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Archiv für wissenschaftliche
und practische Thierheilkunde
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ARCHIV
FÜR
WISSENSCHAFTLICHE UND PRAKTISCHE
THIERHEILKUNDE.
HERAUSGEGEBEN
VON
Dr. F. ROLOFF,
GEHEIMER MEDICINALRATH UND PROFESSOR,
DIRECTOR DER KÖNIGL. TH1ERARZNEISCHULE ZU BERLIN.
R E D I G I R T
VON
Prof. C. F. MÜLLER und Prof. Dr J. W. SCHÜTZ,
LEHRER DER KftNIGL. THIERARZNEISCHULE ZU BERLIN.
Neunter Band.
Mit 2 lithographirten Tafeln und 10 Holzschnitten.
BERLIN, 1883.
Verlag von August Hirschwald.
NW. Unter den Linden 69.
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Inhalt des neunten Bandes.
Erstes und zweites Heft.
I. Roloff, Uebcr die Lupinose..
II. Peters, Die Wechselbeziehungen zwischen der Belastung der Schenkel¬
saule und der Gestalt ihrer Stützfläche.
Erwiderung auf Herrn Dominik’s „offene Antwort“.
III. Elrhhatim, Zur Anatomie und Histologie der Schleimbcutel und Sehnen¬
scheiden des Pferdes (mit einer Tafel).
IV. EUenkerger, Die Folgen der einseitigen und doppelseitigen Lähmung
des Nervus vagus bei Wiederkäuern.
V. Flick, Ueber die verdauenden Eigenschaften des Darmsaftes der Haus¬
sä ugethiere..
Referate und Kritiken.
Ellenberger und Schütz, Jahresbericht über die Leistungen
auf dem Gebiete der Veterinärmedicin (Roloff).
Dämmer, Meyer’s Fachlexika (Möller).
Arnold, Kurze Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse
(Bissinger).
Zürn, Die Krankheiten des Hausgeflügels (Möller).
Gaupp, Die Viehseuchengesetzgebung (Möller).
Lydtin, Das badische Veterinärwesen (Möller).
Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in den Nieder¬
landen während des Jahres 1881 (Müller).
Kleinere Mittheilungen.
Weitere Mittheilungen über die in Deutschland ausgeführten
Schutzimpfungen gegen den Milzbrand nach dem Pasteur’schen
Verfahren (Müller).
Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Preussen
während des Quartals Juli-September 1882 (Müller) . . . .
Personal-Notizen.
Seite
1
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75
79
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159
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161
163
166
172
Drittes Heft.
VI. EUenkerger und Hofmeister, Ueber die Verdauungssäfte und die Ver¬
dauung des Pferdes .177
VII. Boloff, Ueber die Lungenseucheimpfung.196
VIII. Oeinler, Ueber eine eigenthümliche Krankheit bei Schafen.210
IX. Kreks, Beobachtungen über das Blutharnen beim Rinde.216
Referate und Kritiken.
Ueber die Entdeckung des Bacillus der Rotzkrankheit.223
Israel, Ueber die Bacillen der Rotzkrankheit.227
Bouchard, Capitan et Charrin, Note sur la culture du mi-
crobe de la morve et sur la transmission de la maladie ä l’aide
des liquides de culture (Roloff).230
Baume, Odontologische Forschungen (Tereg).230
Roloff, Der Milzbrand, seine Entstehung und Bekämpfung
Johne, Die Geschichte der Tuberculose mit besonderer Berück¬
sichtigung der Tuberculose des Rindes und die sich hieran
knüpfenden medicinal- und veterinärpolizeilichen Consequenzen
(Möller).237
Luqgwitz, Der Hufschmied (Möller).238
leinerc Mittheilungen.
Roloff, Ueber die Milzbrandimpfung.239
Müller, Weitere Mittheilungen über die in Deutschland und Un¬
garn ausgeführten Schutzimpfungen gegen den Milzbrand . . 241
411089
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IV
Inhalt des neunten Bandes.
Seite
Müller, Milzbrandimpfungen in Turin.243
Müller, Die Mikroben der Schweineseuche.244
Ellenberger, Ueber die Wirkung des Pilocarpin bei Pferden . 244
Müller, Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in
Preussen während des Quartals October-December 1882 ... 251
Personal-Notizen.257
Viertes und fünftes Heft.
X. Ellenbcrger ond Utfinelsler, Ueber die Verdauungssäfte und die Ver-
dauung des Pferdes (mit einer Tafel).261
XI. Peters, Die Wechselbeziehungen zwischen der Belastung der Schenkel¬
säule und der Gestalt ihrer Stützfläche.293
XII. Ellenberger und lofinelster, Die physiologischen Wirkungen des Kupfers
auf den Organismus der wiederkäuenden Haussäugethiere.325
XIII. Grebe, Angioma cavernosum diffusum beim Pferde.356
XIV, Lange, Die Influenza (Pferdestaupe).363
Referate und Kritiken.
Annual Report of the Veterinary Department of the Privy Council
Office for the year 1882 (Müller).373
Wehenkel, fitat sanitaire des animaux domestiques en Belgique
pendant l’annöe 1881 (Müller).378
Frank S. Billings, Ueber das Vorkommen der Trichinose bei
Schweinen in denVereinigten Staaten von Nordamerika (Müller) 381
Kleinere Mittheilungen.
Müller, Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in
Preussen während des Quartals Januar* März 1883. 386
Lange, Das Scheeren der Pferde.392
Bovenschen, Beobachtungen über die Lupinose bei Schafen und
Pferden.393
Müller, Weitere Mittheilungen über die in Deutschland ausge¬
führten Schutzimpfungen gegen den Milzbrand nach dem Pa¬
ste ur’schen Verfahren.396
Kühn, Ein neuer Zuchterfolg in dem Hausthiergarten des land¬
wirtschaftlichen Instituts der Universität Halle.398
Personal-Notizen.399
Sechstes Heft.
XV. Roloff, Bericht über die Königl. Thierarzneischule in Berlin 1882/83 405
XVI. Winkler, Ueber die Ursachen der subacuten Gehirnentzündung ... 419
XVII. Posch, Beiträge zur Kenntniss der Lungenaktinomykose.447
XVIII. Roloff, Ueber die Milzbrandimpfung und die Entwicklung der Milz-
brandbacterien.459
Referate und Kritiken.
Peters, Die Formveränderungen des Pferdehufes bei Einwirkung
der Last, mit besonderem Bezug auf die Ausdehnungstheorie
(Lungwitz). ..471
v. Grebner und v. Straub, Thierärztliches Recept-Taschenbuch
(Möller).473
Ellenberger und Schütz, Jahresbericht über die Leistungen
auf dem Gebiete der Veterinär-Medicin (Roloff).473
Kleinere Mittheilungen.
Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Preussen
während des Quartals April-Juni 1883 (Müller).474
Lemke, Pigmentbildung bei einem Schwein und einem Kalb . . 479
Lemke, Persistirende Schwanzfäden bei Rindern.480
Roloff, die Lungenseuche in Holland im Jahre 1882 . *. . . . 481
Personal-Notizen.484
Literatur.487
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I.
lieber die Lupinose.
Von
F. Bol off.
Nachdem schon früher an einzelnen Orten in Folge von Lupinen-
Fütterung Massenerkrankungen bei Schafen vorgekommen waren, traten
solche Erkrankungen in den Jahren 1875—78 so häufig auf, dass sie
die allgemeine Aufmerksamkeit erregten. Ueber die Ursachen der
Krankheit wurden die verschiedensten Meinungen laut; denn wenn
auch darüber Einstimmigkeit herrschte, dass die veranlassende Schäd¬
lichkeit den Lupinen anhaftete, so waren doch die Ansichten über die
Natur dieser Schädlichkeit getheilt. Einzelne Landwirthe und Thier¬
ärzte behaupteten, dass die Verfüttorung übermässiger Quantitäten
Lupinen die Krankheit verursache. Diese Annahme hatte zur Voraus¬
setzung, dass die schädliche Substanz zu den normalen Bestandteilen
der Lupinen gehöre. Dieselbe wurde jedoch bald widerlegt, da an
vielen Orten Lupinen in sehr grossen Mengen ohne Nachtheil ver¬
füttert wurden, während an anderen Orten die Krankheit schon nach
der Verabreichung kleiner Quantitäten ausbrach. Es wurde ferner
beobachtet, dass die Krankheit ausbrach, nachdem Lupinen von einem
gewissen Ackerschlage, wenn auch nur in mässigen Quantitäten ver¬
füttert waren, während in demselben Jahre und an demselben Orte
Lupinen von anderen Schlägen als ein gesundes Futter befunden
wurden. Dass in solchen Fällen die Krankheit nicht etwa durch die
anhaltende Lupinenfütterung allmählich entstanden oder vorbereitet
und dann zufällig beim Uebergange zur Verfiitterung der Lupinen von
einem anderen Schlage ausgebrochen war, ging daraus hervor, dass
öfter die Schafe schon erkrankten, nachdem die Lupinenfütterung erst
eine kurze Zeit gedauert hatte. Auch zeigte sich die Krankheit an
1
Archiv f. wissensch. n. prakt. Thierheilk. IX. lu.2.
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ROLOFF,
vielen Orten, wo vorher viele Jahre Lupinen in ebenso grossen Mengen
ohne Nachtheil verfüttert waren. Es unterliegt daher keinem Zweifel,
dass, wenn die krankmachende Substanz etwa zu den normalen Be-
standtheilen der Lupinen gehört, dieser Bestandtheil doch unter ge¬
wissen Umständen sich ungewöhnlich reichlich entwickelt und in Folge
dessen schädlich wird.
Andere Sachverständige behaupteten, dass Befallungen oder Be-
schimmelung der Lupinen zur Folge hätten, dass letztere Krankheit
erzeugen. Es seien daher die Lupinen vorzugsweise in nassen Jahren
schädlich, da dann die üppige Entwickelung der Pflanze und die Wit¬
terung ein schnelles und vollständiges Trocknen verhinderten. Hin¬
reichende Beweise für diese Annahme wurden jedoch nicht erbracht.
0. Brefeld, welcher im Jahre 1876 Stengel, Blätter und Früchte
von drei Proben schädlich befundener Lupinen untersuchte, berichtete
darüber, dass sich an den genannten Pflanzentheilen nichts weiter als
ein dem Russthau und der Schwärze angehöriger Pilz gefunden habe
und dass dessen Verbreitung auf der Oberfläche der Blätter eine nicht
bedeutende war. Die Entwickelung des Pilzes war mit dem Trocknen
der Lupinen in noch jugendlichen Zuständen unterbrochen worden und
an keiner Stelle bis zur Bildung der Fortpflanzungsorgane fortge¬
schritten. Eine specielle Bestimmung des Pilzes war daher ausge¬
schlossen. Ob letzterer die Bildung eines Giftstoffes in den Lupinen
verursacht hatte, war nach Brefeld’s Ansicht nicht zu entscheiden.
Auch Jul. Kühn fand bei der Untersuchung schädlicher Lupinen
keinen Parasiten, der mit der Schädlichkeit hätte in Verbindung ge¬
bracht werden können.
Wieder andere Sachverständige hatten beobachtet, dass Lupinen
den .Schafen gut bekamen, wenn sie im Freien aufbewahrt, beschim-
melt und faulig geworden waren, während Lupinen, die gut getrocknet
und in der Scheune aufbewahrt waren und ein tadelloses Aussehen
hatten, heftige Erkrankung hervorriefen. Einzelne Besitzer behaupte¬
ten sogar, dass die im Freien, namentlich in kleinen Haufen aufbe¬
wahrten Lupinen niemals schädlich seien und dass die Schädlichkeit
sich in der Pflanze erst bei deren Aufbewahrung im geschlossenen
Raume bilde. Dass letztere Annahme eine irrige war, geht aus spä¬
teren Beobachtungen hervor. Thatsächlich sind aber gerade in Folge
der Verfütterung gut gewonnener und tadellos aussehender Lupinen
zahlreiche heftige Erkrankungen bei Schafen vorgekommen. Anderer¬
seits ist beobachtet, dass bei Aufbewahrung der Lupinen im Freien
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Lupinose.
3
die oberflächliche Schicht der Haufen ohne Nachtheil verfüttert wurde,
während die Verfutterung der tieferen Schichten den Ausbruch der
Krankheit zur Folge hatte.
Einzelne Landwirthe äusserten die Ansicht, dass eine Lupinen-
inüdigkeit des Bodens zur Folge habe, dass sich ein schädlicher Stoff
in den Lupinen bilde, weil diese ihre normalen Nährstoffe nicht mehr
in hinreichender Menge fänden. Diese Annahme hatte schon von
vornherein nicht viel für sich, und sie wird vollständig durch die Er¬
fahrung widerlegt, dass an vielen Orten eine Reihe von Jahren all¬
jährlich auf demselben Acker Lupinen gebaut sind, ohne dass deren
Verfutterung schliesslich nachtheilig wurde, während an anderen Orten
Lupinen von Neubruch oder Gartenland sehr schädlich waren. Da¬
nach wurde sogar die üppige Entwickelung der Lupinen auf solchem
Acker, der sich in höchster Cultur befand, als die Ursache der Bil¬
dung des schädlichen Stoffes in der Pflanze bezeichnet. Auch diese
Annahme trifft nicht zu. Die Erfahrung lehrt mithin, dass der Cul-
turzustand des Bodens ohne erheblichen Einfluss auf die Entstehung
der schädlichen Substanz in den Lupinen ist.
Die Berichte über die in Folge der Lupinenfütterung bei Schafen
beobachtete Krankheit beschränkten sich auf die Aufzählung der auf¬
fallendsten Erscheinungen. Es wurden daher von verschiedenen thier¬
ärztlichen Sachverständigen Fütterungsversuche angestellt, um die
Krankheit hervorzurufen und sie genauer zu bestimmen. Das Ergeb¬
nis dieser Versuche war indess kein befriedigendes. Nicht selten
verweigerten die Versuchsschafe die Aufnahme der an ihrem Ursprungs¬
orte schädlich befundenen Lupinen, oder die Schafe verzehrten die
Lupinen ohne zu erkranken, oder es entstand bei denselben eine chro¬
nische Krankheit, die von der fraglichen acuten Krankheit, der sog.
Lupinose, verschieden war. Diese Erfahrung machten auch wir bei
einer Reihe von Fütterungsversuchen in den Jahren 1878 und 1879.
Trotzdem Lupinen von etwa 15 verschiedenen Orten, an welchen die
fragliche Krankheit bei den Schafen aufgetreten war, zu den Fütte¬
rungsversuchen verwendet und Schafe von verschiedenem Alter etc.
aufgestellt wurden, gelang es nicht, die acute Lupinose hervorzurufen.
Einige Male wurden hier Lupinen, die nach Angabe der Ueber-
sender schädlich waren, in grösseren Quantitäten ohne Nachtheil ver¬
futtert. Von einer Sendung solcher halbreifer Lupinen erhielten 4
Schafe in derZeit vom 12.—26. Dec. 1879 67 Pfund; sie verzehrten
diese Menge bis auf 11 Pfund Hülsen und Stroh und verweigerten
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4
ROLOFF,
vom 28. December ab die Aufnahme der Lupinen vollständig, ohne
jedoch Krankheitserscheinungen zu zeigen. Vier andere Schafe erhiel¬
ten im Laufe von 14 Tagen 44 Pfund Lupinen von einer anderen
Sendung, verzehrten dieselben bis auf 11 Pfund Stroh und 8 Pfund
Hülsen und hörten dann auf, Lupinen zu fressen, waren aber sonst
nicht krank. Wieder andere 4 Schafe erhielten von der letzteren Sen¬
dung Lupinen binnen 10 Tagen 66 Pfund; sie Hessen 15 Pfund grobe
Stengel und 11 Pfund Hülsen übrig, verzehrten jedoch von letzteren,
nachdem Kleie hinzugefügt war, noch 8 Pfund, ohne zu erkranken.
Bei diesen Versuchen erhielten die Schafe Abends Wiesenheu und
Kleientrank. Dieses Futter wurde immer noch vollständig verzehrt,
wenn sich bei den Thieren der Appetit auf Lupinen bereits ver¬
loren hatte.
Von einigen Sendungen Lupinen, die sich nach den Begleit¬
berichten sehr schädlich gezeigt hatten, wurden hier die Blätter in
ziemlich grossen Quantitäten ohne bedeutenden Nachtheil verfüttert.
Zwei alte Schafe verzehrten im Laufe einer Woche 13 Pfund trockener
Blätter nebst wenig Wiesenheu und Kleientrank, und zwei Jährlinge
in derselben Zeit 7 Pfund Blätter, ohne zu erkranken. Zuweilen ver¬
weigerten die Schafe auch die Aufnahme der Blätter plötzlich, nach¬
dem sie eine grössere Menge davon verzehrt hatten. Drei Schafe
frassen in der Zeit vom 7.—13. October 1879 25 Pfund trockener
Blätter mit Appetit, im Laufe der nächsten drei Tage noch etwa
3 Pfund, und traten dann plötzlich von der Krippe zurück. Die Thiere
waren traurig und etwas hinfällig, die sichtbaren Schleimhäute er¬
schienen höher geröthet und ganz schwach gelb gefärbt, die Körper¬
temperatur war nicht erhöht. Hatte sich der Appetit auf die Blätter
einmal verloren, so fand er sich auch sobald nicht wieder ein, selbst
wenn die Schafe wieder ganz munter erschienen und anderes Futter
mit grossem Appetit verzehrten. Zwei Schafen, die im Laufe einer
Woche 10 Pfund trockener Blätter verzehrt, dann dieses Futter plötz¬
lich versagt und während der folgenden Woche Heu und Kleientrank
erhalten und gern angenommen hatten, wurden dann wieder Lupinen¬
blätter vorgelegt. Die Schafe standen bei den Blättern zwei Tage,
ohne sie auch nur anzurühren.
In allen Fällen Hessen die Schafe die Hülsen in der Krippe zu¬
rück, welche den Blättern beigemischt waren. Auch von den vorge¬
legten reifen oder halbreifen ganzen Lupinenpflanzen Hessen die Schafe
fast regelmässig die Hülsen (Schalen und Körner) übrig, sodass davon
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Lupinose.
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schliesslich grosse Mengen vorhanden waren. Wurden den Schafen
ausschliesslich Hülsen vorgelegt, so suchten sie sämmtliche feine Stengel
und Blätter aus, verzehrten aber trotz ihres Hungers von den Hülsen
nur wenig. Danach war zu vermuthen, dass die schädliche Substanz
vorzugsweise in den Schalen oder in den Körnern enthalten ist. Für
diese Verrauthung sprach auch die von dem Kreisthierarzt Gips mit-
getheilte Beobachtung, das namentlich im Jahre 1879 in mehreren
Kreisen die Lupinen nur dann Krankheit erzeugten, wenn sie reif waren
oder doch zu reifen begonnen hatten, während Lupinen, die gleich
nach dem Abblühen gemäht, theils gut, theils schlecht geworben,
theils im Freien, theils unter Dach aufbewahrt waren, an vielen Orten
in grossen Mengen ohne Nachtheil verfüttert wurden. Diese Beob¬
achtung sowie unsere Versuche führen ausserdem zu dem Schluss,
dass die Blätter der Lupinen verhältnissmässig wenig von der schäd¬
lichen Substanz enthalten, und dass letztere nicht in den von Brefeld
gefundenen Pilzen gegeben ist, die vorzugsweise auf den Blättern vor¬
handen waren. Dass die Schafe das Vorhandensein der schädlichen
Substanz in den Lupinen wahrnehmen können, unterliegt keinem Zweifel.
Leider empfinden sie aber den Widerwillen gegen das schädliche Futter
nicht immer sofort, namentlich wenn sie an dies Futtermittel über¬
haupt gewöhnt sind und wenn sie grossen Hunger haben und in
grösseren Haufen gefüttert werden, sodass ihr Futterneid mit in’s
Spiel kommt.
Diejenigen Schafe, an welche bei unseren Versuchen das von den
Hülsen befreite Lupinenstroh verfüttert wurde, verloren allmählich,
seltener plötzlich den Appetit auf dieses Futter, magerten auffallend
ab und zeigten gewöhnlich Röthung der Conjunctiva, der Nasen- und
der Maulschleirahaut, öfter auch Nasenausfluss. War die Fütterung
nicht zu lange fortgesetzt und hatten die Schafe noch regen Appetit
auf anderes Futter, so erholten sie sich bei letzterem allmählich wie¬
der. Andernfalls blieben sie Kümmerlinge. Bei der Obduction dieser
Schafe fand sich regelmässig eine interstitielle Leberentzündung.
In Folge hohen Erlasses des Herrn Ministers für Landwirt¬
schaft etc. vom 12. März 1880 haben in den Provinzen Brandenburg,
Pommern und Schlesien durch ad hoc gebildete Commissionen um¬
fangreiche Erhebungen über das Vorkommen, die Ursachen und den
Verlauf der Lupinose bei Schafen stattgefunden. Dabei stellte sich
heraus, dass ßace, Geschlecht und Alter, sowie die Haltung der
Schafe, insbesondere die Art des Beifutters auf das Auftreten und
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ROLOFF,
den Verlauf der Krankheit keinen bedeutenden Einfluss haben. Bei
Lämmern und Mutterschafen, namentlich aber bei schlecht genährten
oder durch andere Krankheiten geschwächten Thieren, mithin bei
Thieren mit geringer Widerstandsfähigkeit, wirkten giftige Lupinen
gewöhnlich heftiger als bei älteren, kräftigen Schafen. Wurden neben
den Lupinen grössere Mengen von anderem Futter, Stroh, Raps¬
kuchen etc. gegeben, so trat die Krankheit weniger heftig auf, weil
dann Lupinen in geringerer Menge aufgenommen wurden, die Schafe
auch gewöhnlich besser genährt und widerstandsfähiger waren. Auch
bei Schafen, welche auf die Weide gingen und nebenbei schädliche
Lupinen erhielten, nahm die durch letztere erzeugte Krankheit einen
milderen Verlauf. Sowohl blaue und weisse als gelbe Lupinen er¬
zeugten Lupinose. Grün gefütterte Lupinen waren weniger nachtheilig
als getrocknete und längere Zeit aufbewahrte. Uebrigens erwiesen
sich Lupinen giftig, die in verschiedener Weise getrocknet und auf¬
bewahrt und auf verschiedenem Boden gewachsen waren. Am schäd¬
lichsten waren üppig gewachsene und völlig reif gewordene Lupinen,
namentlich wenn die Körner derselben verfüttert wurden.
Sehr verschieden sind hingegen die Angaben über die mit Schim¬
melpilzen besetzten Lupinen. Vielfach werden in den Berichten die
Schimmelpilze als das krankmachende Gift bezeichnet. In anderen
Fällen wurden verschimmelte Lupinen ohne Nachtheil verfüttert, wäh¬
rend gut getrocknete, von Schimmel freie Lupinen giftig wirkten. Die
Verfütterung der von den Lupinen entnommenen und künstlich ge¬
züchteten Schimmelpilze an Kaninchen ergab ein negatives Resultat.
Ein Berichterstatter spricht die Ansicht aus, dass zwar eine chemische
Substanz als die krankmachende Schädlichkeit der Lupinen anzusehen
sei, dass dieselbe jedoch erst nach dem Abmähen unter dem Einfluss
eines relativ hohen Feuchtigkeitsgehalts durch den Parasitismus von
Pilzen entstehe.
Danach haben die Erhebungen in der Hauptsache das bestätigt,
was bereits früher über das Vorkommen und die Ursachen der Lupi¬
nose mitgetheilt war, eine nähere Aufklärung über die Natur und
die Entstehung des Giftes jedoch nicht gebracht. Die an den er¬
krankten Thieren beobachteten Erscheinungen und die bei der Obduc-
tion ermittelten Veränderungen führten zu dem Schluss, dass das
Lupinengift auf verschiedene Organe, namentlich auf die Leber wirkt
und entweder eine acute Entzündung der Leber mit nachfolgender
Atrophie oder eine chronische Entzündung mit bindegewebiger Neu-
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Lupinose.
7
bildung in dem Organ hervorruft, eine Ansicht, die bereits früher
von anderer Seite geäussert war.
Das Auftreten der Lupinose im Jahre 1880 gab uns Veranlas¬
sung zu neuen Versuchen bei der hiesigen Thierarzneischule, um zu¬
nächst die Krankheit sicher festzustellen. Dies erschien um so noth-
wendiger, als wiederholt chemische Körper, die aus Lupinen gewonnen
waren, und die bei Thieren, namentlich bei Kaninchen, Krankheit
erzeugt hatten, für das fragliche Gift ausgegeben wurden, während es
zweifelhaft blieb, ob die erzeugte Krankheit mit der Lupinose iden¬
tisch war. Eine genaue Prüfung der Berichte ergiebt sogar, dass die
bei den Versuchen erzeugten Krankheitszustände zum Theil von der
Lupinose der Schafe wesentlich verschieden waren.
Im November 1880 brach die Lupinose unter der Schafherde
eines Gutes bei Berlin aus. Obgleich auf dem Gute während einer
langen Reihe von Jahren Lupinen gefuttert waren, hatte man doch
die Lupinose dort noch nicht beobachtet. Die schädlichen Lupinen
waren auf lehmigem Sandboden gewachsen, der zwei Jahre Lupinen,
dann Roggen und im Jahre 1880 wieder gelbe Lupinen, deren Saat
angekauft war, getragen hatte. Diese Lupinen waren sehr üppig ge¬
wachsen, im halbreifen Zustande gemäht, dann zwar beregnet, aber
wieder gut getrocknet und in grossen Haufen auf dem Hofe auf¬
bewahrt. Aussehen und Geruch der Lupinen waren tadellos.
Die Schafe befanden sich in einem mittelraässigen Nährzustande.
Der Stall war nicht heiss und gut ventilirt. Seit Anfang November
hatten die Schafe täglich eine Mahlzeit Lupinen erhalten, daneben die
Mastschafe und Lämmer Wiesenheu, Mais und Kartoffeln, die Mutter¬
schafe nur Wiesenheu. Die ersten Zeichen der Krankheit wurden am
10. November bemerkt; am 15. November staiben 5 Schafe. Seitdem
war bei sämmtlichen Schafen der Appetit auf Lupinen vollständig
verschwunden, während dieselben Getreidestroh noch annahmen. Trotz¬
dem die Schafe gut gepflegt und bei gutem Wetter auf grüner Saat
und auf Raps geweidet wurden, gingen doch von der 838 Stück zäh¬
lenden Herde bis zum 25. November 70 und einige Stück ein.
1. Ein Jährling aus der im Vorstehenden erwähnten Herde wurde am
25. November nach der hiesigen Thierarzneischule gebracht, um die Krankheit
genau zu beobachten. Das Thier war traurig, zeigte aber keine Eingenommen¬
heit des Kopfes und hatte noch etwas Appetit auf Heu. Die Bindehaut der Augen
und die Maulschleimhaut waren gelb gefärbt, der Koth war hart, das Athmen
ruhig, die Zahl der Pulse betrug 80—90 pro Minute, die Körpertemperatur
38,7° C. Bis Ende November wurde die Gelbfärbung der Conjunctiva und des
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ROLOFF,
Zahnfleisches stärker, während der Zustand des Schafes im Uebrigen unverändert
blieb. Am 1. December zeigte sich eine grössere Eingenommenheit des Kopfes;
das Schaf lag viel und war nur schwer zum Aufstehen zu bewegen; vor dem
Maule stand Schaum, die Schleimhaut im Maule zeigte schmierigen Belag; aus
der Käse floss eine schleimige Flüssigkeit ab; die Gefässe der Conjunctiva waren
stärker gefüllt, Schwellung und Gelbfärbung jedoch etwas geringer; der Hinter¬
leib war eingefallen, der Mageninhalt weich, der Koth etwas weicher; das Ath-
men war ruhig, die Zahl der Pulse betrug 92, die Körpertemperatur 38,7 0 C.
In den nächsten beiden Tagen nahm die Benommenheit zu; das Schaf lag fort¬
während mit aufgestütztem Kopfe, war sehr schwer zum Aufstehen zu bewegen
und liess, wenn es aufgerichtet wurde, beim Gehen den Kopf hängen. Es sah
die Gegenstände im Wege, ging aber ganz dicht heran, ehe es auswich. Ent¬
sprechend der Verminderung des Bewusstseins war auch die Empfindlichkeit
vermindert. Der Stand des Thieres war übrigens ziemlich fest, wie sich beim
Druck auf das Kreuz etc. zeigte. Der Appetit war völlig verschwunden, der
Hinterleib zusammengefallen. Die Conjunctiva war nur noch wenig gelb gefärbt,
deren Gefässe erschienen stark gefüllt; der Nasenausfluss hatte sich vermindert.
Das Athmen war ruhig, die Herzschläge erfolgten sehr schnell und unregelmässig,
die Körpertemperatur betrug 38,9 0 C. Das Schaf wurde darauf getödtet und bei
der Section mit den in Nachfolgendem beschriebenen charakteristischen Verände¬
rungen der Lupinose behaftet befunden.
2. Ein gesundes und gut genährtes Schaf erhielt vom 8. December 1880
ab Morgens und Mittags Lupinenheu und Abends Wiesenheu. Diese, sowie die
zu den folgenden Versuchen benutzten reifen Lupinen waren von dem Gutsbe¬
sitzer Herrn Otto Koppen zu Ringenwalde übersandt; dieselben hatten eine schein¬
bar tadellose Beschaffenheit, aber bei der Verfütterung in Ringenwalde sich ausser¬
ordentlich giftig gezeigt. Das Versuchsschaf verzehrte von den Lupinen am
8. December 1 Pfund, am 9. December 1V 2 Pfund mit gutem Appetit, am
10. December x / 2 Pfund und am 11 December 1 V 2 Pfund mit geringem Appetit.
Am 12. December war der Appetit auf Lupinen und auf Heu vollständig ver¬
schwunden; Durst war noch vorhanden. Im Uebrigen erschien das Schaf nicht
bedeutend krank; das Benehmen war selbst am 14. December noch ziemlich
munter, das Athmen ruhig, der Hinterleib nicht aufgetrieben, der Koth von nor¬
maler Consistenz; die Conjunctiva war geröthet, etwas geschwollen, aber kaum
bemerkbar gelblich gefärbt. Dagegen fand sich neben der fortbestehenden völli¬
gen Appetitlosigkeit eine Erhöhung der Körpertemperatur und Beschleunigung
des Pulses. Vor dem Versuche betrug die Temperatur 38,4—38,5 0 C., die
Zahl der Pulse 80 pro Minute. Schon am 9. December war die Temperatur auf
38,8° C. erhöht; sie blieb so bis zum 11. December, steigerte sich am 12. De¬
cember auf 39,9° C. und hielt sich auf dieser Höhe bis zum 15. December. Die
Zahl der Pulse betrug am 13. December 136 pro Minute, sank aber bis zum
15. December auf 110.
Am 15. December Morgens lag das Schaf, den Kopf zur Seite gewendet
und auf den Boden gestützt. Das Bewusstsein war auffallend vermindert; auf¬
gerichtet, liess das Schaf die Ohren hängen und stand ruhig, stier auf eine Stelle
blickend. Im Freien blieb das Thier oft bei unregelmässiger Stellung der Füsse
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Lupinose.
9
lange ruhig stehen, seihst wenn man es berührte. Die Aufmerksamkeit auf die
Umgebung war sehr gering; der Kopf war gesenkt, die Ohren hingen schlaff
herab. Ging das Schaf auf Anregung weiter, so war der Schritt kurz und niedrig,
wie beim Traber; selbst über niedrige Hindernisse stolperte das Thier. Vor
höheren Hindernissen wich das Schaf aus, aber erst, wenn es nabe herangekom¬
men war; es klemmte sich jedoch zwischen Gegenständen fest, versuchte eine
Treppe hinanzusteigen, stolperte jedoch auf den untersten Stufen und wusste in
beiden Fällen nicht, sich aus der unbequemen Stellung bezw. Lage zu befreien.
Zuweilen blieb dasSchaf vor einem hohen Hindernisse im Wege mit gegengestemm¬
tem Kopfe stehen. Beim Stehen schwankte der Körper leicht hin und her, wäh¬
rend die Beine ziemlich fest auf dem Boden standen. Hob man das Schaf und
liess es ans geringer Höhe auf den Boden fallen, so knickten die Beine nicht ein,
wenn es gerade darauf fiel, während es auf die Seite niederfiel, wenn die Beine
beim Fall nicht senkrecht standen. Das Thier hatte danach zwar die erforder¬
liche Kraft, sich aufrecht zu erhalten, war jedoch nicht im Stande, die Beine
schnell zur Unterstützung des Körpers in die richtige Stellung zu bringen. Das
Sehvermögen war vorhanden; die Pupille reagirte auf Licht wie bei gesunden
Thieren. Auch das Gehör war nicht merklich geschwächt; das Thier erschrak,
wenn in der Nähe ein lautes Geräusch verursacht wurde, ohne jedoch den Ver¬
such zu machen, sich zu entfernen. Das Athmen war ruhig, der Hinterleib nicht
aufgetrieben, der Koth gross geballt und von blutigem Schleim umzogen. Aus
der Nase floss etwas Schleim: die Maulscbleimhaut zeigte einen schmierigen Belag.
Die sichtbaren Schleimhäute, namentlich auch die Conjunctiva, zeigten nur eine
ganz geringe Gelbfärbung. Während der Untersuchung setzte das Schaf einige
Male kleine Quantitäten Ham ab; dieser war klar, gelblich und gab deutliche
Reaction auf Gallenfarbstoff.
Am 16. December war das Schaf etwas munterer und empfindlicher gegen
Berührungen. Die Bewegungen waren lebhafter. Der Blick war jedoch noch
stier. Die Conjunctiva war geröthet, nicht auffallend gelb. Der Koth war weich
und stinkend. Die Körpertemperatur war auf 40,1 °C. erhöht, die Zahl der Pulse
betrug 120.
Am 17. December war das Schaf vollständig bewusstlos und unfähig, sich
zu bewegen, so dass es wie todt dalag. Auch die Empfindlichkeit war verschwun¬
den. Das Athmen war beschleunigt, der Hinterleib mässig aufgetrieben. Die
Röthung der Conjunctiva war geringer, die Gelbfärbung nur schwach. Die Kör¬
pertemperatur betrug 40,2° C., die Zahl der Pulse 120. Nachmittags erfolgte
der Tod. Nahrung hatte das Thier seit dem 12. December nicht mehr zu sich
genommen. Bei der Section fanden sich an den Organen alle Erscheinungen der
Lupinose, insbesondere so starke Blutungen und ein so erheblicher Milztumor,
dass die oberflächliche Untersuchung hätte zu der Annahme führen können, dass
Milzbrand vorliege.
3) Ein 4 Jahre altes, halbfettes, gesundes Schaf verzehrte vier Tage hinter
einander täglich 1 Pfund Lupinenheu und daneben Abends etwas Wiesenheu.
Schon am zweiten Tage war die Temperatur auf 40,3 0 C. gesteigert; die Zahl
der Pulse betrug 84 pro Minute. Am fünften Tage war der Appetit auf Lupinen
und auf Heu vollständig verschwunden; die Conjunctiva war intensiv gelb ge-
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ROLOFF,
färbt und geschwollen und auch die Maulsclileimhaut, namentlich die Backen¬
papillen. erschienen auffallend gelb. Die Körpertemperatur betrug 39,5 0 C.,
die Zahl der Pulse 80. Dabei war das Bewusstsein des Schafes ungetrübt. die
Empfindlichkeit nicht vermindert, die Bewegung ziemlich lebhaft, das Athmen
nicht beschleunigt, der Hinterleib nicht aufgetrieben, der Koth normal.
Das Schaf wurde darauf getödtet; bei der Section fanden sich die Erschei¬
nungen der Lupinose, namentlich eine intensive Gelbfärbung der inneren Theile.
4. Ein kräftiger, gut genährter Jährling erhielt vom 13. Januar 1881 ab
Lupinenstroh, von weichem die Hülsen und die Blätter vollständig entfernt
waren. Daneben bekam das Schaf Roggenstrohhäcksel mit Kleie, Maisschrot und
gestampften KartolTeln vermengt. Das Schaf verzehrte vom 13. —15. Januar
1 Pfund Lupinenstroh und in den nächsten zwei Tagen nur noch 50 Grm. Dar¬
auf wurde das Futter trotz reichlicher Beimischung von Kleie und Schrot ver¬
schmäht, und auch der Appetit auf reines Wiesenheu war nur noch gering. Am
19. Januar war der Appetit fast vollständig verschwunden, das Aussehen des
Thieres trübe, die Conjunctiva gelblich. Am 20. Januar war die Gelbfärbung
stärker, der Appetit verschwunden, der Hinterleib eingefallen, der Koth hart und
mit Schleim, welcher mit Blut vermischt erschien, umhüllt. Das Athmen war
ruhig; das Thier war traurig, aber anscheinend bei vollem Bewusstsein. Der
Harn erschien braun und enthielt viel Gallenfarbstoff und Eiweiss.
Am 21. Januar hatte sich etwas Appetit eingefunden, das Benehmen des
Thieres war munterer, der Icterus hingegen stärker. Koth war nicht entleert.
Vom 22. Januar ab stellte sich Besserung ein; schon am 24. Januar war der
Appetit ziemlich rege, der Icterus fast verschwunden, der Koth hart und nicht
mehr mit Schleim umhüllt. Es erfolgte bald anscheinend vollständige Genesung.
5. Ein 4 jähriges, sehr gut genährtes, gesundes Schaf erhielt am 24. De-
cember 1880 280 Grm. Hülsen von den reifen Lupinen aus Ringenwalde und
verzehrte dieselben vollständig. Abends erhielt das Schaf Wiesenheu. Am 25.
December wurden dem Schafe wieder Hülsen vorgelegt, aber nicht mehr ange¬
nommen, und auch der Appetit auf Heu war bereits verschwunden. Die Körper¬
temperatur, welche am 24. December 38.5° betrug, war am 25. December auf
39 5°, die Zahl der Pulse von 80 auf 90 gesteigert. Das Aussehen des Schafes
war nicht merklich verändert. Am 26. December war das Schaf traurig; es
stand mit aufgekrümmtem Rücken, bewegte sich aber noch kräftig, wenn es be¬
rührt wurde. Das Athmen war ruhig, der Leib nicht aufgetrieben. Im Mastdarra
fand sich blutiger Schleim. Die Conjunctiva war geröthet. etwas geschwollen
und ganz schwach icterisch' Am 27. December war der Icterus der Conjunctiva
deutlicher und auch an der Maulschleimhaut wahrnehmbar. Das Schaf harnte
häufig ohne Beschwerde. Bis zum 30. December bildete sich hochgradiger Icterus
aus. Das Bewusstsein und die Empfindlichkeit waren nicht vermindert, das Ath¬
men ruhig, der Leib nicht aufgetrieben. Der Koth war weich und mit blutigem
Schleim vermischt. Der Appetit hatte sich nicht wieder eingefunden. Bei der
Section des am 30. December getödteten Schafes fand sich namentlich ein sehr
schwerer Lebericterus und eine starke parenchymatöse Nephritis, aber nur massi¬
ger Milziumor.
6. Ein gesundes, gut genährtes Schaf erhielt am 3. März 1881 1 Pfund
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Lupinose.
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Lupinenschalen (Hülsen ohne Körner) vorgelegt und verzehrte dieselben. An¬
fangs mit grossem, dann aber mit immer geringerem Appetit bis zum 5. März
bis auf einen Rest von 25 Grm. Am 5. und 6. März zeigte das Thier noch etwas
Appetit auf VViesenheu, aber oin trauriges Benehmen, starken Icterus und Ver¬
stopfung. Am 7. März war der Appetit auch auf Heu vollständig verschwunden.
Am 8. März wurden dem Schafe 8 Grm. Aloe und 30 Grm. Glaubersalz in zwei
Portionen eingegeben. Am 10. März hatte sich wieder etwas Appetit eingefun¬
den, und auch der Icterus war geringer; am 11. März war letzterer fast ver¬
schwunden. Der Appetit wurde allmählich besser, der Nährzustand aber trotz¬
dem schlechter. Bis Anfang April war das Schaf sehr mager und schwach ge¬
worden, hatte zu dieser Zeit auch wieder mangelhaften Appetit. Später trat bei
guter Pflege wieder Besserung ein, aber so langsam, dass das Thier Mitte Mai
noch mager erschien.
7. Ein gesundes Schaf erhielt vom 7. Juli 1881 ab täglich 100 Grm.
Lupinenschalen. Es verzehrte diese Quantität am ersten Tage mit Appetit,
am zweiten Tage zögernd und nahm am dritten Tage nur noch etwa 20 Grm.
auf. Daneben erhielt das Schaf Wiesenheu und Kleientrank, am 9. Juli Grün¬
futter. Am 10. Juli bestand Traurigkeit, Appetitmangel, Nasenbluten und be¬
ginnender Icterus. Diese Erscheinungen, insbesondere der schleimig-blutige
Nasenausfluss, nahmen schnell zu, und am 12. Juli Morgens trat der Tod ein.
Bei der Section fand sich sehr starke Gelbfärbung der Organe, namentlich der
Leber, zahlreiche Blutungen und starker hämorrhagischer Magen-Darrakatarrh.
8. Ein 4jähriges, gesundes, sehr gut genährtes Schaf erhielt am 24. De-
cember 1880 580 Grm. Lupinen körn er und verzehrte diese im Laufe des
Tages fast ganz. Abends bekam das Schaf Wiesenheu. Am folgenden Tage nahm
das Schaf nur noch wenige Körner an. so dass es im Ganzen höchstens 600 Grm.
verzehrt hatte. Auch der Appetit auf Heu war nur noch sehr gering. Die Kör¬
pertemperatur war von 38.5° auf 39 2°. die Zahl der Pulse von 80 auf 90 ge¬
steigert. Am 26. December war der Appetit völlig verschwunden; das Schaf war
traurig, stand mit aufgekrümmtem Rücken und knirschte öfter mit den Zähnen.
Das Athmen war ruhig, die Empfindlichkeit nicht vermindert; die Bewegungen
waren ziemlich kräftig. Die Conjunctiva und die Maulschleimhaut waren geröthet
und kaum merklich gelblich gefärbt. Am 27. December war die Gelbfärbung
der Schleimhäute auch noch ganz s-thwach, die Temperatur auf 39.8°, die Zahl
der Pulse auf 100 erhöht. Das Schaf harnte öfter; im Harn war Gallenfarbstoff
nachweisbar. Am 28. December zeigte sich deutlicher Icterus der Conjunctiva
und der Maulschleimhaut; die Zahl der Pulse betrug 110 pro Minute; das Be¬
wusstsein war nicht merklich vermindert, das Athmen ruhig. In den folgenden
Tagen bildete sich ein sehr hochgradiger Icterus aus. Die Fäces waren am 29. De¬
cember etwas blutig; dieselben wurden allmählich immer mehr übelriechend und
schliesslich verzögert abgesetzt. Im Mastdarm fand sich gelber blutiger Schleim.
Harn wurde häufig abgesetzt; derselbe war gelb, viel Gallenfarbstoff und sehr
viel Eiweiss enthaltend. Vom 1. Januar ab war das Bewusstsein stark vermin¬
dert , so dass das Schaf den Kopf in die Ecke oder zwischen die Sprossen der
Barriere stützte. Die Pupille war für Lichtreiz empfänglich. Die Körpertempe¬
ratur betrug am 29., 30. und 31. December 39,3° C., am 1. und 2. Januar
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ROLOFF,
1881 38,5°, am 3. Januar 37.3° C. Die Zahl der Pulse betrug während der
Tage 92 pro Minute. Der Appetit fand sich nicht wieder ein. Am 3. Januar
wurde das Schaf getödtet. Die Section bestätigte die Diagnose auf Lupinose.
9. Ein anderes Schaf verzehrte am 7. und 8. Juli 1881 je lOOGrm. und
am 9. Juli ca. 70 Grm. Lupinenkörner neben Wiesenheu und Kleientrank.
Am 11. Juli zeigte sich verminderter Appetit, Traurigkeit und beginnender
Icterus. Die Körpertemperatur war am 10. Juli bis auf 40.0° C. erhöht. Der
Zustand verschlimmerte sich allmählich, und am 17. Juli starb das Schaf, nachdem
der Icterus wieder abgenommen hatte. Bei der Section fanden sich alle wesent¬
lichen Erscheinungen der Lupinose. Die Leber war bereits auffallend verkleinert.
10. Von den giftig befundenen Lupinenkörnern wurde 1 Kilo mit lauwar¬
mem Wasser, welches öfter erneuert wurde, gewaschen, bis das Wasser klar blieb.
Von diesen Körnern verzehrte ein kräftiger 1 % jähriger Hammel vom 15. bis
17. Januar 1881 750 Grm. Daneben erhielt das Thier etwas Wiesenheu. Am
17. Januar war der Appetit auf Lupinen vollständig verschwunden, während von
dem Heu noch ein Theil verzehrt wurde. Das Benehmen des Thieres war noch
ziemlich munter. Am 19. Januar erschien die Conjunctiva leicht gelblich ge¬
färbt. Der Koth war mit einer dicken Schicht von gelblichem Schleim umhüllt.
Am 21. Januar war der Appetit auch auf Heu nur noch gering; das Schaf war
traurig und stand mit aufgekrümmtem Rücken. Die Gelbfärbung der Conjunctiva
war stärker; im Harn war Gallen farbstoff und etwas Ei woiss nachweisbar. Vom
22. Januar ab trat eine Besserung und dann im Laufe von 8 Tagen Gene¬
sung ein.
11. 750 Grm. Stroh von den giftigen Lupinen aus Ringenwalde, von
welchem Hülsen und Blätter vollständig entfernt waren, wurden zu Häcksel ge¬
schnitten und mit lauwarmem Wasser übergossen. Das Wasser wuide nach 8
Stunden abgegossen, das Stroh gut ausgedrückt und von Neuem mit warmem
Wasser übergossen. Dieses blieb 40 Stunden auf dem Stroh stehen; dann würde
letzteres ausgedrückt und an der Luft getrocknet. Ein Schaf verschmähte das
Stroh absolut; ein anderes Schaf verzehrte dasselbe, nachdem es mit Maisschrot
und Kleie vermischt war, im Laufe von 5 Tagen. Während der Fütterung wurde
der Koth des Schafes weich und übelriechend. Andere Krankheitserscheinungen
traten nicht ein.
12. Das Wasser, welches zum Abwaschen der Lupinenkörner gedient
hatte, wurde mit etwas Kleie vermischt einem gesunden kräftigen Jährling neben
Wiesenheu als Getränk gegeben und am 15.—20. Januar 1881 vollständig auf¬
genommen. Das Schaf blieb dabei munter; nur der Appetit war am 20. und am
21. Januar etwas vermindert, und am 20. Januar war auch etwas Gallenfarb¬
stoff im Harn nachweisbar. Gelbfärbung der Conjunctiva trat nicht ein. Vom
21. Januar ab erhielt das Schaf als Getränk das Wasser, mit welchem das Lu¬
pinenstroh ausgelaugt war. Das Wasser wurde von dem Schafe bis zum 26. Ja¬
nuar verbraucht. Krankheitserscheinungen zeigten sich danach nicht.
13. 1 Kilo zerkleinerter Lupinenschalen wurden mit 4 Liter warmen Was¬
sers übergossen und blieben damit bei 40 0 C. 40 Stunden stehen. Dann wurde
filtrirt, der Rückstand stark ausgedrückt und die dunkelbraun aussehende Flüs¬
sigkeit, die schwach sauer reagirte, am 19. Mai 1881 einem kräftigen, gut ge-
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Lupinose.
13
nährten Schafe mittelst der Schlundsonde eingegeben. Am 21. Mai und an den
nächstfolgenden Tagen war das Schaf etwas traurig, batte auch wenig Appetit,
zeigte aber keine Gelbfärbung der Schleimhäute. Die Körpertemperatur, welche
vor dem Versuche 38,5° C. betrug, war am 20. Mai auf 39,5°, am 21. Mai auf
39,9°, am 22. Mai auf 40,0° erhöht, fiel am 23. Mai wieder auf 39.2° und am
24. Mai auf 38,8° C. Darauf erfolgte binnen einigen Tagen anscheinend voll¬
ständige Genesung.
14. Die bei vorstehendem Versuch benutzten Schalen wurden an der Luft
getrocknet und darauf ca. 40 Stunden lang mit 4 Liter einer 1 proc. Lösung von
kohlensaurem Natron ausgelaugt, um zu prüfen, ob nach der Auslaugung mit
reinem Wasser bei 40 0 C. noch wirksames Gift darin zurückgeblieben war. Die
abfiltrirte Flüssigkeit wurde am 27. Mai einem gesunden Schafe, Vor- und Nach¬
mittags je die Hälfte, mittelst der Schlundsonde infundirt. Dann wurden die
Schalen noch ausgepresst, und die dabei gewonnene Flüssigkeit — 1 Liter —
wurde demselben Schafe am 28. Mai eingegeben. Bereits am 28. Mai war die
Körpertemperatur auf 40,1 0 C. gesteigert; am 29. Mai betrug dieselbe 39.5°,
am 30. Mai wieder 40,3°, am 31. Mai 39,1 0 C. Das Benehmen des Schafes
war am 30. Mai noch ziemlich munter, der Appetit vermindert, aber nicht ver¬
schwunden. Der Koth war trocken; Icterus war nicht vorhanden. Am 31. Mai
zeigte sich starke Gelbfärbung im Auge und im Maule, grosse Traurigkeit und
völliger Appetitverlust. Abends lag das Schaf theilnahmlos auf der Streu. Am
1. Juni früh bestand sehr starker Icterus und fast vollständige Bewusstlosigkeit,
sodass das Schaf tappend ging und wie blind Gegenstände anstiess. Mittags
starb das Schaf. Bei der Section fanden sich alle Erscheinungen einer hochgra¬
digen Lupinose.
15. 500 Grm. fein zerschnittener Lupinenschalen von der Sendung, von
welcher 250 Grm. bei einem Schafe heftige Lupinose erzeugt hatten, wurden mit
1000 Grm. Glycerin übergossen und blieben darunter 3 Tage lang stehen.
Darauf wurde das Glycerin durch Auspressen der Schalen von diesen getrennt
und mit Alkohol versetzt. Die ausgefdllte Masse wurde, nachdem der Alkohol
abfiltrirt war, mit Wasser angerührt und die so erhaltene braune Flüssigkeit
einem Schafe mittelst der Schlundsonde eingegeben. Das Schaf blieb danach
vollständig gesund.
16., 17. Zwei andere Schafe erhielten jedes das Glycerinextract von
1000 Grm. Schalen, ohne danach zu erkranken.
Die mit Glycerin behandelten, stark ausgepressten und darauf behufs Ent¬
fernung des anhängenden Glycerins mit Wasser gut ausgewaschenen Schalen
wurden mit Kleie und etwas Mohrrüben vermischt einem Schafe vorgelegt. Das
Schaf frass davon am ersten Tage eine kleine Quantität mit ziemlichem Appetit,
am zweiten Tage weniger, am dritten noch weniger und dann gar nichts mehr.
Dasselbe erkrankte nicht auffallend.
Ein anderes Schaf frass von den mit Glycerin extrahirten, ausgepressten
und ausgewaschenen und darauf an der Luft getrockneten Schalen in zwei Tagen
850 Grm. Das Schaf wurde nicht krank.
18. Ein Kilo zerkleinerter Schalen standen 60 Stunden unter 4 Liter Al¬
kohol von 96 Grad. Darauf wurde der Alkohol abfiltrirt, der Rückstand aus-
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ROLOFF.
gedrückt und nochmals mit 1 Liter Alkohol übergossen. Nach 8 Stunden wurde
wieder filtrirt, und darauf wurden die Schalen stark ausgepresst und an der Luft
gut getrocknet. Die Schalen wogen dann noch 900 Grm. Dieselben wurden mit
Kleie und geschnittenem Gras vermischt einem gesunden Schafe vorgelegt; letz¬
teres verzehrte von den Schalen mit abnehmendem Appetit vom 1. bis 4. Juni
1881 750 Grm. und verweigerte dann den Rest absolut, während reines Griin-
futter noch angenommen wurde. Das Benehmen des Schafes war am 4. Juni
weniger munter, der Icterus beginnend; die Körpertemperatur war von 38,4 0 auf
40.6° erhöht. Am 7. Juni war der Appetit vollständig verschwunden, der Icterus
ziemlich stark. Am 8. Juni zeigte sich ausserdem grosse Benommenheit, die sich
bald bis zur Bewusstlosigkeit steigerte. Am 9. Juni starb das Schaf. Bei der
Section zeigten sich alle Erscheinungen der Lupinose, namentlich viele Blu¬
tungen.
19. Der nach Abdampfen des Alkohols im Vacuum erhaltene Rückstand
wurde mit Wasser aufgenommen und einem Schafe eingegeben. Dieses zeigte
danach keine Spur von Krankheit.
20. Einem Schafe wurde das Aetherextract von 1 Kilogr. der gifti¬
gen Schalen eingegeben. 4 Liter Aether hatten 50 Stunden auf den Schalen
gestanden, waren dann abgegossen und aus den Schalen ausgepresst. Der beim
Verdampfen des Aethers erhaltene Rückstand wurde mit Wasser eingegeben. Das
Schaf blieb danach gesund.
21. Die mit Aether extrahirten und darauf getrockneten Schalen, die noch
gegen 800 Grm. wogen, wurden am 29. Juni einem kräftigen Schafe, welches
24 Stunden gehungert hatte, vorgelegt. Das Schaf verzehrte die Schalen binnen
24 Stunden bis auf einen Rest von ca. 50 Grm. Am 1. Juli zeigte sich bei dem
Schaf Traurigkeit, verminderter Appetit und Diarrhoe; die Temperatur war von
38,7° auf 40,7° C. gesteigert. Am 2. Juli war das Schaf sehr traurig und
völlig appetitlos; die Conjunctiva war deutlich icterisch, das Rectum enthielt
gelblichen Schleim. In der folgenden Nacht trat der Tod ein. Bei der Section
fanden sich die Erscheinungen der höchst acuten Lupinose, starke Gelbfärbung
und namentlich bedeutende Blutungen zwischen den Muskeln, unter der Pleura,
dem Peritoneum und auch in den Nieren.
22. 1 Kilo zerkleinerter Lupinenschalen wurde mit angesäuertem Was-
ser ( 3 / 4 proc. Schwefelsäure) übergossen und nach 24 Stunden ausgepresst. Die
braune Flüssigkeit (4 Liter) wurde in 2 Portionen am 30. April und am 1. Mai
einem gesunden Schafe eingegeben, nachdem die Säure durch Kalk abgestumpft
war. Das Schaf zeigte am 3. Mai Verminderung des Appetits, die sich bis zum
6. Mai bis zur Appetitlosigkeit steigerte, und verminderte Munterkeit. Die Kör¬
pertemperatur betrug am 3. Mai 40° C., sank aber am folgenden Tage auf 39°
und blieb dauernd auf dieser Höhe. Icterus fehlte. Mitte Mai war das Schaf
wieder munter und bei gutem Appetit; es erholte sich bis Ende Mai vollständig.
23. Die mit dem angesäuerten Wasser behandelten, darauf durch Auswa¬
schen von der Säure befreiten und an der Luft getrockneten Schalen wurden mit
etwas Kleie vermischt am 4. und 5. Mai an ein gesundes Schaf verfüttert. Am
6. Mai zeigte das Schaf Verminderung des Appetits und am 8. Mai vollständige
Appetitlosigkeit, Traurigkeit, Hartleibigkeit und starke Gelbfärbung derConjunc-
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Lupinose.
15
tiva. Die Excremente waren mit gelbem Schleim vermischt. Am 12. Mai früh
starb das Schaf; bei der Section wurden alle Erscheinungen der Lupinose ge¬
funden.
24. Reichlich 1 Kilo zerkleinerter Lupinenschalen standen 24 Stunden
unter alkalisch gemachtem Wasser (lproc. wasserfr. kohlensaures Natron)
und wurden dann ausgepresst. Die ca. 4 Liter betragende braune Flüssigkeit
wurde am 2. Mai 1881 einem gesunden, gut genährten Schafe in 2 Portionen
eingegeben. Am 4. Mai war der Appetit auffallend vermindert, die Körpertem¬
peratur war auf 40,4° gesteigert. Am 5. Mai betrug die Temperatur 39,1, am
6. Mai 38,8°. Das Schaf war sehr schwach, zeigte aber keine Eingenommenheit
des Kopfes und keinen Icterus. Am 7. Mai früh wurde das Schaf todt im Stalle
gefunden. Bei der Section fanden sich die Haut, die Subcutis, die Leber, die
Nieren etc. sehr stark icterisch, bedeutende Blutungen in der Subcutis etc., kurz,
alle Erscheinungen der Lupinose.
25. Die mit alkalisch gemachtem Wasser behandelten Schalen wurden mit
Kleie vermischt am 4. und 5. Mai an ein Schaf verfüttert und von diesem voll¬
ständig verzehrt. Am 6. Mai zeigte das Schaf Appetitsverminderung, am 7. Mai
Appetitlosigkeit, Traurigkeit, Hartleibigkeit und starke Gelbfärbung der Conjunc-
tiva. Die Körpertemperatur war am 6. Mai von 39,3 auf 40°, am 7. Mai auf
40,3 0 gesteigert, am 8. Mai aber bereits wieder um 1 0 gesunken. Am 12. Mai
steUte sich wieder Appetit ein; der Icterus war bis zum 13. Mai verschwunden.
Bei guter Pflege erholte sich das Schaf zuerst etwas, starb aber am 17. Juli an
Entkräftung. Bei der Section fanden sich einzelne Partien der Leber stark atro-
phirt, eingezogen und icterisch, Leberzellen nicht mehr enthaltend, andere Partien
derb, die Gallenblase klein, die Galle dünn, hell, die Fäces hell gefärbt.
26. Am 18. Mai wurden einem sehr kräftigen Hammel 4 Liter von einer
1 proc. Natronlösung, die 36 Stunden auf 1 Kilo zerkleinerter Lupinenschalen
gestanden hatte, in 2 Portionen eingegeben; ausserdem noch 1 Liter Wasser,
welches zum Auswaschen der Schalen, nachdem die erste Flüssigkeit abültrirt
war, gedient hatte. Dieses Wasser sah schwarzbraun aus. Am 19. Mai frass der
Hammel sein Wiesenheu noch mit gutem Appetit; am 20. Mai liess der Appetit
nach, während das Thier sonst noch munter erschien. Die Temperatur des Kör¬
pers war auf 40,6° erhöht. Am 21. Mai fand sich bedeutende Verminderung
des Appetits, Traurigkeit, etwas schleimiger Nasenausfluss, Hartleibigkeit und
Gelbfärbung der Conjunctiva. Die Körpertemperatur war auf 39.2° gesunken.
Am 22. Mai hatten die Erscheinungen zugenommen, während die Temperatur
auf 38.5 0 gesunken war. Im Rectum fand sich blutiger Schleim. Abends starb
das Schaf. Bei der Section fanden sich die Erscheinungen der Lupinose, insbe¬
sondere hochgradige Erkrankung der Leber und viele Blutungen.
27. Die extrahirten Schalen wurden stark ausgepresst, an der Luft ge¬
trocknet und mit Kleie vermischt an ein Schaf verfüttert. Letzteres verzehrte die
ganze Quantität binnen 24 Stunden vollständig, blieb danach jedoch vollkommen
gesund.
28. Ein Pfund Samenschalen (die das Korn umgebende Haut) von den
giftigen Lupinenkörnern, denen kaum noch Spuren von dem Kern der Körner bei¬
gemischt waren, wurden mit 1 Liter alkalisch gemachten Wassers übergossen
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ROLOFF,
und blieben darunter 24 Stunden stehen. Darauf wurde die Flüssigkeit durch
starkes Ausdrücken der Schalen von diesen getrennt und einem Schafe einge¬
geben. Letzteres zeigte danach keine Spur von Krankheit.
29. Ein Schaf erhielt am 5. November 1881 388 Grm. geschälte Lu¬
pinenkörner mit Kleie vermischt und verzehrte von ersteren im Laufe des
Tages 360 Grm. Am 7. November war das Schaf traurig und ohne Appetit auf
anderes Futter. Am 9. November hatte sich ausserdem deutliche Gelbfärbung
der Conjunctiva und der Maulschleimhaut eingefunden. Am 10. November fand
sich wieder etwas Appetit ein; am 14. November war der Appetit ziemlich gut
und die Gelbfärbung der Schleimhaut verschwunden. Am 16. November wurde
das Schaf, dessen Nährzustand sich auffallend verschlechtert hatte, getödtet. Bei
der Section fand sich interstitielle Leberentzündung mit Verkleinerung des Organs.
Die Milz war etwas vergrössert.
30. Einem 4 Monate alten gesunden Ziegenbock wurde am 15. und am
16. Juni 1881 im Ganzen 1 Liter einer lproc. Lösung von kohlensaurem Natron
eingegeben, welche 24 Stunden auf 500 Grm. Lupinenschalen gestanden hatte.
Am 15. Juni zeigte das Thier Verminderung des Appetits, trauriges Benehmen,
gesträubtes Haar, schwache Gelbfärbung der Conjunctiva. Die Krankheit nahm
in den nächsten Tagen zu und führte am 23. Juni früh zum Tode. Bei der
Section fanden sich alle Erscheinungen der Lupinose.
31. Ein altes gesundes Pferd verzehrte am 17. und 18. Januar 1881 im
Ganzen 4 Kilo Lupinen mit den Hülsen. In den nächsten 24 Stunden Hess das
Pferd von den vorgelegten 4 Kilo Lupinen 1250 Grm. Hülsen zurück und ver¬
schmähte letztere durchaus, trotzdem es noch hungrig war. Als dem Pferde dar¬
auf Lupinenstroh ohne Hülsen vorgelegt wurde, verzehrte es davon am 21., 22.
und 23. Januar zusammen gegen 5 Kilo. Darauf verweigerte das Thier die
Aufnahme der Lupinen gänzlich und hatte auch auf Hafer und Wiesenheu nur
noch wenig Appetit. Am 25. Januar war der Appetit vollständig verschwunden;
das Thier war traurig, hatte kalte Ohren und kalte Beine, struppiges Haar, der
Koth war hart, mit Schleim umhüllt; die Conjunctiva und die Maulschleimhaut
waren auffallend gelb gefärbt. Der Ham war chocoladenfärben, sauer und ent¬
hielt Gallenfarbstoff und Eiweiss; im Bodensatz fanden sich einzelne, exquisit
grüngelb gefärbte Nierenepithelien. Die Körpertemperatur war am 24. Januar
auf 38,3° gesteigert, am 25. Januar wieder auf 37,4° gesunken; die Zahl der
Pulse betrug am 24. Januar 80, am 25. Januar 72 in der Minute. Am 27. Ja¬
nuar lag das Pferd völlig bewusstlos auf der Streu und wurde daher getödtet.
Bei der Section fanden sich alle charakteristischen Erscheinungen der Lupinose.
32. Am 30. Juni und 1. Juli wurde einem kleinen gesunden Hunde das
alkalische Extract von 500 Grm. Lupinenschalen in drei Portionen eingegeben.
2 Liter einer 1 proc. Lösung von kohlensaurem Natron hatten 24 Stunden auf
den Schalen gestanden und waren darauf bei 50° C. auf 250 Ccm. eingedampft.
Dazu kamen dann noch 50 Ccm. Wasser, die zum Ausspülen des Gefässes ge¬
dient hatten. Der Hund brach einen Theil der Flüssigkeit wieder aus, behielt
aber etwa drei Viertheile davon bei sich. Bei einigen früheren Versuchen hatten
die betreffenden Hunde Alles oder doch den grössten Theil wieder von sich
gegeben.
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Lupinose.
17
Am 2. Juli hatte der Hund Diarrhoe, war aber sonst anscheinend munter.
Die Körpertemperatur betrug 39,5° C. Am 3/Juli war der Appetit verschwunden
und Icterus im Entstehen. Letzterer wurde in den nächstfolgenden Tagen sehr
stark; der Hund war sehr traurig und matt, die Fäces waren mit Blut vermischt,
jedoch nicht mehr übermässig weich; der Harn erhielt viel Gallenfarbstoff, auch
Eiweiss und Fibrincylinder. Die Körpertemperatur sank am 4. Juli auf 38,1 °,
am 5. Juli auf 30,0° C. Am 7. Juli starb der Hund. Bei der Section fanden
sich die Erscheinungen der Lupinose, namentlich sehr starker Icterus der Leber,
der Aorta, der Glottis etc., Herzverfettung, parenchymatöse Nephritis, seht starker
hämorrhagischer Magen-Darmkatarrh, Schwellung der Milz, starke Blutungen im
Pancreas etc.
33. Ein mittelgrosser Hund erhielt vom 6. September 1881 ab Lupinen¬
schrot mit Fleisch und verzehrte von ersterem bis zum 13. September 375 Grm.
und dann bis zum 19. September noch 150 Grm. Darauf verweigerte der Hund
die Aufnahme des Schrotes und frass auch nur noch wenig reines, rohes oder
gekochtes Fleisch. Am 22. September war der Appetit völlig verschwunden. Der
Hund magerte auffallend ab, war stark benommen, ging fast bewusstlos im Zim¬
mer herum und stemmte oft, wenn er stand, den Kopf gegen die Wand. Ausser¬
dem hatte sich sehr starker Icterus ausgebildet.
Am 23. September wurde der Hund getödtet. Bei der Section fand sich
starke Gelbfärbung der Subcutis, der Leber, der Nieren, der inneren Haut der
Aorta etc. Die Magen-Darmschleimhaut war blass, nicht geschwollen.
34. Zwei ausgewachsene Kaninchen erhielten vom 20. Juli 1881 ab
Lupinenschrot mit Kleie. Sie verzehrten von ersterem im Laufe von drei Tagen
80 Grm. und verschmähten dann dieses Futter vollständig, und zwar auch noch,
als solches nach mehreren Tagen wieder angeboten wurde, während sie Hafer
und Gras mit Appetit verzehrten. Icterus oder andere Krankheitserscheinungen
zeigten sich bei den Thieren nicht.
35. Ein Pfund gemahlener Lupinenkörner wurde mit 2 Pfund Glycerin
übergossen und blieb darunter unter öfterem Umrühren 3 Tage stehen. Darauf
wurde die Masse gut ausgepresst, mit Wasser übergossen und nochmals gepresst.
Das Extract wurde mit Alkohol ausgefällt. Er&teres wurde mitWasser zusammen¬
geschüttelt, und von dieser grauen Flüssigkeit wurde zwei Kaninchen jedem der
Yierte Theil, mithin das Extract von 125 Grm. Körnern, mittelst der Schlund¬
sonde eingegeben. Beide Kaninchen waren danach einen Tag lang etwas traurig,
erkrankten aber nicht.
36. Zwei Kaninchen erhielten die mit Glycerin behandelten und ausge¬
pressten gemahlenen Lupinenkörner mit Kleie und frassen davon im Laufe von
drei Tagen ca. die Hälfte, mithin \ Pfund. Sie verweigerten dann die Aufnahme
dieses Futters, erkrankten jedoch nicht.
37. Einem kräftigen Kaninchen wurde am 27. Mai % Liter einer 1 proc.
Lösung von kohlensaurem Natron, die 40 Stunden auf 200 Grm. zerkleinerter
Lnpinenschalen gestanden hatte, mittelst der Schlundsond'e auf zwei Portionen
eingegeben. Die Körpertemperatur war am 28. Mai auf 40,3° gesteigert, am
29. Mai wieder auf 39,3° gesunken. Bis zum 3. Juni hatte das Thier wenig
Appetit, erholte sich dann aber schnell wieder.
Archiv f. wissensch. u. pr&kt. Thierheilk. IX. 1 u. 2. 2
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kOLOFF,
38. Einem Kaninchen wurden 300 Grm. einer Lösung von kohlensaurem
Natron, die auf 200 Grm. Schalen gestanden hatte, eingegeben. Das Kaninchen
erschien sofort nach dem Eingeben krank und starb in der folgenden Nacht. Bei
der Section fand sich eine starke ödematöse Schwellung der Darmwandung,
namentlich des Dickdarms, aber keine Erscheinung der Lupinose.
39. Zwei Liter einer Lösung von kohlensaurem Natron, welche auf 1 Pfund
Lupinenschalen gestanden hatte, wurden im Wasserbade, dessen Temperatur 60
bis 70° betrug, langsam auf 250 Grm. eingedampft. Davon wurden am 8. und
9. Juli zwei halbwüchsigen Kaninchen jedem 100Grm. auf zwei Portionen, einem
dritten am 9. Juli 50 Grm. eingegeben. Letzteres starb in der Nacht vom 9.
bis 10. Juli, eines von den ersteren starb am 10. Juli, das andere am 15. Juli.
Bei keinem von den drei Kaninchen fanden sich bei der Section Spuren der
Lupinose.
40. Zwei Meerschweinchen verzehrten im Laufe von vier Tagen zu¬
sammen 100 Grm. Lupinenschrot mit Kleie; sie frassen dies Futter nur ungern
und magerten dabei ab. Das eine Thier starb am vierten Tage der Fütterung
an Magen-Darmentzündung, das andere acht Tage spater an Abzehrung. Andere
Krankheitserscheinungen fanden sich bei den Thieren nicht.
41. Reichlich 1 Kilo zerkleinerter Lupinenschalen wurden mit 5 Litern
einer 1 proc. Lösung von kohlensaurem Natron übergossen und blieben darunter
40 Stunden stehen. Darauf wurde die Flüssigkeit durch Filtration und Aus¬
waschen des Rückstandes von den Lupinen getrennt und im Wasserbade von
90° C., so dass jene Flüssigkeit ca. 70° warm war, auf 500 Grm. eingedämpft.
Diese dicke schwarze Flüssigkeit wurde durch Zusatz von Salzsäure neutralisirt
und am 14. Juni einem gesunden Schafe eingegeben. Bis zum 18. Juni war das
Schaf anscheinend munter und die Körpertemperatur nur vorübergehend am
16. Juni von 39,5 auf 40,4 0 gesteigert. Vom 19. Juni ab war das Thier weniger
munter und der Appetit etwas vermindert. Diese Erscheinungen nahmen allmählich
zu; es stellte sich grosse Mattigkeit, am 24. Juni auch Durchfall ein. Vom
26. Juni ab gesellte sich zu der Mattigkeit noch Eingenommenheit des Kopfes;
die Entleerungen waren theerartig, stinkend. Gelbfärbung der Schleimhäute war
nicht vorhanden; mit der Zunahme der Schwäche und der Abmagerung wurden
die Schleimhäute immer bleicher. Die Körpertemperatur betrug am 22. Juni
40,0°, steigerte sich bis zum 26. Juni auf 41,6° und sank in den nächsten
Tagen wieder auf 39,9°. Die Zahl der Pulse war am 30. Juni auf 146 pro
Minute vermehrt. Am 1. Juli früh lag das Schaf todt im Stalle. Bei der Section
fand sich kein Icterus der Subcutis; dagegen waren Leber und Nieren icterisch
und mit den übrigen Veränderungen der Lupinose behaftet; die Leber war be¬
reits deutlich atrophisch. Das Herz war stark verfettet.
42. Einem gesunden Schafe wurden am 17. und 18. Juni zusammen 4 Liter
einer lproc. Lösung von kohlensaurem Natron eingegeben, die 36 Stunden auf
1 Kilo Lupinenschalen gestanden hatte, welche vorher 6 Stunden lang im Trocken¬
ofen einer Hitze von 120° ausgesetzt gewesen waren. Die Schalen hatten bei
der Erhitznng 10 pCt. ihres Gewichtes verloren. Vom 19. Juni ab zeigte das
Schaf geringere Munterkeit und Abnahme des Appetits. Diese Ercheinungen
nahmen allmählich zu; dabei wurde das Thier immer schwächer und magerer. Das
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tupinosd.
19
Athmen war ruhig; Icterus war nicht vorhanden. Der Koth war vom 26. Juni
ab weich, gross geballt und hellgrün. Das Schaf erhielt neben Heu und Hafer
etwas Wiesengras, verzehrte von dem Futter aber nur sehr wenig. Die Körper¬
temperatur steigerte sich vom 18. Juni ab von 39,2 auf 40°, am 26. Juni auf
40.5°, am 27. Juni auf 41,6° und sank dann bis zum 4. Juli allmählich wieder
auf 39,7° C. Die Zahl der Pulse betrug an letzterem Tage 104 pro Minute;
dieselbe hatte am 30. Juni bei einer Körpertemperatur von 40,8° 128 betragen.
Am 4. Juli war das Schaf etwas munterer und der Appetit stellte sich wieder
ein. Das Thier wurde getödtet und bei der Section mit den Erscheinungen der
chronischen Lupinose behaftet gefunden.
43. Einem gesunden Schafe wurden am 23. Juli 1881 34 Liter einer
Losung von kohlensaurem Natron eingegeben, die 24 Stunden lang auf 790Grm.
zerkleinerter Lupinenschalen gestanden hatte, welche vorher bei etwa IV Atm.
Ueberdruck 4 Stunden lang gedämpft und dann an der Luft getrocknet waren.
Die gedämpften Schalen waren dem Schafe erst in Substanz vorgelegt, aber nicht
angenommen; das Thier verzehrte davon nur 100 Grm. und verweigerte dann
den Genuss hartnäckig. Bis zum 26. Juli war das Schaf anscheinend gesund;
nur die Körpertemperatur war von 39,7 auf 40,3 0 gesteigert. Am 27. Juli war
das Thier traurig, dessen Appetit vermindert. Am 28. Juli trat Icterus hinzu.
Diese Erscheinungen nahmen schnell zu; das Thier wurde sehr hinfällig und starb
in der Nacht zum 1. August. Bei der Section fanden sich alle Erscheinungen
der acuten Lupinose.
44. Die beim Dämpfen der Lupinenschalen in einer Retorte überdestillirte
Flüssigkeit wurde einer fractionirten Destillation unterworfen, in der Art, dass
6mal immer die Hälfte abdestillirt wurde. Es blieben schliesslich 750 Grm.
Flüssigkeit. Dieselbe war übelriechend und von übelem Geschmack, aber nicht
faulig. An der Oberfläche zeigte sich eine dünne Schicht einer öligen Substanz;
im Uebrigen war die Flüssigkeit klar. Die Flüssigkeit wurde am 27. Juli einem
gesunden Schafe eingegeben. Am 28. Juli war das Schaf traurig; der Appetit
war vermindert. Diese Erscheinungen wurden allmählich mehr und mehr auffal¬
lend; am 31. Juli und am 1. August war das Schaf sehr schwach, die Respira¬
tion stossend und stöhnend, die Conjunctiva stark geröthet, aber nicht icterisch.
Am 3. August war das Schaf etwas munterer, der Appetit besser. Das Thier
erholte sich allmählich, aber der Nährzustand besserte sich nicht dem Futter ent¬
sprechend. Am 16. November wurde das Schaf geschlachtet. Dabei fand sich
eine bedeutende Verkleinerung der Leber in Folge interstitieller Entzündung;
auch die Gallenblase war klein, die Galle wässerig. Die Milz war ebenfalls er¬
heblich verkleinert.
45. Von der dunkelbraunen Flüssigkeit, welche sich beim Dämpfen der
Lupinenschalen unter diesen in der Retorte angesammelt hatte, wurde die Hälfte
abdestillirt und der Rest — IV Liter — einer jungen Ziege an einem Tage auf
zwei Portionen eingegeben. Die Ziege erkrankte danach nicht.
46. Einem gesunden Hammel wurden an zwei aufeinander folgenden Tagen
zusammen 3V Liter einer Lösung von koblensauaem Natron eingegeben, die 36
Stunden lang auf 960 Grm. Lupinenkörnern gestanden hatte, welche vorher
2V Stunden lang bei 2£ bis 2V Atm. Ueberdruck gedämpft waren. Die Körner
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ROLOFF,
hatten beim Dämpfen eine braune Farbe, etwa wie gebrannter Kaffee, angenom¬
men. Sie wurden vor der Extraction gepulvert. Das Extract sah ebenfalls braun
wie Kaffee aus. Das Schaf blieb völlig gesund.
47. Die beim Dämpfen überdestiilirte Flüssigkeit — 1250 Grm. —
wurde filtrirt und einem Schafe auf einmal eingegeben. Das Schaf erkrankte
danach nicht.
48., 49. Beide Versuche wurden wiederholt, mit der Abweichung, dass
1800 Grm. Lupinenkörner verwendet wurden und das Dämpfen bei reichlich
24 Atm. Ueberdruok stattfand. Die betr. Schafe blieben ebenfalls gesund.
50. Einem anderen Schafe wurde die braune Flüssigkeit eingegeben,
welche sich beim Dämpfen der Lupinenkörner in der Retorte unter denselben an¬
gesammelt hatte. Auch dieses Schaf wurde nicht krank.
Bei den verschiedenen Versuchen über die Schädlichkeit der Auf¬
güsse und Extracte hat Herr Dr. I. Munk mitgewirkt. Die nähere
Untersuchung der Organe der secirten Thiere hat Herr Prof. Dr. Schütz
ausgefdhrt. Letzterer hat auch den folgenden Abschnitt dieser Arbeit,
welcher von den anatomischen Veränderungen handelt, angefertigt.
Obductionsbefund.
Jeder der beiden Formen der Lupinen Vergiftung der Schafe,
der acuten sowie der chronischen, entspricht ein bestimmtes ana¬
tomisches Bild, welches regelmässig wiederkehrt.
I. Die acute Lupinenvergiftung.
Die anatomischen Veränderungen, welche bei der acuten Lupinen¬
vergiftung auftreten, lassen sich in drei Reihen zerlegen:
1) Abweichungen an den grossen Organen mit specifischem Pa¬
renchym (Leber, Nieren, Herz, Muskeln und Milz);
2) Gelbsucht;
3) Blutungen.
1. Die parenchymatösen Processe.
Die Veränderungen an den unter 1 bezeichneten Organen zeigten
sich vorzugsweise an der Leber und an den Nieren, schwächer am
Herzen und an den Körpermuskeln und am schwächsten in der Milz.
Die Leber ist bei jedem Thiere genau untersucht worden. Die
mikroskopische Prüfung wurde an frischen und künstlich erhärteten
Leberstücken ausgeführt.
Die Leberkapsel ist beim Schafe ungemein zart und vollkommen durch-
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Lupinose.
21
sichtig. Die Läppchen der Leber sind verhältnissmässig klein und durch binde¬
gewebige Züge nicht umschlossen. Die Zellen der Läppchen stossen dicht an
einander und nur die Anordnung der Zellen entscheidet, zu welchem Läppchen
sie gehören. Andere Male lassen die Blutgefässe, welche zwischen den Läppchen
rerlaufen, die Grenzen derselben erkennen. Nur an den Stellen, wo mehrere
Läppchen zusammenstossen, finden wir um die Gefässe etwas Bindegewebe,
welches sich von hier aus eine kurze Strecke weit zwischen die Läppchen fort¬
setzt. Es begleitet hier die um die letzteren gelegenen Blutgefässe und Gallen¬
gänge.
Der Farbenunterschied zwischen der peripherischen und centralen Substanz
der Leberläppchen ist so gering, dass sich beide nicht scharf trennen lassen.
Den grössten Theil des Läppchens nimmt die centrale, blassbraun gefärbte Masse
ein, um welche eine schmale Schicht blassgrauer oder grauweisser Substanz liegt.
Die Leberzellen haben eine polygonale Gestalt. Sie enthalten einen oder
zwei grosse rundliche Kerne mit Kernkörperchen und bestehen aus einer fein¬
körnigen Substanz. Die Zahl der in den Leberzellen gelegenen Körner ist an¬
deren Thieren gegenüber eine geringe, und daraus erklärt sich die grosse Trans¬
parenz. welche die Schaflebern zeigen. Die Zellen der peripherischen Schicht
der Läppchen sind mit einem grossen oder mehreren kleinen Fetttröpfchen erfüllt.
In vielen Zellen der centralen Abschnitte der Läppchen finden sich einzelne
FarbstofTkörnchen, die gelb oder gelbbraun gefärbt sind, vor.
Sobald das in den Lupinen enthaltene Gift auf die Lebern ein¬
gewirkt hatte, Hessen sich folgende Veränderungen nachweisen:
Die Lebern hatten ihre Durchsichtigkeit verloren; sie waren trüb
geworden. Die Trübung des Leberparenchyms war bedingt durch
die hochgradige Vermehrung der in den Leberzellen vorhandenen Körn¬
chen. Ihre Anhäufung war um so dichter, je heftiger die Reizung
der Leber war. Diese Körnchen reflectiren das Licht, und in den
hohen Graden der körnigen Trübung waren die Lebern daher hell¬
grau (graue Schwellung) oder weiss (weisse Schwellung) gefärbt.
Diese rein grauen oder weissen Färbungen wurden jedoch selten beob¬
achtet, da die Lebern in der Regel gleichzeitig ictcrisch waren.
Die Grösse der Leberzellen wechselte; in manchen Lebern waren
sie normal gross, in anderen von bedeutendem Umfange. Dement¬
sprechend zeigten die Lebern das eine Mal die normale und das
andere Mal eine abnorme Grösse. Ob das Eine oder das Andere
geschieht, hängt von dem Zustande der Leber ab, in dem sie sich
vor der Reizung befindet. Die Lebern bei gut genährten Thieren
hatten an Umfang und Gewicht beträchtlich zugenommen. Der Um¬
fang war namentlich dann ein auffallender, wenn an den Lebern
schon vorher, z. ß. durch Fettinfiltration, eine Vergrösserung bestan¬
den hatte.
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22
ROLOFF,
Die kranken Lebern waren ferner blutarm. Die Blutarmuth
wird durch die Compression, welche die vergrösserten Leberzellen auf
die Blutgefässe ausüben, hervorgerufen. Wenn die Leberzellen durch
die Anhäufung einer körnigen Substanz schwellen, so wird die Leber¬
kapsel zwar etwas ausgedehnt, allein ihre Nachgiebigkeit ist eine
beschränkte, und folglich muss bei fortschreitender Schwellung der
Leberzellen eine Compression der Blutgefässe zu Stande kommen.
Die Lebern waren auch trocken, weil mehr feste (körnige)
Massen in den Leberzellen lagen. Einen hohen Grad von Trockenheit
zeigten die Lebern gut genährter Thiere. Die Lebern abgemagerter
Thiere, welche viel Flüssigkeit und wenig feste Bestandteile ent¬
halten, waren nicht so trocken, sondern liessen auf der Durchschnitts¬
fläche noch einen geringen Glanz erkennen.
Auffallend verschieden war die Consistenz der kranken Lebern.
Viele waren fest, andere schlaff und noch andere weich. Hierüber
entschied die Heftigkeit und das Stadium der Erkrankung. Bei leich¬
ten Veränderungen war die Leber fest, bei starken dagegen schlaff.
Es beruht dies offenbar auf dem Verhalten der bindegewebigen Be¬
standteile, die bei leichten Reizungen unverändert bleiben, bei schwe¬
ren jedoch mitbetroflfen sind. Beim Uebergang in das zweite Stadium
der Erkrankung war die Leber mürb und schliesslich weich.
Die wichtigsten Veränderungen der Leber sind also: Trübung,
Vergrösserung, Blutarmuth, Trockenheit und Abweichungen
in der Consistenz. Processe, welche derartige Veränderungen in
den Organen erzeugen, müssen nach Virchow der Entzündung zuge¬
rechnet werden, und da letztere an den wichtigsten Theilen der Leber,
an den Leberzellen verläuft, so ist sie nach demselben Autor als
Hepatitis parenchymatosa (parenchymatöse Leberentzündung) zu
bezeichnen.
Die chemischen Untersuchungen des in den Leberzellen enthal¬
tenen körnigen Materials haben ergeben, dass die Körner in Aether
unlöslich sind, dass sie aber nach Zusatz von Essigsäure und Alkalien
verschwinden. Hieraus folgt, dass die Körner ei weissartiger Natur
sind. Sie fanden sich auch in den Leberzellen solcher Schafe vor,
die kurz nach dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen ge-
tödtet und gleich darauf obducirt wurden, deren Leber also noch
frisch und warm war. Hierdurch dürfte die von verschiedenen Seiten
aufgestellte Behauptung, nach der sich diese Körner erst nach dem
Tode bilden sollen, vollkommen widerlegt sein.
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Lupinose.
23
Die Hepatitis parenchymatosa war in der Regel mit Gelbsucht
(Icterus) verbunden, sie kam aber auch mehrere Male ohne dieselbe
vor. Der Icterus beweist, dass die Leber trotz der hochgradigen Ver¬
änderung des Parenchyms noch Galle bereitet. Hierfür spricht auch
die in allen Fällen beobachtete Anfüllung der Gallenblase mit gelber
oder grüngelber Galle. War die Leber gleichzeitig icterisch, so hatte
sie eine saffran- oder rhabarbergelbe Farbe, je nach dem höheren oder
geringeren Grade des Icterus. Letzterer trat entweder an der ganzen
Leber oder nur an Theilen derselben auf. Zuweilen war ein grosser
Abschnitt der Leber gelb, ein anderer grau oder weiss gefärbt; in
anderen Fällen lagen in dem gelben Parenchym grauweiss gefärbte
Inseln, und in noch anderen war die graue oder weisse Substanz von
verschieden grossen gelben Herden durchsetzt. Bei mehreren Lebern
waren die centralen Theile der Läppchen gelb, die peripherischen da¬
gegen grau gefärbt. In diesen Fällen liess sich constant eine Fett¬
infiltration an den in der Peripherie gelegenen Leberzellen nachweisen-
Mithin sind die in den Leberzellen angehäuften Fetttröpfchen für die
Aufnahme des Gallenfarbstoffes nicht geeignet.
An den icterischen Lebern wird die Trübung etwas verdeckt und
ist nicht so leicht erkennbar.
Die Zellen der icterischen Lebern oder Lebertheile waren entweder
diffus gelb gefärbt oder enthielten kleine, scharf begrenzte, eckige oder
runde braune Körperchen, die sich weder in Alkalien lösten, noch bei
Zusatz von Salpetersäure eine Farbenveränderung erfuhren. Die Farbe
und das Verhalten gegen die angeführten chemischen Substanzen be¬
weisen, dass die Körperchen als unlösliche Verbindungen von Gallen¬
farbstoff oder von Umsetzungsproducten desselben anzusehen sind.
Der Kern der Leberzellen war niemals gelb gefärbt. Bilirubin-
krystalle wurden in den letzteren nicht vorgefunden.
Wenn die Hepatitis .parenchymatosa bei Lupinenvergiftung mit
und ohne Icterus auftritt, so geht daraus hervor, das der Icterus
immer noch etwas Besonderes ist und nicht so ohne Weiteres auf die
Leberaffection bezogen werden kann. Mithin muss nach einem an¬
deren Grunde gesucht werden, um das Zustandekommen des Icterus
erklären zu können.
Der Icterus ist die Folge eines Katarrhs der Gallen¬
wege, und da die Hepatitis parenchymatosa fast immer mit dem
letzteren verbunden ist, so ist auch der Icterus ein gewöhnlicher Be¬
gleiter dieser Krankheit.
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24
ROLOFF,
Die Eröffnung des Zwölffingerdarmes ist bei allen Sectionen vor¬
sichtig ausgefiihrt und sein Inhalt vor und hinter der Papilla biliaca
geprüft worden. Darauf ist die Papille genau untersucht und ihr
Inhalt durch Druck hervorgepresst, dann durch Compression der
Gallenblase die Ausflussmöglichkeit der Galle ermittelt und endlich
der Gallengang aufgeschnitten worden. Hierbei hat sich bei mehreren
Schafen ergeben, dass die Mündungsstelle des Ductus choledochus mit
einer grauweissen, aus Schleim und Epithelzellen bestehenden Masse
verstopft war. Die Epithelien stimmten in ihren äusseren Merkmalen
mit den auf der Oberfläche der Gallengänge gelegenen überein; sie
hatten eine cylindrische Form und einen quergestreiften Saum. Ein¬
zelne Zellen waren glatt und polyedrisch und noch andere rund. Die
runden Elemente waren durchsichtig und hatten einen Kern mit einem
oder mehreren Kernkörperchen.
In einem Falle verstopfte diese Masse einen grossen Abschnitt
des Ductus choledochus, der an dieser Stelle ungefärbt [war. Erst
hinter derselben war der Gang mit Galle strotzend gefüllt und seine
Schleimhaut gelb gefärbt. Der Inhalt des Zwölffingerdarmes war in
diesem Falle nicht gallig.
Schwellung und Röthung der Schleimhaut des gemeinschaftlichen
Gallenganges wurden in keinem Falle beobachtet. Dies schliesst
selbstredend nicht aus, dass beide bei Lebzeiten der Thiere bestanden
haben können. Es ist eine bekannte Erfahrung, dass sich die Schleim¬
häute nach dem Tode häufig entfärben, und dass ihre Schwellung
verschwindet.
Alle diese Veränderungen sind das Ergebniss einer katarrhali¬
schen Reizung der Schleimhaut des gemeinschaftlichen Gallenganges.
Die Verstopfung desselben erzeugt zwar einen Icterus der Leber und
vieler anderer Organe; dennoch ist sie kein absolutes Hinderniss für
die Entleerung der Galle. Es kann durch .eine kräftige Zusammen¬
ziehung der Gallenblase und durch den Druck der angestauten Galle
überwunden werden.
Hiermit in Uebereinstimmung stand die Wahrnehmung, dass der
Darminhalt fast niemals ganz frei von Gallenfarbstoff war.
Zu erwähnen ist noch, dass sich bei vielen Thieren, die an Icterus
der Leber litten, kein Schleimpfropf in dem gemeinschaftlichen Gallen¬
gange nachweisen liess. Die Abwesenheit desselben steht aber un¬
serer Auffassung über die Entstehung des Icterus nicht entgegen, denn
auch bei diesen Thieren enthielt die in den Gängen angesammelte
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Lnpinose.
25
Galle grosse Mengen abgestossener, meist gelb gefärbter Epithelien.
Hierzu kommt, dass die überaus engen Gallenwege der Schafe schon
durch die einfache Schwellung der Wände verlegt werden können,
und dass diese Schwellung bei dem geringen Drucke, unter dem die
abgesonderte Galle in den Gängen fliesst, genügt, um eine Rück¬
stauung derselben nach der Leber herbeizuführen.
Dagegen dürfte der Druck der geschwollenen Leberzellen keine
Bedeutung für das Zustandekommen des Icterus haben. Es soll
keineswegs geleugnet werden, dass stark geschwollene Leberzellen die
Gallengänge comprimiren und eine Anstauung der Galle veranlassen
können. Nur für die nach der Lupinenvergiftung der Schafe auftre¬
tende Leberschwellung, bei der die Zellen niemals den Umfang er¬
reichen, wie man ihn bei anderen Krankheiten beobachten kann,
dürfte diese Folgerung nicht zutreffend sein. Gegen diese Folgerung
sprechen auch die allerdings seltenen Fälle von Hepatitis parenchy-
matosa vergifteter Schafe, bei denen die geschwollene Lebersubstanz
nicht gallig gefärbt war.
Auch die Entstehung des partiellen Icterus der Leber findet in
einem Katarrh der Leber seine Erklärung. Es ist selbstredend, dass
in Fällen, wo nur Theile der erkrankten Leber icterisch, andere da¬
gegen ungefärbt waren, der Abfluss der Galle aus dem gemeinschaft¬
lichen Gallengange nicht behindert sein konnte, sondern dass das
Hinderniss in den kleineren Gallengängen gesucht werden musste. Ein
solches Hinderniss für den Abfluss der Galle fand sich bei der Unter¬
suchung mikroskopischer Schnitte, die aus frischen und erhärteten
Leberstücken angefertigt wurden, regelmässig vor. Die feineren Gallen¬
gänge der icterischen Lebertheile waren mit Epithelzellen strotzend
gefüllt.
Mithin ist dargethan, dass auch die kleineren Gallengänge selbst¬
ständig erkranken können, und dass ein desquamativer Katarrh der¬
selben als Ursache des partiellen Lebericterus anzusehen ist. Hieraus
folgt weiter, dass Ausbreitung und Sitz dieses Katarrhs über die
Grösse und Vertheilung der icterischen Lebertheile entscheiden werden.
Diese Beobachtungen machen es auch sehr wahrscheinlich, dass
der Katarrh der Gallengänge bei der Lupinen Vergiftung der Schafe
durch die Einwirkung einer reizenden Substanz, welche von der Leber
direct in die Gallengänge gelangt, aber nicht durch die Fortleitung
eines Reizungsprocesses vom Darme aus entsteht. Gegen die Fort¬
leitung spricht im Uebrigen noch der Umstand, dass, wie weiter unten
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26
ROLOFF,
gezeigt werden soll, die Erkrankung der Schleimhaut des Zwölffinger¬
darmes stets sehr unbedeutend war.
Das Leberleiden setzt sich folglich aus der Hepatitis parenchy-
matosa und dem Katarrh der Lebergallengänge (Icterus) zusammen.
Beide entstehen nach unserer Ansicht durch dieselbe Ursache (Lu¬
pinengift), welche vom Blute aus auf die Leber und durch die ab¬
gesonderte Galle auf die Gänge wirkt. Die Hepatitis parenchymatosa
ist eine constante, der Katarrh der Gallengänge aber, der fehlen oder
in Theilen der Leber auftreten kann, nur eine ungewöhnlich häufige
Erscheinung.
Zu den gewöhnlichen Sectionsergebnissen gehörte auch der Icterus
zahlreicher anderer Körpertheile. Am meisten betroffen waren die
specifiseh-drüsigen Organe, z. B. die Nieren; dann folgten die weichen
bindegewebigen Theile: die Schleimhäute, die serösen Häute, die Ge¬
lenkkapseln, die Haut und Unterhaut etc. Eine geringe Gelbfärbung
zeigte sich an den festen bindegewebigen Theilen. Die Knorpel,
Knochen und Sehnen waren nicht gefärbt. Erwähnenswerth ist auch,
dass ein Icterus des Gehirns und Rückenmarks niemals beobachtet
wurde, während die weiche und harte Hirnhaut stets gelblich gefärbt
waren.
Hieraus ergiebt sich, dass die nervösen Theile den Gallenfarb¬
stoff schwer aufnehmen können, und dass folglich die nervösen Er¬
scheinungen, welche an den erkrankten Thieren wahrgenommen wer¬
den, nicht auf einen etwaigen Icterus des Gehirns und Rückenmarks
zu beziehen sind.
Selten tritt Heilung in diesem Stadium der Lebererkrankung ein.
Meist folgt dem activen Vorgänge der passive: Fettmetamorphose
und Erweichung. Die Leber verändert ihre Consistenz, sie wird
schlaff, weich, leicht beweglich und fällt in sich zusammen, wenn ein
Durchschnitt angelegt wird. Diese Relaxation beruht auf einer Ver¬
änderung aller Bestandtheile der Leber; sie ist daher gleichzeitig
mürb, brüchig und reisst sehr leicht bei unsanfter Berührung.
Die mikroskopische Prüfung von Theilen solcher Lebern ergab,
dass die Zellen grösser waren und ausser den oben erwähnten Eiweiss¬
körnchen noch andere Körnchen enthielten, die sehr stark glänzten
und weder nach Zusatz von Natron- oder Kalilösung, noch nach Be¬
handlung mit Säuren verschwanden. Diese Körnchen, welche sich in
Aether lösten, sind Fettkörnchen. Neben den letzteren Hessen sich
auch grössere Fetttropfen in den Leberzellen nachweisen, die nicht
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Lupinose.
27
das Product der Fettmetamorphose sind, sondern aus dem Nahrungs¬
fette, welches der Leber durch das Blut zugeführt wird, herstammen
und mithin als normale Bestandtheile der Leber angesehen werden
müssen.
Es entstehen aber in der Leber niemals vollständige Körnchen¬
kugeln, sondern es tritt, wenn der Zustand eine gewisse Höhe er¬
reicht hat, Erweichung ein. Die Erweichung ist mithin das Vorherr¬
schende, und sie zeigt sich schon, bevor die volle Fettmetaraorphose
entstanden ist. Aus den Leberzellen bildet sich ein Detritus, der
weniger Fett als andere Bestandtheile enthält.
Dieselbe Veränderung liess sich an den Epithelien der feinere'n
Gallengänge nach weisen.
In den erweichten Lebertheilen sah man zu dieser Zeit ein Netz¬
werk, welches aus den um die Läppchen gelegenen Blutgefässen und
Gallengängen bestand und dessen Maschen mit amorpher Substanz
angefullt waren.
Mit Rücksicht auf die Färbung der erweichten Partien ist zwischen einer
gelben und rothen Erweichung zu scheiden. Die Erweichung ist in beiden
Fällen dieselbe, nur tritt sie das eine Mal in Verbindung mit Icterus und das
andere Mal ohne denselben auf. Die von Icterus begleitete Form der Hepatitis
parenchymatosa führt zur gelben und die ohne Icterus einhergehende Form der¬
selben zur rothen Erweichung, und da die erstere, wie wir gesehen haben, die
Regel ist, so wird auch die gelbe Erweichung am häufigsten beobachtet. Wechseln
in einer parenchymatös erkrankten Leber gefärbte mit ungefärbten Stellen ab,
so können beide Arten der Erweichung in derselben Leber auftreten.
Bei der Erweichung lösen sich die Leberzellen auf und bleiben die mit Blut
gefüllten Gefässe zurück. Daher ist der Theii roth gefärbt. Die rothe Farbe
wird aber, wenn die Theile gleichzeitig icterisch sind, durch den Gallenfarbstoff
verdeckt. Bei der gelben Erweichung ist das erweichte Material, welches aus
Fett, zerfallenen Leberzellen und Gallenfarbstoff besteht, gleichmässig gelb ge¬
färbt. Der Gallenfarbstoff wird später gelbbraun oder dunkelbraun und scheidet
sich in Form kleiner rundlicher oder eckiger Körner aus.
Mit dem Eintritt der Erweichung hört die Gallensabsonderung auf, denn
letztere ist an die normale Beschaffenheit und Thätigkeit der Leberzellen ge¬
bunden.
Die Gallenblase derartig erkrankter Schafe war weniger stark
gefüllt; sie enthielt zuweilen nur geringe Mengen Galle, die weniger
flüssig und dunkelbraun oder grün gefärbt war. In der Galle und
auf den Wänden der Gallenblase fanden sich grün oder braun ge¬
färbte flockige Massen vor, die aus Epithelien, gefärbten Körnern und
sehr kleinen Krystallen bestanden. Die Epithelien der Gallenblase
waren diffus gelb gefärbt und von einzelnen Körnern und Krystallen
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28
ROROFF,
durchsetzt. Diese Veränderungen der Galle sprechen für eine innere
Umsetzung derselben, deren Ursachen wahrscheinlich in dem Zerfalle
der Lebersubstanz zu suchen sind.
Der Zerfall der Lebersubstanz setzt sich nach dem Tode fort, als
wenn ein Ferment in der Leber gebildet worden wäre. Oft zersetzt
sich die Leber nach dem Tode so heftig, dass sie zerfliesst. Diese
Thatsache ist bei der Erhebung des anatomischen Befundes der in
Rede stehenden Krankheit nicht ausser Acht zu lassen, denn eine
breiige, beinahe flüssige Leber ist keine pathologische, sondern eine
cadaveröse Erscheinung.
Eine Ausscheidung von Tyrosin an der Oberfläche oder an der
Durehschnittsflächc der Leber wurde niemals beobachtet.
Gehen die Thiere in diesem Stadium der Erkrankung, welches
sich in wenigen Tagen ausbilden kann, nicht zu Grunde, so folgt der
Erweichung die Atrophie der Leber. Das verflüssigte Material der
Leberzellen wird resorbirt, dadurch verkleinern sich die Leberläppchen
und dementsprechend auch die ganze Leber oder grössere Abschnitte
derselben. Die gelbe Erweichung führt zur gelben und die rothe
zur rothen Atrophie.
Diese Ausgänge lehren gleichfalls, dass der Icterus nicht das
Entscheidende, sondern immer nur etwas Nebensächliches ist, und
dass im Icterus nicht das Motiv für die Verflüssigung und Atrophie
der Lebersubstanz gesucht werden kann. Nur dürfte es unter Be¬
rücksichtigung einiger Fälle sehr wahrscheinlich sein, dass der gleich¬
zeitig »bestehende Icterus den Zerfall der Lebersubstanz beschleunigt.
An den atrophischen Lebern hatte der Dickendurchmesser am
meisten abgenommen, sie waren daher platt, an der Oberfläche aber
meist glatt. Die glatte Oberfläche beweist, dass der Schwund an
allen Theilen des Organs gleichmässig stattgefunden hat. Nur in
wenigen Fällen war die Oberfläche höckerig und stellte sich die Ver¬
änderung der Leber in Form der Granularatrophie dar. Die Acini
der atrophischen Lebern waren grieskorn- bis stecknadekopfgross.
Die Entwickelungsdauer der Atrophie ist nach dem vorliegenden
Beobachtungsmaterial auf ca. 14 Tage zu berechnen. Da aber die
grösste Zahl der Thiere zur Zeit der Erweichung der Lebern stirbt,
so gehört die Atrophie zu den selteneren Obductionsbefunden, und sie
scheint, soweit die an der Thierarzneischule ausgeführten Versuche
ein Urtheil darüber gestatten, nur dann einzutreten, wenn die Reizung
keine sehr heftige war und die Krankheit in der subacuten Form verlief.
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Lupinose.
29
Für diesen Verlauf spricht die gleichzeitige Betheiligung der
übrigen Gewebsbestandtheile der Leber. In den atrophischen Lebern
war nämlich regelmässig eine Miterkrankung der Gefässe und des
interstitiellen Gewebes zu constatiren. Die Capillaren der Blutgefässe
zeigten in ihren Wänden eine auffallende Zahl von Kernen, die nicht
selten reihenweise angeordnet waren; an einzelnen Stellen erschienen
die Capillaren wie mit Kernen durchsetzt. Ferner liess sich eine
kleinzellige Wucherung in den Läppchen der Leber, vorzugsweise aber
zwischen denselben nachweisen, so dass der Zwischenraum zwischen
den Leberläppchen an Breite zugenommen hatte und in der Richtung
der feinsten Pfortaderäste grauweisse Züge, die sich strahlig verbrei¬
teten, schon vom blossen Auge zu erkennen waren. An mikrosko¬
pischen Präparaten liess sich feststellen, dass einzelne atrophische
Leberläppchen von kleinen Rundzellen durchsetzt waren.
Noch später wandeln sich unter allmählichem Verschwinden des
Lebericterus die Rundzellen in Bindegewebszellen um, die meist eine
Spindelförmige Gestalt haben und zwischen denen eine feste, schwach
fibrilläre Zwischensubstanz liegt. Bei dieser Umwandlung gehen viele
Capillargefässe zu Grunde und bleiben schliesslich nur graue oder
weisse fibröse und gefässarme Züge oder Flecke in der Leber zurück,
die als Narben bezeichnet werden können und die den durch den
Untergang des Lebergewebes aufgehobenen Zusammenhang wieder
herstellten.
Hiermit hat der Process, der theils an dem Parenchym, theils
an den übrigen Gewebsabschnitten der Leber verläuft, sein Ende er¬
reicht. Der parenchymatöse Process führt, wie wir gesehen haben,
zur Zerstörung, der an den übrigen Gewebstheilen zur Neubildung.
Aber eine Neubildung von Lebergewebe findet nicht statt, und dies
ist auch der Grund, weshalb solche Lebern ungenügende Quantitäten
von Galle absondern. Ja, selbst die nicht untergegangenen Abschnitte
des Parenchyms, die weniger betroffen waren, scheinen für die Gallen¬
absonderung nicht mehr geeignet zu sein, denn bei solchen Thieren
fand sich in der Gallenblase keine .Galle, sondern eine oft ganz klare,
seltener trübe oder schwach gelblich gefärbte Flüssigkeit vor, die als
Absonderungsproduct der Schleimhaut der Gallenblase und der Gallen¬
gänge anzusehen ist.
Die Nieren gesunder Schafe sind derb, durchscheinend und gelb¬
lichbraun gefärbt. Bei den mit Lupinen vergifteten Schafen waren
die Nieren schlaff, in der Rindenschicht graugelb oder grau ge-
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ROLOFF,
färbt und trüb, als wenn etwas Coagulirendes auf sie eingewirkt
hätte, und in der Marksubstanz geröthet. Diese Differenz in der
Färbung zwischen Rinden- und Marksubstanz trat aber nur bei gut
genährten Thieren deutlich hervor, denn bei den abgemagerten Schafen
war die Marksubstanz weissgelb oder weiss. Die Beifügung des Gelb
in die Farbe der Rinden- und Markschicht ist auf die Gegenwart des
Icterus, der im Uebrigen keinen Einfluss auf die Erkrankung der
Nieren hat, zurückzuführen. Zu beachten ist aber, dass die Mark¬
substanz bei gut genährten Thieren in jedem Falle eine rothe Farbe
zeigte, also selbst bei auffallendem allgemeinen Icterus niemals gelb-
roth war. Diese Erscheinung ist auffallend, da doch beide Substanzen,
wie die Obductionen abgeraagerter Schafe ergeben haben, für die Auf¬
nahme des Gallenfarbstoffes geeignet sind, und sie lässt sich vielleicht
dahin erklären, dass der Icterus in der Marksubstanz weniger erkenn¬
bar ist, wenn die Gefässe derselben mit Blut gefüllt sind.
Die mikroskopische Untersuchung lehrte, dass die in den gewun¬
denen Harncanälchen der Rinde gelegenen Epithelzellen mit vielen
Körnern erfüllt waren. Sie zeigten also dieselben Veränderungen wie
die Leberzellen. Die körnige Einlagerung war, wie in der Leber, die
Ursache der trüben Beschaffenheit und der grauen Verfärbung der er¬
krankten Gewebsabschnitte. Eine Vergrösserung der Nieren war nur
in wenigen Fällen nachzuweisen. Zuweilen erschien die Durchschnitts¬
fläche etwas trocken. Die Schlaffheit war durch die Mitbetheiligung
der zwischen den Harncanälchen gelegenen bindegewebigen Antheile
der Nieren bedingt. Schliesslich ist noch anzuführen, dass sich in
den Henle’schen Schleifen und in den Sammelröhren der geraden Harn¬
canälchen blasse und durchsichtige Eiweisscylinder vorfanden, die von
getrübten Epithelien umgeben waren.
Mithin leiden die Thiere gleichzeitig an einer acuten Nieren¬
entzündung (Nephritis parenchymatosa). Hierfür spricht auch
die Menge und Beschaffenheit des abgesonderten Harnes. Die Menge
des in der Harnblase angesammelten Harnes war meist eine geringe
und folglich auch die Harnblase zusamraengezogen oder nicht stark
ausgedehnt. Der Harn war trüb, eiweisshaltig und fast immer gelb
gefärbt. In dem Harn fanden sich verschieden lange und verschieden
dicke, blasse, mattglänzende und homogene Cylinder, Epithelien der
geraden Harncanälchen (einzelne oder im Zusammenhänge als sogen.
Epitheleylinder), Epithelien der Harnblase und einzelne Rundzel¬
len vor.
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tupinose. 31
Die grosse Menge der dem Harn beigemischten Epithelzellen der
Harnblase und der Umstand, dass die Schleimhaut der letzteren mit
einzelnen oder mehreren rothen Punkten (punktförmigen Extravasaten)
oft besetzt war, lässt ferner annehmen, dass sich die Nierenentzün¬
dung mit einer katarrhalischen Entzündung der Harnblase
(Cystitis catarrhalis) verbinden kann. Beachtet man noch, dass
sich nicht selten kleine blutige Herde in der Schleimhaut des Nieren¬
beckens und der Harnleiter vorfanden, so ist die Folgerung begrün¬
det, dass die Schafe mit einer entzündlichen Reizung nicht nur der
Nieren, sondern auch häufig der Abflusswege des Harnes behaftet sind.
Die Reihenfolge der Processe ist leicht zu erkennen und Alles,
was hierüber bei der Leber, die gleichfalls mit einem Abflussapparate
in Verbindung steht, besprochen worden ist, trifft auch für die Harn¬
organe zu. Der krankmachende Stoff der Lupinen wird mit dem
Blute nach den Nieren geführt und erzeugt eine Nephritis. Durch
die Nieren wird er mit dem Harn ausgeschieden und bedingt nun eine
Reizung der Abflusswege: des Nierenbeckens, der Harnleiter und der
Harnblase. Diese Reizung tritt aber nur dann ein, wenn, grös¬
sere Mengen der reizenden Substanz ausgeschieden werden, und es
kann daher nicht auffallend sein, wenn, wie dies bei mehreren Thieren
ermittelt wurde, der Katarrh an dem leitenden Theile des Harnappa¬
rates fehlte.
Die Nierenentzündung ist nicht so heftig, wie die Entzündung der Le¬
ber, und weniger durch starke Sch wellung als durch Trübung ausgezeichnet.
Auch in den Nieren kann dem Stadium der allgemeinen Trübung
die Fettmetamorphose folgen. Diese hat ihren Sitz in den Epithelien
der Harncanälchen, tritt nur an einzelnen Stellen der Nieren auf und
ist stets so geringgradig, dass sie ohne eine mikroskopische Unter¬
suchung überhaupt nicht erkannt werden kann.
Der Harn enthält zu dieser Zeit neben den bereits angeführten
Dingen einzelne Epithelien der Harncanäle oder Anhäufungen derselben
in Form von Cylindern, die stark granulirt, weil sie mit vielen
Fettkörnchen durchsetzt sind (granulirte Cylinder).
Wenn sich die Fettmetamorphose an den Epithelien ausgebildet
hat, so schliesst sich später Erweichung und Resorption der Zerfalls¬
massen an. Die Nieren verkleinern sich in Folge dessen, und zwar
vorzugsweise in der Rinde, die an der Oberfläche entweder glatt
(glatte) oder buckelig (Granularatrophie) erscheint. Bei der
Granularatrophie waren die Nieren zwar im Ganzen etwas kleiner,
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32
ROLOFF,
einzelne Theile jedoch lagen tiefer und waren roth gefärbt. Die letz¬
teren sind die atrophischen Theile der Niere.
Atrophie der Nieren wurde bei 5 Thieren ermittelt, die nach einer
längeren Krankheitsdauer zu Grunde gegangen waren.
Die Veränderungen des Herzens waren in zwei Reihen zu zer¬
legen. Die eine Reihe gehörte den allgemeinen Ernährungsstörungen
an: Die Kleinheit des Herzens, die auffallende Blässe der Musculatur
und die gallertige Beschaffenheit des subpericardialen Fettgewebes.
Die Musculatur des Herzens schlecht ernährter Schafe ist nicht
nur blass, sondern auch transparent. Die um die Muskelkerne ge¬
legenen Körnchen haben an Zahl abgenommen, so dass die von Max
Schultze als Muskelkörperchen bezeichneten Gebilde kleiner gewor¬
den sind.
Die andere Reihe der Veränderungen war durch die Wirkung der
in den Lupinen enthaltenen schädlichen Substanz entstanden und trat
entweder am ganzen Herzen oder nur an Theilen desselben, in den
Papillarmuskeln oder den in der Nähe des Endocardiuras gelegenen
Abschnitten auf. Hierher gehören die Trübung und die Gelbfär¬
bung. Die Trübung, welche durch die Gegenwart der wiederholt er¬
wähnten Eiweiss- und Fettkörnchen bedingt wird, war keine gleich-
raässige, sondern trat fleck weise auf. Der Grund liegt in der Ein¬
richtung der Musculatur, an der sich Stücke (Mukelzellen) trennen
lassen, die das Herz zusammensetzen. Diese Stücke haben eine ge¬
wisse Selbstständigkeit und können deshalb isolirt erkranken. Die
veränderten Stellen erschienen als trübe Flecke, die an den Herzen,
wo der Icterus fehlte, grau oder grauweiss gefärbt waren. Die Trü¬
bung war bei den abgemagerten Schafen aus den bereits bei der Leber
angeführten Gründen keine sehr auffallende, dagegen war sie leicht
erkennbar bei gut genährten Thieren, deren Herz eine gesättigt rothe
Farbe zeigte. Hier traten die grauen oder grauweissen Partien aus
dem rothen Untergründe deutlicher hervor. War das Herz gleichzeitig
icterisch, so liess sich die gelbe Farbe vornehmlich an den erkrankten
Stellen erkennen. Stark gelb gefärbt waren dann auch die Innen¬
fläche der Arteria pulmonalis und der Aorta, weniger die Herzklappen
und noch weniger die Innenhaut des Herzens. Die schwer erkrankten
Herzen, bei denen auch der Icterus sehr hochgradig war, waren gleich¬
zeitig schlaff und mürb.
Im Herzbeutel aller Thiere fand sich eine gewisse Menge klarer
Flüssigkeit vor. Der Herzbeutel gut genährter Thiere enthielt etwa
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Lupinose.
33
einen Theelöffel voll, der schlecht genährter Thiere 10—50 Grra.
dieser Flüssigkeit. Bei icterischen Thieren war letztere stroh- oder
saffrangelb gefärbt.
Einen regelmässigen Befund gaben auch die blutigen Herde im
Herzbeutel ab, die sich besonders zahlreich im visceralen Blatte des¬
selben gebildet hatten, so dass die Aussenfläche desselben oft roth
punktirt erschien.
An den Körpermuskeln Hessen sich ähnliche Abweichungen
nachweisen, wie am Herzen. Sie waren trüb und meist graugelb,
seltener rein grau gefärbt. Die Trübung trat aber mehr gleichmässig
auf und war bei gut genährten Thieren oft recht auffallend. Am
meisten betroffen waren die Muskeln des Rumpfes, weniger die der
Extremitäten. In einzelnen Fällen waren die Muskeln auch trocken
und zeigten eine geringere Cohärenz. Die mikroskopische Untersuchung
ergab, dass viele Muskelbündel ihre Querstreifung verloren hatten und
mit Fett- und Eiweisskörnchen so dicht erfüllt waren, dass die Muskel¬
kerne undeutlich wurden. Die gelbe Farbe der Muskeln und des
zwischen denselben gelegenen Fettgewebes kam nur bei hochgradigem
Icterus zur Beobachtung.
Die Milz war fast immer etwas vergrössert und schlaff. Die
Durchschnittsfläche war in der Regel glatt und nur selten sassen auf
derselben flache, abgerundete Erhöhungen, welche dem Ausbreitungs¬
gebiete der kleineren Milzarterien entsprachen. Die Durchschnitts¬
fläche war ferner grauroth gefärbt.
Die graurothe Farbe ist das Zeichen, dass neue Zellen im Paren¬
chym entstanden sind, und dass es sich wesentlich um eine paren¬
chymatöse Proliferation handelt.
Auch die Follikel der Milz waren in mehreren Fällen etwas
vergrössert. Niemals bestand aber eine auffallende Hyperämie.
Es ist also ein Milztumor, der sich ohne wesentliche Gefäss-
affection ausgebildet hat.
• Nur bei sehr heftigem Icterus war die Milzsubstanz schwach
gelblich gefärbt. Hatte die Durchschnittsfläche der Milz einige Zeit
an der Luft gelegen, so färbte sie sich hellroth, weil sich das dun-
kelrothe Blut der Milz unter der Einwirkung des Luftsauerstoffes
oxydirte.
Die Schleimhaut des Verdauungsapparats war niemals an¬
geätzt oder mit grösseren blutigen Herden oder oberflächlichen Schleira-
hautgeschwüren besetzt.
3
Archfr f. wissen sch. u. prakt. Thierbeilk. IX. Io. 2.
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34
ROLOFF,
Die Schleimhaut des Maules, Rachens, Schlundes und der
drei ersten Mägen war meist gelb gefärbt, aber sonst unverändert.
Die Schleimhaut des Labmagens war mit einer schleimigen
Masse, die ziemlich fest anhaftete, überzogen. Selten waren einzelne
Aeste der oberflächlich gelegenen Venennetze mit Blut gefüllt, häu¬
figer wurden einige stecknadelkopfgrosse blutige Herde in der Schleim¬
haut ermittelt. Besonders beachtenswerth ist aber ein Befund, der
bei mehreren Schafen ermittelt wurde, nämlich eine leichte Schwel¬
lung und Trübung der Magenschleimhaut.
Die Schwellung machte sich durch eine stärkere Faltenbildung
der Schleimhaut bemerkbar. Falten, die an der Psalterlabmagenöff¬
nung beginnen und gegen den Pförtner verlaufen, gehören zwar schon
zur normalen Einrichtung der Labmagenschleirahaut; auch treten diese
Falten bei leerem Magen, wo die Muskelhaut zusamraengezogen ist,
stärker hervor. Allein wenn die Schleimhaut geschwollen ist, errei¬
chen nicht nur die normalen Falten eine auffallendere Dicke und
Höhe, sondern es bilden sich auch neue Falten, deren Richtung man¬
nigfach variirt.
Die Trübung war nur durch ein geübtes Auge erkennbar. Man
sah in der meist gelb gefärbten Schleimhaut kleine, hirsekorn- bis
linsengrosse, blasse, trübe Flecke, die schwach prominirten. Diese
Flecke waren durch eine geringe Vergrösserung und körnige Verände¬
rung der in den Labdrüsen befindlichen (Haupt-) Zellen entstanden.
Am stärksten betroffen waren die im unteren abgeschlossenen Ende
der Drüsen gelegenen Zellen, deren körniger Inhalt theils eiweiss¬
artiger, theils fettiger Natur war.
Die Blässe der getrübten Stellen war durch Compression der
kleineren, zwischen den Labdrüsen verlaufenden Capillargefässe bedingt.
Hiernach ist die Erkrankung des Labmagens der Regel nach eine
katarrhalische (Gastritis catarrhalis), seltener eine drüsige
(Gastritis parenchyraatosa s. glandularis acuta). Die Ver¬
änderungen in den Labdrüsen stehen denen in den gewundenen H&rn-
canälchen der Nieren parallel und sind auch wie diese Product der
Reizung durch die in den schädlichen Lupinen vorhandene giftige
Substanz. Wenn man beachtet, dass die im Grunde der Labdrüsen
gelegenen Zellen am stärksten betroffen waren, so ist die Annahme
auszuschliessen, dass der krankhafte Zustand der Drüsen durch die
directe Einwirkung des Lupinengiftes auf die Magenschleimhaut ent-
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Lupinose.
35
standen ist. Viel wahrscheinlicher ist es dagegen, dass das Gift in
das Blat gelangt und von hier aus krankmachend wirkt.
Die Gastroadenitis übt einen schädlichen Einfluss auf die Abson¬
derung eines wirksamen Magensaftes und folglich auch auf die Ver¬
dauung aus, wodurch selbstredend die Ernährungsverhältnisse eines
Thieres allmählich sich verschlechtern müssen.
Der Vorgang an den Labdrüsen führt entweder zur Heilung oder
aber zur Fettmetamorphose und Verkleinerung (Atrophie) der Drüsen.
Das Letztere wurde bei Schafen wahrgenommen, welche den acuten
Reizungsprocessen der Organe nicht erlegen, sondern scheinbar geheilt
und erst später an allgemeiner Abmagerung mit Erschöpfung zu
Grunde gegangen waren.
Der Dünndarm enthielt eine grössere oder geringere Menge
Flüssigkeit, die trüb und fast immer gallig gefärbt war. Nur bei
wenigen Schafen hatte der Inhalt eine graue oder weisse Farbe.
An der Schleimhaut des Zwölffinger- und des Leerdarmes
war niemals eine Schwellung, nur zuweilen eine leichte Röthung nach¬
zuweisen. Die Spitzen der auf der Schleimhaut des Hüftdarms sitzen¬
den Zotten waren in vielen Fällen auffallend geröthet, und zwar nahm
die Röthung in der Richtung gegen die Ileocoecalklappe mehr und
mehr zu. In dem gerötheten Gebiete waren auch die Peyer’schen
Haufen etwas geschwollen. Häufig fanden sich in der Schleimhaut
des ganzen Dünndarms, selbst am peritonäalen Ueberzuge desselben,
gries- bis hirsekorngrosse blutige Herde vor.
Die Fäcalraassen des Blind- und Grimmdarms waren in der
Regel breiig, selten fest oder flüssig. Die Kämme der Schleimhaut¬
falten bei mehreren Thieren geröthet. An den Solitärfollikeln zeigte
sich eine schwache Schwellung. Oft war der seröse Ueberzug der ge¬
nannten Darmabschnitte mit kleinen hämorrhagischen Flecken besetzt.
Der Mastdarm enthielt gewöhnlich dunkelbraune, erbsen- bis
bohnengrosse Fäcalknoten, zuweilen flüssige Massen. Die Schleimhaut
desselben Hess die beim Blind- und Grimmdarm angeführten Abwei¬
chungen erkennen. Am stärksten geröthet und geschwollen war die
Schleimhaut im Beckenstück des Mastdarms, wo auch die meisten
blutigen Herde aufzutreten pflegten.
Aus diesen Angaben geht hervor, dass die Reizung in den vor¬
deren Abschnitten des Darms nur gering, in den hinteren jedoch hef¬
tiger war. Sie wurde vorzugsweise an den engen Theilen des Darmes
beobachtet, wo die Fäcalmassen sich anhäufen und einige Zeit liegen
3*
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36
ROLOFF,
• bleiben, also vor der Hüft-Blinddarmöffnung und im ßeckenstück des
Mastdarms. Danach kommt man zu der Folgerung, dass das Gift
bei längerer Berührung mit einer Schleimhaut auch örtlich ein wirkt.
Die örtliche Wirkung, welche am Magen nicht beobachtet wurde,
lässt vermuthen, dass im Darm die für die Auslaugung des Lupinen¬
giftes erforderlichen Bedingungen (Einwirkung alkalischer Flüssig¬
keiten) gegeben sind, und dass auch die Resorption desselben wahr¬
scheinlich im Darm erfolgt.
Das um das Beckenstück des Mastdarms gelegene Fett- oder
Bindegewebe war häufig von hirsekom- bis erbsengrossen blutigen
Herden durchsetzt. Um diese Herde zeigte sich eine starke, gelbe,
wässerige Tränkung des Gewebes. Bei mehreren Thieren waren die
mesenterialen Lymphdrüsen weich, schlaff, fast fluctuirend, an der
Oberfläche gleichmässig und glatt, von blass-weisslicher, gelblicher
oder grauer Farbe. Auf dem Durchschnitt pflegte Rinden- und Mark¬
substanz vergrössert zu sein; erstere war dicht, mehr homogen, grau
oder graugelb und feucht.
Was die Befunde an den übrigen Organen der Bauchhöhle
betrifft, so bleibt, noch Folgendes anzuführen:
Bei abgeraagerten Versuchsthieren enthielt die Bauchhöhle eine
klare, meist gelblich gefärbte Flüssigkeit, deren Menge 50—400 Grm.
betrug. Bei diesen Schafen fand sich aber nicht nur eine krankhafte
Ansammlung von Wasser in der Bauchhöhle, sondern auch im Herz¬
beutel, in den Brustfellsäcken und selbst in der Unterhaut vor, so
dass die Ursache dieser wassersüchtigen Zustände nicht in der Lupinen¬
vergiftung, sondern in der Abmagerung und Kachexie der Thiere ge¬
sucht werden muss.
Das Bauchfell war glatt, glänzend, blutleer und in der Regel
auffallend gelb gefärbt. Im Bauchfell, in den Gekrösen und im Netz
lagen oft viele blutige Herde.
2. Die Gelbsucht.
Die Ursachen des Icterus und seine Verbreitung sind bereits rait-
getheilt worden. Mit Icterus wird nicht nur die Circulation von
Gallenfarbstoff im Blute, sondern Ablagerung desselben in die Theile
bezeichnet. Der Gallenlarbstoff kann im Blute sein, ohne dass er
sichtbar wird, weil die Nieren ihn ausscheiden, und der sichtbare
Icterus tritt erst dann ein, wenn die Absonderung der Nieren nicht
genügt, um allen Gallenfarbstoff aus dem Blute zu entfernen. Daher
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Lupinose.
37
sehen wir erst Icterus der Leber, dann der Nieren und schliesslich
vieler anderer Organe, in denen mehr die Zellen als die Zwischen¬
substanz gelb gefärbt sind.
Wir haben ferner gesehen, dass der Icterus bei der acuten Lu¬
pinenvergiftung sehr selten fehlte, dass er aber dennoch eine neben¬
sächliche Bedeutung hat, weil die schweren Veränderungen der Paren¬
chyme gelegentlich ohne Icterus auftreten können.
Bei der in Rede stehenden Krankheit ist die Leber ein noth-
wendiges Desiderat für den Icterus, und deshalb muss letzterer als
(Stauungs-, Resorptions-) hepatogener Icterus bezeichnet werden.
3. Die Blutungen.
Wir haben capilläre Blutungen im Darm und aussen am Darm,
im Netz, im Gekröse, im Bauchfell und am Herzbeutel bei der Lu¬
pinenvergiftung der Schafe bereits kennen gelernt. Sie wurden ferner
constatirt im Mittel- und Bauchfell, an den Halsorganen, in der Haut
und Unterhaut, im Uterus und in der Scheide. Ueberall traten sie
in Form kleiner Flecke auf. In mehreren Fällen erschien das Ge¬
kröse bunt gefleckt. Bei einem Schafe war die Haut und Unterhaut
mit vielen Tausenden hirsekorngrosser, blutiger Herde, die durch Con-
fluenz zu grösseren Anhäufungen geführt hatten, durchsetzt. Dabei
war die Unterhaut im Umkreis der Herde gelblich gefärbt und wäs¬
serig getränkt.
Es ist eine bekannte Thatsache, dass Blutungen und Leberkrank¬
heiten häufig Zusammentreffen, und es fehlt auch nicht an Theorien,
um die Entstehung dieser Blutungen begreiflich zu machen. Keine
derselben ist aber thatsächlich begründet und vorläufig der Zusam¬
menhang zwischen Leberkrankheiten und Blutungen nicht aufgeklärt.
Man hat die Einwirkung der Galle auf das Blut, wobei letzteres sich
löse, beschuldigt, aber hierbei unbeachtet gelassen, dass Gelbsucht
längere Zeit bestehen kann, ohne Blutungen zu machen. Ebensowenig
ist die Ursache der letzteren in der Fettmetamorphose der Ca-
pillargefässe, die bei den an acuter Lupinenvergiftung gestorbenen
Schafen in der Leber, im Gehirn, im Knochenmark und in den Lungen
nachgewiesen worden ist, zu suchen. Denn sie fehlten zuweilen bei
starker fettiger Entartung der Gefässe, und fanden sich andere Male
vor, ohne dass eine Spur dieser Veränderung zu erkennen war.
Wahrscheinlich ist es jedoch, dass die Beschaffenheit des Blutes
bei der Lupinenvergiftung sich verändert und dass sich hierdurch die
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ROLOFF,
Ernährungsverhältnisse der Gefasswände verschlechtern. Von derarti¬
gen Gefässen lässt sich annehmen, dass sie entweder zerreisslicher
oder für den Durchtritt der rothen Blutkörperchen mehr geeignet sind.
Endlich bleibt noch zu erwähnen, dass fast bei allen Thieren
ein Oedem der Lungen, des Kehlkopfes und der weichen
Hirnhaut festgestellt worden ist.
Die Lungen waren blassroth gefärbt, luftleer und weich, die
Durchschnittsfläche glatt und von spiegelndem Glanz. Bei der Com-
pression des Lungengewebes floss eine klare, zuweilen röthlich ge¬
färbte Flüssigkeit über die Durchschnittsfläche. Die Bronchien und
die Luftröhre waren mit feinblasigera Schaum erfüllt.
Die um die Stimmritze gelegenen Theile des Kehlkopfes waren
wässerig infiltrirt und geschwollen. Die Schleimhaut und das unter
derselben befindliche Gewebe erschien gallertig, blass und durchschei¬
nend. Dieser Zustand fand sich auch an der Zungenwurzel und an
den unteren Abschnitten des Schlundkopfes. Einzelne Venen der
Schleimhaut des Kehl- und Schlundkopfes waren mit Blut gefüllt.
Die Venen der weichen Hirnhaut waren stark injicirt und die
Maschen der letzteren, namentlich an der Grundfläche des Gehirns,
mit einer ganz klaren Flüssigkeit, die, wie die mikroskopische Prü¬
fung ergeben hat, fast gar keine zelligen Elemente enthielt, angefüllt.
Das Oedem der Lungen, des Kehlkopfes und der weichen Hirn¬
haut sind Ergebnisse der Stauung des Blutes, die ihrerseits durch die
ungenügende Herzarbeit (deren Ursache in der Erkrankung der Herz-
musculatur liegt) zu Stande kommt.
Am Schlüsse der Betrachtungen über die bei der acuten Lupinen¬
vergiftung nachweisbaren anatomischen Veränderungen soll noch an¬
geführt werden, dass an allen übrigen Organen (Gehirn, Rücken¬
mark etc.) keine besonderen Abweichungen festgestellt werden konnten.
II. Die chronische Lupinenvergiftung.
Bei der chronischen Lupinenvergiftung, die bei längerer Zeit fort¬
gesetztem Genüsse kleinerer Mengen von schädlichen Lupinen oder
von Lupinen, die eine geringe Menge gütiger Substanz enthalten, ein-
tritt, ist die Leber so sehr Mittelpunkt aller Störungen, dass man die
Annahme einer besonderen Beziehung des Lupinengiftes zu der Leber
nicht abweisen kann. Während grosse Mengen des Giftes auf die
Leberzellen, also auf die drüsigen Bestandteile der Leber reizend
einwirken und hierdurch in der Regel und frühzeitig den Tod herbei-
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Lupinose.
39
fahren, bedingen kleinere und längere Zeit hindurch verabreichte Men¬
gen einen Neubildungsprocess im interstitiellen Gewebe derselben, der
chronisch verläuft und verhältnissmässig spät einen tödtlichen Aus¬
gang nimmt. Die parenchymatösen und interstitiellen Erkrankungen
der Leber sind entzündlicher Natur, beide stehen insofern parallel;
sie weichen aber in den Ausgängen von einander ab. Die parenchy¬
matösen Frocesse haben die Tendenz zur Zerstörung, die interstitiellen
zur Neubildung von Bindegewebe. Daher die Bezeichnung: Hepa¬
titis chronica interstitialis fibrosa.
Die Lebern bei Thieren, welche an chronischer Lupinenvergiftung
litten, waren kleiner und fest; die Oberfläche war entweder glatt
oder höckerig, und in einigen Fällen war die Leber gelappt.
Die glatten Lebern zeigten auf dem Durchschnitte eine braun-
graue oder braunweisse Farbe. Die Läppchen der Leber waren an
einzelnen Abschnitten nicht mehr zu erkennen, sie waren zu Grunde
gegangen und an Stelle derselben hatte sich eine feste, weisse Gc-
websmasse gebildet, die sich gleichmässig oder netzartig durch die
Leber verbreitete.
Bei den granulirten Lebern war die fibröse Gewebsraasse nicht
so gleichmässig vertheilt, sondern trat an manchen Stellen in grösserer
Mächtigkeit auf und fehlte an anderen gänzlich. Die kleinen Hügel,
welche sich über die Oberfläche der Leber erhoben, entsprachen kleinen
abgeschnürten Lebertheilen, die aus einer Summe von Leberläppchen
bestanden. Die Blutgefässe und Gallengänge wurden von weissen
fibrösen Zügen begleitet, die sich bis in das Leber-Zwölffingerdarmband
verfolgen liessen und schon von aussen sichtbar waren.
Bei den gelappten Lebern sah man grosse sternförmige Narben
im Parenchym, durch welche die Leber in grössere Abschnitte zerlegt
wurde.
Bei einem Thiere war auch die Leberkapsel stellenweise verdickt
und weiss gefärbt.
Man mass hiernach zwischen 2 Formen der interstitiellen Leberentzundung
trennen:
1. Bei der einep Form leidet das um die Gefasse gelegene (portale) Binde¬
gewebe. Es bilden sich neue bindegewebige Massen in der Richtung der Blut¬
gefässe und Gallengänge. Die Leber ist an diesen Stellen grau oder, wenn das
neugebildete Bindegewebe gefässreich ist, grauroth gefärbt. Später tritt an dem
neuentstandenen Gewebe Retraction ein, dadurch schrumpft die Leber und wird
platt. Diese Retraction kann eine gleich massige sein, dann bleibt die Oberfläche
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ROLOFF,
glatt, oder sie erfolgt an einzelnen Stellen stärker, als an anderen, dann werden
Körner oder Lappen der Leber abgesohnürt.
Ferner werden die Gallengänge und Blutgefässe mitbetroffen. An ersteren
kann Stauung entstehen. Die Galle kann nicht ausgeführt werden und dadurch
Durchtränkung des noch erhaltenen Leberparenchyms mit Galle und schliesslich
allgemeiner Icterus sich entwickeln.
Ist die Leber gleichzeitig icterisch, so spricht man von Cirrhose der¬
selben.
Andere Male reicht die Retraction des Gewebes nicht aus, um eine Com-
pression der Gallengänge und Stauung der Galle herbeizuführen. In diesen Fäl¬
len fehlt der Icterus.
Der Process hat mithin eine verschiedene Wirkung auf die Gallengänge.
Dasselbe gilt von den Pfortadergefässen, in denen die Circulation des Blutes so
schlecht werden kann, dass neue Störungen sich ausbilden, die weiter unten er¬
örtert werden sollen.
2. Bei der zweiten Form der interstitiellen Leberentzündung entsteht Binde¬
gewebe in den Leberläppchen. Da, wo Lebergewebe liegen sollte, findet sich
Bindegewebe, mithin gehen die Leberzellen bei diesem Processe zu Grunde. Nach
einiger Zeit tritt an dem neuentstandenen Gewebe gleichfalls Retraotion ein, die
aber nicht zur Abschnürung grösserer Lappen, sondern meist zu einer allgemeinen
Verkleinerung der Leber führt. Diese Form ist constant mit Stauungen des
Blutes in der Pfortader verbunden, weil die in den Läppchen gelegenen Capillar-
gefässe (die Abflusswege des Pfortaderblutes) untergegangen sind. Die Gefässe
veröden, sie verwachsen in sich und sind nicht mehr erkennbar.
Die Stauung in der Pfortader wirkt auf die Organe zurück, aus denen
erstere ihr Blut empfängt und veranlasst dadurch neue Störungen, die allerdings
selten zur vollen Ausbildung gelangen, weil die Thiere inzwischen der allgemeinen
Abmagerung und Abzehrung unterliegen. Das Blut, welches aus der Pfortader
nicht abfiiessen kann, sammelt sich in einzelnen Organen der Bauchhöhle, die
reich an Gefässen sind und viel Blut aufnehmen können. Zu diesen gehören:
Netz, Magen, Darm, Milz und Nieren.
Die Venen des Netzes waren ausgedehnt und mit Blut stark
gefüllt.
Das Netz ist eine Verdoppelung des Bauchfelles und besteht aus
2 dünnen Blättern, zwischen denen die Gefässe verlaufen. Letztere
liegen daher oberflächlich und werden von grösseren Gewebsmassen
nicht umschlossen. Diese Einrichtung des Netzes ist der Grund,
weshalb nach Stauungen in den Venen ein Theil der flüssigen Be-
standtheile des Blutes durch die Wand der zartesten Gefässe, der
Capillaren und wahrscheinlich der kleinsten Venen hindurchtritt und
Bauchwassersucht entsteht. Die Stauung in den Venen ist jedoch
nicht die alleinige Ursache der Bauchwassersucht, sondern die Ver¬
anlassung ihrer Entstehung ist auch in der wässerigen Beschaffenheit
des Blutes, die den allgemeinen Verfall der Ernährung begleitet, zu
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Lupinose.
41
soeben. Es ist daher wohl zu verstehen, wenn bei solchen Thieren
neben der Bauchwassersucht auch Brust- und Herzbeutel Wassersucht
nachgewiesen werden konnte. St^ts war aber die Menge der in der
Bauchhöhle angesammelten Flüssigkeit (bis 1000 Grm. und darüber)
anderen Thieren gegenüber, die nur an Abzehrung gestorben waren,
eine so bedeutende, dass die Hochgradigkeit nur durch die Erkran¬
kung der Leber erklärt werden konnte.
Ferner bemerkte man oft eine wässerige Trübung (Oedem) an
dem unter der Schleimhaut des Magens und Darmes gelegenen
Gewebe und an dem Gekröse.
Die Venen der Schleimhaut des Magens und Darmes waren mit
Blut gefüllt.
Die Milz war etwas grösser, fester und auf dem Durchschnitte
marmorirt; weisslich graue Stellen wechselten mit rothen ab. Die
graue Färbung der ersteren war durch Zellenreichthum bedingt. Die
Milzkapsel .war etwas verdickt.
Die Verkleinerung der Leber war also mit Vergrösserung der
Milz verbunden, die sich nicht auf Erweiterung der Gefässe, sondern
auf Neubildung von Gewebsbestandtheilen (Pulpa und Bindegewebe)
zurückfuhren lässt Der Process verläuft aber nicht gleichmässig in
der Milz, sondern betrifft einzelne Stellen stärker als andere. Die
grauen Stellen entsprachen den stärkeren, die rothen den schwächeren
Graden der Neubildung, von der auch die Milzkapsel nicht verschont
bleibt.
Um diesen harten Milztumor zu erzeugen, dürfte die Stauung als
solche, welche nur eine Ausdehnung der Gefässe und Anfullung der¬
selben mit Blut herbeiführen kann, nicht ausreichen, und es bleibt
daher Sache der Interpretation, wie man sich das Zustandekommen
des Neubildungsprocesses erklären will. Vorläufig ist nur bekannt,
dass die dauerhaften Anfüllungen der Organe mit Blut die Prädispo¬
sition zu allerlei entzündlichen Processen abgeben.
Die Nieren waren geschwollen, blutreich und härter. Der Blut-
reichthum zeigte sich vorzugsweise in der Markschicht der Nieren,
die an den peripherischen Theilen blauroth gefärbt war.
Alle diese Veränderungen sind Stauungsphänoraene, die ja be¬
kanntlich auch an den mit Schwellkörpern ausgestatteten Organen
nach Füllung mit Blut beobachtet werden. Die Härte der Nieren ist
nicht durch neu entstandenes Bindegewebe bedingt, sondern die Ge-
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42
ROLOFF,
fasse vergrössern sich und füllen sich stärker an. Die Nieren ver¬
halten sich den eregirten Theilen ähnlich.
Endlich war noch eine hochgradige Abmagerung bei allen
an chronischer Lupinenvergiftung leidenden Thieren nachzuweisen.
Als Versuchsthiere dienten auch Ziegen, ein Pferd, zwei Hunde
und Kaninchen.
Die Obductionen der Ziegen haben die von den Schafen ange¬
führten Befunde ergeben.
Das Pferd, welches an acuter Lupinenvergiftung gestorben war,
zeigte eine auffallende Schwellung und einen starken Icterus der Leber.
Nebenbei bestand hochgradiger allgemeiner Icterus. Die Nieren waren
vergrössert, schlaff, fast weich und stark getrübt; die Milz geschwol¬
len, blutreich und weich. Das Herz hatte eine gelblich graue Farbe;
es war trocken, mürb und trüb Dieselben Abweichungen wurden an
den Körpermuskeln ermittelt. Die mit Labdrüsen besetzte Abtheilung
des Magens war blass, trüb und geschwollen. Abweichend von den
Wahrnehmungen bei Schafen liess sich eine heftige Reizung im
ganzen Darme nachweisen, die sich durch starke Schwellung, Röthung
und Trübung zu erkennen gab. Die Mündung des gemeinschaftlichen
Gallenganges war mit einem Schleimpfropfe verstopft. Hierzu kamen
noch zahlreiche blutige Herde in den verschiedensten Organen, na¬
mentlich an der Ansatzstelle des Dünndarragekröses an den Darm.
Das oben beschriebene anatomische Bild der Krankheit konnte
mithin auch bei dem Pferde festgestellt werden. Zu beachten ist
nur, dass die Schwellungen und Trübungen aller Organe viel hoch¬
gradiger waren, als bei Schafen, und dass der ganze Befund an eine
schwere acute Infection erinnerte. Die Fettmetamorphose der ver¬
schiedenen Parenchyme war aber gering.
Bei den Hunden dagegen war neben der trüben Schwellung eine
bedeutende Fettmetamorphose in den genannten Organen zu erkennen.
Es gilt dies besonders von der Leber, die alle Eigenschaften der
Phosphorleber des Menschen nachweisen liess. Magen und Darm waren
hämorrhagisch entzündet.
Bei den Obductionen der Kaninchen wurde kein constanter Be¬
fund, meist Katarrh des Magens und Darmes und Reizung der Nieren
ermittelt. Es fehlten namentlich die bei Schafen etc. festgestellten
characteristischen Erscheinungen der Lupinenvergiftung.
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Lupinose.
43
Als erstes auffallendes Symptom der Lupinose zeigte sieh bei
anseren Versuchen, wie bei allen früheren Beobachtungen der Krank¬
heit, Verminderung des Appetits auf die giftigen Lupinen. Der Appetit
verschwand zuweilen plötzlich schon nach dem ersten Futter; oder
derselbe verlor sich allmählich im Laufe einiger Tage oder noch später.
Dies hängt theils von dem Grade der Schädlichkeit der Lupinen,
mithin von der Menge des mit einem Futter aufgenomraenen Giftes,
theils von der Individualität der Schafe ab. Im Allgemeinen lehrt
die Erfahrung, dass, je mehr Gift die Lupinen enthalten, um so
schneller und vollständiger auch der Appetit darauf sich verliert.
Wenn die Schafe die Aufnahme der giftigen Lupinen verweigerten,
so nahmen sie mitunter unschädliche Lupinen noch an; meist wurden
dann aber auch diese verschmäht. Anderes, namentlich schmack¬
haftes Futter, Grünfutter, Wurzeln und Knollen, wurde von den Schafen
oft noch angenommen, nachdem sich der Appetit auf Lupinen bereits
vollständig verloren hatte, jedoch gewöhnlich auch nur noch mit ge¬
ringerem Appetit als vorher und nur so lange die Krankheit keinen
hohen Grad erreicht hatte. Nach der Aufnahme sehr giftiger Lupinen
zeigte sich mitunter sofort ein absoluter Appetitverlust. Durst war
jn manchen Fällen vorhanden, in anderen Fällen mit der Fresslust
verschwunden.
Gleichzeitig mit der Verminderung des Appetits stellte sich bei den
kranken Thieren eine Erhöhung der Körpertemperatur ein. Schon am
Tage nach der Verfütterung giftiger Lupinen, bevor noch die Fress¬
last sich gänzlich verloren hatte, war eine Steigerung der Temperatur
um 1 0 C. oder noch mehr nachzuweisen. Die Temperatursteigerung,
welche bei den Versuchsschafen nach dem Eingeben grösserer Quan¬
titäten kalter Flüssigkeit beobachtet wurde, konnte freilich nicht aus¬
schliesslich als eine Wirkung des darin enthaltenen Giftes betrachtet
werden. Ein Versuch zeigte, dass .auch nach der Infusion von 4 Litern
einer lproc. Lösung von kohlensaurem Natron, die kein Lupinen-
extract enthielt, die Körpertemperatur während der nächstfolgenden
beiden Tage um 1 0 erhöht war. Die Temperaturerhöhung trat aber
auch nach der Aufnahme giftiger Lupinen in Substanz ein. Bei acutem
Verlauf der Krankheit steigerte sich die Körpertemperatur auf 40 bis
41°, selbst auf 41,6° C. Uebrigens wurden während der Krankheit
nicht selten Schwankungen der Temperatur von einem Tage zum
anderen um 1° oder noch mehr beobachtet. Vor dem Tode fand
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ROLOFP,
sich gewöhnlich ein erheblicher Temperaturabfall, der mitunter schnell,
in anderen Fällen allmählich im Laufe mehrerer Tage entstand.
Neben der Temperatursteigerung wurde eine Beschleunigung des
Pulses constatirt. Dieselbe nahm bei einem tödtlichen Ausgange der
Krankheit gewöhnlich immer mehr zu, wenn auch die Körpertempe¬
ratur schliesslich wieder sank.
Das Aussehen der vergifteten Schafe war Anfangs gewöhnlich
nicht auffallend verändert, wenn auch schon Verminderung der Fress¬
lust und Erhöhung der Körpertemperatur bestand. Erst mit der Zu¬
nahme der Krankheit verlor sich die Munterkeit der Thiere und stellte
sich eine deutliche Schwäche ein. Die Thiere lagen viel, standen
beschwerlich auf und standen dann häufig mit aufwärts gekrümmtem
Rücken; sie liefen ungern und leisteten beim Ergreifen weniger Wider¬
stand. Die bei der Krankheit entstehende Veränderung der Muskeln
erklärt die auffallende Schwäche der Thiere. Nicht selten zeigte sich
bei den kranken Schafen Eingenommenheit des Kopfes in mehr oder
weniger hohem Grade, selbst völlige Bewusstlosigkeit. Diese Erschei¬
nung wurde in manchen Fällen schon bald nach dem Beginn der
Krankheit, in anderen Fällen erst später, selbst erst nach 5 oder 6
Tagen bemerkt. Sie trat bald plötzlich, bald allmählich hervor. In
anderen Fällen wurden Störungen des Bewusstseins nicht wahrgenom¬
men, wenn die Krankheit auch im Uebrigen sehr heftig auftrat; oder
das Bewusstsein verlor sich erst kurz vor dem Tode.
Die Empfindlichkeit der kranken Thiere war nicht merklich ver¬
mindert, so lange das Bewusstsein ungetrübt erschien. Die Pupillen
zeigten selbst bei schwerer Erkrankung die normale Empfindlichkeit
für Lichtreiz.
Eine ziemlich regelmässige Erscheinung der Lupinose war eine
Gelbfärbung der Schleimhäute und der äusseren Haut. Dieses Sym¬
ptom wird als charakteristisch betrachtet und die Krankheit danach
auch „acute Gelbsucht“ genannt. Gewöhnlich zeigte sich die Gelb¬
färbung (Icterus) zuerst und am auffälligsten an der Bindehaut der
Augen (Conjunctiva), später und weniger deutlich an der Maulschleim¬
haut und an der äusseren Haut, am Gesicht etc. In manchen Fällen
entstand der Icterus frühzeitig, schon 2 Tage nach der Aufnahme der
giftigen Lupinen, in anderen Fällen aber erst später, 4 oder 5 Tage
nach der Aufnahme des Giftes. Auch bestand eine Verschiedenheit
der Fälle insofern, als der Icterus bald fast plötzlich hervortrat, bald
allmählich deutlich wurde. In manchen Fällen nahm die Gelbfärbung
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Lupinose.
45
wieder ab, während die Krankheit im Uebrigen noch zunahm. Dies
wurde namentlich dann beobachtet, wenn die Krankheit subacut verlief
und erst am 9. oder 10. Tage zum Tode führte, so dass ein erheb¬
licher Schwund der Leber mit Verminderung der Gallenabsonderung
zu Stande gekommen war. In noch anderen und selbst in sehr hef¬
tigen Krankheitsfällen war die Gelbfärbung der sichtbaren Schleim¬
häute sehr schwach oder dieselbe fehlte ganz; dagegen zeigten dann
bei der Section die inneren Theile und Organe oft eine intensive
Gelbfärbung. Dass selbst bei sehr heftiger Lupinose sowohl Icterus
der Schleimhäute, als auch Benommenheit fehlen kann, zeigt Ver¬
such 24. Wenn die Gelbfärbung der Conjunctiva ausblieb, so war
doch gewöhnlich eine höhere Röthung derselben zu constatiren.
Dass der Icterus, eine so grosse Bedeutung derselbe auch für die
Diagnose hat, doch nur eine nebensächliche Erscheinung der Lupinose
bildet, ist in dem Abschnitt, welcher von den anatomischen Verän¬
derungen handelt, ausgeführt. Die durch das specifische Gift der
Lupinen erzeugte Erkrankung der Leber kann bestehen, ohne dass
eine erhebliche Stauung und Resorption der Galle ein tritt, und so
lange die Nieren nicht in höherem Grade erkrankt sind, können diese
die Ausscheidung des in das Blut gelangten Farbstoffs bewirken und
die Ablagerung desselben in den Geweben verhüten.
Harn wurde von den kranken Thieren häufig, in kleinen Quan¬
titäten, aber ohne Beschwerde entleert. Die Gewinnung desselben
behufs näherer Untersuchung war daher auch nie schwierig. Wurden
kranke Schafe getödtet, so Hessen sie dabei Harn, wenn die Blase
nicht vorher entleert war. Bei der Section fand sich die Blase ge¬
wöhnlich leer und zusaramengezogen. Eine starke Füllung der Harn¬
blase wurde in keinem Falle beobachtet.
So oft der Harn der kranken Thiere untersucht wurde, und zwar
schon bevor sich Gelbfärbung der Conjunctiva zeigte, konnte darin
Gallenfarbstoff nachgewiesen werden. Gewöhnlich trat auch bald
Eiweiss im Harn auf, und bei der mikroskopischen Untersuchung
wurden in demselben öfter Fibrincylinder, auch icterisch gefärbte
Nierenepithelien gefunden 1 ). Auch die Flüssigkeit, welche bei der
*) Dr. Arnold und Dr. Lemke fanden Gallenfarbstoff nicht immer im
Ham der kranken Schafe, dagegen regelmässig Gallensäuren. (13. Jahresber.
der Kgl. Thierarzneischule zu Hannover, und Deutsche Zeitschr. f. Thiermedicin,
YD. Bd., 4. Heft.)
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ROLOFF,
Section in den Körperhöhlen vorgefunden wurde, enthielt Gallenfarb¬
stoff. Eine parenchymatöse Nierenentzündung war bei unseren kran¬
ken Versuchsschafen regelmässig vorhanden. Die nervösen Erschei¬
nungen waren davon jedoch nicht abhängig; bei der Section fand sich
in manchen Fällen eine sehr schwere Nierenentzündung, ohne dass
bei den Thieren während der Krankheit eine Benommenheit be¬
merkt war.
Die Kothentleerung war gewöhnlich verzögert; die Kothbälle
waren hart und meist mit gelbem Schleim umhüllt, oft auch blutig.
Letzteres wurde selbst bei leichten Erkrankungen beobachtet.
In dem leeren Mastdarra fand sich oft blutiger Schleim. Auftreibung
des Hinterleibes wurde auch bei Hartleibigkeit nicht beobachtet. In
seltenen Fällen bestand bei der Krankheit Durchfall.
Das Athraen war bei den Versuchsthieren in allen Fällen ruhig
und wurde nur erst kurz vor dem Tode beschleunigt und erschwert,
oft stöhnend. Bei verschiedenen kranken Schafen wurde Nasenaus¬
fluss, der in einem Falle blutig erschien, beobachtet.
Der Tod erfolgte am 4. oder 5. Tage nach der Aufnahme des
Giftes, wenn dieses in tödtlicher Dosis in alkalisch gemachtem Wasser
gelöst gegeben wurde. Auch nach der Fütterung mit giftigen Lu¬
pinen in Substanz starb ein Schaf schon am 5. Tage. In anderen
Fällen starben die Schafe 9 oder 10 Tage nach dem Beginn der
Fütterung und 6 bis 7 Tage nachdem die ersten Krankheitserschei¬
nungen bemerkt waren.
Wenn die Krankheit nicht zum Tode Führte, so erfolgte die Bes¬
serung oft schnell am 5. oder 6. Tage; die Thiere erschienen dann
munterer und der Appetit kehrte wieder. Die Gelbfärbung der
Schleimhäute verschwand gewöhnlich später, aber dann oft schnell,
in 2 oder 3 Tagen. In anderen Fällen erfolgte die Genesung sehr
langsam. Sie war oft nur eine scheinbare: die Appetitlosigkeit und
die übrigen Symptome fanden sich wieder ein und die Krankheit
wurde dann in kurzer Zeit tödtlich, oder die Thiere gingen allmählich
an Abzehrung ein. Dass die Thiere häufig nur unvollständig genesen
und sich dann schlecht nähren, ist hauptsächlich die Folge davon,
dass die bei der Krankheit zu Grunde gegangene Lebersubstanz nicht
wieder ersetzt wird, die Gallenabsonderung daher mangelhaft bleibt.
Möglicherweise hat auch die Veränderung der Bauchspeicheldrüse einen
nicht unbedeutenden Antheil an der Entstehung der Abzehrung. Im
Ganzen kann der Nachtheil, den die Lupinose in Schäfereien dadurch
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Lupinose.
47
verursacht, dass die genesenen Thiere dauernd an Verdauungsschwäche
leiden und schlechte Futterverwerther bleiben, viel bedeutender sein,
als der Verlust durch die Sterbefälle. Werden den scheinbar gene¬
senen Thieren früher oder später aufs Neue giftige Lupinen verab¬
reicht, so erkrankten sie eher und heftiger als andere Schafe. Auch
Schafe, die mit Leberegeln behaftet sind und deren Leber in Folge
dessen krankhaft verändert ist, erliegen der Lupinose leicht. Beides
konnten wir bei unseren Versuchen beobachten. Wir wollen übrigens
nicht unterlassen zu bemerken, dass die von uns in Vorstehendem
speciell angeführten Versuche ausschliesslich mit gesunden, gut ge¬
nährten Schafen angestellt sind.
Bei der chronischen Form der Lupinose, welche nach fortgesetzter
Fütterung mit Lupinen entstand, die in geringerem Grade giftig waren,
bildete sich allmählich Bleichsucht und Abzehrung aus. Icterus wurde
dabei gewöhnlich nicht beobachtet. Die Krankheit hatte Aehnlichkeit
mit der Leberegelseuche, unterschied sich von dieser aber dadurch,
dass in der Regel weder Durchfall, noch erhebliche Ansammlung
von wässeriger Flüssigkeit in der Unterhaut entstand. Da das Lu¬
pinengift nicht wie die Leberegeln ausschliesslich eine Erkrankung
der Leber erzeugt, sondern in verschiedenen, für die Ernährung wich¬
tigen Organen krankhafte Veränderungen hervorruft, so entsteht bei
der chronischen Lupinose schon Abzehrung, bevor noch die Leber in
Folge der interstitiellen Entzündung in dem hohen Grade entartet ist,
wie im letzten Stadium der Egelseuche. Neben der Verschlechterung
des Nährzustandes beobachteten wir bei der chronischen Lupinose
häufig Nasenkatarrh, Röthung der Conjunctiva und in einzelnen Fäl¬
len Entzündung der Haut und Schorfbildung an den Lippen und auch
an den Ohren. Der Appetit der Schafe auf Lupinen nahm allmählich
ab, und zwar wurden vorzugsweise die Hülsen verschmäht.
Dass die giftigen Lupinen bei Pferden ebenso schädlich wirken
wie bei Schafen, ist bereits an mehreren Orten beobachtet. Bei einem
hier angestellten Versuche ist die wesentliche Uebereinstimmung der
Lupinose bei Pferden und bei Schafen constatirt. Ferner wurde hier
experimentell festgestellt, dass das Lupinengift aut Ziegen uud auf
Hunde wie auf Schafe ein wirkt. Dagegen gelang es uns nicht, bei
Kaninchen die Lupinose zu erzeugen, mochte an dieselben die giftige
Lupine in Substanz verfüttert, oder ihnen das Gift in Lösung einge¬
geben werden. Wenn die Kaninchen danach erkrankten, so war die
Krankheit doch in den von uns beobachteten Fällen von der Lupinose
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ROLOFF,
wesentlich verschieden. Wir halten daher das Kaninchen nicht für
ein passendes Versuchsthier, wenn es sich darum handelt, zu prüfen,
ob ein aus den Lupinen gewonnener chemischer Körper das die Lupi-
nose erzeugende Gift ist.
Dass ein specifisches Gift die Lupinose erzeugt, unterliegt nach
unseren Versuchen keinem Zweifel. Da schon nach 100 Grm. Schalen
oder Körnern Appetitsverminderung als erstes Krankheitssymptora und
nach 200—300 Grm. Lupinose mit acutem Verlauf und Ausgang in
den Tod eintrat, auch bei den anderen Versuchen die Schafe schon
nach der Aufnahme kleiner Quantitäten Lupinenheu oder des Extracts
von 1 Kgr. Schalen, selbst wenn aus letzteren nur erst ein Theil des
Giftes extrahirt war, erkrankten und starben, die betreffenden Schafe
auch Wochen oder Monate lang vor den Versuchen, zum Theil wahr¬
scheinlich noch niemals vorher Lupinen erhalten hatten, so ist die
Annahme widerlegt, dass eine übermässige Fütterung mit Lupinen
die Ursache der Krankheit sei. Es hängt von dem Gehalt der Lu¬
pinen an dem specifischen Gifte ab, ob schon eine kleine Quantität,
ein einziges Futter, oder ob erst eine fortgesetzte Verfütterung Ver¬
giftung erzeugt. Da ferner die zu unseren Versuchen benutzten Schafe
gut genährt, zum grossen Theil sogar halbfett waren, so trifft auch
die wiederholt geäusserte Ansicht nicht zu, dass nur schlecht ge¬
nährte Thiere für das Gift empfänglich seien. Der Versuchsstall war
hell und luftig. Neben den giftigen Schalen und Körnern erhielten
die Schafe Wiesenheu und Kleientrank, manche auch Wiesengras oder
Kartoffeln, und trotzdem wirkte das Gift tödtlich.
Die zu unseren Versuchen benutzten, höchst giftigen Lupinen
waren reif geworben, trocken, von tadellosem Aussehen und Geruch.
Das Gift war vorzugsweise in den Schalen und in den Körnern
enthalten. Von letzteren erwiesen sich wider Vermuthen die Kerne
giftiger als die Samenschalen; denn während von den sorgfältig ge¬
schälten Körnern schon eine kleine Quantität von 388 Grm. bei
einem Schafe Lupinose erzeugte, wirkte das Extract von 500 Grm.
Samenschalen nicht giftig. Da auch das Wasser, in welchem eine
grössere Quantität Körner ganz rein abgewaschen war, bei einem
Schafe nur eine schnell vorübergehende, ganz leichte Erkrankung er¬
zeugte, und das Wasser, welches zum Auslaugen einer grösseren
Menge Stroh gedient hatte, nicht einmal die Genesung des leicht er¬
krankten Schafes verhinderte (Versuch 12), so ist nicht anzunehmen,
dass das Gift den Lupinen äusserlich anhaftet und dass Pilze das
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Lupinose.
49
giftige Prinzip darstellen. Insbesondere bei der Behandlung der Lu¬
pinen mit Alkohol (Versuch 18) würden Pilze zerstört sein; die Lu¬
pinen waren aber dabei nicht entgiftet. Auch die Entwickelung der
Krankheit bei den Thieren spricht dafür, dass die ursächliche Schäd¬
lichkeit ein chemischer Körper ist. Die Bildung des Giftes in den
Lupinen wird aber möglicherweise durch einen auf letzteren parasi-
tirenden Pilz verursacht. Dafür spricht namentlich das Vorkommen
der schädlichen Lupinen. Die bisherigen Untersuchungen haben jedoch
über die Vermuthung noch nicht hinausgeführt.
Wasser, in welchem 1 Kilo giftiger Schalen bei 40 °C. 40 Stun¬
den lang ausgelaugt waren, erzeugte nur eine vorübergehende Erkran¬
kung. Aus den ausgelaugten Schalen wurde dann durch eine Lösung von
kohlensaurem Natron noch so viel Gift extrahirt, dass ein Schaf nach
der Infusion der Flüssigkeit heftig erkrankte und am 5. Tage starb.
Mithin wird durch reines Wasser nur ein geringer Theil des Giftes
oder dieses nur langsam vollständig ausgezogen. Das Glycerin-
extract 1 ), sowie das Alkohol- und das Aetherextract wurden nicht
giftig befunden, obgleich immer verhältnissmässig grosse Quantitäten
Schalen verwendet waren. Auch durch Wasser, welches durch Zusatz
von 3 / 4 pCt. Schwefelsäure angesäuert war, wurde das Gift nicht
ausgezogen; das Schaf, welches das Infusum erhielt (Vers. 22), er¬
krankte zwar, aber nicht an Lupinose. Die Schalen wurden nach
der Behandlung mit der Säure noch sehr giftig befunden. Dagegen
ist das Gift in alkalisch gemachtem Wasser leicht löslich. Eine
lproc. Lösung von kohlensaurem Natron, welche 24 Stunden lang
auf den giftigen Lupinen gestanden hatte, erzeugte allemal heftige,
tödtliche Lupinose. Bei diesen Versuchen zeigte sich übrigens, dass
auch die alkalische Flüssigkeit die Lupinen binnen 24 Stunden noch
nicht entgiftet hatte, selbst wenn 1 Kilo Schalen mit 4 Liter Flüssig¬
keit infundirt wurden. Die genannte Menge Schalen erzeugte dann
bei einem Schafe noch tödtliche Lupinose (Vers. 24, 25).
Eine 24stündigc Erhitzung der Lösung des Giftes auf ca. 70 °C.
zerstörte letzteres nicht. Schalen, die im Trockenofen 6 Stunden
lang einer Hitze von 120° C. ausgesetzt gewesen waren, enthielten
noch reichlich wirksames Gift. Beim Dämpfen der Lupinen wurde
*) Die Unlöslichkeit des Giftes in Glycerin ist bereits früher von Dr. Ar¬
nold und Dr. Lemke nachgewiesen (13. Jahresber. der Kgl. Thierarzneischule
zu Hannover.
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Archiv L wiasensch. u. prakt. Tbierheilk. IX. 1 u. 2.
50 ROLOFF,
bei 2V 2 Atm. Ueberdruck das Gift zerstört, bei IV '2 Atm. Ueberdruck
jedoch nicht *).
Bei längerer Aufbewahrung der Lupinen an einem trockenen
Orte vermindert sich deren Schädlichkeit nicht; Lupinen, die hier
IV 2 Jahre aufbewahrt waren, wirkten noch ebenso schädlich wie un¬
mittelbar nach der Ernte. Dass die Schädlichkeit der Lupinen sich
öfter vermindert, wenn dieselben in kleinen Haufen im Freien aufbe¬
wahrt werden, hat, wie bereits von Jul. Kühn ausgesprochen ist,
seinen Grund wahrscheinlich darin, dass das Gift durch den Regen
ausgelaugt wird.
Eine nähere Bestimmung des Giftes haben wir bis jetzt nicht
herbeifuhren können. Die durch dasselbe erzeugte Krankheit stimmt
theils mit der acuten gelben Leberatrophie, theils mit der acuten
Phosphorvergiftung bei Menschen überein, und es ist daher wahr¬
scheinlich, dass das Gift der Lupinen ein phosphorhaltiger Körper ist.
Der Phosphor wirkt auch bei Schafen schon in kleinen Dosen tödtlich;
ein sehr kräftiges Schaf, welchem wir 0,20 Grm. Phosphor in einer
Emulsion von 4 Litern auf vier Portionen in drei Tagen eingaben,
zeigte am zweiten Tage Verminderung des Appetits, am dritten Tage
Appetitlosigkeit, Traurigkeit, Erhöhung der Körpertemperatur um 1°C.
und starb in der Nacht vom dritten zum vierten Tage. Die Aehn-
lichkeit der Lupinose mit der acuten gelben Leberatrophie des Men¬
schen macht es wahrscheinlich, dass auch letztere Krankheit durch
ein der schädlichen Substanz in den Lupinen ähnliches Gift verursacht
wird. Das Vorkommen der Krankheit spricht ebenfalls dafür, dass
eine Schädlichkeit der Nahrung die veranlassende Ursache ist. Erb¬
sen, namentlich Bohnen haben nach uns zugegangenen brieflichen Mit¬
theilungen in einigen Fällen bei Schafen eine mit der acuten Lupinose
im Wesentlichen übereinstimmende Krankheit erzeugt.
Die bisher bei der Lupinose angewendeten Arzneimittel haben
sich nicht in erwünschter Weise wirksam gezeigt: ein specifisches
Gegengift ist noch nicht gefunden. Die Hauptsache bei der Behand¬
lung ist selbstverständlich die sofortige Entziehung der schädlichen
Lupinen, wenn die erste Erscheinung der Vergiftung, d. i. Verminde¬
rung des Appetits, bemerkt wird. Ausserdem würden Säuren ange¬
zeigt sein, um die Lösung des Giftes in den im Magen und Darm
! ) Jul. Kühn fand, dass mehrstündiges Dämpfen der Lupinen bei 1 Atm.
Ueberdruck das Gift zerstört (Fühling’s Landw. Zeitung, Juli 1881).
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Lupinose.
51
befindlichen Lupinen hintanzuhalten, und ausleerende Mittel bezw. ab¬
führend wirkende Futterstoffe, um die Entleerung des schädlichen
Magen- und Darrainhalts zu befördern. Bei dieser Behandlung erfolgt
oft Genesung, wenn die verfütterten Lupinen in geringerem Grade
giftig waren und der Ausbruch der Krankheit sofort entdeckt wurde.
Waren die Lupinen hingegen sehr giftig und verlieren die Schafe so¬
fort den Appetit auch auf anderes Futter, so erfolgt selten Heilung,
und wenn die Krankheit aucli nicht binnen kurzer Zeit zura Tode
fuhrt, so ist die Genesung doch in der Regel nur eine unvollständige.
Erhalten solche Schafe aufs Neue schädliche Lupinen, so erkranken
sie gewöhnlich schneller und heftiger als das erste Mal. Es kommt
daher vor Allem darauf an, die Krankheit zu verhüten. Zu diesem
Zwecke ist eine Probefütterung zunächst bei einigen Schafen ange¬
zeigt, und die Probe muss jedesmal wiederholt werden, wenn Lupinen
von einem anderen Schlage verfüttert werden sollen. Sind die Lupinen
sehr giftig, so zeigt sich dies bei der Probefütterung binnen einigen
Tagen, oft schon nach dem ersten reichlichen Futter. Mit besonderer
Vorsicht sind diejenigen Lupinen zu verfüttern, welche in der Scheune
oder in grossen Haufen auf bewahrt wurden. Durch das gute Aus¬
sehen derselben darf man sich nicht täuschen lassen.
Durch alkalische Flüssigkeiten, z. B. durch eine lproc. Lösung
von kohlensaurcm Natron, wird bei längerer Einwirkung das Gift aus¬
gezogen; aber wie unsere Versuche lehren, genügt eine 24stündige
Auslaugung der Lupinen mit einer grossen Menge Flüssigkeit noch
nicht, dieselbe vollständig zu entgiften. Die Auslaugung muss wenig¬
stens 48 Stunden fortgesetzt und inzwischen die Flüssigkeit erneuert
werden, wenn letztere nicht in verhältnissmässig grosser Menge angc-
weudet werden kann. Durch mehrstündiges Dämpfen bei reichlich
2 Atm. Ueberdruck wird das Gift zerstört.
Das von einer Seite empfohlene Besprengen mit einer Säure
macht die giftigen Lupinen nicht unschädlich und könnte nur die
Lösung des Giftes in dem Verdauungscanal verzögern, wenn die Säure
in grösserer Menge angewendet wird.
Ob und event. wie die Entstehung des giftigen Stoffes in den
Lupinen verhindert werden kann, ist zur Zeit noch nicht zu entschei¬
den , da die Bedingungen der Giftbildung nicht bekannt sind. Nur
soviel wissen wir, dass die giftige Substanz in den Lupinen sich vor¬
zugsweise bei der Reife der letzteren bildet. Um zu erfahren, ob
giftige Lupinenkörner wieder giftige Pflanzen erzeugen, haben wir
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ROLOFF,
Körner, welche sehr giftig waren, ausgesäet. Die Pflanzen waren reif
geworden, jedoch sehr kümmerlich, so dass von einer ziemlich grossen
Fläche nur 500 Grm. Heu geerntet wurde. Dasselbe wurde geschnit¬
ten und dann mit 4 Litern einer 1 proc. Natronlösung ausgelaugt.
Diese Flüssigkeit wurde einem gesunden Schafe auf vier Portionen im
Laufe eines Tages eingegeben, und ausserdem wurden die nach der
Auslaugung an der Luft getrockneten Lupinen an dasselbe Schaf ver¬
füttert. Das Schaf erkrankte danach nicht. Dass der Versuch die
gestellte Frage nicht entschieden hat, braucht wohl kaum bemerkt
zu werden.
Eine andere Frage ist, ob das Fleisch der an Lupinose erkrank¬
ten Schafe geniessbar ist. Da die Erfahrung lehrt, dass die Krank¬
heit sehr oft tödtlich verläuft, so sind die kranken Schafe häufig
geschlachtet, um sie noch möglichst gut zu verwerthen. Um die Frage
ihrer Entscheidung zuzuführen, haben wir Fleisch von den während
der Krankheit getödteten Schafen an Hunde verfüttert. Letztere er¬
krankten danach nicht an Lupinose. Dass das Blut der kranken
Schafe die giftige Substanz nicht in grösserer Menge enthält, geht
aus folgendem Versuche hervor:
51. Von dem am 30. December 1880 getödteten, mit starker acuter Lu¬
pinose behafteten Schafe (Vers. 5) wurde Blut aufgefangen, defibrinirt und davon
einem anderen, gesunden Schafe 50 Grm. in die Jugularis injicirt. Als noch
eine zweite Quantität Blut injicirt werden sollte, entstand an der Injectionsstelle
ein Extravasat, welches sich in einen Abscess umwandelte. Bei dom Schafe
steigerte sich die Körpertemperatur bald nach der Injection von 38,5 auf 39,5°
und am folgenden Tage auf 40,5° C. Auf dieser Höhe hielt sich die Tempe¬
ratur drei Tage, während die Pulszahl sich auf 120 vermehrte. Am 3. Januar
1881 war die Körpertemperatur auf 39,6°, die Zahl der Pulse auf 100 pr. Min.
gesunken. Neben diesen Erscheinungen bestand eine Verminderung des Appetits.
Andere Krankheitserscheinungen, namentlich Icterus, zeigten sich nicht, und nach
Eröffnung des Abscesses an der Injectionsstelle fiel die Körpertemperatur bald
ab; auch der Appetit fand sich wieder ein, und das Schaf erholte sich schnell
und vollständig.
Wenn danach auch eine Uebertragung der Lupinose auf Menschen
durch den Genuss des kranken Fleisches nicht zu befürchten ist, so
muss das Fleisch von den in höherem Grade erkrankten Schafen doch
für ungeniessbar erachtet werden, weil es ekelhaft ist und weil bei
der Krankheit eine bedeutende Veränderung nicht nur der drüsigen
Organe, sondern auch der Muskeln stattfindet.
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Lupinose.
53
Nachtrag.
Der kürzlich erschienene 14. Jahresbericht der König]. Thier¬
arzneischule zu Hannover enthält eine neue Arbeit von Dr. Arnold
über die Lupinose, in welcher der Verfasser darüber klagt, dass wir
auf Grund unserer vorläufigen Mittheilung in dem Centralblatt für
medieinische Wissenschaften von verschiedenen Seiten als der Autor
der von uns mitgetheilten Befunde hingestellt sind. Ein Vergleich
der Daten unserer und seiner (der Arnold’schen) Veröffentlichung
werde aber Jeden überzeugen, dass er mindestens dieselben Ansprüche
auf die Priorität habe, wie wir.
Es ist allerdings richtig und von uns in vorstehender Arbeit auch
angegeben, dass die Herren Dr. Arnold und Dr. Lemke die Un¬
löslichkeit des die Lupinose erzeugenden Giftes in Glycerin bereits vor
uns nachgewiesen und dass dieselben in dem Harn der an Lupinose
erkrankten Schafe Eiweiss und Gallensäuren, in einem von den drei
Fällen, welche in dem Ende März 1881 erschienenen 13. Jahresbe¬
richt erwähnt sind, auch Gallenfarbstoff nachgewiesen haben. Dieser
Fall wurde Ende Januar 1881 beobachtet, während wir das Vorhan¬
densein von Gallenfarbstoff im Harn bei der Lupinose bereits im De-
cember 1880 und dann in allen Fällen constatirt haben, in welchen
die Untersuchung darauf gerichtet wurde. Ueber die Natur und die
Ursache der Lupinose äusserten sich die Herren Dr. Arnold und
Dr. Lemke in dem letzterwähnten Jahresbericht der Thierarzneischule
zu Hannover noch dahin, dass das Wesen in einer Lähmung der
Gallen- und Harnblase mit den daraus folgenden Momenten bestehe
und dass als Ursache Pilze anzusprechen seien. Erst in der Arbeit,
welche in dem am 23. November 1881 ausgegebenen 4. Hefte des
VII. Bandes der deutschen Zeitschrift für Thiermedicin enthalten ist,
erklären die Herren Arnold und Lemke, dass nach ihren neuen
Versuchen Pilze nicht als die Ursache der Lupinose angesprochen
werden können, dass das Gift vielmehr ein chemischer, in Wasser
löslicher und in Alkohol unlöslicher Körper ist, und dass die Verän¬
derungen der Organe in der lebhaftesten Weise an das Bild erinnern,
wie man es bei der acuten Phosphorvergiftung sieht. Wir hatten
dies bereits in unserer am 13. August desselben Jahres publicirten
vorläufigen Mittheilung, mithin viel früher ausgesprochen. Herr Dr. Ar-
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ROLOFF.
nold legt jedoch Gewicht darauf, dass seine Arbeit bereits am 31. Juli
niedergeschrieben war. Nun, unsere vorläufige Mittheilung ist schon
vor dem genannten Tage niedergeschrieben. Aus unserer Arbeit geht
ausserdem hervor, dass auch unsere Versuche, welche uns zu dem
Schlüsse Führten, dass das fragliche Gift ein chemischer Körper ist,
bereits früher als die betreffenden Versuche in Hannover angestellt
sind. Ein. Vergleich der Daten in den verschiedenen Arbeiten muss
mithin Jeden überzeugen, dass bezüglich der erwähnten Aeusserungen
über das Wesen und die Ursache der Lupinose die Herren Dr. Arnold
und Dr. Lemke nicht „mindestens“, sondern „höchstens“ dieselben
Ansprüche auf die Priorität haben, wie wir.
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II.
Die Wechselbeziehungen zwischen der Belastung der
Schenkelsäule und der Gestalt ihrer Stützfläohe.
VOD
F. Peters, Marstalls-Oberrossarzt in Schwerin.
(Fortsetzung. — Siehe dieses Archiv Bd. VIII, S. 281.)
Der Bodendruck in seinem Verhältniss zum acuten Verschlag und zum
Rehhuf.
Dem Leser, welcher aufmerksam den Betrachtungen über den
veränderten Einfluss des Bodendruckes auf die Formgestaltung des
Hufes gefolgt ist und besonders die vorständige Stellung des Fusses
als das bedingende Moment der verlängerten Zehe beim spitzen Hufe
erkannt hat, wird sich wohl schon die Vermuthung über einen ur¬
sächlichen Connex zwischen der exorbitant vorständigen Stellung
und gewissen Veränderungen des Hufes bei dem acuten Verschlag
oder der Rehe der Pferde aufgedrängt haben.
Es handelt sich an diesem Orte nicht um eine ausführliche Be¬
schreibung der Erscheinungen und Ausgänge dieser Krankheit, sondern
um die Betrachtung von zwei dunklen Punkten: Weshalb stellt das
Pferd bei der so schmerzhaften Entzündung der Huflederhaut im Be¬
reich der Zehen den Stützpunkt für die Fussaxe so weit nach vorn?
Weshalb tritt eine Loslösung der Zehenhornwand von dem Zehentheil
des Hufbeins ein?
Die im „rationellen Hufbeschlag“ ausgesprochene Ansicht, dass
bei der vorständigen Fussstellung die Ballen u. s. w. deshalb mehr
Last tragen, weil sie dem Einfallspunkt der Schwerlinie näher liegen,
kann nicht zur Erklärung der ersten Frage herangezogen werden. Für
die stärkere Belastung der hinteren Huftheile kommen vielmehr die-
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PETERS,
jenigcn Momente in Betracht, welche früher bei der Bestimmung des
Gegendruckes aus dem Erdboden Berücksichtigung fanden. Die Kraft
der Muskeln am Ellenbogengelenk muss den sich schräge stützenden
Fuss mit tragen helfen, so lange die Last durch den Winkel im Fessel¬
gelenk gebrochen und der abgelenkte Theil durch die Sehne getragen
wird. Geschieht diese Brechung der Last nicht, stellt der Vorgesetzte
Fuss vom Ellenbogen bis zur Hufzehe eine gerade Linie vor, wodurch
die Tragthätigkeit der Sehnen eliminirt wird, so pflanzt sich der Druck
in derselben Richtung geradlinig bis zum Erdboden fort und ruft einen
ihm entgegengesetzten Gegendruck hervor. Hier dient der Fuss nicht
als elastische Tragesäule, sondern als ein Strebepfeiler, welcher
seiner Richtung entsprechend die meiste Last der Hufzehe Zufuh¬
ren muss.
Dieser letzte Punkt ist es, welcher den Beschauer eines verschla¬
genen Pferdes irre führen kann und zur Fragestellung drängt: ob das
Pferd seinen kranken Füssen eine zweckentsprechende, d. h. eine solche
Stellung giebt, welche den Druck von den leidenden Theilen entfernt
und die Schmerzen erleichtert? Gerade die Hufzehe müsste am
meisten Druck empfangen, wenn man sich statt der win¬
kelig unterbrochenen Knochensäulen vollständig gerad¬
linige Knochen in den Hornschuh eingepflanzt denkt. x4ber
dieser Widerspruch löst sich sofort, wenn man die Richtung des Ge¬
gendruckes betrachtet, wie sie unter Mitwirkung der activen Kräfte
des Fusses zu Stande kommt.
Durch die letzteren wird bei der vorständigen Stellung des Fusses
die Richtung des Gegendruckes so abgeändert, dass er von hinten und
unten schräg nach vorn und oben gegen die gesammte Bodenfläche
des Hufes wirkt. Dass diese Richtung eine mehr und mehr schräge
wird, je weiter die Richtung des oberen Fusses sich von der Senk¬
rechten entfernt, ist ohne Weiteres ersichtlich. Der Richtung ent¬
sprechend, in welcher Druck und Gegendruck auf einander treffen,
tritt die Zone der höchsten Belastung immer mehr zurück in
den Bereich der Ferse, so dass bei einer so geneigten Stellung
des Fusses, wie wir sie sehr häufig bei der Rehe des Pferdes sehen,
die betreffende Zone lediglich auf die Trachtenwände und die Ballen
fallen würde.
Demgemäss hat die Stellung der Vorderfüsse, welche die schmerz¬
hafte Entzündung am Zehentheil dem Pferde aufzwingt, zur Folge,
dass die leidenden Punkte möglichst entlastet werden. Der Erfolg
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 57
der instinctiv gewählten Stellung würde ferner unter allen Umständen
auch ein vollständiger Ausgleich der Entzündung sein, wenn nicht
zweierlei Umstände sich mit diesem Schenkelstande verbänden.
Zunächst ist das Pferd nicht im Stande, dauernd oder auf längere
Zeit diese weit vorgestreckte Stellung zu behaupten, weil sich Ermü¬
dung der das Ellenbogengelenk tragenden Musculatur einstellt. Da
die letztere andauernd eine enorm gesteigerte Thätigkeit zu entfalten
hat, so sehen wir bald Zittern in den betreffenden Muskeln sich ein¬
finden. Wird die Erschöpfung grösser, so sucht sich das Thier zu
helfen, indem es den Winkel im Fesselgelenk ausgleicht und dadurch
die active Kraft der Musculatur und der das Fesselgelenk tragenden
Sehne entbehrlich macht. Damit ist aber sofort eine bedeutende
Steigerung des Druckes und des Schmerzes für die leidende Zehe ver¬
bunden, weil dies die oben besprochene geradlinige Stellung des Fusscs
ist, in welcher er nur als Strebepfeiler die Last vor dem Uebcr-
stür/en nach vorn bewahrt und den Druck derselben direct zur Zehe
hinleitet. Die durch diese Stellung vermehrten Schmerzen zwingen
das Pferd bald wieder zu einer Veränderung der Fussstellung mit
durchgebogenem Fesselgelenk, und so sehen wir das Thier unausge¬
setzt zwischen Ermüdung der Musculatur und Vermehrung der Schmer¬
zen mittelst einer anders gewählten Fussstellung kämpfen. Je mehr die
Ermüdung steigt, um so häufiger muss die Strebepfeilerstellung an¬
genommen werden, um so mehr muss durch den vermehrten Druck
eine Steigerung der Entzündung herbeigeführt werden. Darum ist ein
vollständiger Ausgleich einer heftigen Entzündung so selten, wenn
nicht das Pferd durch vieles Liegen die Ermüdung der Muskeln in
ihren nachtheiligen Folgen ausgleicht.
Die Stellung, welche das Pferd dem Hintertheil giebt, indem es
unter Krümmung des Rückens die beiden Hinterfüsse stark nach vorn
unter den Rumpf schiebt, erleichtert nicht nur direct die Last der
Vorderfüsse, sondern giebt auch den Schultern diejenige steile Stel¬
lung, durch welche die sich hier inserirenden Streckmuskeln des
Ellenbogengelenks zu einer verstärkten Thätigkeit befähigt werden.
Der andere Grund, weshalb ein vollständiger Ausgleich schwerer
Hufentzündung selten ist, wird durch die abnorme Druckrichtung für
die entzündlich aufgelockerte Fleisehwand gegeben. Damit trete ich
auch schon an die Beantwortung der zweiten Frage heran, weshalb
im Bereich der Zehe die verbindende Blättchenschicht zer-
reisst und ein mehr oder weniger grosser Zwischenraum zwischen
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PETERS,
Hornwand und Hufbein entsteht, der sich mit entzündlichen Pro-
ductcn und Wucherungen der Matrix füllt.
Die starke Ablenkung, welche der sonst vertical gerichtete Bo¬
dendruck erfährt, wenn das Pferd die Fussstellung beim acuten Ver¬
schlag annimmt, verringert zwar den Druck für die Zehe und die
Schmerzen, ist jedoch andererseits der Factor, wodurch die bedeuten¬
den Veränderungen an den Weichtheilen der Zehe zur Erscheinung
kommen müssen. Es ist die mechanische Gewalt des abnorm
gerichteten Bodendrucks, welchem die verbindende Blätt¬
chenschicht an der Zehe nicht Widerstand zu leisten ver¬
mag, zumal durch die entzündliche Infiltration die Festigkeit des
Gewebes vermindert wird.
Man betrachte die Richtung der Drucklinien in der Seitenansicht
des Hufes (Fig. 8). Der Druck a' von oben begegnet sich mit dem
Bodendruck a an den Trachtentheilen des Hufes, beide erzeugen hier
die Maximalbelastung. Der Gegendruck wirkt aber auch auf die
weiter nach vorn gelegenen Theile der Wand bei den Pfeilen b und c,
ohne dass er hier einem Druck von oben begegnet. Die Richtung
des Bodendruckes ist der Art, dass er in seiner Fortsetzung bis zur
Zehenwand die letztere fast senkrecht trifft. Das klarste Bild macht
man sich von seiner Wirkung für die letztere dann, wenn man den
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 59
schräg auf den Tragrand der Wand wirkenden Bodendruck auf irgend
einem Punkte, bei f, zerlegt und die Parallelkraft df gegen die
Zehenspitze g sich wirkend denkt. Ausser der unter normalen Ver¬
hältnissen einwirkenden Verticalkraft d e wirkt diese Kraft auf die
Zehenspitze ein. Die letztere hat dann einen von hinten wirkenden
Druck auszuhalten, welchem allein die Blättchenschicht zwischen Zehen¬
wand und Hufbein entgegenwirkt. Die letztere ist aber mit ihren
schmalen, leistenartigen Vorsprüngen derartig gelagert und gefügt,
dass eine trennende Kraft in keiner günstigeren Richtung auf sie ein¬
wirken könnte, als jene Parallelkraft. Einen wirksamen Widerstand
kann die betreffende Verbindungsschicht nur solchen Kräften entgegen¬
setzen, welche einigermassen parallel zu der Längsrichtung der Blätt¬
chen stehen.
Demgemäss tritt zuerst an der Zehenspitze eine Lockerung und
Trennung in der Blättchenverbindung auf, wie die Beobachtung zeigt.
Je grösser die «Lücke an diesem Punkte wird, um so mehr muss auch
die Trennung nach oben bis zur Kronenwulst hinauf fortschreiten, um
so weiter muss sie sich zu beiden Seiten ausbreiten. Der vordere
Theil des Hornschuhes A, auf dessen Territorium ein Druck von oben
der Bodenkraft von unten keinen Widerstand bietet, wird von seiner
Unterlage, dem Hufbein, in der Richtung nach vorn förmlich
heruntergestreift. Die neue Lage des betreffenden Theiles muss
etwa der punktirten Linie entsprechen, welche in die Zeichnung ein¬
getragen ist.
Dass die Trennung nicht vor sich gehen kann, ohne dass die
Contouren der verschobenen Wand eine Veränderung erfahren, dass
sie die Verzerrung zeigen müssen, wie wir sie beim Knollhuf sehen,
ergiebt sich schon aus der Form und Befestigungsweise des Wand¬
stückes. Begünstigt werden die Knickungen desselben noch durch
den Umstand, dass die Trachtenwände ihre Lage nicht wesentlich ver¬
ändern können, weil auf sie nicht nur der Bodendruck, sondern auch
der Druck von oben einwirkt. Sie werden gewissermassen durch beide
gleich starke Kräfte an ihrer Stelle festgehalten, so dass an ihnen
die Spuren der Parallelkraft, besonders die Verschiebung der Horn¬
fasern, kaum zur Erscheinung gelangen. Nur wird an ihnen als Folge
der stärkeren Belastung eine Verlagerung der Kronenwulst nach oben
bemerkbar. Ersichtlich ist, dass das Hufbein, wenn die Verbindung
im Bereich der Wände gelockert ist, in Folge des Druckes der Kör¬
perlast zwischen den Wänden tiefer herabsinken und dass die weiteren
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PETERS,
Erscheinungen eines rehigen Hufes sich ausbilden müssen. Das Ein¬
fallen der Kronenwulst kann nicht ausbleiben, weil letztere in Folge
ihrer Verbindung mit der Fleischblättchenschicht und, mittelbar mit
dem Huf bein, der Senkung des letzteren folgen und ihre Lagerung im
Kronenbett verändern muss. Die Hornsohle muss sich relativ nach
unten senken, weil der Tragrand der Wand nach oben dislocirt wird.
Die weisse Linie am Zehentheil muss sich verbreitern, weil die Zehen¬
wand nach vorn geschoben wird.
Auf die anderen Veränderungen, welche man im Innern des Hufes,
besonders an der Blättchenschicht findet, brauche ich nicht einzugehen,
um sie mit der vorstehenden Theorie des Bodendruckes in Einklang
zu bringen. Dieselben sind in dem Müller’schen Werke in grosser
Ucbersichtlichkcit und mit prägnanter Schärfe zusammengestellt, eben¬
falls zu dem Zweck, um an ihnen die Einwirkung eines mechanischen
Moments beim Ablauf des ganzen Processes darzuthun und alle übri¬
gen Theorien zurückzuweisen, welche als die Causa movens für die
verschobene Hornwand den Druck entzündlicher Producte in die Blätt¬
chenschicht verantwortlich machen wollten. Möller und vor ihm
Siedamgrotzky haben auf Grund anatomischer Untersuchun¬
gen dargethan, dass eine abnorme Druckkraft seitens der Körperlast
die Lösung zwischen Wand und Hufbein erzeugen müsste. Beide
sprechen sich, nur in etwas verschiedenen Worten, dahin aus, dass der
Hauptfactor für die Senkung des Hufbeins die Körperlast sei, dass
die letztere sich auf der Hufgelenkfläche zerlege in eine Last für das
Hufbein und eine Zugkraft, welche die Beugesehne nach rückwärts
auf das Huf bein ausübt und den Effect der Trennung herbeiführt.
Der Inhalt dieser Theorie ist mit der vorstehenden, von mir auf Grund
mechanischer Gesetze dargestellten, identisch. Der Vorzug der letz¬
teren besteht aber darin, dass in ihr beide Kräfte zu einer Kraft ver¬
eint dargestellt sind, dass man an dieser Kraft, welche Boden- oder
Gegendruck genannt ist, übersichtlich sowohl ihren Angriffspunkt, als
auch den Weg und die Wirkung erkennen kann.
Zudem gestattet auch die Einführung des Bodendruckes als eines
Wirkungselements auf die Form und die Gesundheitsverhältnisse des
Hufes einen Ueberblick über die Verwandtschaft scheinbar weit von
einander liegender Processe. Wenn ich bei der Formentwickelung des
Hufes mit verlängerter, spitzer Zehe als Ursache dieselbe Art der
Fussstellung darstellte, welche bei der Rehe eine Trennung der so
festen Verbindung zwischen Wand und Hufbein bewirkt, so kann ein
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Beziebgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 61
gewisser Verwandtschaftsgrad zwischen jenem Umbildungs- und diesem
Krankheitsprocess nicht in Abrede genommen werden. Jene Hufform
kann sich nach und nach herausbilden unter dem allmählich wachsen¬
den Bedürfnis der vorständigen Stellung, das Hufbein kann im
Wechsel der Form Schritt halten mit der gleichnamigen Veränderung
der Wandstellung. Dagegen ist bei der Rehe die vorständige Stellung
eine so stark gesteigerte und der Eintritt ein so plötzlicher, dass von
einem Umbildungsprocess des Knochens nicht die Rede sein kann und
eine Trennung des Zusammenhanges die Folge sein muss. Wenn aber
in dieser Weise der genannte Umbildungsproces und die bezeichnete
Krankheit ähnliche, nur verschieden abgestufte Ursachen haben, so
darf es nicht Wunder nehmen, dass man bei der spitzen Hufform die
ursächlich verwandte Rehe häufiger auftreten sieht, als bei anderen
Hufformen, weil gerade bei ihr das veranlassende Moment leichter zu
einem Excess sich steigern kann.
Ferner gestattet die Darstellung des Bodendruckes einen besseren
Ueberblick über die Erscheinungen und deren Beziehung zu einander,
sowie schliesslich über das, was eine rationelle Behandlung der
Rehkrankheit und des Rehhufes verlangt.
Die hauptsächlichste Erscheinung ist die vorständige Stellung der
schmerzenden Füsse, welche das Pferd instinctiv annimmt, um seine
grossen Schmerzen zu lindern. Aber gerade diese Stellung ist ver¬
derbenbringend Für die entzündlich aufgelockerte Blättchenschicht an
der Zehen wand, gerade der hierdurch erzeugten Druckrichtung kann
sie unter den obwaltenden Verhältnissen am wenigsten Widerstand leisten.
Der Instinct verleitet das Thier, etwas zu thun, was zu seinem Unheil
ausschlägt und nur vorläufig Linderung erzeugt. Durch nichts wird
man den Patienten zwingen können, diese Stellung aufzugeben, aus¬
genommen, wenn es die Ruhelage auf dem Erdboden freiwillig oder
gezwungen anniramt, welche sich erfahrungsmässig als das beste Heil¬
mittel erweist. Man kann aber seine Massnahme so einrichten, dass
von der gefährdeten Zehenwand der Gegendruck aus dem Erdboden
mehr oder weniger ganz ferngehalten wird, dass die Zone der
maximalen Belastung zur Zone der ausschliesslichen Be¬
lastung wird, welche die Last ganz allein trägt. Der in
Fig. 8 mit B bezeichnete Trachtentheil muss an seinem unteren oder
Tragrande soweit erhöht werden, dass der Zehentheil A gar nicht
mit dem Erdboden in Berührung tritt. Dann kommt der Gegendruck
des Erdbodens, welcher durch die Pfeile b und c dargestellt wird,
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PETERS,
nicht zur Wirkung, sondern wird auf den Trachtentheil B mit über¬
tragen. Die zerstörende Wirkung der Kraftanthcile b und c wird
dann in einem bedeutend geminderten Grade die Zehenwand treffen,
je nachdem ihre Verlegung nach a in mehr oder weniger vollstän¬
diger Weise gelungen ist.
Eine derartige Erhöhung des ganzen hinteren Hufab¬
schnittes habe ich in mehreren Fällen durch Auspolsterungen mittelst
Werg und mit Hülfe der nöthigen Bandagen ausgeführt, und davon
grossen Erfolg gesehen. Die Schmerzlinderung machte sich in kurzer
Zeit bemerkbar, die vorständige Stellung der Füsse wurde bald ge¬
ringer, der Verlauf der Krankheit war ein sehr abgekürzter und der
Ausgang vollständige Genesung. Kühlende Umschläge auf die
Zehenwand konnten gleichzeitig angewandt werden und haben viel¬
leicht zum günstigen Erfolg mit beigetragen.
Was die Behandlung des ausgebildeten Reh-oder Knoll-
hufes nach dem neu gewonnenen Gesichtspunkte betrifft, so kann
sie nur in Verbindung mit der so lange streitigen Frage besprochen
werden, welcher Theil der dislocirte, welcher in situ verblieben ist,
die Wand oder das Hufbein?
Zweifelsohne sind die abnorme Lagerung der Zehenwand sowie
deren Knickungen die Folgen der Bewegung, in welche jene durch den
abnorm gerichteten Druck versetzt ist. Jedenfalls ist die Lösung des
Zusammenhanges zwischen Wand und Hufbein durch jenen Druck die
primäre Erscheinung, ohne welche Bewegungen des Hufbeins gar nicht
eintreten können. Neben der Verschiebung der Wände kann aber
auch gleichzeitig eine Drehung der Hufbeinspitze nach rückwärts, ent¬
sprechend dem mächtig gesteigerten Zuge der Sehne, eintreten, denn
ein Hinderniss wird dieser Bewegung in keiner Weise entgegengestellt.
Die Verbindung der Fleischblättchen mit der Wand ist aufgehoben
und steht ihr nicht entgegen, die untere und nach rückwärts gerich¬
tete Fläche findet ebenfalls keinen Widerstand, weil die Verbindung
der Sohle mit der Horn wand in der weissen Linie durchbrochen ist,
und weil auch der Gegendruck aus dem Erdboden die untere Huf bein¬
fläche nur an ihrem hinteren Rande trifft.
Diese Betrachtungen machen an sich eine relative Drehung des Huf¬
beins um die grosse Axe des Gelenks schon wahrscheinlich, aber ein
Grund bestimmt mich noch, den Vorgang als vollständig erwiesen anzu¬
nehmen. Es ist dies der eigenthümliehe Gang, welchen ein mit Rehhuf
behaftetes Pferd regelmässig zeigt. Das letzte Tempo beim Vorsetzen
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Beziehgn. zwischen Belast.g d. Schenlcelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 63
des Fusses geschieht mit einer schleudernden Bewegung, der Fersen-
tlieil des Hufes fällt zuerst in den Erdboden, der Zehentheil erst
später, so dass man bei Betrachtung des Pferdes von vorn jedes Mal
die Sohle zu Gesicht bekommt. Diese Bewegungsweise des Fusses
kann nur dadurch zu Stande kommen, dass die Strecksehne des Huf¬
beins verhältnissmässig zu kurz, die Beugesehne zu lang ist. Da dieses
Missverhältnis bei beiden Antagonisten durch eine selbstständige Ge-
wcbserkrankung nicht herbeigeführt wird, wie alle anatomische Unter¬
suchungen gezeigt haben, so kann es nur durch eine Aenderung in
der Stellung des Gelenkes erzeugt sein. Das letztere ist so ge¬
stellt, dass die Strecksehne schon früher ihre extendirende Function
ausführen und vollenden muss als sonst, während die Beugesehne erst
später ihren vollen Spannungsgrad erreicht und in ihr antagonistisches
Verhältnis zu der ersteren eintreten kann. Dieser Stellung ent¬
spricht aber eine Drehung des Hufbeines um die Axe seines Gelenkes
nach rückwärts, wodurch dieselben Erscheinungen hervorgebracht wer¬
den müssen, als wenn die Strecksehne absolut zu kurz, die Beugesehne
absolut zu lang ist.
Die grosse Streitfrage, ob die Deformität des Rehhufes durch
Dislocation der Wand nach vorn und oben oder durch Sen¬
kung des Hufbeines nach rückwärts und unten zu Stande
kommt, dürfte sich also dahin entscheiden, dass di.e Wahrheit in
der Mitte liegt, dass an beiden Theilen Lageveränderungen Vor¬
kommen, beide aber erzeugt durch mechanische Kräfte.
Für eine erfolgreiche Behandlung des veränderten Hufes
müssen also beide Momente zur Berücksichtigung gelangen.
Auf dio dislocirte Zchenwand kann in zweierlei Weise ein¬
gewirkt werden, direct durch Druck von oben, wie es mit dem Hingst-
schen Verfahren mittelst Heranschraubens in praktischer Weise durch¬
führbar ist, indirect durch liegulirung des Bodendruckes. Der letztere
daTf die Zehenwand möglichst wenig treffen, mit gänzlicher Beseitigung
desselben ist jeder Anlass zu weiteren Verschiebungen genommen.
Man erreicht dies dadurch, dass man die Zehe so wenig wie möglich
mit der Tragfläche des Eisens in Berührung bringt, sie schweben lässt
und den Zwischenraum zwischen Eisen und Wand mit Lederstücken
ausfiillt, wie im „rationellen Hufbeschlag“ empfohlen ist.
Die Verlagerung des Hufbeines lässt sich durch Erzeugung eines
Druckes, welcher die Sohlenfläche wieder mehr parallel zum Erdboden
stellt, nicht beseitigen. Dagegen ist das Ziel auf einem Umwege zu
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PETERS,
erreichen, wozu die eben besprochene relative Verkürzung der Streck¬
sehne und die Verlängerung der Beugesehne die beste Anleitung giebt.
Man erniedrige die Trachtenwände allmählich bis zu dem Punkte, dass
wieder eine normale Belastung der Beugesehne eintritt und die Ver¬
längerung derselben ausgeglichen wird.
Der Bodendruck in seiner Wirkung auf die Sehnen und Gelenke.
Dass eine Veränderung in der Belastung der Sehnen mit einer
Veränderung des Bodendruckes parallel geht, ist schon daraus ersicht¬
lich, dass die verstärkte Zugkraft der Sehnen als ein gewichtiger
Factor bei der Bestimmung seiner Richtung im ersten Abschnitt er¬
wähnt wurde. Eine eingehendere Betrachtung ist jedoch erforderlich,
damit mit grösserer Uebersichtlichkeit die Zunahme an Spannung für
die verschiedenartigen Sehnen erkannt wird, wenn Veränderun¬
gen in der Stellung des Fusses oder der Stützfläche des Hufes ein-
treten. Die gegensätzliche Bedeutung einer wirklichen Umbildung des
Hufes und einer willkürlichen Veränderung seiner Stützfläche, wie sie
beim Beschläge so häuflg vorkommt, wird hierbei erst in das rechte
Licht gestellt. .
Es kommen bei der Betrachtung die beiden Kräfte, welche als
Druck von oben und Gegendruck von unten auf den oberen und un-
unteren Endpunkt der Fesselaxe wirken, in
Frage.
Mit dem gemeinsamen Namen „Fessel¬
axe“ sollen, der Kürze wegen, die in gleicher
Richtung vom Fesselgelenk bis zum Erdboden
verlaufenden drei Knochen, Fessel-, Kronen-
und Huf bein gemeint sein. Das untere Ende
dieser Axe ab (Fig 9) ruht unbeweglich und
fest auf dem stützenden Erboden in b. Das
obere Ende a ist im Fesselgelenk der Art ge¬
stützt, dass ein Druck von oben eine Senkung
bis zu dem Grade erzeugt, wo die Dehnbarkeit
der tragenden Sehnen und Bänder auf hört;
dann wird auch dieser Punkt als festgelegt zu
betrachten sein.
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u Gestalt ihrer Stützfläche. 65
Die Fesselaxe stellt aber während dieser Belastung keine ab¬
solut feste, sondern eine biegsame Verbindung dar, indem die Knochen
in zwei Gelenken, dem Huf- und dem Kronengelenk (in der Fig. 9,
10 u. 11 die Sterne) der Art an einander gefügt sind, dass je nach
der Wirkung der auf die Punkte a und b wirkenden Kräfte geringe
Bewegungen in diesen beiden Gelenken zu Stande kommen. Stärkere
Bewegungen werden durch den Spannungszustand der antagonistisch
wirkenden Sehnen verhindert. Die Beugesehnen verhindern, dass sich
die Axe zu stark nach hinten und unten durchbiegt, weil diese Sehnen
eine stärkere Anspannung erleiden, wenn die Convexität des Knochen¬
bogens nach unten gerichtet ist. Die Strecksehnen treten der ent¬
gegengesetzten Krümmung der Axe, bei welcher die Convexität des
Bogens nach oben und vorn gerichtet ist, entgegen. Ersichtlich ist
aber, dass bald an die Spannkraft der Beugesehnen, bald an die der
Strecksehnen höhere Anforderungen gestellt werden*, wenn auf die
Endpunkte der Axe a und b ungleich grosse Kräfte einwirken. Im
ersteren Falle hat die Beugesehne eine Gelenkstellung, welche man
physiologisch als Hyperextension bezeichnet, im zweiten die Streck¬
sehne den Eintritt einer Flexion zu verhindern.
Bei normaler Belastung, d. h. senkrechter Fussstellung, wirkt
auf das obere Ende der Axe a und auf das untere b ein gleich grosser
Druck von verticaler Richtung ein. Selbstverständlich wirken Druck
a d und Gegendruck e b einander parallel, weil sic beide vertical sind.
Die Kraft d a sucht die Fesselaxe um den Punkt b als Drehpunkt
zu bewegen, die Gegenkraft b e um den Drehpunkt a. Da beide
Kräfte gleich grossen senkrechten Abstand von ihren resp. Drehpunk¬
ten haben, so wirken sie mit gleich grossen Moraenten-Armen. Die
obere Kraft da wirkt mit dem Momenten-Arm bg, die Gegenkraft
am gleich grossen fa. Folglich sind die Wirkungen beider Kräfte
einander gleich und es ist Ruhelage für die beiden Punkte b und a
vorhanden, die Axe dreht sich nicht.
Auch für die Gelenke, mit welchen die Fesselaxe an den beiden
mit Sternen bezeichneten Stellen durchbrochen wird, ist unter diesen
Verhältnissen Gleichgewicht vorhanden, denn die Axe zeigt nach keiner
Seite hin eine Ausbiegung oder Krümmung. Ebenso empfangen die
antagonistischen Sehnen den ihnen normalen Antheil des Druckes.
Die Beugesehne auf der Rückseite der Gelenke ist gerade in der
Spannung, welche den Eintritt einer Hyperextension, die Strecksehne
in derjenigen, welche den Eintritt einer Flexion verhindert.
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Archiv t wiuensch. u. prakt. Thlerheillc. IX. lu.2.
66
PETERS,
Sehen wir uns jetzt die Umstände an, unter welchen eine un¬
gleiche Spannung des Beuge- und Streckapparates eintritt. Zunächst
denken wir uns die auf a, also die auf das Fesselgelenk wirkende
Kraft vermehrt, während die auf b wirkende nicht zunimrat, so sucht
die obere Kraft eine Drehung um den Punkt b zu erzwingen. Da
aber eine Drehung hier nicht möglich ist, so wird eine Drehung in
den beiden unteren Gelenken erzwungen. Dieselbe wird bei dem un¬
teren Stern ihren Anfang nehmen, im oberen Stern noch stärker
werden, so dass die Fesselaxe die Lage der punktirten Linie b a',
Fig. 11, anniramt. Die Streckseite der Knochen wölbt sich also nach
oben, und gerathen die Gelenke in eine Bewegung, welche die Streck¬
sehnen in eine stärkere Spannung versetzt. Da das obere Ende der
Fesselaxe von a nach a' hinabgedrückt wird, so sinkt das Fessel¬
gelenk tiefer herab.
Die gerade Linie der Fesselaxe kann aber auch der Art unter¬
brochen sein, dass die Convexität des Bogens nach unten gerichtet
ist. Dieser Fall tritt ein, wenn ein vermehrter Druck auf den Punkt
b wirkt, wenn also der Bodendruck gegen die Sohlenfläche des Hufes
sich verstärkt. Das Mehr an Kraft wird eine Drehung um den Punkt
a zu erzwingen streben und müsste b in der Richtung auf f aufwärts
schieben. Da aber der Stützpunkt b am Erdboden durch die Schwer¬
kraft festgehalten wird, so kann diese Bewegung nicht zur wirklichen
Erscheinung gelangen und kann nur als eine relative der beiden
Punkte b und a aufgefasst werden. Es muss an Stelle der Bewegung
von b (Fig. 10) eine solche des beweglichen Punktes a treten, dass
die Krümmung der Axe b a der Lage der punktirten Linie b a' ent¬
spricht. In dieser Weise sind in den beiden mit Sternen bezeich-
neten Punkten dieselben Gelenkbewegungen ausgeführt, als wenn
b in der Richtung des Pfeiles um a als Drehpunkt fortgeschritten
wäre und in den beiden Gelenken eine streckende Bewegung erzeugt
hätte. Die Lage der gekrümmten Fesselaxe ist also b a', die Con¬
vexität des Krümmungsbogens sieht nach unten und eine starke An¬
spannung der Beugesehnen ist die Folge der oben gemachten Vor¬
aussetzung.
Die beiden eben betrachteten Fälle, in welchen einseitig die
Druckkräfte für die Endpunkte der Fesselaxe vermehrt sind, kommen
nun in Wahrheit vor. Denn ungleiche Kraftgrössen stellen sich bei
den beiden früher besprochenen abweichenden Schenkelstellungen ein,
und ebenso, wenn in Folge abnormer Zurichtung des Hufes eine vor-
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenhelsäule n. Gestalt ihrer Stützfläche. 67
oder rückständige Stellung des Fusses angenommen werden muss. Bei
der vorständigen Stellung wirkt auf das untere Ende, also die Huf¬
fläche, ein stärkerer Druck ein, bei der rückständigen auf das Fessel¬
gelenk, wohlverstanden die ungleichen Kräfte als Wirkungselemente
eines Hebels aufgefasst. Die gemeinsame Ursache dieser Er¬
scheinung ist durch die nicht parallele Stellung der Kraft¬
richtungen gegeben, welche durch die Endpunkte a und b der
Fesselaxe einwirken.
Man betrachte die beiden Zeichnungen Fig. 10 u. 11, so tritt die
divergente Richtung der Pfeile, welche die Kraftrichtungen ausdrücken,
hervor. In Fig. 10, welche der vorständigen Stellung entspricht,
schneidet sich die Verlängerung der Druckkraft mit der rückwärtigen
Verlängerung des Bodendruckes unterhalb der Fesselaxe, in Fig. 11,
der rückständigen Stellung entsprechend, liegt der Schnittpunkt ober¬
halb derselben.
Fig. 10. Fig. 11.
Der Einfluss dieses Verhaltens der beiden Kräfte zu einander
wird für die Fesselaxe sofort klar, wenn man für die Kräfte einzeln
die Momenten-Arme construirt. Bei der vorständigen Stellung —
Fig. 10 — ist der senkrechte Abstand der oberen Kraft d a vom
Drehpunkt b = b g, der Momenten-Arm für die Gegenkraft e b = f a.
Da f a grösser ist als b g, so wirkt der Gegendruck als Drehkraft
für den Punkt a stets mächtiger ein, als der Druck von oben auf den
Drehpunkt b. Es tritt also bei der vorständigen Stellung der
eben besprochene Fall ein, dass in Folge eines Ueberwiegens der von
unten wirkenden Drehkraft eine Einbiegung der Fesselaxe nach
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68 PETERS,
unten sich einstellt und die Beugesehnen stärker angespannt
werden.
Bei der rückständigen Stellung — Fig. 11 — wirkt die Last
auf a in der Richtung da, hat also bei ihrer hebelartigen Wirkung
um den Drehpunkt b zum Momenten-Arm die Kraftgrösse b g. Der
Gegendruck wirkt schräg nach hinten und oben von e auf b und sucht
mit der Kraftgrösse f a eine Drehung um den Punkt a zu erzwingen.
Da b g offensichtlich grösser ist als f a, so wirkt auf das obere Ende
a von der Fesselaxe ein grösserer Druck. Diesem Verhalten der
Kräfte entspricht der oben erörterte Fall, wo der Fesselaxe in den
beiden unteren Gelenken durch die verstärkte Kraft auf den oberen
Punkt a eine Beugung aufgezwungen werden soll, ein nach oben con¬
vexer Bogen, dem die Strecksehne entgegen zu arbeiten hat.
Bei der vorständigen Stellung sehen wir also als eine Folge des
gesteigerten Bodendruckes gegen die Sohlenfläche des Hufes den Beuge¬
apparat für die unteren Gelenke im Kampf begriffen mit einer Kraft,
der die Tendenz der Streckung dieser Gelenke, oder gleichbedeutend
damit, einer Einkrümmung der Fesselaxe nach hinten und rückwärts
innewohnt. Dass bei dieser Stellung des Fusses die activen Kräfte
verhältnissmässig mehr zu leisten haben, wurde bei Besprechung der¬
selben oben schon dargestellt. Hier tritt aber mit grösserer Schärfe
die höhere Anforderung hervor, welche an die Spannkraft der Sehne
im Bereich der unteren Gelenke gestellt wird, sowie die Bewe¬
gungsrichtung, welche den letzteren aufgezwungen werden soll.
Als das beste Bild für den Vorgang der Sehnenbelastung und
der Gelenksbewegungen kann diejenige Stellung der Füsse dienen,
welche das Pferd beim sogen, „sich strecken“ annimrat, einer höchst-
gradig gesteigerten vorständigen Stellung. Hier sieht man deutlich,
wie die Fesselaxe nach unten sich einbiegt, weil die Sehne nicht im
Stande ist, durch ihre Spannung die Wirkung des colossal gesteigerten
Bodendruckes auf die Gelenke zu verhindern.
Begreiflicher Weise kann eine verstärkte Spannung der Sehne,
wenn sie von längerer Dauer ist, nicht ohne Einfluss auf den Gesund¬
heitszustand derselben sein. Der Punkt, wo sie am leichtesten er¬
krankt, wird immer dort liegen, wo sie am meisten berufen ist, den
besprochenen Einbiegungen der Fesselaxe nach rückwärts entgegen zu
treten. Dieser Punkt aber liegt unter dem Strahlbein öder
Hufgelenkbein, wo wir auch eine leider nicht seltene Er¬
krankung der Sehne und ihrer Nachbarschaft, die chro-
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Beziehgn. zwischen Belasig. <i. Schenkelsaule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 69
nische Hufgelenklahmheit, zu Stande kommen sehen. Eine
kurze Erwähnung einiger anderer, neben der Ueberdehnung sich gel¬
tend machender Einflüsse, welche die Disposition zu dieser Krankheit
erhöhen und andererseits die scharf begrenzte Localisation des Krank-
heitsprocesses erklären helfen, dürfte hier am Orte sein.
Zunächst besitzt das Hufgelenk eine grössere Beweglichkeit als
das Kronengelenk, auf dessen Rückseite ja keine gleichwertigen Er¬
krankungen der Beugesehnen Vorkommen. Die grössere Beweglichkeit
besteht nicht nur in dem Vermögen eines grösseren Oeffnungswinkels,
sondern auch in einem geringen Vermögen des Hufgelenkbeines, sich
nach abwärts zu senken.
Sodann erfahrt die Beugesehne in ihrem Hinweggehen über das
Strahlbein eine nicht unbedeutende winkelige Knickung, so dass die
gerade Linie in der Zugwirkung unterbrochen ist. Das Strahlbein
hebt sich wie ein Höcker empor, den die Sehne zu überschreiten hat,
sie bietet gewissermassen einen Druckpunkt dar, gegen welchen die
Sehne um so stärker gepresst wird, wenn die gesteigerte Bodenkraft
eine übermässige Streckung des Gelenkes auszuführen strebt. Die
Prominenz des die Sehne drückenden Höckers wird noch dadurch ge¬
steigert, weil das Strahlbein sich unabhängig von dem vorderen Theil
der Hufgelenkfläche um etwas senken kann, besonders wenn seine
obere Fläche von der Druckrichtung getroffen wird, welche die vor¬
ständige Stellung mit sich bringt.
Zuletzt ist diese Druckrichtung der vorständigen Stellung an sich
von nicht zu unterschätzendem Einfluss auf Pressungen der Sehne auf
dem fraglichen Punkte. Denn während sich bei normaler Stellung
und normalem Huf Druck und Gegendruck in senkrechter Richtung
begegnen und auf diesem Wege vorderhalb der Partie vom Hufgelenk
grösstentheils Vorbeigehen, welcher durch das Hufgelenkbein gebildet
wird, so treffen sich Druck und Gegendruck bei der vorständigen
Stellung in solcher Richtung, dass die Zone der maximalen Belastung
starker nach den Trachten zu fällt. Auf diesem Wege der Druck¬
kräfte ist aber auch das Hufgelenkbein in höherem Masse in die Bahn
derselben eingeschlossen, das Strahlbein empfangt selbst bei der Ruhe¬
stellung des vorständigen Fusses allemal einen grösseren Druck als
bei der Ruhestellung des senkrecht stehenden Fusses.
Die aufgezählten Umstände, welche sämratlich zu einer sehr festen
Pressung der Sehne an die Knochenfläche des Hufgelenkbeines führen
müssen, genügen, um die Prädisposition der beiden einander zugekehr-
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70
PETERS.
ten Flächen zu Erkrankungen begreiflich und andererseits die An¬
nahme entbehrlich zu machen, dass starke Quetschungen, von der
Sohlenfläche des Hufes ausgehend, die Krankheit erzeugen.
Es ist hekannt, dass die Anlageverhältnisse bei der Hufgelenk¬
lahmheit eine grosse Rolle spielen. Dieser Umstand weist schon
darauf hin, dass Bau und Stellung des Fusses, als vererbbare Attri¬
bute der Pferdeschläge, in weit näherer ursächlicher Beziehung zum
örtlichen Leiden stehen, als zufällige örtliche Einwirkungen. Aber
auch die Beobachtung der ersten Entwickelung der Krankheit lässt
erkennen, dass nicht heftigere Einwirkungen von geringer Dauer, son¬
dern schwächere, aber von längerer Dauer, ursächlich angeschuldigt
werden müssen. Denn die chronische Hufgolenklahrnheit tritt selten
mit stärkerer Lahmheit wie die übrigen Gelenklahmheiten, Stauchun¬
gen u. s. w. auf, sondern meistens bildet sie sich aus kaum merk¬
lichen Anfängen zu offensichtlicher Lahmheit heraus.
Diese Umstände lassen erkennen, dass man beim Suchen nach
den Ursachen der Hufgelenklahmheit hauptsächlich die im Bau
und in der Stellung begründete permanente Ueberlastung der
Sehne ins Auge zu fassen hat, dass man auch bei den Heilungs¬
und Besserungsversuchen auf eine Entlastung derselben hinarbei¬
ten muss.
Ziehen wir jetzt auch noch die Consequenzen für den anderen
Fall, in welchem eine verstärkte Drehkraft auf das obere
Ende der Fesselaxe in Folge der rückständigen Fussstel-
lung zur Erscheinung gelangt.
Die erste und offensichtliche Folge muss eine Senkung des oberen
Endes des Fesselbeines sein, ein Vorgang, der noch durch die geringe
Spannung des antagonistisch wirkenden Tragapparates begünstigt wird.
Zu diesem Herabsinken des Fesselgelenkes muss sich eine starke An¬
spannung der Strecksehnen und eine solche Stellung des Huf- und
Kronengelenkes gesellen, wie sie Fig. 11 durch die punktirte Linie
darstellt. Die dorsale Fläche der Fesselaxe stellt sich als ein ge¬
krümmter Rücken dar, indem sich besonders die äusserlich freiliegende
Gelenkverbindung zwischen Kronen- und Fcsselbein offensichtlich auf¬
wärts wölbt.
Was das Verhältniss dieser Stellung der Fesselaxe zu Erkran¬
kungen in ihrem Bereich an belangt, so ist hervorzuheben, dass die
stark gespannte Strecksehne fast immer intact bleibt, wahrscheinlich
deshalb, weil ihr Verlauf nicht in der Weise winkelig unterbrochen
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Beziehen, zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 7 i
wird, wie es an der Beugesehne beim Hinwegtreten über das Huf¬
gelenkbein der Fall ist. Nicht selten sieht man aber das Kronen¬
gelenk selbst von entzündlichen Erscheinungen befallen, denen wohl
eine mechanische Dehnung des Kapselbandes zu Grunde liegt. Diese
Lahmheiten entziehen sich indessen leicht der Beachtung, weil die
entzündliche Schwellung zu einer höheren Ausbildung wegen des Ge¬
gendruckes der Strecksehne nicht gelangen kann.
Wahrscheinlich dürfte der dem Kronengelenk eigenthümliche Pro-
cess der Schale seinen ersten Ursprung einer mechanischen Dehnung
des Kapselbandes verdanken, und die Schale im Beginn, ebenso wie
der Spat, eine Capsulitis darstellen. Die Erfahrung, dass die Schale
bei Pferden mit weichen, langen Fesseln am meisten angetroffen wird,
sowie die Regel, dass der Krankheitsprocess stets am mittleren Theil
des dorsalen Gelenkrandes beginnt, wo auch die dehnende Kraft am
stärksten einwirken muss, sprechen für diese Anschauung. Der Ein¬
fluss von prädisponirenden Momenten, welche durch die Fütterung im
Entwickelungsalter gegeben werden, ist dadurch nicht ausgeschlossen.
Die vorstehende Betrachtung der auf die Fesselaxe einwirkenden
divergenten Kraftrichtungen bildet eine Ergänzung zu den früher ge¬
fundenen Ergebnissen der Untersuchung über die vor- und rückstän¬
dige Fussstellung. In der letzteren war das jetzt gefundene Resultat
eigentlich schon enthalten, aber nunmehr tritt die Wirkung der Kräfte
auf den Beuge- und Streckapparat des Unterfusses in mehr greif¬
barer Form zur Anschauung. An der Hand der gefundenen That-
sachen lässt sich auch am besten beurtheilen, welche Folgen die
Herstellung fehlerhafter Proportionen zwischen Zehen- und Trachten¬
wand des Hufes haben muss.
Bei übermässiger Verkürzung der Trachten muss allemal
eine Schenkelstellung eintreten, welche der vorständigen ganz ähnlich
ist, auch dieselben Folgen lur die Belastung der Sehnen und neben
einer steilen Stellung der unteren drei Gelenke eine wirkliche Um¬
wandlung in die langzehige Hufform mit sich bringt. Der grosse
Unterschied ist aber der, dass die künstlich erzeugte vorständige
Schenkelstellung für den verstümmelten Huf keinen Ausgleich
schafft, sondern den Huf durch die abnorme Druckrichtung auf seine
Sohlenfläche in einen wirklich langzehigen Huf verwandelt. So
steigert ein Moment das andere, während bei der ursprünglich vor¬
ständigen Stellung die Nachtheile derselben, wie wir oben gesehen
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72
PETERS.
haben, durch die entwickelte Hufform compensirt werden. Ein an¬
derer Nachtheil ist noch, dass nicht, wie bei der natürlichen Accom-
modation des einen Moments an das andere, die Uebergänge so ge¬
fahrlos bleiben. Die Bodenkraft, welche an der Sohlenfläche ihren
Angriffspunkt nimmt und eine Streckung, besonders des Hufgelenks,
zu erzwingen strebt, wird plötzlich bedeutend gesteigert, die Beuge¬
sehne in vermehrte Spannung versetzt und zu Erkrankungen disponirt.
Die entgegengesetzte Wirkung übt eine übermässige Verkür¬
zung der Zehe aus. Eine rückständige Stellung wird künstlich
geschaffen, deren nächste Folge in einer verstärkten Wirkung der auf
das obere Ende der Fesselaxe wirkenden Kraft besteht. Beugungen
der unteren Gelenke sollen erzwungen werden, die Strecksehne soll
ihnen entgegentreten. Dagegen wird der Tragapparat der Gelenke
und der hintere Theil des Hufes entlastet.
Derselbe Effect, der durch eine Verkürzung der Trachten für die
Fuss- und Gelenkstellung erzeugt wird, tritt natürlich ein beim Stande
des Pferdes auf einer nach vorn ansteigenden Fläche. Die
Verkürzung der Zehenwand wird in ihrer Wirkung nachgeahmt durch
den Stand auf einer nach vorn abschüssigen Fläche.
Wenn wir die Regeln betrachten, welche sich für die Zurichtung
des Hufes bei entzündlichen Leiden des Unterfusses ergeben, so ver¬
dienen noch die Erscheinungen, welche ein lahmes Pferd bezüglich
seines Fusssatzes zeigt, vorher eine kurze Betrachtung. Man wird
dann besser prüfen können, ob sich auch die Regeln in Uebeinstim-
mung mit dem Fusssatz befinden, welcher doch entsprechend der
wichtigsten therapeutischen Aufgabe, der Schonung des leidenden,
oder hier tragenden Theiles, vom Thier gewählt wird.
So lange ein Pferd auf einem Fusse lahm und auf dem anderen
schmerzfrei ist, kann es die Last je nach Bedürfniss auf den letz¬
teren mehr oder weniger verlegen, den ersteren entlasten und ihm
die bequemste Stellung geben. Es wählt dazu meistens die Lage
nach vorn heraus und etwas seitlich, so dass in diesem Falle keine
Schlussfolgerungen auf die Stellung der unteren Gelenke gemacht
werden können. Wenn beide Füsse gleichraässig schmerzhaft sind,
so wird die Stellung für beide eine andere. Man sieht regelmässig
die unter- oder rückständige Stellung mit steil gestellter Fesselaxe,
oder doch abwechselnd für den wenigst schmerzenden Fuss diese Stel¬
lung, für den zeitweilig zumeist schmerzenden die Ruhelage nach
vorn heraus.
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 73
Nur zwei Leiden weiss ich, bei welchen das Pferd die vorslän-
dige Fussstellung mit beiden Beinen wählt, bei dem acuten Verschlag
and bei der Schale in der Entwickelung. Die Gründe, weshalb die
erstere Krankheit diese Stellung verlangt, sind oben bei Betrachtung
derselben schon entwickelt und auf die Vertheilung der Last zurück-
gefuhrt, welche in Folge der vorständigen Stellung auf die hinteren
Hufabschnitte fällt. Bei der Schale kommt das oben entwickelte Mo¬
ment der Entlastung der Strecksehne und des dorsalen Theiles der
Gelenkkapsel in Betracht.
Die rückständige Stellung sieht man wohl bei allen übrigen ent¬
zündlichen Leiden der unteren Fusstheile, und zwar deshalb, weil sie
fast alle im Tragapparat auf der Volarfläche des Fusses Vorkommen.
Man sieht sie nothwendig in mehr oder geringerem Grade, gepaart
mit steiler Stellung der Fessolaxc. Man muss daraus schliessen, dass
die leidenden Theile am meisten durch diese Stellung entlastet wer¬
den. Und dennoch scheint bei der ersten Betrachtung die An¬
nahme berechtigt, dass gerade bei dieser Stellung der Fesselaxe die
Last direct den leidenden Theilen, speciell den hinteren Abtheilungen
des Hufgelenks und des Hufes zugeleitet würde. Der Widerspruch
löst sich dadurch, dass das Thier durch die Wahl dieser Stellung am
meisten befähigt ist, für die Gleichgewichtslage des Fusses den
Streckapparat in höherem Grade ausnutzen zu können, den Beuge¬
apparat mehr entbehrlich zu machen.
Diese Beobachtungen an lahmen Pferden in Verbindung mit den
Betrachtungen über den ursächlichen Zusammenhang zwischen der
unterständigen Fussstellung und der Entlastung der Beugesehnen lässt
erkennen, dass man bei allen Leiden derselben, besonders unterhalb
des Fesselgelenkes, auf Erhöhung der Trachten hinzuwirken hat. Weil
aber auch unter normalen Verhältnissen bedeutend höhere Anforde¬
rungen an den Beuge- als den Streckapparat gestellt werden, und
weil man ihn weit häufiger erkranken sieht, so ergiebt sich auch mit
Nothwendigkeit, dass mit einer zu starken Erniedrigung der Trachten
weit mehr gesündigt werden kann, als mit einer zu bedeutenden Ver¬
kürzung der Zehe. Der Lehrsatz im Einsiedel’schen vortrefflichen
Gedankenzettel „Schone die Trachten“ ist sicher der Erfahrung ent¬
sprungen, dass nicht nur der Huf unter entgegengesetzten Verhält¬
nissen seine Widerstandsfähigkeit als Schutzorgan einbüsst, sondern
dass auch die höheren Theile des Fusses ihre Integrität einbüssen.
Eine zu hohe Tracht hat auch Nachtheile im Gefolge, stellt hohe
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PETERS,
Anforderungen an die Strecksehnen und lässt Subluxationen der un¬
teren Gelenke zu Stände kommen. Aber die Bedeutung dieser Lei¬
den ist geringer und lässt die Nachtheile einer kurzen Zehe weniger
schwer erscheinen. Wenn auch die Wahrheit in der Mitte liegt und
die Gefahr nur durch das Masshalten nach beiden Seiten vermieden
werden kann, so ist doch die Warnung vor der grösseren, der Er¬
niedrigung der Trachten, stets nothwendig.
Nicht nur acute und chronische Leiden an den Sehnen werden
durch kurze Trachten hervorgerufen, sondern auch dauernde Verände¬
rungen in der Fussstellung, welche wiederum ihren Abschluss in der
Hervorbildung der langzehigen Hufform finden. Die Kette, welche
sich vom ersten Anlass bis zu diesem Abschluss hinzieht, braucht
wohl nicht verfolgt zu werden. Das Resultat ist aber, dass das Pferd
schliesslich eine Hufforra dauernd acquirirt hat, welche zwar die Nach-
thoile der neu geschaffenen vorständigen Stellung ausgleicht, aber
durch ihren Bau, die herüberhängenden Ballen, die enge Stellung der
Trachten u. s. w. die Gefahr von lluflahmheiten bedeutend erhöht.
Man muss nun fragen, kann ein Zögling der Hufbeschlagskunst,
welchem ein Pferd mit heruntergeschnittenen Trachten und in Folge
dessen künstlich vorständiger Fussstellung vorgeführt und dem gesagt
wird, dass die natürlich erworbene Vorständigkeit mittelst Abreibung sich
einen Huf mit langer Zehe und kurzer Tracht schaffe, zu dem Bewusstsein
kommen, dass dort nur künstlich eine vorständige Fussstellung und ein
langzehiger Huf geschaffen ist? Wie kann er dazu gelangen, von diesen
künstlichen Producten die von Hause aus bestehende vorständige Stel¬
lung und für dieselbe normale Hufform zu unterscheiden, wenn ihm
gesagt ist, dass auch diese nichts Anderes ist, als eine in den Trachten
durch Abreibung verkürzte? Er kann sich nur dann ein richtiges
Urtheil bilden, wenn er die eigentliche Bedeutung der langen
Zehe oder der nach rückwärts verlegten Gelenkfläche des
Hufbeines kennt, mit welcher die verstärkte Abreibung oder Be¬
schneidung der Trachten ganz und gar nichts zu thun hat. Ohne
dies Verständniss kann er die künstliche von der normalen Erniedri¬
gung der Trachten gar nicht unterscheiden und wird sich nicht dazu
entschliessen können, den misshandelten Trachtenwänden ihre normale
Höhe wieder zu verschaffen, da die vorständige Fussstellung und die
steile Stellung der Fesselaxe scheinbar dies verbieten.
Ohne eine Kenntniss der Hufform und deren Beziehung zur Fuss¬
stellung kann die Herstellung einer richtigen Stützfläche nicht aus-
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Beziehgn. zwischen Belastg d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 75
geführt werden, weder bei dem lang- und kurzzeitigen, noch auch dem
früher schon mal besprochenen schiefen Hufe. Der Hufschmied muss
wissen, dass andere aus dem Fusse selbst stammende Kräfte
als die der Abreibung gewirkt und Lageveränderungen an
den Wänden u. s. w. erzeugt haben, er muss die Bedeutung und
den Nutzen derselben würdigen lernen, er muss bei Betrachtung der
Umfläche und der Bodenfläche den Schluss ziehen können, dass hier
ein von der Natur beendeter Umwandlungsprocess vorliegt, dass der¬
selbe weder durch künstliche Beschneidung nachgeahmt, noch durch
künstliche Eingriffe, wie Erhöhungen der Trachten wände, in die nor¬
male Form zurückgebracht werden kann. Grosse Schwierigkeiten
dürfte es auch nicht machen, das Verständniss für den ganzen oben
besprochenen Sachverhalt bei den jungen, meistens sehr lernbegierigen
Schmieden zu wecken.
Erwiderung auf Herrn Dominik’s „offene Antwort“.
Der erste Theil der vorstehenden Arbeit hat Herrn Dominik,
den Verfasser des „rationellen Hufbeschlags“, veranlasst, eine offene
Antwort im 6. Heft vorigen Jahrganges dieses Archivs zu bringen,
über welche ich einige Bemerkungen machen muss.
Herr Dominik behauptet, dass ich auf drei Stellen den Beweis
gelielert habe, mit den Gesetzen der Mechanik nicht genügend bekannt
za sein, um sein Buch kritisiren zu können.
1. Herr Dominik sagt, dass das von mir angezogene „Gesetz
von der rechtwinkligen Zerlegung“ der Kräfte nicht existire, dass er
es in keinem Buche habe finden können. Das Letztere bezweifle ich
durchaus nicht, weil das Gesetz von der rechtwinkligen Zerlegung der
Kräfte in dem allgemeinen Parallelogrammgesetz enthalten ist, weil
die Zerlegung im rechten Winkel nur ein Specialfall von der Zer¬
legung der Kräfte im Allgemeinen ist. Wenn ich der Abkürzung
wegen gesagt habe, „nach dem Gesetz der rechtwinkligen Zerlegung“,
anstatt „nach dem Gesetz der Zerlegung, welches auch die recht¬
winklige Zerlegung gestattet“, so scheint mir doch kein Grund vor¬
zuliegen zu Herrn Dominik’s Frage, ob ich etwa das Parallelogramm¬
gesetz gemeint habe? Meines Wissens giebt es für die Zerlegung der
Kräfte überhaupt keinen anderen Weg als die Con£truction des Paral¬
lelogramms. In einem grossen Irrthum befindet sich Herr Dominik,
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PETERS
wenn er für die Richtigkeit meiner Deduction den Beweis fordert,
dass eine Zerlegung im rechten Winkel stattfinden müsse. Die Wahl
des Winkels bleibt immer der Willkür für den speciellen Fall über¬
lassen; man wählt aber, wenn irgend angängig, den rechten Winkel
wegen der einfachen und bestimmten, durch Sinus und Cosinus aus¬
gedrückten Relationen, in welchen die Seiten eines rechtwinkligen
Dreiecks zu einander stehen.
2. S. 286 des Archivs habe ich gesagt: „Wenn die bei b wir¬
kende Kraft den Punkt b nach links hinüberschiebt, während der
Punkt a als Drehpunkt festliegt, so muss sich der Punkt c in der
Richtung nach m bewegen, so dass die Linie auf ac senkrecht steht.“
Hierzu sagt Herr Dominik: „Das ißt grundfalsch, ein Verstoss gegen
die elementarsten Sätze der Planimetrie, weil ein gleichschenkliges
Dreieck bei der Bewegung von ac um den Drehpunkt a entstehen
müsste!“ Hätte ich ein geringes Verständniss fiir mathematische
Constructionen bei dem Leserkreise des Archivs vorausgesetzt, so
würde ich in dem Beweise für den rechten Winkel etwa so fortge¬
fahren sein: „Der Punkt c durchläuft bei der Drehung um a einen
Kreisbogen, und da der Widerstand, welchen er auf jedem Punkte
seines Weges erfährt, rechtwinklig zu ihm steht, so muss dieser die
Richtung der Tangente haben, die man an den betreffenden Punkt
des Kreises zu legen hat. Die Linie c m muss als Tangente, c a als
Radius eines Kreises aufgefasst werden, damit der von ihnen einge¬
schlossene Winkel aera stets ein rechter ist.“ Die von den beiden
Schenkeln eingeschlossene Figur ist also kein Dreieck, wie Herr
Dominik meint, sondern der Sector eines Kreises.
3. Ferner behauptet Herr Dominik, dass die rechtwinklige Zer¬
legung in den Fig. 4 und 6 nicht angewandt sei. Es ist aber hier
gesagt, dass bx die Stützlinie eigentlich sein müsste, da aber ba die
Stütze sei, so wirke nur ein Theil der Last von b nach a, ein an¬
derer kleinerer Theil von a nach x, wenn man rechtwinklig zerlege.
Demnach geht aus dem Text hervor, dass bx die zu zerlegende Kraft,
b a und a x die beiden Componenten sind, welche den rechten Winkel
einschliessen. Da dies selbstverständlich ist, so braucht nicht aus¬
drücklich hervorgehoben zu werden, dass der Winkel bax als rechter
zu betrachten ist. Wenn überdies die Zeichnung in der ursprüng¬
lichen Grösse hergestellt wäre, was von der Redaction wegen Mangel
an Raum verhindert ist, so würden die Unterschiede in der Grösse
der Winkel schärfer hervorgetreten sein.
Diesen Ausstellungen, welche die in meiner Arbeit gegebene Aus¬
lese mathematisch-physikalischer Irrthümer des Herrn Dominik ver¬
vollständigen helfen, lässt letzterer die Behauptung folgen, dass ich
mit der Mathematik und Physik auf einem gespannten Fusse stehe!
Zum Beweise, dass es ebenso mit der Logik der Fall sei, führt er
zwei Stellen aus meiner früheren Arbeit über den schiefen Huf an.
Ich muss aber, weil mir der Raum zu einer längeren Auseinander ^
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Erwiderung.
77
Setzung fehlt, die Beurtheilung dieser logischen Verstösse dem Leser¬
kreise überlassen und kann es auch unbesorgt thun.
Selbst in dem zur Ehrenrettung seines Satzes (dass der Huf den
Stoss von oben in schräger Richtung, die Kraft des Anpralls von
unten in senkrechter Richtung empfängt) unternommenen Versuch be¬
geht Herr Dominik wieder einen Fehlschluss. Er sagt, „dass die Be¬
wegung einer Billardkugel im Augenblick des Anpralls in 2 Compo-
nenten zerlegt wird, von denen die eine, welche parallel zur Bande
läuft, ihre Richtung auch nach dem Anprall beibehält, während die
andere, senkrecht auf die Bande gerichtete die entgegengesetzte Rich¬
tung anniromt“. Anstatt nun weiter zu folgern, dass die der Bande
parallele Bewegung, deren Fortbestand aus der gleichen Grösse des
Aufschlags- und des Anprallswinkels erkannt wird, ohne deren Mit¬
wirkung ein senkrechter Abschlag zu Stande kommen würde, nur
durch eine gleich grosse, entgegengesetzt gerichtete Kraft aufgehoben
werden kann, dass wir dagegen beim Einfall des Fusses in den Erd¬
boden ein solches Bewegungshinderniss sich einstellen sehen, fährt er
so weiter fort: „Eine Erschütterung wird nun dadurch hervorgerufen,
dass eine Kraft plötzlich gehemmt wird. Auf sie hat also nur die
senkrechte Componente Einfluss.“ Hiernach bleibt also die Seiten¬
kraft, trotzdem sie die Kugel von dem senkrechten Rückschlag ab¬
lenkt, eine Kraft ohne Wirkung? Und ferner heisst es am Schluss
des Absatzes: „Beim Fussen des Pferdes wird die senkrecht abwärts
gehende Bewegung plötzlich gehemmt, also ein senkrechter Gegenstoss
hervorgerufen, während die zweite Kraft horizontal in der Rich¬
tung des Einfallswinkels wirkt und Gleiten verursacht. Zunächst
kann es eine Kraft, welche horizontal und gleichzeitig im Einfalls¬
winkel liegt, nicht geben, da der letztere der Winkel ist, welchen die
Richtungslinie des Stosses mit der Horizontalen einschliesst. Und
dann sehen wir die Wirkung der horizontalen Kraft doch nur unter
besonderen Verhältnissen, das Gleiten beim Fussen ist abnorm. Eine
andere aus der Erdbodenfläche stammende Kraft, welche wir Reibung
nennen, erzeugt plötzlichen Stillstand der Bewegung. Muss hier nicht
die logische Schlussfolgerung lauten: weil die dem Erdboden parallele
und fortschreitende Bewegung des Hufes plötzlich durch die Reibung
gehemmt wird, während die analoge Bewegung des Billardballes (die
längs der Bande verlaufende Componente) bei Abwesenheit der Rei¬
bung nicht gehemmt wird, so muss diese Kraft eine entsprechende Rück¬
wirkung auf den in der Bewegung gehemmten Körper ausüben, wie
der Widerstand des Erdbodens, der die senkrechte Componente der
Bewegung vernichtet? Reibung und Widerstand des Erdbodens treten
zusammen, um die Bewegung des Hufes aufzuheben, sie vereinigen
sich zu demselben Kräfteparallelograra, welches die verticale und hori¬
zontale Componente des Stosses bildet.
Eine richtige Folgerung hat Herr Dominik übrigens gezogen,
dass bei dieser Theorie die Erschütterung gleich gross bleiben muss,
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78
PETERS.
während nach der seinigen eine Abnahme derselben mit der Verklei¬
nerung des Einfallswinkels stattfindet. Jedenfalls befinde ich mich
im Einklang mit dem physikalischen Gesetz, dass die lebendige Kraft
ein Product der Geschwindigkeit und der Masse ist.
Mit der von Herrn Dominik gegebenen Versicherung, dass er
wie andere Menschen Irrthüraern unterworfen sei und gern Belehrung
annehme, steht die sofort folgende Verorthcilung der * Neuen Zeit¬
schrift für Veterinärraedicin“ im Widerspruch. Obgleich die in der¬
selben enthaltenen Besprechung meiner Arbeit in nur reservirter Weise
meinen Deductionen Anerkennung zollt, so hält Herr Dominik doch
schon die Empfehlung derselben zum eingehenden Studium als eine
Gefahr für die Feststellung und Erforschung der Wahrheit,
Ich habe in Vorstehendem nicht nur bewiesen, dass meine raa-
thematisch-physikalischen Deductionen absolut frei von den Irrthümem
sind, welche Herr Dominik ihnen hat imputiren wollen, sondern auch,
dass die Ansicht über die senkrechte Richtung des Rückstosses eine
irrige ist und bleibt. Damit habe ich auch die mit so häufigen Varia¬
tionen mir zugeschriebene Unfähigkeit, über den * rationellen Huf¬
beschlag“ urtheilen zu können, widerlegt.
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III.
Zur Anatomie und Histologie der Sohleünbeutel und
Sehnenscheiden des Pferdes.
Von
Prof. F. Eichbaum in Giessen.
(Hierzu Tzf. I, Flg. 1—5.1
An allen Stellen des thierischen Körpers, wo Muskeln und Sehnen
oder auch die Haut über hervorragende Knochenvorsprünge hinweg¬
ziehen, finden sich häufig mit einer geringen Menge einer schleimigen
Flüssigkeit erfüllte sackartige Gebilde vor, die man seit alter Zeit
als Schleimbeutel — Bursae mucosae — oder wie bei den Seh¬
nen als Schleimscheiden oder Sehnenscheiden — Bursae mu¬
cosae vaginales sive Vaginae tendinum mucosae s. syno¬
viales — bezeichnet. Die Verrichtung dieser Gebilde ist bei beiden
dieselbe und besteht wohl vorzugsweise darin, dass sie in Folge ihrer
schlüpfrigen Wandungen das Gleiten von Sehnen, Muskeln oder der
Haut über die erwähnten Hervorragungen zu erleichtern und Reibun¬
gen und Zerrungen derselben zu verhindern im Stande sind. Allein
nicht nur in der physiologischen Function, sondern auch in dem ana¬
tomischen Bau zeigen Schleimbeute] und Sehnenscheiden gemeinsame
Eigenschaften, die besonders in der Structur der Wandungen und in
dem Inhalt der fraglichen Gebilde gegeben sind. Nur bezüglich der
Form lässt sich ein Unterschied zwischen beiden insofern constatiren,
als die Schleimbeutel meistens rundliche oder ovale Säcke darstellen,
welche nur an einer Fläche des darüber hinwegziehenden Muskels
resp. Sehne gelegen und mit derselben verbunden sind, während an¬
dererseits die Sehnenscheiden cylindrische Säcke darstellen, welche
die in ihrer Mitte gleitende Sehne umhüllen. Uebergänge lassen sich
auch hier häufig beobachten und sind dadurch gegeben, dass die
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80
EICHBAUM,
Wandfläche der Sehnenscheide sich an die eine Fläche der von ihr
umhüllten Sehne anlegen und mit derselben verwachsen kann, sodass
dann aus der Sehnenscheide ein langgezogener Schleirabeutel, eine
scheidenartige Bursa — Bursa vaginalis — sich bildet. — Bei ge¬
nauerem Studium indessen finden sich ausser dem soeben erwähnten
noch weitere Unterschiede und Eigentümlichkeiten, die sich nament¬
lich auf den histologischen Bau und die Genese dieser Gebilde be¬
ziehen und die gross genug sind, um eine gesonderte Betrachtung
derselben zu empfehlen.
Eine genaue anatomische Kenntniss der Lage der Schleimbeutel
und Sehnenscheiden hat für die Chirurgie eine hervorragende Bedeu¬
tung. Beide Gebilde erkranken verhältnissmässig häufig, gewöhnlich
in Folge traumatischer Einwirkungen — Quetschungen, subcutane und
offene Zerreissungen, Verwundungen — welche zu acuten und chro¬
nischen Entzündungen Veranlassung geben und hierdurch entweder
Functionsstörungen (Lahmheiten u. s. w) oder auch durch chronische
Ansammlung des krankhaft vermehrten Secretes (Hygrome) gewisse
Deformitäten bedingen. Ich erinnere hier nur an die häufigen Er¬
krankungen der Sehnenscheiden der Extremitäten bei dem Pferde, an
die der subcutanen Bursen am Proc. anconaeus oder am Calcaneus,
an die Entstehung der Genickbeule durch Erkrankung des unter der
Kopfinsertion des strickförmigen Theiles vom Ligam. nuchae gelegenen
Schleimbeutels (Delabere Blaine), an die Erkrankungen der unter
dem medialen Insertionsschenkel des M. tibialis anticus gelegenen
Bursa (Dieckerhoff), sowie der unter dem Strahlbein gelegenen
Bursa podotrochlearis (Brauell). Der Umstand endlich, dass eine
Anzahl von Schleim beuteln und Sehnenscheiden bei dem Pferde in
Communication mit Gelenken stehen und Alterationen jener in der
Regel auch Erkrankungen dieser bedingen, genügt wohl, um darauf
hinzuweisen, wie nothwendig die Kenntniss dieser, bei den Secirübun-
gen meistens zu wenig beachteten Gebilde für den Praktiker ist.
Die Schleimbeutel und Sehnenscheiden sind, wie ich weiter unten
specieller ausführen werde, keine constant vorkommenden Organe.
Alter, Constitution, Gebrauch u. s. w. des betreffenden Thieres be¬
dingen ganz bedeutende Abweichungen in dem Vorkommen, in der
Grösse und Einrichtung der in Rede stehenden Gebilde, besonders der
unter der Haut gelegenen Schleimbeutel. Ichi habe mich bemüht,
durch mehrere Jahre hindurch fortgesetzte Untersuchungen das Vor¬
handensein der fraglichen Gebilde an den verschiedenen Körpertheilen
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 81
mit möglichster Vollständigkeit festzustellen, und sollen die Resultate
derselben, nachdem eine allgemeine Besprechung bezüglich des Vor¬
kommens und des Verhaltens der Schleimbeutel und Sehnenscheiden,
und zwar sowohl in grob anatomischer, wie histologischer Hinsicht
vorausgegangen, im speciellen Theile dieser Arbeit mitgetheilt werden.
Wenn ich auch nicht der Ansicht bin, dass es mir gelungen ist, jeden
Schleimbeutel, der event. zur Beobachtung kommen kann, constatirt
zu haben, so glaube ich doch, durch die vorliegenden Untersuchungen
genügendes Material zur Beurtheilung der Häufigkeit des Vorkommens
der einzelnen Bursen gewonnen und gleichzeitig auch den Anlass zu
weiteren Forschungen nach dieser Richtung hin gegeben zu haben.
Bau und Vorkommen der Schleimbeutel und
Sehnenscheiden.
Wie bereits am Eingänge erwähnt, stellen die Schleimbeutel
meistens geschlossene, abgeplattete, ira gefüllten oder aufgeblasenen
Zustande eiförmige oder kugelig geformte Gebilde von verschiedener
Grösse dar, welche im normalen Zustande mit einer geringen Menge
einer synoviaartigen Flüssigkeit erfüllt s\p<2, so dass ihre Wandflächen
sich gewöhnlich berühren und bei Bewegungen der mit ihnen in Ver¬
bindung stehenden Theile (Haut, Muskeln, Sehnen) an einander gleiten.
Die Wandungen dieser Säcke bestehen aus einer bald stärkeren, bald
schwächeren, meistens jedoch durchscheinenden bindegewebigen Mem¬
bran, deren äussere Fläche mit den benachbarten Organen theils locker,
theils so fest verwachsen ist, dass sie sich nur schwer oder gar nicht
als besondere Membran darstellen lässt. Die innere Oberfläche der
Schleimbeutelwand zeigt in den verschiedenen Bursen ein mannigfal¬
tiges Aussehen. Meistens, und dies ist namentlich bei denjenigen
Schleimbeuteln der Fall, welche unter Muskeln und Sehnen gelegen
sind, ist sie überall glatt und zeigt nur an einzelnen Stellen in ähn¬
licher Weise, wie die Synovialis der Gelenke, zottenartige Bildungen,
die zum Theil ein durch die mit Blut gefüllten Gefässschlingen her¬
vorgerufenes röthliches Aussehen besitzen. Im Gegensatz hierzu ist
die Innenfläche der subcutanen Schleimbeutel, die überhaupt wohl
selten eine bestimmt abgegrenzte Wandung erkennen lassen, häufig
durch hervorspringende und sich in verschiedenen Richtungen durch¬
kreuzende Sehnenfäden uneben. Häufig lässt sich ferner die Beob-
Archiv f. wissensck. u. prakt. Thierheilk. IX. ln.2. 6
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82
EICHBAUM,
achtung machen, dass von den Wandungen einer solchen Bursa aus zahl¬
reiche sehnige Fäden in das Lumen derselben hineinspringen, die sich
netzartig durchflechtend an anderen, gewöhnlich den Ursprungsstellen
gegenüber liegenden Punkten sich inseriren; ebenso findet man, dass
die in Rede stehenden Sehleimbeutcl durch ring- oder halbmondför¬
mige, häufig durchlöcherte Scheidewände in mehrere Fächer geschieden
werden, und dass dieselben zuweilen an ihrer Innenfläche eine grau-
röthliche, schmierig-fettige Belagmasse aufweisen, welche offenbar aus
einem fettigen Zerfall der inneren Oberfläche entstanden ist. Ob dieser
letztere Befund nur unter pathologischen Verhältnissen vorkommt, lasse
ich dahingestellt; ich habe ihn mehrmals in den an den äusseren
Darrabeinwinkeln gelegenen subcutanen Schleimbeuteln constatiren
können.
Alle diese Momente, sowie der Umstand, dass die Wandflächen,
welche das Lumen der Hohlräume begrenzen, gewöhnlich nur aus dem
verdichteten subcutanen Bindegewebe gebildet sind, geben gewisse
Aufschlüsse über die Genesis der fraglichen Gebilde, welche sogleich
noch specieller erörtert werden soll.
In Betreff der Lage und des Vorkommens der Bursae mucosae
haben wir die letzteren in zwei Hauptgruppen zu theilen, einmal in
diejenigen, welche unter dt?*,Haut, in der Subcutis gelegen sind, die
subcutanen Schleimbeutel, s , ferner die Bursen, die unter tiefer ge¬
legenen Theilen, meistens in der Nähe der Insertionsstellen von Mus¬
keln und Sehnen sich befinden — Bursae subtendinosae. Was
zunächst das Vorkommen der subcutanen Bursen anbetrifft, so lässt
sich im Allgemeinen sagen, dass dieselben an allen Stellen zur Beob¬
achtung kommen können, wo die Haut hervorragende Knochenvor¬
sprünge unmittelbar überzieht und zugleich einer Verschiebung aus¬
gesetzt ist, also beispielsweise an den äusseren Darmbeinwinkeln, am
Olecranon, der Tuberositas calcanei, den Malleoli, seltener an der
Patella, über dem Widerrist und Kreuzbein, den Streckseiten der Ge¬
lenke. Immer aber ist das Vorkommen und die Grösse dieser Bursen
ein sehr unbeständiges und wechselndes, so dass man selbst bei einem
und demselben Individuum in dieser Beziehung oft den erheblichsten
Abweichungen an beiden Körperhälften begegnen kann. Vergleichende
Untersuchungen bei jüngeren und älteren Pferden bezüglich dieser
Frage lassen indessen eine gewisse Gesetzmässigkeit in dem Auftreten
der subcutanen Schleimbeutel nicht verkennen; je älter das Individuum,
desto zahlreicher sind im Allgemeinen die Schleirabeutel, je jünger,
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 83
desto seltener lassen sich dieselben feststellen; und die Untersuchungen
der Subcutis neugeborener Thiere oder ausgetragener Fötus lassen
endlich subcutane Bursen vollständig vermissen und weisen darauf
hin, dass sich dieselben erst mit dem fortschreitenden Alter und durch
den Gebrauch des Thieres in Folge mechanischer Einwirkungen bilden.
Unter Berücksichtigung der oben angegebenen Momente müssen wir
uns hiernach die Bildung von subcutanen Schleimbeuteln nach dem
Vorgänge von His *) in der Weise erklären, dass bei dem Gebrauch
der Thiere, bei dem Strecken und Beugen der Gelenke, bei der stär¬
keren und schärferen Ausbildung aller Knochenvorsprünge und -Fort¬
sätze u. s. w. Zcrreissungen des subcutanen Bindegewebes verursacht
werden; in den hierdurch entstandenen Lücken sammelt sich die das
Gewebe durchtränkende Flüssigkeit an; die anfangs unebenen und
unregelmässigen, von dem subcutanen Gewebe gebildeten Wandungen
schleifen sich, wenn ich mich so ausdrücken darf, allmählich ab, sie
werden geglättet, oder aber sie behalten ihre faserige und zerrissene
Beschaffenheit bei und wir erhalten schliesslich das Gebilde, welches
wir als Bursa subcutanea kennen gelernt haben. Der Umstand, dass
in diesen Schleimbeuteln meistens die endotheliale Auskleidung fehlt
oder nur sehr unvollständig vorhanden ist (s. unten), spricht wohl
für die Richtigkeit dieser Auffassung, wonach die in Rede stehenden
Säcke als Bildungen des extrauterinen Lebens anzusprechen sind.
Ganz anders verhalten sich in Bezug auf die Beständigkeit des Vor¬
kommens die subtendinösen Bursen. Wenngleich auch hier individuelle
Abweichungen rücksichtlich dieses Punktes häufig zu constatiren sind,
so sind dieselben jedoch niemals so auffallend, wie bei der vorher
besprochenen Gruppe, und der grösste Theil der constatirtcn Schleim¬
beutel findet sich beständig in allen Altersperioden vor. Schon das neu¬
geborene Füllen besitzt gewöhnlich ausser sämmtlichen Sehnenscheiden
die meisten der tiefer gelegenen Bursen. Ebenso habe ich bei der
Untersuchung eines etwa 6 Monate alten, 60 Ctm. langen Rinder-
fotus nicht allein die Sehnenscheiden vollständig ausgebildet vorgefun¬
den, sondern auch eine grosse Anzahl subtendinöser Bursen, wie bei¬
spielsweise eine etwa haselnussgrosse Bursa unter der Endsehne des
M. biceps femoris, die Bursa glutaei medii, die Bursa unter dem Ur¬
sprünge des langen Zehenstreckers am Hinterschenkel, die Bursa inter-
! ) His, Die Häute und Höhlen des Körpers. Akademisches Programm.
Basel 1865.
6 *
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84
EtCHBAUM,
tubercularis u. a. in. Alle diese Bursen waren im Verhältniss zu den
mit ihnen in Verbindung stehenden Muskeln oder Sehnen bedeutend
grösser, als bei dem erwachsenen Thiere. Sogar bei einem 36 Ctm.
langen Rinderfötus konnte ich eine ganze Anzahl dieser Schleimbeutel
constatiren. Diese Thatsachen machen es zweifellos, dass die Seh¬
nenscheiden sowohl, wie auch der grösste Theil der subtendinösen
Schleimbeutel Organe sind, welche bereits in einer verhältnissraässig
frühen Periode der intrauterinen Entwickelung — auch hier wiederum
in Folge mechanischer Einwirknng (Muskelzug) — sich bilden, ein
Umstand, der nicht allein, wie weiter unten gezeigt werden soll, einen
Einfluss auf die Structur dieser Gebilde besitzt, sondern das Vorkom¬
men derselben auch zu einem mehr constanten macht. Man hat daher
auch die letzteren im Gegensatz zu den subcutanen, unbeständig vor-
koraraenden Schleimbeuteln als die typischen bezeichnet. Ein Theil
der in Rede stehenden Schleirabeutel entsteht indessen zweifellos
ebenfalls erst im extrauterinen Leben. Es geht dies schon aus dem
Umstande hervor, dass mehrere derselben verhältnissmässig nur selten
zur Beobachtung kommen und dann meist in ähnlicher Weise wie die
subcutanen, mit unebenen, von Sehnenfäden durchzogenen Wänden
versehen sind. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieselben in Folge
einer bestimmten Gebrauchsweise des Thieres oder einer durch patho¬
logische Veränderungen bedingten modificirten Bewegungsweise der
einzelnen Körpertheile, durch Zerreissung des intermusculären oder
subfascialen Bindegewebes hervorgerufen werden.
Was die Lage dieser Schleimbeutel anbelangt, so finden sich die¬
selben, wie bereits angegeben, meistens an der Anfangs- oder End¬
insertion der Muskeln resp. Sehnen, oder an solchen Stellen vor, wo
die letzterwähnten Gebilde über hervorragende Knochenerhabenheiten
hinweggleiten und sind gewöhnlich mit den letzteren sowohl wie mit
dem Muskel resp. der Sehne innig verbunden. Eine Anzahl der sub¬
tendinösen Bursen steht mit Sehnenscheiden und Gelenken in Com-
munication, so beispielsweise die Bursa calcanea mit der Scheide des
Kronbeinbeugers am Sprunggelenk (vergl. S. 126), die Bursa unter dem
Ursprung des Schienbeinbeugers mit dem Kniegelenk, mit demselben
Gelenk die Bursa M. poplitei, sowie die unter dem medialen Seiten¬
bande des Kniegelenkes gelegene Bursa; am Ellenbogengelenk die
Bursa unter dem Ursprung des äusseren und inneren Beugers der
Vorderfusswurzel und des Hufbeinbeugers. Diese letzterwähnten
Schleimbeutel stellen gewissermassen nur blindsackförmige Ausstül-
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Anatomie u. Histologie d. Sclileimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 85
pungen der Synovialis der Gelenke dar und werden mit Rücksicht
hierauf von Henle 1 ) als Bursae synoviales — Synovialbeutel
— bezeichnet. Nach den Angaben von Heinecke 2 ) sind die Cora-
municationen solcher Schleirabeutel mit Gelenken oder Sehnenscheiden
meist erst das Resultat des Bindegewebsschwundes in späteren Jahren.
Dieselben werden, wie meine Untersuchungen bei dem Pferde lehren,
durch das schwankende Vorkommen solcher Coramunicationen bei den
verschiedenen Individuen, sowie durch das Verschmelzen einzelner
Bursen mit einander, hinreichend bestätigt und dürften auch unter
pathologischen Verhältnissen bei lange andauernden Ausdehnungen
der in Rede stehenden Gebilde, Platz greifen. —
Im Gegensatz zu den mehr rundlich geformten und seitlich com-
primirten Schleimbeuteln stellen die Sehnenscheiden cylindrische Säcke
dar, welche sich an den Sehnen, vorzugsweise an den Streck- und
ßeugeseiten der Gelenke der Extremitäten vorfinden, dieselben schei¬
denartig umkleiden und sie von den benachbarten Gebilden: Knochen,
Sehnen u. s. w. trennen. An jeder Sehnenscheide lässt sich zunächst
eine zarte, durchscheinende Membran, die Synovialmembran,
die Schleim- oder seröse Scheide unterscheiden, deren innere,
der Sehne zugewandte Fläche meist glatt und nur an vereinzelten
Stellen mit zottigen Excrescenzen besetzt ist und deren äussere Ober¬
fläche gewöhnlich mit einer derben, sehr widerstandsfähigen fibrösen
Hülle durch eine Schicht lockeren Bindegewebes — subsynoviales
Gewebe — mehr oder weniger fest verbunden ist. Diese letztere,
das sog. Retinaculum tendinum, welche entweder mit den apo-
neurotischen Umhüllungen und mit dem Bandapparat der Gelenke im
Zusammenhänge steht, oder mit dem Periost der in der Nähe befind¬
lichen Knochenvorsprünge verschmilzt, dient einmal zur Verstärkung
der an und für sich sehr schwachen synovialen Scheide, andererseits
erhält es die Sehne mit dieser Scheide in der Lage. Die Form der¬
selben ist sehr verschieden. Bald besitzen sie die längliche Form
der Synovialscheide, bald gehen sie brückenartig über die Sehne hin¬
weg und werden dann als Quer- oder Ringbänder bezeichnet.
Selten ist indessen die Ausdehnung dieser Retinacula grösser als die
der betreffenden Sehnenscheiden selbst, so dass immer noch Lücken,
theils an beiden Enden, theils in der Mitte derselben übrig bleiben,
*) Handbuch der Bänderlehre des Menschen.
2 ) Anatomie und Pathologie der Schleimboutel und Sehnenscheiden. 18G7.
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86
EICHBAUM.
durch welche die dieser Stütze ermaugelnde Synovialscheide unter
pathologischen Verhältnissen, z. B. beim Hydrops der Sehnenscheiden,
sich ausdehnen und hervortreten kann. Hein ecke 1 ) bezeichnet die
zu beiden Enden der ßetinacula gelegenen Lücken als „Endpforten“,
während die in der Mitte der fibrösen Platte vorhandenen Oeffnungen
die „Zwischenpforten“ darstellen.
