Körnelung des Inhalts
kann ziemlich grob sein, so daß sie sich schon bei schwacher Ver¬
größerung erkennen läßt, oder sie ist so fein, daß die Masse bei
schwacher Vergrößerung homogen aussieht und ihre Zusammensetzung
aus feinsten Körnchen erst bei Oelimmersion deutlich wird. Zuweilen
sind in dem Inhalte dichte und kompakt aussehende Klümpchen
(Schollen) enthalten. Außerdem treten in den Rissen und Spalten
Gerinnungsprodukte der flüssigen Fasersubstanz als blasse oder stärker
gefärbte Kügelchen auf, die dort, wo sie dicht aneinanderliegen, in
unregelmäßige, rundlich-polygonale Formen gepreßt sind. Häufig sieht
man an den Enden der zerrissenen Fasern 3—4 oder mehr Kügelchen
in einer Reihe liegen, als ob die Faser sich in diese Kügelchen um¬
gewandelt habe. Sie werden „Morgagnische Kugeln“ genannt und
sollen aus Myelin bestehen (Virchow) (Abb. 8, 10). An der Peripherie
der kompakten Linsensubstanz ist die Auffaserung gewöhnlich eine
büschel- oder schweifförmige. Die Faserenden brechen ab und zer¬
fallen mehr und mehr. Die Bruchstücke mischen sich dem flüssigen
Inhalte der inzwischen größer gewordenen Spalten bei. Durch Konfluenz
von Vakuolen und Spalten entstehen größere, unregelmäßig begrenzte
und mit flüssigem Material gefüllte Hohlräume, und allmählich wandelt
sich die ganze Rindenschicht in eine aus Detritus, Faserbruchstücken,
Tröpfchen, Morgagnischen Kugeln u. a. bestehende Masse um. Schließlich
gehen die kortikalen Zerfallmassen in vollständige Erweichung
und Verflüssigung über. Die Flüssigkeit wird nach und nach durch
Diffussion aus der Linse fortgeschafft und zuletzt bleibt an Stelle der
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
161
flüssigen eine eingedickte fast homogene Starmasse zurück, in der
nicht selten Kalkkonkremente und in manchen Fällen auch Cholesterin¬
kristalle enthalten sind.
Der Kalk ist in der Starmasse in Form von Krümeln, Körnchen
oder Schollen abgelagert, die sich mit Hämatoxylin charakteristisch
dunkelblau, manchmal etwas rötlichblau färben. Die rhombischen
oder nadelförmigen Cholesterinkristalle lösen sich in Alkohol
und Aether auf und sind deshalb in den in Alkohol gehärteten und
in Zelloidin eingebetteten Schnitten nicht mehr nachzuweisen. An
ihrer Stelle findet man dort, wo sie gelegen haben, leere, aber ganz
charakteristische Lücken vor.
Die zentral von der erweichten Rindenschicht gelegene Kernsubstanz
der Linse ist in der Regel ziemlich scharf von orsterer abgesetzt und
kann zuweilen ein völlig normales Aussehen ihrer Struktur zeigen.
Häufig lassen sich jedoch die Fasergrenzen kaum noch erkennen und
erscheinen mehr homogen und von zahlreichen, kleinsten, rundlichen
Lücken durchsetzt. Zuweilen besitzt der Linsenkern konzentrisch
oder radiär verlaufende Risse und Spalten, und in anderen Fällen
ziehen von der kortikalen Verflüssigungszone aus keilförmige Ver¬
flüssigungszüge nach der Kernmitte hin (Abb. 8), von denen sich
wieder kleinere und schmälere Züge seitlich und konzentrisch abzweigen
können. Die Ränder dieser Verflüssigungszüge sind mehr oder weniger
aufgefasert und mit Tröpfchen und kleinen Vakuolen durchsetzt.
Das Volumen der Linse nimmt nun mehr und mehr ab, und
das Endresultat ist eine geschrumpfte, resistente, ziemlich gleich¬
förmige Masse.
An die kataraktösen Veränderungen der Rindenschicht (Cataracta
corticalis) schließen sich mit dem Fortschreiten des Prozesses patho¬
logische Veränderungen in der Uebergangsschicht (Cataracta supra-
nuclearis) und in der Kernschicht (Cataracta nuclearis) an. Eine bloße
Cataracta nuclearis habe ich bei meinen Untersuchungen nicht an¬
getroffen, während in drei Linsen (Nr. 6, 18 u. 22) nur Cataracta
supranuclearis bestand. Im Falle Nr. 22 (Linse eines halbjährigen
Fohlens) waren die Fasern der Uebergangsschicht bedeutend heller
gefärbt als die der Rinden- und Kernschicht, und zeigten sich ge¬
quollen und stellenweise aufgefasert. In den Fällen Nr. 6 u. 18 da¬
gegen (Linsen 18 bis 20jähriger Pferde) sieht man in der gleichfalls
im Farbenton abweichenden Uebergangsschicht gefärbte und ungefärbte
Vakuolen mit und ohne Inhalt, Tröpfchen und netzähnliche oder
Archiv f. wissensch. u. pr&kt. Tierheilk. Bd. 41. H. 1 u. 2. 1 [
162 SCHULZ,
kammerartige Auffaserang. Auch ist in den Maschen und Kammern
der Linse Nr. 18 fast durchweg ein Inhalt vorhanden, der weniger
körnig als homogen erscheint und in mäßiger Menge Tröpfchen und
Morgagnische Kugeln einschließt.
Im Gegensätze zu diesen degenerativen Prozessen der Linsen¬
fasern stehen die proliferativen, an denen ausschließlich die
intrakapsulären Zellen teilnehmen. Das Produkt ist die soge¬
nannte Kapselkatarakt.
Alle Kapselkatarakte entstehen durch Wucherung der intrakap¬
sulären Zellen; sie sind also Aullagerungen auf der Innenfläche der
Kapsel. Die Kapsel selbst ist daran entweder gar nicht oder nur
unwesentlich beteiligt.
Die Anregung zu dieser Zellwucherung soll nach der Ansicht
Beckers in der Abnahme des intrakapsulären Druckes infolge kata-
raktösen Zerfalles der Linsensubstanz gegeben sein. Damit sei eine
der Ursachen beseitigt, die die Produktion neuer Zellen innerhalb der
Kapsel beschränken. Eine zweite Veranlassung sei darin zu suchen,
daß dem Linsenepithel mehr Ernährungsflüssigkeit zu Gebote stehe,
wenn die Linse geschrumpft ist. Heß dagegen ist der Meinung, daß
lediglich das Absterben von Zellen Anlaß zu regenerativen Vorgängen
in der Nachbarschaft gäbe. Diese Vorgänge verliefen nicht mit der¬
selben Regelmäßigkeit, wie die normalen, sondern führten zur Ueber-
produktion, zur Zellwucherung.
Während bei der normalen Zellvermehrung die neu entstandenen
Zellen zwischen die alten eingeschoben und letztere zur Seite, d. h.
nach dem Aequator gedrängt werden, wachsen sie bei der Kapsel¬
katarakt nach Schirmer zwischen die normale Zellage und die Kugel
oder werden nach dem Inneren der Linse geschoben. Dabei sehen
wir mehr oder weniger große Zellhaufen, deren der Linsensubstanz
zugekehrte Oberfläche zuweilen eine Strecke weit und nur selten voll¬
ständig von der alten, einschichtigen Epithellage überzogen wird.
Häufig finden sich aber auch kleine Zellhügel, die die einfache Zell¬
schicht unterbrechen und in die Linsensubstanz hineingewachsen sind,
oder andererseits streckenweise eine mehrschichtige Epithellage.
Schreitet der Zerfall der Rindenschicht fort, so daß zwischen Kapsel
und Linsensubstanz mit der Zeit ein freier Raum entsteht, so bildet
sich als Ersatz eine Gewebsmasse, die dem geschichteten Bindegewebe
ähnlich ist, sich durch Reichtum an spindelförmigen Kernen auszeichnct
Stadien über die K&taraht in Pferdelinsen.
163
und mit der Kapsel in inniger Verbindung steht (Proliferatio ex vacuo).
Diese kernreiehen, faserigen Züge sind zuweilen durch fast homogenes
Gewebe, das wenig Kerne hat, von der Kapsel abgedrängt. Letzteres
soll durch abnormes Wachstum des Zellprotoplasmas entstehen und
dem Auswachsen der Kapselepithelien zu Linsenfasern entsprechen.
Tinktoriell hat das homogene Gewebe eine großo Aehnlichkeit mit
demjenigen der Kapel.
Das beim Kapselstar sich bildende Gewebe, das ich bei meinen
Untersuchungen in einer Dicke bis 150 /» vorgefunden habe, zeigt
große Neigung, in die kataraktös zerfallende Linsenmasse hinein zu
wuchern. Die zu Fasern auswachsenden Zellen schieben sich nach
und nach in die Lücken und Spalten hinein, die beim Zerfall der
Linsensubstanz entstehen, und umwuchern einzelne Zerfallstücke all¬
mählich immer mehr (Abb. 6), so daß diese nachher wie Inseln in
den gewucherten Massen eingeschlossen sind. Es kann nicht von der
Hand gewiesen werden, daß unter Umständen daraus ein Rückschluß
auf die Priorität des Kapsel- oder Linsenstares gezogen werden kann.
Wenn nämlich die Menge der Einschlüsse sehr gering ist, so wird sich
der Linsenstar erst nach dem Kapselstar entwickelt haben; dagegen
dürfte das Umgekehrte vorliogen, wenn viele und große Einschlüsse
in den neugebildeten Gewebsmassen nachzuweisen sind.
Nicht selten treten auch auf der Innenfläche der Ilintcrkapsel
Epithelzellen in ein- und mehrschichtiger Lage auf, die mit der be¬
nachbarten Linsensubstanz in der Regel nur in lockerer Verbindung
stehen. Manchmal bilden diese Zellen einen varschieden großen, zu¬
sammenhängenden Belag, der zuweilen äquatorialwärts mit dem Epi¬
thelbelag der vorderen Kapsel zusammenhängt (Abb. 7), und in an¬
deren Schnitten zeigen sich ganz isolierte Epithelinscln, die aus nur
wenigen Kernen bestehen. Ueber die Entstehung dieses Pseudocpi-
thels an der hinteren Kapsel äußert sich Becker dahin, daß nach
der kataraktösen Zerstörung des Randwirbels eine Umbildung von Epi¬
thelzellen zu Linsenfasern nicht mehr statt hat. Deshalb sollen die
wuchernden Epithelzellen über die Epithelgrenze hinaus unter die Innen¬
fläche der hinteren Kapsel geschoben werden.
Um diese Ansicht Beckers zu widerlegen, ist auf das Auftreten
von isolierten Zellinseln unter der hinteren Kapsel aufmerksam ge¬
macht worden. Ich habe bei meinen Untersuchungen den Eindruck
bekommen, daß das Pseudoepithel bei der in Rede stehenden Form
des Kapselstars auf der Innenfläche der hinteren Kapsel in schmalen
11 *
164 SCHULZ,
oder breiten Zügen angeordnet ist, die sich vorn Aequator nach der
Polgegend hin erstrecken. Ist meine Auffassung richtig, so würden
diese Züge, je nach dem sie durchschnitten sind, entweder belagartig
oder als Inseln erscheinen müssen.
Die Störung im normalen Auswachsen der Epithelion zu Linsen¬
fasern an der Epitholgrenze hat im weiteren zur Folge, daß der Kern¬
bogen in der äquatorialen Rindenschicht nur noch mangelhaft oder
gar nicht zur Entwicklung kommt. In den Schnitten liegen dann die
Kerne in den Kortikalisfasern ganz unregelmäßig zerstreut (Linse
Nr. 10). Manchmal sieht ihre Anordnung so aus, als wenn zwei Kern¬
zonen vorhanden wären und die zweite vom Pseudocpithel an der
Hinterkapsel ihren Ausgang genommen hätte (Linse Nr. 10). In ver¬
einzelten Schnitten habe ich die Faserkerne sogar bis zur hinteren
Polgegend verstreut angetroffen. Diese eigentümliche Verstreuung oder
Verschiebung der Faserkerne ist auch schon von Wagenraann,
Schirmer, Ginsberg u. a. beschrieben worden; eine ausreichende
Erklärung dafür fehlt aber zur Zeit noch.
An dem Kapselepithel kommen außer den proliferativen Pro¬
zessen auch degenerative vor. Die Sklerosierung der Linsenfasern
in den Linsen älterer Tiere wäre der einfachen Atrophie der
Kapselepithelien gleich zu stellen, bei der die Kerne derselben
blaß werden, schwer nachweisbar sind und das Protoplasma derselben
schwindet.
Eine besondere Degeneration ist aber noch an den abnorm
gebildeten Epithelien sowohl an der vorderen wie an der hinteren
Kapsel zu beobachten. Diese Degeneration hat Becker als „hydro-
pische“ bezeichnet. Die Zellen werden dabei in große, rundliche,
schlauch- oder blasenförmige Gebilde umgewandelt, die sogenannten
„Wedlschen Blasenzellen“, die durch gegenseitigen Druck auch in
rundlich-polygonale Formen gepreßt sein können (Linse Nr. 10). Die
nicht degenerierten Epithelien, die zwischen den Blasenzellen liegen,
werden durch letztere zu schmäleren Formen mit stärker färbbarem
Protoplasma zusaramengedrückt. Später degeneriert der Kern der
Blasenzellen, die Zellen zerfallen und der Inhalt derselben fließt zu¬
sammen.
Ginsberg hält die hydropische Umwandlung der Kapselepithelien
nicht von vornherein für einfache Degeneration, sondern sieht darin
vielmehr den Ausdruck der den Kapselepithelien innewohnenden Fähig¬
keit, zu Linsenfasern auszuwachsen. Diese Fähigkeit soll gerade in
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
165
kataraktösen Linsen, in denen sich die Druckverhältnisse geändert
und die Epithelien verschoben haben, leicht zur Aeußerung kommen
können. Auch Becker vertritt dieselbe Auffassung. Die Kugelform
soll als diejenige anzusehen sein, die die Epithelzellen bei ihrem Aus¬
wachsen anzunehmen streben, wenn ihre Wachstumsrichtung durch den
gewöhnlichen intrakapsulären Druck nicht beeinflußt ist. Aehnlichc
blasenähnliche Aufquellung haben wir übrigens schon oben bei der
Degeneration der ausgewachsenen, jungen. Linsenfasern beobachtet,
die ebenso auf Druckherabsetzung in der Umgebung zurückzuführen
sein dürften.
Ein vollständiges oder fast vollständiges Fehlen des
Kapselepithels wird nicht selten bei gänzlichem Zerfalle der Rinden¬
schicht beobachtet. Als Ursache dafür wird im allgemeinen ange¬
nommen, daß die Epithelien bei beginnender Erweichung und Ver¬
flüssigung der Rinde sich von der Kapsel ablösen und darauf zu¬
grunde gehen. Auch wird angenommen, daß nach dem Schwunde
der Epithelien der weitere Faserzerfall der Rindenschicht in größerem
Umfange erfolgen kann. v. Hippel meint, daß darin auch ein die
Aufsaugung der verflüssigten Starmasse wesentlich begünstigender Um¬
stand zu erblicken sei.
An dieser Stelle muß ich noch auf eine Abweichung der Epithel¬
schicht in ihrem normalen Verlaufe aufmerksam machen, die sich kli¬
nisch durch kleine, glänzende, durchscheinende Pünktchen in der vor¬
deren Kapselgegend bemerkbar macht. Zuweilen findet man nämlich,
daß die Epithelschicht sich von der Kapsel abgehoben hat und bogen¬
förmig in die Linsensubstanz eingebuchtet ist. Die so entstandenen
zystenartigen Räume sind also nach außen von der Kapsel überbrückt
und im übrigen von der abgehobenen Epithelschicht begrenzt. Ich
habe sie bis zu 664 /j breit und 199 fi tief vorgefunden. Am Rande
enthalten sie in der Regel etwas ungefärbten homogenen oder krüme¬
ligen Inhalt. An einzelnen Schnitten sieht man das Epithel in den
Räumen zum Teil geschichtet, zum Teil füllt es die letzteren ganz
aus, so daß nur wenig epithelfreier Raum nahe der Kapsel übrig
bleibt. Das ist aber nicht als eine Epithelwucherung aufzufassen,
sondern stellt vielmehr eine teilweise Flächenansicht der abgehobenen
Epithelschicht dar. Die Linsenfasern um die Hohlräume herum zeigen
statt des nach auswärts konvexen Verlaufes eine konkave Anord¬
nung und machen den Eindruck, als wären sie kernwärts zusammen¬
gedrückt.
166
SCHULZ,
Die Kapsel zeigt bei der Katarakt, insbesondere bei der Kapsel¬
katarakt gleichfalls mannigfache Abweichungen in ihrem Verhalten.
Ihre mit dem Alter zunehmende Dicke spricht schon dafür, daß ihr
ein eigener Stoffwechsel zukommen dürfte. Daher ist es auch erklär¬
lich, das ihre Dicke unter pathologischen Verhältnissen großen Schwan¬
kungen unterliegen kann. Ich habe Verdickungen und Verdünnungen
der Kapsel nicht selten festgestellt, jedoch waren sie im allgemeinen
nicht gleichmäßig über die verschiedenen Kapselabschnitte verbreitet.
Genaue Angaben liegen in meinen Untersuchungsbefunden vor. Die
Verdickungen treten meist partiell auf, während die bei alten Kata-
raktlinsen häufig vorkommende Atrophie der Kapsel in der Regel ihre
ganze Ausdehnung betrifft.
Eine besondere partielle Kapselverdünnung zeigt die Linse Nr. 8.
Hier finden wir der vorderen Linsenkapsel in der Polgegend schwarze
Pigmentmassen (Irisreste) angelagert, die an den Enden mit der Kapsel
verbunden sind und in der Mitte einen schmalen, inhaltlosen Spalt
einschließen. Unter den Auflagerungen, und zwar hauptsächlich unter
dem Spalte, ist die Kapsel sehr verdünnt. Es hat den Anschein, daß
hier die Entzündungsprozesse, die zur Synechie geführt, eine arrodic-
rende Wirkung auf die Kapsel ausgeübt haben.
Bei Kapselstar ist die Kapsel häufig mehr oder weniger gefaltet.
Nach der Ansicht Beckers ist die Faltenbildung nicht durch eine
Ausbuchtung infolge Wucherung der Epithelien, sondern durch eine
Schrumpfung des proliferierenden Gewebes bedingt, ein Vorgang, der an
jedem pathologisch neugebildeten Gewebe nachträglich eintritt. Dabei
sind die peripheren Faltenteile in der Regel mit gewucherten Epithel¬
massen und kernreichem Gewebe ausgefüllt, während der Innenseite
der Faltentäler gewöhnlich ein kernarraes Gewebe angelagert ist.
Außer diesen Veränderungen der Linsenkapsel habe ich verhält¬
nismäßig häufig eine partielle schollige Beschaffenheit derselben und
in zwei Fällen von Cataracta accreta eine Verstreuung von Pigment¬
körnchen durch dieselbe angetroffen. Während die Pigmentkörnchen
in der Linse Nr. 10 nur im äußeren Kapscldrittel verstreut sind, finden
sie sich in der Linse Nr. 8 in der ganzen Kapselbreite bis zur Epi¬
thelschicht hin vor. Ich möchte hierbei noch besonders hervorheben,
daß es nicht den Eindruck macht, als ob die Pigmentkörnchen nur
auf der Oberfläche ihren Sitz hatten, sondern sie befanden sich auch
in der Tiefe im Gewebe der Kapsel. Kalkkörnchen oder sonstige
Einschlüsse habe ich niemals wahrgenommen.
Studien über die Katarakt in Pferdelinsen.
167
Eine besondere Erwähnung verdienen noch die Kapseln der Linse
Nr. 11 nnd 12, weil sich an ihnen ein äußerer Saum nachweisen läßt,
der auch auf die hintere Kapsel übergeht und sich zum Gesamtdurch¬
messer wie 1 : 10—15 verhält, ln einem Präparat der rechten Linse
hängt ein abgerissenes Stück der Kapsel nur noch durch diesen Saum
mit den übrigen Teilen der Kapsel zusammen. Dieser Saum ist schon
von verschiedenen Autoren erwähnt und als Beweis für eine patho¬
logische Schichtung der Linsenkapsel angesprochen worden. Ich habe
ihn aber wiederholt auch an den Kapseln gesunder Linsen älterer
Pferde beobachtet, so daß er nur als eine Lamelle der Zonula (vgl. oben)
anzusehen sein dürfte (Arnold, Berger).
Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle Herrn
Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. W. Schütz für die Anregung zu dieser Arbeit,
die gütige Ueberlassung der nicht unerheblichen Mittel und die jeder¬
zeit gewährte liebenswürdige Unterstützung, durch die er mir über
viele Schwierigkeiten hinweggeholfen hat, meinen gehorsamsten Dank
auszudrücken.
Auch Herrn Stabsarzt Prof. Dr. Na pp und Herrn Stabsarzt Dr.
Wätzold gebührt mein wärmster Dank für ihre freundlichen Unter¬
weisungen.
Erklärung der Abbildungen auf Tafel 1.
Abb. 6. Cataracta capsularis et corticalis. Die Epithelien wuchern um ein aus¬
gelöstes Stück Linsensubstanz herum und sind dabei im Begriffe zu
Fasern auszuwachsen. Linse Nr. 3. Vergr. 120facb.
Abb. 7. Cataracta capsulo-lenticularis. Mehrschichtiger Epithelbelag unter der
Hinterkapsol, Tröpfchen, Vakuolen. Linse Nr. 5. Vergr. 35fach.
Abb. 8. Ein Verflüssigungsstrom zieht von der kataraktös erkrankten hinteren
Kindenschicht nach dem Linsenkern. Tröpfchen, Vakuolen und Morgagni¬
sohe Kugeln. Linse Nr. 5 Vergr. 35fach.
Abb. 9. Cataracta corticalis et supranuclearis, van Gieson-Färbung. Der ver¬
änderte Chemismus ist durch den helleren Farbenton gut sichtbar ge¬
macht worden. Linse Nr. 17. Vergr. 40fach.
Abb. 10. Auffaserung und Bildung größeror Risse, in denen sich viele Morgagni-
sche Kugeln befinden. Linse Nr. 19. Vergr. 35fach.
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169
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IV.
Aus dem bakteriologischen Institut der Landwirtschaftskamnier für die
Provinz Westfalen.
Können wir Rinder durch
die Impfung mit Antiphymatol von Klimmer gegen
die natürliche Tuberkuloseansteckung schützen?
Von
Direktor Dr. Hasenkamp, Münster i.W.
Vier Impfverfahren gegen die Tuberkulose der Rinder sind einer
Prüfung unterzogen worden, nachdem sie Eingang in die tierärztliche
Praxis gefunden hatten.
1. Die Bovovakzination nach v. Behring.
Der Impfstoff stellt getrocknete Menschentuberkelbazillen (Bovo-
vakzin) dar. Die schutzzuimpfenden Kälber erhalten ira Alter von
2—12 Wochen 4 mg, 1 / i Jahr später 20 mg Bovovakzin. Einspritzung
erfolgt in die Blutbahn, und zwar in die große Halsvene.
2. Impfung mittels Tauruman von Koch und Schütz.
Der Impfstoff besteht aus Menschentuberkelbazillen in wässeriger
Aufschwemmung (Tauruman). Einmalige Einspritzung von 10 ccm in
die Blutbahn — wie 1 — beim Kalbe im Alter von ca. 3 Monaten.
3. Impfung nach Heymanns.
Der Impfstoff besteht aus in Schilfsäckchen eingeschlossenen,
eingetrockneten Menschentuberkelbazillen. Eine Gelatinehülle umgibt
zudem die Säckchen. Impfung — Schutz- und Heilimpfung — an
Rindern jeden Alters, jährlich zu wiederholen. Impfung in das Unter¬
hautbindegewebe.
Diese drei Impfverfahren können von mir kurz abgetan werden.
Denn, sie sind nach dem Resultat der Prüfungen einwand¬
freier Forscher nicht imstande, die Rindertuberkulose in
stärker verseuchten Beständen wirksam zu bekämpfen. Hier-
Impfung von Rindern mit Antiphymatol gegen Tuberkuloseansteckung. 171
zu kommt, dass ihre Verwendung Gefahren für die Impftiere und auch
den Menschen — sie enthalten ja virulente MenschentuberkelbaziJlen!
— in sich birgt.
4. Impfung mit Antiphymatol nach Klimmer.
Der Impfstoff besteht aus nicht virulenten Tuberkelbazillen in
wässeriger Aufschwemmung (Antiphymatol). Er wird — wie die
Vorschrift besagt — den Rindern in das Unterhautbindegewebe ge¬
spritzt. Tuberkulosefreie Rinder, jeden Alters, sind im ersten Jahre
2mal, tuberkulöse 4mal in 1 / i jährigen Pausen, zu impfen. Danach
hat in jedem Jahre eine einmalige Nachimpfung stattzufinden. Dosis
5 ccm.
In 4 Rindviehbeständen der Provinz Westfalen nahm das bakterio¬
logische Institut der Landwirtschaftskammer eine Prüfung dieses
Klimraerschen Impfstoffes in der Praxis vor, um sich ein eigenes Urteil
über den Wert resp. Unwert desselben bilden zu können. Ueber diese,
im Aufträge des Vorstandes der Landwirtschaftskamraer ausgeführte
Versuchsimpfung und deren Resultat ist nachstehendes zu berichten:
Das Antiphymatol — durch wiederholte Kaltblüterpassage ab¬
geschwächte Tuberkelbazillen — erwies sich bei der Verimpfung an
Meerschweinchen als avirulent. Es enthält also keine virulenten Tuberkel¬
bazillen. Daher bietet es auch keine Gefahr für den Menschen —
beim Impfakte, der Wartung und Pflege geimpfter Tiere, beim Fleisch-
und Milchgenuss von solchen — und daher ist es für den Impfling,
das Rind, unschädlich. Unbestreitbar sind diese Eigenschaften des
Antiphymatol von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Und deshalb
würde es auch als Hilfsmittel im Kampfe gegen die Tuberkulose
(neben den hygienisch-prophylaktischen Maßnahmen — Ostertagsches
Tuberkulosetilgungsverfahren —) anzusehen sein, wenn an seiner
Wirksamkeit keine Zweifel beständen. Wie ist es nun um diese
bestellt?
Zur Durchführung unserer Versuche wählten wir 2 größere Be¬
stände und 2 kleinere der Provinz Westfalen aus. In allen vieren
wird Zucht betrieben; neue Tiere werden verhältnismäßig selten ein¬
gestellt. Tuberkulose herrschte in ihnen beim Beginn des Versuches
in mittlerem Grade.
Mit der Impfung der Bestände mittels Antiphymatol wurde im
April des Jahres 1909 begonnen; die Nachimpfung fand 1 / i Jahr
danach statt. Die so „schutzgeimpften“ Tiere wurden im Jahre 1910,
172
HASENKAMP,
1911, 1912 je einmal wiederum geimpft. Kontrolliere wurden in größerer
Zahl belassen. An den Impfstellen zeigten sich keine krankhaften
Veränderungen;' überhaupt ist über nachteilige Folgen der Impfung
nichts zu berichten.
Jährlich wurden die vier in Rede stehenden Herden einmal auf
offene Formen der Tuberkulose untersucht. Tiere mit offener Lungen¬
tuberkulose, Kühe mit Eutertuberkulose wurden alsbald ausgemerzt.
Gesaratmilchproben, d. h. Proben, die Milch von sämtlichen Kühen
des Bestandes enthalten, wurden 4 mal jährlich zur Prüfung auf
Tuberkelbazillen eingefordert und bakteriologisch untersucht.
Die Kälber wurden getrennt von den älteren Tieren im Stalle
gehalten. In 3 Beständen liefen sie in Boxen frei umher. In einem
Bestände erhielten sie die Milch von „Ammenkühen“, in zweien
pasteurisierte Milch, in dem letzten unerhitzte Milch des Bestandes.
Sämtliche Tiere in 2 Beständen sind genau gekennzeichnet durch Ohr¬
marken resp. Hornbrand. Die der beiden andern sind durch genaue
Eintragungen und Einzeichnungen einwandfrei zu ermitteln.
Bestand 1 . Der Kinderstall in B., in dem die Kälber abseits von den
älteren Tieren, angebunden, gehalten werden, ist als hygienisch einwandfrei zu
bezeichnen. Dasselbe gilt in bezug auf Haltung, Wartung und Pflege der gesamten
Stallinsassen. Von Mai bis Oktober gehen sie auf die Weide, ln dieser Zeit wird
der Stall mehrmals gereinigt und desinfiziert.
Zwei Tage alt werden die Kälber von den Muttertieren entfernt und am Ende
des Stalles — wie oben bereits angegeben — untergebracht. Sie erhalten sach¬
gemäß erhitzte Milch aus dem Gesamtgemelke, sowie pasteurisierte Magermilch aus
einer Sammelmolkerci. Sämtliche Bestände, aus denen diese Milch bezieht, unter¬
stehen dem Ostertagschen Tuberkulosetilgungsverfahren. Bei der — jährlich 4mal
— vorgenommenen bakteriologischen Prüfung der Gesamtmilch des Bestandes und
der Molkereimilch wurden Tuberkelbazillen 2mal in ersterer ermittelt. Die darauf¬
hin ausgeführte klinische Untersuchung ergab das Vorhandensein von je 1 Tier
mit Eutertuberkulose (hierunter aufgeführt).
Aus dem 80 Haupt zählenden Bestände wurden vom 1. April 1909 bis dahin
1912 nach und nach 19 Tiere ausrangiert und zwar: 16 Tiere wegen Lungen-, 2
wegen Euter- und 1 wegen Darmtuberkulose. Seit Mai 1912 sind Tiere mit offenen
Formen der Tuberkulose nicht mehr ermittelt worden.
Von den Insassen des Stalles wurden am 18. März 1909 geimpft mit Anti-
phymatol 30 Tiere, im Alter von ] / 4 Jahr bis zu \ l / 2 Jahren. Bei der eingehenden
klinischen Untersuchung hatten sie sich als unverdächtig der Tuberkulose erwiesen.
Die Nachimpfung fand statt am 1. April 1910, 4. Januar 1911 und 10. März 1912.
Während der Dauer des Versuches — 1. April 1909 bis 1. April 1914 —
wurden von diesen 18 Tiere geschlachtet, da sie als „verdächtig 14 anzusehen waren.
Für 3 von ihnen waren zur Schlachtung besondere Gründe gegeben: eins hatte
Impfung von Rindern mit Antiphymatol gegen Tuberkuloseansteckung. 173
sich einen Beckenbruch zugezogen (Ohrmarke 181), ein anderes wurde nichttragend
(Ohrmarke 212), eins litt stark an Panaritium (Ohrmarke 228).
Der Schlachtbefund dieser 18 schutzgeimpften Tiere sagt folgendes:
I. Frei von Tuberkulose.
1. Rind, Ohrmarke 181,
geschlachtet
am
G.
G.
1911.
2 - »
n
201,
n
V
6 .
6.
1911.
71
7)
212,
TI
V
18.
9.
1912.
4- „
n
277,
7 1
7)
2.
11.
1913.
5. „
7t
320,
r>
n
2.
11.
1913.
C - 71
Ti
345,
n
V
19.
10.
1912.
II. Mit tuberkulösen Veränderungen behaftet.
1. Rind, Ohrmarke 188, geschlachtet am 3. 3. 1913. Vereinzelte kleinerbsengroße
verkäste Tuberkelknötchen in den Lungendrüsen.
2. Rind, Ohrmarke 228, geschlachtet am 15. 5. 1911. In den Lungen hirsekorn-
bis haselnußgroße verkäste und verkalkte Knötchen; in Lungenlymphdrüsen
stecknadelkopfgroße verkäste Knötchen.
3. Rind, Ohrmarke 235, geschlachtet am 4. 8. 1913. In der linken Lunge erbsen-
bis hühnereigroße tuberkulöse Herde, die mit Verzweigungsästen der Luftröhre
in Verbindung stehen; in den Lungendrüsen steoknadelkopf- bis erbsengroße
verkäste Knötchen, teilweise verkalkt. In den Darmdrüsen bis erbsengroße
verkäste und verkalkte Knötchen.
4. Rind, Ohrmarke 246, geschlachtet am 21. 2. 1912. Geringgradige Tuberkulose
der Lungen- und Mittelfelldrüsen.
5. Rind, Ohrmarke 259, geschlachtet am 12. 7. 1913. Lungen ganz durchsetzt
von tuberkulösen, ca. erbsengroßen Knötchen; daneben einige mit rahmartigem
Eiter gefüllte Hohlräume. In Leber in großer Zahl bis erbsengroße verkäste
und verkalkte Herde, ebenso in den Leberdrüsen. Darmdrüsen zeigen bis
walnußgroße verkalkte Knoten. Auf Bauchfell Auflagerungen, die von
ca. bohnengroßen verkästen und verkalkten Knötchen durchsetzt sind.
6. Rind, Ohrmarke 267, geschlachtet am 16. 5. 1911. Schlachtbefund ähnlich 1.
7. Rind, Ohrmarke 198, geschlachtet am 2. 9. 1913. Schlachtbefund ähnlich 5.
8. Rind, Ohrmarke 217, geschlachtet am 2. 9. 1913. Schlachtbefund ähnlich 5.
9. Rind, Ohrmarke 206, geschlachtet am 6.4.1912. Tuberkulöse Herde in Lungen-
und Leberlymphdrüsen; ebenso in Lunge und Leber, Knötchen in der rechten
Bugdrüse.
10. Rind, Ohrmarke 195, geschlachtet am 12. 12. 1913. Sohlachtbefund ähnlioh 4.
11. Rind, Ohrmarke 274, geschlaohtet am 12. 12. 1913. In Lungen- und Darm¬
drüsen verkäste, zum Teil verkalkte ca. erbsengroße tuberkulöse Knötchen.
Tuberkulose des Brustfelles.
12. Rind, Ohrmarke 270, geschlachtet am 5. 4. 1912. Knötchen in der linken
Kniefaltendrüse. Vereinzelte kleinerbsengroße verkäste tuberkulöse Knötchen
in Darmdrüsen.
Bestand 2 . In ihm werden die neugeborenen Kälber sofort von den
Müttern getrennt, in einen besonderen Stall gebracht, der als wenig geeignet zu
ihrem Aufenthalt bezeichnet werden muß. Wir finden in ihm nämlich zu viel
174
HASENKAMP,
Zement, d. b. Fußboden und Decke bestehen aus diesem Material; dazu sind die
Wände mit einer Zementschicht überzogen, so daß die natürliche Ventilation unter¬
bunden ist. Eine gut funktionierende künstliche Ventilation — als teilweiser
Ersatz dafür — ist nicht vorhanden. Es herrscht daher im Stalle eine feuchtkalte,
dumpfe Luft.
Die Kälber erhalten zunächst Muttermilch, dann abgekochte Magermilch aus
dem Bestände. Im Sommer Weidegang auf einer guten Weide.
Aus der durchschnittlich 25 milchgebende Tiere enthaltenden Rinderherde
des Gutes M. wurden in der Beobachtungszeit (1. April 1909 bis dahin 1914),
4 Tiere wegen Verdachts der Lungentuberkulose, 1 wegen offenerLungentuberkulose,
1 wegen Darm- und 2 wegen Eutertuberkulose ausgemerzt.
Am 18. März 1909 fand die Impfung von 10 Tieren im Alter von 1 /\ bis
1 Jahr mit Antipbymatol statt, nachdem sie sich bei eingehender klinischer Unter¬
suchung als unverdächtig der Tuberkulose erwiesen hatten. Die Nachimpfung er¬
folgte 1 / i Jahr danach — sowie im Jahre 1910, 1911, 1912 — vorschriftsmäßig.
Während der Versuchsdauer wurden 5 schutzgeimpfte Tiere geschlachtet —
unter ihnen 4 verdächtige — und an ihnen folgender Befund erhoben:
1. Rind „Lotte“, geschlachtet am 2. 4. 1912 (wegen Bruchs der rechten Vorder¬
extremität). Mehrere erbsengroße verkäste tuberkulöse Knötchen in den Darm¬
drüsen. In Leber und Leberdrüsen bohnen- bis stark erbsengroße verkäste und
verkalkte Knötchen.
2. Rind „Minna“, geschlachtet am 17. 10. 1913. Linke Retropharyngealdrüse ge¬
schwollen und stark durchsetzt mit stccknadelkopfgroßen verkästen Knötchen.
In Lungen- und Mittelfelldrüsen zahlreiche linsen- bis erbsengroße verkäste
und verkalkte Knötchen. In den Lungen erbsengroße Knötchen in großer Zahl,
zudem einige Kavernen von Walnuß- bis Taubeneigröße. In den Darmdrüsen
bis kleinhaselnußgroße verkäste Knoten.
3. Rind „Liese a , geschlachtet am 17. 10. 1913. Frei von Tuberkulose.
4. Rind „Lotte“, geschlachtet am 28. 4. 1911. Beide Retropharyngealdrüsen ge¬
schwollen und durchsetzt mit stecknadelkopfgroßen tuberkulösen Herden. Steck¬
nadelkopf- bis erbsengroße verkäste Knötchen in den Lungendrüsen. In der
linken Lunge einige hasel- bis walnußgroße erweichte Herde, teilweise mit den
Luftwegen in Verbindung stehend; in der rechten Lunge 5 erbsengrosse Knötchen.
5. Rind „Emma“, geschlachtet am 12. 3. 1913. ln den Leberdrüsen 3 linsengroße,
verkäste Knötchen, in der Leber mehrere. In den Darmdrüsen zahlreiche ver¬
käste, zum Teil verkalkte, bis erbsengroße Knötchen. Knötchen in der linken
Bug- und Kniefaltendrüse.
Rind Minna und Lotte halten einige Zeit neben der Kuh mit offener Lungen¬
tuberkulose — Jette — gestanden.
Bestand 3. Stall, des Gutes C., gut. Haltung und Pflege der Tiere in ihm
einwandfrei. Die Kälber erhalten hier Milch von „Ammenkühen“. Weidegang von
Mai bis Oktober. Der Bestand zählt durchschnittlich 20 Milchtiere. In der Be¬
obachtungszeit wurden aus ihm 3 Tiere wegen Verdachts der Lungentuberkulose,
1 wegen Lungen- und 1 wegen Gebärmuttertuberkulose ausgemerzt. Seit Ende 1911
linden sich tuberkulöse Tiere nicht mehr.
Impfung von Rindern mit Antipbymatol gegen Tuberkuloseansteckung. 175
Zur Versuchsimpfung mittels Antipbymatol wurden 5 Kälber (1—3 Wochen
alt), 1 Bulle ( 1 / 2 Jahr alt) und 5 Rinder (1 Jahr alt) ausgewählt. An dem Bullen
und den 5 Rindern wurde eine Tuberkulinprüfung am 28. 4. 1909 ausgeführt. Die
5 jungen Kälber wurden, zumal da sie sich ebenfalls als unverdächtig erwiesen,
nicht geimpft.
Am 10. Mai 1909 erfolgte die erste Impfung der Tiere mittels Antiphymatol;
die Nachimpfung wurde bis zum Jahre 1912 wiederum vorschriftsmäßig durch¬
geführt.
Zur Schlachtung gelangten in der Beobachtungszeit 2 schutzgeimpfte, „ver¬
dächtige“ Tiere; sie hatten aufTuberkulin nicht reagiert. Schlachtbefund bei diesen:
1. Rind, Hornbrand 14, geimpft — das erste Mal - 1 Jahr alt; geschlachtet am
22. 4. 1913. In beiden retropharyngealen Lymphdrüsen zahlreiche linsengroße
verkäste Knötchen. In den Lungen- und Mittelfelldrüsen linsen- bis erbsengroße
Knötchen in großer Menge. In der linken Lunge 2 hühnereigroße erweichte
Herde; in der rechten zahlreiche erbsen- bis haselnußgroße tuberkulöse Knoten.
2. Rind, Hornbrand 7, geimpft — das erste Mal — l Jahr alt; geschlachtet am
5. 8. 1911. Lungen- und Mittelfelldrüsen Stecknadelkopf- bis erbsengroße tuber¬
kulöse Knötchen in größerer Zahl enthaltend. In der rechten Lunge einige
Kavernen von ca. Walnußgroße; in der linken Lunge tuberkulöse Knötchen von
Stecknadelkopf- bis Bohnengröße.
Bestand 4. Stall — in Haus H. — sehr alt und mangelhaft; schlechte
„eingeschlossene 44 Luft in ihm. Die Kälber bleiben bei den Müttern ca. 14 Tage.
Danach werden sie in Buchten getan, die in einer Ecke des Stalles sich befinden.
Durch Bretterverschlag ist zudem die Trennung von den älteren Tieren hergestellt.
Die jungen Tiere erhalten hier unerhitzte Milch vom Bestände. Weidegang tags¬
über. Bestand durchschnittlich 15 Milchkühe enthaltend.
Ausgemerzt wurden in diesem Bestände in der Beobacbtungszeit: 1 Kalb
wegen Tuberkuloseverdachts, 2 Rinder wegen Verdachts der Eutertuberkulose,
6 Rinder wegen Verdachts der Lungentuberkulose, 4 wegen Lungen- und 1 wegen
Eutertuberkulose.
Bei den jährlich 4mal vorgenommenen bakteriologischen Gesamtmilch¬
prüfungen wurden 2mal Tuberkelbazillen ermittelt. Einmal wurde bei der darauf¬
hin vorgenomraenen klinischen Untersuchung des Bestandes eine Kuh mit Euter¬
tuberkulose ermittelt (die zuvor aufgeführte), das zweite Mal rührten die Tuberkel¬
keime von einer mit offener Lungentuberkulose behafteten her (ebenfalls zuvor
angegeben).
Bei der Tuberkulinprüfung des Bestandes (am 28. 2. 1909) reagierten von
32 Tieren 17. Von den nicht reagierenden wurden am 25. 3. 1909 12 Tiere mit
Antiphymatol geimpft, und zwar 1 Bulle (l x / 2 Jahr alt), 5 Rinder (1 —l 1 ^ Jahr
alt), 7 Kälber (1—3 Wochen alt). Die vorgeschriebene Nachimpfung fand auch in
diesem Bestände statt.
In der Beobachtungszeit wurden von den schutzgeimpften Tieren ausrangiert
a) auf Grund der Tuberkulinprobe:
1. Rind „Hildegard 44 , geimpft — das erste Mal — 3 Wochen alt; geschlachtet am
27. 4. 1912. Schlachtung ergab: In Lungen und Mittelfelldrüsen vereinzelte
176 HASENKAMP, Impfung v. Rindern m* Antiphymatol geg.Tuberkuloseansteck.
Stecknadelkopf- bis bobnengroße verkäste Knötchen. Bohnengroße Herde in den
Lungen.
2. Rind „Blässe“, geimpft — das erste Mal — ] l / A Jahr alt; geschlachtet am
20. 4. 1910. Linke Retropharyngealdrüse geschwollen; Stecknadelkopf- bis
linsengroße Herde in größerer Zahl, ln der rechten Lunge einige verkäste
tuberkulöse Knötchen.
b) auf Grund der klinischen Untersuchung:
1. Rind „Bünte“, geimpft — das erste Mal — 14 Tago alt; geschlachtet am
8. 7. 1911. Auf Lungen-, Brust- und Bauchfell in großer Ausbreitung Auf¬
lagerungen tuberkulöser Art. In linker Lungenlymphdrüse einige verkalkte, bis
bohnengroße Herde; in linker Lunge 5 gut erbsengroße erweichte Herde. In
Darmdrüsen walnußgroße verkalkte Herde.
2. Rind „Rita u , geimpft — das erste Mal — 1 Jahr alt; geschlachtet am
17. 9. 1912. In Lungendrüsen erbsen- bis bohnengroße verkäste, zum Teil ver¬
kalkte Knötchen. In der linken Lunge zwei über walnußgroße Herde, die aus
tuberkulösen Knötchen bis Linsengröße bestehen.
3. Rind „Bella u , geimpft — das erste Mal — 3 Wochen alt; geschlachtet am
8. 11. 1912. In der rechten Bug- und Kniefaltendrüse bis erbsengroße* Knötchen ;
ebenso Knötchen in Euterdrüsen. Tuberkulose des Brust- und Bauchfelles.
Aus dem Resultat dieser Versuche geht hervor, daß
Rinder durch die Impfung mittels Antiphymatol von Klimmer
gegen die natürliche Tuberkuloseansteckung, wie sie in der
Praxis gegeben ist, nicht geschützt werden können. Es gibt
also zurzeit keinen Impfstoff, mit dem wir die Tiere gegen die Tuber¬
kulose immunisieren können.
Wir sind somit nach wie vor auf die planmäßige Durchführung
hygienisch-prophylaktischer Maßnahmen (Ostertagsches Tuberkulose¬
tilgungsverfahren) angewiesen. Die bisher mit ihm erzielten Erfolge
beweisen, daß wir mit diesem Verfahren — selbst in stark verseuchten
Beständen — die Tuberkulose allmählich eindämmen und auch tilgen
können.
Druck von L. Schumacher in Berlin N. 4.
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ARCHIV
WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE ;
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Verlas von August Hirsehwald in BerHft NW. 7.
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Karl Dammann *J*.
Die Förderung, die Fach und Stand der Tierärzte in den
jüngsten 50 Jahren erfuhren, ist nicht bloß dem Aufblühen
der Naturwissenschaften, dem Aufschwung der Landwirtschaft,
der öffentlichen Gesundheitspflege, des Handels und Verkehrs,
sowie der Entwicklung der Staats- und Gemeindeverwaltungen
infolge der Einigung der deutschen Stämme im mächtigen
Reiche zu danken, sondern auch den Tierärzten auf die Rech¬
nung zu schreiben, von denen die einen die tierärztliche
Wissenschaft vertieften und bereicherten, die anderen bestrebt
waren, den tierärztlichen Beruf gemeinnütziger zu gestalten und
ihm neue Arbeitsfelder zu eröffnen. Einige dieser Männer
betätigten sich zugleich in beiden Richtungen. Unter ihnen
ragen Persönlichkeiten hervor, die nach kurzer praktischer
tierärztlicher Tätigkeit berufen wurden, an höheren landwirt¬
schaftlichen Anstalten Tierheilkunde zu lehren, und unter denen
neben anderen Haubner, Fürstenberg, von Rueff und
Karl Dammann vorzugsweise zu nennen sind.
Haubner, von Rueff und Dammann tauschten den
Lehrstuhl an der landwirtschaftlichen Anstalt nach einigen
Jahren mit dem an einer tierärztlichen Schule um, über¬
nahmen dann deren Leitung und behielten sie jahrelang in
ihrer Hand.
Dank ihrer seitherigen Tätigkeit begriffen diese Männer
ihre Zeit. Durch Anlehnung an die Landwirtschaft, durch
deren Unterstützung und Belehrung konnte es, nach ihrer
Ansicht, allein gelingen, der Tierheilkunde die Bedeutung und
das Ansehen zu geben, die ihr gebühren. Da die auf¬
strebende Landwirtschaft und mit ihr die fürsorgende Staats¬
verwaltung Kräfte brauchte, die in der praktischen Tier-
pflege und im Tierschutze gegen Krankheiten kundig waren, dauerte
es nicht lange, bis die Landwirte die Belehrungen der Tierärzte, die
sich in ihren Dienst stellten, dankend anerkannten, und die Regie¬
rungen auf die von der öffentlichen Meinung bezeichneten Persönlich¬
keiten griffen, uro sich von ihnen beraten zu lassen.
So war diesen Männern mit dem Beginn ihrer Lehrtätigkeit an
den landwirtschaftlichen Schulen die Richtung für ihr ferneres Wirken
und Streben gegeben. Sie hatten in den Anstalten, mit denen der
Betrieb einer ausgedehnten intensiven Landwirtschaft verbunden war,
die Bedürfnisse kennen gelernt, welche den Mängeln der damaligen
Wirtschaft entsprangen, und waren in regem Verkehr mit den übrigen
Lehrern der Anstalt, unter welchen z. B. Settegast und von Wolff
zu nennen sind, darauf aufmerksam gemacht. Gesundheitspflege,
Fütterung und Ernährung der Haustiere, ihre Entwicklungs- und
Ernährungskrankheiten waren die hauptsächlichsten Gegenstände ihrer
Forschung und Lehrtätigkeit.
Als sie später an die tierärztlichen Lehranstalten berufen wurden,
traten sie daselbst als Neuerer auf, indem sie die Fächer, denen
seither nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt war, in dem tierärzt¬
lichen Unterricht mehr belebten oder in ihn neu einführten.
Mit der Uebernahrae der Leitung der Schule, zu der sie berufen
waren, legten sie das Hauptgewicht auf die Vervollkommnung und
Verbesserung des tierärztlichen Unterrichts und auf die Organisation
der Schulverwaltung.
Die dritte Art ihrer Tätigkeit, die auf die Beratung der Regie¬
rung in bezug auf die Gesetzgebung zum Schutze der Landwirtschaft
und der Förderung der Tierhaltung und -zucht, sowie auf die Organi¬
sierung eines amtlichen Veterinärpersonals gerichtet war, fand ihr
Ende, als sich die Einsicht für die Notwendigkeit eigener tierärztlicher
Referenten bei den Regierungen durchgerungen hatte.
In der Verfolgung der geschilderten Hauptrichtungen war Karl
Dam mann der zäheste und gewandteste. Er ist dem Ziel am näch¬
sten gekommen und hat, soweit es die Umstände geboten und be¬
günstigten, Hohes erreicht.
Damm ann war körperlich und geistig sehr leistungsfähig. Wie
Rudolf Virchow nannte er Pommern seine Wiege. Sein gesunder
Körper, seine breite und hohe Brust, seine Körpergröße, seine auf¬
rechte Haltung, seine hohe und breite Stirne, sein braunes, fest¬
stehendes und glänzendes Auge, seine griechische Nase, sein festge-
ITI
schlossener schmallippigcr Mund, vor allem der ernste Zug seines scharf
geschnittenen Gesichts verrieten eine starke Lebens- und Geisteskraft.
Als er das 30. Lebensjahr überschritten hatte, erschien er immer
noch als ein hochgewachsener schlanker Jüngling mit blondem Haupt-
und Barthaar. Allgemein erregte er Gefallen.
Sein starker Wille und die Entschlossenheit zur Tat kennzeich¬
neten ihn als Mann, dem ein Zug von Vornehmheit anhaftete. Er
fand das Brauchbare und Nützliche leicht heraus und haßte die
Mittelmäßigkeit.
Seine Stimme war nicht groß, aber angenehm und durchdringend.
Er sprach mit Leichtigkeit, fast ohne den Körper zu bewegen. Sein
Vortrag regte an und fesselte die Hörer. Sein Gedankengang war klar und
seine Beweisführung kurz und bündig. Wie er schrieb, so sprach er.
Mit der Zähigkeit, mit der er seine Ansichten und Pläne durch¬
zusetzen bestrebt war, besaß Dam mann eine angeborene Klugheit, die
ihn zuweilen sonst selten betretene Wege finden ließ, aber ihn auch
abhielt, die ihm gezogenen Grenzen Vorgesetzten gegenüber zu über¬
schreiten. Immer aber blieb er selbständig.
Im vorgerückten Alter, selbst im hohen, blieben sein Nacken und
sein Rücken ungebeugt. Wenn er dahin schritt, oft schlendernd,
bediente er sich niemals eines Stockes. Er war eine Patriarchen¬
gestalt mit ergrautem Haupt- und Barthaar. Gemessen erwiderte er
den ihm gebotenen Gruß und nur Freunden gegenüber erheiterte sich
seine Miene. Er kleidete sich einfach. Dunkelfarbige Kleiderstoffe
zog er vor. ln Speis und Trank war er mäßig, doch starker Raucher;
nur auf dem Spaziergang unterließ er das Rauchen, weil er dort reine
Luft einatmen wollte.
Er liebte die Natur und freute sich, während des Früh- und
Spätjahrurlaubes die Bäder, Berge und Täler Tyrols, Bayerns, der
Schweiz, des Schwarzwaldes und der Vogesen zu durchwandern, stets
lernend und nach Brauchbarem forschend.
Seinen Freunden blieb er treu, auch wenn sie anderen, seinen
entgegenstehenden Anschauungen huldigten, und wenn sie ihm manch¬
mal von der Oeffentlichkeit vorgezogen wurden. Er fühlte sich und
war von dem Fehler nicht frei, seine Bekannten zuweilen zu gering
einzuschätzen. Dabei war er wohlwollend, besonders seinen Schülern
gegenüber und hatte den großen Vorzug, allerwärts und allezeit als
Tierarzt aufzutreten, niemals seinen Stand unter Titeln zu verbergen,
sondern sein Fach und Beruf allen gegenüber hochzuhalten.
IV
Seine gesellschaftliche Gewandtheit und seine Stellung als Haupt
einer modernen Hochschule führten die militärischen und bürgerlichen
Spitzen der Provinz und der Stadt Hannover, die dortigen Vertreter
der Wissenschaft, der Landwirtschaft, des Handels und der Gewerbe
in sein gastliches Haus, wo das Ansehen des tierärztlichen Standes
und der tierärztlichen Hochschule jeweils wuchs und erstarkte. Be¬
fanden sich doch die Herrschaften bei „Daramanns“ ebenso wohl wie
in den anderen Gesellschaften! Doch nicht allein hier, sondern auch
in der örtlichen und provinziellen Gesundheitspflege, in der Landwirt¬
schaft, in der Industrie, in der Volksaufklärung und im Schutze der
Tiere gegen Mißhandlungen stellte Dam mann seinen Mann. Ueberall
gern gesehen und oft begehrt, lieh er willig seine ohnehin stark in
Anspruch genommenen Kräfte dem öffentlichen Wohle. Er stellte
dabei sein Licht nicht unter den Scheffel.
Schon im jugendlichen Alter ehelichte Dammann in Proskau eine
ihm ebenbürtige Frau, die zu seinem großen Schmerze, nachdem sie
ihm eine Tochter und zwei Söhne geschenkt hatte, frühzeitig starb,
bald nach seiner Uebersiedelung nach Hannover.
In der Erinnerung an die eigene Jugend, die er in der Zucht
eines strengen Stiefvaters verbracht hatte, entschloß sich Dammann,
seinen Kindern selbst die Mutter zu ersetzen und wurde hier von einer
Hausdame, die ihn überlebt, treu unterstützt. Die Kinder gediehen
leiblich und geistig. Die Tochter verheiratete sich mit einem ange¬
sehenen Frauenarzt in Hannover und bescherte Dammann Enkel¬
kinder, unter denen eine ebenso geist- wie liebreiche Tochter den
Großvater auf seinen Reisen in den letzten Jahren und bis zur Todes¬
stunde begleitete. Von seinen beiden Söhnen, die schon ihre eigene
Familie gegründet haben, ist der ältere ein sehr begabter Bildhauer,
der jüngere ein hoher Reichsbeamter. An seinen Gedenktagen ver¬
einigten sich die Familien um den Großvater, der so bis ans Lebens¬
ende ein beneidenswertes, häusliches Glück genießen durfte.
Vom Berufslebensgange Dam man ns ist zu erzählen, daß er am
22. Oktober 1839 in der alten Universitätsstadt Greifswald in einem
Hause geboren ist, an dem heute eine Gedenktafel seine Geburtsstättc
anzeigt. In Greifswald absolvierte er das Gymnasium und studierte
hierauf daselbst 4 Semester lang Humanmedizin. Dem Wunsche
seines Vaters folgend, besuchte Dammann die Tierarzneischule in
Berlin, wo Gurlt, Hertwig und Spinola seine Lehrer waren,
setzte aber neben dem Studium der Veterinärmedizin das der Human-
V
medizin an der Berliner Universität fort. Nach abgelegter tierärzt¬
licher Fachprüfung (April 1861) kehrte Dam mann nach Greifswald
zurück, erwarb dort 1862 die medizinische Doktorwürde und warf
sich mit Feuereifer auf die tierärztliche Praxis. Ein Jahr später (1863),
kaum 24 Jahre alt, wurde er zum Kreistierarzt für die Kreise Cottbus
und Spremberg ernannt und kam 1864 als Lehrer an die landwirt¬
schaftliche Akademie in Proskau, wo er 1869 den Professortitel erhielt.
Zur Bekämpfung der nach dem Elsaß 1870 verschleppten Rinder¬
pest wurde Dam mann von dem Minister beauftragt, die Schutz- und
Tilgungsmaßregeln in dem verseuchten Lande anzugeben und mit der
Zivilbehörde auszuführen.
1872 vertauschte Dammann den Proskauer Lehrstuhl mit dem
an der staats- und landwirtschaftlichen Akademie in Eldena. Hier,
in der Nähe seiner Heimatstadt, verlebte Dammann glückliche Jahre.
Fand er doch dort alles, was er wünschte: Forschungsanstalten und
-Material, anregende wissenschaftliche Tätigkeit, ständige Berührung
mit der Landwirtschaft und lebhaften Verkehr mit den Professoren
der Universität. Er versah zugleich das Amt des Departements- und
Kreistierarztes und lernte so die Aufgaben und den Dienst der
beamteten Tierärzte kennen.
Die Beliebtheit des jungen Gelehrten verbreitete sich in Stadt
und Land. So sandte ihn der Wahlkreis Greifswald-Grimmen als Ab¬
geordneten in den preußischen Landtag, wo er sich der national-
liberalen Partei anschloß.
Von gleichem Vertrauen getragen, wählte der 1874 ins Leben
gerufene Deutsche Veterinärrat den erst 34 Jahre alten Professor zu
seinem ersten Präsidenten. Er nahm die Wahl an, bezeichnete aber
diesen Schritt später als leichtsinnigen Jugendstreich. Er legte das
Ehrenamt 1880 infolge von Geschäftsüberhäufung nieder.
Inzwischen hatte Dammann einen Ruf an das Tierarzneiinstitut
in Dorpat erhalten, lehnte ihn aber ab, nachdem der Landwirtschafts¬
minister von Friedenthal ihm die Anstellung als Vortragender Rat
im Ministerium in Aussicht gestellt hatte. Wie so oft, vermochten
die Geheimräte nicht dem weitblickenden Vorschlag des Ministers zu
folgen. Erst 30 Jahre später wurde ein Tierarzt in das Ministerial-
kollegiura berufen.
Zu seinem großen Leidwesen erfolgte 1877 die Aufhebung der
Akademie Eldena und Dammann wurde an die Tierarzneischule in
Hannover versetzt. Hier übernahm er, nachdem sein Abgeordneten-
VI
raandat erloschen und der damalige Direktor der Schule, Professor
Karl Günther, in Ruhestand getreten war, die Direktion der Anstalt,
führte sie auch nach ihrer Erhebung zur Hochschule fort und behielt
sie bis 1912, zwei Jahre vor seinem Tode, bei.
Neben der Professur und der Direktion übernahm Dam mann
die Mitgliedschaft in dem Provinzialmedizinalkollegiura, in der tech¬
nischen Deputation für das Veterinärwesen, dem späteren Landesveterinär¬
amte, in der Kommission für die Prüfung beamteter Tierärzte, im
Reichsgesundheitsrat und im Gesamtausschuß der Deutschen Land¬
wirtschaftsgesellschaft. Er erstattete gewichtige Referate im Landes¬
ökonomiekollegium, im Deutschen Landwirtschaftsrate und in manchen
anderen gemeinnützigen Körperschaften.
Gegen 1912 fühlte Dammann das Nahen des Alters. Er erbat
seine Zuruhesetzung, welche ihm unter Anerkennung seiner außer¬
ordentlichen und ersprießlichen Leistungen bewilligt wurde.
Gänzlich ruhen mochte Dammann nicht.
Im Mai 1914 reiste er, kaum von einer hartnäckigen Erkrankung
an Influenza erholt, zu einer Versammlung deutscher Tierschutzvercine
nach Stuttgart, von da, eingeladen von Graf Zeppelin, nach Friedrichs¬
hafen und schließlich nach Baden-Baden, wo ihn am Pfingstmontag
(l.Juni 1914) am Abendtische, infolge der Ruptur der linken Herz¬
kammerwand, ein sanfter lautloser Tod (wie er ihn sich oft gewünscht
hatte) ereilte.
An Ehrungen hat es Dammann nicht gefehlt. Dem schon früh¬
zeitig erworbenen Titel „Geheimer Regierungs- und Medizinalrat“ folgte
beim Abschied von der Hochschule der „Geheime Oberregierungsrat“.
Zu dem preußischen Kronen- und Roten Adlerorden mit Eichenlaub bis
zur 2. Klasse hinauf gesellten sich das Koraturkreuz des Königl. säch-
sichen Albrcchtsordens, eine hohe Oldenburgische und mehrere andere
Auszeichnungen. Von 20 deutschen und mehreren ausländischen tier¬
ärztlichen Vereinen war Dammann Ehrenmitglied. Von Gießen er¬
hielt er den Doctor raed. vet. hon.
1906 vereinigten sich Professoren, Studierende und Freunde zur
Feier des 25jährigen Jubiläums Dammanns als Direktor der Hannover¬
schen Hochschule, und im April 1911 die Spitzen der militärischen
und bürgerlichen Behörden der Provinz und der Stadt Hannover, die
Professoren der Hochschule und die Schüler Dammanns mit dem
Abgesandten des Reichsgesundheitsarates, des Landwirtschaftsministe¬
riums, der Berliner und Dresdener Hochschule und viele Freunde, um
das 50jährige Berufsjubiläum Dammanns in wirklich erhebender
Weise zu feiern.
Dammann hintcrließ zwei Stiftungen, deren Verwaltung und Vor¬
standschaft dem jeweiligen Rektor der Hannoverschen Hochschule ob¬
liegt. Die erste der Stiftungen bestimmt, daß dem Verfasser der
besten in der Fachliteratur bekanntgegebenen Leistung, die sich prak¬
tisch bewährt hat, bei einem feierlichen Mahle die Dammannsmedaille
auf Grund des Beschlusses des Professorenkollegiums überreicht werde.
Die Feier soll alle 3 Jahre stattfinden. Die zweite, die wie die erste
aus einer Sammlung von Freunden Dammanns aufgebracht wurde,
ist zur Bildung von Stipendien für würdige und bedürftige Studierende
der Veterinärmedizin oder zu Reisestipendien für junge Tierärzte,
welche die Hochschule in Hannover besucht haben oder daselbst appro¬
biert wurden, bestimmt.
Außerdem haben die Erben Dammanns eine Summe von
13000 M., die den Grundstock zu einer Unterstützungskasse für die
bedürftigen Hinterbliebenen von Tierärzten bilden sollten, dem Deut¬
schen Veterinärrat zur angemessenen Verfügung überwiesen.
Von den Hauptrichtungen, denen Dammanns literarische Tätig¬
keit folgte, sollen zunächst die landwirtschaftliche und die klinisch-tier¬
ärztliche betrachtet werden.
In erstgenannter Hinsicht hat Dammann ein einziges größeres
Lehrbuch hinterlassen, das 1903 seine dritte Auflage erfuhr. Es ist
die inhaltsreiche, gründliche und wohlgeordnete „Gesundheitslehre der
landwirtschaftlichen Haustiere“, ein Werk, mit dem sich der Verfasser,
ähnlich wie Haubner, in landwirtschaftlichen gleichwie in tierärzt¬
lichen Kreisen bestens eingeführt hat.
Viele seiner Vorträge und Veröffentlichungen bewegen sich gleich¬
falls auf den Gebieten der Gesundheitslehre, der Haltung und der
Zucht der landwirtschaftlichen Haustiere. So sprach er in der 20. Voll¬
versammlung des Deutschen Landwirtschaftsrates über „die Ge¬
winnung besserer Kenntnisse von dem Einfluß der künstlichen Futter¬
mittel und ihrer Bestandteile, über die zu Fälschungszwecken gemachten
Zusätzo und deren Einfluß auf den Gesundheitszustand der Tiere“.
(Vgl. Arch. f. Nahrungsmittelk., Bd. 8, S. 45.)
Mit Behrens zusammen schilderte er in der Deutschen tierärztl.
Wochenschr., 1903, S. 369 die Ursache der Schädlichkeit des Klees
nach Kopfdüngung mit Chilisalsalpeter, und in Gemeinschaft mit dem
genannten Forscher und Dr. Oppermann in der Deutschen landwirt-
VIII
schaftlichen Presso, 1906, Nr. 31 u. 32 das Ergebnis der Untersuchungen
der von Tieren verschmähten Erdnußkuchen und -mehle.
Selbständig behandelte er in der Deutschen tierärztl. Wochenschr.,
1912, S. 533 die vielumstrittene Frage der Verwendung roher oder
erhitzter Milch bei der Aufzucht von Kälbern.
Von Mitteilungen über bestimmte Schädigungen der Gesundheit
der Haustiere, welche Dam mann allein oder unter Mitwirkung von
Kollegen beschäftigten, verdienen Beachtung: Die Massen Vergiftungen
von Kühen durch Blei (Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1904, S. 2),
sodann ein Fall von Digitalis Vergiftung (mit Behrens, in der Deutschen
tierärztl. Wochenschr., 1903, S. 133), ferner die Massen Vergiftungen
von Pferden, Rindern und Schweinen durch blausäurehaltige Bohnen
(mit Behrens, Deutsche tierärztl. Wocheuschr., 1908, S. 1), endlich
Vergiftungen durch fluorhaltigen phosphorsauren Futterkalk (mit Man¬
gold, Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1904, Nr. 14 u. 15).
Es folgen weiter die Mitteilungen über die Massenerkrankung
von Ochsen an Kieselsäureharnsteinen und deren Vorbeugung, sodann
über einen Fall von bitterer Milch und deren Beseitigung (beide Mit¬
teilungen in der Deutschen tierärztl. Wochenschr., 1897, S. 4), schlie߬
lich über die sogenannten Stallkrankheiten des Rindviehs, ein Vortrag,
der in dem Hildesheimer land- und forstwirtschaftlichen Vereinsblatt
1888 Aufnahme gefunden hat.
Unter den mehr in die Gebiete der Pathologie und Therapie ein-
schlagcnden Arbeiten sind die Veröffentlichungen zu verzeichnen: über
Kälberdiphtherie (Deutsche Zeitschr. f. Tiermedizin, 1887, III, S. 1), über
die Glykosurie nach Morphium und über subkutane Injektion von Digitalin
(Hannoverscher Jahresbericht, X, 1876/77) und über die Aetiologie der
Polyurie des Pferdes (Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1898, S. 125).
Mit Mangold zusammen schrieb Dam mann über die Schlaf¬
krankheit der Hühner (Arch. f. wissensch. u. prakt. Tierheilk., Bd. 33,
S. 46 und Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1905, S. 577), mitFreese
über das Vorkommen des Bacillus pyogenes bei der Ziege und über
den Nachweis der Indentität des Bacillus pyogenes bovis et suis (Deutsche
tierärztl. Wochenschr., 1908, S. 405), sodann mit Stedefeder übereine
durch Pseudotuberkulosebazillen hervorgerufene Pseudotuberkulose des
Darmes der Kälber (Deutsche tierärztl. Wochenschrift, 1910, S. 296).
Die seuchenartigen Tierkrankheiten und ihre Bekämpfung bilden
ein weiteres Gebiet, auf dem sich Dammann lebhaft betätigte und
schon frühzeitig als Autorität anerkannt wurde. Seine erste bedeu-
IX
tende Veröffentlichung, die auf Veranlassung des Deutschen Landwirt¬
schaftsrats verfaßt war, und der das von Lydtin an den Deutschen
Veterinärrat 1874 gerichtete Referat über die Grundzüge eines Reichs¬
tierseuchengesetzes zugrunde lag, führte den Titel „Die Notwendig¬
keit und die Grundzüge eines deutschen Viehseuchengesetzes“ und
erschien, wie das auf Veranlassung des Veterinärrates gedruckte
Lydtinsche bei Parey-Berlin 1875. Außerdem veröffentlichte Dam-
mann teils allein, teils gemeinschaftlich mit seinen Assistenten und
Mitarbeitern nicht weniger als 30 Abhandlungen über Tierseuchen.
Mit Prof. Rabe schilderte er das negative Ergebnis eines Ver¬
suchs mit der Schutzkraft der Lungenseucheimpfung (Hannoversches
Jahrbuch 1884/85, S. 100), mit Hasenkamp: Einiges über Tollwut
(Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1908, S. 457) und mit Freese über
die durch Strongylus convolutus s. Ostertagi hervorgerufene Magen¬
wurmseuche (Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1908, S. 537).
Selbständige Arbeiten Dammanns sind: „Der Einfluß frühzeitiger
Außerdienststellung der Pferde auf den Verlauf der Brustseuche“ (Deutsche
tierärztl. Wochenschr., 1899, S. 14) und der „Bericht über das seuchen-
hafte Verfehlen im Königl. Hauptgestüte Beberbeck während des Winters
1907“ (Arch. f. wissensch. u. prakt. Tierheilk., Bd. 36, Supplement, S. 3).
Die noch arme Literatur über Wild- und Rinderseuche bereicherte
Dammann mit seinem damaligen Assistenten Dr. Oppermann durch
die Beschreibung des ersten Ausbruches der Seuche in der Provinz
Hannover (Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1905, S. 293) und der
Siraulia ornata als Vermittler der Seuche (Deutsche tierärztl. Wochen¬
schrift, 1905, S. 507).
Von Arbeiten über den Milzbrand sind anzuführen: „Gärtner u.
Dammann, Gutachten des Eaiserl. Gesundheitsamtes über das Auf¬
treten des Milzbrandes im Schmeiegebiet (Württemberg und Hohen-
zollern)“, veröffentlicht in den Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheits¬
amt, 1907, Bd. 251, S. 461, sodann Dammann u. Freese, „Der
Milzbrand bei Schweinen“ (Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 38)
und „Beitrag zur Milzbrandnachprüfung“ (Arch. f. wissensch. u. prakt.
Tierheilk., Bd. 37, S. 609).
Fünf Abhandlungen Dammanns beschäftigen sich mit Krank¬
heiten der Schweine, nämlich: „Die Bekämpfung des Schweinerotlaufs
mit dem Lorenzschen Impfverfahren und mit dem Schützschen
Susserin“ (Arch. f. wissensch. u. prakt. Tierheilk., Bd. 27, S. 485),
ferner Vortrag über die Frage: „Was ist Schweineseuche“ (Amtsblatt
X
der Landwirtschaftskammer Cassel, 1904, S. 791), außerdem: „Vortrag
über die Seuchen der Schweine und ihre Bekämpfung“ (Berl. tierärztl.
Wochenschr., 1905, S. 775), sodann „Vortrag über den Stand und die
Bekämpfung der Schweineseuchen“ in der Hauptversammlung der
Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in Berlin (Deutsche tierärztl.
Wochenschr., 1906, S. 104), endlich Dammann und Stedefeder,
„Untersuchungen über Schweinepest“ (Arch. f. wissensch. u. prakt.
Tierheilk., Bd. 36, S. 432).
Ueber Schafkrankheiten liegen zwei Arbeiten vor, die erste über
Bradsot und dessen ausgebreitetes Vorkommen in Mitteldeutschland
(Dammann u. Oppermann, Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1906,
S. 205), die zweite über eine durch ein Stäbchenbakterium hervorge¬
rufene Euterentzündung der Schafe, (Dammann u. Freese, Deutsche
tierärztl. Wochenschr., 1907, S. 665).
Am meisten regten die Erforschung und die Bekämpfung der
Tuberkulose Dammanns Tätigkeit an. Hier fand er in dem in der
Hochschule auf Dammanns unermüdliches Betreiben errichteten und
von ihm selbst -geleiteten hygienischen Institut mit seinen modernen
Einrichtungen und unterstützt von fleißigen Assistenten eine will¬
kommene Arbeitsstätte.
Allgemein behandelte Dammann die Diagnose und Bekämpfung
der Tuberkulose in einem Vortrage, der in der Deutschen tierärztl.
Wochenschr., 1903, S. 34 erschienen ist. Neuere Arbeiten über Tuber¬
kulose veröffentlichte er gleichfalls in der Deutschen tierärztl. Wochen¬
schrift, 1908, S. 446.
Mit Eber undRäbiger schilderte Dammann den damaligen Stand
der Frage nach der Rindertuberkulose und der zu ihrer Bekämpfung
anzustrebenden Maßregeln (Berl. tierärztl. Wochenschr., 1907, S. 656).
In der Deutschen tierärztl. Wochenschr., 1909, S. 191 beleuchtete
er das Ostertagsche Tuberkulose-Tilgungsverfahren und teilte im
Arch. f. wissensch. u. prakt. Tierheilk., Bd. 38, S. 44 die von ihm an-
gestellten Versuche mit der Immunisierung von Rindern gegen Tuber¬
kulose nach dem von ßehringschen Verfahren und deren negatives
Ergebnis mit.
An dem Streit, den die Robert Kochschcn Ausführungen auf dem
Londoner Hygienekongreß (1901) über dre gewöhnlichsten Ursachen der
Verbreitung der Tuberkulose unter den Menschen, über die Unter¬
scheidung der Tuberkelbazillen in einen vom Meuschen und in einen
anderen vom Rinde stammenden Typus und über die nahezu als un-
-
XI
gefährlich für den Menschen anzusehende Beschaffenheit des letzt¬
genannten, beteiligten sich Dam mann und seine Gesinnungsgenossen
eifrig. Er stellte sich auf die Seite der Gegner der Robert Kochschen
Mitteilung. In diesem Sinne leistete er in der Deutschen tierärztl.
Wochenschr., 1904, S. 541 einen Beitrag zur Frage der menschlichen
und tierischen Tuberkulose.
Mit Müssemeier stellte er Untersuchungen über die Beziehungen
zwischen der Tuberkulose der Menschen und derjenigen der Tiere an
und gab die Ergebnisse in einer bei M. u. H. Schaper 1905 in Hannover
erschienenen Druckschrift heraus.
Nachdem er im 8. tierärztlichen Weltkongreß zu Budapest 1905
den Vorträgen Webers und Schütz’ gegenüber seine Anschauung
kräftig und schlagfertig geltend gemacht hatte, veröffentlichte Dam-
mann seine mit L. Rabinowitsch vollendete Arbeit über die Impf¬
tuberkulose des Menschen, und außerdem einen Beitrag zur Identitäts¬
frage der vom Mensch und Tier abstammenden Tuberkelbazillen.
(Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1908, S. 77.) Ihnen folgten in der
nämlichen Wochenschrift, 1908, S. 129 „Antikritische Bemerkungen zu
den antikritischen Ausführungen des Prof. Dr. Kossel“.
Nicht ohne Bedeutung war die Dammann- und Stedefedersche
in der Deutschen tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 24 erschienene Mit¬
teilung über die tuberkulöse Erkrankung eines Elefanten, die durch
Bazillen des Typus humanus hervorgerufen war.
Gleichfalls mit Stedefeder prüfte Dammann die von Bonome
aufgestellte Präzipitinreaktion als diagnostisches Mittel für die Tuber¬
kulose und für die Differenzierung der Menschen- und Rindertuber¬
kulose (Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 2).
Dammann begnügte sich nicht mit der Bearbeitung der tier¬
hygienischen, der klinischen und der seuchenpolizeilichen Gebiete, er
suchte auch die Grenzpfähle der tierärztlichen Tätigkeit weiter zu stecken.
Von seinem Streben, das Feld der tierärztlichen Berufstätigkeit
zu erweitern, zeugen seine Veröffentlichungen auf dem Gebiete der Gesund¬
heitspolizei, von denen anzuführen sind: Die hygienischen Erforder¬
nisse der Schlacht- und Viehhöfe (Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1903,
S. 433), die sanitätspolizeiliche Kontrolle der Milchproduktion, Bericht
an den 8. tierärztlichen Weltkongreß Budapest 1905, und die Regelung
des Abdeckereiwesens (Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1903, S. 293).
Um den Tierarzt und den Tierbesitzer in dem Recht beim Tier¬
handel zu unterrichten und einheitliche Rechtsnormen in der damals
XII
noch in den Ländern verschieden geordneten Gesetzgebung anzu¬
streben, schrieb Dammann im Arch. f. wissensch. u. prakt. Tierheilk.,
1889, S. 385 über „die Gewährleistung bei Viehmängeln“.
Dam mann war eifriger Tierschützer. Er leitete den Tierschutz¬
verein Hannover. In allen größeren Vereinigungen, in denen die zu
wissenschaftlichen Zwecken dienende Vivisektion bekämpft wurde, trat
er mannhaft für die Unentbehrlichkeit des Tierversuches ein und be¬
leuchtete die von den Gegnern geschilderten Greuel als Erzeugnisse
einer argen Gefühlsduselei. Seine Ansicht über die Vivisektion ver¬
öffentlichte er in einem Aufsatz, der in der Deutschen tierärztl.
Wochenschr., 1894, S. 293 zu lesen ist.
In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte ihn auch die von
vielen Seiten befürohtete Ueberfüllung des tierärztlichen Berufes. Hier¬
über hielt Dammann einen Vortrag im Verein westfälischer Tierärzte
und legte seine von mehreren Tierärzten nicht geteilte Anschauung in
einem in der Deutschen tierärztl. Wochenschr., 1912, S. 533 erschienenen
Aufsatz nieder.
Infolge der Erkrankung Lydtins, die diesen zum Aufgeben fast
aller Aemter und Verpflichtungen nötigte (1894/95), übernahm Dam¬
mann die Mitherausgabe der von einer Vereinigung südwestdeutschcr
tierärztlicher Vereine gegründeten „Deutschen tierärztlichen Wochen¬
schrift“ und gab sie, nach dem Austritt Lydtins, allein heraus, bis
sie vor einigen Jahren in den Besitz von Prof. Dr. Malkmus überging.
Außerdem war Dammann Mitherausgeber des „Archiv für
wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde“ und Mitbearbeiter von
Königs Veterinärkalender.
Der „Deutschen landwirtschaftlichen Presse“ lieferte Dammann
jahrzehntelang Antworten auf Anfragen von Lesern über Erkrankungen
und Mängel ihrer Haustiere, in geeigneten Fällen stets die Zuziehung
des Tierarztes empfehlend.
Am tätigsten und erfolgreichsten arbeitete Dammann auf dem
Gebiete des tierärztlichen Unterrichtes. Vorweg soll gesagt werden,
daß er ein vorzüglicher Lehrer war und nicht bloß Tatsachen mit¬
teilte, sondern auch zeigte, wie sie gewonnen wurden.
Literarisch erschien aus Dammanns Feder die Schrift mit dem
Titel: „Die Königlich preußische Tierarzneischule in Hannover“. (Ge¬
schichtliche und statistische Uebersicht.) Agricultura, 1884, Nr. 17.
Mit dieser Schrift leitete Dammann sein Hauptlebenswerk, denNeu-
bau der Schule ein, mit der er sich selbst sein erhabenes Denkmal setzte.
XIII
Zur Eröffnung der 1899 von dem Direktor übernommenen Anstalt
erschien die reich illustrierte Festschrift „Die neue tierärztliche Hoch¬
schule, ihr Bau und ihre Einrichtungen von Dr. Earl Dammann und
Walter Hesse“, Berlin 1899, Verlag von A. Hirschwald. Sie be¬
schreibt die Anstalt bis ins einzelne und gibt Zeugnis von der Sach¬
kenntnis, von dem Genie, von dem Fleiße und von der Umsicht der
Erbauer.
Die Geschichte der Entwicklung des Dammannschen Lebens¬
werkes ist wohl wert, mit einigen Strichen skizziert zu werden.
Als Dammann 1877 nach Hannover berufen wurdo, stand die
Schule, gleich einer Provinzialanstalt, unter der damaligen Landdrostei
Hannover und wurde von Direktor Prof. Karl Günther geleitet. Die
Schule hatte noch den l/mfang und die Einrichtung wie zur Zeit ihrer
Gründung, die ein Jahrhundert zurücklag, behalten. Die Räumlichkeiten
genügten kaum für den Unterricht der durchschnittlich 45 Zöglinge.
Günther war ein sehr achtenswerter, mit der Schule, an der er
unter der Leitung seines Vaters Johann Heinrich Friedrich
Günther studiert hatte, festverwachsener und sowohl als Tierarzt wie
als Lehrer ausgezeichneter Vertreter seines Berufes. Leider teilte er
mit Hering, Rueff und anderen seiner Zeit die Ansicht, daß die
Tierheilkunst nicht an einer Universität studiert, sondern in einer Fach¬
schule erlernt werden müsse, daß es nicht der Zweck der Tierarznei¬
schulen sei, Lehrer, sondern Tierärzte zu bilden, und daß sich höhere
Anforderungen an die Vorbildung der Zöglinge schon aus dem Grunde
verböten, weil die Stellung und das Einkommen des Tierarztes dazu
nicht im Verhältnis ständen. Die Anschauung entsprang dem Wohl¬
wollen, das die Herren für den Tierarzt hegten. (Vgl. den amtlichen
Bericht des Kongresses deutscher Tierärzte in Frankfurt a. M., August
1872, S. 37 ff.)
Als nun Dammann in das Lehrerkollegium zu Hannovereintrat,
mag Günther wohl den Löwen an der Klaue erkannt und gerne, an¬
gesichts des eigenen leidenden Gesundheitszustandes, die Zügel in die
Hand des jungen Lehrers gelegt haben.
Gleich nach der Uebernahme des Direktorats führte der neue
Leiter in der Schule große Aenderungen im Lehrplan ein, Maßnahmen,
welche heute noch Gültigkeit und anderwärts Nachahmung gefunden
haben. Die gesamte Verwaltung der Kliniken, der Apotheke, des
Kassenwesens und des Sekretariats erfuhr eine sachgemäße Regelung.
Es gelang Dammann ferner, die Oberleitung der Tierarzneischule der
XIV
Landdrostei zu entziehen, indem er diese Behörde zu öfteren Malen
mit Fragen beschäftigte, die nur das Landwirtschaftsrainisterium beant¬
worten konnte, und die Drostei endlich der Briefträgerei zwischen
Hannover und Berlin und umgekehrt überdrüssig, die unmittelbare
Unterstellung der Schule unter das Landwirtschaftsministerium selbst
einleitete und durchsetzte.
Die Frequenz der Schule stieg nunmehr von Jahr zu Jahr, die
vorhandenen Gebäude waren aber viel zu klein. Durch An-, Um-
und Aufbauten suchte man wohl Raum zu gewinnen, kam aber nach
vielfältigen vergeblichen Versuchen, Abhilfe zu schaffen, zu dem
Schlüsse, neue Gebäude für die Hochschule an einem anderen Platze
zu errichten. Doch dazu wollte sich der sparsame preußische Staats¬
haushalt nicht ohne weiteres verstehen. Die Schule in Berlin genüge
für das Bedürfnis in Preußen, wurde behauptet. Auch warf sich die
Frage auf, ob nicht die J^ehranstalt nach Göttingen zu verlegen und
dort mit der Universität zu verbinden sei. Jedoch wollte die Stadt¬
verwaltung Hannover die Schule unter keinen Umständen verlieren
und trat deshalb unentwegt für den Neubau derselben in der Stadt
Hannover ein. Unentgeltliches Baugelände und gewisse Baugelder
wurden seitens der Stadt angeboten und schließlich bewilligte der
Staat den Neubau der Schule in Hannover selbst. Dammann war
dazu die starke Triebfeder. Darüber sagte Geheimrat Prof. Dr. Kaiser
in seiner Ansprache bei der 50jährigen Berufsfeier des Jubilars am
22. April 1911 die Worte: „Das Ziel, für seine Schule einen Neubau
zu erhalten, hat unser Jubilar glänzend erreicht. Wer heute unsere
Hochschule besucht, dem gefällt sie, dem imponiert sie, aber nur wenige
wissen, welche große Energie und zähe Ausdauer, wie viele Schriftsätze
und wie viele mündliche Verhandlungen notwendig waren, um den Herrn
Minister von der unbedingten Notwendigkeit eines Neubaues, allerdings
eines Millionenobjektes, zu überzeugen. Dann aber, welche Riesen¬
arbeit war es, um die Pläne für die Gruppierung und innere Einrich¬
tung für die neue Hochschule zu entwerfen. Auch diese Herkules¬
arbeit ist von unserem Jubilar nach 12jähriger rastloser und oft sehr
harter Arbeit gelöst worden. Und wie vortrefflich ihm das Werk ge¬
lungen ist, das beweist eine eingehende Besichtigung der Hochschule.
Gleichsam als Belohnung für seine vielen Mühen ist unserem Jubilar
ein mustergültiges hygienisches Institut errichtet worden. Hier ist nun
nicht nur die eigentliche Stätte seines Forschens, sondern auch seiner
Lehrtätigkeit.“
In seiner Erwiderung betonte der Jubilar, daß er, einige Ein¬
schränkungen ausgenommen, das ihm zugeschriebene Verdienst um die
Schule ganz und voll für sich in Anspruch nehme und rief aus: „Mut-
voll und entschlossen bin ich ans Werk gegangen und es ist mir ge¬
lungen, trotz der großen Schwierigkeiten, die sich mir entgegenstellten,
das Ziel zu erreichen. 11 Er fügte aber auch mit dem Blick in die
Zukunft gerichtet bei: „Unsere Hochschule darf, so erfreulich sie sich
auch entwickelt hat, nicht bei ihren jetzigen Einrichtungen stehen
bleiben. Stillstand ist Rückschritt. Wer rastet, rostet! Nein, wir,
oder lassen Sie mich sagen, Sie, meine Herren Kollegen, werden auf
ihren weiteren Ausbau Bedacht zu nehmen und insbesondere Sorge
dafür zu tragen haben, daß unsere Hochschule keine reine Fachschule
bleibt. Im Interesse der umfassenderen Ausbildung der ihr anver¬
trauten Jugend wird das Bemühen anzustrengen sein, den Kreis des
Unterrichts, der Disziplinen durch die Aufnahme von Vorträgen aus den
Gebieten der Land- und Volkswirtschaft, ferner der Jurisprudenz, frei¬
lich in begrenzter Ausdehnung, dann auch solcher aus dem Gebiete
der Literatur und Kunst zu erweitern.“ Ob sich eine derartige Ver¬
vollständigung der Hochschule verwirklichen lassen wird und ob eine
so ausgebildete Schule den Wettkampf mit tierärztlichen Fakultäten
an unseren Universitäten bestehen kann, ist eine Frage, die hier außer
Betracht zu bleiben hat.
Dammann ist stets für Erhöhung des Vorbildungsmaßes der
Studierenden und für Vervollständigung des tierärztliqhen Fachstudiums
cingetreten. (Vgl. Beschlüsse des unter seinem Vorsitz tagenden
Deutschen Veterinärrates zu Berlin 1874.) Er hat sich allerdings
nicht öffentlich an den Bestrebungen zur Erhebung der tierärzlichen
Lehranstalten zu Hochschulen beteiligt. Seine Klugheit verbot ihm,
die guten Absichten der Regierung durch Drängeln und Forderungen
zu stören. Sprach denn die fortschreitende Entwicklung der Schule
und ihre sich steigernde Frequenz für die Dringlichkeit einer Erhöhung
ihres Charakters und mußte Dammann nicht stets das Nächste im
Auge behalten, den Neubau der Schule!
Auch ist es wahr, daß während 20 Jahren die Einführung der
Hochschulverfassung in Hannover verzögert wurde.
War Dammann, er allein, daran Schuld? Wenn ja, so konnte
er es wahrscheinlich nicht über sich gewinnen, den Direktor, dem
doch die Schule zum großen Teil ihre Existenz und ihren glänzenden
Aufschwung verdankt, fallen zu lassen, ehe er die Ucberzeugung ge-
XVI
wonnen hatte, daß sein Kind so stark herangewachsen war, um in
den Händen erprobter Pfleger weiter blühen und gedeihen zu können.
Ist nun daraus ein Uebel entstanden? Es scheint nicht der Fall
zu sein. Dafür sprechen die gedeihliche Entwicklung der Schule, ihre
Leistungen und ihre bis auf 300 Studierende gesteigerte Frequenz
unter dem Direktorat. Und hat nicht das Professorenkollegium dem
1912 scheidenden Direktor das Rektorat der Hochschule auf Lebens¬
zeit angeboten? Obgleich Dam mann, der nunmehr von der ge¬
sicherten Zukunft der Schule überzeugt war, das ehrenvolle Angebot
dankend abgelehnt, blieben ihm seine Kollegen von der Schule gleich¬
wohl treu und ergeben.
Als Daromann im Sarge von seinem Lieblingsplätzchen Baden
zurückkehrte, öffneten sich weit die Pforten seiner Schule. In der
nach seinen Entwürfen abgemessenen und kunstvoll ausgebildeten
Aula lag der Meister unter Lorbeeren, Palmen und Blumen auf¬
gebahrt, umgeben von einer vornehmen Trauerversammlung und seiner
tief ergriffenen Verwandten-, Kollegen-, Studenten- und Beamtenschaft.
Nach der würdigen kirchlichen Feier erklangen prophetisch die Ab¬
schiedsworte, die Prof. Dr. Malkmus an den Toten richtete: „Deine
starke Geisteskraft wird über das Grab hinaus bei allen Tierärzten
unvergessen bleiben und zur Nacheiferung anspornen. Wenn Deine
Geistes- und Willenskraft immer über der tierärztlichen Hochschule
waltet, dann wird sie weiter gedeihen und blühen!“
Verdient hat Karl Dam mann, daß auf seinem Denkmal der
Horazische Vers prange:
Justo et tcnaci propositi viro!
A. Lydtin.
Quellen.
1) Illustrierte Festschrift „Tierärztliche Hochschule in Hannover“ von Dam-
mann und Hesse. Berlin 1899, A. Hirsohwald. — 2) Festnummer der Deutsohen
tierärztl. Wochenschr. 1911. Nr. 16. — 3) Deutsohe tierärztl. Wochenschr. 1914.
Nr. 28. — 4) Berl. tierärztl. Wochenschr. 1914. Nr. 40, 41. — 5) Feier des
50jährigen Berufsjubiläums Dammanns. Hrsg, von Veterinärrat Hatthiesen.
Hannover 1911, M. u. H. Schaper. — 6) Schriftliche Zusammenstellung der lite¬
rarischen Arbeiten Dammanns durch Prof. Dr. Oppermann, Hannover. —
7) Schriftliche Mitteilung des Rektors der tierärztlichen Hochschule, Professor
Dr. Malkmus Magnifizenz in Hannover.
Maul- und Klauenseuche. 1 )
Von
Dr. L. Nevermann,
Geheimer Regierungsrat und Vortragender Rat im preußischen Ministerium fllr Landwirtschaft, Berlin.
(Hierzu Tafeln II u. III.)
Auf den ersten neun tierärztlichen Kongressen ist die Maul- und
Klauenseuche nur in mäßigem Umfange Gegenstand der Verhandlungen
gewesen. Hauptsächlich ist über die Schutzimpfung gegen diese Seuche
gesprochen worden. Nach dem Erlöschen der Rinderpest, der Lungen¬
seuche und der Schafpocken steht in Deutschland seit Jahren die Be¬
kämpfung der Maul- und Klauenseuche im Vordergründe des tierärzt¬
lichen, des landwirtschaftlichen sowie des allgemeinen Interesses. Die
Abwehr der Einschleppung dieser Seuche aus den Nachbarländern
führt auch so vielfach zu Maßnahmen des einen Landes gegen das
andere, daß schon deswegen diese Seuche sich meines Erachtens
hervorragend zum Gegenstand internationaler Verhandlung eignet.
Ich lege meinen Ausführungen die Erfahrungen in Deutschland,
besonders in Preußen, zugrunde und überlasse es den Herren Kor¬
referenten 1 ), die ja eine größere Zahl von Staaten vertreten, die in ihrer
Heimat erprobten Maßnahmen darzulegen. Ich halte dies besonders
deswegen für zweckmäßig, weil ich mir denken kann, daß die Be¬
kämpfung dieser so leicht übertragbaren Seuche unter völlig ver¬
schiedenen wirtschaftlichen und völkischen Verhältnissen verschieden
gestaltet und verschieden beurteilt werden kann.
Die beigegebene Tafel II gibt eine Uebersicht über die im Deutschen
Reiche in den Jahren 1886 bis 1913 in den einzelnen Vierteljahren
neu verseuchten Gehöfte. Ueber das Herrschen der Seuche in den
früheren Jahren liegen genaue Zahlen nicht vor. Besonders schwere
Seuchenzüge werden auch aus den Jahren 1812 und 1819 bis 1823
gemeldet. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts muß die Seuche in
ganz Europa große Verluste verursacht haben, namentlich in den
1) Referat, bestimmt gewesen für den 10. internationalen Kongreß in
London 1914.
Archiv f. wissensch. u. prakt. Tierheilk. Bd. 41. H. :i. ]•>
178 NEVERMANN,
Jahren 1845 bis 1846 und 1855 bis 1857. Als weitere starke Seuchen¬
gänge werden angegeben die Jahre 1862, 1869, 1871 bis 1874, 1875
bis 1877, 1883 bis 1884.
Seit Inkrafttreten des Viehseuchengesetzes vom 30. Juni 1880 hat
die Maul- und Klauenseuche in Deutschland, namentlich in den Jahren
1890 bis 1892, 1896 bis 1899 und 1911 bis 1912 eine größere Ver¬
breitung erlangt.
Das Gesetz von 1880 sowie die Novelle zu diesem Gesetze vom
Jahre 1894 und die dazu gehörigen Ausführungsbestimmungen des Bundes¬
rats gaben als Norm für die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche
ziemlich milde Maßregeln, ln den Jahren 1903, 1904 bis 1906 ist
in Preußen versucht worden, die Seuche durch strengere Maßnahmen
zu bekämpfen. Insbesondere kamen zur Anwendung die Stallsperre
für die Klauentiere der verseuchten und der unverseuchten Gehöfte
verseuchter Ortschaften, scharfe polizeiliche Ueberwachung der Durch¬
führung aller Anordnungen, umfangreiche tierärztliche Untersuchung
der gefährdeten Viehbestände in den Nachbarorton, täglich mehrmalige
Desinfektion der Eingänge der verseuchten Gehöfte und Ställe und in
gewissen Fällen die Tötung verseuchter Viehbestände. Da eine ge¬
setzliche Handhabe zur Tötung auf polizeiliche Anordnung nicht vor¬
handen war, konnten solche Tötungen nur nach freihändigem Ankauf
der kranken Viehherden aus Staatsmitteln ausgeführt werden. Die
hierbei gesammelten Erfahrungen waren gut. Deswegen ist seit 1906
zunächst in Preußen und dann in ähnlicher Weise auch in den übrigen
deutschen Bundesstaaten mit diesen strengeren Maßnahmen die Seuche
bekämpft worden, ln Preußen ist die Maul- und Klauenseuche unter
der Wirkung dieser Vorschriften in den Jahren 1909 (15. Mai bis 31. De¬
zember) und 1911 (1. Januar bis 15. Februar und 15. Mai) völlig er¬
loschen (vgl. Tafel III).
Die Grundsätze für diese Art der Bekämpfung habe ich in den
Veröffentlichungen aus den Jahresberichten der beamteten Tierärzte
Preußens, Jahrg. 1904, S. 75 ff. 1 ) angegeben. Die Vorschriften sind
enthalten in dem Erlaß des preußischen Ministers für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten vom 13. November 1906.
Das deutsche Reichsviehseuchengesetz vom 26. Juni 1909 und
die Ausführungsvorschriften des Bundesrats zu diesem Gesetze vom
7. Dezember 1911, sowie die hierzu erlassenen viehseuchenpolizeilichen
1) Erschienen bei Paul Parey, Berlin, Hedemannstr. 10.
Maul- und Klauenseucbe.
179
Anordnungen der einzelnen deutschen Bundesstaaten stellen sich sämt¬
lich auf den Boden dieser strengeren Maßnahmen. Zugleich kann
nach dem neuen Reichsviehseuchengesetz, das am 1. Mai 1912 in
Kraft getreten ist, die Tötung der seuchenkranken und verdächtigen
Tiere angeordnet werden, wenn die Maul- und Klauenseuche in einer
sonst seuchenfreien Gegend nur vereinzelt herrscht, sofern anzunehmen
ist, daß die Seuche dadurch getilgt werden kann (§ 49). Auch kann der
Personenverkehr in Räumlichkeiten (Gehöft, Stall, Standort, Hofraum,
Weidefläche, Viehausstellung, Marktplatz usw.), in denen sich für die
Seuche empfängliche Tiere befinden, beschränkt oder insoweit aus¬
geschlossen werden, als er nicht zur Wartung und Pflege des Viehes,
sowie zur Einbringung der Ernte erforderlich ist. Endlich können
unter gewissen Voraussetzungen öffentliche Wege gegen den Verkehr
auch von Personen gesperrt werden 1 ).
Für die Beurteilung des Wertes und der Wirkung der Tilgungs¬
maßnahmen ist zunächst die Art der Einschleppung der Seuche von
hoher Bedeutung.
Ueberblickt man die Geschichte der Maul- und Klauenseuche in
Deutschland, besonders der letzten 25 Jahre, für die genaue Angaben
vorhanden sind, so sieht man, daß die Seuche nach zeitweise größerer
Verbreitung immer zurückging, vielfach so gut wie erloschen, in
Preußen, wie oben angegeben, sogar mehrfach wirklich getilgt worden
ist. Dann hat die Seuche nach verschieden langer Zeit an einer
Grenze wieder eingesetzt; oft ist sie wieder getilgt worden, ohne
wesentlich über die Grenzgebiete hinauszugclangen, manchmal hat sie
sich aber rasch verbreitet und das ganze Reich durchzogen.
Einschleppungen der Seuche nach Deutschland haben sich im
Laufe der Zeit von allen Landesgrenzen aus ereignet. Besonders ge¬
fährlich haben sich immer die Seucheneinschleppungen aus Rußland
erwiesen. Das hängt einmal mit der Länge dieser Landesgrenze zu¬
sammen, dann mit der Art des Grenzverkehrs, ferner damit, daß der
gesamte Viehverkehr von dieser Grenze aus nach dem Westen —
also in das Reich hinein — gerichtet ist, und vielleicht auch damit,
daß die Virulenz des Ansteckungsstoffes hier häufig größer gewesen
ist, als anderswo. Die in den Lehrbüchern vielfach enthaltenen An¬
gaben über den Zug der Seuche von Osten nach Westen stimmen
hiermit ja gut überein.
1) Wegen der Einzelheiten bitte ich auf das bei Paul Parey, Berlin, erschienene
Buch: Nevermann, Viehseuchengesetze usw., 6. Auflage, verweisen zu dürfen.
12 *
180 NEVERMANN,
Für die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche ist ferner von
größter Bedeutung, ob die Seuchenausbrüche (Einschleppungen) ver¬
einzelt oder gehäuft, gewissermaßen explosionsartig erfolgen und ob
sie rechtzeitig zur amtlichen Kenntnis gelangen, mit anderen Worten,
ob die Tilgungsmaßnahmen nur an einer gewissen beschränkten Zahl
von Stellen einsetzen brauchen, wo sowohl die tierärztlichen wie die
polizeilichen Eingriffe vollständig, rechtzeitig und umfassend zur Durch¬
führung gelangen können. Es ist klar, daß Einschleppungen, die fast
gleichzeitig in großer Zahl über eine mehr als 1000 km lange Landesgrenze
hinweg auftreten, an die Seuchenbekämpfung ganz andere Anforderungen
stellen, wie ganz vereinzelte Einschleppungen in ein Inselreich.
Für das Urteil über den Wert der Tilgungsmaßnahmen ist ferner
wichtig die Art der Verschleppung der Seuche. Ueber die leichte
Verschleppbarkeit der Maul- und Klauenseuche brauche ich hier vor
Tierärzten kein Wort zu sagen. Alle Verschleppungen dieser Seuche
geschehen 1. durch Tiere, 2. durch tote Gegenstände, 3. durch Personen.
Die Uebertragungen zu 1) und 2) lassen sich durch polizeiliche Anord¬
nungen ziemlich gut hindern, die Verschleppung durch Personen aber
viel schwieriger. Diese letzteren Verschleppungen haben nun heute
einen viel größeren Umfang angenommen wie früher. Der ge¬
samte Personenverkehr ist ja ein viel lebhafterer geworden, er er¬
streckt sich über viel größere Strecken wie früher, ja er hat sich,
insoweit er für die Scuchenübertragung in Frage kommt, wenigstens
in Deutschland in gewisser Weise in seiner Art geändert. Ich will
nur daran erinnern, daß sich jetzt das Halten von sog. „Schweizern“
oder „Melkern“ zur Wartung und Pflege des Viehs, das noch vor
10 Jahren hauptsächlich nur in großen Gutswirtschaften bestand, bis
in die bäuerlichen Betriebe hinein fast allgemein verbreitet hat.
Dieses Personal, das meistens nur in seiner Tracht mit der schönen
Schweiz in Verbindung steht, wechselt fortwährend, verschwindet viel¬
fach spurlos beim Ausbruche der Seuche, um an anderer Stelle,
manchmal sogar unter falschem Namen, wieder aufzutauchen und die
Seuche einzuschleppen.
Nimmt man hinzu, daß der heutige Viehverkehr, der wenigstens
innerhalb Deutschlands Entfernungen nicht mehr kennt, sehr rasch
vor sich geht, nach gewissen Zentren gerichtet ist und von ihnen
radiär wieder ausstrahlt, an Umfang aber sehr viel größer wie früher
ist, und daß endlich die Menge des am meisten empfänglichen Klauen¬
viehs in Deutschland von 15786764 Rindern und 9206195 Schweinen
Maul- und Klauenseuche.
181
im Jahre 1883 auf 20158738 Rinder und 21885073 Schweine im
Jahre 1912 gewachsen ist, so darf ich wohl mit Recht behaupten,
daß die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche an die Vorschriften
und an die ausführenden Beamten heute ganz andere Anforderungen
stellt wie früher.
Für die Beurteilung möchte ich die einzelnen Maßnahmen in
3 Gruppen teilen:
1. Die Tötung verseuchter Bestände.
2. Die Sperrmaßregeln.
3. Die Impfung.
1. Die Tötung der versenchten Bestände hat sich als ausge¬
zeichnetes Tilgungsmittel bewährt, so lange die Seuche vereinzelt
herrscht. Die Tötung vermag die frischen Einschleppungen der Seuchen
so gut wie ihre letzten, manchmal recht unbequemen Ausläufer gleich
gut zu beseitigen. Ich möchte an dieser Stelle auch auf die guten
Erfolge dieses Tilgungsmittels in England und in Amerika (Vereinigte
Staaten) hinweisen. In Preußen sind im Jahre 1913 Klauentiere im
Werte von 2069254 M. auf polizeiliche Anordnung wegen Maul- und
Klauenseuche getötet worden. Der Schätzwert der verwertbaren Teile
dieser Tiere betrug 762788 M., so daß 1 306465 M. zu entschädigen
waren.
Die Tötung der verseuchten Bestände kann aber aus finanziellen
und aus tierzüchterischen Gründen nicht überall durchgeführt werden.
Gelingt es nicht, die Seuche durch die Tötung der ersten verseuchten
Bestände in einem Bezirke zu kupieren, so muß in einem gewissen
Moment dieses Tilgungsmittel verlassen werden. Wann dieser Moment
gekommen ist, wird von Fall zu Fall beurteilt werden müssen, wird
sich innerhalb eines Landes auch nach der Größe der Gefahr für die
bedrohte Gegend und dem Stande der Tierzucht in ihr richten müssen.
Es wird auch nicht immer möglich sein, züchterisch sehr wertvolle
Viehbestände zu töten, falls sie an Maul- und Klauenseuche erkrankt
sind. Unter Umständen kann der züchterische Wert einer Herde so
groß sein, daß man vernünftiger Weise von der Tötung absehen muß.
In Deutschland werden die aus Anlaß der Maul- und Klauen¬
seuche zu tötenden Viehbestände geschlachtet, das Fleisch wird als
Nahrungsmittel verwendet. Die veränderten Teile der getöteten seuchen¬
kranken oder der Seuche verdächtigen Tiere einschließlich der Unter¬
füße samt Haut bis zum Fesselgelenke, der Schlund, der Magen und
Darmkanal sind unschädlich zu beseitigen. Kopf und Zunge sind frei-
182
NEVERMANN,
zugeben, wenn sie unter amtlicher Aufsicht in kochendem Wasser ge¬
brüht worden sind. Häute und Hörner der kranken und der ver¬
dächtigen Tiere, sowie Klauen, Magen und Darminhalt der gesund
befundenen, der Ansteckung verdächtigen Tiere dürfen aus dem Seuchen¬
gehöft ohne vorherige Desinfektion nicht entfernt werden 1 ).
Seuchenverschleppungen durch das Fleisch oder sonstige vor¬
schriftsmäßig behandelte Teile der geschlachteten Tiere sind bisher in
Preußen niemals beobachtet worden. Es ist mithin nicht notwendig, die
getöteten Tiere mit Haut und Haaren zu vergraben, wie das in manchen
Ländern geschehen soll. Die nutzbringende Verwertung der verwert¬
baren Teile kann aber unter Umständen Schwierigkeiten machen.
Deswegen muß für eine sachgemäße Schätzung der lebenden Tiere,
wie der verwertbaren Teile gesorgt werden. Auch ist die Verwertung
der Teile zweckmäßig zu organisieren, um wirtschaftlich und veterinär¬
polizeilich gefährliches Spekulantentum fernzuhalten.
Die Schlachtung der gesunden, lediglich ansteckungsverdächtigen
Tiere wird möglichst in geeignete Seuchenhöfe von Schlachthöfen zu
verlegen sein. Der Transport solcher Tiere läßt sich in der Regel
durch geeignete Vorschriften veterinärpolizeilich ungefährlich gestalten.