Die synoviale Scheide überzieht nicht allein die innere Oberfläche
dieser Retinacula und der Knochenfläche, über welche die Sehne hin¬
weggleitet, sondern sie schlägt sich auf die Sehne selbst über und
überzieht die letztere. Man kann daher an jeder Synovialscheide in
ähnlicher Weise wie an der Serosa des Peritoneum oder der Pleura
zwei Blätter unterscheiden, ein parietales, mit dem Retinaculum ver¬
bundenes und ein viscerales, die Sehne überziehendes. Beide Blätter
stellen, wie Henle beschreibt, zwei in einander gesteckte Hohl-
cylinder dar, die ihre glatten Flächen einander zukehren und in deren
Zwischenraum unter normalen Zuständen eine geringe Menge einer
gelblichen, schleimigen Flüssigkeit sich befindet. Sind die Synovial¬
scheiden sehr lang, so enthalten dieselben zugleich Vorrichtungen,
vermittelst deren der Sehne das zu ihrer Ernährung nothwendige Blut
hinübergeleitet wird. Es geschieht dies in der Weise, dass von einer
Stelle des parietalen Blattes aus und zwar meistens von einer am
Knochen gelegenen, ein aus zwei Blättern bestehender und die Go-
fässe einschliessender Fortsatz in das Innere der Scheide hervorspringt,
an die Sehne herantritt und derselben in ähnlicher Weise die ernäh¬
renden Gefösse zuführt, wie das Peritoneum in Form des Mesente¬
riums den Darmschlingen. Man hat daher auch die soeben beschrie¬
bene Duplicatur, welche auch die Bezeichnung Vincula tendinum
trägt, Mesotenon oder Mesotendon benannt. Die Form der letz¬
teren variirt; sie sind entweder platt und lang, und die sie bildenden
Blätter liegen dicht an einander, oder sie sind mehr cylindrisch und
zwischen den Blättern ist eine grösser^ Menge eines lockeren Binde¬
gewebes vorhanden.
Nicht in allen Fällen indessen findet sich zwischen Sehne und
Scheide ein vollständig entwickelter Hohlraum vor. Auch hier lassen
sich Uebergangsstufen zwischen der einfachen bindegewebigen Umhül¬
lung der Sehnen und den vollkommen entwickelten Scheiden fest¬
stellen, Uebergänge, die sich hauptsächlich dadurch kennzeichnen,
‘) 1. c. S 26.
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 87
dass das einhüllende Bindegewebe wesentlich lockerer und mit zahl¬
reichen, geräumigen, ebenfalls mit einer geringen Menge einer serösen
Flüssigkeit erfüllten Maschen versehen ist, deren Septa sich an der
Oberfläche der Sehne inseriren. Derartige Scheiden, die gewisser¬
maßen auf einer früheren Bildungsstufe stehen geblieben sind und
sich beispielsweise an der Sehne des M. levator labii sup. propr.,
zum Theil auch an den Beuge- und Strecksehnen der Extremitäten
des Pferdes Vorkommen, können ganz passend nach dem Vorgänge von
Günther 1 ) als zellige Scheiden bezeichnet werden.
Die Sehnenscheiden gehören, wie bereits erwähnt, zu den bestän¬
digsten der in Rede stehenden Organe, da sie bereits in derselben
Anzahl und Ausbildung bei dem Fötus angetroffen werden. Makro¬
skopisch untersucht erscheinen ihre Synovialmembranen wesentlich
dünner und schwächer, wie die Wandungen der subtendinösen Schleim¬
beutel. Es fällt diese Erscheinung mit dem Umstande zusammen,
dass die Sehnenscheiden meist einen geringeren Druck auszuhalten
haben, wie die Schleimbeutel, und ausserdem noch eine bedeutende
Stütze in den umhüllenden fibrösen Retinacula besitzen. Ebenso finden
sich verhältnissmässig nur selten Synovialzotten an der Innenfläche
der Sehnenscheide vor. Am besten und zahlreichsten entwickelt habe
ich dieselben an der vorderen Wand der Scheide des Hufbeinbeugers
an der hinteren Fläche der Phalangen vorgefunden, und zwar in jener
Abtheilung derselben, welche unterhalb der Gleitfläche der Sesarabeine
gelegen ist. Sie verleihen hier der Scheidenoberfläche ein sammet-
artiges Aussehen. Vereinzelt können dieselben wohl an allen Sehnen¬
scheiden und an allen Stellen derselben beobachtet werden.
Liegen mehrere Sehnen neben einander, so können dieselben von
einer gemeinschaftlichen Synovialscheide umschlossen sein (Sehnen des
Kronen- und Hufbeinbeugers an der hinteren Fläche der Vorderfuss-
wurzel). In einem solchen Falle springt der vom Mesotenon stam¬
mende synoviale Ueberzug von der einen Sehne auf die andere über
und verbindet beide mit einander, wobei es zur Bildung von blind¬
sackförmigen, zwischen den Sehnen gelegenen Ausstülpungen kommt.
Theilt sich eine Sehne in ihrem Verlauf in zwei oder mehrere
Schenkel, dann erfolgt auch eine Theilung der Scheide in eine ent¬
sprechende Anzahl von Abtheilungen und jede derselben begleitet und
umgiebt den zugehörigen Schenkel (cfr. Scheide des M. tibialis anticus
*) Myologie des Pferdes, S. 34.
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EICHBAUM.
am Hinterschenkel, S. 125). Dass Coramunicationen von Sehnenschei¬
den mit Schleim beuteln Vorkommen, ist bereits oben erwähnt; ebenso
kann zuweilen eine Communication dieser Scheiden mit Gelenken zur
Beobachtung kommen, wie beispielsweise die der Sehnenscheide des
dicken Hufbeinbeugers mit dem Rollen-Unterschenkelgelenk, oder der
Scheide des lateralen Insertionsschenkels des M. extensor carpi ulnaris
mit der zwischen Radial- und Metacarpal reihe der Vorderfusswurzel
befindlichen Gelenkhöhle. In vielen Fällen endlich ist die Wand¬
fläche der Scheide in grösserer oder geringerer Ausdehnung mit der
Sehne verbunden und es ist dann an der Stelle der Scheide eine
Bursa vaginalis vorhanden, wie sie z. B. an der Sehne des Kronen¬
beinbeugers an der hinteren Fläche des Sprunggelenkes und Fessel¬
gelenkes, an der Sehne des M. biceps brachii, der Sehne des M. co-
raco-brachialis u. a. ra. beobachtet werden kann. —
Schon bei oberflächlicher Untersuchung der in Rede stehenden
Organe fällt die grosse Aehnlichkeit in dem Bau derselben mit dem
der Gelenkkapseln auf. Beide stellen zarte, dünne, durchscheinende
Membranen dar, welche durch subsynoviales, häufig Fetteinlagerungen
enthaltendes Bindegewebe mit einer äusseren fibrösen Verstärkungs¬
schicht verbunden sind. Beide besitzen an ihrer inneren Oberfläche
ein glattes, glänzendes, von zottigen Excrescenzen unterbrochenes Aus¬
sehen; der flüssige Inhalt beider zeigt ferner nach den Angaben aller
Autoren chemisch und physikalisch wenn auch nicht die gleiche, so
doch eine ähnliche Beschaffenheit. Der Umstand endlich, dass häufig
Schleimbeutel in directer Communication mit Gelenkkapseln oder Seh¬
nenscheiden stehen, lassen von vornherein die Annahme als zutreffend
erscheinen, dass der Bau dieser drei Gebilde nicht allein makrosko¬
pisch anatomisch derselbe ist, sondern dass auch die histologische
Structur derselben die gleiche oder wenigstens eine ähnliche ist, eine
Relation, welcher man in den Werken über Anatomie und Histologie
dadurch Rechnung trägt, dass man gewöhnlich alle drei Gebilde unter
der gemeinschaftlichen Bezeichnung der Synovialhäute resp. Synovial¬
höhlen abzuhandeln pflegt.
Die mikroskopische Untersuchung der Schleimbeutel und Sehnen¬
scheiden bietet immer gewisse Schwierigkeiten dar, Schwierigkeiten,
welche hauptsächlich durch die zarte und hinfällige Beschaffenheit des
Materials bedingt sind, und die ohne Zweifel auch Veranlassung zu
den mannigfachen controversen Angaben bezüglich der Structur dieser
Gebilde gegeben haben. Im Allgemeinen handelt es sich hierbei vor-
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 89
zugsweise um Sie Feststellung der Frage, welche Stellung in der
Reihe der thierischen Gewebe und Organe den Synovialhäuten einzu¬
räumen sei. Die Art und Weise, in welcher diese Frage von den
histologischen Forschern beantwortet worden ist, ist eine sehr ver¬
schiedene. Die verbreitetste Ansicht ist wohl die, dass die Synovial¬
häute zu den serösen Häuten zu rechnen seien; andere Forscher geben
ihnen eine Zwischenstellung zwischen Serosa und Mucosa, oder eine
besondere Stellung zwischen Bindegewebe und Serosa, oder dieselben
werdeu endlich, wie dies in neuester Zeit von Soubbotine (s. unten)
geschehen ist, zu den drüsigen Geweben gerechnet. Es dürfte daher
nicht ohne Interesse sein, wenn ich, bevor ich an die Mittheilung
meiner eigenen Untersuchungsresultate herangehe, in Kürze die über
den Bau der fraglichen Gebilde gemachten Angaben zusaramenstelle
und hiermit gleichzeitig einen kurzen Ueberblick über die einschlä¬
gige Literatur gebe.
Bekanntlich hatte bereits Bichat in seinem Traite des Mem-
branes die membranösen Gebilde des thierischen Körpers in drei
Hauptgruppen oder Hauptsysteme gebracht, und zwar 1) in das Sy¬
stem der Schleimhäute und der äusseren Haut; 2) in das System der
serösen und synovialen Häute; 3) in das System der fibrösen Häute.
Die synovialen Häute trennt er dann weiterhin in die Membranen der
Sehnenscheiden und in die der Gelenkkapseln. Diese Aufstellung
Bichat"s wurde von den Anatomen adoptirt und war lange Zeit all¬
gemein gebräuchlich. Heule 1 ) bezeichnete noch 1841 die Bursen und
Sehnenscheiden als „unechte seröse Säcke“ und fasste dieselben
als epithellose Lücken des Bindegewebes auf, welche nur in den Fällen,
wo dieselben im Zusammenhang mit den Gelenken stehen, eine Fort¬
setzung des Epithels der letzteren erhalten, eine Ansicht, welche durch
die gleichzeitig erschienen Arbeiten der nachstehenden Autoren wider¬
legt wurde, und zwar dadurch, dass von Bruns 2 ) und Gerber 3 ) ein
Epithelbelag für die Schleirascheiden, von Reichert 4 ) 1843 und
Bendz 3 ) 1846 ein solcher für die Schleimbeutel der Haut und Mus¬
keln nachgewiesen wurde. Letzterer fand bei Pferden und anderen
Hausthieren die in Rede stehenden Beutel mit einem deutlich zelligen
1 ) Allgemeine Anatomie, 1841, S. 364.
2 ) Handbuch der allg. Anatomie, 1841.
3 ) Lehrbuch der allg. Anatomie, 1841.
4 ) Müller’s Archiv, 1843.
3 ) Handbuch der allg. Anatomie, 1846 u. 1847.
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90
EICHBAUM,
Epithel überzogen, welches aus hellen, platten, ovalen oder unregel¬
mässig eckigen 0,0004—0,0008 par. Zoll grossen, mit granulirten Kernen
und einem dunklen Kernkörperchen versehenen Zellen bestehen sollte,
welche meist eine einzige Lage, seltener wie in Sehnenscheiden von
Muskeln eine mehrfache Schicht bilden. Kölliker 1 ) zeigte 1847
in den Züricher Mittheilungen, dass beide Arten von Säcken
mir stellenweise vom Epithel überzogen sind, welches letztere aus
einer meist einfachen Lage kernhaltiger Zellen besteht, die wegen
ihrer festen Verbindung unter einander sich nicht leicht isoliren lassen,
und wo dies gelingt, als polygonale, 0,004—0,007 Linien grosse und
mit rundlichen, leicht abgeplatteten Kernen von 0,0025—0,003 Linien
und einigen kleinen Fettkörnchen versehen erscheinen. Kölliker
giebt dann specieller die Stellen an, welche des epithelialen Ueber-
zuges entbehren. Es sind dies namentlich solche Stellen in der um¬
gebenden Wandung, und zwar sowohl bei Synovialscheiden, wie bei
Schleimbeuteln, die sich durch einen matten Glanz und gelbliches
Aussehen auszeichnen und gleichzeitig die Natur von Faserknorpeln
besitzen. In ähnlicher Weise sollte sich die Synovialis der Gelenke
verhalten und Kölliker stellt hiernach die Synovialsäcke des Muskel¬
systems und der Gelenke in die Mitte zwischen den einfachen Binde-
gewebslücken und den serösen Häuten. Eine ähnliche Anschauung
vertritt auch His 2 ), welcher zunächst darauf hin wies, dass die Sy¬
novialhöhlen, ebenso wie die serösen und vasculären Räume echte
Binnenräurae sind, die durch Spaltungen in Folge histologischer Dif-
ferenzirung im mittleren Keimblatte entstanden sind, und dass diese
Räume von der Umgebung durch dichtere Aneinanderlagerung embryo¬
naler, anfangs kugeliger, später abgeplatteter Zellen geschieden werden.
Diese Zellenschicht, welche sich durch gewisse constante Eigentüm¬
lichkeiten in Bezug auf Entstehung, Form und Leistung auszeichnen,
diflferirt von der ersten Zeit ihres Auftretens so erheblich von den
Zellenschichten, die aus den beiden Grenzblättern hervorgehen, dass
eine besondere Bezeichnung, welche ihre Beziehung zu den inneren
Körperflächen ausdrückte, notwendig wäre. Er nannte sie daher
Endot helien.
Nach His stellen die Synovialhöhlen Uebergangsbildungen zwischen
den serösen Höhlen und einfachen Bindegewebslücken vor. Unter demEin-
*) Kölliker, Mikroskopische Anatomie, 1850, S. 229.
2 ) op. cit.
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 91
floss mechanischer Einwirkungen entstanden, sollten dieselben von einer
bindegewebigen Membran begrenzt werden, welche um so lockerer und
zellenreicher wird, je mehr man sich der inneren Oberfläche derselben
nähert. Diese Zellen sollten endlich so dicht zusammenrücken, dass
sie in ihrer Gesamratheit das Bild eines mehrfach geschichteten Epi¬
thels darbieten; später, in vorgeschritteneren Altersperioden, könnten
sich die Zellen in ähnlicher Weise, wie bei der embryonalen Ent¬
wickelung, zu einer Art von Plattenendothel umwandeln.
Einen Wendepunkt in der Beurtheilung der fraglichen Verhält¬
nisse bewirkte die Einführung des Silbernitrates in die histologische
Technik durch v. Recklinghausen. Hüter 1 ), der vermittelst dieser
Versilberungsmethode Untersuchungen an der Synovialis der Gelenke
anstellte, kam hierbei zu dem Resultat, dass diese Membran keine
epitheliale Auskleidung besitzt, sondern dass die innerste Schicht der¬
selben aus einem raodificirten kernhaltigen Bindegewebe zusammen¬
gesetzt ist, welches er, weil dasselbe auf grösseren Strecken eine
oberflächliche Aehnlichkeit mit den Bildern besitzt, welche das Silber
auf wirklichen Epithelflächen hervorruft, „epithelioides“ Bindegewebe
nannte. Hüter schliesst die Existenz einer epithelialen Membran aus
dem Grunde aus, weil die Gefässnetze der Synovialis frei liegen und
des epithelialen Ueberzuges vollständig entbehren, was bekanntlich bei
den serösen Häuten niemals der Fall ist; dann aber auch, weil bei
der mit Silber behandelten Synovialis zwischen den rundlichen hellen
Räumen, welche in Form und Grösse den Zellen entsprechen würden,
stets etwas breitere Säume von braun gefärbter Intercellularsubstanz
verlaufen, welche sich an gewissen Stellen mehr verbreitern und dann
ein System weisser Linien aufweisen, welche die weiter aus einander
gerückten weissen Räume mit einander verbinden. Es sollte dies
namentlich an solchen Stellen der Fall sein, welche häufig mechani¬
schen Insulten ausgesetzt sind und Hüter bezeichnet ein solches Ge¬
webe mit Rücksicht auf die grosse Aehnlichkeit mit den mit Silber
imprägnirten Corneabildern als „keratoides“ Gewebe.
Während diese Resultate auf der einen Seite von Schweigger-
Seidel 2 ) bestritten wurden, welcher die Existenz eines vollkommen
! ) Zur Histologie der Gelenkflächen und Gelenkkapseln. Virchow’s Archiv,
Band 36.
2 ) Verhandl. der matb.-pbys. Classe der Gesellschaft der Wissenschaften
zu Leipzig. Bd. XVIR.
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92
EICHBAUM,
ausgebildeten Epithels durch Darstellung regelmässig auf der Fläche
gelagerter Kerne nachzuweisen suchte, trat andererseits Böhm*) den¬
selben bei. Böhm untersuchte die Synovialis unter Zusatz von Salz¬
wasser und fand, dass die Innenflächen derselben mit einer Zellen¬
schicht bedeckt sind, welche theils rundliche, theils mehr polygonale
Körper von der Grösse der weissen Blutkörperchen darstellen und in
denen Kerne nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden konnten. Diese
Zellen liegen theils so dicht neben einander, dass sich ihre Contouren
unmittelbar zu berühren scheinen, theils lassen sie grössere Zwischen¬
räume zwischen sich und erscheinen sogar stellenweise unregelmässig
über das Gesichtsfeld zerstreut. Auch Böhm findet, dass die Con-
tinuität dieses Belages häufig durch Capillargefässe unterbrochen ist
und betrachtet diese Gebilde ebenfalls als modificirte Bindegewebs¬
zellen, die zwar durch eine stellenweise regelmässige Anordnung einem
Epithelium ziemlich ähnlich werden, nie aber als vollständig identisch
mit einem solchen betrachtet werden können.
Albert 1 2 ) behauptet dagegen, dass die Synovialis der Gelenke
eine deckende kernhaltige Zellenschicht besitzt, die allerdings, wie
auch schon Hüter angiebt, nicht an allen Stellen der Kapsel vor¬
handen ist. Die innere Oberfläche der Synovialis der Sehnenscheiden
und der typischen wie erworbenen Bursen sollte sich wie die Ansatz¬
zone der Gelenksynovialis verhalten, d. h. eines epithelialen Ueberzuges
entbehren, wogegen Möller 3 ) andererseits für die Sehnenscheiden
durch Behandlung mit V 2 proc. Osmiumsäure, sowie mittelst der Silber¬
methode die Existenz eines Endothels auf der inneren Oberfläche nach-
weisen konnte.
Erwähnenswerth sind noch die Arbeiten von Till man ns 4 ), Stein-
berg 5 ), Bentzen 6 ), Colomraiatti 7 ), Reyher 8 ) und Sluys 9 ).
1 ) Beiträge zur normalen und patholog. Anatomie der Gelenke. Inaug.-
Dissert. 1868.
2 ) Stricker, Handbuch der Lehre von den Geweben, S. 1230.
3 ) Ueber Endothel der Sehnenscheiden und Sehnen an den Muskeln der
Extremitäten des Menschen. Inaug.-Dissert. Göttingen 1873.
4 ) Till mann s. Beiträge zur Histologie der Gelenke. Arch. f. mikroskop.
Anat.. 1874. — Zur Histologie der Synovialmembran, v. Langenbeck’s Arch. f.
klin. Chirurgie, Bd. XIX. — Untersuchungen über die Unzuverlässigkeit der Ver¬
silberungsmethode für die Histologie der Gelenke. Virchow’s Arch., Bd. 67. —
Die Lymphgefasse der Gelenke. Arch. f. mikroskop. Anat., Bd. XII.
3 ) Untersuchgn. über die Structur der Synovialhäute. Inaug.-Diss. 1874.
6 ) Jahresber. von Hoffinann u. Schwalbe, 1875.
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 93
Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich hier nur anführen,
dass die vier erstgenannten Forscher die Existenz eines endothelialen
Belages auf der Synovialmembran behaupten, während Reyher und
Sluys dieselbe in Abrede stellen. Sämmtliche der in Rede stehenden
Untersuchungen sind an der Synovialis der Gelenke ausgeführt, ebenso
wie die vor Kurzem publicirte Arbeit von S oubbotine *). Soubbo-
tine dehnte seine Untersuchungen auf die Synovialmembranen des
Menschen, Rindes, Kalbes, Schafes aus und fand, dass bei allen diesen
Thieren die freie Oberfläche derselben mit Zellen von verschiedener Form
und Grösse bekleidet ist, welche gewöhnlich mehrere Lagen bilden
und in deren Mitte sich immer ein grosser Kern befindet. An den
Stellen, welche nur schwach mit Zotten besetzt sind, ist sie mit ab¬
geplatteten Epithelzellen bedepkt, die indessen immer noch dicker
wie Endothelplättchen sind. Die Synovialzotten sind dagegen mit
cylindriscben und polyedrischen Zellen besetzt, zwischen denen zuweilen
auch Becherzellen zu constatiren sind. Die Gefässe der Synovialis
finden sich niemals nackt an der Oberfläche und Soubbotine be¬
stätigt in dieser Beziehung die Resultate von Tillmanns. Soubbo¬
tine rechnet die Synovialhäute nicht zu den serösen Häuten, sondern
dieselben nähern sich nach seiner Ansicht mehr dem Drüsengowebe
und die Gelenkkapsel wäre* somit als eine geschlossene Drüse zu
betrachten.
Wie aus der vorstehenden Literatur ersichtlich, erstrecken sich
die Untersuchungen der meisten oben citirten Forscher vorzugsweise
auf die Synovialis der Gelenke, während die Begrenzungswände der
Schleimbeutel nur nebenbei und in comparativer Weise berücksichtigt
werden. Es sind nur die älteren Arbeiten von Bruns, Gerber,
Reichert, Bendz, Kölliker, und die Arbeiten von Albert und
Möller, welche bestimmte Angaben über den Bau der in Rede stehen¬
den Gebilde resp. deren endothelialer Auskleidung enthalten und diese
enthalten mehrfache, nicht unwesentliche Widersprüche. Während
nach den älteren, ohne die Anwendung von Silbernitrat ausgeführten
Untersuchungen die Existenz eines Endothels mit Bestimmtheit be-
D Ebendaselbst 1876.
8 ) Ebendaselbst 1874.
9 ) Ebendaselbst 1876.
*) Soubbotine, Recherches bistologiques sur la structure des membranes
synoviales. Archives de Physiologie normale ot pathologique, 1880, p. 532.
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94
EtCHBAUM.
hauptet wird, wird dies in neuerer Zeit von Albert bestritten, von
Möller für die Sehneuscheiden wieder behauptet. Angesichts dieser
verschiedenen Deutungen des histologischen Verhaltens der fraglichen
Gebilde hielt ich es für angezeigt, dieselben bei dem Pferde aufs Neue
einer wiederholten Untersuchung zu unterziehen, deren Resultate in
Nachstehendem mitgetheilt werden sollen.
Bevor ich zur Besprechung der Untersuchungsmethoden, welche
ich bei dieser Gelegenheit angewandt, übergehe, will ich zuvor be¬
merken,‘dass nach den Untersuchungen von Tillmanns 1 ), bezüglich
deren specieller Ausführungen und Begründungen ich hier nur auf das
Original verweisen, deren Resultate ich indessen durchweg bestätigen
kann, die Anwendung des Silbernitrates für sich allein nicht genü¬
gend ist, um die Frage nach dem Vorhandensein oder Nichtvorhanden¬
sein eines endothelialen Belages bei den in Rede stehenden Gebilden
entscheidend zu lösen. Das erwähnte Reagens, welches bei den Unter¬
suchungen der serösen Häuto und der Intima der Gefässe die vor¬
trefflichsten Dienste leistet, giebt, bei Synovialhäuten angewandt, oft
die verworrensten Bilder, welche nach den Angaben von Schweigger-
Seidel und Tillmanns durch die Bildung von Silberalbuminathäut-
chen hervorgebracht werden. Der Umstand, dass die Oberfläche der
Synovialmerabran stets von einer grösseren oder geringeren Menge
einer zähen, schwer zu entfernenden Synovia bedeckt ist, ja dass die
letztere sogar die oberflächlichen Schichten der Membran durchtränkt,
lässt auch bei sorgfältigem Abspülen derselben niemals das Entstehen
dieser Häutchen vollständig verhindern, welche ohne Zweifel die Ur¬
sache der vorher angeführten, so divergirenden Beurtheilungen der
fraglichen Verhältnisse gewesen sind. Obwohl Schleimbeutel wie
Sehnenscheiden unter normalen Verhältnissen nur sehr geringe Mengen
von Synovia besitzen, so lässt sich nichtsdestoweniger auch hier das
Auftreten der verschiedenen Bilder verfolgen, die Tillmanns in der
citirten Abhandlung „über die Unzuverlässigkeit der Versilberungsrae-
thode für die Histologie der Gelenke“ so treffend beschrieben hat. Bei
gut gelungenen Präparaten finden sich, wie ich weiter unten noch aus¬
führlicher beschreiben werde, helle Maschen vor, welche von zarten
braunen oder schwarzen Linien begrenzt werden und in ihrer Mitte
einen grossen, runden Kern enthalten, so dass diese Bilder sich nur
wenig von den Endothelzeichnuugen der übrigen serösen Häute unter-
l ) Virchow’s Archiv. Bd. 67, S. 398.
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Anatomie n. Histologie <1. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 95
scheiden. War die Synovia nicht in genügender Weise von der Mem¬
bran entfernt, so erscheinen die Grenzlinien verbreitert und mehr ge¬
streckt. Diese Verbreiterung nimmt auf Kosten des von der Grenz¬
linie umgebenen hellen Raumes zu, so dass schliesslich die ganze Zelle
oder ganze Zellencomplexe des Präparates von einer gleichmässig
braun gefärbten Decke überzogen sind, unter welcher bei Hämatoxylin-
färbung und bei einem nicht zu dicken Silber-Synoviahäutchen die
dunklen Kerne hindurchschimmern. Häufig lässt sich das soeben be¬
schriebene Aussehen streifenförmig über das Präparat angeordnet be¬
obachten, in der Weise, dass sich zwischen Streifen von wechselnder
Breite und mit scharf und deutlich ausgeprägten Silbergrenzen andere
vorfinden, auf denen diese Zeichnungen vollständig vermisst werden
und wo ein gleichmässig brauner Grund oder in demselben die gleich
zu erwähnenden keratoiden Bilder wahrzunehmen sind. Derartige
Stellen entsprechen ohne Zweifel solchen, welche sich bei der Versil¬
berung der etwas gefalteten Membran in einem tieferen Niveau be¬
fanden und in Folge dieses Umstandes stärker mit der Silbersolution
imprägnirt wurden. In anderen Fällen ist das die vorher erwähnte
Decke bildende Silberalbuminathäutchen nicht so vollständig; es kom¬
men in demselben helle, nicht scharf abgegrenzte Flecke zur Beob¬
achtung, welche in ihrer Lage der der Kerne entsprechen, oder aber
es sind eigentümliche keratoide Zeichnungen vorhanden: sternförmige,
unregelmässige Lücken, die durch Ausläufer mit einander in Verbin¬
dung stehen. Wird dann die Silbcralbuminatdecke auf mechanische
oder chemische Weise entfernt, so tritt unter derselben die normale
Structur des Präparates hervor. Schliesslich will ich noch bemer¬
ken, dass die vorstehend beschriebenen Bilder auch bei längerem
Liegen der Präparate entstehen, namentlich wenn dieselben dem Lichte
exponirt aufbewahrt werden. Es können dann ausser diesen noch
solche Bilder häufig beobachtet werden, wie sie Till man ns (1. c.
Fig. 14) von den subendothelialen Lymphgefässen giebt und es ist
wahrscheinlich, dass dieselben der nachträglichen Bräunung der von
den Lymphgefässen oder von den Endothelzellen aufgenommenen Sil¬
berlösung ihren Ursprung verdanken. — Hervorheben will ich jedoch,
dass bei meinen Untersuchungen das Auftreten dieser unregelmässigen
Silberbilder nicht Regel war und nur in solchen Fällen stattfand,
wenn die Scheide oder Bursa stark mit Synovia angefüllt oder das
Abspülen ihrer Membranen nicht sorgfältig genug vorgenommen war.
Obgleich ich nach diesen Erfahrungen, die ich bezüglich des Ge-
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EICHBAUM,
brauches des Silbernitrats bei der Untersuchung der in Rede stehen¬
den Gebilde gemacht habe, durchaus nicht dem absprechenden Ur-
theil Ti 11 man ns’ zustimraen kann, so erschien es mir andererseits
doch nothwendig, mich hierbei nicht auf die Anwendung dieses Re¬
agens allein beschränken zu sollen, sondern durch Zuhülfenahme
kernfärbender Mittel bei bereits versilberten Präparaten, sowie bei den
in Alkohol gehärteten Membranen, durch Anwendung des Goldchlorids
und der Osmiurasäure die Resultate derselben zu möglichst zuverläs¬
sigen zu machen. Mein Verfahren war im Allgemeinen folgendes:
Die Membranen der in Rede stehenden Gebilde wurden möglichst frisch
dem meistens noch lebenswarmen Cadaver entnommen und zum Theil
in einer Lösung von Kali bichromicum und später in Alkohol gehärtet,
bis dieselben schnittfähig waren, oder aber die vorher sorgfältig von
der Umgebung lospräparirte Synovialis wurde nach der von Ran vier 1 )
gegebenen Vorschrift über den Rand eines Schälchens gespannt, zu¬
nächst sorgfältig mit destillirtem Wasser abgespült und dann mit
einer 4proo. Silbernitratlösung behandelt, die nach einer Einwirkung
von 14—2 Minuten wieder entfernt wurde. Die aus der so behan¬
delten Synovialis hergestellten Präparate wurden sofort in Glycerin
untersucht oder zuvor noch einer Tinction mit Hämatoxylin oder
Alauncarmin unterzogen. Das beschriebene Verfahren zeigte insofern
einen Nachtheil, als bei dem Zerren, wie es ja nothwendig bei dem
Herauspräpariren der Membran stattfinden musste, häufig Continuitäts-
trennungen der oberflächlichen versilberten Schicht der Membran sich
einstellten. In den meisten Fällen nahm ich daher die Versilberung
der fraglichen Gebilde in situ vor. Die geöffnete Bursa oder Sehnen¬
scheide, aus welcher das Mesotenon, wenn ein solches vorhanden,
mässig gespannt herausgezogen wurde, wurde erst sorgfältig mit destil¬
lirtem Wasser abgespült, hierauf in der oben angegebenen Weise mit
der Silbersolution behandelt, und das ganze Gebilde, nachdem die
Membran überall gleichmässig gebräunt war, mit möglichster Vermei¬
dung von Zerrungen im Zusammenhänge mit den umgebenden Faseien,
Sehnen, Muskeln u. s. w. herausgeschnitten und in absolutem Alkohol
an einem dunklen Orte aufbewahrt. Nach der Härtung Hessen sich
dann ohne Schwierigkeit feine Flächenschnitte anfertigen, die in der
Regel mit Hämatoxylin tingirt in Glycerin untersucht wurden. Hatten
l ) Technisches Lehrbuch der Histologie, übersetzt von Nicati u. Wyss.
S. 352.
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 97
sich bei der Versilberung Silberalbuminathäutchen gebildet, die die
Durchsicht nnd das Studium der Präparate erschwerten oder unmög¬
lich machten, so wurde dasselbe mit der von Ti 11 man ns empfohlenen
(1. c. S. 407) concentrirten Lösung von unterschwefligsaurem Natron
behandelt, welche diese Decke in einer Zeit von 40—45 Minuten voll¬
ständig verschwinden und dann die gewöhnliche, vor der Versilberung
vorhandene Structur des Präparates übenill deutlich erkennen liess.
Die beschriebene Methode bewährte sich in jedem Falle als
hrauchbar und nur der Vollständigkeit und der Controle wegen be¬
nutzte ich öfters das Goldchlorid in der von Soubbotine (1. c.
S. 542) angegebenen Weise, oder die Osmiumsäure in iproc. Lösung.
Sie bestätigten in jedem Falle den durch das Silbernitrat in Verbin¬
dung mit der Hämatoxylinfärbung gemachten Befund. Bemerken will
ich noch, dass nur ganz frische Objecte sich zur Untersuchung der
fraglichen Verhältnisse eignen. Nur solche Präparate, welche inner¬
halb 48, höchstens 60 Stunden post mortem angefertigt sind, ergeben
die unten angeführten Resultate, besonders in Bezug auf die endothe¬
liale Auskleidung. Die letztere ist durch Maceration vollständig ent¬
fernt oder nur noch stellenweise vorhanden, wenn die Untersuchungen
nach dem angegebenen Zeitraum vorgenommen werden.
Den Ausgangspunkt meiner Untersuchungen bildeten die Sehnen¬
scheiden, welche wegen ihrer frühzeitigen Ausbildung bei der fötalen
Entwickelung eine möglichst vollkommene Organisation erwarten
liessen. Es wurden vorzugsweise die Scheiden der Streck- und Beuge¬
sehnen der Extremitäten benutzt, welche meistens ein breites, mit
zahlreichen Gefässverzweigungen versehenes Mesotenon besitzen, und
deren Wand sich gewöhnlich leicht von dem umhüllenden Retinaculum
lospräpariren und als gesonderte Membran darstellen lässt.
Meine ersten Untersuchungen bezogen sich auf die Sehnenscheiden
der Zehenstrecker der Vordergliedraassen. Schnitte, welche entweder
in longitudinaler oder transversaler Richtung durch die Wand der¬
selben ausgeführt sind, geben über ihren Bau genügenden Aufschluss.
Dieselben zeigen zunächst eine am meisten nach aussen gelegene,
verschieden starke und aus festem, starrem, sich vielfach durchflech¬
tendem Fasergewebe gebildete Schicht, die dem quer durchschnittenen
Retinaculum entspricht. Die innere Fläche dieser äusseren Schicht
ist mit der eigentlichen Schleimscheide, der Synovialis oder Synovial¬
intima verbunden, theils in der Weise, dass beide Schichten ohne
scharfe Grenze in einander übergehen, theils so, dass eine Schicht
Archir f. wisaenseh. u. prakt. Thierheilk. IX. lu.2. 7
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EICHBAUM, '
lockeren, formlosen Bindegewebes vorhanden ist, die an verschiedenen
Stellen verschieden stark (0,20—0,40 Mm.) die Verzweigungen der
grösseren Blutgefässe enthält und sich auch zwischen die beiden
synovialen Platten des Mesotenon fortsetzt und dieselben mit einander
verbindet — subsynoviale Schicht. Diese letztere sowohl, wie die
Synovialintima sind in ähnlicher Weise, wie die äusserste Schicht,
aus sich in unregelmässiger Weise durchflechtenden, geschwungen ver¬
laufenden Bündeln fibrillären Bindegewebes zusammengesetzt. Gegen
die innere, häufig in longitudinale Falten gelegte Oberfläche der Sy-
novialintiraa lösen sich die einzelnen Bündel in ein feinfaseriges,
dichtgefügtes Stratum auf, welches von einem Netzwerk zahlreicher
feiner, elastischer, meistons in schwach welligen Krümmungen ver¬
laufender Fasern durchzogen ist und gleichzeitig die Verzweigungen
der feineren Blut- und Lymphgefässe enthält. Die Grösse der Blut¬
gefässe, deren Verlauf und Vertheilung sich am besten an Flächen¬
schnitten übersehen lässt, schwankt zwischen 0,024—0,14 Mm. Die¬
selben bilden weitmaschige Netze, welche in der oberflächlichsten
Schicht der Synovialintima, unmittelbar unter dem gleich zu beschrei¬
benden endothelialen Belag, und, wie die Untersuchungen von Till¬
manns ergeben haben, in analoger Weise, wie bei den serösen Häuten,
stets über den Lyraphgefässnetzen gelegen sind und von hier aus
feine Schlingen abgeben, welche in die Zotten eintreten und meistens
bis zur Spitze derselben zu verfolgen sind. — An Schnitten, welche
in etwas schräger Richtung zur Oberfläche getroffen und mit Carmin
tingirt sind, lässt sich endlich an der Innenfläche des zuletzt beschrie¬
benen Stratum ein ziemlich gleichraässiger Belag runder, 0,006 bis
0,009 Mm. grosser, stark granulirter Kerne constatiren, welcher auch
unter gleichen Umständen an der auf die Sehne übergetretenen und
die letztere als 0,4 Mm. starke Schicht umhüllenden Abtheilung der
Synovialintima bemerkbar ist und den endothelialen Belag der Innen¬
fläche der Scheide andeutet.
Zum genaueren Studium dieser endothelialen Auskleidung eignen
sich besonders Flächenschnitte, die nach einem der oben angegebenen
Verfahren behandelt sind. Tingirt man einen dünnen, von dem Meso¬
tenon oder der Seitenwand der Scheide entnommenen Schnitt mit
Hämatoxylin, so ist es leicht, an der Oberfläche desselben eine Menge
runder oder ovaler, nicht überall in gleichen Abständen von einander
gelegener, grob granulirter Kerne zu constatiren, die unmittelbar
auf einem fibrillären Bindegewebsstratum gelegen sind und sich von
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 99
den Kernen des letzteren vorzugsweise durch ihre Form und Anord¬
nung unterscheiden. Ein derartiges Präparat bietet genau dasselbe
Bild, welches man erhält, wenn man das Mesenterium eines jungen
Thieres oder reiferen Embryonen mit dem genannten Farbstoff tingirt,
nur dass hier das darunterliegende fibrilläre Stratum reicher an Zellen
und Kernen ist. Man erhält ferner bei wiederholter genauer Einstel¬
lung die Ueberzeugung, dass die in dem Stratum befindlichen und
sich dort verzweigenden Gefässe unterhalb der runden Kerne gelegen
sind (cfr. Fig. 1). Noch instructiver sind die Präparate, die mit
Vaproc. Silbernitratlösung behandelt und darauf mit Hämatoxylin ge¬
färbt worden sind. Es findet sich hier bei gelungenen Präparaten
ein zierliches Netz brauner oder schwarzer, leicht geschwungener Sil¬
berlinien, welche unregelmässig gestaltete polygonale oder mehr ab¬
gerundete Räume begrenzen resp. von einander trennen. Die Grösse
derselben schwankt. Gewöhnlich beträgt der Längendurchmesser
zwischen 0,015—0,018 Mm., ihre Breite zwischen 0,006—0,015 Mm.
In jedem findet sich ein häufig excentrisch gelegener, zu den Dimen¬
sionen desselben auffallend grosser, stark granulirter und mit meh¬
reren Kernkörperchen versehener Kern von runder oder ovaler Gestalt
und 0,006 — 0,009 Mm. Durchmesser. Diese Räume entsprechen
zweifellos Endothelzellen, welche als continuirlicher Belag auf der
Innenfläche der Synovialintima sowohl, wie auf der Oberfläche der
Sehne überall zu constatiren sind (Fig. 2).
Vergleichende Untersuchungen des Endothels der serösen Häute,
speciell des Peritoneums vom Pferde, lehren, dass die Endothelzellen
derselben grösser sind, wie die der Sehnenscheide (Längendurchmesser
durchschnittlich 0,024, Breite 0,018 Mm.), und ausserdem einen Un¬
terschied insofern aufweisen, als die die einzelnen Zellen begrenzenden
Linien gewöhnlich am Peritoneum ungleich zarter und stärker gewellt
erscheinen. Den Grund hierfür haben wir bereits in den stärkeren
Eiweissniederschlägen bei den Synovialhäuten kennen gelernt, die be¬
sonders an den peripherischen, etwas tiefer gelegenen Theilen der
Endothelzelle stärker auftreten. Es ist indessen auch bei Sehnen¬
scheiden und subtendinösen Schleim beuteln durchaus keine Seltenheit,
dass man ebenso zarte intercelluläre Silberlinien wiederfindet, wie bei
den serösen Häuten; Regel ist dies jedoch nicht. Weitaus in der
Mehrzahl der Fälle findet man eine auffallende Verdickung der Kno¬
tenpunkte des beschriebenen Liniennetzes vor, die sich bei anderen
Zellen auf die begrenzenden Linien selbst fortsetzen und dieselben
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EICHBAUM,
dann mehr gestreckt oder ungleiehmässig verbreitert erscheinen lassen.
In anderen Fällen, wo die endotheliale Silberzeichnung immer noch
eine regelmässige genannt werden kann, lässt sich eine mehr rund¬
liche Abgrenzung der Zellen constatiren, die dadurch hervorgerufen
wird, dass der peripherische gebräunte Theil der Zelle in Form eines
dunklen Ringes das helle, etwas prominirende und den Kern beher¬
bergende Centrum umgiebt. Dass endlich in solchen Präparaten auch
Stellen zur Beobachtung kommen können, wo die Endothelzeichnung
vollständig vermisst wird, ist oben bereits augegeben. Die Behand¬
lung des Präparats mit Natrum subsulfurosum lässt dann durch Ent¬
fernung der Silberalbuminatdecke die blau gefärbten Kerne in regel¬
mässiger Anordnung hervortreten.
Der Beweis, dass es sich hier thatsächlich um einen endothe¬
lialen Zellenbelag handelt, ist einmal gegeben in dem regelmässigen
Auftreten des beschriebenen Verhaltens, ferner in dem Umstande,
dass es leicht gelingt, das vorher erwähnte Liniennetz mit den Kernen
auf mechanische Weise zu entfernen. Behandelt man ein frisches,
oder besser noch ein bereits etwa 24 Stunden in Glycerin auf be¬
wahrtes Präparat mittelst des Pinsels, dann gelingt es leicht, den
Belag zu entfernen, und eine Untersuchung der Oberfläche eines sol¬
chen Präparats zeigt dann gewöhnlich noch Ueberbleibsel der zelligen
Auskleidung, welche theilweise noch in Verbindung mit der Fläche,
theilweise aufgehoben und umgeschlagen das Vorhandensein einer be¬
sonderen zusammenhängenden Membran in anschaulichster Weise zu
demonstriren im Stande sind. — Ebenso ist es nicht schwer, durch
Abschaben den Zellenbelag von der Innenfläche der Synovialintima
zu entfernen und für sich gesondert zu untersuchen. In einem der¬
artigen Präparat kommen theils ganze Endothelfetzen von verschie¬
dener Grösse, theils einzelne isolirte Endothelzellen zur Beobachtung.
Bei den ersteren bemerkt man in einer durchscheinenden, fein ge¬
körnten Grundsubstanz ziemlich regelmässig angeordnete Kerne von
der beschriebenen Beschaffenheit; die letzteren stellen abgeplattete
Gebilde von runder oder ovaler Gestalt dar, die zuweilen unregel¬
mässig gezackte Fortsätze besitzen und den im Innern gelegenen
grossen Kern mit einem schmalen Protoplasmamantel umgeben.
Aehnliche Resultate ergiebt die Behandlung der Synovialintima
mit Goldchlorid. Die betreffenden Präparate zeigen an ihrer Ober¬
fläche eine Lage runder oder ovaler, scharf contourirter Zellen mit
grossen, violetten Kernen, welche dicht neben einander liegen, ja
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Anatomie u. Histologie <1. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 101
sogar sich theilweise mit ihren Rändern decken, so dass hierdurch
unter Umständen eine mehrfache Schicht vorgetäuscht werden kann.
Die Grösse der Zellen sowohl wie Grösse und Aussehen der Kerne
stimmen mit den oben gemachten Angaben überein. Besonders deut¬
lich demonstriren die Goldpräparate das Vorhandensein der Gefässe
unter der Endotheldecke; es ist mir niemals gelungen, Blutgefässe
zwischen den Endothelzellen oder gar nackt über der Oberfläche der
Synovialintiraa zu constatiren.
Der beschriebene Endothelbelag, welchen ich bei Sehnenscheiden
und, wie vorgreifend bemerkt sein mag, bei Schleimbeuteln immer
nur einschichtig gefunden habe, setzt sich auch auf die Zotten fort.
Dieselben stellen fadenförmige, häufig verästelte Fortsätze der Syno¬
vialintima dar, welche bezüglich ihres Vorkommens, ihrer Form und An¬
ordnung bedeutenden Schwankungen unterliegen. Bei Sehnenscheiden
habe ich dieselben sowohl an der Wand wie an dem Mesotcnon und
der Oberfläche der Sehnen constatiren können, und zwar isolirt oder
zu Gruppen vereinigt. Sie nehmen gewöhnlich mit breiter Basis von
einem Fältchen der Synovialis ihren Ursprung, verschmälern und ver¬
breitern sich dann abwechselnd in ihrem weiteren Verlauf und enden
häufig mit kolbig verdickter Spitze. Es lässt sich ferner häufig beob¬
achten, dass die einzelne Zotte durch Einschnitte in eine Anzahl von
kugeligen oder eiförmigen Abtheilungen zerfällt, welche in ihrem
axialen Theil mit einander Zusammenhängen, und dass stellenweise
ebenso geformte Seitensprossen auftreten, die wahrscheinlich durch
Wucherung des Endothels hervorgegangen, bei weiterer Entwickelung
das Auftreten von Seitenästen, von Tochterzotten oder secundären Zotten
zur Folge haben. Die Länge der einzelnen Zotten schwankt zwischen
ganz bedeutenden Grenzen (0,20—3,00 Mm.), der Dickendurchmesser
zwischen 0,06—0,24 Mm.
Eine genauere Untersuchung dieser Gebilde lässt auf der Ober¬
fläche derselben eine Menge von in ziemlich gleichen Abständen von
einander gelegenen Kerne erkennen, die von Silberlinien umsäurat sind.
Durch Maceration in schwacher (2—3 pMll.) Chromkalilösung und nach-
heriges Schütteln oder Pinseln gelingt es leicht, diesen oberflächlichen
Zellenbelag zu entfernen, und es stellt sich dann als Grundstock der¬
selben ein von der Synovialintima entspringender Fortsatz von fibril¬
lärem Bindegewebe dar, der sich von dem die Synovialis zusammen¬
setzenden Stratum vorzugsweise durch die zarte Beschaffenheit der
einzelnen Fasern, sowie durch eine zwischen diesen letzteren, besonders
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EICHBAUM,
aber in den kolbigen Seitensprossen häufig vorkommende feinkörnige
Substanz auszeichnet. Der endotheliale Belag bietet hinsichtlich seiner
Form nichts Abweichendes dar. Bemerkenswerth ist nur der Um¬
stand, dass häufig an begrenzten, mehr oder weniger umfangreichen
Stellen das Endothel der Zottenoberfläche fehlt, und dieser Defect
wahrscheinlich durch Maceration und Zerfall der Endothelien verur¬
sacht worden ist.
Resumire ich kurz die Resultate, die wir bei der Untersuchung
der Scheide des seitlichen Zehenstreckers erhalten haben, so besteht
die Wand derselben aus einem von Bindegewebe und elastischen Fa¬
sern gebildeten Grundgewebe, welches an seiner Innenfläche mit einer
einschichtigen continuirlichen Endotheliaiauskleidung bedeckt ist, die,
die beiden Flächen des Mesotenon überziehend, sich von hier aus auf
die Oberfläche der Sehne fortsetzt. Die Sehnenscheide stellt hiernach
einen geschlossenen Sack mit einem parietalen und visceralen Blatte
dar, die ununterbrochen mit ihren sämmtlichen Structurelementen in
einander übergehen.
Dasselbe Verhalten lässt sich bei den meisten Sehnenscheiden
constatiren. Ich habe es ausser bei den bereits genannten ferner bei
der Scheide des schiefen Streckers der Vorderfusswurzel und der des
Beugers des Vordermittelfusses, der Scheide des Kronen- und Huf¬
beinbeugers an der hinteren Fläche der Vorderfusswurzel, an der
Scheide des langen und seitlichen Zehenstreckers, sowie an der des
seitlichen Hufbeinbeugers der hinteren Gliedmassen gefunden. Es
existiren andererseits jedoch auch Scheiden, in welchen der Endothel¬
belag kein continuirlichcr ist, sondern wo derselbe durch Knorpel¬
einlagerungen in die Wand der Scheide unterbrochen ist. Die inter¬
essantesten Aufschlüsse gewährt in dieser Beziehung die Untersuchung
der Scheide des Hufbeinbeugers an der hinteren Fläche des Fessel¬
gelenks.
Die letztere wird in der Weise gebildet (vergl. auch unten S. 119),
dass ihre vordere Wand von einem synovialen Ueberzuge hergestellt
wird, welcher, etwa 10 Ctm. über dem Fesselgelenk beginnend, sich
über die hintere Fläche des Fesselbeinbeugers, der Sesambeine, der
unteren Gleichbeinbänder und der Gelenkkapsel nach abwärts zieht;
ihre hintere Wand wird von der vorderen Fläche der Kronenbein¬
beugersehne gebildet, an deren Seitenrändern sich die Synovialis mit
Ausnahme der Partie, welche im Niveau der Sesambeine gelegen ist,
inserirt. An der letzterwähnten Stelle tritt die Synovialmembran von
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 103
den Seitenrändern der Sesambeine auf die hintere Fläche der Kronen¬
beinbeugersehne über und überzieht die Seitentheile dieser Fläche,
so dass hier zwei blindsackförmige Ausstülpungen entstellen, welche
in der Mitte der hinteren Fläche der genannten Sehne zusammen-
stossen, und die ich als Bursa vaginalis der Kronenbeinbeugersehne
bezeichnen will. Von Wichtigkeit für die vorliegende Darstellung ist
endlich noch der Umstand, dass die Höhe der oberen Hälfte der
hinteren Gleichbeinfläche von der Sehne des Kronenbeinbeugers aus
ein platter sehniger Fortsatz abgeht, der die Hufbeinbeugersehne ring¬
förmig umfasst, und dass die Synovialintima hier ebenfalls zwei Diver¬
tikel bildet, einmal dadurch, dass dieselbe sich von der hinteren
Fläche des Fesselbeinbeugers auf die erwähnte ringförmige Sehnen¬
platte fortsetzt, und ferner dadurch, dass dieselbe von dieser auf die
Hufbeinbeugersehne übergeht.
Beginnen wir die mikroskopische Untersuchung dieser Scheide
mit der Bursa vaginalis des Kronenbeinbeugers, so finden wir an beiden
Membranen derselben, sowohl an der mit der Sehne verbundenen, wie
auch an der hinteren Wand derselben den bereits bekannten endothe¬
lialen Belag vor. An dem Seitenrande der Gleichbeinfläche, wo die
letzterwähnte Membran in diese resp. in die vordere Wand der
Sehnenscheide des Hufbeinbeugers übergeht, verschwindet die bisherige
regelmässige endotheliale Silberzeichnung; es folgt auf dieselbe eine
Zone von ungefähr 0,75 Mm. Breite, in welcher bei mit Silber-
nitrat behandelten Präparaten inmitten einer homogenen, in der Tiefe
faserig erscheinenden, braunen Grundsubstanz ziemlich dicht zusam¬
menliegende helle Räume von unregelmässiger, theils rundlicher, theils
sternförmiger Gestalt zu beobachten sind, die in ihrer Grösse im All¬
gemeinen der der Endothelzellen entsprechen und sich besonders durch
den Besitz langer, heller Ausläufer auszeichnen, die nach den ver¬
schiedensten Richtungen ausstrahlend mit denen der benachbarten
Zellen theilweise anastomosiren und dem ganzen Bilde ein keratoides
Aussehen verleihen. Zwischen diesen Räumen kommen auch verein¬
zelte grössere oder kleinere Inseln von regelmässigem Endothel vor.
Tingirt man ein solches Präparat mit Hämatoxylin, so kann man in
jedem der oben erwähnten Räume einen meistens oblongen, zuweilen
stark verlängerten, mehr spindelförmigen, dunkelblauen Kern von
0,008 Mm. Längendurchmesser wahrnehmen. In der darauf folgenden,
bedeutend schmäleren Zone finden sich diese Räume weit sparsamer
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104
EICHBAUM
vor; sie liegen meistens in Gruppen von 2—4 zusammen, zeigen aber
im Uebrigen noch dieselbe unregelmässige, mit Ausläufern versehene
Gestalt. Auch hier demonstriren mit Hämatoxylin behandelte Prä¬
parate das Vorhandensein von Kernen. Diese letzterwähnte Zone geht
ohne scharfe Grenze in die folgende über (Fig. 3). Es zeigen sich
hier in ähnlicher Weise, wie in der vorigen, helle Räume von ovaler
Form, welche theils unregelmässig durch das Gesichtsfeld zerstreut,
theils mehr in Längsreihen angeordnet liegen. Der Längendurchmesser
derselben beträgt 0,012—0,015 Mm., der des ebenfalls meist ovalen,
auffallend grossen Kernes 0,009 Mm. Der Leib der Zellen ist voll¬
ständig homogen und glashell. — Der Abstand der einzelnen Zellen
von einander ist sehr variabel. Häufig findet man auch, dass zwei
Zellen dicht neben einander liegend an der Berührungsstelle abgeplattet
sind und anscheinend von einer gemeinschaftlichen Kapsel umgeben
werden. Entfernt man die Silberdecke durch unterschwefligsaures Na¬
tron, so findet man in der zuletzt beschriebenen Zone Zellen vor, die
sich bezüglich ihrer Form und ihres Aussehens genau so verhalten,
wie bereits angegeben. Sie liegen theils auf der fibrillären Grund¬
substanz, zum grössten Theile zwischen den Faserzügen derselben und
unterscheiden sich wesentlich von den Endothelzellen dadurch, dass,
während der Leib der letzteren an nicht versilberten Präparaten nir¬
gends scharf contourirt ist, mit den benachbarten eine zusammenhän¬
gende, fein granulirte Masse bildet, in welcher nur die Kerne deutlich
hervortreten, der glashelle Leib der ersteren stets durch einen scharfen
dunklen Contour von der Umgebung abgegrenzt ist. Die letztbeschrie¬
bene Zone des Präparates unterscheidet sich vom Bindegewebsknorpel
in keiner Weise, und ich stehe nicht an, die Zellen selbst als Knorpel¬
zellen zu bezeichnen.
Recht instructive Bilder liefern in dieser Beziehung ferner die mit
Goldchlorid behandelten Präparate. Man bemerkt hier, dass die
Zellen, welche in den endotheltragenden Partien dicht zusammen
liegen, sich von einander entfernen und zwischen denselben eine
grössere Menge einer feingestreiften Interceliularsubstanz gelegen ist.
Die Ränder solcher Präparate weisen dann häufig rundliche Ausschnitte
auf, aus denen die Zellen beim Anfertigen der Schnitte entfernt wor¬
den sind. Die Zellen selbst verhalten sich hinsichtlich ihrer Grösse
und ihres Aussehens, wie bereits angegeben.
Es liegt hier unzweifelhaft ein Uebergang von Endothelzellen in
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbetitel u. Sehnenscheiden d Pferdes. 105
Knorpelzellen vor, wie er auch von Tillmanns 1 ) und Colomiatti 2 )
an der Innenfläche der Sehne des M. extensor cruris quadriceps des
Menschen, von Böhm 3 ) am Gelenkknorpel beobachtet worden ist. Der
Uebergang erfolgt, wie wir gesehen haben, allmählich durch Ausein¬
anderrücken der Zellen und gleichzeitige Formveränderung der letzte¬
ren: der fein granulirtc Leib derselben wird homogen und hyalin und
erhält gleichzeitig an seiner Peripherie einen starken dunklen Contour,
der ihn von dem umgebenden Gewebe trennt.
Die Structur eines Bindegewebsknorpels findet sich in dem ganzen
Umfange der hinteren Gleichbeinfläche und es lässt sich an den Rän¬
dern derselben überall der Uebergang von der Knorpelregion in die
endotheltragenden Abtheilungen der Synovialis verfolgen, welche sich
an der vorderen Wand der Scheide sowohl über wie unterhalb der
Sesambeine ohne Ausnahme vorfinden. — Untersuchen wir weiterhin
den Uebergang der vorderen Synovialwand auf die ringförmige Sehnen¬
platte und das Verhalten derselben auf letzterer, so ergiebt sich, dass
der Endothelüberzug aufhört und das Auftreten von Knorpelzellen
beginnt, sobald man in das Niveau des oberen Randes der Gleich¬
beinfläche gelangt. Dasselbe ist auf der hinteren, der Hufbeinbeuge¬
sehne zugewandten Fläche der in Rede stehenden Platte der Fall,
und ebenso wird endlich an der vorderen wie hinteren Fläche der
Hufbeinbeugesehne, sowie an der vorderen Fläche der Kronenbein¬
beugesehne, und zwar an denjenigen Partien derselben der endotheliale
Ueberzug vermisst, die in ihrer Lage und Ausdehnung der hinteren
Gleichbeinfläche entsprechen. Schon bei makroskopischer Untersuchung
findet man, dass diese Stellen sich durch einen matteren Glanz, sowie
durch ein knorpelähnliches Aussehen auszeichnen und dass an den¬
selben die Synovialis, welche an den übrigen Abtheilungen der Scheide
durch mehr oder weniger reichliches subsynoviales Bindegewebe mit
der Umgebung verbunden ist, dieses letzteren ermangelt und sich nicht
als gesonderte Membran darstellen lässt. — Ein ähnliches Resultat
ergiebt die Untersuchung der Scheide und Sehne des dicken Hufbein-
beugers am Hinterschenkel. Auch hier findet man an der Abthei¬
lung der Sehne, welche auf der hinteren Fläche des medialen Fort¬
satzes des Calcaneus gleitet, sowie auf dem synovialen Ueberzuge des
! ) Archiv f. rnikroskop. Anatomie, 1874. S. 418.
2 ) 1. c.
3 ) 1. c. S. 10.
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106
EICHBAUM,
letzteren knorpelige Einlagerungen vor, während der übrige Theil der
Scheide, der Sehne, sowie das Mesotenon ohne Ausnahme einen con-
tinuirlichen Endothelbelag zeigen.
Die vorliegenden Untersuchungen ergaben somit, dass die Schei¬
den sowohl, wie die Oberfläche der Sehnen der Extremitäten in der
Regel einen continuirlichen Endothelbelag besitzen und dass nur die¬
jenigen Stellen eine Ausnahme hiervon machen, die schon bei makro¬
skopischer Betrachtung ein knorpelähnliches Aussehen aufweisen und
— wie es die Untersuchung der typischen Schleimbeutel bestätigen
wird — in unausgesetzter Reibung sich befinden.
Was die Structur der Wandungen der Schleimbeutel anbetrifft,
so habe ich bereits am Eingänge darzuthun versucht, dass subcutane
und typische Schleimbeutel bezüglich ihrer Genese insofern sich ver¬
schieden verhalten, als die letzteren Organe darstellen, welche bereits
während der intrauterinen Entwickelung angelegt werden, während die
subcutanen Bursen erst post partum entstehen. Die Verschiedenheit
in der Zeit des Auftretens der fraglichen Gebilde bedingt auch, wie
weiter unten gezeigt werden soll, das verschiedene Verhalten bezüg¬
lich ihrer Structur.
Meine Untersuchungen der subtendinösen Schleimbeutel erstrecken
sich auf eine grosse Anzahl dieser im Pferdekörper vorkommenden
Gebilde. Es wurden namentlich untersucht: die Bursa intertubercu-
laris (cfr. S. 114), Bursa coraco-brachialis (S. 115), Bursa musc. in-
fraspinati (S. 114), Bursa musc. anconaei longi (S. 115), Bursa glu-
taei medii (S. 121), Bursa calcanea (S. 126), die Schleimbeutel unter
den Bändern des Kniegelenkes (S. 122 u. 123), die Bursa unter dem
medialen Insertionsschenkel des vorderen Unterschenkelmuskels am
Sprungglenk (S. 125), die Bursa unter der Sehne des langen Zehen¬
streckers an der vorderen Fläche des Fesselgelenkes, ferner die Bursa
vaginalis unter der Sehne des Kronenbeinbeugers am Calcaneus (S. 125),
die Bursa synovialis unter der Ursprungssehne des dreiköpfigen Huf¬
beinbeugers am Ellenbogengelenk und endlich die Bursa synovialis
unter dem langen Zehenstrecker am Kniegelenk. Bezüglich der Re¬
sultate will ich im Allgemeinen hervorheben, dass die typischen Bur¬
sen überall denselben Bau zeigen, wie er bereits bei den Sehnen¬
scheiden beschrieben worden ist. Weder hinsichtlich der Einrichtung
des Grundgewebes, noch der Form und Grösse der Zellen des endo¬
thelialen Belags konnten Abweichungen festgestellt werden. In der¬
selben Weise, wie bei den zuletzt erwähnten Sehnenscheiden, lässt
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 107
sich ferner bei einer Anzahl von Schleimbeutcln beobachten, dass die
endotheliale Auskleidung stellenweise einer knorpeligen Einlagerung
Platz macht, wobei ich bemerken will, dass der Uebergang zwischen
diesen beiden Regionen stets derselbe ist, wie bereits angegeben.
Za den Schleimbeuteln, die an keiner Stelle den endothelialen Belag
vermissen lassen, gehören von den oben angeführten die Bursa coraco-
brachialis, Bursa anconaei longi, Bursa glutaei raedii, Bursa calcanea,
die Schleimbeutel unter den Bändern des Kniegelenkes, die Bursa
unter dem fächerförmigen Insertionsschenkel des M. tibialis anticus,
die Bursa an der vorderen Fläche des Fesselgelenkes, während an¬
dererseits an der Bursa vaginalis des Kronenbeinbeugers der Theil der
Synovialintima, welcher der Tuberositas calcanei auf liegt, sowie die
ihn deckende Partie der in Rede stehenden Sehne, an der Bursa intcr-
tubercularis die Rollfortsätze des Armbeines, sowie der darüber glei¬
tende Theil der Sehne des M. biceps femoris, an den Seitenwänden
der in sagittaler Richtung comprimirten Bursa musc. infraspinati, an
den oben erwähnten Bursae synoviales endlich derjenige Theil dersel¬
ben, welcher mit der Sehne verbunden den Rändern des Gelenkes
gegenüberliegt, die Einrichtung von Bindegewebsknorpel zu constatiren
ist. Auch an diesen Stellen treffen die angegebenen Merkmale zu:
sie sind einer fortwährenden Reibung ausgesetzt, sie besitzen ein matt¬
glänzendes, knorpelähnliches Aussehen, und die Synovialmembran lässt
sich an denselben nicht ablösen und als solche darstellen.
Ganz anders ist der Befund bei den subcutanen Schleimbeuteln,
von denen die am äusseren Darmbeinwinkel, am Olecranon und Cal-
caneus gelegenen gewöhnlich untersucht wurden. Präparate, die von
möglichst glatten Stellen der in situ versilberten Innenwand der frag¬
lichen Gebilde hergestellt sind, zeigen inmitten einer gleichmässig
braun gefärbten Grundsubstanz zahlreiche, helle, sternförmige Räume
von variabler Gestalt und Grösse, die mit zum Theil sehr breiten
Ausläufern mit einander in Verbindung stehen. Das ganze Bild be¬
sitzt eine grosse Aehnlichkeit mit Präparaten von einer versilberten
Cornea. Jeder der erwähnten Räume zeigt in der Regel einen grossen
runden oder ovalen Kern (Fig. 4). Häufig wird dieses Bild unter¬
brochen durch mehr oder weniger umfangreiche Stellen, an welchen
die braune Zwischensubstanz auf schmale geschlängelte und häufig
knotig verdickte Linien oder Säume reducirt ist, welche weisse, ge¬
wöhnlich polygonale oder spindelförmige Felder begrenzen, die regel¬
mässig einen grossen, meistens oblongen Kern aufweisen und somit
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EICHBAUM.
deutliche endotheliale Silberzeichnungeil darstellen. Die Grösse dieser
Zellen beträgt im Längendurchmesser 0,030—0,036—0,045 J|lm., über¬
trifft also die der oben beschriebenen Endothelzellen um das Drei-
bis Vierfache. Diese letzterwähnten Zeichnungen ziehen sich streifen¬
förmig durch das Präparat hin und stossen sehr häufig mit den hellen
sternförmigen Lücken der braunen Grundsubstanz zusammen (Fig. 5).
Derartige Stellen besitzen eine ungemeine Aehnlichkeit mit den von
Recklinghausen in der Gewebelehre von Stricker über das Lymph-
gefäss- und Saftcanalsystem gelieferten (S. 229 u. 230), also mit Prä¬
paraten vom Centrum tendineum des Zwerchfells, deren endothelialer
Belag auf mechanische Weise entfernt worden ist, und es unterliegt
meines Erachtens keinem Zweifel, dass wir es auch im vorliegenden
Falle mit Lymphgefassen resp. deren Wurzeln zu thun haben, und
dass die Anschauung derjenigen Autoren, wonach auch die subcutanen
Schleimbeutel stellenweise mit einer endothelialen Auskleidung ver¬
sehen sind, auf einer Verwechselung der Endothelzellen der Lymph-
gefässwurzeln mit der Endotheltapete beruht, welche die Innenfläche
der Synovialmembran bekleidet. Bei den von mir untersuchten Bur¬
sen habe ich immer nur den beschriebenen Befund, niemals aber eine
zusammenhängende Lage des synovialen Endothelhäutchens constatiren
können. Bemerken will ich noch, dass nach Entfernung der Silber¬
zeichnung durch Natr. subsulfurosum runde oder ovale Kerne in un¬
gleichen Abständen und in ziemlich spärlicher Vertheilung auf der
Oberfläche des Präparates sich vorfinden. Dasselbe ist der Fall an
nicht versilberten und nur mit Hämatoxylin tingirten Präparaten. Die
innere Oberfläche der Begrenzungswand der Bursa wird hier von einem
fibrillären, zahlreiche spindelförmige Kerne enthaltenden und von ela¬
stischen Fasern durchzogenem Stratum gebildet, welches stellenweise
Fetteinlagerungen von grösserem oder geringerem Umfange enthält.
Es unterliegt nach diesem Befunde wohl keinem Zweifel, dass
die subcutanen Schleimbeutel, einer endothelialen Auskleidung voll¬
ständig entbehrend, einfache Lücken oder besonders grosse Lacunen
des Unterhautbindegewebes darstellen, welche durch eine in Folge der
Verschiebung der Haut hervorgerufene Zerreissung dieses Gewebes ent¬
standen sind. Genetisch sind hiernach diese Gebilde gerade so zu beur-
theilen, wie die subtendinösen Bursen und Sehnenscheiden, wie die
serösen Höhlen überhaupt, deren nächste Entstehungsursache ja auch
auf Spaltungen im mittleren Keimblatt in Folge mechanischer Ein¬
wirkungen zurückzuführen sind. Je nach der Zeit des Auftretens
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 109
dieser Gewebsspalten ändert sieh auch das morphologische Verhalten
derselben. Erfolgt dasselbe während des intrauterinen Lebens, so
bildet sich in der Regel ein vollständig endothelialer Belag; entstehen
sie nach der Geburt, so kommt es nicht mehr zur Bildung einer be¬
grenzenden Zellenschicht, sondern die Wandung der entstandenen
Lücken wird von einer etwas verdichteten Schicht des umgebenden
fibrillären Bindegewebes hergestellt. Es muss hier allerdings zuge¬
geben werden — und es ist dies von His 1 ) im Allgemeinen, von
Löwe 2 ) für die Gewebslacunen des interparenchymatösen Bindegewebes
betont worden — dass die Schleimbeutel mit zunehmendem Alter
Veränderungen bezüglich ihrer Structur erleiden, und dass namentlich
bei solchen Bursen des subcutanen Gewebes, welche in früher Jugend
entstanden sind, sich „in Folge der grösseren Productivität des jugend¬
lichen Körpers“ eine, wenn auch nicht vollständige, so doch theilweise
endotheliale Auskleidung bilden kann. Ich habe dieselbe indessen,
wie bereits erwähnt, an keinem meiner zahlreichen Präparate consta-
tiren können und ich halte es daher für gerechtfertigt, wenn die sub¬
cutanen Schleimbeutel als endothellose Lücken des Unterhautbinde¬
gewebes bezeichnet werden, die mit Rücksicht auf ihren histologischen
Bau, nicht aber vom entwickelungsgeschichtlichen Standpunkte aus von
den serösen Höhlen zu trennen sind, und deren flüssiger Inhalt von
der die Saftlücken des Bindegewebes durchströmenden lymphatischen
Flüssigkeit geliefert wird.
Und welche Stellung werden wir den Sehnenscheiden und typi¬
schen Schleimbeuteln einräumen, nachdem die vorliegenden Unter¬
suchungen eine endotheliale Auskleidung dieser Gebilde nachgewiesen
haben? Die Beantwortung dieser Frage dürfte auch jetzt noch gewisse
Schwierigkeiten bieten. Es lässt sich nicht bestreiten, dass bei einer
Vergleichung der in Rede stehenden Membranen mit serösen Häuten
sich eine Anzahl gewichtiger Momente crgiebt, die zu der Auffassung,
dass die Synovialhäute seröse Membranen darstellen, berechtigen. Bei
beiden Membranen finden wir ein von fibrillärem Bindegewebe und
elastischen Fasern gebildetes Grundgewebe vor; beide tragen unmittel¬
bar auf diesem Stratum als specifischen Wandbestandtheil eine ein¬
fache Schicht Endothelzellen, und wenn auch zwischen diesen letzteren
>) 1. c. S. 25.
2 ) Zur Kenntniss des Bindegewebes. Arch. f. Anat. u Entwickelungsgcscli.
von W. His und W. Braune, 1878.
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EtCHBAUM,
gewisse Unterschiede nicht zu verkennen sind, so sind diese nicht
gross genug, um die Trennung beider Membranen zu rechtfertigen.
Von wesentlicherem Belang erscheint in dieser Beziehung der Umstand,
dass Sehnenscheiden und Schleimbeutel an gewissen Stellen dieses
endothelialen Ueberzuges entbehren und dafür die Structur eines Binde-
gewebsknorpels aufweisen, eine Erscheinung, die ja bei den serösen
Häuten in keinem Falle anzutreffen ist. Allein in dieser Hinsicht
liesse sich wohl mit Recht der Einwand machen, dass die erwähnte
Structur nicht zu jeder Zeit vorhanden ist, dass sich dieselbe erst
mit zunehmendem Alter und durch den Gebrauch der Muskeln und
Sehnen bildet, da Todd und Bowmann 1 ) und nach ihnen Reichert 2 )
für den Gelenkknorpel den Nachweis geliefert haben, dass dieser in
früheren Entwickelungsstadien ein Endothel besitzt. Auch meine Unter¬
suchungen, die ich bezüglich dieser Frage an den Sehnenscheiden und
Schleimbeuteln bei einem vollständig entwickelten, jedoch noch un-
geborenen, sowie bei einem neugeborenen Füllen vorgenommen habe,
haben beispielsweise für die Bursa intertubercularis, und die Bursa
musc. infraspinati, für die Sehnenscheide des Hufbeinbeugers an der
hinteren Fläche des Fesselgelenkes ergeben, dass die knorpelige
Structur an den genannten Stellen fehlte und an der Oberfläche der¬
selben ein deutlicher continuirlicher Zellenbelag vorhanden war.
Ein weiteres Moment, welches auf die Zusammengehörigkeit beider
Membranen hinweist, besteht in dem Auftreten von gefässführenden
echten Endothelzotten und endlich in der Aehnlichkeit des Auftretens
pathologischer Processe. Dass endlich vom entwickelungsgeschichtlichen
Standpunkte aus unsere Gebilde mit den serösen Höhlen in eine Ka¬
tegorie zu bringen und als solche zu bezeichnen sind, ist bereits oben
in hinreichender Weise ausgeführt.
Während wir so auf der einen Seite eine ganze Reihe sehr ge¬
wichtiger gemeinschaftlicher Merkmale bezüglich der Genese und der
Structur anzuführen im Stande sind, könnte andererseits in der Hin¬
sicht ein Unterschied zwischen beiden gefunden werden, als der flüssige
Inhalt der Sehnenscheiden und Schleimbeutel sich durch seinen Gehalt
an Mucin und Eiweiss vor dem der serösen Höhlen auszeichnet. Allein
unsere Kenntnisse über die chemische Zusammensetzung, sowie .über
die Bildung der Synovia, sind vorläufig noch so lückenhafte und un-
! ) Physiolog. Anatomy, 1847, I., p. 90.
2 ) Archiv f. Anat.. 1849, Jahresber. S. 16.
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 111
abgeschlossene, dass wir nicht im Stande sind, uns über das Auftre¬
ten des Mucin- und grösseren Eiweissgehaltes, sowie über die Bedin¬
gungen, unter denen dasselbe erfolgt, Rechenschaft zu geben, besonders
bei den in Rede stehenden Gebilden, bei welchen dieselbe unter nor¬
malen Verhältnissen nur in minimalen Mengen vorkommt. Während
nach der Ansicht von Frerichs*), der sich auch Tillmanns (1. c.)
anschliesst, die Synovia ein Transsudat aus den Gefässen darstellt,
welches seinen Mucingehalt durch den Untergang von Endothelieu der
Synovialmembran und der Zotten erhält, ist nach Hüter 2 ) die
Synovia die Ernährungsflüssigkeit, welche die Bindegewebszellen der
Synovialis durchläuft und von diesem ihren Mucingehalt bezieht, und
endlich nach der Ansicht von Soubbotine (1. c. S. 563) das Pro¬
duct der Zellen selbst, welche die Synovialintima auskleiden. Die
Synovialis würde hiernach als ein Secretionsorgan anzusprechen sein,
eine Ansicht, welche indessen auch für die serösen Häute von Pflü¬
ger 3 ) bei einer anderen Gelegenheit durchzufuhren versucht wor¬
den ist. —
Dieser allgemeinen Darstellung des Vorkommens und der Struc-
tur der Sehnenscheiden und Schleimbeutel lasse ich in Nachstehendem
eine Zusammenstellung und kurze Beschreibung dieser Gebilde, soweit
ich deren Vorhandensein beim Pferde festgestellt habe, folgen. Mit
Berücksichtigung der Regionen des Körpers beginne ich zunächst
mit den
I. Schleirabeuteln und Sehnenscheiden am Kopfe.
Subcutane Bursen.
Sie kommen am Kopfe verhältnissmässig nur seilen zur Beobachtung. Meh¬
rere Male konnten subcutane Schleimbeutel über dem Genickfortsatz des Hinter¬
hauptsbeins, über der Theilungsstelle des von letzterem nach abwärts abgehen¬
den medianen Kammes in die Lineae temporales, sowie an der Rundung des
Unterkiefers festgestellt werden. In einem Falle (bei einem alten Anatomio-
pferde) fanden sich zu beiden Seiten des Kopfes, und zwar jederseits an der
Verbindungsstelle des Proc. orbitalis mit dem Jochbogen je ein Schleimbeutel in
Grösse einer kleinen Haselnuss vor.
Subtendinöse Bursen.
Bursa mucosa über der Protuberantia occipitis externa, zwischen dieser
! ) Wagner’s Handwörterbuch der Physiologie, III. Bd., 1. Abth.
2 ) Klinik der Gelenkkrankheiten.
3 ) Pflüger, Ueber die Eierstöcke der Säugethiero und des Menschen.
1863. S. 33—35.
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112
EICHBAUM,
und dem Ursprung der oberen Abtheilung des M. communis auris resp. dessen
Fascie gelegen. Der Schleimbeutel war meistens durch ein in der Medianlinie
befindliches Septum in zwei seitliche Hälften von ovalerForm und 2,0—2,5Ctm.
Längendurchmesser geschieden. In allen Fällen, in denen die Bursa constatirt
wurde, konnte gleichzeitig eine stark ausgesprochene, höckrige Beschaffenheit
der vorderen Fläche des Genickfortsatzes beobachtet werden.
Sehnenscheide an der Sehne des M. levator labii sup. propr.
Dieselbe stellt keine vollkommen entwickelte Scheide dar, da zwischen Sehne
und der umgebenden Bindegewebshülle ein scharf abgegrenzter Hohlraum nicht
oxistirt, die letztere vielmehr zahlreiche, kleinere und grössere zeitige Maschen
um die Sehne herum bildet. Die geschilderte Einrichtung beginnt an dem Ueber-
gang des Muskels in die Sehne, etwa im Niveau des von den Oss. nasal, und den
Proc. nasales der Oss. intermaxillaria gebildeten Winkels und erstreckt sich bis
zur Verschmelzungsstelle beider Sehnen.
Bursa vaginalis an der Durchbohrungsstelle des M. stylo-hyoideus. Die
sehr zarte und dünne Synovialmembran dieser Bursa tritt von den Rändern der
in der Sehne des angeführten Muskels befindlichen Spalte auf die Sehne des
M. digastricus über und verschmilzt mit derselben; constant vorhanden.
Bursa mucosa an der Spitze des Gabelheftes des Os hyoideum; in einem
Falle constatirt. Der Schleimbeutel, dessen Hohlraum in seiner oberen Abthei¬
lung von Sehnenfäden durchzogen war, besass eine ovale Form (2 Ctra. Länge)
und befand sich in der Medianlinie etwa 1 Ctm. vor der Spitze des erwähnten
Knochenfortsatzes zwischen der oberen Fläche der Mm. genio-hyoidei und den
Sehnen der Mm. genio-glossi, von diesen sowohl, wie von dem hier gelegenen
Bindegewebe begrenzt.
Bursa mucosa an der lateralen Fläche des Hamulus ossis plenygoidei.
Constant vorhanden und zwischen der ausgehöhlten lateralen Fläche des genann¬
ten Knochenfortsatzes und der medialen Sehnenfläche des Tensor veli palatini
gelegen, an dessen Seitenrändern sie sich inserirt und hier zugleich mit dem die
Sehne in der Lage erhaltenden Querbändchen verbunden ist.
Bursa mucosa zwischen der Rolle und dem M. obliquus superior des
Auges, etwa bohnengross, umgiebt häufig scheidenartig beide Flächen des er¬
wähnten Muskels.
II. Ara Halse.
Bursa mucosa unter dem Ursprünge des Lig. nuchae, zwischen diesem
und dem Kapselbande und der oberen Fläche des Atlas resp. dem dieselben be¬
deckenden kleinen Kopfstrecker gelegen. Seitlich wird die ovale und ziemlich
umfangreiche Bursa (Längendurchmesser 3 — 5 Ctm., in einem Falle 10 Ctm.)
von den mittleren Kopfstreckern begrenzt. Ihr vorderes Ende erstreckt sich bis
zur Insertion des Bandes am Occiput. Sehr häufig vorhanden.
Bursa mucosa unter dem strickförmigen Theile des Lig. nuchae im Ni¬
veau des II. Halswirbels. Der häufig vorkommende Schleimbeutel erreicht zu¬
weilen eine bedeutende Grösse (bis zu der eines Apfels), liegt zwischen den
beiden Seitenästen, in welche sich der Kamm des II. Halswirbels spaltet, resp.
den daran sich inserirenden Seitenhälften des platten förmigen Theilcs einerseits
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und dem strickförmigen Theil des Nackenbandes andererseits; in mehreren Fällen
setzte sich die Bursa in den von den beiden Platten der erst genannten Partien
gebildeten Raum bis zu einer Tiefe von 1,5—2,0 Ctm. hinein fort, und es er¬
schien die Innenfläche der Begrenzungswände stark zerfasert. Nach beiden
Seiten wird der Schleimbeutel von den Mm. complexi begrenzt, mit deren me¬
dialer Fläche er durch lockeres Bindegewebe verbunden ist.
Bursae mucosae über den Gelenkfortsätzen des III., IV., V. und VI.Hals¬
wirbels , zwischen diesen und der sie bedeckenden Musculatur (den Zacken des
M.complexus major) gelegen. Von verschiedener Grösse (hasel- bis wallnussgross)
und häufig vorhanden.
Bursa mucosa im Niveau des VI. Halswirbels, zwischen dem mittleren
Rippenhalter und einer Fleischzacke des M. longuscolli; in einem Fall constatirt.
Bursa mucosa zwischen der unteren Fläche des I. Rückenwirbels und
einer Sehne der Brustportion des M. longus colli gelegen; von länglicher Form
(5—6 Ctm. lang); die hintere Grenze der Bursa befindet sich im Niveau des
Rippenhalses, die vordere in Höhe des Gelenkfortsatzes vom VII. Halswirbel; fast
constant.
Bursa mucosa von länglicher Form unter der Endsehne des M. longissi-
mus dorsi am VII. Halswirbel; sehr häufig vorhanden.
III. Am Rumpfe.
Subcutane Bursen.
Bursa mucosa über dem Widerrist; häufig vorhanden und meistens über
den Dornfortsätzen des 5.—7. Rückenwirbels gelegen; zuweilen durch unvoll¬
ständige Septa in mehrere Abtheilungen geschieden.
Bursa mucosa subcut. über den Dornfortsätzen des I. und II. Kreuz¬
wirbels; etwa wallnussgross; häufig constatirt.
Bursa subcutanea über dem lateralen Darmbeinwinkel, und zwar sowohl
auf dem oberen wie unteren Höcker desselben — Bursa iliaca lateralis;
nur selten vermisst. Der Schleimbeutel des oberen Höckers erreicht eine Länge
bis zu 10 Ctm., eine Breite vou 4—5 Ctm. Der innere Hohlraum häufig durch
ein oder mehrere Septa in Unterabtheilungen von verschiedener Grösse zerlegt.
Die Bursa steht zuweilen mit dem auf dem unteren Höcker befindlichen Schleim¬
beutel in Verbindung, welcher letztere bedeutend kleiner als der vorige ist und
meistens nur die Grösse einer Wallnuss erreicht. — Vereinzelt wurden ausserdem
beobachtet:
Bursae subcut. zu beiden Seiten des Manubrium sterni. Die Schleim¬
beutel, von denen in dem betreffenden Falle der rechts gelegene grösser (Länge
5 Ctm., Breite 4 Ctm.) als der linke war, befanden sich im Niveau des Buggelen¬
kes über dem Ursprung des Halshautmuskels resp. vorderen Portion des breiten
Brustmuskels (Portio clavicularis des M. pectoral. maj.) und erstreckten sich mit
ihrem medialen Rande bis zur Mitte des Brustbeinschnabels, wo sie durch ein
starkes Septum von einander getrennt waren.
Bursa mucosa subcut. auf dem linken Tuber ischii; in einem Fall in
bedeutender Grösse (Durchmesser 8 Ctm.) und von rundlicher Form constatirt.
Archiv f. wlssensch. a. prakt. Thierheilk. IX. 1 u. 9.
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114
EICHBAUM,
Auf der rechten Körperseite fehlte die Bursa. Am Sprunggelenk der linken Glied¬
massen befanden sich starke Spatexostosen.
Subtendinöse Bursen.
Bursa mucosa über dem Dornfortsatze des IV. Rückenwirbels, zwischen
diesem und den beiden Hälften des strangförmigen Theiles vom Lig. nuchae ge¬
legen; sehr häufig constatirt. Die ovale Bursa (Längendurchmesser 4 Ctm.) be¬
deckt die obere Fläche des Höckers vom genannten Dornfortsatze und setzt sich
auch auf die Seitenflächen desselben fort, wo sie ebenfalls von d.en erwähnten
Theilen des Nackenbandes bedeckt wird. Die Bursa erscheint zuweilen fächerig
und von rauhen, unregelmässigen, mit zahlreichen, zottenförmigen Excrescenzen
besetzten Wänden gebildet. In mehreren Fällen war die obere Fläche des Dorn¬
fortsatzes mit dem Nackenbande verwachsen, während die seitlich gelegenen Ab¬
theilungen intact waren.
IV. Vordere Extremität.
Schultergegen d.
Laterale Fläche. — Bursa mucosa subcutanea an der Gräten¬
beule unter der Schulterarmbeinfascie; nur selten constatirt und durch Scheide¬
wände gewöhnlich in Fächer getheilt oder von Sehnenfäden durchzogen.
Bursa musosa subtendinosa unter der Endinsertion des M. infraspi-
natus; constant. Sie besitzt etwa den Umfang einer Wallnuss; ihre laterale Wand
ist mit der Sehne des erwähnten Muskels, ihre mediale Wand, welche die ausge¬
höhlte untere Fläche des lateralen Muskelhöckers vom Armbein überzieht, innig
mit demselben verbunden. Die untere Abtheilung des Schleimbeutels ist häufig
durch Fältchen und Sehnenfäden in eine Anzahl von kleineren und grösseren
Buchton getheilt. Zuweilen findet sich über der in Rede stehenden Bursa noch
ein kleinerer, von ihr durch ein Septum getrennter Schleimbeutel vor, der seine
Lage über der hinter dem lateralen Muskelhöcker befindlichen Rauhigkeit hat.
Bursa mucosa unter dem kurzen Auswärtszieher des Armbeines (M. teres
minor); sehr häufig vorhanden. Der Schleimbeutel hat seine Lage zwischen dem
erwähnten Muskel und der hinteren Fläche der Gelenkkapsel, dicht über dem
hinteren Knochenwulst des oberen Darmbeinendes. Der fast wallnussgrosse,
häufig von vielen Sehnenfäden durchzogene Schleimbeutel soll nach Franck l )
meist durch eine oder zwei Oeffnungen mit der Gelenkkapsel communiciren. In
mehreren Fällen konnte eine Verschmelzung dieser Bursa mit der des M. infra-
spinatus beobachtet werden.
Vor dere Fläche. — Bursa mucosa unter der Ursprungssehne des
M. biceps brachii, von der Grösse einer Haselnuss unter der Insertion der Sehne
und in der Grube gelegen, welche sich unterhalb der Schulterblattbeule und des
Proc. coracoideus befindet. Die Bursa wird von dem hier gelegenen Fettgewebe
umhüllt.
Bursa mucosa zwischen der Ursprungssehne des M. biceps brachii und
den Rollfortsätzen des Armbeines — Bursa intertubercularis hm. Die
Anatomie der Hausthiere, 1871, S. 421,
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 115
Wand der Bursa schlägt sich von der Peripherie der überknorpelten Rollfortsätze
auf die Sehne über and überzieht zunächst, innig mit derselben verbunden, einen
Theil ihrer vorderen Fläche, darauf die Seitenränder und geht dann in die hintere
Fläche über. Zu beiden Seiten wird die Bursa durch die Insertionsschenkel des
M. supraspinatus gedeckt und nach hinten zu durch ein Fettpolster von der Kapsel
des Schultergelenkes getrennt.
Mediale Fläche. — Bursa mucosa unter dem M. coraco-brachialis
— Bursa coraco-brachialis hm. Die constant vorkommende Bursa beginnt
unter der Ursprungssehne des genannten Muskels am Proc. coracoideus und zieht
sich mit der Sehne über dem unteren (sehnigen) Theil des M. subscapularis hin¬
weg, an dessen hinterem Rande sie aufhört.
Erwähne ns werth sind endlich noch mehrere kleine Bursae synoviales an der
hinteren und vorderen Fläche der Kapsel des Schultergelenkes.
In der Gegend des Ellenbogengelenks.
Subcutane Bursen.
Bursa mucosa an der hinteren Fläche des Ellenbogenhöckers; nicht con¬
stant, jedoch sehr häufig vorhanden. Der innere Hohlraum des wallnuss- bis
apfelgrossen Schleimbeutels zerfällt häufig durch Scheidewände in mehrere Fächer
und hat zuweilen ihre Lage statt an der angegebenen Stelle mehr auf der late¬
ralen Seite des Proc. anconaeus — Bursa olecrani hm.
Bursa musosa über dem lateralen Bandhöcker des oberen Endes des Ra¬
dios; weniger häufig wie die vorige. Grösse und Einrichtung der Bursa sind
verschieden. Gewöhnlich besass dieselbe die Grösse einer Wallnuss und ihre
Wände erschienen glatt. In mehreren Fällen war dieselbe bedeutend grösser
ond bestand aus mehreren, durch theilweise durchbrochene Membranen geschie¬
denen und von zahlreichen Sehnenfäden und Gefässen durchzogenen Fächern,
welche unebene, fetzige und zahlreiche, röthlich gefärbte, zottenähnliche Bildun¬
gen aufweisende Wände besassen.
Subtendinöse Bursen.
Laterale Fläche. — Bursa mucosa unter der Endinsertion des M.an-
conaeus longus. Zwischen dem lateralen Höcker des Proc. anconaeus und der
Sehne des genannten Muskels gelegen; von ovaler Form (Längendurchmesser 2,5
bis 3 Ctm.).
Bursa mucosa unter dem Ursprünge des M. extensor carpi ulnaris; von
Hasel- bis Wallnussgrösse., zwischen dem äusseren Seitenbande und der hinteren
Fläche des lateralen Bandhöckers vom Radius einerseits und der Ursprungssehne
des erwähnten Muskels andererseits. Die Bursa steht häufig, jedoch nicht immer,
wie Franck (1. c. S. 427) angiebt, mit dem Ellenbogengelenk durch eine 1,5
bis 2 Ctm. breite Spalte in Verbindung.
Vordere Fläche. — Bursa mucosa unter der Endinsertion des M. bi-
ceps brachii. Dieselbe hat ihre Lage zwischen den beiden Endselinen des er¬
wähnten Muskels, -besitzt eine längliche Form von pptr 4 — 5 Ctm. Län¬
gendurchmesser. Sie beginnt dicht über der Insertion der oberen Sehne und
zieht sich dann in schräger Richtung zwischen beiden Sehnen ein geschlossen
unter das mediale Seitenband des Arm-Vorarmgelenkes, an dessen hinterem
8 *
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116
EICHBAUM,
Rande sie endet. Eine Coramunication mit der daran stossenden Gelenkkapsel
konnte nicht constatirt werden. Die Bursa wird sehr häufig vermisst und sind
in solchen Fällen beide Sehnen mit einander verschmolzen.
Bursa mucosa unter der Endinsertion des M. brachialis internus; von
ovaler Form und etwa haselnussgross, zwischen der Endsehne des angeführten
Muskels und dem medialen Seitenbande des Ellenbogengelenkes einerseits und
dem Knochen andererseits gelogen.
Mediale Fläche. — Bursa mucosa unter der Endinsertion des M. ex-
tensor cubiti longus; unbeständig; an der medialen Fläche des Proc. anconaeus,
zwischen der Sehne des M. anconaeus internus und der Endigung des angeführ¬
ten Muskels gelegen; etwa wallnussgross.
Bursa mucosa unter der Endinsertion des M. anconaeus internus; von
länglicher, ovaler Gestalt, beginnt die Bursa an dem vorderen Knochenvorsprung
des Olecranon, verläuft dann schräg zwischen dem Knochen und der genannten
Sehne über die mediale Fläche des Proc. anconaeus nach hinten und endigt kurz
vor der Insertion der Sehne. Häufig ist die Bursa durch unvollständige Scheide¬
wände in 2—3 Fächer getheilt.
Bursa synovialis unter dem Ursprung des dicken Hufbeinbeugers und
inneren Beugers der Vorderwurzel. Dieselbe ist sehr geräumig, liegt unterhalb
des Ellenbogengelenkes an der hinteren Fläche des Radius und setzt sich auch
auf einen Theil der medialen Fläche der Ulna fort. Die untere Grenze der Bursa
befindet sich pptr. 3 Ctm. unterhalb des erwähnten Gelenkes, mit welchem die¬
selbe durch eine weite Spalte communicirt.
Bursa mucosa unter dem Ursprung des Beugers des Vordermittelfusses,
hinter dem medialen Bandhöcker resp. dem Seitenbande des Ellenbogengelenkes
zwischen der Gelenkkapsel und dem Muskelbauche gelegen. Von rundlicher Form,
wall nussgross. In sehr vielen Fällen mit der vorigen verschmolzen und dann mit
dem Gelenk comraunicirend.
Vorderfusswurzel.
Vordere Fläche. — Von subcutanen Schleimbeuteln kommt am häu¬
figsten ein über dem Os capitatum (Os carpale III) gelegener vor. Derselbe war
von Haselnussgrösse und wurde zuweilen von verdichtetem Bindegewebe und mit
einer grösseren Menge einer gelblichen, synoviaartigen Flüssigkeit gefüllt vorge¬
funden. Eine andere Bursa konnte zuweilen über jener Erhabenheit der unteren
vorderen Radiusfläche nachgewiesen werden, welche die Sehnenrinne des langen
Zehenstreckers medialwärts begrenzt.
Sehnenscheide des längeren gemeinschaftl. Zehenstreckers.
Sie beginnt, zugleich die Sehne des Philipp’schen Muskels einschliessend, praeter
propter 15 Ctm. über der Vorderfusswurzel, verläuft, die Sehne locker umhüllend,
über die laterale Sehnenrinne des unteren Radiusendes, sowie über die vordere
Fläche der Vorderfusswurzel nach abwärts und endigt unterhalb der Rauhigkeit
am oberen Ende des Metacarpus. Nach aussen wird sie durch das tiefe Blatt
der Vorarmfascie verstärkt, mit welcher sie fest verwachsen ist. Die in der
Scheide gleitende Sehne besitzt ein in seiner grössten Ausdehnung ca. 3 Finger
breites Mesotenon, welches von dem medialen Rande der Scheide seinen Ursprung
nimmt.
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 117
Sehnenscheide des schiefen Streckers der Vorderfusswurzel.
Dieselbe beginnt am lateralen Rande des Schienenbeinstreckers, etwa 8 Ctm.
über der Vorderfusswurzel, sie kreuzt dann in schräger Richtung von oben nach
unten und lateralwärts verlaufend zunächst die Sehne des Schienenbeinstreckers
resp. deren Scheide, liegt dann in einer von dem Bandapparat der Vorderfuss-
wurzel gebildeten Rinne, welche sich von der medialen Sehnenrinne der vorderen
Fläche des unteren Vorarmendes, über den Seitenrand der Vorderfusswurzel sich
allmählich verflachend, schräg nach unten bis zum medialen Griffelbeinköpfchen
hinzieht. Die nach aussen durch die Vorarmfascie verstärkte und mit einem ca.
1 Ctm. breiten Mesotenon versehene Scheide verwächst häufig mit der vorderen
Fläche der Sehne, so dass sich an Stelle der Vagina nur eine langgezogene Bursa
vaginalis vorfindet.
Sehnenscheide des Streckers des Vordermittelfusses. Sie be¬
ginnt in derselben Höhe, wie die Scheide des langen Zehenstreckers, etwa an der
oberen Grenze des unteren Vorarmdrittels, zieht sich über die mediale Sehnen¬
rinne des Radius und die vordere Fläche der Vorderfusswurzel, hier auf den
Kapselbändern der letzteren gelegen , nach abwärts und endigt im Niveau der
unteren Carpealknochenreihe. Die in ihr gleitende Sehne besitzt ein doppeltes
Mesotenon, welches, an die beiden Seitenränder herantretend, die Oberfläche der¬
selben überzieht.
Unter der Scheide, jedoch nicht mit derselben communicirend , findet sich
gewöhnlich eine kleine Bursa vor, welche zwischen dem Os capitatum (0. c. 3 )
und der in Rede stehenden Scheide gelegen ist.
Laterale Fläche. — Bursa mucosa subcutanea, von wechselnder
Grösse über dem lateralen Bandhöcker am unteren Ende des Radius; häufig
vorhanden.
Sehnenscheide des Fesselbeinstreckers. Sie beginnt etwa eine
Hand breit über der Vorderfusswurzel, am lateralen Rande des Radius, an wel¬
chem sie, die Sehne einhüllend, herabläuft, um durch den hier befindlichen Seh¬
nenausschnitt auf die laterale Fläche der Vorderfusswurzel zu treten. Sie liegt
hier auf dem lateralen Seitenbande und endigt am oberen Ende des Metacarpus.
Die Scheide wird nach aussen von der tiefen Kniebinde überzogen und verleiht
in ihrer unteren Hälfte der von ihr umschlossenen Sehne ein etwa 1 Ctm. breites
Mesotenon.
Sehnenscheide des lateralen Insertionsschenkels des M. ex-
tensor carpi ulnaris. Die Scheide beginnt an der Abgangsstelle der in Rede
stehenden Sehne am oberen Rande des Os accessorium, verläuft dann, in einer
Rinne liegend, welche anfangs von der lateralen Fläche des erwähnten Knochens,
weiter nach unten von dem Bandapparat der Vorderfusswurzel gebildet wird,
schräg nach vorn und abwärts und endet in der Gegend des Os hamatum (0. c. 4 ).
Die mediale Wand der Scheide liegt in ihrer unteren Hälfte stellenweise dem
Kapselbande zwischen Radial- und Metacarpalreihe der Vorderfusswurzelknochen
unmittelbar auf, und es besteht hier zuweilen eine Comraunication zwischen
Scheide und Gelenkkapsel. Die äussere Wand wird von der tiefen Kniebinde,
zum Theil von dem lateralen Seitenbande verstärkt.
Hintere Fläche. — Sehnenscheide für die Sehnen des Huf- und
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EICHBAUM.
Kronenbeinbeugers. Die sehr geräumige, die erwähnten Sehnen umgebende
Scheide ist zum grössten Theil im Knieringe gelegen. Sie beginnt mit ihrer
vorderen Wand unterhalb des Ursprungs des oberen Untorstützungsbandes (prae¬
ter propter 10 Ctm. oberhalb der Vorderfusswurzel), zieht sich an der hinteren
Fläche des erwähnten Gelenkes und des unteren Unterstützungsbandes nach ab¬
wärts und findet an der VereinigungssTelle dieses Bandes mit der Hufbeinbeuge¬
sehne ihre untere Grenze. Medial grenzt sie an die Scheide des Beugers des
Vordermittelfusses, von wo aus ein breites Mesotenon an die in der Scheide glei¬
tenden Sehnen herantritt, dieselben überzieht und hierbei blindsackförmige,
zwischen beiden Sehnen gelegene Ausstülpungen bildet, von denen die grössere,
4—5 Ctm. lange, sich bis zum unteren Rande der Vorderfusswurzel erstreckt.
Lateralwärts überzieht die Scheide zunächst die mediale Fläche des Os accesso-
rium und wird in ihrer oberen Abtheilung theilweise von den Beugern der Vor¬
derfusswurzel bedeckt; ihre hintere Wand überbrückt, von dem das Retinaculum
darstellenden Kniebogenbande gedeckt und mit demselben verbunden, den zwi¬
schen Os accessorium und hinterer Vorderfusswurzelflache befindlichen Raum
und geht an der medialen Seite in das Mesotenon über. Den Seitenwänden der
ober- und unterhalb des Kniebogenbandes befindlichen Abtheilungen der Scheide
fehlen äusserlich die fibrösen Verstärkungsschichten (Endpforten). *
Mediale Fläche. — Bursa mucosa subcutanea, über dem Köpfchen
des medialen Griffelbeins und Ossa carpal. I u. II gelegen, etwa wall nussgross:
in mehreren Fällen constatirt.
Sehnenscheide des Beugers des Vordermittelfusses. Sie beginnt
etwa eine Hand breit über der Vorderfusswurzel und hat ihre Lage zunächst am
medialen Rande des Radius, im weiteren Verlauf nach abwärts an der hinteren
Fläche der Vorderfusswurzel dicht neben dem medialen Rande, hier von einem
starken, von der tiefen Kniebinde gebildeten Retinaculum umgeben; sie erreicht
ihr Ende über dem Köpfchen des medialen Griffelbeins. Sie verleiht der in ihr
gleitenden Sehne in ihrer ganzen Länge ein etw T a fingerbreites Mesotenon.
In der Gegend der Phalangen.
Vordere Fläche. — Bursa mucosa an der vorderen Fläche des un¬
teren Endes vom Metacarpus resp. Metatarsus. Dieselbe hat ihre Lage im Niveau
der Gelenkrolle, zwischen der Gelenkkapsel und der Sehne des langen Zehen¬
streckers, mit welchem die Bursa innig verbunden ist. Letztere besitzt eine ovale
Form und erreicht den Umfang einer Wallnuss (Länge 2,0—2.5 Ctm., Breite
1,5—2,0 Ctm.) und soll zuweilen mit der Gelenkkapsel communiciren (Franck,
1. c. S. 318).
Bursa mucosa von Haselnussgrösse, unter der Sehne des Fesselbein¬
streckers, zwischen dieser und der vorderen Fläche des Fesselgelenkes gelegen.
Seitenflächen. — Ausser einer öfters zur Beobachtung kommenden
Bursa mucosa subcutanea an der lateralen Fläche des Fesselgelenkes findet
sich constant eine Bursa mucosa subtendinosa an beiden Seitenflächen des
Fesselbeins, zwischen diesen und den sehnigen Schenkeln, welche von dem Fessel¬
beinbeuger zur Verstärkung der Strecksehne in schräger Richtung die angeführte
Fläche kreuzen, gelegen. Sie beginnen an der Abgangsstolle der genannten
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 119
Sehnen an den Seitenflächen der Sesambeine und erstrecken sich bis zur unteren
Grenze des oberen Drittels oder, wie zuweilen, bis zur Mitte des Fesselbeins. Die
innere Wand der Bursa ist innig mit dem Bandapparat der Sesambeine resp.
mit dem Periost des Fesselbeins verbunden, die äussere Wand schliesst in ähn¬
licher Weise wie die Bursa an der medialen Fläche des Sprunggelenkes die Ver¬
stärkungssehne ein. — Kurz vor der Vereinigung der Sehnenschenkel mit dem
Zehenstrecker findet sich häufig noch ein kleinerer Schleimbeutel, etwa in Grösse
einer Bohne vor.
Hintere Fläche. — Bursa mucosa subcutanea an der hinteren
Fläche des Fesselgelenkes. Dieselbe wurde öfters in Bohnengrösse, gewöhnlich
umgeben von verdicktem subcutanen Bindegewebe vorgefunden.
Bursa vaginalis an der Sehne des Kronenbeinbeugers. Dieselbe liegt
der hinteren Fläche der in Rede stehenden Sehne auf, mit deren Mitte ihre hin¬
tere Wand gewöhnlich durch lockeres Bindegewebe verbunden ist, und steht
seitlich durch praeter propter 10 Ctm. lange Spalten mit der Scheide der Huf bein¬
beugesehne in Verbindung. Die angeführte Bursa liegt im Niveau der hinteren
Gleichbeinfläche, mit deren Grenzen meistens auch die der ersteren zusammen¬
fallen. Ihre Seitenwände gehen in die vordere Wand der
Sehnenscheide des Hufbeinbeugers über. Dieselbe beginnt pptr.
10 Ctm. über dem Fesselgelenk, zieht sich dann über die hintere Fläche des
Fesselbeinbeugers, der Sesambeino, des Fessel- und Kronenbeines nach abwärts
und endet etwa in der Mitte des zuletzt genannten Knochens. Die vordere
Wand der Scheide überzieht, von oben nach unten betrachtet, zunächst eine
von der Kronenbeinbeugersehne herstamraende und die Sehne des Hnfbeinbeugers
gürtelförmig umfassende Sehnenplatte, welche mit ihrem unteren, halbmondförmig
ausgeschnittenen Rande sich bis zur Mitte des Fesselgelenkes erstreckt, ferner die
hintere Fläche der Sesambeine, die unteren Gleichbeinbänder und endlich das
Kapselband des Kronengelenkes. Ungefähr von der Mitte der unteren Gleichbein¬
bänder tritt ein fingerbreites cylindrisches Mesotenon an die Sehne, welches
jedoch auch häufig eine mehr platte, vielfach durchlöcherte Membran darstellt,
die in solchen Fällen von beiden Rändern des mittleren unteren Bandes ihren Ur¬
sprung nimmt. Die hintere Wand ist in ihrem ganzen Verlaufe innig mit der
Sehne des Kronenbeinbeugers verbunden. Sie begleitet dieselbe nach abwärts
bis zur Theilungsstelle der letzteren und setzt sich auch unter die Insertions¬
schenkel der Sehne als blindsackförmige Ausstülpungen fort, welche letztere zwi¬
schen den soeben erwähnten Schenkeln einerseits und den Hufknorpelfesselbein¬
bändern andererseits gelegen sind, häufig indessen durch eine gefässhaltige Mem¬
bran von der Scheide getrennt sind und nun jederseits eine gesonderte kleine
Bursa darstellen (cfr. Dieckerhoff, Die Pathologie und Therapie des Spat der
Pferde, S. 185).
Nach der Theilung des Kronenbeinbeugers setzt sich die hintere Wand der
Scheide als dünne Membran nach abwärts fort und füllt den zwischen den er¬
wähnten Schenkeln befindlichen dreieckigen Raum aus und endet an dem ge-
wulsteten hinteren Ende des Strahlkissens (Endpforte). Die Seitenwände der
Scheide sind nur schmal und werden verstärkt durch die die Beugesehne an der
hinteren Fläche der Phalangen in ihrer Lage erhaltenden fibrösen Platten, und
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EICHBAUM,
zwar in Höhe der Gleichbeine von dem Ringbande, an der hinteren Fläche des
Fesselbeines von dem Sehnengurte (Leisering), endlich das untere Ende von
der fibrös-elastischen Hautplatte (Huffesselbeinband). Zwischen den Insertions¬
stellen dieser Platten sind Lücken (Zwischenpforten) vorhanden, so namentlich
eine obere kleinere, zwischen dem Ringbande und dem oberen Schenkel des
Sehnengurtes gelegene und eine untere ca. 3 Ctm. lange, zwischen den oberen
und unteren Schenkeln des letzterwähnten Bandes befindliche, durch welche
bei event. krankhafter Ansammlung des Secretes die Scheide ausgedehnt wer¬
den kann.
Der cylindrische Hohlraum dieser Scheide zeigt mehrere blindsackförmige
Ausstülpungen, von denen die umfangreichste am oberen Ende der Scheide zwi¬
schen der hinteren Fläche des Metacarpus resp. Metatarsus einerseits und dem
erwähnten gürtelförmigen Fortsatz der Kronenboinbeugersehne andererseits sich
befindet. Die Ausstülpung hat ihre Lage in dem dreieckigen Raume, welcher
von den beiden Insertionsschenkeln des Fessolbeinbeugers in Verbindung mit den
Sesambeinen gebildet wird; ihre vordere, an die Gelenkkapsel des-Fesselgelenkes
grenzende Wand wird durch fetthaltiges Gewebe von letzterer getrennt; ihre
Seitenränder erstrecken sich fast bis zum Niveau der Ränder des Fesselbeinbeu¬
gers und sind hier von lockerem Bindegewebe umgeben (Endpforten). — Ferner
finden sich zu beiden Seiten des Fesselbeines je 2 kleinere, welche in den be¬
reits beschriebenen Zwischenpforten ihre Lage haben, und in welchen sich häufig
Sehnenfäden und Fältchen vorfinden, die mehroderweniger vollkommene Scheide¬
wände darstellen und den Hohlraum dieser Divertikel in zahlreiche zellenartige
Buchten theilen.
Bursa mucosa unter der Endinsertion der Hufbeinbeugesehne — Bursa
podotrochlearis (Brauell) 1 ). Dieselbeist von der vorher beschriebenen
Scheide durch eine dünne Membran getrennt, beginnt am hinteren Rande des
Strahlbeines und erstreckt sich bis zur Insertion der Hufbeinbeugesehne. „Sie
stellt einen vollständig geschlossenen Sack dar, dessen vordere Wand die hintere
Fläche des Strahlbeines überzieht, sich seitlich und nach unten gegen die Beuge¬
sehne zieht und, diese überziehend, die hintere Wand giebt, während der Sack
von oben dadurch geschlossen wird, dass die vordere Wand vom Strahlbein aus
an die vordere Fläche der Beugesehne tritt, indem sie sich mit ihrer vorderen
Fläche an die hintere des oberen geraden Bandes anlegt.“ Eine Communication
mit dem Hufgelenk konnte in keinem Fall constatirt werden.
V. Hintere Gliedmassen.
Hüf tgegend.
Bursa mucosa subcutanea auf dem unteren Umdreher, von beträchtli¬
cher Grösse, in einem Falle beobachtet, wo der betreffende Schenkel mit Spat
behaftet war.
Bursa mucosa subfascialis unter der die Kruppenmuskeln überziehen¬
den Fascie und an dem hinteren Rande des oberen Umdreher, zwischen der
platten Sehne des M. glutaeus maximus und dem Muskelfleische des vorderen
*) Die chronische Fussrollenentzündung. Magazin f. Thierheilk., 1845.
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Anatomie u. Histologie d. Schloimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 121
Kopfes vom M.bicepsfemoris gelegen; etwa hühnereigross und öfters von Sehnen¬
faden durchzogen; ziemlich häufig constatirt.
Bursa mucosa subtendinosa unter der Endinsertion des M. glutaeus
maxi raus am unteren Umdreher; nicht constant. — Bursa trochanterica
prof. sive glutaei maximi hm.
Bursa mucosa unter der Endinsertion des M. glutaeus medius — Bursa
glutaei medii hm. Dieselbe stellt einen umfangreichen Sack dar, welcher die
ganze äussere glatte Fläche des mittleren Umdrehers einnimmt und unter der
Endinsertion des eigentlichen grossen Gesässmuskels sowohl, wie des mittleren
Kruppenmuskels (untere Abtheilung des M. glutaeus medius) gelegen ist. Trau¬
matische Entzündungen dieser Bursa geben Ursache zur Hüftlahmheit ab (cfr.
Di eckerhoff, 1. c. S. 178). Er entspricht der Bursa glutaei medii hm., und
nicht, wie Franck, 1. c. S. 446 angiebt, der Bursa glutaei minimi.
Bursa mucosa unter der Endinsertion des M.glutaeusminimus — Bursa
g 1 utaei minimi; nicht constant vorhanden und zwischen der Endsehne des
erwähnten Muskels und der medialen Fläche des mittleren Umdrehers gelegen.
Di© Bursa bildet ein Längsoval von 4 Ctm. Durchmesser, dessen lateraler Rand
von zahlreichen Gefassen durchzogen wird, welche durch die hier befindlichen
Löcher in den Knochen eindringen.
Bursa mucosa von Wallnussgrösse zwischen der medialen Fläche des
oberen Umdrehers und dem hinteren Rande des M. glutaeus minimus; häufig
vorhanden und gewöhnlich von vielem Fett umhüllt.
Bursa mucosa unter dem oberen (lateralen) Insertionsschenkel des M.
rectus femoris; constant vorhanden; etwa wallnussgross und zwischen der er¬
wähnten Sehne und der lateralen Fläche der Darmbeinsäule, dicht über der
Pfanne gelegen.
Bursa vaginalis unter der Sehne des M. obturator internus — Bursa
tendinis obturatoris interni hm. Dieselbe beginnt etwa 3 Ctm. vor der
Uebertrittsstelle der Sehne der Darmbeinportion des in Rede stehenden Muskels
über den Rand der Incisura ischiadica minor, umhüllt zunächst die Sehne schei¬
denartig und zieht sich dann, auf der medialen Fläche der letzteren gelegen,
über den erwähnten Ausschnitt nach abwärts und endet 3—4 Ctm. unterhalb
desselben.
Bursa mucosa am Tuber ischii — Bursa tuberis ischii hm., zwi¬
schen diesem und der Kreuzbeinportion des M. semitendinosus gelegen; sehr
häufig vorhanden und von Wallnussgrösse und noch darüber. Nach Renner
soll die Bursa durch die heftige Verschiebung des M. semitendinosus beim Hah¬
nentritt entstehen (cfr. Di eckerhoff, 1. c. S. 162). Da ich die Bursa nur sel¬
ten vermisse, so ist es meiner Ansicht nach sehr zweifelhaft, ob der Hahnentritt
in ätiologischer Beziehung zu dom Entstehen der fraglichen Bursa steht.
Bursa mucosa hinter dem unteren Umdreher, zwischen der hinteren
Fläche desselben und dem daselbst sich inserirenden sehnigen Schenkel des
langen Auswäztsziehers (vorderer Kopf des M. biceps femoris) gelegen; wallnuss¬
gross; zuweilen von Sehnenfäden durchzogen; ziemlich constant.
Kniegegend.
Vordere Fläche, — Bursa mucosa subcutanea vor der Kniescheibe
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122
EICHBAUM,
— Bursa mucosa praepatellaris sive aponeurotica hm. Der Schleim¬
beutel, welcher etwa nur in der Hälfte der untersuchten Fälle constatirt werden
konnte, hat seine Lage an der vorderen Fläche der Patella, und zwar an der am
meisten hervorragenden oberen Hälfte derselben; zuweilen zieht sie sich auch
mehr nach dem lateralen Rande der Kniescheibe hinüber. Die Grösse der Bursa
schwankt von der einer Bohne bis zu der einer Wallnuss.
Bursa mucosa subtendinosa unter der Endinsortion des M. rectus
femoris; von Wallnussgrösse und zwischen dem oberen Ende der vorderen Pa-
tellarfläche und der den M. rectus femoris bedeckenden und über die genannte
Fläche hinwegziehenden sehnigen Platte gelegen; nicht constant; entspricht der
Bursa mucosa patellaris profunda s. infrapatellaris s. subtendi¬
nosa hm.
Bursa mucosa unter der Endinsertion des M. vastus externus, zwischen
dieser und der Insertion des lateralen Seitenbandes der Kniescheibe resp. dem
Seitenrande der letzteren gelegen; etwa wall nussgross; sehr häufig.
Bursa mucosa unter der Endsehne der vorderen Portion des M. biceps
femoris. Unterhalb der vorigen und etwas mehr medial, zwischen der vorderen
Patellarfläche und der erwähnten Sehne gelegen; fast constant und von Wall¬
nussgrösse; zuweilen sind an ihrer Stelle 2—3 kleinere Schleimbeutel vorhanden.
Bursa mucosa unter der Endinsertion des M. vastus internus, von Hasel¬
nussgrösse, zwischen der Sehne und dem medialen Rande der Kniescheibe ge¬
legen; häufig von zahlreichen Sehnenfäden durchzogen.
Bursa mucosa unter der Insertion des mittleren geraden Bandes der Pa¬
tella an der Tibia — Bursa subpatellaris s. infragenualis hm. Dieselbe
ist ziemlich geräumig und nimmt die ganze überknorpelte Grube ein, die an der
medialen Seite der Crista tibiae gelegen ist. Ihre vordere Wand ist mit dem in
Rede stehenden Ligament verbunden. Die obere und die Seitenwände werden
von Fettmassen umhüllt.
Erwähnenswerth ist endlich eine blindsackförmige Ausstülpung der Knie¬
scheibengelenkkapsel, die dem Recessus superior des Kniegelenkes beim Men¬
schen entspricht und als Bursa synovialis betrachtet werden könnte. Dieselbe
befindet sich über der Patella, zwischen dem M. cruralis und dem unteren Ende
der vorderen Fläche des Femur und geht beim Pferde in der Regel ohne scharfe
Grenze in die erwähnte Gelenkkapsel über. Nur in einem Falle ist es mir ge¬
glückt, eine dem Menschen analoge, aber auch hier seltenere Bildung einer
Bursa supragenualis s. subcruralis bei dem Pferde zu constatiren. Es
fand sich hier an der oberen Wand der Kniescheibengelenkkapsel eine etwa hasel¬
nussgrosse Höhle vor, die in der über den Condylen befindlichen grubigen Ver¬
tiefung an der vorderen Fläche des Femur gelegen, durch eine rundliche, etwa
erbsengrosse Oeffnung mit der in Rede stehenden Gelenkhöhle in Verbindung stand.
Laterale Fläche. — Bursa synovialis unter dem Ursprung des
Schienenbeinbeugers und langen Zehenstreckers. Die etwa 14 Ctm. lange, ge¬
räumige Bursa hat ihre Lage in dem lateralen Ausschnitt der Tibia, beginnt
unterhalb der Insertion der erwähnten Muskeln am Knorren des Oberschenkels,
zieht sich, vor dem lateralen Seitenbande des Kniegelenkes gelegen, über die
äussere Fläche desselben hinweg und steht hier meistens sowohl mit der oberen,
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 123 .
wie unteren Abtheilung der Gelenkhöhle durch weite spaltartige OefTnungen in
Verbindung. Die Bursa tritt dann in den oben erwähnten Ausschnitt hinein,
liegt hier zwischen dem M. tibialis anticus einerseits und dem Schienenbeinbeuger
und langen Zehenstrecker andererseits und ist mit beiden durch lockeres Binde¬
gewebe verbunden. Die vordere Wand stösst an die Crista tibiae und ist hier
mit der Fascie verwachsen.
Die am Kniegelenk befindliche Abtheilung der Bursa ist häufig durch ein
halbmondförmiges membranöses Septum in einen lateralen und medialen Raum
getheilt. Die Scheidewand nimmt ihren Ursprung von dem Seitenraude des halb¬
mondförmigen Zwischenknorpels und zieht sich zuweilen bis zu dem unteren
Rande der überknorpelten Fläche, welche sich am oberen Rande des tibialen Aus¬
schnittes befindet.
Bursa synovialis unter der Sehne des M. popliteus — Bursa syno¬
vialis poplitea hm.; sie stellt eine Ausstülpung der Gelenkkapsel dar, welche
die innere Fläche der angeführten Sehno überzieht und sich an den Rändern
derselben inserirt. Durch eine Spalte steht sie mit der oberen Abtheilung der
Gelenkhöhle in Verbindung. Die Bnrsa beginnt an der Insertionsstelle derSehne
und erstreckt sich andererseits etwa bis zum Niveau des hinteren Randes vom
lateralen Knorren der Tibia.
Bursae mucosae unter dem lateralen Seitenbande des Kniegelenkes. Die
eine derselben befindet sich unter der oberen Hälfte des betreffenden Bandes, ist
etwa wallnussgross und befindet sich zwischen dem Bande und der Sehne des
M. popliteus; die andere befindet sich unter der unteren Hälfte des lateralen
Bandes, zwischen diesem und dem Köpfchen des Wadenbeines und ist etwas
kleiner als die voiige. Bei beiden war in keinem Falle eine Communication mit
dem Kniegelenk nachzuweisen, und dürfte daher die diesbezügliche Angabe von
Franck (1. c. S. 333) auf einer Verwechselung mit der unter dem medialen
Seitenbande gelegenen Bursa (vergl. diese) beruhen.
Mediale Fläche. — Bursa mucosa unter der unteren Abtheilung des
medialen Seitenbandes des Kniegelenkes. Die oval geformte Bursa beginnt im
Niveau des oberen Randes des medialen halbmondförmigen Zwisohenknorpels,
zieht sich dann, unter dem Bande gelegen, über die mediale Fläche des Knorpels,
sowie über die schwach überknorpelte Fläche des Knorrens der Tibia hinweg
und endet kurz vor der unteren Insertion des Seitenbandes. Ihre Länge beträgt
praeter propter 3—4 Ctm., ihre Breite entspricht der des Seitenbandes. Sie
communicirt durch eine 1.5—2,0 Ctm. breite Spalte mit der unteren Abthei¬
lung des Kniegelenkes.
Bursa mucosa von Bohnengrösse zwischen den Ligg. cruciata des Knie¬
gelenkes. Sie steht durch eine, an ihrem vorderen Rande befindliche Spalte mit
der Synovialhöhle des Kniegelenkes in Verbindung.
Bursa mucosa unter der Endsehne des M. semitendinosus am Tibial-
kamm — Bursa genualis hm.; constant vorhanden. Von rundlicher Form
(Durchmesser 2,5—3,0 Ctm.), zwischen der Sehne und der medialen Fläche der
Tibia gelegen,
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124
EICHBAUM,
In der Gegend des Spranggelenkes.
Subcatane und subfasciale Schleimbeutel.
Bursa mucosa subcutanea über der Tuberositas calcanei; nicht con-
stant, jedoch sehr häufig vorhanden. Der Schleimbeutel befindet sich an der
hinteren Fläche des oberen Endes vom Calcaneus, beginnt im Niveau der Inser¬
tionsstelle der Tendo Achillis und zieht sich dann, auf der hinteren Fläche der
Kronenbeinbeugersehne gelegen, nach abwärts. Die Form ist meist oval; der
Längendurchmesser 4 — 5 Ctm., der Quordurchmesser 3—4 Ctm.
Bursa mucosa subcutanea unter dem Malleolus externus tibiae;
häufig vorhanden und von wechselnder Grösse; zuweilen findet sich auch an
dieser Stelle eine unter dem oberflächlichen Blatte der Unterschenkelfascie ge¬
legene Bursa vor.
Bursa mucosa subcutanea über dem Os cuboideum (Os tarsale 4 ),
ebenfalls ziemlich häufig vorhanden, etwa haselnussgross.
An der medialen Seite des Sprunggelenkes finden sich ferner häufig sub-
cutane Schleimbeutel über dem Malleolus internus tibiae vor. In einem Fall
wurde ausserdem eine kleine Bursa im Niveau des hinteren Randes vom Os na-
viculare (Os tarsi centrale) beobachtet.
Bursa mucosa subfascialis, auf der vorderen Fläche des unteren Drit¬
tels der Tibia gelegen und von der Unterschenkel fascie gedeckt. Sie besitzt eine
längliche Form, beginnt am vorderen medialen Rande der Tibia unter dem oberen
Muskelquerbande, zieht sich in schräger Richtung von innen und oben nach unten
und aussen über den Schienenbeinbeuger hinweg, mit welchem ihre hintere Wand
verbunden ist, und endet auf der vorderen Fläche desselben, kurz vor der Thei-
lung in seine Insertionschenkel. Die Länge der Bursa beträgt 8—lOCtm. Ebenso
findet sich auch zuweilen an der entsprechenden Stelle der lateralen Hälfte der
vorderen Tibialfläche ein ebenfalls subfascialer Schleimbeutel von 4—5 Ctm.
Länge vor, welcher die vordere Wand des langen Zehenstreckers theilweise
bedeckt.
Subtendinöse Bursen und Sehnenscheiden.
Laterale Fläche. — Sehnenscheide des Seitenstreckers der
Zehe; sie beginnt praeter propter 2—4Ctm. über dem lateralen Malleolus, über¬
zieht und überbrückt darauf, die Sehne locker umhüllend, die Rinne, welche sich
in dem fibularen langen Seitenbande des Tarsus befindet, und wird nach aussen
durch die gemeinschaftliche Muskelbinde, sowie durch die Unterschenkelfascie
verstärkt. Sie endigt am oberen Ende des Metatarsus, etwa 1 Ctm. unterhalb
des unteren Querbandes. Die dünne, durchscheinende Scheide, welche mit den
erwähnten aponeurotischen Ueberzügen sowohl, wie mit dem darunter gelegenen
langen Seitenbande ziemlich fest verbunden ist, besitzt ein 2—3 Finger breites
Mesotenon, welches am hinteren Rande der erwähnten Rinne seinen Ursprung
nimmt.
Vordere Fläche. — Ara meisten lateralwärts gelegen findet sich die
Sehnenscheide des langen Zehenstreckers. Dieselbe beginnt etwa im
Niveau des lateralen Malleolus, verläuft über die vordere Fläche des Sprung-
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeutel u. Sehnenscheiden d. Pferdes. 125
gelenkes nach abwärts und endet kurz vor der Vereinigung der Sehne mit der
des seitlichen Zehenstreckers. Die Scheide wird nach vorn durch die gemein¬
schaftliche Muskelbinde, sowie durch das mittlere und untere Quer band verstärkt,
mit welcher die Synovialis indessen nur lose verbunden ist, und besitzt ein in
seiner grössten Ausdehnung etwa 3 Ctm. breites Mesotenon, welches von der
fibrösen Schicht der Sprunggelenkskapsel seinen Ursprung nimmt und in seiner
unteren Hälfte als dünne Membran den kurzen oder unteren Zehenstrecker an
beiden Flächen überzieht.
Medial von der beschriebenen Scheide findet sich eine Bursa vaginalis
an dem M. tibialis anticus vor. Dieselbe nimmt ihren Ursprung im Niveau
der Malleolen, liegt zunächst zwischen dem erwähnten Muskel und dem Schienen¬
beinbeuger, und zwar so, dass ihre vordere Wand mit der hinteren Fläche des
Scbienenbeinbeugers, ihre hintere Wand mit der vorderen Fläche des M. tibialis
anticus verbunden ist. In der unteren Abtheilung des letzterwähnten Muskels
zieht sich die Bursa auch auf die dem Gelenk zugewandte Fläche der Sehne resp.
deren Insertionsschenkel fort, und zwar in der Weise, dass sie die vordere Fläche
des medialen Insertionsschenkels noch etwa 1 Ctm. weit, die hintere Fläche da¬
gegen 2 Ctm. nach abwärts überzieht; ebenso erstreckt sie sich auch an dem
vorderen Insertionsschenkel an der dem Gelenk zugekehrten Fläche desselben
tiefer, — sie schneidet hier etwa mit dem oberen Rande des Os naviculare (Os
tarsi centr.) ab — als an der vorderen Fläche.
Mediale Fläche. — Bursa mucosa unter dem medialen Insertions¬
schenkel des M. tibialis anticus; der Schleimbeutel, welcher durch Dieckerhoffs
Untersuchungen über den Spat eine hervorragende praktische Bedeutung erlangt
hat, zeigt eine unregelmässig abgerundete Gestalt. Seine innere Wand ist auf
der medialen Fläche des grossen und kleinen schiffförmigen Beines, sowie des
Pyramidenbeins (Os t. centr. Ot. 1. u. 2.) gelegen und mit dem hier befindlichen
Bandapparat des Sprunggelenkos durch kurzes, straffes Bindegewebe fest ver¬
bunden. Die äussere, mit dem aponeurotischen Ueberzuge nur locker verbun¬
dene Wand enthält den medialen Insertionsschenkel des M. tibialis anticus ein¬
geschlossen, der in schräger Richtung von seinem Ursprung an der vorderen
Fläche des Sprunggelenkes nach dem Pyramidenbein resp. dem Köpfchen des
Griffelbeins hinzieht.
Sehnenscheide des seitlichen Hufbeinbeugers. Sie stellt eine
30—35 Ctm. lange Scheide dar, welche etwa in der Mitte der Tibia beginnt,
zunächst in dem Bauche des Hufbeinbeugers, im unteren Drittel der Tibia, zwi¬
schen dem medialen Rande der letzteren und dem genannten Zehenbeuger ein¬
gelagert, nach abwärts verläuft, durch eine am medialen Malleolus befindliche
Rinne auf die mediale Fläche des Sprunggelenkes tritt und hier in einer von dem
Bandapparat gebildeten Rinne am hinteren Rande des Rollbeins, des schiffförmigen
und Pyramidenbeins nach abwärts zieht, wobei sie in der Gegend der letzt¬
erwähnten Knochen an den hinteren Rand der vorher beschriebenen Bursa grenzt.
Sie tritt dann an den hinteren Rand des medialen Griffelbeins, liegt hier zwischen
dem Knochen und der Scheide des dicken Hufbeinbeugers und lässt sich als ge¬
sonderte Scheide bis zur Vereinigung der Sehne mit der des dicken Hufbein-
beogers verfolgen. — Die Scheide besitzt in ihrer oberen Hälfte ein etwa 2 Ctm,
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126
EICHBAUM,
breites Mesotenon und wird an der Tibia sowohl wie am Sprunggelenk durch die
aponourotischen Ueberzüge des Unterschenkels nach aussen hin verstärkt.
Hintere Seite. — Bursa vaginalis unter der Sehne des Kronenbein¬
beugers. Sie stellt eine Sehnenscheide dar, deren hintere Wand zum grössten
Theil mit der hinteren Fläche der in Rede stehenden Sehne verwachsen ist. Sie
hat ihre Lage zwischen der kappenartigen Verbreiterung der Kronenbeinbeuger¬
sehne einerseits und der Sehne der Mm. gastrocnemii resp. der hinteren Fläche
des Calcaneus andererseits und beginnt gewöhnlich an der Stelle, wo die Sohne
des Kronenbeinbeugers auf die obere Fläche der Sehne der Zwillingsmuskeln
gelangt und sich zu verbreitern beginnt. Sie verläuft dann, zwischen beiden
Sehnen gelegen und allmählich breiter werdend, nach der Spitze des Calcaneus
und von hier aus, sich wieder verschmälernd, etwa bis zur Mitte desselben, wo
sie endigt. Lateralwärts überzieht sie die Seitenränder der Kronenbeinbeuger¬
sehne, die Seitenflächen der Sehne der Mm. gastrocnemii, wie auch der Tubero-
sitas calcanei und steht durch eine auf der lateralen Seite befindliche Spalte mit
der folgenden Bursa calcanea in Communication. Nach den Seiten erhält die
Bursa einen fibrösen Ueberzug von den Fascien des Unterschenkels.
Bursa mucosa unter der Endinsertion der Mm. gastrocnemii — Bursa
calcanea hm.; sie kommt constant vor und stellt einen etwa 4 Ctm. langen,
2,5—3,0 Ctm. breiten Beutel dar, welcher zwischen der überknorpelten Spitze
des Calcaneus und der in Rede stehenden Sehne gelegen ist.
Sehnenscheide des dicken Hufbeinbeugers. Dieselbe beginnt
praeter proptcr 3 Finger breit über dem lateralen Malleolus, zieht sich zunächst
an der hinteren Fläche der Tibia nach abwärts über die Kapsel des Rollenunter¬
schenkelgelenkes hinweg, mit welchem sie zuweilen communiciren soll (cfr.
Franck, 1. c. S. 338), und besitzt hier eine zur Verstärkung ihrer vorderen
Wand eingelagerte Faserknorpelplatte. Sie verläuft dann über die hintere Fläche
des Sprunggelenkes, mit dessen Bandapparat sie innig verbunden ist, hinweg,
gelangt zwischen die Sehne des Kronen- und Fesselbeinbeugers und endet kurz
vor derVeroinigung der Sehne mit der des seitlichen Hufbeinbeugers, etwa 5Ctm.
unterhalb der unteren Reihe der Hinterfusswurzelknochen. Sie wird in ihrem
Verlauf über den Tarsus in ihrer mittleren Abtheilung durch eine vom Lig. tarsi
plantare herabsteigende Sehnenplatte nach aussen hin verstärkt, während das
obere und untere Ende derselben ausdehnungsfähige Endpforten darstellen. Die
Scheide besitzt an der hinteren Fläche des Sprunggelenkes ein sehr breites (6 bis
8 Ctm.) Mesotenon, welches hier von der äusseren Wand der Scheide, und zwar
in der Gegend des medialen Randes des vorher angeführten Bandes seinen Ur¬
sprung nimmt.
Erwähnenswerth sind endlich noch einige Bursae synoviales, von denen
die bedeutendste an der vorderen Fläche des Sprunggelenkes und zwischen dem
Astragalus und Os naviculare, lateral vom Lig. tarsi anterius gelegen ist. Ferner
mehrere kleinere, zwischen dem Metatarsus und kleinem schiffförmigen Beine,
zwischen grossem und kleinem schiffförmigen Beine gelegen. Dieselben stülpen
sich durch spaltartige Lücken, welche von den aus einander gedrängten Fasern
des vorhin erwähnten Bandes gebildet werden, hervor.
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Anatomie u. Histologie d. Schleimbeatel a. Sehnenscheiden d. Pferdes. 127
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. Mesotenon. vom Seitenslrecker der Zehe; mit Hämatoxylin tingirt.
a. a. Blutgefässe, b. b. Kerne des Endothels. (Leitz, Obj. 7, Ocul. III.) 1:500.
Fig, 2. Endothelbelag von der Seitenwand der Bursa intertubercularis.
Silbernitrat und Hämatoxylin. 1:500.
Fig. 3. Flächenschnitt von der. hinteren Fläche der Sesambeine (Scheide
des Hufbeinbeugers), a. a. Knorpelzellen, b. fibrilläre Grudsubstanz.
Fig. 4. Flächenscbnitte aus einer Bursa subcutanea vom Ellenbogen.
1 : 500.
Fig. 5. Flächenschnitt aus derselben Bursa.
Sammtliche Zeichnungen sind vermittelst dos Zeichnenprismas in ihren Um¬
rissen übertragen.
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IV.
Die Folgen der einseitigen und doppelseitigen Lähmung
des Nervus vagus bei Wiederkäuern. 1 )
Von
Ellenbergen
Da über die Folgen der beiderseitigen Vagusdurchschneidung eine
ungemein umfangreiche und reichhaltige Literatur existirt und da
kaum eine andere Operation zwecks physiologischer Forschung so
häufig ausgeführt worden sein dürfte, so wird man wohl erstaunt
sein, abermals einem Artikel zu begegnen, der sich mit diesem Gegen¬
stände befasst. Mich leiteten aber bei Einleitung der Versuchsreihe
andere Gründe als die, welche früher die Ausführung der Operation
bedingten. Es war durchaus nicht meine Absicht, die Folgen der
Vagusdurchschneidung abermals zu studiren und in die viel discutirte
Frage über die Ursachen des nach doppelseitiger Vagusdurchschnei¬
dung stets erfolgenden Todes einzutreten, sondern ich gelangte zu
diesen Versuchen anlässlich von Experimenten, welche ich zur Auf¬
klärung der functioneilen Bedeutung des Psalters der Wiederkäuer
und der Innervation dieses Organs vornahm und über welche ich be¬
reits in zwei Artikeln dieses Archivs berichtete. Meine Absicht war,
zu erforschen, ob die einseitige oder die doppelseitige Vagusdurchschnei¬
dung einen merkbaren Einfluss auf die Thätigkeit des Psalters resp.
der Wiederkäuermägen überhaupt äussert. Selbstverständlich wurden
bei den zu diesem Zweck unternommenen Experimenten auch alle
anderen Folgen der Vagusdurchschneidung genau beobachtet, und zwar
um so mehr, als in Bezug auf das Verhalten der Wiederkäuen den
! ) Der bereits im December 1881 eingesandte Artikel hat wegen Mangel
an Kaum bisher nicht gedruckt werden können.
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Lähmung des Nervus vagus bei Wiederkäuern.
129
Thiere nach Vagusdurchschneidungen nur sehr wenige und unvoll¬
ständige Beobachtungen vorliegcn. Bei Schafen scheint diese Opera¬
tion überhaupt noch nicht ausgeführt worden zu sein, wenigstens habe
ich in der Literatur keine Angaben darüber gefunden. Meine Mit¬
theilungen sollen deshalb vor Allem ein Bild der bei Wiederkäuern
nach doppelseitiger Vaguslähmung zu beobachtenden Er¬
scheinungen geben.
Die Literatur des Gegenstandes ist durch Frey 1 ) so vorzüglich
bearbeitet worden, dass es mir höchst überflüssig erscheint, einleitende
und orientirende Literaturangaben zu machen. Ausserdem liefern auch
die bekannten Abhandlungen von Meyer 2 ) und von Eichhorst 3 )
demjenigen, der sich specieller für den fraglichen Gegenstand inter-
essirt, die nöthige Orientirung.
A. Einseitige Vaguslähmung.
1. Versuch.
Von zwei gleichalterigen, gut genährten, gesunden Schafen wurde dem
einen der rechte, dem anderen der linke Hals vagus durchschnitten und je ein
\ Ctm. langes Stück desselben entfernt 4 ). Die Folgen der Operation waren
höchst unbedeutend. Unmittelbar nach der Operation blähten beide Schafe etwa
eine halbe Stunde lang etwas tympanitisch auf. Die Pulszahl war in den ersten
Tagen nach der Operation bedeutend vermehrt, 120—140, sank zwar später,
immerhin zählte man jedoch während der ganzen Beobachtungszeit 100—120
Pulse in der Minute. Es bleibt aber sehr zweifelhaft, ob die gedachle Pulsfre¬
quenz nicht nur eine Folge der Aufregung derThiero war. DieSchafe sind an sich
schon ängstlicher Natur und werden bei Berührungen behufs Untersuchung leicht
1 ) Frey, Die pathologischen Lungenveränderungen nach Lähmung der
Nervi vagi. Leipzig 1877.
2 ) In Hermann’s Handbuch der Physiologie, Bd. 2, Leipzig 1879.
3 ) Eich hörst, Die trophischen Beziehungen der Nervi vagi zum Herzmuskel.
Berlin 1879.
4 ) Die Operation ist sehr einfach. Man durchschneidet ungefähr in der
Mitte des Halses, oberhalb der Drosselvene, in der Richtung derselben die Haut,
geht an der dorsalen Seite der Vene und dicht an derselben in die Tiefe, indem
man die Seitenzweige der Jugularis unterbindet, durchschneidet sodann den M.
omo-hyoideus und sieht nun deutlich die pulsirende Carotis mit dem weissen
Nervenstrang des N. vagus und sympathicus. Beide sind in der Regel innig ver¬
bunden und ohne Quetschungen und Zerrungen nicht trennbar; nur in seltenen
Fällen verlaufen sie getrennt. Man muss deshalb gewöhnlich das ganze Bündel,
welches vorher von der Carotis abzupräpariren ist, also Vagus und Sympathicus,
dorchschneiden.
9
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Archiv f. vrissenscli. u. prakt. Thlerheilk. IX. lu.2.
130
ELLENBERGER,
aufgeregt. Selbstredend war dies in erhöhtem Masse bei den operirtcn Individuen,
deren Wunden ausserdem anfangs noch behandelt wurden, der Fall, und daraus
erklärt sich wohl die Pulsfrequenz. Die Zahl der Athemzüge schwankte zwischen
16 und 20 pro Minute. Der Appetit und das Wiederkauen war in den ersten
Tagen etwas gestört. Später zeigten die Thiere ein in jeder Richtung normales
Verhalten. Nach ca. 10 Wochen wurden sie getödtet. Unmittelbar nach dem
Tode wurden die Magenabtheilungen auf ihre Reizbarkeit geprüft. Bei dem
Schafe mit rechterseits durchschnittenem Vagus reagirten der 1. und 2. Magen
auf schwache electrische Reizung deutlich und stark, der 4. schwach, der 3.. wie
normal, kaum merklich. Bei dem anderen Schafe reagirten die beiden ersten
Mägen nicht, der 4. sehr stark. Selbstveiständlich ist auf diese Ergebnisse kein
weiterer Werth zu legen. Sie werden nur der Vollständigkeit wegen angeführt.
Das Resultat der Reizung ist offenbar durch irgendwelche Zufälligkeiten bedingt
worden, die hierbei kaum auszuschliessen waren.
Die Section ergab: Beide Lungen gesund, nur rechterseits ein erbsen¬
grosser Herd im mittleren Lungenlappen, durch eine lobuläre Pneumonie bedingt.
Das Herzfleisch erschien makroskopisch ganz normal. Unter dem Mikroskop zeigte
sich die Querstieifung überall erhalten, in den Fasern fanden sich aber auffallend
viel albuminöse Körnchen, die auf Essigsäurezusatz verschwanden. Der Inhalt
der Magenabtheilungen war wie bei gesunden Thieren beschaffen. Die Magen¬
wände aber zeigten in Bezug auf ihre Stärke ein eigentümliches Verhalten. Die
Wand des 4. Magens war bei dem Schafe mit rechts durchschnittenem Vagus
auffallend dünner, zeigte eine geringere Fettentwickelung in der Submucosa und
eine schwächere Muscularis als bei dem anderen Schafe mit links durchschnitte¬
nem Nerven. Die Psalterwand fühlte sich bei dem zuletzt genannten Schafe
derber und fester an, war dicker als bei dem Schafe mit rechterseits durchschnit¬
tenem Vagus. Die Haubenwand war bei dem Schafe mit rechts durchschnittenem
Vagus gut contrahirt und viel stärker in ihrer Dicke. Bei dem anderen Schafe
schlaff und dünn. Die Pansenwand bei dem ersteren Schafe dicker als bei dem
letzteren. Die mikroskopische Untersuchung bestätigte diesen Befund. Beson¬
dere krankhafte Veränderungen vermochte ich bei der mikroskopischen Unter¬
suchung in den Magenwandungen nicht nachzuweisen. An den anderen Organen
der Thiere konnten keine Besonderheiten nachgewiesen werden.
Das Resultat des Versuchs lässt sich also dahin zusammenfassen:
Die einseitige Vagusdurchschneidung hatte keine nachtheiligen Folgen
für die Gesundheit und das Allgemeinbefinden der Thiere; die Ver¬
dauungsvorgänge bestanden in normaler Weise fort, die Functionen
der Lungen und des Herzens erschienen nicht gestört (die kleine lobu¬
läre Pneumonie des einen Schafes dürfte accidenteller Natur sein).
Dagegen waren die Wandungen der Magenabtheilungen auf derjenigen
Seite atrophisch resp. schwächer entwickelt, auf welcher der N. vagus
durchschnitten war, also beim Schaf mit rechts durchschnittenem
Vagus die rechts gelegene 3. und 4. Magenabtheilung, und umgekehrt
bei dem anderen Thiere. Dieser eigenthümliche Befund wurde von
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Lähmung des Nervus vagus bei Wiederkäuern.
131
meinem Collegen Johne zunächst und dann auch von dessen Assi¬
stenten Schumann constatirt, ohne dass dieselben über die stattge¬
habten Operationen orientirt gewesen wären. Trotz der Gleichmässig-
keit im Befunde bei beiden Thieren in Bezug auf den correspondirenden
atrophischen Zustand der Magenwände zum durchschnittenen Nerven
hielt ich den Befund für zufällig. Immerhin erschien mir dieses Ver-
suchsergebniss wichtig genug, um mich zu einem zweiten Versuche zu
veranlassen.
2. Versuch.
Derselbe wurde bei zwei gleichalterigen, gut genährten Schafen genau in
derselben Weise wie der erste Versuch ausgeführt. Die Erscheinungen am leben¬
den Thiere stimmten mit denen überein, welche bei den Schafen des ersten Ver¬
suches beobachtet worden waren. Nach 6 Wochen wurden die Schafe geschlachtet.
Die directe elektrische Magenreizung ergab: keine Reaction der drei ersten Mä¬
gen bei dem Schafe mit links durchschnittenem Vagus, dagegen deutliche Con-
tractionen bei dem anderen Thiere. Die sämmtlichen Organe erwiesen sich ge¬
sund. An den Magenwänden konnten die bei dem ersten Versuche constatirten
Veränderungen nicht mit Sicherheit constatirt werden. Wenn man auch an ein¬
zelnen correspondirenden Stellen die Unterschiede zu finden glaubte, so fehlten
sie an anderen.
Als Resultat der beiden Versuche ergiebt sich demnach, dass
die Schafe die einseitige Durchschneidung und Resection des Hals¬
vagus ohne jede Störung in ihrer Gesundheit ertragen.
B. Doppelseitige Vagusdurchschneidung.
1. Versuch.
Einem 14 Jahre allen Schafe wurden beide Nv. vagi kurz nach einander
durchschnitten.
Sogleich nach der Operation bestanden 160 Herzschläge pro Minute, später
sank die Zahl etwas, hielt sich aber immer auf 130—140 pro Min. Es trat
sehr bald bedeutende Tympanitis auf, so dass die linke Hungergrube nicht
allein ausgefüllt, sondern stark vorgowölbt wurde. Das Athmen geschah ver¬
langsamt, 12—20 Mal pro Min., mit Beschwerde unter Röcheln und Stöhnen,
namentlich geschah die Exspiration stossend, mit leichter Erschütterung des
ganzen Rumpfes. Dabei bestand Speicholausfluss aus dem Maule, es wurde
weder Futter noch Getränk aufgenommen, die Rumination war unterdrückt, die
Mastdarmtemperatur normal (39,5° C.). Nachmittags wurde die Respiration
beschleunigt, es wurden 30—40 beschwerte Athemzüge pro Min. gezählt. Nach
12 Stunden trat der Tod ein.
Obduction. Das Herz war mangelhaft contrahirt, das rechte Atrium stark
gefüllt, ähnlich der rechte Ventrikel. Das linke Herz fast blutleer. Unter dem
Epicardium des rechten Atriums zeigten sich so massenhafte Extravasationen,
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132
ELLENBERGER,
dass dieser Herzabschnitt von aussen dunkel- bis schwarzroth gefärbt erschien,
sein Endocard war gleichmässig geröthet. Das Myocardium erschien blasser als
normal, gelblich roth. In demselben fanden sich vereinzelte kleine punktförmige
Blutungen. Mikroskopisch erschienen die Muskelzellen reichlich gekörnt, die Quer¬
streifung war jedoch meist noch vorhanden: nur in einzelnen Muskelfasern war
sie verschwunden und eine gekörnte Masse sichtbar.
Die Lungen waren in ihrer vorderen Hälfte resp. zu zwei Dritteln im Zu¬
stande des Oedems, so dass bei leichtem Druck eine seröse, theilweise schaumige
Flüssigkeit über ihre Durchschnittsflächen trat. An den hinteren Lappen waren
nur die unteren Ränder ödematös. An den vorderen ödematösen Lappen waren
verdichtete, luftleere, derbe Partien an den tiferen Stellen nachweisbar. Die
Bronchien enthielten grosse Mengen eines schaumigen Secretes, in welchem kleine
Futterpartikelchen nachweisbar waren. Die Trachealschleimhaut erschien stark
venös geröthet. Am hinteren Rande der Giesskannenknorpel fand sich jederseits
ein bohnengrosser rother, im Centrum schwarzer Fleck. Im Larynx fanden sich
Futterpartikelchen.
An Leber und Nieren waren oberflächliche, subseröse kleine Blutungen
wahrnehmbar (punktförmige, schwarze Flecke, die durch Wasser nicht wegge¬
spült wurden). Die drei ersten Magenabtheilungen waren mit Futtermassen wie
gewöhnlich angefüllt, der Wanst durch Gase ausgedehnt. Der 4. Magen enthielt
wenig weiche Futtermassen. Die Magenschleimhaut normal, im 3. Magen waren
die Oefässe der Blätter etwas stark injicirt. Die Gehirngefässe erschienen stark
gefüllt, die Plexus geröthet.
Als Todesursache dürfte in diesem Falle das Lungenödem anzusehen sein.
2. Versuch.
Einem Schafe wurde der rechte N. vagus und nachdem diese Operation
ohne nachweisbare Folgen geblieben war, 16 Tage später auch der linke Vagus
durchschnitten.
Das Thier zitterte hierauf am ganzen Körper, zeigte sich stumpf, unauf¬
merksam auf die Umgebung, stand meist an derselben Stelle, nahm kein Futter
und kein Getränk auf; dabei stellte sich starkes, gefahrdrohendes tympa-
nitisches Aufblähen ein, die Pansenbewegungen und die Rumination sistirten,
die Pulszahl bewegte sich zwischen 140 und 160 pro Min., die Mastdarmtempe¬
ratur stand auf 39.5°, das Athmen geschah beschwert, röchelnd, die Exspiration
stossweise, unter Stöhnen, dabei bestand Nasenausfluss und die sichtbaren
Schleimhäute waren geröthet, besonders an der linken Kopfseite, diese war blut¬
reicher und wärmer als die rechte Seite, namentlich war die Conjunctiva stark
geröthet, das Ohr auffallend warm und dessen Gefässe stark gefüllt. Dieses
Thier starb 40 Stunden nach Durchschneidung des zweiten Vagus.
Obduction. Nerv an der Durchschnittsstelle blutig infiltrirt. An der
Innenseite des Thorax, besonders am Sternum, massenhafte Extravasate (linsen-
grosse, zum Theil confluirende, schwarzrothe Flecke), so dass die betreffenden
Stellen gesprenkelt erschienen; ebenso am Pericardium und an den Anfangsthei-
len der grossen Gefässstämme. Diese waren stark mit geronnenem Blute ange¬
füllt; das rechte Herz erschien prall, das linke schwächer gefüllt. Am Endocard
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Lähmung des Nervus vagus bei Wiederkäuern.
133
keine Blutungen, das Myocard blass, gelbgrau-röthlich, die Fasern getrübt, mikro¬
skopisch körnig erscheinend, Querstreifung undeutlich, aber erhalten.
Rechte Lunge wenig zusammengefallen, ungleichmässig gefärbt und con-
sistent; hinterer und mittler Lappen blauroth, weich, elastisch, vorderer Lappen
dunkelblauroth, nicht zusammengefallen, derb, an einigen Stellen mit florartigem
Fibrinbeschlag; vereinzelte Extravasate unter der Serosa. Ueber die Schnittfläche
ergiesst sich — auch beim mittleren Lappen — eine blutig-seröse Flüssigkeit,
die Futterpartikelchen enthält. In den Bronchien des vorderen und mittleren
Lappens blutige, schaumige, seröse Flüssigkeit, Schleimhaut geröthet, capillär
injicirt, besonders im vorderen Lappen. Es war also der vordere Lappen derb,
luftleer, der mittlere ödematös, der hintere normal. Linke Lunge nicht zusam¬
mengefallen, blauroth mit rosarothen Flächen, Serosa glatt, glänzend, vorn ein¬
zelne Blutungen unter derselben. Die Bronchien wie in der rechten Lunge.
Das Duodenum erschien geröthet, seine Schleimhaut röthlich braun; die
übrige Dünndarmschleimhaut war meist normal, die desCöcum stark hyperamisch,
und die des Colon stellenweise injicirt, die Pansenschleimhaut partiell, die Psalter¬
schleimhaut hochgradig, die Labschleimhaut durchaus hyperamisch, die Hauben¬
schleimhaut fast normal. Der Pansen war aufgetrieben, enthielt breiige Futter¬
massen, der 2. und 4. Magen flüssigere Massen; der Inhalt des Psalters war
trocken.
Die Milz mit einzelnen Blutungen unter der Serosa. Ihre Substanz sehr
schlaff. Die Nieren sehr schlaff, sonst ohne Besonderheiten. Die Leber mit ver¬
einzelten subserösen Extravasaten versehen.
Die Gehirnhäute waren geröthet; die Plexus stark mit Blut gefüllt; am
rechten Seitenplexus sass ein Blutgerinnsel frei im Ventrikel. Die Gehirngefasse
blutreich. •
Bei beiden Versuchsschafen erscheint während des Lebens als
eine besondere, bei anderen Thieren nicht beobachtete Folgeerschei¬
nung das tyrapanitische Aufblähen. Dasselbe findet seine Erklärung
in der Lähmung des Schlundes. Jede Verstopfung des Schlundes,
z. B. durch fremde Körper, veranlasst diese Erscheinung und unter
Umständen den Eintritt des Todes. Zum normalen Gedeihen des
Wiederkäuers gehört das öftere Ausstossen von Gasen durch den
Mund, das Rülpsen. Ich war der Meinung, dass die Tympanitis durch
Beengung der Athmung, durch Verdrängung des Zwerchfells und durch
Resorption der Pansengase den Eintritt des Todes beschleunigt habe
und stellte zur Entscheidung dieser Frage einen weiteren Versuch
an, bei welchem der Eintritt der Tympanitis und ihrer etwaigen
Folgen vermieden werden sollte.
3. Versuch.
Einem \\—2 Jahre alten Schafe wurden beide Nn. vagi durchschnitten.
Kurz nach der Operation nahm das Thier weder Futter noch Getränk auf, war
unaufmerksam auf die Umgebung, blieb bei Annäherung eines Menschen und
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ELLENBEUGElt,
beim Befühlen ruhig stehen und hatte den Kopf meist nach einer Ecke des Stalles
gewandt. Das Athmen geschah unter starker Erweiterung der Nasenlöcher 16 Mal
pro Min. und war hörbar, das Ausathmen wurde kurz und stossweise mit starker
Betheiligung der Bauchmuskeln und unter Rumpferschütterung ausgeführt.
Röcheln und Speicheln fehlte. In der Minute waren 140 breite Herzschläge
deutlich fühlbar. Das Thier blähte stark tympanitisch auf. Nunmehr wurde das
Schaf troicarirt, worauf die Bauchdecken einfielen. Die Troicarthülse blieb wäh¬
rend der ganzen weiteren Beobachtungszeit liegen, so dass das Thier nicht wieder
aufblähen konnte. Trotzdem geschah das Athmen so erschwert wie vorher mit
Erschütterung des ganzen Rumpfes und deutlicher Bewegung des Rückens. Dabei
trat Zittern des Thieres ein. Der Pansen schien gelähmt, es waren weder Pan¬
senbewegungen fühlbar, noch Pansengeräusche hörbar.
Nach einer Stunde zählte man 17 Athemzüge und 150 Herzschläge. Das
Ausathmen geschah in zwei Stössen. Zuerst sanken die hoch erhobenen Flanken
mit einem Ruck ein (indem beim Einathmen die Hungergrubon ausgefüllt worden
waren, sanken jetzt die Bauchdecken ein und die Hungergruben wurden wieder
deutlich sichtbar), darauf folgte der zweite Exspirationsstoss mit Rückenbewe¬
gung und Rumpferschütterung, also gewaltiger Anstrengung aller Exspirations¬
muskeln. Das Thier zeigte starkes Muskelzittern.
Nach zwei Stunden hatte sich das Thier gelegt. Die Pulszahl betrug 150
pro Min., die Muskelzuckungen hatten zugenommen, das Athmen geschah wie
vorher.
Nach sechs Stunden hörte man tracheales Rasseln. An den Rückenmuskeln
und den Glutäen sah man deutliche Zuckungen, die oft rasch hinter einander
folgten, oft eine Zeit lang mit der Inspiration zusammenfielen, dann wieder mit
der Exspiratioi, dann zwischen beiden. Oft gingen die Zuckungen auf den übri¬
gen Körper über, so dass der ganze Rumpf erschüttert wurde. Dabei bestand
etwas Nasenausfluss. Innentemperatur 39,5°. Pulse 160 pro Min. — Appetit
und Rumination fehlte. 8 Stunden nach der Operation erfolgte unter dyspnoi-
schen Erscheinungen der Tod.
Obduction. Blut flüssig, wenig geronnen, die Lungen lufthaltig, die vor¬
deren Lappen fleckig geröthet, derb, nicht knisternd, über ihren Durchschnitt er-
giesst sich eine blutig seröse, Futterpartikelchen enthaltende Flüssigkeit, die
mittleren Lappen enthalten einige rothe Flecken und vereinzelte ödematöse Stel¬
len, die hinteren Lappen sind normal. In den Bronchien schaumige, theilweise
flockige Flüssigkeit, ebenso in der Trachea, namentlich ist der vordere Bronchial¬
ast mit schaumigen Massen angefüllt. Ueberall Futterpartikelchen.
Das linke Herz war leer, das rechte enthielt wenig Blut. Die Wände der
Atrien etwas geröthet, mit punktförmigen Blutungen durchsetzt. Das Myocardium
blässer als normal, ins Graue spielend, die Querstreifung war nur in vereinzelten
Fasern verschwunden, sonst erhalten; aber in allen Fasern viel Körnchen. Herz¬
beutel ohne Abweichungen.
Der Schlund war von unten bis oben mit Futtermassen vollgestopft. Auch
in die Rachenhöhle und den Larynx waren grob zerkleinerte Futtermassen über¬
getreten, deren Beschaffenheit dem Panseninhalt entsprach. Der 1. und 2. Ma¬
gen enthielten breiige Futtermassen, der 3. dagegen trockenen Inhalt. Die
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Lähmung des Nervus vagus bei Wiederkäuern.
135
Schleimhaut des Pansens nur gegen die HaubenöfTnung hin stark geröthet, mit
schwarzrothen Flecken versehen, sonst normal wie die Haubenschleimhaut, die
Psaltermucosa war fleckenweise geröthet, die Labmagenschleimhaut enthielt
punktförmige Blutungen, besonders auf den Falten. Der Darm war an einigen
Stellen geröthet. Die Schleimhaut stellenweise capillär injicirt. Die Gallen¬
blase stark gefällt.
Nur an der Milz waren punktförmige Blutungen unter der Serosa zu finden,
sonst waren bei diesem Thiere keine subserösen Blutungen vorhanden.
Die Gehirngefässe waren stark gefüllt; im Verlaufe derGefasse in den Sulci
punktförmige Blutungen.
Im Harn Spuren von Eiweiss. Leber, Nieren, Pancreas ohne Abweichungen.
Der Tod war bei diesem Thiere, trotz Vermeidung der Tyrapa-
nitis, ebenso rasch eingetreten wie bei dem Schafe des 1. Versuches.
Als neue Erscheinung finden wir bei diesem Thiere die Füllung des
Schlundes. Offenbar sind bei dem Thiere Futtermassen aus dem
Wanste durch die Bauch presse in dem gelähmten Schlunde nach oben
geschafft worden. Sie sind in die Rachenhöhle und den Kehlkopf
eingedrungen und von hier aus in die Lungen gelangt und haben die
Ursache zum tödtlieh gewordenen Lungenödem gegeben.
4. Versuch.
Bei einem Schafe wurde zuerst die Tracheotomie vorgenommen und ein die
Trachea ausfiillcnder Tracheotubus in dieselbe eingeschoben. Ein Einbinden des
Tracheotubus erfolgte nicht, weil dadurch Necrose der Schleimhaut entstehen
kann, die einen nach den Lungen fortkriechenden entzündlichen Process bedingen
muss. Nach der Tracheotomie wurden die beidon Nn. vagi durchschnitten.
Nach der Operation wurden ähnliche Erscheinungen wie bei den zum 1.
bis 3. Versuch benutzten Thieren, jedoch anfangs nur 14—16 Athemzüge be¬
obachtet, welche sich später auf 30—36 pro Min. steigerten. Da wieder tym-
panitische Auftreibung eintrat, wurde troicarirt. Am zweiten Tage wurde der
Troicart entfernt,- da aber sofort wieder Aufblähen erfolgte, musste von Neuem
troicarirt werden. Eine Zeit lang beobachtete man bei dem Schafe Bewegungen,
wie sie beim Schlingen gesehen werden, Schlingversuche; auch versuchte es an¬
fangs zu fressen, stellte dies aber gleich wieder ein. Am zweiten Tage machte
das Thier eine Zeit lang Kaubewegungen mit den Kiefern. Der Tod trat ca. 80
Stunden nach der Operation ein.
Leider war ich durch äussere Umstände verhindert, die Section vorzuneh¬
men. Als Sectionsdata sind mir nur folgende bekannt geworden: Das Herz stark
mit fest geronnenem Blute gefüllt; die Lungen ungemein blutreich, ödematös;
die Tracheaischleimhaut von der Operationsstelle nach unten geröthet. Alle
grossen Gefässe stark mit Blut gefüllt. Die Leber blutreich, in der Darmschleim¬
baut viele Blutungen, der ganze Schlund und Schlundkopf mit Futter gefüllt,
wovon auch Theile im Larynx vorhanden waren; die Lungen sollen frei vonFutter-
theilen gewesen sein. In den in Alkohol aufbewahrten Lungenstückchen fand ich
keine Futtertheilchen. Die Mägen enthielten noch viel Futtermassen, die Massen
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ELLENBERGER,
im 3. Magen erschienen nicht so trocken wie gewöhnlich. Sonst nichts Ab¬
normes.
Das Herzfleisch war in Alkohol gelegt worden. Seine nachträgliche Unter¬
suchung ergab, dass dasselbe ebenso getrübt war, wie bei den anderen Schafen.
Die Querstreifung war erhalten, die Körnung der Fasern ebenso, wie man es bei
Thieren findet, die an fieberhaften Leiden verendet sind.
Bei diesem Thiere scheint in Folge Reizung der Trachealschleim-
haut durch den Tracheotubus eine Entzündung derselben eingetreten
zu sein, welche nach den Lungen fortgekrochen ist und dort Hyper¬
ämie und Oedera veranlasst hat. Jedoch ist zu erwähnen, dass das
Thier während der Nacht starb und dass man dasselbe am Morgen
sehr aufgetrieben vorfand, weil die Troicarthülse aus der Wunde ge¬
fallen war. Es bleibt zweifelhaft, wann dieses Instrument verloren
gegangen ist, und ob nicht die Tympanitis durch Beengung der Ath-
mung und des Lungenkreislaufs mitbedingende Ursache des Todes
geworden ist. Hierfür spricht der ungemeine Blutreichthum der Lungen,
die enorme Fyllung des rechten und Leere des linken Herzventrikels.
5. Versuch.
In Gemeinschaft mit Prof. Dr. Johne legte ich bei einem l 3 4 Jahre alten
Schafe beide Carotiden mit dem angrenzenden Nervenbündel frei. Auf der rech¬
ten Seite gelang es ziemlich leicht, beide Nerven zu trennen, freilich nicht ohne
Zerrung und Dehnung, vielleicht auch mit Quetschung derselben. Es wurde nun
der Vagus durchschnitten und der Syrapathicus geschont. Auf der anderen Seite
gelang die Trennung beider Nerven nur unter sehr grossen Schwierigkeiten. Die
Wunde musste ungemein verlängert werden, indem an der Mitte des Halses die
Trennung ganz unmöglich war und wir weit nach oben gegen den Kopf gehen
mussten. Endlich gelang hoch oben die Trennung und der Vagus konnte isolirt
durchschnitten werden. Nun traten aber Brechanstrengungen und wirkliches Er¬
brechen bei den Thieren auf, eine bei den früher operirten Thieren nicht beob¬
achtete Erscheinung. Der Eintritt von Futtermassen in die Trachea und die
Lungen war höchst wahrscheinlich. Wir öffneten deshalb rasch die Luftröhre,
um das Aushusten durch die Oeffnung zu erleichtern, wobei aber der Bluteintritt
in die Luftröhre nicht vermieden werden konnte. Es wurde dann bald ein
Tracheotubus eingelegt. Da das Thier nach der Operation sehr bedeutende
Athembeschwerden zeigte und sehr bedeutend aufblähte, wurde ein Troicart in
den Pansen eingelegt.
Die Operationsfolgen waren wie bei den zu den ersten vier Versuchen be¬
nutzten Thieren. Das Schaf starb nach 69 Stunden.
Obduction. Einzelne Darmschlingen hyperämisch. Inhalt dünnbreiig.
Wanst und Haube mit breiigem Futter mässig gefüllt, der Psalter enthielt ganz
trockenes, der Labmagen dünribreiiges Futter. Magenhäute ohne Abweichungen,
ebenso Pancreas und Leber. Gallenblase und Harnblase mässig gefüllt; Nieren
normal. Die Bauchgefässe mit wenig geronnenem Blute gefüllt.
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Lähmung des Nervus vagus bei Wiederkäuern.
137
An der Pleura sternalis und costalis, besonders an ersterer, viele linsen-
grosse, theils confluirende Blutungen (schwarze Flecke). Pericardium mit grös¬
seren und kleineren solcher Blutungen besetzt, seine Gefässe stark injicirt. An
den mit geronnenem Blute stark gefüllten grösseren Gefässstämmen reichlich
kleine Blutungen.
Das Herz breit, schlaff, beiderseits, jedoch rechts stärker mit gut geronne¬
nem Blut gefüllt. Epicard venös injicirt, mit punktförmigen Blutungen besetzt.
Myocard normal; seine Fasern erscheinen mikroskopisch durchgehend querge¬
streift. aber stark gekörnt.
Die Lungen sind in ihren hinteren Lappen bis auf deren untere Ränder im
vorderen Abschnitt fast normal, sie erscheinen nur etwas blutreicher und ihr
Durchschnitt lasst einige punkt- und streifenförmige Blutungen nachweisen und
ergiesst beim Druck besonders aus den Bronchien etwas schaumige Flüssigkeit.
Die mittleren Lappen sind bis auf ihre oberen Ränder und die vorderen Lappen
ganz dunkelblutigroth gefärbt, stark verdichtet, luftleer, sinken im Wasser unter,
ihre Schnittfläche glatt, blutreich, aus den Bronchien lässt sich eine blutig seröse
schaumige, mit Futterpartikelchen gemischte Flüssigkeit ausdrücken. Die Bron¬
chialschleimhaut dunkelroth. So verhielt sich auch der untere vordere Rand des
hinteren Lappens. Die Bronchien enthielten auffallend grosse Mengen der schau¬
migen, blutig rothen Flüssigkeit mit Futterpartikelchen.
Die Trachealschleimhaut war von der Operationsstelle abwärts stark ge-
röthet; der Schlund war ziemlich leer. Der Urin reagirte schwach sauer und
enthielt ziemlich viel Eiweiss.
Offenbar hatte das während resp. sofort nach der Operation ein-
getTetene Erbrechen die Krankheits- und Todesursache dadurch abge¬
geben, dass nicht unbedeutende Mengen des Erbrochenen in die Lunge
gekommen waren und dort eine Bronchopneumonie und Lungenödem
bedingt hatten.
6. Versuch.
Bei diesem Schafe fand ich zufällig auf der einen Seite den Sympathicus
vollständig getrennt neben dem Vagus verlaufen, wie dies bei einzelnen Schafen
angetroffen wird; auf der anderen Seite dagegen war der Sympathicus fest mit
dem Vagus verbunden. Auf dieser Seite durchschnitt ich das ganze Bündel,
während auf der anderen Seite nur der Vagus resecirt wurde und der Sympathicus
unverletzt blieb. Es wurde auch die Tracheotomie vorgenommen, jedoch keine
Röhre in die Luftröhre eingelegt. Die grosse in der Trachea gemachte Oeffnung
wnrde durch Zurücknähen der Haut und Musculatur jederseits frei gehalten. Es
wurde dadurch die reizende Einwirkung des Tracheotubus vermieden; vom La-
rynx kommende Futtermassen liefen ventralwarts, traten also durch die Oeffnung
nach aussen. Kamen solche dennoch in die Lungen, so konnten sie leicht aus¬
gehustet w r erden. Die nach der Operation auftretenden Athembeschwerden waren
nicht so bedeutend wie bei den ersten vier Schafen. Die Tympanitis war bedeu¬
tend, weshalb eine Troicarthülse eingelegt wurde. Nach fünf Tagen und zehn
Tagen wurde einmal versucht, das Thier ohne den Troicart stehen zu lassen, es
trat aber sofort wieder starke, gefahrdrohende Tympanitis ein, weshalb derTroi-
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ELLENBERGER,
carl jedesmal neu eingestochen werden und die Hülse bis zum Tode liegen blei¬
ben musste.
Das Thier lebte nach der Operation noch 16% Tage und erschien während
der ganzen Zeit traurig, theilnahmlos, knirschte oft mit den Zähnen, athmete
etwas beschwert, ruminirte nicht, schien auch nicht zu fressen, es magerte sehr
bedeutend ab, Fansengeräusche waren nicht wahrnehmbar. Ob in den ersten
Tagen etwas Futter oder Getränk aufgenommen wurde, bleibt zweifelhaft. Das
Thier suchte im Heu herum und machte einige Kau- und Schlingbewegungen.
Auch schien es in den ersten drei Tagen etwas Wasser zu saufen, weil das Vor¬
gesetzte Wasser an Menge etwas abnahm. Bestimmt beobachtet wurde aber eine
Aufnahme von Futter oder Wasser nicht. Die Mastdarmtemperatur betrug in den
ersten Tagen 38,7—39,6°, stieg dann auf 40—40,7° und sank in den letz¬
ten Tagen wieder bis auf 38,5°, die Zahl der Athemzüge schwankte zwischen
12 und 20 und die der Pulse zwischen 100 und 150.
Obduction. Cadaver sehr abgemagert, Panniculus adiposus schlecht ent¬
wickelt. Vena jugularis prall gefüllt. In der Pleurahöhle rechts ein Tassenkopf,
links ein Esslöffel voll einer grauröthlichen, wenig schlaffe Gerinnsel enthaltenden
Flüssigkeit. Pleura costalis stark capillär injicirt, rechts mit einem \ Mm. star¬
ken schlaffen, feuchten Faserstoffgerinnsel belegt. Ebenso die rechte Pleura
pulmonalis fast in der ganzen Ausdehnung. Nach dem Abstreifen dieses Belags
erschien die Pleura rauh, glanzlos, getrübt. Die Lungenlappen sind rechterseits
unter einander und mit dem Pericardium verklebt. Die grossen Gefässstämme
stark gefüllt, das Herz schlaff contrahirt, im mittleren Füllungszustande. Der
rechte hintere Lungenlappen von normaler Farbe und normalem Luftgehalte und
enthält nur hinten einen hirsekorngrossen Abscess, der mittlere und besonders
der vordere Lappen massig ausgedehnt, nicht lufthaltig, derb, ihre Oberfläche
erschien bunt. Im mittleren Lappen waren im dunklen Grunde eine Menge erbsen¬
grosser, gelblicher Knötchen, die nur wenig über die Oberfläche prominirten und
sich als abgekapselt und mit gelblichem Eiter gefüllt erwiesen, wahrnehmbar.
Aehnliches im vorderen Lappen, wodurch derselbe grob granulirt, uneben er¬
schien. Schnittfläche beider Lappen sehr bunt, uneben. Gelbliche, eiterartig
gefärbte und erweichte Partien von rundlich knötchenartiger oder läppchenartig
ausgebreiteter Form wechselten mit dunkelgefärbten, blutig infiltrirten, leicht
granulirten Partien. Hier und da thrombosirte Gefässe. Die Schnittfläche ent¬
leert eine trübe, röthlich gelbe, schleimig eitrige Flüssigkeit, die namentlich aus
den Bronchien mit Pflanzenpartikelchen vermischt ausgedrückt werden kann.
Die Bronchialschleimhaut dunkel venös gefärbt. Der linke hintere Lungenlappen
normal, der mittlere und vordere gleich beschaffen, wie der mittlere rechte Lap¬
pen. Die Trachealschleimhaut unterhalb der stark eiternden Operationsstelle
vorn hochroth, fein sammetartig capillär injicirt, stellenweise mit eiterigem Belag,
worin hier und da Futterpartikelchen. Ebenso die grossen Bronchien, welche
schaumige Flüssigkeit enthielten und deren Schleimhaut geschwollen und geröthet
war. Im Larynx waren ebenfalls Futterpartikelchen. Ebenso aber in geringen
Mengen im Pharynx und im Oesophagus. Im Herzbeutel seröse Flüssigkeit mit
einem schlaffen, membranähnlichen Gerinnsel. Die Herzoberfläche zeigt starke
Füllung ihrer Blutgefässe und viele schwarzrothe Flecken. Die Herzmusculatur
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Lähmung des Nervus vagus bei Wiederkäuern.
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getrübt, die Querstreifung aber meist noch erhalten, bei starker Körnung. Die
Capillaren zwischen den Muskelfasern stark gefüllt. Die grösseren Gefässe in der
Bauchhöhle stark gefüllt.
Im 1. und 2. Magen dickbreiige Futtermassen, der Psalter leer, der 4. ent¬
hielt weiche, breiige, stark riechende Massen in massiger Menge. Die Schleim¬
haut im 1., 2. und 3. Magen normal, im 4. stark injicirt (venöse Hyperämie).
Am Pylorus ein zehnpfennigstückgrosses Ulcus. Duodenalschleimhaut geröthet
und geschwollen, mit massiger Follikelschwellung. Im Dickdarm stark riechende
breiige Massen. Am Darm einzelne Stellen geröthet, Gallenblase stark gefüllt,
Leber blauroth, dunkel gefärbt. Nieren und Milz schlaff, ohne Abweichungen.
Gehirnhäute im Zustande der venösen Hyperämie. Im Urin waren Spuren von
Eiweiss nachweisbar.
Die Ergebnisse dieser Experimente lassen sich kurz, wie folgt,
zusammen fassen:
1. Die einseitige Vagussection übt bei Schafen keinen nachthei¬
ligen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Entwickelung dieser Thiere
aus. Insbesondere ruft sie keine Veränderungen in den Lungen und
keine Störungen in den Functionen der Digestionsorgane hervor.
2. Die doppelseitige Vagussection bedingt bei Schafen stets den
Eintritt des Todes.
3. Die Zeit des Eintritts des Todes ist je nach der Individua¬
lität etc. eine verschiedene. Bei meinen Experimenten erfolgte der
Tod einmal nach 8, einmal nach 12, einmal nach 30, einmal nach 68,
einmal nach 76 Stunden, und einmal erst nach 16 Tagen.
4. Der Tod erfolgte in allen Fällen suffocatorisch durch Erguss
von Flüssigkeiten aus dem Blute in die Luftwege der Lungen.
5. Nach der doppelseitigen Vagusdurchschneidung wurden wesent¬
lich folgende Erscheinungen während des Lebens der Thiere beob¬
achtet:
a) constant: Paralyse des Schlundes, Parese des 1. und 2. Ma¬
gens, Tympanitis, gesteigerte Schlagfolge des Herzens (bis
160 pro Min.), beschwerte, dyspnoetische Respiration, Sistiren
der Rumination, Appetitlosigkeit, Traurigkeit, Stumpfheit,
meist normale Innentemperatur;
b) inconstant: Muskelzitiern, selbst krampfhafte Zuckungen
(1 Mal), Erbrechen (1 Mal), Röcheln und Rasselgeräusche
beim Athmen (3 Mal), Speichelfluss (2 Mal), Nasenausfluss
(2 Mal), Albuminurie (3 Mal) — der Harn wurde bei den
drei anderen Thieren nicht untersucht.
6. Die Obduetion ergab constant bedeutende anatomische Yer»
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ELLENBERGER,
änderungen in den Lungen (hochgradige Hyperämie, ödematösen Er¬
guss in das Gewebe und die Bronchien, Verdichtungen, lobuläre bron-
chopneumonische Herde, fremde Körper, Mikrococcen und Bacillen in
den Bronchien), Blutungen (Petechien) an den serösen Häuten und
vielen Organen, starke Körnung in den Herzmuskelfasern. Bei einem
Thiere war eine fibrinöse Pleuritis zugegen. Bei fünf Schafen fanden
sich Mundflüssigkeit und Futterpartikelchen in den Luftwegen bis in
die feineren Bronchien. Das Herz war rechterseits bei fünf Thieren
prall gefüllt, bei einem Thiere fast leer; linkerseits war es zweimal
leer, zweimal enthielt es etwas Blut und zweimal war es ziemlich
stark, aber immerhin schwächer als rechts gefüllt. Die Lungengefässe
waren stets strotzend voll Blut, die Gehirnhäute hyperämisch. — Der
Schlund, bei zwei Thieren von oben bis unten mit Futtermassen voll¬
gestopft, war bei den anderen leer oder enthielt nur Spuren von
Futter. Die beiden ersten Mägen waren, trotzdem keine Futterauf¬
nahme stattgefunden, stets wie bei gesunden Thieren gefüllt, der
3. Magen war einmal leer, dreimal mit ganz trockenen und zweimal
mit etwas feuchten Massen angefüllt. — Die übrigen Sectionsergeb-
nisse sind ohne besonderes Interesse.
Ad. 1. Aus den Ergebnissen der einseitigen Vagusdurchschneidun¬
gen ist zu folgern, dass es nicht trophische Nervenfasern sind, deren
Durchschneidung die bei der doppelseitigen Vaguslähmung eintretenden
Lungenveränderungen bedingt, wie von manchen Forschern angenom¬
men wurde. Die von uns genau untersuchten Lungen der nach
8—12 wöchentlicher Beobachtung getödteten Thiere zeigten keine Ab¬
weichungen vom Normalen. Der bei einem Thiere Vorgefundene ganz
kleine pneumonische Herd kann nur als ein zufälliges Vorkommniss
betrachtet werden. Ob die einseitige Vaguslähmung die Entwickelung
und Ernährung der Vormagen wände beeinflusst, habe ich nicht mit
Sicherheit entscheiden können (s. S. 130 u. 131).
Ad. 3. Bezüglich der verschiedenen Zeit, in welcher der lethale
Ausgang eintrat, ist zunächst anzuführen, dass die tracheotomirten
Thiere bedeutend länger lebten als die anderen. Wenn von den bei¬
den nicht tracheotomirten Thieren das eine dreimal so lange (30 Stun¬
den) als die beiden anderen lebte, so ist zunächst zu bemerken, dass
es ein grosses, gut genährtes und kräftiges Thier war, kräftiger und
besser genährt als die beiden anderen. Sodann muss auch erwähnt
werden, dass diesem Thiere der eine N. vagus 16 Tage früher durch¬
schnitten worden war als der andere, obgleich nicht anzunehmen
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Lähmung des Nervus Vagus bei Wiederkäuern.
141
ist, dass hierin die Erklärung für den späteren Eintritt des Todes
gefunden werden könne.
Bedenkt man, dass bei zwei tracheotomirten Thieren ebenso wie
bei den anderen fremde Körper in die Lungen gelangt waren, ja dass
bei einem derselben sogar viel erbrochene Massen und viel Blut in
die Luftwege eindrangen, ferner, dass diese Thiere nicht stärker und
nicht besser ernährt als die beiden, welche nach 8 und 12 Stunden
starben, dass sie sogar schwächer waren als das nach 30 Stunden
gestorbene Schaf und dass sie trotzdem bedeutend länger (70—80
Stunden) lebten, so muss man zu dem Schlüsse kommen, dass ein
besonderer Umstand vorliegen muss, der bei den nicht tracheotomirten
Thieren den Eintritt des Todes beschleunigte. Dieser Umstand muss
in der Einwirkung des Luftdruckes auf den Larynx gesucht werden,
der bekanntlich bei jungen Thieren mit schwachem, wenig resistentem
Larynx den Tod schon 1—2 Stunden nach der Vagotomie herbeifuhrt.
Bei Schafen von V/ 2 —2V 2 Jahren, in welchem Alter die Versuchs¬
tiere waren, ist zwar der Larynx resistenter als bei jungen Thieren,
aber nicht resistent genug, um dem Luftdruck ganz zu widerstehen.
Es tritt offenbar, wenn die Tracheotomie unterbleibt, eine Verengerung
des Larynx durch den Inspirationsstrom und dadurch hochgradig
dyspnoetisches Athmen ein, wodurch der Eintritt des lethalen Aus¬
ganges beschleunigt wird. Natürlich vermag ein gut genährtes kräf¬
tiges Thier diesen Zustand länger zu ertragen als schwächliche Indi¬
viduen. Deshalb lebte das eine Schaf bedeutend länger als die beiden
anderen. Die Richtigkeit der angegebenen Erklärung wird dadurch
bewiesen, dass die Athembeschwerden bei den nicht tracheotomirten
Thieren viel bedeutender waren als bei den tracheotomirten; letztere
lebten deshalb länger als die anderen, weil bei ihnen die Luft ohne
Hinderniss frei in die Trachea eintreten konnte. Auf die Zeit des
Eintritts des Todes hat auch die tympanitische Aufblähung Einfluss,
da durch dieselbe eine weitere Erschwerung der Respiration und event.
auch Vergiftung durch resorbirte Gase eintreten musste. Bei den
Thieren, welche nicht tracheotomirt waren, konnte das Troicariren
den Eintritt des Todes allerdings nicht hinausschieben. Die Ver¬
engerung des Larynx und der Flüssigkeitserguss in die Luftwege
mussten selbst dann rasch den Tod bedingen, wenn durch das Troi¬
cariren die tympanitische Auftreibung vermieden wurde. Dass die
Tympanitis unter anderen Verhältnissen den Eintritt des Todes be¬
schleunigen musste, versteht sich von selbst. Es ist höchst wahr-
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scheinlich, dass bei Schaf 4 die Tympanitis wesentliche Todesursache
war. Das Thier zeigle am dritten Tage nach der Operation noch
spät Abends (11 Uhr) keine gefahrdrohenden Erscheinungen und trotz¬
dem war es am nächsten Morgen früh gestorben. Es fand sich aber,
dass die Troicarthülse aus der Wunde gefallen und das Thier hoch¬
gradig aufgebläht war; anderenfalls würde es wahrscheinlich länger
gelebt haben. Den ungemein späten Eintritt des Todes bei Schaf 6
vermag ich nicht zu erklären. Es wurde genau so operirt wie Schaf 4,
nur war der Sympathicus auf der einen Seite intact geblie¬
ben und blieb die Troicarthülse während des ganzen Versuchs liegen,
sodass die Tympanitis vermieden wurde. Im Ernährungszustände war
das Thier gut, ebenso wie das Schaf 4. Dass die Nn. vagi beider¬
seits total durchschnitten und der Sympathicus erhalten war, ergab
die Präparation beider Nerven nach dem Tode des Thieres.
Ad 4. Unter den nach doppelseitiger Vaguslähmung während des
Lebens beobachteten Erscheinungen fallen am meisten diejenigen in
die Augen, welche sich auf die Veränderung in den Functionen des
Schlundes und der Vormägen beziehen, weil dieselben bei den ge¬
wöhnlichen Versuchsthieren (Hunden, Kaninchen, Katzen etc.) nicht
beobachtet werden. Bei allen Thieren trat tympanitische Auftreibung
des Hinterleibes durch Gasanfüllung im Pansen auf, bei allen erschie¬
nen die beiden ersten Mägen paretisch, wenn nicht paralytisch. Das
Auftreten der Tympanitis ist eine Folge der Lähmung des Schlundes
oder der des 1. Magens. Die Wiederkäuer entwickeln in ihrem
1. Magen so viel Gase, dass sie dieselben theilweise durch Rülpsen
durch den Mund entleeren müssen, wenn Aufblähung vermieden wer¬
den soll. Sobald man den Schlund dieser Thiere verstopft, tritt
Tympanitis ein, gleichgültig, ob der Pansen thätig ist oder nicht.
Andererseits tritt allerdings auch bei Unthätigkeit des Pansens, wenn
der Schlund nicht gelähmt ist, tympanitische Auftreibung ein. Diese
kann also sowohl in Lähmung des Schlundes als in solcher des
1. Magens begründet sein.
Dass nach der Vagotomie bei allen Thieren eine Schlundlähmung
besteht, ist durch Traube u. A. bewiesen worden. Demnach ist sie
bei den vagotomirten Schafen zunächst als die Ursache der Tympa¬
nitis zu betrachten.
Bei diesen Thieren bestand nun aber gleichzeitig auch eine wenn
auch unvollständige Lähmung der ersten Mägen. Dafür spricht Fol¬
gendes: 1) Beim Anlegen des Ohres an die Bauchwandung hörte
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Lähmung des Nervus vagus bei Wiederkäuern.
143
man niemals deutliche Pansengeräusche (manchmal glaube ich
ganz schwache derartige Geräusche, in grossen Intervallen auftretend,
constatirt zu haben). 2) Beim Anlegen der Hand an die linke
Bauchwandung vermisste man die sonst fühlbaren Pansenbewegungen.
3) Das Wiederkauen sistirte ganz und gar (dieses Symptom könnte
allerdings auch andere Ursachen haben). 4) Nach dem Tode fand man
bei allen Thieren, selbst bei denen die 3 Tage, und dem, welches 16 Tage
ohne Nahrungsaufnahme nach d et Operation gelebt hatte, die Mägen
gut mit Futtermassen angefüllt. — Diese Thatsachen beweisen bestimmt,
dass die beiden ersten Mägen sich in einem vollständigen
oder unvollständigen Lähraungszustande befanden.
Dass die Lähmung des Schlundes und die der ersten Mägen län¬
gere Zeit bestehen blieb und sich nicht rasch wieder ausglich, beweist
ausser Vorstehendem noch die Thatsache, dass nach der Entfernung
der Troicarthülse am 10. Tage nach der Operation sofort Aufblähen
erfolgte und von Neuem troicarirt werden musste..
Die Lähmung der ersten Mägen hat gar nichts Auffallendes,
wenn man bedenkt, dass dieselben anatomisch und physiologisch nur
als Schlundabschnitte aufzufassen sind. Es ist aber deshalb nicht
anzunehmen, dass sie total gelähmt waren, weil in ihren Wänden,
wie ich gefunden habe, Ganglien vorhanden sind. Diese würden, wenn
die Thiere länger am Leben geblieben wären, vielleicht wieder ein
normales Functioniren der Mägen bedingt haben.
Wenn wir bei zwei Schafen den Schlund mit Futter vollgestopft
fanden und wenn bei einem Schafe Erbrechen eintrat, so beweist dies
nichts Weiteres, als dass die Bauchpresse bei diesen Thieren thätig
war. Beweisend für eine Thätigkeit der Mägen sind diese That¬
sachen nicht.
' Der 3. Magen verhielt sich anders als die beiden ersten Mägen.
Er wurde einmal ganz leer gefunden, dreimal enthielt er trockene,
zweimal angefeuchtete Massen. Es beweist dies, dass dieser Magen
noch thätig war. Er hat sich noch contrahirt, die Flüssigkeit aus
seinem Inhalte ausgepresst, ja sich sogar noch ganz entleert. Es ist
dabei festzuhalten, dass alle sechs Thiere in gleicher Weise vor der
Operation behandelt wurden. Sie bekamen Abends vorher Futter,
3—4 Stunden vor der Operation des Morgens früh erhielten sie nur
wenig Nahrung. Unter diesen Verhältnissen kann nicht bezweifelt
werden, dass der 3. Magen unabhängig von den beiden ersten Mägen
fanctionirt, so dass er sich bei Schaf 6 ganz entleeren konnte, wäh-
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144
ELLENBERGER,
rend die ersten Mägen in Unthätigkeit verharrten. Es spricht dies
von Neuem für die von mir behauptete besondere Innervation des
3. Magens (cfr. meinen Artikel hierüber in diesem Archiv, Bd. VIII).
Dass die Schlagfolge des Herzens nach der Vagotomie bedeu¬
tend gesteigert war, ist selbstverständlich und bedarf dieses Symptom
keiner weiteren Erklärung. Merkwürdiger Weise wurde bei dem Schaf
mit intactem Halssympathicus die geringste Pulssteigerung constatirt.
In Bezug auf die Respiration musste man eine bedeutende Verlang¬
samung in der Zahl der Athemzüge erwarten. Diese Erscheinung trat
aber nicht sehr hervor. Wir zählten zwar oft nur 8—12 Athera-
züge, oft aber, und zwar in späteren Stadien, nach Eintritt des Lun¬
genleidens, auch 20—30 Respirationen pro Minute. Das Athmen war
aber stets sehr erschwert und arhythmisch. Die Erklärung für diese
Thatsache findet sich einmal in der nach der Vagotomie fehlenden
Selbststeuerung der Athmung, wie sie nach Hering und Breuer
unter normalen Verhältnissen besteht. Durch Ausdehnung der Lunge
werden die inspiratorischen Nervenfasern erregt und durch Zusamraen-
pressen, d. h. Verkleinerung des Lungenlumens die exspiratorischen.
Es werden also abwechselnd das exspiratorische und inspiratorische
Centrum gereizt. Dadurch kommt der regelmässige Rhythmus der
Athmung zu Stande. Nach der Vagussection sind die in- und ex-
spiratorisch erregend wirkenden Nervenfasern vom Centrum getrennt.
Letzteres kann also durch dieselben, d. h. von der Lunge aus nicht
mehr erregt werden. Es empfängt seine Anregung jetzt nur noch
vom Blute. Bei der Athmung fehlt also jetzt vor allen Dingen die
Hemmung der Inspiration durch die Reizung der exspiratorischen
Nerven und die der Exspiration durch die Reizung der inspiratori¬
schen Nerven. Also muss ein dyspnoetisches Athmen eintrcten. Die
Atherabeschwerden müssen ausserdem noch bedeutend verstärkt wer¬
den durch die oben erwähnte, allgemein bekannte Verengerung des
Larynx durch den Inspirationsstrom der Luft. Endlich muss die
Exspiration noch erschwert werden durch die nach der Vagussection
bestehende Lähmung der glatten Musculatur der Lungen. Bedenkt
man nun noch, wie bald die Schwellung der Bronchialschleirahaut,
der seröse Erguss in die Luftwege u. s. w. eintritt, dann hat man
wohl genügende Erklärung für die bedeutenden Athembeschwerden
und das gewaltige Arbeiten der Bauchmuskeln besonders bei der Ex¬
spiration.
Das in drei Fällen beobachtete Auftreten von Eiweiss im Harn
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Lähmung des Nervus Vagus bei Wiederkäuern.
145
findet seine Erklärung in den veränderten Blutdruckverhältnissen (ver¬
mindertem Blutdruck im grossen Kreislauf). Wahrscheinlich besteht
bei allen vagotomirten Thieren Albuminurie.
Das bei einem Thiere beobachtete Erbrechen erfolgte schwer,
quälend, unter starkem Gebrauch der Bauchpresse, wahrscheinlich
wegen der Parese des Schlundes und der Mägen. Diese Erscheinung
ist öfters bei Vagotomirten beobachtet worden. Ihr Eintritt bot durch¬
aus nichts Erstaunliches bei den Misshandlungen, welchen die Nerven
in diesem Falle, wie oben geschildert, ausgesetzt waren (cfr. vorn).
Die übrigen, oben genannten Erscheinungen und die am Kopfe
der Thiere zu beobachtenden Sympathicussymptome bedürfen keiner
Erklärung und sind nur von geringerer Bedeutung.
Ad 5 und 6. Unter den Sectionserscheinungen sind nur die an
den Lungen, dem Herzen und den Mägen constatirten Befunde und
das regelmässige Vorkommen von Ecchymosen von Interesse. Die an
den Mägen constatirten Verhältnisse sind ad 4 bereits besprochen
worden.
Die ecchymotischen Flecken waren am ausgebreitetsten bei den
rasch sterbenden Thieren. Sie fanden sich bei diesen in enormer
Ausbreitung vor. Sie fehlten aber bei keinem der secirten Schafe.
Da bekanntlich bei allen suffocatorisch zu Grunde gehenden Thieren
das Auftreten von Ecchymosen regelmässig zu beobachten ist, da sie
den Erstickungstod regelmässig begleiten, so weist ihr Vorkommen
im vorliegenden Falle also darauf hin, dass die Todesursache bei den
vagotomirten Schafen wohl ebenfalls Suffocation gewesen ist. Die
Verdichtungen, Hepatisationen und Splenisationen der Lungen waren
aber bei den Schafen durchaus nicht so bedeutend, um durch Ausfall
der betreffenden verdichteten Stücke aus der athmenden Fläche den
Eintritt des Suffocationstodes erklären zu können; wohl aber waren
die Bronchien und ihre Verzweigungen etc. derartig mit seröser Flüs¬
sigkeit gefüllt, dass darin sehr wohl die Ursache der Erstickung ge¬
funden werden kann. Ist nun aber der Tod wirklich dadurch einge¬
treten oder hat Paralysis cordis, wie dies Eichhorst für andere Thiere
behauptet, den Tod herbeigeführt? Eichhorst nimmt an, dass im
Vagus trophische Nervenfasern für den Herzmuskel verlaufen, deren
Darchschneidung Ernährungsstörungen, Verfettungen etc. in den Herz¬
muskelfasern bedinge.
In Bezug auf den Vagustod bei Schafen muss ich bei meinen Ver¬
suchen die Todesursache im Lungenödem suchen. Die Herzmuskel-
10
Archiv f. wistensrh. u. prakt. Thierheilk. IX. lu.2.
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146
ELLENBERGER,
fasern waren bei den Versuchstieren allerdings stark gekörnt, an
einzelnen Fasern war sogar die Querstreifung undeutlich, ja sogar
verschwunden. Alles dies fand ich aber auch bei den einseitigen
Vagusdurchschneidungen und bei gesunden Schafen. Es muss also
als ein normaler Befund bezeichnet werden. Selbst bei dem 16 Tage
lebenden Thicre konnte kein anderer mikroskopischer Befund consta-
tirt werden. Wäre der Tod durch Paralysis cordis erfolgt, so hätte
das linke Herz im prall gefüllten Zustande post mortem angetroffen
werden müssen. Ich fand es aber zwei Mal ganz leer, zwei Mal einige
Blutgerinnsel enthaltend, zwei Mal ziemlich stark, aber schwächer als
rechts gefüllt. Beim Erstickungstod pflegt das rechte Herz gefüllt
zu sein, und in der That fanden wir dasselbe 5 Mal prall mit Ge¬
rinnseln angefüllt. Nach alledem kann Paralysis cordis bei den 6
operirten Schafen nicht als die Todesursache betrachtet werden. Dem¬
nach ist anzunehmen, dass der Tod durch Erstickung resp. durch die
in den Lungen abgelaufeuen krankhaften Vorgänge bedingt worden ist.
Die Veränderungen in den Lungen waren bronchopneumonischer Natur.
Sie gingen von der Bronchialschleimhaut aus. Diese wurde durch
fremde Körper (Futter, Mundflüssigkeit) gereizt, ln einem Fall setzte
der Process in der Trachea ein durch Druck des weiten Tracheotubus
auf die Trachealsehleimhaut. Von hier aus erfolgte die Weiterver¬
breitung nach den Lungen. Die Veränderungen in den Lungen be¬
standen in bedeutender Hyperämie, reichlichen ödematösen Ergüssen,
lobulären Verdichtungen und pneumonischen Herden. Mikroskopisch
constatirten wir stets Lungenödem und stellenweise eine katarrhalische
Pneumonie, beide stark hämorrhagischen Charakters, ln einem Fall
bei dem 16 Tage lebenden Thiere waren massenhafte abgckapselte
Eiterherde vorhanden und bestand gleichzeitig eine fibrinöse Pleuritis.
Letztere war secundärer Natur. Die Ausgangspunkte waren da, wo
die Eiterherde die Pleura berührten.
In den erkrankten Lungen fand man stets massenhaft Mikro-
coccen, sowohl vereinzelt als in Herden, sowohl in den Septen als in
den Bronchien und Alveolen. Auch waren stets Bacillen (Bact. termo)
in den Bronchien und Alveolen zu sehen. Dieser Befund wurde auch
bei dem tracheotomirten Thiere constatirt, bei welchem Futterparti¬
kelchen nur oben im Larynx und der Trachea, keine in den Bronchien
gefunden wurden. Es sind hier vielleicht Staubtheile durch den
Tracheotubus aspirirt worden. Die Blutgefässe und Capillaren er¬
schienen in allen Fällen prall gefüllt Die Pneumonie trat stets lo-
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Lähmung des Nervus vagus bei Wiederkäuern.
147
bulär auf, und zwar an den tiefsten Stellen der Lungen zuerst. In
der Flüssigkeit in den Bronchien fand man Futterpartikelchen, Platten-
epithelien, weisse und rothe Blutkörperchen, körnige Detritusmassen,
Bacillen und Mikrococcen.
Es erscheint mir durchaus überflüssig, mich weiter über die Ver¬
änderungen in den Lungen zu verbreiten. Diese Verhältnisse sind
von Friedländer und Frey in ausgezeichneter Weise behandelt
worden und wüsste ich dem nichts hinzuzufügen.
Die Ursachen der Veränderungen in den Lungen liegen in erster
Linie in der Reizung durch die in die Trachea und die Bronchien
gelangten fremden Körper. Die Schliesser der Glottis sind nach der
Vagotomie bekanntlich gelähmt, also kann leicht etwas Fremdes,
Mundflüssigkeit, Nahrungsmittel in den Respirationsapparat, der ja
bei den tiefen Inspirationen geradezu ansaugend auf dieselben wirkt,
hineingelangen. Wesentlich begünstigend hierbei wirkt die Lähmung
des Schlundes, wie dies durch Traube zuerst festgestellt wurde. Das
in dem gelähmten Schlundkopf und der Rachenhöhle sich ansammelnde
Futter wird bei der Inspiration durch die offenstehende Glottis in die
Trachea aspirirt. Die so in die Lungen eintretenden fremden Körper
müssen natürlich eine Pneumonie zur Folge haben. Dazu kommt nun
noch, dass bei den bedeutenden Thoraxerweiterungen der krankhaft
langsamen und tiefen Inspiration der Lungenluftdruck abnorm niedrig
und die Lungen ausserordentlich blutreich werden. Dadurch werden
namentlich die serösen Transsudate und Hämorrhagien veranlasst. Viel¬
leicht sind auch Vasomotoren der Lungen, die im Vagus verlaufen, mit¬
gelähmt. Jedenfalls sind Ursachen genug vorhanden, welche bedeutende
Veränderungen in den Lungen herbeiführen müssen. Es ist also nicht
nothwendig, besondere trophische Nerven für die Lungen in den Vagi
anzunehmen, um das Zustandekommen der pneumonischen Processe in
den Lungen vagotomirter Thiere erklären zu können.
Die ausgefübrten Experimente ordnen sich in 6 Reihen: 1. Einseitige
Durchschneidung des Vagus-Sympathicusbündels. 2. Beiderseitige gleichzeitige
Durchschneidung dieses Bündels. 3. Beiderseitige Durchschneidung mit 16 tä¬
gigem Intervall zwischen beiden Operationen. 4. Doppelseitige Durchschneidung
des Bündels mit Troicariren des Pansens. 5. Dasselbe nach vorherigem Tracheo-
tomiren. 6. Beiderseitige Durchschneidung des N. vagus mit Erhaltung des
N. sympathicus.
10 *
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V.
Ueber die verdauenden Eigenschaften des Darmsaftes der
Haussäugethiere.
Von
H. Frick, Studirenden der Thierarzneikunde.
Die Erfahrung, dass von den Drüsen in der Regel Secrete ge¬
liefert werden, berechtigte zu der Annahme, dass die Lieberkühn'schen
Drüsen des Darmes auch ein Secret abschieden, dem vielleicht Werth
für die Verdauung beizumessen sei. Es wurden zahlreiche Versuche
zur Gewinnung und Untersuchung dieses Secrets, Darmsaft genannt,
angestellt; dieselben scheiden sich streng in zwei Gruppen, in der
einen wurde der zu verwendende Darmsaft von lebenden Thieren ge¬
wonnen, in der anderen fanden Extracte der Schleimhaut Verwendung.
Frerichs 1 ) klemmte einfach Darmschlingen ab und untersuchte
das in diesen sich ansammclnde Secret. Bidder und Schmidt 2 )
erhielten bei diesem Verfahren zu wenig Darmsaft, um damit zu ex-
perimentiren, sie legten daher Darmfisteln an, analog den Magen¬
fisteln, erhielten jedoch keinen reinen Darmsaft.
Thiry 3 ) legte Darmfisteln in der Weise an, dass er ein Stück
Dünndarm, welches in Verbindung mit dem Gekröse blieb, herausschnitt,
dessen eines Ende zunähte und in der Bauchhöhle liess, während das
andere Ende mit der Hautwunde zur Verheilung gebracht wurde. Der
getrennte Darm wurde durch eine Darranaht wieder vereinigt. Ge¬
wonnen wurde der Darmsaft durch Reizung der Schleimhaut (Ein¬
führung eines elastischen Katheters oder Einbringung von Schwämmen),
*) Handwörterbuch d. Physiol., 1846, III, 1, S. 851 (Art.: Verdauung).
2 ) Verdauungssäfte und Stoffwechsel, 1852. S. 260.
3 ) Sitzungsber. d. Akad. d.Wissonsch. in Wien, 1864. No. 6; ebenda Bd. L.
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Verdauende Eigenschaften des Darmsaftes der Haussäugethierc.
149
und die Untersuchung ergab nur, dass ungekochtes Fibrin gelöst wurde.
Leube 1 ) und Kühne 2 ) legten ebensolche Fisteln an und erhielten
dieselben Resultate. Nach derselben Methode arbeiteten ferner:
Quincke 3 ), Schiff 4 5 ), Paschutin 3 ), Garland 6 ), Leven 7 ), Mas-
1 off 8 ); die hierbei gewonnenen Resultate waren:
Quincke fand nur eine langsame Veränderung von Stärke, Fibrin
wurde nicht stets angegriffen. Schiff constatirte, dass kleine Stücke
Albumin, frisches Casein, frische und gekochte Muskelsubstanz gelöst,
Amylum so schnell wie vom Bauchspeichel in Zucker übergeführt
wird; aus Oelen entstanden gute Emulsionen, namentlich bei nüch¬
ternem Darm und im oberen Theil des Dünndarms. Paschutin ge¬
lang es nur, ein diastatisches und ein Rohrzucker umwandelndes
Ferment ausfindig zu machen; letzteres fand er nicht immer. Nach
Garland und Leven wird Fibrin sowohl bei saurer wie alkalischer
Reaction verdaut und Stärke in Zucker übergeführt. Masloff konnte
die Umwandlung von Stärke in Zucker und Verdauung von rohem
Fibrin bei saurer Reaction feststellen, dagegen wurde rohes oder ge¬
kochtes Fleisch oder gekochtes Albumin nicht alterirt.
Hieran schliessen sich noch einige Beobachtungen von Darm¬
fisteln beim Menschen:
Busch 9 ) beobachtete eine solche und fand, dass von dem Secret
Eiweisskörper verdaut und Stärke in Zucker übergeführt wurde, allein
die Fäulniss war in diesem Fall nicht ausgeschlossen wegen des Feh¬
lens der Galle in dem zur Untersuchung sich darbietenden Darmstück.
Ewald 10 ) erhielt bei einer menschlichen Darmfistel ein Secret, das
viel Gallenfarbstoff enthielt und die charakteristischen Eigenschaften
des Bauchspeichels zeigte.
1 ) Beitr. z. Kenntniss des Dünndarmsaftes. Habilitationsschrift. Erlangen
1868; auch Centralbl. f. d. med. Wissensch., 1868, S. 289; ferner Sitz.-Ber.
d. physik.-med. Soc. zu Erlangen, IV, 36, 55.
2 ) Lehrb. d. physiol. Chemie, 1868, S. 136.
3 ) Arch. f. Anat. u. Physiol., 1868, S. 150.
4 ) II Morgagni, 1867, Xo. 9, und Centralbl. f. d. med. Wissensch., 1868,
No. 23.
5 ) Centralbl. f. d. med. Wissensch., 1872, S. 97.
6 ) Boston med. a. surg. Journal, 1874, Mai.
7 ) Soc. de Biologie, 1874, October.
8 ) Untersuchungen aus d. physiol. Inst, zu Heidelberg, 1878, II, S. 290.
9 ) Arch. f. path. Anat., XIV, S. 140.
,0 ) Virchow’s Archiv, LXXV, S. 409.
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150
FRICK,
Demant 1 ) verzeichnet eine gute Beobachtung einer menschli¬
chen Darmfistel; die sehr sorgfältig geführte Untersuchung des ge¬
wonnenen Seretes ergab, dass Eiweisskörper nicht verdaut werden und
Stärke erst nach tünf Stunden in Traubenzucker verwandelt wird;
Rohrzucker wurde nach vier Stunden invertirt.
Bei der Schwierigkeit, gute Darmfisteln anzulegen, und der Mög¬
lichkeit, dass das gewonnene Secret nicht Product der Lieberkühn-
schen Drüsen, sondern pathologisches Transsudat sei 2 ), wurde es mit
Freuden begrüsst, als v. Wittich 3 ) zeigte, dass man mit Extracten
der Schleimhaut ebensogut experimentiren könne, wie mit dem aus
Fisteln gewonnenen Darmsaft. Aus den Untersuchungen solcher Ex-
tracte resultirte:
v. Wittich fand erst gegen Schluss seiner Untersuchungen im
Duodenum von Meerschweinchen, Kaninchen, Hunden und Katzen ein
saccharificirendes Ferment. Eichhorst 4 ) beobachtete eine Wirkung
auf Stärke nur im Dickdarm und führt die Resultate von Thiry und
Leubc auf Fäulniss zurück, jedoch mit Unrecht, denn die Entstehung
von Peptonen auf diesem Wege ist ja möglich, doch nie kann sich
durch Fäulniss Zucker bilden; vielmehr wird durch Fäulniss der
Zucker zerstört. Paschutin will das von v. Wittich gefundene
saccharificirende Ferment mittelst Filtration durch Thonzellen aus der
Darmschleimhaut des Hundes erhalten haben. Masloff stellte auf
die verschiedenste Weise Extracte dar und erhielt das schon oben
angegebene Resultat. Brown und Heron 5 ) fanden bei ihren Unter¬
suchungen, dass der Dünndarmsaft Rohrzucker und Maltose in Trau¬
benzucker um wandelt und schwach auf Stärke wirkt; der Dünndarm
selbst soll weit besser wirken, als das wässerige Extract. Neuerdings
*) Ueber die Wirk, des menschl. Darmsaftes, Virch. Arch., LXXV, S. 419.
2 ) Hoppe-Seyler sagt (Physiol. Chem., II, S. 274): „Der verschieden
gefundene Gehalt (seil, des Darmsaftes) an Albuminstoffen neben dem ziemlich
constanten Gehalt an anorganischen Salzen, welcher dom des Blutplasma und der
Lymphe entspricht, geben ein gewichtiges Argument, die entweder in unterbun¬
denen Darmschlingen oder in Thiry’schen Fisteln enthaltenen Flüssigkeiten als
Transsudate, durch Reizung der Schleimhaut hervorgerufen, anzusehen. Ein
irgendwie geführter Nachweis, dass e ine Secretion von Darmsaft
existire und dass dieselbe von den Lieberkühn’schen Drüsen aus¬
geführt werde, ist nicht erbracht.“
3 ) Arch. f. d. ges. Physiologie, II, S. 193.
4 ) Arch. f. Physiol., II, S. 570.
5 ) Annalen d. Chemie u. Pharmacie, 1880, CCIV, S. 228.
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Verdauende Eigenschaften des Darmsaftes der Haussängethiere.
151
haben Ellenberger und Hofmeister 1 ) bei Untersuchung der Ver¬
breitung des saccharificirenden Fermentes ira Pferdekörper gefunden,
dass in der Duodenalschleimhaut dieses Thieres ein Ferment existirt,
das nach zwanzig Stunden aus Stärke 0,03—0,2 Grm. Zucker
producirte.
Bei allen diesen Versuchen wurden mit wenigen Ausnahmen nur
Carnivoren verwendet, sodass die Verhältnisse bei den Herbivoren,
zu denen doch unsere grösseren Hausthiere gehören, nach dieser Rich¬
tung fast unbekannt sind. Bezüglich der Darmverdauung ist ein
Schluss von den Carnivoren auf die Herbivoren nicht zulässig, da bei
Letzteren wegen der viel grösseren Länge und Capacität des Darm¬
canals und der enormen Entwickelung des Dickdarmes erfahrungs-
gemäss die Umsetzungen ira Darm anders ablaufen, als bei den
Carnivoren 2 ). Auf Wunsch des Herrn Prof. H. Munk und unter
Leitung des Herrn Dr. I. Munk trat ich der Frage durch eine ira
physiologischen Laboratorium der hiesigen Königl. Thierarzneischule
ausgeführte Untersuchung näher. Ich beschränkte mich hierbei nicht
auf die Herbivoren (Pferd, Schaf, Kaninchen), sondern zog auch
gleichzeitig die Carnivoren, als deren hauptsächlichster Vertreter hier
der Hund in Frage kommt, und von den Omnivoren das Schwein in
den Kreis meiner Versuche. Hierbei kam es mir nicht so sehr dar¬
auf an, die Untersuchungsmethoden zu variiren, sondern, indem ich
dieselbe zuverlässige Methode auf eine grössere Anzahl von Fällen
anwendete, suchte ich gewissermassen auf statistischem Wege ein Re¬
sultat zu erlangen.
Um die zur Gewinnung der löslichen, chemischen Fermente, für
die Kühne den Namen „Enzyme“ vorgeschlagen hat, nöthige Schleim¬
haut zu erhalten, wurden den verschiedenen Thieren (Pferd, Hund,
Schaf, Schwein, Kaninchen) die betreffenden Darmstücke entnommen,
und zwar bei Hund, Schaf, Schwein, Kaninchen sofort nach dem Tode,
beim Pferde meist erst zwölf Stunden nach dem Tode. Diese Därme
wurden, nachdem sie aufgeschnitten worden, so lange mit Wasser
gewaschen, bis das Waschwasser klar blieb; hierauf wurde die Schleim¬
haut mit einem Theil des submucösen Bindegewebes, entweder in
1 ) Ueber die Verbreitung des saccharificirenden Ferments im Pferdekörpor.
Dieses Archiv, 1882, VIII, S. 100.
2 ) I. Munk, Physiologie des Menschen und der Säugethiere. Berlin 1881,
S. 140 ff.
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152
FRICK,
continuo abgezogen (Pferd, Schwein) oder durch Abschaben (Schaf,
Hund) gewonnen. Beim Kaninchen war ein Abziehen oder Abschaben
der Schleimhaut nicht möglich wegen des zarten Baues des Darmes,
es musste daher Muscularis und Serosa mit verwendet werden. Die
so erhaltene Schleimhaut, resp. der ganze Darm (Kaninchen) wurde
mit der Scheere zerschnitten und auf 24 Stunden in Alkohol von
90 pCt. gelegt (bekanntlich erleiden hierdurch die thierischen Fer¬
mente keinerlei Alteration). Nach dieser Behandlung erfolgte das
Trocknen, entweder in der Sonne oder im Brutofen bei einer Tempe¬
ratur von 38° C. Zur besseren Behandlung wurde das getrocknete
Präparat in der Reibschale zu einem feinen Pulver zerrieben. Aus
diesem Pulver wurden die eventuell vorfind liehen Fermente extrahirt
durch:
a) Glycerin, welches zur Hälfte mit Wasser verdünnt war;
b) lproc. Lösung von Natr. carbon. pur.;
c) destillirtes Wasser, dem im Sommer, um Fäulniss zu ver¬
hindern, 0,3 pCt. Acid. salicyl. zugesetzt war.
Die Dauer der Extraction erstreckte sich bei den beiden letzteren
Methoden auf 24 Stunden, das erstere Mittel kam nur einmal zur
Verwendung, da es mehrerer, ja bis acht Tage bedarf, bis eine ge¬
nügende Extraction zu Stande kommt. Im Sommer war es nöthig,
die Präparate während der Extractionszeit durch Eis kühl zu erhalten,
da sie sonst leicht in Fäulniss übergingen. Auf diese Weise wurde
ein Extract der betreffenden Schleimhäute erhalten, das nach der Fil¬
tration zu künstlichen Verdauungsversuchen Anwendung fand. Bei
diesen Versuchen kam es namentlich darauf an, zu constatiren, in
wie weit der Darmsaft im Stande sei, Eiweisskörper in Peptone und
Stärke in Traubenzucker überzuführen. Ob der Darmsaft Fette zu
emulgiren vermag, wurde nicht untersucht, da die Alkalien aus den
käuflichen Fetten, die stets freie Fettsäuren enthalten, eine Emulsion
herstellen, mithin der alkalische Darmsaft dies auf jeden Fall thut,
wenn man in Betracht zieht, dass die Fette der Nahrung nie der
freien Fettsäuren entbehren *). Fernerhin wurde Abstand genommen,
zu prüfen, ob der Darmsaft Rohrzucker in Traubenzucker invertiren
! ) Freie Fettsäuren sind fast in allen Fetten enthalten (Franz Hof mann,
Beiträge zur Anat. u. Physiol., Festgabe für C. Ludwig, 1875, S. 134), nach
J. König (Die menschlichen Nahrungs- und Genussmittel, 1880, II, S. 248)
namentlich reichlich in Pflanzenfetten (Olivenöl, Leinöl etc.).
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Verdauende Eigenschaften des Darmsaftes der Haussäugetliiere. 153
kann, da diese Inversion schon in Spuren vor sich geht, wenn eine
Lösung von Rohrzucker einige Stunden steht, um so leichter, wenn
dieselbe einer Temperatur von 40° C. ausgesetzt ist, vollends bei
Gegenwart organischer Stoffe.
Als zu verdauender Eiweisskörper fand Fibrin Anwendung, wel¬
ches aus dem Blute frisch getödteter Pferde dargestellt und unter
Glycerin aufbewahrt wurde. Dieses Fibrin wurde vor dem jedesma¬
ligen Versuch rnit Wasser gut ausgewaschen und theils in gekochtem,
theils ungekochtem Zustand verwendet.
Zur Einwirkung auf Stärke wurde ein Kleister gebraucht, der
vor jedem Versuch aus bester Weizenstärke frisch dargestellt war.
Das Extract kam in verschiedener Weise zur Verwendung, je
nachdem es auf Fibrin oder auf Stärke wirken sollte. Im ersteren
Fall war es entweder das reine Glycerinextract, oder das alkalische
Extract, oder das mit 1 p. M. Salzsäure angesäuerte Wasserextract,
oder das reine Wasserextract. Bei der Einwirkung auf Stärke wurde
das Extract stets sorgfältig neutralisirt.
Die so hergestellten Verdauungsflüssigkeiten befanden sich in
Becher- resp. Reagirgläschen, die in ein Wasserbad eingestellt und
hier auf einer constanten Temperatur von 38 ü 0. erhalten wurden.
Der Aufenthalt in diesem Wasserbade und die Einwirkung des Ex-
tractes auf die zu verdauenden Substanzen betrug beim Fibrin vier
bis fünf Stunden, bei der Stärke eine halbe bis vier Stunden. Im
letzteren Fall waren die Resultate trotz der verschiedenen Dauer der
Einwirkung stets dieselben.
Vor jedem Verdauungsversuch wurde das in Frage kommende
Extract geprüft auf die Abwesenheit von Peptonen und Zucker, deren
Nachweis durch die Peptonreaction (Biuretreaction: rosa- bis purpur-
rothe Färbung bei Zusatz von Natronlauge und einem bis mehreren
Tropfen dünner Kupfervitriollösung in der Kälte), resp. durch die
Trommer’sche Probe geschah.
Versuch 1. Das Glycerinextract von der Dünndarraschleimhaut
eines Hundes erwies sich unwirksam auf Fibrin und Stärke; dagegen zeigte
das alkalische Extract, nachdem es sorgfältig neutralisirt, dies Verhalten nur
gegen Stärke, während Fibrin in Pepton übergeführt wurde, wie die Reaction
ergab. Ganz dieselbe Reaction ergab sich, nachdem das Extract zum Sieden
erhitzt war, sodass Fermente nicht mehr vorhanden sein konnten. Zur Klarstel¬
lung dieses Ergebnisses wurde ein Theil des Extractes mit Fibrin zur Verdauung
angestellt, ein anderer Theil. nachdem es zum Sieden erhitzt worden. In beiden
Flüssigkeiten zeigte sich nach 4—östündiger Digestion schwache Peptonreaction.
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154
FRICK
Das alkalische Extract enthielt reichlich Mucin, das auf Zusatz von Essigsäure
in Flocken ausfiel.
Versuch 2 u. 3. Das neutralisirte Extract von der Schleimhaut des
Hundeduodenum greift Stärke nicht an, das alkalische Extract und das ange¬
säuerte Wasserextract wirken nicht auf Fibrin ein. Im alkalischen Extract findet
sich viel Mucin. f
Versuch 4 u. 5. Stärke wird vom neutralisirten Extract der Schleimhaut
des Hundejejunum nicht verändert, ebenso wenig Fibrin vom alkalischen und
vom angesäuerten Wasserextract; dagegen wird im alkalischen Extract eine be¬
deutende Menge Mucin gefunden.
Versuch 6. Weder das alkalische noch das Wasserextract von der Schleim¬
haut des Hunderectum und Colon haben Einfluss auf Stärke oder Fibrin.
Versuch 7 u. 8. Weder das alkalische noch das Wasserextract des Ka¬
ninchendünndarms verändern Stärke; nur in einem Fall zeigt das alkalische
Extract nach der Verdauung deutliche Peptonreaction, sonst war dieselbe höchst
unbedeutend. Auffällig war der starke Mucingehalt der Extracte.
Versuch 9—11. Nur in einem Fall führte das Wasserextract des Kanin¬
chenblinddarms Stärke in Zucker über, sodass deutliche Zuckerreaction erfolgt.
Schwache Peptonreaction ergaben zweimal das Wasser- und einmal das alkalische
Extract nach der früher genannten Zeit. In zwei Fällen fand sich verhältniss-
mässig viel Mucin.
Versuch 12—19. Fibrin wurde einmal vom alkalischen und vom Wasser¬
extract der Schleimhaut des Pferdejejunum schwach angegriffen, Stärke gar
nicht, ln einem Fall wurde viel Mucin gefunden (einmal war das alkalische
Extract braun gefärbt).
Versuch 20—27. In 4 Fällen führte das alkalische Extract von der
Blinddarmschleimhaut des Pferdes deutlich nachweisbar Fibrin in Pepton
über, dreimal war die Peptonreaction schwach. Stärke wurde von diesem Extract,
das einmal braun gefärbt war, gar nicht angegriffen. Das Wasserextract gab mit
Fibrin viermal schwache, sonst keine Peptonreaction; dagegen liess sich einmal
viel Mucin nachweisen.
Versuch 28. Das Wasserextract von der Schleimhaut des Schafjeju¬
num greift Fibrin schwach an; das alkalische Extract ist braun gefärbt, sodass
eine Peptonreaction nicht zu machen ist.
Versuch 29 u. 30. Dieselben Resultate ergaben sich am Grimmdarm
und Blinddarm des Schafes.
Versuch 31. Es kann keine Einwirkung des alkalischen oder Wasser-
extractes von der Schleimhaut des Schweinejejunum constatirt werden, weder
auf Fibrin noch auf Stärke.
Versuch 32—40. Auf Stärke zeigte das Wasserextract von der Schleim¬
haut des Hundejejunum viermal Einwirkung, das alkalische Extract that dies
einmal. Fibrin wurde vom alkalischen Extrakt dreimal schwach angegriffen. In
den übrigen Fällen war keine Einwirkung weder auf Fibrin noch auf Stärke zu
constatiren.
Es mögen hier noch einige Bemerkungen gestattet sein, die bei
der Beurtheilung der Versuche und der gewonnenen Resultate in Be¬
tracht kommen.
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Verdauende Eigenschaften des Darmsaftes der Haussäugethiere. 155
Wenn in manchen Fällen die Reaction eine deutliche Einwirkung
auf Fibrin ergeben hat, so muss immerhin berücksichtigt werden,
dass die Fäulniss, ausser im Glycerin- und Salicylwasserextract, wäh¬
rend der Verdauungsversuche nie ganz auszuschliessen war. Ferner
ist auch ein Auswaschen der Schleirahautfläche bis zu dem Grade,
dass keine anderweitig, insbesondere von dem in den Dünndarm sich
ergiessenden pancreatischen Saft, gelieferten Fermente, welche dem
Darmepithel anhafteten, mehr vorhanden waren, kaum möglich. Von
wesentlichem Belang ist auch der Umstand, dass in Fällen, wo eine
Einwirkung constatirt werden konnte, die Vorprüfung meist schon die
Anwesenheit von Peptonen resp. Zucker ergeben hat.
Zieht man aus dem Angeführten den Schluss, so folgt, dass dem
Darmsaft oder richtiger gesagt den Extracten der Darmschleimhaut
der Haussäugethiere keine wesentlich verdauenden Eigenschaften zu¬
kommen, ein Resultat, welches mit den Beobachtungen von Demant
über das Verhalten des Secretes einer menschlichen Darmfistel an¬
nähernd übereinstimmt. Annähernd kann dies nur genannt werden,
weil Demant die Umwandlung von Stärke in Zucker nach fünf
Stunden verzeichnet. Wenn in unseren Versuchen die Einwirkung
auf Stärke nie durch viele Stunden hindurch ausgedehnt worden ist,
so geschah dies absichtlich aus dem Grunde, weil eine nach so langer
Zeit zu beobachtende geringe Zuckerbildung die Anwesenheit eines
diastatisch wirksamen Verdauungsfermentes nicht sicher beweist, haben
doch zuerst CI. Bernard und neuerdings Seegen und Kratschmer 1 )
nachgewiesen, dass alle eiweisshaltigen Substrate, wenn sie nur ein
wenig lösliches Eiweiss enthalten, oder sich auf einer Stufe begin¬
nender Zersetzung befinden, bei längerer, mehrstündiger Digestion
schwach diastatisch wirken, eine Erfahrung, die auch Maly 2 ) gele¬
gentlich der angeblichen schwachen diastatischen Wirkung des Darra-
saftes hervorhebt. Aus demselben Grunde kommt auch dem Resul¬
tate von Ellenberger und Hofmeister 3 ) keine Bedeutung zu, weil
die Wirkung der Darmschleimhaut (vom Pferde) auf Stärkekleister
erst nach zwanzig Stunden und nur in Spuren zu beobachten war
und nach ihren eigenen Befunden Blutserum, Lymphdrüsen und Lunge
die diastatische Wirksamkeit in viel höherem Grade besitzen. Mögen
*) Archiv f. d. ges. Physiologie, 1877, XIV, S. 593 ff.
2 ) Hermann’s Handb. d. Physiologie, 1880, V, ?. Th., S. 231,
3 ) s. oben.
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156
F1UCK.
nun auch im Dickdarm der Herbivoren die Futterstoffe so lange ver¬
weilen, so ist innerhalb dieser Zeit die im Futter enthaltene Stärke
längst den Processen der Gährung und Fäulniss anheimgefallen *),
bevor jene spurweise Zuckerbildung zu Stande kommen kann. End¬
lich ist nicht zu vergessen, dass die Quantität des event. gelieferten
Darmsaftes in keinem Verhältnisse steht zur Menge des angenom¬
menen Futters (Demant erhielt im günstigsten Fall 20 — 25 Grm.
pro die, oft in mehreren Stunden nur einige Tropfen). Hiernach
würde sich der Darmsaft als ein alkalisches, stark eiweiss- und
mucinhaltiges, wässeriges Secret darstellen, dessen Bedeutung wesent¬
lich in dem, auch in obigen Versuchen zumeist beobachteten hohen
Mucingehalt zu suchen wäre. Diese Abscheidung von Mucin auf die
Oberfläche der Darmschleimhaut ist, wie Hoppe-Seyler 1 2 ) hervor¬
hebt, von hoher Bedeutung, „insofern das Mucin durch Fäulniss, wie
es scheint, nicht angegriffen wird, eine schützende Decke für die
Epithelzellen bildet und das Gleiten der festen Massen im Darm und
die leichte Fortbewegung derselben durch die Peristaltik ermöglicht“
oder wenigstens befördert.
Zum Schluss möchte ich noch der Ansicht Masloff’s entgegen¬
treten, der seine verschiedenen Resultate auf individuelle Verschieden¬
heiten oder solche der Race zurückführen will; ich habe bei meinen
Versuchen Thiere der verschiedensten Racen untersucht und im Grossen
und Ganzen stets dasselbe Resultat erhalten.
1 ) 1. Munk, Physiol. des Menschen u. d. Säugelhiere, Berlin 1881. S. 142.
2 ) Physiol. Chemie, Berlin 1878, II, S. 275.
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Referate und Kritiken.
Jahresbericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Veterinär-
me di ein. Herausgegeb. von Prof. Dr. Ellen berger und Prof. Dr. Schütz.
Erster Jahrg. (1881). Berlin, A. Hirschwald.
Seit einer Reihe von Jahren sind in dem von Virchow und Hirsch her¬
ausgegebenen Jahresberichte über die Leistungen und Fortschritte in der ge-
sammten Medicin auch die Leistungen auf dem Gebiete der Veterinärmedicin
berücksichtigt. Der betreffende Abschnitt des Berichts ist zuerst von Leisering,
dann von Leisering und Fürstenberg, später von Bollinger, und seit
1880 von Ellenberger und Schütz bearbeitet. Derselbe blieb aber den
meisten Thierärzten unbekannt, weil er im Buchhandel nur im Zusammenhänge
mit dem theuren Gesammtbericht käuflich war. Auch konnte von den Fort¬
schritten unserer Wissenschaft immer nur das mitgetheilt werden, was für den
Mediciner Interesse hat, und es wurden daher die rein praktischen Fragen nur
wenig berücksichtigt.
Die genannten gegenwärtigen Mitarbeiter an dem Virchow-Hirsch’schen Jah¬
resbericht beabsichtigen nun, alljährlich einen Separatbericht für die Thierärzte
herauszugeben. In demselben sollen alle beachtenswerten Arbeiten, die in vete-
rinärmedicinischen Schriften des In- und Auslandes zur Veröffentlichung kommen,
und ausserdem die Abhandlungen in anderen Zeitschriften, welche zur Lösung
rein thierärztlicher Aufgaben beitragen, berücksichtigt werden. Um dieses Ziel
zu erreichen, haben die Verfasser sich mit Erfolg bestrebt, Mitarbeiter unter den
Fachgenossen des In- und Auslandes zu gewinnen.
In dem uns vorliegenden ersten Bericht sind zunächst alle nennenswerten
allgemeinen Schriften und Journale aufgezählt. Darauf sind die verschiedenen
Krankheitsgruppen — Seuchen und ansteckende Krankheiten, verschiedene In-
fectionskrankheiten, chronische und constitutionelle Krankheiten, Parasitenkrank¬
heiten, sporadische innere und äussere Krankheiten, Intoxicationen — einzeln
behandelt, in der Weise, dass immer zuerst die betreffende Literatur und darauf
der Inhalt der verschiedenen Monographien und Journalartikel je nach der wis¬
senschaftlichen oder praktischen Bedeutung mehr oder weniger vollständig ange¬
geben ist. Ausser den Krankheiten sind dann noch die Materia medica, Missbil¬
dungen, öffentliche Gesundheitspflege, Geburtshülfe etc. berücksichtigt.
Wir sind überzeugt, dass das Unternehmen allseitig als ein sehr dankens-
werthes anerkannt werden wird. Die Zahl der thierärztlichen deutschen und
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158
MOELLER.
ausländischen Journale und der alljährlich erscheinenden Monographien etc. ist
eine so grosse, dass der praktische Thierarzt nur einen verhältnissmässig sehr
kleinen Theil derselben lesen kann. Wer aber das Bestreben hat, den Fort¬
schritten der Wissenschaft zu folgen, muss wünschon, auch die Leistungen un¬
serer Collegen im Auslande kennen zu lernen. Dies ist nur möglich, wenn uns
eine übersichtliche Zusammenstellung der Resultate der wissenschaftlichen Unter¬
suchungen sowie der praktischen Erfahrungen geboten wird. In dem oben ge¬
nannten Berichte finden wir auf dem verhältnissmässig kleinen Raum von 85
Seiten das Wissenswerthe in klarer und übersichtlicher Darstellung, und die
Angabe der Quellen muss Jedem, der die eine oder die andere Frage eingehender
studiren will, höchst willkommen sein.
Wir können daher den thierärztlichen Jahresbericht allen Collegen auf das
Beste empfehlen und wünschen, dass dem Unternehmen von Seiten der Thier¬
ärzte die verdiente Förderung zu Theil werden möge. Roloff.
Meyer’S F&chfcxikft. Lexikon der angewandten Chemie. Von Dr. Otto
Dämmer. Mit 48 Abbildungen. Leipzig 1882. Verlag des bibliographi¬
schen Instituts.
Der Verfasser ist bereits durch sein Lexikon der Chemie rühmlichst bekannt.
Während indess in jenem Werke die Chemie vom streng wissenschaftlichen Stand¬
punkte behandelt wurde, soll diese in der vorliegenden Arbeit einem weiteren
Publicum zugänglich gemacht werden, und zwar sowohl als Hülfswissenschaft
für eine Reihe von anderen Naturwissenschaften, wie auch in ihrer Bedeutung
für Heilkunde, Technik und selbst das tägliche Leben. Dem Verfasser fiel somit
keine leichte Aufgabe zu, zumal nicht nur der wissenschaftliche Standpunkt ge¬
währt werden, sondern auch die neuesten Errungenschaften derselben Berück¬
sichtigung finden sollten. Ausserdem musste der Stoff stets in der knappsten
Form geboten werden. Und doch hat der Verfasser diesen Anforderungen im
hohen Masse zu entsprechen verstanden. In alphabetischer Anordnung des Stoffes
giebt das Buch kurze und präcise Auskunft über die verschiedenen chemischen
Begriffe und Stoffe, deren Eigenschaften, Zusammensetzung, Darstellung und
zugleich kurze Andeutungen über deren Anwendung in der Medicin, Technik und
im gewöhnlichen Leben. Ueberall ist der Standpunkt der modernen Auffassung
in der Chemie vertreten und sind dementsprechend die chemischen Formeln auf¬
gestellt. Die Anwendung der Stoffe in der Heilkunde und speciell in der Thier¬
arzneikunde ist mit Recht nur innerhalb bescheidener Grenzen berücksichtigt
worden. Für den gebildeten Thierarzt, der sich mit der Chemie ausreichend
beschäftigt hat, bietet daher das Werk nach dieser Richtung zwar nicht viel
Neues, allein auch für ihn ist dasselbe gewiss nicht ohne Interesse und zum
Nachschlagen oftmals erwünscht, weil es über Löslichkeit und sonstige Eigen¬
schaften der Stoffe, die für die Dispensation derselben zu wissen nothwendig
sind, kurze und zuverlässige Auskunft ertheilt. Das Buch bietet Gelegenheit,
mit geringer Mühe und Zeitverlust dem Gedächtniss zu Hülfe zu kommen und
Lücken in den chemischen Kenntnissen des Einzelnen auszufüllen, und so wird
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Referate und Kritiken.
159
dasselbe gewiss auch manchem Thierarzte ein willkommener Ratligeber werden.
Die Ausstattung des Werkes ist sehr gut und der Preis desselben (eleg. gebunden
Mark 5,50) ein sehr massiger. Möller.
Dr. Carl, Arnold, Kurze Anleitung zur qualitativen chemischen Ana¬
lyse. Hannover, Lugwig Ey.
Der Zweck der genannten Broschüre ist, Studirende, welchen Chemie nur
als llülfswissenschaft dienen muss, vor Allem Mcdiciner und Thiermediciner, mit
den Hauptreactionen der Elemente und ihrer Verbindungen bekannt zu machen.
Bei der kurzen Zeit, welche in obigem Falle für Arbeiten im chemischen Labo¬
ratorium zur Verfügung steht, ist es nöthig, eine übersichtliche, nicht zu umfang¬
reiche Anleitung der analytischen Chemie zu geben. Diese Aufgabe hat der Ver¬
fasser in vollkommen befriedigender Weise gelöst.
Zuerst giebt der Verfasser bei den einzelnen Elementen kurz und bündig
die analytisch wichtigen Reactionen an, dabei dem Verständniss derselben, wenn
nöthig, durch Formelgleichungen zu Hülfe kommend. Nachdem er so den Ler¬
nenden mit den Eigenschaften der Elemente und ihrer Verbindungen bekannt
gemacht hat, stellt er den Gang der Analyse in 12 Tabellen zusammen. Diese
Tabellen sind übersichtlich, so dass ein rasches Vorwärtskommen mit richtigem
und genauem Arbeiten von selbst ermöglicht ist. Im Grossen und Ganzen ähneln
die Tabellen den Will’schen Tafeln, indem sie wie diese neben Anführung der
Nachweisreactionen immer die Art und Weise der praktischen Ausführung mit
wenigen Worten angegeben enthalten, ohne dass dadurch die Uebersichtlich-
keit leidet.
Im Weiteren wird auch der Nachweis der Elementarbestandtheile der orga¬
nischen Verbindungen kurz besprochen. Am Schlüsse verfehlt der Verfasser
nicht, noch der Auffindung und Erkennung der wichtigsten Alkaloide einige Seiten
zu widmen, eine Beigabe, die gerade Studirenden der Medicin und Thiermedicin
nur erwünscht sein kann.
Die ganze Anlage und sorgfältige Bearbeitung des Büchleins wird ihm eine
freundliche Aufnahme sichern; bei richtiger Beihülfe des Lehrenden werden die
Resultate die Erwartungen nicht täuschen. Es kann somit diese Broschüre jedem
Anfänger auf dem Gebiete der analytischen Chemie aufs Beste empfohlen werden.
Bissinger.
Die Krankheiten des Hausgeflügels. Von Dr. med. F. A. Zürn, Professor der
Veterinärwissenschaften an der Universität Leipzig. Weimar 1882, B. F. Voigt.
In den thierärztlichen Lehrbüchern über specielle Pathologie und Therapie
sowie Chirurgie sind aus naheliegenden Gründen fast ausschliesslich die Krank¬
heiten der grösseren Hausthiere behandelt; die der kleinen und namentlich die des
Hausgeflügels haben stets nur eine beiläufige Erwähnung und ganz oberflächliche
Behandlung gefunden. Der praktische Thierarzt, welcher in Bezug auf die letz-
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160
MOELLER.
teren zu Rathe gezogen wird, befindet sich daher oft in einer unangenehmen
Lage. Und doch wird dieser Rath nicht so selten in Anspruch genommen, da es
sich oft um werthvolles Geflügel handelt und gerade bei diesem Seuchenkrank¬
heiten nicht selten Vorkommen. Eine sichere und schnelle Hülfe ist hier dem
Besitzer oft mehr werth, als bei Erkrankungen anderer Thiere. Dieselbe wird
nur häufig nicht bei dem Thierarzte gesucht, weil man annimmt, dass er auf
diesem Gebiete nicht orientirt sei. Daher kommt es, dass über die Krankheiten
dieser Thiere oft noch die primitivsten Anschauungen bestehen, denn Wissen¬
schaft und Praxis haben sich von ihnen ferngehalten. Und doch bieten dieselben
für beide in vielen Punkten werthvolles Untersuchungsmaterial und Vergleichungs¬
objecte.
Das vorliegende Werk beabsichtigt, diesem Uebelstande abzuhelfen; es soll
dem Thierarzt wie dem Besitzer eine Anleitung in der Erkennung, Beurtheilung
und Behandlung der Krankeiten des Geflügels geben. Der als Parasitologe rühm-
lichst bekannte Verfasser hat in den ersten Abschnitten des Werkes die beim
Geflügel vorkommenden thierischen und pflanzlichen Parasiten und die durch
dieselben hervorgerufenen Krankheiten besprochen. Die folgenden Capitel han¬
deln von den übrigen inneren und äusseren Krankheiten, soweit dieselben kekannt
sind, nach den Organen geordnet. Ferner haben die gerade bei diesen Thieren
so häufig vorkommenden Vergiftungen eine eingehende Besprechung gefunden.
Was in unserer Literatur auf diesem Gebiete bekannt geworden ist, hat der
Verfasser auf das Sorgfältigste gesammelt und durch werthvolle eigene Erfahrun¬
gen bereichert. Die Darstellung ist mit Rücksicht auf den Zweck der Arbeit
möglichst populär gehalten, und doch lässt sich nicht behaupten, dass hierbei
die wissenschaftliche Auffassung Beschränkung erfahren habe. Wenn auch nicht
alle Capitel so vollständig und durchsichtig ausgefallen sind, wie es die Wissen¬
schaft wohl wünschen möchte, so lag dies nicht am Verfasser, sondern ist in dem
Umstande zu suchen, dass es auf diesem Gebiete an wissenschaftlichen Unter¬
suchungen und Beobachtungen fehlt. Was auf Grund des bis jetzt Bekannten
geleistet werden konnte, ist in dem Werke enthalten, und der wissenschaftlich
gebildete Thierarzt wird in demselben wenigstens stets allgemeine Gesichtspunkte
finden, mit Hülfe deren er in dem Specialfalle leichter sich zu orientiren im
Stande ist. Zahlreiche und vortrefflich ausgeführte Illustrationen erleichtern das
Studium des Werkes. Möller.
Die Viehseuchengesetzgebung. Von Gaupp, Reg.-R. im Kgl. Württemberg.
Ministerium des Innern. Stuttgart 1882, Kohlhammer.
Das in erster Linie für die beamteten Thierärzte und Verwaltungsbeamte
Württembergs bestimmte Werk enthält eine übersichtliche Sammlung der von
Seiten des Deutschen Reiches und der württembergischen Landesregierung zur
Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen erlassenen Gesetze, Verordnungen
und Instructionen; ferner einen Auszug aus dem österreichischen Gesetze über
den Verkehr mit den Thieren aus dem Auslande, Verfügungen über die Klee-
meistereien, über die Beaufsichtigung des Verkehrs mit Fleisch und über die
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Referate und Kritiken.
161
Seuchen tilgung bei den Pferden der Truppen. In einer gemeinfasslichen Dar¬
stellung der ansteckenden Krankheiten der Hausthiere wird dem Laien Gelegen¬
heit gegeben, sich namentlich über die Erscheinungen dieser Krankheiten zu
belehren. Eine grössere Anzahl von Formularen unterstützt den Nichtgeübten
bei der Anfertigung amtlicher Schriftstücke. Möller.
Das badiSChO Totarin&rwcsen. Von Med.-R. Lydtin. 3. Auflage. Karlsruhe
1881, Frdr. Gutsch.
Das bereits aus seinen ersten beiden Auflagen in weiten Kreisen bekannte
Werk enthält eine sorgfältige Sammlung der Gesetze, Verordnungen und Instruc¬
tionen, welche sich auf das Veterinärwesen Badens beziehen. Wir finden in dem¬
selben die staatliche Organisation des Veterinärwesens und der Veterinärpolizei,
die Seuchengesetzgebung sowie die Bestimmungen über die für Seuchenschäden
gewährten Entschädigungen; ferner die den Viehverkehr, dieSanitäts- und Sitten¬
polizei (Thierquälerei) betreffenden Gesetze und Verordnungen. Unter dem Titel
„Thierheilwesen“ sind alle die Ausbildung und Prüfung der Thierärzte, deren
Rechte und Pflichten, ferner die Vorschriften über Dispensirung von Arzneimit¬
teln , die staatliche Unterstützung der Studirenden der Thierheilkunde und an¬
dere, zunächst die Thierärzte Badens berührenden Verfügungen gesammelt. Für
diese ist das Werk ein unentbehrlicher, und für Jeden, der sich über die Vete¬
rinärverhältnisse Badens informiron will, ein sehr willkommener Rathgeber. Dass
in demselben die mit der Einführung des Reichs-Seuchengesetzes eingetretenen
Veränderungen Berücksichtigung gefunden haben, bedarf kaum besonders er¬
wähnt zu werden. Möller.
Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in den Niederlanden
während des Jahres 1881. (Bericht an den König, betr. die Ausübung
der Thierheilkunde und die Handhabung der Veterinärpolizei. Haag 1882.)
1. Lungenseuche. In zusammen 6 Gemeinden der Provinzen Nord¬
brabant und Nordholland wurde vom 26. December 1880 bis zum 14. Mai 1881
die Lungenseuche bei 12 Stück Rindvieh constatirt. Vom 15. Mai 1881 bis
zum Jahresschluss blieb das ganze Land mit Ausnahme des sogenannten
Spoelingdistricts von Südholland seuchefrei. Behufs Tilgung der Lun¬
genseuche sind auf polizeiliche Anordnung abgeschlachtet worden:
Nordbrabant in 1 Gemeinde 10 Stück Rindvieh,
Südholland „ 2 Gemeinden 63 „ „
Nordholland „5 „ 116„ „
Zusammen in 8 Gemeinden 189 Stück Rindvieh.
An Entschädigungen wurden gezahlt: für 189 Stück Rindvieh der volle Werth im
Betrage von 33073, und für 6 erkrankte Stück Rindvieh die Hälfte des Werthes
im Betrage von 675, in Summa 33748 Gulden, mithin 39071 Gulden weniger
Archir f. wlfgensch. u. prakt Thierheilk. IX. lu.2. 11
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162
MUELLER.
als im Jahre 1880. Vereinnahmt wurden für Fleisch und Häute der auf polizei¬
liche Anordnung getödteten Rinder 11843 Gulden 94 Cents.
Bei 87 von den oben erwähnten abgeschlachteten 189 Stück Rindvieh,
welche noch anscheinend gesund waren, — mithin bei 46 pCt., — fanden sich
die der Lungenseuche zukommenden krankhaften Veränderungen.
Von den Rindern, welche in den Schlachthäusern zu Schiedam, Overschie en
Schiebrock, Kethel, Delfshaven, d. h. in dem abgesperrten Spoelingdistrict von
Südholland geschlachtet wurden, erwiesen sich 267 — 90 mehr als im Jahre
1880 — mit der Lungenseuche behaftet. Der Bericht hebt hervor, dass die
177 Stück im Jahre 1880 zusammen 68, die 267 im Jahre 1881 jedoch 64
Besitzern gehörten, und folgert hieraus, dass die Zahl der verseuchten Herden
geringer geworden ist.
In dem abgesperrten Spoelingdistrict von Südholland ist die Impfung der
Lungenseuche bei 24594 Stück Rindvieh ansgeführt worden; in Folge der Im¬
pfung sind 272 Stück Rindvieh (1,1 pCt.) gestorben.
2. Maul- und Klauenseuche. Dieselbe hat bald stärker bald weniger
verbreitet in allen Provinzen geherrscht. Die Mittheilungen über diese Krankheit
sind nicht ganz zuverlässig, da die Aufnahme derselben unter die Seuchen, zu
deren Unterdrückung polizeiliche Massregeln in Anwendung kommen, erst seit
kurzer Zeit erfolgt ist, und einzelne beamtete Thierärzte daher unterlassen haben,
eingehend über die Maul- und Klauenseuche zu berichten.
3. Rotz-Wurmkrankheit. Im Ganzen wurde Rotz-Wurmkrankheit bei
97 Pferden beobachtet, von denen 23 der Armee angehörten; verhältnissmässig
die meisten Erkrankungen kamen bei Pferden von Fuhrleuten vor. Die beob¬
achteten Fälle vertheilen sich auf alle Provinzen, die zahlreichsten (zusammen 58)
auf Geldern, Südholland und Utrecht.
4. Räude der Pferde und Schafe. Einzelne Fälle von Räude wur¬
den bei Pferden in den Provinzen Nordbrabant, Friesland, Groningen und
Limburg beobachtet. Nach dem Bericht soll Schafräude bei einer grösseren An¬
zahl von Herden nur in Nordholland und Groningen vorgekommen sein. Dieselbe
Krankheit wurde constatirt in Südholland bei zwei Herden, Utrecht bei 4 Schafen,
Friesland in 6 Ortschaften und Overyssel bei 1 Schaf.
5. Schafpocken. Einzelne Ausbrüche dieser Seuche entfallen auf die
Provinzen Nordholland, Friesland, Groningen und Drenthe. Ueber die Einschlep¬
pung der Krankheit wird nicht berichtet. Durch Tödten der erkrankten und
durch sorgfältige Absperrung der anderen Schafe gelang es mitunter, eine weitere
Verbreitung der Seuche zu verhindern. In Drenthe ist die Impfung der ganzen
Herde mit dem Erfolge ausgeführt, dass weitere Verluste nicht eintraten.
6. Milzbrand. Der Bericht erwähnt sporadische Fälle in allen Provinzen,
nirgends erlangte die Krankheit eine grössere Verbreitung, mit grosser Sorgfalt
wird die unschädliche Beseitigung der Cadaver bewirkt.
7. Wuthk rank heit. Das Vorkommen der Wuthkrankheit beschränkte
sich auf wenige Hunde in den Provinzen Nordbrabant, Drenthe und Limburg.
Müller.
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Kleinere Mittheilungen.
Weitere Kittheilmigen Aber die in Deutschland ansgeföhrten Schutz-
impfhngen gegen den Milzbrand nach demPasteur’schen Verfahren.
Da das Referat Bd. VIII S. 468 dieses Archivs nicht klarstellt, in welcher
Weise der am 1. Juli 1882 auf der Domäne Packisch vorhanden gewesene Be¬
stand an Schafen und Rindvieh berechnet wurde, durfte es erforderlich scheinen,
dieses Versehen zunächst durch genauere Angaben zu beseitigen.
Wie Bd. VIII S. 331 dieses Archivs vorgetragen, impfte Herr Thuillier
128 Schafe und 123 Lämmer der Domäne Packisch
am 10. Mai 1882 zum ersten und am 20. Mai zum zweiten Male mit den als
premier bezw. deuxi&me vaccin bezeichneten Impffliissigkeiten.
Von diesen Thieren sind an Impfmilzbrand gefallen:
1 Schaf am 27. Mai in Folge der zweiten Schutzimpfung;
2 Lämmer, je eines am 1. und am 12. Juni; dieselben gehörten zu den
12 Schafen und 12 Lämmern, bei denen am 30. Mai eine Control¬
impfung mit Blut eines an Milzbrand gestorbenen Schafes vorgenommen
worden war.
Zu den nach Beendigung der Versuche übrig gebliebenen
127 Schafen und 121 Lämmern
treten hinzu
18 Schafe, welcho noch von den 22 geimpften Schafen der ersten Ver¬
suchsreihe (Bd. Vlil S. 326 dies. Arch.) vorhanden waren, nachdem
der Besitzer schon im Mai 4 dieser Schafe, welche sich im gemästeten
Zustande befanden, zum Abschlachten verkauft hatte.
Mithin bestand die geimpfte Abtheilung der Schafherde am 1. Juli aus
145 Schafen und 121 Lämmern.
Ungeimpft blieben:
128 Schafe, 103 Lämmer der Herde auf der Domäne Packisch.
Von diesen sind an Impfmilzbrand
6 Schafe und 6 Lämmer
in Folge der Controlimpfung mit dem Blute eines an Milzbrand gestorbenen
Schafes am 31. Mai bezw. 1. Juni gefallen. Ausserdem starben im Mai und
Juni 2 Lämmer dieser Abtheilung in Folge allgemeiner Schwäche, und 2 Lämmer
sind am 26. Mai für den Bedarf der Wirthschaft geschlachtet worden. Dem-
11 *
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164 Kleinere Mitthoilungen.
gemäss bestand die ungeimpfte Abtheilung der Schäferei der Domäne Packisch
am 1. Juli 1882 aus
122 Schafen und 93 Lämmern.
Die 83 am 1. Juli vorhanden gewesenen Stück Rindvieh setzen sich zu¬
sammen aus den am 20. bezw. 30. Mai auf Veranlassung des Besitzers geimpften
und denjenigen Thieren, welche in der ersten Versuchsreihe nach dem Paste ur¬
schen Verfahren geimpft worden sind.
Ueber die Verluste durch Milzbrand bezw. durch andere Krankheiten in
dem Rindvieh- und Schafbestande der Domäne Packisch während der Monate
Juli und August 1882 ist Bd. VIII S. 468 dies. Arch. berichtet worden. Im
September und October 1882 sind weder unter den geimpften noch unter den
nicht geimpften Thieren Fälle von Milzbrand vorgekommen. Ein geimpftes Lamm
ist in Folge äusserer Verletzungen und ein nicht geimpftes an Abzehrung gefallen.
Am 7. November starb ein nach dem Pasteur sehen Verfahren geimpftes
Mutterschaf an Milzbrand.
Mithin sind seit Beendigung der Versuche in Packisch an Milzbrand gefallen:
1 nicht geimpftes Pferd;
1 geimpftes und 1 ungeimpft gebliebenes Stück Rindvieh;
4 geimpfte und 8 ungeimpft gebliebene Schafe.
Hierbei ist das Schaf, welches wahrscheinlich an Milzbrand gestorben ist, bei
welchem jedoch die Krankheit wegen weit vorgeschrittener Fäulniss des Cadavers
nicht mit Sicherheit constatirt werden konnte, ausser Anschlag gelassen worden.
Nachdem 1 Bulle am 16. November geschlachtet worden ist, waren am
1. December auf der Domäne Packisch vorhanden:
81 Stück Rindvieh, geimpft;
143 Schafe, 115 Lämmer, geimpft;
118 Schafe, 88 Lämmer, nicht geimpft.
In Dlonie ist vom 27. Juli (siehe Bd. VIII S. 471 dies. Arch.) bis zum
26. November 1882 kein Fall von Milzbrand vorgekommen. An dem zuletzt ge¬
nannten Tage starb ein zweimal nach dem Pasteur’schen Verfahren ge¬
impfter Zugochse an Milzbrand.
Nach einer Mittheilung des Besitzers sind in Gorsleben vom Beginn des
Jahres 1882 bis zur Ausführung der Impfung nicht, wie Bd. VIII S. 471 dies.
Arch. erwähnt wurde, zusammen 8, sondern zusammen 18 Stück Rindvieh —
nämlich 3 Zugochsen, 3 Bullen, 5 Kühe und 7 Stück Jungvieh — an Milzbrand
gefallen.
Bis zum 1. December 1882 ist in Gorsleben weder unter den geimpften
noch unter den ungeimpft gebliebenen Thieren ein Milzbrandfall vorgekommen.
Ausserdem sind Impfungen nach dem Pasteur’schen Verfahren in Canna-
wurf und Salzdahlum ausgeführt worden. Ueber dieselben haben wir folgende
Mittheilungen vorzutragen :
Cannawurf liegt im Kreise Eckartsberga bei Heldrungen. Auf dem Schu-
bart’schen Gute, dessen Bodenverhältnisse uns nicht näher bekannt sind, kommen
Milzbrandfälle öfter vor, jedoch waren in den letzten Jahren die Verluste nicht
bedeutend, sie beschränkten sich im Jahre auf 1—3 Stück Rindvieh und einige
Schafe; vor 4 bezw. 6 Jahren sind jedoch 5 bezw. 8 Stück Rindvieh in dem-
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Kleinere Mittheilungen.
165
selben Jahre, und in den ersten 6 Monaten des laufenden Jahres 4 Stück Rind¬
vieh an Milzbrand gefallen. Zwischen den einzelnen Erkrankungen vergingen
stets mehrere Wochen.
Ueber die Ursachen der häufigen Milzbrandausbrüche in Cannawurf können
keine bestimmten Angaben gemacht werden, es sind auch keine Stellen der Feld¬
mark oder der Weiden bekannt, bei deren Benutzung Milzbrandfälle unter den
Schafen besonders häufig Vorkommen.
Thierarzt Michalek impfte mit von Boutroux in Paris bezogenem Impf¬
stoff am 12. bezw. 26. September: 7 Zugochsen, 1 jungen Bullen, 22 Kühe, 3
Saugkälber, zusammen 33 Stück Rindvieh. Die auf dem Gute vorhandenen 11
Pferde und 700 Schafe blieben ungeimpft.
Am 3. und 4. Tage nach der ersten Impfung wurde bei einer Kuh Verlust
der Fresslust und stark beschleunigtes Athmen beobachtet; die Mastdarm tempe-
ratur betrug 40°C. Am folgenden Tage hatten sich diese Erscheinungen wieder
verloren. Nach der zweiten Impfung traten bei keinem Thiere auffällige Krank¬
heitserscheinungen ein.
Bis zum 1. December sind Fälle von Milzbrand unter den Beständen des
Schubart’schen Gutes nicht vorgekoramen.
Auf der Herzogi. Braunschweig. Domäne Salzdahlum, auf welcher der
Milzbrand alljährlich nicht unbedeutende Verluste bedingt, wurden durch den
Kreisthierarzt Saake am 25. Mai 1882 80 Schafe, 2 ein Vierteljahr alte Läm¬
mer, 2 Ochsen. 2 Kühe und 2 Färsen geimpft 1 ). Krankheitserscheinungen wur¬
den nicht beobachtet. Die Schwankungen der Körpertemperatur bewegten sich
innerhalb der physiologischen Breiten.
Die zweite Impfung mit der als deuxietne vaccin bezeichneten Flüssigkeit
fand am 8. Juni statt. Die Körpertemperatur betrug am 9. Juni bei 15 Schafen,
an denen dieselbe gemessen wurde, 39,1° C. und stieg bis zum 10. Juni Abends
bei 3 Schafen auf 41,6, bei einem Schafe auf 42,2° C. und sank an den fol¬
genden Tagen auf den gewöhnlichen Durchschnitt. Vier Schafe zeigten vermehr¬
ten Durst, verminderte Fresslust, trüben Blick, Unruhe und öfteres Entlasten der
Beine. Trotz des Fehlens oder der Geringfügigkeit der Krankheitserscheinungen
sind 3 Schafe 59, 65 bezw. 79 Stunden nach der Impfung, wie die
Section und die mikroskopische Untersuchung des Blutes nachwies, an Milz¬
brand gefallen.
Von den 6 geimpften Stück Rindvieh zeigten nur die beiden Färsen eine
Steigerung der Körpertemperatur auf 40,0° C. Eine im 8. Monat trächtige Kuh
abortirte am 13. Juni.
Am 9. August 1882 wurde eine Controlimpfung mit dem vollkommen
frischen Blute eines an Milzbrand gestorbenen Schafes ausgeführt: bei 10 vor¬
geimpften, 3 ungeimpft gebliebenen Schafen, 1 Kuh und 1 Färse, bei denen die
Schutzimpfung vorgenommen war, und bei 2 nicht geimpften Kühen. Von diesen
Thieren sind an Milzbrand gestorben:
die 3 nicht geimpften Schafe nach 32 bezw. 33 Stunden*,
2 nach dem Pasteur’schen Verfahren geimpfte Schafe nach 44 Std.
’) Saake, Wochenschr, f. Thierheilk. u. Viehzucht, 1882, No. 41.
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166
Kleinere Mittbeilungen.
Ausserdem erkrankten in auffälliger Weise während mehrerer Tage nach der Con¬
trolimpfung: 1 schutzgeimpftes Schaf, 1 nicht schutzgeimpfte Kuh und — be¬
sonders schwer — 1 schutzgeimpfte Färse; die Genesung der letzteren wurde
3 Tage lang stark bezweifelt.
Bis zum 1. December 1882 sind Milzbranderkrankungen weder bei den
geimpften noch bei den ungeimpft gebliebenen Schafen in Salzdahlum vorgekom¬
men; dagegen fiel im September und im November je eine ungeimpfte Kuh an
Milzbrand. Müller.
Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Prenssen während
des Quartals Juli-September 1882.
1. Milzbrand. In zusammen 211 Gehöften, welche sich auf 157 Ort¬
schaften in 75 Kreisen vertheilen, sind an Milzbrand gefallen: 9 Pferde, 328
Stück Rindvieh, 520 Schafe und 4 Schweine.
Nur in einem Gehöft des Kreises Johannisburg erkrankten kurz nach ein¬
ander 3 Pferde, von denen eines genesen ist; alle übrigen Fälle bei Pferden
blieben vereinzelt. 5 Pferde fielen in zusammen 4 Gehöften, in denen die Krank¬
heit gleichzeitig auch unter dem Rindvieh herrschte.
Von 339 an Milzbrand erkrankten Stück Rindvieh sind 11 (3,24 pCt.)
genesen, und von den 328 gestorbenen Thieren entfallen 42,60 pCt. auf die
Provinz Posen; namentlich erlitt der Kreis Pieschen sehr erhebliche Verluste.
In den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Königsberg, Frankfurt, Liegnitz, Erfurt, Hil¬
desheim, Arnsberg und Köln kamen nur 1—3, in den Reg.- bezw. Landdr.-Bez.
Stralsund, Hannover, Lüneburg, Stade, Osnabrück, Aurich, Münster, Minden,
Sigmaringeri, sowie in der Stadt Berlin gar keine Milzbrandfälle unter dem Rind¬
vieh vor.
Seuohenhaft trat der Milzbrand in 39 Gehöften mit einem Gesammtbestande
von 734 Stück Rindvieh auf, von denen 157 (21,37 pCt.) fielen. Meistens waren
die betroffenen Orte solche, in denen der Milzbrand stationär vorkomrat. In
Czermin, Kr. Pieschen, verloren 11 Gehöfte, welche mit zusammen 62 Stück
Rindvieh besetzt waren, 36 Stück. Der im Dorfe wohnhafte Sattler hatte Felle,
welche zum Theil wahrscheinlich von Milzbrandcadavorn herrührten, in einem
Wassertümpel mitten im Dorfe eingeweicht, nur Thiere, welche aus diesem
Tümpel gesoffen hatten, sind erkrankt.
In 7 Beständen fielen kurz hinter einander 3, in 18 Beständen 2, in 114
Beständen beschränkte sich der Ausbruch auf 1 Stück Rindvieh.
Ueber die Ursachen der Milzbrandausbrüche und über die Formen, unter
denen die Krankheit auftrat, enthält das statistische Material nur wenige Bemer¬
kungen, von denen keine grösseres Interesse in Anspruch nehmen dürfte.
Die 520 an Milzbrand gestorbenen Schafe vertheilen sich auf zusammen
10 Gehöfte der Reg.-Bez. Marienwerder, Potsdam, Frankfurt, Posen, Bromberg,
Oppeln, Merseburg und Wiesbaden. In 3 Gehöften kamen Milzbranderkrankun¬
gen gleichzeitig bei dem Rindvieh und den Schafen vor.
Die 4 in den Tabellen verzeichneten Schweine gehörten 2 Gehöften des
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Kleinere Mittheilungen.
167
Kreises Pieschen, Reg.-Bez. Posen, an, in welchen der Milzbrand gleichzeitig
auch unter dem Rindvieh herschte.
In Folge von Milzbrandinfection erkrankten 10 Menschen in heftiger Weise,
4 von diesen 10 Menschen sind gestorben.
2. Tollwuth. In 178 Ortschaften, welche sich auf 99 Kreise vertheilen,
wurde die Tollwuth bei 107 Hunden, 1 Pferd, 2 Eseln, 39 Stück Rindvieh, 5
Schafen, 1 Ziege und 4 Schweinen constatirt; ausserdem sind 62 herrenlose
wuthverdächtige und 157 Hunde nach § 19 der Instruction vom 24. Februar
1881 getödtet worden.
Die zahlreichsten Erkrankungen bei Hunden entfallen auf die Beg.-Bez.
Posen und Gumbinnen. In den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Frankfurt, Köslin,
Bromberg, Liegnitz, Magdeburg, Merseburg, Hannover, Münster wurde die Toll¬
wuth nur bei 1—3 Hunden beobachtet. Hessen-Nassau, Rheinprovinz, die Hohen-
zollernschen Lande, Berlin, die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stettin, Stralsund,
Erfurt, Schleswig, Lüneburg, Stade, Aurich blieben frei von der Wuthkrankheit.
Auffällig zahlreiche Ausbrüche der Tollwuth sind durch den Biss wuthver-
däehtiger, herrenlos umherschweifender Hunde veranlasst worden. Dagegen wird
über keinen Fall berichtet, in welchem von tollkranken gebissene Hunde nicht
getödtet, sondern unter Observation gestellt worden sind.
Einzelne Bestände verloren 4—5 Stück Rindvieh an der Wuthkrankheit, in
einem Gehöft zu Braunswalde, Kr. Allenstein, blieb von 12 Stück Rindvieh nur
ein Thier übrig.
Von sicher beobachteten Incubationszeiten erwähnt das statistische Material
je einmal:
bei Hunden 46 Tage,
beim Rindvieh 16, 17, 20, 28, 112 Tage,
bei Schafen 38 Tage,
bei Schweinen 8, 37, 44 Tage.
In den Kreisen Krotoschin, Tost Gleiwitz, Wittenberg ist je ein Mensch an
Wasserscheu gestorben.
3. Rotz-Wurmkrankheit. Die Zahl der getödteten und gefallenen
rotz-wurmkranken Pferde beträgt — genau ebenso wie im Quartal April-Juni —
387. Dieselben vertheilen sich auf 188 Gehöfte in 175 Ortschaften und 108
Kreisen und bilden 19,10 pCt. der in den verseuchten Gehöften vorhandenen
Bestände. Die Observation von der Ansteckung verdächtigen Pferden dauerte
am Schluss des Quartals in 115 Gehöften fort.
Die getödteten und gefallenen Pferde vertheilen sich in abgerundeten Pro¬
centsätzen, wie folgt, auf die einzelnen Provinzen:
Ostpreussen . . . .
. . . 2,57pCt.
Schleswig-Holstein . . .
. 1,30 pCt.
Westpreussen . . .
. . . 23.50 „
Hannover.
• 2,84 ,
Brandenburg . . .
. . . 8,80 „
Westfalen.
• 0,25 ,
Pommern.
• • • 2,32 ,
Hessen-Nassau.
. 0,25 „
Posen.
. . . 28,00 „
Rheinprovinz.
• 2,32 „
Schlesien.
. . . 23,00 *
Hohenzollernscho Lande
. 0,25 „
Sachsen .
, . . 4,60 .
100,00 pCt.
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168
Kleinere Mittheilangen.
Mithin entfallen auf die drei Provinzen Westpreussen, Posen, Schlesien
74,50 pCt. — fast genau s / 4 — aller durch die Rotz-Wurmkrankheit veran-
lassten Verluste. Für die am stärksten verseuchten Reg.-Bez. Marienwerder,
Posen, Bromberg, Breslau berechnen sich die Verluste auf 61,25pCt. In diesen
Regierungsbezirken macht sich eine erhebliche Steigerung des Procentsatzes der
Rotzfälle bemerklich, dagegen ist in allen übrigen Landestheilen eine Abnahme
der Rotzverbreitung zu constatiren. In den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Königsberg,
Köslin, Hildesheim, Arnsberg, Kassel, Koblenz, Düsseldorf, Köln, Trier, Aachen
und Sigmaringen wurde die Rotz-Wurmkrankheit nur bei 1—3 Pferden beob¬
achtet. Die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stralsund, Erfurt, Lüneburg, Stade,
Aurich, Münster, Minden und Wiesbaden blieben frei von der Rotz-Wurmkrankheit.
In 48 grösseren Pferdebeständen.— von denen 12 auf den Reg.-Bez. Ma¬
rienwerder, 9 auf den Reg.-Bez. Posen, 8 auf den Reg.-Bez. Bromberg und 4
auf den Reg.-Bez. Breslau entfallen — waren die Verluste durch die Rotz-Wurm-
krankheit besonders hoch. Von 1364 Pferden, welche diese Bestände zusam-
raensetzten, sind 4 gefallen und 211 getödtet worden. In 14 von diesen 48
Beständen wurde die Krankheit während des Berichtsquartals constatirt, in 34
Beständen dauerte das Herrschen der Krankheit seit dem vorigen Quartal oder
seit noch längerer Zeit fort, der Verlust seit Constatirung der Krankheit beträgt
37,53 pCt. der ursprünglich vorhandenen Pferde.