2. Die Sperrmaßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauen¬
seuche sind von jeher sehr verschieden beurteilt worden. Die Meinungen
in landwirtschaftlichen Kreisen bewegen sich zwischen den beiden Polen:
Abschaffung aller Sperrmaßnahmen und Abschluß der Seuchenherde
gegen jeden Verkehr unter Zuhilfenahme von Militär. Dabei sehen
wir in der Regel die Besitzer unverseuchter Herden, besonders in der
gefährdeten Zone, die härtesten Sperrmaßnahmen fordern, während die
Inhaber verseuchter Gehöfte am liebsten von allen Anordnungen frei
sein möchten. Das Richtige zu treffen ist unter diesen Umständen
nicht leicht. Ich verspreche mir auch von der Heranziehung von
Scuchenkommissionen, in denen Vertreter der Landwirte und anderer
Berufsstände mitwirken, keinen wesentlichen veterinärpolizeilichen Nutzen.
Die Ausführungsvorschriften des deutschen Bundesrats unter¬
scheiden zwischen Maßnahmen im Sperrbezirk und im Beobach¬
tungsgebiet.
Den Sperrbezirk bildet in der Regel die verseuchte Ortschaft.
Im Sperrbezirk ist das Klauenvieh in verseuchten Gehöften im Stall
unter Sperre zu stellen. Befindet sich das Vieh auf der Weide, so
1) Vgl. Anmerkung S. 17t>.
Maul* und Klauenseuche.
183
ist cs in der Regel aufzustallen. Auch sämtliches Klaucnvich nicht
verseuchter Gehöfte des Sperrbezirkes unterliegt der Absonderung im
Stalle, die der Stallsperre fast gleichkommt. Wegen der sonstigen
Vorschriften für die Sperrbezirke verweise ich auf die Bundesrats¬
vorschriften selbst 1 ) und behalte mir vor, auf Einzelheiten nötigenfalls
in dem mündlichen Vortrage 2 ) näher einzugehen.
Bei den deutschen Wirtschafts- und Verkehrsverhältnissen ist es
in der Regel nicht möglich, ohne die Stallsperre in dem angegebenen
Umfange die Seuche mit Erfolg zu bekämpfen. Ausnahmen kommen
vor z. B. bei besonders günstigen örtlichen Verhältnissen. Die in
diesem Maße durchgeführte Stallsperre ist aber besonders zur Zeit des
Weideauftriebes, wo es an genügendem Stallfutter fehlt, eine nicht un¬
erhebliche wirtschaftliche Belastung.
Um den Sperrbezirk ist in der Regel ein nach der Größe
der Gefahr und den örtlichen Verhältnissen zu begrenzendes Beob¬
achtungsgebiet zu bilden. Aus ihm darf Klauenvieh ohne polizei¬
liche Genehmigung nicht entfernt werden. Auch ist das Durchtreiben
von Klauenvieh und das Durchfahren mit fremden Wiederkäuergespannen
durch das Beobachtungsgebiet zu verbieten. Die Ausfuhr von Klaucn¬
vich zum Zwecke der Schlachtung ist unter gewissen Bedingungen zu
gestatten. Die Ausfuhr von Klauenvieh zu Nutz- und Zuchtzwecken
darf nur unter gewissen Bedingungen erlaubt werden; die ausge¬
führten Tiere unterliegen am Bestimmungsorte auf die Dauer von
mindestens einer Woche der polizeilichen Beobachtung. Außerdem
kann im Beobachtungsgebiet der gemeinschaftliche Weidegang von
Klauenvieh aus den Beständen verschiedener Besitzer und die gemein¬
schaftliche Benutzung von Brunnen, Tränken und Schwemmen für
Klauenvieh verboten werden, ln besonders gefährdeten Stellen des
Beobachtungsgebietes kann die Festlegung der Hunde, die für den
Sperrbezirk allgemein vorgeschrieben ist, angeordnet werden.
Die Anordnungen im Beobachtungsgebiet treffen demnach immer die
Besitzer gesunder Viehbestände, fast immer sogar in scuchefreien Ort¬
schaften; sic weiden deswegen besonders hart empfunden. Es kommt
hinzu, daß bei der Ausfuhr von Vieh aus diesen Gebieten ein an
sich ganz unnötiger Preisdruck seitens der Käufer (Händler) ausgeübt
zu werden pflegt, der bei Schlachtvieh manchmal 2 bis 5 M. pro Zentner
1) Vgl. Anmerkung S. 179.
2) Bei den Kongreßverhandlungeu.
184
NEVERMANN,
Lebendgewicht beträgt. Es ist bisher leider nicht gelungen, diesen
Preisdruck zu beseitigen. Sein Zustandekommen wird nicht unwesent¬
lich unterstützt durch die Neigung mancher Viehbesitzer, bei Aus¬
brüchen der Maul- und Klauenseuche in der Nähe ihr Mastvieh
schleunigst, wenn auch billiger, abzusetzen.
Die Einrichtung der Beobachtungsgebietc ist in landwirtschaft¬
lichen Kreisen vielfach angegriffen worden. Es ist deswegen immer
wieder geprüft worden, ob man ohne sie auskommen könne; nach
den bisherigen Erfahrungen erscheint das nicht möglich. Die Be¬
grenzung der Beobachtungsgebiete ' bedarf aber in jedem Falle einer
eingehenden Prüfung. Allgemeine Regeln lassen sich hierfür kaum
geben, außer der, daß das Sperrgebiet allseitig von einem Beobachtungs¬
gebiet umschlossen sein soll, falls nicht eine natürliche, Vieh- und
Personenverkehr hindernde Grenze (z. B. Flußlauf, Gebirge) vorhanden
ist. Falsch ist es, die Beobachtungsgebiete mit dem Zirkel auf der
Karte abzumessen; sie sind vielmehr nach der Größe der Gefahr und
den örtlichen und Verkehrsverhältnissen zu begrenzen.
Im Seuchenort und im Umkreis von in der Regel mindestens
15 km, der aber nicht lediglich nach der Entfernung der Ortschaften und
Gemarkungen vom Seuchenort abzugrenzen, sondern unter Berücksichti¬
gung der örtlichen Verhältnisse zu bilden ist, sind ferner zu verbieten:
a) die Abhaltung von Klauenviehmärkten mit Ausnahme der
Schlachtviehmärkte in Schlachtviehhöfen, sowie der Auftrieb
von Klauenvieh auf Jahr- und Wochenmärkte,
b) der Hausierhandel mit Klauenvieh,
c) die Veranstaltung von Versteigerungen von Klauenvieh,
d) die Abhaltung öffentlicher Tierschau mit Klauenvieh,
c) das Weggeben von nicht ausreichend erhitzter Milch aus Samrnel-
raolkereien an landwirtschaftliche Betriebe, in denen Klauen¬
vieh gehalten wird.
Auch können in gleichem Umkreise andere Viehmärkte und
öffentliche Tierschauen, Jahr- und Wochenmärkte, auf denen Vieh
nicht gehandelt wird, sowie Körungen von Tieren jeder Art verboten
oder beschränkt werden 1 ).
Welchen Erfolg haben nun diese strengen Maßnahmen
gehabt? Im allgemeinen ist cs mit ihrer Hilfe gelungen, überall,
1) Ich verweise auch hier wegen der Einzelheiten auf die Vorschrift selbst.
Vgl. Anmerkung S. 179.
Maul- und Klauenseuche.
185
wo sie vollständig und umsichtig wirklich durchgeführt wurden, die
Seuche auf ihren Herd zu beschränken. Der Regel nach werden
selbst in geschlossenen Ortschaften nur einzelne Gehöfte von der
Seuche betroffen. Für den Erfolg der Maßnahmen ist aber unbedingte
Voraussetzung, daß ausreichend Tierärzte und Polizeimannschaften zur
Verfügung stehen. Ist das nicht der Fall, so bleiben die Anordnungen
auf dem Papier stehen! Der Mißerfolg kann dann natürlich nicht
mehr der Art der Vorschriften zur Last gelegt werden, er ist vielmehr
darauf zurückzuführen, daß nichts oder nicht alles, was vorgeschrieben
war, durchgeführt wurde. Mit anderen Worten, die Seuche ging nicht
trotz der Maßnahmen weiter, sondern weil die Schutzmaßnahmen nicht
angewandt wurden.
Nun hat Deutschland, wie fast alle europäischen Länder, in den
Jahren 1910 bis 1912 einen neuen großen Seuchenzug der Maul- und
Klauenseuche durchgemacht. Das ist vielfach als ein Versagen der
strengen Art der Seuchenbekämpfung ausgelegt worden. Demgegen¬
über weise ich auf folgendes hin. Die Seuche war bis zum 15. Mai
1910 in Preußen erloschen. Im Laufe des Jahres 1910 war sie an
unserer gesamten Ostgrenze in das Grenzgebiet eingeschleppt worden.
Sie war aber in der Hauptsache auf die Grenzprovinzen beschränkt
geblieben. Dabei war die Provinz Posen am stärksten betroffen
worden. Im Frühjahr 1911 wurden die Sperrmaßregeln als eine so
harte wirtschaftliche Last empfunden, daß die landwirtschaftlichen
Kreise dringend Erleichterungen wünschten. Dem hat in den Erlassen
vom 15. und 26. März 1911 nachgegeben werden müssen. Die Sperr¬
bezirke wurden auf die verseuchten Gehöfte und ihre Nachbargehöfte
beschränkt, der Weidegang der Rinder aus unverseuchten Gehöften
der verseuchten Ortschaften wurde erlaubt; bald waren auch die ver¬
seuchten Herden nicht mehr unter Stallsperre zu stellen und auch sie
mußten auf der Weide belassen werden. Das Ergebnis dieser Er¬
leichterungen war, daß die Zahl der verseuchten Gehöfte in Preußen
in kurzer Zeit auf die Höhe von über 20000 emporschnelltc (Höchst¬
stand am 15. August 1911 mit 20298 verseuchten Gehöften in Preußen).
Eine Kurve der verseuchten Gehöfte und Gemeinden in Preußen
während des Seuchenganges 1910 bis 1912 ist in der Tabelle III bei¬
gegeben.
Immerhin hat die Maul- und Klauenseuche in dem gesamten
Seuchenzuge dieser Jahre nur 5,44 pCt. der insgesamt vorhandenen
Gehöfte mit Viehbestand Preußens betroffen. Dabei ist die Seuche
186
NEVERMANN,
in manchen Gehöften mehrmals, z. T. drei- und viermal in diesen Jahren
ausgebrochen; soweit diese Wiederausbrüche in verschiedenen Jahren
liegen, sind sie in der Statistik jedesmal neugezählt worden. In
Wirklichkeit ist also der Prozentsatz der von der Seuche erfaßten
Gehöfte noch etwas geringer.
So viel geht aus den Erfahrungen dieses letzten Seuchenganges
aber unzweideutig hervor, daß mit milden oder erleichterten Sperr¬
maßnahmen gegen die Maul- und Klauenseuche ein ausreichender Er¬
folg nicht zu erzielen ist. Im einzelnen werden die Bekämpfungs¬
vorschriften gewiß Veränderungen und Verbesserungen erfahren können.
In einem Punkte sollte man sich aber einig sein: gegen die Maul¬
und Klauenseuche helfen nur strenge, umfassende und
in ihrer Durchführung sorgfältig kontrollierte Sperrvor¬
schriften.
Eine besondere Rolle spielen bei der Maul- und Klauenseuche,
wie bei anderen übertragbaren Krankheiten (z. B. Typhus), die so¬
genannten Dauerausscheider. Die sichere Beurteilung dieser Frage
stößt deswegen auf Schwierigkeiten, weil wir bei der Maul- und
Klauenseuche nicht wie beim Typhus den Ansteckungsstoff bakterio¬
logisch erfassen können, weil es sich bei der Maul- und Klauenseuche
um ein ultravisibles Virus handelt. Ich habe zuerst in einem amt¬
lichen Bericht von August 1905 darauf hingewiesen, daß in einem
Falle ein Tier noch 8 Monate nach Ueberstehen der Seuche sie in
einen anderen Viehbestand eingeschleppt habe (Wilhelmshof, Kreis
Prenzlau). Dann hat das württembergische Ministerium des Innern
zwei Fälle mitgeteilt im Jahre 1907, in denen Tiere diese Krankheit
nach Art der Dauerausscheider verschleppt zu haben schienen. Ferner
hat Loeffler solche Fälle angeführt, und auf dem IX. internationalen
Kongreß haben Loeffler und ich weitere Mitteilungen über Dauer¬
ausscheider bei der Maul- und Klauenseuche gemacht. Die zahl¬
reichen Erfahrungen des letzten Seuchenganges in Deutschland lassen
meines Erachtens keinen Zweifel mehr darüber, daß manche Tiere
noch lange Zeit nach Ueberstehen der Seuche gelegentlich virulenten
Ansteckungsstoff abgeben und andere Tiere anstecken können. In einem
Falle scheint diese Abgabe von Ansteckungsstoff noch 2 1 / 2 Jahre nach
der Abheilung der Seuche geschehen zu sein. Alle derartigen Fälle
lassen sich in zwei Gruppen teilen. Entweder erkranken nicht durch-
geseuchtc Tiere, die in einen früher verseuchten Stall eingestellt werden,
ln diesem Fall kann man immer noch einwenden, daß der Ansteckungs-
Maul* und Klauenseuche.
187
stoff an einer Stelle außerhalb der Tiere in dem verseuchten Gehöfte
sich gehalten und nun die neuen, empfänglichen Tiere infiziert habe.
Die zweite Gruppe umfaßt diejenigen Fälle, in denen durchgeseuchte, also
geheilte Tiere nach Erlöschen der Seuche in andere nicht durchgeseuchte
Viehbestände eingestellt werden und diese anstecken. Die Seuche
kommt in diesen Fällen oft erst mehrere Wochen, manchmal erst nach
Ablauf von vielen Monaten bei den Tieren des neuen Bestandes zum
Ausbruch. Dabei bleiben die Einschlepper der Seuche von ihr ver¬
schont. Darüber, daß die Ansteckung in dieser Weise zustande kommt,
kann meines Erachtens kein Zweifel mehr bestehen. Fraglich bleibt,
von welchen Körperstellen das Virus abgegeben wird. Die einen
glauben, der Ansteckungsstoff halte sich in Rissen oder Höhlen des
Klauenhornes. In Bayern angestellte Versuche scheinen hierfür zu
sprechen 1 ). Nach der anderen Ansicht soll der Ansteckungsstoff aus
dem Innern des Körpers (Maulhöhle?) nach außen ausgeschieden werden.
In der preußischen Forschungsanstalt auf der Insel Riems ist es ge¬
lungen, mit Speichel von solchen Dauerausscheidern Tiere zu infizieren.
Die Versuche werden noch fortgesetzt; sie mußten aus äußeren Gründen
unterbrochen werden. Immerhin wird nur ein kleiner Teil der ver¬
seuchten Tiere zu Dauerausscheidern. Sie können für die Seuchen¬
tilgung sehr unbequem sein. Ihre Zahl ist aber nicht so groß, daß deswegen
der Kampf gegen die Maul- und Klauenseuche aussichtslos erscheint.
Das dritte Kampfmittel ist die Schutzimpfung der gefährdeten Tiere;
diese verdanken wir dem Geh. Obermedizinalrat Prof. Dr. Loeffler.
Loeffler hat zunächst eine Impfung mit Serum und Virus in der Praxis
verwendet, also eine Simultanimpfung. Diese ist sehr bald auf¬
gegeben worden. Dann wurden in größerem Umfange Versuche mit
reinem Schutzserum gemacht. Die Art der Herstellung des Serums
ist von Dr. Schipp in den Veröffentlichungen aus den Jahresveterinär-
berichten der beamteten Tierärzte für das Jahr 1911, Teil II, S. 76ff. 2 )
beschrieben worden. Ich bitte auf diese Veröffentlichung verweisen
zu dürfen.
Irn Jahre 1908 ist auf der Ostseeinsel Riems in der Nähe
von Greifswald eine eigene Anstalt zur Erforschung der Maul- und
Klauenseuche erbaut worden, deren wissenschaftliche Leitung dem Ge¬
heimen Obcrmedizinalrat Prof. Dr. Loeffler in Greifswald übertragen
1) Vgl. Berl. tierärztl. Wochenschr. 1913. Nr. 29. S. 520IT.
2) Erschienen bei Paul Parey, Berlin.
188
NEVERMANN,
wurde 1 ). Die Tätigkeit der Forschungsanstalt ist für die ersten Jahre
ausdrücklich darauf beschränkt worden, nach den von Loeffler auf¬
gestellten Grundsätzen Schutzserum gegen die Maul- und Klauenseuche
herzustellen. Der letzte Seuchengang in den Jahren 1910 bis 1912
hat reichlich Gelegenheit geboten, die Wirksamkeit dieses Serums zu
erproben. Die Versuche bis Ende des Berichtsjahres lassen sich in
vier Reihen gruppieren. Die erste Versuchsreihe wurde in der Haupt¬
sache angestellt mit den Serumdosen, die Loeffler ursprüglich
vorgeschrieben hat (kleine Dosen), die zweite hauptsächlich zu Heil¬
zwecken bei bösartiger Maul- und Klauenseuche, die dritte zu Schutz¬
zwecken mit Dosen, die das Vielfache der Dosis der ersten Reihe
darstellten (große Dosen) und die vierte ist als eine Anwendung der
im zweiten Versuche gemachten Erfahrungen in der Praxis aufzufassen.
l. Versuchsreihe.
Der ersten Versuchsreihe lag folgender, von dem Geheimen
Obermedizinal rat Prof. Dr. Loeffler selbst aufgestellter Versuchsplan
zugrunde:
Anweisung für die Anwendung des Schutzserums gegen Maul¬
und Klauenseuche.
Die Uebertragung der Maul- und Klauenseuche von Gehöft zu Gehöft erfolgt
in der Regel durch Menschen, Tiere oder Geräte, die mit kleinen Mengen des
Ansteckungsstoffes behaftet sind. Gegen die Ansteckung mit diesen kleinen
Mengen des Ansteckungsstoffes gewährt die Seramimpfung sicheren Schutz. Tiere,
die bereits den Ansteckungsstoff in sich aufgenommen und in ihrem Körper ver¬
mehrt haben, ohne jedoch schon offensichtlich Krankheitserscheinungon darzu¬
bieten, das heißt also: Tiere, die sich im sogenannten Inkubationsstadium be¬
finden, können durch die kleinen, zu einem Schutz gesunder, nicht angesteckter
Tiere vollständig ausreichenden Mengen von Serum nicht vor der Erkrankung be¬
wahrt werden. Durch größere Mengen von Serum kann bei solohen, ebenso wie
bei bereits offensichtlich erkrankten Rindern, der Krankheitsverlauf abgekürzt und
milde gestaltet werden.
Zu derartigen, sogenannten Heilimpfungen, soll das Schutzserum zunächst
nicht verwendet werden. Die Schutzimpfung ist daher nur in gesunden, bei der
Vornahme der Impfung sicher noch nicht infizierten Beständen auszufübren.
Das Schutzserum wird mit steriler Spritze den Rindern unter die Haut
am Halse eingespritzt; es wird aus der mit Patentverschluß versehenen Flasche in
ein durch Auswaschen mit einer chemischen Desinfiziens oder durch Auskochen
steril gemachtes Glas- oder Porzellangefäß eingegossen und aus diesem mit der
1) Geheimer Obermedizinalrat Prof. Dr. Loeffler hatte schon vorher in einem
Versuchsgehöft bei der Stadt Greifswald Schutzserum gegen Maul- und Klauen¬
seuche hergestellt. (Veterinärbericht. 1912. I.)
Maul- und Klauenseuche.
189
Spritze aufgesaugt. Nicht verbrauchte Reste des der Flasche entnommenen Serums
dürfen nicht in diese zurückgegosson werden. Das Serum wird in den Flaschen
mit Patentverschluß kühl und im Dunkeln bis zu weiterem Gebrauch aufbewahrt.
Die Dosis beträgt für Kälber und Rinder
bis zu einem Gewicht von 10 Zentnern .... 20 cm
bei höherem Gewicht.30 „
Der durch diese Einspritzung gewährte Schutz erstreckt sich über einen Zeit¬
raum von mehreren Wochen. Um den Tieren für die Dauer der Uebertragungs-
gefahr sicheren Schutz zu verleihen, ist bis zur Aufhebung der Sperre des Seuchen¬
herdes die Impfung in 14tägigen Zwischenräumen mit einer Dosis von jo 20 ccm
Serum zu wiederholen.
Nach dreimaliger Wiederholung der Serumeinspritzung sind die Tiere für
einen Zeitraum von mehreren Monaten geschützt.
Die Einspritzung des Schutzserums ist vollkommen ungefährlich und un¬
schädlich, auch für tragende Tiere.
Hierzu haben die Regierungspräsidenten in Königsberg, Marien¬
werder, Stettin, Köslin, Posen, Bromberg, Potsdam, Hannover, Hildes¬
heim und Cöln folgende Anweisung erhalten (Erlaß vom 19.Januar 1911):
In der Forschungsanstalt auf der Insel Riems sind ungefähr 75 Liter Schutz¬
serum gegen Maul- und Klauenseuche fertiggestellt worden. Ich beabsichtige nun¬
mehr Versuohe über die Schutzwirkung dieses Serums anzustellen. Hierfür eignen
sich besonders solche Bestände, in denen die Ansteckung noch nicht erfolgt ist,
die aber durch den Personen- und Fuhrwerksverkehr mit verseuchten Orten (Gütern)
stark gefährdet sind, z. B. unverseuchte Vorwerke von verseuchten Gütern, unver-
seuchte Güter mit verseuchten Vorwerken oder Bestände in Gemeinden, in deren
Nachbargehöften ein frischer Seuchenausbruch festgestellt ist. Der Impfstoff ent¬
hält keinen Ansteckungsstoff, sondern ist reines Serum. Die durch die Impfung
entstehenden Unkosten sollen auf die Staatskasse übernommen werden. Die Schutz¬
impfungen sollen zunächst auf die am meisten für die Seuche empfänglichen Rinder
beschränkt werden.
Euer Hoohwohlgeboren ersuche ich, etwaige für die Schutzimpfung geeignete
Fälle unter gleichzeitiger Angabe der Kopfzahl des zu impfenden Rinderbestandes
mir telegraphisch zu melden. Im Anschlüsse hieran ist unter möglichster Be¬
schleunigung über die örtliohen Verhältnisse, die Art und Größe der Ansteckungs¬
gefahr, die Entfernungen der Gehöfte und Stallungen von den verseuchten Gehöften,
sowie über die Art der Aufstellung des Viehs in dem zu impfenden Bestände zu
berichten.
Unter dem 24. Februar 1911 haben weiterhin die Departeraents-
tierärzte in Hannover und Cöln, sowie der Kreistierarzt in Wanzleben
je 15 Liter Serum zur Verfügung gestellt erhalten mit der Weisung,
in geeigneten Fällen Versuche mit dem Impfstoffe anzustellen. Dabei
wurde angeregt, bei einer kleineren Zahl von Tieren festzustellen, ob
es möglich sei, durch eine einmalige größere Serumausgabc (100 bis
200 g) nicht infizierte Tiere gegen die Ansteckung mit Maul- und
190
NEVERMANN,
Zusammen-
u>
o
g
s
3
1
Regierungsbezirk
Zabl_der geimpften
Zahl der davon
(2—5) seuchefrei
gebliebenen
Zahl d<
Impfung e
Bestände
;r trotz
rkrankten
Rinder
Ge-
i
Bestände
i
Rinder
Bestände
Rinder
meinden
insgesamt
2
3
4 !
5
6
7
8
9
1
Königsberg ....
5
10
458
82)
441
2
17
2
Danzig.
2
6
55
6
55
—
—
3
Marienwerder . . .
2
2
184
2
184
—
—
4
Potsdam.
5
38
539
362)
388
2
151
5
Frankfurt.
1
3
82
3>)
82
—
6
Stettin.
3
4
106
2
46
2
60
7
Köslin .
2
7
71
7
71
—
—
8
Stralsund.
1
i
30
1
30
—
—
9
Posen.
6
7
342
5
1763)
2
166
10
Oppeln.
3
3
233
3
233
11
Magdeburg ....
5
14
227
12
1992)
2
2S
12
Merseburg.
3
4
241
2
122
2
1
119
13
Schleswig.
5
21
433
20
403
1
30
14
Hannover .
9
19
t::
166
16
1482)
3
IS
15
Hildesheim .
3
5
1
43
3
31
2
12
16
Stade .
1
6
76
6
761)
-
—
17
Aurich.
IG
G7 l )
949
55
8295)
12
120
18
Cüln .
11
20
1
1
i
175
1
15
85 2 )
5
90
Zusammen
83
237
4410
202
3599
35
811
Maul- und Klauenseuche
191
Stellung 1.
| Zahl der Erkrankungen nach der |
i.
ir.
111.
IV.
Be¬
stände
Rinder
Be¬
stände
Impf
Rinder
_u D g_
Be¬
stände
Rinder
stände | Rindcr
16 17
10
ii
12
13
14
15
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17
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Bemerkungen
18
J ) 1 mal einige Tage, 1 mal 14 Tage nach der
I. Impfung. *) 4 von 8 Kälbern, unter denen die
Seuche bereits ausgebrochen war, blieben gesund.
3 mit 20 ccm geimpfte, in den Seuchenstall ge¬
stellte Jungrinder blieben gesuud.
*) 1 mal 0 und 1 mal 13 Tage nach der I. Imp*
fung. Es erkrankte im letzteren Falle nur die
Hälfte der Tiere. 2 ) Eine mit 20 ccm geimpfte, in
einen verseuchten Bestand gestellte Stärke blieb
gesund.
l ) 12 ira verseuchten Stalle geborene, sofort
geimpfte Kälber sind gesund geblieben.
l ) 5 Tage nach der I. Impfung. -) 4 Tage nach
der II. Impfung.
*) 10 Tage nach I. Impfung. J ) 18 Tage nach
III. Impfung. 3 ) Mehrere mit kleinen Dosen ge¬
impfte und künstlich angesteckte Binder erkrankten
nicht. Ebenso blieben 3 Rinder und 1 Ziege, die
in einem verseuchten Stall standen, gesund.
1 ) 1 mal 8 nach I. Impfung und 1 mal 5 Tage
nach Einstellen mit 100 -130 ccm geimpfter Ochsen
im Seuchenstall. *) 13 von 21 Ochsen, die 130
bis 200 ccm erhalten hatten, blieben jedoch ver¬
schont.
11 Tage nach der III. Impfung. 2 ) 4 Wochen
nach der IV. Impfung.
*) 17 Tage nach der II. Impfung.
*) 1 mal 24 Stunden nach der I. Impfung und
1 mal 7 Tage nach Einstellen einer mit 200 ccm
geimpften Kuh in einen verseuchten Bestand.
-) 5 mit Dosen von 150—200 ccm und in Seuchen-
ställe gestellte Tiere blieben gesund. ®) 10 Tage
nach der 11. Impfung.
l ) 1 mal 5 und 1 mal 8 Tage nach der I. Imp¬
fung (1 mal künstlich übertragen).
*) 3 Jungrinder und 1 Kalb, die in einem ver¬
seuchten Stalle standen und mit kleinen Dosen
geimpft wurden, blieben verschont.
K Die Impftiere befanden sich fast sämtlich
auf der Weide und waren direkter Ansteckung
ausgesetzt. ’ 2 ) 1 mal 6, 2 mal 8 und 2 mal 10 Tago
nach der I. Impfung. 3 ) Je 2mal 2, 6 und 8 Tago
nach der II. Impfung. 4 ) 5 Wochen nach der
III. Impfung. 6 ) In 2 Beständen blieb der größere
Teil der Tiere verschont.
l ) lmal 2 und 3 mal 5 Tage nach der I. Imp¬
fung. '-) 7 Tage nach der II. Impfung. *) Drei
mit erhöhten Dosen (IX 50 ? 2X 100 ) geimpfte und
in einen versenchten Bestand gestellte Jungrinder
blieben verschont.
192
NEVERMANN,
Klauenseuche durch große Mengen des Ansteckungsstoffes, wie sie in
verseuchten Ställen von kranken Tieren aus unmittelbar übertragen
werden, zu schützen. Die so geimpften Tiere sollten erst 24 Stunden
nach der Serumbehandlung in den verseuchten Stall eingestellt werden.
Im übrigen entspricht die Anweisung der vorstehend abgedruckten an
die Regierungspräsidenten. Soweit möglich, sollten in den zu impfenden
Beständen auch Kontrolliere ungcimpft bleiben. Für den Fall, daß
diese Kontrolliere ebenso wie die geimpften nicht erkrankten, konnte
mit gewisser Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß Ansteckungs¬
stoff auf den Bestand nicht übertragen worden sei. Die Versuche in
Hannover sollten von dem Direktor der tierärztlichen Hochschule,
Geheimen Regierungsrat Prof. Dr. Dam mann und dem Departeraents-
tierarzt Matthiesen gemeinsam angestellt werden.
Die Ergebnisse dieses ersten Versuches sind in der Zusammen¬
stellung 1 enthalten. Darnach sind in 83 Gemeinden und 237 Be¬
ständen 4410 Tiere geimpft worden. In 202 Beständen mit 3599 Tieren
ist die Seuche nicht zum Ausbruche gekommen, während 35 Bestände
mit 811 Tieren trotz der Impfung erkrankt sind, ln 21 von den er¬
krankten Beständen ist die Seuche allerdings schon in der Zeit zwischen
der I. und II. Impfung ausgebrochen. Es muß damit gerechnet werden,
daß diese Bestände wenigstens zum Teil infiziert waren, als die erste
Impfung in ihnen zur Ausführung gelangte. 14 Bestände sind jedoch
erst nach der II. Impfung erkrankt. In diesen Fällen muß ein Ver¬
sagen der Schutzimpfung angenommen werden. Auch in den Fällen
von Erkrankung, die 10 und mehr Tage nach der I. Impfung aufge¬
treten sind, ist ein Mißerfolg der Impfung wahrscheinlich, wenn auch
zugegeben werden muß, daß durch eine Impfung mit zu kleinen Mengen
die Inkubationsfrist verlängert werden kann, ohne daß der Ausbruch
der Krankheit ganz verhütet wird. Die Fälle, in denen später als
10 Tage nach der I. Impfung eine Erkrankung der Tiere eingetreten
ist, sind in Zusammenstellung 2 aufgeführt und nachfolgend im einzelnen
kurz beschrieben.
Fall 1. Auf dem Hauptgute Pawlowitz war am 26. 1. die Seuche ausge¬
brochen. Von dem Hauptgute liegt das Vorwerk Robczysko 2,4 km und das Vor¬
werk Kleinhof 4,7 km entfernt. Zwischen den drei Gütern besteht ein ausgedehnter
Wirtschaftsverkehr. Die Arbeiter des Hauptgutes wohnen z. T. in Robczysko. Es
war daher mit einer Uebertragung des Ansteckungsstoffes mit hoher Wahrschein¬
lichkeit zu rechnen. Am 10. Tage nach der Impfung brach die Seuche zuerst in
Kleinhof unter den Impflingen aus, nachdem sie einige Tage vorher bereits unter
dem geimpften Leutevieh dieses Vorwerks festgestellt worden war. Zwei zur Kon-
Maul- und Klauenseuche, 193
194
NEVERMANN,
trolle ungeimpft gelassene weitere Viehställe wurden erst nach Ausbruch der
Seuche unter den geimpften Tieren von der Seuche ergriffen. Am 28. 3., also
18 Tage nach der dritten Impfung, ist die Seuche auch in Robczysko ausgebrochen.
In beiden Fällen hat eine unmittelbare Berührung der geimpften Tiere mit den
erkrankten nioht stattgefunden. Die Seuche verlief bei den geimpften und un-
geirapften Rindern gleich schwer.
Fall 2. In Retz war die Seuche in 3 Gehöften frisch zum Ausbruch ge¬
kommen. Am 28. 2. impfte der Kreistierarzt in 13 Beständen 85 Rinder. Die Ge¬
höfte lagen sehr dicht beieinander, die Seuchengehöfte mitten unter ihnen. Als
der Kreistierarzt am 13. 3. die zweite Impfung ausführen wollte, stellte er in einem
Bestände mit 16 geimpften Rindern die Seuche fest. Von den 16 Rindern sind nur
8 erkrankt und zwar auch so gelinde, daß nach Aussage der Frau des Besitzers
ein Rückgang im Milchertrage nicht eingetreten ist. Die übrigen Gehöfte sind ge¬
sund geblieben. Die Einschleppung der Seuche muß durch Zwischenträger er¬
folgt sein.
Fall 3. In Woplauken war am 20. 4. unter den Milchkühen die Seuche aus-
gebroohen. Am 25. 4. wurden die Viehbestände auf den Vorwerken Streits (Ent¬
fernung 1,5 km) und Uri (2,0 km), sowie 7 Jungrinder, die auf dem Hauptgute,
aber in einem besonderen Stall standen, geimpft. Am 9. 5., also 14 Tage nach der
ersten Impfung, brach unter letzteren 7 Jungrindern die Seuche aus, sie verlief
ebenso wie bei den nichtgeimpften Tieren. Die Impflinge waren mit den erkrankten
Tieren nicht in Berührung gekommen. Nunmehr wurden auoh die in einem abseits
gelegenen, streng abgesperrten Stalle stehenden Leutekühe geimpft. Die Vieh¬
bestände der Vorwerke und das Leutevieh blieben verschont, es wird aber aus¬
drücklich bemerkt, daß auf dem Gute strenge Sperrmaßregeln für die einzelnen
Bestände durchgeführt wurden. Auch der abseits gelegene Schweinestall, in dem
nicht geimpft worden ist, blieb verschont.
Fall 4. Zu dem betreffenden Gutsbezirke gehörten 3 Güter, ein Hauptgut
und ein Pachtgut in Herrlig und das mehrere Kilometer von letzterem entfernt
liegende Gut Conradsheim. Auf dem Hauptgut und in Conradsheim standen Milch¬
kühe, auf dem Pachtgute, das 100 m vom Hauptgut entfernt lag, Jungrinder. Als
auf dem Hauptgute die Seuche ausbrach, wurden die Jungrinder auf dem Pacht¬
gut und die 20 besten Kühe in Conradsheim sofort geimpft. Zwischen dem Haupt¬
gut und dem Pachtgute bestand ein regelmäßiger Wirtschaftsverkehr, der nicht
eingeschränkt wurde. 3 von den 30 Jungrindern, die mit verstärkten Dosen
(1 X 50 • 2 X lOOccm) geimpft worden waren, wurden 24 Stunden nach der Impfung
in den verseuchten Stall auf dem Hauptgute gestellt. Sie erkrankten nicht.
Ebenso erkrankten die übrigen Jungrinder auf dem Pachtgute nicht, trotzdem ein
Zuchtbulle sofort nach Abheilung der Seuche ohne vorherige Desinfektion unter
sie gestellt worden war.
In Conradsheim erkrankten dagegen am 27. 3. — also 21 Tage nach der
ersten Impfung — zuerst 3 Kühe, und zwar 2 Kontrolltiere und 1 geimpftes. In
der Folge erkrankten auch die übrigen geimpften Kühe bis auf 3. Letztere
waren auffallenderweise die 3 leichtesten Kühe. Der Departementstierarzt hält es
für nicht unwahrscheinlich, daß bei ihrem leichten Gewicht der durch die geringe
Dosis verliehene Schutz ausgereicht habe, während das bei den sohweren Milch¬
kühen nicht der Fall gewesen sei. 10 im Seuchenstalle während des Herrsohens
Maul- und Klauenseuche.
195
der Seuche geborene und sofort mit je 10 ccm geimpfte Kälber blieben gesund.
Ein Unterschied in der Erkrankung geimpfter und nichtgeimpfter Tiere war nicht
festzustellen.
Fall 5. Die Seuche war im Abbau Mandelkow am 1. 2. in einem Bestände
ausgebrochen. In den beiden Nachbargehöften sollte am 6. 2. geimpft werden, da
wegen des starken Personenverkehrs sowie auch des Umstandes, daß alle Gehöfte
einen gemeinschaftlichen Milchfahrer hatten, die Gefahr der Ansteckung sehr groß
war. Als am 6. 2. geimpft werden sollte, war in einem der beiden Gehöfte bereits
die Seuche aufgetreten. Es wurde daher nur in dem anderen, freigebliebenen
(Schröder) und an Stelle des neu verseuchten in den Gehöften des de la Bare
sowie des Filter geimpft. Ersterer hatte ebenfalls denselben Milchfahrer und wohnte
von dem neu verseuchten Gehöfte nur 150 m ab, letzterer wohnte dem neu ver¬
seuchten Gehöfte an der Dorfstraße unmittelbar gegenüber. Die Bestände von
Schröder und Filter sind dauernd seuchenfrei geblieben, in dem Viebestande des
de la Bare brach die Seuche jedoch am 25. 3., 4 Tage nach der zweiten Impfung,
aus. Eine direkte Berührung seiner Tiere mit denen der Seuchengehöfte konnte
nicht stattgefunden haben.
Fall 6. In Leese war die Seuohe am 21. 3. auf einem Gehöft ausgebrochen.
100 m davon lag das Gehöft des Werner, das durch Personenverkehr stark ge¬
fährdet war. Am 16. 4. erkrankten zuerst 3 zur Kontrolle nicht geimpfte Rinder
und am 18. 4. auch die geimpften. Die Erkrankung war bei den geimpften und
nichtgeimpften Tieren gleich schwer. Die mit 200 ccm geimpften beiden Tiere waren
48 Stunden nach der Impfung in einen verseuchten Bestand gestellt worden. Eins
von ihnen erkrankte am 7, Tage darnach und mußte schließlich infolge der Klauen¬
erkrankung getötet werden, das andere blieb verschont.
Fall 7. In Kiebitzreihe herrschte die Seuche in verschiedenen Gehöften.
In den 6 am meisten gefährdeten Viehbeständen wurden die Rinder geimpft. Nur
in 2 von ihnen ist die Impfung wiederholt worden. 17 Tage nach der zweiten
Impfung braoh in einem der letzteren beiden Bestände die Seuche aus. Die übrigen
Gehöfte blieben verschont, wie überhaupt die Seuche im Orte erloschen blieb. Die
Uebertragung muß durch Zwischenträger zustande gekommen sein.
Fall 8. Die Viehbestände in Lettewitz und Nauendorf wurden auf Wunsch
des Besitzers geimpft, weil die Seuche sich damals im Saalkreise rasch ausbreitete.
Im Dorfe Lettewitz wurde vom 17. 2. ab eine Reihe von Gehöften ergriffen und am
11.4. brach die Seuche auch auf dem Gute aus. Es handelte sich um schwere
Ochsen. Es mußte mit Bestimmtheit eine Uebertragung durch Zwischenträger an¬
genommen werden. Das zuerst erkrankte Tier hatte seit Monaten den Stall nicht
verlassen. Die Tiere waren 4mal mit je 20 ccm Serum geimpft worden. Auf dem
Gute Nauendorf lagen die Verhältnisse ähnlich wie in Lettewitz. Am 11. 3. ist
unter ihnen die Seuche ausgebrochen, obwohl sie bereits seit dem 28. 2. wegen
des Ausbruches der Seuohe unter einem anderen Viehbestände unter Sperre ge¬
standen hatten. Auch hier kann die Uebertragung nur durch Zwischenträger zu¬
stande gekommen sein. Die Tiere, Ochsen, erkrankten ebenso schwer, wie die
nichtgeimpften.
Fall 9 bis 13. Die Impfungen im Regierungsbezirk Aurich stellen einen Ver¬
such mit kleinen Seruramengen in der Praxis dar und können mit den übrigen
schon deswegen nicht ohne weiteres in Vergleich gestellt werden, weil die geimpften
13*
196
NEVERMANN,
Tiere sich sämtlich auf der Weide befanden und daher in vielen Fällen der Gefahr
der unmittelbaren Uebertragung ausgesetzt waren, zumal die Tiere infolge der
Dürre des Sommers 1911 überall aus ihren Weiden ausbrachen und die ausge¬
trockneten Grenzgräben durchschreitend, weithin auf fremden Weiden nach Futter
nnd Wasser suchten. Die in der Zusammenstellung 1 ausgeführten Impfungen
verteilen sich auf alle Kreise des Bezirks außer Aurich. Es entfallen von den
67 geimpften Beständen auf den Landkreis Emden 11 Bestände mit 76 Rindern und
567 Schweinen, Kreis Leer 1 Bestand mit 20 Rindern, Norden 8 Bestände mit
300Rindern, Weener 26Bestände mit 324 und Wittmund 21 Bestände mit 229Rindern.
Im ganzen wurden rund 57 Liter Serum verbraucht. Je nach der Dauer der Seuchen¬
gefahr wurde 1 , 2 oder 3mal geimpft. Vom 10. Tage nach der ersten Impfung ab
erkrankten nur die unter 9 bis 13 in Zusammenstellung 2 aufgeführten Bestände.
Die Erkrankungen entfallen alle bis auf einen Fall aus Wittmund auf den Kreis
Weener. Sie traten auf: 2mal 10 Tage nach der ersten, je 2mal 2, 6 und 8 Tage
nach der zweiten und 1 mal 5 Wochen nach der dritten Impfung. Außerdem er¬
krankten im Kreise Emden-Land noch 1 Bestand 8 Tage und im Kreise Weener
2 Bestände 6 Tage nach der ersten Impfung. Alle übrigen Bestände bliebeD trotz
der erheblichen Gefahr der Ansteckung von der Seuche verschont. Auch in den
erkrankten Beständen wurde verschiedentlich nur ein Teil der Tiere befallen, so
in dem erwähnten Falle im Kreise Emden-Land von 6 Tieren 1 und im Falle 13
(Wittmund) von 15 Tieren nur 5 Kühe; 10 Jungrinder und Kälber blieben ver¬
schont. In vielen Fällen waren die nichterkrankten Bestände mit verseuchten in
unmittelbare Berührung gekommen. Es mag aber hinzugefügt werden, daß die
Seuche im Regierungsbezirk Aurich im allgemeinen gelinde aufgetreten ist, und
daß geringgradige Erkrankungen bei Weidetieren leicht übersehen werden.
Mit sogenannten großen Dosen (100 bis 200 ccm) sind im ersten
Impfversuch in 7 Fällen 30 Tiere geimpft und darauf in verseuchte
Bestände eingestellt worden. Von diesen 30 Tieren sind in 2 Fällen
8 Tiere erkrankt.
In dem einen Falle handelte es sich um 21 etwa 15Zentner schwere Zugochsen,
von denen je 7 mit 100, 150 und 200 ccm Serum geimpft worden waren. Die Tiere
waren 24 Stunden nach der Einspritzung in den verseuchten Bestand eingestellt
worden und am 6. März brach die Seuche unter ihnen aus. Es erkrankten sämt¬
liche mit 100 und einer der mit 150 ccm geimpften Ochsen, die übrigen 13
blieben gesund. Bei den erkrankten Ochsen trat die Seuohe in milder Form auf.
Dieser Versuch kann als ein gelungener Titrierversuch für die Menge des zu ver¬
wendenden Serums angesehen werden.
In dem zweiten Falle waren 2 Kühe (vgl. Zusammenstellung 2, Fall 6, Leese)
am 25. 3. mit je 200 ccm geimpft und am 27. 3. in den verseuchten Bestand ein¬
gestellt worden. Eine der Kühe ist am 3. 4. erkrankt und am 6. 6. wegen eines
auf die Seuche zurüokgehenden Klauenleidens getötet worden. Die andere Kuh ist
dauernd gesund geblieben.
Von den mit kleinen Dosen geimpften Tieren sind in 5 Fällen 15 in ver¬
seuchte Bestände eingestellt worden und ebenfalls gesund geblieben, während, wie
aus Zusammenstellung 2 ersichtlich ist, eine ganze Reihe solcher Tiere bei mittel-
Maul* und Klauenseuche.
197
barer und unmittelbarer (Jebertragung erkrankt ist. In einigen Fällen sind aber
auch hier die geimpften Tiere nach Ausbruch der Seuche nur zum Teil erkrankt,
so z. B. in einem Falle in List bei Hannover. In dem betreffenden Bestände waren
am 24. 10. 1911 10 Kühe geimpft worden. Zum Vergleiche wurden 10 andere Kühe
mit Karbolsäureeinspritzungen behandelt. Am 25., 27. und 29. 10. erkrankte je
eine der geimpften Kühe, die übrigen 7 Kühe blieben dauernd gesund. Von den 10
mit Karbolsäure behandelten Tieren erkrankten 9. Im Dorfe Reetz im Kreise West*
Priegnitz waren 13 Bestände geimpft worden. In einem Bestände brach 13 Tage
nach der ersten Impfung die Seuche aus (rgl. Nr. 2 der Zusammenstellung 2). Von
den 16 geimpften Tieren erkrankten nur 8, die übrigen 8 blieben dauernd verschont.
Ein Urteil darüber, inwieweit in den geimpften Beständen, in
denen die Seuche nicht zum Ausbruche gekommen ist, das Serum
diese Wirkung gehabt hat, läßt sich nicht mit Bestimmtheit abgeben.
Die große Zahl der verschont gebliebenen Bestände läßt auf eine ge¬
wisse Wirkung des Serums schließen. Immerhin ist der Prozentsatz
der trotz der Impfung erkrankten Bestände so groß, daß der Impfung
mit kleinen Dosen eine praktisch brauchbare Schutzwirkung nicht zu¬
geschrieben werden kann.
Faßt man das Ergebnis der ganzen Versuchsreihe zusammen, so
kann nicht zweifelhaft sein, daß das Serum eine gewisse Schutzwirkung
verleiht. Diese Wirkung ist aber fast nur bei der Verwendung von
großen Dosen (100 bis 200 ccm) deutlich in die Erscheinung getreten.
Die kleinen Serummengen haben den Ausbruch der Seuche
in einer Reihe von Fällen nicht verhindern können, selbst
dann nicht, wenn so kleine Mengen Ansteckungsstoff, wie
sie durch Zwischenträger übertragen zu werden pflegen,
Anlaß zum Ausbruch gaben. Auch nach viermaliger Impfung ist
nicht immer ein Impfschutz vorhanden, wie er für die veterinärpolizei¬
liche Praxis erforderlich wäre (Fall 8).
2. Versuchsreihe.
Handelte es sich im vorstehenden durchweg um Versuche, die
darauf abzielten, die Schutzwirkung kleinerer Mengen des Maul- und
Klauenseucheserums zu ermitteln, so sollte der zweite Versuch haupt¬
sächlich die Heilwirkung des Serums, sowie dessen Wirkung gegen
die bösartige Form der Seuche erproben, und zwar ebenfalls unter
Anwendung kleinerer Serummengen bei den nebenbei ausgeführten
Schutzimpfungen. In den Kreisen Weißensee und Erfurt-Land des
Regierungsbezirks Erfurt nahm die Seuche im Mai 1911 in einzelnen
Gemeinden einen außerordentlich bösartigen Charakter an. In dem
198
NEVERMANN,
Rindviehbestande des Gutes Gebesee, in dem die Seuche zunächst aus-
gebrochen war, waren von 98 Stück 28 verendet. Im Orte Gebesee
sind insgesamt 390 Gehöfte mit 800 Rindern vorhanden. Davon waren
bis zum 18. Mai 1911 134 Gehöfte mit 392 Stück Rindvieh verseucht.
In den verseuchten Gehöften waren in 10 Tagen 46 Großrinder und
außerdem noch 19 Kälber eingegangen. Die Todesfälle traten fast
regelmäßig am 3. bis 5. Krankheitstage ein. Der Tod erfolgte plötzlich
und unerwartet. Die Sektion ergab das typische Bild der Maul- und
Klauenseuche = Septikämie, mit schweren Veränderungen am Herzen.
Unter der Bevölkerung bestand eine starke Beunruhigung. Auf die
Bitte des Regierungspräsidenten um Hilfe sandte das Landwirtschafts-
ministeriura sofort eine größere Menge Maul- und Klauenseucheserum
zu Heil- und Schutzimpfungen in das Seuchengebiet. Geheimrat
Loeffler schlug im Hinblick auf die Bösartigkeit der Seuche für die
Schutzimpfung als erste Dosis 60 ccm und für die Heilimpfung 150 ccm
für erwachsene Tiere und für Kälber etwa die Hälfte vor. Die Aus¬
führung der Impfung wurde dem Departementstierarzt in Erfurt,
Veterinärrat Eckardt, und dem Kreistierarzte des Kreises Weißensee,
Ruß, übertragen und geschah kostenlos.
Am 25. Mai wurde mit den Impfungen begonnen. In den Ge¬
meinden Ringleben, Tiefthal, Walschleben des Landkreises Erfurt und
in den Gemeinden Gebesee und Großballhausen, sowie in den beiden
Gutsbezirken Wundersleben und Kleinballhausen des Kreises Weißensec
sind bis zum 28. Juni in 29 Beständen insgesamt 156 Rinder der
Heilirapfung unterzogen worden. Außerdem wurden in Ringleben,
Tiefthal, Gebesee, Gutsbezirk Kleinballhausen, Gemeinde Ballhausen,
Gutsbezirk Vehra in 84 Beständen 475 Rinder schutzgeimpft.
Sofort nach der Impfung hörten die Todesfälle auf. Nur 3 von
den der Heilimpfung unterzogenen Rindern sind im ganzen noch ge¬
fallen, hiervon eine Kuh am 5. Tage nach der Impfung. Als Todes¬
ursache wurde bei ihr Gebärmutterentzündung festgestellt. Ein zweites
Rind ist 2 Stunden nach der Impfung eingegangen. Es war nach dem
Ergebnis der Zerlegung schon bei der Impfung so schwer erkrankt,
daß eine Rettung ausgeschlossen war. Das dritte, eine Kuh, ist am
3. Tage nach der Impfung eingegangen. Bei ihr wurden Erscheinungen
der bösartigen Form der Seuche festgestellt. Im übrigen verlief die
Seuche bei allen heilgeimpftcn Tieren ohne Verluste. In einem neu-
vcrscuchten Gehöfte, in dem die Schutzimpfung nicht ausgeführt war,
fielen dagegen 2 Rinder.
Maul- und Klauenseuche.
199
Von den schutzgeimpften Beständen erkrankte je ein Bestand
12 Stunden, zwei, drei und 10 Tage nach der ersten Impfung. Man
muß annehraen, daß wenigstens die drei ersten, vielleicht alle schon
infiziert waren, als dio Impfung ausgeführt wurde. Auch in diesen
Viehbeständen nahm die Seuche einen milden Verlauf. Die letzte
Impfung hat am 2. Juni stattgefunden. Im Herbst desselben Jahres
sind noch weitere schutzgeimpfte Bestände erkrankt, namentlich in
Tiefthal. Mit einer bis dahin anhaltenden Wirkung des Serums konnte
aber nicht gerechnet werden. In allen trotz der Schutzimpfung be¬
troffenen Beständen nahm die Seuche den gleich milden Verlauf.
Als Ergebnis der Impfungen im Regierungsbezirk Erfurt
kann gelten, daß das Serum imstande ist, die bösartige
Form der Maul- und Klauenseuche auch bei bereits er¬
krankten Rindern in eine gutartige umzuwandeln.
3. Versuchsreihe.
Nach den Erfahrungen der ersten beiden Versuche lag es nahe
festzustellen, ob ein Impfschutz sicher zu erzielen sei, wenn große
Serummengen zur Anwendung gelangen. Wenn auch von vornherein
klar war, daß Mengen, wie sie jetzt im Versuchsplan festgelegt wurden
— 320 ccm für 4 Impfungen bei Tieren über 3 Monate, 200 ccm für
die erste Impfung —, eino Anwendung des Serums in großem Ma߬
stabe in der Praxis wegen der Kosten unmöglich machten, so mußte
die Frage doch wenigstens wissenschaftlich entschieden werden, um
eine Unterlage für weitere Versuche mit der Schutzimpfung zu er¬
langen. Auf Grund einer eingehenden kritischen Besprechung der bis¬
herigen Versuche und der daraus zu ziehenden Schlüsse wurde
folgender Versuchsplan aufgestellt:
Versuchsplan.
Zu den Versuchen sollen nur sehr stark bedrohte Bestände (geringe räum¬
liche Entfernungen der bedrohten von den erkrankten, starker Personenverkehr,
Zuführung von Futterstoffen von verseuchten nach bedrohten Gehöften u. dgl.)
ausgewählt werden. Es erhalten in Zwischenräumen von 10 bis 14 Tagen:
Rinder bei der ersten Impfung . . . 200 ccm
„ ,, „ zweiten „ . . . 60 ,,
., ., „ dritten „ ... 30 „
„ ., „ vierten ,, . . . 30 ,,
Rinder unter 3 Monaten die Hälften dieser Dosen. Nach dreimaligor Wiederholung
der Serumeinspritzung sollen die Tiere für einen Zeitraum von mehreren Monaten
geschützt sein.
200
NEVERMANN,
Das Schutzserum wird mit steriler Spritze den Rindern unter die Hant am
Halse eingespritzt.
Um die Versuche möglichst einheitlich zu gestalten, namentlich in bezug auf
die Auswahl der Bestände, sowie auch um sie mit der nötigen Beschleunigung in
die Wege zu leiten, warde beschlossen, in jedem Palle, in dem die Impfung bean¬
tragt wird, einen Kreistierarzt — den Kreistierarzt Dr. Uatsohke — mit der er¬
forderlichen Serummenge an Ort und Stelle zu entsenden. Die erste Impfung soll
möglichst in seinem Beisein ausgefübrt werden; die weitere Durchführung der Ver¬
suche soll der zuständige Kreistierarzt übernehmen. Zur Erlangung eines gleich¬
mäßigen Berichtmaterials wird ein einheitliches Berichtsmuster aufgestellt, in dem
außer den erforderlichen Zahlen und Daten auch eine Reihe von für die Beurtei¬
lung der Wirkung der Impfung wichtigen Fragen zu beantworten sind.
Um von Ausbrüchen der Souche in Beständen, die sich zu den Versuchen
eignen, Kenntnis zu erhalten, werden die Regierungspräsidenten in Danzig, Marien¬
werder, Breslau, Posen, Bromberg, Potsdam, Frankfurt, Stettin, Köslin, Magdeburg,
Merseburg, Erfurt, Hannover, Schleswig, Hildesheim, Lüneburg und Stade unter
Mitteilung des Ergebnisses der bisherigen Versuche durch Erlaß vom 21. Dezember
1911 mit dem Versuchsplan bekannt gemacht.
ln dem Erlasse heißt es:
„Die Impfung soll auch bei diesen Versuchen auf Rinder beschränkt werden.
Geeignet erscheinen solche Rinderbestände, die durch die Nachbarschaft von ver¬
seuchten Gehöften oder durch den Personenverkehr mit solohen stark gefährdet
sind, in denen die Seuche jedoch noch nicht zum Ausbruche gekommen und auch
nicht anzunehmen ist, daß bereits eine Ansteckung stattgefunden hat. Gehöfte, in
denen die Seuche in den letzten beiden Jahren geherrscht hat, sind im allge¬
meinen auszuschließen. Im Hinbliok auf die hohen Kosten der Impfversuche sind
ferner nach Möglichkeit kleinere und mittelgroße Bestände auszusuohen, von denen
außerdem zu erwarten ist, daß die Ansteckungsgefahr mindestens noch mehrere
Wochen bestehen bleiben wird.“
Die Ergebnisse des dritten Impfversuchs sind in der Zusammen¬
stellung 3 übersichtlich geordnet.
Nach der Zusammenstellung 3 ist im ganzen in 12 Gemeinden
und 54 Gehöften geimpft worden. In 32 Gehöften wurden Kontroll-
tiere belassen, in 22 nicht. In 3 Gehöften brach die Seuche trotz der
Impfung aus, aber in allen dreien zuerst unter den Eontrolltieren. In
diesen 3 Gehöften sind von 45 vorhandenen Kontrolltieren fast alle
erkrankt. Von den in ihnen stehenden 17 Impflingen erkrankte nur
in einem Bestände 1 Kuh, und zwar 3 Tage nach der dritten Impfung.
Die übrigen 6 geimpften Kühe dieses Bestandes blieben verschont,
während von den 4 Kontrolltieren 3 erkrankten; 1 Kalb blieb gesund,
ln den anderen beiden von der Seuche betroffenen Gehöften trat die
Seuche nur unter den nichtgeimpften Tieren auf. Die Impftiere
(10 Kopf) blieben sämtlich gesund. Die Wirkung der Impfung trat
Maul- und Klauenseuche.
201
besonders deutlich in dem einen der beiden letztgenannten Gehöfte in
die Erscheinung. Auf diesem Gehöfte befanden sich 2 Ställe mit
Rindern. Im Stall I standen 8 Milchkühe in einer Reihe und in 3 Boxen
frei umherlaufend 8 Kälber; im Stall II, der von dem ersteren nur
durch eine Diele getrennt war, 10 Jungrinder und 2 Kälber, die Jung¬
rinder ebenfalls in einer Reihe angebunden, die beiden Kälber in einer
Boxe frei umherlaufend. Im Stall I wurden nur 6 Milchkühe, und zwar
ihrer Aufstellung nach Nr. 1, 3, 4, 5, 7 und 8, im Stall II ihrer Auf¬
stellung nach die Rinder 1, 3, 5, 6, 7 und 9 geimpft. 10 Tage nach
der ersten Impfung, bei Ausführung der zweiten, wurde im Stall II bei
Rind 10 (nicht geimpft) die Seuche festgestellt. Es erkrankten hierauf
sämtliche nichtgeimpften Rinder (Nr. 2, 4, 8 und 10 und die beiden
Kälber), während sämtliche geimpften Tiere gesund blieben. Ebenso
blieben sämtliche Tiere in Stall I von der Seuche verschont, auch die
nichtgeimpften, trotzdem sie unter demselben Dache standen, denselben
Pfleger hatten und trotzdem es sich zum Teil um Kühe handelt, die
bekanntlich am leichtesten erkranken. In dem Jungviehstalle verlief
die Seuche außerdem ziemlich schwer.
Die Beobachtung, daß auch die Kontrolliere im Stall I verschont
blieben, ist noch insofern interessant, als aus ihr mit einiger Sicher¬
heit geschlossen werden kann, daß durch die Belassung von Kontroll¬
ieren nicht immer der Nachweis zu führen ist, ob in einen Bestand
Ansteckungsstoff hineingelangt ist oder nicht. Es gewährt offenbar
schon einen Schutz, wenn nur ein Teil der Tiere, namentlich derjenige,
an den zuerst der Ansteckungsstoff gelangt, durch Serum geschützt
ist. Es hängt eben vom Zufall ab, ob auch an eins der Kontrolliere
so viel Ansteckungsstoff gelangt, wie zur erfolgreichen Uebertragung
der Krankheit erforderlich ist.
Das Gesamtergebnis dieses Impfversuches bestätigt vollauf die
schon beim ersten Versuche gemachte Erfahrung, daß es mit großen
Dosen Serum gelingt, Tiere gegen Maul- und Klauenseuche zu schützen,
und zwar nicht bloß gegen eine mittelbare, sondern unter Umständen
auch gegen eine unmittelbare Uebertragung des Ansteckungsstoffes,
wie aus den Fällen 4 und 8 hervorgeht, in denen die Tiere künstlich
angesteckt worden sind. 51 Bestände sind völlig von der Seuche ver¬
schont geblieben, trotzdem die Bestände mit besonderer Sorgfalt in
bezug auf die Gefahr der Seucheneinschleppung ausgesucht waren. Es
ist kaum anzunehmen, daß alle diese schwer gefährdeten Gehöfte ohne
die Impfung seuchenfrei geblieben wären. Wenn in 29 Beständen auch
Laufende Nummerl
202
Kreis Ort
sitzer
1 1 2 _3_4_
1 Burgdorf Heessei 3
2 Fallingbostel Boehme 3
3 Springe Sesdorf 5
4 Schmiegel Seeger 1
5 Fraustadt Kursdorf 1
6 Springe Volksen 8
7 Diepholz Jakobi-Drebber 2
8 Zeven Brauel 2
9 Salzwedel Zicvau 2
10 Salzwedel Ritze 1
11 Wetzlar Laufdorf 16
12 Kreuznach Mowzingen 10
12 Gemeinden 54
NEVERMANN,
Zusammenstellung B über dem dritten
Tag des
Ausbruches der
Zahl der
geimpften
Rinder
Tag der
Seuche (imNach-
barcrehöft usw ^
über
unter
1.
2. 3. 4.
i
MUilLwUVl V LAO ff « y
3 Monate
Impfung
5
6
7
8
9 I 10 11 |
10.-11.1.12 15 1 13.1. 23.1.| 5.2. J 19.2.
16.1.12 22 — 19. 1. |31. 1. ! 14.2. 129.2.
bis 1.2. I
18.1.12 16 — 20.1. 30.1. 13.2. 27.2.
19.1.12 16 — 22.1. 3.2. 17.2. , 2.3.
16.1.12 7 — 26.1. 16.2. — ' —
I
26.1.-10.2.12 25 1 13.2. 23.2. 8.3. 22.3.
10 . 2.12 21 — 21 . 2 . 2 . 3 . 12 . 3 . ■ 22 . 3 .
5.3. 12 11 1 7.3. 16.3. 25.3. 5.4.
4.3.12 29 — 9.3. 19.3. 30.3. 10.4.
21.3. 12 4 — 22.3. 1.4. 10.4. —
25.2.12 47 2 22. u. 2.4. ; 15. 4. , 26.4.
23. 3.
26.—30.3.12 26 1 Lu! 14. u. 26. u. !l0.u.
4.4. 18.4. 30.4. | 14.5.
239 6 |
die Kontrolliere nicht erkrankten, so kann man daraus, wie der oben
angeführte Fall beweist, nicht ohne weiteres schließen, daß in alle
51 freigebliebenen Bestände Ansteckungsstoff nicht gelangt sei, und
daß sie deshalb für die Wirkung des Serums nichts bewiesen. Es
muß vielmehr angenommen werden, daß eine Reihe auch dieser Be¬
stände geschützt wurde, indem der Ansteckungsstoff bei der Ein¬
schleppung zufällig nur auf geimpfte Tiere, die meistens in der lieber-
Maul- und Klauenseuche.
203
frersaeh mit großen Sernmdosen.
Dosis der
Kontn
Ge¬
höfte
mit
16
alitiere
Zahl
der
17
Bemerkungen
2.
i 3 - |
4.
Impfung
2_
13
1 14
! 15
18
0
60
30
30
3
8
In einem der drei Bestände brach die Seuche am 8. 2., also
0
30
15
15
etwa 3 Wochen nach der ersten und 3 Tage nach der
dritten Impfung aus. Von den 7 geimpften Tieren erkrankte
1
nur 1 in ganz leichter Form, von den 4 Kontrollieren 2 Kühe
und 1 Kalb, 1 Kalb blieb verschont. Die beiden anderen
1
Bestände blieben ebenfalls verschont.
0
60
30
30
3
95
In einem Bestände erkrankten in einem Stalle sämtliche Kon-
trolltiere (6), während die 6 Impftiere verschont blieben.
1
Impf- und Kontrolliere standen durcheinander. Die übrigen
Bestände blieben verschont.
0
60
30
30
5
9
Kontroll- und Impftiere blieben verschont.
0
60
30
30
1 1
4
Kontroll- und Impftiere blieben verschont trotz künstlicher
!
1
(27)
Uebertragung.
0 ;
60 |
—
—
0
0)
Impftiere blieben verschont. Impfung wurde auf Einspruch
i
des Besitzers abgebrochen, weil die Seuche erloschen war.
0
60
30
30
2
5
Kontroll- und Impftiere blieben verschont.
0
30
15
15
0
60
30
30
—
—
Impftiere blieben verschont.
o !
60
30
30
—
—
Impftiere blieben verschont trotz künstlicher Uebertragung.
0
30
15
15
0
60
30
25
2 ;
36
Kontroll- und Impftiere blieben verschont.
50
25"
i
(4)
0
60
25
—
i j
35
Die 4 geimpften Tiere blieben verschont, während von den
0
50
35 Kontrolltieren, die in demselben Stalle standen, die
0
fl
50
50
meisten erkrankten, allerdings in milder Form.
0
60
30
30
i
5 !
5
Kontroll- und Impftiere blieben gesund.
0
30
15
15
(Kälber)
0
60
30
30
10
25
Kontroll- und Impftiere blieben gesund.
(»’
1
30
~lb
15
i
32
222
(32)
i
zahl waren, übertragen worden ist, bei denen es dann zur Ausbildung
der Krankheit nicht kam. In dem einzigen Falle, in dem nur ein
kleiner Teil, nämlich 4 Tiere, geimpft wurden (Fall Nr. 10, Ritze),
während 35 ungeimpft blieben, ist die Seuche entsprechend dieser An¬
nahme alsbald zum Ausbruche gekommen.
Als Endergebnis des 3. Versuches kann also fest¬
gestellt werden, daß es mit den verwandten großen Serum-
204
NEVERMANN,
gaben möglich ist, Tiere in praktisch brauchbarer Weise zu
schützen 1 ). Worauf es zurückzuführen ist, daß selbst die großen
Dosen in einzelnen Fällen versagen, dafür fehlt vorläufig die Erklärung.
Jedenfalls spielen hierbei die Empfänglichkeit der Tiere, die Virulenz
und Art der Aufnahme des Ansteckungsstoffes, wie ein weiter unten
mitgeteilter Fall zeigt, eine wesentliche Rolle. Es gibt offenbar Fälle,
in denen auch noch größere Serummengen einzelne Tiere nicht schützen,
während es andererseits Tiere gibt, die schon durch kleine Serum¬
mengen ausreichend geschützt werden, so daß es mit kleinen Dosen
in einzelnen Fällen gelingt, selbst ganze Herden zu schützen. Mit
der Vergrößerung der Impfdosis nimmt die Zahl der Mißerfolge gleich¬
mäßig ab.
Ein Versuch, der hierher gehört, in die Zusammenstellung aber
nicht aufgenommen worden ist, weil er nicht vom Kreistierarzt
Dr. Matschke und auch nicht dem Versuchsplan entsprechend ein¬
geleitet worden war, sei hier kurz erwähnt. Am 18. Mai 1912 war
auf einem größeren Gute (Rittergut Br., Kreis Osthavelland) infolge
Einschleppung durch 15 neu angekaufte Rinder die Maul- und Klauen¬
seuche ausgebrochen. Da drei benachbarte Bauerngehöfte stark ge¬
fährdet waren, sollte in ihnen die Impfung zur Ausführung gelangen.
Am Tage der Impfung, dem 22. Mai, weigerten sich aber zwei Besitzer,
ihre Tiere impfen zu lassen. Es wurden daher nur in dem dritten
Gehöfte 3 Rinder mit 200 ccm Serum geimpft. Versuchsweise sind
auch auf dem verseuchten Rittergut in einem neben dem Hauptgehöft
in einem Nebenhofe liegenden Stall 1 Kuh und 7 Kälber, die noch
keine Krankheitserscheinungen zeigten, geimpft worden. Die Kuh ge¬
hörte zu den 15 Tieren, die die Seuche eingeschleppt hatten; es war
mit Bestimmtheit anzunehmen, daß sie den Ansteckungsstoff bereits
in sich aufgenommen hatte. Die Impfung ist nicht immer imstande,
den Ausbruch der Seuche zu verhüten bei Tieren, die bereits infiziert
sind, aber noch keine offensichtlichen Erscheinungen zeigen. Diese
Kuh eignete sich also zur Impfung nicht. Tatsächlich ist sie dann
auch erkrankt. Die Seuche trat aber so gelinde auf, daß der Besitzer
die Erscheinungen garnicht bemerkte. Am 6. Juni fand der Kreistier¬
arzt kleine, leichte Defekte an der Oberlippe und der Schleimhaut des
Oberkiefers, sowie Blasenbildung an 3 Strichen vor. Er nimmt an,
1) Einzelheiten des Versuchs hat der Kreistierarzt Dr. Matschke in dieser
Zeitschrift veröffentlicht (Bd. 40, S. 516).
Maul- und Klauenseuche.
205
daß die Krankheit am 9. oder 10. Tage nach der Impfung eingetreten
ist, und da die Seuche bei den übrigen Kindern des Gutes sehr schwer
auftrat, führt er die leichte und späte Erkrankung der Kuh mit größter.
Wahrscheinlichkeit auf die Wirkung der Impfung zurück. Die 7 Kälber
blieben von der Seuche verschont. Die 3 geimpften Kühe des Nachbar¬
gehöfts sind ebenso wie die beiden nichtgeimpften stark gefährdeten
Bestände verschont geblieben.
4. Versuchsreihe.
In der 4. Versuchsreihe ist das Serum dazu benutzt worden, die
Seuche in größeren dicht bebauten Gemeinden trotz umfangreicher
Sperrerleichterungen und unter Verhältnissen, die die Ausbreitung der
Seuche besonders begünstigen, zum Stillstände zu bringen. Es wurden
zu diesem Zwecke alle gefährdeten Tiere, namentlich auch die zu Feld¬
arbeiten als Zugtiere benutzten Rinder mit großen Dosen Serum schutz¬
geimpft und unmittelbar danach zur Arbeit ohne Beschränkung frei¬
gegeben. Während sonst in derartigen Fällen erfahrungsgemäß die
Seuche sich, namentlich bei Freigabe der Rindergespanne, schnell über
die ganzen Dörfer verbreitet und fast alle Bestände ergreift, ist in den
schutzgeimpften Gemeinden die Seuche rasch zum Stillstand gekommen.
Die Versuche sind in der Zusammenstellung 4 aufgeführt.
Im einzelnen ist zu diesen Versuchen folgendes zu bemerken:
Fall 1. In verschiedenen Gemeinden des Kreises Herzogtum Lauenburg
waren bis zum 1.5.1912 vereinzelte Fälle von Maul- und Klauenseuche aufge¬
treten, die immer rasch getilgt wurden. In der Zeit vom 9. 5. bis 3. 6. aber wurden
in der Gemeinde Lütau 11 Nouausbrüche festgestellt. Es handelte sich in allen
Fällen um Weidebestände. Die einzelnen Weiden lagen ziemlich dicht beieinander.
Am 4. 6. wurde mit aller Energie die Aufstallung sämtlioher Seuchenbestände be¬
trieben, gleichzeitig wurde um Ueberweisung von Maul- und Klauenseucheserum
zur Impfung der gefährdeten Nachbarbestände gebeten. Am 17. bis 20. 6. wurde
die Impfung ausgeführt. Es war aber bereits seit der Aufstallung der Seuchen¬
bestände am 4. 6. kein Ausbruch mehr erfolgt, so daß es fraglich ist, inwieweit
die Tilgung der Seuche auf die Impfung zurückzuführen ist 1 ).
Fall 2. In Angerstein herrschte die Seuche seit dem 2. 9. 1912. In der Zeit
bis zum 12. 9. waren 11 Gehöfte neu betroffen worden. Nach Einsetzen der Sperr¬
maßregeln waren nnr noch vereinzelte Neuausbrüche erfolgt. In Angerstein wurde
mit fast nur Rind viebgespannen gearbeitet. Der Landrat in Göttingen beantragte daher
unter Hinweis auf die besonders dringlichen letzten Erntearbeiten, sowie auf die
Herbstbestellung die Freigabe der Arbeitstiere aus den unverseuchten Gehöften der
1) Vgl. auch den Aufsatz von Departementstierarzt Dr. Bartels, Berl. tier¬
ärztliche Wochenschr. 1912, Nr. 36.
'fr >1*114111 UIUNtt'/
Maul- und Klauenseuche.
207
zum Sperrbezirk erklärten Gemeinde Angerstein. Da die Freigabe des Arbeitsviehs
erfahrungsgemäß fast immer zur Verseuchung der ganzen Ortschaft führt, wurde
der Versuch gemacht, die Bestände, aus denen Vieh zu Feldarbeiten verwendet
werden sollte, durch Impfung zu schützen. Sämtliche Arbeitstiere dieser Gehöfte
wurden geimpft und danach für die Feldarbeiten freigegeben. Die in Aussicht ge¬
nommene Impfdosis betrug für erwachsene Rinder 200 ccm für dio erste, 60 ccm
für die zweite und je 30 ccm für die dritte und vierte Impfung, die Dosis für Jung¬
rinder 100, für Kälber 30 ccm für die erste und je 30 ccm für die weiteren Imp¬
fungen. Wie aus der Zusammenstellung ersichtlich ist, ist nur zweimal geimpft
worden, weil die Seuche inzwischen erloschen war. Der Kreistierarzt mißt der
Impfung keine große Bedeutung zu, da am Tage der Impfung die Seuche in allen
Gehöften bis auf 1 zur Abheilung gelangt und auch dio Desinfektion bereits in
vielen Gehöften ausgeführt war. Auch in dem einen Gehöft war nur noch eine
Kuh erkrankt. Außerdem waren in fast allen Beständen Tiere ungeimpft geblieben
und nicht erkrankt. Diese letzteren Tiere sind aber auch nicht aus dem Stalle ge¬
kommen. Ob der Meinung des Kreistierarztes in diesem Umfange beizutreten ist,
erscheint zweifelhaft. Es ist eine bekannte Erfahrung, daß auch nach dem Ab¬
heilen der Seuche, besonders aber nach dem Heraussohaffen des Düngers aus den
Ställen, die Seuche in einer geschlossenen Ortsohaft leicht wieder ausbricht, wenn
nicht durchgeseuchte Tiere unbeschränkt auf den Dorfstraßen verkehren.
Fall 3. Im Kreise Fritzlar des Regierungsbezirks Cassel lagen die Verhält¬
nisse ähnlich wie in Angerstein. Die Seuche breitete sich in den betroffenen
Dörfern langsam aus und die Ortseinwohner drängten auf Aufhebung der Sperr¬
maßregeln, weil sie ihre Arbeitstiere zur Einbringung der Ernte dringend ge¬
brauchten. Auch hier wurde, wie in Angerstein, angeordnet, daß die Arbeitstiere
der unverseuchten Gehöfte der Sperrbezirke zur Feldarbeit gebraucht werden
dürften, sobald sie und das übrige Rindvieh dieser Gehöfte geimpft worden wären.
Daraufhin ist in großem Maßstabe geimpft worden. Die Serumdosen sind aus der
Uebersicht ersichtlich. Die Impfung hatte den Erfolg, daß die Seuche
sofort zum Stillstand kam. Trotzdem die Arbeitstiere unmittelbar nach der
ersten Impfung für den Straßenverkehr freigegeben wurden und so dem Personen¬
verkehr aus den verseuchten Gehöften ausgesetzt waren, ist, abgesehen von einem
Falle ein Ausbruch der Seuche bei geimpften Tieren nicht erfolgt. In letzterem
Falle sind von 7 geimpften Tieren 3 Tage nach der Impfung 2 Tiere erkrankt. Die
Erkrankung war bei diesen beiden Tieren — 1 Ochse und 1 Kuh — sehr schwer.
Die Abheilung der Seuche konnte bei ihnen erst nach 6 Wochen festgestellt werden.
Trotzdem blieben die übrigen 5 geimpften Tiere des Bestandes verschont. Es muß
angenommen werden, daß sioh die beiden erkrankten Tiere bei Ausführung der
Impfung im Stadium der Inkubation befanden, während die 5 übrigen noch nicht
angesteckt waren. Möglicherweise ist bei ihnen aber auch der Ausbruch der Seuche
unterdrückt worden, trotzdem sie bereits infiziert waren.
Für die Wirksamkeit des Serums spricht besonders ein zweiter, im selben
Orte beobachteter Fall. Bei einem Besitzer wurden in einem Stalle 4 Tiere, von
denen 2 Ochsen in einem anderen Bestände bereits durchgeseucht sein sollten, der
Schutzimpfung unterzogen. Als in dem zweiten Stalle des Besitzers geimpft
werden sollte, stellte sich heraus, daß von den 3 Tieren bereits 2 an Maul- und
Klauenseuche erkrankt waren. Da mit der Ansteckung des ganzen Bestandes ohne-
208
NEVERMANN,
dies zu rechnen war, wurden zur Erprobung der Schutzkraft des Serums die noch
nicht durchgeseuchten geimpften beiden Tiere — 1 Kuh und 1 Kalb — in den ver¬
seuchten Stall gestellt. Beide sind von der Seuche verschont geblieben, obwohl
sie sofort im Anschluß an die Impfung zu den kranken Tieren verbracht worden
waren.
Auffallend und nicht im Einklänge mit den bisherigen Erfahrungen stehend
ist die Schwere der Erkrankung bei den beiden trotz der Impfung von der Seuche
betroffenen Tieren. Daß die Impfung nicht immer imstande ist, bei bereits in¬
fizierten Tieren den Ausbruch der Seuche zu verhüten, war schon vorher fest¬
gestellt worden. Bisher war in derartigen Fällen der Verlauf der Seuche aber
regelmäßig milder gewesen (vgl. Versuche in ErfuYt).
Fall 4. Im Kreise Syke (Reg.-Bez. Hannover) hat die Seuche während des
ganzen Seuchenganges 1911/12 fast ununterbrochen geherrscht, wie denn auch
dieser Kreis der am stärksten betroffene in ganz Preußen ist; das ist unter anderem
darauf zurückzuführen, daß in diesem Kreise in sehr großem Haßstabe Schweine¬
mast betrieben wird. In den Mastanstalten herrscht nicht nur ein reger Verkehr
von Händlern, sondern auch eine sehr lebhafte Aus- und Einfuhr von Schweinen,
welch letztere namentlich immer wieder zu Neuausbrüchen in bereits durch¬
geseuchten Beständen führte. Einer der ersten Mastbezirke des Kreises ist die Ge¬
meinde Bassum, hier brach die Seuche trotz der strengsten Sperrmaßregeln im
Juli 1912 von neuem aus, nachdem sie im ganzen Staate und auch im damals am
stärksten verseuchten Kreise Syke schon stark im Rüokgange begriffen war. Dem
Kreistierarzt in Syke wurden nunmehr für besonders stark bedrohte Viehbestände,
sowie zur Verhütung von Neuausbrüchen bei Neuankauf und Einstellen von noch
nicht durchgeseuohten Tieren in durchgeseuchte Bestände, namentlich auch für
Schweine 25 Liter Maul- und Klauenseucheserum zur Verfügung gestellt. Im Ein¬
vernehmen mit dem Geheimen Medizinalrat Professor Dr. Loeffler wurde als Impf¬
dosis für Sauen 30, für Pölke 10 und für Ferkel 5 ccm festgesetzt. Für Rinder
über 3 Monate sollten wie bisher 200 ccm verwandt werden. Ueber den Erfolg der
Impfung berichtet der Kreistierarzt Wilde folgendes:
„Es sind im ganzen in 74 Gehöften 22 Rinder, 50 Ziegen und 1192 Schweine
schutzgeimpft worden. Bei den Rindern und Schweinen habe ich in keinem Falle
eine Einwirkung der Impfung auf das Allgemeinbefinden beobachtet, trotzdem auch
Ferkel in den ersten Lebenstagen mitgeimpft wurden.
Was den Erfolg der Impfung anbetrifft, so sind seit der Anwendung der¬
selben in den Sperrgebieten Neuausbrüche der Maul- und Klauenseuche nicht mehr
vorgekommen, trotzdem die Gehöfte sehr eng beieinander, die Sohweineställe teil¬
weise direkt nebeneinander lagen. Auf Grund meiner Erfahrungen halte ich daher
den Schluß für berechtigt, daß die Impfung einen sicheren Schutz der noch nicht
infizierten Tiere bewirkt, und daß daher die Impfung ein wichtiger Faktor an der
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche ist. tt
Dem Berichte ist noch hinzuzufügen, daß die Seuche im Kreise Syke nach
Beendigung der Impfungen dauernd erloschen ist.
Demnach hat die Schutzimpfung mit großen Serum¬
dosen sich in dieser Versuchsreihe als veterinärpolizei¬
lich sehr brauchbares Bekämpfungsmittel der Maul- und
Maul- und Klauenseuche.
209
Klauenseuche erwiesen, das unter Umständen eine wesent¬
liche Erleichterung der Sperrmaßnahmen gestattet.
Ferner sind mit dem Serum alle Klauentiere der landwirtschaft¬
lichen Ausstellung in Strassburg i. E. geimpft worden. Auch auf der
diesjährigen Ausstellung in Hannover sollen alle Klauentiere schutz¬
geimpft werden 1 ).
Nach allen bisherigen Erfahrungen kann das Schutzserum, so wie
es auf der Insel Riems jetzt hergestellt wird, als ein geeignetes Hilfs¬
mittel im Kampfe gegen die Maul- und Klauenseuche angesehen werden.
Hindernd steht seiner veterinärpolizeilichen Verwendung der hohe Preis
im Wege. Bis jetzt sind die Selbstkosten des Serums pro Liter auf
100 M. anzusetzen, für ein Stück Großvieh stellt sich der Preis eines
Schutzes für einige Monate danach auf etwa 30 M. Dabei ist das
Tier dann in der Regel nur gegen die kleinen Mengen von Virus ge¬
schützt, wie sie durch Zwischenträger übertragen werden.
Wollte man die Schutzimpfung mit Serum veterinärpolizeilich all¬
gemein z. B. an den Grenzen verwenden, so müßten die durch Seuchen¬
herde gefährdeten Tiere alsbald geimpft werden. Dabei müßte man
den Kreis, innerhalb dessen die Tiere als gefährdet zu gelten hätten,
ziemlich weit fassen (Verschleppung durch Personen!). Mindestens
müßten alle Rinderbestände der verseuchten Ortschaften geimpft werden.
Die Kosten würden sehr erheblich sein. Vorläufig hat uns in Preußen
eine dafür ausreichende Serummenge nicht zur Verfügung gestanden.
Ich halte es aber für dringend notwendig, die Arbeiten über die
Serumherstellung fortzusetzen, vor allem auch mit dem Ziel, die Kosten
der Serumherstellung herabzusetzen.
Erwägenswert scheint mir auch die Wiederaufnahme der Arbeiten
über die Simultanimpfung zu sein. Sie ist viel billiger, läßt sich des¬
wegen in größerem Umfange durchführen und gibt einen höheren
Schutz. Sie birgt aber alle die Gefahren in sich, die das Arbeiten
mit Virus in empfänglichen Tierbeständen überhaupt mit sich bringt.
Nun wird zurzeit, soweit ich dies übersehen kann, in der Be¬
kämpfung der Maul- und Klauenseuche in den verschiedenen Ländern
sehr verschieden verfahren. Ich glaube sagen zu dürfen, daß z. T.
mit den allerschärfsten Maßnahmen vorgegangen wird (z. B. in England),
und daß anscheinend in anderen Ländern nichts gegen diese Seuche
geschieht. Daraus ergeben sich für Länder mit großen Landesgrenzen
1) Das ist geschehen. Beide Ausstellungen sind seuchenfrei geblieben.
Archiv f. wissensch. o. prakt. Tierheilk. Bd. 41. H. 3. n
210
NEVERMANN, Maul- und Klauenseuche.
(Personenverkehr) und für Länder mit einer großen Vieheinfuhr er¬
hebliche Schwierigkeiten, sobald sie an die Bekämpfung der Seuche
ernstlich herangehen. Diese Schwierigkeiten ließen sich wesentlich
mindern, wenn in Nachbarländern gleichmäßig verfahren würde. So¬
weit sind wir aber in Europa noch lange nicht.
Es läge nun sehr nahe, hier Vorschläge für ein solches gleich¬
mäßiges Vorgehen zu machen. Ich sehe nach reiflicher Ueberlegung
davon ab und schlage lediglich folgende Resolution vor:
1. Die Tötung verseuchter Viehbestände hat sich als ein geeignetes
Bekämpfungsmittel unter gewissen Voraussetzungen bewährt.
2. Strenge Sperrmaßnahmen, wie sie in den preußischeu Vor¬
schriften vorliegen, vermögen die Seuche in der Regel auf
ihren Herd zu beschränken. Zu ihrer erfolgreichen Durch¬
führung ist ausreichendes tierärztliches und polizeiliches Per¬
sonal unbedingt erforderlich.
3. Die Impfung mit Schutzserum ist ein brauchbares Hilfsmittel
im Kampfe gegen die Maul- und Klauenseuche. Weitere
Forschungen auf diesem Gebiete sind dringend wünschenswert.
4. Mit milden Maßnahmen ist gegen die Maul- und Klauenseuche
kein Erfolg zu erzielen.
VI.
Die Ursachen der multiplen Blutungen in der Skelett
muskulatur des Schweines.
Von
Tierarzt Karl Hertha und H. Borchardt, Berlin-Lichtenberg.
Die gesamte Skelettmuskulatur des Schweines kann von Blutungen
durchsetzt sein, doch ist dieser Fall selten. Meist sind nur einzelne
Muskelgruppen damit behaftet, und zwar am häufigsten der muskulöse
Teil des Zwerchfelles, dann die Muskeln des Nackens, des Bauches,
der Lenden und der Hinterschenkel.
Die blutigen Herde sind dunkelrot, auf der Schnittfläche glatt
und glänzend, meist spindelförmig, hirsekom- bis haferkorngroß, selten
größer, und liegen parallel zur Richtung der Muskelfasern.
Bei sehr häufigem Vorkommen von Blutungen in der Bauch-,
Lenden- und Schenkelmuskulatur konnten Verfasser auch Blutungen
im serösen Ueberzug des Nierenfettes, des Magens, des Darmes und
des Gekröses feststellen.
Auffallend ist, daß sich an den übrigen Teilen des Körpers im
allgemeinen keine Veränderungen feststellen lassen, und daß ins¬
besondere die Tiere vor der Schlachtung weder Fieber noch sonstige
Krankheitserscheinungen zeigen.
Bezüglich der Ursachen, die zur Entstehung der Blutungen Ver¬
anlassung geben, sind wir noch im Unklaren; es bestehen darüber
lediglich Vermutungen. So viel jedoch ist bekannt, daß eine toxische
oder infektiöse Ursache auszuschließen ist, und daß das Fleisch der¬
artiger Schlachttiere ohne irgendwelche Schädigung der menschlichen
Gesundheit genossen werden kann.
von Ostertag hat zuerst eingehende Untersuchungen zur Er¬
gründung der Ursachen angestellt. Nach ihm entstehen die Blutungen
durch Zerreißung der fibrillären Muskelfasern', die durch Ablagerung
14 *
212
HERTHA und BURCHARDT,
von Fett an Widerstandsfähigkeit verloren haben. Das auslösende
Moment erblickt er in der Bewegung der Tiere vor dem Schlachten
oder auf dem Transport, wobei als begünstigender Faktor der Um¬
stand hinzutritt, daß gemästete Schweine lange Zeit vorher den Stall
nicht verlassen haben und an keine Muskelarbeit gewöhnt sind. Nach
Johne werden die Blutungen durch Zerreißung von Muskeln und Ge¬
fäßen hervorgebracht. Ellinger führt das Zustandekommen der
Blutungen zum Teil auf mechanische Einflüsse, zum Teil auf eine
Schwäche in der Muskulatur zurück. Die Ansicht Noaks, der auch
beim Rind und bei Kälbern Blutungen beobachtet hat, geht dahin,
daß die Blutungen beim Schwein ihres frischen Zustandes wegen kurz
vor oder während der Tötung zustande kommen. Nach Bergers
Wahrnehmungen kommen die Blutungen nur bei betäubten Tieren vor.
Er vermutet deshalb, daß die Keulung die Ursache der Blutungen ist.
Letztere führt er auf eine Ruptur der Muskeln und Gefäße zurück.
Olt hat in jüngster Zeit an der Hand von 20 Fällen in einwandsfreier
Weise nachgewiesen, daß der Blutaustritt nicht durch Ruptur der Ge¬
fäße, sondern durch Diapedese zustande kommt. Er vermutet deshalb,
daß außer den bekannten wohl noch andere Ursachen dabei eine Rolle
spielen.
Aus diesen Literaturangaben erhellt, daß die Meinungen der ein¬
zelnen Autoren über das Zustandekommen der Blutungen verschieden
sind. Die meisten führen die Entstehung der Blutungen auf eine
Zerreißung der Muskeln und Gefäße zurück, herbeigeführt durch die
ungewohnten Bewegungen oder durch die mechanischen Einflüsse, die
Berger direkt in der Betäubung der Tiere beim Schlachten erblickt.
Olt dagegen nimmt an, daß außer diesen noch andere Ursachen bei
der Entstehung der Blutungen mitwirken, nachdem er festgestellt hat,
daß sie auf Diapedese zurückzuführen sind.
In Anbetracht dieser Meinungsverschiedenheiten wurden zur Er¬
mittlung der Ursache der Blutungen exakte makroskopische und mikro¬
skopische Untersuchungen angestellt und Tierversuche ausgeführt. Zu¬
gleich wurden Beobachtungen angestellt, ob Mastzustand, Konstitution
und Alter von Einfluß auf die Entstehung der Blutungen sind. Spe¬
ziellen Anlaß zur Ausführung derartiger Untersuchungen gab nach¬
stehender, im Juli 1911 bei Ausübung der Fleischbeschau zur Beob¬
achtung gelangter Fall:
Ein mittelfettes, etwa 9Monate altes, weibliches Schwein, zarter Konstitution,
zeigte sehr starke Blutungen im Zwerchfell und in der Nackenmuskulatur. Bei
Die Ursachen d. multiplen Blutungen in d. Skelettmuskulatur d. Schweines. 213
näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß die Blutungen sich nur auf die
rechte Seite des Tierkörpers beschränkten, während an der linken Seite weder im
Zwerchfell noch im Nacken eine Spur von Blutungen nachzuweisen war.
In der rechten Nackengegend, kurz hinter dem Hinterhauptsbein, war außer¬
dem eine frische, etwa 10 cm lange, von oben nach unten verlaufende Zusammen¬
hangstrennung der Haut und Muskulatur siohtbar, die augenscheinlich durch Fehl¬
schlagen mit dem Betäubungshammer erzeugt war.
Auf dem Schädeldach, in Augenhöhe, befand sich eine zweite Verletzung, die
ebenfalls durch den Betäubungsschlag entstanden war. Hier waren die Weichteile
zerstört, bzw. blutig infiltriert, das Schädeldach selbst jedoch unversehrt.
Das Gehirn war bereits entfernt, Spuren geronnenen Blutes ließen sich in
der Hirnhöhle nicht nachweisen, wohl aber bemerkte man im Bereiche des ersten
und zweiten Halswirbels, zwischen Dura mater spinalis und Halsmark, letzteres
wie ein starres Rohr umschließend, ein umfangreiches Blutkoagulum.
Mit diesem nicht im Zusammenhang stehend befand sich an der Ansatzstelle
des 5. und 6. Halsnerven am Rückenmark je ein etwa erbsengroßes Blutgerinnsel.
Diese Gerinnsel setzten sich unter der Dura bis in die Zwischenwirbellöcher fort,
jedoch waren sie auffallenderweise nur rechterseits vorhanden.
Dieser Befund ist insofern bemerkenswert, als bei einem Tiere
mit multiplen Blutungen gleichzeitig Verletzungen im Bereiche der
nervösen Bahnen vorliegen, die zu mehr oder weniger großen blutigen
Durchtränkungen der Subarachnoidealräume geführt haben. Diese
Erscheinung deutet darauf hin, daß vielleicht auch Läsionen der Nerven-
substanz eingetreten sind, die sich nur mikroskopisch nachweisen
lassen.
Beachtet man, daß neben dem 7., der 5. und 6. Halsnerv die
Ursprungsstätten der Zwerchfellnerven sind, und daß mit dem ein¬
seitigen Auftreten von Blutungen an diesen Stellen zugleich ein ein¬
seitiges Auftreten von multiplen Blutungen im Zwerchfell verbunden
war, so kommt man zu der Vermutung, daß beide Erscheinungen im
näheren Zusammenhänge miteinander stehen.
Es wurden daher zur Ausführung des eingangs erwähnten Planes
zunächst Untersuchungen über das pathologische Bild bei einer größeren
Anzahl von geschlachteten Tieren angestellt. Dabei wurden nur solche
Schweine untersucht, bei denen ausschließlich Blutungen an den Ab¬
gangsstellen der Halsnerven vom Rückenmarke vorhanden waren. Mithin
wurden alle Tiere ausgeschlossen, bei denen Gehirnblutungen vorhanden
waren, die sich bis in den Rückenmarkskanal erstreckten, ferner alle
Schweine mit Rückcnmarksblutungen, die eine größere Ausdehnung
hatten als die oben erwähnten.
Im ganzen sind 50 Fälle untersucht worden.
214
HERTHA und BURCHARDT,
Dabei wurde festgestellt, daß die multiplen Blutungen nicht nur
bei fetten, sondern auch bei mageren Schweinen angetroffen werden.
Das Verhältnis der fetten Tiere zu den mageren stellt sich bei den
untersuchten 50 Fällen wie 43:7. Auf absolute Genauigkeit haben
die ermittelten Zahlen jedoch keinen Anspruch, da ungleich mehr fette
als magere Schweine zur Schlachtung kommen.
Anders liegen die Verhältnisse bei Berücksichtigung der Konsti¬
tution. In den beobachteten Fällen wurden die multiplen Blutungen
bei Schweinen mit ausgesprochen derber Konstitution niemals, bei
Schweinen mit zarter Konstitution dagegen 45mal, d. h. in 90 pCt.,
bei solchen mit etwas derberem Körperbau dagegen nur 5 mal, d. h. in
10 pCt ermittelt. Demnach ist die zarte Konstitution als ein prä¬
disponierendes Moment für das Zustandekommen der multiplen Blu¬
tungen anzusehen.
Bezüglich des Alters finden sich insofern Verschiedenheiten, als
die multiplen Blutungen nur bei Tieren im Alter von 9 bis 15 Monaten,
niemals dagegen bei älteren Schweinen, wie Zuchtsauen, Ebern und
Eberkastraten ermittelt wurden. Nach den Angaben Schneiders
kommen Blutungen bei schlachtreifen Schweinen, die der ersten Gruppe
zngehören, höchstens in 25,7 pCt. vor. Ueber Tiere jüngeren Alters
enthält die Literatur keine Aufzeichnungen. Unsere Untersuchungen
ergaben einen Prozentsatz von 30,3 bei Tieren im Alter von 4 bis
6 Monaten.
Mit dem zunehmenden Alter treten demnach die multiplen Blu¬
tungen seltener auf. Der Grund hierfür dürfte darin zu suchen sein,
daß mit der Zeit, ähnlich wie bei Tieren mit derber Konstitution, der
Körperbau kräftiger und widerstandsfähiger wird.
Hiernach findet man die multiplen Blutungen am häufigsten bei
Tieren mit zarter Konstitution im jugendlichen Alter.
Bei der Untersuchung der einzelnen Fälle konnte ferner die Beob¬
achtung gemacht werden, daß neben den Blutungen in der Muskulatur
noch eine ganze Reihe anderer Erscheinungen zu finden war, die bisher
nicht genügend beobachtet worden sind.
Zunächst fällt die große Anzahl von Schweinen auf, bei denen
durch den Betäubungschlag Gewebszerstörungen an der Anheftungs¬
stelle der Nackenmuskulatur am Hinterhauptsbein und am hinteren
Teil des Schädeldaches zu beobachten sind. Dieser Befund ist um so
bemerkenswerter, als beim vorschriftsmäßigen Betäuben der Tiere die
Stelle des Kopfes getroffen werden soll, die auf dem Schnittpunkt
Die Ursachen d. multiplen Blutungen in d. Skelettmuskulatur d. Schweines. 215
zweier Linien liegt, die die Augen mit den gegenüberliegenden Ohren
verbinden.
Bei den erwähnten Verletzungen Anden sich in 8 /s der Fälle
Blutungen im Zwerchfell und Nacken, in 2 / 6 der Fälle dagegen nur
im Nacken oder im Zwerchfell, Nacken und der übrigen Muskulatur,
und zwar in der letztgenannten gleich häußg. Bei der Minderzahl von
Schweinen wurden Gewebszerstörungen nur auf dem hinteren Teile
des Schädeldaches angetroffen. Hiermit waren ebenso oft Blutungen
nur im Zwerchfell, wie solche im Zwerchfell und Nacken verknüpft;
nur je lmal waren Blutungen im Nacken allein und in der ganzen
Muskulatur dabei zu Anden.
Neben den Schlagverletzungen des Schädeldaches und der An¬
heftungsstelle der Nackenmuskulatur am Hinterhauptsbein wurden
weiter 31 mal Zerreißungen der Kapsel des ersten bzw. zweiten Hals¬
wirbelgelenks, 23 mal Rupturen der Beuger des Halses bzw. Kopfes und
2 mal Halswirbelbrüche beobachtet.
Daß diese Veränderungen auf den Betäubungsschlag zurückzu¬
führen sind, ergibt sich aus den frischen Veränderungen, die Vorlagen
und dem Umstande, daß bei Lebzeiten der Tiere keine Krankheits¬
symptome beobachtet worden sind, die auf eine Verletzung der ge¬
nannten Teile bezogen werden könnten.
Von Interesse sind die Blutungen in den Muskeln zwischen den
Dornfortsätzen der Halswirbel, die zum Unterschied von denen der
übrigen Muskeln nicht ßächenartig, sondern in Form von Strichen im
interstitiellen Bindegewebe zwischen den Muskelfasern auftreten. In
Schnittpräparaten ließ sich nachweisen, daß die Muskelfasern zerrissen
und daß die Blutungen nicht durch Diapedese, sondern durch Rhexis
entstanden waren.
Das Verhältnis der betroffenen Muskeln gestaltet sich zahlenmäßig
folgendermaßen:
Unter 50 mit Blutungen behafteten Schweinen wurden 35 mal
Rupturen in den Mm. interspinales festgesteilt. 23mal waren die
Mm. interspinales zwischen den Dornfortsätzen des 4. und 5. Hals¬
wirbels, 2mal diejenigen zwischen dem 4. bis 6. Halswirbel, 6mal
diejenigen zwischen dem 4. bis 7. Halswirbel, 2mal diejenigen zwischen
dem 4. bis 8. Halswirbel und 2 mal diejenigen zwischen dem 4. bis
8. Halswirbel mit gleichzeitigem Ergriffensein der Mm. interspinales
der ersten Brustwirbel betroffen. Auf die Fälle der mit multiplen
Blutungen behafteten Schweine verteilen sich die in den Dorn-
216
HERTHA und BURCHARDT,
fortsatzmuskeln Vorgefundenen Zerreißungen wie folgt: Es wurden
je 5mal Zerreißungen der Mm. interspinales bei 7 Nacken- und 9 Zwerch¬
fellblutungen und 19mal beim Vorhandensein von Blutungen im Nacken
und Zwerchfell festgestellt. Die Zerreißungen der Mm. interspinales
wurden stets gefunden, wenn Blutungen auch in anderen Körperteilen
anzutreffen waren.
Bei den mit Blutungen behafteten Schweinen finden sich fast
regelmäßig auch Blutergüsse im Bereiche der nervösen Bahnen, speziell
im Halsraark. Dieselben haben ihren Sitz in den subarachnoidealen
Räumen und liegen gewöhnlich an der Austrittsstelle des 1. und 2. bzw.
des 5. bis 7. Halsnerven. Es unterliegt keinem Zweifel, daß auch
diese Blutungen durch den Betäubungsschlag herbeigeführt sind. Nur
4 mal fehlten diese Blutergüsse im Halsmark unter den 50 untersuchten
Fällen. Es waren dies ausnahmslos Tiere, bei denen die Nacken¬
muskulatur allein und nur geringgradig mit Blutungen durchsetzt war.
Im Gegensatz hierzu sah man Blutungen im Halsmark und an
der Austrittsstelle, sowie im weiteren Verlaufe des 1. und 2. Halsnerven
bei Nackenmuskulaturblutungen, wenn letztere in stärkerem Grade an¬
zutreffen waren.
Bei Blutergüssen am 5, 6. und 7. Halsnerven waren stets Zwerch¬
fellblutungen vorhanden.
Es wurden auch beide Formen (1. und 2. bzw. 5. und 7. Halsnerv)
gleichzeitig gefunden, und zwar bildete dies die Regel.
Wenn außerdem noch der 8. Halsnerv und die ersten Brustnerven
betroffen waren, so erstreckten sich die Blutungen auch auf andere
Körperteile oder die gesamte Muskulatur.
Zum Zwecke der mikroskopischen Untersuchung wurden Schnitt¬
präparate vom Rückenmark und den Ansatzstellen der Halsnerven
angefertigt. Das Ergebnis der Untersuchungen war folgendes: Die
nervöse Substanz des Rückenmarkes wurde immer vollständig unver¬
sehrt gefunden, dagegen zeigten sich Rupturen an der Pia mater und
zwischen den Rupturen Blutextravasate. Die Fasern der vorderen und
hinteren Nervenwurzeln waren teilweise zerrissen und die dadurch ent¬
standenen Lücken mit Blut angefüllt.
Aus dem Geschilderten ist der Schluß zu ziehen, daß zwischen
der Ausbreitung der Blutungen am Halsmark und dem Vorkommen
von Blutungen im Körper ein bestimmtes Verhältnis besteht, derart,
daß Blutungen an den einzelnen Halsnerven Blutungen an bestimmten
Körperregionen im Gefolge haben. Ferner ist mit zunehmender An-
Die Ursachen d. multiplen Blutungen in d. Skelettmuskulatur d. Schweines. 217
zahl der Halsnervenverletzungen auch eine Zunahme der Blutungen
im Körper verbunden.
Alle mit multiplen Blutungen behafteten Schweine lassen sich
nach den beobachteten und beschriebenen Merkmalen in 3 Gruppen
zerlegen, die hier aufgeführt werden mögen. Jede dieser Gruppen
zeichnet sich durch bestimmte Merkmale aus.
Multiple Blutungen in
I. Nacken: Genickschlag, Blutungen an der Ansatzstelle des l.und
2. Halsnerven, keine oder geringe Rupturen der Mm. inter¬
spinales zwischen dem 4. und 5. Dornfortsatz der Halswirbel.
II. Nacken und Zwerchfell: Befund wie bei I, dazu Blutungen an der
5., 6. und 7. Halsnervenwurzel, Rupturen der Mm. interspinales
zwischen dem 4., 5. und 6. Dornfortsatz.
HI. Nacken, Zwerchfell und anderen Körperteilen: Befund wie
bei II, dazu Blutungen an der 7., 8. Hals- bzw. 1. Brust-
nervenwurzel und darüber hinaus; Rupturen der Mm. inter¬
spinales des Halses und gelegentlich der Mm. interspinales
des Rückens.
Die bei Schweinen mit multiplen Blutungen bisher angeführten
Kennzeichen werden noch in besonders stark ausgeprägten Fällen
durch weitere Erscheinungen ergänzt. Das Material zu diesem Stu¬
dium boten die der Freibank überwiesenen Tiere. Bei der Zerlegung
derselben zeigte sich nämlich, daß außer der Dornfortsatzmuskulatur
auch andere Muskeln, wie Scaleni, Recti, Capitis usw. sehr häufig zer¬
rissen sind. Im einzelnen lagen große Verschiedenheiten der be¬
teiligten Muskeln vor. In jedem Falle waren aber die Stellen des
Kopfes und Halses davon betroffen.
Es ist zweifellos, daß die Schlagwirkung auch diese Rupturen
verursacht hat. Das wechselnde Ergriffensein der einzelnen Muskeln
muß demnach von der Stellung des Halses und Kopfes im Momente,
wo sie der Betäubungsschlag trifft, abhängen.
Bei Betrachtung des Gesamtbildes war zu prüfen, ob die neben
den multiplen Blutungen auftretenden Begleiterscheinungen speziell
nur bei diesen zu finden sind und damit ursächlich im Zusammenhang
stehen, oder ob sie auch bei anderen Tieren ohne multiple Blutungen
anzutreffen sind.
Die Untersuchungen ergaben folgendes: Bei Schweinen ohne
Blutungen in der Muskulatur waren Blutungen im Halsmark keine
Seltenheit. Der Ursprung derselben befand sich meist in der Hirn-
218
HERTHA und BURCHARDT,
höhle oder in der Höhe des ersten Halswirbelgelenks. Entweder waren
die Blutergüsse hier lokalisiert oder sie erstreckten sich zuweilen
kaudalwärts in den subarachnoidealen Räumen bis in die Lenden¬
gegend. Der Ursprungsherd dieser Blutungen ließ sich nur bei solchen
Schweinen mit Sicherheit feststellen, bei denen nicht der ganze Wirbel¬
kanal mit Blut angefüllt war. Meist werden die Schweine auf der
rechten Seite liegend abgestochen, und da das Blut nach der tiefsten
Stelle fließt, so überwiegt die halbseitige Blutansammlung im Wirbel¬
kanal. ln den Fällen mit vollständiger Blutanfüllung dieses Kanales
lagen gewöhnlich starke Schädelzertrümmerungen vor, so daß auch
diese Blutungen den Gehirnblutungen zuzurechnen sind.
Aus diesen Feststellungen ergibt sich, daß die im Rückenmarks¬
kanal vorkommenden Blutungen einen verschiedenen Ursprung haben,
direkte oder fortgeleitete sind, und daß somit der Sitz der mit mul¬
tiplen Blutungen in den Muskeln verbundenen Blutungen des Hals¬
markes ein typischer ist.
Geringgradige Rupturen der Mm. interspinales wurden häufiger
bemerkt. Sie waren meist beschränkt auf die Mm. interspinales, die
zwischen 4. und 5. Dornfortsatz lagen. Bezüglich der übrigen Muskeln
des Kopfes wurden ähnliche Beobachtungen gemacht. Demnach kann
man diesen Muskelrupturen nicht die Bedeutung beilegen, die sie
anfangs zu haben schienen.
Die Schlagverletzungen im Genick wurden nur bei Tieren beob¬
achtet, bei denen gleichzeitig multiple Blutungen in den Muskeln nach¬
zuweisen waren.
Aus diesen Gründen sind die Blutungen im Halsmark sowie die
Schlagverletzungen des Nackens notgedrungen in direkten Zusammen¬
hang mit den multiplen Blutungen zu bringen. Da diese Verletzungen
nur durch den Betäubungsschlag herbeigeführt werden, so muß der
ins Genick geführte Schlag als Ursache für die Entstehung der mul¬
tiplen Blutungen in Betracht kommen. Unter der Voraussetzung, daß
diese Schlußfolgerung zutreffend ist, mußten dementsprechend bei Er¬
zeugung solcher Schlagverletzungen auch multiple Blutungen entstehen.