28 rotz-wurmkranke Pferde befanden sich zur Zeit, als die Krankheit
constatirt wurde, erst seit kurzer Zeit in den Händen der betreffenden Besitzer;
4 solche Pferde wurden auf Märkten, 9 bei Beaufsichtigung der Rossschlächte¬
reien ermittelt; 8 Ausbrüche des Rotzes — und verhältnissmässig zahlreiche,
jedoch nicht genauer angegebene Fälle im Reg.-Bez. Posen — werden auf In-
fection unterwegs oder in Gastställen zurückgeführt. In Wernersdorf, Kr. Ma¬
rienburg, Warszewice, Schwiersen, Kr. Thom, und Ciesle, Kr. Wreschen, brach
die Rotz-Wnrmkrankheit nach längeren Zwischenräumen in früher verseucht ge¬
wesenen Beständen von Neuem aus.
Von 323 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden entfallen 43,00
pCt. auf grössere Güter, 34,70 pCt. auf kleinere Landwirtschaften, 16,10 pCt.
auf Bestände, welche zum Fuhrwerksbetrieb verwendet werden, bei 6,20 pCt.
waren die Besitzer und die Benutzungsweise aus dem vorliegenden Material nicht
sicher festzustollen.
24 auf polizeiliche Anordnung getödtete Pferde (7,12 pCt.) erwiesen sich
lediglich mit Lungenrotz ohne gleichzeitige krankhafte Veränderungen in den
Nasenhöhlen bezw. der Haut behaftet, und bei 23 auf polizeiliche Anordnung
getödteten Pferden bestätigte die Section das Vorhandensein der Rotz-Wurm-
krankheit nicht.
4. Maul- und Klauenseuche. Die Ausbrüche der Maul- und Klauen¬
seuche waren viel zahlreicher als in den vorhergehenden Quartalen. Aus dem
Umstande, dass die meisten Ausbrüche gegen Ende des Quartals beobachtet
wurden, dürfte zu folgern sein, dass die Verbreitung der Aphthenseuche
im Quartal October-December noch wesentlich zunehmen wird.
Von 89 Ortschaften, in denen ein Auftreten der Maul- und Klauenseuche
beobachtet wurde, entfallen 21, 25 bezw. 15 auf die Provinzen Posen, Schlesien
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Kleinere Mittheilungen.
169
and Sachsen. Im Kreise Pieschen soll die Krankheit ganz allgemein verbreitet
geherrscht haben. Aus Russland-Polen oder Oesterreich-Ungarn eingeführte
Schweine haben vielfach die Verschleppung der Seuche vermittelt, deren Aus¬
brüche im Uebrigen sonst durchweg durch Schweinetreibherden oder durch Han¬
delsvieh bedingt wurden; auch die Schweine der ihren Wohnort wechselnden
Dienstleute haben öfter zur Verbreitung der Krankheit beigetragen. In den Pro¬
vinzen Ostpreussen, Westpreussen, Brandenburg, Pommern, Hannover, Westfalen,
Hessen-Nassau und in der Rheinprovinz blieben die Ausbrüche auf wenige Ort¬
schaften beschränkt, in Schleswig-Holstein und in den Hohenzollernschen Landen
wurden keine Fälle dieser Krankheit beobachtet.
Das statistische Material verzeichnet 2 Stück Rindvieh als an der Maul¬
und Klauenseuche gefallen und enthält keine Angaben über die vorherrschende
Form der Erkrankungen. Von der Impfung scheint in keinem Falle Gebrauch
gemacht worden zu sein.
5. Lungenseuche. In 69 Beständen, welche sich auf 48 Ortschaften
und 22 Kreise der Reg.- bezw.Landdr.-Bez. Potsdam, Frankfurt, Posen, Oppeln,
Magdeburg, Merseburg, Erfurt, Hannover und Wiesbaden verlheilen, sind an
Lungenseuche 264 Stück Rindvieh erkrankt und 12 Stück gefallen, 237 Stück
wurden auf polizeiliche Anordnung und 53 Stück auf Veranlassung der Besitzer
getödtet. In 52 Beständen war die Seuche am Schlüsse des Berichtsquartals
noch nicht erloschen. Die 264 erkrankten Stück vertheilen sich in abgerundeten
Procentsätzen auf die Provinzen:
Brandenburg. 5,00 pCt. Hannover. 3,75 pCt.
Posen. 15,15 „ Hessen-Nassau. 3,40 „
Schlesien. 0,37 „ 100,00 pCt.
Sachsen . . .. 72,33 „
Die 302 gefallenen und getödteten Stück bilden 13,64 pCt. der verseuch¬
ten Bestände.
Von den 48 Ortschaften, in denen die Lungenseuche herrschte, sind 22
solche, in denen der Ausbruch während des Berichtsquartals constatirt wurde,
und von diesen entfallen 15 auf die Provinz Sachsen und 7 auf alle übrigen
Provinzen. In 26 Ortschaften dauerte das Herrschen der Krankheit in den¬
selben Gehöften aus dem vorigen Quartal fort oder hatte eine Uebertragung der
Seuche auf andere Bestände derselben Ortschaft stattgefunden.
Die beiden Ausbrüche in der Provinz Brandenburg entfallen auf je einen
Viehbestand der Kreise Ruppin undArnswalde und sind auf Einschleppung durch
in Bayern angekauftes Vieh zurückzuführen. Von den 4 verseuchten Ortschaften
des Reg.-Bez. Posen sind 2 solche, in denen die Krankheit schon während des
vorigen Quartals herrschte; über die Einschleppung in die beiden anderen Orte
wird nicht berichtet. Im Reg.-Bez. Oppeln starb eine Kuh, dieselbe ist wahrschein¬
lich durch die kurz vorher angekaufte und bald darauf abgeschlachtete Kuh eines
Nachbarn angesteckt worden. Ueber den Ausbruch unter dem Viehbestände eines
Gates im Kreise Wennigsen, Landdr.-Bez. Hannover, erfahren wir, dass der zuerst
erkrankte Ochse kurz vorher von einem in Magdeburg wohnhaften Viehhändler
angekauft worden war. In Idstein, Reg.-Bez. Wiesbaden, dauerte das Herrschen
der Seuche aus dem vorigen Quartal fort; ausserdem trat die Krankheit in Wies-
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170
Kleinere Mittheilungen.
baden unter 4 Monate vorher angekauftem Handelsvieh auf. Der Reg.-Bez.
Kassel blieb zum ersten Male seit dem Jahre 1876 während eines Quartals seu¬
chefrei.
In der starken Verseuchung der Reg.-Bez. Magdeburg und Merseburg hat
sich wenig geändert. Im Reg.-Bez. Erfurt beschränkte sich die Krankheit auf
1 Stück Vieh, die übrigen Thiere desselben Bestandes blieben gesund.
Von den verseuchten Beständen und den auf polizeiliche Anordnung ge-
tödteten Stück Rindvieh entfallen 34,92 bezw. 64,13pCt. auf Bestände grösserer
Güter, 65.08 bezw. 35,87 pCt. auf Bestände kleinerer Landwirthschaften.
Das statistische Material berichtet über die Impfung von 10 Viehbeständen
im Reg.-Bez. Magdeburg und von 2 Viehbeständen im Reg.-Bez. Merseburg. Im
Reg.-Bez. Magdeburg hatten die Impfungen durchweg den Erfolg, dass die Seuche
bald und ohne erhebliche Verluste getilgt wurde. Dasselbe war jedoch auch,
ohne dass eine Impfung stattgefunden hatte, bei einem Viehbestände von 30
Stück im Kreise Wanzleben der Fall. In den beiden geimpften Beständen des
Reg.-Bez. Merseburg trat etwa nur bei dem dritten Theil der Thiere Anschwel¬
lung des Schwanzes ein und wurde die Beobachtung gemacht, dass 2 Stück
einige Monate nach der Impfung auf dem Wege der natürlichen Ansteckung er¬
krankten.
5. Schafpocken. Diese Seuche erlangte eine erhebliche Ausbreitung in
Ostpreussen und in 2 Kreisen der Provinz Hannover.
In 45 Ortschaften des Reg.-Bez. Königsberg und in 62 Ortschaften des
Reg.-Bez. Gumbinnen verseuchten 80 bezw. 126 Herden. Ueber die Ursachen
dieser zahlreichen Ausbrüche wird nicht berichtet. Das sehr dürftige statistische
Material lässt ferner nicht erkennen, in wie vielen Herden Noth- und in wie vielen
Präcautionsimpfungen vorgenommen sind. Auffällig ist nur, dass die Pocken im
Reg.-Bez. Gumbinnen auf die masurischen Kreise beschränkt blieben und im
Reg.-Bez. Königsberg in den diesen benachbarten Kreisen die bedeutendste Ver¬
breitung erlangten. Es hat den Anschein, dass der Kreis Lötzen, in welchem
die Pocken ununterbrochen seit längerer Zeit geherrscht haben, als der Ausgangs¬
punkt und als der eigentliche Herd der Seuche zu betrachten sein dürfte. Wei¬
tere Vermuthungen lassen sich aus den Angaben, welche meist nur Zahlen ohne
irgend welche Bemerkungen enthalten, nicht begründen.
Auch über die Verhältnisse, welcho zu dem bedeutenden Umfange der
Pockenausbrüche in den Kreisen Neuhaus a. 0., Landdr.-Bez. Stade, und Emden,
Landdr.-Bez. Aurich, Anlass gaben, wird nicht berichtet. Das Material ist be¬
treffend diese Ausbrüche ebenfalls äusserst dürftig.
Einzelne Ausbrüche der Schafpocken in zusammen 17 Ortschaften der Reg.-
Bez. Danzig, Marienwerder, Potsdam, Köslin, Stralsund und Magdeburg werden
bezüglich der Einschleppungsverhältnisse nur insofern aufgeklärt, als der Aus¬
bruch in 3 Orten auf Infection durch während des vorigen Quartals erkrankt
gewesene Schafe der Nachbarschaft zurückgeführt wird. Ein Ausbruch ist durch
Ankauf von Schafen auf dem Berliner Schlachtviehmarkt veranlasst worden.
7. Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehs. Die wäh¬
rend des vorigen Quartals beobachtete bedeutende Verbreitung des Bläschen-
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Kleinere Mittheilungen.
171
ausschlages unter den Pferden dauerte nicht bis in das Berichtsquartal fort, in
welchem die Krankheit nur bei 5 Pferden beobachtet wurde. Auch unter dem
Rindvieh ist der Bläschenausschlag verhältnissmässig selten vorgekommen; die
Tabellen verzeichnen 129 an demselben erkrankte Stück Rindvieh, von denen
49 bezw. 76 auf Hessen-Nassau und die Rheinprovinz entfallen.
Ueber Erkrankungen an Beschälseuche wird nicht berichtet.
8. Räude der Pferde und der Schafe. Die Räude wurde bei 148
Pferden — bei 238 weniger als im vorigen Qirartal — constatirt; von denselben
sind 16 theils gefallen, theils auf Veranlassung der Besitzer getödtet worden.
Fast die Hälfte der Räudeerkrankungen — nämlich 68 (45,94 pCt.) — wurde
in den Provinzen Ostpreussen und Westpreussen beobachtet. Die übrigen räude¬
kranken Pferde entfallen auf die Reg.-Bez. Frankfurt, Stettin, Köslin, Posen,
Bromberg, Breslau (die Krankheit kam auch bei einem Esel vor), Liegnitz, Oppeln,
Merseburg, Schleswig, Münster, Kassel und Trier. Nur ausnahmsweise erkrank¬
ten mehr als 2 Pferde eines Bestandes, und in der Mehrzahl der Fälle kam die
Räude bei geringwertigen zum Fuhrwerksbetrieb benutzten Pferden vor. 17
räudekranke Pferde waren kurze Zeit vor Constatirung der Krankheit angekauft,
4 wurden auf Märkten, 1 auf einer Rossschlächterei ermittelt. Infection auf
Reisen hat angeblich zu 4 Ausbrüchen der Räude Anlass gegeben.
In 2 Orten des Kreises Belgard wurde die Pferderäude auf zusammen 3
Menschen übertragen.
Die Schafräude wurde im Reg.-Bez. Schleswig nur in 3 kleinen Beständen
des Kreises Hadersleben constatirt und bis zum Schluss des Quartals getilgt. In
9 Ortschaften des Kreises Göttingen erwiesen sich 3622 sogenannten Schmier¬
herden angehörige Schafe räudekrank, von 13 Herden waren 11 am 1. October
bereits räudefrei. Auch bei 4 seit langer Zeit verseuchten Herden des Kreises
Hildesheim konnte während des Berichtsquartals die Räude als getilgt bezeichnet
werden. Im Kreise Lingen, Landdr.-Bez. Osnabrück, ist der Stand der Schaf¬
räude unverändert. Im Landdr.-Bez. Lüneburg wurde die Krankheit nur unter
einer Herde des Kreises Gifhorn und im Landdr.-Bez. Aurich nur bei einem Schaf
constatirt. Die Tabellen der Landdr.-Bez. Hannover und Stade erwähnen die
Schafräude nicht, ebenso wenig die der Reg.-Bez. Minden, Arnsberg, Kassel und
Wiesbaden. Im Reg.-Bez. Münster wurden 4 Schafherden räudekrank befunden.
Ausserdem erwähnt das statistische Material folgende während des Berichts¬
quartals constatirte Ausbrüche der Schafräude: in Schützendorf, Kr. Orteisburg,
Reg.-Bez. Königsberg — durch Abschlachten sofort getilgt; in einem Gute des
Kreises Demmin, Reg.-Bez. Stettin, bei 11 aus dem Kreise Göttingen angekauf¬
ten Sprungböcken; in Muthendorf, Kr. Lüben, Reg.-Bez. Liegnitz — Einschlep¬
pung durch angekaufte Schafe; bei einem einzelnen Schafe im Kreise Hoyers¬
werda, Reg.-Bez. Liegnitz; in je einem Bestände der Kreise Halberstadt und
Jerichow I, Reg.-Bez. Magdeburg; in 2 Herden des KreisesSangerhausen, Reg.-
Bez. Merseburg — Einschleppung durch aus dem Eichsfelde angekaufte Schafe.
Ausserdem dauert das Herrschen der Räude in zusammen 3 Herden der
Reg.-Bez, Marienwerder und Potsdam aus dem vorigen Quartal fort. Müller,
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Persbnal-Notizen.
Ernennungen und Versetzungen.
Der Thierarzt Karl Aug. Otto Enke zu Halle a. S. zum commissarischen
Kreisthierarzt des Stadtkreises Halle und des Saalkreises, Reg.-Bez. Merseburg.
Der Rossarzt Karl Jacob in Fürstenwalde zum commissarischen Kreis¬
thierarzt des Kreises Luckau, Reg.-Bez. Frankfurt, mit dem Amtswohnsitz in
Luckau.
Definitiv übertragen wurden die bisher commissarisch verwalteten Kreis-
thierarztstellen
des Kreises dem Kreisthierarzt
Prenzlau Wittrock in Prenzlau,
Naumburg-Zeitz-Weissenfels Kühn in Zeitz.
Zauch-Belzig u. Stadtkr. Brandenburg a.H. Drewien in Brandenburg a. H. ?
Cösfeld Günther in Cösfeld,
Glatz Klingenstein in Glatz,
Tarnowitz-Zabrze Tappe in Tarnowitz.
Ordens-Verleihungen.
Dem Departements-Thierarzt Heinr. Jacob Fuchs in Trier der Kronen¬
orden 3. Gl.
Dem Kreisthierarzt Joh. Anton Grothaus in Alfhausen der Kronenorden
4. Classe.
Todesfälle.
Der Kreisthierarzt Heinrich Ludwig Haefner in Wongrowiec, Reg.-Bez.
Bromberg.
Der Kreisthierarzt Rud. Heinr. Hessberger in Grebenstein, R.-B. Kassel.
Der Departements- und Kreisthierarzt Rud. Seydell in Köslin, Reg.-Bez.
Köslin.
Oie Niederlassung eines Tbierarztes wird gewünscht:
In Bentschen, Reg.-Bez. Posen. Auskunft ertheilt der Apotheker Dr.
Koeberlin daselbst.
In Rheinberg, Kr. Moers, durch den dortigen Bürgermeister.
In Krakow, Mecklenburg. Auskunft ertheilt der Apotheker Funk daselbst.
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Personal-Notizen.
173
In Xanten, Reg.-Bez. Düsseldorf, durch den Bürgermeister. Die Gemeinde
Xanten sichert dem Thierarzte für die ersten 4 Jahre einen jährlichen festen Zu¬
schuss von 50 Mark, die Gemeinde Wardt einen solchen von 100 Mark für das
erste Jahr zu. Ausserdem soll der in Xanten sich niederlassende Thierarzt von
der landwirthschaftlichen Unterabtheilung Xanten eine Remuneration von 50Mark
erhalten.
Vacanzen.
(Die mit * bezeichneten Vacanzen sind seit dem Erscheinen von Bd. VIII HeftG
dieses Archivs hinzugetreten oder von Neuem ausgeboten).
Regierungs-
resp.
Landdrostei-Bezirk
Kreisthierarztstellen
des
Kreises
Gehalt.
Zuschuss
aus
Kreismitteln.
Königsberg
Labiau
600 Mark
600
Mark
Gumbinnen
Pillkallen*
900
—
Polizeibezirk Berlin
4. Kreisthierarztstelle
900
V
1200
. ')
Köslin
Departementsthierarzt¬
stelle
900
y>
—
w
Kreisthierarztstelle
600
V
—
r>
Bromberg
Wongrowiec *
900
w
—
n
n
Wirsitz incl. Polizeibez.
Exin und Westpolizei¬
bezirk Schubin* 2 )
600
V
7)
Münster
Steinfurt
600
n
450
n
7 »
Tecklenburg
600
r>
900
*
Kassel
Hofgeismar
600
n
—
n
Wiesbaden
Ober-Taunuskreis
600
y>
—
Düsseldorf
Kempen
600
V
300
Veränderungen im militär-rossirztlichen Personal.
Beförderungen.
Zu Ober-Rossärzten sind ernannt:
Die Rossärzte: Beckmann vom Feld-Art.-Regmt. No. 31 beim Schlesw.-
Holst. Drag.-Regmt. No. 13; Kamienski vom Oberschles. Feld-Art.-Regmt.
No. 21 beim Litth. Ul.-Regmt. No. 12.; Qualitz vom Hess. Feld-Art.-Regmt.
No. 11, unter Entbindung von dem Commando bei dem Militär-Reitinstitut, beim
Altm. Ul.-Regmt. No. 16.
Zu Rossärzten sind ernannt:
Die Unter-Rossärzte: Brietzmann vom Altm.-Ul.-Regmt. No. 16; En-
*) Aus Communalmitteln.
2 ) Mit dem Amtswohnsitz in Nakel.
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174
Personal-Notizen.
gelen vom Westf. Drag.-Regmt. No. 7; Ewald vom Rhein. Kür.-Regmt. No. 8;
Schimmelpfennig vom Ostpr. Drag.-Regmt. No. 10.
Den Charakter als Rossarzt hat erhalten: Unter-Rossarzt Sieker vom
2. Schles. Hus.-Regmt. No. 6.
Anstellungen.
Als Unter-Rossärzte sind in die Armee eingestellt:
Die Unter-Rossärzte: Dietrich beim 1. Brandenburg. Ul.-Regmt. (Kaiser
Alexander II. v. Russl.) No. 3; Rexilius beim Thüring. Hus.-Regmt. No. 12;
Roediger beim Schlew.-Holst. Feld-Art.-Regmt. No. 9; Schmitz beim 1. Bad.
Leib-Drag.-Regmt. No. 20.
Der Unter-Rossarzt des Beurlaubtenstandes Freckmann in das active Heer
und zwar beim 1. Hannov. Ul.-Regmt. No. 13 wieder eingestellt.
Der dreijähr.-freiw. Untor-Rossarzt Enders beim Braunschw. Hus.-Regmt.
No. 17.
Der einjähr.-freiw. Unter-Rossarzt Vaeth beim 3. Bad. Drag.-Regmt. (Prinz
Karl) No. 22.
Versetzungen.
Die Rossärzte: Feicke vom 1. Brandb. Ul.-Rgmt. No. 11 zum 2. Hannov.
Ul.-Regmt. No. 14; Gärtner vom Hannov. Hus.-Regmt. No. 15 zum Feld-Art.-
Regmt. No. 31; Richter vom Pos. Ul.-Regmt. No. 10 zum Oberschi. Feld-Art. -
Regmt. No. 21.
Die Unter-Rossärzte: Hain vom 2. Leib-Hus.-Regmt. No. 2 zum Leib-Kür.-
Regmt. (Schles.) No. 1; Kaps vom Kurm. Drag.-Regmt. No. 14 zum 1. Hannov.
Feld-Art.-Regmt. No. 10; Mesewinkel vom Westfäl. Kür.-Regmt. No. 4 zum
2. Leib-Hus.-Regmt. No. 2; Schmidt vom 2. Hannov. Ul.-Regmt. No. 14 zum
1. Schics. Hus.-Regmt. No. 4; Wilden vom Königs-Hus.-Regmt. (1. Rhein.)
No. 7 zum 2. Westf. Hus.-Regmt. No. 11.
Abgegangen:
Die Ober-Rossärzte: Rackow, Inspicient bei der Militär-Rossarztschule;
Rind vom Litth. Ul.-Regmt. No. 12.
Die Rossärzte: Agerth vom Garde-Hus.-Regmt.; Jacob vom 1. Brandb.
Ul.-Regmt. (Kaiser Alexander II. v. Russl.) No. 3; Janssen vom 2. Westfäl.
Hus.-Regmt. No. 11; Welz vom 1. Schles. Hus.-Regmt. No. 4.
Der charakterisirte Rossarzt Gleiss vom 2. Schles. Hus.-Regmt. No. 6.
Der dreijähr.-freiw. Unter-Rossarzt He 11 mann vom 3. Bad. Drag.-Regmt.
(Prinz Karl) No. 22.
Die einjähr.-freiw. Unter-Rossärzte: Kohring vom 1. Hannov. Feld-Art.-
Regmt. No. 10; Ruser vom 1. und Wolff vom 2. Garde-Feld-Art.-Regmt.
Gestorben:
Der Rossarzt Domke vom 1. Leib-Hus.-Regmt. No. 1.
Sonstige Veränderungen.
Die Rossärzte: Bartke vom 1. Grossh. Mecklenb. Drag.-Regmt. No. 17
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Personal-Notizen.
175
zam Militär-Reitinstitut; Koedix, Assistent bei der Lehrschmiede Berlin, als
stellvertr. Assistent zur Lehrschmiede Breslau; Peters vom 1. Westfäl. Hus.-
Regmt. No. 8 als stellvertr. Assistent zur Lehrschmiede Berlin commandirt.
Verzeichnis! der Thierirzte,
welche in Gemässheit der Bekanntmachung vom 25. Sept. 1869 (Bundesgosetzbl.
S. 635) und der Bekanntmachung vom 5. März 1875 (Centralbl. f. d. Deutsche
Reich S. 167) während des Prüfungsjahres 1881/82 von den zuständigen Cen¬
tralbehörden approbirt wurden.
I. Preussen.
Jul. Haas aus Birkenfeld, Wilh. Aug. Meyenberg aus Langenhottensen,
Ed. Raym. Gust. Fieweger aus Berlin, Pet. Peters aus Esclum, Aug. Röwe-
kamp aus Albersloh, Herb. Heinr. Ed. Dormann aus Schwiecheldt, Herrn. Heinr.
Schlüter aus Kiel, Paul Willach aus Louisenthal a.d.Saar, Karl Frdr. Otto
Priess aus Patersort, Fr. Naumann aus Bernburg, Joh. Heinr. Edel aus Mün¬
ster i.Westf., Karl Wilh. Hübner aus Zorndorf, Frdr. Hel mich aus Wester¬
cappeln, Otto Keller aus Bernburg, Thd. Reinh. Körner aus Aupitz, Thd.
Frdr. Maria Fr. Meiners aus Münster i. Westf., Karl Ernst Ed. Griesor aus
Oberwiederstedt, Wilh. Ernst Chr. Knoll aus Müggenburg, Frdr. Kasten aus
Calefeld, Frdr. Wilh. Pfund aus Moelbitz, Heinr. Gust. Wilh. Behrens aus
Rautenberg, Wilh. Chr. Alb. Brinkmann aus Ballenstedt, Frdr. Karl Busch
aus Zeckritz, Aug. Paul Hönscher aus Halbendorf, Osk. Wilh. Ldw. Henze
aus Merseburg, Frdr. Wilh. Heinr. Haertel aus Breslau, Ad. Wilh. Gerh. Gust.
Isermann aus Lehrte, Gust. Ad. Koenig aus Merseburg, Ed. Wilh. Otto Klett
aus Sömmerda, Frdr. Wilh. Lud ewig aus Grünberg i. Schl., Bern. Malkmus
aas Hünfeld, Ernst Aug. Wulff aus Bardowick, Clem. Wittenbrink aus Hed-
dinghausen, Ernst Zach. Wilh. Ferd. Wall mann aus Gross-Lafferde, Stanisl.
Mindak aus Dreidorf, Karl Herrn. Emil Fr. Warncke aus Berlin, Rob. Gust.
Ad. Urban aus Greifenberg i.Pom., Alb. Hopfner aus Berlin, Karl Heim Ru-
scheweyh aus Alt-Laessig, Heinr. Ant. Straube aus Langensalza, Gust. Ldw.
Taetz aus Berlin, Karl Ed. Mart. Timm aus Treptow a. d.R., Karl Gg. Chr.
Kammerhoff aus Ratzeburg, Edwin Andr. Kieler aus Tost, Berth. Lewin
aus Treptow a.d.R., Arth. Alex. Hugo Oestreich aus Breslau, Heinr. Prieur
aus Tworog, Traug. Bergmann aus Königs-Wusterhausen, Karl Ldw. Bio me
aus Sündern, Sim. Cremer aus Lontzen, Joh. Fründt aus Goldberg i.Meckl.-
Schw., Paul Rieh. Gras nick aus Storkow, Herrn. Wilh. Matthias Hirschei aus
Deutsch-Rixdorf, Alb. Heinrichs aus Saarbrücken, Dagob. Kall mann aus
Berlin, Joh. Lütkemüller aus Wittstock, Wm. Rob. Herrn. Mor. Achilles aus
Landsberg b. Halle a.d.S., Wilh. Zaiser aus Stadt-Oldendorf, Heinr. Nutt aus
Dössel, Frdr. Bernh. Nieberding aus Wildeshausen, Sophus Stoltenberg
aus Oldesloe, Rieh. Kaden aus Sacrau-Turawa, Heinr. Emil Max Pichel aus
Leipitz, Fr. Ldw. Aug. Paul Steffens aus Stendal, Th. Wilh. Ferd. Karl Sa¬
muel aus Harzgerode, Gust. Ad. Karl Schatz aus Stadtmühlen-Vorwerk bei
Rogasen.
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176
Personal-Notizen.
II. Bayern.
Sigm. Beichold aus Ellingen, Fr. Beck aus Fladungen, Ad. Bingel
aus Dirmingen, Ed. Butzert aus Mendhausen, Karl Engel aus Bayreuth, Gerh.
Frdr. Feldhus aus Oldenburg, Ad. Gruber aus Rastatt, Joh. Bapt. Grüner
aus Pfaffenberg. Aug. Hink aus Achern, Clem. Kinderle aus Augsburg, Phil.
Korb aus Poppenroth, Rud. Küffner aus Regensburg, Joh. Evangelist Maier
aus Brüggen i.B., Jos. Mitteldorf aus München, Jos. Neuwirth aus Dietfurt,
Jos. Rasberger aus Haag, Max Richter aus Schweinfurt, Karl Schillfarth
aus Wassertrüdingen, Wilh. Schlampp ays Schweinfurt, Wilh. Schleussner
aus Marktbreit, Max Schmutterer aus Ingolstadt, Jak. Stetter aus Beuren,
Emil Weissgärber aus Regensburg, Ldw. Westermaier aus München.
III. Sachsen.
Osk. Ldw. Paul Enders aus Greussen i.Schwarzb.-Sondersh., Gg. Bernh.
Mühlig aus Dresden, Karl Otto Wilh. Steuding aus Schwabhausen i.Sachsen-
Gotha, Wilh. Jul. Th. Alb. Briese aus Beeskow, Gust. Ad. Ehricht aus Scher¬
ben b. Halle a. d. S., Heinr. Wilh. Karl Haase aus Bleicheroda b. Nordhausen,
Hilh. Traug. Hugo Osk. Peterlein aus Thalbürgel i. Grosshth. Sachsen, Karl
Aug. Wilh. Thiele aus Jecha i. Schwarzb.-Sondersh., Joh. Theophil Weigt aus
Janköw-zalesny i.Posen, Karl Rieh. Pährisch aus Chemnitz, Joh. Eug. Borne¬
mann aus Auerbach, Max Rob. Kettritz aus Pirna, Frdr. Otto Röber aus
Meissen.
IV. Württemberg.
Herrn. Zundel aus Rudolfzell i.Baden, Jos. Berna aus Winzenheim im
Eisass, Jos. Kösler aus Unterzell (O.-A. Leutkirch), Ernst Motz aus Esslingen,
Paul Tempe aus Rappoltsweiler i.Eisass, Jos. Väth aus Königheim i. Baden,
Th. Aierstock aus Bach (O.-A. Ehingen), Ant. Andelfinger aus Altshausen
(O.-A. Saulgau), Albr. Fillmann aus Türkisraühle i.Oldenburg, Heinr. Schrö¬
der aus Klenze in Hannover, Ernst Theurer aus Neckarweihingen (O.-A. Lud¬
wigsburg), Aug. Vogler aus Nauen, Gg. Zimmerer aus Dinkelsbühl i.Bayern,
Ad. Sclimid aus Stuttgart.
V. Hessen.
Gust. Rutenborn aus Geisecke i.Westf., Heinr. Gerhard aus Giessen,
Heinr. Luff aus Bermersheim, Wilh. Maurer aus Affolterbach.
Gedruckt bei L. Schumacher in Berlin.
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VI.
TJeber die Verdauungssäfte und die Verdauung des Pferdes.
Experimentelle Untersuchungen
von
Ellenberger und Y. Hofmeister.
(Fortsetzung. — Siehe dieses Archiv Bd. VIII, S. 395.)
*
IV. Oie Eigenschaften und die physiologischen Wirkungen des
Pferdemagensaftes.
In der Abhandlung Bd. VIII, S. 395 dieses Archivs haben wir
die Veränderungen, welche die naturgemässen Nahrungsmittel des
Pferdes während ihres Aufenthalts im Magen erfahren, sowie die
Eigenschaften und Wirkungen besprochen, welche der in den verschie¬
denen Verdauungsperioden im Magen vorhandene und mit Futter-
bestandtheilen und Verdauungsproducten vielfach vermischte verdauende
Saft besitzt.
Wie früher bereits erwähnt, ist es kaum möglich, den natürlichen
Magensaft beim Pferde rein zu gewinnen. Wir haben deshalb aus der
Magenschleimhaut einen reinen Magensaft künstlich hergestellt und
diesen auf seine Eigenschaften geprüft In dem Folgenden sollen die
Eigenschaften dieses Magensaftes der Pferde besprochen werden.
Schon 1834 zeigte Eberle, und etwas später auch Bouchardat und
Sandras, dass in der Magenschleimhaut ein verdauendes Princip enthalten sei,
dessen Inhalt schon Home und Spallanzani ahnten, das aber erst durch
Schwann dargestellt wurde. Schwann, Eberle, J. Müller, Wasmann,
Lehmann, Frerichs, Brücke lehrten diesen Körper näher kennen und zeig¬
ten, dass er nur in Gegenwart von Säuren seine verdauende Kraft entfalte. Dieso
Thatsache gab C. Schmidt Anlass zur Aufstellung seiner Lehre von der Pepsin-
Chlorwasserstoffsäure und führte Eberle zur Darstellung des künstlichen Ma¬
gensaftes.
12
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Archiv f. wissenBrh. u. prakt. Thicrheilk. IX. 3.
178
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
Obgleich die durch die bekannte Beaumont’sche Beobachtung von Bas-
sow und Blondlot eingeführte, von Bidder und Schmidt, Bardeleben,
Bernard, Panum u. A. verbesserte Methode der Anlegung einer Magenfistol die
Gewinnung des natürlichen Magensaftes erleichterte, so wurden trotzdem die
meisten Untersuchungen über die Magenverdauung durch Anwendung des künst¬
lichen Magensaftes, dessen Darstellungsweise durch Witt ich wesentlich ver¬
bessert worden ist, angestellt.
Die Darstellung des künstlichen Magensaftes, welcher, wie allge¬
mein anerkannt wird, dieselben Eigenschaften wie der natürliche
besitzt, geschah in der Weise, dass die drüsenhaltige, gut zerkleinerte,
frische oder nach gründlichem Auswaschen entsäuerte und direct oder
nach Alkoholbehandlung getrocknete Magenschleimhaut 24 Stunden
bis 8 Tage lang der Einwirkung einer extrahirenden Flüssigkeit aus¬
gesetzt wurde. Als extrahirende Flüssigkeiten kamen in Anwendung:
1) Wasser, 2) Glycerin, 3) 0,2—0,5proc. HCl, 4) 0,2—0,5 proe. Milch¬
säure, 5) 0,2—0,5proc. salzsaures, 6) ebensolches milchsaurcs Glyce¬
rin, 7) 0,6—lproc. CINa-Lösung in Wasser und 8) ebensolche in
Glycerin. Diese Flüssigkeiten entziehen der Magenschleimhaut alles
in ihr Lösliche, mithin auch die in den Drüsenzellen aufgespeicherten
Fermente und Säuren.
Während die Fermente oder deren Vorstufen in den Driisenzellcn,
welche sie produciren, aufgespeichert und demgemäss beim Extrahiren
der Schleimhaut massenhaft augetrolfen werden, finden sich die Säuren
in den Drüsenzellen nicht aufgespeichert. Sie gehen entweder bei der
Secretion direct in das Secret über, oder werden, insoweit sie über¬
schüssig sind, durch das circulircnde Blut neutralisirt. In Folge
dessen findet man in der todten Magenschleimhaut zwar etwas Säure,
aber nicht annähernd soviel wie im normalen Magensaft. Deshalb
muss jedem Magenextract, um es physiologisch wirksam zu machen,
soviel Säure zugesetzt werden, dass es den normalen Säuregrad er¬
reicht, welchen der Magensaft hat. Wir setzten, sobald Verdauungs¬
versuche angestellt werden sollten, gewöhnlich zu je 1 Grm. Extract
10 Ccm. eines 0,2proc. salzsauren Wassers.
1. Die chemischen und physikalischen Eigenschaften des
Extractes der drüsenhaltigen Portion der Magenschleim¬
haut des Pferdes.
1) Zum Studium dieser Verhältnisse diente das Wasserextract
der frischen Magenschleimhaut. Dasselbe reagirto stets deutlich sauer.
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes*
179
Der Säuregrad wurde bei 3 Pferden festgestellt und betrug im Extract
der Curvat. major 0,026, 0,035 bezw. 0,03, im Extract von der Cur¬
vat. rainor 0,012, 0,02 bezw. 0,018 pCt.
Das Extract zeigte Milchsäurereactionen auf Eisenchloridcarboisäurelösung,
röthete aber auch trotz der geringen Concentration der Säure Helianthin etwas.
Dieses deutet auf die Gegenwart von HCl bin und weist dieselbe beinahe un¬
zweifelhaft nach. Die Röthung des Helianthin würde bei so schwach concen-
trirter Milchsäure in diesen Beimischungen nicht eintreten l ).
Sonach enthält die Magenschleimhaut des Pferdes sowohl Milch- als Salz¬
säure. Die Gegenwart von Milchsäure im Extract spricht schon an sich dafür,
dass die Gährungsmilchsäure des Mageninhalts von der Magenschleimhaut imbi-
birt worden ist. Dies wird aber ganz sicher dadurch bewiesen, dass auch in
dem Extract der drüsenlosen P. cardiaca Spuren von Milchsäure zu finden waren;
allerdings war dieses Extract viel weniger sauer als das der Curvat. major und
auch weniger als das der Curvat. minor 2 ).
2) Das Extract der beiden drüsenhaltigen Regionen der Magen¬
schleimhaut enthält Mucin, das der Curvat. major mehr als das der
Curvat. minor.
In ersterer bewirken Pbosphorsäure und Essigsäure starke Fällung, in letz¬
terer nur Trübung. Hiermit stimmt auch folgende Thatsache überein: Die Drü¬
senschleimhaut des Pferdemagens ist in der Regel mit Schleim überzogen. Auf
der Schleimhaut der Curvat. major liegt aber eine viel dickere, zusammenhän¬
gendere Schleimschicht als an der Curvat. minor. Erstere sitzt in Form einer
Haut lockerer auf und ist leichter abziehbar. Die dünnere Schleimschicht der
Curvat. minor sitzt fester. Nicht selten ist die Schleimschicht im Antrum pylori
wieder etwas dicker. Zieht man die Schleimschicht ab, so findet man in der¬
selben neben viel Lcucocyten und Schleimkörperchen auch die Zellen des Ober¬
flächenepithels und des Drüsenhalses.
3) Das Extract enthält verschiedene Eiweisskörper und nament¬
lich auch Hemialbumose 3 ).
In Bezug auf die Natur der Eiweisskörper verhalten sich aber beide Ex-
tracte sehr verschieden. In dem der Curvat. major bewirkt Salzsäure starke
*) Ellenberger u. Hofmeister, Ueber den Nachweis der Salzsäure im
Mageninhalt. Ber. üb. d. Veterinärw. im Königr. Sachsen f. d. J. 1881, S. 168.
2 ) Um eine Lücke unseres ersten Artikels auszufüllen, untersuchten wir den
Mageninhalt mehrerer Pferde auf die Frage hin, ob der Säuregrad des linken
Magensackes ein anderer sei als der der rechten Hälfte. Wir constatirten in dieser
Beziehung grosse Inco’nstanz. Boi zwei Pferden mit sehr wasserreichem Inhalt
war der Säuregehalt rechts und links derselbe, bei einem Pferde mit festerem
Inhalt links neutrale Reaction, rechts 0,2 pCt. Saure, bei einem vierteil Pferde
links höherer Säuregrad als rechts u. s. w.
3 ) Hemialbumose fanden wir in fast allen thierischen Geweben und Flüssig¬
keiten, ganz besonders reichlich aber in der Flüssigkeit der Eierstockscysten.
12 *
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180
ELLENHeRGER u. HOFMEISTER,
Fällung, Essigsäure und Ferrocyankali sehr schwache Trübung, ebenso Essig¬
säure und Glaubersalz; Kupfervitriol und Kali bewirken Rotbfärbung und Sal¬
petersäure giebt die Xanthoprotein- und die Hemialbumosenreaction, Alkohol
deutliche Fällung. Im Extract der Curvat. minor bewirken Essigsäure -|- Ferro¬
cyankali und Essigsäure -j- Glaubersalz starke Fällung, Salzsäure nur Trübung
und Kupferkali blaurothe Färbung. Zu Salpetersäure und Alkohol verhielt es
sich ebenso wie das Extract der Curvat. major. Aus Allem geht hervor: die
Schleimhaut der Curvat. major enthält viel Pepton, Syntonin und
Hemialbumose, wenig unverdaute Eiweisskörper; dagegen enthält
die Schleimhaut der Cnvat. minor viel von letzteren und wenig von
ersteren.
4) In den Extracten fanden sich Salze, namentlich Chloride und
Sulphate, ExtractivstofFe u. s. w.; Phosphate waren nicht nachzuweisen.
Unter den constatirten Eigenschaften sind hervorzuheben: Die
Curvat. major enthält mehr Schleim und mehr Säure als
die Curvat. minor, erstere besonders verdaute, letztere
besonders unverdaute Ei weisskörper; in beiden findet man
Milchsäure und Salzsäure.
Die Thatsache, dass die Schleimhaut der Curvat. major fast nur
verdaute Eiweisskörper enthält, beweist, dass sie ein Ferment besitzt,
welches auf die Eivveisskörper verdauend einwirkt, während dieses
Ferment in der Curvat. minor nicht oder nur in Spuren oder in einer
wirkungslosen Vorstufe (Modification) enthalten sein kann.
2. Die physiologischen Wirkungen des Pferdemagensaftes.
A. Die im Magensaft resp. den Extracten enthaltenen
Fermente.
Die Einwirkungen des Pferdemagensaftes auf die Nährstoffe resp.
Nahrungsmittel sind zum grossen Theil bereits in dem früheren Ar¬
tikel (Bd. VIII, S. 395 dies. Arch.) besprochen. Bei einigen Nähr¬
stoffen konnte aber die Untersuchung in der dort geschilderten Art
und Weise durch die Prüfung des gesammten Mageninhalts kaum vor¬
genommen werden, wenigstens würde die Ausführung sehr schwierig
und Fehler nicht zu vermeiden gewesen sein. Deshalb prüften wir
die Umwandlungen, welche gewisse Nährstoffe durch den Pferderaagen¬
saft etwa erleiden, durch Einwirkung des künstlichen Magensaftes auf
dieselben im Verdauungsofen. Diese Untersuchungsmethode ist auch
allgemein üblich und dürfte gegen dieselbe kaum etwas Erhebliches
einzuwenden sein.
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Verdauungssä ft o und Verdauung des Pferdes. # 181
Vor allen Dingen musste festgestellt werden, ob im Pfcrdomagcn-
saft dieselben Fermente wie im Magensaft anderer Thicre Vorkommen,
und welche Region der Magenschleimhaut am meisten von diesen Fer¬
menten enthält. Die P. cardiaca der Magenschleimhaut hätte von den
Versuchen ganz ausgeschlossen werden können, da diese cutane Schleim¬
haut keine Drüsen und keine Follikel enthält. Trotzdem haben wir
mehrfach Extracte von derselben gemacht und in einigen Fällen so¬
wohl etwas Milchsäure wie etwas Pepsin, welches bei Säurezusatz in
geringem Masse verdauend auf Fibriu wirkte, gefunden. Dieses Fer¬
ment muss natürlich ebenso wie die Säure als imbibirt angesehen
werden. Zu den weiteren Versuchen über Ferracntgehalt verwendeten
wir nur die drüsenhaltigc Partie der Magenschleimhaut, die der P. py-
lorica, die wir entweder in 2 Regionen — die Fundusdrüsen- und
Pylorusdrüsenregion — oder in 3 — die Schleimhaut des Antrura
pylori, der Curvat. minor und der Curvat. major — thcilten.
a. Das Eiweissferment.
Zur Feststellung des Vorkommens und der Eigenschaften des¬
selben wurden folgende Versuche gemacht:
1) Boi 3 Pferden wurden Glycerinextracte von a) dem Antruin pylori,
b) der Curvat. major und c) der Curvat. minor der P. pylorica dargestellt. Jo
2Grm. derselben mit 20Grm. einer O,2proc. HCl und 2 Grm. gekochtes Hühner-
Eiweiss gelangten in den Brutofen. Das Extract a war ohne Wirkung, das Ex-
tract b löste das Eiweiss ganz, das Extract c griff dasselbe nur sehr wenig an.
Auf flüssiges Eiweiss wirkten die Extracte in derselben Weise ein. Bei dem
der Curvat. minor war nur wenig Pepton entstanden, aber viel Syntonin und
Hemialbumose; bei b war fast Alles in Pepton übergeführt und nur noch Spuren
Syntonin und Hemialbumose zurückgeblieben.
2) Von der Magenschleimhaut zweier anderer Pferde wurden Extracte mit
0,2proc. salzsaurem Glycerin dargestellt; dieselben verdauten ohne Säurezusatz
kein gekochtes Hühnereiweiss, mit Säurezusatz verdaute das der Curvat. majot
sehr gut, das der Curvat. minor und des Antrum pylori wenig. Ebenso wirkten
die Extracte auf Casein und Fibrin. Am leichtesten war die Wirkung colori-
metrisch an der Peptonreaction zu demonstriren, wenn gleiche Mengen vom Filtrat,
von Kali und Kupfervitriol genommen wurden (Schm idt-Mü hl heim).
Es geht aus diesen Versuchen hervor, dass die Schleimhaut der
Curvat. major unzweifelhaft ein Eiweiss verdauendes Ferment enthält,
dass dieses zwar auch in der Curvat. minor und dem Antrum pylori,
aber in viel geringerer Menge vorkommt. Auf das Vorkommen des
Ferments in der Curvat. minor und dem Antrum pylori kommen wir
später noch zurück. Zunächst beschäftigen wir uns mit den Eigcn-
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182
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
schäften des Ferments, wie es aus der Fundusdrüsen- resp. Labdrüsen¬
region gewonnen wird. Eine absolute Reindarstellung des Pepsin ist
uns nicht gelungen, weshalb wir nur über eine Anzahl seiner Eigen¬
schaften berichten können, während andere noch unerforscht sind.
1) Die wesentlichste Eigenschaft des Ferments ist seine — in
Verbindung mit verdünnter HCl auftretende — Eiweiss verdauende
Kraft, es verdaute Fibrin, Casein, Albumin im geronnenen und nicht
geronnenen Zustande, Kleber u. s. w. Das Ferment ist in Glycerin,
Wasser, y 2 —lproc. CINa-Lösung, schwacher Säurelösung etc. leicht
löslich und wird durch Alkohol, Bleizucker, kohlensaure Magnesia
u. s. w. gefällt.
Mehrere, sowohl Glycerin- als Wasserextracte wurden mit viel Alkohol be¬
handelt. Es entstand in denselben ein Niederschlag. Stellte man den auf dem
Filter gesammelten und getrockneten Niederschlag mit Eiweiss und 0,2proc. HCl
in den Brütofen, so wurde das Eiweiss verdaut. Das Filtrat nach Ausfällung mit
Alkohol, Bleizucker oder kohlensaurer Magnesia verdaute dagegen Eiweiss nicht.
2) Das Ferment ist nicht diffusibel und sehr resistent
gegen Milchsäure-, Fäulniss- und Alkoholgährung.
a) Wir haben verschiedentlich Gemische von 2—8 Grrn. Extract und 20
bis 40 Grm. einer 0,2proc. HCl mit Pergamentpapier Diffusionsversuchen unter¬
worfen und diese in einzelnen Fällen unter öfterer Erneuerung des Wassers so
lange fortgesetzt, bis die anfangs sauro Flüssigkeit neutral reagirte, die anfangs
stets sauer werdende Aussenflüssigkeit neutral blieb und mit salpetersaurem Silber
keine Trübung mehr gab, so dass durch die häufige Erneuerung des Wassers die
sämmtliche Salzsäure durchdiffundirt sein musste. Stets enthielt der Magensaft
noch das Pepsin. Der der Diffusion 8 Tage lang ausgesetzt gewesene Magensaft
verdaute nach erfolgter neuer Ansäuerung noch sehr gut. Damit war bewiesen,
dass das Pepsin nicht oder sehr schwer diffusibel ist.
b) Setzte man Magensaft mit Milchzucker und Stärke an, so trat nach eini¬
ger Zeit deutliche Milchsäurereaction ein, ein Zeichen, dass die Milchsäuregährung
im vollen Gange war. Brachte man dazu gekochtes Hiihnereiweiss und etwas
HCl, dann wurde ersteres verdaut. Mehrere Versuche zeigten, dass die Milch¬
säuregährung die Pepsinwirkung nicht beeinträchtigt. Wenn dieselbe
im Magen nachtheilig wirkt, so wird dies durch deren reizenden Einfluss auf die
Magenschleimhaut bedingt. In Folge dessen entsteht ein Katarrh, eine verrin¬
gerte Pepsin- und HCl-Secretion und dadurch Steigerung der Gährungs- und
Fäulnissvorgänge im Magen.
Aus einigen Versuchen ergab sich ferner, dass die Milchsäuregähr u ng
weder allein noch in Gegen wart von Pepsin festes Eiweiss zu ver¬
dauen vermag. Dazu gehört ein HCl-Zusatz. Fibrin wurde allerdings durch
Milchsäuregährung bei Gegenwart von Pepsin gelöst, jedoch erst nach sehr langer
Einwirkung.
c) Lässt man Stücke der Magenschleimhaut 24, 48, 60 Stunden faulen
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Yerdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
183
und extrahirt dieselben, so enthalten sie noch wirksames Pepsin. Erst bei sehr
lange dauernder Fäulniss wird das Ferment zerstört. Die Fäulniss an sich zer¬
stört Eiweiss zwar auch, aber sehr langsam, so dass die Verdauung mit der
Fäulniss gar nicht zu vergleichen ist.
Zu erwähnen ist folgendes Factum: Bringt man in eine faulende Flüssig¬
keit Eiweiss und setzt dazu gut wirksamen Magensaft, so wird die Fäulniss unter¬
brochen. Ueborgiesst man faulende Stückchen der Curvat. major mit 0,2proc.
Salzsäure, dann sistiit die Fäulniss. In beiden Fällen setzt die Verdauung ein.
Die Verdauung stört oder hebt die Fäulniss auf. Wirksamer Magensaft
fault nicht, so lange er ein Object zu seinerWirkung hat resp. so lange er sauer ist.
3) Diese Thatsache führt uns zu der Frage: kann Magensaft
lange Zeit auf bewahrt werden, ohne seine Wirkung zu verlieren?
Zum Aufbewahren verwendet man nicht den wirksamen Magen¬
saft, sondern nur das Pepsin resp. das Magenextract ohne Säurezusatz.
Das Aufbewahren in einfachem Wasser ist unstatthaft, weil Fäulniss
auftreten würde. Deshalb hat man vorgeschlagen, das Extract in
Carbolsäure, Salicylsäure u. s. w., d. h. in Stoffen, welche die Fäulniss
verhindern, aufzubewahren. 15s fragt sich nun, ob die beiden Säuren
die Pepsinwirkung beeinträchtigen? Zur Beantwortung dieser Frage
stellten wir folgende Versuche an:
Es wurde ein Glycerinextract aus der Schleimhaut der grossen Curvatur der
rechten Hälfte des Pferdemagons durch dreitägiges Extrahiren hergestellt; von
demselben kamen in den Brütofen:
a) 2 Gern. Extract -j- 20 Ccm. 0,2proc. Salzsäure -|- 1 Grm. Eiweiss;
b) dasselbe -|- 5 Ccm. Salicylsäure;
c) dasselbe -[-10 Ccm. Salicylsäure.
Nach 7 Stunden war die Lösung bei a und b schon bedeutend, bei c schwächer,
nach 24 Stunden bei allen totale Lösung des Eiweisses. Ferner:
a) 1 Grm. Eiweiss -f- 2 Ccm. Extract -J- 20 Ccm. HCl;
b) dasselbe mit 5 Ccm. einer 0.2proc. Carbolsäure;
c) dasselbe mit 20 Ccm. einer 0,2proc. Carbolsäure.
Nach 16 Stunden bei allen 3 totale Lösung des Eiweisses. Dieser Carboisäure¬
magensaft wirkte nach 3 Wochen nocli sehr gut verdauend. Nach ca. 1 Jahre
wirkten diese Extracte noch sehr gut, wenn auch ein wenig schwächer als vorher;
es war dies sowohl bei der Carbol- als bei der Salicylsäure der Fall.
Man sieht hieraus, dass Carbol- und Salicylsäure sehr wohl als
Zusatz zu Verdauungsfliiss igkeiten verwendet werden können,
ohne die Wirksamkeit derselben erheblich zu stören. Die Salicylsäure
bewirkt etwas verlangsamte Verdauung. Bei Zusatz von 100 Grm. 0,2proc.
Salicylsäure zu 2 Grm. Witte’s Pepsin, ohne reducirten Säurczusatz, schwacher
Erfolg. Zu bemerken ist aber, dass die Aufbewahrung des Magenextractes sehr
gut in einfachem Glycerin ohne diese Zusätze geschehen kann. Einfaches Gly¬
cerinextract war nach 1 Jahre noch ebenso wirksam wie vorher. — Ausserdem
haben neuere Untersuchungen gezeigt, dass das Calomel den Eiutritt der Fäulniss
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184
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
resp. des Verderbens von Verdauungsflüssigkeiten hindert. — Wurde einer in
Alkoholgährung befindlichen Flüssigkeit Fibrin und wirksamer Magensaft zuge-
setzt, so trat eine Verdaung des Fibrin ein; wurde aber an Stelle des Fibrin
gekochtes Hühnereiweiss gewählt, so wurde dies nur wenig angegriffen. Daraus
erhellt, dass die Alkoholgährung die Pepsinwirkung beeinträchtigt, aber nicht
aufhebt.
4) Wie oben erwähnt, wirkt das Pepsin nur in Gegenwart von
Säure. Im Magen findet sich Salz- und Milchsäure. Es ist nun die
Frage, wie viel Säure ist zur Pepsinwirkung nothwendig, bei welchem
Säuregrad erfolgt die Wirkung am besten und können sich Salz- und
Milchsäure gegenseitig ersetzen? Zur Lösung dieser Fragen geschah
Folgendes:
Wir setzten an
a. mit Salzsäure: Resultat
2Grm. Eiweiss, 5 Grm.Extract, 20Grm. 0,05proc. HCl, nach 14Std. gelöst 5pCt.
2 -
- 5 -
- 20 -
0.1 -
- 14 -
- 43 -
2 -
- 5 -
- 20 -
0,2 -
- 14 -
- 100 -
2 -
- 5 -
- 20 -
0.3 -
- 14 -
- 100 -
2 -
- 5 -
- 20 -
0,4 -
- 14 -
- 100 -
2 -
- 5 -
- 20 -
0,5 -
- 14 -
- 100 -
2 -
- 5 -
- 20 -
0,6 -
- - 14 -
- 70 -
2 -
- 5 -
- 20 -
1,0 -
- 14 -
- 70 -
2 -
- 5 -
- 20 -
2,0 -
- 14 -
- 60 -
Hieraus folgt, dass das Pepsin am besten wirkt bei Gegenwart
einer 0,2—0,5proc. HCl, ein Mehr oder Weniger wirkt störend ein.
b. mit Mil chsäure: Resultat
a) 2Grm.Eiweiss,2Grm. Extract,20Grm.0,2proc.Milchsäure, n. 14St.gel. OpCt.
b) 2 -
- 2 -
- 20 -
0,3 -
-
- 14 -
- 0 -
c) 2 -
- 2 -
- 20 -
0,5 -
-
- 14 -
- 0 -
d) 2 -
- 2 -
- 20 -
0,7 -
-
- 14 -
- 0 -
e) 2 -
- 2 -
- 20 -
1,0 -
-
- 14 -
- 34 -
f)2 -
- 2 -
- 20 -
1,5 -
-
- 14 -
- 64 -
g) 2 -
- 2 -
- 20 -
2,0 -
-
- 14 -
- 74,4-
Gab man nun zu a, b, c, d noch 1 Tropfen HCl, wodurch ein HCl-Gehalt
von 0,05 pCt. hergestellt wurde, dann trat bei a und b schwache, bei c und d
starke verdauende Wirkung auf.
Zu a und b setzten wir dann nochmals 1 Tropfen HCl, dann starke Wir¬
kung wie sonst bei 0,2proc. HCl, während es hier kaum 0,1 pCt. ist. Die Milch¬
säure kann also HCl. theilweise vertreten, aber nur tlioilweise.
Lässt man milchsauren Magensaft auf Fibrin wirken, so tritt bei 0,2 pCt.
nur schwache, bei 0.5—2 pCt. starke Wirkung auf.
Mischte man 10 Grm. einer 0,lproc. HCl. mit 10 Grm. einer O.lproc.
Milchsäure und brachte dazu 2 Ccm. Extract, dann erfolgte dio Verdauung von
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
185
Eiweiss ebenso gut wie bei 0,2proc. HCl. Um die Wirkung von Vermischungen
von HCl und Milchsäure zu prüfen, gelangten in den Brutofen:
a) 2Grm.Eiweiss, 20Grm.O,2proc. Milchs., 20Grm. 0.lproc.HCl, 4Grm. Extract,
b) 2 -
- 20 -
0,1 -
- 20 -
0,1 -
- 4 -
-
c) 2 -
- 20 -
0,3 -
- 20 -
0.05 -
- 4 -
-
d) 2 -
- 20 -
0,3 -
- 20 -
0,1 -
- 4 -
-
Nach 14 Stunden war bei a, b, d fast alles Eiweiss verdaut, bei c dagegen
nur 30 pCt.
Aus Vorstehendem geht hervor, dass Fibrin und leicht verdau¬
liche Eiweisskörper durch Pepsin und Milchsäure (0,5proc.) oder ge¬
ringen Zusatz von HCl (0,05 proc. zu 0,2proc. Milchsäure) leicht,
schwer verdauliche Eiweiskörper, z. B. geronnenes Hühnereiweiss, jedoch
nicht oder nur sehr wenig verdaut werden. Letztere werden am besten
gelöst durch einen Magensaft von 0,2—0,5 proc. Säuregrad, wenn die
Säure entweder reine HCl oder wenn bei Milchsäuregegenwart die HCl
wenigstens in der Concentration von 0,1 pCt. zugegen ist. Eine Salz¬
säure über 0,5 pCt. wirkt hemmend auf die Verdauung. Reine Milch¬
säure kann erst die HCl theilweise ersetzen, wenn sie zu 1 — 1V 2 ,
und fast ganz, wenn sic zu 2 und 2,5 pCt. zugegen ist.
Zum weiteren Studium der Einwirkung der Milchsäure auf das Pepsin
machten wir Extracte aus der Schleimhaut der Curvat. major mit 0,5 proc. Milch¬
säure und 0.5 proc. inilchsaurem Glycerin. Die Extracte wirkten auf Eiwoiss
ohne Zusatz von HCl nicht verdauend ein, trotzdem sie auf einen Milchsäuregrad
von 0,6 und 0,7 pCt. gebracht wurden. Nahm man nur 2 Grm. der Milchsäure-
extracte mit 20 Grm. einer 0,1 proc. HCl, dann trat ein starkes verdauendes
Vermögen in die Erscheinung.
Milchsäurelösungen extrahiren demnach das Pepsin aus der Ma¬
genschleimhaut gut, bedürfen aber, um verdauen zu können, eines
HCl-Zusatzes.
5) Wenn sich demnach die Wirksamkeit des künstlichen Magen¬
saftes bedeutend nach dem Grade und der Natur seiner Säure ändert,
so fragt es sich ferner, in wie weit hängt die Magensaftwirkung von
seinem Pepsingehalt ab? Um diese Frage zu entscheiden, gelangten
in den Brütofen:
nach 14 Std. gelöst
a) 2 Grm. Eiweiss, % Grm.
Extract, 20 Grm. 0.2proc. HCl,
70.0 pCt.
b) 2 -
1 -
20 - 0,2 -
80,0 -
c) 2 -
2 -
20 - 0,2 -
92,2 -
d) 2 -
5 -
20 - 0,2 - -
92,0 -
e) 2 -
10 -
20 - 0,3 - -
93,2 -
f ) 2
20 -
20 - 0,4 * -
48,8 -
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18G
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
Dieses auffallende Resultat veranlasste uns, diesen Versuch zu repetiron.
Es gelangten in den Brütofen:
nach 14 Std. verdaut
a)
4 Grm.
Eiweiss, V 2 Grm.
Extract, 20 Grm.
0,2proc. HCl,
77 pCt.
b)
4 -
1 -
- 20 -
0,2 - -
90 -
c)
4 -
2 -
20 -
0,2 - -
95 -
d)
4 -
5 -
20 -
0,2 - -
95 -
e)
4 -
10 -
20 -
0,3 - -
95 -
0
4 -
20 -
20 -
0,4 - -
88 -
Hieraus geht hervor, dass die Pepsinwirkung mit der Menge des¬
selben nur bis zu einem gewissen Grade steigt. Die Gegenwart von
zuviel Pepsin ist dagegen nicht vortheilhaft.
6) Zum Schlüsse sei noch einer Frage gedacht: Wirkt reines
Glycerincxtract, dem die nothwendige Anzahl Tropfen HCl zugesetzt
werden, verdauend, oder muss noch Wasser zugefugt werden?
Es gelangten in den Brütofen:
1) 20 Grm. Glycerinextract -f- 2 Tropfen IIC1 Eiweiss;
2)
2 -
-
4- 20 Grm. Wasser -f- 2 Tropfen HCl -|- Eiweiss;
3)
4 -
-
+ 40 - - +3 -
- + -
4)
5 -
-
—j— 50 - - -j— 5
- + -
5)
20 -
-
-f 4 Tropfen HCl;
6)
2 -
-
-j- 20 Grm. Wasser -j- 4
- + -
Das Resultat war: bei 1 und 5 geringe Wirkung, 30—50 pCt. Eiweiss
verdaut, bei den anderen 100 pCt.
Hieraus folgt, dass das Glycerinextract für sich mit Salzsäure
wenig wirksam ist und dass erst der Zusatz von Wasser das Extract
zur vollen Wirkung gelangen lässt.
7) Es bleibt nun noch die Frage zu erledigen, ob sich das
Ferment bei der Verdauung selbst verdaut, selbst zerstört.
Ueber diese Frage wurden drei Versuche angestellt, zwei mit und einer ohne
Anwendung des Dialysator. Als Säure wurde 0,1—0,2proc. HCl mit und ohne
Milchsaurezusatz verwendet.
a) Es gelangte wirksamer Magensaft mit 2 Grm. Eiweiss 14 Stunden in
den Brütofen. Es waren ca. 80 pCt. des Eiweisses gelöst. Nun wurde filtrirt.
Das Filtrat kam mit Eiweiss und 2 Tropfen HCl in den Brütofen. Das Eiweiss
wurde gelöst. Diese Procedur wurde noch zweimal wiederholt, sodass dieselbe
Fermentmenge viermal zur Verdauung vorwendet wurde und stets gleich gut wirkte.
b) Wir Hessen wirksamen Magensaft so lange auf Eiweiss einwirken, bis
alles verdaut war, hierauf gelangte die Flüssigkeit 48 Stunden auf den Dialy¬
sator und dann mit HCl und Eiweiss in den Brütofen, sie entfaltete noch vor¬
zügliche verdauende Wirkung.
Die Verdauungsflüssigkeit gelangte nun 5 Tage auf den Dialysator, dann
wieder mit Säure und Eiweiss in den Brütofen. Das Eiweiss wurde abermals
verdaut. Dann nochmals 48 ständiges Dialysiren; wieder mit HCl und Eiweiss
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
187
in den Brütofen. Abermals Verdauung. Nun filtriren, ansauern und abermals
8 Tage dialysiren bis zur Neutralisation, dann ansauern und mit Eiweiss in den
Brütofen. Jetzt wurde das Eiweiss nur noch wenig angegriffen. Fibrin wurde
noch verdaut. Mithin hatte das Ferment viermal seine Wirkung voll, dagegen
beim fünften Male dieselbe nur noch unvollkommen entfaltet.
c) Dieser zweite Versuch, mit anderem Magensaft wiederholt, ergab die¬
selben Resultate. In diesen zwei Versuchen hat der Magensaft 56 Stunden bei
einer Temperatur von 37—40° im Brutofen und über 3 Wochen im Dialysator
bei einer Temperatur von 20—22° C. gestanden, ehe eine Abschwächung seiner
Wirkung hervortrat.
Das Ferment schwächt sich also, wenn cs öfterer, längere Zeit zu
Verdauungsversuchen verwendet wird, ab. Die Abschwächung erfolgt
wahrscheinlich durch Selbstverdauung, wofür auch spricht, dass der
Magensaft häufig beim Eintrocknen wirkungslos wird, was beim nicht
sauren Magenextract nicht der Fall ist. Allerdings muss auch noch
erwähnt werden, dass in dem fünfmal zur Verdauung verwendeten und
viermal der Dialysation ausgesetzt gewesenen Magensafte sehr viele
Pilze entstanden waren; diese können ebensowohl die Ursache der
Abschwächung der verdauenden Kraft abgegeben haben wie die Selbst¬
verdauung. Mag dem sein wie ihm wolle, so geht doch aus den an-
gestellten Versuchen hervor, dass derselbe Magensaft öfter zur Ver¬
dauung verwendet werden kann und dass die Schädigung desselben
durch Sclbstverdauung praktisch kaum in Betracht kommt.
Das Pepsin kann im lufttrockenen Zustande lange Zeit auf be¬
wahrt werden und ist, in verdünnter Salzsäure gelöst, wieder wirksam.
Salzsäurcextracte werden nach Trocknen bei 37—40° häufig unwirk¬
sam. Kochen raubt dem Pepsin seine Wirksamkeit. Jedes gekochto
Magenextract hatte seine verdauende Kraft eingebüsst. Am besten
wirkt das Pepsin bei einer Temperatur von 37 bis nahezu 60°. Aber
auch bei 20—24° übt es verdauende Wirkung aus, nur ist dieselbe
sehr verzögert 1 ). Bei 70° C. fand gar keine Verdauung mehr statt.
Weiteres kann über die Eigenschaften des Pepsin nicht angegeben
werden, da es uns nicht gelungen ist, dasselbe rein darzustellen.
Mikroskopische Untersuchungen der Extracte mit den schärfsten
Vcrgrösserungen und der Oelimmersion hatten keinen Erfolg in Bezug
Ä ) Bei dieser Temperatur wurden 2 Grm. Eiweiss von 20 Grm. Magensaft
aus 2 Grm. Extract anstatt in 12 Stunden in 8 Tagen gelöst. Fibrin wurde
ziemlich rasch bei 24° verdaut. Bei 30° C. wurden durch 20 Grm. Magensaft
von 2 Grm. Eiweiss in 14 Stunden 60 pCt.. bei 37° 100 pCt., ebenso bei 50
und auch bei 60 0 C. gelöst.
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188
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
auf den Nachweis eines geformten Ferments. Versuchsweise Culturen
konnten wegen Mangel der betreffenden Einrichtungen nicht angewandt
werden.
b. Labferment.
Das Extract der Curvat. major der frischen sowohl als der ge¬
trockneten Magenschleimhaut zweier Pferde bedingte bei neutraler
ßeaction Gerinnung der Milch zu festen Klümpchen. Das Extract
der Pylorusdrüsenregion zeigte diese Eigenschaft nicht. Daraus ergiebt
sich, dass nur in ersterer ein Labferracnt vorkoramt. Das Labferment
war durch Wasser, Glycerin, 0,2proc. Salzsäure, CINa-Lösung, salz¬
saures Glycerin extrahirbar. Jedes dieser Extracte bewirkte die be¬
kannte Veränderung der Milch. Das Ferment wurde durch Alkohol
gefällt. Der durch Ausfällen des Magenextractes mit Alkohol erhal¬
tene lufttrockene Niederschlag brachte die Milch zum Gerinnen. Das
Ferment ist schwer diffusibel und schwer oder nicht dialysirbar. Der
nach mehrtägiger Dialyse zurückbleibende Magensaft enthielt noch
Labferment.
Auch bei sechs successive an demselben Schleimhautstück der
Fundusdrüsenregion vorgenommenen Extractionen war in jedem Extract
Lab nachweisbar.
Verdünnte Säure hat auf Milch einen durchaus anderen Einfluss als Lab¬
ferment in saurer oder neutraler Lösung. Letzteres bewirkt feste, derbe, gelb¬
liche, erstere lockere, weiche, weisse Gerinnsel. Bei Einwirkung von Labferment
entstand oft ein einziger scheibenförmiger, gelber, fester Körper (Käse), der im
grauweissen Serum schwamm; die salzsauren Gerinnsel der Milch dagegen waren
weiss, locker, nicht zusammenhängend, das Serum weisslich, getrübt.
Es gelang uns, das Labferment nach Hammarsten mit Bleizucker oder
kohlensaurer Magnesia zu isoliren. Das Filtrat wirkte auf Milch, nicht aber auf
Eiweiss ein, d. h. es enthielt das Lab-, nicht aber das Pepsinferment. Auf Milch
wirkte es genau ebenso ein wie das Extract.
c. Milchsäureferment.
Bringt man Milchzucker mit Magenextract in den Brütofen, so tritt bald
saure Reaction auf; geschieht dasselbe mit Zucker oder Stärke und Magensaft
(also Extract -f- HCl), so stellt sich nach ca. 36 Stunden deutliche Milchsäure-
reaction ein.
Dies Alles gilt hauptsächlich vom Extract der grossen Curvatur. In einzel¬
nen Fällen machten wir jedoch dieselben Beobachtungen auch bei den Extracten
der Curvat. minor.
Daraus erhellt, dass die Fundusdrüsenregion regelmässig ein Milch-
säureferraent enthält, dass dagegen die Pylorusdrüsenabtheilung der
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
189
Schleimhaut meist frei davon ist. Das in einzelnen Fällen daselbst
gefundene Ferment darf als imbibirt angesehen werden.
Im Alkoholniederschlag der Fundusdriisonextracte findet sich das Milch¬
säureferment ebenso wie das Pepsin und Labferment vor. Der der Dialyse län¬
gere Zeit ausgesetzt gewesene Magensaft enthielt kein Milchsäureferment mehr,
ein Zeichen dessen, dass dieses Ferment im Gegensatzt zu Pepsin und Labfer¬
ment diffusibel ist. Die Wirkungen des Milchsäureferments wurden bei ursprüng¬
lich neutralen Flüssigkeiten einfach mit Lackmuspapier festgestellt. Der Eintritt
der sauren Reaction bewies, dass Milchsäuregährung eingetreten war. Bei sauren
Verdauungsflüssigkeiten wurde die Eisenchlorid-Carbolsäurereaction gemacht.
Sobald Gelbfärbung der violetten Flüssigkeit eintrat, war Milchsäure zugegen.
d. Fettferment.
Zur Prüfung des Glycerinextractes der Curvat. major auf Fett¬
ferment, d. i. der Frage, ob das Extract befähigt ist, Neutralfette
in Fettsäure und Glycerin zu spalten, benutzten wir Olivenöl, welches
zwar ganz frisch und von neutraler Reaction war, aber doch mit
kohlensaurem Natron schwach alkalisirt wurde, um etwa von vorn
herein vorhandene freie Fettsäure zu binden und zu beseitigen.
Von diesem Oel wurden zwei Portionen von 1 Grra. mit 4 Grm. Glycerin
und 40 Grm. Aq. dest., bezw. 4 Grm. Glycerinextract der Curvat. major und
40 Grm. Aq. dest. gemischt und zur 14 ständigen Digestion in den Brütofen
gestellt. Hierbei gingen wir von der Voraussetzung aus, dass, wie der pankrea-
tische Saft in alkalischen Flüssigkeiten die Spaltung der Fette bewirkt, auch das
Extract der Curvat. major von gleicher Wirkung sein würde, wenn in ihm ein
Fettferment enthalten ist.
Nach abgelaufener Digestionszeit wurden beide Flüssigkeiten mit Salzsäure
ganz schwach aber bleibend angesäuert und in graduirten, mit Stöpsel ver-
schliessbaren Cylindern mit gleichem Volumen Aether zu wiederholten Malen
durchgeschüttelt und dann so lange stehen gelassen, bis der Aether (nach 18
bis 20 Stunden) sich ganz klar aufgeschichtet hatte. Darnach wurde der die
Fette und Fettsäuren (wenn solche vorhanden) enthaltende Aether abgehoben und
im Cylinder mit verdünnter C0 3 Na 2 -Lösung wiederholt durchgeschüttelt und so
lange ruhig stehen gelassen, bis Aether und C0 3 Na 2 -Schicht sich vollkommen
abgeschieden und geklärt hatten. Wenn Fettsäuren zugegen, so waren diese durch
das kohlensaure Natrium verseift und nunmehr in der C0 3 Na 2 -Lösung enthalten;
der Aether wurde deshalb abgehoben und die unterstehende C0 3 Na 2 -Schicht auf
Gegenwart von Seife geprüft.
Durch Ansäuern seifenhaltiger alkalischer Flüssigkeiten mit Salzsäure oder
Schwefelsäure werden die Seifen zerlegt und Fettsäuren ausgeschieden, was sich
deutlich durch entstehende Trübung in der vorher ganz klaren Flüssigkeit zu
erkennen giebt. Schüttelt man dann die angesäuerte Flüssigkeit mit Aether, so
wird die trübe Flüssigkeit durch Lösung der Fettsäuren wieder klar. Der Aether,
abgehoben, hinterlässt beim Verdunsten auf Papier einen bleibenden Fettfleck,
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190
ELLENBERGER u. HOFMEISTER.
Werden grössere Mengen des abgehobenen Aothers verdunstet und der Rückstand
mit Natron versetzt, so entsteht schon in der Kälte Seife.
Keine dieser genannten Rectionen trat mit unseren Versuchsflüs¬
sigkeiten ein, woraus ohne weiteres folgt, dass das Extract der Curv.
major kein Fettferment enthält.
Auch die mikro-chemische Untersuchung der getrockneten Schleimhaut der
Curvat. major nach CI. Bernard 1 ) gab ein negatives Resultat. Man bereitete
sich eine Auflösung frischer neutraler Butter in Aether und eine conccntrirte
wässerige Lackmuslösung; die zu untersuchende Schleimhaut der Curvat. major
wurde gehörig mit Alkohol durchtränkt, darauf mit einigen Tropfen Butterlösung
benetzt, auf der Glasplatte ausgebreitet, mit Lackmuslösung tingirt, mit einem
Deckgläschen bedeckt und erwärmt. Trotz längerem Erwärmen im Brutofen blieb
der die Schleimhaut umgebende blaugefärbte Hof unverändert blau; hätte die
Schleimhaut Fettferment besessen, so würde sich der sie umgebende blaufarbige
Hof nach wenigen Augenblicken roth gefärbt haben, was aber erst dann geschah,
als freie Fettsäure (Stearinsäure) dazugesetzt wurde.
Wurden neutrale Fette der Einwirkung des Magensaftes länger als 12 —14
Stunden, z. B. 40—48 Stunden ausgesetzt, dann trat saure Reaction der
ursprünglich neutralen Flüssigkeiten ein. Dies erfolgte auch bei Anwendung des
lufttrockenen, in Wasser gelösten Alkoholniederschlages des Magenextractes, nicht
aber mit neutralem dialysirtem Magensaft.
Daraus darf geschlossen werden, dass sich in der Schleimhaut
des Magens ein Fettferment, das leicht diffusibel und in Alkohol
fällbar ist, in solchen Spuren findet, dass es bei der gewöhnlichen
Dauer der Magenverdauung seine Wirkung nicht entfalten kann.
c. Diastatischcs Ferment.
In dem Extract der Magenschleimhaut findet sich ein diastatischcs
Ferment 2 ), aber in so geringer Menge, dass seine Wirksamkeit ebenso
wenig in Betracht kommt wie die des Fettferments.
f. Cellulose verdauendes resp. spaltendes Ferment.
Zur Erledigung der Frage, ob sich im Magenextract ein die
Cellulose verdauendes resp. spaltendes Ferment findet, wur¬
den von auf das Feinste auf der Mühle gemahlenem Wiesenheu vier
Portionen entnommen und diese bei 110° C. getrocknet und gewogen.
Diese vier Portionen erfuhren jede für sich gleichzeitig und ganz gleich-
massig folgende Behandlungsweise:
*) Physiologie von Funke, Bd. I, S. 203, 1876.
2 ) Ellenberger u. Hofmeister, Die Verbreitung des saccharificirenden
Ferments im Pferdekörper. Dies. Arch. Bd. VII, S. 91.
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
191
1. Mit 150 Ccm. Aq. dest. auf Wasserbad bei 40° C. 2 ständig digerirt,
filtrirt und gewaschen.
2. Rückstände mit 150 Ccm. 3proc. S0 4 H 2 2 Stunden lang auf Wasser¬
bad, unter Erneuerung des verdampften Wassers gekocht, filtrirt und ausge¬
waschen.
3. Rückstände mit 150 Ccm. 3proc. Natronlauge 2 Stunden lang auf Was¬
serbad gekocht unter Erneuerung des verdampften Wassers, filtrirt und gewaschen.
4. Von den Rückständen gelangte die 1. und 2. Portion mit 10 Ccm.
Extract der Curvat. major -f- 100 Ccm. 0,2proc. HCl versetzt, und die 3. und
4. Portion nur mit 100 Ccm. 0,2proc. HCl gemischt, also ohne Pepsin, in den
Brutofen und digerirten daselbst 30 Stunden lang; nachher wurde Portion 1, 2,
3 und 4 gut ausgewaschen, die Waschwässer zur weiteren Untersuchung reservirt,
die völlig ausgewaschenen Rückstände aber getrocknet und gewogen.
Man ging von der Voraussetzung aus, dass, wenn der Magensaft Heusub¬
stanz resp. dessen Cellulose löse, so müssten die Gewichtsmengen der zurück¬
gezogenen Digestionsrückstände diflferiren, und zwar müsse Portion 1 und 2
weniger Rückstand hinterlassen als Portion 3 und 4, in den Waschwässern aber
von Portion 1 und 2 müssten sich die gelösten Produote finden.
Die Resultate sind folgende:
Trockensubstanz Trockenrückstand
1. 4,041 Grm. Heu hinterliessen 1,327 Grm. = 32,8 pCt.
2. 4,038 - - - 1,315 - = 32,5 -
3. 4,181 - - - 1,336 - = 31,9 -
4. 4,221 - - - 1,362 - = 32.3 -
Hiernach sind die Rückstände sämmtlicher Portionen absolut
gleich; es ist durch Magensaft aus Portion 1 und 2 absolut nichts
gelöst; der Magensaft greift also die Cellulose nicht an. Die
Untersuchung der Waschwässer nach der Digestion im Brutofen ergab
ebenso wenig ein Resultat; eine Spur Zucker fand sich in den mit
HCl, nicht aber mit Magensaft behandelten Heuportionen.
B. Die Wirkung des Magensaftes auf verschiedene thic-
rische Gewebe und Organe.
Zu diesen Experimenten wurde ein Magensaft verwendet, welcher
aus 1 Theil Extract der Fundusdrüsenregion und 10 Theilen einer
0,2proc. HCl oder 0,1—0,2proc. Milchsäure + 0,lproc. HCl her¬
gestellt wurde. Die Verdauungszeit betrug gewöhnlich 12— 14 Stunden.
1) Setzt man feine entfettete Knochenstücko folgender Wir¬
kung aus:
a) einer 0,2proc. HCl,
b) eines Extractes der Curvat. major -f- HCl,
c) eines Extractes der Curvat. minor -j- HCl,
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192
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
so ist der Verlust, den diese Knochenstücke in 14 Stunden erleiden,
bei allen dreien ziemlich gleich, aber bei b trifft man Peptonreaction
an und findet bei längerer Einwirkung totale Zerstörung statt, bei a
und c nicht.
Damit ist bewiesen, dass der Pferdemagensaft auch Knochen ver¬
dauen kann. Er löst nicht nur vermöge seines Säuregehaltes die
Kalksalze, sondern durch Pepsinwirkung auch das Ossein; bei langer
Einwirkung des Magensaftes werden kleine Knochenstückchen ganz
aufgelöst.
Von je 2 Grm. hyalinem Knorpel mit 0,569 resp. 0,581 Grm.
Trockensubstanz lösten 20 Grm. der 0,2proc. Salzsäure in 15 Stun¬
den 14 pCt. und 20 Grm. künstlicher Magensaft = 47 pCt. Liess
man Knorpel mit Magensaft längere Zeit (6—8 Tage) stehen, so
wurde ersterer ganz gelöst. Demnach verdaut der Magensaft Knorpel.
3) Von je 2V 4 Grm. Sehne mit ca. 0,9 Grm. Trockensubstanz
löste die Salzsäure in 24 Stunden 70 pCt., der Magensaft 92 pCt.
Sehnen sind demnach leicht verdaulich.
4) Elastisches Gewebe. In 24 Stunden'wurden von je 2,326
Grm. Nackenband mit 1,021 Grm. Trockensubstanz durch 0,2proc.
Salzsäure nur 14 pCt. und durch Magensaft 36 pCt. gelöst. Bei län¬
gerer Einwirkung gelangten aber auch die Stücke vom Nackenband
vollständig zur Lösung. Das elastische Gewebe ist demnach verdau¬
lich, aber bedeutend schwerer als Bindegewebe, und die Zeit der
Magenverdauung reicht nicht aus, um bedeutende Mengen elastischer
Substanz zu lösen. Für die Verdauung von Bindegewebe dagegen ge¬
nügt die Zeit der Magendigestion.
5) Brachte man Fettgewebe mit Salzsäure einerseits und Ma¬
gensaft andererseits in den Brütofen, so trat der Unterschied der Wir¬
kung beider Flüssigkeiten bald scharf hervor.
Durch die Wirkung des Magensaftes wurden die Fetttropfen massenhaft
frei und schwammen in der Flüssigkeit, das Gerüst wurde immer mehr und
mehr verdaut, es trat Peptonreaction auf. Bei der Salzsäure fehlte die Pepton¬
wirkung und es schwammen nur wenig Fetttropfen in der Flüssigkeit.
Der Magensaft verdaute von 2 Grm. Fettgewebe in 14 Stunden
95 pCt., d. h. er löste das bindegewebige Stützgewebe und die Zellen¬
membranen auf, so dass nur noch Spuren desselben zurückblieben.
Der Magensaft machte die Fetttropfen, die in Zellen eingeschlossen
waren, frei, die 0,2proc. Salzsäure allein vermochte das nicht.
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Verdaunngssäfte und Verdauung des Pferdes. 193
6) Fettemulsionen wurden durch künstlichen Magensaft nicht
verändert
7) Rohes Fleisch wurde vom Magensaft sehr leicht verdaut;
aber auch HCl allein löste etwas vom Fleische auf.
8) Horngewebe wurde durch Magensaft nur sehr wenig ange¬
griffen. Dass aber auch dieses Gewebe etwas verdaut wird, lehrte
folgender Versuch: Brachte man in den Veraduungsofen Hornstück¬
chen mit Salzsäure einerseits und mit Magensaft andererseits, so trat
bei letzterem nach einiger Zeit Peptonreaction auf, bei ersterem nicht.
9) Wurden Epithelhäute mit Magensaft behandelt, so blieben
die obersten, verhornten Schichten in zusammenhängenden Fetzen er¬
halten, die unteren Schichten zeigten zunächst Isolation ihrer Zellen,
später wurden die Zellen vollständig aufgelöst und verdaut. Künst¬
licher Magensaft ist ein sehr gutes Mittel zum Isoliren der Zellen
mehrschichtigen Plattenepithels. Lässt man ihn auf eine mit solchem
Epithel bedeckte Haut einwirken, so hebt sich das Epithel bald ab
und die Zellen sind isolirt. Der Magensaft^ verdaut zunächst die Kitt¬
substanz der Zellen, dadurch werden sie isolirt, dann verdaut er auch
die nicht verhornten Zellen, während die verhornten Zellen ihm wi¬
derstehen
10) Leim 1 )-
Es gelangten a) Leim mit einer 0.2proc. HCl allein,
b) Leim mit Extract allein,
c) Leim mit künstlichem Magensaft in den Brutofen.
Nach 14 Stunden herausgenommen, hatte der Leim b sein Gelatinirvermögen
durchaus bewahrt. Dagegen gelatinirte a zunächst nicht, aber nach einigen Stun¬
den; c gelatinirte überhaupt nicht mehr. Mischung a gelangte nun noch 24
Stunden in den Brutofen. Die Gelatinirbarkeit war zwar sehr verlangsamt, aber
noch erhalten, ebenso nach nochmaligem I2stündigen Stehen im Brutofen.
Die Mischungen a und c gelangten auf den Dialysator zum Diffundiren
gegen destillirtes Wasser. Mischung a difTundirte selbst nach Tagen nicht; Mi¬
schung c diffundirte bald. Die stattgehabte Diffusion wurde durch Prüfung der
ursprünglich aus destillirtem Wasser bestehenden Aussenflüssigkeit mit Gerbsäure
nachgewiesen. Sobald Gerbsäure einen Niederschlag gab, war die Gegenwart des
Leimes erwiesen.
Durch die Einwirkung des Magensaftes verliert der Leim seine
Gelatinirbarkeit und wird diffusibel.
Zum Schlüsse dieses Kapitels sei noch der Frage gedacht: pro-
*) Fe de, Metzner, Bericht über die Fortschritte der Anatomie und Phy¬
siologie von Henle, Keferstein und Meissner pro 1860 und 1868.
13
Arehiv f. wissentoh. u. prakt. Thierheilk. IX. 3.
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194
ELLENBERGER a. HOFMEISTER,
ducirt resp. enthält auch die entzündete Magenschleimhaut
Pepsin? Wir machten Extracte von einer schwach entzündeten Ma¬
genschleimhaut und prüften dessen verdauende Kraft auf Eiweiss in
Verbindung mit HCl und fanden, dass kein Eiweiss gelöst wurde,
dass demnach die Extracte kein Pepsin enthielten. Es geht daraus
hervor, dass eine entzündete Magenschleimhaut kein Pepsin bildet.
In Folge dessen müssen schwere Störungen der Magenverdauung
auftreten.
Die Ergebnisse der vorstehenden Untersuchungen sind, kurz zu¬
sammengefasst, folgende:
1. Das Magenextract der Fundusdrüsenregion unterscheidet sich
wesentlich von dem der Pylorusdrüsenregion. Es enthält mehr Mucin,
mehr Säure und mehr Fermente; in ihm finden sich verdaute, im
Pylorusdrüsenextract unverdaute Eiweisskörper.
2. Die Drüsenschleimhaut des Magens enthält sowohl Salz- als
Milchsäure. Der Säuregrad scheint 0,04 pCt. kaum zu übersteigen.
3. Im Pferdemagensaft resp. dem Fundusdrüsenextract findet sich
ein sehr wirksames proteolytisches Ferment, welches alle Eiweiss¬
körper (Casein, Fibrine, Albumine) in Pepton und den Leim in der
Weise umwandelt, dass derselbe leicht diffusibel wird und seine Gela-
tinirbarkeit verliert.
Das Ferment ist sehr schwer diffusibel, in Wasser, Glycerin,
schwachen Salz-, Säure- und Alkalilösungen löslich, durch Alkohol,
Bleizucker, kohlensaure Magnesia u. s. w. fällbar. Es wirkt nur in
Gegenwart von Säuren proteolytisch, wird durch Fäulniss- und Alko-
holgährung zwar zerstört, widersteht aber lange; die Milchsäuregäh-
rung beeinträchtigt das Ferment in seiner Wirkung nicht, wenn nicht
die Milchsäureconcentration einen sehr hohen Grad erreicht. Die pro¬
teolytische Wirkung erfolgt am besten bei Gegenwart einer 0,15- bis
0,5proc. Salzsäure. Die Salzsäure ist durch organische Säuren glei¬
cher Concentration nicht ersetzbar. Erst eine 2proc. Milchsäure
leistet nahezu dasselbe, wie eine 0,2proc. HCl. Die Milchsäure kann
aber die Salzsäure in ihren Wirkungen unterstützen, sodass eine
0,lproc. und noch schwächere Salzsäure bei Gegenwart von einer
0,1—0,5proc. Milchsäure ebenso gut wirkt, wie die 0,2proc. HCl.
Zu viel Säure beeinträchtigt die Pepsinwirkung ebenso wie zu
wenig Säure. Während bei Gegenwart einer 0,05 proc. HCl das Pepsin
gar nicht und bei 0,1 proc. nur unvollkommen wirkt, tritt auch schon
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
195
durch eine 0,6proc. HCl eine Beeinträchtigung der Fepsinwirkung
ein. Viel Milchsäure im Magen stört die Magenverdauung ebenfalls
und zwar durch Reizung der Magenschleimhaut.
Das Pepsin muss in gewissen Mengen in der verdauenden Flüs¬
sigkeit sein, um wirken zu können. Seine Wirksamkeit steigert sich
mit der Zunahme seiner Menge bis zu einem gewissen Grade. Eine
weitere Steigerung des Pepsingehalts ist nutzlos, ja sogar schädlich.
Das Pepsin wirkt nur in Gegenwart von Wasser und am besten
bei einer Temperatur von 37—55° C. Steigerung und Sinken der
Temperatur bewirkt Störungen. Steigt die Temperatur über 60°,
dann wird das Pepsin wirkungslos. Gekochter Magensaft verdaut
nicht. Das Pepsin verdaut sich nicht selbst, oder wenigstens ausser¬
ordentlich langsam.
4 . Der reine Pferdemagensaft enthält ein Lab-, Milchsäure-,
Fett- und Stärkeferment, die letzteren beiden aber in so unbedeuten¬
der Menge, dass sie nicht in Betracht kommen. Diese Fermente sind
sämmtlich durch Alkohol fallbar. Das Labferment ist schwer oder
nicht diffusibel, die anderen Fermente dagegen sind diffusibel.
5. Der Pferdemagensaft verdaut die Cellulose nicht.
6. Derselbe verdaut dagegen Bindegewebe, Fettgewebe, Knorpel,
Fleisch leicht. Knochen und elastisches Gewebe werden von dem¬
selben auch verdaut, aber langsamer, schwerer. Horngewebe wird
vom Pferdemagensaft nur wenig angegriffen.
7. Die Schleimhaut der Portio cardiaca des Pferdemagens ent¬
hält nur Spuren eines proteolytischen Ferments und geringe Mengen
von Säure. Da diese Schleimhaut von mehrschichtigem Plattenepithel
bedeckt ist und weder Drüsen noch Follikel enthält, müssen diese
Stoffe als imbibirt angesehen werden.
8. Die entzündete Magenschleimhaut producirt kein Pepsin.
9. Pepsinlösungen resp. Extracte der Magenschleimhaut können
in schwacher Carboi- oder Salycilsäurelösung oder in einfachem Glycerin
lange Zeit aufbewahrt werden, ohne an ihrer Wirksamkeit einzubüssen.
10. Der Inhalt der rechten Hälfte des Pferdemagens zeigt keine
oonstanten Unterschiede, namentlich in Bezug auf seinen Säuregrad,
von dem der linken Hälfte.
NB. Die im Artikel mehrfach gebrauchten Ausdrücke salzsaures und milch-
saures Glycerin sind der Kürze halber für Mischungen der betreffenden Säuren
mit Glycerin angewandt worden.
13*
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VII.
Ueber die Lungenseuoheimpftmg.
Von
F. Roloff.
Von Bouley 1 ) und nach ihm von verschiedenen anderen Sachver-
ständigen, namentlich auch von Willems, wurde vor etwa 1V 2 Jahren
die Ansicht geäussert, dass die Schutzkraft der Lungenseucheimpfung
ganz sicher auf dem Wege der Reinoculation geprüft werden könne.
Es ist klar, sagt Bouley, dass, wenn die Impfung der Lungenseuche
eine Immunität erzeugt, diese Immunität durch das Ausbleiben der
Wirkung einer zweiten Inoculation sicher bewiesen wird, namentlich
wenn die zweite Impfung an einer Stelle ausgeführt wird, an welcher
sich viel Bindegewebe findet, wie am Triel, wo sonst schnell und fast
immer tödtliche Anschwellungen entstehen. Derselbe impfte 14 Kühe,
welche früher bereits einmal geimpft waren, und von diesen Thieren
zeigten 7 gar keine Reaction, während bei den übrigen 7 nach der
zweiten Impfung nur eine kleine Anschwellung entstand. Die ersten
7 Thiere waren nach Bouley’s Ansicht in Folge der ersten Impfung
vollständig, die anderen 7 nahezu immun geworden.
Auch Willems 2 ) hat eine Anzahl Thiere, die bereits einmal
geimpft waren, einer zweiten Impfung unterworfen. Die zweite Impfung
wurde an bindegewebsreichen Theilen, an der Kruppe, am Halse, am
Triel etc., vorgenommen, und es entstand in Folge derselben gar keine
oder doch nur eine unerhebliche Anschwellung. Gleichzeitig und mit
derselben Lymphe wurden allemal andere Thiere, die bis dahin noch
nicht geimpft worden waren, am Schwänze geimpft, und bei letzteren
*) Archives vetör., Septbr. 1881.
2 ) Annales de Med. veter., Juni 1881.
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Lungenseucheirapfung.
197
zeigten sich dann meist die örtlichen Erscheinungen einer gelungenen
Impfung. Willeras kommt nach seinen Versuchen ebenfalls zu dem
Schluss, dass diejenigen Thiere, bei welchen nach der zweiten Impfung
keine Anschwellung entstand, vollständig immun waren, und dass die
Thiere, bei welchen noch ein örtlicher Erfolg eintrat, doch nicht mehr
die volle Empfänglichkeit besassen. Leider hat Willems seine Ver¬
suche nicht so genau beschrieben, dass man sich ein eigenes Urtheil
bilden kann.
Nach Bouley ist nun durch seine Versuche die Schutzkraft der
Impfung erwiesen. Die langwierigen und kostspieligen Versuche, die
geimpften Thiere mit lungenseuchekranken in Berührung zu bringen,
um sie auf ihre Immunität zu prüfen, erklärt er für überflüssig. Da
sich aber bei den Versuchen herausstellte, dass die zweite Impfung
bei einem Theil der Thiere noch eine, wenn auch nicht gefährliche
Anschwellung hervorrief, und da diese Thiere daher noch nicht als
ganz immun betrachtet werden konnten, so halten Bouley sowohl
als auch Willems eine zweimalige Impfung, das erste Mal am
Schwänze und das zweite Mal an einer bindegewebsreichen Körper¬
stelle, für erforderlich. Willems bemerkt ausdrücklich, dass eine
einmalige Impfung nicht sicher vor der Ansteckung schütze. Dies
hätten mehrere Destillateure in Hasselt bereits eingesehen; dieselben
Hessen daher ihr Vieh regelmässig zwei Mal impfen, und in den Ställen
dieser Destillateure kämen Fälle von Lungenseuche viel weniger häufig
vor, als in den Ställen derjenigen Destillateure, welche diese weise
Praxis nicht befolgen *). Solche Aeusserungen von Seiten der ältesten
und eifrigsten Vertheidiger der Impfung kommen unerwartet; denn
bisher galten ja diejenigen für arge Ketzer, welche noch daran zwei¬
felten, dass zahllose sichere Beobachtungen, namentlich die Erfahrungen
in Hasselt, die Schutzkraft der gebräuchlichen einmaligen Impfung
hinreichend erwiesen hätten.
Die Behauptung, dass die Schutzkraft der Impfung bei Wieder¬
impfungen erprobt werden könne, beruht auf der Voraussetzung, dass
die Anschwellung an der Impfstelle die Wirkung des Lungenseuche¬
virus ist. Das ist jedoch noch nicht erwiesen; denn die aus den ent¬
zündeten Lungen entnommene Lymphe enthält nicht blos das speci-
fische Lungenseuchevirus, sondern daneben meist noch andere Stoffe,
die eine Entzündung erregen können. Das Virus an sich ist noch
*) Annales de Med. veter., October 1881.
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198
ROLOFF,
nicht bekannt; wir wissen nicht, ob und in welcher Menge wir es in
dem einzelnen Falle mit dem flüssigen Exsudat einimpfen, und ob es
sich an der Impfstelle regenerirt. Verschiedene Gründe stehen der
Annahme, dass das Lungenseuche virus die Entzündung an der Impf¬
stelle errege, entgegen, namentlich die auffallenden Verschiedenheiten
in dem Verlaufe des örtlichen Processes und der Umstand, dass die
Anschwellungen entweder ausbleiben oder doch nicht erheblich werden,
wenn möglichst frisches und reines Exsudat eingeirapft wird.
Wir verfahren bei der Entnahme der Lymphe wie folgt: Unmit¬
telbar nach dem Schlachten des lungenseuchekranken Thieres werden
die Lungen exenterirt und auf eine reine, Unterlage gelegt. Dann
werden von den frisch entzündeten (aber nicht blos ödematösen) Par¬
tien dünne Scheiben abgetragen, und dabei werden die Schnitte so
geführt, dass nicht mittelst des Messers Stoffe aus den älteren Ver¬
härtungen auf die Schnittflächen übertragen werden. Die dünnen
Scheiben werden in eine Schale gelegt und das austretende flüssige
Exsudat wird in kleine Fläschchen gefüllt, die behufs schneller Ab¬
kühlung in kaltes Wasser getaucht und fest verschlossen werden.
Instrumente, Schale und Fläschchen sind vorher gründlich gereinigt
und desinficirt. Wird die Lymphe nicht sofort verwendet, so muss
sie kalt, bei warmer Witterung wo möglich in Eis aufbewahrt werden.
Bei diesem Verfahren wird das Lungenseuchevirus sicher nicht
zerstört, die Beimischung anderer reizender Stoffe oder deren nach¬
trägliche Entstehung in der Lymphe aber möglichst verhütet Nach
der Impfung mit solcher Lymphe haben wir verhältnissmässig selten
erhebliche Anschwellungen eintreten sehen, namentlich dann nicht,
wenn die Injection mittelst einer Spritze mit recht dünner Spitze
geschah, sodass die Hautwunde sich schnell schloss. Die Schutzkraft
der Impfung soll ja auch von der Grösse der Impfgeschwulst nicht
abhängig sein. Willems behauptet zwar, dass sich namentlich die¬
jenigen Thiere immer vollkommen immun gezeigt hätten, welche in
Folge der Impfung einen Theil des Schwanzes verloren hatten. An¬
dere Sachverständige sind jedoch der Ansicht, dass die starken, bran¬
digen Anschwellungen nicht erwünscht seien.
Bruylants und Verriest 1 ) unternahmen die künstliche Her¬
stellung der Lymphe, weil sie der Ansicht waren, dass die natürliche
Lungenlymphe nicht rein und dass die nach der Einimpfung der-
') Annales de Med. veter., Dccember 1880.
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Lungenseucheimpfung.
199
selben entstehende Phlegmone septischer Natur und die Folge der
Unreinigkeit der Lymphe sei. Die künstlich bereitete Lymphe soll
das Lungenseuche virus, d. i. den eigentümlichen Mikrococcus, ohne
fremde Beimischungen enthalten. Die Bereitung geschieht in folgen-
der Weise: In die kranken Partien der sofort nach dem Schlachten
des Thieres herausgenoramenen Lungen werden mit einem ausgeglühten
Messer und unter Carbolspray tiefe Einschnitte gemacht, und von dem
in den Schnitten sich ansammelnden Serum werden einige Tropfen zu
20 Grm. einer Nährflüssigkeit (Bouillon von Rindslungen oder von
Rindfleisch, oder Liebig’sche Bouillon) im Reinculturapparat hinzuge¬
fügt. Die besamte Flüssigkeit bfeibt bei 19° C. stehen. Ara 2. Tage
erscheint die Flüssigkeit stark getrübt; sie enthält dann grosse Men¬
gen Coccen von verschiedener Grösse, theils isolirt, theils zu mehreren
vereinigt, theils lange Ketten bildend. Die isolirten Coccen bewegen
sich lebhaft, weniger lebhaft die Ketten. Von dieser Flüssigkeit wer¬
den wieder einige Tropfen zu frischer Nährflüssigkeit gesetzt, die nun
dauernd auf 38—39 °C. erwärmt wird. Diese zweite Cultur erscheint
schon nach 24 Stunden stark getrübt, und in derselben finden sich
wieder sehr viele Coccen. Von dieser Cultur wird dann ein Tropfen
einer neuen Quantität Nährflüssigkeit hinzugefügt und so fort bis zur
7. Cultur. Die bei der fractionirten Züchtung gewonnenen, verschie¬
den grossen, theils isolirten, theils lange Ketten bildenden Coccen,
welche aus der Flüssigkeit stammen, die sich in tiefen Einschnitten
in die kranke Lunge ansammelte, sollen die das Lungenseuchevirus
darstellenden specifischen Organismen sein. Das ist nicht gerade un¬
möglich; wenn man aber die Flüssigkeit aus # den kranken Lungen
von Thieren, die wegen Lungenseuche geschlachtet sind, öfter auf die
darin vorkommenden verschiedenen Organismen untersucht hat, so
kann man jener Annahme nicht ohne weiteres zustiramen. Die Wir¬
kung der Lymphe war eine erwünschte; denn von 74 Thieren, die
Willems zuerst damit impfte, bekamen 22 Stück gar keine und 52
Stück nur eine erbsen- bis nussgrosse Anschwellung an der Impf¬
stelle, und auch spätere Impfungen mit der gleichen Lymphe hatten
nur ausnahmsweise böse Folgen. Ebenso günstige Erfolge erzielte
Willems aber auch bei Impfungen mit dem flüssigen Exsudat aus
den Impfgeschwülsten. Diese Lymphe sei ebenso wirksam wie Lymphe
aus den kranken Lungen und gleichzeitig mitigirt, um so mehr, wenn
sie aus einer späteren Generation der Geschwülste stamme. An eine
solche Mitigirung durch wiederholte tJeberimpfung hat man bekanntlich
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ROLOFF,
früher auch bei der Schafpockenimpfung gedacht, bis genaue Unter¬
suchungen und Versuche den Irrthum aufdeckten. Die mildere Wir¬
kung des Exsudats von frischen und gutartigen Impfgeschwülsten
hängt damit zusammen, dass es reiner ist, als das mit der Luft in
Berührung befindliche Exsudat in den Lungen. Eine Mitigirung des
Contagiums findet in der Impfgeschwulst sicherlich nicht statt.
Von der Ansicht ausgehend, dass die Anschwellung an der Impf¬
stelle überhaupt nicht wesentlich sei, wenn die Lymphe nur in das
Blut komme, und in Nachahmung der Impfung gegen Rauschbrand
haben Thiernesse und Degive 1 ) Lymphe unmittelbar in die Vene
injicirt. Die Thiere wurden geworfen, die Jugularis am Halse frei¬
gelegt und 2 Grm. filtrirter Lungenlymphe in dieselbe eingespritzt.
Nach der Injection trat vorübergehend eine Erhöhung der Körper¬
temperatur um 2—3°C. ein. Die 4 Thiere, bei welchen im Februar
bezw. im März die Injection gemacht war, wurden ira Mai je zwei Mal
am Triel geimpft („dans une region defendue sous peine de raort tt ),
und danach bildete sich allemal nur eine kleine, höchstens taubenei-
grosso Anschwellung. Als dann aber am 3. August eine dritte Im¬
pfung am Triel vorgenommen wurde, entstand eine Geschwulst von
dem Umfange einer grossen Faust, die erst nach 3—4 Wochen wieder
verschwand. Dass sich bei der dritten Probeimpfung noch eine so
grosse Geschwulst bildete, war nach Ansicht der Experimentatoren
die Folge davon, dass die Lymphe, welche erst zwei Tage nach dem
Schlachten eines lungenseuchekranken Thieres aus dessen Lungen ent¬
nommen war, neben dem Lungenseuchevirus noch Elemente der Sep-
tikämie enthielt. Wären die Thiere nicht in Folge der Injection von
Lymphe in die Vene gegen Lungenseuche immun gewesen, so würde
schon nach den ersten Probeimpfungen am Triel eine tödtliche An¬
schwellung entstanden sein. Eine solche tödtliche Anschwellung ent¬
stand in der That bei zwei Thieren, die am 12. Juni resp. am 2. August
am Triel geimpft wurden, ohne dass vorher eine Injection von Lymphe
in die Vene gemacht war. Bei der Impfung des einen Thieres war
frische Lymphe verwendet, bei dem anderen Thiere jedoch Lymphe,
die man auch erst am Tage nach dem Schlachten aus der kranken
Lunge entnommen hatte. Dass die bei den letzteren beiden Impfun¬
gen verwendete Lymphe keine Elemente der Septikämie enthalten hat,
ist nicht dargethan; und wir vermuthen, dass recht viele solche Ele-
l ) Arcbives veter., Novbr. 1882.
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Lungenseucheimpfung.
*201
mente darin gewesen sind, denn nach unserer Erfahrung ist eine
Impfung am Triel mit reiner Lymphe nicht so gefährlich, wie Thier¬
nesse und Degive glauben. Wenn die Controlimpfungen etwas be¬
weisen sollten, so mussten sie zu gleicher Zeit und in jeder Beziehung
übereinstimmend mit den Probeimpfungen bei den vorher der Schutz¬
impfung unterworfenen Thieren vorgenommen werden.
Im Aufträge des Herrn Ministers für Landwirthschaft etc. haben
wir in neuerer Zeit bei der hiesigen Thierarzneischule verschiedene
Irapfversuche ausgeführt.
Zu diesen Versuchen wurden zunächst zwei Thiere in einem besonderen
Stalle aufgestellt, und zwar:
No. 1 eine Jahre alte, sehr gut genährte westerwälder Kuh, welche
zwei Jahre vorher direct vom Westerwalde bezogen war und seitdem
in dem Kuhstalle der Thierarzneischule gestanden hatte. Die Kuh war
gesund, hatte die Lungenseuche noch nicht überstanden, war auch
nicht der Ansteckung verdächtig.
No. 2 eine 1* jährige, massig gut genährte Färse von der Landrace,
welche in einem Dorfe in der Nähe von Berlin gezogen war, wo seit
Menschengedenken Lungenseuche nicht geherrscht hatte.
Beide Thiere wurden am 29. September 1881 von dem Herrn Kreisthierarzt
Ziegenbein geimpft. Wir wünschten, dass Herr Ziegenbein einige Vers uchs-
thiere impfe, um dem etwaigen Einwande, die Operation sei nicht zweckmässig
ausgeführt, zuvorzukommen; ein Einwand, der, so sonderbar er dem Sachverstän¬
digen erscheinen muss, in der That schon wiederholt gemacht ist, wenn Impfun¬
gen nicht den erwünschten Erfolg hatten. Die Lymphe, welche Herr Ziegenbein
mitbrachte, war von demselben zwei Tage vorher aus der Lunge einer wegen
Lungenseuche geschlachteten Kuh entnommen. Sie war klar und von dunkelwein¬
gelber Farbe. Die Impfung geschah mittelst einer Sticker’schen Nadel, deren
Spitze etwas schmaler als gewöhnlich ist, bei der Kuh an der hinteren und bei
der Färse an der vorderen Fläche des Schwanzes, etwa 10 Cm. oberhalb der
Spitze.
Die Stichwunden verheilten schnell. Bei der Färse zeigte sich nach der
Impfung an der Impfstelle oder überhaupt am Schwänze keine Spur einer Reac-
tion. Bei der Kuh entwickelte sich vom 10. October ab bis zum 15. October
dicht oberhalb der Stelle des Einstichs eine Anschwellung der Haut und der
Unterhaut, welche den Schwanz umfasste, unten scharf absetzte und etwa 4 Cm.
höher allmählich auslief. Die Anschwellung war so gering, dass sie nicht zu
sehen, sondern nur bei ganz genauer Untersuchung zu fühlen war und bei ge¬
wöhnlicher Untersuchung wahrscheinlich unbemerkt geblieben wäre. Sie war
bereits am 19. October vollständig wieder verschwunden.
Das Allgemeinbefinden der Thiere zeigte nach der Impfung keine Verände¬
rung. Vom Tage der Impfung bis zum 20. October, mithin 3 Wochen lang,
wurde die Körpertemperatur, anfangs täglich zweimal, vormittags 9 Uhr und
nachmittags 4 Uhr, später täglich einmal, und zwar abwechselnd vormittags und
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ROLOFF,
nachmittags gemessen. Sie betrug bei der Färse vormittags 38,1—38,4° C.,
nachmittags 38,ö—38,7°C., und bei der Kuh vormittags 37,9—38,3°C.,
nachmittags 38,1—38,4° C.
Am 22. October 1881 wurden beide Thiere von uns zum zweiten Male
geimpft. Die Lymphe war Tags vorher in einer benachbarten Ortschaft aus der
frisch erkrankten Partie der Lunge einer wegen Lungenseuche geschlachteten
Kuh entnommen. Sie sah gelblichroth aus und war ziemlich klar. Die Impfung
geschah nach dem in Holland üblichen Verfahren*, mittelst einer grossen Impf¬
nadel, an welcher eine Fläche ausgehöhlt ist, wurden am Schwänze, gegenüber
der Einstichsteile bei der ersten Impfung, einige Tropfen Lymphe unter die Ober¬
haut gebracht. Eine Anschwellung trat nach der Impfung nicht ein.
Am 8. November 1881 wurden beide Thiere zum dritten Male geimpft, und
zwar die Kuh wiederum am Schwänze an der Stelle der zweiten Impfung, die
Färse am Triel. Jedem Thiere wurde an der genannten Stelle mittelst einer Pra-
vaz’schen Spritze 1,5 Ccm. Lymphe vorsichtig in die Unterhaut injicirt. Die
Lymphe war Tags vorher aus dem frisch erkrankten Abschnitte der Lunge einer
wegen Lungenseuche geschlachteten Kuh entnommen. Dieselbe sah weingelb aus
und war ganz klar. Bei der Kuh entwickelte sich vom 15. November ab an der
Impfstelle eine etwa 1 \ Cm. lange, den Schwanz umfassende, auf Druck sehr
empfindliche Anschwellung, die etwa 5 Tage lang zunahm, aber unerheblich
blieb, und darauf binnen 8 Tagen sich wieder verlor. Bei der Färse zeigte sich
6 Tage nach der Impfung am Triel eine ca. 4 Cm. lange und ebenso hohe (von
dem Rande des Triels gegen das Brustbein) Anschwellung, die so breit war, dass
die Hautfalte den doppelten Durchmesser wie in der Nachbarschaft besass. Diese
geringe Anschwellung war bereits am 16. November bis auf eine kleine harte
Geschwulst von der Grösse des letzten Fingergliedes wieder verkleinert, um sich
dann allmählich ganz zu verlieren. Eine abnorme Erhöhung der Körpertempera¬
tur trat bei den beiden Thieren nicht ein; die höchste Temperatur wurde am
18. November nachmittags ermittelt, nämlich bei der Kuh 38,7 und bei der
Färse 38,9 °C.
Am 18. Januar und am 1. Februar 1882 wurden beide Thiere zum vierten
bezw. zum fünften Male, die Kuh am Schwänze, die Färse am Triel geimpft, in
der Weise, dass mittelst einer Pravaz’schen Spritze 2 Ccm. frische Lymphe aus
einer kranken Lunge in die Unterhaut eingespritzt wurde. Beide Impfungen
blieben ohne örtlichen Erfolg.
Am 2. November 1881 waren noch drei Thiere in den Versuchsstall ein¬
gestellt:
No. 3 eine Kuh,
No. 4 eine 1$jährige Färse und
No. 5 ein 2 Monate altes Kalb.
Die Kuh und die Färse stammten aus einem Orte, der notorisch seit Jahren seu¬
chefrei gewesen war; das Kalb war in dem Kuhstalle der Thierarzneischule ge¬
boren. Diese drei Thiere wurden am 8. November zum ersten Male geimpft, und
zwar die Kuh und das Kalb am Schwänze und die Färse am Triel. Die Impfung
geschah durch Injection der Lymphe in die Unterhaut, wie bei den gleichzeitig
geimpften Thieren No. 1 und 2.
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Lungenseucheirapfung.
203
Bei dem Kalbe No. 5 trat nach der Impfung keine örtliche Reaction ein.
Bei der Kuh No. 3 fand sich am 14. November eine geringe, auf Druck empfind¬
liche Anschwellung, die bis zum 20. November zunahm, etwa 5 Cm. lang wurde,
den Schwanz umfasste, aber so wenig prominirte, dass sie nur bei genauer Un¬
tersuchung bemerkt werden konnte. Anfang December war die Anschwellung
wieder verschwunden.
Bei der Färse No. 4 zeigte sich am 14. November an der Impfstelle am
Triel eine kleine, ca. 2 Cm. lange und 1 Cm. hohe Anschwellung, die am 17.
November 8 Cm. lang, 5 Cm. hoch und 4 Cm. dick war. In den nächsten
Tagen begrenzte sich die Anschwellung und stellte dann eine etwa gänseeigrosse
harte Geschwulst dar. die sich auf Druck nur noch wenig empfindlich zeigte.
Ende November erschien die Geschwulst nur noch wallnussgross, und in den
nächsten acht Tagen verschwand sie vollständig.
Am 5. Januar 1882 wurde dem Kalbe No. 5 1 Ccm. Lymphe, die im Mai
1880 aus der Lunge eines wegen Lungenseuche geschlachteten Rindes in Haar¬
röhrchen aufgenommen war, am Triel in die Unterhaut injicirt. Die Röhrchen
waren sofort mit Siegellack verschlossen. Die Lymphe war noch ziemlich klar
und gelblich gefärbt. Bis zum 10. Januar bildete sich an der Impfstelle eine
Geschwulst von der Grösse eines Fingergliedes; dieselbe hatte am 18. Januar
nur noch die Grösse einer kleinen Haselnuss und verschwand dann bald voll¬
ständig.
Das Allgemeinbefinden der Thiere zeigte nach der Impfung keine Störung;
die Körpertemperatur schwankte in der Zeit vom 14.—21. November bei der
Kuh No. 3 zwischen 38,6 und 39,2° C., bei der Färse No. 4 zwischen 38,3
und 39,1 0 C. und bei dem Kalbe No. 5 zwischen 39,1 und 39,5 0 C.
Am 18. Januar 1882 wurden alle drei Thiere von Neuem, die Kuh No. 3
und die Färse No. 4 zum zweiten Male, das Kalb No. 5 zum dritten Male geimpft.
Bei jedem Thiere wurden 2 Ccm. Lymphe, bei der Kuh am Schwänze und bei der
Färse sowie bei dem Kalbe am Triel in die Unterhaut injicirt. Die Lymphe,
welche am Tage vorher vom Kreisthierarzt Herrn Eg geling in Wernigerode aus der
Lunge einer wegen Lungenseuche geschlachteten Kuh entnommen und in einem
in Eis verpackten Fläschchen übersandt war, erschien gelblichroth und ziemlich
klar. Gegen Ende Januar zeigte sich bei der Färse eine haselnussgrosse, bei dem
Kalbe eine wallnussgrosse Geschwulst an der Impfstelle, die erst festweich und
auf Druck empfindlich und darauf hart und unempfindlich war. Am 31. Januar
war die Geschwulst bei der Färse No. 4 wieder verschwunden, während bei dem
Kalbe No. 5 noch ein fast wallnussgrosser harter Knoten gefühlt wurde.
Bei der Kuh entstand an der Impfstelle keine Anschwellung.
Am 1. Februar 1882 wurden die drei Thiere wiederum, die Kuh No. 3 und
die Färse No. 4 zum dritten Male, das Kalb No. 5 zum vierten Male geimpft. Die
Lymphe, welche Tags vorher von dem Herrn Prof. Dieckerhoff aus dem frisch
erkrankten Abschnitt der Lunge einer wegen Lungenseuche geschlachteten Kuh
in einem desinficirten Fläschchen aufgefangen war, enthielt ein röthliches Ge¬
rinnsel. Dieses wurde mittelst eines reinen Glasstabes zerdrückt und darauf die
Lymphe filtrirt; dieselbe erschien dann rötblich, aber klar. Bei der Kuh und der
Färse wurden 1,5 Ccm. Lymphe am Schwänze, bei dem K$lbe eine gleiche Quaq-
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ROLOFF,
tität am Triel in die Unterbaut injicirt. Bei dem Kalbe bildete sich nach der
Impfung eine kleine Geschwulst an der Impfstelle; bei den anderen Thieren blieb
die Impfung ohne örtlichen Erfolg.
Zusammen mit den genannten drei Thieren wurde am 18. Januar und am
I. Februar 1882 ein Ende November 1881 in den Versuchsstall eingestelltes
No. 6 drei bis vier Monate altes gesundes holländer Kalb
geimpft. Bei demselben wurden bei der ersten Impfung 2 Ccm. und bei der
zweiten Impfung 1,5 Ccm. Lymphe in die Unterhaut am Triel eingespritzt. Die
erste Impfung blieb ohne örtlichen Erfolg; in Folge der zweiten Impfung ent¬
wickelte sich am Triel eine Geschwulst, die am 8. Februar wie ein Gänseei, am
II. Februar wie eine Faust und am 15. Februar fast wie ein Kindskopf gross,
hart, scharf begrenzt und massig schmerzhaft erschien. Anfang März wurde ein
handtellergrosses Stück der Haut auf der unteren Fläche der Geschwulst nekro¬
tisch; dasselbe löste sich allmählich, worauf die Wunde sich bald reinigte und
verheilte. Das Allgemeinbefinden des Thieres zeigte keine Störung. Die Ge¬
schwulstbildung und insbesondere die Nekrotisirung der Haut war zweifellos
hauptsächlich die Folge des Druckes beim Liegen auf dem Pflaster.
Am 13. October 1882 wurden bei
No. 7 einem drei Wochen alten Kalbe, welches im Kuhstalle der Thier¬
arzneischule geboren war,
1.5 Ccm. klarer, schwach röthlicher Lungenseuchelymphe, welche vom Kreis¬
thierarzt Herrn Ziegenbein übersandt war, in die Unterhaut an der vorderen
Fläche des Schwanzes injicirt. Binnen acht Tagen entwickelte sich an der Impf¬
stelle eine kleine, kaum haselnussgrosse Geschwulst, die sich acht Tage lang
erhielt und dann binnen acht Tagen wieder verschwand. Ende November wurde
das Kalb zum zweiten Male mit Lymphe, die Herr Ziegenbein besorgt hatte,
am Triel geimpft. Die Impfung hatte keinen örtlichen Erfolg.
Bei diesen Versuchen hat sich nun zunächst herausgestellt, dass
auch bei der zweiten oder noch bei einer folgenden Impfung sich eine
Impfgeschwulst bilden kann. Bei der Kuh No. 1 hatte die erste Im¬
pfung örtlichen Erfolg; die zweite hatte keinen Erfolg, während bei
der dritten, die 6 Wochen nach der ersten und gegen 3 Wochen nach
der zweiten vorgenommen wurde, wieder eine Anschwellung an der
Impfstelle eintrat. Bei der Färse No. 2 hatte die dritte Impfung ört¬
lichen Erfolg. Bei der Färse No. 4 hatte sowohl die erste als auch
die 5V 2 Wochen später ausgeführte zweite Impfung eine Anschwellung
zur Folge. Bei dem Kalbe No. 5 bildete sich nach der zweiten und
14 Tage später auch nach der dritten Impfung eine Geschwulst aus,
und auch bei dem Kalbe No. 6 entstand noch nach der zweiten Im¬
pfung eine Anschwellung an der Impfstelle. Dass die Anschwellungen
nur geringfügig waren, kann nach den vorstehenden Erörterungen nicht
zu dem Ein wände berechtigen, dieselben seien keine richtigen und
keine genügenden Impfgeschwülste gewesen. Es muss danach im
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Lungenseucheimpfung.
205
Gegentheil angenommen werden, dass bei unseren Versuchstieren
schöne reine Impfgeschwülste bestanden, die von einer Complication
mit Processen septicher Natur frei waren. Die bei den einzelnen
Impfungen eingespritzte Quantität Lymphe war weit grösser, als bei
den gewöhnlichen Impfungen mit der Sticker’schen oder einer ähn¬
lichen Nadel eingeführt wird, und die Einspritzungen wurden jedesmal
so vorsichtig gemacht, dass die Lymphe in der ganzen Menge unter
der Haut zurückblieb und zur Wirkung kam. Aber die Lymphe war
immer möglichst rein.
Aehnliche Beobachtungen hat die Commission gemacht, welche
früher in Belgien die Wirkung der Lungenseucheimpfung experimentell
prüfte. In dem 6. Berichte der Commission ist bemerkt, dass die
Impfung auch bei solchen Thieren örtlichen Erfolg haben kann, die
früher schon einmal mit Erfolg geimpft waren.
Ausserdem bestätigen unsere Versuche die von uns schon früher
gemachte Erfahrung, dass die Impfungen am Triel auch bei solchen
Thieren, die noch nicht immun gegen Lungenscuchc sind, tödtliche
Anschwellungen nicht zur Folge haben, wenn nur möglichst reine
Lymphe eingeimpft wird.
Ferner hat sich bei den Versuchen gezeigt, dass die Kälber nach
der Impfung und trotz der Injection grosser Quantitäten Lymphe von
Gelenkentzündungen frei blieben. Solcho Entzündungen sind bekannt¬
lich bei Kälbern nach der Lungenseucheimpfung oft beobachtet, in
Folge dessen in Holland Kälber unter 3 Monaten der Zwangsimpfung
nicht unterliegen. Wir sind immer der Ansicht gewesen, dass Gelenk¬
entzündungen durch das Lungenseuchevirus nicht verursacht werden,
denn unseres Wissens ist noch niemals constatirt, dass ein an natür¬
licher Lungenseuche erkranktes Kalb in Folge dessen von Gelenk¬
entzündungen befallen wäre, während andererseits festgestellt ist,
dass die so häufig vorkommenden Gelenkentzündungen bei jungen
Thieren in der Regel die Folge einer Entzündung und Eiterung am
Nabel sind. Wir behaupten daher, dass die nach der Lungenseuche¬
impfung beobachteten Gelenkentzündungen pyohämische resp. septikä-
mische waren.
Wenn nun die Voraussetzung Bouley’s richtig wäre, dass das
Ausbleiben des örtlichen Erfolges nach der zweiten, dritten u. s. w.
Impfung beweise, dass die erste Impfung Immunität gegen Lungen-
seuche bewirkt habe, und umgekehrt, so würde aus unseren Versuchen
hervorgehen, dass die Thiere selbst in Folge wiederholter Impfung
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206
ROLOFF,
nicht immun werden. Wir ziehen jedoch diesen Schluss nicht, weil
wir es noch gar nicht für erwiesen erachten, dass die Anschwellungen
an der Impfstelle, mögen sie klein oder gross sein, durch das Lungen¬
seuchevirus verursacht werden. Und dieser Beweis muss erst erbracht
werden, bevor das Bouley’sche Verfahren für zweckmässig erachtet
werden kann.
Vorläufig können wir die geimpften Thiere nur in der Weise auf
ihre Immunität prüfen, dass wir dieselben der Ansteckungsgefahr aus¬
setzen, indem wir sie mit kranken Thieren in Berührung bringen.
Demgemäss wurden von uns zunächst zwei Versuchsthiere, die wieder¬
holt geimpfte Färse No. 2 und ein ca. 3 Monate altes holländer Kalb
(No. 8), welches noch nicht geimpft war, am 2. December 1881 nach
dem Orte Sch. in der Nähe von Berlin gebracht und daselbst in einen
Stall eingestellt, in welchem Lungenseuche constatirt war. Von den
Thieren des Stalles waren bereits einige im October resp. im No¬
vember offenbar erkrankt und beim Schlachten mit Lungenseuche be¬
haftet befunden. Es waren am 2. December von dem Bestände noch
zwei Kühe vorhanden, welche häufig husteten und wahrscheinlich an
Lungenseuche litten. Zwischen diesen beiden verdächtigen Kühen stan¬
den unsere Versuchsthiere bis zum 12. Januar 1882, mithin fast 6
Wochen lang. Nachdem die beiden Versuchsthiere zurückgeholt waren,
husteten sie öfter, und da diese Erscheinung sich nicht verlor, so
wurde das Kalb am 9. März geschlachtet. Bei der Section fand sich
in den Lungen des Thieres keine Spur von der Lungenseuche. Bei
der Färse verlor sich später der Husten allmählich wieder.
Am 20. April 1882 wurden vier Versuchsthiere, und zwar die
dreimal geimpfte Färse No. 4, das zweimal geimpfte Kalb No. 6 und
zwei etwa 2 Monate alte gesunde holländer Kälber (No. 9 und No. 10),
die noch nicht geimpft waren, in einen Seuchestall zu B. eingestellt.
In diesem Stalle war die Lungenseuche sehr heftig aufgetreten; von
dem 56 Stück zählenden Viehbestände waren bereits 17 Stück ge¬
schlachtet, und während unsere Thiere in dem Stalle standen, kamen
noch zahlreiche offenbare Erkrankungen an Lungenseuche vor. Die
Versuchsthiere blieben in dem Stalle 4 Wochen stehen. Anfang Mai
zeigten das geimpfte Kalb No. 6 und das nicht geimpfte No. 10 häu¬
figen Husten und eine Beschleunigung des Athmens. Die Körper¬
temperatur war bei No. 6 auf 39,2, bei No. 10 auf 39° C. erhöht,
während dieselbe bei den beiden anderen Thieren auf 38,5 resp.
38,8® C. stand.
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Lnngenseacheimpfung.
5507
Nachdem die Thiere von B. zurückgekommen waren, entwickelte
sich bei dem Kalbe No. 10 die Lungenseuche. Die Körpertemperatur
betrug am 24. Mai 39,9, am 28. Mai 40,6, am 1. Juni 41,5 • C. Dabei
hatte das Thier noch ziemlich guten Appetit. Erst Anfang Juni wurde
es auffallend krank, traurig und appetitlos. Ara 8. und 9. Juni sank
die Körpertemperatur wieder auf 40,5 und bis zum 20. Juni auf 39 0 C.
Dementsprechend konnte bei der Auscultation und Percussion eine
Zunahme und dann eine Abnahme der entzündlichen Veränderungen
in den Lungen constatirt werden. Auch das Allgemeinbefinden des
Thieres besserte sich wieder und die Athembeschwerde nahm ab. Am
24. Juni wurde das Kalb geschlachtet, und dabei wurde constatirt,
dass es mit Lungenseuche behaftet war.
Das kranke Kalb hatte in dem hiesigen Versnchsstalle mit den
übrigen Versuchsthieren zusammengestanden und war abwechselnd
neben den verschiedenen Thieren angebunden. Es standen in dem
Stalle noch die geimpften Thiere No. 1—6, das aus B. mit zurück¬
gekommene nicht geimgfte Kalb No. 9 und ausserdem noch zwei an¬
dere, nicht geimpfte Kälber (No. 11 u. No. 12), die Anfang April
resp. Mitte Mai im Versuchsstalle von der Färse No. 2 resp. von der
Kuh No. 3 gefallen waren. Diese drei nicht geimpften Kälber er¬
krankten nicht und wurden auch beim Schlachten am 11. August resp.
am 8. September gesund bofunden. Bei dem Kalbe No. 6, welches
mit in B. gewesen war, nahm der Husten hier noch zu und auch der
Nährzustand verschlechterte sich. Beim Schlachten, Ende Juli, fand
sich bei dem Thiere keine Lungenseuche, sondern ein chronischer gra-
nulirender Kehlkopfskatarrh. Die Kuh No. 1, welche fett geworden
war, und die Färse No. 4 wurden ebenfalls am 8. September ge¬
schlachtet und dabei gesund befunden.
Die noch übrigen, anscheinend gesunden drei Versuchsthiere, Färse
No. 2, Kuh No. 3 und Kalb No. 5, worden am 20. September 1882
nach H. transportirt und daselbst in einen Seuchestall gestellt. In
diesem Stalle waren bereits Ende August bezw. Anfang September
3 Thiere offenbar an Lungenseuche erkrankt. Es waren von dem Be¬
stände noch 5 Kühe, von denen eine offenbar an Lungenseuche litt,
und ein ‘/Jähriges Kalb vorhanden. Die Versuchsthiere No. 2 und
No. 3 wurden neben der kranken Kuh angebunden. Letztere wurde
am 5. October geschlachtet, weil sich bei derselben Schluckbeschwerden
eingestellt hatten. Bei der Section fand sich beginnende Sequester¬
bildung in der linken Lunge und eine enorme Bindegewebsneubildung
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208
ROLOFF,
im vorderen Mittelfellsraurae. Das ‘/ajährige Kalb erkrankte Ende
September, jedoch nicht schwer. Die Körpertemperatur betrug am
30. September 40° und war bereits am 5. October wieder auf 39,5 °C.
gefallen. Das Thier wurde wieder gesund. Die übrigen 4 Kühe des
verseuchten Bestandes husteten von Zeit zu Zeit, zeigten indess auch
gegen Ende Januar 1883 noch keine weiteren Krankheitserscheinungen.
Ende November wurden die drei Versuchsthiere in einen anderen
Seuchestall zu H. eingestellt, in welchem am 21. August ein Lungen¬
seuchefall constatirt und nun wieder eine Kuh offenbar erkrankt war.
Letztere fiel zwischen den beiden Yersuchsthieren No. 2 und No. 3
am 6. December und wurdo bei der Section mit Lungenseuche behaftet
befunden. Bei einer anderen Kuh des Bestandes, welche am 6. Ja¬
nuar d. J. geschlachtet wurde, fand sich in der Lunge ein Sequester.
Die übrigen Thiere des Bestandes, 3 Kühe und 4 Färsen, waren an¬
scheinend noch gesund.
Am 6. Januar d. J. wurde das Versuchsthier No. 2 geschlachtet,
da es seit einiger Zeit öfter gehustet, sich auch schlecht genährt hatte.
Bei der Section fanden sich an den Lungen keine Veränderungon. Von
den übrigen beiden Versuchsthieren hatte das Kalb No. 5 im October
v. J. eine Zeit lang einen schwachen Husten hören lassen; die Kuh
No. 3 fing im Januar d. J. an zu husten, hatte seit dem 15. Januar
nicht mehr die gewöhnliche Fresslust und Munterkeit, auch eine Er¬
höhung der Körpertemperatur auf 39° C. gezeigt, während letztere
sonst immer zwischen 38,2 und 38,5° C. geschwankt hatte. Beide
Thiere wurden daher am 19. Januar geschlachtet. Bei der Section
wurden jedoch keine charakteristische Erscheinungen der Lungenseuche
ermittelt.
Danach war von den 6 wiederholt geimpften Thieren kein ein¬
ziges an Lungenseuche erkrankt, obgleich sie wiederholt wochenlang
mit kranken Thieren in Berührung gewesen waren. Unseres Erachtens
würde es jedoch gewagt sein, daraus zu folgern, dass die Thiere in
Folge der wiederholten Impfung für Lungenseuche unempfänglich waren;
denn auch Controlthiere, welche nicht geimpft waren, blieben unter
gleichen Umständen gesund. Diese Thatsache fallt um so mehr ins
Gewicht, als die Controlthiere Kälber waren und solche erfahrungs-
mässig eine grössere Empfänglichkeit für Lungenseuche besitzen, als
ältere Thiere. In dem Seuchestalle zu Sch. stand zusammen mit der
geimpften Kuh No. 2 ein nicht geimpftes 3 Monate altes Kalb fast
6 Wochon lang, ohne angesteckt zu werden. Von den 4 Versuchs-
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Lungenseucheimpfung.
209
thieren, welche im April und im Mai 1882 ea. 4 Wochen lang in dem
Seuchestalle zu B. standen, erkrankte zwar ein nicht geimpftes 2 Mo¬
nate altes Kalb, aber ausser den beiden geimpften Thieren blieb auch
das andere nicht geimpfte Kalb gesund. In dem hiesigen Versuchs¬
stalle hatten mit dem erwähnten kranken Kalbe ausser den geimpften
Thieren drei nicht geimpfte Kälber zusammengestanden, und von den¬
selben erkrankte nicht ein einziges. Auch in den beiden Seucheställen
zu H. waren die meisten Thiere noch nicht offenbar erkrankt, obgleich
sie nicht geimpft waren und die Seuche schon Monate lang in den
Ställen geherrscht hatte. Aehnliche Fälle sind schon in sehr grosser
Zahl beobachtet. Manche Thiere werden erst sehr spät nach der Ein¬
schleppung der Seuche in einen Stall inficirt und andere bleiben ganz
verschont. Auch die Commission, welche früher in Frankreich im
Departement du Nord experimentirte, äusserte sich über den Einfluss
der Cohabitation gesunder und kranker Thiere dahin, dass 32—33 pCt.
der Thiere der Ansteckung widerstanden und gegen 22 pCt. nur ganz
leicht erkrankten. Obgleich die in verschiedenen Staaten ausgeführten
Versuche die Impffrage noch nicht gelöst hatten, so wurden dieselben
doch nicht fortgesetzt, weil es sich herausstellte, dass die Frage durch
Versuche mit einer kleineren Anzahl von Thieren überhaupt nicht
entschieden werden kann. Dass die bisher gebräuchliche Impfung
keinen hinreichenden Schutz gewährt, ist nunmehr auch sogar von
Bouley und Willems anerkannt. Bei etwaigen neuen Versuchen
könnte es sich mithin nur noch darum handeln, festzustellen, ob eine
wiederholte Impfung in der Regel eine vollständige Immunität erzeugt.
Dass die Immunität nur langsam entsteht, geht daraus hervor, dass
die natürliche Lungenseuche in der Regel einen schleichenden Verlauf
hat und dass die Krankheit oft nach langer Dauer des chronischen
Stadiums noch acut wird. Um die Frage nach dem Werthe der wieder¬
holten Impfung zu entscheiden, müssten aber sehr viele Thiere zu den
Versuchen verwendet und letztere wiederholt angestellt werden. Der¬
artige Versuche würden jedoch sehr bedeutende Kosten verursachen.
14
Archiv f. wigscitach. u. prakt, Thierlieilk. IX. li.
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VIII.
Ueber eine eigentümliche Krankheit bei Schafen.
Von
Departementsthierarzt H. Oemler in Merseburg.
Anfangs August 1882 beobachtete ich unter zwei Hammelherden
eine mir bis dahin weder in der Literatur noch in meiner Praxis
begegnete Krankheit, die meines Erachtens ein so hohes und allge¬
meines Interesse hat, dass ich mich veranlasst fühle, sie in Folgen¬
dem näher zu beschreiben.
Die Rübenbaugesellschaft zu Lützen übernahm am 31. Juli von
einem Handelsmann zu Elster a. d. E. 3*20 etwa 2—4jährige Hammel,
welche den Weg von Elster bis Lützen zu Fuss zurücklegen mussten,
wo man sie am 3. August im völlig munteren Zustande anbrachte.
Am Nachmittage des 4. August wurden die Hammel auf einer kurz
zuvor gut geschleppten Roggenstoppel gehütet, wobei sie gute Fress¬
lust und noch keine Spur von Krankheitserscheinungen zeigten. Aber
schon am folgenden Vormittage (5. August) bemerkte der Schäfer,
dass die meisten Hammel in einem mehr oder weniger hohen Grade
krank waren und Durchfall hatten. Da man glaubte, dass sich die
Hammel auf dem Marsche bei dem sehr unfreundlichen und regne¬
rischen Wetter erkältet hätten, so liess man sie im Stalle und ver¬
abreichte ihnen gutes Kleeheu. Allein gegen 1 Uhr Mittags traten
schon Todesfälle ein und bis zum nächsten Morgen (6. August) waren
etwa 170 Stück gestorben. Einige 20 Hammel fielen noch bis zum
Morgen des 7. August, während 1 Hammel erst am 14. August
crepirte.
Als ich am Vormittage des 6. August auf polizeiliche Requisi¬
tion zur Feststellung der Krankheit in Lützen eintraf, fand ich von
den noch lebenden Hammeln den grössten Theil nur leicht, viele in-
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Eigentümliche Schafkrnnkheit.
211
dess auch schwer erkrankt. Nach der Behauptung des Schäfers ist
sogar kein einziger von den gekauften Hammeln völlig gesund ge¬
blieben. Bei den leicht erkrankten Hammeln trat sehr bald und bei
etwa 20 schwer erkrankten innerhalb mehrerer Tage, und zwar ohne
arzneiliche Behandlung, wieder Genesung ein. Von letzteren Thieren
haben mehrere die Wolle in einem grösseren oder geringeren Umfange,
und einige sogar in Folge einer Verschwärung der Cornea das Seh¬
vermögen eingebüsst.
Die andere, einem Gutsbesitzer in Schafstädt gehörige, aus 297
Stück zumeist 3jährigen Hammeln bestehende Herde war am 7. August
von 10 Uhr Morgens bis gegen 7 Uhr Abends gleichfalls auf einer
gut geschleppten und noch nicht beweidcten ßoggenstoppel gehütet
worden, auf welcher jedoch viel ausgewachsener Roggen gelegen haben
soll. Ara anderen Morgen zeigten sich fast sämmtliche Hammel mehr
oder weniger erheblich krank. Noch an demselben Tage gingen 39
und am folgenden (9. August) 1 Stück verloren. Ausserdem wurden
am 8. August 36, und am 9. August, an welchem Tage ich die Herde
zufolge polizeilicher Requisition untersuchte, 4 schwer erkrankte Ham¬
mel geschlachtet. Die nur leicht erkrankten Thiere zeigten sich ohne
arzneiliche Behandlung bald wieder gesund. Dahingegen genasen etwa
15 von der Krankheit heftig ergriffene, aber auch nicht arzneilich
behandelte Hammel nur sehr langsam. Einige von ihnen verloren
ebenfalls mehr oder weniger Wolle, und 3 litten längere Zeit an einer
starken Conjunctivitis.
Leider konnte ich jede Herde nur einmal untersuchen, wobei sich
Folgendes fand:
Die leicht erkrankten Hammel lagen viel, waren zusammen¬
gefallen und traurig, bewegten sich träge und zeigten beim Ergreifen
geringen Widerstand. Sie hatten eine Mastdarmtemperatur von 40° C.
und darüber, nur geringen Appetit und wiederkäueten theils langsam
und unregelmässig, theils gar nicht. Das Athmen geschah etwas an¬
gestrengt und beschleunigt, und alle sichtbaren Schleimhäute erschienen
geschwollen und diffus geröthet. Dabei hatten die meisten Thiere
thränende Augen, schleimigen Nasenausfluss und einen mehr oder
minder starken Durchfall.
Bei den schwer erkrankten Hammeln war das Krankheitsbild viel
ausgeprägter. Sie waren sehr zusammengefallen und lagen, ohne auf
ihre Umgebung zu achten, mit fast geschlossenen Augenlidern und
nach der Seite gebogenem Kopfe. Alles Futter und Getränk versagten
14*
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212
OEMLER,
sie und entleerten häufig eine dünnflüssige, etwas stinkende Fäcal-
masse, die in einzelnen Fällen Spuren von Blut enthielt. Nachdem
man die Patienten mit Mühe zum Aufstehen gebracht hatte, standen
sie mit mattem und traurigem Blicke, gesenktem Kopfe, herab¬
hängenden Ohren, mit aufgekrümratem Rücken und unter den Leib
gestellten Füssen und legten sich dann sehr bald ganz behutsam
wieder nieder. Veranlasste man die Patienten zum Gehen, so be¬
wegten sie sich äusserst langsam und vorsichtig, so dass es schien,
als verursache ihnen die Bewegung grosse S<?hmerzen. Ingleichen ver-
riethen sie durch Ausweichen und Bewegen des Kopfes Schmerzen,
sobald ihnen der Bauch zusammengedrückt wurde. Das Athmen er¬
folgte sehr beschleunigt bis 100 mal in der Minute, wobei ausser
einem zeitweiligen Stöhnen und Aechzen ein in den Nasenhöhlen er¬
zeugtes schnüffelndes Geräusch mit jedem Athemzuge gehört wurde.
Die Innentemperatur betrug bis 41,5° C. Aus dem Maule floss etwas
schaumig-schleimige Flüssigkeit, und aus den Nasenlöchern kam viel
gelblicher und klümperiger, eiterähnlicher Schleim, der bei einigen
Hammeln sogar mit Blutspuren vermischt war. Die Maulschleimhaut
hatte eine gleichmässige, scharlachrothe Farbe. Die sichtbare Nasen-
und Mastdarmschleimhaut sowie die Conjunctiva waren stark ge¬
schwollen und diffus dunkel geröthet. Veränderungen des Epithels
der vorerwähnten Schleimhäute kamen jedoch nicht zur Beobachtung.
Auch bestand kein widernatürlicher Geruch aus dem Maule und der Nase.
Die Section mehrerer Cadaver von gestorbenen und geschlachteten
Hammeln ergab ganz gleichartige und nur graduell von einander ver¬
schiedene anatomische Veränderungen.
Die Cadaver waren sehr zusammengefallen. Die Umgebung des
Afters, die hintere Oberschenkelfläche und der Schwanz waren von
diarrhoeischen Fäcalmassen beschmutzt. Die etwas hervorgedrängte,
theils mit einer schwach blutigen Fäcalmasse besudelte Schleimhaut
des Mastdarmendes und die Conjunctiva erschienen geschwollen und
von gleichmässig dunkelrother F^arbe; zwischen den unteren Augen¬
lidern befand sich viel eiterähnlicher Schleim. Aus den Nasenlöchern
floss schaumiger, in einigen Fällen mit Blut vermischter Schleim, und
die Maulhöhlc enthielt viel schleimige, etwas schaumige Flüssigkeit,
die einen auffälligen Geruch nicht verbreitete.
Die Unterhautvenen zeigten eine strotzende Anfüllung mit dunklem,
flüssigem Blute. Die Schleimhaut der Kopf höhlen, des Kehl- und
Schlundkopfes sowie der Luftröhre erschien ungewöhnlich stark ge-
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Eigentümliche Schafkrankheit.
213
röthet, namentlich war die gleichzeitig beträchtlich geschwollene und
mit zahlreichen kleinen Blutextravasaten durchsetzte Nasenschleimhaut,
auf welcher Flocken dicken gelblichen Schleimes klebten, auffällig
diffus dunkel gefärbt.
Nachdem die Bauchdecken entfernt waren, Hessen der Labmagen
und Dünndarm schon bei äusserlicher Betrachtung eine dunkele Farbe
erkennen, während die Aussenfläche der übrigen Magenabtheilungen und
Darmpartien in die Augen fallende Veränderungen nicht darbot.
Zwischen dem reichlichen und stark durchfeuchteten Inhalte des
Wanstes fand sich etwa eine tüchtige Manneshand voll stark ge¬
quollener Roggenkörner, von denen viele gekeimt hatten. Der Inhalt
der Haube war von dünnbreiiger und der des Psalters von dickbreiiger
Beschaffenheit. Als die Schleimhaut der drei genannten Magenabthei¬
lungen von ihrem sehr leicht ablösbaren Epithel befreit war, zeigte
sie, neben zahlreichen kleinen und scharf begrenzten blutigen Flecken,
fast durchgehends eine dunkelrothe, stellenweise selbst kirschbraune
Färbung. DiG intensiv gerötheten Blätter des Psalters Hessen ausser¬
dem eine starke Anfüllung der Blutgefässe erkennen, in deren Winkel
viele kleine Blutextravasate sassen. Der Labmagen enthielt eine
braunröthliche Flüssigkeit. Seine Schleimhaut, auf der viele, zumeist
sehr kleine Blutcoagula lagen, war geschwollen und namentlich auf
den Falten diffus geröthet und mit zahlreichen kleinen Blutextravasaten
durchsetzt. Stellenweise hatten die Falten sogar eine kirschbraune
Farbe. Auf der erkrankten Labmagenschleimhaut, deren Epithel mit
Leichtigkeit zu entfernen war, sassen ferner in mehreren Fällen flache
verschieden grosse und verschieden gestaltete, vorzugsweise jedoch
schmale und längliche schwärzliche Schorfe, nach deren leicht zu be¬
wirkender Entfernung entsprechende Vertiefungen mit zackigen Rändern
sichtbar wurden. In anderen Fällen, wo sich die Schorfe bereits ab¬
gelöst hatten, sah man in der Schleimhaut des Labmagens ziemlich
tiefe Defecte von verschiedener Grösse und Form.
Der Dünndarm enthielt wenig grauröthliche Flüssigkeit, während
der reichliche Inhalt des Blind- und Grimmdarmes dickflüssig und
normal gefärbt war. Im Mastdarme befand sich theils eine dünn¬
flüssige, schleimige Fäcalmasse, theils nur ein gelblicher, sehr zäher
Schleim. Die Schleimhaut des Dünndarmes, deren Epithel leicht ab¬
gewischt werden konnte, erschien zum grössten Theile geschwollen
und in verschiedener Intensität diffus geröthet, stellenweise sogar
bräunlich. Auf derselben bemerkte man ferner vereinzelte kleine,
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OEMLER,
grösstentheils nur stecknadelkopfgrosse Blutextravasate, die aber an
einigen Stellen so zahlreich vorhanden waren, dass letztere ein ge¬
tigertes Aussehen hatten. An der Schleimhaut des Blind- und Grimm¬
darmes kamen augenfällige Veränderungen nicht zur Beobachtung.
Dagegen war die Mastdarmschleimhaut, besonders am hinteren Ende
und hier wiederum auf der Höhe der Längsfalten, gleichfalls ge¬
schwollen und geröthet.
Die Leber war, hauptsächlich im Dickendurchmesser, stark ver-
grössert und von graugelblicher Farbe. Ihre Acini Hessen sich leicht
erkennen, indem die Peripherie derselben grau oder gelblich und ihr
Centrum schwach röthlich erschienen. Nachdem der Peritonealüberzug
von der Leber abgelöst war, was sehr leicht geschehen konnte, erwies
sich das Leberparenchym auffällig trocken und brüchig.
Die Gallenblase enthielt viel dünnflüssige grünlicho Galle.
In der Harnblase befand sich wenig Urin von normaler Beschaf¬
fenheit.
Das straffe Herz zeigte eine starke Anfüllung mit ziemlich fest
coagulirtem Blute, wie solches auch in den grösseren Venen ange¬
troffen wurde.
Andere Abnormitäten waren nicht nachzuweisen, insbesondere
fehlten Veränderungen an der Musculatur und auf Milzbrand hinwei¬
sende Erscheinungen, wie eine Schwellung der Milz, blutige Ergüsse
in die verschiedenen Körperhöhlen etc. Auch wurden bei der mikro¬
skopischen Untersuchung vieler den Cadavern entnommenen Blutproben
Mikroorganismen nicht ermittelt.
Auf Grund des vorstehend geschilderten klinischen und anato¬
mischen Befundes habe ich in beiden Fällen das von mir erforderte
Gutachten über die Natur und die ursächlichen Verhältnisse der Krank¬
heit dahin abgegeben, dass letztere nicht ansteckend, insbesondere
nicht Milzbrand sei, sondern der Hauptsache nach eine Schleimhaut¬
erkrankung darstelle, welche durch eine von den Hammeln aufgenom¬
mene specifische, aber nicht näher zu bezeichnende Schädlichkeit ver¬
anlasst sei.
Da mit der zuerst erkrankten Herde in Lützen zwei etwa 6 Mo¬
nate alte, auf dem betreffenden Gute geborene Lämmer gleichfalls auf
die Boggenstoppel gelaufen, aber völlig gesund geblieben waren, so
lag anfangs der Gedanke nahe, dass der Krankheitsstoff von den Ham¬
meln auf dem Marsche von Elster nach Lützen aufgenommen sei.
Allein diese Vcrmuthung verlor an Wahrscheinlichkeit, nachdem die
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Eigentümliche Schafkrankheit.
215
Hammelherde in Schafstädt erkrankt war. Es muss vielmehr jetzt
angenommen werden, dass die krankmachende Schädlichkeit beiden
Hammelherdcn bei dem Weiden auf der Roggenstoppel einverleibt
worden ist. Denn die Thatsache, dass die vorerwähnten Lämmer von
der Krankheit nicht ergriffen wurden, dürfte dadurch zu erklären sein,
dass die Thiere schon vor dem Austreiben von dem auf dem betref¬
fenden Gehöfte liegenden Futter gehörig gefressen hatten und deshalb
auf der Weide viel weniger Futter und somit auch viel weniger Krank-
heitsstoflf aufnahmen, als die hungerigen Hammel.
Die specielle Natur der Krankheitsschädlichkeit liess sich aber
trotz der umfassendsten Untersuchungen nicht erforschen. Ingleichen
hfitte die im chemisch-analytischen Laboratorium von Dr. 0. Bach
in Leipzig nach der Methode von Stass-Otto (cf. Otto, Ausmitte¬
lung der Gifte, 5. Aufl.) ausgeführte Untersuchung des Magen- und
Darminhalts zweier in Lützen crepirter Hammel auf etwa vorhandene
metallische oder pflanzliche Gifte ein negatives Ergebniss.
Der von mehreren Seiten aufgestellten Behauptung, die Krank¬
heit sei lediglich in Folge übermässigen Genusses von gekeimten
Roggenkörnern entstanden, widerspricht nicht nur das oben darge¬
stellte Krankheits- und Sectionsbild, sondern auch die geringe Menge
von Roggenkörnern im Pansen.
Die im zweiten Krankheitsfalle noch an mich gerichtete Frage,
ob der Genuss des Fleisches der geschlachteten Hammel für Menschen
zulässig sei, habe ich bei dem Mangel einer genauen Kenntniss der
Natur der Krankheit verneinend beantwortet. Diese Erklärung ist
vielfach, sogar in Zeitungen angegriffen worden; aber der Umstand
scheint sie ausreichend gerechtfertigt zu haben, dass nach einer mir
später gemachten Mittheilung die beiden Hunde des Schäfers in Lützen,
denen ein Tag hindurch Fleisch von frischen Cadavcm verabreicht
worden war, unter Erbrechen, Durchfall, grosser Hinfälligkeit und
Athemnoth erkrankten. Namentlich soll der eine so heltig krank
gewesen sein, dass man einen tödtlichen Ausgang fürchtete, der indess
nicht erfolgte.
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IX.
Beobachtungen über das Bluthamen beim Rinde.
Von
Thierarzt Bob. Krebs zu Orb.
In hiesiger Gegend befanden sich 110 Milchkühe und 3 Stiere,
die grösstenthcils angekauft waren und von welchen 79 Kühe an
Blutharnen erkrankten. Der erste Fall wurde ara 16. August ent¬
deckt, und bis zum 30. August waren 50 Kühe erkrankt; dann trat
eine Pause ein bis zum 9. September, um welche Zeit die Krankheit
wieder ausbrach, so dass bis zum 16. September noch 27 Kranke
hinzukamen. Endlich erkrankten noch 4 Kühe in der Zeit vom
23. bis 24. September. 2 Kühe der letzten Abtheilung hatten auch
im August bereits an Blutharnen gelitten; dieselben überstanden die
Krankheit mithin zweimal innerhalb 4 Wochen.
Von den Stieren ist keiner erkrankt.
Die Sterblichkeit war gering; von den erkrankten Kühen starben
oder wurden sterbend getödtet 7, nämlich 5 der ersten und 2 der
zweiten Abtheilung.
Die Ortschaften, in welchen das Blutharnen auftrat, gehören zu
den sogenannten Blutharnhöfen, wo man viele niedrige Ländereien
findet, die mit Wald umgeben und mit Erlengebüsch bewachsen sind.
Die Witterung war zu jener Zeit kalt und regnerisch.
In heftigen Fällen fing die Krankheit immer mit einer sehr
starken Diarrhoe an, die sogar blutig sein konnte. Die Thiere hatten
dessenungeachtet ziemlichen Appetit, fielen aber zusammen und wurden
matt. Gleichzeitig urinirten die Kühe öfter und mehr wie gewöhnlich,
und der Urin schäumte stark. Die Ursache des Schäumens des Urins
ist dessen Gehalt an Eiweiss.
Die Krankheit kann in Heilung übergehen, ohne dass der Urin
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Blutharnen beim Rindo.
217
roth wird; die Besserung zeigt sich dadurch an, dass der Urin zu
schäumen aufhört.
Eine Kuh wurde am 20. August krank gemeldet; die Fresslust
war gering, das Wiederkäuen ausgeblieben, der Mist weich, der Puls
132, die Temperatur 41,2°, der Urin ganz klar, schäumend; beim
Kochen desselben wurde Eiweiss ausgeschieden. Am 21. August war
der Puls 120, die Temperatur 40,2°, der gelblich gefärbte Urin ent¬
hielt etwas Eiweiss, und nachdem dies durch Kali aufgelöst war,
wurde ein russfarbiger Bodensatz niedergeschlagen. Im Uebrigen war
der Zustand wie am vorhergehenden Tage. Ara 25. war die Kuh
genesen.
Während die Schwäche der Thiere stets sich steigert, nimmt der
Urin in der Regel am zweiten Tage eine röthliche Farbe an, die nach
und nach dunkler wird, bis derselbe ein theerartiges Aussehen besitzt
und ziemlich dick ist, während er fortwährend schäumt. Die Diarrhoe
hört in den meisten Fällen am dritten Tage der Krankheit, oft plötz¬
lich auf und es stellt sich Verstopfung ein. Der Urinabgang ist fort¬
während sehr stark und schmerzhaft. Dio Kuh krümmt den Rücken
aufwärts und entleert den Urin in einem feinen Strahle, der unter
Drängen und begleitet von einer wurm förmigen Bewegung des Mittel¬
fleisches an den Schenkeln hinunterläuft. Die Thiere sind bei der
Einführung des Katheters sehr empfindlich; die Harnröhre ist roth
und geschwollen. Der Urin riecht stark nach Ammoniak, und wenn
er sich in der Stallrinne ansammelt, so verbreitet er einen Gestank
wie faules Blut.
Bei der Untersuchung mit Lackmuspapier reagirt der Urin sauer,
ist aber schon am zweiten Tage alkalisch. Beim Kochen gerinnt er
zu einer dunklen, brei- oder gallertartigen Masse, im Verhältnis zu
der darin enthaltenen Menge Eiweiss. Durch einen Zusatz von Kali
wird das Eiweiss aufgelöst und schlägt sich ein russfarbiger,
flockenartiger Bodensatz nieder. Geht die Krankheit in Genesung
über, so wird der Urin entfärbt, und dies kann verhältnismässig
sehr rasch vor sich gehen; ich habe beobachtet, dass der um 8 Uhr
entleerte Urin theerartig und der zunächst, 4 Stunden später, ent¬
leerte vollständig hell war. In der Regel dauert es jedoch 8 bis
36 Stunden, und die Entfärbung findet dann gradweise von dunkel¬
braun zu braun, roth, hell roth, gelb und wasserhell statt.
Nachdem der Urin wasserhell geworden ist, kann er noch
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218 KREBS,
1 — 2 Tage Eiwciss enthalten, dann verschwindet aber auch jede
Spur davon.
Verschiedene Autoren sind der Ansicht, dass die Kühe in Folge
der im Verlaufe der Krankheit eintretenden Verstopfung sterben.
Dies stimmt nicht mit meiner Erfahrung überein. Ich habe Folgen¬
des beobachtet:
1. Der Tod kann eine unmittelbare Folge der Anämie sein und
eintreten, wenn das Blutharnen seinen Höhepunkt erreicht hat.
Eine grosse rothe Kuh, welche am 29. Aug. erkrankt war, starb
am 2. Septbr. in meinem Beisein. Sie lag ganz schlaff, mit den Zei¬
chen von Benommenheit im Kopfe, der entweder gerade vorgestreckt
oder in die Seite gebogen gehalten wurde. Das Thier war kalt über
den ganzen Körper und nicht auf die Beine zu bringen. Der Puls
war leer und frequent, der Herzschlag pochend. Durch den Katheter
entleerte ich 7 Liter theerartigen Urin. Das der Kuh gesetzte Klystier
ging gleich wieder ab.
Die Kuh verendete ganz ruhig ohne zu klagen; nur im letzten
Augenblicke wurde sie von schwachen Zuckungen ergriffen.
Das Cadaver bot alle Zeichen der Blutleere dar; das Blut war
wässerig, kirschroth, die Lungen weiss und zusammengefallen, wie
wenn das Thier durch Verblutung getödtet wäre. Die Gefässe der
Aderhaut des Gehirns waren deutlich sichtbar, aber nur mässig mit
Blut angefüllt. Die Nieren hatten äusserlich einen bläulichen Schimmer;
auf der Schnittfläche waren sie dunkelroth durch den in den feinen Ca¬
nälen enthaltenen blutigen Urin, den man überall herausdrücken konnte;
das Parenchym war nicht verändert. Die Harnblase enthielt etwas
dunkelbraunen Urin. Die Fäcalmassen im Blättermagen waren trocken,
die im Pansen enthaltenen erweicht und der Darminhalt ganz flüssig.
2. Das Blutharnen kann vorübergehen und das Thier an hinzu¬
getretener Lungenentzündung sterben.
Eine kleine Kuh erkrankte am 28. August, wurde am 27. in
den Stall gestellt und starb am Nachmittag des 30. August.
Die Krankheit nahm rasch zu; das Blutharnen war namentlich
am 29. sehr stark. Seit dem 28. August hatte die Kuh trotz der
angewandten Abführmittel keine Oeffnung gehabt. Als ich sie am
Morgen des 30. sah, war der Urin noch blutig; die Kuh litt au den
heftigsten Schmerzen, hatte keine Ruhe beim Liegen und vermochte
nicht mehr zu stehen; das Athmen war angestrengt und klagend.
Das respiratorische Geräusch war an beiden Seiten der Brust nur
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Blutharnen beim Rinde.
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schwach hörbar und an einzelnen Stellen wurde bronchiales Athmen
vernommen. Am Mittage stellte sich Aufblähen ein, und da die
Athemnoth hierdurch verschlimmert wurde, so troikarirte ich. Der
Mastdarm enthielt nur Schleim, das Darmgeräusch war sehr schwach.
Um 4 Uhr wurde die Harnblase entleert, der Urin zeigte sich dabei
ganz hell. Ungefähr um dieselbe Zeit begann der Todeskampf, der
im Vergleich zu dem der erstgenannten Kuh längere Zeit, ein
paar Stunden währte. Das Flotzmaul wurde ganz blass, die Nase
trocken und rissig, das Gesicht eingefallen, sodass die Physiognomie
ganz verändert war. In dem Augenblicke des Todes, als die Kuh
zusammenbrach, wurde der Pansen wieder sehr stark aufgebläht.
Der Obductionsbefund unterschied sich von dem vorhergehenden
durch die fehlenden Zeichen der Anämie. Das Herz hatte eine frische
Farbe und enthielt grosse Blutgerinnsel, die mit ihren Aesten in die
Mündungen der grossen Gefässstämme hineinragten. Die Lunge war
roth, in der linken Hälfte zeigte sich eine grosse, frische Hepatisation,
und aus ihrer Schnittfläche liess sich Eiter ausdrücken. In der rechten
Hälfte waren mehrere kleine Lungenlappen hepatisirt; die Bronchien
enthielten Schleim, aber weder Futterstoffe noch Medicamente. Die
Nieren boten nichts Abnormes; in der Harnblase fand sich ein wenig
klarer Urin vor. Das Futter im Blättermagen war weich, das im
Darm befindliche flüssig; gerade vor dem Beckeneingang befand sich
eine bedeutende Ausdehnung des Mastdarras.
3. Das Thier kann an Lungenentzündung sterben, nachdem das
Blutharnen vorübprgegangen und Diarrhoe eingetreten ist.
Eine junge Kuh war am 31. August, als ich sie untersuchte,
schon ein paar Tage krank gewesen. Dieselbe lag viel, trank dann
und wann etwas Gersten- und Biersuppe, verschmähte aber das ge¬
wöhnliche Futter. Das Athmen war sehr kurz und stöhnend, das
Respirationsgeräusch stellenweise verschwunden, der Puls sehr fre¬
quent, der Herzschlag klopfend. An den beiden vorhergehenden
Tagen war das Blutharnen sehr stark gewesen; die Kuh hatte
keine Oeffnung gehabt. Jetzt hatte sich Diarrhoe eingestellt, die
Excremente gingen in einem dicken Strahl ab. Am Morgen des
31. August entleerte ich, unter den Erscheinungen grosser Schmerzen
für das Thier, vermittelst eines Katheters 11 Liter theerartigen Urins.
Am Abend war dieser heller und hatte an Menge abgenommen. Die
Entfärbung war am Morgen des ersten September noch deutlicher,
am Abend desselben Tages war der Urin ganz hell und hatte noch
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mehr an Menge abgenommen. Als ich am 2. September das Gut ver-
liess, war der Zustand der Kuh hoffnungslos. Am 3. September lag
sie fortwährend, stöhnte und verbreitete einen so heftigen Gestank,
dass die Stallluft verpestet wurde, weshalb man sie am 3. September
tödtete. Bei der Section wurde Hepatisation mit beginnender Necrose
in beiden Lungen gefunden.
Gestützt auf diese und mehrere andere Beobachtungen scheint es
mir nicht berechtigt, wenn man die ‘Verstopfung als die gewöhn¬
liche Todesursache aufstellt. Ich betrachte die Verstopfung als ein
mehr secundäres Leiden, welches theils durch dio starke Ausschei¬
dung der Nieren (ähnlich wie bei der Harnruhr) und theils durch
den Mangel an Nahrungsaufnahme hervorgebracht wird. Dadurch,
dass man gleich nach dem Entstehen der Krankheit, während die
Thiere noch Fresslust zeigen, hemmend auf das Blutharnen wirkt und
für eine zweckmässige Fütterung (Gras, Rüben, aufgeweichtes Futter)
sorgt, wird man in der Regel die Verstopfung verhindern können.
Gewöhnlich wird aber erst Hülfe gesucht, wenn die Krankheit weiter
vorgeschritten und Verstopfung hinzugetreten ist; dann muss man aller¬
dings hiergegen einsehreiten.
Im Vorgehenden haben wir gesehen, dass der Urin, gleichgültig
ob er roth oder hell ist, stets Eiweiss in grosser Menge enthält.
Es ist also auf jeden Fall eine Albuminurie vorhanden. Die Krank¬
heit aber als eine acute Albuminurie zu betrachten, ist nach meiner
Meinung nicht zutreffend. Dies gilt auch von der neueren Benennung
Hämoglobinurie. Weil der Urin die wesentlichsten Bestandteile des
Blutes enthält, und das Thier sich gleichsam durch die fortgesetzten,
nicht zu beseitigenden Ausleerungen verblutet, will es mir scheinen,
dass ßlutharnen (Hämaturie) die bezeichnendste und erschöpfendste
Benennung ist, die auch am besten die mit der Krankheit verbundene
Gefahr ausdrückt.
Aus der Art und Weise, wie die Krankheit von Anfang bis zu
Ende verläuft, geht deutlich hervor, dass die Ursache zuerst auf die
Schleimhaut des Darmcanals einwirkt und Darmkatarrh (Diarrhoe)
hervorruft und, nachdem sie in den Kreislauf aufgenommen ist, auf
das Blut wirkt und als eine Art acuter Vergiftung auftritt.
Die Verhältnisse, unter welchen solche Ursachen sich geltend
machen, sind sehr verschieden: Das Blutharnen kann eine stationäre
Krankheit sein und das Vieh ergreifen, welches auf solchen Wald-
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Blutharnen beim Rinde.
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sümpfen und Wald wiesen grast, welche entweder mit Erlengebüsch
bewachsen oder bewachsen gewesen sind.
Es ist eine allbekannte Thatsache, dass die Kühe der Forst¬
beamten, die ira Walde weiden, dieser Krankheit häufig unterworfen
sind und dass sie Höfe heimsucht, die Wiesen haben, auf welchen
Erlen wachsen oder wo diese Bäume ausgerottet sind. Dass es haupt¬
sächlich die durch die Feuchtigkeit bedingten, besonderen Verhältnisse
des Landes sind, welche die Krankheit an diesen Stellen hervorrufen,
kann man daraus ersehen, dass sie in der Regel auf hört nach
Trockenlegung und Drainirung des Bodens; jedoch kann sic in sehr
feuchten Jahren dennoch wiederkehren. Die Ursache kann auch un¬
zweifelhaft an einzelne bestimmte Wiesen oder sogar an Theile der¬
selben gebunden sein, und oft ist es schwer, die Stelle nachzuweisen,
an welcher die Thiere sich die Krankheit zugezogen haben, weil die¬
selben nicht gepfercht stehen, sondern frei auf den Aeckem umher¬
gehen.
Die Krankheit kann auch im Stalle bei der Fütterung mit Heu
oder Gras von Waldwiesen eintreten. Dieselbe kann ferner durch das
Grasen auf niedrigen Sumpfwiesen, sowie durch die Fütterung mit
verfaulten und gefrorenen Rübenblättern oder mit verdorbenen (faulen)
Kohlrüben hervorgerufen werden.
Die alte Behauptung, dass das Blutharnen durch den Genuss
scharfer Pflanzen entstehe, ist nicht stichhaltig. Dasselbe gilt von
der Aufnahme von Fäulnissproducten auf Wiesen- oder Moorboden.
Durch die Drainirung und die hiermit in Verbindung stehende Cul-
tur des Bodens wird die das Blutharnen veranlassende Schädlichkeit
beseitigt.
Einzelne Thiere scheinen eine ganz besondere Disposition zu der
Krankheit zu haben, weil sie zu wiederholten Malen in kürzeren
oder längeren Zwischenzeiten davon befallen werden. Dass die Milch¬
kühe der Krankheit mehr ausgesetzt sind als die Ochsen und Stiere,
liegt offenbar in ihrer geringeren Widerstandskraft.
Mit Rücksicht auf die prophylactische Behandlung des Blut-
harnens soll hier die Bildung von Viehstämmen auf den dieser Krank¬
heit ausgesetzten Höfen hervorgehoben werden, weil die Thiere hier¬
durch an die localen Verhältnisse gewöhnt werden und nicht so
empfänglich für die betreffenden Schädlichkeiten sind als angekauftes
Vieh. Ferner dürfte es sich empfehlen das Vieh zu pferchen, um zu
ermitteln, an welcher Stelle sich dasselbe die Krankheit zugezogen
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KREBS.
hat. — Das Ausroden der Erlengebüsche, die Drainirung des Bodens,
kurz alle Verbesserungen in der Behandlung des Bodens werden dazu
beitragen, dass diese Krankheit, die früher viel allgemeiner war, nach
und nach gänzlich verschwindet.
Je früher die Krankheit in Behandlung genommen wird, um so
grössere Erfolge sind zu erwarten. Daher muss man einschreiten,
während die Thiere Diarrhoe haben und der Urin ungefärbt ist. Um
den heftigen Darmkatarrh zu bekämpfen, eignen sich ganz besonders
lauwarme Roggenmehltränke, Milch, Gerste- oder Hafersuppen.
Gegen das Blutharnen giebt man schwefelsaures Eisenoxyd
(15 Grm.) in Verbindung mit Kampher (5—10 Grm.).
Ist Verstopfung entstanden, so giebt man am besten Crotonöl
(30 — 35 Tropfen) mit Oel vermischt, weil die Thiere meiner Er¬
fahrung nach dieses Mittel besser vertragen und weil die Abführung
hierdurch sicher erreicht wird als durch die unverhältnissmässig
grossen und schwächenden Gaben von Glaubersalz und Oel. Sobald
der Urin hell und klar und der Mist weich ist, dürfte eine arznei¬
liche Behandlung nicht mehr nothwendig sein.
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Referate und Kritiken.
Ueber die Entdeckung des Bacillus der Rotzkrankheit 1 )
Von den Herren Assistenzarzt I. CI. Dr. Löffler und Prof. Dr. Schätz
wurde bei Untersuchungen im Kaiserlichen Gesundheitsamt zur Auffindung wirk¬
samer Desinfectionsverfahren der Bacillus der Rotzkrankheit entdeckt.
Zunächst wurde in den specifischen Producten der Rotzkrankheit, den sog.
Rotzknötchen, nach einer bestimmten Bacterienform in der Weise gesucht, dass
man Gowebsschnitte der Lunge, Milz, Leber und Nasenscheidowand von einem
wegen Rotz getödteten Pferde mit sehr verschiedenen Färbemethoden behandelte
und unter dem Mikroskop durchmusterte. Es fanden sich auf diese Weise in Prä¬
paraten , welche mit einer concentrirten wässrigen Methylenblaulösung gefärbt,
mit stark verdünnter Essigsäure nachbehandelt, alsdann in Alkohol entwässert
und in Cedernöl eingebettet waren, hin und wieder feine Stäbchen, welche un¬
gefähr die Grösse von Tuberkelbacillen hatten; andere Bacterienformen waren in
den specifischen Producten nicht vorhanden. Um eine Gewissheit darüber zu er¬
halten, ob diese Stäbchen in ursächlicher Beziehung zur Rotzkrankheit standen,
wurde die Culturmethode zu Hülfe genommen
Wenn eine bestimmte Bacterienart die Ursache der Rotzkrankheit war, so
liess sich erwarten, dass sie am besten in dem Serum des Blutes von solchen
Thieren wachsen würde, welche anerkanntermassen eine grosse Empfänglichkeit
für das Rotzcontagium besitzen. Als solche sind die Pferde und Schafe bekannt.
Es wurden daher am 14. September, wie dieses Koch für die Cultur der Tu¬
berkelbacillen gelehrt hat, eine Anzahl steriiisirter Reagonsgläschen, welche
Pferde- resp. Hammelblutserum enthielten, mit sorgfältig entnommenen Partikel¬
chen aus Rotzknoten der Lunge und der Milz eines wegen Rotz getödteten Pferdes
beschickt. In den ersten zwei Tagen zeigten sich keine Veränderungen auf den
besäten Serumflächen. Am dritten Tage jedoch bemerkte man in der Mehrzahl
der Gläschen zahlreiche kleine, durchscheinende Tröpfchen, welche sich zerstreut
auf der Oberfläche des Serums gebildet hatten. Diese Tröpfchen enthielten, wie
die Färbung am Deckgläschen ergab, zahllose feine Bacillen von der oben er¬
wähnten Grösse. Da die Tröpfchen sich gleichmässig in fast allen mit Rotzmate-
*) Vorläufige Mittheilung des Herrn Dr. Struck in der Deutschen medici-
nischen Wochenschrift, No. 52, 1882.
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Referate und Kritiken.
rial besäten Culturgläschen vorfanden und in denselben nur diese eine Bactorien-
art zur Entwickelung gekommen war, wurde man unmittelbar darauf hingeführt,
diese Bacillen auf ihre ursprünglichen Beziehungen zur Rotzkrankheit durch
Rückimpfung auf gesunde, für die Rotzkrankheit empfängliche Thiere zu prüfen.
Um im Falle einer gelungenen Uebertragung dem Einwande zu begegnen,
dass in dem Impfmaterial vielleicht noch Theilchcn des ursprünglich ausgesäten
Rotzmatorials vorhanden gewesen sein und den Erfolg der Impfung bedingt
haben könnten, wurden die Culturen durch vier Generationen einen Monat lang
fortgezüchtet.
Von der erhaltenen vierten, einzig und allein aus den beschriebenen feinen
Bacillen bestehenden Cultur wurde am 14. October eine kleine Menge abgenom-
men und einem alten, anscheinend sonst gesunden Pferde auf der Nasenschleim¬
haut und auf beiden Schultern eingeimpft. Schon nach 48 Stunden begann das
Thier stark zu fiebern. An den Impfstellen entwickelten sich tiefe Geschwüre,
von welchen aus knotige Lymphgefässstränge zu den geschwollenen Kehlgangs¬
und Bugdrüsen hinzogen, so dass etwa 8 Tage nach der Impfung das Plerd das
ausgeprägte klinische Bild der Rotzkrankheit bot. Nach etwa 4 Wochen begannen
die Geschwüre zu vernarben, die Drüsenanschwellung nahm ab, auch befand sich
das Thier augenscheinlich wieder wohier, so dass es zweifelhaft wurde, ob die
nach der Impfung aufgetretenen Erscheinungen als dem Rotz angehörende zu
deuten sein würden. Es wurde daher am 25. November beschlossen, das Thier
zu tödten, um zu ermitteln, ob vielleicht in den inneren Organen Veränderungen
rotziger Natur vorhanden seien. Die Section ergab ein höchst überraschendes
Resultat: Auf der Nasenscheidewand sowie auf den Uebergangsstellen aus der
Nasen- in die Rachenhöhle fanden sich zahlreiche weisse, zum Theil strahlige
Narben, in den Lungen alte fibröse, auch verkalkte Knoten, aber ausserdem noch
ganz frische graue Knoten mit rothein Hofe und an der Lungenwurzel ein etwa
apfelgrosses sog. Rotzgewächs. Das Thier hatte diesem Befunde nach eine Rotz-
infection schon früher überstanden. Dass die frischen Eruptionen auf die künst¬
liche Uebertragung zurückzuführen waren, konnte nicht mit Sicherheit behauptet
werden. Folglich konnte der Versuch als absolut beweisend nicht gelten. Da
aber frisches rotziges Material dabei vorlag. so wurde dasselbe zur Gewinnung
von neuen Culturen benutzt. Aus diesen Culturen waren nach drei Tagen eben¬
falls durchscheinende, lediglich die beschriebenen Bacillen enthaltende Tröpf¬
chen gewachsen.
Dieselben Bacillen fanden sich ausserdem in den frischen rotzigen Producten
aus dem getödteten Pferde nach Behandlung mit Methylenblau.
Noch im Laufe des November wurden frische Organe eines wegen Rotz ge¬
tödteten anderen Pferdes untersucht: Wiederum gelang es, aus den in der Leber
dieses Thieres befindlichen Rotzknoten dieselben durchscheinenden bacillenhalti¬
gen Tröpfchen zu züchten. Am 1. December wurden endlich in einem vierten
Falle aus frischen Rotzknoten Culturen mit Erfolg angesetzt. Das Ergebniss war
in allen Fällen das gleiche.
Inzwischen waren die Reinculturen der Stäbchen noch auf zu Gebote ste¬
hende Thiere anderer Gattungen mit Erfolg verimpft, nämlich auf Kaninchen,
Mäuse und Meerschweinchen.
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Referate und Kritiken.
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Die Kaninchen verhielten sich verschieden: Während einzelne Thiere bei
der Section nur locale Geschwüre und Anschwellung der entsprechenden Drüsen
zeigten, boten andere das exquisite Bild des Rotzes: Geschwüre auf der Nasen-
scheidewand und Roizknötchen in den Lungen. Die Impfungen mit Rotzcultur-
material bei den für Infectionen aller Art sonst ausserordentlich empfänglichen
weissen Mäusen lieferten negative Resultate. Positive Ergebnisse lieferte da¬
gegen die Impfung bei den Feldmäusen, denn bei den Sectionen dieser innerhalb
der ersten 8 Tage nach der Impfung gestorbenen Thiere fanden sich Milz und
Leber von kleinen graugelblichen Knötchen durchsetzt und in den Knötchen die
feinen Bacillen.
Ueberraschend waren die Ergebnisse der Impfung bei den Meerschweinchen.
Der Verlauf der Erkrankung danach war ein verschieden schneller, je nachdem
mit minimalen Theilen der Cultur geimpft wurde, oder grössere Mengen derselben
zur Injection gelangten. Nach der Impfung entwickelte sich constant um den
dritten bis vierten Tag an der Impfstelle ein Geschwür mit stark indurirtem
Grunde; dann begannen die entsprechenden Lymphdrüsen anzuschwellen bis zur
Grösse einer Haselnuss, ja sogar bis zu der einer Kastanie. Bei manchen Thieren
blieb der Process wochenlang auf diesem Punkte stehen, — dasContagium wurde
wahrscheinlich in den Drüsen zurückgehalten —, bei anderen dagegen, nament¬
lich bei den Thieren, welchen subcutan grössere Mengen von Bacillen beigebracht
waren, entwickelten sich acute knotige Anschwellungen der Hoden resp. der Ova¬
rien oder der Vulva. Es schwollen dabei einzelne Füsse knotig an, auch traten
an mehreren Stellen der Haut knotige Anschwellungen auf, oder es entwickelten
sich ulcerative Processe in der Nasenhöhle, welche sogar zum Durchbruch durch
den Knochen nach aussen führten. Bei einigen Thieren endlich entwickelte sich
plötzlich eine acute allgemeine Infection, welche schnell zum Tode führte. Man
fand dann namentlich die Milz und die Lungen von zahllosen submiliaren grauen
Knötchen durchsetzt, welche grosse Aehnlichkeit mit den Miliartuberkeln zeigten.
Von den letzteren unterschieden sie sich jedoch dadurch, dass man in ihnen mit
den dafür geeigneten Färbemethoden Tuberkelbacillon nicht nachweisen konnte,
wohl aber mit anderen Färbemitteln die in den rotzigen Producten beim Pferde
gefundenen feinen Bacillen. Alle diese Veränderungen kennzeichneten sich noch
dadurch als rotzige, dass dieselben Erscheinungen auch bei der Rotzkrankheit
der Pferde beobachtet wurden. Die Rotzmetastasen in den Hoden der Hengste,
sowie die rotzigen Knochenmarkenlzündungen, welche besonders in den Rippen
bei den Pferden ihren Sitz haben, gehören zu dem typischen Bilde des Rotzes.
Die Culturen aus allen diesen Organen — Hoden, Milz, Lungen u. s. w. — lie¬
ferten stets dieselben bereits näher beschriebenen Roinculturen. welche in vier
verschiedenen Fällen aus den verschiedenen Organen rotziger Pferde erhalten
waren.
Wenn nach den bisher geschilderten Ergebnissen es zur grössten Wahr¬
scheinlichkeit geworden war, dass die Bacillen die Ursache des Rotzes sind, so
fehlte noch die entscheidende Rückimpfung der Reinculturen auf Pferde. Es
wurden deshalb zwei gesunde Pferde, ein älteres ca. 20 jähriges und ein jüngeres
ca. 2jähriges Thier, am 28. November mit reingezüchteten Bacillen geimpft. Als
Impfmaterial für das ältere Thier wurde die achte, 10 Wochen lang ausserhalb
15
Archiv f. wissen sch. u. prskt. Tliierhcilk. IX. 3.
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Referate und Kritiken.
des Thierkörpers fortgesetzte Umzüchtung der am 14. September gewonnenen
Reinculturen benutzt; zur Infection des 2jährigen Thieres diente eine Cultur,
welche aus dem Hoden eines mit der vierten Generation der Cultur vom 14. Sep¬
tember geimpften und am 8. November gestorbenen Meerschweinchens gewonnen
und weiterhin durch fünf Generationen ausserhalb des Körpers fortgezüchtet war.
Es wurden nun, um eine möglichst rasche Infection zu erzielen, Injectionen zu
beiden Seiten des Halses, der Brust, in den Flanken, und bei dem jungen Thiere
ausserdem noch am Nasenrücken ausgeführt. Die Nasenschleimhaut wurde nicht
berührt, um zu sehen, ob sich secundäre Eruptionen auf der intacten Schleimhaut
entwickeln würden. Schon nach wenigen Tagen zeigten sich an den Injections-
stellen diffuse, teigige Anschwellungen bei beiden Thieren. Die Thiere frassen
schlecht, wurden steif in den Beinen und rauh im Haar. Nach ca. 8 Tagen fühlte
man bei beiden Thieren perlenschnurartige Stränge in der Haut, welche sich zu
den correspondirenden Drüsen hin erstreckten. Die Anschwellungen waren auf¬
gebrochen und sonderten eine trübe, grünlichgelbe Flüssigkeit ab. Am 12. Tage
beobachtete man neben den früher geschilderten Symptomen bei dem jungen
Pferde ein einmarkstückgrosses Geschwür in der Haut der Stirn, welches bis zum
Stirnbein durchgedrungen war und aufgeworfene Ränder zeigte. Ausserdem aber
bestand bei beiden Thieren ein Ausfluss aus den Nasenöffnungen, welcher an den
Rändern derselben zu dünnen, gelblichen Krusten eintrocknete; endlich hatten
sich auf der Nasenschleimhaut kleine Geschwüre mit erhabenen Rändern gebildet
— ein Befund, welcher in seiner Gesammtheit nunmehr die rotzige Natur der
Krankheit erkennen Hess.
Beide Thiere verfielen von Tag zu Tag mehr und am 12. December starb
das ältere.
Die Section desselben ergab Folgendes:
An allen Impfstellen hatten sich Geschwüre von Markstückgrösse und dar¬
über gebildet. Auf den Geschwüren lagen dicke Krusten, die aus eingetrockneten
Absonderungsproducten und Haaren bestanden, und neben den Krusten floss eine
gelbweisse, trübe Flüssigkeit ab. Die Weichtheile neben und unter den Ge¬
schwüren waren breiig, beinahe flüssig. Die Unterhaut im Umkreise der Ge¬
schwüre war mit eitriger Flüssigkeit infiitrirt und hatie sich von den darunter
liegenden Theilen abgelöst. Die Geschwüre am Halse standen mit fingerdicken
Lymphgefässsträngen in Verbindung, die bis zu den Bugdrüsen verliefen. Die
letzteren hatten fast den Umfang eines Hühnereies und enthielten in dem gerö-
theten und feuchten Gewebe kleine gelbe oder gelbweisse Herde. Auch von den
anderen Impfstellen Hessen sich Lymphgefässstränge bis zu den nachbarlichen
Lymphdrüsen verfolgen. Auf den ersteren konnte hin und wieder ein erbsen- bis
bohnengrosser, weicher, gelbweisser. fast flüssiger Knoten nachgewiesen werden.
Die Achsel- und Leistendrüsen waren geschwollen und weich und von den oben
erwähnten gelben Herden gleichfalls durchsetzt. Die Schleimhaut der Nasen¬
scheidewand und der Nasenmuscheln war Sitz von Geschwüren, die ausgebuchiete
Ränder hatten. In den letzteren und im Grunde der Geschwüre fanden sich kleine
gelbe oder graue Knötchen. Die submaxillaren Lymphdrüsen enthielten bohnen-
bis haselnussgrosse Knoten, die von gelben Herden durchsetzt waren. In der
Schleimhaut an der vorderen Fläche der Epiglottis wurde ein zehnpfennigstück-
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Referate und Kritikern
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grosses Geschwür, welches mit wallartigen Rändern ausgestattet war, ermittelt.
In der Lunge wurden zahllose hirsekorn- bis erbsengrosse Knoten gefunden, von
denen die grösseren durch Confluenz kleinerer entstanden waren. Die kleineren
enthielten ein graues, trübes Centrum, welches von einem gerötheten Hofe um¬
schlossen wurde. In vielen Körpermuskeln lagen Knoten von verschiedener Grösse,
die aus einer gelbweissen, breiigen, oft flüssigen Masse bestanden.
Da der Befund bei dem älteren Thiere ein so entscheidender war, so wurde
das jüngere, welches schon hochgradigen Verfall der Kräfte zeigte, getödtet. Bei
der unmittelbar nach der am 13. December erfolgten Tödtung vorgenomraenen
Section fanden sich ebenfalls die charakteristischen Erscheinungen des Haut- und
Nasen rotzes.
Ueber die Bacillen der Rotzkrankheit. Vortrag, gehalten in der Sitzung
der Gesellschaft der Charite-Aerzte, am 1. Februar 1883, von Dr. 0. Israel,
Assistenten am pathologischen Institut in Berlin. (Auszug.)
Die schöne Entdeckung der Tuberkelbacillen durch Koch hat die Methode
festgestellt, mittelst deren die Untersuchung der anderen Krankheiten anzustellen
ist, welche wir aller Erfahrung nach als durch Mikroorganismen hervorgerufen
anselien müssen; das sind zunächst Rotz und Syphilis. Ich wandte mich im
vorigen Sommer der Untersuchung der ersteren Affection zu, weil wir erfahrungs-
gemäss über Versuchsthiere verfügen, welche für Impfungen mit Rotzcontagium
empfänglich sind.
Als ich mich zuerst mit diesem Gegenstände beschäftigte, waren es theore¬
tische Erwägungen, welche mich die Wirksamkeit eines Pilzes als Ursache der
Rotzkrankheit auf das Bestimmteste annehmen Hessen, und ich wartete deshalb
nicht ab, bis es mir gelungen, einen Parasiten in den afficirten Organtheilen
nachzuweisen, sondern fing mit den Färbungsversuchen gleichzeitig Culturver-
suche an. Es trat hierbei die eigenthümliche Erscheinung zu Tage, dass es sehr
geeignete und ebenso sehr unzweckmässige anatomische Substrate für das Stu¬
dium der betreffenden Parasiten giebt. Der Zufall machte es, dass mir gleich
im Anfang meiner diesbezüglichen Arbeiten ein sehr geeignetes Material in die
Hände fiel. Durch die Güte des Herrn Prof. Di eckerhoff erhielt ich zweimal
grössere Lungentheile von Pferden, welche die charakteristischen Rotzknötchen
enthielten, und aus ihnen züchtete ich auf coagulirtem Pferdeblutserum zwei ver¬
schiedene Pilzformen, von denen die eine, kleinere, sich bald als unwirksam
erwies, während ich mit der anderen, grösseren Bacillenform bei Kaninchen Rotz
erzeugen konnte. Es waren dies immerhin noch kleine Bacillen, welche dem An¬
schein nach etwas weniger gracil, als die Tuberkelbacillen, von annähernd der¬
selben Länge, aber etwas dicker erschienen, und besonders durch ihre relativ
grossen Sporen sich von den letztgenannten unterschieden. Dieselben Pilze er¬
hielt ich ein drittes Mal, als ich Gelegenheit hatte, einem frisch getödteten Pferde
die erwähnten Lungenherde zu entnehmen. Ich impfte Kaninchen mit der 5. und
6. Generation dieser Bacillen. Zwei der geimpften Thiere zeigten nach ihrem
Tode sowohl lymphangitische Erscheinungen, als die charakteristischen Geschwüre
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Referate und Kritiken.
in der Nase und typische Lungenherde. Die Impfung war zwischen den Schulter¬
blättern vorgenommen. Ein Thier starb ohne charakteristische Erscheinungen,
eins blieb am Leben. In Abwesenheit meines verehrten Chefs schickte ich die
Präparate Herrn Prof. Dieckerhoff zur Controle, der sie für „exquisiten Rotz“
erklärte, und da er die Organe gerade während der klinischen Stunden erhielt,
dieselben auch gleichzeitig demonstrirte. In den von den Lungenknötchen her¬
gestellten Trockenpräparaten waren dieselben Stäbchen, wie in den benutzten
Culturen. Es schien also die Cultivirung des Rotzcontagiums keine grossen
Schwierigkeiten zu machen, und ich wartete nur auf eine neue Gelegenheit, um
die Entnahme von Stammmaterial zu wiederholen, um ganz sicher in dem Re¬
sultat zu sein, bevor ich an die kostspielige Impfung eines Pferdes ging. Wäh¬
rend des September, October und bis Mitte November war es mir jedoch nicht
möglich, frisches rotziges Material zu erhalten. Erst nach Ablauf dieser Zeit bot
sich mir neues Material, und zwar vom lebenden Thiere. Am leichtesten zu er¬
reichen waren, da offene Geschwüre wegen parasitärer Beimengungen durchaus
ausgeschlossen erschienen, die subcutanen und cutanen Wurmbeulen, welche,
wenn auch spärlich, vorhanden waren. Die Eröffnung dieser kleinen Abscesse
erfolgte unter allen Cautelen; die betreffenden Hautpartien wurden vor der Incision
in grossem Umfange rasirt, die anhaftenden Fetttheile mit Aether entfernt und
dann wurde mit Sublimatlösung desinficirt. Bei diesen Versuchen, die ich fünfmal
wiederholen konnte, ergab sich, abgesehen von seltener, zufälliger Verunreinigung
und einem Specialfall, auf den ich noch zurückkommen werde, die überraschende
Thatsache, dass die geimpften Gläser steril blieben, und da die Gelegenheit zu
diesen Versuchen nur in längeren Zwischenräumen wiederkehrte, dauerte es ge¬
raume Zeit, bis ich mich überzeugen konnte, dass nicht etw r a die Benutzung noch
nicht abgekühlter Platinnadeln dies negative Resultat verursacht hatte. Man
muss daraus schliessen, dass der Pilz in den abscedirten Hautknoten der unter¬
suchten Fälle nicht mehr in einem vermehrungsfähigen Zustande vorhanden
war. Die mikroskopische Untersuchung ergab denn auch, dass sich zwar reich¬
liche feine Körnchen in dem zähen, puriformen Material fanden, die man wohl
für Bacillensporen halten konnte, allein die Bacillen, w T ie sie in dem Gewebssaft
und den Culturen enthalten waren, fanden sich nicht darin vor. Es ist daher
wohl anzunehmen, dass die Zerstörung des Pilzes dem Zerfall der entzündlichen
Neubildung nicht gar so spät nachfolgt, der Parasit des Rotzes also den vitalen
Aeusserungen des Organismus gegenüber nur eine relativ geringe Widerstands¬
fähigkeit hat. So bin ich auch heute noch nicht wieder in der Lage gewesen,
wirksames Material zu cultiviren und die beabsichtigte Impfung eines Pferdes
vorzunehmen, und ich kann darauf auch um so eher verzichten, als dieser Ver¬
such ja bereits von anderer Seite mit Erfolg augestellt wurde.
In der Zwischenzeit zwischen meinen erfolgreichen und den negativen Züch¬
tungsversuchen w T ar ich mit der Färbung der Rotzpilze im Gewebe zu Stande
gekommen. Da sich in Trockenpräparaten die Bacillen mit gewöhnlichen Lösun¬
gen von Anilinfarbstoffen, wenn auch in verschiedener Intensität, färben, war an
eine specifische Reaction nach Art der Tuberkelbacillen nicht zu denken, und die
Schwierigkeit, sie im Gewebe darzustellen, konnte daher nur in der Art der Ein-
wiikung und entsprechenden Entfärbung liegen, und so erhielt ich denn auch
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Referate und Kritiken.
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mit Methylviolett Präparate, in denen, allerdings neben mehr oder weniger per-
sistirender Kernfärbung, sich Bacillen wie die in den ersten Culturen erhalte¬
nen zeigten. Es hat seine Schwierigkeiten, zwischen den gefärbten Kernen die
kleinen Herde zu finden, nur ausnahmsweise scheinen die Bacillen in grösseren
Colonien aufzutreten. Während sie in dem verkäsenden Gewebe leichter zu finden
sind, erscheinen sie besser gefärbt und erhalten in der fortschreitenden Entzün-
dungszone. In dem die Lungenknoten so häufig umgebenden Gebiete frischer
Hepatisation habe ich sie bis jetzt nicht nachweisen können; doch sind meine
bisherigen Untersuchungen keineswegs abgeschlossen, da das Gebiet der Rotz¬
anatomie annähernd so gross ist wie das der Tuberculose, so dass ein Abschluss
vor der Hand auch schwerlich erreicht werden dürfte. Nur betreffs eines der
Verbreitungwege des Contagiums im Körper, der für die Tuberculose erst in den
letzten Jahren durch die sorgfältigen Untersuchungen Weigert’s festgestellt ist,
nämlich durch die Blutgefässe, kann ich schon jetzt eine Angabe machen, indem
ich nämlich zufällig auf einem Schnitte durch die Lunge eine kleine Arterie der
Länge nach getroffen habe, welche mit einem Embolus ausgefüllt war, der mit
Bacillen durchsetzt ist. Es handelt sich hierbei nicht um eine parasitäre Embolie
von der Dichtigkeit, wie die, welche bei diphtherischen Vorgängen, Endocarditis
ulcerosa und septischen Erkrankungen auftreten, wo der ganze Pfropf dem An¬
schein nach nur aus Mikrococcen besteht, sondern die Stäbchen sind durch den
ganzen, bereits entfärbten, also schon etwas älteren Embolus zerstreut. Als
Ursprung dieser Embolie dürften die Venen der Nasensubmucosa anzunehmen
sein, welche gelegentlich in der Umgebung der rotzigen Geschwüre in grösserer
Ausdehnung durch Thromben verstopft sind. Der wichtigste Weg, auf dem das
Contagiuin in die Lungen gelangt, scheint jedoch der Respirationsstrom zu sein,
der durch die Nase geht und von dort contagiöse Massen mit sich reisst.
Ich erwähnte vorher einen Specialfall bei der Entnahme von Impfmaterial
aus den kleinen Hautabscessen; diesen möchte ich hier, wenn auch nur kurz,
berühren, da er nicht in das Gebiet des Rotzes fiel. Ich erhielt nämlich aus klei¬
nen Abscessen in der Haut der Oberlippe, welche bei einem chronisch-rotzigen
Pferde entstanden waren, eine Art kleiner Mikrococcen, welche sowohl bei Katzen
multiple, und bei einem Pferde an den Impfstellen Abscesse mit dünnflüssigem
Eiter hervorriefen. Ich erwähne dies, weil daraus hervorgeht, dass gelegentlich
auch andere Mikroorganismen noch die Möglichkeit der Entwickelung neben den
Rotzbacillen finden können.
Wenn ich mir zum Schluss noch einige Worte über die voraussichtliche Be¬
deutung des Bacillenbefundes bei Rotz erlauben darf, so möchte ich bei der
Sicherheit der anatomischen Diagnose demselben für die differentielle Diagnose
keine zu grosse Wichtigkeit beimessen, da die Fälle, wo es sich um Verwechs¬
lungen mit sarcomatösen Neubildungen handelt, nur selten sind.
(Berliner klin. Wochenschr., 1883, No. 11.)
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230
ROLOFF.
Note snr la cnltare da microbe de la morve et snr la transmission de la
maladie k l’aide de8 liquides de Cnltare. Memoire lu ä l’Academie de med.
dans la seance du 27. Decembre 1882. Par MM. Bouchard, Capitan et
Charrin.
Die Verff. bemerken, dass sie die bereits im Jahre 1868 von Christot
und Kien er erwähnten Mikroben des Rotzes nicht allein in den Geschwüren in
der Nase und in den Abscessen in der Lunge, sondern auch in den Lymphdrüsen,
sowie in den Rolzknoten der Leber und der Milz gefunden haben. Da die Mi¬
kroben constant vorhanden waren und in allen Fällen dieselben (von den Verff.
aber nicht näher bezeichneten, Ref.) Eigenthiimlichkeiten zeigten, so war zu ver-
muthen, dass sie die Ursache der rotzigen Veränderungen bildeten. Die Verff.
züchteten daher den Mikroben in neutralisirtem Fleiscbextract bei 37 °C. Den
ersten Züchtungsversuch machten sie am 4. Juli 1882; sie besamten die Nähr¬
flüssigkeit in mehreren Gläsern theils mit einem Fragment eines Nasengeschwürs,
theils mit einem kleinen Fragment eines Rotzknotens aus der Milz eines wegen
Rotz getödteten Pferdes. Ara folgenden Tage wurde ein kleiner Theil einer
Cultur von Microben von dem Nasengeschwür und von dem Knoten aus der Milz
in kleine Glasröhren gefüllt, die sofort versiegelt wurden. Damit wurden am
10. Juli zwei Esel geimpft. Beide Esel wurden rotzig; der eine fiel am 19., der
andere am 28. Juli.
Um dem Einwande zu begegnen, dass bei der Einimpfung der ersten Cultur
nicht die Mikroben, sondern die in der Flüssigkeit vertheilten Partikel der zur
Besamung verwendeten Fragmente von Rotzgeschwüren oder Rotzknötchen das
Inficiens gewesen seien, wurde am 11. August 1882 ein Kater mit der 5. Cultur
geimpft. Der Kater starb am 5. September. Derselbe zeigte eine Eitergeschwulst
im linken Hoden und Anschwellung der Leistendrüsen derselben Seite. Ein
Fragment der Drüsengeschwulst wurde auf eine Katze verimpft; letztere starb am
21. September mit einem Chanker an der Impfstelle, Anschwellung der Leisten¬
drüsen und miliaren Abscessen in den Lungen. Von dieser Katze wurde wieder
ein Kater, von letzterem ein Meerschweinchen ur.d davon ein Esel geimpft, wel¬
cher 10 Tage nach der Impfung starb und frische Rotzknötchen in den Lungen
zeigte.
Aehnliche Resultate wurden auch bei anderen Versuchen erzielt, die sich
im Ganzen auf 61 Thiere erstreckten. Die genannten Verff. ziehen aus ihren
Versuchen den Schluss, dass der Rotz eine parasitäre Krankheit sei.
Roloff. (Archives veter. Febr. 1883.)
Odontologfeche Forschungen* Von Dr. Baume. Leipzig, Verlag von Ar¬
thur Felix.
Im Jahre 1871 entdeckte Verf. im Kiefer des Menschen und später auch
bei Pferden Körperchen, welche durch ihren typischen Sitz, das constante Fehlen
des Schmelzüberzuges und ihre Formlosigkeit sich wesentlich von gewöhnlichen
Zahnmissbildungen unterschieden. Die Bemühungen, die Bedeutung dieser aus
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Referate und Kritiken.
231
Zahnbein und Cement bestehenden, nur in selteneren Fällen unter den Alveolar¬
rand der labialen Seite zwischen beiden Prämolaren oder dem zweiten Prämolar
und erstem Molar direct zu Tage tretenden Bildungen zu eruiren, hat zur Ent¬
stehung des vorliegenden Werkes Veranlassung gegeben. In demselben werden
interessante originelle Anschauungen entwickelt, welche nicht allein in ontogene-
tischer und phylogenetischer Hinsicht neue Gesichtspunkte eröffnen, sondern auch
in Bezug auf vergleichende Anatomie bemerkenswerthe Aufschlüsse liefern.
Nach einigen einleitenden Bemerkungen über die Darwinsche Selections-
theorie und nach einer sich daran knüpfenden Besprechung des Hautpanzers der
Wirbelt hie re, der Zähne der Fische, Amphibien und Reptilien beschäftigt sich der
erste Theil des Werkes in der Hauptsache mit der Schilderung der allmählichen
Entstehung der Zahnformen dor Säugethiere und der Gesetze, welche den Form¬
veränderungen des Gebisses zu Grunde liegen.
Das Gesetz, welches sich aus der Betrachtung der Gebisse der Thiere der
Jetztzeit und jener der untergegangenen Arten ableiten lässt, formulirtVerf. unter
der Bezeichnung: „Reduction der Gebisse“.
Bei den niedersten Thierformen ist für den Schutz der Haut durch Bildung
eines Panzers aus Kalksalzen oder Kieselerde gesorgt. So bei den Protozoen, den
Coelenteraten, den Würmern zum Theil, den Mollusken, insbesondere aber bei
den Echinodermen. Bei letztgenannten Thieren besteht der Hautpanzer aus vielen
polygonalen Stücken, welche Warzen tragen. Auf diesen kugeligen Wärzchen
sitzen in einer Articulationslläche. wie auf einem Sockel, Stacheln, welche ein
mit der Längsaxe parallel laufendes Röhrchensystem enthalten und mit Hülfe von
ligamentösen Vorrichtungen umgelegt und aufgerichtet werden können.
Die Panzerung der Vertebraten ist bei den Repräsentanten der in den älte¬
ren paläontologischen Formationen der Erdrinde gefundenen Arten mächtiger
und dicker und kommt auch zahlreicheren Gattungen zu. Von den jetzt noch vor¬
handenen Vertebraten sind mit knöchernem Hautpanzer versehen: manche Fische
(aus den Familien der Welse, Störe u. s. w.), Reptilien (Schildkröten, Krokodile),
und Säuger (Gürtelthiere).
Der Panzer mancher Fischarten — Hypostomus, Callichtys etc.) — ist dem
der Echinodermen in Bezug auf Form und Entwickelung der einzelnen Theile
sehr ähnlich. Auch hier finden sich die in der Haut liegenden Knochenschilder mit
feinen Stacheln versehen, welche ihrer Structur nach kleinen Fischzähnchen glei¬
chen, und beweglich aufSockeln placirt. DerPanzer selbst ist persistent; Stacheln
mit zugehörigen Sockeln werden gewechselt. Eine andere Art von Panzerung ist
den Haifischen eigenthümlich. Die Haut derselben ist mit Stacheln (Placoidschup-
pen) bedeckt, welche, in vielen Schrägreihen liegend, ihre Spitzen sämmtlich
gegen das Schwanzende richten. Die Aehnlichkeit dieser Placoidschuppen mit
den Zähnen tritt noch mehr hervor; es lässt sich sogar an jüngeren Thieren (Scyl-
lium catulus, 10 Cm. lang) der Uebergang der äusseren Haut in die der Maul-
böhle und die Umwandlung der Placoidschuppen in Zähne unmittelbar nach-
weisen. Erst später, wenn sich die Lippen gebildet haben, wird dieser allmähliche
Uebergang unterbrochen. Auch der Entwickelungsgang und die Structur der
Placoidschuppen liefern weitere Beweise dafür, dass diese und die Zähne als homo¬
loge Gebilde aufzufassen sind, welche Ansicht ebenfalls von Agassiz, Wiliam-
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232
TEREG.
son, Hannover, Hertwig u. A. vertreten wird. Bei den Selachiern (Haifischen)
macht sich indess schon im Verbältniss zu den eigentlichen Panzerfischen ein
bemerkenswerther Unterschied geltend. Die Piacoidschuppe zeigt zwar noch den
beweglichen, auf einem vierbeinigen Sockel aufsitzenden Stachel, aber der eigent¬
liche Hautpanzer ist verloren gegangen. Dieser Zerfall der mächtigen Knochen¬
schuppen der Ganoiden lässt sich noch weiter verfolgen bis zur Bildung der
dünnen Schuppen der Teleostier. Diese Schuppen, so dünn sie sind, bestehen
aber immer noch zweifellos aus kalksalzhaltigen Theilen. Bei den Reptilien hört
jedoch mit Ausnahme der Chelonier und Krokodile jede Betheiligung der Kalk¬
salze an der Panzerbildung auf; die Knochenplatten der äusseren Oberfläche
werden eingezogen und ihre wesentlichen Bestandtheile im Innern zur Ausbildung
des Skelets verwerthet. ‘Dafür lieferte das Epithel bei Amphibien, Reptilien und
Säugern eine hornige Bedeckung. So erfolgte die vollständige Verdrängung der
Knochensubstanz durch Hornproducte, als welche die Schuppe des Reptils, die
Federn des Vogels und die Haare des Säugers zu betrachten sind.
Für die Zähne, welche mehr oder minder modificirte Theile des Panzers
sind, gilt genau dasselbe. Sie verringern sich in der aufsteigenden Thierreihe an
Zahl und werden zum Theil durch Hornbildungen ersetzt, wie bei den Cyclosto-
men, Choloniern, Vögeln, Schnabelthieren und Bartenwalen.
Bei den Selachiern macht sich gegenüber den Teleostiern bezüglich der
Zahnanlage ein gewisser Unterschied geltend.
Die Anlage der Zähne der Knochenfische entspricht der ältesten Bildungs¬
weise, wie sie für die Stacheln der Placoidschuppen noch erhalten ist. Jeder
Stachel der Piacoidschuppe wird direct durch Einstülpung des Epithels gebildet.
Ebenso entsteht auch jeder Zahn der Teleostier durch directe zapfenförmige Ein¬
stülpung des Mundepithels in die Cutis. — Bei don Selachiern ist die Form der
Zahnanlage durch das Auftreten einer sogenannten primitiven Schmelzkeimfalte
oder Primitivfalte (Plica dentalis primitiva) modificirt. Wie bei Bildung aller
Hautproducte, welche unter Betheiligung des Epithels vor sich geht, beginnt
auch hier letzteres zu wuchern, stülpt sich aber nicht an verschiedenen local be¬
grenzten Partien ein, sondern in Form einer dem Contour des Kiefers ent¬
sprechenden zusammenhängenden Falte, welche unter der Oberfläche sich aus¬
breitend als Schmelzkeim das Material liefert zur Bildung vieler dicht hinter ein¬
ander stehenden Zahnreihen. Auf Sagittalschnitten erscheint nun der Grad der
Entwickelung der Zahnreihen verschieden, und zwar derart, als ob der Zahnkeim
jüngerer Entwickelung der directe Nachfolger des Vorgängers sei. hervorge¬
gangen aus den epithelialen Elementen des älteren. An Horizontalschnitten ist
jedoch ganz unzweifelhaft zu erkennen, dass jeder Zahnkeim direct von der epi¬
thelialen Falte, nicht aber von dem Schmelzkeim des Vorgängers abstamrat. Die
vorderen Zahnreihen gelangen am frühesten zur Ausbildung, werden reihenweise
abgestossen und durch die nachfolgenden, aus der Tiefe heranrückenden Reihen
ersetzt, während vom hintersten Rande der epithelialen Matrix her immer neue
Zahnanlagen entstehen. Die auch an den Hautstacheln vorhandene, als „Sockel“
bezeichnete Fussplatte, welche sich aus Cutisgewebe entwickelt und dem Schmelz¬
keim entgegenwächst, ‘verbindet sich innig mit dem Kieferknochen, verknöchert
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Referate und Kritiken.
233
ebenfalls und wird alsdann als «Stützknochen“ (von Tom es Bone of attacbment)
bezeichnet.
Bei den Amphibien bildet, in ähnlicher Weise wie bei den Selachiern, die
gesammte epitheliale Anlage, welche die Schmelzkeime für die zukünftigen Zahne
producirt, ein zusammenhängendes Ganze, so dass jeder Schmelzkeim als directer
Abkömmling der Primitivfalte aufzufassen ist. Der Ersatz der abgestossenen
Zähne geschieht in analoger Weise wie bei den Selachiern. Die Anlage der ein¬
zelnen Zahnreihen ist mit verdichtetem Bindegewebe umgeben, welches bei den
Reptilien noch deutlicher abgegrenzt erscheint, entsprechend dem Zahnsäckchen
der Säuger. — Die Zähne der Reptilien, welche in ihrer Anlage noch übersicht¬
licher die geschilderten Verhältnisse hervortreten lassen, sind der Zahl nach we¬
sentlich reducirt, mehr noch als die der Amphibien. Vorwiegend sind nur die
Kieferränder bewaffnet, ja bei den meisten findet sich überhaupt nur eine Reihe.
Reihenwei>e Verluste kommen nicht mehr vor, es würde sonst nach Abwerfung
der ganzen Reihe der Kiefer vorübergehend unbewehrt sein. Die Zähne werden
an den verschiedensten Stellen abgestossen und in die dadurch entstehende Lücke
tritt ein neuer Zahn; auf diese Weise bleibt das Gros der Zähne in Function. —
Die Form der Zähne ist ziemlich gleichmässig spitz, doch finden sich bei den
Reptilien schon mancherlei Specialisirungen, indem einzelne Zähne mächtiger
werden und gegen andere mehr hervortreten, z. B. bei den Krokodilen. Viele
Reptilien sind schon gänzlich zahnlos geworden; die Schildkröten besitzen statt
der Zähne eine schnabelartige, scharfe Hornbewaffnung der Kiefern. Bei einigen
(Trionyx) Arten findet man noch im fötalen Zustand Zahnkeime, welche zu Grunde
gehen, ohne Zähne producirt zu haben. — Die Befestigung der Zähne erfolgt bei
den meisten Amphibien und Reptilien durch Ankylose, bei den Krokodilen und
einigen Sauriern durch Einkeilung. Das Festwachsen der Zähne findet entweder
auf dem oberen Kieferrand oder an der Innenseite des Kiefers statt. Die auf dem
oberen Rand des Kiefers festgewachsenen Zähne heissen „akrodont“, die an der
Innenseite ankylosirten „pleurodont“. Die eingekeilten Zähne haben unten offene
Wurzeln und es entwickeln sich in derselben Alveole auch die Ersatzzähne.
Bei den Säugethieren bildet sich um jeden der aus der Primitivfalte ent¬
stehenden Zähne eine eigene Alveole. Die Anlage der Zähne bei den Saugern ist
sonst im Princip dieselbe wie bei den Selachiern, Amphibien und Reptilien. Es
macht sich jedoch eine noch weiter gehende Einschränkung in der Zahnproduction
geltend als bei den beiden letztgenannten Thierklassen, bei welchen die Pro¬
duction noch während des ganzen Lebens andauert. Bei den Säugern wird im
Allgemeinen nicht mehr Zahnsubstanz gebildet, als effectiv durch den Gebrauch
verloren geht; die einmalige Anlage während des embryonalen Lebens reicht aus,
um den Verbrauch intra vitam zu decken. Die Einstülpung der Primitivfalte voll¬
zieht sich continuirlich in der ganzen Ausdehnung des Kieferwalles, mit Aus¬
nahme der Wiederkäuer, welchen im Zwischenkiefer jede Spur einer Zahnanlage
fehlt. Aus dieser epithelialen Einsenkung gehen die Schmelzkeime hervor. Am
Grunde jedes durch weitere Wucherung entstandenen Schmelzkeimes, welche Keime
anfänglich in derselben Anzahl auftreten als Milchzähne gebildet werden sollen,
wächst das Bindegewebe in Form eines Zäpfchens in den Schmelzkeim hinein.
Dieses Zäpfchen repräsentirt die Matrix für das Dentin des ausgebildeten Zahnes.
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234
TEREG.
Das Bindegewebe, in welches die Primitivfalte hineingewuchert ist und sich dort
zum Schmelzkeim ausbildet, beginnt nunmehr den letzteren von der gemeinsamen
Primitivfnlte durch Abschnürung zu trennen. Die Anlage für den Milchzahn wird
allmählich vollständig isolirt, indess nicht ohne dass hinter der Milchzahn¬
anlage nach der lingualen Seite hin ein Epithelzapfen stehen bleibt, welcher bisher
in seiner Eigenschaft als Abkömmling des Bildungsmaterials vom Schmelzkeim
des Milchzahnes für die Anlage des Ersatzzahnes gehalten wurde. Dies ist aber
keineswegs der Fall. Verfolgt man nämlich die Weiterentwickelung des ver¬
meintlichen Schmelzkeirnes für den Ersatzzahn, so bemerkt man nicht ohne Ent¬
täuschung, dass sich der „Abkömmling“ ebenso wie ein grosser Theil der Pri¬
mitivfalte in Trümmer audöst. Die Anlage der Keime für die Ersatzzähne beginnt
gegen Ende der Trächtigkeitsperiode aus den noch übrig gebliebenen Resten der
Primitivfalte, ziemlich nahe unter dem Zahnfleisch, also an ganz anderer
Stelle als die vermeintlichen Zahnkeime. Zu dieser Zeit sind übrigens die letz¬
teren längst spurlos verschwunden. Die bleibenden Zähne entwickeln sich dem¬
nach aus Epithelresten, welche thatsiichlich niemals an der Bildung der Milch¬
zähne betheiligt gewesen sind. Nichtsdestoweniger stammen sämmtliche Zahn¬
anlagen, auch die eist nach der Geburt in den hinteren Kieferabschnitten sich
entwickelnden Molaren, von einer gemeinsamen Matrix, der Primitivfalte ab.
Die weitere, namentlich an Schweinsembryonen verfolgte Entwickelungs¬
geschichte des Zahnes in seinen einzelnen Bestandteilen: Schmelz, Dentin, Cc-
mentsubstanz, kann wohl als bekannt übergangen werden. Hervorzuheben wäre
nur, dass Baume das Schmelzoberhäutchen als structurloses. den Schmelz über¬
ziehendes Cement aufTasst.
Nach Verödung des Schmelzorgans wirkt der gebildete Schmelz als Fremd¬
körper im Kiefer und wird, so weit der Schmelz reicht, allmählich aus dem Kiefer
ausgedrängt. Die Ursache hierfür liegt nicht in dem appositionellen Längen
wachsthum der Wurzeltheile, sondern in einer in der Tiefe der Alveole hervor¬
brechenden Granulation des Knochenmarks des Kiefers. Hierdurch kann sowohl
die für die zurückbleibende Wurzel zu umfangreiche Alveole durch Bildung
von Knochenmasse eingeengt, als auch für gewisse immerwachsende Zähne mit
breiterer Wurzel, wie die Hauer des Ebers, die Stosszähne des Elephanten
und Wallross, durch Einschmelzung erweitert werden. Das Audrängen des
Knochens gegen die Wurzel findet ihre natürliche Grenze an dem Wurzelperiost,
welches der Rückstand des Zahnsäckchens ist. Die älteren Beobachter nahmen
fast allgemein an, dass die Alveole ausser von dem Wurzelperiost noch von einem
eigenen Periost überzogen sei. Die neueren Untersuchungen weisen nur eine
einzige Membran, das Wurzelperiost, nach. Durch diese Membran wird gleich¬
zeitig die Verwachsung zwischen Zahn und Knochen verhindert.
Während nach der Geburt sich die Ersatzzähne mehr und mehr entwickeln,
erlischt die Vitalität der Dentes decidui durch Atrophie der Pulpa. Nach
Einschmelzung der Alveolarscheidewand zwischen Milchzahn und bleibendem
Zahn beginnt eine Resorption an der dem Ersatzzahn zunächst liegenden Partie
der Milchzahnwurzel durch Granulationsgewebe, welches ebenfalls vom Knochen¬
mark unter Betheiligung der Wurzelhaut des Milchzahnes producirt wird. An
seiner Oberfläche ist dies Gewebe mit vielkernigen grossen Zellen (Myeloplaxen)
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Referate und Kritiken.
235
besetzt. Die Einschmelzung macht dann weitere Fortschritte bis zur vollständigen
Vernichtung der Wurzel. In Folge dessen tritt Lockerung und Ausstossung des
Zahnes ein. Schliesslich nimmt der Ersatzzahn den Platz des Vorgängers ein, bildet
sich aber eine ganz neue Alveole, denn die frühere Alveole ist unter den Resorp¬
tionsvorgängen vernichtet worden.
Als Hauptkriterium für einen Säugethierzahn wird gewöhnlich die Anwesen¬
heit einer geschlossenen Wurzel angenommen, wodurch die Länge des Zahnes
nach abgeschlossenem Wurzelwachsthum bestimmt begrenzt wird. Bei einer
grossen Reihe von Säugerzähnen trifft dies jedoch nicht zu; diese zeigen ein un¬
begrenztes Wachsthum von offenen, nach dem Grunde der Alveolen sich nicht
verengenden Pulpen.
Die Gebisse vieler Säugethiere bestehen entweder gänzlich aus iramerwach-
senden Zähnen, oder aus einzelnen immerwachsenden neben Wurzelzähnen.
Zu ersteren zählen die Edentaten, deren Zähne keine Schmelzbedeckungen
aufweisen. Ferner zählen hierher die Rodentien, von denen eine Gruppe Back¬
zähne mit sehr lange offener Pulpa besitzt, welche Backzähne aber iin Wachs-
thum schliesslich durch Entwickelung einer kurzen, abgeschlossenen Wurzel be¬
grenzt werden, während eine weitere Gruppe allerdings neben immerwachsenden
Incisivi richtige Wurzelzähne aufweist.
Zu denjenigen Säugern, welche neben immerwachsenden Zähnen solche
mit früher oder später Wurzelbildung besitzen, gehören die Probosciden und Un-
gulaten. Von letzteren sind bei Hippopotamus sämmtliche Incisivi und Canini
als immerwachsende Zähne erhalten. Die Suiden haben nur den Caninus — den
Hauer — in dieser Form conservirt, wohingegen die Incisivi gewissermassen
Uebergangsformen von den immerwachsenden zu den Wurzelzähnen darstellen.
Bei den Ruminantien haben nur noch die Männchen von Moschus moschiferus
und Tragulus sehr grosse immerwachsende obere Canini. Bei den Weibchen sind
von diesen Zähnen nur Rudimente vorhanden. Die Zähne des Pferdes verhalten
sich ganz eigenthüinlich; es wachsen sämmtliche Zähne sehr lange von offenen
Pulpen und bilden erst zum Schluss eine ganz kurze Wurzel.
Bei diesen Thieren mit immerwachsenden Zähnen lässt sich unzweifelhaft
erkennen, dass mehr Zahnsubstanz producirt wird, als bei jenen mit abgeschlos¬
senem Wurzelwachsthum. Es findet zwar noch eine starke Production statt, aber
keine Ueberproduction, wie bei den Amphibien und Reptilien, welche die Zähne
abstossen, bevor sie verbraucht sind. — Der Wurzelzahn des Säugers repräsen-
tirt das Princip der grössten Sparsamkeit in der Production von Zahnsubstanzen.
Der immerwachsende Zahn, welcher sich aus sehr primitiven Zahnformen hervor¬
gebildet hat, wofür Baume die Belege giebt, ist der Vorgänger der höher spe-
cialisirten Zähne der Säugethiere gewesen und bildet auf diese Wei-e das Mittel¬
glied zwischen Ueberproduction und Sparsamkeit. Das Gesetz der Reduction der
Zahnsubstanzen lässt sich hieraus unzweifelhaft erkennen. Diese Erkenntniss ist
von nicht zu unterschätzendem Werthe für die Classification. Es ergiebt sich
daraus der sichere Beweis, dass niemals ein Thier z. B. mit immerwachsendon
Zähnen von einer Thierklasse mitWurzelzähnen seinen Ausgang genommen haben
kann, wohl aber umgekehrt.
Mit dieser Theorie im Widerspruch steht scheinbar der Dipbyodontismus
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236
TEREG.
der Säuger. Je höher das Thier entwickelt ist, desto mehr vereinfacht sich der
Zahnersatz. Nun finden wir bei den hochentwickelten Repräsentanten die ausge¬
sprochensten zwei Dentitionen, während die auf tiefer Stufe stehen gebliebenen
(Edentaten u. a.) längst eine einzige Zahnreihe, also nur eine einzige Dentition
ohne Ersatz aufweisen. Wenn man sich vorstellt, dass von den vielen Dentitionen
(Polyphyodontismus) der Vorfahren nur zwei übrig geblieben sind, wäre es viel
natürlicher, anzunehmen, dass die zweite Dentition zu Gunsten der ersten den
Weg aller früheren wandeln müssto. Hier tritt nun aber merkwürdigerweise das
Umgekehrte ein, die letzte Dentition verdrängt die erste. Dieser scheinbare Wi¬
derspruch ist nur die Folge der traditionellen Annahme zweier Dentitionen. —
Die ganze Zahnanlage der Säuger ist im Grunde genommen nur eine einmalige,
auf dieselbe Matrix, die Primitivfalte zurückzuführende. Der Kiefer bietet aber
nicht den Raum zur gleichzeitigen Entwickelung sämmtlicher Zahne, ja nicht
einmal zur gleichzeitigen Anlage aller ererbten. Die zuerst angelegten nehmen
bei ihrer schnellen Grössenentwickelung bald allen Raum im Kiefer für sich in
Anspruch, sodass vorläufig weitere Zahnkeime weder für ihre Anlage noch für
ihre Ausdehnung Platz finden. Nach ihrer Vollendung brechen die zuerst ange¬
legten durch — es entsteht die Reiho der Milchzähne. Die Wurzeln dieser Zähne
nehmen nur wenig Platz im Kiefer ein. Mit der fortschreitenden Entwickelung des
Kiefers erweitert sich der Raum. Aus diesem Grunde wachsen die bleibenden Zahn¬
keime und können weiterhin die Anlagen für die Molaren entstehen, welche bisher
zurückgehalten wurden, weil für sie der Kiefer einfach keinen Platz hatte. Beim
weiteren Wachsthum der Ersatzzähne reicht schliesslich der Raum nicht aus, die
Milchzähne werden durch Resorption ihrer Wurzeln verdrängt. Die sogenante
erste Dentition muss der zweiten weichen. Der Vorgang kann daher nur als
„Scheindiphyodontismus“ bezeichnet werden. Es geht hieraus hervor, dass da,
wo nur noch eine einzige Dentition besteht, diese der zweiten entsprechen muss,
denn immer wird der Milchzahn vor dem entsprechenden bleibenden hinfällig und
geht verloren. Wo nur ein Zahn ohne Vorgänger steht, da kann es nur der nach
Abgang des Milchzahnes übrig bleibende Zahn sein. Als Beispiele sind zu nennen
die ersten Prämolaren des Hundes ’). welche schon zur Zeit der ersten Dentition,
vor dem Zahnwechsel durchbrechen. Beim Pferde brechen die vorgenannten Zähne
durch, ehe alle Incisivi des Milchgebisses vorhanden sind, etwa zwischen dem
20. und 40. Tage. Es sind dies Zähne, für welche Milchzähne als Vorgänger
nicht vorhanden sind und selbst rudimentär zu werden beginnen. — Das Milch¬
gebiss ist aber noch zu weiterer Reduction bestimmt, wie an Beispielen erläutert
wird: erstens durch Reduction einzelner Zähne und zweitens durch Rückgang
insgesammt, bis endlich die letzten Stufen erreicht sein werden, welche einigen
Thieren schon heute eigentümlich sind, deren Milchgebiss im Ganzen rudimentär
geworden ist.
Nicht allein die Milchzähne, auch bleibende Zähne sind im Verschwinden
begriffen. Es lässt sich dies an den Formveränderungen, welche die solchem
Schicksal verfallenen Zähne erleiden, nachweisen. Hierher ist zu rechnen der
*) Verf. zählt die Prämolaren in derselben Reihenfolge wie die Molaren.
Nach Obigem sind daher die Lückenzähne als 1. Prämolaren zu bezeichnen.
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Referate und Kritiken.
237
dritte obere Molar des Menschen, welcher, bis zum Kegelzahn reducirt, oftmals
gar nicht zum Durchbruch gelangt. Ganz dasselbe gilt von den oberen Molaren
der Feliden. Bei diesen Zähnen ist der Kampf um die Existenz zu Ende; ihr
Untergang ist besiegelt, sie werden nur noch als Rudimente in verschiedenen
Formabweichungen producirt und gehen bei manchen früh verloren.
Aber nicht genug damit, dass Zähne des Gebisses der Jetztzeit im Unter¬
gehen begriffen sind, es sind schon Verluste eingotreten. Darauf weisen die zu
Anfang erwähnten schmelzlosen Rudimente hin. Dieselben werden gefunden ent¬
weder zwischen 1. und 2. Prämolar oder 2. Prämolar und 1. Molar. Es würde
dies auf das Fehlen eines 2. und 4. Prämolar hinweisen. Unter Umständen kön¬
nen sich sogar die im Kiefer verborgenen letzten Rudimente der Prämolares wie¬
der zu gut ausgebildeten Zähnen entwickeln, und zwar dann, wenn das wahr¬
scheinlich für sie stets angelegte Schmelzorgan nicht vor der Schmelzproduction
zu Grunde geht. Bemerkenswert)! wäre noch, dass derartige schmelzlose Körper¬
chen auch in den Alveolarsepta von Pferdeschädeln zwischen den in voller Anzahl
vorhandenen Molaren gefunden wurde.
Der zweite Theil des Werkes behandelt in übersichtlicher Weise die Patho¬
logie der Zähne des Menschen und einiger Hausthiere, insbesondere die angebo¬
renen und acquirirten Defecte der harten Zahnsubstanzen, die Exfoliatio eboris
und die Caries dentium, wobei namentlich die ätiologischen Momente berück¬
sichtigt sind. J. Tereg.
Der Milzbrand, seine Entstehung und Bekämpfung. Im Aufträge des
Deutschen Landwirthschaftsrathes verfasst von Dr. F. Roloff, Geh.Med.-Rath,
Director der Königl. Thierarzneischule in Berlin. Berlin 1883, P. Parey.
Die kleine Schrift ist im Aufträge des Deutschen Landwirthschaftsrathes
verfasst worden und hat in erster Linie den Zw r eck, in landwirtschaftlichen
Kreisen die Ueberzeugung zu verbreiten, dass die bei dem Milzbrände vorge¬
schriebenen veterinärpolizeilichen Massregcln vollen Erfolg nur haben können,
wenn die Thierbesitzer die ftothwendigkeit dieser Massregeln anerkennen und
deren Ausführung nach besten Kräften zu fördern suchen. Um diesen Zweck zu
erreichen, hat Verf. die Ursachen des Milzbrandes und die bei dieser Krankheit in
Betracht kommenden Vorbeugungsmittel besonders ausführlich besprochen. Da
hierbei auch die neuesten Erfahrungen berücksichtigt und die Schutzimpfungen
nach dem Pasteur’schen Verfahren besprochen w r ordon sind, dürfte die Broschüre
auch für thierärztliche Leser von grösserem Interesse sein. Müller.
DiO Geschichte der Tuberculose mit besonderer Berücksichtigung der
Tuberculose des Rindes und die sich hieran knüpfenden medi-
cinal- und veterinärpolizeilichen Consequenzen. Von Dr. Albert
Johne, Prof. a. d. Kgl. Thierarzneischule in Dresden. Leipzig 1883, Vogel.
Die Arbeit, ein Separat-Abdruck aus der Deutschen Zeitschrift für Thier-
medicin und vergleichende Pathologie, zerfällt in zwei Abschnitte. In dem
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238
MOELLER.
ersten wird die Geschichte der Tuberculose in eingehender, dennoch gedrängter
und leicht übersichtlicher Weise behandelt Mit den neuesten Entdeckungen hat
die Geschichte der Tuberculose einen gewissen Abschluss erlangt und war die
Darlegung derselben ein sehr glücklicher und zeitgemässer Gedanke. Für den
Thierarzt erlangt dieser Theil um so mehr Bedeutung, als gerade die Tuberculose
des Rindes hierbei besondere Berücksichtigung gefunden hat. Der Verf. trennt
zwei Perioden der Geschichte: die erste beginnt mit den ältesten Mittheilungen
über die Tuberculose und schliesst mit Willemin ab, welcher zuerst die Speci-
fität und die Uebertragbarkeit der Krankheit zwischen Mensch und Thier be¬
hauptete; damit beginnt die zweite Periode, die der experimentellen Forschung.
Ein weites Feld für den Sammler und keine leichte Arbeit, die wichtigsten Er¬
gebnisse der zahlreichen Experimente so zu ordnen, dass der Leser eine klare
Uebersicht über dieselben erlangt! Indess dieser Aufgabe hat sich der Verf. mit
grossem Geschick unterzogen. Hieran schliesst sich die Betrachtung der Ergeb¬
nisse der histologischen Forschungen und die Darlegung der gegenwärtigen An¬
schauungen der Wissenschaft über diese Krankheit. Unter eingehender Erörterung
der ätiologischen Beziehungen der menschlichen Tuberculose mit der Perlsucht
des Rindes wird endlich der feste Boden für die zweite Abtheilung der Arbeit
gefunden, nämlich die Besprechung der Consequonzen, welche sich für die Medi-
cinal- und Veterinärpolizei aus dem gegenwärtigen Standpunkte der Wissenschaft
in der Tuberculosefrage ergeben. Diese mit gleichem Geschick geordnete und
sehr eingehend behandelte Materie lässt sich unmöglich in einem kurzen Referate,
wie es mir nur zu Gebote steht, wiedergeben. Jedem aber, der sich über die
Frage der Tuberculose eingehend unterrichten will, kann das Studium der Arbeit
nicht dringend genug empfohlen werden. Möller.
Der Hufschmied. Zeitschrift für das gesammte Hufbeschlagswesen.
Redigirt unter Mitwirkung hervorragender Fachgenossen von A. Lungwitz,
Beschlaglehrer und Vorstand der Lehrschmiede an der Königl. Thierarznei¬
schule in Dresden. Verlag der Schönfeld’schen Buchhandlung in Dresden.
In monatlichen Lieferungen von einem Druckbogen und zum Preise von
3 Mark pro Jahr soll namentlich dem praktischen Hufschmied eine fortdauernde
Auregung und Belehrung gewährt werden. Wesentlich gefördert durch das Pa¬
tentgesetz sind in letzter Zeit auf dem Gebiete des Hufbeschlags sehr viele
Reuerungen hervorgetreten; auch wird die nächste Zukunft ohne Zweifel solche
bringen. Eine grosse Zahl derselben ist natürlich von nur untergeordnetem Werth,
manche für die Praxis ganz werthlos; andere dagegen wieder beachienswerth.
Auch in der wissenschaftlichen Erörterung der Fragen des Hufbeschlages regt es
sich in neuererZeit. Das Unternehmen muss daher als ein zeitgemässes bezeichnet
werden, dessen Leistungsfähigkeit schon durch den Namen des Redacteurs ge¬
sichert ist. Auch die erste Nummer liefert hierfür einen klaren Beweis. Möller.
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Kleinere Mittheilungen.
Ueber die Mihbrandimpfnng. Von f. Roioff.
Bekanntlich ist die Abschwächung der Miizbrandbacillen bei der Züchtung
derselben in Bouillon etc. bei einer Temperatur von 42—43 0 C. nach der An¬
sicht von Pasteur die Folge der längeren Einwirkung des Sauerstoffes der atmo¬
sphärischen Luft, während Toussaint die Abschwächung durch blosse Erhitzung
herbeigeführt haben und eine passende Lymphe für die Schutzimpfung durch
Erhitzung frischen Milzbrandblutes auf 50° C. herstellen will. Da das Toussaint-
sche Verfahren sich durch seine Einfachheit vor dem Pasteur’schen auszeichnet,
so wurdo es von uns einer neuen Früfung unterworfen. Zu dem Zwecke wurde
frisches Blut aus der rechten Vorkammer des Herzens eines an Impfmilzbrand
gestorbenen Meerschweinchens nach vorsichtiger Blosslegung des Herzens mittelst
desiuficirter Instrumente in der Weise in eine feine, gehörig desinficirte Glasröhre
gebracht, dass letztere mit einem Ende durch die Wandung der Vorkammer in
letztere eingeführt und dass dann mittelst einer auf das andere Ende gesetzten
kleinen Spritze Blut in das Röhrchen eingesogen wurde. Das Röhrchen war 1 Mm.
weit. ca. 12 Cm. lang und hatte in der Mitte einen ca. 8 Mm. langen Bauch,
dessen Weite ca. 4 Mm. betrug. Das Einsaugen des Blutes war noihweudig da
letzteres freiwillig nur sehr langsam oder gar nicht in den engen Röhrchen auf¬
steigt. Das Röhrchen wurde dann sofort an beiden Enden durch Siegellack ge*
schlossen und so in Wasser, dessen Temperatur 50° C. betrug, gelegt, dass die
beiden Enden sich gegen die Wandung des nach unien sich etwas verengernden
Gefässes stützten und das Röhrchen überall von einer hohen Sch cht Wasser um¬
geben war. In diesem Wasser blieb das Röhrchen 15 Minuten, während welcher
Zeit die Temperatur durch eine Flamme constant erhalten wurde. Darauf wurde
das Röhrchen behufs schneller Abkühlung in kaltes Wasser getaucht. Mit dem
Blute wurden zwei gesunde Schafe, und zwar ein älterer Hammel und ein Jähr-
ling geimpft. Das Blut wurde in ein vollkommen desinficirtes Uhrglas gebracht
und in der W'eise eingeimpft, dass an einem Ohr jedes Schafes mittelst eines
desinficirten Messers, dessen Spitze in das Blut getaucht war, drei flache Ein¬
stiche in die Haut gemacht wurden. Die Temperatur der Schafe betrug 38.8°C.;
24 Stunden nach der Impfung war die Temperatur noch nicht erhöht; 36 Stun¬
den nach der Impfung betrug dieselbe bei dem Hammel 39.2 0 C., bei dem Jähr¬
ling 39,8° C., 48 Stunden nach der Impfung (nachmittags) bei dem Hammel
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240
Kleinere Mittheilungen.
39,5°, bei dem Jährling 40,8° 0. Dabei waren die Schafe munter und bei
gutem Appetit; die Impfstelle erschien leicht geröthet und wenig geschwollen.
Am anderen Morgen lagen beide Schafe todt im Stalle. Die Section ergab, dass
die Thiere an Milzbrand gestorben waren. Danach ist die Schutzimpfung nach
dem Toussaint’schen Verfahren für höchst gefährlich zu erachten, auch wenn die
Erhitzung des Milzbrandblutes und die Einimpfung desselben mit der grössten
Vorsicht geschieht.
Von den Schafen, welche im April 1882 in Packisch der zweimaligen
Schutzimpfung nach dem Pasteur’schen Verfahren unterworfen und darauf behufs
Constatirung der Immunität noch mit frischem Milzbrandblut geimpft waren,
wurden uns von dem Herrn Amtsrath Lücke einige trächtige Mutterschafe über¬
sandt. Von denselben wurden hier 2 Stück fast 8 Monate nach der Schutzimpfung
mit frischem, mit aller Vorsicht zur Verhütung einer Verunreinigung aufgenom-
menem Blute von einem an Impfmilzbrand gestorbenen Meerschweinchen geimpft.
Das Blut wurde mit 2 Theilen abgekochten destillirten Wassers vermischt und
von dem Gemisch jedem Schafe mittelst einer neuen Pravaz’schen Sprite 0,5 Ccm.
unter die Haut am Hinterschenkel injicirt. 24 Stunden nach der Impfung war
die Temperatur bei dem Schafe A auf 40,9°, bei dem Schafe B auf 41,3 0 C.,
48 Stunden nach der Impfung bei A weiter auf 41.6° erhöht, bei B hingegen
wieder auf 41,1 0 C. gesunken. Schon am ersten Tage nach der Impfung waren
beide Schafe traurig, zeigten jedoch noch guten Appetit. Auch am zweiten Tage
nahmen die Schafe nocli Futter an; sie wiederkäueten auch noch, jedoch nur
wenig und langsam. Das Athmen war weder beschleunigt noch erschwert. In
der Nacht vom zweiten zum dritten Tage, mithin gegen 60 Stunden nach der
Impfung, starb das Schaf A an Milzbrand. Bei dem anderen Schafe war die
Temperatur 72 Stunden nach der Impfung auf 40,1°C. gesunken, aber Appetit¬
verlust eingetreten. Erst am vierten Tage nach der Impfung, abends, stellte sich
wieder Appetit ein. Am 5. Tage nach der Impfung war der Appetit sowie die
Körpertemperatur wieder normal und das Benehmen des Thieres ganz munter.
In dem Blute des gestorbenen Schafes fanden sich sehr viele Bacillen,
ebenso in der blutigen Flüssigkeit im Peritonäalsack. Das Blut des Fötus ent¬
hielt keine Bacillen, und ein mit diesem Blute geimpftes Meerschweinchen blieb
gesund.
Der langsame Verlauf der Krankheit bei dem Schafe A und die Genesung
des Schafes B, trotzdem eine sehr reichliche Menge Blut injicirt und das letztere
Schaf auch schwer krank war, spricht unseres Erachtens dafür, dass bei den
Schafen noch ein gewisser Grad der Im mu ui tat bestand.
Um zu prüfen, ob das Blut der Schafe, welche der Schutzimpfung unter¬
worfen und in Folge dessen gegen Milzbrand immun geworden waren, eine der
Entwickelung der Milzbrandbacillen ungünstige Beschaffenheit besitzt, wurde von
uns gemeinschaftlich mit unserem Coilegen Prof. Dr. Möller folgender Versuch
ausgeführt.
Einem noch nicht der Schutzimpfung unterworfenen Schafe D, ferner einem
aus Packisch erhaltenen, dort im April 1882 nach dem Pasteur’scheu Verfahren
und darauf noch mit Milzbrandblut geimpften Schafe C und dem in Packisch
ebenso behandelten und hier wieder an Impfmilzbrund erkrankten aber genesenen
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Kleinere Mittheilungen.
241
Schafe B wurde aus der freigelegten äusseren Jugularis eine Quantität Blut ent¬
zogen und mittelst einer desinficirten Glasröhre aus der Veno direct in einen des-
inficirten Glaskolben geleitet. Die drei Kolben wurden, um das Blut gerinnen
zu lassen, in einem kalten Raume aufgestellt. Das Serum von den Schafen D und
C erschien klar und ganz schwach gelblich gefärbt, während das Serum von dem
Schafe B roth gefärbt, übrigens auch vollkommen klar war. Nachdem das Serum
von den drei verschiedenen Schafen jedes für sich in Reagensgläsern in der be¬
kannten Weise vollständig sterilisirt war, wurde ein Theil desselben mit vor¬
sichtig aufgenommenem frischen Blute von einem an Impfmilzbrand gestorbenen
Meerschweinchen gleichmässig inficirt. Im Brütofen entstanden danach bei einer
Temperatur von 28 0 C. schöne Reinculturen von Milzbrandbacillen, und dabei
zeigte sich, dass die Bacillen in dem Serum von den geimpften Schafen B und C
sich ebenso schnell und namentlich in dem Serum von dem Schafe B sogar reich¬
licher entwickelten, als in dem Serum von dem noch nicht geimpften Schafe D.
Dieser Züchtungsversuch wurde später noch einmal bei einer Temperatur von
39 0 C. wiederholt und gab dasselbe Resultat. Daraus folgt, dass die Beschaffen¬
heit des Blutes bei Schafen, welche wiederholt, sogar erst etwa 14 Tage zuvor
den Impfmilzbrand überstanden haben, eine neue Wucherung der Milzbrandbacil¬
len nicht beeinträchtigt, dass mithin dem Blute weder ein wesentlicher Nährstoff
der Bacillen fehlt, noch dass es einen den Bacillen feindlichen Stoff enthält. Die
Immunität der Schafe muss also einen anderen Grund haben; oder das Blut un¬
serer Versuchsschafe müsste sich bei der Aufbewahrung und der Sterilisirung in
der Art geändert haben, dass der die Immunität bedingende, den Milzbrand¬
bacillen feindliche Stoff verschwunden wäre.
Um die Virulenz der in dem Blutserum von dem wiederholt geimpften
Schafe B gewachsenen Bacillen zu prüfen, wurde mit der 24 Stunden alten, bei
28° C. hergestellten Cultur ein Meerschweinchen und mit der ebenfalls 24 Stun¬
den alten, bei 39 0 C. hergestellten Cultur ein früher noch nicht geimpftes Schaf,
letzteres in der Art geimpft, dass zwei kleine flache Hautschnitte an der inneren
Fläche des Hinterschenkels mit der bacillenhaltigen Flüssigkeit befeuchtet wur¬
den. Das Meerschweinchen starb ca. 36 Stunden nach der Impfung. Bei dem
geimpften Schafe war die Temperatur 24 Stunden nach der Impfung von 38,9
auf 40.2° 0. erhöht, und ca. 36 Stunden nach der Impfung starb das Schaf an
Milzbrand. Die in dem Blutserum von dem Schafe B gewachsenen Bacillen waren
mithin höchst virulent.
Weitere Mittheilungen über die in Deutschland nnd Ungarn ansgeführ¬
ten Schutzimpftmgen gegen den Milzbrand nach dem Pasteur’schen
Verfahren.
Im Laufe der Monate December 1882, Januar und Februar 1883 sind Milz¬
brandfälle weder unter den geimpften noch unter den ungeimpft gebliebenen
Thieron der Domäne Packisch vorgekommen. Vier geimpfte Mutterschafe hat
der Pächter von Packisch der Königl. Thierarzneischule zu Berlin überlassen
(s. S. 240). Ein geimpfter Bulle und ein solches Schaf wurden für die Bedürf-
Arehiv f. wlssonsch. n. prakt. Thierhellk. IX. 3. 16
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242
Kleinere Mittheilungen.
nisse der Wirtschaft geschlachtet, ein imgeiinpf: gebliebenes Schaf ist an Gebär-
mutterentzündung gefallen. Während des Januar wurden 2 geimpfte Färsen,
welche bis dahin auf der von demselben Pächter bewirtschafteten Domäne Bor-
schütz gestanden hatten, nach Packisch gebracht. Der Viehbestand auf dem letz¬
teren Gute betrug mithin am 1. März 18S3:
138 ältere, 115 jüngere Schafe, geimpft;
117 ältere. 88 jüngere Schafe, nicht geimpft;
82 Stück Rindvieh, geimpft.
In Dlonie sind 321 Schafe, 13 Kühe, 11 Kälber, welche seit dem Juli
1882 theils angekauft, teils in Dlonie selbst von geimpften Müttern geboren
worden waren, am 17. bezw. 21. December mit der als premier vaccin bezeich-
neten, von Boutroux in Paris bezogenen Flüssigkeit und am 31. December
bezw. 4. Januar mit deuxieme vaccin geimpft worden.
An Milzbrand starben:
im December 1882
3 nicht geimpfte Schafe.
2 Schafe nach der Impfung mit premier vaccin,
4 im Sommer 1882 zweimal geimpfte Schafe:
im Januar 1883
5 im Sommer 1882 zweimal geimpfte Schafe.
Unter dem Rindvieh ist in den Monaten December. Januar, Februar, unter
den Schafen im Februar kein Milzbrandfall beobachtet worden.
Der Bestand an geimpften und ungeimpften Thieren in Gorsleben blieb
während des December 1882 und Februar 1883 frei von Milzbrand. Im Januar
erkrankten und starben an dieser Krankheit 2 im Sommer 1882 nach dem
Pasteur’schen Verfahren geimpfte einjährige Rinder, zwei ältere in derselben Zeit
geimpfte Stück Rindvieh sind nach leichter Erkrankung an Milzbrand genesen.
In Cannawurf sind während des December, Januar und Februar weder
unter den geimpften, noch unter den ungeimpft gebliebenen Thieren Milzbrand-
fälle vorgekommen.
In Salzdahlum ist vom 1. December 1882 bis 1. März 1883 eine nicht
geimpfte Kuh an Milzbrand gefallen. Kreisthierarzt Saake giebt an, dass der
Verlust an Milzbrand in der Schafherde von Salzdahlum jährlich zwischen 2 und
5 pCt. betragen hat.
Ueber die Resultate der in Ungarn nach dem Pasteur’schen Verfahren aus¬
geführten Impfungen berichtet Dr. Azary 1 ):
Von den in Budapest geimpften Schafen (siehe Bd. VIII, S. 354 d. Arch.)
standen noch 12 zur Verfügung, je 4 derselben erhielten 4, 5 bezw. 8 Monate
nach der Schutzimpfung \—1 Ccm. frische Milzpulpa von an Anthrax gefallenen
Pferden unter die Haut injicirt. Abgesehen von einem geringen Fieber am ersten
Tage nach der Injection traten keine Krankheitserscheinungen ein. Die Schutz¬
kraft der Impfung bestand mithin nach Ablauf von 8 Monaten noch fort. Da¬
gegen starb nach der Injection von Milzpulpa ein 4 Monate altes Lamm, welches
von einem schutzgeimpften Mutterschafe nach der Impfung geboren worden war.
*) Deutsche Zeitschr. f. Thiermed. u. vergl. Pathol., Bd. VIII, S. 277.
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Kleinere Mitteilungen.
243
Von den in Kapuvar zuerst geimpften 50 Mutterschafen (s. Bd.VIII, S. 354
dies. Arch.) blieben nach Beendigung der Versuche noch 43 übrig, welche ver¬
kauft und der Beobachtung entzogen worden sind. Von einer zweiten aus 489
Schafen bestehenden Herde wurden 267 geimpft, von denen nach der ersten
Impfung 3, nach der zweiten 10 an Milzbrand fielen. In den ersten 11 Monaten
sind von den dann noch übrigen 254 Schafen 2 (0,78 pCt.) an Milzbrand ge¬
fallen. Der Verlust der 222 ungeimpft gebliebenen Schafe durch Milzbrand be¬
trug während derselben Zeit 4 Schafe (1,8 pCt.).
Am 2. und 20. Juni 1882 wurden in Kapuvar wieder von 3417 Schafen,
welche 8 Herder, angehörten, 778 geimpft, 2639 blieben ungeimpft. Nach der
ersten Impfung traten keine Verluste ein, nach der zweiten fielen in derZeit vom
21. Juni bis 1. Juli an Milzbrand von den geimpften 12, von den ungeimpft ge¬
bliebenen 6 Schafe; während des Monats Juli betrug der Verlust bei den ge¬
impften 1 Schaf, bei den ungeimpft gebliebenen 19 Schafe, mithin im Ganzen
in der Zeit vom 21. Juni bis 1. August bei den geimpften 13 Schate (1,6 pCt.),
bei den ungeimpften 25 Schafe (0.95 pCt.). Der Schafbestand der Herrschaft
Kapuvar zählte in den letzten 8 Jahren rund 181000—282000 Stück, im
Durchschnitt der 8 Jahre von 1874 —1881 sind 2,85 pCt. dieses Bestandes
jährlich an Milzbrand gefallen.
In Ozora wurden in der Zeit vom 11. December 1881 bis 1. April 1882
nach dem Pasteur’schen Verfahren geimpft: 10000 Schafe — unter diesen
2000 3 — 4 Monate alte Lämmer — 1000 St. Rindvieh und 250 Pferde. Drei
Wochen nach der zweiten Impfung starben 3 Lämmer an Milzbrand, weitere Ver¬
luste sind bis Ende August 1882 nicht eingetreten; in der entsprechenden Zeit
früherer Jahre fielen 500—600 Schafe und in den Monaten Mai bis Juli v. J.
haben andere Besitzer derselben Gegend25—26 St. Grossvieh anMilzbrand verloren.
In Megyer wurden während des Juni 1882 63 Schafe geimpft, von denen
4 nach der zweiten Impfung an Milzbrand fielen. In Mägocs wurden 50 Schafe
und 20 Ferkel geimpft. Von den Schafen fiel 1 Stück an Milzbrand. Unter den
Ferkeln sind bis Ende August 1882 keine Verluste eingetreten; die Zeit muss
erst lehren, ob den Ferkeln durch die Impfungen auch Schutz gegen den Schweine¬
rothlauf verliehen worden ist. Ueber die Impfungen in Urmeny ist bereits
Bd. VIII, S. 478 dies. Arch. berichtet worden.
Die Professoren der Turiner Thierarzneischule, welche die Commission zur
Prüfung der Pasteur’schen Milzbrandimpfungen zusammensetzten, verwah¬
ren sich energisch gegen die Paste ur’sche Behauptung, dass die ungünstigen
Erfolge bei der Controlimpfung (s. Bd. VIII, S. 474 d. Arch.) durch die Verwen¬
dung von Blut eines seit mehr als 24 Stunden an Milzbrand gefallenen Schafes
bedingt worden und auf die septische Wirkung dieses Blutes zurückzufüh¬
ren sind. Sie heben namentlich hervor, dass es nicht statthaft ist, ein solches
Urtheil auszusprechen, ohne das betreffende Thier gesehen zu haben, und ver¬
sichern auf das Bestimmteste, das Blut sehr genau makroskopisch und mikrosko¬
pisch untersucht und frei von allen septischen Eigenschaften gefunden zu haben.
16 *
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244
Kleinere Mittheilungen.
Nach einer vorläufigen Mittheilung in den Comptes rendus des säances de
Pacademie des Sciences l ) haben neuere Untersuchungen von Pasteur und seinem
Assistenten Thuillier zu interessanten Resultaten bezüglich der SchW0ill8-
Seuche (Rothlauf der Schweine, le rouget ou mal rouge des porcs) geführt.
Diese Krankheit, an welcher während des vorigen Jahres über 20000
Schweine in den Departements des Rhonethaies gestorben sein sollen, wird durch
einen besonderen, leicht ausserhalb des Körpers der Schweine cultivirbaren
Mikroben bedingt. Derselbe ist so dünn, dass er selbst bei der grössten Auf¬
merksamkeit leicht übersehen werden kann, gleicht dem der Hühnercholera und
hat die Form einer 8. Auch die kleinsten Mengen dieser Mikroben Schweinen
eingeimpft, erzeugen schnell die als Schweineseuche bezeichnete Krankheit und
den Tod mit allen diese Krankheit charakterisirenden Erscheinungen. Der Mikrobe
hat keine Wirkung auf Hühner, tödtet jedoch Kaninchen und Schafe. Nachdem
directe Versuche festgestellt hatten, dass das Ueberstehen der Krankheit den
Thieren Immunität gegen die letztere verleiht, ist es gelungen, die Virulenz der
Mikroben durch Culturen abzuschwächen und durch Einimpfen der Culturen bei
Schweinen eine gutartige Krankheit zu erzeugen, welche den Thieren Schutz
gegen die tödtlich verlaufende Krankheit verleiht. Obgleich noch weitere Control¬
versuche erforderlich scheinen, glaubt Pasteur doch die Hoffnung aussprechen
zu können, dass die Impfungen mit den abgeschwächten Culturen die schweren
Verluste zu beseitigen im Stande sind, welche durch die Schweineseuche be¬
dingt werden. Müller.
Ueber die Wirkung des Pilocarpin bei Pferden. Ein Beitrag von Eilen-
berger.
Ueber die physiologischen Wirkungen des Pilocarpin bei den grossen Haus-
thieren, namentlich Pferden, liegen nur wenig Angaben vor (von Möller, Sie-
daragrotzky, Lustig, mir u. A.). Uebereinstimmend wird von allen Unter¬
suchern berichtet, dass dasPilocarpin bei Pferden keine schweisstreibende Wirkung
entfaltet. Auch scheint eine hervorragende Einwirkung des Mittels auf den
Darmcanal der Pferde von keinem der genannten Forscher constatirt worden zu
sein. Bei den mir bekannt gewordenen Untersuchungen ist das Pilocarpin in der
Dosis von 0,05—0,2 Grm. subcutan applicirt worden. Ich selbst wandte 0,1
bis 0,15 Grm. auf Vorschlag des Collegen Möller an und sah dabei keine Wir¬
kung in Bezug auf die Hautausdünstung, wohl aber bedeutende Salivation und
die bereits früher in diesem Journal (Bd. VIII, S. 233) beschriebenen Verände¬
rungen der Speichelqualität eintreten.
Eine mündliche Mittheilung meines hiesigen Collegen Lungwitz, der das
Pilocarpin in der Dosis von 0,8 Grm. bei einem kranken Pferde angewandt und
Schweissausbruch erzielt hatte, veranlasste mich, noch einige Experimente über
die Wirkung des Pilocarpin bei Pferden, die ich nachstehend mittheile, anzustellen.
l ) Bd. 95, Sitzung vom 4. December 1882.
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Kleinere Mittheilungen.
245
Sämmtliche Versuchspferde wurden zu den Versuchen so vorbereitet, wie
es bei Anwendung der schweisstreibenden Kurmethode geschehen muss, d. h. die
Thiere wurden über den ganzen Körper mit wollenen Decken leicht eingehüllt.
Priessnitz’sche Umschläge, reizende Einreibungen und stärkere Einhüllungen und
Bewegungen wurden nicht gemacht, um den Einwand abzuschneiden, dass der
etwa eintretende Schweissausbruch die Folge dieser Manipulationen und nicht
eine Pilocarpinwirkung sei. In praxi aber würden diese zur Unterstützung der
schweisstreibenden Wirkung des Pilocarpin anzuwenden sein.
1. Versuch. Einem gesunden Pferde wurden 0.2 Grm. Pilocarpinum hy-
drochloratum subcutan injicirt. 4 Minuten nach der Injection constatirte man
den Eintritt des Speichelflusses. Derselbe hielt 24 Stunden an. Es wurden
in dieser Zeit 6 Kilo (12 Pfund) Speichel entleert. Der Speichel war dünn¬
flüssig, wässerig, reagirte alkalisch, enthielt verhältnissmässig wenig Ptyalin,
hatte ein specif. Gewicht von 1,004 gegen 1,007 des normalen Speichels, war
also ärmer an festen Bestandtheilon. Schweissausbruch erfolgte nicht.
Die zu constatirende Pupillenverengerung war gering. Eine Einwirkung
auf den Darmcanal und die Darmdriisen trat sichtbar hervor. IS Minuten
nach der Injection erfolgte die erste Defäcation, dabei zeigte das Pferd die Sym¬
ptome eines geringen Leibschmerzes. Der Koth war anfangs trocken, wurde
aber nach einiger Zeit feucht, breiig und öfter in kleinen Portionen abgesetzt.
Während der 24 Stunden Versuchszeit gingen 34 Kilo Koth ab. Die Zahl der
Pulse stieg um weniges, ebenso die Innentemperatur. Die Zahl der Athemzüge
stieg bis auf 38 per Min. und war nach 4 Stunden wieder normal.
Bemerkenswerth ist noch, dass während des Versuchs etwas wässeriger
Schleim aus der Nase floss. Das Pilocarpin erwies sich also auch für Pferde als
Expectorans, wie dies Rossbach bei anderen Thieren constatirt hat.
Aus diesem Versuche ergab sich, dass das Pilocarpin in der subcutanen
Dosis von 0,2 Grm. zwar auf die Speicheldrüsen, den Verdauungstractus und die
Respirationsschleimhaut einwirkt, aber keinen Schweissausbruch erzeugt.
2. Versuch. Einem ca. 16 Jahre alten, mageren, sonst gesunden Pferde
wurden 0.5 Grm. Pilocarpin subcutan beigebracht.
14 Minuten nach der Injection begann das Speicheln. Der Speichel rea¬
girte während des ganzen Versuchs alkalisch, enthielt wie der normale Pferde¬
speichel kein Rhodankalium, war aber bedeutend stärker schleimig als der bei
schwächeren Dosen entleerte Pilocarpinspeichel, aber doch noch nicht ganz so
mucinreich wie der normale Pferdespeichel. Es flössen im Ganzen 10 Kilo
Speichel während des Versuchs aus dem Maule des Pferdes ab.
Aus der Nase floss etwas wässeriger Schleim. Die Secretion der Thrä-
nendrüsen war etwas erhöht, so dass manchmal einige Tropfen Thränenflüssig-
keit die Backen herabflossen. Die Pupille war nicht verändert.
Die Haut wurde nach ca. 15 Minuten schon heiss und nach 30 Minuten
erfolgte Schweissausbruch. Derselbe erstreckte sich zwar über den ganzen
Körper, war aber besonders stark an den Flanken, am Unterbauch, dem Halse,
der Innenfläche der Oberschenkel. Das Schwitzen dauerte 2 Stunden an.
13 Minuten nach der Injectiou erfolgte die erste Defäcation. Der Koth
war trocken und wurde in kurzen Intervallen in kleinen Portionen abgesetzt.
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Kleinere Mittheilungen.
Nach einiger Zeit wurde er weicher, breiig und endlich sogar diarrhoeisch.
Die Keaction blieb alkalisch oder neutral.
Ungefahr 15 Minuten nach der Injection traten Kolikerscheinungen
auf, das Thier schlug mH den Füssen nach dem Bauche, sah sich nach demselben
um. krümmte sich, suchte sich niederzulegen u. s. w. Nach weiteren 15 Minuten
verschwanden diese Symptome. Beachtenswerth ist, dass die peristaltischen
Geräusche nicht deutlicher, sondern im Gegentheil seltener hörbar wurden als
vorher, sie klangen aber schärfer, metallisch, ähnlich wie man sie bei der Krampf¬
kolik vernimmt.
Die Innenteraperatur stieg auf 38,6°C., die Zahl der Pulse von 38 auf 52
und war anfangs arhythmisch, die der Athemzüge von 12 auf 36. Das Athmen
wurde erschwert, pumpend, ähnlich wie beim Lungenödem ausgeführt. Dement¬
sprechend ergab die Percussion einen tympanitischen Schall im unteren Drittel
des Thorax. Bei der Auscultation vernahm man eigentümliche schlotternde Ge¬
räusche, wie sie bei Lungenödem nachweisbar sind.
Weiter beobachtete man an dein Pferde eine gewisse Angst im Blicke, Mus¬
kelzittern und Schreckhaftigkeit.
Alle diese Erscheinungen verschwanden nach 2J—4 Stunden. Am längsten
bestanden die Respirationssymptome. Am nächsten Tage erschien das Pferd
durchaus gesund.
Während des Versuchs war kein Harn abgesetzt worden. Der vor dem Ver¬
suche abgesetzte Harn hatte ein spec. Gewicht von 1,03 und enthielt 4 pCt.
Harnstoff, der nach dem Versuche am nächsten Tage secernirte Ham hatte ein
spec. Gewicht von 1 036 und enthielt 4,7 pCt. Harnstoff. Die Harnuntersuchun¬
gen wurden bei diesem und den anderen Versuchspferden von Herrn Dr. V. Hof¬
meister gütigst vorgenomraen.
3. Versuch. Injection von 0,5 Grm. Pilocarpinum hydrochloricum.
2 Minuten nach der Injection trat Speichelfluss ein; derselbe bestand
2j Stunden. Der Speichel war sehr zähe, alkalisch, enthielt kein Rhodan, ver¬
zuckerte Stärke langsam. Im Ganzen wurden 9 Kilo Speichel entleert.
Der Schweissausbruch trat 20 Minuten nach der Injection zuerst am
Halse und den Hinterschenkeln und dann am ganzen Körper auf und war so be¬
deutend, dass der Schweiss zur Erde tropfte. Der Schweiss war alkalisch. Das
Schwitzen währte 3 Stunden.
Vermehrte Schleim- und Thränenabsonderung bestand bei diesem Versuchs¬
pferde ebenso wie bei den beiden vorigen.
Die Athemzüge stiegen von 12 auf 18 per min.; das Athmen wurde pum¬
pend ausgeführt. Die Rectaltemperatur stieg von 38 auf 38,4 0 C., die Zahl der
Pulse von 38 auf 50; der Puls erschien weicher und weniger voll als vor dem
Versuche. Das Pferd wurde etwas schreckhaft und ängstlich. Alle diese Erschei¬
nungen waren nach 3 Stunden wieder verschwunden.
Die erste Defäcation erfolgte 5 Minuten nach der Injection. Nach einer
Stunde war der Koth breiig, nach 2 Stunden diarrhoeisch. Kolikerscheinun¬
gen bestanden nur 12 Minuten lang, die Peristaltik verhielt sich wie beim 2. Ver¬
suchspferde. Die Menge des entleerten Kothes betrug 6 Kilo.
Harn wurde während des Versuches nicht entleert. Der Harn vordemVer-
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Kleinere Mittbeilungen.
247
suche hatte ein spec. Gewicht von 1,044 und enthielt 5 pCt. Harnstoff, der Harn
am Tage nach dem Versuche hatte ein speo. Gewicht von 1,046 und enthielt
6,6 pCt. Harnstoff.
Die Pupille zeigte während des Versuches keine wesentlichen Verände¬
rungen.
Das Pferd wog vor dem Versuche 697 Pfund und nach dem Versuohe 658
Pfund, die Gewichtsabnahme betrug demnach 39 Pfund.
4. Versuch. Es wurden einem Pferde, das an Polyurie litt, sonst aber
durchaus gesund war, 0,7 Grm. des salzsauren Pilocarpin injicirt.
Nach 3 Minuten Speichelfluss; in 10 Minuten wurden ca. 1000 Grm.
entleert. Der Speichel war sehr zähe, fadenziehend, alkalisch, frei von Rhodan¬
kalium. Nach einiger Zeit, nachdem ca. 9 Kilo entleert waren, wurde er dünn¬
flüssiger, war weniger zähe. blieb aber stets alkalisch. Das verzuckernde Ver¬
mögen des Speichels war gering. Es verzuckerten 40 Grm. des etwa eine Stunde
nach Beginn des Versuches secemirten Speichels in 12 Stunden nur 0,1 Grm.
Kleister. Der gegen Ende des Versuchs gewonnene Speichel verzuckerte dagegen
in derselben Zeit 0,4 Grin. Stärkekleister, war also fermentreicher. Nach¬
dem der Speichel einige Tage an der Luft gestanden hatte, producirten 40 Grm.
des ersteren aus 1 Grm. Kleister in 12 Stunden nur 0,015 »Grm. Zucker, wäh¬
rend 40 Grm. des letzteren 0,13 Grm. Zucker lieferten.
Der Speichelfluss bestand ca. 4 Stunden. In dieser Zeit wurden 15 Kilo¬
gramm entleert. Selbstredend gelangt nicht die ganze Menge des secemirten
Speichels nach aussen. Ein Theil desselben wird abgeschluckt. Ein Pferd schluckt
viel ab, ein anderes wenig, das ist individuell verschieden.
Es trat schwacher Nasenausfluss und geringes Thränen ein.
9 Minuten nach der Injection trat die erste Defäcation ein. Damit be¬
gannen aber auch ziemlich heftige Kolikerscheinungen, die fast 4 Stunde
andauerten. Das Pferd musste, um es am Niederlegen zu hindern, ca. 10 Minuten
bewegt werden.
Der Koth war nach 30 Minuten breiig und nach 35 Minuten schon diar-
rhoeisch, er reagirte schwach alkalisch. Nach 4 Stunden waren diese Erschei¬
nungen vorüber. Während des Versuches wurden 9 Kilo Koth entleert.
Die peristaltischen Geräusche waren wie bei Pferd 2 und 3; nach
4 Stunden wurden sie sehr lebhaft. Bei diesem Pferde wurde auch das Eintreten
von Rülpsen und Neigung zum Erbrechen, schwache Brechbewegungen con-
statirt.
Die Pupille war nicht verändert.
Die Temperatur stieg von 38,4 auf 40 0 C., die Zahl der Pulse von 36
auf 70—80. Der volle Puls wurde klein und leer. Die Athemzüge stiegen
von 16 auf 34 per Min. und wurden sehr erschwert unter heftigem Arbeiten der
Bauchmuskeln, die bei jeder Exspiration eine Erschütterung des ganzen Körpers
bewirkten, ausgeführt. Diese Erschwerung der Respiration liess zwar schon nach
2 Stunden etwas nach, war aber erst am 2. Tage nach dem Versuche ganz ver¬
schwunden.
Mit der Erschwerung der Respiration stellte sich eine tympanitische Rand¬
dämpfung bei der Percussion der Lungen ein, die später sogar bis zur Mitte des
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248
Kleinere Mittheilungen.
Thorax anstieg. Das Vesiculärathmen erschien verschärft; auch wurden manch-
mal schlotternde Geräusche beim Auscultiren vernehmbar.
Das Pferd zeigte sich gegen Ende des Versuches sehr matt und schwach.
Der Schweissausbruch erfolgte nach 20 Minuten local, war nach 30
Minuten über dem ganzen Körper verbreitet und währte 3£ Stunden; er war
sehr beträchtlich. Der Schweiss tropfte vom Halse und Bauche in rasch einander
folgenden Tropfen zur Erde und rieselte an den Schenkeln herab.
Harn wurde während des Versuches nicht entleert. In 24 Stunden vor
dem Versuche secernirte das Pferd 11 Liter alkalischen Harn mit einem specif.
Gewicht von 1,0085 und einem Harnstoffgehalt von 0,75 pCt. Es wurden
in 24 Stunden also 87 Grm. Harnstoff entleert. Am Tage nach dem Versuche
secernirte das Pferd in 24 Stunden 2710 Grm. alkalischen Harn mit einem spec.
Gewicht von 1,044 und 5 pCt. Harnstoff, d.h. im Ganzen 135 Grm. Harnstoff.
Die Harnstoffabgabe ist demnach um 50 Grm. pro 24 Stunden
gestiegen.
Das Körpergewicht des Pferdes betrug vor dem Versuche 667 Pfund, nach
demselben 608 Pfund. Es hat also das Körpergewicht in Folge der
Pilocarpinwirkung innerhalb 4 Stunden 59 Pfund abgenommen.
Da an Koth und Speichel ca. 48 Pfund entleert wurden, muss das Pferd auf dem
Wege der Transpiration und Exspiration noch 11 Pfund Körperbestandtheile, d.h.
wesentlich Wasser verloren haben. Der Abgang an Koth muss mit in Rechnung
gezogeu werden, da auch dies einen abnormen Verlust des Körpers anBlutbestand-
theilen darstellt. Der Koth war, wie wir sahen, sehr wasserreich und schliesslich
diarrhoeisch, d. h. in Folge der Pilocarpinwirkung sinkt die Resorption und steigt
die Secretion im Darm. Da das Pilocarpin gleichzeitig die Peristaltik anregt, so
wird viel wasserreicher Koth entleert, während normaliter in 3 Stunden nur wenig
trockener Koth abgegangen wäre.
Zufolge der vorstehenden und meiner früheren Versuche lassen sich die
Wirkungen des subcutan applicirten Pilocarpin auf den Organis¬
mus der Pferde, wie folgt, resumiren:
In kleinen Dosen (0 05—0.15 Grm.) bewirkt das Pilocarpin wohl Spei¬
chelfluss und Verengerung der Pupille, aber keinen Schweissausbruch und keine
bedeutende Einwiikung auf den Darmcanal und dessen Drüsen. Der abfliessende
Speichel ist sehr wässerig, speciflsch leicht und enthält wenig Ferment.
In gröseren Dosen (0,2 Grm.) tritt die Einwirkung auf den Darmcan&l
schon deutlich hervor; es tritt zwar immer noch kein Sohweissausbruch ein, wohl
aber eine Vermehrung der Secretion der Respirationsschleimhaut.
Erst in sehr grossen Dosen (0.5—0.8 Grm.) wirkt das Pilocarpin auch
sch weisstreibend bei Pferden, und zwar stärker als irgend ein anderes sch weiss¬
treibendes Mittel.
Wenn das Pilocarpin in solchen Gaben angewendet wird, dann ist auch die
Einwirkung auf die Speicheldrüsen eine andere als bei kleinen Dosen. Der
Speichel wird schleimiger, zäher, fadenziehender. Daraus folgt, dass kleine
Gaben nur die wasserabsondernden Cerebral nerven erregen, wäh¬
rend bei grossen Dosen auch eine Reizung der sympathischen Ner¬
ven auftritt.
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Kleinere Mittheilnngen.
249
Die Einwirkung auf den Darm und die Darmdrnsen ist bei Anwendung
grosser Gaben eine sehr bedeutende, es traten stets unter bald vorübergehenden
Kolikerscheinungen die Symptome einer energischen Darmreizung hervor. Auch
beobachtete man stets das Eintreten einer Diarrhoe; dies dürfte durch eine Rei¬
zung der Darmwanddrusen und der Anhangsdrüsen des Darmcanals mitbedingt sein.
Starke Gaben scheinen die Pupille weniger zu beeinflussen als kleine
Gaben. Die Pupille erschien bei meinen 3 Versuchen nicht verengert.. In klei¬
nen Dosen scheint, wie bei den Speichelnerven, nur der Gehirnnerv, der
Oculomotorius, in grossen auch der N. sympathicus mitgereizt zu
werden. Das Fehlen der Pupillenverengerung bei grossen Dosen könnte auch
als die Folge einer Ueberreizung und Lähmung des ersteren erklärt werden.
Wenn die Erklärung zutreffen sollte, dann müsste anstatt der Verengerung eine
Erweiterung der Pupille beobachtet werden; da diese aber fehlt, dürfte die zuerst
angeführte Erklärung anzunehmen sein.
Bei Anwendung der grossen Gaben trat stets eine Vermehrung der
secretorischen Tbätigkeit der Sohleimhaut des respiratorischen
Tractus und der Thränendrüsen ein.
Auch auf den Stoffweohsel hatte das Pilocarpin einen bedeutenden Ein¬
fluss, es vermehrte den Eiweisszerfall. Die Harnstoffausfuhr stieg in 24 Stunden
um 50 Grm.
Eine unangenehme Nebenwirkung ist die Einwirkung auf dieLungen. Grosse
Dosen veranlassen das Eintreten eines Lungenödem, welches sich zwar bei
gesunden Pferden bald wieder rückbildet, aber unter Umständen doch gefährlich
werden könnte. Es mag theilweise die Folge des vermehrten Wasseraustrittes
aus dem Blute, den wir an den verschiedenen Drüsen, wie angeführt, beobachten,
theilweise aber auch die Folge einer Herzschwäche sein, die das Pilocarpin
auch bei Pferden in starken Dosen bedingt, wie die von mir beobachtete Verän¬
derung der Pulsqualität, d. h. das Absinken des Blutdrucks lehrt.
Das Körpergewicht der Thiere nimmt in Folge der Pilocarpinwirkung in
wenig Stunden (2V—4) sehr bedeutend ab. Bei Anwendung von 0,5 Grm. con-
statirten wir eine Abnahme von 39 Pfund und bei 0,7 Grm. sogar von 59 Pfund.
Alle anderen Wirkungen des Pilocarpin sind nebensächlicher Natur.
Welche therapeutischen Indicationen ergeben sich aus den vorste¬
hend geschilderten Wirkungen des Pilocarpin?
1. Das Pilocarpin dürfte als ein Expectorans angesehen und deshalb
bei allen Krankheiten angewandt werden, bei denen man eine Vermehrung der
Schleimsecretion und eine Verflüssigung zähen Schleimes bezweckt. Es vermehrt
vorzugsweise die Wassersecretion und verflüssigt so den zähen Schleim.
2. Das Pilocarpin gehört in die Gruppe der Abführmittel. Es kann des¬
halb bei Verstopfungskoliken angewandt werden. Besonders empfiehlt sich seine
Anwendung bei Thieren, bei denen das Eingeben der Medicamente per os sehr
schwierig ist, und zur Unterstützung anderer Abführmittel. Die Anwendung des
Mittels erfordert Vorsicht, weil es krampfhafte Contractionen der Darmwand zu
veranlassen scheint.
3. Das Pilocarpin kann auch als ein die Resorption beförderndes
und den Stoffwechsel anregendes Mittel therapeutisch benutzt werden
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250
Kleinere Mittheilungen.
(bei Ilydrocephalus, Ilydrothorax, Hydropericardium u. s. w.). Bedenkt man,
dass dem thierischen Körper bei Anwendung dieses Mittels in 2—4 Standen
40—50 Pfund meist ei weisshaltige Flüssigkeit entzogen werden können, so er¬
hellt daraus zur Genüge, wie dieses Mittel durch Bluteindickung etc. die Resorp¬
tion krankhafter Ergüsse etc. befördern muss. Es tritt in Folge des Verlustes von
Circulationseiweiss eine erhöhte Zerstörung von Organeiweiss und namentlich
krankhafter, abgelagerter und neugebildeter Stoffe und Gewebe (Exsudate, Neu¬
bildungen u. s. w.) ein. Ob durch den erhöhten Eiweisszerfall auch die Zerstö¬
rung eingedrungener krankheitserregender Organismen bewirkt werden kann,
lasse ich dahingestellt sein.
4. Das Pilocarpin ist ein sch weisstreiben des Mittel für Pferde und
kann bei allen Krankheiten benutzt werden, welche die Anwendung dieser Me¬
thode erfordern (rheumatische Affectionen etc.). Wird die sebweisstreibende Wir¬
kung verlangt, dann sind grössere Dosen anzuwenden und die betreffenden Thiere
sind durch Abreibungen. Einhüllungen in warme Decken u. s. w. gehörig vor¬
zubereiten.
5. Die höchsten Dosen wende man nur mit Vorsicht an und nicht bei
Thieren, welche an Athembeschwerden leiden und hierdurch oder durch Herz¬
schwäche etc. zu Lungenödem incliniren.
6. Als pupillen verengernd es Mittel ist das Pilocarpin als unbedeu¬
tend in dieser Wirkung nicht zu empfehlen.
Hieran schliesse ich die Eingangs erwähnte Mittheilung der Beobachtung
des Herrn Lungwitz, die mich zu meinen Versuchen veranlasste. Herr Lung-
witz machte die Pilocarpininjectionen zu therapeutischen Zwecken. Er berichtet
darüber, wie folgt:
„Um ein grosses 8jähriges Pferd (Carossier) schwitzen zu lassen, injicirte
ich subcutan 0.2 Pilocarpir.um hydrochloratum, in 2.0 Wasser gelöst, zu beiden
Seiten der Brust, liess das Thier vollständig und mehrfach in wollene Decken
einhüllen und die Beine einwickeln.
Nach 2 Minuten begann dasThierKau- und Schluckbewegungen zu machen.
Bei jedesmaligem Oeffnen des Maules floss etwas Speichel aus. Zuweilen sah sich
das Thier nach dem Leibe um. Es setzte während der ersten 15 Minuten nach
der Injection dreimal kleine Mengen Excremente ab. Schweissausbruch trat nicht
ein. Nach einer Stunde war das Speicheln vorüber.
Nicht befriedigt durch diesen negativen Erfolg der Schwitzkur, wiederholte
ich nach einigen Tagen bei demselben Pferde die Injection, benutzte aber diesmal
0.8 Pilocarp. hydrochlorat.. in 4.0 Aq. dest. gelöst, auf einmal. Die Einhüllung
des Pferdes geschah wie beim ersten Versuche.
Injicirt wurde Mittags 3 / 4 12 Uhr.
Nach 2 Minuten trat starkes Speicheln ein. Das Pferd war wohl bemüht,
aber nicht im Stande, die producirten Mengen abzuschlucken. Nach 6 Minuten*.
Unruhe, Hin- und Hertreten, Umsehen nach dem Leibe, beschleunigtes Athmen
mit stark erweiterten Nüstern, Krümmen des Rückens, Unterstellen der Beine,
alsdann öfterer Absatz von wenig hellgefärbten Excrementen, Contraction der
Bauchmuskeln, begleitet von kurzen Rülpsstössen, Niederlegen, Wälzen, Wieder¬
aufspringen; ich liess deshalb das Pferd herausnohmen und im Schritt bewogen.
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Kleinere Mittheilungen.
251
Hierbei benahm es sich wie ein an heftigen Leibschmerzen leidendes Pferd, ver¬
suchte wiederholt, sich während des Führens zu legen. Kau- und Schluckbewe¬
gungen Hessen nach, nicht aber das Speicheln, im Gegentheil, dasselbe verstärkte
sich, denn jedesmal, wenn das Thier das Maul öffnete, was nebenbei bemerkt
recht oft geschah, floss ein fast armstarker Strom aus dem Maule ab.
Nach 20 Minuten konnte ich am Halse und den Flanken Sch wo iss con-
statiren. Nach 30 Minuten, also eine halbe Stunde nach der Iujection, schwitzte
das Pferd am ganzen Körper stark. Der Schweiss rann in kleinen Strömen an
den Extremitäten herab. Um dieselbe Zeit waren auch die Erscheinungen der
Loibschmerzen verschwunden; dagegen machte sich eine Schlaffheit bemerklich,
ausgesprochen durch Hängenlassen des Kopfes, langsameren Gang und leichtes
Schwanken bei den Wendungen. Die Pupillen zeigten eine sichtbare Verengerung.
Nachdem nun das Pferd wieder in den Stand gebracht worden war, verhielt es
sich ruhig. Vorgelegtes Futter wurde verschmäht. Um 1 Uhr Mittags, also eine
Stunde nach der Injection. liess der Speichelfluss etwas naoh und verlor sich fast
ganz nach Verlauf von weiteren 20 Minuten. Um 3 Uhr Nachmittags verminderte
sich das Schwitzen, ich liess deshalb das Thier abreiben und mit einer trockenen
wollenen Decke einhüllen, unter welcher es bald ganz abtrocknete.
Um \1 Uhr Abends erschien das Thier wieder vollkommen munter und bei
gutem Appetit. Die nähere Untersuchung ergab ausser der Verengerung der
Pupille noch etwas aufgeregten Puls.
Die Menge des abgesonderten Speichels schätze ich auf mindestens einen
Stalleimer voll.
Dieser 2. Versuch ist insofern nicht uninteressant, weil durch ihn bewiesen
wird, dass thatsächlich starker Schweissausbruch, allerdings nach einer sehr starken
Dosis stattfindet. Jedenfalls tritt das Schwitzen auch schon nach kleineren Dosen
ein, wenn man das Thier vorher etwas bewegt.“
Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Prenssen während
des Quartals October-December 1882.
1. Milzbrand, ln zusammen 152 Gehöften, welche sich auf 138 Ort¬
schaften und 84 Kreise vertheilen, sind 5 Pferde, 206 Stück Rindvieh, 115
Schafe und 1 Schwein an Milzbrand gefallen.
Die Erkrankungen bei Pferden blieben durchweg vereinzelt, nur in einem
Gehöft kamen solche gleichzeitig mit Erkrankungen beim Rindvieh vor.
Von 218 an Milzbrand erkrankten Stück Rindvieh sind 12 = 5.50 pCt.
genesen und von den 206 gestorbenen entfallen zusammen 42,27 pCt. auf die
Provinzen Posen und Schlesien. Frei von Milzbrand blieben die Reg.- bezw.
Landdr.-Bez. Danzig, Köslin, Stralsund, Lüneburg, Osnabrück, Aurich und die
Stadt Berlin. In den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Königsberg, Gumbinnen, Frank¬
furt, Sfade, Minden, Koblenz, Trier und Sigmaringen wurden Milzbranderkran¬
kungen nur bei 1—3 Stück Rindvieh beobachtet. In 11 Beständen mit zusam¬
men 357 Stück Rindvieh fielen 54 Thiere == 15,13 pCt., in 6 Beständen je 3,
in 12 Beständen je 2, in 110 Beständen je 1 Stück Rindvieh.
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Kleinere Mitteilungen.
Die bei Weitem meisten Erkrankungen wurden in solchen Ortschaften und
Gehöften beobachtet, in denen der Milzbrand stationär ist. In Charlotten bürg.
Kr. Königsberg, waren im Quartal Juli-September 3 Stück gefallen, im Berichts¬
quartal erkrankten ebenso viele nach Verfütterung von Heu aus einer Scheune,
auf deren Tonne im vorigen Quartal ein milzbrandkrankes Thier geschlachtet
worden war. Im Uebrigen werden als Ursachen nur diejenigen Verhältnisse
wiederholt, welche die Berichterstatter in jedem Quartal anzugeben pflegen.
In den Reg.-Bez. Königsberg und Koblenz wurde öfter die carbunkulöse
Form beobachtet, im Reg.-Bez. Schleswig trat der Milzbrand meistens in Form
des Rauschbrandes und zwar namentlich in solchen Gehöften der Kreise Süder¬
dithmarschen und Tondern auf, in denen der Rauschbrand stationär ist. Einzelne
Fälle von Rauschbrand siud ausserdem in den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Breslau,
Stade, Arnsberg, Wiesbaden und Aachen vorgekommen.
Die 115 an Milzbrand gefallenen Schafe vertheilen sich auf 6 Bestände, die
meisten Verluste — 25,30 pCt. — erlitt eine Herde im Kreise Lebus, Reg.-Bez.
Frankfurt, in welcher das Herrschen des Milzbrandes seit dem vorigen Quartal
fortdauerte.
Das an Milzbrand gefallene Schwein gehörte einem Gehöfte an, in welchem
die Krankheit gleichzeitig unter dem Rindvieh herrschte.
In Packisch und Dlonie kamen Milzbrandfälle auch unter Rindvieh und
Schafen vor, welche nach dem Pasteur’schen Verfahren geimpft worden waren.
In Folge von Milzbrandinfection erkrankten zwei Menschen, dieselben sind
anscheinend genesen.
2. Tollwuth. In 132 Ortschaften, welche sich auf 77 Kreise vertheilen,
sind 76 Hunde, 2 Pferde, 21 Stück Rindvieh und 2 Schafe wuthkrank befunden,
ausserdem 47 herrenlos umherschweifende Hunde, bei denen später die Tollwuth
constatirt wurde, und 169 Hunde nach § 19. der Instruction vom 24. Febr. 1881
getödtet worden.
Frei von der Wuthkrankheit blieben die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stettin,
Stralsund, Liegnitz, Magdeburg, Merseburg, Erfurt, Schleswig, Lüneburg, Aurich,
Kassel, Koblenz, Düsseldorf, Trier, Aachen, Sigmaringen und die Stadt Berlin.
Ueber 5 (incl.) tollwuthkranke Hunde entfallen auf die Reg.- bezw. Landdr.-Bez.
Gumbinnen, Posen. Breslau, Oppeln, Stade, Minden und Arnsberg.
Die Observation von Hunden, welche mit tollkranken oder verdächtigen in
Berührung gekommen waren (§ 19. Alin. 3 der Instr.), hat nur sehr selten statt¬
gefunden, die nachgesuchte Erlaubnis zu einer solchen Observation ist fast in
allen Fällen versagt worden.
Ein Bestand von 15 Stück Rindvieh im Kreise Teltow verlor durch Wuth-
erkrankungen 7 Thiere.
Von sicher constatirten Incubationszeiten werden erwähnt je einmal:
bei Hunden 15, 22. 27, 35, 37, 38, 40, 41, 47 Tage,
beim Rindvieh 30 Tage,
bei Schafen 14, 19 Tage.
Ueber Erkrankungen von Menschen an Wasserscheu wird nicht berichtet.
3. Rotz-Wurmkrankheit. Die 375 getödteten und gefallenen rotz-
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Kleinere Mitteilungen.
253
wannkranken Pferde vertheilen sich auf 177 Gehöfte in 160 Ortschaften and
96 Kreisen and in abgerundeten Procentsätzen wie folgt auf die einzelnen
Provinzen:
Ostpreassen . . . .
... 7,46 pCt.
Schleswig-Holstein . . .
. 0,53 pCt.
Westpreassen . .
. . . 11,74 ,
Hannover.
• 2,93 .
Brandenburg . .
. . . 11,46 „
Westfalen.
• 1,60 „
Pommern ....
• • • 2,14 .
Hessen-Nassau.
. 0,00 „
Posen .
. . . 28,54 „
Rheinprovinz.
• 0,80 „
Schlesien ....
. . . 24,80 *
Hohenzollernsche Lande
• 0,00 „
Sachsen .
. . . 8,00 „
100,00 pCt.
Gegen das vorhergehende Quartal ist der Procentsatz in den beiden am
stärksten verseuchten Provinzen, Posen und Schlesien, fast genau derselbe ge¬
blieben, in Westpreussen dagegen sehr viel geringer geworden. Eine kleine Stei¬
gerung des Procentsatzes in Ostpreussen, Brandenburg und Sachsen wird durch
die bedeutenden Verluste bedingt, welche einzelne Bestände erlitten haben. Die
375 Pferde bilden 27,60 pCt. des Gesammtbestandes der verseuchten Gehöfte,
ln 90 Beständen dauerte die Observation verdächtiger Pferde am Schlüsse des
Berichtsquartals noch fort.
Frei von der Rotz-Wurmkrankheit blieben die Reg.- bezw. Landdr.-Bez.
Stralsund, Erfurt, Stade, Osnabrück, Aurich, Münster, Kassel, Wiesbaden, Düssel¬
dorf, Trier, Aachen, Sigmaringen; in den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Köslin,
Schleswig, Hannover, Lüneburg, Minden, Koblenz und Köln beschränkte sich der
Verlust durch die Rotz* Wurmkrankheit auf 1—3 Pferde. In 37 grösseren Pferde¬
beständen war die Zahl der getödteten und gefallenen Pferde eine besonders
grosse, in 13 dieser Rotzherde wurde das Herrschen der Krankheit während
des Berichtsquartals constatirt, in 24 dauerte dasselbe aus dem vorigen Quartal
oder seit noch längerer Zeit fort. Von den 834 Pferden dieser 37 grösseren
Rotzherde sind seit Constatirung der Krankheit 398 Pferde = 47,72 pCt. ge-
tödtet worden oder gefallen; die im Berichtsquartal getödteten oder gefallenen
Pferde dieser Bestände bilden 51,73 pCt. des ganzen Verlustes.
28 rotz-wurmkranke Pferde waren kurze Zeit vor Constatirung der Krank¬
heit angekauft worden, darunter 8 in Polen, 4 wurden auf Märkten, 11 bei Be¬
aufsichtigung der Rossschlächtereien ermittelt. In Baukwitz, Kr. Naraslau, und
Waldau, Kr. Bunzlau, brach die Rotz-Wurmkrankheit nach längerer Pause von
Neuem aus. Die Infection soll in vielen Fällen untcrweges oder in Gastställen
erfolgt sein.
Von 320 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden gehörten 47,81 pCt.
za den Beständen grösserer Güter, 20,00 pCt. zu den Beständen kleinerer Land¬
wirtschaften, 25,63 pCt. wurden zum Fuhrwerksbetriebe verwendet, und bei
6,56jpCt. konnten die Besitzer und die Benutzungsweise aus dem vorliegenden
Material nicht ersehen werden. Bei 35 Pferden = 9,33 pCt. wurde Lungenrotz
ohne gleichzeitige krankhafte Veränderungen in den Nasenhöhlen bezw. der Haut
constatirt and 15 auf polizeiliche Anordnung getödtete Pferde = 4,69 pCt. er¬
wiesen sich bei der Section nicht mit der Rotz-Wurmkrankheit behaftet. Ueber
Infectionen von Menschen ist nichts bekannt geworden.
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254
Kleinere Mittbeilungen.
4. Maul- und Klauenseuche. Die Voraussicht, dass die Seuche in
diesem Quartal eine weitere Verbreitung finden würde, ist eingetroffen ; die Krank¬
heit trat in zusammen 395 Ortschaften auf, von denen 20,50 pCt. auf Sachsen,
17,72 pCt. auf Schlesien. 15.44 pCt. auf Brandenburg, 14,20 pCt. auf die
Rheinprovinz und 12,60 auf Posen entfallen. In den anderen Provinzen blieben
die Ausbrüche meistens vereinzelt, im Reg.-Bez. Schleswig auf 1 Ortschaft be¬
schränkt, die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Hannover, Stade, Aurich. Münster und
Sigmaringen waren seuchefrei.
Zahlreiche aus dem östlichen Auslände eingeführte Schweine erwiesen sich
auf den Grenzbahnhöfen Eydtkuhnen, Prostken. Alexandrowo, Myslowitz, sowie
auf den Schlachlviehmärkten in Berlin, Frankfurt a. M. und Elberfeld mit der
Maul- und Klauenseuche behaftet.
Die Einschleppung der Seuche konnte in den meisten Fällen nachgewiesen
und auf Ankauf von kranken Rindern oder Treiberschweinen zurückgeführt wer¬
den. Die Infeciion erfolgte vielfach auf Viehmärkten, in Gaststallen, während
des Eisenbahntransportes oder in den Ställen der Viehhändler. Auch der Umzug
der Dienstleute soll öfter zur Verbreitung der Krankheit Anlass geboten haben.
Ueber die weitere Verbreitung auf andere Viehbestände der verseuchten Ort¬
schaften liegen nur in wenigen Fällen genauere Angaben vor; dieselbe erfolgte
entweder durch directe Berührung mit kranken Thieren der Nachbarschaft oder
durch Zwischenträger, als solche werden namentlich Fleischer und Handelsleute
bezeichnet, an deren Kleidern das Contagium haftete.
Der Verlauf der Krankheit, welche überwiegend in Form der Maulseuche
auftrat, war sehr milde, 15 Stück Rindvieh, darunter 10 Kälber, und 1 Schwein
sind an der Aphthenseuche gefallen. In fast allen Beständen des Kreises Schroda
und in einem Bestände des Kreises Fischhausen wurde die Impfung ausgeführt.
5. Lungenseuche. Das Vorkommen der Lungenseuche beschränkte sich
auf zusammen 50 Ortschaften der Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stettin, Posen,
Magdeburg, Merseburg, Hannover, Kassel und Wiesbaden, in 24 dieser Ort¬
schaften — von denen 14 auf die Provinz Sachsen entfallen — wurden Aus¬
brüche während des Berichtsquartals constatirt, in 26 dauerte das Herrschen der
Seuche aus dem vorigen Quartal fort, ln 61 Beständen war die Seuche am
Schlüsse des Berichtsquartals noch nicht getilgt.
Die 408 an Lungenseuche erkrankten Stück Rindvieh vertheilen sich in
abgerundeten Procentsätzen, wie folgt, auf die einzelnen Provinzen:
Pommern. 37,25pCt. Hannover. 6,37pCt.
Posen. 6.62 „ Hessen-Nassau. 1.96 *
Sachsen . . . 47,80 „ 100,00pCt.
Die erhebliche Aenderung des Procentsatzes ist durch die zahlreichen Er¬
krankungen in zwei grösseren Viehbeständen der Provinz Pommern bedingt wor¬
den. In Naulin brach die Seuche, welche vor 6 Monaten getilgt schien, unter
dem neu angekauften Viehstande aus, und inSchöuebeck erfolgte die Einschleppung
durch Ankauf von Vieh eines in Magdeburg ansässigen Händlers.
Die 492 getödteten und gefallenen Stück Rindvieh bilden etwa 17,00pCt.
der 2890 Thiere, welche die verseuchten Bestände zusammensetzten.
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Kleinere Mittheilungen.
255
Am stärksten verseucht war wieder der Reg.-Bez. Magdeburg, von den
30 Ortschaften desselben, in denen die Lungenseuche herrschte, sind 17 solche,
in denen sie in denselben oder in anderen Beständen während des vorigen Quartals
oder vor längerer Zeit constatirt worden war. In 3 Ortschaften erfolgte die In-
fection durch Berührung mit krankem Vieh benachbarter Ortschaften, in 7 durch
Ankauf von krankem Vieh, in 3 konnte die Einschleppung nicht nachgewiesen
werden. Nur in einer Ortschaft des Reg.-Bez. Merseburg wurde die Lungen¬
seuche während des Berichtsquartals constatirt, in 4 Ortschaften dauerte das
Herrschen derselben aus dem vorigen Quartal fort. Von den wenigen Ausbrüchen
in den Provinzen Posen, Hannover und Hessen - Nassau entfallen 9 auf solche
Orte, in denen die Krankheit während des Berichtsquartals constatirt wurde.
Nur ein Ausbruch wird auf die Einführung von Vieh aus Bayern zu rückgeführt.
Die Impfung wurde in 4 Beständen des Reg.-Bez. Magdeburg mit sehr
gutem Erfolge ausgeführt. Dagegen hatte dieselbe in 2 Orten des Kreises Kalbe
keinen günstigen Einfluss auf den Seucheverlauf, und in 1 Bestände des Kreises
Oschersleben erkrankten 2 vor längerer Zeit geimpfte Ochsen. Ausserdem ist
gegen Ende des Quartals 1 Bestand im Reg.-Bez. Merseburg geimpft worden, der
Erfolg bleibt abzuwarten.
Von den verseuchten Beständen und den auf polizeiliche Anordnung ge-
lödteten Thieren entfallen 33,33 bezw. 76.20 pCt. auf Bestände grösserer Güter,
66,67 bezw. 23,80 pCt. auf Bestände kleinerer Landwirtschaften.
6. Schafpocken. Die Schafpocken erlangten nur in Ostpreussen und im
Landdr.-Bez. Aurich eine grössere Verbreitung, vereinzelte Ausbrüche wurden in
den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Marienwerder, Potsdam. Stettin, Köslin. Stralsund,
Magdeburg und Stade beobachtet, dieselben sind theils durch Berührung mit
während des vorigen Quartals verseuchten Herden der Nachbarschaft oder durch
Ankauf von Schafen auf dem Berliner Schlachtviehmarkt veranlasst worden, theils
konnte die Einschleppung nicht ermittelt werden.
Am stärksten verseucht in Ostpreussen waren, wie im vorigen Quartal, die
Kreise Lötzen und Sensburg. Im Kreise Lötzen ist die Seuche seit nunmehr drei
Jahren stationär, die Verbreitung derselben nimmt im ersten Quartal jedes Ka-
lendeijahres stets ab und im zweiten und dritten Quartal wieder zu. Die Ur¬
sachen dieses unausgesetzten Herrschens bedürfen noch der weiteren Aufklärung.
Die Mittheilungen über das Herrschen der Pocken in anderen Kreisen des Reg.-
Bez. Gumbinnen und im Reg -Bez. Königsberg sind zwar äusserst dürftig, recht-
fertigen jedoch die Vermuthung, dass die Kreise Lötzen und Sensburg vielfach
diejenigen Herde darstellen, von welchen aus die Krankheit nach den verschie¬
densten Richtungen verschleppt wird.
Ueber die zahlreichen Pockenausbrüche im Kreise Emden, Landdr.-Bez.
Aurich, liegen keine näheren Angaben vor. Wünschenswerth wäre im hohen
Masse, dass die beamteten Thierärzte den Einschleppungs- und Verbreitungs¬
wegen der PockeYiseuche eino erhöhte Aufmerksamkeit zuwenden.
7. Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehs. Der Bläs¬
chenausschlag ist bei 111 Stück Rindvieh beobachtet worden, davon entfallen
86 auf 2 Ortschaften des Kreises Kreuznach, Reg.-Bez. Koblenz.
Ueber Erkrankungen an Beschälseuche wird nicht berichtet.
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256
Kleinere Mitlheilungen.
8. Räude der Pferde und der Schafe. Die Räude wurde bei 152
Pferden constatirt, von denen 28 theils getödtet worden, theils gefallen sind.
Die Verbreitung dieser Krankheit in Ost- und Westpreussen hat erheblich nach¬
gelassen, auf diese beiden Provinzen entfallen 48, auf die Reg.-Bez. Gumbinnen
und Danzig sogar nur 2 bezw. 4 Pferde. Ueber 10 räudekranke Pferde wurden
in den Reg.-Bez. Köslin, Breslau, Oppeln ermittelt, auf die Reg.-Bez. Posen und
Bromberg entfallen 9, auf die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Potsdam, Stettin, Liegnitz,
Merseburg, Schleswig, Hannover, Hildesbeim, Osnabrück, Kassel, Wiesbaden,
Koblenz, Trier 1—8 räudekranke Pferde. 8 Pferde waren kurz vor Constatirung
der Krankheit angekauft, darunter 2 in Polen, 4 räudekranke Pferde wurden auf
Märkten, 1 solches in einer Rossschlächterei ermittelt. Vielfach soll die Infection
unterweges oder in Gastställen erfolgt sein.
In Belgard und in 3 Ortschaften des Reg.-Bez. Kassel wurde eine Ueber-
tragung der Pferderäude auf Menschen beobachtet.
Währendes Berichtsquartals wurde kein Fall von Schafräude im Reg.-Bez.
Schleswig constatirt. Die Tabellen der Landdr.-Bez. Hannover, Stade und Aurich
erwähnen das Vorkommen der Schafräude nicht, die des Landdr.-Bez. Osnabrück
nur, dass die Verbreitung der Räude sich im Kreise Lingen nicht geändert habe.
Einzelne wenige Ausbrüche der Schafräude wurden in den Landdr.-Bez. Hildes-
heim und Lüneburg ermittelt. Aus den Reg.-Bez. Münster und Minden wird über
das Vorkommen der Räude nicht berichtet, wohl aber aus dem Reg.-Bez. Arns¬
berg. in welchem 5 Herden von sogen. Schmiervieh im Kreise Hamm räudekrank
befunden wurden. Der General-Referent des Reg.-Bez. Kassel erwähnt, dass die
Räude im ganzen Bezirk sehr verbreitet herrsche. Im Reg.-Bez. Wiesbaden wurde
die Räude unter einer Schmierviehherde des Kreises Biedenkopf constatirt.
Ausserdem sind einzelne Ausbrüche der Schafräude in den nachstehend ge¬
nannten Reg.-Bez. vorgekommen: Marienwerder in 3 Kreisen bei 5 Herden, in
2 durch in England angekaufie Zuchtböcke eingeschleppt; Potsdam in 2 Kreisen
bei 3 Herden, Einschleppung nicht aufgeklärt; Stettin bei 5 Herden der Kreise
Greifenberg und Randow, bei 2 Wiederausbruch nach längerer Pause; Köslin nur
bei einem herrenlos angetroffenen Schaf; Posen bei 5 Sprungböcken eines Gutes,
Einschleppung durch einen aus England angekauften Zuchtbock; Liegnitz in zu¬
sammen 3 Gutsherden der Kreise Bunzlau, Lüben und Goldberg-Haynau, Ein¬
schleppung durch Ankauf von Böcken aus einem Gute des Reg.-Bez. Frankfurt,
über das Herrschen der Räude in dem zuletzt genannten Bestände ist bisher nichts
bekannt geworden; Oppeln in 1 Herde, Einschleppung durch aus Oesterreich an¬
gekaufte Schafe; Magdeburg in 3 Orten des Kreises Gardelegen und in 1 Orte
des Kreises Kalbe; Erfurt in einer Schmierviehherde des Kreises Langensalza;
Düsseldorf in 3 Orten bei Schafen, welche kurz vorher in Westfalen angekauft
worden waren. Müller.
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Personal-Notizen.
Ernennungen und Versetzungen.
Der Departements- und Kreisthierarzt, Veterinär-Assessor Karl Aug. Müller
zu Magdeburg, unter Entbindung von seinen gegenwärtigen Aemtorn, zum De¬
partements-Thierarzt für den Reg.-Bez. Stettin, zum Kreisthierarzt für den Stadt¬
kreis Stettin und den Kreis Randow, sowie zum Veterinär-Assessor bei dem Me-
dicinal-Collegium für die Provinz Pommern.
Der Departements- und Kreisthierarzt. Veterinär-Assessor Karl Fr. Alb.
Steffen zu Stettin, unter Entbindung von seinen gegenwärtigen Aemtern, zum
Departements-Thierarzt für den Reg.-Bez. Magdeburg, zum Kreisthierarzt für den
Stadtkreis Magdeburg und den Kreis Wolmirstedt, sowie zum Veterinär-Assessor
bei dem Medicinal-Collegium für die Provinz Sachsen.
Der Kreisthierarzt Jul. Emmerich zu Prüm, unter Entbindung von seinem
gegenwärtigen Amte, zum Kreistliierarzt für den Ober-Taunuskreis, Reg.-Bez.
Wiesbaden, mit dem Amtswohnsitz in Homburg v. d.H.
Der Gestüt-Rossarzt Karl Aug. Wilh. Kickhäfer in Lindenau, unter Ent¬
bindung von seinem gegenwärtigen Amte, zum Kreisthierarzt des Kreises Ost-
Priegnitz, Reg.-Bez. Potsdam, mit dem Amtswohnsitz in Kyritz.
Der Königl. bayer. Districts-Thierarzt Clem. Aug. Loehr in Hornbach zum
comraissarischen Kreisthierarzt des Kreises Altenkirchen, Reg.-Bez. Koblenz, mit
dem Amtswohnsitz in Altenkircken.
Der Kreisthierarzt Frdr. Wilh. Stappen in Palm, unter Entbindung von
seinem gegenwärtigen Amte, zum Kreisthierarzt für den Kreis Wirsitz, Polizei-
district Exin und West-Polizeidistrict Schubin, Reg.-Bez. Bromberg.
Der Kreisthierarzt Jul. Ed. Max Seyffert in Trachenberg, unter Entbin¬
dung von seinem gegenwärtigen Amte, zum 3. Kreisthierarzt für den Verwal¬
tungs-Bezirk des Königl. Polizei-Präsidiums zu Berlin.
Der Kreisthierarzt Joh. Rob. Wassmann in Waldenburg, unter Entbindung
von seinem gegenwärtigen Amte, zum 4. Kreisthierarzt für den Verwaltungs-
Bezirk des Königl. Polizei-Präsidiums zu Berlin.
Definitiv übertragen wurden die bisher commissarisch verwalteten Kreis¬
thierarztstellen
des Kreises Beuthen-Kattowitz dem Kreisthierarzt Mehrdorf in Beuthen,
„ „ Mohrungen „ • Pauli,
17
Archiv f. wiasensch. u. prakt. Thierheilk. IX. 3.
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258
Personal-Notizen.
des Kreises Iserlohn dem Kreisthierarzfc Dr. Schmidt,
„ r Querfurt „ r Michael,
„ ,, Neuss „ r Brebeck.
Aus dem Staatsdienste geschieden:
Der Kreisthierarzt Karl Wilh. Aug. Paul Moellinger in Kyritz, Reg.-Bez.
Potsdam.
Der Kreisthierarzt Karl Fr. Naczynski in Ober-Glogau, Reg.-Bez. Oppeln.
Der interimistische Kreisthierarzt Rud. Schuberth in Rybnik, Reg.-Bez.
Oppeln.
Ordens-Verleihungen.
Dem Gestüt-Inspcctor beim Hauptgestüt Trakehnen, Ober-Rossarzt Karl
Edwin Irmer in Jonasthal, der Rothe Adler-Orden 4. CI.
Dem Thierarzt Joh. Beruh. Esselmann in Quakenbrück, Kr.Bersenbrück,
der Kronenorden 4. CI.
Dem Kreisthierarzt Gotth. Ernst Hackbarth in Christburg der Kronen¬
orden 4. CI.
Dem Ober-Rossarzt beim 2. Bad. Drag.-Regmt. No. 21 van Po ul in
Bruchsal der Kronenorden 4. CI.
Dem Corps-Rossarzt beim XV. Armeecorps Friedr. Aug. Mich. Voigt in
Strassburg der Kronenorden 4. CI.
Dem Rossarzt beim Magdeburg. Drag.-Regmt. No. 6 Andr. Friedr. Wilh.
Brauns das Allgemeine Ehrenzeichen.
Dem Rossarzt beim 1. Grossh. Hess. Drag.-Regmt. (Garde-Drag. Regmt.)
No. 23 Aug. Morgenstern das Allgemeine Ehrenzeichen.
Dem Rossarzt beim 2. Pomm. Ul.-Regrat. No. 9 Frdr. Wilh. Peters in
Demmin das Allgemeine Ehrenzeichen.
Dem Rossarzt beim 1. Leib-Hus.-Regmt. No. 1 Jul. Ferd. Philipp das
Allgemeine Ehrenzeichen.
Todesfälle.
Der Thierarzt Joh. Heinr. von Ohlen in,Hoya, Landdr.-Bez. Hannover.
Der Kreisthierarzt Heinr. Schenk in Deutsch-Krone, Rg.-Bz. Marienwerder.
Der Thierarzt Joh. Heinr. Wilh. Schulz in Syke, Landdr.-Bez. Hannover.
Der Thierarzt Heinr. Wilh. Thiermann in Warmsen, Lddr.-Bz. Hannover.
Der Kreisthierarzt Aug. Thoins in Rathenow, Reg.-Bez. Potsdam.
Oie Niederlassung eines Thierarztes wird gewünscht:
In Bevensen, Kr. Uelzen, Landdr.-Bez. Lüneburg. Auskunft ertheilt der
Magistrat daselbst.
In Langenhorn, Dorf, 13 Km. von Hamburg, auf Hamburgischem Ge¬
biet. Auskunft durch Gemeindevorsteher Kor ff.
In Massow, Reg.-Bez Stettin. Auskunft ertheilt der Magistrat daselbst.
In Mewe, Reg.-Bez. Marienwerder. Auskunft durch den Vorstand des dor¬
tigen landwirtschaftlichen Vereins.
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Personal-Notizen.
259
Vacanzen.
(Die mit * bezeichnten Vacanzen sind seit dem Erscheinen von Bd. IX, Heft 1 u. 2
dieses Archivs hmzngetreten oder von Neuem ausgeboten).
Regierungs-
resp.
Landdrostei-Bezirk
Kreisthierarztstellen
des
Kreises
Gehalt.
Zuschuss
aus
Kreismitteln.
Königsberg
Labiau
600
Mark
600 Mark
Marienwerder
Deutsch Crone*
600
r>
450
T*
Potsdam
West-Havelland*
600
*
—
»
Breslau
Waldenburg*
600
r
750
Militsch-Trachenberg *
600
*
—
*
Oppeln
Neustadt i. O.-Schl. *
900
M
—
n
*
Rybnik *
900
V*
300
r
Münster
Steinfurt
600
450
r>
Kassel
Hofgeismar
600
„
—
n
Düsseldorf
Kempen
600
r
300
ft
Trier
Daun*
600
r
732
, ‘)
r>
Prüm*
600
600
t»
Veränderungen im militir-rossirztlichen Personal.
B eförderungen.
Zu Rossärzten sind ernannt:
Die Un ter-Rossärzte: Kaps vom 1. Hannov. Feld- Art.-Regmt. No. 10;
Hesewinkel vom 2. Leib-Hus.-Regmt. No. 2.
Den Charakter als Rossarzt hat erhalten:
Der Unter-Rossarzt: Terlunen vom Magdeb. Kür.-Regmt. No. 7.
Anstellungen.
Als Unter-Rossärzte sind in die Armee eingestellt:
Die Unter-Rossärzte: Hellebrandt beim Leib-Kür.-Rgmt. (Schles.) No. 1;
Zeitz beim 3. Bad. Drag.-Regmt. (Prinz Karl) No. 22.
Versetzungen.
Die Rossärzte: Boehner vom Leib-Kür.-Regmt. (Schles.) No. 1 zum 2.
Schles. Hus.-Regmt. No. 6; Heyl vom Garde-Kür.-Regmt. zum Regiment der
Gardes-du-Corps.
Die Unter-Rossärzte: Erdtmann vom 1. Garde-Feld-Art.-Regmt. zum 1.
Rhein. Feld-Art.-Regmt No. 8; Kruhm vom 1. Rhein. Feld-Art.-Regmt. No. 8
*) 132 Mark aus Communalmitteln.
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260
Personal-Notizen.
zum Garde-Hus.-Regmt.; Lewin vom Ostpr. Kür.-Regmt. No. 3 (Graf Wränge 1)
zum Schl.-Holst. Hus.-Regmt. No. 16.
Abgegangen:
Die Rossärzte: Willutzki vom Litth. Ul.-Regmt. No. 12; Wunderlich
vom Regiment der Gardes-du-Corps.
Die einjähr.-freiw. Unter-Rossärzte: Dormann vom 1. Hannov. Ul.-Regmt.
No. 13; Fieweger vom 2. Garde-Drag.-Regmt.; Haas vom 2. Garde-Feld -
Art.-Regmt.; Peters vom 1. Hannov. Ul.-Regmt. No. 13.
Sonstige Veränderungen.
Die Rossärzte: Peters vom 1. Westf. Hus.-Regmt. No. 8 von dem Com-
mando als stellvertretender Assistent bei der Militär-Lehrschmiede in Berlin ent¬
bunden; Fenner vom Hus.-Regmt. No. 16 als stellvertretender Assistent zur
Militär-Lehrschmiede in Berlin comraandirt.
Gedruckt bei L. Schumacher in Berlin.
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X.
Ueber die Verdauungssäfte und die Verdauung des Pferdes.
Experimentelle Untersuchungen
von
Ellenbergrer und Y. Hofmeister.
(Fortsetzung. — Siehe dieses Archiv Bd. IX, S. 177.')
(Hiertu Taf. II, Fig. 1—«.)
V. Ueber den nikroskopischen Bau der Magenschieinhaut t den Ort der
Pepsinbildung und den Pepsingehalt der Magenschieinhaut in den ver¬
schiedenen Verdauungsperioden.
A. Histologisches.
Die histologischen Verhältnisse des Magens sollen nur insoweit
eine eingehendere Besprechung erfahren, als dieselben in specieller
Beziehung zu den zu lösenden physiologischen Fragen stehen. Unsere
Untersuchungen hatten sich demgemäss wesentlich auf die Magen¬
drusen zu beschränken.
Seit Wassm&nn unterschied man morphologisch und functionell zwei
Arten von Magendrüsen, nämlich die Lab- und Schleimdrüsen. Erstere sollten nur
im Ausführungsgange mit Cylinderepithel ausgekleidet sein, in der eigentlichen
Drüse aber nur grosse, kugelige Zellen, die sog. Labzellen enthalten, während die
Schleimdrüsen ganz und gar mit einem Cylinderepithel versehen sein sollten.
Rollet und Heidenhain zeigten, dass in den Labdrüsen zwei Zellarten,
die sog. Haupt- und Belagzellen (delomorphe und adelomorphe Zellen) Vorkom¬
men, und dass der Ausfübrungsgang derselben mit einer dritten Zellart, den
Zellen des Oberflächenepithels bekleidet ist. Ferner constatirten Ebstein und
Heidenhain, dass die Schleimdrüsen mit Zellen ausgekleidet sind, welche den
Hauptzellen des Fundus entsprechen, und dass ihr Drüsenhals ebenfalls Ober-
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*) Eingesandt im October 1882.
Archiv f. wissenscli. u. prckt. Thierheilk. IX. 4 u. 5.
262
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
fläch enepithel trägt. Nussbaum will auch in den sog. Schleimdrüsen Belag¬
zellen gefunden haben, was jedoch Orützner bestreitet.
In neuester Zeit haben Edinger, Herrndörfer u. A. die Behauptung auf¬
gestellt, dass die Haupt- und Belagzeilen gar keine Zellen eigener Art, sondern
vielmehr Entwickelungsstufen derselben Art seien, und dass während der ver¬
schiedenen Verdauungsperioden die eine Zellart in die andere übergehe. So fand
Edinger z. B. in den Fundusdrüsen einer seit 10 Tagen hungernden Person gar
keine Belag-, sondern nur Hauptzellen; er glaubt, dass die Belagzellen sich aus
den Hauptzellen bei der Secretion entwickeln.
Das Oberflächenepithel stellt eine hiervon ganz verschiedene Zellart dar,
auf deren Besonderheiten, die durch F. E. Schulze, Ebstein und Heidenhain
genauer studirt wurden, schon Bowman hinwies. Nach Heidenhain, Ebstei n
und Grützner ändern die Hauptzellen sowohl der Fundus- als der Pylorusregion
während der Secretion ihre Gestalt, Grösse und Structur. Im Ruhe-(Hunger-)
Zustande sind sie gross, hell, wenig gekörnt, während der Thätigkeit werden sie
immer kleiner und kleiner, trüben sich immer mehr und werden stärker und
stärker granulirt. Von dem Verhalten der Hauptzellen hängt der Pepsingehalt
der Schleimhaut ab. Bei grossen hellen Haupt zellen ist die Schleimhaut reich,
im anderen Falle arm an Pepsin.
Durch spätere Arbeiten sind in dieser Richtung keine neuen Gesichtspunkte
gewonnen worden. Die wenigen Autoren, die in neuester Zeit den Gegenstand
bearbeiteten, neigen sich der Ansicht zu, dass ein Zusammenhang zwischen Raupt-
und Belagzellen existire, und dass auch in den Pylorusdrüsen zwei Zellenarten
vorkämen.
Die Histologie des Pferdemagens ist von Rabe eingehend bear¬
beitet worden, und brauchen wir im Wesentlichen nur auf die treff¬
liche Rabe’sche Abhandlung zu verweisen. In der nachstehenden,
unsere eigenen Untersuchungsresultate enthaltenden Skizze haben wir
die durch Rabe festgestellten Thatsachen benutzt.
Der Pferdemagen ist seiner äusseren Form nach ein einfacher, der Beschaf¬
fenheit seiner Schleimhaut nach ein zusammengesetzter Magen. Ein grosser Thell
des Magens ist mit einer der Schlundschleirahaut gleich gebauten, cutan einge¬
richteten, von geschichtetem Plattenepithel bekleideten, drüsenlosen Schleimhaut
versehen, während ein anderer Theil eine Drüsen me rabran besitzt. Demnach
zerfallt der Pferdemagen in zwei Abtheilungen. Beide gehen aber ohne tiefe Ein¬
schnürung und ohne eine Scheidewand in einander über. Der Innenraum, des
Magens ist daher einfach. Der Pferdemagen stellt mithin einen Ueberg&ng zwi¬
schen dem einfachen Magen z. B. der Hunde und dem zusammengesetzten Magen
der Wiederkäuer und anderer Thiere dar.
Die Wand des Pferdemagens besteht aus einer Serosa, einer Muscularis und
einer Mucosa. Die M. serosa zeigt keine erwähnenswerthen Besonderheiten. Das
Verhalten der M. muscularis ist von den Veterinäranatomen und besonders von
Rabe so eingehend geschildert worden, dass wir nichts hinzuzufügen wüssten.
Die M. mucosa lässt zwei durch den sog. Margo plicatus scharf geschiedene
Abtheilungen unterscheiden, eine linke drüeenlose und eine rechte drüsenhaltige.
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 263
Letztere scheidet sich wieder in die rothbraune Partie in der Curvatura major
und die bräunlich graue der Curv. minor und das Antrura pyloric. Die erstere
hat nach Rabe eine Ausdehnung 510 — 749. die letztere von 590—722Qu.-Cm.
a) Die Schleimhaut der Portio oesophagea. Die 680 bis
900 Qu.-Cm. umfassende Schleimhaut der Portio oesophagea s. car-
diaca baut sich aus vier Schichten auf: 1) dem Stratum epitheliale,
2) dem Str. proprium, 3) dem Str. musculare und 4) dem Str. sub-
raucosum. Das letztere besteht wesentlich aus fibrillärem Bindegewebe
und elastischen Fasern als Stützsubstanz für die Gefässe und Nerven-
stamme. Das elastische Gewebe ist sehr reichlich vertreten. Von
der Subraucosa gehen Züge von Bindegewebs- un.d elastischen Fasern
durch die Muscularis mucosae in das Str. proprium, woselbst sie sich
auflösen. Die Anordnung des Bindegewebes und der Bau der Sub-
mucosa überhaupt ist der bekannte; auch der Verlauf der Blut- und
Lymphgefässe zeigt nichts Besonderes.
Ausser den Nervenstämraen findet man in der Submucosa ver¬
einzelte Ganglienknoten mit deutlich nachweisbaren Kernen. Die¬
selben sind länglich, wenn sie im Verlauf eines Nerven liegen, oder
mebreckig, beinahe sternförmig, wenn sie sich an Theilungsstellen
finden. Die Nerven liegen meist neben den Gefässen. Oft sieht man
einen Nerven von 2—4 Gefässen begleitet. Da diese häufig durch
Queräste anastomosiren, so erscheint der Nerv von Blutgefässen um¬
sponnen. Spindelförmige ganglionäre Anschwellungen von Nerven¬
fasern kann man auch in der Propria mucosae constatiren.
Das Stratum musculare mucosae zeigt eine ziemlich bedeutende
Stärke, die nicht überall dieselbe ist. Diese Muskelschicht besteht
aus längsverlaufendert Fasern, an einzelnen Stellen liegen aber auch
Bündel mit anderem Verlaufe, so dass hier scheinbar eine doppel-
schichtige Muscularis existirt.
Das Stratum proprium mucosae besteht aus dicht verfilzten Binde¬
gewebs- und elastischen Fasern und bildet die bekannten, in das
Epithel hineinragenden, 0,15—0,2 Mm. hohen und an der Basis
0,01 Mm. breiten, dicht neben einander stehenden Papillen. In den
tieferen Schichten ist das Bindegewebe grobfaseriger, lockerer ver¬
flochten und weniger zellenreich, nach oben wird es feinfaseriger,
dichter, zellenreicher, in den Papillen erscheint es ganz zart-, fein¬
faserig weich, ganz gleichraässig dicht gewebt und sehr zellenreich.
Muskelzellen finden sich spärlich im Str. proprium und in den Pa¬
pillen. Drüsen und Follikel konnten nicht nachgewiesen werden. Die
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264
ELLENBERGER n. HOFMEISTER,
Blutgefässe bilden im Stratum proprium, von der Museularis mucosae
senkrecht oder schief aufsteigend, bald ein rundmaschiges, subepithe¬
liales Netz. Aus demselben tritt an jede Papille ein Stämmchen,
das in bekannter Weise eine Schlinge in der Papille bildet. An der
Papillenbasis sind die Stämmchen noch vielfach verbunden, so dass
in der unteren Partie der Papille ein Blutgefässnetz liegt. Von
Nerven bemerkt man kleine, sich verästelnde und anastomosirende
Stämmchen, die dem Epithel zustreben und sich unmittelbar unter
demselben oder in den tiefsten Epithelschichten verlieren. Die Lymph-
gefässe sind durch vorsichtige Einstichinjectionen unschwer darzustellen.
Sie bilden in der M. propria ein nicht sehr dichtes Netz mit Vari-
cositäten, welches auch in die Papillen eindringt, bis ganz dicht an
das Epithel heranreicht und mit einzelnen Zweigen in das Epithel
hineinragt. Die Injectionsmasse dringt nicht selten in die untersten
Epithelschichten ein. Ob in den Papillen ein sehr zartes Netzwerk
liegt oder ein einziger kolbig endigender Stamm, war nicht sicher zu
entscheiden. In den von uns hergestellten Präparaten wurde beides
bemerkt. Das Netzwerk war aber wandungslos, ging central in der
Papille scheinbar in einen Stamm über. Wahrscheinlich war das Netz
ein durch Extravasation erzeugtes Kunstproduct.
Das Stratum epitheliale füllt die Vertiefungen zwischen den Pa¬
pillen aus und überzieht dieselben in mehrschichtiger, 0,1—0,2 Mm.
dicker Lage, so dass die Schleimhautoberfläche glatt erscheint. Freie
Papillen, wie in den Vorraägen der Wiederkäuer, trifft man im Pferde¬
magen nicht an.
Zwischen je zwei Papillen ist die Oberfläche der M. propria nicht eben, son¬
dern concav eingebuchtet. Convexe Epithelvorsprünge senken sich in diese Buch¬
ten ein. Oft ragen auch bedeutendere papillenähnliche Epithelfortsätze in die
Schleimhaut hinein. Die Schleimhaut incl. der Papillen Vorsprünge wird mit wei¬
chen saftreichen, membranlosen Protoblasten, die die tiefste Zellenlage darstellen,
überzogen. Die Zellen haben zwischen den Papillen und an den tieferen Stellen
derselben eine längliche, cylindrische Gestalt, deren unteres Ende breit ist, wäh¬
rend sich das obere Ende verjüngt. In dem ersteren liegt der längliche Kern.
Nicht die ganze Papille trägt Cylinderepithel, sondern der obere Theil ist mit
kleinen rundlichen, weichen Zellen, die einen rundlichen Kern enthalten, über¬
zogen. Zwischen den Papillen findet man eine zweite Zellenlage, welche aus
grösseren, breiten Zellen besteht, die meist den Charakter der Riffzellen mit Riff¬
leisten erkennen lassen. Eine dritte Zellenschicht scheidet sich wieder scharf von
dieser, sie liegt direct über den Papillenspitzen, ist dünn und besteht aus flachen,
platten, etwas langgestreckten, mit der Längsaxe quer zur Höhenaxe der Papillen
gelagerten, einen länglichen, flachen Kern enthaltenden Zellen. Hierauf folgt eine
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Verdauungssäfie und Verdauung des Pferdes.
265
vierte Schicht, die aus noch mehr abgeplatteten, verhornten, fast unter einander
verklebten Zellen besteht. Die Zellen sind so verklebt, dass die ganze Schicht ein
faseriges Aussehen hat. ln den tieferen Schichten der Epithelzellen trifft man
auch vereinzelte Wanderzellen an Am schönsten treten die Epithelschichten bei
Färbungen mit Picrocarmin hervor. Die oberste Schicht erscheint hellgelb mit
rothen, länglichen, selteneren Kernen ohne scharfe Zellengrenzen; die Schicht
ist dick. Dann kommt ein dünnes, aus 2—4 Zellenlagen bestehendes Stratum,
das dunkler gelb erscheint, reich an Kernen ist und die Zellengrenzen deut¬
lich erkennen lässt, dann kommt die röthlich gelbe Riffzellenlage und darauf die
roth erscheinende, die ebenfalls roth gefärbten Papillen überziehende Protoblasten-
schicht. Bei Flächenschnitten, welche die oberste Partie der Papillen treffen,
erscheinen diese von Rundzellen direct umgeben, bei tieferen Schnitten sieht man
um jede Papille mondsichelartig gebogene Zellen. Diese Zellenform kommt offen¬
bar durch Schrägschnitte durch die schief gestellten Cylinderzellen zu Stande.
Aus Vorstehendem ergiebt sich, dass die Portio oesophagea
des Pferdemagens einen Proventriculus darstellt, der nicht
secernirt und nur sehr wenig zu resorbiren vermag, also
nur den Zweck hat, einen grösseren Raum für die Futteraufnahme zu
schaffen. In diesem Raume kann der Speichel seine Wirkung ent¬
falten, da in ihm keine HCl secernirt wird. Obwohl rasch eine Ver¬
mischung des hier anlangenden Futters mit dem sauren Inhalt der
rechten Hälfte eintritt, so wird doch der Inhalt des Pferde¬
magens, da nur eine Hälfte seiner Schleimhaut sauren
Magensaft secernirt, später den die Speichelwirkung hin¬
dernden resp. den zur Eiweissverdauung nothwendigen Con-
centrationsgrad der HCl erreichen, als der Mageninhalt
der Thiere mit einfachem Magen. Der Proventriculus be¬
günstigt demnach eine verlängerte Einwirkung des Spei¬
chelferments auf die reichlich im Pferdefutter vorhandene
Stärke.
b) Die Schleimhaut der Curvatura major des eigent¬
lichen Magens, die Fundusdrüsenschleimhaut. Die Schleim¬
haut der Curv. major des eigentlichen Magens, d. h. der sog. Lab¬
drüsengegend, besteht aus denselben Schichten wie die des Pro¬
ventriculus. Die Submucosa und Muscularis submucosae hat hier
einen ähnlichen Bau wie dort, nur zeigt die letztere grubenartige
Eindrücke von den blinden Drüsenenden und sendet viele Muskelzellen
in das Stratum proprium, das hier ein Stratum glanduläre ist, hinein.
Dieses besteht aus den dicht neben einander liegenden schlauch¬
förmigen Drüsen und dem dieselben tragenden und verbindenden Sub¬
strat. Letzteres hat als Grundlage elastische und Bindegewebsfasern
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266
ELLEN BERGER u. HOFMEISTER.
und besitzt viel Muskelzellen, Gefässe und Nerven. Das Bindegewebe
ist sehr zartfaserig, löst sich vielfach bis in seine Fibrillen auf, die
sich netzartig verbinden, und zeigt gegen die Oberfläche hin den reti-
culären cytogenen Charakter. Es ist, besonders am Driisenhalse,
unter dem Oberflächenepithel sehr reich an Zellen, unter denen sich
viel Wanderzellen befinden. Die elastischen Fasern sind auf¬
fallend reichlich vorhanden; sie bilden ein die ganze Ma¬
genwand umfassendes, von der Serosa bis zum Epithel rei¬
chendes elastisches Geflecht, das bei Behandlung der Magenwand
mit Ameisensäure, Alkalien u. s. w. scharf hervortritt.
Das Muskelgewebe ist im Zwischengewebe des Stratum
glanduläre ebenfalls sehr reichlich vertreten. Nicht allein
die blinden Drüsenenden sind mit Muskelzellen oder oft sogar mit
mehreren Lagen von Muskelfasern umgeben, sondern man findet die
ersteren fast überall an den Drüsenscheiden aussen anliegend, im
Zwischengewebe vertheilt und auch in den Zotten desselben.
Endlich trifft man im Zwischengewebe noch Wanderzellen au,
deren Menge nach dem Thätigkeits- oder Ruhezustände des Magens
wechselt. Unter dem blinden Drüsenende findet man oft Haufen von
Rundzellen in reticulärem Gewebe, so dass man an Folliculargewebc
erinnert wird; eigentliche Follikel kommen aber nicht vor. Unter
den Drüsen namentlich im Verlaufe der Blutgefässe liegen auch
Waldeyer'sche Plasmazellen.
Das interglanduläre Gewebe bildet zwischen je zwei Drüsen gewissennassen
einen Doppelkegel, mit einer Basis nach der Muscularis mucosae und einer zwi¬
schen den Drüsenmündungen. Die letztere bildet papillenähnliche weiche Fort¬
sätze, deren Zwischenräume nicht mit Epithel ausgefüllt sind, die deshalb freie
Zotten darstellen. Diese sind entweder lang und schmal (0,04 Mm. breit und
0,15 Mm. lang) oder kurz und dick (0,06—0,08 Mm. breit und 0.07—0.09 Mm.
lang). Sie bestehen aus zarten Bindegewebsfäserchen und -Fibrillen, die sich
kreuzweise durchflechten. Man findet zwischen diesen platte Bindegewebszellen,
scheinbar freie platte, ovale Kerne mit vielen Nucleoli im Nucleus, Wanderzellen
und einige, oft auch viele stabförmige Muskelkerne. Umkleidet ist jede Papille
mit Oberflächenepithel, auf dem der Schleimkörperchen enthaltende Schleim liegt.
Die Drüsen der Curv. major gehören dem Typus der einfachen
tubulösen Drüsen an; sie sind 2—3 Mm. lang und haben einen Quer¬
durchmesser von 0,05 Mm.; sie verlaufen meist gerade und nur in
der Tiefe geschlängelt. Auf einem Quadratcentimeter der Schleim¬
haut findet man nach Rabe 2,250,000, also in der ganzen Region
1,347,500,000 Drüsen; dieselben liegen mehr dicht neben einander und
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
267
sind nur durch schwache Lagen des beschriebenen elastischen und
oontractilen Zwischengewebes von einander geschieden. Nur in grösse¬
ren Zwischenräumen erscheint ein stärkerer Zug dieses Gewebes, wo¬
durch das Str. glanduläre in Gruppen, gewisserinassen in Drüsenlappen
geschieden wird.
Jede Druse zerfällt in den Ausfiihrungsgang und den Drüsen¬
körper. Die Mündung des ersteren ist weit, verengert sich trichter-
artig zum Drüsenhals, an den sich der manchmal getheilte Drüsen¬
körper anschliesst.
An allen Abschnitten einer solchen Drüse unterscheidet man die
Drüsenwand und das Drüsenepithel. Die Drüsenwand besteht aus der
am weitesten nach innen gelegenen, glashell, glänzend erscheinenden,
die Reactiönen und Eigenschaften des elastischen Gewebes zeigenden
Basalmembran und einer dieser anliegenden, eigentlich schon zum
Zwischengewebe gehörenden, aus Gefässen, elastischem Gewebe, Mus¬
kelzellen und Bindegewebe bestehenden Haut resp. Schicht.
Die Basalmembran zeigt keine erkennbare Structur; da sie aber
längliche, ovale Kerne besitzt, muss sie als Zellmembran aufgefasst
werden. Aussen liegen dieser Membran spindel- und stabförmige
Kerne resp. Zellen (Bindegewebs- und Muskelzellen) an. Dann folgt,
durch einen kugclschalenartigen Raum geschieden, das mit der Innen¬
schicht als Drüsenwand functionirende faserige oder vielleicht lamel¬
lare interglanduläre Gewebe. Die um die Drüsen lagernden’ Muskel¬
zellen sind am Drüsenfundus am reichsten vertreten.
Innen sitzt der Basalmembran das Drüsenepithel auf. Im Aus¬
führungsgange ist dasselbe von der Natur des Oberflächenepithels; die
Zellen sind gegen die Mündung sehr hoch und werden im Drüsenhalse
bedeutend niedriger (ihre Eigenschaften s. Oberflächenepithel S. 271).
Im Drüsenkörper findet man das eigentliche Drüsenepithel. Bei
oberflächlicher Betrachtung von Längs- und nicht sehr dünnen und
nicht gut gefärbten Querschnitten erscheint dasselbe als aus nur einer
Zellenart, den bekannten Labzellen bestehend. Die aufmerksame Be¬
trachtung feiner, gut mit Carmin, Häraatoxylin etc. gefärbter Präparate
lehrt aber, dass neben den sog. Labzellen noch eine zweite Zellenart
vorkommt. Ganz klar und deutlich vermag man diese Verhältnisse
hur an feinen Flächenschnitten (also Drüsenquerschnitten) zu über¬
sehen, und zwar am besten an Präparaten, die durch Behandlung
frischer Schleimhautstücke mit Osmiumsäure mit nachfolgender Fär¬
bung der Schnitte gewonnen wurden. Bei Durchforschung derartiger
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268
ELLESBERGER u. HOFMEISTER.
Präparate constatirt man leicht, dass sich in den Drüsen zunächst
grosse kugelige oder polygonale, mit grossem Kern versehene Zellen
finden, die durch die Osmiumsäurebehandlung dunkelbraun bis schwarz
erscheinen und schollenartig der Membrana propria anlicgen. Zwischen
diesen Zellen finden sich grössere und kleinere Intervalle, die zunächst
den Eindruck machen, wie wenn sie durch Ausfallen der Zellen ent¬
standen seien. Theilweise ist dies auch der Fall. Grösstentheils
aber findet man in den Zwischenräumen Kerne, welche Zellen angc-
hören müssen. Der Zellenleib ist so hell und durchscheinend, dass
er nur mit Mühe zu sehen ist. Diese Zellen sind viel kleiner als die
dunkel erscheinenden, sie sind schiffchenartig, oder dreieckig, oder
würfelförmig. Nicht selten findet man diese kleinen Zellen auch noch
so nach innen liegend, dass sie die Basalmembran nach aussen nicht
erreichen; meist aber liegen sie zwischen den grossen Zellen und eben¬
falls an der Drüsenwand. Diese Zellen sind auch an Isolationspräpa-
ratcn leicht nachweisbar. In solchen liegen zwischen den massenhaft
vorhandenen grossen kugeligen Zellen kleinere, wenig granulirte, blasse,
zellige Gebilde, die sich gar nicht oder nur sehr schwach tingiren.
Neben ihnen findet man ausser freien Kernen noch kleine, stark gra¬
nulirte, sich leicht färbende Zellen, die in Bezug auf Gestalt und
Grösse ihnen gleich, in Bezug auf Reactionen aber den sog. Labzellen
ähnlich sind.
Die sog. Labzellen sind immer sehr stark granulirt und enthalten oft Fett¬
körnchen. Ihr Kern zeigt sich in den verschiedensten Gestalten und verschieden
gelagert, oft sind sogar zwei, ja drei Kerne vorhanden. Man trifft deutliche Pro¬
liferationsstadien an. In Bezug auf die Grösse sind die Zellen sehr verschieden;
am kleinsten erscheinen sie gegen den Drüsenhals. Die Grösse wechselt auch
nach den Verdauungsperioden. Man trifft zuweilen so grosse, mit mehreren Ker¬
nen und förmlichen Buckeln versehene Zellen, dass man an Riesenzellen erinnert
wird. Die Belagzellen sind oft mit Fortsätzen versehen, die sich gegen das Lumen
erstrecken und durch Osmiumsäure dunkel gefärbt werden. Die Zellen färben
sich leicht durch Carmin, Anilinbau, Eosin etc. Picrocarmin färbt den Zellenleib
gelblich, den Kern roth, Blau färbt die ganze Zelle gleichmässig, Hämatoxylin,
Safranin, Vesurin u. s. w. lassen den Kern scharf hervortreten, färben aber auch
den Zellenleib. Besonders schöne Präparate erhält man durch Doppelfärbung von
Quer- und Flächenschnitten; man färbt mit den genannten Farbstoffen und wendet
dann eine Nachfärbung mit Eosin oder Picrinsäure an. Sehr schöne Präparate
liefert auch die von Bonnet empfohlene Färbung mit einer Mischung aus Car¬
min, Borax und Indigcarmin und Nachfärben mit Picrinsäure. Durch Osmium¬
säure wird der Zellenleib dunkel gefärbt, der Kern bleibt aber deutlich und er¬
scheint meist heller als der Zellenleib. Die Osmiumpräparate gewinnen bedeutend
durch eine nachträgliche Färbung mit einer Carminart, Hämatoxylin oder Gen-
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferd.es.
269
tianaviolett. Verdünnte Säuren hellen den Zellenleib zwar auf, so dass der Kern
bedeutend deutlicher hervortritt, es bleibt aber eine starke Körnung der Zelle
zurück; bei Anwendung verdünnter Alkalien verschwindet dieselbe. Stärkere
Alkalien zerstören natürlich die Zelle, wie auch Säuren von mittlerer Concentra-
tion dieselbe ganz aufhellen.
Die zweite Zellenart hat ganz andere Eigenschaften: sie nimmt Farbstoffe
schwer an. gewöhnlich färbt sich nur der Kern; der Zellenleib ist nur wenig ge¬
körnt. Durch Osmiumsäure werden die Zellen in der Regel gar nicht gefärbt;
verdünnte Säuren machen den Kern deutlich, während der Zellenleib unsichtbar
wird. Verdünnte Alkalien lösen die Zeilen ganz auf. Man findet die Zellen häufig
in einem Stadium der Zerstörung, des Zugrundegehens; oft sind nur noch Stücke
der Zellen erhalten, oft auch nur noch die Kerne. Proliferationsstadien sah ich
an diesen Zellen nicht. Die Grösse und Gestalt der Zellen ist verschieden, meist
stellen sie kleine Kegel oder Würfel dar.
Ausser diesen beiden Zellenarten kommen welche vor, die in Bezug auf
Grösse und Gestalt den Hauptzellen gleichen, aber stark gekörnt sind, sich leicht
färben und in dieser Richtung den Labzellen gleichen.
Es geht aus den vorstehenden Angaben hervor, dass auch die
sog. Labdrüsen des Pferdes mehrere Zellenarten enthalten,
besonders die sog. Haupt- und Belagzellen Heidenhain’s.
Es kommen beim Pferde in den Drüsen aber auch Zellen, welcho in
ihren Eigenschaften zwischen beiden stehen, und ausserdem sog. Wan¬
derzellen, wenn auch vereinzelt, vor. Die Belagzellen sind im Allge¬
meinen grösser als beim Hunde, am grössten sind sie gegen den
Fundus der Drüsen und am kleinsten gegen den Ausführungsgang,
zwischen dessen Epithel vereinzelte kleine Belagzellen Vorkommen.
Die Belagzellen betheiligen sich beim Pferde in der Regel an der
Bildung des Drüsenlumens und nur selten liegen sie nach aussen,
indem sie die Basalmembran buchtig, buckelartig nach aussen vor¬
drängen, und sind innen mit Hauptzellen bedeckt, welche gegen das
Lumen sehen; in diesem Falle ragen von der Belagzelle Fortsätze
zwischen die Hauptzellen. In der Regel liegen die Hauptzellen zwi¬
schen den Belagzellen. Ihre Menge wechselt sehr nach den Ver¬
dauungsperioden und der Drüsenregion. Am seltensten finden sie sich
gegen das blinde Drüsenende. Dort liegen die Belagzellen oft dicht
an einander, ohne dass Hauptzellen vorhanden sind. Im Durchschnitt
sind beim Pferde sehr viel mehr Belagzellen als beim Hunde vor¬
handen. Die Zahl der Hauptzellen ist beim Pferde eine so geringe,
dass diese Zellenart von tüchtigen Forschern ganz übersehen werden
konnte. Das Verhältniss beider Zellenarten zu einander ist in den
verschiedenen Verdauungsperioden verschieden. Stets sind Zellen
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270
ELLENBERGER u. HOFMEISTER.
vorhanden, welche in ihren Eigenschaften zwischen den
beiden Zellenarten stehen.
Berücksichtigt man noch, dass die Belagzellen in sehr verschie¬
denen Grössen Vorkommen und namentlich, dass Proliferationsstadien
derselben zu beobachten sind, ferner, dass die Hauptzellen häufig im
Untergange begriffen sind, dass man freie Korne, Bruchstücke von
Zellen, leere Lücken im Epithelbelag u. s. w. findet, so muss man
einen genetischen Zusammenhang zwischen beiden Zellen¬
arten vermuthen. Es scheint eine Zellenart aus der anderen hervor¬
zugehen und es ist durchaus unwahrscheinlich, dass eine functionelle
und genetische Trennung beider besteht.
c) Die Pylorusdrüsenschleimhaut. Die die Curvatura
rainor rechterseits und das Antrum pyloric. auskleidende
Schleimhaut hat längere und reichlichere Zotten, als die eben be¬
sprochene Schleimhautregion; sie ist mit demselben Oberflächenepithel
bekleidet wie diese und in der Regel mit Schleim bedeckt. In Bezug
auf den gröberen Bau gleichen beide Regionen der Schleimhaut ein¬
ander sehr. Die Drüsen der sog. Schleimdrüsengegend sind ebenfalls
tubulös, aber nicht so lang wie die sog. Labdrüsen, und theilen sich
meist in eine Anzahl von Aesten, die geschlängelt verlaufen, so dass
jede Drüse einen Kegel darstellt, der mit der Basis nach der Muscu-
laris mucosae gerichtet ist. Die Drüsen sind durch interglanduläres
Gewebe getrennt, das hier etwas reichlicher ist als in der Fundus¬
drüsenregion. Jede Drüsenmündung erscheint trichterförmig, weil die
erweiterte Mündungspartie in einen dünneren Drüsenhals übergeht, an
den sich der ästige Drüsenkörper schliesst. Dieser verläuft geschlän¬
gelt, theilweise spiralig, so dass bei Querschnitten durch die Drüsen¬
wand viele Drüsenquerschnitte unter dem längs geschnittenen Ausfüh¬
rungsgange erscheinen, und das Bild einer acinöscn Drüse vorgetäuscht
werden kann.
Der Drüsenkörper trägt an der inneren Seite der Basalmembran
ein Epithel, das sich sowohl von dem des Ausführungsganges als
dem der Fundusdrüsen bedeutend unterscheidet. Die Zellen sind kegel¬
förmig, dreieckig, würfelförmig oder cylindrisch. Das Epithel gehört
also dem Cvlinderepithel an. Der Kern der Zellen liegt peripher
gegen die Basalmembran, erscheint rundlich und ist granulirt. Der
Zellenleib ist gekörnt und färbt sich namentlich durch Eosin -schön
roth, wenig dagegen durch andere Farbstoffe. Die Gestalt der Zellen
ist am besten sichtbar bei vorhergehender Kernfärbung und nachfol-
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
271
gender Eosintinction, oder Färbung mit der oben genannten Bonnet-
schen Farbe und Nachfärbung mit Picrinsäure. Osmiurasäure lässt
die Zellen nicht so schwarz oder dunkelbraun erscheinen wie die Be¬
lagzellen, immerhin aber werden sie bräunlich resp. grau gefärbt und
sind klar und deutlich zu sehen. Durch verdünnte Essigsäure werden
sie aufgehellt, sie besitzen keine Membran. Gegen Farben und Os¬
miumsäure verhalten sie sich also ganz anders als die sog. Haupt¬
zellen der Labdrüsengegend. Sie besitzen Fortsätze gegen die Basal¬
membran, manchmal auch gegen das Lumen. Diese Fortsätze sind
verschieden gestaltet. Schleimige Degenerationen sahen wir nur bei
Gefrierschnitten. Beraerkenswerth bleibt, dass bei Behandlung mit
Osmiumsäure zwischen diesen Zellen häufig schwarze, stabförmige, oft
nach innen spitz zulaufende Figuren erschienen. Belagzellen sahen
wir in der Pylorusregion nicht.
Die Innenfläche des Magens rechterseits ist in der Regel mit
Schleim bedeckt; in diesem findet man ausser Futterpartikelchen viele
Rundzellen, freie Kerne, Mikrococcen und Cylinderzellen. Durch Essig¬
säure entsteht körnige Fällung, durch Kalilauge Aufhellung. Unter
dem Schleimbelag ist die gesammte rechte Hälfte der Magenschleim¬
haut mit einem cylindrisehen Oberflächenepithel bekleidet, welches
auch die Ausführungsgänge der Drüsen überzieht. Dasselbe besteht
aus sehr hohen Zellen, die an der tiefsten Stelle einen länglichen,
sich leicht färbenden Kern besitzen. Der Zellenleib ist mit Ausnahme
der in der Nähe des Kerns befindlichen gekörnten Partie durchaus
gleichmässig durchsichtig, hyalin, schleimig; er färbt sich bei Anwen¬
dung von Tinctionen nur in der Nähe des Kerns, die ganze übrige
Zelle bleibt ungefärbt. Von dem schmaleren, tieferen Ende der Zellen
gehen Fortsätze aus, die sich an die Basalmembran anlegen. Zwischen
denselben sitzen kleine rundliche, sich leicht färbende zeitige Gebilde,
so dass der Epithelbelag fast zweischichtig erscheint, aus einer un¬
teren durch die Farbstoffe färbbaren (Rundzellen und Kernpartie der
hohen kegelförmigen Zellen) und einer oberen durchsichtigen Schicht
bestehend. Am breiten freien Ende der Zellen bemerkt man in der
Regel eine saumartige scharfe Begrenzung; oft fehlt auch der Saum,
und es gehen die Enden der Zellen in den Schleimbelag, der die
Zellen häufig bedeckt, direct über. Seitlich sind die Zellen scharf
begrenzt, sie besitzen eine nachweisbare Seitenmembran. Man findet
echte Becherzellen, wie sie im Darm so häufig sind, nicht vor, wohl
aber sog, dütenförmige Zellen, d. h. Zellen, welche Düten gleichen,
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272
ELLEN BERGER u. HOFMEISTER.
die in verschiedenem Masse gefüllt sind; ihr breites Ende ist offen,
im schmalen Ende sitzt der Kern mit etwas Protoplasma; über diesem
befindet sich hyaliner, schleimiger Inhalt, der theilweise aus der Zelle
herausgetreten ist, so dass sie nicht mehr ganz gefüllt erscheint. Die
Zellen reagiren in bekannter Weise gegen Säuren, Alkalien und Farben.
Physiologisch sind sie als schleimbildende Gebilde zu betrachten, der
protoplasmatische Inhalt mctamorphosirt schleimig und wird von unten
fortwährend neu erzeugt. Auch zwischen diesen Zellen kommen bei
Osraiumbehandlung kleiner Stückchen Schleimhaut stabartigo Schwarz¬
färbungen vor.
Manchmal sieht man Bilder, welche an Flimmerzellen erinnern;
entweder zeigt das breite Ende nur zwei scheinbare Wimpern, das
sind die überstehenden Enden der Seitenmembran einer halb ent¬
leerten Zelle, oder es sind auch mehrere stäbchenartige Fortsätze, die
unter Umständen haarartig lang und dünn erscheinen, an diesem Ende
vorhanden, die einen Ciliensaum darzustellen scheinen. Mir schienen
diese Bilder Phänomene der Zerstörung zu sein. Die Stäbchen oder
Haare halten wir für stehengebliebene Reste und Trümmer der Zellen-
raembran. Vom Vorkommen echter Flimmlrzellen haben wir uns
nicht überzeugen können.
Die Blutgefässe der gesammten Drüsenschleimhaut des Magens
zeigen nichts Besonderes. Die Hauptstämrae liegen in der Submucosa,
kleinere Stämme unter den Drüsen. Zwischen den Drüsen findet maij
ebenfalls in Intervallen grössere Stämme, und zwar <la, wo stärkere
Bindegewebszüge in das Stratum glanduläre eindringen. Von diesen
und den subglandulären Stämmen gehen die sich verzweigenden Aeste
ab, welche um jede Drüse durch massenhaftes Anastomosiren unter
einander einen Gefässkorb bilden und Gefassschlingen in die Zotten
senden. Unter dem Oberflächenepithel liegt überall dicht ein Blut¬
gefäss oder ein Netz aus solchen.
Die Lymphgefässe haben wir vermittelst der Einstichmethode
dargestellt. Auch ihre Stämme liegen in der Submucosa. Unter den
Drüsen ziehen Lymphgefässäste, die hier und da unter einander ana¬
stomosiren. Von diesen gehen Gefässe zwischen Drüsen in die Höhe,
welche sich baumartig verästeln, und deren Aeste senkrecht zwischen
benachbarten Drüsen zum Oberflächenepithel aufsteigen. In die Zotten
gehen sie hinein entweder in Form eines Stämmchens, das kolben¬
artig endet, oder sie bilden auch eine Schlinge. Unter dem Epithel
zwischen den Zotten sieht man einzelne Aestchen, die mehr oder
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 2?3
weniger parallel zur Oberfläche liegen und sich unter einander durch
Zweige zu verbinden scheinen. Das Lymphgefässsystem scheint mit
dem Bindegewebsnetz in Verbindung zu stehen, denn man findet bei
stärkerem Druck bei der Injection netzartige unregelmässige Ausbrei¬
tungen der Injectionsmasse in der Umgebung kleiner Gefässchen. Ob
dies ein vorgebildetes Kanalsystem ist, oder ob es sich in solchen
Fällen um ein Extravasat mit Kunstbildern handelt, ist schwer zu
entscheiden.
Die Nerven des Magens bilden ein submucöses Netz mit ver¬
schieden gestalteten Ganglienknoten und Ganglienzellen. Auch in der
muscularis des Magens sind Ganglienknoten nachzuweisen. Von dem
genannten Netze gehen Zweige durch die Muscularis mucosae zu dem
blinden Drüsenende. Hier findet Theilung statt. An dieser Stelle
findet man aber wieder vereinzelte Ganglienzellen, entweder unter dem
Drüsenfundus oder zwischen den blinden Drüsenenden. Seine Zweige
laufen zwischen den Drüsenschläuchen in die Höhe gegen das Ober¬
flächenepithel, sich weiter verästelnd. An diesen kommen in den
feinsten Zweigen spindelförmige, sog. bipolare Anschwellungen vor.
Die Endung der Nervenfasern und ob grössere spindelförmige, zellen¬
artige Gebilde des interglandulären Gewebes mit den Nervenfasern
in Verbindung stehen, konnte nicht entschieden werden. Es ist nicht
unwahrscheinlich, dass ein Zusammenhang zwischen den Nervenfasern
und den Belagzellen existirt 1 )- Uebrigens ist durch Rabe die Endi¬
gung der Nerven im Magen theilweise bereits festgestellt worden und
verweisen wir in dieser Richtung auf die genannte ausführliche Arbeit
(Magazin f. Thierheilk., Bd. 40).
*) In Nachstehendem werden wir zuweilen noch die Bezeichnungen Lab-
und Schleimdrüsenpartie gebrauchen, weil sie dem Leser geläufiger als jede
andere Benennung sein dürften. Präciser sprechen wir auch von Curv. major,
Curv. minor und Antrum pylori. Ausserdem aber dürften die Namen Pylorus-
drüsen- und Fundusdrüsenregion nicht ganz unpassend sein, wogegen die
Bezeichnungen Fundusregion oder Pylorusregion beim Pferdemagen aus bekann¬
ten Gründen nicht anwendbar ist; dagegen können auch die Bezeichnungen
Belagzellen- und Hauptzellenregion benutzt werden.
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274
ELLENBERGER n. HOFMEISTER,
B. Ueber den Ort der Bildung und die Eigenschaften der
Fermente des Pferdemagensaftes.
Wie wir aus der anatomischen Betrachtung erkannt haben, sind
im Pferdemagen an der Schleimhaut drei Regionen zu unterscheiden;
1) in der linken Magenhälfte die Region der cutan eingerichteten,
drüsenlosen, mit mehrschichtigem Plattenepithel bedeckten und mit
einem Papillarkörper versehenen Schleimhaut; 2) die mit tubulösen
Drüsen versehene Partie der grossen Curvatur der rechten Hälfte des
Pferderaagens, deren Drüsen reich an Belagzellen sind, und 3) die
Region der Schleimhaut des Antrum pylori und der kleinen Curvatur,
deren ebenfalls schlauchförmige Drüsen keine Belagzellen besitzen.
Dass die Bildung der wesentlichen Bestandtheile des
Magensaftes nicht in der Regio cardiaca stattfindet, darf a priori
angenommen werden. Es bleibt also nur fraglich, ob sie von der
Schleimhaut der grossen Curvatur oder der des Antrura pylori und
der kleinen Curvatur stammen. Die erstere Region entspricht der
Fundus- und die letstere der Pyloruspartie des echten einfachen
Magens anderer Thiere.
Bekanntlich war es Wassmann, welcher zuerst die beiden Regionen scharf
von einander schied und den Lehrsatz aufstellte, dass die Drüsen der Fundus»
partie den Magensaft resp. das Pepsin und die der Pyloruspartie nur Sohleim;
producirten. Demnach wurden die orsteren Lab-, die letzteren Schleimdrüsen
genannt. Diese Theorie ist Jahrzehnte lang als unbestreitbare Thatsache gelehrt
worden. Erst in neuerer Zeit wagte man es, an der Richtigkeit derselben zu
zweifeln. Heiden hain sprach zuerst die Vermuthung aus, dass die Haupt¬
zellen die Pepsin-, und die Belagzellen die Säurebildner seien, und verlegte
damit die Pepsinbildung wesentlich m die Pylorusrcgion. Dies gab Anlass zu
einer grossen Reihe von Versuchen und zu einer heftigen Polemik •)• Heiden-
*) 1. Ebstein u. Grützner, Ueber den Ort der Pepsinbildung, im Magen.
Pflüger’s Archiv, Bd. VI.
2. Dieselben, Ueber Pepsinbildung im Magen. Pflüg. Arch., VilL
3. Dieselben, Kritisches und Experimentelles über die Pylorusdrüsen.
Pflüg. Arch., VII.
4. Grützner, Ueber Bildung und Ausscheidung von Fermenten. Pflüg.
Arch., XX.
5. Heidenhain, Ueber d. Absonderung d. Fundusdrüsen. Pflüg. A., XIX.
6. Derselbe, Ueber Pepsinbildungin den Pylorusdrüsen. Pflüg.A., XVIII.
7. Friedinger, Welche Zellen in den Pepsindrüsen enthalten das Pepsin?
Wien. med. Sitzungsber., Bd. 64.
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Verdamm gssäfte und Verdauung des Pferdes.
275
h&in selbst stellte eingehende Untersuchungen an und brachte schliesslich die
Entscheidung in der Frage, Ebstein und Grützner wiesen zuerst nach, dass
sich in der Pylorusschleimhaut constant Pepsin findet. Sie schlossen hieraus,
dass dasselbe von den Pylorusdrüsen gebildet werde, während Andere, z. B.
Witticb, Herrendörfer, Wolffhügel ete. erklärten, dass das in der Pylorus-
aobleirahaut allerdings vorhandene Pepsin postmortal imbibirt, aber nicht dort
intra vitam prodneirt worden sei, Sie behaupteten demgemäss, dass sich in dar
Pylorusschleimhaut stets nur wenig und leicht auswaschbares Pepsin finde und
bewiesen, dass z. B. auch Faserstoff und die Schleimhaut der ersten Wieder-
käuermägen leicht Pepsin imbibirt. Friedingör giebt Letzteres jedoch nicht
zu, ebenso wenig Ebstein und Grützner, welche ausserdem zeigten, dass die
Pylorusschleimhaut schon während des Lebens Pepsin enthält. Da dieses dem¬
nach, nicht imbibirt sein kann, muss es daselbst producirt sein. Ausserdem wiesen
äie auch nach,' dass die tieferen Partien der Pylorusschleimhaut pepsinreicher
sind als die oberflächlichen. Diese Tlratsache spricht gegen die Infiltrations-
theörie, ebenso die Langendorf’sche Beobachtung, nach der Embryonen zu
einer Zeit schon Pepsin in den Pylorusdrüsen haben, zu der solches im Fundus
noch nicht vorhanden ist. Endlich haben Heidenhain und Kletnensie wicz
in dem bei lebenden Hunden total von der Fundusregion getrennten Pylorus-
blindsack fortwährend Pepsin gefunden. Ileidenhain beobachtete einen solchen
Hund fünf Monate lang und stellte fest, dass der Pepsinblindsack ein stark pep¬
sinhaltiges alkalisches Secret producirt. Hiermit war bewiesen, dass die Pylorus¬
schleimhaut Pepsin producirt, und dass die Säure irh Fundus gebildet wird.
Hieraus folgert Heidenhain nun mit Recht, dass die Belag¬
zellen die Säuren und dass die Hauptzellen das Pepsin bilden. Des¬
halb sahen wir eine Aenderung des Verhaltens der Hauptzellen mit
dem Wechsel des Pepsingehalts zusammenfallcn, und enthält die
untere an Hauptzellen reichere Schleimhautpartie des Fundus grössere
Mengen Pepsin als die obere. Aus demselben Grunde tritt beim Em¬
bryo die Pepsinbildung nicht ein, so lange nur Belagzellen da sind,
und erscheint mit dem Auftreten der Hauptzellen; deshalb werden
bei der Selbstverdauung die Hauptzellen zuerst verdaut und deshalb
seeemiren die nur Belagzellen enthaltenden Froschraagendrüsen kein
Pepsin, wohl aber die hauptzellenhaltigen Schlunddrüsen (Swiecicki).
Somit ist die Frage über den Ort der Pepsinbildung beim Hunde
8. v. Wittich, Ueber die Pepsinbildung der Pylorusdrüsen. Pflüger’s
Archiv, Bd. VII.
9. Derselbe, Noch einmal die Pylorusdrüsen. Pflüg. Aroh., VIII.
10. Nussbaum, Die Fermentbildung in den Drüsen. Archiv f. mikrosk*
Anatomie, XVI.
11. Heidenhain, Ueber die Thätigkeit der Drüsen des Fundus ventriculi.
Break ärztl. Zeitsohr., 1.
12. Wolffhügel, Ueber Pepsin etc. Pflüg. Arch., Bd. VII. — U. s, w.
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276
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
und einigen anderen Thieren durch Heidenhain und seine Schüler
gelöst worden. Ueber die Frage, wie diese Verhältnisse bei Pferden
liegen, existiren keine Untersuchungen.
Deshalb erschien es angezeigt, die experimentelle Lösung dieser
Frage zu versuchen. Aus anatomischen Gründen ist der Heiden¬
hain’sche Versuch (Abbinden des Pylorus) bei Pferden unausführbar.
Demnach mussten wir den früheren Weg zur Bestimmung des
Pepsingehalts der verschiedenen Regionen der Schleimhaut einschlagen
und zu diesem Zwecke das Pepsin durch Extraction der Schleimhaut
gewinnen, um seine Menge feststellen zu können.
Das Extrahiren geschah früher mit Wasser, dann nach v. Wittich mit
Glycerin und nach Wolffhügel mit Salpetersäure. Davidson, Dieterich u.A.
halten die Salpetersäure für ungeeignet. Ebstein und Grützner erklären die
Glycerinextraction für ungenügend; nach ihnen befindet sich ein bedeutender
Theil des Pepsin in der Pylorusscbleimbaut so fest gebunden, dass es nur mit
verdünnter Salzsäure oder Kochsalzlösung, nicht aber mit Glycerin ausziehbar
ist. Das Pepsin befindet sich in der Magenschleimhaut in zwei Modificationen.
Ein Theil des Pepsin ist direct durch Glycerin extrahirbar, ein anderer Theil
aber kann nur durch Salzsäure oder Kochsalz oder auch durch Glycerin nach
vorheriger Behandlung der Schleimhaut mit diesen Reagentien extrahirt werden.
Der Gehalt eines Schleimhautstückes kann demnach niemals durch
Extrahiren mit Glycerin allein, sondern nur in der Weise festgestellt
werden, dass das betreffende Schleimhautstück direct mit Salzsäure,
oder successive erst mit Glycerin und dann mit Salzsäure, oder um¬
gekehrt erst mit Salzsäure und dann mit Glycerin extrahirt wird.
In den so gewonnenen Extracten wird die Pepsinmenge bestimmt.
Dies kann nach verschiedenen Methoden geschehen, nach Bidderund
Schmidt, Grünhagen, Grützner, Brücke u. s. w. Wir halten
nach Prüfung dieser Methoden die von Bidder und Schmidt für
die beste und sicherste und sind stets nach derselben verfahren.
Handelt es sich um Verdauungsflüssigkeiten, die nur eine geringe
verdauende Kraft besitzen, wenig Pepsin enthalten, dann empfehlen
sich Verdauungsversuche mit Fibrin und dann sind die Methoden von
Grützner und Grünhagen empfehlenswerth.
Zu den Verdauungsversuchen wurden stets gewogene Mengen frischen, hart
gekochten, in Würfel zerschnittenen Hühnereiweisses benutzt, deren Trockensub¬
stanzgehalt wir bei 110°C. bestimmten. (Unsere vielen Bestimmungen ergaben,
dass 2 Grm. oder 4 Grm. hartgekochtes Hühnereiweiss durchschnittlich 0,250
Grm. resp. 0,500 Grm. Trockensubstanz enthalten.) Diese Eiweisswürfel, ver¬
mischt mit gewogenen Mengen Verdauungsflüssigkeit und 0,2 Grm. HCl, dige-
riiten eine bestimmte Zeit im Verdauungsofen bei 37° C. Nach Ablauf dieser
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
277
wurden die Rückstände der Eiweisswürfel (sofern nicht gänzliche Losung statt-
gefunden hatte) auf tarirte Filter gegeben, gewaschen, incl. Filter bei 110° C.
getrocknet und gewogen. Die Differenz zwischen der ursprünglichen Trocken¬
substanz von 2 Grm. Eiweiss und diesen Trockenrückständen nach Abzug der
Filter ergab, wie viel von der Eiweisstrockensubstanz verdaut war, die dann pro-
centiscb berechnet wurde.
Bei allen Versuchen kam eine 0,2proo. HCl in Anwendung. Diese löst
schon an und für sich ohne Verdauungsferment vom Fibrin bei. 14ständiger Di¬
gestion damit 10 pCt. (wie wir dies in diesem Archiv, Bd. VIII, S. 410 nach¬
gewiesen haben); auch vom hartgekochten Hühnereiweiss werden durch HCl, ja
sogar schon durch Aqua dest., wägbare Mengen bis zu 19—20 pCt. gelöst 1 ).
Ausser der Methode von Bidder und Schmidt haben wir auch oft zur
Controle die colorimetrisohe Methode von Schmidt-Mühlheim in Anwendung
gebracht. Wir nahmen gleiche Mengen der zu prüfenden filtrirten Flüssigkeiten,
setzten dazu gleiche Mengen Kalilauge und ein wenig Kupfervitriollösung. Aus
der Intensität der auftretenden Rotkfarbung ersah man die Menge des vorhan¬
denen Peptons; daraus ergab sich die Stärke der Wirkung (resp. der Pepsingehalt
der Flüssigkeit), welche ihre verdauende Kraft entfaltet hatte.
Einige im II. Capitel aufgefiihrte Experimente bahnen bereits die
Beantwortung der uns in diesem Capitel beschäftigenden Fragen an.
Die dort angeführten Versuche (S. 181) ergaben als Resultat, dass
die P. cardiaca kein Pepsin enthält, dass die Labdrüsengegend der
P. pylorica reich an leicht extrahirbarem, in Aqua und Glycerin lös¬
lichem Pepsin ist, dass dagegen die ganze sog. Schleimdrüsenpartie
nur wenig Pepsin enthält, von dem nur eine Spur in Glycerin, der
andere Theil in Säuren löslich ist.
Das Antrum pylori und die^Curv. minor können als gleichwirkend bezeichnet
werden. Die etwaigen Unterschiede sind dadurch bedingt, dass Curv. major und
minor nicht scharf geschieden sind, so dass beim Präpariren leicht etwas von
erstem an letzterer hängen bleiben kann. Deshalb haben wir bei vielen Ver¬
suchen die Grenzbezirke ganz entfernt und dann Antrum pylori und Curv. minor
zusammengenommen.
Die obigen Versuche erscheinen aber nicht hinreichend zur Ent¬
scheidung der uns beschäftigenden Frage. Dazu mussten zahlreichere
und exactere Versuche angestellt werden. Die Extraction der Schleim¬
hautpartien durfte nicht allein nach den verschiedenen Methoden mit
*) Je 2 Grm. (entsprechend 0,250 Grm. Trockensubstanz) Eiweisswürfel
mit 40 Com. O,2proc. HCl und mit 40 Ccm. Aq. dest. im Brütofen 14 Stunden
digerirt, hinterliessen 0,203 Grm. und 0,200 Grm. Trockensubstanz Eiweiss, es
waren somit 0,047 und 0,050 Grm. gelöst; diese gelösten Stoffe waren aber
keine Eiweisskörper, sondern Mineralsalze, aus Chloriden, Sulfaten, Phosphaten
bestehend, diese sind es also, welche den Substanzverlust bedingen.
^rehit f. wimnvoh. o. prekt. Thierheilk. IX. 4u.5. 19
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ISLtENBERGER u. HOFMEISTER,’
m
Wasser, Glycerin und Säure geschehen, wie oben angegeben, sondern
es war jede Schleimhautpartie mit den sämmtlichen Extractions-
methoden nacheinander so lange zu exträhiren, bis sie kein
Ferment mehr enthielt, d. h. bis sie in dieser Richtung erschöpft
war. Aus diesen Versuchen musste sich der Ferraentreichthura jeder
einzelnen Schleimhautpartie mit Sicherheit ergeben.
Wir extrahirten kleine Schleimhautstücke nach einander in wechselnder
Reihenfolge mit Wasser, 0,2proc. HCl, 3 / 4 proc. CINa, Glycerin, Glycerin mit
HCl, Glycerin mit CINa. Die wässerigen Flüssigkeiten Hessen wir nur 24—48
Stunden, die Glycerine 6—8 Tage einwirken.
Es wurde frische und getrocknete Shleimhaut vom thätigen und vom ruhen¬
den Magen verwendet. Bei frischer Schleimhaut wurde in Anbetracht des Was¬
sergehalts derselben nicht eine O.2proc., sondern eine 0,4proc. Säure zum Ex-
trahiren verwendet und die CINa-Lösung auf 1£ pCt. erhöht.
Von jeder der zu prüfenden Schleimhautregionen des Magens wurden kleine
Stückchen abgewogen, zerkleinert und in demselben Verhaltniss mit der extra-
hirenden Flüssigkeit gemischt. Von dem Extrahirten undFiltrirten wurden wieder
gleiche Gewichtsmengen mit je 2 oder je 4 Grra. gekochten Hühnereiwöisses und
dem nothwendigen Säurezusatz in den Brütofen eingestellt und blieben daselbst
14 Stunden stehen; dann wurde filtrirt, gewaschen, getrocknet und gewogen.
A. Versuche mit frischer Magenschleimhaut.
a) Dieselbe stammte von einem gefüllten, d. h. im Thätigkeifca*
zustande befindlichen Magen. Die Extraction jedes den drei Regionen
entnommenen Schleimhautstückes erfolgte successiye: J) 24 Stun¬
den mit Wasser, 2) ebenso lange mit 3 / 4 proc. CINa-Lösung, 3) ebenso
lange mit 0,4proc. HCl, 4) 8 Tage lang mit Glycerin, 5) ebenso
lange mit salzsaurera und 6) mit CINa-Glycerin.
Von den 18 Extracten verdauten je 4 Grm. mit dem betreffenden
Säurezusatz von 4 Grm. Eiweiss:
Das 1. Extract der Cv. maj. lOOpCt., der Cv. min. 20pCt., des Antr. pyl. 0.
- 2. -
-
- 100 -
-
-
30 -
; -
-
0.
- 3. -
-
- 100 -
-
-
30 -
-
-
20pCt.
-4. -
-
00 -
-
-
30 -
-
0;'
- 5.
-
- 100 -
-
-
30 -
-
/ -
0»
- G. -
-
90 -
- •
0
-
■ -
0.
Es waren bei der 6. Extraction die Stücke der Pylorusdrüsenregionen er¬
schöpft. . .
Ein gleicher Versuch bei einem zweiten Pferde, dessen MagßU:
ebenfalls im thätigen Zustande war, hatte folgenden Erfolg:
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
m
Das 1. Extract der C. maj. verdaute lOOpCt.,
der C. min. 20pCt.,
des A.pyl. 0.
- 2. -
100 -
- - 30 -
- - 0.
- 3.
100 -
- 3(3 -
- 0.
- 4. -
90 -
- - 30
- - 0.
- 5.
90 -
30 -
- - 0.
- G.
80 -
- ' - 20 -
- - 0.
b) Es wurde frische Magenschleimhaut eines leeren, ruhenden
Magens verwendet. Die Extraction geschah wie folgt: 1) 8 Tage
mit Glycerin, 2) 24 Stunden mit CINa-Lösung, 3) 8 Tage mit Gly¬
cerin, 4) 24 Stunden mit HCl, 5) 5 Tage mit Glycerin, 6) 24 Stun¬
den mit CINa, 7) 24 Stunden mit HCl, 8) 6 Tage mit Glycerin. Die
verdauende Kraft der verschiedenen Extracte ergiebt Folgendes:
Extract 1 der C. maj. verdaute 100 pCt., der C. min; 0.
2 -
-
100 - -
30 pCt.
3 - -
-
100 - -
- 40 -
4 -
-
100 - -
40 -
5 - -
-
90 - -
- 30 -
6 - -
-
50 - -
o.
7 -
-
50 * -
. - 0.
8,-
-
80 - -
-- 0.
Schon beim .6. Extract war die Schleimhaut der Pylorusdrüsenregion total
erschöpft. .
Die Schleimhaut eines zweiten (leeren) Pferdemagens wurde ex-
trahirt: 1) mit Glycerin, 2) mit CINa, 3) mit HCl, 4) mit Glycerin,
5) mit HCl, 6) mit Glycerin, 7) mit CINa, 8) mit HCl. Das Resultat
war folgendes:
Extract 1 der C. maj. verdaute 95pCt., derC. min. 0, des A. pyl. 0.
- 2 -
-
100 -
- - 60 pCt., -
0.
^ 3 -
-
100 -
- 50 - -
0.
- 4 -
-
95 -
40 -
25 pCt.
5 -
-
95 -
- - 20 - -
- 0.
- 6 -
-
- 80 -
0.
- 0.
- 7 -
-
90 -
- - 0, -
- 0.
- 8 -
-
80 -
- - 0,
- 0.
Diese vier Versuche mit frischer Magenschleimhaut zeigen, dass
die Schleimhautregion der Curv. major bedeutend reicher an Pepsin
ist, als die der Curv. roinor und des Antrum pylori. Das erstere ist
die Belagzellenregion, die beiden letzteren stellen die Häuptzellenregion
dar* Das Verhältniss des Pepsingehalts der Curv. ! major zu dem der
Ourv. roinor resp. dos Antrum pylori gestaltet sich, wenn wir vdn der
reinen HCl- und Wasserwirkung ganz absehen und die Gesammtwir-
kung dem Pepsin zuschreiben, Wie folgt:
19»
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280
BlLENBERGER o. HOPfoEtSTER.
im 1. Versuche wie 590 : 140, im 3. Versuche wie 670 : 140,
- 2. - - 560: 160, - 4. - - 630: 170.
Dieses Verhältniss wird für die Hauptzellenregionen noch ungün¬
stiger, wenn man bedenkt, dass die bei denselben mehrfach consta-
tirten Eiweisslösungen von kaum 20 pCt. auch ohne Pepsingegenwart
durch die 0,2proc. HCl allein bedingt sein können.
Wir begnügten uns mit vorstehenden, bei vier Pferden gewon¬
nenen Resultaten noch nicht, weil der Wassergehalt frischer Magen¬
schleimhäute die Versuche in Bezug auf Exactität der Extraction etwas
stört. Wir stellten deshalb
B. Versuche mit getrockneter, vorher von Säure befreiter
Magenschleimhaut an. Die Schleimhautstückchen verhielten sich zur
extrahirenden Flüssigkeit wie 1 :40.
Die Extraction jedes Schleimhautstückes erfolgte zunächst dreimal hinter
einander je 8 Tage lang mit Glycerin, dann 24 Stunden mit HCl, dann 8 Tage
lang mit Glycerin. Je 2 Grm. Extract verdauten mit dem nöthigen Säurezusatz
von 2 Grm. Eiweiss in 14 Stunden:
Extract 1 der Curr. maj. 86,4 pCt., der Curv. min. 0.
- 2 - - 88 - - 0 .
- 3 - - 85 - - 0.
4 - - 76 - 55 pCt.
- 5 - - 35 - - 0.
Beim 5. Extract war die Schleimhaut der Curv. mty'or fast, die der Curv.
minor ganz erschöpft; die verdauende Kraft der ersteren verhielt sich zu der der
letzteren wie 350:55.
Zu diesen Versuchsresultaten ist noch zu bemerken, dass die kein
Eiweiss verdauenden Flüssigkeiten noch darauf geprüft wurden, ob sie
wenigstens soviel Pepsin enthielten, um lockere Fibringerinnsel zu
verdauen. Es ergab sich dabei, dass die ersten Glycerinextracte der
Pylorusdrüsenregion allerdings im Stande waren, Fibrin, wenn auch
langsam, zu lösen, dass aber die 5. und 6. Extracte dieser Schleim¬
hautregionen, mochten es Glycerin-, HCl- oder CINa-Extracte sein,
selbst nicht einmal auf Fibrin verdauend einzuwirken vermochten.
Unsere Versuche bestätigen die Grützner’sche Angabe, dass in
der Magenschleimhaut eine Pepsinmodification vorkommt, welche durch
Glycerin nicht, wohl aber durch HCl und CINa extrahirbar ist.
Berücksichtigt man, dass die verschiedensten Extractionsmethoden
in Anwendung kamen, dass die Extractionen Wochen lang fortgesetzt
wurden, so steht es ausser Frage, dass dabei alles Pepsin, selbst in
seinen schwerer löslichen Modificationen extrahirt werden musste.
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
281
Da wir nun bei fünf Pferden stets die Belagzellenregion sehr
reich und die Hauptzellenregion sehr arm an Pepsin fanden, so ist
der nächste Schluss gerechtfertigt, dass nämlich die Schleimhaut der
Curv. major der Pferde sehr reich und die des Antrum pylori und
der Gurr, minor sehr arm an Pepsin ist. Dieser Schluss ist um so
gerechtfertigter, als weitere bei sieben Pferden (mit getrockneter
Magenschleimhaut) angestellt und im nächsten Capitel aufgeführte
Versuche ganz ähnliche Resultate gaben, wie die roraufgeführten.
Der Einwand, dass sich unser Versuchsergebniss aus der gering
geren Länge der Drüsen der Pylorusdrüsenregion erklären lasse, würde
nur dann zutreffend sein, wenn wir von den Regionen gleich grosse
Stücke genommen hätten; wir haben aber gleich schwere Stücke
zu den Versuchen verwendet, dadurch wird der Einwand hinfällig.
Die geringere Drüsenlänge wird, da die Schleimhautstärke und Schwere
durch die Länge der Drüsen bedingt wird, durch die grössere Zahl
der Drüsen in einem gleich schweren Stück compensirt. Etwas we¬
niger Drüsenmaterial befindet sich allerdings in dem Pylorusdrüsen-
stück als in dem gleich schweren Fundusdrüsenstück, weil die Drüsen
im ersteren nicht ganz so dicht liegen als im letzteren. Dieser Unter¬
schied ist aber viel zu gering, um die von uns aus unseren Versuchs¬
resultaten gezogenen Schlüsse erschüttern zu können.
Es ist also eine unbestreitbare Thatsache, dass die sog. Fundus¬
drüsen, Labdrüsen des Pferdes enorm viel mehr Pepsin enthalten als
dessen Schleim- oder Pylorusdrüsen.
Aus bekannten Gründen schliessen wir: wo das meiste Pepsin
in der todten Schleimhaut angetroffen wird, da wird intra
vitam am meisten producirt. Demnach können wir zunächst
den Satz als sicher hinstellen, dass die Labdrüsen des Pferdes
bedeutend mehr Pepsin produciren als dessen Schleim¬
drüsen.
Eine noch zu lösende Frage ist nun aber die: produciren die
Schleimdrüsen überhaupt Pepsin, oder wird dies von den Labdrüsen
allein geliefert?
Die ersteren enthalten zweifellos im todten Zustande Pepsin.
Dieses kann hier producirt worden sein; es ist aber auch möglich,
dass es in der anderen Schleimhautregion gebildet und hier nur im-
bibirt wurde (v. Wittich).
Es ist klar, dass das Pepsin sich mehr in den oberflächlichen
Regionen der Schleimhaut befindet, wenn es imbibirt, dass es dagegen
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282
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
in den tieferen Drüsep- resp. Schleimhautpartien sitzt, wenn es da¬
selbst von den Hauptzellpn prodqcirt worden ist.
Bin Vergleich der Extrakte der oberflächlicheren und tieferen
Drüsenpartien unter einander und resp. noch des Schleimbelages der
Curv. minor muss also die Lösung obiger Frage bringen. Demgemäss
stellten wir Verdauungsversuche mit Extracten des Schleirabelags, der
oberflächlichen und der tieferen Partien des Stratum glanduläre, des
Antrum pylor} und der- Curv. minor an.
In den Brutofen gelaugten:
1. Eine Schleimflocke der C. major mit 10 Ccm. 0,lproc. HCl -f- Fibrin.
2. - - C. minor - 10 - - - -\-
3. Mehrere Schleimflocken - C. major - 20 - 0,2proc. - -f- Eiweiss.
4. - - C. minor - 20 - - - -{-
Nach 14 Stunden war das Fibrin und das Eiweiss verdaut.
Die Untersuchung der Wirkung der oberflächlichen und tiefen
Schichten der Magenschleimhaut geschah hei drei Pferden, und zwu^ mit fol¬
gendem Erfolge. Es gelangten in den Brütofen:
1. Pferd.
1. C. major obere Schicht 0,647 Grm. mit 12Ccm. 0,2pr.HCl-f- 2 Grm. Eiweiss.
2. - untere
- 1,002 -
- 20 -
- - +2 -
-
3. C. minor obere
- 1,232 -
- 20 -
- +2 -
-
4. - untere
- 0,622 -
- 12 -
- -.+* -
-
Nach 14 Stunden waren vom Eiweiss gelöst bei 1: 50 pCt., bei 2 Alles,
bei 3: 50 pCt., bei 4: 20 pCt. (soviel wie von HCl allein).
2. Pferd.
Von C. major oben 0,764 und unten 0,698 Grm., von C. minor oben
0,574 und unten 0,642 Grm. der Schleimhaut mit je dem 20 fachen der 0,2-
procentigen HCl und je 2 Grm. geronnenen Eiweisses.
Nach 14 Stunden hatte verdaut: C. major oben und unten alles Eiweiss,
C. minor oben 40 und unten 20 pCt.
3. Pferd.
Von C. major oben 0,557 und unten 0,474 Grm.. von C. minor oben
0,544 und unten 0,504 Grm. mit je 12 Grm. der 0.2proc. HCl und 2 Grm.
Eiweiss.
Nach 14 Stunden hatte C. major oben fast alles und unten alles, C. minor
oben 60 und unten 25 pCt. Eiweiss verdaut.
Aus den Ergebnissen dieser Versuche ist mit Sicherheit zu fol¬
gern, dass in den tieferen Schichten der Curv. minor resp.
des Antrum pylori gar kein oder nur verschwindende Men¬
gen Pepsin enthalten sind, während die oberflächlichen
Partien und der dieselben bedeckende Schleim nicht unbe¬
deutende Pepsinmengen enthält. Reich an Pepsin ist die
Schleimhaut der Curv. major in toto, die tieferen Theile scheinen
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
283
aber reicher zu sein als die oberflächlichen. Aus diesen Thatsachen
ergiebt sich, dass das in der SchleiradrüsengegOitd des Pferde- 1
roagens vorhandene Pepsin daselbst nicht ptodücirt worden ist.
Das im Schleim und den Drüsen vorhandene Ferment ist dttfeh Im¬
bibition aufgenommen worden.
Fassen wir die Resultate der angeführten Untersuchungen zu¬
sammen, so müssen wir als den Ort der Pepsinbildung die dem
Fundus der einfachen Mägön entsprechende Schleimhaut*
partie des Pferderaagens, d. h. die Labdrüsengegend odef
die Belagzellenregion desselben bezeichnen. Für das Pferd
liegen demnach die Verhältnisse anders als beim Huftde. Bei diesem
sind, wie Heidenhain darthut, die hellen Hauptzellen, die sich
in der Pylorusregion allein, in der Fundusregion mit Belag^-
zellen gemeinschaftlich finden, die Pepsinbildner. Beim
Pferde ist dies durchaus nicht der Fall, bei demselben kommen in
den Drüsen der Fundusregion verhältnissmässig nur wenig Hauptzellön
vor; die dunklen, stark gekörnten sog. Labzellen übetWiegen derart,
dass die Hauptzellen im Pferdemagen leicht übersehen Werden können»
Da nun das Pepsin im Pferdemagen wesentlich in der Fundusregion 1 )
gebildet wird, so müssen die grossen dunklen, stark gekörnten Zellen
in Beziehungen zur Pepsinbilduug stehen.
Es folgt aber aus unseren Untersuchungsresultaten auch, dass
die Hauptzellen der Labdrüsengegend den Drüsenzellen der Schleim¬
drüsengegend nicht gleich zu erachten sind. Die ersteren scheinen
Vorstufen der Belagzcllen zu sein; die letzteren dagegen gehen für
gewöhnlich nicht in Belagzellen über. Ob sie unter Umständen, na¬
mentlich wenn die Schleimhaut der Labdrüsengegend ausser
Function gesetzt wird, sich zu adaptiren und sich zu Pepsin-
bildnem oder zu Belagzellen urazuwandeln vermögen, wissen
wir nicht; es scheint uns dies aber nicht unwahrscheinlich. Ob bei
der Verdauung Drüsenzellen zu Grunde gehen, wagen wir nicht zu
entscheiden, da wir lebende Magenschleimhaut nicht untersucht haben.
*) Ein sch t wohl zu beachtender Beweis für die Bildung des Pepski in der
Fundusregion ist die Thatsache. dass die Schleimhaut dieser Region resp. ihr
Extract reich an Pepton ist, während das Extract der Pylorusregion kein oder
wenig Pepton enthält. Diese Thatsache der grösseren Selbstverdauung in der
Fundusdrüsenregion könnte ihren Grund auch in dem Vorhandensein einer grösse¬
ren Säuremenge haben. Dass aber auch die grössere Pepsinmertge* wesentlich in
Betracht kommt, lehren unsere Verfcuchsresultate,
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284
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
In der todten Schleimhaut finden sich stets zerstörte Zellen, freie
Kerne, Zellenstöcke, Lücken, veranlasst durch ausgefallene Zellen u.s.w.
Namentlich sind die Hauptzellen zerstört; die Belagzellen scheinen
resistenter zu sein.
Diese Erscheinung von zu Grunde gegangenen Hauptzellen kann
postmortaler Natur sein; sie beweist keineswegs, dass intra vitam die¬
selben Zerstörungen stattfinden, und dass etwa die zu Grunde gehen¬
den, sich dem Secret beimischenden Zellen diesem das Ferment liefern.
Es ist möglich, dass diese Vorgänge statthaben, und dass durch
Theilungsvorgänge der Belagzellen fortwährend neue Hauptzellen ge¬
bildet werden. Von den Tochterzellen bilden sich die einen durch
Wachsthum zu neuen Mutterzellen (Belagzellen) aus, während die an¬
deren bei der Secretion zu Grunde gehen u. s. w. Einige Forscher
huldigen.in neuester Zeit ähnlichen Anschauungen. Wir wagen wegen
mangelnder exacter Untersuchungen kein Urtheil in dieser Frage zu
fällen.
Wie das Popsin scheinen auch die anderen Fermente des Magen¬
saftes in der Labdrüsengegend producirt zu werden (cf. hierüber un¬
seren vorigen Artikel, Bd. IX, S. 177 dieses Archivs).
C. Die Aenderung des Pepsingehalts der Schleimhaut zu
den verschiedenen Verdauungsperioden.
Im vorhergehenden Capitel sind bereits die Prüfungen zweier
ruhenden und zweier thätigen Mägen auf den Pepsingehalt ihrer
Schleimhäute besprochen worden (S. 278 £f.). Ein wesentlicher Unter¬
schied ergiebt sich aus diesen Versuchen nicht. Da aber die Schleim¬
häute nicht ganz gleich behandelt worden sind, so hielten wir es für
nothwendig, noch einige ganz exacte Experimente vorzunehmen, um
festzustellen, ob die Schleimhaut des ruhenden (vollen) von der des
leeren Magens im Pepsingehalt wesentlich verschieden ist.
Zum Versuch wurde verwendet: a) gut ausgewaschene und ge¬
trocknete Schleimhaut, b) gut ausgewaschene, dann zerkleinerte und
mit Alkohol behandelte und darauf getrocknete Schleimhaut:
1) 1 Theil der trockenen Magenschleimhaut wurde 8 Tage lang
mit der 50 fachen Menge Glycerin oxtrahirt (Glycerinextract 1);
2) das Extrahirte wurde nochmals mit demselben Quantum Gly¬
cerin 8 Tage lang extrahirt (Glycerinextract 2);
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 285
3) darauf folgte eine Extraction mit 0,2proc. HCl 24 Stunden
lang (Extract 3).
Ausserdem wurden noch folgende Extracte von den trockenen
Schleimhäuten hergestellt:
a) 2 Grm. der getrockneten und gepulverten Schleimhaut ge¬
langten mit dem 10—20 fachen einer 0,2proc. HCl in den
Brutofen, blieben dort 6 Stunden stehen und wurden dann
mit Glycerin 6 Tage lang extrahirt (Salzsäure-Glycerinextract);
b) 2 Grm. der trockenen Schleimhaut wurden direct mit 0,2-
procentiger HCl 24 Stunden lang extrahirt (Salzsäureextract);
c) 2 Grm. Schleimhaut wurden mit dem 40 fachen einer 0,5-
bis lproc. CINa-Lösung extrahirt (Kochsalzextract).
Jedes Extract wurde nach der Methode von Bidder und Schmidt
auf seinen Pepsingehalt geprüft. Die Digestion währte 14 Stunden.
Die Menge des gekochten Hühnereiweisses betrug 2 Grm. Von den
Extracten wurden 2 Grm. mit 20 Grm. einer 0,2proc. HCl verdünnt.
In der nachfolgenden Angabe der erhaltenen Resultate werden zur
Bezeichnung der Extracte die oben in Klammer gebrauchten Benen¬
nungen angewendet.
1. Thätige Magenschleimhaut
Zur Untersuchung derselben verwendeten wir die Mägen von fünf Pferden;
dreimal wurde die Schleimhaut einfach getrocknet, zweimal vorher mit Alkohol
behandelt.
Nachfolgend ist angegeben, wie viel Procente der 2 Grm. des gekochten
Hühnereiweisses von den betreffenden Schleimhautregionen verdaut wurden.
Extracte.
Einfach getrocknet.
Mit Alkohol
behandelt
1. Pferd
|2.Pferd
3-Pferd
1. Pferd
2. Pferd
pCt
1 yCi.
pCt
pCt.
pCt.
Glyoerinextract 1 der C. major ..
90
\ 0')
S9,2*)
30,2
5')
- 1 - C. minor ..
10
0
0
13
5
2 - C. major ..
59 ;
! 70
50
14
82
2 - C. minor ..
7 1
11
10
2
20
') Der auffallende Befund, dass hier das Glycerinextract wirkungslos war,
ergiebt sich daraus, dass die Schleimhaut sehr gut getrocknet war und das Gly¬
cerin nicht einzudringen vermochte. Ebenso war es bei den mit Alkohol behan¬
delten Schleimhäuten. In solchen Fällen haben wir später die Schleimhaut vorher
kurze Zeit mit etwas Wasser erweicht und dann erst Glycerin zugesetzt.
3 ) Beim 3. Pferde war die Zerkleinerung der zu extrahirenden Schleimhaut
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986
ELLEN BERG ER u. HOFMEISTER.
Extracte.
Einfach
1. Pferd
pCt
getrocl
2. Pferd
pCt.
inet.
3. Pferd
pCt.
Mit A
beha:
1. Pferd
pCt.
lkohöl
adelt.
2. Pferd
pCt.
Extract 3 der C. major.
88,5
70
33
46.8
50
3 - C. minor.
32
11
10
10
20
Salzsäure-Gljcerinextract d. C. maj.
90
70
47
74
26
- C. min.
7
15
4
23
6
Salzsäureextraot der C. major....
100
93
39
100
88
- - C. minor....
83
70
5
55
52
Kochsalzextract der C. major ....
verdorben
99
40
91
87
- - C. minor ....
do.
73
10
12
20
2. Ruhender Magen.
Extracte.
Einfach getrocknet.
Mit Alkohol
vorbehandelt.
Glyocrinextract 1 der C. major.
90 pCt.
68 pCt.
1 - C. minor .;...
31 -
12 -
2 - C. major.
88,5 -
86 -
2 - C. minor.
11 -
15 -
Extract 3 der C. major.
76 -
90 -
- 3 - C. minor.
34,5 -
31 -
Salzsäure-Glycerinextract der C. major
90,6 -
74 -
- C. minor
86,7 -
8 -
Salzsäureextract der C. major.
85 -
• 70 . -
- C. minor.
1 65 -
45 -
Kochsalzextract der C. major.
100 -
96 -
- C. minor ..._
> 84
L5- -
Das mehrfach hergestellte Extract der P. cardiaca dieser Mägen löste circa
20 pCt. Das Verdauungsproduct zeigte aber keine Peptonreaction. Die Lösung
war also die Folge der oben besprochenen Salzsäurewirkung auf Eiweiss. Wenn
wir sehen, dass die Extracte von C. minor oft geringer wirken als HCl allein, so
mag dies daran liegen, dass im Extract noch Schleim u. dgl. enthalten ist, der
beim Filtriren auf deni Filter bleibt und so eine Gewichtszunahme bedingt. That-
sächlichist dannetw&a mehr Eiweiss gelöst, alsliq den Zahlen ausgedrückt erscheint.
Ausser vorstehenden Versuchen sind auch solche mit frischer Magenschleim¬
haut angestellt worden. Bei diesen war ein Unterschied zwischen ruhender und
thätiger Schleimhaut nicht zu constatiren.
Die vorstehend angegebenen, an sieben Pferden gewonnenen Ver¬
suchsresultate sind auch wichtig in Bezug auf die bereits besprochene
Frage 2. Sie bestätigen„ dass in den Gurv. minor bedeutend
weniger Pepsin, ist aJs in, de* Gurv. major, dass; aber in
ersterer eine Pe*psdnmod/ification octeir pepsinagene S»b-
nicht so ausgiebig geschehen ah» beim 1. und) deshalb di* geringere Wirkung
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes. 287
stanz vorkommt, die nicht durch Glycerin, wohl aber durch
Salzsäure und Kochsalz extrahirbar ist.
In Bezug auf die uns beschäftigende Frage ergeben die vor¬
stehenden Versuche keine scharfen Unterschiede betreffs des Pepsin¬
gehalts der ruhenden und thätigen Magenschleimhaut. Allerdings
erscheint mehrfach der ruhende Magen reicher an Pepsin als der
leere *). Dieses Ergebniss ist aber nicht constant in den hier und
ad 2 aufgeführten Versuchen.
Man darf nun aber bei der Beurtheilung der genannten Versuche
nicht vergessen, dass der sog. volle thätige Magen gar keine con-
stanten Resultate geben konnte. Derselbe fand sich in verschiedenen
Verdauungsperioden, die uns unbekannt waren, weil wir die Fütterung
nicht überwacht hatten. Es ist ja aber sehr wohl möglich, dass der
Pepsin reich thnm der Schleimhaut in den verschiedenen Digestions¬
perioden ein verschiedener ist.
Um die sich aus dieser Betrachtung ergebende Frage, ob sich
der Pepsingehalt der Magenschleimhaut während der Verdauung ändert,
beantworten zu können, wurden folgende Experimente augestellt.
Wir fütterten vier Pferde gut mit Hafer und Heu und Hessen das
1. Pferd nach 2, das 2. nach 7, <fcs 3.. nach 12 und das 4* qaeh
Stunden todten. Der Mageninhalt betrug beim 1. Pferde 4000, beim
2. 3000* beim 3. 3000 und beim 4. 600 Qrra. Ein 5. Pferd erhielt
eine kleine Ration Futter und wurde nach 12 Stunden getödtet. Im
Magen fanden sich 230 Grra.; der Magen konnte also als ein leerer,
als ein ruhender Magen gelten. Der 5. Versuch musste queh ergeben,
ob der Pepsingehalt sich nach der Entleerung des Magens oder nach
der Zeit vom Fressen ab nach Stunden richtet.
Die gut abgezogene Schleimhaut der fünf Mägen wurde auf Fliesspapier
lufttrocken gemacht, die trockene Schleimhaut von dem Papier in kleinen Quan¬
titäten abgebröckelt und gewogen. Zu den Versuchen verwendeten wir je 0J$
Gramm die gut zerkleinert wurden. Diese behandelten wir, wie folgt:
1) wurden sie 8 Tage lang mit Glycerin.
2) der Rückstand dann 24 Stunden lang mit 0,4proc. HCl extrahirt;
3) dann folgte eine 8 tägige Extraction mit 0,4 pro#. HCl-Glycerin des
nach der zweiten Extraction bleibenden Rückstandes;
4) dann wurde 48 Stunden mit einer 0,4 pro?. HCl extrahirt.
Diese vier Extractionen geschahen bei Stubentemperatur. Nunmehr wurde
l ) In normalen Verhältnissen wird der Pferdemagen fast niemals leer. Das
bei d f er zweiten Mahlzeit aufgenommene Futter trifft noch Futtejre§te der ersten
Mahlzeit an f
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288
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
5) der nach der vierten Extraction verbliebene Rückstand 24 Standen lang
mit einer 0,2proc. HCl bei 20—22° C. extrahirt;
6) diesem schloss sich eine 24 ständige Extraction mit Glycerin bei
37° C. an.
Von Extract 1 und 3 stellte man je 2 Grm. mit 20 Grm. einer 0,2proc.
Salzsäure und mit 2 Grm. Eiweiss in den Brütofen. Das 2. und 4. Extract wurde
ganz ohne Säurezusatz zu den Versuchen verwendet. Von den Extracten 5 und 6
nahm man ebenfalls das Ganze und setzte die nothwendige Säure zu.
Im Brutofen blieb Alles 14 Stunden stehen; dann erfolgte die Bestimmung
der Menge des verdauten Eiweisses. Die Resultate stellen wir nachstehend zu¬
sammen. In den Tabellen schreiben wir 2 resp. 7 resp. 12 und 24 Stunden
post coenam, das soll heissen, dass die betreffende zu den Extracten verwendete
Schleimhaut von einem Pferde stammt, welches 2 resp. 7, 12 und 24 Stunden
vor dem Tode gefressen hatte.
1. Die Fundusdrüsenschleirahaut der Curv. major.
Es hatte von 4 Grm. Eiweiss verdaut:
Extracte.
2 Stdn.
post coenam.
7 Stdn.
!post coenam
12 Stdn.
post coenam.
Fast leer;
24 Stdn.
post coenam.
Leer; von Pferd 5,
das vor 12 Stdn.
wenig gefressen.
Extract 1 .
78 pCt.
76 pCt.
71 pCt.
81 pCt.
81 pCt.
- 2 .
95 -
97 -
100 -
100 -
100 -
- 3 .
25 -
33 -
50 -
46 -
58 -
- 4 .
18 -
22 -
44 -
36 -
32 -
- 5 .
8 -
22 -
30 -
30 -
30 -
- 6 .
8 -
15 -
20 -
18 -
20 -
Summa
| 233 pCt.
265 pCt.
315 pCt.
1 |
308 pCt.
321 pCt.
Aus den Versuchsergebnissen kann gefolgert werden, dass die
Schleimhaut der Belagzellenregion ira ruhenden, leeren
Magen reich an Pepsin ist, dass in den ersten Stunden der
Digestion eine nicht unbedeutende Verminderung des Pep¬
singehalts eintritt, während ira weiteren Verlauf der Ver¬
dauung sich wieder eine wesentliche Steigerung bemerklich
macht. Offenbar geben die Drüsen im Beginn der Verdauung mehr
Pepsin ab als sie bilden, dadurch erklärt sich die anfängliche Ver¬
minderung des Pepsingehalts.
2. Die Pylorusdrüsenschlcirahaut.
Die verdauende Kraft ihrer Extracte war nur sehr gering. Von 4 Grm.
Eiweiss wurden gelöst durch das:
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Verdauungssäfte und Verdauung des Pferdes.
289
Extracte.
a.
2 Stdn.
1 post coenam.
b.
7 Stdn.
post coenam.
C.
12 Stdn.
post coenam.
d.
24 Stdn.
post coenam
e.
Leerer Magen.
Extract 1 .
— pCt.
— pCt«
— pCt.
i
»o
o
— pCt.
- 2.
— -
61 -
62 -
40 -
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- 3.
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22 -
22 -
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— -
— -
— -
— -
Summa
— pCt.
CI pCt.
1 1
62 pCt.
62 pCt.
[ 1
59 pCt.
Auf der Höhe und unmittelbar nach der Verdauung enthält die
Pylorusdrüsenschleirohaut Pepsin in geringen Mengen, da¬
gegen in den ersten Verdauungsstunden fast kein Ferment.
Spuren sind allerdings auch dann vorhanden; dies ergicbt sich aus
der Thatsache, dass das 1. Extract Fibrin peptonisirte. Auch das 3.
und 4. Extract der Mägen b und c. lösten noch Fibrin, trotzdem sie
auf gekochtes Hühnereiweiss nicht einzuwirken vermochten.
Diese Untersuchungsresultate sprechen ganz und gar für unsere
Anschauung, dass das in der Pylorusregion vorhandeno Pepsin nur
imbibirt ist. In den ersten Verdauungsstadien ist der Mageninhalt so
arm an Pepsin u. s. w., dass eine Imbibition desselben nicht statt¬
finden kann. Das in den oberen Drüsenpartien noch vorhandene Pepsin
wird von den Nahrungsmitteln aufgenommen und von den arbeitenden
Drüsenzellen ausgestossen. So kommt es, dass die Schleimhaut pep¬
sinfrei wird. Tödtet man jetzt das Pferd, so findet man in der Schleim¬
haut kein oder wenig Pepsin; die postmortale Pepsinimbibition unter¬
bleibt, weil der Mageninhalt nur wenig Pepsin enthält. Später sammelt
sich das von den Ladrüsen fortwährend gebildete Pepsin im Magen
an, die Schleimhaut imbibirt sich entweder schon intra vitam oder
postmortal, denn der Mageninhalt eines 7 oder 12 Stunden post coe¬
nam gotödteten Pferdes enthält viel Pepsin; dieses kann also leicht
imbibirt werden.
Die wesentlichsten Resultate der in vorstehendem Artikel be¬
sprochenen Untersuchungen und Experimente lassen sich, wie folgt,
zusammenfassen:
1. Der verhältnissmässig sehr kleine Pferdemagen zerfallt in
einen drüsenlosen Proventriculus und in einen Drüsenmagen, an dem
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ßLLEftBERGRfc n. HOFMEISTER,
die beiden Regionen der sog. Lab- und Schleimdrüsen zu unterscheiden
sind. Die ganze Magenwand ist sehr reich an elastischen Elementen.
Die Magendrüsen sind von contractilem und elastischem Gewebe um¬
geben. Es kommen in der Magenwand submucöse und intermuscu-
läre Ganglien vor; auch enthält die Membrana propria noch Gan¬
glienzellen.
2. Die sog. Labdrüsen (Fundusdrüsen hom.) des Pferdemagens
enthalten ausser dem Oberflächenepithel noch mindestens zwei scharf
von einander zu trennende Zellenarten (Haupt- und Belagzellen nach
Heidenhain).
3. Die Belagzellen tragen beim Pferde fast immer zur Bildung
des Lumens der Drüsen bei; die Hauptzellen liegen in der Regel
zairischen ihnen, selten nach innen auf denselben.
4. Ausser diesen beiden Zellenarten kommen ausser seltenen
Wanderzellen noch verschiedene Zellen vor, welche in ihren Eigen¬
schaften zwischen beiden stehen, d. h. die in manchen Beziehungen
den Haupt-, in änderen den Belagzellen gleichen
5. Die Zelleli der sog. Pylorusdrüsen Stimmen heim Pferde in
ihren Eigenschaften’ nicht mit den Hauptzellen der Fündusdfüsen
überein.
6. Tn den pylorusdrüsen des Pferdes kommt ausser dem^ Ober¬
flächenepithel des Ausführungsganges nur eine Zellenart vor.
7. Das Oberflächenepithel Und das der Drüsenausführungsgänge 1
producirt Schleirü.
8. Grössere Lymphfollikel fehlen in der Magenmttcosä. Cyto-
genes Gewebe existirt aber daselbst. LymphgefaSsö sihd sehr zahl¬
reich vorhanden.
9. Das in der Magenschleimhaut vorhandene Pepsin ist theil-
weise direct darch Glycerin, therltfeise aber nur durch Behandlung
mit HCl oder CINa extrahirbar.
10. Die pepsinbereitende Partie der' Magenschleimhaut des Pferdes
ist zwar sehr dick und besitzt lange Drüsen, ist aber 1 itt der Ausdeh¬
nung unverhältnissmässig klein.
11. Die Pylorusschleimhaut enthält in den ersten Stunden der
Verdauung gw kein oder nur Spuren und später auch nur sehr' ge¬
ringe Mengen Pepsin.
12. Dieses Pepsin sitzt wesentlich in den oberfläch liehe*
reu Lagen des Stratum glatidulare, in den DrüsenrailsfährUngs-
gängen.
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Verdauungssafte und Verdauung des Pferdes. ÖÖ1
13. Die Labdrüserischleinihäut resp. die Be-fagäeUen-
region ist sehr reich an Pepsin, und zwar in ihrer ganzen Dicke.
Die tieferen Drüsenpartien sind allerdings etwas fermentreicher als
die oberflächlichen.
14. Am wenigsten Pepsin resp. pepsinogene Substan? enthält
die Labschleimhaut in der ersten Verdauüngsperiode. Auf der Höhe
der Verdauung und zu Ende derselben ist der Fermentreicht lmm der
Schleimhaut sehr bedeutend. (Die Magenschleimhaut längere Zeit
hungernder Thiere. haben wir nicht untersucht.)
15. Daä Pepsin wird von den Drüsenzellen der sog. Lab- oder
Fundusdrüsen gebildet. Die Stadien der Pepsinbildung scheinen das
Aussehen der Zellen, ob sie als Belag- oder HauptzeBen erscheinen,
zu bestimmen, jedenfalls ändern sie das Zahlenverhältniss der beiden
Zellenarten zu einander ab.
ErkUniäg der Abbildungen.
Fig. 1. Querschnitt durch die Schleimhaut der Labdrüsengegend des
Pferdemagens, links ohne, rechts mit Gefassen.
a) Schleirabelag,
b) Oberflächenepithel,
c) Hauptzellen,
d) Belagzellen,
e) Interglandulargewebe mit Muskelkernen und elastischen Fasern,
f) Muscularis mucosae,
g) Submucosa,
h) Blutgefässe,
i) Basalmembrankerne.
Fig. 2. Querschnitt durch die Pylorusdrüsenschleimhaut.
a) Oberflächenepithel,
b) Drüsenepithel,
c) Interglandulargewebe,
d) Schrägschnitte durch zwei Drüsenäste.
Fig. 3. Flächenschnitt durch die Ladrüsonschleimhaut.
a) Basalmembran,
b) Zwischengewebe,
c) Blutgefässe,
d) Muskelkerne,
e) Belagzelle,
f) Hauptzelle.
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292
ELLEftBEftGEft u. HOPMEtSTER.
F i g. 4. Flächenschnitt durch die Pylorusdrüsenschleimhaut.
a) Drüsenquerschnitt,
b) Interglandulargewebe.
Fig. 5. Querschnitt durch das Corpus papill&re und das Epithel der
Schleimhaut der Portio oesophagea resp. des Proventriculus des Pferdemagens.
a) oberste verhornte Epithelschicht,
b) Schicht platter Zellen,
c) Schicht grösserer Zellen,
d) Rundzellenschicht auf den höheren Theilen der Papillen,
e) RifTzellenschicht,
f) Cylinderzellenschicht auf der unteren Partie der Papillen und zwi¬
schen den Zellen,
g) Papillen,
h) Propria mucosae,
i) ein kurzer Epithelfortsatz in die Propria.
Fig. 6. Flächenschnitt durch eine Papille und ihr Epithel.
a) Papillen,
b) nächste Zellenschicht,
c) Schrägschnitt des Cylinderepithels,
d) Riffzellen.
(Fortsetzung folgt.)
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XI.
Die Wechselbeziehungen zwischen der Belastung der
Schenkelsäule und der Gestalt ihrer Stützfläohe.
Von
F. Peters, Marstalls-Oberrossarzt in Schwerin.
(Fortsetzung und Schluss. — S. dies. Arch. Bd. IX, S. 55.)
Die Tragfläche des Hufeisens.
Die obere Fläche des Hufeisens, welche der Bodenfläche des
Hufes zugekehrt ist, soll so geformt sein, dass nur im Bereiche ihres
äusseren Randes eine innige Berührung mit der horizontal zugerich¬
teten Hornwand, dem zum Tragen allein geeigneten Theil des Hufes,
stattfindet. Da nur der äusserste Rand der Sohle mit der oberen
Fläche des Hufeisens in Berührung treten darf, so wird entweder die
Sohle kürzer geschnitten als der Tragrand der Wand, oder es wird
am Hufeisen die sog. Abdachung hergerichtet. In letzterem Falle be¬
sitzt das Hufeisen ringsum in der Nähe seines äusseren Randes eine
horizontale Fläche, welche man gewöhnlich den Tragrand nennt.
Hieran schliesst sich eine von aussen nach innen schwach geneigte Ab¬
dachungsfläche an. Der Tragrand soll überall solche Breite haben,
dass die Wand mit Einschluss der weissen Linie darauf Platz hat,
und die Abdachung darf nicht auf Unkosten des Tragrandes breiter ge¬
macht werden oder gar in einer Richtung bis zum äussersten Rande
des Eisens auslaufen. — Diese Construction fordert der jetzt meist
gebräuchliche Beschlag.
In früheren Jahren war die ganze obere Fläche des Eisens mit
einer fortlaufend geneigten Fläche versehen, so dass eine Abgrenzung
von Tragrand und Abdachung nicht existirte und die Wand auf keiner
horizontalen Fläche ihren Stützpunkt fand. Weil solche Eisen in
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Archiv f. wUsenRch, a. prekt. Thierheilk. IX. 4 u. 5.
294
PETERS,
früheren Jahrhunderten nachweislich von den Pferden in Deutschland
getragen wurden, weil sie stellenweise auch zur Zeit von deutschen
Hufschmieden noch angefertigt werden, so hat man sie deutsche Eisen
genannt. Es dürfte aber fraglich sein, ob sie diese Bezeichnung ver¬
dienen, und ob man sie nicht besser muldenförmige Eisen nennen
könnte. Denn abgesehen davon, dass es in den früheren Jahrhunderten
einen in System gebrachten deutschen Hufbeschlag nicht gegeben, so
hat die muldenförmige Gestalt zu einer Zeit in die Schmiedewerkstatt
Eingang gefunden, als der Schmied noch wenig vom Bau und der
Function des Hufes kannte und noch keine klare Vorstellungen über
die verschiedenartigen Leistungen von Wand und Sohle des Hufes
besass. Er war vor allen Dingen bestrebt, Quetschungen der Sohle,
als den zunächst in die Augen springenden Nachtheil, zu vermeiden
und Hess die Abdachung über die ganze Oberfläche verlaufen, unbe¬
wusst des Nachtheils, welcher späterhin für die Wand und die Form
des Hufes damit verbunden ist.
Seit mehreren Decennien hat sich in Deutschland das Prineip des
horizontalen Tragrandes mehr und mehr Bahn gebrochen, zum Theil
durch die Lehrtätigkeit des hochverdienten Director Günther sen. in
Hannover, zum Theil durch die erfolgreichen Bemühungen des Grafen
Einsiedel und auch durch das Buch von Miles. Aber an der unein¬
geschränkten Gültigkeit desselben ist im Laufe der letzten Jahre schon
wiederum gerüttelt worden, indem der „rationelle Hufbeschlag“ das Prin-
cip der rechtwinkligen Unterstützung der Hornwand überall
aufstellt und hiermit die horizontale Tragfläche aufgiebt. Da die
betreffende Frage von hoher Wichtigkeit für die Erhaltung der ge¬
sunden Hufforra ist, wie sich im Laufe der voraufgegangenen Dar¬
stellungen wohl ergeben hat, so verdient diese Neuerung eine beson¬
dere Besprechung.
In der Vorrede zu der ersten Auflage seines Werkes vindi-
cirt Dominik seinem Beschläge bei aller Verwandtschaft mit dem
englisch - EinsiedeFschen eine gewisse Besonderheit und selbständige
Stellung auf Grund der Verschiedenheit des Tragrandes der
Hufeisen und der Befolgung des Princips, der Natur in
allen Fällen beim Beschläge nachzugehen. In der neuesten
Auflage wird S. 153 darüber gesagt:
„Was nun den Tragrand betrifft, so muss derselbe stets so ge¬
richtet sein, dass durch denselben die Hornwand recht-
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule n. Gestalt ihrer Stützfläche. 295
winklig unterstützt wird. Hieraus ergiebt sich mit Noth-
wendigkeit, dass derselbe weder stets wagerecht, noch
stets schräg sein darf, sondern je nach der Richtung der
Wände zum Erdboden bald die eine, bald die andere Ober¬
fläche zeigen muss. Die Schenkelenden sind selbstverständlich
hiervon nicht ausgeschlossen“ u. s. w.
W T elcher Gedankengang zur Aufstellung dieses Lehrsatzes geführt
hat, dürfte vielleicht aus der Anführung der auf S. 154 enthaltenen
Worte entnommen werden:
„Die einfache Ueberlegung muss uns sagen, dass die senkrecht
zum Erdboden stehende Trachtenwand in ihrer Ausdehnung gehindert
und eingeklemmt wird, wenn sie auf einen schräg nach innen und nach
vorn gerichteten Tragrand, also in einem stumpfen Winkel ruht, ebenso
wie die schräg zum Erdboden gerichtete Zehenwand auf einem hori¬
zontalen oder gar schräg nach aussen gerichteten Tragrand, mit dem
sie also einen spitzen Winkel bildet, nach vorn weichen und an ihrer
Verbindung mit den Fleischblättchen zerren muss.“
Die im ersten Satztheil enthaltene Behauptung eines einklemmen¬
den Druckes für die beweglichen Trachtenwände, wenn sie nicht senk¬
recht auf ihrer Unterlage stehen, muss als richtig anerkannt werden.
Für den zweiten Theil des Satzes, wonach eine Zerrung der Zehen¬
wand durch Stützung auf horizontaler Fläche entstehen müsse, ist aber
kein Beweis erbracht, jedenfalls kann das letztere aus dem ersteren
nicht gefolgert werden. Denn abgesehen davon, dass die Widerstands¬
fähigkeit eines Körpers gegen einen peripher gerichteten Druck, welcher
Zerrung erzeugen müsste, grösser sein kann als gegen einen central
gerichteten, welcher klemmend wirkt, so liegen die Verhältnisse für
die Zehenwand bezüglich der Belastung ganz anders als für die Trach¬
tenwände.
Die letzteren, weil deren Flächen in der Bewegungsebene des
Fusses ständig liegen bleiben, verändern ihre Richtung oder den Nei¬
gungswinkel zur unterstützenden Fläche nie, sie bleiben immer in
senkrechter Stellung zur Horizontalen, gleichgültig, ob der
Fuss nach vorwärts gestreckt oder senkrecht belastet ist, oder nach
hinten zurückbleibt. Anders verhält es sich mit der Zehen wand, weil
deren Neigungswinkel zum Erdboden in der Profilebene liegt, während
der der Trachtenwände in der Frontalebene gemessen wird. Auf die
Zehemvand wirkt von dem Augenblick an, wo der Fuss in den Erd¬
boden fällt, bis zu dem, wo er ihn verlässt, die Last in unausge-
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296
PETERS,
setzt sieh ändernder Richtung ein. Nur bei stark nach vorwärts
gestrecktem Fusse liegt die Hornwand der Zehe in der Richtung des
Stosses und Druckes, und nur hier wird durch eine rechtwinklige
Unterstiitzungsfläche die Last auf jene am besten übergeleitet werden
können. Dagegen bei senkrechter Belastung des Fusses, also beim
ruhenden Pferde, und ferner auch bei rückwärts gestelltem Fusse ist
der Druck gegen die Zehenwand anders gerichtet. Für die letztere
giebt es also zunächst gar keine Möglichkeit, sie stets recht¬
winklig zu unterstützen, wenn man unter einer recht¬
winklig stützenden Fläche diejenige versteht, welche von
dem Druck, den der getragene Körper jeweilig ausübt,
senkrecht getroffen wird.
Aber welche Wirkung übt eine schräge Unterstützungsfläche auf
den von ihr getragenen Körper aus, zunächst wenn die Druckrichtung
eine senkrechte ist?
Sie lässt sich am besten erkennen, wenn man sich mit Hülfe der
Fig. 12 den Sachverhalt klar macht.
Die Durchschnittsfläche der Zehenwand A ruht auf der der Trag¬
fläche des Hufeisens B, beide Körper stossen in der Linie a b zusam¬
men. Bei senkrechtem Schenkelstande wirkt die Last von A senkrecht
auf die horizontale Bodenfläche und wird durch den Pfeil x y reprä-
sentirt. Sie wird an der schiefen Ebene a b nach dem Parallelogramm
m n o p zerlegt. Nur der Theil der Last, welcher durch m n darge¬
stellt ist, wird von der Eisenfläche ab getragen, der durch die an¬
dere Componente n o repräsentirte Theil drückt parallel der Eisern-
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsnule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 297
fläche ab und hat das Bestreben, den getragenen Körper A auf der
schiefen Fläche ab- und rückwärts zu verschieben.
Zeichne ich in den vorderen Theil der Figur die Richtung des
Druckes, welche der abstossende Fuss auf die horizontale Bodenfläche
ausübt, mit dem Pfeil x' y' ein, so construirt sich das Parallelogramm
m' n' o' p', wodurch die Last in m' n' und n' o' zerlegt wird. Der auf
die schräg liegende Eisenfläche ab übertragene Druck ist also noch
geringer geworden, der grösste Theil der Last hat das Bestreben, auf
jener Fläche nach abwärts zu gleiten. Tritt der Huf noch mehr nach
rückwärts, so dass die Druckrichtung x" y" wird, so trägt die Eisen¬
fläche gar keine Last mehr, sondern stellt eine Gleitfläche dar, auf
welcher die Zehenwand A nach rück- und abwärts geschoben wird.
Man mache die Annahme, dass ein Hufeisen obiger Construction
an den passend zugerichteten Huf nicht angenagelt, sondern durch
ein Klebemittel mit demselben verbunden wäre, so muss der Huf auf
der schiefen Ebene nach rückwärts rutschen, schon wenn die senkrechte
Richtung des Druckes eintritt, noch mehr aber dann, wenn der Fuss
die Druckrichtung auf die schiefe Ebene überträgt, welche er kurz vor
dem Abstemmen ausübt. Dass ein so beschlagener Huf nicht abrutscht,
davor behütet ihn nur die Befestigung an das Eisen mittelst der Huf¬
nägel. Jedenfalls tritt ein Conflict ein zwischen zwei verschieden wir¬
kenden Kräften, zwischen dem Bestreben der Zehenwand, nach rück¬
wärts zu weichen, und den Nägeln an den beiden Seitentheilen des
Hufes. Entweder, wenn die Zehenwand zufolge grosser Stärke und
Unnachgiebigkeit dem Druck nach rückwärts nicht Folge leisten kann,
wird sie denselben auf die seitlich angrenzenden Theile der Wand über¬
tragen und eine Lockerung der Nägel, womit sie befestigt sind, erzeu¬
gen; oder, wenn die Seitentheile von Huf und Eisen sehr fest mit
einander verbunden sind, dagegen die Zehe weniger widerstandsfähig
geworden ist, so wird sich letztere nach rückwärts biegen müssen, min¬
destens muss andauernd eine Pressung der weissen Linie entstehen.
Es könnte diesen Ausführungen entgegen gehalten werden, dass
die Abschrägung des Zehentragrandes zwar für den senkrecht belaste¬
ten und für den nach hinten abschiebenden Fuss zu verwerfen sei,
dass aber auch der horizontale Tragrand für den nach vorn gestreckten
und besonders für den in den Boden einfallenden Fuss nicht passe.
Zunächst muss hiergegen bemerkt werden, dass der Zuschnitt auf
verschiedenartig gestaltete Dinge immer so gemacht werden muss, dass
er auf die zahlreichsten Fälle ihres Vorkommens passt. Da ist
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PETERS,
denn ersichtlich, dass die senkrechte Belastung bei weitem die häu¬
figste und eigentlich die Regel ist, wenigstens für alle Cavallerie- und
Luxuspferde, welche häufig von 24 Stunden 23 Ruhe geniessen. Der
Beweis, dass die Zehenwand beim ruhenden Pferde mit senkrecht ge¬
stellten Vorderfüssen von einem vertical gerichteten Druck getroffen
wird, ist oben bereits gemacht worden. Für solchen zumeist wir¬
kenden, verticalen Druck ist nur der horizontale Tragrand ver¬
wendbar. Für die letzte Stellung eines voll belasteten Hufes ist die
Belastung der Zehenwand sogar eine derartige geworden, dass man
am vortheilhaftesten einen nach aussen abgeschrägten Tragrand geben
würde, geschweige denn deu horizontalen aufgeben kann.
Aber untersuchen wir jetzt, welche Nachtheile ein horizontaler
Tragrand während der Zeitdauer vom Einfall des Fusses in den Erd¬
boden bis zum Eintritt senkrechter Fussstellung etwa mit sich bringt.
Denken wir uns, wie vorhin, dass an den überall horizontal zuge¬
richteten Tragrand der Wand ein dazu passendes Eisen nicht ange¬
nagelt, sondern angeklebt wäre; dann würde beim Einfall des Hufes
in den Erdboden das Eisen vom Huf nach rückwärts abgestreift wer¬
den, die Zehe würde über den Tragrand des Eisens nach vorwärts
sich schieben. Einer solchen Verschiebung würde allerdings durch
einen abgeschrägten Tragrand vorgebeugt. Aber dasselbe geschieht,
und zwar in noch wirksamerer Weise, durch die Nagelung der Wände,
besonders aber durch den Aufzug an der Zehe, dem wichtigsten
Punkte. So lange der Aufzug richtig liegt, so lange kann kein Rut¬
schen auf dem Tragrande nach vorn eintreten; der Aufzug leistet
vollständigen Ersatz für den abgeschrägten Tragrand, und was das
wichtigste ist, er leistet auch nicht mehr als er soll und muss; denn
sobald der Fuss senkrecht belastet ist, übt der Aufzug keinerlei Be¬
lästigung auf die Zehen wand aus, erzeugt keine Ablenkung des Druckes,
wie es ein abgeschrägter Tragrand thut.
Wir haben also bei Betrachtung der Druckrichtungen, welche die
Zehe während der einzelnen Phasen der Stützung treffen, einsehen
müssen, dass der abgeschrägte Tragrand für die sichere Lage des
Eisens keine Vortheile mit sich bringt, die nicht durch eine gute
Nagelung und durch den Zehenaufzug ersetzt werden könnten, dass
er aber in allen Fällen zur Erzeugung eines Druckes führt, welcher
die Zehe nach rückwärts einklemmt.
Was die Wirkungen eines solchen einklemmenden Druckes
und einer andauernden Belästigung der Zehenwand anbelangt, so kann
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 299
ich aus eigener Beobachtung nicht darüber urtheilen, weil ich stets
nur den horizontalen Tragrand in Anwendung habe kommen sehen.
Aber bemerken möchte ich, dass ich eine ganze Reihe von Schäden
an der Zehe nicht gesehen habe, welche im „rationellen Hufbeschlag“
aufgeführt sind. Es wird hier gesagt, dass der Zwang regelmässiger
Hufe an der Zehe, durch eine Verkürzung des Hornschuhes im Längen¬
schnitt sich charakterisirend, häufig an der Lehrschmiede zur Beob¬
achtung käme; es sei dies früher nicht der Fall gewesen und müsse
auf einen Wechsel in der Beschlagsmethode zurückgeführt werden.
Da muss man fragen: weshalb wird denn von der rechtwinkligen
Unterstützung der Zehenwand nicht Abstand genommen, oder ist dieses
ursächliche Verhältniss ganz übersehen worden? Auch das, was über
den Zwang stumpfer Hufe mit rückwärts gebogener Zehe und den Soh¬
lenzwang gesagt und abgebildet ist, lässt errathen, dass der abgeschrägte
Tragrand in nicht ganz ferner Beziehung zur beredeten Abschrägung
steht. Auch die Beobachtung einer Zehensteingalle dürfte wohl nicht bei
einem Hufeiseu mit horizontalem Tragrande sich darbieten, es müsste
denn sein, dass jeder Druck auf die Sohle an der Zehe, welche ein nicht
abgedachtes Eisen bei einer flachen Sohle oder zu stark verkürztem Huf
erzeugen kann, den Namen einer Zehensteingalle annehmen soll.
Dass Schäden dieser Art in Folge abgeschrägten Tragrandes zur
Entwickelung kommen müssen, ist unausbleiblich. Die frühere Be¬
trachtung über den Bodendruck bei der vor- und rückständigen Stel¬
lung der Fiisse hat ergeben, dass der Huf nur dann seine dem ganzen
Fussstande entsprechende Form bewahren kann, wenn beim ruhenden
Pferde die Stützfläche senkrecht gegen den Erdboden drückt und senk¬
rechten Gegendruck empfängt. Hieraus geht schon für sich hervor,
dass die Einschaltung von schiefen Ebenen zwischen den Erdboden
und die Stützfläche eine irrationelle Massregel ist. An dieser Stelle
handelt es sich nur um den Nachweis, dass der Richtung entsprechend,
in welcher die Ablenkung erfolgt, Veränderungen gewisser Art an
dem betroffenen Punkte entstehen müssen. Sodann sollte auch
nachgewiesen werden, dass keinerlei andere Vortheile mit dem
Uebergang von der horizontalen zur rechtwinkligen Unterstützung für
die Zehenwand verbunden sind.
Wenn man sich schliesslich die Frage stellt, auf Grund welcher
Thatsache oder Beobachtung der Lehrsatz aufgestellt werden konnte,
„die Wand muss stets rechtwinklig unterstützt werden“, damit hieraus
für die Zehenwand die Specialregel des schrägen Tragrandes entnora-
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PETERS,
men werden konnte, so ist keine Antwort zu finden. Bei dem so
vielfach im „rationellen Hufbeschlag“ betonten Bemühen, stets der
Natur nachzugehen, um deren Fingerzeige zu verwerthen,
muss es um so mehr auffallen, dass nicht die so einfachen Verhält¬
nisse bei einem barfüssigen Pferde beachtet und als massgebend be¬
trachtet sind. Hier bildet die Fläche des Erdbodens für die Zehen¬
wand nie, sondern nur für die Trachtenwände eine stets recht¬
winklige Unterstützung; dasselbe thut das Eisen mit horizontalem
Tragrand, während für den abgeschrägten Tragrand keine Analogie
mit der Natur zu finden ist.
Aus der allgemeinen Dominik’schen Regel, dass die Wände stets
rechtwinklig durch den Tragrand des Eisens unterstützt werden müssen,
ist auf einen noch anderen Specialfall exemplificirt worden, welcher der
Betrachtung bedarf. Bei dem schiefen Hufe, dem bodenweiten
und dem bodenengen, sollen die schräg stehenden Seiten-
und Trachtenwände auf abgeschrägtem Tragrande ruhen.
So lange der schiefe Huf als ein kranker betrachtet wird, der in
den normalen wieder zurückgeführt werden soll und darf, ist die Mass-
regel vielleicht eine richtige; denn auf der schiefen Ebene des Eisen¬
armes wird durch den Druck der Körperlast die stärker ausgedehnte
Wand der Mittelebene des Hufes allmählich wieder näher gestellt.
Aber nur so lange kann das Verfahren Gültigkeit behalten, als der
schiefe Huf bei normalem Schenkelstande durch fehlerhafte Zurichtung
oder auch durch liederlichen Beschlag zu Stande gekommen ist, oder
auch wenn bei fehlerhaftem Schenkelstande die Entwickelung des
Schiefhufes abnorme Verhältnisse angenommen hat.
Die letzte Frage, ob der schiefe Huf als eine kranke Hufform
angesehen werden muss, ist die wichtigste, und kann auch bei stär¬
kerer Ausbildung die Entscheidung darüber, ob das richtige Mass noch
innegehalten ist, nur vom Sachverständigen mit Hülfe grösserer Er¬
fahrung gefällt werden. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle
wird es sich um den schiefen Huf handeln, welcher für die Schenkel¬
formation und die besonderen Belastungsverhältnisse passt, daher auch
in der Richtung seiner Wände keine Veränderungen erleiden darf. In
einer früheren Arbeit *) habe ich die Entwickelung und die Archi-
tectur desselben ausführlich besprochen, auch die Unterschiede in der
*) Mechan. Untersuch, a. d. Gelenken u. d. Hufe d. Pferdes. Berlin, Hirschwald.
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 301
Belastung der inneren und äusseren Hufseite matliematiscli-physika-
lisch dargethan. Die Hauptpunkte daraus führe ich hier an. l )
Der schiefe Huf stellt einen abgestutzten schiefen, der normale
gerade Huf einen abgestutzten geraden Kegel dar. Die Basis des
Kegels wird von der Bodenfläche des Hufes gebildet; als die obere
Fläche ist die Gelenkfläche zu betrachten. Beide Flächen, welche
natürlich einander parallel liegen, stehen mit ihren Mittelpunkten
nicht senkrecht über einander, sondern der Mittelpunkt der oberen
Hufgelenkfläche liegt beim bodenweiten Hufe der inneren steilen
Wand mehr genähert. Die steile Seite des Kegels ist kürzer als
die schräg liegende, aber die Horn wand der steilen Seite überragt die
Hufgelenkfläche bedeutend mehr als die Wand der schräg liegenden
Seite, weil die Fleischkrone nach oben dislocirt ist. In Folge dessen
*) Herr Dominik hat in Bd. VIII, S. 464 dies. Arch. die Resultate meiner
Messungen am schiefen Hufe und alle daran geknüpften Folgerungen als werthlos
hingestellt, weil die Messungen an einem Hufe ausgeführt sind, über den meine
Angabe lautet, dass er wahrscheinlich nie beschlagen gewesen ist. Es liegt
auf der Hand, dass die Angabe über ein 6jähriges Pferd, welches man nicht
selbst hat aufwachsen sehen, sondern erst in seinem dienstfähigen Alter von 4
Jahren kennen gelernt hat, nur lauten darf „wahrscheinlich nie beschlagen“ an¬
statt „nie beschlagen“. Aber wenn man auch nur mit Wahrscheinlichkeit atl-
nehmen darf, dass das Pferd vor seinem 4. Lebensjahre nie beschlagen war, so
ist nichtsdestoweniger der Schluss ein berechtigter, dass die Abnutzung des
Hufes eine naturgemässe gewesen sei, wenn man Gelegenheit gehabt hat,
das Pferd vom 4. — 6. Jahre nur in barfüssigem Zustande zu sehen. Oder würde
man auch dann noch sagen, dass der Huf an den Nachwirkungen des Beschlages
leiden könne, der vor dem 4. Jahre — vielleicht, aber höchst unwahrscheinlich
— auf ihm gelegen? Wo liegt also zwischen „wahrscheinlich nie beschlagen“
und „natürlicher Abnutzung“ der Widerspruch, den Herr Dominik als logischen
Verstoss bezeichnet? Im Uebrigen würden mehr Details aus dem Leben des
Pferdes auch mitgetheilt worden sein, wenn das eigentliche Beweistheraa meiner
damaligen Arbeit durch eine nicht natürliche Abnutzung der Bodenfläche in Frage
gestellt wäre. In meinem Artikel ist erwähnt, dass auf dem Querschnitt des
Hufes als natürliche Bodenlinie diejenige bezeichnet wird, welche parallel zur
Queraxe der Hufgelenkfläche liegt, und diese Angabe wurde gemacht, um allen
subjectiven Deuteleien über die richtige Höhe der Wände ein Ende zu bereiten.
— Ueber den pathologischen Schiefhuf habe ich an demselben Orte gesagt, dass
man ihn zuweilen zu Gesicht bekommt und nicht lange zu suchen braucht,
uni ihn zu finden. Wenn Herr Dominik sagt, dass die Wörter „zuweilen“ und
„nicht lange“ unmittelbar hinter einander auffallend seien, so ist dagegen nur
zu erwidern, dass nach allgemeinem Sprachgebrauch zuweilen vorkommende
Ereignisse solche sind, welche durch nicht lange Zeitintervalle von einander
getrennt sind.
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302
PETERS.
stellen sieh am geschlossenen schiefen Hufe die eigentlich kürzere
Seiten- und Trachtenwand ind. Ballen, höher dar als die entsprechen¬
den längeren, schräg liegenden Theile. Nur wenn dieses Verhältniss
in der Höhe aufrecht erhalten wird, bleibt die obere Fläche des
Kegels in der normalen horizontalen Lage stehen und kann die
untere Fläche voll auf dem horizontalen Boden fussen.
Für die Vertheilung der Last, welche dieser schiefe Sockel
für die Schenkelsäule zunächst auf seiner oberen Fläche empfängt und
weiterhin auf die Bodenfläche fortpflanzt, ist der Umstand entschei¬
dend, dass die obere (Hufgelenk-) Fläche näher der steilen Seite ge¬
lagert ist als der abgeschrägten. Dem entsprechend fällt mehr Last
der anliegenden Hälfte der Bodenfläche zu, und, wenn nur die
Hornwände zum Tragen gelangen, Strahl und Sohle ausgeschaltet sind,
der steilen Wandseite. Diese Mehrbelastung der steilen Wand
wächst um ein Bedeutendes, wenn sie künstlich erniedrigt wird, so
dass ihr in extremen Fällen das Fünffache der Last zufallt.
Auf die verstärkte Belastung der steilen Wandseite, beim boden¬
weiten Huf also der inneren Wand, ist ein Theil der Fo^mVerände¬
rungen zurückzuführen, welche der schiefe Huf zeigt. Ausserdem spielt
aber auch noch der abgeänderte Bodendruck eine gewichtige
Rolle mit, indem derselbe nicht senkrecht, sondern in schräger
Richtung die Stützfläche des Hufes trifft. Schon bei Betrachtung
der Bodenfläche eines schiefen Hufes fällt es in die Augen, dass
der Hornstrahl zwischen den Eckstreben nicht senkrecht, sondern
in schräger Richtung herauswächst, mag er den Erdboden berühren
oder nicht. Noch weit deutlicher zeigt sich aber nicht nur diese
abgeänderte Formation der Strahles, sondern auch ein vollständiges
Verschobensein des ganzen Sohlengewölbes auf Querschnitten, wie
Fig. 13 einen darstellt. Ohne auf die Einzelheiten der Abbildung,
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 303
wie sie sich bei allen zahlreich von mir gemachten Querschnitten
wiederholt haben, besonders einzugehen, macht die Lage der an der
Bodenfläche liegenden Horntheile und der damit verbundenen Huf¬
beinäste den Eindruck, als ob sie durch eine parallel dem Erdbo¬
den, in der Richtung des Pfeiles, wirkende Kraft verschoben wären,
während die höher liegende Gelenkfläche an ihrem Platze verblieb.
Eine solche Kraft, ein nicht senkrecht wirkender Bodendruck hat hier
auch eingewirkt, wie ich mich überzeugt habe, seit ich mich mit der
Klarstellung der Bedingungen beschäftigt habe, unter welchen der
Bodendruck seine Richtung verändert. Man wird hier erkennen, dass
ganz in derselben Weise, wie bei der vor- und rückständigen Stellung
der Füsse die Bodenfläche des Hufsockels nach vor- oder rückwärts
durch die abgeänderte Druckrichtung verlegt wird, so auch hier eine
der bodenweiten Schenkelstellung entsprechende Umbildung des Hufes
zu Stande kommt.
Die Darstellung des Sachverhalts kann an diesem Orte nur in
cursorischer Weise vor sich gehen, auch nur mit Bezugnahme auf den
bodenweiten Huf und die zugehörige Stellung, zumal die Details für
die übrigen Stellungen und Hufe, wie bodenenge, sich leicht ab¬
leiten lassen.
Ich greife zunächst auf das zurück, was früher über die Ver¬
änderung des Bodendruckes bei der vor- und rückständigen Schenkel¬
stellung auf mathematisch-physikalischem Wege ermittelt wurde. Der
Huf erlitt an seiner Bodenfläche eine Verlängerung nach vorwärts
resp. rückwärts; die Kraft, welche diese Umformung erzeugte, ging
im ersteren Falle aus einer verstärkten Zugkraft des auf der Rück¬
seite des Fusses liegenden Beugeapparates, im letzteren aus einer ver¬
minderten Zugkraft desselben hervor. So lange diese Zugkraft in
paralleler Richtung mit der Körperaxe wirkt, so lange muss auch
der horizontal liegende Antheil des abgeänderten Bodendruckes parallel
zur Körperaxe bleiben und seine Wirkung auf die Bodenfläche des
Hufes sich dahin äussern, dass die Verschiebung derselben ohne jeg¬
liche Seitenabweichung, geraden Weges nach vor- resp. rückwärts, sich
einstellt. Der Huf wird dabei in seinen beiden seitlichen Hälften
gleichraässig verändert. Ebenso weit wie die innere Seite nach vor¬
wärts verschoben wird, ebenso weit ist es mit der äusseren Seite der
Fall. Das Verhältniss wird in der Zeichnung 14 durch die Figur A
dargestellt. Man erblickt hier von oben das im Fesselgelenk ampu-
tirte untere Fussende bei seiner Stützung auf dem Erdboden, Die
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PETERS.
304
Gelenkfurche des Fesselbeins aa und die Mittellinie haben dieselbe
Richtung und sind beide der Körperaxe parallel. Die Zugkraft der
Sehne hat also auch die gleiche Richtung. Wenn die Zugkraft in
Folge vorständiger Stellung stärker wird, und damit die bei dieser
Stellung vorhandene Richtung des Bodendruckes von hinten und unten
nach vorn und oben sich einstellt, so muss der horizontale Antheil
desselben in der vorwürfigen Zeichnung sich derart projiciren, wie die
beiden seitlichen Pfeile zeigen. Die Wirkung der Kraft wird in einer
Verschiebung der Stützfläche nach vorn bestehen, in die Lage der
punktirten Linie hinein, wobei äussere und innere Zehen-, äussere und
innere Trachtenwände gleichmässige Krümmung behalten. Mit anderen
Worten: die Symmetrie des Hufes wird nicht gestört.
Das Verhältniss ändert sich, wenn der Fuss auch in der Frontal-
ebene eine Abweichung annimmt, also etwa bodenweit sich stellt. Denn
dann tritt der Fall ein, dass der horizontale Antheil des Bodendruckes
die Mittellinie des Hufes überkreuzt. Er findet seine bildliche Dar¬
stellung in der Figur B, in welcher die Gelenkfurche des Fesselbeins a a
die Mittellinie des Hufes b b schneidet. Die nothwendige Folge davon
ist, dass die Zugkraft der Sehne die Körperlast auf und über den Huf¬
sockel in einer mit der Gelenk furche aa gleichlaufenden Richtung
hebt, also entsprechend der Richtung der beiden seitlich liegenden
Pfeile. Der der vorständigen Stellung zugehörige Bodendruck wird
also durch das Hinzutreten einer bodenweiten Stellung in die Rich-
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u Gestalt ihrer Stützfläche. 305
tung der Pfeile verlegt, dem entsprechend muss sich auch seine Wir¬
kung auf die Umformung der stützenden Huffläche geltend machen.
Die Verschiebung derselben muss in der Richtung der Pfeile stattfin¬
den, so dass etwa die punktirte Linie den Contour der umgebildeten
Stützfläche darstellt. Der die Verlegung der Stützfläche erzwingende
Druck kreuzt die Mittellinie des Hufes. Unter solchen Umständen
kommt das asymmetrische Verhältniss zwischen lateraler
und medialer Hufabtheilung zu Stande. Erstere ist breiter
und überdeckt mehr Boden als die letztere, welche wie zusammen¬
geschoben erscheint und auch kürzer ist. Die stärkere Rundung
der äusseren Zehe, so dass der vorderste Punkt der Wand nicht in
der Verlängerung der Strahlfurche (der Hufraittellinie) liegt, ferner
die Dislocation des inneren Eckstrebenwinkels und des Ballens nach
vorn, sowie manche andere räthselhafte Erscheinungen werden deutlich
durch die Einwirkung, welche der Bodendruck in der geschilderten
Lage auf die stützende Huffläche ausübt.
Was ferner die in der Zeichnung B dargestellte schräge Lage der
Gelenkfurche vom Fesselbein anbelangt, so ist deren Vorhandensein
bei der bodenweiten Fussstellung leicht zu erweisen. Schon bei Be¬
trachtung eines lebenden, bodenweit gestellten Pferdes ist allemal er¬
sichtlich, dass die drei untersten Phalangen (von vorn oder von hinten
betrachtet), ausser ihrer Abweichung von der Senkrechten, eine Dre¬
hung um ihre Längsaxe besitzen, so dass die Beuge- oder Rückseite
des Fesselgelenks mehr oder weniger stark nach innen gewandt steht.
Den besten Aufschluss giebt das Präparat. Führt man mit der Säge
einen sagittalen Schnitt von der Bodenfläche des Hufes aus in der
Weise, dass man die mittlere Strahlfurche als Sagittallinie anniramt,
und treibt man den Schnitt durch die drei Phalangen bis zur Fessel¬
gelenkfläche hinauf, so findet man ständig, dass letztere nicht nur nicht
in ihrer Mittellinie getroffen wird, sondern dass auch die Schnittlinie die
Gelenkfurche kreuzt, wie es in der Zeichnung mit der Linie bb der Fall ist.
Eine bodenweite Stellung der Fesselaxe in dem Sinne, wie sie bislang
als mustergültig dargestellt und aufgefasst wurde, nämlich eine Nei¬
gung der Axe für sich allein in der Frontalebene, habe ich nicht
constatiren können, sondern sie stets begleitet gefunden von der er¬
wähnten Drehung, deren Folge die schräge Lage der Gelenk furche ist.
Bei allen zahlreichen Nachforschungen, die ich an Cadavern bezüglich
dieses Punktes, auch mit Hülfe von Visirpunkten, gemacht habe, stellte
sich dieses und auch ferner heraus, dass, je schräger die Gelenkfurche
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3Ö(> PETERS.
des Fesselbeins über die Mittellinie des Hufes eingeschnitten, um
so grösser die Asymmetrie zwischen den seitlichen Hufabtheilun¬
gen war.
Ueberhaupt findet man sehr selten eine vollständig gleichlaufende
Richtung zwischen Gelenkfurche und Hufmittellinie, und aus diesem
Grunde trifft man auch wohl so selten einen in seinen beiden seitlichen
Hälften vollkommen symmetrisch gebildeten Huf. Eine mässige Asym¬
metrie, etwas geringere Ausdehnung der inneren Sohle und geringere
Rundung der inneren Wand, also die ersten Anfänge des bodenweiten
Hufes, werden sogar mit zu den Eigenschaften des normalen Hufes
gerechnet. Für dieses Verhältnis dürfte die Begründung darin ge¬
funden werden, dass die bodenweite Fussstellung und die dazu gehörige
schräge Lage der Fesselgelenkfurche so überwiegend häufig, wenn
auch nur andeutungsweise, vorhanden ist, dass also au'h bei diesen
noch als normal erachteten Fussstellungen die Wirkungen eines ab¬
geänderten Bodendruckes am Hufe sich geltend machen und die
Anfänge des bodenweiten Hufos hervorbringen müssen. Hiermit
dürften die Unterschiede, welche die Anatomie zwischen lateraler und
medialer Seite des normalen Hufes aufgestellt hat, nebenbei er¬
klärt sein.
Ebenso wie für die Umformung der Stützfläche, welche der boden¬
weite Huf zeigt, der abgeänderte Bodendruck das eigentliche Ent-
stehungsmoraent darstellt, so ist es auch der Fall in Betreff der anderen
Hufformen, deren Grundzug in der Asymmetrie der beiden Hufseiten,
bald im Bereich der Zehen, bald im Bereich der Trachten besteht.
Welche Hufform zu Stande kommt, dafür ist entscheidend die Rich¬
tung, welche der Bodendruck annimmt. Letztere geht wiederum hervor
aus einer Complication von stärkerer einseitiger Belastung der me¬
dialen oder der lateralen Hufseite mit Vor- oder auch Rückständigkeit
des Fusses. Stets findet man bei der sich täglich bietenden Beobach¬
tung, dass, wenn ein Tbeil der Wand eine abnorm grosse Krümmung
besitzt, während der diagonal liegende Wandtheil einen um so flache¬
ren Bogen beschreibt, die Zugwirkung der Schenkelmusculatur
nicht auch gleichlaufende Richtung mit der Mittellinie des Hufes
besitzt, sondern die letztere überkreuzt. Eine eingehende Besprechung
der Detailfragen dürfte an dieser Stelle vermieden werden können.
Für die Bedürfnisse des Hutbeschlages genügt die vorstehende Be¬
trachtung, um darzuthun, dass wir in dem bodenweiten Hufe ein
Umbildungsproduct der von der Schenkelmusculatur selbst in Bewegung
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Beziehen, zwischen Belastg. cl. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 307
gesetzten mechanischen Reaction zu suchen haben. Die Entwickelung
desselben zu verhindern, vermögen wir nicht, so lange nicht etwa die
stützende Knochensäule noch correcturfähig ist. Indessen das richtige
Mass seiner Ausbildung und Anpassung an die entwickelte Schenkel¬
säule liegt auch eingeschlossen in der Aenderung der Druckverhältnisse,
welche mit erfolgter Anpassung sich ebenso einstellen, wie wir es
bei dem langzehigen Hufe, als Begleiter der vorständigen Fussstellung,
früher gesehen haben. Wenn die Verbreiterung der äusseren Hufseite
so weit gediehen ist, dass sie den Gleichgewichtsbedingungen des
Fusses entspricht, und wenn die Kraft, welche den Tragrand der
äusseren Wand nach aussen zu bewegen strebt, sich ausgeglichen hat
mit der Cohäsionskraft derselben, so ist der Abschluss erreicht. Die
Natur hat dann etwas sehr Passendes zu Stande gebracht, nicht im
Bewusstsein des Zweckes, sondern weil sie nicht anders gekonnt: die
Basis des Hufsockels hat für sich allein eine Verschiebung
nach aussen erfahren, damit auf seiner oberen Fläche, im
Hufgelenk, der Aufbau der Phalangen in möglichst senk¬
rechter Richtung vor sich gehen kann.
Man muss nun wohl fragen, weshalb der Kraft entgegentreten,
welche die äussere Hufseite auszudehnen strebt, weshalb die äussere
Hornwand auf eine rechtwinklig stehende Stützfläche des Hufeisens
gesetzt werden soll, wie im „rationellen Hufbeschlag“ verlangt wird?
Die Wirkung eines nicht horizontalen Tragrandes läuft doch, wie
wir gesehen haben, darauf hinaus, den die Hornwand treffenden Gegen¬
druck aus dem Erdboden derart abzulenken, dass der Tragrand die
Bedeutung einer Gleitfläche für die darauf ruhende Wand erhält. Das
Resultat kann nur Einklemmung der letzteren sein und nur dann
wünschenswerth erscheinen, wenn man der Ansicht ist, dass die Ver-
grösserung der äusseren Hufseite nichts Anderes als ein Uebelstand
ist, für dessen Begrenzung der Natur die Kräfte abhanden gekommen
sind. Allerdings ist die Hufform ein Uebel, aber ein nothwendiges,
durch welches ein anderes, grösseres Uebel, die fehlerhafte Fussstel¬
lung, ausgeglichen wird, und zwar in der vorteilhaftesten Weise.
Die etwa eintretenden Hufschäden, soweit sie durch die Schräglage
der Wand bedingt sind, kommen gegenüber den Schäden an Gelen¬
ken und Bändern, welche durch sie vermieden werden, gar nicht in
Betracht.
Erreicht man durch den abgeschrägten Tragrand eine steilere
Wandstellung und Verschmälerung der äusseren Sohle, so erhält der
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308
PETERS,
Huf in summa eine zu schmale Stützfläche; denn gerade die Verbrei¬
terung auf seiner äusseren Seite ist es, durch welche die Verschmäle¬
rung auf der inneren ausgeglichen werden muss, damit der Huf mit
einer genügend grossen Stützfläche für die Schenkelsäule ausgerüstet
bleibt. Dieser Punkt verdient um so mehr Beachtung, als ein grosser
Theil der schiefen Hufe ohnehin schmal gebaut ist und dadurch Dis¬
position zu Gelenkleiden schafft.
Ferner hat die schräge Lage der äusseren Wand auch insofern
noch Bedeutung, als durch dieselbe die Ausdehnungsfähigkeit des Hufes
vermehrt wird. Die volle Erhaltung dieser Fähigkeit ist um so mehr
anzustreben, als auf der inneren Wand dieselbe bedeutend beschränkt
ist, theils durch ihre senkrechte Stellung, theils durch die auf ihr
ruhende grössere Last.
Nach Allem kann eine Beschränkung der Dimensionen der äusse¬
ren Seite beim bodenweiten Hufe nicht angestrebt und nicht zur Auf¬
gabe des Beschlages erhoben werden. Beschneidet man allerdings den
inneren Tragrand stark und macht man damit den Winkel am äusseren
Tragrande noch mehr spitz, als der Bildung des Hufes und dem Stande
des Fusses entspricht, so kann eine Abschrägung des Tragrandes nöthig
werden. In diesen Fällen, wo man nach den Anschauungen des * ra¬
tionellen Hulbeschlages“ die innere Wand als die naturgemäss niedrige
behandelt hat, ist der abgeschrägte Tragrand das Mittel, wodurch
einer Ausbildung der bodenweiten Hufform zu einem wirklich kranken
Hufe vorläufig Einhalt geboten werden kann. Fraglich dürfte es aber
doch sein, ob man die Abschrägung so stark machen kann, dass die
Wand rechtwinklig auf ihr ruht. Die Beweglichkeit einer sehr geneigt
stehenden Wand wird durch rechtwinklige Unterstützung in einem
zweifellos höheren Grade beschränkt, als die Beweglichkeit einer stei¬
leren Wand durch gleiche Unterstützungsweise. Denn in letzterem
Falle wirken die die Ausdehnung erzwingenden, horizontal gerichteten
Druckkräfte in ziemlich gleicher Linie mit der Unterstützungsfläche
des Eisens; dagegen im ersteren Falle fallt diesen Kräften etwa die¬
selbe Aufgabe zu, als wenn eine Last bergauf geschoben werden soll
durch eine horizontal gerichtete Kraft, wobei also ein Theil derselben
gegen die schiefe Ebene gerichtet ist. Jedenfalls wird die Ausdehnung
des Hufes durch dieses Verfahren auf Null reducirt werden.
Wenn wir auch bei dieser Frage auf die Fingerzeige eingehen,
welche die Natur uns für unser Verhalten beim Beschläge giebt, so
vermissen wir jede Aehnlichkeit zwischen ihrem Verfahren und dem
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 309
des * rationellen Hufbeschlages“. Die Stützfläche für den ganzen Huf,
mit Einschluss der schrägen Seitentrachten wände, bildet für den
unbeschlagenen Huf eine horizontale, also keine rechtwinklige Unter¬
stützungsfläche. Zwar ist der Erdboden mehr rauh, so dass die Rei¬
bung des Tragrandes auf demselben grösser ist als auf dem glatten
Eisenarm, auch drücken sich die Kanten des Hufes in den Erdboden
ein; aber diese Hindernisse sind zu unbedeutend im Verhältniss zu
der Kraft, womit die Ausdehnung des Hufes erzwungen wird, die letz¬
tere wird trotz derselben vor sich gehen. Jedenfalls lassen sie sich
in ihrer Wirkung nicht vergleichen mit dem Stellen der Wand auf
eine rechtwinklig stützende Eisenfläche, durch welche die Ausdehnung
einer Wand mit bedeutender Schräglage wahrscheinlich ganz aufge¬
hoben wird.
Noch eine andere Neuerung in der Construction der Tragfläche
ist im „rationellen Hufbeschlag“ eingeführt, welche ihre Entstehung
der consequenten Durchführung des Princips der recht¬
winkligen Unterstützung des Tragrandes verdankt. Nachdem
S. 153 gesagt ist, dass der Tragrand des Eisens je nach der Richtung
der Hornwände zum Erdboden bald die eine, bald die andere Ober¬
fläche zeigen muss, heisst es: „Die Schenkelenden sind selbst¬
verständlich hiervon nicht ausgeschlossen; bei der senkrechten
Richtung der Trachtenwände — bei Betrachtung von hinten — und
bei der schräg nach vorn gerichteten Richtung derselben
— bei Betrachtung von der Seite — müssen jene Flächen der
Oberfläche nach horizontal, betreffs der Längsrichtung nach
hinten schräg abfallend gehalten sein.“
Wie der Autor sich die rechtwinklige Unterstützung der Trachten
bei der Betrachtung von der Seite gedacht hat, wird klargestellt S. 203
durch die Fig. 116, denn hier wird als ein regelmässiges, rechtwinklig
die Trachten unterstützendes Eisen ein solches mit nach hinten schräg
abfallenden (abgeschärften) Schenkelenden dargestellt. Das, was also
früher unter dem Schwebeeisen von den alten Schmieden in der
Besorgniss vor Steingallen auf den Huf gelegt, was von allen
anderen Autoren als schädigend für die Haltbarkeit der Hornkapsel
gekennzeichnet und verlassen worden ist, soll wieder eingeführt werden.
Man würde glauben, dass man den Sinn dieser rechtwinkligen Unter¬
stützung nicht richtig aufgefasst habe, wenn nicht die Abbildung davon
überzeugte und wenn nicht auf einer anderen Stelle gesagt wäre, dass
21
Archiv f. wisienscb. u. prakt. Thierheilk. IX. 4 u. 5.
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310
PETERS,
man eine Messerklinge zwischen die Trachtenwand und die
obere Fläche des Eisens müsse schieben können.
Wird aber eine rechtwinklige Unterstützung bei diesem Verfahren
überhaupt erreicht? Zwar trifft eine gedachte Verlängerungs¬
linie der Trachten wand den Tragrand des Eisens in einem weniger
spitzen Winkel als bei nicht abgeschrägtem Tragrand, aber von einer
Unterstützung kann doch gar keine Rede sein, wenn die beiden
Flächen, Eisen und Wand, durch einen Abstand von der Dicke einer
Messerklinge von einander entfernt stehen. Die rechtwinklig stehende
Unterstützungsfläche ist überhaupt keine mehr, sondern imaginär
geworden. Nebenbei ist einer der wesentlichsten Stützpunkte des
Hufes, der Vereinigungswinkel zwischen Eckstrebe und Trachtenwand,
ausser Thätigkeit gesetzt nur zu dem Zweck, damit die rechtwinklige
Unterstützung bis zur letzten Consequenz scheinbar durchgeführt werde.
Fragt man nach den nächsten Folgen eines Beschlages mit dem
Schwebeeisen, so ist deutlich, dass der Theil der Last, welchen die
Enden der Trachten und der Eckstrebenwinkel sonst tragen, von einem
vorderhalb gelegenen begrenzten Punkte der Wand getragen werden
muss. Auf diesen wirkt das abgeschrägte Eisenende hebelartig, und
diese Wirkung muss um so verderblicher für ihn werden, als er bei
weitem nicht die Widerstandsfähigkeit besitzt wie der Eckstreben¬
winkel, wo Tracht und Eckstrebe zu einer so festen Verbindung mit
einander zusammentreten. Der gefährdete Punkt vorderhalb der schwe¬
benden Stelle zeigt darum auch häufig die Zeichen von Dehnungen
und Quetschungen der Fleischblättchen und der Fleischsohle. Will
man dieser Behauptung entgegen halten, dass manches Schwebeeisen
schon aufgelegt ist, ohne Steingallen zu erzeugen, und dass der Eck¬
strebenwinkel zuweilen zurückgeschnitten wird wegen Steingalle in
demselben, so kommt in Betracht, dass am Schluss der Beschlagszeit
eine Vergleichung der beiden getrennten Flächen doch gewöhnlich zu
Stande kommt, weil die tragenden Theile der Wand auf dem Eisen
in verstärktem Masse sich abreiben und weil die dünn abgeriebenen
Eisenenden sich aufwärts biegen. Die Gefahr liegt hauptsächlich in
der Wiederholung des Verfahrens, in der Erhebung desselben zum
Princip im Hufbeschlage, wodurch Zwangshuf und abnorme Verkrüm¬
mungen der Trachtenwände sich einstellen.
Jedenfalls weicht der „rationelle Hufbeschlag“ von dem englischen
Einsiedel’schen, mit dem er sich sonst in Uebereinstimmung zu befinden
glaubt, gerade in dem Hauptpunkte desselben ab, denn in dem treff-
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Beziehgn. zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 311
liehen „Gedankenzettel“ findet der Hauptsatz desselben seinen Aus¬
druck: Schone die Trachtenwände. Derselbe ist der Erfahrung
entsprungen, dass die Function der Eckstreben, welche in der Erhal¬
tung der Breitendimension und der Vermittelung der Ausdehnung der
hinteren Hufabschnitte besteht, nur bei und durch Conservirung der
Eckstrebenwinkel vollgültig erhalten bleiben kann. Wird dieser Um¬
biegungsstelle nicht derselbe feste Stützpunkt auf der Hufeisenfläche
gewährt, wie schon der Erdboden für den barfüssigen Huf bietet, so
entstehen im Laufe der Zeit bedeutsame Veränderungen in der Con-
figuration dieser Theile. Sie entstehen um so leichter, als beim be¬
schlagenen Huf die Eckstreben ohnehin keine Unterstützung durch die
Tragefläche des Hufeisens finden und das hierauf abzielende Erdt’sche
Eisen mit besonderen Eckstrebenschenkeln wegen der Schwierigkeit
der Anfertigung und Anpassung leider keine Verwendung findet.
Ob man die Trachtenecken so wenig mit der Raspel verkürzt,
dass eine Messerklinge zwischen dieselben und das Eisen geschoben
werden kann, oder ob man mehr davon abträgt, wie die alten Schmiede
es thaten, stets wird man wieder zu dem schwebenden Eisen gelangen,
das den hinteren Theil des Hufes ungenügend unterstützt und seine
nachtheiligen Wirkungen ausüben wird.
Auch in diesem Specialfall lässt ein Vergleich mit den Mass¬
nahmen der Natur die Berechtigung einer rechtwinkligen, überdies
imaginären Unterstützung nicht zu. Die Beobachtung am barfüssigen
Pferde lässt erkennen, dass die Trachtenenden nicht rechtwinklig vom
Erdboden unterstützt werden, und es ist kein Grund erfindbar, ihnen
eine andere Stützfläche auf dem Eisen darzubieten, als der Erdboden
gewährt, also eine horizontale.
Im Allgemeinen muss noch über das Princip der rechtwinkligen
Unterstützung, nachdem es in drei verschiedenen Fällen als nicht ver¬
wendbar erkannt ist, erwähnt werden, dass bei der Aufstellung
desselben eine bedenkliche Petitio principii begangen ist, dass die
Gründe dafür selbst noch des Beweises bedürfen, dass eine einfache
Ueberlegung keine Beweiskraft hat. In den exacten Wissenschaften
verdanken wir die grossen Fortschritte der Neuzeit der Methode der
Untersuchung: dass jeder einzelne Fall genau geprüft und aus einer
Reihe von übereinstimmenden Fällen die allgemeine Regel oder das
Gesetz abstrahirt wird. Im „rationellen Hufbeschlag“ ist der umge¬
kehrte Weg eingeschlagen: hier ist ein oberster Grundsatz ohne jede
Begründung an die Spitze gestellt und ohne weiteres dazu benutzt,
21 “
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31*2
PETERS.
den Einzelfall zu demonstriren. Möglicherweise verdankt das neue
Gesetz von der rechtwinkligen Unterstützung seinen Ursprung den irr-
thümlichen und fehlerhaften Vorstellungen von den physikalischen
Reactionen der Kräfte, über welche ja S. 80 des „rationellen Huf¬
beschlages“ sich dahin vernehmen lässt, dass der Fall des Kör¬
pers von hinten und oben, der Gegenstoss aber in senk"
rechter Richtung auf den Huf einwirken soll!
Die Bodenfliehe des Eisens.
Die Fläche des Eisens, welche mit dem Erdboden in Berührung
tritt, wird ihrer Aufgabe der Stützung am besten genügen, wenn sie
möglichst ausgedehnte Berührung mit dem horizontal gedachten Erd¬
boden gewährt und demgemäss eine ebene, horizontale Fläche darstellt.
In diesem Falle stellt das Hufeisen, von der Seite gesehen, einen
gleichmässig dicken Eisenreif dar, durch dessen Befestigung an den
Wänden keine weitere Veränderung am stützenden Hufsockel erzeugt wird,
als vielleicht eine geringe, aber gleichmässige Erhöhung über dem
Erdboden. Die Druck Verhältnisse zwischen Huf und Erdboden werden
durch die beiden parallelen Flächen des Eisens in keiner Weise ab¬
geändert und bleiben dieselben wie beim barfüssigen Huf.
Will man indessen strenge die Verhältnisse des unbeschlagenen
Hufes nachahmen, so muss dem vordersten Theil von der Zehe dos
Eisens eine geringe Aufrichtung gegeben werden, da sowohl der unbe¬
schlagene Huf als auch das abgelaufene Eisen auf genanntem Punkte
eine stärkere Abnutzung zeigen. Einestheils ist diese vermehrte Ab¬
nutzung der Zehe die Folge des heftigen Gegenstosses beim Einfall
des Fusses, da in allen Fällen, auch wenn alle Theile der Bodenfläche
gleichzeitig in den Erdboden einfallen, die Zehe die heftigste Einwir¬
kung empfängt und der rutschenden Bewegung nach vorn entgegen zu
arbeiten hat; anderntheils bleibt die Zehenspitze etwas länger als die
übrigen Theile des Hufes am Erdboden haften, wenn der Fuss zum
Zweck des Abschwingens der Last mit seinen unteren Gelenken plötz¬
lich in den Beugezustand übergeht, also zuerst die Trachten und zuletzt
die Zehen vom Erdboden abhebt.
Dieser verstärkten Abnutzung der Zehe entsprechend, thut man
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Beziehgn. zwischen Belastg. A. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 313
gut, auch dem erwähnten Theil des Hufeisens eine geringe Aufrich¬
tung zu geben. Für ältere, stumpf gewordene Pferde ist diese Zehen¬
richtung ein Bedürfnis, durch dessen Befriedigung häufiges Stolpern
und Anstossen vermieden wird; denn je mehr der lange und freie
Austritt des Fusses aus irgend einem Grunde vermieden wird, um so
weniger gelangen die unteren Gelenke zu dem Grade der Extension,
durch welchen ein vollständig gleichzeitiges Fussen der gesamraten
Bodenfläche des Hufes erst ermöglicht wird. Die Zehe stösst hier
zuerst auf den Erdboden und giebt um so leichter Anlass zum Stol¬
pern, je weniger auf die Zehenrichtung Bedacht genommen wird.
Anders liegt die Frage über die Gestalt der Bodenfläche beim
Beschläge mit Stollen. Trotz ihrer grossen Nachtheile für den
Huf und die Gelenke sind die Stollen in gewissen Dienstzweigen, im
schweren wie auch leichten Zuge, der plötzliche Paraden auf plattem
Steinpflaster verlangt, nicht zu entbehren, weil sie leider noch durch
keine Erfindung in ihren Wirkungen vollständig ersetzt sind. Mit
Recht wird zur Zeit das Stolleneisen wegen seiner vielen Nachtheile
bei einer viel geringeren Zahl von Pferden als früher verwandt und
wird wohl nur noch selten bei Reitpferden Gebrauch davon gemacht.
Dies mag der Grund sein, dass man dem Beschläge mit Stollen nur
geringe Beachtung und Besprechung in den Lehrbüchern hat zu Theil
werden lassen. Aber dringend nöthig ist dies doch, wenn man die
unvermeidlichen Nachtheile desselben nicht unnöthig sich steigern
lassen will. Der schädliche Einfluss auf Strahl und Trachtenwände,
auf Hufmechanismus und Gelenke ist hinreichend oft hervorgehoben
und so bekannt, dass derselbe nicht erwähnt zu werden braucht. Aber
der wichtige Umstand, dass durch die Erhöhungen an den Schenkel¬
enden des Eisens die Wirkungsweise des Einfallsstosses auf
den Huf, speciell die Zehe, gänzlich verändert wird, finde
ich in keinem Lehrbuch über Hufbeschlag berührt und möchte ich in
Kürze noch erwähnen.
Wenn man ein in seiner Bodenflächc vollständig ebenes Eisen mit
Stollen versieht, so kommen mit dem harten Erboden nur begrenzte
Punkte des Eisens in Berührung und zum Tragen, die Endpunkte der
Trachten und die Spitze der Zehe, währond die beiden Seitenarme des
Eisens in ihrer ganzen Länge vom Erdboden abgehoben sind. Erst
wenn das Eisen längere Zeit benutzt ist und durch Abreibung sowohl
die Stollen wie auch die Zehe kürzer geworden sind, bildet sich wieder
eine ausgedehntere Berührung zwischen Eisen und Erdboden heraus.
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314
tfiTEftS,
So sehen wir, dass allemal gegen Ende der Beschlagszeit nicht blos
die Spitze der Zehe, sondern auch der wichtige Uebergangstheil von
der Zehen- zur Seitenwand zum Tragen gelangt.
Hir wirft sich nun die Frage auf: wie wirkt auf den Huf der
Gegendruck aus einem neuen Stolleneisen ein, welches, wie in der
Abbildung 15, nur an der Spitze der Zehe und den Trachtenenden
Berührungspunkte mit dem Erdboden findet?
Wenn in den Punkten a und b (Fig. 15) des Erdbodens das Eisen
festen Stützpunkt gefunden hat, so vertheilt sich der Druck des
Tragrandes der Wand auf den Tragrand des Eisens ganz in derselben
Weise, als wenn dieser einen Theil des Erdbodens darstellte; denn da
das Material des Hufeisens so fest ist, dass es unter dem Gewicht des
Fusses seine Form nicht verändert, so wird von allen zwischen den
beiden gestützten Punkten liegenden Theilen dasselbe Mass von Last
aufgenommen und auch von ihnen der Gegendruck in gleicher Rich¬
tung und Stärke zurückgegeben. Die Last, welche aus der Hufgelenk¬
fläche bald in der Richtung von Pfeil I, bald von H, bald von III
wirkt, findet auf der Fläche cd denselben Widerstand, als wenn cd
der Erdboden selbst wäre. Da diese Fläche in sehr geringem Grade
von der horizontalen abweicht, so wird eine nur unwesentliche Ver¬
änderung im Gegendruck erzeugt, und das Verhältniss bleibt fast das¬
selbe wie bei einer absolut horizontalen Unterstützung, wenn beim
Zurichten des Hufes auf die entsprechende Verkürzung der Trachten
Rücksicht genommen ist. Demnach kann auch das Stolleneisen durch
abnormen Belastungsdruck keine wesentlichen Veränderungen an der
Zehenwand erzeugen.
Die Voraussetzung war eben, dass das Eisen auf dem Erdboden
sich stützt und sich im Ruhezustände auf demselben befindet. An¬
ders gestaltet sich das Verhältniss, wenn das Eisen nicht stützt,
sondern als stossender Körper betrachtet werden muss,
wenn also der Huf aufgehoben ist und in den Erdboden einfallen will.
Dann ist das Eisen als ein Theil des Hufes selbst zu betrachten,
welches den Gegenstoss auf seiner unteren Fläche aufnimmt und je
nach Lage der zuerst getroffenen Punkte weiter nach oben fortpflanzt.
Eine gleichmässige Vertheilung des Stosses über den Huf kann nur
dann stattfinden, wenn Zehentheil und Stollen in a und b den Erdboden
zu absolut derselben Zeit treffen. Dies findet aber wohl nur aus¬
nahmsweise statt; denn erstens wird in allen Fällen, wo das Pferd
keine schwunghaften Gänge mit vollständig gestreckten Gelenken geht,
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Beziehgn. zwischen fielastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 315
ein wenn auch nur unbedeutend früherer Aufstoss der Zehe statt¬
finden, und zweitens giebt das Gehen auf schlechtem Steinpflaster
sowie auch übermässige Länge der Zehe bei der Ausführung des Be¬
schlages häufig genug Anlass zu früherem Einfall derselben.
Wie wirkt nun der aus dem Punkte a erfolgende Gegenstoss auf
den Zehentheil des Hufes ein, wenn b noch keinen Widerstand leistet?
Die Richtung des Stosses von oben ist durch die Lage von Pfeil I
angegeben, und gleichzeitig repräsentirt er die Axe des Kronenbeins,
welche die Hufgelenkfläche in x trifft. Der Stoss verbreitet sich von
allen Theilen der Hufgelenkfläche in gleicher Richtung weiter nach
unten, aber die Stossaxe, in welcher man sich sämmtliche Kräfte con-
centrirt denken kann, geht von dem Mittelpunkt der Fläche, von x,
aus. Von hier müssen die Kräfte den Weg nach unten in derselben
Richtung weiter nehmen und würden den Erdboden, wie Pfeil IV, in
y treffen. Dieser Punkt y, welcher etwa unter dem Uebergangs-
theil von Zehen- und Seitenwand liegt, ist also der wich¬
tigste, wenn es sich um wirksame Stützung der einfallen¬
den Last handelt. Die Eisenfläche kann auf ihn aber nicht den
Stoss überleiten, weil sie höher über dem Erdboden steht. Deshalb
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PEtERS,
äiö
kann auch keine Gegenwirkung aus y erfolgen, sondern dies muss aus
dem allein stützenden Punkt a geschehen.
Aus diesem Uebelstande, dass das Centrura des Stosses
keinen Widerstand auf dem Erdboden findet, entspringen nun
Nachtheile für die Zehenwand und auch für die Gelenke, welche zeit¬
weilig vielleicht wenig augenfällig sind, in vielen Fällen aber recht
bedeutend werden.
Denn unter den gedachten Umständen wird der über a gelegene
Punkt des Eisens von der ganzen Wucht des Gegenstosses aus dem
Erdboden getroffen. Richtung und Grösse der Kraft, welche durch
den Pfeil V angedeutet ist, ist ganz dieselbe wie die auf y wirkende.
Die beiden Kräfte gestalten sich daher zu einem Kräftepaar, welches
an dem zwischen a und y gelegenen Theil des Eisens nach der Art
von Drehkräften an einem Hebelarm wirken. Die hieraus etwa resul-
tirende Bewegung kann nur so sich gestalten, dass der über a ste¬
hende Theil des Eisens und des Hufes in der Richtung des Pfeiles
aufwärts geschoben wird.
Ob die Gewalt des Stosses zur Erzeugung einer solchen Bewegung
gross genug ist und ob es ihr gelingt, eine Verbiegung des Eisens
und der Wand in die Lage hinein, wie sie durch die punktirte Linie
(Fig. 16) angedeutet ist, zu erzeugen, hängt hauptsächlich von der
Grösse des Widerstandes ab, welchen das Eisen in Verbindung mit der
Hornwand zu leisten im Stande ist.
Dass das Eisen sich verbiegen kann unter den immer und immer
sich wiederholenden mächtigen Stössen des einfallenden Fusses, be¬
sonders wenn es sich nach andauerndem Laufen auf steinigem Boden
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Beziöbgn. zwischen feelastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche, äl7
erwärmt hat, ist wohl anzunehmen, auch wenn nicht die Erfahrung
an alten Eisen vorläge. Ob die Hornwand grösseren Widerstand gegen
die aufstauchende Gewalt zu leisten verniag, hängt hauptsächlich von
ihrer Lage und Stellung ab. Bei einer geneigten Lage, wie sie in
der Zeichnung (Fig. 16) angedeutet ist, bietet sie dem Gegenstoss ihre
innere Fläche als günstigen Angriffspunkt dar und weicht etwa in die
Lage der punktirten Linie aus. Ist sie steil gestellt, so dass der
Gegenstoss mit der Richtung der Hornfasern gleichlaufend ist, so be¬
sitzt sie Festigkeit genug, um im Verein mit dem sie deckenden
Eisen die Wirkung des Gegenstosses zu vernichten. Dann bleibt sie
gerade.
Die intensive Kraft des Gegenstosses muss also bei Hufen mit
geringer Widerstandsfähigkeit eine Verbiegung der Zehenwand
erzeugen. Das bestätigt die Erfahrung. Welche Zahl von Hufen sehen
wir unter der Anwendung des Stollenbeschlages beim Ziehen und Laufen
auf Steinpflaster in kurzer Zeit verkrüppeln! Gesunde Hufe, welche
nur eine massig vermehrte Schräglage der Wände aufweisen, zeigen
nach wenigen Monaten eine Verbiegung der Profillinie der Wand, die
Hornsubstanz derselben bis zur Unkenntlichkeit ihrer faserigen Structur
bröckelig, wie zermalmt, die Verbindung in der weissen Linie zerstört.
Der Anfang des Leidens ist die lose Wand, die höchste Steigerung
die hohle Wand, d. h. vollständige Abhebungen der Hornwand von der
Blättchenschicht, so dass bedeutende Hohlräume zwischen beiden liegen.
Während das Leiden beim Stollenbeschlage häufig gefunden wird,
st dies wohl kaum der Fall beim stollenlosen, auch sonst richtig aus-
geführten Beschläge. Hierin liegt Beweiskraft genug, dass der uu-
gleichraässige Stoss auf die Bodenfläche zu Ungunsten der Zehenwand
die veranlassende Ursache ist. Vielleicht wird man einwenden, dass
die nach vorn zu abschüssige Fläche des Stolleneisens in Beziehung
zur Verbildung der Wand stehe und dass letztere die Folge des Ab¬
rutschens auf jener sei*; aber eine so geringe Neigung oder Abschrägung
des Zehentragrandes nach aussen, wie sie ein Stolleneisen ohne jede
Aufrichtung haben würde, könnte an sich keine nennenswerthen Folgen
haben. Ein Abrutschen über den äusseren Rand, in Fig. 15 über c
hinaus, wird ohnehin durch die Nagelung und den Aufzug verhindert,
gegen welchen die Zehe ja Anlehnung nimmt. Ueberdies geht die
geneigte Rutschfläche auch beim Ausziehen des Aufzuges und durch
die Herrichtung der gebräuchlichen kurzen Aufrichtung der Zehe ver¬
loren. Trotzdem tritt aber die Verbildung der Zehenwand ein.
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318
PETERS,
Ich berühre aus dem Grunde dies Verhältniss ausdrücklich, um
zu beweisen, dass nicht ein abnormer Belastungsdruck, hervor¬
gerufen durch eine fehlerhafte Unterstützungsfläche für die Wand, die
Ursache des Leidens ist, sondern dass dieses aus der abgelenkten
Wirkung des Stosses auf die Zehenspitze hervorgeht. Denn so
lange man sich von der Wahrheit dieses Zusammenhanges nicht über¬
zeugt, wird man für die richtige Construction des Stolleneisens nicht
den sicheren Weg finden und nicht dem entscheidenden Funkte an
der Bodenfläche seine Aufmerksamkeit zuwenden.
Der Schwerpunkt der Frage, wie der besprochene Nachtheil des
Stolleneisens zu vermeiden ist, liegt nicht an der Tragfläche, sondern
an der Bodenfläche. Nur durch eine besondere Construction der letz¬
teren lässt sich der Eintritt des Uebels verhindern und das vorhandene
beseitigen. Die Bodenfläche muss eine solche Gestalt haben, dass der
Gegenstoss die Zehe nicht trifft, sondern dem Centrum des Stosses
von oben direct entgegengestellt wird, dass also der Punkt des Eisens,
welcher in Fig. 15 über y liegt, mit dem Erdboden in Berührung tritt
und auch der tiefste Punkt der Bodenfläche wird. Dieser Punkt liegt
etwa am Uebergangstheil der Zehen- in die Seitenwand. Ist diese
Bedingung erfüllt, so hat das Eisen eine schwach muldenförmige Ge¬
stalt, deren tiefster Punkt etwa im Bereiche des ersten Hauptnagel¬
loches liegt.
Hieraus geht hervor, dass die Aufrichtung, welche das Eisen
empfangt, recht lang, weit länger sein muss, als gebräuchlich ist.
Die gewöhnlich angewandte kurze Zehenrichtung, welche dicht hinter
dem ersten Zehcnloch beginnt und auch für ein stollenloses Eisen
ausreicht, genügt für den besprochenen Zweck durchaus nicht. Schon
ein recht weit abgenutztes Stolleneisen giebt durch die Länge seines
Abschliffes Ausweis darüber, dass der Hauptpunkt der Belastung weit
mehr nach hinten liegt. Die Prüfung des alten Eisens in Betreff
dieses Verhältnisses geschieht am besten auf der Ambosfläche, und
ebenso muss die Richtigkeit desselben für das neue Eisen festgestellt
werden.
So lange man lediglich die Absicht verfolgt, die verbogene Zehen¬
wand rechtwinklig zu stützen und dem Eisen eine recht hohe aber
nur kurze Aufrichtung giebt, erreicht man keine Erfolge. Man erstickt
weder das Uebel in seinem Entstehen, noch führt man das entwickelte
Leiden zur Norm zurück, was durch eine Aufrichtung von bezeichneter
Länge leicht gelingt.
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Beziehen, zwischen Belastg. d. Schenkelsaute u. Gestalt ihrer Stützfläche. 319
Gleichzeitig mit einer zweckmässigen Umgestaltung der Boden¬
fläche erlangt auch die Tragfläche die horizontale Stellung wieder,
welche durch die Stollen verloren gegangen war. Darin liegt gewiss
ein Vorzug, aber derselbe darf, wie soeben besprochen, nicht über¬
schätzt werden. Und eine Ueberschätzung dürfte vielleicht häufig statt¬
gefunden haben, indem man den guten Erfolg der Aufrichtung auf
Rechnung der Tragfläche gesetzt hat, während er von der Umänderung
der Bodenfläche seinen Ausgangspunkt nahm. Ich kann mich auch
des Gedankens nicht erwehren, dass derartige vermeintliche Erfolge
einer rechtwinklig stützenden Tragfläche den Anlass gegeben haben,
das Princip der rechtwinkligen Unterstützung im „ratio¬
nellen Hufbeschlag“ aufzustellen. Die Verbildung der Zehen¬
wand bei Stollenbeschlag wurde vielleicht als das Resultat einer
abgeänderten Druckrichtung aus der abschüssigen Tragrandfläche an¬
gesehen, die abnorme Lage so gedeutet, als sei auf abschüssiger Bahn
eine rutschende Bewegung der Wand nach vom vor sich gegangen.
Da lag es allerdings recht nahe, der Tragfläche eine solche Stellung
zu geben, dass gewiss kein Rutschen des getragenen Körpers entstehen
konnte und die rechtwinklige Unterstützung desselben wurde als die
geeignetste Abhülfe betrachtet. Aber der Zusammenhang der Dinge
ist ein anderer; nicht die Tragfläche trägt die Schuld, sondern die
Bodenfläche, welche den Gegenstoss nicht zu den Seitenwänden ge¬
langen lässt, sondern die ganze Wucht des Stosses einem beschränkten
Punkt der Zehe zufdhrt. Die Formveränderung der Zehe ist aufzu¬
fassen als eine Aufstauchung, welche durch Stosswirkung veranlasst
ist, nicht als eine Verschiebung oder Verlagerung auf abschüs¬
siger Bahn nach vorn.
Da wo Erfolge bei diesem Uebel nach einer rechtwinklig unter¬
stütztenden Aufrichtung beobachtet sind, hat der Zufall es gelingen
lassen, indem gleichzeitig mit Herstellung einer rechtwinklig stützen¬
den Tragfläche eine den Umständen entsprechende Bodenfläche ent¬
stand. Dem Zufall darf es aber nicht überlassen bleiben, ob die Auf¬
richtung kurz bleibt oder ob sie, dem Bedürfniss des auf den Erdboden
stossenden Fusses entsprechend, sich schon aus den Seitenarmen
des Eisens entwickelt und sehr allmählich bis zur Zehe
ansteigt.
Noch eines Vorzuges ist zu gedenken, welchen ein Eisen mit
langer Aufrichtung gewährt. Die Pferde gehen auf demselben be¬
quemer und blöde gehende Pferde gewinnen wieder Vertrauen zu den
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fE'TEftS.
§20
angegriffenen unteren Gelenken. Der Gelenkstoss kann wieder den
Mittelpunkt der Hufgelenkfläche treffen und sich in der Axe des
Kronenbeins und der höher liegenden Knochen nach oben fortsetzen.
Ohne die Aufrichtung trifft der Gegenstoss nur periphere Theile der
Hufgelenkfläche, erzeugt hier Ueberlastungen sowie auch Zerrungen
der Sehnen und Bänder, welche den freien Austritt des Fusses ver¬
nichten. Die tägliche Erfahrung zeigt auch, dass struppirte Pferde
auf Eisen mit einer recht langen Aufrichtung, welche denselben eine
seichte, muldenartige Gestalt (von der Seite gesehen) verleihen, am
besten marschieren.
Der Beschlag beim Streichen.
Das Streichen des einen Fusses an den anderen ist in den meisten
Fällen eine mittelbare Folge des Beschlages, und lediglich dem letz¬
teren fällt die Aufgabe zu, bei diesem höchst lästigen Fehler Abhülfe
zu schaffen. Das Mittel, mit dem er dies erreicht, wird durch die
Zurichtung des Hufes und die Wahl des Eisens dargeboten. Das
nächste Ziel ist: den stützenden Füssen innerhalb der Fron¬
talebene ihre naturgemässe Stellung zu geben und ihnen
die Ausführung gewisser Bewegungen zu erleichtern.
Man hat einsehen gelernt, dass es wichtiger ist, den gestrichenen
Fuss mit Aufmerksamkeit zu behandeln, als an dem streichenden Fuss
besondere Vorrichtungen zu treffen, wenn auch nicht behauptet werden
kann, dass letztere vernachlässigt werden dürfen. Denn die Verhält¬
nisse des streichenden Fusses sind durch das Tragen eines Hufeisens
unwesentlich verändert, bei seinem Vorüberführen an dem stützenden
Fuss können sich keine Veränderungen in dem Abstande von letzterem
als Folge des Beschlages geltend machen. Dagegen kann die Stellung
des gestrichenen oder stützenden Fusses wesentlich durch den Beschlag
beeinflusst, der Fuss kann durch letzteren gezwungen werden, mit der
Innenfläche seiner unteren Gelenke der Mittelebene des Körpers und
damit auch dem vorübergeführten Fuss sich näherzustellen.
Bei einem gestrichenen Vorderfuss trägt der letztere Umstand
allein die Schuld. Sobald die Bodenfläche des Hufes der Fussforma-
tion nicht entspricht, sobald die Herstellung eines richtigen Verhält-
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Beziehen, zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 321
nisses zwischen Innen- und Aussenwand unterlassen ist, neigt sich die
Queraxe der beiden unteren Gelenke (Huf- und Kronengelenk) mit
ihrem einen Ende tiefer als mit dem anderen. Durch die Seitenbänder
wird den auf den Gelenken fussenden Knochen, dem Kronen- und
Eesselbein, dieselbe Neigung aufgezwungen, und das Resultat ist eine
Verstellung des Fesselgelenks in der Frontalebene. Eine solche Zug¬
wirkung mit der Richtung gegen die Medianebene des Körpers wird
auf das Fesselgelenk von den Seitenbändern ausgeübt, wenn die innere
Hufwand zu sehr erniedrigt ist.
Wird die Verkürzung der inneren Hufwand noch weiter fortgesetzt
und so stark gemacht, dass die beschränkte seitliche Beweglichkeit in
den unteren Gelenken nicht mehr ausreicht, um der Stützfläche des
Fusses eine Vergleichung mit dem Erdboden zu gewähren, so gewöhnt
sich das Pferd, wenn nicht von vornherein entzündliche Zustände an
den unteren Gelenken entstehen, den Fuss aus der Schulter heraus
mehr nach aussen, in grösserer Entfernung von der Mittellinie, aufzu¬
setzen. Da mit diesem Stützpunkt aber ein Gleichgewichtszustand für
den Fuss während der Dauer eines normalen Schrittes nicht erreichbar
ist, so muss der einzelne Schritt kürzer werden; das Pferd geht breit
gespreizt und tritt kurz und übereilt ab.
In schnelleren Gängen, wo kurze Schritte nicht genügen, muss
der Gleichgewichtszustand über dem gespreizten Fussansatz dadurch
hergestellt werden, dass der in der Brust liegende Schwerpunkt seit¬
lich verschoben wird durch eine innigere Anlehnung der Brustwandung
an die innere Fläche des stützenden Schenkels, speciell an das Armbein
und Schulterblatt, deren Gelenkverbindung auch wohl eine ent¬
sprechende Einbiegung zulassen dürfte. Mit dieser seitlichen Verschie¬
bung des Brustkastens auf den stützenden Fuss kann aber auch ein
Herüberziehen des anderen in Bewegung begriffenen Fusses nach der¬
selben Seite nicht ausbleiben, und die Folge ist wiederum eine An¬
näherung des bewegten Fusses an den stützenden. Die Gefahr des
Streichens ist also wiederum herbeigeführt und auch dadurch noch
vergrössert, dass das Pferd bei dieser anormalen anstrengenden Gang¬
weise schnell ermüdet und das Vermögen über die Regulirung des
Fussansatzes verliert.
Hiermit sind die nächsten und die weiteren Folgen einer zu star¬
ken Erniedrigung der inneren Hufwand bei bodenweitem und franzö¬
sischem Stande dargethan. Wenn man die meist belastete innere
Seite als die naturgemäss niedrigere betrachtet, so muss eine Annähe-
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PETEKS.
rung des Fesselgelenks vom stützenden Fusse an den bewegten statt*
finden. Streichen ist die Folge und wird immer mehr verstärkt, je
mehr man bei seinen Besserungsversuchen die innere Hufwand verkürzt.
Was soeben in Betreff der Vorderfüsse gesagt ist, hat auch seine
Gültigkeit für die Hinterfüsse. Aber eine besondere Eigentümlich¬
keit in der Bewegungsart der Hinterfüsse kommt auch noch in Be¬
tracht und verlangt in den meisten Fällen eine vorwiegende Berück¬
sichtigung. Jeder Hinterfuss führt, während er stützt und bis zum
Abschieben gelangt, eine drehende Bewegung, physiologisch
bezeichnet rollende Bewegung aus, indem sich die Axe des Ge-
sammtfusses in stets gleich bleibender Richtung dreht. Diese Bewe¬
gung, welche an der Wendung der Hufzehe nach innen, einer Ver¬
schiebung der Ballen nach aussen am deutlichsten erkennbar ist, wird
stets begleitet von einer Verstellung des Fessolgelenks über den
äusseren Ballen des Hufes, so dass sich die Innenfläche des Gelenkes
von der Mittelebene des Körpers entfernt. Die Bewegung muss als
eine physiologische Erscheinung betrachtet werden, da sie die
nothwendige Folge einer anatomischen Einrichtung, der aparal-
lelen Stellung der Axe des Sprunggelenks mit der des Fesselgelenks
ist *). In vielen Fällen ist sie überaus stark vorhanden, in einzelnen
Fällen, besonders bei dem x-beinigen Stande, wenig auffällig, aber doch
immer erkennbar, wenn man die Beobachtung auf weichem Erdboden
macht und gleichzeitig dem Aufwurf des Sandes aus der Spur Beach¬
tung schenkt. Die Folge der reibenden Bewegung der Huffläche auf
dem Erdboden ist stets eine stärkere Abnutzung der äusseren Huf¬
seite, und wiederum geht jene nur ungehindert vor sich, wenn die
äussere Hufseite niedrig ist und keinen grösseren Widerstand vom
Erdboden zu überwinden braucht.
Auf dies Verhältnis der Hufwände zu einander muss beim Zu¬
richten und beim Beschläge stets Rücksicht genommen werden; man
wird dann selten, eigentlich nur bei unruhigen und übermüdeten Pfer¬
den das Streichen sehen. Bleibt die äussere Hufwand zu hoch, so
dreht sich die Huffläche nicht, die laterale Verstellung des Fessel¬
gelenks wird beschränkt, das letztere bleibt zu nahe der Mittelebene
stehen und wird vom vorübergeführten Fuss auf der Innenseite ge¬
troffen.
Eine andere Ansicht über den Sachverhalt findet man im „ratio-
’) Peters, Mechanische Untersuchungen etc.
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Beziehen, zwischen Belastg. d. Schenkelsäule u. Gestalt ihrer Stützfläche. 323
nellen Hufbeschlag“ vertreten; hier ist die rollende Bewegung für die
verschiedenen Schenkelstellungen schematisch zugestutzt. Bei der
fassbeinigen Stellung soll die äussere Hufwand kurz, bei der x-bei¬
nigen Stellung lang gehalten werden, und zwar in beiden Fällen auch
in Rücksicht auf die drehenden Bewegungen des Fusses. Aber nur
dem fassbeinigen Fusse wird eine Drehung der Zehe nach innen, also
die wirklich rollende Bewegung zuerkannt, dem x-beinigen dagegen
eine entgegengesetzte, eine Drehung von innen nach aussen.
Bis dahin, wo ich von dieser Bewegung las, hatte ich niemals
eine solche beobachtet, auch habe ich sie bis jetzt, wo ich meine
Beobachtungen an Hunderten von Pferden in Folge dieser Bemerkung
vermehrt habe, niemals auch nur andeutungsweise gesehen. Ich
glaube auch nicht, dass sie jemals beobachtet werden wird, weil die
anfänglich besprochene Rollbewegung nicht nur in der anatomischen
Einrichtung des Hinterschenkels ihre Begründung findet, sondern auch
eine hohe physiologische Bedeutung für die abschiebende Thätigkeit
der Hinterfusses hat. Der letztere kann ohne ihren Eintritt die Last
auf den anderen Fuss gar nicht überführen.
Im Uebrigen ist die Frage, weshalb eine Erleichterung der Wen¬
dung der Zehe nach aussen das Streichen bei dem x-beinigen Stande
verhindern soll, nicht so leicht zu beantworten. Denn es ist damit
ja eine noch grössere Annäherung des Fesselgelenks des stützenden
Fusses an die Mittelebene des Körpers verbunden, folglich wird der
Fuss von dem anderen auch um so leichter getroffen. Dieses Factum
ist nicht zu beseitigen und die Theorie von der Erniedrigung der in¬
neren Hufseite, wie sie im * rationellen Hufbeschlag“ aufgestellt ist,
würde zusammenfallen. Aber die Massregel soll auch nicht dadurch
heilsam werden, dass die Stellung des stützenden Fusses gebessert
wird, sondern die Bewegung des vorübergefdhrten Fusses soll durch
jene Zurichtung in solcher Weise geändert werden, dass er den an¬
deren nicht treffen kann. Denn es heisst im „rationellen Huf¬
beschlag“: „Die Zehe des Hufes bleibt zu weit nach innen ge¬
wendet stehen und trifft bei der Vorüberführung, indem sie einen
dem ruhenden Fusse näher kommenden Kreis beschreibt, diesen und
streift ihn.“
Dieser Anschauung der Dinge muss die Voraussetzung zu Grunde
liegen, dass der Hinterfuss, wenn er vom Boden abgehoben und vor¬
gebracht wird, nicht entsprechend der Richtung seiner Gelenkflächen
und des Muskelzuges vorwärts tritt, sondern dass er eine abnorme
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3*24
PETERS.
Drehung um seine Längsaxe, welche ihm durch Zufälligkeiten wäh¬
rend der voraufgegangenen Stützung aufgezwungen war, dann noch
nicht ausgeglichen hat, wenn er die Hälfte seines Schwingungsbogens
bereits vollendet hat; die Zehe soll zu der Zeit, wo der Fuss am
anderen sich vorbeibewegt, noch nicht ihre normale Stellung wieder¬
gefunden haben, sondern noch nach innen gedreht sein! Sonst zollen
wir den Einrichtungen der Natur, speciell der vorzüglichen Mechanik
des Pferdefusses, unsere Bewunderung; hier aber wird die mechanische
Einrichtung als eine äusserst jammervolle dargestellt, damit die nicht
begründete Annahme einer Drehung der Zehe nach aussen in den
Rahmen einer neuen Theorie gefügt werden kann.
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XII.
Die physiologischen Wirkungen des Kupfers auf den Orga¬
nismus der wiederkauenden Haussäugethiere.
Von
Ellenberger und V. Hofmeister.
Die Kupfersalze sind in Bezug auf die acuten Wirkungen, welche
nach der Verabreichung grosser Gaben bei unseren Haussäugethieren
hervortreten und in Bezug auf die Veränderungen, welche die Kupfer¬
verbindungen in Substanz oder in concentrirten Lösungen an den
thierischen Geweben hervorrufen, vielfach Gegenstand der Beobachtung
und Untersuchung gewesen. Auch liegen viele Beobachtungen zufäl¬
liger acuter Kupferintoxicationen vor 1 ). Dagegen sind die Erschei¬
nungen chronischer Kupferintoxicationen noch wenig bekannt und nur
wenige exacte Untersuchungen über diese Frage ausgeführt worden.
Aus diesen Thatsachen ergiebt sich von selbst der Standpunkt,
welchen wir bei den beabsichtigten Untersuchungen über das Kupfer
und dessen Wirkungen auf den thierischen Organismus besonders im
Auge behalten mussten. Es erschien ganz überflüssig, nochmals die
localen Kupferwirkungen und die acuten Intoxicationen zu studiren.
Wir schlossen diese Untersuchungen deshalb ganz aus und beschränkten
uns darauf, diejenigen Veränderungen der Functionen der Organe und
der Lebenserscheinungen u. s. w. zu prüfen und festzustellen, welche
nach andauernder Verabreichung kleiner Gaben eines Kupfersalzes
eintreten.
Da das Kupfer zu denjenigen Medicamenten gehört, welche feste
Verbindungen mit Organbestandtheilen eingehen, längere Zeit im Körper
*) Zusammenstellungen findet man bei Gerlach, Toxicologie in der ge¬
richtlichen Tbierheilkunde; Hertwig, Arzneimittellehre, u. a. a. 0.
22
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▲rcbiT f. wisaanaeh. u. prakt. ThiarhaUk. IX. 4 u. 5.
326
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
verweilen und die deshalb Organdepositorien genannt werden, so darf
man a priori annehmen, dass bei längere Zeit anhaltender Verabrei¬
chung von Kupfersalzen allmählich eine derartige Anhäufung desselben»
in gewissen und zwar denjenigen Theilen des Körpers, zu deren Be¬
standteilen das Kupfer besondere chemische Attraction besitzt, ein-
treten wird. In solchen Organen, welche dem Kupfer als Niederlage
(als Depot) dienen, müssen mithin Functionsstörungen sich bemerk -
lich machen, welche in ihrer Gesaramtheit das Bild einer chro¬
nischen Kupfer Vergiftung darstellen.
Dieser aprioristische Schluss ist jedoeh durch die Erfahrung
keineswegs als unbestreitbar richtig erkannt worden, vielmehr haben
die Autoren die Frage, ob die innerliche Verabreichung kleiner, an
sich unschädlicher Gaben von Kupfer das Bild einer chronischen In-
toxication hervorruft, verschieden beantwortet.
Niemand bezweifelt, dass nach Verabreichung kleiner Gaben von
Blei-, Quecksilber-, Silberpräparaten u. s. w. eine chronische Intoxi-
oation eintritt, in dieser Richtung herrscht vielmehr volle Ueberein-
stiramung. Allein schon über die Frage, ob resorbirtes Kupfer über¬
haupt direct vom Blute aus die Organe in ihrer Function beeinflussen
könne, gehen die Ansichten auseinander. Langenbeck und Stä-
deler negiren das Zustandekommen entfernter Vergiftungserscheinun¬
gen nach Verabreichung von Kupfervitriol ganz und gar, nach Lam-
pell und Smith ist die resorbirte Kupfermenge gleich Null, und
Hönerkropff und Stubenrauch wollen mehrfach constatirt haben,
dass alles Verabreichte ausgebrochen und nichts davon resorbirt wurde*
Dass entfernte Wirkungen reflcctorischer Natur in Folge der Local¬
wirkungen des Kupfers auf die Verdauungsschleimhaut entstehen
könnten, wurde natürlich nicht verneint, sondern nur das Zustande¬
kommen von Veränderungen geleugnet, die ihre Ursache in einer
directen Wirkung des resorbirten Kupfers fänden. Man nahm an, dass
namentlich das Kupfervitriol, wenn es nicht durch Erbrechen entleert
würde, doch zum bei weitem grössten Theil als Schwefelkupfer durch
den Darm abgehe, so dass es zu bedeutenden Anhäufungen nicht
komme, oder aber man negirte einfach die alterirende, giftige Wirkung
des Kupfers ganz und gar und betrachtete es als ein mehr oder we¬
niger indifferentes Metall (wie z. B. das Eisen).
Heutzutage bezweifelt man die acuten Kupferwirkungen nicht
mehr. Man weiss, dass das resorbirte Kupfer Vergiftungserscheinungen
hervorrufen kann, vorausgesetzt, dass das Kupfer in Form von Salzen
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Kupferwirkungen auf wiederkauende Haussaugethiere.
327
verabreicht wird. Im gediegenen Zustande ist es wirkungslos (Drouard,
Foussaint). Die Allgemeinerscheinungen etc. der acuten Kupfer¬
vergiftungen sind von Orfila, Blake, Neebe, Harnac u. A. stu-
dirt worden. Diese Forscher haben gefunden, dass die Wirkung des
Kupfers sich besonders auf die Körpermusculatur und das Herz er¬
streckt und uns ein scharfes Bild der acuten Kupfervergiftungen kennen
gelehrt. (Zu den Untersuchungen verwendeten diese Autoren in der
Regel die leichter resorbirbaren Kupfersalze.)
Zweifellos steht demnach fest, dass ein Theil des verabreichten
Kupfers im Verdauungstract resp. im Darmcanal resorbirt wird; Or¬
fila, Duncan, Chevallier, BoisdeLoury glauben, dass dies zum
Theil schon im Magen geschieht. Bezüglich der excretorischen Organe,
durch welche das Kupfer wieder ausgeschieden wird, nimmt man an,
dass es ganz besonders die Galle sei, durch welche die Ausscheidung
statthabe (Heller, Gorup-Besanez). Aber auch im Speichel und
in den Sputis haben Flandin und Danger Kupfer auftreten sehen,
und Prichard fand es im Schweisse u. s. w. Nach Nothnagel
und Rossbach erfolgt die Ausscheidung besonders durch die Galle
und zum kleineren Theil auch durch den Harn.
Die Ausscheidung geschieht langsam und in geringen Mengen,
weil sich das Kupfer in den Organen, und zwar besonders in der
Leber (Heller, Gorup-Besanez) ablagert. Es scheint lange in dem
Körper zu bleiben; denn Orfila hat nach längerer Verabreichung von
Cuprum sulfuricum noch 60—70 Tage nachher Kupfer im Magen, der
Leber und der Lunge gefunden.
Die Thatsache, dass sich das Kupfer im Organismus, und zwar
in Form fester Verbindungen, längere Zeit hindurch ablagert, hat
sicherlich bei längerer Verabreichung des Kupfers eine Anhäufung,
eine Cumulation desselben zur Folge und macht es im hohen Masse
wahrscheinlich, dass unter diesen Umständen eine chronische Kupfer-
intoxication, Cuprismus chronicus, Aeruginismus zu Stande kommt.
Aber, wie schon gesagt, viele Autoren bestreiten dies entschieden.
Mair will bei Thieren nach andauernder Kupferverabreichung Erwei¬
chung und Degeneration der Leber beobachtet haben. Sie sagen, es
sei bei der charakteristischen Wirkung der leicht resorbirbaren Kupfer¬
verbindungen undenkbar, dass nicht auch eine chronische Kupferver¬
giftung, wenn es eine solche gäbe, scharfe Krankheitsbilder hervor-
rufen würde. Da aber bis jetzt derartiges nicht beobachtet sei, müsse
zunächst an dem Vorkommen chronischer Kupfervergiftungen ganz
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3*28
ELLENBERGER u. HOFMEISTER.
gezweifelt werden. Galippe, Burg, Dueom fanden, dass Thiero
grosse Kupfermengen lange Zeit ohne jeden Schaden ertragen können.
Selbst lösliche, leicht resorbirbare Kupfersalze sollen lange Zeit ohne
Schaden aufgenommen worden sein.
Bei den vorstehend skizzirten Meinungsverschiedenheiten betreffs
der Kupferintoxication war es wohl angezeigt, weitere Untersuchungen
über diese Frage anzustellen. Zu denselben wählten wir als zu ver¬
abreichendes Präparat das Cuprum sulfuricum, weil es dasjenige Mittel
ist, welches bei innerlicher Medication in der Veterinärpraxis am häu¬
figsten zur Anwendung bisher gekommen ist und noch kommt. Nur
wenn Allgemeinwirkungen nach dem Vitriol ganz ausgeblieben wären,
hätten wir zu einem anderen Kupfersalze gegriffen.
Als Versuchsthiere wurden zu den Experimenten Schafe benutzt,
dieselben erbrechen wegen der anatomischen Einrichtung des Magens
schwer und nur selten. Bei den Wiederkäuern würde ein Erbrechen
nur aus den Vormägen, d. h. aus kropfartigen Schlunderweiterungen
stattfinden können; ein solches ist an sich sehr leicht möglich, denn
es findet als physiologischer Act etwas raodificirt im ausgedehntesten
Masse beim Wiederkauen der Thiere statt. Ein Erbrechen aus dem
eigentlichen Magen ist dagegen kaum möglich. In den Vormägen
herrschen aber ganz andere Verhältnisse als im Magen; die daselbst
vorhandenen Flüssigkeiten sind alkalisch oder durch organische Säuren
leicht angesäuert, die Schleimhaut ist mit einem dicken verhornten
Epithel bedeckt und der Inhalt der Vormägen quantitativ meist so
bedeutend, dass die daselbst anlangenden Medicamente enorm verdünnt
werden u. s. w. In Folge dieser Eigenthümlichkeiten haben die bei
anderen Thierarten sicher wirkenden Brechmittel bei Wiederkäuern
gar keine oder eine höchst unsichere Wirkung. Deshalb war auch
der Eintritt von Brecherscheinungen nach Kupferverabfolgung nicht zu
befürchten, derselbe wurde auch nicht beobachtet.
Was die sonstigen Wirkungen des Kupfers auf Wiederkäuer an¬
betrifft, so wird allerdings von einigen Seiten (Vogel z. B.) angege¬
ben, dass es verhältnissmässig stark auf dieselben wirke, dass die
Wiederkäuer besonders empfänglich für dieses Mittel seien. Die meisten
Autoren erwähnen hiervon nichts, und wohl mit Recht. Wir hatten
deshalb keinen Grund, die wiederkauenden Hausthiere etwa vom Ver¬
suche auszuschliessen. In Anbetracht dieser negativen Thatsache
wählten wir diese, weil Beobachtungen, an ihnen angestellt, für
den Veterinär wichtiger sind als Versuchsresultate, die durch
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Kupferwirkungen aal* wiedorkauende Haussäugetbiere.
329
Untersuchungen an Kaninchen, Fröschen, Hunden u. dgl. gewonnen
wurden, und weil wir Pferde, die wichtigsten Hausthiere, aus nahe¬
liegenden (pecuniären) Gründen zu den Versuchen nicht verwenden
konnten.
Als Dosis wählten wir 0,5—3 Grm. pro die, da nach Hertwig
erst 4 Grm. Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Rinder ertrugen
nach Gerlach täglich 8 Grm. 2—3 Wochen lang, ohne dass Krank¬
heitserscheinungen auftraten.
Die Versuchstiere wurden vor jedem Versuche längere Zeit beob¬
achtet und untersucht, um über ihren Gesundheitszustand volle Ge¬
wissheit zu erlangen. Ein gleichalteriges gesundes Schaf diente zur
Controle, dasselbe lebte in demselben Stalle unter gleichen Verhält¬
nissen. Das Versuchsschaf erhielt täglich oder einen Tag um den
anderen eine kleine Dosis des betreffenden Kupfersalzes. Bei einer
Steigerung der Dosis, welche bisweilen versuchsweise vorgenommen
wurde, unterbrachen wir die Verabreichung auf der Stelle, sobald sich
Andeutungen drohender acuter Vergiftungserscheinungen bemerkbar
machten.
Beide Thiere wurden während des Versuches genau beobachtet.
Von 8 zu 8 Tagen wurde das Körpergewicht aufgenommen. Das vor¬
gelegte Futter wurde gewogen, der Rückstand in Abzug gebracht und
so die Menge des aufgenommenen Futters bestimmt. Von Zeit zu
Zeit, in der Regel alle 8 Tage, bestimmten wir die Menge der in 24
Stunden ausgeschiedenen Excrete (Harn und Excremente); dieselben
wprden auf ihre Reaction geprüft und oft qualitativ und quantitativ
chemisch untersucht. Täglich wurden Untersuchungen über Allgemein¬
befinden, Rectaltemperatur, Pulse, Athemzüge u. s. w. angestellt.
Nach dem Tode nahmen wir einen genauen makroskopischen Befund
auf, wobei Herr Prof. Johne unterstützend und erklärend eingriff.
Die veränderten Organe wurden vorschriftsmässig gehärtet und dann
von dem genannten Herrn Collegen mikroskopisch untersucht.
Da es unser Bestreben ist, den Aulbau der Local- oder Cellular¬
therapie nach besten Kräften zu fördern, und da diese Theorie in der
Kenntniss der Affinitäten der Organzellen zu den betreffenden Medica-
menten eine wesentliche Stütze findet, so hielten wir es für nothwendig,
nach dem Tode der Thiere eine quantitative Bestimmung des Kupfer¬
gehalts der einzelnen Organe und Körpertheile eintreten zu lassen.
Diese Untersuchungen hat Dr. Hofmeister vorgenommen.
Mehrfach sind darüber Untersuchungen angestcllten worden, ob
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feLtteNkÜRGfck u. ftOFMEtSTfift,
ääö
normaliter in den Organen und Geweben des Körpers Kupfer enthalten,
ob also Kupfer ein normaler Bestandtheil des Thierkörpers sei. Auch
diese Frage ist verschieden beantwortet worden. Aber selbst die¬
jenigen Forscher, welche das Kupfer als normalen Bestandtheil des
Thierkörpers auffassen, constatirten, dass immer nur ausserordentlich
geringe Mengen vorhanden sind, so geringe Mengen, dass sic bei den
von uns anzustellenden Untersuchungen ganz vernachlässigt werden
konnten 1 ). Lossen hat nachgewiesen, dass nur dann Kupfer in den
thierischen Geweben vorkommt, wenn zufällig kupferhaltige Speisen
genossen worden sind. Es ist dies auch ein Beweis für die Re¬
sorptionsfähigkeit des Kupfers (gegenüber von Langenbeck und
Städeler).
Soweit uns bekannt, sind genauere quantitative Bestimmungen
über die Depositionen des Kupfers in den einzelnen Organen und
Theilen des Thierkörpers bis jetzt überhaupt noch nicht ausgeführt
worden. Jedenfalls liegen keine solchen Untersuchungen in Bezug auf
die wiederkauenden Thiere vor.
Die Untersuchung der Organe auf den Kupfergehalt geschah in
folgender Art und Weise.
Thieren, welche lange Zeit hindurch täglich kleine Kupfermengen per os
erhalten hatten und die in Folge dessen zu Grunde gegangen waren oder getödtet
wurden, entnahmen wir die einzelnen Theile und Organe möglichst rasch nach
dem Tode. Von jedem Theil wurde eine bestimmte Gewichtsmenge, 60—100
Gramm, abgetrennt, fein zerkleinert und nun auf dem Wasserbade eingetrocknet.
Die eingetrocknete Substanz wurde im Tiegel verkohlt, die Kohle pulverisirt
und mit Salpetersäure versetzt, getrocknet und schwach geglüht, der Rückstand
sodann mit Salpetersäure ausgekocht und filtrirt (Filtrat 1).
Die ausgelaugte Kohle incl. Filter wurde mit etwas N0 3 H benetzt, getrocknet
und stark geglüht bis zur vollständigen Veraschung; die Asche kochte man mit
salzsäurehaltiger Salpetersäure wiederholt aus, filtrirte und wusch mit Wasser
(Filtrat 2).
Filtrat 1 und 2 vereinigte man, verdünnte mitWasser und leitete Schwefel¬
wasserstoff in die Flüssigkeit bis zur Sättigung. Ausgefälltes Schwefelkupfer liess
man vollständig absetzen, filtrirte, wusch mit Schwefelwasserstoffwasser und trock¬
nete schnell. Das getrocknete Schwefelkupfer incl. Filter ist im tarirten kleinen
Porzellantiegol unter Hinzufügung von etwas Schwefelpulver im Wasserstoffstrome
bei Rothglühhitze zu Cuprosulfid (Cu 2 S) geglüht, als solches gewogen und hieraus
das Kupferoxyd berechnet.
J ) Blasius, Ueber das Vorkommen des Kupfers im thierischen Organismus.
Zeitschr. f. rationelle Medicin, Bd. 26. S. 260. — A. H. Church. Zeitschr. f.
Chemie. 1869. S. 445. — U. A.
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Kupferwirkungen auf wiederkauende Haussäugethiere.
S31
Das gewonnene Cuprosulfid wurde stets den folgenden Nachprüfungen un¬
terworfen: In heisser Salpetersäure gelöst, vom abgeschiedenen Schwefel durch
Filtration getrennt, Filtrat auf Wasserbad eingeengt, eine Probe mit Aetzamrao-
niak versetzt, die andere mit Essigsäure und Ferrocyankalium; in beiden Fällen
traten die schönsten Kupfer re actione n auf. Auch Brom wasserstoffsäure *),
concentrirt und im Ueberschuss zur Flüssigkeit gesetzt, gab sofort oder bei lang¬
samer Verdunstung die charakteristische Rothfärbung von Kupferbromid.
1. Versuch.
Hierzu diente ein junges, 41,75 Kilo schweres, durchaus gesundes Schaf,
dem ein gesundes, 38 Kilo schweres Controlschaf beigegeben war. Vom 16. Juni
1881 ab erhielt das Thier zunächst 8 Tage lang pro die 0,5 Grm. Cuprum sul-
furicum, ohne dass irgend eine Aenderung in dem functioneilen Verhalten der
Organe zu beobachten war. Die Dosis wurde dann auf 1 Grm. pro die erhöht.
Auch hiernach traten keine Functionsstörungen auf. Der Appetit war gut, das
Thier nahm in 8 Tagen 7 Liter Hafer und 12* Pfund Heu auf.
Vom 30. Juni ab wurde die Dosis auf 1,5 Grm. erhöht. Der Appetit blieb
gut, in 8 Tagen wurden 7 Liter Hafer und 13£ Pfund Heu genossen. Das All¬
gemeinbefinden zeigte keine Störungen. Entsprechend der hohen Aussentempe-
ratur (es herrschten 15—19° R. im Stalle) war die Zahl der Athemzüge sowohl
als auch die der Pulse pro Minute etwas erhöht; namentlich stiegen die Pulse oft
auf 100 pro Minute. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass Schafo über¬
haupt sehr furchtsamer Natur sind und sich deshalb schon bei der einfachsten
Untersuchung oft hochgradig aufregen. Erst mit der Zeit gewöhnen sie sich an
derartige Manipulationen.
Die Kothentleerung betrug in 24 Stunden (7./8. Juli) 1400 Grm., die
Harnmenge 540 Grm. An Körpergewicht hatte das Schaf ebenso wie das Control¬
schaf 2 Kilo zugenommen. Der Harn reagirte normal, d. h. alkalisch, war frei
von Eiweiss, enthielt viel Chloride und Sulfate, viel Carbonate und Kalk. An
Harnstoff fand man 4,8 und an Hippursäure 1,85 pCt.; die 24stündige Ausfuhr
betrug demnach 26 Grm. Harnstoff und 10 Grm. Hippursäure. Die Untersuchung
des Harns auf Kupfer ergab 0,027 Grm. Kupferoxyd in 300 Grm. Harn, in 24
Stunden wurden mithin durch den Harn 0,046 Grm. Kupferoxyd ausgeschieden.
In 100 Grm. Koth fanden sich 0.022 Grm., mithin betrug die 24ständige Aus¬
fuhr durch Koth 0,308 Grm. und durch Harn und Koth zusammen 0.354 Grm.
Kupfer.
Vom 8. Juli ab erhielt das Schaf täglich 2 Grm. Cupr. sulf. Am 10. Juli
zeigte dasselbe mangelhaften Appetit, träge, unvollkommene Rumination und
einen gewissen Grad von Mattigkeit und Niedergeschlagenheit; das Thier lag oft
und viel und war träge, unlustig zu allen Bewegungen. Schon nach ca. 36
Stunden waren diese Erscheinungen jedoch wieder ganz vollständig verschwunden
und das Thier erschien wieder gesund.
l ) Bromwasserstoffsäure, als scharfes Reagens auf Kupfer empfohlen durch
H. En de mann und G. Prochaska in der Zoitschr. f. analyt. Chemie, XXL
Jahrg., S. 265.
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332
ELLENBERGER u. HOFMEISTER.
Als die Dosis 5 Tage später auf 2,5 Grm. erhöht wurde, traten wieder
Krankheitserscheinungen auf, bestehend in schlechtem Appetit, unterdrückter
Rumination. Das Schaf bekundete Leibschmerzen, war sehr unruhig, schlug mit
den Hinterbeinen gegen den Leib, stampfte mit den Vorderfüssen den Boden,
lief manchmal rund um im Stalle und fiel zuweilen platt mit dem Bauche auf den
Boden. Diese Erscheinungen traten anfallsweise auf. Jedem Anfalle folgte eine
Remission, während welcher das Thier ruhig war, nur matt und traurig erschien
und mit den Zähnen knirschte.
Im Körpergewicht ging das Thier in dieser Zeit um 1,4 Kilo zurück.
Die Dosis wurde wieder auf 2 Grm. ermässigt, worauf die Krankheits¬
erscheinungen allmählich verschwanden, ln den letzten 8 Tagen hatte das Schaf
nur 6 Liter Hafer und 10 Pfund Heu aufger.ommen, also entschieden weniger
als früher. Wir steigerten nach einigen Tagen die Dosis wieder auf 2,5 Grm.
und vom 27. Juli ab sogar auf 3 Grm. pro die.
Am 21. Juli war das Körpergewicht von Neuem um 2 Kilo gestiegen. Diese
Steigerung dürfte jedoch auf eine eingetretene, bei der Untersuchung constatirte
Verstopfung und den daraus resultirenden grösseren Gewichtsinhalt des Ver-
dauungstractus zu schieben sein; denn 8 Tage später, als die Verstopfung nicht
mehr bestand, wog das Thier wieder 14 Kilo weniger.
Der Appetit verminderte sich wieder vom 25. Juli ab. Das Schaf hat vom
20. — 27. Juli nur 5 Liter Hafer und 12 Pfund Heu und vom 28. Juli ab fast
gar keinen Hafer mehr gefressen. Am 31. Juli war es sehr traurig, matt und
stumpf; es lag viel, die Darmperistaltik war unterdrückt, der Pansen lag fast
ganz bewegungslos in der Bauchhöhle. Die Harnsecretion war bedeutend ver¬
mehrt, der Harn sehr dunkel gefärbt und reich an Eiweiss. Die Respiration er¬
folgte unregelmässig, die Mastdarmtemperatur stieg auf 40°, die Pulszahl betrug
80—120. Am 1. August bestand deutliche Hämaturie und Hämoglobinurie, im
Uebrigen dieselben sonstigen Erscheinungen wie am Tage vorher.
Die Verabreichung des Kupfers wurde nun 2 Tage ausgesetzt; dann erhielt
das Thier (vom 4. August ab) wieder 2 Grm. des Medicaments pro die. Der
Appetit verschlechterte sich noch mehr, das Wiederkauen fand fast nicht mehr
statt. Das Thier wurde sehr schwach und matt, die Defäcation war verzögert.
In 24 Stunden vom 2. zum 3. August wurden nur 150 Grm. Koth entleert, da¬
gegen 24 Pfund Harn ausgeschieden; die Harnsecretion war also vermehrt, der
Harn selbst schwarzroth, derselbe enthielt 1 pCt. Eiweiss, viel Hämoglobin, keine
rothen Blutkörperchen, viel Epithelzellen, 2 pCt. Harnstoff und keine Hippursäure.
Am 6. August Nachmittags tratt starke Diarrhoe ein; die Fäces waren
schwarzbraun, sehr dünnbreiig, übelriechend. Das Athmen geschah ächzend,
40 Mal in der Minute, während in den Tagen vorher nur 28 Athemziige gezählt
worden waren. Die Extremitäten, Ohren, Stirn, Nase fühlten sich kalt an. Dabei
war das Thier unruhig, wechselte oft die Stellung, sprang auf und legte sich
wieder nieder, stöhnte und knirschte mit den Zähnen. Die Mastdarmtemperatur
betrug 40,2°, die Pulszahl 120 pro Minute. Am Abend blieb das Thier liegen
und zeigte sich unvermögend aufzustehen.
Am 7. August früh stöhnte das Thier in der heftigsten Weise, knirschte
heftig mit den Zähnen, hatte wässerigen Durchfall, blutigen Urin, war theil-
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Kupferwirkungen auf wiederkauende tfaussaugethiere. 333
nahmlos etc. Schliesslich gingen die Fäces unwillkürlich ab. Dabei zeigte sich
das Thier so empfindlich, dass es jede Berührung als heftigen Schmerz empfand,
und beim Anfassen, beim Versuch, es auf die Beine zu stellen u. s. w., ebenso
beim Beugen und Strecken der Beine heftig schrie. Die Musculatur schien ge¬
schwächt. das Thier vermochte nicht zu stehen. Gegen Abend traten erst ver¬
einzelte Krämpfe an den Gliedmassen u. s. w. auf, dann erfolgte unter allgemeinen
Convulsionen der Tod.
Das Körpergewicht des Thieres war vom 28. Juli zum 3. August um 4 Kilo
und vom 4.—7. August Abends wieder um 6 Kilo gesunken. Während das Ge¬
wicht des Controlschafes sich in derselben Zeit stetig von 38 auf 42 Kilo ver¬
mehrt hatte, war das des Versuchstieres von 41,7 Kilo (nach anfänglichem
Steigen auf 43,8 Kilo) später auf 32 Kilo gefallen.
Die während des Versuches bei dem Thiere vorgenommenen Harnunter¬
suchungen sind im Wesentlichen schon oben notirt. Am 2. August hatte das Thier
in 24 Stunden 1225 Grm. Harn entleert. Dessen Untersuchung ergab: specif.
Gewicht 1,018, alkalische Reaction, viel Blut und Eiweiss, wenig Chloride, wenig
C0 2 , Phosphate, 2 pCt. Harnstoff, keine Hippursäure, 1 pCt. Eiweiss und Blut
(aschefrei). Harnstoffausfuhr in 24 Stunden also 24,5 Grm. Weitere quantita¬
tive Harnuntersuchungen sind bei diesem Thiere nicht angestellt worden.
Das Schaf hatte im Ganzen 89 Grm. Kupfersulfat in derZeit vom 16. Juni
bis 7. August erhalten. Das Verhalten der Mastdarmtemperatur während der
Versuchszeit ergiebt nachstehende Tabelle, welche wir deshalb geben, weil sie
ein physiologisches Interesse haben dürfte. Die beobachteten Temperaturen der
ersten W r ochen können als Normaltemperaturen der Schafe angesehen werden.
K upferschaf I.
Datum.
Stall¬
tempe¬
ratur.
0 R.
Körpertemperatur.
Früh 1 Mittag 1 Abend |
0 C. 0 C 0 c.
Datum.
Stall¬
tempe¬
ratur.
0 R.
Körpertempe
Früh Mittag
0 C. | 0 c.
ratur.
Abend
• C.
Juni 16
38,5
38,6
Juli 4.
17,0
39,5
39,2
39,4
17.
—
39,6
39,0
38.8
5.
19,0
39.1
39,4
39,6
18.
—
39,0
38,4
38,5
6.
19.0
39,5
39.5
39,5
19.
—
38,8
38,6
39,5
7.
19,0
39,4
38,5
38,4
20.
—
40,8
40,1
39,2
8.
—
—
—
—
21.
—
41.2
41,3
40,6
9.
17,5
39,0
39,2
38,9
22.
—
39,5
39.3
41,4
10
16,0
38,2
39.2
39.0
23.
18,0
39,5
39,5
39,4
11.
16,5
38.8
39,1
38.8
24.
17,5
40,0
40,0
39,5
12.
15,5
38,8
39.3
38,8
25.
18,0
39,6
40,0
39.5
13.
17,5
39,3
39 3
39,2
26
17,0
39,2
39,4
38.8
14.
18,0
39,4
38,S
39,6
27.
155
39,0
39,0
39.2
15
20 0
39,4
38.6
392
28.
15,0
39,4
39,2
39.0
16.
21,0
39,5
39,0
39.4
29.
16,0
39,0
39,4
39,4
17.
18,0
39 1
39,1
39.2
30.
16,0
39,4
38,8
39,0
18.
18,0
39,3
38.5
39,0
Juli 1.
15,0
38,8
39,4
39,0
19.
19,0
39 6
39,2
39,1
2.
16,0
39,4
39,2
39.4
20.
21.5
39,3
39,4
39 6
3
16,5
39,2
39,5
39.6
21.
20,0
39,4
1
39,5
38.8
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334
ELLENBERGER n. HOFMEISTER,
Datum.
Stal 1-
tempe-
ratur.
0 R.
Kürp<
Früh
0 C.
3rtemperatur. j
Mittag 1 Abend
• c. | * 0 . 1
| Datum.
Stall-
tempc-
ratur.
0 R.
Körpe
Früh
0 C.
irtemperatur.
Mittag | Abend
0 c. 1 0 C.
Juli 22.
18,5
39,5
39,0
38,9
Juli 30.
16,0
39,0
38,S
39,2
23
17,0
39,4
39,4
39,3
31.
17,5
—
39,0
—
24.
17,5
39.1
39.5
38,8
August 1
18,5
—
40,0
—
25.
17.0
39,1
38,5
39,2
2.
18,0
—
40,2
—
26.
17,0
39,0
1 39,0
38,8
3.
18,0
—
40,0
—
27.
17,0
39,3
1 38,8
39,0
4
17,0
—
40.2
—
28
16.0
39,3
39,2
39,2
5.
17,0
—
40.0
—
29.
16,0
39,6
38,8
38,6
6.
20,0
—
40,2
1
—
Die Obduction des gestorbenen Schafes ergab Folgendes:
Im freien Raum der Peritonealhöhle ca. 80 Grm.. in der Pericardialhöhle
60 Grm. blutig gefärbter seröser Flüssigkeit, welche 0.01 pCt. Kupferoxyd ent¬
hielt. Das Herz war ebenso wie die grossen Gefässstämme mit locker geronne¬
nem, dunkelbraunrothem Blute gefüllt, das Myocard blass, gelbbräunlich, wie
gekocht; unter dem Mikroskop zeigte sich die Querstreifung noch erhalten, die
Muskelfasern stark gekörnt. Die Lungen waren etwas Ödematös. Die Laryngeal-
schleimhaut war geröthet; an der Epiglottis fanden sich einige begrenzte, scharf
geröthete Stellen. Die Leber erschien stark anämisch, sehr icterisch, ihre Zellen
mikroskopisch sehr gelb gefärbt. Die Gallenblase war mässig gefüllt, die Galle
dickflüssig, schmutzig dunkelgrün. Die Milz zeigte eine schwarzbraune Farbe,
war geschwollen, weich, fühlte sich wie Gallerte an. Die Pulpa war weich, auf
dem Schnitte vorquellend, dunkel schwarzbraun, leicht ausstreichbar. Die
Malpighi’schen Körperchen nicht sichtbar. Der Harn war braunroth, die
Harnblase normal. Die Nieren sahen von aussen dunkel schwarzroth, wie ge¬
ronnenes Blut aus, sie waren weich, fast breiig, dio Corticalsubstanz leicht
zerdrückbar, die Marksubstanz noch fester, schmutzig gelblichgrau gefärbt,
streifig, feucht glänzend; das Epithel erschien zerstört, in den Harnkanälchen
viel Hämoglobincylindei; die Musculatur blass aber derb; Querstreifung erhalten.
Die Magenschleimhaut war im ersten, zweiten und dritten Magen normal, im
vierten geröthet, besonders auf der Höhe der Falten, geschwollen, weich und
kleine linsengrosse Blutungen enthaltend. Der Psalter war leer; der Labmagen
enthielt wenig breiige, schwärzliche Masse. Der Dünndarm war fast leer, seine
Mucosa an einigen Stellen geröthet, einzelne Blutungen; Schleimhaut des Coecum
geschwollen, verschiedene kleine Blutungen, ausserdem an zwei Stellen ein ober¬
flächlicher Substanzverlust von der Grösse eines Zwanzigpfennigstückes mit ge-
wulstetem mit Blutflecken versehenem Rande. Das Colon vorn streifig, hinten
flockig, geröthet und geschwollen, mit Blutungen. An der Schleimhaut des Rectum
fanden sich erbsen- bis bohnengrosse geröthete Stellen mit schleimigem Belage.
Das Gehirn erschien blass, weich, durchfeuchtet, ebenso das Rückenmark. Die
Schnittflächen feucht glänzend.
Das Resultat der von Prof. Johne vorgenommenen mikroskopischen Unter¬
suchung der Organe siehe S. 346.
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fcupferwirkungeti anf wiederkauende ftaussaugethiere.
335
Die Resultate dieses Versuches sind anatomisch höchst interessant,
symptomatologisch jedoch wenig verwerthbar. Die aufgetretenen Er¬
scheinungen zeigten, wenn man von der Hämoglobinurie absieht, wenig
Charakteristisches. Namentlich unterschieden sich die beobachteten
Symptome wesentlich von den bei acuten Kupferintoxicationen beob¬
achteten. Andererseits ist aber die Steigerung der Dosis, welche in
den letzten Tagen vorgenommen wurde, so bedeutend, dass eine acute
Intoxication nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Es ist möglich,
dass es sich hier um einen Fall handelt, in welchem zu einer be¬
stehenden chronischen Vergiftung eine acute hinzutrat und so den
etwas jähen Ausgang bedingte. Das Syraptomenbild ist demnach
kein reines. Es musste ein neuer Versuch angestellt werden, in wel¬
chem die Steigerung der Dosis vermieden wurde.
2. Versuch.
Das Versuchsschaf war gesund und 42J Kilo schwer. Es entleerte vor dem
Versuche in 24 Stunden 1050 Grm. Koth und 360 Grm. Harn. Vom 16. August
an erhielt das Thier in den ersten 10 Tagen einen Tag um den anderen 1,5 Grm.
Cuprum sulfuricum, also pro die 0.75Grm.; später wurde diese Dosis auf lGrra.
pro die erhöht. Dabei zeigte das Thier anfangs gar keine Krankheitserscheinun¬
gen, es frass in 8 Tagen 7 Liter Hafer und ca. 13 —14 Pfund Heu.
Das Körpergewicht betrug
am 31. August 44,8 Kilo, am 21. September 46,3 Kilo,
7. September 46,7 - - 28. - 44,3
- 14. - 47,0 - - 5. October 43,4 -
Vom 20. September ab liess der Appetit des Thieres nach. Vom 21.—28.
September wurden nur 5£ Pfund Hafer und 7 \ Pfund Heu, in den darauf fol¬
genden 8 Tagen 4£ Pfund Hafer und 6£ Pfund Heu aufgenommen.
Das Schaf war also bei täglicher Verabreichung von 1 Grm. des Medica-
ments ca. 1 Monat lang anscheinend gesund geblieben; dann begann es, ohne
dass eine Steigerung der Dosis stattfand, nur in Folge von Störungen,
die durch die allmähliche Anhäufung des Kupfers entstanden zu denken sind,
Krankheitserscheinungen vager Natur zu zeigen; es bekundete nur mangelhaften
Appetit, geringere Munterkeit, schlechtere Verdauung der Nahrungsmittel, Ab¬
nahme der Ernährung, kennbar durch die Abnahme des Körpergewichts.
Von Ende September ab wurden dem Schafe täglich 2 Grm. Kupfervitriol
gegeben.
Die Stalltemperatur betrug anfangs 15—17 c , sank dann im September auf
12, Anfang Octobcr auf 10°. Die Mastdarmtemperatur stand auf 39,5—40°,
und zwar im August und Anfang September auf 39,8—40°, später anf 39,1
bis 39,5°. Pulse wurden 80—100 und Athemzüge 36—40 pro Minute gezählt.
Am 13. October zeigte sich das Schaf sehr unwohl, es nahm keine Nahrung
auf, war sehr traurig, tympanitisch aufgetrieben, die Peristaltik sehr träge, der
Puls unregelmässig, intermittirend, die Temperatur erhöht. Das Körpergewicht
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RLLENBERGER u. HOFMEISTER.
S3Ö
stieg wieder etwas, es betrug am 12. Ootober 45,5 Kilo und am 20. October
46,1 Kilo; hierbei ist in Betracht zu ziehen, dass das Schaf an Verstopfung litt.
Die Futteraufn&hme war vermindert, sie betrug ca. 64 Pfund Heu und 64 Pfund
Hafer in 8 Tagen.