Es wurden daher zum Teil in Gemeinschaft mit dem Polizeitierarzt
Herrn Dr. Burchardt die nachstehenden Versuche ausgeführt.
Versuche.
Zunächst wurden Schweine durch beliebig ausgeführte Schläge auf
den hinteren Teil des Schädeldaches betäubt. Hierbei fanden sich in
Die Ursachen d. multiplen Blutungen in d. Skelettmuskulatur d. Schweines. 219
einigen Fällen Blutungen in den Muskeln des Nackens. Sobald der
Schlag kräftig und senkrecht zur Ansatzstelle der Nackenmuskulatur
geführt wurde, konnten außer den Blutungen die unter 1. (s. S. 217)
angeführten Begleiterscheinungen regelmäßig erzeugt werden.
Es blieb noch übrig, an den weiter nach hinten liegenden Teilen
des Halsmarkes die entsprechenden Verletzungen hervorzurufen. Dies
konnte erst dann erreicht werden, wenn die Schlagrichtung geändert
wurde, und zwar dadurch, daß die Schläge zwar auf denselben Punkt,
aber in der Richtung nach hinten erfolgten. So wurde ermittelt, daß
bei Ausführung des Betäubungsschlages in der Richtung vom Kopf auf
das Buggelenk die meisten Erfolge zu erzielen waren.
Um eine Erklärung hierfür zu gewinnen, ist es erforderlich, die
anatomische Einrichtung der Wirbelsäule, speziell der Halswirbelsäule
zu beachten. Die letztere nimmt vom Kopf nach dem Rücken zu
einen geschwungenen Verlauf. Der feste Punkt liegt am Uebergang
zum Rücken. Es leuchtet ein, daß die Wirkung des Schlages am
festen Punkte und in den Kurven — das ist die Gegend des 6. und 7.,
zum Teil auch des 1. und 2. Halswirbels — gebrochen wird. Bei
letzteren wirkt auch der Schlag direkt.
Unter diesem Gesichtspunkte wurden die Versuche ausgeführt, und
zwar ohne Rücksicht auf Alter, Mastzustand und Konstitution der
Tiere.
Die erzielten Resultate sind im folgenden wiedergegeben.
Von 45 auf die angegebene Art betäubten Tieren waren 39,
d. h. 86,7 pCt. mit multiplen Blutungen behaftet. Es war also gelungen,
durch die an bestimmter Stelle und in bestimmter Richtung ausge¬
führten Betäubungsschläge Verletzungen des Halsmarkes und der
Schlagstelle zu erzeugen, die ihrerseits wieder multiple Blutungen im
Gefolge hatten. Neben einigen stark ausgeprägten Fällen beobachtete
man in der Mehrzahl geringgradige Blutungen bei den Versuchstieren.
Der hohe Prozentsatz von 86,7, im Gegensatz zu den bisher in der
Literatur Vorgefundenen Aufzeichnungen —Ostertag 8pCt., Schneider
25,7 pCt. bei den regulären Schlachtungen — läßt den Schluß zu, daß
die Art der Schlachtung, d. h. der Betäubung für die Entstehung der
multiplen Blutungen von Entscheidung ist.
In den 6 Fällen mit negativem Erfolge fanden sich nur Ver¬
letzungen an der Schlagstelle. Der hier einwirkende Schlag war also
entweder nicht kräftig genug, oder aber der Körper der Schweine ihm
gegenüber zu widerstandsfähig gewesen. Bedenkt man, daß die Schläge
220
HERTHA und BURCHARDT,
mit voller Wucht ausgeführt wurden und auch die vorgeschriebene
Stelle getroffen hatten, so kann nur der letztere Umstand dafür als
Ursache in Betracht kommen.
Es war, wie eingangs ausgeführt, bei den 50 Schweinen, bei
denen der pathologische Befund ermittelt wurde, die Beobachtung ge¬
macht worden, daß die multiplen Blutungen bei Tieren mit derber
Konstitution niemals, bei solchen mit zarter Konstitution in 90 pCt.
und bei denen mit etwas derberem Körperbau in 10 pCt. der Fälle
auftreten. Bei den 45 Versuchstieren ließen sich die gleichen Resultate
künstlich erzeugen. Hiermit im Einklang steht die Beobachtung, daß
die 6 Fälle mit negativem Erfolge ausnahmslos Tiere von derber Kon¬
stitution, darunter 2 alte Zuchtsäue, betreffen. Der negative Aus¬
fall ist daher nur so zu erklären, daß Schweine mit derbem Körperbau,
wozu alle älteren Tiere zu zählen sind, dem Schlage einen stärkeren
Widerstand entgegensetzen, und daß es bei ihnen nicht gelingt, Ver¬
letzungen zu erzeugen, die multiple Blutungen im Gefolge haben.
Auch die bezüglich des Mastzustandes ausgesprochenen Ver¬
mutungen fanden ihre Bestätigung. Wenn auch zugegeben werden
muß, daß die Muskulatur durch Fettablagerung an Widerstandskraft
einbüßt, so bietet doch das starke Knochengerüst dem Schlage so viel
Widerstand, daß trotz starker Mast bei sehr derben und alten Schweinen
Blutungen nicht zustande kommen.
Es möge an dieser Stelle noch gestattet sein, eine Erklärung für
die bereits oben erwähnte Beobachtung anzuführen, daß nämlich neben
einzelnen stark ausgeprägten Fällen in der Mehrzahl geringgradige
Blutungen bei den Versuchstieren gefunden wurden.
Man mußte erwarten, daß bei Tieren von ungefähr gleichem Alter
und gleicher Konstitution und bei derselben Keulungsart dieselben
Symptome auftreten würden. Dies traf aber, wie bereits gesagt, nicht
immer zu, denn man fand Nackcnmuskulaturblutungen für sich allein,
oder in Gemeinschaft mit Zwerchfellblutungen und ebenso häufig letztere
für sich. Der Grund hierfür mag darin liegen, daß wohl die Schläge
nicht immer in derselben Richtung ausgeführt wurden, ferner aber
auch in dem Umstand, daß die Kopfhaltung und Stellung des Halses
im Moment der Schlagwirkung nicht immer die gleiche war.
Rupturen der Mm. interspinales wurden bei großer Ausdehnung
der multiplen Blutungen stets beobachtet. Im übrigen fand man
letztere nur in der Hälfte der Fälle, denn, wie schon erwähnt worden
ist, kommen diese Rupturen auch bei Schweinen vor, die nicht mit
Die Ursachen d. multiplen Blutungen in d. Skelettmuskulatur d. Schweines. 221
multiplen Blutungen behaftet sind. Wenn sie auch durch die Schlag¬
wirkung hervorgebracht werden, so ist trotzdem der Schluß zu ziehen,
daß sie zur Erzeugung von multiplen Blutungen keine Vorbedingung
bilden.
Blutungen am Halsmark waren mit Ausnahme eines Falles bei
allen Versuchstieren mit multiplen Blutungen zu finden. In diesem
Falle war aber nur scheinbar keine Blutung vorhanden, denn bei ge¬
nauer Untersuchung fand man einen Blutaustritt, und zwar an der
Stelle, wo die Halsnerven das Zwischen wirbeldach verlassen und in
festeres Bindegewebe eintreten.
Demnach bilden die Verletzungen am Halsmark oder im weiteren
Verlaufe der nervösen Bahnen einen notwendigen Bestandteil für die Ent¬
stehung der multiplen Blutungen, selbst in den Fällen, wo andere Begleit¬
erscheinungen fehlen. Mit anderen Worten, die Verletzungen
der nervösen Substanz bilden die Voraussetzung für das
Zustandekommen von multiplen Blutungen im Körper.
Da solche Verletzungen ihre Ursache in dem Bctäubungsschlag
haben, so muß mithin das Betäuben durch Schlagen auf den
hinteren Teil des Schädeldaches bzw. auf die Ansatzstelle
des Nackens als die Ursache für das Zustandekommen der
multiplen Blutungen angesehen werden. Durch die Art der
Schlachtung ist also das Zustandekommen multipler Blutungen zu
vermeiden.
VII.
Aus dem hygienischen Institut der Königl. Tierärztl. Hochschule zu Hannover.
(Direktor: Professor Dr. Mießner.)
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Trächtig¬
keit bei Tieren mit besonderer Berücksichtigung der
Fehlerquellen.
Von
Dr. Moriz Kahn, Trier.
Die Diagnose der Trächtigkeit, besonders aber eine frühzeitige
sichere Feststellung derselben, ist für die Landwirtschaft von Inter¬
esse, da sie ihr große Vorteile materieller Art bietet. Fast stets hat
ein trächtiges Tier, zumal es unter der Zusicherung „trächtig“ ver¬
kauft werden kann, einen höheren Preis als ein solches von gleicher
Güte, das nicht tragend ist. Bislang gab es nun für die ersten Monate
nach der Befruchtung keine sicheren Anzeichen dafür, daß eine solche
stattgefunden hatte. Zwar trifft in vielen Fällen zu, daß befruchtete
Stuten den Hengst abweisen, doch ist es auch für den Züchter
nicht ratsam, die Tiere allzuoft decken zu lassen. Die Erfahrung
lehrt nämlich, daß Stuten, wenn sie oft gedeckt werden, entweder nur
schwer aufnehmen oder sogar verwerfen, wenn beim vorherigen Deck¬
akt schon eine Konzeption stattgefunden hatte. Der Fötus wird
aber wegen seiner Kleinheit nicht bemerkt, und jetzt wird es recht
langwierig, die Stute wieder zu befruchten, da Stuten, die verworfen
haben, sehr schwer wieder aufnehmen.
Vor Ablauf der Hälfte der Trächtigkeitsperiode war es bisher
meist unmöglich, einwandfrei festzustellen, ob ein Tier tragend war
oder nicht. Erst von dieser Zeit ab konnte man, sei es durch den
größeren Leibesumfang, sei es durch Palpation des Bauches, oder
vom Rektum oder der Scheide aus die sichere Diagnose „Trächtigkeit“
stellen. Bei den letzteren Untersuchungsarten ist jedoch leicht ein
Abortieren zu befürchten. Es hat daher für die Veterinärmedizin wie
für die Landwirtschaft die allergrößte Bedeutung, wenn wir mit Hilfe
besserer Methoden ohne Gefährdung des Tieres frühzeitiger als bisher
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 223
die Diagnose Trächtigkeit zu stellen imstande sind. Zu dem Zwecke
hat Abderhalden in dem Dialysierverfahren eine Methode gefunden,
welche den geforderten Ansprüchen zu genügen scheint.
Wissenschaftlicher Teil.
Der Körper höher organisierter Tiere steht ebenso wie die ein¬
zelligen Lebewesen bestimmten, nach Ort und Zeit wechselnden Stoffen
der Außenwelt gegenüber. Diese Substanzen sind je nach ihrem
chemischen Aufbau und ihrer Zusammensetzung für die betreffenden
Zellen als Nahrungsmittel verwertbar oder nicht. Im letzteren Falle
können sie schwere Schädigungen und selbst den Tod der Zellen her¬
beiführen. Nun verfügt aber der aus den verschiedenartigsten Zell¬
komplexen aufgebaute Organismus über mannigfaltige Einrichtungen,
die ermöglichen, daß die einzelnen Zellarten imstande sind, schädliche
Stoffe abzuhalten, oder sie so abzubauen, daß die Zellfunktion mög¬
lichst wenig gestört wird. In der Zellmembran besitzt jede einzelne
Zelle eine Schutzwehr, die das Eindringen schädlicher Substanzen
verhindern kann. Der Abbau geschieht größtenteils auf chemischem
Wege, sei es durch Hydrolyse, Reduktion, Oxydation oder schließlich
durch Bindung und Zusamraenketten mit anderen Stoffen oder durch
direkte Spaltung. Den Schutz der Zelle gegen schädliche Stoffe über¬
nehmen neben der Zellwand auch noch Fermente. Dies sind solche
Körper, die imstande sind, kompliziert gebaute organische Verbindungen
bei Gegenwart von Wasser in einfachere Moleküle zu spalten. Ihrer
Natur nach sind die Fermente vorläufig noch nicht bekannt. Wir
kennen nur ihre spezifische Wirkung und Bedeutung für den Zellstoflf-
wechsel. Sie sind auf bestimmte Stoflfgruppen spezifisch eingestellt
und besitzen die Eigenschaft, daß schon ganz geringe Mengen große
chemische Umwandlungen bewirken können. Die Fermente sind imstande,
aus den der Zelle zugeführten Nährstoffen die Bausteine für dieselbe
zu liefern, indem sie die Nährsubstanzen bis auf die einfachsten für
die tierische Zelle verwertbaren Stoffe abbauen. Bei fast allen Tieren,
und selbst bei den einzelligen Lebewesen, ist es erforderlich, daß die
Nährstoffe, die von der Zelle aufgenommen und verarbeitet werden
sollen, in ihre einfacheren Bestandteile zerlegt werden müssen. So
können viele Stoffe zum Aufbau der Zelle verwendet werden, die ohne
Hilfe der Fermente überhaupt nicht in das Innere der Zellen gelangen
könnten.
224
KAHN,
Wie bei den niederen Lebewesen einzelne Zellen durch ihr Zu¬
sammenarbeiten einen ständigen Auf- und Abbau bewirken, so liegen
auch die Verhältnisse dementsprechend bei den höheren Tieren. In
dem großen Zellstaate, den jedes höher organisierte Lebewesen besitzt,
haben sich bestimmte Zellgruppen zu den sog. Organen in größeren
Verbänden zusammengeschlossen. Mit der höheren Entwicklung und
Organisation der Tiere übernehmen bestimmte Zellgruppen eine be¬
stimmte Arbeit, die dann dem Gesamtorganismus zugute kommt. Die
Zellen der einzelnen Organe besitzen entsprechend ihrer Tätigkeit einen
ganz spezifischen Aufbau, der sie befähigt, ganz bestimmte Sekrete
zu liefern, oder eine andere Funktion auszuüben. So ist es auch ver¬
ständlich, daß die Leberzellen z. B. ausschließlich Galle liefern.
Bei den mit einem Verdauungsschlauch ausgestatteten Tieren
treten nur die Zellen des letzteren bei der Nahrungsaufnahme mit
der Außenwelt in Verbindung. Sie liefern Fermente, die die Nahrung
in ihre einfachen Bestandteile zerlegen, die dann als Bausteine für
den Organismus Verwendung finden. Die von außen aufgenommene
Nahrung zeigt im chemischen und biologischen Sinne eine sehr ver¬
schiedene Zusammensetzung. Die Arbeit des Darmkanals besteht
darin, das Gemisch von Nahrungstoffen in niedere und indifferente
Abbaustufen überzuführen.
Als Fötus erhält das Säugetier durch die Mutter nur solche
Nahrung zugeführt, die von letzterer körpereigen gemacht worden ist.
Dem Fötus fällt also nur die Aufgabe zu, dieses körpereigene Material
blut- und zelleigen zu machen.
Bei den jugendlichen Säugetieren haben die Zellen des Darm¬
kanals anfänglich eine einfache Arbeit zu leisten. In der Regel erhält
das Tier in der ersten Zeit seines Lebens nur stets ein und dieselbe
Nahrung, und zwar ein Gemisch von arteigenen Stoffen, d. h. die Milch
des Muttertieres. Die Zellen des Darmes stehen also, was Abbau
anbelangt, stets denselben Stoffen gegenüber, da ja bei der Milch¬
nahrung beständig dieselben Abbaustufen und Spaltprodukte entstehen.
Im späteren Alter, mit der Aufnahme gemischter Nahrung, wird die
Arbeit des Verdauungsschlauches viel schwieriger.
Bevor nun die im Darmkanal umgewandelte und dann resorbierte
Nahrung dem großen Blutkreislauf übergeben wird, unterliegt ein Teil
derselben noch einer scharfen Kontrolle in der Leber. Einige Stoffe
werden hier gebunden, andere weiter abgebaut, reduziert, oxydiert,
andere wiederum sogar von den Leberzellen zurückbehalten, um all-
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 225
mählich je nach Bedarf der Blutbahn übergeben oder vollständig aus¬
geschaltet zu werden. Es wird also verhindert, daß fremdartige Stoffe
dem Blute zugeführt werden. Ah die Körperzellen gelangen nur
körper- und bluteigene Nährstoffe. Man muß sich vorstellen, daß beim
Abbau der Nahrungstoffe stets dieselben Abbaustufen auftreten und
in bestimmten Mengen in das Blut gelangen. Der Zellstoffwechsel
ist demnach quantitativ und qualitativ genau geregelt. Es wird den
Körperzellen mit dem Blute eine Nährstofflösung zugetragen, deren
Zusammensetzung eine konstante ist.
Von dieser Tatsache ausgehend, kann man einmal körperfremde
und körpereigene Stoffe unterscheiden. Zu ersteren rechnet man
solche Substanzen, die ihrem ganzen Aufbau und ihrer Zusammen¬
setzung nach abweichen von der Zusammensetzung des Organismus.
Es gehören hierher alle Nahrungsstoffe, soweit nicht schon ein¬
fachste Abbauprodukte, - wie z. B. Traubenzucker zur Aufnahme ge¬
langen.
Mit dem Namen „körpereigen“ sind dagegen die Stoffe zu be¬
zeichnen, die entsprechend dem Aufbau des betreffenden Individuums
vollständig umgearbeitet und so dessen Körperzellen angepaßt sind.
Diese Substanzen sind für den Körper nichts ganz Fremdes, wohl
aber können sie es für einzelne Organe oder bestimmte Zellarten sein.
Demnach unterscheidet man zwischen organeigenen und noch spezieller
zelleigenen und andererseits bluteigenen Stoffen. Die zelleigenen und
organeigenen Stoffe unterscheiden sich auch untereinander, da sie ja
auch auf bestimmte Zellgruppen, auf welche sie einwirken, eingestellt
sind. Den Beweis hierfür erbringen die Sekrete der einzelnen Organe,
die bei anderen ganz entfernt liegenden Organen ganz bestimmte Er¬
scheinungen hervorrufen. Es müssen also sowohl diese Sekrete selbst
als auch die Zellen, auf welche sie einwirken sollen, aufeinander ein¬
gestellt sein, denn sonst wäre diese Abhängigkeit der Organe von¬
einander unverständlich.
Stoffe, die erst nach genügend vollendetem Abbau in das Blut
gelangen, sind bluteigen. Nicht genügend abgebaute Zellprodukte und
Nahrungsstoffe sind blutfrerad. Gelangen nicht genügend abgebaute
Zellen eines Organs in ein anderes, so sind erstere für die Zellen des
letzteren zellfrerad, können aber durch entsprechenden Ab- bzw. Umbau
zelleigen gemacht werden. Hungerversuche bestätigen, daß der tierische
Organismus befähigt ist, bestimmte Zellen aus ganz anderem Zell¬
material herzustellen. Hier werden bluteigene Stolle an das Blut ab-
Archiv f. wissenseh. u. prakt. Tierhoilk. Bd. 41. H. 1*.
15
226 KAHN,
gegeben und aus diesem indifferenten Material werden wieder spezi¬
fische Zellbausteine gebildet.
Wenn die Nahrung mit ihrer für die Körperzellen vollständig
fremden Zusammensetzung unvorbereitet durch den Verdauungsschlauch
direkt der ßlutbahn selbst einverleibt würde und vom Blute an die
Körperzellen abgegeben werden müßte, dann wäre eine Kontrolle des
Gesamtstoffwechsels nicht möglich, und der Organismus wäre beständig
großen Gefahren und Ucberraschungen ausgesetzt. Die Reaktion des
Blutes wäre von der jedesmaligen Mehrheit der in ihm kreisenden
Stoffe abhängig. Die Zusammensetzung des Blutes wäre keine kon¬
stante. Die Zellen müßten sich die für sie passenden Nährstoffe aus¬
suchen und würden demnach gleichsam einen in sich abgeschlossenen
Organismus bilden ebenso wie ein einzelliges Lebewesen. Hierdurch
könnte leicht der Gesamtorganismus Schaden nehmen.
Demgegenüber ist aber der tierische Organismus geschützt, indem
teils der Darmkanal, teils die Lcberzellcn nur körpereigen und dann
bluteigen gemachte Substanzen in die Blutbahn entlassen. So kommen
die Zellen stets mit einem gleichen Gemisch von Nährstoffen und
Abbaustufen in Berührung, mit dem sie schon vertraut sind. Gleich¬
mäßig vollzieht sich ihr Stoffwechsel, ganz unabhängig von der Be¬
schaffenheit der aufgenommenen Nahrung, die ja als umgewandeltes,
dem gesamten Stoffwechsel angepaßtes Nährmatcrial Verwendung
findet.
Ebensowenig wie die Darm- und Leberzellen blutfrerade Stoffe
ohne Störung des Organismus an das Blut abgeben dürfen, kann dies
die einzelne Zelle durch Entlassung zelleigener Substanzen tun. Letztere
müssen so weit zerlegt sein, daß sie bluteigen sind. Würden die ein¬
zelnen Zellarten die verschiedenartigsten Produkte an das Blut ab¬
geben, so würde die Zusammensetzung desselben gestört und einem
steten Wechsel unterworfen sein. Es darf also nur solches Material
in die Blutbahn entlassen werden, das nichts mehr von der Struktur
der Zelle erkennen läßt. Im Blute sind stets die gleichen Abbau¬
produkte und Nährsubstanzen gemischt vorhanden; seine Zusammen¬
setzung ist konstant. Das Arbeiten des Gesamtorganismus ist mit
einer großen Fabrik vergleichbar, in der die Arbeit von Hand in Hand
geht, jeder Arbeiter und jede Maschine einen bestimmten Arbeitsplan
hat und in bestimmter Art und Weise tätig ist. Solange diese Ord¬
nung gewahrt wird, geht alles seinen geregelten Gang. Sobald aber
ein Arbeiter an eine ihm fremde Maschine gestellt wird, die er hand-
Das Dialysierverfabren zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 227
haben soll, oder der Maschine fremdartige Stoffe zur Verarbeitung
gereicht werden, gerät der ganze Betrieb ins Stocken und das Werk
muß feiern. In dem ganzen Zellstaate müssen die Bedingungen im
chemischen und physikalischen Sinne stets annähernd die gleichen
sein. Sonst wären die Wechselbeziehungen der Organe nicht aufrecht
zu erhalten.
Die letzte Schutzwehr gegen das Eindringen zelleigener Stoffe in
die Blutbahn stellt die Lymphe dar, die die Beziehungen zwischen
Körperzellen und großem Blutkreisläufe vermittelt. Der ganze Or¬
ganismus stellt also einen großen, gegen die Außenwelt abgeschlossenen
Zellenstaat dar.
Sobald sich an irgend einer Stelle des Körpers fremde Zellen
und Organismen ansiedeln, wird das Gleichgewicht und der regelmäßige
Gang des Stoffwechsels gestört. Die neu angesiedelten Zellen haben
eine andere Organisation und dementsprechend einen eigenen Zellstoff¬
wechsel, den sie auch an ihrem neuen Ansiedlungsort beibehalten
werden. Es gelangen andere Stoffwechselendprodukte und durch Zer¬
fall einzelner der fremden Zellen blutfremde Substanzen in die Blut¬
bahn. Letztere sind zudem noch art- und zellfremd. Das bisher bis
ins kleinste geregelte feine Zusammenarbeiten der Zellen und ihr
Stoffwechsel wird durch die im Blute kreisenden Stoffe aufs schwerste
geschädigt, trotzdem Darm- und Leberzellen nach wie vor nur körper-
und bluteigene Stoffe abgeben. Oben geschilderte Vorgänge müssen
cintreten, wenn Geschwulstzellen und Mikroorganismen sich an irgend¬
einer Stelle des Körpers festsetzen und hier ihren eigenen Stoffwechsel
unentwegt fortsetzen.
Es drängt sich hierbei die Frage auf: „Ist der Organismus be¬
fähigt, art- und blutfremde Stoffe, die in seinem Blute kreisen, zu
beseitigen, oder ist er den schädlichen Einwirkungen derselben schutzlos
preisgegeben?“ Wenn der Organismus diesen Schutz übernehmen
kann, so müssen auch noch die Körperzellen, d. h. die Zellen außer
Darm und Leber, die Fähigkeit besitzen, fremde Stoffe in indifferente
Substanzen ab- und umzubauen.
Die Körperzellen besitzen tatsächlich, ähnlich wie die Darrazcllcn,
Fermente, die es ihnen ermöglichen, Spaltung und Abbau der dar¬
gebotenen fremden Stoffe durchzuführen. Es ist nachgewiesen worden,
daß sie imstande sind, Fette durch Wasseraufnahme in Alkohol und
Fettsäuren zu zerlegen. Ebenso wissen wir, daß das in Leber und
Muskelzellen aufgespeicherte Glykogen durch Fermente in Dextrin,
15 *
228
KAHN,
Maltose und weiter in Traubenzucker übergeführt wird. Andere Fer¬
mente ermöglichen es den Körperzellen, Eiweißstoffe in Peptone über¬
zuführen, die bis zu Aminosäuren und weiter abgebaut werden. Poly¬
peptide werden durch die sog. peptolytischen Fermente gespalten.
Neben den übrigen Körperzellen sind solche Fermente besonders
den weißen und roten Blutkörperchen eigen. Diese können also alle
gleichsam selbst verdauen. Unter normalen Verhältnissen ist das
Blutplasma beim Menschen und auch bei den meisten Tieren nicht
imstande zu verdauen. Die Fermente müssen in solchem Zustande
hier fehlen. Dies ist dadurch erklärlich, daß normalerweise nie Stoffe
ins Blutplasma gelangen, die blutfremd sind. Es braucht also hier
kein Abbau zu erfolgen.
Dies ändert sich, sobald man den Zutritt blutfremden und auch
körperfremden Materials zum Blute herbeiführt, indem man den Darm¬
kanal mit seinen Anhangsdrüsen ausschaltet, also die betreffenden
Stoffe parenteral dem Organismus einvcrleibt.
Findet tatsächlich im Körper infolge Fermentwirkung ein Abbau
blutfremden Materials statt, so müssen dessen Abbauprodukte im
Blute vorhanden sein. Der Nachweis desselben ist aber mit den bis¬
herigen Methoden auf direktem Wege nicht möglich. Deshalb ver¬
wandte Abderhalden die indirekte Methode, indem er in vitro beim
Zusammenbringen von Serum und entsprechendem Antigen die Ent¬
stehung der abgebauten Eiweißstoffe nachzuweisen suchte. Dies ge¬
schah mit Hilfe der Dialysiermethode.
In einem Dialysierschlauch ließ man eine geringe Menge Serum
eines normalen gesunden Tieres auf Eiweiß längere Zeit einwirken
und gegen destilliertes Wasser dialysieren. Dann spritzte man dem¬
selben Versuchstiere eine kleine Menge einer Eiweißlösung in die
Blutbahn und stellte nach einiger Zeit den gleichen Versuch wie vorher
an. Nach wenigen Stunden konnte man im Dialysat des zweiten
Versuches mit Hilfe der Biuretreaktion Peptone, also Abbauprodukte
des Eiweißes, feststellen, während die Reaktion bei der Außenflüssigkeit
des ersten Versuches ausblieb. Bei Versuchen, die mit Serum und
Plasma von mit Eiweiß vorbehandelten Tieren ohne Zusatz von Eiweiß
in der Hülse angesetzt wurden, ließen sich in der Außenflüssigkeit keine
Peptone nachweisen. Erhitzte man das Serum der vorbehandelten Tiere
kurze Zeit auf 60 °, so ließ es keine abbauende Wirkung mehr erkennen.
Nicht nur Eiweißkörper können im Blutplasma abgebaut werden,
sondern auch andere körper- und blutfremde Stoffe, sofern sic dem
Das Dialysierverfabren zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 220
Organismus nicht allzufrcmd sind. Die Versuche wurden mit Eier¬
eiweiß, Pferdeblutserum und anderen Stoffen ausgeführt. Hierbei
wurde eine gewisse Spezifität der Fermente beobachtet. So wurde
nach der Injektion von Pepton nur dieses und seine Abkömmlinge,
nicht aber Fette und Kohlehydrate gespalten.
Ebenso wie die Fermente erst aktiviert werden müssen, ist dies
auch von den Substraten anzunehmen. Letztere müssen erst in einen
Zustand übergeführt werden, in dem sie für die Fermente angreifbar
sind. Es wäre sonst unbegreiflich, warum nicht die eigenen Plasraa-
proteine von Fermenten angegriffen werden.
Ferner konnte gezeigt werden, daß sogar parenteral zugeführter
Rohrzucker gespalten wurde. Diese Versuche wurden an Hunden aus¬
geführt. Läßt man Serum eines gesunden Hundes, der nicht mit
Rohrzucker gefüttert wurde, auf Rohrzucker im Polarisationsapparat
cinwirken, so sieht man, daß die Anfangsdrehung sich nicht ändert,
sie bleibt konstant. Mit Hilfe der Fehlingschcn Lösung konnte nach¬
gewiesen werden, daß das Gemisch keine Zunahme des Reduktions¬
vermögens erfahren hatte. Spritzte man demselben Hunde, dem man
vorher Serum entnommen hatte, Rohrzuckerlösung in die Blutbahn
und stellte nach einiger Zeit die gleichen Versuche wie vorher an,
so zeigte sich bei Beobachtung des Gemisches im Polarisationsrohr,
daß sich die Anfangsdrehung erheblich ändert. Während anfänglich
eine Rechtsdrehung beobachtet worden war, sah man diese allmählich
in eine Linksdrehung übergehen. Der Rohrzucker war also durch das
Ferment Invertin in seine Bestandteile zerlegt worden. Aus dem rechts¬
drehenden Rohrzucker entstanden gleiche Teile d-Fruktose und d-Glukose.
Dies Gemenge dreht aber stark links, da die d-Fruktose viel stärker
links dreht, als die d-Glukose rechts. Mit der Fehlingschcn Lösung war ein
zunehmendes Reduktionsvermögen festgestellt. Die Spaltung konnte in
einem Falle schon 15 Minuten nach der Injektion von 10 ccm einer
5proz. Rohrzuckerlösung beobachtet werden und hielt 2 bis 3 Wochen an.
Diese Versuche zeigten also, daß der Organismus blutfremden
Stoffen gegenüber durch Fermente, die innerhalb bestimmter Stoff¬
gruppen spezifisch wirken, geschützt ist. Die fremden Substanzen
werden schnell abgebaut und ihrer Eigenart beraubt. Dann können
sie von den Körperzellen weiter verwertet werden, so daß eine
Schädigung der Zellen durch dieselben nicht möglich ist.
Ein Zustand, in dem blutfremdes Material dem Organismus zu¬
geführt wird, ist die Schwangerschaft. Hierbei wird, wie von Schmor),
230 KAHN,
Veit und Weichardt festgestellt worden ist, körpereigenes, jedoch
blutfremdes Material in die mütterliche Blutbahn verschleppt. Es
lösen sich Zellen der Chorionzotten los und werden an das Blut ab¬
gegeben, wo sie etwas Fremdartiges darstellen. Außerdem ist die
Wahrscheinlichkeit groß, daß beim Ineinandergreifen der Zotten der
fötalen und mütterlichen Plazenta mancherlei nicht genügend um-
gewandclte Zellbestandteile in das Blut gelangen. Diese Bestandteile
haben noch ihre eigene charakteristische Struktur und ihren eigenen
Aufbau, stellen aber keine physikalisch mehr nachweisbaren Zell¬
trümmer dar. Um festzustellen, ob auch diese blutfremden Stoffe
einem fermentativen Abbau unterliegen, wurde das Dialysierverfahren
bei schwangeren Frauen in vielen Kliniken mit gutem Erfolg angewandt.
Einige Mißerfolge und Fehlresultate wurden bei mangelhafter An¬
wendung der Technik oder Verwendung fehlerhaften Materials beob¬
achtet. In neuerer Zeit wurden die Versuche auch auf Tiere, speziell
Pferde und Kühe, übertragen.
Es soll nun in folgendem darauf hingewiesen werden, welche
Fehler bei Anwendung des Dialysicrvcrfahrens zu vermeiden sind und
wie sic aufgefunden werden können.
Technischer Teil.
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Trächtigkeit ist viel
einfacher zu handhaben als die teuere optische Methode. Es liefert
zuverlässige Resultate, wenn die Vorschriften und Kontrollvcrsuche sach¬
gemäß angewendet und beurteilt werden. Die Ausführung der Ver¬
suche nimmt weniger Zeit in Anspruch, und die Resultate sind zu¬
meist leichter festzustellen, als bei Anwendung der optischen Methode.
Von größter Wichtigkeit, weil von hohem Wert für die spätere Beurtei¬
lung der Ergebnisse, ist die richtige Ausführung der Technik des
Dialysiervcrfahrens. Hierbei ist vor allem eiu sauberes und peinlich
exaktes Arbeiten erforderlich. Um Mißerfolge und Fehlresultatc nach
Möglichkeit auszuschalten, ist dies schon bei den vorbereitenden
Arbeiten notwendig. Die verwendeten Utensilien müssen allen an sic
gestellten Forderungen in hohem Maße gerecht sein.
Eichung der Dialysierschläuche.
Die Dialysierschläuche, die von der Firma Schleicher & Schüll in Düren
hergestellt werden, haben eine handschuhfingerförmige Gestalt, sind 4,5 cm hoch,
Das Dialysierverfahrcn zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 231
bei einem Durchmesser von 1,65 cm. Diese Hülsen müssen vollkommen undurch¬
lässig für Eiweiß sein. Hingegen müssen sie durchlässig für Peptone sein. Der
Grad der Durchlässigkeit muß, worauf besonders zu achten ist, bei allen Hülsen
ein gleicher sein. DifTusionshülsen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen,
sind für die Anstellung von Versuchen absolut unbrauchbar.
Prüfung der Hülsen auf Undurchlässigkeit für Eiweiß.
Man stellt sich aus Hühnereiweiß und destilliertem Wasser eine öproz. Emul¬
sion her. Kleine Erlenmeyerkolben, die mit fortlaufenden Nummern von 1 bis 25
versehen und die alle auf 20 ccm geeicht sind, füllt man bis zur Marke mit destil¬
liertem Wasser, so daß sich in jedem Kolben 20 ccm befinden. Die neuen, steifen
Hülsen werden durch einminutenlanges Kochen in Wasser aufgeweicht. In jeden
Dialysierschlauch füllt man 2,5 com der Hühnereiweißemulsion. Hierbei muß man
darauf achten, daß kein Eiweiß von außen an die Hülse gelangt und so eine
Durchlässigkeit der Hülse für Eiweiß Vortäuschen kann. Daher spült man am
besten die Hülsen sofort nach dem Einfüllen mit dem Wasserstrahle ab, indem
man sie am oberen Ende mit 2 Fingern verschließt. Dann stellt man Hülse mit
Inhalt in den gefüllten Erlenmeyerkolben und übergießt Innen- und Außenflüssig¬
keit der Dialysiermembran mit einer etwa 1 mm hohen Toluolschicht. Letzteres
verhütet sowohl, daß Mikroorganismen die Eiweißemulsion zersetzen, als auch ein
Verdunsten der Außenflüssigkeit. Um für alleHülsen gleiche Bedingungen zu haben,
setzt man sie in einen Thermostaten, wo sie 16 bis 24 Stunden stehen bleiben.
Die Prüfung des Dialysats auf Eiweiß geschieht durch die Biuretreaktion.
Der Bequemlichkeit und der besseren Uebersicht halber verwendet man hierbei
Reagenzröhrchen, denen die gleichen Zahlen wie den.Erlenmeyerkolben eingeätzt
sind. Außerdem sind sie mit 2 Marken versehen. Bis zur unteren aufgefüllt,
enthält jedes Röhrchen 10 ccm Flüssigkeit. Der Raum zwischen oberer und unterer
Marke kann mit 2 1 / 2 ccm Flüssigkeit aufgefüllt werden.
Mit einer trockenen und sauberen Pipette füllt man in jedes Röhrchen 10 ccm
der Außenflüssigkeit. Hierbei ist auf folgendes zu achten: Der Erlenmeyerkolben,
dem das Dialysat entnommen wird, und das zu verwendende Reagenzröhrchen
müssen gleiche Nummern haben. Dies ermöglicht ein sofortiges Erkennen und
Ausschalten schadhafter Hülsen. Beim Einführen der Pipette in die Außenflüssig¬
keit muß man erstere am oberen Ende mit dem Finger luftdicht verschließen, um
zu verhindern, daß Toluol mit aufgesaugt wird. Für jedes Dialysat ist eine andero
Pipette zu verwenden. Dann füllt man sämtliche Reagenzröhrchen von der unteren
bis zur oberen Marke, also mit 2 l j 2 ccm einer 33proz. chemisch-reinen Natron¬
lauge. Dieses Gemisch schüttelt man kräftig und überschichtet es vorsichtig mittels
einer feinen Pipette mit 0,5 ccm einer 0,2proz. Kupfersulfatlösung. Nun erkennt
man über dem Gemisch von Natronlauge und Dialysat, das milchig getrübt ist,
einen blauen Ring, der mitunter durch ausgefälltes Kupferhydroxyd etwas schmutzig
grün gefärbt ist. Sollte an der Grenze zwischen blauem Ring und trübem Gemisch
die geringste Spur einer Violettfärbung wahrzunehmen sein, so muß die Hülse,
die dieses Dialysat geliefert hat, verworfen werden. Selbst solche Diffusionshülsen
sind auszuschalten, deren Dialysat auch nur den Verdacht einer Violettfärbung
aofkommen läßt.
232
KAHN,
Von 25 Hülsen, die ich zu gleicher Zeit auf ihre Undurchlässigkeit für Eiweiß
prüfte, schaltete ich 2 aus, von denen die eine sehr schwache Biuretreaktion am
Dialysat erkennen ließ, also Eiweiß durchließ.
Prüfung der Hülsen auf gleichmäßige Durchlässigkeit für Peptone.
Diejenigen Hülsen, die sich bei der vorherigen Prüfung brauchbar erwiesen
haben, reinigt man durch gründliches Ausspülen unter dem Wasserstrahl. Ebenso
werden alle anderen gebrauchten Utensilien einer gründlichen Reinigung unter¬
zogen. Reagenzröhrchen, Kolben und Pipetten werden schließlich mit destilliertem
Wasser nachgespült und im Trockenschrank getrocknet. Die Hülsen müssen
1 Minute lang in kochendem Wasser gehalten werden, ehe sie wieder verwendet
werden können. Die Erlenmeyerkolben werden bis zur Marke mit destilliertem
Wasser und die Hülsen mit je 2,5 ccm einer sterilen lproz. wäßrigen Seidenpepton¬
lösung angefüilt. Wie vorher werden auch jetzt wieder die Hülsen von außen ab¬
gespült, um etwa anhaftendes Pepton zu entfernen und dann in die Erlenmeyer¬
kolben gesetzt. Wiederum schichtet man über Innen- und Außenflüssigkeit eine
dünne Lage Toluol und läßt alle Kolben 16 bis 24 Stunden im Thermostaten
stehen. Nach dieser Zeit erfolgt die Prüfung der Außenflüssigkeit auf dialysierte
Peptone. Unter den gleichen Vorsichtsmaßregeln, wie bei der Prüfung auf Eiweiß,
füllt man in jedes Reagenzröhrchen 10 ccm der Außenflüssigkeit, fügt je 0,2 ccm
einer lproz. wäßrigen Lösung vonTriketohydrindenhydratbinzu. Nach Zugabe eines
Siedestäbchens, das Siedeverzug verhüten soll, erhitzt man jedes Röhrchen in der
Flamme eines Bunsenbrenners. Von Beginn des Siedens, das sich durch Auf¬
steigen von Blasen an der Wand des Röhrchens kundgibt, an gerechnet, kocht
man jedes Dialysat genau eine Minute. Das Sieden darf während dieser Zeit nicht
unterbrochen werden und muß gleichmäßig lebhaft sein. Dies erreicht man durch
Halten der Röhrchen an den Rand des äußeren Flammenkegels, sobald die ersten
Blasen aufsteigen, ln jedem Röhrchen tritt nun während oder direkt nach dem
Kochen ein schöner tiefviolettblauer Farbenton auf, der nach einiger Zeit noch
etwas nachdunkelt. Genau eine halbe Stunde nach dem Kochen vergleicht man
die Stärke der aufgetretenen Bläuung bei allen Proben. Es zeigt sich, daß bei
der Mehrzahl der Proben die Farbenintensität dieselbe ist. Diejenigen Hülsen, die
ein Dialysat mit starker oder zu schwacher Färbung lieferten, müssen von den
Versuchen ausgeschlossen werden. Da bei der Verwendung von 2,5 ccm einer
1 proz. Seidenpeptonlösung eine ganz intensiv starke Bläuung auftritt, so ist es
schwierig, geringe Unterschiede in der Intensität des Farbentones festzustellen.
Bei der Prüfung der ersten 23 Hülsen mußte ich 3 Hülsen ausschalten, die nicht
gleichmäßig durchlässig w r aren. Bei 25 Hülsen, die zu prüfen mir später Gelegen¬
heit geboten war, verwendete ich nur je 1,5 ccm einer 0,8proz. Seidenpeptonlösung.
Die hiernach auftretende Bläuung war nicht so stark wie bei der ersten Prüfung
und daher ließen sich geringe Unterschiede bedeutend leichter feststellen. Von
diesen 25 Hülsen schaltete ich 2 aus.
Die für die Versuche tauglichen Hülsen wurden wieder mit Wasser gereinigt,
eine Minute in kochendem Wasser gehalten und in sterilem Wasser unter Toluol
aufbewahrt. Für die Versuche wurden also nur solche Hülsen gebraucht, die
undurchlässig für Eiweiß und gleichmäßig durchlässig für Peptone waren. Im
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Träohtigkeit bei Tieren. 233
Laufe meiner Untersuchungen fand ich, daß die Hölsen von Zeit zu Zeit einer
Nachprüfung unterzogen werden müssen. Näheres ist bei den betreffenden Ver¬
suchen angeführt.
Herstellung geeigneter Plazenta.
Bei meinen Versuchen, die sich auf Pferde und Rinder erstreokten, verwendete
ich stets arteigene Plazenta, die ich auf folgende Weise zubereitete:
Die auf dem Schlachthofe erhältliche fötale Plazenta einer soeben geschlach¬
teten trächtigen Kuh wurde sorgfältig von dem ihr anhaftenden Bindegewebe und
den Blutgefäßen befreit. Insbesondere achtete ich darauf, daß alle, auch nur die
geringsten hämorrhagisch infarziert erscheinenden Stellen entfernt worden. Hier¬
durch wurde allerdings die Menge der zu verwendenden Plazenta sehr gering, da
es sich ja ohnehin meist nur um kleine Föten handelte; aber ich hatte auch den
Vorteil, schneller und sicherer eine hämoglobinfreie und verwendbare Plazenta zu
erhalten. Die noch verbleibende Plazenta spülte ich so lange unter dem Wasser¬
strahle mit Leitungswasser, bis das abfließende Wasser keine Spur einer Rotfärbung
mehr zeigte. Alsdann zerschnitt ich die Plazenta in kleine Stücke, setzte sie mit
der fünffachen Menge Leitungswasser zum Kochen auf, ließ das Ganze mehrere
Minuten kochen, schüttete das Kochwasser vorsichtig ab, preßte die Plazenta mit
einem Tuche aus und behandelte sie dann nochmals in derselben Weise. Um das
Kochen zu beschleunigen, bringt man Plazenta und Kochwasser in einen Emaille¬
topf. Später verwendet man große Erlenmeyerkolben zum Kochen. Nachdem das
Kochwasser 5 mal gewechselt und stets klar und farblos geblieben war, wurde es
in folgender Weise geprüft: Nach 5 Minuten langem Aufkochen filtriert man die
Plazenta ab und gießt zu 5 ccm des filtrierten Kochwassers 1 ccm der wäßrigen
1 proz. Triketohydrindenhydratlösung, erhitzt nach Zugabe eines Siedestäbchens
und hält die Lösung genau eine Minute im Sieden. Es zeigte sich hierbei, daß
die Plazenta jedesmal nach dem 5. Auf kochen noch Stoffe enthielt, die wenn auch
mitunter nur eine recht schwache Reaktion mit Ninhydrin gaben. Nach Erneue¬
rung des Wassers und Auspressen der Plazenta wurde wiederum gekocht und das
Wasser so lange gewechselt, bis die Ninhydrinreaktion nicht mehr positiv war.
Diese Plazenta bewahrte ich in sterilem Wasser, dem Chloroform zugesetzt war,
unter einer etwa 1 cm hohen Toluolschicht auf. Sie blieb längere Zeit von Stoffen,
die mit Ninhydrin reagierten, frei.
DieGewinnung und Zubereitung einer geeigneten Pferdeplazenta ist schwierig.
Ich verwendete hierbei die auf natürlichem Wege abgegangene Nachgeburt eines
Pferdes, die sofort in fließendem Wasser aufbewahrt wurde. Nach sorgfältiger Be¬
freiung derselben von blutigen Stellen und allen Blutgefäßen ließ ich einen kräf¬
tigen Wasserstrahl 3 Stunden lang auf sie einwirken. Die dann hellweiße Plazenta
zerschnitt ich in kleine Stücke und kochte sie wie vorher. Ich mußte jedoch das
Kochwasser 12mal erneuern, ehe die Ninhydrinreaktion negativ ausfiel. Nach ganz
kurzer Zeit war sie bisweilen wieder positiv, trotzdem die Plazenta ganz nach Vor¬
schrift aufbewahrt worden war. Ich prüfte daher jedesmal vor An¬
stellung eines Versuches, um Fehlresultate zu vermeiden, die Pla¬
zenta, ob sie noch Stoffe enthielt, die mit Ninhydrin eine Reaktion
234 KAHN,
gaben. Später, als ich sic im Eisschrank aufbewahrte, erwies sie sich längere
Zeit frei von mit Ninhydrin reagierenden Substanzen.
Bereitung der Ninhydrinlösung.
Das Triketohydrindenhydrat, Ninhydrin genannt, das als weißlich-gelbes
Pulver in Glasröhrchen, die 0,1 g enthalten, in den Handel kommt, wird in einen
10 ccm fassenden kleinen Meßkolben geschüttet. Das Röhrchen wird mit destil¬
liertem Wasser ausgespült, damit auch der hier noch festsitzende Rest des Nin-
hydrins zur Lösung gelangt. Zu 0,1 g des Pulvers fügt man 10 ccm destilliertes
Wasser. Da das Ninhydrin sich in kaltem Wasser nur langsam löst, so erhitzt
man den Meßkolben geringgradig, da dann die Lösung, ohne sich zu zersetzen,
rascher vor sich geht. Dieselbe ist längere Zeit verwendbar.
Gewinnung des Serums.
Sehr vorsichtig muß man bei der Serumgewinnung zu Werke gehen. Bei
Pferden wurde das Blut stets durch Aderlaß, mit sorgfältig gereinigter und ge¬
trockneter Hohlnadel, aus der Jugularvene entnommen. Bei Rindern benutzte ich
häufig das beim Schlachten aufgefangene Blut. Sonst wählte ich auch hier zur
Blutentnahme die Hohlnadel. Den Aderlaß führte ich entweder an der Jugularis
oder an der Milchader aus. Die Blutentnahme an letztgenannter Stelle bot jedoch
eher einen Nach- als Vorteil. An dieser Stelle zeigten sich die Tiere besonders
empfindlich, schlugen nach der Nadel, auch nachdem die Haut durchstochen war.
Auch die Besitzer gestatteten nur ungern den Aderlaß an der Milchader vorzu-
nehmen. Sie befürchteten, daß die Tiere künftighin beim Melken unruhig und
schlagen würden. Das aus der Hohlnadel fließende Blut wurde in einem trockenen
und sterilisierten Zentrifugenröhrchen so aufgefangen, daß es am Rande desselben
herablief. Die vollgefüllten Röhrchen wurden vor Erschütterungen bewahrt. Nach¬
dem sie 4 bis 6 Stunden gestanden hatten, hatte sich in der Regel genügend
Serum spontan ausgepreßt. Dann wurde der Blutkuchen durch Umstechen mit
einer ausgeglühten Platinnadel gelöst und das Blut etwa eine halbe Stunde zentri¬
fugiert. Das klare Serum wurde mit trockener Pipette abgehoben. Zumeist wurde
es vor Anstellen eines Versuches nochmals zentrifugiert.
Die Tiere, denen das Blut entnommen wurde, befanden sich meist auf der
Weide. Trotzdem die Entnahme während der Verdauung erfolgte und das Blut
einen größeren Gehalt an Lipoiden bosaß, wurde eine erhebliche Störung der Reak¬
tion nie beobachtet. Bei von außerhalb eingesandten Blutproben waren die Röhr¬
chen stets bis an den festschließenden Kork mit Blut gefüllt. Beim Abnehmen des
Korkes blieb der Blutkuchen an ihm hängen. Nach dem Abzentrifugieren konnte,
falls das Serum nicht gelösten Blutfarbstoff enthielt, ein klares brauchbares Serum
gewonnen werden. Hämolyse war bei zweien, von außerhalb eingesandten Blut¬
proben eingetreten. Das Serum dieser Tiere konnte keine Verwendung finden, da
in hämolytischen Sera stets dialysierbare Stolfe enthalten sind, die mit Ninhydrin
unter Auftreten einer Blaufärbung reagieren.
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 235
Anstellung des Versuches.
Vor jedem Versuche prüfte ich die zu verwendende Plazentamenge auf ihre
Brauchbarkeit. War das Kochwasser derselben vollständig frei von Stoffen, die
auf Zusatz von Ninhydrin reagierten, so war sie für die Versuche geeignet. Diese
Prüfung ist unerläßlich, da bei Verwendung nicht einwandfreier Plazenta Stoffe
dialysieren und ein positives Ergebnis bei nicht tragenden Tieren Vortäuschen
können. Das verwendete Ninhydrin reagiert bei allen Stoffen mit einem blau¬
violetten Farbenton, die in «-Stellung zum Karboxyl eine Aminogruppe haben.
Es reagieren also auch Abbaustufen von Eiweiß. Wird die Plazenta durch das
Serum trächtiger Tiere abgebaut, so müssen sich diese Abbauprodukte mit Nin¬
hydrin nachweisen lassen, und man kann demnach aus dem Auftreten einer Reak¬
tion schließen, daß das verwendete Serum von einem trächtigen Tiere stammt.
In einen geprüften Dialysierschlauch füllt man 1,5 ccm Serum des zu unter¬
suchenden Tieres, fügt 0,5 bis 1 g der geprüften Plazenta hinzu, spült die Hülse
gründlich unter dem Wasserstrahl von außen ab, stellt sie in einen 20 com destil¬
lierten Wassers enthaltenden Erlenmeyerkolben, überschiohtet Innen- und Außen-
ilüssigkeit mit Toluol und läßt das Ganze im Thermostaten 16 bis 24 Stunden
stehen.
Um zu prüfen, ob das Serum allein nicht schon dialysierbare Stoffe enthält,
die mit Ninhydrin reagieren, stellt man zur Kontrolle den gleichen Versuch ohne
Organ mit 1,5 ccm Serum an.
Nach 16 bis 24 Stunden entnimmt man mit trockener, sauberer Pipette je
10 ccm des Dialysats, fügt je 0,2 ccm der wäßrigen 1 proz. Ninhydrinlösung hinzu
und kocht dann beide Proben nach Zugabe eines Siedestäbchens vom Aufsteigen
der ersten Blasen genau eine Minute. Eine halbe Stunde nach dem Kochen stellt
man das Ergebnis fest. Jede, auch nur die geringste Spur einer Violettfärbung
muß als Reaktion aufgefaßt werden. Die Beurteilung der Farbenreaktion wurde
nie von mir allein vorgenommen, sondern unter Mitwirkung von Prof. Dr. Mießner
und Dr. Lütje. Bei der Beurteilung wurden die Röhrchen so umgestellt, daß die
Prüfenden nie wußten, in welchem das Dialysat des eigentlichen Hauptversuchs
und in welchem dasjenige der Kontrolle sich befand. Das Ergebnis bei einwand¬
freien Versuchen war, daß bei trächtigen Tieren das Dialysat der Serumhülse
farblos, das der Serum und Plazenta enthaltenen Hülse blau gefärbt, oder ersteres
etwas, letzteres jedoch einwandfrei stärker gebläut war. Auch im letzteren Falle
wurde die Diagnose „trächtig a gestellt. Waren beide Proben negativ, oder gleich
stark gefärbt, so lautete die Diagnose „nicht trächtig“. Die verschiedenen
Beurteiler, die unabhängig voneinander prüften und die nicht wußten, ob es sich
bei den betreffenden Versuchen um trächtige oder nicht trächtige, um männliche
oder weibliche Tiere handelte, kamen stets zu gleichen Resultaten.
In einigen Fällen trat in den Dialysaten eine deutlich erkennbare Blau¬
färbung ein, trotzdem es sich um sicher nichttragende Stuten bzw. Kühe oder um
Wallache und Bullen handelte. Es kam sogar vor, daß das Dialysat der Serum
enthaltenden Hülse, die Kontrolle, stärker gebläut war, als das Dialysat des Ver¬
suches. Demnach konnte der verwendeten Plazenta, die überdies vor Ausführung
des Versuches einwandfrei geprüft worden war, die Schuld an diesen falschen Er¬
gebnissen nicht beigemessen werden. Das bei diesen Versuchen verwendete Serum
236
KAHN,
war vollständig hell und klar gewesen. Ich vermutete deshalb, daß die Schuld
an den Fehlresultaten den Hülsen zuzuschieben sei. Ich nahm nunmehr einen
Versuch mit Seram einer sicher nichttragenden Stute vor und setzte die Kontrolle
doppelt an unter Verwendung derselben Hülse, die ich mit Serum allein beschickte.
Bei der Prüfung zeigte sich, daß alle Dialysate, bis auf das der fraglichen Hülse,
einwandfrei farblos waren. Daraufhin prüfte ioh sämtliche Hülsen nochmal. Bei
zweien konnte ich am unteren Ende einen kleinen Riß feststellen, während andere
sich durchlässiger erwiesen und daher ausgeschaltet werden mußten. Im Laufe
meiner Untersuchungen merzte ich von 40 Hülsen 12 als unbrauchbar aus. Um
künftighin eine bessere Kontrolle über jeden einzelnen Versuch zu haben, setzte
ich von da ab jeden Versuch doppelt an. Hierbei ließen sich mühelos die
fehlerhaften Hülsen auffinden.
Im Laufe der Untersuchungen kam es zuweilen vor, daß bei der Dialysier-
membran, die 1,5 ccm Serum ohne Plazenta enthielt, das Dialysat eine Bläuung
zeigte, trotzdem die Hülse sich vollständig brauchbar erwiesen hatte. Dies wurde
darauf zurückgeführt, daß in dem betreffenden Serum eine geringe Menge dia-
lysabler Stoffe, die mit Ninhydrin reagierten, vorhanden war. Hier mußte also
die Intensität der Färbung in dem Serumversuche und dem mit Serum + Plazenta
angestellten Versuche verglichen werden. War der Unterschied deutlioh erkenn¬
bar, so war das Ergebnis positiv. Boi geringen Unterschieden entstanden leicht
in der Beurteilung Unstimmigkeiten und man hätte das Ergebnis als fraglich
hinstellen müssen. In diesem Falle wurde der ganze Versuch, falls noch ge¬
nügend Serum vorhanden war, wiederholt. Später wurden, um solchen Sera
Rechnung zu tragen, in eine Hülse nur 1,0 ccm Serum + Plazenta, in eine
andere 1,0 ccm ohne Plazenta eingefüllt, um zu sehen, ob diese Menge schon einen
Abbau bewirken kann. Außerdem hatte man in den beiden Hülsen durch Herab¬
setzen der Quantität des Serums zugleich auch die Mengen der dialysablen Stoffe
so verringert, daß ihre Konzentration in der Außenflüssigkeit nicht stark genug
war, um eine Reaktion mit Ninhydrin auslösen zu können. In einigen Fällen zeigte
sich auch, daß bei Verwendung von 1,0 ccm Serum + Plazenta eine Reaktion
eintrat, während das Dialysat der Serumhülse farblos blieb. Hier reichte also
1,0 ccm Serum hin, um einen Abbau vorzunehmen. Bei anderen Sera erfolgte bei
Verwendung von 1,0 ccm Serum kein Abbau mehr, während bei 1,5 ccm Serum
allein desselben Tieres das Dialysat eine Bläuung erkennen ließ. Beim Einfuhren
der Plazenta ist darauf zu achten, daß sie vollständig vom Serum bedeckt ist.
Die Versuchsanordnung war schließlich folgende:
I. 1,5 ccm Serum -f 0,5 bis 1 g Plazenta.
II. 1,5 ccm Serum.
III. 1,5 ccm Serum + 0,5 bis 1 g Plazenta. (Zur Kontrolle der Hülse von l.)
IV. 1,0 ccm Serum + 0,5 g Plazenta.
V. 1,0 ccm Serum.
Die beiden letzten Hülsen wurden zur Sicherung gegen Sera mit einem zu
hohen Gehalt an dialysablen Stoffen, die mit Ninhydrin reagieren, angesetzt.
Die Bedeutung der Zeichen bei den Tabellen ist folgende: ++ bedeutet
eine sehr starke, + eine deutliche, V eine eben erkennbare Bläuung. — bedeutet,
daß das Dialysat farblos blieb.
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 237
I. Versuchsreihe mit Pferdeplazenta,
a) Mit im Jahre 1912 gedeckten Stuten.
Stute
1,5 ccm
+ 0,5g
Serum
Plazenta
1,5 ccm Serum
Befund
1
h
Trächtig.
2
-
h
?
Ti
3
-
k
—
Ti
4
++
?
n
5
+
—
Ti
Alle diese Versuche wurden an demselben Tage, an dem das Blut entnommen
war, angesetzt. Eine Zersetzung des Serums hatte nicht stattgefunden.
Beim ersten, zweiten und dritten Versuche handelte es sich um Stuten, die
im 9. Monate tragend waren, beim vierten um eine im 10. Monat tragende
Stute. Beim letzten Versuch war das Blut wenige Stunden vor dem Abfohlen von
mir entnommen worden. Sämtliche Stuten haben, wie aus obiger Tabelle hervor¬
geht, eine positiveReaktion erkennen lassen. Auch haben sämtliche Stuten in diesem
Frühjahr abgefohlt.
b) Mit sicher nicht tragenden Stnten.
Stute
1,5 ccm Serum
+ 0,5 g Plazenta
1,5 ccm Serum
Befund
1
. +
i
+
Nicht tragend.
2
—
—
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3
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4
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—
—
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6
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Mithin haben die nicht tragenden Stuten keine Reaktion erkennen lassen.
Bei Stute 4 handelte es sich um ein rossiges Tier.
c) Mit Wallachen.
Wallach
1,5 ccm Serum
+ 0,5 g Plazenta
1,5 ccm Serum
Befund
1
+
+
Negativ.
2
V
y
r
3
—
—
V
4
—
—
Ti
5
+ '
+
r
Die Wallache gaben also ebenfalls stets negative Resultate. Es scheint in
dem Serum derselben eine große Menge dialysierbarer Stoffe zu sein, die mit Nin-
hydrin reagieren. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, trat bei 2 Wallachen eine
deutliche Blaufärbung bei Versuch und Kontrollversuch und einmal bei beiden
Versuchen eine schwache Blaufärbung ein. Die Intensität derselben war jedoch
stets dieselbe, was von den Prüfenden, die nicht wußten, daß es sich um Wallache
handelte, festgestellt worden war.
238
KAHN,
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d) Mit Stuten, die im Frühjahr 1913 gedeckt worden t*ind.
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 239
Von den 16 in diesem Frühjahr gedeckten Stuten haben 3 ein negatives Re¬
sultat erkennen lassen. Die Diagnose lautete daher „nicht trächtig“. Von den
übrigen 13 Stuten, bei denen sehr deutliche, einwandfreie Reaktionen eingetreten
waren, scheint mir besonders erwähnenswert, daß Stute 7 und 17, die erst 7 bzw.
8 Tage vorher gedeckt worden waren, besonders auffallend starke Reaktionen er¬
kennen ließen. Wie aus der Tabelle weiter ersichtlich ist, haben auch die übrigen
Stuten, die 1 bzw. 2 Monate vorher gedeckt worden waren, ebenfalls ein posi¬
tives Resultat ergeben. Bei denjenigen gedeckten Stuten, bei denen ein negatives
Resultat sich ergab, die also wahrscheinlich nicht aufgenommen hatten, setzte ich
die Versuche nochmals, jedoch ebenfalls mit negativem Endresultat, an. Bei
Stute 3 setzte ich 15 Tage nach dem ersten mit frisch gewonnenem Serum einen
zweiten Versuch an. Aber auch diesmal waren im Serum der Stute keine Fer¬
mente vorhanden, die das Plazentagewebe abzubauen vermochten. Die erst ge-
gestellte Diagnose konnte beibehalten werden.
2. Bei denen das Blut von außerhalb eingesandt wurde.
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I
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Einsender
Signale¬
ment
Ge¬
deckt
am
Blut
ent¬
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am
Serum
ge¬
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i
Ver- !
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setzt
am
1,5 ccm Serum
+ 0,5 g Plazenta
1,5 ccm Serum
1,5 ccm Serum
+0,5g Plazenta
1,0 ccm Serum
+ Plazenta
Befund
1
A. K. in H.
Lotti.
27.6.
27. G.
27. 6.
+
+
+
?
Nicht trächtig.
2
Derselbe.
Fanni.
27.6.
27.6.
27.6.
+
+
+
fl fl
3
D. K.
Vestalin.
12! 5.
26. 6.
27. 6.
27. 6.
++
++
++
++
Serum hämolytisch.
4
Derselbe.
Ulli.
7.2.
26. 6.
27. 6.
27. 6.
—
—
—
Nicht trächtig.
5
Derselbe.
Saharet.
19. 4.
26. 6.
27. 6.
27. 6.
+
—
+
?
Trächtig.
6
G. B.
KateKopjc.
15.4.
2. 7.
5. 7.
6.7.
++
+
++
+
r
7
Derselbe.
Oriolita.
15.4.
2. 7.
5. 7.
6. 7.
++
V
++
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8
D. K.
Laura.
9.6.
9.7.
10. 7.
12.7.
+
—
+
—
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9
Derselbe.
Ulrike.
30. 1.
9.7.
10. 7.
12.7.
+ :
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Derselbe.
Vestalin.
12. 5.
9. 7.
10. 7.
12. 7.
+ |
—
+
—
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1
Derselbe.
Viktoria.
25. 3.
9. 7
10. 7.
12.7.
+
V
+
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2
Derselbe.
Malve.
28. 2.
9. 7.
10.7.
12.7.
++!
1
V
++I
+
fl
Die beiden ersten Stuten, deren Serum nicht reagierte, waren mit gleichem
Ergebnis bereits vorher in einem anderen Institut mittels des Dialysierverfabrens
auf Trächtigkeit untersucht worden. Später wurden auch beide Stuten wieder ge¬
deckt. Bei der dritten Stute war das erstmalige Untersuchungsergebnis fraglich,
da sämtliche Dialysate eine sehr intensive Bläuung erkennen ließen, was auf das
hämolytische Serum zurückgeführt werden konnte. Bei einer späteren Unter¬
suchung einer neu eingesandten Blutprobe konnte einwandfrei die Diagnose
„trächtig“ gestellt werden. Bei den 5 letzten Versuchen erhielt Dr. Berge,
der mit anderen Hülsen als ich arbeitete, ein gleiches Resultat, woraus hervorgeht,
daß Sera und Hülsen gleichmäßig arbeiteten. Bei diesen Versuchen hatte ich
ebenfalls je eine Hülse mit 1,0 ccm Serum ohne Plazenta zur Dialyse benutzt. Bei
allen Dialysatcn war das Ergebnis ein negatives. Hier baute, wie aus der Tabelle
240
KAHN,
hervorgeht, 1,0 ccm Serum noch ab, bei 1,0 ccm Serum ohne Plazenta konnte keine
Reaktion mit Ninhydrin mehr erkannt werden.
II. Versuchsreihe mit Rinderplazenta.
a) Mit sicher trächtigen Kühen.
Kuh
1,5 ccm Serum
+ 0,5 g Plazenta
1,5 ccm Serum
Befund
1
+
r -
Trächtig.
2
+
—
3
+
—
T
4
++
V
n
5
+
—
V
G
+
V
V
7
+
—
Jt
Bei 4 von diesen Versuchen konnte ioh aus dem Schlachthofe bei der
Schlachtung feststellen, daß Trächtigkeit vorlag. Bei diesen Tieren handelte es
sich um Föten im Alter von etwa 6 Wochen bis 4 Monate. Die 3 übrigen Tiere
waren sichtbar tragend.
Bei einem jungen Rinde, das erst einige Monate alt war, erhielt ich zweimal
ein positives Ergebnis. Bei der letzten, etwa 2 Monate nach den beiden ersten
erfolgten Untersuchung erhielt ich ein einwandfreies negatives Resultat.
b) Mit sicher nicht tragenden Kühen.
Kuh
1,5 ccm Serum
+ 0,5 g Plazenta
1,5 ccm Serum
Befund
1
i
Nicht trächtig.
2
+
+
* V
3
—
—
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4
V
v »
5
—
—
» r»
Bei 3 von diesen Tieren konnte ich bei der Schlachtung keine Trächtigkeit
feststellen. Die beiden anderen Tiere waren nicht gedeckt worden. Mithin ergibt
sich, daß nicht tragende Rinder keine Reaktion hervorrufen.
c) Mit Bullen.
Bulle
1,5 ccm Serum
+ 0,5 g Plazenta
| 1,5 ccm Serum
1
2
3
+
i +1
4
—
—
Das Serum von Bullen vermochte also nicht, Plazentagewebe abzubauen.
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 241
Zusammenfassung.
Meine Versuche haben ergeben, daß tragende Stuten schon vom
7. bzw. 8. Tage an eine deutlich positive Reaktion erkennen lassen.
Wie ich weiter feststellen konnte, tritt dieselbe während der ganzen
Trächtigkeitsperiode ein, doch baut das Serum gegen Ende derselben
weniger stark ab als zu Anfang. Nicht tragende Stuten und Wallache
vermochten eine Reaktion nicht -herbeizuführen. Gleiche Resultate
wie bei Pferden ergaben sich auch bei Kühen. Jedoch reagierte ein
ganz junges Rind, bei dem Trächtigkeit auszuschließen war, zweimal
positiv, bei einer 2 Monate später erfolgten Blutentnahme baute das
Serum Plazcntagewcbe nicht mehr ab.
Es war mir keine Gelegenheit geboten, nachzuweisen, wie lange
nach erfolgter Geburt das Serum von Stuten und Kühen Plazenta¬
gewebe noch abzubauen vermochte.
Besondere Aufmerksamkeit wandte ich der Pferdeplazenta zu,
da sich zeigte, daß dieselbe oft innerhalb 24 Stunden schon unbrauchbar
geworden war. Ich hielt cs daher für unerläßlich, dieselbe jedes¬
mal vor Ansetzen eines Versuches mit frischem Wasser auf¬
zukochen und sie erst dann zu verwenden, wenn das Koch¬
wasser keine Stoffe mehr enthielt, die mit Ninhydrin
reagierten. Die Menge der verwendeten Plazenta hat keinen Ein¬
fluß auf die Intensität der auftretenden Bläuung. Bei Verwendung
von etwa 1,0 g Plazentagewebe trat bei trächtigen Tieren keine
stärkere Bläuung ein als bei 0,5 g, wenn man gleich große Mengen
Serum desselben Tieres benutzte. Man muß nur die Plazenta fein
im Serum verteilen, so daß sie vollständig von letzterem bedeckt
wird und den Fermenten eine genügend große Angriffsfläche ge¬
boten wird.
Häufigere intensive Blaufärbung der Dialysate mit allein mit
Serum gefüllten Hüllen und Blaufärbung derselben aus Hülsen, die
Plazenta -f- Serum von männlichen oder sicher nicht tragenden Tieren
enthielten, führten mehrmals zu Unstimmigkeiten. Diese ließen sich
in der Mehrzahl der Fälle auf fehlerhafte Hülsen zurückführen. Bei
2 Hülsen zeigte sich am unteren Ende je ein kleiner Spalt, durch
den das Serum sich direkt mit der Außenflüssigkeit vermischen
konnte und eine intensiv starke Ninhydrinreaktion ergeben mußte.
Andere Hülsen waren ungleichmäßig stärker durchlässig geworden.
Dies ist auf den häufigen Gebrauch und das damit verbundene öftere
Abspülen und Aufkochen zurückzuführen. Dieser Umstand veranlaßte
Arehir f. wissenseh. u. prakt. Tierlieiik. IM. 41. H. 3. ]
242
KAHN,
mich, statt einer Hülse mit Serum und einer Hülse mit Serum
-f- Plazenta je 2 Hülsen in derselben Weise zu beschicken. Bei
gutem Hülsenmaterial müssten die Dialysatc der Serumversuche und
der Serum 4- Plazentaversuche gleich starke Reaktionen liefern; wenn
eine der Hülsen schadhaft geworden war, so zeigte sich dies durch
den Unterschied der Färbung in den Dialysatcn der sich entsprechenden
Hülsen. Denn man konnte fast ausschließen, daß beide Serum oder
beide Serum -f- Plazenta enthaltenden Hülsen schadhaft geworden waren
und falsche Resultate vortäuschten.
Das zu verwendende Serum muß klar und absolut hämoglobin¬
frei sein. Serum, das auch nur in geringem Maße hämolytisch ist,
kann zur Anstellung von Versuchen nicht verwendet werden. Um
das Serum möglichst hämoglobinfrei zu gewinnen, wird cs am besten
zweimal zentrifugiert.
Gelegentlich lieferten Sera ohne Plazenta bei Verwendung von
einwandfreien Hülsen Dialysate, die eine mäßig starke Bläuung er¬
kennen ließen. Dies war auf den hohen Gehalt dieser Sera an dia-
lysablen Stoffen, die mit Ninhydrin reagieren, zurückzuführen. Bei
Verwendung von 1,5 ccm solcher Sera konnte ein sicheres Er¬
gebnis durch Vergleich von Kontrolle und Versuch nicht immer fest¬
gestellt werden, da die Unterschiede in der Intensität der Bläuung
nur gering und nicht für jedes Auge erkennbar waren. Um nun die
Menge der dialysablen Stoffe, die schon normalerweise im Serum vor¬
handen sein und den Ausfall der Reaktion stören können, zu verringern,
beschickte ich noch 2 weitere Hülsen, von denen eine 1,0 ccm Serum
-f- Plazenta, die andere 1,0 ccm Serum allein enthielt. Trat nun beim
Dialysat der ersten Hülse eine Bläuung ein, während das der zweiten
farblos blieb, so war ein Abbau erfolgt, die Diagnose „Trächtigkeit 1 *
berechtigt, wenn auch bei den Dialysaten der übrigen Hülsen ein
wesentlicher Unterschied in der Intensität der Bläuung nicht fc.stzu-
stellen war. Es vermag jedoch 1,0 ccm Serum nicht in jedem Falle
einen Abbau zu bewirken.
Das Dialysierverfahren kann also zur Feststellung der
Trächtigkeit bei Pferden und Rindern vom ersten bis zum
letzten Monate Verwendung finden, wenn man genau nach
den Vorschriften der Technik arbeitet. Nur solche Versuche,
die mit hämoglobinfreiem, nicht getrübtem Serum, mit einwandfreier
Plazenta und gleichmäßig arbeitenden Hülsen angestellt worden sind,
können Anspruch auf. Geltung erheben.
Das Dialysierverfahren zur Feststellung der Trächtigkeit bei Tieren. 243
Am Schlüsse meiner Arbeit angelangt, spreche ich Herrn Pro¬
fessor Dr. Mießner sowie Herrn Repetitor Lange und Assistenten
Dr. Lütje und Dr. Berge meinen herzlichen Dank aus für die mir
gewährte Hilfe und Ratschläge.
Literaturangabe.
Abderhalden, Emil, Schutzfermente des tierischen Organismus Ein Bei¬
trag zur Kenntnis der Abwehrmaßregeln des tierischen Organismus gegen körper-,
blut- und zellfremde Stoffe. — Derselbe, Der Nachweis blutfremder Stoffe
mittels des Dialysierverfahrens und der optischen Methode und die Verwendung
dieser Methoden mit den ihnen zugrunde liegenden Anschauungen auf dem Ge¬
biete der Pathologie. Münchener med. Wocbenschr. 60. Jahrg. Nr. 13. -
Schlimpert, Hans, und Hendry, James, Erfahrungen mit der Abderhaldenschen
Schwangerschaftsreaktion. (Dialysierverfahren und Ninhydrinreaktion.) — Brüh in,
Carl, und Freund, Richard, Die Schwangerschaftsdiagnose mittels der optischen
Methode und des Dialysierverfahrens. Dieselbe.
Kleinere Mitteilungen.
ln Dresden sind der Rektor der Tierärztlichen Hochschule, der Landes¬
tierarzt, Professoren der Tierärztlichen Hochschule, beamtete und andere den tier¬
ärztlichen Spezialberufen angehörende Tierärzte zu einer Beratungsstelle für
im Felde stehende sächsische Tierärzte, der auch ein Jurist angehört, zu¬
sammengetreten. Diese beabsichtigt, sowohl den Veterinäroffizieren des aktiven
Heeres, als allen zu den Fahnen einberufenen Tierärzten und besonders auch deren
zurückgebliebenen Angehörigen beratend und helfend zur Seite zu stehen. Be¬
ratung usw. wird somit tunlich in allen, sowohl fachtechnischen als sonstigen
Angelegenheiten gewährt, mit Ausnahme solcher, die militärdionstliche Angelegen¬
heiten betreffen. Alle Auskünfte werden nach sorgfältigen Erwägungen und Fest¬
stellungen, jedoch ohne Gewähr erteilt.
Die Beratungsstelle wird geleitet und vertreten durch einen aus ihren Mit¬
gliedern gewählten Vorsitzenden und Geschäftsführer. Zum Vorsitzenden wurde
Geheimer Rat Professor Dr. Ellenberger, zum stellvertretenden Vorsitzenden
Geh. Medizinalrat Professor Dr. Edelmann, zum Geschäftsführer Oborstabs-
veterinär a. D. Schade, zum stellvertretenden Geschäftsführer Veterinärrat Redlich
gewählt. Alle Anfragen usw. sind an den Geschäftsführer (Dresden-N. 23, Wein¬
bergstraße 9f>) zu richten.
Auch nicht im Felde stehenden Tierärzten wird auf Wunsch Rat erteilt, so¬
weit es sich nicht um Angelegenheiten handelt, in denen die Königlichen Bezirks¬
tierärzte zuständig sind.
Durch geeignet erscheinende Maßnahmen ist angestrebt worden, den im Felde
stehenden Kollegen Nachricht von der Einrichtung zukomraen zu lassen. Jeder,
dem sich Gelegenheit bietet, ein baldiges Bekanntwerden namentlich bei den im
Felde stehenden Tierärzten zu fördern, wird höfliclist darum gebeten.
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WMmmyM
VIII.
Aus dem anatomischen Institut der Kgl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin
(Direktor: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schmaltz).
Untersuchungen über die sogenannten Synovialgruben,
Fossae nudatae, beim Pferde.
Von
Tierarzt Wilhelm Sehttlz in Berlin.
(Hiertu Tafel IV o. V.)
Nach den Feststellungen von Buerki (2) findet man den Be¬
griff Synovialgrube, Incisurae et Fossae synoviales, zum ersten Male
in dem von Leisering und Müller im Jahre 1873 herausgegebenen
Guritschen Handbuche der vergleichenden Anatomie der Haussäuge¬
tiere (9). Es heißt dort:
„Der aus hyalinem Knorpel bestehende, vollkommen gefäß- und
nervenlose Gelenkknorpel bildet in den größeren Gelenken keinen
ununterbrochenen Ueberzug der Gelenkfläche, sondern es entstehen
durch das Fehlen des Knorpelüberzuges häufig kleine, rauhe Ver¬
tiefungen, welche zur Aufnahme der Gelenkschmiere bestimmt sind
und als Synovialausschnitte oder Synovialgruben (Incisurae et Fossae
synoviales) bezeichnet werden.“
Ob Müller, der in oben genanntem Werke das Skelettsystem
bearbeitet hat, diese Bezeichnung und Definition der Synovialgruben
einer älteren Quelle entlehnte, konnte Buerki nicht feststellen. Auf
ähnliche kurze Ausführungen beschränken sich auch die später er¬
schienenen Lehrbücher der Veterinäranatomie von Chauveau (5),
Sußdorf (15), Franck (7), Struska (13). Nur Franck geht etwas
weiter, indem er einen Unterschied macht zwischen Synovialgruben
und Synovialausschnitten, wobei er unter Synovialausschnitten einfach
Knorpelausschnitte am Rande von Gelenken bezeichnet. In den ge¬
nannten Lehrbüchern werden bei Beschreibung der betreffenden
Knochen die vorkommenden Synovialgruben nebenbei erwähnt, ohne
daß deren Form oder Ausdehnung näher beschrieben wird. Sie sind
außerdem nur den Ungulaten eigen. Die huraanmedizinische und
zoologische Literatur habe ich auf Angaben über Synovialgruben ver¬
geblich durchsucht. Beim Menschen sind offenbar noch niemals welche
beobachtet worden.
Arehiv f. wisseusch. u. prakt. Tierheilk. Hd .41. II. 4 u. j r
246
SCHULZ,
Buerki war der erste, der sehr eingehende Untersuchungen über
das Vorkommen und über die Entwickelung der Synovialgruben spe¬
ziell beim Rinde vorgenommen bat. Er hat zuerst darauf aufmerksam
gemacht, daß bei den Synovialgruben nicht nur Substanzverluste am
Gelenkknorpel, sondern auch stets an dem darunter gelegenen Knochen
nachzuweisen sind. Diese Tatsache ermöglichte es ihm, auch maze¬
rierte Knochen auf das Vorhandensein von Synovialgruben zu unter¬
suchen. Dabei fand er dann auch die schon oben erwähnte Tatsache,
daß nur die Gelenke der Ungulaten, und auch diese mit bedeutenden
Schwankungen zwischen den verschiedenen Arten, Sitz von Synovial¬
gruben sind. So waren z. B. die Knochen von Hund, Fuchs, Bär,
Hase vollkommen frei von Synovialgruben. Dagegen konnte er auch
bei Ungulaten früherer Epochen an Knochen und Knochenfragmenten
Synovialgruben nachweisen.
Wie oben bereits erwähnt, hat Franck (7) einen Unterschied
zwischen Synovialgruben und Synovialausschnitten eingeführt. Wenn
man nun die in seinem Lehrbuch angeführten Synovialgruben näher
untersucht, dann zeigt sich, daß er den Begriff Synovialgrube reich¬
lich weit faßt, indem er verschiedentlich Räume zwischen zwei Ge¬
lenkflächen, die von Bändern eingenommen werden, als Synovialgruben
bezeichnet, z. B. am Os pisiforme. Es ist also von ihm eine rauhe,
knorpelfrcie, zwischen zwei Gelenken und zwischen zwei Gelenk¬
kapseln gelegene Stelle als Synovialgrubc bezeichnet worden. Um
jeder Unklarheit des meiner Arbeit zugrunde gelegten Begriffes
„Synovialgrube“ vorzubeugen, stelle ich an die Spitze meiner Aus¬
führungen dafür folgende Definition: Synovial gruben sind inner¬
halb der Gelenkkapsel liegende Lücken des Knorpelüber¬
zuges, die durch Schwund von Gelenkknorpel entstan¬
den sind.
Der Name Synovialgrube oder Fossa synovialis besagt, wie cs ja
auch Müllers (9) Ansicht ist, daß im Gelenkknorpcl eine Grube vor¬
handen ist, die zur Aufnahme von Gelenkschmiere, Synovia, bestimmt
ist. Da sich aber nicht der geringste Anhalt für diese Anschauung
finden läßt, auch nach den Feststellungen Bucrkis, so möchte ich
nach einem Vorschlag des Herrn Professor Schmaltz jenen zu
falschen Vorstellungen führenden Namen fallen lassen und die Be¬
zeichnung Fossa nudata wählen, da diese Bezeichnung auf den
wesentlichen Vorgang hinweist, daß in der Fossa der Knochen seines
ursprünglichen Knorpelkleides beraubt ist. Deutsch könnten diese
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben. Fossae nudatae, beim Pferde. 247
Fossae nudatae doch wohl einfach als „Knorpelgruben“ gekenn¬
zeichnet werden. Gleichwohl werde ich in den folgenden Ausführungen
den bisher üblichen Namen noch anwenden.
Die Ergebnisse der Untersuchungen Buerkis beim Rinde, die
besonders reichhaltig auch gerade in Hinsicht auf die Entwickelung
der Synovialgruben sind, haben Aufnahme in alle nachher erschie¬
nenen Veterinäranatomien gefunden. Genaue Angaben über die beim
Pferde vorkommenden Synovialgruben sind aber nirgends vorhanden.
Gerade aber beim Pferde darf die vollständige Kenntnis über die
Lokalisation, Form und Beschaffenheit der Synovialgruben nicht
fehlen und muß daher literarisch festgelegt sein, zumal sie für die
richtige Beurteilung krankhafter Veränderungen, die ja am Bewegungs¬
apparat des Pferdes eine so besondere Bedeutung haben, eine Rolle
spielen kann, wie z. B. aus einem Bericht der Societe centrale de
medicine veterinaire (4) hervorgeht.
Meine eigenen Untersuchungen haben sich erstreckt auf
Vorkommen, Form, Größe und Ausdehnung der Synovial¬
gruben beim Pferde. Ich habe außerdem untersucht, ob Buerkis
Wahrnehmungen über das Rind auch auf das Pferd übertragbar sind
oder nicht. Die Untersuchungen über die jugendliche Entwickelung
der Synovialgruben beim Pferde ist durch die Materialbeschaffung er¬
schwert und man kann hier nicht über eine fast unbeschränkte
Zahl von Tieren jeder Altersstufe verfügen, wie beim Rinde.
Material und Technik.
Zur Untersuchung der Gelenke auf „Synovialgruben“ wurden im ganzen
12 Pferde benutzt, deren Alter zwischen 10 Tagen und 25 Jahren schwankte.
Unter diesen waren 4 Fohlen, je 1 im Alter von 10 Tagen und 5 Wochen und
2 im Alter von 1 Jahre. Es kam dann je 1 Pferd von 6—7 Jahren, 12—15 und
16—18 Jahren und 1 Hengst von 25 Jahren zur Untersuchung. Bei den übrigen
4 Pferden ließ sich das Alter wegen unregelmäßiger Abnutzung des Gebisses nur
ungefähr auf etwa 20 Jahre abschätzen. Sämtliche Gelenke prüfte ich bei
4 Pferden, während bei den übrigen alle Gliedmaßengelenke und die Gelenke der
beiden ersten Halswirbel untersuoht wurden. Außerdem untersuchte ich noch
vereinzelte Gelenke von verschiedenen Pferden. Die Längen- und Breitenausdeh-
nung stellte ich mit Hilfe des Zirkels fest. Zum Zwecke der Tiefenmessungen wurde
ein auf einem festen, dünnen Metallstab verschiebbarer und festschraubbarer
Metallquerstab verwendet. Die Spitze des Stabes wurde auf den Grund der Grube
gesetzt, der Schieber auf den Rand der Grube fest aufgelegt und dann ange¬
schraubt. Die Entfernung zwischen der Spitze des Stabes und dem Querstab gab
dann die Tiefe an, die auf dem Lineal bis auf 0,5 mm genau festzustellen war.
17 *
248 SCHULZ,
Histologische Untersuchungen wurden an fast allen regelmäßig vorkommen¬
den Gruben ausgefiihrt, und zwar an den Gruben der distalen Gelenkfläche des
Humerus, der proximalen Gelenkfläche von Radius und Ulna, der Cochlea tibiae
und der Trochlea tali. Aus den entsprechenden möglichst frischen Knochen
wurden die Gruben herausgesägt, und zwar so, daß die Grube nach allen Seiten
hin von etwa 1 / 2 —1 cm Knochen umgeben war. Diese Knochenstücke wurden
dann durch Ginlegen in eine 4proz. Formalinlösung auf 68 Stunden fixiert. Nach
gründlicher Wässerung von 24 Stunden in fließendem Wasser wurden die Stücke
in der Alkoholreihe von aufsteigender Konzentration naohgehärtet.
Zur Entkalkung der so fixierten und nachgehärteten Knochenstücke benutzte
ich zunächst eine von v. K ah Iden (10) empfohlene Flüssigkeit:
Acidum nitricum purum 30,0—90,0
Alkohol absolut 700,0
Aqua destillata 300,0
Natrium chloratum 2,5
Diese Entkalkungsflüssigkeit entkalkt sehr sohonend. Störende Quellung
und Schrumpfung werden dabei vermieden. Wegen der langen Dauer des Ent¬
kalkungsprozesses (bis zu 4 Wochen bei täglichem Wechsel) konnte ich sie nur
in beschränktem Umfange anwenden. Schließlich benutzte ich eine Mischung von
9 Teilen reiner Salpetersäure auf 100 Teile Wasser. Quellung oder Schrumpfung
war auch hier nicht zu beobachten. Die Mischung bot aber den Vorteil, daß die
verhältnismäßig doch dicken Knochenstücke bei täglich zweimaligem Weohsel in
höchstens 14 Tagen vollständig entkalkt waren.
Die entkalkten Stücke wurden darauf 24 Stunden lang in einer 5proz. Alaun¬
lösung entsäuert, 24 Stunden in fließendem Wasser gewässert und nochmals in der
Alkoholreihe von aufsteigender Konzentration nachgehärtet.
Die Einbettung der entkalkten Knochenstücke in Paraffin und ihre Behand¬
lung mit Xylol zeigte sich wenig geeignet. Das Material wurde sehr spröde und
zerfiel beim Schneiden. Ich wandte mich deshalb der Einbettung in Zelloidin zu.
Als Grundlagen für die nachfolgenden Einbettungsmethoden benutzte ich die Aus¬
führungen in Böhm undOppel (3) und in der Enzyklopädie der mikroskopischen
Technik (8). Es wurden die käuflichen Zelloidintafeln in Stücke geschnitten und
an der Luft vollkommen getrocknet, bis sie hart, gelb und durchsiohtig wurden.
Diese Stücke wurden mit einer Mischung von vollkommen wasserfreiem absolutem
Alkohol und Schwefeläther zu gleichen Teilen übergosson. Von dem Gemisch
wurde nur so viel genommen, daß sich auch in einem Zeitraum von mehreren
Tagen nicht alles Zelloidin löste, sondern am Boden noch immer ein Satz von ge¬
quollenem Zelloidin übrig blieb. Die so erhaltene Urlösung wurde zur Bereitung
der dünneren Zelloidinlösungen benutzt. Die Urlösung hatte etwa die Konsistenz
von dickem Sirup. Durch Zusatz von absolutem Alkohol und Schwefeläther zu
gleichen Teilen zu der Urlösung wurden zwei weitere, dünnere Zelloidinlösungen
hergestellt, von denen die eine etwa die Konsistenz von dickem Kollodium, die
andere die von ganz dünnem hatte. Notwendig war es immer, mit vollkommen
wasserfreiem Material zu arbeiten. Die entkalkten Knochenstücke wurden voll¬
kommen wasserfrei aus dem absoluten Alkohol in Alkohol-Schwefeläthor zu gleichen
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben, Fossae nudatac, beim Pferde. 240
Teilen auf etwa 24 Stunden gebracht. Dann verblieben sie je 2—3 Tage in der
dünnen und in der dicken Zelloidinlösung, um schließlich in die Urlösung in ein
zum Einbetten geeignetes Gefäß gebracht zu werden. Dieses Gefäß mit dem in
Urlösung liegenden Material wurde unter eine hermetisch abschließende Glas¬
glocke gebracht, auf deren Boden ein Glassohälchen mit Alkoholäther zu gleichen
Teilen gestellt wurde. In dieser Alkohol-Aether-Kammer verblieb das Material
24 Stunden. Durch dieses Verfahren wurde eine allmähliche Härtung herbeige¬
führt und die störende Blasenbildung im Zelloidin, die ich beim schnelleren Er¬
härten an der Luft immer beobachten konnte, verhindert. Außerdem bot diese
Methode noch den Vorteil, daß ein nachträgliches Einordnen des Materials in dem
Zelloidin auch noch möglich war, da sich das beim Umlegen an der Luft schnell
entstehende Häutchen in den sich bildenden Alkohol-Aetherdämpfen der Alkohol-
Aether-Kammer wieder löste. Nach 24 Stunden wurde das Material aus der Kammer
entfernt, und nach 6—12 Stunden war das Zelloidin so weit orstarrt, daß die
Fingerkuppe einen Eindruck nicht mehr hinterließ. Zum Zwecke der endgültigen
Härtung kam das Material auf 24 Stunden in 70proz. Alkohol. Es wurde dann
aus dem Einbettungsgefäß gelöst, mit Filtrierpapier getrocknet und mittels eines
Tropfens dickster Zelloidinlösung unter Andrücken auf einen geeigneten Blook fest
aufgeklebt und nach etwa viertelstündigem Verweilen an der Luft wieder in 70proz.
Alkohol zurüokgebracht. Naoh einiger Zeit war dann das Material schnittfähig.
Die Aufbewahrung der Blöcke und der Schnitte erfolgte in 70proz.* Alkohol. Beim
Schneiden wurde das Material und das Messer durch Benetzen mit 70proz. Alkohol
ständig feucht gehalten und so ein Eintrocknen verhindert. Das Material lieferte
gut brauchbare, nicht zerbröckelnde Schnitte, doch waren sie dünner als 15 fi in
keinem Falle zu erlangen. Um noch dünnere Schnitte zu erhalten, wandte ioh
mich der kombinierten Einbettungsmethode in Zelloidin-Paraffin zu. Das wasser¬
freie Material wurde aus dem absoluten Alkohol auf 24 Stunden in Alkohol-Schwefel¬
äther zu gleichen Teilen gebracht und darauf in dünne Zelloidinlösung, in welcher
es 48 Stunden verblieb. Zur Aufhellung verweilte es dann 24 Stunden in Chloro¬
form. Zum Zwecke der Paraffindurchtränkung wurde das Material darauf durch
die im Paraffinofen befindliche Paraffinreihe geschickt, ausgehend von Chloroform
und Weichparaffin zu gleichen Teilen, durch Weichparaffin und Hart- und Weich¬
paraffin zu gleichen Teilen bis zum Hartparaffin, ln hartem Paraffin wurde es
eingebettet. Es war hier zu beachten, daß das Material möglichst kurze Zeit im
Ofen blieb, da es sonst zu hart wurde und sich nicht schneiden ließ. Ich schickte
deshalb das Material in höchstens 4 2 / 2 Stunden durch die Paraffinreihe. Das auf
diese Weise eingebettete Material ließ Serienschnitte bis zu 10 // zu. Die Serien
mußten bei diesem in Zelloidinparaffin eingebetteten Material in einem Zuge fertig¬
gestellt werden, weil durch weitere Verdunstung die Schneidbarkeit des Materials
über Nacht beeinträchtigt wurde. Diese Einbettungsmethode bot gegenüber der
in Zelloidin so viel Vorteile, daß ich diese schließlich nur noch benutzte. Von
allen Blöcken wurden Serienschnitte angelegt.
Das Aufkleben der Schnitte auf den Objektträgern bereitete einige Schwierig¬
keiten. Die übliche, auf Kapillarattraktion beruhende Wasseraufklebemetbode er¬
gab keine brauchbaren Resultate. Der an den Schnitten immer vorhandene Knorpel
rollte sich auf, so daß die Schnitte die Maßnahmen beim Färben nicht aushielten
250
SCHULZ,
und sich loslösten. Ich benutzte deshalb das Eiweiß als Aufklebemittel. Von
zwei frischen Hühnereiern wurde das Eiweiß zu Schnee geschlagen, mit der
gleichen Menge Glyzerin versetzt, filtriert und Kampfer hinzugesetzt, um das Ei¬
weiß haltbar zu machen. Die Schnitte wurden vom Messer in ein warmes Wasser¬
bad gebracht bis zur vollständigen Glättung. Während gewöhnlich die Schnitte
bereits bei 38—40°C glatt werden, machte ich bei meinem, mit Knorpel ver¬
sehenen Material die Erfahrung, daß eine vollständige Glättung erst bei 45° C ein¬
trat. Auf die Objektträger wurde ein Tropfen Eiweiß gebracht und dieses mit der
Fingerbeore äußerst fein verteilt. Wenn das Eiweiß nicht dünn genug verteilt
wurde, dann färbte es sich mit den Präparaten stark mit, und es entstanden
störende Bilder. Auf den so vorbereiteten Objektträger wurden die geglätteten
Schnitte aus dem Wasserbade gebracht und durch Ueberstreichen mit einem mit
70proz. Alkohol getränkten Streifen Filtrierpapiers fest angedrückt. Die Objekt¬
träger wurden dann im Paraffinofen einer Temperatur von 57°C bis zur Gerinnung
des Eiweißes ausgesetzt.
Gefärbt wurden die Schnitte mit Hämatoxylin-Eosin, Hämalaun-Eosin und
nach van Gieson. Ein Teil der Präparate blieb für spätere Kontrollfarbungen un¬
gefärbt.
Anatomische Beschreibung der Fossae nudatae des Pferdes.
Fossae nudatae sind beim Pferde an folgenden Gelenkflächen
nachzuweisen.
a) An den Gelenken der Brustgliedmaße:
1. an der Cavitas glenoidalis scapulae,
2. am Caput huraeri,
3. an der Trochlea humeri,
4. am Capitulum radii,
5. an der Incisura semilunaris der Ulna,
(5. an der distalen Gelenkfläche des Os capitatum,
7. an der Basis metacarpi und
8. am Capitulum metacarpi;
b) an den Gelenken der Beckcngliedniaße:
9. an der Cochlea tibiae,
10. an der Trochlea tali,
11. an der Gelenkfläche des Talus für den Processus coracoideus
calcanei,
12. am Processus coracoideus calcanei und
13. am Capitulum metatarsi;
c) an den Gelenken der Wirbelsäule:
14. in den Foveae articulares atlantis.
Untersuchungen über ilio sog. Synovialgruben, Fossae nudatae, beim l’fcrde. 251
i. Cavitas glenoidalis scapulae.
Die vordere In/isur der Cavitas glenoidalis bildet, wenn auch
ziemlich selten, den Ausgangspunkt für eine längliche „Synovialgrube“.
Sie nimmt einen schrägen Verlauf von vorn medial nach hinten lateral.
Die ersten Andeutungen zu dieser Grube zeigten sich bei dem einen
Jährling. Der Knorpel war an dieser Stelle eingesunken und ließ
das dunklere Knochengewebe durchschimmern. Diese sehr flache
Grube schwankte in ihrer Länge zwischen 1,0 und 1,4 cm und in
ihrer Breite zwischen 0,2 und 0,4 cm.
2. Caput bumeri.
Der Inzisur der Cavitas glenoidalis scapulae gegenüber weist das
Caput humeri am Vorderrand seiner Gelenkfläche einen kleinen Ein¬
schnitt auf. Dieser Einschnitt bildete bei einem Jährling den Aus¬
gangspunkt für eine in der Entwickelung bereits stark vorgeschrittene
„Synovialgrube“, die der an der Scapula genau entsprach. Sie stellte
eine von vorn medial nach hinten lateral verlaufende längliche Grube
dar. Sie war 2,0 cm lang und 0,8 cm breit.
3. Trochlea humeri (Fig. 1 ).
ln der Mitte der Führungsrinne der Trochlea humeri ist immer
eine „Synovialgrube“ vorhanden. Die Form der Grube ist meistens
eine typisch herzförmige, in den übrigen Fällen elliptische. Tiefe
Knochenusuren sind stets mit dieser Grube verbunden. Voll ent¬
wickelt fand sich die Grube bereits bei dem einen einjährigen Fohlen;
bei dem anderen Jährling war die Grube zwar deutlich ausgeprägt,
aber noch mit einem dünnen höckrigen Knorpelüberzug versehen.
Bei dem 10 Tage und dem 5 Wochen alten Fohlen waren Andeutungen
des Knorpelschwundes noch nicht vorhanden.. In ihren Massen zeigt
die Grube ziemlich bedeutende Schwankungen. Die Länge schwankt
zwischen 0,5 und 2,6 cm, die Breite zwischen 0,3 und 1,8 cm, die
Tiefe zwischen 0,1 und 0,2 cm.
4. Capitulum radii (Fig. 2;.
Die flache Fovea capituli, zur Aufnahme von Capitulum et Trochlea
humeri bestimmt, weist in ihrem mittleren, etwas erhöhten Teile immer
eine längliche „Synovialgrubc“ auf. Diese verläuft etwa von der
Mitte der Gelenkfläche schräg nach hinten und außen bis zu der
252
SCHULZ,
Stelle, wo der Gelenkknorpel des Radius und der der Ulna Zusammen¬
stößen, um hier in eine Knorpelgrube der Ulna überzugehen (siehe
Nr. 5). Bei stark gebeugtem Ellbogengelenk liegt die Grube des
Humerus der des Radius genau gegenüber. In der Mehrzahl der Fälle
behält die „Synovialgrube“ in ihrem Verlauf die gleiche Breite bei,
doch zeigt sie auch bisweilen, daß sie in ihrem vorderen Abschnitt
sich erweitert. Die vordere Hälfte der Grube bildet dann eine breite
Ausbuchtung. Die erste Andeutung der Nudation zeigte sich bei dem
einen einjährigen Fohlen, während das andere gleichaltrige bereits
eine vollständig entwickelte „Synovialgrube“ aufwies. Die Längen¬
ausdehnung der Grube schwankte zwischen 2,0 und 3,4 cm, die Breite
zwischen 0,7 und 1,3 cm und die Tiefe zwischen 0,1 und 0,15 cm.
5 . Gelenkfläche der Ulna (Fig. 2).
Die Ulna artikuliert durch die lncisura semilunaris mit dem
Humerus. Dieser große, halbmondförmige Ausschnitt ist in seinem
proximalen, bis zum Processus coracoideus reichenden Teile mit
Knorpel überzogen, während seine distale Hälfte knorpelfrei ist. Diese
innerhalb der Gelenkkapsel liegende knorpelfreie rauhe Fläche ist eine
echte Fossa nudata. Sie geht bis zu der Stelle, wo der Knorpelüber¬
zug des Radius und der der Ulna Zusammentreffen. Die Grube der
Ulna geht hier in die Grube des Radius über, und die Grenzen passen
so genau aufeinander, daß die eine Grube die Fortsetzung der anderen
bildet. Die ulnare Grube erreicht nach der lateralen Seite hin den
lateralen Rand der lncisura semilunaris, während nach der medialen
Kante hin der Knorpelüberzug in etwa 1 cm Breite erhalten ist. Im
untersten lateralen Teile des halbmondförmigen Ausschnittes bleibt
regelmäßig eine Knorpelinsel erhalten.
Nur in den Veterinäranatomien von Sisson ( 12 ) und Martin (16)
wird die oben beschriebene „Synovialgrube“ der Ulna erwähnt, während
in den übrigen Veterinäranatomien von Ellenbcrgcr und Baum ( 6 ),
Struska (13) und von Arloing, Chauveau und Lesbro (5) wohl
besonders auf diese Stelle aufmerksam gemacht, aber doch nur von
einer „Rauhigkeit“ an der distalen Hälfte der lncisura semilunaris
gesprochen wird. Alle Autoren erwähnen dagegen die „Synovialgrube“
des Radius. Welche Gründe für die Mehrzahl maßgebend gewesen
sind, nur von einer „Synovialgrube“ des Radius, nicht aber von einer
der Ulna, sondern hier nur von einer „rauhen Stelle“ zu sprechen.
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben, Fossao nudatae, beim Pferde. 253
entzieht sich meiner Beurteilung. Die Grube des Radius und die
„ Rauhigkeit“ der Ulna erscheinen doch als ein einheitliches Gebilde,
das sich nur auf die Gelenkfläche zweier, eng zusammenhängender
Knochen erstreckt. Von Buerki wird beim Rinde eine ganz ent¬
sprechende „Synovialgrube“ beschrieben, die, vom Radius ausgehend,
sich auch auf die Gelenkfläche der Ulna erstreckt. Beide Teile dieser
Grube werden auch von ihm als „Synovialgrube“ beschrieben.
Für die „rauhe Stelle“ der Ulna treffen alle Kennzeichen einer
„Synovialgrube“ zu. Der Gelenkknorpel fehlt in großer Ausdehnung
auf einer Fläche, die innerhalb der Gelenkkapsel gelegen ist. Der
Knorpel fehlt aber an dieser Stelle der Incisura semilunaris nur bei
Pferden, die etwa 1 Jahr und älter sind. Bei ganz jungen Fohlen
ist an der fraglichen Stelle ein Knorpelüberzug vorhanden. Bei einem
10 Tage alten Fohlen war der Knorpel noch vollständig intakt, bei
einem 5 Wochen alten Fohlen auch noch vollständig erhalten. Doch
ließ sich bei diesem im Gegensatz zu dem ersteren schon deutlich
eine geringe Einsenkung und eine dunklere Verfärbung des Knorpels
an dem in Rede stehenden Teil der Gelenkfläche nachweisen. Die
eingesunkene und dunkelverfärbte Stelle hatte auch schon deutlich die
Form und die Grenzen der Knorpelgrube bei erwachsenen Pferden*
Der noch glatte Knorpelüberzug war an dieser Stelle bereits dünner
geworden als in der Nachbarschaft, so daß an dieser Stelle das
dunklere Knochengewebe durchschimmerte. Bei dem einen Jährling
war die Grube bereits viel deutlicher ausgeprägt, aber teilweise noch
mit einem dünnen, höckerigen Knorpelüberzug versehen, während bei
dem anderen Jährling die Grube bereits vollständig entwickelt war,
ebenso wie bei allen älteren untersuchten Pferden.
An der Gelenkfläche des Radius waren bei den 10 Tage und
5 Wochen alten Fohlen ähnliche Veränderungen nicht nachzuweisen.
Es scheint also die Fossa nudata der Ulna sich früher zu ent¬
wickeln als die des Radius. Die Länge der Grube schwankte
zwischen 3,6 und 4,0 cm, die Breite zwischen 1,9 und 2,7 cm und
die Tiefe zwischen 0,1 und 0,2 cm.
6 . Distale Gelenkfläche des Os capitatum.
Zuweilen begegnet man einer länglichen Fossa nudata an der
distalen Gelenkfläche des Os capitatum. Sic nimmt ihren Ausgang
von einer Bandgrube, die in der Mitte des lateralen Randes der
254
SCHULZ,
distalen Gelenkfläche gelegen ist. Die „Synovialgrube“ verläuft etwa
parallel mit dem vorderen Rande des Os capitatum und ist mit
tiefen Knochenusuren verbunden. Die gegenüberliegende Fläche des
Mctacarpus zeigt eine ähnliche Knorpelgrube. Die Länge beträgt 1,5
bis 1,9 cm, die Breite 0,4 — 0,8 cm und die Tiefe etwa 0,3 cm.
7. Basis metacarpi 1 ).
ln ihrem mittleren Teil besitzt zuweilen die proximale Gelenk¬
fläche des Metacarpus eine längliche Fossa nudata, die der am Os
capitatum entspricht. Ihren Ausgang nimmt die „Synovialgrube“ von
einer lateral gelegenen Bandgrube. Ebenso wie die Knorpelgrube am
Os capitatum läuft sie mit dem vorderen Rande der Gelenkfläche
parallel. Sie ist mit starken Knochenusuren verbunden. Die Länge
beträgt 1,3—2,0 cm, die Breite 0,3—0,8 cm, die Tiefe 0,15—0,2 cm.
8. Capitulum metacarpi.
Zu beiden Seiten des Führungskammes, etwas volar von der
tiefsten Stelle der Gelenkwalze, begegnet man bisweilen je einer
kleinen, man kann fast sagen punktförmigen „Synovialgrube“. Sie
erstreckt sich nicht immer bis auf den Knochen, und auch bei älteren
Pferden kann man an dieser Stelle bisweilen nur eine Einsenkung des
Gelenkknorpels nachweisen, Ihre Gestalt ist meistens beinahe kreis¬
förmig mit einem Durchmesser von 0,1—0,2 cm. Die Tiefe beträgt
nie über 1,5 mm. Entsprechende „Synovialgruben“ am Fesselbein
waren nie zu beobachten.
9. Cochlea tibiae.
Die Cochlea articularis tibiae enthält in der Mitte ihres Führungs¬
kammes eine „Synovialgrube“, die bei allen Pferden deutlich aus¬
geprägt ist. Die Grube hat meist die typische Gestalt eines fast
rechtwinkligen Dreiecks, dessen Ecken sehr häufig spitz, aber auch
mehr oder weniger abgerundet sein können. Die Hypothenusc dieser
dreieckigen Grube verläuft auf der Höhe des Kammes, die beiden
Katheten auf der lateralen Seite des Kammes. Niemals konnte ich
beobachten, daß sich die Fossa nudata nach der medialen Seite des
Kammes zu erstreckt hätte.
1) Unter .Metacarpus wird verstanden das Os metacarpale tertium, der einzige
entwickelte Mittelhandknochen des Pferdes (vgl. Femur und Os femoris).
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben, Fossao nudatae, beim Pferde. 255
Eine zweite „Synovialgrube“, die nach den Angaben Martins
bisweilen Vorkommen soll, habe ich bei meinem Material nicht beob¬
achtet. Die zuerst beschriebene regelmäßige „Synovialgrube“ war nur
bei dem 10 Tage und dem 5 Wochen alten Fohlen noch nicht vor¬
handen. Der eine Jährling zeigte eine deutliche Einsenkung des
Knorpelüberzuges, während der andere bereits eine vollkommen ent¬
wickelte Fossa nudata aufwies. Die Länge der Ausdehnung dieser
Grube schwankte zwischen 0,8 und 1,9 cm, die Breite zwischen 0,15
und 1,0 cm und die Tiefe zwischen 0,05 und 0,1 cm.
io. Trochlea tali.
In der Trochlea tali findet sich regelmäßig bei ausgewachsenen
Pferden eine langgestreckte Fossa nudata. In ihrer Ausdehnung zeigt
gerade diese Grube bedeutende Schwankungen. Von dem proximalen
Ende der Führungsrinne bis zu der am distalen Ende der Trochlea
liegenden Gelcnkgrube (bestimmt zur Aufnahme eines entsprechenden
Fortsatzes der Cochlea tibiae bei starker Beugung) können sich die
Gruben erstrecken. Meist nimmt die Grube nur die Breite der
tiefsten Stelle in der Rinne ein. Ueberschreitet aber die Grube auch
noch seitwärts die Breite der Rinne, dann erstreckt sie sich nur auf
den lateralen Kamm, niemals aber auf den medialen. Die Ausdeh¬
nung nur nach der lateralen Seite entspricht der Ausbreitung der
„Synovialgrube“ der Tibia nur nach der lateralen Seite des Führungs¬
kammes. Während sie meist als eine langgestreckte, verhältnismäßig
breite Senkung in der Rinne des Talus auftritt, zeigt sich auch gar
nicht so selten, daß sie nur in Gestalt eines engen Risses vorhanden
ist. Der Rand der Grube ist häufig unregelmäßig gezackt und aus¬
gezahnt. Die Knorpelgrube kann sich nun auf verschiedene Ab¬
schnitte der Führungsrinne verteilen oder beschränken. In der Mehrzahl
der Fälle findet sich nur eine langgestreckte „Synovialgrube“ in dem
mittleren Abschnitt der Rinne. Bisweilen ist die Grube aber zwei¬
geteilt; sie nimmt dann den proximalen und den distalen Abschnitt
der Führungsrinne ein, während deren Mitte vollständig frei bleibt.
Zu diesen Formen kann dann noch, allerdings selten, eine Grube
kommen, die ihren Ausgangspunkt von der Gelenkgrubc am distalen
Ende der Führungsrinne nimmt. Von den untersuchten Fohlen war
der eine Jährling bereits im Besitz einer ausgeprägten, vollendeten
Fossa nudata im Zentrum der Rollfurche, der andere Jährling zeigte
eine beträchtliche Einsenkung des Gelenkknorpels. Der nur noch sehr
256
SCHULZ.
dünne Knorpelüberzug war höckerig und ließ das dunklere Knochen¬
gewebe durchschimraern. Das lOtägige Fohlen wies an der typischen
Stelle eine geringe Einsenkung und dunklere Verfärbung des Gelenk¬
knorpels auf, während der Talus des 5 Wochen alten Fohlens von
den genannten Erscheinungen noch vollkommen frei war. Die Länge
dieser Grube scwankte zwischen 0,9 und 4,5 cm, die Breite zwischen
0,1 und 0,6 cm und die Tiefe zwischen 0,05 und 0,15 cm.
•
u. Gelenkfläche des Talus für den Processus coracoideus calcanei.
Fast regelmäßig begegnet man einer Fossa nudata an derjenigen
Gelenkfläche des Talus, die den Processus coracoideus calcanei auf¬
nimmt. Diese Gelenkfacette besteht aus zwei zusammenhängenden
Teilen, die senkrecht aufeinander stehen. In der dadurch entstehen¬
den Kante ist die längliche Grube gelegen. Sie nimmt ihren Ausgang
von einer Bandgrube, die sich am medialen Rande dieser Gelenkflächc
befindet. Der Calcaneus weist an der entsprechenden Stelle eine
ähnliche „Synovialgrube“ auf. Vollständig entwickelt fand sich diese
Grube bei dem einen Jährling, während sie bei dem anderen noch
mit höckerigem, dünnen Knorpel überzogen war. In ihrer Länge
schwankte die Grube zwischen 1,0 und 1,7 cm, in ihrer Breite zwischen
0,2 und 0,6 cm, die Tiefe betrug nur etwa 0,05 cm.
12. Processus coracoideus calcanei.
Die Gelenkfläche am Processus coracoideus des Calcaneus weist
eine ähnliche Fossa nudata auf, wie die entsprechende Gelenkflächc
des Talus. Auch diese Gelenkfläche hat eine scharfe Kante, auf der
die Knorpelgrube gelegen ist. Sie nimmt auch hier ihren Ausgang
von einer medial vorhandenen Bandgrube und erstreckt sich als
schmale, langgezogene Lanzette bis etwa in das Zentrum dieser Ge¬
lenkfläche. Die Fohlen zeigten den gleichen Befund an dieser Gelenk¬
fläche, wie an der entsprechenden des Talus. Die Länge schwankte
zwischen 0,9 und 1,5 cm, die Breite zwischen 0,1 und 0,5 cm, die
Tiefe betrug etwa 0,05 cm.
13. Capitulum metatarsi 1 ).
Hier treten genau entsprechende Fossae nudatac wie an der
distalen Gelenkfläche des Metacarpus auf, nur kommen sie am Metatarsus
häufiger als am Metacarpus vor. Form und Masse sind ähnlich.
1) Vgl. Metacarpus Nr. 8.
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben, Fossae nudatae, beim Pferde. 257
14. Poveae articulares atlantis.
Vom medialen Rande der beiden Gelenkgruben, welche die Con-
dyli occipitales aufzunehmen haben, gehen regelmäßig „Synovial¬
gruben“ gegen den lateralen Rand. Sie haben etwa dreieckige Ge¬
stalt, sind medial breit und laufen lateral spitz aus, ohne übrigens
den lateralen Rand der Gelenkfläche zu erreichen. Die Länge dieser
Gruben schwankt zwischen 2,1 und 2,7 cm, die Breite zwischen 1,6
und 2,1 cm und die Tiefe zwischen 0,1 und 0,2 cm. Entsprechende
Gruben an den Condyli occipitales, wie sie Buerki beim Rinde be¬
obachten konnte, finden sich beim Pferde niemals. Ueber diese
„Synovialgruben“ äußert sich Barrier (1) folgendermaßen: „J’ai con-
statö avec mon collaborateur sur des poulains (Füllen) mort n6s,
l’absence coraplette de fossettes ou d’echancrures synoviales dans les
articulations oü on les rencontre d’ordinaire chez l’adulte (Volljährigen).
Par contre nous avons vu, dans chacune des cavites de l’atlas qui
repondent aux condyles de l’occipital, chez des chevaux de douze u
quinze mois et plus une enorme echancrure synoviale que Ton ne
retrouve chez l’adulte.“ Alle meine Beobachtungen stehen zu diesen
Befunden von Barrier in direktem Widerspruch. Bei erwachsenen
Pferden waren die Gruben am Atlas regelmäßig nachzuweisen. Bei
den 10 Tage und 5 Wochen alten Fohlen und dem einen Jährling
waren Andeutungen zu dieser „Synovialgrube“ nicht vorhanden. Bei
dem zweiten Jährling war allerdings das Hinterhauptgelenk ver¬
wachsen. Daß bei jugendlichen Pferden vorhandene „Synovialgruben“
im Laufe des Lebens wieder verschwinden können, halte ich für aus¬
geschlossen.
(Vgl. die Tabellen I—III.)
Die oben beschriebenen Fossae nudatae oder „Synovialgruben“
lassen sich zwanglos in zwei Gruppen teilen, in konstante und in in¬
konstante Gruben. Regelmäßig vorzufinden sind folgende Gruben:
Die Gruben in den Foveae articulares atlantis, an der Trochlea humeri,
am Capitulum radii, an der Incisura semilunaris uluae, an der Cochlea
tibiae und an der Trochlea tali. Dagegen sind die Gruben an der
Cavitas glenoidalis scapulae, am Caput humeri, an der distalen Ge¬
lenkfläche des Os capitatura, an der Basis und Capitulum metacarpi,
an der Gelenkfläche des Talus für den Processus coracoideus calcanei,
am Processus coracoideus calcanei und am Capitulum metatarsi nur
inkonstant vorhanden.
258 SCHULZ,
Tabelle 1 der Größen der Fossae nndatae.
Gelenk
Alter
Länge
Größe in 7
links
Breite | Tiefe
Zentimetern
rechts
Länge . Breite
Tiefe
Troehlea liumeri
10 Tage
i
5 Wochen
—
—
—
—
1 Jahr 1 )
2,5
1,6
0,1
2,5
1.8
0,1
Capitulum radii
10 Tage
—
—
_ 1
I
—
—
—
5 Wochen
—
—
_ 1
—
—
—
1 Jahr 1 )
3,1
0,9
0,05 |
3,2
1,0
0,05
Gelenkfliiehe der Ulna
10 Tage
—
—
— i
—
_
—
5 Wochen
Knorpel Überzug schwach eingesunken, schwaches
Durchschiramern des dunkleren Knochengewebes.
1 Jahr 1 )
3,7
2,1
0,05
3,6
2,0
0,05
Foveae articularcs at-
10 Tage
—
—
—
—
—
lantis
5 Wochen
—
- i
—
—
1 Jahr 1 )
Verwachsen
mit dem Hinterhauptsgelenk.
Cochlea tlbiae
10 Tage
—
—
—
-—
—
—
5 Wochen
—
—
—
—
—
—
1 Jahr 1 )
1,8
0,6
0,05
M
0,5
0,05
Troehlea tali
10 Tage
—
—
—
Schwache Einsenkung des
Knorpels.
5 Wochen
—
— i
—
—
—
—
1 Jahr 1 )
2,7
0,4
0,05
3,1
0,3
0,05
Gclenkiliichc d. Talus
10 Tage
—
—
—
—
—
für den Processus
5 Wochen
—
—
—
—
—
coracoideus calcanei
l Jahr 1 )
1,5
0,6
0,05
1,2
0,5
0,05
Processus coracoideus
10 Tage
—
—
—
—
—
—
calcanci
5 Wochen
—
— 1
—
[1
—
—
1 Jahr 1 )
1,3
0,5 l
0,05
ii 1,2
0,5
0,05
1) Bei diesem Jährling war der Grund der „Synovialgruben“ noch mit einem
dünnen höckerigen Knorpelüborzug versehen. Die Farbe des dunkleren Knochen¬
gewebes leuchtete stärker durch als bei dem 5 Wochen alten Fohlen.
Die konstant vorkommenden Fossae nudatae weisen regelmäßig
die gleichen Formen auf und erreichen im wesentlichen auch die
gleiche Größe. Man kann aber bei einzelnen Individuen eine gewisse
Neigung zu größerer oder geringerer Entwicklung der Gruben fest¬
stellen. Weisen aber die Gruben Schwankungen in Größe und Aus¬
dehnung gegenüber dem Durchschnitt auf, dann ist die Regel, daß
sich die Schwankungen in gleicher Weise auf die rechte, wie auf die
linke Körperseite erstrecken. Die „Synovialgruben“ der rechten und
linken Seite eines Individuums weisen mit nur sehr geringen Abwei¬
chungen die gleiche Größe und Form auf.
Bemerkenswert ist an dem Auftreten der Fossae nudatae, daß
sie in der Regel zugleich an den kongruenten Stellen beider gegen¬
überliegender Gelenkflächen auftreten. Buerki konnte beim Rinde
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben, Fossae nudatae, beim Pferde. 259
Tabelle 11 der Größen der Fossae nudatae.
Gelenk
Alter
Länge
Größe in Zentimetern
links rechts
j Breite | Tiefe |* Länge ! Breite ,
Tiefe
Trochlea liumeri
1 Jahr
1,7
1,1
0,15
1,5
1,0
0,15
6—7 Jahre
1,5
0,8
0,15
1,4
0,7 1
0,15
12—15 Jahre
0,5
1 0,3
, 0,2
O.G
0,3 1
0,2
Capitulum radii
1 Jahr
2,2
0,7
0,1
2,0
i 0,65
0,1
6—7 Jahre
2,6
; 1,5
i 0,2
! *2,6
1,4 !
0,2
12—15 Jahre
2,0
I 0,7
0,2
2,0
' 0,7 i
0,2
Gclcnkflächc dcrülna
1 Jahr
3,2
1 1,8
0.15
, 3,3
1,6
0,15
0—7 Jahre
3,6
, 2,5
0,2
' 3,9
2,7
0,2
12 — 15 Jahre
3,7
1,9
0,15
3,8
' 1,9
0,2
Foveae articulares at¬
1 Jahr
—
1
- 1
1_
1
.—
lantis
G—7 Jahre
12—15 Jahre
2,7
Fehlte zur V
1 2,0 1 0,2
Untersuchung.
2,5 2,1 ;
0,15
Cochlea tibiac
1 Jahr
1,5
0,6
i 0,05 ,
; 1,5
; o,7 ,
0,05
6 — 7 Jahre
0,7
0,3
! 0,05
0,8
o,4 ;
0,05
12—15 Jahre
1,3
0,8
0,1 !
1,5
0,8
0,1
Trochlea tali
1 Jahr
2.8
0,6 |
0,1
2,6
1 0,6 1
0,1
6 — 7 Jahre
0,9
0,2
0,1 1
0,6
0,15 1
0,1
12-15 Jahre
2,3
0,4 i
0,15
2,1
0,3 i
0,15
Cielenkfläche d. Talus
1 Jahr
1,25
0,3 |
0,05
1,25
0,4 |
0,05
für den Processus
G—7 Jahre
1,2
0,4
0,05
1,3
0,3
0,05
eoracoideus calcanei
12—15 Jahre
1,3
0,5 1
0,05
1,1
0,3
0,05
Processus eoracoideus
1 Jahr
1,0 |
0,2 |
0,05
1,1 i
0,25 '
0,05
calcanei
G — 7 Jahre
1,1
0,2
0,05 i
1,0 ;
0,25
0,05
12 — 15 Jahre
1,5
0,4
0,05 !
1,2
0,3
0,05
fast regelmäßig an den mit „Synovialgruben“ behafteten Gelenken
auch Gegengruben nachweisen und hat auf diese Tatsache zuerst auf¬
merksam gemacht. Beim Pferde hat jedoch nicht immer die gegen¬
überliegende Gelenkfläche eine entsprechende Fossa nudata aufzuweisen.
So fehlen hier Gegengruben immer gegenüber den Fossae nudatae der
Foveae atlantis und gegenüber dem Capitulum metacarpi et metatarsi.
An den Condyli occipitales und an der proximalen Gelenkfläche der
Fesselbeine waren beim Pferde niemals Fossae nudatae festzustellen.
Die sich gegenüberliegenden Gruben entstehen übrigens nicht gleich¬
zeitig. Ich konnte ebenso wie Buerki auch beobachten, daß sich
die „Synovialgruben“ an der distalen Gelenkfläche zuerst entwickeln
und daß später erst die Gegengruben der proximalen Gelenkfläche folgen.
Zum Ausgangspunkt für die Grubenbildung dienen regelmäßig
Vertiefungen in den Gelenkflächen, sowie Bandgruben und Randaus¬
schnitte. Wenn sich die Gruben an Bandgruben oder an Randaus-
schnittc anschließen, dann bilden sie einfache Fortsetzungen derselben.
260 SCHULZ,
Tabelle III der Größen der Fossae nndatae.
Größe in. Zentimetern
Gelenk
Alter
links
rechts
Länge j
Breite
Tiefe |
Länge
1 Breite j
Tiefe
Trochlea hunieri
16 — 18 Jahre
2,2
1,2
0,15
2,6
1,1
0,2
ca. 20 Jahre
1,9
0,8 :
0,2
1,1
0,8
0.2
25 Jahre
1,5
1,4
0,15 |
2,1
1,4
0,15
Capitulum radii
16—18 Jahre
2,8
1,1
0,1
2,9
1,2
0,1
ca. 20 Jahre
2,0
0,7
0,15
1,8
0,7
0,15
25 Jahre
3,0
1,2
0,2
3,4
1,3
0,2
Gelenkfliiche der Ulna
16—18 Jahre
4,0
2,6
0,1
4,0
2,5
0,15
ca. 20 Jahre
3,6
1,9
0,2
3,7
1,9
0,2
25 Jahre
3,8
2,5
0,15
3,7
2,4
0,2
Foveac articulares at-
16 — 18 Jahre
2,1
1,6
0,2
2,3
1,9
0,15
lantis
ca. 20 Jahre
2,5
1,9
0,1
2,5
2,0
0,1
25 Jahre
2,7
2,0
0,15
2,6
i 1,9
0,15
Cochlea tibiac
16—18 Jahre
1,7
0,9
0,1
1,9
1 i,o
0.1
ca. 20 Jahre
1,0
0,5
0,1
0,8
0,3
0,1
25 Jahre
1,4
0,5
0,1
1,4
! 0,5 ,
°,!
Troch 1 ca taii
16—18 Jahre
2,4
0,6
0,1
2,7
1 0,6 1
0,15
ca. 20 Jahre
4,5
0,3
o,i
4,3
0,3
0,1
25 Jahre
3,5
0,25
0,2
3,4
0,3 ,
0,15
Gelenkfläche d. Talus
16—18 Jahre
1,5
0,3
0,05
1,7
0,5 i
0,05
für den Processus
ca. 20 Jahre
—
—
—
— ,
—
coracoideus calcanei
25 Jahre
1,4
0,2
0,05
1,5
0,4
0,05
Processus coracoideus
16—18 Jahre
1,2
; 0,2
0,05
1,5
0,45
0,05
calcanei
ca. 20 Jahre
—
—
—
—
25 Jahre
1,3
: 0,15
0,05
1,2
0,2
0,05
Die beim Pferde vorhandenen „Synovialgruben“ entsprechen fast
alle den auch beim Rinde aufgefundenen Gruben. Nur in der Aus¬
dehnung weisen die Fossae nudatae des Rindes gegenüber denen des
Pferdes bedeutende Unterschiede auf. Die Gruben des Rindes sind
an Größe und Tiefe denen des Pferdes bedeutend überlegen. Auch
die Zahl der beim Rinde vorhandenen Fossae nudatae ist viel größer
als beim Pferde. Beim Rinde können nämlich alle Gliedraaßengelenke
mit Ausnahme von Schulter- und Hüftgelenk (nach Buefki) und außer¬
dem die Articulatio atlanto-occipitalis und atlanto-epistrophica mehr
oder weniger deutliche Fossae nudatae besitzen.
Franck(7) hat in seiner Anatomie der Haustiere noch „Synovial¬
gruben“ oder „Synovialausschnitte“ beim Pferde beschrieben an fol¬
genden Stellen: An der lateralen Fläche des Os naviculare carpi und
am Os pisiforme, am „Sulcus interarticularis“ des Calcaneus und des
Talus, an der proximalen Gelenkfläche des Metatarsus und am Os
cuboidcum. An allen diesen Stellen sind Knorpelüberzüge bei jugend-
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben, Fossae nudatae, beim Pferde. 261
liehen Fohlen nicht nachzuweisen, sie stellen nur Vertiefungen dar für
den Ansatz von Bändern. Diese Gruben fallen daher nicht unter den
eingangs fostgestellten Begriff „Synovialgruben“.
Nachtrag: Nach Abschluß dieser Untersuchungen bin ich von
Herrn Prof. Schmaltz darauf hingewiesen worden, daß beim Pferde
noch ganz regelmäßig eine Fossa nudata sich entwickelt an einer
Stelle, wo eine solche bisher nicht gesucht worden ist, nämlich im
Anschluß an die Fossa acetabuli. In der Tat liegen hier folgende
Veränderungen vor: Die Fossa acetabuli in ihrer Jugendform ist ein
von Anfang an knorpelfreier und außerhalb der Gelenkkapsel ge¬
legener Ausschnitt in der Facies articularis, der fast genau bis zum
Zentrum vorspringt, auf 4 cm Abstand vom Rande nach allen Seiten.
Beim erwachsenen Pferde springt aber die Fossa regelmäßig bis auf
2 cm gegen den lateralen Rand vor, hat sich also verlängert, und diese
Verlängerung liegt innerhalb der Gelenkkapsel, ist mithin eine echte
Fossa nudata. Noch bei einem Jährling fand sich diese Stelle mit
Knorpel bedeckt, der aber schon Verdünnung und dunkle Verfärbung
aufwies.
Es handelt sich mithin um eine Fossa nudata in der Articulatio
coxae, die im Anschluß an einen Randausschnitt der Gelenkfläche sich
bildet. Zugleich ist dies neben den „Synovialgruben“ der Foveae arti-
culares atlantis die zweite konstante Grube, bei der sich keine Gegen¬
grube ausbildet, denn die von Bandanheftungen ganz ausgefüllte Fovea
capitis femoris bleibt aut ihre ursprüngliche Form beschränkt und
liegt wie die ursprüngliche Fossa acetabuli außerhalb der Kapsel.
Jngendformen der Fossae nndatae.
Die Fossae nudatae sind bei Neugeborenen noch nicht vor¬
handen, sondern entwickeln sich erst im Laufe des Lebens. Meine
Untersuchungen über die Entwicklung der Gruben beschränken sich
auf vier Fohlen im Alter von 10 Tagen, 5 Wochen und zwei von
einem Jahr. Wegen dieses geringen Materials habe ich meine Unter¬
suchungen nur auf den anatomischen Befund beschränkt. Beim Rinde
konnte Buerki histologisch darüber folgendes feststellen:
„Die Synovialgruben entstehen sowohl im Verlaufe des Wachs¬
tums als nach Vollendung desselben und scheinen in ihrer Ausdehnung
abhängig zu sein von Alter, Geschlecht und Rasse.
Die Synovialgruben werden an Gelenken jugendlicher Tiere durch
lokalisierte Knochenresorption eingeleitet. Dieser folgen, einander
Archiv f. wissonscli. u. prakt. Tierheilk. Bd. 4L H. 4 u. .*>. jg
262
SCHULZ,
nebengeordnet, Degenerations- und Regenerationserscheinungen am an¬
stoßenden Knorpel- und Knochengewebe. An Gelenken älterer Tiere
und an Gelenkflächen, die den Kontakt mit gegenüberliegenden ver¬
loren, schreiten degenerative und progressive Prozesse nebeneinander
von der Gelenkoberfläche nach der Tiefe fort.
Die Knochenresorption kommt durch die Ausbildung Howshipscher
Grübchen und perforierender Kanälchen zustande. An der Degene¬
ration des Knorpel- und Knochengewebes beteiligen sich namentlich
die schleimige und die fettige Form. Die Regeneration besteht in der
Entwicklung einer bindegewebigen Narbe. Degeneration und Regene¬
ration haben zu ihrer Grundlage eine rege Neubildung von Gefäßen“.
Anatomisch fand Buerki die ersten Andeutungen von „Synovial¬
gruben“ bereits bei einem 32 Wochen alten Fötus. Er fand hier eine
kleinere Vertiefung an der Stelle, wo später eine „Synovialgrube“ zur
Ausbildung gelangt. Mit etwa 3 Jahren sind die Mehrzahl der Gruben
beim Rinde vollkommen ausgebildet, doch können sich auch nach
Vollendung des Wachstums noch Gruben bilden und auch die bereits
vorhandenen allmählich noch größere Ausdehnung erlangen.
Die erste Andeutung einer „Synovialgrube“ fand ich beim Pferde
im Alter von 10 Tagen. Der Gelenkknorpel zeigte in der Mitte der
Trochlea tali an der Stelle, wo später regelmäßig eine Grube nachzuweisen
ist, eine deutliche Einsenkung. Es war allerdings hier nur der Talus
der rechten Seite mit dieser Einsenkung behaftet, linksseitig ließ sich
eine solche noch nicht nachweiscn. Alle übrigen Fundorte für Fossae
nudatae erwiesen sich als frei. Bei einem 5 Wochen alten Fohlen
besaß der Talus noch keinerlei Andeutungen von sich entwickelnden
Knorpelgruben. Dagegen zeigte hier die typische Stelle der lncisura
semilunaris ulnae rechts sowohl wie links schon eine deutliche Ein¬
senkung des Gßlenkknorpels. Diese war bereits deutlicher und tiefer
als die am Talus des lOtägigen Fohlens. Der Knorpelüberzug war
zwar noch glatt, aber bereits so dünn geworden, daß das bei dem
Fohlen bedeutend dunklere Knochengewebe (Rotfärbung des Knochen¬
markes) durchschimmerte. Die typische Gestalt der späteren Fossa
nudata der Ulna ließ sich bereits erkennen. Andere Andeutungen von
„Synovialgruben“ waren bei diesem Fohlen nicht nachzuweisen.
Die beiden anderen noch untersuchten Fohlen waren etwa gleich-
alterig, beide Jährlinge. Trotzdem zeigten beide in der Entwicklung
der „Synovialgruben“ bedeutende Verschiedenheiten. Bei dem einen
waren sämtliche für das erwachsene Pferd konstanten „Synovial-
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben. Possae nudatae, beim Pferde. 263
gruben“ erkennbar; auch die nicht bei allen erwachsenen Pferden vor¬
handenen zwischen Talus undCalcaneus zeigten sich schon. Sie waren aber
sämtlich noch nicht voll entwickelt. Der Grund der Gruben war an
den meisten Stellen noch mit Gelenkknorpel überzogen, durch den
man auch hier das dunkelrote Knochengewebe durchleuchten sah. Der
Knorpelüberzug war nicht allein sehr dünn, sondern an seiner Ober¬
fläche schon sehr höckerig und stellenweise lückenhaft, so daß das
Knochengewebe an diesen Stellen deutlich hervortrat. Der Rand der
Gruberi hob sich deutlich von dem umgebenden Gelenkknorpel ab, da
er meistens fast senkrecht zum Grunde der Gruben abfiel. Die normale
Gelenkfläche konnte man mit zahlreichen rundlichen Ausbuchtungen
gegen die Grube vorspringen sehen. Achnliche Erscheinungen zeigten
sich an allen übrigen Fossae nudatae. Die Entwicklung der „Syno¬
vialgruben“ war also hier bereits sehr stark vorgeschritten.
Bei dem anderen Jährling war der Zustand ein wesentlich anderer.
Fossae nudatae waren hier nachweisbar in der Articulatio cubiti und
in der Articulatio talocruralis, sowie zwischen dem Talus und dem
Processus coracoideus calcanei, an deren gemeinschaftlicher lateraler
oberer Gelenkfläche. Bei allen Fossae nudatae dieses Pferdes fiel der
Rand der Gruben fast senkrecht zu deren Grunde ab, Ausbuchtungen
am Rande waren nicht mehr zu beobachten. Warzenartige Erhaben¬
heiten, bestehend aus vorspringenden Spongiosabälkchen, die noch von
normalem Gelenkknorpel in dünner Schicht überzogen sind, wie sic
bei dem anderen einjährigen Fohlen am Grunde der Gruben nachweis¬
bar waren, waren nicht mehr vorhanden. Dafür zeigte sich der Grund
der Gruben mit weißlicher, schleimiger Masse belegt. Die Fossae
nudatae waren also bei diesem einjährigen Pferde bereits vollkommen
entwickelt. Aus den Untersuchungsergebnissen läßt sich der Schluß
ziehen, daß beim Pferde die konstanten Synovialgruben bereits ein
Jahr nach der Geburt vollendet sein können, ohne daß dies die Regel
zu sein braucht.
An den fertig entwickelten Fossae nudatae konnte Buerki beim
Rinde häufig noch sekundär sich erweiternde Gruben beobachten. Er
fand dann auf dem Rande der Gruben einen Saum verdünnten, in
Auflösung begriffenen Gelenkknorpels. Die Grube zeigte sich alsdann
von einem geröteten Saume bald teilweise, bald ganz umgeben. Aehn-
liche Beobachtungen habe ich bei meinem Untersuchungsmaterial nie
machen können.
264
SCHULZ,
Struktur der ansgebildeten Fossae nndatae mit (Gelenkknorpel-
messnngeu).
Um den Schwund des Gelenkknorpels bei Entstehung der Fossae nudatae
quantitativ bestimmen zu können, habe ich zunächst Messungen der Gelenkknorpel*
stärken an den wichtigsten Gelenken vorgenommen, da solche beim Pferde bisher
nur vereinzelt (z. B. von Kuske, Untersuchungen am Schultergelenk des Pferdes)
ausgeführt waren. Die Messungen wurden an einem ungefähr 20 Jahre alten Pferde
ausgeführt. An jeder der untersuchten Gelenkflächen wurden drei Messungen vor¬
genommen, lateral, zentral und medial. Es wurde aus jeder Gelenkfläche ein keil¬
förmiges Stück des Gelenkknorpels im Zusammenhänge mit dem daruntergelegenen
Knochen herausgesägt und diese Stücke fixiert und entkalkt. Zur Herstellung der
zum mikroskopischen Messen notwendigen Schnitte wurde ein Teil des Materials
nach dem im zweiten Kapitel ausführlich beschriebenen Verfahren in Zelloidin ein¬
gebettet. Ich machte aber die Erfahrung, daß ebenso genaue Resultate mit viel
einfacheren Mitteln auch zu erzielen waren. Von den fixierten und entkalkten, aber
nicht eingebetteten Knochenstücken wurden mit einem Rasiermesser an den er¬
wähnten Stellen möglichst dünne Schnitte abgeschnitten, diese mit Hämalaun ge¬
färbt und in Glyzerin unter dem Mikroskop untersucht. ‘Diese Methode gestattete
es, auf möglichst einfache Weise genauo Messungen vorzunehmen.
An dem Gelenkknorpel kann man verschiedene Schichten unter¬
scheiden. Dicht an der Oberfläche liegt eine Schicht von platten
Knorpelzellen parallel mit der Oberfläche, darauf folgt eine Zone von
runden Knorpelzellen. Die Hauptschicht des Gelenkknorpels wird von
der nun folgenden Zone der langgestreckten Zellen gebildet. Diese
grenzt sich nach unten scharf ab von der darunterliegenden Verkal¬
kungszone (Lamina terminalis). Während die oben erwähnten Schichten
des Korpels ohne scharfe Grenzen ineinander übergehen, ist die Ver¬
kalkungszone von der darüberliegenden Schicht durch eine ziemlich
gerade verlaufende, deutlich hervortretende Linie abgegrenzt. Diese
Linie ist bedingt durch das Auftreten von feinsten Kalkkrümeln. Da
sich Kalk besonders intensiv mit Hämalaun färbt, so ist diese Linie
besonders deutlich stets bei Hämalaunfärbung zu sehen. Aber auch
bei Färbung mit Hämatoxylin-Eosin und nach van Gieson ist die Ver¬
kalkungslinie immer scharf erkennbar. Diese Linie tritt in vielen
Fällen doppelt, dreifach und mehrfach auf, wobei die einzelnen Linien
ein wenig feiner werden und auf größere Strecken dicht nebeneinander
parallel verlaufen. Die Knorpelzcllen, die innerhalb der Verkalkungs¬
schicht sich befinden, färben sich immer weniger deutlich als die
übrigen Knorpelzellen, dagegen treten die Knorpelkapseln in der Ver¬
kalkungszone immer deutlicher hervor. Bei den angewandten Färbe-
Untersuchungen über die sog. Synoviaigruben, l'ossao nudatao, beim l’ferde. 265
methoden zeigte die Verkalkungszone einen beträchtlich dunkleren Ton
als der unverkalkte Knorpel. Die Farbe dieser Verkalkungszone war
aber immer noch heller als der darunterliegende Knochen, so daß es
stets möglich war, Knochen und Verkalkungszone deutlich voneinander
zu scheiden. Während aber die obere Grenzlinie der Verkalkungs¬
zone einen fast vollständig geraden Verlauf nimmt, ist die untere,
dem Knochen zugewandte Grenzlinie stark geschlängelt. Dadurch, daß
Knochenvorsprünge und Knochenbalken tief in die Verkalkungszone
hineindringen, wird diese stark ausgebuchtet und ausgezahnt. Hier¬
durch wird die Verkalkungszone an vielen Stellen in ihrer Dicke
außerordentlich verringert, ohne daß sie dabei vollständig verschwindet.
Immer bleibt eine, wenn auch noch so dünne Schicht der Verkalkungs¬
zone zwischen dem Knochen und dem unverkalkten Knorpel bestehen.
Die Bedeutung dieser Verkalkungszone liegt wohl darin, eine innigere
und festere Verbindung zwischen dem Knorpel und dem Knochen zu
ermöglichen. Verkalkter Knorpel wird überall durch Knochen ersetzt.
Warum gerade eine Schicht verkalkten Knorpels an den Gelenkknorpeln
zeitlebens bestehen bleibt, ohne dem Ersatz durch Knochen zu ver¬
fallen, ist unaufgeklärt.
Gemessen wurde die Dicke des Gelenkknorpels und die Dicke
der Verkalkungszone. Ebenso wie Kuske zählte ich die in der Ver¬
kalkung begriffene Schicht zu dem Knorpel. Weist doch die Verkal¬
kungszone gegenüber dem übrigen Knorpel zu bedeutende Unterschiede
in ihrer Dicke auf. Außerdem stellt die Verkalkungslinie wegen ihres
zur Oberfläche fast parallelen Verlaufes eine vorzügliche Demarkation
dar, um genaue Messungen zu ermöglichen. Die Dicke des so ge¬
messenen Gelenkknorpels schwankte zwischen 0,4 und 3,2 mm. In
der Mehrzahl der Fälle beträgt die Knorpeldicke etwa 0,5—1,5 mm.
Nach den Angaben von Werner (14) beträgt die Dicke des allerdings
nur makroskopisch gemessenen Gelenkknorpels beim Menschen 0,2
bis 6,0 mm.
Die Verkalkungszone wurde nach Möglichkeit an derselben Stelle
wie der Gelenkknorpel gemessen. Wegen des sehr stark geschlängelten
Verlaufs der Grenzlinie zum Knochen mußten hier Grenzwerte an¬
gegeben werden. In ihrer Dicke schwankte die Verkalkungszonc
zwischen 28 und 434 im Mittel betrug ihre Dicke etwa 250 ,»».
Die Ergebnisse der Messungen, die für das Schultergelenk mit den
Resultaten von Kuske iibereinstimmen, sind aus der nachfolgenden
Tabelle zu ersehen.
26(5 SCHULZ,
Tabelle der Knorpelstärken.
Brustgliedmaße.
lateral
central
medial
mm
mm
mm
Scapula |
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
0,7
0,07-0,3
2,2
0,1 -0,3
0,9
0,03—0,2
Humerus, Caput {
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
1,9
0,3-0,4
1,1
0,2-0,3
1,6
0,2-0,3
Humerus, f
Trochlea \
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
1,1
0,2-0,3
0,9
0,1-0,3
0,9
0,1-0,2
Radius, j
Capitulum \
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
1,2
0,1 -0,3
1,0
0,1-0,2
1,0
0,2—0,4
Metacarpus, f
Capitulum \
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
0,6
0,2-0,3
0,5
0,2-0,3
0,6
0,2—0,3
Fessel bein, Basis |
Knorpeldicke. ».
Dicke der Verkalkungsschicht .
0,6
0,2-0,3
0,6
0,2-0,3
0.5
0,2-0.3
Beckenglicdmaßc.
Acetabulum |
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
1,9
0,3—0,4
Fossa
acctabuli
Fossa
acctabuli
Femur, Caput j
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
1,8
0,3-0,4
1,6
0,3—0,4
1,8
, 0,2-0,3
Femur, Trochlea (
patellaris 1
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
1,4
0,2-0,3
1,8
0,1—0,3
1,4
0,1-0,3
Femur, Con- (
dylus lateralis \
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
2,2
0,2-0,4
1,2
0,2-0,3
0,8
! 0,1-0,2
Femur, Con- f
dylus medialis \
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
1,8
0,2-0,4
2,6
0,3—0,4
3,2
, 0,3—0.4
Tibia, Condylus (
lateralis \
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
1.9
0,2—0,4
1.4
01,-0,3
0,8
0,1-0,2
Tibia, Condylus (
medialis \
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
1,5
0,1-0,2
1,5
0,2-0,3
2,4
0,1—0.3
Tibia, Cochlea j
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
0,6
0,2—0,3
Fossa
nudata
0,5
0,2-0,3
Trochlea tali j
Knorpeldickc.
Dicke der Verkalkungsschicht .
0,G
0,2—0,3
Fossa
nudata
0,5
0,1-0.3
Metatarsus, (
capitulum \
Knorpeldickc.
Dicke der Verkalkungsschicht .
0,4
0,2-0,3
0,6
0,2-0,3
1 0,4
0,2-0,3
Fesselbein, Basis j
Knorpeldicke.
Dicke der Verkalkungsschicht .
0,5
0,1—0,2
0.6
0,1-0,2
; 0,5
; 0,1-0,3
Die ausgebildeten „Synovialgruben“ zeigen beim erwach¬
senen Pferde einen meist glatten Knorpelrand, der ziemlich steil zu
dem Grunde der Gruben abfällt. Der Grund ist bedeckt von einem
feinen Häutchen, das sich schwerer oder leichter von dem darunter-
liegcnden Knochen abziehen läßt. Aus diesem Häutchen hergestellte
Zupfpräparate, die mit Hämalaun- oder Hämatoxylin-Eosin gefärbt
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben, b'ossae nudatae, beim Pferde. 2(i7
wurden, zeigten einfaches Faserbindegewebe mit einer großen Anzahl
länglicher Zellen. Der Grund der Gruben ist also mit einer binde¬
gewebigen Membran bedeckt.
Zum weiteren Studium der Struktur der ausgebildeten Synovial¬
gruben wurden diese Querschnitte so angelegt, daß die periphere
Knorpelzone mitgenommen wurde. Die Färbungen erfolgten mit Häma-
toxylin-Eosin, Hämalaun und nach van Gieson. Auf dem Querschnitte
zeigten sich an dem Gelenkknorpel die schon oben näher beschriebenen
Bilder. Die einzelnen Schichten des Knorpels waren alle deutlich er¬
kennbar. Die Verkalkungszone mit der ihr aufliegenden Verkalkungs¬
linie war bei allen Präparaten nachzuweisen. Auf den Schnitten kann
man den Knorpel zum Grund der Fossa nudata absteigen sehen (vgl.
Fig. 3). Der Knorpelüberzug nimmt an Dicke mehr oder weniger
allmählich ab, bis er den Grund der Gruben vollständig erreicht. Bei
diesem allmählichen Dünnerwerden des Gelenkknorpelüberzuges kann
man ein eigentümliches Verhalten der Verkalkungszone und der Ver¬
kalkungslinie feststellen. Die Verkalkungslinie beim Gelenkknorpel,
der nicht einer Fossa nudata benachbart ist, nimmt einen fast voll¬
ständig geraden Verlauf. Bei dem der Grube benachbarten, allmäh¬
lich dünner werdenden Knorpelüberzug zeigt dagegen die Verkalkungs¬
linie einen stark geschlängelten Verlauf. Mit Spitzen und schmalen
Säulen dringt die Verkalkungslinie in den unverkalkten Knorpel vor.
Je dünner der Knorpelüberzug wird, desto stärker gewellt ist der
Verlauf der Verkalkungslinie, bis sie mit dem Aufhören des Knorpels
auch verschwindet. Die Verkalkungszone selbst wird mit dem Knorpel¬
überzug dünner und findet mit diesem gleichzeitig ihr Ende.
Auf dem Grund der Knorpelgruben sieht man, wie schon gesagt,
eine dünne, bindegewebige Haut liegen. Von Knorpelgewebe und von
der Verkalkungsschicht sind auf dem Grunde der Gruben keine Spuren
mehr zu erkennen. Die Dicke der bindegewebigen Membran schwankt
zwischen 0,014 und 0,049 mm. Sie bedeckt den Grund der Fossa
nudata in fast gleichmäßiger Stärke und nimmt nur an der Peripherie,
wo der Knorpelüberzug beginnt, etwas an Dicke zu. Dieses binde¬
gewebige Häutchen geht auf den von dem Grund der Grube ansteigen¬
den Knorpelüberzug über und überzieht diesen. Je dicker der Knorpel
wird, desto dünner wird der bindegewebige Ueberzug, und sobald der
Knorpel wieder das Niveau des übrigen Gelenkknorpels erreicht hat,
hört auch der Bindegewebsüberzug auf. Zwischen diesem Häutchen
und dem darunterliegenden Knochen trifft man verschiedentlich Quer-
268
SCHULZ,
schnitte von größeren und kleineren Arterien an, wie sie auch ßuerki
beim Rinde nachweisen konnte. Außerdem sieht man aus den Mark¬
räumen reichlich Kapillaren in die bindegewebige Membran eindringen
und so die Blutversorgung übernehmen.
Unter dem bindegewebigen Häutchen liegen die nur sehr dünnen
Knochenbälkchen. Dicke Knochenbälkchen oder gar Kompakta sind
niemals am Grunde der Gruben nachzuweisen. Dagegen zeigt sich zu¬
weilen an den Schnitten ein Vordringen der Markräume bis an die
bindegewebige Membran, so daß die Knochenunterlage am Grunde der
„Synovialgruben“ zuweilen wirkliche Lücken aufweist. Diese frei an
die Oberfläche heranreichenden Markräume kann man bei ihrem Auf¬
treten an frischen Knochen auch nach dem Entfernen der Membran
feststellen. Am deutlichsten sind sie an mazerierten Knochen nach¬
zuweisen. Der Grund der Fossae nudatae sieht deshalb manchmal
fast siebartig durchlöchert aus.
Beziehung der Fossae nndatae zur Mechanik der Gelenke.
Ueber die Ursachen, die zur Bildung der „Synovialgruben“ führen,
äußert sich Buerki folgendermaßen:
„Die Ursachen anzugeben, welche die Ausbildung von Synovial¬
gruben veranlassen, ist vorläufig noch nicht möglich. Immerhin mag
darauf hingewiesen werden, daß die Gelenke der Ungulaten, nament¬
lich jene der Ein- und Zweihufer, beim Gehen einem ungleich stärkeren
und rascheren Belastungsstoße ausgesetzt sind, als es bei Tieren
anderer Gattungen der Fall ist. Das Auseinanderweichen der Zehen
und die relative Weichheit der Ballen der letzteren gegenüber dem
Horn der Ungulaten macht das Auftreten elastischer und sanfter, d. h.
die plötzliche Belastung der Gelenke wird in eine langsame übergeführt,
wodurch eine Quetschung der Gelenkfläche vermieden wird. Man
möchte versucht sein, daran zu denken, daß die Bildung von Synovial¬
gruben in Beziehung zu setzen wäre zu einer mechanischen Bean¬
spruchung der Gelenke.“
Buerki neigt also dazu, die Entwicklung der „Synovialgruben“
ursächlich zurückzuführen auf starke Belastung der Gelenke.
Gegen diese Annahme sprechen aber nicht allein theoretische Er¬
wägungen, sondern auch alle tatsächlichen Beobachtungen beim Pferde.
Beim Pferde ist doch die größte Zahl der Wechselgelenke frei von
Fossae nudatae und darunter gerade sehr stark beanspruchte, wie das
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben, Fossae nudatae, beim Pferde. 269
Kniegelenk und die Gelenkflächen der Fesselbeine. Wo die Knorpel¬
gruben Vorkommen, liegen sie zweitens gern in Nischen. . Es fehlt
nicht allein der Anhalt dafür, daß gerade diese Stellen die am meisten
auf Druck beanspruchten sind, sondern es läßt sich meistens das Gegen¬
teil begründen. Eine besonders große Fossa nudata findet sich z. B.
in der Incisura semilunaris ulnae, an einer Stelle, die einem besonderen
Druck gar nicht ausgesetzt sein kann. Wäre die Ursache des Knorpel¬
schwundes im Druck zu suchen, dann müßten die Gruben auch aus¬
nahmslos gegenseitig sein. Außerdem ist die Annahme an sich wenig
wahrscheinlich, daß der Knorpel gerade an den Stellen der größten
Belastung, wo er doch am nötigsten ist, schwindet. Das würde auch
die „Synovialgruben“ zum Produkt eines krankhaften Prozesses stempeln,
der kaum so eng lokalisiert bleiben würde. Viel näher liegt doch die.
Annahme, daß der Knorpel an Punkten schwindet, wo er nicht oder
wenig beansprucht wird, und dafür spricht auch die Lage der meisten
„Synovialgruben“.
Buerki sucht nach Gründen, warum gerade die Gelenke der
Ungulaten und nicht auch die Gelenke der Tiere anderer Gattungen
mit Knorpelgruben behaftet sind. Wie oben bereits angeführt, glaubt
Buerki eine Erklärung darin zu finden, „daß die Gelenke der Ungu-
laten, namentlich jene der Ein- und Zweihufer, beim Gehen einem un¬
gleich stärkeren und rascheren Belastungsstoße ausgesetzt sind, als es
bei Tieren anderer Gattungen der Fall ist.“ Wäre nun wirklich die
verschieden starke und ungleichartige Belastung als Ursache anzusehen,
daß sich in den Gelenken der Ungulaten Fossae nudatae entwickeln
und in den Gelenken anderer Tiere nicht, dann wäre kein Grund ein¬
zusehen, warum die bei den Ungulaten in den Foveae articulares
atlantis vorhandenen Fossae nudatae nicht auch bei anderen Tieren
zur Ausbildung gelangen sollten, denn im Hinterhauptsgelenk sind doch
die Belastungsverhältnisse im wesentlichen die gleichen, sowohl bei
den Ungulaten wie bei anderen Tieren. Im Hinterhauptsgelenk der
Karnivoren herrscht z. B. sogar zeitweise noch ein stärkerer Belastungs¬
druck als im Hinterhauptsgelenk der Ungulaten. Tragen doch die
Karnivoren ihre Beute gewohnheitsmäßig im Maule, und dieses ganze
Gewicht der Last wirkt zusammen mit dem Gewicht des Kopfes auf
das Hinterhauptsgelenk ein. Trotz des so ziemlich häufig vermehrten
Belastungsdruckes im Hinterhauptsgelenk lassen sich in den Foveae
articulares atlantis der Karnivoren keine Andeutungen von Fossae
nudatae nachweisen. Also auch dieses Moment spricht dagegen, daß
270 SCHULZ,
die Ursache in der Entwicklung der Fossae nudatac in dem Belastungs¬
drucke zu suchen ist.
In der Mechanik der Gelenke ist die Ursache des lokalen Schwundes
nicht zu suchen. Die Ursache, die zur Entwicklung der Fossae nudatae
führt, bleibt unaufgeklärt.
Vorstehende Arbeit wurde von mir während meiner Tätigkeit als
Assistent am anatomischen Institut der Königlichen Tierärztlichen
Hochschule zu Berlin angefertigt.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, dem Direktor dieses Instituts,
meinem hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Geheimen Regierungs¬
rat Professor Dr. Schraaltz für die Ueberlassung des Themas und für
das der Arbeit stets entgegengebrachte Interesse meinen aufrichtigen
Dank auszusprechen.
Auch Herrn Stabsveterinär Hahn danke ich bestens für seine
gern gegebenen Ratschläge, die mir manche Schwierigkeiten über¬
winden halfen.
Literatur-V erzeichuis.
1) Barrier, in der Diskussion, folgend einem Vortrage von M. Jacoulet:
Sur les öchancrures synoviales. Recueil de mödicine vöterinaire. Tome LXXX1V.
Paris 1907. — 2) Böhm und Oppel, Taschenb. d. mikroskop. Technik u. Mecha¬
nik. Berlin 1912. — 3) Buerki, Die Synovialgruben des Rindes. Arcb. f. Wissen¬
schaft!. u. prakt. Tierheilk. Bd. 31. Berlin 1905. — 4) Bulletin de la sociötö cen¬
trale de medicine vötörinaire. p. 182 ff. in Recueil de mödicine vöterinaire. Tome
LXXXIV. Paris 1907. — 5) Chauveau, Arloins Lesbre 5. Edition. 1903. Traitö
d’anatomie comparöe des animaux domestiques. — 6) Ellenberger und Baum,
Handb. der vergleich. Anatomie d. Haustiere. 13. Aull. Berlin 1912. — 7) Enzyklo¬
pädie d. mikroskop. Technik. Herausgeg. v. Ehrlich, Krause, Mosse, Rosin
u. Weigert. Berlin-Wien 1903. — 8) Franck, Anatomie d. Haustiere. 3. Aull.
Stuttgart 1892. — 9) E. F. Gurlts Handb. d. vergleich. Anatomie d. Haus¬
säugetiere. Neubearbeitet von Leise ring und Müller. 5. Aull. Berlin 1873. —
10) v. Kahlden, Technik d. histolog. Untersuch, pathol.-anat. Präparate. 7. Auf).
Jena 1904. — 11) Kuske, Untersuchungen am Schultergelenk des Pferdes, ln&ug.-
Dissert. Oppeln 1912. — 12) Martin, Auatomie der Haustiere. Anstelle der
4. Aull, der Franckschen Anatomie der Haustiere. 2. Bd. Stuttgart 1904. —
13) Sisson , A text-book of veterinary anatomy. Philadelphia and London 1910. —
14) Struska, Lehrb. d. Anatomie d. Haustiere. Wien u. Leipzig 1903. — 15) Suß-
dorf, Lehrb. der vergleich. Anatomie d. Haustiere. I. Bd. Stuttgart 1895. —
16)Werner, Die Dicke des menschlichen Gelenkknorpels. Inaug.-Diss. Berlin 1897.
Untersuchungen über die sog. Synovialgruben, Fossae nudatae, beim Pferde. 271
Erklärung der Abbildungen auf Tafel IV u. V.
Figur 1. Trochlea des Humerus dexter eines 6jäbrigen Pferdes mit typisch herz¬
förmiger „Synovialgrube“.
Figur 2. Rechtsseitige radio-ulnare Gelenkfläche eines 6jährigen Pferdes. Die
Abbildung zeigt die „Synovialgrube“ des Radius und die der Ulna. Die
Grube des Radius zeigt typische Ausdehnung von der Mitte der Fovea
capituli nach hinten lateral bis zum Zusammentreffen mit der Grube der
Ulna. Letztere zeigt an ihrem lateralen untersten Winkel die erhaltene
Knorpelinsel.
Figur 3. Querschnitt durch die Mitte der Fossa nudata der Trochlea humeri eines
etwa 20jährigen Pferdes. Hämatoxylin-Eosinfärbung. Zelloidin-Paraffin-
einbettung. Leitz 7 Objekt. I. Ocular 3. Auf dem Bilde ist eine Hälfte
der „Synovialgrube“ mit dem benachbarten Knorpel zur Darstellung
gebracht:
a) Knochenbälkchen;
b) Bindegewebiges Häutchen, das den knöchernen Grund der Grube
überzieht, auf den Knorpel steigt und sich auf diesem verliert;
c) Knorpel;
d) Verkalkungszone mit der mehrfachen Verkalkungslinie, die mit
Abnahme der Knorpeldicke stärker geschlängelt verläuft;
e) Markräume.
IX.
Die aktive Immunisierung gegen Malleus.
Von
Dr. A. Marxer.
In den meisten Kulturstaaten ist die sofortige Tötung der rotz¬
kranken und rotzverdächtigen Tiere gesetzlich vorgeschrieben. Zweifel¬
los besitzen wir darin das sicherste, aber auch kostspieliges Tilgungs¬
mittel der gefährlichen Rotzkrankheit. Wenn deshalb auch von den
verschiedensten Beobachtern in zahlreichen Fällen eine Abheilung der
rotzigen Veränderungen gesehen worden ist, so haben doch alle Mittel,
welche eine heilende Wirkung ausüben sollen, aus naheliegenden Grün¬
den keine praktische Bedeutung erlangt. Einen praktischen Wert
wird nur eine ungefährliche Schutzimpfung gegen Rotz haben.
Daß die Impfung mit geringen Mengen Rotzbazillen, welche nur
zu lokalen Krankheitsprozessen führte, die Widerstandsfähigkeit der
Tiere gegen Rotz vorübergehend steigern kann, wußte man schon zu
jener Zeit, als man noch zu diagnostischen Zwecken die sogenannte
Autoinokulation (Impfung mit Eiter oder Nasensekret) an rotzkranken
Pferden ausführte. Die nachfolgenden Impfungen erzeugten häufig nur
schnell abheilende Prozesse auf der Haut bzw. Schleimhaut, bisweilen
blieben sie auch resultatlos. Eine dauernde Immunität hinterließen
diese Impfungen bei den betreffenden Pferden jedoch nicht (Tscher-
ning und Bagge, St. Cyr). Aehnliche Beobachtungen über ge¬
lungene Erhöhung der Widerstandsfähigkeit durch wiederholte Haut¬
impfungen berichteten Finger bei Kaninchen, Galtier und Serzaloff
bei Hunden. Ein besonderes Interesse beanspruchen die Versuche von
Straus. Hunde, welche die intravenöse Injektion einer geringen Kultur¬
menge vertragen hatten, konnten später, ohne Schaden zu nehmen,
mit einer größeren Dosis intravenös gespritzt werden; trotzdem ent¬
standen infolge Impfung an der Stirnhaut lokale Geschwüre. Umge¬
kehrt hat Sacharot'f bei Ferkeln beobachtet, daß sie nach Ueber-
stehen der ersten subkutanen Infektion auch eine zweite Impfung
Die aktive Immunisierung gegen Malleus.
273
unter die Haut vertrugen, wurde ihnen jedoch die Kultur in die vor¬
dere Augenkammer gespritzt, so gingen sie in 4—5 Tagen an Rotz
zugrunde. Auch Nie olle konnte durch Vorbehandlung mit untertöd¬
lichen Dosen von Rotzkulturen eine Resistenzerhöhung und, abhängig
von der Injektionsmethode, einen völligen Schutz gegen die tödliche
Impfung erzielen. Seine Versuche hatte er an Meerschweinchen aus¬
geführt, denen er die Rotzbazillen in der verschiedensten Weise in¬
injiziert hatte.
Ueber einen günstigen Erfolg mit abgeschwächten Rotzbazillen
macht Sacharoff Mitteilung. Er hatte 3 Füllen subkutan mit Rotz¬
bazillen geimpft, welche durch Katzenpassage eine Abschwächung er¬
fahren hatten. Bei zweien derselben bewirkte die Einspritzung voll¬
virulenter Rotzkultur nur schnell heilende lokale Veränderungen.
Kleine konnte durch Vorbehandlung mit durch Rindergalle ab¬
geschwächten Rotzbazillen eine Immunität nicht erzielen. Auf gleichem
Prinzip beruht eine andere Immunisierungsmethode von Nicolle. Er
injizierte Meerschweinchen subkutan ein Gemisch von Rotzbazillen und
normalem Serum verschiedener Tierarten. Am wirksamsten erwies
sich Kaninchenserura, dann folgten in der Wirksamkeitsskala das
Serum vom Meerschweinchen, vom Rind und Hund und schließlich
das Pferdeserum. Die Injektion dieser Gemische rief häufig eine in
Heilung ausgehende Erkrankung hervor, welche eine erhöhte Wider¬
standsfähigkeit gegen Rotz zur Folge hatte. Bei intraperitonealer Ein¬
verleibung solcher Gemische trat eine schwerere Infektion ein als mit
den Bazillen allein.
Ungefähr gleichzeitig wurden Untersuchungen in derselben Rich¬
tung von Levy, Blumenthal und Marxer, sowie Nicolle bekannt.
Die ersteren verwandten zur Schutzimpfung Rotzbazillen, welche mit
Glyzerin- oder Harnstofflösungen so lange in Kontakt gelassen worden
waren, daß sie zwar noch wuchsen, aber bei Meerschweinchen keinerlei
krankhafte Veränderungen mehr hervorriefen. Die Immunisierung
mit abgeschwächten Bazillen erweist sich nach Levy, Blumenthal
und Marxer als eine sehr schwierige. Sowohl große Dosen als auch
kleine geben keine konstanten günstigen Resultate. Sie beobachteten
ferner, daß sowohl bei den größeren wie bei den kleinsten Dosen bessere
Resultate erzielt wurden, je weiter die Abschwächung der Bakterien
vorgeschritten war, d. h. je näher man infolge der Behandlung der
Abtötungsgrenze gekommen war. Bei einmaliger wie zweifacher Vor¬
behandlung mit derartigen Bazillen wurden die Schutzimpfungen gleich-
274
MARXER,
mäßig gut. Es gelingt ferner durch Immunisierung mittels subkutaner
Injektion gegen nachherige intraperitoneale Infektion zu schützen. Hier
läßt sich bezüglich der Dosen das oben Gesagte nicht aufrecht er¬
halten, da sich mit kleinen wie ganz großen Dosen gleich gute Resul¬
tate ergaben.
Nicolle hat durch eine Reihe von Passagen durch den Organis¬
mus von Meerschweinchen und durch von 6 zu 6 Wochen vorgenom¬
mene Ueberimpfungen auf Martinschen Agar nach Aufbewahrung in
verlöteten Reagenzgläschen im Eiskeller eine mitigierte Rotzkultur ge¬
wonnen, welche 4 Jahre lang ihre Virulenz auf derselben Höhe be¬
hielt; durch Immunisierung mit dieser Rotzkultur konnte er bei den
Versuchstieren Immunität erzeugen, wenn auch 30 pCt. derselben bei
der Behandlung an Rotz zugrunde gingen. In neuerer Zeit hat Kon eff
durch jahrelang fortgesetzte Züchtung auf künstlichen Nährböden ab¬
geschwächte Rotzkulturen hergestellt und zur Schutzimpfung benutzt.
Als erste Vakzine bezeichnet er die auf Agar, als zweite Vakzine die
auf Kartoffeln fortgezüchtete Kultur. Die Haltbarkeit der so miti¬
gierten Rotzkulturen ist noch nicht erwiesen, ebenso wenig die Un¬
schädlichkeit und Schutzkraft dieser Impfstoffe.
Trotz der teilweise günstigen Resultate, die von einigen Autoren
mit abgeschwächten lebenden Rotzbazillen erzielt wurden, wird
man sich doch nicht leicht entschließen können, ein solches Verfahren
in die Praxis einzuführen. Außer der Gefährlichkeit, welche die Ver¬
wendung lebender, wenn auch abgeschwächter Rotzbakterien für den
Impfenden mit sich bringt, besteht auch noch die Möglichkeit, durch
eine derartige Impfmethode diese gefährliche Seuche zu verbrei¬
ten, da wir nie wissen können, welches Schicksal diese lebenden
Bakterien im Organismus erleiden, ob sie nicht lebend ausgeschieden
werden und dann für andere Individuen ihre ursprüngliche Virulenz
wiedergewinnen könnten. Es hat daher nicht an Versuchen gefehlt,
die Schutzimpfungsmethode mit abgeschwächten Rotzbazillen durch
eine solche mit abgetöteten zu ersetzen.
Eine aktive Immunisierung mit abgetöteten Rotzbazillen ver¬
suchte Galtier, indem er die Rotzbazillen durch Terpentin unschäd¬
lich machte. Die toten Bazillen hatten aber ihre immunisierende
Fähigkeit verloren.
Nicht viel günstiger verliefen die Versuche von Klepzoff. Von
6 Meerschweinchen, die durch Trocknen bei 36—38° getötete Rotz¬
bakterien wiederholt subkutan erhalten hatten, ging eines erst nach
Die aktive Immunisierung gegen Malleus.
275
3 Monaten an Rotz zugrunde, ein anderes erholte sich nach schwerer
Erkrankung wieder völlig, die übrigen vier erlagen prompt der Kon-
trollimpfung.
Sadowsky tötete die Rotzbazillen durch Anwendung von mäßigen
Hitzegraden ab. Von 4 Katzen, die mit so abgetöteten Bakterien vor¬
behandelt waren, überlebte eine die Infektion. Ein Füllen, welches
er mit 15, 20 und 30 ccm der erhitzten Bouillonkultur subkutan ge¬
impft hatte, vertrug 20 Tage nach der letzten Einspritzung die In¬
fektion, ohne krank zu werden. Außer durch Rindergalle tötete
Kleine Agar- und Bouillonkulturen durch Erwärmung auf 60° ab.
Seine Versuchstiere waren nach mehrmaligen Injektionen dieser ab¬
getöteten Rotzkulturen nicht immun.
Höhere Hitzegrade verwandten Finger und Sacharoff. Ersterer
injizierte Kaninchen sterilisierte Kulturen intravenös. Sie überstanden
die Kontrollimpfung nur dann, wenn dieselbe gleichzeitig oder bald
nach der Vorbehandlung vorgenommen wurde. 3—6 Wochen nach
der präventiven Injektion bestand eine Immunität nicht mehr. Die
gleichen ungünstigen Resultate erhielt Sacharoff, welcher mit in
gleicher Weise abgetöteten Kulturen Meerschweinchen, Kaninchen,
Katzen und Pferde vorbehandelt hatte.
Sacharoff machte auch mit der Schutzimpfung mit dem Filtrat
von Rotzkulturen keine bessere Erfahrung, lieber die immunisieren¬
den Eigenschaften des Malleins gehen die Meinungen der Forscher
auseinander. So wollen u. a. Helraann, Mac Fadyean, Babes,
Semmer durch Vorbehandlung mit Mallein einen Impfschutz bekommen
haben. Demgegenüber sahen Autoren wie Nocard, Bonome und
Vivaldi, Schindelka, Schatten froh, Borowsky, Oskolkoff
keine Schutzwirkung nach Malleinbehandlung. Nicolle und Frouin
suchten mittels Alkohol aus einer Auflösung von Rotzbazillen durch
Aminbasen die Rotzantigene zu gewinnen. Sie konnten jedoch bei
Meerschweinchen keine immunisierende Wirkung dieser Stoffe feststellen.
Die Iramunisierungsversuche, die mit abgetöteten Rotzbazillen,
mit den Stoffwechselprodukten der Bazillen oder mit heterogenen Sub¬
stanzen (Rinderserum, Ziegenserum, Spermin, Kadaverin, Thymus¬
drüsenextrakt oder Extrakt aus anderen Lymphdrüsen, Staphylokokken,
Subtilissporen, Pockenvakzine) ausgeführt wurden, zeigten also, daß
es zwar hin und wieder gelingt, empfänglichen Tieren eine gewisse
Resistenz gegen Rotz zu verleihen, daß aber einigermaßen sichere
Resultate nie erzielt wurden.
‘276
MAKXER,
Welches waren nun die Gründe des Mißerfolges bei den verschie¬
denen Schutzimpfungsmethoden gegen Malleus? Die Ursache konnte
sowohl durch die Methoden bedingt sein als auch durch die Eigen¬
tümlichkeit des Rotzbazillus. Es ist z. ß. bekannt, daß der Rotz¬
bazillus Affektionen lokaler Natur setzen kann, die abheilen können,
ohne eine echte Immunität zu hinterlassen. Wie aus den nachfolgen¬
den Versuchen von Levy, Blumenthal und Marxer hervorgeht,
haben die schlechten Resultate der Immunisierungsversuche gegen Rotz
mit abgetötetem Material jedoch ihren Grund darin, daß die Rotz¬
bazillen durch die verschiedenen Abtötungsverfahren größtenteils ihre
antigenen Eigenschaften verloren haben müssen. Levy, Blumen¬
thal und Marxer benutzen zur Herstellung von Rotzimpfstoffen
Lösungen von chemisch indifferenten Körpern, welche durch Verände¬
rung des osmotischen Druckes imstande sind, die Rotzbazillen ab¬
zuschwächen bzw. abzutöten, ohne eine tiefgreifende Veränderung der
Leibessubstanz und damit eine Beeinträchtigung der für die Immuni¬
sierung wichtigen Antigene zu verursachen. Substanzen mit solchen
Eigenschaften fanden sie in Glyzerin und Harnstoff.
Die Abtötung der Rotzbazillen in diesen Lösungen geschieht pro¬
portional der Temperatur und im umgekehrten Verhältnis zur Dichtig¬
keit der Emulsion. So sind die Bazillen in einer Konzentration von
0,1 g Bazillen auf 4 ccm 80proz. Glyzerin in 14 Stunden bei 37°
abgetötet, während bei einer Konzentration von 0,004 g Bazillen auf
4 ccm Flüssigkeit dieselben bereits nach 7 x / 2 Stunden vernichtet sind.
In gleicher Weise ist die Wirkung eine raschere bei 37° als bei
Zimmertemperatur. Die genannten Autoren benutzten zu ihren Im¬
munisierungsversuchen mit abgetöteten glyzerinisierten Rotzbazillen
zunächst Meerschweinchen. Die besten Resultate gab die subkutane
Injektion der Schutzdosen. Es genügte schon eine einmalige Injektion
großer oder auch kleiner Mengen abgetöteter Bazillen, um den Tieren
einen sicheren Schutz gegen die nachfolgende Infektion zu verleihen.
Bei der intraperitonealen Vorbehandlung wurden durch mittlere Dosen
in zwei Phasen gute Resultate gewonnen. Die gleichen günstigen Er¬
folge wurden bei Pferden erzielt, wenn denselben bei der Vorbehand¬
lung zweimal glyzerinisierte tote Rotzbazillen intravenös oder subkutan
injiziert worden waren. Zwei Pferde hatten zuerst 0,1 g und etwa
3 Wochen später 0,2 g tote Bazillen intravenös erhalten, ein drittes
Pferd hatte als erste Dosis 0,2 g subkutan bekommen und ungefähr
einen Monat später die doppelte Dosis. Ein viertes Pferd war mit
Die aktive Immunisierung gegen Malleus.
277
0,1 g unter die Haut gespritzt worden, etwa 3 Wochen später er¬
folgte die zweite Vorbehandlung mit 0,25 g ebenfalls subkutan. Alle
Pferde hatten sich bei der Prüfung mit virulenten Rotzbazillen als
immun erwiesen.
Analoge Resultate erzielten Levy, Blumenthal und Marxer
bei ihren Schutzimpfungsversuchen mit Rotzbazillen, welche mittels
Harnstofflösungen abgetötet worden waren. Die Verwendung von
Harnstofflösungen hat den Vorteil, daß man die Einwirkung der be¬
treffenden Lösungen in jedem geeignet erscheinenden Momente dadurch
unterbrechen kann, daß man die Lösungen im Vakuum bei niederen
Temperaturen zur Trockne eindampft und als Pulver aufbewahrt. Um
eine weitere Abschwächung der Glyzerinbazillenemulsionen zu verhin¬
dern, muß man die Glyzerinlösung verdünnen und im Kühlen aufbe¬
wahren. Diese Art der Aufbewahrung ist für die praktische Ver¬
wertung nicht sonderlich bequem. Die Harnstoffpulver können da¬
gegen, ohne daß eine weitero Einwirkung des Harnstoffs erfolgt, lange
Zeit auch bei höheren Temperaturen leicht verwahrt werden. Es ist
daher auch die Harnstoffvakzine in den Tropen verwendbar.
Die Rotzbazillen sind in einer Konzentration von 0,1 g Bazillen
auf 4 ccm 10 proz. Harnstofflösung nach 17stündigem Schütteln bei
37sicher abgetötet. Es gelang Levy, Blumenthal und Marxer mit
Bazillenpulvern wie mit Extraktpulvern Meerschweinchen fast ausnahms¬
los zu immunisieren. Die Extraktpulver waren in der Weise gewonnen,
daß nach scharfem Abzentrifugieren der Bazillen aus der Emulsion
die jetzt vollständig klare Flüssigkeit eingedampft und zu Pulver ver¬
rieben wurde. Die Bazillenpulver wurden in gleicherweise gewonnen,
nur daß hier die Bazillen nicht entfernt wurden.
Ich führte dann die Imraunisierungsversuche mit Harnstoffrotz¬
bazillen an Pferden weiter. Ich glaubte mit einer einmaligen Injek¬
tion einer mittelmäßig hohen Dosis und einer zweimaligen Einspritzung
von kleinen Mengen abgetöteter Bazillen einen genügenden Schutz bei
Pferden zu erhalten. Das war aber nicht der Fall, Zu einer voll¬
ständigen Immunität bedarf es einer einmaligen Vorbehandlung mit
ganz großen Mengen oder, wie bei den glyzerinisierten Bazillen, einer
zweimaligen mit mittelmäßig hohen Dosen. Ein Pferd hatte eine ein¬
malige Injektion von 200 mg, ein anderes eine solche von 400 mg
Harnstoffrotzbazillenextrakt erhalten. Diese Tiere zeigten nur eine
erhöhte Widerstandsfähigkeit. Nicht besser war das Resultat einer
Schutzimpfung bei zwei anderen Pferden, von welchen ich dem einen
ArehiY f. wissensch. u. prakt. Tierheilk. Bd. 41. H. 4 u. je)
278
MARXER,
400 mg, dem anderen 375 rag abgetöteter Harnstoffrotzbazillen sub¬
kutan eingespritzt hatte. Das erstere war etwa 13 Monate, das zweite
ungefähr S l / 2 Monate nach der Vorbehandlung infiziert worden. 3 Monate
nach erfolgter Infektion wurden die Tiere getötet und zeigten einige
Rotzknoten in den Lungen. Eine einmalige Vorbehandlung von 200 mg
bis 400 rag Harnstoffrotzbazillenextrakt oder von Bazillenharnstoff¬
pulvern genügte somit nicht zur Herbeiführung eines vollständigen
Schutzes. In demselben Versuch hatte ein Pferd 600 rag der Harn¬
stoffbazillen subkutan erhalten und der Infektion nach 13 Monaten
völlig Widerstand geleistet. Zwei Pferde waren einer Immunisie¬
rung in zwei Perioden unterzogen worden. Dasjenige, welches ins¬
gesamt 185 mg toter Bazillen erhalten hatte, ging 8 Tage nach der
Infektion interkurrent an einer Kolik zugrunde. Die Sektion ergab
einen Rotzknoten in der Lunge und Geschwüre auf der Schleimhaut
der Nasenscheidewände. Das letzte Pferd, welches in zwei Injektionen
300 mg desselben Immunpulvers erhalten hatte, erwies sich der Kon-
trollimpfung gegenüber refraktär. Bei der Sektion, welche 2 Monate
nach erfolgter Infektion ausgeführt wurde, konnten rotzige Verände¬
rungen nicht nachgewiesen werden. Das Kontrollpferd zu diesen Ver¬
suchen war in etwa 6 Wochen der Infektion erlegen. Außer der Impfung
mit virulenten Bazillen unter die Haut waren die Tiere auch einer
natürlichen Infektion ausgesetzt gewesen. Alle Pferde standen an
einem Futtertroge einander gegenüber und wurden mit Absicht aus
einem Eimer getränkt.
Es war somit gelungen, mit toten Harnstoffrotzerregern
Pferde durch eine einmalige Vorbehandlung von 600 mg oder
eine zweimalige Vorbehandlung von 300 rag vollständig vor
der Infektion zu bewahren. Der Schutz hatte auch noch nach
einem Jahre bestanden.
Hervorzuheben ist noch, daß die Injektionen mit den Harnstoff¬
rotzbazillenpulvern keine nennenswerten Temperaturerhöhungen hervor¬
gerufen haben. Das Allgemeinbefinden der Tiere war wenig gestört.
Im Institut von Prof. Dediulin in Charkow wurde von Bautz
und Machodin die Rotzimmunisierungsmethode mit toten Harnstoff¬
rotzbazillen einer Nachprüfung unterzogen. Nachdem sie sich von der
Unschädlichkeit des Rotzimraunisierungsmittels „Farase“, das ich
ihnen hergestellt hatte, überzeugt hatten, führten sie ihre Immunisie¬
rungsversuche an Meerschweinchen, Katzen und Pferden aus. Zur
Impfung wurden folgende Dosen angewandt:
Dio aktive Immunisierung gegen Malleus.
279
für Meerschweinchen I. Trapfung = 0,2 g Farase
n t)
li.
n
= 0,4 g
„ Pferde
i.
n
= 0,4 g
li.
n
= 0,8 g
Sechs Wochen nach der Vorbehandlung (8. März) wurde je Vsooo
einer 2 rog-Oese Rotzkultur drei mit „Farase“ immunisierten Meer¬
schweinchen und einem Kontrollticre in die Bauchhöhle eingespritzt.
Nach 12 Tagen (20. März) ging das Kontrolltier ein. Am 27. März
verendete eines der immunisierten Meerschweinchen, am 2. April das
zweite und am 4. April das letzte der immunisierten Meerschweinchen.
Die immunisierten Tiere hatten also nur geringe Zeit länger ge¬
lebt als das Kontrolltier. Deshalb infizierten Bautz und Machodin
noch zwei weitere unbehandelte Meerschweinchen. Diese gingen nach
11 Tagen an Rotz zugrunde. Die immunisierten Tiere hatten also
doch eine erhöhte Widerstandskraft erworben. Diese Autoren sind
daher der Ansicht, daß sie eine völlige Immunität erzielt hätten,
wenn sie die minimale tödliche Dosis ihrer Rotzkultur hätten inji¬
zieren können. Der lokalen Verhältnisse halber war ihnen dies nicht
möglich gewesen, weshalb sie sich an die von mir angegebene töd¬
liche Dosis hielten.
Die gleichen Versuche wurden auch an Katzen angestellt. Von
den immunisierten Tieren überstanden zwei die Infektion. 45 Tage
nach der Ansteckung wurden sie getötet. Rotzveränderungen konnten
nicht nachgewiesen werden; auch die bakteriologische Untersuchung
blieb resultatlos.
Nach diesen Vorversuchen mit kleinen Laboratoriumstieren gingen
sie zu Pferden über. Sie benutzten zu diesen Versuchen 10 Füllen.
Nachdem die Rotzfreiheit der Versuchstiere konstatiert war, injizierten
sie einem Füllen (Nr. 8) eine doppelte Dosis „Farase“ in die Bauch-
und Brusthöhle. Ein anderes Füllen (Nr. 4) bekam ebenfalls eine
doppelte Dosis in die rechte Brusthöhle und ein drittes (Nr. 7) die¬
selbe Dosis subkutan. Bei den ersten beiden konnte eine lokale
Reaktion nicht festgestellt werden. Dagegen zeigte Nr. 7 nach 3 Tagen
eine große Geschwulst an der Injektionsstelle und eine erschwerte
Bewegung des Halses.
Bei der 3 Wochen nach der Injektion der „Farase“ vorge-
noramenen Tötung von Nr. 4 und Nr. 8 ergab die Obduktion und
bakteriologische Untersuchung völlige Rotzfreiheit. Das subkutan vor¬
behandelte Füllen (Nr. 7) ließen sie für die Immunisierungsversuche
19*
280
MARXER,
am Leben. Zu diesen wurden noch weitere 6 Füllen hinzugenommen.
Das Fehlen der Rotzkrankheit wurde durch die Ophthalmoreaktion
und Agglutinationsprüfung festgestellt. Eine subkutane Anwendung
von Mallein wurde wegen der eventuellen Einwirkung auf die Immuni¬
sierung vermieden.
Die erste Vorbehandlung mit „Farase“ (0,4 g) geschah als sub¬
kutane Injektion an der rechten Halsseite. Am Abend wiesen die
Tiere an den Impfstellen derbe Anschwellungen auf, die sich am
folgenden Tage noch vergrößerten, dann zurückgingen und am 7. Tage
verschwunden waren. Außerdem zeigten sich noch bei den Pferden
Freßunlust und eine Temperaturerhöhung um 1°. 3 Wochen später
wurde die zweite Impfung mit der doppelten Menge „Farase“ auf
der anderen Halsseite ausgeführt. Die allgemeinen und lokalen Reak¬
tionen waren ungefähr dieselben wie bei der ersten Impfung.
45 Tage nach der zweiten Behandlung wurden die Versuchspferde
mit 2 Kontrolltieren mit Rotz infiziert. Die Kontrollen waren mit
denselben Methoden wie die immunisierten Pferde auf Rotzfreiheit
untersucht worden. Die Rotzinfektion wurde in verschiedener Weise
bewerkstelligt. Die Pferde Nr. 6 und 7 und das Kontrollfüllen
Nr. 10 wurden subkutan mit Vsooo einer 2 mg-Oese infiziert. Nr. 5
und 2 und das Kontrollfüllen Nr. 9 erhielten ‘/iooo e i ner 2 mg-Oese
per os. Nr. 1 und 3 wurden mit den infizierten Füllen zwecks natür¬
licher Ansteckung zusammengebracht. Alle Füllen liefen frei in einem
kleinen Hof herum, bekamen das Futter aus einem Behälter und
tranken aus einem gemeinsamen Troge.
Die auf dem Verdauungswege infizierte Kontrolle zeigte zuerst
das klinische Bild des Nasenrotzes. Nachdem dasselbe etwa 2 Wochen
mit zweiseitigem Nasenrotz mit reichlichem Ausfluß behaftet war und
so Futtertrog und Wasserbehälter ständig infiziert hatte, wurde es
getötet. Die Sektion ergab ein typisches Bild der Rotzerkrankung.
Zu gleicher Zeit war das immunisierte Pferd Nr. 7 wegen Rotz¬
verdacht (Subraaxillardrüsen) getötet worden. Aber weder der patho¬
logisch-anatomische Befund noch die bakteriologische Untersuchung
bestätigten den Rotzverdacht.
Die subkutane Kontrolle zeigte 6 Tage nach der Tötung der
ersten Kontrolle ebenfalls die Erscheinungen des Nasenrotzes und
wurde deshalb getötet. An der Injektionsstelle hatten sich eitrige
Geschwüre gebildet; außerdem bestand Lungenrotz. Ein Meer-
Die aktive Immunisierung gegen Malleus.
281
schweinchen, das mit Bronchialschleim geimpft worden war, ging nach
6 Tagen an Rotz ein.
Bei den subkutan infizierten Immuntieren hatten sich an den
Infektionsstellen schnell abheilende Abszesse gebildet.
4 Tage nach dem Tode der letzten (subkutanen) Kontrolle wurden
die übriggebliebenen Füllen den Mitgliedern der Bezirks-Veterinär-
komraission demonstriert. Keines dieser Tiere zeigte Erscheinungen,
die auf eine Rotzerkrankung hätten schließen lassen.
1 1 / 2 Monate nach der Infektion wurde eine Agglutinationsprüfung
vorgenommen. Der Agglutinationstiter war erhöht. Diese Erhöhung
ist jedoch auf die Wirkung der „Farase“ zurückzuführen, was bereits
früher von mir mitgeteilt war. Die 2 1 / i Monate nach der Infektion
ausgeführte Malleinisation verlief negativ.
Infolge häufigen Regens, verbunden mit kalten Nächten, hatten
2 Füllen eine katarrhalische Affektion der oberen Luftwege erworben.
Ein Füllen (Nr. 6) zeigte während der ganzen Versuchszeit einen
anormalen Zustand (Lahmen, erhöhte Temperatur und zeitweilige
Eiteransaramlung in den Augenwinkeln) und wurde etwa 3 Monate
nach erfolgter subkutaner Impfung mit virulenten Rotzbazillen ge¬
tötet. Die Lungen wiesen kleine pneumonische Herde und graue
Knötchen auf. Die Uebertragung solcher Lungenteilchen auf Meer¬
schweinchen ergab, daß sie nicht rotziger Natur waren.
Die übrigen 4 Füllen wurden an ein besonderes Rotzlaboratorium
des Großfürstlichen Staniza (Kosackendorf) am Don abgegeben. Hier
sollte die Dauer der Immunität festgestellt werden.
Dediulin berichtete über die abermalige Infektion von 2 dieser
immunisierten Pferde, welche 1 Jahr und 2 Monate nach der ersten
Kontrollimpfung vorgenommen wurde. Diese zweite Kontrollinfektion
wurde in der Weise ausgeführt, daß den beiden Versuchstieren
Viooo Oese einer Mischung von 3 Rotzbazillenstämmen subkutan ein¬
verleibt wurde. Nachfolgend die Protokolle, welche die Kollegen
Polotaew und Pisarewitsch aus der Rotzstation am Don Prof.
Dediulin übermittelten:
Pferd Nr. l. Fuohsstute, 2 1 J 2 Jahre alt, geimpft mit „Farase“ im
März 1909.
Nach 6 Wochen wurde das Pferd zum Zwecke der Kontrolle mittels einer
Rotzkultur in einer Quantität von 1 / 1000 Oese einer Agarkultur des Bac. mallei
(per os) infiziert. Diese Infektion hat das Tier ohne sichtbare Erkrankungen über¬
standen.
282
MARXER,
Bis zur zweiten Infektion am 31. Mai 1910 Reaktion der Komplementbindung
negativ. Agglutination 1:400. Präzipitation nach einer Stunde +.
Nach der zweiten Infektion (4. Juni) Temperatur 39,6° C, am 5. Juni 40,2° C.
Sie steigt allmählich, erreicht ihr Maximum am 11. und 12. Juni mit 41° C, be¬
ginnt dann sukzessiv zu fallen und erreicht im Juli die Norm.
Serumreaktionen: Präzipitation mit Mallein nach 15—20 Minuten positiv,
jedoch kein scharf ausgeprägter Ring. Agglutination 1:1600. Reaktion der Kom¬
plementbindung mit 0,2 ccm Serum vollständige Hintanhaltung der Hämolyse.
An der Stelle der Virusinjektion bildete sioh eine Geschwulst bis zu 5 cm
Durchmesser. Am 11. Juni öffnete sich die Geschwulst. Dann bildeten sich Knöt¬
chen, die sich an der Backe und an der inneren Oberfläche des Oberschenkels der
linken hinteren Extremität öffneten. Die Affektion der hinteren Extremität war die
Ursache, daß das Pferd lahmte. Die Knötchen öffneten sich nach 7 Tagen und
heilten dann allmählich ab. Nasenschleimhaut stärker byperämisch als bei den
4 übrigen Pferden. Submaxillardrüsen vergrößert, jedoch beweglich. Im August
waren sämtliche lokalen Veränderungen abgeheilt.
Der Allgemeinzustand des Tieres bot das Bild einer schweren Erkrankung,
welche zunächst das Lahmen verursachte und dann gleichsam Parese sämtlicher
Extremitäten herbeiführte, ohne daß jedoch sichtbare Gelenkaffektionen vorhanden
waren.
Das Pferd magerte stark ab und wurde dermaßen kraftlos, daß es ohne Hilfe
sich nicht aufrichten konnte. Erst nach 2 Monaten, d. h. im August, erholte sich
das Pferd; es fraß gut und erlangte rasch seinen früheren Ernährungszustand
wieder. Im Oktober zeigte das Pferd vollkommen normales Aussehen und guten
Ernährungszustand. Es war wieder munter wie früher und bot keine Krankheits¬
erscheinungen dar. Nasenschleimhaut normal. Submaxillardrüsen gleichfalls
normal.
Pferd Nr. 2. Stute, 2 l / 2 Jahre alt, von mausgrauer Farbe, immunisiert
mittels „Farase“ im März 1909. Agglutinationsreaktion 1:500. Präzipitation +
nach einer Stunde. Reaktion der Komplementbindung negativ.
Infiziert wie Nr. 1 am 31. Mai 1910.
Temperatur am 2. Juni 40° C; sie blieb auf dieser Höhe mit Unterbrechungen
bis zum 10. Juli.
Serumreaktionen: Präzipitation mit Mallein positiv nach 20—30 Minuten.
Die Agglutination erreichte ihr Maximum mit 1:1400.
Reaktion der Komplementbindung positiv.
An der Stelle der Virusinjektion entstand eine Geschwulst bis zu 5 cm im
Durchmesser, die sich nach 5 Tagen öffnete und innerhalb 9 Tagen vernarbte.
Um die Geschwulst herum zeigten sich drei Knötchen, welche sich zu Geschwüren
entwickelten, die ebenso rasch verheilten. Ferner stellte sich Lahmen ein, welches
rasch zunahm, bis sich wie bei Nr. 1 paralytischer Zustand einstellte, so daß das
Pferd ohne Hilfe sich nicht aufrichten konnte. Im August waren sämtliche Sym¬
ptome verschwunden, die Nasenschleimhaut normal.
Die allgemeine Reaktion war gleichfalls stark ausgeprägt: Fieber, Appetit¬
verlust, starke Abmagerung. Sämtliche Erscheinungen verschwanden allmählich
und im Oktober zeigte das Pferd vollkommen normales, munteres Aussehen und
seinen früheren Ernährungszustand.
Die aktive Immunisieruog gegen Malleus.
283
Dediulin, der in seinem Institut die Rotzimmunisierungsversuche
mit Harnstoffrotzbazillen durch Bautz und Machodin hatte nach¬
prüfen lassen und, wie wir gesehen haben, bestätigt fand, konnte
auch zuerst dieses Imraunisierungsverfahren im größeren Maßstabe
unter natürlichen Verhältnissen auf einem großen Gute im Gouverne¬
ment Poltawa mit einem Pferdebestand von etwa 3000 Stück an¬
wenden. Zur Zeit der Ernte sind auf dieser gewaltigen Oekonomie
außerdem ungefähr 10000 Bauernpferde beschäftigt, die aus den
verschiedensten, teilweise sehr entfernten Gouvernements zusammen¬
strömen. Bei einer solchen Flut von fremden Pferden ist naturgemäß
die Einschleppung einer Seuche schwer zu vermeiden. Jm Jahre 1909
hat denn auch eine Verschleppung der Rotzkrankheit auf das Karl-
Gut stattgefunden, wobei 276 rotzkranke Pferde getötet werden
mußten. Deshalb war Prof. Dediulin gebeten worden, ein Immuni¬
sierungsverfahren in Anwendung zu bringen.
Die Verwaltung dieses Gutes hatte Prof. Dediulin 600 Pferde
zu einem Immunisierungsversuch zur Verfügung gestellt. Mit dem
von mir hergestellten Rotzimmunisierungsmittel „Farase“ aus Harn¬
stoffrotzbazillen impfto Dediulin 303 Pferde, und zwar 269 Stück
in 2 Phasen mit einem Zwischenraum von etwa 3 Wochen. 34 Pferde
hat Dediulin auf meine Anregung in der Weise immunisiert, daß er
ihnen an 3 aufeinander folgenden Tagen das Immunisierungsmittel
einspritzte.
Die nach der ersten Methode geimpften Tiere hatten 0,2—0,4 g
„Farase“, in sterilisiertem Wasser gelöst, subkutan erhalten. Die
Impfdosis, die diesen Pferden nach 3 Wochen injiziert wurde, betrug
0,4—0,8 g „Farase“. Nach dieser gewöhnlichen Methode in 2 Zeiten
wurden 3 Zuchthengste, 24 hochtragende Stuten, 19 Zugpferde, 185 er¬
wachsene Arbeitspferde und 38 einjährige Fohlen immunisiert.
Die Schutzimpfung nach der beschleunigten Methode in 3 Tagen
wurde an einem Zuchthengst und 33 erwachsenen Arbeitspferden aus¬
geführt. Sämtliche Pferde bekamen am ersten Tage 0,1 g, am
zweiten Tage 0,2 g und am dritten Tage 0,4 g „Farase“ unter die
Haut eingespritzt.
Alle Pferde haben die Impfungen sowohl nach der einen wie
nach der anderen Methode gut vertragen. Die Lokalreaktion bestand
in einer etwa handtellergroßen, schmerzhaften Geschwulst, die nach
5—7 Tagen wieder verschwunden war. Die Reaktion war am
stärksten bei den Fohlen und den Zuchthengsten. Die allgemeine
284
MARXER,
Erkrankung äußerte sich während der ersten 3 Tage in einer Tem¬
peraturerhöhung von 0,8—1,0°, in Schläfrigkeit und Unlust zu Be¬
wegungen. Die Arbeitspferde wurden nach 3 Tagen wieder zur Arbeit
benutzt. Die 24 trächtigen Stuten haben die Impfungen gleichfalls
gut überstanden und nicht abortiert.
1 Jahr und 4 Monate nach der Schutzimpfung war noch
keines der behandelten Pferde an Rotz erkrankt, obwohl
während dieser Zeit 14 an Rotz neuerkrankte Pferde auf
dem Karl-Gute getötet wurden, mit denen die mit „Farase u
geimpften Pferde in Berührung waren. Außerdem wurde bei
einem Teil dieser Pferde eine Malleininjektion vorgenommen,
die keinerlei Reaktion hervorrief.
Vier Jahre sind jetzt (1914) seit der Impfung mit „Farase u
durch Dediulin verflossen und noch ist kein einziges von
den geimpften Pferden, deren Zahl 1000 übersteigt, an Rotz
erkrankt. Wie mir Herr Professor Dediulin mitteilte, sind
unter den anderen Pferden auf dem Karl-Gute jährlich
öfters Rotzfälle aufgetreten.
Nach dem Ausfall dieses großen Versuches von Dediu¬
lin, der auf einem verseuchten Gute unter natürlichen Ver¬
hältnissen ausgeführt wurde, ist man zweifellos berechtigt,
dem Rotzimmunisierungsverfahren von Levy, Blumenthal
und Marxer einen großen praktischen Wert in der Verhütung
der Rotzkrankheit zuzusprechen.
Meines Erachtens müßte diese absolut ungefährliche
Schutzimpfungsmethode jetzt überall Anwendung finden»
wo die Gefahr einer Einschleppung von Malleus besteht.
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Rundschau. Russ. (Zit. nach Baumgarten.) — 17) Klimmer, Klimmer-WolfT-
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40) Straus, Arch. de m£d. exporim. etc. 1889. — 41) Derselbe, Compt. rend.
de Pacad. des scienc. 1889. — 42) Tscherning u. Bagge, Canstatt. Jahresber.
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1807. — 44) Wladimiroff, Kolle-v. Wassermann, Handb. der pathog. Mikro¬
organismen. Bd. 5. 1913.
X.
Aus dem pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule in Berlin
und der Abteilung für Tierhygiene des Kaiser Wilhelm-Instituts für Land¬
wirtschaft in Bromberg.
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milz¬
brandes mittelst der Präzipitationsmethode. 1 )
Von
Prof. Dr. Schätz und Dr. Pfeiler,
Geh. Keg.-R&t, Vorsteher der Abteilung für Tierhygißne.
Die von anderer Seite im Laufe des Berichtsjahres mitgeteilten
Beobachtungen sprechen mit zwei Ausnahmen für die hohe Bedeutung
des Präzipitations Verfahrens zur Erkennung des Milzbrandes.
Ueber Fehlergebnisse haben Raebiger und Seibold 2 ) berichtet.
Ihre Untersuchungen erstrecken sieb auf im ganzen 19 Fälle, von
denen 2 vom Pferde, 12 vom Rinde, 3 vom Schafe und 2 vom
Schweine stammten. Die mittelst der Präzipitationsmethode erhaltenen
Untersuchungsergebnisse stimmten bis auf 3 Fälle immer mit denen
der bakteriologischen Untersuchung überein. Es handelte sich bei
diesen 3 Fällen um Material vom Rinde. Bei zweien der Tiere wurden
bei der Zerlegung Veränderungen festgestellt, die nicht auf Milzbrand
hinwiesen. In dem einen Falle hat eine Pericarditis traumatica, in
dem anderen eine Metritis septica Vorgelegen.
Im ersten Falle — Blutprobe aus dem sonst uneröffneten Kadaver
— trat bei Verwendung von Kochextrakt und präzipitierendem Serum
(Schütz-Pfeiler) an der Berührungsstelle sofort ein deutlicherTrübungs-
ring in Erscheinung. Mit Chloroformextrakt ist die Prüfung nicht
wiederholt worden, im übrigen auch nicht das sonst für die Prüfungen
angewandte Ascoliserum für die Nachprüfung mit herangezogen worden,
1) Bericht an den Herrn Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten
vom 20. August 1914.
2) Raebiger, H. und Seibold, E., Die Feststellung des Milzbrandes nach
dem Verfahren von Acoli und Schütz-Pfeiler, Deutsche tierärztl. Wochenschr.
1914. Nr. 10. S. 145.
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes.
287
da nicht genügend Material für weitere Extraktbereitung zur Ver¬
fügung stand. Es ist selbstverständlich schwer zu sagen, worauf diese
angebliche Fehlreaktion zurückzuführen ist. Als eine Erklärung könnte
beispielsweise die angeführt werden: Es kommt gelegentlich vor, daß
bei Ueberschichtung präzipitierenden Milzbrandserums mit Extrakt aus
Organen sicher nicht milzbrandkranker Tiere ein Präzipitationsring
auftritt. Wiederholt man die Prüfung, so bleibt die Ringbildung bei
Verwendung derselben Substrate aus. Besonders angestellte Versuche
haben ergeben, daß sich in solchen Fällen in dem Präzipitations¬
röhrchen von früher her noch geringste Mengen Milzbrandextraktes
vorfanden, die bei Berührung mit präzipitierendem Serum ausreichten,
um eine Präzipitation herbeizuführen und so ein falsches Ergebnis
vorzutäuschen. Wir wollten nicht unterlassen, auf die Möglichkeit
einer solchen Erklärung hingewiesen zu haben.
In dem zweiten von Raebiger und Seibold angeführten Falle
ist merkwürdigerweise bei Verwendung des Kochextraktes eine Reak¬
tion überhaupt nicht eingetreten, bei Verwendung von Chloroform¬
extrakt trat bei Schütz-Pfeilerschem Serum der Präzipitationsring
sofort,* bei As coli sehen Serum erst nach 10 Minuten auf. Auch
dieser Umstand ist als auffällig zu bezeichnen. Eine Erklärung hat
er durch Raebiger und Seibold nicht gefunden. Die gemachten
Festsellungen erscheinen um so befremdlicher, als nach den Angaben
von Raebiger und Seibold das von Ascoli bezogene Serum hoch¬
wertiger gewesen sein soll. Es wäre hier also ein paradoxes Ver¬
halten festzustellen gewesen. Wir müssen auch für diesen Fall an¬
nehmen, daß irgendwelche Unregelmäßigkeiten den Ausfall der
Reaktion veranlaßt haben.
Für den dritten Fall vom Rinde, für den eine Uebereinstimmung
zwischen dem Ergebnis der bakteriologischen und serologischen Unter¬
suchung nicht zu erzielen war, nehmen Raebiger und Seibold an,
daß das Resultat der Präzipitinmethode als richtig anzuerkennen ist,
da auch die begleitenden Umstände für Milzbrand sprachen.
Raebiger und Seibold haben sich auf Grund ihrer Feststellungen
dahin ausgesprochen, daß die Verfahren von Ascoli und Schütz-
Pfeiler als wichtige Hilfsmittel zur Feststellung des Milzbrandes an¬
zusehen wären und daß sie in allen Fällen, in denen durch die bakte¬
riologische Untersuchung Milzbranderreger nicht mehr nachgewiesen
werden könnten, die sonstigen Umstände (Vorbericht und Zerlegungs¬
befund) aber für das Vorhandensein von Milzbrand sprächen, als aus-
288
SCHÜTZ und PFEILER,
schlaggebend erachtet werden könnten. Dazu muß bemerkt werden,
daß, wenn man sich auf diesen Standpunkt stellen wollte, die An¬
wendung der Präzipitationsmethode so gut wie überflüssig wäre; denn
nach den angegebenen Gesichtspunkten ist früher bereits die Diagnose
des Milzbrandes gestellt worden. Daß dabei Ungleichmäßigkeiten und
Ungerechtigkeiten vorgekoramen sind, dürfte als sicher feststehend an¬
zusehen sein. Dem Vorbericht und dem Zerlegungsbefund kommen,
seit wir die Präzipitationsmethode zur Entscheidung der Frage, ob
Milzbrand im konkreten Falle vorliegt oder nicht, anwenden, eine
entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Frage nicht mehr zu,
vorausgesetzt natürlich, daß die Ausführung der Präzipitinreaktion in
einwandfreier Weise erfolgt.
Weiterhin hat der Italiener Guido Finzi 1 ) in einer Arbeit die
Spezifität der Reaktion im biologischen Sinne angezweifelt. Die
Gründe, die zur Erwiderung angeführt werden können, sind von
Alberto Ascoli 2 ) in einer besonderen Arbeit angegeben worden.
Ohne auf dieselben näher eingehen zu wollen, bemerken wir, daß
Finzi zweifellos das Opfer eines Irrtums bei seinen Ausführungen
geworden ist und daß die von ihm angeführten Tatsachen eine Würdi¬
gung nicht weiter zu erfahren brauchen.
Auch im Etatsjahre 1913/14 ist im Pathologischen Institut und
in der Abteilung für Tierhygiene die reichste Gelegenheit zur Unter¬
suchung von Organen milzbrandiger bzw. milzbrandverdächtiger Tiere
gewesen. Ueber das Ergebnis dieser Untersuchungen soll im folgenden
berichtet werden.
Die in den Protokollen angegebenen Zeichen für den Ausfall der
Präzipitinreaktion bedeuten:
“1—|—I—(- = momentane Reaktion.
H—|—(- = sehr starke Reaktion.
H—h = starke Reaktion.
+ = Reaktion nach 5 Minuten.
+ = Reaktion nach etwa 15Min.,
gilt als negativ.
— = keine Reaktion,
st. = starke Fäulnis.
1) Finzi, G., Ueber die Spezifität und über den diagnostischen Wert der
„Thermopräzipitinreaktion u von Ascoli bei der Erkennung des hämatischen Kar¬
bunkels und des Rotlaufs. Zentralbl. f. Bakt. I. Abt. Orig. 1913. Bd. 68. S.556.
2) Ascoli, A., Ergebnisse und Ausblicke der Thermopräzipitinreaktion.
Virch. Arch. 1913. Bd. 213. S. 181.
m. = mittelgradige Fäulnis,
g. = geringe Fäulnis.
M. = Milzbrand.
M.? = Milzbrandverdacht,
o M. = Kein Milzbrand.
K. = Milzbrandkeime,
o K. = Keine Milzbrandkeime.
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes.
289
1. Organ teile von Rindern.
Im Pathologischen Institute und in der Abteilung für Tierhygiene
sind die Organe von 102 Rindern zur Untersuchung gekommen. Das
Resultat der Präzipitation war 42mal positiv und 60raal negativ.
Bemerkenswert sind 5 von diesen Fällen (Nr. 19, 56, 60, 63
und 99). Im ersten Falle hatte der Kreistierarzt auf Grund des Zer¬
legungsergebnisses und des bakteriologischen Befundes Milzbrand¬
verdacht ausgesprochen. Bei der Zerlegung, die 3 Tage nach dem Tode
stattfand, war die Leiche bereits hochgradig faul gewesen. Der
Abteilung waren 2 Milzstückchen eingesandt worden, die am Tage
nach der Zerlegung ankamen. Der Nachweis von Milzbrandbakterien
glückte nicht mehr, die Präzipitation sowohl mit dem Koch- als auch
mit dem Chloroformauszuge fiel positiv aus.
Die Fälle 56, 60, 63 entsprechen dem vorigen. Auch hier war
durch den Kreistierarzt auf Grund des Zerlegungsbildes der Verdacht
auf Milzbrand ausgesprochen worden. Der Nachweis der Bakterien
gelang auch hier nicht mehr, die Präzipitation war positiv.
Der Fall mit der laufenden Nr. 99 ist der einzige, wo die Dia¬
gnose des beamteten Tierarztes nicht bestätigt werden konnte. Ein
praktischer Tierarzt hatte im Gegensatz zum beamteten Tierärzte die
Diagnose Milzbrand auf Grund des Zerlegungsbildes gestellt. In der
Abteilung wurden zahlreiche Milzbrandbazillen gefunden, in Ueberein-
Stimmung damit war die Präzipitation positiv.
Eine besondere Beachtung verdient noch der Fall 98. Die
bakteriologischen Untersuchungen des Kreistierarztes, der Nachprüfungs¬
stelle und des Pathologischen Institutes hatten zu einem überein¬
stimmenden Ergebnisse geführt. An keiner Stelle konnten Milzbrand¬
bakterien nachgewiesen werden. Nur der Präzipitationsversuch hat
an der Nachprüfungsstelle zu einem positiven, im Pathologischen In¬
stitute aber zu einem negativen Ergebnisse geführt. Auch bei der
wiederholten Untersuchung im Pathologischen Institute wurde dasselbe
Resultat ermittelt. In diesem Falle dürfte die Möglichkeit nicht aus¬
geschlossen sein, daß zur Präzipitation an der Nachprüfungsstelle
nicht ausreichend gereinigte Untersuchungsgläser verwandt worden sind.
Es ergibt sich also auch aus den diesjährigen Versuchen, daß
beim Vorliegen von Milzbrand des Rindes das Ergebnis der
Präzipitation nicht nur stets im Einklang mit dem positiven
Ausfälle der bakteriologischen Untersuchung stand, son-
290
SCHÜTZ and PFEILER,
dem auch, daß der Nachweis von Milzbrand präzipitinogen
in 4 unter 42 Fällen mit Hilfe der Präzipitation noch dann
gelang, wenn dies mit Hilfe der bakteriologischen Methoden
nicht mehr möglich war.
Ein irgendwie zweifelhaftes Ergebnis hat die Präzipitation niemals
gehabt; in jedem Falle, in dem das Ergebnis der Präzipita¬
tion gegen das Vorliegen von Milzbrand sprach, waren Keime
weder ira Ausstrich, noch durch den Tierversuch oder das
Kulturverfahren zu ermitteln. Die Diagnose des Pathologischen
Instituts und der Tierhygienischen Abteilung stand bei den letzt¬
genannten Fällen niemals im Widerspruch zu dem auf Grund des
pathologisch-anatomischen Bildes, häufig auch auf Grund einer bakte¬
riologischen Untersuchung von den Kreistierärzten ausgesprochenen
Urteil. Diese hatten in den von uns als negativ angesprochenen
Fällen entweder nur den Verdacht auf Milzbrand ausgesprochen oder
aber die Diagnose offen gelassen oder sich überhaupt gegen das Vor¬
liegen von Milzbrand erklärt.
In 3 Fällen (Nr. 88, 89, 96) wirkte der Chloroformextrakt etwas
schwächer als der Kochextrakt, während der letztere in einem Falle
(Nr. 3) dem Chloroformextrakt an Wirksamkeit nachstand (Tabelle 1).
Tabelle I. Rinder.
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die Früxipvtaüon positiv aus ln den Fallen, in denen die tiak-
tericilogisehc Untersuchung ein Ybgat ivos Ergebnis' hafte-, reatuerten
auch die .Örganajjsi'öge negati v, iiie Ergebnisse der Untersuchungen
ifanden niriasls ini VVidorsprueh ?.u der Diagnose de-r Kreistirrärzte
hiv;. der Nitchpriifüngssieiion. fit zwei unter fünf Fällen * in denen
der -Naehwess des .Milzbrandes mit- Hilfe der bakteriologische» Methoden
nicht »lehr gelang, war', derselbe durch die Präzipitation noch, sehr
gut möglich (Tahe.lle U).
Tab»He II Pferde.
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296
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Laufende Nummer
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Provinz
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Todes
Tag der Zerlegung
Tag der Ankunft
des Materials
Grade der Fäulnis
Gutachten des
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26
26
3. Organteile von Schafen.
Im Berichtsjahre ist nur viermal Gelegenheit zur Untersuchung
von Organteilen milzbrandverdächtiger Schafe gewesen. Nur in
einem Falle konnte bakteriologisch die Diagnose des Kreistierarztes
auf Milzbrand bestätigt werden. In Uebereinstimmung damit ergab
auch die Präzipitation sofortige Ringbildung. In drei Fällen,
in denen nur Milzbrandverdacht ausgesprochen war, fiel die bakte¬
riologische Untersuchung und die Präzipitation negativ aus.
(Tabelle 111.)
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes.
297
Tabelle III. Schafe.
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Fall-Nummer
Provinz
und
Einsender
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oM.: 2
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M.: 1
oM.: 3
4
4
4
4
4
4. Organteile von Schweinen.
Zur Untersuchung auf Milzbrand gelangten während des Berichts¬
jahres an dem Pathologischen Institute und der Tierhygienischen Ab¬
teilung insgesamt 214 Fälle, von denen bereits 125 in dem Berichte
der Tierhygienischen Abteilung vom 25. März 1914 — Geschäfts¬
nummer 1346 — (gesundheitspolizeiliche Beurteilung des Fleisches
bei örtlichem Milzbrand des Schweines, örtlicher Milzbrand des
Schweines) ausführlich besprochen worden sind. Um einen Vergleich
der in diesem Bericht angeführten Fälle mit denen des genannten zu
ermöglichen, sei darauf hingewiesen, daß diejenige Nummer, die in
diesem Bericht unter dem Bruchstrich steht (Fallnumraer), derjenigen
entspricht, welche in der Gesamtübersicht des unter dem 25. März
d. Js. eingereichten Milzbrandberichtes in dem Stabe („Nummer der
Abteilung für Tierhygiene“) über dem Bruchstriche angeführt ist.
In 67 von den 214 Fällen lag die septikämische Form des
Milzbrandes vor. Diese Fälle verteilen sich auf die Fallnummer
(schon besprochen) 4/23, 8/74, 10/78, 11/79, 14/15, 16/148, 24/177,
26/208, 34/288, 35/290, 48/437, 50/463, 56/543, 61/599, 65/642,
298
SCHÜTZ und PFEILER,
66/659, 70/692, 74/727, 76/784, 100/1137, 107/1235, 124/1465,
152/469, (128/1735, 133/2565, 134/3832, 136/4807, 137/5636) 1 ).
Neu sind außerdem die Fälle 140/24, 141/31, 142/33, 143/86,
145/89, 146/90, 147/147, 151/445, 156/482, 160/639, 161/640,
162/690, 163/691, 165/883, 166/1162, 171/97, 172/2021, 173/98,
174/100, 175/101, 176/102, 181/3941, 185/5024, 191/113, 193/115,
194/117, 197/121, 198/6026, 200/122,201/6218, 202/6219, 203/6220,
204/6228, 205/6229, 206/124, 209/6342, 210/129, 213/6400, 214/131.