Vom 20. October ab stellte sich Albuminurie ein. Vorübergehend trat auch
Hämoglobinurie auf. Nunmehr wurde wieder weniger Kupfer verabreicht; das
Schaf erhielt jetzt nicht mehr täglich, wie zuletzt, sondern wieder einen Tag um
den anderen 2 Grm. vom 14. October ab, 2,5 Grm. vom 31. October ab und
3 Grm. vom 24. November ab. Dabei besserte sich das Allgemeinbefinden des
Schafes anfangs wieder; die Hämoglobinurie verschwand, aber die Albuminurie
bestand fort. Das Schaf verzehrte
vom 19. Oct. bis 26. Oct. 54 Pfd. Hafer und l2 3 / 4 Pfd. Heu,
- 26.
-
2. Nov. 6 -
- - 134 - -
- 2.
Nov. -
9. -
4 -
- - 15 -
- 9.
-
16. -
2 -
- - 124 - -
- 16.
-
23. -
4 -
- 12 -
- 23.
-
30. -
4 -
- - 12 -
und wog am
26. Oct.
47 Kilo,
am 16. Nov. 45 Kilo,
-
2. Nov.
47 -
- 23. - 454 -
-
9. -
47 -
- 30. - 454 -
Am 28. November zeigte sich das Schaf matt, traurig, hatte mangelhaften
Appetit, und es war wieder Hämoglobinurie eingetreten.
Die Innentemperatur stand auf 40,2°; die Pulszahl betrug 90, die Zahl
der Athemzüge 40 pro Minute. Die Stalltemperatur schwankte Ende October und
im November von 7 — 10°, im December von 5—7°.
Vom 30. November bis 4. December wurde mit dem Verabreichen von
Kupfer ganz ausgesetzt. Vom 6.—14. December erhielt das Schaf wieder einen
Tag um den anderen und vom 14. December ab täglich 2 Grm. des Medicaments.
Anfang December war die Hämoglobinurie wieder verschwunden, aber dasEiweiss-
harnen bestand fort; der Appetit war gering: das Schaf frass
vom 1.— 7. Dec. 34 Pfd. Hafer, 74 Pfd. Heu, und wog am 7.Dec. 454 Kilo,
- 7.—14. - 2 - - 8 . 14. - 434 *
- 14.—21. - 150 Grm. - 9. 21.-414
- 21.-28. - 2 Pfd. - 84 . 28. - 42 -
Der Appetit war am 14. December ganz besonders schlecht. Die Hämoglobinurie
trat Ende December wieder auf, sie wurde vom 28. ab ungemein heftig. Der
Harn sah aus wie Blut und war vermehrt. Das Thier war traurig, lag viel.
Bei einer Stalltemperatur von 5—6 0 R. betrug die Zahl der Pulse vom
19. December ab 100 und vom 31. December ab 120—140 pro Minute; die
Innentemperatur stand im Mastdarm auf 40—40,8 0 C.; die Zahl der Athemzüge
betrug 30—40 und fiel vom 31. December bis 6. Januar auf 18—24 pro Mi¬
nute. Die von uns notirte Temperaturtabelle bietet nichts Besonderes und wird
deshalb hier nicht wiedergegeben. Die Temperatur schwankte fortwährend zwi¬
schen 39—40° im Rectum und stieg nur bei stärkerem Unwohlsein.
Der Appetit war in letzter Zeit ein sehr geringer, das Schaf frass in 8 Ta-
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Kupferwirkungen auf wiederkauende Haussäugethiere. 337
gen vom 28. December bis 4. Januar nur 2j Pfund Heu und 5$ Pfund Hafer.
Das Körpergewicht war bis auf 39 Kilo gesunken.
Vom 4.—6. Januar zeigte sich das Thier sehr matt und traurig, es ver¬
mochte nur mühsam zu stehen, lag meistens. Am 5. Januar wurde die Peristaltik
lebhaft, der Koth breiig, zähe, schleimig, stark riechend; später trat fast wässe¬
rige Diarrhoe ein; die dünnen Fäces erschienen schwärzlich.
In der Nacht vom 5. zum 6. Januar erfolgte der Tod. Das Thier wog am
6. Januar nur noch 37£ Kilo. Es hatte in den letzten 3 Tagen nur noch 150
Gramm Hafer und 2 Ffund Heu aufgenommen.
Im Ganzen hat das Thier 182.5 Grm. Kupfervitriol vom 16. August 1881
bis 6. Januar 1882 bekommen.
Die wesentlichsten Krankheitserscheinungen bezogen sich auf Ver¬
dauung, Ernährung und Harnsecretion.
Das Körpergewicht stieg anfangs noch, blieb eine Zeit lang auf
derselben Höhe stehen und begann dann zu sinken. Am Schlüsse
des Versuches war das Thier 5 Kilo leichter als zu Anfang, während
das Controlschaf um ca. 5 Kilo zugenommen hatte. Vorübergehende
Steigerungen waren offenbar durch Anhäufungen im Vcrdauungstract
bedingt. Der Appetit war anfangs sehr gut und nahm allmählich
immer mehr und mehr ab. Ebenso minderte sich die Kothentleerung,
dieselbe nahm vom 25. October bis 29. December von 1500 Grm.
pro die auf 200 Grm. ab. Zeitweise bestand Verstopfung, und erst
kurze Zeit vor dem Tode trat Diarrhoe ein.
Der Harn war zunächst qualitativ und quantitativ normal; circa
5 Wochen nach Beginn des Versuches trat Albuminurio auf, welche
bis zum Tode fortbestand; 2 Mal kam Hämoglobinurie vor, welche
wieder verschwand, zum 3. Male stellte sie sich 14 Tage vor dem
Tode ein und bestand bis zum letalen Ausgange. Die Harnmenge'
pro 24 Stunden schwankte von 480—1190 Grm. auf und ab.
Nachstehend geben wir die genaueren Resultate der Harnunter¬
suchungen in tabellarischer Uebersicht, insoweit sie sich auf das
kranke Thier beziehen.
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Eiweiss incl. Blutfarbstoff 1,2 pCt. (aschefrei).
Blutfarbstoff auch nicht durch das Spectrum nachweisbar.
Das Thier ist über Nacht verendet.
338
ELLENBERGER u. HOFMEISTBR,
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Kupferwirkungen auf wiederkauende Haussäugethiere. 339
Die Obduction des gestorbenen Schafes ergab folgenden Befund:
Leib nicht aufgetrieben, Conjunctiva iclerisch, Panniculus adiposus leicht
icterisch. Die Musculatur blass, wässerig. Im Kehlgang Oedem der Subcutis.
Leichtes Oedem am Bauche. Das Fett in der Bauchhöhle icterisch. Die Mägen
mässig gefüllt. Die Leber sehr weich, intensiv gelb, leicht zerdrückbar; die
Läppchenzeichnung verwischt, die Schnittfläche intensiv gelb, die Gefasse mit
wenig wässerigem, blaurothem, nicht geronnenem Blute gefüllt; die Leberzellen
fettig degenerirt. Die Gallenblase enthielt 30 Grm. schleimiger, dunkelbraun¬
gelber, in dünner Schicht goldgelber Galle. Beide Nieren dunkelbraunroth,
weich, elastisch, fluctuirend, etwas vergrössert; die Schnittfläche etwas vorsprin¬
gend, die Kapsel sehr leicht abziehbar; die Corticalis sehr dunkel, beim Durch¬
schnitt derselben ist ein braunrother trüber Saft abstreifbar. die Marksubstanz
dunkel; das Epithel ist fettig degenerirt; in den Canälchen vielfach Hämoglobin-
cylinder. Die Schleimhaut der Mägen, besonders des vierten, mürbe, weich, blass,
beim Ueberstreichen mit dem Messer ist ein Theil leicht abstreifbar. Im Dünn¬
darm wenig Inhalt, der schleimig, vorn gelb, hinten gelbgrau von Farbe ist; die
Schleimhaut ist hier und da flockig capillar injicirt, die Follikel nicht geschwol¬
len. Der Dickdarm, fast leer, enthält etwas grauschleimige Masse; seine Schleim¬
haut geschwollen, kleinflockig capillar injicirt, in derselben sehr vereinzelte kleine
Hämorrhagien. Das Pancreas sehr schlaff. Die Milz erschien blasser als normal,
etwas geschwollen, weicher, schlaffer, die Pulpa leicht ausdrückbar. Die Schild¬
drüse derb. Die Kopfschleimhäute auffallend blass, das retropharyngeale Binde¬
gewebe stark ödematös. Das Pericardialfett mässig ödematös; der Pericardial-
raum mässig mit blutiger Flüssigkeit, in der ein grünlichgelbes gelatinöses Ge¬
rinnsel schwamm, gefüllt. Das Herz schlaff, rechterseits stark mit schmutzig-
braunrothen Gerinnseln gefüllt, links fast leer. Das Myocard getrübt, blass, sehr
mürbe, geJblichgrau von Farbe. Die Lungen, im mittleren Inspirationszustande,
theilweise eigenthümlich durchscheinend gelbbraunröthlicb gefärbt; die Schnitt¬
fläche entleerte aus den Bronchien eine schaumige, blutig seröse Flüssigkeit.
Bronchialschleimhaut blass, Pleura normal. Der Harn enthielt Hämoglobinschel¬
len und Blutkörperchen, der während des Lebens entleerte Harn war frei davon;
offenbar waren kurz vor dem Tode Blutergiessungen in den Harn eingetreten.
Die von Prof. Johne vorgenommene mikroskopische Untersuchung siehe
S. 346.
Aus diesen Angaben ergiebt sich folgende pathologisch-anatomische Dia¬
gnose : das gestorbene Schaf zeigte eine Hepatitis parenchymatosa, eine Nephritis
parenchymatosa hämorrhagica und eine Myocarditis parenchymatosa und Milz¬
tumor; Lungenödem.
Von den beiden gestorbenen Schafen wurden nach der S. 330
geschilderten Methode die Bestimmung des Kupfergehalts der einzel¬
nen Organe vorgenommen. Dieselbe hatte folgendes Resultat:
An Kupferoxyd fanden sich
beim 1. Schafe beim 2. Schafe
1. in den Fäces. 0,0400 pCt. — pCt.
2. im Harn. 0,0036 - 0,0040 -
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340
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
3. in der Galle.
4. in der Pericardialflüsstgkeit . . .
5. im Blute .
6. in der Milz.
7. in der Leber.
8. in den Nieren .
9. im Herzfleisch.
10. in den Lungen.
11. im Gehirn und Rückenmark . . .
12. in den Lumbalmuskeln.
13. in der Extremitätenmusculatur . .
14. in der Darmwand.
15. in den Knochen.
16. im Panseninhalt.
17. im Pankreas.
18. in den Speicheldrüsen .
16. in der Pansenwand .
beim 1. Schafe beim 2. Schafe
0,0200 pCt.
0,0400
0,0100
-
—
0,0060
-
—
0,0056
-
—
0,0830
-
0,1500
0,0200
-
0,0300
0,0075
-
0,0100
0,0050
-
—
0,0070
-
—
0,0040
-
—
0,0058
-
—
—
-
0,0230
—
-
0,0114
0,0200
-
—
—
-
0,0250
—
-
0,0057
—
-
0,0360
Aus den bei der Section constatirten Erscheinungen geht hervor,
dass das Kupfer seine hauptsächlichsten Wirkungen auf die Leber und
die Nieren entfaltet; dem entspricht auch das Resultat der chemischen
Untersuchung, Leber und Nieren enthielten am meisten Kupfer. Dann
folgen das Herzfleisch und die Centralorgane des Nervensystems, wenn
wir von der im Herzbeutel enthaltenen Flüssigkeit absehen. Diese
stammt theilweise aus dem Herzfleisch und ihr Kupferreichthum scheint
durch Auslaugen des Herzfleisches entstanden zu sein, so dass dieses
also ganz frisch noch reicher an Kupfer war, als die Analyse ergiebt.
Das Herzfleisch war auch dem entsprechend verändert. Bei noch län¬
gerer Einwirkung des Kupfers auf das Herz hätte Lähmung desselben
eintreten müssen.
Von den Secreten zeigt die Galle fast den zehnfachen Kupfer¬
gehalt des Harns. Die Leber ist also das vorzüglichste Aus¬
scheidungsorgan des Kupfers. Dabei gelangt das Kupfer jedoch
in den Darm und kann nochmals resorbirt werden. Daher rühren
die zeitweisen Verschlimmerungen während des Verlaufes ohne Stei¬
gerung der Dosis.
Die Speicheldrüsen enthalten die doppelte Menge des im Pankreas
und in den Nieren vorhandenen Kupfers; demnach wurden auch durch
den Speichel nicht unbedeutende Mengen des Kupfers aus dem Körper
entfernt.
Die Ausscheidung durch den Harn steht offenbar hinter der durch
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Kopferwirkungen auf wiederkauende Haussaugethiere.
341
die Galle zurück. Es sind drei Untersuchungen vorgenomraen worden,
die beiden oben citirten und noch eine dritte, bei der der entleerte
Harn 0,0026 pCt. Kupferoxyd enthielt, d. h. nur % soviel wie die
Galle.
Verabreicht man das Kupfer den Schafen in kleineren Gaben, so
erreicht man, dass die Thiere länger leben und viel bedeutendere
Kupfermengen aufnehmen können als im anderen Falle.
Das 2. Versuchsschaf hat in einem Zeitraum von über 4 Monaten
182 Grm. Kupfer erhalten, ehe der Tod eintrat, während das erste
Versuchsthier schon nach nicht ganz 2 Monaten zu Grunde ging, nach¬
dem es ca. 90 Grm., also nur halb soviel Kupfer erhalten hatte wie
Schaf 2.
Haben die Thiere lange Zeit recht kleine Gaben erhalten, wie
das 2. Schaf, dann lagert sich bedeutend mehr Kupfer in die Gewebe
des Körpers ab. Die Ausscheidung bleibt demnach selbst bei den
kleinsten Dosen weit hinter der Einnahme zurück. Die einzelnen Ge¬
webe und Organe vermögen das Kupfer offenbar besser zu ertragen,
wenn die Ablagerung ganz allmählich stattfindet. Sie gewöhnen sich
an den Kupfergehalt, adaptiren sich demselben, vermögen trotzdem
ihren Functionen noch nachzukommen; die durch die Kupferreizung
bedingten parenchymatösen Veränderungen schreiten langsam vor, es
kommen theilweise Compensationen zu Stande und so können die
Thiere länger am Leben bleiben. Schliesslich erreichen freilich die
parenchymatösen Degenerationen einen derartigen Grad, dass die Or¬
gane nicht mehr zu functioniren vermögen und der Tod eintreten muss.
Die Analyse der einzelnen Organe ergiebt, dass bei dem zweiten
Kupferschafe fast die doppelte Menge Kupfer in die Organe abgelagert
worden war als bei dem ersten. Beim ersten Versuchsthiere finden
wir in der Leber 0,083, beim zweiten 0,150 pCt., in den Nieren beim
ersten Schafe 0,02, beim zweiten 0,03 pCt., im Fleische beim ersten
0,007, beim zweiten 0,01 pCt. Kupfer. Je kleiner die verabreichte
Dosis ist, je allmählicher sich das Kupfer in die Organe ablagert, je
mehr kann aufgenommen werden. Das lehrt der Vergleich der Re¬
sultate beider Versuche mit einander.
Aus den beiden geschilderten Versuchen geht hervor, dass das
Kupfer sich in die Organe des Körpers ablagert, dagegen nicht, ob
das Kupfer, wenn dessen Verabreichung aufhört, seine weitere Auf¬
nahme nicht mehr stattfindet, rasch aus dem Körper ausgeschieden
wird, oder ob es etwa noch längere Zeit in den Organen verweilt.
Archir f. wisteutch. u. prakt. Thierheilk. IX. 4 u. 5. 23
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342
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
Es ist aus sanitätspolizeilichen Rücksichten wichtig, zu wissen, ob
etwa 4—8 Wochen nach dem Aufhören der Kupfereinnahme noch
Kupfer bezw. wie viel davon im Fleische und den grossen Parenchy¬
men vorhanden ist. Aus den vorstehenden Versuchen geht ferner
nicht hervor, wie rasch das verabreichte Kupfer in den Harn übergeht,
in welcher Zeit vom Moment des Genusses ab das Kupfer im Harn
erscheint; wann das Kupfer im Harn nach dem Aufhören der Ein¬
nahme verschwindet bezw. nur noch in so kleinen Mengen vorhanden
ist, dass es nicht mehr nachgewiesen werden kann.
Diese noch ungelösten Fragen zu beantworten war der Zweck des
3. Versuches.
Ein gesundes Schaf bekam vom 1. Mai 1882 an zunächst pro die 2 Grm.
Cuprum sulfuricum. Da sich hiernach Appetitlosigkeit, Mattigkeit und Albumin¬
urie einstellten, setzten wir die Kupferverabreichung einige Tage ganz aus und
ermässigten die Dosis dann von 2 Grm. auf 1 Grm. pro die *).
Im weiteren Verlaufe des Versuches trat abermals Appetitlosigkeit, Muskel¬
schwäche, Mattigkeit u. dgl. ein. Deshalb wurde abermals einige Tage mit der
Gabe des Medicaments ausgesetzt, worauf die Krankheitserscheinungen wieder
verschwanden.
Nachdem das Schaf ca. 50 Grm. Cupr. sulf. erhalten hatte, unterblieb die
weitere Verabreichung.
Besondere Beobachtungsresultate sind in Bezug auf das Verhalten des
Schafes während des Versuches nicht zu verzeichnen.
Die Frage der Kupferausscheidung anlangend wurde Folgen¬
des durch die Untersuchungen des Harns festgestellt
Schon am 2. und 3. Mai waren Spuren Kupfer im Harn zu finden,
mithin erscheint das Medicament nach verhältnissmässig
kurzer Zeit, nach 36 Stunden schon in nachweisbaren Men¬
gen im Harn. Am 3. Mai fand man schon viel Kupfer. Der Harn
wurde mehrfach quantitativ auf seinen Kupfergehalt untersucht; der¬
selbe schwankte zwischen 0,002—0,004 pCt. Merkwürdigerweise waren
die täglich ausgeschiedenen Harnmengen zuweilen sehr gering, wie
schon bei den früheren Versuchsschafen, namentlich Schaf 2, beob¬
achtet wurde. Vielleicht ist dies bedingt durch vorübergehende hef¬
tigere entzündliche oder degenerative Nierenreizung, die mit geringerer
Secretionsfähigkeit einhergeht. Nimmt man aber den gewöhnlichen
Mittelwerth der Harnausscheidung als Norm an (1073 Grm.), so wur-
l ) Es sei bemerkt, dass nur infolge eines Irrthums mit der grossen Dosis
begonnen worden war. Unsere Absicht war gewesen, nur 1 Grm. zu geben.
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Kupferwirklingen auf wiederkauende Haussängethiere.
343
den bei dem Schafe täglich 0,032 Grm. Kupferoxyd durch die Harn-
secretion entleert; dazu käme dann noch der Verlust durch den Spei¬
chel, vielleicht auch durch den Schweiss. Was durch den Bauch¬
speichel und die Galle, Darmschleim etc. ausgeschieden wird, gelangt
theilweise wieder zur Resorption und theilweise als Schwefelkupfer in
den Koth. In den Fäces fanden sich im Mittel 0,04 pCt. Kupferoxyd.
Im Mittel setzt ein Schaf täglich 691 Grm. Koth und damit demnach
0,276 Grm. Kupfer ab. Der Gesammtverlust an Kupfer durch Koth
und Harn beträgt also pro die 0,308 Grm. Kupferoxyd. Demnach
sind bei dem Schafe, das 113 Tage im Versuche war, ca. 35 Grm.
Kupferoxyd entleert worden; dasselbe hatte 58,13 Grm. davon in
182,5 Grm. Kupfervitriol aufgenoramen.
Also wären 23,33 Grm. Kupferoxyd im Körper zurückgeblieben.
W T ir würden daraus schliessen müssen, dass, wenn die Ausscheidung
sich gleichbliebe, bei dem Versuchsschaf 3 in 1b Tagen alles Kupfer
aus dem Körper ausgeschieden worden wäre; derartige Berechnungen
können aber nur wenig Werth beanspruchen. Vor allen Dingen ist
die Ausscheidung der procentischen Kupferraenge schon wechselnd,
noch mehr ist dies aber mit der absoluten Menge durch Aenderung
der quantitativen Harn- und Kothabgabe der Fall. In dieser Richtung
wurden, wie die Tabelle S. 338 ersichtlich macht, bedeutende Schwan¬
kungen beobachtet, z. B. beim Harn von 270—1400 Grm. pro 24
Stunden, beim Koth von 1500—200 Grm.
Was nun die dritte Frage anlangt, wie bald nach dem Aufhören
der Kupferverabreichung die Kupfermenge im Harn so unbedeutend
wird, dass kein Kupfer mehr nachzuweisen ist, so ergeben die Unter¬
suchungen Folgendes: Die Verabreichung sistirte vom 10. Juni ab.
Am 12. Juli war noch Kupfer zu finden, am 19. Juli dagegen war
der Harn frei von Kupfer. Auch am 29. Juli fand sich keine Spur
Kupfer im Harn. Letzterer war sehr dünnflüssig (1,012 spec. Gew.).
Dieses frühe Verschwinden des Kupfers im Harn zeigt
wieder, dass das Kupfer weniger durch die Nieren als durch andere
Drüsen ausgeführt wird; denn es ist unglaublich, dass in so kurzer
Zeit alles Kupfer aus dem Körper verschwunden sein sollte. Wir
mussten an eine fortdauernde Ausscheidung durch die Galle, den
Speichel etc. denken. Diese Annahme wurde durch Kothuntersuchungen
bestätigt. Im Koth fand sich sowohl am 19. wie auch am 26. Juli
noch Kupfer, also ca. 6 Wochen nach dem Aufhören der Auf¬
nahme dieses Medicaments.
23*
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ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
Es wurde beschlossen, das Schaf ca. 6—7 Wochen nach dem
Aufhören der Kupfer Verabreichung zu schlachten. Am 29. Juli, also
5*/ a Wochen nach der letzten Kupfergabe, wurde das Schaf jedoch
plötzlich krank, der Appetit nahm ab, es wurde matt, elend, es trat
Diarrhoe und Hämoglobinurie und nach 2 Tagen, am 31. Juli, der
Tod ein. 3 Tage ante mortem war der Harn noch eiweissfrei und
wässerig, dann stellte sich der Umschlag in Albuminurie und Hämo¬
globinurie ein. Die gesamraten beobachteten Erscheinungen entsprachen
denjenigen, welche beim ersten Schafe am Todestage und am Tage
vorher beobachtet wurden. Die Krankheitserscheinungen waren offenbar
durch fortwährende Resorption des Kupfers vom Darm aus entstanden,
welches die Verdauungssecrete ausgeschieden hatten. Es handelte sich
also um eine echte Nachvergiftung. Das todte Thier wog 72 Pfund
(Schlachtgewicht 56 Plund).
Section. Gutgenährtes Cadaver. An den Nasenöffnungen etwas blutiger
Schleim. Panniculus adiposus gut entwickelt, leicht icterisch. Musculatur etwas
dunkel. Blut gut geronnen, blauroth. In der Brusthöhle ca. £ Liter blutig-seröser
Flüssigkeit; Pleura normal. Pericardialfett etwas icterisch gefärbt; einige Ess¬
löffel voll blutig-seröser Flüssigkeit im Pericardialraum. Herz ziemlich schlaff,
links stärker contrahirt als rechts; in beiden Höhlen einige schmutzig-rothbraune
Coagula. Endocard leicht gelblichroth. Myocard sehr blass, mürbe, leicht zer-
reisslich, Fasern staubförmig getrübt. Das Lungengewebe erscheint normal; in
den Bronchien röthliche, schaumige Flüssigkeit. Das Fett in der Bauchhöhle
icterisch gefärbt; Peritonäum gesund, ohne Petechien. Die Mägen enthalten nicht
viel Futter, ihre Schleimhaut ist gesund. Im Dünndarm dünnflüssige Futter¬
massen ; auf der leicht schieferig gefärbten Schleimhaut in der Nähe des Pylorus
kleine, vernarbte, unregelmässige Substanzverluste; Darmschleimhaut im Uebri-
gen wie ausgewaschen; Follikelschwellung nicht zu bemerken. Die Schleimhaut
des Colon und Coecum schiefrig gefärbt und im Colon etwas verdickt, Follikel
geschwollen; ebenso ist die Schleimhaut des Mastdarms beschaffen, nur sind die
Veränderungen geringgradiger. Leber gelblich gefärbt, die Läppchenzeichnung
verwischt, die Consistenz weich; die Schnittfläche erscheint blutarm, hell orange-
gelb (icterisch), schmierig; das Parenchym leicht zerdrückbar. Gallenblase stark
gefüllt. Das Milzparenchym sehr weich, schmierig, über die Schnittfläche leicht
vorspringend; Färbung schmutzig-grauroth. Nieren leicht geschwollen, von grau¬
grüner, ins Chocoladenbraune spielender Farbe, sehr weich und schlaff, leicht
zerdrückbar; das Parenchym gleichmässig dunkelbraunroth, wie blutig durch¬
tränkt, ohne dass von der Schnittfläche reichlich Blut abfliesst; die Structurzeich-
nung verwischt, makroskopisch nicht erkennbar.
Aus dem makroskopischen Befunde ergiebt sich folgende Diagnose: Beider¬
seitiges Lungenödem, parenchymatöse Degeneration des Herzens, acute, fettige
Degeneration der Leber, leichter Milztumor, hämorrhagische Nierenschwellung,
acuter Dünndarm- und chronischer Dickdarmkatarrh.
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Kupferwirkungen auf wiederkauende Haussäugethiere.
345
Nach dem Tode wurden diejenigen Theile des Körpers, welche
als Lieblingsablagerungsstellen des Kupfers aus unseren vorerwähnten
Untersuchungen zu erkennen sind und die als Nahrungsmittel für den
Menschen dienen, auf ihren Kupfergehalt untersucht und damit die
letzte der gestellten Fragen gelöst.
Die Untersuchungen ergaben, dass 5V 2 Wochen nach dem Auf¬
hören der Kupferverabreichung sich bei diesem Thiere, welches in 47
Tagen vorher 50 Grm. Cupr. sulf., d. h. 16 Grm. Kupferoxyd erhalten
hatte, noch folgende Kupfermengen vorfanden:
in der Leber 0,175 pCt. Kupferoxyd,
in den Nieren 0,071
im Fleische 0,017 -
Es geht daraus hervor, dass das Kupfer sehr feste Verbindungen
mit den Körperbestandtheilen eingeht und nur sehr allmählich aus
dem Körper ausgeschieden wird.
Der 3. Versuch lehrt daher:
1. Beim Kupfer kommen Nachvergiftungen vor. Es kann ein
Thier, das längere Zeit Kupfersalze eingenommen hat, an Kupferintoxi-
cation dann noch sterben, nachdem es eine Zeit lang gar kein Kupfer
mehr erhalten hatte.
2. Das Kupfer geht rasch in die Secrete über.
3. Dasselbe bleibt lange im Körper und ist noch Wochen lang
nach dem Aussetzen der Verabreichung in dem Kothe nachweisbar.
Dagegen sistirt die Ausscheidung durch den Harn.
4. 6 Wochen nach der medicamentösen Verabfolgung des Kupfers
an die Thiere findet es sich noch in bedeutenden Mengen im Körper,
namentlich in der Leber, den Nieren und den Muskeln.
Die mikroskopische Untersuchung der Organe der gestorbenen
Schafe wurde unsererseits zwar vorgenommen, wir bemerkten auch
tiefgehende Veränderungen an den Nierenepithelien und den Leber¬
zellen, Einlagerung von Hämoglobin in die Zellen und die Harn-
canälchen u. s. w., wir wagten aber kein sicheres Urtheil über
die stattgehabten Veränderungen und die sich daraus ergebenden
Schlussfolgerungen abzugeben und baten deshalb Herrn Collegen
Johne, den pathologischen Anatomen unserer Anstalt, um gütige
genauere Untersuchung und seine Meinungsäusserung. Herr Johne
hatte die Güte, unserer Bitte zu entsprechen. In dankenswerther
Weise hat er sich der mühevollen Untersuchung unterzogen. Er
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346
ELLENBERGER u. HOFMEISTER.
spricht sich über den mikroskopischen Befund bei allen drei Ver¬
suchsschafen und den daraus sich ergebenen Schlussfolgerungen, wie
folgt, aus:
„Die mikroskopische Untersuchung lieferte bei allen drei Versuchs-
thieren ein nahezu gleiches Ergebniss.
Nieren: Epithelien der Rindencanälchen zu mindestens einem Drittiheil
kernlos, mehr oder weniger getrübt, ihr dem Lumen zugewendeter centraler Theil
wie zernagt. Das Protoplasma der so veränderten Zellen ist mehr oder weniger
dicht mit ungleichmässig granulirten, staubförmigen bis feinkörnigen, hellbraun-
rothen, etwas glänzenden Massen durchsetzt. Dieselben heben sich bei Nachfär¬
bung der in Gentianaviolett kräftig vor- und mit alkoholischer EosinlÖsung nach¬
gefärbten Schnitte in dem rosa(eosin-)roth gefärbten Protoplasma der Epithelzellen
ausserordentlich intensiv ab. In einzelnen der letzteren ist die Einlagerung eine
so erhebliche, dass die Harncanälchen wie mit einer dicken, aus hellbraunrothen
Körnchen bestehenden, zusammenhängenden Schicht austapeziert erscheinen. Das
Lumen derartig veränderter Harncanälchen ist vielfach mit fein- oder grobkörni¬
gen, hellrothbraunen Cylindern angefüllt. Die Entstehung der ersteren aus dem
feinkörnigen, gleich gefärbten Inhalt der Epithelzellen lässt sich ganz zweifellos
erkennen. Die grobkörnigen Cylinder erscheinen aus verschieden grossen, rothen
Blutkörperchen in der Form nicht unähnlichen, aber hellbraunrothen, ziemlich
stark glänzenden Körperchen zusammengesetzt, welche aber durchaus nicht als
veränderte Blutkörperchen, sondern, wie die verschiedensten Uebergangsstufen
nachweisen lassen, aus den erwähnten gleich gefärbten braunrothen Massen
scheinbar durch Zusammensintern entstanden sind. Hierfür spricht auch die schon
oben erwähnte Farbenreaction. Während sich die in den Gefässen enthaltenen
Blutkörperchen durch Eosin mehr oder weniger intensiv rosaroth färben, behalten
die beschriebenen Massen ihre charakteristische hellbraunrothe Farbe. Hin und
wieder finden sich in den gewundenen Harncanälchen auch lose, unregelmässig
krümliche Massen von gleichem physikalischen Verhalten, da und dort auch ein¬
fache hyaline, durch Eosin rosaroth gefärbte Cylinder, welche zeitweilig die braun-
röthlichen körnigen oder bräunlichen Massen einscbliesscn.
Auch die Epithelien der Henle’schen Schleifen sind theilweise kernlos, ne-
crotisirt. Körnige Niederschläge sind aber in ihnen nicht, wohl aber hin und
wieder Cylinder der beschriebenen Art in dem Lumen der Schleifen enthalten.
Das Epithel der Sammelröhrchen ist gleichfalls vielfach kernlos geworden,
zum grossen Theil abgehoben und zu epithelialen Cylindern zusammengeschoben.
Diese schlie-sen wiederum die beschriebenen fein- oder grobkörnigen oder krüm-
lichen Massen in grösseren oder geringeren Mengen ein. Ausserdem findet sich
aber auch ein grosser Theil der Sammelröhren durch Cylinder ausgefüllt, welche
nur aus letzteren bestehen.
Das interstitielle Bindegewebe der Nieren ist nur an wenigen Stellen als
vollständig intact zu bezeichnen. Vielfach erscheinen wenigstens seine Spalt¬
räume deutlich verbreitert (Oedem?), die ßindegewebszellen geschwellt, vermehrt.
An einzelnen Stellen tritt auch eine kleinzellige Infiltration bemerkbar hervor —
Erscheinungen, welche indess in der Rinde augenfälliger hervortreten als in der
Marksubstanz.
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Kupferwirkungen auf wiederkauende Haussäugethiere. 347
Die Gefässe der ersteren sind durchweg stärker, zum Theil prall gefüllt.
Einzelne kleine Capillarwindungen lassen in ihren Lumen zwischen den rosaroth
gefärbten rothen Blutkörperchen auch kleine Mengen der hellbraunrothen, hier
meist krümlichen Massen erkennen, wie sie das Lumen der Harncanälchen aus¬
füllten.
Milz und Leber geben (in Folge missglückter Härtung?) eine durchaus
mangelhafte Kernfärbung. Erstere lasst in ihrem Parenchym ausserordentlich
reichlich deutlich zahlreiche krümliche, hellrothbraune Einlagerung bezeichneter
Art, daneben aber auch klumpige Ballen erkennen, welche mehr den Eindruck
machen, als seien sie aus zusammengeschrumpften rothen Blutkörperchen ent¬
standen. In letzterer erscheint das Protoplasma der Parenchymzellen durchgängig
fein staubförmig getrübt. In den Gefässen, und zwar sowohl in den intra- als
extralpbulären, kann man vereinzelt ebenfalls ganz deutlich fern- oder grobkör¬
nige, oder mehr grobkörnige Massen, wie in Nieren und Milz wahrnehmen.
Lunge. Capillaren stark gefüllt, einzelne Stellen des Präparats erscheinen
wie injicirt. Innerhalb der durch Eosin dunkel rosaroth gefärbten Blutsäule wie¬
derum vereinzelte hellblauroth gefärbte körnige oder krümliche Massen. Auch im
interstitiellen Gewebe sind solche, aber nur sehr spärlich eingelagert. In den
Alveolen finden sich hier und da zeitige, in anderen feinfädige fibrinöse Exsudate.
Herzmusculatur gering staubförmig getrübt, die Querstreifung überall
erhalten.
Eine mikroskopische Untersuchung des frischen Cadaverblutes und des Bla¬
seninhalts ist nicht vorgenommen worden.
Alle beschriebenen Veränderungen fanden sich in auffallendster Weise beim
Versuchstier 2, bei 1 und 3 traten sie am ein Geringes weniger, wenn auch
noch sehr augenfällig hervor.
Der vorstehende Sections- und mikroskopische Befund erinnert in
frappanter Weise an die von Marchand beschriebene Intoxication
durch chlorsaure Salze (cf. Virch. Arch., 1879, Bd. 77, S. 455). Die
dunkelbraunrothe Färbung des Blutes und der Nieren, die in den
Nierencanälchen und der Milz Vorgefundenen körnigen und krümlichen
hellbräunlichrothen Niederschläge etc. entsprechen vollständig dem von
Marchand gezeichneten Bilde. Die Aehnlichkeit, ja die Identität
beider Processe wird noch augenfälliger durch folgenden Versuch.
S. 467 (1. c.) berichtet Marchand, dass durch Zusatz von verschiede¬
nen Mengen einer 5- resp. lOproc. Lösung von chlorsaurem Kali zu
defibrinirtem Blute nicht nur eine Farbenveränderung, sondern auch
eine Gerinnung des letzteren vor sich gehe.
Dieser Versuch ist von Hofmeister und mir mit einer 5procentigen
wässerigen Lösung von Cupr. sulf. wiederholt worden. In 6 Reagensgläsern mit
je 10 Ccm. frischem, defibrinirtem Schafblute wurde zu a. 0,1, zu b. 0 5, zu c.
1,0, zu d. 1.5, zu e. 2,0 und zu f. 2,5 Ccm. der obigen Lösung (= 0,005 bis
0,075 Grm. des Kupfersalzes) gesetzt und hiernach ganz genau dieselben Ver¬
änderungen der Blutproben, welohe bei Zimmertemperatur stehen blieben, beob-
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348
ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
achtet. Die Proben e. und f. hatten schon nach ca. i Stunde eine syrupartige
Consistenz nnd eine sepiabraune Farbe angenommen; d. und c. folgten nach
mehreren Stunden; b. war nach ca. 16 Stunden etwas dickflüssiger geworden,
floss aber noch aus dem Reagenscylinder aus; die Farbe war eine dunkelroth-
braune, in dünnen Schichten an der Wand des Glases ebenfalls eine sepiabraune.
Die Probe a. war dunkler, mit einem Stich ins Bräunliche, geworden. Der beim
Schütteln entstehende Schaum war deutlich braunroth.
Die mikroskopische Untersuchung der gallertartigen Blotmassen ergab, dass
die Blutkörper theils zerfallen, theils geschrumpft, theils zu Klumpen zusammen*
geballt waren. Dazwischen fanden sich verschieden grosse, hellbraunrothe Körn¬
chen und Krümelchen.
Die von Ellenberger angestellte spektroskopische Analyse liess nach 16
Stunden in keiner der Proben die Oxyhämoglobinstreifen erkennen; dieselben
waren vollständig verschwunden.
Die Wirkung des Cupr. sulf. würde also dieselbe reducirende
auf das Hämoglobin sein, wie die der chlorsauren Salze,
und ihr somit die Braunfärbung des Blutes sowie der Zerfall der
rothen Blutkörperchen zugeschrieben werden müssen. Ganz analog,
wie es nach Marchand die chlorsauren Salze thun, findet auch durch
Cupr. sulf. eine Umwandlung des O-Hämoglobin in Met-Hämoglobin
statt. Dieses löst sich im Serum und bedingt die mehr oder weniger
bei allen drei Versuchsthieren beobachteten Erscheinungen. Ein an¬
derer Theil scheidet sich in Körnchen- oder Krümelchenform aus dem
Serum aus und wird besonders durch die Epithelien der Nieren aus¬
geschieden, in deren excretorischem Canalsystem es die beschriebenen
Cylinder bildet. Dass diese zur Harnretention und im Verein mit
der ausgebreiteten Necrose der Nierenepithelien zu urämischen Er¬
scheinungen führen können und müssen, — dafür sprechen unter an¬
deren die Darmerscheinungen, — ist einleuchtend. Dass eine krümel¬
artige Abscheidung des Methämoglobins auch schon in den Gefässen
stattfindet, lehren die Befunde in den Nieren, der Milz und der Lunge.
Die Ausscheidung der zerfallenen Blutkörperchen erfolgte, wie bei
allen derartigen Auflösungszuständen desselben, auch hier wesentlich
durch Nieren und Milz.
Nicht beistimmen, wenigstens nicht für die vorliegenden Kupfer¬
vergiftungen, kann ich Marchand, wenn er das Vorhandensein eines
entzündlichen Reizes in den Nieren, für seine Fälle bedingt durch
Ausscheidung der chlorsauren Salze durch diese Organe, bezweifelt.
Die diffuse Schwellung und kleinzellige Infiltration des Stroma sprechen
in den von mir untersuchten Fällen deutlich genug für eine solche
und können auf eine Pyelonephritis nicht zurückgeführt werden.
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Kupferwirkungen auf wiederkauende Haussäugetbiere. 349
Was endlich die von March and angedeutete Aehnlichkeit der
von ihm beschriebenen Nierenerkrankung mit der sog. Winckel’schen
Krankheit anbelangt, so ist dieselbe auch für die vorliegende Kupfer¬
vergiftung ganz unverkennbar, wie ich dies an in meinem Besitz be¬
findlichen mikroskopischen Präparaten jederzeit demonstriren kann.
Nur ist die Massenhaftigkeit der Methämoglobinausscheidungen in den
Schafnieren eine unvergleichlich massenhaftere.
Auch die von Marchand in einer Anmerkung (S. 486, 2.) er¬
wähnte, ihm von Weigert mitgetheilte ähnliche Nierenerkrankung
beim Schafe gehört unverkennbar hierher. Das betreffende Schaf, von
dem das in Weigert’s Besitz befindliche Präparat stammt, war nach
länger fortgesetztem^ Genuss verdorbener, verschimmelter Schlempe
erkrankt und gestorben. Die mir von Prof. Zürn gütigst überlasse¬
nen Nieren (cf. Pflug, Vorträge für Thierärzte, II. Ser., S. 274)
zeichneten sich schon makroskopisch durch ihre intensiv braun-
rothe Farbe aus und enthielten in den Harncanälchen massenhafte
kleinkörnige und grobschollige, röthlichbraune Hämoglobinmassen, die,
mehr oder weniger dicht zusammenhängend, das Lumen vieler Harn¬
canälchen fast vollständig ausfüllten. Vielfach traten dieselben auch
in Form der von Marchand (1. c. S. 485) erwähnten perlschnurarti¬
gen Körper, ja an einzelnen Stellen als so feine, fadenförmige, coral-
lenartig verästelte und stark lichtbrechende Gebilde auf, dass man
sie sehr wohl für Mycel mit Gemmen und Conidien halten konnte.
Ihre hellgelbrothe Farbe und die wiederholte Untersuchung mit guter
Zeiss’scher Oelimmersion lässt indess deutlich den gleichen Ursprung
wie bei den gröberen perlschnurartigen Massen erkennen.“
Schluss betrach tu ng.
Vergleichen wir unsere Versuchsresultate mit denen anderer Autoren
über acute Vergiftungen, so fällt vor Allem in die Augen, dass wir
1) keine so bedeutende Einwirkung auf die Körpermusculatur consta-
tiren konnten, wie Orfila, Blake, Neebe berichten. Die Schafe
wurden allerdings schwach und konnten schliesslich gar nicht mehr
stehen; aber diese Schwächeerscheinungen können auch als Folgewir¬
kung der schlechten Ernährung erklärt werden. Dafür spricht nament¬
lich, dass die Respiration verhältnissmässig ungestört vor sich ging;
sie war in der letzten Zeit vor dem Tode allerdings etwas erschwert,
aber doch nicht derart, dass auf Muskeldegenerationen geschlossen
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350
ELLENBERGER 11 . HOFMEISTER.
werden könnte. Hervorragendes Muskelzittern oder Krämpfe sind nicht
regelmässig beobachtet worden; nur das erste Versuchsthier zeigte —
jedoch erst 24 Stunden vor dem Tode — starke Schmerzen bei Muskel¬
bewegungen, Gelenkbeugungen und Streckungen u. dgl. — 2) Die
Angaben von Galippe, Burg und Ducom, dass das Kupfer in klei¬
nen Gaben, d. h. solchen, die keine heftigen örtlichen Wirkungen,
Anätzungen u. dgl. bedingen, fast unschädlich sei, und die dem ähn¬
lichen Anschauungen Langenbeck’s und Städeler’s, sind in Bezug
auf die Wiederkäuer nicht zutreffend. Bei Beurtheilung dieses Satzes
ist wohl zu beachten, dass bei Hunden und anderen Thieren ein Theil
des aufgenommenen Kupfers durch das Erbrechen wieder direct aus¬
geworfen wird, dass dies aber bei Wiederkäuern nicht geschieht. —
3) Eine bedeutende Beeinflussung der Herzthätigkeit, wie sie Blake
beobachtete, konnten wir nicht feststellen. — 4) Die Untersuchung
des Blutes gab in Bezug auf das Verhalten der Blutkörperchen kein
constantes Resultat. Die Blutkörperchen erschienen allerdings in
ihrer Form und Beschaffenheit verändert, aber in verschiedener Art
und Weise. — 5) Eine wesentliche Beeinflussung des Respirations¬
centrums (Neebe) konnte nicht constatirt werden. — 6) Eine Ver¬
minderung der Urinsecretion (Moiroud) konnte auch nicht als con-
stant vorhandenes Symptom festgestellt werden. Nur zeitweise war
eine Verringerung der Secretion zu notiren. — 7) Brechneigungen
wurden nicht beobachtet.
Aus diesen wenigen vergleichenden Angaben ergiebt sich schon,
dass ein nicht unwesentlicher Unterschied zwischen den acuten und
chronischen Kupferwirkungen besteht.
Ueberblicken wir die Resultate unserer Versuche in Hinsicht der
während des Lebens an den Versuchsthieren hervorgetretenen Er¬
scheinungen, so ist eine gewisse Constanz in den Symptomen un¬
verkennbar, so dass man in der That von dem Bilde einer chro¬
nischen Kupferintoxication sprechen kann. Freilich ist das Bild
nicht durchweg charakteristisch. Dass es sich bei unseren Beobach¬
tungen in der That um chronische und nicht um acute Vergif¬
tungen handelte, geht wohl zur Genüge aus' der Schilderung der ein¬
zelnen Versuche hervor, namentlich kann beim 2. und 3. Versuche
ein Zweifel unmöglich obwalten.
Bezüglich des ersten Versuchsschafes könnte allenfalls der Ver¬
dacht einer acuten Vergiftung Platz greifen. Wir steigerten in diesem
Falle die Dosis auf 3 Grm. Diese Steigerung glaubten wir recht-
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Kupferwirkungen auf wiederkauende Haussäugethiere.
35t
fertigen zu können, weil der berühmte Veterinärpharmakologe Hert-
wig ausdrücklich angiebt, dass erst Dosen von 4 Grra. und.darüber
bei Schafen acute Vergiftungen hervorrufen. Trotzdem scheinen auch
schon 3 Grm. derartige Erscheinungen, wenn auch geringgradiger, be¬
dingen zu können. Zweifellos aber müssen die meisten der beobach¬
teten Erscheinungen, die Gelbsucht, die Hämoglobinurie etc. auf die
allmähliche Einwirkung des Kupfers auf das Blut, die Nieren und
die Leber bezogen werden. Sie sind also der Ausdruck chronischer
Wirkungen. Bei dem 2. Versuche handelte es sich ganz bestimmt um
chronische Vergiftung. Ebenso ist dies beim 3. Versuche der Fall.
Gerade dieser Versuch beweist schlagend, dass die Kupferablagerung
selbst bei Verabreichung minimaler Gaben mit der Zeit
derartige Veränderungen in den Organen und in dem Blute
hervorruft, dass der Tod eintreten muss. Das fragliche Thier
hatte bereits seit 41 Tagen kein Kupfer mehr erhalten. Während
dieser ganzen Zeit resorbirte es nur einen Theil des durch die Leber
in den Darm ausgeschiedenen Kupfers. Ein Theil ging, wie wir nach¬
gewiesen haben, durch den Koth ab (die Kupferausscheidung durch
die Nieren sistirte). Die täglich resorbirte Menge kann nur eine
sehr unbedeutende gewesen sein. Das Schaf verhielt sich also
wie ein Thier, welches ganz kleine Dosen eines Kupferprä¬
parats erhält. Bei der Verabreichung ganz kleiner Dosen findet,
wie die Harnuntersuchungen ergaben, keine nachweisbare Ausschei¬
dung durch die Nieren statt. Deshalb ist die Ausscheidung leichter
als bei anderen Metallen, bei denen diese Ausscheidung vor sich geht.
Dass dieses Schaf rascher verendete als das zweite Versuchsthier,
liegt offenbar in den individuellen Verhältnissen und vielleicht auch
darin, dass bei dem zweiten Schafe die Nieren in Folge der anhal¬
tenden Verabreichung von Kupfer durch dieses in Thätigkeit behufs
Kupferausscheidung gehalten wurden.
Das durch die Galle secernirte Kupfer wird vielleicht dann we¬
niger resorbirt, wenn bereits per os verabreichtes Kupfer im Darm
ist, welches das Resorptionsmaximum repräsentirt. Offenbar giebt die
Galle das Kupfer in einer solchen Modification in den Darmcanal ab,
in der es sehr leicht resorbirbar ist.
Welches sind nun die Symptome der chronischen Kupfer¬
vergiftung?
Wesentlich tritt die Albuminurie und der Icterus und gegen
Ende die Hämoglobinurie und unter Umständen Hämaturie hervor.
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ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
Daneben fallt die grosse Muskelschwäche und Mattigkeit der
Thiere und die Abnahme des Nährzustandes, des Körper¬
gewichts in die Augen. Das sind Erscheinungen, welche bei keinem
Thiere fehlten. Dazu kommt dann noch eine zeitweise bestehende
Verstopfung, Appetitsverminderung, unvollständiges, man¬
gelhaftes Ruminiren. In den höheren Graden -der Intoxication
steigt die Innentemperatur und ebenso die Zahl der Pulse und Athem-
züge. Kurz vor dem Tode tritt zu den genannten Symptomen noch
eine heftige Diarrhoe hinzu. Unter klonischen Krämpfen erfolgt der Tod.
Die Harnstoffausfuhr blieb sich während des ganzen Ver¬
suches gleich. Die Harnmenge sinkt zuweilen bedeutend, offenbar
durch entzündliche Nierenreizung bedingt.
Im Verlauf der Krankheit fällt in die Augen, dass zuweilen un-
motivirt Krankheitserscheinungen auftreten, die bald wieder ver¬
schwinden. Sie äussern sich in Mattigkeit, Appetitlosigkeit und Ver¬
stopfung; einmal wurden auch Kolikerscheinungen beobachtet.
Die Obductionserscheinungen geben ein ebenso constantes
Resultat wie die Erscheinungen am lebenden Thiere. Die wesent¬
lichsten Veränderungen sind an der Leber, dem Blute, den
Nieren und der Milz zu constatiren. Die Nieren befanden sich
im Zustande einer sog. hämorrhagischen parenchymatösen Nephritis. An
der Leber war stets die fettige Degeneration der Leberzellen und ein
icterischer Zustand zu finden. Die Musculatur und das Herzfleisch
waren etwas getrübt, etwas körnig, aber doch nicht derart, dass mau
sicher von Degenerationen sprechen könnte. Gallenfarbstofif fand sich
in allen Theilen des Körpers, die Schleimhäute, das Fettgewebe u. s. w.
erschienen icterisch gefärbt. Ausserdem fand man constant im Darra-
canal partiell die Erscheinungen eines chronischen oder acuten Ka¬
tarrhs. Vereinzelt kamen auch verheilte Sehleimhautdefecte im Ver-
dauungstract vor. Milzturaor war regelmässig vorhanden, ebenso
Oedema pulmonum.
Bei der mikroskopischen Untersuchung waren die Veränderungen
an den Nieren, der Leber, dem Blute und der Milz qualitativ voll¬
ständig gleich bei allen drei Versuchsthieren. Die vorhandenen Unter¬
schiede waren nur quantitativer Art. Die constatirten Verände¬
rungen waren dieselben wie die von Marchand bei Vergif¬
tungen mit chlorsauren Salzen gefunden (cf. S. 347). Es ist
dies eine höchst interessante Thatsache, und zwar um so mehr, als
auch bei der sog. Winckel’schen Krankheit, wie auch bei einem Schafe,
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Kupferwirkungen auf wiederkauende Haussäugethiere. ]
das verschimmelte und verdorbene Schlampe genossen hatte, dieselben
Veränderungen angetroffen wurden. Für den Veterinär gewinnt diese
Thatsache dadurch ein noch grösseres Interesse, als auch bei der
Lupinose der Schafe dieselben Blutveränderungen vorzuliegen schei¬
nen. An Präparaten der Nieren, Milz und Leber, die von einem
zweifellos au Lupinose gestorbenen Schafe stammen und die sich im
Besitze vom Collegen Johne befinden, kann man mühelos ganz die¬
selben Veränderungen constatiren, die Marchand bei Vergiftungen
mit chlorsauren Salzen, Johne mit uns bei Kupferintoxicationen,
Johne bei Fütterung von verdorbener Schlempe bei Schafen, Winkel
bei Menschen beobachtet haben. Es finden sich dieselben körnigen
und krüralichen, hellbräunlich-rothen Niederschläge etc. in den Nieren-
canälchen u. s. w. Auch bei Bleiintoxicationen kommen, was wir
in einem anderen Artikel nach weisen werden, ähnliche Veränderun¬
gen vor.
Die Ausscheidung des Kupfers findet wesentlich durch die
Galle und in geringerem Grade durch den Harn statt.
Betreffs der Ablagerung des Kupfers in den einzelnen Organen
(siehe oben S. 340) ist Folgendes bemerkenswerth:
Das Hauptdepot des Kupfers stellt die Leber dar. Dieses
Organ ist ja überhaupt der Lieblingsort für die Ablagerung der vom
Darm resorbirten Medicamente. Es liegt dies schon in der Lage des
Organs begründet. Mit dem venösen Blute des Darmes, welches
zweifellos einen bedeutenden Theil des resorbirbaren Kupfers aufnimmt
(ein anderer Theil gelangt in die Lymphgefässe), geht das Kupfer
durch die Pfortader zunächst zur Leber, ohne irgend ein anderes Organ
zu berühren. Was hier in der Leber nicht gebunden wird, tritt durch
die Vena hepatica aus der Leber heraus und durchläuft erst den
kleinen Kreislauf durch die Lungen, tritt dann in den grossen ein
und verbreitet sich in den übrigen Körperorganen.
Wenn es also in der Natur der Sache liegt, dass sich die Organ-
depositorien mit Vorliebe der Leber als Ablagerungsstätte bedienen,
so hat doch das Kupfer unter diesen Mitteln eine hervorragende Nei¬
gung zur Deposition in der Leber. Es bestehen offenbar eigenthüm-
liche besondere Attractionen zwischen den Bestandteilen der Leber
und dem Kupfer, die bei den anderen Metallen nicht vorhanden sind.
Die Leber hält das aufgenomraene Kupfer sehr fest, und was
sie ausscheidet, erhält sie durch oft wiederkehrende Resorption wie¬
der, so dass 41 nach einer vorhergegangenen längeren, 47 Tage an-
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ELLENBERGER u. HOFMEISTER,
dauernden Kupferverabreichung noch 0,172 pCt Kupferoxyd in der
Leber gefunden wurden.
Nächst der Leber steht dio Pankreasdrüse als Depotort für
das Kupfer. Durch den Bauchspeichel wird also auch Kupfer ausge¬
schieden; dasselbe verhält sich aber genau so wie das durch die Leber
abgegebene, d. h. es gelangt in den Verdauungstract und ist abermals
der Resorption ausgesetzt. Ebenso verhält es sich mit dem durch
die Speicheldrüsen ausgeschiedenen Kupfer. Diese Drüsen betheiligen
sich aber jedenfalls nur wenig bei der Kupferausscheidung, wie aus
dem geringen Kupfergehalt dieser Drüsen bei den an Kupfervergiftung
gestorbenen Thieren ersichtlich ist
Die hauptsächlichste Kupferausfuhr erfolgt also mit dem
Kothe durch den After, die Ausscheidung durch die Anhangs¬
drüsen des Darmes, vielleicht auch die Darmdrüsen.
Bei dem Schafe, welches noch 41 Tage nach Beendigung der
Kupferdarreichung lebte, konnte stets Kupfer im Kothe gefunden
werden.
In den Nieren lagert sich zwar mehr Kupfer ab, als, die ge¬
nannten Verdauungsdrüsen ausgenommen, in jedem anderen Organ des
Thierkörpers, aber nicht annähernd so viel als in der Leber. Die
Nieren sind nach den Verdauungsdrüsen die nächsten Depotorgane des
Kupfers. Durch den Ham wird demgemäss auch Kupfer ausgeschie¬
den, aber viel weniger als durch die Galle u. s. w., wie vielfache
Harnuntersuchungen ergeben. Im Harn war stets viel weniger Kupfer
enthalten als in der Galle.
Die Kupferausscheidung durch den Ham sistirt auch bald, wenn
kein Kupfer mehr gegeben wird, und kehrt nur anfallsweise wieder,
trotzdem noch viel Kupfer im Körper ist und trotzdem mit dem Kothe
anhaltend Kupfer abgeht. In dieser Thatsache liegt eine grosse Ge¬
fahr für die Thiere. Die Nachvergiftungen kommen deshalb sehr
leicht zu Stande und das Kupfer wird nur sehr langsam aus dem
Körper entfernt. Es liegt da ein Circulus vitiosus vor. Die Ver¬
dauungsdrüsen scheiden fortwährend in den Darm ab und erhalten
von dem Abgeschiedenen fortwährend einen Theil zurück.
Die Ablagerung wird um so bedeutender, je kleiner die Dosen
gewählt werden. Bei grösseren Dosen werden nicht so bedeutende
Mengen deponirt, weil die Zellen nicht Zeit finden, sich an die ein¬
gelagerten fremden Dinge zu gewöhnen. Das Fremde kommt in zu
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355
Kupferwirkungen auf wiederkauende Hauss&ugethiere.
grossen Mengen an, reizt zu bedeutend, wirkt stark auf das Blut ein
und der Tod erfolgt, ehe bedeutende Deposition eingetreten ist.
Die Ablagerung des Kupfers im Nervensystem ist nicht unbe¬
deutend, sie überwiegt die der meisten anderen Organe (abgesehen
von den genannten Excretionsorganen); trotzdem sind aber keine ner¬
vösen Symptome bemerkbar geworden. Das Kupfer hat also keinen
besonderen Einfluss auf die nervösen Centralorgane oder die peri¬
pheren Nerven ausgeübt. Die Kupferablagerung in den Muskeln war
nicht sehr bedeutend, namentlich nicht so bedeutend, um die Functio¬
nen der Muskeln stark zu stören, aber immerhin genügend, um zur
Vorsicht beim Genüsse des Fleiches von Thieren zu mahnen, denen
Kupfersalze als Medicamente verabreicht worden sind. Diese Vorsicht
ist, wie aus den Versuchsresultaten ersichtlich, auch noch Wochen
lang nachher, nach der Behandlung nicht ausser Augen zu lassen.
Es kann nicht unsere Sache sein, aus den vorstehend mitge-
theilsen Resultaten unserer Beobachtungen die weiteren praktischen
Schlussfolgerungen bezüglich der therapeutischen Indicationen behufs
Anwendung des Kupfers bei Krankheiten zu besprechen. Dies ist
Sache der Kliniker. Diese werden zu prüfen haben, ob Kupfersalze
bei Nieren- und Leberkrankheiten, bei zyraotischen Blutleiden u. s. w.
empfehlenswerth sind. Unsere Versuchsresultate geben die Basis für
die therapeutische Beurtheilung der Kupfersalze als Heilmittel ab.
Soweit reicht unsere Aufgabe. Alles Andere überlassen wir den
Therapeuten.
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XIII.
Angioma oavemosum diffüsum beim Pferde.
Von
Kreisthierarzt L. Grebe in Altena.
Da cavernöse Angiome bei Thieren selten Vorkommen, so dürfte
die Veröffentlichung eines von mir beobachteten Falles wohl gerecht¬
fertigt sein. Eine kurze Definition der Angiome sowie eine flüchtige
Betrachtung über die Form und Genesis derselben gestatte ich mir
vorauszuschicken.
Als Angiome, Tumores vasculosi, Gefässgeschwülste werden die¬
jenigen Tumoren bezeichnet, welche ausschliesslich oder doch zum
grössten Theil aus neugebildeten Gefassen mit sehr bedeutenden Ver¬
änderungen ihrer Wandungen zusammengesetzt sind. Alle circum-
scripten Anschwellungen, welche nicht aus Gfässen mit darin enthal¬
tenem Blut, vielmehr aus extravasirtem Blut bestehen; ferner auch
diejenigen geschwulstartigen Hervorragungen, welche auf partieller
Ausdehnung einzelner Gefässe oder auf Erweiterung einzelner Gefäss-
stämme beruhen, gehören nicht in die Kategorie der Geschwülste, von
welchen hier die Rede ist. Den Namen „ Angioma“ hat man nur für
solche Gebilde eingeführt, welche aus einer Neubildung und Vermeh¬
rung von Gefassen, die eine wahrhafte Hyperplasie mit Ectasie zeigen,
hervorgegangen sind, und dabei wesentlich und hauptsächlich an der
Stelle der Capillarausbreitung sich befinden.
Man unterscheidet die Angiome in einfache (Angioma simplex s.
capillare) oder Telangiectasien, und in cavernöse oder zellige (An¬
gioma cavernosum).
Das Angioma simplex, beim Menchen als sog. Feuermal oder
Naevus vasculosus allgemein bekannt, ist nach Förster und Roll
bei den Hausthieren bis dahin nur in der äusseren Haut und an der
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Angioma cavernosum diffusum beim Pferde.
357
Schleimhaut des Darmes gefunden worden. Dasselbe hat in der Mehr¬
zahl der Fälle gar nichts Geschwulstartiges an sich, besitzt vielmehr
gewöhnlich eine mehr flächenartige, diffuse Ausbreitung. Dem ent¬
sprechend ist es denn auch beinahe nie scharf begrenzt. Nur aus¬
nahmsweise ist das einfache Angiom wirklich geschwulstartig. Es
stellt dann eine ziemlich scharf umschriebene, jedoch niemals von
einer besonderen Kapsel umschlossene Bildung von verschiedenem
Umfange dar. Die kleineren Formen treten nicht ganz selten mul¬
tipel auf. Die Farbe ist bald eine hellrothe, bald eine bläulichrothe
oder weinrothe, je nachdem die Gefässe des Angioms mehr ober¬
flächlich oder tiefer liegen. Die anatomische Untersuchung lehrt, dass
sie ihrer grössten Masse nach aus meist sehr erweiterten Capillaren
mit auffällig dicker, gleichsam doppelter Wand bestehen, die kork-
zieherförmig gewunden sind, in der verschiedensten Verwicklung unter
einander verlaufen und ein ausserordentlich dichtes Netz bilden.
Zwischen diesen proliferen Capillaren finden wir mehr oder weniger
viel Bindegewebe. Ueber die Ursachen ist bei Thieren nichts bekannt.
Das Angioma cavernosum unterscheidet sich von dem einfachen
Angiom dadurch, dass es ganz oder vorwiegend aus Gefässräumen,
oder doch aus Räumen, die Blut führen, besteht. Das Innere zeigt
nämlich dicht bei einander liegende und unter einander in Verbindung
stehende Hohlräume von sehr verschiedener Gestalt und Weite, die
mit flüssigem Blute gefüllt sind. Capillaren sind in der Geschwulst
nicht wahrzunehmen, an Stelle derselben finden sich jene Blut füh¬
renden Räume. Die Wände dieser Räume sind aus parallelfaserigem
Bindegewebe gebildet, das zuweilen elastische Fasern, zuweilen glatte
Muskelfasern, in manchen Fällen Gefässe (Vasa vasorum) enthält;
stets aber auf seiner inneren, dem Lumen der Räume zugewendeten
Fläche, mit einem sehr feinen Endothel bekleidet ist. Je nach der
Beschaffenheit des Bindegewebes ist der Consistenzgrad der Geschwulst
ein verschiedener. Der Tumor kann so weich und elastisch sein,
dass er unter dem leisesten Fingerdruck schwindet; derselbe kann
aber auch so hart sein, dass die Veränderung seines Volumens selbst
bei Anwendung eines starken Druckes nur sehr gering ist. Die Farbe
ist in der Regel eine mehr dunkle, venöse. Die cavernösen Angiome
sind nur selten von Geburt an vorhanden. Am häufigsten entwickeln
sie sich mehr oder weniger lange Zeit nach der Geburt aus kleinen
einfachen Angiomen. Sie treten in zwei Hauptformen auf. Diese
sind die umgrenzte oder abgekapselte (Angioma cavernosum circum-
24
Archiv t wiaaensch. a. prckt. Thierheilk. IX. 4 a. 5 .
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358
GREBE,
scriptum s. incapsulatum) und die verstrichene oder diffuse (Angioma
cavernosum diffusum). Das erstere ist durch eine Bindegewebskapsel
von verschiedener Dicke und Zusammensetzung von der Nachbarschaft
scharf abgegrenzt, meist klein, selten grösser als eine Wallnuss, und
hat gewöhnlich eine rundliche oder eiförmige Gestalt. Die diffusen
Angiome haben niemals eine besondere Begrenzungshaut und bieten
bezüglich ihres Umfanges und ihrer Form grosse Verschiedenheiten
dar. Sie erscheinen in den meisten Fällen in flächenartiger, nur wenig
über die Umgebung hervorragender Ausbreitung; namentlich an der
Haut verbreiten sie sich in dieser Form über handgrosse Flächen.
Aber auch als abgerundete Hervorragungen mit breiter Basis (tube¬
röser Tumor) kommen sie vor. In letzterer Gestalt können sie eine
enorme Grösse erreichen; faustgrosse und noch grössere Geschwülste
sind beobachtet worden.
Was die Pathogenese der Angiome betrifft, so steht es für die
einfachen Angiome zweifellos fest, dass sie durch Neubildung capil-
larer Bahnen entstehen. Die neugebildeten Gefässe zeichnen sich vor
den normalen schon früh durch dickere Wandungen und ein weites
Lumen aus, weshalb man sie auch colossale Capillaren genannt hat.
Von diesen hyperplastischen und dilatirten Gefässen schreitet der Pro-
cess der Hyperplasie und Ectasie in den Wandungen der Blutbahnen
weiter. Dabei werden auch Arterien und Venen in Mitleidenschaft
gezogen, bald so, dass die ersteren, bald so, dass die letzteren mehr
betheiligt sind, während zugleich die Zahl der Gefasse sich vermehrt.
Die Bildung des cavernösen Angioms ist im Wesentlichen auf eine
progressive Dilatation capillarer Bahnen zurückzuführen. In Folge des
Seitendruckes, den das Blut auf die innere Oberfläche der in Wuche¬
rung und in Folge dessen in einem Zustande geringerer Widerstands¬
fähigkeit sich befindenden Gefässwände ausübt, atrophirt das zwischen
den einzelnen Gefässen lagernde Gewebe, die Gefasswandungen be¬
rühren sich, verwachsen, verschmelzen. Die gemeinschaftlich gewor¬
dene Wand verdünnt sich dann unter dem Einfluss des Blutdruckes
allmählich und wird schliesslich perforirt. Die Perforation führt zur
Bildung cavernöser Räume. Das Wachsthum des cavernösen Angioms
ist ein peripheres. Durch die Reizung, welche im Umfange der Ge¬
schwulst eintritt, wird das Nachbargewebe zur Bildung neuer Gefasse
angeregt, die sich später mehr und mehr ausdehnen. Gleichzeitig
erweitern sich die Bluträume im Innern der Geschwulst fortwährend;
auch schwindet das Zwischengewebe, bis von diesem schliesslich nur
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Angioma cavernosum diffusum beim Pferde.
359
noch aus derber, starrer, bindegewebiger Masse bestehende Wände
oder Balken als letzte Residuen übrig sind.
Die Behandlung ist eine rein chirurgische; sie beschränkt sich
im Allgemeinen auf die Entfernung der im Bereiche der Körperperi¬
pherie vorkommenden Geschwülste. Bei oberflächlichem Sitz bietet
die Exstirpation noch das beste Resultat; doch kommt bei diffusen
Formen wegen der Unmöglichkeit, die Grenze der Geschwulst bei der
Operation genau zu erkennen, nicht ganz selten ein Recidiv an der
Narbe vor.
Ich habe Gelegenheit gehabt, einen Fall von Angioma caverno¬
sum diffusum zu beobachten. Im August v. J. wurde mir ein etwa
10 Jahre alter Grauschimmelwallach wegen einer Geschwulst ira Maule
zugeführt.
Status praesens. Die rechte Hälfte des Gaumengewölbes zeigt
in der Höhe des ersten Backenzahnes (P 3) eine unregelmässig runde,
gegen die Nachbarschaft ziemlich scharf abgegrenzte Hervorragung.
Die etwa 7 Cm. hohe Anschwellung flacht sich nach den Seiten hin
merklich ab. Sie hat den Umfang einer Mannesfaust und erstreckt
sich von der medianen Linie des harten Gaumens bis zum rechten
Zwischenzahnrande des Oberkiefers, den sie unmittelbar vor dem dritten
Prämolarzahne in einer Breite von 4 Cm. bis zur Basis der Lippe
nach aussen umfasst und über welchen sie nach unten bis zum zahn¬
losen Rande des Unterkiefers halbkugelig hervorragt. Der Tumor hat
eine Länge von 11 Cm. und misst an seiner breitesten Stelle gegen
8 Cm. Die ihn überziehende Schleimhaut ist lebhaft geröthet, stark
glänzend und sitzt fest auf. Von den sog. Gaumenstaffeln ist an der
Stelle der Geschwulst nichts zu erkennen. Dieselbe fühlt sich ver¬
mehrt warm, hart, prall an, lässt sich weder aufheben noch ver¬
schieben und ist nicht pulsirend. Bei anhaltendem stärkeren Finger¬
druck, der dem Thiere keinen Schmerz zu verursachen scheint, ver¬
kleinert sie sich merklich; bei Nachlass des Druckes quillt sie langsam
wieder auf. Das betreffende Pferd vermag nicht die Kiefer zu schliessen.
Das Kauen ist ganz unmöglich; nur flüssige Nahrungsmittel können
aufgenommen werden.
Anamnestisch lässt" sich die erste Spur des Gebildes über zwei
Jahre zurück verfolgen. Der Besitzer des Thieres erzählt, dass schon
im Frühjahr 1879 auf dem zahnlosen Rande des Oberkiefers ein etwa
haselnussgrosser Knoten bemerkt wurde, welcher, nachdem er ein und
24*
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360
GREBE,
ein halbes Jahr hindurch bestanden hatte, plötzlich zu wachsen anfing
und sich auf den Gaumen ausbreitete.
Auf einen Einstich in die Geschwulst trat eine heftige Blutung
ein, die jedoch durch eine sorgfältige Tamponade, wozu ich Eisen¬
chloridwatte benutzte, verbunden mit einem genauen Verschluss der
Wunde vermittelst der blutigen Naht, in kurzer Zeit zum Stehen ge¬
bracht wurde.
Bei dem Einstopfen der Tampons in das Innere der Geschwulst
mit dem Finger erkannte ich sofort, dass die Bildung von einem
resistenten cavernösen Gewebe durchsetzt war, dessen Hohlräurae flüs¬
siges Blut führten.
Diese Wahrnehmung, der enorme Umfang des Tumors und die
Beobachtung, dass derselbe nach der theilweisen Entleerung sich nicht
stossweise wieder anfüllte, wie wir dies bei den Sarcomen und Aneu¬
rysmen beobachten, sondern langsam aufquoll wie ein Badeschwamm,
der leer ins Wasser gelegt wird (nach A. Lücke ein pathognomo-
nisches Symptom der cavernösen Gefässgeschwülste) bestimmten mich,
die Diagnose auf ein Angioma cavemosum diffusum zu stellen.
Behufs operativer Beseitigung des Gebildes wurde das betreffende
Thier niedergelegt und gebremst. Nachdem das Maul geöffnet, das
Offenbleiben desselben durch ein Gatter gesichert, die Zunge auf die
linke Seite gezogen und der Kopf gut fixirt war, durchschnitt ich
nach dem von Gen so ul empfohlenen Verfahren die Geschwulst von
hinten nach vorn in ihrer ganzen Mächtigkeit in einem Zuge, um¬
fasste jede der hierdurch entstandenen Hälften mit den Fingern, löste
sie mit Hülfe der Fingernägel von dem knöchernen Gaumen, dessen
Gefässe mit den Gefässen der Geschwulst im Zusammenhänge standen,
ab und riss sie dann mit kräftigem Zuge in ihrem ganzen Umfange
aus den sie umgebenden Theilen heraus.
Der operative Eingriff war mit einer beunruhigenden Blutung ver¬
bunden. Bei dem Durchschneiden der Geschwulstmasse quoll das Blut
aus allen Theilen derselben wie aus einem Siebe in grosser Menge
hervor, theils dunkel und in continuirlichem Strome, theils hell, pul-
sirend und in kräftigem Strahl. Auch bei und nach dem Ausreissen
der Geschwulstraasse floss aus zahlreichen grösseren Venen, die aus
dem unterliegenden Knochen entsprangen, viel Blut ab. Die Stillung
der Blutung wurde durch die energische Anwendung des glühenden
Eisens bewirkt.
Schon die makroskopische Betrachtung der exstirpirten Bildung
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Angioma carernosum diffusum beim Pferde.
361
liess auf den ersten Blick erkennen, dass die Grundlage derselben
ein inaschiges, aus starren, derben, etwa 1 Mm. dicken Balkenzügen
bestehendes Gewebe (Gerüst) von bläulichweisser Farbe war, welches
zahlreiche, dicht bei einander Hegende und mit einander communi-
cirende Hohlräume umgrenzte, die mit flüssigem, leicht ausdrückbarem
Blut erfüllt waren. Die Hohlräurae zeigten eine sehr verschiedene
Weite. Die meisten hatten einen Durchmesser von 2—3 Mm., viele
von 5—6 Mm., einzelne von 10 Mm. und mehr, so dass man in die
grössten der Räume leicht mit dem Finger eindringen konnte. Die
mikroskopische Untersuchung des Balkengewebes, welche zum Theil
am frischen, zum Theil am erhärteten Präparat ausgeführt wurde,
ergab Folgendes: Auf der Oberfläche der Balken resp. auf der Innen¬
fläche der Hohlräume lag eine einfache Schicht glatter, spindelförmi¬
ger Endothelzellen mit grossem Kern und Kernkörperchen. Die Grund¬
substanz der meist rundlichen Balken bestand aus einer dichten,
streifigen Bindegewebsmasse, in welcher nach Einwirkung von Essig¬
säure einzelne feine Bindegewebselemente zu sehen waren und welche
in den schwächeren Balken mehrfache concentrische Lagen von glatten,
blassen Muskelfasern enthielt, in deren Gewebe lange, spindelförmig
gestaltete Zellen mit länglichen, meist einfachen, zuweilen mehrfachen
Kernen lagen. In den stärkeren Balkenzügen fanden sich kleinere
Gefässe. Die histologische Structur der Bildung hatte demnach die
grösste Aehnlichkeit mit den Corpora cavernosa penis et clitoridis.
Dass der Tumor ein Angioma cavernosum diffusum war, bedarf
wohl kaum einer besonderen Erwähnung; wir finden eine vollständige
Analogie mit dem Bilde des Angioma cavernosum diffusum beim Men¬
schen. Mit Rücksicht darauf, dass das Angiom seinen Sitz an der
Peripherie eines Knochens hatte, dass die Gefässe des Gebildes mit
Gefässen, die aus dem Knochen entsprangen, communicirten, mithin
auch kein Zweifel darüber bestehen kann, dass die Geschwulst aus
den Gefässen des Knochens hervorging, muss der Tumor in die Reihe
deijenigen Gefässgeschwülste gezählt werden, welche wir als „peri¬
pherische“ oder „periosteale“ Angiome bezeichnen.
Obgleich die Kauterisation mit dem Glüheisen eine sehr ausge¬
dehnte Entzündung zur Folge hatte, frass Patient weiches Futter
ohne Beschwerde und war die Wunde nach Verlauf von drei Wochen
vollständig vernarbt. Das Pferd blieb nach der Heilung der Wunde
volle sechs Wochen gesund. Neun Wochen nach der Operation trat
eine Repullulation des Uebels ein. Die neue Geschwulst war sehr
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GREBE.
schmerzhaft und wuchs so schnell, dass sie nach Verlauf von etwa
drei Monaten den Umfang einer starken Mannesfaust erreicht hatte.
Da ich das Leiden nunmehr für unheilbar erachtete, rieth ich dem
Eigenthümer des Thieres, letzteres an einen Pferdeschlächter zu ver¬
kaufen. Das ist geschehen, aber erst nachdem Patient unter den
Händen zweier Collegen, welche das Gebilde zu excidiren versuchten,
an einer nicht zu stillenden Blutung verendet war. Den angioma-
tösen Zustand an der Leiche zu untersuchen, hatte ich leider keine
Gelegenheit.
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XIV.
Die Influenza (Pferdestaupe).
Von
Thierarzt A. Lange in Hamburg.
Während 17 Monate herrschte auf fünf Pferdebahndepots in Ham¬
burg unter 600 Pferden die Influenza (Pferdestaupe) mehr oder we¬
niger heftig und gab mir eine reichliche Quelle von Beobachtungen
über diese Krankheit.
Die meisten Pferde sind innerhalb der letzten zwei Jahre aus
Jütland angekauft, 6—9 Jahre alt, mit Ausnahme von 12 Pferden,
die ein Alter bis zu 15 Jahren hatten. Die neuerbauten Stallungen
entsprechen den Anforderungen der Gesundheitspflege. Das Futter ist
stets gleichmässig: 15 Pfd. Hafer, 3 Pfd. Erbsen, nebst Heu und
Stroh. Auf Reinlichkeit wird streng gehalten. Der Dienst kann, je
nach dem Befinden der Pferde, auf 12—24 Kmtr. in 2—3 Touren
pro Tag geschätzt werden. Bald nach dem Ankauf traten wohl hin
und wieder einige Fälle von gutartigen katarrhalischen Affectionen,
aber niemals die Influenza auf.
Der erste Ausbruch dieser Seuche kam unter 70 Pferden eines
Depots vor, die schon 8 Monate im Gebrauch standen, also trainirt
und acclimatisirt waren, und zwar Anfang Februar 1881, 3 Monate
nach der Ueberstellung der Pferde auf ein anderes, neu eingerichtetes
Depot. Dieses Depot war aber schon seit 30 Jahren von einer Om¬
nibuslinie benutzt worden. Nach Aussage eines alten Stallmeisters
ist niemals eine ähnliche Krankheit oder die Influenza daselbst vor-
gekomraen. Da das Depot von der Strassenbahngesellschaft über¬
nommen und grösstentheils neu hergerichtet war, so sind möglicher¬
weise durch Ausgrabungen des Stallgrundes irgend welche organische
Stoffe an die Oberfläche befördert worden, welche den Infectionsstoff
beherbergten.
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364
LANGE.
Von dieser Zeit an datirt die Entstehung und weitere Verbreitung
der Seuche, von welcher sonst hier und in der Umgegend nichts ver¬
lautete. Während und kurz vor dieser Zeit ist dem Depot kein frisch
angekauftes Pferd beigestellt, also eine Ansteckung von ausserhalb
nicht wahrscheinlich. Beim Transport der Pferde vom Depot zur Stadt
und zurück kommen sie mit fremden Pferden nicht in Berührung.
Anfangs traten Affectionen der Conjunctiva und der Nasenschleim¬
haut, mit Husten, mangelhaftem Appetit, hoher Temperatur und
Schwanken des Hintertheils, mit schwachem Pulse und mehr oder
weniger Athemnoth auf, zuweilen mit besonderer Affection der Darm¬
schleimhaut und Kolikerscheinungen. Letztere Erscheinungen erklärten
sich aber bald daraus, dass das Trinkwasser kaum 2° R. Wärme
hatte. Durch Legen von Wasserrohren an den Decken der Stallungen
wurde diese Wärme auf 7 0 R. erhöht, und die Darmaffectionen Hessen
nach, obgleich die Influenza, mit einigen Fällen von Brustseuche un¬
termischt, ihren Fortgang nahm. Bis Ende Mai hatten an 60 Pferdo
durchgeseucht; 4 gingen zu Grunde.
Am 4. April wurde das zuerst erbaute Depot, welches schon
11 Monate bestand und sehr schön auf einem hohen Sandhügel ge¬
legen ist, von der Seuche ergriffen. 7 Wochen vor dem Ausbruch
war ein gesundes Pferd von dem erst heimgesuchten Depot nach hier
überstellt; dasselbe konnte also den Krankheitsstoff durch die Haar¬
decke übertragen haben. Aber es erkrankten zuerst 3 Pferde, welche
wegen Lahmheit während 3 Wochen nicht im Gebrauch gewesen waren
und an der entgegengesetzten Seite des Stalles von dem hinzugekom¬
menen standen, letzteres wurde 8 Tage später leicht mit ergriffen.
Von 150 Pferden erkrankten hier an 100; 10 gingen zu Grunde.
Ende Mai hatte dieses Depot durchgeseucht.
Das dritte Depot mit 90 Pferden, unter denen 6 einige Wochen
vorher angekaufte, und 20 Pferde, welche 4 Wochen vorher durch
geseucht hatten, standen, wurde anfangs Juni eröffnet. Ende Juli
kamen die ersten Erkrankungsfälle vor und die Seuche endete anfangs
October. Hier kamen an 60 Erkrankungsfälle vor und fielen 6 Pferde.
Das vierte Depot wurde im October zuerst mit 6 Wochen vorher
angekauften und ausserdem mit 30 Pferden, welche theils 2—4 Mo¬
nate vorher schon durchgeseucht waren, sowie mit 20 Pferden, die
schon lange in einem verseuchten Depot gestanden hatten, aber nicht
erkrankt waren, besetzt. Hier brach die Seuche nach 14 Tagen aus.
Von den 115 Pferden erkrankten im Ganzen 50 und fielen 3 Pferde.
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Influenza.
365
Das fünfte Depot mit 50 Pferden wurde erst nach 15 Monaten
seines Bestehens, Anfang Februar 1882, inficirt, und zwar durch den
engen Verkehr der Block Wagenpferde verschiedener Depots unter sich.
Hier erkrankten an 25 Pferde, von denen 1 erlag. Ende Mai traten
hier die letzten Erkrankungsfälle auf. Kurz vor diesem Ausbruch war
ein gesundes Pferd nach dem Depot überstellt, welches im April und
Mai 1881 mit 150 Pferden durchgeseucht war, und 14 Tage später,
Anfang Februar 1882, brach hier zum zweiten Male die Seuche aus.
In dieses Depot waren aber während der 9 Monate, seitdem die Seuche
erloschen war, 100 frisch angekaufte Pferde eingestellt, so dass nach
Abzug der an andere Depots abgegebenen durchgeseuchteri und der ver¬
kauften Pferde diesem Depot noch 195 Pferde verblieben, von denen
100 die erste Seucheperiode nicht mit durchgemacht hatten. Es er¬
krankten während der 4 Monate 54 Pferde mit 2 Stück Verlust.
Unter diesen erkrankten befinden sich auch solche Pferde, welche die
Seuche schon einmal überstanden hatten.
Bemerken muss ich, dass gleich bei Ausbruch dieser Krankheit
die Wände und Decken der Stallungen beider zuletzt erwähnten De¬
pots mit Kalkwasser und Zusatz von Chlorkalk gestrichen wurden.
Diesem Umstande schreibe ich es zu, dass hier die Seuche bedeutend
gelinder und mit geringerem Verlust verlief.
Auffallend war es, dass die Seuche auf allen Depots gleichmässig
4 Monate andauerte, gleichviel, ob sie mit 50, 70, 100 oder 200
Pferden besetzt waren. Nach dieser Zeit konnten in einen solchen
Stall frisch angekaufte Pferde gestellt werden, ohne dass sie erkrank¬
ten Das Alter der Pferde, ob 6, 9 oder 15 Jahre, hatte keinen
Einfluss. Pferde, welche auf einem Depot keine Disposition zur Er¬
krankung gezeigt hatten und in ein anderes Depot überstellt wurden,
erkrankten hier noch.
Auf dem Depot, welches zum zweiten Male von der Seuche er¬
griffen wurde, trat häufig die Krankheit bei Pferden auf, welche beim
ersten Ausbruch nur eine Temperatursteigerung bis zu 39° C. gezeigt
hatten, während solche Pferde, welche eine höhere Temperatur gehabt
hatten, verschont blieben. Ein Pferd, welches wegen Hufdeformation
verkauft worden war und stets neben Reconvalescenten gestanden
hatte, brachte diese Krankheit dem Käufer nach 4 Wochen in den
Stall. Eine Stute mit kleinem Fohlen stand 3—4 Monate lang in
einem Stalle, der dicht an einen Krankenstall grenzte, in welchem
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LANGE,
sich schwer erkrankte Pferde befanden, ohne zu erkranken, obgleich
die Thören beider Stallungen stets offen standen.
Auf der Stelle, wo ein erkranktes Pferd gestanden, können die
zwei nächstgestellten nach 5 —14 Tagen erkranken, aber auch
verschont bleiben. Ebenso können die Nebenpferde rechts und links
innerhalb 14 Tagen ergriffen werden; doch kam es häufiger vor, dass
erst das vierte oder fünfte Pferd rechts oder links befallon wurde
und die Nebenpferde noch verschont blieben. Wo Zugluft war, kamen
die wenigsten Erkrankungen vor, wo der Zug durchbrochen wurde,
die meisten.
Auf dem Depot mit 150 Pferden traten am ersten Tage 2 Fälle
auf, am zweiten 1 Fall, am dritten 4 Fälle; nun kamen zwei Tage
ohne einen Krankheitsfall, dann kamen aber 4, 5, 6, 10, selbst 12
Fälle an einem Tage vor. Von da an nahm die Zahl der Erkran¬
kungen allmählich wieder ab. Nachzügler kamen nach mehrtägigen
Zwischenpausen vor.
Beim ersten Ausbruch standen
8 Pferde
3 Tage
in Behandlung.
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Es hat sich gezeigt, dass gesunde Pferde aus inficirten Stallungen
in andere Stallungen den Infectionsstoff verschleppten, ohne selbst zu
erkranken. Die Haardecke wird der Träger des inficirenden Stoffes
gewesen sein.
Desinfectionen der Stallungen mit 5procentiger oder noch stär¬
kerer Carbolsäurelösung, selbst wochenlang fortgesetzt, halfen nichts.
Ebenso wenig wurde die Erkrankung der Pferde durch Behandlung
derselben mit Carbolsäure oder Natr. salicyl. verhütet. Jedoch hatte
das Streichen der Decken und Wände inficirter Stallungen mit ver¬
dünnter Carbolsäure oder Chlorkalk einen bedeutend milderen Verlauf
der Seuche zur Folge.
Bei den meisten Pferden ist Heilung eingetreten, und selbst die¬
jenigen, welche sich nachträglich etwas dämpfig zeigten, bekamen nach
6 Monaten wieder ein freieres Athraen. Von den genesenen mussten
1 Pferd wegen Dämpfigkeit, 3 wegen Hufdeforraation, 1 wegen Ver¬
jauchung der Weichtheile im Hufe verkauft werden.
Pferde, welche längere Zeit wegen irgend einer Lahmheit gestan-
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Influenza.
367
den und sich gut genährt hatten, wurden am leichtesten und am
heftigsten von der Seuche ergriffen und gingen am leichtesten zu
Grunde.
Bei vielen Pferden äussertc sich die Wirkung des Infectionsstoffes
schon einige Tage vor dem offenbaren Ausbruch der Krankheit durch
Vorboten, als fein gelbliche Färbung der Conjunctiva, Anschwellung
des einen oder des anderen Auges, auch beider Augen, öfteres Uri-
niren bei sonst ganz munterem Zustande, gutem Appetit und
normaler Temperatur. Leichte Arbeit und Diät bekam ihnen besser
als Ruhe; doch Anstrengungen konnten sie nie vertragen, besonders
nicht, wenn schon eine Temperatursteigerung vorhanden war. Bei eini¬
gen Pferden ging dieser Zustand ohne offenbare Erkrankung vorüber,
bei anderen trat nach 5—7 Tagen die Krankheit auf. Wurden solche
Pferde bei ungünstiger Witterung angestrengt, so brach die Krankheit
rasch und heftig aus. Einem Pferde mit Tetanus idiopathicus wurde
ein an der Influenza erkranktes beigestellt, drei Tage später wurde
ersteres auch von der Seuche ergriffen; am fünften Tage war dieses
Pferd vollständig frei vom Tetanus und litt nur noch einige Tage leicht
an der Influenza.
Witterungseinflüsse hatten auf die Entstehung dieser Krankheit
keinen Einfluss, denn sie brach nicht allein bei Kälte und Nässe, son¬
dern auch an der schönsten Sommertagen aus. Ein Einfluss auf die
leichtere oder stärkere Wirkung des Ansteckungsstoffes ist der Witte¬
rung jedoch nicht abzusprechen; denn Regenzeit oder heisse, drückende
Witterung brachte die gefährlichsten und meisten Patienten, während
bei einer kalten, trockenen Luft dieses weniger der Fall war.
Im Allgemeinen blieb sich der Verlauf ziemlich gleich. Pferde,
welche Tags über noch munter, bei gutem Appetit waren und gear¬
beitet hatten, verzehrten am anderen Morgen ihr Futter nicht so leb¬
haft wie sonst, ohne im Uebrigen krank auszusehen. Untersuchte man
aber solche Pferde genauer, so fand man eine Abspannung und fast
immer eine gelbliche Färbung der Conjunctiva, Anschwellung beider
oder nur des einen Augenlides, schwachen, leeren Puls, 40—50 pro
Minute. Das Athmen erschien dann etwas beschleunigt und ange¬
strengt; auch ein matter Husten wurde gehört. Die Temperatur stand
dann gewöhnlich schon auf 39—40° C. Die äussere Oberfläche des
Körpers fühlte sich vermehrt warm und trocken, das Maul heiss an.
Anschwellung der Schamlippen und fein gelbliche Färbung der Schleim¬
haut derselben fehlte selten. Beim Führen im Schritt sah man, bei
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368
LANGE,
dem einen Pferde mehr als bei dem anderen, ein Schwanken des
Hintertheils; die Thiere bewegten sich überhaupt ungern. Verzögerte
Darmentleerungen waren anfangs fast immer vorhanden, selten wei¬
cheres Misten; von selbst eingetretene Diarrhoen wurden kaum beob¬
achtet. Der Appetit war niemals ganz unterdrückt.
Der kürzeste Verlauf war bei einem Pferde tödtlich innerhalb
J2 Stunden; der längste tödtlich nach 4 Wochen durch Kachexie.
Das Pferd, welches in so kurzer Zeit zu Grunde ging, hatte Tags
vorher noch gut gefressen und munter gearbeitet, zeigte aber am an¬
deren Morgen weniger Appetit; die 40 Athemzüge wurden unter An¬
strengung der Rippen vollzogen, es schnappte mit weit goöffnetem
Maule nach Luft; 80 Pulse, schwach und leer, kaum zu fühlen; Tem¬
peratur 40,5° C., starkes Schwanken im Hintertheil, Conjunctiva
schmutzig gelblich; Abgang von Mist in kleinen Ballen mit langen
Fetzen weissen Darmschleimes. Das Pferd legte sich oft hin, stand
aber bald wieder auf. Aus der Nase und aus der Haut an den Hin¬
terschenkeln tropfte theerartiges Blut ab. Um 3 Uhr Nachmittags
fiel die Temperatur schnell auf 37,5° C. und kurze Zeit darauf trat
der Tod ein.
Von der Section führe ich nur die hauptsächlichsten Erscheinun¬
gen an: Die Unterhautvenen sowie die der Muskeln ziemlich voll von
theerartigem Blut, ebenso die grösseren Venenstämme. Im linken
Lungenflügel war eine faustgrosse, mässige Stockung von theerartigem
Blut, sonst waren beide Flügel ziemlich mit Luft gefüllt; aus der
Schnittfläche floss auf Druck eine dunkelbräunliche Flüssigkeit. Die
linke Herzkammer enthielt etwas, die rechte mehr theerartiges Blut.
Das Herzfleisch war getrübt, aber noch ziemlich fest. Die Leber war
etwas geschwellt, graubraun, und hatte ebenfalls eine faustgrosse Blut¬
stockung, sonst war ihr Parenchym noch ziemlich fest. Die Darm¬
schleimhaut war geröthet und leicht ablösbar, mit einigen dunkleren,
röthlichen Flecken.
Bei vielen Pferden trat schon mit dem dritten oder vierten Tage
Besserung ein; weniger günstig war der Verlauf, wenn mit dem fünften
oder siebenten Tage, und am schlechtesten, wenn mit dem neunten
oder zwölften Tage noch keine Besserung bemerkt wurde. Zu diesen
Zeiten trat auch oft eine Verschlimmerung des Zustandes auf, der
aber am nächsten Tage eine auffallende Besserung folgte. Die meisten
Pferde magerten in kurzer Zeit zu Skeletten ab. Wenn nicht mit
dem dritten oder fünften Tage Besserung eintrat, so hatte man wohl
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Influenza.
369
noch am neunten Tage Hoffnung; aber wenn dann kein Sinken der
Temperatur zu bemerken war, so trat gewöhnlich der Tod ein.
Bei 2 Pferden, welche auf dem ersten Depot der Brustseuche
erlagen, zeigte sich eine Lungen- und Brustfellentzündung; auch der
Herzbeutel war afficirt. Im Brustkasten fand sich Wassererguss;
ferner croupöse Darmentzündung.
Die Körpertemperatur stieg nicht über 42°, selten auf 41,8, und
betrug meist 41,5 und 41,6° 0. Diese Höhe kann schon am zweiten,
auch erst bis zum siebenten Tage eintreten; sie fällt oft rasch wieder,
kann sich aber auch bei günstigem Ausgange etwa vier Tage auf
gleicher Höhe halten. Ein plötzliches Fallen der Temperatur ist ge¬
wöhnlich schlecht zu deuten. Sobald die Temperatur auf 40° C. stieg,
Hess ich gewöhnlich an beiden Brustwandungen Senfspiritus einreiben,
und danach fiel dieselbe oft schon nach 12 Stunden um 0,5—1° C.,
stieg dann auch in der Regel nicht sobald wieder. Nach einigen Tagen
konnte jedoch wieder eine Steigerung eintreten; dann wurden die Ein¬
reibungen wiederholt. Die Wirkung dieser Einreibung auf das Thier
war stets eine sichtbar wohlthätige und ohne bemerkbare Beun¬
ruhigung.
Wenn ein Pferd an der Influenza erkrankt, so ist dasselbe sofort
aus dem inficirten Stalle zu entfernen. Kann man die kranken Pferde
gleich ins Freie, auf eine Wiese, wenn solche bei den Stallungen vor¬
handen ist und die Jahreszeit es erlaubt, bringen, oder auch nur in
Schuppen, so ist das sehr erwünscht. Gründliche Reinigung des Stalles,
besonders eine Desinfection der Decken und Wände zeigte sich vorteil¬
hafter als die Desinfection der Fussböden.
Auf Entleerungen des Darmcanals habe ich stets wirken müssen,
da leicht Verstopfungen eintraten, die schwer zu beseitigen waren.
Hierbei bewährte sich am besten Natr. sulfur. 200, Ammon, muriat.
30 und Leinsamenmehl mit starkem Chinadecoct 600 (10 Minuten
gekocht) in weicher Latwerge, Morgens und Abends die Hälfte, bis,
gewöhnlich am zweiten oder dritten Tage, ein weiches Misten eintrat.
Chinin, muriat. ist sehr theuer; das Pulver der Rinde oder das De-
coct ist bedeutend billiger und genügt vollständig.
Bei grosser Schwäche und blutigem Nasenausfluss, Athemnoth
und Husten zeigte sich Caraphor. 2 mit Pulv. Cort. China 30 als Lat¬
werge täglich 2 Mal, ferner Brot mit Branntwein angefeuchtet sehr
nützlich. Zugleich wurden auch Einreibungen von Senfspiritus an den
Brustwandungen gemacht.
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LANGE,
Wo die Nierensecretion eine mangelhafte war, wurde Borax 30
mit Pulv. Cort. Chinae 30 gegeben. Oft blieb die Wirkung des Chi¬
nins aus; die Temperatur hielt sich auf ihrer Höhe. Dann wurde die
Anwendung des Mittels bald wiederholt.
Einreibungen von Ung. Cantharid. verursachten oft Zerstörun¬
gen der Haut, die langsam heilten und sich oft sehr schmerz¬
haft zeigten; sie sind deshalb weniger zu empfehlen. Einreibungen
des Brustkastens, des Bauches und der Rückenpartie mit Salraiak-
spiritus 1 Th. und Spiritus 2 Th., täglich 2 Mal, zeigte eine gute Wir¬
kung; auch hiernach fiel gewöhnlich die Temperatur.
Den Reconvalescenten wurden Lecken aus Wachholderbeeren und
Kochsalz gereicht, welche sie gern nahmen.
Das hohe, oft Tage lang anhaltende Fieber versuchte ich bei meh¬
reren Pferden durch Kälteapplicationen zu beseitigen. Ich legte zuerst
feuchte Tücher um den Brustkasten, aber ohne Erfolg, und ging daher
zu Eisumschlägen über (Eisbeutel an beiden Seiten des Brustkastens);
ich habe aber auch hiermit keinen Einfluss auf das Sinken der hohen
Temperatur ausüben können. Die Temperatur stieg trotz der Um¬
schläge noch höher.
Aus folgender Tabelle ist zu ersehen, wie sich die Temperatur
bei 10 Pferden nach Kälteapplicationen und bei 10 Pferden nach
Einreibungen von Senfspiritus zeigte.
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8.
39,0
38,0
3.
37,0
37,0
9.
38,0
38,0
todt.
Australier
1 .
40,0
39,1
Senf.
Alphart
1 .
41,0
39,5
Eis.
2
38,0
38,6
60 Pulse.i
3
37,6
37,7
2
40,0
40,0
4.
37,4
37,6
3.
39,5
40,0
5.
37,5
37,5
4
40,0
39,8
60 Pulse.
5.
39,2
39,7
6.
39,7
39,8
1 92 Pulse.III
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372
LANGE,
Kältcapplicationcn.
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Temperatur. 1
Temperatur. 1
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1.
39,5
39,6
Senf.
8.
39,7
39,5
2.
40,0
38,6
9.
38,5
39,0
110 Pulse.
3.
38,7
39,0
10
30,0
39,0
4.
37,S
38,0
11 .
38,0
38,0
todt.
5.
37,5
38,0
6.
38,0
38,0
Bergmann
1 .
41,0
39,6
Eis.
7.
37,6
37,5
60 Pulse
8.
37,5
37,5
besser.
2
40,0
40,0
3.
39,0
38,0
Adelberti
1
39,5
39,5
Senf.
4.
37,5
37,0
2
39,5
39,7
5.
37,2
37,0
besser.
3
39,4
37,6
4
37,8
38,1
Artha
1 .
39,0
40,0
Eis.
5.
37,4
37 5
60 Pulse.
6.
37,1
37,5
2.
39,7
39,0
7.
37.2
37,0
3.
38,8
40,0
8.
37,0
37,0
besser.
4
39,0
41,0
5
38,3
39,8
6.
39,3
39,6
7.
38,0
37,5
8.
37,0
37,0
besser.
Algier
1.
40,5
40,5
52 Pulse.
Eis.
2.
40,0
40,0
3*
39,7
40,0
4.
39,1
40,5
5.
38,5
38,5
besser.
Bei den verschiedenen Sectionen fanden sich bei je 2 Pferden
ein Darmrisse nach Hämorrhagie, eine Zerreissung der Lungenarterien
und eine Verstopfung von Gefässverzweigungen des linken Lungen¬
flügels; bei 10 Pferden theils Hämorrhagien, theils Hepatisation in
einem oder in beiden Lungenflügeln, bei 10 anderen vorzugsweise
Hämorrhagien der Leber. Meist waren auch Milz und Nieren krank¬
haft verändert.
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Referate and Kritiken.
Animal Report of the Veterinary Department of the Privy Council
Office for the year 1882.
Unter den Landwirthen in England hat sich eine mit jedem Jahre steigende
Agitation gegen die Einfuhr von lebendem Vieh aus dem Auslande bemerklich
gemacht. Die Viehbesitzer behaupten, dass die Durchführung des Viehseuchen¬
gesetzes vom Jahre 1878 zwar beigetragen hat, die Verbreitung ansteckender
Thierkrankheiten im Inlande erheblich zu beschränken, dass die veterinärpolizei¬
lichen Massregeln jedoch nicht ausreichend gewesen sind, um die stets erneute
Einschleppung von Viehseuchen aus dem Auslande zu verhindern. Es werden
deshalb weitergehende Massregeln gefordert zum Schutze der inländischen Vieh¬
bestände gegen Infectionen durch krankes, aus dem Auslande importirtes Vieh.
Der Bericht des Veterinärdepartements wendet sich mit eingehenden Aus¬
führungen, deren Richtigkeit vollständig anerkannt werden muss, gegen die Pe¬
titionen, welche ein fortdauerndes Vieheinfuhrverbot aus allen Ländern für noth-
wendig erklären oder wenigstens verlangen, dass dieses Verbot gegenüber nicht
ganz seuchefreien Ländern aufrecht erhalten bleibt. Es wird im Berichte hervor¬
gehoben, dass das Verbot jeder Einfuhr von Vieh aus dem Auslande nicht in
den Rahmen des Seuchengesetzes vom Jahre 1878 passen, sondern ein beson¬
deres Gesetz erforderlich machen würde. Die Hoffnung, dass nach einem Verbot
der Einfuhr von lebendem Vieh der Bedarf Englands an Fleisch sehr bald durch
eine Einfuhr von geschlachteten Thieren gedeckt werden würde, dürfte schwerlich
in Erfüllung gehen. Deutschland und Belgien haben in den 5 Jahren 1871/76
neben der Einfuhr von lebendem Rindvieh 194883 Centner, in den 5 Jahren
1877/82, während welcher Zeit die Einfuhr von lebendem Vieh aus diesen Län¬
dern vorboten war, jedoch nur 31692 Ctn. — mithin 163191 Ctn. weniger
— Rindfleisch auf den englischen Markt gebracht. Das generelle Verbot der Ein¬
fuhr von lebendem Vieh würde nur zur Folge haben, dass auf dem Continent von
Europa den Consumenten ein Vortheil gegenüber den Producenten und Expor¬
teuren erwachsen muss. So lange der Viehhandel auf dem europäischen Continent
noch einen einigermassen gewinnbringenden Markt für den Absatz von lebendem
Vieh findet, wird sich derselbe nicht veranlasst sehen, die Thiere in den Hafen¬
orten abschlachten zu lassen, um das Fleisch nach England einzufuhren.
Ueber das Auftreten ansteckender Thierkrankbeiten in England, Wales und
Schottland enthält der Bericht folgende Angaben von allgemeinerem Interesse:
25
Archiv L wisienseh. u. prakt. Thicrheilk. IX. 4 u. 5.
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374
MUELLER,
1. Die Verbreitung der Lungenseuche hat gegen das vorhergehende
Jahr erheblich abgenommen, wie die nachstehende Vergleichung zeigt:
1881 erkrankten in 729 Beständen 1875 Stück Rindvieh, davon sind
1797 Stück getödtet, 78 Stück gefallen;
1882 erkrankten in 494 Beständen 1200 Stück Rindvieh, davon sind
1161 Stück getödtet, 39 Stück gefallen.
Am Schlüsse beider Jahre waren je 2 kranke Stück Rindvieh noch am Leben.
Die Ausbrüche im Jahre 1882 vertheilen sich auf 29 Grafschaften in England,
2 Grafschaften in Wales und 15 Grafschaften in Schottland. Ueber 25 Aus¬
brüche wurden beobachtet in Essex, Kent, Lancaster, Suffolk, Norfolk, West
Riding von Yorkshire und London. Auf diese 7 Bezirke entfallen von 494 ver¬
seuchten Beständen 287 (58,10 pCt.)
2. Die Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche haben gegen das vor¬
hergehende Jahr, in welchem 4833 Bestände ergriffen wurden, erheblich an Zahl
abgenommen, sind jedoch noch recht zahlreich gewesen. Die Seuche trat 188$
bei 37950 Thieren auf, weiche 1970 Beständen angehörten. Gefallen sind an
Maul- und Klauenseuche 127 Stück Rindvieh, 67 Schafe und 128 Schweine.
Seuohefrei blieben in England nur Dorsetsbire, Monmouthshire, Northumberland
und Westmoreland. Die eingreifendsten, den landwirthschaftlichen Betrieb schwer
schädigenden Massregeln sind nicht im Stande gewesen, die Seuche zu unter¬
drücken. In Wales beschränkten sich die Ausbrüche der Aphthenseuche auf zu¬
sammen 7 Bestände in 3 Grafschaften, in Schottland auf einen Bestand in Ber-
wickshire und auf 7 sofort abgeschlachtete Stück Rindvieh in Edinburg.
3. Von 1402 mit Rotz-Wurmkrankheit behafteten Pferden — ein¬
schliesslich 13 aus dem vorhergehenden Jahre übernommenen — sind 1346
getödtet, 18 gefallen, 24 genesen und 14 am Schlüsse des Jahres Bestand ge¬
blieben. Die Zahl der rotz-wurmkranken Pferde hat sich gegen das vorhergehende
Jahr um 331 vermindert. Von den 1346 getödteten rotz wurmkranken Pferden
entfallen 1105 (82,10 pCt.) auf London.
4. Die Schafräude herrscht nach wie vor in sehr grosser Verbreitung,
die Zahl der räudekrank befundenen Bestände ist von 2055 im Jahre 1881 auf
2234 im Jahre 1882 gestiegen. Nur 2 Grafschaften in England, 3 in Wales
und 10 in Schottland sind frei von Schafräude.
5. Die Zahl der Gehöfte, in denen Ausbrüche der sog. Schweineseuche
beobachtet wurden, und die Zahl der von dieser Krankheit ergriffenen Thiere ist
von 1717 bezw. 7994 im Jahre 1881 auf 2983 bezw. 14763 im Jahre 1882
gestiegen; 11903 Schweine wurden auf polizeiliche Anordnung getödtet, 2709
sind gefallen, 18 genesen, 55 erkrankte Schweine blieben noch Bestand am
1. Januar 1883. Frei von der Schweineseuche (swine fever) waren in England
nur die Grafschaften Surrey und Westmoreland, und auch in 7 Grafschaften von
Wales kamen zum Theil zahlreiche Erkrankungen an Schweineseuche vor. Da¬
gegen wurden in Schottland nur zusammen 15 Ausbrüche der Seuche beobachtet,
welche sich auf 5 Grafschaften vertheilen. Der Bericht erwähnt, dass die Unter¬
drückung dieser höchst ansteckenden Krankheit, welche erfahrungsgemäss an
dem lebenden Thiere häufig nur äusserst schwierig zu erkennen ist, sehr viel
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Referate und Kritiken.
375
strengere Massregeln erfordern wird und beklagt, dass die Behörden in vielen
Districten nur sehr lax gegen die Schweineseuche vorgehen.
Fälle von Schafpocken sind nicht beobachtet worden. Erkrankungen an
Milzbrand, Pferderäude und Tollwuth fallen nicht unter die Bestimmun¬
gen des Seuchengesetzes vom Jahre 1878.
Als Entschädigung für auf polizeiliche Anordnung getödtete lungenseuche¬
kranke Rinder und mit der Schweineseuche behaftete Schweine bezw. von solchen
Thieren, welche der Ansteckung durch die genannten Krankheiten verdächtig
waren, sind im Jahre 1882 von den Localbehörden (local authorities) im Ganzen
29064 Lst. 9 Sh. 3 P., rund 580000 Mark gezahlt worden. Die entsprechende
Summe betrug im Jahre 1881 28858 Lst. 5 P.
Die Bestimmungen über den Import von lebendem Vieh haben während des
Jahres 1882 insofern einige Aenderungen erfahren, als die Einfuhr von dem
Schlachtzwange nicht unterworfenem Vieh noch weiter beschränkt worden ist.
Seit dem 22. September 1882 müssen wegen einiger Fälle von Schweineseuche
unter den eingeführten Thieren auch die aus Dänemark und Schweden stammen¬
den Schweine am Landungsorte abgeschlachtet werden. Dem Schlachtzwange
nicht unterworfen ist nunmehr nur noch alles aus den Canalinseln (Jersey, Guern-
sey u. s. w.), Norwegen, Island und Canada eingeführte Vieh, ferner die Einfuhr
von Rindvieh und Schafen aus Dänemark und Schweden. Ganz verboten ist die
Einfuhr von Vieh aus Oesterreich-Ungarn, Italien, Russland und aus der Türkei
bezw. den Vasallenstaaten der letzteren, ausserdem die Einfuhr von Rindvieh aus
Deutschland (excl. Schleswig-Holstein) und Belgien. Alle übrigen Vieh nach Eng¬
land exportirenden Länder müssen die eingeführten Thiere am Landungsplätze
abschlachten lassen. Unter derselben Bedingung war vom 1. Juni bis 31. De-
cember 1882 die Einfuhr von Rindvieh aus Schleswig-Holstein gestattet.
Aus der Zahl derjenigen Häfen, in denen Vieh aus dem Auslande unter Be¬
dingung der Abschlachtung gelandet werden darf — foreign animals wharves —
sind während des Jahres 1882 Goole und Middlesbrough ausgeschieden.
Der Bedarf an Schlachtvieh ist auch im Berichtsjahre zum grössten Theil
durch die Einfuhr aus Irland gedeckt worden. Die letztere betrug 1882 im Ganzen
722581 Stück Rindvieh,
59693 Kälber,
558404 Schafe,
502906 Schweine.
Darunter befanden sich gemästete, lediglich für Schlachtzwecke bestimmte
291771 Stück Rindvieh und 453443 Schweine, Schafe und Lämmer scheinen
aus Irland nur zum Zwecke des Schlachtens importirt worden zu sein. Der Im¬
port von Schlachtvieh aus Irland hat gegen das Jahr 1881 12652 Stück Rind¬
vieh, 2632 Lämmer, 70448 Schweine mehr, dagegen 21855 Schafe weniger
betragen und stellt sich im Ganzen auf 49349 Stück Rindvieh, 565944 Schafe
weniger, dagegen auf 437786 Schweine mehr als der gesammte Import vom
europäischen Continent, aus Island, Canada und den Vereinigten Staaten von
Amerika zusammengenommen. Ausserdem wurden von den Canalinseln (Jersey,
Guernsey u. s. w.) 2625 Stück Rindvieh, aus Marocco 60 Stück Rindvieh, aus
der Colonie Victoria 2 Stück Rindvieh und 19 Schafe nach England eingeführt.
25*
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376
MUELLER,
Die Einfuhr von lebendem Vieh aus den Vereinigten Staaten von Amerika
hat angeblich wegen einer erheblichen Steigerung der Fleischpreise in den dor¬
tigen grossen Städten sehr erheblich abgenommen, und auch die Einfuhr von
Rindvieh aus Canada bleibt gegen die des Jahres 1881 bedeutend zurück, wie
die nachstehende Vergleichung zeigt:
Die Vereinigten Staaten von Amerika führten ein:
1881 103693 St. Rindvieh, 49223 Schafe, 1773 Schweine,
18 82 47686 - - 58922 - _ —
Mithin 1882 — 56007 St. Rindvieh, -j- 9699 Schafe, — 1773 Schweine.
Der Import aus Canada betrug:
1881 44389 St. Rindvieh, 66478 Schafe, 31 Schweine,
1882 32371 - - 68873 - — - ’
Mithin 1882 — 12018 St. Rindvieh, + 2395 Schafe, — 31 Schweine.
Unter den aus den Vereinigten Staaten eingeführten Thieren erwiesen sich 4
Stück Rindvieh mit Lungenseuche, 182 Schafe mit Räude behaftet; unter den
aus Canada eingeführten wurden 28 Schafe räudekrank befunden. Die aus den
Vereinigten Staaten von Amerika und aus Canada eingeführten Thiere bildeten
374 Schiffsladungen.
Die Verluste, welche durch den Transport über den Atlantischen Ocean
bedingt wurden, waren im Ganzen unbedeutend, namentlich viel geringer als im
Jahre 1881; es ist daher anzunehmen, dass die Technik des Viehtransports über
den Atlantischen Ocean erhebliche Fortschritte gemacht hat. Während der Ueber-
fahrt wurden über Bord geworfen 646 Stück Rindvieh, 2151 Schafe, bei der
Landung wurden todt gefunden 12 Stück Rindvieh, 183 Schafe; ausserdem er¬
wiesen sich 5 Stück Rindvieh, 133 Schafe so schwer verletzt, dass die Thiere
sofort nach der Ankunft geschlachtet werden mussten. Mithin beträgt der ge-
sammmte Verlust während der Ueberfahrt von Canada und der Amerikanischen
Union nach England
663 Stück Rindvieh = 0,83 pCt.
2467 Schafe = 1,93 -
Zieht man 1 Stück Rindvieh und 24427 Schafe, welche die Insel Island für
den englischen Schlachtviehmarkt lieferte, ab, so beträgt die gesammte Einfuhr
vom europäischen Continent im Jahre 1882
261128 Stück Rindvieh, 972145 Schafe, 15657 Schweine,
d. h. 30643 Stück Rindvieh weniger, als zu Schlachtzwecken aus Irland allein
eingeführt wurden. Dieselben Zahlen stellten sich 1881 für den europäischen
Continent auf
171517 Stück Rindvieh, 810779 Schafe, 22655 Schweine.
Der betreffende Import hat mithin 1882 um 89611 Stück Rindvieh, 161366
Schafe zugenommen und sich um 6998 Schweine vermindert.
Von dem importirten Rindvieh entfallen 29908 Stück — 6042 mehr als
im Jahre 1881 — auf Schleswig-Holstein. Der Import aus dieser Provinz betrug
1882 11,45, 1881 fast 14pCt. der gesammten Rindvieheinfuhr vom europäi¬
schen Continent. Deutschland (incl. Schleswig-Holstein) exportirte nach England
1882 476641 Schafe = 49,00 pCt.,
1881 445141 - = 54,90 -
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Referate und Kritiken.
377
der Einfuhr vom europäischen Continent. Die Einfuhr von Schweinen betrug:
1882 2577 Schweine = 16,46 pCt.,
1881 3908 - = 17.25 -
Die Einfuhr aus Deutschland gelangte in 5G>7 Schiffsladungen nach England;
bei der Landung wurden 57 Schafe und 4 Schweine mit Maul- und Klauenseuche
behaftet gefunden.
Ganz auffallend ist die Steigerung des Imports von Rindvieh aus Spanien
und Portugal, trotzdem seit dem 19. Juni 1881 der Schlachtzwang
am Landungsorte für das aus diesen Ländern stammende Vieh an¬
geordnet worden ist. Die Einfuhr betrug:
aus Spanien aus Portugal
1881 16696, 14082 St. Rindvieh.
1882 31140, 22993 -
Auch aus den nachstehend genannten Ländern ist im Jahre 1882 eine erheblich
grössere Anzahl Rinder als im Jahre vorher eingeführt worden; die Bedingungen,
unter denen die Einfuhr stattfand, haben sich in den beiden letzten Jahren nicht
geändert.
1881.
1882.
Dänemark
61976,
86368 St. Rindrieh,
Frankreich
2503,
15903 -
Niederlande
35960,
50095 -
Schweden
15718.
24083 -
Diese bedeutenden Steigerungen des Imports von Rindvieh haben die starke Ab¬
nahme der Einfuhr aus den Vereinigten Staaten von Amerika und aus Canada
reichlich ausgeglichen.
Die Zahl der aus Belgien eingeführten Schafe stieg von 27411 im Jahre
1881 auf 104850, mithin fast auf das Vierfache im Jahre 1882. Dänemark,
Frankreich, Island, die Niederlande und Schweden haben ebenfalls eine sehr viel
grössere Anzahl von Schafen auf den englischen Markt gebracht, als im Jahre
vorher.
Von den 15657 eingeführten Schweinen stammten 10814 (69 pCt.) aus
den Niederlanden; dagegen ist die Zahl der aus Dänemark eingeführten Schweine
— wahrscheinlich in Folge des über dieselben verhängten Schlachtzwanges —
von 9335 im Jahre 1881 auf 1200 im Jahre 1882 gesunken.
In Irland ist die Veterinärpolizei unabhängig von den entsprechenden
Centralbehörden in London, dieselbe steht unter dem Lordlieutenant und dem
Geheimen Rath in Dublin. Ueber die Handhabung des auch in Irland gültigen
Seuchengesetzes vom Jahre 1878 ist ein besonderer Bericht für das Jahr 1882
veröffentlicht worden *), welchem wir die folgenden Notizen entnehmen.
Die Lungenseuche herrscht ziemlich verbreitet in Irland; 20 Vieh¬
bestände waren am 1. Januar 1882 aus dem vorhergehenden Jahre verseuoht
geblieben, in 534 Gehöften wurden Ausbrüche der Lungenseuche während des
') Return in pursuance of the provisions of the contagious diseases (auimals)
Act 1878 for the year ended the 31 December 1882, as regards Ireland.
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378
MUELLER,
Berichtsjahres constatirt, 28 Stück Rindvieh sind gefallen, 1328 — darunter
1289 in der Provinz Leinster — wurden auf Anordnung der Localbehörden ab¬
geschlachtet.
Irland blieb frei von der M^ul- und Klauenseuche. Um die Einschlep¬
pung der letzteren zu verhindern, war vom 1. Februar bis zum Schlüsse des
Jahres die Einfuhr von Vieh aus England und Wales, zeitweise auch die Einfuhr
aus Schottland verboten.
Die Rotz-Wurm krank heit wurde bei 29 Pferden constatirt; von den¬
selben wurden 18 getödtet, 5 sind gefallen, 5 genesen und ein erkranktes Pferd
blieb am Schlüsse des Berichtsjahres noch übrig.
Auch die Schafräude ist ziemlich stark verbreitet, sie herrscht nach dem
Berichte in 167 Herden; von 2357 räudekranken Schafen sollen 1806 genesen
und 386 am Schlüsse des Jahres noch krank geblieben sein.
Die Schweineseuche wurde in 89 Gehöften bei 287 Schweinen consta¬
tirt, von denen 207 fielen, 66 genasen, 14 Schweine sind getödtet worden.
Andere ansteckende Krankheiten erwähnt der Bericht nicht. An Entschädi¬
gungen für auf polizeiliche Anordnung getödtete Thiere wurden von den Local¬
behörden im Ganzen 8559 Lst. 19 Sh. 11 P. bezahlt.
Ausser dem Export nach England, Schottland und Wales, über welchen
S. 375 berichtet wurde, führte Irland 566 Stück Rindvieh, 27 Kälber und 762
Schafe nach der Insel Man aus. Die Einfuhr nach Irland betrug 303 Stück Rind¬
vieh, 40 Kälber, 27854 Schafe und 39 Schweine.
Die Animais (Ireland) Order vom 31. März 1880 enthält die für Irland
gültigen Ausführungsbestimmungen zu dem Seuchengesetz vom Jahre 1878. Die
Verordnung weicht nicht wesentlich von den entsprechenden in Grossbritannien
gültigen Massregeln ab und enthält dieselben Vorschriften bezüglich der Einfuhr
von Vieh aus dem Auslande. Dieselbe darf nur an bestimmten Stellen der Häfen
von Dublin und Belfast erfolgen, und in Dublin allein befindet sich eine Quaran-
tainestation, an welcher nach jedesmaliger Erlaubniss des Geheimen Rathes Vieh
unter genau vorgeschriebenen Vorsichtsmassregeln gelandet werden darf.
Müller.
Wehenkel, Prof. J. M., Etat sanitaire des animaux domestiques pen-
dantl’annöe 1881. Bruxelles 1883.
Der von dem gegenwärtigen Director der Thierarzneischule in Brüssel jähr¬
lich herausgegebene Bericht über den Gesundheitszustand der Hausthiere in
Belgien ist in ähnlicher Weise wie die „Mittheilungen aus der thierärztlichen
Praxis im preussischen Staate“ aus den amtlichen Berichten der Thierärzte zu¬
sammengestellt. Derselbe enthält namentlich genauere Angaben über die Ver¬
breitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Belgien, von denen diejenigen,
welche die Bekämpfung der Lun gen seuche betreffen, ein allgemeineres Interesse
auch bei dem deutschen .Leser in Anspruch nehmen dürften.
Im Jahre 1881 wurde die Lungenseuche bei 1676 Stück Rindvieh — 42
weniger als im Jahre 1880 — constatirt, von diesen sind 376 theils gefallen,
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Referate und Kritiken.
379
theils auf Veranlassung der Besitzer, 1281 dagegen auf polizeiliche Anordnung
getödtet worden. Das Fleisch von 1220 Stück Rindvieh — 72,67 pCt. der
1676 an Lungenseuche erkrankten — wurde als Esswaare ausgenutzt. Wie in
früheren Jahren entfallen die zahlreichsten Erkrankungen an Lungenseuche auf
die Provinzen Brabant (421 Stück) und Limburg (355 Stück). Frei von der
Seuche blieb keine der 9 belgischen Provinzen; die geringste Verbreitung er¬
langte die Krankheit in der Provinz Luxemburg, in welcher nur 22 Stück Rind¬
vieh ergriffen wurden.
Der Bericht spricht sich ziemlich scharf gegen den Nutzen der in Belgien
noch mehrfach zur Anwendung gelangenden Impfung aus, verwirft namentlich
die in Frankreich durch das neue Seuchengesetz eingeführte Impfung auf Anord¬
nung der Behörde und kommt zu dem Schlüsse, dass die Impfung niemals die¬
jenigen Massregeln wird ersetzen können, welche die Unterdrückung der Seuche
durch sofortige Tödtung aller erkrankten und wenn irgend möglich auch sämmt-
licher der Ansteckung verdächtigen Thiere zu erzielen suchen. Verf. hebt mit
Nachdruck hervor, dass die Erfolge bei der Tilgung der Lungenseuche in den
Niederlanden ganz bestimmt nicht der Impfung allein zugesohrieben werden
dürfen, wie das vielfach von den Anhängern der Impfung behauptet wird. Denn
abgesehen von dem sog. Spoeling-District hat man in den Niederlanden die Lun¬
genseuche durch Abschlachtung aller Thiere der verseuchten Herden bekämpft
und fast vollständig getilgt. Es kann daher nicht auffallen, dass die Krankheit
auch in dem Spoeling-District abnimmt, der seinen Bedarf an Vieh aus dem
übrigen, nunmehr fast seuchefreien Holland bezieht.
Verf. macht darauf aufmerksam* dass auch im Jahre 1881 die zahlreichsten
Verluste durch die Lungenseuche in denjenigen Bezirken Belgiens beobachtet
wurden, in denen die Viehbesitzer und die Thierärzte Anhänger der Impfung sind.
In Hasselt lassen die meisten Brennereibesitzer die Impfung bei ihren Viehstän¬
den vornehmen; auf den Kreis Hasselt entfallen trotzdem — ungerechnet etwa
100 Stück lungenseuchekranke Thiere, welche in den Schlachthäusern der be¬
nachbarten Städte geschlachtet wurden — über 300 Stück von den 355Thieren,
bei denen die Krankheit in der Provinz Limburg constatirt worden ist. Von den
129 in der Provinz Antwerpen erkrankten Stück Rindvieh kommen 56 auf die
Milchwirthschaften in der Umgegend von Antwerpen und von den 421 in der
Provinz Brabant erkrankten Thieren entfallen 66 auf den Bezirk Hai, in welchem
die Impfung gebräuchlich ist. Verf. will zugeben, dass das häufige Auftreten der
Lungenseuche in den genannten Bezirken zum Theil dadurch veranlasst wird,
dass in den betreffenden Wirthschaften ein beständiger Wechsel des Viehes statt¬
findet. Jedoch dieser Umstand allein dürfte schwerlich die grosse Zahl der Er¬
krankungen an Lungenseuche zur Folge haben, wenn die Impfung ein so sicheres
Schutzmittel wäre, wie deren Anhänger behaupten, und wenn gleichzeitig die
Unterdrückungsmassregeln in den Ställen jener Wirthschaften mit der wünschens-
werthen Energie durchgeführt würden.
Aus der Thatsache, dass die Wiederholung der Impfung an Körpertheilen,
an denen die Impfung durchweg gefährliche oder tödtliche Folgen hat, kein er¬
hebliches Erkranken bedingt, wenn dieselben Thiere vorher am Schwänze geimpft
worden waren, ist nach den Ausführungen des Verf. nicht ohne Weiteres und
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380
MUELLER,
mit voller Sicherheit zu schliesseu, dass die Impfung Immunität gegen das Con-
tagium der Lungenseuche gewährt. Die erste Impfung und die in Folge derselben
eingetretene Impfkrankheit kann den Organismus vielleicht auch nur weniger
empfänglich für die Einimpfung desselben Virus gemacht haben, von welchem
noch gar nicht feststeht, dass es die specifische Wirkung des Lungenseuohecon-
tagiums besitzt.
Die Ausführungen des Verf. sind namentlich insofern von Interesse, als die¬
selben beweisen, dass es auch in dem Lande, in welchem die Impfung der Lun¬
genseuche zuerst empfohlen und später vielfach angewendet worden ist, nicht an
gewichtigen Stimmen fehlt, welche den Nutzen des ganzen Verfahrens bezweifeln.
An Milzbrand sind im Ganzen 166 Thiere gefallen, unter diesen 84 in
Westflandern und 43 in Lüttich; einzelne Fälle kamen auch in den anderen 7
Provinzen vor. Um eine genauere Kenntniss von den Oertlichkeiten zu gewinnen,
in denen ein häufigeres Auftreten des Milzbrandes zu beobachten ist, wurden die
Tbierärzte im Jahre 1882 angewiesen, bestimmte Fragen in ihren Berichten zu
beantworten. Die hierdurch gewonnenen Resultate können zwar keinen Anspruch
auf vollständige Zuverlässigkeit machen, es ist aus den angestellten Erhebungen
jedoch zu folgern, dass in Belgien eigentliche Milzbrandstationen nur in geringer
Zahl vorhanden sind, und dass die wenigen, welche bisher ermittelt wurden,
namentlich auf die Provinzen Lüttich und Westflandern entfallen.
Die Tollwuth wurde bei 91 Hunden, 3 Pferden, 19 Stück Rindvieh, 8
Schafen, 2 Katzen und 2 Hühnern constatirt; etwa 400 von tollkranken gebis¬
sene Thiere wurden getödtet.
Im Laufe des Berichtsjahres sind 15 rotz-wurmkranke Pferde theils
gefallen, theils auf Veranlassung der Besitzer und 466 rotz-wurmkranke Pferde
auf polizeiliche Anordnung getödtet worden. Wie in früheren Jahren wurden die
zahlreichsten Rotzerkrankungen in der Provinz Hennegau beobachtet. Die An¬
nahme, dass die Rotz-Wurmkrank heit sich auch ohne Ansteckung in Folge von
schlechten Fütterungs- und Haltungsverhältnissen entwickeln könne, scheint
unter den belgischen Thierärzten noch viele Anhänger zu zählen.
Die Maul- und Klauenseuche herrschte während des ersten Quartals in
102 Bezirken; die Verbreitung nahm in den drei folgenden Quartalen stetig ab,
so dass im 4. Quartal Ausbrüche der Krankheit nur noch in 38 Bezirken beob¬
achtet wurden. Die Seuche findet namentlich Verbreitung durch den Viehhandel;
die Tilgung wird wesentlich dadurch erschwert, dass die Besitzer der Krankheit
nur eine geringe Aufmerksamkeit zuwenden, und dass die Schutz- und Tilgungs-
massregeln nicht mit der nöthigen Energie zur Durchführung gelangen.
Die Räude wurde nur bei 2 Schafherden constatirt. Ausbrüche von Schaf¬
pocken sind nicht beobachtet worden.
An Entschädigungen für auf polizeiliche Anordnung getödtete Thiere wur¬
den im Ganzen 182017 Franos 52 Cts. gezahlt, nämlich für
imWerthe von
187 zum Ackerbau benutzte Pferde . . l27713Fr. 75Ct. 26978Fr. lOCt.
328 zuanderen Diensten benutzte Pferde 210063 - 16 - 31383 - 50 -
1264 Stück Rindvieh. 488571 - 31 - 123126 - 92 -
3 Schafe. 210 - 30 -
_ Müller.
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Referate und Kritiken.
381
Frank S. Billing8 y Thierarzt in Boston, Ueber das Vorkommen der Tri¬
chinose bei Schweinen in den Vereinigten Staaten von Nord¬
amerika. New York medical Journal, 1883, No. 9, 11, 12.
Nach einer längeren Abhandlung über die Naturgeschichte der Trichinen
und über die Häufigkeit des Vorkommens der Trichinose bei Schweinen in den
verschiedenen Ländern Europas bemerkt Verf., dass die ausserordentlich zahl¬
reichen Fälle, in denen aus Amerika eingeführte Schinken, Speckseiten u. s. w.
bei der Untersuchung in Europa trichinenhaltig befunden wurden, statistisch von
keiner Bedeutung sind. Da sich bei diesen Untersuchungen niemals feststellen
lässt, ob die trichinenhaltigen Fleischwaaren von demselben Schwein oder von
verschiedenen Schweinen, von Schweinen derselben Herde oder verschiedener
Herden bezw. von Schweinen aus derselben Gegend oder aus verschiedenen Ge¬
genden der Union herstammen, gestatten die in Europa ermittelten statistischen
Zahlen auch kein Urtheil über die Verbreitung der Trichinen bei Schweinen in
Amerika. Eine einigermassen zuverlässige Statistik kann vielmehr nur durch
Untersuchungen in Amerika — namentlich in den westlichen Staaten der Union
— gewonnen werden. Verf. hält es für leicht durchführbar, an den Central¬
punkten des Schweinehandels — vorzugsweise in Chicago — Untersuchungen
von Schweinen, welche von bestimmten Züchtern oder Mästern in die dortigen
Schlachthäuser geliefert werden, in grösserem Massstabe vornehmen zu lassen.
Durch ein solches Verfahren würde gleichzeitig die Möglichkeit geboten, nähere
Aufklärung über die Verhältnisse zu erlangen, durch welche die häufige und
starke Trichineninfection bei an bestimmten Orten gezüchteten oder gemästeten
Schweinen bedingt wird. Verf. ist der Meinung, dass irgend ein bisher noch nicht
ermitteltes Thier die Trichinen vor deren Einwanderung in den Körper der
Schweine beherbergen muss. Es kommt daher in erster Linie darauf an, dieses
Thier, dessen Aufenthalt und Lebensweise kennen zu lernen, bevor man die Hoff¬
nung hegen darf, die Gefahr der Trichineninfection von den Schweinen — und
mittelbar von dem Menschen — abzuwenden.
Die unbestreitbare Thatsache, dass aus den Vereinigten Staaten einge¬
führte, von Schweinen stammende Fleischwaaren in Europa sehr häufig trichinen¬
haltig befunden wurden, hat zur Folge gehabt, dass viele europäische Staaten
die Einfuhr von Fleischwaaren aus Amerika verboten oder Einschränkungen unter¬
worfen haben, deren Nothwendigkeit vom Standpunkte der Gesundheitspflege
anerkannt werden muss. Diese Massregeln erregten in Amerika selbstverständlich
eine grosse Aufregung unter den beim Export von Fleischwaaren betheiligten
Personen; sie führten zu leidenschaftlichen Petitionen der letzteren an die Cen¬
tralbehörde in Washington.
Die amerikanischen Consuln in Europa wurden demgemäss angewiesen,
Nachforschungen über die Richtigkeit des angeblich häufigen Vorkommens der
Trichinen in amerikanischen Fleischwaaren anzustellen und darüber zu berichten.
Aus den Berichten geht jedoch hervor, dass die Consuln sich zur Einziehung von
Erkundigungen hauptsächlich an die Importeure von amerikanischen Fleisch¬
waaren, mithin an Personen gewandt haben müssen, deren Interesse in dieser
Frage mit dem der Exporteure in Amerika übereinstimmt. Nur so ist es zu er-
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382
MUELLER,
klären, dass die Consularberichte die Trichinenfreiheit und Unschädlichkeit des
amerikanischen Schweinefleisches ebenso hartnäckig vertheidigen, wie von den
Behörden in Europa das Gegentheil behauptet wird. Das Staatsdepartement (the
State Department) in Washington veröffentlichte — wohl auf Grund der Consu¬
larberichte — eine Denkschrift, in welcher namentlich die §§ 8 und 9 allgemeine
Beachtung verdienen und von Verf. scharf kritisirt werden.
§ 8. Der Procentsatz der mit Trichinen behafteten Schweine ist wegen der
ausgezeichneten Züchtung und Fütterung dieser Thiere in Amerika aller Wahr¬
scheinlichkeit nach viel geringer als in irgend einem anderen Lande.
Abgesehen davon, dass eine Centralbehörde bei amtlichen Veröffentlichun¬
gen über Fragen von solcher Wichtigkeit, wie die vorliegende, eine sicherere
Grundlage haben sollte als die blosse Wahrscheinlichkeit, und abgesehen davon,
dass die Centralbehörde in Washington noch niemals amtliche Un¬
tersuchungen über das Vorkommen der Trichinose bei Schweinen
hat anstellen lassen, ist es — wie Verf. richtig bemerkt — eine allgemein
bekannte Thatsache, dass weder die Züchtung noch die Race der Schweine einen
Einfluss auf die Häufigkeit des Vorkommens der Trichinen ausübt, und dass
Schweine, welche ganz unbeaufsichtigt umherzustreifen oder in allen möglichen
Unrath zu wühlen Gelegenheit haben, bei jeder Art der Fütterung trichinös wer¬
den können.
§ 9. Die Thatsache, dass in den beiden grössten Schweinefleisch consumi-
renden Centren der Weststaaten — in Chicago und Cincinnati — Fälle von
Trichinosis bei Menschen so gut wie niemals beobachtet worden sind, liefert den
vollständigsten und sichersten Beweis von der Trichinenfreiheit der amerikani¬
schen Schweine. In Chicago sind während einer Reihe von Jahren unter 40000
Todesfällen, über deren Ursache berichtet wird, nur 2 durch Trichinose bedingte
vorgekommen, und in Cincinnati ist kein einziger solcher Fall beobachtet worden.
Verf. behauptet, dass in New York jedenfalls ebenso viel Schweinefleisch
wie in den grossen Städten der Weststaaten gegessen wird, und dass das Vor¬
kommen der Trichinose bei Menschen in erster Linie von der Zubereitung, in
welcher das Schweinefleisch verzehrt wird, abhängig bleibt. Die Deutschen in
den Vereinigten Staaten essen — wie in ihrer europäischen Heimath — vielfach
rohes, gesalzenes und geräuchertes Schweinefleisch. Wenn trotzdem Erkrankungen
bei Menschen nicht häufig zur allgemeinen Kenntniss gelangen, so dürfte das
seinen Grund auch darin haben, dass solche Erkrankungen häufig leicht und ohne
ärztliche Behandlung bleiben, und dass schwere Erkrankungen von den Aerzten
vielfach unrichtig beurtheilt und auf andere Ursachen zurückgeführt werden *).
Das häufige Vorkommen der Trichinen bei Schweinen in Amerika wird po¬
sitiv durch die Untersuchungen des Verf. nachgewiesen, welche sich auf 1 Gruppe
im Jahre 1879 und auf 3 Gruppen im Jahre 1881 vertheilen. Verf. wählte zu
diesem Zwecke nicht Schweine bestimmten Ursprungs oder aus bestimmten Trans¬
porten und Herden, sondern benutzte vielmehr ganz ohne Auswahl Schweine,
*) Ein weiterer Grund könnte auch darin liegen, dass das Fleisch in Ame¬
rika sehr viel schärfer gepökelt und geräuchert wird, als in Europa vielfach
geschieht.
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Referate und Kritiken.
383
welche wie gewöhnlich ausgeschlacbtet in den Schlachthäusern von Boston auf¬
gehängt waren. Obgleich nicht versucht worden ist, den Ursprungsort der be¬
treffenden Schweine genauer zu ermitteln, kann doch im Allgemeinen behauptet
werden, dass die Schweine zum grössten Theil von Chicago nach Boston gelangt
waren und mit Ausnahme von etwa 50 Thieren ganz bestimmt aus den west¬
lichen Staaten stammten. Als Untersuchungsobject wurden stets aus den Pfeilern
des Zwerchfells ein Fleischstückchen entnommen, aus welchem Verf. in allen
Fällen nie mehr und nie weniger als drei mikroskopische Präparate anfertigte.
Die Resultate der Untersuchungen sind in den nachstehenden Uebersichten
zusammengestellt.
1879.
1. Abtheilung von 47 Schweinen, darunter trichinenhaltig 3 Schweine,
2.
-
-
48
-
-
-
2
-
3.
-
-
72
-
-
-
10
-
4.
-
60
-
-
-
4
5.
-
326
-
-
-
16
6 .
-
192
-
-
-
13
7.
-
100
-
-
4
8 .
-
81
-
-
1
9.
95
-
-
1
10.
93
-
-
4
11.
98
-
-
8
12.
300
-
-
25
13.
201
-
-
13
14.
192
-
-
5
-
15.
200
-
-
16
-
16.
257
-
-
5
-
17.
-
238
-
-
13
-
18.
-
163
-
-
9
-
19.
-
26
-
-
1
-
20.
-
-
12
-
-
1
-
Summa 2701 Schweine, darunter trichinenhaltig 154 Schweine,
mithin 1 trichinenhaltiges auf 17,53 Schweine.
1881. Erste Gruppe.
1. Abtheilung von 127 Schweinen, darunter trichinenhaltig 7 Schweine,
2.
-
130
-
-
-
3
-
3.
-
153
-
-
-
3
-
4.
-
120
-
-
-
5
-
5.
-
124
-
-
-
1
-
6.
-
100
-
-
-
1
-
7.
-
119
-
-
-
6
-
8.
-
127
-
-
-
4
-
9.
-
160
-
-
-
8
-
10.
-
-
125
-
-
-
7
-
11.
-
-
127
-
-
-
5
-
Latus 1412 Schweine, darunter trichinenhaltig 50 Schweine,
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384
MUELLER,
Transport 1412 Schweine, darunter trichinenhaltig 50 Schweine’
12. Abtheilung von 122 Schweinen, - - 4 -
13. - - 124 - - 6
14. - - 100 - - —
15. - - 122 - - 7 -
16. - 120 _-_-_ 6
Summa 2000 Schweine, darunter trichinenhaltig 73 Schweine^
mithin 1 trichinenhaltiges auf 27,40 Schweine.
1881. Zweite Gruppe.
1.
Abtheilung
von
129 Schweinen,
darunter trichinenhaltig
9 Schweine,
2.
-
-
130
-
-
7
-
3.
-
-
140
-
-
10
-
4.
-
-
105
-
-
3
-
5.
-
-
73
-
-
2
-
6.
-
-
130
-
-
5
-
7.
-
119
-
-
4
-
8.
-
127
-
-
7
-
9.
-
132
-
-
2
-
10.
-
182
-
-
7
-
11.
-
93
-
-
—
-
12.
-
128
-
-
3
-
13.
-
112
-
-
2
-
14.
-
124
-
-
4
-
15.
-
81
-
-
1
-
16.
-
84
-
-
4
-
17.
-
120
-
-
3
-
18.
-
59
-
-
2
-
Summa
2068 Schweine,
darunter trichinenhaltig
75 Schweine,
mithin 1 trichinenhaltiges auf 27,46 Schweine.
1881. Dritte Gruppe.
1. Abtheilung von 105 Schweinen, darunter trichinenhaltig — Schweine,
2. - - 45 - - —
3. - - 65 - - 1 -
4. - - 80 - - 2
5. - - 61 - - 1 -
6. - - 63 - - 3 -
7. - - 96 - - 4 -
8 . - - 100 - - 1 -
9 . - - 100 - - 1 -
10. - - 98 - - 2 -
11. - - 90 - - 4 -
12. - - 101 - - 3 -
13. - - 121 - - —
14. - 103 _-_-_ 3
Latus 1228 Schweine, darunter trichinenhaltig 25 Schweine,*
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Referate und Kritiken.
385
Transport 1228 Schweine,
darunter trichinenhaltig
25 Schweine,
15. Abtheilung von 76 Schweinen,
-
1
-
16.
102
-
-
2
-
17.
130
-
-
6
-
18.
130
-
-
5
-
19.
131
-
-
3
-
20.
- 122
-
-
2
-
21.
85
*
-
1
-
Summa 2004 Schweine, darunter trichinenhaltig 45 Schweine,
mithin 1 trichinenhaltiges auf 44,53 Schweine.
Ziehen wir das Mittel aus diesen vier Gruppen, so gelangen wir zu folgen-
dem Resultat:
untersucht
trichinenhaltig
Verhältniss
1879 .
2701 Schweine,
154 Schweine,
1 : 17.53,
1881. Erste Gruppe
2000
73
1 : 27,40,
1881. Zweite
2068
75
1 : 27,46,
1881. Dritte
2004
45
1 : 44,53,
Zusammen
8773 Schweine,
347 Schweine,
1 : 25,00,
oder mit anderen Worten:
unter 8773 untersuchten Schweinen waren 4 pCt. mit Tri¬
chinen behaftet.
Während der Jahre 1876—80 wurden in Preussen 12816831 Schweine
auf Trichinen untersucht und davon 6945, d. h. 1 auf 1845 oder 0,0542 pCt.
= etwa \ pMl., mit Trichinen behaftet gefunden. Aus den oben mitgetheilten
Angaben des Verf. ergiebt sich, dass der Procentsatz der trichinenhaltigen
Schweine aus den westlichen Staaten der amerikanischen Union — von denen
bei weitem die meisten exportirten Fleischwaaren herstammen — ein ausser¬
ordentlich hoher ist und den durch die bisherigen Untersuchungen in Preussen
ermittelten etwa um das Achtzigfache übersteigt. Müller.
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Kleinere Mittheilnngen.
Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Prenssen während
des Quartals Januar-März 1883.
1. Milzbrand. An Milzbrand sind gefallen 12 Pferde, 162 Stück Rind¬
vieh, 136 Schafe und 2 Schweine. Die Verluste vertheilen sich auf 137 Ge¬
höfte in 133 Ortschaften und 83 Kreisen. Frei von Milzbrand blieben die Reg.-
bezw. Landdr.-Bez. Gumbinnen, Danzig, Berlin, Köslin, Stralsund, Lüneburg,
Stade, Aurich, Arnsberg und Kassel.
Die 12 an Milzbrand gefallenen Pferde vertheilen sich auf 8 Gehöfte, in
3 der letzteren herrschte die Krankheit gleichzeitig auch unter dem Rindvieh.
Nach dem statistischen Material sind 13 Stück Rindvieh (7,43 pCt.) an
Milzbrand erkrankt und genesen. Vön den 162 an Milzbrand gestorbenen Stück
Rindvieh entfallen 28,40 pCt. auf Schlesien, 14,20 pCt. auf Posen, 11.73 pCt.
auf Sachsen und 12,94 pCt. auf die Rheinprovinz. In 4 Beständen starben kurz
hinter einander 4, 6 bezw. 12. in 4 Beständen 3, in 14 Beständen 2, in 97
Gehöften beschränkte sich der Verlust auf 1 Stück Rindvieh.
Das statistische Material enthält keine Mittheilungen von allgemeinerem
Interesse über die Ursachen des Milzbrandes und keine Angaben über die For¬
men, unter denen der Milzbrand vorgekommen ist.
Die 136 an Milzbrand gefallenen Schafe vertheilen sich auf 13 Gehöfte;
in 4 der letzteren herrschte die Krankheit gleichzeitig auch unter dem Rindvieh.
Die meisten Ausbrüche kamen bei Beständen vor, in denen die Blutseuche sta¬
tionär ist. Ein an Milzbrand erkranktes Schaf ist genesen.
Die beiden an Milzbrand gefallenen Schweine hatten Blut einer im Nachbar¬
gehöft an Milzbrand erkrankten und nothgeschlachteten Kuh verzehrt. Mehrfach
sind tödtlich verlaufende Erkrankungen bei Hunden und Katzen nach dem Ge¬
nüsse von Fleisch der Milzbrandcadaver beobachtet worden.
Im Reg.-Bez. Merseburg starb ein Abdeckereibesitzer, welcher sich bei der
Section einer an Milzbrand gefallenen Kuh inficirt hatte.
2. Toilwuth. Die Krankheit wurde bei 103 Hunden, 3 Pferden, 6 Stück
Rindvieh, 5 Schweinen, ausserdem bei 61 herrenlos umherschweifenden und ge-
tödteten Hunden constatirt; nach § 19 der Instruction vom 24. Februar 1881
sind 430 Hunde, welche mit tollkranken in Berührung gekommen oder von sol¬
chen gebissen worden waren, getödtet. Es wird über keinen Fall berichtet, in
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Kleinere Mittheilungen. 387
welchem eine Observation solcher von tollkranken gebissener Hunde gestattet
worden ist.
Die meisten Wuthfälle bei Hunden kamen in den Reg.- bezw. Landdr.-Bez.
Königsberg, Gumbinnen, Marienwerder, Posen, Bromberg, Breslau, Oppeln, Hil¬
desheim, Osnabrück, Minden und Arnsberg vor; 1—4 tollkranke Hunde entfallen
auf die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Danzig, Potsdam, Frankfurt, Hannover, Stade,
Münster, Wiesbaden, Düsseldorf, Köln, Trier und Aachen. Die übrigen Reg.-
bezw. Landdr.-Bez. blieben frei von der Wuthkrankheit. Die letztere wurde ira
Berichtsquartal bei 2 Katzen constatirt.
Die meisten Ausbrüche sind durch den Biss herrenlos umherschweifender
Hunde veranlasst worden.
Die Fälle bei Pferden, Rindern und Schweinen blieben durchweg vereinzelt.
In Wochowsee, Reg.-Bez. Potsdam, waren von 26 Stück Rindvieh eines Bestandes
im Winter 1880/81 16 Stück an Tollwuth gefallen. 2 Jahre und 4 Monate
nach dem ersten Falle erkrankte wieder eine Kuh an der Tollwuth, eine erneute
Infection soll ausser dem Bereiche der Möglichkeit liegen. Im Reg.-Bez. Gum¬
binnen wurde eine Incubationsdauer von 7 Monaten bei einer Kuh beobachtet;
ausserdem werden folgende Incubationszeiten erwähnt:
bei Hunden je einmal 12, 26, 28 Tage;
bei einer Katze 28 Tage;
bei einem Stück Rindvieh 125 Tage;
bei Schweinen je einmal 17, 30, 53, 59 Tage.
Geber Erkrankungen von Menschen an Wasserscheu wird nicht berichtet.
3. Rotz-Wurmkrankheit. In 177 Beständen, welche sich auf 160
Ortschaften in 101 Kreisen vertheilen, sind 18 Pferde gefallen. 379 auf polizei¬
liche Anordnung, 35 auf Veranlassung der Besitzer getödtet worden; in 104
Beständen war die Krankheit am Schlüsse des Berichtsquartals noch nicht getilgt.
Die 419 getödteten und gefallenen rotz-wurmkranken Pferde bilden 25,19 pCt.
der 1663 Pferde, welche die verseuchten Bestände zusamraensetzten.
Frei von der Rotz-Wurmkrankheit blieben die Reg.- bezw. Landdr.-Bez.
Gumbinnen, Erfurt, Lüneburg, Stade, Osnabrück, Aurich, Kassel und Trier. Die
Rotzkrankheit wurde in den Reg.-Bez. Münster, Minden, Arnsberg, Aachen bei
je einem Pferde, in den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Frankfurt, Schleswig, Han¬
nover, Wiesbaden und Köln bei je zwei Pferden constatirt. In abgerundeten Pro¬
centsätzen vertheilen sich die 419 getödteten und gefallenen Pferde, wie folgt,
auf die einzelnen Provinzen:
Ostpreussen ....
. . . 9,55pCt.
Schleswig-Holstein . . .
. 0,48 pCt.
Westpreussen . . .
. . 10,98 „
Hannover.
• 1,43 „
Brandenburg . . .
• • 6,20 „
Westfalen.
• 0,72 ,
Pommern.
. . 5,50 „
Hessen-Nassau.
. 0,48 .
Posen.
. . 27,69 „
Rheinprovinz.
. 10,00 .
Schlesien.
. . 20,77 „
Hohenzollernsche Lande
. 1,20 „
Sachsen .
. . 5,00 .
100,00 pCt,
Wiederum entfällt etwa die Hälfte des ganzen Verlustes auf die Provinzen Posen
und Schlesien. Die starke Steigerung des Procentsatzes in Ostpreussen und der
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388
Kleinere Mitteilungen.
Rheinprovinz ist durch die zahlreichen Pferde bedingt, welche in zwei Bestanden
des Kreises Labiau nnd in dem Bestände eines Bergwerksbetriebes im Reg.-Bez.
Düsseldorf getödtet werden mussten.
In 43 Pferdebeständen — von denen 21 auf die Provinz Posen entfallen
— waren die Verluste sehr bedeutend oder dauerte das Herrschen der Rotzkrank¬
heit seit dem vorigen Quartal oder seit noch längerer Zeit fort. Von den 1043
Pferden in diesen Seucheherden sind während des Berichtsquartals 235 getödtet
worden und 6 gefallen. Der Verlust betrug 22,84 und seit Constatirung der
Krankheit 39,79 pCt. des Bestandes; 18 dieser Rotzherde wurden im Berichts¬
quartal ermittelt; in 25 Rotzstationen dauert das Herrschen der Krankheit seit
dem vorigen Quartal fort.
27 rotz-wurmkranke Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit
angekauft worden, 2 wurden auf Märkten, 9 bei Beaufsichtigung von Ross¬
schlächtereien ermittelt; 2 Ausbrüche werden auf Einschleppung aus Polen, 12
auf Infection unterwegs oder in Gastställen zurückgeführt. In 5 früher verseucht
gewesenen Beständen trat die Rotzkrankheit nach längerer Zwischenzeit von
Neuem auf.
Von den verseuchten Beständen und den auf polizeiliche Anordnung ge-
tödteten Pferden entfallen:
verseuchte Bestände auf pol. Anordn. get. Pferde
auf grössere Güter. 24,34 pCt. 34,56 pCt.
auf kleinere Landwirtschaften 42,76 „ 30,33 „
auf Fuhrwerksbetrieb. 28,30„ 33,25*
unbestimmt. 4,60 * 1,86 *
Die 33 Pferde eines Bergwerksbetriebes im Reg.-Bez. Düsseldorf, welche
im Berichtsquartal auf polizeiliche Anordnung getödtet wurden, sollen zum
grossen Theil an Lungenrotz ohne gleichzeitig vorhandene krankhafte Verände¬
rungen in den Nasenhöhlen und der Haut gelitten haben. Ausserdem ist diese
Form der Krankheit angeblich bei 21 Pferden, etwa 5 pCt., beobachtet worden,
und von diesen 21 Pferden entfallen 17 auf den Reg.-Bez. Bromberg.
Bei 10 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden (2,64 pCt.) wurde
das Vorhandensein der Rotz-Wurmkrankheit durch die Section nicht bestätigt.
Fälle von Erkrankung der Menschen in Folge von Rotzinfection sind nicht
bekannt geworden.
4. Maul- und Klauenseuche. Die Maul- und Klauenseuche erlangte
in einigen Provinzen eine sehr bedeutende, stellenweise eine so allgemeine Ver¬
breitung, dass kaum ein Viehstand verschont blieb. Frei von der Seuche blieben
nur der Rg.-Bz. Gumbinnen und der Lddr.-Bez. Aurich, ausserdem das in Berlin
einheimische Vieh. In den Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Köslin, Stralsund, Schles¬
wig, Hannover, Lüneburg, Stade, Osnabrück, Minden, Wiesbaden, Trier und
Sigmaringen beschränkte sich das Auftreten der Seuche auf 1—5 Ortschaften.
Die zahlreichen Ausbrüche in der zweiten Hälfte des März lassen befürchten, dass
die Seuche auch im Quartal April-Juni noch weit verbreitet fortherrschen wird.
Von den 573 Ortschaften, in denen Ausbrüche der Maul- und Klauenseuche
beobachtet wurden, sind 159 solche, in denen die Einschleppung durch den
Ankauf von krankem oder inücirtem Rindvieh vermittelt wurde. Einfuhr von
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Kleinere Mittheilungen.
389
Rindvieh aus Bayern gab Anlass zu Ausbrüchen der Aphthenseuche in 47 Ort¬
schaften, in 2 Ortschaften ist die Krankheit aus Holland, in je eine aus Ostfries¬
land, Braunschweig und Württemberg eingeschleppt worden. Es wird jedoch
behauptet, dass die Infection des angekauften Viehes an vielen Orten nicht am
Ursprungsort, sondern während des Transportes oder in den Ställen der Vieh¬
händler erfolgt sein muss.
Die 126 Ortschaften, in welche die Aphthenseuche durch den Ankauf von
Schweinen oder durch Berührung mit Schweinetreibherden eingeschleppt wurde,
liegen zum grössten Theil in den östlichen Provinzen. Man kann annehmen, dass
ein grosser Theil dieser Schweine aus Russland, Polen oder Oesterreich-Ungarn
stammte; zahlreiche aus diesen Ländern eingeführte Schweine erwiesen sich auf
den Schlachtviehmärkten der grossen Städte mit der Maul- und Klauenseuche
behaftet. In 36 Ortschaften geschah die Einschleppung durch Berührung mit
kranken Thieren, welche der Nachbarschaft oder Treibherden angehörten; in 19
Ortschaften soll der Ausbruch der Aphthenseuche durch Zwischenträger vermit¬
telt worden sein. In 233 Ortschaften wurde die Einschleppung nicht ermittelt,
oder es ist in den Berichten bezüglich der Einschleppung nichts erwähnt worden;
man wird aber wohl behaupten können, dass ein grosser Theil dieser Ausbrüche
durch die mittelbare oder unmittelbare Berührung mit krankem Vieh der Nach¬
barschaft bedingt worden ist.
Die Seuche befiel vorzugsweise Rindvieh und nächstdem Schweine, verhält-
nissmässig selten Schafe und Ziegen. Häufig blieben die kleinen Wiederkäuer,
auch selbst Schweine in solchen Gehöften verschont, in denen sämmtliches
Rindvieh erkrankt war. Vorwaltend war bei dem Rindvieh die Form der Maul¬
seuche, langwierige Klauenleiden als Nachkrankheiten gehörten zu den seltenen
Vorkommnissen. In vielen Beständen wurde die Impfung des Rindviehes vorge¬
nommen, um die Seuchedauer abzukürzen.
Als gefallen oder getödtet verzeichnen die Tabellen 77 Stück Rindvieh —
darunter 41 Saugkälber —, 29 Schafe und 8 Schweine.
Eine Infection von Menschen nach dem Genüsse der Milch von aphthen¬
kranken Thieren ist nicht beobachtet worden.
5. Lungenseuche. Das statistische Material verzeichnet 808 Stück
Rindvieh an der Lungenseuche erkrankt; 11 Stück sind gefallen, 689 auf poli¬
zeiliche Anordnung, 91 auf Veranlassung der Besitzer getödtet worden. Diese
Fälle vertheilen sich auf 88 Bestände, 65 Ortschaften und 28 Kreise der Reg.-
bezw. Landdr.-Bez. Frankfurt, Stettin, Posen, Liegnitz, Magdeburg, Merseburg,
Hannover, Hildesheim, Kassel, Wiesbaden und Aachen. Ausserdem wurde im
Reg.-Bez. Bromberg und im Lddr.-Bez. Lüneburg je ein kurz vorher angekauftes
Stück Rindvioh auf Veranlassung der Besitzer getödtet und bei der Section mit
der Lungenseuche behaftet gefunden, weitere Erkrankungen sind in den betref¬
fenden grösseren Viehbeständen während der nächsten 24 Monate jedoch nicht
vorgekommen. Von den 65 Ortschaften sind 36 solche, in denen die Ausbrüche
der Lungenseuche während des Berichtsquartals constatirt wurden, in den übri¬
gen 29 Ortschaften dauert das Herschen der Krankheit seit dem vorigen Quartal
oder seit noch längerer Zeit fort. In 71 Gehöften war die Lungenseuche am
Schlüsse des Berichtsquartals noch nicht erloschen. Die 791 getödteten und ge-
26
Archiv f. wissensch. u. prakt. Thierheilk. IX. 4 a. 5.
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390
Kleinere Mittheilungen.
fallenen Stück Rindvieh bilden fast genau 21 pCt. der 3769 Stück, mit denen
die verseuchten Ställe besetzt waren. Die 808 an der Lungenseuche erkrankten
Tbiere vertheilen sich in abgerundeten Procentsätzen, wie folgt, auf die Provinzen:
Brandenburg. . . .
. . . 2,23pCt. Sachsen.
. . . 42,32pCt.
Pommern.
. . . 45,55 „
Hannover.
• • • 2,72 »
Posen .
. . • 0,99 „
Hessen-Nassau . . .
. . . 1,86 ,
Schlesien.
. . . 4,21 „
Rheinprovinz ....
. . . 0,12 *
100,00 pCt.
Der aussergewöhnlich hohe Procentsatz für die Provinz Pommern erklärt
sich dadurch, dass sämmtliche Thiere in drei grossen Viehbeständen im Reg.-Bez.
Stettin abgeschlachtet werden mussten.
Die Lungenseuche wurde in 2 Ortschaften durch in Bayern, in je eine Ort¬
schaft durch in Oldenburg bezw. Hessen angekauftes Vieh eingeschleppt.
Von den verseuchten Beständen und den auf polizeiliche Anordnung ge-
tödteten Thiere entfallen:
verseuchte Bestände auf pol. Anordn. get. Pferde
auf grössere Güter. 33,80 pCt. 76,20 pCt.
auf kleinere Ackerwirthschaften 66,20 „ 23,80 „
Der Verlust betrug durchschnittlich in den grösseren Gütern 20,68, in den
kleineren Landwirtschaften 27,75 pCt. der verseuchten Bestände.
Von der Impfung ist nur in 4 Viehbeständen des Reg.-Bez. Magdeburg, und
zwar in 2 mit dem Erfolge Gebrauch gemacht worden, dass weitere Erkrankungen
überhaupt nicht oder nur in geringer Zahl eintraten. In den beiden anderen
Beständen wurde das Fortherrschen der Krankheit durch die Impfungen nicht
unterbrochen.
6. Schafpooken. Ausbrüche der Schafpocken wurden nur in zusammen
5 Ortschaften beobachtet, nämlich in je einem Orte der Reg.- bezw. Landdr.-
Bez. Königsberg — Einschleppung durch Berührung mit einer während des
vorigen Quartals verseucht gewesenen Herde —, Gumbinnen, Köslin, Magdeburg
und Stade — Einschleppung aus dem benachbarten Hamburger Amte Ritzebüttel.
Nur die Herde im Reg.-Bez. Königsberg erlitt erhebliche Verluste. Mit Ausnahme
des Ausbruchs im Reg.-Bez. Köslin wurde sofort die Nothimpfung vorgenommen.
Im Landdr.-Bez. Stade verseuchten 30 kleine Bestände, bei den anderen Aus¬
brüchen beschränkte sich das Auftreten der Pocken auf je eine Herde.
7. Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehs. Der Aus¬
schlag wurde bei 7 Pferden in Ostpreussen beobachtet, darunter bei 1 Land¬
beschäler und bei 3 von dem letzteren gedeckten Stuten.
Von den 221 Stück Rindvieh, welche an Bläschenausschlag litten, entfallen
96 auf 2 Ortschaften des Kreises Kreuznach, Reg.-Bez. Koblenz, in denen die
Krankheit angeblich seit längerer Zeit herrscht.
Fälle von Beschälseuohe sind nicht vorgekommen.
8. Räude der Pferde und Schafe. Von den 438 Pferden, bei
denen die Räude constatirt wurde, entfallen 236 auf die Provinzen Ost- und
Westpreussen, speciell 107 auf den Reg.-Bez. Königsberg. In den Reg.-Bez.
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Kleinere Mittheilungen.
391
Königsberg, Danzig, Bromberg und Breslau erwiesen sich mehrfach sämmtliche
oder fast sämmtliohe Pferde grösserer Bestände mit der Seuche behaftet. Im
Uebrigen blieben die Räudeerkrankungen meistens auf 1—3 Pferde des Bestan¬
des beschränkt; sie kamen am häufigsten bei geringwerthigen, zum Fuhrwerks¬
betriebe verwendeten Pferden vor.
Frei von der Pferderäude waren die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stralsund,
Erfurt, Stade, Osnabrück, Aurich, Münster, Koblenz, Düsseldorf, Trier, Aachen
und Sigmaringen.
59 räudekranke Pferde sind theils auf Veranlassung der Besitzer getödtet
worden, theils gefallen; 24 Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit
angekauft, darunter je 1 in Polen, Hamburg, Waldeck und Sachsen-Weimar, je
4 räudekranke Pferde wurden auf Märkten bezw. in Rossschlächtereien ermittelt,
17 Ausbrüche der Räude werden auf Infectionen unterwegs oder in Gastställen
zurückgeführt.
In 2 Orten des Kreises Oletzko, Reg.-Bez. Gumbinnen, wurde die Krankheit
auf die Pferdeknechte übertragen.
Die neuerdings von Sr. Excellenz dem Herrn Minister getroffenen Anord¬
nungen zum Zwecke einer gründlichen Behandlung und Tilgung der Schafräude
haben zur Folge gehabt, dass das statistische Material sehr viel eingehendere
Mittheilungen über den Stand dieser lästigen Krankheit enthält.
Nicht erwähnt wird das Herrschen der Räude in den Berichten aus den
Reg.-Bez. Gumbinnen, Danzig, Berlin, Köslin, Stralsund, Posen, Oppeln, Koblenz,
Köln, Aachen und Sigmaringen, und auch in den Berichten aus dem Reg.-Bez.
Erfurt, in welchem die Schafräude nach früher gemachten Andeutungen noch
ziemlich verbreitet herrschen soll. Aus dem Reg.-Bez. Liegnitz erfahren wir nur,
dass die Radicalbehandlung der im Quartal October-December v. J. verseuchten
8 Herden nach der Wollschur durchgeführt werden wird.
Einzelne Räudeausbrüchc wurden ermittelt in den Reg.-Bez. Königsberg —
in 4 Kreisen, Marienwerder — nur in einer kleinen Herde, Potsdam — in 3
Kreisen, Frankfurt — in zwei Herden, Bromberg — in einer Herde, Breslau
— in einer Herde, Einschleppung durch aus England bezogene, in drei Herden,
Einschleppung durch aus Spanien angekaufte Schafe, Schleswig — in zwei klei¬
nen Beständen, Aurich — nur in einem Orte, Wiesbaden — Fortherrschen
in einigen Herden des Ober-Taunuskreises, und Trier — nur in einem Orte des
Kreises Saarlouis.
Dagegen herrscht die Räude ziemlich stark verbreitet in den Kreisen Ran¬
dow, Greifenberg und unter einzelnen Herden im Kreise Saatzig des Reg.-Bez.
Stettin, sowie unter vielen Schmierviehherden der Kreise Düsseldorf, Geldern,
Mettmann und Solingen des Reg.-Bez. Düsseldorf.
Ganz allgemein verbreitet ist die Schafräude in den Reg.- bezw. Landdr.-
Bez. Magdeburg, Merseburg, Hannover, Hildesheim, Lüneburg, Stade, Osnabrück,
Münster, Minden, Arnsberg und Kassel. Aus zahlreichen Kreisen der zuletzt ge¬
nannten Bezirke wird berichtet, dass es kaum möglich sein dürfte, eine einzige
räudefreie Schafherde nachzuweisen. Müller.
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392
Kleinere Mittheilongen.
DAS Scheeren der Pferde. Von Thierarzt A. Lange in Hamburg.
Das Scheeren der Pferde wird aus verschiedenen Gründen vorgenommen;
theils geschieht es aus Nachahmung, theils in der Meinung, dass hiernach das
Pferd weniger schwitze und in Folge dessen leistungsfähiger werde, ein lebhaf¬
teres Temperament erhalte und weniger zu Hautkrankheiten disponire.
Die Beobachtungen, welche ich bei 500 Pferden gemacht habe, von denen
250 in den Monaten October und November 1881 zum ersten Male geschoren
wurden und die täglich 21—24 Km. in zwei oder drei Touren ohne Berück¬
sichtigung der Witterung und ohne Decken im Trabe mit Kraftanstrengung zu¬
rückzulegen haben, liessen auf die angeführten Vorzüge des Scheerens nicht
schliessen. Alle Pferde haben dieselbe Arbeit und gleiches Futter.
Betrachten wir die geschorenen Pferde vor der Arbeit im Stande der
Ruhe, so finden wir, dass die wechselnde Lufttemperatur, ebenso Regen, Stürme
und Kälte, einen anhaltenden Reiz auf die empfindliche Lederhaut ausüben,
welcher der Absonderung der Talg- und Schweissdrüsen hinderlich ist. Beson¬
ders in Folge der mangelhaften Absonderung der Talgdrüsen wird die Epider¬
mis trocken und spröde, das Haar fett- und glanzlos. Bei vielen Pferden stellten
sich in den Monaten Januar und Februar erbsengrosse, schmerzhafte Pusteln ein,
am meisten auf der Kruppe und an den Seiten, am schlimmsten da, wo selbst
die geringsten Geschirrreibungen stattfanden. Ende März, also 5 Monate nach
dem Scheeren, als der Haarwuchs wieder kräftiger wurde, traten diese Pusteln
nicht mehr auf.
Ferner zeigten sich in der ersten Zeit nach dem Scheeren oft rheumatische
Affectionen der Gliedmassen, und bei den meisten Pferden ein mangelhafter
Nährzustand, der sich gewöhnlich mit dem 5. Monat, wenn der Haarwuchs
dichter wurde, wieder besserte; bei einigen Pferden sah man jedoch noch nach
6 Monaten eine Verschlechterung des Nährzustandes. Von oinem lebhafteren
Temperament oder einem grösseren Appetit habe ich nichts bemerkt.
Die Messungen der inneren Temperatur eines geschorenen Pferdes vor der
Arbeit zeigten keine Abweichungen von denen, weiche bei nicht geschorenen
Pferden angestellt wurden. Untersuchen wir aber geschorene Pferde nach einer
Tour von 10—12 Km., so finden wir, je nach dem Temperament und der Luft¬
wärme, eine Temperatursteigerung bis zu 1 °, also bis zu 39 0 C., nach einer
Tour von 7 Km. eine Steigerung bis zu \ 0 C. In allen Fällen ist nach der Be¬
wegung die Temperatur bei den geschorenen Pferden höher als bei den nicht
geschorenen, und zwar bis 0,3 0 C.
Nach 15—20 Minuten, je nachdem die Lufttemperatur und die Anstren¬
gung gewesen, ist die Temperaturerhöhung eines nicht geschorenen Pferdes
gewöhnlich wieder verschwunden, während die Temperatur eines geschorenen
Pferdes sich in dieser Zeit noch nicht ausgeglichen hat.
Wir finden mithin bei einem geschorenen Pferde, nach derselben Anstren¬
gung und bei gleichem Futter, stets eine höhere Temperatur und einen weniger
raschen Abfall der letzteren, als bei einem nicht geschorenen.
Rheumatische Affectionen der Gliedmassen sind bei den 250 nicht gescho¬
renen Pferden nicht vorgekommen, ebenso wenig traten bei den letzteren die oben
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Kleinere Mittheilungen. 393
erwähnten Hautkrankheiten auf. Die nicht geschorenen Pferde blieben auch in
ihrem guten Nährzustande.
Irgend einen Vortheil habe ich bei den 250 geschorenen Pferden gegen¬
über den 250 nicht geschorenen nicht nachweisen können, im Qegentheil, die
nicht geschorenen Pferde waren — wie schon erwähnt — im Vortheil. Ich kann
es überhaupt nicht billigen, dass man den Pferden die Haardecke in der Zeit
nimmt, in welcher dieselbe den Pferden am meisten Schutz verleihen soll, d. h.
im Herbst und Winter.
Beobachtangen Ober die Lnpinose bei Schafen and Pferden. Von Stabs-
Rossarzt a. D. W. Bovensehen in Ostrowo.
Nachdem ich bereits oft Gelegenheit gehabt hatte, den Ausbruch der Lupi-
nose unter Schafen und Pferden in Folge des Genusses von grünen oder trockenen,
vollkommen gesund und schön aussehenden Lupinen zu beobachten, fand ich Ende
September v. J. auf einem Gute des Herrn v. M. in P., im Kreise Wielun, —
welches, niedrig gelegen, auch zeitweise von Milzbrand heimgesucht wird, —
10 Kutsch- resp. Reitpferde und 18 Ackerpferde im höchsten Grade mit der ge¬
nannten Krankheit behaftet.
Sämmtliche Pferde zeigten vollständige Appetitlosigkeit und Mattigkeit; die
Ackerpferde befanden sich nahe am Hofe auf einem gut bestandenen Kleefelde,
ohne auch nur einen Halm Klee zu fressen. Die Thiore standen mit gesenktem
Kopfe und blieben am liebsten auf einer Stelle stehen; wurden sie angetrieben,
so bewegten sie sich traurig und mühsam weiter. Das Haar war gesträubt, der
Puls weich, kaum fühlbar; ca. 80 pochende Herzschläge, das Athmen normal,
die Blutgefässe der Conjunctiva enorm stark gefällt; letztere sowie die Sclerotica
und die übrigen sichtbaren Schleimhäute erschienen intensiv gelb gefärbt, die
Zunge russig. Die innere Körperwärme bewegte sich zwischen 39,2 und 40,6°C.
Wasser wollten die Thiere nicht zu sich nehmen; auch Kartoffeln, Mohrrüben,
Gras etc. wurde fast vollständig verschmäht. Einige Pferde, und zwar die 4—5-
jährigen Ackerpferde magerten schnell ab, und es crepirten von den 18 Thieren
5; die anderen erholten sich nur sehr langsam.
Die Obduction ergab an verschiedenen Stellen des Körpers kleinere und
grössere Blutextravasate, eine intensive Gelbfärbung sämmtlicher serösen Häute,
der Schleimhäute, des Fettes, der Leber und der Nieren. Das Blut war theer-
artig; im Endocardium fanden sich verschieden grosse Ecchymosen.
Noch 10 der ältesten Ackerpferde — ausser den oben erwähnten 18 —
zeigten an den sichtbaren Schleimhäuten einen leichten Anflug der Gelbfärbung,
blieben jedoch bei ziemlichem Appetit und konnten noch zur Feldarbeit benutzt
werden.
Der Besitzer bezweifelte, dass die Ursache der Krankheit in den Lupinen
liegen könne, da sämmtliche Pferde nur Hafer, in welchem sich allerdings etwas
Lupinenkörner befanden, als Futter erhalten hatten; nur den Arbeitspferden war
Abends etwas Haferspreu mit Lupinenschalen als Nachtfutter vorgelegt worden.
Er hatte überhaupt keine reinen Lupinen, sondern nur Hafer mit etwas Lupinen
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394
Kleinere Mittheilungen.
vermischt säen lassen, zumal er mit reinen Lupinen schon vor Jahren bittere Er¬
fahrungen bei den Schafen gemacht hatte.
Der mir gezeigte Hafer, welcher etwas schwarz geworden war und dumpfig
roch, enthielt etwa auf 15—18 Körner Hafer 1 Korn Lupinen. Auch das aus¬
gedroschene Haferstroh zeigte nur in diesem Verhältniss Lupinenhalme.
Die gleich heftige Erkrankung sämmtlicher Kutsch- und Reitpferde (wovon
besonders 2 Hengste und einige Stuten in grosser Gefahr schwebten), welche
also ausschliesslich Hafer mit den darunter befindlichen wenigen Lupinen, Heu
und etwas Klee als Futter erhalten hatten, brachte mich auf die Vermuthung,
dass die Lupinen als veranlassende Krankheitsursache jedenfalls eine höchst
untergeordnete Rolle spielen dürften, und dass der verdorbene, multrige Hafer hier¬
bei einen grösseren Antheil habe. Auf demselben Gute fielen jedoch etwas spater
80 und einige Schafe, welche während der nassen Zeit im Stalle das gleiche
Hafer- und Lupinenstroh erhalten hatten, an der Lupinose.
Herr Prof. Zürn, welcher den fraglichen Hafer auf meine Bitte untersuchte,
fand an demselben zahlreiche Befallungspilze, namentlich Plcospora herbarum,
sowie eine Menge von beweglichen Mikrococcen.
Ende Januar d. J. hatte mich eines Tages ein kleinerer Gutsbesitzer aus 0.
hiesigen Kreises aufgesucht, um mich wegen eines kranken Fohlens zu consul-
tiren, mich aber nicht angetroffen. Am anderen Tage schickte er mir 2 Pferde
zur Untersuchung mit der brieflichen Angabe, dass seine sämmtlichen (7) Pferde
den Appetit vollständig verloren hätten. Ein 1 jähriges Fohlen, welches seit
mehreren Tagen ebenfalls den Appetit vollständig verloren habe, sehr traurig
und schwach im Kreuze geworden sei, wäre bereits crepirt.
Die beiden Pferde zeigten stark geröthete Conjunctiva, dabei starke Gelb¬
färbung sämmtlicher sichtbaren Schleimhäute, grosse Mattigkeit, weiche Pulse,
einige 80 pochende Herzschläge, normales Athmen, unregelmässig verbreitete
Temperatur und 39,8° C. innere Körperwärme, steifen Gang, grosse Empfind¬
lichkeit gegen Druck in der Nieren- und Lebergegend. Ich erachtete, dass die
Pferde wahrscheinlich in Folge des Genusses von Lupinenschalen, schlechtem
Hafer oder dumpfigem Heu an Leber- und Nierenentzündung erkrankt seien.
Nach zwei Tagen erschien der Besitzer mit 2 anderen Pferden, welche vollstän¬
dige Appetitlosigkeit und dieselben Krankheitssymptome wie die oben erwähnten
Pferde zeigten.
Der Besitzer erklärte mir, dass seine Pferde gar keine Lupinen erhalten
hätten, dass er überhaupt Lupinen nur als Gründüngung anbaue. Die Pferde
hätten sehr schön gewonnenes Heu, ausserdem freilich Hafer, der die Regen¬
periode liegend durchgemacht habe, ausgewachsen und schwarz geworden sei,
erhalten.
Nach Entziehung dieses Hafers und entsprechender Behandlung sind die
7 Pferde genesen, haben aber erst nach 14 Tagen ihre frühere Fresslust allmäh¬
lich wiederbekommen.
Am 3. Februar er. wurde ich von dem Gensdarm Sch. ersucht, sein seit
einigen Tagen bedenklich erkranktes Pferd zu untersuchen. Ich fand bei dem
Pferde unregelmässig verbreitete Temperatur, 80 und einige weiche, kaum fühl¬
bare Pulse, pochenden Herzschlag, normales Athmen. Die Schleimhaut der Augen,
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Kleinere Mittheilungen.
395
des Maules, der Scheide war citronengelb, die Blutgefässe stark gefüllt. Das
Thier hielt den Kopf gesenkt und sah sich öfter nach der rechten Seite um. Die
peristaltischen Geräusche waren normal. Die Hinterbeine wurden breit gestellt;
beim Herumtreten schwankte das Pferd und äusserte dabei Schmerzen. Das Hin¬
legen und Aufstehen geschah unter grossen Schmerzen; auoh beim Druck gegen
die Lebergegend war das Pferd empfindlich. Das Pferd war seit 5 Tagen krank,
ohne jegliche Fresslust; der Urin erschien röthlich trübe. Die innere Körper¬
wärme betrug 39.9 0 C. Am 5. Tage früh hatte der Gensdarm geglaubt, das
Thier würde verenden.
Ich fand, dass eine Krisis eingetreten war. Die Spannung und der Schmerz
in der Nierengegend waren beseitigt, der Urin war klarer, der Puls voller, der
Blick freier. Es bestand etwas Appetit auf Mohrrüben und Kleeheu. Am 11. Tage
zeigte das Pferd schon regeren Appetit; die Schleimhäute waren noch schmutzig
gelb, doch schon bedeutend weniger als am 5. Tage.
Auch bei diesem Pferde war eine acute gelbe Leber- und Nierenentzündung,
wie bei den oben erwähnten, nicht zu verkennen, vollkommen identisch der
sog. Lupinose, wie ich dieselbe auch wiederholt bei verschiedenen Bauernpferden
beobachtet habe, welche verdorbene, verschimmelte Lupinen resp. Lupinenschalen
gefressen hatten. Dieses Gensdarmenpferd hatte keine Lupinen gefressen, wohl
aber verschimmelten, dumpfig-multrigen Hafer und eben solches Heu, zwischen
wenigem gutem Heu vermischt, als Futter erhalten.
Herr Prof. Dr. Zürn hatte die Freundlichkeit, eine Probe des von den oben
erwähnten Pferden genossenen Hafers zu untersuchen; dabei hatte sich letzterer
stark mit Pleospora polytricha befallen gezeigt. In den schwarzen Körnern hatten
sich Mikrococcen und in einzelnen Körnern innerhalb der von Pleospora zerstör¬
ten Hülsen auch kleine Milben (wahrscheinlich Tyroglypten) gefunden.
Den Wunsch, mit diesem Hafer Fütterungsversuche bei Schafen und Kanin¬
chen anzustellen, konnte ich nicht erfüllen, da von dem Besitzer von diesem
stark verschimmelten Hafer nichts mehr zu erlangen war. Auf wiederholtes
Bitten erhielt ich jedoch endlich eine grössere Quantität von der zweiten, bes-
• seren Sorte, von welcher im Aufträge des Herrn Prof. Cohn in Breslau Herr
Dr. Eidam eine Probe untersuchte. Derselbe fand an den an ihren Spelzenhüllen
geschwärzten Körnern Pleospora herbarum, die Körner selbst zum Theil ausge¬
keimt, andere zerfressen, wieder andere verschimmelt (Aspergillus glaucus und
Penicillium). Ausserdem fanden sich wiederholt grosse Milben-, jedoch keine
Bacteriencolonien.
Nach den mitgetheilten Beobachtungen und Untersuchungen unterliegt es
wohl keinem Zweifel, dass die Krankheit bei den oben erwähnten Pferden als
acute gelbe Leber- und Nierenentzündung bezeichnet werden muss; ebenso zwei¬
fellos ist es, dass die Krankheitssymptome bei den Pferden, welche ausschliesslich
ausgewachsenen, verschimmelten Hafer als Futter erhalten hatten, und bei den
nach dem Genüsse von mit Schimmelpilzen etc. befallenen Lupinen erkrankten
Pferden vollständig identisch sind. Hiernach unterliegt es fernerhin auch keinem
Zweifel mehr, dass nicht die Lupinen als solche oder das in den Lupinen angeb¬
lich enthaltene specifische Gift die parenchymatöse Leber- und Nierenentzündung
hervorrufen, sondern dass nur die Befallungspilze und die aus solchen hervor-
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396 Kleinere Mittheilungen.
gegangenen Mikrococcen als alleinige Ursachen dieser Krankheit zu betrach¬
ten sind.
So gering und mangelhaft diese meine Beobachtungen auch sein mögen,
übergebe ich sie doch der freien offenen Kritik und hoffe, dass dieselben zur
weiteren Anregung dienen werden.
Den Herren Professoren Dr. Zürn, Dr. Ferd. Cohn und Dr. Eidam spreche
ich hiermit für ihre bereitwilligen Untersuchungen und liebenswürdigen Aufklä¬
rungen — welche eigentlich nur für mich persönlich bestimmt waren — meinen
innigsten Dank aus.
Weitere littheilnngen über die in Deutschland ansgeführten Schutz¬
impfungen gegen den Milzbrand nach dem Pastenr’schen Ver-
fahren.
Vom 1. März bis 14. Mai 1883 sind in Packisch an Milzbrand gefallen:
1 nach dem Pasteur’schen Verfahren geimpfte Färse und 2 ungeimpft gebliebene
Schafe; ausserdem starben in derselben Zeit 2 Schafe an Gebärnnitterentzündung.
Da die Immunität gegen den Milzbrand, welche durch die Impfungen nach
dem Pasteur’schen Verfahren erzielt wird, nur ein Jahr bestehen bleiben soll,
wurden am 14. Mai 1883 mit dem als premier vaccin bezeichneten, aus dem
Pasteur’schen Laboratorium bezogenen Impfstoff in Packisch geimpft:
82 Stück Rindvieh — mit Ausnahme von 4 Stück war die Schutzimpfung
an denselben Thieren im Mai v. J. vorgenommen worden;
176 Mutterschafe und 147 Lämmer — unter diesen 130 Mutterschafe,
welche im Mai v. J. geimpft worden waren.
Als Controlschafe blieben ungeimpft 50 Schafe und 56 Lämmer, unter den letz¬
teren 10, deren Mütter geimpft wurden.
Am 27. Mai 1883 erfolgte die zweite Impfung mit dem als deuxieme vaccin
bezeichneten Impfstoff. Ueber diese Schutzimpfungen und die Resultate derselben
wird später berichtet werden. Da die im Mai 1882 vorgenommenen Schutz¬
impfungen in Packisch nunmehr zu einem Abschluss gekommen sind, erscheint
es wünschenswerth, die Erfolge derselben kurz zusammenzufassen.
Nach Beendigung der Impfversuche waren am 1. Juli 1882 auf der Do¬
mäne Packisch vorhanden:
83 geimpfte Stück Rindvieh,
266 geimpfte Schafe,
215 ungeimpft gebliebene Schafe.
Von ungeimpft gebliebenen Rindern befinden sich in Packisch nur 7 Kühe,
welche Tagelöhnern gehören; eine von diesen Kühen ist seit dem 1. Juli v. J.
an Milzbrand gefallen.
An Milzbrand sind vom 1. Juli 1882 bis 14. Mai 1883 in Packisch ge¬
fallen :
2 geimpfte Stück Rindvieh = 2,41 pCt.
4 geimpfte Schafe = 1,50 -
10 ungeimpft gebliebene Schafe = 4,65 -
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Kleinere Mitteilungen.
397
Das am 3. Juli 1882 gefallene geimpfte Schaf, bei welchem die Krankheit
wegen weit vorgeschrittener Fäulniss nicht mit Sicherheit constatirt werden
konnte, ist bei der obigen Berechnung nicht in Anschlag gebracht worden.
Setzen wir voraus, dass die Kopfzahl des Rindvieh- und Schafbestandes in
Packisch während der letzten vorhergegangenen Jahre dieselbe war, so hat der
Verlust durch Milzbrand betragen:
1879/80 bei Rindvieh 74,70 pCt. des Bestandes,
bei Schafen 4,57 -
1880/81 bei Rindvieh 21,70 -
bei Schafen 2,50 -
1881/82 bei Rindvieh 4,82 -
bei Schafen 10,81 -
im 3jährigen Durchschnitt bei Rindvieh 33,74 pCt. des Bestandes,
bei Schafen 5,96 -
In dem Gute D., Provinz Posen, blieben am 27. Juli 1882 nach Beendi¬
gung der Impfungen an geimpften Thieren Bestand:
246 Stück Rindvieh, 661 Schafe.
Von diesen Thieren sind bis zum 1. JuDi 1883 an Milzbrand gefallen:
4 Stück Rindvieh = 1,62 pCt.,
9 Schafe — 1,36 pCt.
Unter der Voraussetzung, dass die Kopfzahl des Rindvieh- und Schaf¬
bestandes in D. während der letzten Jahre dieselbe war, betrug derVerlust durch
Milzbrand:
1881.bei Rindvieh 17,10, bei Schafen 13,60 pCt.,
vom 1. Januar bis 30. Juni 1882 - - 5,70, - - 4,00
Ausserdem sind in D. während des December 1882 und Januar 1883
geimpft worden:
321 Schafe, nachdem 3 Schafe vor der Impfung gefallen waren, 2 Schafe
starben in Folge der ersten Schutzimpfung;
13 Kühe und 11 Kälber.
Ferner wurden geimpft im März 1883:
243 Schafe und 10 Kälber,
und im Mai 1883:
die Hälfte des Pferdebestandes.
Die Gutsverwaltung in D. beabsichtigt, in nächster Zeit die zweite Hälfte der
Pferde impfen und die Impfung bei den im Juni und Juli 1882 geimpften
Rindern und Schafen wiederholen zu lassen. Nach Impfung der zweiten Hälfte
des Pferdebestandes werden sich in D. keine ungeimpft gebliebenen Thiere
vorfinden.
Von den am 31. Juli bezw. 14. August 1882 in Gorsleben geimpften
31 Stück Rindvieh sind bis zum 1. Juni 1883 zusammen 3 Stück (9,68 pCt.)
an Milzbrand gefallen. Gleichzeitig mit den 2 im Januar gefallenen Stück Jung¬
vieh waren zwei ältere Thiere nach leichter Erkrankung an Milzbrand genesen
(siehe S. 242), unter diesen ein Bulle, welcher am 13. März 1883 von Neuem
an Milzbrand erkrankte und an dieser Krankheit gefallen ist.
Bis zum 1. Juni 1883 sind von den am 12. bezw. 26. September 1882
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398
Kleinere Mittheilungen.
in Cannawurf geimpften 33 Stack Rindvieh (am 23. bezw. 27. Mai 1883)
zusammen 2 Stack (6,06 pCt.) an Milzbrand gefallen.
Ueber das Auftreten des Milzbrandes in Salzdahlum ist ans nichts Nä¬
heres bekannt geworden. Möller.
Ein neuer Zucht erfolg in dem Hausthiergarten des land wirtschaft¬
lichen Instituts der Universität Halle. Von Prof. Dr. Julius Kühn.
Nachdem die Möglichkeit einer erfolgreichen Paarung von dem Gayal In¬
diens und den europäischen Rinderracen in unserem Hausthiergarten durch die
Geburt von 5 männlichen und 4 weiblichen, vortrefflich gedeihenden Bastarden
erwiesen worden war, galt es noch, festzustellen, ob auch mit dem in Asien und
Afrika als Hausrind gehaltenen Zebu ein gleiches Resultat zu gewinnen sei. Dies
ist nun ebenfalls gelungen. Es wurde am 29. Dec. 1882 ein Bastard vom
Gayalbullen und einer Kuh der langhörnigen afrikanischen Zebu-
race geboren. Diese unter den Namen Sanga oder Sankä bekannte Zebu-
race ist noch gegenwärtig im Sudan, in Abessinien und den Gallaländem allge¬
mein verbreitet, und gehört zu den ältesten Rinderracen, deren Formen, wie die
Abbildungen auf altegyptischen Denkmälern zeigen, seit Jahrtausenden sich gleich
geblieben sind. Aus ihr wurde von den alten Egyptern der Apisstier gewählt.
Der Gayalbastard ist weiblichen Geschlechts und wog bei der Geburt 21.5
Kilo oder genau V 20 des Gewichts der Mutter. Diese ist roth und weiss gefleckt,
während das Kalb grösstentheils eine gleichmässig hellrothbraune Farbe zeigt;
nur der Bauch, die innere Seite der Schenkel und die Fesseln sind weiss gefärbt.
An den Vorderfüssen finden sich über den Klauen und am Fesselgelenk noch
einige kleine schwarze Abzeichen. Der für die Zebus charakteristische Höcker am
Widerrist ist nur ganz leicht und bei weitem weniger angedeutet, als bei einem,
von derselben Kuh früher geborenen, reinblütigen Kalbe der Fall war. Der Bastard
stand schon 22 Minuten nach der Geburt auf und versuchte zu saugen; er ist
lebhaft in seinen Bewegungen und lässt eine gute Entwickelung erwarten.
Uebrigens zeigt der Umstand, dass der in Hinterindien noch wild vorkom¬
mende Gayal und die in der tropischen Zone Afrikas verbreiteten, künstlichen
Einflüssen so gut wie nicht unterworfenen Sangas hier im Norden bei ausschliess¬
licher Stallhaltung sich fruchtbar zu paaren vermögen, wie wenig die äusseren
Verhältnisse, Klima, Ernährungs- und Haltungsweise die Fortpflanzungsfähigkeit
der Thiere bedingen. Wenn daher Darwin darauf hinweist, dass bedeutende
Veränderungen der äusseren Verhältnisse die Organismen, „welche lange Zeit an
gewisse gleichförmige Lebensbedingungen im Naturzustände gewöhnt waren, 44
in Bezug auf ihre Fruchtbarkeit oft ungünstig beeinflussen, während solche Racen
der Hausthiere, die „häufig neuen und nicht gleichförmigen Bedingungen ausge¬
setzt worden sind,“ völlig fruchtbar seien, so wird dieser Gegensatz in unserem
Falle nicht bestätigt. Derselbe zeigt vielmehr, dass auch Thiere der primitivsten
Formen, die viele Jahrtausende hindurch gleichförmigen Lebensbedingungen un¬
terworfen waren, bei angemessener Behandlung in ihrer Fruchtbarkeit unge¬
schwächt sich erweisen können, selbst wenn sie in Verhältnisse versetzt wurden,
die von denen ihrer Heimath in extremster Weise abweichend sind.
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Personal-Notizen.
Ernennungen und Versetzungen.
Zu ausserordentlichen Mitgliedern des Kaiserl. Gesundheitsamtes in Berlin
auf die Jahre 1883, 1884 und 1885 sind ernannt;
Dr. Schütz, Professor an der Thierarzneischule und Veterinär-Assessor
zu Berlin;
Dr. Siedamgrotzky, Professor an der Thierarzneischule und Landcs-
thierarzt zu Dresden;
Lydtin, Medicinalrath zu Karlsruhe.
Der Rossarzt bei dem oberschles. Landgestüt Ad. Rud. Mieckley zu Kosel
zum Rossarzt bei dem vereinigten brandenburg. und sächs. Landgestüt (Friedrich-
Wilhelm-Gestüt) bei Neustadt a. d. D.
Der Rossarzt im Niederschles. Train-Bat. No. 5, Heinr. Wilh. Th. Müller
in Posen, zum commissarischen Kreisthierarzt des Kreises Wongrowiec, Reg.-Bez.
Bromberg, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Wongrowiec.
Der Kreisthierarzt Frdr. Wilh. N eit har dt in Kolmar i. P., unter Entbin¬
dung von seinem gegenwärtigen Amte, zum Kreisthierarzt des Kreises Deutsch-
Krone, Reg.-Bez. Marienwerder.
Der Kreisthierarzt Ernst Ferd. Pauli in Mohrungen, unter Entbindung von
seinem gegenwärtigen Amte, zum Kreisthierarzt des Kreises Waldenburg, Reg.-
Bez. Breslau.
Der Rossarzt im Westfal. Drag.-Regmt. No. 9, Frdr. Aug. Max. Schulze,
zum commissarischen Kreisthierarzt des Kreises Kempen, Reg.-Bez. Düsseldorf,
mit dem Amtswohnsitz in Kempen.
Der commissarische Grenz- und Kreisthierarzt Fr. Th. Werner zu Prostken,
unter Entbindung von seinen gegenwärtigen Aemtern, zum commissarischen
Kreisthierarzt des Kreises Stallupönen* sowie zum Grenzthierarzt für die Kreise
Pillkallen, Stallupönen und Goldap, Reg.-Bez. Gumbinnen, mit dem Amtswohn¬
sitz in Eydtkuhnen.
Definitiv übertragen wurden die bisher commissarisch verwalteten Kreis¬
thierarztstellen
des Kreises Neidenburg dem Kreisthierarzt Reichel zu Neidenburg,
* * Becskow-Storkow * „ Morro zu Storkow,
„ „ Stolp „ „ Hoppe zu Stolp.
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400
Personal-Notizen.
Ordens-Verleihungen.
Dem Kreisthierarzt Dr. Chr. Wilh. Aug. Habe in Königsberg i. d. N. der
Kronenorden 4. CI.
Todesfälle.
Der Kreisthierarzt Jul. Herrn. Heinr. Busch in Neumarkt, Rg.-Bz. Breslau.
Der Thierarzt Joh. Heinr. Ludw. Dehnhardt in Dransfeld, Landdr.-Bez.
Hildesheim.
Der Departements- und Kreisthierarzt Dr. Martin Dietrich in Wiesbaden,
Reg.-Bez. Wiesbaden.
Der Kreisthierarzt a. D. Frdr. Wilh. Ludw. Dominik in Berlin.
Der Thierarzt Ludw. Lewin zu Potsdam, Reg.-Bez. Potsdam.
Der Thierarzt Aug. Rittner in Potsdam, Reg.-Bez. Potsdam.
Der Kreisthierarzt Frdr. Sauberg in Cleve, Reg.-Bez. Düsseldorf.
Der Thierarzt Joh. Heinr. Wilh. Schulz in Syke, Landdr.-Bez. Hannover.
Der Thierarzt Peter Ulrich in Schakensieben, Reg.-Bez. Magdeburg.
Am 23. November 1882 starb in Köslin nach längerem Leiden der König¬
lichen Departements-Thierarzt Rudolf Seydell in beinahe vollendetem 63. Le¬
bensjahre.
Am 24. December 1881 in Stettin geboren, besuchte er das dortige Gym¬
nasium, studirte nach Absolvirung desselben auf der Thierarzneischule in Berlin
und wurde im Mai 1840 als Thierarzt approbirt. Bis zum Jahre 1848 prakti-
cirte er in seiner Vaterstadt, verzog sodann nach Bernstein und wurde im August
1850 zum Kreisthierarzt in Thorn ernannt. Nach 17 jähriger Thätigkeit daselbst
übernahm er die Verwaltung des zoologischen Gartens in Berlin bis zum Octobcr
1869, zu welcher Zeit er zum Departements-Thierarzt in Bromberg ernannt
wurde. Im Juli 1877 vertauschte er dieses Amt mit dem gleichen in Köslin.
Die erheblichen asthmatischen Beschwerden, mit denen er schon bei seiner An¬
kunft in Köslin behaftet war, hinderten ihn nicht, seinen namentlich in der letz¬
ten Zeit oftmals schweren Pflichten gewissenhaft zu genügen, ln den wenigen
Lebensjahren, welche ihm in Köslin beschieden waren, hat er sich bei seinen
Fachgenossen, namentlich denen, welche ihn näher kannten, Liebe, Achtung und
Verehrung erworben und dauernd erhalten.
Ehre seinem Andenken!
Der thierärztliche Verein im Reg.-Bez. Köslin.
Die Niederlassung eines Thierarztes wird gewüascht:
Ir. Aerzen bei Hameln. Auskunft ertheilt Bürgermeister Poelmann da-
selbst.
In Argenau, Kr. Inowraclaw, durch den Gutsbesitzer Busse in Michalowo.
In Neuenhaus, Landdr.-Bez. Osnabrück, Kr. Lingen, durch den Amts¬
hauptmann Grafen Deyne.
In Rheinberg, Kr. Mors, durch den Bürgermeister Meckel daselbst.
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Personal-Notizen.
401
VacaRzen.
(Die mit * bezeichneten Vacanzen sind seit dem Erscheinen von Bd. IX, Heft 3
dieses Archivs hinzugetreten oder von Neuem ausgeboten).
Regierungs-
resp.
Landdrostei-Bezirk
Kreisthierarztstellen
des
Kreises
Gehalt.
Zuschuss
aus
Kreismitteln.
Königsberg
Mohrungen*
600
Mark
600 Mark
Danzig
Pr. Stargard* *)
600
y>
—
if
Potsdam
West-Havelland
600
n
—
y>
Bromberg
Kolmar *
600
n
600
»
Breslau
Neumarkt*
600
»
300
n
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Militsch 2 )
600
y>
—
n
Liegnitz
Rothenburg*
600
n
—
n
Oppeln
Grottkau*
600
n
—
»
Magdeburg
Halberstadt *
600
V
—
Ti
Münster
Steinfurt
600
V
450
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Arnsberg
Siegen *
600
—■
yt
Kassel
Hofgeismar
600
1
—
»
yt
der Bezirke Hilders und
Tann im Kreise Gers-
feld* 8 )
600
»
Wiesbaden
Departements - Thierazt-
stelle *
900
»
—
n
Kreisthierarztstelle *
600
n
—
Trier
Daun 4 )
600
n
732
»
»
Prüm
600
rt
600
T)
Düsseldorf
Cleve *
600
r »
—
yt
Die Kreisthierarztstellen in Zerbst und in Ballenstedt in Anhalt sind durch
Versetzung bezw. Pensionirung ihrer bisherigen Inhaber erledigt.
Bewerber um diese Stellen, welche mit 800 bezw. 600 Mark dotirt sind,
wollen sich unter Beifügung ihrer Zeugnisse bei der Herzoglich Anhaitischen
Regierung, Abtheilung des Innern, in Dessau melden. Es wird hierbei ausdrück¬
lich bemerkt, dass nur solche Bewerber Berücksichtigung finden können, welche
die Prüfung als beamtete Thierärzte in Preussen oder Sachsen abgelegt haben.
Dessau, den 6. Juni 1883.
Herzoglich Anhaitische Regierung, Abtheilung des Innern.
*)
2 )
3 )
4 >
Mit dem Amtswohnsitz in Pr. Stargard.
„ „ „ „ Trachenberg.
» » * * Hilders.
» » » » Pelm.
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402
Personal-Notizen.
Veränderungen im militir-rossirztlichen Personal.
Beförderungen.
Zu Rossärzten sind ernannt:
Die Unter-Rossärzte: Erdtmann vom 1. Rhein. Feld-Art.-Regmt. No. 8;
Kruhm vom Garde-Hus.-Regm.; Ludewig vom Schles. Feld-Art.-Rgmt. No. 6;
Schlake vom Hess. Feld.-Art.-Regmt. No. 11; Schmidt vom 1. Schles. Hus.-
Regmt. No. 4; Schnitze vom 1. Garde-Drag.-Regmt.
% Anstellungen.
Als Unter-Rossärzte sind in die Armee eingestellt:
Die Unter-Rossärzte: Christiani beim Westf. Hus.-Regmt. No. 11; Doe-
nicke beim 1. Hess. Hus.-Regmt. No. 13; Fichtner beim 2. Schles. Drag.-
Regmt. No. 8; Fränzel beim Schles. Ul.-Regmt. No. 12; Güntherberg beim
2. Garde-Drag.-Regmt.; Handschuh beim 2. Bad. Drag.-Regmt. No. 21;
Hay beim 1. Grossh. Hess. Drag.-Regmt. (Garde-Drag.-Regmt.) No. 23; Hent-
schel beim 1. Schles. Drag.-Rgmt. No.4; Hose beim Litth. Ul.-Rgmt. No. 12;
Liebscher beim Magdeb. Feld-Art.-Regmt. No. 4; Lübke beiin Hannov. Hus.-
Regmt. No. 15; Pankritius beim Westpr. Ul.-Regmt. No. 1; von Paris beim
Litth. Drag.-Regmt. (Prinz Albrecht von Preussen) No. 1.
Der dreijähr.-freiw. Unter-Rossarzt Pährisch beim 2. Westf. Hus.-Regmt.
No. 11.
Die eiiyähr.-freiw. Unter-Rossärzte: Maurer beim 2. Grossh. Hess. Drag.-
Regmt. (Leib-Drag.-Regmt.) No. 24; Peter lein beim Thür. Feld-Art.-Regmt.
No. 19; Schlüter beim Schlesw. Feld-Art.-Regmt. No. 9; Stoltenberg beim
1.Hannov. Feld-Art.-Rgmt. No. 10; Vogler beim 2. und Zaiser beim l.Gardo-
Feld-Art.-Regmt.
Versetzungen.
Die Rossärzte: Bor mann vom Pomm. Drag.-Regmt. No. 11 zum Schles.
Ul.-Regmt. No. 2; Ebert vom Thür. Hus.-Regmt. No. 12 zum Rhein. Ul.-Rgmt.
No. 7; Ewald vom Rhein. Kür.-Regmt. No. 8 zum 2. Rhein. Feld-Art.-Regmt.
No. 23; Hafenrichter vom Regmt. der Gardes-du-Corps zum 2. Brandenb.
Feld-Art.-Regmt. No. 1 8 (General-Feldzeugmeister); Honert vom Schlesw. Holst.
Drag.-Regmt. No. 13 zum Nass. Feld-Art.-Regmt. No. 27; Kaupp, Assistent
der Militär-Lehrschmiede Breslau, zum Schles. Feld-Art.-Regmt. No. 6; Koedix,
Assistent bei der Militär-Lehrschmiede Berlin, in gleicher Eigenschaft zur Militär-
Lehrschmiede Breslau; Kunert vom 1.Schles. Drag.-Regmt. No.4 zum 1. Garde-
Feld-Art.-Regmt.; Kunze vom Magdeb. Feld-Art.-Regmt. No. 4 zum Nieder-
schles. Train-Bat. No. 5; Schumann vom 2. Rhein. Hus.-Regmt. No. 9 als
Assistent zur Militär-Lehrschmiede Berlin; Wein beer vom 2. Brandenb. Ul.-
Regmt. No. 11 zum Regmt. der Gardes-du-Corps.
Abgegangen:
Die Rossärzte: Brandis vom Schles. Feld-Art.-Regmt. No. 6; Dett-
mann vom 1. Garde-Feld-Art.^-Regmt.; Engelhardt vom 2. Rhein. Feld-Art.-
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Personal-Notizen.
403
Regmt. No. 23; Fickert vom 1. Garde-Feld-Art.-Regmt.; Grüner vom Schles.
Ul.-Regmt. No. 2; Hönow vom Garde-Has.-Regmt.; Müller vom Niederschles.
Train-Bat. No. 5; Michaelis vom Nass. Feld-Art.-Regmt. No. 27; Nagler
vom 2. Hannov. Ul.-Regmt. No. 14; Olbrich vom 1. Grossh. Hess. Drag.-Rgmt.
(Garde-Drag.-Regmt.) No. 23; Peters vom 1. Westfal. Hus.-Regmt. No. 8;
Qaandt vom 2. Brandenb. Feld-Art.-Regmt. No. 18 (General-Feldzeugmeister);
Schulze vom Westfäl. Drag.-Regmt. No. 7; Theissen vom Rhein. Ulanen-
Regmt. No. 7.
Die charakterisirten Rossärzte: Bellin vom Westpr. Ul.-Regmt. No. 1;
Bierthen vom Westf. Ul.-Regmt. No.5; Knospe vom Leib-Kür.-Regmt. (Schle¬
sisches) No. 1.
Die einjähr.-freiw. Unter-Rossärzte: Achilles vom.2. Brandenb. Feld-
Art.-Regmt. No. 18 (Goneral-Feldzeugmeister); Behrens vom 1. Hannov. Feld-
Art.-Regmt. No. 10; Fründt vom Holst. Feld-Art.-Regmt. No. 24; Heinrichs
vom 2. Brandenb. Feld-Art.-Regmt. No. 18 (General-Feldzeugmeister); Malk-
mus vom Hess. Feld-Art.-Regmt. No. 11; Willach vom Schlesw.-Holst.- Ul.-
Regmt. No. 15.
Sonstige Veränderungen.
Der Rossarzt Fenn er vom Hus.-Regmt. No. 16 von dem Commando als
stellvertretender Assistent bei der Militär-Lehrschmiede Berlin entbunden.
Für die 56. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, wolche vom
18.—22. September in Freiburg i. B. stattfinden wird, hat der Unterzeichnete
die Einführung der Section für VfitorinifWMfill übernommen. Da es nach den
gemachten Erfahrungen wünschenswerth erscheinen muss, die Sectionssitzungen
bei Zeiten vorzubereiten, so erlaube ich mir, schon jetzt zur Betheiligung an der
diesjährigen Versammlung einzuladen mit der Bitte, Themata zu den Vorträgen
in den Sectionssitzungen mir möglichst bald mitzutheilen, damit dieselben in dem
allgemeinen Einladungscircular, welches im Laufe des Monats Juni zur Versen¬
dung kommen wird, angekündigt werden können. Fenzling.
Die SterbekaS86 für Thier&rztfi, im Jahre 1864 ohne jedwede finanzielle
Beihülfe gegründet, war, trotzdem ihr von keiner Seite Schenkungen zufiossen,
in der glücklichen Lage, einen nicht unerheblichen Reservefond zu sammeln, so
dass sie das Jahr 1882 mit folgender Bilanz abschliessen konnte:
Vermögensbestand am Schlüsse des Jahres 1881 5016 M. 60 Pf.
Summa der Einnahme im Jahre 1882 .... 1583 - 15 -
Summa 6599 M. 75 Pf.
Summa der Ausgaben im Jahre 1882 .... 1357 - 10 -
Verbleibt Vermögensbestand Summa 5242 M. 65 Pf.
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404
Bekanntmachungen.
Nach § 2 der revidirten Statuten ist jeder legitimirte, approbirte deutsche
Thierarzt vom Tage seiner Approbation an zum Eintritt berechtigt. Nicht¬
sächsische Thierärzte haben ihre Anmeldung bei dem Directorium
der Genossenschaft unmittelbar zu bewirken.
Tritt ein Thierarzt der Sterbekasse nicht sofort nach erlangter Approba¬
tion bei, so hat er die .Mitgliederbeiträge auf die Zeit vom Tage seiner Approba¬
tion an, in dem Falle aber, wenn diese vor Begründung der Kasse, d. i. vor dem
1. August 1864, erfolgte, alle Mitgliederbeiträge in derselben Höhe, wie solche
von den Mitgliedern seit Begründung der Sterbekasse (d. h. seit dem Jahre 1864)
zu zahlen gewesen sind, nachzuzahlen. Diese Nachzahlungen werden durch
einen in jedem einzelnen Falle besonders festzustellenden Modus thunlichst zu
erleichtern gesucht.
Im Falle des Todes eines Vereinsmitgliedes erhalten die Hinterlassenen des¬
selben gegen Einsendung des obrigkeitlichen Todtenscheines und drei Tage nach
Eingang desselben 3 00 Mark ausgezahlt.
Anmeldungen nimmt das Unterzeichnete Directorium jederzeit entgegen und
versendet auf Francoanfragen umgehend Statuten und Rechenschaftsberichte.
Dresden, den 1. März 1883.
Das Directorium der Sterbekasse für Thierärzte.
Prof. Dr. Johne.
Gedruckt bei L. Schumacher in Berlin.
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XV.
Bericht über die Königl. Thierarzneisohule zu Berlin
1882 83 .
Von
F. B o 1 o f f.
An dem Unterricht in der Thierarzneischule nahmen Theil: im
Sommer-Semester 1882: 179 Studirende, im Winter-Semester 1882/83:
247 Studirende. Ausserdem besuchten 10 resp. 15 Hospitanten ver¬
schiedene Vorlesungen und die Kliniken.
Zu der naturwissenschaftlichen Prüfung meldeten sich Ostern 1882:
58 Studirende. Von denselben bestanden die Prüfung 3 sehr gut, 13
gut, 15 genügend, während 11 die Censur „ungenügend“ und 16 die
Censur „schlecht“ erhielten. Ein Studirender zog seine Meldung zu
der Prüfung zurück, und ein anderer meldete sich nicht, obgleich
er zur Ablegung der Prüfung berechtigt war. Von den Candidaten,
welchen Ostern die Censur „ungenügend“ ertheilt war, bestanden Mi¬
chaelis die Prüfung 1 gut und 6 genügend. 4 Candidaten konnte
auch bei Wiederholung der Prüfung nur die Censur „ungenügend“
ertheilt werden.
Der thierärztlichen Fachprüfung unterzogen sich Ostern 1882:
50 Candidaten. Von denselben bestanden 2 sehr gut, 15 gut, 22
genügend. Von den übrigen 11 Candidaten meldeten sich Michaelis 10
zur Wiederholung der Prüfung und erhielten dann 8 die Censur ge-
genügend.
Archiv f. it. prnkt. Thleriicilk. IX. 6.
27
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406
ROLOFF,
■erlebt über die AaaUmie.
Von Prof. Müller.
Während des Winter-Seraesters 1882/83 nahmen an den Präparir-
übungen in der Anatomie Theil: im 1. Quartal 84 Studirende des
3. Semesters, im 2. Quartal 153 Studirende des 1. und 3. Semesters.
An Material für die Präparirübungen wurden verwendet: 54 zu
diesem Zwecke angekaufte Pferde, welche vorher zu den Operations¬
übungen benutzt worden waren, 3 Cadaver, 30 Köpfe und 10 Vorder¬
schenkel von in der Anstaltsklinik gefallenen Pferden. Von der hie¬
sigen Abdeckerei wurden geliefert: 45 Pferdeköpfe, 2 Rindviehköpfe,
die Cadaver von 2 Kälbern, 4 Schafen und 3 Schweinen. Ausserdem
ist ein der Anstalt gehörendes Kalb in der Anatomie ausgenutzt wor¬
den. Vom Polizeischlachthause auf dem hiesigen Viehmarkt wurden
angekauft: 2 Rindviehraägen, 2 Rindviehnieren und die Gebärmutter
mit Fötus von 2 Kühen. Endlich sind zahlreiche Hundecadaver für
die Präparirübungen verwendet worden.
Die Beschaffung der für die Operations- und Präparirübungen
erforderlichen Pferde wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Da die
Pferde nur in dem Quartal October bis Deceraber ohne Schwierigkeit
für die Preis von 40 Mark zu erlangen, in den Monaten Januar und
Februar jedoch kaum zu beschaffen sind, so müssen dieselben immer
möglichst zeitig angekauft und oft Wochen lang in der Anstalt ge¬
füttert werden, wodurch der Ankaufspreis sich noch erheblich steigert.
Tabellarhehe Zusammenstellung der in den Kliniken ?aui 1. April 1882 bis alt.
Min I88S behandelten resp. untersuchten Thlere.
I. Klinik für grosse Hausthiere.
Von Prof. Dicckcrhoff.
Namen der Krankheiten.
S
Zahl
der
Pferde.
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gestorben
Poli¬
klinik.
1. Infections- und Intoxica-
ti ons krankheiten.
Rotz.
9
4
5
Latus
9
—
—
4 I
5
—
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Google
Bericht über die Kgl. Thierarzneisohule
407
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Namen der Krankheiten.
Zahl
der
Pferde.
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3
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gestorben
Poli¬
klinik.
Transport
9
—
_
—
4
5
—
Brustseuche.
170
102
27
1
1
39
19
Pferdestaupe.
Blutfleckenkrankheit der
89
80
5
1
—
3
—
Pferde.
Windrhehe (acute Kreuz-
11
5
3
—
—
3
6
lähmung).
12
—
2
2
—
8
4
Tetanus.
2. Parasitäre Krankheiten.
25
4
2
3
2
14
4
Eingeweidewürmer . . .
1
—
—
1
—
—
7
Räude .
1
1
—
—
—
8
Läuse.
—
—
—
—
—
2
Flechten.
3. AllgeroeineStörungender
Ernährung.
_
27
Leukämie.
1
—
—
—
—
1
—
Febris irritativa ....
3
i
2
—
_
—
—
Altersschwäche ....
4. Organkrankheiten.
Krankheiten d. Gehirns, Rücken¬
marks und der Nerven.
2
2
Uydrocephalus acutus .
24
4
8
7 ;
—
5
—
„ chronicus
13
—
4 *
1 8
—
1
48
Chron. Kreuzlähmung .
Lähmung des N. facialis
8
1
l
6
—
—
—
1
—
—
1
—
—
2
„ „ „ cruralis
1
1
—
—
—
—
—
„ w * radialis
1
—
—
1
—
—
—
Epilepsie.
—
—
—
1 —
—
—
11
Vertigo.
Krankheiten der Haut.
10
Prurigo.
2
1
—
—
—
15
Urticaria.
Krankheiten des Kopfes und des
Halses.
Krankheiten d. Respirations¬
schleimhaut.
1
1
8
Nasen katarrh.
6
3
3
—
—
—
2
Druse.
54
37
16
1
—
—
39
Laryngitis.
Kehlkopfspfeifen (Tra¬
12
7
4
1
15
cheotomie) .
Krankheiten der Kopfhöhlen
Chronischer Oberkiefer¬
3
3
1
7
höhlenkatarrh ....
1
—
1
—
—
*
Latus
451
247
! 83
1 33
9
1 79
1
27 *
241
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408
R0L0FF.
Spitalklinik.
A u s ir ä n c c.
Poll-
Namen der Krankheiten.
Zahl
4J
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Pferde
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klinik.
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3
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Transport
451
247
83
33
9
79
241
Tumor in der Oberkiefer-
höhle.
5
—
1
2
2
n
«i
Fistel d. Oberkieferhühle
1
—
—
—
—
1
—
Krankheiten der Zunge und
des Kehlganges.
Wunde an der Zunge .
')
1
1
—
—
—
IS
Fistel des Kehlgangcs .
Krankheiten des Schlundes
—
—
—
—
2
und Schlundkopfes.
Pharyngitis.
1
1
_
_
—
—
—
Krankheiten der Zähne.
Zahnfistel.
O
O
1
2
—
—
—
Sonstige Zahnfehler . .
Krankheiten des Unter- und
16
8
!
8
-
—
895
Zwischenkieferbeins.
Fistel am Unterkiefer
Fissur des Zwischenkie-
1
_
1
—
—
—
—
ferbeins.
Geschwür an den Zwi¬
2
1
1
—
—
1
schenkieferästen . . .
2
2
—
—
—
—
—
Krankheiten an der Stirn etc.
l
Genickfistel.
2
1
1
—
—
1
Fistel an der Stirfi . .
1
— ■
1
—
—
: —
—
Quetschungen am Kopf.
1
—
1
—
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3
Phlegmone „ „ .
—
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—
| -
1 —
2
Wunden „ „ .
7
3
3 I
1
! —
17
Cyste an den Lippen .
—
—
—
—
—
—
3
Krankhafte Geschwülste
—
—
—
- 1
, —
7
Distorsion des Halses .
1
—
1
_
—
i —
—
Krankheiten des Auges.
!
1
Conjunctivitis.
2
1
1
—
1 —
23
Keratitis.
8
2
5
1 1
—
20
Ophthalmia interna . .
2
—
—
2
—
15
Trieb iasis.
Krankheiten des Ohres.
—
—
—
—
|
1
Otitis.
1
—
1
—
—
—
i
Krankheiten der Brustorgane.
Krankheiten der Bronchien,
Lungen, Pleura.
Bronchitis.
21
13
6
1
—
i i
4S
Pleuritis.
10
7
1
,—
—
i 2
—
Katarrhal. Pneumonie .
17
6
4
—
—
! 7
86
Lungencongestion . . .
1
1
—
—
—
> —
—
Angina pectoris ....
1
—
—
—
—
1 1
—
Latus
559
294
i 121
i
42
9
j 93
1387
Digitized by ^.ooQle
Bericht über die Kgl. Thierarzneischule.
409
Namen der Krankheiten.
S
Zahl
der
Pferde.
geheilt ü.
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gestorben
Poli¬
klinik.
Transport
559
294
...
42
9
93
1387
Krankheiten des Herzens.
Hypertropbia cordis . .
2
—
1
—
1
—
Insufflcienz der Semilu*
nark lappen .....
2
—
—
1
1
—
—
Krankheiten der Hauchorgane.
Krankheiten der Leber, des
Magens und Darmes.
Ruptur der Leber . . .
2
—
—
—
—
2
—
Gastricismus.
67
48
16
1
—
2
496
Kolik.
191
119
20
1
—
51
31
Diarrhoe.
1
—
—
—
—
1
Krankheiten der Harn- und Ge-
schlechlsorgane.
Nephritis.
1
—
1
—
—
—
Hlascnkatarrh.
1
—
1
—
—
—
—
Metritis.
3
1
—
1
—
1
—
Hämaturie.
2
2
—
—
—
—
4
Samenstrangtistel . . .
2
i
1
—
—
1
Nymphomanie ....
—
—
—
—
—
7
Paraphi mosis.
1
1
1 —
—
—
—
—
Fibrom am Schlauch
5
2
3
—
—
—
7
Castrationen.
24
23
— ,
—
—
1
13
Mastitis.
1
—
1
—
—
—
7
Mastdarmscheidenfistel .
1
—
—
1
—
—
—
Phlegmone am Schlauch
4
9
*\
—
—
—
7
Phiroosis.
—
—
—
—
1 —
1
Carcinom in der Vagina
2
—
l
1 _
1
j —
—
„ im Uterus . .
\
1
—
—
—
—
—
Läbmuug des Penis . .
—
—
—
—
—
—
1
Entzündung der Eichel .
—
—
—
—
—
—
3
hiankheiteu des Rumpfes und
des Beckens.
Hautentzündung....
1
1
1 —
—
—
—
Abscessc.
15
10
5
—
—
51
Schulterlahmheit . . .
5
—
3
2
—
14
Brustbeule.
18
6
12
1 —
—
50
Druckschäden am Wider-
rist.
5
4
1
| —
—
9
Druckschäden auf dem
Rücken.
—
—
—
—
—
—
19
Quetschung an der Brust
2
1
1
—
—
—
—
Widerristfistel ....
5
—
4
1
—
—
9
Brustfistel.
3
—
1
2
—
Latus
926
516
1 193
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1 152
1
2117
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410
ROLOFF.
Spitalklinik.
Namen der Krankheiten.
Zahl
der
Pferde.
geheilt
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Poli¬
klinik.
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54
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—
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—
—
2
60
20
34
3
1
2
89
16
1
3
8
3
1
—
2
12
2
—
—
—
1
—
1
—
—
—
1
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—
—
—
20
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1
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42
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2
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2
139
2
—
—
2
_
_
7
3
—
3
—
_
_
66
24
35
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_
1
75
7
4
3
—
—
44
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—
101
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1
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2
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—
57
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—
—
—
—
—
2
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1
1
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2
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—
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74
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3
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—.
—
31
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—
—
31
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—
—
1
—
1
—
—
—
4
—
3 |
1
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—
—
12
15
6
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1
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—
—
2
—
2
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—
—
2
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2
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3
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— |
3
-1
—
—
546 (
553 1 4
112 1
05
16 1 ]
160
3136
Transport
Fistel auf der Kruppe
Wunden..
Beckenbruch ....
Fissur des Beckens .
Bruch der Wirbelsäule
Leistenbruch ....
Oedem am Bauch . .
Papilläre Fibrome . .
Krankheiten der Vorder- und
Hinterextremitäten.
Neurom.
Phlegmone der Haut.
Elephantiasis ....
Brandwunden ....
Wunden.
Streichwunden . .
Mauke .
Stollbeule.
Vorderkniegeschwulst
Blutextravasat . . .
Oedem.
Geschwür am Schienbein
Abscesse.
Krankheiten der Musculatur,
Sehnen und Sehnenscheiden.
Tendovaginitis chronica
Quetschung.
Gallen.
Ruptur des Schienbein¬
beugers .
Ruptur der Achillessehne
Induration der Schul tcr-
fascie .
Hahnentritt.
Krankheiten des Periost und
der Knochen.
Periostitis und Exostosen
Fractur des Vorarmbeins
Fractur des Unterschen¬
kelbeins .
Fissur des Unterschen¬
kelbeins .
Fractur des Fesselbeins
Latus
Digitized by
Google
Bericht über die Kgl. Thierarzneischule.
411
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1
Namen der Krankheiten.
Zahl
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Poli¬
klinik.
Transport
1346
653
412 :
105
16 !
160
3136
Krankheiten der Gelenke.
Arthritis.
38
13
16
8
1
60
Periarthritis.
39
10
25
3
— I
1
158
Gouilis chronica....
9
1
3 1
5
—
—
—
Distors. d. Hüftgelenks .
3
2
1 !
—
—
—
—
n d. Fesselgelenks
10
4
6
—
—
—
65
„ d. Kniescheibe .
—
—
—
—
—
—
3
n d. Kronengelenks
1
1
—
—
—
—
—
„ d. Sprunggelenks
1
—
1
—
—
—
—
Spatlahmheit.
128
49
72 l
4
2 1
1
248
Piphaeke .
—
—
—
—
— |
—
3
llasenhaeke.
—
—
— 1
—
— :
—
6
Tumor albus.
i
—
1
—
—
—
Krankheiten des Hufes.
Quetschung der Fleisch¬
sohle .
64
21
35
7
1
284
Chronische Hufgelcnks-
Jahmheit .
15
7
5
3
_
_
27
Steingallen (einfache) .
86
49
33
4
—
—
377
n (eiternde) .
22
5
14
2
—
1
21
Hufknorpeltistel ....
29
5
16
7
1
—
25
Rhehe .
26
10
10
2 1
—
4
22
Kronen tritt .
44
6
33
4
1 |
—
67
Vernagelung .
15
10
5
— ;
—
—
22
Nageltritt .
10
7
1
2
—
—
15
Strahlkrebs.
5
—
2
3
—
—
6
Lose Wand.
3
1
2
—
—
—
9
Hohle Wand.
1
—
—
» (
i —
-=
—
Hornspalten.
10
3
7
—
: —
56
Strahlfäule.
•j
2
—
—
15
Zwanghuf .
l
—
1
—
—
24
Geschwür an der Krone
2
—
2
—
—
—
4
Krankheiten der Schweifrübe
und des Afters.
Lähmung des Rectums .
1
1
„ „ Schweifes
—
—
—
—
—
—
1
Prolapsus ani.
1
1
—
—
—
—
—
Abscess am Schweif . .
—
—
—
—
—
—
1
Melanosarcora.
2
1
—
1
—
—
5
Fistelgeschwür am After
1
1
—
—
—
—
—
Carcinom.
•>
1
! 1
Summa
1918
863
703
1
163
|
22
167
i
4660
Digitized by Google
Auf Gewährsfehler wurden Pferde untersucht:
Namen der Mängel.
Spital-
klinik.
Zahl d
Pferde.
Namen der Mängel.
Spital-
kiinik.
Zahl d.
Pferde.
Dummkoller.
88
Transport
346
Dämpfigkeit.
23
Strahl krebs.
5
Kehlkopfspfeifen.
165
Zungenstreckeu.
1
Stätigkeit.
35
Thrombose der Schenkelarterien
2
Spatlahmheit.
11
Schlagen und Beissen ...
2
Hornspalten.
6
Chronischer Lungenkatarrh . .
2
Grauer Staar.
1
Chronische Hufgelenkslahmbcit
4
Schwarzer Staar.
2
Schale.
2
Chronische Kreuzlähmung . .
l
Trächtigkeit.
2
Metritis.
1
Alter.
1
Entzündung der Fleischsohlc .
1
Nephritis chronica.
1
Hartschnaufigkeit.
2
Koppen .
1
Hufdeformation.
2
Chronische Entzündung des
SteingaUen.
1
Schlauches.
1
Zahnfehler.
2
Nicht behaftet mit gesetzlichen
Hydrocephalus acutus ....
3
Fehlern .
333
Stirn* und Nasenmusch ft Ifistel
1
Chronischer Kehlkopfskatarrh .
1
Summa
703
Latus
346
In der Poliklinik wurden zur Untersuchung und allgemeinen Beurtheilung
rorgeführt: 163 Pferde.
Operationen wurden
in der Klinik ausgeführt:
Zahl
Zahl
Namen der Operationen.
der
Opera-
Namen der Operationen.
der
Opera-
tionen.
tionen.
Application des Glüheisens bei
Transport
206
Lahmheiten von:
Brustbeule .
18
Spat.
y
Tenotomie.
7
Schale.
16
Neurotomie.
22
Tendovaginitis.
23
Acupunctur.
8
Chron. Gelenkentzündung .
7
Trichiasis.
1
Gal len.
4
Tracheotomie.
2
Exostosen.
2
Trepanation.
2
Sonstige Operationen:
Schweif coupirt.
1
Spat (Schleimbcutelschnitt)
104
Exstirpation von Tumoren:
Widerristfistel.
4
Warzen.
3
Samenstrangfistel.
3
Carcinorae ........
2
Knorpelfistel.
9
Sarcome.
2
Brustfistel.
1
Fibrome.
2
Unterkieferfistel.
1
Stollbeulen.
3
Eiternde Steingalle ....
5
Castrationen.
24
Hornspalte ...
2
Zahnextraction.
16
Summa
303
Latus;
206
i
Digitized by t^ooQle
413
Bericht über die Kgl. Thierarzneischule.
Gcneral-Uebersicht.
Spitalklinik: 1. Wegen Krankheit behandelt . . 1918 Pferde
2. Auf Gewährsfehler untersucht . 708 *
2621 Pferde.
Poliklinik: 1. Wegen Krankheit behandelt . . 4660 Pferde
2. Untersucht. 163 *
*823 »
Zusammen 7444 Pferde.
11. Klinik für kleine Hausthicre.
Von Prof. Dr. Möller.
Namen der Krankheiten.
Spitalklinik
Poliklinik.
Namen der Krankheiten.
Spitalklinik.
Poliklinik.
Tollwuth.
1
_
Tiansport
322
1435
Staupe.
82
370
Pericarditis.
1
—
Hirn- u. Hirnhautentzündung
11
19
Lymphangitis.
1
10
Commotio ccrebri et spinalis
3
3
Vaginalkatarrh.
2
5
Epilepsie.
20
50
Metritis.
6
8
Paralysis.
14
67
Mastitis.
—
4
Unterkieferlähmung ....
1
1
Prolapsus utcri.
2
2
Lähmung der Blase ....
1
1
M vaginae.
3
1
„ des Ischiadicus . .
2
7
„ recti.
1
3
Gastricismus.
48
270
Schwergeburt.
18
18
Magen- und Darmentzündung
15
56
Präputialkatarrh.
2
4
Iutoxication.
5
9
Paraphiraosis.
\
2
Diarrhoe .
1
33
Entzündung des Scrotum . .
4
6
Brechruhr.
4
4
Cystitis.
2
7
Darminvagination.
—
1
Harnsteine.
—
129
Proctitis.
2
6
Conjunctivitis.
19
4
Fremdkörper im Darm . . .
4
13
Keratitis.
18
120
Obstruction.
33
62
Hämophthalmos.
1
—
Peritonitis.
1
—
Panophthalmitis.
2
2
Hernien.
2
14
Cataracta.
5
13
Ascitis.
6
22
Amaurosis.
—
15
Icterus.
6
2
Prolapsus bulbi.
—
8
Helminthen.
16
70
Trichiasis.
7
16
Stomatitis.
—
9
Staphylora.
—
3
Nasenkatarrh . ..
—
3
Blepharitis.
—
o
Fremdkörper im Bachen . .
1
22
Wucherung des Blinzknorpels
2
6
Pharyngitis.
1
71
Otitis externa.
26
285
Bronchitis.
27
199
Caries am Ohrknorpel . . .
1
3
Pneumonie.
13
40
Blutohr .
7
29
Asthma.
2
6
Knochenbrüche .
43
104
Hydrothorax.
—
1
Rachitis.
1
15
Herzfehler.
—
4
Periostitis.
1
9
Latus
322
j 1435
Latus
499
12269
Digitized by ^.ooQle
414
HOLOFF.
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3
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Namen der Krankheiten.
3*
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Namen der Krankheiten.
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Ul
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Ö-
Trausport
499 !2*269
Transport
720 3014
Arthritis.
7
43
Dermatitis.
—
6
Luxationen und Distorsionen
5
71
Pemphigus.
2
7
Rheumatismus.
20
125
Eczem . . .
57“
388
Muskelentzündung.
—
2
Warzen.
4
5
Scrofulose.
—
2
Urticaria.
—
1
Scorbut .
4
3
Sarcoptes .
27
198
Zahnfäule.
4
18
Dermatocoptes boi Kaninchen
1
—
Epulis.
—
1
Acarus.
3
30
P&naritium.
2
7
Ungeziefer.
—
5
Struma.
6
26
Herpes.
7
110
Quetschungen.
11
23
Hühnerpest.
2
—
Abscesse.
23
66
Castration männlicher Thiere
5
4
Extravasate.
11
16
Kleinere Operationen ....
11
56
Tumoren.
54
128
Zur Untersuchung.
9
79
Oedem.
3
2
Zur polizeilichen Beobachtung
138
Phlegmone.
0
17
Prostatitis.
i
Bursitis.
3
8
Ruptur des Darmes ....
2
—
Fisteln.
5
12
Perforation des Schlundes
1
3
Wunden . . ..
5t
155
Diphtherie der Hühner . . .
—
5
Anätzungen der Haut . . .
3
17
Infcctiöse Augenentzündung .
— i
2
Necrose der Haut.
_
3
Latus
720
3014
Summa
990 3913
Davon vertheilen sich einzelne Krankheiten aut* die einzelnen
Monate:
1882
1883
k*
c
Namen der Krankheiten.
2
e
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Xi
8
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Sum n>a
■5 g
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3
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3
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X
O
Tollwuth..
1
-
1
Unterkieferlähmung.
—
—
-
—
—
—
—
1
1
2
Staupe .
64
54 96
65
54 1
31
20
19
1 15
7
3
24
452
Hirn und Hirnhautentzündung
6,
1 3
6
2
1
2
i 2
1 1
1
3
2
30
Gastricismus.
37 =
31,28
27
13
25
31
-6
26
33
13
28
318
Pneumonie.
6,
6 4
7
2
6
—
1
I 1
8
4
8
53
Bronchitis.. .
26J
29 16
8
8
1
22
115
20
23
18
31
226
Im Laufe des Berichtsjahres wurden vergiftet: 1951 Hunde.
Digitized by t^ooQle
Bericht über die Kgl. Thierarzneischule.
415
III. Obductionen.
Von Prof. Dr. Schütz.
Vom 1. April 1882 bis ult. März 1883 sind 145 Pferde obdu-
cirt worden. Letztere sind an folgenden Krankheiten gestorben:
Krankheiten.
Summa.
Krankheiten.
Summa.
1. Infectionskrankheiten.
Transport
72
Rotz.
4
Ruptur des Magens nach
Typhus .
3
Ueberfütterung.
2
Influenza (contagiöse Lun-
Necrose des Jejunum mit
gen-Brustfellentzündung).
IG
Perforation.
1
Pferdestaupe (Rolhlauf-
Axendrehung des Jejunum
3
seuche).
3
Strangulation des Jejunum
Tuberculose.
1
durch ein gestieltes Lipom
2
Haemoglobinurie (Lum-
Hernia incarcerata externa
bago) .
4
jejuni.
1
2. Krankheiten d. Nervensystems.
Hydrooephalus acutus . .
Tetanus.
6
6
Incarceration des Jejunum
im Winslow’schen Loch .
Incarceration des Jejunum
in einem Loche des Omen-
2
3. Krankheiten des Rcspirations-
tum.
1
apparates.
Fäcalstase im Ileum . . .
3
Stenose der Trachea. . .
1
* „ Coecum . .
4
Bronchopneumonia acuta .
2
* und Ruptur des
Pleuropneumonia acuta .
5
Coecum . . .
3
„ gangraenosa
14
Hämorrhagische Entzün¬
1
Pleuritis acuta.
3
dung des Colon ....
Chronische Entzündung in
Fäcalstase des Colon . .
G
der Schleimhaut der Re-
Axendrehung des Colon .
8
spirationswege mit conse-
„ und Ruptur
cutiver Erkrankung der
des Colon .
2
Lymphdrüsen.
1
Embolie des Colon . . .
1
4. Krankheiten des Circulations-
apparates.
Insufficienz und Aneurysma
dissecans der Mitralis . .
Hämorrhagische Entzün¬
dung des Coecum u. Colon
1
1
Diphtherie des Coecum und
Colon (nach Vergiftung?)
Fäcalstase im Coecum und
1
5. Krankheiten des Verdauungs¬
Colon.
3
apparates.
Embolie des Coecum und
Gangränöser Uerd in der
Colon.
2
Zunge.
1
Perforation des Rectum .
1
Ruptur des Zwerchfells und
Fäcalstase im Rectum . .
1
Verlagerung von Bauch-
eingeweiden in die Brust- i
Tympanitis.
1
fellsäcke. 1
1
Latus
72
Latus
122
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416
HOLOFF.
Krankheiten.
Summa
Krankheiten.
Summa.
Transport
122
Transport
! 135
6. Krankheiten des Gallenappa-
Wunden mit jauchiger
rat es.
Phlegmone.
2
AmyloideVeränderung und
Jauchige Abscesse zwischen
Ruptur der Leber . . .
1
den Muskeln.
1
7. Krankheiten des Geschlechts*
apparates.
Jauchige Entzündung des
Hufes.
1
Jauchige Entzündung in
10. Krankheiten der Haut und
den Castrations wunden
2
Unterhaut.
8. Krankheiten des Harnappa-
rates.
Phlegmone am Kopfe . .
Decubitalgaugrän bei Para¬
1
i
Embolische Gangrän der
lyse des Hintertheils . .
3
linken Niere.
1
Ausserdem wurde noch die Ob-
0. Krankheiten des Bewegungs¬
duction an zwei Pferden aus¬
apparates.
geführt, von denen das eine an
Fractur des Unterkiefers .
i
Marasmus und das andere an
der Wirbelsäule .
2
einer Krankheit gestorben war,
deren Sitz und Natur bei der
des Schambeins . i
; 2
des Sitzbeins . .
\
hochgradig fauligen Verände- |
Sarcom der Knochen des
rung aller Organe nicht mehr \
Oberkiefers.
Carionccrose der Kiefer¬
2
ermittelt werden konnte. . . . j
2
knochen mit jauchiger
Phlegmone ...... j
1
i
Summa ,
145
Latus
135
1
i
Ferner wurden 147 pathologisch-anatomische Präparate theiis
für das Museum der Königl. Thierarzneischule, theiis zur Ermittelung
der vorliegenden Abweichungen übersandt und zahlreiche Obductionen
an kleinen Hausthicren ausgeführt.
IV. Ambulatorische Klinik.
Von Lehrer Eggeli ng.
ln der Zeit vom 1. April 1882 bis zum 31. März 1883 sind in
der ambulatorischen Klinik 2IG Besuche gemacht worden.
Es wurden in Summa untersucht und behandelt:
a) wegen Seuchen und Herdekrankheiten:
15 Rindviehherden,
5 Schafherden,
6 Schweineherden;
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Bericht über die Kgl. Thierarzneischule.
517
b) wegeu sporadischer Krankheiten, zum Zwecke der Unter¬
suchung wegen Gewährsfehler, zur Vornahme von Sectionen,
zur Ausführung von geburtshilflichen Operationen und Castra¬
tionen:
480 Stück Rindvieh,
3 Schafe,
8 Ziegen,
20 Schweine.
Diese Krankheiten vertheilen sich der Zeit der Vorkommens und
der Art nach, wie folgt:
Jahr.
Monat.
1
Seu
kra
-i _
•g 5
■S’E
.SJg
33
eben
ierde
nkhei
in
ja 'S
und
ten
6
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x
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2
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11
ngs-
jsobje
c
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o>
N
und
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a>
c
'S
*
X
o
c»
1882
April.
20
_
_
__
29
__
2
2
Mai.
2 5
—
—
—
33
1
4
3
Juni.
25
2
—
—
57
—
1
4
Juli . ;.
13
1
1 —
—
22
—
1
4
August.
17
—
i —
—
27
—
—
1
September.
20
—
! 2
4
22
—
—
l
October .
20
2
—
65
—
—
5
November.
19
4
! 1
2
29
—
—
—
December.
11
9
—
28
—
—
—
1883
Januar.
15
1
1 -
—
31
—
—
Februar.
20
1
1
—
43
2
—
—
März.
11
2
1
i
—
44
—
—
—
Summa
210
15 j
5
«
430
3 !
s i
20
Seuchen und Herdekrankheilen. •
Namen der Krankheiten.
I n
Rindvieh- ( Schaf¬
herden i herden
Schweine¬
herden
Maul- und Klauenseuche.
u
2
Lungenmagenwurmseuche.
— 1 3
Drehkrankheit.
- | 1
—
Rothlaufseucbe.
4
Räude .
1 —
—
Herpes.
2 ! -
—
Rachitis.
1 —
—
Lupinenvergiftung.
- f 1
i
—
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418
ROLOFF.
Einzelne Krankheitsfälle, Untersnchungen, Obductionen and
Operationen.
Bezeichnung der Krankheiten.
Rindvieh
c n
Schafe c *
«
z a h
c
<o
bo
.2
Schweine
Contagiöse, infectiöse, parasitäre Krankheiten . . .
19
_
_
1
Constitutionelie Krankheiten.
11
—
—
l
Krankheiten des Gehirns und Rückenmarks • . .
5
—
2
1
„ der Knochen und Gelenke.
32
—
—
l
„ der Circulationsorgane.
9
—
—
—
„ der Respirationsorgane.
22
—
1
3
„ der Digestionsorgane.
80
—
2
l
w der Harn- und Geschlechtsorgane . .
42
—
—
—
„ des Euters.
„ der Haut, des Unterhautgewebes und
47
1
—
Neubildungen der Haut.
52
—
—
1
„ der Gliedmassen.
49
—
—
--
Untersuchungen auf Gewährsfehler.
15
—
—
2
Obductionen.
15
3
1
—
Operationen.
16
—
—
—
Behandlung schwerer Geburten.
7
—
1
i —
Castrationen.
9
—
—
9
Summa
430
3
!
8
20
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XVI.
Ueber die Uraaohen der subaouten Gehirnentzündung.
Von
Bezirksthierarzt Winkler zu Grafenau in Bayern.
In vielen Gegenden Süddeutschlands tritt die subacute Gehirn¬
entzündung, daselbst Schlafsucht der Pferde genannt, immer häufiger
auf. Es nehmen nicht nur die Erkrankungsfalle in den älteren Ver¬
breitungsbezirken an Zahl zu, sondern die Krankheit tritt jetzt auch
in Bezirken auf, in denen man sie früher nicht kannte. Dies lässt
auf Ursachen schliessen, die jetzt in grösserer Intensität vorhanden
sind als früher. In den thierärztlichen und landwirtschaftlichen Ver¬
sammlungen ist diese Krankheit ein häufig behandeltes Thema. In
denselben werden von den Berichterstattern als Krankheitsursachen
am häufigsten beschuldigt: heisse, dumpfe, niedere Ställe, wenig Be¬
wegung der Pferde und überreichliche Fütterung, insbesondere mit
stiekstoffreichen Nahrungsmitteln.
Es sind im Laufe der letzten Jahrzehnte viele neue Ställe gebaut
worden, welche den Anforderungen der Gesundheitspflege besser ent¬
sprechen als die früheren, welche fast alle niedrig, heiss und dunstig
waren; es hat sich ferner das unter dem Pfluge befindliche Areal
durch Cultur von öden Grundstücken bedeutend vergrössert, die Bear¬
beitung der Felder durch tieferes Pflügen ist viel anstrengender ge¬
worden, die Zahl der Zugthiere aber in der Regel die gleiche
geblieben. Die Oekonomiepferde, die allein in Betracht kommen, weil
sie es fast ausschliesslich sind, die in diese Krankheit verfallen, finden
auch zur Winterszeit einige Beschäftigung bei der Verrichtung von
Arbeiten, die früher den süddeutschen Landwirthen nahezu unbekannt
waren, und dennoch ist die Zahl der Erkrankungen jetzt grösser als
früher. Ausserdem ist zu bemerken, dass die Krankheit sehr häufig
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420
WINKLER,
in den kältesten Monaten (Januar und Februar) auftritt, während sie
in den Monaten September und October, in denen die Ställe in der
Regel viel wärmer sind als im Januar und Februar, ausserordentlich
selten vorkommt. Auch in den Monaten März, April und Mai herrscht
die Krankheit sehr häufig, trotzdem die Thierc wegen der Frühjahrs¬
feldbestellung angestrengt arbeiten müssen, während sie in den Mo¬
naten November und December, in welchen die Ackerpferde grössten-
theils im Stalle stehen, sehr selten beobachtet wird. Schlechte Ställe
und wenig Bewegung können daher nicht als Krankheitsursache be¬
zeichnet werden; sie können nur eine Disposition zu Erkrankungen aus
geringfügiger Veranlassung schaffen, weil sie den thierischen Orga¬
nismus schwächen.
Die Mehrzahl der Thierärzte hat schon längst die Krankheits¬
ursache im Futter gesucht. Insbesondere waren die Hülsenfrüchte
seit langer Zeit verdächtig, die Krankheit zu erzeugen. Auch das
Volk beschuldigt in manchen Gegenden diese Futtermittel als Krank¬
heitserreger. In einigen Gegenden Württembergs soll nach Berichten
dortiger Thierärzte diese Krankheit den Namen „Kleekrankheit“ führen.
Der bayerische Veterinärbericht pro 1874 beschuldigt neben
schlechten Ställen und Mangel an Bewegung die genannten Nahrungs¬
mittel, eine gewisse Disposition zu dieser Krankheit zu erzeugen, wenn
sie im Uebcrmass gefüttert werden. Als Beweise für diese Behaup¬
tung führt derselbe an, dass aus den Berichten der Thierärzte hervor¬
gehe, dass die Krankheit nur in jenen Gegenden häufig vorkomme,
welche einen kalkreichen Boden besitzen, der das Wachsthura der
Leguminosen befördere. Die Krankheit höre aber auch auf kalkreichem
Boden da auf, wo die Höhenlagen den Leguminosenbau, insbesondere
den Kleebau nicht mehr gestatten, wie dies in den höher gelegenen
Alpenregionen der Fall sei. Ferner habe sich nach den statistischen
Erhebungen in Niederbayern über die Häufigkeit des Vorkommens der
Erkrankungsfälle in den einzelnen Verwaltungsbezirken die Thatsache
ergeben, dass die Zahl der Erkrankungsfälle im geraden Verhältnis
stehe zu der Menge der geernteten Leguminosen.
Die Erfahrungen, die ich über das Vorkommen dieser Krankheit
gemacht habe, entsprechen vollkommen den Behauptungen des baye¬
rischen Veterinärberichts. Ich will dafür nur einen Umstand hervor¬
heben. Ich prakticirte vier Jahre lang in dem Bezirk Mitterfels im
Bayerischen Walde. Dieser Bezirk grenzt iu einer Längenausdehnung
von fast zwei Stunden an den Verwaltungsbezirk Straubing. Der am
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Google
Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
421
linken Donauufer liegende Theil des letzteren Verwaltungsbezirks liegt
grösstentheils im (Jeberschwemraungsgebiet der Donau und besitzt
ziemlich kalkreichen Boden. Auf ihm wurde reichlicher Leguminosen¬
bau getrieben. In dieser Gegend waren die Erkrankungsfälle an sub¬
acuter Gehirnentzündung häufig. Ein kleiner Theil dieses Bezirks
und sämmtliche Thäler des Verwaltungsbezirks Mitterfels liegen im
Ueberschwemraungsgebiet mehrerer Bäche aus dem kalkarmen Ur-
gebirge des Bayerischen Waldes. Sowohl in diesem letzteren IJeber-
schwemmungsgebiet als auch auf den kalkarmen Höhenrücken, welche
zwischen den Bächon liegen, war der Leguminosenbau gering. Aber
auch diese Krankheit war dort unbekannt. In meinem jetzigen Bezirk
wird der Leguminosenbau nur sehr wenig betrieben; Pferde erhalten
nur sehr selten Klee, andere Leguminosen niemals. Dementsprechend
ist die Zahl der Fälle von subacuter Gehirnentzündung so selten, dass
ich während meines dreijährigen Aufenthalts nur einen Fall zu beob¬
achten Gelegenheit hatte.
Das häufige Vorkommen der Krankheit in Bezirken und bei
Thieren, die mit Leguminosen reichlich gefüttert werden, und das
Fehlen der Krankheit in Bezirken ohne Leguminosenbau lässt wohl
keinen Zweifel darüber aufkommen, dass diese Früchte einen Stoff
enthalten, der als Krankheitserreger wirkt. Es frägt sich nun, von
welcher Natur dieser Stoff ist.
Der Belgier Görard war, soviel mir bekannt ist, der Erste,
welcher die Behauptung aufstellte, dass die Leguminosen nervöse
Krankheitserscheinungen.hervorrufen können, weil sie zu stickstoff¬
reiche Nährmittel sind. Er erklärte, dass es unzweckmässig sei, einem
Pferde täglich mehr als V 2 Kilo Pferdebohnen (Faba equina) zu geben,
und behauptete, dass ein Futter, dessen stickstoffhaltige Nährstoffe
durch eine Beigabe von V/ 2 Kilo Pferdebohnen 17 pCt. der gesaram-
ten Masse betragen haben, den Tod von 8 Pferden eines Stalles unter
Lähmungserscheinungen veranlasst habe.
Der bayerische Veterinärbericht pro 1874 hat ebenfalls den Stick-
stoffreichthura dieser Pflanzen angeklagt, die Disposition zu der Krank¬
heit zu erzeugen. Derselbe beruft sich auf die Untersuchungen Pet-
tenkofer’s und Voit’s, welche den Nachweis geliefert haben, dass
bei reichlicher Zufuhr von stickstoffhaltigen Nährmitteln zwar im
Anfang die Bildung von Organeiweiss begünstigt wird, mit der Zeit
aber, wenn der Körper sich mit dieser reichlichen Zufuhr ins Stick¬
stoffgleichgewicht gesetzt hat, nur circulirendes Eiweiss gebildet wird,
28
Archiv f. wisaenach. u. prakt. Tliierlirtlk. IX. 6.
Digitized by Google
422
WINKLER,
welches in mehr oder minder gesättigtem Zustande als Saftstrom
sämmtliche Organe durchdringt. Dieses Eiweiss zerfalle rasch und
verleihe dem Körper die krankhafte Disposition zu Exsudationen.
Dass die Exsudation so häufig in der Schädelhöhle stattfinde, erklärt
der genannte Veterinärbericht durch den Aufenthalt in heissen, dun¬
stigen, niederen Ställen, in denen die Köpfe der Thiere an der heisse-
sten Stelle der Ställe, unmittelbar an der Decke sich befinden.
Ohne Zweifel will der Veterinärbericht mit Vorstehendem sagen,
dass durch die massenhaft vorhandenen Zerfallsproducte der Eiweiss¬
körper im Saftstrome Ausschwitzung in die Schädelhöhle erfolgt, und
dass durch diese Ausschwitzung die Krankheitssymptome hervorgerufen
werden.
Wenn wir nun diese Ansicht näher ins Auge fassen, so muss
uns sofort auffallen, dass bei der angeblich vorhandenen hervorragen¬
den Disposition zu Exsudationen die Schleimhäute nicht erkranken,
welche die Höhlen des Kopfes auskleiden, da diese zweifellos der
Einwirkung der heissen Stallluft direct preisgegeben sind und häufig
bei ganz geringfügigen Veranlassungen massenhaft exsudiren. Die
Seltenheit der Miterkrankung dieser Organe muss allein schon die
Richtigkeit der Behauptung, dass bei der subacuten Gehirnentzündung
eine auffallend grosse Disposition zu Exsudationen vorhanden sei, als
zweifelhaft erscheinen lassen.
Es spricht jedoch noch ein anderer Grund gegen diese Exsuda¬
tionstheorie. Wenn wir nämlich Sectionen von Pferden vornehmen,
die in dieser Krankheit zu Grunde gegangen, sind oder getödtet wur¬
den, so sehen wir, dass die Gravidität der Krankheit in der Regel im
Missverhältniss steht mit der Masse der Exsudate. Als Beweis hier¬
für diene Nachstehendes:
Ich hatte vor mehreren Jahren Gelegenheit, die Section eines
Pferdes vorzunehmen, welches wegen hochgradiger subacuter Gehirn¬
entzündung nach kaum 24stündiger Erkrankung getödtet worden war.
Wegen der Gravidität der Erkrankung erwartete ich bedeutende patho¬
logische Veränderungen in der Schädelhöhle. Ich wurde jedoch voll¬
ständig enttäuscht. Die Veränderungen mussten mit bewaffnetem
Auge gesucht werden. Ich fand nur eine sehr schwache Durchfeuch¬
tung der Pia an eineinen Punkten und eine etwas stärkere capillare
Injection derselben. Letztere wurde aber auch an anderen Körper¬
stellen gefunden. Ich werde unten auf diesen Fall zurückkommen.
Hier konnte unmöglich angenommen werden, dass die schweren Erkran-
Digitized by
Google
Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
423
kungssymptome durch die Exsudation veranlasst worden sind, sondern
die Exsudation muss als eine Folge der Krankheit bezeichnet werden.
Dieser Befund steht nicht vereinzelt da. Vogel berichtet über
die Section eines Pferdes, welches wegen dieser Krankheit getödtet
worden war. Am Schlüsse seines Berichtes sagt er; „Im Ganzen
stimmt dieses Sectionsresultat überein mit dem von Uebele uud
Model, der mir seine Beobachtung schriftlich mittheilte. Letzterer
betont ausdrücklich, dass bei nicht protrahirtem Verlauf im Gehirn
und seinen Hüllen ausnehmend wenige anatomische Residuen gefunden
werden, trotztdem man es mit einer so schweren Krankheit zu schaffen
habe.“ Eine Krankheit aber, die bei normalem Verlauf ausnehmend
wenige anatomische Residuen liefert, kann nicht veranlasst sein durch
eine krankhafte Disposition zu Exsudationen; denn wäre dies der Fall,
so müsste man schon nach niedergradigen und kurze Zeit dauernden
Erkrankungen massenhafte Exsudate finden, was aber nie vorkommt.
Es wäre eigentlich überflüssig, gegen diese Exsudationstheorie
des bayerischen Veterinärberichts weitere Gründe ins Feld zu führen.
Da jedoch diese Theorie seit ihrer Publication unter den Thierärzten,
insbesondere unter den bayerischen viele Anhänger zählt, so will ich
noch Einiges dagegen äussern:
1. Wir sehen bei an subacuter Gehirnentzündung leidenden Pfer¬
den häufig Quetschungen und Verwundungen entstehen. Nun sehen
wir diese entzündeten Gewebe nicht mehr Exsudate absondern, als
dies bei ähnlichen Leiden gesunder Pferde der Fall ist; es müsste
aber sicher das Gegentheil eintreten, wenn eine hervorragende Dis¬
position zur Exsudation bestände.
2. Ich habe mehrfach Müllerpferde beobachtet, die ausschliess¬
lich und sehr reichlich mit Kleie gefüttert wurden, welche in der
Regel das von Gerard angegebene, angeblich gefährliche Nährstoff-
verhältniss von 17 pCt. N-haltigen zu 83 pCt. N-freien Substanzen
zu Gunsten des Stickstoffes über trifft. Trotzdem nun diese Thiere
oft Wochen lang in niederen, heissen, dunstigen Ställen beschäftigungs¬
los standen, habe ich doch nie die snbacute Gehirnentzündung ent¬
stehen sehen.
Ich habe sogar bei einem Müller und Oelschläger neben dieser
Pferdefütterung und Haltung reichliche Mengen Oelkuchen im Getränk
verabreichen sehen. Die Krankheit ist in seinem Stalle nie zum Aus¬
bruch gekommen, trotzdem diese Fütterungsmethode schon über ein
Jahrzehnt dauerte.
28 *
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424
WINKLER.
3. Ich hab$ Bierbrauerpferden Monate lang neben wenig Heu
grosse Quantitäten Malzkeime verabreichen sehen, die in der Regel
den Hülsenfrüchten an Gehalt von N-haltigen Nährstoffen nicht nach¬
stehen, die aber in grösseren Mengen gegeben wurden, als man Hülsen¬
früchte zu füttern pflegt. Die Krankheit ist aber bei diesen Thieren
nie zum Ausbruch gekommen.
4. Im Laufe des verflossenen Jahrzehnts sind in der thierärzt¬
lichen Literatur viele Fälle von subacuter Gehirnentzündung der Rin¬
der erwähnt worden. Ich nenne als Berichterstatter Dietrich,
Dögive, Uebele und Lecouturier. Es ist anzunehmen, dass die
Krankheitsursachen bei Pferden und Rindern die gleichen sind; dafür
spricht schon das häufig beobachtete gleichzeitige Auftreten der Krank¬
heit bei beiden Thiergattungen in demselben Bezirk. Nun werden
aber die Rinder in den Bierbrauereien mit ungewöhnlich grossen Quan¬
titäten Bierträbern gemästet. Dieses Futtermittel ist mindestens ebenso
reich an stickstoffhaltigen Nährstoffen als der Klee. Wir sehen sic
bei dieser Ernährungsweise und bei dem Aufenthalt in niederen, heissen
und dunstigen Ställen bei beständiger Ruhe fett werden, aber nicht
in die Krankheit verfallen, trotzdem nach der Theorie des bayerischen
Veterinärberichts alle Vorbedingungen derselben gegeben wären.
5. Es ist ferner durch die Erfahrung festgestellt, dass mindestens
90 pCt. aller dieser Erkrankungen von Mitte Februar bis Anfang
September Vorkommen; es verzehren aber die Pferde auch in den
übrigen Monaten eine annähernd gleiche Menge Leguminosen. Es
unterliegt nun zwar keinem Zweifel, dass der Stickstoflfgehalt der
Leguminosen während den verschiedenen Vegetationsstadien quantitativ
diflferirt; aber die Pferde erhalten meistens geerntete und längere Zeit
autbewahrte Leguminosen. Wenn nun auch der Gehalt der geernteten
Früchte an N-haltigen und N-freien Nährstoffen während der Dauer
der Aufbewahrung in Folge der Gährung ein wechselnder ist, so ist
doch die Differenz eine so geringe, dass aus ihr allein die auffallende
Erscheinung nicht erklärt werden kann, dass die Krankheit in der
Regel zu einer Zeit eintritt, in der die Gährung des geernteten Klcc-
und Wickenheues grösstentheils beendigt ist.
6. Es ist ausserdem sehr wahrscheinlich, dass dem Blute durch
reichliche Legurainosenfütterung viel weniger Eiweiss zugeführt wird,
als man gewöhnlich glaubt, da nicht aller Stickstoff, der bei der
chemischen Analyse ermittelt wird, von Eiweiss herrührt, letzteres
auch gar nicht vollständig verdaut wird.
Digitized by C^ooQle
Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
425
Von den Samenkörnern der Hülsenfrüchte kommen in den meisten
Gegenden Süddeutschlands in grösserer Menge nur die Wicken zur
Verfütterung. Diese sind nun zwar sehr reich an Legumin, welches
leicht löslich in Wasser ist; da jedoch die Wicken in der Regel ge¬
kocht werden und das Wasser abgegossen wird, so geht ein grosser
Theil des Legumins verloren, die Wicken werden dadurch arm an
Eiweisskörpern. Es wird also auch bei Wickenfütterung dem Blute
viel weniger Eiweiss zugeführt, als die chemische Analyse dieser
Samen vermuihen lässt.
Der schon öfter genannte bayerische Veterinär bericht pro 1874
spricht die Ansicht aus, dass nach reichlichen Leguminosenernten
viele, nach Jahren, in denen die Leguminosen missrathen sind, wenige
Erkrankungsfälle Vorkommen. Insbesondere spricht er den Verdacht
aus, dass das Missrathen der Leguminosen das seltene Vorkommen
der Krankheit in den Jahren 1869 und 1872 veranlasst habe. Ich
besitze über die Leguminosenernten von 1868 und 1869 keine No¬
tizen; dagegen kann ich die Leguminosenernten der Jahre 1871 und
1872 als ziemlich grosse bezeichnen, dieselben übertrafen in den
meisten Gegenden die mittleren Ernten ziemlich bedeutend.
ln nachstehender Tabelle will ich zeigen, dass die Menge der
geernteten Leguminosen ohne auffallenden Einfluss auf die Zahl der
Erkrankungsfälle ist.
Da von der Ernte bis zum Jahresschluss fast keine Erkrankung¬
falle vorzukomraen pflegen, die Wirkung der Leguminosen, insbeson¬
dere des geernteten Kleeheues in der Regel erst einige Zeit nach
Beginn des folgenden Jahres eintritt, so stelle ich der Leguminosen¬
ernte des einen Jahres die Zahl der Krankheitsausbrüche im nächst¬
folgenden Jahro gegenüber, wobei die durch Grünkleefütterung er¬
zeugten Fälle, die übrigens ein von der gewöhnlichen Form etwas
abweichendes Krankheitsbild erkennen lassen, ausser Ansatz bleiben.
Tabelle 1.
Menge
der
geernteten Leguminosen.
Zahl und Verbreitung
der
subacuten Gehirnentzündungen.
Bemerkungen.
1871
Ziemlich gross. Der
zu Heu gemachte Klee
wurde überreif ein¬
gebracht.
1872
Verbreitung gering. Krank¬
heitsfälle wenige. Todes¬
fälle sehr selten.
Digitized by
Google
426
WINKLER.
Menge
der
geernteten Leguminosen.
Zahl und Verbreitung
der
subacuten Gehirnentzündungen.
Bemerkungen.
1872
Ziemlich gross.
1873
Massige Verbreitung; in eini¬
gen Gegenden jedoch viele
Erkrankungs falle.
1873
Nur mittelgross.
1874
Sehr grosse Verbreitung.
Sehr viele Erkrankungsfälle,
Viele Todesfälle.
Loliura te-
rn ulen tum
gedieh 1873
sehr üppig.
1874
Mittelgross bis schlecht.
1875
Massige Verbreitung. Mittlere
Erkrankungszahlen.
1875
Unter einer Mittelernte.
Nur Luzernernte mit¬
telgross.
1876
Ziemlich viele Erkrankungen.
Viele Todesfälle. Mittlere Ver¬
breitung, grösser im Westen
als Osten.
Der Futter¬
preis war 1876
sehr hoch.
1876
Nur auf nassen Feldern
mittelmässig, auf an¬
deren gering.
1877
Fand keine grössere Verbrei¬
tung. Erkrankungs- und To¬
desfälle unter Mittelzahlen.
1877
Etwas mehr als eine
Mittelernte.
1878
Mittlere Verbreitung im ersten
Vierteljahre.
Die Krankheit
trat 1878 auf¬
fallenderweise
im letzt.Vier-
teljahre auf.
1878
Sehr gross.
1879
Sehr grosse Verbreitung. Sehr
viele Erkrankungs- und To¬
desfälle.
Ich bemerke, dass bei Herstellung vorstehender Tabelle haupt¬
sächlich der Rothklee berücksichtigt worden ist, weil nur dieser in
grösseren Massen an Pferde verfuttert wird, in manchen Gegenden
sogar das ausschliessliche Futter für die Oekonomicpferde bildet.
Die Ernteergebnisse, die Verbreitung und die Zahl der Erkran¬
kungsfälle habe ich theilweise aus eigenen Aufzeichnungen, grössten-
theils aber aus thierärztlichen und landwirtschaftlichen Zeitschriften
und Jahresberichten geschöpft. Da diese aus den verschiedenen Ge¬
genden selbstverständlich nicht gänzlich übereinstimraen können, so
kann die Tabelle auch nur auf annähernde Richtigkeit Anspruch
machen. Von den süddeutschen Ländern musste übrigens Baden un¬
berücksichtigt bleiben, weil das aus jenem Lande vorliegende Material
zu mangelhaft ist.
Wenn wir die vorstehende Tabelle näher betrachten, so muss uns
vor Allem die Seltenheit der Erkrankungsfälle im Jahre 1872 auf¬
fallen, trotzdem ihr eine ziemlich reichliche Leguminosenernte voraus¬
ging. Ganz im Gegensatz finden wir im Jahre 1874 eine sehr grosse
Verbreitung mit auffallend vielen Erkrankungs- und Todesfällen einer
Digitized by ^.ooQle
Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
427
nur ra ittelgrossen Leguminosenernte folgen. Ferner sehen wir, dass
selbst das Jahr 1876 nicht frei geblieben ist von Erkrankungs- und
Todesfällen, trotzdem es als ein Hungerjahr für die Hausthiere be¬
trachtet werden muss, in welchem zu reichliches Circulationseiweiss
wohl bei ausserordentlich wenigen Thieren vorhanden gewesen sein
dürfte; denn die Futternoth war damals in Süddeutschland allgemein
herrschend und die Preise für das Futter ungewöhnlich hoch. Eine
viel geringere Verbreitung fand die Krankheit im Jahre 1877 bei
Ernteergebnissen, die zwar nicht als gute bezeichnet werden konnten,
jedoch etwas besser waren als im vorhergehenden Jahre.
Wir sehen also, dass die Menge der geernteten Leguminosen ohne
wesentlichen Einfluss auf die Häufigkeit der Erkrankungsfälle ist.
Es fällt aber nicht blos die Menge der geernteten Leguminosen
ins Gewicht, sondern auch die Qualität derselben. Denn wenn wir
die Behauptung des bayerischen Veterinärberichts, dass die Ursache
der subacuten Gehirnentzündungen die übermässige Zufuhr von Eiweiss¬
körpern sei, als richtig anerkennen wollen, so müssen wir auch an-
nehraen, dass nicht nur grosse Mengen Leguminosen dem Organismus
zugeführt werden müssen, wenn die Krankheit hervorgerufen werden
soll, sondern dass diese Futtermittel auch von guter Qualität sind,
d. h. dass sie im vorliegenden Falle viel Eiweiss in leichtverdaulicher
Form enthalten.
Nun wissen wir aber, dass das Kleeheu, welches am häufigsten
unter dieser Pflanzenfamilie gefüttert wird, durch länger dauerndes
Regenwetter während der Erntezeit die leicht verdaulichen Blätter
grösstcntheils verliert, so dass fast nur die holzigen, schwer verdau¬
lichen Stengel Zurückbleiben. Wie ich aber schon früher erwähnt
habe, tritt nach schlechtem Erntewetter die Krankheit am häufigsten
auf. Ich will dies durch nachstehende Tabelle illustriren.