In 104 Fällen, von denen 92 bereits besprochen sind, handelte
es sich um lokalen Milzbrand. Es sind dies die Fälle (schon be¬
sprochen) 1/13, 2/14, 3/15, 5/39, 6/42, 9/75, 12/80, 13/101, 15/132,
17/152, 18/153, 19/163, 20/164, 21/165, 22/170, 23,171, 25/207,
27/253, 28/254, 29/255, 30/268, 31/269, 32/270, 33/287, 36/297,
37/308, 38/310, 39/311, 40/312, 42/334, 43/350, 44/351, 45/392,
46/424, 47/436, 49/462, 51/464, 52/465, 53/518, 55/520, 57/544,
58/571, 60/583, 62/600, 63/622, 64/641, 68/679, 69/680, 71/701,
72/702, 73/722, 75/728, 77/785, 78/835, 79/858, 80/859, 81/860,
82/861, 83/862, 84/863, 85/864, 86/865, 87/866, 88/867, 89/953,
90/1003, 91/1017, 92/1042, 93/1043, 95/1095, 96/1096, 97/1134,
98/1135, 99/1136, 101/1138, 102/1190, 103/1191,104/1192,105/1193,
106/1205, 108/1272, 109/1274, 110/1275, 111/1276, 112/1277,
113/1278, 115/1309, 118/1315, 119/1334, 120/1335, 123/1464,
126/1497, (129/1762, 130/1770, 131/1778, 132/1807, 135/4676,
138/5837) 2 ).
Dazu kommen, als noch nicht besprochen, außerhalb der Ein¬
sendungen, die zum Zweck der Prüfung auf lokalen Milzbrand er¬
folgten, die Fälle: 169/95, 178/103, 179/3020, 196/120, 207/125,
208/126.
In einem Falle (41/333) müssen wir es offen lassen, ob
lokaler oder septikämischer Milzbrand Vorgelegen hat. Das
Tier stammte aus Westfalen. Es war am 23. April 1913 erkrankt
und am 29. desselben Monats geschlachtet worden. Das Ergebnis
der lokalen Untersuchungsstelle ist hier nicht bekannt geworden. Bei
1) Die in Klammern angeführten Fälle haben in dem Ministeri&lberichte vom
25. März 1914 eine Besprechung nicht erfahren, weil das Material für die Unter¬
suchung nach Abschluß der vom Herrn Landwirtsohaftsminister vorgesehenen
Untersuchungszeit hier einging.
2) Die hier in Klammern aufgeführten Fälle sind wiederum nach Abschluß der
seinerzeit vorgeschriebenen Untersuchungszeit eingegangen.
Weitere Untersuchungen über den Naohweis des Milzbrandes.
299
der bakteriologischen Untersuchung in der Tierhygienischen Ab¬
teilung waren Keime nicht zu ermitteln, doch fiel die Präzipi¬
tation mit Chloroforraextrakt aus der lokalen milzbrand¬
verdächtigen Veränderung sowie aus anderen Teilen des
Tierkörpers positiv aus. Da es aber nicht ausgeschlossen ist, daß
für den Eintritt der Präzipitation bei dem Milzauszug lediglich das
sogenannte Mitreagieren verantwortlich zu machen ist, so ist eine
Entscheidung, wie gesagt, nicht möglich gewesen.
Kein Milzbrand lag in 42 Fällen vor, von denen 9 (59/582,
94/1094, 114/1307, 116/1310, 117/1314, 121/1350, 122/1392,
125/1476, 127/1556) schon besprochen worden sind. Zu diesen ge¬
sellen sich die Fälle 7/52, 54/519, 67/662, 139/6051, sowie die
Nummern 144/87, 148/240, 149/241, 150/387, 153/471, 154/500,
155/501, 157/502, 158/92, 159/638, 164/832, 167/1217, 168/1316,
170/1969, 177/2514, 180/3371, 182/106, 183/4808, 184/4903,
186/5145, 187/5228, 188/5334, 189/5484, 190/5520, 192/5739,
195/5921, 199/6062, 211/6363, 212/6364.
Eine Uebeinstimmung zwischen dem Ergebnis der lokalen
Untersuchungsstelle und des Pathologischen Instituts bzw.
der Tierhygienischen Abteilung zeigte sich in 125 Fällen,
von denen 94 schon besprochen sind. Es sind dies die Fälle 1/13,
2/14, 3/15, 4/23, 5/35, 6/42, 8/74, 11/79, 12/80, 13/101, 14/115,
15/132, 16/148, 17/152, 18/153, 19/163, 20/164, 21/165, 22/170,
23/171, 25/207, 26/208, 27/253, 28/254, 31/269, 33/287, 37/308,
38/310, 39/311, 40/312, 42/334, 43/350, 44/351, 45/392, 46/424,
48/437, 49/462, 50/463, 51/464, 52/465, 53/518, 58/571, 59/582,
60/583, 61/599, 62/600, 63/622, 64/641, 66/659, 68/679, 69/680,
71/701, 72/702, 73/722, 75/728, 77/785, 78/835, 79/858, 80/859,
81/860, 82/861, 83/862, 85/804, 86/865, 87/866, 88/867,- 89/955,
90/1003, 91/1017, 92/1042, 95/1095, 96/1096, 97/1134, 98/1135,
99/1136, 100/1137, 101/1138, 102/1190, 103/1191, 104/1192,
105/1193, 106/1205, 108/1272, 109/1274, 111/1276, 112/1277,
115/1309, 116/1310, 119/1334, 120/1335, 122/1392, 123/1464,
126/1497, 152/469, (129/1762, 130/1770, 131/1778, 132/1807,
134/3832, 135/4676, 138/5837, 139/6051) 1 )-
Zu diesen Fällen kommen die (nach Abschluß der seinerzeit an¬
geordneten Untersuchungen über den lokalen .Milzbrand des Schweines
1) Vgl. die auf S. 298 befindliche Anmerkung.
300
SCHÜTZ und PFEILER,
eingesandten) Fälle 144/87, 168/1316, 173/98, 174/100, 175/101,
176/102, 178/103, 191/113, 193/115, 194/117, 196/120, 197/121,
199/6062, 200/122, 205/6229, 206/124, 207/125, 208/126, 211/6363.
Abweichungen in den Feststellungen der lokalen Unter¬
suchungsstellen bzw. der Tierhygienischen Abteilung sind
in 25 Fällen vorgekoramen. Davon haben 21, nämlich 9/75, 10/78,
24/177, 29/255, 30/268, 32/270, 34/288, 35/290, 47/436, 55/520,
56/543, 57/544, 65/642, 70/692, 74/727, 76/784, 84/863, 93/1043,
107/1235, 110/1275, 124/1465, bereits eine Besprechung erfahren.
Noch nicht besprochen sind die Fälle 128/1735, 136/4807, 143/86
und 147/147.
Zum Fall 128/1735 sei bemerkt, daß nach dem Ergebnis der
lokalen Untersuchungsstelle lokaler Milzbrand vorlag, während
in der Tierhygienischen Abteilung auf Grund der bakteriolo¬
gischen Untersuchung allgemeiner Milzbrand festgestellt wurde.
Der Fall 136/4807 liegt ebenso. Er ist einer von denjenigen,
was hier schon bemerkt sei, wo die Präzipitation das Vorliegen
der Milzbrandinfektion nicht angezeigt hat, obwohl durch die
bakteriologische Untersuchung Milzbrandkeime zu ermitteln waren.
Im Falle 143/86 sind durch den Kreistierarzt Milzbrandkeime
nicht festzustellen gewesen. (Dieser Vermerk befindet sich unter
„Untersuchungsergebnis der lokalen Prüfungsstelle“.) In der Tier¬
hygienischen Abteilung wurde allgemeiner Milzbrand ermittelt.
Der Fall 147/147 liegt ebenso.
In 66 Fällen sind uns Angaben darüber, ob eine Untersuchung
stattgefunden hat bzw. was bei derselben ermittelt worden ist, nicht
zugänglich gewesen. Es sind dies die Fälle 6/42, 36/297, 41/333,
54/519, 67/662, 94/1094, 113/1278, 114/1307, 117/1319, 118/1315,
121/1350, 125/1476, 126/1756, 133/2565, 137/5636, 140/24, 141/31,
142/33, 145/89, 146/90, 148/240, 149/241, 150/387, 151/445,
153/471, 154/500, 155/501, 156/482, 157,502, 158/92, 159/638,
160/639, 161/640, 162/690, 163/691, 164/832, 165/883, 166/1162,
167/1217, 169/95, 170/1969, 171/97, 172/2021, 177/2514, 179/3020,
180/3371, 181/3941, 182/106, 183/4808, 184/4903, 185/5024,
186/5145, 187/5228, 188/5334, 189/5484, 190/5520, 192/5739,
195/5921, 198/6026, 201/6218, 202/6219, 203/6220, 204/6228,
209/6342, 212/6364, 213/6400.
Milzbrand lediglich auf Grund des Ergebnisses der
Präzipitation wurde in den Fällen 10/78, 27/253,29/255, 30/268,
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes. 301
32/270, 34/288, 41/333, 47/436, 55/520, 56/543, 70/692, 84/863,
110/1275 festgestellt. Diese 13 Fälle sind bereits besprochen worden.
Dazu gesellen sich als noch nicht besprochen die Fälle 164/883,
175/101. Hier waren auf Grund der bakteriologischen Unter¬
suchung in der Tierhygienischen Abteilung und im Pathologischen
Institute Milzbrandkeime nicht zu ermitteln, die Präzipitation
mit Koch- und Chloroformextrakt wies allgemeinen Milzbrand nach.
Durch die Präzipitation nicht als Milzbrand nachgewiesen
wurde der schon erwähnte Fall 136/4807.
Im Falle 146/90 wurden bei der bakteriologischen Untersuchung
in der Tierhygienischen Abteilung Milzbrandkeime ermittelt, während
die Präzipitation gleichfalls versagte.
In dem Falle 93/1043, der bereits eine Besprechung gefunden
hat, waren an der lokalen Untersuchungsstelle Milzbrandkeime zu er¬
mitteln, in der Tierhygienischen Abteilung nicht. Auch war die Präzi¬
pitation hier negativ (ungeeignetes Material?).
Das gleiche Verhältnis liegt für den ebenfalls schon besprochenen
Fall 107/1235 vor.
Eine besondere Beachtung verdienen noch die Fälle 74/727 und
128/1735, von denen der erste schon früher besprochen worden ist.
Hier sind nämlich an der lokalen Untersuchungsstelle Milz¬
brandkeime nur an der Eintrittspforte der Erreger nachzu¬
weisen gewesen, in der Tierhygienischen Abteilung dagegen wurde
allgemeiner Milzbrand festgestellt. Nach dem Ergebnis der Präzi¬
pitation lag jedoch nur lokaler Milzbrand vor, d. h. in den übrigen
Organen war so wenig Antigen vorhanden, daß durch die Präzipation
der Milzbrand nicht zu erkennen war.
Das gleiche wurde an dem Fall 128/1735 ermittelt.
Ein ausgesprochenes Mitreagieren der Milz wurde 23mal
beobachtet, und zwar in den Fällen 1/13, 3/15, 10/78, 11/79, 15/132,
21/165, 28/254, 29/255, 33/287, 36/297, 41/333, 44/351, 45/392,
53/518, 61/599, 63/622, 64/641, 66/659, 79/858, 82/861, 85/864,
111/1276 und 115/1309. Dieselben haben eine Besprechung schon
erfahren.
Ein geringgradiges Mitreagieren der Milz, d. h. ± Reaktion,
wurde in 12 Fällen beobachtet, nämlich bei 2/14, 5/39, 37/308,
38/310, 39/311, 42/334,46/424, 62/600, 95/1095, 99/1136, 119/1334.
Diese 11 Fälle haben eine Besprechung schon gefunden. Dazu gesellt
sich der noch nicht besprochene Fall 7/52.
302
SCHUTZ und PFEILER,
Das Kochextrakt hat sich in 7 Fällen stärker antigenhaltig er¬
wiesen als das Chloroformextrakt. 4 dieser Fälle sind bereits be¬
sprochen worden (9/75, 11/79, 35/290, 84/863). Dazu kommen die
Fälle 141/131, 179/3020, 202/6220.
ln 63 Fällen war das Umgekehrte der Fall. Es sind dies
die Nummern 1/13, 2/14, 3/15, 5/39, 10/78, 12/80, 14/115, 15/132,
16/148, 18/153, 19/163, 21/165, 27/253, 33/287, 34/288, 38/310.
39/311, 40/312, 42/334, 43/350, 50/463, 51/464, 52/465, 58/571,
62/600, 70/692, 74/727, 75/728, 77/785, 78/835, 79/858, 80/859,
81/860, 86/865, 90/1003, 91/1017, 92/1042, 97/1134, 100/1137,
101/1138, 102/1190, 104/1192, 108/1272, 112/1277, 113/1278.
115/1309, 126 1497 (schon besprochen) und die noch nicht be¬
sprochenen Nummern 131/1778, 133/2565, 145/89, 151/445, 156/482
160/639, 161/640, 162/690, 163/691, 166/1162, 169/95, 175/101,
201/6218, 202/6219 und 204/6228, 210/129.
Der letzte Stab der Tabelle gibt endlich eine bequeme Uebersicht,
wie groß die Unterschiede in der Stärke der Reaktion bei Verwen¬
dung von Koch- bzw. Chloroformextrakt in jedem einzelnen Falle waren.
Insgesamt wurde von den lokalen Milzbranduntersuchungs¬
stellen 135 mal Milzbrand festgestellt, im Pathologischen Institute
und in der Tierhygienischen Abteilung 169 mal. Die Zahl der
hier erhobenen positiven Befunde ist größer als diejenige der Milz¬
brandnachprüfungsstellen, weil im Pathologischen Institute und in der
Tierhygienischen Abteilung außer den für die besonderen Untersuchungen
auf lokalen Milzbrand eingesandten Proben noch eine größere Anzahl
anderer außerhalb des Bereiches dieser Untersuchungen liegender Proben
einging. Durch die Präzipitation wurde dabei Milzbrand in
167 Fällen ermittelt. Es ergibt sich also — nur die Ergebnisse der
bakteriologischen Untersuchung und der Präzipitation im Pathologischen
Institute und in der Tierhygienischen Abteilung lassen sich vergleichen
— eine Differenz von zwei Fällen, was beweist, daß die Prä¬
zipitationsmethode auch für die Erkennung des Schweine¬
milzbrandes in der Hand des Geübten Vorzügliches leistet.
Endlich sei noch darauf hingewiesen, daß in dem Berichte der
Tierhygienischen Abteilung über den lokalen Schweinemilzbrand an¬
gegeben wurde, es sei auffällig, wie selten der Milzbrand des Schweines
in den östlichen Provinzen festgestcllt worden sei; während im
Westen sehr häutig Fälle zur Feststellung kamen, seien auf die Pro¬
vinzen Posen, Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Schlesien
nur wenige Fälle während der damals laufenden Untersuchungen zu
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes.
303
verzeichnen gewesen. Ein Blick in Tabelle 4 zeigt, daß sich dieses
Verhältnis inzwischen wesentlich geändert hat (vgl. die Fälle 137/5636,
138/5837, 140/24, 141/31, 142/33, 143/86, 145/89,147/147,151/445,
152/469, 156/482, 160/639, 161/640, 162/690, 163/691, 165/883,
166/1162, 170/2021, 179/3020, 161/3941, 185/5024, 198/6026,
201/6218, 202/6219, 203/6220, 204/6228, 205/6229, 209/6342,
213/6400). Diese Fälle beziehen sich alle auf die Feststellung des
Milzbrandes bei Schweinen, die aus den Provinzen Sachsen, Posen,
Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Schlesien stammten.
Es ist also bei insgesamt 29 Tieren, die aus den genannten Provinzen
herrührten, inzwischen Milzbrand festgestellt worden. Die Aeuße-
rungen des Berichtes der Tierhygienischen Abteilung müssen nach
dieser Seite hin also eine Aenderung erfahren.
Was die übrigen Feststellungen anlangt, so decken sie sich mit
den in dem gemeinschaftlichen Berichte vom 12. Mai 1913 angegebenen,
auf die hiermit verwiesen sei 1 ).
Auf Grund der sich nunmehr über vier Jahre erstreckenden
Prüfungen, ob die Feststellung des Milzbrandes mit Hilfe der Präzi¬
pitationsmethode derjenigen durch die bakteriologischen Untersuchungs¬
methoden überlegen ist, kommen wir zu der Feststellung:
1. Die endgültige Entscheidung, ob Milzbrand im ge¬
gebenen Falle vorliegt oder nicht, ist von dem Ergebnis
der Präzipitinreaktion abhängig zu maöhen.
2. Die Präzipitationsmethode ist für die Erkennung des
Milzbrandes bei Rindern und Pferden die zuverlässigste
Methode. Wenn neben ihr das mikroskopische Verfahren,
das, wie es den Anschein hat, an Sicherheit den Kultur- und
Mäuseimpfungsversuch übertrifft, angewandt wird, so dürften
beide Methoden für die Feststellung des Milzbrandes bei
diesen Tiergattungen als ausreichend anzusehen sein.
3. Für den Nachweis des Milzbrandes beim Schaf liegen
die Verhältnisse ebenso.
4. Was die Feststellung des Milzbrandes beim Schweine
anlangt, so muß die Präzipitationsmethode unter allen Um¬
ständen als eränzende Methode zu den bisherigen hin¬
zugenommen werden, d. h. die Feststellung des Milz-
1 ) Schütz, J. W. u. Pfeiler, W., Weitere Untersuchungen über den Nach¬
weis des Milzbrandes mittelst der Präzipitationsmethode. Diese Zeitschr. 1914.
Bd. 40. H. 4u. 5. S. 395.
SCHÜTZ und PFEILER,
.1« ran des beim Schwein« bat mit allen möglichen uns zur Ver¬
fügung stehenden ?Mitteln su erfolgen. Dabei ist besonders zu
beachten, daß in Fallen, wo auf Grund der bakteriologischen
IJfite.räHcltufigsrnethf.deu Mii/brand nicht festzustelleu ist,
aber ein MUreagieren der Milz oder eines anderen Organes
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Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes.
305
eintritt, die stattgehabte Milzbrandinfektion als vorliegend
angesehen werden muß.
Endlich sei noch bemerkt, daß im Berichtsjahre neue Gesichts¬
punkte für die Herstellung des präzipitierenden Milzbrandserums nicht
gewonnen worden sind.
Sehweine.
1
Unters.-Erg. des Patholog.
Bakteriologische
Präzipitation
Instituts und der Abteilung
für Tierhygiene
Untersuchungen
Kochextrakt
Chloroformextrakt
Ob
Mlzb.
All¬
gemein
Lokal
All¬
gemein
Lokal
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Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes.
309
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311
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Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes. 313
Unters.-Erg. des Patholog.
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Bakteriologische
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135 4076 Schl, in I.
Hannover.
136 4807 Schl, in W.
Posen.
137 5636 Schl, in M.
Sachsen.
138 5837 Schl, in A.
Brandenburg.
139 | 6051 T. H. in B.
Posen.
140 24 V. in R.
Pommern.
141 31 II. in B.
Posen.
R. in B.
Dr. B. in K.
Dr. B. in K.
Westpreußen.
M. in St.
M. in St.
Posen.
Posen.
H. in Sch.
H. in Sch.
Ostpreußen.
387 St. in D.
Posen.
445 D. in M.
469 Sp. in T.
Ostpreußen.
471 L. in Kl. G.
500 St. in D.
501 St. in D.
Posen.
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11.5. st.
14.5. g.
14.5. g.
12.5. | g.
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes. 315
Unters.-Erg. des Patholog.
Instituts und der Abteilung
für Tierhygiene
Bakteriologische
Untersuchungen
Präzipitation
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i K.
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316
SCHÜTZ und PFEILER,
Ostpreußen. 1913 1913 1913 !
157 502 St. in D. . . I -f j
Hannover. |
158 92 L. in S. . + . ]
Brandenburg.
159 638 L. in C. . . . i
Pommern.
'60 639 Dr. H. in B. +
61 640 Dr. H. in B. +
62 690 Dr. H. in B. +
63 691 Dr. H. in B. +
Ostpreußen. I
164 832 St. in D. . j + .
Westpreußen. j J
165 883 L. in M. . j +
Ostpreußen.
166
167
168
169
170
171
172
173
174
175
176
177
178
1162 Kr. in W. 16.6.
Westpreussen.
1217 M. in T. . -f
Posen.
1316 Sch. in J. 26.6.
Hannover.
95 V. in L.
Posen.
1969 K. in K.
Hannover.
97 B. in D. 8. 7.
Pommern.
2021 Dr. H. in B. +
Hannover.
98 F. in M. 17.7.
100 K. in D.
101 H. in M. 3-4 T. .
krank
102 M. in B.
Brandenburg.
2514 L. in C.
Hannover.
103 B. in W. 8.8.
25.6.
22. 7. 1
24. 7. 1
i
27. 7. j
9.8. 1
Sachsen.
179 3020 W. in 0.
Tag der
Zerlegung
Tag der Ankunft
des Materials
Grade derFäulnis 1
1913
1913
14. 5.
g-
15. 5.
st.
22. 5.
g-
23. 5.
g-
23. 5.
g-
25. 5.
g-
25. 5.
g-
2. 6.
*
6. 6.
st.
16. 6.
18. 6.
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•
21.6.
g-
28. 6.
g-
26.6.
30. 6.
st.
20.7.
st.
10. 7.
12.7.
m.
.
21.7.
:
st.
18.7.
22.7.
m.
22. 7.
25.7.
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25. 7. |
28.7.
i st.
27. 7.
30. 7.
i
i
1
5. 8.
g-
9. 8.
11.s.
g-
22. 8.
: g*
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes.
317
Unters.-Erg. des Patholog.
Instituts und der Abteilung
für Tierhygiene
Bakteriologische
Untersuchungen
Präzipitation
ä
Kochextrakt
Chloroformextrakt
Ob
Mlzb.
All¬
gemein
Lokal
All¬
gemein
Lokal
Allgemein
Lokal
Allgemein
Lokal
o M.
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318
SCHÜTZ und PFEILER,
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1913
1913
1913
1913
1913
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Posen.
D. in K.
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183
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Posen.
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Schlesien.
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Westpreußen,
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Posen.
Sch. in K.
+
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K. in K.
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g-
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D. in St.
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M. in W.
25. 11.
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29. 11.
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5520
Sachsen.
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2. 12.
fr
191
113
Hannover.
N. in L.
+
27. 12.
m.
M.
192
5739
Schlesien.
Sch. in L.
25. 12.
fr
i
193
115
Hannover.
B. in B.
1914
3. 1. !
1914
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1914
8. 1.
st.
M.
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Sch. in L.
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*
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M.
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195
5921
Brandenburg.
L. in C.
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st.
•
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Hannover.
K. in L.
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M.
197
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D. in B.
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3o! 1.
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m.
M.
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Westpreußen.
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i
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Posen.
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Hannover.
K. in H.
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M.
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Posen.
Dr. B. in K.
+
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6219
Dr. B. in K.
+
#
1.3.
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6220
Dr. B. in K.
+
i
1.3.
g-
204
1 6228
Sch. in H.
.
.
•
i 3.3.
1 st.
.
. 1 .
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes.
319
Unters.-Erg. des Patholog.
Instituts und der Abteilung
für Tierhygiene
Bakteriologische
Untersuchungen
Präzipitation
Kochextrakt
Ob
Mlzb.
All¬
gemein
Lokal
All¬
gemein
Lokal 1
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Allgemein
Lokal
Allgemein
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1 44
Chloroformextrakt
Lokal
4444
320
SCHUTZ und PFEILER,
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+
1914
1914
1914
3.3.
8-
206
124
Hannover.
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3. 3.
8.8.
5. 3.
m.
207
125
J. in D.
3. 3.
.
3. 3.
5. 3.
m.
208
126
S. in L.
.
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.
.
7. 3.
12. 3.
st.
209
6342
Posen.
D. in Cz.
+
14.3.
st.
210
129
Hannover.
H. in St.
12. 3.
14. 3.
16. 3.
m.
211
6363
Posen.
Dr. B. in K.
+
16. 3.
g-
212
6364
Ostpreußen.
Kr. in H.
16. 3.
g*
213
6400
Posen.
N. in W.
20.3.
g-
214
131
Hannover.
H. in H.
28. 3
28.3.
31.3.
, m.
Unters.-Ergebnis
der lokalen Prüfungs¬
stelle
zusammen
214
Weitere Untersuchungen über den Nachweis des Milzbrandes.
321
Unters.-Erg. des Patholog.
Instituts und der Abteilung
für Tierhygiene
Bakteriologische
Untersuchungen
Präzipitation
Kochextrakt I Chloroformextrakt
Ob
Mlzb.
gemein Lokal
A11 '. Lokal
gemein |
Allgemein
Lokal
1
| Allgemein
1
Lokal
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M.
+
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M.
+
K. ! .
1
+++
•
++++
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o M.
o K.
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o M.
•
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o K. o K. |
—
—
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+
K.
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M.: 169
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K.: 47 115
M.: 56 I
119
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14 nur Präzipi¬
oK.: 162 41
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141
43
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! i
fehlt: 5 58
fehlt: 4
48 .
7
46
214 1 J | 214 214 | 214 } 214 j 214 j 214
XI.
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch,
Wild, Wildgeflügel und Fischen.
Von
Dr. Weichei,
z. Zt. Oberveterin&r. abkoraraandiert zum pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule in Berlin.
Die Bezeichnungen „Fäulnis“ und „faul“ sind uralt. Auch die
Veränderungen der Fäulnis waren in ihren äußeren Erscheinungen von
altersher teilweise bekannt. Man kannte aber damals die Ursache
der Fäulnis noch nicht und konnte somit den Begriff nicht genauer
abgrenzen. Daher kommt die eigentümliche Erscheinung, die man
beim Studium der älteren, von Cohnheim, Hiller und Ingenkamp
zusaramengestellten Literatur findet, und die darin besteht, das Wesen
der Fäulnis mit irgend einer Benennung abzutun. Diese unfrucht¬
baren Betrachtungen über die fäulniserregenden Kräfte führten dazu,
daß ganz verschiedenartige Prozesse, die in ihrem Verlauf äußerlich
eine gewisse Aehnlichkeit boten, mit demselben Namen belegt wurden.
So waren die Ausdrücke Fäulnis, Gärung, Vermoderung und Ver¬
wesung ohne Unterschied für die faulige Zersetzung pflanzlicher und
tierischer Stoffe allgemein in Gebrauch. Ingenkamp u. a. nannten
als erste die faulige Zersetzung stickstofffreier organischer Körper
Gärung und diejenige stickstoffhaltiger Materie Fäulnis. Sie nahmen
an, daß beide Zersetzungen durch verschiedene Ursachen bedingt seien,
und sie hielten die Bildung übelriechender Stoffe bei der Fäulnis für
charakteristisch. Dieser Auffassung gegenüber betonten besonders
Stahl und v. Liebig die Gleichartigkeit der Fäulnis und Gärung,
v. Liebig sagte darüber wörtlich folgendes: „Man ist gewissermaßen
übereingekommen, mit dem Ausdruck Gärung die Metamorphose der¬
jenigen Teile zu bezeichnen, welche geruchlose gasförmige Produkte
entwickeln, während man die Bezeichnung Fäulnis gewöhnlich für
diejenigen von selbst erfolgenden Zersetzungen gebraucht, bei denen
Der Naohweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
323
übelriechende Gase gebildet werden. Der Geruch kann aber, wie sich
von selbst versteht, keineswegs über die Natur der Zersetzung als
entscheidender Charakter gelten. Beide, Gärung und Fäulnis, sind
einerlei Zersetzungsprozesse, die erstere von stickstofffreien, die andere
von stickstoffhaltigen Substanzen.“
Auch seit der Entdeckung der Fäulniserreger hat der Fäulnis¬
begriff verschiedene Wandlungen erfahren. Und noch heute bestehen
darüber getrennte Auffassungen.
Der Ansicht von Gotschlich schließen sich Edelmann, Flügge,
Fränkel, Gärtner, Glage, Günther, König, v. Ostertag,
Salus u. a. Autoren an. Sie erklären die Fäulnis als eine rasche
und intensive bakterielle Zersetzung eiweißartiger Körper unter Zer¬
fall in Detritus und mit Bildung übelriechender Produkte. Sie wollen
somit den Prozeß der Fäulnis nur als eine Zersetzung der Eiwei߬
körper bezeichnen. Sicherlich bildet bei der Fäulnis tierischer Stoffe
die Zersetzung der hier massenhaft angehäuften Eiweißstoffe ein her¬
vorragendes und charakteristisches Symptom. Allein die einfache
Betrachtung des in Zersetzung begriffenen Materials lehrt, daß durch¬
aus nicht bloß einzelne Stoffe oder eine besondere Kategorie von
Stoffen, sondern die Gesamtheit der das Substrat zusammensetzenden
Substanzen der Zersetzung unterliegt. Es sind z. B. bei der Fäulnis
des Muskels nicht bloß die Eiweißkörper desselben, sondern auch das
Bindegewebe, das Fett und andere Bestandteile an der Zersetzung
beteiligt.
Die Fäulnis lediglich als Eiweißfäulnis zu definieren, ist daher
nicht angängig. Darauf hat früher schon Hill er aufmerksam ge¬
macht, und in neuerer Zeit teilt Bongert dieselbe Ansicht.
Der Ausdruck „Zersetzung“ wurde vielfach durch „Gärung“ er¬
setzt. So spricht Günther von „Eiweißgärung“, Glage von „fauliger
Gärung“, Immisch von einem „bakteriellen Gärungsprozeß“, Eber
und nach ihm Fröhner und Wittlinger von „ammoniakalischer
Gärung“, Möller von „Stickstoffgärung“ usw. Flügge gebraucht
das Wort „Gärung“ nur für die Formen der Fäulnis, die durch
Anaerobier verursacht sind. Er betrachtet die Gärung als Leben
ohne Sauerstoff.
Man wollte unter Gärung offenbar nur die tieferen Eiweißspal¬
tungen verstehen, bei denen Gase gebildet werden. Bei dieser Auf¬
fassung wäre die Benennung nur dann folgerichtig, wenn das Produkt
der Gärung vor das Wort Gärung gestellt und mit diesem verbunden
324 WEICHEL,
würde, wie z. B. bei Alkoholgärung. Die Ausdrücke Giweißgärung
und bakterielle Gärung würden im Sinne der Alkoholgärung aber be¬
sagen, daß Eiweiß bzw. Bakterien gebildet werden, während der Autor
im ersten Fall das gärende Material und im zweiten die Gärungs¬
ursache angeben will. Der Ausdruck ammoniakalische Gärung, der
übrigens besser Ammoniakgärung heißen würde, wäre nur für die
Fäulnisformen richtig, bei denen Ammoniak gebildet wird. Da dies
aber nicht immer zutrifft, ist diese Benennung zum mindesten ein¬
seitig. Dasselbe gilt von dem Begriff faulige Gärung, da, wie beson¬
ders Möller erwähnt, und wir später noch sehen werden, die Er¬
scheinungen des „fauligen“ trotz echter Fäulnis fehlen können.
Möller nennt die Fäulnis eine „Stickstoffgärung par excellence“. Er
will die von ihm darunter verstandene Zersetzung stickstoffhaltiger
Substanzen gleichsam mundgerechter machen. Für den Ausdruck
Stickstoffgärung im Sinne Möllers gilt das von der Eiweißgärung
Gesagte, nur mit dem Unterschiede, daß man ohne Möllers Kom¬
mentar den Ausdruck auch im Sinne der Alkohol- oder Ammoniak¬
gärung, wobei Stickstoff das Produkt bedeutet, auffassen könnte, weil
freier Stickstoff als Endprodukt der Fäulnis nachgewiesen ist — aller¬
dings in so wenig Fällen und neben so vielen anderen Produkten, daß
die Fäulnis damit ebenfalls nur einseitig erklärt würde. Möller trifft
mit dem Ausdruck Stickstoffgärung aber auch deshalb das Richtige
nicht, weil der Begriff „Stickstoffgärung“ bereits vergeben ist, und
zwar für Wandlungen einfacher Stickstoffkörper, wobei durch Reduk¬
tion des Nitrits Stickstoff entbunden wird.
Gegen die Bezeichnung der Fäulnis als Gärung haben aber Ken-
dall und Thausnig noch weitere Bedenken. Der erstere will unter
Gärung nur den Abbau von Kohlenwasserstoffen durch Bakterien ver¬
standen wissen. Er geht sogar so weit, daß er sagt: „Fäulnis und
Gärung schließen sich gegenseitig aus, da Fäulnisbakterien meist nicht in
einem Medium gedeihen, in dem Gärung stattfindet, weil die erzeugten
Säuren ihre Wirkung verhindern“. Dies trifft aber insofern nicht zu,
als bestimmte Fäulniskeime auch auf sauren Medien wachsen und sie
zersetzen. Thausnig weist auch auf einen praktischen Unterschied
hin, der darin besteht, daß nach seiner Auffassung die Gärung die
Stoffe verbessert, die Fäulnis aber verschlechtert. Er denkt insbeson¬
dere an die Alkoholgärung und sieht einen weiteren Unterschied darin,
daß z. B. bei der Alkoholgärung immer nur ein bestimmter Mikro¬
organismus in Frage kommt, bei der Fäulnis hingegen meist mehrere
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereiteteni Fleisch usw.
325
verschiedenartige Kleinlebewesen Zusammenwirken. Als weiterer
Unterschied kommt noch hinzu, daß bei den mit Gärung bezeichneten
Spaltungsprozessen immer bestimmte Endprodukte der Kohlenstoff¬
gruppen gebildet werden, nach denen, wie erwähnt, die Gärungen
selbst benannt werden. Wenn auch Verbindungen der Ein- und Mehr-
kohlenstoffreihc — Kohlensäure, Aldehyde usw. — bei der Fäulnis
gelegentlich gebildet werden, so sind diese Produkte doch immer in
so geringer Menge und mit so vielen anderen vorhanden, daß man
deswegen von einer Gärung nicht sprechen kann.
Aus diesen kurzen Angaben ist wohl ersichtlich, daß die An¬
sichten über den Begriff der Fäulnis zum Teil erheblich voneinander
abweichen. Es geht des weiteren daraus hervor, wie schwer es ist,
die Physiologie der Fäulnis, die Pythologie möglichst kurz zu defi¬
nieren, wie es verschiedene Autoren wünschen. Spätere Besprechungen
können dies vielleicht noch deutlicher zeigen, wenn wir dort sehen,
wie mannigfach und so ganz verschieden die Fäulnis verlaufen kann.
Unter Berücksichtigung des Geschilderten möchte ich das Wesen
dieser komplizierten Wandlungen organischer Materie folgendermaßen
biochemisch erklären:
Bei der unter natürlichen Verhältnissen vorkommenden
Fäulnis werden tote organische Stoffe, die mit lebender
organischer Materie in keiner Verbindung mehr stehen,
durch Kleinlebewesen meist unter Bildung übelriechender
Stoffe chemisch und physikalisch zersetzt.
Je nachdem die faulende organische Materie von Tieren
oder Pflanzen stammt, läßt sich von tierischer oder pflanz¬
licher Fäulnis sprechen.
Bei der tierischen Fäulnis handelt es sich um Zer¬
setzungen organischen Materials, das in der Hauptsache aus
stickstoffhaltiger Substanz (Eiweiß und eiweißähnlichen
Körpern) besteht, während bei der pflanzlichen Fäulnis
Zersetzungen stickstofffreien Materials (Kohlehydrate) vor¬
herrschen.
Das Zustandekommen und der Verlauf der tierischen Fäulnis¬
prozesse, von denen des weiteren nur die Rede sein soll, sind von
verschiedenen Bedingungen abhängig. Dabei könnte man als „innere“
Bedingungen diejenigen bezeichnen, die durch die verschiedene chemische
und physikalische Zusammensetzung des faulenden Materials gegeben
sind, während die „äußeren“ Bedingungen außer in der Verschieden-
Archiv f. wissenseb. u. prakt. Tierheilk. Bd. 41. H. 4 u. 5. 22
326
WEICHEL,
heit der Temperatur, der Feuchtigkeit, des Luft- und Lichtzutrittes,
der nachträglichen Behandlungen, der Bewegung oder der Ruhe usw.
besonders in der Menge und Mannigfaltigkeit der Fäulniserreger be¬
gründet sind.
Was die inneren Bedingungen anlangt, dürfte ohne weiteres klar
sein, daß z. B. Sehne oder Knorpel in Gegensatz zu Leber oder Ge¬
hirn infolge ihres grundverschiedenen chemischen und physikalischen
Aufbaues einen verschiedenen Fäulnisverlauf hervorrufen. Aber auch
bei chemisch und physikalisch einander näher stehenden oder den¬
selben Organen wechselt der Verlauf. Eine der Hauptrollen spielt
dabei der Säure- oder Alkaligehalt. Dies hat besonders Kühl betont,
der zeigte, daß von vornherein saure Substanzen infolge ihres Säure¬
gehaltes auf die Entwicklung mancher Fäulnis hemmend wirken,
während die Fäulnisprozesse dort am raschesten verlaufen, wo das
faulende Material ursprünglich Alkali enthält, welches die sich event.
bildende Säure neutralisiert. Im allgemeinen wäre demnach Material,
das Alkali enthält, sozusagen prädisponiert für Fäulnis. Die Tem¬
peratur und Feuchtigkeit sind in ihrer Wirkung auf den Fäulnisver¬
lauf allseitig anerkannt. Auf die Bedeutung des Luftzutrittes durch
seinen Gehalt an Sauerstoff sowie den Einfluß des Lichtes haben be¬
sonders Pasteur, v. Paschutin, Davy und Lange und Poppe
hingewiesen. Die letzteren beiden Forscher haben gezeigt, daß unter
gleichen Bedingungen bei Fäulnis in Stickstoffatmosphäre die Ammo¬
niakbildung unterbleibt. Was die Ruhe und Bewegung anlangt, hat
Hiller bewiesen, daß die Bewegung der Luft oder des feuchten Me¬
diums, in dem sich das der Fäulnis ausgesetzte oder das faulende
Material befindet, die Fäulnis langsamer eintreten läßt bzw. hemmt.
Sehr wesentlich für den Fäulnisverlauf sind auch spätere Behandlungen
z. B. der Zusatz von Chemikalien oder das Kochen, die beide die
ursprüngliche Beschaffenheit des Materials beeinflussen. Zu ersterem
Beispiel sei der Einfluß des Pökelns erwähnt, der sich dadurch äußert,
daß die Bakterien in ihrem Wachstum infolge der wasserentziehenden
Eigenschaft des Kochsalzes gehemmt werden, und des weiteren darauf
beruht, daß der Salpeterzusatz die Entstehung der typischen Fäulnisfarbe
verhindert. Das Kochen ändert die Konsistenz und vielleicht auch
die Eiweißsubstanz; welcher der beiden Faktoren die tatsächlich
fäulnishemmendc Wirkung verursacht, wissen wir bis jetzt nicht. Auch
worauf die Wirkung von Gewürznelken beruht, die, wie Hoffraann und
Evans nachgewiesen haben, eine bedeutende konservierende Kraft be-
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
327
sitzen, ist unbekannt. Erwähnt sei noch, daß, wie Garcia gezeigt
hat, bei Zusatz von Kohlehydraten zu Fleischgemischen wie Würsten,
der Verlauf der Fäulnis insofern beeinflußt wird, als die Bildung von
Diaminen dann fast ganz unterdrückt wird.
Den Einfluß der genannten „inneren“ und „äußeren“ Momente
auf den Verlauf der Fäulnis kann man in folgenden Sätzen kurz zu-
sara menfassen:
Der Verlauf der Fäulnis ist abhängig von verschiedenen
„inneren“ und „äußeren“ chemischen und physikalischen
Momenten. Die inneren Einflüsse werden bedingt durch die
verschiedene chemische und physikalische Beschaffenheit,
die das faulende Material bei Beginn der Fäulnis besitzt;
die äußeren Momente durch Eintrocknen, Pökeln, verschie¬
denen Luft- und Lichtzutritt, Wechsel in der Temperatur,
Bewegung und Ruhe.
Die inneren und äußeren Momente sind für den Fäulnisverlauf
besonders deswegen so maßgebend, weil durch sie verschieden gün¬
stige Nährboden bedingt werden, und so eine von Fall zu Fall ver¬
schiedene Fäulnisilora zur Wirkung kommt, wodurch wiederum das
Fäulnisprodukt und die Fäulniserscheinungen verschieden zutage treten.
Für den Nachweis der Fäulnis sind demnach alle diese Momente zu
berücksichtigen.
Die Alten suchten die Ursache der Fäulnis in dem Hinzutreten
äußerer Wärme. Die erste beachtenswerte Erklärung der Erscheinung
der Fäulnis gab Kircher. Er hielt jede Fäulnis für ansteckend,
schleichend, giftig, bösartig und mit heftigem Gestank verbunden, und
betrachtete als ihre Ursache kleine Tierchen. Kircher hatte damals
allerdings die falsche Vorstellung, daß auch lebende Wesen der Fäulnis
ausgesetzt seien. Diese Auffassung, daß kleine Tierchen die Ursache
der Fäulnis seien, trat besonders Alexander entgegen. Er betonte,
daß diese Tierchen nicht die Ursache, sondern die Folge der Fäulnis
seien, und erklärte ihr Entstehen durch Urzeugung. Bis zur Ent¬
deckung der Fäulniserreger beschuldigte man als Fäulnisursache in
erster Linie die Luft mit dem in ihr enthaltenen Sauerstoff und Ozon,
des weiteren elektrische Kräfte und das Wasser. Das Zustandekommen
der Fäulnis durch diese „Fermente“ suchte man mit der „mechanisch-
chemischen“ Theorie, die von Willis und Stahl begründet und bis
in die neuere Zeit von der Liebigschen Schule noch vertreten war,
zu erklären. Man betrachtete die Fäulnis als die Folge der Mitteilung
328
WEICHEL,
einer chemischen Bewegung, die von einem in Zerfall begriffenen Körper
ausgehen sollte. Zur Uebertragung dieser inneren Bewegung war, wie
Mitscherlich nachwies, eine unmittelbare Berührung der faulenden
Körper mit der zu faulenden Materie notwendig. Er sprach deshalb
von einer „Kontaktwirkung“, und Liebig, der sich dieser Auffassung
anschloß, nannte die wirksamen Stoffe „Kontaktsubstanzen“. Diese
Ansicht, die die Luft usw. als unmittelbare Ursache betrachtete, wurde
durch die Untersuchungen von Helmholtz, Schroeder-v. Dusch,
Schulze und Schwann widerlegt. Sie zeigten nämlich, daß vorher
gekochtes Fleisch nicht faulte, wenn man die nachher hinzutretende
Luft durch Schwefelsäure oder Baumwolle filtrierte oder vorher aus¬
glühte, und daß reiner Sauerstoff, Ozon, Elektrizität und gekochtes
Wasser keine Fäulnis verursachten. Daraus schloß Helmholtz auf
zwei neue Ursachen der Fäulnis, nämlich die in der Luft ver¬
breiteten Exhalationen fauliger Substanzen oder die Keime organischer
Wesen.
Man war somit zu der wichtigen Erkenntnis gelangt, daß für das
Zustandekommen der Fäulnis das Hinzutreten eines besonderen fäul¬
niserregenden Stoffes zur fäulnisfähigen Materie notwendig sei.
Schwann war dann der erste, der erklärte, daß lebende „Fer¬
mente“, und zwar die „Keime des Schimmels und der Infusorien“ sich
auf der organischen Substanz ernähren und vermehren und so die
Fäulnis entstehen lassen. Indem er die lebenden Organismen allein
für die Fäulnisprozesse verantwortlich machte, wurde er zum Be¬
gründer der vitalistischen Theorie über die Entstehung der Fäulnis.
Zwanzig Jahre nach Schwann wurde Pasteur durch die Fest¬
stellungen von Berthelot zu seinen Untersuchungen über Gärung und
Fäulnis veranlaßt. Durch ihn wurde die Schwannsche Lehre ver¬
teidigt und nochmals in allen Teilen fest begründet. Er unterschied
zwei physiologisch verschiedene Arten von „Vibrionen“, nämlich
1. solche, die nur von freiem Sauerstoff leben können (Aerobies)
— dazu gehörten Monas crepusculum und Bacterium termo
Dujardin-Ehrenberg — und
2. solche, die nur bei Abwesenheit des Sauerstoffes sich zu ent¬
wickeln vermögen (Anaerobies) — zu diesen rechnete er die
eigentlichen Vibrionen, Bazillen, Spirillen u. a.
Seine Forschungen gipfelten in den zwei Sätzen: Keine Gärung
und Fäulnis ohne Organismen, und jede Gärung durch eine bestimmte
Art von Organismen.
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
329
Cohn ergänzte Pasteurs Untersuchungen und kam zu dem
Schluß, daß die Fäulnis ein von Stäbchenbakterien erregter chemischer
Prozeß sei. Die anaeroben eigentlichen Fäulniserreger nannte er
„Saprogene“ und die aeroben Begleitbakterien „Saprophile“. Diese
Ansicht teilte auch Traube. Bokorny, Fermi, Duclaux und
Hansen bewiesen dasselbe von Fadenpilzen, die aber im Gegensatz
zu den Bakterien leichter bei schwach saurer als bei neutraler oder
alkalischer Reaktion des faulenden Substrates ihre Wirkungen äußern
sollten. Im Gegensatz dazu wollten Berzellius, Hoppe-Seyler,
Schönlein u. a. Kleinlebewesen als Ursache der Fäulnis ausgeschaltet
wissen. Sie glaubten an die Wirkung katalytischer Kräfte, die dadurch
zustande käme, daß in der faulenden Masse freier Wasserstoff und
Sauerstoff entstehen würden, die die entsprechenden Reduktions- und
Oxydationsprozesse hervorrufen sollten. Hoppe-Seyler verwarf noch
1881 vollkommen die von Schwann, Pasteur, Cohn u. a. aufge¬
stellte biologisch-botanische oder zoologische Betrachtung der Fäulnis,
durch die nach seiner Meinung die physiologische Chemie negiert
wurde. Kuhn bekannte sich zwar zu den neuen Ansichten, glaubte
aber, daß es auch Fäulnis ohne Fäulniskeime gäbe. Wahrscheinlich
hat er die stinkende saure Gärung Ebers vor sich gehabt. Diese
Prozesse waren vielleicht auch für die Ansichten Hoppe-Seylers
bestimmend und verleiteten Hi 11 er zu dem Schluß, daß gewisse faulige,
allerdings unvollständige Umsetzungen der Proteinsubstanzen ohne
Organismen möglich seien.
Die alte Ansicht von der chemischen Natur der Fäulnis mußte
aber weichen, und damit war die Fäulnislehre in ein neues Forschungs¬
stadium getreten. Mit dem Auftauchen ganz neuer, insbesondere ätio¬
logischer Fragen begann ein neuer Kampf auf „Fäulnis und Leben“,
wie ihn Hiller nannte.
Eine der ersten Fragen war die nach der Präexistenz von Fäulnis¬
fermenten im lebenden Gewebe. Paschutin, Hiller u. a. glaubten
nämlich, daß besonders die inneren Organe, die ja mit der für die
Fäulnis so wichtigen Luft nicht in Berührung kamen und nach dem
Tode trotzdem faulten, solche Fermente natürlicherweise enthielten.
Diese Frage haben dann Bitter, Eijkmann, Emmerling, Fermi
u. a. dahin entschieden, daß in den Geweben präexistierende Fer¬
mente keine Rolle spielen.
In der Folgezeit sind dann eine große Zahl anaörober und aerober
Keime aus faulenden tierischen Stoffen isoliert worden, ohne daß bis
830 W EICHEL,
heute die Frage nach dem Wert der einzelnen Keime vollständig ge¬
löst wäre.
Bienstock studierte experimentell die Fibrinfäulnis. Als ihren
typischen Erreger bezeichnete er den Bacillus putrificus, die Bazillen
des malignen Oedems und Rauschbrands. Bienstock wollte seine
Resultate zwar nicht ohne weiteres auf die Fäulnis anderer organischer
Stoffe übertragen wissen, aber er betrachtete wie Billroth, Cohn,
Gotschlich, Nencki und Sieber, Pasteur, Rettger, Sanfelice
u. a. die Anaerobier als die eigentlichen Erreger der Eiweißfäulnis.
Nur diese Keime sollten die hochkomplizierten Stickstoffverbindungen
der Proteinkörper in einfache, aber immer noch zusammengesetzte
Verbindungen reduzieren und so den Fäulnisprozeß zu Ende führen
können, während die anderen so zahlreich gefundenen aeroben Bak¬
terien nur eine sekundäre, allerdings ebenfalls wichtige Rolle spielten,
indem sie die durch die Anaerobier erzeugten Verbindungen weiter
oxydieren und in die einfachsten Endprodukte überführen würden.
Für sich allein sollten aber die Aerobier unwirksam sein, weil sie die
ursprünglichen Eiweißverbindungen nicht angreifen könnten.
Von de Gasperi, Distaso, Fischer, Heim, Hopfe, Klein,
Loris - Melikow, Roraanowitsch, Salus, Schmidt - Mülheim,
Tissier und Martelly, Würcker u. a. wurden des weiteren folgende
meist strengen Anaerobier aus faulem Material gezüchtet:
Bacillus bifermentatus sporogenes, cadaveris albus, citreus und
sporogenes, foedans anaerobicus, gracilis, liquefaciens magnus, multi-
formis, nanus, perfringens, pesternens, postumus, putridus, rigidus,
saccharoferraentatus, saprogenes carnis und intestinalis, spatuliforrois,
sporogenes spinosus, tenuis, butyricus Welsh und Nutall, Bacterium
stomato-foetidum, Clostridum foetidum carnis und fecale, Cocco-
bacillus liquefaciens und saccharolyticus, Diplococcus magnus anaero¬
bicus und Staphylococcus liquefaciens amantiacus. Rettger bezeich¬
nete auch den Milzbrandbazillus als echten Fäulniserreger.
Rosenbach und Hauser haben dann festgestellt, daß auch bei
Luftzutritt wachsende Bakterien allein echte Fäulnis erzeugen können.
Sie fanden fast in allen faulenden Substanzen den Bacillus proteus
vulgaris und seine Abarten, aber keine Anaerobier. Kruse, Emmer¬
ling u. a. haben durch Experimente gezeigt, daß durch die Proteus¬
arten aber Blutserum, Casein und Kleber unter Gestank gelöst werden.
Es kann somit die Wichtigkeit der aeroben Bakterien für die Fäulnis
nicht bestritten werden, wenn man diese Keime auch nicht als die
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereiteten) Fleisch usw.
331
typischen oder mit Glage, Lange und Poppe und Nawiasky u. a.
als die wichtigsten Fäulniserreger betrachten will.
Außer den Proteusbakterien sind eine große Anzahl weiterer
mehr oder weniger strenger aerober Keime aus faulendem Material
gezüchtet worden. Diese sollen zum Teil Eiweiß wohl energisch an¬
greifen, aber als eigentliche Fäulniserreger werden sie von vielen
Forschern deshalb nicht angesehen, weil sie gewöhnlich keine übel¬
riechenden Stoffe bilden. Es handelt sich hier hauptsächlich um die
Bakterien der Heubazillengruppe, um die grünfluoreszierenden Bak¬
terien, um koliartige Stäbchen, um den Bacillus pyocyaneus und
mycoides, um Vibrio Finkler-Prior, Bacillus alcaligenes, nobilis und
verschiedene Kokkenarten, wie sie alle von Fischer, Hüppe, Ka¬
lischer, Jensen, Krause, Lewandowsky, Marxcr, Nawiasky,
Lange und Poppe, Straßmann und Strecker, Tissier und
Martelly u. a. isoliert worden sind. Dazu käme auch der Bacillus
lanceolatus, der nach Piettre die grüne Verfärbung des Fleisches
verursachen soll.
Im Zusammenhänge seien auch noch die nach Rolly streng
aeroben Schimmel- und Strahlenpilze und die Hefen erwähnt. Glage
u. a. halten die Verschimmelungen für rein lokale Oberflächenprozesse,
die sich auf relativ trockenen Flächen abspielen. Nach Heim,
Kratter u. a. bevorzugen die Schimmelpilze die feuchte Haut der
Leichen; sie wuchern dort besonders, sobald die Oberhautgebilde zer¬
fallen sind und die feuchte Lederhaut bloßliegt. Kratter schreibt
ihnen daher die Rolle der Hautzerstörer zu; er fand, daß ihr Mycel
tief durch die Lederhaut hindurchwucherte. Colin und Gärtner
halten die Schimmelpilze für sehr wichtig bei der Fettspaltung.
Rolly hält ihre Wirkung für einen Lebensprozeß; Butjagin nimmt
Encyme an, die das Leben der Schimmelpilze überdauern sollen.
Nach Teichert können die Schimmelpilze auch Eiweiß vollständig
zerlegen.
Ueber die Hefen als Eiweißspalter ist bis jetzt am wenigsten
bekannt, trotzdem sie sicherlich bei der Zersetzung zuckerhaltiger
Medien keine unbedeutende Rolle spielen.
Die bis jetzt genannten Keime sind sozusagen ausschließlich aus
frischem faulen Material von Mensch und Tier gewonnen worden.
Aehnliche Angaben über die Fäulniserreger des zubereiteten Fleisches
und besonders der Konserven liegen bedeutend spärlicher vor, trotz¬
dem z. B. die Bakteriologie der Konserven ziemlich eingehend bear-
332
\V EICHEL,
beitet ist. Das rührt wohl auch mit daher, daß die meisten Forscher
sich anscheinend nicht klar sind, welche Konservenzersetzungen
sie als Fäulnis auffassen sollen. Aus dem Seite 325 über das
Wesen der Fäulnis Gesagten dürfte diese Entscheidung nicht schwer
fallen.
Aus faulenden Fleischkonserven züchteten Grixoni, Pfuhl,
Sforca u. a. hauptsächlich folgende anaeroben und aeroben Keime:
Bacillus anaerobicus du terrain, geniculatus, mesentericus vul-
gatus, raycoides, proteus vulgaris, subtilis, tyrothrix scaber, Strepto-
thrix adiposus, mehrere Kokkenarten, Streptokokken und Spirillen.
Vaillard fand außerdem ein dickes Stäbchen mit ovoiden Sporen,
das starken Schwefelgeruch erzeugte.
Eingehend hat Sammet die Bakteriologie verdorbener Fisch¬
konserven bearbeitet. Er untersuchte sowohl unsterilisierte sogenannte
Halb- oder Scheinkonserven als auch sterilisierte Vollkonserven. Zu
den ersteren gehören die 'Essig-, Salz- und Geleekonserven und die
geräucherten Fische. Als Ursache der Bombage bei Essig- und Gelee¬
fischen bezeichnet Sammet stets die Essigsäurebakterien, während
bei Salzfischen Kokken und Stäbchen und bei geräucherten Fischen
ausnahmslos Kokken die Ursache des Verderbens sein sollen. Bei
den Oelfischen fand Sammet als Ursache der Bombage meist Bac-
tcrium coli und anaerobe Buttersäurebazillen. Des weiteren gewann
Sammet aus bombierten Konserven noch folgende Begleitbakterien:
Bacillus erythrogenes, liodermos, mesentericus fuscus, vulgatus,
niger und ruber, mycoides, Petasili, subtilis, Micrococcus albus lique-
faciens und rosetaceus, Sarcina lutea, Staphylokokken und Strepto¬
kokken.
Vorläufig unbestätigt sind die Angaben von Möller, der in hoch¬
gradig verdorbenen Konserven keine lebensfähigen Keime gefunden
hat, weil nach seiner Meinung die Nährböden erschöpft gewesen sein
sollten. In Konserven, die sozusagen bis zum Platzen bombiert
waren, konnte ich bis jetzt immer lebensfähige Keime finden und im
wesentlichen die Befunde Sammets bestätigen.
Solange Kleinlebewesen noch nicht als die Ursache der Fäulnis
erkannt waren, nahm man an, daß die jeweilig beschuldigten Mo¬
mente als rein chemische Fermente wirkten. Mit der Entdeckung der
Fäulniserreger trat die Frage auf, ob es sich hier auch um rein
chemische Prozesse handele, oder ob die Wirkung als Lebensprozeß
der Fäulniskeime aufzufassen sei.
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
333
Die älteste Ansicht war die, daß die Bakterien die fäulnisfähigcn
organischen Verbindungen der Tierkörper als Nährstoffe in sich auf-
nahmen und die Fäulnisprodukte als Stoffwechselprodukte ausschieden.
Diese Ansicht ist von Tissier und Martelly als unrichtig bewiesen.
Sie nahmen zwar auch an, daß die Eiweißzerstörung dadurch zustande
käme, daß die Bakterien das Eiweiß ihrer Ernährung dienstbar
machten, die direkte Wirkung sahen sie aber in der durch die Eiwei߬
verdauung entstehenden Bildung anorganischer Salze und Basen. Was
die Wirkung der Anaerobier anlangt, so meinte Pasteur, daß diese
ihren Sauerstoffbedarf aus festen chemischen Verbindungen deckten,
und daß hierauf ihre fermentierende Wirkung beruhte. Diese An¬
sicht teilte auch Traube. Cohn und Helmholtz wollten auf Grund
ihrer Versuche die Fermente und ihre Prozesse unbedingt vom Leben
und Wachstum niederer Organismen getrennt wissen, und Cohn
meinte weiter, daß die eiweißartigen Verbindungen durch ein einziges
Ferment unmittelbar in Ammoniak, welches assimiliert werde, und in
andere Körper, die als Nebenprodukte der Fäulnis auftreten, zerlegt
würden. Er verglich den Fäulnisprozeß mit der Alkoholgärung, wo¬
bei aus Zucker direkt Alkohol gebildet wird. Hi 11er erkannte die
Wirkung nur eines Fermentes nicht an, sondern betrachtete die Zer¬
legung als eine allmähliche, indem in verschiedenen Phasen höhere
organische Verbindungen durch Reduktion, Oxydation und Hydration
in nächst einfachere umgewandelt würden. Er war weiter der Mei¬
nung, daß Fäulnis immer durch ungeformte chemische Fermente be¬
ginne und erst später die Fäulniskeime und ihre Fermente tätig wären.
Daß allgemein gültige Fermente kaum angenommen werden
dürfen, geht wohl aus der Mannigfaltigkeit der fäulnisfähigen Stoffe
und der Fäulniserreger ohne weiteres hervor.
Ucber die Art der Wirkung der einzelnen Bakterienarten auf die
verschiedenen Stoffe und unter den verschiedenen Bedingungen ist
aber sehr wenig bekannt. Nur so viel scheint festzustehen, daß die
Wirkung der peptonisierenden Keime hauptsächlich auf proteolytischen
Fermenten beruht, während die anderen Erreger — Bact. coli, aero-
genes und Verwandte, Schimmel- und Strahlenpilze und Hefe, beson¬
ders mittels peptolytischer und hydrolytischer Fermente (Endotrypta.se
u. a.) — die Stoffe zerlegen. Für die Wirkung der Schimmelpilze
führen Duclaux und Hansen allerdings in erster Linie proteolytische
Fermente an. Durch Hydrolyse sollen die Aerobier Nitrate zu
Nitriten reduzieren können, worauf nach Briegcr, Salkowski und
334
WEICH EL,
Petri die sogenannte Nitrosoindolreaktion beruhen soll. Die Am¬
moniakabspaltung durch den Bacillus mycoides fährt Marchal auf
Oxydationsprozesse zurück, während die Wirkung des Bacillus fluores-
cens liquefaciens nach Emmerling und Reiser auf tryptischem Fer¬
ment beruhen soll, das Achalme und Cacace „intrazelluläres Ver¬
dauungsenzym“ nennen.
Die Fäulnisprodukte sind sowohl chemischer als physi¬
kalischer Natur. Es fallen darunter nicht nur diejenigen
Produkte, die gewissermaßen das Resultat der fauligen Zer¬
setzung bilden, sondern es gehören hierher sämtliche der
Fäulnis eigentümlichen neuen Verbindungen und alle die
physikalischen Aenderungen, die vom Eintritt der Zer¬
setzung an der Reihe nach aus der abgestorbenen organi¬
schen Materie entstehen. Mit fortschreitender Zersetzung
entfernt sich der chemische und physikalische Charakter
der neugebildeten Stoffe immer mehr von dem der ursprüng¬
lichen Materie und geht dann schließlich vollständig in den
anorganischen Typus über.
Hiller teilte die chemischen Produkte allgemein nach der Zeit
ihrer Entstehung in Anfangs-, Zwischen- und Endprodukte, und nach
ihrer Zusammensetzung in Peptone und eiweißartige Substanzen, in stick¬
stoffhaltige basische Körper, in sogenannte Amine, in organische
Säuren und in die anorganischen Endprodukte. Zu den Peptonen
zählte er das Pepton, Leucin und Tyrosin, zu den basischen Körpern
die Fäulnisgifte, zu den organischen Säuren die fetten Säuren:
Ameisen-, Essig-, Propion-, Butter-, Baldrian-, Capron-, Capryl- und
Valeriansäure, die oft als Amidosäuren auftreten, und die eigentlichen
Fettsäuren, die aus der Oxydation der Fette hervorgehen, insbesondere
die Palmitin- und Margarinsäure, des weiteren Kohlen-, Milch-, Oxal-,
Bernstein-, Glykokol- und Leucinsäure, zu den Aminen die stickstoff¬
haltigen organischen Verbindungen, die nach dem Typus des Ammoniak
gebaut sind und einen eigentümlichen, meist widerlichen Geruch be¬
sitzen, und zu den Endprodukten die nicht weiter zerlegbaren Salze
der Metalle, Alkalien und Erden, ferner Wasser und die gasigen End¬
produkte.
Mai unterschied vom selben Gesichtspunkt 4 Stadien und sagt
darüber folgendes:
Im ersten Stadium lassen sich chemisch charakterisierbare Körper
als Zersetzungsprodukte nicht nach weisen, doch beginnt alsbald nach
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
335
3—4 Tagen schon das Verhältnis des Ammoniaks zum Gesamtstick¬
stoff sich erheblich zu verschieben.
Das zweite Stadium beginnt mit dem Auftreten nachweisbarer
Mengen von Aminbasen der aliphatischen Reihe, insbesondere von
Trimethylamin. Auch lassen sich in diesem Stadium die Aroidosäuren
leicht nachweisen.
Im dritten Stadium, dem Zustande fortschreitenden Zerfalles, der
sich natürlich schon äußerlich durch den Geruch usw. erkennen läßt,
verschwinden die Amidosäuren wieder, und an ihre Stelle treten die
Fettsäuren, sowie auch zuweilen Indol und Skatol. Auch die Amine
haben sich jetzt so angereichert, daß ihre Isolierung mit Leichtigkeit
gelingt. Endlich ist das Auftreten von Ptomainen erkennbar.
Im vierten Stadium endlich verschwinden die genannten Körper
allmählich wieder, indem mit fortschreitendem Zerfall als basische
Zersetzungsprodukte immer einfachere Körper entstehen, bis schließlich
Ammoniak vorhanden ist.
Nach diesen allgemeinen Betrachtungen der chemischen Fäulnis¬
produkte sollen die speziellen Forschungen kurz berücksichtigt
werden.
Bei der experimentellen Zersetzung des Serumeiweißes durch die
Bakterien das Rauschbrandes, des malignen Oedems, durch den Bac.
liquefaciens magnus und spinosus fanden Nencki und Sieber, Kerry,
Selitrenny u. a. Kohlensäure, Wasserstoff, Sumpfgas, Schwefelwasser¬
stoff, Methylkarptan, Phenylpropionsäure, Skatolsäure, Paraoxyphenyl-
säure, aber keinen freien Stickstoff.
Zaja gewann bei der durch Rauschbrandbazillen verursachten
Elastinfäulnis Kohlensäure, Wasserstoff, Sumpfgas, Merkaptan, Butter¬
und Baldriansäure, Phenylpropionsäure, Ammoniak und eine aroma¬
tische Oxalsäure.
Bienstock und Rettger konnten bei der Zersetzung von Fibrin
und Eier-Fleischgemisch durch den Bac. putrificus, das Clostridium
foetidum, den Bazillus des malignen Oedems und des Rauschbrandes
Pepton, Leuzin, Tyrosin, Baldrian- und Buttersäure, Paraoxyphenyl-
propionsäure, Skatolkarbonsäure, Ammoniak, Schwefelwasserstoff und
Aminbasen, Merkaptan, aber kein Indol, Skatol und Phenol nach¬
weisen. Tissier und Martelly bestätigten diese Resultate für den
Bac. perfringens. Salus, Kitasato, Passini u. a. wollen bei aller¬
dings anderen, aber den obigen ganz ähnlichen Anaerobiern unter den¬
selben Bedingungen auch Indol, Skatol und Phenol gefunden haben.
338
W EICHEL,
Die Proteusarten spalten wie Kruse und Nawiasky gezeigt
haben, die aromatischen und besonders den Indolkern des Eiweißes
tiefer als die meisten Anaerobier, und zwar zu Zwecken der Kraft¬
lieferung. Als Haupterzeugnisse fanden Holschewnikow, Nawiasky,
Tissier und Martelly Leuzin, Indol, Phenol, Essig- und Buttersäure,
Valeriansäure, Kohlen- und Bernsteinsäure, Amylalkohol, Ammoniak,
Schwefelwasserstoff u. a.
Die anderen Anaerobier sollen in erster Linie Indol und Schwefel¬
wasserstoff aus organischen Verbindungen abspalten.
Nawiasky zeigte, daß bei der Eiweißzersetzung Vibrio Finkler-
Prior in der ersten Wachstumsperiode die Aminosäuren und flüchtigen
Basen und Kreatin vermehrt, die Albumosen, Peptone und der Rest¬
stickstoff hingegen vermindert sind. In der Absterbeperiode nahmen
nach ihnen Pepton und Kreatin wieder zu, während die Albumosen
stark zurückgingen. Auffallend ist hier die von vornherein ständige
Zunahme des Kreatins, das Nawiasky z. B. bei Bac. alcaligencs nur
im letzten Stadium antraf. Lewandowski fand bei der durch den
Bac. subtilis verursachten Fäulnis weder Indol noch Phenol, beide
Substanzen aber bei dem Kartoffelbazillus. Heubazillen zersetzten
nach König, Spickermann und Ölig eiweißreiche Substrate unter
Bildung von Albumosen und Peptonen, Aminbasen, Baldrian-, Phenyl¬
essig- und Phenylpropionsäure, aromatischen Oxysäuren, Kohlensäure,
Skatolkarbonsäure, Indol, Skatol, Phenol, Kresol, Merkaptan, Ammo¬
niak und Schwefelwasserstoff. Von den grünfluoreszierenden Bakterien
haben Emmerling und Reiser die Wirkung des Bac. fluorescens
liquefaciens untersucht und hauptsächlich Pepton, Ammoniak, Methyl¬
amin, Trimethylamin, Kolin, Betain und andere Stoffe gefunden. Aehn-
liche Ergebnisse haben Arnauld und Charrin bei der Eiweißzer¬
setzung durch Bac. pyocyaneus gefunden. Die von ihnen „Asparaginase“
und „Aminazidase“ genannnten Enzyme sollen die wirksamen Stoffe
enthalten. Ammoniak spaltet nach Marchal auch der Bac. mycoides
aus Eiweiß ab.
Die Schimmelpilzarten unterscheiden sich nach Teichert sehr
erheblich in ihrem Vermögen, Eiweiß anzugreifen. Aspergillus niger
verwandelt nach Beythien, Butjagin und Butkewitsch das Eiweiß
besonders in Oxalsäure, Leuzin, Thyrosin, Kohlensäure und Ammoniak,
während Penicillium glaucum und Mukorarten nur wenig Oxalsäure
und Ammoniak, aber viel Aminosäure bilden und die Bestandteile des
Fleisches schneller zerstören sollen als Aspergillus. Dadurch ist die
Der Nachweis der Fäulnis bei zabereitetem Fleisch usw.
337
fast immer saure Zersetzung durch Aspergillus zu erklären. Es ist
dabei für die Praxis wichtig, daß trotz der Anwesenheit von Ammo¬
niak saure Reaktion vorhanden sein kann, wie das z. B. bei Fäulnis
der sogenannten Eisgänse vorkommt. Andere Zwischenprodukte als
die genannten sind bis jetzt nicht nachgewiesen, trotzdem gerade
Schimmelpilze das Eiweiß und Fett so vollständig zerlegen können,
wie wenig andere Mikroorganismen.
Bei Eiweißzersetzung durch Strahlenpilze tritt nach Bcijernink
Indol und Chinon auf.
Hefe soll nach Ehrlich aus Eiweiß geringe Mengen Ammoniak
und bei Zuckeranwesenheit aus Leuzin Amylalkohol und aus Amino¬
säuren Fuselöl bilden können. Das Ammoniak sollen sie zu ihrer
Ernährung gebrauchen.
Von den nicht peptonisierenden Bakterien hat Taylor die Wir¬
kung des Bact. coli auf Kasein untersucht und dabei Phosphorsäure
und Spuren von Diaminsäure gefunden. Die weiteren hierher ge¬
hörenden Angaben sind größtenteils so widersprechend, daß sie über¬
gangen werden können.
Nur die Fäulnisgifte sollen noch erwähnt werden.
Man weiß schon seit den Tierversuchen Gaspards, Magendies,
Stichs, Södillots u. a., daß in faulenden Stoffen Gifte gebildet werden.
Das putride Gift extraktförmig herzutellen, gelang aber erst Panum,
der auch nachwies, daß es sich um chemische Körpor handelt. Seine
Ergebnisse bestätigten Weber, Hemmer und Schweninger.
Bergmann und seine Schüler isolierten das Schwefelsäure Sepsin
und zeigten, daß sowohl das von Panum gewonnene Gift als auch
das Sepsin Bestandteile der Baktcrienleiber sind. Andere, dem Atropin
und Hyoszyamin ähnliche Gifte stellten Zülzer und Sonnenschein
dar. Dann folgten zahlreiche Entdeckungen durch Selmi, der die
Gifte als erster „Ptomaine“ nannte. Gautier und Etard stellten
dann das Parvolin und Hydrokollidin, Guareschi und Moro das
Koridin u. a. dar.
Nencki stellte das erste chemischreine Gift — das Kollidin —
aus fauler Gelatine her. Die größten Verdienste um die Reindar¬
stellung dieser Spaltungsprodukte erwarb sich Brieger. Er hat eine
große Anzahl solcher Kadaveralkaloide, die er „Toxine“ nannte, nach¬
gewiesen und gezeigt, daß ihr chemischer Aufbau ganz dem der
Eiweißkörper ähnelt, und daß es sich meist um stickstoffhaltige orga¬
nische basische Stoffe handelt.
338
WEICH EL,
Von diesen Giften gehören zu den Aminen die primären Amine:
Methylamin, Aethylamin, Propylamin, Butylamin, Amylamin, Hexylamin,
Isophenyläthylarain, des weiteren die sekundären Amine: Dimethylamin
und Diäthylamin sowie das tertiäre Trimethylamin. Zur Guanidin¬
gruppe sind zu rechnen: Methylguanidin, Mydin, Mytilotoxin, Cholin,
Betain, Neurin, Neuridin, Oxyneurin, Muskarin, Mydatoxin, Gadinin,
Mydalein, Tyrotoxikon und Peptotoxin. Des weiteren sind noch zu
nennen: Kollidin, Hydrokollidin, Parvolin, Koridin, Saprin, Spermin,
Penta- und Hexamethylendiamin, Sepsin und das mit diesen wahr¬
scheinlich identische Dioxykadavcrin.
Bemerkt sei hier noch, daß Arnold und ähnlich Bence-Jones
und Dupre bei jeder Verdauung und aus allen Geweben und Flüssig¬
keiten des Menschen ptomainähnliche Substanzen gefunden haben
wollen, und daß Scholl in Eiern, die er mit faulem Fleisch impfte,
Toxalbumine nachweisen konnte.
Diese Spaltungsprodukte treten nun keineswegs gleichzeitig auf,
sondern sie folgen in der Weise aufeinander, daß die einen verschwinden
und andere an ihre Stelle treten. Mit dieser von Brieger nachge¬
wiesenen Tatsache wollte Kratter ein chemische Chronologie der
Fäulnis begründen. Kratter fand nämlich zuerst immer Cholin,
dann Neuridin und später Trimethylamin und die anderen Produkte.
Baransky und Robert fanden nur im Anfangs- oder höchstens im
Zwischenstadium der Fäulnis Ptomaine; sie nahmen an, daß die Gifte
später wieder zerstört werden, und zwar durch weitere Wandlungen,
die sie wie die anderen Eiweißkörpor noch durchmachten.
Welche Fäulniskeime die einzelnen Gifte im Verlauf der Fäulnis
produzieren, ist eine größtenteils noch offene Frage.'
Wir hatten bis jetzt nur die durch die Fäulnisprozesse hervor¬
gerufenen chemischen Veränderungen des faulenden Materials be¬
trachtet. Es soll nun noch der physikalische Charakter der Fäulnis
kurz beschrieben werden. Ob diese Aenderungen direkt durch die
Fäulniserreger oder infolge der fortgesetzten chemischen Alteration
des faulenden Materials erfolgen, hängt mit der Frage nach der Wir¬
kungsweise der Fäulniskeime eng zusammen. Wie die Art der Wirkung
der Kleinlebewesen, so ist auch das Zustandekommen der morpho¬
logischen Zersetzungen bei der Fäulnis größtenteils noch unbekannt.
Wir wissen nur, daß die Art und Weise dieser Zerstörung eine ver¬
hältnismäßig gleichförmige ist, die sich besonders nach zwei Rich¬
tungen zu erkennen gibt, nämlich:
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
339
1. als eine Auflösung der Organe in kleinere und kleinste
Trümmer und
2. als ein Uebergang des festen Agregatzustandes in den
flüssigen.
Die erstere Art der Umwandlung bezeichnet man als mechanischen
Zerfall und die letzere als Erweichung und Verflüssigung der Gewebe.
Beide Arten gehen gewöhnlich neben einander her und je nachdem
die eine oder die andere überwiegt, bietet die Fäulnis ein verschie¬
denes Bild. Wegen der zahlreich möglichen Uebergänge der einen
Form in die andere, kann man eine Gesetzmäßigkeit nicht aufstellen.
Die Reihenfolge, in welcher z. B. bei Leichenfäulnis die einzelnen
Gewebsarten der Zersetzung unterliegen, ist natürlich sehr verschieden
und im wesentlichen von den Momenten abhängig, die bei dem Ver¬
lauf der Fäulnis besprochen worden sind.
Bei beginnender Fäulnis lassen sich morphologische Veränderungen
nur mikroskopisch-histologisch nachweisen, während dies in vor¬
gerückten Stadien grobsinnlich möglich ist.
Früh gehen die Formelemente des Blutes zugrunde. Sie ver¬
ändern ihre Form und werdet» teils aufgebläht, teils eingekerbt und
von opaken Körnchen durchsetzt. Dann werden sie immer kleiner,
ihre Konturen gehen allmählich verloren, indem die Zellen vom Rande
her nach und nach aufgelöst werden und schließlich unter Abgabe
ihres Inhaltes ganz verschwinden. Im Blutserum und anderen stagnie¬
renden Flüssigkeiten treten braune und schwarze Körner und Schollen
von Pigment auf, die sich teils als echte Körnchen, teils als rhom-
boedrische Kristalle von Hämatin und Hämatoidin ausweisen. Da¬
neben finden sich nach Vallentin kristallinische Melaninkörnchen.
Bei Fäulnis von Blutgerinnseln zerfallen dann gleichzeitig die festen
Faserstoffe körnig und werden später in lösliche Produkte umgewan¬
delt. Wie Virchow nachgpwiesen hat, geben solche filtrierte Faul¬
stoffe bei Zusatz von Salpetersäure eine rosenrote Farbe, die so¬
genannte Xanthoproteinreaktion. Bei Zusatz von Schwefelwasserstoff
erhielt Virchow gelbe und grasgrüne Farbenveränderungen von
Schwefelraethämoglobin und Sulfhämatin und Dem me sah durch
Salzsäurezusatz gelbliche und bräunliche Niederschläge entstehen.
Ein ähnliches Schicksal wie die roten Blutkörperchen erfahren
nach Hill er die farblosen Blutzellen. Ihr Protoplasma wird trübe
und unregelmäßig begrenzt. Gleichzeitig treten verschieden große
Körperchen auf, die später wieder verflüssigt werden. Dann geht die
340
WEICHEL,
Kontur der Zelle ganz verloren und zuletzt verschwindet, wie man
sehr schön an den kernhaltigen roten Blutzellen z. B. des Geflügels
sehen kann, der Kern. Teils zerfällt dieser zuerst in Trümmer, teils
scheint er unmittelbar aufgelöst zu werden.
Aehnlich zerfallen die anderen zelligen Elemente. Sehr rasch
werden Drüsenzellen zerstört, während hornartige Epithelgebilde ihre
Form sehr lange behalten.
Der Inhalt der Muskelfibrillen erscheint anfänglich staubartig grau
granuliert. Es entwickelt sich ein Bild, das von dem vitalen Prozeß
der trüben Schwellung nicht zu unterscheiden ist; denn der von
v. Ostertag angegebene Unterschied, daß bei der Fäulnis die Muskel¬
fasern nicht vergrößert sind, ist nicht zutreffend, weil auch bei der
Fäulnis die Zellen durch Zunahme des flüssigen Inhaltes gequollen
sein können. Die Querstreifung wird später undeutlich und die Kerne
verschwinden. Die gelockerten kontraktilen Elemente schrumpfen zu
granulierten Klümpchen, die später zerfallen. Schließlich bleiben nur
nochSarkolemmschläuche mit unregelmäßigen Klümpchen übrig. Während
Glage, Möller u. a. Zerfall der Muskelfasern in der Querrichtung be¬
schreiben, beobachteten andereForscher nie eine solche Trennung inDiscs.
Im Fettgewebe sieht man zuerst infolge Erweichung des binde¬
gewebigen Gerüstes große Tropfen und nadelförmige Kristalle (Mar-
garinkristalle) auftreten. Grobsinnlich wird das Fett zuerst körnig,
dann schmierig-weich.
Bei dem Zerfall der Nervenfasern treten zuerst Hyalintropfen
auf und schließlich sieht man nur noch kleine Körnchen in dem
trüben, öligen Nervenmark, umgeben von dem am längsten wider¬
stehenden Neurilemm.
Das lockere Bindegewebe quillt zuerst auf und nimmt eine trübe
Farbe an; später wird es zu einer formlosen, klebrigen, lcimartigen
Masse, an der die Auflösung vom Rand^ her beginnt.
Die elastischen Fasern und die Elemente der Sehne widerstehen
der Fäulnis sehr lange. An der Sehne erweicht zuerst die zwischen
den Bündeln gelagerte Kittsubstanz; dann lockern sich die Faser¬
bündel und zerfasern nach Rindfleisch zu einer feinzottigen Masse,
die wie ausgekämmter Hanf aussieht. Später zerfallen die Fibrillen
in körnige Streifen.
Die Fäulnis des Knorpels verläuft unter dem Bilde einer peri¬
pherischen Einschmelzung. Die Interzellularsubstanz wird dabei trübe
und körnig und gequollen, und es treten Fetttröpfchen auf.
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereiteten) Fleisch usw.
341
Unauflöslich bleibt der Knochen. Er zerfällt nur durch Säure¬
wirkung.
Zu all diesen Erscheinungen tritt im mikroskopischen Bild noch
das Auftreten der Fäulniskeime.
Die durch den Zerfall und die Auflösung der Gewebe sowie be¬
sonders durch die Einwirkung chemischer Produkte, wie z. B. Schwefel¬
wasserstoff, entstehenden Farbenveränderungen sind für den grob¬
sinnlichen Fäulnisnachweis an der organischen Materie von großer
Bedeutung. Ob an diesen Verfärbungen die Bakterien unmittelbar
beteiligt sind, wie es Piettre von dem Bacillus haemosulfureus meint,
ist noch nicht genügend geklärt.
Die bisherigen Schilderungen der Fäulnis dürften gezeigt haben,
wie mannigfach und kompliziert sich die Fäulnis vom biochemischen
Charakter aus darbietet.
Für die Beschreibung des Fäulnisnachweises im Sinne der ge¬
stellten Aufgabe hielt ich es für notwendig, auf das Erwähnte einzu¬
gehen. Denn daraus wird erst ersichtlich, daß es kaum in dem
Rahmen der gestellten Aufgabe gelegen sein kann, alle im Einzelfall
möglichen Formen der Fäulnis und deren Nachweis zu berücksichtigen
oder gar erschöpfend darzustellen.
Der Nachweis der Fäulnis muß durch Feststellung der
Fäulnisursache und der Fäulnisprodukte erbracht werden.
Als Fäulnisursache kommen, wie wir gesehen haben, eine Menge
verschiedener Kleinlebewesen in Frage, die man bei der unter natür¬
lichen Umständen vorkommenden und typisch ausgebildeten Fäulnis
immer in buntem Gemisch vorfindet. Für den Nachweis lebender
Keime sind in erster Linie aerobe und anaerobe Verhältnisse zu be¬
rücksichtigen; des weiteren muß man den Mikroorganismen nach Mög¬
lichkeit die Nährböden bieten, auf denen sie am besten gedeihen
können.
Ueber den Wert des Nachweises der Fäulnisursache für die
Fäulnisdiagnose hat schon Nägeli richtig gesagt, daß man „Fäulnis
und Keim“ räumlich nicht trennen kann. Es berechtigt dies aber
nicht zu dem Schluß, den Eber aufgestellt hat, nämlich Fäulniskeim
und Fäulnis zu identifizieren. Denn man kann mit dem Auf¬
treten und Nachweis des ersten lebensfähigen Keimes auf
oder in der fäulnisfähigen organischen Substanz noch nicht
von Fäulnis sprechen, sondern man ist dazu erst berechtigt,
wenn der Nachweis erbracht ist, daß die betreffenden
Archiv f. wissenseh. u. prakt. Tierheilk. Bd. 41. H. 4 u. 5. oj
342
WEICHEL,
Keime Veränderungen chemischer und physikalischer Natur
hervorgerufen haben. Selbst Unmengen von lebenden Keimen
können im Einzelfall vorhanden sein, ohne daß man von Fäulnis
sprechen kann. Es seien als Beispiel nur frischbereitete Blut- und
Eingeweidewürste, Nack- und Schabefleisch und die nicht sterilisierten
Halbkonserven genannt, die alle trotz Verarbeitung einwandsfreien
Ausgangsmaterials infolge mehr oder weniger unsauberer, mechanischer
Herstellung Kleinlebewesen in wechselnder Menge enthalten.
Während die Fäulnisursache nur mikroskopisch und kulturell
nachzuweisen ist, können die Fäulnisprodukte auch grobsinnlich wahr¬
nehmbar werden. Dies allerdings erst in vorgeschrittenen und typi¬
schen Fällen. Der Hinweis auf die Tatsache, daß organische Substanz
durch Behandlung mit Säuren und Alkalien unter denselben äußerlich
erkennbaren Erscheinungen, wie wir sie bei der Fäulnis finden, zerfallen
kann, möge genügen, um vor einseitiger Feststellung zu bewahren.
Zum Nachweis der geringen chemischen und physikalischen Ver¬
änderungen, die infolge der Fäulnis an der organischen Masse zuerst
entstehen, kämen nur histologische und chemische Untersuchungen in
Betracht.
Die rein histologische Untersuchung kann die Frage, ob beginnende
Fäulnis vorliegt oder nicht, im Einzelfall nicht immer entscheiden.
Denn wir haben z. B. gesehen, daß das histologische Bild keinen
sicheren Anhalt für die Trennung beginnender Muskelfäulnis von vitaler
trüberSchwellung der Muskeln bietet. Das Bild wird aber noch verwischter,
sobald es sich um zubereitetes Fleisch handelt, und dies besonders
dann, wenn z.»B. Fischfleisch und ähnliches in Frage kommt. Denn
gerade für die Beurteilung von Fischfleisch fehlt jede Unterlage, die
es ermöglicht, mittels histologischer Untersuchungen z. ß. Muskulatur
kranker Fische von gekochtem oder in Essigsäure zerfallenem Muskel¬
fleisch zu unterscheiden. Bei vorgeschrittenem Zerfall erübrigt sich
die histologische Untersuchung. Denn abgesehen davon, daß charak¬
teristische Merkmale, die eine Trennung eines reinchemischen Zerfalls
von dem natürlichen ermöglichen würden, fehlen, ist die histologische
Untersuchung deshalb überflüssig, weil sich die stärkeren Verände¬
rungen grobsinnlich rascher und leichter feststellen lassen. Auch
kommen in diesen vorgerückten Stadien meist grobsinnlich wahrnehm¬
bare chemische Produkte vor, die auf Fäulnis hinweisen.
Auf den chemischen Nachweis der Fäulnisprodukte und damit der
Fäulnis überhaupt ist früher der größte, um nicht zu sagen, alleinige
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
343
Wert gelegt worden. Dies ist leicht zu begreifen, wenn man be¬
denkt, daß es nicht nur bis zu den Entdeckungen von Schwann und
Pasteur, sondern noch 1881 Autoren gegeben hat, die die Fäulnis
als rein chemischen Prozeß betrachten und Kleinlebewesen als ihre
Ursache negieren wollten.
Als charakteristisch für die Fäulnis haben die verschiedenen For¬
scher verschiedene chemische Produkte bezeichnet.
Es waren besonders die alkalische Reaktion, die Bildung von
Ammoniak, Schwefelwasserstoff, Sumpfgas, Aminen, Oxysäuren, Pto-
mainen, Merkaptan, Indol, Skatol, Phenol usw., die in verschiedener
Bewertung als spezifisch betrachtet wurden.
Auf die alkalische Reaktion, die mittels Lakmoid- und Kurkuma¬
papier nachgewiesen wird, haben besonders Bergbaus, Ewart,
Schmid-Mülheim u. a. großen Wert gelegt. Die alkalische Reaktion
gibt uns auch bei nicht zubereitetem Fleisch einen beachtenswerten
Fingerzeig. Wie Dieudonne aber ganz richtig sagt, ist sie aus zwei
Gründen nicht zuverlässig, weil erstens einwandsfreies Material alka¬
lisch reagieren kann, und weil andererseits Fäulnis unter Säurebildung
verlaufen kann. Was das letztere anlangt, hat Rolly auf die inter¬
essante Tatsache aufmerksam gemacht, daß in hochalkalischen Eiwei߬
lösungen bei Zersetzung durch Bakterien vorwiegend saure Zerfalls¬
produkte auftreten. Auch bei der Fäulnis kohlehydratreichcn Materials
wie mehlhaltigen Würsten findet man gewöhnlich nur saure Zer¬
setzungen. Ekunina will auch schon die postmortale saure Reaktion
frisch geschlachteter Tiere, die er auf die Bildung flüchtiger Fettsäuren
und Milchsäuren zurückführt, als Fäulnisprodukt betrachten. Dieser
Ansicht dürfte aber nicht beizupflichten sein, denn die in diesem
Stadium der Muskelstarre vorgenommenen bakteriologischen Unter¬
suchungen haben sozusagen einstimmig ergeben, daß dieses Fleisch
steril ist.
Der Ammoniaknachweis wurde früher vielfach als gleichbedeutend
mit der Feststellung der Fäulnis betrachtet. Besonders Eber und
und Gordan haben diesen Standpunkt vertreten, weil sie annahmen,
daß freies Ammoniak bei der natürlichen Fäulnis nie fehlt. Dieser
Ansicht haben mit Recht Glage, Scala, Bonomartini u. a. wider¬
sprochen. Glage hat im besonderen gezeigt, daß Ammoniak auch
bei Eiterungen, bei Sepsis, bei Trans- und Exsudaten usw. gebildet
werden kann, ohne daß man bei diesen vitalen Prozessen von Fäulnis
sprechen darf.
344
WEICHEL,
Der Nachweis des Ammoniaks kann auf verschiedene Art und
Weise geschehen. Ara gebräuchlichsten sind Nestlers und Ebers Rea¬
gens. Für die Bewertung des gebräuchlicheren Eberschen Reagens,
das auf der Bildung von Chlorammoniumnebeln beim Zusammentreffen
freien Ammoniaks mit Salzsäuredärapfen beruht, warnt Glage vor nicht
typischen Reaktionen, wie sie bei Pökelfleisch durch Reduktion des
Salpeters zu Trimethylamin zustande kommen soll.
Ebenso vorsichtig wie der Amraoniaknachweis ist der Schwefel¬
wasserstoffnachweis mit Bleiazetat für die Fäulnisdiagnose zu ver¬
werten. Denn Glage, Hausmann u. a. haben auch bei einer Reihe
sonstiger Prozesse Schwefelwasserstoff gefunden. Bekannt ist auch
die reichliche Schwefelwasserstoffentwicklung bei verhitztem, nicht
faulem Fleisch.
Für den Nachweis anderer event. vorkomraender Fäulnisprodukte
haben Iloppc-Seyler sowie Salkowski Methoden ausgearbeitet,
die hauptsächlich zum Nachweis von Indol, Skatol, Phenol, Merkaptan
und flüchtigen fetten und aromatischen Säuren dienen.
Diese Methoden sind aber nicht nur sehr umständlich und lang¬
dauernd, sondern wie Mai gezeigt hat, auch vielfach unbrauchbar.
Sie sind für den praktischen Fäulnisnachweis ebenso wie die Bestim¬
mung der Ptomainc nach Brieger bedeutungslos. Dies besonders
auch deshalb, weil gerade bei Beginn der Fäulnis, wo Hilfsmittel er¬
wünscht wären, die chemische Untersuchung vollkommen im Stich
läßt. Denn wie Mai, König, Röttger, Beythien u. a. hervorheben,
fehlt im Anfangsstadium jedes charakteristische chemische Merk¬
mal. König sagt sogar, daß sich die Fäulnis früher durch sinnlich
wahrnehmbare äußerliche Veränderungen als durch das Auftreten
chemisch nachweisbarer Zersetzungsprozesse erkennen läßt.
Für die Diagnose der Fäulnis muß man aus dem, was bis jetzt
über den Fäulnisnachweis gesagt ist, den Schluß ziehen, daß Fäulnis
im allgemeinen nur dann einwandsfrei festzustellen ist, wenn
grobsinnlich wahrnehmbare chemische und physikalische
Veränderungen, als deren Ursache die bakteriologische Unter¬
suchung Kleinlebewesen ermittelt hat, vorliogen.
Inwieweit das eine oder andere der erwähnten Hilsmittel für den
Fäulnisnachweis Dienste leisten kann, soll bei der nachfolgenden Be¬
trachtung berücksichtigt werden.
Die Fäulnis kann an zubereitetem Fleisch sowohl vor als auch
nach der Zubereitung entstanden sein oder es kann beides zutreffen.
Der Nachweis dor Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
345
Handelt es sich um Fleisch, an dem durch die Art der Zube¬
reitung jegliches organische Leben abgetötet sein muß, so kann die
bakteriologische Untersuchung darüber Auskunft geben, ob die Fäulnis
schon vor der Zubereitung vorhanden war, oder ob sie erst nachher
entstanden ist.
Findet man neben den durch die Sinnesprüfung feststellbaren Er¬
scheinungen nur tote Fäulniskeime, so ist daraus zu schließen, daß
das Fleisch schon vor der Zubereitung faul war. Lassen sich nur
lebende Keime nachweisen, so muß die Zersetzung nach der Sterili¬
sation zustande gekommen sein. Die Mischprozesse lassen sich ge¬
wöhnlich nur vermuten. Denn selbst wenn der Fall so läge, daß man
abgetötete Stäbchen neben lebenden Kokken fände, wäre daraus nicht
zu ersehen, inwieweit die Stäbchen für die Fäulnis verantwortlich ge¬
macht werden könnten. Denn die Art der grobsinnlichen physika¬
lischen und chemischen Veränderungen bietet keine Merkmale, mit deren
Hilfe diese Frage entschieden werden könnte. Nur der genaue Vor¬
bericht, der in der Praxis aber nicht oft zu erheben ist, könnte einen
gewissen Aufschluß geben, wenn man z. B. neben sehr viel toten nur
wenige lebende Keime oder umgekehrte Verhältnisse antrifft.
Hat das zubereitete Fleisch keine sicher sterilisierende Behand¬
lung erfahren, so liegen die Nachweisverhältnisse nur dann den obigen
ähnlich, wenn es sich um Zubereitung mit solchen Chemikalien han¬
delt, die das Wachstum nur bestimmter Keime zulassen. Findet man
z. B. in Essigkonserven nur solche Keime, von denen feststeht, daß
sie bei der vorliegenden Essigkonzentration nicht im Sinne der Fäulnis
gewirkt haben können, oder lassen sich nur solche Keime nachweisen,
die lediglich bei der bestimmten Essigkonzentration zersetzend wirken,
so können beim Vorliegen grobsinnlicher Veränderungen die Fragen
nach der zeitlichen Entstehung der Fäulnis beantwortet werden. In
allen anderen Fällen ist eine sichere Entscheidung der aufgeworfenen
Fragen nicht möglich.
Was die Feststellung der Fäulnis an gekochtem, gebratenem, ge¬
schmortem, gedämpftem und ähnlich zubereitetem Fleisch anlangt, so
gilt im wesentlichen das über den Fäulnisnachweis im allgemeinen
Gesagte. Die zur Feststellung beginnender Fäulnis erwünschten histo¬
logischen und chemischen Hilfsmittel lassen hier noch mehr im Stich,
und auch die durch die Sinnesprüfung feststellbaren Konsistenz-, Ge¬
ruchs- und Farbenveränderungen treten im allgemeinen nicht so deut¬
lich oder bedeutend später in Erscheinung als bei nicht zubereitetem
346
WEICH EL,
Fleisch; auch können, soweit Konsistenzveränderungen in Frage kommen,
schon allein durch die Zubereitung ähnliche Verhältnisse geschaffen
werden, wie sie bei frischem Fleisch durch die Fäulnis zustande
kommen.
Jede Zubereitung, mit der eine Gerinnung des Eiweißes verbunden
ist, hemmt die Entwicklung der Fäulnis nicht nur in ihrem zeitlichen
Verlauf, sondern auch in der Ausbildung hervorstechender Kennzeichen;
so findet man z. B. grüne Farbenveränderungen nur selten. Worauf
diese Aenderung im Verlauf und in dem Zustandekommen der ver¬
schiedenen Fäulnisprodukte bei derart zubereitetem Fleisch bestehen,
ist nicht bekannt. Von Malfitano u. a. wissen wir, daß Schimmel¬
protease koaguliertes Eiweiß nicht angreifen kann, und daß bei Fäulnis
des geronnenen Eiweißes durch Proteusbakterien die Indolbildung fehlt.
Auch bei der Beurteilung von Pökelfleisch muß in Betracht ge¬
zogen werden, daß sich Fäulnis sowohl vor als auch nach dem Salzen
entwickelt haben kann, oder daß beides zutrifft. Zu entscheiden,
welche dieser Möglichkeiten vorliegt, ist im Einzelfall schwer, weil die
vorhandenen Fäulniskeime in ihrer Beziehung zu den Fäulnisproduktcn
verschiedene Deutungen zulassen. Für die bakteriologische Unter¬
suchung ist zu berücksichtigen, daß in praxi jede Lake ebenso wie
die Oberfläche des zur Pökelung bestimmten Fleisches Fäulniskeime
enthält; man soll es daher, wenn möglich, nie versäumen, die Lake
mit zu untersuchen, und man darf es nicht unterlassen, den Keim-
gchalt der Oberfläche und der Tiefe des Fleisches miteinander zu
vergleichen. Aber wenn man auch alle diese Momente entsprechend
würdigt, gelingt es nur dann, von Fäulnis zu sprechen, wenn offen¬
sichtliche Konsistenzveränderungen vorliegen, die mit dem Keirogehalt
in Einklang zu bringen sind, und man sozusagen die Wirkungsstraßen
der Fäulniskeime verfolgen kann. In allen anderen gewöhnlich als
faul betrachteten Fällen muß die Diagnose „faul“ durch „verdorben“
im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes ersetzt werden. Solche Fälle
können ganz verschieden liegen. Wenn z. B. ein einwandfreier Schinken
mit fauler Lake gespritzt wird, so zeigt er sofort nach dem Spritzen
Erscheinungen, die vielfach mit dem Worte faul“ abgetan werden.
Enthält die faule Lake Schwefelwasserstoff, der das Bindegewebe
solcher frisch gespritzter Schinken, da, wo die Luft freien Zutritt hat,
schwach grünlich färben kann, so W’ird fast immer die Diagnose
„Fäulnis“ gestellt. Werden gar „verhitzte“ Schinken, die von vorn¬
herein eine mehr oder weniger grünliche Verfärbung des Bindewebes
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereiteteni Fleisch usw.
347
und weichere Konsistenz des Fleisches zeigen, mit fauler Lake ge¬
spritzt, dann wird in der Tat die Unterscheidung schwer. Sie kann
nur möglich werden, wenn man erwägt, daß bei tatsächlicher derart
hochgradiger Fäulnis, die zu ihrer Entstehung längere Zeit braucht,
die Oberfläche der Schinken und die Bindegewebszüge durch die
Fäulnis erweicht und schmierig werden, während dies für verhitzte
Schinken nicht zutrifft.
Aehnlich liegen die Verhältnisse bei den von Glage erwähnten
Filtrationsprozessen, oder besser gesagt, Diffusions- und Filtrations¬
prozessen, die aber eigentlich nur bei kompakten Fleischstücken eine
Rolle spielen. Liegt nämlich solches Fleisch kurze Zeit in fauler
Lake, so diffundiert durch Endosmose und Exosmose infolge des ver¬
schiedenen Kochsalzgehaltes der Lake und des Fleisches die faule
Flüssigkeit in das Innere des Schinkens und kann so bei einseitiger
Untersuchung Fäulnis Vortäuschen. Da die Fäulniskeime anfänglich
durch Filtration zurückgehalten werden, so kann die bakteriologische
Untersuchung die wahre Natur der Veränderungen leicht erkennen.
Für die Feststellung der Fäulnis an gepökeltem Fleisch muß
man zwei Arten des Zustandekommens und des Verlaufs der Fäulnis,
die für die Praxis wichtig sind, berücksichtigen. Wird ein wandsfreies
Fleisch wie Schinken, Schulterblätter, Beine, Köpfe, Kamrastückc usw.
in gute Lake gelegt oder trocken gesalzen, so fault zuerst die Lake.
Sie wird trübe und zähflüssig; besonders bei warmer Temperatur und
raschem Fäulnisverlauf bildet sich oft Schaum, und bei ruhigem
Stehen eine Kahmhaut. Am Fleisch beginnt die Fäulnis zuerst an
der Oberfläche und schreitet dann dem Zwischenmuskelbindegewebe
und den Gefäß- und Nervenbahnen entlang in die Tiefe. Wir haben
in dieser Art eine von der Oberfläche nach der Tiefe fortschreitende
Fäulnis vor uns. Will man diese einwandsfrei feststellen, so muß
man auf den genannten Verlauf achten. Denn z. B. an Schinken
halten kompakte, von Faszien umgebene größere Muskeln Diffusions¬
und Filtrationsvorgänge sehr lange zurück, und noch länger sind diese
Muskeln durch die Faszien vor Einwucherung der Keime und damit
der Fäulnis geschützt. Wollte man solchen Schinken auf Fäulnis
derart prüfen, daß man nur einen solchen Muskel anschneidet, so
würde man ihn bei beginnender Fäulnis entweder als gut oder, wenn
sterile Diffusions- und Filtrationsvorgänge stattgefunden haben, als
verdorben betrachten, obwohl das Zwischenrauskelbindegewebc usw.
schon faul ist. Man muß, um solche Irrtümer zu vermeiden, mehrere
348
W EICHEL,
Schichten des Schinkens untersuchen, und das geschieht am besten
dadurch, daß man ein reines schmales Messer oder reine Holzstäbchen,
sogenannte Holzspeile, in den Schinken stößt, kurze Zeit stecken
läßt, sie dann herauszieht und auf Geruchsveränderungen prüft.
Leichter ist der Fäulnisnachweis bei der zweiten Art der Fäulnis,
die dann auftritt, wenn Fleisch mit fauler Lake gespritzt worden ist.
Dann haben wir eine diffuse, durch das ganze Fleisch gleichmäßig
verteilte Fäulnis vor uns, die Glage als Tiefenfäulnis bezeichnet.
Zur Feststellung der Fäulnis an Pökelfleisch genügen die grob¬
sinnliche Prüfung und die bakteriologische Untersuchung. Als che¬
misches Hilfsmittel kommen die Prüfung mittels Ebers Reagens und
die Feststellung der Reaktion in Betracht. Für und gegen die Brauch¬
barkeit des Eberschen Reagens ist viel geschrieben worden. Beson¬
ders Glage will dem Eberschen Reagens jeden praktischen Wert ab¬
sprechen, weil sich nach seiner Meinung aus dem zur Pökelung meist
benützten Salpeter Trimethylamin bilden kann, das die Ebersche
Reaktion positiv ausfallen läßt, ohne daß Fäulnis vorläge. Ich bin
zwar, wie Kreis, der Meinung, daß die Prüfung verdächtigen Pökel¬
fleisches mittels Ebers Reagens stark in den Hintergrund gerückt,
wenn nicht gar überflüssig wird, weil eine gute gesunde Nase ebenso
viel leistet. Ich kann aber das Ebersche Reagens ebenso wie Kreis
nicht im Sinne Glages verurteilen; denn bei den zahlreichen in der
Praxis vorgenommenen Untersuchungen und bei experimentellen Ver¬
suchen hat sich gezeigt, daß, sobald „Eber“ positiv ausfiel, auch
Fäulnisprodukte vorhanden waren, während die Probe bei einwands¬
freiem Fleisch immer negative Resultate ergab. Ob mit oder ohne
Salpeter gepökelt worden war, spielte dabei gar keine Rolle. Aehn-
lich ist die Prüfung der Reaktion zu bewerten. Sobald diese deut¬
lich alkalisch wird, weist sie auf Zersetzungsprodukte hin.
Das gepökelte und geräucherte Fleisch ist nach denselben Ge¬
sichtspunkten wie das Pökelfleisch zu untersuchen. Die Ebersche
Probe und die Prüfung der Reaktion können hier allerdings nicht
als zuverlässige Hilfsmittel betrachtet werden. Geringe Gcruchs-
abweichungen lassen sich vorteilhaft durch die Kochprobe feststellen.
Die Würste teilt v. Ostertag nach dem Material, aus dem sie
vorwiegend hergestcllt sind, in Fleisch-, Blut-, Eingeweide- und Sülz¬
würste ein. Die Fleischwürste trennt er wieder nach der Behand¬
lung, der sie vor dem Verkauf unterzogen worden sind, in Dauer¬
würste und in Brat- und Brühwürste.
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
34 D
Auf die von anderen Autoren, wie König, Postolka und
Meßner usw. gegebenen etwas abweichenden Einteilungen braucht
hier nicht eingegangen zu werden.
Man unterscheidet für die Besprechung des Fäulnisnachweises
zweckmäßig zwischen Wurst, die als Dauerware bestimmt ist und die
gewöhnlich unter dem Namen „Dauerwurst“ geht, und solcher, die
für den sofortigen Gebrauch bestimmt ist, und die einige Autoren
mit dem etwas unglücklibh gewählten Ausdruck „Frischwurst“ belegt
haben.
Glage, Möller, v. Ostertag, Edelmann u. a. wollen eine
aerobe und anaerobe Wurstfäulnis trennen. Sie meinen, daß faule
„Frischwurst“ meist durch Anaerobier und faule Dauerwurst zum
größten Teil durch Aerobier verursacht würden.
Die so ganz verschiedene Zusammensetzung und Herstellung der
Würste bedingt natürlich einen ganz verschiedenen Fäulnisverlauf und
Fäulnisnachweis.
Bei den stark glykogen- und den mehlhaltiggn Würsten herr¬
schen saure, bei den anderen zum sofortigen Genuß bestimmten
Würsten alkalische Prozesse vor, während man bei den Dauerwürsten
teils saure, meist ranzige, galstrige und verseifende, teils alkalische
Prozesse mit übelriechenden Produkten findet.
Die Fäulnis ergreift meist gleichmäßig das ganze Wurstgut. Bei
den größeren, meist in Schwein-, Hammel- oder Rinderbutten gefüllten
Würsten fällt das Stopfen oft ungleichmäßig aus, so daß mehr oder
weniger große Löcher zustande kommen, in denen mit Vorliebe
Schimmelpilze zersetzend wirken. Besonders in der warmen Jahres¬
zeit und bei den Koch-, Brat- und Brühwürsten findet man oft
Fäulnis, die flächenförmig von den schon zur Zeit der Herstellung
faulen Därmen sich nach der Tiefe ausbreitet.
Gerade bei den Würsten kommt es oft vor, daß mehr oder
weniger faules Material zum Wurstgut verarbeitet wird. An Dauer¬
würsten und überhaupt an fein verarbeitetem Wurstgut läßt sich
einige Zeit nach der Zubereitung dies oft nicht mehr einwandsfrei
feststellen. Denn lediglich der mikroskopische Befund von Bakterien¬
floren in einer Wurst, die antibakteriell zubereitet ist, kann Fäulnis
nicht beweisen, weil all das zur Herstellung benützte Fleisch — man
braucht nur an Kopf- und Abfallfleisch zu denken — massenhaft
Keime, die auf dem Fleisch sitzen, mit in das Wurstgut bringt.
Höchstens bei Würsten, die sehr grobe faule. Partikel enthalten
350
W EICHEL,
können, wie der polnischen Wurst u. a., läßt sich an dem Wurstgut
feststellen, daß faules Fleisch verarbeitet worden ist. Dies aber nur
so lange, als es von dem faulen Fleisch aus noch nicht zu diffuser
Fäulnis gekommen ist.
Die zum sofortigen Gebrauch bestimmten, nicht mehlhaltigen
Würste zeigen bei beginnender Fäulnis schmierige, mißfarbene Beläge
der Wursthülle. Das Wurstgut wird auffallend weich, später grau
und graugrünlich gefärbt; Blutwürste zeigen oft ziegelrote Farbe und
an Sülzwürsten wird zuerst die Sülze schmierig erweicht. An stark
fetthaltigen Würsten, wie der polnischen Wurst, nimmt das Fett eine
schmutzig gelbe Farbe und schmierige Beschaffenheit an. In vor¬
geschrittenen Stadien bilden sich übelriechende Gase, die die Hülle
teilweise abheben und eventuell das ganze Wurstgut gleichmäßig
durchsetzen. Meist handelt es sich um Ammoniak- und Schwefel¬
wasserstoffbildung. Die Reaktion ist dabei alkalisch. Die Leber¬
und mehlhaltigen Würste werden schmierig weich und riechen und
reagieren hochgradig sauer. Sie zeigen oft von der Innenfläche der
Hülle ausgehende grüne Verfärbung.
An Dauerwürsten findet man oft ranzige, galstrige und ver¬
seifende Prozesse; die Hülle wird braungelb und graugelb verfärbt,
ebenso vom Rande her oder selten auch von der Mitte das ganze
Wurstgut. In vorgeschrittenen Stadien wird das Fett verflüssigt, was
man besonders schön auf frischen Bruchstellen sieht. Die Würste
riechen widerlich sauer und zum Teil fadsüßlich und reagieren stark
sauer.
Die alkalischen Prozesse sind meist an stahlblauer und grün¬
schillernder Verfärbung zu erkennen. Auch werden die Würste hier¬
bei rasch erweicht und reagieren stark alkalisch.
All diese Veränderungen lassen sich am besten durch die Sinnes¬
prüfung und durch die Feststellung der Reaktion ermitteln. Brat-,
Koch- und Brühwürste schneidet man zur Untersuchung am besten
der Länge nach durch und betrachtet auch verschiedene frische Bruch¬
stellen. Der Geruch läßt sich am besten durch rasches Aufbrechen
feststellen. Auf der Bruchfläche lassen sich auch galstrige und ver¬
seifende Prozesse am leichtesten erkennen. Die Bakteriologie muß
mit den grobsinnlichen Veränderungen in Einklang zu bringen sein.
Die in Blechbüchsen luftdicht verschlossenen Konserven werden
je nach ihrer Zubereitung unterschieden in Voll- oder Dauerkonserven,
die durch Hitze sterilisiert worden sind und in Halb- oder besser
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
351
Scheinkonserven, deren Haltbarkeit durch Zusatz konservierender
Chemikalien und Gewürze und durch den Luftabschluß für eine be¬
schränkte Zeit verlängert wird; die letzteren nennen die Händler viel¬
fach auch Saisonkonserven.
Ein wandsfreie Vollkonserven dürfen lebende Keime nicht ent¬
halten, während gute Scheinkonserven immer Keime enthalten, und
man somit ähnliche Verhältnisse wie bei dem in der Lake liegenden
Pökelfleisch findet. Die Scheinkonserven werden im Laufe der Zeit
infolge ihres normalen Keimgehaltes je nach Umständen immer mehr
oder weniger rasch verderben, während die Vollkonserven nur bei
Fabrikationsfehlern in Fäulnis übergehen. Diese letzteren Fehler
liegen nach Pfuhl u. a. entweder darin, daß die Sterilisation eine
ungenügende war, oder daß Undichtigkeiten der Büchsen nachträglich
Verunreinigungen ermöglichten. Diese Undichtigkeiten kommen be¬
sonders bei den sogenannten Falzbüchsen, die durch Falznähte ver¬
schlossen sind, vor; sie entstehen, abgesehen von Materialfehlern, wie
man sie bei billigem und dünnen Blech oft findet, hauptsächlich
dann, wenn der in der kochenden Büchse vorhandene Druck durch
zu rasches Ablassen des Dampfes aus dem Autoklaven nach der
Sterilisation zum Ueberdruck wird. Durch diesen Ueberdruck im
Innern der Büchsen werden bei schwachen dünnen Blechbüchsen die
Falznähte auseinander gezerrt und teilweise wieder aufgefalzt, oder
es reißen und platzen bei sprödem Material die Falznähte besonders
dort, wo der Falz über die gelötete Längsnaht hinweggeht. Wenn
sich solche Büchsen nachher abkühlen, wird Luft aus der Umgebung
angesogen, und damit ist die Konserve gewöhnlich infiziert. Sollte
eine undichte Büchse trotzdem bis nach der Abkühlung steril ge¬
blieben sein, so wandern später von außen Keime durch die Un¬
dichtigkeiten in die Büchse und zersetzen den Inhalt.
Der Nachweis der Fäulnis an Konserven muß natürlich in erster
Linie durch äußere Untersuchung vorgenommen werden können, weil
durch das Oeffnen der Büchsen die Haltbarkeit des Inhalts verloren
geht und eine derartige Untersuchung eventuell guter Konserven viel¬
fach gleichbedeutend wäre mit ihrer Vernichtung. Es wird diese
äußere Erkennung des faulen Inhalts dann ermöglicht, wenn der
Büchseninhalt unter Gasbildung zersetzt worden ist. Durch die Gas¬
bildung in einer dichten Konservenbüchse werden Boden und Deckel
der Büchse allmählich immer stärker nach außen gedrückt. Derart
getriebene Büchsen nennt man „bombiert“ und den Vorgang „Born-
352
WE1CHEL,
bage“. Die Bombage weist zwar in den meisten Fällen auf Fäulnis
hin; sie kann aber auch durch andere in dem Büchseninhalt und der
Büchse selbst gelegene Ursachen entstanden sein; man spricht in
letzterem Falle von falscher Bombage. Nach Pfuhl und Wintgen
handelt es sich bei der falschen Bombage um rein chemische Pro¬
zesse, die bei ungenügender Verzinnung des Weißblechs dadurch zu¬
stande kommen, daß die vielfach in den Konserven vorhandenen
Säuren und Phosphate das Eisen des Blechs unter Wasserstoff- und
Kohlensäureentwickelung angreifen. Dies soll nach Lehmann aller¬
dings nur dann möglich sein, wenn gleichzeitig Sauerstoff in den
Büchsen enthalten ist. Heute werden die Konservenbüchsen im all¬
gemeinen so gut verzinnt und vielfach außerdem noch mit einem auf¬
gebrannten Kopal-Leinöl-Firnis versehen (verniert), daß falsche Bom¬
bage, wie Sammet richtig hervorhebt, zu den Seltenheiten gehören.
Im Einzelfall ist es, ohne die Büchse zu öffnen, gewöhnlich nicht
möglich, echte und falsche Bombage zu trennen. Denn der von
Edelmann angegebene Unterschied, nämlich daß alle nicht durch
Bakterien hervorgerufenen Bombagen in Gegensatz zu den bakteriellen
daran zu erkennen sind, daß sie bei längerer Aufbewahrung im Brut¬
ofen an Intensität nicht zunehmen, trifft nicht immer zu. Denn wie
Pfuhl und Wintgen gezeigt haben, kann eine derartige Bombage
immer weitere Fortschritte machen, bis die Büchseninnenwand mehr
oder weniger ganz angegriffen, ja eventuell durchgefressen ist. Schon
beim Anstechen bombierter Büchsen besteht die Möglichkeit, falsche
Bombage von echter dadurch zu unterscheiden, daß bei ersterer
geruchlose, bei letzterer immer mehr oder weniger übelriechende Gase
entströmen. Oeffnet man solch eine Büchse, so fehlen bei der falschen
Bombage gewöhnlich Veränderungen, die auf Fäulnis hinweisen, wäh¬
rend der Inhalt bei echter Bombage in Fäulnis übergegangen ist.
Dies Bild wird nur in den immerhin seltenen Fällen verwischt, wenn
nämlich faules Material zu sterilen Konserven verarbeitet worden ist.
Eine sichere Unterscheidung ist in zweifelhaften Fällen nur durch die
bakteriologische Untersuchung des Inhaltes möglich. Bei reiner
falscher Bombage ist der Inhalt steril und unterscheidet sich dadurch
leicht von dem stark mit lebenden Keimen durchsetzten Inhalt der
durch Fäulnis bombierten Büchsen. Treffen natürlich falsche und
echte Bombagen zusammen, so ist eine Trennung so gut wie unmög¬
lich, weil weder der Bakterienbefund noch die Veränderungen der
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
353
Büchseninnenwand einen Rückschluß auf den Grad der durch sie ver¬
ursachten Bombage zulassen.
Bei der falschen Bombage fanden Pfuhl und Wintgen an der
Innenfläche der Büchsen weißliche, körnige und warzenartige Ansätze
von Ferrophosphat und Mayer solche von Zinnsulfid.
Als falsche Bombage betrachten viele Autoren auch die Vorwölbungen
des Deckes und Bodens, die durch äußere Einbeulungen entstanden sind.
Sie sind als solche fast immer von der echten und eigentlichen falschen
Bombage zu unterscheiden und würden am besten mit einem Namen be¬
zeichnet, der ihr Wesen sofort erkennen läßt. DerVorschlag, sie als „ver¬
beulte“ Konserven zu bezeichnen, wäre vielleicht nicht unzweckmäßig.
Zu Beginn der echten wie der falschen Bombage sind Deckel und
Boden vielfach nicht gleichmäßig gespannt nach außen gedrückt, son¬
dern sie federn und springen oder tanzen, wie Edelmann sagt. Das
kommt besonders bei dünnem Blech dadurch zustande, daß zuerst nur
eine Seite vorgetrieben und verstreckt wird. Drückt man dann die
vorgetriebene Seite ein, so gibt die andere Seite etwas nach; läßt
man den eingedrückten Deckel oder Boden dann plötzlich los, so
schnellt er wieder wegen der stärkeren Spannung der entgegengesetzten
Seite zurück. Es federt aber hier meist nur eine Seite, wodurch sich
diese Bombage gewöhnlich von einer meist beiderseitigen ähnlichen
Verstreckung des Deckels oder Bodens unterscheiden läßt. Die letztere
kommt fast nur bei Vollkonserven dann zustande, wenn man nach dem
Sterilisieren die Büchsen nicht langsam im Autoklaven abkühlen läßt,
wodurch Deckel und Boden nach außen gedrückt werden. Ist das
Blechmatcrial solcher Büchsen geringwertig, so bleiben Boden und
Deckel der Büchsen verstreckt, während sie sich bei gutem Weißblech
mit dem Erkalten zurückziehen und oft sogar noch etwas nach innen
angedrückt werden. Zeigen Vollkonserven derartiges Federn, so kann
man deren zweifelhafte Beschaffenheit dadurch zu erkennen suchen,
daß man die Büchsen einige Zeit bei Zimmer- oder Brutofentemperatur
stehen läßt. Bombiert die federnde Büchse weiter, so liegt es nahe,
daß auch schon das Federn beginnende echte Bombage war. An¬
nähernd sicher ist die Entscheidung aber nur dann möglich, wenn bei
sofortiger Prüfung nach der ersten Feststellung des Federns die Büchse
geöffnet wird. Findet man dabei Fäulnisveränderungen und gasbildende
Bakterien, so ist mit größter Wahrscheinlichkeit die Fäulnis allein an
der Bombage schuld.
354
WEICHE!,.
Bei Scheinkonserven ist eine derartige Prüfung und Unterschei¬
dung im Einzelfall nicht möglich, weil solche Büchsen, selbst wenn
sie zur Zeit des Federns einwandsfrei waren, infolge ihres normalen
Bakteriengehaltes nachher verderben und bombieren können.
Nicht jede faule Konserve zeigt Bombage. Dies trifft dann zu,
wenn faules Material zu sterilen Konserven verarbeitet worden ist.
Solche Konserven erhält man fast immer durch Zufall, sei es, daß
man sie selbst findet, sei es, daß sie von Käufern zur Begutachtung
vorgelegt werden. Des weiteren bombieren Büchsen dann nicht, wenn
ihr Inhalt durch nicht gasbildende Keime zersetzt wird, oder wenn
das Gas entströmen kann. Die Bombage fehlt auch dann, wenn das
Gas kurz vor der Untersuchung absichtlich entfernt worden ist. Von
selbst kann das Gas den Büchsen entströmen, die durch Fabrikations¬
fehler undicht sind. Trotz der fehlenden Bombage findet man doch
noch einen wichtigen Fingerzeig, der auf Fäulnis weist und dadurch
zustande kommt, daß infolge der Gasentwicklung Büchseninhalt durch
die Oeffnungen nach außen gedrückt wird. Dasselbe erreicht man
gewöhnlich auch durch Zusammendrücken von Boden und Deckel;
durch die Untersuchung des ausgepreßten Inhalts läßt sich die Be¬
schaffenheit der Konserven erkennen. Haben solche Oeffnungen kurz
vor der Untersuchung sich verstopft, und und ist wegen der kurzen
Zeit noch keine echte Bombage zustande gekommen, so muß man die
Büchsen mit einer Bürste den Nähten entlang gut reinigen. Man
findet dann gewöhnlich die verletzten Stellen. Genügt das aber noch
nicht, weil das Loch innen verklebt ist, so braucht man die Büchse
nur kurze Zeit in kochendes Wasser zu legen, um die schadhaften
Stellen an dem Austreten von Gasblasen zu erkennen. Wenn die Gase
durch „pickieren“ — wie man das absichtliche Anstechen nennt —
entfernt sind, so werden die Löcher gewöhnlich nach nochmaliger
Sterilisation wieder verlötet, und man findet dann eine doppelte Löt¬
stelle, die immer als verdächtig betrachtet werden muß. Solche
Büchsen gehören gar nicht, wie Serger meint, in das Reich der
Fabel. Man mag ihnen wohl seltener begegnen wie früher, weil die
„piqueures“ bei Entdeckung die Strafe fürchten, aber verschwunden
ist dieser Brauch nicht. Wegen der Beurteilung doppelter Lötstellen
muß man allerdings wissen, daß z. B. Hamburger Schinken fast immer
doppelt gelötet sind. Das geschieht, um die Dose zu evakuieren,
weil dann große Fleischstücke leichter und rascher durchsterilisieren
und fester bleiben sollen. Gewissenlose Händler machen auch dicht
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
355
an den Falznähten und möglicht versteckt stecknadelkopffeine Löcher
und stellen die Büchsen dann so hin, daß das Loch oben ist. Der
ahnungslose Käufer merkt das nicht und genießt solche Konserven, so¬
lange sie nicht zerfallen sind, anstandslos. Denn auf die beim Oeffnen
entweichenden, meist geringen Gase achtet er nicht, und da der Genuß
solcher Konserven meist unschädlich ist, nimmt er leichte Konsistenz¬
veränderungen der Konserve als normale Beschaffenheit in Kauf.
Außer-an der Bombage kann man faulen Büchseninhalt auch mittels
der Schüttelprobe erkennen. Wenn eine Büchse mit festem Inhalt
vollgepackt ist, so läßt sich der Inhalt durch Schütteln nicht bewegen.
Wird die Konserve durch Zersetzung erweicht, so kann man den flüssigen
Inhalt als solchen beim Schütteln leicht erkennen. Am deutlichsten findet
man diese Erscheinungen bei Geleekonserven, wobei man allerdings
beachten muß, daß die Konserve zur Vornahme der Prüfung unter
26° C abgekühlt sein muß, weil sonst die Gelatine sowieso flüssig
ist. Man muß im Zweifelsfall solche Büchsen so lange stark abkühlen,
bis anzunehmen ist, daß normale Gelatine wieder fest sein müßte.
Bleibt der Inhalt dann flüssig, so ist er verdächtig. Als faul darf er
aber nicht ohne weiteres bezeichnet werden, wie es viele Autoren
wünschen, denn gerade bei Geleekonserven kann das Flüssigbleiben
auch eine andere Ursache haben. Diese beruht darauf, daß längere
Zeit über 26° C erwärmte und flüssige Gelatine später nicht wieder
fest wird. Diesen Zustand trifft man an Konserven, die längere Zeit
in Schaufenstern oder sonst an Orten gestanden haben, an denen sie
öfters stärkeren Erwärmungen durch die Sonne oder Heizanlagen aus¬
gesetzt waren. Um die Beschaffenheit des Inhalts zu ermitteln, muß
man solche Büchsen öffnen; denn eine Anreicherung führt nicht zum
Ziel, wenn gasbildende Keime fehlen. Für kompakte Konserven wie
Zungen, die meist rundum der Büchseninnenwand fest anlicgen, ist
die Schüttelprobe wertlos, weil längst eindeutige Bombage oder andere
verdächtige Erscheinungen aufgetreten sind, bevor die Zunge so weit
zerfallen ist, daß die Schüttelprobe positiv wird. Die Schüttelprobe
kann man, abgesehen von ähnlichen Verhältnissen wie bei den ge¬
nannten Zungen, sozusagen bei jeder Konserve, bei der der eingefüllte
Inhalt die Büchse genau ausfüllte, mit Vorteil benützen. Eine gewisse
Uebung ist dazu unbedingt notwendig. Sticht man Büchsen mit echter
Bombage an, so entströmen ihnen, wie schon erwähnt, teils widerlich
süßliche, teils scharf saure und teils fad übelriechende Gase. Da sich
diese Gase bei ganz geöffneten Büchsen rasch verflüchtigen, ihre Fest-
356
WEICHEL,
Stellung aber bei marinierten Fischen, die durch die Art ihrer Zu¬
bereitung lange ihre Form behalten können, für die Beurteilung sehr
wichtig ist, so muß man sofort nach dem Einstechen den Geruch der
entweichenden Gase prüfen. Solche Konserven ganz aufzumachen,
ohne die Gase vorher zu prüfen, wäre falsch. Nach dem Oeffnen
prüft man zuerst die Einbettungsmasse. Gewöhnliche Salzlake wird
durch die Fäulnis trübe und zähflüssig — sämig — und zum Teil
schaumig. Mayonnaisen werden in übelriechende schmierige Massen ver¬
wandelt; ebenso Gelatine, die eine gelbbraune Farbe annimmt und in
vorgeschrittenen Fällen nach faulem Käse riecht. Der feste Inhalt ist
mehr oder weniger erweicht und schwarzbraun und grün verfärbt; bei
Fischen löst sich zuerst die Haut, bis das Ganze schließlich püree¬
artig zerfällt. Oelkonserven riechen meist stark ranzig und sind oft
grün verfärbt. Zum Schluß gießt man den Inhalt aus, um die Innen¬
wand der Büchsen zu prüfen. Diese ist besonders bei fetten, faulen
Konserven meist mit schmutzig graubraunen, schmierigen, übelriechen¬
den und ranzigen Massen überzogen, die bei undichten Büchsen be¬
sonders in der Umgebung der Undichtigkeiten sitzen. Wischt und
spült man diesen Belag ab, so zeigt meist auch das verzinnte Blech
Veränderungen in Form stahlblauer oder schmutziggrauer und schwarz¬
bräunlicher, oft eisbluracnartiger oder marmorierter Verfärbungen, die
durch Oxydation unter Bildung von Zinnoxydul, Zinnsulfid und Zinn-
sulfür zustande kommen. In vorgeschrittenen Fällen findet man oft
das Eisen des Bleches freigelegt und angefressen. Bei faulen Siede¬
würstchenkonserven fand Serger stumpfgraue und später weißliche
Beläge von Zinnoxyd, die auch auf die Würstchen übergingen; als
Ursache bezeichnete er salpeterhaltiges Wasser. Rochardt fand bei
Fischkonserven Zersetzung der Innenwand durch Amine und durch
ranziges Oel; Rössing bezeichnete Ammoniak als Ursache der Beläge,
und Stoffert beschrieb die Bildung von'Schwefelblei und Schwefel-
aramonium an den bleihaltigen inneren Dosenwänden. Bei vernierten,
besonders fettigen Büchsen kann man auch Abblattern des Lackes
beobachten. Manche Konserven zeigen starke Ammoniak- und Schwefel¬
wasserstoffentwicklung.
Zuverlässige histologische und chemische Untersuchungen sind
für die Konservenbeurteilung nicht bekannt und auch überflüssig. Die
Sinnesprüfung im Verein mit der Bakteriologie kann jede Verände¬
rung erkennen.
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
357
Es soll zum Schluß nur noch ein kleiner Händlertrick erwähnt
werden. Die Händler wissen nämlich vielfach ganz genau, daß feste
dicke Geleekonserven, Corned beef usw. immer zuerst an der oben
stehenden Seite verderben. Zu erkennen ist dies an der einseitigen
Bombage. Will man dann eine solche Büchse zur Untersuchung
öffnen, so meldet sich gewöhnlich der Händler selbst zum Oeffnen
und er öffnet — natürlich möglichst unbeachtet — die gute untere
Seite. Kennt der Untersuchende den Trick nicht, so wird er regel¬
recht betrogen.
Die im Handel befindlichen Wildgattungen zerfallen in Schwarz¬
wild, Haarwild und Feder- oder Flugwild.
Die größeren Wildarten kommen sozusagen immer ausgeweidet
auf den Markt; beim kleinen Haar- und Federwild richtet sich der
Jäger und Händler gewöhnlich nach dem Wetter.
Eingangs soll auf ein Moment aufmerksam gemacht werden, das
aber nicht nur für Wild, sondern auch für das Fleisch aller anderen
Tiere und besonders auch der Fische zutrifft, bei Wild aber sehr aus¬
geprägt ist, und das darin besteht, daß jedes Wildfleisch seinen
spezifischen Geruch besitzt. Dieser Umstand bedingt auch einen ver¬
schiedenen Fäulnisgeruch.
Nach v. Ostertag, Möller u. a. fault Wild trotz des hohen
Blutgehaltes schwerer als das Fleisch unserer Haustiere. Möller
nimmt an, daß es sich um natürlich bakterizide Kräfte des Blutes
handelt. Ob diese Ansichten zu Recht bestehen, müßte aber erst
noch geklärt werden. Denn viele andere Momente, wie die an und
für sich festere, bindegewebs- und fettarme Muskulatur, die im all¬
gemeinen bessere hygienische Behandlung, die das Wild dadurch er¬
fährt, daß es nicht wie unsere Schlachttiere abgezogen und dann mit
Schmutzwasser abgewaschen wird, und die das Wildgeflügel vor dem
unsauberen Herausreißen des Magen- und Darmkanals verschont, muß
berücksichtigt werden. Ob der Magen- und Darmkanal des Wildes
vielleicht weniger Fäulniskeime enthält, als der unserer Haustiere,
steht auch noch nicht fest.
Der Fäulnisnachweis ist bei Wild gewöhnlich sehr einfach. Bei
nicht ausgeweideten Tieren findet man die gewöhnliche Leichenfäulnis:
leicht auszuziehende und leicht ausfallende Haare und Federn, auf¬
getriebenen Leib, grünliche Verfärbungen der Haut und Muskulatur,
in vorgeschrittenen Stadien oft starke Gasbildung und matschig-
ArehiT f. wisse nach. u. prakt. Tierbeilk. Bei. 41. H. 4 u. 94
358
WEICHEL,
weiche Beschaffenheit aller Organe, daneben starker Fäulnisgeruch
und überall in der Tiefe der Organe und des Fleisches massenhaft
Fäulniskeime.
Histologische und chemische Hilfsmittel sind für die Feststellung
der Fäulnis bei Wild ganz überflüssig; in zweifelhaften Fällen und
besonders bei der Frage, ob verhitzt oder faul, gibt die Bakteriologie
die rascheste und sicherste Auskunft. Die chemischen Fäulnisprodukte
sind hauptsächlich Ammoniak und Schwefelwasserstoff, die grobsinn¬
lich zum mindesten ebenso gut und viel rascher als chemisch fest¬
gestellt werden können. Worauf der höchst widerliche, an faulen
Menschenkot erinnernde Geruch des Bärenfleisches beruht, ist nicht
geklärt. Vielleicht spielt die Zersetzung des eigentümlich riechenden
Fettes dabei eine Rolle. Daß man die Fäulnis besonders bei weide¬
wundem Wild zuerst in der Umgebung des Schusses wie überhaupt
an verletzten Teilen zu suchen hat, braucht wohl nur erwähnt zu
werden. Beim Flugwild muß man bei beginnender Fäulnis besonders
die Stellen unter den Flügeln und um die Kloake untersuchen. Brust-
und Bauchwand unter den Flügeln sind sehr dünn und bleiben lange
warm, das Flugwild wird am Kopfe aufgehängt, womit sich das frühe
Auftreten der Fäulnis unter den Flügeln und am Hinterleib erklären.
Aeußerlich verdächtiges, nicht ausgeweidetes Wild muß natürlich auf-
geschärft werden, um die zuerst faulenden Eingeweide untersuchen zu
können. Zubereitungen wie Braten usw. kommen für das Wildfleisch
selten in Frage; muß man derartiges Fleisch auf Fäulnis unter¬
suchen, so hat das nach den bereits geschilderten Gesichtspunkten zu
geschehen.
Fische sollen nach Edelmann, Petterson und Schneidemühl
wegen ihres hohen Wassergehaltes, wegen der kurzen Muskelfasern,
der zahlreich vorhandenen Septen und des geringen Fettgehaltes rasch
in Fäulnis übergehen. Bei den im Handel befindlichen Fischen
kommen aber für die Entstehung und den Verlauf der Fäulnis noch
andere Umstände in Betracht, die hauptsächlich in der Todesart be¬
gründet sind. Der größte Teil der Marktfische besteht aus sogenannten
„frischen, abgestandenen“ Tieren, die eines natürlichen Todes ge¬
storben sind. Die Ursache des Todes ist teils in vorheriger Krank¬
heit zu suchen, zum anderen Teil handelt cs sich um Fische, die an
sehr lange (lauernder Erschöpfung zugrunde gegangen sind. Es be¬
steht nämlich in Händlerkreisen allgemein die sehr üble Gewohnheit,
die Fische lebend in Kisten oder Körbe zu verpacken und zu ver-
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitotem Fleisch usw.
359
senden. Infolge Wassermangels und durch den äußeren Druck sterben
die Tiere dann langsam ab. Ein ähnliches Schicksal teilen die meisten
Bassin- und Halterfische. Sie müssen vielfach eng zusammengepreßt
in Fischbecken mit ungeeignetem Wasser und ohne alle Nahrung
elend zugrunde gehen. Daß solche Ware rasch in Fäulnis übergeht,
kann nicht wundernehmen. Matisen u. a. haben- auf ähnliche wich¬
tige Momente für Entstehung der Fäulnis an dem Fleische unserer
Schlachttiere aufmerksam gemacht.
Typisch faule, nicht zubereitete Fische zeigen, wie auch Edel¬
mann, Hofer, Glage, v. Ostertag, Postolka und Meßner,
Röttger, Schneidemühl, Vacher u. a. hervorheben, graurot bis
schwarzgrün verfärbte Kiemen, von denen sich ebenso gefärbte
schmierige Zerfallsmassen abstreifen lassen; des weiteren findet man
zurückgesunkene, trübe, glanzlose Augen, die oft von schmierigen
Massen bedeckt sind, glanzlose, trübe, auch runzelige und durch Gase
abgehobene Haut mit schmutzigem grauem bis grünem Ueberzug, der
aus Zelltrümmern und Bakterien besteht, gelockerte Kutis und leicht
ausziehbare Schuppen; die Muskulatur wird weich, schmierig und ge¬
trübt, in der Umgebung der Gefäße durch Imbibition rötlich, sonst
grünlich verfärbt; sie läßt sich leicht wie gekochtes Fleisch von den
Gräten und Knochen ablösen und behält Fingereindrücke. Der Bauch
unausgeweideter Fische wird aufgetrieben, weich und grünlich vcr.
färbt. Die Eingeweide zerfließen zu einer nicht differenzierbaren
Masse. Seltener begegnet man den sogenannten Gasfischen, bei denen
Fleisch und Eingeweide vollständig von feinen Gasblasen durchsetzt
sind. Derart faule Fische verbreiten fast ausnahmslos einen starken,
zuerst widerlich süßen, später unangenehm stechenden Gestank, so
daß die Fäulnisdiagnose unter Berücksichtigung des ganzen Befundes
meist ohne weiteres grobsinnlich gestellt werden kann. Ob solche
Fische dabei im. Wasser schwimmen oder untersinken, spielt keine
Rolle.
Die genannten Erscheinungen findet man aber nicht immer.
Denn ein großer Teip-der Seefische kommt üblicherweise ohne Kopf
und ohne Eingeweide auf den Markt, und auch bei anderen Fischen,
an denen das nicht üblich ist, ist der gewissenlose Händler nur allzu¬
oft befleißigt, die genannten deutlichen Merkmale der Fäulnis zu be¬
seitigen; so werden die Kiemen sorgfältig gesäubert und dann als
„Eisfischkiemen“ gedeutet, die infolge Auslaugens durch das ständig
darüberfließende Eiswasser eine ähnliche mattgraue Farbe zeigen wie
24 '
360
WEICHEL,
faule Kiemen; Augen und flaut werden gründlich gereinigt und das
Ganze oft noch mit Mitteln wie übermangansaures Kali behandelt, um
den Gestank wegzunehmen. Reicht diese „Frisur“ nicht aus, so
werden Augen und Kiemen oder der ganze Kopf abgeschnitten, die
Eingeweide herausgenommen und alles sorgfältig gereinigt. Trüge¬
risches Färben der Kiemen und Injektion von Glyzerin in die Augen
kommen heute kaum mehr vor. Derart „frisierte“ Fische müssen,
besonders wenn es sich um solche handelt, die sonst mit Kopf und
Eingeweide feilgehalten zu werden pflegen, als sehr verdächtig be¬
trachtet werden. An ihnen wird der Nachweis der Fäulnis schon
schwerer. Denn nur bei weißen schuppenlosen Fischen sind äußer¬
lich die Bauchdecken grün verfärbt, und die Schuppen lassen sich
auch bei betrockncten Fischen oft leicht ausziehen. Es bleibt dann
für die grobsinnliche Prüfung nur noch eine genaue Untersuchung des
Fleisches übrig; dabei ist in Betracht zu ziehen, daß manche Fische
überhaupt weiches Fleisch besitzen, und daß die Konsistenz der
Muskulatur bei Eisfischen und besonders bei gefroren gewesenen Fischen,
ohne daß Fäulnis vorliegt, derart weich wird, daß Fingereindrücke
bestehen bleiben; ja das Fleisch dieser Fische kann so weich werden,
daß es sich wie bei faulen förmlich unter der flaut verschieben läßt.
Da zuverlässige histologische Unterschiede über die Beschaffenheit der
Muskulatur bei faulen und bei Eisfischen fehlen, so bleibt als grob¬
sinnliches Merkmal solcher fauler Fische nur der faule Geruch übrig,
wobei zu berücksichtigen ist, ob im Einzelfall dieser nicht durch Im¬
bibition mit Faulflüssigkeit, die von anderen faulen Fischen stammt,
herrührt. Dies ist nur durch die bakteriologische Untersuchung zu
unterscheiden. Enthält das Fleisch in der Tiefe Fäulniskeime, so ist
der Fisch als faul zu betrachten. Die Feststellung der chemischen
Reaktion kann auch nicht als zuverlässig gelten, da faule Fische oft
neutral und sauer reagieren. Auch andere chemische rasch entschei¬
dende Untersuchungsmethoden stehen uns nicht zur Verfügung, da die
Ebersche Probe, die.Eber, Look u. a. als brauchbar für den Nach¬
weis der Fäulnis bei Fischen betrachteten, ganz im Stich läßt. Sie
fällt zwar bei nicht zubereiteten faulen Fischen immer positiv aus,
aber man bekommt dasselbe Resultat auch bei den meisten absolut
einwandsfreien Süß- und Seewasserfischen. Worauf dieser positive
„Eber“ beruht, steht nicht fest. Interessant ist dabei, daß diese
Reaktion durch Salzen, Räuchern usw. verschwindet. Auch diese Er¬
scheinung ist vorläufig ungeklärt. Schwacher Fäulnisgeruch kann
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereiteten) Fleisch usw.
361
durch die Kochprobe leicht deutlicher werden. Stark gekühlte oder
gar gefrorene Fische dürfen natürlich erst nach völligem Auftauen
untersucht werden. Denn die Kälte hält den üblen Geruch zurück,
und an den gefroreuen Fischen lassen sich Konsistenzveränderungen
überhaupt nicht feststellen.
Bei Trockenfischen muß man zwischen solchen unterscheiden,
die mit Kopf und Eingeweide, und solchen, die ohne diese und meist
in Streifen geschnitten, gesalzen und getrocknet werden. Zu den
letzteren gehört hauptsächlich der Kabeljau, der je nach der Art des
Trocknens als Stock- oder Klippfisch auf den Markt kommt. Fäulnis
kommt bei diesen Präparaten selten vor. Sie verläuft dann sehr lang¬
sam als schmierige, übelriechende Oberflächenerweichung, die durch
die Sinnesprüfung leicht festzustellen ist. Oefters sieht man Fäulnis
bei Trockenfischen, die in toto gesalzen und getrocknet werden, wie
bei Heringen. Die Fäulniserscheinungen rühren sozusagen immer
daher, daß das Material schon vor dem Trocknen faul und außerdem
nicht „reif“, d. i. schlecht gesalzen und getrocknet, war. Das Fleisch
dieser faulen Fische ist weich statt bruchhart und dunkelrot bis braun
statt rosa gefärbt. Bei stärkerer Fäulnis enthält das Fleisch Gas¬
blasen, und es ist stellenweise zu einer weißlichen, breiähnlichen, sehr
übelriechenden Masse eingeschmolzen. Das Fleisch findet man von
den Knochen losgelöst, und aus den Kiemen lassen sich schmierige
dunkle Massen auspressen. Die Baucheingeweide sind gewöhnlich am
stärksten faul; in vorgeschrittenen Fällen stellen sie eine dunkle
schwarzbrauno bis schwarzgrüne schmierige Masse dar, die höchst
aashaft stinkt. Im Sommer sind derartige Fische fast immer stark
vermadet. Die grobsinnlichen Veränderungen genügen hier meist zum
Nachweis; schon bei geringer Fäulnis findet man in den veränderten
Partien massenhaft Fäulniskcime. Aehnliche Verhältnisse findet man
bei den Räucherfischen. Während man die Trockenfische vor dem
Trocknen mit Salz bestreut oder einreibt, werden die zum Räuchern
bestimmten Fische in Lake gesalzen. Nach dem Salzen werden sic
teils ganz, teils ohne Kopf und Eingeweide, teils zerkleinert über
offenem heißen Feuer der Schnellräucherung unterzogen. Fische, die
vor dem Salzen und Räuchern faul waren, lassen die Fäulnis auch
nachher noch erkennen. Es ist darauf zu achten, daß die Fäulnis¬
farbe der Oberfläche und besonders der Kiemen durch das Räuchern
verdeckt wird, und daß beim Betasten von außen das Fleisch unver¬
dächtig erscheinen kann, weil die Haut durch das Räuchern fester
362
WEICHEL,
wird. Verdächtige Fische müssen immer aufgebrochen werden. Bei
faulen Fischen ist die Haut statt glänzend stumpf, das Fleisch ist
nicht weiß, sondern bräunlich bis stahlblau; es zerfällt leicht bei
geringem Druck. Die Knochen sind mattbraun gefärbt. Bei geringer
Fäulnis muß man besonders auf die Lieblingssitze der Fäulnis achten,
das sind z. B. bei Aalen der Nabel und der Kopfansatz, bei Platt-
fischcn der Kopfansatz und, soweit es sich um nicht ausgenornmenc
Fische handelt, die Eingeweide.
Die Fäulnis der mehr oder weniger stark in Flüssigkeit usw.
konservierten, aber nicht luftdicht abgeschlossenen Salz- und Essig¬
fische zeigt wieder ein anderes Bild.
Zur Herstellung von Salz- und Essigfischen werden die Fische
entweder im ganzen oder ohne Kopf und Eingeweide oder in Scheiben
und Streifen geschnitten trocken oder in Lake gesalzen oder in Essig-
wassor gelegt. Waren die Fische schon vor dem Zubereiten faul, so
zerfallen sie sehr rasch und stellen dann einen schwarzgrauen, unan¬
genehm stechend riechenden Brei dar. Auch die Fische, die nach
dem Einlegen in Salz oder Essig faulen, verbreiten einen unangenehm
süßlichen oder ranzigen und öligen oder stechend sauren Geruch, der
besonders deutlich wird, wenn mau ein Stückchen Fischfleisch zwischen
den Händen zerreibt. Das sonst weiße oder weißrötliche Fleisch wird
dunkel- und schwarzbraun, welk und schleimig, bis es in vorgeschrit¬
tenen Stadien ganz zerfällt. Das Fett wird trübe, gelblich und
körnig. Die Salz- oder Essiglakc wird trübe, auch schleimig und
fadenziehend. Der Händler nennt die Fische süß und ranzig, die
Lake sämig. Sobald bei Salzfischen der Kochsalzgehalt unter 15 pCt.
und bei Essigfischen der Essiggehalt unter 7 pCt. sinkt, findet man
viele Bakterien. Petterson meint, daß Bakterien bei der Entstehung
des spezifischen Geruchs, des Geschmacks, der Konsistenz und der
Farbe der Salzkonserven eine große Rolle spielen. Er nimmt an,
daß diese Konserven durch die Mitwirkung von Bakterien erst reifen
müssen. Daß aber schon allein das Kochsalz und der Essig eine
Reifung hervorrufen können, zeigen die Salzsardellen u. a. Diese
Fische sind sehr stark gesalzen, so daß sie sich gewöhnlich jahrelang
halten. Bei der bakteriologischen Untersuchung findet man gewöhn¬
lich nur einige wenige Keime, denen man eine Mitwirkung bei der
Reifung wegen ihrer geringen Zahl wohl nicht zumuten darf. Immer¬
hin muß dieser Keimgchalt bei einer Beurteilung auf Grund bakterio¬
logischer Untersuchungen sehr berücksichtigt werden. Sobald sehr
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
363
zahlreich lebende Keime neben den genannten grobsinnlichen Ver¬
änderungen vorhanden sind, müssen Lake und Fisch als faul be¬
zeichnet werden. Ich mache dabei ausdrücklich auf die genannten
durch die Sinnesprüfung erkennbaren Veränderungen aufmerksam, weil
man oft Essigfischen begegnet, die total zerfallen sind, ohne daß
Fäulnis vorliegt. Als Ursache dieses letzteren Zerfalls muß falscher,
zu starker Essigzusatz betrachtet werden. Zum Unterschied von
faulen Fischen sei bemerkt, daß das Fleisch der durch zu hohen
Essigzusatz zerfallenen Fische weiß oder weißrötlich bleibt, kein un¬
angenehmer Geruch auftritt und die Lake klar bleibt. Erst wenn
bei diesen Fischen die Wirkung der Essigsäurebakterien hinzukommt,
treten die Veränderungen, die für die faulen Fische angegeben
sind, auf.
Der Kaviar ist ein wichtiges Produkt der Fische. Zu seiner
Herstellung wird der reife Rogen, dessen Körner fest und elastisch
sind, benutzt. Ueberreifer Rogen ist weich und schrumpft beim
Salzen. Im Handel findet man den russischen, den amerikanischen
und den Elb- und Hamburger Kaviar. Als der beste gilt allgemein
der russische und man unterscheidet je nach der Herstellungsart und
der Qualität den frischen körnigen, den Warschauer, den gepreßten,
den Sommer-Kaviar, den Jastytschnaja und den Lopanitza. Den besten
frischen körnigen Kaviar liefert der Hausen. Die dunkelgrauen bis
schwarzen Eier zeichnen sich durch ihre Grob- und Vollkörnigkeit
und, wie Nie bei ganz richtig sagt, besonders dadurch aus, daß sie
frei von Häuten und von schleimigen Beimengungen sind. Der fein¬
körnigste ist der Sterletkaviar, während der aus dem Stör, Scherg
und Acipenser schypa gewonnene Kaviar in Qualität zwischen beiden
steht. Zu dem frischen russischen Kaviar gehören ferner der mild
gesalzene Malossol und der Ikra genannte Störkaviar. Der Warschauer
Kaviar ist sehr stark gesalzen und geht gewöhnlich unter dem Namen
Astrachankaviar. Aehnlich sind der deutsche Elb- und Hamburger
und der amerikanische Kaviar. Diese Sorten haben aber ein viel
weicheres Korn, werden daher leichter zerdrückt und enthalten
meist viel schleimartige Massen. Der gepreßte Kaviar enthält noch
die die Eier umhüllenden Häute. Je nachdem er durch Servietten
oder Sackleinwand gepreßt oder in diese eingepackt wird, heißt er
Servietten- oder Sackkaviar. Der Sommerkaviar besteht vielfach aus
verdorbener Ware; er wird deshalb sehr stark gesalzen. Eine ähnliche
Beschaffenheit zeigen der Jastytschnaja genannte Eierstockkaviar und
364
WEICHEL,
der geplatzte sogenannte Lopanitza. Zu erwähnen ist noch der rote
Kaviar, der in Deutschland aus Karpfen, Karauschen, Hechten, Zandern,
Bleien u. a. gewonnen wird.
Für die Feststellung der Fäulnis kommen hauptsächlich die
Prüfung der Reaktion, des Geruchs, der Konsistenz und der Farbe
in Betracht. Einwandsfreier Kaviar reagiert amphoter und ist fast
geruchlos oder er riecht angenehm schwach säuerlich. Sobald eine
faulige Zersetzung des Kaviars beginnt, reagiert er teils sauer, teils
alkalisch und sein Geruch wird widerlich stechend. Sauer werden
der durch Schimmel zersetzte, der ranzige und der bittere Kaviar.
Diese Veränderungen findet man meist bei den billigeren Sorten. Der
unter Säurebildung verdorbene Kaviar hält sich in der Form bedeutend
länger wie der alkalische, bei dem vielfach Ammoniak und Schwefel¬
wasserstoff und nach Niebel auch freie Fettsäuren gebildet werden.
Geringe Mengen von Schwefelwasserstoff lassen sich vorteilhaft mittels
der Bleiazetatprobe nachweisen. Die von Niebel u. a. zum Nachweis
von Ammoniak empfohlene Ebersche Probe gibt nicht immer ein¬
deutige Resultate. Von dem chemischen Nachweis freier Fettsäuren
kann man absehen, da die Ranzigkeit ebenso rasch und viel einfacher
mittels des Geruchsinnes zu erkennen ist. Bei fortschreitender Zer¬
setzung des Kaviars leiden auch die Form und Farbe der Körner und
es entsteht eine formlose, schmierige, verwaschen schwarzgraue und
meist sehr übelriechende Masse, die leicht als faul zu erkennen ist.
Eine auf histologische Merkmale gestützte Untersuchung kommt nicht
in Betracht und wäre auch überflüssig. Die an faulendem Kaviar
immer vorhandenen Geruchs-, Farben- und Konsistenzveränderungen
lassen selten Zweifel über die Natur der Beschaffenheit. In zweifel¬
haften Fällen gibt die Reaktion und die Prüfung auf Schwefelwasser¬
stoff einen wertvollen Anhalt und die bakteriologische Untersuchung
wird in diesen Fällen die Diagnose sichern. Denn der Fäulnis grob¬
sinnlich ähnliche Veränderungen des Kaviars, die nicht durch Klein¬
lebewesen verursacht sind, kommen so selten vor, daß sic für die
Praxis keine nennenswerte Rolle spielen.
Die vorliegende Schilderung des Nachweises der Fäulnis konnte
nur einen kleinen Teil der so mannigfachen biochemischen Zersetzung
organischer tierischer Materie berücksichtigen. Es dürfte aus ihr aber
doch zu ersehen sein, daß sich ein Schema für die Feststellung der
Fäulnis nicht wohl aufstellen läßt, und daß man oft alle Hilfsmittel
heranholen muß, um die Diagnose zu sichern. Was für den
Der Nachweis der Fäulnis bei zubereitetem Fleisch usw.
365
Fäulnisnachweis immer vorhanden ist, aber von Fall zu
Fall wechselt, das sind die Fäulniskeirae. Ihr Nachweis muß
im Einzelfall den Ausschlag geben. Daß aber der Fäulniskeim ebenso
wie der Fäulnisgeruch und andere Produkte nicht ohne weiteres mit
Fäulnis identifiziert werden können, dürfte zur Genüge bewiesen sein.
Viele Punkte sind noch strittig in ihrer Bewertung für den
Fäulnisnachweis; ein wichtiges Hilfsmittel ist — wie so oft — die
praktische Erfahrung, gestützt durch die Mittel, die uns die Wissen¬
schaft bietet.
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die fettzersetzenden Wirkungen der Schimmelpilze nebst dem Verhalten des Organ¬
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Das putride Gift, die Bakterien, die putride Infektion oder Intoxikation oder Septi-
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Versuche über Fäulnis und Fäulnisorganismen. Ebenda. 1874. Bd. 59. S. 490. —
153) Passini, Studien über faulniserregende anaerobe Bakterien des normalen
menschlichen Darmes und ihre Bedeutung. Zeitschr. f. Hygiene. 1905. Bd. 49.
S. 135. — 154) Derselbe, Ueber das regelmässige Vorkommen der verschiedenen
Typen der streng anaeroben Buttersäurebazillen im normalen Stuhle. Jahresber.
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Ueber die Verwertung der roten Salpetrigsäure-Indolreaktion zur Erkennung der
Cholerabakterien. Arbeiten a. d. Kais. Gesundheitsamt. 1898. Bd. 6. S. 1. —
370
WEICHEL,
158) Petterson, Experimentelle Untersuchungen über das Konservieren von
Fleisch und Fisch mit Salzen. Berliner klin. Wochenschr. 1899. S. 915. — 159)
Pfaundler, lieber das Verhalten von Bacterium coli commune zu gewöhnlichen
Stickstoffsubstraten und zu Stärke. Zentralbl. f. Bakteriol. I. Or. Bd. 31. S. 113.
— 160) Pfuhl, Beitrag zur bakteriologischen Untersuchung der Floisohkonserven.
Zeitschr. f. Hygiene. 1904. Bd. 48. S. 121. — 161) Derselbe, Ueber die Ent¬
stehung, Erkennung und Behandlung undichter Fleischkonservenbüchsen. Konserv.-
Ztg. 1905. S. 279 u. 291. — 162) Derselbe, Ueber die Verunreinigung des In¬
haltes von Konservenbüchsen nach der Sterilisation. Zeitschr. f. Hygiene. 1908.
Bd. 61. S. 209. — 162a) Pfuhl und Wintgen, Ueber eine nicht bakterielle
Ursache usw. Ebenda. 1905. S. 145. — 163) Poincar^, Hecherches experimen¬
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164) Polin et Labit, Etüde sur les empoissonnements alimentaires. Paris 1890.
— 165) Postolka und Messner, Fäulnis. Leitfaden für die Organe der Lebens¬
mittelpolizei. Wien-Leipzig 1911. S. 156. — 166) Pouchet, Matieres extractives,
ptomeines et leucomaines, leur role en pathologie generale. Rev. de möd. 1887.
S. 232. — 167) Rahn, Versuch einer Bakteriologie der Nahrungsmittel auf physio¬
logischer Grundlage. Zentralbl. f. Bakteriol. II. 1913. Bd. 37. S. 493. —
168) Remmlinger, Ueber die Prüfung des Büchsenfleisches. Zeitschr. f. Fleisch-
und Milchhygiene. 1897. S. 216. — 169) Rettger, Weitere Untersuchungen über
Fäulnis. Zentralbl. f. Bakteriol. 1. Ref. Bd. 40. S. 353. — 170) Rettger and
Nevell, Putrification with special reference to the proteus.group. Ebenda. I. Ref.
Bd. 57. S. 220. — 171) Rochardt, Ueber Konservierung von frischem Fleisch
und über Fleischkonserven vom hygienischen und sanitätspolizeilichen Standpunkt
aus. Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Medizin. 1901. Bd. 21. S, 321. — 172) Rolly,
Weiterer Beitrag zur Alkali- und Säureproduktion der Bakterien. Archiv f. Hygiene.
1902. Bd. 41. S. 406. — 172a) Rodella, Studien über Darmfäulnis. Zentralbl.
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l’ctude etc. Compt. rend. I. 1911. T. 71. p. 237. — 173) Rolly, Zur Analyse
der Borax- und Borsäurewirkung bei Fäulnisvorgängen usw. Archiv f. Hygiene.
1902. Bd. 41. S. 348. — 174) Rosenbach, Mikroorganismen bei der Wund¬
infektion. 1884. — 175) Rössing, Ueber Fischkonserven. Zeitschr. f. analyt.
Chemie. 1900. S. 147. — 176) Röttger, Fäulnis. Lehrbuch der Nahrungsmittel¬
chemie. 1913. S. 139. — 177) Rubner, Ueber das Auftreten von Merkaptan bei
der Fäulnis. Zeitschr. f. Fleisch-u. Miichhyg. 1894. S. 141. — 178) Salkowski,
Zur Kenntnis der Eiweissfäulnis. Zeitschr. f. physiol. Chemie. 1883/84. Bd. 8.
S. 417 und 1884/85. Bd. 9. S. 8. — 179) Derselbe, Ueber Zuokerbiidung und
andere Fermentation der Hefe. Ebenda. 1889. Bd. 13. S. 506. — 180) Salus,
Zur Biologie der Fäulnis. Archiv f. Hygiene. 1904. S. 97. — 181) Sammet,
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371
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von Nahrungsmitteln. 1905. Bd. 10. S. 757. — 225) Wolf, Ueber die Beurteilung
des Fäulniszustandes von Fleisch nach dem Gehalt an Bernsteinsäure. Zeitschr.
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zwei Fäulniserreger und den Bacillus botulinus. Inaug.-Dissert. Erlangen 1910. —
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Deutsche Zeitschr. f. physiol. Chemie. 1897. Bd. 23. — 228) Zülzer und
Sonnenschein, Ueber das Vorkommen eines Alkaloides in putriden Flüssig¬
keiten. Berliner klin. Wochenschr. 1869. S. 121.
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1911. gr. S. Mit 685 Textliguren. 14 M.
Die vergleichende Pathologie der Haut
von Professor Dr. J* Heller.
1910. gr. S. Mit 170 Textfiguren und 17 Tafeln. 24 M.
Ueber das konditionale Denken
in der Medizin und seine Bedeutung für die Praxis
von D. v. Ilansemaitn.
1912. gr. 8. 5 M.
XII.
Aus dem pathologischen Institut der Kgl. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin
(Direktor: Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schütz).
Der Gehalt an agglutinierenden, präzipitierenden und
komplementablenkenden Substanzen im Humor aquaeus
und Humor vitreus sowie anderer Körperflüssigkeiten
rotzkranker Pferde.
Von
Veterinär Dr. Borchardt.
Einleitung.
Die Diagnose einer ganzen Anzahl von Infektionskrankheiten, so
der Syphilis, der Rotzkrankheit der Pferde, des seuchenhaften Abortus
der Rinder, wird im Laboratorium auf den Nachweis von Substanzen
gegründet, welche unter dem Einfluß der Krankheitserreger im Organis¬
mus entstehen und sich mit Hilfe verschiedener Untersuchungsmethoden
(Agglutination, Präzipitation usw.) im Blutserum nachweisen lassen.
Gewisse diagnostische Gesichtspunkte haben die Veranlassung dazu
gegeben, daß in einzelnen Krankheitsfällen, z. B. bei zerebralen syphili¬
tischen Erkrankungnn, nicht nur das Blutserum, sondern auch das
Lumbalpunktat auf diagnostisch verwertbare Antikörper
untersucht worden ist. Hierbei bekam die Frage Bedeutung, ob
sich außer im Blutserum und der Zerebrospinalflüssigkeit noch in
anderen Flüssigkeiten Antikörper nachweisen lassen.
Das Studium dieser Frage ist auf verschiedene Weise betrieben
worden. Einmal hat man die Körperflüssigkeiten natürlich erkrankter
Individuen untersucht, auf der anderen Seite aber den Nachweis der
Antistoffe bei künstlich immunisierten Tieren zu führen gesucht.
Untersuchung der Angenflnssigkeiten.
Angaben über Untersuchungen, welehe den Nachweis von Anti¬
stoffen bei immunisierten Tieren in den Augenflüssigkeiten bezweckten,
finden sich in der ophthalmologisehen Literatur in reicher Menge.
Jedoch ist dem Kammerwasser bei weitem mehr Beachtung geschenkt
worden als der Glaskörperflüssigkeit, über welche nur vereinzelte
Mitteilungen vorliegen. Die Untersuchungen beziehen sich auf den
Arcbir f. wissensch. u. prakt. Tierhoilk. Bd.41. H. 6.
374
BORCHARDT,
Nachweis aller drei Arten von Rezeptoren (Ehrl ich scher Einteilung),
aber die eingehendsten Untersuchungen finden wir über die Agglutinine
und die Hämolysine.
Wenngleich sich meine eigenen Versuche nur auf die Gegenwart
der Agglutinine, Präzipitine und komplementablenkenden Substanzen
beschränken, so sollen hier der Einheitlichkeit wegen auch die Er¬
gebnisse solcher Arbeiten berücksichtigt werden, welche sich mit dem
Nachweis auch der übrigen Antistoffe befaßten.
Humor aquaeus.
Was die Untersuchung des Kammerwassers bei immunisierten
Tieren angeht, so ist ein Unterschied zu machen einerseits zwischen
der Kammerflüssigkeit, die sioh im unbeeinflußten d. h. im normalen
Zustand, in der Vorderkammer vorfindet, und andererseits demjenigen
Kammerwasser, das eine Aenderung in seiner Zusammensetzung
dadurch erfahren hat, daß ein Reiz auf das Auge ausgeübt worden ist.
Ein solcher Reiz kann auf mechanische, chemische, thermische,
elektrische und infektiöse Art einwirken. Beliebte Mittel, das Auge
zu reizen, sind die Einspritzung einer Kochsalzlösung oder heißer Luft
(Miyashita), unter die Konjunktiva oder das Bestreichen der Bindehaut
mit einem feinen Haarpinsel; besonders oft wird die Punktion der
Vorderkammer vorgenommen, die wohl den stärksten Eingriff darstellt,
dem man das Auge aussetzen kann. Immer hat ein solcher Reiz zur
Folge, daß der Eiweißgehalt, der normalerweise nach Wessely (1)
0,025—0,02 pCt. beträgt, zunimmt; er vermag unter den genannten
Verhältnissen bis zu 2 pCt. anzusteigen. Das gleiche gilt von der
Glaskörperflüssigkeit, nur müssen hier die Reize öfter und stärker zur
Wirkung kommen. Da nun die Antikörper bei immunisierten
Tieren an die Eiweißstoffe des Blutes gebunden sind, so er¬
folgt auch deren stärkerer Uebertritt in die Augen flüssi gkeiten
durch die Einwirkung eines Reizes, und zwar geschieht dieser Ueber-
gang in der Stärke fast parallel zu dem der Eiweißstoffe.
Durch Steigerung der Reize läßt sich der Gehalt an Antistoffen in
den Augenflüssigkeiten — allerdings nur bis zu gewissen Grenzen —
erhöhen; den höchsten Grad hat er in dem nach der Parazentese neu
erstandenen Kammerwasscr erreicht.
Die Ursachen für diese qualitativen Veränderungen des Kammer¬
wassers nach Einwirkungen genannter Art auf das Auge hat
Wessely (2, 3, 4, 5) in ausgedehnten Versuchen, in welchen er die
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranber Pferde. 375
verschiedenartigsten Reize in Anwendung brachte, klargelegt. Die
Wirkung z. B. einer subkonjunktivalen Injektion von Kochsalzlösung
ist nicht, wie man früher annahm, in einer osmotischen Beeinflussung
des Auges oder in einer lymphtreibenden oder leukozytenanlockenden
Eigenschaft des Kochsalzes zu suchen. Diese Injektionen stellen viel¬
mehr lediglich ein lokales Reizmittel auf die benachbarten Ziliar-
gefäße dar, in denen, wahrscheinlich seitens der Nerven der Binde¬
haut, reflektorisch eine Hyperämie erzeugt wird; die Gefäßwände
werden durchlässiger, und die normalerweise fast völlig zurückgehaltenen
Eiweißstoffo und Antikörper dringen in das Kammerwasser ein. Die
Wirkung einer Punktion auf den Austritt von Flüssigkeit hängt nun
vom intraokulären Druck ab. Unter physiologischen Verhältnissen ist
der Humor aquaeus nur ganz geringen Druckschwankungen unter¬
worfen; hat aber das Kammerwasser Gelegenheit, sich durch eine
Oeffnung in der Kornea oder Sklera nach außen hin zu entleeren, so
sinkt der intraokulare Druck plötzlich damit tief herab. Das Blut
strömt dann schnell in die für die Bildung des Kammerwassers be¬
stimmten Gefäße und füllt sie prall an. Eine lebhafte und vermehrte
Transsudation in das Augeninnere findet statt, um Ersatz für den
Verlust zu schaffen. Durch diese innerhalb weniger Minuten vor sich
gehende Neubildung des Humor aquaeus gelangen auch viel Eiwei߬
körper und infolgedessen auch Antistoffe mit in die vordere Augen-
karamer. Als Bildungsstätte für das Karamerwasser — und damit
auch der Antistoffe — werden heutzutage fast allgemein (Wessely,
Leber, Salus) die Gefäße in den Fortsätzen des Corpus
ciliare angesehen. In untergeordnetem Maße wirken auch die Ge¬
fäße an der hinteren Fläche der Iris mit, während man den
Ziliarkörper und die Irisvorderfläche als Abflußwege des Kammer¬
wassers und der Antikörper betrachtet.
Die geschilderten Verhältnisse legen die Vermutung nahe, daß im
normalen Kammerwasser mit seinem minimalen Eiweißgehalt entweder
gar keine Immunstoffe anzutreffen sind oder nur sehr geringe Mengen.
Was die Untersuchungen an gesunden, nicht immunisierten
Tieren angeht, so teilen Leber (6), Bürgers (7) und Miyashita(8)
wie andere mehr mit, weder Agglutinine noch Präzipitine gefunden zu
haben. Auch fielen die Versuche, Komplemente, Ambozeptoren, Bakterio-
lysine und Opsonine nachzuweisen, negativ aus. Eine Ausnahme machen
nur die Antitoxine, welche von Römer und Salus nachgewiesen
worden sind.
25*
376 BORCHARDT,
Grundlegend für unsere Kenntnisse bei immunisierten Tieren
sind die Versuche von Wessely, Leber, Römer, Miyashita, Salus
und Bürgers gewesen.
Leber (6) stellte im Jahre 1906 umfangreiche Versuche mit Kaninchen an,
welche er sowohl aktiv wie passiv gegen Typhus und Cholera immunisiert hatte,
und deren Augenflüssigkeiten er besonders auf die Anwesenheit von Agglutininen
einer Prüfung unterzog. Leber kam dabei zn dem Ergebnis, daß im normalen
Kammerwasser aktiv immunisierter Tiere Agglutinine auftreten, und zwar mit
dem Titer 1:10—1:20 und, wie in einem Falle, 1:40. Der Titer blieb aber stets
weit hinter dem des Blutserums zurück. Nach subkonjunktivaler Injektion von
physiologischer Kochsalzlösung sah Leber die Agglutinine bis um das Zehn¬
fache ansteigen. Bei passiv immunisierten Kaninchen seiner zweiten Reihe von
Versuchstieren stellte Leber die sonderbare Erscheinung fest, daß der Agglutinin¬
gehalt der Kammerflüssigkeit dieser Tiere sowohl vor wie nach der Reizung des
Auges demjenigen der aktiv immunisierten Tiere gleichkam, zuweilen sogar noch
überstieg. Es ist dieses Ergebnis insofern bemerkenswert, weil der Gehalt des
Serums an Antikörpern bei passiv immunisierten Tieren dem der aktiv immunisierten
bekanntlich sonst nicht gleichkommt. Römer (9), der die Versuche Lebers einer
Nachprüfung unterzog, stellte Typhusagglutinine im unbeeinflußten Kammer¬
wasser gleichfalls mit dem Titer 1:10, 1:20—25 fest; jedoch stieg der Titer, im
Gegensatz zu den Lebersohen Feststellungen, nach subkonjunktivaler Reizung
des Auges, selbst nach Ablauf einer Stunde nicht an. Die Titer der entsprechenden
Blutsera waren 1 : 10000—40000. Brande und Carlson (10), wie auch Greer
und Becht (11) wiesen Agglutinine im Kammerwasser gegen Typhus aktiv
und passiv immunisierter Hunde und Katzen gleichfalls nach, ln den Kammer¬
flüssigkeiten von neun Typhösen fand Widal (12) fünfmal eine Agglutination von
dem Titer 1:10 und zweimal 1:5. Manonölian (13) immunisierte wie Leber
Kaninchen wegen Typhus und Cholera, dehnte seine Versuche aber gleichzeitig
auf den Nachweis von Präzipitinen und komplementablenkenden Substanzen aus.
Er stellte zu diesem Zweck 16 Agglutinations-, 10 Präzipitations- und 14 Ab¬
lenkungsversuche an. Es kam ihm außer auf den bloßen Nachweis der Antistotte
auch auf die Feststellungen der Beziehungen an, die zwischen den Antikörpern in
der Vorderkammer zu denen im Blutserum bestehen. Manonölian vermochte alle
drei in Frage kommenden Antistoffe im Kammerwasser nachzuweisen und
das Verhältnis gibt er mit 1:5000 an, wobei 1 die in der Kammerflüssigkeit und
5000 die im Serum enthaltenen Mengen der drei Antikörper bedeuten. Aus diesem
Verhältnis ist zugleich ersichtlich, daß zwischen den drei Immunkörpern unter
einander eine gewisse zahlenmäßige Beziehung herrscht. Auch Miyashita (8)
und Salus (14) verglichen den Titer des Blutserums mit dem des unbeeinflußten
Kammerwassers und stellten die Zahlenverhältnisse 1:1000—2000 bzw. 1:500 auf.
Der Unterschied zwisoben den beiden Ergebnissen brauoht, wie auch Salus hervor¬
hebt, in Anbetracht derartig feiner Berechnungen keine weitere Berücksichtigung
zu finden.
Ueber das Auftreten von Tetanus- und Diphtherieantistoffen, außer
Agglutininen auch Präzipitinen und Hämolysinen, stellten Morax undLoiseau (15)
Versuche an. Sie erzielten wohl bei ihren hoch immunisierten Tieren den Eintritt
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 377
der genannten Antistoffe in die Vorderkammer. Ihre Menge muß aber im Vergleich
zu ihrer Stärke im Blutserum gleichfalls sehr schwach genannt werden, beim
Tetanusantitoxin beispielsweise ist das Verhältnis 0,1—1,25 zu 1000—100000,
also ein sehr wenig konstantes. Nach der Parazentese jedoch traten die Antistoffe
in einer hundertmal so starken Menge im Kammerwasser auf. Diese Vermehrung
geht allmählich infolge Resorption der Antikörper zurück, ist aber noch nach drei
Woohen deutlich nachweisbar gewesen. Nach der subkonjunktivalen Einspritzung
physiologischer Kochsalzlösung eine halbe Stunde vor der Punktion der Vorder¬
kammer haben die Verfasser ein stärkeres Ansteigen der Immunkörper allerdings
nicht beobachten können. Gleich diesen Untersuchern gibt auch Wessely (2) an,
Agglutinine in nicht gereizten Augen gegen Typhus aktiv hoch immunisierter Tiere,
wenn auch nur in geringen Mengen, nachgewiesen zu haben. Im normalen Kammer¬
wasser erlosch bei den hoch immunisierten Tieren die Agglutinationsfähigkeit
schon bei einer Verdünnung von 1:10. Das Kammerwasser jedoch, das den durch
subkonjunktivale Reizung beeinflußten Augen entstammte, zeigte die Agglutination
noch bei der Verdünnung 1:200.
Mit dem Studium der Hämagglutinine hat sich nach Miyashita (zitiert
nach 16) auch Gatti beachäftigt, dessen Versuche gleichfalls zu positiven Er¬
gebnissen führten. Tsch irkowsky (17) legte sich die Frage vor, ob eine Operation
am Auge eine Veränderung in der Zusammensetzung des Kammerwassers nach sich
ziehe. Er enukleierte zu diesem Zweck die Augen soiner Versuchstiere, jedoch
prüfte er das Kammerwasser stets erst dann, wenn sämtliche durch die Operation
entstandenen reaktiven, klinisch erkennbarenEntzündungserscheinungen vollständig
verschwunden waren. Tschirkowskys Versuche führten zu dem Ergebnis, daß
in den aphakischen Augenflüssigkeiten Agglutinine für den Typhusbazillus wie
auch Hämolysine und Bakteriolysine stets in reichlicherer Menge vorhanden sind,
als im normalen Auge.
Aus den Versuchen der angeführten Autoren ergibt sich fast
übereinstimmend, daß die x4gglutinine in sehr geringen Mengen
bereits in der Kamraerflüssigkeit normaler Augen von
immunisierten Tieren gefunden werden, daß es also eines
hyperämisierenden Einflusses auf das Auge nicht erst bedarf, ihren
Uebertritt von der Blutbahn in das Kammerwasser zu erzwingen.
Nach Salus (18) findet dieser Uebergang der Agglutinine — und der
Antitoxine — noch am leichtesten statt im Vergleich zu anderen
Antikörpern wie den Hämolysinen und Bakteriolysinen. Eine An¬
näherung des Titers der Kammerflüssigkeit an den des Blutserums
wird jedoch niemals erreicht, auch nicht durch die Parazentese.
Die Urteile über das Auftreten der Präzipitine im unbeeinflußten
Kammerwasser immunisierter Tiere sind sehr widersprechend.
v. Düngern (19) behandelte Kaninchen mit dem Serum einer Krebsart
(Maja squinado) vor und gibt an, daß auch bei stärkstem Gehalt des Blutes an
Präzipitinen der Humor aquaeus gar keine Präzipitine enthält; ferner, daß ein-
378 BORGHARDT,
faches Ablassen des Kammerwassers keinen Uebertritt von Antikörpern in die
Augenkammern bedingt. Nach Miyashita (8) und Salus (14) hat Gatti die
Präzipitinreaktion in den Augenflüssigkeiten immunisierter Tiere stets, sowohl vor
wie auch nach der Parazentese vermißt. Dahingegen konnte Salus (14) die
Präzipitine zwar im Ersatzkammerwasser feststellen, aber nioht im ersten Punktat.
Bürgers Resultate (7) decken sich mit denen von Salus. Diesen Beobachtungen
stehen Resultate gegenüber, die einen gewissen Präzipitingehalt des Humor aquaeus
erkennen lassen. So ist es Römer (20) —- Einzelheiten seiner Mitteilungen fehlen
— gelungen, Präzipitine im intakten Kammerwasser aufzufinden. Desgleichen
konnte sich Wessely (3) stets von dem Auftreten von Präzipitinen im normalen
Kammerwasser überzeugen, wenn die Immunisation seiner Versuchstiere eine ge¬
nügende Stärke erreicht hatte. Aus Morax’ und Loiseaus wie auch Manonölians
Angaben (siehe oben), welche gleichfalls positive Ergebnisse wiedergeben, ist nicht
ersichtlich, ob der Befund an Präzipitinen auf das erste Punktat oder auf das
regenerierte Kammerwasser zu beziehen ist.
Salus (18) sprach früher von einer vollständigen Retentionsfähigkeit der
Ziliarkörperfortsätze für die Präzipitine. Er kam aber später (14) zu dem Schluß,
daß ihr Nachweis im ersten Kammerwasser wohl möglich ist, und zwar stets dann,
wenn der Titer des Blutserums eine genügende Stärke erreicht hat, nämlich, wenn
er 1:1000 beträgt, analog dem Verhalten der anderen Antikörper. Römer schloß
weiter, daß die uns zur Verfügung stehenden Reaktionen nicht fein genug seien,
die Präzipitine schon in allzu geringen Mengen nachzuweisen. Dieser Meinung
tritt Bürgers (7) auf Grund seiner Versuohe bei.
Die Gegenwart komplementablenkender Stoffe ira Kammer¬
wasser
hatte Leb er (21) anMenschenmaterial zu erforschen Gelegenheit gehabt. Es gelangte
die Kammerflüssigkeit in zwei luetischen, durch die Serodiagnose gesicherten Fällen
(Iritis specifica) zur Untersuchung. Im ersten Kammerwasser trat „eine schwache
aber doch deutliche Hemmung der Hämolyse a ein. In vier weiteren Fällen wurde
der Humor aquaeus untersucht, welcher tuberkulösen Menschenaugen entstammte.
Auch in diesen Fällen — dreimal Keratitis parench. tub. und einmal Iritis tub. —
hat Leber eine Hemmung der Hämolyse beobachtet, welche im Vergleich zu der
des Blutserums ebenso stark gewesen sein soll wie die bei den oben angeführten
syphilitischen Fällen. Leber gab damit der Lehre einen Stützpunkt, nach der im
Bereich des tuberkulösen Herdes die Antikörper gebildet und von diesem aus in
die Blutbahn gestoßen werden. Schieck (22) prüfte die Versuche Lebers nach.
Zu diesem Zweck infizierte er 50 Kaninchen teils mit Typus humanus, teils mit
dem Typus bovinus und erzeugte auf diese Woise bei allen Tieren das Bild
typischer Iristuberkulose. In den ersten Augenkammerpunktaten von 39 dieser
Tiere war keine Spur eines tuberkulösen Antikörpers vorhanden. Desgleichen er¬
gab das erste Kammerwasser von 10 intravenös sehr hoch immunisierten Tieren
keine Hemmung der Hämolyse, wohl aber das naoh der Punktion angesammelte.
Bei einem, gleichfalls an sehr schwerer Iristuberkulose leidenden Tier war „auch
ohne Zuhilfenahme immunisatorischer Methoden 44 das Serum stark mit Antikörpern
beladen, so daß aus diesem Grunde „bei dem positiven Ausfall im Kammerwasser die
Priorität des Kammerwassers“ nicht erwiesen war. Andererseits willSchieck(22,23)
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 379
die Entstehung tuberkulöser Antikörper in der Iris bzw. in der Vorderkammer nioht
leugnen, denn duroh Einbringung beträchtlicher Mengen abgetöteter Tuberkel¬
bazillen in die Vorderkammer konnte er das Auftreten der in Frage kommenden
Immunkörper erzwingen, schon bevor eine Spur von ihnen im Blutserum nach¬
zuweisen möglich war. Im ganzen genommen ist Schi eck aber zu einem negativen
Ergebnis gelangt. Bei den positiven Resultaten der Leberschen Versuche muß
aber, worauf zur Nedden (24) mit Recht hinweist, berücksichtigt werden, daß die
Augen, denen Leber das Untersuchungsmaterial entnahm, sich in einem dauernden,
entzündlichen Reizzustand befunden haben. Es war also sehr leicht möglich, daß
die komplementablenkenden Substanzen infolge dieses Umstandes in die Vorder¬
kammer gelockt wurden.
Jener Einwand, der den Leberschen Versuchen gemacht worden ist, trifft für
die Ergebnisse, welche Miyashita und Salus vorlegen, nicht zu. Miyashita (8)
prüfte das normale Kammerwasser gesunder Augen von zwei luetischen Kaninchen.
Die Blutsera wiesen positive WassermannscheReaktion auf, mit der Kammerflüssigkeit
dagegen fiel dio Reaktion negativ aus, und erst das durch die Punktion gewonnene
Ersatzwasser führte eine schwache Hemmung der Hämolyse herbei. Salus (14)
untersuchte das Kamraerwasser eines an beiderseitiger Sehnervenatrophie leideritien
luetischen Menschen, dessen Blutserum und Zerebrospinalflüssigkeit positive
Wassermannsche Reaktion, dessen Kammerflüssigkeit aber negative Wassermannsche
Reaktion ergab. Ferner zog Salus syphilitisches Leichenmaterial zur Unter¬
suchung heran. Das Kammerwasser reagierte auch hier negativ, während das
Serum positive Wassermannsche Reaktion im Leben lieferte.
In Anbetracht der positiven Ergebnisse Lebers spricht Salus ebenso wie
bei den Präzipitinen von einer relativen Zurückhaltung der komplementablenkenden
Substanzen seitens des Ziliarkörpers. Auch hier mag der Grund für die negativen
Ergebnisse in den ungenügend feinen Reaktionen, über welche wir bis jetzt ver¬
fügen, zu suchen sein.
Dem Hämolysin ist seitens der Forscher eine besonders große
Beachtung geschenkt worden.
Valenti und Gatti (zitiert nach 8) untersuchten das normale Kammerwasser
immunisierter Tiere und vermochten darin das Hämolysin nachzuweisen; Valenti
konnte jedoch nach der Eröffnung der Vorderkammer ein Ansteigen des Hämolysin¬
gehaltes nicht wahrnehmen. Salus (18) spricht ebenfalls den Hämolysinen nicht
die Fähigkeit ab, in die unberührte Vorderkammer in geringer Menge überzutreten.
Die positiven Ergebnisse Tschirkowskys sind bereits an anderer Stelle erwähnt
worden (siehe oben).
Im Gegensatz zu diesen Resultaten stehen diejenigen anderer Untersucher.
Wessely (2) immunisierte Kaninchen mit Rinderblut und faßt das Ergebnis seiner
Untersuchungen dahin zusammen, daß im normalen Kammerwasser das Hämolysin
stets fehlt oder allerhöchstens in Spuren nachweisbar ist, so viel Hämolysin auch
in der Blutbahn kreisen möge; aber nach der Punktion der vorderen Kammer sah
es Wessely in größeren, dosierbaren Mengen auftreten. Sweet (25) konnte durch
seine Forschungen dieses Resultat bestätigen. Greer und Becht (11) vermißten im
Kammerwasser von Hunden, die mit Kaninchenerythrozyten geimpft waren, stets
die hämolytische Kraft, und zwar auch dann, wenn sie der Kammerflüssigkeit
380
BORCHARDT,
Komplement zufügten. Leber gelang es, erst nach subkonjunktivaler Einspritzung
einer 2—20 proz. Kochsalzlösung Hämolysine naohzuweisen.
Ebenso widersprechende Ergebnisse finden wir über das Auftreten
des hämolytischen Ambozeptors.
Untersuchungen über die Anwesenheit des Hämolysins und des hämolytischen
Ambozeptors im Humor aquaeus des Rindes hat Gatti ausgeführt (Referat 26).
Nach einem Referat Ascolis „fehlt das Hämolysin bisweilen ganz, bisweilen fehlt
nur der Zwischenkörper“. Römer (27) hat diese Frage zum Gegenstand weiterer
eingehender Prüfungen gemacht; er behandelte mehrere Tierarten mit verschiedenen
Blutarten, fand aber den hämolytischen Ambozeptor niemals im unbeeinflußten
ersten Kammerwasser vor. Dieses Ergebnis führte ihn dazu, das Gesetz von der
Zytotoxinretention aufzustellen, welches jahrelang als gültig in seinem ganzen
Umfange angesehen wurde. Dieses Gesetz besagt, daß alle Körper vom Ambozeptor¬
bau mit zwei funktionell verschiedenen haptophoren Gruppen und ferner die
Komplemente unter physiologischen Verhältnissen nicht durch die Gefäßwände und
das Epithellager der Ziliarkörperfortsätze hindurchgelassen werden; im Gegensatz
zu*ihnen stehen die Rezeptoren zweiter Ordnung, die Agglutinine und Präzipitine.
Grignolo (28) impfte Kaninchen mit Hammelerythrozyten und vermißte gleich¬
falls den hämolytischen Ambozeptor in der normalen Kammerflüssigkeit, obwohl
er ihn im Blut in bedeutenden Mengen vorfand. Auch Schneider (29) konnte
erst im regenerierten Kammerwasser die Beeinflussung präparierter Hühnerblut¬
körperchen im Sinne der Hämolyse nachweisen.
Miyashita (8), dessen Versuche gleichfalls sehr umfangreich waren, gelang
es, das Gesetz Römers einzuschränken. Seine Forschungen führten zu dem
Resultat, daß der hämolytische Ambozeptor konstant vom Blute aus in das un¬
beeinflußte Kammerwasser hoch immunisierter Tiere übergeht, und zwar im Ver¬
hältnis 1:1000—2000. Auf dieses Zahlenverhältnis, welches wir bereits bei den
Agglutininen kennen gelernt haben, weisen Miyashita und Salus besonders hin.
Miyashita und Leber (6) sind der Meinung, daß für die Erscheinung der Zyto¬
toxinretention auch der Mangel an Komplement verantwortlich zu machen sei.
Miyashita kommt zu dem Schluß, daß dem Corpus ciliare eine gewisse Zurück¬
haltungsfähigkeit für die Antikörper wohl eigen ist. Diese ist aber nicht eine
absolute, sondern eine relativ hohe zu nennen und ist sehr empfindlich gegen
Reize, insbesondere gegen die Parazentese. Bürgers (7) und Salus (14) gelang
es ebenfalls, den hämolytischen Ambozeptor nach starker Immunisation in der un¬
berührten Kammerflüssigkeit aufzufinden.
Was den Befund in gereizten Augen anlangt, so sind sich sämt¬
liche Untersucher darüber einig, daß nach stattgehabter Reizung der
hämolytische Ambozeptor in größerer Menge im Auge nachgewiesen
werden kann.
Kommen wir nunmehr zu dem Komplement, so herrscht in bezug
auf diesen Körper vollständige Uebereinstimmung bei den einzelnen
Autoren.
Im unbeeinflußten Kammerwasser, sowohl normaler wie immunisierter Tiere,
ist das Komplement niemals vorgefunden worden. Dies zeigen uns unter anderem
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 381
dio exakten Untersuchungen von Röm er (27) und Bürgers (7). Daß das Komplement
auch trotz hoher Immunisation sich dem Nachweis normaliter entzieht, ist nicht
weiter verwunderlich. Es erfährt, da es keinen Immunkörper darstellt, auch im
Blute keine Vermehrung, sondern ist höchstens geringfügigen Schwankungen in
seiner Menge unterworfen. Aber nach Reizung des Auges irgend welcher 4rt ist
auch das Komplement im Humor aquaeus zu finden. Miyashita (16) berichtet
über einen Fall starken Komplementgehaltes, welcher so bedeutend war, daß der
hämolytische Ambozeptor vollständig komplettiert wurde. Als Ursache dieser
großen Komplementmenge war ein dauernder entzündlicher Reiz, ein Ulcus corneae,
anzusehen.
Die Anwesenheit der Bakteriolysinc im ersten Kammerwasser
immunisierter Tiere haben Bürgers (7) wie auch Salus (14) und
Leber (6) nachgewiesen.
Salus fand sie in der Kammerllüssigkeit im Vergleich zum Blute im Ver¬
hältnis 1:1000—2000. Desgleichen wies sie Tschirkowsky bei seinen Versuchen
(siehe oben) mit aphatischen Augen nach. Lagerheim (30) berichtet über das
bakteriolytische Vermögen des Humor aquaeus von Fischen (Ner) auf Eitererreger.
Römer konnte jedoch durch seine Versuche die angeführten positiven Ergebnisse
nicht bestätigen.
Dem Vorhandensein von Opsoninen in den Augen normaler
Tiere hat zur Nedden(31) seine Aufmerksamkeit geschenkt.
Nach seinen Angaben hat bereits Schneider Versuche über diese Frage an¬
gestellt. Dieser hat konstatiert, daß das erste Kammerwasser nur sehr wenig die
Phagozytose anzuregen vermag. Dagegen beeinflußt das regenerierte Kammer¬
wasser Typhusbazillen in vitro derartig, daß sie in großer Zahl von den Leukozyten
verzehrt werden, zur Nedden verwandte für seine Versuche Meerschweinchen¬
leukozyten, die er mit Kammerwasser bzw. Glaskörperflüssigkeit nicht immunisierter
Tiere und Menschen zusammenbrachte und auf verschiedene Bazillenkulturen
(Staph. albus, Pneumokokken, Streptokokken, Dysenteriebazillen und Diplobazillen
Merox-Axenfeld) einwirken ließ. Aus seinen Versuchen ergibt sich, daß Opsonine
unter normalen Verhältnissen im Humor aquaeus nicht angetroflen werden, aber
daß sie in dem nach der Punktion wieder angesammelten Kammerwasser sich vor¬
finden, um nach ein paar Stunden wieder zu verschwinden. Subkonjunktivale
Injektionen und entzündliche Prozesse in der vorderen Kammer vermögen das
Uebergehen von Opsoninen aus der Blutbahn in die Vorderkammer zu fördern.
Mit dem Nachweis von Opsoninen bei immunisierten Tieren beschäftigten
sich Knapp (32) und Bürgers (7). Knapp verglich das Kammerwasser und
und Serum von normalen und gegen Streptokokken und Staphylokokken immuni¬
sierten Kaninchen: Das Serum immunisierter Tiere enthielt die größte Menge von
Opsoninen, und die nach einer Punktion des Auges neu entstandene Kammer¬
flüssigkeit wies eben so viel Opsonine auf, wie das Blutserum normaler Tiere.
Bürgers gelang es ebenfalls, Opsonine im Humor aquaeus zu ermitteln.
Was die Antikörper erster Ordnung angeht, die Antitoxine,
so stellten Römer (33) wie Morax und Loiseau (15) (siehe oben) das Ueber-
382 BORCHARDT,
gehen der Diphtherieantitoxine von der Blutbahn in der Vorkammer fest. Auch
Bürgers(7) und Salus(14) bestätigen das Vorkommen von Antitoxinen im Kammer¬
wasser, und zwar ohne daß ein hyperämisierender Reiz das Auge getroffen hat.
Humor vitreus.
Nachdem wir so die Immunitätsverhältnisse des Kammerwassers
kennen gelernt haben, wollen wir die Frage prüfen, ob die Glas¬
körperflüssigkeit sich in dieser Beziehung wie das Kammerwasser
verhält.
In seiner chemischen Zusammensetzung und in seinem Ursprung
ähnelt der Humor vitreus durchaus dem Humor aquaeus. Seine
Eiweißmenge ist — und uns interessiert hier mit Rücksicht auf die
Antikörper nur die Eiweißraenge — wie im Karamerwasser ganz
minimal. Als Quelle für seine Entstehung sind gleichfalls die Fort¬
sätze des Corpus ciliare anzusehen. Jedoch ist ein bedeutungsvoller
Unterschied zum Kamraerwasser insofern vorhanden, als der Flüssig¬
keitswechsel innerhalb des Glaskörpers noch langsamer vor sich geht,
als in der Vorderkammer.
Erfahrungsgemäß finden Bakterien, die in das Augeninnere ein¬
gedrungen sind, im Glaskörper einen guten Boden für ihre Weiter¬
entwickelung. Das kann auf zwei Möglichkeiten zurückgeführt werden.
Entweder liefert der Glaskörper den Bakterien die für ihre Ent¬
wickelung notwendige Nährsubstanz in genügender Menge, oder dem
Auge fehlen im Innern die zur Abwehr der Bakterien abgestiramten
bakteriziden Substanzen, welche bekanntlich im Serum frei vor¬
handen sind. Herrnheim er (34) führte systematische Untersuchungen
über den Nährwert storiler Glaskörper für verschiedene pathogene
Bakterien aus. Er prüfte sowohl unverdünnten wie verdünnten als
auch mit Pepton versetzten Glaskörper und kam zu dem Ergebnis,
daß Tuberkelbazillen und pyogene Streptokokken gar nicht wuchsen,
und daß das Bacterium coli, Typhus-, Milzbrand- und Rotzbazillen
nur schlecht gediehen; andere dagegen, wie Bacillus pyocyaneus,
Diphtheriebazillen und Choleravibrionen, entwickelten sich im Humor
vitreus genau so gut wie in Bouillon. Trotz dieser Ausnahmen muß
man aber sagen, daß der Glaskörper nur einen minderwertigen Nähr¬
boden für Bakterien darstcllt, und man muß annehraen, daß dem
Glaskörper die dem Blutserum gegen Bakterieninvasionen zur Ver¬
fügung stehenden bakterienfeindlichen Substanzen abgehen. Diese
Annahme erscheint nach dem von Römer aufgestellten Gesetz von
der Zytotoxinretention vollständig gerechtfertigt. Ebenso wie der
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 383
Ziliarkörper imstande ist, Körper von ambozeptorähnlichem Bau —
und das sind Bakteriolysine — und Komplemente vom Eintritt in
das Kammerwasser abzuhalten, so wird er es auch für den Glas¬
körper tun.
Wie raitgeteilt, hat Wessely vermocht, durch starke, die Hyper¬
ämie in den Ziliargefässen hervorrufende Reize, die normalerweise
im Kammerwasser fehlenden Hämolysine und ihren Uebertritt in
die Vorderkammer zu ermöglichen.
Dies gelang ihm aber nicht mit der Glaskörperflüssigkeit, auch nicht mit
Hilfe konzentrierter, mehrmals ausgefiihrter Kochsalzinjektionen. Römer bestätigt
dieses Resultat; nach seinen Beobachtungen vermögen weder Punktionen noch
subkonjunktivale Injektionen den Glaskörper mit Hämolysinen zu durchtränken.
Posseks Versuche führten jedoch zu einem widersprechenden Ergebnis (35).
Die normale Glaskörperflüssigkeit von gegen Rindererythrozyten immunisierten
Kaninchen war im Gegensatz zum Blutserum derselben Tiere nicht imstande, die
Blutkörperchen zu lösen. In ihr fehlten sowohl das Komplement als auch der
hämolytische Ambozeptor vollständig; aber auch durch mehrmalige, in kurzen
Zwischenräumen vorgenommene Punktionen oder subkonjunktivale Injektionen
einer lOproz. Kochsalzlösung gelang es Possek, eine hämolytische Wirkung des
Corpus vitreum herbeizuführen. Jedoch war die Hämolyse in diesen Fällen nie¬
mals eine so vollständige wie die durch das zugehörige Kammerwasser erzeugte.
Die Punktionen vermochten die Hämolysine in weit stärkerem Maße in den Glas¬
körper zu locken als die subkonjunktivalen Injektionen. Auch ist anzunehmen,
daß der hämolytische Ambozeptor besser Übertritt als das Komplement; denn
dieses hat Possek nach den subkonjunktivalen Einspritzungen stets vermißt.
Auch Bürgers (7) berichtet von einem — allerdings nur sehr allmählichen und
sehr spärlichen — Uebertritt bakteriolytischer und hämolytischer Substanzen in den
Humor vitreus bei immunisierten Tieren. Diese Substanzen traten auch nur dann
in den Glaskörper ein, wenn die Reizungen der Augen energisch und wiederholt
ausgeführt wurden. Kuffler (36) sah allerdings, auch ohne daß er die Augen
seiner Versuchstiere einem Reiz aussetzte, AntistofTe in geringer Menge in den
Glaskörper übergehen, indem er an zumeist aktiv immunisierten Tieren den Unter¬
schied zwischen Antikörpergehalt des Blutserums und des Humor vitreus fest¬
stellte. Von 4 Tieren, die mit Hammelblut immunisiert waren und deren Blut¬
sera die Blutkörperchen ira Verhältnis 1:6000—10000 lösten, zeigte der Glaskörper
bei einem Tiere Lösung bei 1:10 und das zugehörige Blutserum 1:10000.
Kuffler immunisierte ferner 9 Kaninchen, je 3 mit Bacterium coli, Bacillus
pyocyaueus und einem den Typhusbazillus fast identischen Bazillus. Er berichtet,
daß die Blutsera seiner Versuchstiere die Agglutinationstiter 1:5000—10000 auf¬
wiesen, daß dagegen die Glaskörperflüssigkeiten in den meisten Fällen gar nicht
oder in den günstigsten Fällen in der Verdünnung 1:10 agglutinierten.
Eine komplementablenkende Wirkung konnte Kuffler
jedoch ira Gegensatz zum Blutserum von Tieren, die er gegen den
Bacillus pyocyaneus immunisiert hatte, nicht feststellen.
384
BORCHARDT,
Aus diesen von Kuffler erzielten positiven Resultaten ergibt sich, daß die
Antikörper — falls überhaupt — höchstens in lOOOfacher Verdünnung in dem
Glaskörper anzutreffen sind. Dieses Mengenverhältnis ist, wie wir gesehen haben,
auch für das Kammerwasser konstatiert worden.
Wessely und Römer (20), wie auch Leber (6) haben das Auf¬
treten von Agglutininen, Römer auch das von Präzipitinen
im Corpus vitreum beobachtet.
Possek (35) stellte eine Reihe von Versuchen an über den Einfluß des
normalen Glaskörpers nioht immunisierter Tiere auf Bakterien. Er beschickte zu
diesem Zweck Bakterienkulturen mit steril aufgefangener Glaskörperflüssigkeit und
Blutserum von Rindern und Schweinen. (Vibrio Finkler-Prior und Bacterium coli.)
Possek stellte fest, daß der Humor vitreus in keinem Falle eine
Keim Verminderung herbeigeführt hatte,
während das Blutserum jedesmal eine ausgesprochene bakterizide Wirkung ent¬
wickelte. Fossek sah außerdem, daß der Glaskörper, mit Blutserum vermischt,
auf dieses eine hemmende Wirkung in seiner bakterienfeindlichen Kraft nicht aus¬
zuüben vermochte.
Schneider (37) stellte experimentelle Untersuchungen an zur Serum¬
therapie der Pneumokokkeninfektion der Augen
und untersuchte bei aktiv und passiv immunisierten Tieren den Glas¬
körper auf seinen Gehalt an ßakteriotropinen.
Erst nach der Parazentese oder sonstigen Reizung des Auges war es ihm möglich,
in dem regenerierten Kammerwasser x / s — 1 / 2 Teil der im Blutserum enthaltenen
Menge bakteriotroper Substanzen nachzuweisen, während er die Bakteriotropine in
der Glaskörperflüssigkeit nur dann auffand, wenn er die Vorderkammer mehrere
Male punktierte, und wenn er den Versuchstieren mindestens 2 ccm des Impf¬
stoffes pro Kilogramm Köpergewicht einspritzte.
zur Nedden (31) beobachtete, daß in normalen Tieren Opsonine
nur nach mehrmaliger Parazentese in dem Glaskörper auftreten, und
daß sie dann erst nach mehreren Tagen wieder völlig aus ihm ver¬
schwinden.
Subkonjunktivale Injektionen riefen diese Wirkung jedoch nicht hervor im
Gegensatz zu ihrer Wirkung in der Vorderkammer. Aber auch Entzündungsprozesse,
sofern sie ihren Sitz im Glaskörper selbst und nicht im Vorderteil des Auges
haben, bewirken, daß die Opsonine in stärkerem Maße in den Humor vitreus hin¬
eingezogen werden.
Daß die Aufnahme von Serumsubstanzen seitens des Humor
vitreus nur eine ganz geringe ist, beleuchten auch die Versuche
Axenfelds.
Nach Possek hat Axenfeld Kaninchen gegen Pneumokokken immunisiert,
die er einem mit Panophthalmie behafteten Auge entnahm. Die Tiere bekamen
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 385
schließlich tödliche Dosen, blieben aber am Leben. Wurden die Pneumokokken
in den Glaskörper dieser immunisierten Tiere verimpft, so erzeugten sie auch hier
eine Panophthalmie genau wie bei nichtgeimpften Kaninchen, nur mit dem Unter¬
schied, daß sie am Leben blieben, während die nicht immunisierten starben. Auch
mehrmalige Punktionen des Auges hatten eine Aenderung im Verlauf der Erkrankung
nicht zur Folge.
Eigene Versoche.
In der Tiermedizin liegen Versuche ähnlicher Art kaum vor. Da
die einschlägigen Fragen sich aus verschiedenen Gründen bei der
Rotzkrankheit der Pferde auf das beste prüfen lassen, erteilte mir
Herr Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Schütz im Sommer 1911 den
Auftrag, die Frage zu untersuchen, ob und in welcher Menge sich
Antikörper bei rotzkranken Pferden im Humor aquaeus und
vitreus vorfinden. Später wurde diese Frage weiter gefaßt und
auf die Prüfung anderer Körperflüssigkeiten ausgedehnt. So
wurden dann fast regelmäßig die Synovia und die Flüssigkeiten, die sich
normalerweise im freien Raum der Bauchhöhle, zwischen den
Brustfellsäcken und im Herzbeutel vorfinden, untersucht. In
ganz vereinzelten Fällen war auch Gelegenheit, noch andere Flüssig¬
keiten zu prüfen: So Harn, Zerebrospinal- und Allantoisflüssigkeit
mit den Körperflüssigkeiten des zugehörigen Fötus. In jedem Falle
wurde gleichzeitig das Blutserum des betreffenden Pferdes zur Unter¬
suchung herangezogen, um so einen Vergleich für die Beurteilung des
gesamten Ergebnisses zu erhalten.
Die genannten Flüssigkeiten wurden auf ihren Gehalt an Agglu-
tinen, Präzipitinen und komplementablenkenden Substanzen
untersucht. . Für Kontrollversuche dienten mir Körperflüssigkeiten
teils von an inneren Krankheiten, wie Kolik usw. eingegangenen
Pferden, teils von solchen Tieren, die zum Zwecke von Präparier-
und Extenterierübungen getötet wurden. Mit freundlicher Erlaubnis
des Geh. Regierungsrats Prof. Dr. Schmaltz und Herrn Prof. Dr.
Eberl ein entnahm ich den Pferden Blut bei Lebzeiten, bzw. die
Flüssigkeiten während der Extenterationen.
Versuche, auch ßakteriolysine, Opsonine und andere Antistoffe
nachzuweisen, habe ich unterlassen zu können geglaubt. Ich fühlte
mich hierzu umsomehr berechtigt, als über das Studium dieser Anti¬
körper bei der Rotzkrankheit nur wenige Untersuchungen vorliegen.
Aus diesen geht hervor, daß der Nachweis der genannten Antistoffe
bisher nicht einwandfrei geglückt ist. Andererseits hätten diese
Untersuchungen bei der Schwierigkeit ihrer Technik von mir inner-
386 BORCHARDT,
halb der für ihre Anstellung notwendigen Zeit nicht gut allein aus¬
geführt werden können.
Die Untersuchungen der Körperflüssigkeiten mit Hilfe der Agglu-
tinations- und Komplementablenkungsmethode fand in der¬
selben Weise statt, wie sie für die Prüfung des Blutserums rotz¬
verdächtiger Pferde seit vielen Jahren im pathologischen Institut der
Tierärztlichen Hochschule zu Berlin geübt wird.
Zur Untersuchung auf den Gehalt an Agglutininen bedarf es der Test¬
flüssigkeit. Diese stellte eine Aufschwemmung von Rotzbazillen dar [Schütz und
Mießner (38)], welche derart gewonnen wird, daß man letztere auf 5proz.
Glyzerinagar umzüchtet. Solche Kulturen eignen sich besser für Agglutinations¬
zwecke als frisch aus dem Tierkörper isolierte Bazillen. Gut bewaohsene Schalen¬
kulturen der Rotzbaziilen werden nun bei einer Temperatur von 60° abgetötet.
Nach Uebergießen mit steriler Karbolkochsalzlösung (0,5proz. Karbol, 0,85proz.
NaCl-Lösung) mit Hilfe einer Platinöse abgeschwemmt und dann filtriert. Die so
erhaltene Testflüssigkeit ist nicht ohne weiteres gebrauchsfertig. Sie kann erst
dann Verwendung finden, wenn sie mit einer alten, schon im Gebrauch stehenden
den gleichen Agglutinationstiter aufweist. Zu diesem Zweck verdünnt man zu¬
nächst die Aufschwemmung so lange mit Karbolkochsalzlösung weiter, bis sie
denselben Durchsichtigkeitsgrad erlangt hat, wie die alte Testflüssigkeit, und
agglutiniert dann beide Testflüssigkeiten vergleichsweise mit mehreren Sera rotz-
kranker und gesunder Pferde, deren Titer bekannt und möglichst verschieden
voneinander sind.
Für die eigentliche Ausführung der Agglutination wird von der zu unter¬
suchenden Körperflüssigkeit zunächst eine Grundverdünnung aus 1 Teil der
Flüssigkeit und 39 Teilen Karbolkochsalzlösung hergestellt. Von dieser Ver¬
dünnung werden die Mengen 0,01, 0,02, 0,04, 0,06, 0,08, 0,1, 0,13, 0,16, 0,2, 0,4,
0,8, 1,6, 3,2, 4,0, 8,0 und 16,0 ccm mittelst steriler Pipetten in Reagierröhrcheo
gefüllt, so daß nach Zusatz von je 2 ccm Testflüssigkeit die Mischungsverhältnisse
1:8000, 1:4000, 1:2000, 1:1500, 1:1000, 1:800, 1:600, 1:500, 1:400, 1:200,
1:100, 1:50, 1:25, 1:20, 1:10 und 1:5 entstehen. Bei der praktischen An¬
wendung der Agglutination für.meine Versuche zeigte sich bald, daß es in der
Regel ausreichte, nur die letzten starken Verdünnungen zu wählen. Denn ich
habe mich davon überzeugen müssen, daß Agglutinine in den einzelnen Körper¬
flüssigkeiten nur in weit geringerer Menge auftreten als im Blutserunm. — Um
das Ergebnis der Agglutination möglichst bald ablesen zu können, wurden die
Mischungen 10 Minuten lang zentrifugiert [Pfeiler (39)] und das Resultat nach
l l j 2 Stunden abgelesen.
Sind in einer Flüssigkeit die Agglutinine vorhanden, so werden durch diese
die Rotzbazillen „zusammengeleimt“ und erscheinen am Boden dos Glases als feine
Schleier oder Flocken. Ist die Flüssigkeit aber nicht agglutininhaltig, so werden
die Rotzbazillen infolge der Zentrifugalkraft an den kalottenförmigen Boden des
Röhrchens geworfen und bilden dort einen leicht aufwirbelbaren Haufen, der als
ein dicker Punkt erscheint. In einigen Röhrchen beobachtet man sowohl Schleier-
wie Punktbildung als Zeichen einer nur schwachen Agglutination. Ein solches
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde, 387
Ergebnis habe ich in meinen Tabellen mit einem ± angegeben, während im
übrigen ein -(-Zeichen vollständige Agglutination und ein — Zeichen das Fehlen
einer Agglutination bedeuten. Die nachstehend aufgeführte Tabelle gibt die An¬
ordnung eines Agglutinationsversuches wieder.
Serumverdünnungen.
Pferd
o
1
to
c*
I # l
g
§
•*
8
g
o
o
J
V1000
V1500
Vjooo
o
o
o
^OD
W 131
1
i
+
+
+
+
—
—
_
!
i
_
_
\V 132
.
.
+
+
+
+
+ j
! +
+
4- ; —
—
—
W 133
.
.
+
+
+
+
+
1 +
+
+ +
+
—
Versuchspf. 6
.
!
+
l +: +
+ i
+ 1
1 +
+
+ i +
+
d=
Zur Untersuchung eines Serums mit Hilfe der Komplementablenkungs¬
methode braucht man das Antigen und das hämolytische System.
Als Antigen dient ein auf folgende Art hergestellter Rotzbazillen¬
schüttelextrakt [Schütz und Schubert (40)]: Rotzbazillen, die in Kolle-
schen Schalen auf 5proz. Glyzerinagar gut gewachsen sind, werden durch 2stün-
diges Einstellen in einen Thermostaten bei 60° abgetötet und mit Karbolkochsalz¬
lösung abgeschwemmt. Diese Abschwemmung sammelt man in kleinen Fläsch¬
chen, die in einem Schüttelapparat 4 Tage geschüttelt werden. Schließlich wird
die Flüssigkeit zentrifugiert und der überstehende Teil des so erhaltenen Extraktes
gelangt in der durch Titration als brauchbar ermittelten Menge zur Verwendung.
Diese ist gewöhnlich 0,01 ccm in 1 ccm physiologischer Kochsalzlösung.
Das hämolytische System besteht aus dem Komplement, dem hämolytischen
Ambozeptor und den roten Blutkörperchen des Schafes.
Als Komplement benutzt man Blutserum von Meerschweinchen. Da jedoch
die Menge des Komplements in diesem Serum Schwankungen unterworfen ist,
muß man vor jedem eigentlichen Versuche den Komplementgehalt bei Gegenwart
der 2—3fachen Menge der Arabozeptoreinheit foststellen. Ist so die Komplement-
menge genau bestimmt, gelangt im eigentlichen Versuch stets die kleinste
Menge des gerade die Lösung noch horbeiführenden Komplements
zur Verwendung.
Als hämolytischen Ambozeptor benutzt man das Serum eines Kanin¬
chens, das durch mehrmalige intraperitoneale Injektionen von Hammclerythrozyten
vorbehandelt worden ist. Doch muß auch der hämolytische Ambozeptor vor jedem
Versuch oder wöchentlich wenigstens einmal durch einen Vorversuch genau
austitriert werden, und er findet dann stets in der doppelt lösenden Dosis An¬
wendung.
Die roten Blutkörperchen, die für die intraperitonealen Injektionen der Ka¬
ninchen wie auch für alle hämolytischen Versuche Verwendung finden, werden
auf folgende Weise gewonnen: Einem Schafe wird aus der Jugularvene Blut ge¬
nommen, das in eine sterile Flasche geleitet wird, auf deren Boden sich sterile
Glasperlen befinden. Durch 10 Minuten langes Schütteln der Flasche, die mit
einem sterilen Wattebausch verschlossen ist, wird das Blut defibriniert, dann wird
es filtriert und schließlich gewaschen. Zu diesem Zwecke wird das Blut erst mit
physiologischer Kochsalzlösung gemischt und zentrifugiert, dann wird die Koch-
388
BORCHARDT,
Salzlösung wieder abgehoben. Dieses Waschen geschieht mehrere Male, um die
roten Blutkörperchen von dem ihnen anhaftenden Serum zu befreien.
Die einzelnen Körperflüssigkeiten verwandte ich meistens in den
Mengen 0,01, 0,02, 0,05, 0,1 und 0,2 ccm mit Ausnahme der Augenflüssigkeiten,
die bis zu 0,6 und 1,0 ccm zur Verwendung kamen. Die Sera und die einzelnen
Flüssigkeiten wurden unmittelbar vor den Versuchen l j 2 Stunde lang bei 56° im
Wasserbade gehalten, d. h. sie wurden „inaktiviert“, um dadurch ihre Komple¬
mente und andere „nicht spezifische“, die Hämolyse hemmende Stoffe zu zer¬
stören.
Der Komplementablenkungsversuch gestaltet sich nun derart, daß
in ein Reagierröhrchen zu den verschiedenen Mengen der Flüssigkeit: Je 1,0 ccm
physiologischer Kochsalzlösung, 1,0 ccm des Antigens in der Verdünnung 1 : 100
(siehe oben) und das Komplement gleichfalls in 1 ccm physiologischer Kochsalz¬
lösung gebracht und das Gemisch auf eine Stunde in den Thermostaten bei 37°
gestellt wird. Alsdann werden der hämolytische Ambozeptor und eine 5proz.
Aufschwemmung der roten Blutkörperchen, beide wieder in je 1 ccm physiologi¬
scher Kochsalzlösung verteilt, hinzugefügt und die Röhrchen auf mindestens
12 Stunden in den Brutofen gebracht.
Wenn das Serum von einem rotzkranken Pferde stammt, so enthält es einen
Immunkörper, also eine ambozeptorähnliche, „spezifisch ablenkende“ Substanz.
Dieser Körper hat, bevor hämolytischer Ambozeptor und rote Blutkörperchen zu-
gesetzt sind, Zeit gefunden, sich unter dem Einfluß des „sensibilisierenden“ An¬
tigens mit dem Komplement zu verbinden, so daß der hämolytische Ambozeptor
später am Komplement keinen Angriffspunkt mehr findet und freibleibt, da das
zur Herbeiführung der Hämolyse notwendige Komplement bereits zum Rotzimmun¬
körper abgelenkt worden ist. Die roten Blutkörperchen werden somit nicht auf¬
gelöst, sondern sinken auf den Boden des Röhrchens. Die überstehende Flüssig¬
keit wird dabei wasserklar, und wir sprechon in einem solchen Fall von einer
„vollständigen Hemmung der Hämolyse“. — Enthält das Serum aber einen
solchen Rotzimmunkörper, der das Komplement an sich zu reißen vermag, nicht,
so bleibt das Komplement frei und kann sich nachher mit dem hämolytischen
Ambozeptor verbinden, ln diesem Fall sind beide Faktoren vorhanden, die zur
Aufnahme der roten Blutkörperchen nötig sind, Komplement und Ambozeptor;
und man sieht im Reagierröhrchen als Zeichen der eingetretenen vollständigen
Hämolyse eine lackfarbige gleichmäßig rotgefärbte Flüssigkeit. Der Eintritt der
Hämolyse ist somit ein Beweis dafür, daß das zur Untersuchung gelangte Serum
frei von Rotzantikörpern ist. Die Menge der in einem Immunserum enthaltenen
Antistoffe wird selbstverständlich darüber entscheiden, wie stark die Hemmung
der Hämolyse ausfällt. Daher werden sich die Versuchsresultate in den ver¬
schiedensten Uebergängen zeigen: Von der vollständigen Lösung der roten Blut¬
körperchen bis zur vollständigen Hemmung der Hämolyse. Wir bekommen so Er¬
gebnisse, die wir als „schwache“, „mittelstarke“ und „starke“ Hemmung
der Hämolyse bezeichnen müssen, je nachdem die überstehende Flüssigkeit im
Versuchsröhrchen stärker oder schwächer rot gefärbt und die roten Blutkörperchen
einen kleineren oder größeren Haufen, „Kuppe“, auf dem Boden des Gläschens
bilden.
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 389
Zu jedem einzelnen Versuche gehören mehrere Kontrollversuche. Oben
ist bereits erwähnt worden, daß der ambozeptorähnliche Immunkörper eine ,,spe¬
zifisch ablenkende 14 Substanz genannt wird. Es enthält aber außerdem jedes
Serum, auch das nichtrotzkranker Pferde, Bestandteile, die ebenfalls die Hämolyse
hemmen können und die man daher als „nicht spezifische 44 bezeichnet.