Tabelle 2.
Witterungsverhältnisse
während der
Leguminosenernte,
insbesondere während der
Kleeheuernte.
Zahl und Verbreitung
der
subacuten Gehirnentzündungen.
1871
Beständig trocken und
vm
Verbreitung gering. Erkrankungs-
warm.
fälle wenige, Todes fälle sehr selten.
1872
Wechselnd; in manchen Ge-
1873
Massige Verbreitung; in einzelnen Ge-
genden mehrtägiger Regen
genden ziemlich viele Erkrankungsiälle.
während der Kleeheuernte.
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428
WINKLER,
Witterungsverhältnisse
während der
Leguminosenemte,
insbesondere während der
Kleeheuernte.
Zahl und Verbreitung
der
subacuten Gehirnentzündungen.
1873
Nass; fastsämmtliches Klee¬
heu wurde in feuchtem Zu¬
stande in die Scheune ge¬
bracht.
1874
Sehr grosse Verbreitung; sehr viele
Erkrankungs- und Todesfälle.
1874
Kalt, mässig feucht.
1875
Massige Verbreitung; mittlere Erkran¬
kungszahlen.
1875
Im Osten wechselnd, im
Westen nass.
1876
Ziemlich viele Erkrankungen und Todes¬
fälle, im Westen Süddeutschlands mehr
verbreitet als im Osten.
1876
Fast überall trocken.
1877
Geringe Verbreitung; wenige Er-
krankungs- und Todesfälle.
1877
Meistens trocken, in einigen
Gegenden häufige Gewitter.
1878
Mittlere Verbreitung im ersten Viertel¬
jahre. Die Krankheit trat auffal¬
lenderweise im letzten Viertel¬
jahre auf.
1878
Schlechtes Erntewet¬
ter fast in allen Ge¬
genden. Fast sämmt-
liches Kleeheu wurde nass
eingeerntet.
1879
Sehr grosse Verbreitung; sehr viele
Erkrankungs- und Todesfälle.
Wir ersehen aus dieser Tabelle, dass nach sehr trockener Legu¬
minosenernte die Erkrankungen sehr bedeutend abnehmen, dass ferner
nach massigen Niederschlägen während der Ernte eine mittlere Er¬
krankungszahl folgt, während nach sehr nassem Erntewetter viele und
schwere Erkrankungen zum Vorschein kommen. Wenn wir Tab. 1
und Tab. 2 zusammenstellen, so ersehen wir daraus, dass durch Ver-
fütterung von grossen Quantitäten Leguminosen, welche bei trockenem
Wetter eingeerntet und durch Regen ihrer Nährstoffe nicht beraubt
wurden, die Krankheit nicht erzeugt wird; der Jahrgang 1872 ist
dafür der sprechendste Beweis. Dagegen sahen wir nach Verfütterung
von viel geringeren Mengen Leguminosen, die bei andauernd nasser
Witterung eingeerntet und dadurch ihrer Nährstoffe theilweise beraubt
wurden, zahlreiche Erkrankungen und Todesfälle erfolgen, und zwar
nicht blos in einzelnen Gegenden, sondern in dem grössten Theil Süd¬
deutschlands; dies war im Jahre 1874 der Fall.
Es ist demnach die Ansicht des mehrfach erwähnten bayerischen
Veterinärberichts, dass nach reichlichen Leguminosenernten die Krank¬
heit häufig, nach geringen aber selten sei, als eine falsche zu be¬
zeichnen.
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Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
429
Ich glaub© aber aus Voranstehendem auch noch folgende Schlüsse
ziehen zu können:
1. Eine besonders grosse Disposition zu Exsudationen besteht
bei dieser Krankheit nicht.
2. Eine überreichliche Zufuhr von Eiweisskörpern kann die Krank¬
heit weder erzeugen, noch auch eine Disposition zu derselben schaffen.
Es ist demnach die Behauptung, dass die Leguminosen durch den
Reichthum an Eiweisskörpern schädlich wirken, als ein Irrthura zu
bezeichnen.
Es lässt sich aber nicht leugnen, dass die subacuten Gehirn¬
entzündungen in gewisser Beziehung zu der Leguminosenfütterung
stehen; denn da, wo reichliche Leguminosenfütterung stattfindet, tritt
sie häufig seuchenartig auf, während die Krankheit in Gegenden ohne
Leguminosenbau unbekannt ist. Es muss daher angenommen werden,
dass ein specifischer Stoff in dieser Pflanzenfamilie vorhanden ist,
welcher die Krankheit erzeugt. Verschiedene Beobachter haben ein¬
zelne Arten dieser Pflanzenfamilie für giftig erklärt. Unter anderen
sind folgende Beobachtungen in der Literatur verzeichnet:
Oberamtsthierarzt Lippus nennt den Hopfenklee (Medicago lupu-
lina) ein Gift für Pferde und Rinder. Als die hauptsächlichsten Er¬
scheinungen nennt er Unruhe, Lähmungserscheinungen, dünnflüssiges
Blut und auffallend rothe Musculatur. Schrymaerkert berichtet
über die giftige Wirkung der Kichererbse (Lathyrus cicera). Als
Symptome giebt er an: „Rohren, Schläfrigkeit, Zusammenknicken in
den Beinen.“ Erkrankungen wurden bei Pferden und Menschen beob¬
achtet. Auch Vallada erwähnt die Giftigkeit der Kichererbsen; er
sagt, dass sie, selbst in geringer Menge im Brote enthalten, Durch¬
fall, Nervenaffectionen, insbesondere aber Lährauug der Gliedmassen
erzeugen sowohl bei Pferden als Menschen. Eine Epidemie dieser Art
herrschte 1847 in den Abruzzen. Schwanefeldt sagt, dass grüne,
fast reife Wicken Gehirnstörungen hervorrufen, die denen der sub¬
acuten Gehirnentzündung identisch sind. Biber in Gomy berichtet:
„Luzerne und Wicken, die im Abblühen begriffen sind und deren
Samen zu reifen anfangen, haben mehrfach üble Folgen hervorgerufen,
welche Vergiftungserscheinungen ähnlich sind. Auch Incarnatklee
scheint im Zustande des Abblühens verdächtig.“ Schmidlin sagt,
die Geoffroya inermis sei die einzige narcotisch giftige (zugleich wurm¬
treibende) unter den hülsenfrüchtigen Pflanzen, muss jedoch später
zugestehen, dass auch die Kronwicke (Coronilla varia) verdächtig sei.
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WINKLER,
Dass die Lupinen in neuerer Zeit unter den Schafherden grosse
Verheerungen augerichtet haben, ist allbekannt. Auch nach dem
Genuss von grünnen conservirten Erbsen sind schon Erkrankungen
entstanden. Die Besenpfrieme (Sarothamus vulgaris) gilt allgemein
als giftig. Die Erkrankungen von Pferden auf den Genuss von Faba
equina habe ich schon früher erwähnt.
Nach Vorstehendem muss demnach die Familie der hülsenfrüch-
tigen Pflanzen als eine verdächtige erscheinen.
Wir sehen aber die auffallende Erscheinung, dass eine grosse Zahl
Arten dieser Pflanzenfamilie in grossen Quantitäten von Menschen und
Thieren verzehrt werden, ohne dass die geringsten nachtheiligen Folgen
entstehen, während in einzelnen Fällen schon geringe Quantitäten der¬
selben Arten hochgradige, ja tödtliche Krankheitserscheinungen hervor-
rufen. Wir sehen ferner, dass nach Erkrankungen auf den Genuss
von verschiedenen Arten der Leguminosen verschiedene Krankheits¬
symptome zum Vorschein kommen, dass jedoch stets ein Symptom
einzutreten pflegt, nämlich die Lähmung verschiedener Organe, ins¬
besondere der Gliedmassen, häufig auch der Schlingwerkzeuge.
Wir werden daher zu der Vermuthung geführt, dass die Pflanzen¬
familie der Leguminosen einen Stoff enthält, der giftige Eigenschaften
besitzt, dass aber dieser Körper in der Regel in so geringer Menge
vorhanden ist, dass er keine Krankheitserscheinungen hervorzurufen
vermag, während er unter gewissen Umständen, die ich unten näher
beleuchten werde, sich in so hohem Grade zu vermehren vermag, dass
er krankheitserregend wirkt. Dass der krankraachende Körper in
allen Arten dieser grossen Pflanzenfamilie derselbe ist, dafür spricht
das bei allen diesen Erkrankungen auftretende gemeinschaftliche
Symptom „Lähmung“.
Von welcher Natur ist nun dieser Körper?
Die Erfahrung beweist, wie bereits erwähnt wurde, dass die
Leguminosen (das Dürrfutter) unmittelbar nach der Ernte und selbst
mehrere Monate nach derselben die vorwürfige Krankheit nicht zu
erzeugen vermögen, dass diese Pflanzen vielmehr erst nach mehrmonat¬
licher Lagerung ihre krankraachende Eigenschaft zeigen. Nun ist
bekannt, dass alle Vegetabilien nach ihrem Absterben einen Gährungs-
process durchzumachen pflegen, wenn die äusseren Bedingungen günstig
sind. Zu diesen Bedingungen gehören: Feuchtigkeit und Wärme,
ein Gährungserreger (Ferment), ein reichlicher Gehalt an Stick-
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Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
431
stoff und gewissen Salzen, insbesondere an phosphorsaurem Kali und
an Magnesiumsalzen.
Wenn wir näher untersuchen, ob die Gährungsbedingungen in
jenem Leguminosenfutter, welches die subacute Gehirnentzündung zu
erzeugen pflegt, vorhanden sind, so kommen wir zu folgendem Resultat:
Wie die vorstehende Tabelle 2 über die Witterungsverbältnisse
während der Leguminosenernte und die Häufigkeit der Erkrankungs¬
fälle an subacuter Gehirnentzündung zeigt, tritt diese Krankheit nur
dann seuchenartig auf, wenn die Leguminosen, insbesondere das Klee¬
heu, grösstentheils nass eingeerntet worden sind. An der zur Gäh-
rung nöthigen Feuchtigkeit kann es daher diesem Futter nicht fehlen.
Auch die nöthige Wärme ist in diesem Futter, das regelmässig in
einem einzigen grossen Haufen aufbewahrt wird, genügend vorhanden.
Ein Griff mit der Hand in diese Kleeheuhaufen etc. wird Jedermann
überzeugen, dass eine ziemlich bedeutende Wärme in denselben herrscht.
Die Hauptbedingungen einer kräftigen Gährung sind demnach gegeben.
Auch die Zeit zur Entwickelung einer kräftigen Gährung fehlt
nicht; denn das geerntete Leguminosendürrfutter erzeugt diese Krank¬
heit erst mehrere Monate nach der Ernte. Bei sehr nass eingebrach-
tcra Futter reicht ein geringerer Zeitraum aus, wie das Jahr 1878
beweist. Nach dem schlechten Erntewetter dieses Jahres traten die
Erkrankungsfälle schon im Herbst auf, während sie bei weniger
schlechter Witterung erst nach Beginn des nächstfolgenden Jahres
vorzukommen pflegen.
Das Ferment der Leguminosen ist schon vor mehreren Jahren
von Gorup-Besanez entdeckt worden. Die Rolle, welche es bei
dieser Krankheit spielt, werde ich unten näher beleuchten. Stickstoff
enthalten diese Pflanzen in grosser Menge, ebenso das phosphorsaure
Kali und Magnesiasalze. Es steht demnach fest, dass nur Legumi-
nosendürrfutter, welches jene Eigenschaften besitzt, die eine kräftige
Gährung ermöglichen, die subacute Gehirnentzündung zu erzeugen
vermag, und es ist durch die Erfahrung festgestellt, dass die Krank¬
heit durch den Genuss dieser Futterpflanzen nur dann erzeugt wird,
wenn dieselben einen gewissen Grad von Gährung durchgemacht haben.
Jener specifischc Stoff, welcher die subacute Gehirnentzündung erzeugt,
muss demnach mit der Gährung in innigem Zusammenhänge stehen.
Die Gährungsproducte der Leguminosen sind uns jedoch noch völlig
unbekannt, und auch über das Leguminosenferment wissen wir nur
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432
WINKLER.
wenig. Es kommt hier hauptsächlich die physiologische Wirkung in
Betracht, welche es auf den Thierkörper ausübt.
Bis jetzt scheint nur Colin Versuche mit diesem Körper gemacht
zu haben, und zwar zu dem Zwecke, um in seinem Streit mit Pasteur
über die Ursache des Milzbrandes die Unschädlichkeit von Fermenten
im kreisenden Blute zu beweisen. Er sagt über das Resultat seiner
Versuche: „Ich habe in die Venen von Schafen zu wiederholten Malen
reichlich das Ferment injicirt, welches durch Gorup-Besanez in
den Leguminosen, insbesondere in den Wicken beschrieben worden ist.
Dieses Ferment, welches das Fibrin des Blutes auflöst und mit den
Ei weisskörpern Peptone giebt, ist vollständig gut vertragen worden.
Seine auflösende Wirkung hat bis jetzt keine andere Folge gehabt,
als die Ernährung zu beschleunigen und den Thieren einen unersätt¬
lichen Appetit zu verschaffen.“
Nach Colin’s Ansicht ist demnach das Ferment der Legumi¬
nosen ein unschädlicher Körper. Ich konnte mich nie recht der An¬
sicht entschlagen, dass dieses Ferment ein Krankheitserreger werden
könne, dass es insbesondere in Beziehung zur subacuten Gehirnentzün¬
dung stehe. Colin hat dieses Ferment nur vorübergehend auf Thiere
einwirken lassen, während dem Ausbruch der subacuten Gehirnentzün¬
dung in der Regel ein langandauernder Einfluss (Fütterung) von Le¬
guminosen, die einen intensiven Gährungsprocess durchgemacht haben,
voranzugehen pflegt. Auch fällt schwer ins Gewicht, dass bei Schafen
die Symptome der subacuten Gehirnentzündung bis jetzt nie beob¬
achtet worden zu sein scheinen, das Thier also keine Disposition zu
dieser Krankheit zu besitzen scheint; denn Gelegenheit zur Aufnahme
von Leguminosen, die einen intensiven Grad von Gährung durch¬
gemacht haben, haben die Schafe sehr häufig. Gifte, die auf die
Nervencentren wirkeu, sind nicht für alle Thiergattungen gleich
schädlich.
Dass dieses Ferment in Beziehungen zur Genesis der Krankheit
stehe, dafür schien besonders ein Symptom zu sprechen, welches im
Vorbotenstadium der Krankheit häufig beobachtet wird, nämlich der
Futterneid oder der Wolfshunger, wie Uebele sagt, ein Symptom,
das dem unersättlichen Appetit, den Colin bei seinen Versuchsthieren
beobachtete, entspricht.
Es kann aber dieses Leguminosenferment nicht jener unschädliche
Körper sein, für den ihn Colin hält, und zwar aus dem Grunde,
weil es die Eiweisskörper des Blutes in Pepton verwandelt. Durch
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Ursachen der snbacuten Gehirnentzündung.
433
die neueren Versuche von Schmidt-Mühlheim ist dargethan, dass
das Pepton nur dann nicht schädlich wirkt, wenn es in ausserordent¬
lich geringer Menge im Blute vorhanden ist. Dies ist beim gesunden
Thiere in der Regel der Fall; denn dieser Körper verschwindet nach
seiner Aufnahme in das Blut in sehr kurzer Zeit wiederum. Schmidt-
Mühlheim fand nach Peptoninjectionen diesen Körper nie länger als
nach 16 Minuten vor. Es kann daher unter normalen Verhältnissen
eine Anhäufung von Pepton im Blute auch während reichlicher Ver¬
dauung von Eiweisskörpern nicht stattfinden. Bringt man aber in
die Blutgefässe grössere Quantitäten Pepton, so treten Vergiftungs¬
erscheinungen auf. Zur Erzeugung derselben reichen schon 0,3—0,6
Grm. Pepton pro Kilo Körpergewicht des Thieres aus. Schmidt
fand dann eine sehr bedeutende Erweiterung der Blutgefässe; er
konnte jedoch nicht feststellen, ob diese Erweiterung durch den direc-
ten Einfluss des Peptons auf die Gefässwandungen oder durch Ein¬
wirkung auf die Nervencentren hervorgerufen wird. Die Gefässerwei-
terung ist mit einer bedeutenden Herabsetzung des Blutdruckes ver¬
bunden. Das Blut verliert seine Gerinnungsfähigkeit auch ausserhalb
der lebenden Gefässwand. Letzteres Resultat stimmt mit den Ver¬
suchsresultaten Colin’s überein, welcher durch Einführung von Legu¬
minosenferment in die Blutgefässe Gerinnungsunfähigkeit des Blutes
erzeugte. Da aber Colin durch seine Manipalation zweifellos und
zugestandenermassen die Ei weisskörper des Blutes in Pepton ver¬
wandelt hatte, so kann mit Recht der Schluss gezogen werden, dass
nicht das Ferment, sondern das Pepton der Factor war, der die Faser¬
stoffbildung in dem aus der Ader gelassenen Blute verhindert hat.
Colin scheint demnach eine ziemlich grosse Menge von Eiweisskör¬
pern des Blutes in Pepton verwandelt zu haben. Da er nun dessen¬
ungeachtet keine Erkrankung hcrvorrufen konnte, so liegt die Ver-
muthung nahe, dass das Pepton für Schafe nicht so giftig wirkt als
für andere Thiergattungen.
Bringt man Pepton in oben genannter Dosis in das Blut, so ent¬
steht Aufregung des Thieres. Dieser folgt jedoch in Bälde ein sopo¬
röser Zustand, wobei man insbesondere eine auffallende Widerstands¬
losigkeit und Schlaffheit der Gliedmassen, sowie schnarchendes Athraen
beobachtet.
Wenn wir die Versuche von Colin und Schmidt näher in das
Auge fassen und mit den Erscheinungen der subacuten Gehirnentzün¬
dung und dem anatomisch-pathologischen Befunde bei Thieren, die an
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434
WINKLER,
dieser Krankheit gelitten haben, vergleichen, so muss sich der Ver¬
dacht aufdrängen, dass das Leguminosenferment in Beziehungen zur
Genesis der subacuten Gehirnentzündung steht.
Es muss zur Begründung dieser Behauptung vor Allem die Frage
beantwortet werden, ob das Leguminosenferment von dem Verdauungs¬
canal aus in die Blutgefässe eindringt. Ein directer bejahender Be¬
weis liegt zwar nicht vor, aber Folgendes dürfte kaum einen Zweifel
aulkommen lassen, dass es eindringt: Das Ferment erzeugt, in die
Blutbahnen gebracht, unersättlichen Appetit. Nun sehen wir Thiere
grosse Mengen Futter aufnehmen, welche dieses Ferment enthalten.
Wir sehen hierauf trotz der reichlichen Fütterung und länger dauern¬
der Ruhe auffallenden Hunger entstehen. Was ist nun natürlicher
als die Annahme, dass dieses hungererzeugende Ferment in die Blut¬
bahnen gelangt ist? Wenn dies aber der Fall ist, so müssen grössere
Mengen Eiweiss in Pepton verwandelt und dadurch Symptome der
Peptonvergiftung in mehr oder minder hohem Grade hervorgerufen
werden. Wenn wir die Symptome der subacuten Gehirnentzündung
und der Pepton Vergiftung mit einander vergleichen, so finden wir,
dass sie in den wesentlichen Punkten übereinstimmen.
Die Gefässerweiterung und den verminderten Blutdruck, die bei
Peptonvergiftungen stets auftreten, finden wir aucli bei subacuten
Gehirnentzündungen regelmässig angezeigt durch den vollen, weichen
Puls. Die Gerinnungsfähigkeit des Blutes ist bei den an subacuten
Gehirnentzündungen leidenen Thieren in der Regel eine geringe. Von
vielen Beobachtern wird sogar eine auffallende Dünnflüssigkeit des¬
selben gemeldet.
Die Aufregung, welche Schmidt nach Peptoninjectionen an seinen
Versuchsthieren stets beobachtete, fehlt niemals im Anfangsstadium
der subacuten Gehirnentzündung. In allen Fällen von subacuten Ge¬
hirnentzündungen folgt der Aufregung ein soporöser Zustand. Das
Gleiche ist auch bei künstlich erzeugten Peptonvergiftungen der Fall.
Ein auffallendes, nie fehlendes Symptom der subacuten Gehirn¬
entzündung ist die Schlaffheit und Widerstandslosigkeit der Glied¬
massen. Auch bei künstlich erzeugter Peptonvergiftung tritt dieses
Symptom stets ein. Ein Unterschied existirt freilich. Bei subacuter
Gehirnentzündung entstehen die Symptome langsam und führen erst
nach längerer Zeit den Tod herbei, oder es erfolgt langsam Genesung;
bei künstlich erzeugten Pepton Vergiftungen aber entstehen sie fast
augenblicklich, und es erfolgt rasch der Tod oder Genesung. Die
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Ursachen der subacaten Gehirnentzündung.
435
Gründe dieses verschiedenen Verhaltens sind jedoch so klar, dass ich
sie nicht näher zu besprechen brauche.
Wenn wir nun die Frage aufwerfen, ob die subacute Gehirn¬
entzündung eine chronische Pepton Vergiftung, erzeugt durch das Le¬
guminosenferment, sei, so können wir darauf nur antworten: die Frage
ist zwar durch Experimente noch nicht endgültig entschieden, aber
viele Gründe sprechen dafür und nichts dagegen.
Diese chronische Peptonvergiftung dürfte auf folgende Weise ent¬
stehen: Wenn das mit dem Futter aufgenommene Leguminosenferment
in die ßlutbahn gelangt, so erzeugt es Hunger, den das Thier durch
vermehrte Futteraufnahme zu stillen sucht. Da aber als Futter wie¬
derum Leguminosen vorgelegt werden, so veranlasst dasselbe eine
neue, grössere Fermentzufuhr. Ist nun aber durch eine grössere Fer¬
mentaufnahme in die Blutbahnen ein Theil der Eiweisskörper in
Pepton verwandelt, so entsteht eine niedergradige Aufregung, die sich
in der Regel durch grössere Schreckhaftigkeit zu erkennen giebt.
Diese wird meistens für grössere Lebhaftigkeit angesehen und, da
auch noch reger Appetit vorhanden ist, das Thier in der Regel für
vollkommen gesund gehalten. Es wird daher die Fütterung fort¬
gesetzt, bis eine höhergradige Peptonvergiftung eintritt.
Es lässt sich gegen diese Ansicht, dass durch Fütterung von
Leguminosen eine Peptonvergiftung erzeugt werde, der Einwand gel¬
tend machen, dass verschiedene Arten der Leguminosen auch ver¬
schiedene Krankheitssymptome hervorrufen; dass z. B. nach der
Fütterung von Rothklee nach vorausgegangenem äusserst regen Hunger
Aufregung mit nachfolgender auffallender Schwäche, insbesondere der
Gliedmassen, nach Fütterung von Latyrus cicer aber zwar die gleichen
Symptome, jedoch verbunden mit rohrendem Athmen eintreten; dass
ferner nach dem Genuss von Geoflfroya inermis neben diesen narco-
tischen Erscheinungen auch die wurmtreibende Wirkung eintritt. Aber
allen diesen Erkrankungen sind die verderblichen, meist tödtlichen
Gehirnsymptome eigenthümlich; und diese Gehirnsymptome haben bei
allen diesen Erkrankungen das Eigentümliche, dass die Patienten
nach kurzer Krankheitsdauer auffallend grosse Schlaffheit der will¬
kürlichen Muskeln zeigen, welche Schlaffheit häufig in Lähmung
übergeht.
Wir sehen ferner, dass die grün verfütterten Leguminosen ein
etwas abweichendes Krankheitsbild erzeugen, als jenes, welches durch
die trocken verfütterten und gegoltenen Pflanzen hervorgerufen wird.
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WINKLER.
Dies ist namentlich beim Rothklee zu beobachten. Nach der Fütte¬
rung von grünem Klee tritt nämlich nicht selten eine Krankheit ein,
deren Prodromalerscheinungen häufig sich in Form einer Indigestions¬
kolik äussern. Nicht selten beobachtet man zu Zeiten, in denen die
Kolikerscheinungen sistiren, einen wahren Heisshunger. Die Thiere
sind während dieses Vorbotenstadiums auffallend matt. Diesen Pro¬
dromalerscheinungen folgen, gewöhnlich schon nach wenigen Stunden,
Symptome der Gehirnreizung, die sich auf verschiedene Art, gewöhn¬
lich durch grosse Schreckhaftigkeit, kurze Zeit dauernde Raserei,
Muskelzuckungen etc. manifestiren. Diesen Reizungserscheinungen
folgt in der Regel sehr bald ein schlafsüchtiger Zustand. Das her¬
vorstechendste Symptom aber ist die ungewöhnliche Motilitätsstörung.
Keiner dieser Patienten besitzt die Fähigkeit, seine Gliedmassen voll¬
kommen willkürlich zu bewegen.
Im Laufe der Krankheit treten in der Regel Lähmungen ein,
insbesondere häufig der Organe der Rachenhöhle und des Schlundes,
aber auch des Sehnerven. Nicht selten zeigen die Patienten beschleu¬
nigtes Athmen, das jedoch häufig durch Fremdkörperpneumonien er¬
zeugt wird, welche letztere wiederum als Folgen der Lähmung der
Organe der Rachenhöhle erklärt werden müssen. Der Puls ist der
Quantität nach etwas vermehrt, der Qualität nach auffallend voll und
weich. Die Schleimhäute sind hoch geröthet; in der Conjunctiva ist
ein ungewöhnlich dicht gelagertes Capillargcfässnetz sichtbar. Das
Aderlassblut ist wenig, bei hochgradiger Erkrankung nicht gerin¬
nungsfähig.
Die Futteraufnahme findet häufig bis fast zum Lebensende statt.
Die Section ergiebt als die wesentlichste pathologische Verände¬
rung seröse Ausschwitzung an der Basalfläche des Gehirns, insbeson¬
dere starke Durchtränkung des unteren Theils der Pia.
Die Cadaver sind stets sehr blutreich, das Blut aber nicht ge¬
rinnungsfähig, und in den Capillargefässnetzen bleibt ziemlich viel
Blut zurück, wenn auch die Thiere durch Verblutung getödtet wurden.
Dieses Krankheitsbild hat eine auffallende Aehnlichkeit mit der
Peptonvergiftung, die Schmidt-Mühlheim an seinen Versuchsthieren
hervorgerufen hat. Keines der Symptome der Peptonvergiftung fehlt;
ferner ist kein Symptom vorhanden, welches gegen diese Vergiftung
sprechen würde. Denn die gastrischen Störungen sind leicht zu er¬
klären durch den übermässigen Genuss von Klee.
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Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
437
Ich halte daher diese durch grüne Leguminosen erzeugte Krank¬
heit für die reine Form der chronischen Peptonvergiftung.
Wenn wir mit diesen Erscheinungen die Symptome der auf Dürr¬
futter entstandenen subacuten Gehirnentzündung vergleichen, so finden
wir, dass bei -letzterer Krankheit häufig länger andauernde Bewusst¬
losigkeit eintritt, die bei ersterer Erkrankung entweder gänzlich fehlt
oder nur sehr kurze Zeit dauert. Wir sehen ferner, dass die in Folge
von Grünkleefütterung erkrankten Thiere fast bis zum Eintritt des
Todes sensibel bleiben, während die Thiere, welche in Folge von ge¬
goltenem Dürrfutter erkranken, häufig schon nach kurzer Zeit gegen
äussere Reize nicht mehr reagiren. Ausserdem sehen wir bei manchen
Patienten, die in Folge des Genusses von gegoltenem Dürrfutter er¬
krankt sind, häufig den Tod erfolgen, ohne dass das Blut gerinnungs¬
unfähig wird. Zur Erklärung dieser Unterschiede müssen wir bedenken,
dass das Grünfutter keine Gährung durchgemacht hat, während das
Dürrfutter die Krankheit erst dann erzeugen kann, wenn es einen
hohen Grad von Gährung erreicht hat. Bei der durch Grünfutter
erzeugten Krankheit ist der Krankheitserreger das Legurainosenferment
ohne Gährungsproducte, bei der durch Dürrfutter erzeugten Krankheit
aber das gleiche Ferment mit Gährungsproducten, welche letztere
das Krankheitsbild modificiren.
Wenn wir von meiner Ansicht ausgehen, dass die subacute Ge¬
hirnentzündung eine durch das Leguminosenferment erzeugte Pepton¬
vergiftung sei, so können wir uns auch verschiedene Eigentümlich¬
keiten dieser Krankheit erklären.
Wir sehen vor Allem häufig Thiere an schwerer subacuter Ge¬
hirnentzündung zu Grunde gehen, ohne dass wir im Stande sind, bei
der Section so bedeutende Veränderungen der Gewebe zu finden, welche
uns den Tod der Thiere erklären. Ich berufe mich auf den citirten
Bericht von Vogel und von Model, sowie auf meine bereits erwähnte
Beobachtung. Solche Thiere gehen an hochgradiger Verminderung
des Blutdruckes zu Grunde, wie die zu künstlichen Peptonvergiftungen
benutzten Versuchstiere.
Die Krankheit kommt meistens bei sehr gut genährten, kräftigen
Thieren vor, die längere Zeit eine an Ei weisskörpern reiche Nahrung
erhalten haben. Dessenungeachtet sehen wir nur seröse, niemals
plastische Ausschwitzungen in ihrem Verlaufe erfolgen. Die plastischen
Ausschwitzungen setzen das Vorhandensein von gerinnungsfähigem
Arehiv f. wlssenseh. u. pr»kt. Thierheilk. IX. 6. 29
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WINKLER,
Faserstoff voraus. Nun haben aber die Versuche von Schmidt
gezeigt, dass bei Peptonvergiftungen der Faserstoff des Blutes auch
ausser der lebenden Gefässwand nicht mehr zu gerinnen vermag.
Dadurch wird uns erklärlich, warum wir bei subacuter Gehinentzün-
dung nur seröse Exsudate vorfinden.
Verschiedene Berichterstatter, namentlich jene, welche die nach
Grünfutter entstehende subacute Gehirnentzündung beobachtet haben,
sagen aus, dass die Cadaver der Thiere zwar viel Blut enthielten,
dass dasselbe aber sehr dünnflüssig war. Ich habe leider, seitdem
ich Schmidt-Mühl heim’s Versuche kenne, keine Gelegenheit ge¬
habt, Sectionen von Thieren vorzunehmen, welche an subacuter Gehirn¬
entzündung zu Grunde gegangen sind. Ich vermuthe jedoch, dass in
den serösen Exsudaten der Schädelhöhle das chemisch leicht nach¬
weisbare Pepton enthalten ist.
Ich komme nun zur Besprechung einiger Punkte, die meine An¬
sicht zu widerlegen scheinen. Es giebt nämlich Gegenden, in denen
die Pferde reichlich mit Hülsenfrüchten gefüttert werden, ohne dass
die subacute Gehirnentzündung, insbesondere die auf Dürrfutter ent¬
stehende, zum Vorschein kommt. Mir selbst sind im Bayerischen
Walde einige Orte bekannt, in denen diese Krankheit trotz der reich¬
lichen Kleefütterung unbekannt ist, während sie bei gleicher Fütterung
in der benachbarten Donauebene sehr häufig vorkomrat.
Auch der niederbayerische Kreisthierarzt Keim scheint die gleiche
Erfahrung gemacht zu haben. Derselbe behauptete nämlich in einem
Vortrage im Jahre 1874, dass die Krankheit in Niederbayern nur auf
kalkreichem Boden vorkomme, im kalkarmen Bayerischen Walde aber
unbekannt sei. Die Hülsenfrüchte als Krankheitserreger erwähnte er
nicht, wenngleich wenigstens in einem zu seiner Kenntniss gelangten
Berichte diese Pflanzen direct als die Krankheitsursache bezeichnet
wurden, mit der Bemerkung, dass es noch unentschieden sei, ob ein
Gift oder ein pflanzlicher Schmarotzer als Krankheitserreger in dieser
Pflanzenfamilie vorhanden sei. Auch ihm wird jedenfalls aus seinem
früheren Wirkungskreise nicht unbekannt geblieben sein, dass im Baye¬
rischen Walde auch bei reichlicher Kleeheufutterung diese Krankheit
höchst selten auftritt. Aus diesem Grunde scheint derselbe die Hülsen¬
früchte für unschädlich gehalten zu haben.
Thatsächlich ist normales Kleeheu kein Erzeuger dieser Krank¬
heit. Es wird erst zum Krankheitserreger, wenn es, wie ich erörtert
habe, einen intensiven Gährungsprocess durchgeraacht hat. Zu einer
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Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
439
sehr intensiven Gährung trägt aber ein kränklicher Zustand der Pflanzen
sehr viel bei. Die Kleepflanzen des Bayerischen Waldes scheinen aber
unter viel gesünderen Vegetationsverhältnissen anfzuwaehsen, als in
jenen Gegenden des niederbayerischen Flachlandes, in denen die sub-
acute Gehirnentzündung zu herrschen pflegt.
Ich sohlicssc dies aus Nachstehendem: Wenn man die Verbrei¬
tungsbezirke dieser Krankheit näher betrachtet, so findet man, dass
sie nur da Massenerkrankungen hervorruft, wo die Landwirthe über
die Klecmüdigkeit des Bodens klagen. Wir sehen sie ferner erst seit
jener Zeit seuchenartig auftreten, in der die Klagen über die Klee¬
müdigkeit des Bodens sich bedeutend vermehrt haben.
Noch ein anderer Umstand scheint mir dafür zu sprechen, dass
die Vegetationsverhältnisse für die Kleepflanze in einem grossen Theil
des niederbayerischen Flachlandes keine gesunden sind. Man kann
den Gesundheitszustand von Pflanzen mit ziemlich grosser Genauig¬
keit nach der mehr oder minder üppigen Vegetation von Schmarotzern
auf ihnen beurtheilen. Je üppiger Schmarotzer auf ihnen vegetiren,
um so weniger erfreuen sie sich gesunder Vegetationsverhältnisse.
Nun ist aber im Flachlande der Hauptschraarotzer der Kleepflanzen,
die Kleeseide (Cuscuta epithymum), weit verbreitet. Für manche
Ortschaften droht derselbe eine wahre Calamität zu werden. Er ist
schon sehr häufig mit eingeführtem Kleesamen in den Bayerischen
Wald eingeschleppt worden, entwickelt sich dort niemals üppig und
verschwindet stets ohne menschliches Zuthun.
Es könnte freilich der Einwand gemacht werden, dass im Flach¬
lande diese Schmarotzerpflanze an den dem Froste widerstehenden
Trieben des Klees überwintern, wie dies schon früher Prof. Kühn
nachgewiesen hat (in der Zeitschrift des landwirthschaftlichen Central¬
vereins der Provinz Sachsen pro 1868); allein nach den Beobachtungen
des Dr. Uloth ist die Ueberwinterung nur als eine Ausnahme von
der Regel zu betrachten. Dazu kommt noch, dass im Bayerischen
Walde viele Ortschaften sind, die ein ebenso mildes Klima besitzen
als das niederbayerische Flachland, dass also der Schmarotzer auch
dort überwintern und im nächsten Jahre seine Verheerungen fortsetzen
könnte, was aber im Gegensatz zum Flachlande niemals eintritt. Es
scheint vielmehr, dass nicht das rauhe Klima des Bayerischen Waldes
an dem Missrathen der Cuscuta epithymum die Schuld trägt, sondern
dass die Kleepflanze für diesen Schmarotzer ein viel weniger geeig¬
neter Nährboden ist, als die Pflanzen auf dem kleemüden Boden des
29 •
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Flachlandes. Es wäre interessant, die Verbreitungsbezirke der sub¬
acuten Gehirnentzündung und der Kleeseide festzustellen. Ich ver-
muthe, dass sie sich überall decken. Da jene Gegenden, in denen
die Kleemüdigkeit des Bodens bereits einen hohen Grad erreicht
hat, auch durch das häufige Vorkommen der subacuten Gehirnent¬
zündung sich auszeichnen, so unterliegt es kaum einem Zweifel,
dass dieser Zustand des Bodens eine Hauptbedingung dieser Krank¬
heit bildet.
Wenn ich im Nachstehenden auf landwirthschaftliche Zustände
Niederbayerns näher eingehe, so geschieht dies deswegen, weil
solche auch anderwärts bestehen dürften und das Vorkommen oder
Nichtauftreten der Krankheit veranlassen, und weil deren Kennt-
niss nöthig ist, wenn man zweckmässige Vorbauungsmassregeln er¬
greifen will.
Es dürfte für Jene, welche Niederbayern kennen, die Behauptung
etwas gewagt erscheinen, dass im Bayerischen Walde der Klee sich
gesünderer Vegetationsverhältnisse erfreut als im angrenzenden Flach¬
lande, das wegen seiner Fruchtbarkeit die bayerische Kornkammer
genannt wird. Dennoch verhält sich dies so. Es ist zwar der Ertrag
an Klee auf gleich grosser Bodenfläche im Flachlande häufig ein
grösserer als in den höher gelegenen Theilen des Bayerischen Waldes;
die Ursache dieses höheren Ertrages ist aber nicht ein zum Kleebau
besser geeigneter Boden, sondern eine längere Vegetationszeit. Da,
wo im Bayerischen Walde annähernd die gleichen Temperatur Verhält¬
nisse und folglich die gleich lange Vegetationszeit wie im Flachlande
herrschen, findet man in der Regel im ersteren höhere Erträge. Wenn
im Bayerischen Walde der langandauernde und strenge Winter den
Klee nicht bedeutend schädigt, so ist in der Regel auf eine gute
Kleeernte zu hoffen, während im Flachlande die Kleepflanzen
häufig missrathen, wenn sie auch durch den Winter nicht gelitten
haben. Es ist daher anzunehraen, dass der Boden des Baye¬
rischen Waldes zum Kleebau geeigneter ist, als der des angrenzenden
Flachlandes.
Man hat zwar auch im Bayerischen Walde schon öfter Klagen
über die Kleemüdigkeit des Bodens vernommen; sieht man aber den¬
selben auf den Grund, so ist unschwer zu erkennen, dass nicht der
Boden, sondern widrige klimatische Einflüsse das Missrathen des Klees
zu verursachen pflegen. Denn diese Klagen treten nur in Jahrgängen
auf, in denen die Winter sehr lange dauerten und im Frühjahr Nässe
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Ursachen der snbacaten Gehirnentzündung.
441
und Kälte abwechselnd herrschten. Dieses Missrathen des Klees wird
demnach in der Regel durch Erfrieren veranlasst.
Es kann aber nicht geleugnet werden, dass auch Hülsen-
früchte, welche unter vollkommen gesunden Vegetationsverhältnis¬
sen aufgewachsen sind, die Krankheit erzeugen können, wenn sie
nach der Aberntung einen intensiven Gährungsprocess durchgemacht
haben.
Nun sollte man glauben, dass im Bayerischen Walde die Bedin¬
gungen einer intensiven Gährung im höheren Grade vorhanden wären
als im Flachlande, weil in ersterem die Niederschläge viel häufiger
und stärker sind als in letzterem. Es hängt jedoch der Gährungs¬
process vielmehr von der Methode des Ernteverfahrens und der Auf¬
bewahrung dieser Früchte als von der Menge der Niederschläge ab.
Im Flachlande werden die Hülsen früchte sehr häufig nach oberfläch¬
licher Abtrocknung auf grosse, in freier Luft stehende Haufen (Schober)
zusammengeworfen und nicht zugedeckt; sie sind daher den atmo¬
sphärischen Niederschlägen preisgegeben. Ausserdem dringt häufig
das von höher gelegenen Stellen des Erdbodens abfliessende Wasser
unter sie hinein; die verdunstende Feuchtigkeit dringt in solchen
Fällen im Schober empor und bewirkt in Verbindung mit der inten¬
siven Wärme, welche in demselben herrscht, einen hohen Grad von
Gährung. Im Bayerischen Walde wird unter den Hülsen flüchten nur
der Klee zu Trockenfutter gemacht. Hier kommt derselbe, wenn er
oberflächlich abgetrocknet ist, auf Kleereiter, auf denen er so lange
bleibt, bis er vollkommen ausgetrocknet ist. Hierauf wird er in die
Scheunen gebracht. Letztere sind grösstentheils ziemlich praktisch
gebaut. Es sind dies meistens grosse Bretterhütten, die nicht auf dem
Boden, sondern auf Säulen ruhen; zwischen dem Boden und der un¬
tersten Lage der eingeernteten Früchte befindet sich ein Hohlraum,
durch welchen die Luft streichen kann; die Holzbrücke, welche den
Hohlrauro von dem mit Früchten angefüllten Raume scheidet, ist
nicht luftdicht gebaut. Wenn nun in solchen Scheunen der Kleehaufen
sich erwärmt, so strömen die enthaltenen Gase nach oben, von unten
aber wird in den luftverdünnten Raum durch die Ritzen der Holz¬
brücke kalte, trockene Luft aspirirt, der Kleehaufen abgekühlt und
ausgetrocknet und hiermit eine intensive Gährung verhindert. Dies
dürften die hauptsächlichsten Gründe für die Häufigkeit der Krank¬
heit im niederbayerischen Flachlande und die Seltenheit derselben im
Bayerischen Walde sein.
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WINKLER.
Ich komme nun zur Disposition der einzelnen Individuen zu der
subacuten Gehirnentzündung. Ich habe bereits die vom bayerischen
Veterinärbericht pro 1874 aufgestellte Exsudationstheorie, welche auf
Disposition zu Ausschwitzungen beruhen soll, für unhaltbar erklärt
und glaube meine Behauptung begründet zu haben. Es lässt sich
jedoch nicht leugnen, dass wenig Bewegung und länger dauernder
Aufenthalt in heissen, dunstigen Ställen eine Disposition zu dieser
Krankheit schafft, jedoch in andererWeise, als der erwähnte Veterinär¬
bericht sagt. Schon die Erfahrung beweist, dass die Thiere meistens
dann erkranken, wenn sie mehrere Tage unter den erwähnten Ver¬
hältnissen und bei reichlicher Fütterung gegohrener Hülsenfrüchte
gelebt haben.
Wie ist es nun erklärlich, dass längere Ruhe und Aufenthalt in
heissen Ställen eine Disposition zu dieser Erkrankung schafft? Man
könnte die Behauptung aufstellen, dass diese Momente den thierischen
Organismus schwächen, weniger widerstandskräftig machen gegen die
giftige Wirkung des Leguminosenferments oder vielmehr des Peptons.
Mir scheint aber diese Disposition noch auf andere Weise erklärbar.
Ich habe bereits bemerkt, dass bei Peptonvergiftungen eine starke
Gefässerweiterung mit Verminderung des Blutdruckes das hervor¬
ragendste Symptom ist, und dass dadurch sogar der Tod erfolgen
kann. Nun sehen wir aber bei Thieren, die längere Zeit beschäfti¬
gungslos in heissen, dunstigen Localen stehen, in Folge der Erschlaf¬
fung der musculösen Organe der Blutgefässe einen vollen, weichen
Puls, mithin Gefässerweiterung entstehen. Dass dadurch eine Dis¬
position zu dieser Erkrankung geschaffen wird, dürfte kaum zweifel¬
haft sein. Auch die vielfach aufgestellte Behauptung, dass grob
gebaute, schlaffe Pferde zu dieser Krankheit disponiren, kann nicht
als ganz unrichtig zurückgewiesen werden. Die schlaffen Muskelfasern
der Kreislaufsorgane erklären uns diese Disposition genügend. Die
Behauptung württembergischer Thierärzte, dass das bayerische Pferd
eine besonders starke Anlage besitze, in diese Krankheit zu verfallen,
kann nicht ganz zurückgewiesen werden. Die bayerischen Fohlen¬
ställe sind grösstentheils Mastställe, aus denen nur Pferde mit schlaffem
Faserbau hervorgehen können.
Die Prophylaxis ergiebt sich aus Vorstehendem. Wenn man eine
intensive Gährung der Hülsenfrüchte verhindert, so wird die subacute
Gehirnentzündung nicht ausbrechen. Dazu gehört, dass gesunde Vege¬
tationsverhältnisse für diese Pflanzen im Boden hergestellt, und dass
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Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
443
die abgeernteten Hülsenfrüchte möglichst gut getrocknet werden. Diese
beiden Massregeln sind freilich schwer ausführbar.
Dass man die Disposition der Thiere zu dieser Krankheit durch
mehr Bewegung, Schaffung kühler Stallräume, Vermeidung übermässig
reichlicher Fütterung und verweichlichender Fohlenaufzucht beseitigen
soll, ist selbstverständlich.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die subacute Gehirnentzündung
häufig mit anderen Krankheiten verwechselt wird. Dafür spricht
schon der sehr günstige Heilerfolg, den einzelne Thierärzte mit
unwirksamen Heilmitteln so häufig erzielen, während andere bei
Anwendung der gleichen Heilmethode fast immer Misserfolge gesehen
haben.
Unter diesen Krankheiten, die zur Verwechslung Veranlassung
geben können, möchte ich auf eine aufmerksam machen, weil ich in
der thierärztlichen Literatur nichts über dieselbe finde. Es sind näm¬
lich in der thierärztlichen (und menschenärztlichen) Literatur zahl¬
reiche acute Vergiftungen mit Lolium temulentum (Giftlolch, Taumel¬
lolch) beschrieben worden; nirgends finde ich aber Vergiftungsfälle
halbacuter Natur erwähnt. Nun ist mir aber ein Erkrankungsfall
vorgekommen, der einige Aehnlichkeit mit subacuter Gehirentzündung
und bereits 7 Tage gedauert hatte, ehe ich das Pferd untersuchte.
Es sprachen jedoch zwei Umstände gegen diese Krankheit. Das Pferd
zeigte einen kleinen, harten Puls und hatte seit einigen Monaten keine
Hülsenfrüchte erhalten. Bemerken will ich noch, dass dasselbe keine
in die Augen fallende Drehbewegung machte, dass es aber, auf einer
Strasse fortgetrieben, nach Zurücklegung von kaum hundert Schrit¬
ten stets an den linken Strassenrand gelangte. Die Untersuchung
des Hafers ergab einen ziemlich grossen Gehalt an Taumellolch¬
samen. Leider habe ich über das fernere Schicksal dieses Pferdes
nichts in Erfahrung bringen können. Ich muss übrigens bemerken,
dass ich in einzelnen Fällen schon grössere Quantitäten dieses Sa¬
mens ohne auffallenden Nachtheil habe verfüttern sehen. Mir
scheint daher der Gehalt dieses Samens an Gift ein sehr variabler
zu sein. Dies sowohl, als auch die Flüchtigkeit dieses Giftes scheint
Ursache zu sein, dass die Natur desselben noch nicht festgestellt
werden konnte.
Bei der Häufigkeit des Samens dieser Giftpflanze dürften sub¬
acute und chronische Vergiftungen öfter Vorkommen. Es scheint, dass
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derartige Erkrankungsfälle mit subacuter Gehirnentzündung verwechselt
werden.
Das gleiche Gift dürfte auch das englische Raygras (Lolium pe-
renne), wenn auch in sehr geringer Menge, enthalten. Dafür sprechen
die zahlreichen Erkrankungen, welche Prof. Degive im Bericht über
die Leistungen der Thierarzneischule zu Cureghem während des Schul¬
jahres 1873/74 meldet. Er beschreibt eine Meningoencephalitis bei
Kühen, welche bei beständigem Regenwetter mehrere Wochen lang
auf einer Weide waren, die ausschliesslich mit englichem Raygrase
bewachsen war. Dieses vermeintlich ansteckende Leiden soll durch
den Genuss von schlechtem Trinkwasser, Aufenthalt in einem schlech¬
ten Stalle und einseitige Fütterung mit englischem Raygrase entstan¬
den sein. Das Leiden hörte auf, als die Fütterung und der Stall
verändert wurden. Alle Patienten zeigten bei der Bewegung eine
Drehung nach der linken Seite.
Mir sind zwei Erkrankungsfälle nach reichlichem Genuss von
englischem Raygras bekannt geworden, die mit dem Krankheitsbilde,
welches Dögive entworfen hat, übereinstiramten. Bemerken muss
ich, dass auch diese Krankheitsfälle nach lang andauerndem Regen¬
wetter entstanden sind, dass ferner die Krankheit von längerer Dauer
war, als Dögive angiebt, und dass die Symptome weniger heftig
auftraten, insbesondere die Störungen im Sehvermögen vorübergehen¬
der Natur waren. Dies scheint jedoch dadurch erklärlich, dass die
von Dögive gemeldeten Fälle bei ausschliesslicher Ernährung mit
englischem Raygras vorkaraen, während die von mir beobachteten
Rinder auf sogenanntem Oedgartenland weideten, auf dem kaum die
Hälfte des Pflanzenbestandes aus Raygras bestand.
Wir haben demnach eine Pflanzenfamilie, die Lolche, welche Er¬
scheinungen hervorzurufen vermag, die mit der subacuten Gehirn¬
entzündung einige Aehnlichkeit besitzen. Wahrscheinlich giebt es
noch mehr Pflanzen, welche ähnliche Symptome hervorzurufen ver¬
mögen.
Trotz einiger Aehnlichkeit der Symptome der durch die Familie
der Lolche erzeugten Gehirnerkrankungen mit denen der subacuten
Gehirnentzündung, erzeugt durch die Hülsenfrüchtc, muss doch letz¬
tere Krankheit als eine ganz specifische bezeichnet werden.
Ich will noch Einiges über die Therapie dieser Krankheit bei¬
fügen. Bei dem Mangel jeder Erkenntniss des Wesens dieser Krank¬
heit konnte die Behandlung der Krankheit nur eine empirische sein.
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Ursachen der subacuten Gehirnentzündung.
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Diese scheint jedoch bis jetzt ohne allen Erfolg gewesen zu sein.
Der beste Beweis hierfür ist schon der, dass jede Heilformel wieder
verlassen wird, wenn sie einige Zeit in Gebrauch war. Nach dem
jetzigen Stande der Thierheilkunde kann auch für die nächste Zu¬
kunft von einer rationellen Heilmethode gegen diese Krankheit keine
Rede sein. Das Leguminosenferment können wir nicht unschädlich
machen, das Pepton in keinen anderen unschädlichen Körper über¬
fuhren. Selbst die einfachste lndieation, die Entleerung des Darm¬
canals von den noch vorhandenen Leguminosen, kann nach vorher¬
gehender Dürrfütterung fast niemals bewerkstelligt werden, weil die
stärksten Drastica wegen der ungewöhnlich grossen, oft an Lähmung
grenzenden Erschlaffung der musculären Organe wirkungslos bleiben.
Besseren Erfolg zur Entleerung des Darmcanals verspricht Kohlen¬
säure, welche man entweder im Mastdarm entwickelt, indem man
abwechselnd Lösungen von doppelkohlensaurem Natron und Wein-
steinsäure einspritzt, oder welche man in den Mastdarm einströ¬
men lässt.
Viele dunkle Punkte über diese Krankheit wären noch zu lich¬
ten; aber in meiner jetzigen Stellung finde ich zu wenig Material,
um eine erschöpfende Arbeit über den vorwürfigen Gegenstand liefern
zu können. Wenn ich dennoch das noch Unvollendete veröffentliche,
so geschieht dies, um andere Thierärzte, welche mehr Gelegenheit zu
Beobachtungen haben und denen vielleicht auch die Mittel zu Experi¬
menten zur Verfügung stehen, zu veranlassen, sich dem Studium
dieser Krankheit, welche in manchen Gegenden die wichtigste unter
den Pferdekrankheiten ist, zu widmen. Schon der bayerische Vete¬
rinärbericht pro 1874 spricht sein Bedauern darüber aus, dass das
reichliche Material, welches vielen bayerischen Thierärzten zur Ver¬
fügung stand, nicht besser ausgenutzt wurde. Nach Umfluss von
weiteren acht Jahren muss ich das Gleiche sagen. Seit dieser Zeit
ist mir nicht eine einzige erwähnenswerthe Aeusserung eines baye¬
rischen Thierarztes über diese Krankheit bekannt geworden. Es muss
dies um so mehr Befremden erregen, als die Krankheit in den besten
Gegenden Bayerns häufig in seuchenartiger Verbreitung aufzutreten
pflegt.
Ich habe ferner Vorstehendes geschrieben, um auf eine Krank¬
heit aufmerksam zu machen, bei der Pepton, ein normaler Bestand¬
teil des Thierkörpers, eine schädliche Wirkung äussert. Es ist
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nicht unmöglich, dass dieser Stoff auch bei anderen Krankheiten
nicht ganz ohne Einwirkung ist. Ich erinnere nur an die unter dem
Namen Windrehe bekannte Muskelhyperämie der Pferde, die stets
nur während des Verdauungsactes, also während reichlicher Pepton¬
bereitung, aufzutreten pflegt. Auch die Eclampsie der Kälberkühe
beginnt in der Regel während des Verdauungsactes. Es ist daher
nicht unwahrscheinlich, dass beide Krankheiten mit dem reichlichen
Peptongehalt im Saftstrome im Zusammenhänge stehen, und zwar in
der Art, dass letzterer den Krankheitsausbruch begünstigt.
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XVI.
Beiträge zur Kenntnisa der Lungenaktinomykose.
Von
Gustaf Pusch,
Assistent am pathologisch-anatomischen Institut
der Thierarzneischule in Berlin.
Zwei in der vorjährigen tierärztlichen Journalliteratur erwähnte
Fälle von Lungenaktinomykose des Rindes veranlassen mich, den
Befund einer Lunge zu beschreiben, die dem pathologischen Institut
der Königl. Thierarzneischule zu Berlin zur Untersuchung übergeben
worden war.
Bekanntlich beschrieb Bo Hing er im Jahre 1877 einen neuen
Pilz, den er in den Kiefergeschwülsten des Rindes — Spina ventosa,
Winddorn oder Wurm genannt — gefunden hatte.
Diese allen praktischen Thierärzten bekannten Bildungen errei¬
chen oft die Grösse eines Kindskopfes, drängen die Knochen tafeln
des Unterkiefers auseinander und durchbrechen schliesslich die Mus¬
keln und die Haut an der Backe oder die Schleimhaut in der Maul-
höhle.
Früher beschuldigte man als Ursache dieser Neubildungen das
Eindringen von Futterpartikelchen und darauf folgende Entzündung
des Zahnfaches, oder man führte sie auch auf äussere Traumen zu¬
rück, welche sich die Thiere namentlich an den Kanten der eisernen
und steinernen Krippen zuziehen sollten. Dass diese Momente die
Einwanderung des von Harz als Aktinomyces bovis bezeichneten
Pilzes begünstigen können, ist nicht zu bezweifeln; unrichtig ist es
dagegen, wenn man in ihnen die alleinige Ursache des Leidens er¬
blickt.
Nach Bollinger sind die Geschwülste, welche durch die Reizung
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PUSCH,
des Aktinomyces entstehen, bindegewebiger Natur und bestehen ent¬
weder aus einem einzigen oder aus der Conglomeration verschieden
grosser Knoten, ln denselben liegen bis hanfkorngrosse Herde, die
zuweilen eine eitrige Flüssigkeit, zuweilen einen käsigen Brei ent¬
halten. Der Inhalt der Herde lässt sich leicht herausdrücken und
mit dem Messer abstreichen und besteht bei der mikroskopischen
Untersuchung aus Eiterkörperchen, Körnchenzellen, fettigem Detritus
und zahlreichen, verschieden grossen, durchsichtigen, schwefelgelben,
drüsig geformten Körpern, die nach den Untersuchungen von Harz
als Aktinomycesrasen anzusehen sind. Die übrigen Theile der Ge¬
schwülste sind der Hauptsache nach aus Granulationsgewebe zusam¬
mengesetzt.
Später wurde der Pilz in Neubildungen anderer Körpertheile
gesehen; so fand ihn Siedamgrotzky in einem „multiplen Sarcom“
der Schlundschleirahaut, Bollingef in der sogenannten Holzzunge,
einer chronischen interstitiellen Glottitis des Rindes, Johne im Euter
des Schweines und Israel und Ponfick in Abscessen bei präverte¬
braler Phlegmone des Menschen. Auch liegen weitere Beobach¬
tungen von Rivolta, Perroncito, Johne und Rabe über seine
Anwesenheit in den Kiefergeschwülsten des Rindes vor.
Um zu entscheiden, welche Bedeutung der Pilz für die Entste¬
hung der erwähnten Zustände hat, wurden von Bollinger, Harz,
Perroncito, Ponfick und Siedamgrotzky Impfungen gesunder
Thiere mit Massen, die den Aktinomyces enthielten, vorgenomraen.
Diese Versuche ergaben aber ausnahmsweise ein negatives Resultat. Erst
meinem Lehrer Johne, dem ich bei seinen Versuchen häufig assistirte
und dem ich für die vielen Belehrungen an dieser Stelle noch beson¬
ders danke, gelang es, durch Uebertragung des Aktinomyces die oben
bezeichneten Veränderungen hervorzurufen. Er brachte Geschwülste,
in denen er den Aktinomyces nachgewiesen hatte, unter die Haut des
Kopfes und des Halses oder unter das Zahnfleisch von Kälbern. Es
entstanden hiernach Abscesse, die sich später eröffneten, eine Zeit
lang jauchige Flüssigkeit absonderten, dann aber verheilten. Zwei
Ziegen, denen er Gewebsstückchen eines mit Aktinomyces durch¬
setzten Schweineeuters in einen Strichcanal injicirt hatte, gingen an
putrider Mastitis zu Grund. Er führte deshalb später seine Impf¬
versuche mit peinlichster Sorgfalt nach den Regeln der Antisepsis
aus, indem er pilzhaltige Gewebsstücke in die Bauchhöhle und das
Euter von zwei Kälbern und einer Kuh verimpfte. Diese Versuche
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Lungenaktinomykose.
449
waren von positivem Erfolge begleitet, denn an der Impfstelle bildete
sich der Aktinomyces fort und erzeugte Geschwülste von entzünd¬
lichem Charakter. Rechnot man noch hinzu, dass Ponfick bei 7
Kälbern dieselben Ergebnisse zu verzeichnen hatte, so kann an der
üebertragbarkeit des Pilzes und an der ansteckenden Natur des
Leidens nicht mehr gezweifelt werden, und wir haben ein Recht, ihn
als die Ursache desselben anzusehen.
Die durch den Aktinomyces bedingten Geschwülste, welche ana¬
tomisch zu den Sarcomen, Fibromen und Fibrosarcomen gehören, hat
Johne „Aktinomykom“ genannt. Trotzdem diese Bezeichnung von
so hervorragender Stelle in die Wissenschaft eingeführt worden ist,
so glaube ich doch die Beibehaltung derselben nicht empfehlen zu
können. Sie giebt nach meiner Meinung kein Verständniss für die
innere Beschaffenheit der neugebildeten Masse; wir erfahren durch sie
nicht, ob ein Fibrom, Sarcom etc., also Neubildungen von bestimmten
anatomischen Charakteren vorliegen oder nicht. Auch ist es in der
Geschwulstlehre nicht gebräuchlich, die Neubildungen nach den Ur¬
sachen, welche ihnen zu Grunde liegen, zu benennen. Denn mit dem¬
selben Rechte könnte man von einem Malleom, Tuberculora etc.
sprechen, die zwar in ihren Ursachen wesentlich verschieden sind,
dennoch aber von allen Forschern bestimmten Geschwulsttypen zu¬
gesprochen werden.
Für das Studium der morphologischen Verhältnisse des Pilzes
empfiehlt sich die Prüfung der kleinen schwefelgelben Körnchen, die
sich theils im Bindegewebe, theils in den Abscessen vorfinden. Diese
Körnchen bestehen aus kugelförmigen Gebilden, welche maulbeerartig
angeordnet sind und schon bei schwachem Druck auf das Deckgläs¬
chen, oder nach Zusatz verdünnter Säuren, durch welche die sie um¬
hüllenden Kalkconcremente gelöst werden, für die weitere Untersuchung
geeignet gemacht werden können.
Die einzelnen Kugeln haben ein drüsiges Aussehen. Im Centrum
zeigt sich ein Netzwerk aus drehrunden, fein verfilzten Fäden, welche
nach der Peripherie hin keulenförmig anschwellen. Zwischen den
Fäden liegen kleine helle, mikrococcenartige Gebilde.
Nach Johne und Harz sind die keulenförmigen Verdickungen
als Conidien, und die Fäden als Hyphen anzusehen. Nach Israel
und Harz sind die Conidien und Hyphen septirt, was Johne indess
für ein seltenes Vorkommniss hält. Ponfick leugnet überhaupt das
Vorhandensein von Querscheidewänden in. den Conidien und Hyphen
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und ist der Meinung, dass es sich um Einkerbungen oder Querbrüche
handelt, die bei der Sprödigkeit der genannten Theile leicht eintreten
können. Derselbe hat auch die von Harz ermittelten Vacuolen und
Granula nicht nachweisen können.
Da nun die von verschiedenen Seiten angestellten Reinculturen
keine befriedigenden Resultate ergeben haben, so hat man sich über
die botanische Stellung des Pilzes bis jetzt nicht einigen können.
Während Harz denselben den Schimmelpilzen zurechnet, will ihn
Karsten unter die Coniomycetes oder Brandpilze untergebracht wissen.
Ponfick theilt die Ansicht von Harz und fuhrt in seiner Monogra¬
phie 1 ) das Urtheil von Cohn, De Barry und Pringsheim an, die
sich übereinstimmend dahin ausgesprochen haben, „dass es sich in
der That jedenfalls um pilzliche Gebilde handle, und zwar wahr¬
scheinlich um einen Schimmelpilz, um eine Form freilich, die nicht
nur an und für sich selbst unbekannt sei, sondern die auch allen
anderen bekannten Pilzen so fern zu stehen scheine, dass es vorläufig
unmöglich sei, sie einer bereits vorhandenen Gruppe einzureihen.“
Wenn es auch sehr wahrscheinlich ist, dass zwischen der Aktiho-
mykose des Menschen und der der Thiere (Rind, Schwein) kein Unter¬
schied besteht, und dass die von einzelnen Beobachtern angeführten mor¬
phologischen Differenzen durch die Verschiedenheit des Nährbodens, auf
dem der Pilz sich entwickelt, bedingt werden, so kann doch die Iden¬
tität beider Krankheiten dann erst als bewiesen erachtet werden, wenn
Infectionen des Menschen durch Thiere sicher beobachtet oder erfolg¬
reiche Uebertragungsversuche von Menschen auf Thiere ausgefuhrt
worden sind. Nach beiden Richtungen fehlt aber noch das Beweis¬
material.
Aus den Beobachtungen von Johne geht hervor, dass es bei
Thieren Prädilectionsstellen für die Ansiedelung des Pilzes giebt, zu
denen beim Rinde der Unterkiefer und der Verdauungstractus ge¬
hören; dagegen ist weder bei der spontanen noch bei der Irapfaktino-
mykose eine Erkrankung der Lunge nachgewiesen worden. Bei den
aktinomykotischen Processen des Menschen, welche eine grössere Aus¬
dehnung als bei den genannten Hausthieren zeigen und sehr häufig
mit dem Tode enden, indem sie zu prävertebralen Phlegmonen mit
Bildung von Abscessen und Durchbruch in die Pleurasäcke fuhren,
konnte Ponfick unter fünf Fällen viermal eine Affection der Lungen
*) Die Aktinomykose des Menschen, eine neue Infectionskrankheit. Berlin 1882.
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Lungenaktinomykose.
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constatiren. Bei drei Menschen hatte sich der Process auf die Pleura¬
höhlen ausgebreitet, während bei einem vierten ein aktinoraykotischer
Tumor in die Jugularis gewachsen war und zur Entstehung metasta¬
tischer Herde im rechten Vorhof und in den Lungen geführt hatte.
Dieselben Veränderungen in den Lungen sah er bei drei Kälbern,
denen er pilzhaltige Gewebsstücke von Thieren in die Bauchhöhle
oder durch die Drosselvene direct in das Blut gebracht hatte.
Mithin war weder bei Menschen noch bei Thieren eine primäre
Lungenaktinomykose beobachtet. Erst Pflug wies im vorigen Jahre
eine derartige Prirnäraffection der Lungen bei einer Kuh nach. Ich
entnehme seiner Beschreibung das Folgende:
Das Thier frass wenig, hustete viel, zeigte hochgradige Dyspnoe.
Percussion und Auscultation der Brustorgane ergaben Dämpfung und
leichtes Rasseln bei verschärfter Exspiration. Gleichzeitig bestand
Fieber. Das Thier wurde wegen allgemeiner Abmagerung und Er¬
schöpfung getödtet. Bei der Section waren die Lungen derb und mit
kleinen Knötchen durchsetzt, die sich schon durch die unveränderte
Pleura erkennen Hessen. Einzelne Stellen des Lungengewebes hatten
eine hyperämische Beschaffenheit. Auf der trockenen Schnittfläche
bemerkte man zahlreiche, überaus kleine Knötchen, die sich in den
hyperämischen Stellen am leichtesten nachweisen Hessen. Das intra¬
lobuläre Gewebe war leicht verdickt.
Mikroskopisch fanden sich in vielen Knötchen Aktinomyceskugeln,
die sich durch ihre Einrichtung von den gewöhnlichen und oben beschrie¬
benen nicht unterschieden, nur spärlicher auftraten. Um die Kugeln
lagen Rundzellen und um diese wiederum concentrisch geordnete
Faserzüge. Da einige Knötchen, welche sonst denselben Bau wie die
übrigen zeigten, keine Pilze ermitteln Hessen, so ist Pflug der Mei¬
nung, dass letztere bei der Präparation herausgefallen seien.
Ueber einen zweiten Fall berichtet Hink. Eine Kuh hatte seit
einigen Wochen gehustet und musste wegen Entkräftung geschlachtet
werden. Hink fand bei der Section die rechte Lungenpleura mit
dem Rippenfell verwachsen und in einem Theil des Mittellappens der
rechten Lunge vom Umfang eines Handtellers meist erbsengrosse,
feste, gelbweisse Knötchen, die sich bei oberflächlicher Betrachtung
von gewöhnlichen Tuberkeln nicht unterscheiden Hessen. Auf dem
Durchschnitt der letzteren konnte man gelbe Körnchen, welche ver¬
kalkt waren, also ältere Pilzrasen darstellten, erkennen. Diese hatten
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PUSCH,
im Allgemeinen die nämliche Einrichtung, wie sie bei dem Pflug-
schcn Falle beschrieben worden ist.
Die Kuh, deren Lunge dem hiesigen pathologischen Institut zur
Untersuchung übergeben worden war, hatte den Verdacht der Lungen¬
seuche erregt und war deshalb geschlachtet worden. Die nähere
Prüfung der Lungen ergab das nachstehende Resultat: Der vordere
Lappen der linken Lunge war platt, luftleer und fest, die Pleura
verdickt und undurchsichtig, die grösseren Bronchien erweitert und
mit eitrig-schleimigen Massen gefüllt. Die Wände derselben waren
verdickt und das um die letzteren gelegene Bindegewebe luftleer,
grauweiss und derb. An der medialen Seite des hinteren Lappens
der linken Lunge lag eine bereits eröffnete faustgrosse Höhle, deren
Inhalt bis auf eine geringe Menge fortgespült war. Der noch vor¬
handene Rest bestand aus einer grauen schleimig-eitrigen Flüssigkeit,
welche zahlreiche gelbe, grieskorngrosse Körperchen enthielt. Die
äusseren Schichten waren fest und weiss. An einer Stelle waren die
letzteren von der weichen Masse der Innenschicht durchbrochen, und
hatte sich ausserhalb der Höhlenwand eine etwa wallnussgrosse,
weiche, graue Geschwulst in der Lunge gebildet, welche unzählige
gelbe Körperchen enthielt. Im unteren Theil des zweiten Lappens
der rechten Lunge lag eine hühnereigrosse, derbe, graue Stelle, auf
der die Pleura stark verdickt war. In derselben befanden sich, wie
der Durchschnitt lehrte, drei Höhlen, die mit einer eitrigen Flüssig¬
keit gefüllt waren. Inhalt und Wände zeigten sich mit denselben
gelben Körperchen durchsetzt und Hessen im Allgemeinen die bei der
grösseren Höhle mitgetheilte Beschaffenheit erkennen. Die Bronchial¬
drüsen waren zum grössten Theil entfernt, ihre Beschaffenheit daher
nicht mehr sicher zu constatiren.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass die Körnchen aus
drüsigen Pilzrasen bestanden, wie sie aus den Arbeiten von Johne
und Ponfick näher bekannt geworden sind. Der übrige Inhalt der
Höhlen war aus Rundzellen, Fettkörnchenkugeln und einzelnen Fett¬
tröpfchen zusammengesetzt. Die Wände der Höhlen, die stellenweise
fingerdick waren, bestanden aus zwei Schichten, ln der äusseren war
fibrilläres, zellenarroes Bindegewebe nachzuweisen; dasselbe setzte sich
aussen in das stark verdickte interstitielle Gewebe der anstossendcn
Lobuli fort, deren Alveolen zum Theil verschwunden, zum Theil luft¬
leer und comprirairt waren. Die innere Schicht war graugelb gefärbt
und weich. Sie enthielt dieselben gelben Körnchen und bestand aus
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Lungenaktinomykose.
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zellenreichem Granulationsgewebe, welches mit einer Eiterschicht be¬
deckt war. Die Veränderungen erinnerten an den Tumor albus der
Gelenke. Es lässt sich annehmen, dass die Granulationsschicht im
frischen Zustande eine graurothe Farbe hatte und erst in Folge der
eadaverösen Veränderungen graugelb geworden war.
Sonstige Abnormitäten, wie Schwellung am Unterkiefer, sollen
bei dem Thiere nicht bestanden haben.
Die beschriebenen drei Fälle stimmen darin überein, dass ausser
in den Lungen keine Erkrankungen in anderen Organen Vorlagen, von
denen aus eine Fortführung der Pilzkeime nach den Lungen hätte statt¬
finden können. Deshalb bleiben für die Aufnahme derselben nur zwei
Wege, der durch die Bronchien und der durch die Blutgefässe übrig.
Auf welchen von beiden sie stattfindet, lässt sich schwer entscheiden,
da wir die Medien, an welche der Pilz gebunden ist, noch nicht kennen.
Was das Letztere betrifft, so ist es allerdings sehr wahrscheinlich,
dass der Aktinomyces ein häufig vorkommender Pilz ist, der an den
verschiedensten Dingen haften und von diesen auch in die atmosphä¬
rische Luft geführt werden kann. Johne fand ihn häufig an den
Grannen der Getreideähren und glaubt deshalb, dass die aktinoray-
kotischen Neubildungen, welche in der Umgebung des Verdauungs-
tractus auftreten, auf eine lnfection durch das Futter zurückzuführen
seien, indem die Grannen die Schleimhaut verletzen und das Eindrin¬
gen der Pilzkeimc erleichtern. In Uebereinstimraung mit Israel ist
er der Meinung, dass die Veränderungen am Kiefer des Rindes auf
eine lnfection ab ore zu beziehen seien, während sie Ponfick durch
eine Verletzung der äusseren Haut entstehen lässt.
In dem von mir beschriebenen Falle bleibt kaum eine andere
Erklärung übrig, als dass die Höhlen das Product aspirirter Aktino-
myceskeime waren. In den beiden anderen Fällen dagegen, die durch
das Auftreten multipler Erkrankungsherde in den Lungen charakteri-
sirt waren, lässt sich annehmen, dass die Erreger durch die Blut¬
gefässe zugeführt wurden. Dass eine Verbreitung durch die Blut¬
gefässe stattfinden kann, lehrt auch der folgende von Herrn Lehrer
Eggeling beobachtete Fall, dessen Veröffentlichung mir bereitwilligst
gestattet wurde. Herr Eggeling fand bei einer Kuh, die an hoch¬
gradigen paralytischen Erscheinungen litt, zwischen dem ersten und
zweiten Halswirbel eine derbe, die charakteristischen Aktinomyces-
knoten enthaltende Geschwulst, welche durch Druck auf das Halsmark
Archiv f. witfsensch. u. prakt. Thierkellk. IX. 6. 30
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PUSCH,
die schweren Bewegungsstörungen verursacht hatte. Er konnte aber
ähnliche Veränderungen an keinem anderen Körpertheil nachweisen.
Es wird daher Gegenstand weiterer Forschungen sein, die Ein¬
bruchspforten dieses Pilzes zu ermitteln; dabei wird sich auch zeigen,
ob durch eine verletzte oder gesunde Schleimhaut seine Aufnahme
stattfindet.
Die nach der Einwirkung des Pilzes entstehenden pathologisch¬
anatomischen Zustände sind genau bekannt. Es sind dies Neubil¬
dungen, die Virchow in den allgemeinen Begriff der Granulations¬
geschwülste gebracht, Klebs dagegen mit Rücksicht auf ihre Genese
und ihr physiologisches Verhalten zu den Infectionsgeschwülsten ge¬
rechnet hat. Diese Neoplasien entstehen durch pflanzliche Organismen.
Letztere reproduciren sich im Thierkörper und, falls sie durch die
ßlutbahn auf andere Stellen desselben Körpers oder durch Impfung
auf fremde Individuen übertragen werden, rufen sie dieselben Bildun¬
gen hervor. Zu ihnen gehören die Tumoren der Syphilis, der Tuber-
culose, des Rotzes, des Lupus (Koch hält den Lupus für Tuberculose
der Haut) und der Lepra.
Bis vor Kurzem wusste man nur, dass diese Neubildungen an¬
steckend seien; man kannte aber nicht die Natur des Ansteckungs-
stoffes, d. h. die Dinge, an welche die Ucbertragung gebunden ist.
Erst Koch wies als Ursache der Tuberculose und Vermittler der
Ansteckung einen Bacillus nach. Dasselbe gelang Löffler und
Schütz vor wenigen Monaten beim Rotz; dagegen ist es zweifelhaft,
ob der von Birch-Hirschfeld in den syphilitischen Neubildungen
ermittelte Mikrococcus als das von ihm behauptete Contagium der
Syphilis anzusehen ist. Den Bacillen der Tuberculose und des Rotzes
steht der Aktinomyces parallel. Denn eine aktinomykotische Neu¬
bildung entsteht nur nach der Aufnahme und Einwirkung dieses Pilzes.
Derselbe ist gerade so übertragbar wie die Bacillen der Tuberculose
und des Rotzes, und die Möglichkeit der Uebertragung von einem
Individuum auf das andere ist ausschliesslich gebunden an die Gegen¬
wart der bezeichneten Mikroorganismen.
Von einer klinischen Feststellung der Lungenaktinoroykose kann
vorläufig nicht die Rede sein; der anatomische Nachweis derselben
bietet jedoch keine Schwierigkeiten, namentlich dann, wenn man die
Untersuchung der erkrankten Theile mit Hülfe des Mikroskops aus¬
führt. Die aktinomykotischen Zustände in den Lungen können ver-
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Lungenaktinomykose.
455
wechselt werden mit Bronchiectasien und ulcerösen Höhlen, die durch
andere Processe, z. B. tuberculöse etc. entstanden sind.
Die bronchiectasischen Höhlen, welche aus Erweiterungen von
Bronchien hervorgehen, zeigen verschiedene Formen und erreichen oft
einen beträchtlichen Umfang. Der Inhalt kann schleimig, eitrig,
käsig, kalkig etc. sein; er lässt sich leicht herausheben und nach der
Enucleation bleibt eine an der Innenfläche glatte Wand zuruck. Die
Verbindung der Säcke mit Bronchien ist in den meisten Fällen leicht
nachzuweisen, auch tragen erstere an der Innenfläche flimmerndes
Cylinderepithel.
Die in Folge der Tuberculöse (zu der nach Koch auch die
käsige Pneumonie gehört) entstandenen Höhlen treten nach Ulcera-
tion des Lungengewebes auf. Sie haben in der ersten Zeit fetzige
Wände, welche später glatt werden; die Innenfläche ist mit trockenem
oder erweichtem käsigen Material besetzt. Das Innere der Höhle
ist von thrombosirten oder obliterirten Gelassen in Form von Balken
durchzogen, die allerdings auch untergehen können, dann aber die
sogenannten Trunci hinterlassen. Letztere finden sich entweder neben
den grösseren Bronchien, welche in die Höhlen eintreten, oder an den
Wänden in Form von kleinen, meist flachen Knöpfen vor. Weder im
Inhalt, noch in den Wänden zeigen sich Aktinomycesrasen, wohl aber
finden sich Tuberkelbacillen in den frischeren Käsemassen vor, die
nach der Koch-Ehrlich’schen Methode leicht zu färben und nachzu¬
weisen sind.
Eine ähnliche Einrichtung zeigen auch die nach der Lungen¬
seuche zurückbleibenden Höhlen, die mit necrotischen Lungentheilen
gefüllt sind. Um den Sequester, der oft noch die der Lungenseuche
charakteristischen Veränderungen erkennen lässt, liegt eine Eiter¬
schicht, die auf die peripherischen Theile desselben schmelzend wirkt
und dadurch eine Zerbröckelung und Verflüssigung desselben herbei¬
führen kann. Zuweilen finden sich in den abgestorbenen Theilen
auch Kalksalze vor. Die Höhlen können mit Bronchien communi-
ciren oder abgeschlossen sein. Die Wände der letzteren erreichen
nicht selten eine beträchtliche Dicke und bestehen in ihren äusseren
Schichten aus einem festen Bindegewebe von sehnenartigera Charakter.
Die allgemeine Einrichtung der Höhle, die Beschaffenheit des Se¬
questers, die Abwesenheit eines schlüpfrigen, zähen Inhalts und der
Mangel der vom blossen Auge erkennbaren Aktinomycesrasen sind
für die differentielle Diagnose zu beachten. Die in den necrotischen
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PUSCH,
Massen bei der Lungenseuche nachweisbaren Kalkkörner hinterlassen
nach Zusatz von Säuren Detritusmassen und Fettkrystalle, also keine
A ktinomyceskugel n.
Da wir über das Vorkommen des Aktinomyces in der Natur
noch nicht genügend unterrichtet sind, kann selbstverständlich von
einer wirksamen Prophylaxe vorläufig nicht die Rede sein. Was
endlich die Vorwerth barkeit des Fleisches der mit Aktinomykose be¬
hafteten Rinder zum Genuss für Menschen angeht, so liegt kein
Grund vor, letzteren zu verbieten. Nur in den Fällen, wo durch
das Leiden eine allgemeine Abmagerung herbeigeführt ist, wird aus
anderen leicht erkennbaren Gründen das Fleisch solcher Thiere zu
verwerfen sein. Ob dies häufig vorkommt oder nicht, werden die
weiteren Beobachtungen, zu welchen ich durch meine Arbeit angeregt
haben möchte, ergeben.
Zum Schluss fühle ich mich verpflichtet, meinem verehrten Chef,
Herrn Prof. Dr. Schütz, für die gütige Ueberlassung des Präparats
und seine freundlichen Anweisungen meinen verbindlichsten Dank aus¬
zusprechen.
Nachtrag.
Vor einigen Tagen wurden mir durch die Güte des städtischen
Oberthierarztes, Herrn Dr. Hertwig, aktinomykotische Lungentheile
eines Schweines übermittelt, welches auf dem hiesigen Schlachthofe
geschlachtet worden war. Die Lunge enthielt, ähnlich wie in dem
Pflug’schen Falle, kleine disseminirte Knötchen, in denen mikrosko¬
pisch die stark verkalkten Pilzrasen zu erkennen waren. Im Cen-
trura der letzteren waren nur wenige Mycelfäden, in grossen Massen
dagegen die bekannten mikrococcenartigen Gebilde nachzuweisen. Die
randständigen Conidien hatten nicht die gewöhnliche kolbenförmige
Gestalt, sondern waren länger und seitlich zusamraeugedrückt. An¬
dere aktinomykotische Herde hatten sich an dem Thiere nicht auf¬
finden lassen.
In der letzten Nummer des Centralblattes der medicinischen
Wissenschaften findet sich eine Mittheilung von Israel, wonach der¬
selbe eine primäre Lungenaktinomykose beim Menschen beobachtet und
die Krankheit mit Erfolg auf Kaninchen überimpft hat.
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Lnngenaktinomykose.
457
Literatur.
Bollinger, lieber eine neue Pilzkrankheit beim Rinde. Deutsche Zeitschrift f.
Thiermedicin, 1877, S. 334.
Harz, Aktinomykosis bovis, ein neuer Schimmel in den Geweben des Rindes.
Jahresbericht d. Münch. Schule 1877/78.
Siedamgrotzky, Aktinomykose. Bericht über d. Veterinärwesen im Königreich
Sachsen pro 1877.
Israel, Neue Beobachtungen auf dem Gebiete der Mykosen des Menschen. Vir-
chow’s Arch. f. pathol. Anat., 1878, S. 15.
Derselbe, Neue Beiträge zu den mykotischen Erkrankungen des Menschen.
Ebendaselbst, 1879, S. 434.
Derselbe, Erfolgreiche Uebertragung der Aktinomykose des Menschen auf das
Kaninchen. Centralbl. f. d. med. Wissenschaften, 1883, No. 27.
Rivolta, Sul cosi detto mal del rospo del Trutta e sul actinomyces bovis di
Harz. La Clinica veterinaria, 1878, p. 149.
Idem, Sopra un nuovo micromicete del Cavallo. Piacenza 1879.
Perron cito, L’actinomyces bovis (Harz) ed i Sarcomi nei bovini. Annali della
Accademia d’Agricoltura, Turin 1878.
Derselbe, Ueber den Aktinomyces bovis und die Sarcome der Rinder. Deutsche
Zeitschr. f. Thiermed., 1879, S. 33.
Johne, Epulis vom Rinde mit Aktinomyces boum. Bericht über d. Veterinärwes.
im Königr. Sachen pro 1878.
Derselbe, Aktinomykosis. Ebendaselbst, pro 1879.
Derselbe, Die Aktinomykose oder Strahlenpilzerkrankung, eine neue Infections-
krankheit. Deutsche Zeitschr. f. Thiermed., 1881.
Derselbe, Aktinomykose der Zunge. Bericht über das Veterinärwesen im König¬
reich Sachsen pro 1881.
Ponfick, Ueber eine eigenthümliche Form prävertebraler Phlegmone. Berliner
klin. Wochenschr., 1879.
Derselbe, Die Aktinomykose des Menschen. Breslauer ärztl. Zeitschr., 1880.
Derselbe, Die Aktinomykose des Menschen, eine neue Infectionskrankheit.
Berlin 1882.
Rosenbach, Zur Kenntniss der Strahlenpilzerkrankungen beim Menschen. Cen¬
tralbl. f. Chirurgie, 1880.
Rabe, Casuistische Beiträge zur Geschwulstlehre. Adam’s Wochenschrift, 1880,
No. 4.
Partsch, Zwei Fälle von Aktinomykosis. Breslauer ärztl. Zeitschr., 1881.
Csokor, Die Strahlenpilzerkrankung. Allgemeine Wiener medicinische Zeitung,
1881, No. 43.
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458
PUSCH.
Bizzozero, L’Actinomicosi, una nuova Malattia da parasili vegetali. Gazetta
degli ospitali. Milano 1882.
MicelloneeRivolta, Di una nuova specie di micromiceie e di sarcoma nel
Cavallo. Giornale di Pisa, 1882.
Vachetta, Osteochondrosarcoma macrocellulare con Actinomiceti alla mandibola
inferiore d’un Cane. La Clinica Veterinaria, 1882.
Pflug, Ueber Aktinomykosis. Centralblatt für die medicinisch. Wissenschaften,
1882, No. 14.
Hink, Ueber Lungenaktinomykosis einer Kuh. Badische Mittheilungen, 1882.
Fleming, Aktinomykosis, a new infectious disease. Veterinary Journal, Lon¬
don 1883.
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XVIII.
Ueber die Milzbrandimpfung und die Entwickelung der
Milzbrandbacterien.
Von
F. R o 1 o f f.
Der im vorigen Jahre auf der Domäne Packisch ausgeführte
Versuch, Rinder und Schafe durch die Impfung nach dem Pasteur¬
schen Verfahren vor spontanem Milzbrand zu schützen, hatte über
die Frage nicht entscheiden können, da im Hinblick auf die geringe
Zahl von Milzbrand fällen bei den nicht geimpften (Control-) Thieren
zu vermuthen war, dass die geimpften Thiere auch ohne die Schutz¬
impfung vom Milzbrand verschont geblieben wären. Auf Anordnung
des Herrn Ministers für Landwirthschaft etc. und dem Wunsche des
Herrn Amtsrath Lücke entsprechend wurde daher der Versuch in
diesem Jahre wiederholt. Mit der Entwerfung des Versuchsplans
wurde der Unterzeichnete und mit der Ausführung der Impfung und
der Beobachtung der in Folge der Impfung etwa heftig erkrankenden
Thiere wurde Herr Departements-Thierarzt Oemler betraut. Die
Lymphe wurde aus dem Pasteur’schen Laboratorium bezogen und so¬
fort am Tage nach ihrer Ankunft eingeimpft. Der Vorschrift gemäss
wurde jedem Schafe oder Lamme, gleichviel wie alt und wie schwer
dasselbe war, % Ccm. und jedem Rinde V 4 Ccm. Lymphe in die
Unterhaut injicirt, und zwar den Schafen bei der ersten Impfung an
der inneren Fläche des linken, bei der zweiten Impfung an der inne¬
ren Fläche des rechten Hinterschenkels, den Rindern an der linken,
bezw. an der rechten Seite des Halses. Die Lymphe war für Schafe
und für Rinder die gleiche.
Die Schafherde der Domäne bestand aus 226 Mutterschafen und
203 Lämmern. Sämmtliche Thiere waren gut genährt und anschei-
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R0L0FF,
nend gesund. Von der Herde wurden geimpft 176 Schafe und 147
Lämmer und blieben ungeimpft 50 Schafe und 56 Lämmer. Letztere
Schafe waren auch im vorigen Jahre nicht geimpft worden; sie waren
daher, sowie die Lämmer, wohl geeignet, als Controlthiere zu dienen.
Selbstverständlich wurden die geimpften Schafe und Lämmer mit
einem bleibenden Zeichen versehen.
Die nicht geimpften 50 Schafe nebst den dazu gehörigen 46 Läm¬
mern — 4 Schafe waren güst — wurden sofort von den übrigen
abgesondert und nach der milzbrandfreien Domäne Borschütz gebracht,
wo sie blieben, bis bei den geimpften Thieren in Packisch die Impf¬
krankheit abgelaufen war.
Von den zu den geimpften Schafen gehörenden Lämmern wurden
10 Stück nicht geimpft und mit ihren Müttern zusammen von den
übrigen Thieren abgesondert und im Stalle gefüttert, um zu prüfen,
ob die Milch während der Impfkrankheit der Mütter für die Lämmer
schädlich ist, wenn letztere nicht gleichzeitig geimpft werden.
Alle übrigen geimpften Schafe und Lämmer blieben nach der
ersten und nach der zweiten Impfung jedesmal 6 Tage lang im Stalle
und erhielten Heu und Stroh von der Domäne Borschütz, um eine
Infection derselben durch das Futter und eine Verunreinigung der
öffentlichen Wege und der Weiden mit den während der Dauer der
Impfkrankheit etwa ausgeschiedenen Milzbrandbacterien zu verhüten.
Von einem Oeconoraie-Verwalter der Domäne wurde nach der
ersten Impfung 5 Tage lang bei 5 Schafen und 5 Lämmern, nach
der zweiten Impfung 7 Tage lang bei 11 Schafen und 6 Lämmern
täglich die Körpertemperatur gemessen.
Die erste Impfung fand am 14. Mai, die zweite am 27. Mai statt.
Auffallende Krankheitserscheinungen zeigten die Schafe nach der Im¬
pfung nicht. Die Körpertemperatur stieg bei den Schafen, sowie bei
den Lämmern am ersten oder am zweiten Tage nach der Impfung
höchstens auf 40,8° und nur bei einem Lamme am zweiten Tage auf
41,1 0 C. Nach der zweiten Impfung schwankte die Körpertemperatur
während der 7 Tage bei den meisten von den 11 Schafen zwischen
39,1° und 40,5° und bei den Lämmern zwischen 39,6° und 40,5 0 C.
Nur bei 2 Schafen wurden höhere Temperaturen ermittelt, nämlich
bei einem am 3., 4. und 5. Tage resp. 41,7°, 41,2° und 41,1°,
bei dem andern am 2., 3. und 4. Tage resp. 42,2°, 42,0° und 41,0°,
und von den Lämmern zeigte eins am 5. Tage eine Temperatur von
41,2°, ein anderes am 4. Tage 40,9° C. Das Schaf, bei welchem
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Milzbrandimpfung und Entwickelung der Milzbrandbacterien.
461
die Temperatur am 2. Tage auf 42,2° gestiegen war, zeigte schon
am 5. Tage nur noch 39,4° C. und genas vollständig.
Unter den 11 Schafen, bei welchen nach der zweiten Impfung die
Temperatur gemessen wurde, befanden sich 5 Stück, die auch im vori¬
gen Jahre geimpft waren. Bei keinem von diesen 5 Thieren erhob
sich die Temperatur über 40,1°. Zwei von denselben hatten jedoch
nach der ersten Impfung an einem Tage eine Temperatur von 40,6°
resp. 40,8® C. gezeigt.
Bei einem Schafe, welchem bei der zweiten Impfung versuchs¬
weise die doppelte Quantität Lymphe injicirt war, erreichte die Tem¬
peratur an keinem Tage die Höhe von 40,0° C., und bei einem
Lamme, welches das erste Mal ungeimpft geblieben war und bei der
zweiten Impfung mitgeimpft wurde, weil die Mutter nach der ersten
Impfung an Milzbrand gefallen war, betrug die Körpertemperatur in
den auf die Impfung folgenden Tagen resp. 41,2°, 40,4®, 41,8®, 41,0®,
40,6®, 40,8®, 40,1® C. Das Lamm starb nicht.
Nach der ersten Impfung sind an Milzbrand gefallen: 1 Schaf
am 5. und 1 Schaf am 10. Tage. Letzteres ist sicher nicht dem
Impfmilzbrand erlegen, da die Impfkrankheit nicht so lange anhält.
Am Tage bevor das Schaf fiel, hatte die Herde den Platz betreten,
auf welchem früher viele Milzbrandcadaver verscharrt waren. Von
diesem Platze waren die Schafe bis dahin ferngehalten.
Nach der zweiten Impfung fielen 3 Schafe an Milzbrand, und
zwar je eins am 2., 5. und 6. Tage. Die an Irapfmilzbrand gefallenen
4 Schafe gehörten zu denjenigen, welche im vorigen Jahre nicht ge¬
impft waren, sondern als Controlthiere gedient hatten.
Bei den gefallenen Schafen hat Herr Oeraler den Milzbrand
festgestellt. Bei den nach der ersten Impfung gestorbenen Schafen
fand sich an der Impfstelle keine auffallende Veränderung, wogegen
bei den nach der zweiten Impfung gestorbenen an der Impfstelle eine
starke blutige Infiltration der Unterhaut ermittelt wurde. In dem
Blute sämmtlicher Cadaver fand Herr Oemler viele Milzbrandbacillen.
Sämmtliche 147 Lämmer ertrugen die Impfung ohne sichtbaren
Schaden. Die 10 nicht geimpften Lämmer, deren Mütter geimpft
wurden, haben während der Impfkrankheit der letzteren die Milch
ohne Nachtheil genossen. Auch dasjenige von diesen Lämmern, dessen
Mutter nach der ersten Impfung an Milzbrand fiel, blieb gesund, ob¬
gleich es bis zum Tode der Mutter bei derselben geblieben war.
Von den geimpften Rindern — 10 Milchkühe, 23 tragende Färsen,
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ROLOFF,
1 Bulle und 48 Zugochsen — zeigte kein Stück auffallende Erschei¬
nungen der Impfkrankheit. Auch eine nennenswerthe Erhöhung der
Körpertemperatur wurde bei den 14 Rindern, bei welchen Messungen
an den auf jede Impfung folgenden 5 Tagen vorgenommen wurden,
nicht constatirt. Nur bei einer Kuh stieg die Temperatur am 1. und
2. Tage und bei einer Färse am 1. Tage nach der zweiten Impfung
auf 40,0° C.
Am 29. Juni, einem sehr heissen Tage, fiel ein Ochse vor dem
Wagen plötzlich nieder und verendete nach kurzer Zeit. Nach der
gutachtlichen Erklärung des Kreisthierarztes war der Ochse an Milz¬
brand gefallen. Ausserdem ist weder bei dem Rindvieh, noch bei
den Schafen — geimpften und nicht geimpften — bis Ende August
ein Sterbefall vorgekommen.
Das im Aufträge des Hm. Pasteur durch Hrn. Boutroux über¬
sandte Quantum Lymphe war für jede Impfung so reichlich bemessen,
dass ein volles Gläschen übrig blieb. Dasselbe blieb uneröffnet, um
die Lymphe hier noch zu verwenden. Die Lymphe enthielt einzelne
kleinere oder grössere Flocken von Milzbrandbacillen, die sich beim
Umschütteln nur langsam zertheilten, wonach die Flüssigkeit ganz
schwach getrübt erschien. Letztere enthielt nicht sehr zahlreiche Ba¬
cillen, die meist beginnende Sporenbildung zeigten oder schon fertige
Sporen erkennen Hessen. Ein mit der für die erste Impfung bestimm¬
ten Lymphe geimpftes Meerschweinchen starb nach 72 Stunden, und
2 Meerschweinchen, welchen von der zweiten Lymphe eine kleine
Quantität mittelst der Messerspitze in die Unterhaut gebracht war,
starben nach 60 Stunden an Milzbrand.
Ferner impften wir zwei der Thierarzneischule gehörende Mutter¬
schafe (A und B), von denen jedes ein junges Lamm säugte, vor-
schriftsmässig 2 Mal, am 15. und am 23. Mai. Beide Schafe, sowie
die unter denselben saugenden, nicht geimpften Lämmer erkrankten
nicht auffallend. Die Körpertemperatur bei den Schafen betrug:
15. 16. 17. 18. 19. 20.Mai. 29. 30. 31.Mai. 1. 2. 3. 4. Juni.
A. 39,8. 41,0. 41,1. 40,0. 39,5. 39,1°. 39,7. 40,5. 40,4. 39,5. 39,8. 39,6. 40,2°.
B. 39,2. 39,9. 40,0. 39,8. 41,0. 39,8». 39,5. 39,5. 39,8. 39,4. 39,6. 39,4. 39,9«.
Mit der zweiten Lymphe wurden ferner ein Schaf und ein Lamm
geimpft, welche der ersten Impfung nicht unterworfen waren. Beide
Impflinge erkrankten nicht auffallend, zeigten auch in den nächsten
7 Tagen keine erhebliche Temperaturerhöhung.
Bei dem Versuche hat sich zunächst ergeben, dass die Impfung
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Milzbrandimpfung und Entwiokelung der Milzbrandbacterien.
463
mit der Pasteur’schen Lymphe ungefährlich ist, wenn sie mit der er¬
forderlichen Vorsicht aasgeführt wird, dass sie aber, wie ja auch ein¬
zelne Versuche im Auslande gezeigt haben, grössere Verluste an
Thieren zur Folge haben kann, wenn es an der nöthigen grossen
Vorsicht fehlt. Wir wollen zuvörderst bemerken, dass unseres Er¬
achtens bei der Infection die mehr oder weniger grosse Menge des
einverleibten Infectionsstoffes nicht gleichgültig ist. Allerdings kann
eine Impfung haften und eine sehr heftige Erkrankung zur Folge
haben, wenn ein Minimum des Infectionsstoffes eingeimpft wird;
zweifellos tritt aber der Erfolg, d. i. die Impfkrankheit, sicherer und
in höherem Grade ein, wenn wir eine grössere Menge des Infections¬
stoffes einimpfen. Das ist z. B. bei der Pockenimpfung der Schafe
leicht zu constatiren. Auch bei der Milzbrandimpfung erzeugen 100
Bacillen oder Sporen sicherer als 5 eine Impfkrankheit. Enthält das
eingeimpfte Quantum (V 9 resp. '/« Ccm.) Lymphe sehr viele Bacillen
oder Sporen, so kann eine heftige, selbst tödtliche Erkrankung die
Folge sein. Andererseits kann die Impfkrankheit sehr schwach sein
oder ausbleiben und folglich auch keine Immunität erzielt werden,
wenn nur sehr wenige Bacillen oder Sporen zur Einimpfung kommen.
Nun sind aber, wie bereits erwähnt wurde, die Bacillen in der Lymphe
nicht gleichmässig vertheilt, sondern öfter zu kleinen Flöckchen oder
zu grösseren Flocken zusammengeballt, die in der Flüssigkeit schwim¬
men oder am Boden des Behälters liegen. Enthält die Lymphe freie
Sporen, so senken diese sich sicher zu Boden. Um eine gleichmässige,
nicht zu starke, aber auch nicht zu schwache Wirkung der Impfung
zu erzielen, ist es daher nöthig, vor Eröffnung des Gläschens die
Lymphe gut durchzuschütteln, um die Bacterien darin möglichst gleich¬
mässig zu vertheilen, und auch während der Verimpfung durch recht
häufige Drehungen des Gläschens um die Längsaxe und um die Quer-
axe die gleichmässige Vertheilung der Bacterien in der Flüssigkeit zu
erhalten. Ist das Glas bereits zum Theil entleert, so ist ein stärkeres
Schütteln zu vermeiden, weil sich dabei leicht grössere Luftblasen der
Lymphe beimischen, die beim Einsaugen von Lymphe mit in die
Injectionsspritze eindringen. Werden solche Luftblasen nicht wieder
aus der Spritze entfernt, so wird bei einzelnen Thieren Luft statt
Lymphe injicirt und dadurch die Wirkung beeinträchtigt. Durch die
angegebenen Manipulationen wird das Impfgeschäft nicht erheblich
gestört und die Zeitdauer der Impfung grösserer Viehbestände nicht
bedeutend verlängert, wenn der Gehilfe, welcher das Glas mit der
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ROLOFF,
Lymphe hält, gut instruirt ist und die Manipulationen ausführt, wäh¬
rend der Impfer mit der in der gefüllten Spritze enthaltenen Lymphe
4 Rinder oder 8 Schafe impft. In wie hohem Grade der Erfolg
der Impfung von der Berücksichtigung der scheinbar geringfügigen
Nebenumstände abhängt, weiss jeder, der öfter mit der Pockenimpfung
zu thun hatte. Andererseits wissen wir freilich auch, dass wir bei
Massenimpfungen nicht das erreichen können, was bei einem Versuche
mit einer kleinen Zahl von Thicren unschwer zu erzielen ist.
Sind die mit einem Gummipfropfen fest verschlossenen Gläser,
in welchen die Lymphe aus dem Pasteur’schen Laboratorium versandt
wird, einmal geöffnet, so muss die Lymphe sofort verimpft werden.
Reste aufzubewahren, ist nicht statthaft, weil darin schnell Fäulniss
entsteht. Auch die längere Aufbewahrung der verschlossenen Gläser,
so dass keine Fäulniss eintritt, ist nicht zulässig, da die Lymphe
bei längerer Aufbewahrung immer mehr abgeschwächt und daher un¬
wirksam werden soll. Auf diesen Umstand führt Herr Pasteur es
zurück, dass die Impfung im vorigen Jahre an verschiedenen Orten
keine genügende Immunität erzeugte. Die Lymphe war im Labora¬
torium schon eine längere Zeit vor dem Versandt bereitet. Diese
Beobachtung machten wir auch hier bei einigen Versuchen. Wir
brachten frische Lymphe sofort nach Eröffnung des Gläschens in des-
inficirte Haarröhrchen, verschlossen letztere sofort und bewahrten sie
an einem kühlen Orte auf. Die Lymphe blieb klar und frei von
Fäulniss. Nach 3 resp. 4 Wochen wurden sehr reichliche Mengen
von der ersten resp. zweiten Lymphe Meerschweinchen und Kaninchen
in die Subcutis injicirt, aber keines von den Thieren erkrankte. Ein
Röhrchen zweiter Lymphe wurde nach vierwöchiger Aufbewahrung zur
Infection von sterilisirtem Pferdeblutserum verwendet. Im Brutofen
entwickelten sich in dem Serum schöne Flocken von Bacillen; die
Impfung mit dieser Cultur erzeugte jedoch bei Meerschweinchen keinen
Milzbrand.
Von der Entwickelung der Milzbrandbacterien ist bis jetzt be¬
kannt, dass die Bacillen sich unter gewissen Umständen durch Thei-
lung vermehren, dass in den Bacillen unter gewissen Umständen
Dauersporen entstehen, und dass aus letzteren wieder Bacillen hervor¬
wachsen können. Man glaubt damit die Entwickelung vollständig
erforscht zu haben. Im thierischen Organismus soll während der
Milzbrandkrankheit von vornherein eine Vermehrung der Bacillen durch
Theilung stattfinden, sei es, dass Bacillen oder dass Sporen einverleibt
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Milzbrandimpfung und Entwickelung der Milzbrandbacterien.
465
und aus letzteren die ersten Bacillen ausgekeirat sind. Die Vermeh¬
rung der Bacillen im Organismus soll die Krankheit erzeugen.
Mit dieser Anschauung war nun aber die Thatsache nicht in
Einklang zu bringen, dass das Blut der milzbrandkranken Thiere in
den ersten Stadien der Krankheit noch keine Bacillen enthält, selbst
wenn die Krankheit schon einen hohen Grad erreicht hat, sondern
dass die Bacillen erst eine kurze Zeit, frühestens 10 Stunden vor
dem Tode im Blute sich finden, und dass auch Impfungen mit dem
Blute von milzbrandkranken Thieren gewöhnlich nicht haften, wenn
das Blut eine längere Zeit vor dem Tode der Thiere entnommen ist
oder wenn der Milzbrand überhaupt nicht zum Tode führt. Kurz vor
dem Tode milzbrandkranker Thiere wurde das Blut oft infectiös be¬
funden, wenn es auch noch keine Bacillen enthielt. Wir brauchen
hier nur auf die klassische Abhandlung Oemler’s über Milzbrand 1 )
zu verweisen. Um die erwähnte Thatsache zu erklären, wird ange¬
nommen, dass die Entwickelung der Milzbrandbacillen nach der In-
fection zunächst nur in einzelnen Organen, in der Milz und nament¬
lich in den Lymphdrüsen, stattfindet, dass von diesen Organen aus
zwar ein von den Bacillen producirter giftiger Stoff in das Blut ge¬
langt und ein Allgemeinleiden erzeugt, dass die Bacillen selbst aber
erst später in den Blutstrora gelangen. Die namentlich von Oemler
und von Colin 2 ) aufgestellte und von beiden Autoren auf zahlreiche
eigene Versuche gestützte Behauptung, dass das Blut schon vor dem
Auftreten der Bacillen infectiös sei, suchte man durch den Einwand
zu entkräften, dass das eingeimpfte Blut immerhin einzelne Bacillen
enthalten haben könne, ja enthalten haben müsse, da doch zweifellos
ausschliesslich in den Bacillen der lnfectionsstoff des Blutes gegeben
sei. Das ist jedoch ein Circulus in demonstrando.
Wir hatten daher schon vor längerer Zeit bei Gelegenheit unserer
Irapfversuche begonnen, die Entwickelung der Milzbrandbacillen im
thierischen Organismus zu untersuchen, und wurden dann besonders
durch eine den Gegenstand betreffende Mittheilung von A. Archan¬
gelsk! im Centralblatt für die medicinischen Wissenschaften, No. 15,
1882, zu weiteren Untersuchungen veranlasst, Archangelski fand
in dem Blute der mit Milzbrand inficirten Thiere, wenn bei letzteren
schon Temperaturerhöhung bestand, statt der Bacillen nur kleine,
*) Dieses Archiv, Bd. II. ff.
2 ) Archives vötär. Aoüt. 1877.
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ROLOFF,
runde, glänzende, stark lichtbrechende, unbewegliche Kügelchen, an¬
nähernd von der Grösse gewöhnlicher Mikrococcen, aus welchen sich
in sterilisirter Hühnerbouillon Milzbrandbacterien entwickelten. In der
zweiten Generation entwickelten sich dieselben Bacterien und Fäden,
und Impfungen damit führten bei Mäusen zum Tode durch Milzbrand.
In einem Falle fanden sich die beschriebenen kugelförmigen Organis¬
men im Blute etwa 2 Tage, in allen übrigen Fällen jedoch erst 20
bis 30 Stunden bevor die betreffenden Thiere an Milzbrand starben.
A. betrachtete die bezeichnten Organismen als Keime der Bacterien
oder Sporen, die sich anfangs im Organismus durch Theilung ver¬
mehren und aus denen sich später die Bacterien herausbilden. Bei
künstlicher Züchtung der erwähnten Gebilde in Bouillon entwickelten
sich aus denselben bei Luftabschluss immer nur wieder „Sporen“, bei
Luftzutritt hingegen „Stäbchenbacterien und Fäden“. Die bei Luft¬
abschluss gezüchteten Sporen der dritten Generation gaben bei Luft¬
zutritt in neuen Culturen Bacterien, die auf Kartoffeln zu Fäden aus¬
wuchsen und auf Mäuse überimpft den Tod durch Milzbrand hervor¬
brachten. A. kommt zu dem Schluss, dass in der Entwickelung des
in Rede stehenden niederen Organismus eine Phase besteht, wo die
Sporen selbstständig durch Theilung sich vermehren, und dass diese
Entwickelungsform bei Luftabschluss beobachtet wird. Es seien mit¬
hin die Stäbchen und Fäden als Aeroben, die Sporen als die anaerobe
Form zu betrachten. Die Stäbchen entständen erst, wenn der Orga¬
nismus durch die Sporen schon hinlänglich alterirt sei und in der
Concurrenz um den zum Auswachsen der Stäbchen nöthigen Sauerstoff
der Vortheil auf Seiten der Pilze bleibe. Der Tod könne übrigens
auch schon eintreten, bevor die Sporen sich in Bacterien umwandeln,
namentlich bei höchst acutem Verlauf der Krankheit, und es sei daher
auch erklärlich, dass in manchen Fällen bei der Section keine Stäb¬
chen gefunden würden.
Wir haben bei unseren Versuchen von vornherein insofern ein
anderes Verfahren beobachtet, als wir nicht nur das Blut der milz¬
brandkranken Thiere auf die Anwesenheit der fraglichen kleinen
runden Organismen, bezw. der Bacillen untersuchten, sondern die
nachweislich kranken, und zwar zweifellos mit Milzbrand behafteten
Thiere vor dem Auftreten der Bacillen im Blute tödteten und dann
die Untersuchung auf die Organe ausdehnten, in welchen nach der
bisherigen Anschauung die Entwickelung der Bacillen, bevor letztere
in den Blutstrom gelangen, stattfinden sollte.
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Milzbrandimpfang and Entwickelung der Milzbrandbacterien. 467
Zu den in nachstehendem erwähnten Impfungen wurde Sporen¬
material verwendet, welches nach zahlreichen Versuchen in gewissen
Quantitäten auch bei Schafen ganz sicher tödtlichen Milzbrand erzeugt.
Dasselbe wurde in die Subcutis gebracht. Die mikroskopische Unter¬
suchung des Blutes und der Organe der an Milzbrand gefallenen oder
während der Krankheit getödteten Thiere wurde möglichst sorgfältig
ausgeführt.
1. Ein junges Schaflamm, dessen Körpertemperatur 40,1 0 C. betrug, wurde
vormittags 10V 2 Uhr geimpft und am folgenden Tage früh 9 Uhrgetödtet, nach¬
dem die Temperatur auf 41,2 0 gestiegen war. Das Lamm sah noch munter aus,
lag aber viel. An der Impfstelle hatte sich eine zweimarkstückgrosse flache An¬
schwellung entwickelt; die Haut darüber war geröthet, die Subcutis serös —
etwas blutig — infiltrirt. Blut hellroth, schnell und vollständig gerinnend, an
der Luft sich noch höher röthend. Die Lymphdrüsen in der Kniefalte und in der
Kniekehle über der Impfstelle geschwollen, stark geröthet. Milz am obern Ende
etwas geschwollen, aber fest und nicht höher geröthet. Im Blute, in der ge¬
schwollenen Subcutis an der Impfstelle, in den geschwollenen Lymphdrüsen und
in der Milz zahlreiche kleine, runde, glänzende Körperchen, aber keine Bacillen.
Die mit Blut resp. mit Substanz der kranken Lymphdrüse geimpften Meer¬
schweinchen erkrankten nicht.
2. Ein kräftiges Schaf wurde vormittags 10 Uhr geimpft. Temperatur des
Körpers 39,1°; am Abend 40,9°. Am nächsten Vonnittage T. 41,1—41,4°;
das Schaf sah noch munter aus, frass und zeigte keine Athembeschwerden. An
der Impfstelle am Hinterschenkel zeigte sich eine reichlich zweimarkstückgrosse,
flache, festweiche Anschwellung ohne Röthung der Haut. Das um 9 Uhr aus
der Haut über der Impfgeschwulst und aus der Haut unter dem Schwänze ent¬
nommene Blut war hellroth, gerinnend, frei von Bacillen, aber viele glänzende
Körperchen enthaltend.
Die mit dem Blute geimpften Meerschweinchen erkrankten nicht.
Auch um 12 Uhr sah das Schaf noch munter aus. Als es zur Untersuchung
aus dem Käfig genommen wurde, athmete es in Folge der Aufregung eine kurze
Zeit schnell und stossend. T. 41,4°; im Mastdarm blutiger Schleim. Schleim¬
haut stark geröthet. Das Schaf wurde um 12 Uhr getödtet. Blut hellroth, schnell
und vollständig gerinnend, Magen, Darm und Netz nicht höher geröthet, frei von
Extravasaten, Milz etwas vergrössert, Substanz hellroth, nicht erweicht, Nieren
normal, an der Impfstelle Subcutis blutig-serös infiltrirt, Kniefalten- und Schaam-
drüsen etwas geschwollen. Im Blute, in der Milz, in den erwähnten Lymphdrüsen
und in den Nieren fand sich keine Spur von Bacillen, sondern nur wieder eine
grosse Zahl glänzender Körperchen. Die Flüssigkeit aus der Subcutis an der
Impfstelle enthielt viele geschrumpfte rothe Blutkörper, zahlreiche weisse Blut¬
körperchen, sehr viele Körnchen, aber keine Bacillen.
Die Impfung bei Kaninchen mit Milzpulpa hatte negativen Erfolg; ein Meer¬
schweinchen, welches mit der Flüssigkeit aus der Subcutis von der Impfstelle des
Schafes geimpft war, starb nach 12 Stunden an ausgesprochener Septicämie; ein
anderes Meerschweinchen, welchem einige, im ganzen wie zwei Stecknadel knöpfe
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ROLOFF,
grosse Stöcke von den geschwollenen Lymphdrüsen in die Subcutis gebracht war,
starb 50 Stunden darauf an Milzbrand. Im Blute des letzteren Impflings fanden
sich zahllose Milzbrandbacillen; von Septicämie zeigte sich am Cadaver keine Spur.
3. Ein Schaf wurde vormittags 11 Uhr geimpft. T. vor der Impfung 38,8 °,
abends 6 Uhr 40,8 °. Am anderen Morgen um 7 Uhr Aussehen des Schafes mun¬
ter, Athmen beschleunigt, T. 41,5°. Blut aus'einem kleinen Unterhautgefäss
am Hinterschenkel, etwas entfernt von der Impfstelle, hellroth. gerinnend, zahl¬
reiche glänzende Körperchen enthaltend, frei von Bacillen.
Ein stecknadelknopfgrosses Gerinnsel von dem Blut wurde einem kräftigen
Meerschweinchen in die Subcutis gebracht. Dasselbe starb nach 62 Stunden an
Milzbrand. Das Blut und die stark geschwollene Milz enthielten zahllose Milz¬
brandbacillen.
Um 9 Uhr erschien das Schaf noch munter; an der Impfstelle geringe An¬
schwellung; T. 42,0°. Um 11 Uhr lag das Schaf, frass aber noch Hafer.
Athmen nicht erschwert, im Mastdarm blutiger Schleim. T. 41,5°. Blutproben
um 9 und um 11 Uhr wie um 7 Uhr. Die damit geimpften Meerschweinchen
blieben leben.
Um 6 Uhr abends Schaf anscheinend munter; es frass Heu, Athmen nicht
merklich beschleunigt oder erschwert, T. 40,5°.
Um 10 Uhr starb das Schaf an Milzbrand. Im Blute sehr viele Bacillen.
4. Ein alter magerer Hammel, welcher vor längerer Zeit schwer an Lupi-
nose erkrankt gewesen war, wurde vormittags 11 Uhr geimpft. T. 39,3°, abends
39,6°. Am andern Morgen T. 41.0°. Mittags 11 Uhr Aussehen des Thiereit
nicht verändert, Athmen ruhig, T. 41,4°, Impfwunde am Schenkel etwas ge-
röthet. mässig geschwollen, Blut aus einer Hautwunde unter dem Schwänze hell¬
roth, schnell gerinnend, frei von Bacillen, aber mit vielen glänzenden Körperchen.
Ein mit dem Blute geimpftes Meerschweinchen starb 47 Stunden nach der
Impfung an Milzbrand. Im Blute und namentlich in der angeschwollenen Milz
fanden sich unzählige Milzbrandbacillen.
Nachmittags 5 Uhr war der Hammel traurig, das Athmen beschleunigt und
erschwert. Das aus einem Hautschnitt am Schwanz entnommene Blut ist dunkel
und enthält unzählige Milzbrandbacillen.
Ein mit dem Blut geimpftes kräftiges Meerschweinchen starb 24 Stunden
nach der Impfung an Milzbrand.
Der Hammel fiel abends 7 Uhr an Milzbrand.
5. Ein Schaf wurde nachmittags 5 * 2 Uhr am Hinterschenkel geimpft. T.
39,6°. Am nächsten Vormittag 10 Uhr T. 40,5°. Blut aus einer kleinen Ar¬
terie unter dem Schwanz hellroth, schnell und vollständig gerinnend, frei von
Bacillen.
Ein mit dem Blut geimpftes Meerschweinchen blieb gesund.
Um 4 Uhr nachmittags T. 41.0°, Blut aus einem Gefäss unter dem Schwanz
hellroth, schnell gerinnend, frei von Bacillen.
Ein mit dem Blutgerinnsel geimpftes Meerschweinchen starb 54 Stunden
nach der Impfung an Milzbrand. Im Blute und namentlich in der Milz fanden
sich enorme Mengen von Bacillen.
Um 7 Uhr abends sah das Schaf noch munter aus und zeigte auch noch
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Milzbrandimpfung and Entwickelung der Milzbrandbacterien. 469
Appetit, T. 41,5°. Das demselben entzogene Blut gerann schnell und enthielt
keine Bacillen, wie auch mein College Herr Prof. Möller bestätigte.
Ein mit dem Blute geimpftes Meerschweinchen starb 47y 2 Stunden nach
der Impfung an Milzbrand.
Das Schaf, welches abends 7 Uhr noch munter frass, fiel in der folgenden
Nacht an Milzbrand.
Mit den dem Schafe früh um 10 Uhr und nachmittags um 4 Uhr und um
7 Uhr entnommenen Blutproben wurden jedesmal 4 Gläser sterilisirte Nährflüssig¬
keit inficirt. Die um 10 Uhr und um 4 Uhr inficirte Flüssigkeit blieb steril,
während in den um 7 Uhr inficirten Lösungen sich binnen 24 Stunden reichlich
Milzbrandbacillen entwickelten, die bei Meerschweinchen etwa 30 Stunden nach
der Impfung den Tod an Milzbrand herbeiführten.
Durch die in vorstehendem, mitgetheilten und andere, nicht
speciell erwähnte Versuche wird von neuem bestätigt, dass ein
Thier in hohem Grade milzbrandkrank sein kann, bevor Bacillen im
Blute auftreten. Es geht daraus aber auch hervor, dass, wie früher
schon Oemler und Colin nachgewiesen haben, der Infectionsstoff
bereits vor dem Auftreten der Bacillen im Blute vorhanden ist. Fer¬
ner fanden wir bei unseren Untersuchungen, dass die bisherige An¬
nahme, dass die Bacillen sich bei der Krankheit von vornherein durch
Theilung vermehren, aber zunächst in gewissen Organen des Körpers
festliegen und erst gegen Ende der Krankheit mobil werden, nicht
richtig ist, sondern dass sich auch hi den Organen, namentlich in der
Milz und in den Lymphdrüsen keine Bacillen finden, so lange letztere
im Blute fehlen. Den etwaigen Einwand, dass wir die Bacillen über¬
sehen hätten, können wir von vornherein zurückweisen; denn wenn
die Bacillen sich sofort nach der Infection des Thieres vermehrten
und die Krankheit erzeugten, so konnte es sich bei unseren Versuchs¬
tieren, welche etwa 24 Stunden nach der Impfung und nachdem sie
bereits in hohem Grade milzbrandkrank waren, getödtet wurden, nicht
mehr um einzelne, leicht zu übersehende Bacillen handeln. Wir
werden durch unsere Untersuchungen vielmehr in Uebereinstimmung
mit Archangelski zu der Ansicht geführt, dass die Milzbrandbactc-
rien im thierischen Organismus zunächst sowohl im Blute, als auch
in verschiedenen Organen in einer Entwickelungsforra vorhanden sind,
aus welcher endlich in dem bereits kranken Organismus die Bacillen
entstehen. Denn nach dem Befunde halten wir die kleinen Gebilde,
weiche wir vorläufig „glänzende Körperchen“ nannten, für Organismen.
Archangelski nennt dieselben „Sporen“ und betrachtet sie als die
anaerobe, die Stäbehen oder Fiäden hingegen als die aerobe Form der
31
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Archiv f. wissenHch. u. prahl. Thierlieilk. IX. 6.
470
ROLOFF.
Milzbrandbacterieiu A. scheint danach die während der Krankheit
im Blute vorhandenen „Sporen“ mit den Sporen zu identificiren,
welche sich post mortem in den Bacillen bilden. Wir vermuthen je¬
doch bis auf weiteres, dass die in den ersten Stadien der Krankheit
im Blute und in den Organen vorhandenen kleinen runden Organismen
eine dritte Entwickelungsform der Milzbrandbacterien neben den aeroben
Bacillen und den unter Umständen in den letzteren entstehenden, eben¬
falls aeroben Dauersporen darstellen. Dass die bekannten Dauersporen
sich bei Luftabschluss durch Theilung direct vermehren, ist noch nicht
nachgewiesen, bei ihrem Bau auch nicht wahrscheinlich.
Die Uebertragung des Milzbrandes von Schafen auf andere Thiere
durch das Blut, bevor in letzterem Bacillen auftraten, gelang uns
bisher frühestens 20 Stunden nach der Impfung und 15 Stunden vor
dem Tode der Schafe. Möglicherweise gelingt bei einem anderen als
dem gewöhnlichen Impfverfahren die Uebertragung schon früher. Be¬
merkenswerth ist, dass der Impfmilzbrand bei Meerschweinchen nach
der Impfung mit bacillenfreiem Blut langsamer verlief, als wenn mit
bacillenhaltigem Blut von einem dem Tode nahen oder gestorbenen
Schafe geimpft wird. Nach dem Tode der Thiere an Milzbrand haben
wir bisher immer Bacillen gefunden, wenn nicht im flüssigen Blute,
so doch in den Gerinnseln.
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Referate und Kritiken.
Die Formverändernngen des Pferdehufes bei Einwirkoog der Lut, mit
besonderem Bezug auf die Ausdehungstheorie. Nach eigenen Ver¬
suchen dargestellt von F. Peters, Ober-Rossarzt am Grossherzogi. Marstall
zu Schwerin. Berlin, Verlag von Paul Parey. 1883.
Wer in den letzten Jahren den Vorgängen auf dem Gebiete des Hufbeschlags¬
wesens gefolgt ist, dem wird nicht entgangen sein, dass ausser den mannigfachen,
wenn auch nicht immer praktischen Neuerungen an Hufeisen, welche aufgotaucht
sind, es sich auch auf dem wissenschaftlichen Theile dieses Gebietes regte. In
der Neuzeit war ganz besonders der Hufmechanismus ein Gegenstand der For¬
schung geworden, und das mit Recht, weil das Ergebniss der bisher darüber
geltenden Normen die Grundlage abgegeben hat und noch abgiebt, wie die Huf¬
fläche des Eisens beschaffen sein soll.
Der Verfasser, welcher sich bereits durch mehrere gute Arbeiten in einer
bisher weniger üblichen mathematisch - physikalischen Untersuchungsmethode
rühmlichst hervorgethan hat, sich zur Aufgabe stellte, das über den Huf-
raechanismus noch bestehende Dunkel zu lösen. Dass ihm dies in einer bisher
noch nicht dagewesenen Vollständigkeit gelungen ist, steht ausser Zweifel, denn
der Inhalt der Schrift beweist es.
Nach Anführung der hauptsächlichsten Theorien über die Bewegung der
Hornkapsel des Pferdehufes, weist er eine bis jetzt noch nicht hinreichend ge¬
würdigt gewesene Eigenschaft der Blättchenschicht nach, nämlich die Verlänge¬
rungsfähigkeit derselben. Diese Eigenschaft und 4ie Biegsamkeit der Blättchen¬
schicht ist es, welche die Möglichkeit einer Senkung des Hufbeines unter der
Einwirkung der Körperlast gewährt und in weiterer Folge alle davon abhängigen
Erscheinungen des Hufmechanismus erklärt und stützt. Die Senkung des Huf¬
beines findet nach des Verfassers Untersuchungen in der Weise statt, dass, indem
die Hufbeinzehe feststeht, der hintere Theil mit dem Strahlbeine als Appendix
des Hufbeines sich senkt und dabei eine kreisförmige Bahn beschreibt.
In der Darlegung über die Druckrichtung, welche der Fuss als Stütze der
bewegten Last auf den Erdboden ausübt, wird endlich auch der bisher streitige
Punkt: in welchem Momente der am Boden befindliche Huf am stärksten erwei¬
tert wird, erledigt. Es geschieht das kurz vor dem Abschwingen des Hufes vom
Boden, demnach in der Hufbeinbeuge-Voractionsstellung Lechner’s. Während
Lech ne r aber in dieser Druckrichtung die grösste Erweiterung des Hufes am
31*
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472
LUNGWITZ.
Tragrande eintreien lässt, nicht aber die stärkste Belastung, fallen nach des
Verfassers Untersuchungen beide Effecte zusammen.
Die Senkung des Hufbeines ist ferner vom Verfasser durch Versuche nach¬
gewiesen, und die gefundenen Veränderungen an den Wänden werden durch
Zeichnungen erläutert. Zu dem Untersuchungsergebniss kommt ausser dem Re¬
sultat, dass die Senkung des Hufbeines und der Hornsohle und die Erweiterung
der Wände in einem ganz neuen Lichte erscheint, noch als neu hinzu die Be¬
wegung der Hufknorpel nach abwärts und die elastische Verbiegung der Wand
nach ab- und rückwärts.
Verfasser formulirt die wichtigsten aufgefundenen Thatsachen folgender-
massen:
„1. Das Hufbein und die anhängenden Seitenknorpel führen Bewegungen
innerhalb des Homschuhes aus, indem sie sich kreisförmig um die Hufbeinspitze
drehen.
„2. Die elastische Wand wird durch die Blättchenschicht gezwungen, diese
Bewegungen mitzumachen und verändert hiermit die Seitenansicht des Hufes
derart, dass der Kronenrand sich nach rückwärts oberhalb der Stützfläche ver¬
schiebt und gleichzeitig sich derselben nähert. Also eine Verminderung der
Höhe des Hufsockels.
„3. Die Verminderung der Höhe ist verbunden mit einer Verbreiterung dos
Quermessers des Hufes. Sowohl am Kronen- wie auch am Tragrande wird seit¬
lich soviel Raum wiedergewonnen, als durch Reduction der Höhe verloren ge¬
gangen ist. Die Verbreiterung kommt dadurch zu Stande, dass die Seitenwände,
in einen hohen Grad elastischer Spannung versetzt, nach aussen weichen, dass
die Trachten wände dem Drucke des Hufbeins und der Seitenknorpel nach aussen
Folge leisten.
„4. Der hintere Theil des Sohlengewölbes flacht sich unter dem Drucke
der Last ab und gleicht ebenfalls durch seitliche Verschiebung der angrenzenden
Wandtheile die Raumbeengung aus, welche der Druck von oben erzeugt hat.“
Für diese seine Ausdehnungslheorie hält er den Namen „Depressionstheorie“
für den passendsten.
Der Nutzen und Zweck des Hufmechanismus erfährt vom Verfasser auf
Grund der Thatsache, dass die Ausdehnung und sonstigen Veränderungen nicht
unter dem einfallenden, sondern dem abstemmenden Fusse eintreten, eine ganz an¬
dere Beantwortung, durch welche auch der Praktiker in den Stand gesetzt ist,
seine Massnahmen beim Beschläge der Hüfe mit der Theorie besser in Einklang
zu bringen, als es bisher der Fall war.
In einem besonderen Kapitel werden die früheren Theorien mit der De¬
pressionstheorie verglichen und treffend kritisirt. Nur einen Punkt kann ich
nicht mit des Verfassers Ausführungen in Einklang bringen, nämlich den, dass
nach ihm dem Kronenbein eine erweiternde Wirkung der Hornkapsel durch Ein¬
dringen der Kronenbeinlehne zwischen die Hufknorpel abgesprochen wird. Es
giebt Erscheinungen am Hufe, welche dafür sprechen und welche noch dazu gar
nicht am belasteten Hufe, sondern im aufgebogenen Zustande als Erweiterung
sichtbar werden.
Nachdem Verf. das Zustandekommen der Schlifffläche auf den Hufeisen er*
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Referate und Kritiken.
473
klärt, stellt er bestimmte Forderungen an die Tragfläche des Hufeisens (wage¬
rechten Tragrand); dieselbe soll überall, auch an den Schenkelenden, auf dem
Wandtragrande aufliegen; er betont die Nothwendigkeit der Erhaltung eines
kräftigen hervorstehenden Strahles beim beschlagenen Hufe. Es sind dies Forde¬
rungen, denen ich mich voll und ganz anschliesse.
Zum Schlüsse werden die Krankheiten des Hufes vom Standpunkte der
neuen Theorie erörtert. Die hierbei gegebenen Deductionen sind als zutreffend
zu erachten, weil sie mit den thatsächliohen Verhältnissen übereinstimmen.
Offenbar hat sich der Verfasser mit der Veröffentlichung dieser Arbeit ein
grosses Verdienst erworben. DerPhysiolog, der Chirurg und der Hufbeschläger,
jeder von ihnen findet darin vortreffliches, die Schrift verdient deshalb die
grösste Beachtung und Verbreitung. Lungwitz.
Thieräntliches Recept-Taschenbuch. Von Joseph v. Grebner, Militär-
Oberthierarzt, und Ober-Medicinalrath Prof. v. Straub. IV. Aufl. Ulm 1883.
Ebner’sche Buchhandlung.
Das bereits in IV. Auflage erschienene Werk enthält etwa 800 alphabetisch
geordneto Artikel über die Erscheinungen, Ursachen und Behandlung verschiede¬
ner Thierkrankheiten. Viele Receptformeln sind beigefügt, auch ist die homöopa¬
thische Therapie angegeben. Das Werk ist mit grossem Verständnis angelegt
und mit vielem Fleiss bearbeitet, jedoch wohl hauptsächlich für das Laienpubli¬
kum bestimmt. Möller.
Jahresbericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Veterinär¬
medici n. Herausgegeben von Dr. Ellenberger und Dr. Schütz. 2. Jahr¬
gang (Jahr 1882). Berlin 1883. Verlag von Aug. Hirschwald.
In dem jetzt erschienenen 2. Jahrgange des genannten Berichts ist der In¬
halt in derselben Weise wie im 1. Jahrgange angeordnet, die Darstellung der
Leistungen auf dem Gebiete der Veterinärmedicin aber noch umfassender, da
zahlreiche hervorragende Fachgenossen des In- und Auslandes bei der Bearbei¬
tung mitgewirkt haben. Alle Arbeiten von wissenschaftlicher oder praktischer
Bedeutung, welche im Jahre 1882 erschienen, sind berücksichtigt und auszugs¬
weise wiedergegebon. Wir müssen darauf verzichten, eine Uebersicht des Inhalts
zu geben, wollen aber aufs Neue betonen, dass das Buch, wie kein anderes, es
auch dem viel beschäftigten praktischen Thierarzte ermöglicht, von den Fort¬
schritten der Wissenschaft und Erfahrung Kenntniss zu nehmen. Roloff.
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Kleinere Mittheilungen.
Die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten in Prenssen während
des Quartals April-Juni 1883.
1. Milzbrand. In 165 Gehöften, welche sich auf 154 Ortschaften und
97 Kreise vertheilen, sind an Milzbrand 10 Pferde, 204 Stück Rindvieh,
10 Schafe und 2 Schweine gefallen. Frei von dieser Krankheit blieben die
Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Köslin, Stralsund, Lüneburg, Stade, Minden, Köln,
Sigmaringen und die Stadt Berlin.
Die 10 an Milzbrand gefallenen Pferde vertheilen sich auf 9 Bestände; in
keinem Gehöft herrschte die Krankheit gleichzeitig unter dem Rindvieh.
Sechs Stück Rindvieh (2,85 pCt.) sind an Milzbrand erkrankt, jedoch ge¬
nesen. Von den 204 gestorbenen Stück Rindvieh entfallen 20,10 pCt. auf Schle¬
sien, 18,62 auf Sachsen, 13,24 pCt. auf Posen, 11,27 pCt. auf Hannover und
10,79 pCt. auf die Rheinprovinz.. In 7 Beständen starben kurz hinter einander
4 — 9, in 6 Beständen 3, in 4 Beständen 2, in 135 Beständen beschränkte sich
der Verlust auf 1 Stück Rindvieh.
Ueber die ursächlichen Verhältnisse der Milzbrandausbrüche enthält das
statistische Material nur die gewöhnlichen in jedem Quartal sich wiederholenden
Angaben. In Schleswig-Holstein wurden fast durchweg nur Fälle von Rausch¬
brand beobachtet, im Uebrigen scheint der Milzbrand vorwaltend in der apoplec-
tischen und nur selten in der carbunculösen Form aufgetreten zu sein.
Die 10 Milzbranderkrankungen bei Schafen wurden in 2 Herden beobachtet,
welche während des vorigen Jahres nach dem Pasteur’schen Verfahren geimpft
worden waren.
Von den beiden bei Schweinen vorgekomraenen Milzbranderkrankungen ent¬
fällt eine auf ein Gehöft, in welchem die Krankheit gleichzeitig unter dem Rind¬
vieh herrschte.
In Folge einer Infection bei dem Schlachten milzbrandkranker Rinder oder
bei dem Zerlegen von Milzbrandcadavern erkrankten schwer 7 Menschen, von
den 2 gestorben sind.
2. Tollwuth. Die Krankheit wurde bei 91 Hunden, 24 Stück Rindvieh,
15 Schafen, 8 Schweinen, ausserdem bei 95 herrenlos umherschweifenden Hunden
constatirt; nach § 19 der Instruction vom 24. Februar 1881 sind 332 Hunde
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Kleinere Mittheilungen.
475
und 3 Katzen, welche mit tollkranken Hunden in Berührung gekommen oder von
denselben gebissen waren, getödtet. Für 3 solche Hunde in Ostpreussen wurde
die Erlaubniss zu einer 3 monatlichen Observation ertheilt.
Ueber 5 ortsangehörige tollkranke Hunde entfallen auf die Reg.- bezw.
Landdr.-Bez. Königsberg, Gumbinnen, Marienwerder, Oppeln, Hannover, Osna¬
brück, Minden, 1 bis 5 auf die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Potsdam, Frankfurt,
Köslin, Posen, Bromberg, Breslau, Liegnitz, Hildesheim, Münster, Arnsberg,
Düsseldorf, Trier und Aachen, von den 95 herrenlos umherschweifenden Hunden
54 auf die Reg.-Bez. Königsberg und Gumbinnen. Ein Theil dieser Hunde soll
aus Polen übergelaufen sein. Es ist auffallend, dass in den Grenz-Reg.-Bez. Toll-
wutherkrankungen überhaupt häufiger als im Binnenlande vorgekommen sind.
Die meisten Erkrankungen sind durch den Biss herrenlos umherschweifender
Hunde veranlasst worden.
Von den 24 tollwuthkranken Stück Rindvieh gehörten 12 einem Bestände
von 43 Stück im Kreise Tuchei an. Die Erkrankungen bei Wiederkäuern und
Schweinen wurden meist durch den Biss tollwuthkranker Hirtenhunde veranlasst,
blieben jedoch, mit Ausnahme des oben genannten Falles, bei Rindvieh und
Schweinen fast durchweg vereinzelt. Die 15 Schafe gehörten 2 Herden an.
Von sicher beobachteten Incubationszeiten erwähnt das statistische Material
je einmal:
bei Hunden 26, 41 Tage;
beim Rindvieh 28 Tage;
bei Schweinen 9, 13 Tage.
Erkrankungen von Menschen an Wasserscheu werden in dem Berichtsmaterial
nicht erwähnt.
3. Rotz-Wurmkrankheit, ln 226 Beständen, welche sich auf 210 Ort¬
schaften in 133 Kreisen vertheilen, sind 31 Pferde gefallen, 450 auf polizeiliche
Anordnung, 15 auf Veranlassung der Besitzer getödtet worden. In 132 Bestän¬
den dauerte die Observation von der Ansteckung verdächtigen Pferden am Schlüsse
des Berichtsquartals noch fort. Die 496 getödteten und gefallenen Pferde bilden
23,33 pCt. der 2122 Pferde, welche die verseuchten Bestände zusammensetzten.
Frei von der Rotz-Wurmkrankheit blieben die Reg.- bezw. Landdr.-Bez.
Stade, Aurich, Arnsberg, Köln und Aachen. In den Reg.- bezw. Landdr.-Bez.
Erfurt, Lüneburg, Osnabrück, Minden wurde die Krankheit bei je einem Pferde,
in den Reg.-Bez. Schleswig, Kassel, Wiesbaden, Trier und Sigmaringen bei je 2,
im Reg.-Bez. Magdeburg bei 3 Pferden constatirt. In abgerundeten Procentsätzen
vertheilen sich die 496 getödteten und gefallenen Pferde, wie folgt, auf die ein¬
zelnen Provinzen:
Ostpreussen . . . .
. . . 5,63pCt.
Schleswig-Holstein . . .
. 0,40 pCt.
Westpreussen . . .
. . . 13,11 „
Hannover.
• 2,22 ,
Brandenburg . . .
• • • 7,47 „
Westfalen.
• 1,61 „
Pommern.
. . . 6,05 „
Hessen-Nassau.
. 0,80 „
Posen .
. . . 33 , 87 ').
Rheinprovinz.
. 2,42 „
Schlesien . . . . .
. . . 24,20 „
Hohcnzollernsche Lande
. 0,40 ,
Sachsen .
. • • K82 „
100,00 pCt.
In dem verhältnissmässig kleinen Reg.-Bez. Bromberg allein 23,60 pCt.
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476
Kleinere Mittheilungen.
In 52 Beständen, von denen 8 auf Westpreussen, 22 auf Posen und 8 auf
Schlesien entfallen, waren die Verluste durch die Rotz-Wurmkrankheit sehr be¬
deutend, oder dauerte das Herrschen der letzteren aus dem vorigen Quartal oder
seit noch längerer Zeit fort. Von den 1240 Pferden, welche diese Bestände zu¬
sammensetzten, sind im Berichtsquartal 282 (22.74 pCt.) und seit Constatirung
der Krankheit 440 (36,30 pCt.) getödtet worden bezw. gefallen. In 27 dieser
Seucheherde wurde die Krankheit während des Berichtsquartals constatirt, in 25
herrscht dieselbe seit dem vorigen‘Quartal oder seit noch längerer Zeit.
57 rotz - wurmkranke Pferde waren kurze Zeit vor Constatirung der Krank¬
heit angekauft, darunter 6 in Polen. 2 in Luxemburg, je eines in Belgien, Holland
und Böhmen, je 5 wurden bei Beaufsichtigung der Pferdemärkte bezw. Ross¬
schlächtereien ermittelt. In 12 Gehöften brach die Rotz-Wurmkrankheit unter
früher verseucht gewesenen Beständen nach längerer Zwischenzeit von Neuem aus,
von diesen 12 Beständen entfallen 5 auf Westpreussen und 6 auf Posen. Zahl¬
reiche Ausbrüche — die meisten in Posen und Schlesien — werden auf Ir.fection
unterweges oder in Gastställen zurückgeführt.
Von den verseuchten Beständen und den auf polizeiliche Anordnung ge-
tödteten Pferden entfallen:
verseuchte Bestände auf pol. Anordn. get. Pferde
auf grössere Güter. 24,36 pCt. 50,44 pCt.
auf kleinere Landwirtschaften 36,82 „ 27,11 „
auf Fuhrwerksbetrieb. 30,86 „ 18,89 „
unbestimmt. 7,96 „ 3,56 „
Der auf die grösseren Güter entfallende Procentsatz hat gegen das vorige
Quartal nicht unerheblich zugenommen.
Bei 36 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden (7,25 pCt.) ist nach
den Berichten lediglich Lungenrotz ohne gleichzeitig vorhandene krankhafte Ver¬
änderungen in den Nasenhöhlen bezw. der Haut constatirt worden. Von diesen
36 Pferden entfallen 23 auf den Reg.-Bez. Bromberg.
Von den 450 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden wurden 20
(4,44 pOt.) bei der Section nicht rotzkrank befunden.
Fälle von Erkrankung der Menschen in Folge einer Rotzinfection werden
in dem statistischen Material nicht erwähnt,
4. Maul- und Klauenseuche. Die Maul- und Klauenseuche hat auch
während des Berichtsquartals in einem bedeutenden Umfange geherrscht. Aus
der Thatsache, dass im Juni eine verhältnissmässig geringe Anzahl von Seucbe-
ausbrüchen beobachtet wurde, lässt sich jedoch die Annahme begründen, dass
die Verbreitung der Seuche in der Abnahme begriffen ist.
Die wenigsten Ausbrüche entfallen auf diejenigen Provinzen, welche Rind¬
vieh exportiren, solches dagegen gar nicht oder nur in beschränktem Masse ein¬
führen ; mithin auf die Provinzen Ostpreussen, Westpreussen, Pommern und
Schleswig-Holstein. Ganz seuchefrei blieben, wie im vorigen Quartal, der Reg.-
Bez. Gumbinnen, der Landr.-Bez. Aurich und das in Berlin einheimische Vieh.
Die Verbreitung der Aphthenseuche hat sich gegen das Quartal Januar-März
in den Provinzen Sachsen, Hannover, Westfalen und in der Rheinprovinz vermin-
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Kleinere Mittheilungen.
477
dert, ist dagegen in den Provinzen Brandenburg, Posen, Schlesien, ira Reg.-Bez.
Kassel und in den Hohenzollernschen Landen eine bedeutendere geworden.
Die Einschleppung erfolgte in den meisten Fällen durch Berührung mit ver¬
seuchtem Vieh nachbarlicher Orte, ausserdem durch Schweinetreibherden, durch
Ankauf von Schweinen oder Rindvieh oder durch den Verkehr von Rindvieh ver¬
schiedenen Ursprunges auf den Märkten, verhältnissmässig selten durch Zwischen¬
träger, namentlich durch Menschen, an deren Kleidern das Contagium haftete.
Nicht selten trat die Krankheit in ganz isolirten Gehöften auf, während die nähere
und weitere Umgegend seuchefrei blieb.
Vorzugsweise wurden Rinder und Schweine, sehr viel weniger Schafe er¬
griffen , ausserdem erwähnt das statistische Material nicht selten das Erkranken
von Ziegen. Vorwalteud blieb beim Rindvieh die Form der Mauiseuche. Schwere
Erkrankungen an den Klauen bezw. langwierige Folgeleiden an den letzteren ge¬
hörten zu den Ausnahmen. Selbst in den am stärksten verseuchten Reg.-Bez. kam
es häufig vor, dass sich die Seuche auf das Ausbrucbsgehöft oder auf wenige Be¬
stände beschränkte, während sie in nachbarlichen Orten kaum einen Viebstand
verschonte.
Die Tabellen führen als an der Aphthenseuche gefallen an: 134 Stück Rind¬
vieh, 107 Schafe und 1 Schwein, darunter befinden sich 75 Kälber unter 3 Mo¬
naten Alter und 78 Sauglämmer. Einige Stück Rindvieh mussten wegen lang¬
wieriger Nachkrankheiten an den Klauon getödtet werden.
An vielen Orten hat man mit Erfolg die Impfung ausgeführt, um den Seuche¬
verlauf zu beschleunigen.
Erkrankungen von Menschen nach dem Genuss von unaufgekochter Milch
aphthenkranker Thiere sind nicht beobachtet worden.
5. Lun gen seuche. An der Lungenseuche sind erkrankt 714, gefallen
9, auf polizeiliche Anordnung wurden getödtet 699, auf Veranlassung der Be¬
sitzer 28 Stück Rindvieh. Die Fälle vertheilen sich auf 61 Gehöfte bezw. 44 Ort¬
schaften in 29 Kreisen der Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Potsdam, Frankfurt, Posen,
Bromberg, Magdeburg, Merseburg, Schleswig, Hannover, Hildesheim, Münster,
Arnsberg und Kassel. Von den 56 Gehöften, in denen Thiere auf polizeiliche
Anordnung getödtet wurden, sind 37 solche, in denen das Herrschen derLungen :
seuche während des Berichtsquartals constatirt wurde, in 19 Gehöften dauerte
das Herrschen der Krankheit aus dem vorigen Quartal fort. Von den 56 Seuche¬
gehöften entfallen 34 auf den Reg.-Bez. Magdeburg und 8 auf den Reg.-Bez.
Merseburg. Im ganzen Staate blieben am Schlüsse des Berichtsquartals 44 Be¬
stände übrig, in denen die Seuche noch nicht für erloschen erklärt werden konnte.
Die 736 getödteten bezw. gefallenen Stück Rindvieh bilden 25 ; 29 pCt. der
2910 Thiere, welche die verseuchten Bestände zusammensetzten. Die 714 an
Lungenseuche erkrankten Thiere vertheilen sich in abgerundeten Procentsätzen,
wie folgt, auf die nachstehend genannten Provinzen:
Brandenburg.21,71 pCt,
Posen. 1,54 „
Sachsen. 66,53 „
Schleswig-Holstein .... 5,60 „
Hannover. 3,22 pCt.
Westfalen. 0,98 *
Hessen-Nassau. 0,42 „
100.00 pCt.
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478
Kleinere Mittheilnngen.
Die bedeutenden Verluste in der Provinz Brandenburg entfallen auf 2 Be¬
stände , abgesehen von der Provinz Sachsen ist die Zahl der Erkrankungen eine
geringfügige geblieben, die in der Provinz Schleswig-Holstein beobachteten sind
in einem Bestände vorgekommen, in welchen die Seuche vom Hamburger Sohlacht¬
viehmarkt eingeschleppt worden war.
Die Lungenseuche wurde in 7 Bestände durch aus Bayern bezogene Zug¬
ochsen eingeschleppt.
Von den verseuchten Beständen und den auf polizeiliche Anordnung ge-
tödteten Thieren entfallen:
verseuchte Bestände auf pol. Anordn. get. Thiere
auf grössere Güter. 53 37 pCt. 89,85 pCt.
auf kleinere Landwirthschaften 46,63 „ 10,15 „
Der Verlust an auf polizeiliche Anordnung getödteten Thieren betrug durch¬
schnittlich in den grösseren Gütern 25,75, in den kleineren Landwirthschaften
21,13 pCt. der vorhandenen Bestände.
Von der Impfung ist in 7 Beständen des Reg.-Bez. Magdeburg und in 3 Be¬
ständen des Reg.-Bez. Merseburg Gebrauch gemacht. Ueber die Resultate der
Impfung wird nur mitgetheilt, dass trotz derselben in Grost, Kr. Querfurt, von
116 Stück des Bestandes 41 abgeschlachtet worden mussten.
6. Schafpocken. Ausbrüche der Schafpocken wurden nur in den nach¬
stehend genannten 3 Orten beobachtet: in 3 Gehöften von Worskallen, Kr. Nei-
denburg, Reg.-Bez. Königsberg — die Seuche hatte während des Spätherbstes
v. J. in der Nachbarschaft geherrscht —, in Abbau Montowen, Kr. Sensburg,
Reg.-Bez. Gumbinnen — die Schafe des Dorfes, zu welchem der Abbau gehört,
hatten im vorigen Winter an den Pocken gelitten — und in einem Gehöft von
Paceltowo, Kr. Lobau, Reg.-Bez. Marienwerder. Nähere Angaben über den zu¬
letzt genannten Ausbruch liegen nicht vor.
7. Bläschenausschlag der Pferde und des Rindviehs. Unter den
80 an diesem Ausschlage erkrankten Pferden befinden sich 5 Landgestütshengste.
Ein Hengst im Landdr.-Bez. Aurich inficirte 49 Stuten.
Von den 360 am Bläschenausschlag erkrankten Stück Rindvieh entfallen
76 auf den Reg.-Bez. Schleswig und 93 auf den Reg.-Bez. Wiesbaden.
Die Beschälseuche ist nicht beobachtet worden.
8. Räude der Pferde und Schafe. Von den räudekrank befundenen
394Pferden entfallen 170 (43,15pCt.) auf die Provinzen Ost- und Westpreussen,
88 (22,33 pCt.) allein auf den Reg.-Bez. Königsberg. Unter einzelnen Bestän¬
den dieser beiden Provinzen hat die Räude eine sehr bedeutende Verbreitung
erlangt. Grössere Räudeherde, d. h. das Erkranken zahlreicher Pferde desselben
Bestandes, sind ausserdem in einzelnen Beständen der Reg.- bezw. Landdr.-Bez.
Köslin, Erfurt, Hildesheim, Minden und Kassel beobachtet worden. In der Regel
beschränkte sich das Vorkommen der Krankheit auf 1—3 Pferde desselben Be¬
sitzers. Ein grosser Theil der räudekranken Pferde hatte einen sehr geringen
Werth und gehörte Fuhrleuten. Frei von der Pferderäude blieben die Reg.- bezw.
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Kleinere Mittheilungen.
479
Landdr.-Bez. Stralsund, Stade, Anrich, Münster, Arnsberg, Wiesbaden, Koblenz,
Düsseldorf, Aachen, Sigmaringen und die Stadt Berlin.
Im Ganzen 20 Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekaoft
worden, darunter je 1 in Russland und Oesterreich, 12 räudekranke Pferde wur¬
den auf Märkten ermittelt, zu 9 Ausbrüchen der Krankheit soll Infection unter-
weges Anlass geboten haben. Von 394 rändekranken Pferden sind 29 (7,36pCt.)
theils auf Veranlassung der Besitzer getödtet worden, theils gefallen.
Infectionen von Menschen durch die Wartung rändekranker Pferde wurden
in je einem Orte der Kreise Oletzko, Kolberg-Körlin und Göttingen beobachtet.
Das statistische Material vervollständigt wesentlich die im vorigen Quartal
mitgetheilten Angaben über die Verbreitung der Schafräude. Frei von dieser
Krankheit sind nur die Reg.-Bez. Gumbinnen, Danzig, Stralsund, Posen, Brom¬
berg, Liegnitz, Oppeln, Koblenz, Trier, Aachen und die Stadt Berlin.
In den Reg.-Bez. Königsberg, Marienwerder, Potsdam, Frankfurt, Köslin,
Breslau, Schleswig, Wiesbaden und Köln dauert das Herrschen der Räude in
einigen Schafherden seit dem vorigen Quartal oder seit längerer Zeit fort bezw.
wurde dasselbe in wenigen Herden während des Quartals constatirt. Etwas
grösser ist die Verbreitung der Krankheit in den Reg.-Bez. Stettin und Merseburg.
Dagegen herrscht die Räude sehr weit verbreitet in den Provinzen Hannover
und Westfalen, ferner in den Reg.-Bez. Magdeburg, Erfurt, Kassel, Düsseldorf
und Sigmaringen, in einzelnen Kreisen zum Theil derartig, dass sich kaum eine
iäudefreie Herde vorfindet.
In allen Bezirken war die Tilgung in vollom Gange, in einzelnen Kreisen
auch schon bei einer grösseren Zahl von Herden mit Erfolg beendet. Aus den
meisten Reg.-Bez. wird jedoch berichtet, dass genauere Angaben über die Til¬
gung der Räude erst im nächsten Quartal mitgetheilt werden können. Müller.
Pigmentbildung bei einem Schwein nnd einem Kalb. Von Dr. Lemke,
Städtischer Schlachthof-Thierarzt in Bremen.
Innerhalb der letzten 3 Monate wurden auf dem Schlaohthofe in Bre¬
men 2Thiere geschlachtet, bei denen die Inspection Folgendes ergab: das Unter¬
hautgewebe ist dunkel gefärbt, theils grauschwarz, theils schwarz, nur kleine
Partien zeigen eine graue Farbe. Das intermusculäre Gewebe ist grössten theils
dunkelschwarz; Leber und Lunge haben gleichfalls eine schwarze Farbe, ebenso
die Häute des Gehirns und Rückenmarks. Eines dieser Thiere, ein Schwein,
zeigte bei Lebzeiten keino Krankheitserscheinungen; der Nährzustand war ein
sehr guter. Die mikroskopische Untersuchung ergab Folgendes: Der schwarze
Farbstoff ist körnig, nicht crystallinisch oder diffus. Die Körner sind von ziem¬
lich gleicher Grösse und sitzen in den Zellen. Vorwiegend zeigt sich die Pig¬
mentbildung in der Nähe der Blutgefässe und im Verlaufe derselben. Sehr in-
structiv hierfür sind die Veränderungen in der Leber. Hier liegen die Körnchen
extraacinös und zwar in dem die portalen Gefässe umkleidenden, Bindegewebe.
Ferner ist in die Augen fallend, dass überall diejenigen Stellen die stärkste Pig¬
mentbildung zeigen, welche in unmittelbarer Nähe der Blutgefässe gelegen sind.
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Kleinere Mittheilungen.
Nichts liegt daher näher, als der Schluss, dass die Blutgefässe einen Ein¬
fluss auf die Pigmentbildung ausüben, resp. dass das Blut in erster Instanz
das Material zur Pigmentbildung hergiebt. Uebrigens handelt es sich im vorlie¬
genden Fall nicht um den Act einer einfachen Ausscheidung oder Ablagerung.
Untersucht man die Chorioidea und Iris, so findet man ebenfalls, dass die Lage¬
rung des Pigments in der Richtung der Blutgefässe liegt. Speciell bei alten Rin¬
dern ist es keine seltene Erscheinung, dass die Pia mater cerebralis et spinalis
stellenweise oder in grösserer Ausdehnung schwarz gefärbt ist. Blutungen haben
hier nicht stattgefunden, so dass man sagen könnte, dass das Hämatin sich in
Pigment umgewandelt habe. Es handelt sich somit um eine active Thätigkeit
der Zellen selbst. Die den Blutgefässen zunächst liegenden Zellen sind wahr¬
scheinlich besser ernährt und in Folge dessen auch leistungsfähiger. Wie es
kommt, dass die Zellen zur Bildung von Pigment in einzelnen Fällen befähigt
sind, vermag ich nicht anzugeben.
Der 2. Fall von Pigmentbildung wurde hierselbst während meiner Abwesen¬
heit im Monat Mai bei einem Kalbe von dem mich in dieser Zeit vertretenden
Collegen beobachtet. Letzterer hatte einzelne Theile und Organe aufbewahrt.
An diesen konnte ich genau denselben Befund, wie oben erwähnt, constatiren.
Ich will nicht unerwähnt lassen, dass bereits Saake in dem Archiv für
Thierheilkunde, Jahrgang 1878, S. 226 einen kurzen Artikel über pigmentirten
Speck von einem Schweine publicirt hat. Wahrscheinlich handelt es sich um die¬
selbe Art von Pigmentbildung, wie die von mir beschriebene. Ausserdem ist mir
aus der Literatur kein Fall von solcher Pigmentbildung bekannt geworden.
Persigtirende Schwanzfäden bei Rindern. Von Dr. Lemke, städtischer
Scblachthof-Thierzarzt in Bremen.
In der am 8. Februar 1883 ausgegebenen Zeitschrift für Thiermedicin und
vergl. Pathologie von Bollinger und Frank findet sich S.93 von Dr. M. Braun
in Dorpat eine kurze Abhandlung über den Schwanz bei Säugethier-Embryonen.
Braun sagt daselbst, dass der Schwanz bei einer grossen Anzahl von Thieren
während einer bestimmten Zeit der fötalen Entwickelung aus 2 Abschnitten be¬
steht; einem vorderen wirbelhaltigen und einem hinteren wirbellosen Theil
(Schwanzfaden). Letzterer geht allmählich durch Resorption zu Grunde. Da
aber dieser Vorgang sehr unregelmässig geschieht und beim Menschen einige,
seltene Male sog. * weiche Schwänze * zur Beobachtung gelangt sind, so ist
Braun der Ansicht, dass auch bei Thieren homologe Bildungen anzutreffen sind.“
Hier ein Beispiel. Der Schwanz stammt von einer 5jährigen, im Monat
März auf dem hiesigen Schlachthofe geschlachteten Kuh. Die äussere Haut legt
sich nipht straff, wie es sonst regelmässig der Fall ist, um den letzten Schwanz¬
wirbel, sondern sie verläuft ununterbrochen, ohne Einschnürung oder Abgren¬
zung, in der Längsachse der Schwanzwirbel 6 Cm. weiter. Dieses 6 Cm. lange,
weiche Schwanzstück ist genau so, wie die übrige Schwanzhaut, mit Haaren be¬
setzt. Das untere Ende läuft in eine kegelförmige, fest geschlossene Spitze aus.
Hier nehmen die längeren Haare (Quaste) ihren Anfang. Das weiche Schwanz-
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Kleinere Mittbeilangen.
481
ende ist, wie ein Stück Haut, leicht nach allen Richtungen hin zu verbiegen.
Der Dickendurchmesser ist um ein geringes stärker, als bei der Haut, welche die
letzten Schwanzwirbel überzieht. Anatomische Veränderungen sind nicht nach¬
zuweisen ; ebenso wenig knorpelige oder knöcherne Einlagerungen.
Diesen Schwanz habe ich damals an das pathologisch-anatomische Institut
zu Hannover eingeschickt.
Ich bemerke, dass ich früher während meiner Anwesenheit im Grosherzogth.
Oldenburg 2 mal, bei einem Ochsen und bei einer Kuh, weiche Schwänze gesehen
habe. Einzelne Landleute kennen derartige Schwanzbildungen sehr gut. Sie
worden selbst erst darauf aufmerksam, wenn ein solches Thier erkrankt ist. Der
Patient wird dann untersucht und überall befühlt. Bei der Palpation geht nie¬
mals der Schwanz leer aus. Findet sich dann ein weiches Schwanzende, so soll
dieses auch die Krankheitsursache darstellen. Von den beiden Thieren, an denen
ich Gelegenheit hatte, weiche Schwänze zu sehen, litt das eine an Indigestion,
das andere war mit einem chronischen Lungenleiden behaftet. Die Besitzer ver¬
langten eine Einreibung für den kranken Schwanz, da nach ihrer Ansicht in dem¬
selben die Krankheit zugegen sei. Alle meine Bemühungen, die Leute von ihrer
irrthümlichen Vorstellung abzubringen, waren erfolglos. Und da ich mich nicht
dazu verstehen konnte, die Schwänze zu behandeln, so wurde ich entlassen und
ein anderer Thierarzt mit der Behandlung betraut. Ueber die Zeit, wann bei
Hausthier-Embryonen die Resorption der Schwanzfaden stattfindet, werde ich
später Mittheilung machen, sobald ich eine grössere Zahl von fötalen Thieren
hierauf geprüft und meine Untersuchungen beendet habe.
Die Lnngensenche in Holland im Jahre 1882. von F. Roioff.
Nach dem amtlichen Jahresbericht (Verslag aan den Koning) pro 1882 sind
in dem Jahre in Holland ausserhalb des bekanntlich seit langer Zeit stark ver¬
seuchten und daher abgesperrten sogen. Spoelingdistricts in 4 Gemeinden in
ebensoviel Viehbeständen 11 Stück Vieh an Lungenseuche offenbar erkrankt, und
zwar 10 Stück in 3 Gemeinden in Südholland während der Zeit vom 29. Jan. bis
22. April und 1 Stück in 1 Gemeinde in Nordholland im December. Von den
verseuchten Gemeinden in Südholland liegen 2 an der Grenze des Spoeling¬
districts, so dass die Einschleppung der Seuche aus letzterm District hatte leicht
stattfinden können; die Einschleppung in die anderen beiden Gemeinden, nament¬
lich in die Gemeinde in Nordholland, konnte nicht nachgewiesen werden. In den
4 Fällen wurden sowohl die kranken, als auch sämmtliche der Ansteckung ver¬
dächtige Thiere getödtet. Im Jahre 1881 waren 12 Rinder in 6 Gemeinden an
Lungenseuche offenbar erkrankt.
In den Schlachthäusern des abgesperrten Spoelingdistricts wurden im Laufe
des Jahres 1882 bei 184 Stück Vieh, welches 56 verschiedenen Besitzern ge¬
hörte, beim Schlachten die Erscheinungen der Lungenseuche ermittelt. Im Jahre
1881 waren in den Schlachthäusern 267 Rinder, die 64 Besitzern gehörten, mit
Lungenseuche behaftet befunden. In dem Spoelingdistrict war bekanntlich bis¬
her die Tödtung des der Ansteckung verdächtigen Viehes nicht vorgeschrieben,
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Kleinere Mittheilungen.
weil das Vieh ohnehin zum Schlachten bestimmt ist und in bestimmten Schlacht¬
häusern des Bezirks geschlachtet werden muss. Eine Verschleppung der Seuche
über die Grenze des Bezirks hinaus wurde durch strenge polizeiliche Massregeln
möglichst verhindert, und innerhalb des Bezirks suchte man die Seuche nament¬
lich durch die obligatorische Schutzimpfung zu unterdrücken. Da jedoch schon
seit geraumer Zeit beobachtet war, dass die Seuche in einzelnen Theilen des Be¬
zirks und in den Viehständen gewisser Besitzer immer wieder vorkam, so
wurde eine Untersuchung vorgenommen, und dabei fand sich Grund zu der Ver-
muthung, dass sich unter den betreffenden Viehständen durchgeseuchte Rinder
befanden, welche als Ursache der Fortdauer der Seuche angesehen werden
mussten. Um darüber Gewissheit zu erlangen, beantragte der Bezirksthierarzt
im August 1881, die damals in Schiedam vorhandenen verdächtigen Rinder zu
enteignen und zu schlachten. Beim Schlachten dieser Rinder fand sich, dass
viele in höherem oder geringerem Grade an Lungenseuche gelitten hatten. Auf
Grund dieser Erfahrung wurde dann auch für den Spoelingdistrict die Tödtung
der der Ansteckung verdächtigen Rinder angeordnet. „Es erschien rathsam, sich
nicht ausschliesslich auf die Wirkung der Impfung zu verlassen, die, so gross ihr
Nutzen gewesen ist, allein nicht vermag, das Uebel im Spoelingdistrict zu über¬
winden.“ Die Tödtung der der Ansteckung verdächtigen Rinder findet nunmehr
gewöhnlich dann statt, wenn nach der Ansicht des Districtsthierarztes die An¬
steckung um sich gegriffen hat, und es wird daher in der Regel ein zweiter Er¬
krankungsfall abgewartet. Einige Male wurden kleinere Viehbestände auch schon
dann enteignet, wenn nur erst ein Fall von Lungenseuche vorgekommen war,
namentlich wenn das der Ansteckung verdächtige Vieh nicht sicher abgesperrt
werden konnte. Im Ganzen wurden im Jahre 1882 aus 30 Viehbeständen
des Spoelingdistricts 572 und in den oben erwähnten 4 Gemeinden ausserhalb des
Districts 92 der Ansteckung verdächtige Rinder getödtet. Von diesen 664 Rin¬
dern wurden 153 bei der Section mit Lungenseuche behaftet befunden. Geimpft
wurden im Spoelingdistrict im Jahre 1882 im Ganzen 22172 Rinder, von denen
207 in Folge der Impfung fielen.
Aus den Angaben des Berichts geht mithin hervor, dass die Lungenseuche
auch bei dem geimpften Vieh recht oft vorkam, da in dem ziemlich kleinen
District 56 Seuchenausbrüche ermittelt wurden, und dass viele, anscheinend ver¬
schont gebliebene Rinder erkrankt und unbemerkt durchgeseucht waren. Ausser¬
dem ist aus dem Verzeichnisse der Fälle ersichtlich, dass die Seuche sich in den
der Schutzimpfung unterworfenen Beständen öfter lange hinschieppte. In folgen¬
den Fällen, denen wir die laufenden Nummern des Verzeichnisses des Berichtes
voranstellen, dauerte die Seuche länger als drei Monate.
Im Schlachthause
No. des
Erster
Letzter
geschl. u. mit Lun¬
Als verdächtig
Verzeichnisses
Krankheitsfall
Krankheitsfall
genseuche beh. bef.
getödtet
4
28. Jan. 1882
18. Juni 1882
4
15
10
5. Mai 1882
7.Aug.l882
4
—
17
22.Dec.1881
12.Dec. 1882
8
34
18
6. Jan. 1882
12. Mai 1882
7
20
19
l2.Dec. 1881
1. Mai 1882
16
6
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Kleinere Mittheilungen.
483
No. des
Erster
Letzter
Im Schlachthause
geschl. u. mit Lun¬
Als verdächtig
Verzeichnisses
Krankheitsfall
Krankheitsfall
genseuche beh. bef.
getödtet
33
10.Nov.1881
5. Mai 1882
4
—
34
12.Sept. 1881
2.Feb. 1882
1
—
37
3. April 1882
21. Juli 1882
12
16
39
23.AprilI882
20. Dec. 1882
13
56
51
9.Jan. 1882
1. Mai 1882
5
9
55
10. Juli 1882
8. Dec. 1882
2
—
Für die
der Ansteckung
verdächtigen enteigneten Rinder wurde der volle
Werth als Entschädigung gezahlt, und zwar für 664 Thiere 136395 Fl. In
Südholland wurden die Rinder durchschnittlich auf 207,23 Fl. in Nordholland
auf 152,27 Fl. pro Stück abgeschätzt. Der höhere Preis in Südholland wurde
dadurch bedingt, dass die Thiere zum grossen Theil fett waren. Für die krank¬
heitshalber getödteten Thiere wurde die Hälfte des Werthes bezahlt. Aus dem
Verkauf des Fleisches von den getödteten Thieren wurden 74866,70 Fl. erlöst,
so dass die zu leistende Entschädigung im Ganzen 62378,30 Fl. betrug.
Da verschiedene Versuche, von der englischen Regierung mehr Freiheit für
die Einfuhr von holländischem Vieh zu erlangen, fruchtlos gewesen waren und es
sich herausgestellt hatte, dass in dem Verhältnis keine Aenderung eintreten
werde, so lange Holland nicht ein ganzes Jahr von der Lungenseuche frei ge¬
blieben ist, so wurde von verschiedenen Seiten, namentlich von vielen Kammern
des Handels und der Fabriken bei der Regierung beantragt, zur Unterdrückung
der Seuche im Spoelingdistrict kräftigere Massregeln anzuordnen und nicht zu ex-
perimentiron, sondern das Verfahren in Anwendung zu bringen, welches sich in
der Praxis bewährt und in den übrigen Provinzen so gute Erfolge gehabt habe.
Namentlich wurde auch das Verlangen gestellt, die Entschädigung für die Im¬
pfung zu versagen. Nach dem Bericht sind jedoch strengere Massregeln nicht
erforderlich, da zu hoffen sei, dass die Vorschriften des Gesetzes vom 20. Juli
1870 und der Königlichen Verordnung vom 17. August 1878 in Verbindung mit
der Impfung und der Tödtung der inficirten Viehbestände genügen werden, die
Seuche allmählich zu unterdrücken.
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Personal-Notizen.
Ernennungen und Versetzungen.
Der Kreisthierarzt Wilh. Georg Adam Dav. Coester in Wetzlar, Reg.-Bez.
Koblenz, unter Entbindung von seinem gegenwärtigen Amte zum commissarischen
Departementsthierarzt für den Reg.-Bez. Wiesbaden und zum Kreisthierarzt für
den Stadt- und Landkreis Wiesbaden.
Der Kreisthierarzt Karl F. W. Gips in Kolberg, Reg.-Bez. Köslin, zum De¬
partementsthierarzt des Reg.-Bez. Köslin und unter Entbindung von seinem gegen¬
wärtigen Amte zum Kreisthierarzt des Kreises Köslin mit dem Amtswohnsitz in
Köslin.
Der Amtsthierarzt Heinr. Fr. Brause in Dresden zum commissarischen
Kreisthierarzt des Kreises Pr.-Eylau, Reg.-Bez. Königsberg.
, Der Kreisthierarzt Eug. Rieh. Louis Guettler in Schweidnitz, Reg.-Bez.
Breslau, unter Entbindung von seinem gegenwärtigen Amte zum Kreisthierarzt
des Kreises Rothenburg, Reg.-Bez. Liegnitz, mit dem Amtswohnsitz in Rothen¬
burg in der Oberlausitz.
Der Thierarzt Jul. Barthol. v. Lojewski zu Labiau zum commissarischen
Assistenten des Grenz- und Kreisthierarztes zu Prostken, Reg.-Bez. Gumbinnen,
mit dem Amtswohnsitz in Lyck.
Der Thierarzt Otto Regenbogen in Biedenkopf zum commissarischen Kreis¬
thierarzt des Kreises Neumarkt, Reg.-Bez. Breslau, mit dem Amtswohnsitz in
Neumarkt.
Der Thierarzt Rieh. Paul Tietze in Oppeln zum commissarischen Kreis¬
thierarzt des Kreises Kolmar, Reg.-Bez. Posen, mit dem Amtswohnsitz in Kolmar.
Der Thierarzt Alb. Ziegenbein in Magdeburg zum commissarischen Kreis¬
thierarzt des Kreises Jerichow I., Reg.Bez. Magdeburg, unter einstweiliger Be-
lassung an seinem gegenwärtigen Wohnsitz.
Definitiv übertragen wurden die bisher commissarisch verwalteten Kreis¬
thierarztstellen
des Kreises Frankenberg dem Kreisthierarzt Ritz in Frankenberg,
* * Fischhausen * « Schumann in Curaehnen,
„ * Husum „ „ Heinrichsen in Husum,
* * Usedom-Wollin * * Ruthe in Swinemünde.
Ordens-Verleihung.
Dem ThierarztLudw. Ruebsamon zu Welschneudorf, Reg.-Bez. Wiesbaden,
den Kronenorden 4. Classe.
Aus dem Staatsdienst geschieden:
Der Kreisthierarzt Karl Gustav Eduard Schroeter in Burg, Reg.-Bez.
Magdeburg.
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Personal-Notizen.
485
Todesfälle.
Der Kreisthierarzt F. W. C. Brabaender in Recklinghausen, Reg.-Bcz.
Münster.
Der Thierarzt Karl Friedr. Kud. Her ms in Berlin.
Der Thierarzt Karl Wilh. Heinr. Neubert in Gröbzig (Anhalt).
Dor Kreisthierarzt Heinr. Fr. Wilh. Welhausen in Nordhausen, Reg.-Bez.
Erfurt.
Vacanzen.
(Die mit * bezeichneten Vacanzen sind seit dem Erscheinen von Bd. IX, Heft 4 u. 5
dieses Archivs hinzugetreten oder von Neuem ausgeboten).
Regierungs-
resp.
Landdrostei-Bezirk i
Kreisthierarztstellen
des
Kreises
Gehalt.
Zuschuss
aus
Kreismitteln.
Königsberg
Mohrungen
600
Mark
600
Mark
Potsdam
West Havelland
600
r
—
7
Köslin
Kolbcrg-Körlin *')
600
»»
—
7
Breslau
Militsch
600
7
—
7
r
Schweidnitz 0
600
7
—
7
Oppeln
Grottkau
600
r>
—
7
Magdeburg
Halberstadt
600
7
—
7
Münster
Steinfurt
600
T)
450
7
Arnsberg
Siegen
600
7
• —
7
Koblenz
Adenau-Ahrweiler 0 2 )
600
„
200
7
7
Wetzlar 0
600
7
—
7
Düssoldorf
Cleve
600
—
7
Trier
Daun 3 )
600
7
732
7
Prüm
600
7
600
7
Aachen
Montjoie*
600
1
V
900
7
Die Niederlassung eines Thierarztes wird gewünscht:
in Bevensen, Kr. Uelzen, Landdr.-Bez. Lüneburg. Auskunft ertheilt der
Bürgermeister Herbst daselbst.
In Dirschau, Reg.-Bez. Marienwerder. Auskunft durch den Apotheker
Stroschoin daselbst.
In Freien walde i.Pomm., Kr. Saaizig, Reg.-Bez. Stettin. Auskunft durch
J. 0. H. Rein sch daselbst.
In Norden bürg, Kr. Gerdauen, Reg.-Bez. Königsberg. Auskunft ertheilt
Apotheker v. Schaewen daselbst.
Die Verwaltung des Schlachthofes zu Bremen will einen Thierarzt für das
Schlachthaus anstellen. Gehalt 1750 Mark, bei gegenseitiger dreimonatlicher
Kündigung.
Mit dem Amtswohnsitz in Kolberg.
2 ) „ „ „ * Ahrweiler.
3 ) y> n 7 r> Pölm.
32
Archiv f. wissensch. u. prakt. Thierhcilk. IX. 6.
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486
Personal-Notizen.
Veränderungen im militär-rossärztlichen Personal.
Beförderungen.
Zum Ober-Rossarzt ist ernannt:
Der Rossarzt Hilbrand vom 1. Grossherz. Mecklenb. Drag.-Regmt. No. 17.
Zu Rossärzten sind ernannt;
Die Unter-Rossärzte: Bö ekel vom 1. Pomm. Feld-Art.-Regmt. No. 2;
Duvinage vom Oldenburg. Drag.-Regmt. No. 19; Feuerhack vom Thüring.
Ul.-Regmt. No. 6; Fibian vom 1. Brand. Drag.-Regmt. No. 2; Langer vom
Westpreuss. Ul.-Regmt. No. 1; Mittmann vom 3. Bad. Drag.-Regmt. (Prinz
Carl) No. 22; Straube vom 2. Hess. Hus.-Regmt. No. 14; Tobolewski vom
Ostpreuss. Kür.-Regmt. No. 3 (Graf Wrangel).
Anstellungen.
Als Unter-Rossärzte sind in die Armee eingestellt:
Die Unter-Rossärzte; Bächstädt beim Westfäl. Drag.-Regmt. No. 7;
Borchardt beim Westfäl. Ul.-Regmt. No. 5; Junk beim 1. Westfäl. Hus.-
Regmt. No. 8; Lopitsch beim 2. Brand. Ul.-Regmt. No. 11; Piltz beim
1. Leib-Hus.-Regmt. No. 1; Schiefke beim Rhein. Drag.-Rgmt. No. 5; Schulz
beim Pomm. Drag.-Regmt. No. 11; Straetz beim 3. Bad. Drag.-Regmt. (Prinz
Carl) No. 22; Traut wein beim Brand. Kür.Regmt. (Kais. Nicol. I. v. R.) No. 6;
Volmer beim Westfäl. Kür.-Regmt. No. 4; Zilm beim Kür.-Regmt. Königin
(Pomm.) No. 2.
Der dreijähr.-freiw. Unter-Rossarzt Kettritz beim 1. Hannov. Feld-Art.
Regmt. No. 10.
Versetzungen.
Die Corps-Rossärzte: Keller vom 1. Armee-Corps, technischer Vorstand der
Militär-Lehrschmiede Königsberg i./Pr. in gleicher Eigenschaft zum 6. Armee-
Corps nach Breslau; Zorn vom 10. zum 1. Armee-Corps, unter gleichzeitiger
Uebertragung der Geschäfte des technischen Vorstandes der Militär-Lehrschmiede
Königsberg i./Pr.
Die Ober-Rossärzte: Strecker, Inspicient bei der Militär-Rossarztschule
zum Stabe desGeneral-Commando des 10. Armee-Corps, mit Wahrnehmung der Ge¬
schäfte des Corps-Rossarztes bei letzterem beauftragt; Schwarznecker vom
1. Grossh. Meckl. Drag.-Rgmt. No. 17 als Inspicient zur Militär-Rossarztschule.
Die Rossärzte: Brietzmann vom Altm. Ul.-Regmt. No. 16 zum Pomm.
Drag.-Regmt. No. 11; Clausnitzer vom 2. Hann. Drag.-Regmt. No. 16 zum
Drag.-Regmt. Prinz Albrecht von Preuss. (Litth.) No. 1; Duvinage vom Oldenb.
Drag.-Regmt. No. 19 zum 1. Garde-Drag.-Regmt.; Haensel vom Hann. Hus.-
Regmt. No. 15 zum 1. Grossherz. Mecklenb. Drag.-Regmt. No. 17; Mittmann
vom 3. Bad. Drag.-Rgmt. (Prinz Carl) No. 22 zum 2. Bad. Drag.-Rgmt. No. 21;
Schirmer vom 1.Garde-Ul.-Rgmt. zum 3. Bad. Drag.-Rgmt. (Prinz Carl) No. 22;
Schnitze vom 1. Garde-Drag.-Regmt. als Assistent zur Militär-Lehrschmiede
Berlin.
Abgegangen:
Der Corps-Rossarzt Lüsensky vom 6. Armee-Corps.
Die Rossärzte: Andrich vom 2. Bad. Drag.-Regmt. No. 21; Fest vom
Leib-Kür.-Regmt. (Schics.) No. 1; Schumann, Assistent bei der Militär-Lehr¬
schmiede Berlin.
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Personal-Notizen.
487
Die einjähr.-freiw. Unter-Rossärzte: Behrens vom 1. Hannov. Feld-Art.-
Regmt. No. 10; Berna vom Kurmärk. Drag.-Regmt. No. 14; Bingel vom
1. Bad. Feld-Art.-Regmt. No. 14; Blome vom Schles. Train-Bat. N. 6; Gras-
nik vom Brand. Kür.-Regmt. (Kais. Nie. I. v. R.) No. 6; Wall mann vom
1. Hann. Feld-Art.-Regmt. No. 10; Wulff vom Hann. Train-Bat. No. 10.
Gestorben:
Der Corps-Rossarzt Kälble vom 14. Armee-Corps.
Der Rossarzt Mertens vom 1. Rhein. Feld-Art.-Regmt. No. 8.
Sonstige Veränderungen.
Die Ober-Rossärzte: Ibscher vom Garde-Kür.-Regmt. zum 1. Bad. Feld-
Art.-Regmt. No. 14 zur Vertretung des Ober-Rossarztes des Regiments, unter
Uebertragung der Functionen des technischen Vorstandes der Militär-Lehrschmiede
Gottesaue; Kirst vom Drag.-Regmt. Prinz Albrecht von Preuss. (Litth.) No. 1
und Luch hau vom Pomm. Drag.-Regmt. No. 11 als Inspicienten zur Militär-
Rossarztschule, letzterer auf 6 Monate, vom 1. October 1883 ab; Naumann
Inspicient bei derMilitar-Rossarztschule zumGarde-Kür.-Regmt. zur Dienstleistung
vom 1. October er. ab; Stratthaus vom 1. Bad. Feld-Art.-Regmt. No. 14 zum
Stabe des Gen. des 14. Armee-Corps, behufs Wahrnehmung der Geschäfte des
Corps-Rossarztes bei letzterem, unter Entbindung von den Functionen des tech¬
nischen Vorstandes der Militär-Lehrschmiede Gottesaue, vom 1. October er. ab,
komwandirt.
Literatur.
Ableitner J. K., Die Hufbeschlagskunst der Pferde, deren Mängel und Gebrechen.
Wien, Pest, Leipzig 1882. A. Hartleben. M. 1,50.
Annual Report of the Vetcrinary Department of the Privy Council for the
year 1882. London 1883. Gedr. bei Eyre u. Spottiswood. M. 1,50.
Arnold, Dr. C, Kurze Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse. Beson¬
ders zum Gebrauch für Studirende der Medicin und Thiermedicin. Hannover
1882. L. Ey. M. 2,40.
Bericht über das Veterinärwesen im Königreich Sachsen für das Jahr 1882.
27. Jahrg. Dresden 1883. G. Schoenfeld. M. 3,50.
Blazekovics F., Lehrbuch der Veterinär-Augenheilkunde. 1. u. 2. Lieferung.
Wien 1882. Seidel u. Sohn. M. 4,80.
Chambcrland Ch., Le charbon ct la vaccination charbonncuse. Paris 1883.
Bernard Tignol. M. 6,50.
Dammann, Prof. Dr. C., Jahresbericht der Kgl. Thierarzneischule zu Hannover.
Herausgegeben von dem Lehrer-Collegium. 15. Bericht 1882/83. Mit 1 Tafel,
1 Holzschnitt und 3 Curventafeln. Hannover 1883. Schmorl u. v. Seefeld. M. 4.
Derselbe, Die Gesundheitspflege der landwirtschaftlichen Hausthiere. Erste
Hälfte. Mit 29 Holzschnitten. Berlin 1883. P. Parey. M. 9.
Dominik, Corps-Rossarzt F., Der rationelle Ilufbeschlag. 4. Auflage. Berlin
1883. Selbstverlag. M. 7.
Ellenberger, Prof. Dr., und Schütz, Prof. Dr., Jahresbericht über die Leistun¬
gen auf dem Gebiete der Veterinärmedicin. 2. Jahrgang. (Jahr 1882). Berlin.
A. Hirschwald. M. 3,60.
Ercolani, Prof. G., Nuove ricerche di anatomia normale e patologica sull* intima
struttura delle placenta nella donna e nei mammiferi. Bologna 1883.
Flemming G., Animal Plagues, their history, nature and prevention Second
Volume. London 1882. Bailliöre, Tindal and Cox. M. 17.
Frank, Prof. Dr. L., Handbuch der Anatomie der Hausthiere. 2. Aufl. Mit 478
Holzschnitten. Stuttgart 1883. Schickhardt u. Ebner. M. 21,60.
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488
Literatur.
Frank, Prof. Dr. L, Kleine vergleichende Anatomie der Hausthiore. Mit 238
Holzschn. Stuttgart 1883. Schickhardt u. Ebner. M. 8.
Gracklaucr 0., Verzeichntes der gesammten Literatur Ober Veterinärwissenschaft
und populäre Thierheilkunde, welche 1866—1883 erschienen sind. Leipzig 1883.
Gracklaucr. M. 2.
Grünwald G., Experimenteller Beitrag zur Lehre über einige Contagien. Inaug.-
Dissert. Dorpat 1882. Druck von Schnackenberg.
Hoffraann L., Die Entwickelung des Militärveterinärwesens in Württemberg.
Ludwigsburg 1883. Selbstverlag. M. 1,20.
Jahresbericht der Kgl. technischen Deputation für das Veterinärwesen über
die Verbreitung der ansteckenden Tbierkrankheiten in Preussen. Sechstes Be¬
richtsjahr 1881/82, siebentes Berichtsjahr 1882 83. Berlin 1883. A. Hirsch¬
wald. M. 1,20.
Johne, Prof. Dr., Was hat der Landwirth und Viehzüchter gegenüber unserem
heutigen Wissen über die Tuberculose des Rindes zu beachten. Berlin 1882.
P. Parey. M. 0,30.
Kaiser, Dr. H., Das Kurverfahren bei der Schafräude. Marburg 1883. N. G.
Elwcrt. M. 0,40.
Koch, Geh. RR. Dr. R , Ueber die Milzbrandimpfung. Eine Entgegnung auf
den von Pasteur in Genf gehaltenen Vortrag. Berlin und Kassel 1882. Th.
Fischer. M. 2.
Koch A., Die Nematoden der Schaflunge. Mit 7 Tafeln. Wien 1883. M. Perles. M. 2.
Perroncito, Prof. E, I parassiti delP uomo e degli aniipali utili, delle piu com-
muni malattic da essi prodotti, profilassi e cura relativa. 233 Holzschnitte und
12 Tafeln. Bologna, Milano, Napoli 1882. J. Vallardi.
Plaut H. C., Das organisirtc Contagiura der Scbafpocken und die Mitigation des¬
selben nach Toussaint’s Manier. Inaug.-Dissert. Leipzig 1882. Druck von
Metzger u. Wittig.
Plaut, Dr. H., Untersuchung über eine neue Krankheit der Lämmer. Mit 2 Taf.
Leipzig 1883. H. Voigt. M. 0,80.
Pütz, Prof. Dr. H., Ueber die Beziehungen der Tuberculose des Menschen zur
Tuberculose der Thiere, namentlich zur Perlsucht des Rindes. Stuttgart 1883.
F. Enke. M. 1,60.
Roell, Hof-R Dr. M., Veterinärbericht für das Jahr 1880. Wien 1883. A. Hoelder.
M. 1,80.
Roloff, Prof. Dr. F., Der Milzbrand, seine Entstehung und Bekämpfung. Berlin
1883. P. Parey. M. 1.
Silvestri, Prof. A., Le leggi della eredita nella produzione del bestiame. Torino
1883. Candeletti.
Ter eg J., Docent, Sammlung von Dienstvorschriften für Rossärzte einschliesslich
der zutreffenden generellen Bestimmungen. Berlin 1882. A. Bath. M. 4,50.
Thanhoffer, Prof. Dr. L, Ueber Zuchtlähme, nach eigenen pathologisch-histo¬
logischen Untersuchungen. Herausgeg. vom K Ungarischen Ministerium. 4. Mit
12 Tafeln. Budapest 1882. Athenaeum.
Vorträge für Thierärzte. 5. Serie vollständig. 6. Serie, Heft 1. Jena 1882.
Dege u. Uänel. Jede Serie M. 12.
Warrikow, Ueber die Wirkung einiger Antiseptica auf das Milzbrandcontagium.
Inaug.-Dissert. Dorpat 1883., Druck von Laakmaun.
Wehenkcl, Prof. Dr. J. M., Etat sanitaire des animaux domestiques dans le
royaume de Belgique pendant l’annee 18S1. 4. Bruxelles 1883. Impr. Thiry.
Zippelius G., Die bäuerliche Pferdezucht und Pferdehaltung. Mit 34 Holzschn.
Stuttgart 1883. E Ulmer. M. 1.
Zündel, Landes-Th. A., Die Gesundheitspflege der Pferde in Bezug auf Benutzung.
Stuttgart 1882. Schickhardt u. Ebner. M. 4.
Derselbe, Der Gesundheitszustand der Hausthiere in Elsass-Lothringen für
die Zeit vom 1. April 1881 bis 1. April 1882. Strassburg i. E. 1883. Druck
von Fischbach.
Gedruckt bei L. Schumacher in Berlin.
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Sechster Jahresbericht
der
König], technischen Deputation für das Veterinairwesen
über die
Verbreitung ansteckender Thierkrankbeiten
in Preussen.
Berichtsjahr vom 1. April 1881 bis 31. März 1882.
Archiv für wissenschaftliche und praellsebe Thierhellkunde. IX. Band. Supplement
Berlin 1883.
Verlag von August Hirschwald.
N.W. l : nter den Linden 08.
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liicht eingegangen . sind Tabellen bezw. Yacat-Anzeigen: für das
ganze Berichtsjahr aus dem kreisthierärztlichen Bezirk Ahrweiler-
Adenau, Reg.-Bez. Koblenz; für 3 Quartale aus dem Kreise Hamm,
Reg.-Bez. Arnsberg; für 2 Quartale aus den Kreisen Neidenburg,
Reg.-Bez. Königsberg; Bergheim, Reg.-Bez. Köln; für 1 Quartal aus
den Kreisen Labiau, Reg.-Bez. Königsberg, Meseritz, Reg.-Bez. Posen,
Münsterberg, Poln. Wartenberg, Reg.-Bez. Breslau, Hoyerswerda, Löwen¬
berg, Reg.-Bez. Liegnitz, Oppeln, Reg.-Bez. Oppeln, Jerichow II.,
Reg.-Bez. Magdeburg, Schleswig, Reg.-Bez. Schleswig, Stade-Marsch,
Landd.-Bez. Stade, Meppen, Landd.-Bez. Osnabrück und Iserlohn,
Reg.-Bez. Arnsberg. Mit Ausnahme der Kreise Löwenberg und
Schleswig sind die genannten Kreise solche, welche entweder seit
längerer Zeit unbesetzt oder im betreffenden Berichtsquartal vacant
geworden waren. Im Uebrigen ist das statistische Material von den
beamteten Thierär/ten regelmässig und vollständig geliefert worden.
Das seit dem 1. April 1881 in Kraft getretene Reichsgesetz
vom 23. Juni 1880 hat eine andere Aufeinanderfolge der einzelnen
ansteckenden Thierkrankheiten erforderlich gemacht; abgesehen hier¬
von schliesst sich die Zusammenstellung des sechsten Jahres-Berichtes
genau der unserer früheren Berichte an. Wir bemerken nur, dass
die Bezeichnungen 1., 2., 3., 4. Quartal sich stets auf das
Berichts- und nicht auf das Kalenderjahr beziehen.
1. Der Milzbrand.
Die Vergleichung am Fuss der Tabelle S. 2 und 3 zeigt, dass
die Zahl der Milzbrandausbrüche in allen Quartalen geringer gewesen
ist als in den entsprechenden des vorigen Berichtsjahres. Ebenso
betragen die Verluste an Pferden, Rindvieh und Schweinen weniger
als im vorigen Jahre, die etwas grössere Anzahl der an Milzbrand
gefallenen Schafe wird durch den Umstand bedingt, dass eine Herde
im Reg.-Bez. Posen während des ersten Quartals 300 Thiere ver¬
loren hat.
Archiv f. wiss. u. pract. Thierheilkuiulc. IX. Suppi.-Heft. j
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2 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
fra ersten Quartal.
Im zweiten Quartal.
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2.
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30
30
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11
20
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—
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16
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13.
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1
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1
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Im Berichts¬
jahr 1880 81
97
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Im Berichts¬
jahr 1881/82
mehr . .
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weniger . .
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Milzbrand.
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Im vierten Quartal.
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Im Berichtsjahr.
gefallen.
PS
Regierungs- bezw. Land-
drostci-Bezirke, in denen
Fälle von Milzbrand nicht
vorgekommen sind, nebst
Angabe der seuchefrei
gebliebenen Quartale.
1
11
1 1
—
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9
1
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—
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10
Danzig 2. 3. Quartal.
—
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1
—
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4
4
—
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—
—
14
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Berlin 1. 3. 4. Quartal.
—
3
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—
2
2
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—
3
—
—
6
10
—
20
51
—
Köslin 1. 2. 3. 4. Quart.
Stralsund 1 3. 4. Quart.
4
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11
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22
—
—
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—
—
41
158
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252
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2
—
23
6
—
12
21
23
4
27
11
23
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6
124
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—
—
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—
—
3
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—
—
9
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—
—
10
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4
10
28
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4
Hannover 2. Quartal.
Lüneburg 1 3. Quartal.
Stade 3. 4. Quartal.
Osnabrück 1. 2. 3. 4 Qu.
Aurich 2. 3. 4. Quartal.
4
6
7
7
1
12
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3
13
18
1
25
3
Münster 3. Quartal.
Minden 2. 4. Quartal.
Arnsberg 1. Quartal.
1
10
—
—
2
2
2
—
2
—
—
16
27
2
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—
—
Kassel 4. Quartal.
—
28
19
—
10
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19
1
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—
29
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2
—
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—
—
1
1
1
—
1
—
-
2
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—
! 6
—
—
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52
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620
24
11
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210
2
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161
167
10)279
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11
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1174
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47
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1
3
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3
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2
21
21
91
79
4
27
4
105
23
1*
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4 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Wie in früheren Jahren entfällt die höchste Zahl der an Milz¬
brand gestorbenen Pferde und Rinder auf das zweite Quartal; über¬
haupt macht sich in den ersten 2 Quartalen eine gewisse Gleichartig¬
keit der durch den Milzbrand bedingten Verluste an Pferden und Rindern
in den beiden letzten Jahren beraerklich. Im 3. und 4. Quartal des Berichts¬
jahres ist jedoch die Abnahme der bei Rindvieh beobachteten Milzbrand¬
fälle gegen die entsprechende Zeit des vorigen Jahres eine erhebliche.
In den lolgenden Zusammenstellungen über das Auftreten des
Milzbrandes in den einzelnen Reg.- und Landd.-Bez. sind die im
Jahre 1880/81 seuchefrei gebliebenen Kreise mit* bezeichnet
Die Tabellen erwähnen keinen Fall, in welchem ein an Milzbrand
erkranktes Pferd genesen ist. Die 52 an Milzbrand gefallenen Pferde
vertheilen sich auf die nachstehend genannten Kreise. In den mit
** bezeichneten Gehöften herrschte der Milzbrand gleich¬
zeitig auch unter dem Rindvieh.
| Laufende No. |
Kreis.
Regierungs-
Bezirk.
Zahl der ver¬
seuchten Ge¬
höfte.
Zahl der ge¬
fallenen
Pferde.
1.
Fischbausen 4 ....
Königsberg
1
1
2.
Orteisburg.
n
1
1
3.
Tilsit.
Gummbinnen
3
3
4.
Thorn.
Marienwerder
2
2
5.
Berlin*.
Berlin
2
2
6.
Adelnau *.
Posen
2
2
7.
Kosten *.
1
1
8.
Posen*.
1
1
9.
Obomik.
5
6
10.
Schroda* .
3
3
11.
Wreschen*.
1
8
12.
Trebnitz*.
Breslau
1
1
13.
Neustadt.
Oppeln
1
1
14.
Neisse*.
1
1
15.
Rybnik*.
n
1 **
3
16.
Delitzsch.
Merseburg
1 **
2
17
Sangerhausen ....
*
1
3
18.
Langensalza* ....
Erfurt
1
1
19.
Hildesheim* ....
Hildesheim
2
! 2
20.
Emden *.
Aurich
1
2
21.
Teklenburg* ....
Munster
i **•
1
22.
Rinteln*.
Kassel
1
1
23
Ober-Westerwald* .
Wiesbaden
1
1
24.
Geldern*.
Düsseldorf
i *-.ti
1
25
Kleve .
i **
1
26.
Eupen*.
Aachen
1
1
Summa . .
3S
52
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Milzbrand.
5
In Zulkowo, Kreis Wreschen, starben kurz hintereinander 8 Pferde
desselben Bestandes; der Milzbrand herrscht alljährlich unter den
Schafen dieses Gutes. In Golkowitz, Kr. Rybnik und Hanpfiiffel,
Kr. Sangerhausen, starben während desselben Quartals 3 Pferde, in
Golkowitz soll das Verfüttern von Mais, welcher auf einer Verschar¬
rungsstätte für Milzbrandcadaver gewonnen war, Anlass zum Ausbruch
der Krankheit gegeben haben. In Ritschenwalde, Kreis Obornik,
Emden, Landd.-Bez. Aurich und Straelen, Kreis Geldern, betrug der
Verlust je 2 Pferde. Alle übrigen Fälle bei Pferden blieben vereinzelt.
Die beiden in Berlin beobachteten Erkrankungen betrafen Pferde der
Truppentheile. In Posen erkrankte das einzige Pferd eines Offiziers,
in Neustadt ein Rennpferd. Ueber die Ursachen der Milzbrandfälle
bei Pferden wird im Uebrigen nicht berichtet.
Die in den einzelnen Quartalen und im ganzen Berichtsjahre an
Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich in abgerundeten
Procentsätzen, wie folgt, auf die verschiedenen Provinzen:
Im Be¬
richtsjahr
Im Jahr
1880/81.
Zahl der an Milzbrand
gefallenen Stück Rind*
vieh:
236
359
226
188
1009
1174
Davon in:
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
1. Ostpreussen ....
6,80
6,40
4,90
5,30
5,95
5,70
2. Westpreussen . . .
4,60
0,28
0,44
8,50
2,88
4,30
3. Brandenburg . . .
3,80
3,90
3,10
2,65
3,48
3,50
4. Pommern.
2,50
2,24
1,33
1,60
2,00
4,40
5. Posen.
18,00
25‘64
21,24
11,70
20,22
20,10
6. Schlesien.
23,70
23,10
25.66
29,25
24,96
24,45
7. Sachsen.
10,60
13,68
10,17
14,40
12,30
13,40
8. Schleswig-Holstein
5,50
5.3o
9,75
3,75
6,00
6,10
9. Hannover.
3,40
3,00
4,40
4,25
3,66
7,15
10. Westfalen.
2.50
0,84
1,77
6,45
2,48
0,90
11. Hessen-Nassau . .
8,00
1,40
4,40
1.05
3,58
3,10
12. Rheinprovinz . . .
13. Hohenzollern’scbe
10,20
13,38
12,40
10,60
11,89
6,90
0,00
Lande .
0,40
0,84
0,44
0,50
0,60
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Eine erhebliche Aenderung des Procentsatzes der Milzbrandfälle
gegen das vorhergegangene Jahr macht sich, wie die vorstehende
Vergleichung zeigt, nicht bemerklich, die Verhältnisszahlen sind in
den drei am stärksten verseuchten Provinzen Posen, Schlesien und
Sachsen fast dieselben geblieben. Eine auffallende Steigerung gegen
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6 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
das vorige Jahr entfällt auf die Rheinprovinz, dagegen hat die Ver¬
breitung des Milzbrandes in Westpreussen, Pommern und Hannover
ersichtlich abgenommen.
Die Tabellen verzeichnen 1057 an Milzbrand erkrankte Stück
Rindvieh, mithin sind 48 Stück = 4,55 pc. der erkrankten genesen.
1. Ostpreussen.
Am Milzbrand gefallen sind 60 Stück Rindvieh, nämlich:
1 .
Kreis Fischhausen in
1 Gehöft
1
Stück
Rindvieh
2 .
Gerdauen * „
2 Gehöften 4
w
*
3.
n
Pr. Holland* „
7
9
w
w
4.
«
Labiau* „
2
2
n
5.
w
Rastenburg „
1 Gehöft
2
*
w
6 .
Roessei* *
2 Gehöften 3
n
n
7.
*
Darkehmen * „
1 Gehöft
2
*
M
8 .
w
Insterburg. *
1 *
1
n
fl
9.
*1
Johannisburg w
4 Gehöften
4
fl
10 .
n
Loetzen * „
2
2
n
11 .
V)
Lyck
3
8
w
n
12 .
«
Niederung * „
1 Gehöft
1
f»
1?
13.
w
Pillkallen *
5 Gehöften 5
n
fi
14.
n
Ragnit
2 *
2
w
15.
n
Stallupoenen „
5
8
w
16.
n
Tilsit
4
6
n
Reg.-Bez. Königsberg.
Reg.-Bez. Gumbinnen.
Zusammen in 43 Gehöften 60 Stück Rindvieh.
Die Krankheit erreichte nur in Goldenau, Kr. Lyck und Mele-
schinken, Kr. Stallupönen eine grössere Verbreitung, unter Beständen
von 75 bez. 19 fielen kurz hintereinander je 4 Stück, als Ursache
des Ausbruches in Goldenau wird eine sumpfige, Ueberschwemmungen
ausgesetzte Weide bezeichnet; in Meieschinken sind auch im Jahre
1879 unter demselben Viehstande Milzbrandfälle vorgekommen. In
einem Bestände betrug der Verlust während desselben Quartals 3,
in 9 Beständen 2 Stück, v in 33 Ausbrüchen beschränkte sich der
Ausbruch auf ein einzelnes Thier. 20 Kreise der Provinz blieben frei
von Milzbrand.
2. Westpreussen.
Die 29 an Milzbrand gestorbenen Stck. Rindvieh entfallen auf dieKreise:
1. Kreis Berent* in 2 Gehöften 6 Stück Rindvieh. Reg-Bez. Danzig.
2. Landkreis Danzig in 1 Gehöft 1 „
3. Kreis Kulm* „ 2 Gehöften 9 „ „ Reg.-Bez. Marien werde r.
4. „ Loebau* „ 1 Gehöft 1 „ „
5. „ Marienwerder „ 1 „ 1
6 . * Schlochau* „ 2 Gehöften 2 „ „
7. n Schwetz „ 1 Gehöft 1 „
8 . „ Thorn * 1 8 „
Zusammen in 11 Gehöften 29 Stück Rindvieh.
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Milzbrand.
7
Eine grössere Verbreitung erlangte der Milzbrand in den nach¬
stehend genannten Beständen:
Lubahn, Kreis Berent, 19 Stück Bestand, 5 Stück gefallen.
Nonnenkämpe „ Kulm 60 „ „ 8 „ *
Schloss Birglau „ Thorn 35 * „ 8 w „
Die Weide in Nonnenkämpe wird alljährlich von der Weichsel
überschwemmt und bildet eine Insel, beim Behüten dieser Weide
kamen auch in früheren Jahren öfter Milzbranderkrankungen vor.
Das Tränkwasser für das Rindvieh in Schloss Birglau enthält viele
organische Bestandtheile, wenn der Grundwasserstand sehr niedrig ist.
Nach Aenderung des Trinkwassers wurden weitere Erkrankungen nicht
mehr beobachtet. In 8 Ausbrüchen des Milzbrandes beschränkte sich
der Verlust auf ein Stück. Diese sporadischen Erkrankungen ent¬
fallen zum Theil auf Gehöfte, in denen der Milzbrand früher wieder¬
holt seucheartig aufgetreten war. 14 Kreise der Provinz blieben frei
von Milzbrand.
3. Brandenburg.
An Milzbrand fielen 35 Stück Rindvieh, nämlich:
1 .
Kreis
Beeskow-Storkow *
in
2 Gehöften
2 .
fl
Ost-Havelland*
4
3.
fl
West - Havelland*
1 Gehöft
4.
n
Prenzlau
1 „
5.
Teltow
1 „
6 .
w
Guben
«
2 Gehöften
7.
n
Koenigsberg
«
3 *
8 .
w
Krossen*
n
2
9.
fl
Landsberg
1 Gehöft
10 .
fl
Ost-Sternberg*
1 *
11 .
fl
Soldin
3 Gehöften
12 .
fl
Sorau*
n
1 Gehöft
13.
fl
Züllichau
**
2 Gehöften
2 Stück Rindvieh Reg.-Bez. Potsdam.
4 „
1 n
1 *
4 .
5 „ Reg.-Bez. Frankfurt.
3 „
3 «
1 n
4 ” I
4 *
2 „
Zusammen in 24 Gehöften 35 Stück Rindvieh.
Vier Stück fielen
in Osdorf, Kreis Teltow in einem Bestände von 120 Stück.
„ Sembten, „ Guben * „ * 18
„ Witzen „ Sorau „ * * 10
Sembten und Witzen sind bekannte Milzbrandstationen, in Osdorf,
welches Gut zu den Berliner Rieselfeldern gehört, erkrankten 8 Stück
Rindvieh, von denen 4 genasen, dieser günstige Ausgang der Erkran¬
kungen wird der Behandlung mit Quecksilber-Sublimat zugeschrieben.
In 2 Gehöften starben kurz hintereinander 2, in 19 Gehöften be¬
schränkte sich der Verlust auf ein Stück Rindvieh. Seuchefrei blieben
19 Kreise und die Stadt Berlin.
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8 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
4. Pommern.
Die Milzbrandausbrüche entfallen auf die Kreise:
1 . Kreis Greifenhagen in 2 Gehöften 4 Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Stettin.
2. „ Naugard n 1 Gehöft 1 „ „
3. „ Pyritz , 1 3 „
4. * Saatzig * 1 2 n
5. „ Ueckermünde * „ 1 „ 2
6 . „ Rügen* w 1 „ S „ , Re g.-Bez. Stralsund.
Zusammen in 7 Gehöften 20 Stück Rindvieh.
Ausserdem hat der Milzbrand unter Kühen, Schafen und Schweinen
des Gutes Hohenburg, Kr. Naugard, geherrscht. Die Zahl der ge¬
fallenen Thiere ist dem Berichterstatter nicht bekannt geworden. In
Unrow, Kr. Rügen, fielen von 105 Stück des Bestandes schnell hinter¬
einander 8 Stück. Die Erkrankungen traten bei dem Beweiden einer
Salzwiese auf, dauerten auch noch fort, als die letztere mit einem
Stoppelkleefelde vertauscht wurde und hörten erst nach dem Einstallen
des Viehes auf. Der Ausbruch verdient insofern Beachtung, als Milz¬
brandfälle im Reg.-Bez. Stralsund seit Jahren nicht beobachtet worden
sind. In Lettnin, Kr. Pyritz, erkrankten unter einem Bestände von 24
Stück nach der Verfütterung von dumpfigem, mit Schimmelpilzen bedeck¬
tem Häcksel 6 Stück, von denen 3 genasen, in einem Bestände betrug
der Verlust 3, in zwei Beständen 2, in 2 Gehöften 1 Stück. Frei von
Milzbrand blieben alle Kreise des Reg.-Bez. Köslin und 12 Kreise
der Reg.-Bez. Stettin und Stralsund.
5. Posen.
Die 204 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich,
wie folgt, auf die Kreise:
1.
Kreis Adelnau
in
1
Gehöft
1
Stück Rindvieh Reg.
2.
f»
Birnbaum*
TI
1
1
3.
n
Bomst
3 Gehöften 8
f»
4.
»
Buk
n
5
5
ff
ff
5.
n
Fraustadt
6
ff
6
ff
6.
n
Kosten
11
ff
16
ff
„
7.
Kroeben
6
37
fi
8.
ff
Krotoschin
4
ff
4
w
9.
ff
Meseritz *
fl
3
ff
7
10.
m
Obornik
6
19
ff
11.
ff
Pieschen
3
n
5
ff
ff
12.
Landkreis Posen*
2
26
ff
ff
13.
Kreis Samter
ff
7
ff
10
ff
14.
Schriram
3
10
ff
ff
15.
ff
Schroda
ff
8
•f
11
ff
ff
16,
Wreschen
ff
1
Gehöft
1
*
ff
Latus: in 70 Gehöften 167 Stück Rindvieh.
Digitized by ^.ooQle
Milzbrand.
9
17. Landkr. Bromberg*
18. Kreis Czarnikau
Transport: in 70 Gehöften 167 Stück Rindvieh.
19 .
20 .
21 .
22 .
23.
Gnesen
Inowraclaw
Kolmar
Mogilno
Schubin
2
2
2
9
4
3
5
4
4
2
14
4
4
5
Reg. - Bez. B r o m b e r g.
Zusammen in 97 Gehöften 204 Stück Rindvieh.
Ueber 3 Stück Rindvieh fielen in den nachstehend genannten
Beständen:
Lupice Kreis Bomst 99 Stück Bestand 6 Stück gefallen.
Dlonie
„ Kroeben
102
«
30
t»
t|
Brandorf
n Meseritz
11
n
n
5
fi
II
Grudna
„ Obornik
90
n
13
H
fl
Wronczyn
„ Posen
80
w
n
25
91
w
Lubiatowo
„ Schrimm
46
«i
w
5
tl
w
Sowiniec
n *t
54
w
n
4
9»
*
Dlonie ist als eine Milzbrandstation bekannt, die oben ge¬
nannten Fälle vertheilen sich auf 3 Quartale, die Krankheit herrschte
auch unter den Schafen, ebenso auch in dem zu Dlonie gehörenden
Vorwerk Melanienhof. In Wronczyn sind seit 30, in Grudna seit
6 Jahren Milzbranderkrankungen nicht vorgekommen. Lubiatowo liegt
an den hohen Ufern eines Sees, Sowiniöc an der Warthe. Der zu¬
letzt genannte Ort gilt als eine Milzbrandstation. In 3 Gehöften
fielen kurz nacheinander 3, in 22 Gehöften betrug der Verlust 2,
in 65 Gehöften 1 Stück Rindvieh. Frei von Milzbrand blieben nur
die Kreise Schildberg, Wirsitz, Wongrowiec und die Stadt Bromberg.
6. Schlesien.
In den nachstehend genannten Kreisen sind 252 Stück Rindvieh
an Milzbrand gefallen:
1. Landkreis Breslau in 15 Gehöften 24 Stück Rindvieh Reg.-Bez. Breslau.
2 .
Kreis
Brieg
12
*»
14
n
3.
Gubrau
fl
9
9
4.
Militsch
5
8
w
m
5.
«
Münsterberg
2
r*
1
n
fl
6 .
Namslau
n
3
7
w
f»
7.
Neumarkt
n
11
n
18
n
fl
8 .
Oh lau
w
9
11
n
9.
w
Schweidnitz
4
7
n
n
10 .
n
Steinau
1
Gehöft
1
11.
Striegau
3 Gehöften
3
n
12 .
n
Trebnitz
n
16
18
w
13.
t»
Waldenburg
fi
1
Gehöft
1
fl
14.
m
Poln. Wartenberg
!»
1
w
1
w
w
15.
n
Wohlau
H
6
Gehöften
8
ff
„
Latus: in 98 Gehöften 137 Stück Rindvieh.
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10 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Transport:
in
98 Gehöften 137 Stück
Rindvieh.
16.
Kreis
Bolkenbain
7
8
* Reg.-]
17.
Freystadt
w
5
5
18.
„
Glogau
„
9 .
11
19.
Landkreis Görlitz*
2
2
20.
Kreis Grünberg
„
4 .
4
n
21.
Hirschberg
n
2
2
W
•
22.
„
Jauer
5
5
23.
Landeshat
4 .
4
24.
„
Lauban
3 .
3
25.
Landkreis Liegnitz
1 Gehöft
1
26.
Kreis
Lüben
3 Gehöften
6
27.
„
Rothenburg
„
2 .
5
A
28.
*
Sagan
i»
1 Gehöft
1
n
29.
„
Sprottau
3 Gehöften
3
30.
„
Falkenberg*
n
1 Gehöft
1
n
. Reg -
31.
Grottkau
1 .
1
n
32.
*»
Kosel
2 Gehöften
2
H
33.
n
Kreuzburg
n
4
8
W
34.
Neisse*
1 Gehöft
1
19
35.
Neustadt
5 Gehöften
5
36.
n
Pless
D
2 .
3
37.
i*
Ratibor
m
2
5
n
38.
n
Rybnik
n
4 ,
16
n
39.
. w
Gross Strehlitz
n
4
7
fl
n
40.
Tarnowitz*
2
2
n
41.
Zabrze *
2
4
4
»
w
Bez. Liegnitz.
Oppeln.
Zusammen in 181 Gehöften 252 Stück Rindvieh.
Ueber 3 Stück Rindvieh erkrankten in den nachstehend genannten
Beständen:
Osswitz
Landkreis Breslau
48 Stück Best.
9 Stck. gefallen
(10 genesen.)
Wundschütz
Kreis Kreuzburg
50
n
3
n
11
(3 . )
Boeskau
Lüben
55
m
n
5
w
T)
Berzdorf
n
Münsterberg
25
n
1t
6
rt
W
Minkowsky
Namslau
37
n
fl
5
n
n
Gossendorf
Neumarkt
?
ft
6
Kl. Peiskrau
n
Ohlau
150
”
n
4
«
( 1 genesen.)
Ludgierowitz
Ratibor
8
m
4
m
n
Scherbersdorf
Rothenburg
27
4
Golkowitz
n
Rybnik
S3
12
w
n
Kalinowo
Gross-Strelitz
158
„
„
4
„
*
In Osswitz sind auch in früheren Jahren oft Milzbrandfälle vor¬
gekommen, ebenso in Kl. Peiskrau; Kalinowo und Gossendorf sind
bekannte Milzbrandstationen. In Berzdorf wird schimmelige Spreu als
Ursache beschuldigt. In Minkowsky war der Milzbrand während der
letzten 6 Jahre nicht aufgetreten, die Cadaver der in früheren Ausbrüchen
gefallenen Thiere hatte man an verschiedenen Theilen der Feldmark
verscharrt. In dem zu Minkowsky gehörenden Vorwerk Hessenstein
hatte der Milzbrand schon den ganzen Sommer hindurch unter den
Schafen geherrscht, der Ausbruch gelangte dadurch zur Kenntniss der
Behörden, dass die Kuh des Schäfers erkrankte. Es wird behauptet,
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Milzbrand.
11
dass der Schäfer, welcher die Cadaver der an Milzbrand gefallenen
Schafe abgehäutet hatte, die Krankheit in seinem Stall eingeschleppt
haben soll. In 6 Gehöften betrug der Verlust 3, in 8 Gehöften 2, in
156 Gehöften 1 Stück Rindvieh, 32 Kreise der Provinz blieben frei von
Milzbrand.
7. Sachsen.
Die 124 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich
auf die Kreise:
1. Kreis Ascherslcbcn * in
1 Gehöft
1 Stück
Rindvieh Reg.-Bez. Magdeburg.
2 . .
Halberstadt* „
i .
5
n
n
3. „
Jerichow I
5 Gehöften
5
4. „
Kalbe*
1 Gehöft
1
i*
n
5. „
Jerichow II.
3 Gehöften
3
w
fi
6 . „
Osterburg*
3 .
5
n
r>
7- „
Stendal
1 Gehöft
1
fl
ri
8 . „
Wolmirstedt *
i .
1
*
9. .
Bitterfeld „
4 Gehöften
5
Reg.-Bez. Merseburg.
10 . „
Delitzsch „
4
7
11 . .
Eckartsberga * „
5 „
8
fl
n
12 . .
Liebenwerda
2 „
8
13. Gebirgskr. Mansfeld „
7 .
7
n
14. Seekreis Mansfeld* „
2 .
5
n
n
15. Kreis Querfurt
2 .
2
fi
n
16. Saalkreis „
1 Gehöft
1
w
n
17. Kreis Sangerhausen
11 Gehöften
14
w
18 . .
Schweinitz „
3 .
4
n
n
19. „
Torgau
1 Gehöft
1
«
20 . „
Wittenberg „
2 Gehöften
3
21. Stadt Erfurt*
1 Gehöft
1
ii
Reg.-Bez. Erfurt
22. Kreis Langensalza
34 Gehöften
35
w
23. „
Worbis
1 Gehöft
l
Zusammen in 96 Gehöften 124 Stück Rindvieh.
Die Milzbrandausbrüche blieben meist auf wenige Thiere be¬
schränkt, von grösseren Verlusten verzeichnen die Tabellen:
Zilly Kreis Halberstadt 32 Stück Bestand 5 Stück gefallen.
Gorsleben „ Eckartsberga 24 * „ 4 „ * (1 genesen)
Packiscb „ Liebenwerda 27 „ 7 „ n
Hohnstedt Seekreis Mansfeld 21 * 4 „ *
In Zilly und Hohnstedt befand sich die Schnitzelgrube, aus
welcher das Futter für das Rindvieh entnommen wurde, an einer
Stelle des Feldes, auf welcher früher Cadaver von an Milzbrand ge¬
fallenen Thieren verscharrt worden waren. Packisch ist eine bekannte
Milzbrandstation, (s. 4. Jahresbericht S. 12.) In 2 Gehöften fielen
kurz hinter einander 3, in 9 Gehöften 2, in 80 Gehöften beschränkte
sich der Verlust auf ein Stück Rindvieh; 19 Kreise der Provinz blieben
frei von Milzbrand.
Digitized by ^.ooQle
12 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
8. Schleswig-Holstein.
An Milzbrand fielen 61 Stück Rindvieh in den Kreisen:
1. Kreis Apenrade in 1 Gehöft 2 Stück Rindvieh.
2. * Hadersleben „ 1 n 1
3. * Husum „ 2 Gehöften 5
4. „ Lauenburg „ 3 „ 3 *
5. „ Norderdithmarschen „ 4 „ 4 * *
6. * Rendsburg „ 1 Gehöft 1
7. H Steinburg * 1 1 „
S. „ Süderdithmarschen „ 8 Gehöften 11
9. „ Tondern , 19 „ 33 „
Zusammen in 40 Gehöften 61 Stück Rindvieh.
Grössere Verluste erlitten je ein Bestand in:
Pellworm, Kreis Husum, 34 Stück Bestand, 4 Stück gefallen.
Jardelund „ Tondern 45 * „ 7 „ „ (3 Gehöfte)
Jaunebye * 50 „ „ 6 „
In den beiden Ortschaften des Kreises Tondern trat die Krank¬
heit in Form des Rauschbrandes auf. In 1 Gehöft betrug der Ver¬
lust 3, in 7 Gehöften 2, in 27 Gehöften 1 Stück Rindvieh, 12 Kreise
der Provinz blieben frei von Milzbrand.
9. Hannover.
Die 37 in der Provinz an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh
vertheilen sich auf die Kreise:
1. Stadt Hannover in 1 Gehöft, 1 Stück Rindvieh, Landdr.-Bez. Hannover.
2. Kreis Wennigsen „ 3 Gehöften 5 „
3 } « Marienburg • 16 - 19 - - Unddr.-Be». Hildesheim.
4. n Liebenberg * 6 * 6
5. * Celle * 1 Gehöft 1 „ „ Landdr.-Bez. Lüneburg.
6. * Uelzen * 1 1
7. * Neuhaus a/0.* 2 Gehöften 3 „ „ Landdr.-Bez. Stade.
8. „ Otterndorf* * 1 Gehöft 1
Zusammen in 31 Gehöften 37 Stück Rindvieh.
Abgesehen von 2 Gehöften, in welchen 3 und von 2 Gehöften,
in denen 2 Stück fielen, blieben alle übrigen Fälle vereinzelt. In
28 Kreisen der Provinz wurden keine Fälle von Milzbrand beobachtet.
10. Westfalen.
Mit Ausnahme je eines Gehöftes in den Kreisen Ahaus*, Reg.-
Bez. Münster und Meschede*, Kr. Arnsberg, welche 3 und je eines
Gehöftes in den Kreisen Teklenburg*, Reg.-Bez. Münster und Wittgen¬
stein, Reg.-Bez. Arnsberg, welche 2 Stück in demselben Quartal ver¬
loren, blieben alle Milzbranderkrankungen vereinzelt, dieselben ver-
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Milzbrand.
13
theilen sich auf zusammen 15 Gehöfte in den Kreisen Ahaus*, Stadt-
und Landkreis Münster, Steinfurt, Warendorf*. Reg.-Bez. Münster,
Herford, Höxter*, Reg.-Bez. Minden, Brilon, Landkreis Dortmund*,
Siegen* und Wittgenstein, Reg.-Bez. Arnsberg. In 23 Kreisen der
Provinz kamen keine Milzbrandfälle vor.
11. Hessen-Nassau.
In einem Bestände von 50 Stück zu Waldmannshausen, Ober-
Lahnkreis, fielen während des 1. Quartals 8 Stück Rindvieh an Milz¬
brand, als Ursache wird eine überschwemmte Weide bezeichnet. Ausser¬
dem kamen in 2 Beständen desselben Kreises kurz hintereinander je
2 Milzbrandfalle vor. Die übrigen 24 Milzbranderkrankungen ver¬
theilen sich ganz vereinzelt auf ebenso viele Gehöfte der Kreise Esch-
wege, Gelnhausen, Gersfeld*, Hünfeld, Kirchhain, Marburg*, Roten¬
burg, Reg.-Bez. Kassel, Biedenkopf*, Dill-, Ober-Lahn-, Unter-Lahn-,
Ober-Taunus-*, Ober-Westerwaldkreis, Landkreis Wiesbaden, Stadt
Frankfurt*, Reg.-Bez. Wiesbaden, 20 Kreise der Provinz blieben
frei von Milzbrand.
12. Rheinprovinz.
Die 120 anMilzbrand gefallenen Rinder vertheilen sich auf dieKreise:
1. Kreis Koblenz
in
1 Gehöft
3 Stück Rindvieh. Reg.-Bez. Kohlen:
2. „
Mayen *
f»
2 Gehöften
3
w
3. .
Neuwied*
4 *
8
w
4. „
Simmern *
1 Gehöft
1
w
5. .
Wetzlar
5 Gehöften
5
w
w
6. ,
Zell
1 Gehöft
1
w
n
7. .
Geldern*
3 Gehöften
5
w
* Reg.-Bez. Düsseldor
8. .
Grevenbroich*
n
1 Gehöft
1
n
n
9. .
Kempen
2 Gehöften
3
w
10. „
Kleve
2
2
i»
11. Landkreis Krefeld*
1 Gehöft
1
w
ti
12- Kreis Euskirchen
ff
13 Gehöften
13
w
„ Reg.-Bez. Koeln.
13. Stadt Koeln
*
1 Gehöft
1
n
fl
14. Landkreis Koeln
ff
2 Gehöften
3
n
fl
15. Kreis Mühlheim*
n
1 Gehöft
3
w
n
16. „
Rheinbach
n
4 Gehöften
4
n
ff
17. Siegkreis
n
1 Gehöft
1
w
fl
18. Kreis Bernkastel*
n
2 Gehöften
2
w
* Reg. - Bez. Trier.
19. „
Bitburg *
n
2
4
w
»
20. „
Ottweiler
1 Gehöft
1
m
M
21. „
Saarlouis
fi
2 Gehöften
2
w
n
22 Landkreis Aachen
ff
5 „
5
n
* Reg.-Bez. Aachen.
23. Kreis Düren
5 Gehöften
5
w
fl
24.
Erkelenz
n
1 Gehöft
3
25. .
Eupen
ii
13 Gehöften
13
w
fl
26. „
Geilenkirchen
2 „
2
w
27. .
Jülich
3 „
3
ff
28. .
Malmedy *
n
10
18
w
ff
29. „
Schleiden*
*
1 Gehöft
4
m
fl
Zusammen
in
92 Gehöften
120 Stück Rindvieh.
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14 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
In 6 Gehöften von Pont, Kr. Malmedy, fielen während des
2. Quartals zusammen 14, davon in einem Bestände von 10 7, in
2 Beständen je 2 Stück. In 2 mit 9 Stück Rindvieh besetzten
Ställen von Urbach-Ueberdorf, Kr. Neuwied, starben während des
2. Quartals 7, in Wellendorf, Kr. Schleiden, unter einem Bestände
von 22 4 Stück. Der Verlust betrug ausserdem in 3 Gehöften je 3,
in 5 Gehöften je 2, in 79 Gehöften beschränkte sich der Verlust auf
1 Stück Rindvieh; 40 Kreise der Provinz blieben frei von Milzbrand.
13. Hohenzollern'sche Lande.
In 4 Gehöften des Ober-Amtes Gammertingen fielen zusammen
5, in 1 Gehöft des Ober-Amtes Sigraaringen fiel 1 Stück Rindvieh
an Milzbrand, nur in einem Bestände kamen 2 Todesfälle vor. Die
Ober-Aemter Haigerloch und Hechingen blieben frei von Milzbrand.
Die Zusammenstellungen der Milzbrandausbrüche nach Reg.-Bez.
und Kreisen zeigen, dass die Krankheit im Allgemeinen nur selten in
demselben Viehbestände eine grössere Verbreitung erlangte. Der Ver¬
lust betrug im Ganzen bei 38 Ausbrüchen mehr als 3, bei
22 Ausbrüchen 3 und bei 73 Ausbrüchen 2 Stück des Be¬
standes. In 539 Gehöften beschränkte sich das Auftreten
der Krankheit auf ein einzelnes Thier, und es liegt die Ver-
muthung, welche vielfach von den Berichterstattern selbst ausgesprochen
wird, nahe, dass die Diagnose des Milzbrandes in den zuletzt ge¬
nannten Ausbrüchen nicht immer eine zweifellos richtige gewesen sein
dürfte. Anderseitig wird aus den verschiedenen Provinzen häufig be¬
richtet, dass bei Weitem nicht sämmtliche Fälle von Milzbrand zur
Kenntniss der Behörden und der beamteten Thierärzte gelangten.
Ueber die Ursachen der Milzbrandausbrüche enthält das
statistische Material wenige und im Allgemeinen nur dürftige Angaben.
Die Berichte erwähnen auch bei dem seucheartigen Auftreten der
Krankheit nicht immer die ursächlichen Verhältnisse, was über
die letzteren in den Tabellen mitgetheilt ist, hat bei Anführung der
einzelnen Ausbrüche bereits Berücksichtigung gefunden.
Besonders zahlreiche Erkrankungen wurden in solchen
Ortschaften oder Gehöften beobachtet, in denen der Milz¬
brand stationär ist oder — wie die Berichte sich auszudrücken
pflegen* — einzelne Milzbranderkrankungen nicht selten bezw. in
längeren oder kürzeren Zwischenzeiten Vorkommen. Vorzugsweise
häufig erkrankten in diesen Oertlichkeiten Thiere, welche vor nicht
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Milzbrand.
15
langer Zeit in die Milzbrandstation eingeführt worden waren. Ander¬
seitig wird nicht selten berichtet, dass in notorischen Milzbrandstationen
seit langer Zeit keine Erkrankungen vorgekommen sind, oder dass
die Zahl der Milzbrandlalle in solchen Oertlichkeiten gegen früher sehr
erheblich abgenommen hat.
Vielfach machen die Berichte darauf aufmerksam, dass die sorg¬
lose Verscharrung der Cadaver an Milzbrand gestorbener Thiere, —
namentlich solcher Schafe — auf der Feldmark Anlass gegeben hat,
dass die Krankheit immer wieder von Neuem auftrat und schliesslich
stationär wurde. Von besonderer Schädlichkeit hat sich das Ein¬
mieten von Hackfrüchten oder Rübenschnitzeln an solchen Verschar¬
rungsplätzen erwiesen, es sind zahlreiche Beispiele bekannt geworden,
dass das Anlegen solcher Mieten nach Ablauf von Jahren — in
3 Fällen nach 8 bezw. 9 Jahren — noch Ausbrüche des Milzbrandes
hervorgerufen hat. Die Berichte stimmen durchweg darin überein,
dass die auffällige Verminderung der Milzbrandfälle in den
Seuchestationen hauptsächlich auf die grössere Sorgfalt
zurückzuführen ist, mit welcher jetzt fast ganz allgemein
die unschädliche Beseitigung der Cadaver erfolgt.
Ueber die Bodenbeschaffenheit der Milzbrandstationen
werden nur ausnahmsweise kurze Notizen mitgetheilt, am häu¬
figsten wird dieselbe als „humusreich mit thonigera Untergrund“ be¬
zeichnet. Dagegen kehrt in den Berichten oft die Behauptung wieder,
dass das Milzbrandgift an dem Futter gehaftet haben muss, welches
von bestimmten Stellen der Feldmark gewonnen wurde. Ueber einen
Milzbrandausbruch im Kreise Delitzsch werden folgende Bemerkungen
vorgetragen: Das verfütterte Heu stammte von einer Wiese, durch
welche ein Graben zur Aufnahme des Wassers einer Drainage führt.
Letztere kommt aus dem Stalle eines Gehöftes, in welchem der Milz¬
brand früher stationär war und führt durch ein Ackerstück, in welchem
eine grössere Anzahl von Milzbrandcadavern verscharrt ist. Der seit län¬
gerer Zeit nicht gereinigte Graben hatte sich verstopft und eine Ueber-
schwemmung der Wiese durch das Drainagewassor veranlasst.
Nur im Mansfelder Gebirgs-, im Mansfelder Seekreise tind im
Kreise Sangerhausen, Reg.-Bez. Merseburg sind nach § 11 des Reichs¬
gesetzes vom 23. Juni 1880 die Viehbesitzer von der Verpflichtung
zur Anzeige vereinzelter Milzbrandfälle entbunden worden.
Abgesehen von den Oertlichkeiten, in denen die Krankheit stationär
ist, wurden, wie die Berichte ausdrücklich hervorheben, verhältniss-
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16 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
massig zahlreiche Ausbrüche unter Viehbeständen beobachtet, in denen
Milzbrandfälle noch niemals oder doch seit langen Jahren nicht vor¬
gekommen waren. Als ursächliche Verhältnisse werden sodann am
häufigsten Ueberschwemmungen von Wiesen, Weiden oder
anderen Theilen der Feldmark bezeichnet und in einzelnen
Fällen wird noch besonders angeführt, dass gewisse Ackerstücke
ganz bestimmt Milzbrandfalle erwarten lassen, wenn diese Theile der
Feldmark Ueberschwemmungen ausgesetzt gewesen waren. Auch das
von überschwemmt gewesenen Theilen der Feldmark gewonnene trockene
Futter ist vielfach als eine den Milzbrand erzeugende Schädlichkeit
bezeichnet worden.
Im Uebrigen werden über,die ursächlichen Verhältnisse des Milz¬
brandes meistens ganz allgemeine Bemerkungen über schlechte Be¬
schaffenheit des Futters, Getränkes oder der Stallungen vorgetragen,
namentlich: über dumpfiges, mit Pilzen bedecktes Heu oder solchen Häck¬
sel, von sumpfigen Wiesen gewonnenes Heu, Kaff von Getreide, welches
auf neu kultivirten Brüchen geerntet war, verdorbene Rübenschnitzel,
Eindringen von Stalljauche in die Brunnen oder anderweitig mit
Fäulnissproducten verunreinigtes Trinkwasser u. s. w. Zwei Ausbrüche
des Milzbrandes sollen durch Infectionsstoffe veranlasst worden sein,
welche sich von benachbarten Gerbereien aus verbreitet hatten. In
je einem Fall wird behauptet, dass die Krankheit durch die Häute
bezw. durch Fleisch von Milzbrandcadavern verschleppt worden ist.
Eine Ansteckung von Thier zu Thier wird in keinem Falle erwähnt.
Der Milzbrand wurde je einmal in den Schlachthäusern zu Köln,
Frankfurt a. M. und Görlitz bei Mastochsen und ausserdem öfter bei
Nothschlachtungen im Reg.-Bez. Magdeburg constatirt.
Ueber die Formen, unter denen der Milzbrand anftrat,
finden sich in den Berichten nur wenige Andeutungen. Am häufigsten
ist jedenfalls Anthrax acutissimus beobachtet worden, jedoch wird
nicht selten auch das Vorkommen der Carbunkelform und in einigen
Fällen erwähnt, dass die Krankheit als sogenanntes Milzbrandfieber
einen mehr zögernden Verlauf nahm. Der Rauschbrand ist nament¬
lich häufig in Schleswig-Holstein und im Kreise Eupen und zwar
durchweg in solchen Ortschaften beobachtet worden, in denen diese
Krankheit stationär ist. Es kamen jedoch auch in den genannten
Landestheilen neben den Rauschbranderkrankungen einzelne Fälle von
apoplectischem und von Carbunkel-Anthrax vor.
Die 620 an Milzbrand gefallenen Schafe, welche die Tabellen
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Milzbrand.
17
anführen, stellen sicherlich nur einen geringen Bruchtheil des wirk¬
lichen Verlustes dar, denn erfahrungsgemäss gelangen Milzbrander¬
krankungen bei Schafen nur ausnahmsweise zur Kenntniss der Be¬
hörden und der beamteten Thierärzte. Die 620 Schafe, — in welche
Zahl die wenigen an Milzbrand gefallenen .Ziegen eingeschlossen
sind —, vertheilen sich auf die nachstehend genannten Reg.-Bez.
und Kreise:
1.
Kreis Stallupoenen *
Reg.-Bez. Gumbinnen
in
1 Gehöft 1
Schaf
2.
* Thorn
Marien werder
1
*♦* 6 Schafe
3.
* Niederbarnim *
ft
Potsdam
1
*•* 6
4.
„ Prenzlau
ft
n
n
1
2
ff
5.
* Naugardt
n
Stettin
rt
1
ft
31
w
6.
* Saatzig
fi
ft
1
*** 20
ff
7.
„ Kroeben*
Posen
1
** 87
8.
* Schroda*
ft
w
1
»i
*•* 13
fl
9.
, Wreschen
n
w
1
fl
300
*»
10.
„ Namslau
*
Breslau
ft
2 Gehöften 51
» IG*** IG**
11.
„ Freystadt
w
Liegnitz
1 Gehöft*** 8
ft
12.
Liegnitz*
ti
*»
*1
1
fl
3
ft
13.
* Delitzsch *
fi
Merseburg
ff
1
ff
** 6
ft
14.
„ Liebenwerda
w
ff
ff
1
ft
**47
ft
15.
Gebirkskreis Mansfeld* .
ft
n
1
1
Schaf
16. Kreis Sangerhauscn *
ft
ft
ff
1
ft
1
ft
17.
* Liebenberg* Landkr.-Bez.
Hildesheim
ff
1
** 7 Schafe
18.
„ Euskirchen *
Reg.-Bez. Ko ein
ff
1
ft
19
ff
19.
„ Rheinbach *
n
1
ff
11
Zusammen in 20 Geholten 620 Schafe.
In den mit ** bezeichneten Gehöften herrschte der Milz¬
brand gleichzeitig unter dem Rindvieh, durch den Zusatz
*** soll ausgedrückt werden, dass die Blutseuche in den
betreffenden Schafherden häufig vorkoramt. Nach den An¬
merkungen des Departementsthierarztes Rüffert hat es den Anschein,
dass die 300 Schafe im Kreise Wreschen nicht am Milzbrand, sondern
an der Lupinenkrankheit gelitten haben. In einem Gehöft des Kreises
Namslau, in welchem die Blutseuche auch während des vorigen Jahres
geherrscht hatte, starb nur ein kurze Zeit vorher angekaufter eng¬
lischer Zuchtbock.
Die Tabellen erwähnen, dass zwei an Milzbrand erkrankte Schafe
genesen sind.
Die 24 an Milzbrand gefallenen Schweine vertheilen sich auf
je ein Gehöft in den folgenden Reg.-Bez. und Kreisen:
Archiv f. miss. u. pract. Thiurheilkuutle. IX. Suppl.-Helt
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18 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
1. Kreis Kulm* Reg.-Bez. Marienwerder
2. * Koenigsberg* „ Frankfurt
3. „ Fraustadt „ Posen
4. „ Trebnitz* „ Breslau
5. Landkreis Liegnitz* „ Liegnitz
6 . Kreis Uelzen * Landdr.-Bez Lüneburg
7. „ Ahaus* Reg.-Bez. Münster
8 . „ Geldern* „ Düsseldorf
10 Schweine**
2 „ **
1 Schwein
1 *
1 *
4 Schweine**
3 „ **
9 **
Zusammen 24 Schweine.
In den mit ** bezeichneten Fällen herrschte der Milz¬
brand gleichzeitig auch unter dem Rindvieh und liegt die
Vermuthung vor, dass die Schweine Theile der Cadaver von an Milz¬
brand gefallenen Rindern verzehrt haben. In Birkenfelde, Kreis
Insterburg, erkrankten 4 Schweine, welche Eingeweide einer milzbrand-
kranken und nothgeschlachteten Kuh gefressen hatten. Die Schweine
sind sofort geschlachtet und ebenso, wie die Kuh, ohne Nachtheil von
Menschen verzehrt worden. In den oben erwähnten Ausbrüchen in
den Kreisen Königsberg und Fraustadt sind ausserdem 3 Schweine
erkrankt, jedoch genesen.
Das Berichtsmaterial enthält keine Mittheilungen über das Vor¬
kommen von Milzbrandfällen bei dem Roth- und Schwarz¬
wilde.
Während des Berichtsjahres sind 26 Menschen in Folge von
Milzbrandinfection schwer erkrankt und von diesen 4 ge¬
storben, unter den letzteren auch der Kreisthierarzt Wangemann
in St. Vith, Kreis Malmedy. Die Erkrankungen traten fast durchweg
in Folge von Infection bei dem Abhäuten und Zerlegen nothgeschlach¬
teter Rinder auf, ein in Quedlinburg geschlachteter Ochs inficirte
6 Menschen. Ein Mann erkrankte, nachdem er Fleich einer nothge¬
schlachteten Kuh auf den Armen, an denen sich keine Verletzungen
vorfanden, nach Hause getragen hatte. Bei einem Menschen stellten
sich die ersten Zeichen der Erkrankung erst 8 Tage nach der Infec¬
tion ein.
2. Die Tollwuth.
Die Zahl der Tollwuthfälle bei Hunden ist erheblich geringer als
im vorhergegangenen Jahre gewesen, und auch in den beiden letzten
Quartalen des Berichtsjahres macht sich eine weitere erhebliche Ab¬
nahme der Erkrankungen an Tollwuth bemerklich. (s. Tabelle S. 20. 21).
Die zahlreichsten tollen Hunde entfallen auf die nachstehend genann¬
ten Reg.- bezw. Landdr.-Bez.:
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Tollwuth.
19
Koenigsberg
50 wuthkranke
Hunde
=
9,40 pc.
Gumbinnen
GG
*
=
12,22 „
Danzig
24
w
w
=
4,51 „
Marienwerder
35
w
V»
==
6;59 „
Posen
51
w
n
=
9,60 .
Broroberg
20
n
w
=
3,76 ,
Breslau
29
«
n
=
5,45 „
Hannover
22
=
4,13 „
Osnabrück
24
w
=
4,70 .
Minden
2S
..
tm
=
526 „
Zusammen
349
wuthkranke Hunde
=
65,62 po.
Die Tollwuth wurde mithin ganz besonders häufig in den
Reg.-Bez. an der östlichen Landesgrenze — und zwar auf¬
fällig verbreitet in den unmittelbar an der letzteren gelegenen
Kreisen — beobachtet; die Behauptung zahlreicher Berichter¬
statter, dass die Krankheit vielfach durch aus Polen übergelaufene
tolle Hunde verschleppt worden ist, hat demgemäss die Wahrschein¬
lichkeit für sich. Ein Theil der in der Provinz Hannover getödteten
wuthkranken Hunde war aus dem Bremer Gebiet übergelaufen.
Die Reg.- bezw. Landdr.-Bezirke Stralsund, Aachen, Sig¬
marin gen und Aurich blieben während des ganzen Berichtsjahres
frei von der Tollwuth, auf die übrigen 22 Reg.- bezw. Landdr.-Be-
zirke entfallen mithin zusammen 183 wuthkranke Hunde = 34,38%.
Diejenigen wuthverdächtigen Erkrankungen, welche den Bericht¬
erstattern nur aus den Bekanntmachungen der Kreis- und Amtsblätter
bekannt geworden sind, haben wir bei Zusammenstellung der Tabelle
Seite 20 und 21 nicht in Anrechnung gebracht, sondern in derselben
nur solche Fälle von Wuthverdacht berücksichtigt, bei denen der
letztere durch eine thierärztliche Untersuchung der herrenlosen ge¬
tödteten Hunde bestätigt wurde. Die bei Weitem zahlreichsten Aus¬
brüche der Wuthkrankheit sind durch den Biss fremder, umherschwei¬
fender, wuth verdächtiger Hunde veranlasst worden, welcher von den
Besitzern der gebissenen Hunde meist wenig oder gar nicht beachtet
zu werden pflegt.
Man empfängt aus dem statistischen Material im Allgemeinen
den Eindruck, dass die Massregeln zur Tilgung und zur Ver¬
hütung von Ausbrüchen der Wuthkrankheit bei Hunden
durch die Gleichgültigkeit der Bevölkerung gegen die Ge¬
fahren, welche in Folge der Tollwuth eintreten können und
durch den hartnäckigen Widerstand der Besitzer von Hunden
ganz ungemein erschwert werden. Vielfach versuchen die Be¬
sitzer die ihnen sehr wohl bekannte Berührung ihrer Hunde mit tojll-
Digitized by ^.ooQle
20 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten,
Im ersten Quartal.
Im zweiten Quartal.
Im
ü
B
B
Provinz
6
CT
Zahl der Ortschaften.
erkrankt und
gefallen
bezw. getödtet.
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3
1
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Zahl der Kreise.
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Hunde.
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St. Rindvieh
Schafe.
Schweine.
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Hunde getödtet
Nach § 19 der Ins
Februar 1881 gett
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Hunde.
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Schafe.
Schweine.
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Ostpreussen.
24
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2.
Westpreussen
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Sachsen . . .
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—
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Schleswig-
Holstein . .
_
_
_
_
_
_
_
1
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_
_
_
—
—
—
9.
Hannover . .
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—
3
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1
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5
17
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—
1
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—
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Hohenzollern-
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—
—
—
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—
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—
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—
—
—
Summa . .
135
286
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—
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477
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”|
240
150
1
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Im Berichts¬
jahr 1880/81.
130
299
180
4
19
16
4
132
495
11
250,
186
3
53
25
, 5
61
264
108
232
Im Berichts¬
jahr 1881/82.
mehr . .
5
6
3
14
28
5
9
weniger . .
—
13
—
4
—
16
—
44
IS
—
10
36
2
17
—
—
23
87
i
Regierungt-
bezw.
Landdrosteibezirke,
in denen Fälle von Tollwuth nicht
Frankfurt 3. Qu.
Berlin
3.
4.
Qu. Stettin
4. Qu. Koeslin
2.
Qu
Stralsund l. 2.
Aurjcb L 2.
3. 4. Qu. Kassel 3. 4. Qu.
Wiesbaden 4. Qu. Koblenz 2. 4 Qu.
Düsse 1-
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Tollwutb,
21
3. 4. Qu. Magdeburg 3. Qu. Erfurt 1. Qu. Schleswig 1. 3. Qu. Luneburg 1. Qu
dorf 4 Qu. Köln 4. Qu. Trier 1. 4. Qu. Aachen 1.2. 3. 4. Qu. Sigmaringen 1. 2. 3. 4. Qu.
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22 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
kranken zu verheimlichen und die Tödtung der betreffenden Hunde
zu umgehen. Zu diesen in früheren Berichten häufig erörterten Uebel-
ständen kommt seit dem 1. April 1881 noch weiter der Umstand
hinzu:
dass von der im §. 37 des Gesetzes vom 23. Juni 1880
und im §. 19 der Instruction vom 24. Februar 1881 „aus¬
nahmsweise gestatteten mindestens dreimonatlichen
Absperrung solcher Hunde, welche von tollkranken
gebissen worden sind, verhältnissmässig häufig und
nicht selten auch unter Umständen Gebrauch ge¬
macht worden ist, in denen die A bsperrung solcher
Hunde durchaus nicht den Voraussetzungen ent¬
sprach, bei welchen von der Tödtung der gebisse¬
nen Hunde Abstand genommen werden darf.
In einzelnen Gegenden scheint die Absperrung der von tollkran¬
ken gebissenen Hunde fast Regel und deren Tödtung Ausnahme geworden
zu sein. Die Tabellen erwähnen mehrfach, dass die Tollwuth bei
solchen abgesperrten oder auch nur an die Kette gelegten Hunden
später zum Ausbruch kam, oder dass solche Hunde entliefen und der
weiteren Observation entzogen blieben. In Klantsch, Kreis Glogau,
war ein herrenloser, wuthverdächtiger Hund, welcher fast sämmtliche
Hunde des Ortes gebissen hatte, getödtet worden, die Soction bestä¬
tigte das Vorhandensein der Wuth. Nichtsdestoweniger wurden die
gebissenen Dorfhunde nur an die Kette gelegt und deren Tödtung erst
angeordhet, nachdem unter den Hunden während der nächsten 2 Mo¬
nate 6 Wutherkrankungen vorgekommen waren. In Kemlitz, Kreis
Jüterbog-Luckenwalde, benutzte man einen seit längerer Zeit unter
Observation stehenden verdächtigen Hund noch zwei Tage vor dessen
Tödtung zum Hetzen von Schweinen.
Aus diesen Verhältnissen und aus den vielfachen Verheimlichun¬
gen der von tollkranken gebissenen Hunde ist zu erklären, dass bei
zahlreichen Hunden eine bestimmte Incubationsdauer hat ermittelt wer¬
den können. Der nicht zu überwindende Widerstand des Publicums
gegen die Massregeln zur Tilgung der Tollwuth hat auch wohl zur
Folge gehabt, dass die Mittheilungen über die Tollwuth in den Be¬
richten der beamteten Thierärzte durchweg viel dürftiger ausfallen, als
die Angaben über die anderen ansteckenden Krankheiten.
Mehrfach wird in den Tabellen erwähnt, dass die Bevölkerung in
Oberschlesien mitunter keinen Widerwillen gegen das Verzehren ge-
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Tollwuth.
23
tödteter wuthverdächtiger Hunde gezeigt hat. In Polnisch Würbitz, Kreis
Oppeln, ist ein getödteter und verscharrter tollkranker Hund wieder
ausgegraben und verspeist worden. Die Section eines wuthverdäch-
tigen getödteten Hundes ira Kreise Leobschütz konnte nicht ausge¬
führt werden, weil das Cadaver entwendet worden war, und der Kreis¬
thierarzt das Fleisch schon für den Genuss zubereitet vor fand.
Wutherkrankungen bei Pferden, Wiederkäuern und
Schweinen sind am häufigsten in den Provinzen Ostpreussen, West-
preussen und Posen beobachtet worden; dieselben konnten meist auf
den Biss herrenloser wuthverdächtiger Hunde oder auf den Ausbruch
der Tollwuth bei den Hirtenhunden zurückgeführt werden. Einzelne
Bindviehbestände erlitten erhebliche Verluste, wie die nachstehend an¬
geführten Beispiele zeigen:
1 Gehöft in Quctz Kreis Heilsberg 24 Stck. Rindv. Best. 9 Stck. wuthkrank.
1 „ w Frieden thal „ Loetzen 48 „ „ „ 8 „ „
1 * „ Zduny * Inowraclaw 29 „ „ * 18 * *
4 Gehöfte „ Brudnia „ „ 33 „ „ „ 15 w *
In Friedenthal kam der erste Wuthfall am 18. Augnst 1881, der
achte am 24. Februar 1882 vor, in den 4 Gehöften von Brudnia er¬
krankten ausserdem noch 5 Schafe und 5 Schweine.
Im Landdrostei-Bezirk Hannover ist eine Kuh angeblich an Toll¬
wuth erkrankt, nachdem sie das von einem wuthkranken Bullen be¬
geiferte Futter gefreshun hatte.
Von sicher beobachteten Incubationszeiten erwähnt das
statistische Material:
bei Hunden: je zweimal 9, 11, 14, 18, 28, 32, 56, je einmal 4, 10, 12, 16, 20,
25, 26, 30, 33, 35, 38, 48, 59, 65, 76, 100 Tage,
bei Pferden: zweimal 15, je einmal 31, 34, 37 Tage.
bei dem Rindvieh: achtmal 30. fünfmal 23, viermal 28, je dreimal 18, 35, 41,
je zweimal 25, 26, 27, 34, 36, 37, je einmal 21, 22, 24, 29, 31,
32, 33, 38, 39, 42, 43, 47, 48, 60, 70, 71, 124, 217, 353 Tage,
bei Schafen bezw. Ziegen: je einmal 12, 26, 27, 41 Tage,
bei Schweinen: zweimal 15, je einmal 6, 14, 23, 50 Tage,
bei einer Katze 18 Tage.
Ein am 14. Juni 1880 von einem tollkranken gebissener Hund
wurde 3 Monate lang in der Thierarzneischule zu Giessen beobachtet
und sodann entlassen. Bei demselben brach am 9. Mai 1881 die
Tollwuth aus, so dass die Incubation, falls nicht nach der Observa¬
tionszeit eine weitere Infection stattfand, 328 Tage gedauert hat.
Ueber das Vorkommen der Wasserscheu bei 6 Menschen
enthält das statistische Material folgende Bemerkungen:
ln Rehfelde, Landkreis und Reg.-Bez. Königsberg, starb ein Aus-
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24 Jahresbericht über die Verbreitung der Ansteckenden Thierkrankheiten.
gangs Juli von seinem tollkranken Hunde gebissener Hirt am 28. August
an der Wasserscheu.
In Willudden, Kr. Angerburg, Reg.-Bez. Gumbinnen, erkrankte ein
Hütejunge 25 Tage, nachdem er von dem toll gewordenen Hirten¬
hunde gebissen worden war.
Ein aus Hirschberg, Reg.-Bez. Liegnitz, entlaufener Hund biss in
Agnetendorf 5 Menschen, unter diesen ein Mädchen, welches 40 Tage
später an der Wasserscheu erkrankte.
In Gross Patschin, Kreis Tost-Gleiwitz, Reg.-Bez. Oppeln, starb
ein 5 Wochen vorher von einem fremden wuthverdächtigen Hunde ge¬
bissener, 16 Jahr alter Mensch.
Im Kreise Osnabrück wurde ein 3V 2 Jahr alter Knabe von einem
tollen Hunde oberflächlich in ein Ohr gebissen. Der Knabe erkrankte
trotz sofort eingeleiteter ärztlicher Behandlung nach 44 Tagen an der
Wasserscheu.
In Frankfurt a. M. wurde Anfangs Juli ein Mann von einer Katze,
welche er im Aufträge des Besitzers nach der Abdeckerei tragen sollte,
in den Daumen gebissen. Der Mann ist am 9. October im Spital zum
heiligen Geist an der Wasserscheu gestorben.
Ausserdem soll in Bialla, Kreis Johannisburg, Reg.-Bez. Gum¬
binnen, ein Mensch nach einer Incubationsdauer von 18 Monaten an
der Wasserscheu gestorben sein.
3. Die Rotz-Wurmkrankheit
Die Vergleichung am Fuss der Tabelle S. 26 und 27 zeigt, dass
die Zahl der Kreise und Ortschaften, in denen diese Krankheit vor¬
gekommen ist, erheblich, und dass die Gesaramtzahl der getödteten
und gefallenen rotz-wurmkranken Pferde gegen das vorhergehende Jahr
um 60 abgenomraen hat. Aus derselben Zusammenstellung ergiebt
sich ferner, dass die Zahl der Rotz-Wurmerkrankungen vom ersten
bis vierten Quartal des Berichtsjahres geringer geworden ist.
Der Gesammtbestand aller Gehöfte, in denen die Rotz-Wurm¬
krankheit zum Ausbruch gelangte, betrug:
1880/81
im 1. Quartal 2584
» 2. „ 2681
* 3. „ 2817
n 4. * 2151
1881/82
2492 Pferde.
3142 „
2623 *
2372 „
Der Gesammtverlust an getödteten und gefallenen Pferden im Ver-
hältniss zu der oben erwähnten Pferdezahl betrug:
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Rotz-Wurm krank heit.
25
1880/81 1881,82
im 1. Quartal 22,40 pc. = 24,72 pc.
* 2. * 23,45 * = 18,90 *
* 3. „ 20,80 * = 21,65 *
* 4. * 20,00 , = 21,90 „
Die Verhältnisszahlen haben sich mithin nor wenig geändert.
Am Schlüsse des Berichtsjahres blieben, ebenso wie am Schlüsse
des Jahres 1880/81, 109 Pferdebcstände übrig, in denen die wegen
Ausbruchs der Rotz-Wurmkrankheit angeordneten Sperr- und Obser-
vationsmassregeln noch nicht aufgehoben worden waren, wobei jedoch
in Beachtung gezogen werden muss, dass das am 1. April 1881 in
Kraft getretene Reichsgesetz vom 23. Juni 1880 die Dauer der Ob¬
servationszeit für die der Ansteckung verdächtigen Pferde auf 6 Mo¬
nate verlängert hat.
Die nachstehende Tabelle drückt in abgerundeten Procentsätzen
das Verhältniss aus, in welchem die getödteten und gefallenen rotz-
wurrokranken Pferde sich während der einzelnen Quartale und im
Berichtsjahre auf die verschiedenen Provinzen vertheilen.
I.
Quartal.
II.
Quartal.
III.
Quartal.
IV.
Quartal.
Im Be¬
richtsjahr.
Im Jahr
1880/81.
An Rotz-Wurm krank-
heit gefallene und we-
gen derselben getödtcte
Pferde:
616
593
5CS
520
2297
2357
Davon in:
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt
Ostpreussen.
9,10
7,10
7,40
6.70
7.86
5,51
Westpreusen.
23.00
21,90
15,40
14,10
18,75
18,72
Brandenburg.
13,10
8,60
7,20
4,80
8,60
9,11
Pommern.
7,00
3,05
2,10
5,60
4,46
8.68
Posen.
17,40
22,60
31,70
34,10
26,10
12,69
Schlesien.
8,45
15,50
20,00
21,20
16,10
30,56
Sachsen.
6,35
4,20
2.60
2,90
4,13
4,20
Schleswig-Holstein . .
1,45
0,34
0,50
1,55
0,96
1,01
Hannover.
1,80
5,23
4,00
1,55
3,22
1,46
Westfalen.
1.45
0,34
0,00
0,20
0,52
1,15
Hessen - Nassau.
1,30
3,54
0,00
1,15
1,10
1,06
Rheinprovinz.
9,60
7,60
9,10
6,15
8,20
5,54
Hohenzol lern’sche Lande
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,31
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Diese Berechnung zeigt, dass der Procentsatz der rotz-wurmkran-
ken Pferde in den Provinzen Ostpreussen, Westpreussen, Brandenburg,
Sachsen vom 1. bis zum 4. Quartal des Berichtsjahres stetig abge-
nomraen hat und auch in den Provinzen Pommern, Hannover, Hessen-
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26 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Im ersten Quartal
Im
zweiten Quartal.
Im drit-
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Pferde
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Pferde.
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Westpreussen . .
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34
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Brandenburg . .
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Posen.
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57
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Schlesien ....
21
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Sachsen .
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17
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2
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Schleswig-Holstein
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2
4
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1
1
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2
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2
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Hannover ....
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10.
Westfalen . . .
4
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—
—
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Hessen-Nassau. .
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21
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39
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21
13.
Hohenzollern-
sche Lande . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Summa . .
125
207 231 603
35
540
41
141
241
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230
Im Berichts¬
jahr 1880/81 .
15G
257 294 567
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Im Berichts¬
jahr 1881/82
mehr . .
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weniger . .
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—
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35
34
41
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23
—
13
44
92
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Kotz -Wurmkrankheit.
•27
ten Quartal.
Im vierten Quartal.
Im Berichtsjahr.
Regierungs- bezw.
Landdrostei-Bezirke,
in denen die Rotz-
Wurmkrankheit nicht
beobachtet wurde,
nebst Angabe der
seuchefrei gebliebe¬
nen Quartale.
Pferde.
:
Pferde.
5
Pferde.
erkrankt.
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auf polizeiliche Au*
ordnottg gotödtat.
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Stralsund 3. 4. Quart.
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17
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43
168
1
164
12
27
141
593
30
537
31
110
7
96
9
40
56
60
107
10
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6
58
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7
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1
5
2
12
25
73
8
6
Hildesheim 1. Quartal.
Lüneburg 1. Quartal.
Stade 2. 3. 4. Quartal.
Osnabrück 2. 3. 4. Qu.
Aurich 1. 2. 3. 4. Qu.
—
—
—
—
1
1
1
1
—
—
1
7
7
11
1
4
7
Münster 2. 3. 4. Quart.
Minden 1. 3. Quartal.
Arnsberg 3. 4. Quart.
—
—
—
2
2
2
6
—
6
—
5
9
33
1
29
5
Kassel 3. Qusrtal.
Wiesbaden 3. 4. Quat.
49
1
50
1
12
14
17
32
1
27
4
27
41
181
8
166
14
Koeln 1. Quartal.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Sigmaringen 1. 2. 3. 4.
Quartal.
565
29
519
' 20
131
205
j 215
496
460
34
243
621
2213
127
2038
1 132
1
614
20
541
105
108
194
225
500
35
414
24
253
753
2301
156
1992
209
9
23
11
1 46
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58
29
—
77
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28 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Nassau und in der Rheinprovinz im 4. Quartal geringer blieb als im
ersten. Dagegen macht sich in den Provinzen Posen und Schlesien
von Quartal zu Quartal eine stetige und auffallende Steigerung der
Verhältnisszahlen bemerklich. Gegen das vorhergehende Jahr ist der
Procentsatz der rotz- wurmkranken Pferde in der Provinz Schlesien
zwar erheblich gesunken, diese Abnahme wird jedoch durch die ausser¬
ordentliche Verbreitung bedingt, welche die Rotz-Wurmkrankheitl880/81
im Reg.-Bez. Oppeln erlangte (s. S. 74 — 76 des 5. Jahresberichtes).
Die Berechnung zeigt eine sehr erhebliche Zunahme der Rotzfälle in
der Provinz Posen, auch in Ostpreussen, Hannover und in der Rhein¬
provinz ist der Procentsatz ein höherer, in Pommern dagegen ein er¬
heblich geringerer, als während des vorigen Berichtsjahres. In den
übrigen Provinzen ist keine wesentliche Veränderung des Procentsatzes
der rotz-wurmkranken Pferde eingetreten.
Wir stellen nunmehr, wie Seite 59 — 86 unseres fünften Jahres¬
berichtes, die Verbreitung der Rotz-Wurmkrankheit in den einzelnen
Provinzen zusammen und lassen den betreffenden Tabellen genauere
Angaben über diejenigen Rotz-Wurmausbrüche folgen, bei denen ent¬
weder eine im Verhältniss zum Pferdebestande grosse Anzahl von
Thieren fiel bezw. getödtet werden musste, oder die Krankheit durch
mehrere Quartale fortherrschte. Um Wiederholungen zu vermeiden,
wollen wir diese Fälle kurzweg als „grössere Rotzausbrüche“ bezeich¬
nen und bemerken, dass bei denselben solche nicht berücksichtigt
sind, bei welchen ganze Bestände von 2—3 Pferden getödtet wurden.
1. Ostpreussen.
Von den 175 in Ostpreussen getödteten und gestorbenen Thieren ent¬
fallen 147 auf die nachstehend genannten 17 grösseren Rotzausbrüche:
Eisenbart Kreis Friedland 12 Pferde Best 10 Pferde getödt. 1 Pferd gestorb.
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Zusammen 37S Pf. Best. 140 Pf. getödtet 7 Pf. gestorben.
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Rotz-Wurmkrankheit.
29
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
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Quartal
4.
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14.
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1
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15.
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1
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—
—
—
1
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4
16.
Roessei . . .
2
3
—
—
4
24
—
—
4
27
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17.
Wehlau . . .
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—
1
1
1
1
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1
2
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10
34
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29
13
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14
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1.
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2
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Reg.* Bezirk
2.
Goldap . . .
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Gumbinnen.
3.
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4.
Johannisburg
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1
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1
5.
Loetzen . . .
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1
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Niederung . .
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60
30
Während der Verlust in den oben genannten 17 Gehöften fast
39 pCt. der Bestände beträgt, vertheilen sich die übrigen 28 getödte-
ten und gefallenen Pferde auf 25 Ausbrüche. In Eisenbart, Medlau-
ken, Rothfliess und Abbau Lautern hatte die Rotz -Wurmkrankheit
Digitized by t^.ooQLe
30 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
schon im vorigen Berichtsjahr geherrscht. Die Gehöfte in Partsch
und Deyguhnen gehören zu einem grösseren Gütercomplex und schei¬
nen längere Zeit dem letzteren als Sammelplatz für rotzkranke oder
verdächtige Pferde gedient zu haben. Das Herrschen der Krankheit
wurde erst bekannt, als die Güter nach dem Tode des Besitzers ein¬
zeln in die Hände der Söhne übergingen. Klein Steinort, Eisenbart,
Rothfliess, Lautern und Abbau Lautern werden als alte Rotzherde
bezeichnet. Der Ausbruch in Skomaczko wurde ganz zufällig bei der
Section eines auf Veranlassung des Besitzers getödteten Pferdes er¬
mittelt. Ueber die zahlreichen Ausbrüche im Kreise Osterode wird
nicht berichtet, aus den Tabellen des Reg.-Bez. Marienwerder erfahren
wir jedoch, dass die Rotzkrankheit in Ganshorn durch dasselbe Pferd,
welches den Rotz auch in einen Bestand des Kreises Stuhm einge¬
schleppt hatte, veranlasst, jedoch erst ein Jahr später ermittelt wor¬
den ist.
In Ballau, Kreis Sensburg, kam unter einem früher stark ver¬
seuchten Bestände fast nach Jahresfrist wieder ein Rotzfall vor. Drei
im Reg.-Bez. Gumbinnen getödtete Pferde gehörten dem Gütercom¬
plex Partsch-Deyguhnen an und erkrankten, nachdem sie 5, bezw.
6 Monate unter strengster Observation gestanden hatten.
Sieben rotz-wurmkranke Pferde waren kurze Zeit vor Constati-
rung der Krankheit angekauft worden, unter diesen zwei auf Militär-
auctionen in Russland. Ein rotzkrankes Pferd wurde auf dem Markte
in Tilsit angetroffen. Drei Ausbrüche der Rotz-Wurmkrankheit sollen
durch Infection auf Reisen veranlasst worden sein.
2. Westpreussen.
Seuchefrei blieben während des Berichtsjahres nur die
Kreise Berent, Flatow und Tuchei. Die Zahl der rotz-wurm-
kranken Pferde hat gegen das vorhergehende Jahr im Reg.-Bez. Danzig
erheblich zugenommen und sich im Reg.-Bez. Marienwerder be¬
deutend vermindert. Der Kreis Pr. Stargardt zeichnet sich durch die
besonders hohe Zahl der Rotzfälle aus und hat von allen Kreisen
des Staates während des Berichtsjahres die stärksten Ver¬
luste durch die Rotz-Wurmkrankheit erlitten.
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Rotz-Wurmkrankbeit.
31
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4
Quartal
Im Be¬
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1 31
17
| 34
51
175
1-235 |
In den nachstehend genannten 42 Beständen von zusammen 982
Pferden sind 338 Pferde = 32,68 pCt getödtet worden oder gefallen,
ln Gemlitz, Herzberg, Russaschin, Schoenrohr, Hansgut, Kisin, Send-
schitz, Gross Babenz, Barkenfelde, Pestlin, Piewnitz, Gostkowo und
Warszewicc hat die Rotz-Wurmkrankheit auch im vorigen Jahre, zum
Theil in grösserem Umfange geherrscht (s. S. 61 und 64 unseres
fünften Jahresberichtes). Die übrigen 94 in Westpreussen getödteten
und gefallenen Pferde vertheilen sich auf 56 Gehöfte.
Der Landkreis Danzig und der Kreis Pr. Stargardt sind reich an
alten Rotzherden, in denen die Krankheit theils durch mehrere auf
Digitized by C^ooQle
32 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
1. Gross Boehlkau
Landkr. Danzig
46 Pf. Best.
6 Pf. getödt
2 Pf. gefall.
2. Gemlitz
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28. Jacobsdorf
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32. Sendschitz
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33. Gr. Garz
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34. Adl. Liebenau
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35. Liebenau Abb.
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42. Warschewic^
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ii
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1
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Zusammen 984 Pf. Best. 321 Pf. getödt. 17 Pf. gefall.
einander folgende Quartale fortherrscht, theils nach längeren Inter¬
vallen von Neuem ausbricht. Letzteres war namentlich in Gross-
Boehlkau, Morroschin, Iwitzno der Fall, in Gross-Lichtenau sind Rotz¬
ausbrüche in den Jahren 1866, 1867, 1868, 1870, 1873, 1874 und
1875 beobachtet worden. Im Allgemeinen giebt das sehr dürftige
Material aus dem Reg.-Bez. Danzig keinen Aufschluss über die Ver¬
hältnisse, welche die starke Verbreitung der Rotz-Wurmkrankheit be¬
dingen, ganz beiläufig wird nur erwähnt, dass einzelne Rotzherde
schon seit mehreren Jahren bestehen. In den beiden alten Rotzsta-
Digitized by Google
Rotz-Wurmkrankheit.