Eine der notwendigsten Kontrollen ist nun die, daß geprüft wird, ob die zu
untersuchende Flüssigkeit als solche keine anderen ablenkenden Substanzen ent¬
hält. Für diesen Zweok werden in ein zweites Reagiergläschen, sog. Kontroll-
röhrchen, außer dem Serum (bzw. der Flüssigkeit) die drei Bestandteile des
hämolytischen Systems eingefügt, das Antigen jedooh nicht hinzugesetzt und
statt dessen zu Beginn des Versuches noch 1 ccm NaCl-Lösung mehr. Tritt nun
in beiden Röhrchen vollständige Hämolyse ein, so ist diese ein Zeichen dafür, daß
im Serum sowohl „spezifisoh“ wie auch „nichtspezifisch ablenkende“ Substanzen
fehlen, und daß das Pferd nicht rotzig ist. Sollte dagegen, was bei Pferden nur
ausnahmsweise, bei Eseln und Maultieren jedooh in der Regel der Fall ist
[Pfeiler und Weber (41)], eine Hemmung der »Hämolyse in beiden Röhrchen
vorliegen, so dient dies als Beweis dafür, daß das Serum „nichtspezifisch ab¬
lenkende“ Bestandteile enthält. Ist aber im Versuchsröhrchen eine Hemmung
der Hämolyse, im Kontrollröhrohen dagegen eine Lösung der roten Blutkörperchen
festzustellen, so ist es sicher, daß „nichtspezifische“ Stoffe fehlen, und daß im
Serum Bestandteile enthalten sind, die nur unter dem Einfluß des Antigens die
Hemmung der Hämolyse herbeizuführen vermögen. Die Beachtung dieser Kon¬
trollen hatte für meine Versuche einen besonders großen Wert, da die einzelnen
von mir untersuchten Körperflüssigkeiten eine andere chemische Zusammensetzung
haben als das Blutserum und die „nichtspezifischen“ Stoffe aus diesem Grunde
vielleicht stärker in Erscheinung treten könnten. Es versteht sich, daß diese
Kontrollen in den meisten Fällen nur bei den höchsten Dosen der betreffenden
Flüssigkeit angesetzt wurden.
Am Schluß eines jeden Versuches ist es nötig, neben den eben beschriebenen
Kontrollen noch die sog. „Schlußkontrollen“ anzusetzen, durch welche zu
prüfen ist, ob Hemmungen der Hämolyse nioht etwa durch irgend eine Substanz
herbeigeführt sind, welche nicht in dem zu untersuchenden Serum, sondern in
einem der Untersuchungsmedien enthalten ist: also im Antigen oder in einer der
3 Bestandteile des hämolytischen Systems. Für diese Kontrollen werden 6 Röhr¬
chen gebraucht. In den ersten 2 derselben wird das Antigen in einfacher und
in doppelter Dosis, zusammen mit dem hämolytischen System und den roten Blut¬
körperchen geprüft. In das dritte Röhrchen gelangt das hämolytische System als
Ganzes zur Untersuchung unter Hinzufügung der Blutkörperchen und 2 ccm phy¬
siologischer Kochsalzlösung. In allen diesen 3 Röhrchen muß vollständige Lösung
eintreten, da die für den Eintritt der Hämolyse notwendigen Komponenten in
jedem Falle vorhanden sind. Sollte jedoch die Lösung gehemmt sein, so ist dies
ein Zeichen dafür, daß das Antigen für sich allein hemmt oder daß das hämo¬
lytische System nicht in richtiger Weise zusammengesetzt ist. In den drei
letzten Röhrchen werden die einzelnen Bestandteile des hämolytischen Systems
kontrolliert: also im vierten das Komplement uud im fünften der hämolytische
Ambozeptor, jedesmal unter Hinzufügung der roten Blutkörperchen und von 3 ccm
Archiv f. wissensch. u. prakt. Tierheilk. Bd. 41. H. 6.
26
390
BORCHARDT,
NaCl-Lösung. Im letzten Röhrchen werden 4 ccm der physiologischen Kochsalz¬
lösung mit den Blutkörperchen geprüft. Diese Kontrolle ist deshalb notwendig,
weil Kochsalzlösung bei zu schwacher bzw. zu starker Konzentration imstande ist,
die roten Blutkörperchen aufzulösen, wenn sie mit Kochsalzlösung in Berührung
gebracht werden. — Ein Versuch ist nur dann als gelungen anzusehen, wenn
außer in dem Serumkontrollröhrohen die drei ersten Schlußkon¬
trollen „Lösung“ und die drei letzten Schlußkontrollen eine „voll¬
ständige Hemmung“ der Hämolyse aufweisen.
Die folgende Tabelle zeigt die Anordnung eines Komplementablenkungs¬
versuches. Die Zahlen bedeuten die Mengen der Flüssigkeiten resp. der Unter¬
suchungsmedia, in Kubikzentimetern angegeben.
Pferd
ho
£2
3
00
:G
o
cö
Serummenge
Antigen
p
<v
B
2
Q.
B
o
Hum. Amboz.
vorher 5000
Blutkörperch.
Prüfungsröhrchen
Kon troll-
röhrchen
1
0,01
1
l
1
1
Lösung
1
0,02
1
1
1
1
Schwache Hemmung
—
W 132
1
0,05
1
1
1
1
Starke „
—
1
0,1
1
1
1
1
Vollständige „
—
1
0,2
1
1
1
1
n ■»
Lösung
Schlußkontrolle für:
Antigen (1) .
„ ( 2 ) .
Häraolyt Syst.
Komplement.
Hum. Amboz.
NaCl-Lösung.
1
1 1
i
i
—
2
i
i
2
—
i
i
3
! —
i
—
3
—
i
4
1 —
—
—
1
1
1
1
1
1
| Lösung
\ Vollst. Hemmung
j der Hämolyse
Die Körperflüssigkeiten auf den Gehalt an Präzipitinen zu prüfen, war
ich in einer größeren Zahl der Fälle in der Lage.
Die Ausführung geschah nach der von Pfeiler (42, 43) angegebenen
Sohichtmethode. Die Untersuchung wird mit einem Rotzbazillenextrakt vor¬
genommen, der ebenso hergestellt wird, wie der zum Zweck der Komplement¬
ablenkungsmethode zur Anwendung gelangende. Die Prüfung wird in Becher¬
sehen Röhrchen ausgeführt: Das sind etwa 4 cm lange und 3 mm weite, oben
in einen flachen Tragerand auslaufende, den Uhlenhuthschen Röhrchen ähnliche
Gläschen. Ich verwandte von dem Extrakt verschiedene Verdünnungen: 1:2, 1:5,
1:6,1:10,1:15,1:20,1:30,1:50,1:100.
Vom Blutserum rotzkranker Pferde ist bekannt, daß es einen hohen Gehalt
an Präzipitinen besitzt. Ueberschichtet man ein solohes Serum vorsichtig mit
Rotzbazillenextrakt, so bildet sich an der Berührungsstelle der beiden Medien ein
grauer, trüber, ringförmiger Niederschlag. Dieser, das Präzipitat, ist als das
Reaktionsprodukt des im Extrakt vorhandenen Präzipitinogens auf den im
Serum gebildeten Immunstoff, das Präzipitin, anzusehen. Aber auch die Sera
nichtrotziger oder an anderen Krankheiten leidender Pferde haben, wenn auch
nicht in allen Fällen, die Eigenschaft, bei der Berührung mit Rotzbazillenextrakt
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 391
einen Ring zu erzeugen. Jedoch hält diese Ringbildung in der Regel nur einige
Zeit an, im Gegensatz zu der, welche durch Anwendung eines Rotzserums hervor¬
gerufen wird und welche noch nach mehreren Stunden zu beobachten ist. Das
Schichten des Extraktes auf das Serum muß sehr langsam vorgenommen werden,
um ein Aufwirbeln des Serums oder ein Mischen der beiden Flüssigkeiten zu ver¬
hindern; daher läßt man zuerst vorsichtig einen kleinen Tropfen des Extraktes,
etwa 0,02 ccm, an der Innenwand des Röhrchens hinablaufen und läßt erst dann,
wenn der Tropfen sich auf der Oberfläche des Serums ausgebreitet hat, ungefähr
1 / 2 com des Extrakts langsam nachlaufen.
Unmittelbar nach der Tötung der Pferde 1 ) wurden die Augäpfel der Augen¬
höhle entnommen, von den ihnen anhaftenden Muskelresten befreit, gründlich ge¬
säubert und getrocknet. Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, daß im Innern
der Augen keine pathologischen Veränderungen wie Linsentrübungen, Glaskörper¬
verfärbungen bestanden, legte ich in der Kornea einen kleinen Sohnitt an, um
das Kammerwasser austreten zu lassen. Bei den Versuchen benutzte ich jedoch
nur das zuerst und im Strahl ausgeflossene Kammerwasser, nicht dagegen das
noch zum Schluß nachtröpfelnde, denn ich hielt es nicht für ausgeschlossen, daß
sich infolge des plötzlich gesunkenen Druokes im Augeninnern oder infolge einer
Verschiebung der Linse auch Glaskörperflüssigkeit unter das Kammerwasser
mischte.
Nachdem ich den letzten Rest der Kammerflüssigkeit, die Linse und vor¬
gefallene Teile der Iris bzw. des Ziliarkörpers entfernt hatte, fiug ich die Flüssig¬
keit auf, die sich tropfenweise aus dem Maschenwerk des Corpus vitreum entleerte.
Beide Flüssigkeiten wurden, wenn es nötig war, filtriert und zentrifugiert, um Bei¬
mengungen zur Abscheidung zu bringen, welche aus dem Fadengerüst des Glas¬
körpers stammten oder aus abgelösten Retina- und Irisstücken bestanden.
Schließlich wurden beide Flüssigkeiten, wie späterhin auch die übrigen, zwecks
längerer Haltbarmachung konserviert, d. h. sie wurden zu 10 Raumteilen mit
1 Raumteil einer 5proz. Karbolsäurelösung versetzt.
Ich untersuchte die Augenflüssigkeiten im ganzen in 39 Fällen; davon
stammten 29 von rotzkranken Pferden.
Lagen im Innern der Augen der rotzigen Pferde keine krankhaften Verände¬
rungen vor, so sprach auch nichts dagegen, von beiden Augen einerseits das
Kammerwasser, andererseits die Glaskörperflüssigkeit gemeinsam zu prüfen. Auf
diese Weise standen mir die beiden Flüssigkeiten fast immer in Mengen von
ungefähr 3,0 bzw. 5,0 ccm zur Verfügung. Es war mir daher in den meisten
Fällen möglich, außer der Untersuchung mit Hilfe der Komplement¬
ablenkungsmethode auch die Prüfung auf Agglutinins und Präzipitine
durchzuführen.
In zwei Fällen (B 94 und A 115) untersuchte ich mit Rücksicht auf patho¬
logische Zustände in den Augen Humor aquaeus und Humor vitreus
1) Kurze kasuistische Aufzeiohnungen über die bei den einzelnen Pferden
vorliegenden pathologisch-anatomischen Veränderungen sind anhangsweise vor den
Tabellen mitgeteilt.
26
392 BORCHARDT,
beider Seiten getrennt. Der Befand an den Augen dieser beiden Pferde war
folgender:
B 94: Rechter Bulbas kleinor als der linke, der Glaskörper trübe and rötlich
verfärbt, die Linse undurchsichtig.
A 115: Der linke Glaskörper sehr trübe und verflüssigt. Luxation der Linse,
das Kammerwasser gleichfalls trübe.
Die Veränderungen waren in beiden Fällen nichtrotziger Natur.
In den übrigen Fällen nahm ich die Versuche an Augenflüssigkeiten vor,
welche normalen, nichtbeeinflußten Augen entstammten. Aus äußeren Gründen
war ioh nicht in der Lage, vor der Tötung der Pferde die Augen einem hyper-
ämisierenden Einfluß auszusetzen und die Flüssigkeiten nach Einwirkung soloher
Reize zu studieren.
Um über genügend Untersuchungsmaterial zu verfügen, war ich bei den
normalen, nichtrotzkranken Pferden genötigt, Kammerwasser und Glas¬
körperflüssigkeit zu vermisoben und beide Flüssigkeiten gemeinsam zu untersuchen;
eine Ausnahme wurde nur bei dem Konirollpferd IV gemacht.
Im folgenden gebe ich über meine Versuchsergebnisse einen Ueberblick und
verweise für das Studium von Einzelheiten auf das Tabellen werk.
Gesunde Pferde.
An den Augenflüssigkeiten von 10 gesunden Pferden
habe ich nur in der Hälfte der Fälle Agglutinine und auch
nur in sehr geringen Mengen nachgewiesen. Viermal wiesen
die Sera den Titer 1 : 5 und einmal den Titer 1 : 10 auf.
Präzipitine und komplementablenkend e Substanzen
waren im übrigen nicht festzustellen.
Rotzkranke Pferde.
Prüfung auf den Gehalt an Agglutiniuen.
Bis auf die Fälle B 94 und A 115 betrafen die Untersuchungen
22 Augenflüssigkeiten, welche pathologisch nicht verändert
waren. In diesen 22 Flüssigkeiten waren Agglutinine 8 mal zu
ermitteln, und zwar sowohl im Humor aquaeus wie im Humor
vitreus. 6 mal wurde der Titer 1:5 und 2 mal sicher 1:10 festgestellt.
In den übrigen Fällen waren Agglutinine überhaupt nicht nachweisbar.
Es entspricht dieses Ergebnis völlig dem an den normalen
Augen festgestellten. Ein Ansteigen der Agglutinine in den
unbeeinflußten Augenflüssigkeiten findet, soweit meine
Untersuchungen Schlüsse zulassen, bei der Rotzkrankheit
der Pferde nicht statt.
Anders verhält es sich bei den kranken Augen. Der Humor
vitreus des rechten Auges von B 94 agglutinierte die Rotzbazillen
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 393
deutlich bei 1:800, während der Titer des linken Humor vitreus
unter 1: 50 lag. Leider war es mir aus Mangel an Material nicht
möglich, auch die Kammerflüssigkeiten der Untersuchung zu unter¬
ziehen. Im Falle A 115, bei dem der linke Bulbus befallen war,
zeigte die linke Glaskörperflüssigkeit Agglutination bei einer
Verdünnung 1:50 und die zugehörige Kammerflüssigkeit bei einer
solchen unter 1 : 50.
Prüfung auf den Gehalt an Präzipitinen.
Die unveränderten Augenflüssigkeiten von 22 rotzkranken
Pferden ergaben niemals den Eintritt einer Präzipitation bei
Ueberschichtung mit Rotzbazillenextrakt. Die beiden Fälle B 94 und
A 115 bildeten auch hier eine Ausnahme: Es trat bei der Berührung
mit dem Antigen eine deutliche und längere Zeit bestehen¬
bleibende Ringbildung ein.
Prüfung auf den Gehalt an komplementablenkender
Substanz.
Mit 29 Kammer- und Glaskörperflüssigkeiten erzielte ich
mit Mengen von 0,2 bis 1,0 ccm in den höchsten Dosen 8 mal im
Humor aquaeus und 7 mal im Humor vitreus eine aus¬
gesprochene Hemmung der Hämolyse („schwach bis mittel¬
stark“). 1 bzw. 3 mal nahm ich eine Andeutung der Komplement¬
ablenkung wahr („sehr schwach“). In allen übrigen Fällen wurden
die roten Blutkörperchen vollständig gelöst.
In 2 Fällen (VV 148 und A 149) konnte ich beobachten, daß die
niedrigere Dosis von 0,2 ccm stärker ablenkte, als die
höhere von 1,0 ccm. Eine solche paradoxe Ablenkung haben
Pfeiler und Weber (41) am Blutserum rotzkranker Pferde mehrfach
festgestellt. Die gleiche Beobachtung machte ich auch bei anderen
Körperflüssigkeiten (s. u.).
Analog dem Verhalten bei der Agglutinations- und Präzipitations¬
prüfung ließ sich auch hier in den Flüssigkeiten der kranken Augen
ein sehr starker bzw. stärkerer Gehalt an Antistoffen wahr¬
nehmen. Während die Hemmung der Hämolyse in den übrigen
Augenflüssigkeiten höchstens den Grad „mittelstark“ erreichte, lenkte
im Falle B 94 der rechte Humor vitreus das Komplement vollständig
ab und der rechte Humor aquaeus schwach. Ira Falle A 115 riefen
beide Flüssigkeiten eine „starke“ Koraplementablenkung hervor.
394
BORCHARDT,
Untersuchung der Synovia, der Bauchhöhlen-, Herzbeutel- nnd Brost-
fellsackflüssigkeiten.
Literatur.
Bisher hat die Frage nur wenig Bearbeitung gefunden, ob und
in welchem Maße die Synovia und die Flüssigkeiten, die sich normaler¬
weise in nur geringen Mengen im freien Raum der Bauchhöhle, im
Herzbeutel und zwischen den Brustfellsäcken befinden, bei den ver¬
schiedenen Infektionskrankheiten Antistoffe aufspeichern.
Brande und Carlson (10) impften Hunde und Katzen 3 bzw. 2mal intra-
peritoneai mit Typhusbazillen, um die Agglutinationsfähigkeit des Serums
mit derjenigen anderer Flüssigkeiten zu vergleichen. Die Verfasser fanden, daß
bei normalen Hunden außer dem Blutserum und anderen hier nicht näher berück¬
sichtigten Flüssigkeiten die Herzbeutelflüssigkeit imstande ist, die Typhusbazillen
zu agglutinieren. Das gleiche Verhalten wie die normalen, nioht immunisierten
Hunde zeigten die immunisierten Katzen. Dieses verringerte Agglutinationsver¬
mögen trat nochmals bei den nicht immunisierten Katzen zutage, deren Flüssig¬
keiten überhaupt keine Agglutinationen aufwiesen. Bei den immunisierten Hunden
war die Agglutination dagegen sehr stark ausgeprägt, im Serum und in der Herz¬
beutelflüssigkeit sogar „vollständig“. Die Verfasser geben in ihren Mitteilungen
aber nicht an, wie hoch die einzelnen Agglutinationstiter waren. In einem Typhus¬
fall zeigte die Herzbeutelflüssigkeit, wie Widal (12) mitteilt, ein Agglutinations¬
vermögen bis zur Verdünnung 1 : 60, während das Blutserum 1:350 agglutinierte.
Greer und Becht(ll) impften Hunde und Katzen, sowohl aktiv wie passiv
gegen Typhus und gelangten, was die Agglutination anbetrifft, im wesentlichen
zu den gleichen Ergebnissen wie Brande und Carlson, nur mit dem Unter¬
schied, daß die Herzbeutelflüssigkeit passiv immunisierter Tiere die Typhusbazillen
nicht zu agglutinieren vermochte. Präzipitationen wiesen die Verfasser io den
Flüssigkeiten weder von 3 normalen noch von 7 immunisierten Tieren nach, mit
Ausnahme von 3 Tieren, deren Serum präzipitierte.
Auf Hämolysine untersuchten Greer und Becht gleichfalls die Flüssig¬
keiten der mit Kaninchenblutkörperohen vorbehandelten Hunde. In Normaltieren
führte das Serum stets und in immunisierten Tieren für gewöhnlich auch die Herz¬
beutelflüssigkeit die Hämolyse herbei. Der Zusatz von Meerschweinchenserum in
nicht hämolytischen Dosen vermehrte die hämolytische Kraft bedeutend (aber nicht
im Kammerwasser). Im Gegensatz zu Greer und Becht fand Mioni (14) schon
in der normalen Herzbeutelflüssigkeit einen hämolytischen Ambozeptor. Die
Flüssigkeit an sich führte die Hämolyse von Meerschweinchenblutkörperchen noch
nicht herbei, wohl aber trat starke Hämolyse nach Zusatz von Pferdeserum, das
an sich nicht hämolytisch wirkte, ein. Andererseits blieb die Hämolyse aus, wenn
ein auf 56° erwärmtes Rinderserum der Herzbeuteiflüssigkeit zugeführt wurde.
Hughes und Carlson (45) wiesen in 12 normalen Hundeherzbeutelflüssigkeiten
6mal ein leichtes hämolytisches Verhalten auf Kaninchenblutkörperchen nach.
v. Marshalko, Cziki und Jansco (46) stellten ausgedehnte Versuche an,
um die Frage zu beleuchten, ob außer dem Blutserum von Luetikern auch andere
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 395
Sera des menschlichen Körpers die Wassermannsohe Reaktion geben könnten.
Sie untersuchten zu diesem Zweck Leichenmaterial, u. a. 70 perikardiale, pleurale
und Aszitesflässigkeiten. Das Ergebnis des Versuchs war, daß in allen Fällen, in
denen das Blut positiv reagierte, auch die genannten Flüssigkeiten positive Wasser-
mannsche Reaktion ergaben. Das Serum lenkte das Komplement am stärksten
ab, und es folgten sich in der Stärke die Herzbeutel-, die pleurale und dann die
Aszitesflüssigkeit. Abrikosoff (47) konstatierte gleichfalls positive Wasser-
mannsche Reaktion in der Herzbeutelflüssigkeit. Er untersuchte 12 Fälle (2 Schar¬
lach und 10 Syphilis) und fand dabei, daß die Reaktion mit der perikardialen
Flüssigkeit etwas später auftrat als die mit dem Serum. Rosenberg (48) studierte
den Uebergang der Agglutinine in Transsudate. Zu diesem Zweck immunisierte er
Kaninchen aktiv gegen Typhus, und einem Teil seiner Versuchstiere unterband er
die Harnleiter. Auf diese Weise wurde in diesen Tieren eine experimentelle Urämie
hervorgerufen, die Wände der Kapillargefäße wurden durchlässiger, und in den
Körperhöhlen sammelten sich größere Mengen von Flüssigkeiten an (wirkliche
Transsudate). Rosenberg sah nun die Agglutinine stets in die Körperllüssig-
keiten übertreten, falls die Agglutinationskraft des Blutes eine hohe war. In den
Transsudaten der Kaninchen, an denen die Ureterenunterbindung vorgenommen
war, sammelten sich die Agglutinine in bedeutendem Maße an. Auch in diesen
Fällen richtete sich die Agglutinationsfähigkeit der einzelnen Transsudate nach der
des Blutes. Die eiweißreichen Transsudate, Aszites-, Herzbeutel- und Pleuratrans¬
sudate vermochten mehr Agglutinine anzuhäufen als das Kammerwasser. Nach
der Obturation der Ureteren nahm die Produktion der Agglutinine bald ab oder
wurde vollständig eingestellt. Andererseits hörten die Kapillarwände nach dem
Tode der Tiere nicht auf, die Agglutinine hindurchzulassen.
Das bakterizide Vermögen der Herzbeutelflüssigkeit zu prüfen, nahmen
Botelli und Mioni (49) Gelegenheit. Die Verfasser stellten in der Herzbeutel¬
flüssigkeit das gänzliche Fehlen oder nur die Spur einer bakteriziden Kraft auf
frische Cholerakulturen fest, während das Blutserum stark bakterizid wirkte.
Außer den bisher angeführten Beobachtungen, welche sämtlich an normalen
Flüssigkeiten vorgenommen worden sind, finden sich in der Literatur auch ein¬
gehende Untersuchungen über pathologisch veränderte Flüssigkeiten,
Transsudate und Exsudate, die ebenfalls auf ihren Gehalt an Antistoffen ge¬
prüft worden sind.
Mutermilch und Hertz (50) stellten vergleichende Untersuchungen über den
Komplementgehalt des Blutserums und anderer Flüssigkeiten im menschlichen
Körper unter normalen und pathologischen Verhältnissen an. Sie setzten den ein¬
zelnen Flüssigkeiten Ambozeptor (Kaninohenserum) hinzu und prüften das hämo¬
lytische Verhalten zu Hammelerythrozyten. Die Verfasser sahen, daß Trans¬
sudate (Oedemflüssigkeiten bei Leberzirrhose, Nierenentzündung, Aszitesfälle und
Pleuratranssudate) bei Verwendung in Mengen von 0,3 bis 1,9 ccm entweder gar
keine oder nur Spuren einer hämolytischen Kraft entfalteten. Das Blutserum da¬
gegen löste schon in Mengen von 0,3 ccm die Blutkörperchen völlig; ungefähr das
gleiche hämolytische Vermögen wie das Blutserum wiesen serös-entzündliche Ex¬
sudate auf, von denen die Verfasser Bauchfell- und Brustfellexsudate, zum Teil
tuberkulösen Ursprungs, untersuchten. Dagegen enthielten eitrige und serös-eitrige
396
BORCHARDT,
Exsudate gar kein Komplement; diese Flüssigkeiten hemmten die Hämolyse voll¬
ständig. Das Ausbleiben der Hämolyse in diesem Falle ist auf die Tatsache, die
Mutermilch und Hertz auch noch durch besondere Versuche demonstrierten,
zurüokzuführen, daß Konglomerate tierischer Zellen, wie in diesem Falle die Leuko¬
zyten, die Fähigkeit haben, das Komplement an sich zu reißen. Bordet und
Metsohnikoff haben, wie Gengou (51) mitteilt, gesehen, daß künstlich er¬
zeugte, von Leukozyten freie Oedemflüssigkeiten kein Komplement enthalten, denn
Choleravibrionen, in die Oedemflüssigkeit eingebracht, wurden weder in vivo noch
in vitro angegriffen. Grollo (52) dagegen erklärt das Ausbleiben der Hämolyse
in Transsudaten durch das Fehlen des Ambozeptors. Naoh seinen Mitteilungen
lösten in der Mehrzahl der Versuche die Exsudate die roten Blutkörperchen, doch
blieb die Hämolyse zuweilen auch aus, und zwar, weil ihnen dann das Komplement
fehlte. Grauström (53) untersuchte die serösen Flüssigkeiten in 46 verschiedenen
Krankheitsfällen, wobei er Kaninchenerythrozyten verwandte, ohne jedoch einen
entsprechenden Ambozeptor hinzuzufügen. Nach seinen Beobachtungen schwankten
die hämolytischen Komplemente in den Transsudaten und Exsudaten, so daß man
den Vorgang der Hämolyse nicht für die Unterscheidung von Transsudaten und
Exsudaten heranziehen kann, ln eitrigen Exsudaten sind nach Grauströms Beob¬
achtungen — im Gegensatz zu den Mitteilungen Mutermilchs und Hertzs —
Hämolysine in nur geringer Menge vorhanden. Die Befunde Grauströms finden
eine Bekräftigung in den Ergebnissen, die Lüdke (54) bei der Untersuchung von
2 Aszitesflüssigkeiten (Leberzirrhose), 2 tuberkulösen und 2 nicht tuberkulösen
Pleuraexsudaten erzielte. Die hämolytische Fähigkeit erwies sich in den Trans¬
sudaten und Exsudaten als vorhanden, fiel aber je nach der Art der verwendeten
Blutkörperchen verschieden aus: Hammel-, Meerschweinchen-, Ochsen- und Kanin¬
chenblutkörperchen wurden weit besser gelöst als Menschen- und Schweineerythro¬
zyten. Auch trat die Hämolyse im allgemeinen schneller auf und auch schon bei
Verwendeng geringerer Dosen bei den Transsudaten als bei den Exsudaten. Ebenso
enthielten die Transsudate mehr hämolytische Ambozeptoren als die Exsudate für
die verschiedenen Blutkörperchenarten. Der Komplementgehalt beider Arten von
Flüssigkeiten war kein konstanter, aber Lüdke fand ihn häufig stärker als im
Blutserum.
Weiterhin stellten Strauß und Wolff (55) Untersuchungen über das hämo¬
lytische Verhalten seröser Flüssigkeiten an und fanden die hämolytische Kraft der
Exsudate besonders groß im Vergleich zu den Transsudaten, denen die hämo¬
lytische Kraft fast gänzlich fehlte. Die Verfasser machen das hämolytische Ver¬
halten der Exsudate, das dem des Blutserums durchaus gleicht, von ihrem hohen
Eiweißgehalt abhängig. Strauß und Wolff verwandten die Flüssigkeiten zu
ihren Versuchen in Mengen bis zu 0,6 ccm und setzten dabei keinen Ambozeptor
hinzu.
Die bisher angeführten Ergebnisse stehen im Widerspruch zu dem Resultat,
welches Hedinger (56) erzielt hat. Zumeist prüfte er Oedemflüssigkeiten bei
Leberzirrhose, Nierenentzündung und Herzfehlern und beobachtete, daß Trans¬
sudate eine gute Hämolyse zeigten, während entzündliche Aszitesflüssigkeiten,
teils tuberkulösen, teils karzinomatösen Ursprungs, alle eine mehr oder weniger
stark ausgesprochene Hemmung der Hämolyse herbeiführten.
Der Gebalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 397
Eine größere Reihe von Untersuchnngen ist angestellt worden, um die Frage
zu entscheiden, ob in tuberkulösen Exsudaten des Menschen Immunkörper
vorhanden sind. Livierato und Crossonini (57) prüften 20 aus den serösen
Höhlen stammende Exsudate zunächst auf den Gehalt an Agglutininen: in
10 Fällen konnten sie Agglutinine feststellen, welche je 5mal den Titer 1 : 5 bzw.
1 : 10 hatten. Der Befund an Präzipitinen war nicht so reichlich, denn Ver¬
fasser sahen Präzipitation in ihren 20 Fällen nur zweimal in Erscheinung treten.
Mit Hilfe der Komplementablenkungsmethode vermochten die Verfasser in
5 Fällen einen spezifischen Ambozeptor nachzuweisen. Nach Angabe der Verfasser
hat Courmont in 11 Fällen tuberkulöser Peritonitis lOmal Agglutinine konstatiert,
und Romanelli fand, wie ebenfalls die genannten Verfasser mitteilen, in 7 tuber¬
kulösen Peritoneal- bzw. Pleuraexsudaten dreimal Agglutinine mit dem Titer 1:5
bis 1: 30. Präzipitation wies Romanelli einmal stark und einmal andeutungs¬
weise nach. Mit Hilfe der Komplementablenkungsmethode beobachtete er bei den
7 von ihm untersuchten Fällen 2 mal eine Hemmung der Hämolyse.
Karwacki (58) fand das Pleuraexsudat des Menschen ebenfalls agglutinin¬
haltig: es agglutinierte den Typus hum&nus regelmäßig in der Verdünnung von
1 : 10-100.
Slatinöau und Daniöolopolu (59), sowie Debrö und Paraf (60) wiesen
spezifische Antikörper nach Bordet etGengous Methode nach: von 8 Fällen
tuberkulöser Peritonitis lenkte das Exsudat 8mal, das Serum nur 4mal (Slatinöau
und Daniöolopolu) das Komplement ab, bzw. von 32 Fällen das Exsudat 20mal
(Debrö und Paraf).
Ein Resultat, welches diesen Ergebnissen widerspricht, erhielt Meyer (60),
welcher Exsudate von Leichen mit ausgesprochener Tuberkulose der serösen
Häute mit Hilfe des Komplementablenkungsverfahrens auf ihren Gehalt an Anti¬
stoffen prüfte. In keinem Fall (5 Pleuraergüsse, 2 Aszitesflüssigkeiten und
1 perikardialer Erguß) konnte Meyer eine sichere Hemmung der Hämolyse nach-
weisen. Er verwandte von den Flüssigkeiten 0,1—0,2 ocm, Mengen, die nach
Ansicht von Debrö und Paraf zu gering waren, um eine Auflösung der roten
Blutkörperchen herbeiführen zu können.
Es mein und Parvu (61) untersuchten Serum und Aszitesflüssigkeit eines
an Leberzirrhose leidenden syphilitischen Menschen und stellten mittels der
Wassermannschen Methode mehr Antikörper in dem Bauchhöhlentranssudat als im
Blutserum fest.
Endlich ist zu erwähnen, daß Paochioni (63) Meerschweinchen mit
menschlichen Dyphtheriebazillen impfte (1 ccm Bouillonkuitur), um das Peri¬
tonealexsudat getöteter Tiere zu prüfen. Es gelang ihm, in dieser Flüssigkeit
die Anwesenheit von Agglutininen, Präzipitinen, Bakteriolysinen und Toxin¬
lysin en festzustellen.
Eigene Versuche*
Das für meine Untersuchungen nötige Blut fing ich während des Entblutens
der durch Herzstich getöteten Pferde auf, und das der beiden Versuchspferde 6
und 7 entnahm ich während der Sektionen dem Herzen, um, wie bereits erwähnt,
in jedem Fall die einzelnen Flüssigkeiten vergleichsweise mit dem Blutserum
zur Untersuchung heranzuziehen.
398
BORCHARDT,
Die Synovia konnte ich in jedem Fall untersuchen. Ich entnahm sie mit
Hilfe steriler Pipetten meistens einem Knie* und einem Fesselgelenk, nachdem ich
einen Schnitt in der Gelenkkapsel in gerade hinreichender Länge angelegt hatte.
Die Synovia mußte vor den übrigen Körperflüssigkeiten der Leiche entnommen
werden, da sie sonst stark fadenziehend wurde und wie geronnen erschien. Bei
der Anlage des Schnittes wurde darauf geachtet, Gefäße nicht zu verletzen; denn
eine Verunreinigung der Synovia mit Blut hätte falsche Ergebnisse gebracht, da
bei positivem Ausfall der Reaktion die Anwesenheit der Antistoffe sowohl auf das
Blutserum als auch auf die Synovia hätte bezogen werden müssen. Andere Bei¬
mengungen, wie abgelöste Teile der Synovialis, wurden durch Zentrifugieren ent¬
fernt. Die Synovia erschien dann als eine klare, gelbe, zuweilen etwas zähe-
fließende, klebrige Flüssigkeit.
Die anderen Körperflüssigkeiten entnahm ich ebenfalls mittels
steriler Pipetten in beliebiger Menge während der Zerlegung der Pferde, also etwa
3—4 Stunden nach der Tötung. Die Herzbeutel- und Bauchhöhlen¬
flüssigkeit hatte ich fast immer Gelegenheit zu prüfen. Seltener jedoch die
Flüssigkeit, die sich zwischen den Brustfellsäcken vorfindet, denn
sie war meistens mit Blut vermischt. Diese 3 Flüssigkeiten stellten sich zum
Teil erst nach dem Zentrifugieren als klar, gelblich gefärbt, wässerig und mehr
oder weniger durchsichtig dar.
Wie im vorigen Kapitel, so sei auch in diesem ein Ueberblick
über die Resultate meiner Untersuchungen gegeben. Was die Einzel¬
heiten angeht, so sei wiederum auf das Studium der Tabellen verwiesen.
Prüfung auf den Gehalt an Agglutininen.
Die Herzbeutelflüssigkeit prüfte ich 25 mal. In 3 Fällen
entstammte sie nichtrotzigen Pferden und zeigte jedesmal die Er¬
scheinung der Agglutination, 2 mal mit der Verdünnung 1:25
und 1 mal mit einer solchen 1: 50
Die 22 Herzbeutelflüssigkeiten der rotzkranken Pferde
agglutinierten die Rotzbazillen in allen Fällen der Unter¬
suchung. Die Titer bewegten sich in den Grenzen von 1:25 bis
1:2000. 4 mal (H75, Be 94, H 97 und B 176) war die Agglutina¬
tion eine kräftige zu nennen, denn hier erreichte bzw. überstieg sie
den Titer 1: 1000. Im allgemeinen ist ein merklicher Unterschied
im Agglutinationsvermögen der Herzbeutelflüssigkeit gegenüber dem
des Blutserums zu bemerken, denn der durchschnittliche Titer der
Herzbeutelflüssigkeit ist mit 1:500 und der des Blutserums mit
1:2000 anzugeben. — In dem Falle H 97 agglutinierte die Herz¬
beutelflüssigkeit etwas stärker (1 : 1500) als das zugehörige
Blutserum, dessen Titer bei 1: 1000 lag.
Die Bauchhöhlenflüssigkeit gelangte 31 mal zur Unter¬
suchung. In 9 Füllen stammte sie von normalen Pferden und
Der Gobalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 399
rief hierbei 8 mal eine Agglutination hervor. Die Titer waren
5 mal 1 : 10, 2 mal 1: 20 und 1 mal 1 : 100.
Die Bauchhöhlenflüssigkeit von 22 rotzkranken Pferden
riefen in jedem Falle das Phänomen der Agglutination hervor,
welches sich bis zu Verdünnungen von 1: 1500 zeigte. Der durch¬
schnittliche Titer der Bauchhöhlenflüssigkeit liegt bei 1: 200, entfernt
sich somit noch mehr von dem des Blutserums (1:2000) als der
der Horzbeutelflüssigkeit. Eine starke Agglutination war nur in dem
Falle B 176 vorhanden, in dem sie den Titer 1 : 1500 erreichte.
Die Brustfelisackflüssigkeit wurde in 6 Fällen geprüft. Sie
wurde jedesmal rotzkranken Pferden entnommen. Diese Flüssig¬
keit auch bei gesunden, nicht rotzigen Pferden zu untersuchen, hatte ich
nicht Gelegenheit, da sie bei den normalen Tieren stets mit Blut ver¬
mischt bzw. bei den gestorbenen mit roten Blutkörperchen durchsetzt war.
In allen 6 Untersuchungsfällen konnte ich eine Agglutination
durch die Brustfelisackflüssigkeit feststellen, und zwar in den Ver¬
dünnungen 1: 50 bis 1 : 1500. Insoweit diese wenigen Untersuchungen
einen Schluß zulassen, wäre der Durchschnittstiter mit 1 :400 anzu¬
geben, läge somit zwischen dem der Herzbeutel- und dem der
Bauchhöhlenflüssigkeit. In einem Fall (Versuchspferd 6) agglutinierte
sie die Rotzbazillen noch in der starken Verdünnung 1.1500.
Die Synovia untersuchte ich im ganzen 34 mal. 10 Gelenk¬
flüssigkeiten entnahm ich nichtrotzigen Pferden und ermittelte in
ihnen in jedem Falle Agglutinine; die Titer schwankten zwischen
1 : 10 und 1: 100.
ln den Synovialflüssigkeiten der 24 rotzkranken Pferde
stellte ich ebenfalls bei jeder Untersuchung die Anwesenheit von
Agglutininen fest. Die Titer betrugen in diesen Fällen 1 : 25
bis 1 : 1500. Nur in 2 Fällen war der Gehalt an Agglutininen ein
hoher (Ho 129 und B 176), da er noch bei den Verdünnungen 1 :1500
nachweisbar war. Der durchschnittliche Gehalt der Synovia an
Agglutinineinheiten ist 1:300 und bleibt demnach wie bei den andern drei
Flüssigkeiten weit hinter dem des Blutserums (1:2000) zurück.
Prüfung auf den Gehalt an Präzipitinen.
Von normalenPferden untersuchte ich3 Herzbeutel-, 8 Bauch¬
höhlen- und 8 Gelenkflüsssigkeiten. In keinem einzigen Falle
konnte ich einen Gehalt an Präzipitinen in diesen 19 Flüssigkeiten bei
der Ueberschichtung mit Rotzbazillenextrakt wahrnehmen.
400 BORCHARDT,
Rotzkranke Pferde.
Von 23 Herzbeutelflüssigkeiten riefen 20 die Erscheinung
der Präzipitation bei der Berührung mit dem Antigen hervor.
Von diesen 20 Flüssigkeiten trat sogar 8 mal bei der Anwendung
der 5 fachen und 2 mal bei der lOfachen Verdünnung des
Extraktes eine deutliche, lange Zeit anhaltende Ringbil¬
dung ein.
Die Bauchhöhlenflüssigkeit prüfte ich 24 mal auf ihren
Gehalt an Präzipitinen. In 6 Fällen fiel das Ergebnis völlig
negativ aus und in den übrigen 18 FäMen bildete sich bei der
Ueberschichtung mit dem konzentrierten Extrakt ein deutlicher
Niederschlag, 6 mal konnte die Ringbildung noch mit der Extrakt¬
verdünnung 1: 5, 4 mal mit 1:10, 2 mal mit 1 : 20 und 1 mal noch
mit 1: 30 erzeugt werden, ln einem Fall war das Ergebnis sowohl
mit dem konzentrierten (1: 1) wie mit dem 1 : 5 verdünnten Extrakt
zweifelhaft.
Die Flüssigkeit aus den Brustfellsäcken wurde 6 mal
untersucht. Im Falle W 131 war Präzipitation nicht nachzuweisen,
im Falle Versuchspferd 6 war der Niederschlag sehr stark, denn
mit dem unverdünnten (1 : 1) wie mit dem 1 :50 verdünnten Rotz¬
antigen wurde ein deutlicher Ring erzeugt. Das Ergebnis in zwei
weiteren Fällen war positiv bei Verwendung des konzentrierten
Extraktes und je einmal zweifelhaft bzw. negativ bei Anwen¬
dung des 5 fach verdünnten Präzipitinogens.
Die Gelcnkflüssigkeiten eigneten sich nicht in jedem
Fall für die Untersuchung. Sie war oftmals schmierig und faden¬
ziehend, so daß sie bei der Ueberschichtung mit dem Extrakt un¬
deutliche und aus diesem Grunde nicht zu verwertende Resultate
lieferte.
Es gelang mir, von 19 Synovialflüssigkeiten den Nachweis
des Präziptins in 14 Fällen zu führen, 2 Flüssigkeiten zeigten
sich sogar noch bei den Antigenverdünnungen 1 : 5 und 1 :10 prä¬
zipitinhaltig. In 3 Fällen erzielte ich ein völlig negatives
Resultat.
Prüfung auf den Gehalt von komplementablenkenden
Substanzen.
Von gesunden, nicht rotzkranken Pferden gelangten 6 Herz¬
beutel-, 10 Bauchhöhlen- und 13 Gelenkflüssigkeiten zur Unter-
Der Gebalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 401
suchung. ln keinem Falle war bei Verwendung von 0,1 und
0,2 ccm der betreffenden Flüssigkeit eine Ablenkung des Kom¬
plements eingetreten. Stets trat vollständige Lösung der roten
Blutkörperchen ein.
Rotzkranke Pferde.
Vergleichshalber bringe ich die an dem Blutserum gemachten
Resultate an den Anfang. Das Blutserum kam in allen
29 Fällen zur Untersuchung. Mit Ausnahme des Serums des
Pferdes L 185, bei dessen Verwendung in allen 5 Prüfungsröhrchen
die roten Blutkörperchen vollständig gelöst wurden, sind in den
übrigen 28 Blutsera bei 0,1 bzw. 0,2 ccm 23 mal eine starke
bis vollständige und 5 mal eine schwächere Hemmung der
Hämolyse hervorgerufen worden. Schon durch 0,01 bzw. 0,02 ccm
des Serums wurde 12 mal das Komplement stark abgelenkt.
Wie bereits erwähnt, haben Pfeiler und Weber (41) Gelegen¬
heit gehabt, zu beobachten, daß Rotzserum zuweilen imstande ist, das
Komplement in niedrigeren Dosen stärker abzulenken als in höheren.
Ich machte die gleiche Beobachtung außer an 2 Augenflüssigkeiten
(W 148 und A 149) in 5 Fällen auch am Blutserum: H 112,
Ho 130, W 131, B 176 und L 186. Eine solche paradoxe Ab¬
lenkung trat in dem Falle H 112 deutlich zutage. Während
0,01 ccm Blutserum die Hämolyse stark hemmte, war die Hemmung
mit 0,2 ccm nur „schwach-mittelstark“. Nicht ganz so erheblich war
der Abfall in der Stärke bei den Pferden Ho 130, W 131 und L 186
(siehe Tabellen). Im Falle B 176 ist die Abnahme in der Ablenkungs¬
stärke sowohl in der Dosis 0,1 ccm wie in der Dosis 0,2 ccm zu be¬
merken gewesen.
Die Herzbeutelflüssigkcit prüfte ich 27 mal. In 21 Fällen
trat eine starke bis vollständige Kompleraentablenkung bei
Verwendung von 0,1 bzw. 0,2 ccm von der Flüssigkeit, einmal eine
„schwach-mittelstarke“ Hemmung der Hämolyse (Versuchspferd 7)
und einmal (W 131) vollständige Lösung der Blutkörperchen
ein. In 13 Fällen wurde die Hämolyse schon durch Mengen von
0,01 bzw. 0,02 ccm stark gehemmt.
Im allgemeinen steht die Herzbeutelflüssigkeit in ihrer
Ablenkungskraft nicht weit hinter der des Blutserums
zurück; nur in 4 Fällen war sie schwächer als in den entsprechenden
Dosen des Blutserums. 6 mal vermochte die Herzbeutelflüssig¬
keit (A 125, Versuchspferd 6, B 176, L 182, L 183, L 186) eine
402 BORCHARDT,
stärkere Hemmung der Hämolyse hervorzurufen als die zu¬
gehörigen Blutsera.
Die Bauchhöhlenflüssigkeit konnte ich in 26 Fällen der
Untersuchung unterziehen; jedesmal kann eine Ablenkung des Kom¬
plements zustande. Bei Verwendung von 0,1 bzw. 0,2 ccm rief die
Flüssigkeit 21 mal eine starke bis vollständige Hemmung der
Hämolyse und in den übrigen Fällen eine nur schwache oder
nur mittelstarke hervor (Ho 91, Ho 112, W 131, L 185, L 187).
In 18 Fällen wurde schon durch 0,01 bzw. 0,02 ccm der Bauch¬
höhlenflüssigkeit eine deutliche Hemmung (d. h. schwach, mittelstark,
stark) der Hämolyse wahrgenommen, welche sogar 4 mal stark aus¬
fiel. 10 mal war die durch das Bauchhöhlentranssudat hervorgerufene
Hemmung schwächer als die des entstandenen Blutserums; eine
stärkere Ablenkung als durch das Serum wurde aber im
Falle L 185 beobachtet (siehe Synovia).
In dem Falle H 112 stellte ich ebenso wie bei dem entsprechenden
Blutserum (siehe oben) eine paradoxe Ablenkung fest. In den
Mengen 0,01 bis 0,02 ccm lenkte die Bauchhöhlenflüssigkeit das Kom¬
plement mittelstark, in der Menge 0,2 ccm dagegen nur schwach ab.
Die Flüssigkeit zwischen den Brustfellsäcken gelangte
6 mal zur Untersuchung. In dem Falle L 185, in dem auch das
Blutserum keine Ablenkung herbeiführte, trat in allen 5 Untersuchungs¬
röhrchen vollständige Lösung der roten Blutkörperchen ein. In
den übrigen 5 Fällen war die Hemmung der Hämolyse bei Ver¬
wendung von 0,1 und 0,2 ccm der Flüssigkeit mittelstark bis
vollständig. Im Falle VV 131 war die Ablenkung des Komplements
seitens der Brustfellsackflüssigkeit eine mittelstarke, während
die durch das Blutserum herbeigeführte nur schwach genannt
werden konnte.
Die Synovia konnte ich 28 mal zur Prüfung heranziehen. Mit
Ausnahme der 3 Fälle H 91, W 131, L 185 trat überall eine
Ablenkung des Komplements ein. In den Dosen 0,1 und 0,2 ccm
wurde das Komplement 19 mal kräftig und in 7 Fällen schwach
(schwach bzw. mittelstark) abgelenkt. Von jenen Fällen hemmten
schon 0,01 bzw. 0,02 ccm der Gelenkflüssigkeit die Hämolyse deut¬
lich. In 11 Fällen wurde durch die Synovia eine schwächere
und in 4 Fällen (H 68, A 125, B 176, L 185) eine stärkere Kom¬
plementablenkung hervorgerufen als durch die entsprechenden
Blutsera. Bemerkenswert ist, daß im Falle L 185 die Gelenk- wie
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 403
die Bauchhöhlenflüssigkeit mit 0,2 ccm Hemmungen der
Hämolyse, wenn auch nur in geringem Grade, herbei führten, während
das Blutserum in allen 5 Röhrchen die Blutkörperchen völlig
zur Lösung brachte.
Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß es mir in einigen Fällen
gelegentlich möglich war, noch einige andere Flüssigkeiten meinen
Untersuchungen zu unterziehen, deren Ergebnisse ich nur anhangs¬
weise bringen will.
Die Zerebrospinalflüssigkeit prüfte ich in den beiden Fällen
A 115 und A 124: Sie war von wässeriger Konsistenz, schwach
opaleszierend, etwas gelblich-rötlich gefärbt. In beiden Untersuchungen
ließ sie eine mittelstarke Hemmung (0,2 ccm) der Hämolyse er¬
kennen. Stärker lenkte die Flüssigkeit, die ich aus entzünd¬
lichem Oedem gewonnen hatte (H 97), das Komplement ab
(mittelstark in den Dosen 0,01 und 0,02 ccm und stark in den drei
höheren Dosen). Auch agglutinierte diese Flüssigkeit noch in
500 facher Verdünnung die Rotzbazillen. In Harn (H 75), den ich
einmal zu untersuchen Gelegenheit hatte, vermochte ich Rotzanti¬
stoffe nicht nachzuweisen. Die Allantoisflüssigkeit vom Ver¬
suchspferd 6 enthielt keine Agglutinine und keine Präzipitine;
Kompleraentablenkung wurde durch sie in der Menge von 0,1
und 0,2 ccm hervorgerufen: Die Hämolyse wurde mittelstark gehemmt.
Die Bauchhöhlen-, Brustsack- und Herzbeutelflüssigkeiten
wie die Augenflüssigkeiten des zugehörigen 38 cm langen Fötus
enthielten keine komplementablenkenden Stoffe; die ersten
drei genannten Flüssigkeiten auch keine Präzipitine, während die
Brustsackflüssigkeit in der Verdünnung 1:25 die Rotz¬
bazillen deutlich agglutinierte.
Uebersehen wir noch einmal kurz die an den vier abgehandelten
Körperflüssigkeiten erzielten Ergebnisse und vergleichen wir sie ferner
mit den an den Augenflüssigkeiten gemachten Beobachtungen, so
können wir schließen:
Ein Ansteigen der Agglutinine, Präzipitine und kom¬
plementablenkenden Substanzen hat in sehr starkem Maße
statt in der Synovia und den im Herzbeutel, im freien Raum
der Bauchhöhle und den zwischen den beiden Brustfell¬
säcken sich vorfindenden serösen Flüssigkeiten.
404
BORCHARDT,
Im Gegensatz zu diesen Flüssigkeiten stehen die beiden Augen-
flüssigkeiten, denen wir einen Gehalt an Antistoffen entweder
ganz absprechen (Agglutinine, Präzipitine) müssen oder nur einen
geringen Gehalt an Iminunkörpern (korapleraentablenkenden Sub¬
stanzen) zuerkennen können.
Das Blutserum enthält stets die größte Menge an Anti¬
körpern. Es schließt »ich ihm die Herzbeutelflüssigkeit an, die
von den übrigen Körperflüssigkeiten die meisten Antistoffe aufzn-
speichern vermag. Dann reihen sich die Synovia und die Bauch¬
höhlenflüssigkeit an; die wenigen an der Brustfellsackflüssig¬
keit gemachten Untersuchungen lassen in dieser Hinsicht einen sicheren
Schluß nicht zu, doch sammeln sich hier immerhin noch mehr Immnn-
stoffe an, als im Humor aquaeus und Humor vitreus, falls sich
diese Flüssigkeiten in nicht gereiztem Zustand gefunden haben.
Zum Schluß statte ich Herrn Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Schütz
meinen ergebensten Dank für das mir geschenkte Wohlwollen und das
meiner Arbeit entgegengebrachte Interesse ab. Herrn Dr. Pfeiler
danke ich herzlichst (ür seine Liebenswürdigkeit, mit der er mich in
die Technik meiner Untersuchungen einführte, und für die Ratschläge,
mit denen er mir stets freundlichst zur Seite stand.
Anhang: Kasuistik.
1. Fall: H 68.
Besitzer des Pferdes: Brauercibesitzer H. in Berlin.
Kennzeichen des Pferdes: Braune Stute, Flooke, hinten beiderseits halb ge¬
fesselt, Druokflocke, 1,62 m groß, etwa 13 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 29.6. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen in der Nase,
dem Kehlkopf, der Luftröhre und den Lungen, der Haut, Unterhaut und zuge¬
hörigen Lymphknoten und der Milz.
2. Fall: H 72.
Besitzer des Pferdes: wie 1.
Kennzeichen des Pferdes: Fuchswallach, Stern, Nase gefächelt, Schnippe,
Druckilecke, 1,65 m groß, etwa 15 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 3. 7. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen in der Haut,
Nase, Kehlkopf, Lunge (eitrige Bronchopneumonie, gelatinöse Infiltration, frische
und alte Rotzknoten), Milz und Leber. Katarrhalische Nierenentzündung, Aneu¬
rysma und Thrombose der Hüftblindgrimmdarmarterie.
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 405
3. Fall: H 75.
Besitzer des Pferdes: wie 1.
Kennzeichen des Pferdes: Fuchswallach, Stichelhaare, hinten rechts ge¬
fesselt, etwa 16 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 8. 7. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen der Haut, der
Schleimhaut der Choanen, der Lunge und der zugehörigen Lymphknoten. Lungen¬
ödem, Aneurysma der Ilüftblindgrimmdarmarterie.
4. Fall: H91.
Besitzer des Pferdes: wie 1.
Kennzeichen des Pferdes: Schimmelstute, 1,60 m groß, etwa 12 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 22. 6. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Alter Nasenrotz, alte und frische Rotz¬
knoten in der Lunge. Eitrige, rotzige Bronchopneumonie des linken Spitzenlappons
der Lunge. Rotzknoten in der Leber und Milz. Parasitäre Knoten in der Leber.
5. Fall: Be 94.
Besitzer des Pferdes: B., Berlin.
Kennzeichen des Pferdes: Rappstute, hinton rechts gofcsselt, Stern,
4‘/a jährig.
Tag der Tötung und Zerlegung: 25. 7. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Hautrotz, rotziges entzündliches Oedem
der Unterhaut des linken Vorderbeins unter Beteiligung der zugehörigen Lymph¬
knoten. Nasenrotz, frische und alte Rotzknoten in der Leber und Milz. Aneu¬
rysma und Thrombose der Hüftblindgrimmdarmarterie.
6. Fall: H 96.
Besitzer des Pferdes: wie 1.
Kennzeichen des Pferdes: Wallach, Falbe, hinten beiderseits hoch gefesselt,
hinten links gefesselt, 9 Jahro alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 27. 0. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Hautrotz, Nasenrotz, frische und alte
Rotzknoten in der Lunge, Rotzknoten in der Leber, markige Schwellung der Unter¬
kiefer- und retropharyngealen Lymphknoten. Katarrhalische Entzündung derNieren.
7. Fall: A 97.
Besitzer des Pferdes: wie 1.
Kennzeichen des Pferdes: Brauner Wallach, linke Hinterkrone und Ballen
weiß, etwa 13 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 28. 7. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzgeschwür am linken Vordorfuß,
entzündliches Oedem der Unterhaut am rechten Hinterfuß, markige Schwellung
und rotzige Zerfallsherde in den Kniokehlen- und Hüftgelenkslymphknoten, Rotz-
Archiv f. wissenscb. u. prukt. Tierlieilk. Bd. 41. H. •». 07
406
BORCHARDT,
narbe an der Nasenscheidewand, eitrige rotzige Bronchopneumonie und gelatinöse
Infiltration, ein Rotzknoten in der Milz, parasitäre und rotzige Knoten in der Leber.
Aneurysma und Thrombose der Hüftblindgrimmdarmarterie.
8. Fall: H 112.
Besitzer des Pferdes: wie 1.
Kennzeichen des Pferdes: Fuchsstute, durchgehende Blesse, etwa 13 Jahre.
Tag der Tötung und Zerlegung: 12. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Nasen- und Lungenrotz, Aneurysma und
Thrombose der Hüftblindgrimmdarmarterie.
9. Fall: A 115.
Besitzer des Pferdes: Fuhrherr A., Berlin.
Kennzeichen des Pferdes: Fuchsstute, Stern, Schnippe, hinten links weiße
Krone, etwa 10 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 13. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen in der Haut,
Nase und dem Kehlkopf, der Luftröhre und den Lungen.
10. Fall: A 123.
Besitzer des Pferdes: wie 9.
Kennzeichen des Pferdes: Brauner Wallach mit Stern, etwa 12 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 16. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Hautrotz und rotziges entzündliches
Oedem der Unterbaut an der linken Vordergliedmaße unter Beteiligung der zuge¬
hörigen Lymphknoten; Nasenrotz, rotzige Veränderungen im Kehlkopf und der
Luftröhre; frische und alte Rotzknoten in den Lungen und eitrig-rotzige Broncho¬
pneumonie am Spitzenlappen der rechten Lunge — gelatinöse Infiltration. Rotzige
Veränderungen an der Leber und Milz. Markige Schwellung der submaxillaren
Lymphknoten, markige Schwellung und rotzige Zerfallsherdo in den retropharyn¬
gealen und Bronchiallymphknoten.
11. Fall: A 124.
Besitzer des Pferdes: wie 9.
Kennzeichen des Pferdes: Brauner Wallach, vorn rechts weiße Krone, beide
Hinterfesseln hoch weiß, etwa 14 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 16. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Hautrotz, Nasenrotz, rotzige Ver¬
änderungen im Schlund- und Kehlkopf, sowie in der Luftröhre; frische und
alte Rotzknoten in der Lunge, Rotzknoten in der Milz und Leber. Markige
Schwellung der submaxillaren, retropharyngealen, rechtsseitigen Kniefalten- und
linksseitigen inneren Darmbeinlymphknoten, markige Sohwellung und rotzige
Erweichungsherde in den Bronchiallymphknoten. Aneurysma der Hüftblind¬
grimmdarmarterie.
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 407
12. Pall: A 125.
Besitzer des Pferdes: wie 9.
Kennzeichen des Pferdes: Braune Stute, Druckflecke, etwa 12 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 17. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Hautrotz, Nasenrotz, mehrere frische
und alte Rotzknoten in den Lungen, rotzige Veränderungen in den Bronchiallymph¬
knoten, markige Schwellung der submaxillaren, retropharyngealen und rechts¬
seitigen Kniefaltenlymphknoten. Aneurysma und Thrombose der Hüftblindgrimm-
darmarterie.
13. Fall: A 126.
Besitzer des Pferdes: wie 9.
Kennzeichen des Pferdes: Rappe, Wallach, Stern und Druckflecke, etwa
16 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 17. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Hautrotz, Muskelrotz, Nasonrotz; rotzige
Veränderungen im Schlundkopf und in der Luftröhre, frische und alte Rotzknoten
in den Lungen, eitrig-rotzige Bronchopneumonie am Spitzenlappen der rechten
Lunge, rotzige Veränderungen in den submaxillaren, retropharyngealen und
bronchialen Lymphknoten; markige Schwellung der linksseitigen Bug-, Achsel¬
und Ellenbogenlymphknoten.
14. Fall: Ho 129.
Besitzer des Pferdes: Ho., Berlin.
Kennzeichen des Pferdes: Fliegenschimmel, Wallach, etwa 14 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 24. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Nasenrotz, frische und alte Rotzknoten
in den Lungen, 3 Rotzknoten in der Milz. 1 Rotzknoten in der Leber, eitrig-rotzige
Bronchopneumonie am Spitzenlappen der linken Lunge, rotzige Veränderungen an
den linksseitigen submaxillaren, beiderseitigen retropharyngealen und bronchialen
Lymphknoten, markige Schwellung der Lymphknoten der Milz und der Leber.
Entzündliches Oedem der Unterhaut an der linken Halsseite (Malleininjektion).
Melanosarkome unter dem Brust- und Bauchfell. Aneurysma der Hüftblindgrimm-
darmarterie.
15. Fall: Ho 130.
Besitzer des Pferdes: wie 14.
Kennzeichen des Pferdes: Schimmelwallach, etwa 15 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 24. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Hautrotz, rotziges entzündliches Oedem
der Unterhaut in der Brustbein- und vorderen Bauchgegend, rotzige Verände¬
rungen im Schlundkopf, frische und alte Rotzknoten in den Lungen, 8 Rotzknoten
in der Milz, 2 Rotzknoten in der Leber, rotzige Veränderungen in den retro¬
pharyngealen, bronchialen Bug-, Scham- und Kniefalten-Lymphknoten; markige
Schwellung der Lymphknoten der Milz und Leber. Aneurysma und Thrombose
der Hüftblindgrimmdarmarterie.
408
BORCHARDT,
16. Fall: W 131.
Besitzer des Pferdes: Fuhrherr W., Berlin.
Kennzeichen des Pferdes: Brauner Wallach mit Strichblesse, weißer Unter¬
lippe; 4 Füße weiß, 6 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 24. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen in der Nasen-
und Rachenhöhle, Lungenrotz mit rotziger Erkrankung der zugehörigen Lymph¬
knoten.
17. Fall: W 132.
Besitzer des Pferdes: wie 16.
Kennzeichen des Pferdes: Fuchs mit durchgehender weißer Blesse, weißem
Strich an der Unterlippe, beide Hinterfüße gefleckt weiß, weißer Fleck am rechten
Unterschenkel, Druckflecke, Wallach, etwa 12 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 25. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Nasenrotz, rotzige Veränderungen im
Kehlkopf und der Luftröhre, frische und alte Rotzknoten in den Lungen, rotzige
Veränderungen an der Milz, den submaxillaren, retropharyngealen und bronchialen
Lymphknoten.
18. Fall: W 133.
Besitzer des Pferdes: wie 16.
Kennzeichen des Pferdes: Brauner Wallach, Stichelhaare, Blesse, vorn
rechts weiße Krone, weißer Fleck am rechten Vordermittelfuß, beide Hinterfüße
weiß, Druckflecke, etwa G Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 25. 8. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Nasenrotz, rotzige Veränderungen im
Schlundkopf, frische und alte Rotzknoten in den Lungen, 1 Rotzknoten in der
Leber, rotzige Veränderungen in den submaxillaren, retropharyngealen und bron¬
chialen Lymphknoten; Hemmungsanomalie der linken Niere, kompensatorische
Hypertrophie der rechten Niere. Aneurysma der Hüftblindgrimmdarmarterie.
Markige Schwellung der Lymphknoten der Leber.
19. Fall: W 148.
Besitzer des Pferdes: wie 16.
Kennzeichen des Pferdes: Brauner Wallach, kleiner Stern, Druckflecke, etwa
13 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 12. 9. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen irn Kehlkopf,
frische und alte Rotzknoten in den Lungen, 1 Rotzknoten in der Milz, Rotzknoten
in der Leber, rotzige Veränderungen in den retropharyngealen und bronchialen
Lymphknoten, sowie an den Lymphknoten der Leber. Markige Schwellung der
Lymphknoten der Milz.
20. Fall: A 149.
Kennzeichen des Pferdes: Braune Stute, unregelmäßiger Stern, Druckflecke
in der Sattellage, etwa 15 Jahre alt.
Der Gehalt an agglutinierenden usvv. Substanzen rotzkranker Pferde. 409
Tag der Tötung und Zerlegung: 12. 9. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzgeschwüre im Kehlkopf und in der
Luftröhre, Rotzknoten in der Lunge, Milz und Leber, rotzige Veränderungen in
den bronchialen und Mittelfell-Lymphknoten. Markige Schwellung der Untcrkiefer-
und der hinter dem Kehlkopf gelegenen Lymphknoten, der Lymphknoten der Milz
und Leber. Zystenniere.
21. Fall: Versuchspferd 6.
Tag des Todes und der Zerlegung: 17. 10. 1911.
Diagnose: Rotz, herbeigeführt durch künstliche Infektion.
22. Fall: B 176.
Kennzeichen des Pferdes: Sommerrappstute, etwa 15 Jahre alt, Stern, Strich¬
schnippe, von links gekrönt, hinten beiderseits gefesselt, Druckllecke in der
Sattellage.
Tag der Tötung und Zerlegung: 9. 11. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotz in der Haut, Nase, Schlundkopf,
Lunge, Leber, Milz und den zugehörigen Lymphknoten.
23. Fall: Versuchspferd 7.
Tag des Todes und der Zerlegung: 12. 11. 1911.
Diagnose: Rotz, herbeigeführt durch künstliche Infektion.
24. Fall: L 182.
Besitzer des Pferdes: L. in Berlin.
Kenzeichen des Pferdes: Rotschimmelwallach, Stern, 1,72 m groß, etwa
12 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 20. 11. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen an der Schleim¬
haut des Schlundkopfes, sowie an den Lymphknoten dos Unterkiefers, markige
Schwellung der retropharyngealen Lymphknoten, Rotzknoten in den Lungen,
rotzige Veränderungen an den bronchialen Lymphknoten. Rotzknoten in der Milz
und Leber, markige Schwellung der Lymphknoten der Milz und Leber.
25. Fall: L 183.
Besitzer des Pferdes: wie 24.
Kennzeichen des Pferdes: Dunkelfuchswallach, breite Blesse, weißes Maul,
4 Füße gestiefelt, 1,72 m groß, etwa 9 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 20. 11. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen in der Nase, an
den Deckklappen der Eustachischen Röhre, am Kehldeckel, in den Lungen, in
den Unterkieferlymphknoten und den hinter dem Kehlkopf gelegenen Lymph¬
knoten.
410 BORCHARDT,
26. Fall: L 184.
Besitzer des Pferdes: wie 24.
Kennzeichen des Pferdes: Faohswallach, kleine Schnippe, 1,72 m groß,
etwa 10 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 20. 11. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzveränderungen in der Schleimhaut
der Nase und der Luftröhre, den Lungen, der Milz und der linken Niere, sowie
den zugehörigen Lymphknoten.
27. Fall: L 187.
Besitzer des Pferdes: wie 24.
Kennzeichen des Pferdes: Brauner Wallach, 1,72 m groß, etwa 10 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 20. 11. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen der äußeren
Haut an der linken Seite des Brustkorbes und an der Innenfläche des linken Ober¬
schenkels, markige Schwellung der linksseitigen Achsel- und Kniefaltenlymph¬
knoten. Rotzige Veränderungen an der Schleimhaut der Nasenscheidewand, der
Nasenmuscheln, des Kehlkopfes und der Luftröhre, rotzige Veränderungen an den
submaxillaren, retropharyngealen und bronchialen Lymphknoten. Zahlreiche frische
und alte Rotzknoten in den Lungen.
28. Fall: L 186.
Besitzer des Pferdes: wie 24.
Kennzeichen des Pferdes: Fuchswallach, Blesse, rechter Hinterfuß gefesselt,
1,77 m groß, etwa 12 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 20. 11. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzige Veränderungen an der linken
Deckklappe der Eustachischen Röhre, in den hinter dem Kehlkopf gelegenen
Lymphknoten, im absteigenden Teil des linken oberflächlichen Brustmuskels. Ab¬
geheilte Rippenbrüche. Verwachsung des Lungenfells mit dem Brustfell.
29. Fall: L 185.
Besitzer des Pferdes: wie 24.
Kennzeichen des Pferdes: Brauner Wallach, Stern, Schnippe, beide Hinter-
fcsseln weiß, 1,77 m groß, etwa 15 Jahre alt.
Tag der Tötung und Zerlegung: 20. 11. 1911.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzveränderungen am Schlundkopf
und den retropharyngealen Lymphknoten. Braune Atrophie des Herzens und der
Leber. Parasitäre Knötchen in der Lunge. Aneurysma und Thrombose der Hüft-
b 1 i n d gr i mm d ar mar t er ie.
Kontrollpferd I.
Besitzer des Pferdes: Kistenfabrikant F., Berlin.
Kennzeichen des Pferdes: Falbwallach, etwa 15 Jahre alt.
Tag des Todes und der Zerlegung: 24. 7. 1911.
Klinische Diagnose: Hitzschlag.
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 411
Pathologisch-anatomische Diagnose: Herztod, trübe Schwellung des Herzens,
der Nieren und der Körpermuskulatur. Blutige Entzündung der Schlund- und
Kehlkopfschleimhaut. Fettige Infiltration der Leber, lokaler Ikterus.
Kontrollpferd II.
Besitzer des Pferdes: He., Berlin.
Kennzeichen des Pferdes: Schimmelwallach, 6 Jahre alt.
Tag des Todes und der Zerlegung: 27. 7. 1911.
Klinische Diagnose: Hitzschlag.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Herztod, trübe Schwellung der Nieren,
des Fundusteiles des Magens, der Herz- und Körpermuskulatur. Lungenödem.
Entzündung der Sohleimhaut des Schlundkopfes und des Kehlkopfes. Aneurysma
der Hüftblindgrimmdarmarterie.
Kontrollpferd III.
Besitzer des Pferdes: W., Berlin.
Kennzeichen des Pferdes: Rappwallach mit Stichelhaaren, hinterer linker
Ballen und Krone innen weiß, 9 Jahre alt.
Tag des Todes: 27. 7. 1911; der Zerlegung: 28. 7. 1911.
Klinische Diagnose: Verstopfung des Blinddarmes.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Volvulus des Leerdarmes,hämorrhagisches
Oedem der betroffenen Darmteile und Nekrose der Schleimhaut derselben. Braune
Magenerweichung. Fettinfiltration der Leber. Fäulnis der Leber und Nieren.
Lungenödem. Chronisohe Lungenentzündung am rechten Herzlappen. Glottisödem.
Kontrollpferd IV.
Besitzer des Pferdes: Z., Berlin; Standort des Tieres: wie 9.
Kennzeichen des Pferdes: Braune Stute, Stern, etwa 15 Jahre alt.
Tag der Tötung und der Zerlegung: 11. 9. 1911.
Klinische Diagnose: Rotz.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Rotzfrei. Nach bakteriologischer und
histologischer Untersuchung ebenfalls rotzfrei.
Kontrollpferde V—XIV
sind zum Zwecke der Präparier- und Exenterierübungen in der Hochschule ge¬
tötet worden.
412
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•
do.
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do.
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Lösung.
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Sehr schw. H.
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Starke H.
Sehr starke H.
Sehr starke H.
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Lösung.
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Starke H.
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Sehr schw. II.
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Vollständ. H.
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Lösung.
Schwache H.
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MittelstarkeH.
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Schwache H.
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Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 421
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(höchste
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422 BORCHARDT,
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leb,", -i*.. iiiiuiuii!i,d>\eihiiHnisse *rt der vorderen Aupnknurmtr. Kbrs. Mobatsh
Der Gehalt an agglutinierenden usw. Substanzen rotzkranker Pferde. 423
K
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Kontroll-
röhr eben
(höchste
Dosis)
0,01
0,02
0,05
0,1
0,2
0,3
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Lösung.
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Lösung.
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Lösung.
Lösung.
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do.
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No. 16. — 24) zur Nedden, Diskussion zu 21. — 25) Sweet, A study of an
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einer Serumtherapie des Ulcus corneae serpens nach Untersuchungen über Pneurao-
kokkenimmunität. Archiv f. Ophthalm. 1902. — 34) Herrnheimer, Unter¬
suchungen über den Nährwert des sterilen Glaskörpers für einige pathogene
Bakterienarten. Prager med. Wochenschr. 1894. — 35) Possek, Gehalt des
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Ebenda. 1909. — 41) Pfeiler, W. und G. Weber, Berichte über die in Brom,
borg im Etatsjahr 1912 ausgeführten Blutuntersuchungen zur Ermittlung der Rotz¬
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1914. Bd. 6. H. 5. — 42) Pfeiler, Die Ermittlung der Rotzkrankheit durch die
Präzipitationsmethode. Archiv f. wissenschaftl. u. prakt. Tierheilk. 1909. —
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der Haustiere. 1910. — 44) Mioni, Prtfsence de sensibilisatrice haemolitique
dans le liquide pericard. norm. Compt. rend. de la soc. de biol. 1903. T. 53. —
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f. Bakt. Ref. Bd. 35. — 49) Batelli et Mioni, Pouvoir bact^ricide compare de
la lymphe, du sörum sanguine et d’une liquide pdricardique. Compt. rend. de la
soc. de biol. 1904. T. 56. — 50) Mutermilch und Hertz, Untersuchungen
über den Komplementgehalt normaler und pathologischer Flüssigkeit des Körpers.
Zeitschr. f. klin. Med. 1912. Bd. 76. — 51) Gengou, De Porigine de Palexine
des serums normeaux. Ann. de Pinst. Pasteur. 1901. — 52) Grollo, Differential-
diagnose zwischen Transsudaten und Exsudaten durch die Hämolyse. Ref. i.
Biochem. Zentralbl. 1906. — 53) Grauström, Die hämolytischen Eigenschaften
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blatt f. Bakt. Orig. 44. — 55) Strauß und Wolff, Ueber das hämolytische Ver¬
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und Crossonini, Untersuchungen über die tuberkulösen Exsudate des Menschen
und ihre Beziehungen zur Immunität. Zentralbl.f. Bakt. Orig. Bd. 58. — 58) Kar-
wacki, Sur la sensibilitö de divers types de bacilles tuberculeuses et acido-
rösistanoe en prösence des agglutinins humains. Compt. rend. de la soc. de biol.
T.70. — 59) Slatinöau et Daniöolotolu, Ibidem. 1909. T. 66. — 60) Debre
et Paraf, Ibidem. 1911. T. 71. — 61) Meyer, Ueber die Verwendbarkeit der
Komplementablenkungsmethode zur Diagnose tuberkulöser Exsudate. Deutsche
med. Wochenschr. 1908. — 62) Esmein et Parvu, Compt. rend. de la soc. de
biol. T. 66. — 63) Pacchioni, Ref. i. Zentralbl. f. Bakt. Bd. 45.
XIII.
Aus der Klinik für kleine Haustiere zu Utrecht, Abteilung f. Pharmakologie
und Toxikologie (Direktor: Prof. Dr. Jakob).
Vergleichende Versuche
mit verschiedenen Dosierungen bei subkutaner und
lumbaler Applikation von Alypin beim Hunde, gleich*
zeitig ein Beitrag zur Anatomie des Lendenmarkes.
Von
Dr. A. Klarenbeek in Amsterdam.
(Mit 2 Abbildungen im Text)
Einleitung.
ln der humanmedizinischen Literatur besteht bereits eine ganze
Reihe von Publikationen über die Wirksamkeit des Alypins, aus denen
nicht nur seine Verwendbarkeit statt des Kokains nach verschiedener
Richtung hin ersichtlich ist, sondern sich auch ergibt, daß es vor
letzterem erhebliche Vorzüge aufweist.
Die pharmakologischen Untersuchungen haben fast alle erwiesen,
daß die Giftigkeit gegenüber dem Kokain eine geringere ist, und man
beim Gebrauch von Alypin bei der Lokalanästhesie ohne Gefahr für
Intoxikationserscheinungen viel größere Dosen anwenden kann. Nach
den Angaben verschiedener Pharmakologen wie Schmiedeberg,
Tappeiner, Kaufmann, Fröhner, Uebele, Arends, Dornblüth
und anderen, ist das Alypin dem Kokain weiter noch vorzuziehen,
weil es sehr leicht in Wasser und Alkohol löslich ist, sich durch
Kochen sterilisieren läßt, ohne sich zu zersetzen, ferner keine
Ischämie hervorruft, neutral reagiert, die Gewebe nicht schädigt und
sich gut mit Nebennierenpräparaten kombinieren läßt. Es ruft nur
eine geringe Gewebsreizung hervor bei intra- und subkutaner Anwen¬
dung. Im Injektionsgebiete entsteht eine geringe Gefäßerweiterung.
Das Mittel wurde im Jahre 1905 von Impens und Hoffmann als
Ersatzmittel für Kokain angegeben. Es ist ein synthetisch bereitetes
Glyzerinderivat von Benzoesäure und kommt als Pulver, in Tabletten
oder Lösungen in den Handel.
Wie erwähnt ist die humanmedizinische Literatur über dieses
Mittel sehr ausgedehnt. Uebcr die Wirkung hat sich zunächst eine
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 427
große Menge von Ophthalmologen, welche Alypin statt Kokain an¬
gewandt haben, anerkennend ausgesprochen.
Lohnstein wandte eine 3proz. Alypinlösung an; er konnte nie
ein stark brennendes Gefühl oder eine erhebliche Hyperämie konsta¬
tieren. Hauptsächlich benützte er das Alypin zur Entfernung von
Fremdkörpern aus der Hornhaut, sowie zur Linderung von Reizzu¬
ständen des Auges.
Neustätter fand im Anfang seiner Versuche eine gewisse Un¬
gleichheit in der Wirkung des Alypins. Während manche Patienten
mit 3proz. Lösungen unempfindlich gemacht werden konnten, gelang
es bei anderen mit 5- und lOproz. Lösung nicht. Bei später ge¬
machten Untersuchungen konnte er mit dem neuen Präparate keine
Ungleichheit mehr konstatieren. Pupillenerweiterung und Akkommoda¬
tionsstörungen treten nicht ein. Das Brennen der Alypinlösungen ist
aber stärker als bei der Verwendung von Kokain.
Borbely benützte 2proz. Lösungen und sah immer ein stark
brennendes Gefühl auftreten. Er konnte weder eine Aenderung des
intraokulären Druckes noch eine Mydriasis oder Lähmung der Akkom¬
modation wahrnehmen. Die Anästhesie ist nicht nur oberflächlich,
sondern tritt auch in den tieferen Schichten auf. Er hält Alypin für
ein sehr wertvolles Augenanästhetikum.
Zaskin konstatierte oft bei starken Lösungen (öproz.) eine
Läsion der Hornhaut. Mydriasis trat niemals auf. Die Anästhesie
ist der des Kokains gleichwertig.
Seligsohn erzielte mit 4proz. Lösyng in der Augenheilkunde
gute Anästhesie. Niemals fand eine Erweiterung der Pupille statt.
Nach ihm soll die Anästhesie mit Alypin später eintreten, aber länger
andauern als die Kokainanästhesie. Die Schmerzempfindung war bei
Einträufelung von 4- und lOproz. Lösung sehr gering und gleich
stark. Er hält Alypin für ein ganz vorzügliches Anästhetikum des Auges.
Königshofer bevorzugt Alypin dem Kokain gegenüber, weil es
keine Ischämie oder Mydriasis gibt, während es an Anästhesierungs¬
kraft dem Kokain gleichkommt. Er erzielte mit 2proz. Lösung nach
2—3 Minuten eine vollkommene Anästhesie des Auges, die 10 bis
15 Minuten anhielt.
Jacobsohn und Haaß bestätigen die Angaben der bisher ge¬
nannten Autoren bezüglich der Alypinwirkung auf das Auge. Nur
eine gewisse Reizung, die mit oberflächlicher Gefäßinjektion einher¬
geht, kann Haaß als einzigen Nachteil anführen.
428
A. KLARENBEEK,
Sicherer erprobte das Alypin in der ophthalmologischen Praxis
und sah, daß die Einträufelungen der 2proz. Lösung nach einer
Minute eine anfangs oberflächliche, später tiefere Anästhesie der
Kornea für 10—12 Minuten erzeugten. Die Unempfindlichkeit der
Konjunktiva war ebenso stark, wie nach einer 2proz. Kokainlösung.
Er sah niemals unangenehme Nachwirkungen. Nur tritt bei okulärer
Applikation ein starkes Brennen auf, das einige Minuten anhält und
sehr schmerzhaft ist.
Kirchner gebraucht das Alypin für ophthalmologische Zwecke
in 4proz. Lösungen; die Anästhesie tritt rascher als bei Kokain ein;
das Brennen ist geringer als bei Kokain. Auf Pupille und Akkom¬
modation hat es keinen Einfluß. Als sehr bequem empfiehlt er die
Röhrchen mit Alypintabletten ä 0,2 g, welche sich für die Praxis
vorzüglich eignen, da auch die Alypinlösung bei längerem Stehen
verdirbt.
Neben diesen Publikationen auf ophthalmologischem Gebiet steht
uns eine große Menge Arbeiten derselben von Laryngologen, Inter¬
nisten und Chirurgen zur Verfügung.
Finder verwendete z. B. das Alypin in der rhino-laryngologischen
Praxis und erzielte damit gute Erfolge. Er konnte 20proz. Lösungen
ohne Nachteil benützen. Er preist Alypin als ein wahrhaft ideales
Lokalanästhetikum in der Rhino-Laryngologie.
Steiner brachte eine 10—25proz. Lösung in Anwendung und
sah niemals Intoxikationserscheinungen. Alypin ist speziell bei Re¬
sektionen der unteren Muschel zweifellos dem Kokain vorzuziehen,
weil es das Gewebe nicht zusararoenzieht wie das Kokain; außerdem
kann man nach Injektion des Lokalanästhetikums während der Ope¬
ration besser beurteilen, wieviel an hypertrophischem Gewebe entfernt
werden muß.
Seifert benutzte bei Nasenoperationen stets eine lOproz. Lösung
und hatte keinerlei Veranlassung, eine stärkere Lösung zu verwenden.
Auch empfiehlt er eine 5—lOproz. Kokain-Alypinlösung.
Ruprecht verwendete meistens eine lOproz. Alypin-Suprarenin-
lösung und konnte bei Kehlkopfoperationen niemals üble Nach¬
wirkungen konstatieren. Auch die Verwendung eines 4proz. Alypin-
sprays bei Nasenoperationen war von sehr günstiger Wirkung, weil
er keine heftigen Reizerscheinungen verursachte.
Baum garten zieht Alypin deshalb dem Kokain vor, weil es
eine leichte Hyperämie hervorruft; von dieser Nebenwirkung kann
Vergleichende Versaohe mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 429
man mit Vorteil bei Operationen an den Nasenmusehein Gebrauch
machen. Auch sind die subjektiven Empfindungen der Patienten
nicht so stark ausgeprägt, weil Alypin nicht so bitter wie Kokain
schmeckt.
Katz berichtet einen Fall von einem Arbeiter, der mutwillig 1 g
Alypin zu sich nahm. Im Verlaufe von mehreren Stunden traten
deutliche Intoxikationserscheinungen auf: Schwindel, Erbrechen, be¬
schleunigte Atmung und psychische Erregungszustände, die langsam
einer gewissen Benommenheit wichen. Den nächsten Tag fühlte der
Patient sich wieder ganz wohl. Katz konnte nach Anästhesierung
des Trommelfelles mit lOproz. Lösung niemals eine Hyperämie kon¬
statieren. Zur Schleimhautanästhesie in der Nase bediente er sich
einer 15 proz. Lösung. Um eine genügende Anämisierung zu erreichen,
empfiehlt er vor der Alypineinpinselung eine Adrenalinlösung (1 : 2000)
aufzupinseln.
Goldschmidt verwendet bei schweren akuten Asthmaanfällen
statt der Morphium-Atropininjektion eine Kombination von Alypin und
Eumydrin, welche als Inhalation zu verwenden ist. Auch Friede¬
berg gibt einem ähnlichen Präparat den Vorzug, weil es weniger
giftig und nicht so teuer ist.
Bürkner anästhesierte bei Ohrenoperationen mit einer 5 proz.
wässerigen oder alkoholischen Alypinlosung, die mit Hilfe eines
Wattebausches eingeführt oder in Sprayform verwendet wurde. Die
Anästhesie war ebenso stark wie bei Kokain, während die anämi-
sierende Wirkung leicht durch Zusatz von Adrenalin erreicht wurde.
Venus wandte das Alypin als Lokalanästhetikum subkutan und
subroukös u. a. bei Zahnoperationen und Tumoroperationen in 1—2 proz.
Lösung an. Er rühmt die Ungiftigkeit und die sichere, rasche und
lang anhaltende Wirkung.
Wanitschek gibt bei Operationen unter Narkose vor der Ope¬
ration einige Tropfen einer 5proz. Alypinlosung. Das postoperative
Erbrechen wurde dadurch bedeutend weniger beobachtet.
Trauner konnte Lokalanästhesie bei zahlreichen Operationen beob¬
achten; die Dauer der Anästhesie ist in Kombination mit Nebennieren¬
präparaten allen übrigen Medikamenten überlegen. Seiner Ueberzeugung
nach kann man das Alypin für das Auftreten von Nachblutungen
nicht verantwortlich machen.
Stoll erwähnt, daß eine 0,5 proz. Alypinlosung, intrakutan injiziert,
eine Anästhesie erzeugt, die 20—30 Minuten dauert. Die 1 proz.
430
A. KLARENBEEK,
Lösung verlängert die Dauer der Unempfindlichkeit bis auf 45 Minuten,
während die 2 proz. Lösung keine deutliche Steigerung mehr gibt.
Er empfiehlt also nur lproz. Lösungen zu verwenden. Neben einer
sehr kräftigen anästhesierenden Wirkung schreibt er dem Alypin eine
ziemlich starke anämisierende Kraft zu; Nebennierenpräparate ver¬
stärken seine Wirkung nach beiden Richtungen, so daß Alypin wohl
in dieser Beziehung dem Kokain am nächsten steht.
Läufer empfiehlt die Verbindung von Heroinum hydrochloricum
mit Alypin bei Husten verschiedener Aetiologie, weil es den Schmerz
lindert und wie ein Sedativum wirkt.
Schleich weist auf den Vorteil hin, neben dem Kokain das Alypin
zur Infiltrationsanästhesie zu verwenden. Ungestört kann man dann
die doppelte Menge der Lösung gebrauchen und an Flüssigkeitsmenge
bis zu einem halben Liter einspritzen.
In der Urologie wurde das Alypinnitrat von Renard-Dethy
empfohlen.
Vor den Blasenspülungen mit Argent. nitr. 1:1000 injizierte
Verfasser 8—10 ccm einer lOproz. Lösung von Alypinnitrat in die
Blase. Die ganze Behandlung wird auf diese Weise schmerzlos.
Meyer verwendet das Präparat Alypin in der Urologie nur zu
diagnostischen Zwecken. Blase und Urethra machte er mit einer
2 proz. Lösung unempfindlich.
Fleißig publizierte ein umfangreiches Referat über Alypin und
machte auf die Bedeutung dieses Mittels in der Lumbalanästhesie auf¬
merksam; er weist auf die geringe Literatur und das Divergieren der
Urteile in der Medullaranästhesie hin.
Abrand benutzte das Alypin in lOproz. Lösung bei Lumbal¬
anästhesie und sah oft gute Resultate. Die Anästhesie trat schnell
ein, war tief und von sehr geringem Einfluß auf das Bewegungsver¬
mögen.
Preindlsberger führte, nachdem er Tropakokain, Novokain und
Stovain verwendet hatte, eine lange Reihe von Rückenmarksanästhesien
mit Alypin aus.
Er kam zu dem Schlüsse, daß Alypin sehr brauchbar sei; mit
oder ohne Adrenalin hat es in den meisten Fällen gut gewirkt und
die Folgeerscheinungen waren nicht schwerer als bei den anderen Er¬
satzmitteln.
In der Geburtshilfe hat Rieländer das Alypin zur sakralen
Anästhesie verwendet. Die Herabsetzung des Geburtsschmerzes war
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 431
in der Mehrzahl der Fälle deutlich zu beobachten; eine Lähmung des
Sphincter ani trat aber oft auf, wodurch das Operationsgebiet un¬
erwünscht beschmutzt wurde. Diese Methode verursachte niemals eine
ungünstige Beeinflussung des Geburtslaufes.
Aus allen diesen Arbeiten erhellt deutlich, daß Alypin ein sehr
brauchbares Ersatzmittel für das Kokain darstellt. Unbestritten
ist Alypin dem Kokain gegenüber im Vorteil durch seine größere
Billigkeit und bessere Sterilisierbarkeit durch Aufkochen. Bezüglich
der anästhesierenden Wirkung liegen jedoch widersprechende Urteile
vor. Einige Autoren finden die Anästhesie durch Alypin rascher ein¬
tretend, länger anhaltend und tiefer als boi Kokain in gleicher Kon¬
zentration; andere hinwiederum behaupten das Gegenteil; wieder andere
halten beide Mittel in bezug auf ihre anästhesierende Kraft gleich
wirksam. Im großen und ganzen darf wohl nach Berücksichtigung
der bisher gewonnenen Resultate angenommen werden, daß die schmerz-
aufhebende, anästhesierende Wirkung beider Präparate eine gleich
gute ist.
Anders stellt sich die Beantwortung der Frage nach der Toxizität
beider Mittel. Aus den angeführten Arbeiten ergibt sich das überein¬
stimmende Versuchsresultat der geringeren Giftigkeit des Alypins im
Vergleiche mit Kokain.
Nur bei der Anästhesierung des Lendenmarkes wurden toxische
Nebenerscheinungen beobachtet.
Als Nachteil des Alypins wird im allgemeinen seine vasodilata-
torische Wirkung angesehen, die bisweilen stärkere Blutungen oder
Nachblutungen bei Operationen zur Folge hat. Doch bestreitet Katz
im Gegensatz zu Irapens, von Sicherer, Finder und anderen ent¬
schieden den Eintritt einer Hyperämie der Schleimhäute bei den thera¬
peutischen Dosen. Durch Zusatz von Nebennierenpräparaten kann
jedoch diese hyperämisierende Wirkung beseitigt werden.
Für die ophthalmologische Praxis ergeben sich als wertvolle
Faktoren, daß bei Anwendung von Alypin keine Mydriasis und keinerlei
Akkommodationsstörungen auftreten, der intraokuläre Druck nicht er¬
höht wird und Ischämie ausbleibt. Schädigungen des Hornhautepithcls
wurden nur von einzelnen Forschern konstatiert. Die Dosierung schwankt
zwischen 1 proz. bis 5 proz. Lösung.
Sehr gute Erfolge weist die Alypin Verwendung in der Rhino-
Laryngologie und Otiatrie auf. Uebcreinstimmend empfohlen wird
Alypin zur Ablation der Nasenmuschelendcn, da sich die Schleimhaut
432
A. KLAKENBEEK
nicht wie beim Kokain reträhiert. Bei der Verwendung von Alypin
in der kleinen Chirurgie sind die Erfolge sehr zufriedenstellend.
Für die Medullaranästhesie gehen die Urteile auseinander; es
liegen aber nur wenige Arbeiten nach der Richtung hin vor. Be¬
sonders schätzenswert ist das Alypin bei Zahnextraktionen, da die
Giftwirkung nur gering ist. Es wird meist in 2proz. Lösung, eventuell
mit Adrenalinzusatz, in das Zahnfleisch injiziert.
Auf urologischem Gebiete liegt der Hauptwert des Präpa¬
rates in der Anästhesierung der Urethra vor schmerzhaften Durch¬
spülungen oder Bougierungen, ferner in Anästhesie der Blase. Endlich
hat das Alypin mit Erfolg noch Verwendung zu innerlichem Gebrauch
gefunden, bei Krankheiten der Respirationsorgane, gegen Erbrechen usw.
In der Veterinärmedizin erschien im Jahre 1907 zum ersten
Male eine sehr ausführliche und gut durchgeführte Arbeit über das
Alypin von Dittmer.
Dittmer machte ausgedehnte Untersuchungen beim Pferde, wo¬
bei er die anästhesierende Kraft des Mittels und seine Toxizität bei
Pferden gegenüber der des Kokains prüfte. Er verwendete das Alypin
zu differentialdiagnostischen Zwecken und operierte vielfach unter
Alypin-Lokalanästhesie. Seine toxikologischen Versuche machte er
beim Pferd und Hund. Auf Grund seiner Untersuchungen kam er zu
folgender Schlußfolgerung: „Das Alypin als Anästhetikum ist dem
Kokain an Wirkung völlig ebenbürtig. Bei Pferden ist es etwa 10mal
weniger giftig als Kokain, indem hier die ersten Vergiftungserschei¬
nungen erst bei Mengen von 6 mg Alypin pro Kilogramm Körper¬
gewicht auftreten, während dies beim Kokain schon bei Dosen von
0,7 mg der Fall ist. Es wirkt doppelt so schnell wie Kokain, eine
Tatsache, die von großer Bedeutung für Operationen und diagnostische
Injektionen ist. Weiter ruft es eine belanglose Hyperämie hervor, ist
billiger als Kokain und sehr lange haltbar; es bietet also mit vollem
Recht einen brauchbaren Ersatz für das Kokain.“
Da für meine eigenen Versuche mich insbesondere die toxischen
Dosen beim Hunde interessierten, gebe ich das Ergebnis seiner Unter¬
suchungen hier wieder:
„Kleine Gaben von 5 bis 33 mg pro Kilogramm Körpergewicht
von Hunden werden ohne Reaktion vertragen. Mittlere Gaben von
40 bis 60 rag pro Kilogramm Körpergewicht rufen schon ein mehr
oder weniger starkes Bild der Vergiftung hervor. Die Tiere werden
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 433
unruhig, schreckhaft, zeigen Manegebewegungen nach links und nach
rechts. Die Sensibilität ist etwas herabgesetzt. Es treten Schwäche¬
zustände, vor allem in der Nachhand, Zuckungen der Haut und Skelett¬
muskulatur, klonisch-tonische und tctanische Krämpfe auf. Die Atmung
wechselt stark, man beobachtet zeitweise beschleunigte, darauf lang¬
same, vertiefte Atemzüge. Die Temperatur wird wenig geändert; ein
Abfallen der Temperatur fand nicht statt; in zwei Fällen stieg sie
an. Kurz nach Verabreichung der toxischen Dosen trat in den meisten
Fällen Erbrechen ein. Die Vergiftungserscheinungen haben viel Aehn-
lichkeit mit denjenigen der Kokainvergiftung. Große Dosen von 60
bis 70 mg pro Kilogramm Körpergewicht wirken tödlich. Das Ver¬
enden tritt nicht unter den Anzeichen der Atemnot oder Herzlähmung
ein. Die Herztätigkeit wurde durch das Alypin nicht beeinflußt. Im
Todesfälle steht zuerst die Atmung, darauf erst das Herz still. Der
Tod unterscheidet sich von dem durch Kokain herbeigeführten da¬
durch, daß er nicht unter den Symptomen heftiger Krämpfe eintritt,
sondern unter völliger Ruhe von Seiten des sterbenden Tieres.
„Es scheint die Annahme von Impens, daß die Tiere an all¬
gemeiner Erschlaffung infolge der Krarapfanstrengungen zugrunde
gehen, sich zu bestätigen“.
Bei seinen experimentellen Versuchen fand Impens, daß die
Dosis letalis beim Hunde und bei der Katze annähernd das Doppelte
derjenigen des Kokains beträgt, und zwar beim Hund 0,06 g, bei der
Katze 0,07 g. Therapeutische Dosen üben keinen schädigenden Ein¬
fluß auf das Herz aus. Bei lokaler Applikation und bei subkutaner
Anwendung tritt auch bei Menschen eine Gefäßwirkung ein, nament¬
lich eine Gefäßerweiterung peripheren und zentralen Ursprungs. Es
übt eine schwache lähmende Wirkung auf das Protoplasma aus. Die
Ausscheidung des Alypins geschieht durch die Nieren. Verfasser
kommt zum Schluß, daß das Alypin bedeutend weniger giftig ist, daß
die Intensität der Wirkung derjenigen des Kokains gleich ist, keine
Mydriasis, .keine Akkommodationsstörungen und keine Gefäß Verengerung
hervorruft.
Im Jahre 1910 publizierte Mollica einen Beitrag zur Kenntnis
der Alypinwirkung. Seine Versuche erwiesen, daß das Alypin weniger
giftig und stärker anästhesierend als das Kokain ist. Die tödliche
Minimaldosis stellt er auf 29 mg pro Kilogramm Körpergewicht beim
Hunde. Isopral und Choralhydrat sind gute Antidote; das letztere
wirkte noch lebensrettend bei einer Vergiftung eines Hundes, wenn
434 A. KLARENBEEK,
60 rag pro Kilogramm Körpergewicht, und Isopral, wenn 55 mg ge¬
geben wurden.
Bogdanow empfiehlt das relativ billige Mittel aufs wärmste.
Wässerige Lösungen, subkutan injiziert, wirken schneller schmerz¬
stillend als Kokainlösungen. Die Wirkung tritt nach 3—5 Minuten
ein und dauert 20—30 Minuten. Für Pferd und Rind ist eine Dosis
von 10—20 g einer 3 proz. Lösung ungefährlich. Die Intensität der
Wirkung steht derjenigen von Kokain nicht nach. Die Dosis für
kleine Tiere beträgt 50—100 mg für Hunde; 30—50 mg für Katzen.
Auch für Anästhesie des Auges erwies sich das Alypin als ein gutes
Mittel; keine Läsion des Korncaepithcls wurde beobachtet.
Die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co., Lever¬
kusen bei Köln bezeichnen das Alypin als vollwertigen Ersatz für
Kokain. In seinem Artikel: „Ein falsches Inserat über Alypin“, weist
jedoch Franz Bruck darauf hin, daß, während beim Kokain 2 Kom¬
ponenten wirksam sind, namentlich ein anästhesierender und ein
anämisierender, bei Alypin nur die erstgenannte Wirkung anwesend
ist. Ein völliges Ersatzmittel wird es erst durch Zusatz eines Neben¬
nierenpräparates.
Auch vermeldet das Inserat, daß Alypin erheblich weniger giftig
als Kokain ist. Schröder ist jedoch der Ansicht, daß Alypin dem
Kokain an Toxizität nicht nachsteht.
Wenn man die Erfolge dieser Untersuchungen zusammenfaßt,
dann tritt deutlich die übereinstimmende Wirkung beim Menschen
und Tiere zu Tage.
Die anästhesierende Wirkung ist auch im Tierexperiment gleich
derjenigen von Kokain; die Giftigkeit des Alypins wird jedoch von
fast allen Autoren viel geringer gehalten wie die von Kokain. Auf¬
fallend ist es, daß das Mittel bei Tieren nur subkutan injiziert wurde,
und daß z. B. die Lumbalapplikation nicht genannt wird. Es stehen
uns keine Mitteilungen über die therapeutischen oder toxischen Dosen
bei dieser Verwendung zur Verfügung, insbesondere fehlen vergleichende
Versuche nach dieser Richtung.
Auch sind die Angaben der Untersucher nicht stets überein¬
stimmend.
Auf Anregung meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Prof.
Dr. H. Jakob, habe ich Alypin daraufhin geprüft, inwieweit es ohne
Gefahr, also in therapeutischen Dosen, beim Hunde intralumbal ge¬
geben werden kann, und bei welchen Dosen bei dieser Applikations-
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 435
art eine toxische und letale Wirkung eintritt; gleichzeitig habe ich
bei denselben Hunden auch vergleichende subkutane Alypininjektionen
vorgenommen, insbesondere um die Toxizität von Alypin nach dieser
Richtung hin bei diesen Tieren zu prüfen.
Eigene Untersuchungen.
Die Technik der Lumbalpunktion ist bei Hunden und auch
beim Menschen im allgemeinen nicht so sehr einfach, und die Mög¬
lichkeit von Zufälligkeiten und Mißerfolgen wird durch zahlreiche Fälle
aus der Literatur belegt. Die Schwierigkeiten, denen man bei der
Lumbalpunktion bzw. Injektion bei Hunden begegnet, sind mancherlei
Art. Will man mit ziemlich großer Sicherheit diesen kleinen operativen
Eingriff vornehmen, so setzt dies in erster Linie natürlich eine genaue
Kenntnis der topographischen Anatomie der Lendenwirbel und vor
allem des Lendenmarkes voraus.
Vor den pharmakologischen Untersuchungen über Alypin habe
ich zunächst die anatomischen Verhältnisse des Hunde¬
lendenmarkes studiert und durch genaue Messungen der bei der
Lumbalinjektion in Frage kommenden Teile meine dementsprechenden
Schlüsse zu ziehen versucht. In den anatomischen Lehrbüchern
(Martin, Ellenberger und Baum, Ellenberger und Mueller,
Ellenberger und Günther) linden sich nämlich über das Lenden¬
mark des Hundes keine genaueren Angaben.
Ich untersuchte deshalb 20 Lendenmarke auf folgende W T cisc:
Von einem eben getöteten Hunde wurde die Wirbelsäule vom vorletzten
Rückenwirbel bis zum Kaudalwirbel von den Muskelmasson freipräpariert.
Darauf wurde der Wirbelkanal durch vorsichtiges Abtragen des dorsalen Teiles
der betreffenden Rücken- und Lendenwirbel und des Kreuzbeines mit der Knochen¬
schere freigelegt. Das Rückenmark bzw. Lendenmark mit seinen Hüllen und
Endfasern lag dann offen vor mir (vgl. umstehende Abb. 1), worauf dann die ver¬
schiedenen Messungen, welche in' der Tabelle (vgl. S. 437) angegeben sind, vor¬
genommen werden konnton.
Diese Messungen lassen die folgenden Schlußfolgerungen zu:
Die transversale Ausdehnung des Lendenmarkes, die Inturaes-
centia lumbalis, fängt schon beim zweiten Lendenwirbel an; sie ist
am stärksten etwas über der Mitte des vierten Lendenwirbels und
nimmt dann kaudalwärts schnell an Breite ab. Die Breite des Lendcn-
raarkes in der Höhe des fünften Lendenwirbels ist ungefähr dieselbe
wie in der des zweiten. Der Endfaden, auch Filum terminale ge-
A:K.lviVHESRKF.K
nftiiut, der das ISiidfe dos Rijckennwktis ödest ituf das der Rucken-
markshüjkn tc-[m iLsennort, läuft .stets bis' aom KreuzbCHikana.1, An»
meisten — vn I i von den 20 Lütersuehmigen -- erstreckt ex. bich
bis auf die Mitte des Kreuzbeines und verliert sich dann in einen
sehr feinen, undeutlichen Faden, welcher zwischen den aussträhienden
Not vett d»*r Cauda eijuina liegt.. In fünf Fallen >var er bis in die
des Ktou'Äbeines zu verfolgen •und hei dem anderen
(TitfUU* Broito. fjgn
.Iiitiimi'scontj* lumbali*
\m iA .' .* . *>.
t'nrip höüae «itarmmi
KjU»m t«rn»itiale
Anartopiisjc-hß SHi»at»ion »Ics Lendenroarkes:
Präparat konnte ich ihn nur im Beginn des Krm.tzbe.uies nachweison-
V"!• Wichtigkeit ist dabei der Befund, daß zwischen dem siebenter :
B%(Jebwicbel und denv.Ki*e'aiibeiiTO,: feiner Stelle, an der köütr sehr
.^brn¥ : ;i}i#:^ümba3p»hl;Bittö bzw. fitjcifetion abfefnlrrt, die trar&vürsile
Breite dt? Filurfi temiiuale »er ungefähr durchschnittlich einen ein-
||jp$i ,*& daß das Ansfcehcn bzvf, Kädiertsn des
Iviiekcninarktte mit der in den lluckemnarkslvanal .ringciiihncit .%-adel
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 437
Rasse
3 Gesamtlänge des
3 Lendenmarkes
Breite der Tubera
coxae externa
Breite der Tubera
coxae interna
Breite des Lendenmarkes
metern am
n Milli-
Ende des Filum
terminale
1. Lendenwirbel
2. Lendenwirbel
3. Lendenwirbel
4. Lendenwirbel
5. Lendenwirbel
6. Lendenwirbel
7. Lendenwirbel
loll. Schäferhund ....
171,2
83,2
39,8
7,1
7,8
9,2
7,5
5.8
3,4
2,2
Mitte des Os sacrum.
tordon Setter.
240,4
102,6
60
8,2
9,1
10,8
12,5
18,7
6,1
4,2
do.
Holl. Schäferhund ....
135
59,5
31
6,9
7,0
7,8
10,8
7,3
4,2
3,1
do.
* 9 ) ....
162
81,1
51,2
6,4
7,1
8,0
8,7
7
5,3
2,2
do.
Soxer .
157,7
61,3
42,6
7,4
7,7
9,5
9,6
6,4
3,4
2,7
do.
Hühnerhund.
210
92,3
61,2
8,1
8,7
9,5
9,8
7,3
4,7
4,1
do.
Deutscher Vorstehhund .
165
81,4
38,5
7,6
8,2
8,6
10,1
7,6
4,4
2,7
do.
Foxterrier.
151,7
62
41,4
6,6
7,2
8,3
9.7
8,3
6,5
4,4
do.
Black and tan terrier .
132,4
61,2
39,6
6,7
6,9
7,8
9.6
7,9
6,1
5
do.
Deutscher Vorstehhund .
205
98,1
61,6
8,2
9,1
11.2
12,2
6,3
4,1
—
Kaudaler Teil des Os sacr.
Bullterrier.
178
82,6
55,6
7.8
7,9
9,9
10,6
6.1
3,8
2,9
do.
Zughund (mittlere Größe)
257
125,1
71,8
8.4
8,7
9,4
10,8
10,9
7,8
2,7
do.
Foxterrier.
148,3
78,7
40,5
7,1
7,4
8,6
9,2
8,2
4,4
2,7
Mitte des Os sacrum.
w ........
164,1
80,1
42,4
6,5
7,1
7,8
10,0
9,4
4,6
2,5
Kranialer Teil d. Os sacr.
Griffon bruxellois ....
96,3
37,1
15.8
6,3
6,4
7.3
8.5
5.8
2,9
1,2
Mitte des Os sacrum.
Dobermann-Pinscher . .
178
73,4
46,3
7,6
8,2
8,3
9,8
7,3
3,8
2,7
Kaudaler Teil des Os sacr.
Zughund (mittlere Größe)
240
107,4
62.2
8,9
8,9
9,3
10.5
9,8
7,9
5,8
Kranialer Teil des Os sacr.
Foxterrier.
175
87,1
48,2
7,4
7,8
8,51
9,2
7,1
3,7
2,2
do.
Pinscher .
124,3
41,4
24,3
5.6
5,7
7,6
8,1
6,3
3,3
1,9
Kaudaler Teil des Os sacr.
Holl. Schäferhund ....
146,7
64,1
38,8
6,7
6,9
8,4
9 , 4 |
6,3
3,6
1,3
do.
fast unmöglich erscheint. An der betreffenden Stelle habe ich einmal
die Injektion vorgenommen und als Injektionsflüssigkeit Methylenblau
in 1 proz. Lösung verwendet.
Bei der Sektion, welche bald darauf ausgeführt wurde, ließ sich
folgendes beobachten:
Der Rückenmarkskanal war vom ersten Rückenwirbel bis zum Kaudalwirbel
stark blau gefärbt; das Gewebe in der Umgebung war normal; die Rückenmarks¬
hüllen sowie der periphere Teil der Rückenmarksubstanz waren intensiv blau
gefärbt. Beim Einschnitt in das Mark erwies sich dasselbe weiter überall jedoch
unverändert; die Farbe war rein weißgelb, genau so wie im normalen Zustand.
Die Spinalflüssigkeit war vollkommen durchsichtig und nicht abnormal gefärbt.
Aus diesem Versuche kann man wohl entnehmen, daß man beim Einspritzen einer
Flüssigkeit in don Wirbelkanal zwischen Kreuzbein und letztem Lendenwirbel die
Flüssigkeit in der Regel nicht in die Rückenmarksubstanz, sondern um die äußeren
Hüllen bringt.