33
tionen Alt-Münsterberg und Barendt, Kreis Marienburg, wurde die
Observation der Pferdebestände noch am Schlüsse des Berichtsjahres
fortgesetzt, obgleich seit Frühjahr 1881 weitere Rotzerkrankungen
nicht vorgekoramen sind. Ein rotz-wurmkrank befundenes Pferd im
Reg.-Bez. Danzig war kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft
worden.
Die Zahl der Rotzstationen im Reg.-Bez. Marienwerder hat
sich zwar etwas vermindert, es kommt jedoch noch immer häufig ge¬
nug vor, dass, wie z. B. in Rundewiese, Adl. Liebenau, Thyraau, Kr.
Marienwerder, Gawornitz, Kr. Schwetz, die Rotz-Wurrakrankheit in
früher verseucht gewesenen Beständen von Neuem auftritt. Im Kreise
Thorn konnten drei alte Rotzherde nach einer über ein Jahr fortge¬
setzten Observation ira 4. Quartal für getilgt erklärt werden; fünf in
dem früher stark verseuchten Gute Kisin, Kr. Kulm, auf Veranlassung
des Besitzers getödtete Pferde erwiesen sich bei der Section frei von
der Rotzkrankheit.
Die Anzeige von Ausbrüchen der Rotz-Wurmkrankheit wird nicht
selten sehr spät geleistet, oder das Herrschen der Krankheit gelangt
in anderer Weise, namentlich durch Verkauf von Pferden, welche bei
den neuen Besitzern erkranken, zur Kenntniss der Behörden. Hier¬
durch ist es bedingt, dass in verhältnissmässig vielen Fällen eine
grössere Anzahl von rotz-wurmkranken Pferden gleich bei der ersten
Untersuchung des ganzen Pferdebestandes ermittelt wird.
Acht Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft
worden, darunter eines in Polen, und ein rotzkrankes Pferd wurde
auf dem Markte in Bischofswerder angetroffen. Drei rotzkranke Pferde
gehörten Handelsleuten in den kleinen Städten der Grenzkreise.
3. Brandenburg.
Im Reg.-Bez. Potsdam ist die Zahl der Rotzfälle während der
beiden letzten Jahre nahezu dieselbe geblieben, die Steigerung der¬
selben im Reg.-Bez. Frankfurt ist eine scheinbare insofern, als die
Zunahme zum bedeutendsten Theil durch die grossen Verluste
bedingt wird, welche zwei Pferde bestände (s. No. 10 u. 15 der Ta¬
belle Seite 35) erlitten haben. Auffällig macht sich — namentlich
was die Zahl der verseuchten Bestände anbelangt — eine Abnahme
der Rotz-Wurmkrankheit in Berlin bemerklich.
Von 198 getödteten und gestorbenen Pferden entfallen 139 auf
Archiv f. triss. n. pract, Thierhcilkunde. IX. Suppl.-Heft. 3
Digitized by C^ooQle
34 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten,
| Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Be¬
rn; htsjahr.
Im Jahre 1880 81 getödtete
und gefallene Pferde.
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—
1
1
5
9
West-Priegnitz . . .
1
2
2
2
—
—
—
—
3
4
3
10.
Huppin .
3
3
1
2
—
—
—
—
3
5
4
11.
Teltow .
3
9
2
2
1
2
3
6
5
19
14
12.
Templin .
—■
—
1
i
2
6
1
5
3
12
3
13.
Zauch-Belzig . . .
—
—
1
2
—
—
—
—
1
9
2
14.
Brandenburg Stadt
—-
—
1
4
1
1
—
—
1
5
—
Summa . .
13
31
14
27
4
9
5
12
27
79
71
1.
Arnswalde .
1
5
1
5
Heg.- Bf x.
2.
Frankfurt Stadt . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
Frankfurt.
3.
Friedeberg .
2
16
1
9
—
—
—
—
2
18
11
4.
Guben .
—
—
2
6
1
1
1
1
3
8
—
5.
Koenigsberg ....
1
1
1
2
—
—
1
1
2
4
12
6.
Krossen .
—
—
1
3
—
—
—
—
1
3
5
7.
Landsberg .
— I
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
8.
Lebus .
1
5
—
—
1
18
1
2
3
25
—
9.
Luckau .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
10
Lübben .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
8
11.
Soldin .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
4
12.
Sorau .
3
3
3
4
—
—
—
—
3
7
—
13.
Ost Sternberg . . .
— I
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
14.
Züllichau.
l|
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—
—
—
—
—
—
1
4
1 3
Summa . .
8|
29
8
17
3
24
3 I
4
16
74
47
1.
Berlin.
8
21
5
7
1
8
1
9
12
45
91
Berlin.
die nachstehend genannten 20 grösseren Rotzausbrüche; die übrigen
54 getödteten und gestorbenen Pferde vertheilen sich auf im Ganzen
24 Bestände.
Digitized by ^.ooQle
Kotz-Wurmkrankheit.
35
1. Blumberg
(reis Nieder-Barnim
5 Pf. Best.
5 Pf.
getödt.
—
Pf. gef.
2. Neuenhagen
i»
11
20
ii
13
ii
1
11
3. Oranienburg
i»
11
4
i»
4
ii
—
1*
4. Senzig
n
Teltow
5
ii
5
ii
—
5. Rixdorf
4
ii
4
—
6. Königs-Wusterhausen
ii
12
•t
4
ii
—
7. Zehdenick
»>
Templin
35
n
10
ii
—
11
8. Brandenburg
. 11
Brandenburg
21
,,
4
—
il
9. Arnswalde
Arnswalde
5
5
—
10. Friedeberg
Friedeberg
13
12
ii
1
1t
11. Friedersdorf
11
tt
5
4
ii
1
Jl
12/13. Guben*
11
Guben
6
ii
5
ii
1
1t
14. Pilgram
11
Lebus
5
91
4
ii
1
tt
15. Reitwein
11
,
47
11
18
ii
—
tt
16. Jeschkendorf
fl
Sorau
5
Jl
5
ii
—
tt
17. Rentschen
11
Züllichau
4
11
4
ii
—
tt
18. Berlin
Berlin
55
11
14
ii
—
tt
19. Berlin
11
>i
36
11
10
ii
—
tt
20. Berlin
n ___
18
1»
9
—
Zusammen 305 Pf. Best, 139 Pf. getödt. 5 Pf. gef.
Der Verlust in den oben genannten 20 Gehöften beträgt 47,20 pCt.
der vorhandenen Bestände.
In Neuenhagen soll die Rotz-Wurmkrankheit bereits seit 7 Jahren
unter den Gutspferden geherrscht haben, dieselbe ist nach den wieder¬
holten Ausbrüchen — zum letzten Male im Jahre 1879 — für er¬
loschen erklärt worden. In den Oranienburger Bestand ist die Krank¬
heit angeblich schon vor 3 Jahren durch ein angekauftes Pferd ein¬
geschleppt worden, welches vor dem Ankauf längere Zeit unter
Observation gestanden hatte, ln dem alten Scucheherde Bietikow,
Kreis Prenzlau, wurde die Observation aufgehoben, nachdem 10 Mo¬
nate lang weitere Erkrankungen nicht vorgekommen waren. Ueber die
anderen Rotzausbrüche im Reg.-Bez. Potsdam fehlen nähere Angaben.
Die zahlreichen Rotzfälle in einem Gehöft der Stadt Friede¬
berg, Reg.-Bez. Frankfurt, sind durch eine längere Verheimlichung
des Krankheitsausbruches in dem schlecht gehaltenen Bestände eines
Fuhrmannes bedingt worden. Die bedeutenden Verluste in Reitwein
können nur durch die unrichtige Beurtheilung der ersten Fälle und
durch die ausserordentlich schnelle Aufeinanderfolge der einzelnen Er¬
krankungen erklärt werden, welche nicht nur in Reitwein, sondern
auch unter den verseuchten Beständen in Guben zu beobachten war. In
die Gehöfte zu Friedersdorf und Rentschen wurde die Rotzkrankheit
durch den Ankauf je eines Pferdes aus einem alten Rotzherde bezw.
aus einem Bestände eingeschleppt, welcher längere Zeit unter Obser¬
vation gestanden hatte.
*) Zwei Gehöfte.
3*
Digitized by C^ooQle
36 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheilen.
Von den 45 rotz-wurmkranken Pferden in Berlin wurden 40 zum
öffentlichen Fuhrwerk verwendet. In einem Bestände brach die Krank¬
heit nach 8 Monaten von Neuem aus; in einem zweiten herrschte die¬
selbe schon seit dem Jahre 1879.
In der Provinz Brandenburg waren 7 rotz-wurmkranke Pferde
zur Zeit, als die Krankheit constatirt wurde, noöli nicht lange in den
Händen der betreffenden Besitzer. Ein rotzkrankes Pferd wurde auf
einer Abdeckerei ganz zufällig ermittelt, ein zweites herrenlos ange-
troflfen. Drei Ausbrüche der Rotzkrankheit sollen durch Infection auf
Reisen veranlasst worden sein.
4. Pommern.
Die 102 getödteten und gefallenen Pferde vertheilen sich auf die
nachstehend genannten Kreise:
Laufende Nummer.
Kreis.
1
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Be¬
richtsjahr.
0
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verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verse uch te Bestän de
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verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
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1
Demmin.
. _
_
_
37
Reg.Bef.
Greifenhagen. . . .
1
1
1
2
1
1
1
1
3
5
9
Stettin.
Kl
Naugard.
1
1
2
2
1
2
—
—
3
5
3
4
Pyritz.
—
—
—
—
—
—
1
3
1
3
2
5.
Randow.
1
2
—
—
—
—
—
—
1
2
2
6 .
Regenwalde ....
1
2
1
2
2
2
2
5
4
11
—
7 .
Saatzig.
—
—
—
—
—
—
1
2
1
2
2
S.
Stettin Stadt. . . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
16
9.
Usedora-Wollin . .
—
— J
—
—
—
—
1
Summa . .
4
G
4
6
4
5
5
11
13
28
72
1.
Belgard.
1
2
2
3
_
_
_
_
2
5
23
Keg.-Bfz.
2.
Bublitz.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
Koeslin.
3.
Bütow .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
4.
Dramburg .
—
—
—
—
—
—
G
8
6
8
3
5 .
Koeslin .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
-
1
C).
Kolberg-Koerlin . .
—
—
—
—
1
1
1
4
2
5
—
7.
Lauenburg .
—
—
1
1
—
—
—
—
i
1
20
8 .
Neu-Stettin ....
—
—
1
1
1,
2
1
2
3
5
22
9.
Rummelsburg . . .
—
—
—
—
—
—
—-
—
—
—
1
10
Schievelbcin ....
-1
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
11.
Schlawe.
3
28
1
1
3i
1 4
3
4
8
| 37
27
12 .
Stolp.
— |
—
— 1
—
—
—
31
■
Summa . .
4
30
5 |
G
5 |
7
n|
18
22I
61
134
Digitized by ^.ooQle
Kotz-Wurmkrankheit.
37
Von den Verlusten an Pferden entfallen auf folgende Bestände:
Kolbatz,
Karlshof
Redlin Abb.
Kolberg
Karwitz
Boitzenhagen
Barth
Gutzkow*
Kr. Greifenbagen,
32 Pf. Bestand,
3 Pf. getödtet,
— Pf. gefallen.
„ Regenwalde
5
5
ii
„ Belgard
4
4
„ Kolberg
25 ,,
5
™* n
., Schlawe
53
24
i» ii
17
2
,, Franzburg
3
3
~ ii
., Greifswald
6
6
' ■ ii
Zusammen
145 Pf. Bestand,
52 Pf. getödtet,
— Pf. gefallen.
Die übrigen 50 Pferde vertheilen sich auf 33 Gehöfte.
In Karwitz, Boitzenhagen und Kolbatz dauerte das Herrschen der
ltotz-Wurmkrankheit aus dem vorigen Jahre fort. Die alten Rotz¬
stationen Karwitz und Kolbatz wurden S. 67 und 69 unseres fünften
Jahresberichtes bereits erwähnt. Nach Boitzenhagen war die Krank¬
heit von Karwitz aus verschleppt worden; dieselbe ist in Karwitz
durch Massetödtungen (von 53 Pferden blieben nur 8 am Leben) ge¬
tilgt worden, schleppt sich in Kolbatz jedoch noch hin, in langen
Zwischenräumen erkranken einzelne Pferde. Der Ausbruch in Kolberg
betraf den Bestand einer Posthalterei. Die 3 Pferde in Barth bilde¬
ten den ganzen Bestand eines Omnibushalters. In einen Bestand zu
Gützkow ist die Krankheit durch Ankauf eines Pferdes aus dem Kreise
Demmin eingeschleppt worden, die Krankheit wurde auf die Pferde
eines anderen Besitzers übertragen.
Von den rotz-wurmkrank befundenen Pferden waren 13 kurz vor
•) Zwei Gehöfte.
Digitized by C^ooQle
38 Jahresbericht über die Verbreitung der ansiechenden Thierkrankheiten.
Constatirung des Ausbruchs angekauft worden. Die ersten Krankheits¬
erscheinungen traten oft erst nach mehreren Monaten hervor. Ein
rotzkrankes Pferd wurde auf dem Markte in Labes angetroffen, ein
anderes gehörte zu dem Bestände einer Kunstreitertruppe. Drei Aus¬
brüche der Rotz-Wurmkrankheit werden auf Infectionen unterweges
oder in Gastställen zurückgeführt.
5. Posen.
Von allen Kreisen der Provinz blieb — wie im vorigen
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Jahre 1880,81 getödtete
und gefallene Pferde.
verseuchte Bestände.
©
b d .
©
ns xr
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bi
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
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©
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©
©
n
©
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
1.
Adelnau.
1
i
1
1
5
Reg.-fct
2
Birnbaum.
1
1
1
1
—
—
—
—
2
2
5
Posen.
3.
Bomst.
2
2
1
3
1
2
—
—
3
7
1
4.
Buk.
1
1
3
6
2
3
2
3
6
13
5
5.
Fraustadt.
—
—
—
_
1
1
—
—
1
1
1
6
Kosten.
3
3
5
6
6
7
3
3
14
19
18
7.
Kroeben .
3
9
5
21
6
25
2
54
10
109
—
8.
Krotoschin.
2
2
2
2
2
2
—
—
2
6
15
9.
Obornik.
—
—
—
_
2
4
—
—
2
4
3
10.
Pieschen .
—
—
i
1
1
4
3
4
4
9
44
11.
Posen Stadt ....
—
—
1
1
—
—
—
—
1
1
7
12.
Posen Land ....
1
1
—
_
3
7
4
9
6
17
14
13
Samter.
3
3
1
1
4
5
3
8
8
17
5
14.
Schildberg.
—
_
1
1
—
—
2
3
3
4
8
15.
Schrimm.
2
3
3
19
—
—
1
9
5
24
5
16.
Schroda.
1
2
6
12
5
6
—
—
8
20
10
17.
Wre sehen.
2
5
3
7
1
1
2
3
6
l«;
9
Summa . .
21
32
34
82
34
67
22
89
82! 270
155
1.
Bromberg Stadt . .
_
1
1
1
1
2
2
7
Reg.-Bet
2
Bromberg Land . .
2
3
2
2
6
10
1
2
6
17
10
Broniberg.
3.
Czarnikau.
2
2
2
4
2
8
1
1
5
15
5
1.
Gnesen.
4
7
2
3
1
1
7
13
11
24
12
5
Jnowraclaw.
5
23
3
4
3
9
2
2
10
38
20
6.
Kolmar.
1
1
—
—
1
1
—
—
2
2
2
7
Mogilno. ......
4
19
3
5
2
9
1
4
9
37
42
8.
Schubin.
3
13
6
17
9
28
5
33
13
91
17
9.
Wirsitz.
3
4
2
7
2
9
1
2
5
22
3
10.
Wongrowiec ....
2
3
4
9
3
37
3
31
8
80
27
Summa . .
26
75
25
52
30 113 |
21 !
88
71
328
145
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Rotz-Wurmkrankheit.
39
Jahre — nur der Kreis Meseritz frei von der Rotz-Wurra-
krankheit; verhältnissraässig wenige Fälle wurden in den Kreisen
beobachtet, welche an die Prozinz Brandenburg grenzen. Besonders
auffällig sind die bedeutenden Verluste in den Kreisen Kroeben, wel¬
cher 1880/81 frei von Rotz-Wurm geblieben war, Schubin und Won-
growiec.
Von den 598 getödteten und gestorbenen Pferden entfallen 390
auf die nachstehend genannten 32 Bestände:
1. Ptaszkowo
Kr. Buk
76 Pf. Best.
3 Pf. getödt.
—
Pf. gefall.
2. Urbanowo
11 11
46
6
—
ii
3. Godziszewo
„ Bomst
16
4
n
1
ii
4. Gogolewo
„ Kroeben
61
n
40
n
2
i«
5. Gr. Strzelce
n n
54
43
—
ii
6. Grodzisko
„ Pieschen
39
5
—
n
7. Fabianowo
„ Posen
4
ii
4
—
ii
8. Pokrzywna
ii ii
16
ii
7
ii
1
ii
9. Smilowo
„ Samter
46
<1
6
—
ii
10. Blaziszewo
„ Schrimm
21
17
—
ii
11. Zielnik
,, Schroda
30
ii
4
n
—
ii
12. Bierzglynek
,, Wreschen
28
♦i
6
ii
—
ii
13. Niesziszewo
,, Bromberg
35
n
5
ii
—
n
14. Gorray
„ Czamikau
11
ii
11
n
—
ii
15. Radomirsk
„ Gnesen
27
4
—
ii
16. Osniszewo
„ Jnowraclaw
48
6
—
ii
17. Radajewice
i? n
30
ii
18
n
1
ii
18. Crewajewo
„ Mogilno
24
ii
4
ii
—
n
19. Linowiec
ii ii
26
ii
12
ii
—
n
20. Pepielewo
ii ii
6
ii
6
ii
—
ii
21. Szwierszkowice
!! 11
„ Schubin
27
n
8
ii
—
ii
22. Gogulkowo
7
5
ii
—
,,
23. Labischin
ii ii
5
n
4
ii
1
ii
24. Mamlice
ii ii
64
ii
23
ii
—
n
25. Reusdorf
ii n
34
11
20
ii
—
, t
26. Wenecia
n ii
55
,,
15
ii
—
ii
27. Znin
ii ii
13
ii
13
ii
—
ii
28. Kollin
„ Wirsitz
84
n
14
n
—
„
29. Bogdanka
,, Wrongowiec
20
ii
9
ii
1
>i
30. Jabkowo
ii i»
4
ii
3
ii
1
ii
31. Swiontkowo
ii ii
53
51
ii
2
ii
32. Ustaszewo
ii ii
32
ii
3
-
—
Der Verlust in diesen 32 Gehöften betrug etwa 37,44 pc. der
Bestände. In Ptaszkowo, Zielnik, Niesziczewo, Radajewice, Linowiec
und Gogulkowo dauerte das Herrschen der Rotz-Wurmkrankheit seit
dem vorigen Jahre fort. In Urbanie, Kr. Obomik, Bierszglynek, Ko-
morowo, Kr. Wreschen, Zydowo II., Kr. Gnesen und Osniszewo, Kr.
Jnowraclaw brach die Rotz-Wurmkrankheit nach längerer Pause in
früher verseucht gewesenen Beständen von Neuem aus.
Digitized by ^.ooQle
40 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Besonders häufig sind Rotzerkrankungen unter den Pferdebestän¬
den kleinerer und mittelgrosser Güter beobachtet worden, deren Be¬
sitzer entweder die Krankheit nicht beachtet oder das Herrschen
derselben sogar längere Zeit verheimlicht hatten. Erst in letzter Zeit
macht sich vielfach das Bestreben geltend, eine gründliche Tilgung
der alten Rotzstationen durch Tödtung nicht nur der kranken und
verdächtigen Pferde, sondern sogar ganzer Pferdebestände herbeizu¬
führen. Derartige Anträge werden von den Besitzern oft gestellt
und finden auch vielfach Berücksichtigung. Besonders werden solche
Massetödtungen von dem Departementsthierarzt Schmidt in Brom¬
berg empfohlen, derselbe ist der Meinung, dass unter den localen
Verhältnissen der Provinz nur die Tödtung des ganzen Bestandes zum
Ziele führen kann „wenn im Verlaufe des Tilgungsverfahrens die
Ueberzeugung von einer universellen inneren Infection gewonnen
worden ist“, und dass es sich bei Tilgung alter Rotzstationen jeden¬
falls empfiehlt, „die Pferde, welche neben den offenbar rotzig er¬
krankten gestanden haben, tödten zu lassen, auch wenn dieselben
keine auffälligen Krankheitserscheinungen zeigen.“
Gogolewo, Kr. Kroeben, wird als eine alte Rotzstation bezeichnet,
das Herrschen der Krankheit in Gross Sirzelce wurde dadurch be¬
kannt, dass der neu anziehende Pächter den stark verseuchten Be¬
stand seines Vorgängers übernehmen musste. Der Ausbruch in
Grodzisko soll durch Infection auf Besuchsreisen in Polen veranlasst
worden sein.
Die, abgesehen von den oben genannten grösseren Ausbrüchen, getöd-
teten 208 Pferde vertheilen sich auf 121 meistens kleinere Bestände. Bei
der grossen Zahl solcher erkrankten Pferde ist es erklärlich, dass
zahlreiche Ausbrüche der Rotz-Wurmkrankheit auf Berührung mit
kranken und verdächtigen Pferden der Nachbarschaft zurückgeführt
werden. 55 rotzkranke Pferde gehörten Handelsleuten oder
Handwerkern in den zahlreichen kleinen Städten, welche
ihr Gewerbe im Umherziehen betreiben. Es ist zu vermuthen,
dass diese Pferde vielfältig zur Verbreitung der Rotz-Wurmkrankheit
beigetragen und häufig Anlass gegeben haben, dass eine Infection von
Pferden anderer Besitzer unterweges oder in Gastställen erfolgte. Von
10 Ausbrüchen wird mit Sicherheit angenommen, dass die Ausbrüche
durch diese Verhältnisse bedingt wurden. In einigen Fällen soll die
Infection in Polen stattgefunden haben. 34 rotzkranke Pferde waren
kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft worden, unter diesen
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Rotz - Wurmkrankheit.
41
2 in Polen; 6 rotzkranke Plerde wurden auf den Märkten in Brom¬
berg, Görchen, Kobylagöra und Sandberg angetroffen.
6. Schlesien.
Obgleich kein Kreis des Reg.-Bez. Oppeln frei von der Rotz-
Wurmkrankheit blieb, beträgt die Gesammtzahl der in diesem Bezirke
getödteten und gefallenen Pferde erheblich weniger als die Zahl der
Verluste, von welchen während des vorigen Berichtsjahres der Kreis
Beuthen allein betroffen worden war. Die bedeutende seucheartige
Verbreitung der Rotz-Wurmkrankheit im Reg.-Bez. Oppeln, welche
S. 74 — 77 unseres fünften Jahresberichts ausführlich vorgetragen
wurde, ist mithin als getilgt zu betrachten. Dagegen hat die Zahl
der rotz-wurmkranken Pferde gegen das Jahr 1880/81 im Reg.-Bez.
Breslau erheblich und im Reg.-Bez. Liegnitz etwas zugenommen.
Von grösseren Rotzausbrüchen verzeichnet das statistische Material
folgende:
1. Sollschütz
Kreis Guhrau
18 Pf. Best.
8 Pf. getödt. —
Pf. gef.
11
2. Jacobsdorf
n
Namslau
15
14 „ 1
3. Deutsch Marchwitz
n
ii
9
ii
9 „ —
H
4. Tschau
11
Neumarkt
21
n
5 i, —
11
5. Tscheschen
n
*i
4
4 „ —
ii
6. Oels
Oels
7
n
4 „ —
11
7. Reichenbach
ii
Reichenbach
4
ii
3 „ l
11
8. Rricbenbacb
ii
ii
4
4 „ —
11
9. Stroebel
TI
Schweidnitz
13
13 „ —
1»
10. üaeslutt
11
Striegau
6
6 „ —
11
11. Schreibersdorf
11
Poln. Wartenberg
24
ii
8 „ —
ii
12. Wohlau
•1
Wohlau
26
ii
8 „ —
13. Ober Gebirgsdorf
Görlitz
9
ii
4 „ -
11
14. Guhlau
11
Grottkau
41
n
32 „ —
11
15. Przelapka
>1
Kattowitz
11
ii
5 „ 2
11
16. Ratibor
Ratibor
6
6 „ —
ii
17. Uscbütz
1»
Rosen berg
50
ii
28 ii -
li
18. Zembowitz
11
i» •«■■■
17
ii
5 ii -
ii
Zusammen
285 Pf. Best. 166 Pf. getödt. 4 Pf. gef.
Der Verlust in diesen 18 Gehöften beträgt 58,10 pc. der vor¬
handen gewesenen Bestände. In Ober-Gebirgsdorf und Zembowitz
brach die Rotz-Wurmkrankheit nach längerer Pause in früher ver¬
seucht gewesenen Beständen von Neuem aus. In Guhlau wurde der
ganze Bestand von 20 Pferden im 1. und 2. Quartal getödtet, die
Rotz-Wurmkrankheit jedoch durch ein im Kreise Falkenberg erwor¬
benes Pferd von Neuem in den angekauften Bestand wieder einge¬
schleppt, so dass von 21 Pferden des letzteren im 3. und 4. Quartal
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Google
42 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
o
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Be-
ri' !it -Kitir.
iin Jahre 1880 81 getödtete
und gefallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtetc und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
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o
11
3L
9
X g
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1
Breslau Stadt .
2
2
11
11
2
3
5
5
13
21
13
Keg.- B«.
2.
Breslau Land .
1
1
—
—
2
5
—
3
6
Breslau.
3
Brieg.
—
—
1
1
B
E
1
i
4.
Frankenstein . .
3
3
4
4
5*
Glatz.
2
2
B
2
2
6
Guhrau.
—
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8
B
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8
7-
Habclschwerdt .
—
—
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—
—
8
Mifitsoh.
—
—
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n
B9
1
1
1
2
1
9
Münsterberg . .
—
—
—
—
—
—
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—
—
—
3
10
Namslau . . . .
1
6
1
i
2
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m
6
24
3
11
Neumarkt . . .
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1
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3
14
5
12.
Neurode ....
—
—
1
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B
1
1
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13.
Nimptsch....
1
1
—
—
—
—
B
1
1
—
14.
Oels.
—
—
2
6
1
1
2
2
5
9
1
15
Ohlau.
—
—
1
1
2
3
1
1
4
5
12
16.
Reichenbach . .
i
2
—
—
1
3
2
2
4
7
2
17.
Schweidnitz . .
1
1
—
—
1
3
2
10
3
14
12
18.
Steinau.
—
—
—
—
1
1
—
—
1
1
—
10.
Strehlen . . . .
—
—
—
—
—
—
—
_
—
—
1
20
Striegau . . . .
—
—
—
—
1
3
3
1
6
2
21.
Trebnitz ....
—
—
2
3
1
2
1
4
6
9
2*2.
Waldenburg . .
—
—
1
2
—
—
—
—
1
2
4
23
Wartenberg . .
—
—
2
2
2
5
4
3
11
—
24.
Wohlau.
—
1
1
1
8
1
2
10
4
Summa . .
12
18
25
31
22
66
21
40
64 j135
98
1.
Bolkenhayn . .
1
1
1
1
_
1
3
3
_
2
Bunzlau . . . .
—
—
—
—
3
3
1
4
4
10
Li'fiiti.
3.
Freystadt . . .
—,
—
—
—
1
1
1
2
2
9
4
Glogau.
1
1
—
—
—
—
2
3
3
4
2
5.
Görlitz Stadt .
— 1
—
—
—
—
_
1
1
1
—
6.
Görlitz Land. .
—
—
1
1
2
4
1
1
6
2
7.
Goldberg-Haynau
—
—
—
—
1
1
9
o
3
6
8.
Grünberg ....
3
3
—
-r-
3
4
i
5
8
6
9
Hirschberg . . .
—
—
—
-
_
2
6
2
6
1
10
Hoyerswerda . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
11
Jauer .
—
—
—
—
—
2
4
2
4
3
12.
Landeshut . . .
_
—
2
2
—
—
1
2
3
2
13.
Lauban .
1
1
—
—
—
—
1
2
2
1
14
Liegnitz Stadt.
2
*2
— 1
—
—
—
—
—
2
2
—
15.
Liegnitz Land .
—
—
1
2
1
1
i
1
2
4
Ra
16
Löwenberg . . .
—
1 —
1
3
2|
2
3
5
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Latus .
8
8
5
6
12
1 17
18
26
36
57
48
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Rotz-Wurmkrankheit.
43
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im.Jahre 1880/81 getödtete
und gefallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
Transp. . .
8
8
5
6
12
17
18
26
36
57
48
Reg.-Bez.
17
Lüben .
_
_
_
_
_
_
_
_
_
1
Lifgaitr.
18.
Rothenburg ....
—
1
3
1
1
—
—
2
4
1
19
Sagan .
—
—
—
1
1
1
1
2
2
1
20
Schoenau .
—
—
1
1
—
—
—
—
1
1
—
21.
Sprottau.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
Summa . .
8
7
10
14
19
19
27
41
64
52
1.
Beuthen .
1
1
1
1
1
2
171
Reg.-Bez.
2
Falkenberg.
—
2
2
—
—
2
2
4
4
6
Oppeln.
Grottkau.
1
6
2
16
1
3
1
8
2
33
2
4
Kattowitz.
2
3
2
2
1
3
1
7
5
15
112
5
Kosel.
—
—
1
1
_
—
_
_
1
1
3
6
Kreuzburg.
—
—
1
1
—
—
—
—
1
1
5
7
Leobschütz.
1
1
1
1
3
7
1
2
4
11
9
8
Lublinitz.
—
—
_
—
—
1
1
1
1
2
9
Neisse.
1
1
5
6
_
_
—
_
6
7
10
10
Neustadt.
_
_
_
_
_
2
2
2
2
56
11
Oppeln.
—
—
—
—
—
—
1
1
1
1
3
12
Pless .
—
_
—
—
1
1
_
—
1
1
12
13.
Ratibor.
—
3
4
_
—
3
8
3
12
9
14
Rosenberg.
2
9
2
17
2
4
5
9
8
39
15
15
Rybnik.
—
—
—
—
1
1
—
—
1
1
7
16.
Gross Strehlitz. . .
1
3
—
—
—
—
—
— •
1
3
28
17
Tarnowitz.
—
—
—
—
—
—
1
1
1
1
12
18
Tost-Gleiwitz. . . .
1
2
1
1
3
7
1
1
5
11
104
19.
Zabrze ...
—
—
1
1
1
1
17
Summa . .
io|
26
201
51
13
27
20
43
491147
583
11 getödtet werden mussten. Der Ausbruch in Uschütz wird auf
eine Infection in Polen zurückgefiihrt. In Jacobsdorf war man zuerst
der Ansicht, dass die Krankheit durch ein angekauftes Pferd einge¬
schleppt worden sei, bei den Sectionen stellte sich jedocli heraus,
dass zwei andere dem Besitzer seit längerer Zeit gehörende Pferde sehr
viel ältere rotzige Veränderungen zeigten. Im Allgemeinen beschränken
sich die Mittheilungen über die oben erwähnten grösseren Rotzaus¬
brüche meistens auf die Angabe der nackten Zahlen.
Die übrigen 196 getödteten und gefallenen rotz-wurmkranken
Digitized by ^.ooQle
44 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Pferde vertheilen sich auf zusammen 121 zum grössten Theil kleinere
Bestände, von denen fast die Mehrzahl beim Betriebe von Fuhrwerk
oder von Hausirhandel benutzt wurden. Ganz ausserordentlich häufig
wird der Ausbruch der Rotzkrankheit auf Infectionen unterweges oder
in Gastställen zurück geführt, in einzelnen Fällen ist die Krankheit
sicher durch Berührung mit kranken Pferden benachbarter Besitzer
bedingt worden. Einige Male soll die lnfection auf Reisen in Polen
stattgefunden haben.
30 Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft
worden, unter diesen 7 in Polen, 2 in Böhmen, 1 in Galizien und
1 in Oesterreich, 14 wurden auf den Rossschlächtereien in Breslau,
Reichenbach und Görlitz, 2 auf der Abdeckerei in Breslau, je eines
auf den Märkten in Tost und Zülz ermittelt.
Zur Sicherung der Diagnose impfte Kr. Thierarzt Stolz den
Nasenschleim eines rotzverdächtigen Pferdes an der Schulter des
letzteren. Nach 3 Wochen hatte sich an derselben Stelle ein Wurm¬
geschwür gebildet.
7. Sachsen.
Die 95 getödteten und gefallenen rotz-wurmkranken Pferde ver¬
theilen sich auf die Kreise:
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
o
: 2£
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C/D <D
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verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Beslände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
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Garde legen . .
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Reg.-Bez
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Jerichow I . .
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1
1
1
1
3
4
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13
Magdeburg.
3.
Kalbe.
—
—
—
—
—
—
—
-
—
10
4
Magdeburg Stadl
1
1
1
3
2
3
—
—
4
7
3
5
Neuhaldensleben
—
—
—
—
1
1
—
—
1
1
4
6.
Oschersleben. .
1
1
—
—
—
—
—
—
1
1
—
y
7.
Osterburg . . .
—
—
—
—
—
—
1
5
1
5
19
S.
Salzwedel . . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
9
Stendal ....
1
1
—
—
1
2
—
—
2
3
1
10.
Wanzleben . .
2
4
—
—
—
—
—
—
2
4
4
11.
Wolmirstedt.
—
—
—
—
—
—
1
2
1
2
1
Summa. .
9
19
2
4
5
7
5
11
21
41
56
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1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
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lm Jahre 1880/81 getödtete
und gefallene Pferde.
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Reg -Bez.
2.
Delitzsch....
1
2
—
—
—
—
—
1
2
—
Merseburg.
3
Kckartsberga .
2
1
1
—
—
—
—
1
3
—
4
Halle Stadt . .
—
1
1
—
—
—
—
1
1
—
5
Liebenwerda . .
—
—
—
1
1
—
—
1
1
—
6
Mansfeld Gebk.
—
3
3
1
1
—
—
2
4
—
7.
Mansfeld See kr.
—
—
—
1
1
1
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3
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S.
Merseburg . . .
—
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1
1
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Querfurt ....
—
—
—
—
—
—
—
—
—
3
10.
Saalkreis....
1
1
1
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O
1
3
—
—
2
7
—
11
Sangerhausen .
—
1
1
—
—
—
—
1
1
—
12
Schweinitz . . .
—
—
—
—
—
—
—
—
4
13.
Torgau.
—
—
—
—
1
1
1
1
7
14
Weissenfels . .
1
1
1
3
—
—
—
—
1
4
—
15
Wittenberg
—
—
1
1
—
—
—
—
_l]
1
1
Summa . .
5
7
12
16
4
6
3
4
18
33
35
1
Krfurt Stadt. .
1
1
1
2
1
3
2
Reg. Dez.
2
Langensalza . .
—
—
—
—
—
1
1
1
1
—
Erfurt.
3.
Mühlhausen . .
2
2
1
1
—
—
—
1
3
1
4.
Nordhausen . .
2
10
2
2
—
—
—
—
2
12
5
5.
Worbis.
T
2
1 2
| —
—
—
_2
2
—
Summa . .
5 |
13
5 |
5
1
2
1
1
7
1 21
8
Von grösseren Rotzausbrüchen verzeichnet das statistische Ma-
terial:
1. Gardelegen
Kr. Gardelegen,
8
Pf. Bestand,
8 Pf. getödtet,
Pf. gefallen.
2. Magdeburg
„ Magdeburg
3
51
3 <i
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„ Osterburg
7
51
4
1
15
4. Löbejün
., Saalkreis
G
>1
5
1
55
5. Weissenfels
„ Weissenfels
8
4
—
,,
6. Nordhausen
„ Nordhausen
4
•1
8
—
51
7. Bleicherode
•» »»
4
11
4
—
Zusammen
40
Pf. Bestand,
36 Pf. getödtet,
2
Pf. gefallen.
Von den 40 Pferden dieser 7 Bestände blieben nur 2 am Leben.
Die übrigen 57 getödteten und gefallenen Pferde vertheilen sich auf
39 meist kleine Bestände.
In Moeser und Zeddenik, Kreis Jerichow I., brach die Rotz-
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46 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Wurmkrankheit nach längerer Pause in früher verseucht gewesenen
Beständen von Neuem aus. Die 8 in Nordhausen getödteten Pferde
gehörten einem Pferdehändler. Bei einem an Influenza gefallenen
Pferde wurde die Rotz-Wurmkrankheit zufällig durch die Section er¬
mittelt. 21 Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit an¬
gekauft, unter diesen 1 in Belgien, 3 wurden auf Rossschlächtereien,
1 in Halle auf offener Strasse ermittelt, 2 Pferde dienten Handels¬
leuten zum Betriebe eines Hausirgeschäftes. 3 Ausbrüche der Rotz-
Wurmkrankheit sollen durch Infection unterweges oder in Gastställen
bedingt worden sein.
8. Schleswig-Hol stein.
Die 22 in dieser Provinz getödteten und gefallenen Pferde ver¬
theilen sich, wie folgt, auf die Kreise:
Altona in 4 Gehöften 9 Pferde.
Lauenburg „3 „ 9 „
Norderdithmarschen ,, 1 Gehöft 1 „
Pinneberg .,1 „ 3
In 9 Gehöften 22 Pferde.
Der Verlust im Jahre 1880 81 entfiel mit zusammen 24 Pferden
auf die Kreise Altona, Apenrade, Flensburg und Sonderburg.
In dem Bestände eines Torffabrikanten in Altona wurden wäh¬
rend des 1. Quartals 6 Pferde rotzkrank befunden, die einzelnen Er¬
krankungen folgten sehr schnell aufeinander. Zwei Ausbrüche der
Rotz-Wurmkrankheit sollen durch Infcctionen auf Hamburger Gebiet
veranlasst worden sein; 3 Pferde waren kurz vor Constatirung der
Krankheit angekauft worden, 3 rotzkranke Pferde wurden auf der
Rossschlächterei in Altona ermittelt, eines der letzteren stammte aus
Hamburg.
9. Hannover.
Die Rotz-Wurrakrankheit wurde in den S. 47 genannten Krei¬
sen beobachtet.
Ueber die Ursachen der weiten Verbreitung der Rotzkrankheit in
5 Gehöften von Springe, Kr. Wennigsen, wird nicht berichtet; ebenso
wenig über die Ausbrüche in 3 Gehöften von Hildesheim, in denen
sämmtliche 15 Pferde getödtet wurden oder fielen und über den Aus¬
bruch in Riethagen, Kreis Fallingbostel, woselbst von 6 Pferden nur
eines am Leben blieb. Die verhältnissmässig zahlreichen Rotzfalle
im Kreise Hildesheim - Marienburg werden auf den Verkauf der
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Rotz-Wurmkrankheit.
47
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Be¬
richtsjahr.
Im Jahre 1880,81 getödtete
und gefallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
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verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
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getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
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1.
Hameln.
1
2
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1
1
2
3
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Ldr.-Bez.
2.
Hannover Stadt
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—
1
2
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—
—
1
1
—
Hannover.
3.
Hannover Land .
1
1
—
—
—
—
—
—
1
1
1
4.
Hova ......
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
5.
Wennigsen . . .
2
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4
11
5
10
1
1
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1
Sumtna . .
4
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5
12
5
10
2
2
9
30
4
1.
Gocttingen . . .
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
1
Ldr.-Bez.
2.
Hildesheim - Ma¬
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s
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2
3
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2
Hildes¬
rienburg ....
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—
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—
—
—
—
—
heim.
3.
Liebenberg . . .
—
—
—
—
—
—
1
1
1
1
8
4.
Osterode ....
—
—
—
—
—
—
1
1
1
1
—
5.
Zellerfeld ....
1
9
—
—
—
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1
2
—
Summa . .
—
—
S
15
8
12
4
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12
32
11
1.
Dannenberg. . .
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1
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1
1
1
2
3
Ldr.-Reg.
2
Fallingbostel . .
—
—
1
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1
i
—
—
i
5
12
Lüneburg.
3.
Gifhorn.
—
—
—
—
—
—
.—
_
—
2
4.
Harburg. .
—
—
—
1
Summa . .
— 1
—
1
4
2
2
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1
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7
18
Verden . .
1
1
1
1
2
Ldr.-Bez.
—
1 —
| —
—
Stade.
Lingen.
1
4
i —
— 1
1
4
—
Ldr.-Bez.
—
—
1 —
—
—
—
Osnabrück
Fjmdcn.
— 1
—
—
—
—
1
Ldr.-Bez.
—
| —
“"1
—
—
—
—
—
—
—
—
Aurich.
Pferde eines seit längerer Zeit bestehenden und verheimlichten Seuche¬
herdes zuriickgeführt. Die 4 Pferde im Landdr.-Bez. Osnabrück bil¬
deten den ganzen Bestand eines Besitzers und sollen durch die Pferde
eines Lohnkutschers schon im Jahre 1879 inficirt worden sein.
Die übrigen Fälle blieben vereinzelt oder betrafen höchstens 2
Pferde des Bestandes. In dem Gehöft zu Verden kam die erste Rotz¬
erkrankung Anfang December 1880, die zweite im Juni 1881 vor.
Ein Pferd war kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft; ein
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48 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Ausbruch der Rotzkrankheit soll durch Infection auf Reisen veran¬
lasst worden sein.
10. Westfalen.
Die 12 getödteten und gefallenen rotz-wurinkranken Pferde ver¬
theilen sich auf je ein Gehöft der nachstehend genannten Kreise:
Cösfeld 1 Pferd
Stadt Münster 6 Pferde
Herford 1 Pferd
Höxter 1 „
Bochum 1 „
Hagen 1 „
Soest 1
12 Pferde.
Von den Kreisen hatten Coesfeld, Stadt Münster, Bochum und
Soest im Jahre 1880/81 zusammen 8 Pferde verloren. Die 6 Pferde
in der Stadt Münster gehörten einem Pferdehändler und wurden auf
Veranlassung des Besitzers getödtet, 2 Pferde erwiesen sich bei der
Section frei von Rotz. Zwei Pferde waren kurz vor Constatirung der
Krankheit angekauft, ein Pferd wurde auf der Rossschlächterei in
Herford ermittelt.
11. Hessen-Nassau.
In den nachstehend genannten Kreisen sind zusammen 35 Pferde
getödtet worden bezw. gefallen:
Fritzlar
in 2 Gehöften
2 Pferde.
Fulda
« 2 „
4
Melsungen
» 3 .,
9 ,,
Frankfurt
n 2 „
18 „
Unter-Westerwald.. 2 „
2
Zusammen in 11 Gehöften 35 Pferde.
In einem Gehöfte zu Malsfeld, Kr. Melsungen, brach die Rotz-
Wurmkrankheit nach 4 Monaten von Neuem unter den Pferden des¬
selben Bestandes aus. Die Stadt Frankfurt hatte 1880/81 8 Pferde
verloren, die übrigen oben genannten 4 Kreise waren im vorigen Jahre
frei von der Rotzkrankheit geblieben. Im 2. Quartal wurden 15 Pferde
eines Lohnkutschers in Bockenheim bei Frankfurt getödtet, das 16.
Pferd ist gefallen. Die Krankheit verlief sehr schnell, 5 Pferde litten
an acutem Rotz. Die rotzige Lymphangitis trat namentlich an den
Stellen auf, an welchen das mit Schweiss getränkte Geschirr gelegen
hatte. Sämmtlichc 5 Pferde eines Besitzers in Helmshausen, Kreis
Melsungen, erwiesen sich während des 4. Quartals rotzkrank; nähere
Angaben fehlen. Die übrigen Fälle blieben vereinzelt.
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Rotz-Wurrakrankheit.
4D
Ein Pferd war kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft
worden; ein Ausbruch der Rotz-Wurrakrankheit ist durch Infection
auf Reisen veranlasst worden.
12. Rheinprovinz.
Die 188 gefallenen und getödteten rotz-wurmkranken Pferde ver¬
theilen sich auf die Kreise:
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Be¬
richtsjahr.
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verseuchte Bestände
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
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fallene Pferde.
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fallene Pferde
verseuchte Bestände
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rse achte Bestände
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fallene Pferde.
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Ahrweiler ....
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Reg.-Bez.
2
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1
—
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1
1
—
Koblenz.
3
Koblenz.
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4
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1
3
3
2
2
5
10
4
4
Kreuznach . . .
—
—
1
1
—
—
—
—
1
1
—
5
Mayen .
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—
1
1
—
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1
1
—
6.
Neuwied ....
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3
2
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—
3
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9
7.
Simmern ....
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—
—
2
2
2
2
2
8.
Zell.
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—
1
A 1
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1
1
Summa . .
4
8
4
4
5
5
4
4
14
21
17
1.
Düsseldorf Stadt
1
1
1
1
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2
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Reg.-Bez.
2.
Elberfeld Stadt
1
1
1
1
2
24
2
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4
35
15
Düsseldorf
3.
Barmen Stadt .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
4.
Essen Land . .
i
16
1
1
—
—
—
—
2
17
—
5.
Gladbach ....
—
1
1
—
—
—
—
i
1
—
6.
Kempen.
—
_
—
—
—
—
—
—
—
—
2
7.
Krefeld Land . .
1
2
—
—
—
—
—
—
1
2
2
8.
Lennep .
—
-
—
—
—
—
—
—
—
—
1
9.
Mettmann ....
—
—
—
—
—
—
—
—
—
5
10.
Neuss.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
11.
Solingen ....
—
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1
1
—
—
—
1
2
Summa . .
4
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4
4 !
2
24
3
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10
| 58
32
1.
Bergheim ....
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_
_
1
Reg.-Bez.
2.
Bonn.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
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2
Köln.
3
Gummersbach .
—
—
1
1
1
5
1
2
2
I 8
—
4.
Köln Stadt . . .
—
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1
1
—
—
3
3
4
4
12
5.
Köln Land . . .
—
—
—
—
—
—
—
1 —
—
—
5
6.
1 Mühlheim ....
—
—
—
2
Summa . .
—
| —
1 2
1 2
1
i 5
4
5
6
12
22 |
Archiv f. wiss. u. pract. Thierheilkuude. IX. Suppl.-Heft
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50 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Be¬
richt^ nlir.
im Jahre 1880 81 getödtete
und gefallene Pferde.
verseuchte Bestände.
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verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde
1.
Bcrnkastel . . .
1
4
2
2
3
6
4
Reg.-Bez.
2.
Bitburg.
1
1
—
—
—
—
—
1
1
—
Trier.
3.
Daun.
—
—
—
—
4
4
—
—
4
4
—
4.
Ottweiler ....
—
—
1
1
—
—
1
i
2
2
—
5.
Saarbrücken . .
3
9
5
17
1
9
1
2
5
37
33
6.
Saarburg ....
—
—
1
i
—
—
—
—
1
1
—
7.
Saarlouis ....
—
—
—
_
—
_
—
—
—
—
1
8
Trier Land . . .
—
—
3
6
—
—
1
1
3
7
6
9.
St. Wendel . . .
_
—
—
1
1
—
—
1
1
Summa . .
5
14
10
25
8
16
3
4
20
59
44
1.
Aachen Stadt
1
Reg.-Bez.
2
Aachen Land
1
2
1
6
—
—
1
7
2
15
1
Aachen.
3.
Eupen .
—
—
—
—
—
—
1
1
1
1
—
4.
Heinsberg ....
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
5.
Malmcdy ....
1
15
2
4
1
1
1
1
3
21
9
6.
Montjoie ....
— |
—
1
1
l|
1
—
Summa . .
2 1
17
3 |
10
2 1
2
3
9
7 |
38
13
Von grösseren Rotzausbrüchen verzeichnen die Tabellen:
1. Bendorf,
Kr. Koblenz,
17 Pf. Bestand, 4
Pf. getödtet,
— Pf. gefallen.
2. Elberfeld
„ Elberfeld
33 „
23
!)
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3. Elberfeld
»♦ j»
59 „
9
1»
*“ 77
4. Bochold
,, Essen
16
14
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2
5. Gummersbach,. Gummersbach 25 ,,
7
77
6. Cues
,, Bern kastei
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4
77
“““ 77
7. Dudweiler
„ Saarbrücken
104 „
26
*7
77
8. Osdorf
,, Trier
8 „
6
1»
7»
9. Birkengang
„ Aachen
40 „
11
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1
10. Losheim
„ Malmedy
12 „
4
1»
- „
11. Malmedy
” »*
24
13
..
2
Zusammen
346 Pf. Best.,
121
Pf. getödtet,
5 Pf. gefallen.
Der Verlust in den oben genannten Gehöften betrug mithin
36,40 pCt. der vorhandenen Bestände. Die übrigen 62 getödteten
und gefallenen rotz-wurmkranken Pferde vertheilen sich auf 46 Be¬
stände.
In beiden Gehöften von Elberfeld, in Cues, Dudweiler und Mal¬
raedy dauerte das Herrschen der Rotz-Wurmkrankheit seit dem vori-
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Rotz-Wurmkrankheit.
51
gen Berichtsjahre fort. In Birkengang brach dieselbe nach längerer
Pause von Neuem aus. Die Ausbrüche im Reg.-Bez. Koblenz stehen
zum Theil mit dem Herrschen der Rotzkrankheit unter den Pferden,
welche Eisenerze transportiren, im Zusammenhänge (s. 5. Jahresber.
S. 83), es haben auch in diesem Jahre Revisionen sämmtlicher Pferde
in den Kreisen Koblenz und Neuwied stattgefunden. Die Erkrankun¬
gen in Dudweiler kamen nicht nur unter den Pferden in der Grube,
sondern auch unter den über der Erde aufgestellten vor, welche vier
Jahre lang von Rotz frei geblieben waren; es wird behauptet, dass
die Krankheit durch angekaufte Pferde von Neuem eingeschleppt wor¬
den ist. Unter den Pferden der Pferdebahngesellschaft in Elberfeld
herrscht die Krankheit schon seit dem Jahre 1878, der zweite Be¬
stand in Elberfeld gehörte einem Fuhrhalter und wurde bis auf das
letzte Pferd getödtet. Die 6 Pferde in Osdorf wurden bei dem Trans¬
porte von Schiefer verwendet. Im Uebrigen enthält das statistische
Material keine Mittheilungen über die Ursachen der oben genannten
grösseren Rotzausbrüche. 10 Pferde waren kurze Zeit vor Constati-
rung der Krankheit angekauft worden, darunter je 1 in Holland und
Belgien, 1 Pferd gehörte französischen Saarschiffern, 11 rotz-wurm-
kranke Pferde wurden auf Rossschlächtereien ermittelt. Mehrfach
sollen die Ausbrüche der Rotz-Wurmkrankheit durch Infectionen auf
Reisen, zum Theil auch in Belgien veranlasst worden sein.
Die Hohenzollern’schen Lande blieben frei von der Rotz-
Wurmkrankheit.
Während des Kalenderjahres 1881 sind von Pferden der Ar¬
mee wegen Rotzkrankheit, bezw. Rotzverdacht getödtet
worden: 1 Offizierspferd und 10 Dienstpferde der Truppen, von den
letzteren wurden 5 bei der Section nicht rotzkrank befunden.
Die oben genannten Pferde vertheilen sich auf die nachstehend
genannten Truppentheile:
Garde Kürassier Reg. — Pferd rotzkrank 1 Pferd nicht rotzkrank.
Schles. Ulanen Reg. No. 2. 1 „ „ — „ „ „
1. Pomm. Ulanen Reg. No. 4. 1 „ „ 1 „ „ „
1. Hann. Ulanen Reg No. 13. 1 „ „ 2 Pferde „ „
Ostpr. Feld Artill. Reg. No. 1. 1 „ ., — „ „ „
Schles. Holst. Feld Art. Reg. No. 9. 1 „ „ — „ ,, „
1 Offizierpferd — ., „ „
Magd. Train Balall. No. 4. — Pferd rotzkrank 1 Pferd nicht rolzkrank.
Die Verhältnisse, welche Anlass gaben, dass die Til¬
gung der Rotz-Wurmkrankheit keine grösseren Fortschritte
gemacht hat, haben sich nicht geändert. Nach wie vor exi-
4 *
Digitized by
Google
52 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheitea.
stiren — wie aus den Angaben über die Ausbrüche der Rotz-Wurm¬
krankheit in den einzelnen Provinzen hervorgeht — namentlich in
den östlichen Landestheilen zahlreiche alte Seucheherde,
welche erst nach und nach und meistens sogar ganz zufällig beim
Besitzwechsel der betreffenden Landwirtschaften oder bei dem Ver¬
kaufe von Pferden zur Kenntniss der Behörden gelangen. Die No¬
tizen über die grösseren Rotzausbrüche bieten zahlreiche Beispiele von
solchen Rotzstationen, ebenso auch von Ausbrüchen, in denen gleich
bei der ersten Untersuchung eine beträchtliche Zahl Pferde rotz-wurm-
krank befunden wurde, und die Krankheit von den Besitzern der
Pferde entweder nicht beachtet oder geradezu verheimlicht worden ist.
In 22 Gehöften brach die Rotz-Wurrakrankheit nach einem
Zwischenraum von 5 bis 18 Monaten in früher verseucht
gewesenen Beständen von Neuem aus, und in den meisten der¬
artigen Fällen kann wohl mit Recht vermuthet werden, dass
die Schutz- und Tilgungsmassregeln zu frühzeitig aufgehoben wor¬
den sind.
Für die Nichtbeachtung oder Verheimlichung der Rotz - Wurm¬
krankheit spricht ferner die Thatsache:
dass 138 Pferde sich zur Zeit, als die Krankheit
constatirt wurde, erst seit kurzer Zeit im Besitz
der betreffenden Eigenthümer befanden,
sowie
dass 11 rotz-wurmkranke Pferde bei Beaufsichti¬
gung der Pferdemärkte und 32 rotz-wurmkranke
Pferde bei der thierärztlichen Untersuchung in den
Rossschlächtereien ermittelt wurden.
Von den 138 kurz vorher angekauften rotz-wurrakranken Pferden
stammten:
11 aus Polen.
5 „ Oesterreich Ungarn.
1 „ Holland.
1 „ Belgien.
3 „ Hamburg.
1 Braunschweig und
2 waren auf Auctionen russischer Militärpferde
erstanden worden.
Drei Pferde, welche anscheinend an anderen Krankheiten gefallen
waren, wurden zufällig auf Abdeckereien als mit dem Rotz-Wurm be¬
haftet erkannt, zwei rotzkranke Pferde wurden auf offener Strasse
und ein solches wurde herrenlos angetroffen.
Digitized by t^ooQle
Rotz-Wurmkrankhcit.
53
Die Tilgung der Rotz-Wurmkrankheit wird weiter wesentlich durch
den Umstand erschwert, dass zwischen dem Einwirken des Con-
tagium und dem Auftreten der ersten Krankheitserschei¬
nungen bei den inficirten Pferden oft eine sehr lange Zeit
vergeht, welche in mehreren von den Berichterstattern angeführten
Fällen 5—7 Monate gedauert hat.
Wie wir in unserem 5. Jahresbericht Seite 93 bereits angeführt,
war im hohen Masse auffallend die bedeutende Anzahl der¬
jenigen Pferde, welche nach Ansicht der Berichterstatter
lediglich an Lungenrotz ohne gleichzeitig vorhandene krank¬
hafte Veränderungen in den Nasenhöhlen oder der Haut ge¬
litten haben sollen.
Nachdem es wiederholt vorgekommen, dass bei grösseren Pferde¬
beständen, welche behufs Tilgung der Rotz-Wurmkrankheit getödtet
worden waren, fast alle Pferde angeblich an Lungenrotz litten, wäh¬
rend in den Nasenhöhlen oder in der Haut gar keine krankhaften
Veränderungen angetroffen wurden, ersuchten wir im 2. Quartal die
beamteten Thierärzte durch unser Circular No. 6., zukünftig in den
Tabellen diejenigen Fälle genauer zu bezeichnen, in denen die betref¬
fenden Pferde lediglich mit Lungenrotz in dem oben erwähnten Sinne
behaftet waren. Dieses Circular ist von den meisten beamteten Thier¬
ärzten dahin verstanden worden, dass die Pferde, welche an Nasen¬
oder Hautrotz litten, nicht näher zu bezeichnen seien.
Wir stellen das auf diese Weise für das 3. und 4. Quartal er¬
mittelte Verhältniss, in welchem der Lungenrotz Vorkommen soll, S. 54
tabellarisch zusammen und bemerken, dass bei der Berechnung dieser
Tabelle alle Pferde, welche mit Nasen- und Lungenrotz behaftet %
waren, nicht berücksichtigt worden sind, und dass wir alle Pferde,
bei denen besondere Bemerkungen nicht gemacht wurden, als mit
Nasen- oder Hautrotz behaftet erachtet haben.
Die Tabelle zeigt, dass die Zahl der lediglich mit Lungenrotz
ohne gleichzeitige krankhafte Veränderungen in den Nasenhöhlen oder
der Haut behafteten Pferde sehr bedeutend ist und den bisherigen
Erfahrungen über die Häufigkeit dieser Rotzform nicht entspricht,
ferner, dass die Reg.-Bez. Danzig und Bromberg sich beson¬
ders durch die grosse Anzahl der lediglich mit Lungenrotz
behafteten Pferde auszeichnen. Im 4. Quartal entfallt über die
Hälfte aller an Lungenrotz leidenden Pferde allein auf den Reg.-Bez.
Bromberg.
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54 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thiorkrankheiten.
Laufende Nummer. j
Reg.- bezw.
Landdr.-Bez.
Im dritten Quartal.
Im vierten Quartal.
Zahl der getödteten und gefallenen
rotzwurmkranken Pferde.
Zahl der ausschliesslich mit Lun¬
genrotz behafteten Pferde.
Procentsatz der mit Lungenrotz
behafteten zur Gcsammtzahl der
rotzwurmkranken Pferde.
Zahl der getödteten und gefallenen
rotzwurmkranken Pferde.
Zahl der ausschliesslich mit Lun¬
genrotz behafteten Pferde.
Procentsatz der mit Lungenrotz
behafteten zur Gcsammtzahl der
rotzwurmkranken Pferde.
1.
Königsberg . .
38
21
55,26 %
14
2
14,30 V.
2.
Danzig ....
56
38
67,60 „
39
12
30,77 „
3.
Marien werder .
31
7
22,5S „
34
1
2,95 „
4.
Berlin ....
8
5
62,50 „
—
—
5.
Potsdam . . .
—
—
12
1
8,33 „
6.
Frankfurt . . .
—
—
—
4
1
25 00 „
7.
Stettin ....
5
1
20,00 „
—
—
8.
Köslin ....
—
—
—
18
3
16,66 „
9.
Posen ....
67
5
7,46 „
89
1
1,10 „
10.
Bromberg . . .
113
59
52,12 „
88
43
49,00 „
11.
Breslau ....
66
9
13,63 „
40
3
17.50 „
12.
Liegnitz . . .
19
3
15,78 „
27
1
3,70 „
13.
Oppeln ....
27
9
33,33 „
43
3
7,00 „
14.
Magdeburg . .
7
3
42,85 „
—
—
15.
Hildesheim . .
12
9
75,00 „
5
3
60,00 „
16.
Koblenz ....
5
2
40,00 „
—
—
—
17.
Düsseldorf . .
24
12
50,00 „
10
2
20,00 „
18.
Köln .
—
—
—
5
3
60,00 „
19
Trier .
16
8
50,00 „
—
—
—
20.
Aachen ....
2
2
100.00 „
9
1
10.10
Summa . .
496
193
39,00 %
437
80
1 18,30»/.
Zieht man weiter in Betracht, dass Fälle von Lungenrotz nicht
nur in alten Rotzherden, sondern mitunter auch in Beständen, welche
anscheinend noch nicht seit längerer Zeit verseucht waren, vorgekom¬
men sein sollen; dass — wie eine Vergleichung der Reg.-Bez. Danzig
und Marienwerder, Posen und Bromberg nachweist — eine grosse
Verschiedenheit in der Zahl lungenrotzkranker Pferde sich auch in
benachbarten, nahezu gleich stark verseuchten Regierungsbezirken be-
merklich macht, so kann man die begründete Vermuthung aussprechen,
dass in der Diagnose des Lungenrotzes nicht selten Irrthümer vorgekommen
sein mögen, oder dass die Diagnose hauptsächlich von den abweichenden
Anschauungen der einzelnen beamteten Thierärzte abhängig sein dürfte.
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Rotz- W ur tu k ra n khei t.
55
Wie in den früheren Jahresberichten haben wir durch die
Tabelle S. 56 und 57 darzustellen versucht, in welchem Ver¬
hältnis sich die durch die Rotz-Wurmkrankheit verseuchten
Bestände und die auf polizeiliche Anordnung getödteten
Pferde auf grössere Güter, kleinere Ackerwirthschaften,
bezw. auf solche Besitzer vertheilen, deren Pferde gewerbs¬
mässig zum Transport von Personen und Gütern verwendet
werden. Diejenigen Bestände und Pferde, deren Besitzer, bezw. deren
Benutzung aus dem statistischen Material nicht hervorgehen, sind be¬
sonders aufgeführt. Wie in den früheren Berichten haben wir die
gefallenen und die auf Veranlassung der Besitzer getödteten rotz¬
wurmkranken Pferde nicht berücksichtigt, und bei Zusammenstellung
des Verlustes für das Berichtsjahr nur die getödteten Pferde summirt,
weil häufig ein und derselbe Bestand in zwei oder mehreren Quar¬
talen Verluste durch die Rotz-Wurmkrankheit erlitten hat.
Eine Vergleichung mit der entsprechenden Tabelle des Jahres
1880/81 (S. 88 und 89 unseres 5. Berichtes) zeigt, dass die Gesammt-
zahl der auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferde, welche klei¬
neren Ackerwirthschaften gehörten oder deren Benutzung unbekannt
blieb, wenig Aenderungen erlitten, dass dagegen die Zahl der zum
Fuhrwerksbetriebe benutzten rotz-wurmkranken Pferde im Berichtsjahr
erheblich abgenommen hat. Diese Verminderung ist im Wesentlichen
auf die Tilgung der unter den Fuhrmannspferden im Reg.-Bez. Oppeln
1880/81 weit verbreitet herrschenden Rotz-Wurmkrankheit zurück-
zufuhren.
Von den Beständen, in denen Pferde auf polizeiliche Anordnung
getödtet wurden, entfallen:
auf grössere Güter, klein. Landwirthsch. Fuhrmannsbetr. Unbestimmt.
Im 1. Qoartal 22,65 pCt. 42,35 pCt. 23.65 pCt. 9,35 pCt.
„ 2. „ 26,10 „ 37,10 „ 27,00 „ 11,80 „
„ 3. „ 23,00 „ 37,70 „ 28,30 „ 11,00 „
„ 4. „ 25.15 „ _ 28,35 „ 32,10 „ 14,40 „
Durchschnitt im
Berichtsjahr 24,22 pCt. 36,37 pCt. 27,76 pCt. ll,64pCt.
Berechnet man diese Verhältnisszahlen für die Provinzen Ost-
preussen, Westpreussen, Brandenburg (excl. Berlin), Pommern, Po¬
sen und Schlesien, so stellen sich dieselben, wie folgt:
Im 1. Quartal 3000 pCt. 44,10 pCt. 15,70 pCt. 10,20 pCt.
„ 2. „ 35,15 „ 37,35 „ 19,80 „ 7,70 „
„ 3. „ 29,05 „ 41,90 „ 20,27 „ 8,78 „
„ 4. „ 28.55 „ _ 29,90 „ _ 29,90 „ . 11,65 „
Durchschnitt im
Berichtsjahr 30,69 pCt 38,31 pCt. 21,42 pCt. 9,58 pCt.
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56 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten
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Im ersten Quartal
Regierungs-
bezw.
Landdrostei'
Bezirk.
verseuchte
Bestände.
auf polizeiliche
Anordnung ge-
tödtete Pferde.
1,
L
1 1
.
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Im zweiten Quartal
verseuchte
Bestände.
auf polizeiliche
Anordnung ge-
tödtete Pferde.
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1.
Königsberg ....
2
4
2
2
23
5
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3
1
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24
4
1
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Gumbinnen. . . .
2
1
—
—
15
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—
3
—
—
—
12
—
—
—
3
Danzig.
7
11
1
1
41
25
1
4)
11
17
3
1
41
35
4
1
4.
Marienwerder. . .
12
11
—
1
34
19
—
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12
*
1
1
31
7
1
1
5.
Potsdam.
1
5
2
2
4
13
6
4
4
3
5
1
12
4
5
4
6.
Frankfurt.
—
7
1
—
—
13
12
—
—
7
—
1
—
13
_
1
7.
Berlin.
—
—
8
—
1
—
19
—
-
1
4
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—
2
5
_
8.
Stettin.
1
2
—
1
28
4
_
1
2
—
1
1
3
_
1
1
9.
Köslin.
3
1
—
—
—
2
_
—
2
1
—
2
2
*2
2
10.
Stralsund.
—
2
—
_
4
5
_
—
—
4
—
_
6
_
11.
Posen .
2
8
5
1
55
10
11
1
13
8
7
1
44
11
7
1
12.
Bromberg ....
12
9
3
2
2
14
2
2
9
10
3
—
29
16
4
—
13.
Breslau.
1
4
2
3
—
9
2
3
—
4
7
3
—
8
7
3
14.
Liegnitz.
—
1
3
2
14
1
3
2
1
3
—
2
1
4
_
2
15.
Oppeln.
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1
5
1
1
1
9
1
2
10
4
1
31
8
8
i
16.
Magdeburg ....
1
6
—
1
—
15
—
1
—
2
_
—
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4
—
17.
Merseburg ....
—
1
i
3
—
2
1
4
—
4
5
2
—
7
5
2
18.
Erfurt .
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1
2
—
—
1
10
—
—
—
1
3
—
—
1
3
19.
Schleswig.
—
1
V
—
—
2
6
—
-
1 1
—
—
2
_
—
20.
Hannover.
—
3
1
—
—
5
1
1 —
—
3
1
_*
_
8
1
_
21.
Hildesheim ....
—
—
—
—
_
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6
2
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3 |
_
22.
Lüneburg ....
—
—
—
—
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—
—
—
1
—
_
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4
_
23.
Stade.
—
—
1
—
—
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—
_
—
_
_
_
_
_
_
24.
Osnabrück ...
—
1
—
—
—
1
_
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_
_
_
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_
_
_
25.
Münster.
—
—
—
1
—
_
_
1
—
_
_
_
_
_
_
26.
Minden ......
—
—
—
_
—
_
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—
_
1
_
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1
_
_
27
Arnsberg .
—
—
1
—
—
—
1
—
1 —
1
1
—
28.
Kassel.
2
—
—
—
4
—
—
—
1
—
_
_
1
_
_
30.
Wiesbaden ....
—,
1
—
—
—
1
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1
2
_
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1
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_
29.
Koblenz.
—
4
—
—
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1 4
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31.
Düsseldorf ....
—
1
1
—
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1
2
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32.
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Trier.
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34.
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1
1
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29
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Unbestimmt.
Kleinere Ackerwirthschaften.
Rotz-Wurmkrankhoit,
b
Im dritten Quartal
verseuchte
Bestände.
auf polizeiliche
Anordnung ge- !
todtete Pferde.
Im vierten Quartal
verseuchte
Bestände.
Im Berichtsjahr
auf polizeiliche
auf polizeiliche Anordnung ge-
Anordnung ge- tödtetc Pferde,
todtete Pferde.
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.5 *
58 Jahiesbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thiprkrankheiten.
Von den auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden entfallen:
auf grössere Güter
Im 1. Quartal 41,10 pCt.
„ 2. „ 44,30 „
„ 3. ,, 47,95 „
„ 4. „ 47,00 „
klein. Landwirth.
29,45 pCt.
29,50 „
24,65 „
21.30 „
Fuhrmannsbetr.
24,10 pCt.
20,60 „
23,15 „
25.60 ,.
Unbestimmt.
5,35 pCt.
5,60 „
4,25 „
6,10 „
Im Durchschnitt
des Berichtjahrs 45,10 pCt.
Im Jahr 1880/81 40.00 „
26,22 pCt.
28,30 ,.
23,36 pCt.
26,10 ,.
5,32 pCt
5,60 „
Im Berichtsjahr + 5,10 pCt.
— 2,08 pCt.
— 2,74 bCt.
— 0,28 pCt.
Berechnet man diese Verhältnisszahlen für die Provinzen Ost-
preussen, Westpreusscn, Brandenburg (excl. Berlin), Pommern, Posen
und Schlesien, so stellen sich dieselben, wie folgt:
Im 1. Quartal 53,50 pCt. 29,50 pCt. 12,10 pCt. 5,00 pCt.
,, 2. „ 57,00 „ 27,80 „ 10,95 ,; 4,25 „
„ 3. „ 58,25 „ 26,51 „ 11,84 „ 3,40 „
„ 4. „ 54,10 „ 20,15 „ 21,15 „ 4,60 „
Im Durchschnitt des
Berichtjahrs 55,70 pCt.
Im Jahr 1880/81 43.40 „
25,99 pCt.
28,10 „
14,00 pCt.
23,10 „
4,31 pCt.
5,40 „
Im Berichtsjahr + 12,30 pCt.
— 2,11 pCt.
— 9,10 pCt. —
1,09 pCt.
Die Berechnung zeigt, dass das Verhältniss der rotz-wurm¬
kranken Pferde, welche zu den Beständen grösserer Güter
gehörten, nicht unerheblich gegen das vorhergehende Jahr
zugenommen hat. Ueber die Hälfte der in den östlichen
Provinzen auf polizeiliche Anordnung getödteten rotz¬
wurmkranken Pferde entfällt auf Bestände grösserer Güter.
Anderseitig lässt sich jedoch nicht verkennen, dass der Procent¬
satz der rotz-wurmkranken Pferde, welche zum Fuhrwerksbetrieb be¬
nutzt worden waren, trotz der Abnahme gegen das vorige Jahr, im¬
merhin noch ziemlich hoch ist. Die grosse Zahl solcher rotz-wurm¬
kranken Pferde, welche bei dem Gewerbe ihrer Besitzer täglich auf
der Landstrasse und in den an letzterer gelegenen Gasthöfen verkehrt
hatten, giebt auch wohl eine Erklärung für die Häufigkeit
der Rotz-Wurmausbrüche ab, bei denen die Infection der
Pferde unterweges oder in Gastställen erfolgt sein soll.
Die Tabellen verzeichnen im Ganzen 26 Ausbrüche, welche nur auf
diese Weise veranlasst sein können und erwähnen ferner ohne nähere
Bezeichnung der einzelnen Fälle, dass viele Rotzerkrankungen in
Schlesien auf solche Infection der Pferde unterweges zurückgeführt
werden müssen. In einzelnen Fällen hat die Infection angeblich auf
Reisen in Polen stattgefunden.
Schliesslich glauben wir hervorheben zu müssen, dass die Rotz-
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Rotz-Wurmkranklieit.
59
krankheit unter Pferden von Handwerkern und Handelsleuten, welche
ihr Gewerbe hausirend betreiben, in den Provinzen Westprenssen und
Posen verhältnissmässig oft, aber auch mitunter in den anderen Pro¬
vinzen beobachtet worden ist. Diese Pferde, ferner solche rotz-wurm¬
kranke, welche umherziehenden Künstlern gehörten, sind gewiss ganz
besonders geeignet, die Verschleppung der Rotz-Wurmkrankheit zu
begünstigen.
Bei 100 von den 2038 auf polizeiliche Anordnung ge-
tödteten Pferden
= 4,90 Procent,
wurde das Vorhandensein der Rotz-Wurmkrankheit durch
die Section nicht bestätigt. Die Zusammenstellung dieser
Fälle in der Tabelle S. 60 und deren Vergleichung mit den An¬
gaben über grössere Rotzausbrüche in den einzelnen Provinzen zeigt,
dass die Mehrzahl der auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferde,
welche sich bei der Section nicht mit dem Rotz-Wurm behaftet er¬
wiesen, auf solche Rotzherde entfällt, in denen der ganze Bestand
oder doch ein grosser Theil desselben behufs Tilgung der Krankheit
getödtet werden musste. Ausserdem sind einzelne lediglich der An¬
steckung verdächtigen Pferde getödtet worden, deren geringer Werth
in keinem Verhältniss zu den Kosten der längere Zeit fortgesetzten
Observation stand.
In Holtensen, Kreis Hameln, Landdr.-Bezirk Hannover, stand
neben einem rotz - wurmkranken Pferde eine Ziege, bei welcher ein
eitriger Nasenausfluss beobachtet wurde. Nach Constatirung der Rotz¬
krankheit bei dem Pferde wurde die Ziege getödtet, bei der Section
der letzteren fanden sich zahlreiche Rotzgeschwüre auf der Schleim¬
haut des Siebbeius und der Nasenmuscheln.
Ueber Erkrankungen von Menschen in Folge von Rotz-
infection enthält das statistische Material folgende Angaben:
In Stralsund erkrankte die Frau eines Fleischers in Folge von
Rotzinfection, und erst hierdurch gelangte die Erkrankung des dem
Fleischer gehörenden Pferdes zur Kenntniss der Behörden. Die Ta¬
bellen enthalten keine Mittheilung darüber, ob die Frau gestorben oder
genesen ist.
In Seifersdorf, Kr. Bunzlau, Reg.-Bez. Liegnitz, ist der Besitzer
eines rotzkranken Pferdes gestorben; derselbe hatte sich bei Behand¬
lung seines Pferdes inficirt.
Nach einer Mittheilung des Kreisphysicus Dr. Küpper an den
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60 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
| Laufende Nummer. |
Ortschaft.
Kreis.
Regierungs-
bezw. Landkr
Bez.
Bestand der ver-
3u seuchten Gehöfte.
o
Auf polizeiliche
3 Anordnung ge-
£' tödtet.
^ Bei der Section
§* nicht rotz-wurm-
a krank befunden.
1 .
Eisenbart
Friedland
Königsberg
9
8
3
2 .
Medlauken
Labiau
13
13
1
3.
Lautern
Roessei
9
9
1
4.
Deyguhnen
Angerburg
Gumbinnen
4
4
3
5.
Krobschen
Tilsit
2
l
1
6 .
Schoenrohr
Danzig Land
Danzig
8
4
1
7.
Hakendorf
Elbing
»
3
3
1
8 .
Morroschin
Pr. Stargard
42
12
3
9.
Alt Bnsch
11
8
2
10 .
Lindenau
Graudenz
Marienwerder
46
1
1
11 .
Sendschitz
Loebau
10
3
1
12 .
Pestlin
Stuhm
6
6
1
13.
Morczyn
Thorn
n
24
1
1
14.
Warszewice
30
1
1
15.
Neuenhagen
Nieder Barnim
Potsdam
20
9
2
16.
Friedeberg
Friedeberg
Frankfurt
13
12
2
17.
Friedersdorf
5
2
1
18.
Friedrichshof
5
4
1
19.
Berlin
Berlin
Berlin
36
8
1
20 .
Redlin Abbau
Belgard
Köslin
4
2
1
21 .
Neu Lüllfitz
n
n
1
1
1
22 .
Karwitz
Schlawe
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53
25
16
23
Schlawe
u
2
1
1
24
Gogolewo
Kroeben
Posen
65
26
2
25.
Zielnik
Schroda
77
27
2
1
26.
Linowiec
Mogilno
Bromberg
26
12
1
27.
Swiontkowo
Wongrowiec
71
42
22
6
ausserdem
28.
Dt. Marcbwitz
Namslau
Breslau
9
3
2
2 Esel.
29.
Schreibersdorf
P.Wartenberg
>7
24
4
1
30.
Scharley
Beuthen
Oppeln
15
1
1
31.
Guhlau
Grottkau
ii
32
23
6
32.
Kätscher
Leobschütz
17
3
3
1
33.
Langenau
n
77
2
2
1
34.
Uschütz
Rosenberg
71
50
20
7
35.
Zembowitz
77
17
5
2
36.
Gardelegen
Gardelegen
Magdeburg
8
8
1
37.
Gübs
Jerichow I
77
1
1
1
39.
Arapfurth
Wanzleben
17
o
2
1
39.
Heldrungen
Eckartsberga
Merseburg
1
1
1
40.
Altona
Altona
Schleswig
6
6
2
41.
Brunstorf
Lauenburg
17
4
2
2
42.
Brüninghausen
Hameln
Hannover
3
2
1
43.
Elberfeld
Elberfeld
Düsseldorf
22
22
3
44.
Elberfeld
17
59
7
4
45.
Bochold
Essen
11
16
14
4
46.
Dudweiler
Saarbrücken
Trier
120
9
1
47.
Cahren
Saarburg
>»
1
1
1
Summa
912
336
100
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ftotz-W urmkrankhelt.
61
Kreisthierarzt Dr. Hei ne n in Saarbrücken sind vom September 1880 bis
Ende Juni 1881 drei Pferdeknechte der Grube Dudwciler in Folge
von Rotzinfection erkrankt und gestorben.
Thierarzt Stomma in Eschweiler, Rcg.-Bez. Aachen, hat sich
bei Behandlung der beiden zuerst an Rotz-Wurm erkrankten Pferde
in Birkengang inficirt und ist an der Infectionskrankheit gestorben.
Die von den Provinzial- und Communalverbänden an
Entschädigungen für auf polizeiliche Anordnung getödtetc
rotz-wurmkranke Pferde gezahlten Geldbeträge haben wir
in der folgenden Tabelle zusararaengestellt und zur Ver¬
gleichung die entsprechenden Summen des Jahres 1880 81 hinzu¬
gefügt:
Berichtsjahr
1880/81.
Mark. | Pf.
Berichtsjahr
1881/82.
Mark. | Pf.
1 .
Provinz Ostpreußen.
13580
2
30702
57
2 .
„ Westpreussen.
57010
39
90480
13
3.
„ Brandenburg (ausschliesslich Berlin) .
18085
50
41395
50
4.
Berlin ....
10100
82
11789
16
5.
Provinz Pommern.
34592
43
30230
33
6 .
„ Posen.
37167
50
111182
25
7.
„ Schlesien.
65576
12
57805
44
8 .
„ Sachsen .
29927
52
24684
68
9.
„ Schleswig-Holstein.
2612
33
4355
25
10 .
„ Hannover.
4131
—
24953
97
11 .
„ Westfalen.
3786
45
2195
—
12 .
Reg.-Bez. Kassel.
231G
50
7143
75
13
„ Wiesbaden (ausschliessl. Frankf. a./M.)
1655
50
412
50
14.
Frankfurt a./M.
200
—
562
50
15.
Rheinprovinz.
23008
15
73741
75
16.
Hohenzollern’sche Lande.
1345
—
155
—
Summa . .
305095
23
511789
78
Die bedeutende Steigerung der Entschädigungssumme
gegen das vorhergehende Jahr wird dadurch bedingt, dass
nach den Bestimmungen des Reichsgesetzes vom 23. Juni
1880 vom 1. April 1881 an drei Viertel des Werthes an Ent¬
schädigung gezahlt wird, während die letztere nach den
Bestimmungen des preussischen Gesetzes nur die Hälfte
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62 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankhoiten.
des Werthes betrug. Reducirt man, um einen Vergleich zu
finden, die Entschädigung um ein Drittel, so gelangt man zu
dem Resultate, dass im Jahre 1881/82 nach den Bestimmun¬
gen des preussischen Gesetzes
341193 Mark 19 Pfennig, mithin 36097 Mark 96 Pfennig
mehr, als im vorhergehenden Jahre gezahlt sein
würden.
Die Entschädigung für ein auf polizeiliche Anordnung getödtetes
Pferd beträgt im Durchschnitt 251 Mark 12 Pfennig, oder bei Ent¬
schädigung des halben Werthes 167 Mark 42 Pfennig und 14,42 Mark
mehr als im vorigen Jahre.
Zur Deckung der Entschädigungssummen sind in den
beiden letzten Jahren von den Pferdebesitzern an Beiträ¬
gen erhoben worden:
Berichtsjahr 1880/81.
Berichtsjahr 1881/82.
Beitrag f.
jedes
Pferd.
Pf.
Mark.
Pf.
Beitrag f.
jedes
Pferd.
Pf.
Mark.
Pf.
1 .
Provinz Ostpreussen . . .
_
_
_
20
71148
80
2 .
Provinz Westpreussen . .
30
57575
90
40
75993
60
3.
Provinz Brandenburg (excl.
Berlin).
9
20541
60
14
31799
04*
4.
Berlin.
50
12915
50
60
15822
80*
5.
Provinz Pommern ....
30
54564
30
—
—
—
6 .
Provinz Posen.
20
38629
60
20
386C8
•20
7.
Provinz Schlesien ....
23,696
61617
17
‘24.910
64869
60*
8 .
Provinz Sachsen.
11
18883
66
18
30998
96**
9.
Provinz Schleswig-Holstein *)
—
—
—
10
743
10
10 .
Provinz Hannover ....
6
12016
32
0,3
5957
70**
11 .
Provinz Westfalen ....
20
23704
20
—
—
_•**
12 .
Reg.-Bez. Kassel.
20
9516
60
20
9385
20
13.
Reg.-Bez. Wiesbaden (excl.
30
4716
30
—
—
—
14.
Frankfurt a. M. ...
Frankfurt a. M.
5
175
85
15.
Rheinprovinz.
30
41162
70
20
27724
60 *
16.
Hohenzollern’sche Lande .
50
2825
50
50
2821
_*
1) Nur für den Kreis Herzogthum Lauenburg.
*) Diese Angaben beziehen sich auf das Kalenderjahr 1881.
**) Diese Beitrage sind zur Deckung der im Kalenderjahr 1880 gezahlten Ent¬
schädigungen erhoben.
*•*) In der Provinz Westfalen sind für Esel und Maulthiere Beiträge (zu 20
Pfennig für jedes Thier in Höhe von zusammen 356 Mark 80 Pf.) erhoben, Ent¬
schädigungen für solche Thiere jedoch nicht gezahlt worden.
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Maul- und Klauenseuche.
63
An Entschädigungen für auf polizeiliche Anordnung getödtete
Pferde sind aus der Staatskasse gezahlt worden:
Etatsjahr
1880/81.
Mark. Pf.
Rtatsjahr
1881/82.
Mark.
Pf.
Provinz
Ostpreussen.
5914
31
1965
17
Westpreussen.
3962
83
7283
33
Brandenburg .
7277
3755
75
"
Pom morn .
6946
26
12992
35
Posen .
4801
50
5311
Schlesien .
21437
01
11562
_
*
Sachsen.
3048
33
938
27
n
Schleswig-Holstein. . .
1335
33
1402
”
Hannover.
314
790
__
Westfalen.
542
66
287
50
Hessen-Nassan .......
189
194
Rbeinprovinz.. .
4375
67
6938
33
Hohenzollern’schc Lande .
Summa . .
60143
90
53379
70
1
4. Die Maul- und Klauenseuche.
Obgleich §. 15. des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 jedenfalls
zur Folge gehabt hat, dass die beamteten Thierärzte noch weniger
genau als früher über die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche
informirt sind, so genügt das statistische Material doch, um ein all¬
gemeines Urtheil über die Häufigkeit von Ausbrüchen der Aphthen¬
seuche zu gewinnen. Die Zahl der Kreise und annähernd auch die
der Ortschaften, in denen die Krankheit auftrat, ist aus den Berichten
wohl zu ermitteln, dagegen dürften die Angaben über die Zahl der
verseuchten Bestände und der erkrankten Thiere auch nicht einmal
annähernd als richtig zu bezeichnen sein. Wir wollen in den nach¬
stehenden Bemerkungen demgemäss auch nur auf die Zahl der ver¬
seuchten Kreise und Ortschaften Rücksicht nehmen.
Die Maul- und Klauenseuche war in den ersten drei Quartalen
des Jahres 1880/81 nur in ganz vereinzelten Ausbrüchen vorgekom¬
men, erlangte jedoch während des 4. Quartals eine ziemlich bedeu¬
tende Verbreitung in den Provinzen Brandenburg, Sachsen, Hannover,
Hessen-Nassau und in der Rheinprovinz (s. 5. Jahresbericht S. 24).
Diese stärkere Verseuchung dauerte, wenn auch im gerin¬
geren Grade, während des ersten Quartals im Berichtsjahre
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64 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Im
ersten Quartal.
Im
zweiten Quartal.
Im
drit
Cj
5
ei
erkrankt.
3
erkrankt.
c
u
«5
Laufende Nuram
Provinz.
Zahl der Kreise.
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A
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Zahl der Gehöft
St. Rindvieh.
Schafe.
Schweine.
Zahl der Kreise.
A
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3
U.
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s:
Zahl der Gehöft
St. Rindvieh.
Schafe.
Schweine.
Zahl der Kreise
A
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A
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A
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1.
Ostpreussen . . .
—
—
-
—
—
—
1
2
2
4
—
—
1
1
i
9
Westpreussen . .
2
2
3
130
—
16
-
—
—
—
9
2
2
3.
Brandenburg . .
13
52 166 2112
—
14
4
11
43
429100
•
1
1
1
4.
Pommern ....
3
3
6
66
—
—
1
1
1
2
—
—
1
1
1
5.
Posen .
5
S
9
235
_
_
7
14
31
4G7
2
_
2
4
5
6.
Schlesien ....
12
34
44
843
—
—
10
13
19
247
—
—
4
5
9
7.
Sachsen .
17
41
S3i2160
—
—
13
21
34
1177
—
3
3
4
8.
Schleswig - Hol¬
stein .
3
3
3
34
_
_
1
1
3
3
—
_
—
9.
Hannover ....
10
17
22
233
2
3
3
3
4
t
| 1
1
10.
Westfalen ....
16
27
36
379
—
10
3
5
37
-
18
6
—
—
11.
Hessen-Nassau .
22
62
»43
872
—
4
5
93
377
—
—
1
1
1
12.
Rheinprovinz . .
19
34
S5
429
8
—
1
1
1
24
—
—
3
4
4
13.
Hohenzollern-
sche Lande. .
_
Summa..
,122
283] 600
7493
8
! 42
48
77
267
2877
120
6
19
"23
29
Im Jahre 1880/81
18]
21
22
324
132
45
24
28
65
374
776
—
23
61
83
Im Berichtsjahr
1881/82 mehr
104 262 57S17169
_
__
24
49 1202
| 2503
6
weniger
— |
—
—
124
3
— 1
—
—
1 — '
[656
| —
4
3S
54
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Maul- und Klauenseuche
ß5
ten Quartal.
erkrankt.
Im vierten Quartal.
iss
crk rankt.
Im Berichtsjahr.
erkrankt.
43 43 I ^ -O 43
«-» o ü I et eö öS
CO W C« s S N
3
20 202 —
— 50— 8 11 12 616 —
— 122 - 2 2 2 131 -
209 - 3 5 6 22 —
131 — 1 2 2 2 28 —
39 - 4 5 5 181 —
— Regierungs- bezw. Land¬
drostei Bezirke, in denen
_ die Maul- und Klauen¬
seuche nicht aufgetreten
ist, nebst Angabe der
6 seuchefrei gebliebenen
Quartale.
— Koenigsberg 1. 2. 4. Qu.
Gumbinnen 1. 3 4. Qu.
16 Danzig 2. Quartal.
Marienwerder 2. Quartal.
24 Potsdam 3. Quartal.
Berlin 1. 2. 3. 4. Quart.
— Stettin 3. Quartal.
Koeslin 1. 2. 4. Quart.
Stralsund 2. 3. 4. Qu.
— Bromberg 3. Quartal.
4 Breslau 4. Quartal.
Oppeln 1. 4. Quartal.
— Erfurt 3. 4. Quartal.
— [487
725 -
30
165
44
504
49
741
1112
13167
2291
16
162
135
460
692
12055
2291
146
— — Schleswig 3. Quartal.
50 5 Hannover 3. 4. Quartal.
Hildesheim 3. Quartal.
Lüneburg 2. 4. Quartal.
Stade 2. 3. 4. Quartal.
Osnabrück 1. 2. 3. 4. Qu.
Aurich 1. 2. 3. 4. Quart.
18 16 Münster 3. 4. Quartal.
Minden 2. 4. Quartal
Arnsberg 3. Quartal.
— — Kassel 4. Quartal.
Wiesbaden 3. Quartal.
98 4 Koblenz 2. 3. 4. Quart.
Düsseldorf 2. 3. Quartal.
Koeln 2. 3. Quartal.
Trier 2. 4. Quartal.
1 Sigmaringen 1.2 3.4. Qu
f. wlss. u. pract. Thierhellktinde. IX. 8iippl.-Heft.
Digitized by
Google
66 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiteil.
weiter fort und erstreckte sich ausserdem auch noch auf die'Pro¬
vinzen Schlesien und Westfalen.
Man kann demgemäss annehmen, dass die Ausbrüche während
des ersten Quartals zum grossen Theil mit denen des vierten Quartals
im vorigen Berichtsjahr unmittelbar Zusammenhängen. Diese An¬
schauung wird noch weiter durch die Thatsache unterstüzt, dass die
bei weitem zahlreichsten Ausbrüche im Monat April beobachtet wur¬
den, und dass die Seuche Ende Juni in den meisten Ortschaften ge¬
tilgt ferschien.
Abgesehen von Uebertragungen durch Berührung mit erkrankten
Thieren, welche der nächsten Nachbarschaft angehörten, haben na¬
mentlich Ankäufe von Rindvieh oder Schweinen und Infectionen durch
Schweinetreibherden häufig Anlass zur Verbreitung der Seuche gegeben.
Nicht nur die Märkte in den kleinen Städten, sondern auch die Schlacht¬
viehmärkte in Berlin, Breslau, Frankfurt a. M. und Köln vermittelten
vielfach Verschleppungen der Seuche auf weite Entfernungen, dasselbe
ist nicht selten auch durch den Eisenbahntransport bedingt worden.
Auffällig häufig wurde die Krankheit durch Handelsvieh aus Bayern,
einmal auch in derselben Weise aus den Niederlanden eingeschleppt.
Die Verbreitung der Seuche in die Nachbarschaft erfolgte ausser¬
dem öfter durch Zwischenträger, als solche werden namentlich die
von Ort zu Ort ziehenden Fleischer bezeichnet. Verhältnissmässig
selten sind die Fälle, in denen die Krankheit in ganz seuchefreien
Gegenden ohne nachweisbare Ursache auftrat.
Selbst in ziemlich stark verseuchten Kreisen erlangte die Krank¬
heit keine allgemeine Verbreitung. Aus vielen Kreisen wird berichtet,
dass dieselbe zwar in zahlreichen Ortschaften beobachtet wurde,
jedoch stets auf einzelne Gehöfte der letzteren beschränkt blieb, selbst
mitunter einzelne Ställe desselben Gehöftes oder sogar einzelne Thiere
desselben Stalles verschonte. Ausser dem Rindvieh erkrankten an
vielen Orten auch zahlreiche Ziegen und Schweine, jedoch ira Allge¬
meinen nur sehr wenig Schafe. Im Kreise Bochum erkrankten in
demselben Gehöft ausser dem Rindvieh und den Ziegen auch zwei
Pferde unter folgenden Erscheinungen: Speicheln aus dem Maule,
etwas Geschwulst der Oberlippe, Bläschenbildung an der inneren Fläche
der letzteren und am Rande des Oberkiefers.
Während des zweiten Quartals nahm die Zahl der Seucheaus¬
brüche erheblich ab, von den 77 Ortschaften, in denen die Krank¬
heit auftrat, entfallen zusammen 59 auf die Provinzen Sachsen, Po-
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Maul- und Klauenseuche.
6?
sen, Schlesien und Brandenburg. In Sachsen scheint nur der
Kreis Osterburg stärker verseucht gewesen zu sein; der Berichterstatter
erklärt sich jedoch ausser Stande, genauere Angaben mitzutheilen.
Ausserdem waren etwas stärker verseucht in den oben genannten Pro¬
vinzen die Kreise Krotoschin, Reg.-Bez. Posen, Ost-Havelland und
West-Priegnitz, Reg.-Bez. Potsdam. Die Einschleppung erfolgte viel¬
fach durch Handelsvieh, — darunter dreimal durch in Bayern ange¬
kaufte Zugochsen — oder Treiberschweine, meistens jedoch durch Be¬
rührung mit krankem Vieh der Nachbarschaft.
Aus den Reg.- bezw. Landdr. - Bez. Gumbinnen, Stettin,
Schleswig, Münster, Arnsberg, Kassel, Wiesbaden, Aachen,
Hannover und Hildesheira wird über ganz vereinzelte Ausbrüche
der Aphthenseuche berichtet, welche in den freisten Fällen durch An¬
kauf von krankem oder inficirtem Vieh vermittelt wurden. Auch das
Einstellen von fremdem Vieh in die Stallungen von Gasthöfen und
die Berührung zahlreicher Thiere verschiedenen Ursprungs auf der
Viehausstellung in Hildesheim soll zur Verbreitung der Krankheit
wesentlich beigetragen haben. Nur unter den Viehbeständen der Stadt
Bodenwerder, Kreis Hameln, soll die Seuche allgemein verbreitet ge¬
herrscht haben; nähere Angaben fehlen.
Im 3. Quartal wurden nur ganz vereinzelte Ausbrüche der Aphthen¬
seuche bei dem Rindvieh beobachtet, nämlich in je einer Ortschaft der
Reg.-Bez. Königsberg, Danzig, Magdeburg, Kassel, in 2 Ort¬
schaften der Reg.-Bez. Breslau, Liegnitz, Merseburg, Trier und
in 4 Ortschaften des Reg.-Bez. Posen. Die meisten dieser Ausbrüche
werden auf Infectionen durch Treiberschweine zurückgeführt oder sind
bei kurze Zeit vorher angekauften Thieren beobachtet worden.
Während des 4. Quartals trat die Aphthenscuchc beim Rindvieh
in zusammen 43 Ortschaften auf, welche sich auf 29 Kreise der Reg.-
Bez. Potsdam, Frankfurt, Stettin, Posen, Bromberg, Bres¬
lau, Liegnitz, Magdeburg, Merseburg* Schleswig, Arns¬
berg, Wiesbaden, Düsseldorf, Köln und Aachen vertheilen.
Ausserdem erkrankten in den verseuchten Ortschaften nicht selten
auch Schweine und zwar frühor als das Rindvieh; die Annahme, dass
die Seuche durch die Schweine eingeschleppt worden ist, erscheint
hiernach wohl begründet. Einige Ausbrüche wurden durch kranke
oder inficirte in Bayern angekaufte Zugochsen vermittelt, die Infection
hat mehrfach auch auf den Schlachtviehmärkten grösserer Städte
stattgefunden. In Schleswig-Holstein erkrankte nur ein aus England
Digitized by
5*
Google
68 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
eingeführter Zuchtbulle. Die Schweine der Dienstleute sollen in vielen
Fällen zur Verbreitung der Seuche beigetragen haben.
Die Berichte lassen es nicht selten zweifelhaft, ob die in den
einzelnen Quartalen als verseucht angeführten Schafherden an der
Aphthen- oder an der sogenannten bösartigen Klauenseuche gelitten
haben. Den Erkrankungen der Schweine scheint im Allgemeinen
nur eine geringe Aufmerksamkeit zugewendet zu sein. Ueber die
weitere Verbreitung der Seuche bei dem Rindvieh auf die verschie¬
denen Gehöfte der inficirten Ortschaften können die Berichterstatter
meistens keine genaue Auskunft geben. Nur ganz ausnahmsweise be¬
merken jedoch die Tabellen, dass die Aphthenseuche auch noch an
anderen Ortschaften des Kreises geherrscht hat, das Vorkommen der¬
selben jedoch nicht zur Kenntniss der Behörden gelangt sei.
In allen Quartalen verlief die Krankheit durchaus gutartig, sie
trat bei dem Rindvieh fast durchweg in Form der Maulseuche auf,
ein stärkeres Mitleiden der Klauen oder langwierige Nachkrankheiten
an denselben gehörten zu den Ausnahmen. An der Aphthenseuche
gefallen sind nach dem statistischen Material:
im 1. Quartal 10 Stück Rindvieh.
. 2 . „ 10 „
• 3. . - „
• 4 . 5 . _
Zusammen 25 Stück Rindvieh.
unter denselben befinden sich 3, welche wegen langwieriger Klauen¬
leiden geschlachtet werden mussten. Der aus England eingefuhrte
Zuchtbulle, welcher während des 4. Quartals in Schleswig-Holstein
erkrankte, ist getödtet worden.
Die Impfung der Aphthenseuche ist in zusammen 4 Orten
der Reg.-Bez. Potsdam, Frankfurt, Merseburg und Kassel mit
dem Erfolge ausgefuhrt, dass die betreffenden Herden in kurzer Zeit
durchseuchten.
In Betreff der Infection von Menschen enthält nur die Ta¬
belle des Landdr.-Bez. Hildes heim für das 4. Quartal die Notiz,
dass 5 Personen nach dem Genüsse der Milch einer aphthenkranken
Ziege unter den Erscheinungen von Erbrechen, Kopf- und Glieder¬
schmerzen und grosser Mattigkeit erkrankten. Vollständige Genesung
trat erst am 4. Tage ein.
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Lungen seuche
69
6. Die Lungenseuohe.
Die Zahl der Kreise und Ortschaften, in denen Aus¬
brüche der Lungenseuche vorgekommen sind, hat erheb¬
lich abgenommen, die grössere Zahl der erkrankten und
auf polizeiliche Anordnung getödteten Thiere ist im We¬
sentlichen auf das Bestreben zurückzuführen, eine mög¬
lichst schnelle Tilgung der Krankheit durch Abschlachten
der verseuchten Bestände zu erzielen.
Die Erkrankungen an Lungenseuche vertheilen sich in abgerun-
rundeten Procentsätzen während der einzelnen Quartale und während
des Berichtsjahres, wie folgt, auf die einzelnen Provinzen. Zur Ver¬
gleichung sind die Verhältnisszahlen für das Berichtsjahr 1880/81 ge¬
genübergestellt:
I.
Quartal.
n.
'Quartal.
III.
Quartal.
IV.
| Quartal.
Berichts¬
jahr
1881/82.
Berichts¬
jahr
1880/81.
An Lungenseuohe er¬
krankte St. Rindvieh
505
428
228
695
1856
1653
Davon in der Provinz
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
1. Westpreussen. . . .
0,40
13.30
—
—
3.20
1,00
2. Brandenburg ....
555
14,55
21,50
13,10
12,40
18,20
3. Pommern.
—
—
—
18,30
7,00
0,20
4. Posen.
9,30
6,55
085
3,30
5,40
9,00
5. Schlesien.
5.55
0,20
—-
—
1,08
4.80
6. Sachsen .
60,40
60,30
68,00
56,50
60,00
44,70
7. Schleswig-Holstein .
—
—
—
—
—
1,00
8. Hannover.
15,25
0.20
—
—
4,30
9,10
9. Westfalen.
—
—
—
—
—
1,70
10. Hessen-Nassau . . .
3,35
4,90
9,65
8,35
6,40
6,10
11. Rheinprovinz ....
0,20 |
—
—
0,45
0,22
4.20
100.00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Die Berechnung zeigt, dass die Zahl der Erkrankungen an
Lungenseuche in der Provinz Sachsen entweder bedeutend
zugenoraraen haben muss, oder dass die Viehbesitzer in
dieser Provinz anfangen, die Tilgung der Krankheit mit
grösserer Energie, als es früher geschehen ist, zu betrei¬
ben. In Brandenburg, Posen, Schlesien, Hannover und in der Rhein¬
provinz hat die Zahl der Lungenseuchefälle erheblich abgenomraen.
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Laufende Nummer.
70 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteokcnden Thierkrankheiten.
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Lungenseuclie.
71
ten
Quartal.
Ira
vierten Quartal.
Im
Berichtsjahr.
Regierangs- bezw. Land-
drostei-Bezirke, in denen
F.ällc von Lungenseuche
Stück Rindvieh
c
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Zahl der Gehöfte.
Stück Rindvieh
s
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Stüek Rindvieh
erkrankt.
gefallen.
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auf Veranlassung der
Besitzer getödtet.
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erkrankt.
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auf polizeiliche An¬
ordnung getödtet.
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Zahl der Kreise.
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auf polizeilicho An¬
ordnung getödtet.
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nicht vorgekoraraen sind,
nebst Angabe der
seuchefrei gebliebe¬
nen Quartale.
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—
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—
—
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—
—
—
—
-
—
—
—
-
Koenigsberg 1.2 3 4. Qu.
Gumbinnen 1. 2. 3 4. Qu.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
2
59
59
—
Danzig 3. 4. Quartal.
Marienwerder 1. 3. 4. Qu.
49
—
58
—
2
2
9
91
9
107
3
6
7
230
9
290
17
Potsdam 1. Quartal.
Frankfurt 4. Quartal.
Berlin 1. 2. 3. 4. Qu.
—
■—
—
1
2
, 9
127
9
123
3
1
2
127
2
123
3
Stettin 1. 2. 3. Quart.
Koeslin 1. 2. 3. 4 Qu.
Stralsund 1. 2. 3. 4. Qu.
_
4
_
2
3
3
23
9
15
_
9
10
6
87
3
Posen 4. Quartal.
—
_
_
—
6
7
29
1
25
3
Breslau 2. 3. 4. Quart.
Liegnitz 1. 2. 3. 4. Qu.
Oppeln 3. 4. Quartal.
155
7
143
27
15
44
61 393
9
356
46
21
84
1111
24
84
Erfurt 4. Quartal.
_
_
_
_
_
_
_
Schleswig 1. 2. 3. 4. Qu.
_
4
5
78
73
5
Hannover 3. 4. Quartal.
Hildesheira 2. 3. 4. Qu.
Lüneburg 1. 2. 3. 4. Qu.
Stade 12.3 4 Quart.
Osnabrück 1. 2. 3 4. Qu.
Aurich 1. 2 3 4. Qu.
—
—
-H
—
—
—
—
_
"
Münster 1. 2. 3. 4. Qu.
Minden 1. 2. 3. 4. Qu.
Arnsberg 1. 2. 3. 4. Qu.
22
_
21
_
5
1
7
9
58
, 1
59
15
9
20
118
4
106
20
Koblenz 1. 2. 3. 4. Qu.
Düsseldorf 1. 2. 3. 4. Qu.
Koeln 2. 3. 4. Quartal.
Trier 1. 2. 3. Quartal.
Aachen 1. 2. 3. 4 Qu.
1
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3
i
2
9
4
2
8
—
—
— |
—
—
1
—
1_|
-
—
—
—
Sigmaringen 1. 2.3. 4. Qu.
228
7
226
27
26 59
78|6i'5jlGjß61
j 69
60
139
Ii85g|39
1800
143
285
12
252
25
311591 85! 4 34122;403172
67
176
1653 67| 1518
1164
2
261
258
CO
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282
57
5
26
—
5
—
7
—
6
1 *
3
8
37
1
|28
—
21
Digitized by ^.ooQle
72 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Der Procentsatz ist in Hessen-Nassau während der beiden letzten Jahre
nahezu derselbe geblieben. Die nicht unerhebliche Zunahme der Ver-
hältnisszahlen in den Provinzen Westpreussen und Pommern ist ledig¬
lich auf die starke Verseuchung je eines Gutsbestandes in den Reg.-
Bez. Marienwerder und Stettin (s. S. 73 und 75) zurückzuführen.
Die Verluste an gefallenen und getödteten Thieren im Verhält-
niss zum Gesammtbestande der verseuchten Gehöfte betragen:
Bestand der Seuchegehöfte gefallen und getödtet
im 1. Quartal 2606 Stück Rindvieh 519 Stück Rindvieh = 19,90 pc.
* 2. „ 2863 „ „ 457 „ . * 16,00 „
n 3. * 1498 n 260 * 17,35 „
* 4. „ 3187 „ „ 746 , w 23,40 .
Dieselben Verhältnisszahlen betrugen im Jahre 1880/81:
im 1. Quartal 16,10 pCt.
m 2. „ 15,32 „
„ 3. „ 12,80 „
* 4. „ 22,00 „
mithin sind die Verluste im Berichtsjahr nicht unerheblich höher ge¬
wesen.
Der Procentsatz der Verluste an getödteten und gefallenen Thie¬
ren im Verhältniss zur Stückzahl der verseuchten Bestände stellt sich
in den einzelnen Provinzen, wie folgt:
1 .
Quartal.
pCt.
2 .
Quartal.
pCt.
3.
Quartal.
pCt.
4.
Quartal.
pCt.
1 .
Westpreussen ....
11,80
41,90
_
_
2 .
Brandenburg ....
100,00
62,60
59.80
100,00
3.
Pommern.
—
—
—
39,00
4.
Posen .
27.30
7,20
2,90
6,80
5.
Schlesien.
21.35
50,00
—
—
6 .
Sachsen .
15.70
11,90
15,00
17.20
7.
Hannover.
32,30
100.00
—
—
8 .
Hessen-Nassau . . .
17,00
26,00
26.25
64.10
9.
Rheinprovinz ....
100.00
—
— !
50,00
Die Berechnung zeigt, dass in der Provinz Brandenburg die Til¬
gung mehrfach durch Abschlachtung der verseuchten Bestände erfolgt
ist, sowie dass die Verluste in der Provinz Sachsen verhältnissmässig
niedrig blieben.
Frei von der Lungenseuche waren während des ganzen
Jahres die Provinzen Ostpreussen, Schleswig - Holstein,
Westfalen und die Hohenzollernschen Lande.
Digitized by
Google
Lungenseuche.
73
1. Westpreussen.
Reg.-Bez. Danzig. Im Kr. Pr. Stargardt dauerte das Herrschen
der Lungenseuche unter den Viehbeständen des Gutes Felgenau aus
dem vorigen Berichtsjahr fort; die Krankheit wurde von dem Domanial-
vieh auf die Kühe der Dienstleute übertragen.
Der Reg.-Bez. Marienwerder war in den Jahren 1879/80 und
1880/81 seuchefrei geblieben. Im 2. Quartal des Berichtsjahres brach
die Krankheit — eingeschleppt durch angekaufte bayerische Zug¬
ochsen — unter den Viehbeständen des Gutes Radawnitz, Kr. Flatow,
aus. Von 119 Stück des Bestandes wurden 50 auf polizeiliche An¬
ordnung getödtet.
2. Brandenburg.
Die 309 getödteten und gefallenen Stück Rindvieh vertheilcn sich
auf die Kreise:
| Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Jahre 18S0 81 getödtete
und gefallene St. Rindvieh.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindvieh.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindvieh.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindvieh.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindvieh.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindvieh.
1.
Nieder Barnim
1
' 78
2
7
3
85
Reg.-Bez.
Ober Barnim .
—
—
—
—
—
—
1
30
1
30
38
Potsdam.
Ost-Uavelland
—
—
1
1
1
2
—
_
1
3
55
Prenzlau . . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
Teltow ....
—
—
—
—
_
—
—
—
_
IOG
Templin . . .
—
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—
—
1
82
1
82
—
Summa . .
—
2
79
3
9
2
112
G
200
200
1.
Arnswalde . .
4
Reg.-Bez.
2,
Königsberg . .
—
_
—
— 1
—
—
—
—
14
Frankfurt.
3.
Lebus.
1
1 40
11
3
1
27
—
2
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Züllichau. . .
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Summa . .
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20
2
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4
109
26
Reg.-Bez. Potsdam. Der Ausbruch der Lungenseuche unter dem
Rind Viehbestände des Gutes Schoenfliess, Kreis Nieder-Barnira, wurde
Digitized by C^ooQle
74 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
durch Abschlachten sofort getilgt. Wegen des häufigen Viehwechsels
konnte die Einschleppung nicht nachgewiesen werden. Durch Ankauf
eines auf dem Gute geborenen Kalbes wurde die Seuche auf den Vieh¬
bestand eines Bauerngehöftes und durch den Weidegang auf eine
zweite bäuerliche Herde desselben Ortes übertragen. Die Einschlep¬
pung der Krankheit in das Gut Albertshof, Kr. Ober-Barnim, dessen
ganzer Viehbestand getödtet wurde, blieb unermittelt. In Neuhof,
Kreis Ost-Havclland erkrankte ein aus Bayern eingeführter Zugochse,
die übrigen 34 Stück Rindvieh wurden sofort am 1. September ge¬
impft, zwei Stück, bei denen sich 15 Tage nach der Impfung eine
bedeutende Anschwellung des Schwanzes eingestellt hatte, mussten
wegen heftiger Erkrankung an Lungenseuche am 13. October, bezw.
3. September getödtet werden. Die durch Ankauf bayerischer Ochsen
nach Parmcn, Kreis Templin, eingeschleppte Krankheit wurde durch
sofortige Abschlachtung des ganzen Bestandes getilgt.
Reg.-Bez. Frankfurt. Der Ausbruch der Lungenseuche in Alt-
Madlitz, Kreis Lebus, wurde durch Ankauf bayerischer Zugochsen ver¬
mittelt, welche sich auf dem Transporte oder in den Ställen der
Händler haben inficiren müssen, weil an dem Ursprungsorte der Thiere
in Bayern die Lungenseuche nicht herrschte. Der ganze Bestand an
Ochsen wurde abgeschlachtet, unter diesen 12 Stück noch anscheinend
gesunde auf dem Berliner Schlachtviehmarkt, woselbst 4 mit der Lun¬
genseuche behaftet gefunden wurden. Nach 5 Monaten brach die
Seuche im Kuhstalle des Gutes Alt-Madlitz aus, sämmtliche 27 Stück
des Stalles wurden getödtet und von diesen nur 3 frei von Lungen¬
seuche gefunden. Ausserdem verseuchte ein bäuerlicher Viehbestand
desselben Ortes. In Krumraendorf, Kreis Züllichau, hatte die Seuche
bereits 1879/80 und 1880/81 geherrscht, während des Berichtsjahres
verseuchten in längeren Zwischenräumen wieder zwei Bestände, welche
sofort abgeschlachtet wurden. In Wilhelmsburg, Kreis Königsberg,
ist ein Stück gefallen und sind zwei Stück auf polizeiliche Anordnung
getödtet worden. Der Kreisthierarzt diagnosticirte Lungenseuche, der
Departementsthierarzt Echinocockenkrankheit, bezw. lobäre Lungen¬
entzündung. Das zuerst gefallene Stück war von einem Händler an¬
gekauft. Weitere Erkrankungen sind unter den übrigen 61 Stück des
Bestandes nicht vorgekoramen.
In Berlin sind Fälle von Lungenseuche nur auf dem Schlacht-
viehraarkte unter Viehbeständen beobachtet worden, welche aus ver¬
seuchten Gehöften behufs Abschlachtung eingeführt worden waren.
Digitized by C^ooQle
Lungenseuche.
75
Häufig wurden hierbei die krankhaften Veränderungen der Lungen¬
seuche bei anscheinend noch ganz gesunden Thieren gefunden.
3. Pommern.
Ueber den Ausbruch der Lungenseuche in 2 Orten des Kreises
Pyritz, Reg.-Bez. Stettin, berichtet Kreisthierarzt ßathke.
Die Güter Naulin und Megow gehören der Zuckerfabrik in Py¬
ritz, die Wirthschaft erfordert einen beständigen Wechsel des Viehes.
Von Juli 1881 bis Januar 1882 sind in 14 Transporten zusammen
117 Stück Rindvieh eingeführt worden. Dieselben stammten theils
aus Bayern, Ostpreussen, Schlesien und Ostfriesland, theils waren die¬
selben auf Märkten der Nachbarschaft angekauft worden. Zwischen
Naulin und Megow hat ein beständiger Wechsel des Viehes stattge¬
funden. Durch welchen der oben erwähnten Viehtransporte die Lungen¬
seuche eingeschleppt worden ist, hat nicht ermittelt werden können,
vermuthet wird die Einschleppung durch einen aus Ostfriesland ein¬
geführten Bullen, jedoch erkrankte zuerst auffällig eine aus der Nach¬
barschaft angekaufte Kuh, die demselben Transporte angehörenden,
nach anderen Orten gelangten Kühe sind gesund geblieben. Geimpft
wurden:
in Naulin am 14. Februar 113 Stück Rindvieh.
* Megow „ 13. ^ 147 „
Bei beiden Herden trat die gewöhnliche Impfreaction ein. Dennoch
sind in Naulin bis zum 22. April noch 66 und in Megow 41 Stück
Rindvieh in so bedeutendem Masse erkrankt, dass deren Abschlach¬
tung polizeilich angeordnet werden musste. Auch im Quartal April-
Juni 1882 sind in Naulin noch 19 Stück Rindvieh an Lungenseuche
erkrankt und getödtet. Kreisthierarzt Rathke spricht sich dahin
aus, dass die Impfung in Naulin und Megow keine besonderen Vor¬
theile gewährt hat.
Die Reg.-Bez. Koeslin und Stralsund blieben frei von der
Lungenseuche.
4. Posen.
Die 96 getödteten und gestorbenen Stück Rindvieh entfallen auf
die Kreise:
Digitized by C^ooQle
76 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Jahre 1880. 81 getödtete
und gefallene St. Rindvieh.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindv.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindv.
verseuchte Bestände. 1
getödtete und ge¬
fallene St. Rindv.
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verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindv.
1.
Bomst ....
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1
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Reg.-Bez.
2.
Buck.
1
44
1
4
—
—
—
—
1
48
28
Posen.
3.
Fraustadt. . .
—
—
—
—
1
2
—
—
1
2
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4.
Kosten ....
—
—
1
2
—
—
—
—
1
2
23
5.
Krotoschin . .
—
—
1
14
—
—
—
—
1
14
—
6.
Posen Landkr.
—
—
1
1
—
—
—
—
1
1
30
7.
Schrimm . . .
—
—
—
—
—
—
—
47
Summa . .
1
44
5
22
1
2
—
6
68
138
1.
Bromberg Ldkr.
1
3
1
3
14
Reg.-Bez.
2
Inowraclaw . .
—
—
—
—
—
—
1
5
1
5
—
Bromberg
3
Kolmar ....
—
—
—
—
=
—
—
—
—
—
10
4.
Wirsitz ....
—
—
1
6
1
2
2
12
2
20
67
Summa . .
1
3
1
G
l|
2
3
17
A
4
28
9!
Reg.-Bez. Posen. Ueber die vereinzelten Aasbrüche der Lungen¬
seuche in Paulswies, Kr. Bomst, Gross Lenki, Kr. Kosten, und Nara-
mowice, Landkreis Posen, enthält das statistische Material keine
näheren Mittheilungen. In Gross Lenki hatte die Lungenseuche auch
in früheren Jahren geherrscht. Die beiden Stück Rindvieh im Kreise
Fraustadt gehörten einem Bestände in Lache an, in welchem Orte
seit l l / 2 Jahren vereinzelte Ausbrüche der Lungenseuche beobachtet
worden sind. Ira 1. und 2. Quartal dauerte das Herrschen der Lun¬
genseuche in Sliwno, Kr. Buk, aus dem vorigen Jahre fort. Nach
Gorzupia, Kr. Krotoschin, ist die Lungenseuche durch einen auf dem
Markte in Gnesen angekauften kranken Ochsen eingeschleppt worden.
Im 4. Quartal war der Reg.-Bez. Posen, welcher nächst
den Reg.-Bez. Magdeburg und Merseburg früher der am
stärksten verseuchte des ganzen Staates gewesen ist, frei
von der Lungenseuche.
Reg.-Bez. Broraberg. Die im Jahre 1880/81 zu Thalheim,
Landkreis Bromberg, zum Ausbruch gelangte Lungenseuche wurde im
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Langenseuche.
77
1. Quartal des Berichtsjahres getilgt. Die Krankheit wurde nach
Dalkowo, Kr. Inowraclaw, und Hohenburg, Kr. Wirsitz, durch kranke
in Bayern angekaufte Zugochsen eingeschleppt und von Hohenburg
aus auf den Viehbestand des benachbarten Gutes Schliepershof über¬
tragen.
5. Schlesien.
Während des ersten Quartals kamen im Reg.-Bez. Breslau Aus¬
brüche der Lungenseuche vor: unter den Beständen des Gutes Theu-
derau, Kr. Oblau, eines Gehöftes in Simsdorf, Kr. Trebnitz, und bei
der Kuh eines Handelsmannes in Seitendorf, Kr. Waldenburg. In den
beiden ersten Fällen wurde die Einschleppung durch auf dem Markte
in Brieg angekaufte Rindviehstücke nachgewiesen, während der Aus¬
bruch in Seitendorf wohl durch den stets wechselnden Bestand im Stalle
des Handelsmannes bedingt worden ist. Der Reg.-Bez. Breslau blieb
im 2., 3. und 4. Quartal und der Reg.-Bez. Liegnitz während des
ganzen Berichtsjahres seuchefrei. Im Reg.-Bez. Oppeln beschränkte
sich das Auftreten der Lungenseuche auf je einen ganz vereinzelten
Fall in den Kreisen Leobschütz und Ratibor, sowie auf 2 Ortschaften
des Kreises Pless. In Mezerzich verseuchte während des 1. Quartals
das 8. Gehöft, ausserdem erkrankte in der Stadt Pless eine kurz vor¬
her angekaufte und wahrscheinlich aus Oesterreich eingeschmuggelte
Kuh. Unter den beiden während des 4. Quartals 1880/81 stark ver¬
seuchten Beständen des Kreises Neisse sind weitere Erkrankungen im
Berichtsjahre nicht mehr vorgekommen.
6. Sachsen.
Die Zahl der im Reg.-Bez. Magdeburg getödteten und gefalle¬
nen Stück Rindvieh ist erheblich grösser, als im vorigen Berichts¬
jahre, die Verbreitung der Lungenseuche vertheilt sich jedoch gauz in
ähnlicher Weise auf dieselben Kreise. Von den 64 Ortschaften
des Bezirkes, in denen Ausbrüche der Lungenseuche beob¬
achtet wurden, sind 32 solche, welche auch im Jahre 1880/81
verseucht waren. Die Lungenseuche herrschte entweder in densel¬
ben Beständen aus dem vorigen Jahre weiter fort oder wurde auf wei¬
tere Bestände des betreffenden Ortes übergetragen. Mehrfach fand eine
Verschleppung auch von diesen Orten nach benachbarten statt, die¬
selbe wurde namentlich häufig durch die auf den Landstrassen ver¬
kehrenden Ochsengespanne vermittelt. Besonders häufig ist die Seuche
Digitized by t^.ooQle
78 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Laufende Nummer.
Kreis,
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4
Quartal
Im Be¬
richtsjahr
Im Jahr 1880,81 getödtete
und gefallene St. Rindvieh.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindvieh.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindvieh
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindvieh.
verseuchte Bestände.
64
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52 S
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verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindvieh.
1.
Ascherslebcn .
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19
Reg.-Bez.
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Magdeburg.
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4.
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Jerichow IT . .
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1
13
—
—
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7.
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168
leben ....
—
—
—
—
—
—
—
—
8.
Oscbersleben .
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39
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Wanzleben . .
10
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4
17
8
23
23
118
80
10.
Wernigerode .
—
—
—
—
—
2
2
2
2
RSB
11.
Wolmirstedt .
13
lOfi
11
30
10
41
13
46
311223
BO
Summa . .
39
236
34
163
27
136
49
304
629
1.
Bitterfeld. . .
2
7
4
6
2
4
1
3
5
20
14
Reg.-Bcz.
2.
Eckartsberga .
—
—
—
—
1
1
1
S
1
9
—
Merseburg.
3.
Halle Stadt
—
—
1
2
1
4
—
—
1
G
—
4.
Liebenwerda .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
10
5.
Mansfeld Ge-
birgskreis . .
2
7
2
4
—
—
—
—
n
25
6.
Mansfeld See¬
kreis .
1
3
1
6
1
4
—
—
9
13
14
7.
Merseburg . .
1
35
1
54
2
22
7
64
8
175
S4
8.
Qucrfurt . . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
7
9.
Saalkreis . . .
—
—
—
—
—
1
10
1
10
—
10.
Sangerhausen
1
IG
2
5
2
i
4
9
22
4
47
10
Summa . .
7
68
11
77
9
39
107
•25
291
164
1.
Erfurt Landkr.
II
II
2
9
Bl
H
E
m
■
Reg.-Bez.
2.
Heiligenstadt.
fll
H
2
10
—|
H
B
B
Kl
■91
Erfurt.
Summa . ,
»
1
9|
10
*1
2
—
5
13
‘1
in dieser Weise von den Viehbeständen grösserer Güter auf solche
übertragen worden, welche kleineren Besitzern benachbarter Orte ge¬
hörten. Auch das Führen der Kühe zu den Bullen hat nicht selten zur
weiteren Verbreitung der Lungenseuche Gelegenheit geboten. Ausser¬
dem soll die Krankheit öfter durch Zwischenträger — namentlich durch
die Fleischer, welche in den verschiedensten Ställen verkehren, —
Digitized by t^ooQle
Lungen seuche.
79
verschleppt worden sein, und bei drei Ausbrüchen sollen die Besitzer
selbst, welche als Schiedsmänner bei dem Abschätzen von an der
Lungenseuche erkrankten Thieren beschäftigt gewesen waren, das Con-
tagium eingeschleppt haben. In einzelnen Ortschaften brach die Lun¬
genseuche unter Thieren desselben Bestandes von Neuem aus, in He-
dersleben, Kreis Aschersleben, z. B. nach 4 Monaten, und zeigte
ein erkranktes Stück bei der Section sehr alte krankhafte Verän¬
derungen.
In vielen Fällen erfolgte die Einschleppung durch angekaufte
kranke Thiere, drei Ausbrüche wurden durch aus Bayern, vier durch
aus ßraunschweig stammende Thiere vermittelt. Die Thiere, welche
Anlass zu den Infectionen der einheimischen Bestände gaben, befan¬
den sich häufig im anscheinend vollständig durchgeseuchten Zustande
und hatten keine Krankheitserscheinungen gezeigt. Vielfach muss an¬
genommen werden, dass das angekaufte Vieh sich erst in den Ställen
der Handelsleute inficirt hat, denn die Nachforschungen ergaben,
dass die Heimathsorte, aus denen die betreffenden Thiere stammten,
frei von der Lungenseuche waren.
Die Verluste waren, namentlich untei den Beständen der grösse¬
ren Güter, häufig sehr geringfügig, und viele Berichterstatter sind ge¬
neigt, diese günstigen Erfolge den meistens sofort ausgeführten Im¬
pfungen solcher Bestände zuzuschreiben. Bei vielen Ausbrüchen blieben
früher geimpfte Thiere gesund, und brachte die Impfung, wenn sie
sofort nach Constatirung der Krankheit ausgeführt wurde, die Seuche
zum Stillstände. Kreisthierazt Jost plaidirt für die Anordnung der
obligatorischen Nothimpfung und hält eine Entschädigung der in Folge
der Impfung eintretenden geringfügigen Verluste für wünschenswerte
Andererseits werden aber auch Bedenken gegen die Vortheile der Im¬
pfung geltend gemacht, in 4 Beständen des Kreises Wanzleben erlosch
die Seuche nach dem Erkranken weniger Stücke, obgleich keine Im¬
pfung vorgenommen worden war. In Hohenziatz, Kreis Jerichow I.,
wurden 4 Wochen nach dem ersten Krankheitsfair 182 Stück geimpft,
trotzdem erkrankten noch 75 und nach einer wiederholten Impfung
weitere 42 Stück so heftig, dass deren Tödtung polizeilich angeordnet
werden musste. In Bimsleben, Kreis Wernigerode, erkrankte am 15.
Januar 1882 eine Kuh, welche am 12. August und 12. December 1881
geimpft worden war.
Die Ausbrüche der Lungenseuche in kleineren Wirtschaften sind
häufig durch Abschlachten des ganzen Bestandes getilgt worden; die
Digitized by C^ooQle
80 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Neigung zur schleunigen Tilgung der Lungenseuche auf diesem Wege
ist auch bei den Besitzern grösserer Güter im Zunehmen begriffen.
Zwei in Eggenstedt, Kr. Wanzleben, auf polizeiliche Anordnung
getödtcte Stück Rindvieh erwiesen sich bei der Section nicht mit der
Lungenseuche behaftet.
Von den 17 verseuchten Ortschaften des Reg.-Bez. Merseburg
sind 3 solche, in denen das Herrschen der Lungenseuche aus dem
vorigen Berichtsjahre fortdauerte. Die Verhältnisse, welche zu den
Seucheausbrüchen Anlass gaben, sind im Wesentlichen dieselben,
wie im Reg.-Bez. Magdeburg, besonders häufig wurde die Seuche durch
von Viehhändlern zusammengekaufte Thiere, ausserdem je einmal durch
solche Stücke eingeschleppt, welche aus Bayern, bezw. aus Anhalt
stammten. Ueber die Resultate der Impfung, welche verhältnissmässig
häufig vorgenommen wurde, enthalten die Berichte folgende Mitthei¬
lungen von grösserem Interesse:
Am 29. October 1881 wurde eine Tags zuvor krank gemeldete Kuh des land-
wirthschaftlichen Instituts zu Halle geschlachtet; die Section stellte das Vorhan¬
densein der Lungenseuche fest. Am 5. Deccmber erfolgte die Tödtung einer zwei¬
ten im hohen Grade mit der Lungeuseuche behafteten Kuh. Am 14. December
starb ein seit dem 21. November unter verdächtigen Erscheinungen erkrankter
Büffelstier, am 15. December eine seit dem 18. November kranke Gayalkuh. Die
Section bestätigte bei den beiden zuletzt genannten Thieren das Vorhandensein
der Lungenseuche. Am 11. Mai und 30. September waren 38 Stallthiere geimpft
worden, bei keinem der letzteren haben sich Erscheinungen von Lungenseuche ge¬
zeigt, ausserdem waren noch 2 geimpfte Stück Rindvieh auf dem Versuchsfelde
untergebracht worden und ebenfalls gesund geblieben. Erst am 17. December
wurden die Parkthiere geimpft mit Ausnahme von 2 Stück. Erkrankungen unter
diesen Thieren sind weiter nicht vorgekommen. In deu verseuchten Stallungen
befanden sich beim Ausbruch der Krankheit 9 nicht geimpfte Thiere, von denen
4 an Lungenseuche erkrankten, 38 in denselben Stallungen befindliche, meist
zweimal vorher geimpfte Thiere haben zu keiner Zeit Erscheinungen gezeigt, welche
einen Verdacht auf Lungenseuche begründen konnten. Am 8. November wurde
die Nothimpfung der noch nicht geimpften Thiere vorgenommen. Die geringe
Zahl der Erkrankungsfalle wird der Impfung zugesebrieben. Die Einschleppung
erfolgte durch eine von dem landwirtbschaftlichen Institut am 30. Juli 1880 zu
Versuchszwecken angekaufte Kuh, welche bei der am 4. April 1881 vorgenomme¬
nen Section mit der Lungenseuehe behaftet gefunden wurde.
In Schotterey, Kreis Merseburg, standen 112 Stück Rindvieh in 2 etwa 30 Mtr.
von einander entfernten Ställen. Nachdem einige von den vorhandenen 52 Zug¬
ochsen unter verdächtigen Erscheinungen erkrankt waren, wurde am 6. Mai die
Lungenseuche constatirt und sofort die Impfung von 106 Stück Rindvieh vorge¬
nommen. Bei diesen Thieren waren ausser dem Husten, welchen viele derselben
hören Hessen, keine Krankheitserscheinungen — auch keine Steigerungen der
Digitized by ^.ooQle
Liingenseuctie.
81
Körpertemperatur — wahrzunehmcn. Trotzdem erkrankten bis zum Juli in beiden
Ställen €0 Stück so hochgradig, dass deren Tödtnng auf polizeiliche Anordnung
erfolgen musste. Unter diesen 60 befanden sich mehrere, bei denen eine Ampu¬
tation des in Folge der Impfung stark angeschwollenen Schwanzes nothig gewor¬
den war. Der Rest von 28 Stück wurde, nachdem der Besitzer 23 Stück zum
Abschlachten nach Koeln verkauft hatte, mit der Bedingung getodtet, dass für
diejenigen Thiere, welche bei der Section nicht lungenseuchekrank befunden wur¬
den, keine Entschädigung aus der Staatskasse geleistet werden sollte. Alle 28
Stück erwiesen sich, obgleich mitunter nur im geringen Grade, mit der Lungen¬
seuche behaftet und unter denselben wieder eine grössere Zahl solcher, welche in
Folge der Impfung ein Stück des Schwanzes verloren hatten. Bei mehreren Ochsen
und bei einigen Färsen wurden neben älteren Lungenseuchc-Verändcrungen (Se¬
quester) ganz frische in verschiedenem Umfange nachgewiesen.
In Beucblitz, Kreis Merseburg, war ein Bestand von 168 Stück Rindvieh vor¬
handen, welche am 11. Mai, 24. November 1881 und 3. Februar 1882 geimpft
worden waren. Von 10 im 4. Quartal getödteten Stück Rindvieh waren 3 zwei¬
mal und 7 dreimal geimpft worden.
Die 6 an der Lungenseuche erkrankten Kühe in Kl. Lauchstedt, Kr. Merse¬
burg, waren vorher ebenfalls theils 2, theils 3 mal geimpft worden.
Ueber den Erfolg der übrigen im Reg.-Bez. Merseburg ausgeführten Impfun¬
gen fehlen nähere Angaben.
In Kirchhain, Landkreis Erfurt, wurde nach dem Ausbruch der
Lungenseuche in 1 Gehöft am 30. Juni 1881 die Präservativimpfung
bei 121 Stück Rindvieh, welche 18 Gehöften angehörten, vorgenommen.
Nach 21 Tagen stellte sich bei allen Thieren eine leichte Geschwulst
an der Schwanzspitzc ein, eine Kuh crepirte in Folge Brand des
Schwanzes, und bei 2 Kühen musste ein Thcil des Schwanzes ampu-
tirt werden. Am 27. Odobcr, bezw. 24. November erkrankte je eine
Kuh an Lungenseuche, bei beiden Thieren war eine Geschwulst am
Schwänze nach der Impfung eingetreten, bei einer Kuh so stark, dass
die Schwanzspitze abfiel. Ausserdem wurden im Reg.-Bez. Erfurt
Ausbrüche der Lungenseuche unter je einem Viehbestand zweier Ort¬
schaften im Kreise Heiligenstadt beobachtet. Nähere Angaben fehlen.
7. Hannover.
Ueber die Ausbrüche der Lungenseuche in zwei Gehöften zu Ron¬
nenberg, Kreis Wennigsen, Landdr.-Bez. Hannover, liegen genauere
Angaben nicht vor. Die seit dem 4. Quartal 1880 81 in Appenrodo,
Kr. Goettingen, Bründeln, Kr. Hildesheim, Adelebsen, Langenholten¬
sen, Kr. Einbeck, Landdr.-Bez. Hildes heim, herrschende Lungen¬
seuche wurde im 1. Quartal des Berichtsjahres nach zum Theil be¬
deutenden Verlusten getilgt.
Archiv f. wis». u. pract. Thierhcilkunde. IX. Suppl.*Heft. (J
Digitized by C^ooQle
82 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Die Landdr.-Bez. Lüneburg, Stade, Osnabrück und Aurich
blieben während des Berichtsjahres seuchefrei.
8. Hessen-Nassau.
Uebcr den Ausbruch in Niedcrohna, Kreis Eschwege, ßeg.-Bez.
Kassel, woselbst von 70 Stück des Bestandes 60 abgeschlachtet wer¬
den mussten, liegen keine näheren Angaben vor. Die 15 verseuchten
Gehöfte des Kreises Gersfeld vertheilen sich auf 7 Ortschaften; die
Krankheit herrscht in diesem Kreise schon seit Jahren und wird durch
den Viehhandel von Gehöft zu Gehöft verschleppt, 4 Ausbrüche wur¬
den durch kranke im benachbarten Bayern angekaufte Thiere veran¬
lasst. In einem Falle stammte das erkrankte Stück aus Sachsen-
Weimar. Die Erkrankungen in der Stadt Kassel werden auf im
Landdr.-Bez. Hildesheim angekaufte Stück Rindvieh zurückgeführt,
| Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Iiu Be¬
richtsjahr.
Im Jahre 1880 81 getödtete
und gefallene St. Rindvieh.
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verseuchte Bestände.
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fallene St Rindvieh.
verseuchte Bestände.
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fallene St Rindvieh.
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fallene St. Rindvieh
verseuchte Bestände.
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23
Reg.- Bez.
2.
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—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
Kassel.
3.
Fulda.
—
—
—
_
—
—
—
—
—
8
4
Gersfeld . . .
4
7
4
10
4
G
4
10
15
33
37
5
Kassel Stadt .
2
2
3
3
—
—
—
—
4
5
6.
Hünfeld . . .
—
—
1
1
—
—
1
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2
2
7
Witzenbausen
1
fi
1
2
2
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Summa . .
6
9
8
14
5
12
7
73
24
1U8
69
1
Dillkreis . . .
3
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6
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8
2
2
11
19
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Reg.-Bcz.
2
Frankfurt a.M.
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—
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—
—
—
—
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3
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1
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—
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—
—
—
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—
—
—
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—
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B
5.
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—
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Landkreis. . .
—
—
—
—
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—
_
—
—
—
10
Wiesbaden .
—
—
—1
—-
Summa . .
4
4
7
7
51
9
2
2
14
22
24
Digitized by C^ooQle
Lungenseuche.
83
ausserdem erkrankten 2 Stück, welche sich durch Berührung mit einer
kranken Kuh im Eisenbahnwaggon inficirt hatten. Eine Kuh wurde
getödtet, weil sie mit einer kranken in Berührung gewesen war, die¬
selbe erwies sich bei der Section gesund. Ein Fall im Kreise Hün-
feld betraf einen geschlachteten Ochsen, cs scheint ein Irrthum in der
Diagnose vorzuliegen, weil der zweite Ochse in demselben Stall ge¬
sund blieb. Nach Freudenthal, Kreis Witzenhauscn ist die Krankheit
durch Ankauf von Vieh aus einem verseuchten Orte des Kreises Heiligen¬
stadt eingeschleppt worden. In den übrigen Fällen konnte die Einschlep¬
pung zwar nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, es liegt jedoch
die begründete Vermuthung vor, dass dieselbe durch Ankauf von Vieh
in der Rhöngegend vermittelt wurde. Das statistische Material ent¬
hält keine genaueren Angaben über den Erfolg der bei 2 Viehständen
im Kreise Witzenhausen vorgenommenen Impfungen.
Im Reg.-Bez. Wiesbaden verseuchten nach und nach während
des Berichtsjahres 11 Gehöfte der Ortschaft Roderath, Dillkreis, in
welcher die Lungenseuche schon während des vorigen Jahres herrschte.
Auch in Brandeberndorf, Ober-Taunuskreis sind früher Fälle von Lun¬
genseuche vorgekoramen. Die Erkrankung in Dehren, Untcr-Lahnkr.,
betraf ein kurz vorher angekauftes Stück. Ucber den Ausbruch in
Rennerod, Ober-Wcsterwaldkreis, fehlen nähere Angaben.
9. Rheinprovinz.
Reg.-Bez. Kocln. Ucber die Erkrankung einer Kuh in Oberrospe,
Kr. Gummersbach, wird erwähnt, dass die Einschleppung nicht nach¬
gewiesen werden konnte. Die übrigen 6 Stück des Bestandes liess
der Besitzer abschlachten; dieselben erwiesen sich gesund.
Reg.-Bez. Trier. In einen kleinen Viehbestand zu Goenncrs-
dorf, Kr. Daun, ist die Krankheit durch angekauftes Handelsvieh ein¬
geschleppt worden.
Die Lungenseuche wurde mehrfach in den Schlachthäusern zu
Kocln, Deutz und Frankfurt a. M. bei aus dem Magdeburgischen ein¬
geführten Mastochsen constatirt.
Aus anderen deutschen Staaten ist die Lungenseuche
eingeschleppt worden:
13 mal aus Bayern.
4 „ „ Braunschweig.
1 „ „ Anhalt.
1 * „ Sachsen Weimar.
G*
Digitized by
Google
84 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten
Laufende Nummer.
Regierungs-
bezw.
Landdrostei-Bezirk.
Im ersten Quartal.
Im zweiten Quartal.
grössere
Guter.
kleinere
Besitzungen
grössere
Guter.
kleinere
Besitzungen
Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
Stück Rindvieh auf polizeiliche
Anordnung getödtet.
Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
Stück Rindvieh auf polizeiliche
Anordnung getödtet.
Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
Stück Rindvieh auf polizeiliche
Anordnung getödtet.
Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
Stück Rindvieh auf polizeiliche
Anordnung getödtet.
1.
Danzig.
1
17
2
1
17
7
2.
Marienwerder . . .
—
—
—
—
—
—
2
119
50
—
—
—
3.
Potsdam.
—
—
—
—
—
1
78
78
—
—
—
3.
Frankfurt ....
1
40
28
--
—
—
1
28
3
1
17
16
5.
Stettin.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
6.
Posen.
i
150
43
—
—
—
3
248
15
1
4
2
7.
Bromberg ....
1
22
3
—
—
—
1
131
5
—
—
—
8 .
Breslau.
1
86
17
1
19
5
—
—
—
—
—
—
9
Oppeln.
—
—
—
3
23
3
—
—
—
—
—
—
10.
Magdeburg ....
7
1098
132
30
252
102
8
1062
83
25
307
69
11.
Merseburg ....
4
381
55
3
42
10
3
347
58
7
179
17
12 .
Erfurt.
—
—
—-
1
2
1
—
—
—
2
45
9
13.
Hannover .
—
—
—
1
37
12
—
—
—
1
1
1
14
Hildesheim ....
2
154
52
2
43
8
—
—
—
—
—
—
15.
Kassel.
—
—
—
4
27
5
—
—
—
7
42
13
IG.
Wiesbaden ....
—
—
—
1
8
1
—
—
—
7
37
7
17.
Koeln.
—
—
—
i
7
1
—
—
—
—
—
—
18.
Trier.
"
Summa . .
18
1948
332
47
460
148
20
|
2030
299
51
CO
CO
134
Der Ankauf von Rindvieh in Bayern gab Anlass zu Aus¬
brüchen der Lungenseuche in den Reg.-Bez. Marienwerder,
Potsdam, Frankfurt, Bromberg, Magdeburg, Merseburg und
Kassel.
Wir haben oben, wie Seite 48 u. 49 unseres 5. Jahresberichtes,
tabellarisch das Verhältniss zusammengestellt, in welchem
sich die auf polizeiliche Anordnung getödteten Stück Rind-
Digitized by t^ooQle
Lungenseuche.
85
Im
dritten Quartal.
Im
vierten Quartal.
Im Berichtsjahr.
grössere
Güter.
kleinere
Besitzungen
grössere
Güter.
kleinere
Besitzungen.
grössere
Güter.
kleinere
| Besitzungen.
| Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
Stück Rindvieh auf polizeiliche
Anordnung getödtet.
Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
Stück Rindvieh auf polizeiliche
Anordnung getödtet.
Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
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Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
Stück Rindvieh auf polizeiliche
Anordnung getödtet
Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
Stück Rindvieh auf polizeiliche
Anordnung getödtet.
Zahl der verseuchten Bestände.
Zahl des Rindviehs in den ver¬
seuchten Beständen.
Stück Rindvieh auf polizeiliche
Anordnung getödtet.
1
17
9
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
1H
50
—
—
—
1
36
2
2
12
7
2
112
107
—
—
—
4
226
187
2
12
7
1
27
27
1
22
22
—
—
—
—
—
—
1
67
58
2
39
38
—
—
—
—
—
2
328
123
—
—
—
2
328
123
—
—
—
—
2
7
2
—
—
—
—
—
—
3
248
58
3
11
4
1
131
2
—
—
—
3
249
15
-
—
—
4
271
25
—
_
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
86
17
1
19
5
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
3
23
3
6
538
60
17
251
49
11
927
179
34
466
80
31
2894
454
71
883
300
4
177
23
3
84
9
8
785
72
3
47
25
10
1060
208
12
254
61
—
—
—
2
7
2
—
—
—
—
—
—
—
—
—
5
57
12
—
—
—
—
—
—
—
__
—
—
—
—
—
—
—
2
38
13
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
2
154
52
2
43
8
1
23
6
4
27
6
1
70
50
6
33
7
2
93
56
19
110
31
—
—
—
5
30
9
—
—
2
14
2
—
—
—
14
85
19
—
—
—
—
—
—
—
—
_
—
—
_
—
1
7
l
~
1
6
1
—
1
6
1
14
932
120
36
1
440
106
»
2471
546
46
566
115
63
5563
1297
138
1487
503
vieh auf Bestände grösserer Güter und kleinerer Besitzun¬
gen verth ei len. Die gefallenen und die auf Veranlassung der Be¬
sitzer getödteten Thierc sind bei dieser Berechnung ausser Anschlag
gelassen worden.
Von den Gehöften, in denen Rindvieh auf polizeiliche An¬
ordnung getödtet wurde, entfallen:
Digitized by C^ooQle
86 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Im 1. Quartal 27,70 pCt. auf grössere Güter, 72,30 pCt. auf kleinere Besitzungen.
. 2. . 28,17 ... . 71,83 . .
. 3. . 28,00 . „ 72,00 .
. 4. . 37,00 . „ 63,0) „
. Berichtsjahr 31,34 . „ . 68,66 . . „
und wenn man dieselben Verhälinisszalilen für die Provin¬
zen Westpreussen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schle¬
sien und Sachsen berechnet:
Im 1. Quartal 29,60 pCt. auf gtösscrc Güter, 70,40 pCt. auf kleinere Besitzungen.
* 2. „ 35,70 ... * 64,30 ...
. 3. . 32,50 . 67,50 ...
h 4. . 41,25 „ „ „ . 58,75 „ * * n
„ Berichtsjahr37,34 „ n . 62,66 „ „ » „
Von den auf polizeiliche Anordnung getödteten Stück
Rindvieh entfallen:
Im 1. Quartal 69,15 pCt. auf grossere Güter, 30,85 pCt. auf kleinere Besitzungen.
„ 2. * 60,05 . „ * 30,95 * *
* 3. „ 53,10 . n 46,90 „ .
„ 4. „ 82,60 „ . . . 17,40 ...
„ Berichtsjahr 72,06 „ „ „ * 27,94 „ „ *
Dieselben Verhältnisszahlcn für die oben genannten
6 Provinzen berechnet, stellen sich wie folgt:
Im 1. Quartal 70,00 pCt. auf grössere Güter, 30,00 pCt. auf kleinere Besitzungen,
r* 2. . 72,55 „ . „ „ 27,4o n . . .
n 3. . 55,56 . . ft . 44,44 ... .
„ 4. „ 82,50 . 17,50 ...
„ Berichtsjahr 73,50 ... . 26,50 ...
Der Verlust an auf polizeiliche Anordnung getödteten
Rindern im Verhältniss zu dem gesammten Bestände der
verseuchten Gehöfte betrug durchschnittlich:
Im 1. Quartal 17,70 pCt. in d. grösseren Gütern, 32,20pCt. in d. kleineren Besitzungen.
„ 2. . 14,70 ... . 18,30 . „
„ 3. . 18,85 ... . 24,10 ...
. 4. . 20,44 ... . 20,32 ...
* Berichtsjahr23,31 ... „ 33,82 ...
Eine Vergleichung mit der entsprechenden Berechnung S. 46 u. 47
unseres 5. Jahresberichtes zeigt:
dass die Zahl der grösseren Güter, in welchen die
Lungenseuche auftrat, sich nicht erheblich geän¬
dert, dass dagegen die Zahl der in den grösseren
Gütern auf polizeiliche Anordnung getödteten Rin¬
der ebenso wie der Verlust solcher Bestände im Ver¬
hältniss zur Gcsammtstüokzahl der verseuchten
Herden bedeutend zugenommen hat.
Digitized by c^ooQie
Lungenseuche.
87
Uebcr die Erfolge der Impfung ist bei den Notizen über die
Ausbrüche der Lungenseuche in den einzelnen Provinzen berichtet
worden. Die Angaben der beamteten Thierärzte über die Resultate
und über die Vortheile der Impfung sind auch in diesem Jahre so
verschieden und zum Theil so voll von Widersprüchen, dass sich ein
begründetes Uriheil über den Nutzen des Impfverfahrens aus dem vor¬
liegenden Material nicht bilden lässt.
Von den Provinzial- und Kommunal verbänden sind an
Entschädigungen für solche Stück Rindvich, welche behufs
Tilgung der Lungenseuche getödtet wurden, die in nach¬
stehender Tabelle genannten Summen gezahlt worden. Die
entsprechenden Entschädigungsbeträge des Jahres 1880 81 haben wir
zur Vergleichung gegenübergestellt.
Berichtsjahr
1880/81.
Mark. 1 Tf.
Berichtsjahr
1881 8$.
Mark. | Pf.
1 .
Provinz Ostprcussen.
•)
„ Wcstpreussen.
38') l
—
0521
40
3.
„ Brandenburg (ausschliesslich Berlin) .
52837
64
41163
30
4
Berlin.
—
—
—
5.
Provinz Pommern.
10148
30
34882
95
6 .
„ Posen.
33628
50
20611
50
7.
„ Schlesien .
6774
55
6130
12
S.
„ Sachsen .
243276
95
97875
29
9.
„ Schleswig-Holstein.
2209
—
—
—
10 .
„ Hannover.
S303
25
31757
10
11
„ Westfalen.
223
60
—
—
12 .
Reg -Bez. Kassel.
5452
48
12421
15
13.
„ Wiesbaden (ausschliessl. Frankf. a./M.)
2616
50
2278
10
14.
Frankfurt a./M.
3457
—
—
—
15.
Rheinprovinz.
2945
30
1366
52
16.
Hohenzollern’sche Lande.
—
—
Summa . .
875724
07
258007
1 43
Die Gesammtsumme der gezahlten Entschädigungen beträgt mithin
117716 Mark 64 Pfennig
weniger als im Jahre 1880,81 und auf jedes der 1800 auf polizei¬
liche Anordnung getödteten Stück Rindvieh entfällt eine Entschädi¬
gung von durchschnittlich 143 Mark 35 Pfennige. Nach der verhält-
nissmässig geringen Summe, welche in der Provinz Sachsen gezahlt
Digitized by C^ooQle
88 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
worden ist und in keinem Verhältnis zu dem Procentsatz der ge-
tödteten Thiere steht, muss angenommen werden, dass die Entschä¬
digungen für zahlreiche Stück Rindvieh bei Abschluss der Rechnung
noch nicht regulirt waren.
Zur Deckung der Entschädigungen für auf polizeiliche Anordnung
getödtete Stück Rindvieh sind während der beiden lctzicn Jahre von
den Rindviehbesitzern an Beiträgen erhoben worden:
Berichtsjahr 1880 81.
Berichtsjahr 1881,82.
Beitrag f.
jedes St.
Rindvieh.
Pf
Mark.
Pf.
Beitrag f.
jedes St.
Rindvieh.
Pf.
Mark.
Pf.
1 .
Provinz Ostpreussen....
_
_
_
__
2 .
„ Westpreusscn . . .
5
20766
15
5
21324
15
3.
„ Brandenburg aus*
schliesslich Berlin ....
10
G7073
GO
6
*39865
14
4.
Berlin.
—
—
—
—
—
5.
Provinz Pommern.
—
—
—
—
—
6 .
„ Posen.
10
57240
70
10
58663
—
7.
„ Schlesien.
0,5079
6997
76
0,5128
*7121
45
8 .
„ Sachsen .
12
123564
36
20
**220357
74
9.
„ Schleswig-Holstein
—
—
—
—
***2471
20
10 .
* Hannover . ...
0,6
43728
90
0,3
**22419
52
11 .
„ Westfalen.
— 1
—
—
—
—
—
12 .
Reg.*Bez. Kassel.
10
29453
—
5 !
14291
45
13
„ Wiesbaden aus¬
—
schliesslich Frankfurta. M.
10
23118
20
_
—
14.
Frankfurt a. M.
200
3490
—
—
—
—
15.
Rheinprovinz.
5
52000
SO
5
*49694
65
16.
Hohenzollern’sche Lande .
10
4652
06
10 |
*4517
40
Aus der Staatskasse sind für auf polizeiliche Anordnung behufs
Tilgung der Lungenseuche getödtete Rinder in den beiden letzten Jah¬
ren gezahlt worden :
*) Diese Angaben beziehen sich aut das Kalenderjahr 1881.
**) Diese Beiträge sind zur Deckung der im Kalenderjahr 1881 gezahlten
Entschädigungen erhoben.
***) Nur im Kreise Herzogthum Lauenburg, in den anderen Kreisen der
Provinz sind Beiträge nicht erhoben worden.
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Schafpocken.
89
Etatsjahr
1880/81.
Mark. Pf.
Etatsjahr
1881/82.
Mark. Pf.
1.
Provinz Ostpreussen.
_
___
__
_
2.
„ Westpreussen.
—
—
153
33
3.
„ Brandenburg.
240
—
3083
86
4.
„ Pommern.
—
—
—
—
5.
„ Posen.
520
—
—
—
6 .
„ Schlesien..
—
—
—
—
9.
„ Sachsen .
2197
79
141G
93
8.
* Schleswig-Holstein ....
—
—
—
—
7.
„ Hannover.
359
50
2110
—
10.
„ Westfalen.
401
—
—
—
11.
„ Hessen-Nassau.
522
10
1310
45
12.
Rhein provinz.
184
—
831
—
13.
Hohenzollern’sche Lande.
—
—
—
Summa. .
4484
1
39
9511
57
0. Die Sohafpooken.
Nachdem die jährlich siel) wiederholende Schutzimpfung der Läm¬
mer durch §. 49. des Gesetzes vom 23. Juni 1880 verboten worden
war, und demgemäss solche Schutzimpfungen seit dem 1. April 1881
nicht mehr stattgefunden hatten, kam es zunächst darauf an, aus dem
statistischen Material zu ermitteln, welchen Einfluss das Verbot der
Schutzimpfungen auf die Verbreitung der Schafpocken und auf die
Häufigkeit von Ausbrüchen dieser Seuche haben würde.
Die Vergleichung am Fusse der Tabelle Seite 90 und 91
zeigt, dass die Zahl der Kreise, Ortschaften und Gehöfte, in denen
die Schafpocken auftraten, sehr viel geringer gewesen ist, als im vor¬
hergehenden Jahre. Dass man berechtigt ist, diese auffällig geringere
Verbreitung der Pockenseuchc zum grossen Theil auf die Unterlassung
der Schutzimpfungen zurückzuführen, geht namentlich aus den
verhältnissmässig sehr wenigen Ausbrüchen der Schaf¬
pocken hervor, welche in der Provinz Pommern beobachtet
wurden. In dieser Provinz, in welcher Schutzimpfungen der Lämmer
am häufigsten und in der grössten örtlichen Ausdehnung ausgeführt
wurden, kamen Ausbrüche der natürlichen Pocken vor:
I. Quartal.
11. Quartal.
III. Quartal.
IV. Quartal.
1876 77
in
35 Gehöften
in
238 Gehöften
in 270 Gehöften
in 32 Gehöften.
1877/78
«
6 „
n
48
. 167
fl
., 1 Gehöft.
1878/79
W
54 „
fl
265
«
. 209
„ 90 Gehöften.
1879/80
A
32 .
229
fl
„ 264
fl io
1880/81
a
23
fl
123
. 111
fl
, 2 „
1881/82
„
3 .
fl
55
A
* 13
fl
seuchefrei
Digitized by C^ooQle
90 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Laufende Nummer.
Provinz.
Im
1 .
Quartal.
Im 2.
Quartal.
Im 3.
Quartal.
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Zahl der an den Pocken
gefallenen Schafe.
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Zahl der an den Pocken
gefallenen Schafe.
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
>
Zahl der Gehöfte.
Zahl der an den Pocken
gefallenen Schafe.
1 .
Ostpreussen ....
r>
12
14
37
18
119
179
1270
19
77
113
1874
2 .
Westpreusen.
3
4
6
136
6
22
31
360
8
19
24
994
3.
Brandenburg .
3
3
3
5
4
8
17
35
2
2
5
40
4.
Pommern.
3
3
3
—
4
22
55
90
4
5
13
73
5.
Posen .
4
6
7
6
9
39
53
232
9
26
40
1051
6 .
Sachsen .
1
1
1
8
4
9
12
200
4
5
6
227
7.
Schleswig-Holstein .
—
—
—
—
1
i
1
32
—
—
—
—
8 .
Hannover.
7
11
33
107
9
33
634
201
6
19
119
37
Summa ....
27
40
67
299
55
253
982
2420
52
153
320
4296
Im Jahre 1880/81 . .
50
125
290
437
111
S46
1809
3720
119
794
1636
12267
Im Berichtsjahr
1881/82 mehr .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
_
—
—
weniger .
23
85
223
138
56
593
827
1300
67
641
1316
7971
Die obige Zusammenstellung zeigt, dass die Zahl der Pocken¬
ausbrüche während des Berichtsjahres nach dem Verbote
der Schutzimpfungen auffällig gering war im Verhältniss
zu den früheren Jahren, ausserdem jedoch, dass die Zahl der
Pockenausbrüche in dem 1. und 4. Quartal auch trotz des
Verbotes der Schutzimpfungen, wie in früheren Jahren sehr bedeu¬
tend gegen die entsprechende Zahl im 2. und 3. Quartal
zurückgeblieben ist.
Das statistische Material ist in Bezug auf die Schafpocken leider
so dürftig, dass sich aus demselben nicht mit annähernder Sicherheit
Digitized by ^.ooQle
Schafpocken.
91
Im 4.
Quartal.
Im Berichtsjahr
1 Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Zahl der an den Pocken
gefallenen Schafe.
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Zahl der an den Pocken
gefallenen Schafe.
Regierungs- bezw. Landdrostei-Bezirke,
in denen die Schafpocken nicht vorge.
kommen sind nebst Angabe der seuche¬
frei gebliebenen Quartale.
3
4
7
25
22
243
313
3206
1
i
1
9
44
59
1490
Marienwerder 4. Quartal.
—
—
—
7
12
25
80
Potsdam 3. 4. Quartal. Frankfurt 4. Quar¬
tal. Berlin 1. 2. 3. 4. Quartal.
—
—-
-
6
30
71
163
Stettin 1. 4. Quartal. Koeslin 4. Quartal.
Stralsund 1. 2. 3. 4. Quartal.
2
2
2 !
386
11
68
101
1675
3
4
4
320
7
17
23
755
Merseburg 1. Quartal. Erturt 1. 2. Quartal.
—
—
—
—
1
1
i,
32
Schleswig 1. 3. 4. Quartal.
4
5
| 27
87
12
58
813
432
Hannover 1. 2. 3. 4 Quartal. Aurich 4.
Quartal. Osnabrück 1. 2. 3. 4. Quartal.
13
16
41
818
75
473
1406
7833
25
39
97
254
139
1732
V
16678
_
_
_
564
V
12
23
56
—
64
1259
?
8845
erkennen lässt, in wie vielen Ausbrüchen die Nothiropfung nach §. 46
des Reichsgesetzes vom *23 Juni 1880 vorgenommen bezw. unterlassen
wurde, entweder weil die wirtschaftlichen Verhältnisse einen Auf¬
schub der Nothimpfung wünschenswert machten, oder weil die Pocken
schon auf dem Wege der natürlichen Ansteckung den grössesten Theii
der Herde ergriffen hatten. Ebenso wenig geht aus den Tabellen der
beamteten Thierärzte hervor, welche Erfolge die Nothimpfungen hatten,
bezw. in wie vielen Beständen und mit welchen Resultaten Impfungen
der von der Seuche bedrohten Herden, bezw. alW in dem verseuch¬
ten Orte befindlichen Schafe vorgenommen worden sind (§. 47. des
Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880).
Digitized by C^ooQle
92 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiton.
Frei von der Pockenseuche blieben, wie in früheren Jah¬
ren, die Provinzen Westfalen, Hessen-Nassau, die Rheinpro¬
vinz, die Hohenzollernschen Lande, und auch in Schlesien, in
welcher Provinz ausnahmsweise einzelne wenige Ausbrüche Vorkommen,
sind während des Berichtsjahres keine Fälle von Schafpocken beob¬
achtet worden. In Schleswig-Holstein beschränkte sich das Auf¬
treten der Krankheit auf eine Herde des Kreises Storraarn, welche
kurz zuvor aus dem Reg.-Bez. Magdeburg eingeführt worden war.
' Im Reg.-Bez. Koenigsberg blieben nur die Kreise Allenstein,
Fischhausen, Labiau, Memel, Neidenburg, Orteisburg und Roessei frei
von den Schafpocken. Von den 127 Ortschaften, in denen die Schaf¬
pocken auftraten, entfallen zusammen 91 auf die Kreise Pr. Eylau,
Landkreis Koenigsberg, Mohrungen und Wehlau, welche als die am
stärksten verseuchten des Regierungsbezirks bezeichnet werden müssen.
Die wenigen Ausbrüche während des ersten Quartals erfolgten nicht
nur im Reg.-Bez. Koenigsberg, sondern auch in den Reg.-, bezw.
Landdr.-Bez. Gumbinnen, Marienwerder, Potsdam, Bromberg und Lüne¬
burg vielfach in solchen Gehöften, welche während des Herbstes 1880
stark verseucht gewesen waren, sobald neuangekaufte Schafe in die
betreffenden Bestände aufgenommen wurden. Aus diesen Beobachtun¬
gen wird gefolgert, dass das Contagium sich 4—6 Monate in den be¬
treffenden Ställen wirksam erhalten hat. lieber die Ursachen, welche
zu der starken Verbreitung der Seliafpocken während des 2. und 3.
Quartals Anlass gaben, wird nur erwähnt, dass die meisten Ausbrüche
durch Berührung mit kranken Schafen benachbarter Orte oder durch
Zwischenträger, welche das Contagium verschleppten, bedingt wurden.
In den Kreisen Pr. Holland und Mohrungen wurde die sogen. Prae«
cautionsimpfung (§. 47. des Gesetzes) in einer grösseren Anzahl von
Ortschaften ausgeführt, und zwar in Mohrungen bei 7490 Schafen,
welche 14 Gütern und 2 bäuerlichen Ortschaften, in Pr. Holland bei
10040 Schafen in dem Gütercomplex Schlobitten und in 10 Dörfern.
Der Verlust betrug 2,2, bezw. nahezu 5 pCt. Im 4. Quartal kamen
die Schafpocken nur in je einer Ortschaft der Kreise Pr. Holland und
Wehlau zur Beobachtung.
Von den 116 Ortschaften des Reg.-Bez. Gumbinnen, in denen
die Schafpocken auftraten, gehören 35 dem Kreise Loetzen und 14
dem Kreise Angerburg an, einzelne Ausbrüche entfallen ausserdem auf
die Kreise Darkehmen, Goldap, Johannisburg, Lyck, Oletzko, Sens-
burg und Stallupoenen. Die Schafmärkte in Loetzen sollen vielfach
Digitized by C.ooQle
Schafpocken.
93
zur Verbreitung der Seuche Anlass gegeben haben, nächstdem der
Gebrauch Schafe auf gemeinschaftliche Weiden zu geben, woselbst
Thierc des verschiedensten Ursprungs Zusammentreffen. Fast durch¬
weg wurde im Kreise Loetzen die Impfung aller im verseuchten Orte
befindlichen Schafe angeordnet, wenn der erste Ausbruch nicht ganz
isolirte Gehöfte oder Abbanten betraf. Der Verlust bei diesen Prae-
cautionsimpfungen betrug 2 bis 5, ausnahmsweise auch bis 10 pCt.
Die Verbreitung der Seuche ist namentlich durch Berührung mit kran¬
ken Schafen der Nachbarschaft oder durch den Schafhandel, nicht
selten auch durch Zwischenträger bedingt worden. Als letztere wer¬
den besonders angeführt: die von Stall zu Stall ziehenden Fleischer,
der Wechsel der Dienstboten zum Michaelis- und Martinitermin und
der Marktverkehr mit Gänsen.
In beiden ostpreussischen Regierungsbezirken ist die Anzeige von
Ausbrüchen der Krankheit häufig so verspätet erfolgt, dass die Pocken
zur Zeit, als die Constatirung erfolgte, bereits bei vielen Thieren ab¬
geheilt waren.
Im Reg.-Bez. Danzig, welcher im Allgemeinen während früherer
Jahre wenig verseucht war, brachen die Pocken in 29 Ortschaften aus,
von denselben entfallen 21 auf den Kreis Berent, 3 auf den Land¬
kreis Danzig, 1 auf den Kreis Karthaus und 4 auf den Kreis Pr. Star-
gard. Ueber die erhebliche Verseuchung des Kreises Berent wäh¬
rend des 2. und 3. Quartals liegen nur sehr dürftige Andeutungen
vor, nach denen die Pocken ursprünglich durch Treiberschafe einge¬
schleppt worden sind, und die weitere Verbreitung in der Nachbar¬
schaft entweder durch directe Berührung mit kranken Schafen oder
durch Zwischenträger — als solche werden wieder in erster Linie die
Fleischer bezeichnet — erfolgte. Ueber die vereinzelten Ausbrüche in
den anderen oben genannten 3 Kreisen fehlen nähere Angaben. Die
15 Ortschaften des Reg -Bez. Marienwerder, in denen während des
1., 2. und 3. Quartals Ausbrüche der Krankheit beobachtet wurden,
vertheilen sich auf die Kreise Flatow, Marienwerder, Rosenberg, Schlo-
chau und Schwetz. Abgesehen von einigen Fällen, in denen die Ein¬
schleppung durch angekaufte Schafe, oder der Ausbruch bei Einfüh¬
rung von Schafen in früher verseucht gewesene Ställe erfolgte, enthält
das statistische Material nur die nackten Zahlen, in Betreff des Aus?
bruches in Gross Peterkau, Kr. Schlochau, wird jedoch erwähnt, dass
derselbe durch die gesetzwidrige Vornahme der Schutzimpfung bei den
Lämmern bedingt wurde.
Digitized by
Google
94 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Die 12 Ortschaften der Provinz Brandenburg, in denen Aus¬
brüche der Schafpocken vorkamen, vertheilen sich auf zusammen 12
Ortschaften* in den Kreisen Angermünde, Teltow, Reg.-Bez. Potsdam,
Arnswalde, Luckau, Soldin, Ost- und West-Sternberg, Reg.-Bez.
Frankfurt. Die Tabellen enthalten keine Angaben über die Ein¬
schleppung, die Verbreitung der Pocken und über die Resultate der
vorgenommenen Impfungen.
Bereits Seite 89 wurde erwähnt, dass in der Provinz Pommern,
welche, so lange die Schutzimpfung der Lämmer dort allgemein im
Gebrauch war, als die am stärksten verseuchte des ganzen Staates
gelten konnte, auffällig wenige Ausbrüche der Pocken beobachtet wor¬
den sind. Der Reg.-Bez. Stralsund blieb während des ganzen Be¬
richtsjahres seuchefrei und im Reg.-Bez. Stettin beschränkte sich das
Auftreten der Pocken auf 2 Ortschaften des Kreises Randow. Von
den 28 verseuchten Ortschaften des Reg.-Bez. Koeslin entfallen 21
auf den Kreis Rummelsburg. Die Angaben aus diesem Kreise sind
nicht ganz klar, sie halten namentlich Noth- und Praecautionsirapfun-
gen nicht immer auseinander. Aus dem Kreise Bütow liegen zwar
keine genaueren Mittheilungen vor, es hat jedoch den Anschein, dass
die Krankheit auch in diesem Kreise stärker verbreitet geherrscht
hat. Die Einschleppung in die Kreise Rummelsburg und Bütow ist
aus dem benachbarten Kreise Berent, Reg.-Bez. Danzig, erfolgt, in
welchem die Pocken gleichzeitig stark herrschten (s. Seite 93). Die
übrigen 7 verseuchten Ortschaften des Reg.-Bez. Koeslin vertheilen
sich auf die Kreise Bublitz, Lauenburg, Neu-Stettin und Schlawc. ln
eine Ortschaft wurde die Krankheit aus einer benachbarten des Kreises
Rummelsburg eingeschleppt. Nur in einem Falle wird erwähnt, dass
Handelsschafe den Ausbruch veranlasst haben, dieselben Verhältnisse
gaben auch die Ursache zum Ausbruch in einem Orte des Kreises
Randow, Reg.-Bez. Stettin, ab.
Während des 4. Quartals blieben die in den vorhergegangenen
Jahren stark verseucht gewesenen Provinzen Brandenburg und Pom¬
mern ganz frei von den Pocken.
Von den 68 verseuchten Ortschaften der Provinz Posen entfallen
zusammen 9 auf die Kreise Birnbaum, Kosten, Obornik und Schroda,
Reg.-Bez. Posen, und 59 auf den Reg.-Bez. Bromberg, in welchem
nur die Kreise Bromberg (Stadt- und Landkreis) und Czarnikau frei
von der Krankheit blieben. Die meisten verseuchten Orte — 18 bezw.
15 — liegen in den Kreisen Gnesen und Wongrowiec. Abgesehen von
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Sohafpocken.
95
den Mittheilungen, dass die Seuche auf Schafherden benachbarter
Ortschaften überging, und dass die Krankheit in Turostowo, Kreis
Gnesen, während der letzten 3 Jahre dreimal aufgetreten ist, enthält
das statistische Material nur Zahlenangaben ohne weitero Bemer¬
kungen.
In der Provinz Sachsen erkrankten Schafe in 17 Ortschaften,
welche sich auf die Kreise Neuhaldensleben, Wanzleben, Reg.-Bcz.
Magdeburg, Sangerhausen, Wittenberg, Reg.-Bez. Merseburg, Nord¬
hausen, Worbis, Reg.-Bez. Erfurt vertheilen. 8 Ortschaften gehören
dem Kreise Sangerhausen an, in welchen die Seuche aus benachbarten
Ortschaften der Schwarzburg’schen Fürstenthümer eingeschleppt und
sodann auf andere in der Nähe liegende Ortschaften verbreitet wurde.
Die übrigen Ausbrüche in den Reg.-Bez. Magdeburg wurden durch den
Ankauf von Schafen — zweimal erfolgte derselbe auf dem Berliner
Schlachtviehmarkt — vermittelt. Ueber das Auftreten der Schafpocken
in 2 Orten des Reg.-Bez. Erfurt enthält das statistische Material keine
Mittheilungen.
Von den 58 in der Provinz Hannover verseuchten Ortschaften
entfallen 23 auf die Kreise Aurich und Emden, Landdr.-Bez. Aurich,
in welchen sonst ein Auftreten der Pocken nur sehr ausnahmsweise
beobachtet worden ist. Es lehlen leider gänzlich irgendwelche Angaben
über die Verbreitungswege der Seuche, und die Tabellen halten nicht
die ausgeführten Noth- und Praecautionsimpfungen auseinander, son¬
dern machen es nur im hohen Masse wahrscheinlich, dass die Prae-
cautionsimpfung in vielen Beständen vorgenommen worden ist. Für
diese Annahme sprechen auch die geringen Verluste an Schafen. Die
Pocken traten in zusammen 721 Gehöften jener 23 Ortschaften auf,
und die Tabellen verzeichnen im Ganzen nur 146 Schafe als an den
Pocken gefallen.
In dem sonst stark verseuchten Landdr.-Bez. Lüneburg wurde
die Pockenseuche verhältnissmässig selten beobachtet. Dieselbe ge¬
langte in zusammen 18 Ortschaften der Kreise Fallingbostel, Gif¬
horn, Harburg und Uelzen zum Ausbruch und zwar im Kr. Gifhorn
zunächst in solchen Orten, in denen die Krankheit während des vori-
Jahres verbreitet geherrscht hatte. Ueber die Ursachen der Pocken¬
ausbrüche in 12 Ortschaften der Kreise Rotenburg, Stade Marsch-
und Geestkreis, Landdr.-Bez. Stade, sowie in 5 Ortschaften der
Kreise Hildesheim-Marienburg, Liebenberg und Osterode, Landdr.-Bez.
Hildes he im, fehlen alle Angaben, nur einmal wird angedeutet, dass
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96 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
die Einschleppung in den Landdr.-Bcz. Hildesheim öfter aus dem be¬
nachbarten Herzogthum Braunschweig erfolgt sein kann. Im Landdr.-
Bez. Stade scheint eine grosse Zahl von Gehöften in die Tabellen auf¬
genommen zu sein, lediglich weil bei den Schaf beständen derselben
die Praecautionsimpfung vorgenommen wurde.
Die Landdr.-Bez. Hannover und Osnabrück blieben frei von
der Pockenseuche.
In allen Provinzen, in denen die Krankheit auftrat, ist die An¬
zeige von den Ausbrüchen nicht selten so spät erfolgt, dass die Pocken
zum grossen Theil zur Zeit, als die Krankheit constatirt wurde, schon
abgeheilt waren. Ebenso erwähnen die Tabellen aus allen Provinzen
sehr häufig, dass die Verluste an gefallenen Schafen nicht genau an¬
gegeben werden können, die Berichterstatter haben sich in vielen Fäl¬
len darauf beschränken müssen, die Zahl der Schafe, welche bis zur
Constatirung der Krankheit gestorben waren, in die Tabellen einzu¬
tragen.
Obgleich sich nach dem Wegfall der bis dahin üblichen Schutz¬
impfungen der Lämmer eine sehr erhebliche Abnahme in der Zahl
der Pockenausbrüche auffallend beraerklich gemacht hat, dürfte sich
ein genaueres und vollständig sicheres Urtheil über den
Einfluss, welchen das Verbot der Schutzimpfungen auf die
Häufigkeit der Pockenausbrüche gehabt hat, doch erst nach
Ablauf mehrerer Jahre begründen lassen. Unter den Anhän¬
gern der Schutzimpfung wird geltend gemacht werden, dass ein grosser
Theil der Schafherden während der letzten beiden Jahren durchge-
seucht hat und für das Pockencontagiuin unempfänglich geworden ist.
Andererseits kann auch wohl ein namhafter Theil der in den ersten
Quartalen des Berichtsjahres vorgekommenen Ausbrüche auf Infectio-
nen in während des vorhergehenden Jahres verseucht gewesenen Stäl¬
len zurückgeführt werden. Diese Annahme erscheint berechtigt, wenn
man die zahlreichen Beispiele berücksichtigt, welche über die lange
Wirkungsfähigkeit des Pockencontagiums bekannt geworden sind. Je¬
denfalls wird das Urtheil über den Einfluss, welchen das Verbot der
Schutzimpfungen auf die Häufigkeit der Pockenausbrüche ausüben
dürfte, sehr erleichtert werden, wenn die beamteten Thierärzte
sich unausgesetzt bemühen, die Einschleppungswege bei
den Pockenausbrüchen in allen Fällen näher zu erforschen
und über dieselben zu berichten.
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Blaschenausschlag der Pferde und des Rindviehs.
97
7. ,Die BescMlseuolie der Pferde und der Bläsohen-
aussoMag der Pferde und des Rindviehs.
Fälle von Beschälseuche sind während des Berichtsjah¬
res nicht beobachtet worden.
Die Zahl der Kreise und Ortschaften, in denen Fälle von Bläs¬
chenausschlag beobachtet wurden und die Zahl der an dem letz¬
teren erkrankten Pferde und Rinder ist nicht unerheblich grösser ge¬
wesen, als in dem vorhergehenden Jahre. Die Krankheit gewann, wie
in früheren Berichtsjahren, während des ersten Quartals die verhält-
nissmässig bedeutendste Verbreitung. Namentlich erkrankten während
des ersten Quartals aussergewöhnlich zahlreiche Pferde, im Kreise
Greifswald, Reg.-Bez. Stralsund, allein 44, welche 30 Beständen in
24 Ortschaften angehörten. Die Infection ging von den Landbeschä¬
lern Siegfried und Princeps aus, welche verhältnissmässig schnell ge¬
nasen, während die Krankheit bei den von diesen Hengsten gedeckten
Stuten einen mehr zögernden Verlauf nahm und selbst bei sorgfältiger
Behandlung nur langsam wieder beseitigt wurde. Während des vierten
Quartals erkrankten im Kreise Namslau, Reg.-Bez. Breslau, ein
Landbeschäler und 16 von demselben gedeckte Stuten und im Kreise
Kalau, Reg.-Bez. Frankfurt, wurde der Bläschenausschlag bei drei
einem Landbeschäler vorgeführten Stuten erkannt, welche man noch
rechtzeitig von der Begattung zurückweisen konnte. Auch in meh¬
reren anderen Fällen betrafen die Erkrankungen Landbeschäler und
von den letzteren gedeckte Stuten. Von einigen Berichterstattern wird
jedoch hervorgehoben, dass die Krankheit meistens von den Stuten
ausgeht, diese inficiren die Hengste, welche dann die Krankheit durch
die Begattung weiter verbreiten. Namentlich wird mehrfach behauptet,
dass die Zulassung der Stuten zur Begattung bald nach dem Gebär¬
acte am häufigsten Anlass zur Infection der Hengste giebt. In eini¬
gen Fällen ist angeblich beobachtet worden, dass die Hengste nach
Begattung mit solchen Stuten, ohne selbst zu erkranken, den Beschäl¬
ausschlag auf andere Stuten übertragen haben.
In Aken, Kr. Kalbe, Reg.-Bez. Magdeburg, sollen während des
4. Quartals unter einem Gesaramt-Rindviehbcstande von 3 Bullen und
367 Kühen, die Bullen und 260 Kühe, welche zusammen 106 Gehöf¬
ten angehörten, an Beschälausschlag erkrankt sein. Ueber den Ur¬
sprung und über die Ursachen dieser bedeutenden Verbreitung wird
nicht berichtet.
Archiv f. wlss. u. pract. Thierhellkunde. IX. Suppl.-Heft. 7
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98 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Im ersten Quartal.
Im zweiten Quartal.
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BlaschenaosscWag der Pferde und des Rindviehs.
99
Im vierten Quartal.
Regierungs- bczw. Landdros-
tci-Bezirke, in denen der
Bl.äschenausschlag der Pfer-
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Danzig 2. 3. 4. Quartal.
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Hannover 1. 2. 4. Quartal.
Hildesheim 3. 4. Quartal.
Luneburg 2. 3. 4. Quartal.
Stade 2. 3. 4. Quartal.
Osnabrück 1. 2. 3. 4. Quart.
Aurich 1. 2. 3. 4. Quartal.
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Münster 2. 3. 4. Quartal.
Minden 1. 3. 4. Quartal.
Arnsberg 2. 3. 4. Quartal.
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1 —
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100 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Lässt man diesen jedenfalls ungewöhnlichen Ausbruch der Krank¬
heit ausser Anschlag, so entfallen die bei Weitem zahlreichsten Er¬
krankungen von Rindvieh auf die Reg. - Bez. Wiesbaden und
Schleswig. In dem Ober-Westerwaldkreise des Reg.-Bez. Wies¬
baden scheint der Bläschenausschlag bei dem Rindvieh stationär
geworden zu sein, Fälle dieser Krankheit kamen wenigstens in
allen Quartalen und zahlreicher als in irgend einem anderen
Kreise vor.
Im Uebrigen blieb das Auftreten des Bläschenausschlages durch¬
weg vereinzelt und hat zu Bemerkungen von veterinär-polizeilichem
Interesse keinen Anlass geboten.
8. Die Räude der Pferde und Schafe.
Die Zahl der räudekranken Pferde ist nicht nicht unerheblich
grösser gewesen als im vorhergehenden Jahre, aus der Tabelle S. 102
und 103 ergiebt sich wieder, dass, ebenso wie in allen früheren Be¬
richtsjahren, die Zahl der räudekranken Pferde in dem 1. und
4. Quartal erheblich grösser war, als während des 2. und
3. Quartals (s. die Vergleichung der Räudeerkrankuugen in den
einzelnen Quartalen der fünf vorhergehenden Jahre S. 109 unseres
5. Jahresberichtes). Die Zahl der räudekranken Pferde hat gegen das
vorhergegangene Jahr in den Provinzen Pommern, Posen und Sachsen
erheblich zugenommen, sich in Westpreussen und in der Rheinprovinz
dagegen bedeutend vermindert. In den übrigen Provinzen machen sich
keine wesentlichen Verschiedenheiten in der Zahl der Räudeerkrankun¬
gen bemerklich.
Die zahlreichsten Räudefälle sind — wie in allen früheren Be¬
richtsjahren in der Provinz Ostpreussen beobachtet worden, diesel¬
ben berechnen sich auf:
193=16,50 pCt. im Reg.-Bez. Königsberg.
174=14,90 „ * „ Gambinnen.
und vertheilen sich auf die S. 101 genannten Kreise.
Die Zusammenstellung zeigt, dass in vielen Beständen eine grös¬
sere Anzahl Pferde räudekrank befunden wurde, sowie dass die häu¬
figsten Räudeerkrankungen auf die masurischen Kreise beider ost-
preussischen Regierungsbezirke und ausserdem auf den Kr. Pr. Holland
entfallen. Die meisten Räudefalle kamen bei geringwerthigen Pfer¬
den vor, welche zum grossen Theil beim Betriebe von Fuhrwerk ver-
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Räude der Pferde und Schafe.
101
1. 2. 3. 4.
Quartal Quarlal Quartal Quartal
1 Allenstein. . . .
2 . Braunsberg . . .
3. Pr. Eylau....
4. Gerdauen ....
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6 . Pr. Holland. . .
7. Stadt Königsberg
8 . Landkr. Königsbe
9. Labiau.
10. Mohrungen . . .
11 Neidenburg . . .
12. Orteisburg . . .
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Summa . .
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18 32
8 23
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7!» 174
wendet wurden, die Behauptung, dass viele Ausbrüche der Räude
durch Infection der Pferde unterweges oder in Gastställen bedingt
worden sind, hat mithin die Wahrscheinlichkeit für sich. In der Umge¬
gend von Koenigsberg und in Koenigsberg selbst wird das Herrschen
der Räude durch das Zusammenströmen zahlreicher geringwerthiger
Pferde unterhalten, welche den beim Festungsbau beschäftigten Fuhr¬
unternehmern gehören. Die Tilgung der Räude stösst auf grosse
Schwierigkeiten, wegen der Indolenz der Pferdebesitzer, und weil die
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102 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Im ersten Quartal.
Im zweiten Quartal.
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74
Regierungs- beiw. Landdrostei-Bezirke, in denen die Räude der Pferde und Schafe
Frankfurt 2. Quartal. Beriin 1. 2. Quartal. Stettin 2. Quartal. Strahlsund 1.
Aurich 2. Quartal. Münster 1. 3. 4. Quartal. Minden 1. 2. Quartal. Arnsberg
tal. Düsseldorf 1 . 2. 3. 4. Quartal. Köln 2. 3. 4. Quartal. Trier 3. 4. Quartal.
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Räude der Pferde und Schafe.
103
Im dritten Quartal.
Im vierten Quartal.
Im Berichtsjahr.
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
erkrankt.
1 gefallen
oder
| getötdet.
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
erkrankt.
1 eefall-n
| oder
! getüdtet
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
erkrankt.
gefallen
oder
getodtet.
Pferde.
Schafe.
Pferde.
Schafe.
Pferde.
Schafe.
•opjajH
Schafe.
Pforde.
—
Schafe.
Pferde.
Schafe.
10
12
16
4S
4
IS
53
66
140
4G
11
20
26
115
367
115
33
20
10
17
17
34
23
5
—
14
30
3!
64
2
11
1
18
77
200
1861
26
1
7
10
17
26
326
9
—
9
13
17
27
133
4
15
34
69
939
14
—
9
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4
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5
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2
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11
25
31
54
367
10
19
16
41
87
956
23
170
9
14
17
35
300
12
—
18
31
33
50
14
—
21
76
163
300
38
—
14
17
17
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70
3
—
18
32
41
62
—
11
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27
—
7
10
31
4
714
—
—
13
28
46
32
1291
9
46
17
41
58
2055
10
46
4
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4
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—
7
16
17
24
247
7
—
8
29
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10
—
11
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57
3
1252
2
32
7
9
10
4
337
—
—
22
40
24
2774
4
39
1
1
1
—
50
—
1
3
4
1
123
—
1
3
6
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173
—
1
1
4
4
—
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_
200
2
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13
—
23
—
—
5
7
—
1523
—
200
—
—
—
—
—
—
1
1
1
1
—
—
—
3
6
7
—
1
—
77
112
203
197
5251
38
383
119
243
310
459
2569 I
70|
87
18S
549
1171
12276
1 S6
477
63
104
1 S2
157
42S3
30
261
114
185
252
445
5902 j
63
177
188
466
970
17391
143
565
14
8
21
40
968
8 :
122
5
58
58
14
—
7
—
—
83
201
—
43
—
1
—
— ■
— :
—
”1
1 ~
3333
—
90
—
—
—
5115
—
88
nicht beobachtet worden ist, nebst Angabe der seuchefrei gebliebenen Quartale.
2. 4. Quartal. Magdeburg 2. Quartal. Erfurt 1. 2. 3. 4. Quartal. Stade 1. 2. Quartal.
2. 3. 4. Quartal. Kassel 1. 2. Quartal. Wiesbaden 1. Quartal. Koblenz 1. 2. 3. Quar-
Aachen 1. 2. 3. 4. Quartal. Sigmaringen 1. 2. 3. 4. Quartal.
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104 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Anzeige der Räudeausbrüche entweder gar nicht oder erst nach sehr
langem Zögern erfolgt. 22 Ausbrüche der Räude wurden durch den
Ankauf kranker Pferde bedingt und 8 räudekranke Pferde wurden auf
den Viehmärkten masurischer Städte angetroffen.
Von den 1171 räudekranken Pferden entfallen in Westpreussen:
53 = 4,52 pc. auf dem Reg.-Bez. Danzig.
147 = 12,55 w „ „ M Marien werden
Dieselben vertheilen sich auf die nachstehend genannten Kreise:
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Be¬
richtsjahr.
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
03
1/3
03
»
03
XI
O
03
Ti
U
03
03
'T?
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Um
03
?-
E
M
03
'C
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i-
verseuchte Beslände.
räudekranke Pferde.
1.
#
Berent.
2
2
_
2
2
2
4
6
8
Reg.-Bez.
2.
Landkreis Danzig . .
1
6
—
—
—
—
1
1
2
7
Danzig.
3.
Elbing.
1
6
— I
—
1
1
1
3
3
i°
4-
Karthaus.
—
—
5
5
—
—
1
2
6
7
5.
Pr. Stargardt.
2
7
2
2
—
—
4
12
S
21
Summa . .
6
1 21
7
7
3
3
9
22
25
1 53
1.
Graudenz.
2
4
1
5
1
3
4
12
Reg.-Bcz.
2,
Könitz
2
2
2
2
2
2
2
4
8
10
Marien¬
3.
Deutsch - Krone . . .
1
1
—
—
—
—
—
—
1
1
werder.
4.
Kulm.
1
1 10
—
—
2
3
4
9
7
22
5.
Loebau .
8
16
—
—
1
1
2
7
11
24
6.
Marienwerder ...
7
11
—
—
—
—
—
7
1 11
7.
Rosenberg.
1
5
9
2
4
13
6
11
13
31
8.
Schlochau.
—
—
1
1
—
- *
—
—
1
1
9.
Schwetz.
2
2
2
3
2
4
3
4
9
13
10 .
Stuhra .
1
4
—
—
—
—
2
3
3
7
11.
Thorn .
2
6
*>
1 3
—
—
1
1
6
10
12 .
Tuchei .
1
1
1
1
1
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—
3
! 5
Summa . .
28
|«
11
12
13
! 31
21
; 42
73
147
Ucbcr die Räudeerkrankungen im Reg.-Bez. Danzig enthält das
statistische Material nur die nackten Zahlen.
Im Reg.-Bez. Marien wer der trat die Räude besonders häufig
unter den Pferden kleiner Besitzer, namentlich aber solcher auf, welche
ihre Pferde zum Betriebe von Fuhrwerk benutzen oder bei Chaussee-
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Räude der Pferde und Schafe.
105
bauten betheiligt sind, Die Krankheit wurde häufig auf Pferde der
Nachbarn übertragen und in vielen Fällon nicht zur Anzeige gebracht,
mehrere Besitzer sind wegen Uebertretung der Anzeigepflicht bestraft
worden. Berührungen von Pferden verschiedener Besitzer auf der
Weide, bezw. Infectionen in Gastställen haben mehrfach Veranlassung
zur Verbreitung der Räude geboten; 4 räudekranke Pferde in der Pro¬
vinz Westpreussen waren kurz vor Constatirung der Krankheit ange¬
kauft worden und 7 wurden auf Viehmärkten angetroffen.
In Perleberg, Kr. Ost-Priegnitz, erkrankten 9 Pferdo desselben
Bestandes, im üebrigen blieben die Räudefälle in der Provinz Bran¬
denburg vereinzelt, oder sie kamen höchstens bei 2—3 Pferden des¬
selben Besitzers vor. Die 60 Räudeerkrankungen, abgesehen von den
oben genannten 9, vertheilen sich auf die Kreise Angermünde, Nieder-
Barnim, Ost-Priegnitz, Teltow, Zauch-Belzig, Reg.-Bez. Potsdam,
Arnswalde, Friedeberg, Koenigsberg, Soldin, Reg.-Bez. Frankfurt,
und auf die Stadt Berlin. Drei räudekranko Pferde waren kurz vor
Constatirung der Krankheit angekauft, darunter eines in Mecklenburg,
ein Pferd wurde auf dem Markt in Mittenwalde angetroffen, ein an¬
deres gehörte einem hausirenden Handelsmanne, die Infection der
Pferde soll auch in der Provinz Brandenburg vielfach unterweges oder
in Gastställen stattgefunden haben.
Bei 14 Pferden, welche 5 Droschkenkutschern in Stettin oder in
den Vororten dieser Stadt gehörten, wurde die Räude eonstatirt, die
übrigen 73 Räudeerkrankungen der Provinz Pommern vertheilen sich
einzeln oder zu höchstens 2 bis 3 Pferde auf meistens kleine Bestände
der Kreise Greifenberg, Greifenhagen, Naugard, Reg.-Bez. Stettin,
Belgard, Dramburg, Kolberg, Lauenburg, Neu-Steltin, Rummelsburg,
Schievelbein, Schlawe und Stolp, Reg.-Bez. Koeslin. Der Reg.-Bez.
Stralsund blieb frei von der Pferderäude. Die Räude wurde in dem
zusammengekauften Bestände eines Chausseebau - Unternehmers im
Kreise Greifenhagen und bei zusammen 3 Pferden auf den Viehmärk¬
ten in Kolberg und Schlawe eonstatirt.
Von den 163 räudekranken Pferden der Provinz Posen ent¬
fallen :
105 = etwa 9 pc. auf den Reg.-Bez. Posen.
58 = „ 5 pc. „ „ „ Bromberg.
In Studzer, Kr. Kolmar, erwiesen sich sämmtliche 10 Pferde des
Bestandes räudekrank; in Czerleyno, Kr. Schroda, brach die Räude
nach Ablauf einiger Monate wieder in demselben Bestände aus, es
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106 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Lautende Nummer.
Kreis.
1
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im Be¬
richtsjahr.
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
verseuchte Bestände.
räudekrankc Pferde
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
<D
'C
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3
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4)
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räudekranke Pferde.
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
1.
Adelnau.
1
2
1
2
Reg.-Bez.
2.
Birnbaum.
2
2
1
2
2
3
4
4
9
11
Posen.
3.
Bomst .
2
2
1
1
—
—
2
2
5
5
4.
Buk.
3
3
—
—
—
—
1
1
4
4
5.
Fraustadt.
2
3
1
1
2
4
2
3
7
11
6.
Kosten.
—
—
—
—
1
2
1
1
2
3
7.
Kroeben.
3
7
3
4
—
—
1
2
7
13
8.
Krotoschin .
1
1
2
5
—
2
4
&
10
9.
Obornik.
2
2
1
3
—
—
—
—
3
5
10 .
Pieschen.
—
—
—
—
1
6
1
7
2
13
11.
Land kr. Posen . . .
9
4
—
—
—
—
5
7
7
11
12.
Schildberg.
—
—
—
—
—
—
2
3
2
3
13.
Schroda .
—
—
2
13
—
—
1
1
3
14
Summa .
17
24
12
31
G
15
22
35
57
105
1
Bromberg Stadt . .
3
3
_
_
_
_
_
3
3
Reg.-Bez.
2.
Land kr. Bromberg.
1
2
—
—
1
1
1
1
3
4
Bromberg.
3.
Czarnikau.
2
2
—
—
1
1
2
2
5
5
4.
Gnesen.
—
—
1
1
5
11
2
2
8
14
5.
Inowraclaw.
—
1
1
—
—
1
3
2
4
6.
Kolmar.
1
10
1
1
2
2
—
—
4
13
7.
Scbubin.
—
—
—
—
1
5
4
G
5
11
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Wongrowiec ....
1
1
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3
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Summa .
S
IS
4
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K)|
20
'■i
15
331
58
erkrankten 11 Pferde. Sämmtliche 7 Pferde eines Lohnfuhrmannes
und alle 6 Pferde eines Spediteurs in Pieschen erwiesen sich räude¬
krank, ebenso auch sämmtliche 5 Pferde eines Bestandes in Labischin,
Kr. Schubin. Im Uebrigen erlangte die Krankheit, wie die obige Zu¬
sammenstellung zeigt, nirgendswo eine grössere Verbreitung, dieselbe
beschränkte sich vielmehr durchweg auf 1 Pferd, höchstens auf 2 bis
3 Pferde desselben Bestandes. Die Räude kam auch in Posen vor¬
zugsweise unter kleinen Beständen geringwerthiger Pferde vor, welche
meistens zum Betriebe von Fuhrwerk verwendet wurden; vielfach
sollen Infectionen unterweges oder in Gastställen Anlass zu Aus¬
brüchen der Räude geboten haben. 13 Pferde waren kurz vor Con-
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Räude der Pferde und Schafe.
107
statirnng der Krankheit angekauft, und 5 räudekranke Pferde wurden
auf den Märkten angetroffen.
In Schlesien sind zwar ßäudeerkrankungen bei im Ganzen
156 Pferden beobachtet worden, eine bedeutende Verbreitung erlangte
jedoch die Räude nur in Langewiese, Kr. Kreuzburg, woselbst sämmt-
liche 15 Pferde des Bestandes erkrankten. Die Räude war durch ein
in Polen angekauftes Pferd eingeschleppt worden. Abgesehen von
diesem Ausbruche entfallen 94 Pferde auf 55 Gehöfte der Kreise
Breslau, Brieg, Frankenstein, Guhrau, Militsch, Namslau, Neumarkt,
Neurode, Nimptsch, Ohlau, Schweidnitz, Strehlen, Striegau, Trebnitz,
Wohlau, Reg.-Bez. Breslan, 24 Pferde auf 19 Gehöfte der Kreise
Bolkenhayn, Freystadt, Glogau, Grimberg, Hoyerswerda, Liegnitz,
Lüben, Sprottau, Reg.-Bez. Liegnitz, 23 Pferde auf 21 Gehöfte der
Kreise Beuthen, Falkenberg, Kattowitz, Lublinitz, Rosenberg, Rybnik,
Tarnowitz, Tost-Gleiwitz und Zabrze, Reg.-Bez. Oppeln. Die zahl¬
reichsten Erkrankungen wurden im Kreise Trebnitz beobachtet, näm¬
lich 41 Pferde in 19 Beständen. Aus der Vergleichung der Zahl der
Gehöfte mit der Zahl der räudekranken Pferde ergiebt sich, dass die
Krankheit sich meistens auf 1 bis 3 Pferde des Bestandes beschränkt
haben muss, nur ganz ausnahmsweise erkrankten 4 Pferde in dem¬
selben Gehöfte.
Die meisten in Schlesien erkrankten Pferde waren geringwertlug
und befanden sich im Besitze von Fuhrleuten oder hausirenden Ge-
werbtreibenden. Ein namhafter Theil der Räudeausbrüche wird auf
Infectionen der Pferde unterweges oder in Gastställen oder auf Be¬
rührung mit kranken Pferden der Nachbarn zurückgeführt, 16 Pferde
waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft, unter diesen
2 in Polen und 1 in Sachsen, ein räudekrankes Pferd wurde auf einem
Markte ermittelt.
Die 26 räudekranken Pferde des Reg.-Bez. Magdeburg ver¬
theilen sich auf zusammen 13 Bestände der Kreise Jerichow I. (vier
Pferde eines Gehöftes), Kalbe, Neuhaldensleben und Wolrairstedt. Im
Reg.-Bez. Merseburg wurden Räudeerkrankungen bei 32 Pferden be¬
obachtet, welche auf zusammen 20 Gehöfte der Kreise Bitterfeld, De¬
litzsch, Liebenwerda, Mansfelder Gebirgskreis, Sangerhausen, Schwei¬
nitz und Wittenberg entfallen. Der Reg.-Bez. Erfurt blieb frei von
der Pferderäude, ln keinem grösseren Pferdebestande erlangte die
Räude eine bedeutende Verbreitung. Auch in der Provinz Sachsen
wurden die meisten Räudeerkrankungen bei geringwertigen Pferden
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108 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
beobachtet, welche zum grossen Theil Fuhrleuten, bozw. umherziehen¬
den Künstlern gehörten, 4 Pferde waren kurz vor Constatirung der
Krankheit angekauft, und ein räudekrankes Pferd wurde auf einem
Markte ermittelt.
Die 36 räudekranken Pferde im Reg.-Bez. Schleswig vertheilcn
sich auf zusammen 16 Gehöfte der Kreise Altona, Lauenburg, Pinne¬
berg, Segeberg, Süderdithmarschen und Stormarn, auf 11 Gehöfte der
beiden Kreise Pinneberg und Stormarn entfallen 27 räudekranke Pferde;
es wird vermuthet, dass die Infection mehrfach in dem nahe benach¬
barten Hamburg stattgefunden hat. Ein räudekrankes Pferd wurde
auf der Rossschlächterei in Altona ermittelt.
Die 24 räudekranken Pferde, über welcho die Tabellen der Pro¬
vinz Hannover berichten, verthcilen sich auf 7 Gehöfte der Stadt
Hannover und auf zusammen 7 Gehöfte der Kreise Diepholz, Land¬
kreis Hannover, Landdr.-Bez. Hannover, Einbeck, Landdr.-Bez. Hil¬
desheim, Celle, Landdr.-Bez. Lüneburg, Lingen, Landdr.-Bez.
Osnabrük, Emden und Leer, Landdr.-Bez. Aurich. Der Landdr.-
Bez. Stade blieb frei von der Pferderäude. Die Räudekrankheit ge¬
langte zum Theil erst nach längerer Verheimlichung von Seiten der
Besitzer zur Kenntniss der Behörden. Drei räudekranke Pferde in
Emden bildeten den ganzen Bestand des betreffenden Gehöftes.
ln Westfalen wurde die Räude nur bei 4 Pferden beobachtet,
nämlich in je einem Gehöfte der Stadt Münster und der Kreise Halle,
Reg.-Bez. Minden und Bochum, Reg.-Bez. Arnsberg, ein Pferd war
kurz vorher angekauft.
Die 7 räudekranken Pferde in der Rheinprovinz vertheilen sich
auf ebenso viele Gehöfte der Kreise Simmern, Reg.-Bez. Koblenz,
Bergheim, Reg.-Bez. Koeln, und Saarbrücken, Reg.-Bez. Trier. In
einem Bestände des Kreises Saarbrücken brach die Räude nach Ab¬
lauf von 1 1 j Jahren wieder aus; ein räudekrankes Pferd gehörte
französischen Saarschiffern. Die Reg.-Bez. Düsseldorf und Aachen
blieben frei von der Pferderäude, ebenso auch Hessen-Nassau und
die Hohenzollcrnschen Lande.
Im Ganzen waren 64 Pferde kurz vor Constatirung der
Räude angekauft wordon, 26 räudekranke Pferde wurden
bei Beaufsichtigung der Viehmärkte ermittelt.
Ueber Infectionen von Menschen durch räudekranke Pferde
enthält das statistische Material nur folgende Angaben:
ln Jankau, Kr. Ohlau, Reg.-Bez. Breslau, wurde die Räude auf
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Räude der Pferde und Schafe.
109
2 und in Dembin, Kr. Kroeben, Reg.-Bez. Posen, auf 1 Menschen
übertragen.
Das statistische Material über die Verbreitung der Schafräude
ist zwar sehr dürftig und gestattet namentlich kein auch nur an¬
nähernd richtiges Urtheil über die Zahl der erkrankten Schafe, im
Allgemeinen geht jedoch aus den Berichten hervor, dass man an¬
fängt, die lästige Krankheit mit grösserer Energie und im
Grossen und Ganzen auch mit gutem Erfolge zu bekämpfen.
Namentlich hat man sich in Schleswig-Holstein bemüht, die
Schafräude radical zu tilgen und auch erreicht, dass nur noch an
wenigen Orten Ausbrüche Vorkommen, welche fast durchweg durch
den Schafhandel bedingt und am häutigsten durch Ankauf von räude¬
kranken Schafen aus der Provinz Hannover veranlasst wurden. Wäh¬
rend des Berichtsjahres trat die Schafräude unter meistens kleinen
Herden in zusammen 14 Ortschaften der Kreise Eckornfoerde, Olden¬
burg, Segeberg, Steinburg und Stormarn auf. Die Tilgung erfolgte
meistens in demselben Quartale, in welchem die Gonstatirung statt¬
gefunden hatte.
Die Berichte aus dem Landdr.-Bez. Hannover für das 1. und
2. Quartal erwähnen die Schafräude gar nicht. Obgleich nach den
Bemerkungen des Departementsthierarztes Dr. Lustig und des Kreis¬
thierarztes Bramstedt die Krankheit im ganzen Bezirk allgemein
verbreitet herrscht, geschieht zu deren Unterdrückung so gut wie
nichts. Während des 3. und 4. Quartals wurde die Räude in einer
seit l'/ 4 Jahren verseuchten Herde des Kreises Nienburg getilgt und
unter einer Herde des Kreises Diepholz, in welche sie durch Schafe
der Miethleute eingeschleppt worden war, constatirt. Eine in der
Stadt Hannover als räudig erkannte Schafherde ist sofort abge¬
schlachtet worden.
Aus dem Landdr.-Bez. Hildesheim wird wiederholt berichtet,
dass das Herrschen der Schafräude in zahlreichen, seit längerer Zeit
verseuchten Herden der Kreise Hildesheim und Marienburg fortdauere
und mehrfach auf dem Schafmarkt zu Hildesheim, — darunter auch
bei einer aus dem Grossherzogthum Sachsen - Weimar eingeführten
Herde — constatirt worden ist. Neuausbrüche in zusammen 13 Ort¬
schaften der Kreise Goettingen, Hildesheira, Liebenberg und Osterode
gelangten während des Berichtsjahres zur Kenntniss der Behörden,
dieselben betrafen zum Theil solche Herden, welche auf Weiden ge¬
geben und von denselben zurückgenomraen worden waren.
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110 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheitett.
Aus dem Landdr.-Bez. Lüneburg wird über den Ausbruch der
Schafräude in zusammen 10 Ortschaften der Kreise Celle, Dannen¬
berg, Fallingbostel, Gifhorn, Harburg und Uelzen berichtet. Die be¬
amteten Thierärzte äussem sich nicht über den Stand der Schaf¬
räude im Allgemeinen. Das Herrschen der Räude in 2 Herden wurde
durch die Revisionen aut den Schafraärktcn in Hildesheira, bezw. Peine
ermittelt. Eine Herde wurde abgeschlachtet.
Die Tabellen des Landdr.-Bez. Stade für das 1. und 2. Quartal
erwähnen die Schafräude nicht. Ueber die Einschleppung der Krank-
keit in je eine Ortschaft des Stader Geest- und Marschkreises wäh¬
rend des 3. und 4. Quartals liegen keine näheren Angaben vor.
Die Berichte aus dem Landr.-Bez. Osnabrück wiederholen in
jedem Quartal, dass das Herrschen der Schafräude im Kreise Lingen
und auf dem linken Emsufer im Kreise Meppen unverändert fort¬
dauere, dass die Krankheit auf dem rechten Erasufer im Kreise Mep¬
pen zwar getilgt zu sein scheine, jedoch nicht selten in vollständig
geheilten Schafbeständen nach längeren Zwischenzeiten wieder aus¬
breche und durch Arsenikbäder behandelt werden müsse. Erst im
4. Quartal habe die Räude im Kreise Lingen erheblich abgenommen,
sie herrsche noch in 3 Gemeinden und zwar nur noch unter einigen
Herden der letzteren oder bei einzelnen Schafen. Ausserdem wurde
die Räude in 2 Ortschaften des Kreises Melle constatirt.
Aus dem Landdr.-Bez. Aurich erfahren wir nur, dass 4 Schafe
in Emden räudekrank befunden wurden.
Obgleich zahlreiche Schafherden in der Provinz Westfalen mit
der Räude behaftet sind, ist die letztere nur bei einem kurz vorher
angekauften Schafbestandc und ausserdem nach längerer Verheim¬
lichung bei einer zweiten Herde im Kreise Halle, Reg.-Bez. Minden,
festgestellt worden, ferner wird berichtet, dass das Herrschen der
Räude in einzelnen Herden des Kreises Steinfurt, Reg.-Bez. Münster,
fortdauerc. Im Uebrigen erwähnt das statistische Material die Schaf¬
räude gar nicht.
Die Tabellen des Reg.-Bez. Kassel erwähnen kurzweg, dass
fast alle oder vielleicht sämmtliche Schafherden in den
Kreisen Hersfeld, Hünfeld und Ziegenhain räudekrank sind.
Der General-Referent, Kreisthierarzt Dr. Kayser, bemerkt hierzu:
dass, mit Ausnahme des Kreises Marburg, die Schaf¬
räude wohl in allen Herden des Regierungsbezirks
anzutreffen sein dürfte.
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Räude der Pferde und Schafe.
111
Nur in dem Kreise Marburg hat man sich neuerdings eifrig be¬
müht, die lästige Krankheit zu unterdrücken. Die Schafe im Reg.-
Bez. Kassel gehören durchweg der gewöhnlichen Landrace an, der
Schafhandel ist das ganze Jahr hindurch sehr rege, und bis in die
neueste Zeit legte man beim Kauf und Verkauf von Schafen sehr
wenig Gewicht darauf, ob die Schafe räudig (provinziell grindig) wa¬
ren oder nicht. In Süddeutschland, Bayern, einzelnen Theilen des
Grossherzogthums Hessen, im Kreise Wetzlar u. s. w. hatte man je¬
doch schon seit längerer Zeit auf Radicalkur des sogenannten Schmier¬
viehs, noch mehr jedoch auf Abschaffung desselben und Ankauf von
Rcinvieh Bedacht genommen. Die Handelsverhältnisse zwangen auch
die Grenzdörfer des Kreises Marburg Reinvieh anzuschaffen, es ging
jedoch mit dieser Aenderung sehr langsam, und beschloss daher
der landwirthschaftliche Verein im Jahre 1878 auf vollständige Be¬
seitigung des Schmierviehs bis zum Jahre 1881 hinzu wirken; dieses
Bestreben hat neuerdings auch bei den Behörden Unterstützung ge¬
funden. Im Sommer 1881 sind 24 Herden des Kreises Marburg durch
Räudebäder vollständig geheilt, viele Gemeinden haben ihr Schmier¬
vieh verkauft, so dass die gänzliche Tilgung der Räude im Kreise
Marburg bis zum Herbste 1882 erwartet werden kann. Es wäre
höchst wünschenswerth, dass ein ähnliches Verfahren auch anderwärts
und zwar möglichst gleichzeitig eingeschlagen würde, die Abwehr
wäre dann nicht besonders schwer, während jetzt das gereinigte oder
reine Schafvieh fortwährend der Gefahr einer lnfection ausgesetzt bleibt.
In dem Main- und in dem Ober-Taunuskreise, Reg.-Bez. Wies¬
baden, auch im Gebiete der Stadt Frankfurt wird noch mehrfach
sogenanntes Schmicrvich gehalten. Nachdem durch den Erlass des
Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 eine energischere Bekämpfung der
Räude auch im Grossherzogthum Hessen erwartet werden kann, ist
ira Reg.-Bez. Wiesbaden angeordnet worden, dass die Schmierherden
nach und nach der Schlachtbank zu überliefern sind, und dass in
Zukunft nur Reinvieh gehalten werden darf. Den Besitzern wurde auf¬
gegeben, die Abschlachtung der Schmierviehherden bis zum Schlüsse
des Jahres 1882 bewirken zu lassen, und haben diese Abschlachtun¬
gen ira 3. und 4. Quartal des Berichtsjahres zu einem grossen Theile
bereits stattgefunden. Abgesehen von dem oben bezeichneten Seuche-
dislrict wurde ein Ausbruch der Räude auch im Kreise Biedenkopf
constatirt, die Untersuchung wies nach, dass es sich auch in diesem
Falle um eine Herde Schmiervieh handelte.
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112 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
Das statistische Material enthält ausserdem folgende Angaben
über das Herrschen der Schafräude in den übrigen Provinzen.
1. Ostpreussen. Aus dem vorigen Jahre dauerte das Herr¬
schen der Räude in einzelnen kleinen Herden der Kreise Neidenburg,
Orteisburgund Osterode, Reg.-Bez. Koenigsberg, fort, jedoch wurde
die Krankheit im ersten Quartal — meistens durch Abschlachten der
Schaf bestände — getilgt. Ueber die Ursachen eines Ausbruches in
Kleeberg, Kreis Allenstein, liegen keine näheren'Angaben vor. Der
Reg.-Bez. Gumbinnen blieb frei von der Schafräude.
2. Wcstpreussen. Während aller 4 Quartale waren einzelne
— meistens kleine — Bestände des Kreises Schlochau, Reg.-Bez. Ma¬
rienwerder, verseucht. In den meisten derselben wurden die räude¬
kranken Schafe abgcschlachtet. Während des 2. Quartals trat die
Räude unter zwei aus Polen eingefiihrten Herden im Kreise Strass¬
burg, und während des 4. Quartals — eingeschleppt durch Handels¬
schafe — in Königl. Waldau, Kr. Kulm, auf. In dem zuletzt genann¬
ten Orte, ferner in Vossberg und Prechlau, Kr. Schlochau, war die
Krankheit auch am Schlüsse des Berichtsjahres noch nicht getilgt. Im
Reg.-Bez. Danzig ist kein Räudeausbruch bei Schafen beobachtet
worden.
3. Brandenburg. Die Tabellen des Reg.-Bez. Potsdam verzeich¬
nen folgende Ausbrüche der Schafräude: Im Vorwerk Bergthal, Kr. Ober-
Barnim, herrschte die Räude schon im vorigen Jahre, die Krankheit
war auch am Schlüsse des Berichtsjahres noch nicht getilgt. In zwei
Schafherden des Kreises Prenzlau wurde die Räude im 1. Quartal
constatirt, die Kinschleppung erfolgte nach Trabenow durch Ankauf
von Schafen aus Hinterpommern, die Einschleppung nach Britzig hat
nicht aufgeklärt werden können, ebenso wenig diejenige, welche zu
dem Ausbruch in zwei Herden von Blindow Veranlassung bot. Ausser¬
dem kamen Ausbrüche der Schafräude vor: in Petershagen, Kr. Nieder-
Barnim, Steinhöfel, Kr. Angermünde, Wittstock, Kr. West-Priegnitz
— Eiuschleppung durch in Mecklenburg angekaufte Schafe —, Pe¬
tersdorf, Kr. Templin, und Deetz, Kr. Zauch-Belzig, — Uebertragung
von einer während des vorigen Jahres verseuchten Herde desselben
Dorfes. Im Reg.-Bez. Frankfurt beschränkte sich das Auftreten
der Schafräude auf vier kleine Bestände in Gohlitz, Kr. West-Stern-
berg; die Einschleppung war während des vorigen Jahres durch Treib¬
herden erfolgt. In Berlin sind keine Fälle von Schafräude beob¬
achtet worden.
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Räude der Pferde und Schafe.
113
4. Pommern. Die seit dem vorigen Jahre in Treptow, Zarben
und Zedlin, Kreis Greifenberg, Reg.-Bez. Stettin, herrschende Räude
wurde bis zum 2. Quartal getilgt, dagegen während des 3. Quartals
sehr veraltete Schafräude in 15 Gehöften des Ortes Schwennenz
und in dem angrenzenden Gute Leppin, Kreis Randow, constatirt,
die Krankheit, an welcher zahlreiche Schafe fielen, war auch am
Ende des Berichtsjahres noch nicht getilgt. Im 4. Quartal wurde
das Herrschen sehr veralteter Räude in Neu-Luckow ermittelt, die
Krankheit war von hier aus auf eine Herde in Penkun übertragen
worden, ferner kam im Kreise Randow ein Räudeausbruch vor zu
Barnimslow unter einer bäuerlichen Herde, welche sofort abge¬
schlachtet wurde. Bei einem angekauften Schafe in Giesenthal,
Kr. Pyritz, blieb die Krankheit auf dieses Schaf, welches sofort ge-
tödtet wurde, beschränkt. Während des 2. Quartals wurde die seit
langer Zeit herrschende Schafräude in je einer Schafherde der Kreise
Kolberg-Koerlin, Rummelsburg und Schlawe, Reg.-Bez. Koeslin, ge¬
tilgt. Der Ausbruch der Räude in Manschenhagen, Kr. Franzburg,
Reg.-Bez. Stralsund, ist durch Ankauf von 40 Schafen in der 01-
denburgischen Enclave Eutin veranlasst worden. Die Nachforschungen
ergaben, dass die Räude am Ursprungsort der Schafe nicht herrschte;
wahrscheinlich haben sich die Schafe auf dem Transport inficirt. Die
Tilguug der Räude in Manschenhagen hatte bis Ende des Berichts¬
jahres so bedeutende Fortschritte gemacht, dass ein baldiges Erlöschen
der Krankheit erwartet werden kann.
5. Posen. Ueber den Ausbruch der Räude in Kopanie, Kreis
Fraustadt, Reg.-Bez. Posen, wird nur mitgetheilt, dass die betref¬
fende Herde aus dem Kreise Schriram eingeführt worden war. Der
Reg.-Bez. Bromberg blieb frei von der Schafräude.
6. Schlesien. In eine grössere Schafherde zu Gross-Krau-
schen, Kr. Bunzlau, Reg.-Bez. Liegnitz, wurde die Räude durch zwei
Schafe eingeschleppt, welche ein Fleischer in Fütterung gegeben hatte.
Ein Wiederausbruch der Krankheit unter den im vorigen Jahre ver¬
seucht gewesenen Schafen zu Schreibersdorf, Kr. Lauban, wurde bald
getilgt. Im Reg.-Bez. Oppeln beschränkte sich die Räude auf eine
Herde in Wendrzin, Kr. Rosenberg, in welcher die Krankheit schon
seit Jahr und Tag herrschen soll. Im Reg.-Bez. Breslau wurden
keine Fälle von Schafräude beobachtet.
7. Sachsen. Die Tabellen des Reg.-Bez. Magdeburg für das
1. und 2. Quartal erwähnen die Schafräude nicht, im 3. Quartal wurde
Archiv f. *i*s. u. praef. Thlerhi»ilkunde. IX. Suppl.-Heft.
i
8
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114 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
die Krankheit constatirt: in 2 Gehöften zu Wallbach, Kr. Gardelegen,
im Gutsvorwerke Glüraicke, Kr. Jerichow I. — Einschleppung durch
einen im Harz angekauften Sprungbock —, in 7 Gehöften zu Kl.
Walbeck — Einschleppung angeblich aus Genthin, jedoch erwies sich
die betreffende Herde räudefrei —, in 1 Gehöft zu Gross Wulkow
— Einschleppung aus dem benachbarten Klein Wulkow —, in 2 Ge¬
höften zu Gross Mangelsdorf, Kr. Jerichow II., und in 14 Gehöften
zu Gross Ottersleben, Kr. Wanzleben. Das Herrschen der Räude
dauerte zum grössten Theil auch noch während des 4. Quartals fort,
in welchem Räudeausbrüche ausserdem Vorkommen: in Kl. Lübars,
Britzke, Kr. Jerichow I. — die Krankheit herrscht seit längerer Zeit —,
in Dönnstedt, Kr. Neuhaldensleben — wird als alter Seucheherd be¬
zeichnet —, in Miltern, Bindfelde, Staffelde, Kr. Stendal — Ein¬
schleppung durch angekaufte Schafe —. Das Herrschen der Krank¬
heit in Rodenslobeii, Kr. Wanzleben, wurde dadurch bekannt, dass
aus diesem Orte stammende und zum Export nach England bestimmte
Schafe sich bei der Revision in Hamburg räudekrank erwiesen. Im
Reg.-Bez. Merseburg kamen während des 1. Quartals keine Neu¬
ausbrüche vor, die Krankheit herrschte aus dem vorigen Jahre noch
in Cunsdorf, Kr. Merseburg, und Brachstedt, Saalkreis, fort, sie wurde
in Brachstedt später durch Abschlachten des ganzen Bestandes getilgt.
Während der 3 letzten Quartale des Jahres kamen Neuausbrüche vor
in: Lochwitz — Einschleppung durch in Thüringen angekaufte —,
Helbra — Einschleppung durch aus Lippe-Detmold stammende Schafe
— Mansfelder Seekreis, Breitenschirmbach, Birkenschäferei, Kr. Quer-
furt, Haynfeld, Kr. Sangcrhausen, Oppin, Saalkreis, und Kreischau,
Kr. Weissenfels. Die Seuche war in allen zuletzt genannten Orten am
Schlüsse des Berichtsjahres noch nicht getilgt. Mit Ausnahme von
Haynfeld konnte überall die Einschleppung durch angekaufte Handels¬
schafe nachgewiesen werden. Im Reg.-Bez. Erfurt kam kein Fall
von Räude zur Kenntniss der Behörden.
8. Rheinprovinz. Neuausbrüche der Schafräude wurden wäh¬
rend des Berichtsjahres nicht beobachtet. Die aus dem vorigen Jahre
in Branscheid, Kr. Prüm, Reg.-Bez. Trier, fortherrschende Räude
wurde während des 2. Quartals getilgt. Fast die Hälfte der Herde
war nach Anwendung der zweiten Arsenikwäsche gestorben, die erste
Wäsche war gut ertragen worden.
9. Die Hohenzollernschen Lande blieben frei von de^Schaf¬
räude.
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Rinderpest.
115
9. Die Rinderpest«
Nachdem Preussen drei Jahre lang von der Rinderpest frei ge¬
wesen war, wurde am 5. December 1881 ein Ausbruch der Seuche
in Alt-Laessig, Kr. Waldenburg, constatirt. Die Rinderpest verbreitete
sich auf zusammen 17 Gehöfte in 8 Ortschaften der Kreise Walden¬
burg, Reg.-Bez. Breslau, Landeshut, Bolkenhayn, Reg.-Bez. Licg-
nitz, und ist bis zum 21. Januar 1882 ohne bedeutende Verluste
getilgt worden.
Zur Zeit, als der Ausbruch in Alt-Laessig ermittelt wurde, hatte
die Krankheit bereits eine bedeutende Verbreitung unter dem 57
Stück Vieh zählenden Bestände des Gutes und unter den 6 Stück
Rindvieh eines Schmiedes gewonnen. In der Zeit vom 6. bis 17. No¬
vember 1881 waren ausserdem sämmtliche 8 Stück Rindvieh eines
Müllers, dessen Gehöft, ebenso wie das des Schmiedes, dem Gute un¬
mittelbar benachbart liegt, erkrankt und bis auf 1 genesenes Stück
geschlachtet worden oder gefallen. Die Erscheinungen, welche bei
diesen im November erkrankten Thieren beobachtet worden waren,
und die Aufeinanderfolge der Erkrankungen in dem betreffenden Vieh¬
bestände lassen keinen Zweifel, dass der letztere von der Rinderpest
ergriffen gewesen, und dass die Seuche von diesem Bestände auf die
Thiere des Schmiedegehöftes und des Gutes übertragen worden ist.
Der Thierarzt, welcher die im November erkrankten Thiere behandelt
hatte, erklärte nach Constatirung der Rinderpest,' dass die klinischen
und anatomischen Erscheinungen genau mit denjenigen übereinstimm¬
ten, welche bei den später an der Rinderpest erkrankenden Thieren be¬
obachtet wurden.
Alle Bemühungen, die Einschleppung der Rinderpest nach Alt-
Laessig aufzuklären, sind ohne Erfolg geblieben. Die österreichische
Grenze ist zwar nur 10—12 Kilometer entfernt, allein die an Schle¬
sien grenzenden österreichischen Kronländer waren vollkommen frei
von Rinderpest und hatten sich bereits seit längerer Zeit gegen Nieder-
Oesterreich abgesperrt, wo in der Nähe von Wien die Rinderpest gleich¬
zeitig ziemlich verbreitet herrschte. Ein Verkehr mit den weit ent¬
legenen Seuchedistricten Nieder-Oesterreichs hat ganz bestimmt nicht
stattgefunden, und über einen Viehschmuggel an dem betreffenden
Theile der Landesgrenze ist zu keiner Zeit etwas bekannt geworden.
Vieh war von dem Besitzer des Mühlengrundstückes in Alt-Laessig
seit dem August 1881 nicht angekauft worden. Die Annahme, dass
8 *
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116 Jahresbericht über die Verbreitung der ansteckenden Thierkrankheiten.
die Seuche durch Menschen oder durch Zwischenträger eingeschleppt
sein könnte, lässt sich bei der weiten Entfernung der verseuchten Orte
in Oesterreich nicht aufrecht erhalten.
Dagegen muss erwähnt werden, dass der Kreis Waldenburg nicht
hinreichend Schlachtvieh besitzt, um den Bedarf an Fleisch für die
sehr dichte Bevölkerung zu decken. Die in den meisten Dörfern an¬
sässigen zahlreichen Schlächter beziehen das erforderliche Schlachtvieh
durch Vermittelung von Händlern. Dieselben führen das letztere aus
der Gegend von Neisse, aus der Grafschaft Glatz, vielfach jedoch auch
aus schlesischen Kreisen ein, welche an der polnischen Grenze liegen.
Die Vermuthung, dass sich unter dem eingeführten Schlachtvieh ein
oder mehrere mit der Rinderpest bereits inficirte, aus Polen oder aus
Oesterreich eingeschmuggelte Stücke haben befinden können, lässt
sich nicht ganz von der Hand weisen, und bietet den einzigen Anhalt
zu einer Erklärung der im Uebrigen ganz räthselhaft gebliebenen Ein¬
schleppung der Rinderpest.
Von den oben genannten beiden Gehöften des Gutes und des
Schmiedes in Alt-Laessig verbreitete sich die Rinderpest auf weitere
5 Gehöfte desselben Dorfes und auf je ein Gehöft der benachbarten
Ortschaften Rotherbach und Vogelgesang, Kreis Landeshut. ln Alt-
Laessig brach die Krankheit auch unter dem neu angekauften Vieh
aus, welches der Besitzer des Mühlengrundstückes am 22. Novem¬
ber 1881 in seinen vorher oberflächlich desinficirten Stall einge¬
führt hatte.
Die Einschleppung der Rinderpest in je ein Gehöft von Fell¬
hammer, Nieder-Hermsdorf und Ober-Salzbrunn, Kreis Waldenburg,
hat nicht aufgeklärt werden können, ebensowenig ist die Einschleppung
in den zuerst verseuchten Bestand von Nieder-Wernersdorf, Kr. Bol-
kenhayn, ermittelt worden. Die Seuche verbreitete sich in dem zu¬
letzt genannten Dorfe auf 4 Gehöfte, die Uebertragung wurde theils
durch die nachgewiesene unmittelbare Berührung mit erkrankten Thie-
ren vor Constatirung des Seucheausbruches, theils dadurch veranlasst,
dass die Häute der zuerst erkrankten und geschlachteten Thiere in
das betreffende Gehöft gebracht wurden. In Ruhbank, Kr. Bolken-
hayn, brach die Rinderpest unter dem Viehbestände eines Gasthofes
aus, in dessen Ställen eine Kuh gestanden hatte, welche von einem
Schlächter aus dem zuerst verseuchten Gehöft zu Nieder-Wernersdorf
angekauft worden war.
ln den verseuchten Gehöften befanden sich 150 Stück Rindvieh,
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Rinderpest.
117
2 Schafe und 13 Ziegen; von diesen sind vor Constatirung der Rin¬
derpest gefallen 11 und geschlachtet 3 Stück Rindvieh. Nach Er¬
mittelung des Seucheausbruches sind noch 10 Stück Rindvieh gefallen,
und der übrige Bestand der 17 Seuchegehöfte wurde auf polizeiliche
Anordnung getödtet. Ausserdem sind behufs schnelleren Tilgung der
Rinderpest 6 Stück Rindvieh und 1 Ziege getödtet worden, welche
den Bestand zweier noch nicht verseuchter Gehöfte in Nieder-Werners-
dorf bildeten.
Eine ausführliche Darstellung dieses Rinderpestausbruches ist be¬
reits im Archiv für wissenschaftliche und practische Thierheilkunde
Band 8, Seite 195 und ausserdem als Separatabdruck dieses Journal¬
artikels veröffentlicht worden. Wir glaubten demgemäss uns in dem
vorliegenden Jahresberichte auf die vorgetragenen kurzen Mittheilungen
beschränken zu können.
Gedruckt l>ci I.. Bchuinachor in Berlin.
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I
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Siebenter Jahresbericht
der
Königl. technischen Deputation für das Veterinärwesen
über die
Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten
in Preussen.
Berichtsjahr vom 1. April 188*2 bis 31, März 1883.
Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierbeilkuude. IX. Band. Supplement 2.
Berlin 1883.
Verlag von August Hirschwald.
NW. Luter den Linden 68.
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Nicht eingegangen sind Tabellen bezw. Vacatanzeigen: für 3 Quar¬
tale aus dem Kreise Meseritz, Reg.-Bez. Posen, für 2 Quartale aus
dem Kreise Deutsch-Krone, Reg.-Bez. Marienwerder, und dem Ober-
Taunuskreise, Reg.-Bez. Wiesbaden, für ein Quartal aus den Kreisen
Rössel, Reg.-Bez. Königsberg, Ost-Priegnitz, Reg.-Bez. Potsdam, Mi-
litech, Neumarkt, Waldenburg, Reg.-Bez. Breslau, und Meppen, Land-
drostei-Bez. Osnabrück. Die Kreisthierarztstellen waren während der
Quartale, in denen statistisches Material nicht geliefert wurde, vacant.
Die Zusammenstellung des vorliegenden Jahresberichts schliesst
sich genau der unserer früheren Berichte an; es ist bei einzelnen
Krankheiten versucht worden, auch die Zahl der im Laufe des ganzen
Jahres verseucht gewesenen Gehöfte zu ermitteln. Die Bezeich¬
nungen 1., 2., 3., 4. Quartal beziehen sich stets auf das
Berichts-, niemals auf das Kalenderjahr.
L Der Milzbrand.
Die Zahl der Kreise, Ortschaften und Gehöfte, in denen Fälle
von Milzbrand beobachtet wurden, blieb in allen Quartalen gegen die
entsprechende des vorigen Jahres zurück. Die Verluste an Pferden
und Rindvieh waren im Ganzen geringer als im Jahre 1881/82; die
etwas grössere Zahl der an Milzbrand gefallenen Schafe und Schweine
wird bedingt durch die sehr bedeutenden Verluste, welche je eine
Schafherde in den Kreisen Guben und Lebus, Reg.-Bez. Frankfurt,
und ein Schweinebestand im Kreise Randow, Reg.-Bez. Stettin, er¬
litten haben.
Wie in den vorhergehenden Jahren entfallt die grösste Zahl von
Milzbranderkrankungen bei dem Rindvieh wieder auf das 2., die ge¬
ringste Zahl auf das 4. Quartal.
In den nachfolgenden Zusammenstellungen über das Auftreten
des Milzbrandes in den einzelnen Regierungs- bezw. Landdrostei-
Bezirken und Kreisen haben wir die Kreise, in denen während
1
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Archiv f. wl**en»ch. n. prnkt. Thierhcilk. TX. Suppl.-Heft 2.
Laufende Nammer.
2 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Im ersten Quartal
gefallen
Im zweiten Quartal
gefallen
s: i co , co w
Ostpreussen .
We 9 tpreussen
Brandenburg
Pommern . .
71 15 15 —
i i i - - -
121 22 23 9 37 -
6 . Schlesien. 27, 50 52 3| 5S 29
7. Sachsen. 121 23 27 — 31 45
8 . | Schleswig-Holstein
9.1 Hannover.
10.1 Westfalen
5| 6 9— 10 —
6 11 111—I 12 - 1
3 3 ' 3 — 3 -
9 13 13 3 24 - 4 5 5
3 6 9 2 10 25 - 2 3 3
7 8 9 — 7 377 - 3 3 4
6 8 9 1 25 - 4 8 9
17 36 51 1 138 81 4 11 21 25
18 31 33 2 37 3 -19 40 42
12 18 18- 23 12- 8 12 15
6 13 16- 22-5 13 13
1 1' I-
11.1 Hessen-Nassau ... I 6 9 ; 10i I 14 — — I 4 8 31 -
Rheinprovinz . . .
Hohenzollernsche
Lande .
9 11 13 — 18 — ■
10 13| 19 -
Summa 95 161 174 13 211 113 29 95 157(211 9 3281520 4 84 13$ 152
Im Berichtsjahre
1881 82 .... 102 1781185 11 236 328 10 117 196
Im Berichtsjahre
1882 83:
mehr —
232 20 359| 160 5 96 165 187
1
weniger 7 17i 11 - 25 215 —I 22 39, 21 ! 1 1 31 -I 11121 271 35
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Milzbrand.
8
ten Quartal
Im
vierten Quartal
Im Berichtsjahre
gefallen
c
2
rt
I Zahl der Gehöfte.
gefallen
0
gefallen
Regierungs- bezw.
Landdrostci-Bezirke,
in denen Fälle von Milz¬
brand nicht vorgekom¬
men sind, nebst Angabe
der seuchefrei geblie¬
benen Quartale.
1 Pferde.
I St. Rindvieh.
I Schafe.
I Schweine.
I Zahl der Kreise.
J3
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I Pferde.
I St. Rindvieh.
I Schafe.
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Zahl der Kreise.
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Zahl der Gehöfte
Pferde. 1
1
St. Rindvieh. 1
Schafe.
Schweine.
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5
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3
3
3
1
2
17
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14
! 32 33
5
I“
L
Gumbinnen-4 Quartal.
7
6
4
6
6
2
14
10
6
17
21
4
40
80
—
Danzig 3. 4. Quartal.
6
68
4
5
5
—
5
—
13
1 20
| 23
—
26
445
—
Berlin 1. 2. 3. 4. Qu.
11
8
4
6
6
11
85
8
•20
! «
1
47
93
1
25
Köslin 1. 3. 4. Quartal.
Stralsund 1. 2. 3. 4. Qu.
2
38
32
—
9
12
12
5
23
8
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20
1 80
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17
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—
—
22
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46
1
46
2
42 152166
8
190
34
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—
20
1
—
9
17
20
1
19
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19!
61
77
1 |
931
72
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—
15
—
—
3
5
5
—
5
—
10
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43
52
—
4
13
5
7
8
8
_
2
12
1
1
24
25
_
35
i
2
Hannover 2. Quartal.
Lüneburg 2. 3. 4. Qu.
Stade 2. 4. Quartal.
Osnabrück 1. 2. 3. Qu.
Aurich I. 2. 3. 4. Qu.
1
8
1
4
4
4
5
10
12
12
17 |
1
Münster 2. Quartal.
Minden 1.2 3. Quartal.
Arnsberg 4. Quartal.
10
2
2
2
—
2
—
—
13
24 1
47
I
35
22
-
Kassel 4. Quartal.
21
13
19
19
2
21
- 1
—
25
48
61
2
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—
-
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3
—
—
1
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1
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Sigmaringen 1. 2. Qu
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2
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1
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_
188 1
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7
212
603
—
52
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_
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11
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_
i
108-
_
2641
12
3
201
—
1
3
7
9
1
26
l
5
18
76
—
13
102
J.
—
Digitized by
1*
Google
4 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
des vorhergehenden Berichtsjahres bei der betreffenden
Thierart keine Fälle von Milzbrand vorgekommen sind,
mit * bezeichnet.
Die Tabellen erwähnen ein im Kreide Johannisburg, Reg.-Bez.
Gumbinnen, an Milzbrand erkranktes und genesenes Pferd. Die 39
an Milzbrand gefallenen Pferde vertheilen sich auf die nachstehend
genannten Kreise; in den mit ** bezeichneten Gehöften herrschte der
Milzbrand gleichzeitig auch unter dem Rindvieh.
Laufende No. |
. Kreis.
Regierungs-
Bezirk.
Zahl
der verseuch¬
ten Gehöfte.
Zahl
der gefallenen
Pferde.
1.
Landkr. Königsberg*
Königsberg
1 **
1
2.
Orteisburg.
-
1
1
3.
Johannisburg* . . .
Gumbinnen
1 **
2
4.
Stallupönen* ....
-
1
1
5
Elbing*.
Danzig
1
1
6.
Thorn.
Marienwerder
2
3
1 Gehöft •*
7.
Belgard*.
Köslin
1
i
8
Kosten.
Posen
2
4
1 Gehöft**
9.
Kröben *.
-
1**
10
10.
Pieschen*.
-
1 **
1
11.
Schroda .
-
1
2
12.
Brieg*.
Breslau
1 **
1
13.
Wohlau*.
-
1
1
14.
Glogau*.
Liegnitz
l
1
15.
Landkr. Liegnitz* .
-
1
1
16.
Oppeln*.
Oppeln
1
1
17.
Tarnowitz*.
-
1
1
18.
Tost-Gleiwitz* . . .
-
2
2
1 Gehöft**
19.
Wittenberg* ....
Merseburg
1
1
20.
Kassel, Stadt* . . .
Kassel
1
1
21
Geldern.
Düsseldorf
1 **
2
Summa
24
l
39 j
Ausserdem starb während des 2. Quartals in Thalheim, Kr. Bit¬
terfeld, Reg.-Bez. Merseburg, ein auf dem Marsche befindliches Pferd
des 10. Husaren-Regiments an Milzbrand.
ln Charlotten bürg, Landkr. Königsberg, waren in den Quartalen
Juli-September und October-Deceraber Milzbrandfälle unter dem Rind¬
vieh vorgekoramen. Das im 4. Quartal gefallene Pferd hatte Kleeheu
aus einer Scheune verzehrt, auf deren Tenne im 2. Quartal die Section
einer an Milzbrand gefallenen Kuh vorgenommen worden war. In
Schilleninken, Kr. Stallupönen, war 4—6 Wochen vorher angeblich
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Milzbrand.
5
ein Pferd desselben Besitzers unter ähnlichen Erscheinungen gefallen
und von dem Abdecker abgeholt worden. Neu-Grabia, Kr. Thorn,
woselbst 2 Pferde fielen, ist eine bekannte Milzbrandstation. Die 10
im Kreise Kröben crepirten Pferde gehörten zu den Beständen der
Herrschaft Dlonie, in welcher der Milzbrand stationär herrscht; 9 Pferde
fielen im 1. Quartal, die Bretter einer Box, in welcher das während
des 4. Quartals gestorbene Pferd stand, waren mit dem Blute eines
zwei Monate vorher an Milzbrand gefallenen und secirten Kalbes be¬
sudelt. Das im Kreise Tarnowitz gefallene Pferd gehörte einem hau-
sirenden Leinwandhändler, welcher Knochenmehl dem Futter des
Pferdes beigeraischt hatte. Bei dem Pferde im Kreise Wittenberg trat
die Krankheit in Form des Glossanthrax auf. Der Fall in der Stadt
Kassel betraf ein Pferd, welches in einem Gaststalle stand; auf dem¬
selben Gehöft befand sich ein Schlachthaus.
Im Uebrigen erwähnt das statistische Material mehrfach, dass
Erkrankungen bei Pferden in Gehöften vorkamen, in denen ein öfteres
Auftreten sporadischer Milzbrandfälle beobachtet wird.
Die Tabellen verzeichnen 951 an Milzbrand erkrankte Stück
Rindvieh, von denen 44 (4,62 pCt.) genesen sind.
Die in den einzelnen Quartalen und im ganzen Berichtsjahre an Milz¬
brand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich in abgerundeten
Procentsätzen, wie folgt, auf die verschiedenen Provinzen:
1.
Quartal
2.
Quartal.
3.
Quartal.
4.
Quartal.
Im
Berichts¬
jahre.
Im Jahre
1881/82.
Zahl der an Milzbrand ge¬
fallenen Stück Rindvieh
211
328
•206
i
1
162
907
1009
Davon in
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
1. Ostpreussen .
8,05 |
7,30
2,43
1,23
5,29
5,95
2. Westprcussen ....
i,42 :
4,88
3,40
8,64
4,41
2,8S
3. Brandenburg.
3,80 j
2,13
2,94
3,10
2,87
3,48
4. Pommern.
0,00 |
7,62
5,34
6,80
5,18
2,00
5. Posen.
17,53
42,10 l )
18,44
14,20
26,02
20,22
6. Schlesien.
27,50
11,30
23,83
28,40
20,94
24,96
7. Sachsen.
14,70
7,00
9,70
11,73
10,25
12,30
8. Schleswig-Holstein . .
4,74
1 6,70
7,20
3,10
5,73
6,00
9. Hannover.
5,68
0,62
6,34
4.92
3,87
3,66
10. Westfalen.
1,42
0,31
3,88
3,10
1,87
2,48
11. Hessen-Nassau ....
6,63
1 2,74
4,85
1,23
3,87
3,58
12. Rheinprovinz.
8,53
7,30
10,20
12,94
9,26
11,89
13. Hohenzollernsche Lande
0.00
0,00
1,45
0,61
0,44
0,60
100,00 1
100,00
100.00
100,00
100,00
100,00
*) Im Reg.-Bez. Posen 36,60 pCt.
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6
Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Eine erhebliche Aenderung in der Vertheilung der Milzbrandver¬
luste auf die einzelnen Landestheile macht sich nicht boraerklich; auf
die 4 am stärksten verseuchten Provinzen Posen, Schlesien, Sachsen,
Rheinprovinz entfallen im Berichtsjahre 66,47, im Jahre 1881/82
69,37 pCt. der an Milzbrand gestorbenen Stück Rindvieh. In West-
preussen und Pommern ist der Procentsatz der Verluste etwas höher
als im vorigen Jahre; die Schwankungen der Verhältnisszahlen für
die anderen Provinzen bleiben sehr unbedeutend.
1. Ostpreussen.
An Milzbrand sind 48 Stück Rindvieh gefallen, nämlich:
1. Kreis Fischhausen in 1 Geh. 1 St. Rindvieh. Reg.-Bez. Königsberg.
2. Landkr. Königsberg* 1 - 4 -
3. Kreis Mohrungen* 1 1 -
4. - Wehlau* - 1 - 2 -
5. - Gumbinnen* - 1 - 1- - - Gumbinnen.
6. - Heydekrug* 2 5 -
7. - Insterburg 1 - 1 -
8. - Johannisburg 3 - 13-
‘J- - Lyck - 1 - 1 -
10. - Pilkallen - 7 - 7 -
11. - Stallupönen 7 - 7 -
12. Tilsit_ - 5 - 5 -
Zusammen in 31 Geh. 48 St. Rindvieh.
Von 64 Stück des Bestandes in Kummerowen, Kr. Johannisburg,
erkrankten während des 2. Quartals 14 Stück, von denen 3 genasen;
ausserdem trat der Milzbrand gleichzeitig bei 3 Pferden auf. Die 4
Fälle in Charlottenburg, Landkr. Königsberg, vertheilen sich auf 2
Quartale. In 1 Bestände betrug der Verlust 3, in 3 Beständen 2, in
28 Gehöften beschränkte sich derselbe auf 1 Stück Rindvieh. 22
Kreise der Provinz blieben frei von Milzbrand, in je einem trat die
Krankheit nur bei Pferden bezw. Schafen auf.
2. Westpreussen.
Die 40 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich
auf die Kreise:
1. Landkr. Danzig in 5 Geh. 8 St. Rindvieh. Reg.-Bez. Danzig.
2. Kreis Elbing* 2 - 2 -
3. - Kulm 3 - 3 - - - Marien werder.
4. - Rosenberg* 2 - 2 -
5. - Stuhm * 1 - 6 -
6. Thor n 5 - 19 -
Zusammen in 18 Geh. 40 St. Rindvieh,
ln 4 Gehöften von Langenau, Landkr. Danzig, fielen während des
2. Quart, zusammen 6 St Rindvieh. Ausserdem erlitten grössere Verluste:
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Milzbrand.
7
Nikolaiken, Kr. Stohm, 10 St. Rindvieh Bestand, 6 Stück gefallen.
Aschenort, - Thom, 40 - - 7
Schloss Birglaa, 40 - • 7
In Aschenort sind seit 3 Jahren öfter Milzbrandfalle unter Pfer¬
den und Wiederkäuern vorgekoramen, die Wiesen sind häufigen Ueber-
schwemmungen ausgesetzt. Die im 3. Quartal gefallenen 5 Stück
Rindvieh waren kurze Zeit vorher aus Bayern eingeführt worden. Der
Milzbrand hat auch während des vorigen Jahres unter den Vieh¬
beständen von Schloss Birglau geherrscht. Ueber den Ausbruch in
Nikolaiken fehlen nähere Angaben. In 1 Gehöft fielen kurz nach
einander 2, in 9 Gehöften beschränkte sich der Verlust auf 1 Stück
Rindvieh. 16 Kreise der Provinz blieben frei von Milzbrand.
3.
Brandenburg.
Die 26 an Milzbrand gestorbenen Stück Rindvieh entfallen auf
die Kreise:
1. Kr. Ober-Barnim*
in 1 Geh.
2 St Rindvieh. Reg.-Bez Potsdam.
2.
- Ost-Havelland
- 4 -
4
3.
- Jüterbog-Luckenwalde *
- 3 -
5 -
4
- Prenzlau
- 1 -
1 -
5.
- Teltow
- 1 -
1 -
6.
- Arnswaldo *
1 -
1 - - - Frankfurt.
7.
- Guben
- 1 -
1 -
8.
- Kalau *
- 2 -
o -
9.
- Krossen
- 2 -
2 -
10.
- Soldin
- 3 -
5 -
11.
- Züllichau
- 1 -
1 -
Zusammen in 20 Geh. 26 St. Rindvieh.
ln 2 Gehöften von Heinsdorf, Kr. Jüterbog-Luckenwalde, starben
während des 3. Quartals kurz nach einander zusammen 4 Stück Rind¬
vieh. Das Auftreten der Krankheit gelangte erst dadurch zur amt¬
lichen Kenntniss, dass der Schäfer des Ortes nach dem Schlachten
eines kranken Stückes in Folge von Milzbrandinfection erkrankte, ln
4 Beständen fielen kurz nach einander 2, in 14 Beständen beschränkte
sich der Verlust auf 1 Stück Rindvieh. Der Fall im Kreise Teltow
betraf ein Stück Rindvieh auf dem zu den Berliner Rieselfeldern ge¬
hörenden Gute Osdorf, in welchem der Milzbrand während des vorigen
Jahres stärker geherrscht hatte. In den Kreisen Beeskow-Storkow
und Lebus beschränkten sich die Ausbrüche des Milzbrandes auf Schafe.
Frei von der Krankheit blieben 22 Kreise der Provinz.
4 Pommern.
An Milzbrand fielen 47 Stück Rindvieh, nämlich:
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8 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
1. Kreis Greifenberg* in 1 Geh. 4 St. Rindvieh. Reg.-Bez. Stettin.
2. - Greifenhagen
- 6 -
8 -
3. - Pyritz
- 8 -
16 -
4. - Randow*
- 1 -
2 -
5. - Regenwalde *
- 1 -
1 -
6. - Saatzig
- 2 -
2 -
7. Stadt Stettin*
- 1 -
2 -
8. Kreis Belgard*
- 1 -
12 -
Zusammen in 21 Geh. 47 St. Rindvieh.
Ueber 3 Stück starben kurz hinter einander in
Ninikow, Kr. Greifenberg, 27 St. Rindvieh Bestand, 4 Stück gefallen.
Sallentin, - Pyritz, 150 - - - 4
Ballenberg, - Belgard, 25 - - 12
Ausserdem fielen in 2 Beständen des Kreises Pyritz während des¬
selben Quartals je 3 Stück. Als Ursache wird in allen Ausbrüchen
stark verschimmeltes oder mit Rostpilzen befallenes Futter angegeben,
ln Ballenberg waren bisher Milzbrandfalle noch niemals vorgekommen.
In 6 Beständen starben kurz hinter einander je 2, in 11 Beständen
beschränkte sich der Verlust auf 1 Stück Rindvieh. Der Reg.-Bez.
Stralsund blieb ganz und der Reg.-Bez. Köslin bis auf den
Ausbruch in Ballenberg frei von Milzbrand; derselbe wurde nicht
beobachtet in 6 Kreisen des Reg.-Bez. Stettin.
5. Posen.
Die 236 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich
auf die nachstehend genannten Kreise:
1. Kreis
Adelnau
in 4 Geh. 5 St. Rindvieh. Reg.-Bez. Posen.
2. -
Bomst
- 2
2 -
3. -
Buk
- 7
7 -
4. -
Fraustadt
- 5
7 -
5. -
Kosten
- 9
36 -
6. -
Kröbcn
5
17 -
7. -
Krotoschin
- 7
11 -
8. -
Meseritz
- 4
4 .
9. -
Obornik
2
2 -
10. -
Pieschen
- 23
72 -
11. Landkr. Posen
- 3
12 -
12. Kreis
Samter
- 4
11 -
13. -
Schildberg*
- 1
3 -
14. -
Schrimm
- 6
11 .
15. -
Schroda
- 7
8 -
16. -
Wreschen
- 1
1 -
17. -
Inowraclaw
- 2
15 -
Bromberg.
18. -
Kolmar
- 2
6 -
19. -
Schubin
- 3
5 -
20. -
Wirsitz*
- 1
1 -
Zusammen in 98 Geh. 236 St. Rindvieh.
lm
Reg.-Bez.
Posen
blieb, abgesehen
von der Stadt
Posen,
nur der Kreis Birnbaum frei von
Milzbrand, der
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Milzbrand.
9
Kreis Pieschen erlitt unter allen Kreisen des Staates die
bedeutendsten Verluste. In 6 Kreisen des Reg.-Bez. Bromberg
wurden keine Fälle von Milzbrand beobachtet.
Ueber 3 Stück Rindvieh fielen in den nachstehend genannten
Beständen:
Splawie,
Kr. Kosten,
51
St.
Rindv.
Best., 8 St. gefallen.
Schmiegel,
-
25
-
-
- 9 -
2 St. genesen.
Poln. Wette,
-
127
-
- 12 -
Dlonie,
- Kröben,
176
-
-
- 10 -
Pzienie,
Rokatowc,
- Pieschen,
52
-
-
- 8 -
-
49
.
.
- 7 -
Wierczyn,
-
60
-
-
- 7 -
Roszkow,
-
14
-
-
- 6 -
in 4 Geh.
Czermin,
-
62
-
-
- 36 -
- 11 -
Jeziorki,
Landkr. Posen,
57
.
-
- 8 -
Oporowo,
Kr. Samter,
42
-
-
- 6 -
Szytnik,
- Schlimm,
22
-
-
5 -
2
Robakowo,
-
28
-
-
- 5 -
3
Walentynowo,
- Inowraclaw,
76
-
-
• 13 -
Motylewo,
- Kolraar,
24
-
-
- 5 -
Ausserdem waren in Psary, Kr. Adelnau, vor Constatirung der
Krankheit bereits 5 Stück Rindvieh, welche 4 Beständen angehörten,
gefallen.
Dlonie ist eine bekannte Milzbrandstation, ebenso Walentynowo.
Der in Czcrmin wohnhafte Sattler hatte Felle, welche zum Theil
wohl von Milzbrandcadavern herstammten, in einem Tümpel mitten
im Dorfe eingeweicht. Binnen 5 Tage starben 36 Stück Rindvieh,
es erkrankten nur solche Thiere, welche Wasser aus dem betreffenden
Tümpel getrunken hatten. In Jeziorki waren vor Constatirung der Krank¬
heit 6 Stück gefallen, so dass der Verlust im Ganzen 14 Stück be¬
trägt. Ueber die anderen oben genannten Ausbrüche sind nähere
Angaben nicht gemacht worden.
In 7 Gehöften fielen kurz hinter einander 3, in 10 Gehöften 2,
in 50 Gehöften beschränkte sich der Verlust auf 1 Stück Rindvieh.
6. Schlesien.
Die Milzbrandfälle waren zwar zahlreich, blieben jedoch meistens
ganz vereinzelt; die 190 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh ver¬
theilen sich auf die nachstehend genannten Kreise:
1. Landkr. Breslau in 7 Geh. 8 St. Rindvieh. Reg.-Bez. Breslau.
2. Kreis Brieg 16 17 -
3. - Frankenstein* 1 1 -
4. - Guhrau 5 - 5 -
5. - Milit sch - 2 - 3 -
Latus: in 31 Geh. 34 St. Rindvieh.
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10 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Transport: in
31
Geh.
34 St. Rindvieh.
6 Kreis
Münsterberg
3
-
5 -
7. -
Namslau
2
-
2 -
8. -
Neumarkt
9
10 -
9. -
Nimptsch*
1
2 -
10. -
Oels*
1
3 -
11. -
Oh lau
8
11 -
12. -
Schweidnitz
2
2 -
13. -
Steinau
4
4 -
14. -
Striegau
6
6 -
15. -
Trebnitz
11
11 -
16. -
Waldenburg
3
3 -
17. -
Wohlau
2
5 -
18. -
Bolkenhayn
1
1 -
19. -
Glogau
5
12 -
20. Laad kr.
Görlitz
1
1 -
21. Kreis Goldberg-Haynau -
4
5 -
22. -
Grünberg
8
15 -
23. -
Hirschberg
2
2 .
24. -
Jauer
1
1 -
25. Landkr. Liegnitz
1
1 -
26. Kreis
Löwenberg*
2
2 -
27. -
Lüben
2
2 -
28 -
Rothenburg
2
2 -
29. -
Sagan
2
3 -
30. -
Sprottau
3
3 -
31. -
Beuthen*
6
6 -
32. -
Falkenberg
2
2 -
33. -
Kattowitz *
l
1 -
34. -
Kosel
1
1 -
35, -
Kreuzburg
1
1 -
36. -
Neustadt
6
6 -
37. -
Oppeln *
1
1 -
38. -
Pless
1
3 -
39. -
Rosenberg*
1
1 -
40. -
Gr.-Strohlitz
14
14 -
41. -
Tarnowitz
2
-
2 -
-
42. -
Tost-G leiwitz* -
3
-
1 -
-
Zusammen in
156
Geh.
190 St.
Rindvieh.
Reg.-Bcz. Liegnitz.
Oppeln.
Ueber 3 Stück Rindvieh fielen in
Weissholz, Kreis Glogau, 60 St. Rindvieh Bestand, 6 Stück gefallen.
Heinrichsau, - Grünberg, 60 - - 7
In Weissholz hatte der Schäfer die Cadaver von an Milzbrand
gefallenen Schafen unter dem für das Rindvieh bestimmten Heu
vergraben. In 6 Gehöften starben kurz hintereinander 3, in 11 Ge¬
höften 2, in 137 Gehöften beschränkte sich der Verlust auf ein Stück
Rindvieh; 20 Kreise der Provinz blieben frei von Milzbrand.
7. Sachsen.
Die 93 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich
auf die Kreise:
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Milzbrand.
11
1. Kreis
Aschersleben
in
2 Geh. 2
St. Rindvieh.
2.
Gardelegen
-
1
1
-
l\ -
Halberstadt
-
2
3
-
4. -
Jerichow I
6
7
.
5.
11
-
5
- - 8
-
6.
Kalbe
-
2
4
-
7. -
Oster bürg
-
2
2
-
8. -
Bitterfeld
-
4
9
-
9. -
Delitseh
-
3
- 5
-
10. -
Eckartsberga
-
5
- 10
-
11. -
Liebenwerda
-
3
- 5
-
12. Gebirgskr. Mansfeld
-
1
1
-
13. Seekr.
-
-
1
l
-
14. Kreis
Querfart
-
4
- 5
-
15. -
Schweinitz
-
1
1
-
16. -
Torgau
-
1
2
-
17. -
Wittenberg
-
4
- 5
-
18. -
Langensalza
-
22
- 22
-
Zusammen
in
G9
Geh. 93 St. Rindvieh.
Reg.-Bez. Magdeburg.
Merseburg.
Erfurt.
Ueber 3 Stück Rindvieh fielen kurz hinter einander in
Herrenhölzer, Kreis Jerichow H, 33 St Rindvieh Bestand, 6 Stück gefallen.
Prussendorf, - Bitterfeld, 31 - - 5
Gorsleben, - Eckartsberga, 24 - - 4
Alle 3 oben genannten Orte sind bekannte Milzbrandstationen;
der Ausbruch in Herrenhölzer erfolgte, als die Thiere von der Weide
genommen, aufgestallt wurden und als Futter Heu erhielten, welches
von einer bestimmten, als gefährlich bekannten Stelle der Feldmark
gewonnen war. In 4 Gehöften fielen kurz hinter einander 3, in 4 Ge¬
höften 2, in 58 Gehöften beschränkte sich der Verlust auf ein Stück
Rindvieh.
Nach dem statistischen Material sind 23 Kreise der Provinz frei
von Milzbrand geblieben, und hat sich das Auftreten des Milzbrandes
im Kreise Mühlhausen auf wenige Schafe beschränkt. Allein es wird
in jedem Quartal von den beamteten Thierärzten erwähnt, dass die
sporadischen Milzbrandfälle in der Provinz Sachsen nur ganz ausnahms¬
weise, häufig fast nur bezüglich derjenigen Bestände, welche aus
anderen Ursachen unter Observation stehen, zur Kenntniss der Behör¬
den gelangen. Die Cadaver der an Milzbrand gefallenen Stück Rind¬
vieh werden unter dem Vorgeben, dass die Thiere an Schlagfluss
verendet seien, den Abdeckern überlassen, weil die Besitzer die Gefahr
einer Vergrabung solcher Cadaver auf der Feldmark scheuen und sich
gern den Verkehrsbeschränkungen zu entziehen suchen, welche die
veterinärpolizeilichen Massregeln im Gefolge haben. Aus den Berichten
geht ferner hervor, dass es in der Provinz Sachsen zahlreiche Milzbrand¬
stationen giebt, und dass dieselben durch sporadische Erkrankungen
nach wie vor Verluste erleiden, welche in ihrer Gesammtheit einen
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12 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
bedeutenden Werth repräsentiren. Ebenso stimmen jedoch die Bericht¬
erstatter in der Angabe überein, dass die seucheartigen Ausbrüche im
Verhältniss zu früheren Jahren sehr viel seltener geworden sind.
8. Schleswig-Hol stein.
An Milzbrand fielen 52 Stück Rindvieh in den Kreisen:
1. Kreis Apenrade
in
4 Geh.
5 St.
Rindvieh.
2.
Hadersleben
-
2 -
3 -
-
i
Husum
-
1 -
2 -
-
4.
- Kiel*
-
4 -
4 -
-
5.
Lauenburg
-
l -
l -
3.
Norderdithmarschen
-
4 -
4 -
7.
Segeberg *
-
1 -
l -
8
- Steinburg
-
2 -
2 -
9.
Süderdithmarschen
-
12 -
ir> -
10.
Tondern
-
11 -
14 -
-
Zusammen
in
42 Geh.
52 St.
Rindvieh.
Die bedeutendsten Verluste erlitten die Kreise Süderdithmarschen
und Tondern; die dort gefallenen Thiere haben durchweg an Rausch¬
brand gelitten, welcher nicht nur in diesen, sondern auch in
anderen Kreisen der Provinz an ganz bestimmten Orten
stationär ist oder bei Benutzung gewisser Weiden alljähr¬
lich bei einzelnen Thieren auftritt. Nur ganz ausnahmsweise
wird in den Tabellen erwähnt, dass die betreffenden Thiere an wirk¬
lichem Milzbrand und nicht an Rauschbrand gefallen sind. In 11
Kreisen wurden keine Milzbrand- oder Rauschbrandfälle beobachtet.
Die durch Rauschbrand bedingten Verluste blieben meistens auf ein
Thier beschränkt und betrafen in der Regel Jungvieh. Während des¬
selben Quartals fielen in 1 Bestände 4, in 2 Beständen 3, in 3 Be¬
ständen 2, in 36 Gehöften trat die Krankheit nur bei einem Stück
Rindvieh auf.
9. Hannover.
Die Milzbranderkrankungen blieben meistens vereinzelt; im
Landdr.-Bez. Aurich ist kein, im Landdr.-Bez. Osnabrück
nur ein Fall dieser Krankheit beobachtet worden. Die 35
an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich auf die Kreise:
1. Kreis Diepholz* in 3 Geh. 8 St. Rindvieh. Landdr.-Bez. Hannover
*2. Landkr. Hannover* 1 * 1 -
3. Kreis Nienburg* 2 - 2 -
4. - Einbeck* 1 - 2 - - - Hildesheim.
5. - Göttingen* 2 - 3 -
6. - Hildesheim 6 - 9 -
7. - Lieb enberg - 3 - 3 - _ -
Latus: in 18 Geh. 28 St. Rindvieh.
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Milzbrand.
13
Transport: in 18 Geh. 28 St. Rindvieh.
8. Kreis Marienberg 1 - 1 -
9. - Celle 2 - 2 - - Landdr.-Bez. Lüneburg.
10. - Fallingbostel* 1 - 1 -
11. Marschkr. Stade* - 2 - 2 - - - Stade.
12. Kreis Lingen* 1 1 - Osnabrück.
Zusammen in 25 Geh. 35 St. Rindvieh.
In Welschenhart, Kr. Diepholz, fielen während des 3. Quartals
von 7 Stück eines Bestandes 4 Stück; in demselben Orte kommen
Milzbranderkrankungen öfter vor. In 2 Gehöften starben während
desselben Quartals 3, in 3 Gehöften 2, in 19 Gehöften trat der Milz¬
brand nur bei einem Stück Rindvieh auf. Die im Stader Marschkreisc
gefallenen Thiere haben an Rauschbrand gelitten. 25 Kreise der Pro¬
vinz blieben frei von Milzbrand.
10. Westfalen.
Die 17 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich
auf die Kreise:
1. Kreis Ahaus
in 1 Geh.
1 St. Rindvieh. Reg.-Bez. Münster.
2. - Cösfeld *
- 1 -
1 -
3. - Tecklenburg
1
2 -
4. - Warendorf
- 2 -
2 -
5. - Höxter
- 1 -
1 - - - Minden.
6. - Altena*
- 1 -
3 - - - Arnsberg.
7. Landkr. Dortmund
- 2 -
2 -
8. Kreis Hamm*
- 1 -
3 -
9. - Meschede
- 1 -
1 -
10. * Siegen
- 1 -
1 -
Zusammen
in 12 Geh.
17 St. Rindvieh.
Mit Ausnahme von
2 Gehöften, in denen 3, und von 1 Gehöft, in
welchem 2 Stück fielen,
wurden 9 ganz vereinzelte Erkrankungen beob-
achtet. 26 Kreise der Provinz blieben milzbrandfrei.
11. Hessen-Nassau.
An Milzbrand fielen 35 Stück Rindvieh, nämlich:
1. Kreis Eschwege
in 1 Geh.
1 St. Rindvieh. Reg.-Bez. Kassel.
2. - Fulda*
- 1 -
3 -
3. - Gelnhausen
- 7 -
9 -
4. - Hofgeismar*
- 1 -
1 -
5. Stadt Kassel*
- 1 -
1 -
6. Landkr. - *
- 1 -
1 -
7. Kreis Rotenburg
- 1 -
4 -
8. Ober-Taunuskreis
- 1 -
1 - - - Wiesbaden.
9. Ober-Westerwaldkreis
- 3 -
3 -
10. Unter-Westerwaldkreis*
- 4 -
6 -
11. Stadt Wiesbaden*
- 1 -
2 -
12. Landkr.
- 3 -
3 -
Zusammen
in 25 Geh.
35 St. Rindvieh
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14 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
ln Obersuhl, Kr. Rotenburg, crepirten von 20 Stück eines Be¬
standes schnell hinter einander 4, nachdem als Streu Erde benutzt
worden war, welche aus einem Graben entnommen wurde. Nach Be¬
seitigung dieser Erdstreu kamen weitere Erkrankungen nicht vor. Ab¬
gesehen von 3 Gehöften, in denen 3, und von 1 Gehöft, in welchem
2 Stück fielen, blieben alle Milzbranderkrankungen vereinzelt. In 22
Kreisen der Provinz wurden keine Milzbrandfälle beim Rindvieh beob¬
achtet.
12. Rheinprovinz.
Die 84 an Milzbrand gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich
auf die Kreise:
1. Kreis
Altenkirchen *
in
1 Geh.
1
St.
Rindvieh.
Reg.-Bez. Koblenz.
2. -
Koblenz
-
1
-
1
-
-
3. -
Kochern *
-
6
6
.
-
4. -
St.-Goar*
-
1
-
4
-
5. -
Wetzlar
-
2
.
2
-
G. -
Geldern
-
4
-
6
-
Düsseldorf.
7. -
Kempen
-
2
-
7
-
8. -
Kleve
-
1
-
2
-
9. Land kr.
Krefeld
-
1
-
1
-
10. Kreis
Lennep*
-
2
-
3
-
11. -
Bergheim*
-
1
-
2
-
Köln.
12. -
Euskirchen
-
7
-
8
-
13. Land kr.
Köln
-
1
-
1
-
14. Kreis
Mülheim
-
1
-
1
-
15. -
Rheinbach
-
2
-
2
-
IG. -
Bitburg
-
1
-
1
-
Trier.
17. -
Daun*
-
4
-
7
-
18. -
Ottweiler
-
1
-
2
-
19. -
Prüm*
-
1
-
1
-
20. -
Saarbrücken *
-
1
-
1
-
21. Landkr.
Aachen
-
G
-
G
-
Aachen.
22 Kreis
Düren
-
7
-
11
-
23. -
Erkelenz
-
l
-
2
-
-
24 -
Eupen
-
5
-
5
-
-
25. -
Malmedy
-
1
-
1
-
-
Zusammen
in
61
Geh.
84
St.
Rindvieh.
Eine grössere Verbreitung erlangte der Milzbrand in den nach¬
stehend genannten Beständen:
Faid, Kreis Kochern, V St. Rindvieh Bestand, 6 Stück gefallen in G Geh.
Ländert, - St.-Goar, 7 - - 4
Vorst, - Kempen, 12 - - 5
Kelz, - Düren, 30 - - 4
Oberwinkel, - Daun, 45 - - 5 - - 2
Die Krankheit in Faid scheint Rauschbrand gewesen zu sein.
Der Ausbruch in Ländert kam in einem neuen Stalle vor, dessen
Fussboden mit Moorerde ausgefüllt worden war. In Oberwinkel waren
bis dahin noch keine Fälle von Milzbrand beobachtet worden. In
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Milzbrand.
15
1 Gehöft fielen kurz hinter einander 3, in 8 Gehöften 2, in 41 Ge¬
höften beschränkte sich der Verlast auf 1 Stück Rindvieh. 44 Kreise
der Provinz blieben frei von Milzbrand. Auffallend gering ist die Zahl
der Fälle in dem früher stark verseucht gewesenen Kreise Eupen.
13. Hohenzollernsche Lande.
Die 4 Fälle von Milzbrand blieben vereinzelt, sie vertheilen sich
auf ebenso viele Viehbestände in den Oberamtsbezirken Gammertingen
und Sigmaringen.
Auch in dem Berichtsjahre kamen die bei weitem zahlreich¬
sten Erkrankungen an Milzbrand in solchen Ortschaften
oder Gehöften vor, in denen diese Krankheit öfter, auftritt
oder stationär ist. Das statistische Material bezeichnet eine grosse
Anzahl von Ortschaften als notorische Milzbrandstationen, giebt jedoch
nur höchst ausnahmsweise Andeutungen über die Bodenbeschaffenheit
der betreffenden Oertlichkeiten. Aus den wenigen und zum Theil ganz
entgegengesetzten Angaben geht jedoch mit einiger Bestimmtheit her¬
vor, dass die Inundationsgebiete der Weichsel, der Oder und der in
diese Ströme mündenden Nebenflüsse besonders reich an Milzbrand¬
stationen sind. Eine Vergleichung mit dem in früheren Jahren ge¬
sammelten statistischen Material zeigt auch, dass sporadische Milz¬
brandfälle an vielen Orten alljährlich Vorkommen, ohne dass die
Krankheit während der letzten Jahre auch nur einmal gleichzeitig oder
kurz nach einander eine grössere Anzahl von Thieren ergriffen hätte,
ln vielen Milzbrandstationen sind gartz bestimmte, mitunter wenig um¬
fangreiche Stellen der Feldmark bekannt, bei deren Benutzung als
Weide ebenso häufig einige Milzbrandfallc Vorkommen, wie bei der
Verfütterung von Heu u. s. w., welches von solchen Stellen gewonnen
wurde. Mehrfach wurde beobachtet, dass solches Futter auch an
anderen Orten den Milzbrand erzeugte, wenn es nach ausserhalb ver¬
kauft worden war, und dass in den eigentlichen Seucheherden beson¬
ders leicht Thiere erkrankten, welche vor kurzer Zeit eingeführt worden
waren. In dem Dorfe Blumberg, welches an die Milzbrandstation
Packisch grenzt, fiel eine Färse, deren Besitzer Haferstroh von einem
Schober auf der Packischer Feldmark entwendet und an seine Thiere
verfuttert haben soll.
Anderseitig erwähnen die Berichte sehr häufig, dass Milzbrand¬
fälle in solchen Orten vorkamen, in denen die Krankheit
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16 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
bisher noch niemals beobachtet worden oder seit langer Zeit
— mitunter während der letzten 10—12 Jahre — nicht aufge¬
treten ist.
Ara häufigsten wird das den veterinärpolizeilichen An¬
forderungen nicht entsprechende Vergraben von Milzbrand-
cadavern bezw. das Verfüttern von Grünfutter, Heu oder
Hackfrüchten, welche auf solchen Verscharrungsstellen
gewonnen wurden, als Ursache der Milzbrandausbrüche be¬
schuldigt. In derselben Weise wirkten öfter nachtheilig die Ver¬
unreinigung des Futters mit Blut oder Abfällen von Milzbrandcadavern
und die Düngung mit solchen Dünger- oder Composthaufen, in welche
man Milzbrandcadaver oder deren Reste vergraben hatte. In Helm¬
burg, Kr. Merseburg, sollen Pressrückstände Anlass zum Ausbruch
des Milzbrandes gegeben haben; dieselben waren in einem Stalle auf¬
bewahrt worden, in welchem der Milzbrand früher geherrscht hatte.
Die Berichte enthalten auch in diesem Jahre wiederholt die An¬
gabe, dass der Milzbrand nach Ueberschemmungen der Wiesen
und Weiden oder nach Benutzung solcher Weiden auftrat, deren
früher vorhanden gewesene Sumpfstellen ausgetrocknet waren. Auch
die Verabreichung von Futterstoffen, welche von überschwemmt ge¬
wesenen Theilen der Feldmark gewonnen worden waren, soll öfter
Ausbrüche des Milzbrandes veranlasst haben. Endlich werden von den
Berichterstattern auch verfaultes, multrig oder dumpfig gewordenes
oder mit Rostpilzen bedecktes Heu oder solches Wickfutter recht
häufig als Ursache der Milzbrandausbrüche bezeichnet. Wasser, wel¬
ches Abfalltheile von Gerbereien enthielt, soll in 3 Fällen, das Auf¬
treten des Milzbrandes herbeigeführt haben. Zwei Ausbrüche werden
dadurch erklärt, dass sich auf demselben Gehöfte Schlächtereien befanden.
Abgesehen von dem bereits erwähnten Auftreten des Rausch-
brandes im Reg.-Bez. Schleswig und im Landdr.-Bez. Stade sind
vereinzelte Fälle dieser Krankheit in den Reg.-Bez. Breslau, Minden,
Arnsberg, Wiesbaden und Aachen vorgekommen. Im Uebrigen ent¬
hält das statistische Material nur sehr selten und dann nur dürftige
Angaben über die beobachtete Form der Milzbranderkran¬
kungen; namentlich erwähnt dasselbe nur ganz ausnahmsweise, dass die
Krankheit mit Bildung von Karbunkeln verbunden war oder einen
mehr zögernden Verlauf nahm. Im Allgemeinen kann wohl behauptet
werden, dass die Form des apoplektischen Milzbrandes am häufigsten
beobachtet worden ist.
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Milzbrand.
17
Der Milzbrand ist je einmal in den Schlachthäusern zu Görlitz
und Frankfurt a. M. bei Mastrindern, und in den Provinzen Posen,
Schlesien und Sachsen häufig bei nothgeschlachteten Thieren constatirt
worden.
Die 884 an Milzbrand gefallenen Schafe vertheilen sich auf die
nachstehend genannten Kreise; ein im Kreise Rössel erkranktes Schaf
ist genesen.
1.
Kreis Rössel*,
Landkreis Danzig*,
Kreis Rosenberg*,
Reg.-Bez. Königsberg,
in
1 Geh.
17 Schafe.
2.
-
Danzig,
1
39
3.
-
Marienwerder,
1
- **
10
4.
Thorn,
-
-
2
„ **
31
5.
Beeskow-Storkow*,
Potsda m,
Frankfurt,
1
7
6.
Guben*,
1
158
7.
Lebus*,
Regenwalde*,
-
1
280
8.
Stettin,
1
55
9.
Saatzig,
-
3
38
10.
Kröben,
Posen,
3
- **
48
11.
öbornik*.
-
1
25
12.
Pieschen *,
-
1
- **
8
13.
Kolmar*,
Neumarkt*,
Goldberg-Haynau *,
Landkreis Liegnitz*,
Kreis Gross-Strehlitz*,
Bromberg,
1
40
14.
Breslau,
1
. **
20
15.
Liegnitz,
1
1
16.
-
1
9
17.
Oppel n.
2
4
18.
Liebenwerda,
Merseburg,
1
.
14
19.
Mansfelder Seekreis*
-
1
30
20. Kreis Querfurt*,
-
4
-
13
21.
Mühlhausen*,
Erfurt,
1
-
15
-
22.
Di 11 kreis*,
Wiesbaden,
Zusammen
in
22 -
52 Geh.
22 -
884 Schafe.
In den mit ** bezeichneten Gehöften herrschte der Milzbrand
gleichzeitig oder doch während des Berichtsjahres auch unter dem
Rindvieh.
In Raschung, Kr. Rössel, waren die Cadaver der in früheren
Jahren an Blutseuche gefallenen Schafe mit dem Dünger auf den
Acker gebracht worden. Der Ausbruch in Heinrichau, Kr. Rosenberg,
soll dadurch bedingt worden sein, dass der Schäfer nach dem Aus¬
schlachten eines an Milzbrand erkrankten Ochson Geburtshilfe bei
einem Mutterschafe geleistet hatte. Die 7 Schafe im Kreise Beeskow-
Storkow erkrankten nach dem Beweiden eines überschwemmt gewe¬
senen Ackerstückes. Der Verlust in Golzow, Kr. Lebus, erreichte fast
den vierten Theil der ganzen Herde. Die Ausbrüche in den Kreisen
Guben, Regenwalde, Saatzig und Querfurt betrafen Schafbestände, in
denen der Milzbrand fast alljährlich vorkommt.
Die 36 an Milzbrand gefallenen Schweine vertheilen sich auf
die Kreise:
Archiv f. wisscii.sch. u. prnkt. Thicrhoilk. IX. Suppl.-Heft 2. 2
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18 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
1. Kreis Randow*, Reg.-Bez. Stettin, in 1 Geh. 25 Schweine.
2. - Pieschen*, - Posen, -2-** 4
3. - Kiel*, - Schleswig, - 1 - ** 4
4. - Lingcn*, Landdr.-Bez. Osnabrück, - 1 - ** 2
5. Warendorf*, Reg.-Bez. Mü nster, -1 -** 1
Zusammen in 6 Geh. Schweine.
In den mit ** bezeichneten Gehöften herrschte der Milzbrand
gleichzeitig unter dem Rindvieh; meistens konnte angenommen werden,
dass die Schweine Blut oder Theile von nothgeschlachteten an Milz¬
brand erkrankten Rindern verzehrt hatten. Der Ausbruch im Kreise
Randow ist durch eine genaue Section und durch die mikroskopische
Untersuchung des Blutes festgestellt. Die Cadaver wurden durch Ver¬
brennen unschädlich beseitigt; die Ursachen waren nicht zu ermitteln.
Die Tabellen erwähnen keinen Fall, in welchem ein an Milzbrand
erkranktes Schwein genesen ist.
Diejenigen Schweine, welche in den Berichten als an Milzbrand
gefallen angeführt werden, anscheinend jedoch an der sogenannten
Schweineseuche gelitten haben, sind bei Zusammenstellung des Jahres¬
berichts nicht berücksichtigt worden.
Das statistische Material enthält keine Mittheilungen über das
Vorkommen von Milzbrandfällen bei dem Roth- und Schwarzwild.
Eine grössere Anzahl von Hunden und Katzen ist nach dem
Verzehren von Blut oder Fleisch geschlachteter oder gefallener milz¬
brandkranker Thiere crepirt.
Abgesehen von den beiden Mansfelder Kreisen und dem Kreise
Sangerhausen, Reg.-Bez. Merseburg, — welche wir S. 15 des sechsten
Jahresberichts bereits erwähnt haben, — sind weitere Milzbrand¬
bezirke, in denen die Pflicht zur Anzeige von sporadischen Milz-
brandfäller aufgehoben ist, nach § 11 des Reichsgesetzes vom
23. Juni 1880 nicht gebildet worden. Aus dem Mansfelder See¬
kreise erfahren wir, dass die sporadischen Milzbrandfälle sehr zahl¬
reich waren, dass ein seucheartiges Auftreten der Krankheit jedoch
nicht beobachtet worden ist.
Aus der Provinz Posen wird, wie in früheren Jahren, berichtet,
dass die dortige Bevölkerung mitunter keinen Anstand nimmt, das
Fleisch von an Milzbrand gefallenen Thieren zu geniessen. In Zamys-
lowo, Kr. Posen, waren sämmtliche 3 Cadaver vor Constatirung der
Krankheit verzehrt; und in Bieganowo, Kr. Wreschen, wurden während
der Section zwei Schenkel eines an Milzbrand crepirten Rindes ge¬
stohlen, man fand dieselben später bei den Arbeitern des Gutes vor.
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Tollwuth.
19
ln Folge von Milzbrandinfection sind — abgesehen von einigen
Fällen, in denen genauere Angaben fehlen — 15 Menschen heftig
erkrankt und von diesen 6 gestorben. Eine Infection ging von
Schafen, die übrigen von Rindern aus. Im Landkreise Königsberg
inlicirte sich ein Mann, welcher Manipulationen an einer milzbrand¬
kranken Kuh vorgenommen hatte; in allen übrigen Fällen erfolgte
die Infection bei dem Abhäuten oder Zerlegen von Milzbrandcadavern.
Ein Mensch inficirte sich am 4., erkrankte am 8. und starb am
10. Juli 1882.
2. Die Tollwuth.
Die Zahl der Hunde, bei welchen die Tollwuth constatirt wurde,
ist erheblich geringer als die entsprechende in den Jahren, auf welche
sich unsere ersten sechs Jahresberichte beziehen. In die Colonne
„herrenlose wuthverdächtige Hunde getödtel“ der Tabelle S. 20 und 21
sind nur diejenigen Fälle aufgenommen, bei denen der Wuthverdacht
durch eine weitere Untersuchung bezw. durch die Scction der getödte-
ten Hunde bestätigt wurde. Dagegen haben wir bei Zusammenstellung
der Tabelle die wuthverdächtigen Erkrankungen ebenso wenig berück¬
sichtigt wie diejenigen Angaben über das Vorkommen der Tollwuth,
welche den Berichterstattern nur nach den Veröffentlichungen in den
Kreis- und Amtsblättern bekannt geworden sind.
Die zahlreichsten tollen Hunde (incl. der herrenlosen) entfallen
auf die nachstehend genannten Regierungs- bezw. Landdrostei-Bezirke:
Reg.-Bez.
Königsberg
62 Hunde gleich
9,25 pCt.
-
Gumbinnen
75 -
-
11,20 -
-
Marienwerder
51 -
-
7,61 -
-
Posen
98 -
-
14,63 -
-
Bromberg
29 -
-
4,17 -
-
Breslau
52 -
-
7,76 -
-
Oppeln
50 -
-
7,46 -
Landdr.-Bez.
Hildesheim
26 -
-
3,88 -
Reg.-Bez.
Minden
45 -
-
6,72 -
-
Arnsberg
32 -
-
4,77 -
In 10 Bezirken 520 Hunde gleich 77,45 pCt.
Die Tollwuth ist mithin — wie im vorigen Berichtsjahre —
besonders häufig in den Regierungs-Bezirken an der öst¬
lichen Landesgrenze und ausserdem in Westfalen aufge¬
treten. Ein grosser Theil der in den östlichen Grenzbezirken ge-
tödteten herrenlosen Hunde soll aus Polen bezw. Oesterreich über¬
gelaufen sein. Auf die Reg.-bezw. Landdr.-Bez. Potsdam, Frankfurt,
2 *
Digitized by
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20 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten,
Im ersten Quartal
Im zweiten Quartal
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Provinz.
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—
—
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14
23
11.
Hessen-Nassau
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—
—
—
—
2
6
—
—
—
—
—
—
—
—
1
1
12.
Rheinprovinz .
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—
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—
—
1
—
—
—
—
—
—
-
—
—
1
1
13.
Hobenzollern-
sche Lande .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
-
—
—
—
—
Summa
108
208
145
1
21
4
8
69
183
99
178
107
1
39
5
4
62
157
77
132
Im Berichts¬
jahre 1881/82
135
286
186
L
22
4
88
_I
477
125
240
150
1
1
81
8
10
70
227
85 1
145
Im Berichts¬
jahre 1882,83
mehr
_
i
4
4 1
weniger
27
78
41
—
1
—
—
19
294
26
62
43
42
3
6
8
70
8
13
Regierungs- bezw. Landdrostei-Bezirke, in denen Fälle von Tollwuth nickt
Berlin 2. 3. 4. Quartal. Stettin 2. 3. 4. Quartal. Köslin 4. Quartal. Stralsund 1.
Quartal. Erfurt 2. 3. 4. Quartal. Schleswig 2. 3. 4. Quartal. Lüneburg 1. 2. 3.
Wiesbaden 1. 2. Qu. Koblenz 1. 2. 3. 4. Qu. Düsseldorf 2. 3. Qu. Köln
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Tollwulli
21
vorgekonMen sind, nebst Angabe der seucbefrei gebliebenen Quartale.
2. 3. 4. Quartal. Licgnitz 3. 4. Quartal. Magdeburg 3. 4. Quartal. Merseburg 3 4.
4. Quartal. Stade 2. Quartal. Aurich 1. 2. 3. 4. Quartal. Kassel 2. 3. 4 Quartal,
J. 2. Qu. Trier }. 2. 3. Qu. Aachen 1. 2. 3. Qu. Sigmaringen 1. 2. 3. 4- Qu.
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22 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Köslin, Liegnitz, Merseburg, Hannover, Stade, Osnabrück,
Münster entfallen 10—19, auf die Reg.-Bez. Danzig, Stettin,
Magdeburg, Wiesbaden, Kassel, Düsseldorf, Köln und Aachen
2—7 tollkranke und herrenlose Hunde, und in den Reg.-Bez. Erfurt,
Schleswig, Trier, sowie in der Stadt Berlin ist die Tollwuth nur
bei je einem Hunde constatirt worden. Der in Berlin tollkrank be¬
fundene Hund war kurz vorher mit seinem Herrn aus Frankfurt a. M.
gekommen und ist jedenfalls in dem zuletzt genannten Orte inficirt
worden. Da der Hund in Berlin keine Berührung mit anderen Hun¬
den gehabt hatte, konnte von der Anordnung einer Hundesperre Ab¬
stand genommen werden. Die Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Stralsund,
Lüneburg, Aurich und Sigmaringen blieben das ganze Jahr hin¬
durch frei von der Tollwuth.
Die Wuthkrankheit ist ausserdem bei 7 Katzen im Laufe des
Berichtsjahres constatirt worden.
Die Zahl der nach § 19 der Instruction vom 24. Februar 1881
getödteten Hunde ist sehr viel grösser gewesen, als die Tabelle S. 20
und 21 angiebt; denn die Berichte erwähnen sehr häufig, dass alle
mit tollkranken in Berührung gekommenen Hunde getödtet worden
sind, ohne die Zahl solcher Hunde mitzutheilen. Dagegen führen die
Tabellen zur Viehseuchenstatistik nicht selten an, dass angeblich in
dem betreffenden Bezirke noch mehrfach Fälle von Tollwuth vorge¬
kommen sein sollen, welche nicht zur Kenntniss der Behörden gelangten.
Die bei weitem grösste Anzahl von Ausbrüchen der Wuthkrank¬
heit ist durch den Biss fremder, herrenlos umherschweifender Hunde
veranlasst worden, welcher von den Besitzern der gebissenen Hunde
meistens wenig oder gar nicht beachtet wurde. Im 1. Quartal wurde
die Erlaubnis, nachweislich von tollkranken oder tollverdächtigen
gebissene Huude nach § 19, Alin. 3 der Instruction einzusperren und
einer Observation zu unterwerfen, von den Behörden verhältnissmässig
häufig ertheilt. Die Tödtung solcher Hunde erfolgte mehrfach erst,
nachdem die Hunde an der Wuth erkrankt waren, oder die Hunde
fanden Gelegenheit zu entweichen und die Krankheit weiter zu ver¬
breiten. Nachdem eine Circularverfügung des Herrn Ministers ange¬
ordnet hatte, dass die Erlaubniss nach § 19, Alin. 3 der Instruction
nur ausnahmsweise bei besonders werthvollen Hunden und stets nur
unter der Voraussetzung ertheilt werden dürfe, dass die Absperrung
eine vollkommen sichere sein müsse, ist eine Observation von
Hunden, welche von tollkranken oder toll verdächtigen ge-
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Tollwuth.
23
bissen waren, in den letzten drei Quartalen des Berichts¬
jahres unter Zustimmung der Behörden in keinem Falle
vorgekommen. Das statistische Material erwähnt vielmehr häufig,
dass die Gesuche der Besitzer um Gestattung einer dreimonatlichen
Observation gebissener Hunde abschläglieh beschieden worden, und
dass die Behörden mit der Tödtung solcher Hunde sehr viel strenger
als früher vorgegangen sind.
Das statistische Material über das Vorkommen der Tollwuth bei
Hunden beschränkt sich fast durchweg auf die Angabe der nackten
Zahlen und enthält im Uebrigen keine Mittheilungen von veterinär¬
polizeilichem Interesse.
Abgesehen von den in der Tabelle angeführten, an der Tollwuth
erkrankten Pferden, Rindern, Schafen und Schweinen wurde
die Krankheit ausserdem im Reg.-Bez. ßromberg bei 3 Eseln und im
Reg.-Bez. Königsberg bei 1 Ziege constatirt. Grössere Verluste an
Rindvieh erlitten die nachstehend genannten Bestände:
Bestand erkrankt
Braunswalde,
Kr. Allenstein,
Reg.-Bez. Königsberg,
12 St Rindv., 11 St. Rindv.
Neuendorf,
- Teltow,
Potsdam,
15 - - 7 -
Tuchen,
- Bütow,
Köslin,
10 - - 5 -
Radlin,
Pieschen,
Posen,
4 - - 4 -
Meltendorf,
- Schweinitz,
Merseburg,
19 - - 4 -
Im Uebrigen blieben die Wuthfälle bei den landwirtschaftlichen
Hausthieren, welche fast durchweg durch den Biss tollkrank gewor¬
dener Hirtenhunde veranlasst wurden, zum grössten Theil ganz ver¬
einzelt.
In Kolaczkowo, Kr. Wreschen, Reg.-Bez. Posen, ist eine an Wuth-
krankheit gefallene und zur Feststellung der Krankheit secirte Kuh
von der Familie des Eigentümers verzehrt worden.
Von sicher beobachteten Incubationszeiten erwähnt das
statistische Material:
bei Hunden je einmal 6, 9, 10, 12, 15, 18, 20, 22, 26, 27, 28, 35, 37,
38, 40, 41, 42, 46, 47, 74, 78, 106, 113, 120 Tage;
bei einer Katze 28 Tage;
bei Rindvieh zweimal 2Q, je einmal 16, 17, 23, 28, 29, 30, 43, 44, 58,
112, 125 Tage;
bei Schafen je einmal 14, 19, 38 Tage:
bei Schweinen je einmal 8, 17, 20, 21, 22, 30, 35, 37, 44, 49, 53,
59 Tage.
In Wochowsee, Kr. Bceskow-Storkow, Reg.-Bez. Potzdam, waren
in einem mit 26 Stück Rindvieh besetzten Stalle vom September 1880
bis Februar 1881 16 Stück an der Tollwuth gefallen. Am 8. Januar
1883, mithin 2 Jahre und 4 Monate nach dem ersten Fall, erkrankte
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24 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
wieder eine Kuh an Tollwuth. Eine spätere wiederholte lnfection
liegt nach Angabe des Berichterstatters ausser dem Bereiche der Mög¬
lichkeit In Adlich Klein-Rauschwarren, Kr. Tilsit, Reg.-Bez. Gum¬
binnen, ist angeblich bei einem Stück Rindvieh eine lncubationsdauer
von 7 Monaten beobachtet worden. Ein Schwein im Reg.-Bez. Münster
wurde 2 Monate hindurch, nachdem es von einem tollen Hunde ge¬
bissen worden war, unter Observation gehalten; es erkrankte erst
gegen Ende des dritten Monats.
Im ersten Quartal wurde bei einem, im zweiten bei drei Men¬
schen ein Ausbruch der Wasserscheu beobachtet. Das sta¬
tistische Material enthält über diese Fälle folgende Bemerkungen:
Ein in Krotoschin, Reg.-Bez. Posen, am 13. August 1882 von
einem tollen Hunde gebissener Mensch starb an der Wasserscheu am
27. September 1882.
In Laboschowitz, Kr. Tost-Gleiwitz, Reg.-Bez. Oppeln, starb ein
Mann, welcher 3 Wochen vorher von seinem eigenen Hunde gebissen
worden war.
In Straack, Kr. Wittenberg, Reg.-Bez. Merseburg, starb eine Frau
nach einer Incubationszeit von 50 Tagen.
In Rosenberg, Kr. Warburg, Reg.-Bez. Minden, starb ein Schäfer,
welcher 3 Wochen vorher von seinem eigenen Hunde gebissen wor¬
den war.
3. Die Rotz-Wurmkranklieit.
Die Zahl der getödteten und gefallenen rotz-wurm-
kranken Pferde hat gegen das vorhergehende Berichtsjahr
im Ganzen um 729 abgenommen; die Vergleichung am Fusse der
Tabelle S. 26 und 27 zeigt ferner, dass die Zahl der Kreise, Ort¬
schaften und Gehöfte, in denen die Seuche auftrat, eine
erheblich geringere geworden ist.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observa¬
tion in 104 Beständen fort, in denen Ausbrüche der Rotz-Wurm¬
krankheit noch nicht als getilgt erachtet werden konnten. Dasselbe
war am Schlüsse des vorigen Berichtsquartals bei 109 Pferdebestan¬
den der Fall.
Die Verluste an getödteten und gefallenen rotz-wurmkranken
Pferden waren in den drei ersten Quartalen des Berichtsjahres fast
dieselben; die Steigerung derselben im 4. Quartal wurde durch die
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Rotz-Wurmkranklieit.
25
aussergewöhnlich zahlreichen Erkrankungen in zusammen 3 Pferde¬
beständen der Reg.-Bez. Königsberg und Düsseldorf bedingt.
Der Gesaramtbestand aller Gehöfte, in denen die Rotz-
Wurmkrankheit zum Ausbruch gelangte, betrug:
1881 8*2 1882 83
im 1. Quartal 2499 Pferde, 1963 Pferde,
- 2. - 3142 - 2026
- 3. - 2623 - 1359
- 4. - 2372 - 1663 -
und berechnet sich für das ganze Berichtsjahr mit Rücksicht darauf,
dass die Seuche in zahlreichen Beständen durch zwei Quartale, selbst
theilweise noch längere Zeit andauerte, auf 4734 Pferde.
Im Verhältniss zur Gesammtzahl der verseuchten Be¬
stände stellt sich der Verlust an getödteten und gefallenen
Pferden:
1881/82 1882/83
im 1. Quartal auf 24,72 pCt., auf 19,75 pCt.
- 2. - 18,90 - - 19,10 -
- 3. - 21 65 - - 27,60 -
- 4. - 21,90 - - 25,19 -
Mithin macht sich in den beiden letzten Quartalen des Berichtsjahres
eine nicht unerhebliche Steigerung des Procentsatzes bemerklich, welche
im Wesentlichen durch das Bestreben veranlasst ist, eine schleunige
Tilgung der Rotz-Wurrakrankheit durch die sofortige Tödtung aller
der Seuche verdächtigen Pferde herbeizuführen. Für das ganze Be¬
richtsjahr berechnet sich der Verlust auf 33,12 pCt. der in den ver¬
seuchten Gehöften vorhandenen Bestände, und für die einzelnen Pro¬
vinzen, wie folgt:
Ostpreussen
34,23 pCi.
Schleswig-Holstein
69,00 pCt.
Westpreussen
22,00 -
Hannover
45.88 -
Brandenburg
35,40 -
Westfalen
47,62 -
Pommern
35,87 -
Hessen-Nassau
44,44 -
Posen
31,43 •
Rheinprovinz
29,68 -
Schlesien
47,86 -
Hohenzollernsche Lande 85,71 -
Sachsen
33,20 -
Die Tabelle Seite 28 giebt in abgerundeten Procent¬
sätzen das Verhältniss an, in welchem sich die getödte¬
ten und gefallenen rotz - wurmkranken Pferde während
der einzelnen Quartale und im Berichtsjahre auf die ver¬
schiedenen Provinzen vertheilen,
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*26 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
■ü
Im ersten Quartal
Im zweiten Quartal
Im
drit
ü
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Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Pferde
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Zahl der Gehöfte.
1
Pferde
fl
Zahl der Gehöfte.
Laufende Numm
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Zahl der Kreise.
erkrankt.
gefallen.
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ordnung getodtet.
auf Veranlagung der
Besitzer getodtet.
Zahl der Kreise.
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erkrankt.
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ordnung getodtet.
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Zahl der Kreise.
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Ostpreussen . . .
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Westpreussen . .
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Brandenburg. . .
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Pommern.
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19
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Posen.
19
33
35
89
6
73
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16
45
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18
37
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6.
Schlesien.
31
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94
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Sachsen .
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17
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7
11
13
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3
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Westfalen ....
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Hessen-Nassau . .
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—
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12.
Rheinprovinz. . .
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Hohenzollernsche
Lande .
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—
Summa
11*2
181
193
374
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337
29
108
175
188
378
18
323
46
96
160
177
Im Berichtsjahre
1881/82 ....
1*25
207
231
603
35
510
41
141
241
281
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116
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Im Berichtsjahre
1882 83: mehr
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—
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41
53
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Rotz-Wurmkrankheit.
27
teil Quartal
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vierten Quartal
1
Im Berichtsjahre
Regierungs- bezw.
Pferde
5
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Pferde
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Zahl der Gehöfte.
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Landdrostei-Bez,
in denen die Rotz-
1 erkrankt.
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ordnung gctodtct.
auf Veranlassung der
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Zahl der Kreise.
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Zahl der Gehöft
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auf polizeiliche An¬
ordnung getodtet.
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Besitzer getodtet.
Wurmkrankheit
nicht beobachtet
wurde,.nebst Angabe
der seuchefrei ge¬
bliebenen Quartale.
32
1
26
1
6
9
14
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Gumbinnen 4. Qu.
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—
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170
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4
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5
Stralsund 2. 3. Qu.
110
8
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3
16
41
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24
105
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37
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174
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15
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14
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—
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Erfurt 2. 3. 4. Qu.
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6
5
1
14
31
| 34
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34
2
Stade 1. 2. 3. 4. Qu.
Lüneburg 2. 4. Qu.
Osnabrück 3. 4. Qu.
Aurich 1. 2.3.4. Qu.
6
1
5
3
3
3
3
3
6
6
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Münster 1. 2. 3. Qu.
Minden 1. 2. Qu.
Arnsberg 1. Qu.
—
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2
2
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1
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Kassel 3. 4. Qu.
Wiesbaden 2. 3. Qu.
3
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1
6
6
6
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2
13
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219
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2
57
6
Koblenz 1. Quartal.
Düsseldorf 3. Qu.
Trier 3. 4. Qu.
Aachen 3. Quartal.
—
—
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1
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6
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Sigmaringen 1 3.Qu.
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219 1
531
611
4734
-
1547
80
1369
129
565
29
519
20
131
205 215
496
2oj
460
34
243
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699
—
2243
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12
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30
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81
12
24
90
88
—
696
47
679
3
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28 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
1 .
Quartal.
2.
Quartal.
3.
Quartal.
4.
Quartal
Im
Berichts¬
jahre.
Im Jahre
1881/82.
An Rotz-Wurmkrankbeit
gefallene und wegen der¬
selben getödtete Pferde
387
387
375
419
1568
2297
Davon in .
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
Ostpreussen.
6,18
2,57
7,46
9,55
6.51
7.86
Westpreussen.
20,15
23,50
11.74
10,98
16,52
18,75
Brandenburg .
6.00
8,80
11.46
C,20
8,00
8,60
Pommern.
5.42
2.32
2 14
5,50
3,90
4,46
Posen.
21,18
28,00
2854
27,69
26.35
26,10
Schlesien . ..
25,84
23,00
24,80
20,77
23.54
16,10
Sachsen .
440
4.60
8,00
5,00
5.49
4,13
Schleswig-Holstein ....
2,84
1,30
0,53
0,48
1 27
0,96
Hannover.
2,84
2.84
2,93
1,43
2.49
3.22
Westfalen.
0.00
0 25
1,60
0,72
0,64
0,52
Hessen-Nassau.
2,31
0,25
0,00
0,48
0.77
1,10
Rheinprovinz.
2,84
2,32
0,80
10,00
4,14
8.20
Hohenzollernsche Lande .
0,00
0,25
0,00
1,20
0,38
000
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Die Berechnung zeigt, dass die Provinzen Westpreusscn, Posen
und Schlesien, wie in früheren Jahren, die bedeutendsten Verluste
erlitten haben; von der Gesammtzahl aller getödteten und gestorbenen
rotz-wurmkranken Pferde entfallen 66,41 pCt. — fast genau 2 / 3 —
auf diese drei Provinzen. In den letzten fünf Jahren betrug derselbe
Procentsatz:
in Westpreussen 14,90 10,30. 18,72. 18,75. 16.52.
- Posen 21,00. 20,50. 12,96. 26,10. 26,35.
- Schlesien 15,40. 19,00. 30,56. 16,10. 23,54.
und aus dieser Vergleichung ergiebt sich, dass die Tilgung der Rotz-
Wurmkrankheit in diesen drei Provinzen noch keine wesentlichen Fort¬
schritte gemacht hat. Die Steigerung des Procentsatzes in den beiden
letzten Jahren wird jedoch zum Theil dadurch bedingt, dass die Zahl
der Rotzfälle in den übrigen Provinzen abgenommen hat. Die Ver¬
gleichung weist eine Verminderung der Rotzfälle in der Rheinprovinz
nach. Die für die anderen Provinzen berechneten Verhältnisszahlen
zeigen in den beiden letzten Jahren keine erheblichen Schwankungen.
Wir stellen, wie S. 28—50 unseres sechsten Jahresberichts, die
Verbreitung der Rotz-Wurmkrankheit in den einzelnen Provinzen zu¬
sammen und führen ausserdem genauer diejenigen Seucheausbrüche
an, in denen eine grössere Anzahl von Pferden desselben Bestandes
gefallen ist oder getödtet wurde. Wir wollen der Kürze wegen diese
Seuchefälle wieder als „grössere Rotzausbrüche“ bezeichnen.
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Rotz-Wurmkrankheit,
*29
1. Ostpreussen.
1
Quartal
2
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Jahre
1881/82
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Neidenburg ....
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11.
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13 |
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12
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—
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2.
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Insterburg.
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—
11
110 |
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15
60
Im Berichtsjahre sind 73 rotz-wurmkranke Pferde weniger als im
vorhergehenden Jahre gefallen bezw. getödtet. Von den 102 rotz-wurra-
kranken Pferden entfallen 71 auf die nachstehend genannten Bestände;
Lichtenhagen,
Landkr. Königsberg, 8 Pferde Bestand,
5 Pferde getödtet.
Gross-Bärwalde,
Kreis Labiau, 16
-
16 -
Labiau (5 Geh.),
16
-
13 -
Marienthal,
Rastenburg, 13
-
5 -
Rudstaunen,
Gumbinnen, 7
-
7 -
Schillingen,
Pilkallen, 17 -
-
5 -
Skomatzko,
Lyck, 41
-
20 -
Zusammen in 11 Gehöften 118 Pferde Bestand, 71 Pferde getödtet.
Digitized by
Google
30 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Das Auftreten der Rotz-Wurmkrankheit unter dem Bestände in
Lichtenhagen wurde durch den Ankauf von zwei kranken Pferden aus
Kreuzburg bedingt und gab Anlass zur Verschleppung der Krankheit in
die beiden verseuchten Gehöfte der Stadt Königsberg und des Kreises
Pr.-Eylau. Die längere Zeit fortgesetzte Verheimlichung der Rotz-
Wurmkrankheit unter den Pferden eines Hausirhandel mit Pferden
betreibenden Fleischers in Labiau gab Anlass zu den Ausbrüchen in
Gr.-Bärwalde, Labiau, Pcsantinen, Kr. Labiau und Tapiau, Kr. Weh-
lau. Von den 6 oben genannten Beständen in Gr.-Bärwalde und
Labiau blieben nur 3 Pferde am Leben. Am Schlüsse des Berichts¬
jahres standen im Kreise Labiau noch 270 Pferde wegen Verdachtes
der Ansteckung unter Observation. In Marienthal hatte die Rotz-
Wurmkrankheit auch vor 5 Jahren geherrscht, die erneute Einschlep¬
pung wird auf den Ankauf einiger Pferde von kleinen Händlern zu¬
rückgeführt. In Skomatzko ist der Ausbruch bereits im 4. Quartal des
vorigen Berichtsjahres constatirt worden, nachdem der Pächter dieser
Domäne das Herrschen der Krankheit 7 Monate lang nicht zur An¬
zeige gebracht hatte. Der Gesammtverlust beträgt 27 Pferde. Die
Tilgung der Seuche wurde dadurch wesentlich erschwert, dass die
Schutz- und Tilgungsmassregeln nicht mit der erforderlichen Sorg¬
falt ausgeführt wurden; zur Ueberwachung der Massregeln musste
ein Gensdarm am Orte stationirt werden. Auch in Rudstaunen er¬
langte die Krankheit in Folge längere Zeit fortgesetzter Verheim¬
lichung eine bedeutende Verbreitung. Der Besitzer hatte ein Pferd,
um dasselbe in aller Stille beseitigen zu lassen, einem Abdecker zum
Tödten übersandt, welcher jedoch die Anzeige leistete und das Herr¬
schen der Krankheit zur Kenntniss der Behörde brachte. Wegen Ver¬
heimlichung der Seuche ist der Besitzer unter Anklage gestellt, von
dem Schöffengericht auch zu Strafe verurtheilt, vom Landgericht jedoch
freigesprochen worden. Ueber den Ausbruch in Schillingen ist ausser
den Zahlen nichts mitgetheilt worden.
Die übrigen 31 rotz-wurrakranken Pferde in Ostpreussen verthei¬
len sich auf zusammen 24 Bestände mit zusammen 180 Pferden. Ein
Rotzfall kam unter dem Bestände in Klein-Steinort, Kr. Angerburg,
vor, welcher im vorigen Berichtsjahre 13 Pferde an der Rotz-Wurm-
krankheit verloren hatte.
Ein Besitzer in Ridbach, Kr. Rössel, durchbrach die über seine
beiden der Ansteckung verdächtigen Pferde verhängte Sperre. Als
die Tödtung der Pferde angeordnet wurde, waren dieselben aus dem
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Rotz-Wurmkrankheit.
31
bewachten Stalle verschwunden; sie wurden erst nach einiger Zeit im
benachbarten Kreise Allenstein ermittelt, sodann auf polizeiliche An¬
ordnung getödtet, bei der Section jedoch nicht rotzkrank befunden.
Diese Pferde sind in die Tabelle nicht aufgenommen worden.
8 Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft
worden, darunter 2 in Russland, je ein rotz-wurmkrankes Pferd wurde
auf den Märkten in Osterode und Neidenburg ermittelt.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observation von der
Ansteckung verdächtigen Pferden in zusammen 12 Beständen noch fort.
2. Westpreussen.
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
im
Jahre
1881/82
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
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175
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32 Jahresbericht über die Verbreitung anstechender Thierkrankheiten.
Obgleich ausser der Stadt Danzig kein Kreis frei von
der Rotz-Wurmkrankheit blieb, macht sich doch — wie die
nachstehende Tabelle zeigt — im Reg.-Bez. Danzig eine auffallende
Abnahme der Rotz-Wurmerkrankungen bemerkbar. Es verdient nament¬
lich hervorgehoben zu werden, dass in dem Kreise Pr.-Stargard, wel¬
cher während des vorigen Berichtsjahres der am stärksten verseuchte
des Staates gewesen ist, nur 8 Fälle von Rotz-Wurmkrankheit beob¬
achtet wurden, welche sich auf 5 kleine Bestände vertheilen.
Dagegen ist die Verbreitung der Seuche im Reg.-Bez. Marien¬
werder noch eine sehr bedeutende und hat die Zahl sowohl der ver¬
seuchten Gehöfte als auch der getödteten und gefallenen Pferde gegen
die entsprechende des vorigen Jahres sogar etwas zugenommen. Am
stärksten verseucht war der Kreis Strassburg.
In den nachstehend genannten 31 Beständen sind 168 Pferde
(63,71 pCt.) getödtet worden bezw. gefallen.
Srippau,
Kreis
Berent,
Bestand
37 Pferde,
getödtet
12 Pferde,
gefallen
1 Pferd.
Gemlitz,
Landkr. Danzig,
26
-
5
-
—
Gross-Böhlkau,
-
-
46
3
-
1
Löblau,
-
-
8
1
-
—
Wöcklitz,
Kreis
Elbing,
Marienburg,
9
1
-
—
Alt-Weichsel,
29
4
-
—
Wernersdorf,
-
14
8
-
—
Rekau,
Neustadt,
31
3
-
1
Hansgut,
Graudenz,
15
4
-
—
Rehden,
Weissheide,
-
6
4
-
—
-
10
4
-
—
Jacobsdorf,
Könitz.
27
4
-
—
Jagdhaus,
Dt.-Krone,
4
2
-
—
Betbkenhammer,
-
21
7
-
—
Paceltowo (2 Geh.),
Löbau,
19
4
-
—
Adl.-Lichtenau,
Marienwerder,
30
2
-
—
Adl.-Liebenau,
.
30
14
-
—
Räuden,
-
6
6
-
—
Bärenwalde, Hütte<
Schlochau,
30
6
.
—
Guttowo,
Strassburg,
41
5
-
—
Malken,
-
39
6
-
—
Karbowo,
-
139
3
-
—
Lissewo,
-
8
8
-
—
Strassburg,
-
-
7
6
-
1 -
-
-
-
19
4
-
—
Choyno,
-
-
33
10
-
—
Kosirog,
-
-
37
1
-
—
Culmsee,
-
Thorn,
23
10
-
—
Schwersen,
-
-
65
10
-
—
Warczewice,
-
-
50
7
-
— -
Zusammen in
31 Gehöften 859
Pferde,
164
Pferde,
4 Pferde.
Von den oben angeführten Beständen dauerte in den nachstehend
genannten das Herrschen der Rotz-Wurmkrankheit aus dem vorigen
Digitized by t^.ooQle
Rotz-Warmkrankheit.
33
Berichtsjahr fort; wir fügen jedem Bestände die Zahl der Pferde bei,
welche seit Constatirung der Krankheit getödtet worden oder ge¬
fallen sind:
Gemlitz
23 Pferde,
Jagdhaus
4 Pferde,
Gross-Böhlkau
12 -
AdL*Lichtenau
7 -
Loblau
6 -
Adl.-Liebenau
21 -
Wocklitz
4 -
Guttowo
6
Alt-Weichsel
8 -
Malken
7 -
Hansgut
15 -
Warczewice
34
Jacobsdorf
18 -
Kosirog
5 -
170 Pferde.
Der Verlast beträgt 43,48 pCt. des Bestandes der zuletzt genann¬
ten Gehöfte.
In Strippau soll die Rotz-Wurmkrankheit seit Jahren verheim¬
licht worden sein. In Wernersdorf hat die Seuche 1870 und 1875
unter den Pferden desselben Bestandes geherrscht. In Löblau kam
eine Rotzerkrankung über 6 Monate nach dem letzten vorher beob¬
achteten Falle vor. Die beiden verseuchten Bestände in Strassburg
gehörten Fuhrleuten. Unter dem Bestände in Schwersen gelangte
die Krankheit nach einem Zwischenraum von 2 Jahren zum erneuten
Ausbruch und in Warczewice sind längere Pausen zwischen den ein¬
zelnen Krankheitslallen beobachtet worden.
Im Uebrigen enthält das statistische Material keine näheren An¬
gaben über die oben erwähnten grösseren Rotzausbrüche; es wird
jedoch mehrfach angeführt, dass die Anzeige häufig sehr verspätet
gemacht oder ganz unterlassen, dass in einzelnen Fällen die Zahlung
der Entschädigung verweigert, und dass wegen Unterlassung der An¬
zeige Anklage erhoben worden ist.
Die abgesehen von den grösseren Seucheausbrüchen in West-
preussen beobachteten 91 Rotzerkrankungen vertheilen sich auf 61 Be¬
stände; 16 Pferde waren kurze Zeit vor Constatirung der Krankheit
angekauft, darunter 2 in Polen, je ein rotz-wurmkrankes Pferd wurde
auf den Märkten in Neustadt, Altmark und Grandenz ermittelt, 5 rotz¬
kranke Pferde gehörten hausirenden Handelsleuten oder Handwerkern
in den kleinen Städten. Eine grössere Anzahl von Rotzausbrüchen
wird auf Berührung mit kranken oder verdächtigen Pferden benach¬
barter Besitzer zurückgeführt. In den bei weitem meisten Fällen be¬
schränken sich die Mittheilungen der Tabellen auf die Angabe von
Zahlen.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observation von der
Ansteckung verdächtigen Pferden in 16 Beständen noch fort.
Archiv f. wissensch. u. prakt. Thierheilk. IX.
Suppl.-Heft 2.
Digitized by
3
Google
34 Jahresbericht über die Verbreitung; ansteckender Thierkrankheiten
3. Brandenburg.
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
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Jahre
1881/82
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gefallenen Pferde hat in den Reg.-Bez. Potsdam und Frankfurt erheb¬
lich abgenomraen, in Berlin sind die Verluste etwas geringer, die
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Rotz-W urmkrankhei t.
35
Zahl der Bestände, in denen die Rotz-Warmkrankheit auftrat, blieb
genau dieselbe wie im vorhergehenden Jahre.
Von den 126 getödteten und gefallenen Pferden gehörten 81
(64,28pCt.) den nachstehend genannten 8 Beständen an:
Ketzin,
Kreis Ost-Havelland, 22 Pf.
Bestand,
18 Pf.
getödtet,
— Pf. gefallen.
Rixdorf,
Teltow,
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Ost-Priegnitz,
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Zusammen in 3 Gehöften 232 Pf.
Bestand,
77 Pf. getödtet,
4 Pf. gefallen.
Der Ausbruch unter den Pferden eines Ziegeleibesitzers in Ketzin
soll durch ein altes, seit längerer Zeit dem betreffenden Bestände an¬
gehöriges Pferd bedingt worden sein, bei welchem durch die Seetion
sehr alte rotzige Veränderungen festgestellt wurden. Den Restbestand
von 4 Pferden hat der Besitzer auf eigene Veranlassung tödten lassen,
diese Pferde erwiesen sich jedoch bei der Seetion frei von Rotz. Der
Bestand in Rixdorf gehörte einem Besitzer in Berlin und war in dem
zuerst genannten Orte isolirt worden, die Krankheit herrschte aus
dem vorigen Jahre fort, von dem Bestände ist nur ein Pferd übrig
geblieben. In Mittenwalde ist die Rotz-Wurmkrankheit seit vielen
Jahren zeitweise aufgetreten, der letzte Ausbruch war vor 2 l / 2 Jahren
zur Kenntniss der Behörden gelangt. In Klostergut wurde der erste
Rotzfall am 22. September constatirt, nachdem einzelne kranke Pferde
seit dem Juni durch einen Empiriker behandelt worden waren. Bis
zum 30. October erwiesen sich sämmtliche 18 Pferde des Bestandes
mit der Rotz-Wurmkrankheit behaftet. Der zuerst angeführte Aus¬
bruch der Rotz-Wurmkrankheit in Berlin kam erst durch eine anonyme
Denunciation zur amtlichen Kenntniss, und auch der zweite Ausbruch
ist längere Zeit hindurch verheimlicht worden.
Die übrigen 45 in der Provinz getödteten bezw. gefallenen Pferde
vertheilen sich auf 30 Bestände mit zusammen 124 Pferden, 7 Pferde
waren kurze Zeit vor Constatirung der Krankheit angekauft worden,
3 rotzkranke Pferde wurden auf der Rossschlächterei in Berlin, 4 auf
der Abdeckerei in Britz ermittelt; der letzteren waren sie zur heim¬
lichen Beseitigung übergeben worden. Je ein Ausbruch ertolgte durch
Infection, welche von den Pferden einer Kunstreitertruppe ausging
bezw. durch Berührung mit kranken Pferden der Nachbarschaft und
durch Einschleppung aus der Provinz Posen, zwei Ausbrüche wurden
3*
Digitized by
Google
36 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
dadurch bedingt, dass Stuten einem Hengste, welcher in einem ver¬
seuchten Gehöft stand, zugeführt wurden. Ein rotz-wurmkrankes
Pferd wurde herrenlos auf öffentlicher Strasse angetroffen.
In 5 Beständen dauerte die Observation der Ansteckung verdäch¬
tiger Pferde am Schlüsse des Berichtsjahres fort.
4. Pommern.
Die Zahl der getödteten und gefallenen rotz-wurmkranken Pferde
beträgt 41 weniger als im vorigen Berichtsjahre, dieselben vertheilen
sich auf die nachstehend genannten Kreise:
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4
Quartal
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Jahre
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Rotz-Wurmkrankheit.
37
Von den 24 Pferden des Gutes Behnkenhagen, Kr. Grimmen,
wurden 9 getödtet, die Einschleppung erfolgte durch ein rotzkrankes,
auf dem Markte in Loitz angekauftes Pferd. Die 3 im 1. Quartal
in Tempelburg, Kr. Neu-Stetlin, getödteten Pferde waren der Rest
eines Bestandes von 5 Pferden, unter welchen die Rotz-Wurrakrank-
heit seit dem vorigen Berichtsjahr fortherrschte. Sämmtliche 5 Pferde
zweier Gehöfte in Klinkenberg, Kr. Demmin, wurden getödtet, das
Herrschen der Rotz-Wurmkrankheit ist dadurch zur amtlichen Kennt-
niss gelangt, dass ein krankes Pferd dieser Bestände auf offener
Strasse angehalten wurde. In Japenzin und auf dem Gute Priemen,
Kr. Anclam, wurden je 3 uud in Pyritz sämmtliche 3 Pferde eines
Fuhrmannes rotzkrank befunden.
Die übrigen 35 rotz-wurmkranken Pferde vertheilen sich auf 28
fast durchweg kleine Bestände, das Auftreten der Seuche beschränkte
sich meist auf 1 Pferd oder auf 2 Pferde des betreffenden Gehöftes.
Das rotzkranke Pferd eines Fleischers wurde auf offener Strasse in
Alt-Damm angehalten. Die Ausbrüche im Reg.-Bez. Stralsund wäh¬
rend des 4. Quartals sollen durch den Verkehr der betreffenden Pferde
in Gastställen der Stadt Stralsund veranlasst worden sein; ebenso
werden auch noch anderweitige Ausbrüche in den Reg.-Bez. Stettin
und Köslin auf Infectionen unterweges oder in Gastställen zurück¬
geführt
Bei der Section eines rotzkranken Pferdes im Kreise Kolberg-
Körlin wurden nur die Erscheinungen des Lungenrotzes vorgefunden;
gleichzeitig konnte ermittelt werden, dass das Pferd aus dem Bestände
der Posthalterei in Kolberg angekauft war, unter welchem ein Jahr
vorher die Rotz-Wurmkrankheit geherrscht hatte.
Neun Pferde waren kurz vor Constatirung der Seuche angekault
worden, unter diesen 1 in Mecklenburg.
Am Schlüsse des Berichtsjahres blieben 5 Pferdebestände unter
Observation.
5. Posen.
Während im vorigen Jahre nur der Kreis Meseritz frei von
der Rotz-Wurmkrankheit blieb, sind in dem Berichtsjahre keine
Fälle der letzteren in den Kreisen Bomst, Krotoschin?
Meseritz und in der Stadt Posen beobachtet worden. Die
Zahl der verseuchten Bestände und der getödteten bezw. gefallenen
Pferde hat erheblich abgenommen, immerhin jedoch ist die Provinz
Digitized by C^ooQle
38 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
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1
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195
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| 328
noch die am stärksten verseachte des ganzen Staates, und es zeich¬
nen sich — wie im vorigen Jahre — wieder die Kreise Kröben j
Schubin und Wongrowiec durch die bedeutenden Verluste
aus, welche die Ausbrüche der Rotz-Wurmkrankheit im
Gefolge hatten.
Von den 413 getödteten und gefallenen Pferden entfallen 305
(73,85pCt.) auf die nachstehend genannten 35 Bestände:
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Rotz- W u rin k ra n k h e i t.
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Schroda,
27 -
14 -
_ .
Ciesle,
-
Wreschen,
25 -
6 -
1 -
Bromberg,
Stadt Bromberg,
15 -
8 -
— -
Beerenberg,
Land kr.
8 -
8 -
— -
Chlondowo,
Kreis
Gnesen,
27 -
6 -
2 -
Czechy,
-
-
19 -
13 -
— -
Makownioa,
-
10 -
3 -
2 -
Julianowo,
Inowraclaw,
21 -
7 -
2 -
Osniszewo,
-
42 -
3 -
— .
Perkowo,
-
8 -
5 -
— .
Swierzkowice,
Mogilno,
27 -
6 -
— .
Mamlice,
Schubin,
64 -
5 -
— -
Reusdorf,
-
34 -
6 -
— -
Turzin,
-
43 -
41 -
— -
Arnbach,
Wirsitz,
22 -
4 -
— -
Mcroczen,
-
14 -
7 -
— -
Karczyn,
Wongrowiec,
48 -
15 -
1 -
Ustaszewo,
-
-
32 -
4 -
-
— .
Zusammen in
35 Gehöften
974 Pf. Bestand, 293 Pf.
getödtet,
12 Pf. gefallen.
ln den nachstehend genannten Beständen dauerte das Herrschen
der Rotz-Wurrnkrankheit aus dem vorigen Berichtsjahre fort, der Ver¬
lust seit der ersten Constatirung der Krankheit ist beigefügt.
Waldheim, Gesammtverlust 7 Pferde,
Gross-Len ki, - 11
Gogolewo, - 54
Czyiz, - 7
Grodzisko, - 6
Smilowo, - 17
Bodgay, - 27
Czechy, - 14
Osniczewo, - 9
Swierzkowice, - 14
Mamlice, - 28
Re usdorf, - 26
Mroczen, - 10
Ustaszewo,_-_7
In 14 Beständen Verlust 237 Pferde.
Der Verlust dieser 14 Bestände seit Constatirung der Krankheit
Digitized by Google
40 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
stellt sich auf 47,68pCt. In Osniszewo brach die Rotz-Wurmkrank-
heit zum dritten Male und zwar in diesem Falle nach einem Zwischen¬
raum von 9 Monaten von Neuem aus.
Erneute Ausbrüche der Rotz-Wurmkrankheit wurden ferner beob¬
achtet: in Tarnowo nach 2, in Ciesle nach 3 und in Karczyn nach
4 Jahren. Das Wiederauftreten der Seuche in Swierzkowice etwa
1 Jahr nach dem letzten Falle soll durch eine erneute Einschleppung
aus Polen bedingt worden sein.
Der Ausbruch in der Stadt Bromberg betraf den Pferdebestand
eines Spediteurs und wird, ebenso wie die Ausbrüche in Chlondowo
und Makownica, auf Einschleppung aus Polen zurückgeführt. In Beeren¬
berg erkrankten zuerst 2 Pferde, welche zu Fuhren nach auswärts
benutzt wurden; die Annahme einer unterweges erfolgten Infection
liegt sehr nahe, jedoch ist zu erwähnen, dass die Rotz-Wurmkrank-
heit auf dem Hauptgute, zu welchem Beerenberg gehört, 3 Jahre vor¬
her geherrscht hat. ln Turzin wurden gleich bei der ersten Con-
statirung des Seucheausbruches 13 Pferde rotzkrank befunden; die
Einschleppung soll durch in Polen angekaufte Pferde vermittelt wor¬
den sein. In Perkowo erkrankte zuerst ein im Kreise Strassburg
angekauftes Pferd, und in Ambach erfolgte die Einschleppung durch
den Ankauf eines Pferdes aus der alten Rotzstation Karczyn während
der sperrefreien Zeit.
Ueber die anderen oben angeführten grösseren Rotzausbrüche
liegen keine näheren Angaben vor. Die übrigen 108 Pferde, welche
in der Provinz Posen rotz-wurmkrank befunden wurden, vertheilen
sich auf 78 Bestände von zusammen 340 Pferden. 19 Pferde waren
kurze Zeit vor Constatirung der Krankheit angekauft, darunter 1 in
Polen; 2 rotz-wurmkranke Pferde wurden auf dem Markte in Sand-
berg, je eines auf den Märkten in Görchen und Czempin ermittelt.
Ein Ausbruch gelangte zufällig bei Section eines an einer anderen
Krankheit gefallenen Pferdes zur Kenntniss der Behörden, ein anderer
betraf das Dienstpferd eines Gensdarmen, sieben Ausbrüche sind an¬
geblich durch Infection unterweges oder in Gastställen veranlasst
worden, 22 Pferde gehörten hausirenden Händlern oder Handwerkern
in den kleinen Städten.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observation von der
Seuche oder der Ansteckung verdächtigen Pferden in 32 Gehöften
noch fort.
Digitized by t^.ooQle
Rotz, Wunnkrankheit.
41
6. Schlesien.
1 Laufende Nummer.
Kreis
1 .
Quartal
2 .
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
Im
Jahre
1881/82
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17.
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—
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18.
Strehlen.
3
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_
_
_
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6
19.
Striegau.
— 1
—
—
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52
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42 Jahresbericht über die Verbreitung ansiechender Thierkrankheiten
Laufende Nummer.
Kreis.
1 .
Quartal
2 .
Quartal
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6,
Quartal
4
Quartal
Im
Berichtsjahre
Im
Jahre
1881/82
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Kattowitz.
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Kosel.
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Kreuzburg.
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241
133
•49;
147
Im Reg.-Bez. Breslau hat die Zahl der verseuchten Bestände und
der getödteten bezw. gefallenen rotz-wurrakranken Pferde etwas zu¬
genommen; dagegen macht sich in den Reg.-Bez. Liegnitz und Oppeln
eine Verminderung der Rotzausbrüche und der durch dieselben beding¬
ten Verluste bemerklich. ln den Kreisen Beuthen, Kattowitz, Tarno-
witz, Zabrze und Tost-Gleiwitz des oberschlesischen Montanbezirkes,
weiche im Jahre 1880,81 416 und 1881, 82 30 Pferde an der Seuche
Digitized by Google
Rotz-Wurmkrankheit.
43
verloren hatten, kamen während des Berichtsjahres nur 28 Rotz¬
erkrankungen vor, welche sich auf 13 Beslände vertheilen.
Von den 396 in der Provinz getödteten und gestorbenen rotz¬
wurmkranken Pferden, entfallen 151 (40,92pCt.) auf die nachstehend
genannten 23 Bestände:
Reibnitz, Ländkr. Breslau,
8 Pf. Bestd ,
8 Pf. getödtet, —
Pf. gefallen.
Brieg, Kreis
Brieg,
13 -
-
13 -
—
-
-
Ober-Wedelsdorf, -
Glatz,
4 -
.
4 -
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Wäsch kau,
Gahrau,
7 -
.
7 -
_
Schildberg,
Münsterberg,
16 -
8 -
—
Bankwitz,
Namslau,
40 -
3 -
—
Romolkowitz,
Neumarkt,
22 -
4 -
1
Gr.-Weigelsdorf,
Oels,
8 -
6 -
—
Marxdorf,
Schweidnitz,
4 -
4 -
—
Eisdorf,
Striegau,
15 -
3 -
—
Cunern,
Wohlau,
16 -
12 -
—
Krummwohlau,
-
15 -
15 -
—
Brechelshof,
Jauer,
19 -
4 -
—
Petersdorf,
Falkenberg,
16 -
5 -
—
Przelaika,
Kattowitz,
11 -
4 -
1
Koschentin,
Lublinitz,
17 -
7 -
—
Schönwitz (2 Gb.), -
Neustadt,
5 -
4 -
—
Lonschnik,
-
6 -
4 -
—
Baranowitz,
Rybnik,
32 -
14 -
1
Bielitzhof,
-
18 -
9 -
—
Gleiwitz,
Gleiwitz,
4 -
4 -
—
-
Pniow,
-
47 -
6 -
—
-
Zusammen in 23 Gehöften 343 Pt. Bestd., 148 Pf. getödtet, 3 Pf. gefallen.
Die 13 rotz-wurmkranken Pferde in Brieg gehörten einem Spe¬
diteur und erkrankten innerhalb einer Zeit von nicht ganz 3 Wochen,
das zuerst erkrankte Pferd hatte an acutem Rotz gelitten. In Bank¬
witz brach die Rotz-Wurmkrankheit zum dritten Male in einem Be¬
stände aus, unter welchem sie auch in den Jahren 1876 und 1879
geherrscht hatte. In Wäschkau kam der erste Fall im April vor,
obgleich 2 Pferde seit demselben Monat und 3 seit dem September
verdächtige Erscheinungen gezeigt hatten, erfolgte die Tödtung der
Pferde doch erst im November. In Przelaika dauerte das Herrschen
der Rotz-Wurmkrankheit, welches längere Zeit verheimlicht worden
war, aus dem vorigen Jahre fort. Die Einschleppung nach Koschen-
tin erfolgte entweder durch ein in Breslau angekauftes Pferd oder
aus dem benachbarten Orte Tworog, in welchem die Rotz-Wurm¬
krankheit vor einem Jahre geherrscht hatte. Der Ausbruch in Pniow
wird auf Einschleppung durch Baufuhren zurückgeführt. Ueber die
anderen oben genannten Rotzherde fehlen nähere Angaben.
Die übrigen 218 rotz-wurmkranken Pferde in Schlesien vertheilen
sich auf 151 Bestände mit zusammen 428 Pferden. Im Reg.-Bez.
Digitized by C^ooQle
44 Jahresbericht über die Verbreitung ansleckender Thierkrankheiten.
Liegnitz trat die Seuche fast durchweg in kleinen Beständen und im
Reg.-Bez. Oppeln zum grossen Theil in solchen auf, welche zum Fuhr¬
werksbetriebe gehalten wurden. Während des 1. Quartals mussten
sämmtliche Pferde, welche 6 Fuhrleuten des Kreises Grottkau gehörten,
gelödtet werden. Drei Ausbrüche wurden bei Pferden hausirender
Leinwandhändler constatirt. Auch im Reg.-Bez. Breslau gehörte ein
grosser Theil der rotz-wurmkrank befundenen Pferde kleineren Fuhr¬
leuten. Die sehr häufig wiederkehrende Angabe, nach welcher die
Infection der später erkrankten Pferde unterwegcs oder in Gastställen
erfolgt sein soll, hat bei dem häufigen Vorkommen der Krankheit
unter Fuhrmannspferden die Wahrscheinlichkeit für sich. Die während
des 3. Quartals im Landkreise Breslau rotzkrank befundenen Pferde
gehörten durchweg Fleischern oder hausirenden Handelsleuten und
hatten sich in einem Gasthofe zu Breslau, in dessen Ställen die Pferde
eingestellt gewesen waren, inficirt. Im Kreise Trebnitz erkrankte an
Rotz auch das Dienstpferd eines Gensdarraen.
ln Schlesien ist die Anzeige von dem Auftreten der Rotz-Wurm-
krankheit ebenfalls vielfach sehr verspätet erfolgt, gleich bei der
ersten Untersuchung wurde nicht selten constatirt, dass sich die Krank¬
heit schon weit unter den Pferden desselben Bestandes verbreitet
hatte. Die Berichte heben in zahlreichen Fällen hervor, dass sich
die ersten Krankeitserscheinungen bei der Ansteckung verdächtigen
und unter Observation gestellten Pferden erst nach Ablauf von 4,
selbst von 5 oder 6 Monaten einstellten. Im Kreise Schweidnitz
wurde ein Landgestütshengst getödtet, welcher sich bei dem Decken
einer rotzkranken Stute inficirt hatte. In Waldau, Kr. Bunzlau, brach
die Rotz-Wurmkrankheit nach Ablauf eines Jahres unter demselben
Bestände von Neuem aus. In Hertwigswalde, Kr. Münsterberg, erwies
sich ein Pferd rotzkrank, das zweite und letzte desselben Bestandes
zeigte die Erscheinungen der Dämpfigkeit. Als dasselbe getödtet
wurde, konnte constatirt werden, dass es, obgleich sich nicht
die geringsten verdächtigen Symptome bemerklich gemacht hatten,
mit ganz veraltetem Lungenrotz behaftet war. Es hatte jedenfalls
das erste auffällig erkrankte Pferd angesteckt.
13 Pferde waren kurze Zeit vor Constatirung der Krankheit
angekauft, darunter eines in Polen und eines von einer herumziehen¬
den Künstlergesellschaft, je ein rotzkrankes Pferd wurde auf den
Märkten in Neisse und Gleiwitz angetroffen, bei Beaufsichtigung der
Rossschlächtereien wurden rotzkrank befunden: 18 Pferde in Breslau,
Digitized by
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Rotz-Wurmkrankheit.
45
2 in Conradswaldau und 1 in Giersdorf. Ein aus Oesterreich stam¬
mendes rotzkrankes Pferd wurde in Neisse auf offener Strasse ange¬
halten, und in einem Falle wurde die Seuche zufällig auf einer Ab¬
deckerei bei der Section eines Pferdes festgestellt. Ein Ausbruch
der Rotz-Wurmkrankheit wird auf Infection in Polen zurückgefuhrt.
Am Schlüsse des Berichtsjahres blieben noch 20 Pferdebcständo
unter Observation.
7. Sachsen.
Die Zahl der getödteten und gefallenen rotz-wurmkranken Pferde
beträgt im Ganzen 9 weniger als im vorigen Berichtsjahre, jedoch
übersteigt diese Zahl und die der verseuchten Bestände im Reg.-Bez.
Merseburg etwas die entsprechenden des vorigen Jahres.
Grössere Rotzausbrüche sind vorgekommen in:
Hedersleben, Kreis Aschersleben, 6 Pferde Bestand, 4 Pferde getödtet.
Wollenrade, - Osterburg, 4 - 4 -
Gross-Wegenitz, - - 12 - - 12 -
Seebnrg, Seekr. Mansfeld, 35 - - 6 -
Weissenfels, Kreis Weissenfeis, 4 - - 4 -
Zeitz, - Zeitz, _ 5 _- _ 4 _-_
Zusammen in 6 Gehöften 66 Pferde Bestand, 34 Pferde getödtet.
ln Wollenrade hat die Krankheit anscheinend schon längere Zeit
vor Constatirung derselben geherrscht. Der Besitzer von Gross-
Wegenitz hatte im Jahre 1880 81 von den Pferden seines damaligen
Bestandes 14 durch die Rotz-Wurrakrankheit verloren. Am 14. No¬
vember 188*2 wurde ein Pferd dieses Gutes rotzkrank auf dem Markte
in Seehausen angetroffen, die am folgenden Tage ausgeführte Unter¬
suchung des Bestandes erwies, dass noch 3 Pferde mit derselben
Krankheit behaftet waren. Die Tödtung der übrigen Pferde erfolgte
am 24. November, nur ein Pferd erwies sich frei von der Rotzkrank¬
heit. Ueber die Ursachen des erneuten Ausbruches wird nicht be¬
richtet. Bezüglich der anderen oben aufgeführten Rotzherde fehlen
nähere Angaben.
Die übrigen 52 getödteten und gefallenen Pferde vertheilen sich
auf 38 Bestände mit zusammen 193 Pferden. Die Krankheit trat
nur selten in Beständen grösserer Güter auf und wurde in den letz¬
teren meistens schnell und mit geringen Verlusten getilgt. In der
Zuckerfabrik Körbisdorf, Kr. Merseburg, sind von den 48 Pferden des
Bestandes nur 2, welche kurz vorher angekauft worden waren, erkrankt.
Dieser Ausbauch bietet ein Beispiel dafür, dass die Rotz-Wurmkrank¬
heit auch in grossen Beständen leicht und ohne erhebliche Verluste
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46 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten,
Laufende Nummer.
Kreis.
1 .
Quartal
2
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
Im
Jahre
1881/82
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
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getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
Gesammtzahl d. Pf. in
d. verseucht. Bestdn.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene Pferde.
1 .
Aschersleben . . .
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2 .
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Neuhaldensleben
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Osterburg.
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1.
Bitterfeld.
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15.
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Summa
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2
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—
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—
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1
2
1 2
7
21
zu tilgen ist, wenn die entsprechenden Massregeln nur sofort und mit
der erforderlichen Sorgfalt zur Durchführung gelangen.
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Rotz-Wurmkrankheit.
47
Eine grössere Zahl von Rotzerkrankungen kam bei Pferden vor,
welche hausirenden Händlern, Handwerkern oder umherziehenden
Künstlern gehörten. Eine solche Künstlertruppe Hess ihre sämmt-
lichen noch übrigen 5 Pferde tödten, nachdem die Rotzkrankheit bei
einem Pferde festgestellt worden war. Mehrfach sollen die Ausbrüche
der Rotz-Wurmkrankheit durch Infectionen unterweges oder in Gast¬
ställen veranlasst worden sein, und 3 Ausbrüche wurden bei Pferden
beobachtet, welche nur einmal ganz vorübergehend mit rotzkranken
in Berührung gekommen bezw. in inficirte Ställe eingestellt worden
waren. Bei einem an Kolik gefallenen Pferde wurde das Vorhanden¬
sein der Rotz-Wurmkrankheit ganz zufällig durch die Section er¬
mittelt.
13 Pferde waren kurze Zeit vor Constatirung der Krankheit an¬
gekauft worden, bei je einem Pferde wurde die Seuche auf dem Markt
in Seehausen bezw. auf der Rossschlächterei in Merseburg ermittelt.
Am Schlüsse des Berichtsjahres waren in der Provinz noch 9 Be¬
stände vorhanden, welche wegen Ausbruchs der Rotz-Wurmkrankheit
unter Observation standen.
8. Schleswig-Holstein.
Die 20 in der Provinz getödteten und gefallenen rotz-wurm-
kranken Pferde vertheilen sich auf die nachstehend genannten Kreise:
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2
Quartal
s.
Quartal
4.
Quartal
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Berichtsjahre
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Jahre
1881/82
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Die bedeutendsten Verluste erlitt der Kreis Herzogthum Lauen¬
burg, sämmtliche 13 Pferde, welche die 5 verseuchten Bestände zu¬
sammensetzten, sind getödtet worden bezw. gefallen. Die Ausbrüche
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48 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten,
wurden fast durchweg bedingt durch Berührung mit rotzkranken Pfer¬
den der Nachbarschaft, die ersten Krankheitserscheinungen traten zum
Theil sehr lange Zeit — in einem Falle 15 Monate — nach der In-
fection auf.
Ein Pferd war kurze Zeit vorher von einer umherziehenden
Künstlergesellschaft angekauft worden.
Am Schlüsse des Berichtsjahres war das Herrschen der Rotz-
Wurmkrankheit in einem Bestände noch nicht für getilgt erklärt
worden.
9. Hannover.
Vereinzelte Ausbrüche der Rotz-Wurmkrankheit sind in den nach¬
stehend genannten Kreisen beobachtet worden:
1.
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Kreis.
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Lüneburg.
Rotz-Wurmkrankheit.
49
1.
Quartal
2 .
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
Im
Jahre
1881/82
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Die vorstehende Tabelle zeigt, dass die meisten Rotzausbrüche
in kleinen Beständen vorkamen, und dass die Krankheit auch in
einigen verseuchten Beständen von 4 bis 8 Pferden keine grössere
Verbreitung erlangte. Die verhältnissmässig zahlreichen Ausbrüche
im Kreise Hildesheim-Marienberg werden theils auf Infectionen durch
im vorigen Jahre verseucht gewesene Pferdebestände zurückgeführt,
theils sind dieselben durch das Pferd eines Schlächters in Alfeld,
welcher Pferdehandel betreibt und viel im Lande uraherzieht, ver¬
anlasst worden. Das betreffende Pferd soll seit 3 Jahren rotzverdächtige
Erscheinungen gezeigt haben.
9 Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft
worden, darunter je 2 in Braunschweig und in den Niederlanden, je
ein rotz-wurmkrankes Pferd wurde auf den Märkten in Hameln und
Münster bezw. auf der Rossschlächterei in Einbeck ermittelt.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observation wegen
Ausbruchs der Rotz-Wurmkrankheit in 9 Gehöften fort.
10 . Westfalen.
Die Rotz-Wurmkrankheit wurde nur bei zusammen 10 Pferden
beobachtet; dieselben vertheilen sich auf die nachstehend genannten
7 Bestände:
Archiv f. Trissensch. 11 . prnkt. Thicrheilk. IX. Suppl.-Heft 2. 4
Digitized by t^ooQle
50 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Reg.-Bez. Münster, Kreis Warendorf, 1 Geh., 1 Pf. Best., 1 Pf. getodt., — Pf. gef.
Minden, - Bielefeld, 2-8- - 2- --
Arnsberg, Stadt Dortmund, 1 - 8 - - 1 - - 2 - -
Kreis Hagen, l-l- - 1- --
- Hamm, 1-1- - 1- - — -
- Meschede, 1-2- - 2- --
Zusammen in 7 Geh., 21 Pf. Best., 8 Pf. getodt., 2 Pf. gef.
Im vorigen Berichtsjahr waren 12 Pferde getödtet worden bezw.
gefallen, dieselben gehörten 7 Gehöften an.
Das einzige im Reg.-Bez. Münster rotzkrank befundene Pferd
gehörte einem Abdecker, die beiden rotzkranken Pferde im Reg.-Bez.
Minden und 1 Pferd im Reg.-Bez. Arnsberg waren kurze Zeit vor Con-
statirung der Krankheit angekauft, ein Ausbruch der Rotz-Wurm-
krankheit ist durch Infection unterweges veranlasst worden.
In keinem Bestände dauerte die Observation verdächtiger Pferde
am Schlüsse des Berichtsjahres fort.
11 . Hessen-Nassau.
Die 12 getödteten bezw. gefallenen rotz-wurmkranken Pferde ver¬
theilen sich auf die nachstehend genannten Bestände:
-Bez. Kassel, Kreis Fritzlar,
- Hofgeismar,
1 Geh.,
2 Pf. Best.,
1 Pf. getodt.,
— Pf. gef.
1
1 - -
1 -
— - -
- Rinteln,
1 -
1 - -
1 -
- -
Wiesbaden, Dillkreis,
3 -
3 - -
2 -
1 - -
Frankfurt a. M ,
1 -
1 - -
1 -
- -
Oberlahnkreis,
1 -
16 - -
4 -
- -
Rheingau,
1 -
3 -* -
1 -
— * -
Zusammen in
9 Geh.,
27 Pf. Best.,
11 Pf. getodt..
1 Pf. gef.
Im vorigen Berichtsjahre waren 35 Pferde getödtet worden bezw.
gefallen; dieselben gehörten 11 Beständen an.
lieber das Auftreten der Rotz-Wurmkrankheit in dem Bestände
zu Waldmannshausen, Ober-Lahnkreis, fehlen nähere Angaben. Das
rotzkranke Pferd im Kreise Hofgeismar gehörte einem Thierarzte. Ein
auf der Rossschlächterei in Sachsenhausen, Kr. Frankfurt a. M, rotz¬
krank befundenes Pferd stammte aus Baden. Ein Pferd war kurze
Zeit vor Constatirung der Krankheit angekauft worden.
Ara Schlüsse des Berichtsjahres war die Rotz-Wurmkrankheit
in einem Bestände noch nicht für erloschen erklärt worden.
12 . Rheinprovinz.
In Kray, Landkreis Essen, Reg.-Bez. Düsseldorf, wurden während
des 4. Quartals sämratliche 34 Pferde eines Bergwerkbetriebes getödtet,
und bei der Section mit der Rotz-Wurrakrankeit — und zwar fast
Digitized by ^.ooQle
Rotz-Warmkrankheit.
51
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
Im
Jahre
1881/82
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Elberfeld, Stadt . .
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Krefeld, Land . . .
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Solingen.
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Summa
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1
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Euskirchen ....
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2.
Gummersbach . . .
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3.
Köln, Stadt ....
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4.
Rheinbach.
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1
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Bitburg.
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3.
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5.
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—
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—
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59
1.
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Land . . .
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5.
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—
1
.
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5
7
38
durchweg in Form des Lungenrotzes — behaftet gefunden. Vor Con-
statirung der Krankheit sollen bereits 5 bis 6 Pferde des Bestandes
4*
Digitized by
Google
52 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
gefallen sein. Ueber die Ursachen, welche veranlassten, dass eine so
grosse Anzahl Pferde fast gleichzeitig erkrankte, wird nicht berichtet.
Ausserdem wurden während des 2. Qu. alle 3 Pferde eines Besitzers in
Umstand, Kr. Essen, rotzkrank befunden und getödtet. Der seit Jahren
verseuchte Bestand der Grube Dudweiler verlor während des 1 Quar¬
tals 4 Pferde an der Rotz-Wurmkrankheit, nachher sind bis zum
Schlüsse des Berichtsjahres weder in diesem noch in einem
anderen Bestände der Gruben des Saarbrückener Kohlen¬
reviers Fälle von Rotz-Wurmkrankheit vorgekommen.
Lassen wir die oben genannten Fälle ausser Betracht, so sind
in der Rheinprovinz im Ganzen 24 Pferde getödtet worden bezw.
gefallen, welche sich auf 16 Bestände mit zusammen 66 Pferden
vertheilen. Unter denselben befinden sich zwei Hengste des Land¬
gestütes Wickrath, welche im Kreise Saarbrücken getödtet wurden.
5 Pferde waren kurze Zeit vor Constatirung der Krankheit angekauft
worden, darunter je eines in Belgien und in den Niederlanden, 3 bew.
2 rotz-wurmkranke Pferde wurden in den Rossschlächtereien zu Aachen
und Köln ermittelt.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observation von der
Ansteckung verdächtigen Pferden in 1 Bestände noch fort.
13. Hohenzollernsche Lande.
Die 6 getödteten rotz-wurmkranken Pferde vertheilen sich auf
je ein Gehöft im
Oberamt Hechingen, 2 Pf. Best., 1 Pf. getödt.
Sigmaringen, 5 - 5 -
Ueber die Einschleppung und Verbreitung der Rotz-Wurmkrank-
heit in einem Gehöft des Ortes Einhart, in welchem alle 5 Pferde ge¬
tödtet wurden, liegen nähere . Angaben nicht vor.
Die Hohenzollern’schen Lande waren im vorigen Berichtsjahr frei
von der Seuche geblieben.
Im Kalenderjahr 1882 ist die Rotz-Wurmkrankheit bei 5 Militär-
Dienst- und bei einem Offizierpferde constatirt worden. Nur bei dem
letzteren, welches auf dem Marsche 5 Tage lang in einem inficirten
Stalle gestanden hatte, war die Einschleppung nachzuweisen.
Das statistische Material weist auch in dem Berichtsjahre nach,
dass in den östlichen Provinzen noch zahlreiche alte Seuche¬
herde existiren, in denen die Rotz-Wurmkrankheit seit längerer
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Rotz-Wurmkrankheit.
53
Zeit herrscht oder in längeren oder kürzeren Zwischenzeiten wieder
von Neuem ausbricht. Die Notizen über das Auftreten der Rotz-
Wurrnkrankheit in den einzelnen Provinzen ergeben, dass unter 12 Be¬
ständen derartige erneute Ausbrüche nach einer Zwischenzeit von 6 Mo¬
naten bis 3 Jahren, in welcher die verseuchten Bestände gesund
schienen, zur Beobachtung gelangten. Die Angaben über die grösseren
Rotzherde zeigen ferner, dass die Verluste vieler Pferdebestände in
den östlichen Provinzen und einzelner Pferdebestände in der Provinz
Sachsen und in der Rheinprovinz sehr erheblich waren. Diese starke
Verbreitung gestattet die Folgerung, dass die Krankheit schon längere
Zeit, bevor dieselbe constatirt wurde, in den betreffenden Beständen
geherrscht haben muss. Anderseitig ist vielfach beobachtet worden,
dass das Auftreten der Krankheit selbst in grösseren Pferdebeständen
auf 1 bis 3 Pferde beschränkt blieb, wenn nur die Schutz- und
Tilgungsmassregeln sofort und mit Sorgfalt durchgeführt wurden.
Die Thatsache, dass sich in vielen Fällen gleich bei der er¬
sten thierärztlichen Untersuchung eine grössere Anzahl von Pferden
desselben Bestandes rotzwurmkrank zeigte, begründet die Richtigkeit
der von vielen Berichterstattern hervorgehobenen Behauptung, dass
die Anzeige von Ausbrüchen der Rotz-Wurmkrankheit durch
die Besitzer häufig erst nach langer Verzögerung geleistet
oder ganz unterlassen ist. Vier Ausbrüche der Rotz-Wurmkrank¬
heit sind durch Anhalten von kranken Pferden auf offener Strasse,
drei durch die Section von an anderen Krankheiten gefallenen Pfer¬
den, fünf durch die Anzeigen von Abdeckern, denen solche Pferde
zur heimlichen Beseitigung übergeben wurden, zur Kenntniss der Be¬
hörden gelangt. Zwei rotzkranke Pferde wurden herrenlos auf öffent¬
lichen Wegen angetrofifen.
Für die fahrlässige oder absichtliche Verheimlichung von Aus¬
brüchen der Rotz-Wurmkrankheit spricht ferner die Thatsache, dass
103 Pferde sich zur Zeit, als die Rotz-Wurmkrankheit bei
denselben constatirt wurde, erst seit einigen Wochen im
Besitz der betreffenden Eigenthümer befanden, dass 14 rotz¬
wurmkranke Pferde bei Beaufsichtigung der Pferdemärkte,
und dass 32 solche Pferde bei der thierärztlichen Unter¬
suchung in den Rossschlächtereien ermittelt wurden.
Von den 103 kurz vor Constatirung der Krankheit angekauften
Pferden waren 15 aus dem Auslande eingeführt worden, näm¬
lich 5 aus Russland und Polen, 3 aus den Niederlanden, 2 aus
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54 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Braun schweig, je eines aus Baden, Belgien, Oesterreich, Luxemburg
und Mecklenburg.
Bezüglich sehr zahlreicher Ausbrüche wird angeführt,
dass dieselben durch Infection der betreffenden Pferde
unterweges oder in Gastställen veranlasst worden sind.
Die Richtigkeit dieser Behauptung dürfte kaum zu bezweifeln sein,
wenn man das S. 58 berechnete Vcrhältniss der Rotzerkrankungen
bei Pferden, welche zum Betriebe von Fuhrwerk verwendet werden
und ferner in Betracht zieht, dass eine nicht unerhebliche Zahl rotz¬
wurmkranker Pferde in den Provinzen Westpreussen, Posen und
Schlesien Handwerkern oder Händlern, welche ihr Gewerbe hausirend
betreiben, oder umherziehenden Künstlergesellschaften gehörte. Solche
Pferde sind allerdings in hohem Masse geeignet, die weite Verbreitung
der Rotz-Wurmkrankheit durch Infection anderer Pferde auf den Land¬
strassen und in Gastställen zu fördern.
Die Tilgung der Rotz-Wurmkrankheit ist auch in dem Berichts¬
jahr wesentlich durch den Umstand erschwert worden, dass zwischen
dem Einwirken des Contagiums und dem Auftreten der
ersten Krankheitserscheinungen oft eine Zeit von mehreren
Monaten, in einigen Fällen sogar eine Zeit vergangen ist,
welche die in der Instruction vom 24. Februar 1881 vor-
geschriebenc Observationsfrist von 6 Monaten noch über¬
steigt. Die Besitzer von verseuchten Beständen sind nicht selten
sehr geneigt, die der Ansteckung verdächtig gewesenen Pferde sofort
nach Aufhebung der Observation zu verkaufen; Gelegenheit zur Ver¬
breitung der Rotz-Wurmkrankheit ist öfter durch solche Pferde, bei
denen am Ende der Observation deutliche Krankheitserscheinungen
noch nicht hervorgetreten waren, geboten worden.
Die Zahl derjenigen Pferde, welche nach Angabe der
Berichterstatter lediglich an Lungenrotz ohne gleichzeitig
vorhandene krankhafte Veränderungen in den Nasenhöhlen
oder der Haut gelitten haben sollen, hat sich gegen die
vorhergehenden Berichtsjahre auffallend vermindert. Es
scheint, als ob die Anschauungen der beamteten Thierärzte über diese
Form der Rotz-Wurmkrankheit sich besser geklärt haben, und als ob
unrichtige Beurteilungen der in den Lungen Vorgefundenen krank¬
haften Veränderungen sehr viel seltener als früher vorgekommen sind.
Während in dem 3. und 4. Quartal des vorhergehenden Berichts¬
jahres 193 bezw. 80 Pferde als lediglich mit Lungenrotz in dem oben
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Rotz- W urmkrankheit.
55
Laufende Nummer.
Ortschaft.
Kreis.
Regierungs-
Bezirk.
Zahl der Pferde in den
verseuchten Bestanden.
Zahl der auf polizeil. An¬
ordnung getödteten Pferde.
Zahl der ledigl. mit Lungen¬
rotz behaftet gefund. Pferde.
1.
Skomatzko
Lyck
Gumbinnen
41
20
1
2.
V
Marienburg
Danzig
?
31
4
3.
Hansgut
Graudenz
Marienwerder
15
4
2
4.
Jacobsdorf
Könitz
-
27
4
2
5.
Räuden
Marienwerder
-
6
6
2
6.
Adl.-Liebenau
-
-
30
14
4
7.
Neusass-Treul
Schwetz
-
5
1
1
8.
Bankau
-
-
23
9
4
9.
Warczewice
Thorn
-
50
7
2
10.
Dabergotz
Ruppin
Potsdam
4
1
1
11.
Klostergut
Friedeberg
Frankfurt
18
17
3
12.
Japenzin
Anclam
Stettin
3
1
1
13.
Klinkenberg
Demmin
-
5
5
2
2 Gehöfte.
14
Kolberg
Kolberg
Köslin
1
1
1
15
Beerenberg
Bromberg
Bromberg
8
8
3
16.
Czechy
Gnesen
-
19
13
7
17.
Osniszewo
Inowraclaw
-
42
3
1
18.
Mamlice
Schubin
*-
64
1 5
2
19.
Reusdorf
-
-
34
6
4
20.
Turzin
-
-
43
41
16
21.
Mroczen
Wirsitz
-
14
7
4
22.
Brzeszkowo
Wongrowiec
-
2
2
1
23.
Karczyn
-
-
48
15
2
24
Reibnitz
Breslau
Breslau
8
8
4
25.
Tscheschen
Neumarkt
-
8
1
1
26
Peterswalde
Reichenbach
-
1
1
1
27.
Scherrswaldau
-
-
2
2
2
28.
Kruram-Wohlau
Wohlau
-
15
15
2
29.
Nieder-Prausnitz
Jauer
Liegnitz
6
3
3
30.
G rottkau
Grottkau
Oppeln
10
10
l
7 Gehöfte.
31
Schönwitz
Neustadt
-
8
4
3
32.
Neuhof
-
-
1
1
1
33.
Lonschnik
-
-
6
4
3
34.
Baranowitz
-
-
32
14
1
35.
Gröst
Querfurt
Merseburg
2
2
1
36
Rossbach
-
-
1
l
1
37.
Reichartswerben
Weissenfels
-
2
2
1
38.
Weissenfels
-
-
7
7
2
2 Gehöfte.
39.
Gülzow
Lauenburg
Schleswig
4
4
1
40.
Umstand
Essen
Düsseldorf
3
3
1
41.
Einhart
Sigmaringen
Sigmaringen
5
5
2
Summa
623
| 308
101
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56 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
erwähnten Sinne behaftet bezeichnet werden, führt das statistische
Material im Berichtsjahre als an Lungenrotz erkrankt an:
im ersten Quartal 23 Pferde,
- zweiten 24
- dritten 33
- vierten 21
Zusammen 101 Pferde.
und hierzu kommen noch die während des 4. Quartals in Kray, Land¬
kreis Essen, Reg.-Bez. Düsseldorf (S. 50) getödteten 34 Pferde, welche
zum grössten Theil lediglich mit Lungenrotz behaftet gewesen sein
sollen. Genauere Angaben kann der betreffende Kreisthierarzt nicht
machen, weil er erkrankt gewesen ist und an seiner Stelle ein nicht
beamteter Thierarzt die Sectionen ausgeführt bat.
Aus der Tabelle Seite 55, in welcher wir die in den Tabellen
zur Viehseuchen-Statistik erwähnten Fälle von Lungenrotz zusammen¬
gestellt haben, ergiebt sich, dass diese Form der Rotz-Wurm-
krankheit besonders häufig in den Reg.-Bez. Marienwerder
und Bromberg beobachtet worden ist, und dass die meisten
Erkrankungen an Lungenrotz auf solche Bestände entfallen, in denen
die Seuche eine grosse Anzahl von Pferden ergriff oder längere Zeit
hindurch fortherrschte.
ln den beiden ersten Quartalen des Berichtsjahres übersandten
die beamteten Thierärzte die Lungen derjenigen Pferde, bei denen
lediglich die krankhaften Veränderungen des Lungenrotzes gefunden
wurden, dem pathologischen Institut der Königlichen Thierarzneischule
in Berlin. Die Lungen von 32 der in Tabelle Seite 55 aufge¬
führten, mit Lungenrotz behafteten Pferde sind in dem genannten
Institute untersucht worden, bei 14 Pferden wurde das Vorhandensein
der Rotz-Wurmkrankheit bestätigt, 18 Pferde erwiesen sich bei dieser
Untersuchung nicht mit der Rotzkrankheit behaftet, es konnte kein
sicherer Fall von ausschliesslichem Lungenrotz durch diese Unter¬
suchungen festgestellt werden. Wir stellen die Resultate bezüglich
der beiden Reg.-Bez., in denen die zahlreichsten Fälle von Lungenrotz
beobachtet wurden, wie folgt, zusammen.
Reg.-Bez. Marienwerder. Reg-Bez. Bromberg.
Mit Lungenrotz behaftet.
Im pathologischen Institut zu Berlin
wurden untersucht die Lungen von
Hierbei wurde das Vorhandensein der
Krankheit bestätigt bei .......
nicht bestätigt bei.
In der Tabelle S. 57 haben
17 Pferde,
3 Pferden,
3
40 Pferde.
11 Pferden.
2
9
wir darzustellen versucht, in wel-
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Google
Rolz-W urmkrankheit.
57
Laufende Nummer.
Regierungs-
bezw.
Landdrostei-Bezirk.
Verseuchte Bestände.
Auf
polizeiliche Anordnung
getödtete Pferde.
Grössere Güter.
Kleinere Landwirthschaften.
Pferde zu Reisen und Fuhr¬
werk benutzt.
Unbestimmt.
Zusammen.
Grössere Guter.
Kleinere Landwirthschaften.
Pferde zu Reisen und Fuhr¬
werk benutzt.
Unbestimmt.
Zusammen.
1.
Königsberg .
2
11
9
1
23
4
35
19
1
59
2.
Gumbinnen.
2
5
3
—
10
26
10
3
—
39
3.
Danzig.
5
14
_
4
23
24
30
—
4
58
4.
Marienwerder ....
17
26
10
7
60
92
46
22
8
168
5.
Potsdam.
1
6
3
2
12
8
17
21
2
48
6
Frankfurt.
1
10
—
2
13
17
13
—
2
32
7.
Berlin.
—
—
6
—
6
—
—
29
—
29
8.
Stettin.
2
2
2
2
8
4
8
5
2
19
9.
Köslin.
1
6
5
4
16
1
8
7
4
20
10.
Stralsund.
1
1
3
—
5
2
6
5
—
13
11.
Posen .
29
20
14
2
65
134
; 38
16
2
190
12.
Bromberg.
20
18
8
—
46
128
37
16
—
181
13
Breslau .
9
20
29
4
62
41
60
51
5
157
14.
Liegnitz.
5
13
5
4
27
11
19
6
5
41
15.
Oppeln.
4
13
25
8
50
27
28
34
9
98
16.
Magdeburg .
2
5
5
2
14
12
11
7
3
33
17.
Merseburg.
3
9
8
4
24
8
14
12
7
41
18.
Erfurt.
—
1
—
—
1
—
1
—
—
1
19.
Schleswig.
—
5
1
3
9
—
12
1
4
17
20.
Hannover .
—
—
3
4
7
—
—
3
4
7
21.
Hildesheim .
—
4
5
6
15
—
5
7
7
19
22
Lüneburg .
—
—
1
1
2
—
—
1
1
2
23.
Stade .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
24.
Osnabrück .
—
1
1
2
4
—
2
2
2
6
25.
Aurich.
—
—
—
—
. —
—
—
—
—
—
26.
Münster.
—
—
1
—
1
—
—
1
—
1
27.
Minden.
—
—
2
—
2
—
—
2
—
2
28.
Arnsberg .
—
—
‘2
2
4
—
—
3
2
5
29.
Kassel.
—
1
2
—
3
—
1
2
—
3
30.
Wiesbaden.
—
2
—
2
4
—
5
—
2
7
31.
Koblenz.
—
3
—
—
3
—
6
—
—
6
32.
Düsseldorf.
—
1
1
1
3
—
1
33
3
37
33.
Köln.
—
•2
—
—
2
—
2
—
—
2
34.
Trier.
—
2
2
1
5
—
2
5
2
9
35
Aachen.
—
—
2
1
3
—
—
2
1
3
36.
Sigmaringen.
—
1
1
2
—
5
—
1
6
Summa
104
202 j
158
70
534
539
422
315
83
1359
Digitized by ^.ooQle
58 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
ehern Verhältniss sich die auf polizeiliche Anordnung ge-
tödteten rotz-wurmkranken Pferde und die Bestände, zu
welchen dieselben gehörten, auf grössere Güter, kleinere
Landwirthschaften bezw. auf solche Besitzer vertheilen,
deren Pferde gewerbsmässig in erster Linie zum Transporte
von Personen und Gütern verwendet werden. Diejenigen Be¬
stände und Pferde, deren Benutzung aus dem statistischen Material
nicht ersichtlich ist, haben wir in Colonne „unbestimmt“ besonders
aufgeführt. Die gefallenen und die auf Veranlassung der Besitzer
getödteten Pferde haben bei Aufstellung der Tabelle keine Berück¬
sichtigung gefunden.
Von den Beständen, in denen Pferde auf polizeiliche Anordnung
getödtet wurden, entfallen:
Auf grössere Güter.
Klein. Landwirthsch.
Fuhrwerksbetr.
Unbestimmt.
im 1. Quartal 20,46 pCt.
39,77 pCt.
21,05 pCt.
18,72 pCt.
- 2. - 27.92 -
37,66 -
24,68 -
9,74 -
- 3 - 22,45 -
30,60 -
36,05 -
10,90 -
- 4. - 24,34 -
42,76 -
28,30 -
4,60 -
Im Berichtsj. 19,48 pCt.
37,83 pCt.
29,59 pCt.
13,10 pCt.
Durcbschn. im
J. 1881/82 24.32 -
36,37 -
27,76 -
11,64 •
Im Berichtsj. — 4,74 pCt.
-f” 1,46 pCt.
+ 1,83 pCt.
+ 1,46 pCt.
Berechnet man dieselben Verhältnisszahlen für die
Provinzen
Ostpreussen, Westpreussen, Brandenburg
(excl. Berlin),
Pommern,
Posen und Schlesien, so
stellen sich dieselben, wie folgt:
Auf grössere Güter.
Klein. Landwirthsch.
Fuhrwerksbetr.
Unbestimmt
im 1. Quartal 25,19 pCt.
40,00 pCt.
21,48 pCt.
13,33 pOt
- 2. - 33,07 -
39,37 -
21,26 -
6,30 -
- 3. - 26,96 -
35,65 -
27,83 -
9,56 -
- 4. - 28,92 -
42,15 -
26,45 -
2,48 -
Im Berichtsj. 23,57 pCt.
39,29 pCt.
27,62 pCt
9,53 pCt.
Durcbschn. im
J. 1881/82 30,69 -
38,31 -
21,42 -
9,58 -
ImBerichtsj. — 7,12 pCt.
+ 0,98 pCt.
+ 6,20 pCt.
— 0,06 pCt.
Von den auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden entfallen:
Auf grössere Güter.
Klein. Landwirthsch.
Fuhrwerksbetr.
Unbestimmt.
im 1. Quartal 34,42 pCt.
38,88 pCt.
16,32 pCt.
10,38 pCL
- 2. - 43,00 -
34,70 -
16,10 -
6,20 -
- 3. - 47,81 -
20,00 -
25,63 -
6,56 -
- 4. - 34,56 -
30,33 - •
33,25 -
1,86 -
Im Berichtsj. 39,66 pCt.
31,05 pCt.
23,18 pCt.
6,11 pCt.
Durcbschn. im
J. 1881/82 45,10 -
26.22 -
23,36 -
5.32 -
ImBerichtsj. —5,44 pCt.
-f- 4,83 pCt.
— 0,18 pCt.
+ 0,79 pCt.
Berechnet man diese Verhältnisszahlen für die Provinzen Ost-
Digitized by ^.ooQle
Rotz-Wurmkrankh eit.
59
prcussen, Westpreussen, Brandenburg (exel. Berlin), Pommern, Posen
und Schlesien, so kommt man zu folgendem Resultat:
Auf grössere Guter. Klein. Landwirthsch. Fuhrwerksbetr. Unbestimmt
im 1. Quartal
40,60 pCt.
37,10
- 2. -
50,37 -
35,30
- 3. -
47,81 -
20 00
- 4 -
41.72 -
31,12
Im Berichtsj. 46,21 pCt. 31,62
pCt. 15,60 pCt. 6,70 pCt.
10,66 - 3,67 -
25,63 - 6,56 -
-_26.16 - 1,00 -
pCt. 18,25 pCt. 3,92 pCt.
Durchschn. im
J
Im]
. 1881/82 55,70 -
25.99 -
14,00
-
4,31 -
Berich tsj. — 9,49 pCt.
+ 5,63 pCt.
+ 4,25 pCt.
— 0,39 -
u
o
£
£
3
TT
C
«£
3
rt
uJ
Ortschaft.
Kreis.
Regierungs-
Bezirk.
y Bestand der ver-
3. seuchten Gehöfte.
<p
“0 Auf polizeiliche
3 Anordnung ge-
tödtet.
"0 Bei der Section
nicht rotzkrank
a* befunden.
1i
Skomatzko
Lyck
Gumbinnen
41
20
7
2
Strassburg
Strassburg
Marie n werder
7
6
1
3
Ketzin
Ost-Havelland
Potsdam
22
18
2
4
Srailewo
Samter
Posen
46
11
5
5
Bodgay
Schroda
-
27
14
10
6.
Staykowo
Czarnikau
Bromberg
5
4
3
7.
Czecby
Gnesen
-
19
13
1
8.
Mamlice
Schubin
-
64
5
1
9.
Reusdorf
-
-
34
6
2
10.
Reibnitz
Breslau, Land
Breslau
8
8
l
11.
Krumm-
Wohlau
-
15
15
6
Wohlau
12.
Grottkau
Grottkau
Oppeln
10
10
5
Bestand von 6
Fuhrleuten.
13
Przelaika
Kattowitz
-
11
4
1
14.
Oppeln
Oppeln
-
2
2
1
15
Pogrzebin
Ratibor
-
1
1
1
16.
Gr.-Wegenitz
Osterburg
Magdeburg
12
12
1
17.
Seeburg
Mansfelder
1 Merseburg
35
6
1
Seekreis
18
Gröst
Querfurt
-
2
2
1
19.
Bornstedt
Sangerhausen
-
1
1
1
20.
Reicharts-
Weissenfels
-
3
3
2
2 Gehöfte.
werben
21
Weissenfels
-
-
3
3
2
22.
Zeitz
Zeitz
-
5
4
2
23.
Gülzow
Lauenburg
Schleswig
4
4
1
24.
Dudweiler
Saarbrücken
Trier
116
4
1
25.
Heusweiler
.
-
2
2
1*
* Landgestüts-
hengst.
Summa
495
178
60
Digitized by ^.ooQle
60 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Die Berechnung zeigt, dass die Verbreitung der Rotz-Wurmkrank-
heit und die in Folge derselben eingetretenen Verluste unter den Be¬
ständen grösserer Güter erheblich abgenomraen haben. Dagegen macht
sich eine nicht unbedeutende Steigerung, sowohl was die Zahl der
verseuchten Bestände, als auch was die Höhe der Verluste anbelangt,
unter den Pferden kleinerer Landwirtschaften und — besonders in
den östlichen Provinzen — unter den Pferden bemerklich, welche ge¬
werbsmässig zum Transport von Gütern und Personen benutzt werden.
Bei 60 auf polizeiliche Anordnung getödteten Pferden,
== 4,42 pCt., wurde das Vorhandensein der Rotz-Wurm-
krankheit durch die Section nicht bestätigt. Die Zusammen¬
stellung dieser Fälle in der Tabelle S. 59 und deren Vergleichung
mit den Angaben über grössere Rotzausbrüche in den einzelnen Pro¬
vinzen, zeigt, dass es sich in den Fällen 6, 12, 14, 15, 18, 19, 21,
23 und 25 der Tabelle um eine schnelle Tilgung der Rotz-Wurm¬
krankheit durch Tödtung auch der Pferde, welche lediglich der An¬
steckung verdächtig waren, gehandelt hat. Alle übrigen in der Tabelle
aufgeführten Pferde gehörten Beständen an, welche entweder als alte
Rotzherde bezeichnet werden müssen, oder in denen zur Seuchetilgung
der ganze Bestand oder doch ein grosser Theil desselben getödtet
wurde.
Das statistische Material enthält keine Mittheilungen über
etwa vorgekomraene Erkrankungen von Menschen in Folge
einer Infection durch dasContagium der Rotz-Wurmkrankheit.
Die von den Provinzial- bezw. Communalverbänden an
Entschädigungen für auf polizeiliche Anordnung getödtete
bezw. vor der bereits angeordneten Tödtung gefallene rotz¬
wurmkranke Pferde gezahlten Geldbeträge haben wir in
der folgenden Tabelle zusammengestellt und zur Verglei¬
chung die entsprechenden Summen des Jahres 1881/82 hin¬
zugefügt:
Berichtsjahr
Berichtsjahr
1881/82.
1882/83.
Mark
Pf.
Mark
Pf.
1 .
Provinz Ostpreussen.
30702
57
14029
75
2.
Westpreussen.
90480
13
47019
—
Latus
121182
70
61048
75
Digitized by
Google
Rotz-Wurmkrankheit.
61
Berichtsjahr
1881/82.
Mark Pf.
Berichtsjahr
. 1882/83.
Mark Pf.
Transport
121182
70
61048
75
3.
Provinz Brandenburg ausschliess¬
lich Berlin.
41395
50
29552
76
4.
Berlin.
11789
16
5455
_
5.
Provinz Pommern .
30230
33
16303
_
6.
Posen .
111182
25
88121
75
7.
Schlesien.
57805
44
74171
70
8.
Sachsen .
24684
68
18572 1
26
9.
Schleswig - Holstein aus¬
schliesslich Herzogthum
Lauenburg .
4355
25
1473
75
10.
Kreis Herzogthum Lauenburg . . .
—
—
4284
73
11.
Provinz Hannover .
24953
97
10568
63
12
Westfalen.
2195
—
1430
63
13.
Reg.-Bez. Kassel.
7143
75
2943
75
14.
Wiesbaden ausschliessl.
Frankfurt a. M.
412
50
3052
50
15.
Frankfurt a. M.
562
50
—
—
16.
Rheinprovinz.
73741
75
25957
50
17.
Hohenzollernsche Lande.
155
120
Summa
511789
78
343056
70
Mithin beträgt die Gesammtsumme der gezahlten Ent¬
schädigungen für auf polizeiliche Anordnung getödtete
Pferde
168733 Mark 8 Pfennige
weniger als im vorhergehenden Jahre. Nur in Schlesien, in
Schleswig-Holstein, einschliesslich des Herzogthums Lauenburg und im
Reg.-Bez. Wiesbaden ist der Betrag der Entschädigungen höher, in
allen übrigen Provinzen hat derselbe sich mehr oder weniger bedeu¬
tend vermindert.
Die Entschädigung für ein auf polizeiliche Anordnung getödtetes
Pferd beträgt im Durchschnitt
252 Mark 43 Pfennige
oder 1 Mark 31 Pfennige mehr als im vorigen Berichtsjahr.
Zur Deckung der Entschädigungssummen sind in den
beiden letzten Jahren von den Pferdebesitzern an Beiträgen
erhoben worden:
Digitized by t^.ooQle
62 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten«
Berichtsjahr 1881/82.
Berichtsjahr 1882/83.
Beitrag
für jedes
Pferd.
Pf.
Mark.
Pf.
Beitrag
für jedes
Pferd.
Pf.
Mark.
_Pf
1.
Provinz Ostpreussen ....
20
71148
80
_
_
___
2.
Westpreussen . . .
40
75993
60
60
112562
60
3.
Brandenburg (aus-
schliessl. Berlin).
14
4 31799
04
18
1 41472
36
4.
Berlin.
60
1 15822
80
30
1 7859
10
5.
Provinz Pommern.
—
—
—
20
35817
—
6.
Posen.
20
38668
20
40
79326
60
7.
Schlesien.
24,916
1 64869
60
29,4746
1 77526
05
8.
Sachsen .
18
s 30998
96
15
’ 25577
13
9.
Schleswig-Holstein
(ausschliessl. Her-
zogth. Lauenburg)
10.
Kreis Herzogth. Lauenburg .
10
743
10
60
4439
31
11.
Provinz Hannover.
0,3
* 5957
70
14
* 26674
62
12.
Westfalen.
—
—
30
* 512
10
13.
Reg.-Bez. Kassel.
20
9385
20
20
9206
80
14.
Wiesbaden (aus¬
schliessl. Frank¬
furt a. M.) ...
30
4761
60
15.
Frankfurt a. M.
—
—
—
—
—
—
16.
Rheinprovinz.
20
1 27724
60
35
4 26290
25
17.
Hohenzollernsche Lande . .
50
1 2821
—
50
4 2761
—
Summa
i
375932
60
453786
52
Aus der Staatskasse wurden an Entschädigungen für
auf polizeiliche Anordnung getödtete Pferde 24045 Mark
11 Pfennige — 29334 Mark 59 Pfennige weniger als im vor¬
hergehenden Jahre — gezahlt, wie die nachstehende Verglei¬
chung zeigt:
1 Die Angaben beziehen sich auf das Kalenderjahr 1882.
1 Die Beitrage sind zur Deckung der im Kalenderjahr 1881 gezahlten Ent¬
schädigungen erhoben.
* Nur von Eseln, Mauleseln und Maulthieren erhoben.
4 Die Angaben beziehen sich auf die Zeit vom 1. Januar 1882 bis 31. März
1883.
Digitized by t^.ooole
Maul- und Klauenseuche.
63
Etatsjahr
1881/82.
Mart Pf.
Etatsjahr
1882/83.
Mark
Pf.
1.
Provinz Ostpreussen.
1965
17
1134
2.
Westpreussen.
7283
33
836
96
3.
Brandenburg.
3755
75
1484
33
4.
Pommern.
12952
35
1148
33
5.
Posen.
5311
—
7573
33
6.
Schlesien.
11562
—
4695
99
7.
Sachsen .
938
27
3964
67
8
Schleswig-Holstein.
1402
—
430
—
9.
Hannover.
790
—
285
—
10.
Westfalen.
287
50
851
—
11.
Hessen-Nassau.
194
—
—
_
12.
Rheinprovinz.
6938
33
1641
50
13.
Hohenzollemsche Lande.
—
—
—
—
Summa
53379
70
24045
F 7
4. Die Maul- und Klauenseuche.
Wie wir in früheren Berichten ausgeführt haben, kann nur die
Zahl der Kreise und Ortschaften, in denen Ausbrüche dieser Krank¬
heit beobachtet wurden, annähernd einen Massstab abgeben, nach
welchem man im Stande ist, die Verbreitung der Maul- und Klauen¬
seuche zu beurtheilen. Die Zahlen des statistischen Materials, welche
sich auf die verseuchten Gehöfte bezw. auf die erkrankten Wieder¬
käuer und Schweine beziehen, sind ganz werthlos, da eine Constatirung
der Maul- und Klauenseuche nach § 15 des Reichsgesetzes vom 23. Juni
1880 in der Regel nur bei dem ersten Ausbruch in einem Orte oder
in einer Gegend stattfindet, und die beamteten Thierärzte daher nur
höchst ausnahmsweise in der Lage sind, genauere Mittheilungen über
die Verbreitung der Seuche in einem bestimmten Orte oder in dessen
unmittelbarer Nachbarschaft zu machen.
Wie die Vergleichung am Fusse der Tabelle S. 64 u. 65 zeigt,
hatte die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche vom 1. bis zum
3. Quartal des vorigen Berichtsjahres stetig und in auffallender Weise
abgenommen und auch noch während des 4. Quartals einen niedrigen
Stand behalten.
Im 1. Quartal des Berichtsjahres verminderte sich die Zahl
der Ausbrüche noch weiter und in so bedeutendem Umfange, dass die
Provinzen Westpreussen, Pommern, Hannover, Hessen-Nassau, die
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64 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Im ersten Quartal
Im zweiten Quartal
Im drit
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erkrankt
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St. Rindvieh.
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Zahl der Kreise.
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1.
Ostpreussen.
1
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1
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5
—
—
6
12
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2.
Westpreussen ....
—
—
—
—
—
5
10
10
133
79
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3
8
3.
Brandenburg ....
2
2
2
32
—
—
1
l
1
2
—
—
21
61
77
4.
Pommern.
—
—
—
—
—
—
1
1
1
6
—
—
5
7
5.
Posen.
1
1
1
50
_
_
13
21
43
628
_
218
17
50
K
6.
Schlesien.
3
4
5
32
—
—
15
25
34
210
69
192
30
70
1091
7.
Sachsen .
4
4
4
120
—
—
10
15
27
131
75
53
22
81
114
8.
Schleswig-Holstein .
1
1
1
1
—
—
—
—
—
—
—
-
1
1
t
9.
Hannover.
4
7
7
104
6
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70
10.
Westfalen.
1
1
1
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2
3
3
30
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7
8
11
1 11
11 .
Hessen-Nassau . . .
—
—
—
—
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—
1
1
1
2
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—
13
30
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12.
Rheinprovinz ....
—
—
-
—
—
3
3
3
9
—
40
22
56
: 77
13.
Hohenzollernsche
Lande .
-
Summa
13
14
15
256
—
—
57
89
132
1260
223
510
154
395
682
Im Berichtsjahre
1881/82 ....
122
283
600
1
7493
8
42
48
77
267
2877
120
6
19
23
29
Im Berichtsjahre
1882/83: mehr
9
12
_____
103
501
135
372
[
653
weniger
109
269
585
7237
8
42
—
135
1617
—
—
—
—
—
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Maul- und Klauenseuche.
65
ten Quartal
Im
vierten Quartal
Im Berichtsjahre
Regierungs- bezw.
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3
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Landdrostei - Bezirke,
in denen die Maul- u.
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e
’S
*
xz
o
CO
Klauenseuche nicht
aufgetreten ist, nebst
Angabe der seuche-
frei gebliebenen Quar¬
tale.
205
208
7
39
65
739
—
106
11
54
1047
205
314
Gumbinnen 1 2.4.Qu.
275
—
40
9
21
21
1075
—
73
12
37
1483
79
113
Danzig 1. Quartal.
Marienwerder 1. Qu.
1999
898
24
24
80
98
2335
750
265
30
139
4368
1648
289
Frankfurt 2. Quartal.
Berlin 1. 2. 4. Qu.
184
10
9
19
28
424
15
11
27
614
10
15
Stettin 1. 2. Quartal.
Köslin l. Quartal.
Stralsund 1. 2. Qu.
1844
340
47
12
61
66
2416
662
77
23
128
4938
1002
342
Bromberg 1. Quartal.
1381
4
103
40
104
135
2948
831
119
52
198
4571
904
414
Breslau 1. Quartal.
2421
—
58
24
111
168
5609
651
—
31
201
8281
726
111
11
—
—
3
4
4
43
—
-
4
6
55*
—
Schleswig 2. Quartal.
210
120
7
10
25
28
383
250
4
13
40
697
370
11
Hannover 1. 3. Qu.
lJildesheim 1. Qu.
Lüneburg 1. 2. Qu.
Stade 1. 2. 3. Qu.
Osnabrück 1. 2. Qu.
Aurich 1. 2. 3. 4. Qu.
115
—
41
14
35
42
334
100
76
19
48
4S5
100
124
Münster 1. 3 Qu.
Minden 1.2. Quartal.
474
70
—
12
18
27
328
—
18
47
804
70
—
Kassel 1. Quartal.
Wiesbaden 1. 2. Qu.
648
1320
28
27
55
68
433
225
33
113
1090
1545
68
Koblenz 1. 2. Qu.
Düsseldorf 1. Quartal.
Köln 1. 2. Quartal.
Trier 1. Quartal.
Aachen 1. Quartal.
—
—
—
1
1
1
22
—
-
1
1
22
—
—
Sigmaringen 1 2.3.Qu.
9850
2967
556
192
573
751
17089
34G9
735
258
1039
28455
6659
1801
418
514
5
30
44
49
1112
—
16
169
422
11900
642
69
9432
2453
551
162
529
702
15977
3469
719
89
| 617
16555
6017
1732
Arehir f. wiusensch. u. prnkt. Thierheilk. IX. Suppl.-Heft 2. 5
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66 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Rheinprovinz und die Hohenzollemschen Lande seuchefrei blieben, und
sich das Auftreten der Krankheit in den übrigen Provinzen auf zu¬
sammen 15 Ortschaften beschränkte. Nur in einem Orte des Reg.-
ßez. Liegnitz verbreitete sich die Seuche — und zwar durch Führen
einer Kuh zum Bullen — auf ein zweites Gehöft. Zwei Ausbrüche
wurden durch den Ankauf von krankem Rindvieh, ebenso viele durch
den Ankauf von kranken Treiberschweinen vermittelt. In allen übrigen
Fällen wird die Einschleppung entweder nicht erwähnt oder ausdrück¬
lich bemerkt, dass dieselbe um so unerklärlicher blieb, als ein An¬
kauf von Wiederkäuern und Schweinen nicht stattgefunden hatte, und
weit und breit von dem Herrschen der Aphthenseuche nichts be¬
kannt war.
Nur bezüglich des einen Ausbruches in Vitzenburg, Kr. Querfurt,
wird erwähnt, dass die Krankheit vorwaltend in Form der Klauen¬
seuche und wegen des gleichzeiten Herrschens der Schlempemauke in
dem betreffenden Bestände sehr bösartig auftrat.
Während des 2. Quartals erlangte die Aphthenseuche schon
eine zum Theil erhebliche Verbreitung in den an der östlichen Landes¬
grenze liegenden Provinzen Westpreussen, Posen, Schlesien und ausser¬
dem in der Provinz Sachsen, kein Regierungs-Bezirk in diesen 4 Pro¬
vinzen blieb seuchefrei. Die zahlreichen Ausbrüche in der Provinz
Posen konnten fast durchweg mittelbar oder unmittelbar auf Ein¬
schleppung durch aus Polen importirte Schweine zurückgeführt wer¬
den, ausserdem sollen mehrfach die Schweine der Dienstlcute zur Ver¬
breitung der Seuche beigetragen bezw. die Infectionen an den Verlade¬
stellen der Eisenbahnen stattgefunden haben. Im Kreise Pieschen hat
die Krankheit angeblich den grössten Theil der Viehbestände ergriffen.
Die Mehrzahl der Ausbrüche in Schlesien ist durch aus Galizien bezw.
Polen eingeführte aphthenkranke Schweine bedingt worden. Die zahl¬
reichsten Ausbrüche entfallen auf Ortschaften an den Strassen, auf
welchen Schweine galizischen oder polnischen Ursprungs getrieben
worden waren. Es wurde während dieses Quartals ermittelt, dass der
grosse galizische Schlachtviehmarkt in Oswienczym sehr stark und
seit längerer Zeit verseucht wer. Ebenso wurde in Westpreussen die
Aphthenseuche bei mehreren aus Polen eingeführten Schweinetrans¬
porten auf den Grenzbahnhöfen festgestellt und gleichzeitig ermittelt,
dass die Ausbrüche im Kreise Thorn und in benachbarten Theilen des
Reg.-Bez. Bromberg durch die Abfuhr von Dungstoffen aus Schläch¬
tereien und durch den Verkehr der Rindviehgespanne auf don Bahn-
Digitized by t^ooQle
Maul- und Klauenseuche.
67
höfen veranlasst worden waren. Das Auftreten der Seuche in dem
westlichen Theile der Provinz liess sich auf Schweinetransporte zurück¬
führen, welche von Osten her mit der Eisenbahn bis Schneidemühl
befördert wurden.
Zieht man in Betracht, dass die Ausbrüche in den genannten
drei Grenzprovinzen der Zeit nach früher als in anderen Landestheilen
beobachtet wurden, ferner dass auch auf dem Berliner Schlachtvieh¬
markt und auf dem zu letzterem gehörenden Schweinemarkt in Rum¬
melsburg, ausserdem auf dem Schlachtviehmarkt in Elberfeld zahl¬
reiche, aus Oesterreich-Ungarn bezw. Polen eingeführte Schweine mit
der Aphthenseuche behaftet gefunden wurden, so kann es keinem
Zweifel unterliegen, dass die Maul- und Klauenseuche durch
den Import von Schweinen aus dem östlichen Ausland ein¬
geschleppt worden ist und durch den Handel mit solchen
Schweinen eine weite Verbreitung erlangte. Diese Annahme
wird noch weiter durch die Thatsache unterstützt, dass — abgesehen
von der Provinz Sachsen — die Zahl der Ausbrüche in den übrigen
Provinzen keine bedeutende Höhe erlangte und am geringsten in den
Provinzen blieb, welche, wie z. B. Schleswig-Holstein, Ostpreussen und
Pommern, Rindvieh und Schweine gar nicht oder doch nur in be¬
schränktem Umfange importiren. In der Provinz [Sachsen gab der
sehr rege Viehhandel Anlass zur Einschleppung der Krankheit, welche
sich durch Infectionen auf den Viehmärkten nach den verschiedensten
Richtungen weiter verbreitete.
Von den 395 Ortschaften, in denen die Aphthenseuche während
des 3. Quartals auftrat, entfallen:
20,50 pCt. auf die Provinz Sachsen,
17,72 - - Schlesien,
15,44 - - - Brandenburg,
14,20 - - - Rheinprovinz,
12,CO - - - Provinz Posen,
80,46 pCt. auf die genannten 5 Provinzen.
Die Verbreitung der Aphthenseuche in den Reg.-Bez. Magdeburg
und Merseburg soll noch viel bedeutender gewesen sein, als das sta¬
tistische Material angiebt, namentlich in den Kreisen Jerichow I und
Wanzleben soll kaum ein Ort von der Seuche verschont geblieben sein.
Zahlreiche Ausbrüche sind den Berichterstattern nur aus den Veröf¬
fentlichungen der Amts- und Kreisblätter bekannt geworden. Im
Viehpark des landwirtschaftlichen Institutes zu Halle erkrankten die
Thiere der ausländischen ebenso wie die der einheimischen Racen.
5*
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68 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Dagegen beschränkte sich das Auftreten der Aphthenseuche im Reg.-
Bez. Erfurt auf zusammen 4 Ortschaften der Kreise Mühlhausen und
Ziegenrück.
Abgesehen von dem stark verseuchten Kreise Schweidnitz und
einzelnen Ortschaften im Reg.-Bez. Oppeln, kamen in Schlesien zwar
zahlreiche, jedoch meistens vereinzelt bleibende Ausbrüche der Aphthen¬
seuche vor. In der Provinz Brandenburg erlangte die Aphthenseuche
nur unter den Viehbeständen des Kreises Teltow eine grössere, zum
Theil ganz allgemeine Verbreitung. Dasselbe war in den Kreisen
Merzig, Saarbrücken, Aachen, Düren und Schleiden der Rheinprovinz
der Fall. Heber die zahlreichen Ausbrüche in der Provinz Posen wird
nur bezüglich weniger Orte erwähnt, dass die Viehbestände aller Ge¬
höfte ergriffen wurden.
Nächstdem waren am stärksten verseucht die Provinzen Hessen-
Nassau, Westfalen und Ostpreussen. In den übrigen Provinzen wur¬
den nur vereinzelte Ausbrüche beobachtet, im Reg.-Bez. Marienwerder
z. B. nur in 3 Orten des Kreises Thorn, durch welche aus Polen ein¬
geführte Schweine getrieben worden waren, und im Reg.-Bez.- Schles¬
wig nur unter einem Viehbestände, welcher sich auf dem Hamburger
Schlachtviehmarkt inficirt hatte.
Bis zum 10. December 1882, an welchem Tage die Einfuhr von
Schweinen aus dem östlichen Auslande verboten wurde, ist die Aphthen¬
seuche in sehr vielen Fällen durch aus Polen bezw. Oester¬
reich-Ungarn eingeführte Schweine auch noch während des
3. Quartals eingeschleppt worden. Unter 4 Transporten von
zusammen 611 russischen Schweinen erwiesen sich auf dem Grenz¬
bahnhofe Prostken 130 mit der Klauenseuche behaftet. Mehrfach ge¬
langten derartig erkrankte, über die Grenzbahnhöfe Prostken, Eydt-
kuhnen und Alexandrowo aus Polen eingeführte Schweine nach Königs¬
berg, Danzig und auch nach Rtmraelsburg bei Berlin. Auf dem Berliner
Schlachtviehmarkt wurde die Seuche bei 24 grösseren Schweinetrans¬
porten constatirt, von diesen stammte einer aus Serbien, die übrigen
aus Russland, Polen oder Oesterreich-Ungarn. Auch auf den Schlacht¬
viehmärkten in Frankfurt a. M. und Elberfeld kamen zahlreiche Fälle
von Aphthenseuche unter eingeführten Schweinen vor.
In der Mehrzahl der Ausbrüche konnte die Einschleppung der
Maul- und Klauenseuche nachgewiesen und auf den Ankauf von er¬
krankten oder inficirten Rindern oder Schweinen zurückgeführt werden;
2 Ausbrüche wurden durch in Holland angekauftes Rindvieh veran-
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Maul- und Klauenseuche.
69
lasst. Die Infection erfolgte vielfach auf Viehmärkten, in Gastställen,
während des Eisenbahntransportes oder in den Ställen der Viehhändler.
Die Seuche trat an vielen Orten zuerst in Gehöften auf, deren
Besitzer Gastwirthschaft oder das Fleischergewerbe betrieben. Ganz
besonders häufig haben die Schlachtviehmärkte in den grossen Städten
Anlass zur Verbreitung der Maul- und Klauenseuche auf weitere Ent¬
fernungen gegeben; die Verbreitung in denselben Orten oder auf Be¬
stände benachbarter Ortschaften erfolgte nicht nur durch Berührung
kranker und gesunder Thiere auf den Weiden, Feldern, Strassen u.s.w.,
sondern auch durch Zwischenträger; als solche werden vielfach auch
Fleischer und Handelsleute, an deren Kleidern das Contagium der
Aphthenseuche haftete, und die Wagen genannt, deren sich die Flei¬
scher zu ihrem Gewcrbsbetriebe bedienen.
Während des 4. Quartals blieben nur der Reg.-Bez. Gumbinnen,
der Landdr.-Bez. Aurich und das in Berlin einheimische Vieh frei von
der Aphthenseuche, deren Auftreten sich in den Reg.- bezw. Landdr.-
Bez. Köslin, Stralsund, Schleswig, Lüneburg, Stade, Osnabrück, Min¬
den, Wiesbaden, Trier und Sigmaringen auf 1 bis incl. 5 Ortschaften
beschränkte, ln den übrigen Reg.- bezw. Landdr.-Bez. erlangte die
Seuche eine bedeutende, in einzelnen Kreisen sogar eine derartige Ver¬
breitung, dass nur wenige Viehbestände verschont wurden.
In der Tabelle S. 70 haben wir versucht, die Angaben des
statistischen Materials über die Einschleppung der Maul¬
und Klauenseuche im 4. Quartal übersichtlich zusammen¬
zustellen. Bezüglich der Ausbrüche in 233 Ortschaften wird die
Einschleppung theils nicht erwähnt, theils mitgetheilt, dass dieselbe
nicht aufgeklärt werden konnte. Es dürfte jedoch anzunehmen sein,
dass ein bedeutender Theil dieser Ausbrüche durch Berührung mit
krankem Vieh der Nachbarschaft oder durch Zwischenträger vermittelt
wurde.
In 159 Ortschaften erfolgte der Ausbruch durch Ankauf von
krankem oder inficirtem Rindvieh, hierunter befinden sich 47
Ortschaften, in denen das angekaufte Vieh aus Bayern eingeführt
worden war; in 2 Ortschaften stammte das Vieh, welches die Ein¬
schleppung vermittelte, aus den Niederlanden, in je einer Ortschaft
aus Ostfriesland, Braunschweig oder Württemberg. Sehr häufig dürfte
jedoch die Infection nicht in der Heimath der betreffenden Thiere,
sondern auf dem Transporte oder in den Ställen der Viehhändler statt¬
gefunden haben. Aus dem Reg.-Bez. Magdeburg wird berichtet, dass
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70 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiton,
Laufende Nummer.
Regierungs-
bezw.
Landdrostei
Bezirk.
Zahl der Ortschatten, in denen
Ausbrüche der Aphthenscuche
.stattfanden.
Z^
sch
di
_E1
jd
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JA
a
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3
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3
13
ier Ort-
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nschlep
erfolgte
5^ rt
. ® £
täc c -r
£ .Ü -r
2 S c
3 % «
-c
durch Zwischenträger. I
Zahl der Ortschaften, in denen
dieEinschleppung nicht erwähnt
wird, oder unbekannt blieb.
Bemerkungen.
1.
Königsberg
39*
5
17
3
11
*30 Ortsch im Kr Neidenburg.
2
Gumbinnen
—
—
-
—
—
3.
Danzig
13
8
—
5
4.
Marienwerder
8
4
2
—
2
5
Polsdam
43
3
13
2
3
22
6.
Frankfurt
37
2
25
—
6
7
Berlin
—
—
—
—
—
8.
Stettin
14
7
4
—
3
9.
Köslin
3
1
1
—
1
10
Stralsund
2
—
—
—
2
11.
Posen
23
5
2
—
1
15
Ganz allgemein verbreitet im
Landkr. Posen.
12.
Bromberg
38
23
—
2
—
13
13
Breslau
24
4
6
—
—
14
14
Liegnitz
61
14
301
| —
—
17
15.
Oppeln
19
1
1 6*
2
—
4
* 2 mal aus Polen, 1 mal aus
Galizien.
16.
Magdeburg
52
9
2
—
1
40
Kr. Kalbe 16 Ortscb., Kr. Neu¬
haldensleben 10 Ortsch.
17.
Merseburg
52
14
6
21
3
S
Ganz allgemein im Kr. Delitsch
und im M ans fei der See kreise.
18
Erfurt
7
4
—
—
3
5 Ortsch. im Kr. Schleusingen.
19.
Schleswig
4
4*
—
—
—
* v. Hamb. Schlachtviehmarkt.
20.
Hannover
5
2
—
—
—
3
21.
ilildesheim
16
6
1
2
1
6
22
Lüneburg
2
1
—
—
—
1
23
Stade
I
1*
—
—
—
—
* v. Berlin. Schlachtviehmarkt.
24
Osnabrück
1
—
—
—
1
25
Aurich
—
—
| —
—
—
—
26.
Münster
10
3
—
—
—
7
27.
Minden
3
2
—
—
—
1
28.
Arnsberg
22
2
9
2
9
29.
Kassel
15
7
—
8
30
Wiesbaden
3
—
—
1
—
2
31.
Koblenz
12
6
—
—
6
32.
Düsseldorf
16
3
2
1
—
10
33
Köln
12
5
—
2
1
4
34.
Trier
5
5
—
—
—
—
35.
Aachen
10
1
—
—
—
9
36
Sigmaringen
1
1
—
—
-
Summa
573
159
j 126
36
1 1
19
233
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Google
Maul- und Klauenseuche.
71
das aus Bayern eingcführtc Vieh in Halle Station macht, um dort von
den Viehhändlern gemustert und je nach den Bedürfnissen zusamraen-
gestellt zu werden. Es liegt auf der Hand, dass die Aphthenseuche
sich unter den Viehtransporten des verschiedensten Ursprunges leicht
verbreitet, und dass dieselbe von den Depots der grossen Viehhändler
nach allen Richtungen und auf weite Entfernungen verschleppt wer¬
den kann.
Die Verbreitung der Aphthenseuche durch Ankauf von Schwei¬
nen oder durch die Wanderzüge der Schweinetreibherden
geschah — wie die Tabelle S. 70 zeigt — auffällig häufig in
den östlichen Provinzen. Ein grosser Theil dieser Ausbrüche ist
jedenfalls mittelbar oder unmittelbar durch aus dem östlichen Aus¬
lande eingeführte Schweine bedingt worden. Denn aus allen östlichen
Provinzen wird vielfach berichtet, dass die Maul- und Klauenseuche
häufig bei aus Russland-Polen bezw. Oesterreich-Ungarn eingefuhrten
einzelnen Schweinen oder grösseren Schweinetransporten constatirt
wurde. Namentlich erwiesen sich auf den Schlachtviehmärkten der
grossen Städte zahlreiche Schweine des genannten Ursprungs mit der
Maul- und Klauenseuche behaftet. Man kann mit Fug und Recht
behaupten, dass die Schlachtviehmärkte vielfach Infections-
centren bildeten, von denen aus sich die Seuche nach den
verschiedensten Richtungen und auf weite Entfernungen
verbreitete. Auf dem Berliner Schlachtviehmarkt wurde die Krank¬
heit unter 13 grösseren Schweinetransporten constatirt, von denen 1
aus Ungarn oder Serbien stammte, die anderen waren über Thorn,
Illowo, Prostken oder Eydtkuhnen aus Polen eingeführt worden. Alle
Ausbrüche der Seuche in Schleswig-Holstein wurden durch Infectionen
auf dem Hamburger Schlachtviehraarkt veranlasst, die Ställe der dor¬
tigen Viehcommissionäre waren wiederholt stark verseucht.
Auch der Verkehr auf den Märkten der kleinen Städte
hat sehr häufig zur Verbreitung der Aphthenseuche beigetragen, die¬
selbe trat in vielen Fällen bei solchen Thieren auf, welche auf den
Märkten zum Verkauf gestellt, jedoch unverkauft geblieben und wieder
in die Ställe der Besitzer zurückgekehrt waren. Einzelne Märkte waren
bezüglich der Seuche Verbreitung geradezu berüchtigt geworden, und
die Königl. Regierung zu Frankfurt a. 0. hatte sich deshalb veran¬
lasst gesehen, die Abhaltung von Viehraärkten in denjenigen Kreisen
zu verbieten, welche von der Aphthenseuche besonders stark heirage-
sucht waren.
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72 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Während des ganzen Berichtsjahres befiel die Maul- und
Klauenseuche vorzugsweise Rindvieh und nächstdem
Schweine, sehr viel weniger Schafe. Ein Theil der in den
Tabellen aufgefiihrten Ausbrüche bei Schafen dürfte sich wohl auf
die sogenannte bösartige Klauenseuche beziehen, diejenigen Angaben,
bei denen es keinem Zweifel unterliegt, dass die Schafe an der bös¬
artigen Klauenseuche gelitten haben, sind in unsere Tabelle nicht
aufgenomraen worden. Ausserdem erwähnt das statistische Material
die Erkrankung von 47 Ziegen an der Aphthenseuche. In vielen
Fällen blieben Schafe und Schweine selbst in solchen Gehöften ver¬
schont, in denen alle Thiere des ltindvichbestandes erkrankten.
Nur in vcrhältnissmässig seltenen Fällen wird berichtet,
dass solche Rindviehstücke, welche vor 2 oder 3 Jahren
durchgeseucht hatten, bei dem diesmaligen Auftreten der
Maul- und Klauenseuche nicht ergriffen wurden. Die Im¬
munität, welche durch das Ueberstehen der Krankheit erworben wird,
scheint sehr häufig gar nicht oder nur kurze Zeit zu bestehen. In
den beiden ersten Quartalen kam es nicht selten vor, dass das Auf¬
treten der Krankheit auf einzelne Ställe desselben Gehöftes oder sogar
auf einzelne Thiere desselben Stalles beschränkt blieb, in den beiden
letzten Quartalen sind ähnliche Beobachtungen nur sehr ausnahms¬
weise gemacht worden.
Im 4. Quartal wird über 2 Fälle berichtet, in denen nach
kurzer Zeit ein wiederholter Ausbruch unter Thieren des¬
selben Bestandes stattfand. In Rakau, Kr. Leobschütz, waren
im December von 128 Stück Rindvieh des Bestandes etwa 20 er¬
krankt. Die Seuche erlosch, ohne weitere Fortschritte zu machen,
brach jedoch Anfangs März — eingeschleppt durch auf dem Markte
in Kosel angekaufte Ochsen — von neuem aus und ergriff nunmehr
alle Rindviehstücke und auch die Schafe des Gutes. In Uthleben,
Kr. Sangershausen, erkrankten am 14. Januar von 99 Stück Rindvieh
des Bestandes 8 in leichtem Grade, am 5. März wurden heftig er¬
krankte Ochsen in denselben Stall gebracht, und nun ergriff die Seuche
alle Thiere des Bestandes.
Zahlreiche Ausbrüche der Krankheit wurden in der zweiten Hälfte
des März beobachtet, es muss daher die Befürchtung ausgesprochen
werden, dass das Herrschen der Aphthenseuche auch noch in
das nächste Berichtsjahr umfangreich fortdauern wird.
Im Allgemeinen trat die Krankheit sehr milde und bei dem
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Lungenseuche.
73
Rindvieh überwiegend in Form der Maulseuche auf. Lang¬
wierige Klauenleiden nach dem Ueberstehen der Seuche sind nur ver-
hältnissmässig selten vorgekomraen, häufiger war an dem Euter ein
Bläschenauschlag vorhanden, welcher in einigen Fällen auch bei säu¬
genden Mutterschweinen beobachtet wurde. Als an der Aphthen¬
seuche gefallen erwähnt das statistische Material:
Im 1. Quartal — Stück Rindvieh, — Schafe, — Schweine,
- 2 . 2 - - — - —
- 3. - 15 - - — - 1
- 4. - 77 - - 29 ■ 8
Zusammen 94 Stück Rindvieh, 29 Schafe, 9 Schweine.
Unter den 94 Stück Rindvieh befinden sich 51 Saugkälber.
Von der Impfung der Aphthenseuche ist während des
4. Quartals sehr häufig und in allen Provinzen, in den ersten 3
Quartalen nur sehr selten Gebrauch gemacht worden, um die Dauer
der Seuche abzukürzen.
Ueber Infectionen von Menschen in Folge des Genusses
der rohen, unaufgekochten Milch von aphthenkranken
Kühen wird nicht berichtet.
K. Die Lungenseuohe.
Die Zahl der Kreise, in denen Ausbrüche der Lungenseuche vor¬
gekommen sind, hat sich etwas vermindert; dagegen ist die Zahl der
verseuchten Ortschaften und Bestände fast dieselbe geblieben, wie irn
vorigen Jahre. Die Zahl der getödteten und gefallenen Stück Rind¬
vieh hat gegen das vorhergehende Jahr um 97 zugenommen.
Die während der auf einander folgenden Quartale und während
des Berichtsjahres beobachteten Erkrankungen an Lungenseuche ver¬
theilen sich in abgerundeten Procentsätzen wie folgt auf die einzelnen
Provinzen. Zur Vergleichung werden die für das Berichtsjahr 1881/82
berechneten Verhältnisszahlen wiederholt:
1 .
Quartal
2.
Quartal.
3.
Quartal.
4.
Quartal.
Im
Berichts¬
jahre
Im Jahre
1881/82.
An Lungenseuche erkrankte
•*
Stück Rindvieh
473
264
408
808
1953
1856
Davon in
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
1. Westpreussen ....
—
—
—
—
3,20
2. Brandenburg.
13,10
5,00
—
2.23
4.76
12,40
Latus
13,10
5,00
—
2,23
4,76
15,60
Digitized by t^ooQle
Laufende Nummer.
74 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten,
1
2 .
3.
4.
5.
6 .
8
9 .
10 .
11 .
12 .
13 .
Provinz.
Im ersten Quartal
Im zweiten Quartal
1
Im
dritten
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Jstück Rindvieh
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
jstück Rindvieh
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Stück
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Brandenburg. . .
1
1
1
62
65
7
9
2
9
13
1
11
1
-
—
—
—
-
Pommern.
1
2
3
20
—
20
—
-
-
—
—
—
—
—
9
2
9
152
—
Posen.
5
6
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94
1
92
1
3
4
5
40
1
39
3
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27
5
Schlesien.
1
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1
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1
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1
1
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1
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—
—
—
—
—
—
Sachsen .
15
41
47
284
11
266
14
13
38
55
191
6
174
51
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35
47
195
6
Schlesw.- Holstein
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Hannover .
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Westfalen ....
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—
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—
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Hessen-Nassau . .
5
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Hohenzollernsche
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Lande .
—
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—
—
—
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—
—
—
Summa
29
57
67!
473
13
453
28
22
48
69
264
12
237
53
20
50
68
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Im Berichtsjahre
1881/82 ....
31
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:33|56|
77
428
10
433
14
26
40
56
228
7
Im Berichtsjahre
1882 83: mehr
—
—
—
—
7
—
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—
—
—
2
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39
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196
—
6
—
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—
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Digitized by
Goo
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Lungenseuche.
75
Quartal
Im
vierten Quartal
Im Berichtsjahre
Regierungs- bezw.
Landdrostei-Bezirke,
in denen Fälle von Lun¬
genseuche nicht vorge¬
kommen sind, nebst An¬
gabe der seuchefrei
gebliebenen Quartale.
Rindv.
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Stück Rind
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Rindvieh
auf polizeiliche An¬
ordnung getödtet.
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auf polizeiliche An¬
ordnung getödtet.
auf Veranlassung der
Besitzer getödtet.
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ordnung getödtet.
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—
— 1
Königsberg 1. 2. 3.4. Qu.
Gumbinnen 1. 2.3.4. Qu.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Danzig 1. 2. 3. 4. Qu.
Marienwerder 1.2.3.4 Qu.
1
1
1
18
18
6
3
3
3
360
93
1
94
14
Potsdam 3. 4. Qu.
Frankfurt 1. 3. Qu.
Berlin 1. 2. 3. 4. Qu.
139
8
3
5
5
368
1
299
3
6
6
552
540
1
45S
8
Stettin 2. Qu.
Köslin 1. 2. 3. 4. Qu.
Stralsund 1. 2. 3, 4. Qu.
22
1
3
4
4
8
4
3
1
8
17
19
838
169
11
156
3
Bromberg 2. 3. Qu.
1
2
2
34
1
33
3
4
4
69
36
2
34
Breslau 1. 2. 3. 4. Qu.
Liegnitz 2. 3. Qu.
Oppeln 1. 3. 4. Qu.
186
91
13
42
62
342
4
303
77
20
88
150
6338
1012
27
929
233
Erfurt 1. 3. 4. Qu.
—
—
—
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—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Schleswig 1. 2. 3. 4. Qu.
23
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8
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1
19
5
5
11
11
541
58
4
49
8
Hannover 1. Qu.
Hildesheim 1. 2. 3. Qu.
Lüneburg 1. 2. 3. Qu.
Stade 1. 2. 3. 4. Qu.
Osnabrück 1. 2. 3. 4 Qu.
Aurich 1. 2. 3. 4. Qu.
Münster 1. 2. 3. 4. Qu.
Minden 1. 2. 3. 4. Qu.
Arnsberg 1. 2. 3. 4. Qu.
8
—
4
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13
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1
Koblenz 1. 2. 3. 4. Qu.
Düsseldorf 1. 2. 3. 4. Qu.
Köln 1. 2. 3. 4. Qu.
Trier 2. 3. 4. Qu.
Aachen 1. 2. 3. Qu.
—
—
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—
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Sigmaringen 1 2.3.4. Qu.
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43
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76 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
1.
Quartal.
2.
Quartal.
3.
Quartal.
1 4 -
' Quartal.
Im
Berichts¬
jahre.
Im Jahre
1881/82.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
pCt.
Transport
13,10
5,00
—
2,23
4,76
15,60
3. Pommern.
4.22
—
37,25
45.55
27,65
7,00
4. Posen.
19,87
15,15
6 ,r»2
0,99
8,66
5,40
5. Schlesien.
0,20
0,37
—
4,21
1,84
1,08
6. Sachsen .
60,10
72,33
47,80
42,32
51,82
60,00
7. Hannover.
—
3,75
6,37
2,72
2,97
4,80
8. Hessen-Nassau ....
2,31
3,40
1,96
1,86
2,20
6,40
9. Rheinprovinz.
0,20
—
—
0,12
,010
0,22
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
100,00
Die Berechnung weist eine sehr bedeutende Steigerung des Pro¬
centsatzes in der Provinz Pommern nach, welche jedoch lediglich
durch die erhebliche Zahl der Erkrankungen in einzelnen wenigen
grösseren Viehbeständen bedingt wird. Entsprechend dieser Erhöhung
des Procentsatzes entfällt auf die nach wie vor am stärksten ver¬
seuchte Provinz Sachsen eine niedrigere Verhältnisszahl. Die Erkran¬
kungen in der Provinz Posen haben gegen das vorhergehende Jahr
etwas zugenommen, dagegen macht sich in allen übrigen Provinzen
eine Abnahme der Lungenscuchc beraerklich.
Die Verluste an gefallenen und getödteten Thieren im Verhältniss
zum Gesammtbestande der verseuchten Gehöfte betragen:
Bestand der Scuchegehöftc. Gefallen und getödtet.
Im 1. Quartal 3339 St. Rindvieh, 494 St. Rindvieh (14,79 pCt.)
- 2. -
2214 -
-
302 -
(13,64 - )
- 3. -
2S90 -
-
492 -
(17,00 - )
- 3. -
3769 -
-
791 -
(21,00 - )
Im Berichtsjahr 8876 St. Rindvieh. 2079 St. Rindvieh (23,42 pCt.)
und berechnen sich für das Berichtsjahr wie folgt auf die einzelnen
Provinzen:
Brandenburg 30,28 pCt.
Pommern 84,60 -
Posen 20,28 -
Schlesien 52,17 -
Die Verhältnisszahlen in
Sachsen 18,76 pCt.
Hannover 11,27 -
Hessen-Nassau 26,47 -
Rheinprovinz 28,57 -
den beiden Provinzen Pommern und
Sachsen zeigen, wie sehr verschieden die Verluste im Verhältniss zu
dem Gesammtbestande der Seuchegehöfte sein können.
Frei von der Lungenseuche blieben während des gan¬
zen Berichtsjahres die Provinzen Ostpreussen, Westpreus-
son, Schleswig-Holstein, Westfalen und die Hohenzollern-
schen Lande.
Digitized by i^.ooQLe
Lungenseuche.
77
Wir stellen, wie S. 73—83 unseres 6. Jahresberichtes, die
Ausbrüche der Lungenseuche in den verseuchten Provinzen
zusammen und vergleichen sie gleichzeitig mit den im vorigen Be¬
richtsjahre vorgekommenen.
1. Brandenburg.
Die 109 getödteten und gefallenen Stück Rindvieh gehörten je
einem Viehbestände der Kreise Ruppin, Teltow und Arnswalde an.
Laufende Nummer.
Kreis.
1 .
Quartal
2 .
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
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1881/82
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Arnswalde.
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Summa
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1
7
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—
1
1 24
1
1
1 198
1 31
4
109
Die Lungenseuche hatte unter dem Viehbestände in Kl.-Beeren
zur Zeit, als dieselbe constatirt wurde, bereits eine so bedeutende
Verbreitung erlangt, dass der ganze Bestand von 72 Stück Rindvieh
abgeschlachtet werden musste, davon 65 auf polizeiliche Anordnung.
Nur bei 3 Stück wurde das Vorhandensein der Lungenseuche durch
die Section nicht bestätigt. Ueber die Einschleppung konnte etwas
Bestimmtes nicht ermittelt werden. Die Ausbrüche in Lützlow, Kr.
Ruppin, und Berkenbrügge, Kr. Arnswalde, wurden durch in Bayern
angekaufte Zugochsen veranlasst. In Berkenbrügge Hess der Besitzer
sofort nach Constatirung der Lungenseuche den im verseuchten Stall
noch befindlichen Restbestand am 26. August 1882 zur Abschlachtung
Digitized by C^ooQle
78 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
nach dem Berliner Schlachtviehmarkt bringen, und es hatte auch den
Anschein, dass die Seuche durch dieses Verfahren vollständig getilgt
worden war. Am 28. Februar wurde das Herrschen der Seuche für
erloschen erklärt, am 16. März 1883 brach die Krankheit jedoch unter
dem Viehbestände eines zweiten Stalles und eines zu dem Gute ge¬
hörenden Vorwerks aus. Es wird vermuthct, dass die Einschleppung
in einen dieser Ställe schon vor dem 26. August 1882 stattgefunden
hat, dass die Krankheit bei den im geringen Grade befallenen Ochsen
dieses Stalles latent geblieben ist — über ein halbes Jahr — und
dass erst im März 1883 offenkundige Erkrankungen bei mehreren
Thieren eingetreten sind.
In Berkenbriigge war das Herrschen der Lungenseuche am Schlüsse
des Berichtsjahres noch nicht für erloschen erklärt worden.
2. Pommern.
Die 467 getödteten und gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich
auf im Ganzen 6 Viehbestände der Kreise Greifenberg, Pyritz und
Saatzig. Die Reg.-Bez. Köslin und Stralsund blieben frei von der
Lungenseuchc.
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quaital
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
Im
Jahre
1981/82
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindv.
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Gesammtzahl d. Rv. i.
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fallene St. Rindv.
verseuchte Bestände.
getödtete und ge¬
fallene St. Rindv.
1.
2.
3
Greifenberg ....
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Saatzig.
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1
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2 84
117
148
202
117
2
128
Reg.-Bez.
Stettin.
Summa
2
20
2
147
5
300
6
552
467
2
128
In Naulin, Kr. Pyritz, dauerte das Herrschen der Lungenseuchc
aus dem vorigen Berichtsjahre fort, unter dem Viehstande des Gutes
Megow, Kr. Pyritz, kamen weitere Erkrankungen nicht vor (s. 6. Jahres¬
bericht S. 75). Dagegen brach die Seuche bei einer Kuh des Gemeinde¬
vorstehers in Megow aus; dieselbe erkrankte, nachdem sie 15 Wochen
Digitized by C^ooQle
Lungenseuche. 79
vorher von dem Bullen des verseuchten Gutsbestandes gedeckt wor¬
den war.
Von dem ursprünglich in Naulin vorhanden gewesenen Viehbe¬
stände waren nur 23 Stück übrig geblieben, 6 Monate nach dem letz¬
ten Krankheitsfalle wurde ein neuer Viehsland angekauft, unter dem¬
selben brach die Lungenseuche mit der grössten Heftigkeit aus, so
dass der bei weitem grösste Theil des Bestandes auf polizeiliche An¬
ordnung abgeschlachtet werden musste.
Der Ausbruch in Babbin, Kr. Pyritz, erfolgte durch Ankauf von
2 Kälbern aus dem verseuchten Bestände in Neuhaus, Kr. Greifenberg,
in den Bestand des zuletzt genannten Gutes war die Krankheit durch
Ankauf von bayerischen Zugochsen eingeschleppt worden. Der ganze
Bestand von 145 Stück wurde abgeschlachtet; durch Ueberführen einer
erkrankten Färse wurde die Seuche auf die Thiere eines bäuerlichen
Bestandes in ßetzowsfelde übertragen.
Der Ausbruch in Schönebeck, Kr. Saatzig, wurde durch Vieh ver¬
mittelt, welches der Besitzer von einem in Magdeburg ansässigen Vieh¬
händler angekauft hatte.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observation von der An¬
steckung verdächtigen Thieren in 2 Beständen des Reg.-Bez. Stettin fort.
3. Posen.
Die 170 getödteten und gefallenen Stück Rindvieh vertheilen sich
auf die nachstehend genannten Kreise:
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
Im
Jah re
1831/82
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80 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
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2
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Berichtsjahre
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Jahre
1881/82
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28
Die im Kreise Buk gefallene Kuh gehörte einem Gutstagelöhner,
die Seuche gewann keine weitere Verbreitung. Die Einschleppung der
Lungenseuche in den Bestand des Gutes Gorka duchowna erfolgte durch
in Bayern angekaufte Zugochsen, sämratliche 76 Stück des Bestandes
wurden abgeschlachtet, die Seuche wurde auf 2 bäuerliche Viehbestände
desselben Dorfes übertragen. Uebcr die Ausbrüche der Lungenseuche
unter je einem kleinen Viehbestände zu Zygmuntowo, Lajewo, Kiel-
czewo, Zirpe, Kr. Kosten, Kankland, Kr. Fraustadt, und unter den
Beständen der Güter Gross-Kreutsch, Kr. Fraustadt, Runowo, Kr.
Sehrimm, fehlen nähere Angaben. Der Ausbilich in Drobnia wurde
durch eine kranke, auf dem Markt in Punitz kurz vorher angekaufte
Kuh veranlasst. In Trzielino, Landkr. Posen, hatte die Lungenscuche
bis zum November 1880 geherrscht, die Seuche soll mit dem neu
angekauften Vieh wieder eingeschleppt worden sein und verbreitete
sich auch auch auf den Bestand des zu diesem Gute gehörenden Vor¬
werks Lissowki. Die Einschleppung der Krankheit in den Viehbestand
des Gutes Kiekrz, Landkr. Posen, hat nicht aufgeklärt werden können.
Der Bedarf an Vieh wird durch eigene Zuzucht gedeckt.
Die seit dem vorigen Berichtsjahre in Dalkowo, Kr. Inowraclaw,
Hohenberg und Schliepershof, Kr. Wirsitz, herrschende Lungenseuche
(s. VI. Jahresber. S. 77) wurde im 2. Quartal getilgt. Von den aus
Bayern nach Hausdorf, Kr. Schubin, eingeführten Zugochsen wurde
einer auf Veranlassung des Besitzers getödtet und mit der Lungen¬
seuche behaftet gefunden. Vom 23. Januar bis zum Schlüsse des
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Lungenseuche.
81
Berichtsjahres sind in dem Bestände von 112 Stück Rindvieh keine
weiteren Erkrankungen vorgekommen.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observation von der
Ansteckung verdächtigen Thieren in 4 Gehöften fort.
4. Schlesien.
Das Auftreten der Lungenseuche beschränkte sich auf die nach¬
stehend genannten Bestände:
Reg.-Bez. Liegnitz. Kr. Hoyerswerda: Ein Ausbruch im 4. Quar¬
tal unter dem Viehbestände des Gutes Uhyst wurde durch die Ein¬
führung von 18 Kühen bedingt, welche 3 Monate vorher aus Olden¬
burg bezogen worden waren. Ein von Uhyst nach Lieske in demselben
Kreise verkauftes. Kalb erkrankte im Stalle des Käufers an der Lun¬
genseuche.
Kr. Löwenberg: Ueber das Erkranken einer Kuh in Zobten wäh¬
rend des 1. Quartals fehlen nähere Angaben. Unter den übrigen
22 Stück des Bestandes kamen weitere Erkrankungen nicht vor.
Reg.-Bez. Oppeln. Kr. Pless: In einem mit 2 Stück Rindvieh
besetzten Stalle zu Golassowitz starb während des 2. Quartals eine
Kuh an Lungenseuche. Die Infection ist — wie vermuthet wird —
von der kurz vorher angekauften und bald darauf wieder verkauften
Kuh eines Nachbarn ausgegangen.
In Schlesien waren im vorigen Jahre 29 Stück Rindvieh an der
Lungenseuche erkrankt, welche sich auf zusammen 7 Ortschaften der
Kreise Ohlau, Trebnitz, Waldenburg, Reg.-Bez. Breslau, Leobschütz,
Pless und Ratibor, Reg.-Bez. Oppeln, vertheilen.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observation in dem
Seuchegehöft zu Lieske, Kr. Hoyerswerda, fort.
5. Sachsen.
Die Zahl der verseuchten Bestände ist gegen das vorhergehende
Jahr im Beg.-Bez. Magdeburg etwas grösser geworden und im Reg.-
Bez. Merseburg dieselbe geblieben; die Ausbrüche der Lungenseuche
entfallen in beiden Regierungs-Bezirken wieder im Wesentlichen auf
dieselben Kreise; es macht sich sogar oft eine gewisse Uebereinstim-
mung bezüglich der Zahl der Seucheausbrüche und der Höhe der Ver¬
luste während der beiden letzten Jahre in den einzelnen Kreisen be-
merklich.
Von den 87 Ortschaften der Reg.-Bez. Magdeburg und Merseburg,
Arohir f. wlsaensch. u. prakt. Thierbeilk. IX. 8uppl.*Heft 2.
6
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82 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
1 Aschersleben .
2. Gardelegen . .
3. Halberstadt . .
4. Jerichow I . .
5. - II . .
6. Kalbe .
7. Neuhaldensleben
8 Oschersleben
9. Osterburg . . .
10. Wanzleben . .
11 Wernigerode. .
12. Wolmirstedt . .
2 4 -— 2 4 4 138 8 6 23
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9 41 5 37 10 31 15 51 29 78>V 160 18,168
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6 37 11 56 8 16 10 43 27 12621 152 23| 118
- — 2 2 — — - — 2 66 2 2 2
7 31 16 39 12 65 9 95 31 713 230 31 223
Summa 34 154 40t 163 40 271 54 1 354 121 4908 942
1. Bitterfeld . . . .
2. Eckartsberga . .
3 Halle, Stadt . . .
4. Mansfeld,Gebirgski
5 - Seekr. .
6 Merseburg ....
7. Querfurt.
8 Saalkreis.
9. Sangerhausen . .
ll 11 —--1 — 1 67 11
2, 43 —--— 2 93 43
1 1 1 6 —-— 1 122 7
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2 15 5 3S 2 2 4 5 6 280 60
4 38 6 9 3 8 2 12 9 344 67
--- 1 1 2, 13 2 1.29 14
1 16 1 13 —I
2i 13 1 1 1
1 186 29
3 189 15
Summa 13| 137 ul 67 7 12 8 30 25 1410] 246 25 291
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1 Erfurt, Land . . .
2. Heiligenstadt . . .
3. Nordhausen ....
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Summa I— —
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1 20 1 5 13
in denen Ausbrüche der Lungenseuche vorkamen, sind 29 solche, in
denen das Herrschen der Krankheit aus dem vorigen Jahre fortdauerte.
In 35 Ortschaften wurden die Ausbrüche veranlasst durch den Ankauf
^ von kranken, inficirten oder anscheinend durchgeseuchten Thieren, von
Riesen stammten 4 Stück, welche ebenso viele Ausbrüche verursach-
\
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Lungenseuche.
83
ten, aus Bayern, 1 Stück aus Hessen und eine Kuh war 8 Monate
vorher ans Holland eingeführt worden.. In 4 Orten erfolgte der Aus¬
bruch dadurch, dass Kühe dem Gemeindebullen eines anderen Ortes
vor Constatirung der Krankheit in dem letzteren zur Begattung zu¬
geführt worden waren. Auch die bedeutende Verbreitung der Seuche
in Wanzleben soll dadurch bedingt worden sein, dass es längere Zeit
dauerte, bevor die Erkrankung des Gemeindebullen zur Anzeige ge¬
langte. ln 3 Ortschaften soll die Krankheit dadurch eingeschleppt
worden sein, dass die Besitzer der Viehstände als Amtsvorsteher oder
Schiedsmänner bei der Tilgung der Lungenseuche in anderen Gemein¬
den mitgewirkt hatten und durch den an ihren Kleidern haftenden
Ansteckungsstoff das eigene Vieh inficirten. In 2 Orten brach die
Lungenseuche zuerst unter dem Vieh von Gasthöfen aus, nachdem in
den letzteren diejenigen Fleischer verkehrt und genächtigt hatten, von
denen die verseuchten Viehbestände benachbarter Orte abgeschlachtet
worden waren.
Die Verbreitung der Lungenseuche erfolgte verhältnissmässig häufig
durch Uebertragung auf andere Viehbestände desselben Ortes oder durch
Berührung mit kranken Thieren benachbarter Ortschaften.
Die bedeutende Verbreitung der Lungenseuche im südwestlichen
Theil des Kreises Wolmirstedt wird durch die grosse Anzahl von
Milchwirthschaften bedingt, welche keine eigene Zuzucht treiben, son¬
dern abgemolkene Kühe an den Schlächter verkaufen.
Obgleich noch vielfach über Verheimlichungen von Lungenseuche¬
ausbrüchen Beschwerde geführt wird, erkennen die meisten beamteten
Thierärzte doch an, dass die Vorschriften der Instruction vom 24. Fe¬
bruar 1881 in dieser Beziehung einen unverkennbar günstigen Einfluss
ausgeübt haben. Denn der Wegfall der Stallsperre für die der An¬
steckung verdächtigen Thiere hat die wirtschaftlichen Störungen be¬
deutend gemildert und demgemäss die Neigung zu Verheimlichungen
von Seucheausbrüchen abgeschwächt. Departements-Thierarzt Müller
behauptet ferner, dass in neuerer Zeit die Impfung der Lungenseuche
von den grösseren Besitzern der Magdeburger Gegend sehr viel sorg¬
fältiger und schleuniger vorgenommen und in einzelnen Wirtschaften
auch auf alle neu angekauften Ochsen ausgedehnt wird.. So kommt es,
dass Verschleppungen der Lungenseuche gegenwärtig häufiger durch
den Ankauf von Kühen als durch die Zugochsen der grossen Fabrik-
wirthschaften vermittelt werden.
Anderseitig lässt sich aus den Berichten nicht verkennen, dass die
G*
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84 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Impfung unter den Landwirthcn immer mehr Anhänger verliert, und
dass auch in den Reg.-Bez. Magdeburg und Merseburg die Neigung
im Wachsen begriffen ist, die Seuche schleunigst durch Abschlachten
des ganzen Viehbestandes zu tilgen. Bei diesem Verfahren wurden die
der Lungenseuche zukommenden krankhaften Veränderungen bezw.
solche, welche auf einen abgelaufenen Lungenseucheprocess zu schlos¬
sen berechtigen, häufig auch bei Thieren vorgefunden, welche gar keine
Krankheitserscheinungen gezeigt hatten bezw. anscheinend mit dem
besten Erfolge geimpft worden waren.
In Gross-Wechsungen, Kr. Nordhausen, wurde die Lungenseuche
bei einem, auf Veranlassung des Besitzers abgeschlachteten Stück Rind¬
vieh constatirt. Weitere Erkrankungen traten unter den noch übrigen
19 Stück des Bestandes nicht ein. Anderweitige Fälle von Lungen¬
seuche sind im Reg.-Bez. Erfurt nicht beobachtet worden.
In 51 Beständen war das Herrschen der Lungenseuche am Schlüsse
des Berichtsjahres noch nicht für erloschen erklärt worden.
6. Hannover.
Die Ausbrüche der Lungenseuche vertheilen sich auf die nach¬
stehend genannten 11 Viehbestände:
Landdr-Bez. Hannover. Kr. Hameln: In Hämelschenburg wurde
1 Stück auf Veranlassung des Besitzers getödtet und lungenseuche¬
krank befunden, und in Ohsen starb 1 Stück an derselben Krankheit,
dasselbe war kurz zuvor aus Bayern eingeführt worden. Unter den
betreffenden Beständen von 41 bezw. 112 Stück sind weitere Fälle
nach dem October bezw. November 1882 nicht vorgekomraen.
Landkr. Hannover: Ein vereinzelter Fall unter einem Bestände
von 11 Stück in Stemmen. Ein aus demselben Gehöft nach Gehrden,
Kr. Wennigsen, zum Schlachten verkauftes Thier wurde ebenfalls mit
der Lungenseuche behaftet gefunden.
Kr. Wennigsen: Ueber den Ausbruch unter einem Bestände von
52 Stück in Gross-Gottern erfahren wir, dass die Einschleppung durch
kranke Ochsen erfolgte, welche von einem in Magdeburg ansässigen
Viehhändler gekauft worden waren. Ueber den Ausbruch in Holtensen
bei welchem von 29 Stück 10 getödtet wurden, fehlen nähere Anga¬
ben. Ein Thier aus Holtensen wurde in Ronneburg geschlachtet und
lungenseuchekrank befunden.
Landdr.-Bez. Hildesheim. Kreis Hildesheira-Marienberg: Im
4. Quartal verseuchte je ein Bestand in:
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Lungenseuche.
85
a. pol. An. a. Verl. d. B.
Bestand. Gefall getödt. getödt.
Gross-Algermissen, 6 Stuck, 1 Stück, 5 Stück, — Stück,
Marienrode, 114- — - 3- —
Malerten, 127 — 1 1
Die Einschleppung erfolgte in Marienrode durch in der Magde¬
burger Gegend, in Malerten durch in Hessen angekaufte Ochsen.
Landdr.-Bez. Lüneburg. Kr. Celle: Ein am 10. Januar 1883
in Celle auf Veranlassung des Besitzers abgeschlachtetes Stück wurde
lungenseuchekrank befunden. Unter den 47 Stück des Bestandes sind
weitere Erkrankungen seitdem nicht vorgekommen.
Die 57 getödteten und 4 gefallenen Stück Rindvieh vertheilen
sich auf 11 Gehöfte in ebenso vielen Ortschaften. Im vorigen Jahre
betrug der Verlust 78 Stück Rindvieh in zusammen 6 Beständen.
Am Schlüsse des Berichtsjahres dauerte die Observation verdäch¬
tiger Thiere in 5 Gehöften noch fort.
7. Hessen-Nassau.
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1. Esch wege
2 Fulda . . .
3. Gelnhausen
4 Gcrsfeld . .
5 Uersfeld . .
6. Hünfeld . .
7. Kassel, Stadt
8 VVilzenhausen
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Summa I 3> 11 I— —
l Dillkreis.
2. Unter-Lahn kreis . .
3. Ober-Taunuskreis .
4. Unter-Taunuskreis.
5. Ober-Westerwaldkr
6. Wiesbaden.
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4 4 5 7 4, 4 4 8 12 53 23 14 22
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86 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankbeiten.
Die Vergleichung in der Tabelle S. 85 zeigt, dass die Ausbrüche
der Lungenseuche in der Provinz Hessen-Nassau auf wenige Orte be¬
schränkt blieben, und dass die Verbreitung der Krankheit im Reg.-
Bez. Kassel erheblich abgenommeu hat.
In Niederohne, Kr. Eschwege, und Gertenbach, Kr. Witzenhausen,
wurde die seit dem vorigen Jahre fortherrschende Lungenseuche ge¬
tilgt. Das im Kreise Gelnhausen lungenseuchekrank befundene Stück
war kurz vorher in Sachsen-Meiningen angekauft worden. Mit Aus¬
nahme je eines Ausbruches in den Kreisen Gersfeld und Hersfeld er¬
krankten zuerst Thiere, welche auf den Märkten benachbarter Städte
angekauft worden waren.
In Idstein, Unter-Taunuskreis, verseuchten nach und nach die
Bestände von 10 Gehöften, die Krankheit scheint in dem Orte schon
lange geherrscht zu haben, jedoch verheimlicht worden zu sein. Die
beiden anderen Ausbrüche wurden durch auf den Märkten bezw. von
Viehhändlern angekaufte kranke Thiere veranlasst.
In 6 Beständen dauerte die Observation verdächtiger Thiere am
Schlüsse des Berichtsjahres noch fort.
8. Rheinprovinz.
In Gonnersbach, Kr. Daun, Reg.-Bez. Trier, Hess der Besitzer
während des 1. Quartals eine lungenseuchekranke Kuh abschlachten.
Der Bestand war schon am Ende des vorigen Berichtsjahres verseucht
gewesen.
In Gerderhahn, Kr. Erkelenz, Reg.-Bez. Aachen, erkrankte wäh¬
rend des 4. Quartals ein 3V 2 Wochen vorher im Kreise Daun ange¬
kaufter Ochse. Die übrigen 3 Stück des Bestandes und 3 mit dem
getödteten zusammen angekaufte Ochsen sind bis zum Schluss des
Berichtsjahres nicht erkrankt. Der Viehbestand in Gerderhahn war
zu der letztgenannten Zeit noch unter Observatiou.
Im Berliner Schlachthofe wurden 135 Stück Rindvieh, welche
10 verseuchten Beständen angehörten und zur sofortigen Tödtung
dorthin geschickt worden waren, abgeschlachtet, 45 von diesen an¬
scheinend ganz gesunden und nur der Ansteckung verdächtigen Thieren
erwiesen sich hierbei mit der Lungenseuche behaftet. Dieselbe Krank¬
heit wurde bei 3 aus dem Reg.-Bez. Magdeburg eingefdhrten Mast¬
ochsen im Schlachthause zu Köln constatirt.
Von den 141 Ortschaften, in denen Ausbrüche der Lungenseuche
vorkamen, sind 37 solche, in denen das Herrschen der Seuche
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Lungenseuche.
87
aus dem vorigen Berichtsjahre fortdauerte bezw. die Krank¬
heit auf andere Bestände desselben Ortes übertragen wurde.
Das in dem statistischen Material über die Einschleppungsverhältnisse
Mitgetheilte wurde schon bei Besprechung der Ausbrüche in den ein¬
zelnen Provinzen erwähnt.
Durch Ankauf von Vieh aus Holland bezw. aus deut¬
schen Staaten sind im Ganzen 15 Ausbrüche der Lungen¬
seuche veranlasst worden, nämlich:
10 durch Einschleppung aus Bayern,
2 - - Hessen,
je 1 - - Sachsen-Meiningen, Oldenburg bezw. Holland.
In der nachstehenden Tabelle versuchen wir anzugeben, in wel¬
chem Verhältniss sich die auf polizeiliche Anordnung
getödteten Stück Rindvieh auf Bestände grösserer Güter
und kleinerer Land wir thschaften vertheilen: Die gefallenen
und die auf Veranlassung der Besitzer getödteten Thiere sind bei dieser
Berechnung ausser Anschlag gelassen worden.
kl
Regierungs-
bezw.
Landdrostei-Bezirk.
Grössere Güter.
Kleinere
Landwirtschaften.
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Laufende Nu mm
Zahl der verseuch¬
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Anordnung ge-
tödtet.
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162
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1
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—
—
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Stettin.
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454
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4
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Posen .
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12
5.
Bromberg.
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14
—
—
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Liegnitz.
2
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12
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7.
Magdeburg.
30
3325
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1478
367
8.
Merseburg.
10
1077
139
12
199
83
9.
Hannover.
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29
10
10.
Hildesheim .
2
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Kassel.
1
70
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12.
Wiesbaden.
—
—
12
53
21
13.
Aachen .
1
4
1
Summa
6 !
6261
|
1242
133 1
1900
515
Nach dieser Zusammenstellung entfallen:
von den von den auf pol. Anord.
verseucht. Best. getödt. Thieren.
auf grössere Güter 31,44 pCt. 70,69 pCt.
- kleinere Landwirthschaften 68,56 - 29,31 -
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88 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Tbierkrankheiten.
und wenn man dieselben Verhältnisszahlen für die Provinzen Branden¬
burg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen berechnet:
von den von den auf pol. Anord.
verseucht. Best. getödt. Thieren.
auf grössere Güter 33,53 pCt. 72,05 pCt.
- kleinere Landwirtschaften 66,47 - 27,95 -
Die berechneten Verhältnisszahlen weichen nur wenig von den ent¬
sprechenden des vorigen Jahres ab.
Der Verlust an auf polizeiliche Anordnung getödteten Stücken
Rindvieh im Verhältniss zu dem Gesammtbestande der verseuchten
Gehöfte betrug durchschnittlich:
in den grösseren Gütern 19,83 pCt.,
- - kleineren Landwirtschaften 27,10 -
mithin nicht unerheblich weniger als im vorigen Berichtsjahre (siehe
VI. Jahresber. S. 86).
Von grösserem veterinär-polizeilichem Interesse sind die Ausbrüche
in Berkenbrügge (S. 77) und Naulin (S. 78). In beiden Orten fand
ein Wiederausbruch der Lungeuseuche statt, nachdem der grösste Theil
des verseuchten Bestandes abgeschlachtet, sodann während einer
6raonatlichen Observationszeit kein Krankheitsfall vorgekommen und
das Herrschen der Seuche für erloschen erklärt war. Es dürfte die
Vermuthung nicht von der Hand zu weisen sein, dass der Wieder¬
ausbruch in Naulin durch Thiere des Restbestandes ver¬
mittelt worden ist, welche ganz unmerklich durchgeseucht,
jedoch noch im Stande waren, die Krankheit nach Ablauf
einer Zeit von mehr als 6 Monaten auf neu angekaufte
bezw. auf in anderen Ställen befindlich gewesene Thiere
zu übertragen. Der Fall in Berkenbrügge dagegen liefert ein Beispiel,
dass die Lungenseuche in polizeilich überwachten Viehbe¬
ständen über ein halbes Jahr latent herrschen und uner¬
kannt bleiben kann.
In Dakowy mokre, Kr. Buk, Hausdorf, Kr. Schubin, Gross-Wechsun-
gen, Kr. Nordhausen, Hämelschenburg, Ohsen, Kr. Hameln, Stemmen,
Landkr. Hannover, Celle, Kr. Celle, und Gerderhahn, Kr. Erkelenz,
blieb das Auftreten der Lungenseuche auf ein einzelnes Thier be¬
schränkt, die übrigen Stücke der zum Theil sehr grossen Bestände
erkrankten nicht. Aus diesem Grunde erscheint es berechtigt, die
Richtigkeit der Diagnose in den oben genannten Ausbrüchen der
Lungenseuche zu bezweifeln.
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Lungenseuche.
89
Impfungen der Lungenseuche sind nur in denReg.-Bez.
Magdeburg und Merseburg ausgeführt wordon.
Im Reg.-Bez. Magdeburg wurden im Ganzen 33 Viehbestände
geimpft, davon 25 mit dem Erfolge, dass in den zum Theil sehr
grossen Beständen nach der Impfung gar keine oder nur noch sehr
wenige Erkrankungen vorkaraen. In einzelnen grösseren Viehbeständen
ist jedoch auch beobachtet worden, dass nur eine geringe Zahl Thiere
erkrankte, trotzdem eine Impfung nicht vorgenommen worden war.
In Mamraeiyäorf, Kr. Wolmirstedt, blieb die Seuche auf die Kühe be¬
schränkt, 39 Zugochsen, welche früher geimpft worden waren und in
einem 20 Schritte von dem Kuhstalle entfernten Stalle standen, er¬
krankten nicht, dagegen brach die Lungenseuche bei einem zugekauften
und bisher nicht geimpften Ochsen aus. Depart.-Thierarzt Müller
erwähnt, dass in den 7 Zuckerfabriken des Kreises Wolmirstedt gegen¬
wärtig regelmässig alle neu angekauften Stück Rindvieh geimpft wer¬
den, und dass seitdem die Lungenseuche in diesen Beständen nicht
mehr vorkommt. Derselbe hatte bisher nur Gelegenheit, die Lungen¬
seuche in 2 Zuckerfabriken des Kreises Wolmirstedt zu beobachten,
und zwar zu einer Zeit, als die Präcautionsimpfung ein Jahr lang
unterlassen worden war. In 8 Beständen machte die Lungenseuche
trotz der Impfung sehr bedeutende Fortschritte und hatte bedeutende
Verluste im Gefolge. Diese ungünstigen Resultate werden zum Theil
darauf zurückgeführt, dass die Impfungen sehr verspätet und erst vor¬
genommen wurden, nachdem die Seuche unter den betreffenden Be¬
ständen auf dem Wege der natürlichen Ansteckung eine bedeutende
Verbreitung erlangt hatte. In Hamersleben, Kr. Oschersleben, er¬
krankten in heftiger Weise an Lungenseuche 2 Ochsen, welche längere
Zeit vorher mit dem besten Erfolge geimpft worden waren.
Die Tabellen des Reg.-Bez. Merseburg berichten über Impfungen
in den nachstehend genannten Orten: Kr. Eckartsberga, ein Bestand
von 54 Stück in Cannawurf musste trotz frühzeitiger Impfung wegen
starken Umsichgreifens der Lungenseuche abgeschlachtet werden; Hel¬
drungen, Impfung sofort nach Constatirung der Seuche, die letztere
ergriff von 39 Thieren des Bestandes 8 Stück; Mansfelder Seekreis,
die in Schwittersdorf und Etzdorf sofort ausgeführte Impfung der ver¬
seuchten Bestände hatte nur bei etwa dem dritten Theil der Thiere
eine Anschwellung am Schwänze zur Folge; Kreis und Stadt Quer-
furt, die Seuche wurde durch die Impfung coupirt; Kr. Sangerhausen,
in Aumühle trat bei den im vorigen Jahre geimpften Zugochsen keine
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90 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Reaction ein, als die Impfung im 1. Quartal des Berichtsjahres wieder¬
holt wurde; bei 30 anderen Thieren des Bestandes bildete sich eine
Impfgeschwulst, und nur eines dieser Stücke erkrankte leicht an der
Lungenseuche. Zwei in Beuchlitz getödtete schwer erkrankte Thiere
waren früher zwei- bezw. dreimal mit Erfolg geimpft worden. In
Halle sind 2 Stück Rindvieh Monate nach der Impfung auf dem Wege
der natürlichen Ansteckung erkrankt. Mehrfach wurden im Reg.-Bez.
Merseburg bei geschlachteten Thieren, welche geimpft worden waren,
die charakteristischen Veränderungen in den Lungen aufg^funden.
Schliesslich verdient noch Erwähnung, dass in der Provinz Sachsen
öfter in don Lungen neben frischen auch ganz alte krankhafte Ver¬
änderungen beobachtet wurden, welche ganz bestimmt einem vor Jahren
abgelaufenen Lungcnseucheprocess angehörten.
Von den Provinzial- und Communalverbänden sind an
Entschädigungen für solche Stück Rindvieh, welche behufs
Tilgung der Lungenseuche getödtet wurden oder vor der
bereits angeordneten Tödtung gefallen sind, die in nach¬
stehender Tabelle genannten Summen gezahlt worden. Die
entsprechenden Entschädigungsbeträge des Jahres 1881/82 haben wir
zur Vergleichung gegenübergestellt:
Berichtsjahr
1881/82.
Mark Pf.
Berichtsjahr
1882/83.
Mark Pf.
1.
Provinz Ostprcussen.
—
—
—
—
2.
Westpreussen.
9521
40
—
—
3.
Provinz Brandenburg ausschliess¬
lich Berlin.
41163
30
44911
33
4.
Berlin.
—
—
—
—
5.
Provinz Pommern .
34882
95
105536
53
6.
Posen .
20611
50
38106
| —
7.
Schlesien.
6130
12
—
1 —
8.
Sachsen .
97875
29
307933
23
9.
Schleswig - Holstein incl.
Herzogthum Lauenburg . .
_
_
_
_
10.
Hannover .
31757
10
8025
60
11.
Westfalen.
—
—
—
—
12.
Reg.-Bez. Kassel.
12421
15
2754
5
13.
Wiesbaden ausschliessl.
Frankfurt a. M.
2278
10
4587
.
14.
Frankfurt a. M.
—
—
—
—
15
Rheinprovinz.
1366
52
332
75
16.
Hohenzollernsche Lande.
—
—
—
—
Latus
258007
43
512186
49
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Lungenseuche.
91
Die Entschädigungssumme beträgt mithin im Berichts-
jahre: 254179 Hark 6 Pfennige,
fast das Doppelte mehr als im vorhergehenden Jahre. Diese
erhebliche Steigerung entfällt zum grössten Theil auf die Provinzen
Pommern und Sachsen. In Pommern sind grosse Viehbestände ab¬
geschlachtet (s. S. 78), und in Sachsen ist ein grosser Theil der auf
das Jahr 1881, 82 entfallenden Entschädigungen erst während des
Berichtsjahres gezahlt worden. Nur so wird es erklärlich, dass die
Entschädigung für ein Stück Rindvieh sich im Durchschnitt auf
291 Mk. 51 Pf., im vorigen Jahre dagegen auf 143 Mk. 35 Pf. be¬
rechnet.
Zur Deckung der Entschädigungen für auf polizeiliche
Anordnung getödtete Stück Rindvieh sind während der
beiden letzten Jahre von den Rindviehbesitzern an Bei¬
trägen erhoben worden:
Berichtsjahr 1881/82.
Berichtsjahr 1882/83.
Beitrag
für jedes
St. Rind v.
Pf.
Mark.
Pf.
Beitrag
für jedes
St Rindv.
Pf.
Mark.
Pf.
1.
Provinz Ostpreussen ....
_
_
_
_
_
0
Westpreusscn . . .
5
21324
15
2
8394
64
3.
Brandenburg (aus-
schliessl. Berlin).
6
39865
14
s ’
•53524
40
4
Berlin.
—
—
—
—
—
—
5.
Provinz Pommern.
—
—
—
—
—
—
6.
Posen .
10
58663
—
5
29301
25
7.
Schlesien.
0,5128
7121
45
0.0343
j 1 465
74
8.
Sachsen .
20
220357
I 74
20
•216674
40
9.
Schleswig-Holstein
incl. Lauenburg . .
V
3 2471
20
_
_
_
10.
Hannover.
0,3
22419
1 52
4
* 474(54
64
11.
Westfalen.
—
—
—
—
—
—
12.
Reg.-Bez Kassel .
5
14291
45
5
12887
5
13.
Wiesbaden excl.
Frankfurt a. M. .
_
__
1 _
5
10111
40
14.
Frankfurt a. M .
—
—
—
—
—
15.
Rhein provinz .
5
49694
65
5
4 45682
85
16.
Hohcnzollernscbe Lande . .
10
4517
40
10
1 4439
20
1 Die Angaben beziehen sich auf das Kalenderjahr 1882.
3 Die Beitrage sind zur Deckung der im Kalendeijahr 1881 gezahlten Ent¬
schädigungen erhoben.
* Die Beiträge sind nur für den Kreis Herzogth. Lauenburg erhoben worden
4 Die Angaben beziehen sich auf die Zeit vom 1. Januar 1882 bis 31. März 1883
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92 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Aus der Staatskasse sind für auf polizeiliche Anord¬
nung behufs Tilgung der Lungenseuche getödtete Stück
Rindvieh 5498 Mark 50 Pf. — 4013 Mk. 7 Pf. weniger als im
vorigen Berichtsjahre — gezahlt worden, wie die nachstehende
Vergleichung zeigt:
Etatsjahr
1881/82.
Mark
Pf.
Etatsjahr
1882/83.
Mark
Pf.
1 .
Provinz Ostpreussen.
_
_
.
_
2 .
Westpreussen.
153
33
—
—
3.
Brandenburg .
3683
86
2708
76
4.
Pommern.
—
—
1907
74
5.
Posen.
—
—
—
—
6 .
Schlesien.
—
—
—
—
7.
Sachsen.
1416
93
460
—
8 .
Schleswig-Holstein.
—
—
—
—
9.
Hannover.
2116
—
—
—
10 .
Westfalen.
—
—
—
—
11 .
Hessen-Nassau.
1310
45
422
—
12 .
Rheinprovinz.
831
—
—
—
13.
Hohenzollernsche Lande..
—*
Summa
9511
57
5498
60
0. Die Sohafpooken.
Frei von den Schafpocken blieben nicht nur die Pro¬
vinzen Westfalen, Hessen-Nassau, die Rheinprovinz, die
Hohenzollernsehen Lande, in denen die Krankheit bisher noch
nicht beobachtet ist, sondern auch Schlesien, Schleswig-Hol¬
stein, in denen während der letzten 10 Jahre nur ganz vereinzelte
Ausbrüche der Schafpocken vorkamen und die in den letzten Jahren
ziemlich stark verseucht gewesene Provinz Posen. Eine er¬
hebliche Verbreitung erlangte die Pockenseuche nur in Ost-
preussen, sowie in den Landdr.-Bez. Stade und Aurich, die
übrigen Bezirke der Provinz Hannover — namentlich auch der in den
letzten Jahren sehr stark verseucht gewesene Landdr.-Bez. Lüneburg
— blieben seuchefrei. In den Provinzen Westpreussen, Branden¬
burg, Pommern und im Reg.-Bez. Magdeburg sind nur ganz
vereinzelte Ausbrüche der Pockenseuche vorgekommen.
Wie in früh?ren Berichtsjahren sind wieder die zahlreichsten
Ausbrüche der Pockenseuche während des 2. und 3. Quar-
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Schafpoclcen.
93
tals beobachtet worden, auf das 4. Quartal entfallen nur Aus¬
brüche in je einer Ortschaft der Kreise Orteisburg, Reg.-Bez. Königs¬
berg, — Infection durch Berührung mit einer im Quartal vorher
verseucht gewesenen Herde der Nachbarschaft —; Sensburg, Reg.-Bez.
Gumbinnen, Bublitz, Reg.-Bez. Köslin, Kalbe, Reg.-Bez. Magdeburg,
und Lehe, Landdr.-Bez. Stade — Einschleppung aus dem benachbarten
Hamburger Amt Ritzebüttel. Im Uebrigen fehlen nähere Angaben
über die Einschleppung. Nur die verseuchte Herde im Kreise Ortels-
burg erlitt erhebliche Verluste.
Am stärksten verseucht in Ostpreussen waren die Kreise
Lötzen und Sensburg, Reg.-Bez. Gumbinnen; auf dieselben ent¬
fallen 23 bezw. 43 von den 78 Ortschaften des Regierungs-Bezirks,
in denen Ausbrüche der Pocken beobachtet wurden. Ausserdem kamen
solche Ausbrüche in je 4 Ortschaften der Kreise Angerburg, Lyck und
Johannisburg vor. Mithin blieb das Auftreten der Seuche auf 5. an
einander grenzende masurische Kreise des Reg.-Bez. Gumbinnen be¬
schränkt, und es hat den Anschein, dass der Kreis Lötzen der
eigentliche Seucheherd gewesen ist, von welchem aus sich die
Schafpocken in Ostpreussen weiter verbreitet haben.
Seit Anfang des Jahres 1880 ist die Seuche im Kreise
Lötzen stationär, die Verbreitung derselben nahm im Herbste
jeden Jahres ab, hörte im Quartal Januar-März fast ganz auf, um in
den beiden Sommerquartalen wieder einen bedeutenden Umfang zu er¬
reichen. In den Kalenderjahren 1881 und 1882 kamen Pockenaus¬
brüche in zusammen 64 Ortschaften des Kreises Lötzen vor; dieselben
haben sehr erhebliche Verluste nicht nur unter den gemeinen Land¬
schafen der kleinen bäuerlichen Besitzer, sondern auch unter den
veredelten Herden der grösseren Güter im Gefolge gehabt. Die ver¬
seuchten Orte liegen in allen Theilen des Kreises verstreut, einzelne
Dörfer sind während der beiden letzten Jahre zwei-, selbst dreimal
von Pockenausbrüchen heimgesucht worden.
Als Ursachen dieses seit nunmehr 3 Jahren fortdauern¬
den Herrschens der Pocken bezeichnen die Berichte: die häufige
Vernachlässigung der Anzeigepflicht und die Hindernisse, auf welche
die strenge Durchführung der Schutz- und Tilgungsraassregeln stösst.
Die Anzeige wird theils aus Unkenntniss einer Verpflichtung zu der¬
selben, aus Unbekanntschaft der kleinen bäuerlichen Besitzer mit den
Erscheinungen der Krankheit, theils aus Indolenz oder aus bösem
Willen unterlassen, die kleiner Besitzer scheuen die Belästigungen,
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94 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
welche das veterinärpolizeiliche Einschreiten im Gefolge hat, nament¬
lich aber die Impfung der verseuchten Herden auf Anordnung der
Behörden. Die Verheimlichung wird noch weiter begünstigt durch den
milden Verlauf, welchen die Seuche häufig und in vielen Herden
nimmt und durch den Umstand, dass es im Kreise sehr zahlreiche
und versteckt gelegene Abbauten giebt. In den Schafbeständen der
letzteren herrscht die Krankheit unerraittclt oft Monate lang, vielfach
werden inficirte oder vor kurzer Zeit durchgeseuchte Schafe in den
Handel gebracht, dieselben finden auf den vielen Schafraärkten in
Masuren leicht Absatz und verbreiten die Krankheit nach allen Rich¬
tungen und auf weite Entfernungen. Kreisthierarzt Kotelraann be¬
hauptet ferner, dass die Desinfection der verseuchten Stallungen oft
nicht mit der erforderlichen Sorgfalt durchgefuhrt worden ist, und
dass die Bestimmung nicht immer Beachtung gefunden hat, nach
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Schafpocken.
95
Im
vierten Quartal
Im
Berichtsjahre
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Zahl der an Pocken
gefallenen Schafe.
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Zahl der an Pocken
gefallenen Schafe
Regierungs- bezw. Landdrostei-Bezirke,
in denen Ausbrüche der Schafpocken nicht
vorgekommen sind,
nebst Angabe der seuchefrei gebliebenen
Quartale.
2
2
«
219
16
154
306
1198
—
—
—
3
14
18
1647
Danzig 1. 3. 4. Qu. Marienwerder 1. 4. Qu.
—
—
2
3
4
10
Potsdam 1. 4. Qu. Frankfurt 2. 3. 4. Qu.
Berlin 1. 2. 3. 4. Qu.
1
1
1
—
5
20
32
199
Stettin 1. 2. 4. Qu. Stralsund 4. Qu.
1
1
i
27
3
6
7
126
Merseburg 1. 2. 3. 4. Qu. Erfurt 1.2. 3. 4. Qu.
1
1
30
4
5
66
227
240
Hannover 1. 2. 3. 4. Qu. Hildesheim 1. 2.
3. 4. Qu. Lüneburg 1. 2. 3. 4. Qu. Osna¬
brück 1. 2. 3. 4. Qu. Aurich 4. Qu.
5
5
38
250
34
263
594
3420
13
16
41
818
75
473
1406
7833
8
11
_
1 3
568
41
210
812
4413
1
welcher der Verkauf von Schafen aus verseuchten Beständen noch 60
Tage nach dem Abheilen der Pocken verboten bleibt.
Ueber die zahlreichen A usbrüche der Pocken im Kreise Sensburg
liegen keine näheren Angaben vor. Aus dem Umstande, dass ein
grosser Theil der verseuchten Ortschaften nahe der Grenze des Kreises
Lötzen liegt, ist schon zu vermuthen, dass die Einschleppung vielfach
aus dem Kreise Lötzen durch den Schafhandel vermittelt worden ist.
Die weiteren Nachforschungen haben die Richtigkeit dieser Vermuthung
bestätigt und ausserdem auch dafür Anhaltepunkte geliefert, dass die
Ausbrüche in den Kreisen Angerburg, Johannisburg und Lyck auf die¬
selben Einschleppungsverhältnisse zurückzuführen sind.
Die 76 im Rcg.-Bez. Königsberg durch die Schafpocken ver¬
seuchten Ortschaften vcrtheilen sich wie folgt auf die Kreise:
Allenstein 1 Ortscb. Friedland 14 Ortsch.
Pr.-Bylau 5 - Gerdauen 12
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96 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Heilsberg 1 Ortsch. Osterode 17 Ortsoh.
Mohrungen 7 - Rastenburg 5
Neidenburg 3 - Wehlau 2
Orteisburg 9
Die Seuche hat mithin in keinem Kreise eine ähnliche Verbreitung
wie in den Kreisen Lötzen und Sensburg erlangt. Das ungemein
dürftige statistische Material beschränkt sich meistens auf die Angabe
der nackten Zahlen und spricht nur selten Vermuthungen über die
Ursachen der Pockenausbrüche aus. In einem Ort des Kreises Ortels-
burg wurden die Pocken durch auf dem Berliner Schlachtviehmarkt
angekaufte Schafe eingeschleppt, und in Draglitz, Kr. Osterode, brach
die Krankheit bei neu angekauften Schafen aus, welche in einen 5
Monate vorher verseucht gewesenen Stall eingeführt wurden. Weitere
Nachforschungen haben ergeben, dass die Verseuchung der Kreise
Gerdauen, Neidenburg, Orteisburg und Rastenburg mittelbar oder un¬
mittelbar durch Einschleppung aus den Kreisen Lotzen und Sensburg,
dagegen die des Kreises Osterode durch Einschleppung aus dem Kreise
Löbau, Reg.-Bez. Marienwerder, veranlasst worden ist. Vom Kreise
Osterode aus verbreitete sich die Krankheit auf benachbarte Ortschaf¬
ten des Kreises Mohrungen. Der einzige Ausbruch im Kreise Allen¬
stein kam bei einer kurz vorher auf dem Markte in Hohenstein an¬
gekauften Herde vor. Ueber die Einschleppung der Seuche in die
Kreise Pr.-Eylau, Friedland, Heilsberg und Wehlau ist nichts Be¬
stimmtes ermittelt worden. Ueberall fand eine Verbreitung auf Schaf¬
bestände benachbarter Ortschaften statt.
Ira Reg.-Bez. Danzig beschränkte sich das Auftreten der Pocken¬
seuche auf eine Ortschaft des Kreises Bereut, ira Reg.-Bez. Marien¬
werder auf 10 Ortschaften des Kreises Löbau und 3 Ortschaften des
Kreises Stuhm. Ueber die ursprüngliche Einschleppung wird nur be¬
richtet, dass die Ausbrüche im Kreise Stuhm durch Schafe vermittelt
wurden, welche in dem stark verseuchten Kreise Osterode angekauft
worden waren.
Von den 3 in der Provinz Brandenburg verseuchten Ortschaften
entfallen 2 auf den Kreis Angermünde, Reg.-Bez. Potsdam, 1 auf
den Kreis Friedeberg, Reg.-Bez. Frankfurt. In eine Ortschaft des
Kreises Angermünde wurde die Seuche durch auf dem Berliner Schlacht-
viehmarkl angekaufte Schafe eingeschleppt, in der zweiten hatte das
Seuchegehöft eine so isolirte Lage, dass die Ursache des Ausbruches
ganz unerklärlich blieb. Ueber die Einschleppung in den Seuchcort
des Kreises Friedeberg ist nichts Bestimmtes ermittelt worden.
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Schafpocken.
97
So lange die Schutzimpfung der Lämmer gebräuchlich
war, musste Pommern in jedem Jahre als die am stärksten
verseuchte Provinz bezeichnet werden. Im Berichtsjahre
beschränkte sich das Auftreton der Pockenseuche auf 20
Ortschaften, welche sich wie folgt auf die einzelnen Re¬
gierungs-Bezirke vertheilen.
Reg.-Bez. Stettin. Bei einer kurz vorher auf dem Berliner
Schlachtviehmarkt angekauften Lämmerherde im Kreise Randow brachen
die Pocken aus. Die übrigen Schafe des Bestandes waren im Jahre
vorher geimpft worden und erkrankten nicht.
Reg.-Bez. Köslin. Kr. Bublitz: Die Ursache des Ausbruchs in
einer Herde wird nicht erwähnt, die Schafe waren zur Zeit, als die
Krankheit constatirt wurde, bereits sämmtlich erkrankt und zum Theil
schon durchgeseucht.
Kr. Lauenburg: Die Pocken brachen in 11 Ortschaften aus, über
die ursprüngliche Einschleppung und die Ursachen der weiteren Ver¬
breitung wird nicht berichtet.
Kr. Rummelsburg: Ueber den Ausbruch der Pocken in einer Ort¬
schaft liegen keine näheren Angaben vor.
Reg.-Bez. Stralsund. Im 1. Quartal traten die Pocken unter
den Schafen des Gutes Rosengarten, Kr. Rügen, auf. Die Einschlep¬
pung war nicht zu ermitteln, ein Ankauf von Schafen hatte nicht
stattgefunden, die ganze Insel war pockenfrei, bis vor 4 oder 5 Jahren
hatte in diesem Gute jährliche Schutzimpfung der Lämmer stattge¬
funden. Von Rosengarten aus verbreitete sich die Seuche auf 5 be¬
nachbarte Ortschaften des Kreises Rügen.
Von den 6 im Reg.-Bez. Magdeburg verseuchten Ortschaften
entfallen 4 auf den Kr. Neuhaldensleben. Der erste Ausbruch er¬
folgte bei kurz vorher aus Pommern angekauften Schafen, die Seuche
wurde von hier aus in die anderen verseuchten Orte verschleppt. In
Tiefenbrunn, Kr. Aschersleben, erkrankten einige auf dem Berliner
Schlachtviehmarkt angekaufte Schafe, der Rest des Bestandes war im
vorigen Jahre geimpft und blieb gesund. Ueber den Ausbruch in
einem Orte des Kreises Kalbe sind nähere Angaben nicht gemacht
worden.
Die Pockenseuche erlangte eine sehr bedeutende Ver¬
breitung im Kreise Neuhaus a. 0., Landdr.-Bez. Stade, in wel¬
chem die Krankheit seit langer Zeit nicht geherrscht hat. Im. 2. Quar¬
tal brachen die Pocken in 55 Beständen aus, und in 186 Herden
Archiv f. wissensch. u. prakt. Thierheilk. IX. Suppi.-Heft 2. 7
Digitized by t^.ooQle
98 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
wurde die Präcautionsimpfung ausgeführt. Auf dem ersten Gehöft,
dessen Schafbestand ergriffen wurde, waren Schafe verschiedener Eigen*
thümer zusammengebracht worden, welche bis dahin an Deichen und
öffentlichen Wegen geweidet hatten; dieselben waren einige Zeit vorher
auf verschiedenen Märkten angekauft.
Ausserdem wurde, wie S. 93 bereits erwähnt, ein Auftreten der
Pocken in einem Orte des Kreises Lehe, Landdr.-Bez. Stade, beob-
abchtet.
Ueber die aussergewohnlich zahlreichen Ausbrüche der Pocken in
47 Ortschaften des Kreises Emden, Landdr.-Bez. Au rieh, berichtet
Kreisthierarzt Kettler: „Die Seuche herrscht schon seit 1 \ 2 Jahren
(s. VI. Jahresber. S. 95) und hat Zeit genug gehabt, den ganzen Kreis
zu überziehen. Die Ausbrüche gelangen meistens erst nach Ablauf
von Monaten zur Kenntniss der Behörden; vielfach werden Schafe
während dieser Zeit aus verseuchten Beständen verkauft und verschlep¬
pen die Krankheit nach anderen Ortschaften. Die Schafe kommen
unter den dortigen wirthschaftlichen Verhältnissen so gut wie niemals
in den Stall, sondern bleiben Winter und Sommer im Freien, weiden
auf Deichen und an Wegen und laufen vielfach durch einander, wodurch
der Seucheverbreitung aller Vorschub geleistet wird. Meistens hält
jeder Besitzer nur einzelne wenige Schafe, aus diesem Grunde sind in
der Regel bei Ausbruch der Pocken sämmtliche Schafe, welche auf
derselben Feldmark weiden, geimpft worden. Aus den Niederlanden
ist die Seuche ganz bestimmt nicht eingeschleppt worden, denn ein
Ankauf von Schafen aus diesem Nachbarlande findet überhaupt nicht
statt. 44 Die vereinzelten Ausbrüche der Pocken in 2 Ortschaften des
Kreises Aurich und in einer Ortschaft des Kreises Leer sind jedenfalls
durch Berührung mit verseuchten Beständen des Kreises Emden be¬
dingt worden.
Das statistische Material enthält nur ganz ausnahmsweise
Andeutungen über die vorgenommenen Impfungen und
deren Resultate. In der Regel ist sofort nach Constatirung der
Krankheit die Nothimpfung der verseuchten Bestände vorgenommen
und diese Massregel nur in den Fällen unterlassen worden, wenn be¬
reits die ganze Herde oder ein grosser Theil derselben auf dem Wege
der natürlichen Ansteckung erkrankt war. In den stark verseuchten
Kreisen der Reg.- bezw. Landdr.-Bez. Gumbinnen, Stade und Aurich
wurde meistens die Präcautionsimpfung sämmtlicher Herden des Seuche¬
ortes angeordnet und ausgeführt. Die Tabellen halten fast niemals
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Schafpocken.
99
diese Impfungen und die Ausbrüche der natürlichen Pocken aus ein¬
ander, in die 594 verseuchten Gehöfte der Tabelle S. 95 sind
mithin auch diejenigen eingeschlossen, in denen Präcau-
tionsimpfungen stattgefunden haben. Nach den zum grossen
Theil sehr dürftigen Andeutungen der Tabellen hat es den Anschein,
dass die Verluste in Folge der Noth- und Präcautionsimpfungen sehr
verschieden, mitunter geringfügig, in einzelnen Fällen jedoch auch sehr
bedeutend waren. Die Zahl der an den Pocken gefallenen Schafe ist
jedenfalls eine höhere als die in der Tabelle S. 95 angegebene ge¬
wesen, die Berichterstatter haben sich oft darauf beschränken müssen,
die Zahl der Schafe anzuführen, welche in der betreffenden Herde bis
zur Constatirung der Krankheit gestorben waren.
Wir glauben schliesslich hervorheben zu müssen, dass der Schaf¬
handel auf dem Berliner Schlachtviehmarkt Anlass zu zu¬
sammen 4 Ausbrüchen der Pockenseuche in den Reg.-Bez.
Königberg, Potsdam, Stettin und Magdeburg gegeben hat.
Es ist zu vermuthen, dass die Infection auf dem Markte durch solche
durchgeseuchte Schafe erfolgte, an deren Wollvliess noch das Conta-
gium der Pockenseuche haftete.
So unvollständig das über die Schafpocken gelieferte statistische
Material und so sehr zu wünschen ist, dass die beamteten Thierärzte
den Einschleppungs- und Verbreitungswegen der Seuche unausgesetzt
die grösste Aufmerksamkeit zuwenden, wird doch durch die Mitthei¬
lungen der Tabellen zur Viehseuchenstatistik zweifellos die wichtige That-
sache festgestellt:
dass die Schafpockenseuche in den Provinzen West-
preussen, Brandenburg, Pommern, Posen und Sach¬
sen, welche bis zum Verbote der Schutzimpfungen
bei den Lämmern in jedem Jahre die am stärksten
verseuchten gewesen waren, schon im ersten Jahre
nach dem Inkrafttreten des Reichsgesetzes vom
23. Juni 1880 sehr bedeutend an Verbreitung ver¬
loren hat und im zweiten Jahre — auf welches sich
der vorliegende Bericht bezieht — nur an sehr we¬
nigen Orten, in der Provinz Posen gar nicht vorge¬
kommen ist.
Aus dieser Thatsache dürfte sich weiter die Folgerung ergeben:
dass das Verbot der Lämmerimpfung wesentlich zur
Beschränkung der Pockenausbrüche beigetragen hat,
7 *
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100 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
und diese Folgerung wird auch durch die starke Verbreitung der
Seuche in den Kreisen Neuhaus und Emden nicht widerlegt, weil die
Schutzimpfung der Lämmer in den Landdr.-Bez. Stade und Aurich
niemals gebräuchlich gewesen ist. Die Ursachen der zahlreichen Pocken¬
ausbrüche in Ostpreussen sind — wie wir S. 93 auszufuhren versucht
haben — in den localen Verhältnissen der masurischen Kreise be¬
gründet und jedenfalls nicht auf die Unterlassung der bis dahin üb¬
lichen Schutzimpfungen zurückzuführen.
7. Die Besohälseuolie und der Bläsehenaussotalag der
Pferde und des Rindviehs.
Fälle von Beschälseuche sind im Laufe des Berichts¬
jahres nicht beobachtet worden.
Die zahlreichsten Erkrankungen am Bläschenausschlag wurden,
wie in den vorhergegangenen Jahren, während des 1. Quartals beob¬
achtet, namentlich entfallen auf dieses Quartal fast sämratliche Er¬
krankungen von Pferden. Bei zusammen 51 Fällen in den ßeg.-
Bez. Königsberg, Münster und Koblenz wurde die Verbreitung durch
Landgestütshengste vermittelt. Regel scheint bei allen Ausbrüchen
des Bläschenausschlages der Pferde gewesen zu sein, dass die Hengste
durch die Stuten inficirt wurden, die weitere Verbreitung fand vielfach
dadurch Begünstigung, dass dieselbe Stute mehreren Hengsten nach
kurzen Zwischenzeiten zur Begattung zugefdhrt wurde. Das statistische
Material erwähnt eine erhebliche Anzahl von Fällen, in denen von
erkrankten Hengsten gedeckte Stuten nicht erkrankten. In dem 2.
Quartal wurde der Ausschlag noch bei 5, wahrscheinlich im Quartal
vorher inficirten Pferden beobachtet. Die Tabellen des 3. Quartals
verzeichnen keine Erkrankung bei Pferden. Unter den 7 während des
4. Quartals in Ostpreussen vorgekoramenen Erkrankungen befinden
sich ein Landgestütshengst und 3 von demselben gedeckte Stuten.
Ueber die Hälfte sämmtlicher am Bläschenausschlage erkrankten
Stück Rindvieh entfallen auf Hessen-Nassau und auf die Rheinpro¬
vinz. In den Westerwaldkreisen des Reg.-Bez. Wiesbaden soll die
Krankheit sehr häufig auftreten und mitunter eine grössere Verbrei¬
tung erlangen, jedoch von den Viehbesitzern wenig beachtet werden.
Bei weitem die meisten Fälle in der Rheinprovinz wurden im Reg.-
Bez. Koblenz beobachtet. Die Mittheilungen über das Auftreten des
Ausschlages unter den Viehbeständen von 86 Gehöften der Ortschaften
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Räude der Pferde und Schafe.
101
Waldalgesheim und Winzenheim, sowie in anderen Ortschaften des
Kreises Kreuznach, ferner über die lange, auf mehrere Monate sich
erstreckende Dauer der Krankheit veranlassten den General-Refe¬
renten des Reg.-Bez. Koblenz, begründete Zweifel an der Richtig¬
keit der Diagnose auszusprechen. Nächstdem ist der Bläschenaus¬
schlag häufig unter den Viehbeständen der Reg.-Bez. Merseburg und
Schleswig beobachtet worden, in einzelnen Ortschatten des Kreises
Sangerhausen hat die Krankheit öfter und längere Zeit hindurch ge¬
herrscht.
Im (Jebrigen hat der Bläschenausschlag der Pferde und des Rind¬
viehs nicht Anlass zu Bemerkungen von veterinärpolizeilichem Interesse
geboten.
8. Die Räude der Pferde und Schafe.
Der besseren Uebersicht wegen haben wir die Tabellen über die
Verbreitung der Räude bei den Pferden und Schafen von einander
getrennt.
a. Räude der Pferde.
Die Tabelle S. 104 u. 105 zeigt, dass die Zahl der an Räude er¬
krankten Pferde nicht wesentlich von der entsprechenden des vorigen
Jahres verschieden ist, dagegen hat sich die Zahl der Kreise und Ort¬
schaften, in denen Ausbrüche der Räude beobachtet wurden, nicht
unerheblich vermindert. Wie in allen früheren Jahren macht sich
auch in dem Berichtsjahre die Thatsache auffallend bemerklich, dass
die Zahl der Räudeausbrüche und der erkrankten Pferde
im 2. und 3. Quartal sehr erheblich abnimmt, im 4. Quartal
die bedeutendste Höhe erreicht, zum 1. Quartal sodann
etwas und bis zum 2. Quartal sehr bedeutend sinkt (siehe
V. Jahresber. S. 109).
Von den 1124 räudekranken Pferden entfallen 573 — fast
genau 51 pCt. (im vorigen Jahre 38,47 pCt.) — zusammen auf
die Provinzen Ost- und Westpreussen. Wir stellen die Aus¬
brüche in diesen beiden Provinzen tabellarisch zusammen und ver¬
gleichen dieselben mit denen des vorigen Jahres (S. 106 u. 107).
Aus der Tabelle ergiebt sich, dass in Ostpreussen die zahlreich¬
sten Räudefälle in den masurischen und den sogenannten oberländischen
Kreisen, ausserdem im Kreise Pr.-Eylau vorgekommen sind, und dass
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Laufende Nummer.
102 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
1 .
2 .
3.
4.
5 .
6 .
7.
8 .
9 .
10 .
11 .
12 .
13 .
Provinz.
Im zweiten Quartal
Im dritten
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
er¬
krankt
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
er¬
krankt
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Pferde.
St. Rindvieh.
Pferde.
St. Rindvieh.
Ostpreussen.
4
23
32
40
6
—
—
—
—
—
—
—
Westpreussen ....
1
1
1
3
—
3
3
3
-
4
—
—
—
Brandenburg .
8
15
43
7
39
5
6
11
—
—
—
—
Pommern.
2
3
9
—
20
2
2
3
2
2
1
1
7
Posen .
1
1
1
—
2
1
2
3
—
3
—
—
—
Schlesien.
5
8
8
3
16
3
3
7
1
9
—
—
—
Sachsen .
7
14
l 62
60
3
4
10
—
11
1
2
2
Schleswig-Holstein
8
21
36
■1
5
6
m
_
15
_
_
_
Hannover.
6
15
i 41
1
1
i
4
Westfalen
1
4
10
1
1
1
Hessen-Nassau ....
8
21
125
_
139
6
12
44
44
_
Rheinprovinz.
10
28
72
35
46
6
11
67
2
76
3
4
90
Hohenzollernsche
Lande .
1
1
2
—
2
1
1
1
—
1
—
—
Summa
62
155
442
129
482
36
51
160
5
189
6
8
101
Im Jahre 1881/82
45
117
294
106
334
22
32
110
1
135
15
18
35
•
1882 83: mehr
17
38
148
| 23
148
14
19
'E
» 4
54
—
—
66
weniger
—
—
! ~
i
—
—
—
9
■
,Goo
£
Bläschenausschlag der'Pferde und des Rindviehs.
103
Quartal
Im vierten Quartal
Im Berichtsjahre
Regierungs-
bezw.
Landdrostei-Bezirke,
in denen der Bläschenaus-
er¬
krankt
p
©
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cd
er¬
krankt
c
ä
er¬
krankt
ö
73
M
<2
a.
St. Rindvieh.
Zahl der Kreise.
ja
©
iS
u
o
Ut
4)
75
ec
Zahl der Gehöft*
Pferde.
St. Rindvieh.
Zahl der Kreise.
Ja
©
2
Ui
O
M
©
73
’ja
cd
SJ
Pferde.
St Rindvieh.
schlag der Pferde und des
Rindviehs nicht beobachtet
worden ist,
nebst Angabe der seuchefrei
gebliebenen Quartale.
—
—
3
6
6
7
—
7
29
47
6
Königsberg 2. 3. Quartal.
Gumbinnen 2. 3. Quartal.
—
—
—
—
—
—
4
4
3
4
Danzig 1. 2. 3. 4. Quartal.
Marienwerder 3. 4. Quartal.
10
21
7
59
Potsdam 3. 4. Quartal.
Frankfurt 3. 4. Quartal.
Berlin 1. 2. 3. 4. Quartal.
10
5
6
2
32
Stettin 2. 4. Quartal.
Köslin 3. 4. Quartal.
Stralsund 1. 3. 4. Quartal.
—
—
1
5
5
13
3
8
—
18
Posen 1. 3. Quartal.
Broraberg 2. 3. 4. Quartal.
1
1
2
3
8
12
4
28
Breslau 2. 3. Quartal.
Liegnitz 3. 4. Quartal.*
Oppeln 3. 4. Quartal.
—
8
3
4
14
—
14
9
21
14
93
Magdeburg 2. 3. 4. Quartal.
Erfurt 2. 3. Quartal.
—
—
5
10
21
—
28
13 !
36
10
72
Schleswig 3. Quartal.
1
2
7
i
7
7 '
18
15
54
Hannover 1. 2. 3. 4. Qu.
Uildesheim 2. 3. 4. Quartal.
Lüneburg 2. 3. Quartal.
Stade 1. 2. 3 4. Quartal.
Osnabrück 1. 2. 3. 4. Qu.
Aurich 3. 4. Quartal.
2
1
1
2
2
2
6
2
84
Münster 2. 3. 4. Quartal.
Minden 1. 2. Quartal.
Arnsberg 1. 2. 3. 4. Qu.
—
5
6
26
—
26
12
39
—
209
Kassel 3. Quartal.
Wiesbaden 3. 4. Quartal.
91
5
7
95
115
14
46
37
328
Düsseldorf 4. Quartal.
Köln 3. Quartal.
Trier 1. Quartal.
Aachen 1. 2. 4. Quartal.
—
—
2
2 1
13
J
13
2 |
4
—
16
Sigmaringen 3. Quartal.
—-
111
27
44
191
7
221
96 !
250
141
1003
71
25 |
43
232
20
415
75
204
127
955
40
2
1
TI
21 1
46 !
14 |
48
1
“|
41:
13
194
“1
“|
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104 Jahresbericht über die Verbreitung ansteokender Thierkrankheiten.
Laufende Nummer.
Provinz.
Im ersten Quartal
Im dritten
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Pferde
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Pferde
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
erkrankt
gefallen oder
getödtet.
erkrankt
gefallen oder
getödtet.
1.
Ostpreussen.
21
45
48
140
5
9
17
19
36
7
8
13
13
2.
Westpreussen ....
16
43
51
81
11
6
16
17
32
1
10
15
15
3.
Brandenburg ....
3
4
4
10
—
3
3
6
6
1
3
7
7
4.
Pommern.
7
11
11
26
2
7
9
9
16
4
5
6
5.
Posen.
16
22
23
43
6
4
5
5
6
1
8
9
13
6.
Schlesien.
16
25
29
53
5
18
24
26
30
1
12
13
20
7.
Sachsen .
2
2
2
4
2
2
3
3
3
2
1
1
1
8.
Schleswig-Holstein .
4
11
11
16
3
3
3
3
4
2
3
5
5
9.
Hannover.
3
3
6
10.
Westfalen.
2
4
4
4
2
2
3
•i
3
—
—
—
—
11.
Hessen-Nassau . . .
2
2
4
5
1
3
4
6
^ 11
6
6
6
12.
Rheinprovinz ....
2
O
Ö
3
4
3
1
1
1
1
1
3
3
3
13.
Hohenzollernsche
Lande .
_J
—
—
—
—
—
—
—
—
Summa
91
172
190,
386
40
58
88
98
148
1 16
61
so,
95
Im Berichtsjahre
1881/82 ....
369
46
146
32
Im Berichtsjahre
—
1882/83:
mehr
17
—
2
—
weniger
—
6
—
16
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Räude der Pferde.
105
Quartal
Ira vierten Quartal
Ira Berichtsjahre
Regierungs-
bezw.
Landdrostei-Bezirke,
in denen die Räude der
Pferde nicht beobachtet
wurde,
nebst Angabe der seuchefrei
gebliebenen Quartale.
Pferde
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Zahl der Gehöfte.
Pferde
Zahl der Kreise.
Zahl der Ortschaften.
Pferde
erkrankt.
gefallen oder
getödtet.
erkrankt.
gefallen oder
getödtet.
erkrankt.
gefallen oder
getödtet.
29
3
17
42
50
152
11
26
108
357
26
19
3
16
31
34
84
10
20
96
216
25
7
4
3
3
3
5
3
10
16
28
8
Potsdam 2. Quartal.
Frankfurt 3. Quartal.
Berlin 2. 3. Quartal.
19
2
8
11
12
23
4
14
32
84
8
Stralsund 1. 2. 3. 4. Qu.
18
i
13
17
19
51
4
23
48
118
12
31
1 10
21
34
36
70
13
37
87
184
29
1
—
4
6
7
9
1
5
12
17
5
Magdeburg 2. 3. Quartal.
Merseburg 1. Quartal.
Erfurt 1. 2. 3. 4. Quartal.
8
2
5
5
6
7
3
7
20
35
10
7
—
4
4
6
7
1
5
5
14
1
Hannover 1. 2. Quartal.
Hildesheim 1. 2. Quartal.
Lüneburg 1. 2. 3. Quartal.
Stade 1. 2. 3. 4. Quartal.
Osnabrück 1. 2. 4. Quartal.
Aurich 1. 2. 3. 4. Quartal.
—
—
2
3
4
2
5
10
11
4
Münster 3. 4. Quartal.
Minden 1. 2. 3. Quartal.
1
1
Arnsberg 1. 2. 3. Quartal.
9
i
8
13
19
2d
7
10
22
50
9
Wiesbaden 1. 2. Quartal.
4
1 2
1
1
1
1
—
6 '
7
10
6
Koblenz 1. 2. 4. Quartal.
Düsseldorf 1. 2. 3. 4. Qu.
Köln 1. 2. 3. Quartal.
Trier 4. Quartal.
Aachen 1. 2. 3. 4. Quartal.
1
Sigmaringen 1. 2. 3. 4 Qu.
152
28
102
170
_
196
r*|
438
59
168
463
1124
143
197
38
459
70
1171
186
45
10
21
11
47
43
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106 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten,
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
Quartal
Im
Jahre
1881/82
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
"C
c
tri
~s
%
22
2
-c
-
Z;
V
>
räudekranke Pferde.
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
verseuchte Bestände.
räudekranke Pferde.
1.
Allenstein.
6
21
1
1
3
6
5
9
15
37
3
15
2.
Braunsberg ....
2
2
—
—
—
—
—
2
2
1
1
3.
Pr.-Eylau.
2
11
—
—
—
—
i
30
3
41
5
21
4.
Friedland.
3
8
—
—
—
—
1
2
4
10
—
—
5.
Gerdauen .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
3
4
6.
Heilsberg.
1
1
—
—
1
2
2
10
4
13
1
13
£
7.
Heiligenbeil ....
—
—
1
i
—
—
3
9
4
10
—
—
8.
Pr.-Holland ....
2
5
1
3
—
—
5
9
8
17
19
44
3d
9.
Königsberg, Stadt .
—
—
—
—
—
—
3
3
3
3
4
11
o
:©
10.
Land .
3
18
—
—
--
—
3
5
6
23
5
12
US
11.
Labiau.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
1
1
N
12
Memel.
—
—
1
2
—
—
—
—
1
2
—
—
<V
ca
13.
Mohrungen.
3
10
7
15
3
12
5
18
18
00
5
6
bä
14.
Neidenburg ....
2
4
2
2
1
2
1
1
6
9
10
22
©
15.
Ortelsburg.
3
4
—
—
2
2
2
6
7
12
18
23
16.
Osterode.
4
14
2
2
1
3
2
5
9
24
4
12
17.
Rastenburg ....
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1
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Rossel.
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Räude der Pferde.
107
Laufende Nummer.
Kreis.
1.
Quartal
2.
Quartal
3.
Quartal
4.
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Im
Berichts¬
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Im
Jahre
1881/82
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1 62
66
117
73
147
in VVestpreussen der Reg.-Bez. Danzig ini Verhältnis zu seiner Grösse
sehr viel stärker verseucht war, als der Reg.-Bez. Marienwerder. Be¬
sonders häufig kam die Räude unter Pferden der Holzfuhrleute in den
kassubischen Kreisen vor. Frei von der Pferderäude blieben nur die
Kreise Fischhausen, Gerdauen, Labiau, Rössel, Reg.-Bez. Königsberg,
Darkehmen, Gumbinnen, Insterburg, Lyck, Niederung, Tilsit, Reg.-
Bez. Gumbinnnen, Flatow und Dt.-Krone, Reg.-Bez. Marienwerder.
In einzelnen Fällen wurden sämmtliche Pferde grösserer Bestände
räudekrank befunden, von solchen Ausbrüchen führt das statistische
Material namentlich an:
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108 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thi erkrank hei ten.
Bogdanen,
Kreis Alllenstein,
Geh.,
9 Pferde,
Moritten,
Pr.-Eylau,
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30 -
Spitteinkrug,
Landkr. Königsberg,
-
10 -
Stangen,
-
-
7 -
Herzogs walde,
Kreis Mohrungen,
-
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Sportehnen,
-
-
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Freiwaldau,
Wehlau,
-
21
Czattkau,
Landkr. Danzig,
-
6
Chmielno,
Kreis Karthaus,
-
7
Laabe,
Stuhm,
-
16
Braunswalde,
-
3 -
10
ln den meisten Fällen betrafen die Erkrankungen nur wenige
Pferde desselben Bestandes bezw. kleine Bestände von 1 bis 4 Pferden,
namentlich von solchen, welche zum Betriebe von Fuhrwerk gehalten
wurden und nur einen geringen Werth hatten; 20 räudekranke Pferde
waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft worden, 4 wur¬
den auf dem Markte in Schlochau, je eines auf den Märkten in Kau-
kehmen, Heiligenbeil, Osterode, Orteisburg, Soldau, Rehden und Schön¬
see angetroffen, 8 Ausbrüche der Räude werden auf Infection unter-
weges oder in Gastställen zurückgeführt, in einem dieser Fälle soll
die Infection auf Reisen in Russland erfolgt sein. In Bulitzken, Kr.
Johannisburg, brach die Räude nach längerer Pause in demselben Be¬
stände von neuem aus.
Die 28 Räudeerkrankungen in der Provinz Brandenburg blieben
bis auf einen Ausbruch in Gramzow, Kr. Angermünde, bei welchem
sämmtliche 5 Pferde des Bestandes ergriffen wurden, vereinzelt; die¬
selben vertheilen sich auf die Kreise Angermünde, Ost- und West-
Priegnitz, Nieder-Barnim, Teltow, Templin, Reg.-Bez. Potsdam,
Arnswalde, Frankfurt, Kalau, Krossen, Reg.-Bez. Frankfurt und auf
2 Bestände in der Stadt Berlin. Je ein räudekrankes Pferd wurde
auf den Märkten in Mittenwalde und in Frankfurt angetroffen, 2 Pferde
waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft worden. In
Reetz, Kr. Arnswalde, brach die Krankheit uuter 4 anscheinend voll¬
kommen geheilten Beständen nach längerer Zeit von neuem aus.
In 2 Beständen der Stadt Belgard und 1 Bestände zu Lenzen,
Kr. Belgard, erkrankten sämratlich 7 bezw. 6 Pferde, in Stettin und
in den Vororten dieser Stadt wurde die Räude bei zusammen 14 Pfer¬
den, welche verschiedenen Droschkenkutschern gehörten, constatirt
Die übrigen 57 in Pommern beobachteten Räudefälle blieben ver¬
einzelt, sie vertheilen sich auf die Kreise Greifenhagen, Naugard, Re¬
genwalde, Saatzig, Reg.-Bez. Stettin, Belgard, Dramburg, Köslin,
Lauenburg, Neu-Stettin, Schlawe und Stolp, Reg.-Bez. Köslin. Ein
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Räude der Pferde.
109
Pferd gehörte einem hausirenden Lumpenhändler, 8 Pferde waren kurz
vor Constatirung der Krankheit angekauft worden, ein räudekrankes
Pferd wurde auf dem Markte in Köslin angetroffen, 5 Ausbrüche der
Räude sollen durch Infection auf Reisen oder in Gastställen veranlasst
worden sein.
Ganz frei von der Räude blieben in der Provinz Posen nur die
Kreise Kosten, Wreschen, Reg.-Bez. Posen, Mogilno, Kr. Bromberg,
und die Stadt Posen, jedoch erlangte die Krankheit nur in wenigen
Beständen eine grössere Verbreitung. In Maniewo, Kr. Obornik, er¬
wiesen sich sämmtliche 9 Pferde des Bestandes, in Eichberg und
Friedingen, Landkr. Bromberg, waren von 12 bezw. 24 Pferden 8
bezw. 7, in Nabutschin, Kr. Kolmar, und Birkenbruck, Kr. Wongro-
wiec, waren sämmtliche 4 Pferde räudekrank. Verhältnissmässig häufig
trat die Krankheit unter den Pferden von Bauunternehmern und Han¬
delsleuten auf. 8 Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit
angekauff worden, 1 wurde auf dem Markte in Görchen angetroffen,
8 Ausbrüche der Räude sind durch Infection auf Reisen oder in Gast¬
ställen veranlasst worden.
Frei von der Räude blieben im Reg.-Bez. Breslau nur die Kreise
Frankenstein, Habelschwerdt, Münsterberg, Neurode, Striegau. In Dui-
ben, Kr. Guhrau, waren alle 11, in Jacobsdorf, Kr. Namslau, alle 6,
in Pontwitz, Kr. Oels, alle 4, in Klein-Wierau, Kr. Schweidnitz, alle
5 Pferde eines Besitzers räudekrank. Die übrigen 67 räudekranken
Pferde vertheilen sich auf 38 Bestände, die zahlreichsten Erkrankun¬
gen (13) entfallen auf den Kreis Trebnitz. Die 21 räudekranken
Pferde im Reg.-Bez. Liegnitz vertheilen sich auf 17 meistens ganz
kleine, zum Fuhrwerksbetrieb benutzte Pferde von geringem Werth in
den Kreisen Freystadt, Grünberg, Hirschberg, Hoyerswerda, Landkr.
Liegnitz, Lüben und Rothenburg. Von den Kreisen des Reg.-Bez.
Oppeln war Oppeln am stärksten verseucht. Die Krankheit wurde
bei 14 Pferden constatirt und herrscht alljährlich in den Walddörfem
des Kreises unter Pferden von sehr geringem Werth, welche zu Holz¬
fuhren benutzt werden, ausserdem kam die Räude bei je 15 Pferden
in den Kreisen Rosenberg und Neisse vor. Vereinzelte Fälle wurden
ausserdem in den Kreisen Beuthen, Falkenburg, Grottkau, Pless, Ryb-
nik, Gross-Strehlitz, Tarnowitz und Zabrze beobachtet. Sämmtliche
70 räudekranke Pferde vertheilen sich auf 51 Bestände. Von den in
Schlesien räudekrank befundenen Pferden waren 10 kurz vor Consta¬
tirung der Krankheit angekauft, unter diesen 2 in Polen, je ein räude-
Digitized by
Google
110 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
krankes Pferd wurde auf den Märkten in Beuthen und Pless ange¬
troffen, 5 Ausbrüche der Räude werden auf Infectionen unterweges
zurückgeführt. Die Tabellen erwähnen ausserdem, dass das Herrschen
der Räude unter den Pferden von Fuhrleuten viel zur Verbreitung der
Krankheit beigetragen hat.
Die 17 räudekranken Pferde in der Provinz Sachsen vertheilen
sich auf 13 Bestände in den Kreisen Kalbe, Neuhaldensleben, Reg.-
Bez. Magdeburg, Bitterfeld, Torgau und Wittenberg, Reg.-Bez
Merseberg. Ein Pferd gehörte einem hausirenden Handelsmann, ein
räudekrankes Pferd wurde auf dem Markt in Kemberg angetroffen,
2 Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft und
2 Ausbrüche der Seuche wurden durch Infectionen unterweges ver¬
anlasst.
Die 35 räudekranken Pferde in Schleswig-Holstein vertheilen
sich auf 23 Bestände in Altona und den Kreisen Lauenburg, Pinne¬
berg, Oldenburg, Rendsburg, Segeberg und Stormarn, die 14 räude¬
kranken Pferde der Provinz Hannover auf 11 Bestände in der Stadt
Hannover und den Kreisen Hoya, Landdr.-Bez. Hannover, Göttingen,
Landdr.-Bez. Hildesheira, Harburg, Landdr.-Bez. Lüneburg, Mep¬
pen, Landdr.-Bez. Osnabrück. 3 Pferde waren kurz vor Constati¬
rung der Krankheit angekauft, 4 Ausbrüche der Krankheit wurden
durch Infection in Gastställen auf Bremer bezw. Lübecker Gebiet ver¬
anlasst. Von den 3 auf der Rossschlächterei in Altona ermittelten
räudekranken Pferden stammten 2 aus Hamburg, dieselben führten
dazu, dass mehrere in dieser Stadt bis dahin verheimlichte Räude¬
herde bekannt wurden.
In Westfalen wurde die Räude bei 11 Pferden constatirt, welche
sich auf 10 Bestände in den Kreisen Cösfeld, Lüdinghausen, Landkr.
Münster, Reg.-Bez. Münster, Warburg, Reg.-Bez. Minden, und Lipp-
stadt, Reg.-Bez. Arnsberg, vertheilen.
Sämmtliche 6 Pferde eines Besitzers in Vöhl, Kr. Frankenberg,
Reg.-Bez. Kassel, erwiesen sich mit der Räude behaftet. Die übrigen
44 räudekranken Pferde in Hessen-Nassau vertheilen sich auf 34
kleine Bestände in der Stadt Kassel und in den Kreisen Frankenberg,
Fritzlar, Gersfeld, Hanau, Hofgeismar, Landkr, Kassel, Melsungen,
Wolfhagen, Reg.-Bez. Kassel, Dillkreis, Reg.-Bez. Wiesbaden. 8
Pferde waren kurz vor Constatirung der Krankheit angekauft, darunter
je 1 in Waldeck und in Sachsen-Weimar, 3 räudekranke Pferde wur-
Digitized by
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Räude der Pferde und Schafe.
111
den auf der Rossschlächterei in Kassel ermittelt, 3 Ausbrüche der
Räude sollen durch Infection unterweges veranlasst worden sein.
In der Rheinprovinz wurde die Räude bei 10 Pferden consta-
tirt; dieselben gehörten 9 Beständen in den Kreisen Mayen, Reg.-Bez.
Koblenz, Gummersbach, Reg.-Bez. Köln, Bernkastel, Saarbrücken,
Saarlouis, Landkr. Trier, Reg.-Bez. Trier, an. Ein Pferd war kurz
vorher angekauft worden, bei einem Ausbruch ging die Infection von
Pferden französischer Saarschiffer aus.
In den Hohenzollernschen Landen ist kein Fall von Pferde¬
räude constatirt worden.
Im Ganzen waren 62 Pferde, als die Räude constatirt
wurde, erst seit kurzer Zeit in den Händen der betreffen¬
den Besitzer, davon waren 2 in Polen, je 1 in Hamburg,
Sachsen-Weimar und Waldeck angekauft, 18 bezw. 6 räude¬
kranke Pferde wurden bei Beaufsichtigung der Märkte bezw.
der Rossschlächtereien ermittelt, 36 Ausbrüche der Krank¬
heit sind durch Infection unterweges bezw. in Gastställen
veranlasst worden.
Die Tabellen erwähnen ebenso oft, dass die Räude bei zweck¬
entsprechender Behandlung sehr bald beseitigt wurde bezw. dass die¬
selbe hartnäckig selbst der eingreifendsten Behandlung widerstand.
Ein Pferd starb in Folge der Arsenikwäsche, welche ein Empiriker
zur Heilung der Krankheit vorgenoraraen hatte.
In Garbassen und Sewinken, Kr. Oletzko, in Belgard und Arn-
hausen, Kr. Belgard, in Altenhausa, Landkr. Kassel, Morabressen, Kr.
Hofgeismar, und Rosenthal, Kr. Frankenberg, wurde eine Uebertra-
gung der Räude auf Menschen, welche die kranken Pferde ge¬
wartet hatten, beobachtet. In Bulgrin, Kr. Belgard, erkrankte an der
Räude eine Waschfrau, dieselbe hatte auf den blossen Armen die
Hemden eines Knechtes getragen, welcher räudekranke Pferde ver¬
pflegte.
b. Räude der Schafe.
Die von Seiner Excellenz dem Herrn Minister für Landwirthschaft
zum Zwecke einer radicalen Behandlung und Tilgung der Schafräude
getroffenen Anordnungen haben zur Folge gehabt, dass dieser Krank¬
heit eine grössere Aufmerksamkeit zugewendet, und dass im 4. Quartal
des Berichtsjahres ein umfangreicheres Material über die Verbreitung
der Schafräude geliefert worden ist. Aus demselben ergiebt sich, dass
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112 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Laufende Nummer.
Provinz.
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3637
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Westfalen.
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12.
Rheinprovinz ....
1
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Hohenzollernsche
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—
—
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—
—
—
—
—
—
—
—
—
Summa
23
36
124
6742
59
15
24
30
3915
20
25
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Im Jahre 1881/82
LJ
2196
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2260
7
Im Berichtsjahre
1882/83:
mehr
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weniger
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—
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—
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Räude der Schafe.
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Frankfurt 1. 3. Quartal.
Berlin 1 2. 3. 4. Quartal.
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7
16
1577
254
Köslin 2. 4. Quartal.
Stralsund 1. 2. 3. 4. Qu.
5
—
1
1
1
12
—
2
2
17
Posen 1. 2. 4. Quartal.
Bromberg 1. 2. 3. Quartal.
1636
2
4
4
1861
8
12
3873
5
Breslau 1. 2. 3. Quartal.
Liegnitz 1. 4. Quartal.
Oppeln 2. 4. Quartal.
510 1
—
18
77
286
9888
—
21
96
12912
—
Erfurt 1. 2. 4. Quartal.
—
—
2
2
2
13
—
4
4
24
1
Schleswig 3. Quartal.
871
69
13
97
188
6294
20
123
12424
69
Hannover 1. 2. Quartal.
Stade 2. 3. Quartal.
Aurich 3 Quartal.
785
15
185
1557
32245
19
194
33099
Münster 3. Quartal.
Minden 1. 2. 3. Quartal.
Arnsberg 1. 2. Quartal.
5
—
1
2
4
15
—
3
4
80
5
Kassel 1. 2. 3. Quartal.
Wiesbaden 2. Quartal.
72
6
24
41
98
6
29
268
2
Koblenz 1. 2. 3. 4. Qu.
Düsseldorf 1. 2. Quartal.
Köln 1. 2. 3. 4. Quartal.
Trier 2. 3. Quartal.
Aachen 1. 2. 3. 4. Quartal.
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Sigmaringen 1. 2. 3. 4. Qu.
5322
244
72
412
2167
53687
104
107
510
' 69666
427
5251
383
2569
87
12276
; 477
71
51118
i 17
5739C
) —
—
139
1
—
5(
)
Archiv f. wissensch. u. prakt. Thierheilk. IX. Suppl.-Heft 2. 8
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114 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
in einzelnen Provinzen bezw. in gewissen Kreisen die Krank¬
heit sehr stark, zura Theil ganz allgemein verbreitet
herrscht. Wir versuchen, die bisher eingegangenen Mittheilungon
nach den einzelnen Provinzen geordnet zusammenzufassen und bemer¬
ken, dass die Angaben über die Verbreitung der Schafräude im 4.
Quartal als das Resultat der auf Anordnung des Herrn Ministers von
den Königl. Regierungen angestellten Erhebungen anzusehen sind.
1. Ostpreussen. Die Einschleppung der Räude in eine grössere
Herde des Gutes Tauerlauken, Kr. Memel, Reg.-Bez. Königsberg, hat
nicht ermittelt werden können, ebenso wenig die Ursache des Aus¬
bruches unter einem kleinen Bestände in Schützendorf, Kr. Orteisburg,
sämmtliche 19 Schafe dieser Herde wurden sofort nach Constatirung
der Krankheit abgeschlachtet. Im 4. Quartal wurde bekannt, dass die
Schafräude in je einem Orte der Kreise Allenstein, Heilsberg, Moh¬
rungen und Rössel herrscht; dieselbe soll im Kreise Rössel ziemlich
stark verbreitet sein, ohne dass die Behörden über das Vorkommen der
Krankheit nähere Kenntniss erhalten. Die hierüber angestellten Nach¬
forschungen sind noch nicht zu einem Abschluss gekommen.
Der Reg.-Bez. Gumbinnen ist frei von Schafräude.
2. Westpreussen. Am Beginn des Berichtsjahres war die Schaf¬
räude in 3 Herden des Kreises Schlochau, Reg.-Bez. Marienwerder,
noch nicht getilgt, sie wurde erst später durch Abschlachten der be¬
treffenden Bestände unterdrückt. Die Krankheit soll im Kreise Schlochau
noch vielfach herrschen, jedoch verheimlicht werden. Ein Ausbruch
in Lonken wurde dadurch bekannt, dass Schafe der verseuchten Be¬
stände verkauft und in Rummelsburg, Reg.-Bez. Köslin, räudekrank
befunden worden waren. Nach Rossgart, Kr. Kulm, ist die Räude
durch in England angekaufte Zuchtböcke eingeschleppt worden, die¬
selbe wurde von hier aus auf die Herden der benachbarten Güter
Briesen und Neuhof übertragen. Ueber die Ursache des Ausbruchs
unter einer grösseren Herde in Rosenberg, Kr. Rosenberg, wird nicht
berichtet. Der Ausbruch in Friedenau, Kr. Thorn, ist durch den An¬
kauf kranker Zuchtböcke bedingt worden. Im 4. Quartal wurde das
Herrschen der Räude nur bei 3 Schafen ermittelt, welche einem Aus¬
bau in Lonken, Kr. Schlochau, angehörten.
Der Reg.-Bez. Danzig war frei von der Schafräude.
3. Brandenburg. Die aus dem vorigen Jahre in Gramzow,
Kr. Angermünde, Bergthal, Kr. Ober-Bamira, und Petersdorf, Kr. Tera-
plin, fortherrschende Räude wurde im 1. und 2. Quartal, in Bergthal
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Räude der Schafe.
115
jedoch erst nach dem Abschlachten von 400 Schalen getilgt. Wäh¬
rend des Berichtsjahres wurden im Reg.-Bez. Potsdam Räudeaus¬
brüche constatirt in: Ober-Greifenberg, Kr. Angermünde — Einschlep¬
pung durch in Pommern angekaufte Schafe, unter zwei grösseren
Herden in Lichterfelde, Kr. Ober-Barnim — Einschleppung durch
Schafe der Dienstleute, in Hasslow und Wittstock, Kr. Ost-Priegnitz
— Einschleppung nicht erwähnt, Schneidershof, Kr. Prenzlau, Ein¬
schleppung durch Tagelöhnerschafe, durch Abschlachten der ganzen
Herde getilgt. Zehn kleinere Schafherden in Rheinsberg, Kr. Ruppin,
sollen schon seit Jahren räudekrank sein. Durch Schafe eines unter
Sequester stehenden Gutes und durch den Schafhandel eines Fleischers
wurden Räudeausbrüche in Templin, Böddelin, Christianshof und Erd¬
mannswalde, Kr. Templin, veranlasst.
In Alt-Stensch, Kr. Züllichau, Reg.-Bez. Frankfurt, war die
Räude während des 2. Quartals unter den Böcken aufgetreten, dieselbe
verbreitete sich bis zum 4. Quartal auf die ganze Herde. Ein Aus¬
bruch in Granow, Kr. Arnswalde, erfolgte durch Ankauf kranker eng¬
lischer Sprungböcke.
In Berlin kamen keine Ausbrüche der Schafräude vor, die Krank¬
heit wurde auf dem Schlachtvieh markt bei einer Herde constatirt,
welche zum Abschlachten aus Casekow in Pommern eingeführt
worden war.
4. Pommern. Die in Schwennenz, Leppin, Bredow, Petersha¬
gen, Neu-Luckow, Kr. Randow, Reg.-Bez. Stettin, seit dem vorigen
Berichtsjahre fortherrschende Räude wurde während des 1. Quartals
zum Theil durch Abschlachten der verseuchten Herden getilgt. Der
Ausbruch in Gnewkow, Kr. Demmin, wurde durch räudekranke, in
Weende, Kr. Göttingen, angekaufte Sprungböcke vermittelt. In Zarben
und Zechlin, Kr. Greifenberg, brach die Räude nach einem Jahre von
neuem in früher verseucht gewesenen und anscheinend geheilten Her¬
den aus, die Einschleppung der Krankheit nach Behlkau, Kr. Greifen¬
berg, soll durch einen Empiriker vermittelt worden sein, welcher sich
mit dem Behandeln räudekranker Schafe abgiebt. Die Krankheit ver¬
breitete sich auf 4 weitere Bestände desselben Ortes und auf die
Schafe des benachbarten Ortes Blätikow. Ueber das Auftreten der
Räude in Sobessow, Kr. Kammin, fehlen nähere Angaben. Im Kreise
Randow kamen Räudeausbrüche vor unter den Schafen in Gellin,
Radekow, Petershagen — erneuter Ausbruch in einer während des
vorigen Jahres verseuchten Herde — Barnimslow, Blumberg, Duchow
8 *
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116 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
— Einschleppung .durch Ankauf eines räudekranken Bockes von einem
Händler — und Marienthal. Die Schafe sämmtlicher Ackerbürger in
Penkun besuchen eine gemeinschaftliche Weide und sind räudekrank.
Der Ausbruch der Seuche in Woltersdorf, Kr. Saatzig, erfolgte durch
Ankauf eines räudekranken Bockes aus Gellin, Kr. Randow.
Die Tabellen des Reg.-Bez. Köslin erwähnen nur, und zwar
ohne nähere Angaben das Herrschen der Räude unter den Schafen in
Herzberg, Kr. Neu-Stettin. Ausserdem wurde auf der Feldmark von
Schwessin, Kr. Ruramelsburg, ein räudekrankes Schaf herrenlos ange¬
troffen und sofort getödtet.
Der Reg.-Bez. Stralsund blieb frei von der Schafräude.
5. Posen. Die Räude trat nur in 2 Orten auf, nämlich in Lo-
piszewo, Kr. Obornik, Reg.-Bez. Posen, bei 5 Böcken, welche von
einem aus England bezogenen Sprungbock inficirt worden waren und
in Margoninsdorf, Kr. Kolmar, Reg.-Bez. Bromberg, Angaben über
die Einschleppung liegen nicht vor.
6. Schlesien. Das Herrschen der Räude in Briese, Kr. Oels,
gelangte erst durch die von der Königl. Regierung angestellten Er¬
mittelungen über das Vorkommen und die Verbreitung dieser Krank¬
heit zur amtlichen Kenntniss. Die Räude war durch directen Bezug
von Oxfordshiredown-Schafen aus England eingeschleppt worden.
Ausserdem kamen im Reg.-Bez. Breslau Räudeausbrüche unter den
Schafen in Leubel, Exau und Gross-Strenz, Kr. Wohlau, vor, die ge¬
nannten Güter gehören zu demselben Complexe, die Einschleppung er¬
folgte durch in Spanien angekaufte Schafe.
Das Auftreten der Räude in Muthendorf, Kr. Lüben, Reg.-Bez.
Liegnitz, wurde durch den Ankauf von kranken Schafen bedingt.
Die Einschleppung der Räude in grössere Herden der Ortschafteu Ober¬
und Mittel-Mittlau, Kr. Bunzlau, Muckendorf, Kr. Lüben, und Mossen-
dorf, Kr. Goldberg-Haynau, hat nicht aufgeklärt werden können. Ueber
ein einzelnes, im Kreise Hoyerswerda räudekrank befundenes Schaf
fehlen nähere Angaben.
Der Ausbruch der Schafräude unter einer im vorigen Jahre aus
Galizien nach Hadra, Kr. Lublinitz, Reg.-Bez. Oppeln, eingeführten
Herde wurde bald getilgt; ein zweiter Ausbruch in Lubek, Kr. Tost-
Gleiwitz, war durch 12 in Oesterreich angekaufte Schafe veranlasst
worden.
7. Sachsen. In den 3 ersten Quartalen des Berichtsjahres
wurde die Schafräude an zusammen 15 Orten der Kreise Aschersleben,
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Räude der Schafe.
117
Gardelegen, Halberstadt, Jerichow I, Kalbe, Neuhaldensleben und
Wernigerode, Reg.-Bez. Magdeburg, constatirt; nur bezüglichje eines
Ausbruches in den Kreisen Jerichow I und Neuhaldensleben wird
mitgetheilt, dass die Räude durch Ankauf kranker Schafe einge¬
schleppt worden ist. Die Tabellen erwähnen ausserdem, dass die
Schafräude in zahlreichen Herden des Kreises Wernigerode herrsche
und durch Schmierkuren niedergehalten werde. Dagegen stellt das im
4. Quartal gelieferte statistische Material fest, dass die Schafräude im
Reg.-Bez. Magdeburg eine sehr bedeutende Verbreitung hat. Nach den
Notizen der Tabellen, welchen die Berichte der Landrathsämter und
Amtsvorsteher zu Grunde liegen, haben die Erhebungen bisher zu fol¬
genden Resultaten geführt: Kr. Aschersleben, räudekrank sind 13
Schafherden in 7 Ortschaften, darunter 3 Gemeindeherden, der ge¬
meinschaftliche Weidegang hat viel zur Verbreitung der Krankheit
beigetragen; Kr. Gardelegen, 117 Schafherden in 18 Ortschaften sind
mit Räüde behaftet; Kr. Halberstadt, es ist nur das Herrschen der
Krankheit in 2 Herden einer Ortschaft bekannt geworden; Kr. JerichowI.,
die Räude unter den Schafen in Britzke, Gross-Lübs und Kachnat ist
noch nicht getilgt; Kr. Jerichow II., die Räude herrscht in 9 Herden,
welche 3 Ortschaften angehören, zum Theil seit längerer Zeit, zum
Theil ist dieselbe in früher verseucht gewesenen, anscheinend geheilten
Beständen von neuem ausgebrochen; Kr. Kalbe, 6 Herden in einer
Ortschaft sind räudekrank; Kr. Neuhaldensleben, die Räude ist stark
verbreitet unter den Schafen von 13 Ortschaften; Kr. Oschersleben,
an der Krankheit leiden zahlreiche kleine Schafherden, genauere An¬
gaben können zur Zeit noch nicht gemacht werden; Kr. Salzwedel, in
38 Herden, welche sich auf 3 Ortschaften vertheilen, ist etwa die
Hälfte der Schafe seit 3—4 Jahren mit der Räude behaftet; Kr. Sten¬
dal, das Herrschen der Räude in 4 Orten bei zusammen 11 Herden
ist überall durch den Ankauf kranker Schafe veranlasst worden; Kr.
Wanzleben, das Vorhandensein der Räude wurde ermittelt bei 44 Her¬
den in 10 Orten, in einen Bestand wurde die Krankheit durch in
Holland angekaufte Schafe eingeschleppt; Kr. Wernigerode, in 4 Ort¬
schaften sind säramtliche Schafe räudekrank; Kr. Wolrairstedt, die
Räude herrscht unter 8 Herden in 2 Orten.
Während der ersten 3 Quartale wurden vereinzelte Ausbrüche der
Räude im Reg.-Bez. Merseburg constatirt: bei 2 Herden in Golte-
witz, Kr. Bitterfeld, in Artern, Kackstedt — Einschleppung durch im
Eichsfelde angekaufte Schafe — und Brucken, Kr. Sangerhausen. In dem
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118 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
zuletzt genannten Orte war die Krankheit verheimlicht worden, und
hatte der Besitzer die räudige Herde schliesslich durch Handelsleute
verkaufen lassen. In Oppin, Saalkreis, war die aus dem vorigen Jahre
fortherrschende Räude noch nicht getilgt, und in Lochwitz, Mansfelder
Seekreis, brach dieselbe bei anscheinend geheilten Schafen von neuem
aus. Im 4. Quartal ergaben die Erhebungen über die Verbreitung
der Räude folgende Resultate: Kr. Bitterfeld, die Räude ist in Golte-
witz noch nicht getilgt; Kr. Delitsch, die Schafherden in Biesen und
Beuden sind jedenfalls schon seit längerer Zeit mit Räude behaftet;
Kr. Eckartsberga, nach den Berichten des Landraths sind die Schafe
fast sämmtlicher Besitzer in Billingsleben räudekrank, in einem Guts-
bestande zu Ostramonda und in 11 Herden zu Rettgenbach wird seit
längerer Zeit die Schmierkur gebraucht, in eine Herde zu Bitzendorf
war die Krankheit durch angekaufte Schafe eingeschleppt worden;
Mansfeld, Gebirgskreis, eine Herde in Hettstedt ist seit längerer Zeit
räudekrank, der Ausbruch der Räude unter 4 Herden in Meisdorf er¬
folgte durch Berührung mit kranken Schafen benachbarter Ortschaften
im Herzogthum Anhalt; Kr. Morseburg, abgesehen von 4 seit dem
vorigen Sommer verseuchten Herden zu Ragwitz, sollen alle Schafe
räudefrei sein, Depart.-Thierarzt Oe ml er bezweifelt die Richtigkeit
dieser Angabe; Kr. Sangershausen, bisher wurde das Herrschen der
Krankheit unter den Schafen von 13 Ortschaften constatirt, es dürfte
jedoch im Kreise kaum eine räudefreie Herde geben.
Aus dem Reg.-Bez. Erfurt wird nur über einen Ausbruch der
Räude in Florchheira, Kr. Langensalza, berichtet, und zwar mit dem
Bemerken, dass die betreffende Herde aus sogenanntem Schmiervieh
bestehe. Im Uebrigen erwähnen die Tabellen zur Viehseuchenstatistik
— einschliesslich die des 4. Quartals — die Schafräude nicht, obwohl
nach früheren Berichten angenommen werden muss, dass in dem Reg.-
Bez. Erfurt noch zahlreiche Herden existiren, in denen die Räude durch
Schmierkuren niedergehalten wird.
8. Schleswig-Holstein. In dieser früher sehr stark verseuch¬
ten Provinz wurde die Räude während der ersten 3 Quartale nur bei
10 kleinen Schafbeständen in je einer Ortschaft der Kreise Haders¬
leben und Lauenburg constatirt. Die im 4. Quartal angestellten Er¬
hebungen wiesen nach, dass die Räude nur unter zwei kleinen Schaf¬
beständen in den Kreisen Kiel und Steinburg herrschte; die betreffen¬
den Schafe waren kurz vorher angekauft bezw. von einem Viehhändler
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Räude der Schafe.
119
in Fütterung gegeben worden. 71 auf dem Schlachtvichmarkt in Altona
räudekrank befundene Schafe stammten aus dem Reg.-Bez. Magdeburg.
9. Hannover. Die Tabellen des Landdr.-Bez. Hannover für
die ersten 3 Quartale erwähnen die Schafräude nicht, nach den Ta¬
bellen des 4. Quartals herrscht die Krankheit im Kreise Diepholz sehr
verbreitet, die Zahl der verseuchten Herden konnte zur Zeit noch nicht
näher angegeben werden. Im Landkreise Hannover sind die Schafe
in 4 Ortschaften, im Kreise Nienburg 41 Herden, welche sich auf 5
Ortschaften vertheilen, räudekrank. Depart.-Thierarzt Dr. Lustig
bemerkt hierzu, dass die Räude im ganzen Landdrostei-Bezirk sehr
verbreitet ist, und dass die oben mitgetheilten Angaben der Kreisthier¬
ärzte wegen ihrer Unvollständigkeit keine Beachtung verdienen.
Ueber die Verbreitung der Schafräude im Landdr.-Bez. Hildes¬
heim erfahren wir aus dem statistischen Material für die ersten 3
Quartale, dass die Krankheit in zusammen 37 Herden constatirt wurde,
welche sich auf 19 Ortschaften der Kreise Göttingen, Hildesheim-
Marienberg, Liebenberg und Zellerfeld vertheilen, und dass die überall
gebräuchlichen Schmierkuren die Ermittelung der Räudeausbrüche we¬
sentlich erschweren. Nach den Tabellen für das 4. Quartal sind fast
alle Schafherden des Kreises Göttingen räudekrank und alle Schaf¬
herden des Kreises Zellerfeld mindestens räudeverdächtig. Constatirt
wurde das Herrschen der Räude bei 136 Schafbeständen in zusammen
9 Ortschaften der Kreise Hildesheim-Marienberg, Liebenberg und
Zellerfeld.
In den ersten 3 Quartalen gelangte das Herrschen der Schafräude
in je einer Ortschaft der Kreise Celle, Dannenberg, Gifhorn und Uel¬
zen, Landdr.-Bez. Lüneburg, zur Kenntniss der Behörden. Nach
den im 4. Quartal angestellten Erhebungen sind fast sämmtliche Schaf¬
herden in 267 Ortschaften, welche sich auf alle Kreise des Landdr.-
Bez. Lüneburg vertheilen, mit der Räude behaftet. Genauere Angaben
konnten zur Zeit noch nicht gemacht werden.
Die während des 1. Quartals in einer Ortschaft des Stader Marsch¬
kreises, Landdr.-Bez. Stade, constatirte Räude soll schon seit langer
Zeit in der betreffenden Herde herrschen. Die Tabellen für das 2.
und 3. Quartal erwähnen die Schafräude nicht. Im 4. Quartal wer¬
den über die Verbreitung der Krankheit im Landdr.-Bez. Stade fol¬
gende Notizen mitgetheilt: Kr. Lehe, die Erhebungen über die Ver¬
breitung der Schafräude sind noch zu keinem Abschluss gekommen;
Kr. Osterholz, nach den Berichten der Gemeindevorsteher herrscht die
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120 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
Räude nur in 7 Ortschaften, alle übrigen Schafherden sollen räudefrei
sein, durch die von den Behörden angeordneten thierärztlichen Unter¬
suchungen wurde jedoch ermittelt, dass über 4000 Schafe in 20 Ort¬
schaften mit der Räude behaftet sind, es ist ausserdem nicht zu be¬
zweifeln, dass auch der grösste Theil der Schafe im Amte Lilienthal,
aus welchem noch keine Berichte eingegangen waren, an der Räude
leidet; Kr. Rotenburg, nach den Berichten der Gemeindevorsteher
sind 28 Herden in 11 Orten räudekrank, ausserdem sollen 10 Herden
in 4 Orten vor etwa Jahresfrist räudekrank gewesen, zur Zeit jedoch
gesund sein; Stade-Geestkreis, 26 Herden in 7 Ortschaften sind
— jedoch meistens nur in geringem Grade — räudekrank; Kr. Ver¬
den, die Krankheit herrscht in 335 Herden, welche sich auf 23 Ort¬
schaften vertheilen, aus dem Amte Achim liegen noch keine Be¬
richte vor.
Das aus dem Landdr.-Bez. Osnabrück eingegangene statistische
Material ist sehr dürftig und beschränkt sich meist darauf, ohne irgend
welche nähere Angaben in jedem Quartal auszusprechen, „dass der
Stand der Schafräude im Kreise Lingen unverändert geblieben sei.“
Nur im 4. Quartal wird über die Constatirung der Räude in 3 Ort¬
schaften des Kreises Melle und in einer Herde des Kreises Bersen¬
brück berichtet.
Aus dem Landdr.-Bez. Aurich erfahren wir nur, dass ganz ver¬
einzelte Fälle der Krankheit in 3 Ortschaften des Kreises Emden be¬
obachtet worden sind.
10. Westfalen. Die Tabellen des Reg.-Bez. Münster berichten
im 1. und 2. Quartal, dass die Räude im Kreise Ahaus ganz allge¬
mein verbreitet sei, bei 4 Herden des Kreises Cösfeld und 1 Herde
des Kreises Lüdinghausen auf dem Schafmarkt in Halteren und ausser¬
dem noch bei einer Herde des Landkreises Münster constatirt worden
sei. Das statistische Material erwähnt im 3. Quartal die Krankheit
gar nicht, im 4. Quartal dagegen, dass dieselbe in 124 Ortschaften
herrsche, welche sich auf alle ländlichen Kreise vertheilen. Es kann
daher auch behauptet werden, dass die Schafräude im Reg.-Bez. Mün¬
ster ganz allgemein verbreitet sein muss.
Die Tabellen des Reg.-Bez. Minden für die ersten 3 Quartale
enthalten keine Mittheilungen über die Schafräude, im 4. Quartal
genauere Angaben über das Herrschen der Krankheit in 2 Herden des
Kreises Büren und in 3 Herden des Kreises Wiedenbrück. Im Kreise
Halle sind 143 Schaf bestände vorhanden, von denen 45 als räudefrei,
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Räude der Schafe.
121
27 als räudekrank und 71 als räudeverdächtig bezeichnet werden
müssen. Die Krankheit herrscht in diesem Kreise, wahrscheinlich
aber im ganzen Reg.-Bez. Minden seit Menschengedenken und wird
durch Schmierkuren niedergehalten. Ausserdem wurde das Vorkommen
der Räude ermittelt: in 171 Herden, 36 Ortschaften des Kreises Her¬
ford und in 12 Herden, 7 Ortschaften des Kreises Warburg. Obgleich
im Kreise Höxter die Räude nur bei 2 Beständen constatirt wurde,
dürfte es in diesem Kreise kaum eine räudefreie Herde geben.
Im 3. Quartal wurde die Räude im Reg.-Bez. Arnsberg bei 5
Herden, welche 4 Ortschaften des Kreises Hamm angehörten, consta¬
tirt. Depart.-Thierarzt Woestendieck bemerkt zu dieser Mitthei¬
lung: Die Ausbrüche der Räude betrafen sogenanntes Schmiervieh,
die Krankheit herrscht in Westfalen ganz allgemein verbreitet; die
Behandlung einzelner Herden hat gar keinen Zweck, die Krankheit
würde sofort in der geheilten Herde wieder ausbrechen, entweder durch
Berührung mit kranken Schafen der Nachbarschaft oder durch die
Einschleppung, welche der rege Schafhandel vermitteln muss. Nur
die gleichzeitige Behandlung aller Schafherden in der Zeit nach der
Schur verspricht Erfolg, jedoch nur, wenn gleichzeitig die Wander¬
herden einer scharfen Controle unterworfen werden.
Die Tabellen des 4. Quartals führen zwar 32188 räudekranke
Schafe in den Kreisen Hamm, Iserlohn und Lippstadt auf, diese An¬
gaben sind jedoch nach dem Bericht des Depart-Thierarztes Woesten¬
dieck durchaus unzuverlässig, es dürfte überhaupt kaum möglich sein,
den Bestand an räudekranken Schafen in Zahlen auszudrücken. Die
Krankheit ist im ganzen Reg.-Bez. Arnsberg, in welchem nur Schroier-
vieh gehalten wird, allgemein verbreitet, und es erscheint sehr fraglich,
ob die Angabe, nach welcher die Kreise Olpe und Siegen räudefrei
sind, richtig ist. Die Bezeichnung Räude ist ganz unbekannt, die
Krankheit wird Schorf oder Grind genannt, Schmierkuren sind in allen
Herden gebräuchlich. Dem Generalberichte des Depart.-Thierarztes
Woestendieck entnehmen wir ferner folgende Notizen über das Vor¬
kommen der Räude in den einzelnen Kreisen: Kr. Bochum, 6000 Schafe,
welche 48 Bestände bilden, sind räudekrank; Landkr. Dortmund, 12
räudekranke Herden; Kr. Hamm, nach Angabe der vom Landrath
berufenen Vertrauensmänner sind sämmtliche im Kreise gehaltene
Schafe — etwa 14300 Stück — mit der Räude behaftet; Kr. Iser¬
lohn, 24 Herden mit etwa 4000 Schafen; Kr. Lippstadt, 470 Herden
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122 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankhelten.
mit 28197 Schafen; Kr. Witgenstein, bisher ist das Herrschen der
Rande nur bezüglich einer Herde bekannt geworden.
11. Hessen-Nassau. In den ersten 3 Quartalen erwähnt der
Generalreferent des Reg.-Bez. Kassel nur einmal, dass die Räude
notorisch im ganzen Bezirk sehr verbreitet herrsche. Im 4. Quartal
wurde die Krankheit bei 4 Herden festgestellt, welche 2 Ortschaften
des Kreises Rinteln angehörten. Die Erhebungen über den derzeitigen
Stand der Schafräude sind im vollen Gange, jedoch noch nicht zu
einem Abschluss gelangt, bisher haben dieselben folgende Resultate
ergeben: von den 58 im Landkreise Kassel vorhandenen Schafbestän¬
den sind 30 bestimmt, wahrscheinlich sind alle 58 mit der Räude be¬
haftet; Kr. Fritzlar, die Räude herrscht an vielen Orten und wird
durch Schmierkuren niedergehalten; Kr. Gelnhausen und Hersfeld,
alle Herden der beiden Kreise, mit Ausnahme einer Ortschaft, sind
räudekrank.
Aus dem Reg.-Bez. Wiesbaden erfahren wir nur, dass die Räude
in je einer Ortschaft des Kreises Biedenkopf und des Unter-Taunus-,
sowie in 2 Ortschaften des Ober-Taunuskreises constatirt worden ist.
Weitere Angaben liegen nicht vor.
12. Rheinprovinz, ln den ersten 3 Quartalen wurde die Schaf¬
räude constatirt bei 31 kleinen Herden in Berus, Kr. Saarlouis, welche
abgeschlaehtet worden sind und bei je einer kurz vorher aus West*
falen angekauften Herde in Breitscheid, Benrath und Hochdahl, Landkr.
Düsseldorf. Die im 4. Quartal angestellten Erhebungen ergaben, dass
die Reg.-Bez. Koblenz, Köln und Aachen räudefrei sind. Im Reg.-
Bez. Trier wurden nur 7 Schafe, welche 6 Besitzern in Kerlingen,
Kr. Saarlouis, angehörten, räudekrank befunden. Im Reg.-Bez. Düs¬
seldorf sind die Erhebungen zwar noch nicht zu einem Abschluss
gekommen, dieselben haben jedoch schon gezeigt, dass in zusammen
22 Ortschaften des Landkreises Düsseldorf, der Kreise Geldern,
Mettmann und Solingen noch sogenanntes Schmiervieh gehalten wird.
Ausserdem wurden 4 Schafe eines Besitzers im Landkreise Krefeld
räudekrank befunden.
13. Hohenzollernsche Lande. Ueber das Vorkommen der
Räude wird nicht berichtet.
Obwohl die Erhebungen über den Stand der Räude, welche in
Folge Anordnung Seiner Excellenz des Herrn Ministers während
des 4. Quartals angestellt wurden, noch kein vollkommen zuverlässi¬
ges Material über die Zahl der verseuchten Ortschaften und Schaf-
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Räude der Sohafe.
123
herden, noch weniger über die Zahl der räudekranken Schafe ergeben
haben, so liefern die Tabellen doch im Allgemeinen ein Bild, nach
welchem man die Verbreitung dieser Krankheit in den einzelnen Pro¬
vinzen beurtheilen kann. Wir glauben das Resultat der bisherigen
Erhebungen wie folgt zusammenfassen zu können:
In Ostpreussen, Westpreussen, Brandenburg, Posen,
Schlesien und in der Rheinprovinz, mit Anschluss des
Reg.-Bez. Düsseldorf, kommen nur vereinzelte Ausbrüche
der Schafräude vor, welche der Hauptsache nach auf Ein¬
schleppungen durch Handelsschafe zurückgeführt werden
können. Die Krankheit ist nirgends stationär, sogenanntes
Schmiervieh wird an keinem Orte gehalten.
In einzelnen Kreisen des Reg.-Bez. Stettin herrscht die
Räude stärker verbreitet und anscheinend seit längerer
Zeit, namentlich können zahlreiche Ortschaften der Kreise
Randow und Greifenberg als Räudestationen bezeichnet
werden. Im Reg.-Bez. Köslin kommen nur vereinzelte Räude¬
ausbrüche vor, und der Reg.-Bez. Stralsund ist seit län¬
gerer Zeit räudefrei.
Im Reg.-Bez. Schleswig ist die früher sehr stark ver¬
breitet gewesene Räude als nahezu vollständig getilgt zu
erachten.
Ueber das Vorkommen der Räude in den Hohenzollern-
schen Landen ist nichts Näheres bekannt geworden.
Die Provinzen Westfalen, Hannover, Sachsen, die Reg.-
Bez. Kassel und Düsseldorf sind dagegen wahre Räudeherde,
in denen die Mehrzahl der Schafe mit dieser Krankheit be¬
haftet ist. Ueber die Erfolge des gegenwärtig im Gange befindlichen
Tilgungsverfahrens werden wir in dem nächsten Jahresbericht ge¬
nauere Angaben mittheilen können. Die Thatsache, dass die Räude
in Schleswig-Holstein fast vollständig hat unterdrückt werden kön¬
nen, rechtfertigt die Hoffnung, dass es auch in Hannover, West¬
falen, Sachsen, Hessen-Nassau und im Reg.-Bez. Düsseldorf gelingen
wird, die Schafräude durch die Massregeln zu tilgen, welche das Vieh¬
seuchengesetz und die zu demselben gehörende Instruction an die Hand
geben.
Schliesslich glauben wir noch hervorheben zu müssen, dass die
Einführung von aus England bezogenen Sprungböcken mehrfach Anlass
zu Räudeausbrüchen in den östlichen Provinzen gegeben hat.
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124 Jahresbericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrankheiten.
9. Die Rinderpest
Ein Ausbruch der Rinderpest ist während des Berichts¬
jahres nicht vorgekommen; die Seuche hat jedoch in verschiedenen
Kreisen von Polen geherrscht und sich zum Theil in gefahrdrohender
Weise unserer östlichen Landesgrenze genähert.
Q «druckt bei L, Schumacher in Berlin«
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Archiv f. T’hterheil/c. Bd.JX
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