Aus diesen anatomischen Studien ist wohl zu ersehen, daß
eigentlich die gefahrloseste und zweckentsprechendste Stelle
für die Lumbalinjektion mit Anästheticis zwischen letztem
Lendenwirbel und Kreuzbein liegt. Vergleicht man die Arbeiten
Arehir f wissenseh. n. prakt. Tierheilk Bd. 41. H. 6. 29
438
A. KLARENBEEK,
einiger Autoren über Lumbalanästhesie beim Hunde, so sieht man
auch, daß diese Stelle vielfach verwendet wird. So empfehlen z. ß.
Sendrail und Cuillö diese Injektionsstelle, da der Raum hier sehr
breit ist und man leicht injizieren kann. Auch L. und C. Löpinay
bevorzugen diese Stelle bei kleinen Tieren. Andere Autoren machen
die Injektion mit Vorliebe zwischen dem sechsten und siebenten
Lendenwirbel. Sie weisen darauf hin, daß die Injektion bzw. die
Punktion im Intervertebralraum zwischen dem siebenten Lendenwirbel
und Kreuzbein keine Sicherheit bietet und geben dabei der Meinung
Ausdruck, daß nur eine gute Anästhesie eintreten kann, wenn man
die Nadel gerade durch die Hüllen hindurchsticht. Die anatomischen
Untersuchungen und meine vielfach erlangten guten Resultate beim
Injizieren an dieser Stelle decken sich jedoch mit dieser Ansicht be¬
züglich der Injektionsstelle und dem Erzielen einer Anästhesie im
allgemeinen nicht.
Wie erwähnt, geht das Rückenmark mit seinen Häuten in einen
dünnen Faden über. Das sehr feine Ende dieses Filum terminale
reicht in der Mehrzahl der Fälle bis zur Mitte des Corpus ossis sacri,
zwischen den Nerven der Cauda equina nachweisbar. Nach den
neuesten anatomischen Untersuchungen von Mennerat stellt diese
Endfaser nicht genau das kaudale Ende des Rückenmarkes dar, son¬
dern nur die es umgebenden Hüllen.
Es läßt sich nur noch sehr rudimentär bis zur Mitte des letzten
Lendenwirbels mikroskopisch Rückenmarksubstanz nachweisen. Ellen¬
berger und Baum geben an, daß das Rückenmark beim siebenten
Lendenwirbel endigt. Sie sprechen nicht vom Duralsack. Das Filum
terminale ist mit Zerebrospinalflüssigkeit bis an sein Ende gefüllt.
Meiner Ansicht nach stellt diese Endfaser das sich verjüngende Ende
der Dura mater spinalis und Arachnoidea dar.
Das Rückenmark selbst erstreckt sich nur bis zum
sechsten, höchstens zum siebenten Lendenwirbel und die
im Rückenmarkszentralkanal befindliche Spinalflüssigkeit füllt den kau¬
dalen Hüllensack an. Man hat es hier demnach mit einer Art Sinus,
ähnlich wie im Gehirn, zu tun.
Es bestehen nun für die Lumbalinjektion einige Orientierungs¬
punkte, nach denen man die Einstichstelle einigermaßen bestimmen
kann. Die meisten Autoren nehmen den Einstich zwischen dem
sechsten und siebenten Lendenwirbel vor, dessen Spinalfortsatz wesent¬
lich kleiner als der des sechsten ist. Die Spinalfortsätze dieser
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 439
Wirbel sind bei nicht zu fetten Hunden deutlich durch die Haut zu
fühlen; die Injektionsstello liegt im allgemeinen in einer Medianlinie
an der Stelle, an welcher eine gerade Linie, von dem Vorderrande
der Tubera coxae gezogen, dieselbe kreuzt. Die Nadel wird dann
meistens so durch die Haut hindurch gestochen, daß sie an dem
Vorderrand des Processus spinalis entlang in kranioventraler Richtung
in den Rückenmarkskanal gelangt.
Will man jedoch die Injektion an der anderen genannten Stelle,
d. h. zwischen letztem (siebentem) Lendenwirbel und Os sacrum
ausführen, so kann man in derselben Weise, also kranioventral längs
der Vorderfläche des Spinalfortsatzes des Kreuzbeins, in der Median¬
linie den Einstich machen, der an der Kreuzung dieser Linie mit
einer Geraden, welche die beiden kaudalen Enden der Tubera coxae
verbindet, erfolgt.
L. und P. Löpinay injizierten bei kleinen Hunden stets an dieser
Stelle, bei großen Hunden jedoch zwischen dem sechsten und siebenten
Lendenwirbel. Auch Sendrail und Cuillö machten bei Hunden die
Lumbalinjektion zwischen dem siebenten Lendenwirbel und dem Os
sacrum, da der Zwischenraum breit und die Nadel relativ leicht ein¬
zuführen ist. M. Mennerat, der ausführliche Versuche bei Hunden
über die Lumbalanästhesie vornahm, injizierte fast stets zwischen dem
sechsten und siebenten Lendenwirbel.
ln der Literatur sind viele Fälle mitgeteilt, in denen die Nadel,
wenn sie in den Canalis vertebralis gebracht war, zerbrach. Dies
ist neben ungeschickter Manipulation und zu raschem Einstich meistens
auf den Widerstand des Tieres während des Einführens der Nadel
oder der Injektion zurückzu führen. Es ist von großer Wichtigkeit,
das Tier so festhalten zu lassen, daß dabei die Dorsalenden der
Lendenwirbel so weit als möglich auseinander stehen; die Einführung
der Nadel zwischen den einzelnen Lendenwirbeln eventuell dem Os
sacrum bietet dann die geringsten Schwierigkeiten.
Der Rücken bzw. die Lende soll im allgemeinen demnach so
gebogen werden, daß eine stärkere dorsale Krümmung vorhanden ist.
Mennerat gibt hierüber ausführliche Mitteilungen. Er läßt das Tier
am Rande eines Tisches in der Weise gut fixieren, daß dabei der
vordere Teil auf den Tisch, der hintere Teil bzw. die beiden Hinter¬
beine unter den Tisch und so möglichst dicht der Tischplatte zu
liegen kommt. Andere machten ihre Versuche am liegenden Tiere
und banden die vier Beine fest aneinander, wodurch auch eine
29*
440 A. KLARENBEEK,
entsprechende Krümmung des Rückens bzw. der Lende zustande
kommt.
Ich habe mich bei meinen Untersuchungen über Lumbalanästhesie
nicht an eine spezielle Methode gehalten. Der Körperbau und event.
Ernährungszustand, das Temperament des betreffenden Hundes sind
von Bedeutung, welche Haltung des Tieres eben zu bevorzugen ist.
Ein großer Hund mit sehr wenig Temperament konnte des öfteren im
Stehen injiziert werden, ohne sogar das Tier besonders festzuhalten.
Im allgemeinen verwendete ich zwei Fixiermethoden und benutzte
in der Mehrzahl der Fälle nur eine Hilfe. Meistens, vor allem bei
nicht zu großen Hunden, genügte es, daß der Helfende, mit seinem
Gesicht nach dem kaudalen Ende des Tieres gerichtet, Kopf und
Vorderfüße des auf einen Tisch gelegten Hundes zwischen linken
Oberarm und Rumpf fixierte und mit seiner linken Hand das rechte,
mit seiner rechten Hand das linke Hinterbein fest umfaßte und gegen
die Unterbrust vorzog. Der Rücken bzw. die Lende ist dann ent¬
sprechend abgebogen und der Hund genügend gut fixiert.
Bei nicht sehr empfindlichen Hunden, oder bei solchen, die sehr
dick oder fett sind, ist diese Methode wohl zu empfehlen. Sind die
Patienten aber überempfindlich oder vermutet man, daß die Punktion
oder Injektion auf größere Schwierigkeiten stoßen soll, was bei wider¬
spenstigen Tieren zu erwarten ist, so ist es empfehlenswert, die fol¬
gende Methode zu verwenden.
Diese besteht darin, daß der Gehilfe den Hund z. B. auf die rechte Seite
legt, und an der Rückenseite des Tieres stehend, das Tier mit beiden Händen
und Armen so fixiert, daß die vier Beine gegen die Unterbrust zu gezogen werden,
wobei der Kopf und Thorax von den Oberarmen und dem Oberkörper des Gehilfen
gehalten werden. Beim Injizieren wird dann von dem Behandelnden selbst das
Becken fixiert. Der Hund macht so nur sehr kleine Bewegungen, welche bei der
Injektion gewöhnlich nicht hinderlich sind.
Die Schmerzhaftigkeit bei der Nadeleinführung war bisweilen
ziemlich groß, in anderen Fällen gering oder gar nicht anwesend. Im
allgemeinen ist das Durchstechen der Nadel durch die Haut nicht
schmerzhaft, dagegen verursacht das Perforieren des Ligamentum
spinale mit der Nadel bei empfindlichen Hunden starken Schmerz.
Dieses Band ist bei mageren Hunden oft sehr deutlich als ein in der
Medianlinie über die Enden der Spinalfortsätze ziehender Strang zu
fühlen. Bei derartigen Hunden, die sehr empfindlich sind und ein
deutlich fühlbares Ligamentum spinale haben, ist es am besten, etwas
seitwärts von der Medianlinie die Nadel einzuführen.
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 441
Bei einigen Versuchen wurde vor der Einführung der Nadel
die Haut mittels Chloräthyl etwas anästhetisch gemacht. Diese
Methode hat sich jedoch nicht als zweckmäßig erwiesen, da das
Aufspritzen dieser Kälte verursachenden Flüssigkeit die Tiere unruhig
machte.
Von einigen Autoren wird vor der Lumbalinjektion bzw. Punktion
die subkutane Applikation von Morphinum hydrochloricum vorge¬
schlagen. Die Einführung der Nadel würde dann viel leichter gehen,
und es sollte mehr Sicherheit bestehen, die richtige Stelle zu treffen.
Ich habe nach dieser Richtung hin keine Versuche gemacht, da durch
vorausgehende Morphiuminjektionen das klinische Bild der Alypin-
wirkung undeutlich geworden wäre.
Während nach meinen Beobachtungen beim Einstechen der Nadel
durch die Haut, ferner beim Durchstechen des dorsalen Ligamentum
intervertebrale Schmerzensäußerungen bei einzelnen Hunden beobachtet
werden konnten, ließ sich bei der Einspritzung der Alypinlösung an
sich fast niemals eine heftige Schmerzhaftigkeit nachweisen, wenn die
Lösungen zuerst bis auf 36—37° C erwärmt worden waren. Kalte
Flüssigkeiten irritierten stark und verursachten beim Tiere heftigen
Widerstand.
Die Alypindosen wurden stets genauestens abgewogen und immer
steril injiziert. Die Instrumente, welche ich beim Wägen und bei
der Bereitung der Lösung benutzte, wurden vor der Operation aus¬
gekocht und das steril abgewogene Pulver in sterilem wannen Wasser
aufgelöst. Die Haut des Tieres an der Injektionsstelle wurde zuerst
geschoren, dann mit einer 2 proz. Therapogenlösung und anschließend
mit Spir. dil. desinfiziert. In einigen Fällen benutzte ich zur An¬
ästhesie der Injektionsstelle, wie bereits erwähnt, Chloräthyl. Weder
bei subkutaner Applikation, noch bei lumbaler Verwendung kam ein
Fall von Abszedierung vor. Auch bei wiederholter Applikation an
derselben Stelle konnten niemals makroskopisch anatomische Verände¬
rungen nachgewiesen werden.
Versuchsreihe I.
Lumbale Injektionen mit Alypin in geringen Dosen.
Fall l. 9 kg schwerer, nicht sehr starker Hund erhält 45 mg (0,045 g)
Alypin (5 mg pro Kilogramm Körpergewicht), gelöst in 4 ccm Wasser; Injektion
am stehenden Tier zwischen dem 7. Lendenwirbel und Os saornm. Durchstechen
der Hant und des Ligamentum spinale schmerzhaft; nicht dagegen die Injektion
der Flüssigkeit. Keine Reaktion.
442
A. KLARENBEEK,
Fall 2«. 20,5 kg schwerer, kräftiger Boxer, 2 Jahre alt, erhält 102 mg
(0,102 g) Alypin (5 mg pro Kilogramm Körpergewicht), gelöst in 5 ccm Wasser.
Injektion am stehenden Tier zwischen dem 6. und 7. Lendenwirbel. Ziemlich
schmerzhaft. Reaktionslos.
Fall 3. 16 kg schwere, gut gebaute Bastarddogge, 2 */^ Jahre alt, erhält
80 mg (0,08 g) Alypin (5 mg pro Kilogramm Körpergewicht), gelöst in 5 ccm
Wasser. Spinalband hart und leicht palpabel. Einstechen der Nadel schmerzhaft.
Die Injektion am liegenden Tier mit gebogenem Rücken, zwischen 6. und
7. Lendenwirbel. Keinerlei Reaktion.
Fall 4. 8 kg sohwerer, schwächlicher Hund, 2 Jahre alt, erhält 40 mg
(0,04 g) Alypin (5 mg pro Kilogramm Körpergewicht), gelöst in b l j 2 com Wasser.
Durchstich durch Haut und Ligamentum spinale ziemlich schmerzhaft. Injektion
zwischen 6. und 7. Lendenwirbel. Injektion am liegenden Tier wie in Fall 3.
Der Hund zeigt keinerlei Veränderungen.
Fall 5. 10 kg schwerer, nicht sehr resistenter Hund, 2 l / 2 Jahre alt, erhält
3 Uhr 65 mg Alypin (0,065 g, d. i. 6,5 mg pro Kilogramm Körpergewicht), gelöst
in 2 ccm Wasser. Durchstechen des Ligamentum spinale ist etwas schmerzhaft.
Injektion sonst ohne Schmerzreaktion. Nach 2 Minuten schwankender Gang an
den Hinterbeinen; das linke Bein schwach paralysiert, beim Laufen und Stehen
Gelenke stark gebogen. Sensibilität nooh nicht gestört, der Patellarreflex an beiden
Beinen noch normal anwesend.
Am rechten Hinterbein geringe Hypertonie der Muskeln. Vorderbeine spastisch.
Hund richtet sich nur mit Mühe auf.
3 Uhr 4 Min. Tier vermag sich nicht mehr aufzurichten, liegt auf der linken
Seite; die Vorderbeine nach vorn ausgestreckt und die Hinterbeine gleichzeitig
nach rechts. Das rechte Hinterbein hypertonisch. Vollkommene Anästhesie der
Haut der paralysierten Extremitäten.
Reflexe erloschen. Rückenmuskulatur im Gebiete des Kreuzbeines an der
rechten Seite gespannt, nicht byperästbetisch. Schweif deutlich nach rechts ge¬
bogen und nicht ganz unempfindlich. Linkes unterliegendes Bein schlaff paraly¬
siert; Sensibilität hier aufgehoben und Reflexe verschwunden. Muskulatur an der
linken Seite des Kreuzbeines und der Lende nicht so gespannt wie an der anderen
Seite; Schmerzempfindung hier geringer. Vorderbeine nach vorne gestreckt,
Muskulatur derselben stark gespannt. Außerdem Paralyse des Sphincter ani
(spontane Kotentleerung) und des Sphincter vesicae urinariae (spontanes Harn¬
träufeln).
Ganzes linkes Hinterteil demnach schlaff paralysiert, wobei Motilität und
Sensibilität bis zum Hypochondrium aufgehoben sind. An der rechten Seite der
Hinterhand dagegen spastische Kontraktion, wobei Motilität und Sensibilität nicht
ganz sistiert sind.
4 Uhr. Hund kann wieder aufstehen, belastet dabei beim Laufen das linke
Hinterbein nur wenig; rechtes Hinterbein funktioniert normal. Hautsensibilität
kehrt zurück; sie ist bei diesem Tier im allgemeinen sehr gering; tiefe Nadel¬
stiche geben nur geringe Hautreaktion. Patellarreflex beiderseitig nooh unter¬
drückt. Pupillenstand während der ganzen Untersuchungen nicht abnorm; Hund
ist nicht schreckhaft.
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 443
5 Uhr. Fortbewegung wieder ziemlich gut; nur linkes Hinterbein noch
otwas sohwach paretisch; Schweif ist noch nach rechts gebogen.
6 Uhr. Bewegung des Hundes normal; Schweif wird wieder in die Median¬
linie getragen. Körperinnentemperatur während des Versuches um 0,2° C ge¬
stiegen. Allgemeinbefinden demnach nicht weiter gestört; Tier hat normalen
Appetit bei vollkommen freier Psyche.
Fall 6 . 20 kg schwerer, kräftiger Boxer, 2 Jahre alt, erhält 140 mg (0,14 g)
Alypin, d. h. 7 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 6 ccm Wasser.
Injektionsstelle zwischen 6 . und 7. Lendenwirbel. Es tritt keine Reaktion auf.
Fall 7 . 8 kg schwerer, nicht kräftiger Bastardhund, 2 Jahre alt, erhält
2 Uhr 30 Min. 56 mg (0,056 g) Alypin, d. i. 7 mg pro Kilogramm Körpergewicht,
gelöst in 5 ccm Wasser, zwischen 6 . und 7. Lendenwirbel injiziert. Einstich und
Durchstich schmerzhaft. Hund widersetzt sich. Injektion selbst nicht schmerzhaft.
2 Uhr 45 Min. Bei Bewegung geringe paretische Erscheinungen an den
Hinterbeinen. Sensibilität nicht gestört oder nur sehr wenig.
3 Uhr. Geringe Schwankungen der Nachhand noch vorhanden.
3 Uhr 15 Min. Paretische Erscheinungen sistieren; Gang normal. Erhöhung
der Körperinnentemperatur im ganzen um 0,1° C. Allgemeinbefinden des Tieres
normal.
Fall 8 . 16 kg schwerer, gut gebauter Bastardhund, l l / 2 Jahre alt, erhält
um 2 Uhr 50 Min. 112 mg (0,112 g) Alypin, d. i. 7 mg pro Kilogramm Körper¬
gewicht, gelöst in 5 ccm Wasser. Injektionsstelle zwischen 6 . und 7. Lendenwirbel
am liegenden Tier. Injektion nicht schmerzhaft.
3 Uhr. Leichte paretische Erscheinungen der Hinterbeine; Gelenke der
Hinterbeino, insbesondere Hüft- und Kniegelenk, stärker gebogen.
3 Uhr 15 Min. Abnormaler Zustand wieder verschwunden.
Fall 9 . 26 kg schwere, 7 Jahre alte Bastarddogge, erhält um 3 Uhr 185 mg
(0,185g) Alypin, d.i. 7 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 6 ccm Wasser.
Einstich zwischen 6 . unjil 7. Lendenwirbel. Hund ist schon mehrfach für Unter¬
suchungen mit Alypin verwendet. Keine Reaktion; Hund schläft ruhig wie sonst
während des Versuches.
Fall 10. 10 kg schwerer, schwächlicher Hund, 2 l / 2 Jahre alt, erhält 80 mg
(0,80 g) Alypin, d. i. 8 mg Alypin pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 5 ccm
Wasser, zwischen dem 7. Lendenwirbel und Os sacrum. Einstich der Nadel nicht
besonders schmerzhaft. Nach Einstich der Nadel kommen einige Tropfen Blut
durch die Kanüle. Nach geringem Zurückziehen (einige Millimeter) der Nadel
fließt noch Blut tropfenweise aus der Kanüle. Ein kleines intervertebrales Gefäß
ist angestochen.
Die Injektion wird, wenn auch nicht ganz einwandfrei, trotzdem ausgeführt.
Reaktionslos.
Fall 11. 8 kg schwerer, schwacher Hund, 2 Jahr alt, erhält 2 Uhr 30 Min.
nachm. 8 mg Alypin pro Kilogramm Körpergewicht, d.i. 64mg (0,064g) im
ganzen. Injektionsstelle zwischen 6 . und 7. Lendenwirbel bei dem auf die Seite
gelegten Hund. Injektion schmerzlos.
A. KLAHESBSKK
2 Ufer 31 Min. lürsta Erneheinungen einer Al^pioninwirkung. Linkes fJiiWfe*
beiry begmnL parf tisch zu werden ; wird 'bciro Laufen mUg^sohleppt in gesdveokun
jj4|tU% rückwärts. • Reohifcä il;uifmT.«ifi uu%i noch mehts Besonderes. Mund
ist noch sehr lebhaft; kann noch aufspnngwi und auf den Hmuubeujen sieben.
2 lihr ; 34 Miir inU auch Durose ntn rechtem Hinterfuß '?iri; Hund sieht mit
den flfilterbeinen weil auseinander.
'5 übe 35
wird stärket, Hinterteil schwankt beim Stehen und
fecirnj -hzuhn des Hundes hin und her. Hund •fälltbisweilen innien um. G1»*«: h ^
'/.eilig, besieht km eh [er Tremor timseulorum an den IiiiUm Laincn und wird Ke.-i*
forT.wahcer.ui hm und her .geschüttelt-. AniHlh&tk* Irin weder an der Inj-kimm-
steiUs nuch- an einem anderen.Teile de.s Hinterleibes auf. Die p&reii*cl)*rt Ef*
scheinurigen nehmen an Deutliehkm nicht mehr ?,u : tu., ernar Paralyse iamunf cs
nicht; es gelingt dem Tiere spontan sich m erhoben, Psycho bleibt .normal:.
Paralyse des Sphmcter uni besteht nicht.
3 Uhr. Parese vürtinYidört sich etwas.
3 l.H/r 30 Mio. Schwankungen mit dem llmterpeB fns;t ganz uiiü>*>h«>Uu> j
Gel$nkwmkfc't der Hinierhcdne wieder normal, nur stehen beule Hmiei Lei im uhTimm
weit noch auseinander.
3 Uhr 45 Min. Nichts mehr Abnormes zu beobachten. Wählend des Ver¬
suches bat sich Uorperinneniempiuatur :wi 1,2° C erhobt; auch Aimiiug wurde
etwas impientfcf.
Fall 12- 20.3 kg schwere, kräftige Bastarddogge, 2 dahro alt, erhält 2 Uhr-
43 Min. 164 mg iO, 164 g) Alypin, fl. i. H tag pro Kilogramm Kbi{*ererHWicht, geb.-.st
m 5. ccm Wasser. Einstich schmerzhaft, Injektion der Elüssighmt dagegen niehu
2 Uh'r 44 Min. Beim Laubm gr-ehudit da- Verführen der Hinterbeine beid^-
Seite schlechter. Hm und wieder läjh ti.ii ml mit .Hinterhand, auf die Seife,
2 Uhr. 43 Min. . Mufjlituisstüningcn werden deutlicherte Hinterfüße W‘.odw«
mehr in mäßig gestreikter Haftung nach rückwärts nachgeschiepni .■ yobm Vorder-
fläche des Tarsus, den Boden berührt. Vorführer/ der ltinterbteiiK <Umr,. unmöglich.
Hinterteil hängt von ner Lernte an nach abwärts. Beim mühsamen V>rsu*d;, mit
dtVj> bcidca-Vorderfuften den Ivo r per vorwärts zu schleppen, un frei williger Abgang
vWn P;i>>e« : dnfoltre Paralyse des Sfdijftcter anh. Synsibflitäl der Ll.aut stark uötcr-r
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Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 445
drückt, kein einziges Hantgebiet des Rumpfes reagiert beim Nadeleinstioh. Elektri¬
scher Strom (Induktionsstrom) verursacht deutliche, heftige Kontraktionen der
Allgemeinmuskulatur der Hinterfüße, aber keine nennenswerte Schmerzreaktion.
Reflexe sind aufgehoben. Hund hält beim Liegen die Vorderbeine seitwärts, die
Hinterbeine wie beim Frosch nach rückwärts gestreckt, wobei Rücken- und
Lendenwirbelsäule um 90° gedreht erscheinen. Bauch hängt schlaff herab, die
Bauchdecken sind nicht gespannt.
3 Uhr 39 Min. Geringer Tremor der Kopf- und Vorderbeinmuskulatur.
4 Uhr. Hund versucht ein einziges Mal sich wieder aufzuheben; es gelingt
ihm wieder zu stehen; Laufen noch sehr paretisch, jedoch ohne umzufallen.
5 Uhr. Parese fast ganz verschwunden; ohne zu fallen, kann Hund größere
Strecken gehen. Sensibilität der Haut noch etwas unterdrückt. Temperatur¬
veränderung konnte nicht konstatiert werden. Zahl der Atemzüge und Puls¬
frequenz blieben konstant.
Fall 13. 9 kg schwerer Bastardpinscher, ungefähr 3 Jahre alt, bekommt
2 Uhr 38 Min. 90 mg (0,09 g) Alypin, *d. i. 10 mg pro Kilogramm Körpergewicht,
gelöst in ccm Wasser. Injektion zwischen 7. Lendenwirbel und Kreuzbein.
Dieser Hund erhielt schon früher, d.h. am 20. März, 24. März und 8. April, lumbale
Injektionen von je 15, 15 und 5 mg Alypin pro Kilogramm Körpergewicht.
Durchstechen des Ligamentum spinale schmerzhaft.
2 Uhr 43 Min. Beginn der paretischen Erscheinungen der Nachhand; das
Hinterteil schwankt beim Stehen des Hundes einmal nach der linken, das andere
Mal nach der rechten Seite. Hund verliert die Kraft, sich aufrecht zu halten.
Tarsalgelenke sind stark abgebogen, Hinterbeine stehen weit auseinander.
2 Uhr 45 Min. Tier kann nicht mehr stehen; Sensibilität der Haut auf¬
gehoben bis zur 5. Rippe. Geringe Sensibilitätsstörung auch am Vorderteil des
Körpers und der ventralen Bauchregion. Paralyse des Sphincter ani mäßig.
Psyche ist frei; Tier macht aber einen traurigen Eindruck und ist somnolent.
Es hört und sieht alles, reagiert aber wenig.
3 Uhr 5 Min. Spontanes Erbrechen. Tier wird gleich darauf wieder
munterer, beginnt, ins Freie gebracht, wieder zu laufen, wobei die Hinterbeine
ziemlich gut belastet werden; beschnüffelt wie ein normaler Hund den Boden und
jeden Baum, schwankt nur noch ab und zu mit dem Hinterteile; Nadelstiche der
Haut noch reaktionslos.
4 Uhr 30 Min. Gang des Tieres wieder vollständig normal. Die frühere
Sensibilität kommt zurück. Temperatur hat sich im ganzen um etwa 0,7 0 C
erhöht.
Fall 14. 28 kg schwerer, 12jähriger Bastard, der schon am 10., 13., 20.,
24. und 27. Februar, ferner am 3. März zwischen 7. Lendenwirbel und Kreuzbein
mit Alypin behandelt wurde, erhält eine Injektion von 280 mg Alypin (0,280 g),
d. i. 10 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 5 ccm Wasser. Hund, welcher
immer sehr ruhig daliegt und fast stets schläft, zeigt keinerlei Reaktion. Injektion
verläuft ohne Schmerzäußerung.
Fall 15. 27,5 kg schwerer, nicht großer, sehr fetter Versuchshund, 4 Jahre
alt, erhält eine Injektion von 275 mg (0,275 g) Alypin, d. i. 10 mg pro Kilogramm
Körpergewicht, gelöst in 4 ccm Wasser zwischen 7. Lendenwirbel und Kreuzbein.
446
A. KLARENBEEK,
Injektionsstelle sehr schwer wegen starken Fettpolsters auffindbar. Versuch des¬
halb nicht ganz einwandfrei. Reaktionslos.
Fall 16. 10 kg schwerer, schwächlicher, kleiner Bastardpinscher, etwa
2 Jahre alt, erhält am 16. Juni zwischen 6 . und 7. Lendenwirbel 10 mg Alypin pro
Kilogramm Körpergewicht, d. i. 100 mg (0,1 g), gelöst in 6 ccm Wasser, injiziert.
Hund ist schon zweimal (28. März und 5. Juni) zu diesem Zweck verwendet. In¬
jektion, welche vollkommen schmerzlos ist, verläuft reaktionslos.
Fall 17 . Ara 13. Februar 2 Uhr 45 Min. nachmittags erhält Hund, der im
Fall 14 schon beschrieben, eine lumbale Injektion von 420 mg (0,420 g) Alypin,
d.i. 15mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 5 ccm Wasser. Injektion zwischen
dem 7.Lendenwirbel und Kreuzbein in der Medianlinie; keinerlei Reaktion. Körper-
innentemperatur, Puls und Atmungsfrequenz vor Injektion sind 38,2° C, 130 und
22 pro Minute. Hund hat stets ein phlegmatisches Temperament, kann wegen
stark entwickelter, bilateraler Katarakt nur mühsam sehen und schläft fast den
ganzen Tag. Die Sensibilität dieses Hundes ist an sich stark abgestumpft; er
reagiert nur selten selbst auf tiefere Nadelstiche; lumbale Injektion kann ohne
Fixieren des Tieres am stehenden Hund ausgeführt werden.
2 Uhr 50 Min. Nach Injektion legt sich der Hund nieder, sieht bisweilen
nach der Injektionsstelle, leckt die für Injektion kahlgeschorene Hautpartie ab, ist
etwas unruhig und legt nicht, wie gewöhnlich, seinen Kopf zum Schlafen nieder.
Plötzlich tritt, ohne weitere Vorsymptome, ein Krampfzustand der ganzen Hais¬
und Kopfmuskulatur auf. Kopf beschreibt eine bogenförmige Bewegung und wird
mit einem heftigen Schlag zu Boden gerissen. Aehnlich wie bei einer Strychnin¬
vergiftung wird der Hals dann in krampfhafter Streckung naoh aufwärts gezogen.
Psyche bleibt frei. Hund ist scheinbar nicht in der Lage, seine Haltung spontan
zu ändern. Die Vorderbeine zeigen im Beginn eine kontinuierliche vehemente Lauf¬
bewegung, wobei der Hund wahrscheinlich seinen Drang zum Aufstehen kennbar
macht. Hinterleib und Hinterbeine sind komplett paralysiert. Bauchdecken sind
schlaff und unempfindlich. Der Sphincter ani wird funktionslos, Fäzes werden un¬
willkürlich abgesetzt.
Infolge Paralyse des Sphincter vesicae urinariae spontaner, unwillkürlicher
Harnabsatz. Hinterbeine sind ohne Mühe abzubeugen und sind paralysiert.
Einige Minuten später sistieren die Laufbewegungen mit den Vorderbeinen; im
tonischen Krampfe werden dieselben dann nach rückwärts gestreckt. Das Abbiegen
der Gelenke ist jetzt sehr schwer; die Muskeln sind hart und stark kontrahiert;
auch die Halsmuskulatur befindet sich in demselben Zustand (spastischer, tonischer
Krampfanfall dieser Muskelgruppen). Motilität der Hinterhand vollkommen auf¬
gehoben; Haut und Muskeln bis zur Skapularregion anästhetisch. Tiefe Nadel¬
stiche in die Muskelgruppen des Rückens oder der Hinterbeine werden nicht ge¬
fühlt. Patellarreflex und Sohlenreflexe völlig versohwunden. Eine Linie längs des
hinteren Randes der Skapula kennzeichnet die Uebergangszone der schlaffen Para¬
lyse und der spastischen Kontraktion. Hinter dieser Linie liegt die anästhetische
Zone, vor derselben ist eine ausgesprochene Hyperästhesie nachweisbar. Beide
starkgestreckten Vorbeine sind äußerst empfindlich, jeder Stich mit der Nadel ver¬
ursacht eine krampfhaft-reflektorische Bewegung. Auch Hals-, Nacken- und Kopf¬
muskulatur zeigen dieselbe Ueberempfindlichkeit. Schmerzäußerung wird aber nicht
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 447
deutlich wahrgenommen. Geringe Schluckbewegungen und geringgradiges Speicheln
bisweilen bemerkbar. Pupillenstand nioht abnorm.
3 Uhr 45 Min. Der Hund ist noch stets nicht imstande, sich zu erheben,
kann sich jedoch mit den Vorderbeinen etwas aufrichten. Zustand der schlaffen
Paralyse der Hinterhand verbessert sich langsam. Bauchdecken haben sich wieder
mehr kontrahiert und fühlen sich etwas härter an. Hinterbeine sind jedoch noch
schlaff und inaktiv. Anästhesie besteht.
4 Uhr 15 Min. Hinterfüße nicht mehr so schlaff, sind mehr nach rückwärts
gestreckt und weisen beinahe rhythmische, klonisohe Krämpfe auf. Zuerst tritt
diese Hyperkinesis rhythmica am rechten, später am linken Hinterfuß auf. Die
Krämpfe sind hauptsächlich auf die Adduktorengruppe lokalisiert.
4 Uhr 30 Min. Keine Aenderung in dem Zustande. Psyche ist frei, das Tier
liegt noch paralysiert am Boden.
5 Uhr. Die Sensibilität kehrt zurück, Sensibilitätsreaktion wiederum in der
Thorax-, Flanken- und Abdominalregion. Motilitätsstörung der Hinterhand besteht
noch. Muskeln der Vorhand, insbesondere auch des Halses und Nackens sind noch
hart (hypertonisch).
6 Uhr. Hund kann sich wieder erheben. Läuft schwankend mit dem Hinter¬
teil, aber fällt nicht um. Sensibilität wie im Anfang. Patellar- und Sohlenreflex
wieder vorhanden. An anderen Körperteilen nichts Abnormes mehr zu konstatieron.
6 Uhr 30 Min. Hund wieder normal; Appetit gut; läuft und bewegt sich wie
gewöhnlich. Körperinnentemperatur, welche einige Male während des Versuches
aufgenommen wurde, zeigte keine bedeutende Veränderung (Steigerung um 0,3° C).
Puls und Atemfrequenz, die während des Krampfanfalles entsprechend gesteigert
waren, blieben ebenso normal.
Fall l8. 17 kg schwerer Bastardpinsoher, 2 Jahre alt, von sehr kräftigem
Ernährungszustand und kräftigem Körperbau, erhält 255 mg Alypin (0,255 g), d. i.
15 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 5 ccm Wasser. Injektion zwischen
7. Lendenwirbel und Kreuzbein. Rasch ausgeführte Injektion schmerzlos. Keinerlei
Reaktion. Appetit, auch während des Versuches, blieb normal.
Fall 19 . 23 kg sohwerer Hund (in Fall 17 beschrieben) bekommt zum 6 . Male
eine Injektion von Alypin zwischen 7. Lendenwirbel und Kreuzbein. 420 mg
Alypin (0,420 g), d. i. 15 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 5 ccm
Wasser. Injizieren sehr leicht; keine Reaktion.
Fall 20 . 9 kg schwerer Hund, Bastardpinscher, 3 Jahre, nicht sehr kräftig,
am 20. März bereits lumbal injiziert, erhält am 24. März eine zweite Injektion von
145 mg Alypin (0,145 g), d. i. 15 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in
5 ccm Wasser. Injektion zwischen 7. Lendenwirbel und Kreuzbein. Beim ersten
Versuche (vergl. Fall 13) trat bald nach Injektion eine ausgesprochene Paralyse
der Nachhand auf und zeigten die Muskeln der Vorhand wiederholte Konvulsionen.
Diese Injektion blieb ohne Resultat. Weder eine Paralyse, noch Konvulsionen
traten auf. Körperinnentemperatur um etwa 0,5° C gesteigert. Der Einstich war
schmerzlos.
Fall 21 . Hund (vergl. Fall 20) erhält am 28. März zum 3. Male dieselbe
Dosis an der gleichen Stelle injiziert. Injektion schmerzlos. Keinerlei Reaktion.
Körperinnentemperatur blieb normal.
448 A. KLARENBEEK,
Aus dieser Versuchsreihe ergeben sich folgende Schlußfolge¬
rungen:
I. Unwirksam erweisen sich bei lumbaler Applikation von Alypin
Dosen von 5 mg pro Kilogramm Körpergewicht.
II. Die minimale therapeutische Dosis von Alypin bei lum¬
baler Applikation ist 6,5 mg; die maximale 15 mg pro Kilogramm
Körpergewicht.
III. Bei schwächlichen Hunden ist die minimale Dosis, bei kräftigen
die mittlere und maximale Dosis wirksam.
IV. Bei einzelnen Hunden, denen mehrere Male Alypin intra¬
lumbal injiziert wird, tritt scheinbar eine Gewöhnung an das Mittel
und bei denselben oder etwas höheren Dosen ein weniger deutliches
Hervortreten der Alypinwirkung auf.
V. Die therapeutischen Dosen von Alypin verursachen nach der
betreffenden Applikation beim Hunde eine vorübergehende
Lähmung der Hinterhand, welche mehr oder weniger stark ist.
Die ersten paretischen Symptome treten schon bald nach der Injektion
auf, je nach der Dosis und Empfindlichkeit in einer halben Minute
bis 15 Minuten, und äußern sich durch einen schwankenden Gang der
Hinterbeine. Während die Motilitätsstörungen (Parese, Paraplegie) so¬
fort in das Auge fallen, ist das Auftreten der Hautanästhesie indi¬
viduell verschieden.
Eine vollkommene Paralyse mit schlaffer Lähmung der Nach¬
hand tritt in vielen Fällen 2 bis 5 Minuten nach der lumbalen Appli¬
kation ein, damit verläuft auch zunächst eine Hypästhesie, die in
kurzer Zeit in Anästhesie der gelähmten Muskelgruppen beider
Hinterbeine, von Kreuz, Bauchdecken und Thoraxmuskeln bis nahezu
an den hinteren Skapularrand, übergeht.
Die Vorderhand ist etwas hypästhetisch; in der Skapularregion
liegt eine hyperästhetische Zone.
In anderen Fällen kommt es auf der einen Körperhinterhälfte zur
Paralyse, auf der anderen zur Parese (ungleiche Motilitätsstörung). In
den Fällen ausgesprochener Paralyse und auch von Parese ist eine
mehr oder weniger vollkommene Lähmung des Sphincter ani mit
unfreiwilliger Kotentleerung, seltener jedoch eine Paralyse des Sphincter
vesicae urinariae, verbunden mit Incontinentia urinae, vorhanden.
An den Muskeln der Vorderfüße und des Halses ist meistens
mäßige Hypertonie bzw. spastischer Streckkrampf nachweisbar. Nicht
selten sind die Tiere ängstlich und versuchen sich im Liegen aus ihrer
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 449
Zwangslage unter vergeblichen Anstrengungen mit der Vorhand in die
Höhe zu richten, wobei sie oft eine Art Laufbewegungen ausführen.
VI. Die Dauer der Paraplegie (verbunden mit* Parese) ist
ziemlich lang; je nach der Dosis eine halbe Stunde bis etwa drei
Stunden. In diesem paraparetischen Stadium besteht keine aus¬
gesprochene Hautanästhesie mehr, sondern eine langsam sich aus¬
gleichende Hypästhesie. Ein starker faradischer Strom verursacht
Kontraktionen der gelähmten Muskeln; Schmerzäußerungen treten in
diesen Dosen nicht auf. Die gelähmten Muskeln sind elektrisch
noch reizbar. Vereinzelt kommt es zum Erbrechen. Die Pupillen
und der Pupillenstand werden nicht wesentlich beeinflußt. Körper-
innentemperatur, Puls und Atmungsfrequenz erleiden durch¬
schnittlich keine starke Veränderung.
Versuchsreihe H.
Lumbale Injektionen mit toxischen Alypindosen.
Fall l. 9 kg schwerer Huud, nicht kräftig, \ 1 j 2 Jahr alt, erhält zum 1. Male
Alypin und zwar 145 mg (0,145 g), d. i. 15 mg pro Kilogramm Körpergewicht in
4,5 ccm Wasser zwischen 7. Lendenwirbel und Kreuzbein injiziert.
3Uhr 25 Min. Injektion am stehenden Hund. Unmittelbar Hinterteil paretisch.
Schmerzen scheint das Tier nioht zu haben, es ist froh wie ein normaler Hund.
Die Parese nimmt rasch an Heftigkeit zu, wobei bisweilen die hinteren Extremitäten
nacbgeschleppt werden, manchmal in einer Stärke, daß der Bauch dabei auf dem
Boden schleift. Sehr bald tritt auch Paralyse des Sphincter ani auf; Fäzes gehen
dabei spontan ab. Mit Anstrengung werden die Vorderbeine dazu benutzt, um das
Vorderteil des Körpers aufrecht zu halten; dabei ist die Muskulatur stark kontrahiert,
fiautsensibilität ist über dem ganzen Körper stark herabgesetzt, um 3 Uhr 33 Min.
nur Augenreflex noch vorhanden. Zahnfleisch des Oberkiefers ist ebenfalls voll¬
ständig anästhetisch.
3 Uhr 34 Min. Ohne weitere vorhergehende Symptome setzt plötzlich ein
kräftiger Krampfanfall, vor allem der Vorderbeine und Kiefermuskulatur, ein. Wie
bei einer toxischen Strychnindosis entsteht eine starke, krampfhafte, tetanische
Streckung der Vorderbeine, welche etwas in diesem Krampfzustand nach rückwärts
gerichtet sind. Der Kopf ist dabei dorsal gestreckt (Opisthotonus) und die Maul¬
höhle geöffnet. Kiefermuskulatur weist heftige Konvulsionen von verschiedener
Dauer mit entsprechenden Kieferbewegungen auf. Bisweilen Maulhöhle geöffnet,
Hund macht intensive Brech- und Würgbewegungen. Anschließend daran sehr
heftiger tonisch-klonischer Krampfanfall der Kopf- und Vorderbeinmuskulatur,
wobei der Hund mit dem Vorderteil seines Körpers kräftig hin- und hergeschüttelt
wird. Stärkere Salivation. Dieser Zustand dauert nur etwa 30 Sekunden. Hund
liegt dann wieder ruhig; Psyche ist frei. Er ist scheinbar sehr ermüdet. Hinter¬
beine sind jetzt ganz schlaff paralysiert, ebenso die Bauchmuskeln; Vorderbeine
und Halsmuskulatur ohne auffallende Veränderung. Bald treten nun Lauf-
450
A. KLARENBEEK,
bewegungen von verschiedener Intensität mit den Vorderbeinen auf; Augen sind
weit geöffnet, Pupillen sehr groß (Mydriasis), Hund macht sehr ängstlichen Ein¬
druck.
Diese Bfewegungsanomalien dauern nur eine Minute; dann tritt Pause ein,
wobei Psyche vollkommen frei zu sein scheint, denn Hund reagiert auf alle
äußeren Reize.
3 Uhr 45 Min. Beim Aufheben auf einen Tisch (zur Prüfung der Sensibilität)
verursacht diese Manipulation einen erneuten Krampfanfall von nahezu der gleichen
Zeitdauer als der erste und unter den gleichen Symptomen.
4 Uhr. Krampfanfälle haben sich nicht wiederholt; nur Paraplegie, Par-
anästhesie der Hinterhand bleiben bestehen. Fäzes und Urin werden noch spontan
entleert. Psyche ist frei, Appetit gut. Totale Anästhesie bis 4 Uhr 55 Min.
Hierauf ist Berührungsempfindlichkeit wohl noch herabgesetzt in der Skapular-
region; Kopf-, Hals- und teilweise Rüokenregion der Haut werden bald wieder
empfindlich.
6 Uhr 20 Min. Hautreaktion auf Nadelstiche auch am Rücken bis zu den
Lendenwirbeln und am Bauch bis zum Präputium nachweisbar.
Motilität schon viel verbessert; Tier kann sich aufrecht halten, schwankt
jedoch noch stark mit dem Hinterteil bei mäßiger Bewegung. Abgang von Fäzes
wird nicht mehr beobachtet. Muskulatur der Hinterbeine wieder mehr gespannt.
7 Uhr 15 Min. Hund läuft wieder ziemlich gut. Hautsensibilität wieder wie
bei Beginn des Versuches.
7 Uhr 30 Min. Gang normal. Hund zeigt großen Appetit. Körperinnen-
temperatur konnte während des Versuches wegen des nicht schließenden Anus nur
ungenau kontrolliert werden. Nach dem Versuch betrug die Temperatur 1,9° C
weniger als im Beginn.
Fall 2. 28 kg schwerer, nicht sehr kräftiger Hund, 7 Jahre alt, erhält am
18. April, 2 Uhr 53 Min. nachmittags, 420 mg Alypin (0,42 g), d. i. 15 mg pro Kilo¬
gramm Körpergewicht, gelöst in 4 ccm Wasser, injiziert zwischen 7. Lendenwirbel
und Kreuzbein. Hund wurde schon im Februar und März zu einigen Alypin-
applikationen verwendet. Injektion nicht schmerzhaft. Körperinnentemperatur vor
der Applikation 38,6° C, Puls 150, Atmung 30.
Hund zeigt die ersten Minuten keine besonderen Symptome. Bald aber wird
er sehr schreckhaft; auf Zuruf reagiert er durch Kopfzuckungen und schreckhaftes
Zittern des ganzen Körpers; Gang normal; Tier sehr unruhig. Plötzlich fällt es
rückwärts zur Seite. Heftige Krampfanfälle mit tetanischen Krämpfen der Rücken-
und Streckmuskeln der Extremitäten treten zunächst auf; dann wechseln klonische
und tonische Krämpfe miteinander ab; die Maulhöhle steht offen; Hals wird stark
nach oben gestreckt (Opisthotonus), Schaum bedeckt die Lippen. Atmung steht
einige Augenblicke still. Hund zeigt starke Dyspnoe, Mukosa der Maulhöhle wird
dunkelrot bis blaurot (zyanotisch) gefärbt. Der Glottiskrampf, wohl die Ursache
dieser hochgradigen Dyspnoe mit dem Ringen nach Luft mit geöffneter Maulhöble,
dauert nioht sehr lange und sistiert nach etwa 15 Sekunden. Gleichzeitig mit
diesem Krampfanfall geraten speziell die Rückenmuskulatur und die Streckmuskeln
der Beine in tetanische Kontraktion, ähnlich dem Bilde einer toxischen Strychnin¬
wirkung.
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 451
Pupilieu sind maximal erweitert (Mydriasis maximalis bilateralis). Pupillen¬
reflex erloschen.
Nach dem Aufhören des Glottiskrampfes beginnt das Tier sehr schnell za
atmen. Das Maul wird wieder geschlossen. Der tetanisohe Krampfzustand der
Extremitäten wird nun ab und zu von konvulsivischen Zuckungen der ganzen
Maskulatur oder nur einiger Muskelpartien gefolgt. Kaum hat der Hund 20 bis
30 Atemzüge gemacht, dann setzt wiederum Glottiskrampf mit starker Dyspnoe
und kurzem Sistieren der Atmung ein. Die Konvulsionen nehmen an Heftigkeit
auch im Bereich der Halsmuskulatur wieder zu, wobei der Kopf oft mit Gewalt
auf den Boden geworfen wird.
Nach einer Gesamtdauer dieser Exzitation von etwa 2 Minuten folgt ein
Depressionsstadium, wobei das Tier sehr ermüdet und schlaff ist; Atmung ist stets
noch angestrengt; nach Verlauf von einigen Minuten hat sich der Hund wieder so
weit erholt, daß er auf äußere Eindrücke seiner Umgebung mehr reagiert.
Die Mydriasis besteht noch immer; plötzlich einfallende Lichtstrahlen haben
keine besondere Wirkung. Die Sensibilität der Haut des ganzen Körpers ist nicht
mehr anormal; der Hund ist infolge der Erschöpfung noch nicht imstande, auf¬
zustehen oder zu laufen.
3 Uhr 15 Min. Hund ist noch sehr somnolent; reagiert wenig auf äußere
Reize. Körperinnentemperatur jetzt 39,2 0 C, Puls 140, Atemzüge 28.
3 Uhr40 Min. Hund kann sich wieder spontan erheben, geht ohne zu schwanken,
stößt infolge sehr schlechten Sehens hier und da an, hört jedoch die Zurufe. Er
beriecht das ihm Vorgesetzte Fleisch, ohne jedoch zu sehen; sucht nach entfernt
gelegenen Fleischstückchen in seinem Käfig so lange, bis er sie gefunden hat.
Linke Pupille reagiert nur wenig auf direkt einfallendes Sonnenlicht; die andere
reagiert gar nicht. Am folgenden Morgen ist von dieser auffallenden Sehstörung
nichts mehr zu bemerken und zeigt der Hund keine Krankheitserscheinungen mehr.
Fall 3 . 9 kg schwer, schwächlicher, 2jähriger Hund, der schon vorher einige
Male mit Alypin behandelt wurde, erhält um 3 Uhr nachmittags 180 mg Alypin
(0,180g), d.i. 20mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 4 ccm sterilen Wassers.
Er bietet keinen Widerstand bei der Injektion, die zwischen 7. Lendenwirbel und
Kreuzbein stattfindet. Der an sich sehr lebhafte Hund läuft zunächst unruhig um¬
her. Weitere Abweichungen sind nicht zu beobachten.
3 Uhr 15 Min. Hund wird lichtscheu. Einfallen des Liobtes einer elektrischen
Taschenlampe, selbst in einer Entfernung von 2 m, macht denselben unruhig und
ruft einen heftigen Tremor des Kopfes, bisweilen der ganzen Körpermuskulatur
hervor. Hund ist hierauf sehr schreckhaft; jeder Lärm, so z. B. schon das stärkere
Auftreten auf den Fußboden macht ihn unruhig. Nach erneutem Lichteinfall tritt
plötzlich ein heftiger Krampfanfall ein. Hund taumelt nach rückwärts, fallt auf
die Seite, wobei alle Muskeln gleichzeitig starken tetanischen Krampf aufweisen;
Beine werden steif gestreckt; Kopf wird nach oben und etwas nach rückwärts ge¬
bogen (Opisthotonus). Zustand ähnlich wie bei Strychninvergiftung.
Maulhöhle geschlossen; Glottiskrampf nicht wahrnehmbar; Atmung sehr
frequent. Dauer des tetanischen Krampfzustandes etwa 30 Sekunden; hierauf
beginnen bei dem am Boden liegenden Hund heftige Laufbewegungen, die hin
und wieder mit Konvulsionen abwechseln. Während des tetanischen Krampf-
452 A. KLARENBEEK,
anfalles stärkere Salivation und mäßige Schluckbewegungen. Haut ist hyp-
ästhetisch.
Während des Krampfanfalles starke Mydriasis. 3 Minuten nach dem ersten
Auftreten der Krämpfe versucht der Hund sich zu erheben. Beim ersten Versuch
taumelt er wieder zurück, da Bewegungen infolge Schwächezustandes sehr unsicher
sind, ferner auch wegen der noch andauernden Zuckungen der Muskulatur nicht
gut ausgeführt werden können. Wird Hund unterstützt, so kaun er sehr bald
wieder eine normale Haltung annehmen.
Zustand bessert sich dann sehr schnell. Nach einer weiteren halben Minute er¬
hebt sich der Hund spontan und kann 3 Uhr 23 Min. ohne zu schwanken und ohne
ataktische Bewegungsstörungen laufen. Atmungsfrequenz ist wieder auf die Norm
zurückgegangen; der Allgemeinzustand des Tieres ist augenscheinlich vollkommen
normal. Bewegungen sind rein physiologisch. Nur besteht noch eine maximale
Mydriasis. Hund verzehrt vorgehaltenes Fleisch und Brot mit Appetit und zeigt
3 Uhr 41 Min. normale Defäkation. Mydriasis ist bis etwa 7y 2 Uhr abends noch deut¬
lich nachweisbar. Am folgenden Morgen ist Pupillcnstand wieder normal. Körper-
innentemperatur hat sich während des Versuches um etwa 0,5° C erhöht. Atmungs¬
frequenz und Puls wechseln stark, je nach dem Krampfanfall; während des heftigen
Krampfanfalles waren Atmung und Puls beschleunigt; späterhin wurden Atemzüge
langsamer und tiefer; desgleichen ging auch die Pulszahl zur Norm zurück.
Fall 4. Derselbe Hund von Fall 3 erhält 3 Tage später 2 Uhr 37 Min.
nachm, eine erneute Injektion von Alypin, und zwar 225 mg (0,225 g) Alypin,
d. i. 25 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 4,5ccm Wasser. Bei Injektion
widersetzt er sioh stark; die Injektion ist schmerzhaft.
Bis zum Eintreten der ersten toxischen Symptome vergehen 18 Minuten;
Hund wird dann lichtscheu; gleichzeitig beginnt Mydriasis. Bei jedesmaliger
Lichteinwirkung beginnt ein Tremor des Kopfes, der sich bisweilen über die ganze
Körpermuskulatur erstreckt; nach dem Sistieren der Lichteinwirkung hört der
Tremor wieder auf.
3 Uhr 10 Min. Hund fallt plötzlich zusammen mit blitzschnell folgenden,
heftigen tetanischen Krampfanfällen, insbesondere im Bereich der Muskulatur der
Extremitäten und des Rückens. Maulhöhle ist geschlossen; Glottiskrampf fehlt.
Die tetanischen Krämpfe werden bisweilen von Laufbewegungen unterbrochen.
Alle Gelenke der Extremitäten sind stark gestreckt.
Pupille ist jetzt maximal erweitert; Psyche scheint frei zu sein. Hypästhesie.
Atmung ist erhöht, jedoch nicht unterbrochen; Dyspnoe besteht nicht. Puls ist
schnell, ohne Intermissionen. Kopf wird hin und wieder im Bogen gedreht. Anfall
dauert bis 3 Uhr 11 Min.
3 Uhr 20 Min. kann Hund wieder aufstehen; schwankt noch beim Laufen,
ist sichtbar noch stark geschwächt und somnolent. Dieser Zustand dauert jedoch
nur sehr kurze Zeit; einige Minuten später wird Benehmen normal; Hund läuft
und springt wie gewöhnlich und zeigt keinerlei motorische oder sensibleStörungen
mehr. Mydriasis ist bis 5 Uhr 30 Min. wahrnehmbar. Körperinnentemperatur,
welche vor Applikation 38,5° C betrug, war eine halbe Stunde nach dem Anfalle
39,2° C, demnach um etwa 0,7° C gesteigert. Um 5 Uhr ist dieselbe wieder
normal.
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 453
Fall 5. 28 kg schwerer Hund (im Pall 2, Versuchsreihe II beschrieben
und schon 6 mal Alypininjektionen, subkutan oder lumbal erhalten), bekommt
zum 7. Male 2 Uhr 45 Min. nachm, eine Injektion von 560 mg Alypin (0,560 g)
gelöst in b l / 2 ccm Wasser, d. i. 20 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Injektions¬
stelle 7. Lendenwirbel und Kreuzbein. Körperinnentemperatur vor der Applikation
38,5° C. Zahl der Atemzüge 20, Pulszahl 132 pro Minute. Injektion am stehenden
Tiere vollkommen schmerzlos.
2 Uhr 50 Min. Der bis jetzt sehr ruhig daliegende Hund wird plötzlich von
heftigen Krämpfen befallen. Er fällt, zitternd am ganzen Körper, zur Seite, die
vier Beine im tetanischen Streckkrampfe; Kopf dorsal gestreckt, Maulhöhle weit
goöffnet. Schaumiger Speichel vor dem Maule. Hochgradige Dyspnoe; Atmung
ist während dieser heftigen tonischen Krampfanfälle sehr tief, einige Augenblicke
ganz sistiert, während der darauf folgenden Konvulsionen jedoch wesentlich
beschleunigt. Die Maulhöhlenschleimhaut erscheint stark zyanotisch im Verlaufe
dieser Krampfanfälle, ln den anfallsfreien Zeiten sind die Muskeln nicht beson¬
ders hart und ist der Tonus nur wenig erhöht. Das liegende Tier macht wieder¬
holt Laufbewegungen mit Vorder- und Hinterbeinen. Es besteht Hypästhesie.
Abwechselnd treten Laufbewegungen mit Konvulsionen auf, ferner in einer Zeit
von 3 l /o Minuton tetanische Muskelkrämpfe, verbunden mit Glottiskrampf und
hochgradiger Dyspnoe mit kurzem Sistieren der Atmung und Ringen nach Luft
bei geöffneter Maulhöhle. Während eines Anfalles kommt es zu spontanem Harn¬
absatz.
Hierauf gehen die Unruheerscheinungen zurück, Aufregung und Schreck¬
haftigkeit wiederholen sich nicht mehr und Hund bleibt ruhig liegen, zuerst mit
kurzen, hechelnden, dann mit langen, tiefen Atemzügen.
2 Uhr 55 Min. Motilität ist noch gestört; Hund kann sich nicht erheben,
er bricht wieder zusammen, wenn er auf seine Beine gestellt war. Hinterhand ist
vollständig gelähmt. Auch Vorhand ist etwas paretisch.
3 Uhr 2 Min. Tier macht andauernd wiederholte Sohluckbewegungen.
3 Uhr 5 Min. Das Zuschlägen einer Tür verursachtWiederholung des ersten
Anfalles mit denselben Symptomen. Dauer ist jedoch etwas länger (bis 3 Uhr
9 Min.). Krampfstadium wird wieder gefolgt von sehr stark auftretenden Lauf¬
bewegungen, welche ohne Aufhören bis 3 Uhr 29 Min. dauern (20 Min.). Nur
einen Augenblick werden sie unterbrochen, wenn dem Hund laut zugerufen wird.
Starker Schwächezustand. In längeren oder kürzeren Zwischenräumen halten
Laufbewegungen noch an bis 3 Uhr 30 Min. Dann hören sie ganz auf. Während
dieser Zeit versucht das Tier einige Male, sich zu erheben, taumelt aber immer wieder
infolge starker Muskelschwäche und Parese der Vor- und Nachhand zurück und
bleibt dann ruhig, hier und da schnüffelnd,liegen. Sensibilität besteht, höchstens
ist die Haut geringgradig hypästhetisch.
3 Uhr 33 Min. Hund kann sich vom erheben und in sitzender Stellung
verbleiben.
3 Uhr 45 Min. Hund ist sehr ruhig. Psychische Erregung und Tremor der
Körpermuskeln bestehen fort. Legt sich zum Schlafen nieder. Kurz darauf er¬
hebt er sich und läuft schwankend mit ataktischem Gange, ohne zu fallen.
Appetit ist gut; Pupille ist nur undeutlich, jedenfalls aber nur sehr gering er-
Archir f. wissensch. u. prakt. Tierheiik. Bd. 41. H. 6. QQ
454
A. KLARENBEEK,
weitert (Hund hat bilateralen Alterskatarakt). Körperinuentemperatur erreicht mit
39,4° C um 3 Uhr 45 Min. ihren Höhepunkt, ist 4 Uhr 45 Min. auf 37,8° C ge¬
sunken.
Atmung und Pulsfrequenz wechselten stark; beim Eintritt der tetanischen
Krämpfe wurde eine vorübergehende Unterbrechung der Atmung wahrgenommen
(eine Art Cheyne-Stokessches Phänomen!).
Fall 6. 9 kg sohwerer Hund (in Fall 1, 3 und 4 dieser Versuchsreihe
verwendet und schon 7 mal mit Alypin behandelt) erhält am 23.6., 2 Uhr 40 Min.,
270 mg Alypin (0,270 g), d. i. 30 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in
6 ccm Wasser. Injektion unter Chlorätbyllokalanästhesie zwischen 7. Lenden¬
wirbel und Kreuzbein. Das Injizieren verursacht an sich trotzdem heftige
Schmerzen.
2 Uhr 42 Min. Hund zeigt nichts Abnormes. Geht ohne Schwanken; Psyche
ist frei. Plötzlich treten die schon vorher beschriebenen Kopfzuckungen auf und
das Tier wird sehr schreckhaft. Unmittelbar darauf folgt Rückwärtstaumeln mit
heftigen tetanischen Krämpfen. Krampfanfall dauert aber nur kurze Zeit; Muskel¬
krämpfe werden bald darauf von tiefen Atemzügen und Laufbewegungen gefolgt,
einige Male unterbrochen von klonisch-tonischen Krämpfen. Kopf wird stark hin
und her geschüttelt; Blick ist ausdruckslos und matt; Mydriasis; dieser Anfall
dauert l 1 ^ Minuten. Hierauf erhebt sich Hund wieder spontan; läuft wie zuvor,
nur ein leichtes Schwanken und eine größere Teilnahmslosigkeit ist bemerkbar.
Dyspnoe besteht nicht mehr. Hund läuft so etwa 2 Minuten herum, dann folgt
um 2 Uhr 46 Minuten wiederum ein Anfall, der ganz wie der vorige verläuft, nur
kürzer dauert. Hund bleibt im Vergleich mit anderen Fällen stets unruhig, läuft
hin und wieder mit ataktisch schwankendem Gange, ist sehr somnolent, macht
Manege- und Kreisbewegungen, bald nach rechts, bald nach links.
2 Uhr 52 Min. Hund bekommt zum 3. Male einen Krampfanfall, der genau
so verläuft wie der erste. Nach Sistieren des Krampfanfalles wird Auge mit dem
Augenspiegel untersucht. Stauungspapillen nicht nachweisbar. Infolge bestehen¬
der Mydriasis diese Untersuchung gut ausführbar. Die Krämpfe haben das Tier
sehr ermattet; nur mit Mühe kann es sich auf den Beinen halten. Die Manege-
und Zeigerbewegungen sind noch mehr ausgesprochen wie nach dem 2. Anfall.
Oefters fallt dabei das Tier zu Boden und kann sich dann nur mühsam wieder
erheben. Die Bewegungen sind bald nach rechts, bald nach links. Direkt ein¬
fallendes starkes Licht ruft keine Schreckhaftigkeit hervor; Pupille reagiert dabei
nur schwach; es besteht vorübergehende Amaurose.
3 Uhr 2 Min. Hnnd, der noch immer ein abnormes Benehmen zeigt, bekommt
den 4. Anfall. Dyspnoe ist sehr stark, das Tier droht zu ersticken. Schaumiger
Schleim in der Pharynxgegend erschwert die Atmung noch mehr, bei Ex- und In¬
spiration entsteht ein röchelnder Ton.
3 Uhr 10 Min. 5. Anfall. Tier macht einen sehr kranken Eindruck: läuft
schwankend, mühsam und an allen Muskeln zitternd umher.
Wird in den Stall gebracht und auf Stroh niedergelegt.
Bereits nach einigen Minuten wird die Atmung viel ruhiger; das Allgemein¬
befinden wird sichtbar besser und das Benehmen des Tieres wird allmählich
wieder normal. Psyche wird ganz frei, der Ausdruck der Augen wieder lebhafter;
Hund interessiert sich wieder für viele Dinge in seiner Umgebung.
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 455
3 Uhr 30 Min. Nichts Besonderes ist mehr wahrzunehmen. Der Gang ist
normal, die Pupille nur noch gering erweitert. Appetit gut. Körperinnentempe-
ratur hat sich während des Versuches um etwa 0,9° C erhöht. Am folgenden
Morgen und die näohsten Tage keinerlei Krankheitserscheinungen mehr.
Aus diesen Versuchen lassen sich die folgenden Schlußfolge¬
rungen ziehen:
Dosen von 15 bis 30 mg Alypin pro Kilogramm Körper¬
gewicht intralumbal injiziert können beim Hunde toxische Er¬
scheinungen hervorrufen. Die ersten Symptome der toxischen
Wirkung äußern sich mehr oder weniger schnell; jedoch bald nach
der Applikation in einer Zeit von 2 bis 18 Minuten. Dieselben bestehen
zunächst in psychischer Erregung. Das Tier wird lichtscheu, kann
plötzlich einfallendes Licht nicht ertragen, zeigt sich sehr schreckhaft
bei Geräuschen, zittert dann am ganzen Körper, weist deutliche
Zuckungen mit dem Kopf auf. Hierauf verfällt der Hund plötzlich
ohne weitere Vorsymptome in starke Krampfanfälle; der vorher
stehende Hund fällt dann zur Seite oder taumelt nach rückwärts; die
vier Extremitäten geraten in tetanischen Streckkrampf; Rücken und
Nacken werden stark gekrümmt, der Kopf nach aufwärts und rück¬
wärts gebogen (Opisthotonus), ln nahezu allen Fällen ist dann einige
Augenblicke die ganze Körpermuskulatur in tetanischer Kontraktion.
Dabei kommt es fast immer zu heftiger Atemnot, wobei das be¬
treffende Tier jeden Moment zu ersticken droht. Maulhöhle steht
krampfhaft offen, dabei sind am Unterkiefer hin und wieder geringe
krampfhafte Kontraktionen zu beobachten. Schaum bedeckt die
Lippen; Zunge und Schleimhäute der Mundhöhle sind dunkelrot bis
blaurot (zyanotisch) verfärbt. Der tonisch-tetanische Krampfzustand
dauert sekundenlang; dann erfolgt eine Relaxation der Muskulatur für
kürzere oder längere Zeit.
Die Atmung, welche während des Krampfanfalles sistiert, kehrt
wiederum zurück. Es wechseln tiefe, lange mit oberflächlichen und
schnellen Atemzügen ab. Anschließend an den tonischen Krampfanfall
kommt es dann zu klonischen Krämpfen, zu Konvulsionen insbesondere
der Extremitäten.
Beim liegenden Hund treten dann heftige Laufbewegungen
auf, die verschieden lange dauern und schließlich infolge Ermattung
des Tieres sistieren. Wenn nur ein einziger Anfall auftritt, bessert
sich der Zustand sehr bald (meist nach einigen Minuten), und in kurzer
Zeit ist nichts Abnormes mehr wahrzunehmen. (In 3 Fällen ist schon
30*
456
Ä. KLAREN BEEK,
nach 23, 41 und 45 Minuten nach der Applikation des Mittels das
Allgemeinbefinden mit Ausnahme einer Mydriasis wieder vollkommen
normal; auch üble Nachwirkungen ließen sich nicht mehr nach-
weisen.)
Bei einer Reihe von Hunden (bei der Hälfte der untersuchten
Fälle) treten mehrere tonische Krampfanfälle in Abwechselung
mit den konvulsivischen Erscheinungen auf. Dieselben sind nahezu
genau so wie die zuerst beschriebenen, teils von längerer, teils von
kürzerer Dauer.
(In einem Fall wiederholten sich die Krämpfe fünfmal in einer
Zeit von 26 Minuten.) In der Zeit zwischen zwei Anfällen ist der
Hund stets unruhig, bleibt schreckhaft, zeigt einen ataktischen Gang.
Wenn kein Krampfanfall mehr zu erwarten ist, dann bessert sich dieser
Zustand sehr schnell.
Die Hautsensibilität ist stets etwas herabgesetzt (Hypästhesie);
niemals besteht ausgesprochene Anästhesie. Reflexe, wie der Patellar-
reflex, sind ebenfalls weniger deutlich.
Bezüglich der Motilitätsstörungen ist in einem Falle eine
vollkommene Paralyse der Nachhand konstatiert. In den meisten
Fällen wird nach einem Anfalle ein ataktischer Gang beobachtet, so¬
wohl der Hinter- als auch der Vorderfüße. Manege- oder andere
Zwangsbewegungen kommen nur sehr selten vor (6. Fall). Seltener
(in einem einzigen Fall) tritt eine Paralyse des Sphincter ani
auf, desgleichen kann es auch während des tetanischen Krampfanfalles
zu .spontanem Harnabsatz kommen (1. Fall).
Die Körperinnentemperatur ist nach dem Versuche in der
Regel (in 5 von 6 Fällen) erhöht; die Steigerung kann bis 0,9° G
ausmachen.
Das Allgemeinbefinden wird nur kurze Zeit vom Alypin be¬
einflußt. Während des Anfalles oder zwischen zwei Anfällen ist der
Hund somnolent; nach dem letzten Anfall bessert sich jedoch dieser
Zustand sichtbar. Der Appetit wird dann wieder sehr bald normal.
Versuchsreihe III.
Sabkatane Injektionen mit nicht toxischen und toxischen Dosen.
Fall l— 4. In diesen Fällen werden jedem Hunde 15 mg Alypin pro Kilo¬
gramm Körpergewicht subkutan (Seitenbrustwand) injiziert. Ohne Resultat. Das
Allgemeinbefinden bleibt vollkommen normal. Körperinnentemperatur und Haut¬
sensibilität werden, abgesehen von der direkten Umgebungsstelle der Injektion,
nicht beeinflußt.
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 457
Fall 5 . 17 kg schwerer Hund, kräftig und gut gebaut, erhält 25 mg
pro Kilogramm Körpergewicht subkutan injiziert. Keinerlei Krankheitserschei¬
nungen.
Fall 6. 8 kg schwerer Hund, kleiner Pinscher, \ l / 2 Jahre alt, erhält 25 mg
pro Kilogramm Körpergewicht. Nach einigen Minuten wird der Hund lichtscheu,
zieht den Kopf bei plötzlich einfallendem Licht mit zuckenden Bewegungen zurück.
Sonst wird nichts Abnormes beobachtet; Benehmen des Tieres ändert sich bald.
Körperinnentemperatur wird nicht erhöht.
Fall 7 . 10 kg schwerer Hund, 2 Jahre alt, von sehr gutem Ernährungs¬
zustand, erhält um 3 Uhr subkutan 40 mg Alypin pro Kilogramm Körpergewicht,
gelöst in 11 ccm Wasser. Körperinnentemperatur vor der Applikation 38,5° C,
Puls 130, Atmung 38.
3 Uhr 15 Min. Hund ist sehr nervös, zittert, hängt den Kopf und macht
traurigen Eindruck. Er beginnt zu speicheln. Plötzlicher Krampfanfall, der zum
Umfallen des Hundes führt; Beine in tonisch-tetanischem Krampfe gestreckt, ebenso
Rücken und Hais. Die Muskeln sind hart und ad maximum gespannt. Maul ist
weit geöffnet, von intermittierendem Klappern der Kiefer unterbrochen. Glottis¬
krampf mit Dyspnoe. Tier ist sehr ängstlich, versucht oft sich zu erheben, was
nach einigen mißlungenen Versuchen gelingt. Der ganze Anfall dauert nur einige
Sekunden.
3 Uhr 17 Min. Tier wird allmählich unruhiger, bald folgt ohne weitere Vor¬
symptome Erbrechen. Noch unter diesem Brechakt tritt der zweite Krampfanfall
auf. Dabei ist Glottiskrampf sehr gering, desgleichen Atemnot. Der ganze Anfall
ist nur sehr kurz (1 Minute). Laufbewegungen treten in verminderter Heftigkeit
wie bei den anderen Versuohen (Versuchsreihe II, III) auf. Sonst ist aber der An¬
fall genau so wie in den vorausgehenden Fällen nach intralumbaler Injektion.
Hund erhebt sich mühsam vorn und verharrt nun in sitzender Stellung, die Vorder¬
beine weit ausgestreckt. Ausgesprochener Tremor des Körpers bleibt noch be¬
stehen. Hund ist stark aufgeregt, zeigt psychische Störungen, bellt unaufhörlich
sehr laut und mit anderem Klang wie gewöhnlich. Später ist er betäubt und som-
nolent. Mydriasis nur geringgradig.
3 Uhr 30 Min. Plötzliches Auftreten eines dritten Krampfanfalles, mit nahe¬
zu denselben Erscheinungen wie bei dem zweiten Anfall. Die Unterkiefer¬
bewegungen sind kurz, jedoch sehr heftig. Glottiskrampf wird nicht wahrge¬
nommen; starke Dyspnoe tritt nicht auf. Hund kann sich bald wieder vorn er¬
heben, ist aber noch paralysiert in der Hinterhand. (Aehnlioh dem Bilde nach
intralumbaler Injektion.) Mydriasis.
3 Uhr 47 Min. Das Tier ist noch in derselben Stellung; stark soporös, sehr
betäubt. Reagiert beinahe nicht auf äußere Eindrücke. Zum 4. Male tritt der
Krampfanfall ein. Laufbewegungen und Atemnot sind wieder geringgradig, die
Krämpfe aber sehr heftig. Selbst wenn das Tier sich schon wieder mit den Vorder¬
beinen erheben kann, halten die klonischen Krämpfe an. Bei den auftretenden
Zwangsbewegungen, welche während dieses Anfalles hochgradig sind, macht Hund
Rückwärtsbewegungen, wobei er nach kurzer Zeit hinten zusammenfällt. Blick ist
sehr ängstlich; bisweilen bellt der Hund laut und lange hintereinander. Auch
nach Beruhigung bellt das Tier von Zeit zu Zeit mit veränderter Stimme.
458
A. KLARENBEEK,
Es besteht Hypästhesie der Haut. Hund ist sehr soporös; hat scheinbar
Halluzinationen, er sieht oft vor sich geradeaus; bleibt minutenlang in derselben
Haltung stehen, schüttelt mit dem Kopf, macht den Eindruck, sehr krank zu sein.
4 Uhr. Hund hat sioh noch nicht erholt, es folgt ein 5. Anfall. Die Krämpfe
dauern jedoch nur kurze Zeit. Zwangsbewegungen stark wie beim vorigen Anfall.
Bellt unaufhörlich. Ständiges Kopfsohütteln.
4 Uhr 20 Min. Hund liegt ruhig; nur Schütteln mit dem Kopf hält an.
5 Uhr. Tier fängt wieder an zu laufen; ataktischer Gang, Sobwanken mit
der Hinterhand.
5 Uhr 5 Min. 6 . Anfall tritt auf, als der Hund in den Stall gebracht wird.
Zwangsbewegungen dauern lange ; dann Besserung; Hund fällt in Schlaf und bleibt
lange ruhig liegen.
6 Uhr 30 Min. Tier macht einen normalen Eindruck; hat guten Appetit auf
Brot, zeigt keinerlei Bewegungsstörungen mehr. Körperinnentemperatur ist nach
dem letzten Krampfanfall um 0,8° C erhöht. 6 Uhr 30 Min. war die Temperatur
wieder wie vor der Applikation von Alypin.
Fall 8. 27,5 kg schwerer, sehr fetter Hund erhält 3 Uhr nachm. 1137,5 mg
(1,1375 g) Alypin, d. i. 45 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 10 ccm
Wasser.
3 Uhr 20 Min. Geringer Tremor der Muskeln an Vorder- und Hinterbeinen;
Gähnen, Unruho, Schreckhaftigkeit. Die Pupille ist zuerst gering, später stärker
erweitert. Es besteht Photophobie; einfallendes Licht ruft geringes Zittern und
Angst hervor.
3 Uhr 30 Min. Von diesen Symptomen ist nichts mehr wahrzunehmen; nur
Mydriasis bleibt noch einige Zeit bestehen. Anormales wird nicht weiter beob¬
achtet. Körperinnentemperatur, welohe zu Beginn 38,3° C betrug, erhöhte sich
auf 38,6° C.
Fall 9 . Derselbe Hund erhält um 3 Uhr nachm, (eine Woche später) eine
Dosis von 1,6225 g, d. i. 59 mg Alypin pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in
10 ccm Wasser. 15 Minuten nach Applikation wird erster Aufall beobachtet. Tier
fallt zur Seite; tetaniscbe Krämpfe aller Muskeln treten auf; hierauf Paraparese in
der Hinterhand mit stark ataktischem Gang. Heftiger Glottiskrampf und Dyspnoe
während des tetanischen Krampfanfalles; starke Kieferbewegungen. Kopf wird
ständig hin und her bewegt und häufig rücksichtslos auf den Boden geworfen.
Geringe Mydriasis; Sehvermögen ist etwas gestört. Dieser Krampfanfall dauert
2 Minuten. Dann treten beim liegenden Tier Laufbewegungen auf; wird der Hund
dann aufgestellt, so schwankt er, vor allem in der Nachhand, mühsam durch den
Untersuchungsraum.
3 Uhr 30 Min. 2. Anfall heftiger, aber dem 1. ähnlich. Wenn tetanische
Krämpfe vorüber sind — nach 2 Minuten —, wird Atmung wieder normal, nur
etwas angestrengt. Sehr tiefe und lange Atemzüge wechseln mit mehr kürzeren
und oberflächlicheren ab. Mydriasis. Hund versucht bald, jedoch vergebens, sich
zu erheben; diese erfolglosen Aufstehversuche äußern sich in Laufbewegungen.
Hierauf Aufrichten, wenn auch mühsam, mit den Vorderbeinen möglich, verharrt
noch einige Zeit in sitzender Stellung, dann kann er sich auch mit den beiden
hinteren Extremitäten langsam erheben und vorsichtig unter Schwanken fortbe-
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 459
wegen. Gehör ist normal; Sehvermögen aber sehr schlecht. Es besteht Mydriasis.
Mit ängstlichem und scheuem Blick läuft er vorsichtig weiter. Photophobie be¬
steht nicht. Pupillen reagieren wohl beim Einfallen des Lichtes. Maulhöhle steht
etwas offen; es besteht eine geringe Paralysis nervi trigemini.
4 Uhr 14 Min. 3. Anfall, welcher l x / 2 Minuten dauert. Laufbewegungen sehr
stark, und auoh wenn das Tier wieder auf den Beinen steht, will es stets laufen;
Halluzinationen; Speicheln; paretischer Gang.
5 Uhr. 4. Anfall, gerade als Tier in die Außenluft gebracht'wird. Anfall
minder heftig und dauert nicht so lange wie die übrigen. Im Stalle tritt kein An¬
fall mehr auf.
7 Uhr 30 Min. Appetit ist gut; Psyche frei; nichts Abnormes mehr zu beob¬
achten. Körperinnentemperatur (zu Beginn 38,4° C) erhöhte sich während der
Anfälle um 1,2° C.
Fall 10. 17 kg schwerer, sehr gut ernährter Hund, 2 Jahre alt, erhält 2 Uhr
20 Min. nachm. 850 mg Alypin, d. i. 50 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst
in 10 ccm Wasser.
2 Uhr 35 Min. treten die ersten Symptome auf: Schluckbewegungen ohne
Speicheln, Schreckhaftigkeit, Zittern mit dem Kopf; Rückwärtsgehen bei plötzlich
einfallendem Licht.
2 Uhr 37 Min. tritt Speicheln auf; Tier macht Kaubewegungen, als ob es
einen Fremdkörper aus dem Rachen entfernen wolle. Pupillen sind vollkommen
normal.
2 Uhr 40 Min. Hund jammert, steht mit stark gekrümmtem Rüoken, hat
wahrscheinlich heftige Schmerzen im Hinterleibe.
2 Uhr 45 Min. Kotabsatz; Harnabsatz geschieht, obwohl es ein männliches
Tier ist, in sitzender Stellung.
2 Uhr 57 Min. Hochgradige Schmerzhaftigkeit. Plötzlich tritt ein heftiger
und intensiver Krampfanfall von 2 Minuten Dauer ein. Schaum vor dem Maul;
maximale Mydriasis. Opisthotonus. (Wie bei Strychninintoxikation.) Die heftigen
tetanisohen Krämpfe am ganzen Körper sistieren bisweilen einen Augenbliok, um
dann von Laufbewegungen konvulsivischer Art gefolgt zu werden.
Aufstehversuche mißlingen. Tier wird dadurch sehr exzitiert, es stößt einen
lauten, kräftigen Schrei aus. 2 Minuten später gelingt es ihm, plötzlich wieder auf
die Beine zu kommen, mit einem Sprung dreht das Tier sich um seine Längs¬
achse um 180°, bleibt einen Augenblick bewegungslos mit gespreizten vier Beinen
stehen. Hierauf folgen wieder Angstanfälle und starke Halluzinationen von kurzer
Dauer, verbunden mit Tobsuchtsanfällen. Dabei schreit der Hund einen Moment sehr
laut, heult ferner wie wütend. Hierauf folgt dann ein ängstliches Bellen. Unter¬
dessen spontaner Abgang von Fäzes. Darauf sehr bald Stadium der Depression.
In diesem Stadium im Beginn wenig, später mehr Zuckungen der Hautmuskulatur.
Atmung ist sehr ruhig.
4 Uhr 2 Min. Auf Nausoastadium erfolgt Erbrechen des ganzen Mageninhaltes.
4 Uhr 30 Min. Hund noch sehr apathisch; Zuckungen dauern noch stets an.
4 Uhr 50 Min. Nach dem Verbringen des Tieres an die Außenluft treten von
neuem tetanisohe Krämpfe auf; der Anfall ist nur kurz (1 Minute); bald darauf
(5 Uhr) ist Tier wieder imstande, den 250 m langen Weg nach dem Stall zu laufen.
460
A. KLARENBEEK,
7 Uhr 15 Hin. Appetit ist ganz normal; Benehmen des Tieres ist wie vor
der Applikation. Körperinnentemperator, die vor dem Versuche schon etwas er¬
höht war, stieg während dos Versuches nur um 0,2° C.
Fall ll. Derselbe Hund erhält einige Wochen später 1020 mg (1,020 g)
Alypin, d. i. 60 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in 9 ccm Wasser. Die
Injektion geschieht um 2 Uhr 41 Min. nachm.
2 Uhr 55 Min. Hund macht noch sehr normalen Eindruck. Nach einigen -
Minuten wird das Tier ruhiger und stiller, legt sich nieder, macht einige Schluck¬
bewegungen, wird etwas schreckhaft beim einfallenden Licht, bat geringe Haut¬
zuckungen; Schreckhaftigkeit nimmt bald zu; bei einfallendem Licht und bei
leichten Geräuschen zieht es zitternd den Kopf zuruck. Blick ist sehr unruhig
und ausdruckslos; die Bewegungen sind schwankend und nicht koordiniert; ein
einziges Mal Krampfanfall über den ganzen Körper.
3 Uhr 1 Min. Erscheinungen von Nausea sind deutlich; Kopf ist hängend
und dicht am Boden; außerdem Bewegungen und geringes Speicheln.
3 Uhr 3 Min. Erbrechen; hierauf legt sich der Hund wieder ruhig nieder.
3 Uhr 7 Min. Durch heftigen Lärm erschrickt Hund und taumelt rückwärts
und auf die Seite. Hals ist dabei gestreckt; die Rückenmuskulatur hart und ge¬
spannt; Beinein tetanischer Kontraktion. Nystagmus; Maul zuerst geschlossen,
später wieder geöffnet; Glottiskrampf und Kaumuskelkrämpfe. Mehrere Sekunden
Sistieren der Atmung (eine Art Cheyne-Stokessches Atmen); Zunge und Mukosa
der Maulböhle zyanotisch; Dyspnoe sehr ausgesprochen. Hierauf Relaxation der
Muskeln; Maulhöhle mit schaumigem Speichel gefüllt.
Dann tiefe, lange Atemzüge. Während des Anfalles werden gejinge Mengen
Urin und Fäzes abgesetzt. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, sich zu er¬
heben, tritt maniakalischer Anfall auf und werden die Laufbewegungen von einem
lauten Gebell und Gebrüll begleitet. Die Stimme ist dabei nicht wie sonst. Auf
die Beine gestellt, kann Hund unmittelbar wieder stehen; verharrt jedoch immer
in derselben Haltung. Mit wütendem Blick sieht er die Umstehenden ängstlich
an, bellt bisweilen laut und mit fremdem Klang; hierauf wird er dann ruhig.
Geringe Mydriasis. 8 Minuten lang bleibt der Hund in der ihm gegebenen Haltung
stehen, mit starrem und mißtrauischem Blick; dann legt er sich langsam auf den
Boden. Die Schreckhaftigkeit ist dann vorbei.
3 Uhr 50 Min. Tier kann gut laufen; ist nicht mehr ängstlich; nur ab und
zu noch leichte Zuckungen.
5 Uhr kommt Hund in den Stall; keine abnormen Erscheinungen mehr.
Körperinnentemperatur ist während des Versuches um 1,1° C gestiegen. Atmung
wechselt stark, desgleichen auch Puls, der sehr frequent nach einem Anfall, in
dem Ruhezustand gering war.
Diese 11 Versuche führen zu folgenden Resultaten:
Subkutane Injektionen von Alypin rufen in Dosen von
40 bis 60 mg pro Kilogramm Körpergewicht toxische Er¬
scheinungen hervor. Diese Symptome treten nach 15 bis 30Minuten
auf und äußern sich wie folgt: Das Tier wird lichtscheu in ver¬
schiedenem Grade (variable Photophobie). Einfallendes Licht wird nicht
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 461
ertragen, bedingt Zittern mit dem Kopf, starkes Zwinkern mit den
Augenlidern und Nystagmus oscillatorius, ferner Zuckungen der ganzen
Hautmuskulatur. Laute Geräusche verursachen dasselbe. Es besteht
eine hochgradige psychische Erregung. Das Tier zeigt dabei nicht,
wie dies bei toxischen Kokainapplikationen der Fall zu sein pflegt,
eine freudige Erregung, auch keine ausgelassene Munterkeit, sondern
ist meistens ziemlich ruhig oder von Angst beseelt. Plötzlich tritt
dann ohne deutlichere Vorboten ein heftiger Krampfzustand ein.
Das Tier taumelt dann plötzlich rückwärts, wobei der Rücken stark
abgebogen ist und die vier Beine zur Seite ausgestreckt sind. Alle
Körpermuskeln befinden sich hierauf in heftiger tetanischer Kontraktion
und palpieren sich hart. Maulhöhle steht offen bei mäßiger Kiefer¬
bewegung. Die Atmung steht einen Augenblick still. Das Tier ringt
gleichsam nach Luft. Der dabei auftretende Glottiskrampf verhindert
für einige Zeit die Atmung. Heftige Dyspnoe begleitet diesen Krampf¬
anfall; dabei besteht eine ausgesprochene Zyanose der Maulhöhlen¬
schleimhaut und Zunge. Bei diesem tonischen Krampfanfall tritt in
der Regel eine spontane Entleerung von Fäzes und Urin auf. Die
Hautsensibilität ist vermindert; cs besteht Hypästhesie.
Die Pupille ist während des Krarapfzustandes stark erweitert
{Mydriasis); Lidreflex ist vorhanden; Pupillarreflexe sind jedoch auf¬
gehoben. Nach dem tetanischen Krampfanfall, der 1—3 Minuten
dauert, erfolgt vorübergehende Erschlaffung der Muskeln; kurz darauf
treten konvulsivische Zuckungen bald dieses, bald jenes Körperteiles,
hauptsächlich jedoch der Extremitätenmuskulatur ein. Die Atmung
ist dabei sehr frequent, teils mehr oberflächlich, teils auch mehr tief.
Dieser Zustand dauert einige Augenblicke, dann versucht das Tier,
sich zu erheben, was meistens nicht gelingt. Hierauf folgen dann
Laufbewegungen von verschiedener Intensität.
Ab und zu werden diese Bewegungen von klonisch-tonischen
Krämpfen bzw. Konvulsionen unterbrochen. Dann wird das Tier mehr
und mehr ängstlich, schreit laut vor Angst und Wut, je nach seinem
Charakter. Mitunter treten dann Halluzinationen auf und das Tier macht
Zwangsbewegungen (Rollbewegungen, Laufbewegungen). Selbst
nach dem Erbrechen halten diese Unruheerscheinungen meistens noch
einige Zeit an; dann beruhigt sich das Tier wieder langsam. Es be¬
steht dann jedoch immer noch Hypästhesie der Haut und My¬
driasis, wenn letztere auch in geringerem Grade. Das abnorme
Benehmen hält noch einige Zeit an, wenngleich die Schreckhaftigkeit
462
A. KLARENBEEK,
und psychische Erregung nicht mehr so ausgesprochen sind. In vielen
Fällen erfolgt dann hierauf Erbrechen, dem meistens ein gewisses
Stadium der Nausea, des Unbehagens, vorauszugehen scheint.
In der Regel wird ein Krampfanfall von mehreren ge¬
folgt, die sich dann ziemlich gleichen, wenn auch die Dauer bei den
zuletzt auftretenden Anfällen eine kürzere ist. (Bei einem Hunde
konnten in 2 Stunden 6 Anfälle, bei einem anderen in l s / 4 Stunden
4 Anfälle konstatiert werden.)
Aeußerst selten (in 1 Fall) kommt es anschließend an die sub¬
kutane Injektion zu einer Parase der Nachhand; diese ist jedoch
schnell vorübergehend und hat keine Paralyse zur Folge.
Bald nach dem letzten Krampfanfall erholt sich das meistens
dann schlafende Tier ziemlich rasch. Schon einige Stunden später
(in einem Fall 3 Stunden nach Applikation, in einem anderen
4 Stunden, in den meisten noch früher) ist das Benehmen wieder
normal, der Appetit gut; der Gang des Tieres ohne Störungen. Die
Sensibilität ist wieder wie früher. Nur die Mydriasis bleibt noch
längere Zeit bestehen (bis zu 5y 2 Stunden).
Die Intensität der Alypinwirkung ist individuell ver¬
schieden; es kann z. B. eine Dosis von 40 mg pro Kilogramm
Körpergewicht zu den heftigsten Intoxikationserscheinungen führen
(Fall 7), während hingegen eine Dosis von 45 mg pro Kilogramm
Körpergewicht nur Unwohlsein, Unlust, geringe Mydriasis und Photo¬
phobie in mäßigem Grade hervorruft (Fall 8).
Bei der Applikation größerer Mengen wie 60 mg pro Kilo¬
gramm Körpergewicht treten die Symptome nicht schneller ein und
sind auch nicht mehr intensiv als bei den genannten Dosierungen.
Dosen von 25 mg pro Kilogramm Körpergewicht verursachen im all¬
gemeinen nur geringgradige Lichtscheue und keine weiteren Krankheits¬
symptome.
Die Körperinnentemperatur wird während der Krampf¬
zustände und kurz nach denselben erhöht (bis über 1° C). Die
Atmung wird ebenfalls stark beeinflußt. Bei dem tetanischen Krampf¬
anfall sistiert sie für einen Augenblick; bei den konvulsivischen
Zuckungen ist sie frequent, teils oberflächlich, teils tief. Nach den
Anfällen beruhigt sich das Tier bald wieder und wird normal. Die
Pulsfrequenz findet in dem Krampfstadium und dem Stadium der
Konvulsionen ebenfalls eine beträchtliche Steigerung; hernach mit der
Beruhigung des Tieres nimmt sie wieder ab.
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 463
Versuchsreihe IV.
Subkutane und lumbale Injektionen mit letaler Alypindosis.
Fall 1 . 17 kg schwerer, kräftiger, gut genährter Hund erhält 2 Uhr
45 Min. nachm, subkutan (seitliche Thoraxwand) eine Dosis von 1,275 g Alypin,
d. i. 75 mg pro Kilogramm Körpergewicht, gelöst in b l / 2 ccm Wasser.
2 Uhr 55 Min. Tier wird schläfrig, zwinkert mit den Augenlidern, zieht
dabei zitternd und zuckend den Kopf zurück. Dies tritt stark bei einfallendem
Licht, aber auch bei Geräuschen auf. Tremor musoulorum, fortwährendes Lecken
mit der Zunge.
3 Uhr 12 Min. Spontaner Harnabsatz im Liegen. Hund macht einen schwer
kranken Eindruck. Schluckbewegungen, starrer Blick. Zuckungen an der Ober¬
lippe. Bisweilen stoßweise Erschütterung des ganzen Körpers oder nur eines
Körperteiles. Speicheln.
3 Uhr 19 Min. Tetanisoher Krampfanfall nach vorhergehenden krampfhaften
Kopfzuckungen. Maul weit geöffnet, Atmung sistiert eine Zeitlang, Dyspnoe,
Zyanose der Kopfschleimhaut. Nach 2 Minuten wechseln tetanische Krämpfe mit
tonisch-klonischen Krämpfen bzw. Konvulsionen ab. Atmung wieder ermöglicht.
Hautsensibilität ist etwas vermindert (Hypästhesie). Tier reagiert weniger auf
äußere Einflüsse; hierauf Laufbewegungen. Tier kann sich nioht erheben, brüllt
vor machtloser Wut. Blick ist sehr ängstlich, Mydriasis. Fäzesabsatz im Liegen.
Nach einer Minute erhebt sich der Hund spontan; zeigt für kurze Zeit Manege-
bewegungen, beruhigt sich jedoch bald. Blick wird ausdruckslos. Maulhöhle ist
nicht geschlossen, die Zunge hängt zum Teil heraus. Sensorium getrübt; in
halbsitzender Stellung läßt der Hund den Kopf auf den Boden sinken, wobei die
Zunge den Boden scheinbar gefühllos berührt.
3 Uhr 23 Min. Zustand der Betäubung dauert so lange an; plötzlich tritt ein
zweiter Anfall auf. Nach den tetanischen Krampfanfällen und Laufbewegungen
treten sehr heftige Zwangsbewegungen in Form von Rollbewegungen auf. Anfall
ist wesentlich heftiger als der vorausgehende und dauert 3 l / 2 Minuten. Kopf wird
oft mit Kraft zu Boden geworfen, daß eine Gehirnerschütterung zu befürchten ist.
Speicheln hält an.
5 Uhr. Als sich der Hund wieder beruhigt hat, wird er in den Stall gebracht.
Auch hier tritt bald wieder ein Anfall auf, nachdem er etwa 15 Minuten ruhig
dagelegen hat. Dieser Krampfanfall ist der heftigste von den dreien, er dauert von
5 Uhr 15 Min. bis 6 Uhr 30 Min. Es wechseln dabei kontinuierlich tetanische mit
tonisch-klonischen Krämpfen ab. Die Muskeln sind bei tetanischer Kontraktion
hart und stark gespannt, im klonischen Krampfzustand wieder schlaff. Starke
Dyspnoe mit Zyanose der Kopfschleimhäute. Laufbewegungen, die zuerst heftig
sind und lange andauern, werden mit der Zeit unregelmäßiger und langsamer.
Aufstehen ist unmöglich; wiederholte Rollbewegungen sind zu konstatieren; die
psychische Erregung nimmt zu; Hund stößt lautes Geschrei aus. Halluzinationen;
maximale Mydriasis; Pupillenreflex aufgehoben. Sensorium des Tieres stark ein¬
genommen, wobei Blick ausdruckslos. Starkes Speicheln; Urin wird spontan ab¬
gesetzt. Hautsensibilität erloschen (Anästhesie).
6 Uhr 30 Min. Exitus letalis; kurz zuvor nehmen die klonisch-tonischen
Krämpfe bzw. Konvulsionen an Stärke plötzlich ab; Atmung wird ruhiger und
464
A. KLARENBEEK,
weniger tief, und das Tier verendet in diesem Zustand. Die Körperinnentemperatur
betrug vor der Applikation 38,8° C, stieg um 3 Uhr 45 Min. bis 39,7° C und er¬
reichte bis 6 Uhr 40 Min., d. i. 10 Minuten nach dem Tode, eine Höhe von 41,8° C
(Steigerung um 3° C). Zwei Stunden nach dem Tode war sie noch 37,8° C. Bei
der Sektion, die am folgenden Tage vorgenommen wurde, wurden makroskopisch
keine Organabweichungen beobachtet.
Fall 2 . 11 kg schwerer Bastardpinscher, ziemlich gut genährt, 3 Jahre alt,
erhält 2 Uhr 30 Min. nachm. 275 mg Alypin, d. i. 25 mg pro Kilogramm Körper¬
gewicht, zwischen dem 7. Lendenwirbel und dem Kreuzbein intralumbal injiziert.
Durchstechen des Ligamentum spinale etwas sohwer und schmerzhaft, ferner das
Berühren der Nerven der Cauda equina.
2 Uhr 32 Min. beginnen bereits ataktische Bewegungen. Hinterhand ist
paretisch, Hautsensibilität ist noch normal.
2 Uhr 34 Min. Schwankende Bewegung beim Laufen wird stärker; Rücken
ist stark gekrümmt.
2 Uhr 35 Min. Auf plötzlich einfallendes Licht starke Erregung. Krampf¬
anfall unter den gewähnlichen Symptomen. Tier bricht plötzlich zusammen,
taumelt nach rückwärts; Muskeln sind im tetanisohen Krampfe und stark gespannt.
Maul ist weit geöffnet; Glottiskrampf, Pupille ist maximal erweitert (maxi¬
male Mydriasis); Lidrellex vorhanden, jedoch kein Pupillenreflex. Schaumiger
Speichel vor dem Maule und im Rachen; die Atmung wird dadurch noch mehr ge¬
hemmt und die Dyspnoe größer. Bei Atmung starkes Röcheln hörbar. Bisweilen
treten einige tiefe Atemzüge auf, die aber bald wieder von neu eintretenden
Krämpfen unterbrochen werden. Anschließend an tonischen Krampfzustand Lauf¬
bewegung, verbunden mit starkem Hecheln.
2 Uhr 45 Min. Körperinnentemperatur (im Beginne 38,5° C) hat sich bis
jetzt auf 40.8° C erhöht. Die tetanischen Krämpfe sind nicht mehr von so langer
Dauer, aber häufiger. Tier kann sich nicht mehr erheben, liegt wie betäubt am Boden
mit starker Dyspnoe. Puls ist sehr frequent, Atmung ebenfalls und unregelmäßig*
2Uhr58 Min. Die Krämpfe lassen nach; die tonisch-klonischen Kontraktionen
derMuskeln werden schwächer, dieAtemzüge ruhiger und minder intensiv. Der Puls
ist noch schwach zu fühlen. Pupille reagiert nicht mehr; Beine werden schlaff. Die
Körperinnentemperatur beträgt jetzt 42,2° C (Steigerung um 3,7° C). Exitus letalis.
Bei der Sektion weisen die Organe keine Abweichungen auf. Im Lenden¬
marke sind an der Injektionsstelle keine Läsionen wahrnehmbar. Das Rückenmark
zeigt keine abnorme Gefäßinjektion (mikroskopische Untersuchung fand nicht statt).
Fall 3 . 5 1 /«, kg schwerer Bastardhund, 1 Jahr alt, erhält 55 mg, d. i. 10 mg
pro Kilogramm Körpergewicht, zwischen 7. Lendenwirbel und Kreuzbein. Hund
ist sehr nervös und schlecht genährt (Injektion 2 Uhr 43 Min. nachm.). Schmerzen
beim Injizieren ziemlich stark. Injektionsstelle ist leicht zu finden, da derHund mager
ist. Beinahe gleich nach der Injektion wird die Hinterhand sohon etwas paretisch
und sind die Gelenke der Hinterbeine stärker gebogen. Die Parese nimmt zu. Schon
nach 2 bis 3 Minuten besteht ausgesprochene Paralyse des Sphincter ani, wodurch
Fäzes spontan abgesetzt werden. Vollkommene Hautanästhesie im ganzen Hinter¬
teil, dann nach vorn bis zur Skapularregion schreitend; die vorderen Körperteile
hypästhetisch. Hund verändert sein Benehmen; er wird betäubt, schläfrig, hat die
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 465
Augen halb geschlossen. Hierauf wird er unruhig, macht Schluckbewegungen und
bewegt unaufhörlich die Zunge.
2 Uhr 53 Min. Erbrechen. Hund macht nun schwerkranken Eindruck, kann
nicht mehr stehen, nur auf den Vorderbeinen kann er sich noch etwas halten.
Atmung erfolgt 2 Uhr 58 Min. stoßweise in zwei Tempi, Puls ist normal.
3 Uhr 3 Min. Plötzlich eintretende hochgradige Dyspnoe. Maul wird ge¬
öffnet. Hund stößt ängstliche Laute aus. Atmung steht 5 bis 10 normale Atem¬
züge still, fängt dann wieder langsam an, wird schneller und schneller und ver¬
mindert sich dann wieder nach einer halben Stunde (Cheine-Stokes-Atmungs-
phänomen); endlioh vollkommenes Sistieren der Atmung. Puls ist dann auch nicht
mehr bei dem liegenden und komatösen Tier fühlbar.
Bei der Sektion wird wahrgenommen, daß die Mukosa des Maules, der Kon¬
junktiven und der Vulva stark zyanotisch ist. Milz ist sehr blutreich, dunkelrot
gefärbt. Leber, Nieren normal. Der Magen noch teilweise gefüllt.
Lungenödem besteht; Herz ist nicht paralysiert. Das Lendenmark ist makro¬
skopisch normal, mikroskopisch wurde es nicht weiter untersucht.
Aus diesen 3 letalen Ausgängen nach Alypininjektion läßt sich
im allgemeinen folgender Schluß ziehen:
Die subkutane letale Dosis des Alypins liegt ungefähr
bei 75 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Die Symptome
stimmen der Hauptsache nach mit den durch toxische Gaben ver¬
ursachten überein; sie treten auch nicht schneller auf als bei der
Applikation toxischer Dosen. Die sich wiederholenden Krampfzustände
werden allmählich intensiver, führen zu sehr heftiger Ermüdung des
Tieres, dessen Sensorium stark getrübt wird. Infolge der Krampf¬
anfälle und Konvulsionen, verbunden mit starker Dyspnoe, tritt
eine völlige Ermattung der Tiere ein. Außerdem ist eine maximale
Mydriasis und Hypästhesie der Haut wahrnehmbar. Die
Körperinnentemperatur kann durch erhöhten Stoffwechselumsatz
infolge gesteigerter Muskelaktion eine Steigerung von 3° C erfahren.
In dem einen Fall der subkutanen Alypininjektion trat der Tod nach
einem ^zuständigen Krarapfzustand zweifellos mehr durch Er¬
schöpfung als durch Erstickung ein.
Bei der lumbalen Injektion von Alypin schwankt die
letale minimale Dosis zwischen 10 und 25 mg, je nach der
Konstitution der betreffenden Hunde.
(In einem Fall genügten 10 mg, im anderen 25 mg, um den
Tod herbeizuführen.) Es scheint auch eine Gewöhnung an das
Mittel einzutreten, da Hunde, denen zum ersten Male Alypindoscn
lumbal injiziert werden, meistens deutlicher reagieren als solche, denen
mehrmals steigende Alypindosen verabreicht wurden.
466
A. KLARENBEEK,
Bei dem letalen Ausgang nach 10 mg ist der Verlauf kein so
stürmischer. Krämpfe können hier vollkommen ausbleiben, auch
Laufbewegungen werden nicht beobachtet. Dafür ist jedoch die
Paralyse der Nachhand sehr ausgesprochen und genau so typisch,
wie in den Fällen mit toxischer Wirkung, in denen 25 mg verabreicht
wurden; außerdem besteht in dem gelähmten Teile ausgesprochene
Anästhesie. Der Tod trat in diesem Fall nach 20 Minuten ein, und
zwar unter den Erscheinungen der Erstickung.
In dem 2. Fall mit letalem Ausgang (25 mg Alypin pro Kilo¬
gramm lumbal) tritt die Paralyse der Nachhand nach 2 Minuten, ein
Krampfanfall von einer Dauer von 13 Minuten nach 5 Minuten ein.
Maximale Mydriasis und vollkommene Paralyse der Nachhand mit
Anästhesie des gelähmten Bezirkes sind die weiteren Begleitsymptome.
Die Körperinnentemperatur steigert sich um 3,7° C bis zum Eintritt
des Todes. Auch in diesem Falle ist der Tod auf Erstickung
zurückzuführen. Das Herz zeigt in beiden Fällen keine Paralyse.
Auf Grund dieser Versuche kann wohl Alypin zu subkutanen
Injektionen als lokales Anästhetikum empfohlen werden, da
es erst in sehr hohen Dosen zu Intoxikationen führt, dagegen ist die
lumbale Anwendung dieses Mittels, sei es nun zwischen dem 6.
und 7. Lendenwirbel oder dem letzten Lendenwirbel und Os sacrum,
sehr zu widerraten, da es, ganz abgesehen von den oft technischen
Schwierigkeiten der lumbalen Applikation bei fetten und sehr un¬
ruhigen Hunden, ein selbst in therapeutischen Dosen sehr unzuver¬
lässiges, ja gefährliches und das Leben des Tieres bedrohendes Medi¬
kament darstellt, ganz abgesehen von der eventuellen Verunreinigung
des Operationsgebietes durch spontanen Kot- und Urinabsatz.
Außerdem scheinen sich Tiere an öftere Alypindosen zu ge¬
wöhnen, was ebenfalls den Gebrauch des Mittels zur lumbalen An¬
ästhesie nicht ratsam erscheinen läßt.
Die lumbale toxische Dosis beträgt ungefähr den 3. Teil
der subkutanen Dosis. Die von Dittmer aufgestellten Dosen für
subkutanen Gebrauch stimmen so ziemlich mit geringen Ausnahmen
mit den von mir gefundenen überein.
Nach Dittmer werden kleine Gaben von 5 bis 33 mg pro Kilo¬
gramm Körpergewicht ohne Nachteil vertragen. Auch meine Versuche
ergaben die Richtigkeit dieser Behauptung, denn Dosen von 40 oder
mehr Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht verursachten stets
eine toxische Wirkung.
Vergleichende Versuche mit verschiedenen Dosierungen von Alypin b. Hunde. 467
Ein mehr oder weniger starkes Bild der Vergiftung wird nach
Dittmer durch mittlere Gaben von 40 bis 60 mg pro Kilogramm
Körpergewicht hervorgerufen. Auch diese Dosen stimmen mit den
hier ausgeführten Untersuchungen überein.
Dittmer erwähnt jedoch, daß Tiere Manegebewegungen nach
links und nach rechts zeigen, und daß die Körperinnentemperatur wenig
geändert wird und niemals abfällt. Bei den von mir gemachten Unter¬
suchungen wurden jedoch nur selten Manegebewegungen beobachtet,
dagegen stets in toxischen Fällen eine Steigerung der Körper¬
innentemperatur (bis um 1,2° C), die bei letalen Dosen bis zu
3,7° C stieg. Das Auftreten der Mydriasis wird von Dittmer nicht
erwähnt. In allen toxischen Fällen ist jedoch eine mehr oder weniger
ausgesprochene Mydriasis, verbunden mit Sehstörungen, nachweisbar.
Was endlich die Ursache des Todes bei letalen Dosen betrifft,
so ist Dittmer mit Impens der Ansicht, daß dieselbe mehr auf die
Erschöpfung des Tieres zurückzuführen sei. Meines Erachtens hat
jedoch derselbe auch in vereinzelten Fällen in Erstickungseinen Grund.
Als geeignetste Stelle für intralumbale Injektionen mit An-
ästheticis dürfte im allgemeinen als ungefährlichste wohl die zwischen
dem letzten Lendenwirbel und Os sacrum angesehen werden, dagegen
liegt der Platz zur lumbalen Punktion der Spinalflüssigkeit mehr
vorn, zwischen 5. bis 7. Lendenwirbel.
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